eL-f/ «^t ^tJ^T Xe-^f^ir-i^f^^_ c J*.^. Rudolf Strauch sr | Die VEREDELUNGEN und ihre Anwendung für die Verschiedenen Bäume und Sträucher. Theoretische und praktische Belehrungen über das - Ablaktieren, Pfropfen, Okulieren u. s. w. sowie über die Anzucht und Vermehrung der holzigen, im Freien aushaltenden Gewächse. Mit einem Anhang: Winke zur rationellen Obstkultur, iichnis der für die verschiedenen Baumformen ; Obstsorten und einem nach Monaten geordneten Führer. einem Verzeichnis der für die verschiedenen Baumformen geeignetsten Für den Gärtner, Baumzüchter und Liebhaber von Nicolas Gaucher, Besitzer und Direktor der Obst- und Gartenbauschule zu Stuttgart. Inhaber der Kgl. Württembergischen silbernen landwirtschaftlichen Verdienst-Medaille. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 201 Textabbildungen und einem Stahlstich-Porträt des Verfassers. Stuttgart. Julius Hoffmann 1891. Die Veredelungen gehören zu den nützlichsten und erfolg- reichsten Errungenschaften, welche die Kunst über die Natur davon- getragen hat! N. Gaucher. Druck der Hofflnann'Bohen Buehdruckerel In Stuttgart. Vorwort des Verlegers zur ersten Auflage. \\ enn ich dem vorliegenden Werke einige Worte vorausschicke, so geschieht dies aus Anlass der per- sönlichen Beziehungen, in welchen ich zu dem Herrn Verfasser stehe. Herr Direktor Gau eher hat mir schon vor 10 Jahren einen Form -Obstgarten angelegt und seit jener Zeit die Pflege desselben überwacht; es ist eine Pflicht der Dankbarkeit, wenn ich an dieser Stelle die Resultate erwähne, welche mir diese Obstanlagen gebracht haben; alljährlich habe ich eine Menge der prachtvollsten Obstsorten, namentlich edle Birnen und Aepfel geerntet, und zwar war der Ertrag in einzelnen Jahren ein so überaus reichlicher, dass er weit über den beabsichtigten eigenen Bedarf hinausging ; ich habe an den Zwerg-Obstbäumen Früchte von solcher Schönheit und Grösse und von so trefflicher Qualität erzielt, wie ich solche früher nie gesehen hatte; dieselben sind da- her auch bei verschiedenen Obstausstellungen mit ersten Preisen prämiiert worden, eine Auszeichnung, welche genau genommen nicht mir, sondern nur demjenigen gebührte, welcher meinen Obstgarten angelegt hat und unter dessen Aufsicht derselbe gepflegt wurde. So hatte ich denn während einer langen Reihe von Jahren Gelegenheit, die ausserordentliche Sach- kunde des Herrn N. Gaucher kennen zu Lertten, und IV Vorwort des Verlegers. ich begrüsste daher mit Freude dessen Plan, ein von ihm verfasstes Handbuch über die Veredelungen, welche bei der feineren Obstkultur eine so wichtige Rolle spielen, in meinem Verlage erscheinen zu lassen. Ich hegte ja die feste Ueberzeugung, dass Herr X. Gaucher vermöge seiner reichen Erfahrungen und seiner mitten in der Praxis stehenden und so erfolg:- reichen Thätigkeit in bevorzugter Weise dazu berufen sei. ein Handbuch über die Veredelungen und die rationelle Obstkultur zu verfassen . welches in den weitesten Kreisen Interesse erregen, belehren und nützen werde. Nachdem das Buch nun fertig vorliegt, sehe ich meine Voraussetzung in der erfreulichsten Weise be- stätigt. In Anerkennung der grossen Verdienste des Ver- fassers gereicht es mir zur Freude, sein Werk durch dessen wohlgetroffenes Stahlstich-Porträt zu schmücken : ich glaube damit seinen vielen Freunden und Verehrern, sowie auch denjenigen, welche durch das Studium des gegenwärtigen Buches in geistige Beziehung zu ihm treten, eine willkommene Gabe darzubieten. Stuttgart, im Januar 1885. Jul. Hoffmann. Vorwort des Verfassers zur ersten Auflage. \\ ir besitzen allerdings eine grosse Anzahl von Werken, welche denselben Gegenstand: die Verede- lung der Gewächse, vor mir und vielleicht in erschö- pfenderer Weise, als ich es vermag, behandelt haben. Wenn ich mich trotzdem entschlossen habe, vor- liegendes Buch zu schreiben, fühlte ich mich hierzu insofern veranlasst, als mir häufig Gelegenheit geboten war, mich zu überzeugen, dass die Kunst der Ver- edelung, sowie die Dienste, welche sie der Menschheit leistet oder leisten kann, noch lange nicht in dem Masse verbreitet ist, als sie es verdient, und dass es viele Liebhaber, ja sogar Fachmänner giebt, welchen die richtige Kenntnis der mit Leichtigkeit auszuführen- den Veredelungen ziemlich fremd ist. Ausserdem glaube ich der Wahrheit nicht zu nahe zu treten, wenn ich behaupte, dass wir in der Anwendung der verschiedenen Veredelungsarten seit zwanzig Jahren eher zurückgeblieben, als vorgeschritten sind. Während Industrie und Landwirtschaft seitdem so hervorragende Fortschritte gemacht haben, dass wir ihren jetzigen Stand wohl nicht mehr mit dem damaligen vergleichen können. Bind die Veredelungen beinahe auf derselben, kaum in etwas entwickelteren Stufe stehen YI Vorwort des Verfassers. geblieben, denn wir führen dieselbe heute noch wie damals aus, ohne dass wir bedeutende neuere Erfah- rungen aufzuweisen vermögen. Worin mag dieser Stillstand begründet sein? — Ich weiss es wirklich nicht; vermutlich liegt der Grund darin, dass man irrtümlich die höchste Sprosse der Leiter erstiegen zu haben wähnte und es infolgedessen für höchst überflüssig hielt, weitere Nachforschungen zu unternehmen und neue Versuche anzustellen. Es ist auch hier wie in allen Dingen; man darf nie glauben, dass die Kenntnisse, welche man besitzt, vollkommene seien; Stillstand ist nicht viel besser als Rückschritt; unsere Losung heisst deshalb : „unermüd- lich fortschreiten". Obgleich ich eingestehen muss, dass ich selbst nur wenig Neuerungen zu der schon vorhandenen be- kannten Zahl von Feststellungen und Erfahrungen auf diesem Gebiete hinzufügen kann, so dürften die von mir eingeführten immerhin von solcher Wichtigkeit und praktischer Bedeutung sein, dass sie trotz ihrer ge- ringen Zahl wohl genügen werden, um in ihrer An- wendung grosse Umwälzungen und Verbesserungen herbeizuführen, ja sogar einiges Aufsehen zu machen. Selbst wenn ich mich bezüglich dieses letzteren Punktes täuschen sollte, könnte meine Veröffentlichung doch gewiss in dem Sinne nutzbringend wirken, als die Kenntnis nützlicher Dinge niemals genug verbreitet werden kann; auch glaube ich ohne Selbstüberhebung sagen zu dürfen, dass es mir gelungen ist, verschiedene Punkte, welche meine Vorgänger im Dunkel oder unverständlich gelassen haben , aufzuklären und zu beweisen, dass die Veredelungen weder schwer zu be- greifen noch schwierig auszuführen sind, sondern von einem jeden, selbst dem Unbegabten und dem Un- wissenden, leicht erlernt und mit Erfolg ausgeführt werden können. Einem jeden, der auch nur ein kleines in einen Vorwort des Verfasser-. VII Garten umgewandeltes Stückchen Erde besitzt, wird sich die Kenntnis der Yeredelungsarten zu einer Quelle anregender Beschäftigung und nutzbringender Thätigkeit gestalten. Nicht nur dem Gärtner und Obstbaumzüchter, welcher ja gründliche Kenntnisse in seinem Beruf nicht entbehren kann, wenn er vorwärts kommen will, sondern auch dem Liebhaber erwachsen aus der anziehenden Beschäftigung mit Garten- und Obstbau genussreiche Stunden und erfreuliche Erfolge. Galt es doch zu allen Zeiten für ein glückliches Los, sich die Zeit erübrigen zu können, um einen Garten zu pflegen und in beschaulicher Weise mit der Natur zu verkehren. In der That gewährt auch diese Art von Beschäftigung ein friedliches und beglückendes Behagen, welches gleichzeitig dem Familienleben und dem ganzen Haus- stand, der Tafel, der Küche und dem Keller zu gute kommt. Es giebt keine reineren, keine andauernd be- friedigenderen Liebhabereien, als diejenigen, welche mit der Liebe zur Natur verknüpft sind. Der sinnige Naturfreund entbehrt daher auch nicht die zahlreichen Zerstreuungen, Vergnügungen und Genüsse, welche so oft die Ersparnisse des Städters verschlingen, welche der Gesundheit, anstatt sie zu kräftigen, eher nach- teilig sind und doch keine eigentliche Erholung, kein gemütliches Ausruhen von den Mühen und Lasten des Berufes gewähren. Es sollte auch daher bei der Erziehung der Jugend ein Augenmerk darauf gerichtet werden, dass der Sinn für die Natur und die Liebe zur Kultur aller Gewächs den Kindern schon frühzeitig nahegelegt und gewis- sermassen eingepflanzt werde; alle Schulen, die höch- sten sowohl als die niedrigsten, sollten einen genügend grossen Garten besitzen, in welchem die Anzucht und Pflege der nützlichsten Gewächse gelehrt weiden könnt«'. Dann würde sich der Geschmack und die Liebe zu den PHanzen und Bäumen spielend entwickeln und der Schüler würde, wenn er später mündig geworden, "VIII Vorwort des Verfassers. die Vorkenntnisse besitzen, um schön gestaltete Pflan- zen und Bäume zu ziehen, welche durch ihre Form, die Schönheit ihrer Belaubung, den angenehmen Geruch ihrer Blumen etc. unsere Gärten und Zimmer schmücken und den guten Geschmack entwickeln. Der Schüler könnte ferner die zum Lebensunterhalt nötigen Küchen- gewächse und Früchte zu ziehen lernen und er würde hierdurch in reiferen Jahren seinen Genuss vermehren und zugleich seine Ausgaben vermindern. Er würde dann nach dem Besitz eines Gartens oder Grundstücks streben und weder Bäume, Pflanzen, noch Gemüse und Früchte entbehren wollen, geschweige denn im stände sein, einen Baumfrevel, wie wir solche fast all- täglich zu beklagen haben, auszuführen. Die Zucht und Vermehrung aller dieser Gewächse würde ihm später zum anziehendsten Vergnügen; der Aufenthalt und die Bewegung im Freien, der Genuss frischer, guter Luft würde seine Gesundheit kräftigen, und ihm die Mussestunden zu genussreicher Erholung gestalten. Der Garten ist demnach nicht, wie vielfach irrig- angenommen wird, ein Gegenstand des Luxus, sondern vielmehr eine wahre Sparkasse, indem er die auf ihn verwandten Summen verdoppelt und verdreifacht, unsere Geistesfrische erhält und unsere Lebenstage verlängert. In der Gartenpflege spielen die Veredelungen eine der bedeutendsten Rollen; nichts ist so sehr angethan, die Liebe zur Anzucht der Gewächse aller Art zu wecken, wie diese, und gerade dies ist auch der Beweggrund, weshalb ich zur Verbreitung derselben nach besten Kräften das meinige beitragen möchte. Ich war bemüht, diese Veredelungen auf eine für jedermann, sogar für Kinder, verständliche Weise darzulegen, und hege die feste Ueberzeugung, dass man durch die zahlreichen naturgetreuen Holzschnitte instandgesetzt sein wird, selbst die scheinbar kompliziertesten Veredelungen nach einigen Versuchen erfolgreich auszuführen. Vorliegendes Buch, welches demgemäss ebenso Vorwort des Verfassers. IX für die heranwachsende Jugend wie für den Erwach- senen bestimmt ist, macht es sich zur Aufgabe, einen jeden, der Sinn dafür hat, zu einem tüchtigen Veredler heranzubilden, und ich hoffe, dass es mir vergönnt sein wird, mich binnen wenigen Jahren zu überzeugen, dass ich mich in meinen Erwartungen nicht getäuscht habe. Schliesslich fühle ich mich veranlasst, dem Ver- leger, Herrn Dr. Julius Hoffmann, dafür, dass er mich bei der Herausgabe dieses Werkes so namhaft unterstützte, keine Mühe und Opfer scheute, diesem Buch eine würdige und elegante Ausstattung zu geben, alle meine kostspieligen Zeichnungen anfertigen Hess, und namentlich für den verhältnismässig sehr billigen Preis, den er anzusetzen die Güte hatte, meinen auf- richtigsten Dank auszusprechen. Auch möchte ich noch gebeten haben, bei der Beurteilung meines Werkes nicht zu vergessen, dass ich ein Ausländer bin und nie das Glück hatte, die berühmten deutschen Schulen zu besuchen; auch nie den geringsten Unterricht in dieser für uns Franzosen schwer zu erlernenden Sprache genossen habe, wes- halb ich den Leser freundlichst ersuche, meinen viel- leicht nicht immer korrekten Stil keiner so strengen Kritik zu unterziehen, um so mehr, da mein Buch kein akademisches, sondern ein praktisches sein soll. Wenn es mir trotzdem — wie ich hoffe — gelungen ist, mich verständlich zu machen, so ist der angestrebte Zweck erreicht, und der Dienst, den ich meinem neuen Vaterland längst schuldete, teilweise geleistet. Stuttgart, Obst- & Gartenbauschule den 24. Januar 1885: N. Gaucher. Vorwort des Verfassers zur zweiten Auflage. Mit grossem Beifall ist die erste Auflage dieses Buehes aufgenommen worden, von allen Seiten sind Glückwünsche eingelaufen, welche einstimmig bestätigten, dass ich mit demselben allen denjenigen, die sich mit den Veredelungen und der Vermehrung der Bäume und Sträucher beschäftigen, oder sich damit zu beschäftigen wünschen, grosse Dienste geleistet habe. Ein solcher Erfolg bei meiner ersten Arbeit auf dem Gebiete der Litteratur konnte auf mich nicht ohne Einfluss bleiben, ich musste mich dafür dankbar zeigen und zwar doch wohl am besten nur dadurch, dass ich eifrig bemüht war, auch die zweite Auflage auf der Höhe der Zeit zu halten, und sie nach Kräften zu vermehren und zu verbessern. Die inzwischen gemachten neuen Entdeckungen und Fortschritte fanden Berücksichtigung, das Veraltete ist dagegen weggelassen worden; nicht genügend be- lehrende Figuren wurden durch andere für diesen Zweck angefertigte Holzschnitte ergänzt, und damit das Wort noch besser als bisher durch das Bild unterstützt werde, sind die im Text gedruckten Figuren von 180 auf 201 vermehrt worden. Vorwort - stammen, dir in Bezug auf den Eintritt der Vegetation, des starken Wachstums und sonstiger Eigenschaften ziem- lich mit den zu veredelnd» n Spielarten übereinstimmen. Für die Aufnahme von spättreibenden Sorten ;tl>" 26 Erklärung der Veredelung. sollten zur Anzucht der Wildlinge nur Samen von spät- treibenden, wie derLuike und ähnlichen verwendet wer- den, oder umgekehrt, wenn es sich um die Veredelung frühtreibender Sorten handelt. Gut; dies alles halte ich aber nicht für stichhaltig; die über diesen Punkt herrschende Unklarheit und Dunkel- heit wird nicht weniger gross sein, im G-egenteil die Ver- edelungszeit würde heranrücken, bevor wir im stände ge- wesen wären, uns die erforderlichen Kenntnisse oder Be- obachtungen zu sammeln, und zwar aus den Gründen: weil, wenn wir in unseren Pflanzungen Unterlagen bemerken, bei welchen das Wachstum später eintritt als bei anderen, wir nicht wissen können, ob dies eine natürliche Eigenschaft oder ob es durch Mangel an Wurzeln, durch schlechtes, zu leichtes Setzen, Trockenheit, Mäuse, Maulwurfs- grillen, Engerlinge etc. hervorgerufen ist; es würde dem- gemäss erforderlich sein, die Beobachtungen eine Reihe von Jahren hindurch zu wiederholen, denn ohne diese Fest- stellungen könnten wir die frühtreibenden mit den spät- treibenden verwechseln, es würde die Unmöglichkeit ein- treten, Reihen von ein und derselben Sorte zu veredeln, die Zucht dieser letzteren würde ein wahres Durchein- ander werden und der Baumschulbetrieb vom kaufmänni- schen Gesichtspunkt aus unmöglich sein, ohne dass der Baumzucht auch nur der geringste Vorteil hieraus er- wachsen könnte. Der zweite Fall ist ebensowenig massgebend und aus- führbar, da die Samenkerne, welche von spättreibenden Bäumen herrühren, ebenfalls eine sehr grosse Anzahl früh- treibender Exemplare liefern. Folgende Thatsachen dürften genügen, uns die Un- haltbarkeit jener Theorie noch schlagender zu beweisen. Die Quitte und der Paradies sind Unterlagen, bei welchen das Wachstum sehr frühzeitig eintritt; die Quitte fängt im Frühjahr zeitiger an, Triebe zu entwickeln, als die Birne und ebenso ist beim Paradies die Vegetations- Von den AVachstums Verhältnis sen etc. 27 entwickelung eine frühzeitigere, als bei den meisten edeln und grossfrüchtigen Apfelsorten; und doch wissen wir, dass auch die starktreibenden Bimsorten sehr gut auf Quitte, und alle Apfelsorten auf Paradies gedeihen; nirgends ist der Unterschied bezüglich des Wachstums grösser als bei diesen beiden Unterlagen, und die Sorten, welche man auf dieselben veredelt, wachsen und gedeihen, sobald der Boden für diese Unterlagen geeignet ist, sehr gut. Ein umge- kehrtes Beispiel will ich noch anführen. Die Mandeln und Pfirsiche, insbesondere aber die Aprikosen, sind Gattungen, welche viel früher austreiben als die Pflaumen, und doch sind letztere als beste Unterlage für obige anerkannt; ob- wohl die Pflaumen — wenn sich selbst überlassen — min- destens 4 "Wochen später blühen und austreiben, als die Aprikosen, gedeihen letztere, sowie die Mandeln und Pfir- siche, auf Pflaumenunterlage prächtig, und erwiesener- massen leistet sogar für unser Klima keine andere Unter- lage so ausgezeichnete Dienste, wie diese. Dagegen treibt die Mirobolane ziemlich zu gleicher Zeit aus wie die Pfir- siche und Aprikosen und doch ist das Gedeihen von beiden auf derselben nur von geringerer Dauer. Wir schliessen hieraus, dass die Anwendung solcher Vorsichtsmassregeln gänzlich unnütz ist; die Vergangenheit hat sie niemals berücksichtigt, die Zukunft muss sie mit Gewalt ver- drängen und beweisen, dass, sobald man dieselben hart- näckig weiter verbreiten will, man auf den Fortschritt der Obstzucht hemmend einwirkt und gleichzeitig Mangel an l \-berlegung bekundet. III. Anzucht der Unterlage. Die zum Veredeln bestimmten Unterlagen erhält man aus Samen, durch Ableger, Anhäufeln, holzige oder krautartige Stecklinge, Wurzel - St eck 1 i n ge und \V u r z e 1 - A u s 1 ä u f e r. 28 Anzucht der Unterlage. Die von Wurzel-Ausläufern entnommenen Unterlagen stehen den anderen nach, weil dieselben stets das Bestreben haben, neue Schösslinge zu entwickeln, und hierin durch das Veredeln noch bestärkt werden. Die aus Wurzel- stecklingen gewonnenen Gewächse bieten diesen Missstand ebenfalls, jedoch nicht in so hohem Grade. Ganz gut und vollkommen zweckdienlich sind die durch holzige oder krautartige Stecklinge, durch Anhäufeln und Ableger er- haltenen Exemplare; die dauerhaftesten und kräftigsten werden aber entschieden durch die Anzucht aus Samen geliefert. 1. Anzucht aus Samen. Für die Anzucht aus Samen soll die Aussaat vorzugs- weise sogleich nach der Reife der Samen oder im Herbst und Frühjahr, welche auf diese Reifezeit folgen, ausgeführt werden. Für die Herbstsaat sind die Monate Oktober und November und für die Frühjahrssaat die Monate Februar, März und April als die empfehlenswertesten anerkannt. Wenn man langsamkeimende Samen anwendet und die Aussaat nicht sofort stattfinden kann, empfiehlt es sich, dieselben zu stratiiizieren, d. h. sie im Herbst oder Winters- Anfang in irgend ein Gefäss einzuschichten, indem man eine Lage Samen mit einer Lage Sand oder sandiger Erde von der ungefähren Dicke eines Centimeters abwechseln lässt, und zwar so, dass die erste und letzte Schichte von Sand gebildet wird; sobald dies geschehen ist, begiesst man das Ganze von oben aus, stellt das Gefäss in den Keller, und trägt Sorge, den Inhalt desselben vor Mäusen und Ratten, welche sehr gierig nach den Fruchtkernen und anderen Samen sind, zu schützen. Anstatt im Keller kann auch das Gefäss, welches den Samen enthält, im Freien eingegraben werden und ist in diesem Falle ein Giessen überflüssig. Beginnen die Körner etc. zu keimen, dann muss man sie eiligst säen. Dieses Verfahren wird bei folgenden Samen, wenn Anzucht aus Samen. 29 deren Aussaat nicht gleich nach ihrer Ernte vorgenommen werden konnte, mit Nutzen angewandt, nämlich bei: Birn- und Apfelkernen, Nüssen, Steinen von Kirschen, Pfirsichen, Aprikosen, Pflaumen, Reineclauden, Mirabellen und Z wetschen aller Arten, Weissdorn, Rosenkernen etc. Da diese Samen, um keimen zu können, eine grosse Menge Feuchtigkeit in sich aufnehmen müssen, werden die- selben, wenn man sie trocken aufbewahrt und erst im Früh- jahr sät, gar nicht oder schlecht aufgehen und die Pflanzen, welche sie hervorbringen, weniger kraftvoll sein. Die Aussaat wird im allgemeinen wurfweise, in Reihen, oder in Löcher, vorgenommen; die Aussaat in Reihen ver- dient entschieden den Vorzug; sie erleichtert die Unter- haltung und Pflege der Pflanzen und des Bodens, und ist deshalb auch die einzige, welche wir empfehlen. Für jede Saat muss man lockere Erde wählen; dieselbe muss frei von Unkraut, sehr humusreich und wenigstens auf 30—40 cm Tiefe rigolt (rajolt, rijolt) sein. Der Samen wird um so weniger tief in die Erde gelegt, je kleiner er ist, und je fester und kälter der Boden. Die Dichtigkeit der Aussaat hängt von der Entwicke- lang, welche die Pflanzen erreichen können und sollen, ab ; sie darf weder zu dünn noch zu dicht sein. Wenn die Pflanzen nach dem Keimen zu dicht aufgegangen sind, muss man sie lichten, indem man hierzu die Zeit wählt, in welcher der Boden feucht ist, oder, wenn dies nicht der Fall, in- dem man sie tüchtig begiesst. Die herausgenommenen, überzähligen Pflanzen können auf Beete oder je nachdem unter Glas versetzt werden. Während des Sommers erhält man die Saatbeete in möglichst sauberem Zustande und wirkt der Verhärtung, Vertrocknung und dem Bissigwerden des Bodens durch Be- deckung mit strohigem Mist, Laub oder Bfooa und durch wiederholtes Umhacken entgegen. Man macht Jagd auf 30 Anzucht der Unterlage. die Vögel, vertilgt die Insekten und begiesst so oft die Trockenheit es erfordert. Die äussersten Teile der gegen die Kälte empfindlichen Setzlinge werden dann im Herbst abgekneipt und an ihrer Basis abgeblattet; man» schützt sie ferner durch Tücher, Strohmatten oder andere Schutzmittel gegen die Frühfröste, und um dieselben zu überwintern, bedeckt man sie mit dürrem Laub, oder bringt sie in ein helles luftiges Souter- rain oder in einen kalten Glaskasten, woselbst man sie in Sand einschlägt. Bei allen Bäumen, welche Steckwurzeln bilden, wie beim Birnbaum, der Eiche, dem Nuss- und Mandel- baum etc., wird es gut sein, die Pflänzchen nach dem Keimen auszugraben, die Steckwurzel (Pfahlwurzel) durch Abkneipen auf ein Drittteil zu verkürzen und sie alsdann in Zwischenräumen von 5 — 10 cm zu versetzen. Diese Verpflanzung im krautartigen Zustande vermehrt die Lebens- kraft der Setzlinge, und durch das Entspitzen der Steck- wurzeln wird auch die Entwickelung der seitlichen Wurzeln hervorgerufen. In meinen Baumschulen wende ich zu meinen An- pflanzungen ausschliesslich einjährige Birnwildlinge an, welche ganz jung — als sie nur zwei oder drei Blätter hatten — pikiert wurden; diese Pflanzen sind im Herbst schon so stark und entwickeln sich fernerhin so rasch, dass der grösste Teil im Laufe des auf die Anpflanzung folgenden Sommers okuliert werden kann und, wie sich meine Auftraggeber zur Genüge überzeugen konnten, sind meine Birnbäume, anstatt, wie es sehr häufig vorkommt, mangel- haft bewurzelt zu sein, mit zahlreichen Wurzeln versehen, welcher Umstand den Baum bedeutend kräftigt und das Anwachsen desselben nach der Verpflanzung wesentlich er- leichtert. Die Vermehrung durch Aussaat ist bei allen holzigen und krautartigen Gewächsen mit dem grössten Nutzen an- zuwenden. Anzucht durch Absenker oder Ableger. 31 2. Anzucht durch Absenker (Ableger). Das Absenken ist eine Operation, welche darin besteht, einen Trieb, einen Zweig, oder einen Ast, ohne denselben von seinem Mutterstamme abzulösen, in die Erde einzu- graben. Man nimmt dieselbe bei den Trieben im Sommer, bei den Aesten und Zweigen im Herbst, im Laufe des Winters und im Frühjahr vor. Fig. 1. Korbrebe. Fig. 2. Rebenableger. Dieses Vervielfältigungsmittel spielt beim Weinstock eine sehr bedeutende Rolle; es lässt sich im freien Lande (Fig. 2) sowohl als in Töpfen oder in Körben vornehmen, daher für letztere der Xame Korbreben (Fig. 1). Die Haselnüsse, Feigen, Stachelbeeren, schwarze Maulbeeren, Sy ringen, Schnee ballen, Lorbeerrosen (Xerium), roter (gemeiner) Hartrieg (Cornus sanguinea), Feuer dorn (Mespilus pyracantha) etc. lassen sich sehr gut auf diese Weise vermehren; dasselbe ist bei allen Gewächsen mit zartem Holz auch der Fall. Die Mutterpflanzen, welche zur Absenkung bestimmt sind, hält man in niederer Buschform, indem man sie alle 32 Anzucht durch Absenker oder Ableger, Jahre, oder alle zwei Jahre, einstutzt. Wenn die Zeit zur Absenkung herangekommen ist, öffnet man einen Graben um den Fuss der Mutterpflanzen, biegt die Teile, welche man anwurzeln lassen will, in denselben hinein und legt Fig. 3. Ableger oder Absenker. A Holzhaken zur Befestigung der Zweige in der kleinen Grube ; B der Punkt, wo der Ableger später von seinem Mutterast getrennt wird; C Stäbe zum An- binden der einzelnen Ableger. sie so in den Graben, dass sie einen scharfen Bogen be- schreiben, richtet die Endpunkte aufwärts, schneidet die- selben auf 2 oder 3 Augen oberhalb des Bodens und be- festigt sie auf die Pfähle C, füllt den Graben mit guter Erde, und die Operation ist vollendet. (Fig.. 3). Eine andere Art der Absenkung, „chinesische" ge- nannt, besteht darin, die Aeste oder Zweige der zu ver- vielfältigenden Büsche flach in eine Vertiefung von 5 bis 10 cm hinzulegen (Fig. 4) und sie in dieser Lage mittels Fig. 4. Chinesische Absenkung. kleiner Holzhaken oder U- und V-artig gebogener Zweige etc. zu erhalten; das Ganze bleibt so stehen, bis die Augen Anzucht durch Ableger. 33 Fig. 5. A. Ab leger, B der Ringelschnitt, C Holzhacken, welcher nur erforderlich ist, wenn man den Ableger nicht anbindet. Triebe von ungefähr 10 cm Länge entwickelt haben, dann bedeckt man alles mit einer 8 — 10 cm dicken Schicht guter, lockerer und leichter Erde: sämtliche Trie- be wurzeln an, und es entstehen ebenso- viel Pflanzen. — Die- ses Verfahren bringen wir vorzugsweise bei den Stachelbeeren und Haselnüssen in Anwen- dung, es ist sehr gut, sehr einträglich und verdient ganz beson- dere Empfehlung. Bei solchen Ge- wächsarten, welche sich schwer bewurzeln, wird man das Wurzeltreiben da- durch begünstigen, dass man den Ableger A (Fig. 5) unter dem Punkte, an welchem er Wurzeln fassen soll, mittels eines Drahtes fest anbindet, oder einen Ringelschnitt (Fig. 5) B, oder auch einen Einschnitt (Fig. 6) B, ausführt. Die Entwöhnung oder Trennung des Ab- legers vom Mutter- stamme darf — welches Mittel man auch im- mer anwenden mag — nur dann stattfinden, wenn der abgesenkte Teil genügend ange- wurzelt ist. Sobald man die Ableger von ihrem S1 imme ( Fig. -"> b( i B) ; Körper, ••• lasa dient ten. I \ agi ,ehen. getrennt hat. nimmt mai - aua der Erde 34 Anzucht der Unterlage. und pflanzt dieselben auf ihren definitiven Standort oder auf Beete, Quadrate etc., woselbst sie nach Umständen gepflegt und behandelt werden. Fig. 7. Vermehrung durch Anhäufeln. 3. Anzucht durch Anhäufeln. Durch Anhäufeln vermehrt man vorzugsweise alle ArtenT welche sich an ihrer Basis leicht verzweigen und Wurzel fassen. Diese Methode wird hauptsächlich zur Vermeh- rung der Quitten, Paradies,. Doucins, Feigen, Pflau- men, Haselnüsse, Johan- nis- und Stachelbeeren etc. angewendet. Man schneidet die Mutterpflanzen bis auf den Bo- den zurück und bezweckt hier- durch die Entwickelung einer grösseren Anzahl von Trieben, welche, sobald sie die Länge von etwa 20 cm erreicht haben, derart angehäufelt wer- den, dass sich ihr unterer Teil 10 — 15 cm tief in der Erde befindet. Dieser ein- gegrabene Teil treibt den Sommer über Wurzeln, und die Pflanzen sind häufig schon im Herbst so gut bewurzelt, dass man sie von der Mutterpflanze trennen kann; im anderen Falle lässt man es noch ein Jahr stehen. — Diese Operation kann alle Jahre, oder alle zwei Jahre, wiederholt werden. 4. Anzucht durch Stecklinge. Stecklinge nennt man Triebe und Zweigteile, welche man unmittelbar unter einem Auge (Fig. 8), oder samt Fie- 8 Anzucht durch Stecklinge. 35 Astring (Fig. 9), mit einem scharfen Messer abschneidet. Bei den Reben behält man auch sehr oft ein Stück von dem zweijährigen Holz (Fig. 10), ein sogen. „Hämmer- chen" bei. Die hergerichteten Stecklinge werden vom Mutter- stamme getrennt und in die Erde gesteck, um daselbst Wurzeln zu bilden und Triebe zu entwickeln. Die Steck- linge bestehen bald aus einem Teil eines Zweiges, Astes, Stammes oder Triebes, bald aus einem Wurzelstück. Diese Vermehrungsart ist noch einfacher als das Ab- senken und kommt bei einer Menge von Gewächsen in An- wendung. Sobald der Steckling Wurzeln gefasst hat, bildet er ein vollständiges Individuum, welches alle Eigenschaften des Baumes, Strauches, überhaupt des Gewächses besitzt, von welchem er entnommen ist. Das zur Aufnahme der Stecklinge bestimmte Erdreich muss von sehr guter Beschaffenheit, eher locker als fest sein, und man wird je nach den Arten auch Sand und Heideerde benützen müssen. Viele Gattungen gelingen im Freien, andere verlangen eine schattige Lage, andere er- fordern ausserdem noch den durch Glas hergestellten Schutz und Wärme. Bei den Zweigen schwankt die Länge der Stecklinge zwischen 10 — 40, bei den Wurzelteilen zwischen 5 — 15 cm. Die krautartigen Stecklinge werden zu jeder Zeit, so oft man passende Triebe hat, zur Ausführung gebracht, die von Zweigen im Herbst und im Frühjahr. Bei den Früh - Jahrsstecklingen empfiehlt es sich, dieselben im Winter vor- zubereiten und sie flach oder mit der Spitze nach unten in Sand im Keller, oder im Freien in gewöhnliche Erde. einzugraben. Die Stecklinge, deren Länge 20 cm nicht überschreitet, werden senkrecht und genügend tief in die Erde gepflanzt, sodass das oberste Auge noch 2 — 3 cm mit Erde be- deckt ist. 36 Anzucht der Unterlage. Dieses Mittel bringe ich beim Weinstock in Anwendung und es leistet vortreffliche Dienste. Für diese Vermehrungs- art behalten die Rebenstecklinge nur zwei Augen und die hierdurch gewonnenen Pflanzen sind besser bewurzelt und entwickeln sich kräftiger als die gewöhnlichen Eebenstecklinge, deren Länge 30 — 40 cm beträgt. Die längeren Stecklinge, d. h. diejenigen, welche die Länge von 20 cm überschreiten, werden ein wenig schief gepflanzt, und man lässt 1—3 Augen über die Erde hinausragen. Die schiefe Lage bezweckt, die Entwickelung der Wurzeln zu unterstützen und sie zu kräftigen, dadurch dass sie dieselben näher an der Oberfläche des Bodens hält. Fig. 12. Steckling aus einem Kebenauge ; Eine Ausnahme von derseibeistwagereent.das Auge nach oben und ganz massig einzugraben. dieser Regel machen die Pappeln (Populus) und die K opf- Weiden (Salix), deren Stecklinge mit ganzen — ausgeputzten Pfäh- len ähnlichen — Aesten (Fig. 11) gemacht werden können. Mittels des Pfahleisens, oder eines sonstigen Pfahles, werden Löcher von 30 — 40 cm Tiefe gemacht, deren Weite der Dicke des Setzlings entspricht. Der Setzling wird alsdann zugespitzt in das Loch einge- rammt und befestigt, indem man den Boden rings- herum an denselben stampft. Die beste Zeit zur Aus- führung dieser Stecklinge ist von November bis in den März hinein, bevor die Bäume, von welchen die Setzlinge genommen werden sollen, zu treiben beginnen. Bei den Stecklingen seltener Arten sowohl, als auch für die Rebensorten , kann man sich , anstatt mehrerer, nur eines einzigen Auges bedienen (Fig. 12); in diesem Falle wird es von Vorteil sein, die Steck- wSden- liuge unter Glas zu machen; dasselbe gilt auch von pei-seSi" den immergrünen Bäumen und Sträuchern; diese 2mLänge wachsen selten im Freien an, und man muss des- Anzucht der Wurzel-Stecklinge. 37 halb das Mistbeet und das Glashaus zu Hilfe neh- men. Für die Vermehrung der Reben wendet einer unserer früheren Zöglinge, Herr H. Ernst, Ober- gärtner in Hamburg, folgendes Verfahren an. Das Hebholz wird, wie die Fig. 13 zeigt, in b schräg abgeschnitten und bis zum Auge a in Töpfe ein- gegraben. Letztere werden zunächst im tempe- rierten Hause aufbewahrt und erst nachdem der Callus an der Schnittfläche sich zu bilden bereits begonnen hat, werden die Töpfe in ein warmes Mistbeet eingegraben. Ob die Zurichtung des Auges wie Fig. 12 oder wie Fig. 13 es veranschaulicht, geschieht, ist ziem- lich einerlei, aber Thatsache ist, dass, wenn das^ig. i a Ein aus einem Versetzen zeitig vorgenommen und für einen war- Auge gewon „ . , ,. -p.^ . nener l: men Jb uss gesorgt wird , die Pflanzen im ersten steekiing. Jahr sich so stark entwickeln, dass sie im zweiten Jahr bereits Früchte (Trauben) tragen können. 5. Anzucht durch Wurzel-Stecklinge. Die Vermehrung durch Wurzel-Stecklinge wird unter anderen bei den Himbeeren, Brombeeren, P f 1 aumen, Wal dreben(Clematis),Grlycinen,Paeonien, Trompeten- strauch (Bignonia [Tecoma] radicans) etc. angewendet. Die Länge der Wurzelstücke wechselt zwischen 3 bis 15 cm; die kurzen werden wagerecht, die längeren aufrecht eingegraben, und zwar so, dass die wagerecht gelegten im hältnis zu ihrer Dicke mit Kompost, Sand oder Heide- erde bedeckt werden, z. B. die kleinsten mit <">, die mitt- leren mit 5, und die grossen mit 8 cm. Die aufrecht ge- steckten Wurzelstecklinge werden dagegen so tief einge- graben, dass ihre äussersten Spitzen etwa 1 — 2 cm anter die Erde zu stehen kommen. Im Freien ausgeführt liefern die Wurzelstecklinge, mit Ausnahme der Brombeeren, Himbeeren und Pflaumen, meistens unbefriedigende I weshalb die 38 Anzucht durch Ausläufer. Wurzelstücke vorzugsweise auf ein lauwarmes oder kaltes Mistbeet anzubringen sind. Die Mistbeetfenster werden, bis die Wurzeln Triebe entwickelt haben, geschlossen ge- halten und nur zum Zwecke der Reinigung und Begiessung abgenommen; sobald aber die Triebe zum Vorschein ge- kommen sind, muss man fleissig lüften und erst, nachdem die Schösslinge schon erstarkt und allmählich an die Luft gewöhnt sind, die Fenster gänzlich abnehmen. 6. Anzucht durch Ausläufer. Es sind vorwiegend die Himbeeren, Brombeeren, wilden Rosen (Rosa canina), Doucins, Paradies, Pflaumen, Zwetschen u. a. m., welche durch Aus- läufer vermehrt werden. Unter solchen versteht man die Wurzeltriebe, welche in der Nähe der Mutterpflanze aus dem Boden austreiben. Man gräbt dieselben mit einem Teile der Wurzel aus; so- dann werden sie, wenn genügend erstarkt, sofort an Ort und Stelle gesetzt, oder wenn sie noch zu schwach und mangelhaft bewurzelt sind, auf Beete verschult. Für alle obengenannten Gattungen, mit Ausnahme der Pflaumen und Zwetschen, ist diese Vermehrungsart eine vortreffliche und für die Himbeeren, Brombeeren und wilden Rosen fast die einzig übliche, während für die Pflaumen und Zwetschen die aus Samen erhal- tenen Setzlinge sicherlich den Vorzug verdienen. Letztere liefern kräftigere und, da sie im Gegensatze zu den Aus- läufern keine oder nur wenig Ausläufer bilden, auch zugleich viel dauerhaftere Bäume. Gerade weil man zur Vermehrung der Pflaumen meistens Ausläufer verwendet und es für überflüssig hält, dieselben umpfropfen zu lassen, begegnen wir so vielen elenden, wert- losen Pflaumenfrüchten, deren Qualität selbst von gewissen vierfüssigen Tieren verachtet zu werden verdient. In anbetracht, dass alle diese für die Ernährung der Menschheit last wertlosen Pflaumenbäume ganz gut zur Von dem Versetzen. — Ueber die Pflanzschule. 39 Aufnahme von besseren Sorten dienen können, hoffen wir, dass die Zeit nicht mehr fern ist, wo das Nichtumpfropfen solcher Bäume nur noch als Ausnahme gelten wird. Von dem Versetzen. Das Versetzen bezweckt, junge aus Samen, durch Ab- senker, Stecklinge etc. gezogene Pflanzen von den Saat- oder Vermehrungsbeeten, auf welchen sie zu gedrängt stehen, aus Mangel an Nahrung Not leiden und sich gegen- seitig schädigen würden, hinwegzunehmen, um sie an einen anderen geeigneteren provisorischen Platz zu pflanzen und dieselben an die Sonnenhitze und die Witterungseinflüsse zu gewöhnen. Durch das Versetzen hindert man zugleich die Aus- dehnung der Wurzeln und bei den aus Samen gezogenen die der Pfahlwurzel. Dieses Versetzen, welches man auch Verschulen nennt, hat neben kräftiger Entwicklung stets noch die Vermehrung der Wurzeln zur Folge. Die zum Versetzen von kleinen Gewächsen mit ab- fallenden Blättern günstigste Zeit fällt in unserem Klima in die Monate März und April, für die immergrünen Ge- wächse dagegen in die Monate Mai und September; ersterer verdient aber den Vorzug. Die versetzten Pflanzen sind gewöhnlich im zweiten oder dritten Jahre genügend erstarkt, um in die Baum- schule oder an ihren definitiven Platz verpflanzt werden zu können. Ueber die Pflanzschule. Die Pflanz-, Baum- oder Gehölzschule ist ein Grund- stück, welches besonders für die Erziehung und Anzucht von Gewächsen aller Art bestimmt ist; letztere werden in derselben mannigfaltigen vorbereitenden Operationen unter- zogen, auf verschiedene Weise behandelt und gepflegt, und auf den Entwickelungs-(Stärke-)Grad gebracht, welcher er- forderlich ist, um sie später mit Erfolg an ihren Bestinnmi ort verpflanzen zu können. 40 Boden-Vorbereitung. Der grösste Teil krautartiger sowie holziger Gewächse, welche zum Zierat oder zum Nutzen gezogen werden, müssen, bevor sie auf den Platz, den sie einzunehmen bestimmt sind, gesetzt werden können, die Baum- oder Pflanzschule durchmachen; diese letztere ist sozusagen ein Laboratorium, oder besser eine Fabrik, von welcher die Gewächse für An- pflanzungen aller Art ausgehen und dem Handel überliefert werden. Für einen jeden, der sich mit der Anzucht von Gewächsen befasst, sind diese Schulen nicht allein von grossem Nutzen, sondern geradezu unentbehrlich. Was den Anlageplatz betrifft, so sollte derselbe hef- tigen Winden nicht zu sehr ausgesetzt sein, sonst dürfte es schwer werden, den grossen Verheerungen, welche diese anrichten, vorzubeugen; auch sollte das Terrain, welches man wählt, möglichst eben sein, da auf einem schiefen ab- schüssigen Terrain der Boden durch Kegengüsse zu leicht weggeschwemmt wird. Bezüglich des Bodens selbst wird man, wenn man die Wahl hat, einen von Natur tiefen und gut beschaffenen, ebenso eine humusreiche, sandige Lehmerde vorziehen. Feuchte und der Trockenheit ausgesetzte Landstücke dürfen nur im äussersten Notfalle benützt werden ; das gleiche gilt für magere Böden und für diejenigen, deren humusreiche Erdschichte weniger als 50 cm beträgt. Boden-Vorbereitung. Wie gross auch immerhin die Vortrefflichkeit des Bodens für die Pflanz-, Baum- oder Gehölzschule sein mag, man wird denselben stets vor dem Anpflanzen vorbereiten müssen, indem man ihn umgräbt (rigolt, rajolt) und zwar so, dass die bessere an der Oberfläche befindliche Erde sich nach dem Umgraben in einer Tiefe von 15 — 20 cm befindet; durch dieses Verfahren wird sich das Unkraut weniger leicht entwickeln und überhandnehmen; ausserdem bietet es noch den Vorteil, dass die Wurzeln der zu setzenden Gewächse gleich nach dem Setzen in unmittelbare Nähe Zurichtung der Setzlinge. 41 des guten Bodens zu stehen kommen; ihre Entwickelung wird rascher vor sich gehen und ihre Wurzeln werden sich zahlreicher und kräftiger entwickeln. Die Tiefe, bis auf welche man rigolen soll, schwankt zwischen 40 — 80 cm; man begnügt sich mit einer solchen von 40 cm, sobald es sich um die Aussaat oder die Zucht von Sträuchern handelt, oder wenn die zu pflanzenden Ge- wächse nicht länger als 3 Jahre in der Baumschule bleiben sollen. Das Rigolen hat nicht allein den Vorteil, das Wachs- tum der Gewächse zu vermehren, es gestattet auch noch den Wurzeln, sich besser und zahlreicher zu entwickeln, und ermöglicht ferner, die Bäume oder Sträuche leichter ausgraben zu können, ohne deren Wurzeln zu schneiden und beschädigen zu müssen. Wenn das Erdreich nicht sehr fruchtbar ist, muss man dasselbe durch Eingraben von Mist, Gips und Kalkabfällen, Strassenkehricht und anderen Dungmitteln wie: Latrinen, Gülle und künstlichem Dünger verbessern. Xach meiner Erfahrung leistet der Mist die besten Dienste, und im Gegensatze zu dem, was viele behaupten, bin ich im stände, zu versichern, dass die Anwendung des Mistes die Obstbäume und andere holzige Gewächse nicht im mindesten schädigt, im Gegenteile sehr wohlthuend auf dieselben einwirkt. — Obwohl man das ganze Jahr hin- durch düngen kann, wird man doch der Düngung in den Monaten November bis Februar den Vorzug geben. Diese Zeit empfehle ich nicht allein für die Mistdünguni;-. sondern vielmehr für alle Dungarten, selbst für Latrinen- und ,lauchedün£nin£. Düngt man später, so wird ein grosser Teil der die Fruchtbarkeit befördernden Stoffe verdunsten, die Hitze und Trockenheit wird die Zersetzung und Lösung der nährenden Substanzen verhindern, oder dadurch, dass die Feuchtigkeit nicht stark genug ist. um sie den Wurzeln zuzuführen, werden dieselben dem Baume nur allmählich zu 42 Zurichtung der Setzlinge. statten kommen und zum grössten Teile nahe an der Erd- oberfläche liegen bleiben, wodurch sie fast stets nur vom Unkraut aufgezehrt werden. Zurichtung der Setzlinge. Bevor man die Setzlinge pflanzt, werden dieselben einer Zurichtung unterzogen, welche darin besteht, ihre seitlichen Aeste oder Dornen zu entfernen und sie auf eine Länge von 30 — 40 cm oberhalb des Wurzelhalses einzu- kürzen. Diese Einkürzung bezweckt, den Saft zu Grünsten der Wurzelbildung wirken zu lassen und eine kraftvollere Entwickelung der Triebe, welche die Augen treiben, her- vorzurufen. Die Setzlinge von Koniferen, immergrünen Bäumen und Sträuchern und gewissen Arten mit hohlem Holze, wie der Nussbaum, Tulpenbaum, Kastanienbaum, machen hiervon eine Ausnahme, indem man dieselben nicht köpft, sondern ihrer ganzen Grösse nach pflanzt und sich nur darauf beschränkt, ihre seitlichen überflüssigen Zweige und Aeste hinwegzunehmen. Die Wurzeln werden ebenfalls sämtlich eingekürzt und zwar die seitlichen auf ein Dritteil und die Pfahl- wurzeln auf die Hälfte ihrer Länge. Dieses Zurückschneiden ist sehr nötig, um die Thätigkeit und die Neubildung der Wurzeln anzuregen und zu erhöhen; ohne diese Einkür- zungen würden die Bäume und Sträucher sehr häufig schlecht bewurzelt, welcher Umstand ihren Wert bedeutend beeinträchtigen und nach der Verpflanzung das leichtere Wiederanwachsen hindern würde. Der Mangel an Wurzeln und vorzugsweise an Faser- wurzeln ist daran schuld, dass so manche Anpflanzungen von wenig zufriedenstellenden Erfolgen begleitet sind. Je zahlreicher die Wurzeln, um so leichter wird der Baum anwachsen, um so kräftiger wird er sich entwickeln, und um so geeigneter wird er sein, selbst schlechte Boden- und Klimaverhältnisse zu ertragen. Wenn schlecht bewurzelt, Das Setzen. 4;; ist dagegen jeder Baum, selbst geschenkt, als zu teuer zu bezeichnen. Das Setzen. Das Setzen der Gewächse in die Pflanz- und Baum- schulen wird vorzugsweise im Frühjahr vorgenommen, und zwar deshalb, weil dieselben, wenn man sie im Herbst pflanzen wollte, in Ermangelung langer und starker Wurzeln durch die Fröste leicht gehoben werden, was Beschädi- gungen, ja vollständige Zerstörungen zur Folge haben könnte. Sind dagegen die Setzlinge sehr stark, älter als zwei Jahre und mit guten zahlreichen "Wurzeln versehen, dann empfiehlt es sich, dieselben im Herbst (Ende Oktober und Xovember) und selbst den ganzen Winter hindurch, solange die Witterung gelind und die Erde nicht allzusehr mit Feuchtigkeit geschwängert ist, zu setzen. Im Herbst und Winter ist man weniger mit Arbeit überhäuft als im Frühjahr, und die gesetzten Pflanzen haben Zeit, ihre Wunden zu vernarben und vor Beginn der fol- genden Wachstumsperiode neue Wurzeln zu treiben; hier- aus folgt, dass ihr Anwachsen um so sicherer und ihre Entwickelung im Frühjahr sodann frühzeitiger und bedeu- tend kraftvoller sein wird. Die Herbst- und Winteranpflanzungen sind diejeni- welche ich auf's Wärmste empfehle, und ich kann infolge der mir zur Seite stehenden reichen Erfahrung ausdrück- lich versichern und bestätigen, dass die Fälle, in welchen die Beschaffenheit des Terrains und die Oertlichkeit dazu zwingen würden, das Frühjahr zu wählen, ausserordentlich selten sind und wahrscheinlich gar nicht vorkommen. Seit länger als 20 Jahren bin ich vergebens bemüht, solchen Fällen zu begegnen; ich pflanze deshalb, ohne Boden- und Klima- Verhältnisse zu berücksichtigen, alle Obstbäume, welche hinlänglich stark sind, um an ihren bestimmten Standort gesetzt werden zu können, Btatt im Frühjahre, vorzugsweise im Herbst und den Winter über, und aberall, 44 Das Setzen. im Norden wie im Süden, im Osten wie im Westen, auf Bergen wie in Thälern, habe ich die zufriedenstellendsten Erfolge erzielt und bin zu der Gewissheit gelangt, dass die von anderen erwähnten Nachteile: Wurzel-Fäulnis etc. nur dann stattfinden können, wenn der Baum vor dem Setzen zu sehr misshandelt und geschädigt worden ist. Ein jeder Baum oder sonstiges Gewächs, welches man vor seiner natürlichen Entlaubung ausgräbt, muss vor oder unmittelbar nach der Ausgrabung abgeblattet werden; ohne diese Vorsichtsmassregel würden die Blätter ihre Thätigkeit fortsetzen und die in dem Baum oder Gewächs enthaltenen Reserve-Säfte aufsaugen, woraus eine Yertrocknung ent- steht, welche das Runzeligwerden und oft gar das Absterben des Baumes verursacht. Die Wurzeln der ausgegrabenen Bäume sollen, sobald sie ausserhalb der Erde zu stehen kommen, vor dem aus- trocknenden und schädigenden Einflüsse der Luft und des Lichtes geschützt werden. Wenn der ausgegrabene Baum nicht alsbald gesetzt werden kann, ist es erforderlich, denselben einzuschlagen und. für den Fall er zum Versand bestimmt ist, ihn sorg- fältig zu verpacken. Bei genauer Beachtung dieser Vor- sichtsmassregeln werden die im Herbst oder im Winter be- zogenen und gesetzten Bäume um so leichter anwachsen und, sobald sie genügend bewurzelt sind, wird es deren wenig oder gar keine geben, die infolge mangelhafter Entwicklung eine Ergänzung nötig machen. Was ich oben über die Zeit der Anpflanzung gesagt habe, ist nur auf Bäume mit abfallendem Laub anwend- bar; die immergrünen können, wenn sie ebenso häufig, als es ihre Kraftentwickelung und ihr Alter erforderte, ver- pflanzt worden sind, das ganze Jahr hindurch gesetzt wer- den; hat man jedoch die Wahl bezüglich der Zeit, so ist es vorzuziehen, den Zeitpunkt, in welchem der Saft seine Bewegung beginnt, abzuwarten, also Ende April und Mai. Speziell was die Obstbäume anbelangt, behaupte ich Das Setzen. 45 noch nachträglich, dass die im Herbst und den Winter über ausgeführte Anpflanzung die nachstehenden Vorteile darbietet: 1. Die Wurzeln haben noch vor Beginn der Wachs- tumsperiode an den luftigen Partien Zeit, Faserwurzeln auszutreiben, welche zum Anwachsen des Baumes sehr wesentlich beitragen. 2. Regen und Schnee befördern das Zusammensinken der frisch umgegrabenen Erde, welche trotzdem locker bleibt, und werden die Lücken ausfüllen helfen, welche trotz aller Vorsicht möglicherweise noch zwischen den Wurzeln geblieben sein können. 3. Der Frost wird die Erde lockern und zur oberfläch- lichen Bebauung geeigneter machen: die Wurzeln, welche dadurch in eine leichtere, lockere, der Luft und den atmosphärischen Einflüssen zugängliche Erde kommen, bleiben gesünder und entwickeln sich leichter und kräftiger, während dagegen im Frühjahr nach dem Auftauen und Schneeschmelzen die noch übermässig mit Feuchtigkeit ge- schwängerte Erde schwer, dicht und lehmig wird, durch den Regen sich setzt, durch die Sonnenhitze zusammen- backt und eine zähe Kruste bildet, welche den oben er- wähnten Agentien, wie Regen, Tau, Luft und Wärme, den Zutritt zu den 'Wurzeln versagt und diesen eine Zeitlang die zu ihrem guten Unterhalt, ihrer Ernährung und Gesund- heit so nötigen Elemente entzieht. 4. Da die Wurzeln der zu verpflanzenden Bäume immer — wie schnell auch die Verpflanzung vorgenommen werden mag — eine gewisse Zeit hindurch den Einflüssen der Luft und des Lichtes ausgesetzt bleiben, so werden sie bei der Verpflanzung im Winter weniger schnell austrocknen, weil im Winter die Temperatur niedriger und die Atmosphäre mehr mit Feuchtigkeit geschwängert ist, als im Frühjahr. Wir haben schon sehr häufig Gelegenheit gehabt, im Spät- herbst oder Winter wahrzunehmen, dass die Bäume, w sie aus Versresslichkeit oder irgend einem andern Grui 46 Schnitt und Aufbewahrung der Edelreiser. uneinge schlagen liegen blieben, darunter in keiner Weise erheblich gelitten haben, während im Frühjahr ein weit kürzerer Zeitraum, welchen die Bäume ausserhalb des Bodens zubringen, hinreicht, um ihre Wurzeln runzelig zu machen und ihnen Schaden zuzufügen. 5. Da der Boden in den Wintermonaten mehr Feuchtig- keit aufnimmt, so werden die im Spätherbst und Winter gepflanzten Bäume bei Wiederkehr des Sonnenscheins im Frühjahr auch der Trockenheit weniger ausgesetzt sein, und das Begiessen entbehren können, welches bei einer spät im Frühjahr vorgenommenen Auspflanzung stets erfor- derlich ist. Schnitt und Aufbewahrung der Edelreiser. Der Schnitt der Edelreiser zu den Frühjahrsveredelungen kann während der ganzen Buhe der Vegetation, somit vom Monat November bis März stattfinden. Die geeignetste Zeit ist jedoch der Monat Februar. Später, d. h. wenn der Saft schon in Bewegung ist und die Augen zu schwellen beginnen, schneidet man nur noch diejenigen Edelreiser, welche zum sofortigen Gebrauch be- stimmt sind. Die während der Ruhe des Saftes geschnittenen Edel- reiser können bei sorgfältiger Aufbewahrung mehrere Monate frisch erhalten werden; diese Aufbewahrungsweise, welche übrigens sehr einfach ist und von jedermann leicht angewandt werden kann, besteht darin, den unteren Teil der Edelreiser auf eine Länge von ungefähr 15 cm in Erde oder in Sand einzugraben. Hat man mehrere Zweige von derselben Sorte nötig, so vereinigt man dieselben, indem man sie an ihrem oberen und unteren Ende zusammenbindet; hierbei ist es von Vorteil, nicht allzugrosse Bündel zu machen und die Zahl von 20 Zweigen nicht zu überschreiten, denn sonst würde die Erde oder der Sand schlecht an- schliessen und unausgefüllte Stellen innerhalb des Bündels lassen, was die Zweige schädigen und sie den nachteiligen Schnitt und Aufbewahrung der Edelreiser. 47 Einwirkungen des Frostes und der Trockenheit aussetzen würde. Wenn die Pfropfreiser in kleiner Anzahl benützt werden sollen, gräbt man die verschiedenen Sorten derselben, an- statt sie zusammenzubinden, in Reihen ein, wodurch es er- möglicht ist, die nötige Menge Zweige jederzeit hinweg- nehmen zu können. Zum Eingraben der Pfropfreiser wählt man am besten eine nördlich gelegene Rabatte an einer Mauer oder an einem Bretterzaun; in Ermangelung eines solchen Ortes gräbt man sie unter den Koniferen, am Eusse von Bäumen, im Keller, im Souterrain, oder im Freien ein. Sobald sie eingegraben sind, bedeckt man alle im Freien befindlichen mit Tannenreisern oder irgend einer anderen trockenen und leichten Decke. Je länger man die Edel- reiser aufzubewahren beabsichtigt, um so kühler, schattiger und dunkler muss der Platz sein, an welchem man die- selben einschlägt oder aufbewahrt. Die zu den Sommer- und Herbst- Veredelungen erforder- lichen Okulier- und Pfropfreiser werden erst dann geschnitten, wenn man sie verwerten will ; die Abblattung ist sofort vor- zunehmen. Man legt dieselben, wenn es warm ist, zwischen Moos, Gras oder Tücher, welche zuvor entsprechend an- gefeuchtet wurden. Auch kann man während der Okulation die Okulierreiser in einem mit etwas Wasser gefüllten tiefen Topf bei sich führen ; dies alles ist aber nur dann notwendig, wenn die Reiser vor ihrer Anwendung länger als drei Stunden der Luft und Wärme ausgesetzt werden müssen. Im Keller oder noch besser in einem Eiskeller können die Okulierreiser bis zu drei Wochen aufbewahrt werden, und gut verpackt halten sie eine Fahrt von acht Tagen bequem aus. Da zu diesen Veredelungen vorzugsweise die Smnmertriebe verwendet werden, so ist zu beachten, dass sie um so empfindlicher sind und sich am 80 schwieri aufbewahren lassen, je schlechter sie ausgereift sind. Eine übermässige, anhaltende Feuchtigkeit ist denselben nicht weniger schädlich, als ein«- trockene Aufbewahrung, und 4£ AVerkzeuge zur Ausführung der Veredelungen. sind sie deswegen bei Nacht aus der nassen Umhüllung, in welcher man sie den Tag über aufbewahrt hat, heraus- zunehmen. — Diejenigen Edelreiser, deren Kinde infolge der Trockenheit und Hitze runzelig geworden ist, werden vor ihrer Anwendung etwa 1 — 2 Stunden vollständig in Wasser gelegt; nach dieser Zeit wird meistens die Ein de ihr normales Aussehen wieder erlangen ; tritt dieser Fall nicht ein, so ergiebt sich hieraus, dass die Austrocknung eine zu grosse war und dass die Edelreiser für die Okulation un- tauglich geworden sind. Wenn die Edelreiser zum Versand bestimmt sind, wende ich seit mehreren Jahren folgendes Verfahren an, um dieselben in gutem Zustande zu erhalten: Die Edel- reiser werden, nachdem man ihre sämtlichen Blätter abge- schnitten hat, vereinigt und zusammengebunden, indem man darauf achtet, sie an ihrem unteren Ende eben zu stossen. Hierauf werden sie ringsum in Packpapier, welches man doppelt und sogar dreifach nimmt, eingepackt, mit Bind- faden von unten nach oben umwickelt, das Ganze mit feuchtem Moos umgeben und alsdann nochmals mit Papier oder Stroh bedeckt und festgebunden. Diese Verpackung unterscheidet sich von anderen nur durch die Anwendung der ersten Papierumhüllung, welche verhindert, dass sich die Feuchtigkeit des Mooses zu schnell und in zu grosser Menge den Edelreisern mitteilt, was leicht zur Fäulnis der letzteren führen würde. Solcherweise ver- packte Edelreiser können eine achttägige und noch längere Reise ganz gut aushalten. IV. Die zur Ausführung der Veredelungen notwendigen Werkzeuge. Die zur Ausführung der Veredelungen erforderlichen Werkzeuge sind nicht sehr zahlreich; sie bestehen in einem AVerkzeu^e zur Ausführuno; der Veredelungen. 49 Okulier- und Kopuliermesser, einem Gartenmesser, einer Baumschere, Baumsäge, einem Pfropfeisen und einem kleinen Holzschlegel. Mit vorerwähnten Werkzeugen kann man alle Ver- edelungsarten ausführen ; es ist demnach nicht nötig, deren mehr zu nennen und ganz nutzlose Ausgaben zu veran- lassen. 1) Das Okuliermesser braucht man vorzugsweise zum Okulieren: die Gestalt der Klinge und des Heftes ist sehr verschieden; beinahe ein jeder Messerschmied oder bedeu- tendere Baum- oder Rosenzüchter haben beson- dere Konstruktionen von Okuliermessern auf- zuweisen, deren angebliche Vorteile häufig mehr auf Einbildung als Wahrheit beruhen. Die Hauptsache ist, dass sie gut und solid gearbeitet sind, die Klinge von vortrefflicher Qualität und an ihrem unteren Ende abgerundet ist. Ein tüchtiger Okulierer wird mit allen möglichen Okuliermessern erfolg- reich arbeiten. Ich und mein Personal Okulier- okulier' geben indessen der Form, welche die lucsser inesser mit -,-,. . ., _ -, ,. , n mit nach- BchUess- Jnguren 14 u. lo veranschaulichen, den endigem barem T7- nnd als Spatel. V Ol'ZUg. dienern- 2. Das Kopuli ermess er Fig. 16 hat dieselbe Konstruktion wie das Oku- liermesser, nur mit dem Unterschied, dass die »Schneide der Klinge vollständig gerade und der Spatel, anstatt flach zu sein, die Gestalt eines Dreiecks hat und sich nach den Enden zu verjüngt. Mit demselben schneidet man die Edelreiser, macht Einschnitte und andere bei den Veredelungen , -._.. ,,,. in der Kinde, Ablaktieren, Gaisfuss und Anplatten mieser* nötige Verrichtungen. 3) Das Gartenmesser Fig. 17 dient zum Ausputzen Qaueher, Veredelungen. } 50 TVerkzeuge zur Ausführung der Veredelungen. und Abköpfen der Bäume, zum Auffrischen (Glattschneiden) der mit der Säge und Baumschere gemachten Schnitt- flächen, zum Spalten der im Spalt zu pfropfenden Stämme und Aeste von mittlerer Grösse und zur Ausführung des Gaisfussschnittes auf schon starken Unterlagen. Das Gartenmesser ist, mit einem Wort gesagt, das Universal-Pfropfmesser undfast das einzige Instrument, dessen ich mich zur " Ausführung allerYeredelungsarten mit Aus- £ nähme des Okulierens bediene. Die Form der Klinge muss nach der Spitze hin gebogen, der Griff bogenförmig gekrümmt und, damit die Hand nicht aus- gleite, nach der Klinge zu konisch undr was vorzuziehen, aus Hirschhorn gefertigt sein. Diese Form des Gartenmessers, welche in drei Grössen zu haben ist, wird in mei- nen Baumschulen von mir und meinen |>lffl|k Arbeitern ausschliesslich angewendet. Selbst meine Gehilfen, welche zuvor mit anders geformten Gartenmessern zu arbei- mif mLhhorahSfund ten gewöhnt waren, sehen bald ein, dass die von mir empfohlene Form wesentliche Vorteile gewährt; mit ihr arbeitet man rascher, sicherer und behaglicher und, da der Schnitt ziehend ausgeführt wird, riskiert man viel weniger die umliegenden Teile zu verletzen oder solche gar gegen Willen mitzuschneiden. 4) Die Baumschere, Fig. 18 — 20. Die Abbildungen, welche dieses Instrument darstellen, lassen eine nähere Beschreibung überflüssig erscheinen, ausserdem ist es jeder- mann genügend bekannt ; was jedoch noch nicht allgemein bekannt sein dürfte, ist, dass die Mehrzahl der Baum- scheren infolge ihrer Form und fehlerhaften Konstruktion bei- nahe wertlos sind; anstatt zu schneiden, zerdrücken sie das untere Ende des abzunehmenden und das äussere Ende des zurückbleibenden Teiles. Wir nennen deshalb derartige Baum- Werkzeuge zur Ausführung der Veredelungen. 51 scheren wohl nicht mit Unrecht .,Baumzangen-', und deren An- wendung ist bei Behandlung der Bäume geradezu zu verwerfen. "A'enn die Baumschere gut sein soll, müssen Klinge und Haken spitz endigen, schneiden, ohne sehr zu quetschen. Die durch Fig. 18 — 20 veranschaulichtenBaumscheren ha- ben diesen Vorzug. Beide Formen lasse ich in zwei verschiedenen Grössen anfertigen und ist es die kleine Form , welche ich für den Schnitt der Zwergbäume als die beste ansehe. Beim Veredeln wird die Baum- schere in folgenden Fällen benützt : a) Zum Schneiden der Edel- reiser von den Mutterstämmen und zurTeilung derselben in demAugen- blicke, in welchem man sie ver- wenden will. b) Zum Rückschnitt der zum Veredeln bestimmten Bäume, deren Dicke nicht 2 — 3 cm Durchmesser überschreitet und zum Beschneiden der seitlichen Aeste, welche man rings um den Stamm stehen lässt, um sein Wachsen in die Dicke zu begünstigen. o) Zur Entfernung der Zapfen bei den Veredelungen, welche auf der Seite ausgeführt werden, und zur Trennung der ablaktierten Triebe. Zw.ige und Aeste. ] i * l • T\ i_ I -• 19. Baumschere di l in die Dornen zu bec Btri.chemVeVschin... Welche hinderlich Sind lllld (lell \ er- während die nächstfolgende, ichaalieht. edler verwunden könnten. 52 Werkzeuge zur Ausführung der Veredelungen. Mag die Beschaffenheit und Güte der Baumschere sein, welche sie immerhin will, der Schnitt wird stets eine, wenn auch geringe, Quetschung verursachen und die Schnittwunden sollen deshalb an den Stellen, an welchen man zu pfropfen beab- sichtigt, mit dem Gartenmesser aufgefrischt werden; ohne diese Vorsichtsmassregel könn- ten sich die Wunden vergrössern und hemmend auf das Anwachsen des Edelreises einwirken ; auf alle Fälle würde die Vernarbung langsamer vor sich gehen. 5) Die Baumsäge, Fig. 21 u. 22. Die Form dieser kleinen Handsäge ist auch sehr verschieden; die Hauptsache ist, dass sie gut schneidet. Das Sägeblatt muss beweglich und nach dem Rücken hin dünn sein, oder sich ver- jüngen ; ohne dies dürfte das Hin- und Her- ziehen schwierig sein, und man würde Mühe haben, dieselbe zu bewegen. Der zur Spannung und Befesti- Fig. 20. gung des Säge- blattes dienende Bogen muss, um den Durchgang zwischen den dicht stehenden Aesten zu erleichtern, spitz aus- laufen. Man gebraucht die Säge stets, so oft die Teile, welche hinweggeschnitten werden sollen, zu stark sind, um sie mit dem Gartenmesser oder mit der Baumschere zu schnei- den. Wie zu allem anderen, gehört auch zum Absägen von Aesten oder Stämmen eine ge- wisse Uebung, sonst schlitzen i ■-, 21. Baum _ 9, Kleine Säge. Werkzeuge zur Ausführung der Veredelungen. 53 die abzunehmenden Teile aus und verletzen diejenigen, welche man schonen wollte, wodurch schon manches nicht wieder gutzumachende Unheil entstanden ist. Um dies zu verhüten, muss man, während man sägt, den Teil, welcher fallen soll, in seiner Richtung mit der Hand festhalten. Ist dieser Teil zu dick und zu schwer, um ihn zu fassen und in seiner ursprünglichen Richtung zu halten, dann sägt man den Ast zunächst unten bis etwa zur Mitte durch und dann oben; auf diese Weise wird das Abschlitzen vermieden. Bei ganz grossen Aesten wird diese Vorsicht jedoch noch nicht genügen; es ist daher stets ratsam, solche auf zweimal abzunehmen. Das erstemal wird der Ast etwa 60 cm über dem Punkt, wo er endgiltig abgenommen werden soll, abgesägt. Kann ein solcher Ast beim Ab- fallen benachbarte Bäume be- schädigen, so wird er vor dem Absägen mit einem Seil an einen andern Ast befestigt, da- mit er, nachdem er abgesägt ist, hängen bleibt und nachher mit Hilfe des Seiles langsam auf den Boden heruntergelassen wei- den kann. Sämtliche durch die Säge entstandenen grösserenSchnittwunden sollen mit dem Gartenmesser aufgefrischt werden ; ohne dies würden die zerrissenen Holzfasern Feuchtigkeit auf der Wunde ansammeln, wodurch die Fäulnis begünstigt und die Vernarbung minder rasch vor sich gehen würde. 6) Das Pfropfeisen, Fig. 23. Di< Werkzeug braucht man nur bei Spalt- pfropfnngen starker Bäum«' und Aeste; mit demselben spaltet man den Stamm oder l. Dm Pfropfeisen. den ^ (}(.s ].;nmi,.s> U)1(j mlt (j,.SSt.n ;im Fig. 2 1. Der Holzschlegel. 54 Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. Ende befindlichen Haken hält man den Spalt offen, damit die Edelreiser mit grösserer Leichtigkeit eingesteckt werden können. 7) Der Holzschlegel, Fig. 24, ist nur ein Zubehör zu dem Pfropfeisen, und dient dazu, auf dies letztere zu schlagen, um die zu veredelnden Teile zu spalten ; er muss vorzugsweise aus hartem, z. B. Hainbuchen-, Buchen- und sein Griff aus gespaltenem Eichen-, Eschen- oder Akazien- holz hergestellt sein. Alle obigen schneidenden Werkzeuge müssen in gutem Zustand, rein und scharf gehalten werden; man reinigt dieselben, so oft es notwendig, d. h. so oft sie durch den Saft der Bäume verunreinigt werden. Wir wiederholen, dass es ausser den angegebenen In- strumenten noch eine grosse Menge anderer giebt; ihre kom- plizierte Konstruktion erschwert jedoch ihre Anwendung, ohne die Aussichten auf einen günstigen Erfolg zu er- höhen; wir sagen ferner: sie machen die Ausführung der Arbeit langweiliger und ermüdender. Der Praktiker hat deshalb vollkommen recht, wenn er sich weigert, dieselben zu verwenden und alle Vorteile, welche sie bieten sollen, dem Erfinder und Anfertiger überlässt. Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften und sonstigen Gegenstände. Als solche sind erforderlich eine doppelte und eine ein- fache Leiter, ein Schleif- und ein Abziehstein, ein Streichriemen, Bindmaterial, Baumwachs oder Baumsalbe, ein Stuhl, Bleinummern und Etiketten, Töpfe, Pfähle und Stäbe, Weiden, Binsen, Bürsten, Baumscharre und Kalkmilch. Wir wollen nun sehen, wozu all' diese Gerätschaften dienen. 1. Die Leitern kommen beim Besteigen der Bäume, beim Absägen der Aeste, beim Entfernen von Moos und an- deren Schmarotzerpflanzen, beim Abbürsten und Abkratzen Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. 55 abgestorbener Rinde, beim Verstreichen von "Wunden, und beim Anstreichen mit Kalkmilch in Anwendung; diese sämt- lichen Verrichtungen sollen mit Ausnahme der letzteren, falls sie nötig sind, vor dem Veredeln ausgeführt werden, während der Kalkanstrich nur nach der Veredelung statt- findet, denn sonst würde man sich weiss machen und durch die Reibung ein Abfallen der Kalklage bewirken. Auch wird die Leiter bei der Veredelung aller Aeste, welche den Veredler nicht tragen können, benutzt, ebenso bei Stämmen, die in der Kronenhöhe gepfropft werden sollen, und welche man nicht biegen kann ohne Gefahr zu laufen, dieselben abzubrechen. 2. Der Schleifstein wird zum Schärfen und "Wieder- herstellen der schartig gewordenen Gartenmesser und Pfropf- eisen angewandt; da derselbe die Werkzeuge, welche man auf ihm schleift, sehr schnell abnützt, muss man seine An- wendung soviel als möglich vermeiden und sich desselben nur dann bedienen, wenn der folgende, zweite Stein unzu- reichend geworden ist. 3. Der Abziehstein ist für jeden, welcher mit schnei- denden "Werkzeugen umgeht, vollständig unentbehrlich. Ohne Abziehstein keine brauchbaren Garten-, Kopulier- und Oku- liermesser, insofern wir nur mit seiner Hilfe diese Instru- mente in gutem Zustand erhalten und einen scharfen Schnitt erzielen. Alle Instrumente, welche auf dem Schleifstein geschärft wurden, müssen auch noch mit dem Abziehstein abgezogen werden, und nur durch seine Anwendung können die Klingen unserer Messer ganz scharf werden. Der Abziehstein muss sehr feinkörnig, weder zu zart noch zu hart sein. Die guten sind selten und sehr schwer zu erkennen; wenn es nicht gelungen ist, einen solchen beim ersten Kauf zu erwerben, darf man sich nicht abschrecken lassen und muss wiederholt und so lange anschaffen, bis man einen brauchbaren bekommen hat. 4. Der Streichriemen wird nach dem Abziehstein 56 Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. angewandt; mit seiner Hilfe werden unsere Messer so scharf wie ein Rasiermesser. Bei dem Gärtner und Arbeiter wird er meistens durch das Beinkleid, den straff angezogenen Rockärmel, oder die lederne Fussbekleidung ersetzt; er ist demnach nur für den Liebhaber oder für ungeübte Leute nötig, welche ihre Kleidung und Schuhwerk zu zerschneiden oder sich selbst zu verwunden befürchten. 5. Das Bindmaterial. Beinahe alle Veredelungen müssen sofort nach ihrer Ausführung verbunden werden. Der Verband bezweckt, die auseinandergetriebenen Holz- schichten und die aufgehobene Rinde zu vereinigen, die ge- spaltenen Teile zusammenzuhalten und das Edelreis auf der Unterlage zu befestigen. Wenn man zu viel Zeit zwischen der Veredelung und der Anlegung des Verbandes verstreichen Hesse, würden die Säfte vertrocknen, die Rinde runzeln, und das Edelreis oder das Auge, welches sich nicht in innigster Berührung mit der Unterlage befindet, vertrocknen, sich bewegen, ab- fallen und somit jede Hoffnung auf Anwachsung vereiteln; nur die im Spalt auf stärkeren Aesten oder Stämmen aus- geführten Veredelungen machen von dieser Regel eine Aus- nahme. Die besten Verbände sind diejenigen, welche sich unter dem Einfluss der Trockenheit und Feuchtigkeit weder aus- dehnen noch zusammenziehen und trotzdem eine gewisse Dehnbarkeit besitzen, welche die Zunahme der Unterlage zulässt, ohne dieselbe zu erdrosseln. Je stärker die Unterlage ist, desto fester wird man binden und um so stärker wird auch das Bindmaterial sein müssen. Alle bei den Veredelungen nötigen Verbände werden in mehr oder weniger einander naheliegenden Windungen angebracht; gewöhnlich lässt man zwischen jeder Windung einen Raum von 2 bis 5 Millimeter und nähert sie nur dann, wenn die zu verbindenden Teile ein festeres Anziehen er- fordern. Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. 57 Man beschliesst den Verband mit einem Knoten oder einer Schleife; ein gut angelegter Verband darf nicht locker sein; sobald er beim Berühren mit dem Finger sich bewegt oder nachlässt, ist er nicht genügend angezogen, oder mangelhaft zugeschlossen, und muss alsbald erneuert werden. Bei den Veredelungen durch Okulation oder anderen, welche bei schwachen Stämmchen angewandt werden, ist die grobgesponnene Wolle am tauglichsten; sie schmiegt sich infolge ihrer Dehnbarkeit dem Stärkerwerden des Baumes an, und entgeht durch die Oelung, welche bei ihrer Fabrikation stattfand, der Einwirkung der Feuchtigkeit am besten. Dieses Verbandmittel ist deshalb für die verschie- denen Veredelungen zarter Exemplare und sonstiger schwacher und dünner Teile das geeignetste, vorzüglichste und em- pfehlenswerteste. Für kräftige Aeste und Stämme ist die "Wolle jedoch häufig nicht stark genug und muss durch ein festeres Bind- material ersetzt werden. So oft man sich der Wolle bedient, verwendet man zwei oder drei Fäden, welche jedoch nur dann zusammengedreht werden, wenn es sich darum handelt, grössere und mit dicken und härteren Rinden versehene Stellen zu verbinden; man schneidet sie zuvor in Längen, welche der Stärke der Unterlagen und der zu verbindenden Teile angemessen sind. Die gesponnene Baumwolle ist bei starken und langsam zunehmenden Gewächsen ebenfalls sehr zu em- pfehlen, und verdient für die Veredelungen, welche unter Glas ausgeführt werden, den Vorzug. Da sie sich aber nicht leicht durchschneiden lässt, ist es ratsam, dieselbe derart anzuwenden und zu knüpfen, dass sie sich bei Ent- fernung des Verbandes leicht wieder aufknüpfen und ab- wickeln lässt. Diese beiden Verbandarten würden, wenn sie nicht zu teuer wären und infolgedessen nur denjenigen zustel welche weni^ Veredelungen vorzunehmen nahen, and< Verbandmaterial entbehrlich machen; bei bedeutenden Kul- 58 Die zu den Veredelungen nötwendigen Gerätschaften etc. turen jedoch, wo die Veredelungen massenhaft vorkommen, wendet man statt obigen vorzugsweise billigere Verbände an, wie: Lindenbast, oder den noch weit besseren und Fig. 25. Sparganium ramosum. Fig. 26. Typha latifolia. jetzt fast überall eingeführten Raffiabast; diesen letz- teren benutze ich in meinen Baumschulen beim Okulieren und bei allen Frühjahrs- und Herbstveredelungen, welche an kleinen und mittelstarken Unterlagen vorgenommen werden. Er ist sehr haltbar und zäh, leicht anwendbar und verhältnismässig billig. Bei jungen, schnell zunehmen- den Unterlagen hat er indessen den grossen Nachteil, nicht dehnbar genug zu sein und infolgedessen den angebundenen Teil einzuschneiden und denselben dem Abbrechen auszu- setzen. Fleissiges Nachsehen und rechtzeitiges Lockern resp. Beseitigung des Verbands ist daher sehr ratsam. Alle schnell zunehmenden Unterlagen werden deshalb vorzugsweise mit dem sogenannten Liesch, nämlich den Blättern der Igelkolbe (Sparganium ramosum), Fig. 25, und der llohrkolbe (Typha latifolia), Fig. 26, welche häufig in Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. 59 unsern Sümpfen wachsen, verbunden. Dieses Verbandmaterial ist nicht nur das billigste, sondern zugleich für die Gegenden, wo es genügend gewonnen werden kann, das für die Oku- lation empfehlenswerteste; es braucht nicht, wie der Bast, gelockert oder losgebunden, sondern meistens nur auf der Rückseite aufgeschnitten zu werden. Man schneidet die Pflanze bis auf ihren Rumpf etwa im August, lässt sie im Schatten trocknen und bewahrt dieselbe bis zu ihrem Gebrauch auf dem Speicher oder in sonstigen trockenen Räumen auf. Die Blätter werden in der gewünschten Länge abgeschnitten, vor der Benützung eine halbe Stunde in Wasser eingeweicht, dann leicht aus- gerungen, um das überflüssige Wasser zu entfernen, und alsdann in entsprechend breite Streifen geschlitzt. In den grossen Kulturen braucht man das angefeuchtete Liesch den ganzen Tag, und muss es, um sein Vertrocknen zu vermeiden, wodurch es spröde und leicht zerbrechlich wird, im Schatten, in ein nasses Tuch oder in Gras ge- wickelt aufbewahren, oder in dessen Ermangelung ober- flächlich in Erde eingraben. Wenn das Liesch sorgfaltig getrocknet ist, kann man dasselbe an einem, weder der Sonne, noch der Feuchtigkeit ausgesetzten Orte mehrere Jahre hindurch aufbewahren, ohne dass es nur das geringste von seiner Güte verliert. Die Pflaumen, M i r o b o 1 a n e n, Mandel n, M a h a- leb, Rosen und Paradies werden bei der Okulation vorzugsweise mit Liesch verbunden. 6. Das Baum wachs. Mit Ausnahme der Verede- lungen durch Okulation und gewisser Arten von Ablak- tierung und Anplatten, erfordern »alle übrigen im Freien ausgeführten ein Bestreichen mit Baum wachs oder Baumsalbe. Hierunter versteht man eine klebrige Masse, welche die Wunde weder austrocknet oder verbrennt, noch infolge der Sonnenwärme abfliesst oder durch die Einwir- kung der Kälte rissig wird. Alle offenen Wunden, ebenso das Ende des Edelreises, müssen reichlich mit der gewählten 60 Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. Salbe bestrichen werden; die nichtangegriffenen Teile der Rinde dagegen können dieselbe entbehren; ebenso braucht das Ende des Pfropfreises nicht bestrichen zu werden, wenn es mit seinem gipfelständigen Auge (Endknospe) U, Fig. 27, versehen bleibt. Die Figur 27 zeigt die Art und Weise, wie verbunden und verstrichen werden kann. A, I, E zeigen die vollstän- dige Bedeckung der Wunden, welche durch die Veredelung und Beseitigung der Seitenäste entstanden sind; 0 die Yerklebung der durch den Schnitt des Edelreises offenen Saftkanäle; U die Endknospe, welche den Schutz des Baum wachses nicht erfordert; Y ein Seitenauge, welches inmitten des schrä- gen Schnittes des Edelreises beibehal- ten wurde und mit warmflüssigem Baumwachs nicht gedeckt werden soll ; ein leichter Ueberzug mitkaltflüssigem Baumwachs würde ihm dagegen nicht schaden. Es giebt eine Menge Arten von Baumwachs, die jedoch nicht immer unserem Zweck entsprechen, indem sie meistens zu teuer sind oder sich zu Fig.27. Ansicht einer beendigten, schwierig auftragen lassen, oder — was verbundenen und mit Baum- ~ ° wachs übertragenen Veredelung. nocn yiel nachteiliger Und Schlimmer ist, — die W^unde verschlimmern und vergrössern, anstatt deren Verheilung zu begünstigen. Die Haupterfordernisse bei der Anfertigung eines Baum- wachses sind: Vollkommene Unschädlichkeit, Zweckmässig- keit, billige Herstellung und leichte Anwendung. Die vier nachstehend aufgeführten Rezepte sind bis jetzt nach meiner Ansicht diejenigen, welche genannte Vorteile am besten in sich vereinigen, und deshalb auch die einzigen, welche ich anwende und warm empfehle. Sie können von jeder- Die zu den Veredeiung-en notwendigen Gerätschaften etc. 61 mann mit Leichtigkeit angefertigt werden und ermöglichen es uns zugleich, unsern Bedarf billiger herzustellen. a) "Warm flüssig es Baum wachs, mit schwarz- graulicher, Rinde-ähnlicher Färbung. Zusammensetzung für 1 Kilogramm : 915 Gramm gereinigtes Fichten- oder Tannen-Harz, 15 .. schwarzes Pech, 30 „ Hammeltalg, 40 gesiebte Holzasche, mit rötlicher, 1000 ,. = 1 Kilogramm. b) Warmflüssiges Baum wachs, Packsiegellack-ähnlicher Färbung : 830 Gramm gereinigtes Fichten- oder Tannen-Harz, 100 „ schwarzes Pech, 30 „ Hammeltalg, 40 „ pulverisierter, roter Ocker, 1000~ ~^~= 1 Kilogramm. Man schmilzt zuerst das Harz, das schwarze Pech, und den Hammeltalg in einer etwas nach unten verjüngten irdenen Kasserole auf massigem Feuer, fügt, sobald diese drei Teile flüssig geworden sind, die Asche oder den roten Ocker nach und nach hinzu, und rührt das Ganze um, bis es sich gänzlich vermischt hat. Ist die Mischung einmal erkaltet, so wird sie bis zum Gebrauch als Block aufbewahrt, von welchem man die jeweilig erforder- liche Menge abbricht, um sie auf einer transportablen Baum w a c h s- pfanne, Fig. 28, 29, durch Er- wärmen wieder flüssig zu machen. Der Teil dieser Pfanne, welcher das Baumwachs enthält, ist beweglich und lässt sich nach Belieben her- ausnehmen; darunter brennt eine Weingeist- oder Oel-Lampe (Fig. 29), welch.- man sofort auslöscht, sobald die Masse hinlänglich wann ist. i mwachapfanne ron gesehen. 62 Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. und wieder anzündet, wenn die Mischung zu gerinnen an- fängt und sich dadurch schwieriger übertragen lässt. Das Aufstreichen dieses warmflüssigen Baumwachses geschieht mittels eines Pinsels, dessen Stärke in einem ge- wissen Verhältnis zu der Stärke der zu pfropfenden Aeste a und Stämme stehen muss; letztere jI schwankt zwischen einem Durch- messer von 1 — 3 cm. Man bedient P sich auch eines hölzernen Spatels, [ arbeitet aber mit demselben weniger i rasch; denn obwohl die Strecke '■S^^^-5^ IW^ zwischen der Baumwachspfanne und i^jt^; _jl(rf|||i dem zu verstreichenden Teil gering ... 0„^r^~ XrT^^ •** ist, verursacht sie immerhin einen Fig. 29. Baumwacnspfanne mit der 7 Lampe, von innen gesehen, ziemlich grossen Verlust an Baum- wachs, zumal sich letzteres auf dem Spatel rascher abkühlt, als bei Anwendung des Pinsels. Die zwei vorerwähnten Baumsalben sind nach meiner Erfahrung bis jetzt so ziemlich die besten von allen, kleben vortrefflich an, entsprechen allen Erwartungen, und lassen sich am raschesten übertragen. Mit wenigen Verände- rungen in ihren Zusammensetzungen sind sie die einzigen, welche man im allgemeinen im grossen Baumschulbetriebe anwendet. Eine weitere Eigenschaft, um deren willen wir ihre Anwendung ganz besonders empfehlen, besteht darin, dass sie mehr als die anderen dazu geeignet sind, die Wunden der abgenommenen Aeste, sowie die durch Brand, Frost oder durch sonstige Verletzungen entstandenen Beschädi- gungen vor Feuchtigkeit und Fäulnis zu schützen. Infolge des Zusatzes von Asche oder Ocker sind sie nicht dem Zer- fiiessen bei grosser Hitze ausgesetzt, und der Hammeltalg macht sie weicher und verhindert, dass sie zu hart und im Winter rissig werden, sowie das Fadenziehen beim Auf- tragen der Salbe. Der einzige Uebelstand dieses Baumwachses ist der, Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. 63 dass es bei jedesmaligem Gebrauche erwärmt werden muss; hat man nur wenig Exemplare und kleine Wunden zu be- streichen, oder sind die zu pfropfenden Gewächse weit ent- fernt, so bedient man sich zweckmässiger einer kalt- flüssigen Baumsalbe, welche vor ihrem Gebrauche keiner- lei Vorbereitung erfordert, und sich in der Tasche in einer kleinen Blechbüchse oder einem kleinen Pomadetopf tragen lässt, und für deren Bereitung wir nachstehend die An- weisung geben. c) Kalt flüssiges Baumwachs. Um 1 kg anzu- fertigen, verwendet man folgende Bestandteile in dem an- gegebenen Verhältnis und erhält durch diese Mischung eine schwarzgräuliche, Rinde-ähnliche Färbung: 830 Gramm gereinigtes Tannen- oder Fichten-Harz, 15 ,, schwarzes Pech, 30 „ Hammeltalg, 35 „ gesiebte Asche, 90 „ Spiritus, 1000 7^ 1 kg- d) Kaltflüssiges Baum wachs, mit rötlicher, Pack- siegellack-ähnlicher Färbung: 735 Gramm gereinigtes Tannen- oder Fichten-Harz, 100 „ schwarzes Pech, 30 „ Hammeltalg, 35 .. pulverisierter, roter Ocker, 100 Spiritus, 1000 7^ 1 kg. Wie man sieht, unterscheiden sich diese Baumwachs- Sorten von den vorhergehenden nur durch die Beimischung des Alkohols, der sie flüssig erhält, und hierin besteht das ganze Geheimnis dieses Fabrikats. Jetzt wollen wir die Zubereitungsart, welche wir speziell anwenden, folgen lassen; man bedient sich hierzu, wie bei den vorhergehenden, ebenfalls eines irdenen oder eisernes Topfes, welchen man über ein massiges Feuer setzt, <1< - Flamme nur den Boden erhitzt. Noch besser ist es, den Topf (34 Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. auf eine geheizte Herdplatte zu setzen ; würde nämlich die Flamme höher steigen und den Inhalt des Gefässes erreichen, so würde sich die Mischung entzünden und nur dadurch be- quem und gefahrlos zu löschen sein, dass man das Gefäss mit einem Deckel verschliesst oder in Ermangelung eines solchen ein nasses Tuch darüber wirft, wodurch die Flamme sofort erstickt. Dieselbe Vorsichtsmassregel muss, wenn man das Baumwachs über offenem Feuer bereitet, auch bei den vor- erwähnten Rezepten beobachtet werden. Man lässt die drei ersten Teile (Harz, schwarzes Pech und Hammeltalg) zu- sammenschmelzen und fügt dann Asche oder Ocker hinzu; sobald alles gehörig gemischt ist, nimmt man es vom Feuer und lässt es halb erkalten; darauf giesst man den Spiritus in kleinen Quantitäten hinein und rührt anhaltend solange um, bis man denselben vollständig hineingeschüttet hat. Die von dem Spiritus aufsteigenden Dämpfe sind lästig und können sogar schädigend sein; ich rate daher, während man den Spiritus eingiesst, den Kopf von dem G-efässe fern zu halten. Es ist auch notwendig, dass man ein Gefäss von beinahe dem doppelten Gehalt anwendet, weil das Ge- menge beim Hineingiessen des Spiritus aufbraust und wie Milch in die Höhe steigt, wodurch ein Teil des Inhaltes überlaufen würde. Dieses Aufbrausen kann man vermeiden, wenn man vorher die Spiritusflasche in warmem Wasser leicht erwärmt. Die Flasche muss aber, um das Zer- springen derselben zu vermeiden, entkorkt und, bevor das Wasser zu sieden beginnt, herausgenommen werden. Wenn das Baumwachs nach dem Hinzufügen des Spiri- tus zu dick wird und die Vermischung nicht gehörig statt- finden kann, setzt man das Ganze wieder auf halb ausge- löschte Kohlen, rührt noch einmal tüchtig um, und, sobald alles ganz flüssig geworden ist, nimmt man das Gefäss vom Feuer weg. Sobald die Mischung erkaltet ist, kann man sich sofort überzeugen, ob dieselbe die gewünschte Dicke erreicht hat; ist das Baumwachs noch zu dick, so giesst man noch etwas Spiritus hinein; ist es dagegen zu flüssig, Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. 65 dann fügt man geschmolzenes Harz aus einem anderen Ge- fässe hinzu, erwärmt und rührt das Ganze nochmals um. Kann hierauf das Präparat als gelungen betrachtet werden, so füllt man dasselbe in Blechbüchsen, welche man um so sorgfältiger und hermetischer versehliesst, je länger man das Baumwachs aufzubewahren beabsichtigt. Die ganze Herstellung der oben aufgeführten Baum- wachsarten lässt sich rascher ausführen, als man nach obiger Beschreibung annehmen könnte ; als Beweis dient, dass wir 10 kg und noch mehr in Zeit von einer Stunde herstellen. Das auf diese Weise zusammengesetzte Baum- wachs hält sich Jahre hindurch flüssig: ich bediene mich desselben 6 Monate und länger, ohne es zu verschliessen, es lässt sich sehr gut und schnell, auch mittels eines Spatels, aufstreichen, klebt vortrefflich, wird nicht spröde, und läuft infolge des Zusatzes von Asche oder Ocker in geringerem Masse ab, als viele andere Mischungen; durch das schwarze Pech haben ferner die erste und dritte Mischung [a und o] eine grauliche, der Rinde ähnliche Färbung erhalten und wirken daher nicht abstossend. Die zweite und vierte Mischung [b und d] sind, wie schon angegeben, rötlich, •der Inhalt weder besser noch schlechter, als der der beiden anderen, und da die Herstellungskosten ziemlich genau die- selben sind, so ist dem Geschmacke jedes Einzelnen an- heimgegeben, diejenige Färbung zu bevorzugen, welche ihm am besten gefällt. Das Abwiegen der verschiedenen Teile ist nur ein- oder zweimal nötig, um einen Ueberblick bezüglich der einzelnen (Quantitäten zu bekommen: etwas mehr (»der weniger von dem einen oder dem anderen kommt durchaus nicht in Betracht. Man wird, wenn die erforderliche Uebung vorhanden, dir Mischungen nach Gutdünken aus- führen und -vwiss das richtige Verhältnis ohne weit« treffen können. Ti Der Stuhl, welcher in Anwendung kommt, ist ein grosser, grober Bolzstuhl, dessen Püsse unten, um das <. acher, Veredelungen. •> (36 Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. Einsinken in den Boden zu vermeiden, durch vier Latten- stücke verbunden sind. Er dient in der Baumschule zur Ausführung der Veredelungen der Hochstämme auf Kronen- höhe und erhält vor der Leiter den Vorzug, weil man ihn leichter zwischen den Reihen hindurchtragen, bewegen und aufstellen kann. 8) Die Bleinummern sowohl als die Etiketten werden zur Bezeichnung der gepfropften Sorten verwendet,, und deren Nummer oder Name in ein hierzu anzufertigen- des Verzeichnis der Reihen und Stückzahl so genau einge- tragen, dass man selbst nach Jahren, wenn die Nummern und Etiketten verschwunden oder unleserlich geworden sindr immerhin alle einzelnen Arten und Spielarten mit grösster Sicherheit auffinden kann. (Siehe das weiter hinten, bei der Okulation aufgeführte Schema.) 9) Die Töpfe dienen zur Aufnahme der Gewächse,, welche unter Glas veredelt werden sollen. Die Unterlagen werden in dieselben hineingesetzt und man kann diese des- halb nach Belieben aus einem Kasten oder Gewächshaus in ein anderes stellen und sie auch, wenn die Veredelungen günstig verlaufen und genügend angewachsen sind, den Sommer hindurch trotz ihrer Belaubung ins Freie setzen. 10) Pfähle und Stäbe. Diese haben den Zweck,, die Edelreiser vor Beschädigung durch Tiere, Vögel, Winde,. Regen und vor uns selbst zu schützen; man steckt sie bei den niedrig d. h. nahe am Boden vorgenommenen Verede- lungen fest in die Erde, oder befestigt sie längs des Stam- mes, Astes oder Zweiges der in der Höhe gepfropften Bäume; dann bindet man das Edelreis, ebenso die von demselben ausgehenden Triebe diesen Pfählen entlang an. Diese müssen also über das Edelreis hinausragen, denn sonst müsste man sie später verlängern, und die Vögel könnten sich auf das Edelreis setzen und dasselbe abbrechen. Ist der veredelte Baum zu einer bestimmten Form ausersehen, so müssen die Stäbe in der Richtung, welche die Triebe annehmen sollen, befestigt werden. Die Länge Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. 67 und Stärke der Pfähle und Stäbe werden durch den Zweck, welchen man erreichen will, bestimmt, und wenn der ver- edelte Stamm oder Ast gerade gerichtet zu werden erfor- dert, so sind die Pfähle etwas stärker als diese zu wählen. 11) Die Weiden dienen zum Anbinden der Stämme an die Pfähle, zum Anbinden der Aeste und zum Anheften der Zweige und Triebe; ebenso bedient man sich ihrer, um Aeste oder sonstige Teile in einer bestimmten Lage zu er- halten. Zu diesem Zwecke verwendet man vorzugsweise dünne, schlanke, unverzweigte, nicht geschlitzte und sehr zähe Weiden. Die gelbe (Salix vitellina) und die rote Weide (Salix purpurea) liefern das beste Bindematerial. Der Schnitt derselben geschieht den Winter über nach dem Laubabfall; nachdem sie ausgeputzt und sortiert sind, werden sie auf dem Speicher oder in einem sonstigen trockenen Räume aufbewahrt. Sobald sie trocken und spröde geworden, stellt man ihre Geschmeidigkeit und an- fängliche Beschaffenheit dadurch wieder her, dass man sie 24 Stunden lang vor dem Gebrauch in Wasser legt. Wenn man warmes Wasser zur Hand hat, geht das Erweichen schneller vor sich; es genügt dann, dieselben eine halbe Stunde sieden zu lassen; dies letztere Mittel wende ich stets an, da es einesteils die Erweichung beschleunigt, andern- teils die Weichheit und Zähigkeit der Weiden vermehrt und zugleich ermöglicht, dieselben in diesem Zustande länger aufzubewahren, ohne dass sie so sehr der Fäulnis ausge- setzt sind. 12) Die Binsen dienen vorwiegend zum Anheften aller jüngeren Teile und Sommertriebe und vorzugsweise zum Anbinden der schwachen Aeste und Zweige. In Er- mangelung des Liesches benütze ich dieselben auch zum Anbinden krautartig ausgeführter Abiaktierungen. Man kann selbstverständlich auch andere Bindemittel, z. B. halbgetrocknete Erdbeerranken, Blütenstenge] vom Wegerich, Roggenstroh etc. in Anwendung bringen. Die steifen Binsen (Juncus diffusue und Jnncns glomeratus), (33 Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. Steinbinsen genannt, verdienen indessen entschieden den Vor- zug: sie sind sehr leicht anwendbar und ihre ungemeine Bieg- samkeit gestattet besser als jedes andere Bindematerial, die Triebe anzuheften, olmeGefahrzulaufen,dieselben abzubrechen, und sie bieten noch den ungemeinen Vorteil, die angebunde- nen Teile nicht oder doch nur höchst selten einzuschneiden. Die Binsen werden Ende Juni oder Anfang Juli ge- erntet; man findet sie an sumpfigen Plätzen, auf feuchten Wiesen und Waldungen, sowie Bächen und Teichen ent- lang. Sie werden handvollweise zusammengebündelt, im Schatten getrocknet und in einem der Feuchtigkeit nicht ausgesetzten Raum aufbewahrt. Im grünen Zustand brechen die Binsen gern, weshalb man sie vor ihrer Anwendung etwas welken lässt; sind sie jedoch ganz trocken, so muss man sie vor dem Gebrauch etwa eine bis zwei Stunden in kaltem oder eine halbe Stunde in lau- warmem Wasser erweichen; an einem trockenen Ort können sie mehrere Jahre lang aufbewahrt werden, ohne an ihrer Güte etwas einzubüssen. 13) Der Stahldrahtbürsten Fm\ 30, welche in verschiedenen Grössen angefertigt werden und bei den meisten Messerschmieden zu haben sind, bedient man sich zur Reinigung der Bäume vor der Fig. so. stahidrahtbfirsten. Pfropfung; mit denselben beseitigt man vorzugsweise bei feuchter Wittterung alle vorhandenen Moose, Flechten und abgestorbene Rindenschichten; sie haben den grossen Vorteil, die gesunden Teile weniger zu verletzen, als die folgenden Werkzeuge, und verdienen, wenn es sich um jüngere Bäume handelt, vor denselben stets den Vorzug. i1 Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. .','. i Xoch besser als die Stahldrahtbürsten ist für die Reinigung der jüngeren Bäume die sich unter dem Namen: ..Siambürste" im Handel befindliche Bürste Fig. 31. Eine solche Bürste greift die Rinde weniger an, als es bei der Stahldrahtbürste der Fall ist. Für die Beseitigung von jungem Moose und Flechten, so- wie für die Vertilgung der Schild- und Blutläuse ist keine Bürste geeigneter als diese. 14) Die Baumscharren, Fig. 32, haben den- selben Zweck, wie die vorerwähnten Drahtbürsten; man wendet sie überall an, wo die Schmarotzer und die zu entfernenden Rindenschichten für die Bürste zu dick und hart sind. Auch bei dieser Arbeit ist die feuchte Witterung und die Zeit vor den Veredelungen vorzuziehen. Die abfallenden Teile enthalten eine Menge schädlicher Insekten und deren Eier und Brut, weshalb es sehr ratsam Fig. 3i. ist, diese auf im voraus ausgebreiteten Tüchern zu bürste, sammeln und zu verbrennen. 15) Die Kalkmilch ist ge- löschter Kalk, den man sehr stark mit Wasser verdünnt hat; man braucht sie zum Bestreichen der Bäume und bezweckt damit, dieselben vor der Einwirkung der Kälte im Winter und der Wärme im Sommer zu schützen, wie auch zur Vertilgung der nach dem Ab- bürsten und Abscharren zurückgebliebenen Parasiten und zur Ablösung der abgestorbenen Rindenschichten, ohne die gesunden zu verletzen. Ausserdem hat die Kalkmilch noch die Aufgabe, die Edelreiser vor dem Einfluss der Kälte und Wärme zu schützen; sie erhält dieselben längere Zeit in gutem Zustand und erleichtert und begünstigt 80mi1 ihr Anwachsen. Eauptsächlich Bind es die dicken und Langen Edelreiser, welch. • aus ganzen Zweigen, Aesten, Kronen 12. Banmseharren. 70 Die zu den Veredelungen notwendigen Gerätschaften etc. oder ganzen Bäumen bestehen, und welche wir zu unseren „par-force" -Veredelungen verwenden, die mit Kalkmilch be- strichen werden sollen. Das Bestreichen geschieht auf dem Baum mittels eines Pinsels oder auch von unten mit einer Anstreicher - (Weissner-, Tüncher-) Bürste, welche man auf eine Stange befestigt, deren Länge von der Höhe des zu tünchenden Baumes abhängt. Die Edelreiser sind, bei Anwendung der Kalkmilch, sofort bei oder kurz nach dem Pfropfen des Baumes zu be- streichen, während man dies bei den Aesten und Stämmen jederzeit vornehmen kann; handelt es sich unter anderem darum, die Bäume durch das Bestreichen vor der Einwirkung starker Kälte zu schützen, so wird man die Monate November und Dezember hiezu wählen. In neuerer Zeit hat der Anstrich der Bäume mit Kalk, den man mit viel Mühe und Not in der Praxis einführte, auch seine Gegner erhalten. Letztere behaupten, dass all die Vorteile, welche man mit dem Kalkanstrich erreicht haben will, nur auf Einbildung beruhen, anstatt Nutzen sei nur Schaden damit erzielt worden. Warum es so und nicht anders sein könne, wird freilich durch die sogen. Wissen- schaft begründet. Allein solchen wissenschaftlichen Be- gründungen einen Wert beizumessen, erachten wir für un- nötig, die Erfahrung ist der einzig richtige Wegweiser und diese hat überall, im Norden wie im Süden, im Osten wie im Westen, stets den Beweis erbracht, dass durch den Kalkanstrich, gleichgiltig für welchen Zweck er angewendet würde, die Schmarotzer und Feinde der Bäume vertilgt werden, ohne dass selbst die jüngsten Teile der Bäume auch nur im geringsten darunter notleiden. — Ferner ist noch festgestellt worden, dass es kein besseres Präservativ- mittel gegen die Frost- und Brandplatten als den Kalk- anstrich giebt. Auf solche tausendfach durch die Praxis erwiesenen Thatsachen muss man mehr Wert legen als auf Ansichten der Pseudo-Wissenschaftler, deren traurige Auf- Allgemeine Massregeln bei den Veredelungen. 71 gäbe ist, die Entwickelung des Fortschritts zu hemmen und für die Verbreitung der Vorurteile zu sorgen! Y. Allgemeine Massregeln bei den unter Glas auszuführenden yeredelungen. Der grösste Teil der holzigen Gewächse kann mit gutem Erfolg im Freien veredelt werden und glücklicherweise gilt dies von allen unsern Obstbäumen; unter den Zierbäumen und Ziersträuchern jedoch giebt es eine ziemliche Anzahl, welche zur Erreichung des gewünschten Erfolges in einem ■Glashaus, Mistbeetkasten, kaltem Glaskasten, oder unter einer Glasglocke veredelt werden müssen. Vor allem be- anspruchen die immergrünen Bäume und Sträucher diesen Schutz und künstliche Wärme. Man wendet diese Vor- sicht aber auch bei den empfindlichen Arten an und, da im Glashaus oder sonstigen ähnlich geschützten Räumen die Aussicht auf einen guten Erfolg jedenfalls bei weitem günstiger ist als im Freien, verwendet man dieses Verfahren bei allen seltenen und neuen Exemplaren, mit einem Wort, so oft man möglichst schnell und sicher gewisse Spielarten und Gattungen vervielfältigen will. Zu den Veredelungen unter Glas bedient man sich in ■der Regel kleiner Unterlagen, welche vorher in Töpfe ge- pflanzt und bis zum Herannahen der Pfropfzeit im Freien gezogen wurden. Eine Ausnahme von dieser Regel findet nur bei Unterlagen statt, welche rasch Wurzel fassen, wie bei Ribes aureum, Aukuba u. a. m. Wenn die Pfropfzeit herangekommen ist, stellt man die Unterlagen samt ihrem Topf an den Platz, woselbst man die Veredelung vornehmen will. Um dem Vertrocki der Erde vorzubeugen und das Begiessen der Töpfe weniger nötig zu machen, gräbt man diese so viel als möglieh in 72 Allgemeine Massregeln bei den Veredelungen. Sägspäne, Gerberlohe, Sand oder auch wohl in Mistbeeterde ein. Die Veredelung kann, nachdem die Stöcke in das Glashaus gebracht sind, stattfinden; wenn thunlich, wird man es jedoch vorziehen, die Saftbewegung der Unterlagen abzuwarten. Die unter Glas zur Anwendung kommenden Yeredelungs- arten sind dieselben, wie für die Veredelung im Freien, welche ich weiter unten beschreibe und durch naturgetreue Abbildungen veranschauliche. Das Veredeln unter Glas ist eigentlich das ganze Jahr hindurch ausführbar; indessen hat die Praxis ergeben, dass zwei Jahreszeiten sich hiezu am besten eignen, nämlich die Zeit von Februar bis April und die von Juni bis September. Obwohl die Unterlagen und Edelreiser der bei uns im Freien aushaltenden Gewächse keine grosse Wärme er- fordern und einige Grade Kälte aushalten können, wird es trotzdem von grossem Vorteil sein, die Temperatur nicht 3 Grad unter Null sinken zu lassen; an kalten, regnerischen und nebeligen Tagen wird man deshalb wohl daran thun, eine gelinde Wärme zu unterhalten, indem man ein wenig Feuer im Glashaus macht, oder, wenn sich die Veredelungen in einem kalten Glaskasten befinden, diesen durch Umlegen von Pferdedung vor allzugrosser Kälte schützt. Der Glas- kasten wie das Glashaus sind während der Winternächte mit Strohmatten, Brettern etc. zu bedecken. Dadurch, dass die zu pfropfenden Unterlagen klein und jung sind, wird man beim Veredeln keine grosse Wunde auszuführen haben, und da die Wunden der Unterlage so- wohl, als die des Edelreises der direkten Einwirkung der Sonne, der Kälte, des Regens und anderer schädlichen Witte- rungseinflüsse nicht ausgesetzt sind, ist die Anwendung de& Baumwachses meistens überflüssig; es genügt daher, die- selben mit Wolle, Baumwolle oder dünner Schnur zu ver- binden. Die gespannte Luft wirkt sehr wohlthuend und beschleunigend auf das Anwachsen der Edelreiser, weshalb die Räume, in welchen sich die Veredelungen befinden, so Allgemeine Massregeln bei den Veredelungen. 75 wenig als möglich gelüftet werden sollen. Sobald aber die Edelreiser angewachsen sind, was gewöhnlich 5 — 6 Wochen nach der Veredelung stattfindet, so wird man fleissig lüften und bei grosser Hitze die Glut der Sonnenstrahlen durch Beschatten mittels Schattendecken, Tannenreiser, Stroh- matten und ähnlicher Schutzmittel oder durch Bestreichen der Gläser mit Kalkmilch schwächen. Sind die Unterlagen sehr klein, so wird es noch von Vorteil sein, dieselben sämtlich, sowohl im Glashaus als in dem kalten Glaskasten, unter eine Glasglocke (Fig. 33) zu bringen, welche dazu beitragen wird , die Luft fast gänzlich § abzuschliessen, die Wärme zu steigern und den s- Wechsel zwischen Wärme und Kälte zu ver-Fig- 33- G1«elocke- ringern. Geschehen die Veredelungen unter den vor- erwähnten äusserst günstigen Bedingungen, dann werden wir wenig Misserfolge aufzuweisen haben, es müsste denn dem Veredler die erforderliche Geschicklichkeit und Uebung abgehen. Die Winter-, Frühjahrs- und Sommer- Veredelungen können, nachdem sie allmählich an die Luft gewöhnt wur- den, aus dem Glaskasten oder Glashaus herausgenommen werden; man gräbt die Töpfe auf einer schattigen und vor Winden geschützten Rabatte ein, versetzt sie nach etwa 4 bis 6 Wochen, sobald die jungen Bäumchen genügend abgehärtet und an die Luft gewöhnt sind, in einen andern Topf, bringt sie in den Glaskasten oder das Glashaus zurück, oder pflanzt sie ins freie Land. Wenn die Veredelungen im Herbst ausgeführt wurden, überwintert man die Gewächse, an dem Ort, an welchem man sie pfropfte, und nimmt dieselben erst im folgenden Frühjahr hinweg. Sollte man indessen diesen Platz vorher benötigen, so kann man die Pflanzen herausnehmen und sie in einen andern kalten Glaskasten stellen. Die Vorsichtsmassregeln, welche die Herbstveredelungen beim Herausnehmen im Frühjahr erfordern, sind genau die- 74 ^ on den verschiedenen Yeredelungsarten. selben wie bei den Winter-, Frühjahrs- und Sommer- Ver- edelungen; sie müssen ebenso allmählich abgehärtet und nach und nach vollständig an die freie Luft gewöhnt werden. VI. Von den verschiedenen Yeredelungs- arten. Die Art und Weise, wie die Veredelungen ausgeführt werden, ist sehr verschieden, und die Zahl derselben ist infolge der mehr oder weniger bedeutenden Veränderungen betreffs ihrer Ausführung, welche man unaufhörlich macht, beinahe endlos. Ich werde hier durchaus nicht alle bekannten und an- gewandten Verfahrungsweisen aufführen und beschreiben, schon um die Zeit des Lesers nicht zu missbrauchen, ihn bezüglich der Wahl unschlüssig zu machen und um ihn nicht zur Anwendung verwickelter und möglicherweise er- folgloser Verfahren zu veranlassen. Wir wollen uns daher nur mit den wirklich nutzbringenden Veredelungsarten be- schäftigen, mit deren Hilfe wir alle Vorteile, welche man sich von denselben versprechen darf, erreichen und welche gleichzeitig genügen, alle veredelungsfähigen Gewächse zu vermehren. Die Veredelungen teile ich im ganzen in vier Abtei- lungen. Die erste Abteilung umfasst alle Veredelungen, bei welchen die als Edelreiser dienenden Triebe, Zweige, Aeste und Stämme nicht von ihrem Mutterstamm getrennt werden; man nennt dieselben „Veredelungen durch Annäherung" oder noch öfter „Ablaktierung". Die zweite Abteilung enthält alle diejenigen Arten, deren Edelreiser aus einem Trieb, einem Zweig, einem Ast, einem ganzen Baum (oder Teil desselben) bestehen, und von Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren. 75 dem Baum, welcher sie trägt, getrennt werden. — Diese zweite Abteilung bildet nachstehende 4 Gruppen : a. Die Veredelungen, welche auf der Seite der Unter- lage ausgeführt werden. b. Die durch Kopulation ausgeführten Veredelungen. c. Die Veredelungen, welche in die auf den Kopf der Unterlagen auszuführenden Kerbe oder Spalte ein- gesetzt werden. d. Die Veredelungen, die ebenfalls auf den Kopf der Unterlage, aber zwischen Holz und Rinde vorge- nommen werden. Die dritte Abteilung begreift dagegen in sich alle Ver- edelungen, welche auf "Wurzeln oder Teile von AVurzeln ausgeführt werden. Die vierte Abteilung umfasst endlich alle Veredelungen, bei welchen nur die Augen der Edelreiser auf die zu ver- edelnden Bäume und Sträucher eingesetzt werden. — Diese vierte Abteilung bildet zwei Gruppen: a. Die Veredelungen durch Einsetzen von Augen; b. Die, welche durch Röhrein (Pfeife-Pfropfen) ausge- führt werden. Erste Abteilung. Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren. Unter der Veredelung durch Annähern oder Ablak- tieren versteht man die Vereinigung und das Zusammen- wachsen zweier Bäume oder eines Astes, Zweiges oder Triebes mit anderen Teilen desselben Baumes, und zwar ohne den zu ablaktierenden Baum, Ast, Zweig oder Trieb von dem Teil, welcher ihn trägt, abzulösen. Diese Ver- edelungen können das ganze Jahr hindurch, aber Vorzugs- 76 Veredelung durch Annäherung' oder Ablaktieren. weise so lange der Saft in Bewegung ist, vorgenommen werden, folglich von Ende März bis Oktober; trotzdem ist es aber zu empfehlen, nicht alizulange damit zu warten, denn wenn die Anwachsung vor Eintritt der Kälte nicht vollständig geschehen ist, könnte das Edelreis sowohl, als die Unterlage darunter zu leiden haben. Da das Edelreis fortfährt, seine Xahrung von seinem Mutterstamm zu er- halten, ist eine Verminderung seines Wachstums mittelst Abblatten überflüssig; nähme man dieses vor, so würde sogar die Anwachsung und Entwicklung des Edelreises langsamer von statten gehen; es müssen deshalb nur die Blätter, welche bei der Ausführung der Operation hinder- lich sind, entfernt werden. Wir wollen jetzt die Ausführung dieser Veredelungen auseinandersetzen und die Fälle angeben, in welchen wir uns derselben bedienen. a) Ablaktieren durch Anplatten. Fig. 34. Man nimmt mit dem Kopulier- oder Okuliermesser auf dem Edelreis A, Fig. 34, und auf der Rück- seite eines Auges, die Dicke seiner Kinde mit etwas Splint auf eine Länge von 4 — 6 Centimeter bei(a)hin - weg; mittels zweier Quer- und zweier Längenschnitte wird ebenfalls auf der Unterlage B ein Kindestreifen , wel- cher in der Länge, wie in der Breite Fig. 34. Ablaktiernng durch Anplatten. (Birke.) Veredelung durch Annäherung oder Ablaktieren. 77 dem entblössten Teile des Edelreises entspricht, bei (b) ab- genommen. Wenn dies geschehen ist, vereinigt man die beiden Wunden, wie C es zeigt, miteinander; dann wird sowohl hier, als bei den nachstehenden Veredelungen dieser Abteilung, der Verband angelegt und fest genug angezogen, damit sich die entblössten Teile von unten bis oben gegen- seitig berühren. Die Veredelungen durch Annäherung brauchen nicht mit Baumsalbe betrieben zu werden; führt man dieselben hingegen während der Kühe der Vegetation aus, so wird die Anwendung von Baumsalbe von Vorteil sein. Obige Veredelungsart wird bei den Obstbäumen an- gewandt, um kahle Stellen wieder mit Zweigen zu versehen, fehlende Aeste zu ersetzen, sodann aber auch zur Vermeh- rung der Wallnüsse, schwarzen Maulbeeren, der Birken und sonstiger Zierbäume und Ziersträucher benützt. b) Ablaktierung in Vertiefung. Fig. 35. Diese Art unter- scheidet sich von der vorhergehenden nur durch die Vorbereitung der Unterlage und des Edelreises ; man bedient sich derselben bei den hartholzigen Gewäch- sen, oder wenn das Edelreis eine eckige, elliptische Gestalt hat. Das Edelreis D wird bei (d) auf zwei Seiten kantig schräg geschnit- ten. Auf der Unterlage E macht man mit dem Kopuliermesser eine längliche eckig« Ver- ls. Abiaktierang In Vertiefanjr. 78 Veredelung1 durch Annäherung oder Ablaktieren. tiefung (e), in welche die t schräg geschnittene Fläche des Edelreises, wie bei F, eingefügt wird. c) Ablaktierung mit Gegenzungen. Fig. 36, 37. Sie ist bei allen Gewächsen zu be- nützen, hauptsäch- lich aber bei der Buche, dem Wein- stock, bei schon starken Exempla- ren und Edelrei- sern ; überhaupt be- dient man sich der- selben bei denjeni- gen Gewächsen, deren Wunden lang- sam vernarben, am häufigsten. Alan nimmt von der Unterlage und dem Edelreis ein gleich langes und breites Stück Holz und Kinde hinweg, macht auf jedem Teile zwei Einschnitte A und B in umgekehrter Richtung und schiebt dieselben im Punkt C ineinander. (Fig. 36). Man bedient sich dieser Veredelung auch bei den Reben, in der Hoffnung, unsere Tafel- und Weintrauben vor der Gefahr der Reblaus (Phylloxera vastatrix) zu schützen, indem man die einheimischen Sorten auf sehr stark wachsende Rebsorten veredelt. Zu diesem Zwecke werden im Früh- jahr eine amerikanische und eine europäische Rebsorte etwa 10 cm von einander gesetzt. Ein Jahr nachher wer- den die vorhandenen Zweige bis zum Boden geschnitten und, im Falle mehrere Triebe zur Entwicklung kamen, wird auf jedem Rebstock nur der schönste und geeignetste stehen gelassen, die andern dagegen alle gebrochen. Im Monat Juni werden die stehengelassenen Triebe der Stöcke Fig. 36. Ablaktierung mit Gegenzungen. (Buche.) Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren. 79 (Fig. 37) A, B vereinigt und so nahe am Boden als mög- lich bei C ablaktiert. Die Veredelungsstelle wird mit Erde angehäufelt und zu Gun- sten des Anwachsens die Gipfel der Triebe (a, b) abgeknickt. — Zu dieser Zeit ausgeführt, verwachsen beide Teile sehr rasch, und es kann die Be- seitigung des Triebes der Unter- lage über dem Ablaktierungs- punkt schon im Spätsommer vorgenommen werden. d) Ablaktierung eines be- wurzelten Rebesetzlings an einem alt er enReb stock. Fig. 38. So oft man die Absicht hat, ältere Rebstöcke umzupfropfen, wird am Fuss dieser Stöcke eine kräftige und gut bewurzelte Rebe gesetzt, und an dem alten Stock möglichst nahe am Boden ablaktiert. Zu die- sem Zweck wird die Unterlage all dem Punkt, WO man die Fig. 37. Ablaktierung zweier nebenein- ander gestellter und angewachsener Ablaktierung vorzunehmen be- Reben-steckünge. absichtigt, abgeschnitten und mittels des Gartenmessers eine längliche Einkerbung auf derselben ausgeführt, deren Breite und Tiefe sich nach der Stärke des zu ablaktieren- den Rebholzes richtet; an letzterem wird zwischen zwei Augen der Einkerbung gegenüber die Rinde auf beiden Seiten schräg abgeschnitten und alsdann in der Kerbe die Unterlage vereinigt, festgebunden und mit warmflüssigem Baumwachs reichlich verstrichen. 80 Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren. e) Ablaktierung in gespanntem Bogen mit einem Auge oder einem Trieb oder Zweig. Fig. 39, 40, 41, 42. Diese Veredelungsart dient hauptsächlich zum Ersatz von Fruchtzweigen und wird an- gewandt, sobald sich die ."Rinde der Unterlage leicht aufheben lässt; es ist eine Art Okulation, bei welcher das zu okulierende Auge oder der Zweig von sei- nem Nährast nicht getrennt wird. Die Triebe oder die Zweige, welche als Edelreis dienen, werden in verlängerter Schrägfläche geschnitten, dann wird mittels eines Quer- oder Längenschnitts auf demStamm oder dem Ast, welche veredelt werden sollen, die Kinde auf- Fig. 38. Ablaktierung eineVbewurzelten geh0Den Und daS Ellde deS Rebsteckiing, an einem alten Rebstock. Edelreises unter dieselbe ein- geschoben. f) Ablaktierung kraut- artiger Triebe. Fig. 43, 44, 45, 46. Diese, wie auch die folgende Veredelung dienen zur Ergän- zung entstandener Lücken. Der Trieb oder Ast, an wel- chem ablaktiert werden soll, wird genau so hergerichtet, wie wir es bei der Annäherung durch Anplatten, Fig. 34, ge- than haben, und unterscheidet sich von dieser nur dadurch, Fig. 39. Ablaktierung eines Auges im Frühjahr. S schräg abgeschnittener Zweig; T, V, die auf dem zu veredelnden Asl etc. gelöste Rinde ; X Ansicht nach derOperation u. Verband, Veredelung durch Annäherung oder Ablaktieren. 81 «dass hierbei anstatt eines hol- zigen Astes oder Zweiges ein krautartiger Trieb in Anwen- dung kommt. g) Wellenförmige Ab- laktierung eines Triebes. Fig. 47. AVenn die zu ergänzenden Teile mehrere Veredelungen er- fordern und sich in der Xähe ein Trieb befindet, welcher die zu veredelnden Punkte über- ragt, kann man sich desselben zur Ausfüllung der Lücken bedienen, indem man ihn von unten anfangend an jedem ge- wünschten Punkte ablaktiert {siehe A, A, A, Fig. 47). Die oben erwähnten Ver- edelungsarten sind bei allen Bäumen anwendbar, leisten aber hauptsächlich bei den- jenigen, welche sehr leicht kahle Stellen bekommen, wie z. B. dem Pfirsich- und Apri- kosenbaum, sowie dem Wein- stock, grosse Dienste und sind geradezu unentbehrlich für jeden, welcher schön geformte und regelrecht mit Fracht- zweigen versehene Bäume be- sitzen will. Fig. 40. Diese Ablaktierungsart ist eigent- lich dieselbe wie die durch Fig. 39 veran- schaulichte Ablaktierung. Sie bietet aber vor letzterer den Vorteil, daas sie während der Vegetationsruhe ansgeftthrl werden kann, folglich von Januar — April. Behufs deren Ausführung ist nämlich nirhr n die Kinde ZU lösen, Bondern es wird, wie die Fig. 40 es in A zeigt, ein schräger Ein- schnitt ausgeführt, dann in a die Binde mit etwas Holz entfernt; das Edelreis B wird in b Behräg abgeschnitten, in e keil- förmig zugespitzt. Ueber der sehi I Schnittfläche i> Boll rieh ein Auge befinden (siehe d). Dieses Auge erleichtert dureb dessen Austreiben das Anwachsen und liefert den fehlenden Fruchtzweig. C zeigt ■ He fertige Veredelung, bei or nie mit Baum- wachs verstrichen wurde. fjktneher, Veredeln • 82 Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren. h) Ablaktierung von Trieben auf den Stiel der Früchte, oder oberhalb des Anheftungspunktes derselben. Fig. 48, 49. Fig. 41. Ablaktierung eines Zweiges oder zufrühzeitigen Triebes. — L Zweig- oder Triebedelreis; M zufrühzeitiger Trieb, welcher gleich nach der Veredelung abgekneipt werden soll, damit sich die unteren Äugen besser entwickeln; O Mutterast; P Quer- und Längenschnitt N wie der Zweig zu schneiden ist; R wie gebunden werden soll. Wir verdanken die Einführung dieser Veredelung dem M. Luizet senior in Ecully bei Lyon. Viele bezweifelten und bezweifeln noch die Möglichkeit der Ausführung dieses- Flg. 4'2. Ablaktierung eines rtirsich-Tricl.es. G Mutterast; H ablaktierter Trieb; F in der Mitte gleich nach der Veredelung abgeschnittenes Blatt, damit die Neben-Augen. wiche an der Achsel der Blätter I befindlich, sich nicht emporheben. Verfallrons und betrachten es als eine Charlatanerie; allein meine eigenen Versuche damit haben mir bewiesen, dass Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren. 83 diese Art von Ablaktierung leicht und mit einem beinahe unfehlbar sicheren Erfolg angewendet werden kann. Zu diesem Zweck wählt man sich einen Trieb, welcher in der Xähe der Frucht steht (Fig. 48 A) und plattet den- Fifr. 43. Ablaktierung krautartiger Triebe zur Ergänzung der auf den Hauptästen ent- standenen Lücken. — D zu ablaktierender Trieb: C Punkt, an welchem die Ab- laktierung vorgenommen wurde ; B sich weiter entwickelnder Trieb. 14. Details der Fig. 4:-> : 1> die Stelle, »eo die Rinde v"i> dem Edelreis abgenom- C oben und unten ausgeführte Bwei Querschnitte nebst Lftngenschnitt ; wenn dazwischen angebraehl nnd gebunden. 84 Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren. selben auf den Fruchtstiel (bei B) an. Sobald die An- wachsung vollständig ist, pinciert man den Trieb (A) an Fig. 45. Statt die Rinde zu lösen, wie bei Fig. 44 angegeben, wird hier mittels zweier Quer- und zwei Längenschnitten ein Streifen Rinde abgenommen , dessen Breite der Stärke des zu ablaktierenden Triebes entsprechen soll. Fig. 46. Ablaktierung eines Reben-Triebes in A ; die zuvor auszuführenden Schnitte etc. sind genau dieselben, wie bei den Figuren 44 und 45. seinem Ende; dadurch wird verhindert, dass derselbe zum Nachteil der Frucht zu viel Saft in Anspruch nimmt. Dieser Trieb zieht infolgedessen einen reichen Zufluss von nähren- den Säften zum Vorteil der Frucht herbei, welche dadurch weit grösser wird. Da dieses Mittel nur bei denjenigen Birnsorten an- wendbar ist, welche einen langen Fruchtstiel haben, so ab- laktiert man bei allen Früchten mit kurzem Stiel den Trieb oberhalb des Anheftungspunktes der Frucht an: Fig. 49 A. i) Wiederherstellung eines Baumes durch Ablaktieren. Fig. 50. Wenn man, trotz Anwendung aller geeigneten Mittel, um das Gleichgewicht eines Baumes zu erhalten, oder wieder- herzustellen, den teilweisen Verlust eines oder mehrerer seiner Glieder nicht verhindern kann, füllt man die ent- standenen Lücken dadurch aus, dass man nahestehende Triebe, Zweige oder Aeste an die zurückgebliebenen Teile ablaktiert; ferner noch, indem man den zurückgebliebenen Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren. 85 Teil an einen zu diesem Zweck in die Nähe gepflanzten Baum ablaktiert. \ - Fig. 47. "Wellenförmige Ablaktierung eim-< Triebes. k) Anwendung des Ablaktierens zur Wieder- herstellung eines schadhaften Stammes ödes Astes. Fig. 51, 52, 53 und 54. Fig. 48. Ablaküerung eines Triebe« auf den Birne. 86 Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren. Es kommt sehr häufig vor, dass der Stamm oder die Aeste der Bäume durch Krebs, G-ummifluss, Nagetiere oder durch irgend einen Unfall beschädigt und ihrer Kinde beraubt werden, und dass diese Wunden das Absterben des oberen Teiles veranlassen. Wenn der Baum oder der geschädigte Ast einen ge- wissen Wert hat und uns an seiner Erhaltung sehr gelegen ist, wende ich folgendes Mittel an, mit dessen Hilfe ich die zufriedenstellendsten Resultate erziele: Fig. 49. Ablaktierung eines Triebes oberhalb des Anheftungspunktes eines Pfirsichs. Die Krankheiten und vorerwähnten Wunden rufen fast immer die Entwickelung eines oder mehrerer kräftiger Triebe unterhalb des kranken Teiles hervor; anstatt diese Triebe zu unterdrücken, lassen wir dieselben ungehindert wachsen, und sobald sie den angegriffenen Punkt über- schritten haben, werden einer oder zwei derselben, wie unsere Figuren 51 und 52 veranschaulichen, ablaktiert. Sobald die Anwachsung vollendet ist, ernähren diese Triebe nun den Teil, auf den sie gepfropft sind. Vermittelst dieses Verfahrens erhalten wir Bäume und Aeste in gutem Zustande, welche ohne dieses in sehr kurzer Zeit hätten absterben müssen. Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren. 87 Befinden sich keine Triebe und Zweige in der Nähe, so kann man sich auch eines benachbarten, ähnlichen, minderwertigen Gewächses bedienen, oder ein solches in die Xähe des zu rettenden Stammes setzen. Fig. 53, 54. 50. Ablaktiernng riiif-s A-te- an einen kräftigen aufrechten Kordon zur Ausfüllung der durch einen zu sehwachen Ast entstandenen Lücke. Für die Obstzucht sind diese drei letzteren Verfahren von Wichtigkeit und verdienen verbreitet und verallge- meinert zu werden; mit Hilfe derselben verlängern wir das Leben der Bäume und retten Aeste und Stämme, welche wir schon als verloren betrachten zu müssen glaubten. Ausser den oben erwähnten Fällen bringt man das Ablak- tieren bei vielen andern Gelegenheiten in Anwendung. Diese Veredelungs;irtrn werden dem G-ärtner sowohl als dem Liebhaber, welche sich — bewusst oder unbe^ 88 Veredelungen durch Annäherung und Ablaktieren. — mit besonderer Vorliebe unzweckmässiger und exzent- rischer Formen gerne bedienen, die Mittel an die Hand geben, alle ihre derartigen Wünsche zu befriedigen, sowie alle Formen, welche nur die kühnste Phantasie auszudenken vermag, auszuführen. Ich würde meine Aufgabe und Pflicht zu verfehlen glauben, wollte ich nicht bei dieser Gelegenheit bemerken,. Fig. 51. Pfirsich, doppelte U-Form, deren einer Ast in A mit dem Gummifluss be- haftet war, und deren oberer Teil nur dadurch gerettet wurde, dassich im Sommer 1882 den Zweig B über der kranken Stelle in C ablaktierte. dass, wenn wir die Aeste unserer Pyramiden, unserer Pal- metten, unserer Kesselformen, die Enden unserer horizon- talen Kordons auf einander ablaktieren, wir das Leben des Baumes verkürzen, seine Ertragsfähigkeit beeinträchtigen und weit entfernt davon sind, die von unseren Vorfahren prophezeiten Kesultate zu erreichen. Im allgemeinen In- Veredelungen durch Annäherung oder ALlaktieren. s ~^5= Fig. 52. Kirschen - Hochstamm, «reicher In A durch den Gtammi- Buss ganzlieb zerstört wurde. — Im Mai 1882 habe i<-h die Zweige B bei C ablaktiert un krebsig war. Der stamm C öroa quin wurde über der Krebswunde an den stamm A in D ahlaktii rt , und der Stamm A im Mai zwei Jahre nachher in K and l" zurack- geschnitten; hierauf wurde mittels eines starken Pfahle der stamm C und die Krön.- <; aufrecht ge- bracht und mit starken Bandern In dieser Lage be- festigt. Auf diese Weise habe Ich die Gesamtkrone Selben Bellefleur gerettet, und eine minderwerti 8 . rangen, diese Krone auf- zunehmen and zu ernähren. Alles gedeiht vor- trefflich, die Wunde Ist bis auf den desselben Früh- jahrs weggeschnittenen Teil InF gänzlich vernarbt und mittels eines Triebes, welcher sieb auf der Unterlage A etwas anter E entwickelt, ist der ab- geworfene stamm verlängert und hat bereits wieder die Kronenhöhe erreicht. 90 Pflege nach dem Ablaktieren. teresse rate ich daher jedem, dem es um die Hebung des Obstbaues ernstlich zu thun ist, die Fruchtbarkeit und gesunde Erhaltung seiner Obstbäume zu begünstigen und nicht zu erschweren, daher alle diese letzteren Abiaktierungen ohne Mitleid und Erbarmen zu ver- werfen. Pflege nach dem Ablaktieren. Die Veredelungen mittels Ablaktierens erfordern ge- wisse Pflege. So verlangt der Verband , überwacht zu ii . ■ i Fig. 54. Details der Ablaktierung von Figur 53. A, A der zu rettende Stamm, resp. ii Krone; B, B der zn ablaktierende Stamm; c .schräger Einschnitt, welcher l|a bis '|a der Stammstärke betragen kann; d Länglichter schräger Schnitt, dessen Länge .-. i < • 1 1 nach der Stärke des zu ablaktierenden Stammes richtet; je dicker derselbe ist, desto Länger muss der Schnitt ausgeführt werden; e schräger Querschnitt der Stamm Unterlage, and f die Längliche schräge Schnittfläche derselben. ('< zeigt die vollendete Ablaktierung vor. Veredelungen mittels abgelöster Zweige etc. 91 werden; sobald er einschneidet, muss er abgenommen, und be- fürchtet man, die Anwachsung möchte noch nicht vollendet sein, muss er erneuert werden, indem man denselben weni- ger dicht umlegt; ohne diese Vorsicht könnte sich das Edelreis ablösen, die Operation erfolglos sein und von neuem ausgeführt werden müssen. Ebenso wichtig ist es, sowohl das Edelreis als auch die Unterlage in einer bestimmten Lage zu erhalten, wozu man sich der Pfähle und Stäbe bedient. Auch muss man sich sehr hüten, zur Entwöhnung zu schreiten, bevor die Verwachsung des Edelreises mit der Unterlage vollständig vor sich gegangen ist. Unter der Bezeichnung „Entwöh- nung" verstehen wir nämlich die Trennung des Edelreises unterhalb des Veredelungspunktes von seinem Mutterstamm ; diese Entwöhnung ist bei allen Veredelungen durch Ablak- tieren anwendbar und kann gewöhnlich ein Jahr nach Aus- führung derselben vorgenommen werden. Das Edelreis ist durch diese Trennung auf sich selbst angewiesen und empfängt von da an seine Nahrung nur noch von der Unterlage, auf welche man es ablaktierte. Wenn die Ablaktierung zur Verlängerung der Aeste dienen oder die Krone des Baumes bilden soll, wird man die Unterlage ebenfalls oberhalb des Veredelungspunktes abnehmen und ist hierbei ein allmähliches Vorgehen anzu- empfehlen. Zweite Abteilung. Veredelungen, welche mittels abgelöster Zweige, Aeste und Stämme oder Teile derselben aus- geführt werden. Di.se zweite Abteilung umfasst, im Gegensatz zu der vorhergehenden, alle die Veredelungen, bei welchen «las Edelreis von Beinern Mutterstamm getrennt ist; rie werden 92 Veredelungen mittels abgelöster Zweige etc. im Glashaus, im Keller, im Zimmer und im Freien angewendet und ihre Ausführung im Winter, Frühjahr, Sommer und Herbst vorgenommen. Die Zahl der zu dieser Abteilung gehörigen Verede- lungen ist beinahe unbegrenzt und infolge von mehr oder weniger bedeutenden Veränderungen in ihrer Ausführung immer noch zu vervielfältigen. Zu dieser Abteilung gehören alle Veredelungen, welche auf der Seite der Bäume vorgenommen werden, die Ver- edelungen im Spalt, zwischen Holz und Rinde, durch An- platten, Kopulation, Sattelschäften etc. Die hierzu erforderlichen Edelreiser können 2 Zenti- meter bis 2 Meter und noch länger sein, ein Alter von ein bis fünf Jahren und darüber aufweisen, einfach oder ver- zweigt sein, eine aus ein oder zwei Serien bestehende Krone bilden etc. etc. Man kann, wie wir bereits gesagt haben, für die Früh- jahrs-Veredelungen die Edelreiser auf dem Mutterstamm schon von Ausgang November an schneiden; sobald es sich aber ermöglichen lässt, wird man es lieber erst im Januar und, wenn der Winter kalt und anhaltend ist, sogar im Februar thun, und sie bis zu ihrer Verwendung, wie Seite 46 — 48 angegeben, aufbewahren. Für die Frühjahrsveredelung müssen die Edelreiser von Aprikosen, Pfirsichen, Kirschen und Pflaumen eher geschnitten werden, als die der Birnbäume, und letz- tere wieder früher als die der Apfelbäume; hierbei dient wiederum der Eintritt des Saftes als Führer. Die Arten mit zarter Oberhaut, welche infolge von Feuchtigkeit schnell faulen können, werden so spät als nur möglich ge- schnitten, d. h. erst kurz vor ihrer Anwendung, und an- statt dieselben in der Erde aufzubewahren, legt man sie an einen kühlen, dunklen Ort. Hierzu zählen die Hibis- cus-, Cytisus-, Kobinia-, Gleclitschia-Arten etc. Vorstehende Angaben beziehen sich nur auf Gewächse mit abfallenden Blättern; bei immergrünen wird das Edel- Seite-Pfropfen. 93 reis stets erst unmittelbar vor seiner Verwendung abge- schnitten und darf nicht abgeblattet werden. Die Sommer- und Herbstveredelungen, welche man an Bäumen mit abfallendem Laub ausführt, werden mit Er- zeugnissen des Jahres oder Aesten vorgenommen, deren Trennung von ihrer Mutterpflanze erst dann, oder doch nur wenige Tage bevor man dieselben benutzen will, stattfindet. Der Baum, welcher sie liefert, ist noch im Wachstum begriffen und mit seinem Laubwerk versehen, weshalb es erforderlich sein wird, die Blätter, welche das Edelreis trägt, sämtlich alsbald nach seiner Ablösung bis auf die Hälfte oder den dritten Teil ihres Blattstieles zu beseitigen. Mit Ausnahme der Veredelungen in den Spalt auf schon starken L^nterlagen erfordern alle anderen die An- lage eines Verbandes; auch ist das Bestreichen mit Baum- salbe bei allen Veredelungsarten dieser Abteilung unum- gänglich notwendig. A. Seite-Pfropfen. (Erste Gruppe.) Diese Veredelungen sind von sehr grosser Bedeutung zur Wiederherstellung schadhaft gewordener Bäume, zur Ergänzung fehlender Zweige und Aeste, und endlich zur Vermehrung der Sorten auf alten Unterlagen, bei welchen sehr häufig die Anwendung der Okulation nicht mehr mög- lich ist oder nur wenig befriedigende Resultate geben würde. Indessen sind diese Veredelungen ungeachtet ihrer un- bestreitbaren Vorteile zu wenig bekannt und werden auch viel zu wenig angewandt. Wir wünschen nun. das unsrige nach Kräften zu ihrer Verbreitung beizutragen und zu beweisen, dass sie für den Liebhaber, den Gärtner und den Baumzüchter ein ebenso nützliches als unentbehrliches Hilfsmittel sind. Durch aie ist es uns in der That ermöglicht: fehlende Aeste in unsern Pyramiden, Palmetten und anderen Formen zu ergänzt 94 Veredelungen mittels abgelöster Zweite etc. Fruchtzweige auf Kernobstbäumen überall, wo solche fehlen, zu schaffen; den Blütenansatz und die Fruchtbarkeit der noch nicht tragbaren Bäume zu beschleunigen, indem man ihnen fremde Zweige aufpfropft, welche eine oder mehrere Blütenknospen tragen; den Misserfolg der Veredelungen zu verhüten, indem man die Unterlagen erst nach voll- ständig sichergestellter Anwachsung des Edelreises zurück- schneidet. Fig. 65. Seite-Pfropfen zur Vermehrung der Gattungen und Sorten, mit Zweigen und Aesten oder Teilen derselben. Die Ausführung dieser Veredelungen, die sich bei allen Gattungen und Sorten mit dem günstigsten Erfolg anwen- den lassen, wird im Frühjahr und Sommer vorgenommen und findet in folgender Weise statt: Seite-Pfropfen. 95 a) Seite-Pfropfen zur Vermehrung der Gattungen und Sorten. Fig. 55 und 56. Behufs Vermehrung der Gattungen und Sorten ver- wendet man als Edelreis: Zweige oder Teile von Zweigen, Aeste und Kronen (A. A Fig. 55 und 56). schneidet die- selben an ihrem unteren Ende in flach verlängerter Schräg- Seite-Pfropfen zur Vermehrung der Gattungen und Sorten durch Benutzung eines Edelreises, welches alle die zur Anfangs-Bildung der Krone de~ Hochstämme* erforderlichen Zweige tragt, A (Kronen-) Edelreis, a, b di»- ausgeführten Schnitt- flächen; is di^ Unterlage, auf welcher das Edelreis A i>>-i 1» angebracht und rar Sicherung seiner Lage und Stellung mittels eine- Weidenbandes In e befestigt i-t. 96 Veredelungen mittels abgelöster Zweige etc. fläche (a) und nimmt die Rinde auf der Spitze der ent- gegengesetzten Seite des Schrägschnittes, je nach Stärke des Edelreises auf eine Länge von 5 — 10 Millimeter keilförmig hinweg (h). Der Wildling oder umzupfropfende Stamm (B, B) wird an dem unteren Teil des Punktes, an welchem man das Edelreis anzubringen beabsichtigt, (in c Fig. 55) schräg eingeschnitten und dann über diesem Einschnitt, welcher 5 — 10 Millimeter tief sein kann, noch (in d) ein so langer Rinden- und Holzstreifen beseitigt, als gerade notwendig ist, damit die gesamte Länge der Wunde der Unterlage der des Edelreises entspricht ; hierauf wird das letztere in diese längliche, flache Vertiefung (bei D) eingeschoben, wo- bei man gleichzeitig darauf achtet, dass der innere Teil der Rinde des Edelreises, welchen wir Bast nennen, mindestens an einer Seite auf den Bast der Unterlage zu liegen kommt. Durch die flache, keilförmige Abspitzung des Edelreises und seine Einschiebung in die Kerbe wird dasselbe befestigt und gleichzeitig die Zahl der zum Anwachsen erforderlichen Berührungspunkte vermehrt. Die Länge der anzuwendenden Edelreiser beträgt ge- wöhnlich 6 bis 10 cm; handelt es sich aber um die Ver- längerung von Aesten oder Stämmen, Bildung von Kronen etc., dann können wir vermöge dieser Veredelungsart alles, was sich als nötig erweist, ansetzen; sie hat die grösste Aehnlichkeit mit dem Doppelsattelschäften, auf welches ich später bei der Eig. 89 zurückkomme, und unterscheidet sich von diesem nur dadurch, dass hier das Edelreis oben nicht quer eingekerbt, und anstatt wie dort auf der Spitze der Aeste oder Stämme, an der Seite derselben angebracht und befestigt wird. Dieses Verfahren, welches bei aufrecht- stehenden, schiefen und wagrechten Zweigen oder Aesten in Anwendung kommen kann, liefert wunderbare Erfolge. Denn, obwohl ich hierbei zirka 2 Meter lange Aeste ver- Avendete, sind sämtliche Seitenäste und Augen des Edelreises prächtig zur Entwicklung gelangt und die durch den Rück- schnitt der Unterlage entstandene Wunde vernarbte voll- Seite-Pfropfen. 97 .ständig im Zeitraum von zwei Jahren, während das Edel- reis (ganzer Ast) vortrefflich gedeiht. Zur Vermehrung der Gattungen und Spielarten sind •diese Veredelungen, ich wiederhole es, von wahrem Vorteil, ihre Anwendung ist jedoch noch nicht allgemein genug be- kannt, und wir würden uns glücklich schätzen, wenn unsere vorliegende Schrift das ihrige zur Verbreitung derselben beitragen und sie in Aufnahme bringen würde. Die feste Ueberzeugung, dass der oberhalb des Edelreises befindliche Teil nur dann erst hinweggenommen werden soll, wenn die Anwachsung des Edelreises bestimmt vor sich gegangen ist, wird genügen, um in vielen Fällen ein Zögern zu beseitigen, welches aus Furcht vor dem Verlust der Verlängerung der zu veredelnden Zweige, Aeste oder Kronen entstand, ohne die Gewissheit zu haben, dieselben wieder ersetzen zu können. b) S e i t e - P f r o p f e n zwischen Holz und Rinde, zur Vermehrung der Sorten und Gattungen, sowie zur Ergänzung der etwa fehlenden F ru ent- zwei ge. Fig. 57. Bei schwachen Unterlagen und überhaupt, wenn die Rinde genügend von Saft angefeuchtet ist, um sich aufheben zu lassen, .sowie bei dünnen Edelreisern, oder so oft der einzuschiebende Teil des Edelreises bedeutend kleiner ist als derjenige der Unterlage, wird man folgendes Verfahren, das zu den gleichen Resultaten führt, wie das oben beschriebene, vorzugsweise in Anwendung bringen. Das Edelreis (B) besteht aus einem Zweige, Ast oder Fruchte weig, und wird unten an seiner Basis Läng- . i - Pfropfen iwiachen lieh, spitzauslaulrnü zugeschnitten. BoU and Rinde. (lauch-r. Veredelangen. 7 98 Veredelungen mittels abgelöster Zweige etc. Auf der Unterlage (A) wird an dem Punkt, wo das Edel- reis angebracht werden soll (C), ein T- Schnitt mittels Seite-Pfropfen. 99 Quer- und Längenschnitt ausgeführt und die Rinde links und rechts des Längenschnitts massig gelöst. Ist dies geschehen, dann wird das Edelreis zwischen der gelösten Rinde ein- geschoben und verbunden (wie unsere Fig. 57 es in D zeigt). c) Seite-Pfropfen zwischen Holz und R'inde zur Ergänzung von Aesten. Fig. 58 und 59. Wie die beiden Figuren es uns veranschaulichen, unter- scheiden sich diese Veredelungsarten untereinander und von der obigen (Fig. 57) nur dadurch, dass das Edelreis bei der ersten (Fig. 58) ein Zweig ist, welcher an seinem unteren Teile eine Krümmung bildet und wie bei der vorhergehenden Veredelung in flacher, verlängerter Schrägfläche geschnitten wird, während man sich bei der zweiten (Fig. 59) eines Zweiges bedient, welcher zu dem Ast, der ihn trägt, in der gewünschten Neigung steht; dieser Ast A wird genau oberhalb des Seitenzvveiges B bei c und je nach Stärke auf 5 — 8 cm unterhalb desselben, bei d abgeschnitten; hierauf wird die schräge Schnittfläche c — d hergestellt. Zum Einschieben des Edelreises macht man auf der Unterlage an der Stelle, wo dasselbe angebracht werden soll, auch einen Quer- und Längenschnitt, wonach man die Rinde auf- hebt und das Edelreis unter dieselbe gleiten lässt. Die Edelreiser wurden wie geschehen angewendet, weil, wenn aus ihnen Aeste in schräger oder wagrechter Richtung gezogen werden sollen, sie in diese Lage ohne Schwierig- keit gebracht werden können, während, wenn man sich hierzu gewöhnlicher Edelreiser bedient hätte, sie sich zu- meist bei ihrer Herunterbiegung von ihrer Unterlage ab- trennen würden. d) Seite-Pfropfen mit schrägem Einschnitt in die äussere Holzschichte. Fig. 60 und 61. Diese Veredelungsart kommt besonders bei ganz dünnen Edelreisern, wie z. B. von Cameil ien-, Azaleen-, T hu ja- 100 Veredelungen mittels abgelöster Zweige etc. Arten, der Stechpalme etc., in Anwendung, kann aber auch, wie jede andere, an allen möglichen Bäumen ausge- führt werden. Ich habe jedoch gefunden, dass ihre Anwen- dung bei Obstbäumen weit geringere Resultate liefert, als die vorstehend erwähnten. Die Entwickelung des Edel- reises geht sehr langsam vor sich und es bricht sehr leicht ab; und nachdem der Pfropfstamm bis zu der Veredelungs- stelle eingekürzt ist, nimmt die Wunde zu ihrer Vernarbung allzuviel Zeit in Anspruch, weshalb ich sie für die Ver- mehrung der Obst- bäume auch nur in den Fällen, in wel- chen es sich um sehr junge, dünne Stämmchen und schwache Edel- reiser handelt,em- p fehlen kann. BeiAusführung derselben wird, wie Fig. 60 und 61 zeigen, das Edel- reis auf beidenSei- ten spitz zuge- schnitten, (a) Fig. 60 und C Fig. 61, dann auf der Seite der Unterlage (B 60 und A 61 in b 60 und D61) ein dem zugespitzten Teil des Edelrei- ses entsprechen- der gleichlanger und breiter Einschnitt angebracht und das Edelreis in letzteren so hineingeschoben, dass der Bast auf den nicht getrennten Teil der Unterlage so genau als nur Fig. 60. Seite-Pfropfen in die äussert' Holzschichte (Oamellia). Seite-Pfropfen. 101 möglich zu stehen kommt (Fig. 60 C). Gewöhnlich lässt man an dem zugespitzten Teile des Edelreises die Rinde auf beiden Seiten stehen, was jedoch ein Missgriff' ist, in- dem dadurch die Anwachsung nicht begünstigt, sondern noch obendrein die Vernarbung beeinträchtigt wird, und ich rate deshalb, das Edelreis stets etwas schräg nach innen zu schneiden und den auf dieser Seite übrig gebliebenen Rindenstreifen zu beseitigen. e) Seite-Pfropfen zur Wiederherstellung der durch Krankheit oder sonstige Beschädigungen ihrer Ein de beraubten Hochstämme und Aeste. Fig. 02. Der verhängnisvolle Winter 1879/80 hat nicht allein einen grossen Teil unserer Bäume vernichtet, sondern auch viele derjenigen, welche dem Untergang entkommen sind, mehr oder weniger bedeutend geschädigt. Eine grosse Menge von Stämmen und Aesten haben ihre Rinde auf grössere oder geringere Strecken beinahe gänzlich verloren, und sie mussten, trotzdem dass ihre übrigen Glieder gesund geblieben sind, unvermeid- V lieh zu Grunde gehen, falls man ihnen nicht zeitig zu Hilfe kam, D und zwar weil die auf- und ab- steigenden Säfte die Wunde nicht schnell genug bedecken konnten, a um eine Vertrocknung derselben zu verhüten. Sobald nämlich Fig. «i. Seite-Pfropfen in die *w di-i i .. i Oi. n l Holwchichte (8techpalme). ie entblossten Stellen einmal vertrocknet, alle Saftkanäle verstopft sind und somit die Nahrungszufuhr von unten nach oben unmöglich gewordm ist. mus8 der oberhalb der Wunde befindliche Teil unbedingt absterben. Ausser der Kälte zerstören die Sonnenhitze, die Hasen, 102 Veredelungen mittels abgelöster Zweige etc. Kaninchen etc., der Krebs und Gummifluss ebenfalls die Rinde, und wenn die Wunde anstatt zu vernarben grösser wird, fallen die angegriffenen Teile dem oben erwähnten Schicksal anheim. So oft nun fehlende Triebe oder Zweige die Anwen- dung der auf Seite 84 — 89 angeführten Ablaktierung nicht zulassen, ist es uns durch folgendes Mittel ermöglicht, die durch genannte Zerstörungen, Krankheiten oder sonstige Zufälle verursachten Schäden wieder gut zu machen, oder doch wenigstens abzuschwächen. Man nimmt zu diesem Zweck Edelreiser von einjährigen sehr kräftigen Zweigen, welche man in der durch die iPiifcii- Wunde B Fig. 62 bezeich- jlSlii neten LänSe schneidet, !! ||h|V; und deren Enden in ver- längerter Schrägnäche (E) zugespitzt werden; auf der Unterlage wird ober- und unterhalb der Wunde (in C) ein der Schrägfläche des Edelrei- ses entsprechend langes Stück Rinde (D) hinweg- genommen und das Edel- reis in der entstandenen Oeffnung befestigt. Die Y- und ^-förmige Ent- fernung der Rinde ist nur bei älteren Bäumen, bei welchen dieselbe dick und hart ist, notwendig; bei jungen Bäumen dagegen, bei welchen der Saft genügend in Bewegung ist und infolge- dessen die Rinde leicht abgelöst werden kann, wird es zweck- mässig sein, dieselbe nur mittels eines Längenschnittes durch- zuschneiden, auf beiden Seiten etwas zu lüften und das Edelreis zwischen dieselbe einzuschieben. Fig. 62. Hochstamm, welcher in B auf eine Länge von etwa 30 cm seiner Rinde beraubt wurde, und dessen Saftbewegung durch Pfropfung von kräf- tigen Zweigen wiederhergestellt worden ist. Seite-Pfropfen. 103 Wenn der Baum oder Ast stark ist, so dürfte es von Torteil sein, mehrere Edelreiser auf den Umfang der Wunde zu setzen. Sobald die Anwachsung vollständig ist, wird das oder werden die Edelreiser den Saft dem oberhalb der Wunde gelegenen Teile zuführen und dessen Fortdauer er- möglichen. Obgleich man dieses Mittel bei allen Obstbäumen be- nutzen kann, eignet es sich doch mehr für die Bim- und Aepfelbäume. Ich habe dies Verfahren wiederholt bei jungen und alten Bäumen, deren Stärke bis zu 15 Centime ter be- trug, in Anwendung gebracht; es hat mir die ausgezeich- netsten Dienste geleistet und zugleich bewiesen, dass, wenn man sich desselben im Frühjahr 1880 fleissiger bedient hätte, eine grosse Zahl Bäume sicherlich hätte gerettet werden können. f) Gewöhnliches Seite-Pfropfen (Anplatten). Fig. 63. Dieser Veredelungsart bedient man sich hauptsächlich beim Pfropfen unter Glas. Die Camellien-, Rhododen- dron-Arten, Koniferen etc. werden am häufigsten mittels derselben veredelt; sie läset sich aber auch im Freien für alle denkbaren Zier- und Nutzgewächse anwenden und ist leicht auszuführen. Das Edelreis wird, wenn es zu den immergrünen Bäumen und Sträuchern gehört, nur bis an A abgeblattet und in ge- rader Schrägfläche geschnitten, indem man einem Auge gegen- über beginnt. Auf der Unter- lage B wird in C mit dem Oku- Fig. 63. Gewöhnlii - pfen (Anplntten). i Rhododendron.) 104 Veredelungen mittels abgelöster Zweige etc. Her- oder Kopuliermesser ein Rindenstreifen und zuweilen — wenn die Breite des Edelreises es erfordert — auch Holz hinweggenommen, worauf das Edelreis auf der Unterlage in ~D angepasst und befestigt wird. g) Seite-Pfropfen mit Ast-Anwuchs. Fig. 64. Fig. 64. Seite-Pfropfen mit Ast-Anwuchs. (Pennsylvanischer Ahorn.) Die Zweige, wTelche als Edelreis dienen, sind manch- mal sehr kurz und auch sehr zart, oder, die Augen, welche sie tragen, haben sich in zufrühzeitige Triebe entwickelt. Bei diesen Arten und Gattungen bedient man sich, anstatt der Augen, kleiner, auf ihrem Entstehungspunkt erhaltener Zweige oder Triebe; der Anwuchs oder Absatz V Fig. 04 wird so viel als möglich verkleinert, ohne hier- bei alles Holz von demselben wegzunehmen, denn hier, wie bei dem Veredeln von Fruchtästen und beim Okulieren, schadet dasselbe in keiner Weise, im Gegenteil, es schützt die Rinde vor Verletzungen, erleichtert die Operation und erhöht die Aussichten auf einen guten Erfolg. Auf der Unterlage Y macht man in Z zwei Einschnitte in Form eines T, hebt die Rinde auf, führt das Edelreis unter die- Seite-Pfropfen. 105 selbe ein und verbindet sofort wie beim Okulieren (siehe A). Die Anwendung des Baumwachses ist nicht notwendig. h) Vereinigung zweier Reben-Stecklinge durch Seite-Pfropfen mit Gegenzungen. Fig. Gö. Die Figur 65 stellt zwei blinde l Reben, d. h. unbewurzelte Stecklinge dar; dieselben werden, bevor sie ins Freie gesetzt werden, im Februar — März unter Dach zusammen veredelt und in einem Souterrain, Keller, oder kaltem Mistbeet in Sand eingegraben, wo sie bleiben, bis die Zeit sie ins Freie zu setzen (April) herangerückt ist. Die ,.:/;- beiden Stecklinge werden bei A und B ;.'" unter einem Auge geschnit- ten, in der Mitte ihrer Länge wird auf einer Seite die Rinde und etwas Holz abgenommen, die Gegen- "-.- zungen ausgeführt und diese in C ineinander ge- häkelt verbunden, und die ^ ganze Schnittfläche sowohl als die Enden über den Knospen a, b mit warm- F Hfl? \ j flüssigem Baum wachs ver- strichen. Beim Setzen werden die vereinigten Stecklinge <£' ^ A V*7t nur bis zu dem gepfropften Wg. »6. Zwei auf um- - Bnaammengepfropfte Reb- Funkt eil igi -graben und klinge. dann bis auf die letzten oder letzten zwei Pfropfung eine« Augen mit lockerer Erde angehäufelt; nach- Rebstecklings auf ei- i t » 1 i • i m -i •• i Den alteren Bebstoek. dem die Anwaensung beider leile genügend vollzogen, wird der Steckling, welcher nur als Ernährer ; 106 Veredelungen mittels abgelöster Zweige etc. des anderen dienen soll, über dem Ablaktierungspunkte zurückgeschnitten, was meistens nach einem Jahr geschehen kann. i) Seite-Pfropfung eines Rebstecklings auf einen altern Eebstock. Fig. 66. Der umzupfropfende Rebstock wird an dem Punkt, wo die Veredelung aufhören soll, zurückgeschnitten, und diese sowohl als das Edelreis gerade so behandelt wie bei der Ablaktierung Fig. 38, S. 80. Der Unterschied zwischen der letzteren und der jetzigen Veredelung besteht nur darin, dass das Edelreis für die erste bewurzelt war, während es für die hier erwähnte aus einem blinden Steckling besteht, welcher erst etwa in einer Tiefe von 20 Zentimeter gesetzt, und dann sofort auf die Seite der zurückgeschnittenen Unterlage gepfropft wird; nachdem letzteres geschehen, ist es soweit als thunlich, ebenfalls sehr ratsam, die Verede- lungsstelle anzuhäufeln, oder sie mit Stroh oder Tannen- zweigen vor den Einwirkungen der Winde und Sonnen- strahlen zu schützen. k) Pfropfung eines Stecklings auf der Seite eines anderen Stecklings. Fig. 67. Bei allen Unterlagen und den zu vermehrenden Sorten, welche sehr leicht Wurzeln fassen, wie die Manetti-Rose, Aucuba japonica, die Reben, Salix- und Pappeln- arten etc., kann man, so oft das Wachstum der zu ver- mehrenden Sorten begünstigt werden soll, nachstehende Veredelung in Anwendung bringen. Der Steckling, welcher zur Unterlage dienen soll, wird unten in L und oben in K abgeschnitten, dann von oben etwas unter K bis zu M auf der Seite länglich gespalten. Das Edelreis I wird an seiner Basis auf beiden Seiten länglicht schräg zugespitzt, zwischen den auf der Unter- lage ausgeführten Spalt eingeschoben und mit Wolle oder Baumwolle verbunden. Ist nun alles so weit, dann wird Seite-Pfropfen. 107 der veredelte Steckling im Topf oder iin Freien so einge- setzt, dass die Veredelungsstelle ganz oder beinahe ganz in den Boden zu stehen kommt. Wenn unter Glas ausgeführt, bilden sich die Wurzeln an der Unterlage und dem Edelreis in L und M schon nach Fig. 67. Pfropfung eines Stecklings auf der Seite eines andern Stecklings (Aucuba.) wenigen Wochen; dadurch, dass das Edelreis von seinen eigenen Wurzeln und durch die Unterlage ernährt wird, ent- wickelt es sich viel schneller und kräftiger. 1) Seite-Pfropfen mit Frucht zweigen und Fruchtästen. Fig. 68, 69, 70. Durch Entdeckung dieser Veredelungsart wurde uns der Wille der Natur gewissennassen unterwürfig gemacht und wir haben zugleich die Macht erhalten, dieselbe nicht nur zu beherrschen, sondern auch zum Gehorsam zu zwingen. Mit ihrer Hilfe regeln wir den Blütenansatz und die Frucht- 108 Veredelungen mittels abgelöster Zweige etc. barkeit, wir zwingen die Zweige, die Aeste, selbst von weniger fruchtbaren Bäumen, sieb mit Blüten zu bedecken, und im folgenden Sommer Früchte zu tragen. Durch An- wendung dieser Erfindung, welche sozusagen das Geschick der Natur in unsre Hände legt, vermehren wir die Frucht- zweige, indem wir dieselben überallhin pfropfen, wo solche fehlen, befördern die Fruchtbarkeit der weniger frucht- baren Bäume und vermehren die Güte und die Grösse der Früchte. Diese Yeredelungsart kommt bei allen blühenden Zier- und Nutzbäumen zur Anwendung. Unter den Obstbäumen eignen sich die Birri- und Apfel- bäume am besten für dieselbe und die günstigste Zeit zur Vor- nahme dieser Veredelung fällt in die Monate Juli bis September, sobald der Saft der Unterlage nachlässt. Die Edelreiser sind Zweige oder kleine Frucht- spiesse, welche wenigstens mit einer Blütenknospe für das nächste Jahr versehen sind; man schneidet sie auf sehr frucht- baren Bäumen, welche diese Fruchtorgane zu reichlich be- sitzen, oder auf solchen Teilen, Fig. 68. Pfropfung zwischen Holz und welche bei Ausführung des Win- Rinde durch mit Blütenknospen ver- sehene Fruchtzweige. — D Edelreis, terSChllitteS Wegfallen SOÜen. welches nicht zurückgeschnitten wurde ; -i -i • i • G zurückgeschnittenes Edelreis; F wie Sobald das Edelreis geschnitten das Edelreis auf die Unterlage einge- schoben und verbunden wird. ist, wird eS abgeblattet Ulld SO schnell als möglich verwendet; man kann es indessen auch mehrere Tage aufbewahren, wenn man dasselbe kühl und frisch hält. Die Edelreiser eignen sich für alle Arten von Seite- Pfropfungen, diejenigen jedoch, welche durch unsere Figuren veranschaulicht werden, kommen am häufigsten in Anwen- Seite-Pfropfen. 109 düng. Die gepfropften kleinen Zweige verwachsen mit dem Baum, auf welchen sie veredelt werden, vollständig, ent- falten im folgenden Frühjahre ihre Blüten, und setzen genau so gut an, als wenn sie auf ihrem Mutterstamm geblieben wären. Zahlreiche Ver- suche und Erfahrungen haben mir bewiesen, dass es nicht einmal nötig ist, dass die zum Pfropfen dienen- den Fruchtzweige derselben Sorte angehören, wie der Baum, auf wel- chen man sie pfropfen will. Man kann ohne Nachteil Pfropfreiser von Fig. 69# Pfropfung eines mit i • i c< i- i Frurhtknospen besetzten Ringel- ebensoviel borten nehmen, als man 8piegses unter die Rinde. — b r» • i rr p i Fruchtepiess mit Ast - Anwuchs, Keiser oder Zweige autzusetzen be- wie derselbe von dem Ast abzn- ■i • -i .• , nehmen und herzurichten ist: A aoSlCutlgt. Unterlage; C der eingeschobene tv i * 1 j« -.- und verbundene Fruehtspie--. Durch Anwendung dieses \ er- fahrens bekommt man Bäume, welche ebensoviel verschiedene Sorten tragen können, als sie Fruchtzweige besitzen, und deren Entwicklung, Gleichgewicht und Befruch- tung der Fruchtzweige nichts zu wünschen übrig lässt. Diese Bäume bieten zur Zeit, in welcher sie ihre Früchte tragen, einen so bizarren und überraschenden Anblick, dass jedermann, welcher dieselben zu sehen Gelegenheit hat, sie nicht ge- nug bewundern kann. Diese schon von T h o u i n beschriebene Art des Pfropfens ist sehr lange ganz unausgeführt geblieben, bis M. Luizet senior in E cullv bei L}-on sie wieder in Aul nähme .brachte. Die Erfolge, welche man mit diesem Verfall- tS^S^SS^ ren erzielt, sind so günstige und überraschende, Schnitten dass seine Anwendung nicht genug empfohlen N und befürwortet werden kann. — Im Gegensatz zu den Behauptungen vieler kann ich infolge meiner Erfahrung versichern, dass diese Veredelungen, Bobald sie angewacl 110 Veredelungen mittels abgelöster Zweige etc. und gut gepflegt werden, eine ebenso grosse Dauerhaftigkeit und Fruchtbarkeit besitzen, als die natürlichen Frucht- zweige. Unsere Fig. 71 zeigt eine dieser Veredelungen im Alter von 15 Jahren. Verschiedene Schriftsteller empfehlen noch die Anwen- dung dieses Verfahrens im Frühjahr, und das Aufsetzen der Fruchtzweige ganz in derselben Art, wie man die übrigen Veredelungen, als: Kopulation, Gaissfuss, Doppelsattelschäften, Pfropfen zwischen Holz und Rinde etc. zu dieser Jahreszeit vornimmt. (Fig. 72.) Kig. 71. Die Pfropfung obigen Fruchtzweiges habe ich unter vielen andern Im 'ahrgang 1871 vorgenommen und er liefert fast alljährlich neue Blutenknospen und Friic,hte. Seite-Pfropfen. 111 Nach den Versuchen, welche ich seit 17 Jahren wiederholt und in ziemlich grossem Massstabe vorgenommen habe, muss ich aber gestehen, dass ich niemals einen Erfolg er- zielt habe, und auch niemand kenne, welcher hierin glück- licher gewesen wäre, als ich. Aus diesem Grunde hege ich jetzt die Ueberzeugung, dass bei Anwendung dieses Mittels im Frühjahr die Ergebnisse in Beziehung auf den Fruchtansatz immer unbedeutend, wo nicht gar Null sein werden; die Veredelung kann anwachsen, allein nur die Holzaugen werden im stände sein, sich zu entwickeln, und diese Thatsache erkläre ich mir folgendermassen : Jeder, der die Baumzucht nicht bloss theoretisch betreibt, der seit Jahren mit lebenden, gesunden Bäumen zu thun hat und nicht mit verdorrten und längst kränkelnden, hat bemerken müs- sen, dass die Blütenknospen stets zuerst in Vegetation treten, und dass das Austreten aus ihren Schuppen beinahe immer vor der Entwickelung der Holz- augen stattfindet. Wenn man daher den mit einer oder meh- reren Blütenknospen versehenen Zweig von seinem Mutterstamm trennt, um ihn auf einen anderen Zweig zu pfropfen, so werden die anfangs durch den in den Geweben des Zweiges aufge- speicherten Saft ernährten Blütenknospen zwar sich zu entwickeln beginnen, weil sie aber ihre eigenen Hilfsquellen erschöpfen, ehe das Anwachsen des Pfropfreises stattge- funden hat und daher auch ehe sie durch ihre neue Unter- lage ernährt werden konnten, so welken und verdorren dir Blüten und fallen ab, bevor sie noch sieh zu erschliessen und zu blühen im stände waren. Fig. 72. Frühjahrs-Veredelung eines mit zwei Blutenknospen versehenen Zweiges. 112 Ueber die Pfropfung von Fruchtzweigen. Wie kommt es, dass es möglich ist, verschiedene Sorten als Fruchtzweige, aber nicht als Aeste auf einem Ast oder Baum mit Erfolg zu züchten? Die Frage, ob mehrere Sorten auf einem Baum als Aeste vorteilhaft gezüchtet werden können, ist schon längst ventiliert worden. Sie hat bereits die Eeise um die Welt gemacht, und man ist mit Recht zu der Erkenntnis gelangt, dass die Pfropfung mehrerer Sorten auf ein und denselben Baum zu verwerfen sei, indem es sehr schwierig ist, solche Sorten zu vereinigen, deren Wachstum gleich stark oder gleich schwach ist. Aus den bisher gesammelten Erfahrungen geht deut- lich hervor, dass, so oft man sich zur Bildung des Gerüstes unserer künstlichen Obstbaum-Formen, oder gar zur Bildung der Kronen unserer hochstämmigen Obstbäume, mehrerer Sorten bedient, die starkwüchsigen die minderkräftigen unterdrücken, dass das Gleichgewicht zwischen den ein- zelnen Gliedern der Formen weder erhalten noch herge- stellt werden kann, und dass die Entwickelung der Krone der hochstämmigen Bäume immer eine unregelmässige und lückenhafte ist. Unter solchen Umständen sind unsere Formobstbäume nicht mehr im stände , die gewünschte Symmetrie , voll- ständige Bekleidung der ihnen angewiesenen Räume und die erwünschten, möglichst grossen Erträge zu gewähren; ein Teil ihrer Aeste stirbt vor der Zeit ab, und anstatt Schönheit mit Nutzen zu verbinden, werden beide Zwecke verfehlt. Auch bei hochstämmigen Bäumen zeigen sich diese Nachteile. Die aus verschiedenen Sorten hergestellten Kronen entwickeln sich lückenhaft und unregelmässig; sie werden auf einer Seite stärker als auf der anderen, welcher Umstand den Baum meistens zwingt schief zu werden, wo- durch er in seiner Kraft geschädigt und der Gewalt der Winde und Stürme weit mehr ausgesetzt wird, als es bei Ueber die Pfropfung von Fruchtzweigen. 113 aufrechten Bäumen und geschlossenen Kronen der Fall ist. Ausserdem haben die schiefen Bäume noch den Nachteil, an Widerstandsfähigkeit gegen Wärme und Kälte einzubüssen. Nehmen wir nicht gerade an den schiefen Stämmen die Brand- und Frostwunden fast immer wahr? Gewiss! und zwar in der Richtung von Südost bis West. Der Grund zu diesen Rinden-Beschädigungen ist nur durch die schiefe Richtung der Bäume gelegt worden. Im Sommer wirken die Sonnenstrahlen intensiver auf solche Stämme, verbrennen die Rinde und töten oft den Baum. Der aufrechte, regelmässig entwickelte Baum dagegen be- schattet durch die runde Verästelung seiner Krone seinen Stamm derart, dass derselbe durch die Sommerhitze nicht notzuleiden hat. Im Winter ist der Nachteil der schiefen Stämme noch viel fataler, indem der Schnee und Regen darauf liegen bleiben und die mit einem Schwämme vergleichbaren, alten abgestorbenen Rindenschichten eine Menge von Wasser aufnehmen, welches beim Eintritt der Kälte gefriert und durch die stetige Ausdehnung des Eises dann selbst die gesunden Rindengewebe desorganisiert, zer- reisst und tötet; daher auch der Name ,. Frostplatte". Als Präservativmittel gegen solches Unheil empfehle ich wiederholt, stets bemüht zu sein, nur solche Bäume zu erziehen, welche sich selbst ohne den Schutz eines Pfahles ganz aufrecht halten können, die Krone ringsherum mög- lichst gleich breit heranzubilden, und wenn der Baum trotz- dem schief zu werden die Neigung hätte, denselben durch einen Pfahl oder durch Drähte und andere Mittel aufrecht zu erhalten. Aus obigem dürfte ersichtlich sein, dass, so oft man schöne, ertragreiche, haltbare und dauerhafte Bäume er- zielen will, es angezeigt ist, die gesamte Krone oder das Gerüst der Formen aus einer einzigen Sorte heranzubilden. Wir pflichten obigen Ansichten nicht nur bei. vielmehr wir huldigen ihnen und raten, dieselben stets zu berück- sichtigen. < laucher, Veredelangen. 8 114 Ueber die Pfropfung von Fruchtzweigen. Wenn wir aber trotzdem behaupten, dass die Anzucht mehrerer Sorten auf einem und demselben Baum mit Erfolg* vorgenommen werden kann, widersprechen wir uns nicht im mindesten und stehen auch hier, wie gleich nachgewiesen werden soll, vollkommen im Einklang mit den Grundsätzen der Pflanzen-Physiologie. Bei allen Bäumen, welche dem Schnitt nicht unter- worfen sind, kommen zwar die Seitenaugen meistens zur Ent- wickelung, da sich aber der Ast, der diese Verzweigungen trägt, nach Belieben entwickeln darf, und nichts dafür ge- schieht, die vorhandenen Seitenzweige gesund und lebens- fähig zu erhalten, gehen diese nach wenigen Jahren von unten nach oben meistens zu Grunde. Bei denjenigen Bäumen, bei welchen ein alljährlicher rationeller und sachkundiger Winter- und Sommerschnitt ausgeführt wird, verschwindet dieser Nachteil, und selbst bei unseren älteren Kern- und Steinobstsorten, Reben etc. sind die Aeste auf ihrer Gesamtlänge noch mit Frucht- zweigen versehen. Die an den Verlängerungen vorgenomme- nen Verkürzungen, der an den zu stark wachsenden Frucht- zweigen ausgeführte Schnitt, das Pinzieren (Abkneipen) der- selben, die Anwendung des Grünschnittes und des Anbindens, sind lauter Handhabungen, welche das Längenwachstum der operierten Aestchen hemmen und die gleichmässige Entwickelung der Seitentriebe fördern. Dadurch dass die günstig gestellten Seiten - Augen,. -Zweige oder -Aestchen sich nicht nach Belieben entwickeln durften, wurden die vorhandenen Säfte gezwungen, von oben nach unten zu wirken und alle Seitenorgane ziemlich gleich- massig zu ernähren; umgekehrt ergiebt sich die Thatsache, dass, so oft wir die Anwendung obiger Behandlungen zwei Jahre aufgeben, diese Zeit genügt, einen grossen Teil unserer Fruchtzweige zu Grunde zu richten. Für Hochstämme ist die Anbringung von mehreren Sorten, wenn auch nur für Fruchtzweige bestimmt, auf ein und denselben Baum nicht ratsam, um so weniger, da es uns Ueber die Pfropfung von Fruchtzweigen. 115 nicht gelingen würde, denselben auf die Dauer gesund und ertragsfähig zu erhalten. Bei den Form-Obstbäumen steht aber einem solchen Verfahren nichts im Wege, und zwar, weil wir von den veredelten Sorten keine Hauptäste, viel- mehr nur Fruchtzweige zu erzeugen beabsichtigen. Das gesamte Gerüst solcher Bäume wird und muss aus einer und derselben Sorte hergestellt werden, und es sind nur die Fruchtzweige, welche fremden Sorten angehören. Die Hauptäste werden sich wie zuvor entwickeln können; die Behandlung wird für dieselben die gleiche bleiben, das Gleichgewicht wird ohne Schwierigkeit zu erhalten oder herzustellen sein; auch für die Fruchtzweige wird kein Nachteil entstehen können, selbst wenn jeder derselben eine andere Sorte tragen würde, einfach deshalb, weil hier wie bei denjenigen Bäumen, welche nur natürliche Fruchtzweige ernähren sollen, alle diejenigen Sorten, welche vermöge ihres stärkeren Wachstums die Tendenz haben, sich kräftiger zu entwickeln, alljährlich um so kürzer geschnitten und an denselben die Sommeroperationen als: Ausbrechen. Ab- kneipen, Grünschnitt und Sommer-Anbinden (Palissieren), um so strenger ausgeführt werden. Durch diese Behandlungen zwingen wir selbst die stärksten Sorten, eine massige Entwicklung anzunehmen, und das Gleichgewicht wird zwischen allen aufs leichteste erhalten. So ist es mir mindestens in den letzten 21) Jahren ge- lungen, Bäume und Aeste. welche über 50 verschiedene Sorten als Fruchtzweige aulweisen, gesund und ertragsfähig zu erhalten. Auch habe ich in Metz, Montreuil. Bourg- la-Reine, Sceaux, Troyes etc. ähnliche Bäume gesehen, worunter ein Birnbaum, Triumph von Jodoigne auf Wildling in Palmetten-Form mit wagrecht gezogenen Aestni. welcher nahezu 200 verschiedene Sorten trug und, obwohl die Pfropfung dieser einzelnen Sorten schon im Jahrgang 1860 vorgenommen wurde, in schönster Ordnung blieb. 116 Die bei dem Seite-Pfropfen erforderliche Pflege. Die bei dem Seite-Pfropfen erforderliche Pflege. Alle diese Veredelungen erfordern um so fester ver- bunden zu werden, je stärker die Unterlagen und die Edel- reiser sind; es ist deshalb nötig, darüber zu wachen, dass die Verbände dieselben nicht einschneiden. Die Herbstver- edelungen werden meistens erst nach Ablauf des Winters von ihrem Verband befreit, während die Verbände bei den Frühjahrs- und Sommerveredelungen alsbald nach der An- wachsung, welche gewöhnlich nach Verlauf von 4 bis 8 Wochen stattgefunden hat, abgenommen werden. Wenn man nach der Abnahme des A erbandes noch einige nicht verwachsene Stellen bemerken sollte, muss man denselben sofort erneuern und zwischen einer jeden Windung einen grösseren Zwischenraum lassen, als dies beim ersten Mal geschehen. Mit Ausnahme der an kleinen Unterlagen und unter Grlas ausgeführten Veredelungen ist das Bestreichen mit Baumwachs beinahe stets notwendig. Zur Begünstigung der Entwickelung der Edelreiser verkürzt oder pinziert man die um dieselben stehenden seitlichen Aeste etwas kürzer als gewöhnlich und man kann, wenn das Edelreis als Verlängerung dient, seine Entwickelung noch durch einen dach- oder halbmondförmigen Einschnitt, welchen man etwa einen Zentimeter über dem Veredelungspunkt auf der Unterlage ausführt (Fig. 73, A, B, C), begünstigen. Sobald das Edelreis angewachsen ist und schon einige Blätter entwickelt hat und der Baum nur noch der Veredelung zur Bildung seiner Krone be- nötigt, wird man gut thun, alle unterhalb des Verede- lungspunktes befindlichen Seitentriebe oder Zweige und Aestchen allmählich zu entfernen. Derjenige Teil des Zweiges, Astes oder Stammes, welcher das Edelreis über- ragt, wird hierauf auch in seiner Entwickelung durch Rück- schnitt zurückgehalten und, nachdem der gepfropfte Teil bereits Triebe von 10 cm Länge entwickelt hat, gänzlich abgenommen, oder man lässt ihm zur Stütze des an ihn Die bei dem Seite-Pfropfen erforderliche Pflege. 117 &< R zu bindenden Edelreises einen 10 bis 20 cm langen Zapfen stehen (Fig. 74, A) und behält denselben solange bei, bis das Edelreis stark ge- nug ist, sich selbst zu tragen, denSchutz des- selben und den Ver- band entbehren kann, was gewöhnlich ein Jahr nach der Opera- tion der Eall ist. Alle Augen . Zweige und Aeste , welche der Zapfen trägt, werden unterdrückt, und soll- ten den Sommer über einige Knospen zur Entwickelung gelan- gen, so ist es notwen- dig, dieselben sobald als möglich auszu- brechen. I )ie Entwickelung der schwachen Edel- reiser, welche das Bestreben haben, schwächlich zu blei- ben, wird durch Län- geneinschnitte, welche die Gesamtdicke ihrer Rinde durchschneiden, begünstigt. Fig. 73. a dachförmiger Einschnitt, mit dem Garten- -pj- ni' •führt; B dachförmiger Einschnitt, mit der uicbt Banmalge vorgenommen; C halbmondförmiger Ein- L Kio- <(-lini,t. welcher ebenfalls mit dem Gartenmesser, K<> an^enscnniiie i-ci^. pniier. (l,|er Okuliermesser auszuführen Ist. i 7^ AWrpvflpnvnr/iifr« Edelreis nach der Veredelung ron vorn gresehen. B * ^i1^) vv eiucn \ uxnugo- ,ia. Edelreis, weichet Inf und h ichrig abgeschnitten weise mit dem Kopu- wurde. Her- oder Okuliermesser in der Zeit von März bi> Juli aus- geführt; mc gestatten der Rinde sich bequem zu erweitern, 118 Die bei dem Seite-Pfropfen erforderliche Pflege. erleichtern die Saftzirkulation und erhöhen das Wachstum und die Stärke des eingeschnittenen Teiles. Die Längen- schnitte sind bei allen Bäumen, denjenigen von Kern- wie von Steinobst, anwendbar. Manche behaupten zwar, dass man beim Durchschneiden der Binde nur eine Schwächung des eingeschnittenen Teiles erziele, während man bei minder tiefem Schneiden denselben stärke. Ich bedaure aber, mich mit dieser Ansicht nicht voll- kommen einverstanden erklären zu können, denn Hunderte in dieser Richtung ange- stellter Yersuche haben mir zur Evidenz bewiesen, dass, wenn der Einschnitt über- haupt wirksam sein soll, er notwendig durch alle Schichten der Rinde und selbst durch die innersten Teile des Bastes hin- durchgehen muss, während er in jedem andern Fall fast ohne Wirkung bleibt. Ausser dem Okulier- und Kopulier- messer bedient man sich zur Ausführung der Längenschnitte auch des Gartenmessers, welches sogar bei stärkeren Teilen, deren Rinde dick und hart ist, den Vorzug ver- Pig. 74. a Ansicht eines dient. Ob man das Garten- oder ein sonstiges an der Unterlage ge- ,r -i , • , • -i i • t i 1 • i lassenen Zapfens, zum Messer anwendet, ist jedoch ziemlich gleicn- Zweck des Anbindens . . ,. TT . li-i^. j J# der natürlichen Triebe, giltig, die Hauptsache bleibt, dass die Okulanten, oder sonsti- __,. , -■ ■• -, i r> • ger auf der Seite aus- Klinge dünn und spitz und sehr scnari sein geführten Verede- , .. -i • 1 • t» ■ J • i j lungen. muss, denn sonst wurde sie die Kinde niclit glatt schneiden, sondern zerreissen, was bei Steinobstbäumen die Entwicklung des so sehr zu fürchtenden Gummiflusses begünstigen könnte. Das hierdurch angerichtete Unheil würde somit den Vorteil weit überwiegen und dürfte wohl der Grund sein, weshalb man sich zuweilen berechtigt glaubte, dieses, wenn richtig angewandt, nur wohlthuend wirkende und höchst unschuldige Verfahren heftig zu bekämpfen. Veredelungen auf abgekürzten Zweigen etc. 119 Veredelungen auf abgekürzten Zweigen. Aesten und Stämmen. B. Das Kopulieren. (Zweite Gruppe.) Die Kopulation ist eine der besten Veredelungsarten, welche wir besitzen, und ihre Anwendung kann nicht genug empfohlen werden; sie liefert Resultate, welche alle Erwartungen übersteigen, ist über- dies sehr leicht auszuführen und verdient bei den Edelreisern, welche beinahe dieselbe Stärke wie dieUnter- lage haben, stets den Vorzug. Die Kopulation muss mit der Okulation die bedeutendste Rolle in der Baum- schule spielen und zwar deshalb, weil, wenn das Edelreis und die Unterlage von ähnlicher Stärke sind, die Anwachsung- schneller vor sich Fig. 75. x Ast; a die an dem zu _ . . . _T_ . sehwachen Zweig ausgeführten geht, die \\ unde in einigen v\ ochen ungettsehnitte. gänzlich vernarbt, das Edelreis fester sitzt, als bei den übrigen Verfahrungsweisen, weit weniger dem Zerbrechen ausgesetzt ist und weil wir, wenn es einmal angewachsen ist, eine Ab- lösung desselben nicht mehr zu befürchten brauchen. Man führt die Kopulationen im Winter, im Frühjahr und im Herbst aus; in erstgenannter Jahreszeit bei den Veredelungen, welche im Glashaus, im Keller, oder im Zimmer vorgenommen werden; im Frühjahr an den im Freien gewachsenen Unterlagen, welche veredelt werden sollen, sobald die Saftbewegung beginnt. Für die im Freien vorzunehmenden Kopulationen sind die Monate Januar bis April am günstigsten. Wir führen dieselben jedoch auch gegen Ende des Sommers und zu Anfang des Herbstes im August und September bei Veredelung der Birn-, Apfel-, Kirschen- und Pflaumenbäume aus. 120 Das Kopulieren. Für den letztgenannten Zeitabschnitt schneiden wir die Edelreiser auf den Jahrestrieben, blatten dieselben ab und verfahren wie zu jeder anderen Zeit. Die Edelreiser ver- wachsen mit der Unterlage vor Eintritt des Winters, die Augen bleiben schlafend und entwickeln sich erst im fol- genden Frühjahr. Dadurch, dass die Anwachsung des Edel- reises vor Auftreten des Saftes vollständig stattgefunden hat, versteht es sich von selbst, dass seine Entwicklung eine bedeutend kräftigere als bei den erst im Frühjahr vor- genommenen Veredelungen ist; dasselbe gilt für die im Januar bis März ausgeführten Veredelungen. Ausserdem sind im Monat September, Januar und Februar die Baum- schulbesitzer, Gärtner und Baumzüchter bedeutend weniger mit Arbeit überhäuft, als dies im Frühjahr der Fall istr und ich möchte denselben anempfehlen, vorgenannte Gat- tungen zu dieser Zeit zu veredeln; bei Befolgung meines- Rates bin ich überzeugt, dass sie zufriedenstellende Resul- tate erzielen und mir für die Mitteilung dieses zu wenig bekannten Verfahrens dankbar sein werden. Die Zahl der Veredelungen mittels Kopulation ist eben- falls sehr gross; viele derselben gewähren aber nur unter- geordnete Vorteile, erschweren die Ausführung, vermehren die Misserfolge und verdienen infolgedessen kaum genannt zu werden. Ich erachte daher nur die acht folgenden,, welche sämtlich verbunden und mit Baumwachs bestrichen werden müssen, für erwähnenswert. a) Das einfache Kopulieren. (Fig. 76.) Man schneidet das Edelreis (B) sowohl als die Unter- lage (A) in schrägem Schnitt, dessen Länge sich nach der Grösse derselben richtet und 2 — 15 Zentimeter betragen kann (a und b). Alsdann werden die Schnittflächen beider Teile (in C) vereinigt und zwar so, dass sie genau auf- einander passen und die Rinde des Edelreises mit der der Unterlage zusammentrifft. Veredelungen auf abgekürzten Zweigen etc. 121 b) Das Kopulieren mit Gegenzungen. Diese Art des Kopulierens nennen wir auch „verbessertes Kopulieren''; sie hat in der That bedeutende Vorteile vor der einfachen voraus. Die Anlage des Verbandes lässt sich meist leichter ausführen, das Edelreis behält den ihm an- gewiesenen Platz, das Anwachsen geht viel sicherer vor sich und, was nicht zu unterschätzen ist, die Trennung der Unterlage von dem Edelreis ist nach geschehener An- wachsung, mit Ausnahme der Birnen auf Quitte und auf dem Weissdorn, geradezu un- möglich; ausserdem geht auch die ganze Ausführung hierbei, anstatt langsamer, viel rascher von statten. Diese Veredelungsart wende ich mit besonderer Vorliebe an ; sie ist entschieden die beste und vollkommenste aller Kopula- tionen, ja sogar die vorzüglichste der ganzen zweiten Abteilung. Mit ihrer Hilfe erreichen wir ganz unglaubliche und höchst erstaun- liche Erfolge. Durch ihre An- wendung gelingt es mir, im Januar bis Mai die schwächsten wie die stärksten Unterlagen zu pfropfen, dünne Edelreiser, welche nur einige Millimeter dick und einige Zentimeter lang sind, sowohl als auch solche, welche einen Durch- messer von 2 — 4 Zentimeter und eine Länge von 21 a Meter und darüber aufweisen, mit allen ihren Seitenästen oder ihrer ganzen Krone versehen, anzuwenden, ohne hierbei häufigeren Misserfolgen zu begegnen, als bei dein gewöhn- lichen Edelreis. Mit diesen nParfbrceu-Yeredelungen ist eine i.ni \ und für die Pfropfkunst ein neuer Weg eröffnet, es ist auf dies. -in Gebiet ein Triumph ohnegleichen. Fig. 7t;. Einlaches Kopulieren. 122 Das Kopulieren. Durch diese Veredelungsart sind wir im stände, die Entwickelung unserer Bäume zu beschleunigen, die Frucht- barkeit derselben viel rascher zu erreichen, die Ver- wüstungen, welche durch Krebs, G-ummifluss, Zerreissungen und Brüche hervorgerufen wurden, wieder gut zu machen ; durch sie ist uns das Schicksal der Bäume vollständig in die Hand gegeben. Alles dies ist weder ein Traum noch Prahlerei, Zau- berei oder Hexerei, sondern vollständig erprobte Wahrheit, wovon sich jedermann täglich bei mir überzeugen kann, und zwar nicht an abgestorbenen, sondern vielmehr an lebenden Exemplaren, deren Wunden vollständig vernarbt sind, und deren Edelreiser sich prächtig, ja wunderschön entwickeln und durch das lebhafte Grün ihrer Blätter eine übersprudelnde Gesundheit bekunden. Das ist der Schlüssel und die Grundlage zu einer Einführung von grösster Wich- tigkeit und der Hauptbeweggrund, welcher mich veranlasste, dieses Buch zu veröffentlichen. Diese neue Einführung hat einen so grossen Wert und ist von solcher Wichtigkeit, dass es eine Ungerechtigkeit wäre und Mangel an Nächstenliebe beweisen würde, wenn ich dieselbe für mich behalten und mich nicht gedrungen fühlen wollte, sie jedermann zugänglich zu machen, und zwar um so mehr, als die liebe Natur, welche mir dieses Geheimnis kundgab, keinen Egoismus duldet und nie die Absicht hat, nur einzelne zu begünstigen. Alles, was sie gewährt, ist für das allgemeine Wohl bestimmt, wie sie auch unaufhörlich ihre mächtige, überallhin dringende Stimme ertönen lässt, welche uns zuruft: „Wehe dem- jenigen, welcher lebt und nicht leben lassen will; benimm dich ehrlich und du wirst sehen, dass es Brot für jeden giebt!" Wir wollen jetzt zur Beschreibung der Ausführung dieser Veredelungen übergehen. Der Schnitt der Unterlage und der des Edelreises ist ganz genau derselbe, wie bei der gewöhnlichen Kopulation Veredelungen auf abgekürzten Zweigen etc. 123 (Fig. 76); er unterscheidet sich von derselben nur durch den Spalt, welcher in senkrechter Richtung auf dem Edel- reis sowohl als auf der Unterlage ausgeführt wird. Der Schnitt und der Spalt werden bei jungen Stämmen, deren Stärke zwei Zentimeter nicht übersteigt, mit dem Kopulier- und Gartenmesser ausgeführt, während bei stärkeren Unter- lagen die schrägen Schnitte mit dem Schneidmesser gemacht und die Zungen mit dem Gartenmesser oder dem Pfropf eisen gespalten werden. Wenn man sich des Schneidmessers (Schnitzmessers) bedient, wird der Ast oder Baum an der Stelle, an welcher er durch den Kopf der Schneidebank (Schnitzbank) ge- klemmt werden muss, mit Lumpen umwickelt; ohne diese Vorsichts- massregel würde man die Kinde quetschen und Krebsbildung oder Gummifluss hervorrufen und sogar das Absterben des Edelreises ver- anlassen können. Das Schneide- messer wird nur zur Ausführung des Schrägschnitts benützt; der senkrechte Spalt wird mit dem Gartenmesser oder Pfropfmesser ge- macht, indem man dasselbe quer 1 — 2 Zentimeter oberhalb der Mitte des Schrägschnitts aufsetzt und es nach rechts und links wiegend ein- dringen lässt; durch das Wiegen wird die Rinde auf beiden Seiten, anstatt zerrissen, glatt ge- schnitten, wodurch dieGesamtwunde rascher vernarbt und das Edelreis leichter anwächst. Diesen Längs-Spalt macht man in derselben Höhe, gleich tief und lang auf dem Edelreis so- wohl als auf der Unterlage, jedoch in umgekehrter Rich- tung (Eig. 77 a in b und c in d); dann schiebt man beide Fig. 77. Kopulieren mit Oegen- znngen. 124 Das Kopulieren. Schnittflächen so ineinander, dass die entstandene Keil spitze des Edelreises sich in den Spalt des Wildlings, und die Fig. 78. A zweijährige Pyramide, welche auf einem Hochstamm in B veredelt wurde. Keilspitze des Wildlings in den Spalt des Edelreises ein- klemmt (Fig. 77 e), und achtet wohl darauf, dass die Rinde Veredelungen auf abgekürzten Zweigen etc. 125 79. Resultat der Kopulieruug von Fig. 7> riii Jahr nachher. mindestens auf einer inneren Seite ganz genau aufeinander passt; beim Verbinden muss man so stark als erforderlich 126 Das Kopulieren. anziehen, damit beide Teile fest aufeinander zu stehen kommen. Fig. 80. A Zweijährige Pyramide auf Birnwildling veredelt; B dieselbe Pyramide 3 Jahre später. Diese verbesserte Kopulation ist durchaus keine neue Veredelungsart, sie wurde schon in den ältesten Zeiten an- gewandt; auch sind ihre Dienste und Vorteile so gross, dass man dieselbe fast überall antrifft und beinahe alle Schrift- steller ihrer Erwähnung gethan haben. Was nach meiner Meinung neu an ihr ist, besteht in ihrer Anwendung bei starken Bäumen, ferner darin, dass man Aeste und ganze Stämme als Edelreiser benutzen kann ; z. B. das Edelreis A Fig. 78 ist eine zweijährige Pyramide von der Sorte: Amanlis' Butterbirne mit zehn Seiten- Veredelungen auf abgekürzten Zweigen etc. 127 ästen, welche im Frühjahr 1883 in der Krone (bei B) auf die Norm änni sehe Ciderbirne kopuliert wurde ; Fig. 79 zeigt uns diese Veredelung im Herbst 18*4. Flg. 81. A Edelreis 1,70 Meter lang; B Unterlage; G Veredelungsstelle; D E die Veredelungsstelle in •h natürlicher Gröl B VC. IL". BS. A ein aufrechter Apfel- Kordon von M. ULnge in B veredelt. Fig. 80 A stellt eine zweijährige Pyramide von Clair- geau's Butterbirne auf Bimenwildling, im Jahre 188] veredelt, dar, und Fig. 80 B führt uns dieselbe Veredelung im Herbst 1884 vor Augen. Fig. 81 A zeigt einen Ast von l.Ti» Meter Länge der Sorte Van Mar um's Flaschenbirne auf B. einem auf- 128 Das Kopulieren. rechten Kordon der Pastore nbirne — und Fig. 82 A einen Weissen Winter-Calvill von 21/* Meter Länge auf Herzogin Olga in B — gepfropft. Diese Aeste \ A Fig. 83. A ein im April mit Fig. 84. Der durch Fig. 83 veranschaulichte gesamter Krone in B ko- Hochstaram im folgenden September, pulierter Hochstamm. also 5 Monate nach der Operation. wurden mit all' ihren Augen und Fruchtzweigen erhalten, letztere wie sonst üblich eingestutzt, die schwachen Zweige und die Augen, welche zu ihrer Entwickelung des Einflusses der Einschnitte benötigten, mit solchen versehen, die durcli Veredeluno- auf abgekürzten Zweigen etc. 129 den Rückschnitt der Frucht zweige und Ausführung der Einschnitte entstandenen Wunden offen gelassen, also nicht mit Baum wachs über- zogen, kurzum gerade so behandelt, als seien diese Aeste von ihremMutter- stamm nicht getrennt worden. Un- geachtet der Länge dieser Edelreiser entwickelten sich sämtliche Augen, die Endknospe erreichte eine Länge von 50 Zentimeter und die seitlichen Triebe wurden so kraftvoll, dass sie abgekneipt werden mussten. Fig. 83 A zeigt einen Apfel- Hochstamm der Sorte Cellini, 4 Jahre alt. Die Unterlage war vom Krebs etwa 20 Zentimeter oberhalb des Wurzelhalses angegriffen, der Krebs hatte schon den Baum rings- um befallen und der oberhalb des Geschwüres befindliche Teil hätte unbedingt absterben müssen. Der Baum wurde am 14. April 1884 ober- und unterhalb des kranken Punktes abgesägt, und nachdem ich mich durch weiteren Rückschnitt vergewissert hatte, dass alle Spuren von Krebs verschwunden waren, pfropfte ich die abgenommene Krone nebst Stamm, um zirka 20 Zentimeter verkürzt, inB auf sich selbst. Fi", 8 \ veranschaulicht uns diesen Vorgang fünf Monate nachher mit einergänz- SL^Vti<^a^eta?ni5!wi lieh geheilten Wunde. mummm m b «md.ii «,.r.i... Fig. 85 A zeigt einen im Januar 1884 gebrochenen Birnenhochstamm der Sorte „Prinz Napoleon", welcher im folgenden April auf Birnenwildling in B reredell wurde Oaaeher, Veredelangen. ;» \.&. 130 Das Kopulieren. Fig. 86. A Palmette Verrier von Kirschen, deren Verlängerung in a, weil mit dem Gnmmifluss behaftet, znrüekgeschnitten werden musste. Fig. 87. Zweijährige Palmette von Kirschen, als Edelreis für die Veredelung des Baumes Fig. 86 dienend. Fig. 68. Ansicht nach fler Veredelung des Baumes Fig. 86 mit dem Edelreis Fig. 87. Veredelung auf abgekürzten Zweigen etc. 131 Fig. 89. Die Palmette Fiy. 86 und 88. zehn Monate nach der Operation . Die aus elf, 30 — 45 Zentimeter langen Zweigen bestehende Krone wurde nicht zurückgeschnitten; das Ganze entwickelt sich sehr kräftig und der Baum kann schon in diesem Jahre herausgenommen und an seinen Bestimmungsort gepflanzt werden. Fig. 86 A veranschaulicht einen Kirschbaum ..König- liche Amarelle1' in Form einer Palmette-Verrier, deren oberste Etage und Verlängerung vom Gummirluss befallen war. Ich schnitt dieselbe (in a) zurück und pfropfte öie im Frühjahr 1883 mit dem Edelreis Fig. 87, einer zwei- jährigen Palmette mit einer Etage, welche ich in der Baum- schule geschnitten hatte. Fig. 88 zeigt uns den Baum nach der Operation und Fi^. 89 nsohaulicht uns denselben Baum im Herbste 1884. 132 Das Kopulieren. Ich könnte noch viele andere ähnliche, ganz ausser- ordentliche Erfolge anführen, hoffe jedoch, die vorstehenden werden jeden überzeugen, dass durch dieses Verfahren sehr grosser Nutzen zu erreichen ist. Wer sich von der Wahr- heit der angeführten und ande- rer ähnlicher Thatsachen über- zeugen will, ist mir zu jeder Zeit willkommen, denn zu die- sem Zweck ist meine Thüre für jedermann ohne Ausnahme stets offen, und im Interesse der Sache, im Interesse meiner Kollegen, insbesondere im In- teresse des Obstbaues, werde ich mit Vergnügen nicht allein die Resultate zeigen, sondern Fig. 90. Kopulation mit Sattel. auch die Details der Operationen ad oculos demonstrieren. c) Kopulation mit Sattel. Fig. 90. Zum Pfropfen von Bäumen und Edelreisern von mehr als 3 Zentimeter Durchmesser kann man diese Veredelungs- art in Anwendung bringen; ich bevorzuge sie sogar bei Bäumen genannter Stärke unbedingt: wenn sie mit der er- forderlichen Genauigkeit ausgeführt wird, sind die Erfolge unfehlbar; ihr einziger Uebelstand besteht nur darin, dass sie sich langsam ausführen lässt und neben der grössten Vorsicht auch schwierige Vorbereitungen und Verrichtungen erfordert, welche eher in den Bereich des Zimmermanns oder Tischlers, als in den des Gärtners gehören. Bei einiger Uebung und wiederholten Versuchen wird es jedoch bald gelingen, dieselbe rasch und vorteilhaft auszuführen. Wir nehmen diese Veredelung in folgender Weise vor. Der Ast oder Baum, welche als Edelreiser dienen, sowie die Unterlage, werden schräg abgeschnitten; ein weiterer Veredelung auf abgekürzten Zweigen etc. 133 bis zur Hälfte ebenfalls schiefer und gleichlanger Säge- schnitt wird auf der Unterlage B und dem Edelreis A aus- geführt. Je stärker die zu vereinigenden Teile sind, um so länger müssen die auf den Querschnitt mündenden Zapfen sein; ihre Länge beträgt zwischen 5 — 20 Zenti- meter. Die Unterlage und das Edelreis werden alsdann bis zu dem Querschnitt gespalten. Die von dem Sägen und Spalten herrührenden Wunden glättet man mit dem Garten- oder Schneidemesser derart, dass sie eine gerade Linie und ebene Flächen bilden. Ist dies geschehen, so vereinigt man das Edelreis mit der Unterlage in C; sollte die Zurichtung in allen ihren Punkten nicht vollständig genau sein, so muss man durch Verlängerung oder Ver- kürzung eines der beiden Zapfen nachhelfen ; sobald die beiden Einschnitte ganz genau aufeinander passen, ver- bindet man sie sehr fest, indem man den Verband stark anzieht. Linden- oder Pafflabast eignen sich nur für die Ver- edelungen von gewöhnlicher Stärke als Bindmaterial; für diejenigen, bei welchen der Stamm und das Edelreis zwei Zentimeter Durchmesser übersteigen, bediene ich mich aus- gezwirnter oder unausgezwirnter Schnüre. Der Stamm und das Edelreis werden an einen starken Pfahl oder Pfosten befestigt, welcher jede Bewegung un- möglich machen soll, und dies so lange, bis alles vollstän- dig verwachsen ist; je grösser die gepfropften Teile sind. um so länger werden sie den Schutz des Pfahles oder I Mosten erfordern. Damit die Kinden an der Gesamtbreite des Sattels sowohl als der Gesamtlänge der Zapfen sich leichter gegen- seitig berühren, also dicht auf einander zu liegen kommen, -•mptiehlt es sich, die Sättel und Zapfen etwas nach innen auszuhöhlen, was mit dem Schneide- \1 r oder einem zweckentsprechenden ausgeschweiften Meissel Bich sein- leicht bewerkstelligen lässt. Bei grossen Bäumen und Baum-Edelreisern von über 134 Das Kopulieren. 6 Zentimeter Stärke genügt zur Befestigung des kolossalen Edelreises die Schnur auch nicht mehr, und ich verwende deswegen an dem oberen und unteren Teil der Wunde zwei Schraubzwingen (Fig. 91); erst nachdem beide Zapfen mit diesen Schrauben zusammengepresst sind, wird der Schnur-Verband an- gelegt, beide Schraubzwingen weg- genommen, und alsdann sämtliche äussere Teile der Wunde mit warm- flüssigem Baum wachs dick bestrichen. Die Schraubzwingen sind, damit die gepressten Teile nicht verletzt werden, bei A und B mit Kautschuk überzogen und das Bogenstück A sitzt beweglich auf der Schraubenspindel. Vermittelst dieser Schraubzwingen, welche ich in verschiedenen Grössen anfertigen Hess, gelingt es mir, selbst Fi». 91. Schraubenzwinge, mit j • j i« i m *1 T_ "L weicher die Kopulationsschnitte den widerspenstigsten leil ohne be- sondere Schwierigkeit schön glatt auf den andern anzubringen und mit voller Sicherheit zu arbeiten. Vermöge ihrer Form und Konstruktion kann man sie bei Bäumen von 2 sowohl, als bei solchen von 10 Zentimeter Durchmesser verwenden. d) Kopulation durch Schäften oder Anplatten. Fig. 92. Wenn das Edelreis wreniger stark als die Unterlage ist, bedienen wir uns dieser Veredelungsart, welche „Schälten" oder „ Anplatten " heisst. Das Edelreis A wird in verlängerter Schrägfläche b geschnitten. Die Unterlage C wird in D schief abgeschnitten und auf einer ihrer Seiten e ein Rinden- und Holzstreifen von der Länge und Breite der schrägen Schnittfläche des Edelreises hinweggenommen. Diese Ver- edelungsart, welche sehr leicht auszuführen ist, kommt bei allen kleinen Unterlagen in Anwendung; man bedient sich Veredelung auf abgekürzten Zweigen etc. 135 derselben in der Baumschule , vor- zugsweise jedoch bei den Verede- lungen im Glashaus, im Keller oder im Zimmer; sie rindet, wie die vier folgenden, von Januar bis April und auch im August und September statt. e) Kopulation durch Schäften oder Anplatten mit Gregen- z un gen. Fig. 93. Die Kopulationsart hat die grösste Aehnlichkeit mit der obigen und zu- gleich mit dem verbesserten Kopu- lieren, und bietet auch dieselben Vor- teile: das Edelreis sitzt fester, die Berührungspunkte sind vermehrt, und es ist somit das Anwachsen begünstigt; der Verband lässt sich weit bequemer anlegen, das Edelreis ist mit dem "Wildling so fest vereinigt, dass die Trennung durch Winde und Stürme viel weniger als bei der vorigen Ver- edelungsart zu befürchten ist. Das Edelreis A sowohl als der Wildling B werden zunächst genau, wie bei der letzten Methode ange- geben, hergerichtet. Hierauf wird über der Hälfte des entblösstenTeiles der Unterlage und des Schrägschnitts des Edelreises mit dem Kopulier- messer eine längliche Zunge (c und d) gespalten, deren Länge ein bis zwei Zentimeter beträgt, und wird alsdann die Zunge des Edelreises in die der Unterlage so eingeschoben (E), dass die Rinde des Edelreises Fig. 92. Eiufache Kopulation durch Sehäfteu oder Anplatten. r._ • m durch fteo oder A.npl*tten mit der ahne) - ttel. 136 Das Kopulieren. d 31 h auf die der Unterlage möglichst genau zu stehen kommtr wonach verbunden und mit Baumwachs bestrichen wird. Wenn das Edelreis ziemlich stark ist, wird oben am An- fangspunkt des Schrägschnitts in (f ) ein Sattel angebracht dagegen, wenn schwach, dieser lieber weggelassen. f) Kopulation mit Gegenzungen auf einem Eebsteckling. Fig. 94. Zur Vermehrung der europäischen auf den ameri- kanischen Rebensorten leistet diese Ver- edelung wesentliche Dienste und wird im südwestlichen Frankreich, wo bekannt- lich die Reblaus ganz schreckliche Ver- heerungen anrichtet, massenhaft und mit gutem Erfolge angewendet. Als Steckling A dient eine sehr starkwachsende amerikanische Sorte, wel- che 3 Augen trägt und unten 2 — 3 Milli- meter tiefer als das Auge (a) wagrecht oder etwas schräg gegen (a) abgeschnitten wurde; über dem letzten Auge (c) wird der Steckling schräg abgeschnitten, und die schräge Fläche senkrecht nach unten gespalten. Das Edelreis B wird unter einem Auge (d) ebenfalls schräg ab- geschnitten, nach oben gespalten und dessen Zunge zwischen die des Stecklings in C eingeschoben. Die Veredelung kann unter Dach im Januar-März vorgenommen und die veredelten Stecklinge in einem Kasten, Souterrain oder Keller in Sand eingegraben werden. Im April, kurz be- vor die Vegetation beginnt, werden die Stecklinge an Ort und Stelle bündig bis Fig. 94. Kopulation mit zum Veredelungspunkt gesetzt und dann Gegenzungen auf einem Rebsteckling. massig angehäufelt. a Veredelung auf abgekürzten Zweigen etc. 137 g) Kopulation durch Sattelschäften. Fig. 95. Wenn die Edelreiser, welche man zur Verfügung hatT wenigstens 3 — 5 Millimeter dick sind, verdient diese Ver- edelungsart ebenfalls häufig angewandt zu werden. Die Verwachsung geht noch rascher vor sich, als bei der dritt- letzten, Fig. 92, die obere Wunde der Unterlage vernarbt schneller und das Edelreis sitzt durch den angebrachten Sattel bequem auf dem Wild- ling, wodurch das Anbinden er- leichtert wird. Die Unterlage (a) wird auch hier wie beim Schäften Fig. 92 vorbereitet und nur das Edelreis erfährt eine kleine Veränderung, die in einem hakenförmigen Sattel be- steht, dessen Tiefe den dritten Teil der Stärke des Edelreises nicht überschreiten darf (b); ohne diese Eücksicht würde das- selbe dem Zerbrechen ausgesetzt sein. Sobald die Unterlage und das Edelreis zugerichtet sind, wird das letztere so an den Wildling angepasst (c), dass wo- möglich auf beiden Seiten, jeden- falls aber auf einer Seite, Rinde ^c~ auf Rinde ZU Stehen kommt. Fig. W. Kopulation durch Sattelsohäften. h) Kopulation mittels doppelten Schäftens. Fig. 96. Dies ist wieder eine Pfropfungsart von der grössten Be- deutung und nach der Kopulation mit Gegenzungen (ver- bessertes Kopulieren Fig. 77, Seite 123) für die Unterlagen von mittelmäS8iger Grösse, zu welchen man sich keine Edel- 138 I>as Kopulieren. reiser von ähnlicher Stärke verschaffen konnte, entschieden die zweitbeste. Sie hat viel Aehnlichkeit mit der „Kopu- lation mit Sattel" Fig. 90, Seite 132, und spielt in der Baumschule eine sehr grosse Rolle. Man wendet sie im Winter, Frühjahr und Herbst an. Ich bediene mich der- selben zum Pfropfen von Zweigen, Aesten und ganzen Stämmen, deren Durchmesser dem der Unterlage, auf wel- cher sie veredelt werden sollen, nachsteht. Diese Methode verdient die allgemeinste Anwendung und sollte nebst dem „Verbesserten Kopulieren" aufs wärmste empfohlen werden. Sie gehört gleichzeitig zu denjenigen, welche sich am leichtesten erlernen und am schnellsten ausführen lassen, und eignet sich für Unterlagen von einem Zentimeter sowohl, als für solche von 4 Zenti- meter Durchmesser. Je stärker die Unterlage ist, um so stärker wird . auch das Edelreis und um so länger werden die an beiden Teilen auszuführenden Seitenschnitte sein müssen. Die entstandenen Wunden heilen sehr schnell, das Edelreis sitzt fest und die Anlegung des Verbandes verursacht keine Schwierigkeiten. Die Ausführung geht folgendermassen vor sich: Das Edelreis (a) wird je nach seiner Stärke über 2 — 10 Zentimeter von unten an bis auf ein Dritteil seiner Dicke schräg eingekerbt (b) und dann länglich spitz aus- laufend glatt geschnitten; auf der entgegengesetzten Seite am Ende des Schrägschnitts wird die Rinde ebenso, je nach Stärke des Edelreises, auf eine Länge von 2 — 20 Milli- meter keilartig zugespitzt (c). Der Wildling (d) wird oben (bei e) schräg abgeschnitten und ferner seitlich ein schmaler, der Länge der schrägen Schnittfläche des Edelreises ent- sprechender Rinden- und Holzstreifen hinweggenommen. 2 — 20 Millimeter oberhalb des Punktes, an welchem die Trennung der Rinde und des Holzes von der Unterlage stattgefunden hat, wird nun der Streifen quer und schräg nach unten abgeschnitten, wodurch die Zunge (f) entsteht. Alsdann wird das Edelreis auf der Unterlage (g in h) be- Veredelung auf abgekürzten Zweigen etc. 139 festigt, und zwar derart, dass der innere Teil der Rinde des Edelreises an einer Seite auf die innere Rinde der Unterlage passt und sein zugespitzter Teil zwischen die Zunge der Unterlage zu stehen kommt. Büttels dieser Methode erzielte ich in gleichem Grade ganz erstaunliche Resultate, und ich habe unter anderem im Monat April 1883Kirsehen, Birnen und Aepfel mit Edel- reisern, welche eine vollstän- dige Krone trugen, gepfropft: der Erfolg war bei allen der- selbe; alle wuchsen an, und diese Bäume sind jetzt so lebenskräftig und prächtig entwickelt, mit einer so regel- mässig gebildeten Krone ver- sehen, dass alle, welche die- selbe in Augenschein nehmen, nicht glauben können, dass diese Veredelungen vom letz- ten Jahre sind, und doch ist es wirklich der Fall! Es sind dies die wesentlichsten und höchst wichtigen Mitteilungen, welche ich über die Veredelungen zu machen hatte; sie mussten beweisen, dass ich mit meinen Part'orce- Versuchen höchst überraschende Erfolge, die sich vielleicht niemand hätte träumen lassen, erzielt habe. Sie werden gewiss ^t-nügen, andere gleichfalls zu Nachforschungen zu veranlassen, um den Schleier, welcher noch eine gr< Anzahl anderer derartiger Geheimnisse deckt, zu lüften. Ich bin so sehr überzeugt, dass ich noch nicht einmal alle die Vorteile erfassen konnte, welche durch diese Ver- edelungen erzielt zu werden vermögen, dass ich mir vor« nehme, noch weitere Versuche anzustellen und noch ältere Fi. 96. Kopulation mittels doppelten Sattelschäftens. 140 E>as Kopulieren. Bäume und Aeste, als ich bis jetzt in Anwendung brachte, zu benützen. Selbst wenn ich annehmen müsste, dass die bereits erreichten Resultate das Maximum sind, welches uns die Natur bewilligt, so sind dieselben immer ein eminenter Fortschritt, welcher uns folgende Vorteile gewährt: Vorteile, welche die Veredelungen mit langen und starken Edelreisern gewähren. 1) Auf die Kronenhöhe der Hochstämme Zweige auf- zupfropfen, welche die zur Bildung der Krone erforderliche Anzahl Augen tragen, und ebenso die zur Herstellung der ersten Serie der Pyramiden, Spindeln, Palmetten etc. er- wünschte Menge Triebe in einem Jahre zu erhalten, wo- durch wir vor den bis jetzt angewandten Methoden einen Vorsprung von mindestens 2 Jahren ge- winnen. Die am unteren Teile der zu veredeln- den Zweige befindlichen Augen entwickeln sich um so schwieriger, je mehr sich ihre Stellung der senkrechten Richtung nähert; es ist ratsam, den- selben zu Hilfe zu kommen und den Saft zu zwingen, diesen Augen in reichlicherem Masse zu- zufliessen; zu diesem Zweck macht man an dem mondförmiger Zweig (A Fig. 97) 5 Millimeter oberhalb eines oberhalb ^ines jeden Auges, dessen ungenügende Entwickelung zu befürchten ist, (in C, C) einen halbmond- oder dach- förmigen Einschnitt, dessen Breite 2 Millimeter nicht über- schreiten darf und spitz zulaufen muss. Die Einschnitte macht man mit der Säge oder durch zwei Schnitte mit dem Baummesser, welche die Rinde und äussere Holzschichte durchschneiden und hinwegnehmen (siehe auch Fig. 73 AB C, Seite 117). 2) Diejenigen Stämme, welche als Zwischen Veredelung dienen, mit einer Krone zu pfropfen, die mit allen ge- wünschten Zweigen versehen ist, wodurch die Verwertung der Bäume 2 — 3 Jahre früher stattfinden kann. Diese Kronen werden aus den (Schmarotzer-) Wasserschossen, Vorteile der Veredelungen mit langen und starken Edelreisern. 141 welche sich auf den Hochstämmen entwickeln, oder aus den beim Schnitt der Formobstbäume abfallenden, entsprechend verzweigten Teilen gewonnen. 3) Bei Pyramiden und Spindeln ein Edelreis zu pfropfen, welches alle gewünschten Seitenäste und Ver- längerungen der ersten Serie trägt; bei den Palmetten eine ganze Etage nebst Verlängerung einzusetzen, bei den zwei- armigen Kordons beide Arme in der gewünschten Höhe aufzupfropfen etc. Die hierzu erforderlichen Edelreiser werden den Sommer über hergerichtet und zwar vorzugsweise auf solchen Teilen, welche später ohne Xachteil für die Form des Baumes, der sie trägt, abgenommen werden können. 4) Das Gleichgewicht bei einem Baum wiederherzustellen, ohne wie seither gezwungen zu sein, die starken Teile des- selben zu unterdrücken, und sie während der Wachstums- periode durch Abkneipen, Fester- und Schräger-Anbinden, Anwendung des Grünschnitts etc. zu hindern, sich nach Belieben zu entwickeln. Zur Erreichung dieses Zweckes pfropfen wir nahe auf die Enden der zurückgebliebenen Teile so lange Edelreiser, als zur Herstellung des Gleichgewichts notwendig sind, oder, wenn die zurückgebliebenen Teile zur Aufnahme der Edelreiser zu schwach sind , fügen wir die letzteren auf der Seite des Baumes ein. (Siehe Figur 58 und 59, Seite 98). 5) Alle fehlenden Aeste oder Zweige im Laufe eines Jahres wieder zu ersetzen, was dadurch erreicht wird, dass man Aeste oder Zweige an der Seite des Baumes an den Stellen, wo dieselben fehlen. . aufpfropft. Da man auch Aeste von derselben Länge und Stärke, wie diejenigen, welche der Baum trägt, ansetzen kann, werden nicht nur die Lücken ausgefüllt, sondern auch das Gleichgewicht defl Bauines sofort wieder hergestellt. (Siehe Figur 58 und 59, Seite 98). 6) Die Entwicklung der Bäume zu beschleunigen, in- 142 Vorteile der Veredelungen mit langen und starken Edelreisern. dem man auf die äussersten Teile der Aeste Verlängerungen pfropft, deren Länge ein Meter übersteigen darf. Im Jahre 1883 und 1884 habe ich 38 aufrechte und wagrechte Kordons mit Aesten und Zweigen, welche lang genug waren, um die noch vorhandenen Lücken auszu- füllen, verlängert. Die Länge der als Edelreiser verwandten Zweige und Aeste betrug 50 Zentimeter bis 2,20 Meter; die kürzesten wie die längsten sind sämtlich prächtig an- gewachsen und es ergab sich — was wahrscheinlich Ueber- raschung und Erstaunen erregen dürfte, dass die kräftige Entwickelung in einem entsprechenden Verhältnis zu der Dicke und Länge der Edelreiser blieb, d. h. je dicker, stärker und länger das Edelreis war, um so mehr überholte seine Entwickelung die schwächeren und kürzeren Edel- reiser, welche Erscheinung ich weiter unten zu erklären versuche. 7) Die durch Umpfropfung künstlich gezogener Bäume verursachten Verluste abzuschwächen. Diese Operation ver- zögert bekanntlich die Ertragsfähigkeit um drei Jahre und darüber, und ist wohl der Grund, weshalb man sich oft nicht entschliessen kann, die Bäume, welche geringe Früchte tragen, mit einer besseren Sorte umzupfropfen. Diesen Nachteil wird man gewissermassen verringern, wenn man als Aeste Edelreiser verwendet, welche vollkommen ent- wickelt und ertragsfähig sind. Durch dieses Mittel kann das hinweggenommene Gerüst des Baumes durch ein anderes von gleicher Stärke ersetzt werden, und dieses wird von dem Jahre an, welches auf die Umpfropfung folgt, fort- fahren, Früchte zu tragen. 8) Das Leben jener Bäume zu verlängern, welche durch irgend ein Missverhältnis zu ihrer Unterlage oder zum Boden krank geworden sind und infolgedessen zu wachsen und Früchte zu tragen aufhören. Man bewahrt solche Bäume vor dem Absterben da- durch, dass man dieselben von ihrem Mutterstamme trennt und den ganzen Baum auf eine Unterlage pfropft, von • Vorteile der Veredelungen mit langen und starken Edelreisern. 14/> welcher man überzeugt sein kann, dass sie für denselben geeigneter ist. Dies Verfahren ist von ungeheurem Wert bei den Birnsorten, welche schlecht auf Quitte gedeihen. Be- merken wir, dass eine Sorte von Gelbsucht befallen wird, dass sie dürre, schwarze Spitzen bekommt, zu wachsen auf- hört, die angesetzten Früchte fallen lässt, was bei Clair- geau's Butterbirne, VanMaru m's F 1 a s c h e n b i r n e, Andenken an denKongress, und anderen mehr, wenn sie auf Quitte veredelt sind, häufig vorkommt, so schneiden wir dieselben hinweg und pfropfen sie auf andere Birn- sorten. Auf diese Weise ist es mir gelungen, ganze Bäume, als: 1 — 3jährige Pyramiden, Spindeln und aufrechte Kor- dons, welche oben erwähnten Sorten angehörten, zu retten, indem ich sie auf Pastorenbirne veredelte, welch' letz- tere auf Quitte gepfropft war. Diese Stämmchen, welche als unfehlbar verloren zu betrachten waren, gedeihen und tragen jetzt vorzüglich, ohne dass ihnen auch nur die ge- ringste Spur von der früheren Krankheit anhaften blieb. 9) Die Schäden gut zu machen, welche durch Nage- tiere, Gummifluss, Krebs und andere Beschädigungen ver- ursacht wurden, Schäden, durch welche die Rinde des Baumes in grösserer oder geringerer Ausdehnung zerstört und das Absterben der oberhalb der Wunde befindlichen Teile ver- anlasst wurde. In solchen Fällen schneidet man das an- gegriffene Stück aus, und sobald man sich vergewissert hat, dass die zurückgebliebenen Teile vollständig gesund sind, pfropft man dieselben wieder aufeinander. 10) Einjährige Veredelungen, abgebrochene, abgeknickte Aeste und Bäume, oder solche, welche infolge schlechten Ausgrabens weder zum Verkauf noch zum Versetzen dien- lich sind, wieder zu verwenden. Alle die verlorenen Teile können von August bis September wieder nutzbar gemacht werden; in dieser Zeit muss man sie abblatten und pfropfen. Hauptsächlich ist die Zeit von Ende November bis in den März hinein zum Sammeln dieser Stammchen <"1« : Stämme und zum zweckdienlichen Aufbewahren derselben 1 44 Vorteile der Veredelungen mit langen und starken Edelreisern. geeignet, indem man ihr unteres Ende ziemlich tief in die Erde einsteckt oder dieselben in einem Souterrain, in einem Keller, oder an einem anderen kühlen, vor starker Kälte geschützten Ort überwintert, bis die Yeredelungszeit (Januar bis April) herangekommen ist. Auf diese Weise können alle die Stämmchen, welche man bis jetzt für verloren hielt, alle die schönen einjährigen Veredelungen, alle die prächtigen Bäume, welche sich in- folge von Unaufmerksamkeit und Gleichgültigkeit beim Aus- graben von ihren Unterlagen trennten, alle die schönen Ver- längerungen, welche durch Ungeschicklichkeit oder Mangel an Uebung beim Beschneiden der Zapfen unter dem Schnitt des Baummessers fielen, alle mit mangelhaften Wurzeln aus- gegrabenen Bäume, alle diejenigen, deren Krone sich vom Stamme trennte, wieder nutzbar gemacht werden. Der Tag. an welchem man sie wiederherstellen oder die Verluste wenigstens verringern und alle diese Abfalle, welche bis jetzt für den Holzhaufen bestimmt waren, wieder verwerten kann, dieser Tag ist jetzt gekommen ! Die Praxis hat sich dieser Vorteile bemächtigt, und ebenso wie andere Gewerbe ihre Abfälle zu verwerten wissen, wie der Gold- und Silberarbeiter noch einen Nutzen aus dem Kehricht seiner Werkstatt zu gewinnen versteht, so sind die Gärtner oder Freunde der Gärtnerei auch dahin gekommen, beinahe alles wieder zu verwerten, und wir hoffen, durch vermehrte Nachforschungen, durch rastlose Thätigkeit und durch unausgesetzte Beharrlichkeit bald sagen zu können, dass bei Anzucht der für die Industrie, für die Unterhaltung und Ernährung des Menschen nötigen Gewächse, sowie derer, welche unsere Gewächshäuser, unsere Gärten und Landschaften schmücken und zieren, es keinen Abfall mehr giebt, der nicht zur Vervielfältigung und zur Wiederherstellung der Gewächse, welche jene Teile ver- loren haben, wieder benutzt werden könnte, wenn auch nicht gerade zu ihrem eigenen Nutzen, so doch wenigstens zu dem von ihresgleichen. Theoretische Erklärung der erreichten Erfolge. 145 Theoretische Erklärung der erreichten Erfolge. Auf allen Gebieten ist eine Vervollkommnung in einem Gegenstand nur dann möglich, wenn man denselben gründ- lich versteht und die Vorteile und Nachteile, welche er bietet, genau kennt; diese Vervollkommnung darf nicht allein praktisch ausführbar sein, sondern sie muss sich auch theoretisch erklären lassen und bei gründlicher Ueberlegung zu verstehen sein; sie muss ebensosehr den Erfinder, wie den Leser, und den, der sie zu prüfen Gelegenheit hat, überzeugen, dass die Erfolge des neuen Verfahrens zweifel- los günstige sind. Bei der Anzucht aller holzigen und krautartigen Ge- wächse zeigt uns die Xatur in einer grossen Anzahl von Fällen den einzuschlagenden Weg, und es ist nun Sache der Praxis, sich Rechenschaft abzulegen, ob die Andeu- tungen, welche uns von der Xatur gegeben werden, nicht trügerisch sind. Nun, jeder, welcher anstatt auf maschinenmässige Art zu arbeiten, alles genau überlegt und aufmerksam beob- achtet, jeder, welcher in die Anzucht der Gewächse einge- weiht ist, muss zur Ueberzeugung gelangen, dass die Xatur fast unveränderlichen Gesetzen unterworfen ist, und dass, wenn man nicht gewisse Mittel anwendet, welche geeignet sind, die Richtung des Saftes zu ändern, und gewisse Ein- griffe anwendet , um den behandelten Teil zu schwächen oder seine Entwickelungskraft zu begünstigen, die Augen, welche sich von vornherein kräftig entwickelt haben, die- jenigen sind, welche auch später diese Kraft beibehalten und den Saft zum Xachteil von anderen an sich ziehen. Er weiss auch, dass schwache Triebe, Zweige, Aeste und Bäume, welche sorgsame Pflege und Nahrung man ihnen auch immer angedeihen und zukommen lassen mag, Bteta die Eigenschaft behalten, kümmerlich zu bleiben, und dass es, sobald eine Unterdrückung der kräftigen Teile nicht Ganclu-r. Veredelungen. In 146 Theoretische Erklärimg der erreichten Erfolge. stattfindet, sehr schwierig ist, sie zu der gewünschten und zu ihrer Erhaltung nötigen Stärke zu bringen. Aus diesem Naturgesetz erklärt es sich auch, wes- halb, wenn man Edelreiser, die von schwachen, schlecht gebildeten Zweigen abstammen, pfropft, die Resultate7 welche sie liefern, beinahe dieselben mit denen sind,, welche sie auf ihrem Mutterstamm aufgewiesen hätten; man wird dies um so besser verstehen, als ich in dem ersten Kapitel dieses Buches bewiesen zu haben glaube, dass das Veredeln, anstatt einen günstigen Einfluss aus- zuüben und die Kraft der veredelten Teile zu erhöhen, dieselbe im Gegenteil vermindert. Die Augen der schwa- chen Triebe oder ein schwacher Zweig sind meistens schlecht gebildet, die Saftkanäle um so weniger zahlreich und um so enger, je kleiner der Durchmesser dieser Triebe und Zweige ist, und die Säfte, welche im Laufe des Wachs- tums und vorzugsweise im Herbst sich in ihren Geweben aufspeichern, sind in geringer Menge vorhanden, die Yer- trocknung geht rascher vor sich, oder das Edelreis, welches die zu seinem eigenen Unterhalt erforderliche Nahrung in nicht genügendem Masse besitzt, kann nicht abwarten, bis es von seiner neuen Unterlage ernährt wird, stirbt ab oder entwickelt sich schwach, erzeugt Triebe, welche ebenfalls schlecht gebaut, verkrüppelt sind und mit Leben und Sterben ringen. Weiss dies nicht jeder Praktiker? Weiss er nicht ausser- dem, dass bei dem Okulieren die am besten und kräftigsten entwickelten Augen vorgezogen werden müssen? dass diese Augen im folgenden Frühjahr um so eher, leichter und kraftvoller austreiben werden, je stärker und wohlgebildeter sie bei ihrer Anwendung waren? Weiss er auch nicht, dass die flachen Augen, welche das Edelreis an seinem unteren Teile trägt, obgleich sie älter sind, nur in Ermangelung anderer verwendet werden dürfen, und dass die Triebe, welche sie hervorbringen, sich schwieriger und langsamer entwickeln als die andern? und dass, wenn man eine Ein- Theoretische Erklärung der erreichten Erfolge. 147 kürzung und ein strenges Ausbrechen der Augen und Triebe an den Unterlagen nicht vornimmt, die Entwickelung des eingesetzten Auges im Rückstand bleiben wird? Doch der erfahrene Praktiker kennt dies alles, und für diejenigen, welche sich diese Vorgänge nicht erklären können, werden die folgenden Zeilen genügen, um sie ihnen verständlich zu machen. Im Falle der Zweig, welcher als Okulierreis diente, von seinem Mutterstamm nicht getrennt worden wäre, und man mittels eines kurzen Schnittes, oder durch Ausführung von Quer-, Halbmond- oder dachförmigen Einschnitten die Ent- wickelung der Augen an seinem unteren Teile begünstigt hätte, würde man wohl bemerkt haben, dass, obwohl das Aufsteigen des Saftes gleich nach seiner ersten Bewegung in diesem Zweig (oder Zweigen) stattfand, und er keine anderen Augen, als die durch den Schnitt geschonten, er- nähren konnte, die Augen der zurückgeschnittenen Zweige sich dennoch später und langsamer entwickelten, als die der nicht oder weniger kurz zurückgeschnittenen. Dies erklärt sich einfach deshalb, weil die Augen der sehr kurz geschnittenen Zweige um so schwächer, kleiner und schlechter gebildet sind, je mehr sie sich dem untern Teile des Zweiges nähern. Obiges ist so wahr und hinlänglich erwiesen, dass alle kompetenten Fachleute nie versäumen, auf ein starkes und gut entwickeltes Auge zurückzuschneiden, so oft es sich darum handelt, eine kräftige Verlängerung zu gewinnen, während sie im andern Falle ein schwaches Auge, sogar ein Neben- (Bei-) Auge, vorziehen. Aus alle dem Vorerwähnten schliessen wir, dass man beim Pfropfen, ausgenommen wenn es sich um Fruchtäste (Fruchtzweige) handelt, oder wenn es vorteilhaft erscheint, die Kraft der Veredelungen zu schwächen, sich stets kräf- tiger Edelreiser bedienen soll; je besser dieselben entwickelt sind, um so vorteilhafter werden sie auch sein und wir werden um so leichter 7 Dieser Veredelung bedient man sich bei Unterlagen mittlerer Grösse, welche nur ein Edelreis erfordern. Die Unterlage (a) wird zunächst horizontal (b) und dann an der entgegengesetzten Stelle, wo man das Edelreis anbringen will (c), schräg abgeschnitten; dieser letztere Schnitt bezweckt, das Vernarben der Wunde der Unter- lage zu beschleunigen und den Saft zu zwingen, seinen Lauf nach dem Edelreis zu nehmen und zur kräftigeren Entwickelung desselben beizutragen. Mittels des Garten- messers wird die Unterlage senkrecht gespalten (Fig. 100), ohne dass der Spalt dieselbe geradezu durchschneidet, man schont dabei wenigstens die Einde der gegenüberliegenden Seite. Dieser Spalt wird mit der Spitze des Gartenmessers oder des Pfropfeisens offen gehalten und das Edelreis (e), welches vorher in verlängerter Keilform (f) mit oder ohne Ansatz geschnitten wurde, hineingeschoben (h); man zieht das Instrument, welches den Spalt offen hielt, zurück und die Operation ist vollendet. Gleichviel, ob die Edelreiser mit oder ohne Absatz zugerichtet werden, stets ist die Rinde, welche sich an dem zugespitzten Teil des Edelreises nach innen zu befindet, bei obiger Veredelung sowohl als bei den zwei folgenden zu beseitigen, weil sonst die Holz- bildung auf beiden Seiten des Keiles stattfinden könnte, wodurch sich der Spalt im Uebermasse öffnen müsste. Wie man sieht, unterscheidet sich diese Veredelungs- art wenig vom Gaissfusspfropfen : sie wird auch zur gleichen Zeit und unter denselben Bedingungen vorgenommen. \ Ol jener hat sie den Nachteil, sich nicht so rasch ausführen zu lassen, ausserdem die Ausdehnung des Spaltes der Unter- lage im Uebermass zu vergrössern, und da die auslaufende Schnittfläche des Edelreises oben wohl dünner sein nius> als beim Gaissfusspfropfen, wird dasselbe leichter vom Wind und den Vögeln abgeknickt. Einen eigentlichen Vorteil erkennen wir nur darin, dass diese Veredel ungsart weniger Genauigkeit erfordert, als das Gaissfossprropfen, und häufig den Verband entbehren kann. Für weniger geübt« \ er- 158 Gewöhnliches Spaltpfropfen. edler wird sie deswegen stets bessere Besultate liefern, als die des Gaissfusses. c) Gewöhnliches Spaltpfropfen. Fig. 101 — 103. Diese Veredelungsart ist am meisten verbreitet; sie wird von den Landleuten, Weingärjnern und auch einer grossen Anzahl von Baumzüchtern und Baumwärtern vor- zugsweise beim Veredeln starker Unterlagen oder starker Aeste angewandt. Sie gehört in Wirklichkeit zu denen, welche die wenigste Geschicklichkeit und Vorsichtsmass- regeln erfordern und sich am be- quemsten ausführen lassen, sobald man den Baum oder die Leiter besteigen muss. — Die Zurichtung der Edelreiser (d, e, Fig. 101 und D, E, Fig. 103) ist dieselbe, wiebeidervorhergehendenFig.99. Wenn die Unterlage (a), wel- che veredelt werden soll, stark ist, setzt man 2—4 Edelreiser. Nachdem dieselbe quer durch- gesägt ist (b), frischt man die Wunde mit dem Gartenmesser auf und führt den Spalt (c) mit diesem letzteren Messer oder dem Pfropf- eisen aus, indem man das an- gewandte Instrument von rechts nach links wiegt, um mit dem- selben die Einde zu schneiden, bevor sie durch die Spaltung ge- zwungen wird, zu zerreissen. Man muss darauf achten, den Spalt nicht weiter zu verlängern, als es der Keil der Edelreiser er- fordert. Will man 4 Edelreiser anbringen, so muss man die Unterlage in Kreuzform X (Fig. 103) spalten. Der Fig 101. a Unterlage, b Querschnitt, c der ausgeführte Spalt , d das Edel- reis von der Seite und e dasselbe Edel- reis von der Rückseite gesehen; f die Form, welche der zugespitzte Teil des Edelreises nach innen haben soll ; g der zwischen die Edelreiser anzubringende Rindenstreifen. Veredelungen in die auf der Unterlage auszuführende Kerbe. 159 A Spalt oder die Spalten werden mit dem Schnabel des Pfropfeisens hinlänglich offen gehalten, damit ein jedes Edelreis leicht hineingeleitet werden kann. Bei dieser Ver- edelung ebenso wie bei der in den halben Spalt ist es not- wendig, dass sich der Bast des Edelreises möglichst seiner ganzen Länge nach in direkter Verbindung mit dem Bast der Unterlage befindet. Nachdem die Edel- reiser eingesteckt sind und bevor die Wunde mit Baumwachs übertragen wird, wird die OefFnung der Spalten mit einem Stück Rinde zugedeckt, welch7 letztere den Zweck hat, das Eindringen von Baum- wachs und Feuchtigkeit in die Wunde zu verhindern, denn nachdem diese zunächst mit einem Rindestreifen (a, Fig. 102) und dann mit Baumwachs übertragen ist, kann sie als hermetisch verschlossen betrachtet werden, und es sind somit die Holzgewebe der Fäulnis weit weniger ausgesetzt. WTenn anders ausgeführt, als wie oben geschildert, dann haben die Spaltveredelungen weit grössere Nachteile im Gefolge als die später beschriebenen, zwischen Holz und -r.. , ,. , , „ , . —^ Fig. 102 zeigt die fertige Kinde auszuführenden \ eredelungen. Der Veredelung in den spait _ mit zwei Edelreisern, nach- ganze Spalt am Ende der Unterlage bietet dem 8. Spaltpfropfung auf einer Endknospe (Kiefer.) Spaltpfropfung zwischen eine Verzweigung. 171 h) Spaltpfropfung zwischen eine Verzweigung. Fig. 109. Bei denjenigen Arten harziger Bäume, deren Gipfel- triebe kleine Verästelungen tragen und zu schwach sind, um gepfropft werden zu können , wie : die verschiedenen Sorten von Thuya, Thujopsis, Retinospora, Juniperus etc., wird man sich — soweit man nicht vorzieht, diese Gat- tungen und ihre Sorten durch Anplatten zu veredeln — der Veredelung bedienen können, welche die Figur 109 veranschaulicht. Der untere Teil des Edelreises (a) wird von zwei Seiten zugespitzt und die schräge Schnittfläche, welche man er- hält, muss an ihrer äusseren Seite stärker als an der inneren sein. An der Spitze der Unterlage (B) macht man (im Punkte E) zwi- schen den Aesten (C, D) einen tiefen länglichen Schnitt (siehe b), das Edelreis (A) wird (bei E) in denselben eingeschoben , mit AVoile verbunden und mit kalt- flüssigem Baumwachs bestrichen, alsdann mit einer Papierdüte be- deckt. Bei dieser sehr genau aus- zuführenden Arbeit bedient man si.h am besten eines sehr scharfen Federmessers oder aber auch des Kopuliermessers und Okulier- messers; für alle drei muss die Schärfe der eines guten Rasiermessers gleichen. Diese Veredelung wird im Frühjahre, im April und Mai im Freien, oder im Februar und Mär/, wenn man im Gewächshaus- veredelt, vorgenommen; in diesem letzteren Fig. 109. Bpaltpfiropfong «wilchen eine Verzweigung. (Thny».) 172 Spaltpfropfimg auf Endknospen, Zweige, Aeste etc. Falle ist das Salben sowohl als das Bedecken mit einer Papierdiite überflüssig. i) Spaltpfropfung zwischen eine Verästelung. Fig. 110. Das Edelreis der Sorte, welche vermehrt werden soll, wird auf die Unterlage (B) an der Verzweigung der Aeste (C und D) eingeschoben. Die Schrägfläche (a) des Edel- reises wird auf zweijähriges Holz in zugespitzter Keilform (a') geschnitten. Die Unterlage wird (bei b) auf einer Seite gespalten, ohne die- selbe gänzlich durchzu- schneiden. SobalddasEdel- reis (A) eingesetzt ist, legt man den Verband an, der fest angezogen werden muss, und man bedient sich deshalb dünner Schnüre oder auch Baumwolle am liebsten. Die Wunde ist ebenfalls mit warm- oder kaltflüssigem Baumwachs zu bestreichen. Damit der Saft dem Edelreis in reichlicher Menge zufliesst , werden die umstehenden Zweige verkürzt, und wenn das Edelreis angewachsen ist, wird ihre Länge nochmals vermindert und im kommenden Herbst oder Frühjahr bis auf ihren Entstehungspunkt gänzlich beseitigt. Man bedient sich dieser Veredelung vorwiegend für die Vermehrung der einzelnen Buchen- (Fagus-) und Eichen- (Quercus-) Sorten. Die beste Zeit zu ihrer Ausführung ist für genannte Gattungen im Frühjahr, gleich nachdem die Knospen der zu veredelnden Unterlage anzuschwellen begonnen haben; dagegen sind die Edelreiser zuschneiden Fig. 110. Spaltpfropfung zwischen eine Verästelung. (Buche.) Spaltpfropfung- zwischen eine Verästelung. 173 und gut aufzubewahren, bevor diese Knospen-Anschwellung stattfand. k) Pfropfung durch keilförmige Einkerbung des Edelreises. Eig. 111, 112. Dieses Verfahren wird bei dem Rhododendron und Wein stock in Anwendung gebracht. Ohne allen Zweifel kann man sich des- selben auch bei vie- len anderen Gewäch- senbedienen ; unseres Erachtens jedoch sind eshauptsächlich die beiden vorge- nannten Gattungen, bei welchen diese Veredelung vorzugs- weise in Anwendung kommen sollte. An dem Edelreis (A Eig. 111) nimmt man an seinem unte- ren Teile (a) das Holz in Keilform hinweg. Die Unterlage (B), welche beinahe von gleicher Stärke sein muss, wird an ihrer Spitze (b) in doppel- terSchrägfläche, wel- che dieselbe Form und Länge wie der von dem Edelreis hin- weggeschnittene Keil haben muss, geschnitten, worauf die Xusammenfügung des Edelreises auf der Unterlage ( B. im Punkte C) stattfindet. Alsdann wird mit Baumwolle oder Schnur verbunden und die Gesamtwunde beider Teile rings- herum mit Baum wachs übertragen. Fig. lll. Pfropfung durch koiIfJ">rmi{r.- Einkerbung (Rhododendron.) 174 Spaltpfropfungen auf Endknospen, Zweige, Aeste etc. Bei den Rhododendron wird diese Veredelung von Februar bis März unter Glas und bei den Reben im März bis April im Freien, kurz bevor sich die Knospen ent- wickeln, ausgeführt. Die Edelreiser der Rhododendron werden erst geschnitten, wenn man sie verwerten will, die der Reben aber schon im Februar oder zu Anfang März, und im Souterrain oder Keller aufbewahrt. 1) Spaltpfropfung eines unbewurzelten Rebsteck- lings auf einen älteren Rebstock. Fig. 113. Eine der ältesten Methoden, die Reben umzupfropfen, ist die, welche unsere Fig. 113 veranschaulicht; sie gehört eigentlich eher zu den Kopu- lationen, als zu den Spaltpfropfungen, mit welch letzteren sie weniger Aehn- lichkeit als mit ersteren aufweist. Der Boden wird an der zu pfropfen- den Rebe in einer Tiefe von etwa 30 cm herausgenommen, der Stock 10 bis 15 cm unter der Erdoberfläche quer abgeschnitten, alsdann wie beim Ko- pulieren länglich schräg zugespitzt und in der Schnittfläche etwas über Fig. 112. Pfropfung durch keil- . ■»«-• . l 1 j. i j. förmige Einkerbung des Edei- seiner Mitte senkrecht nach unten ge- reises (Reben). Die Unterlage A wird 3 — 4 cm über einem Auge £ zurückgeschnitten und keilför mAugea spalten. Als Steckling-Edelreis be- mig a zugespitzt. Das Edelreis nutzt man vorzugsweise einjähriges B wird ?> — 4 cm unter einem __^ -, -, i a i • ^ t_*Jj. Auge b zurückgeschnitten und Rebholz mit Astring und schneidet unten, wie b zeigt, eingekerbt. ., ,, . T .. ork ir. dasselbe m einer Lange von öö— 40 cm , zwischen dem ersten und zweiten Auge von unten wird an dem Steckling, auf die gleiche Länge wie die Schrägfläche der Unter- lage ist, die Rinde und etwas Holz flach abgenommen, ferner dieser entblösste Teil von unten nach oben ge- spalten; die durch diese Spaltung erhaltene Zunge wird alsdann zwischen die Spalte der Unterlage derart ein- geschoben, dass beide äussersten Teile der Rinde auf einer Spaltpfropfung eines unbewurzelten Rebstecklings etc. 175 Seite genau übereinander zu stehen kommen. Sobald die Veredelung beendigt ist, wird verbunden, mit Baumwachs verstrichen und das Loch wieder zugeworfen. Die beste Zeit zur Ausführung dieser Veredelung ist kurz bevor die Reben auszutreiben beginnen, also im März und April. Fig. 113. Spaltpfropfung eines unbewurzelten Rebstecklings auf einen altern Rebstoek. m) Pfropfung im Gaissfuss, oder in den Spalt, auf einen unbewurzelten Steckling. Fig. 114. Bei allen Gewächsen, welche sich aus Stecklingen sehr gut vermehren lassen und bald Wurzeln treiben, wie die Pappeln, Weiden, Johannisbeeren, Aukuba, Kamellien, ja- panischer Spindelbaum (Evonymus) etc., kann, falls man von den zu vermehrenden Sorten nicht eine genügende Anzahl von Zweigen besitzt, oder wenn dieselben, als Stecklinge vermehrt, minder gute Resultate liefern, als andere gewöhnlichere Sorten, ein Umweg insofern gemacht werden, als man sich zum Steckling einer gewöhnlichen Sorte bedient und die wertvollere, seltenere Sorte gleich darauf in den Spalt oder im Gaissfuss veredelt. Die veredelten Stecklinge, welche zur schnelleren Wurzelbildung das Warmhaus oder ähnliche Räume er- fordern, werden in Töpfe (Y Fig. 114), die anderen da- gegen gleich auf die Vermehrungsbeete in der Schule setzt. 176 Spaltpfropfungen auf Endknospen, Zweige, Aeste etc. Der Steckling (T) wird unter einem Auge (in U) glatt abgeschnitten, und wenn dieser zu den immergrünen Bäu- men und Sträuchern gehört, werden die Blätter, welche sich an dem einzugrabenden Teil befinden, mit einem scharfen Messer an ihrem Entstehungspunkte abgenommen. Oben, an dem Punkte, wo das Edelreis (X) eingesetzt werden soll , wird der Steckling unmittelbar über einem Auge abgeschnitten. Von der bei den Spaltveredelungen erforderlichen Pflege. Dieselbe ist der bei anderen Verede- lungsarten ähnlich; sie besteht darin, einjedes Edelreis mittels eines Pfahles oder Stabes zu befestigen, den Ver- band zu überwachen, das Ausbrechen der unnützen Triebe aus- zuführen, ferner durch Abkneipen zu verhin- dern, dass die stehen- gebliebenen sich all- zu sehr entwickeln. DiesesEinkürzenkann um so strenger sein, je stärker die Unter- lage ist und je mehr die Edelreiser im Rück- stande zu bleiben scheinen. Fig. 114. Pfropfung eines nnbewurzelten Stecklings Man SCnÜtZt aUS- serdem die Triebe der Edelreiser, indem man dieselben anbindet, und wenn der Baum in irgend eine Form gebracht werden soll, kann Veredelungen zwischen Holz und Rinde. 177 man einen jeden hierzu brauchbaren Trieb in die gewünschte Richtung leiten. Endlich muss man einem Uebelstande, nämlich der Beschädigung der Unterlagen und Edelreiser durch Insekten, vorbeugen ; die Schnecken und Raupen sind nach jungen Trieben sehr lüstern und die letzteren können die Blätter und Gipfel eines Baumes in einem Tage ab- fressen ; man muss deshalb unermüdlich Jagd auf dieselben machen. Ein anderer, nicht weniger zu fürchtender Feind sind die Blattläuse; wenn die Edelreiser sowie die Unter- lagen von diesem Insekt befallen sind, zerstört man letzteres im Glashaus durch Räucherungen, während man im Freien seine Zuflucht zu Tabakstaub, oder noch besser zu Tabak- wasser nimmt. D. Veredelungen zwischen Holz und Rinde. (Vierte Gruppe.) Diese Veredelungen sind diejenigen, welche man im allgemeinen unter dem Namen „Veredelungen in die Rinde'- kennt ; diese Bezeichnung ist insofern vollkommen unrichtig, als nicht der mindeste Erfolg zu erhoffen wäre, wenn man so verfahren wollte. Anstatt in die Rinde, wird stets zwischen den Bast derselben und die äussere Splintlage der Unterlage gepfropft. Diese Veredelungsarten kommen bei allen Gewächsen mit abfallendem Laub in Anwendung, und zwar von der Zeit an, in welcher die Unterlage hinlänglich im Saft steht, um die Rinde leicht vom Splint ablösen zu können, somit erst nachdem die Vegetation bereits begonnen hat. Sie bieten keine grösseren Vorteile dar, als die be- reits beschriebenen Veredelungsarten; indessen werden sie von manchen Veredlern vorgezogen und fast ausschliesslich angewandt. Nach unserer Meinung geschieht dies mit Unrecht, da in anbetracht, dass diese Veredelungen Hin- ausgeführt werden können, wenn der Saft in voller Be- wegung ist, die Entwickelang der eingesetzten Edelreiser weniger Mark ist, als dies hei den Veredelungen, welche vor Qancher, Veredelangen. [2 178 Veredelungen zwischen Holz und Rinde. dem Eintritte des Saftes vorgenommen werden, der Fall ist. Die Edelreiser haben auch geringere Festigkeit, als bei der Mehrzahl der von uns bis jetzt angeführten Ver- edelungen, sind ferner eher dem Zerbrechen ausgesetzt und eher zum Abfallen geneigt, als die anderen, und ausserdem geht die Vernarbung der Wunde der Unterlage bedeutend langsamer vor sich. Aus diesen sehr wesentlichen und wohl von jedem Veredler wahrgenommenen Gründen bedienen wir uns der Veredelungen zwischen Holz und Rinde ausschliesslich in folgenden Fällen, für welche wir sie auch nur empfehlen: 1) Beim Veredeln starker Unterlagen, bei welchen die Verwendung mehrerer Edelreiser erforderlich ist; 2) bei den Bäumen, welche teils durch ihre Höhe, teils durch ihre Stellung die bequeme Ausführung anderer Veredelungsarten nicht zulassen; 3) wenn infolge von Saftüberfluss die zur Ausführung anderer Veredelungen notwendigen Verrichtungen, als: Spaltungen, Einkerbungen etc., die Aufhebung der Rinde veranlassen würden; 4) sobald der Veredler noch Lehrling und mit dem Gebrauche der Werkzeuge noch nicht genügend vertraut und ebensowenig im stände ist, saubere und glatte Schnitte auf dem Edelreis sowoh], als auf der Unterlage auszuführen. Aus dem Vorstehenden dürfte demnach zur Genüge hervorgehen, dass von allen Veredelungsarten diejenigen zwischen die Rinde und das Holz sich am leichtesten aus- führen lassen; selbst wenn das Edelreis nicht ganz vor- schriftsmässig vorbereitet ist, wird es trotzdem in den meisten Fällen anwachsen. Wir empfehlen sie daher ganz beson- ders für junge Leute und Anfänger. Mit denselben macht man die ersten Versuche, und die Resultate, zu welchen sie führen, sind ganz dazu angethan, zur Unternehmung weiterer Ausführungen zu ermutigen. Pfropfen zwischen Holz und Rinde. 179 a) Gewöhnliches Pfropfen zwischen Holz und Rinde. Fig. 115. Die Unterlage (a) wird wagrecht abgesägt und die Wunde mit dem Gartenmesser glatt abgeschnitten. Mittels des Spatels des Kopuliermessers, Fig. 16, Seite 49, wird die Einde an den Punkten, wo man die Edel- reiser einzuschieben beabsichtigt, gelöst, b Fig. 115, und wenn durch die Spannung der Edel- reiser zu befürchten ist, dass die Rinde zerreisst, wird man diesen Umstand dadurch beseitigen, dass an dem Punkte, wo die zwei oder das dritte Edelreis angebracht werden sollen, die Rinde derUnter- lage mit einem scharfen Messer länglich durchgeschnitten wird. Die Edelreiser werden vorzugs- weise aus jungen, kräftigen und gesunden Zweigen genommen, und man lässt in der Regel 3 Ausren _„ ö & Fig. 115. a Unterlage; b die Punkte, an denselben Stehen. Nachdem ™>.&* Edelreiser auf die Unterlage zwischen U"i/ un<»; • das angerichtete Edelreis • von der Seite gesehen ; t» dasselbe Edel- Sattel, unten auf einer Seite ni- v"u ?< •r"L'" sweaen. schräg abgeschnitten wurden, schiebt man sie in die vor- bereiteten Oeffnungen, und hier sowohl, wie bei den nach- stehenden Veredelungsarten, wird verbunden und mit Baum- wachs übertragen. Obige Veredelung ist anwendbar bei allen älteren Bäumen und Sträuchern, welche eine dicke und nicht leicht zerreissende Rinde besitzen, wie die K i rech e n. IM 1 B innen, Aepfel etc. — Bei allen jüngeren Bäumen und Sträuchern mit dünner Rinde wird man vorzugsweise verfahren, wie die Fig. 116 es zeigt. 180 Veredelungen zwischen Holz und Rinde. b) Pfropfung zwischen Holz und getrennter Rinde. Fig. 116 und 117. Wenn die Zweige der zu vermehrenden Sorten zu schwach und zu dünn sind, wird man statt einjährigen n'.g: Fig. 116. a Unterlage; b wie die Rinde zu lösen ist; c Edelreis von vornen gesehen ; d Edelreis von der Seite gesehen ; e Ansicht der Unterlage a, nachdem die Edelreiser c, d eingeschoben und der Verband angelegt wurde. Holzes ebenfalls zweijähriges Holz mit Erfolg anwenden können. Die Edelreiser (A Fig. 117) werden (in a) innerlich (und wie a' zeigt) schräg zugespitzt; auf der Unterlage (B Fig. 117) wird an dem Punkte, wo man das Edelreis anbringen will, ein Längenschnitt ausgeführt, die Rinde auf beiden Seiten (b) mittels des Spatels des Kopulier- oder Okuliermessers massig gelöst und das Edelreis zwischen die getrennte Rinde eingeschoben. Verbessertes Pfropfen zwischen Holz und Rinde. 181 c) Verbessertes Pfropfen zwischen Holz und Rinde. Fig. 118. Die drei vorher angegebenen Yeredelungsarten sind die allgemein bekannten und angewendeten; ihre Ausfüh- rung ist eine sehr leichte und rasche, sie wachsen gut an A Fig. 117. Pfropfung zwischen Holz und getrennter Kinde. (Gleditschia.) und würden ganz besonders empfohlen zu werden verdienen, wenn dieselben nicht den Nachteil hätten, sich gar leicht von der Unterlage zu trennen, und wenn die auf der Seite sowohl, als an dem Kopfe der Unterlage ausgeführten Wunden nicht zu langsam vernarben würden. Diese beiden Nachteile werden durch die Anwendung des verbesserten Pfropfens zwischen Holz und Kinde gewissermassen besei- tigt, das Anwachsen wird bei diesem noch begünstigt, die Vernarbung der Wunden geht viel rascher vor sich und das Edelreis ist weit weniger im stände, sich von dw l'nter- la^e zu trennen. Wenn man ferner in Erwägung zieht, dass die Ausführung eine ebenso bequemt' ist, als bei den letztgenannten Veredelungsarten, so ist aller Grund vor- handen, die hier erwähnt«' zu bevorzugen. 182 Veredelungen zwischen Holz und Rinde. Die Unterlage (a) wird (in b) schräg abgeschnitten, die Einde etwas über der Mitte mit einem Längenschnitt durchgeschnitten und nur auf einer Seite (c) von der Unter- lage spitzig auslaufend gelöst. — Das Edelreis (d) wurde zu- vor wie folgt hergerichtet: unter einem Auge oder auf der ent- gegengesetzten Seite eines solchen wird (in e) ein schräger Ein- schnitt ausgeführt und dann nach unten spitzig auslaufend zuge- schnitten ; auf der länglichtschrä- gen Schnittfläche des Edelreises wird die Rinde auf der Seite, welche mit der nicht gelösten Rinde auf der Unterlage (f) korrespondiert, (in g) abge- nommen und das Edelreis nun zwischen den Splint und die getrennte Rinde eingeschoben, (h zeigt die vollendete Opera- tion). Fig. 118. Verbessertes Pfropfen zwischen Holz und Kinde. d) Verbessertes Pfropfen zwischen Holz und Rinde für starke Bäume und Aeste. Fig. 119. Das vorige Verfahren (Fig. 118) ist nur bei Bäumen und Aesten, welche einen Durchmesser von 2 cm nicht überschreiten, anwendbar. Für grössere Bäume und Aeste ist an dem Edelreis der Haken e, Fig. 118, durch einen gewöhnlichen Sattel e, Fig. 119, zu ersetzen; sonst bleibt die Ausführung genau so, wie oben bei Fig. 118 ange- geben. Diese Veredelung gewährt immerhin vor dem gewöhn- lichen Pfropfen zwischen Holz und Rinde einen wesent- lichen Vorteil; durch die Abnahme der Rinde auf einer Veredelungen auf Wurzeln oder "Wurzelstücke. 183 rmc Fig. 119. Verbessertes Pfropfen zwischen Holz und Rinde für starke Bäume und Aeste. a Unterlage, b die gelöste Rinde, c und d Edelreiser, e Sattelschnitt. Fig. 120. Die mit Fig. 119 beschrie- bene Veredelung nach ihrer Vollen- dung und Anlegung des Verbandes, a I'nterlage, b die Edelreiser, c «1er Verband. Seite des Edelreises wird das Anwachsen von unten nach oben wesentlich begünstigt und die Yernarbung der "Wunde geht viel rascher von statten. Dritte Abteilung. Veredelungen auf Wurzeln oder Wurzelstücke. In Ermangelung von Wildlingen und sonstigen Pfropf- stämmen kann man sich auch der Wurzeln oder Würz- 1- stücke als Unterlage bedienen: obwohl diese Veredelung für alle Bäume anwendbar ist, sind es doch besonders die Pflaumen und Zwetschen, die Aepfel und Birnen, welche 184 Veredelungen auf Wurzeln oder AVurzelstücke. auf getrennten, etwas aufrecht gerichteten Wurzeln (Fig. 121) am häufigsten veredelt werden. Die gepfropften Wurzeln werden gewöhnlich ein Jahr nachher herausgegraben, ver- schult oder, wenn schon kräftig und gut bewurzelt, an Ort und Stelle gesetzt. Zuweilen kommt es auch vor, dass die Wurzeln gleich herausgegraben und, nachdem gepfropft, in der Schule, oder wenn es sich um seltene, schwer anwachsende Sorten handelt, unter Glas gesetzt werden. Fig. 121. Veredelung auf Wurzeln. Die Benützung von Wurzeln als Unterlage wurde von jeher vorgenommen; ich erkenne die Dienste, die sie zu leisten im stände sind, vollkommen an, glaube aber, dass speziell für unsere Obstbäume dieses Verfahren nur im äussersten Notfalle in Anwendung gebracht werden sollte, und zwar, weil die Entwickelung der Veredelungen auf den Wurzeln viel langsamer vor sich geht, als auf den aus Samen, Stecklingen und Ablegern gewonnenen Unterlagen. Für mancherlei Zierbäume und Sträucher, namentlich für alle Gewächse, welche sich sehr leicht aus Wurzel- stücken vermehren lassen, wie: der japanesische Quit- tenbaum (Pirus japonica), der Trompetenstrauch (Bignonia radicans) Fig. 122, die Waldrebe (Clematis), Veredelungen, welche mit Augen ausgeführt werden. 185 wil deRosen (Rosa canina), Glycine (Wistaria chinensis) Fig. 123, Paeonien (Paeonia Moutan, Paeonia sinensis und Paeonia officinalis) etc. wird man dagegen zur Pfro- pfung der verschiedenen Sor- ten Wurzel stücke von 6 bis 10 cm Länge als Unterlage mit dem besten Erfolge ver- wenden können. Für die Vermehrung von Gewächsen auf Wurzeln oder Fig. 122. Pfropfung auf \\ urzelstUCken bedient man Wurzelstttek (Trompeten- i • i >tranchi. A Wurzel, sich der bisher erwähnten b Edelreis. Veredelungsarten, als: Seitepfropfen, Kopulieren, Gaissfuss, Spaltpfropfen etc. Die Ausführung dieser Veredelungen ist ebenfalls dieselbe, und der einzige Unterschied zwischen diesen und den vorher aufgeführten Veredelungen besteht nur darin, dass man anstatt oberirdischer nur unter- [)fr(i irdischer Organe (Wurzeln) sich zur Unterlage !'Ini;:,:lt"it(.k "r" bedient. Als beste Zeit zur Ausführung dieser (Glycine.^ Veredelungen sind es auch hier wieder im Früh- jahre die Monate März, April und Mai, im Sommer die Monate August bis September, welche den Vorzug ver- dienen. Vierte Abteilung. Veredelungen, bei welchen nur die Augen der Edelreiser auf die zu veredelnden Baume und stiüucher eingesetzt werden. A. Die Okulation. I Brote < hupp . I Zur Ausführung dieser Veredelungen, welche man kurz- weg „Okulieren-1 („Aeugeln") nennt, müssen die Unter- 186 Veredelungen, welche mit Augen ausgeführt werden. lagen, welche okuliert werden sollen, im Saft, ihre Rinde muss eine junge, dünne und glatte sein. Von allen Veredelungen gebührt der Okulation unbe- dingt der erste Rang und sie ist auch diejenige, welche man in den rationell betriebenen Baumschulen für die Ver- edelung der jungen Stämme am häufigsten anwendet. Sie lässt sich sehr rasch ausführen, die eingesetzten Edelaugen liefern in den ersten Jahren kräftigere Stämme, und letz- tere sind weit weniger dem Ausbrechen ausgesetzt, als die der Veredelungen im Gaissfuss, Spalt, Sattelschäften, zwischen Holz und Rinde etc. Ausserdem bietet die Okulation noch den wichtigen Vorteil, für alle Bäume und Sträucher an- wendbar zu sein und bei allen gleich gute Erfolge zu ge- währen. Für die Veredelung der Pfirsiche und Aprikosen ist sie die einzig zu empfehlende Art, und nur mit ihrer Hilfe ist uns die Möglichkeit an die Hand gegeben, diese Bäume nach Belieben zu vermehren und gesund und dauer- haft zu erhalten. Die Edelreiser werden für die Frühjahrs-Okulationen aus Zweigen des letzten Jahres, und für die Sommer- und Herbst-Okulationen aus Trieben, welche sich im gleichen, laufenden Sommer entwickelt haben, gewonnen. Die Stärke der Edelreiser soll etwas schwächer sein, als die der zu okulierenden Unterlage, und man giebt, soweit als thunlich, denjenigen Zweigen oder Trieben, welche neben vollkom- mener Gesundheit nur eine mittelmässige Stärke aufweisen, den Vorzug. Die zu verwendenden Augen sollen sehr gut und kräftig entwickelt sein, aber nicht bereits auszutreiben begonnen haben; ferner ist bei den Sommer-Okulationen noch darauf zu achten, dass die als Edelreis zu benützenden Triebe bereits holzartig geworden sind, ohne jedoch auf- gehört zu haben, im Saft zu sein. Wenn die Bäume, welche die Sommer-Edelreiser liefern sollen, spät austreiben und anzunehmen ist, dass die Triebe zur Zeit der Okulation noch nicht genügend ausgereift sein werden, wird man ihr Ausreifen (holzige Entwicklung) Okulation. 187 dadurch beschleunigen, dass man denselben, sobald sie eine Länge von etwa 30 — 40 cm erreicht haben, ihre äusserste Spitze abkneipt. Nachdem die Zeit zum Sommer -Okulieren herange- kommen ist, werden die Triebe (A) abgeschnitten, die un- brauchbaren Teile (C und B, Fig. 124) weggeschnitten und der Rest (D) sofort abge- blattet, indem man von dem Blattstiel höchstens ein Zenti- meter stehen lässt (siehe D') und sie alsdann, wie Seite 46 — 48 angegeben , aufbe- wahrt, n' Fit 124. Herrichtung eines Birntriebea für die Sommer-Okulation. Fig. 125. Bin zur Oknlation hergerich- tetes An;'r eines immergrünen Strauches, dessen Blattfläehe auf die Hälfte reduziert wurde. Die vorhin erwähnte Ab- blattung des Edelreises ist nur bei den Gewächsen mit abfallendem Laub erforderlich, bei den immergrünen Bäumen und Sträuchern findet diese Ab- blattung nicht statt; zur Erleichterung der Okulation und insbesondere auch des Anbindens wird man jedoch ohne Nachteil die Blattspreite auf die Hälfte reduzieren können. (Siehe Figur 125.) Bei mehreren Gewächsen, wie den Ahornen, Birken, Buchen, verschiedenen Birnen- und Apfel Sorten etc., sind die Augen gar oft durch kleine Knoten (Spiesse) getragen. Soweit diese Knoten 183 Zeit, zu welcher man okulieren kann. (a, Fig. 126) die Länge von 5 — 10 mm nicht überschreiten, sind die Augen noch verwendbar, die länger gewordenen (mit b bezeichneten) dagegen zu verwerfen. Auch wird es bei Ahornen, Birken und anderen mehr vorkommen, dass die Sommertriebe zu dünn sind und man deshalb die Okulation kaum mit Erfolg ausführen kann; in diesem Fall wird man sich unbeanstandet zweijährigen Holzes als Edel- reis bedienen können und diejenigen Augen, welche obiger Beschreibung entsprechen, das heisst wenig oder nur durch kurze Knoten getragen sind, verwenden können. Zeit, zu welcher man okulieren kann. Wie bereits erwähnt, wird die Okulation mit Erfolg ausgeführt werden können, so oft sich die Unterlagen im Saft befinden und man geeignete Edelreiser dazu besitzt. Indessen sind es namentlich die Monate April, Mai, Juni, Juli, August und September, welche den Vorzug ver- dienen. In den Monaten April bis Mai werden die Okulationen mit Zweigen von dem letzten Jahrgange ausgeführt, und es sind die Rosen, Ahorne, Akazien, Eschen, Weiden, Pappeln, Linden etc. etc. und von unseren Obstbäumen insbesondere die Kirschen, Pfirsiche, Aprikosen, Mandeln, Aepfel und Birnen, welche sich zu diesen Frühjahrs-Okulationen am besten eignen. Die Edelreiser sind ebenso, wie die Pfropfreiser, im Winter, etwa Januar bis Februar, zu schneiden und ganz sorgfältig aufzubewahren. Die Frühjahrs-Okulationen sowohl als die nächst- folgenden nennt man Okulationen „mit treibendem Auge", während die anderen „mit schlafendem Auge" genannt werden. Beide Arten sind gleich auszuführen und zu ver- binden, und nur die Unterlagen beanspruchen eine beson- dere Behandlung, indem dieselben kurz vor oder nach der Okulation stark nach unten gebogen werden (Fig. 128, Seite 191), und, sobald die künstlich eingesetzten Augen Zeit, zu welcher man okulieren kann. lsont°- Bntti i birne Wuchs und die Färbung der Binde hat viel A-hnlhhk.it mit Aremberg'i Colmar und ■ollen deaw aweJ Birnaorten, um \ luugen an rerweiden, nicht einandi r rermehrt R ■ den. 4—5 Clairgeaus Butterbirne 249 E. Gürtler Cluir^eau'B Bntterblmi Hauen ver- gilt uinl obwohl Min alt . sind all«- mit Pru.htlru. Ol etc. etc. etc. • ei 200 Okulierung in der Baumschule u. s. w. b) Okulierung mit + förmigem Einschnitte. Fig. 132. Die Augen, die man einsetzen soll, sind oft sehr dick, wie bei der Rosska- stanie , Pavie , Vogel- beere, auch bei der Birnsorte „ Olivier de Serres" , sonstigen Fruchtspiessen u. s. w. Aber namentlich bei den Rosskastanien sind die Augen (A, Fig. 132) so stark, dass es nur dann gelingt, dieselben vorteilhaft einzusetzen, wenn man die Ein- schnitte in Form von -f , Fig. 132. (Rosskastanie.) A das von dem Edelreis gelöste Auge; B die kreuzförmig eingeschnittene anstatt ~T, aUSIÜhrt. Rinde der Unterlage; C das eingeschobene Auge. TT Aul der Unterlage (B) wird die Rinde auf beiden Seiten losgelöst und das Auge von der Seite eingeschoben. c) Okulierung mit verkehrtem j_ Schnitte. Fig. 133. So oft der Saft zur Zeit der Okulation noch zu reich- lich vorhanden ist, hemmt man seine schädliche Einwir- kung auf das einzusetzende Edelauge dadurch, dass man den Querschnitt auf der Unterlage unten, statt oben, ausführt. Obwohl dieses Verfahren bei der Okulation der Pappeln, jüngeren Pflaumen, Mirobolanen, Mandeln, Mahaleb, Ahorne, Weiden etc. gute Dienste leistet, wird es doch höchst selten in Anwendung gebracht, und dies wohl nur, weil es sich schwieriger und viel langsamer ausführen lässt als die anderen. Okulierung in der Baumschule u. s. w. 201 Das Edelauge (B) wird unten breiter als oben (b, a) gelöst, auf die Unterlage (A) von unten nach oben, unter der durch die Einschnitte getrennten Rinde, eingeschoben (C) und von unten nach oben verbunden. d) Okulation durch Anplatten. Fig. 134. Wenn die zu okulierenden Unterlagen zu schwach sind und die Augen nicht zwischen die Rinde eingeschoben werden können , oder wenn die Unterlage nicht mehr genügend im Saft ist und infolge- dessen die Rinde nicht mehr abgelöst werden kann, giebt man der Okulation durch An- platten den Vorzug. Das einzusetzende Auge (A) wird in länglichem Viereck ab- Fig. 133. Okulation mit verkehrtem -J-Schnitt. rrelöst" auf der Unter- lage (B) nimmt man (in C) einen dem Edel- auge entsprechenden Rindestreifen mit oder ohne Holz hinweg, je nachdem man das Edelauge auch mit oder ohne Holz ein- zusetzen beabsichtigt. Alsdann wird das Auge auf die entblösste Steile der Unter- Na läge eingepasst und (wie D zeigt) ver- bunden. Diese Okulation wird ebenfalls sehr selten angewendet; sie lässt sich auch weit schwieriger und langsamer ausführen, als die zuerst beschriebenen Methoden, und ist daher nur in den angegebenen Fällen zu < »k ulat ii.ii t'inptehlen. dureh AapUttM. 202 Okulieruno- in der Baumschule u. s. w. e) Okulierung von mehreren Augen auf ein und denselben Stamm. Fig. 135, 136. Für die Vermehrung der Sorten begnügt sich der ge- übte Okulierer, nur ein Auge auf den Wildling oder die sonstige Unterlage einzusetzen; so oft er aber an dem Er- folg zweifelt, wird in unmittelbarer Nähe des schon ein- gesetzten noch ein zweites Auge angebracht. Bei den grösseren und älteren Unterlagen , ins- besondere bei denjenigen Stämmen, welche in die Krone zu okulieren sind, werden gewöhnlich auch zwei Augen über einander oder, was noch vorzuziehen ist, auf beiden Seiten und *.. ,„, , , ,., . .. „..j , in möglichst gleicher Höhe Fig 13o. b der zur Okulation ausgeführte ° r> Quer- und Längenschnitt , nebst gelöster Rinde; eingesetzt. Durch dieses a das bergenchtete Edelauge ; a' a' die aut o der Unterlage b eingesetzten zwei Augen. Verfahren sind selbstver- ständlich die Aussichten auf Erfolg auf das Doppelte er- höht, und es ist deswegen, so oft es an der Zeit und an Edelaugen nicht mangelt, zu empfehlen. Ausserdem werden zwei und sogar drei Augen einge- setzt, wenn man die Triebe der Okulanten zur Bildung der Form der Bäume zu verwenden beabsichtigt, in welchem Falle jene Augen genau an dem Punkte, wo wir die zu- künftigen Aeste haben wollen, okuliert werden. So werden z. B. für die U-Formen, Palmetten mit doppeltem Stamm, zweiarmigen Kordons etc. links und rechts auf der Höhe, wo man die Verzweigung wünscht, je ein Auge (Fig. 135) und für die einfachen Palmetten deren drei eingesetzt, wovon zwei ebenfalls links und rechts und das dritte über den andern und nach vorn zu stehen kommt (Fig. 136 und 139). Okulierunof in der Baumschule u. b. \v. 203 Gerade bei denjenigen Sorten, welche die Zwischen- veredelung erfordern, spielt die Einsetzung von mehreren Augen eine sehr wesentliche Rolle, indem sie uns ermöglicht, die Formierung der Bäume ein Jahr eher, als es sonst der Fall wäre, zu beginnen, und, da wir die Augen auf ein und dieselbe Höhe ansetzen, erhält man Ver- ästelungen, welche, was Symmetrie und Schön- heit anbelangt, nichts zu wünschen übrig lassen. Wenn man die Augen sich nach Belieben entwickeln lässt, werden dieselben nach dem ersten Wachstum etwa das Aussehen auf- weisen, welches die Fig. 137 veranschaulicht. Durch die angenommene Richtuno- wird es Fi*-i36 Einsetzung ~L von drei Augen zur allerdings noch gelingen, aus dem Okulanten Bildung %-,.,, ein- ° . ° ° . fachen Palmetten; U- und ähnliche Formen zu bilden, jedoch Ansicht vor Anie- • i ■ i n • i • i ca -i i • grung des Verbandes. nicht mit der Genauigkeit und Schönheit, die man bei mir in meinen Kulturen, hauptsächlich in meinem Spalier-Obstgarten (Fig. 138), zu sehen gewöhnt ist. (Siehe auch Fig. 51, S. 88.) Für Formen mit wag- rechten Aesten, wie Verriers Palmetten und andere mehr, ein- und zweiarmige niedere oder hohe Kordons etc. wird es aber unmöglich werden, sie noch herunterzubiegen, ohne sie abzubrechen, wes- halb ich dringend rate, bei den zur Bildung der erwähn- ten künstlichen Formen ein- gesetzten Augen von vorn- herein, d. h. sobald ede Bich folg von iwei auf Pflaumen okulierten Pfirsich-Augen ein .Fahr nacb dei < Operation. 204 Gauch ersehe Obst- und Gartenbauschule. Ükulation von Auofen auf Zweige etc. 205 entwickeln und Triebe von ungefähr 10 cm gemacht haben, diese sofort in der gewünschten Lage anzubinden; denn nur durch dieses frühzeitige Anbinden wird man sich vor Brüchen oder dem Abschlitzen schützen und die für den zukünftigen Baum sehr nachteiligen Kurven vermeiden können. Okulation von Augen auf Zweige, welche im folgenden Frühjahr als Edelreiser dienen sollen. Fig. 139. Es ist allgemein bekannt, dass die Aprikosen und die Pfirsiche sich zwar durch Zweige oder Teile von Zweigen im Frühjahr pfropfen lassen, allein namentlich der Pfirsich wird, auf diese Weise vermehrt, weit geringere Eesultate liefern, als es bei den anderen Obst- gattungen der Fall ist. Die grösste Zahl der Edelreiser wächst nicht an, und die wenigen, welche eine Ausnahme machen, werden noch durch den Harzfluss (Gummifluss) heimgesucht und meistens getötet. Aus diesem Grunde werden die Aprikosen, insbesondere aber die Pfirsiche, fast nur durch Okulation ver- mehrt. So gut man in die Okulation ein- geweiht sein mag und so günstig auch alles verlaufen ist, wird es dennoch vorkommen, dass von den eingesetzten Augen verschiedene nicht anwachsen und somit ein ganzes Jahr ver- loren geht. Diesen Nachteil wird man ver- meiden und die Aprikosen und Pfirsiche eben- f ^ falls im Frühjahr mit so günstigem Erfolge indirekt pfropfen können, als die sonstigen P f 1 a u m e n -, R e i n e c 1 a u d e n - und Z w e t s c he n - ß— Sorten, wenn man den Sommer zuvor Augen i . ia». Bin nu a i i -r»/'- • u e m • l Bildung tob ein von Aprikosen und Pfirsichen aui Lriebefeehen Paimetten j n ,,,., iii okulierter Zweig. oder Zweige von 1 1 1 a innen, welche ohne Nachteil für die Fenn der Bäume abgenommen werden kennen, okuliert. 206 Okulation mit Röhrlein. So lasse ich auf die Seitenzweige oder Triebe der zu Hochstämmen bestimmten Bäume Augen von Pfirsichen oder von Aprikosen einsetzen, und zwar, um Verwirrungen zu vermeiden, vorzugsweise nur eine Sorte auf ein und denselben Stamm. Im kommenden Winter (Januar bis Februar) werden alle Zweige, wo die eingesetzten Augen angewachsen sind, abgenommen und wie die sonstigen an- deren Pflaumen-Reiser aufbewahrt, bis die Zeit zum Pfropfen herangekommen ist. Wenn letzteres der Fall, wird das okulierte Edelreis mit mindestens einem künst- lichen Auge von Pfirsich oder Aprikose auf Pflaume gepfropft, und wenn der eingesetzte Zweig angewachsen ist, werden die natürlichen Augen desselben ausgebrochen. Durch die Unterdrückung der natürlichen Augen des Edel- reises wird die Entwicklung der künstlich eingesetzten befördert und dieselben treiben alsbald kräftig aus. Dieses sehr sinnreiche Verfahren ermöglicht zwei Vor- teile, nämlich dass die Lehrlinge oder Zöglinge sich die zur Okulation notwendige Uebung aneignen können, ohne zu grosse Nachteile zu verursachen, und class die zum Ab- fall bestimmten Zweige durch diese Okulation die Früh- jahrs-Vermehrung der Aprikosen und Pfirsiche durch Pfropfen auf glänzendste Weise ermöglichen. Sollte man die vorbereiteten Edelreiser zur Anfangs- bildung von Paimetten mit einfachen Aesten verwenden wollen, so sind zur Zeit ihrer (der Edelreiser) Okulation drei Augen, wie die Fig. 139 in CCC zeigt, einzusetzen; wenn die Pfropfung vorgenommen wird, werden die oku- lierten Zweige bei B, B abgeschnitten und auf Pflaumen aller Art, sei es durch Kopulation, Gaissfuss etc., veredelt. B. Okulation mit Röhrlein (Pfeife-Pfropfen). Fig. 140, 141. (Zweite Gruppe.) Diese Veredelungsart wird sehr wenig angewendet, da die arideren Okulations- und Vermehrungsarten viel leichter, schneller und sicherer ausführbar sind, als diese, und zu- Okulation mit Röhrlein. 207 dem noch bessere Dienste leisten. Indessen wird in Frank- reich, Italien etc. von verschiedener Seite behauptet, dass die Okulation mit Köhrlein für die Vermehrung der Wall- nüsse, essbaren Kastanien, Maulbeeren und anderer Bäume, auf welchen die gewöhnliche Okulation sehr selten gedeiht, zu empfehlen sei. Die Versuche, welche ich hier öfters angestellt habe, waren keine glücklichen, und ich kann somit aus eigener Erfahrung diese Art von Okulation nicht befürworten. Ich erwähne derselben nur, damit andere ebenfalls veranlasst werden, Versuche zu machen und dann mit der Zeit fest- gestellt werden kann, ob durch ihre Anwendung die von den französischen Schriftstellern angegebenen Resultate auch bei uns erreicht werden können, oder ob wir diese Ver- edelungsart kurzweg den Spielereien anreihen sollen. Die beste Zeit, die Okulation mit Eöhrlein auszuführen, ist im Frühjahr, Sommer und Herbst, aber das Frühjahr soll den Vorzug verdienen, und zwar sobald die Knospen anzuschwellen beginnen und die Rinde des Edelreises so- wohl als die der Unterlage durch den Saft genügend an- gefeuchtet ist, um sich von dem Splint mit Leichtigkeit ablösen zu lassen. Das Röhrlein A, Fig. 140 ist ein mit einem oder zwei Augen versehenes Stück Rinde, welches von dem Zweig-Edelreis getrennt wird, indem man zuerst 2 — 3 cm über und unter einem Auge zwei Ringelschnitte und dann einen Längen- schnitt ausführt, welch letzterer etwas über dem oberen Ringelschnitt anfängt und etwas unter dem unteren aufhört. , Nachdem dies ge- schehen, wird das eingeschnittene Rindestück mittels des Daumens und zweier Finger nach links oder rechts gedreht oder, was noch besser ist, mit dem Spatel des Okuliermessers von dem Längenschnitt an abgelöst. — Auf der Unter- lage B wird in C ein dem Edelreis entsprechendes Rinde- L40. Shnliche Okulation mit Röhrlein. 208 Pflege nach der ükulation. stück ringsherum abgenommen und durch das Röhrlein A ersetzt. Sollte letzteres einen grösseren Durchmesser als die Unterlage aufweisen, so wird man die sich kreuzende Rinde abnehmen. Ist dagegen das Eöhrlein zu klein, um die entblösste Unterlage vollends zu umhüllen, wird man jedenfalls gut thun, auf letzterer einen entsprechenden Rindestreifen zu schonen, d. h. nicht abzulösen. Ein anderes Verfahren, mit Röhr- lein zu okulieren, besteht darin, auf der Unterlage nur einen Ringelschnitt aus- zuführen, die Rinde in verschiedene längliche Streifen zu schneiden (F, Fig. 141) und diese Streifen nach unten abzulösen, ohne jedoch dieselben abzu- schneiden. Das Röhrchen (A, Fig. 140) wird (in E, Fig. 141), wie oben an- gegeben, angebracht und die Rinde- streifen der Unterlage werden dann über dasselbe als Schutz gezogen und durch den Verband in dieser Lage (G-) be- Fig. 141. Okulierung eines n , • i. Itöhrchens und Schutz des- -Icollgl. selben mit Kindestreifen. tv i 1 j * i_ /tv -i Af\\ Die vorhergehende Art (Fig. 140) ist ebenfalls zu verbinden, und obwohl die Anwendung der Baumsalben meistens überflüssig ist, wird man trotzdem gut thun, die etwaigen Lücken mit kaltflüssigem Baum- wachs leicht zu Übertragern Pflege nach der Okulation. Zu Gunsten der eingesetzten Augen und der Unterlage muss man hauptsächlich den Verband streng bewachen, die locker gewordenen Verbände wieder anziehen, die abge- fallenen durch neue ergänzen, die einschneidenden ab- nehmen und, wenn es noch ratsam erscheint, durch neue ersetzen. Damit die durch den Verband erdrosselten Unterlagen weniger Neigung haben, abzubrechen, wird man denselben Pflege nach der Okulation. 209 einige Triebe, Zweige oder Aeste abschneiden oder ab- kürzen und sogar die Unterlage bis zu 15 — 20 cm über dem eingesetzten Auge abstutzen. Unmittelbar nach der Okulierung wird es sehr gut sein, die festgetretene Erde durch Felgen aufzulockern; dadurch wird man die Feuchtigkeit erhalten und die schweren Böden verhindern, rissig zu werden. Die Triebe der sich entwickelnden Augen werden durch Anbinden am Zapfen oder an Stäben vor Stürmen, Vö- geln etc. geschützt und ihre Entwickelung wird dadurch begünstigt, dass man alle ande- ren über dem Edeltriebe befind- lichen Triebe, Zweige und Aeste der Unterlage entfernt. Die mit schlafendem Auge okulierten Unterlagen können, sobald die Säfte zu zirkulieren aufgehört haben, also von etwa Xovember an, auf Zapfen (Fig. 1 42) zurückgeschnitten werden ; immerhin muss der Rückschnitt vollzogen sein, bevor der Saft wieder aufzusteigen beginnt, so- mit spätestens bis Mitte März, und die nocli nicht losgebun- denen Augen sind ebenfalls bis dahin von ihrem Verband zu D befreien. Die Länge der Zapfen (D, Fig. 142) soll zwischen 10 bis 20 cm betragen ; wenn mög- lich, wird man der letzteren Länge den Vorzug geben; die- Bon an dem, der Unterlage gelaasenea, Zapfen angebundener < »kulant. selben dienen dazu, die Oku- lanten zwei- bis dreimal mit Binsen oder Roggenstroh daran anzubinden, und werden (in B) erst beseitigt, naoh- Gauelu-r. Veredelungen. n 210 Pflege nach der Okulation. dem die jungen Edeltriebe kräftig genug sind, um sich selber zu tragen. Alle Seitenzweige, welche die Zapfen tragen, werden bis auf ihren Entstehungspunkt abgenommen, und nachdem das Frühjahr herangekommen, ist das Ausbrechen streng auszuführen . Unter Ausbrechen verstehen wir die Beseitigung aller überflüssigen Triebe, sobald dieselben eine Länge von 5 — 10 cm erreicht haben; es wird vom Mai an angewendet, und zwar so oft sich vom Wurzelhals bis zu der Spitze der Zapfen neue Triebe zeigen. Ohne dieses Verfahren würden die wilden Triebe auf die Entwicklung der Okulanten hemmend einwirken und viele eingesetzte Augen sogar nicht austreiben. Damit der Zapfen einem zu frühzeitigen Austrocknen nicht ausgesetzt wird, was bei den Quitten, Ahornen, Cytisus, Akazien u. a. m. sehr häufig der Fall ist, lässt man oben an ihrer äussersten Spitze einige Blätter stehen ; diese Blätter, deren Zahl 3 nicht zu übersteigen braucht, werden genügen, um etwas Saft an den Zapfen heranzu- ziehen und letzteren grün und gesund zu erhalten. Das Anbinden der Edeltriebe an den Zapfen ist im krautartigen Zustande vorzunehmen, sobald sie eine Länge von etwa 10 cm erreicht haben; später, d. h. wenn länger und holzartig geworden, würden sie meistens abbrechen, oder man könnte nicht mehr verhüten, dass dieselben eine Kurve beschreiben. Der Zapfen wird für die geradwachsenden Gattungen und Sorten genügen, um dieselben aufrecht zu ziehen; die krumm- und schwachwachsenden und alle, welche sich über- haupt gegen den Boden neigen, anstatt sich aufrecht zu entwickeln, müssen während ihrer Entwicklung noch an einen besonderen Pfahl angebunden werden. Das Gleiche gilt für alle Sorten, welche sich von der Unterlage sehr leicht trennen. Der Pfahl (A, Fig. 143) wird dem Zapfen entlang fest eingerammt, unten am Wurzelhals der Unterlage mit einer Pflege nach der Okulation. 211 Weide angebunden und der Edeltrieb mittels Binsen oder Roggenstroh daran befestigt. Ebenso wichtig und unerlässlich als die obige Pflege ist die fortwährende Jagd nach den schädlichen Insekten, wie : Raupen, Läuse und Schnecken aller Art, die Rüsselkäfer (Rhynchites betuleti und conicus) , Spinnen, Mai- käfer und deren Larven (die Enger- linge), Ameisen, Ohrwürmer, und überhaupt alles, was die jungen Triebe beschädigt und auf Kosten derselben lebt. — Yon den vierfüssigen Tieren sind es hauptsächlich die Hasen, Kaninchen, Rehe, Ziegen, Schafe etc., welche durch Abnagen der Zweige und Rinde oft bedeutenden Schaden anrichten; der beste Schutz vor diesen und anderen Nage- tieren besteht in einer zweckmässigen Einzäunung der Baumschule, oder indem man die Okulanten mit Dornen einbindet oder dieselben mit Oel oder mit Schweine- schwarte beschmiert. Um die Vermehrung der Raupen einzuschränken, werden die Schmetter- . . „ , TT-» ' '"'-'• 11;- I),'r Edeltrieb 1 in ge gelangen undgetotet; die Raupe n- ein.r auf der Seite aus , pi« ii geführten Veredelung an n est er werden sorgfältig gesammelt und einem Wahl . . Ansiebt nach der I vernichtet. lauimng. Die Blattläuse sind am besten durch Tabakwasser zu vernichten. Die Triebe und Blätter, welche mit Läusen behaftet sind, werden in Tabakwasser (Tabakabsud) einge- taucht; wenn dieses stark genug ist, wird nach 10 Minuten die ganze Kolonie zerstört sein; im anderen Falle ist wenige Tage nachher die Anfeuchtung mit dem angegebenen Wasser nochmals vorzunehmen und zu wiederholen, s<> oft die Blatt- läuse sich wieder zeigen. Die Blutläuse werden am sichersten durch Abbürsten 212 Pflege nach der Okulation. vertilgt und indem man nachher die Okulanten mit einer Sodalösung auf ihrer ganzen Länge mittels der Bürste oder eines Pinsels bestreicht. Als Yorbeugungsmittel sind alle etwa vorhandenen Wunden mit kaltflüssigem Baumwachs, welches mit Tabakstaub vermengt ist, zu verschliessen und sämtliche Zweige im Frühjahr leicht mit Oel oder Speck- schwarte zu überziehen. Für dasjenige Baumwachs, welches wir, anstatt zu den Veredelungen, als Vorbeugungsmittel gegen den Einfall der Insekten anwenden, wird dem Seite 63 angegebenen Re- zepte ausser den erwähnten Bestandteilen auf 1 kg noch 50 g Tabakstaub beigefügt, welcher Zusatz das Aufkommen der Insekten, und hauptsächlich das der Blutläuse, unmög- lich macht. Das Erdöl (Petroleum), selbst fünffach verdünnt, ver- brennt die jungen Triebe und ist deswegen nur bei älteren Bäumen anzuwenden; dagegen leistet der Spiritus vortreff- liche Dienste. Die Schnecken aller Art, Rüsselkäfer, Spinnenr Maikäfer, Engerlinge, Ohrwürmer u. s. w. werden gesammelt und getötet. Als schädliche Tiere sind noch zu betrachten und des- wegen zu fangen oder zu vergiften: die Mäuse, nament- lich die Schermaus, die Ratten und der Maulwurf. Für letzteren habe ich ebensowenig Erbarmen, als für die anderen oben angegebenen Nagetiere. Wie ich schon erwähnte, können die Zapfen beseitigt werden, sobald die daran angebundenen Triebe, Zweige oder Aeste stark genug sind, um sich selbst zu tragen, und man nicht mehr befürchtet, dass die letzteren durch Winde oder Stürme abgeweht werden könnten. Es sind gewöhnlich die Monate August bis September, welche hier- zu verwendet werden, und mit seltener Ausnahme kann man sie (die Zapfen) alle ein Jahr nach der Okulation ab- schneiden; man beginnt mit denjenigen Unterlagen, welche — wie die Quitte, Mahaleb, Ahorn, Bohnenbaum Pflege nach der Okulation. 213 (Cytisus, auch Goldregen genannt) und andere mehr — ihre Wunden langsam vernarben. Die Zapfen sind, wie die punktierte Linie auf Fig. 142 und 143 es zeigt, unmittelbar über der Veredelung etwas schräg und ganz glatt mit dem Gartenmesser abzuschneiden; sind dieselben jedoch sehr stark und die Hebung noch nicht vorhanden, so wird man besser thun, sie zuerst mit der ♦Säge oder Baumschere abzunehmen und die entstandene Wunde mit dem Gartenmesser aufzufrischen. Wenn man die Zapfen im Spätherbst abnimmt, also zu einer Zeit, wo die Kallusbildung um die Wunde herum nicht mehr stattfinden kann, wird es, um ein tieferes Aus- trocknen der Wunde zu verhindern, sehr gut sein, wenn man dieselbe mit warm- oder kaltflüssigem Baumwachs überträgt. Damit bin ich mit dem, was ich über die Veredelungen sowohl als ihre Pflege mitteilen wollte, eigentlich zu Ende und hoffe, dass es mir gelungen ist, durch den Inhalt dieses Buches nachzuweisen, dass wir durch die von mir empfohlenen und veranschaulichten Veredelungsarten voll- kommen im stände sind, alle veredelungsfähigen holzigen Gewächse zu vermehren, und dass ich vermöge der von mir seit neun Jahren angestellten Versuche und der glän- zenden Erfolge derselben zugleich bewiesen habe, dass wir von den Veredelungen weit grössere Erfolge erzielen können, als es bis jetzt der Fall war. 214 Zusammenstellung der Bäume und Sträucher etc. VII. Zusammenstellung der wichtigsten bei uns im Freien auslialtenden Bäume und Sträucher, welche durch die Ver- edelungen vermehrt werden können. VV ir haben jetzt die Gelegenheit gehabt, zu erlernen, wie man pfropfen soll ; dies allein genügt aber nicht, zumal die Erfolge noch ganz wesentlich von der angewendeten Unterlage abhängen werden. Es ist deswegen auch not- wendig, die Bäume und Sträucher zu kennen, welche sich durch die Veredelungen vermehren lassen, und ich halte es deswegen für höchst erspriesslich, eine Liste derselben folgen zu lassen und zugleich die Art und Weise anzu- geben, wie die Unterlagen gezüchtet werden können, ob aus Samen, Stecklingen, Ausläufern etc., sowie noch die verschiedenen Veredelungsarten anzugeben, welche vorwiegend für die einzelnen Gattungen und Arten ange- wendet, und ob dieselben im Freien oder unter Glas aus- geführt werden sollen. Nicht weniger notwendig erscheint es mir, zu wissen, wann die einzelnen Gattungen veredelt werden sollen, und ich gebe deswegen die Zeit an, zu welcher die Veredelungen vorzugsweise vorgenommen wer- den sollen ; ausserdem füge ich jedesmal noch die erforder- lichen Bemerkungen, die bis jetzt nicht erwähnt wurden und doch einem guten Veredler bekannt sein müssen, bei. Die Liste ist, um das Suchen zu erleichtern, alpha- betisch aufgestellt, und es folgt zuerst der botanische, dann der deutsche Name und die Familie, welcher die angeführte Gattung angehört. Ables — Tanne; Picea — Edeltanne; Tsuga — Hemlockstanne. Abietäceae. Unterlage. Für die Edeltanne werden die Euro- päische Edeltanne (Abies Picea), für die Fichten (Tan- Abies. Picea. Tsuga. Acer. 215 nen) die Rottanne (Abies excelsa), für die Hemlocks- tanne die Japanische Hemlockstanne (Abies cana- densis) als Unterlagen verwendet, welche alle aus Samen vermehrt werden. Veredelung. Im Freien wird die Pfropfung in ge- spaltener Gipfelknospe (Fig. 104, Seite 165) im April bis Mai und im Juli bis August, die Spaltpfropfung auf eine Endknospe (Fig. 108, Seite 170) im Mai bis Juni an- gewendet; ebenso wird die Spaltpfropfung krautartiger Triebe (Fig. 107, Seite 169) im Mai bis Juni vorgenom- men. Für Veredelungen unter Glas bedient man sich vor- wiegend des gewöhnlichen Seitepfropfens (Anplatten), das im Februar bis März und August bis September ausgeführt wird. Acer — Ahorn. Acereae. Unterlage. Dieselbe wird von den ursprünglichen Sorten, hauptsächlich von dem Acer Pseudo-Platanus aus Samen gezogen. Veredelung. Die Ahorne werden durch Okulation mit treibendem Auge im Monat Mai vermehrt. Die einzu- setzenden Augen werden von Zweigen gewonnen, welche im Januar bis Februar von dem Mutterbaum getrennt und wie die sonstigen anderen Edelreiser aufbewahrt werden. Ausser- dem werden die Ahome noch im Juli bis September mit Sommertrieben auf schlafende Augen okuliert. Im Freien gedeihen die Frühjahrs- Veredelungen durch Kopulation, im Spalt etc. nicht gut; dagegen lassen sieh diese Verede- lungen auf jungen, in Töpfe gesetzten und ins Glashaus oder Mistbeet gebrachten Unterlagen ganz gut anwenden, und die Veredelung findet statt, sobald die Unterlagen zu treiben beginnen, etwa im Februar bis März. Obwohl im Glashaus alle Veredelungen, welche mit Zweigen oder Teilen von Zweigen ausgeführt werden, vor- genommen werden können, verdienen doch < 1 i * - Veredelungen auf der Seite bevorzugt zu werden. 216 Aesculus. Pavia. Aesculus — Rosskastanie: Pavia — Pavie. Hippocastaneae. Unterlage. Als solche dienen für alle Eosskasta- nien- und Pavien -Arten die aus Samen gezüchteten Aesculus Hippocastanum. Veredelung. Die üblichste ist die Okulation mit + - Schnitt (Fig. 132, Seite 200) und Seitepfropfen Fig. 144. Seitepfropfen der rotblühenden Rosskastanie ; A Edelreis, B Unterlage, B' die Unterlage mit dem ein- geschobenen Edelreis. (Fig. 144) im Juli und für letzteres auch im April. Fer- ner werden noch der G-aissfuss, das Spalt- und zwischen Holz- und Rinde -Pfropfen im März bis April mit Edel- reisern, welche mit guten, gesunden Endknospen versehen sind, angewandt. Aesculus. Pavia. Alnus. 217 Im Jahrgang 1869 habe ich die Entdeckung gemacht, dass, wenn bei den verschiedenen Rosskastanienarten, ins- besondere der rotblühenden (Aesculus rubicunda) , statt Augen Zweige mit Endknospen eingesetzt werden, letztere weit befriedigendere Resultate liefern, als die gewöhnliche Okulation. Seither wurden in verschiedenen Baumschul- Geschäften die rotblühenden Rosskastanien fast nur auf diese Weise vermehrt und überall hat sich herausgestellt, dass diese Vermehrungsart eine weit lohnendere ist, als die früher angewandte Okulation. Das Verfahren ist nachstehendes: Zur Zeit der Oku- lation (Juli) werden als Edelreis (Fig. 144, A) auf älteren Bäumen Sommerzweige mit Endknospen von etwa 10 bis 20 cm Länge geschnitten und abgeblattet; alsdann werden die Edelreiser unten (in a) länglich schräg abgeschnitten; an der Unterlage (B) wird auf die Höhe, wo man die Krone zu erhalten beabsichtigt (gewöhnlich 2 m vom Boden ent- fernt), der T-Schnitt auf einer geraden, glatten Stelle zwi- schen zwei Knoten — Internodien — (in b) ausgeführt, und es wird, um das flache Anliegen der Schnittfläche des Edelreises auf dem blossgelegten Splint von oben bis unten zu ermöglichen, über dem Querschnitt (c, in d) die Rinde in einem schmalen Streifen in der Länge von 5 — 10 mm von oben nach unten schräg auslaufend hinweggeschnitten. Nachdem dies alles geschehen ist, wird der länglich zuge- spitzte Teil des Edelreises auf der Unterlage unter die durch den T-Schnitt gelöste Rindenzunge eingeschoben, verbunden und, damit keine Feuchtigkeit eindringen kann, mit Baum- wachs verstrichen. Der Kopf der Unterlage wird erst im folgenden Frühjahr nach der Veredelung entfernt und, um das Vertrocknen der Wunde zu verhüten, diese mit Baum- wachs übertragen. Alnus — Erle. Betuläceae. Unterlage. Als solche werden die Alnusgluti oosa und Alnus incana verwendet; beide werden durchSamen \ ermehrt. 218 Alnus. Amelänchier. Amygdalus. Veredelung. Diese wird durch Pfropfung in ge- wöhnlichen oder halben Spalt und Gaissfuss, sowie durch Pfropfung zwischen Holz und Rinde, auch durch Ablaktierung ausgeführt. Die Veredelung der Erle wird im Freien im April und unter Glas im Februar bis März und Juli bis Sep- tember vorgenommen. Amelänchier — Felsenbirn. Pomaceae. Unterlage. Die besten und geeignetsten sind die aus Samen gezogenen Weissdorne (Crataegus Oxyacantha). Veredelung. Im Gaissfuss, Halbspalt und ge- wöhnlichen Spalt, Seitepfropfen, zwischen Holz und Rinde und Okulation; die ersteren Veredelungen werden alle im April bis Mai und die letztere im Juli bis August vorgenommen. Amygdalus — Mandelbaum. Rosiflorae. Unterlage. Die Mandelbäume — gleichviel ob wegen ihrer Früchte oder ihrer Blütenpracht gezogen — werden auf die gewöhnliche Mandel (Amygdalus com- munis) und Pflaumen (Prunus domestica) veredelt; erstere wird nur aus Samen, letztere ebenfalls aus Samen, aber auch durch Wurzelstecklinge, Ausläufer und Anhäu- feln vermehrt. Für unser Klima halte ich die Pflaumen -Unterlage zweckdienlicher, als die der Mandel; auf letztere veredelt, verlangen die Bäume einen tiefen, lockeren, warmen und kalkhaltigen Boden, während sie auf Pflaumen so gut als überall in allen Bodenarten gedeihen und gegen unsere Winterkälte weniger empfindlich sind. Veredelung. Die einzig lohnende ist die Okula- tion; zuweilen gelingt es auch, im März bis April durch Gaissfuss und Spaltpfropfen dauerhafte Bäume zu er- zielen. Die Okulation der Nutz- (weichschaligen) und Zier-Mandelsorten findet auf Pflaumen im Juli bis Augast, Amygdalus. Amygdalus Persica. 219 und auf Mandelsämlingen im August bis September statt. Die Mandelsämlinge treiben bis in den Spätherbst hinein und müssen deswegen zur Zeit der Okulation durch Abkneipen oder Zusammenbinden aller Triebe im Wachs- tum gehemmt werden, sonst würden die eingesetzten Augen im Saft ersticken. Amygdalus Persica — Pfirsichbaum. Rosiflorae. Unterlage. Für die kalten, feuchten, nicht tiefen und trockenen Böden benützt man die aus Samen ge- züchteten Damascener Pflaumen (Prunus Damascena), aber auch die anderen Pflaumensorten können hierzu ver- wendet werden; erfahrungsgemäss nehmen sie jedoch die Okulation weniger gut an, als obige Sorte. Für tiefen, warmen und kalkhaltigen Boden kann man sich als Unterlage für die Pfirsiche auch der Mandel- Sämlinge bedienen. Ich habe aber gefunden, dass für unsere klimatischen und Bodenverhältnisse die Pflaumen entschieden den Vorzug verdienen, und dass man durch ihre allgemeine Anwendung weit günstigere Resultate erzielt, als mit den Mandeln; ich vermehre aus diesem Grund alle meine Pfirsiche nur noch auf Pflaumen. In vielen Baumschulen dient noch die Prunus Miro- bolana als Unterlage; die Pfirsiche scheinen in den ersten Jahren gut darauf zu gedeihen, aber schon nach wenigen Jahren lässt das Wachstum nach und die Bäume gehen zu Grunde; ich rate deswegen, diese Unterlage für die Pfir- Biche äusserst spärlich anzuwenden und sich ja nicht durch verlockende Beschreibungen über die Zweckmässigkeit und Vorteile dieser Unterlage irreführen zu lassen. Veredelung. Diebeste und einzig der Empfehlung würdige ist die Okulation. Dieselbe geschieht auf Pflaumen im Juli bis August und auf Mandeln im August bis September. Aul' diesen beiden Unterla. kann auch die Früh ja hrs-( )kulati on mit treibendem 220 Amygdalus Persica. Arbutus. Auge im April bis Mai vorgenommen werden. Für erstere bedient man sich als Edelreiser der Sommertriebe, für letz- tere sind es dagegen Zweige von dem vorhergehenden Jahr- gang, welche schon im Januar geschnitten und im Keller in Sand eingegraben und bis zur Zeit der Anwendung auf- bewahrt werden. Zur Anzucht von Pfirsich-Hochstämmen verwendet man auch die „Zwischen- Veredelung" und benützt hierzu die für Pflaumen empfohlenen Sorten. Bei mir bekommt die Hailaras -Pflaume den Vorzug, und zwar weil ich gefunden habe, dass diese nicht allein Prachtstämme bildet, sondern auch die Okulation leichter annimmt, als die an- deren Sorten. Für die Topfkultur wurde von verschiedenen Seiten der Schwarzdorn (Prunus spinosa) als geeignete Unter- lage empfohlen; die in dieser Richtung angestellten Ver- suche haben sich jedoch nicht bewährt, und ich sowohl als viele andere Pfirsichzüchter betrachten jetzt die Anwen- dung des Schwarzdornes als Unterlage für den Pfirsich- baum, selbst für die Topfkultur, nur als eine Spielerei. Die Zweige und Triebe der zu okulierenden Mandeln und Pflaumen sind, wenn sehr kräftig, stets unmittelbar nach der Okulation abzukneipen oder zusammenzubinden; letzteres ist hauptsächlich bei den Mandeln dringend not- wendig, denn ohne die Anwendung dieser safthemmenden Mittel würden die eingesetzten Augen nicht anwachsen können. Alle Pfirsiche, ob zu den Ziersorten oder zu den eigentlichen echten Pfirsichen mit samtartiger Haut oder zu den Nektarinen (Nacktpfirsichen) gehörig, nehmen mit ein und derselben Unterlage vorlieb. Arbutus — Erdbeerbaum. Ericaceae. Unterlage. Es dienen hierzu die Sämlinge des Arbutus Unedo. Veredelung. Unter Glas durch Anplatten; man Arbutus. Armeniaca. 221 bedient sich junger, etwa zweijähriger Unterlagen und nimmt die Veredelung im Februar bis März und August bis September vor. Die Edelreiser wachsen sehr langsam an; die Luft ist gespannt zu halten und es ist sehr ratsam, die veredelten Unterlagen unter einer Glasglocke zu ver- einigen. Nachdem die Edelreiser angewachsen sind, werden die Pflanzen ganz allmählich an die freie Luft gewöhnt. Armeniaca — Aprikosenbaum. Amygdalaceae. Unterlage. Die Aprikosen gedeihen auf sich selbst, auf den Mandeln, Pfirsichen und Pflaumen. Speziell für unser Klima sollten wir die Pflaumen vorwiegend verwenden. Alle diese Unterlagen werden aus Samen ge- zogen, und man giebt bei den Pflaumen den Damascener Sorten den Vorzug. Die Pflaumen werden ausserdem noch durch Wurzelausläufer und durch Wurzelstecklinge ver- mehrt, aber die aus Samen gezogenen Unterlagen sind un- bedingt vorzuziehen; da nämlich die aus Wurzelvermeh- rungen gewonnenen Unterlagen die Untugend haben, eine Menge von Wurzelausläufern auszutreiben, sollte man sich solcher nur im äussersten Notfalle bedienen. Dasselbe gilt auch für die türkischen Kirschen (Kirschpflaumenbaum, Prunus Myrobolana) ; letztere werden aus Samen und Zweig- stecklingen vermehrt; sie eignen sich insofern als Unterlage zu den Aprikosen nicht, weil dieselben empfindlicher gegen die Kälte sind und die Veredelung viel schwieriger an- nehmen, als die anderen Pflaumensorten. Veredelung. Im Mai durch Okulation mit treibenden Augen. Die notwendigen Edelreiser sind Zweige des ver- gangenen Jahres, welche im, Januar geschnitten, an einem kühlen Orte, als: Souterrain, Keller, Eiskeller, am Zweck- massigsten aufbewahrt werden. Ferner im Juli bis August auf schlafende Augen, und man bedient sich hierzu als Edelreiser vorwiegend der Sommertriebe. Im Frühjahr (März bis April) läset sich die Aprikose noch mit Zweigen durch Kopulation, Seite-, Gaissfuss- und Spaltpfropfen, ferner 222 Armeniaca. Aucuba. noch durcli Ablaktierung etc. vermehren; die Eesultate sind aber — mit Ausnahme derer durch Ablaktierung — mei- stens unbefriedigende, und es ist deshalb der Okulation der Vorzug zu geben. Die für Aprikosen bestimmten Unterlagen werden ge- wöhnlich in der Nähe des Bodens veredelt, und dieses Ver- fahren ist für die niederen Formen das einzig zu em- pfehlende; wenn die Aprikosen als Hochstämme gezüchtet werden sollen, wird man sie lieber in die Kronenhöhe ver- edeln und sich zur Bildung der Stämme ebenfalls stärker treibender Sorten bedienen, als die der Pflaumen-Wildlinge. Nachstehende Sorten wachsen nicht allein sehr stark, son- dern bilden zugleich Prachtstämme und nehmen die Oku- lation sehr gut an: Belle de Louvain (Schöne von Loewen) Hallaras, Reineclaude von Bavay, Decaisne und Sainte- Catherine (Katharinenpflaume) ; ausser diesen Sorten können zum gleichen Zweck noch andere, sehr stark und aufrecht wachsende Sorten verwendet werden; ich gebe indessen obigen Sorten den Vorzug und habe gefunden, dass .sie für meinen Boden sich verhältnismässig besser eignen, als andere. Aucuba — Aukube. Cornäceae. Unterlage. Diese liefert die Aucuba japonica, welche sich durch Stecklinge äusserst leicht vermehren lässt. Veredelung. Die auf der Seite ausgeführten Ver- edelungen sind die geeignetsten; sodann die in den Halb- spalt und Gaissfuss. (Siehe Fig. 67, Seite 107, und 114, Seite 176). — Die Veredelung soll unter Glas stattfinden und kann dieselbe von August bis September und von Februar bis März vorgenommen werden. Die Aukuben gehören zu dem Geschlechte der zwei- häusigen (diöcischen) Gewächse und die weiblichen Pflanzen tragen nur Früchte, wenn sie in die unmittelbare Nähe von männlichen gebracht sind, oder wenn sie künstlich befruchtet werden. Diesen Umstand wird man dadurch beseitigen können, dass man auf jede weibliche Pflanze einen mann- Aucuba. Azalea. Betula. 223 liehen Zweig veredelt. Auch die männlichen werden Früchte tragen können, wenn man alle ihre Zweige, mit Ausnahme eines einzigen, mit weiblichen pfropft. Durch Anwendung dieses Verfahrens werden die Au- kuben alljährlich ihre prächtigen, kirschenähnlichen Früchte ansetzen und ihre Schönheit wird dadurch noch wesentlich erhöht. Azalea - Azalee. Ericäceae. Unterlage. Als solche dient für die Azalee mit ab- fallenden Blättern die Azalea pontica, und für die immer- grüne die Azalea indica, welche beide durch Samen und Stecklinge vermehrt werden. Veredelung. Durch Anplatten und oben in der Kronenhöhe durch Pfropfen in den halben Spalt. — Die Veredelung ist von Juli bis September im Glashause aus- zuführen. Man hält die Luft in dem Vermehrungshause gespannt und begünstigt das Gelingen der Veredelungen dadurch, dass man die Unterlage unter eine Glasglocke ver- bringt und darunter stehen lässt, bis das Edelreis ange- wachsen ist und auszutreiben begonnen hat; von Zeit zu Zeit ist aber die Glasglocke von dem sich innerlich durch die Verdunstung ansammelnden Wasser mittels eines Schwammes zu befreien und zwar ist dies vormittags aus- zuführen. Als Edelreis ist den halbholzartig gewordenen Trieben der Vorzug zu geben. Betula — Birke. Betula ceae. Unterlage. Zu allen Birkenarten dienen die Säm- linge der Betula alba als Unterlage. Veredelung. Durch Ablaktierung, Pfropfung auf der Seite, im Halb- und gewöhnlichen Spalt. sowie durch Okulierung. Die Ablaktierung und Pfropfung im gewöhnlichen Spalt wird im Frühjahr. April bis Mai, die Pfropfung auf der Seite sowie die Okulation abei im August vorgenommen. Bei der Okulation der Sorten mit 224 Betula. Bignonia — Tecoma. Broussonetia. Caragana. starkem Holz, wie der Betula papyrifera, wird man sich der Sommertriebe mit Erfolg bedienen können; da- gegen bei den Sorten mit dünnen Trieben, wie der Betula laciniata, pyramidalis, pendula und purpurea, wird es besser sein, die Augen von zweijährigen Aesten zu ent- nehmen und solche zu bevorzugen, welche von einem ganz kurzen Zweige getragen sind. Bignonia oder Tecoma — Trompetenstrauch. Bignoniaceae. Unterlage. Es werden als solche Wurzelstücke von etwa 8 — 10 cm Länge der Bignonia (Tecoma) radi- cans verwendet. Veredelung. Oben erwähnte Wurzelstücke werden durch das Halbspalt-Pfropfen oder den Gaissfuss im April bis Mai veredelt und dann auf einem kalten Mist- beet in Sand oder lockere Kompost -Erde so tief einge- graben , dass nur das obere Auge des Edelreises in die Luft ragt. Broussonetia — Papierbaum. Moraceae. Unterlage. Als solche werden die Sämlinge der Brous- sonetia papyrifera angewandt. Veredelung. Im Freien sowohl als im Gewächshaus werden die Papierbäume durch Gaissfuss, Anplatten, Halbspalt- und gewöhnliches Spalt-Pfropfen ver- mehrt. In Ermangelung von Sämlingen werden auch Wurzel- stecklinge als Unterlage verwendet und es findet ihre Ver- edelung im Februar bis April unter Glas statt. Die beste Zeit, um die Veredelungen im Freien vorzunehmen, sind die Monate April bis Mai. Caragana — Karagane. Leguminosae. Unterlage. Man verwendet als solche die aus Samen gezüchtete Caragana arborescens. Veredelung. Dieselbe ist möglichst früh im März Carpinus. Ostrya. Castanea. Catalpa. 225 bis April durch Gaissfuss, Halbspalt- und gewöhn- liches Spalt-Pfropfen, je nach den Sorten, unten oder oben auf Kronenhöhe auszuführen. Carpinus — Hainbuche (Hörn bäum oder Weissbuche); Ostrya — Hopfenbuche. Corvleae. Unterlage. Man verwendet als solche die Sämlinge von Carpinus Betulus. Veredelung. Halbspalt- und gewöhnliches Spalt- sowie Gaissfuss-Pfropfen im April, und dann noch durch Ablaktierung im Mai bis Juli. Die Veredelung wird meistens unten, über dem Wurzel- hals, vorgenommen; für die Carpinus pendula wird es jedoch zweckmässiger sein, dieselbe auf der Kronenhöhe vorzunehmen. Die verschiedenen Arten von Hopfenbuche (Ostrya) werden ebenfalls auf Carpinus Betulus veredelt. Castanea — Kastanie. Cupuliferae. Unterlage. Als solche dienen die aus Samen gezüch- teten Castanea vulgaris (Echter Kastanienbaum). Veredelung. Die üblichsten sind die Spaltpfro- pfungen, Kopulationen und Okulationen. Die Spaltpfropfung, sowie Gaissfuss und Kopulation wird im Frühjahr ( April j, die Okulation aber im Au- gust bis September ausgeführt. — Die Edelreiser wer- den rechtzeitig, schon vor Eintritt der starken Kälte, ge- schnitten, im Keller in Sand gesteckt oder im Freien in einer Tiefe von etwa 10 — 15 cm wagrecht eingegraben. — Junge sowohl als alte Kastanienbäume, welche zu kleine Fruchte tragen, lassen sich sehr leicht mit grösseren Sorten umpfropfen. Catalpa — Trompetenbaum. Bignoniäceae. Unterlage. Diese wird durch den Trompetenbaum, Catalpa bignonioides, welcher aus Samen vermehrt wird, geliefert. Qaneher, Veredelungen. 15 226 Catalpa. Ceanothus. Veredelung. Mit treibendem Auge im April bis Mai, ferner zu derselben Zeit durch Gaissfuss und Rindepfropfen. Für die Okulation mit treibendem Auge werden die Zweig-Edelreiser von der Mutterpflanze erst in dem Augenblick geschnitten, wo man sie verwerten will, während für die anderen Veredelungen dies unbean- standet etwas früher, von März an, geschehen kann; es werden in diesem Fall die geschnittenen Zweige in trockenen Sand oder Asche im Keller eingegraben. — Erfahrungs- gemäss ist es für die Veredelungen mit Zweigen oder Teilen derselben besser, wenn man sich zweijähriger anstatt ein- jähriger Zweige bedient. Die verschiedenen Catalpa-Arten können alle über dem Boden veredelt und als Hochstämme gezogen werden nur der chinesische Trompetenbaum (Catalpa Bungei) macht eine Ausnahme; letzterer ist besser auf die Kronen- höhe zu veredeln. Ceanothus — Seckelblume. Rhamnaceae. Unterlage. Die Seckelblumen werden vorwiegend durch Stecklinge vermehrt und man greift zu der Ver- edelung höchst selten; wenn man diese aber anwenden will, wird der aus Samen oder Stecklingen gezüchtete Cea- nothus americanus die hierzu notwendige Unterlage liefern. Veredelung. Diese wird unter Glas im Juli bis September oder im Februar bis März durch gewöhn- liches Seitepfropfen (Anplatten) oder durch Halb- spalt- und gewöhnliches Spalt-Pfropfen auf den Wurzelhals der Unterlage oder auf Wurzel stücke derselben ausgeführt. Als Edelreiser werden halbholzige Triebe verwendet; nachdem die Veredelung vollzogen ist, werden die Unter- lagen in Töpfe eingesetzt, im Gewächshaus oder Mistbeet untergebracht und dort mit gespannter Luft gehalten, bis das Edelreis angewachsen ist. Cedrus. Celtis. Cerasus. 227 Cedrus — Ceder. Abieteae. Unterlage. Sie werden durch die Sämlinge von Cedrus Libani und Cedrus atlantica geliefert; die Aussaat ist auf kalten Mistbeeten oder in Töpfen unter Glas vorzunehmen und die Cedrus Libani ist als die dauerhaftere vorzuziehen. Veredelung. Durch Anplatten (Fig. 63, Seite 103) und Seitepfropfen in die äussere Holzschichte (Fig. 60, Seite 100, und 61, Seite 101). Diese Veredelungen sind unter Glas im August bis September auszuführen. Als Edel- reiser bedient man sich der Spitze der Seitenäste und die Unterlage wird erst im nächsten Frühjahr, nachdem die Veredelung gut angewachsen ist und bereits auszutreiben begonnen hat, zurückgeschnitten. Celtis — Zürgelstrauch. Celtideae. Unterlage. Hierzu dient die Celtis occidentalis, welche durch Samen vermehrt wird. Veredelung. Die Celtis sind unten nahe über dem Boden im Monat August durch Okulation und im April bis Mai durch Kopulation, Gaissfuss-, Halbspalt- und gewöhnliches Spaltpfropfen zu veredeln. Die zu den Frühjahrs-Veredelungen erforderlichen Edel- reiser sind schon im November bis Dezember vor Ein- tritt der starken Winterkälte zu schneiden und im Keller oder Souterrain in trockenem Sand oder Asche aufzubewahren. Cerasus — Kirschbaum. Kosiflorae. Unterlage. Als solche werden zur Anzucht von grösseren Bäumen alle Sämlinge der Süsskirschen i('era- sus avium) verwendet. Für Hochstämme in Gärten, sowie zur Anzucht von Palmetten, Pyramiden und sonstigen kleineren Formen ist dem Mahaleb (Cerasus Mahaleb), welcher ebenfalls aus Samen gezogen wird, der Vorzug zu geben, und dieser ist die einzige Unterlage, deren ich mich zu obigen Zwerg- Formen bediene und welche ich empfehle. 228 Cerasus. Veredelung. Die Vogelkirschen (Süsskirschen), sowie der Mahaleb eignen sich für alle Veredelungsarten; die nachstehenden sind nach meiner Erfahrung jedoch die- jenigen, welche die besten Erfolge liefern, nämlich: Ko- pulation mit Gegenzungen, Doppelsattelschäften, Gaissfuss, zwischen Holz und Rinde-, Halbspalt- und gewöhnliches Spalt-Pfropfen, sowie die Oku- lation. Die ersteren Veredelungsarten werden im April bis Mai und im September ausgeführt; die letztere (Oku- lation) findet im Mai mit Zweigen von dem letzten Jahre und im Juli bis September mit Sommertrieben statt. Bei mir, in meinen schweren Lehmböden, nehmen die Kirschen und Mahaleb, welche bis spät in den Herbst hinein treiben, die Okulation nicht gut an und es werden deswegen beide Unterlagen meistens im Frühjahr und Herbst mit Zweigen veredelt. Die Edelreiser zu den Frühjahrs-Veredelungen sind schon im Januar, spätestens im Februar zu schneiden und an einem schattigen und kühlen Ort aufzubewahren. Die für Hochstämme bestimmten Unterlagen können, wenn die darauf zu veredelnde Sorte eine stark- und auf- recht-wachsende ist, am Boden veredelt werden; bei den schwach-, dünn- oder krummwachsenden wird es dagegen vorteilhafter sein, die Unterlage zunächst als Hochstamm zu ziehen und die Veredelung auf die Kronenhöhe vorzu- nehmen. Die Vogelkirschen werden schon im Juli bis August und die jüngeren Mahaleb erst im August bis September okuliert. Zur Okulation der Mahaleb ist eine warme, trockene Witterung sehr angezeigt, und das Anwachsen der eingesetzten Augen wird dadurch begünstigt, dass man die Triebe zusammenbindet oder sie, mit Ausnahme des Verlängerungstriebes, alle einkürzt. Zur Aufnahme der Ziersorten, wie: Pseudo-Cerasus, Cerasus semperflorens, Cerasus Chamaecerasus etc., bedient man sich ebenfalls der Vogelkirschen und Mahaleb. Cercis. Chamaecyparis — Retinospora. 229 Cercis — Judasbaum. Leguminosae. Unterlage. Hierzu dient die Cercis Siliquastrum, deren Vermehrung durch Samen geschieht. Veredelung. Dieselbe wird unten über dem Wurzel- hals oder auf der Kronenhöhe durch Okulation vorge- nommen. Der Judasbaum treibt bis spät in den Herbst hinein; zu Gunsten der eingesetzten Augen werden vor oder unmittelbar nach der Okulation die Triebe der Unterlage zusammengebunden und verkürzt, auch zuweilen massig abgeblattet; dadurch hemmt man das Wachstum, die Augen wachsen leichter an, das Holz reift besser aus und die Unterlage ist leichter im stände, die Winterkälte auszu- halten. Wie bei allen Gattungen, welche durch die Kälte leicht notleiden, sind die Verbände der okulierten Augen erst im Frühjahr abzunehmen; mussten dieselben zuvor wegen Einschneidens beseitigt werden oder haben sie sich von selbst gelöst, so rate ich, in beiden Fällen dieselben vor Winterseintritt nochmals zu erneuern. Chamaecyparis — Retinospora Lebensbaum-Cypresse. Cupressäceae. Unterlage. Zur Auf- nahme der Chamaecyparis bedient man sich der Thuya occidentalis, Chamaecypa- ris Boursieri und der Biota orientalis, welche alle drei vorwiegend aus Samen gezogen werden. Veredelung. Dieselbe findet durch Anplatten und auf der Seite in die äussere Holzschichte, unter Glas im Februar bis März und im August bis September statt. o ^ r Pig. 146. Veredelung der Retinospora Ausserdem kann sie noch im durch Anpi*tten auf der Biota orientalis. 230 Chamaecyparis— Retinospora. Chionanthus. Clematis. Freien im August im Spalt zwischen eine Verästelung- vorgenommen werden. Chionanthus — Schneeblume. Oleaceae. Unterlage. Als solche werden die Fraxinus Or- nus und die Fraxinus excelsior verwendet, welche beide aus Samen vermehrt werden; die erstere verdient vor der zweiten bevorzugt zu werden. Veredelung. Wo die Chionanthus im Freien ge- deihen, kann ihre Veredelung ohne Schwierigkeit im Freien vorgenommen werden. Die üblichsten Veredelungsarten sind: Gaissfuss-, Halbspalt- und gewöhnliches Spalt- Pfropfen, Kopulation mit Doppelsattelschäften im April, und die Okulation im Juli bis August. Wo die klimatischen Verhältnisse nicht gestatten, diesen Strauch in der Jugend mit Erfolg im Freien zu kultivieren, wird die Veredelung unter Glas vorgenommen, und man bedient sich hierzu des gewöhnlichen Seite- pfropfens, Gaissfuss-, Halbspalt- und gewöhnlichen Spalt-Pfropfens. Statt der Eschen (Fraxinus) kann man sich auch der Wurzelstücke der Chionanthus virginiana als Unterlage bedienen und letztere werden ebenfalls unter Glas veredelt. Sonst geschieht die Ver- mehrung der Chionanthus durch Samen und Ableger. Clematis — Waldrebe. Ranunculaceae. Unterlage. Für die zu veredelnden Clematis be- dient man sich als Unterlage der Wurzelstücke von Clematis viticella coerulea. Veredelung. Diese wird im Mai unter Glas auf obenerwähnten Wurzelstücken im Spalt vorgenommen und sind die feinen Wurzeln, welche sich an den zu ver- edelnden Wurzelstücken befinden, möglichst zu schonen. Als Edelreiser verwendet man die jungen Frühjahrstriebe, von deren Blättern die Blattfläche (Blattspreite) zur Hälfte weggeschnitten wird. Colutea. Cornus. Corylus. 231 Colutea — Blasenstrauch. Leguminosae. Unterlage. Diese liefert die aus Samen gezogene Colutea arborescens. Veredelung. Durch Kopulation im April und Okulation im Juli bis August. Die Veredelung ist vor- zugsweise an mittelstarken Sämlingen, und zwar unten am Boden, auszuführen. Cornus — Hartriegel. Cornaceae. Unterlage. Je nach den Sorten, welche man zu vermehren beabsichtigt, dienen als Unterlage die drei nach- stehenden Sorten: Cornus Mascula, Cornus alba und Cornus sanguinea; die erstere wird vorwiegend aus Samen und die zwei letzteren ebenfalls aus Samen, Ab- legern und Stecklingen vermehrt. Veredelung. Die üblichste ist die Okulierung im Juli bis August und die Pfropfung auf der Seite im März bis April, sowie im Juli bis August. — Die Cornus Mascula (Echter Kornelkirschbaum) wird für alle aus ihr entstandenen Sorten verwendet; die Cornus alba und Cornus sanguinea dienen dagegen nur für die Zier- sorten. Corylus — Haselnüsse. Coryleae. Unterlage. Als solche werden die aus Samen oder Ablegern gewonnenen Pflanzen von der Corylus Avellana verwendet. Veredelung. Durch Ablaktierung im Freien von Mai bis Juli. Die Vermehrung der Haselnüsse findet hauptsächlich durch Anhäufeln und Ableger statt und man bedient sich sehr selten der Veredelung. Es sind nur gewisse Sorten, welche veredelt werden, wenn man sie als Hoch- stamm zu ziehen beabsichtigt, da sie auf diese Weise rascher erzeugt werden, wie z.B. Corylus pendula. Corylufl purp urea und Corylus laciniata. 232 Corylus. Cotoneaster. Als Baum gezogen sind diese Sorten höchst zierlich und es ist nur zu bedauern, dass sie unter dieser Form so selten angetroffen werden; wir bedauern es um so mehr, da diese Haselnüsse neben ihrer Schönheit auch zugleich gute Früchte tragen, überall gedeihen und selbst unsere strengsten Winter vortrefflich aushalten. Zur Gewinnung von solchen Bäumen werden zunächst die Stämme aus ge- meiner Haselstaude (Corylus Avellana) gezüchtet, die- selben alsdann im Herbst, Winter oder rechtzeitig im Früh- jahr ausgegraben und in die Nähe der Mutterpflanzen gesetzt. Die Abiaktierun g kann im folgenden Mai bis Juli vor- genommen werden. — Wenn die zu ablaktierenden Zweige durch niedere Pflanzen getragen sind, werden — um die Ablaktierung zu erleichtern — die Stämme um die Mutterpflanze herum schief gesetzt, und es sollen in diesem Fall alle Triebe, die sich auf dem oberen Teile der Stämme entwickeln, rechtzeitig ausgebrochen werden. Cotoneaster — Zwergmispel. Pomäceae. Unterlage. Zur Aufnahme der Zwergmispeln werden die Cotoneaster himalayensis, die Crataegus Oxya- cantha — welche beide durch Samen vermehrt werden — und die Bim -Quitte (Cydonia vulgaris) verwendet. Veredelung. Durch ükulation und Seitep'fropfen zwischen Holz und Rinde im Juli bis August und durch G-aissfuss und Halbspaltpfropfen im April. Alle diese Veredelungen werden nahe am Boden vorge- nommen. — Obige Zeiten verstehen sich für die Verede- lungen im Freien; unter Glas werden sie in den Monaten Februar bis März und September angewandt. Die Zwergmispeln mit abfallendem Laub sind vor- wiegend auf Weissdorn und Quitte, die immergrünen aber auf die Cotoneaster himalayensis zu veredeln; die immergrünen gedeihen auf letzteren besser und werden auch langlebiger. Crataegus Aria. Crataegus Azarolus. Crataegus Oxyacantha. 233 Crataegus Aria — Gemeine Mehlbirne. Pomaceae. Unterlage. Hiezu werden die aus Samen gezogenen Weissdorne (Crataegus Oxyacantha) verwendet. Veredelung. Diese wird über dem Wurzelhals durch Gaissfuss, Halbspalt- und gewöhnliches Spalt- Pfropfen im April und durch Okulation im Juli bis August vorgenommen. Als Edelreiser sind nur solche Teile von Zweigen zu verwenden, welche gut und kräftig entwickelte Holzaugen tragen. Crataegus Azarolus — Azarol-Dorn. Pomaceae. Unterlage. Zur Vermehrung der Azarolen bedient man sich am besten des Weissdorns, welch' letzterer durch Samen vermehrt wird. Veredelung. Die förderlichste ist die Okulation mit schlafendem Auge; sie wird im Juli bis August vorgenom- men. Ausserdem können die Azarolen noch im Spalt, als Gaissfuss, durch Kopulation, Seitenpfropfen und Pfropfen zwischen Holz und Kinde im Frühjahr (April) veredelt werden; sowohl letztere Veredelungsarten als die Okulation sind vorzugsweise nahe am Boden aus- zuführen. Wenn man von den schwach-, hängend- oder wagrecht- wachsenden Sorten Hochstämme bekommen will, so bedient man sich auch der Zwischen-Veredelung und okuliert zur Bildung des Stammes eine sehr stark- und geradwachsende Sorte, wie: die Crataegus oxyacantha flore pleno- roseo oder Mespilus Smithii, und veredelt die zu ver- mehrende Sorte auf letzterem erst, nachdem man die ge- wünschte Stammhöhe bekommen hat, was gewöhnlich schon im zweiten oder spätestens im dritten Jahre der Fall sein wird. Crataegus Oxyacantha — Weissdorn. Pomaceae. Unterlage. Zur Aufnahme aller Abarten verwendet man Sämlinge des Weissdorn (Crataegus Oxyacantha). 234 Crataegus Oxyacantha. Cupressus. Cydonia. Veredelung. Die zu den Weissdornen gehörigen Sorten nehmen alle Veredelungsarten an, doch sind die nachstehenden zu bevorzugen: die Okulation im Juli bis August, die Kopulation, Gaissfuss, Spaltpfro- pfen und Pfropfen zwischen Holz und Rinde im April bis Mai. Alle diese Veredelungen sind vorzugsweise unten über dem Wurzelhals vorzunehmen, nur die Sorten mit dünnem Holz und die mit hängenden oder sich flach entwickelnden Zweigen und Aesten werden oben an die Krone veredelt; zur Aufnahme von letzteren Sorten wird man zur Bildung der Stämme mit Vorteil die „Zwischen-Veredelung" anwen- den. Der rosa gefülltblühende Weissdorn (Crataegus Oxyacantha flore pleno roseo) liefert sehr schöne Stämme. Cupressus — Cypresse. Cupressaceae. Unterlage. Dieselben werden von der Biota orien- talis oder von der Cupressus fastigiata aus Samen gewonnen. Die erstere ist weniger gegen die Winterkälte empfindlich und entwickelt sich rascher, weshalb sie auch am häufigsten angewendet wird. Veredelung. Spaltpfropfung zwischen eine Ver- zweigung, Seitepfropfung in die äussere Holzschichte und Anplatten. — Die erstere Veredelung kann im Freien im April zwischen den Zweigen des letzten Jahres vorge- nommen werden, die zwei letzteren dagegen sind im Glas- haus auszuführen. Cydonia — Quittenbaum. Pomaceae. Unterlage. Als solche wird die gemeine Quitte (Cydonia vulgaris), die Quitte von Angers (Cydonia vulga- ris macrocarpa) verwendet; beide werden durch Anhäufeln und Stecklinge vermehrt. Ausser diesen zwei Quitten- sorten werden noch aus Samen gezogene Weissdorne (Crataegus Oxyacantha) für die Aufnahme der Quitten für- schlechte, trockene Böden benützt. Cydonia. Cytisus. Daphne. 235 Veredelung. Die beste ist entschieden die Okula- tion mit schlafendem Auge, welche im Juli bis August vorgenommen wird. Gute Dienste leisten aber auch die Kopulation, Gaissfuss und Spaltpfropfen und wer- den diese im Frühjahr, März bis April, rechtzeitig aus- geführt. Bei milder Witterung beginnen die Quitten schon Ende Februar bis März auszutreiben, weshalb die Edel- reiser recht bald im Januar bis Februar geschnitten werden sollen. Cytisus — Bohnenbaum; Lembotropis — Aehren-Gaissklee. Leguminosae. Unterlage. Als solcher bedient man sich des Cy- tisus Laburnum vulgare; derselbe wird durch Samen vermehrt. Veredelung. Durch Okulation im Juli bis Au- gust, durch Kopulation, Seite- und Spaltpfropfen im April. — Die Cytisus und Lembotropis mit dün- nem Holz sind vorzugsweise in den Halbspalt und auf die Höhe zu veredeln, wo man die Krone zu erhalten be- absichtigt. Die anderen Sorten mit stärkerem Holz können durch Okulierung, Kopulierung, Seite- und Spalt- pfropfungen vermehrt werden. Bei den zurückgeschnittenen Unterlagen und haupt- sächlich bei solchen, wo das Edelreis auf der Kopfwunde eingesetzt wird, ist dringend notwendig, auf der Unterlage oben an der Schnittwunde einen Trieb sich entwickeln zu lassen, ohne welchen die Veredelungsstelle häufig austrock- nen und das Gelingen der Veredelung unmöglich gemacht werden würde. Daphne — Seidelbast. Th ymi -leae. Unterlage. Hiezu werden die au- Samen gezüchte- ten Daphne Laureola und Daphne Mezereum verwendet. Veredelung. II a 1 ba palt-, Gaissfuss-, gewöhn- liches Seitepfropfen und Kopulation: diese Verede- 236 Daphne. Diospyros. Elaeagnus. Evonimus. lungen werden alle unter Glas im Februar bis April ausgeführt und zwar vorzugsweise am Wurzelhals der Unterlage. Diospyros — Lotuspflaumenbaum. Ebenaceae. Unterlage. Man verwendet als solche die aus Samen gezogenenDiospyros virginiana und Diospyros Lotus. Veredelung. Durch Kopulation, Gaissfuss, Seite-, Halbspalt- und gewöhnliches Spalt-Pfropfen im April bis Mai; ferner noch durch Okulation im Juli bis August. Elaeagnus — Oelweide. Elaeagnaceae. Unterlage. Es dienen hierzu die aus Samen, Steck- lingen und Ausläufern gezüchtete Gemeine Oelweide (Elaeagnus angustifolia) und Doldenblütige Oelweide (Elaeagnus reflexa — Elaeagnus umbellata). Veredelung. Durch Seitepfropfen in die äus- sere Holzschichte und durch Anplatten. Beide Arten werden von Juli bis September im Vermehrungshaus vor- genommen; die gelungenen Veredelungen werden unter Glas überwintert und erst im folgenden Frühjahr ins freie Land gesetzt. Evönymus — Spindelbaum. Celästreae. Unterlage. Es wird als solche für die Sorten mit abfallenden Blättern der aus Samen gezüchtete Evöny- mus europaea, und für die immergrünen Sorten der aus Stecklingen vermehrte Evönymus japonica ver- wendet. Veredelung. Im Freien durch Seitepfropfen zwischen Holz und Rinde (siehe Fig. 57, 58 u. 59, Seite 97 u. 98); diese Veredelung wird im Juli vorgenommen. — Die Hauptvermehrung des Evönymus durch Veredelung ge- schieht jedoch unter Glas im Februar bis April, und als Veredelungsart giebt man dem gewöhnlichen Seitepfro- pfen, Gaissfuss und Halbspaltpfropfen den Vorzug. Fagus. Ficus. 237 Fagus — Rotbuche. Cupuliferae. Unterlage. Hierzu verwendet man die aus Samen gezüchtete Gemeine Rotbuche (Fagus sylvatica). Veredelung. Die Veredelung der Rotbuche ge- schieht im April durch Spaltpfropfung zwischen eine Verästelung (siehe Fig. 110, Seite 172), im Juni bis Juli durch Seitepfropfung zwischen der Rinde und von März bis Juli durch Ablaktierung. Die Veredelung durch Ablaktierung liefert die besten Erfolge. Für die anderen werden als Edelreiser vorzugsweise zweijährige Zweige verwendet. Ficus — Feigenbaum. Moräceae. Unterlage. Alle Ficusarten lassen sich sehr leicht durch Ableger, Anhäufeln und Stecklinge vermehren; es ist deshalb nicht notwendig, dieselben durch Verede- lung zu vermehren; wenn man es jedoch zu thun wünscht, dann wird die Ficus Carica ganz brauchbare Unterlagen liefern. Mit Ausnahme der Neuheiten und solcher Sorten, von welchen man nicht genügend Holz zu der Steckling- Ver- mehrung besitzt und die man doch rasch zu vermehren wünscht, wird es jedoch besser sein, die Feigen durch An- häufeln, Ableger oder Stecklinge zu vermehren. Veredelung. Zwischen Holz und Rinde, Gaiss- fuss- und Seite-Pfropfen. — Damit das Edelreis selbst Wurzel fassen kann, wird es am Wurzelhals oder auf Wurzel- stücke eingesetzt, worauf man die Veredelungsstelle mit lockerer Erde leicht anhäufelt. — Zu beachten ist, dass, nachdem die zur Unterlage bestimmten Pflanzen oder Wur- zeln zurückgeschnitten sind, denselben ein milchartiger Satt entquillt; bevor das Edelreis eingesetzt wird, niuss man abwarten, bis dieses Hervorquellen aufgehört hat. was einige Stunden in Anspruch nimmt; die Wunde wird hierauf ge- reinigt, das Edelreis hergerichtet und ersi dann eingesetzt 238 Fraxinus. Geiiista — Spartium — Sarothamnus. Gingko. Fraxlnus — Esche. Oleaceae. Unterlage. Es dienen hierzu die aus Samen gezogene Fraxinus excelsior und Fraxinus Ornus; letztere für die blühenden Sorten. Veredelung. Durch Gaissfuss-, zwischen Holz und Kinde-, Halbspalt- und gewöhnliche Spalt- Pfropfung, Kopulierung, Seitepfropfen, Okulieren etc. — Die Veredelung mit Zweigen oder Teilen derselben wird im Februar bis Mai vorgenommen, die Okulation im Juli bis August. Alle Eschensorten mit gedrungenem und die mit hän- gendem Holz, wie die Fraxinus atrovirens, Fraxinus nana, Fraxinus pendula und Fraxinus parvifolia, sind auf der Höhe zu veredeln, wo die Krone beginnen soll. Die nachstehenden Sorten, welche wegen der interessanten Färbung ihrer Kinde oder wegen ihrer Blätterpracht ver- mehrt werden, sind dagegen — um sie voll gemessen zu können — vorzugsweise nahe am Boden zu veredeln: Fraxinus aurea, Fraxinus jaspidea, Fraxinus hi- spida, Fraxinus cucullata, Fraxinus Novae Ang- liae, Fraxinus juglandifolia, Fraxinus californica, Fraxinus heterophylla, Fraxinus simplicifolia, Fraxinus imbricaria etc. Genista — Ginster; Spartium — Pfriemen; Sarothamnus — Besen-Pfriemen. Leguminosae. Unterlage. Diese liefern das aus Samen gezogene Spartium junceum und der Cytisus Laburnum. Veredelung. Durch Gaissfuss, Halbspalt- und ge- wöhnliche Spalt-Pfropfung im April. — Als Edelreisern wird solchen Zweigen, welche mit etwa 5 cm langem zweijäh- rigem Holz gewonnen werden können, der Vorzug gegeben. Gingko — Gingkobaum. Taxaceae. Unterlage. Dieselben werden aus Samen oder Steck- lingen von der Gingko biloba gewonnen. Gingko. G-leditschia. Hedera. 239 Veredelung. Im Freien durch Gaissfuss, Halb- spalt- und gewöhnliches Spalt-Pfropfen. — Unter Glas durch Anplatten oder Seite-Pfropfung in die äussere Holzschichte. Der Gingkobaum gehört zu den zweihäusigen (diö- cischen) Gewächsen, d. h. der eine Baum hat nur männ- liche und der andere nur weibliche Blüten aufzuweisen. Es kann somit von einer Befruchtung der weiblichen Blüte nur dann die Rede sein, wenn ein Baum mit männlichen Blüten sich in unmittelbarer Nähe befindet. Darin liegt der Grund, dass der Gingkobaum bei uns so gut als gar nie Früchte trägt. Durch Veredelung beider Ge- schlechter auf ein und denselben Baum wird man diesen Nachteil beseitigen. — Die Vermehrung durch Samen liefert schönere und kräftigere Stämme , als die durch Stecklinge. Gleditschia — Gleditschie. Leguminosae. Unterlage. Hierzu werden Sämlinge der Gledit- schia triacanthos verwendet. Veredelung. Diese findet durch Pfropfung zwi- schen Holz und Rinde, Gaissfuss, Halbspalt und gewöhnlichen Spalt in den Monaten April bis Mai statt. Bei den Edelreisern ist das Gleiche, wie oben für den Ginster, zu berücksichtigen. Hedera — Epheu. Araliäceae. Unterlage. Hedera Helix und Hedera Helix hibernica, welch' beide durch Stecklinge sehr leicht vermehrt werden können. Veredelung. Im Glashaus auf der Seite durch Anplatten im September bis Oktober und Februar bis März. Das Edelreis ist unten am Wurzelhals einzu- setzen, und da man durch die Veredelung Bäume zu ziehen beabsichtigt, sind als Edelreis nur solche Zweige zu ver- wenden, welche geblüht haben oder blühen wollen. Zur 240 Hedera. Hibiscus. Bildung von Stämmen und Kronen eignen sich die Sorten Hedera Helix hibernica und Hedera Helix Roe- gneriana sehr gut. Das Edelreis (A, Fig. 146) ist ein Epheuzweig, welcher (in a) blühen will; derselbe wird (in b) schräg ab- geschnitten und auf der Unterlage angebracht, wie wir es Seite 103, Fig. 63, angegeben haben. Hibiscus — Festblume. Malväceae. Unterlage. Es werden als Fig. 146. Blühbarer Zweig des Epheu , welcher für die Veredelung diirch Anpiatten solche der Hibiscus synacus, den vorbereitet ist. man durch kamen, Stecklinge oder Wurzel teile vermehrt, verwendet. Veredelung. Der Hibiscus kann im Februar bis März im Zimmer auf den Wurzelhals der Unterlage oder auf Wurzelstücke veredelt werden; die veredelten Unter- lagen werden alsdann in Sand im Keller eingeschlagen und später im April ins Freie gesetzt. — Ausserdem wird der Hibiscus noch im Freien veredelt, und zwar in den Monaten April bis Mai. Als Veredelungsarten werden der Halbspalt, Gaiss- fuss und Kopulation angewandt. Damit die Edelreiser, welche man zu verwenden beabsichtigt, durch die Winter- kälte nicht notleiden, werden die Mutterpflanzen im Spät- herbst eingebunden oder die Zweige abgeschnitten und in trockenem Sand im Keller aufbewahrt. Die Edelreiser der im Freien veredelten Unterlagen müssen mit einer Papierdüte vor der direkten Einwirkung der Sonnenstrahlen und Winde geschützt werden. Hex. Jasminum. Juglans. 241 Hex — Stechpalme. Aquifoliaceae. Unterlage. Für alle Stechpalmen kann man sich der Sorte Hex aquifolium bedienen, die man am besten durch Samen vermehrt. In den Gegenden, wo die Hex wild wachsen, werden die notwendigen Unterlagen im Wald geholt. Veredelung. Diese findet unter Glas statt und wird im März bis Mai und August bis September ausge- führt; die üblichsten Veredelungsarten sind gewöhnliches Seitepfropfen und Seitepfropfen in die äussere Holzschichte (Fig. 61, Seite 101). Die Stechpalmen werden auch im Frühjahr im Mai auf das treibende Auge und im Juli bis August auf das schlafende Auge im Freien okuliert. Jasminum — Jasmin. Jasmin eae. Unterlage. Als solche wird das aus Stecklingen vermehrte Jasminum officinale verwendet. Veredelung. Durch Kopulation, Halbspalt- und gewöhnliches Spalt-Pfropfen, und es werden diese Ver- edelungen alle im Februar und August bis September unter Glas vorgenommen. Juglans Wallnussbaum. Juglandeae. Unterlage. Hierzu können alle aus Samen ver- mehrte Wallnüsse (Juglans regia) verwendet werden. Veredelung. Durch verbessertes Pfropfen zwi- schen Holz und Rinde (Fig. 118, Seite 182, und Fig. 1 19, Seite 183), Spalt- und Gaissf u sspfropfen auf den Würz elh als (Fig. 106, Seite 168), im Spalt zwischen eine Verästelung (Fig. 110, Seite 172), in gespaltene Endknospen(Fig.l05, Seite 1*57) und durch Abi ak t ierung. Die ersteren Veredelungsarten werden im Freien von April bis Mai, im Glashaus aber im Februar bis März und im Juli ausgeführt; die letztere (Ablaktierung) kann dagegen von April bis Juli im Freien vorgenommen werden, — racher, Veredelungen. ] i ; 242 Juglans. Juniperus. Larix. Die einzusetzenden Edelreiser sollen alle mit ihren End- knospen versehen sein. Bei Pfropfung der Nussbäume im Freien scheint mir neben Geschicklichkeit und Uebung auch Glück dazu zu gehören, denn ohne letzteres werden die Erfolge mit Aus- nahme der Veredelung durch Ablaktierung meistens mager ausfallen. Juniperus — Wachholder. Cupressaceae; Junipereae. Unterlage. Es werden als solche die aus Samen gezüchteten Juniperus virginiana benützt. Veredelung. Im Freien wird die Spalt-Pfropfung zwischen eine Verzweigung (Fig. 109, Seite 171) an- gewandt. Die Hauptvermehrung der Sorten durch Ver- edelung findet aber unter Glas im Februar bis März, wie auch im August bis September statt und es leisten das gewöhnliche Seitepfropfen (Anplatten) und die Seite-Pfropfung in die äussere Holzschichte die besten Dienste. Larix — Lärche. Abieteae. Unterlage. Man bedient sich der Larix europaea und Larix microcarpa; beide werden aus Samen ver- mehrt. Veredelung. Im Freien durch Ablaktierung von April bis Juli und Seitepfropfen in die äussere Holz- schichte der Gipfel, sobald die Säfte beginnen, sich zu bewegen, etwa im April. Das Edelreis wird, um seine Austrocknung zu verhüten, mit einer Papierdüte bedeckt. — Im Glashaus findet die Veredelung durch Anplatten im Februar bis März und August bis September statt. Die Lärchen gedeihen, wenn im Glashaus veredelt, vortrefflich, was allerdings von dem Seitepfropfen im Freien nicht gesagt werden kann. — Die Ablaktierung ist für alle Lärchen anwendbar und man bedient sich ihrer Larix. Ligustrum. Liriodendron. 243 hauptsächlich, um die sehr schöne und effektvolle Ame- rikanische Lärche (Larix pendula) auf Stammhöhe zu veredeln. Ligustrum — Rainweide. Oleäceae. Unterlage. Zur Aufnahme der seltenen Sorten wird das Ligustrum vulgare und das Ligustrum o v a 1 i- folium verwendet, welche beide aus Samen, aber vor- wiegend durch Stecklinge vermehrt werden. Veredelung. Im Spalt, Gaissfuss und ge- wöhnliches Seitepfropfen. Alle diese Veredelungen werden im Freien oder noch besser unter Glas im Früh- jahr im März bis April und im Sommer im Juli bis August vorgenommen. Die Ligustrum -Arten können noch durch Oku- lation im Freien im Juli bis August veredelt werden; die richtigste Vermehrungsart ist jedoch die durch Steck- linge. Liriodendron — Tulpenbaum. Magnoliäceae. Unterlage. Als solche dienen die aus Samen ge- züchteten Liriodendron Tulipifera. Veredelung. Die beste ist die durch Ablaktierung im Mai bis Juli im Freien. Unter Glas wird noch das gewöhnliche Seitepfropfen (Anplatten) im Juli bis August angewandt, ohne dass jedoch wesentliche Erfolge erzielt werden. — Soweit die Vermehrung der Lirioden- dron wegen ungenügender Zweige nicht aus Ablegern vor- genommen werden kann, wird man nach meinem Dafür- halten besser thun, fast nur die Ablaktierung vorzu- nehmen, und hier sowohl als für alle sonstigen Gattungen und Sorten, welche sich durch Ablaktierung besser ver- mehren lassen, als durch die anderen Veredelungs- und Vermehrungsarten, wird man sich der drei nachstehenden Mittel erfolgreich bedienen. 1) Wenn die Mutterpflanze der zu vermehrenden Sorte 244 Liriodendron. sich im freien Land befindet (Fig. 147), so werden die zu veredelnden Unterlagen um den Baum oder Strauch herum- gesetzt, oder wenn sich dieselben in Töpfen befinden, auch nur um den Baum oder Strauch derart gestellt, dassdieEnden der Zweige der Mutter- pflanze die der Unter- lage berühren können. Ist dasFrühjahr heran- gerückt und haben die Säfte bereits sich zu bewegen begonnen, dann wird die Ablak- tierung j edes einzelnen Exemplars vorgenom- men und letzteres erst dann von diesem pro- visorischen Ort ent- fernt, nachdem die Ver- edelung vollständig angewachsen ist und die Entwöhnung vor- genommen werden konnte, was meistens ein Jahr, zuweilen Fiff 147. A die Mutterpflanze ; b die ablaktierten oder , • T01.V£. zu ablaktierenden Unterlagen; c der Punkt, wo die aber aUCU ZWd Janie Ablaktiernng vorgenommen ™de, oder. Vorgenonunen ^ Anspruch nimmt — Durch Biegung der Aeste der Mutterpflanze oder durch die schiefe Richtung, welche man die Unterlagen anzu- nehmen zwingt, wird es stets gelingen, beide Teile zu vereinigen. Die zu veredelnden Unterlagen werden gewöhnlich erst, nachdem sie angewachsen sind, also ein Jahr nach der An- pflanzung, ablaktiert; eine Ausnahme findet nur für diejenigen Bäume und Sträucher statt, welche leicht anwachsen. Liriodendron. 245 Die Unterlagen, welche in Töpfen gezogen werden und in diesen verbleiben sollen, werden selbstverständlich erst dann um den Baum herum angebracht, wenn man die Ab- laktierung vornehmen will, und da dieselben mindestens ein halbes Jahr (von April bis Ende Oktober und noch länger) im Freien bleiben sollen, wird man das Aus- trocknen der Erdballen ver- hindern und das häufige Begiessen dadurch weniger notwendig machen , dass man die Töpfe in grössere Töpfe verbringt und die leeren Eäume mit Moos oder noch besser mit feinem Sand ausfüllt und diesen an- feuchtet, so oft der innere Topf begossen wird; letz- Ji teres ist ebenfalls für das j|j zweitnächsteVerfahivn( Fi-\ 149) anzuwenden und warm ZU empfehlen. Fig. U8. a junge Unterlagen, welche treis- f(")nni_'- gesetzt und mit einer in einem Topf be- 2) ist dagegen die Mllt- endlichen Mutterpflanze b dnrcB Ablaktierung . m an ihrer Basis in c veredelt wurden. terpnanzeineinemTopf oder Kübel — was bei den seltenen oder neuen Exemplaren sehr häutig der Eall — so wird die Pflanze (b, Fig. L48) zwischen die Unterlagen (a) gestellt, in die Erde eingegraben und die Ablaktierung (in c) vorgenommen. Dieses A er- fahren wird speziell angewendet, wenn es sich darum han- delt, die Unterlagen nahe am, Boden zu veredeln: wünscht man statt dessen die zu vermehrenden Sorten als Hoch- stämme zu bekommen. 80 wird es in diesem Fall bei sein, wenn man wie folgt verfährt: 3) Geeignete Unterlagen, welche bereits die gewünschte Kronenhöhe erreicht haben, werden etwa 30 bis 50 cm voneinander kreisförmig gepflanzt; nachdem sie genügend 246 Liriodendron. angewachsen, wird, damit die Veredelung mit Erfolg vor- genommen werden kann, die Mutterpflanze (A, Fig. 149) auf einen in der Achse des Kreises fest in den Boden ein- gerammten Pfahl oder Pfosten (B) gestellt. Das Herab- fallen der Mutterpflanze (A) vom Pfahl wird dadurch ver- HCIHR.H'flf/t.X.A.SUniGARr. Fig. 149. A Mutterpflanze; 15 Pfahl nebst dem Hrettchen, auf welches die Mutter- pflanze gestellt wird; <• die Unterlagen; «l die Punkte, an welchen die Ablaköernng vorgenommen wird oder wurde; e die Drähte zur Befestigung des Topfes. Liriodendron. Magnolia. 247 hindert, dass oben auf die Spitze des letzteren ein vier- eckiges Brettstück genagelt wird und zwei Drähte (e) kreuzartig über den Topf gezogen und an das Brettstück befestigt werden. Alsdann werden die Zweige der Mutter- pflanze auf die Unterlagen (c in d) ablaktiert. Die Ver- edelung ist auch hier vorzugsweise vorzunehmen, sobald die Vegetation beginnt, somit im April bis Mai, je nachdem die Gewächse früher oder später austreiben und der Jahr- gang ein früher oder später ist. Im folgenden Frühjahr wird man mit geringen Ausnahmen im stände sein, die Zweige der Mutterpflanze unter dem Ablaktierungspunkt abzuschneiden, die Verlängerung der Unterlage ebenfalls bis zu der Veredelungsstelle einzustutzen; noch besser aber wird es sein, wenn man einen Zapfen stehen lässt, an welchem die Veredelung angebunden wird. — Obwohl die ablaktierten Unterlagen verpflanzt werden können, sobald die Entwöhnung vorgenommen wurde, so ist es doch rat- samer, noch ein Jahr zu warten. Die Töpfe, aber haupt- sächlich die Wurzeln der Mutterpflanze werden den schäd- lichen Einwirkungen des Frostes entzogen, indem vor Ein- tritt des Winters der äussere Topf rings herum mit einer dicken Moosschichte eingebunden und mit einer Strohkappe gedeckt wird. Magnolia — Magnolie. Magnoliäceae. Unterlage. Für die Sorten mit abfallenden Blättern bedient man sich der aus Samen oder Ablegern ge- züchteten Magnolia obovata discolor und Magnolia conspicua Soulangeana, während für die immergrünen Sorten die aus Samen oder Ablegern vermehrte Mag- nolia grandiflora als Unterlage verwendet wird. Veredelung. Im Freien ist nur die Veredelang durch Ablaktierung — im Mai bis Juli — anzuwenden. Unter Glas werden die Magnolien im Februar bis April und Juli bis August durch gewöhnliches Sei tepfropfen i Anplatten), durch Seitepfropfen in die äussere Holz- 248 Magnolia. Malus. schichte, Gaissfuss, Halbspalt- und gewöhnliches Spaltpfropfen veredelt. Malus — Apfelbaum. Pomäceae. Unterlage. Hierzu werden für alle Apfelbäume Sämlinge von Malus communis, oder Ausläufer, Ableger, sowie Stecklinge von Heckapfel (Doucin) — Malus pusilla und von Johannisapfel (Paradies) — Malus paradisiaca, benützt. Die Sämlinge (Wildlinge) von den Malus communis werden ausschliesslich für die Anzucht von Hochstämmen und Halbstämmen angewandt. Für kleinere und niedere Zwergformen verdienen die Doucin und die Paradies den Vorzug und sind sogar die einzigen, deren man sich zur Anzucht von solchen bedienen sollte. Veredelung. Für oben angegebene Unterlagen können alle denkbaren Veredelungsarten angewendet werden. Bei jüngeren Unterlagen verdienen die Okulation und Kopu- lation entschieden den Vorzug. Die Wildlinge des Malus communis können unten über dem Wurzelhals oder oben auf Kronenhöhe veredelt werden, während bei Doucin oder Paradies die Veredelung stets unmittelbar über dem Boden auszuführen ist. Alle für Hochstämme bestimmten Sorten, welche einen mangelhaften Wuchs besitzen, werden erst oben in die Krone veredelt; da aber die Wildlinge sich selbst meistens langsam entwickeln, wird man die Bildung der Stämme dadurch beschleunigen, dass man unten über den Wurzel- hals eine als sehr stark wachsend anerkannte Sorte ver- edelt, wie Seidenhemdehen, Transparente de Cron- cels, Cox's Pomona, Noire de Vitry, Gros doux sucre, Herzogin Olga, Goldparmäne und andere mehr. Durch dieses Verfahren erhält man Prachtstämme, die sich ohne Pfähle ganz gerade entwickeln und jeden Eückschnitt entbehren können. Zeit der Veredelung. Die Okulation wird mit Malus. Mespilus. 249 treibenden Augen im Monat April bis Mai vorgenommen: die Okulier-Edelreiser sind Zweige von vorigem Jahre, welche im Januar bis März geschnitten und im Keller in Sand eingegraben wurden und dort bleiben, bis die Zeit zu ihrer Verwendung herangekommen ist. Später, im Monat Juli bis August, werden die Aepfel-Unterlagen nur noch auf das schlafende Auge okuliert. Die Paradies hören zuerst auf zu treiben, dann folgen die Doucins und zuletzt die Wildlinge; bei der Okulation und namentlich wenn man grössere Quantitäten zu oku- lieren hat, wird es sehr wichtig sein, obiges nicht ausser acht zu lassen, und man wird demnach zuerst die Para- dies, dann die Doucins und zuletzt die Apfel Wildlinge okulieren. Für die Veredelungen mit Zweigen, Aesten und Kronen oder Teilen derselben sind die Monate Januar bis Mai die besten. Mespilus — Mispelstrauch. Pomäceae. Unterlage. Als solche benützt man den Weissdorn (Crataegus Oxyacantha), welch' letzterer aus Samen vermehrt wird. Veredelung. Die ge- bräuchlichste und lohnendste ist die Okulation auf das schlafende Auge und findet diese im Juli bis August statt. Ausserdem können die Mispeln noch im Spalt, Gaissfuss und zwischen Holz und Rinde gepfropft, sowie durch Kopu- lation veredelt werden. — Als Edelreiser soll man nur solche Zweige verwenden, welche mit ' Pracht 250 Mespilüs. Mespilus— Crataegus Pyracantha. kräftigen, gut entwickelten Augen versehen sind, und es ist die Veredelung vorzugsweise nahe am Boden vorzu- nehmen; bei höher ausgeführten hat nämlich die Unterlage (der Weissdorn) die Untugend, alljährlich eine Menge von Seitentrieben auszutreiben. Ausser dem Weissdorn werden noch als Unterlage der Vogelbeerbaum (Sorbus aucuparia), der Birnbaum (Pirus communis), die Quitte und die Mespilüs Smithii ver- wendet und empfohlen. Alle Versuche, welche ich mit letzteren Unterlagen angestellt habe, waren keine glück- lichen; die Veredelung wuchs zwar an, aber hauptsächlich auf den Vogelbeeren war die Entwickelung stets eine viel geringere, als auf dem Weissdorn; ich halte deswegen letz- tere Unterlage für die geeignetste. Die Früchte des Mispelstrauches (Mespilüs germanica, Fig. 1 50) werden vor den Frösten gegen Ende Oktober ge- erntet, auf Stroh gelegt und erst genossen, nachdem sie teigig geworden sind. Mespilüs oder Crataegus Pyracantha — Feuerdorn. Pomäceae. Unterlage. Zur Aufnahme des Feuerdorn werden die durch Anhäufeln oder durch Stecklinge vermehrten Birnquitten (Cydonia vulgaris) verwendet. Veredelung. Gaissfuss, Halbspalt- und gewöhn- liches Spalt-Pfropfen. Als Edelreiser verwendet man vorwiegend zweijähriges Holz und führt die Veredelung im Frühjahr (April bis Mai) aus. Der Feuerdorn (Feuerbusch), Mespilüs Pyra- cantha coccinea, lässt sich auch durch Samen und Stecklinge vermehren; durch Veredelung auf Quitte geht es aber viel rascher und die Entwickelung auf dieser Unterlage ist eine so kräftige, dass die Pflanzen schon im folgenden Herbst verwendet werden können. Monis. Negundo. Olea. 251 Morus — Maulbeerbaum. Moraceae. Unterlage. Hierzu verwendet man die Morus alba, welche durch Samen vermehrt wird. Veredelung. Durch Spaltpfropfen und Okula- tion mit treibendem Auge im Frühjahr, April bis Mai. Beide Veredelungsarten werden mit Zweigen des letzten Jahres ausgeführt, welche in Sand an einem frostfreien Ort, etwa Souterrain oder Keller, eingegraben und bis zur Zeit der Verwendung aufbewahrt werden. Die durch obige Ver- edelungen erreichten Resultate sind in warmen Gegenden sehr gute ; bei uns lassen sie aber viel zu wünschen übrig, und es ist, soweit als thunlich, der Veredelung durch Ab- laktierung oder der Vermehrung durch Ableger den Vorzug zu geben. — Die Okulation sowohl als die Spalt- pfropfung ist vorwiegend an jüngeren Unterlagen über dem Wurzelhals auszuführen. Negundo — Eschenblätteriger Ahorn. Acereae. Unterlage. Als solche verwendet man Sämlinge des Acer Negundo fraxinifolium. Veredelung. Okulation mit aufrechtem T- oder mit verkehrtem J_- Schnitt; dieselbe wird im Juli bis Sep- tember, je nach dem Wachstum der Unterlage, ausgeführt. Zur Vermehrung des Acer Negundo foliisvariegatis soll man sich nur der Edelreiser von gut gestreiften Blättern und Trieben bedienen, deren Blätter jedoch noch etwas Grün aufweisen; wenn die Rinde und die Blätter der Triebe ganz weiss geworden sind, muss man sich hüten, solche als Edel- reiser zu verwenden, und zwar, weil die daraus entstehen- den Exemplare nach kurzer Zeit meistens zu Grunde gehen. Olea — Oelbaum. Oleaceae. Unterlage. Als solche dienen die aus Samen ge- züchteten Olea europaea. Veredelung. Diese wird nur in den wärmeren Län- dern, wo die Oelbäume wegen ihrer Früchte kultiviert 252 Olea. Paeonia arborea. Pinus. werden, vorgenommen; bei uns gedeihen diese Sorten nicht und es ist nur der stechpalmenblätterige Oelbaum (Olea Aquifolium, auch Osmanthus heterophyllus ge- nannt), der hier und da mittels Bedeckung unsere Winter aushält. Die in jenen wärmeren Ländern angewendeten Veredelungsarten sind: Okulation, Spalt- und Rinde- pfropfen. Letztere werden im Februar bis März und erstere von Mai bis September vorgenommen. Paeonia arborea — Giftwurz, baumartige. Ranunculaceae. Unterlage. Als solche dienen etwa 10 cm lange Wurzelstücke der Paeonia Moutan, Paeonia sinensis und Paeonia officinalis. Veredelung. Durch Gaissfuss, Halbspalt- und gewöhnliche Spalt-Pfropfung im April und Juli bis August. Die Sommerpfropfung liefert meistens bessere Ergebnisse, als die im Frühjahr, und wird deswegen auch vorgezogen. In den Gärtnereien, wo die Vermehrung der Paeonia arborea massenhaft vorgenommen wird, werden die Wurzel- stücke im Zimmer oder in sonstigem gedecktem Raum ver- edelt, mit Bast oder Baumwolle verbunden und einfach auf einem Mistbeetkasten in Sand eingegraben und letzterer tüchtig begossen; alsdann werden die Veredelungen mit Fenstern zugedeckt, die etwaigen Oeffnungen zwischen dem Fenster und Mistbeetkasten mit Moos verstopft. Erst nach etwa sechs Wochen, nachdem die Veredelungen angewachsen sind, wird ein wenig Luft gegeben und man gewöhnt sie allmäh- lich an die freie Luft. Pinus — Kiefer. Abietineae. Unterlage. Es dienen als solche die Urtypen oder die daraus entstandenen Sorten, welche die gleiche Anzahl von Nadeln in einem Bündel und ziemlich die gleiche Pinus. Pirus. 253 Wachstumsstärke als die zu veredelnden Sorten aufweisen; die Vermehrung geschieht aus Samen. Veredelung. Unter Glas im März bis April und August bis September durch Anplatten; im Freien im Mai bis Juni durch krautartige Edelreiser in gespal- tene krautartige G-ipfeltriebe (Fig. 107, Seite 169). Pirus — Birnbaum. Pomäceae. Unterlage. So oft die zu vermehrenden Birnsorten zu Hochstämmen oder zur Anpflanzung auf mageren, trockenen Böden dienen, werden sie — selbst die zur An- zucht von Pyramiden, Palmetten und ähnlichen grös- seren Formen — auf Birnen-Wildling (Pirus communis) veredelt, und die Anzucht von letzteren geschieht durch Samen. Bei den kleineren Formen, als: wagerechte, auf- rechte, schiefe (schräge) und wellenförmige Kordons, Topfbäume, U-Formen, kleinen Verriers-Palmetten und Spindeln, ist dagegen der Birn- Wildling als Unter- lage untauglich ; es würde zwar gelingen, die Bäume zu ziehen, aber die ersehnte Produktion wäre meistens nicht zu erleben. Für obige Formen ist die Birnquitte (Cy- donia vulgaris) die einzig zu empfehlende Unterlage, und so oft man guten, tiefgründigen, weder zu nassen noch trockenen Boden hat, wird man am besten selbst die Py- ramiden, grösseren Kessel- und Palmetten-Formen ebenfalls auf Quitte veredeln; auf dieser letzteren Unter- lage werden die Bäume allerdings weniger gross und auch nicht so alt, wie auf dem Birn-Wildling, dagegen wird der Ertrag schon nach wenigen Jahren eintreten und die Früchte meistens schöner, grösser und besser werden. Die Quitten werden am besten durch Anhäufeln, durch Samen oder durch Stecklinge vermehrt; «las erstere ist aber viel einfacher, rascher und lohnender. Zur Aufnahme des Birnbaumes kann man sich auch der aus Samen gezogenen Weissdorne bedienen, die Re- sultate können sich aber bei weitem nicht mit denen der 254 Pirus. Quitte messen. Für den Obstbau leistet der Weissdorn als Unterlage für den Birnbaum nur untergeordnete Dienste ; ist jedoch der Weissdorn schon vorhanden, so wird man ihn als Seltenheit mit Birnen umpfropfen können. Sonst aber — trotz allem, was zu Gunsten des Weissdorns ver- öffentlicht wurde — warne ich, Birnen auf dieser Unter- lage zu erwerben, ja sogar, wenn man nicht grossen Ent- täuschungen, Geld- und Zeitverlusten entgegengehen will, diese von dem Obstgarten und sonstigen regelmässigen An- pflanzungen auszuschliessen. Veredelung. Der Birnbaum nimmt mit allen Ver- edelungen vorlieb; für die jüngeren Unterlagen ist zunächst der Okulation oder Kopulation der Vorzug zu geben, dann kommen die Pfropfungen auf der Seite, in den Spalt und die zwischen Holz und Rinde. Die Okulation wird im Juli bis August auf schlafen- den Augen vorgenommen, während die Ausführung der an- deren Veredelungsarten im Winter von Januar bis März und im Frühjahr von März bis Mai stattfindet; wenn die Edelreiser gut aufbewahrt werden, kann es auch noch später geschehen. Die Birn- Wildlinge verlieren zuweilen ihren Saft sehr rasch; es ist daher ratsam, die Okulation nicht gar zu lange zu verschieben. Sobald man bemerkt, dass sie zu treiben aufhören und schwarze Blätter bekommen, muss man sich mit ihrer Okulation beeilen, welche bei mir von Mitte Juli an vorgenommen wird. — Ich vermehre die Birnen auch durch Okulation im Frühjahr, sobald die Rinde sich gut löst (April bis Mai), und bediene mich hierzu der Augen von Zweigen, welche, im Februar bis März ge- schnitten, feucht und kühl aufbewahrt wurden. Die Re- sultate sind selbst auf Quitten sehr gute, aber soweit genügende Edelreiser vorhanden sind, ziehe ich doch die Pfropfung mit Zweigen vor. Alle Birnsorten, welche für Hochstämme bestimmt sind und sich schwach, krumm und langsam entwickeln, sollen Pirus. 255 oben in die Krone veredelt werden und der Stamm ist aus einer sehr stark-, gerad- und konisch-wachsenden, dauer- haften Sorte heranzubilden. Als solche, welche tadellose Stämme liefern, nenne ich: die Normannische Cider- birne, Geliert's Butterbirne, Englische Butter- birne, Gute Luise von Avranches, Monchallard (Monsallard), Neue Poiteau, Herzog von Nemours, Metzer Bratbirne u. a. m. Eine von diesen Sorten wird unten, nahe am Boden, veredelt, der Stamm damit gebildet, und nachdem die Kronenhöhe vorhanden, wird die zu vermehrende schwach- oder krummwachsende Sorte darauf und an den Punkt, wo man die Krone zu bilden beabsichtigt, veredelt. Auf diese Weise gelingt es, lauter Prachtstämme zu ziehen, selbst die sehr schwachwachsenden Sorten mit Erfolg zu vermehren und schon 3 oder 4 Jahre nach der ersten Ver- edelung fertige, verpflanzbare Hochstämme mit starker Krone zu bekommen. Vermöge dieses Verfahrens, das wir „Z wischen -Ver- edel ungu nennen, ist zur Anzucht der Hochstämme die kostspielige, mühsame und Jahre in Anspruch nehmende Dietrichsche Methode vollkommen überflüssig geworden und die ohne Rückschnitt gewonnenen Hochstämme sind weit schöner, kräftiger und fähiger, ihre Krone ohne den Schutz eines Pfahles zu tragen; die Stämme nehmen we- niger eine schiefe Richtung an, und da dieselben frei von Kurven sind, findet die Entwicklung von Schmarotzer- Trieben auch viel seltener statt. Dies sind lauter Vorteile, die selbst mit Hilfe des stärksten Mikroskope* bei der „Diet- rich sehen Methode" nicht entdeckt werden können. Die ,.Zwischen-Veredelung" wird ebenfalls für alle Bimsorten angewendet, welche mit der Quitte nicht sym- pathisieren, wie: Arbre courbe, Grumkower Butter- birne, Andenken an den Kongress, Bretonneau's Butterbirne, Van Marum's Flaschenbirne, Van M uns (Leon Leclerc), Apremont's Butterbirne, Grand 256 Pirus. Soleil, Marie-Luise, Prinz Napoleon, Edelcras- sane, Clairgeau's Butterbirne, Giffard's Butter- birne, Napoleon's Butterbirne, Madame Treyve und andere mehr ; alle diese Sorten sind nur durch Anwendung der „Zwischen-Veredelung" vorteilhaft und dauerhaft auf Quitten zu züchten. Es wird zuerst auf die Quitte eine solche Sorte okuliert, welche auf derselben gut ge- deiht, wie: Geliert's Butterbirne, Pastorenbirne, Ja- minette, Vereins-Dechantsbirne, Hofratsbirne, Es- perens Bergamotte, Hardenponts Winter-Butter- birne, Neue Poiteau, Herzogin Elsa etc.; im folgenden Sommer werden diese mit der auf Quitte schlecht oder schwachwachsenden Sorte okuliert, und wenn für wagerechte Kordons, U-Formen, Palmetten etc. bestimmt, so viel Augen eingesetzt, als man zur Anfangsbildung der Form benötigt. Dass die Augen an dem Punkte eingesetzt werden sollen, wo man die Aeste zu erhalten wünscht, haben wir bereits Seite 202, 203 u. 205 bei Fig. 135, 136 u. 139 erwähnt und es versteht sich dies übrigens von selbst. Statt der Okulation wird man sich ebenfalls der Win- ter- und Frühjahrs- Veredelung bedienen können, und gerade bei letzterer werden die Veredelungen mit ganzen Zwei- gen, Aeste n und Kronen ihre Hauptrolle spielen. Wenn man anstatt Zwergformen Hochstämme auf Quit- ten zu ziehen beabsichtigt, wird auch vorzugsweise der Stamm aus einer anderen Sorte gebildet, und es sind die Geliert's Butterbirne, Gute Luise von Avranches, Herzog von Nemours, Jaminette, überhaupt alle stark- und geradwachsenden Sorten hierfür zu empfehlen. Für kleinere Hausgärten, wo der Boden meistens den Quitten zusagt, ist die Anwendung der Hochstämme auf letzterer Unterlage nicht warm genug zu empfehlen, und es ist nur sehr zu bedauern, dass sich diese bei uns nicht einbürgern wollen. Der auf Quitte gezüchtete Hoch- stamm ist sehr tragbar, blüht meistens schon ein Jahr nach der Verpflanzung, seine Früchte sind, Pirus. Pirus japonica. Planera. 257 nach Qualität, Färbung und Grösse, denen der Pyramiden ähnlich, und er braucht nicht, wie die letztere Form, alljährlich geschnitten, abgekneipt etc. zu werden; dabei kann die Kultur von niederen Gewächsen, als: Gemüse, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Himbeeren etc., darunter wie zuvor vorgenommen werden, und es ist des- wegen nur zu wünschen, dass alle Gartenliebhaber, die nicht zugleich ein Baumgut und die notwendigen Kennt- nisse über den Baumschnitt besitzen, sich dieser Art von Hochstämmen fleissiger bedienen, als es bisher der Fall war. Pirus japonica — Japanischer Quittenbaum. Pomaceae. Unterlage. Man verwendet die Pflanzen der aus Samen oder Wurzelstecklingen gezüchteten Pirus um- bilicata. Veredelung. Die Okulation im Juli bis August gelingt im Freien. Die anderen Veredelungen, als An- platten, Halbspalt: und gewöhnliches Spalt-Pfro- pfen, werden unter Glas in den Monaten Februar und August vorgenommen. Die Sämlinge werden vorzugsweise okuliert oder durch Anplatten veredelt. Das Halbspalt- und gewöhn- liche Spalt-Pfropfen wird nur für die Veredelung der Wurzelstücke angewendet; in beiden Fällen ist es not- wendig, dass alle sich unter der Veredelungsstelle ent- wickelnden Triebe rechtzeitig entfernt werden. Planera — Planere. (Tlmäceae. Unterlage. Hierzu verwendet man Sämlinge von Ulmus campestris oder solche von Planera crenata. Veredelung. Mit Ausnahme der Planera pendula, welche auf die Kronenhöhe veredelt wird, zieht man bei den anderen Sorten vor, die Veredelung nahe am Boden auszufahren. Als Veredelungsart wird das Doppelsattel- schäften, Gaissfussundttpa Itpfropfenim April bis M a i. sowie die Okulation im Juli bis August angewendet. ( hmcher, Veredelungen. 1 7 258 Platanus. Populus. Platanus — Platane. Plataneae. Unterlage. Die Platanen lassen sich durch Steck- linge vortrefflich vermehren (selbstverständlich auch aus Samen); es kommt deswegen sehr selten vor, dass man die Veredelung in Anspruch nimmt; wenn letzteres jedoch der Fall, so liefert der Platanus occidentalis die Unterlage. Veredelung. Die Platanen können durch Gaiss- fuss, Doppelsattelschäften und sonstige Kopulatio- nen im April bis Mai und durch Ablaktierung im Mai bis Juni veredelt werden. — Die Zweige der Platanen leiden bei uns sehr häufig durch die Winterkälte, weshalb die zu Stecklingen oder Edelreisern bestimmten Zweige vor Winteranfang geerntet und in frostfreien Räumen, in feuchten Sand eingesteckt oder eingeschlagen, aufbewahrt werden sollen. Populus — Pappel. Salicaceae. Unterlage. Die Pappeln lassen sich vortrefflich aus Stecklingen vermehren und diese Vermehrungsart ist die üblichste und lohnendste; sie werden aber auch durch Samen und Wurzelstücke vermehrt, während die Ver- edelung nur für die Sorten mit hängenden Zweigen und sonstige seltene Arten angewendet wird. Je nach der Sorte, die man zu veredeln beabsichtigt, werden nachstehende Pappelarten als Unterlage benützt: Populus tremula, Populus alba, Populus pyramidalis und Populus canadensis. Veredelung. Die Pappeln eignen sich fast für alle erdenklichen Veredelungsarten, indessen sind die nachstehen- den meist vorzuziehen: Kopulation, Gaissfuss, zwi- schen Holz und Rinde, gewöhnliches Spaltpfropfen und die Okulation. Die ersteren werden im März bis Mai und letztere (die Okulation) im Juli bis August ausgeführt. Prunus. 259 Prunus — Pflaumenbaum. Rosiflorae. Unterlage. Alle aus Samen gezüchteten Pflaumen- sorten können als solche verwendet werden. Die Damas- cener-Arten verdienen jedoch den Vorzug, und zwar weil dieselben neben kräftigem Wuchs und grosser Dauerhaftig- keit die Okulation leichter annehmen, als die anderen Sorten. In Frankreich wird fast nur die Prunus do- mestica, Sorte St. Julien, unsere Haferpflaume, ange- wandt und millionenweise vermehrt. Die Pflaumen-Unterlagen können ausser durch Samen noch durch Ableger, Anhäufeln und Ausläufer ver- mehrt werden; zu letzteren aber soll man nur im äussersten Notfall greifen, da sie, wie schon Seite 38 und 39 ange- geben , den grossen Nachteil haben , sich durch Bildung von weiteren Ausläufern rasch zu erschöpfen und eine wahre Wildnis im Obstgarten oder Baumgut hervorzurufen. Als Unterlage wird ferner noch die Mirobolane (tür- kische Kirschpflaume, Prunus Myrobolana) verwendet, deren Vermehrung durch Samen und Stecklinge vorgenommen wird. Auf diese Pflaumen- und Mirobolane-Unterlagen werden nicht nur die eigentlichen Pflaumen, sondern auch die Reineclauden, Mirabellen und Zwetschen, sowie die Ziersorten aller Art veredelt. Veredelung. DiePflaumen undMirobolanen eignen sich zu allen Veredelungsarten, ich gebe aber den nach- stehenden den Vorzug: Okulation, Kopulation. Seite- nköpfen, Gaissfuss, Pfropfen in den Spalt und zwischen Holz und Rinde. Die Okulation wird im Juli bis August, bei jungen, starkwachsenden Mirobolanen sogar erst im September vorgenommen. Die anderen Veredelungsarten werden dagegen im Früh- jahr im April bis Mai und dann im Herbst im Sep- tem!) er bis Oktober ausgeführt. 260 Prunus. Prunus Padus. Quercus. Wenn zur Zeit der Okulation die Unterlage noch sehr kräftig austreibt, dann ist es ratsam, die Triebe einzu- stutzen oder zusammenzubinden; dieses Verfahren kommt nur bei jungen Unterlagen in Anwendung, welche über dem Wurzelhals okuliert werden. Bei allen schwachwüchsigen Sorten, wie die kleine gelbe Mirabelle, wird man sich zur Bildung von Hochstäm- men auch der „Zwischen-Veredelung" bedienen und mit dieser glänzende Resultate erzielen. Die Sorten Hailaras, Reineclaude von Bavay, Belle de Louvain (Schöne von Löwen) und andere sehr stark- und geradwachsende Sorten sind zur Bildung der Stämme vortrefflich geeignet und es können die darauf zu vermehrenden schwachwach- senden Sorten sehr häufig schon im zweiten Jahr auf die Kronenhöhe okuliert oder gepfropft werden. Prunus Padus — Traubenkirsche (Cerasus Padus). Rosiflorae. Unterlage. Zur Aufnahme der Traubenkirsche wird als Unterlage die Prunus oder Cerasus Padus verwendet, welche sich durch Samen und Stecklinge leicht vermehren lässt. Veredelung. Durch Gaissfuss, Halbspalt-Pfro- pfen und Kopulation im März bis April, und durch Okulation und Seitepfropfen zwischen Holz und Rinde im Juli bis August. Quercus — Eiche. Cupulifereae. Unterlage. Für die einheimischen Sorten benützt man die Quercus pedunculata und Quercus Robur, für die der Neuen Welt (amerikanischen) die Quercus Cerris und für die immergrünen die Quercus Hex, welche alle aus Samen zu vermehren sind. Veredelung. Gewöhnliches Spalt- und Halb- spalt-Pfropfen, Spaltpfropfung zwischen eine Ver- zweigung, Kopulation und Ablaktierung. Alle diese Rhamnus Alaternus. Rhamnus Frangula. Rhododendron. 261 Veredelungen können im April im Freien vorgenommen werden, selbst im Juni bis Juli werden durch die Ab- laktierung noch gute Erfolge erzielt, mit den anderen Ver- edelungen wird man, wenn die Witterung im Frühjahr un- günstig ist, was bei uns meistens der Fall, häufig Miss- erfolge erfahren; deswegen ist die Veredelung der Eichen vorzugsweise unter Glas im März bis April vorzunehmen, und auch in diesem Falle wird man sich des Anplattens bedienen können. Rhamnus Alaternus — Immergrüner Kreuzdorn. Rhamnäceae. Unterlage. Diese liefern die aus Samen gezogenen Khamnus Alaternus latifolia. Veredelung. Sie ist unter Glas mit gespannter Luft vorzunehmen und geschieht durch Anplatten im Feb- ruar oder September bis Oktober. — Die Rhamnus sind vorzugsweise auf junge Unterlagen, welche die Stärke eines Federkiels nicht überschreiten, zu veredeln. Da alle Sorten sich sehr gut durch Ableger vermehren lassen, nimmt man sehr selten Zuflucht zu den Veredelungen. Rhamnus Frangula — Gemeiner Faulbaum. Rhamnäceae. Unterlage. Als solche dienen Rhamnus Frangula und Rhamnus oleifolia, welche beide aus Samen ver- mehrt werden. Veredelung. Diese ist unter Glas mit gespannter Luft in den Monaten Februar bis März und August bis September durch gewöhnliches Spalt- und Halb- spalt-Pfropfen vorzunehmen. — Die Sorten mit ab- fallenden Blättern werden auf den Rhamnus Frangula und die immergrünen auf den Rhamnus oleifolia veredelt. Rhododendron — Alpenrose. Ericaceae. Unterlage. Als solche werden Sämlinge von Rhodo- dendron ponticum verwendet. 262 Rhododendron. Ribes. Veredelung. Durch gewöhnliches Seitepfropfen (An- platten), durch keilförmige Einkerbung des Edelreises (Fig. 111, Seite 173), Pfropfen in den Spalt und Ablaktie- rung. Die Veredelung durch Ablaktierung ist die einzige, welche mit Erfolg im Freien ausgeführt werden kann; die anderen sind alle unter Glas vorzunehmen, und zwar vom Februar bis März und dann im Juli bis August. Auch hier geben die Veredelungen auf der Seite die besten Er- folge und sind deswegen zu bevorzugen. Die Edelreiser werden nicht abgeblattet oder man begnügt sich, die Hälfte der Blattfläche zu beseitigen. Ribes — Johannisbeeren und Stachelbeeren. Ribesiaceae. Unterlage. Die Johannnis- und Stachelbeeren werden meistens durch Stecklinge, Ableger und An- häufeln vermehrt. Man bedient sich der Veredelungen nur für die seltenen Sorten, von welchen man nicht ge- nügend Holz für die Vermehrung durch Stecklinge besitzt. In diesem Falle werden die betreffenden Sorten auf ge- ringere Johannis- und Stachelbeersorten veredelt. Die Veredelung der Johannisbeeren und Stachel- beeren wird aber hauptsächlich zur Anzucht von kleinen Hochstämmen, deren Höhe 1 — 2 m betragen kann, an- gewendet; ich gebe indessen der Höhe von 1 m 20 cm bis 1 m 30 cm den Vorzug. Die auf diese Weise gewonnenen Johannis- und Stachelbeeren gewähren einen sehr hübschen Anblick, bilden eine Zierde ersten Ranges und sind sowohl für den Ziergarten als für den Obstgarten geeignet. Die Bäumchen entwickeln sich schnell, sind sehr tragbar, liefern prachtvolle und ausgezeichnete Früchte, welch' letztere wegen der Höhe der Bäumchen nie durch die Erde beschmutzt und weniger durch die Insekten be- schädigt werden. Die Behandlung der Stämme ist eine höchst einfache und bequeme und das Pflücken der Früchte, namentlich bei den Stachelbeeren, ist bedeutend er- leichtert. Ribes. 263 In Anbetracht der oben genannten Vorteile verdienen die Johannis- und S tachel beer -Bäumchen allgemein empfohlen zu werden. Zur Unterlage bedient man sich für die Johannis- und Stachelbeeren der echten Goldtraube (Ribes au- reum) und des echten Ahlbeerstrauches (Ribes nigrum), kurzweg Schwarze Johannisbeere genannt. Diese beiden Unterlagen werden durch Samen und Stecklinge ver- mehrt; die letztere Vermehrungsart ist die gewöhnliche und auch die lohnendste. Für Stachelbeeren verwendet man noch die aus Samen und durch Ableger und Steck- linge vermehrte Ribes uva crispa arborea. Veredelung. Im Freien durch Okulation und Pfro- pfung auf der Seite; letztere verdient den Vorzug und wird nebst der Okulation im Juli bis August vorge- nommen. — Im Glashaus wird die Veredelung im Ja- nuar bis März durch Kopulation, Gaissfuss und Halbspaltpfropfen vorgenommen. Ausführungsart im Freien. — Vor wenigen Jahren glaubte man, dass die Veredelung der Johannis- und Stachelbeeren nicht mit Erfolg im Freien vorgenommen werden könne, und wohl die grösste Zahl der Beeren- züchter huldigt jetzt noch dieser Ansicht. Ich kann aber versichern, dass diese Ansicht eine völlig irrige ist, und dass ich sowohl als mein Freund Theodor Lindau er hier alljährlich die besten Resultate im Freien erzielen, und dass Herr Lindauer schon Tausende von Exemplaren auf diese Weise mit glänzendem Erfolge veredelt hat. Das Verfahren, das wir anwenden, ist folgendes: Die Stecklinge von Ribes aureum werden in der Baumschule auf Beete in einer Entfernung von 20 — 30 cm in der Reihe und 30 — 40 cm zwischen den Reihen gesetzt. Nachdem die Stecklinge angewachsen sind, lassen wir nur einen Trieb in die Höhe wachsen, die anderen werden bis auf 2 — 3 Blattet abgekneipt oder auch gleich gänzlich entfernt. Haben die Stecklinge die erforderliche Stärke und Höhe erreicht, was 264 Bibes. im zweiten Jahre meistens der Fall ist, so werden im Juli bis August die Edelreiser der zu vermehrenden Sorten geschnitten, abgeblattet und in einer Länge von etwa 10 cm auf der Seite der Unterlage angebracht (siehe Fig. 55, Seite 94, 57, Seite 97, 60, Seite 100, 61, Seite 101, und 63, Seite 103), verbunden und mit Baumwachs ver- strichen. Das Edelreis besteht aus gut ausgereiftem Sommer- trieb und kann der Teil, an welchem man den schrägen Schnitt ausführt, zwei Jahre alt sein. Die Unterlage wird erst im folgenden Frühjahr über dem oberen Veredelungs- punkt zurückgeschnitten. Die eingesetzten Zweige wachsen im Sommer und Herbst an, treiben jedoch erst im folgen- den Frühjahr aus. Ein anderes Verfahren, welches noch befriedigendere Resultate liefert , besteht darin, dass (wie die Fig. 151 und 152 veranschaulichen) statt (wiebeiFig.55, S. 94) die Rinde und Holzstreifen (c) des gespaltenen Teiles auf der Unterlage (B) zu entfernen, dieser stehen bleibt, und dass das Edelreis (A) unten an seiner Basis auf beiden Seiten Fig. 161. a 0 bis 800 Frcs. Vitis. 289 „Würde so durch die Schwierigkeiten, die die Ver- edelung der amerikanischen Reben verursacht, unser an und für sich viel höhere Betriebskosten als in den süd- lichen Ländern fordernder Weinbau ganz wesentlich noch verteuert werden, so dass es in sehr vielen Weinbau- gegenden, so z. B. bei uns im Königreich Sachsen, über- haupt fraglich würde, Weinbau noch mit Vorteil treiben zu können, so kommt noch ein Umstand hinzu, der für unsere deutschen Verhältnisse die Anpflanzung amerika- nischer Beben noch mehr in Misskredit bringt, und das ist die kurze Lebensdauer der veredelten Reben. In Frank- reich, wie auch in anderen Ländern hat man leider die traurige Erfahrung machen müssen, dass die veredelten Reben, nachdem sie mehrere Jahre lang schöne Ernten geliefert, zurückgingen und allmäh- lich abstarben. Bei der Untersuchung zeigte sich, dass, wenn die Veredelung auch von noch so geschickter Hand ausgeführt worden, doch das Mark der Edelrebe an der Veredelungsstelle schwarz geworden und vermodert war, wodurch die Saftzirkulation gehemmt, der Stock in seinen Lebensverrichtungen gestört wird und zuletzt eingeht. So zeigten bei J. Sabatier zu Planchud, um nur einige Bei- spiele anzuführen, die 4 — 5jährigen, auf Solonis gepfropften Aramon, Carignane u. s. w. auf der ganzen Fläche von 81 Hektaren das unverkennbare Zurückgehen und Absterben der Stöcke; so gingen bei Leonhard Pommier zu Chäteau Verchant, bei Madame Saintpierre Camille in Rochel schon 3 — 6jährige. bei Baron d'Espons 70 Hektar 1 — 4jährige Aramon und Alicante auf Riparia zu Grunde; selbst an der landwirtschaftlichen Lehranstalt zu Montprlli» t ver- mochte man nicht die 7 Jahre alten, mit Aramon ver- edelten Riparia vor dem Absterben zu erretten, wie uns Direktor Stephan Molnär und Ivan Ottlik, die von der ungarischen Regierung im Jahre 1886 nach Frankreich ge- schickt worden, berichten. Hunderte von Hektaren, werden zu diesem Zweck Läng schnitte in den Wulst der Veredelungsstelle (F Fig. L58) gemacht und diese letztere wird unter den Boden gebracht ill. II), um die Wurzelbildung hervorzurufen; allein trotz- 320 Winke zur rationellen Obstkultur. dem verweigert im allgemeinen die Mehrzahl der derartig behandelten Bäume die Wurzelbildung, vergeilt und stirbt -endlich ab. Verrichtungen, welche vor der Anpflanzung vorzunehmen sind. Je stärker die Bäume sind, desto mehr Handhabe bieten sie dem Winde, und das fortwährende Rütteln und Schütteln stört und zerstört häufig die neuesten Wurzeln und beeinträchtigt infolge davon ihr Anwachsen etc., oder aber, die Bäume neigen sich unter dem Druck des Windes zur Seite, zur Linken oder zur Rechten, verlieren ihre regelrechte Entfernung und rücken aus der Reihe, welche man ihnen bei der Anpflanzung angewiesen hat. Man muss sie daher an einen guten Schutzpfahl an- heften, welcher schon vor der Anpflanzung fest in den Boden gerammt und in die Reihe gebracht werden sollte, denn wenn man den Schutzpfahl erst nach dem Auspflanzen eintreibt, läuft man Gefahr, einen Teil der Wurzeln des Baumes zu verletzen oder zu zerstören. Unter allen Um- ständen muss man sich aber sorgfältig hüten, den Baum gleich nach dem Auspflanzen fest anzubinden, vielmehr müssen die Bänder ganz locker gelassen werden, damit, wenn die Erde und folglich die Wurzeln sich senken, der Baum dieser Bewegung folgen kann, denn im andern Fall würde er als gehenkt zu betrachten sein und seine zarten Wurzeln würden gezerrt und teilweise abgerissen. Das Beschneiden der neu verpflanzten Bäume. Das Beschneiden der Kernobstbäume (Aepfel und Bir- nen) soll erst nach dem Wiederangewachsensein derselben, also ein Jahr nach der Verpflanzung geschehen; doch ist es gut, sogleich, nachdem der Baum verpflanzt ist, und noch bevor der Saftzufluss sich geltend macht, die Ver- längerungszweige auf ungefähr 4 — 6 Augen über dem Punkte einzukürzen, wohin man sie im folgenden Jahre zurückzuschneiden gedenkt. Das Beschneiden der neu verpflanzten Bäume. 321 Diese Massregel ist bei allen Formen ohne Unterschied, gleichviel ob Hochstämme oder Zwergbäume, vorzunehmen, weil man dadurch verhindert, dass die- jenigen Augen, auf welche man im folgen- den Jahre zurückzuschneiden beabsichtigt, sich entwickeln; es ist nämlich vorteil- hafter, sie in dem auf die Verpflanzung folgenden Sommer noch in schlafendem Zustande zu lassen, denn wenn sie sich \ entwickelten, würden die aus ihnen her- vorgehenden Zweige in den meisten Fällen zu schwach sein, als dass man eine gute Verlängerung aus ihnen gewinnen könnte, und sie müssten daher in diesem Falle im nächsten Jahre bis auf ihre Neben- augen zurückgeschnitten werden. In Betreff der Fruchtzweige gilt die Regel, sie ganz so zu beschneiden, als ob der Baum nicht verpflanzt worden wäre. Man muss sich aber wohl hüten, Einschnitte oder Kerben daran anzu- bringen, weil der Saft, falls der Baum noch nicht gehörig angewurzelt wäre, nicht reichlich genug vorhanden sein würde, um die Entwickelung derjenigen Augen oder Zweige hervorzurufen, welche man durch die Einschnitte befördern und be- günstigen möchte; und die Folge dieses Saftmangels wäre dann sehr häufig nur die, dass die Schnittwunde sich nicht ver- narben, sondern offen bleiben, sich ver- \ grossen] , das benachbarte Auge oder Zweigchen schädigen und sich in eine Krebswunde verwandeln würde. Wenn es sich um Hochstämme mit vollkommen her- gestellter Krone und mit Aesten von gleicher Triebkraft L59. Apfel-Hoch« stamm, dessen Zw eige und Verlängerung der Krone unmittelbar nach d< a pflanznng oder rechtzeitig im Frfihjahr(Man — April) die zwei unteren '/. sollen dagegen — weil kürzer und schwächer — irar nicht Eurüekgeschnit- ten werden. Gaueher. Veredelungen. 91 322 "Winke zur rationellen übstkultur. handelt, so begnügt man sich, dieselben etwa um ein Drittel zurückzuschneiden; nach dem Zurückschneiden müssen die unteren Aeste die längsten sein und mindestens noch 30 cm Länge haben (vergleiche unsere Fig. 156 und 157, Seite 313 u. 314, sowie Fig. 159). Sollten aber die Aeste der Krone schwach und kurz sein, so ist es vorteilhafter, sie gar nicht zurückzuschneiden, es wäre denn, dass sich unter ihnen einige sehr kräftige befänden, welche man dann ein- kürzen muss, um das Gleichgewicht herzustellen. Alle verpflanzten einjährigen Veredelungen, welche zur Bildung von Pyramiden und Palmetten bestimmt sind, sollen auf 0,70 m, alle zu Spindeln, aufrechten oder wagerechten Kordons bestimmten auf 0,80 bis 0,90 m zurückgeschnitten werden; dagegen lässt man diejenigen, welche die angegebene Länge nicht überschreiten, unbeschnitten. Sind die einjährigen Veredelungen schon mit Seiten- trieben versehen, so kürzt man diese nach ihrer Stärke und Stellung bis auf 0,10 bis 0,20 m ein, wobei aber alle diejenigen geschont werden müssen, welche den Charakter von Fruchtspiessen oder Fruchtruten haben. Handelt es sich dagegen anstatt der Kernobstbäume vielmehr nur um Steinobst- (ApriKosen-, Kirschen-, Pflau- men-, Mandel- und Pfirsich-) Bäume, welche sich im all- gemeinen weit leichter bewurzeln und infolge davon kräf- tiger entwickeln, so kann das Beschneiden unmittelbar nach dem Anpflanzen vorgenommen werden. Beim Pfir- sichbaum ist es sogar dringend notwendig, ihn an allen Zweigen einzuschneiden, weil die Augen sonst fehlschlagen und leere Stellen erzeugen würden, welche man nur noch auf künstliche Weise wieder ausfüllen könnte. Die Mittel zu dieser künstlichen Ausfüllung der Lücken erfordern aber nicht nur viele Zeit, sondern auch noch ganz spezielle Kenntnisse, und stehen deshalb nicht jedermann zu Ge- bote. Pflege, welche die neugesetzten Bäume erfordern. 323 Pflege, welche die neugesetzten Bäume erfordern. Wofern der Boden nicht feucht ist, thut man gut, im Frühjahr immer etwas Geströhe um den Fuss der Bäume auszubreiten, d. h. die Rabatte ganz oder auch nur teil- weise mit einer 4 — 6 cm hohen Schicht langen, strohigen Mistes zu überspreiten, welchen man allenfalls auch durch Laub oder Gestrüpp ersetzen kann. Diese Streu, welche man alljährlich erneuern sollte, hat den doppelten Zweck und Vorteil, den Boden am Fuss der Bäume feucht und locker zu erhalten und den Bäumen selbst ihren Nahrungs- stofF zuzuführen. Auch empfiehlt es sich sehr, im Laufe des Sommers an heissen Tagen die Krone und Zweige der Bäume abends mittels einer Spritze regenartig anzunetzen. Endlich sei hier noch bemerkt, dass es nach dem Aus- pflanzen der Bäume von grösserer Stärke ausserordentlich wertvoll ist, die Baumstämme bis in die Krone hinauf mit Moos oder Stroh zu umhüllen oder sie wenigstens mit einem Gemenge von Lehm und frischem Kuhfladen zu über- streichen. Durch dieses Mittel schützt man sie wirksam vor dem Austrocknen und Verdorren durch die Sonnenglut, welche bei neuverpflanzten starken Bäumen häufig deren Absterben herbeiführt. Im Vorstehenden haben wir die hauptsächlichsten Ge- schäfte aufgeführt, welche eine Anpflanzung von Bäumen beansprucht, wenn sie gut ausgeführt sein soll. Werden unsere Winke genau befolgt, so wird man sich bald von der Wirksamkeit derselben überzeugen können, denn man sichert sich dadurch beinahe immer das Anwachsen der Bäume, welche kräftiger austreiben und länger leben wer- den, so dass man in den allermeisten Fällen im fünften Jahre mit seinen Bäumen viel weiter sein wird, als man mit den mangelhaften Mitteln, deren man sich seither nur allzu oft bedient hat, im zehnten Jahre gekommen wäre. 324 Winke zur rationellen Obstkultur. Soll man schon geformte Bäume pflanzen? Diese wichtige Frage möchten wir bejahend beantworten und sogar noch besonders befürworten und anempfehlen. Wer schon fertige Formbäume pflanzt, der gewinnt mehrere Jahre und erspart sich manche Unannehmlich- keiten und getäuschte Erwartungen. Je stärker die Bäume in einem gewissen Masse sind, desto mehr Zeit wird ge- wonnen und einen desto grösseren Ertrag erzielt man. Wer sich solche Bäume anschafft, der hat meist schon im zweiten Jahre einen Ertrag, und jeder nicht ganz un- wissende Gärtner wird ohne besondere Schwierigkeit einen solchen Baum weiter zu behandeln wissen, indem er an den bereits gemachten Operationen auch die künftigen studieren kann. Wir finden es begreiflich, dass ein Gärtner, Guts- besitzer oder sonstiger Baumliebhaber, welcher alle er- forderliche Zeit und die genügenden unerlässlichen Kennt- nisse in der Baumzucht besitzt, um seine Bäume selbst formen zu können, und welcher hauptsächlich schon der- artige in vollem Ertrage inne hat, es vorzieht, nur junge Bäume oder einjährige Veredelungen zu pflanzen, um sie selbst zu Formbäumen zu erziehen, und wir geben zu, dass diese Arbeit ihm grosse Freude und Genuss verschaffen mag. Allein diejenigen, welche einen Baum auf solche Weise zu behandeln verstehen, sind noch selten, und wir glauben daher, den Gartenbesitzern nur in ihrem eigenen Interesse raten zu sollen, dass sie lieber schon geformte Bäume pflanzen. Die fünf oder sechs Jahre, welche sie auf diese Weise gewinnen werden, sind gar nicht zu verachten, und die Gewissheit, bei den für die Fortsetzung des be- gonnenen Werkes unerlässlichen Operationen des Baum- schnittes keinen Missgriff zu begehen, verdient ebenfalls Berücksichtigung und Erwägung. Wie viele Gartenbesitzer haben wir nicht schon ge- sehen, welche — weil sie keine geschickten oder tauglichen Soll man schon geformte Bäume pflanzen? 325 Gärtner und nicht selber die genügenden Kenntnisse in der Baumzucht hatten, — durch das Pflanzen ein- oder selbst zweijähriger Veredelungen im zehnten Jahre ihrer Kultur kaum weiter waren als im ersten! Dagegen könnten wir andrerseits eine Menge Gartenbesitzer aufzählen, welche, wenn sie nach unserem Eate schon geformte Bäume ge- pflanzt hatten, gleich in dem auf die Anpflanzung folgen- den Jahre eine hübsche Anzahl der besten und schönsten Früchte ernteten. Die Verwendung schon formierter Bäume ist jedoch nur in dem Falle anzuraten, wenn man gewiss weiss, dass man wirklich gut gezogene und regelrecht formierte Bäume beziehen kann, welchen die gleiche Sorgfalt geschenkt wurde, wie man sie ihnen selbst angedeihen lassen würde. Wann und wo dies aber nicht der Fall ist, da wird man sich un- bedingt mit grösserem Nutzen der einjährigen Veredelungen bedienen, welche noch unverdorben und derartig sind, dass man ihnen jede beliebige Form geben kann. Diese werden viel billiger zu stehen kommen und demjenigen, welcher auf regelmässige und schön gezogene Formbäume etwas hält, den Aerger ersparen, welchen er sonst bei Erwerbung schlecht gezogener oder ungesunder Bäume in den Kauf bekäme, denn ein schlecht gezogener Formbaum oder einer mit verhältnismässig zu schwachem Wurzelvermögen ist geschenkt zu teuer und kann seinem Eigentümer nie Freude machen. III. Der rationelle Baumsehnitt und sein Nützen. Wie aus der Einleitung und dem Vorwort des Anhanges Seite 29o, ersichtlich, hat der Baumschnitt, wie jedes andere Verfahren, seine Lobredner und seine Verächter. Einige bemühen sich um seine Verbreitung, andere verwerfen ihn, teils angeblich im allgemeinen Interesse, teils aus persön- 326 Der rationelle Baumschnitt und sein Nutzen. liehen Gründen, ganz schonungslos. Diese Gegner sprechen ihm jeden EinfTuss auf die Fruchtbildung ab und lehren: Fig. 160. Ansicht des inneren Teiles eines mit Zwischenmauern angelegten Obstgartens. er erschöpfe die Bäume und ver- anlasse eine mehr oder minder vollständige Unfruchtbarkeit ; sie versteigen sich sogar zu der Be- hauptung, dass er mehr Bäume töte, als zu erhöhter Lebensthätig- keit anrege. In manchen Fällen mögen sie allerdings recht haben und wir stimmen sogar mit ihnen überein, denn allerdings, wenn der Baum- schnitt nicht in passender Weise angewendet wird, sind Frucht- bildung und Gesundheit des Baumes iich ! in' i)auemaannimmth,c wenn^er in Frage gestellt. Allein sollen rSfSch!ftteSPwi?d!' abM wir deshalb unsere Bäume sich lg? < 3e?> Der rationelle Baumschnitt und sein Xutzen. 327 selbst überlassen? Wohl schwerlich, denn bei jeder ge- eigneten Anwendung des Baumschnittes wird derselbe nach- stehende Vorteile ergeben: 1) Der Baumschnitt erhöht den Umfang und Wert der Früchte. Jedermann weiss, dass gut kultivierte Obstbäume auch ohne jeglichen Baumschnitt Früchte und sogar gute Früchte tragen können, wenn sie guten Sorten angehören. Sie richten sich dabei nach jenem grossen Naturgesetz, demzu- folge sich jedes organische Wesen inner- halb gewisser Grenzen durch Samen fort- pflanzen soll. Allein die Natur selbst kümmert sich wenig darum, ob die Samen mit einem mehr oder weniger dichten Fruchtfleische bedeckt sind oder nicht. Für unseren wirtschaftlichen Gebrauch dagegen ist jenes Fruchtfleisch weitaus der wichtigste Teil unseres Obstes, und wir erstreben daher mit dem Obstbau immer die grösst- mögliche Ausbildung des Fruchtfleisches. Aus diesem Grunde benützen wir die den Früchten innewohnende Fähigkeit, den Saft des Baumes aus den Wurzeln an sich zu ziehen, wie es die Blätter thun, und wir verwenden die Ansaugung des Saftes durch die Früchte zu Gunsten der Fleischbildung. Gewisse Operationen des Baum- »icb *£** »'-'i- 1 jungen Bauiin-szwf l.Jalirc Schnittes, z. B. das Zurückschneiden der "arh dex *«•*•!■■* Aeste, das Auskneipen der Laubknospen etc., verhelfen uns zu diesem Ergebnisse. Wir führen dadurch den Früchten eine ziemliche Menge Saft zu, welche nur zur Bildung der für uns unnötigen Holztriebe beigetragen haben würde. Hieraus ergiebt sich, dass, wenn der Saft auf einen engeren Wirkungskreis beschränkt ist, jede L88, Ansieht riur-> 328 Der rationelle Baumschnitt und sein Nutzen. Frucht besser genährt und um so grösser und wertvoller wird. 2) Der Baumschnitt regelt Tragfähigkeit. und vermehrt die Bäume, an wel- chen der Schnitt nicht ausgeführt wird, liefern Erträg- nisse, welche, wenn auch nicht sehr schön, doch zuweilen sehr reichlich sind. Aber dieser reichlichen Fruchtbildung folgt beinahe immer ein ziemlich regelmässi- ges Nachlassen, auf ein sehr fruchtbares Jahr folgt ziemlich regelmässig ein un- fruchtbares. Bekanntlich rührt diese unregelmässige Tragbarkeit daher, dass in dem besonders fruchtbaren Jahre beinahe aller Saft zur Entwickelung der Früchte verbraucht worden ist und zur Bildung neuer Blü- tenknospen für das nächste Jahr unzu- reichend war. Die Ausübung ei- nes guten verständigen Baumschnittes hat zur Folge , dass Fig. ica. '•"-•■■ ''■■'■ . *v ( ■ Birnbaum als Pyramide gezogen. Der rationelle Baumschnitt und sein Xutzen. 329 dieses Nachlassen der Fruchtbildung vermieden wird, in- dem man den Baum durch das Zurückschneiden, Aus- brechen, Abkneipen, Beseitigung der überflüssigen Blüten, Entfernung der zu zahlreich vorhandenen Früchte etc. ver- anlasst, seinen Saft auf wenigere Teile zu verteilen, welche nebst den Früchten besser ernährt werden, und wobei somit noch Saft genug übrig bleibt, um die Entwickelung der Blütenknospen für das darauffolgende Jahr zu befördern. . 164, Birn-Verrier's-Palmette mit LS Aesten, 3) Der Ba umschnitt setzt uns in den Stand, da- hin zu wirken, dass die Holzverzweigung der Bäume den ganzen Raum, der jedem von ihnen, sowohl im Freien als am Spalier, vorbehalten ist, regelmässig ausfüllt. Viele Arten und Sorten unserer Obstbäume, wie Pfir- siche, Weinreben und manche Sorten von Birnen, geben namentlich in unserem Klima nur dann einen befriedigen- den Ertrag, wenn wir ihnen den Schutz zweckmässig her- ellter Mauern, Bretterzäune etc. geben. Schutz- wände (Fig. 160, Seite 326) sind nur mit einem ziemlichen 330 Der rationelle Baumschnitt und sein Nutzen. Kostenaufwande herzustellen, und wir müssen daher von den an denselben gepflanzten Bäumen den grösstmöglichsten Ertrag zu gewinnen suchen. Zu diesem Zwecke muss der Wuchs der Bäume, welche wir an solchen Mauern ziehen, so geregelt und geleitet Fig. 165. Yiertfügelige Yerrier's-Palmette. werden, dass die Aeste regelrecht die ganze Wandfläche einnehmen. Wenn daher die Spalierbäume dem Schnitt nicht unterworfen würden, so könnte man nicht zu einem solchen Ergebnis gelangen. Die neuen Zweigbildungen würden, wie unsere Figur '161, Seite 326, zeigt, von der Mauer hinweg oder hinauszuwachsen, so dass ein beträcht- licher Teil des Ertrages dem wohlthätigen Einfluss des Der rationelle Baumschnitt und sein Nutzen. 331 Schutzortes oder Obdachs entgehen würde, den man ihnen geben wollte, und dass die Oberfläche der Mauer nur un- vollständig mit Aesten be- deckt würde. j Bezüglich der im Freien gezogenen Obstbäume sehen wir, dass sie, wenn man bei ihnen nicht gleich- falls den Baumschnitt an- wendet, meist die Form von Hochstämmen anneh- men. Der junge Baum, Fig. 162, Seite 327, ist auf diese Weise zuerst in seinem Umkreis mit eini- gen Aesten versehen; im Verhältnis zu seinem fort- schreitenden Alter und Wachstum verschwinden aber die Verästelungen an seiner Basis, und der mehr oder minder hohe, einfache oder verzweigte Stamm trägt nur an seinem Gipfel Zweige, wo sich bald eine umfangreiche Krone von . rundlicher Form bildet. Fig.w. Wrn- Man wird daher ge- zwungen sein, diese Bäume in grosser Entfernung von einander zu pflanzen, und ihr Ertrag wird im Verhältnis zu dem Kaum, den sie ein- nehmen, nur ein geringer sein, denn die durch verworrene Aeste und Zweige versperrte, dicht gedrängte Krone verwehrt dem Licht und der Luft den Zutritt und wird nur auf ihrem äusseren Umfang Früchte bäum, als auf- rechter Kur- don gezogen. I 164. Klink. -1 anch Fuseau genannt pindelj 332 Der rationelle Baumschnitt und sein Nutzen. tragen. Wir müssen dagegen einräumen, dass, wenn man mittels des Schnittes diesen Bäumen eine andere Form giebt, z. B. eine Kegelform, Fig. 163, Seite 328, dass diese Kegel, wenn sie nahe am Boden auszweigen und einen Durchmesser bekommen, welcher ungefähr ein Drittel der Stammhöhe beträgt, und wenn ihre Aeste am Stamm regel- Fig. 168. Gerüst eines freistehenden Doppel-Spaliers, welches aus eisernen Pfosten mit Dachvorrichtung und galvanisierten Drähten nach N. Gauchers System hergestellt i-t. Bei diesem Gestelle dienen Strohmatten (s. Fig. 171, Seite 335) als Schutzdach. massig und in gewisser Entfernung verteilt sind, um auf ihrer ganzen Länge von Luft und Sonnenlicht berührt zu werden, fortan folgende Vorteile darbieten werden: Man wird die Bäume weit näher zusammenpflanzen können, obwohl sie dieselbe Oberfläche der Entwickelung darbieten, wie die obenerwähnten, und zwar eben wegen ihrer Kegel- form; man kann daher dieselbe Bodenfläche mit einer Der rationelle Baumschnitt und sein Xutzen. 333 weit beträchtlicheren Anzahl von Bäumen bepflanzen. Weil aber andrerseits ihre Aeste lichter stehen, kann jeder der- selben eine grössere Anzahl Früchte liefern, als die nicht- geschnittenen Bäume. Die als Palmetten (Fig. 164, Seite 329 und Fig. 165, Seite 330), als Spindeln (Kunkel, Fuseau, Fig. 166) und insbesondere die als senkrechte Kordons (Fig. 167) an doppelfreistehenden Spalieren (Fig. 171, Seite 335) ge- zogenen Bäume liefern noch weit befriedigendere Ergebnisse, wie die als Pyramiden gezogenen. Aus dem Vorerwähnten dürfen wir den Schluss ziehen, dass der Baumschnitt, indem er die natürliche Gestalt der Bäume abändert, zwar deren tragfähige Oberfläche, jedoch nicht deren Ausdehnung vermehrt und daher erlaubt, auf derjenigen Bodenfläche, welche diese Bäume ernährt, noch einen weit beträchtlicheren Ertrag zu erzielen. Aber wir machen es uns zur Pflicht, hier bezüglich der Formen, welche wir dem Wuchs unserer Bäume geben, nochmals unsere Stimme gegen eine Uebertreibung zu erheben, welche heutzutage alles vernünftige Mass über- schritten hat. Beim Anblick der Obstgärten mancher gärt- nerischen (pomologischen) Lehranstalten oder solcher von Liebhabern, beim Anblick des Gressent 'sehen Werkes mit dem sehr verführerischen Titel „Einträglicher Obstbau", möchte man auf den Glauben geraten, der Baumschnitt habe keinen anderen Zweck als den, die Bäume in eine mehr oder weniger bizarre Form hineinzuzwängen oder zu ver- drehen. Manche Formen sind allerdings sinnreich oder anmutig gestaltet, aber man überzeugt sich bald, dass die auf ihre Erzielung verwendete Zeit und Mühe sich durch keine reichliche Ernte bezahlt macht. Gar häufig opfert man auf diese Weise der Form das Wesen und die Fruchtbarkeit, und rechtfertigt daduirli die vorgefasste Meinung derjenigen, welche dem Bauinschnitt jede Bedeutung für den künftigen Nutzertrag absprechen. Die Form, welche wir dem Wuchs der Obstbäume geben, 334 Der rationelle Baumschnitt und sein Nutzen. darf also nicht durch Laune oder Gutdünken bestimmt werden; sie muss vor allem die beiden wichtigen Bedin- gungen erfüllen: dass ihre Ausführung und Pflege möglichst wenig Zeit beansprucht, und dass wir auf einer gegebenen Raumfläche die grösstmög- liche Anzahl von Fruchtästen erzielen. Fig. 169. Hauptpfosten für Anfang und Schlu.ss der frei- stehenden Doppel-Spaliere. (Fig. 168 u. 171.) i 1« ;• , . . i !• .1 l. .1 Fig. 170. Zwischenpfosten zur Herstellung der freistehenden Doppel-Spaliere (Fig. 168 und 171). Die Entfernung dieser Pfosten von einander beträgt 3 bis 3,50 m. Wir haben hunderterlei Formen, aber nur wenige werden diese Bedingungen erfüllen, und doch tauchen fort- während neue Erfindungen auf, um die Zahl der un- nützen Formen noch zu vermehren. Hat man — wie Der rationelle Baumsclmitt und sein Xutzen. 335 Herr Gressent und andere es aufs deutlichste nachweisen — hier eine Kreuzung, dort ein Zickzack, oben eine Kurve, unten eine Anplattung, so hat man auch eine neue Form, der man rasch einen Namen giebt; dann eine Beschreibung und Zeichnung darüber, und man brüstet sich mit einem Erfolg, der ans Lächerliche grenzt, ja man beeilt sich, damit Marktschreierei zu treiben! — Fig. 171. Das durch die Fig. 168 dargestellte freistehende Doppel - Spalierg welehes auf beiden Seiten mit aufrechten Kordons, (J-Formen und Verrier's-Palmetten bekleidet i-t. n»-i>>t Ansieht der Aber die Bechs durch die Dachvorriehtnng gezogenen Drahte ausgerollten und befestigten Strohmatte, Man wähne ja nicht, wir wüssten die regelmässig ge- zogenen Formbäume nicht zu schätzen! Wir lieben die- selben im Gegenteil, aber nur, wenn diese Regelmässigkeit sich mit Schönheit und reichlichem Ertrage vereinbaren lässt; unsere bescheidenen kritischen Ausstellungen gelten daher nur den unpraktischen Uebertreibungen. 336 Der rationelle Baumschnitt und sein Nutzen. 4) Ein Hauptergebnis des Schnittes ist der ge- steigerte Ertrag der Obstbäume, weil man jeden Ast nötigt, sich auf seiner ganzen Länge mit regelmässig verteilten Fruchtzweigen zu bekleiden. Lässt man in der That jeden Ast nach Belieben in die Länge schiessen, so verschwinden allmählich, und zwar von der Basis aufwärts, die Fruchtzweige und sammeln Fig. 172. Der hier gezeigte Baum wurde wohl angebunden , aber nicht dem Schnitt unterworfen, weshalb die innerlichen Teile allmählig kahl und unfruchtbar ge- worden sind. sich nur an den äussersten Enden an (Fig. 172); der Baum wird also einen bedeutenden Flächenraum einnehmen und doch nur auf einem beschränkten Teil seiner Verästelungen einen schwachen Ertrag liefern können. Dagegen wird man durch das Zurückschneiden der Verlängerungen der Aeste, Einstutzen und Abkneipen der sich zu stark entwickelnden Fruchtzweige, Ausführung der Quer-, halbmondförmigen und dachförmigen Einschnitte die Entwickelung und Erhaltung der Fruchtzweige befördern und dadurch bewirken, dass die Aeste nicht nur an ihren Der rationelle Baumschnitt und sein Nutzen. 337 äusseren Teilen, sondern von unten bis oben mit Frucht- zweigen bekleidet bleiben, wodurch der Ertrag wesentlich erhöht wird, und zwar ohne dass die Bäume grössere Dimensionen annehmen. Fig. 17;;. Freistehendes Doppel-Spalier, ebenfalls aus eisernen Pfosten und galvani- sierten Drahten hergestellt, n»-i>~t einem Teil des aus Segeltuch hergestellten <>b- daehes, sowie der gespannten Beitliehen Sehutztttcher. (X. Gauchers neuestes System.) Der Baumschnitt steigert noch den Ertrag, weil er es ermöglicht, dem Baum die geeignete Form zu geben und ihm leicht dasjenige Obdach und denjenigen Schutz ange- deihen zu lassen, welcher seine Blüten der Einwirkung der Spätfröste und dem Ungemach der AYitUrung entzieht (Fig. 171 und 173) — einen Schutz, welchen wir den sich selbst überlassenen Bäumen nicht gewähren können. Allein, wie ich schon im Eingang bemerkt habe, der Baumschnitt wird uns nur dann die vorerwähnten Resul- tate liefern, wenn er mit Verständnis und Urteil vorge- Gaueher, Veredeini 22 338 Der rationelle Baumschnitt und sein Nutzen. nomnien wird; ausserdem dürfte es freilich besser sein, darauf zu verzichten. Die Bäume werden dann zwar keine regelmässige Form haben und man wird häufig erst später einen Ertrag bekommen; aber zu einem gegebenen Zeit- Fig. 174. Hauptpfosten für Anfang und Schlues der frei- stehenden Doppel-Spaliere. (Fig. 173.) 1- [?M ... 1" . 1. 1*. Ä; k« 111 ■ Fig. 175. Zwischenpfosten zur Herstellung der freistehenden Doppel-Spaliere (Fig. 173). Die Entfernung dieser Pfosten von einander beträgt auch wie bei Fig. 168 und 171, 3— S,60„m. punkt werden wir doch endlich Früchte ernten — ein Vor- teil, welchen wir nicht haben würden, wenn wir einen Schnitt anwenden, welcher nicht auf die folgenden Prin- zipien gegründet ist. Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 339 IV. Allgemeine Grundsätze des Baums chnitts. Diese Grundsätze, zwölf an der Zahl, spielen im Obst- bau eine solch wesentliche Rolle, dass der Obstzüchter sie beständig im Auge behalten und sich vergegenwärtigen muss, denn sie sind unbedingt der Schlüssel zur ganzen Baumzucht, und wer sie gewissenhaft beobachtet, kann sicher allen Schwierigkeiten trotzen und stets die ge- /1Q Fig. 176. Drahtspanner. — Diese dienen zur Spannung der einzelnen Drahtlinien und sind bei Herstellung von Spalieren sowohl aN beiSpannung vonDrähten für wagerechteK<>rdi»us «''' '■ geradezu unentbehrlich, da ohne solche Drahtspanner ein festes und regelmässiges Anspannen der Linien nie möglieh i wünschten Ergebnisse erzielen. Ohne die Berücksichtigung dieser Grundsätze dagegen ist alles dem Zufall überlassen, und wir werden in den meisten Fällen nur Täuschungen zu erwarten haben. 1) Alle zu wählenden Formen müssen symmetrisch sein. Der Zweck davon ist nicht, wie gar viele Personen meinen, der, dem Auge einen angenehmeren Eindruck dar- zubieten, sondern die symmetrische Form soll es uns er- leichtern, den für diese Bäume bestimmten Raum voll- kommen auszufüllen und die Erhaltung des Gleichgewicht^ in der Vegetation zu begünstigen. 2) Damit die Gestalt eines Baumes dauerhaft sei, ist vor allem notwendig, dass der Saft sich gleichartig über alle seine Teile verbreite und verteile. Wie wir schon bei dem Nutzen des Baumschnitta gezeigt haben, strebt der Saft sich vorzugsweise nach dem *) Bezüglich der Preise meiner Spalier- und Kordonspfosten, Drahtspann« banme etc. verweise leli auf das Verzeichnis meiner Obstbaomschulen , «reiches auf Verlangen gratis and franeo sugesandt -.sini. 340 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. Gipfel des Stammes zu begeben. Wenn wir daher nicht gewisse Mittel anwenden, welche den Zweck haben, ihn von seinem Wege abzulenken, so wird daraus folgen, dass die Aeste der unteren Teile schlecht ernährt und ihres Fruchtholzes beraubt werden, dass ihre Verlängerungen fortzuwachsen aufhören, austrocknen und dass sie schliess- lich absterben. Hierdurch würde die Form, welche wir anfangs erzielt hatten, bald verschwinden. Um nun diesen Nachteilen zu begegnen, muss man unerlässlich seine Zu- flucht zu gewissen Mitteln nehmen, welche den Zweck haben, die natürliche Richtung des Saftes zu verändern und diesen zu zwingen, dass er alle diejenigen Punkte des Baumes genügend ernähre, welche in anbetracht ihrer Lage zum Verkümmern und nachherigen Untergang bestimmt wären. Zu diesem Zweck wird man zu nachfolgenden Operationen greifen und dieselben der Eeihe nach anwenden müssen, bis ein vollständiges Gleichgewicht im Wachstum hergestellt sein wird: a) Die Zweige und Aeste der allzu stark wüchsigen Teile müssen weit kürzer geschnitten werden, als diejenigen der schwach wüchsigen. Je grösser der Unterschied im Gleichgewicht ist, desto kürzer muss man die stark- irüchsigen Teile zurückschneiden. Wie uns nunmehr bekannt, haben die Blätter die Eigenschaft, den Saft nach denjenigen Teilen zu ziehen, auf welchen sie stehen. Je mehr Blätter daher ein Zweig oder Ast besitzt, desto grösser und lebhafter wird auch seine Entwickelung sein. Hieraus folgt denn, dass jedes- mal, wo wir es mit Teilen zu thun haben, welche eine allzu kräftige Entwickelung angenommen haben, die wir ab- schwächen müssen, diese Teile nach Massgabe ihres Wachs- tums eingekürzt werden sollen. Durch dieses Zurück- schneiden unterdrücken wir die Holzaugen und verhindern die Entwickelung der Blätter, welche die Holzaugen hier entwickelt haben würden; der Saft strömt dann diesen Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 341 Teilen in geringerer Menge zu und deren Wachstum ist infolge davon minder lebhaft. Wenn man an, den schwachen Teilen in entgegen- gesetztem Sinne verfährt, d. h. wenn man dieselben so lange wie möglich stehen lässt, so bewahrt man an den- selben eine grosse Menge Holzaugen, welche später Blätter und Triebe entwickeln, den Saft nach diesen Teilen hin- ziehen und ein weit reichlicheres und ergiebigeres Wachs- tum hervorrufen werden. b) Man muss die schwachen Teile aufrecht halten und die starken Teile herunterbiegen. Je aufrechter oder senkrechter ein Ast, Zweig oder Trieb sich entwickelt, desto leichter zirkuliert der Saft in ihm, — eine Bedingung, welche für das Wachstum der- artiger Teile und für die Entwickelung ihrer Wurzeln be- sonders günstig ist. Wenn man daher die schwachen Zweige aufrichtet, strömt ihnen der Saft reichlicher und kräftiger zu, die Knospen entwickeln sich kräftiger und die Menge der Blätter, welche diese Teile tragen werden, zieht den Saft zum Xachteil der heruntergebogenen Teile an. c) Alle unnützen Triebe, welche sich an den starken Teilen befinden, müssen so buhl als möglich unterdrückt werden, während diese Unterdrückung an den schwachen Teil»,, erst so sjt'it als möglich vorgenommen werden soll. Wir haben aus den vorhergehenden Angaben ersehen, dass je mehr Blätter vorhanden sind, desto grösser auch die Vegetationskraft oder das Wachstum ist. Wenn man daher an den starkw üchsigen Teilen alle unnötigen Triebe unterdrückt, so vermindert man die Menge der Blattei an diesen Teilen und schwächt damit auch deren Wachstum. Lässt man dagegen die unnötigen Triebe auf den Bchwachwüchsigen Teilen sich so Lange als möglich ent- wickeln, so veranlasst man. dass denselben dn Saft in grösserer Menge zuströme, und wenn man dann zur Unter- drückung derselben schreiten nniss, 30 wird der Saft, welcher 342 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. einmal seinen Zug dorthin genommen hat, dort leichter zu erhalten sein. d) Man muss an den Trieben der kräftigen Teile das Ein- kneipen so früh wie möglich vornehmen, an den schwachen Teilen aber erst so spät wie möglich einkneipen (pin- cierenj und sich damit begnügen, nur diejenigen Triebe einzukneipen, welche durch ihre Stellung ein Bestreben verraten, sich zu kräftig zu entwickeln oder sich in Schmarotzer zu verwandeln. Infolge dieses Pincierens oder der Unterdrückung der krautartigen Spitzen der Triebe wird deren Wachstum auf einige Wochen gehemmt und die abgespitzten Triebe ge- zwungen, zu Gunsten der schwachen Teile zurückzubleiben, welche, weil sie nicht eingekneipt wurden, die Zeit haben, sich zu kräftigen und die Triebe der starkwüchsigen Teile einzuholen. Diese Operation hat immer nur die Schwächung des Wachstums zum Zweck und spielt eine bedeutende Rolle in der Behandlung der Fruchtzweige; sie ist unser bestes Mittel zur Regelung eines ordnungsmässigen Wachstums; ohne sie wäre gar keine Möglichkeit vorhanden, regel- mässig geformte und im Gleichgewicht stehende Bäume zu erzielen, welche in allen ihren Teilen mit Fruchtholz gar- niert sind, und die Natur zur Beschleunigung der Trag- fähigkeit zu zwingen. e) Man muss die Zweige und Triebe der starkivüchsigen Teile so bahl und so fest wie möglich pcdissieren (an- binden), wahrend man denen der schwachwüchsigen so lange icie möglich ihre volle Freiheit lässt, und man bedient sich bei den letzteren dieser Operation nur, wenn es zu befürchten stünde, dass die Zweige oder Triebe vom Winde abgeknickt werden könnten oder nicht im stände /raren, die ihnen bestimmte Richtung anzunehmen. Jedenfalls aber muss man beim Palissieren vorsichtig verfahren und die Zweige und Triebe der zu seit wachen Teile nur so locker und so spät wie möglich an- binden. Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 343 Wenn man die starkwüchsigen Teile bald und nahe am Spaliergestelle anbindet, so beraubt man sie der Luft und — falls der Baum einer Mauer entlang steht — auch teilweise des Lichts; sind ferner die starken Teile fest an- gezogen, so hemmt man auch auf diese Weise die Saft- bewegung in denselben. Bei den schwachen Trieben be- günstigt man dagegen die Saftbewegung durch möglichst langes Freilassen und lockeres Anbinden der Triebe. Es ist selbstredend, dass dieses Verfahren nur bei Bäumen anwendbar ist, welche überhaupt dem Palissieren unter- worfen werden, sei es, dass sie einer Mauer entlang oder dass sie im Freien stehen. f) Man muss am Stamme etwa einen halben Zentimeter über dem Ursprung des allzu schwachen Astes, Zweiges oder Triebes einen halbmond- oder dachförmigen Ein- schnitt, aji den allzu starkwüchsigen Trieben, Zweigen oder Aesten aber derartige Einschnitte unter ihrem Ursprung am Stamme machen. Die Anwendung dieser Einschnitte findet im ersten Fall (nämlich bei den schwachwüchsigen Aesten, Zweigen und Trieben) sehr häufig statt und bezweckt die Durch- schneidung der Saftgefässe, welche sich auf dieser Seite des Stammes befinden. Dadurch nämlich, dass der Saft nicht höher steigen kann und seinen Weg plötzlich unterbrochen findet, wird er gezwungen, eine andere Richtung einzu- schlagen und auf die Entwickelung des Astes oder Zweiges zu wirken, welcher unter dem Einschnitt entspringt. In betreff des zweiten Falles (nämlich des Einschnittes unterhalb des Ursprungs der starkwüchsigen Triebe, Zweige und Aeste) genügen zwar ineist die schon früher ange- gebenen Mittel, und man muss nur selten seine Zuflucht zu demselben nehmen; wendet man ihn aber dennoch an, so schwächt man aus den oben angegebenen Gründen die darüber befindlichen Teile wesentlich. Man macht diese Einschnitte entweder mit der Baum- säge oder mit dem Gartenmesser — mit dem letzteren in 344 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. allen Fällen, wo man das Verfahren an jungen, nicht mehr als dreijährigen Bäumen vornehmen muss und man den Zweck verfolgt, die Entwicklung der Zweige (der Sommer- triebe oder Erzeugnisse des vorigen Jahres) zu begünstigen, und man giebt dem Einschnitt dann die dachförmige Gestalt (A, Fig. 73, Seite 117) oder die Halbmondform (C, Fig. 73 und 97, Seite 117 und 140). Wo es sich aber darum handelt, den Zweigen oder Aesten an mehr als dreijährigem Holze zu Hilfe zu kommen, bedient man sich besser einer kleinen Baumsäge, weil diese keinen glatten Schnitt giebt, sondern das Holzgewebe zer- reisst und eine langsamere Vernarbung der Wunde veran- lasst, als wenn man letztere mit dem Gartenmesser oder irgend einem andern schneidenden Werkzeug gemacht haben würde. Auch giebt man in diesem Fall dem dach- förmigen Einschnitt (B, Fig. 73, Seite 117) den Vorzug. Die Tiefe und Breite dieser Einschnitte richtet sich nach den Ergebnissen, welche man erreichen will, und muss desto tiefer in den Splint hinein reichen, je kräftiger die- jenigen Teile, welche man begünstigen will, sich entwickeln sollen. Gewöhnlich macht man die Einschnitte mit dem Gartenmesser nur 2 — 3 mm breit und ebenfalls 2 — 3 mm tief, diejenigen mit der Säge von 5 bis zu 10 mm tief; man wendet sie nur bei Kernobstbäumen an, und vorzugs- weise um die Zeit, wo keine starken Fröste mehr zu be- fürchten sind, also im März und April. Die Einschnitte müssen, um ihre Wirkung nicht zu verfehlen, offen bleiben und ihre raschere Vernarbung soll deswegen durch Ueber- tragung mit Baumwachs nicht — wie vielfach empfohlen wird — begünstigt werden. Bei den Steinobstbäumen wenden wir diese Einschnitte nicht an, weil sie in vielen Fällen bei denselben den Harz- fluss herbeiführen würden, eine Krankheit, welche bekannt- lich diesen Bäumen sehr verhängnisvoll ist. g) Man bringt auf allen Leitzweigen und Aesten der allzu schwachtrüchsigen Teile einen Längenschnitt an und Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 345 verlängert denselben bis auf 2 — 5 cni unter ihrer lr- sprungsstelle. Diese Operation, bei welcher man die Rinde auf der ganzen Länge der allzu schwachwüchsigen Zweige oder Aeste bis auf den Splint durchschneidet, erleichtert die Ausdehnung der Rinde und das Wachstum des ange- schnittenen Teils in die Breite oder im Durchmesser. Der Längenschnitt ist bei allen Bäumen, Kernobst wie Stein- obst, anwendbar. (Siehe auch Seite 118 — 119, Fig. 75). h) Man mass an den schwachen Aesten oder Zweigen alle oder beinahe alle Früchte unterdrücken und an den starke)* die grösstmögliche Anzahl du ran stehen hissen. Da nämlich die Früchte die Eigenschaft haben, den Saft der Wurzeln an sich zu ziehen und ganz zu ihrem eigenen Wachstum zu verwenden, so folgt daraus, dass, je mehr Früchte ein Zweig trägt, desto mehr sein Wachstum geschwächt wird. Wenn man daher die Früchte an den schwachen Teilen unterdrückt, so kommt der Saft, welchen sie absorbiert haben würden, diesen schwachen Teilen zu- gute und sie werden sich kräftiger entwickeln. Jedesmal, wenn man zu diesem Mittel greifen muss, wird es sich sehr empfehlen, an den schwachwüchsigen Teilen schon die Blüten unmittelbar nach der Entfaltung der Blütenknospen zu beseitigen, wobei man aber Sorge tragen muss, die Blütenstiele zu erhalten, um nicht die Augen zu beschädigen, welche sich an der Basis derselben befinden. Dieses Ausbrechen der Blüten empfiehlt sich auch für alle Kernobstbäume, bei denen die Endknospe der Yerlängcrungszweige sich in eine Blütenknospe verwandelt hat. Ohne diese Vorsichtsmassregel würde die neue Ver- längerung derselben verändert werden und selten die ge- wünschte Entwicklung erlangen. i) Man muss auf den starkieüchsigen Teilen eint Anzahl Blätter verstümmeln, indem man sie in der Mitte ab- schneidet oder auf die Hälfti der EUxttspreiU verkürzt. Indem man eine gewisse Anzahl Blätter auf die Hälfte 346 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. verkürzt, mindert man ihre Thätigkeit und verhindert, dass der Saft in solcher Fülle an die Teile gelange, welche diese Blätter tragen. Die Zahl der zu verstümmelnden Blätter muss im Verhältnis zu der allzu starken Lebenskraft der Zweige oder Triebe stehen, und die Unterdrückung soll vorzugsweise an den kräftigsten Trieben vorgenommen werden. Viele Baumzüchter empfehlen die Beseitigung der ganzen Blätter und begnügen sich mit der Erhaltung des Blattstiels. Dieses sehr wirksame Verfahren hat aber auch seine Nachteile und darf nur mit der grössten Vorsicht und Beschränkung angewendet werden, denn die allzu starke Beseitigung des Laubes kann ein Zurückdrängen des Saftes zur Folge haben, welches sehr häufig die Entwickelung gewisser Krankheiten, wie des Krebses bei den Kernobst- und des Harzflusses bei den Steinobstbäumen, hervorrufen würde. Da ferner der grösste Teil der Augen, welche sich in den Blattstielwinkeln der unterdrückten Blätter befinden, nicht mehr so gut ernährt werden, so würden diese etwas verkümmern und sich im nächsten Jahre schwieriger ent- wickeln. Um diese Nachteile zu vermeiden, empfiehlt es sich daher, lieber die oben angegebenen Mittel anzuwenden und behufs der Erreichung derselben Ergebnisse lieber an der doppelten Menge von Blättern zu operieren. k) Man üb er spritze die schwachen Teile alsbald nach der Entwickelung der Blätter mit einer Auflösung von schwefelsaurem Eisen (Eisenvitriol). Diese Lösung (man nimmt 1—2 gr Eisenvitriol auf das Liter Wasser) wird von den Blättern aufgesogen und regt diese zu gesteigerter Thätigkeit an. Man darf das Ueberbrausen aber nur bei bedecktem Himmel oder noch besser nach Sonnenuntergang vornehmen, denn ohne diese Vorsichtsmassregel würden die Sonnenstrahlen die Flüssig- keit verdunsten, ehe die Blätter dieselbe hätten aufsaugen können, und würden überdies die Blätter durchlöchern und verbrennen. Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 347 Dasselbe Mittel lässt sich auch mit Vorteil gegen die Gelbsucht anwenden, aber mit dem Unterschied, dass man sich nicht allein mit dem Ueberbrausen der belaubten Teile begnügt, sondern auch den Baum an derjenigen Stelle, wo er seine meisten Zaserwurzeln hat, mit einer solchen Lösung von 25 — 30 gr Eisenvitriol auf ein Dekaliter (10 Liter) Wasser tüchtig begiesst. I) Man entfernt die Zweige und Aeste mit den schwachen Trieben von der Mauer und erhält daselbst nur die- jenigen y welche zu starkwüchsig sind. Durch dieses Verfahren gestattet man den von der Mauer entfernten Teilen, von allen Seiten her Luft und Licht aufzunehmen; da es aber gerade diese Agentien sind, welche die Verrichtungen der Blätter und deren Einwirkung auf die Wurzelthätigkeit fördern, so wachsen diese Teile weit kräftiger als die an der Mauer zurückgehaltenen, welche nur von einer Seite her und weit weniger Luft und Licht erhalten. in) Man beschattet die starktoüchsigen Teile im Frühjahr durch Anwendung eines Obdachs von etwa 50 cm Breite. Da diesen Teilen durch das angebrachte Obdach eine gewisse Menge Licht und Sonnenstrahlen entzogen wird, so erzielt man, nach den im obigen Passus unter 1) dar- gelegten Gründen, eine Verzögerung des Wachstums zu Gunsten der schwachen Teile. Man bedient sich dieser Mittel hauptsächlich bei den Pfirsichbäumen und erzielt mit Hilfe derselben die Erhaltung des Gleichgewichts zwischen allen Teilen dieser am Spalier gezüchteten Bäume. Gleichwohl darf man es nur im Notfall anwenden und muss — um die Bleichsucht zu vermeiden, welche auf den beschatteten Teilen entstehen könnte — das Obdach wieder wegnehmen, sobald die Triebe eine Länge von ungefähr 10 cm erreicht haben werden. Nötigenfalls könnte man ja auf dieses Mittel gegen Ende Juni von neuem zurück- greifen und es etwa 14 Tage lang auf diejenigen Teile an- wenden, deren Wachstuni man zu hemmen wünscht. 348 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. n) Man pflanzt unter einen allzu schwachwücksigen Ast einen jungen Baum, den man, sobald er genügend an- gewurzelt ist, unter dem zu verstärkenden Ast an den Stamm ablaktiert. Dies gilt besonders für die in Palmettenform gezogenen Bäume, deren untere Aeste und Zweige manchmal geringes Wachstum zeigen, und die man mittels dieses Verfahrens (Fig. 50, Seite 87) verjüngt und kräftigt. Sobald die Ver- edelung gelungen ist und eine vollständige Verwachsung stattgefunden hat, führt diese neue Unterlage dem Ast oder Zweig diejenige Saftmenge zu, welche demselben fehlte, und man verhütet dadurch in dem Spalierbaum eine Lücke, welche hier früher oder später entstanden wäre. 3) Die Triebe, welche sich auf einem kurz geschnittenen Zweig entwickeln, sind kräftiger, als die auf einem lang geschnittenen. Wenn man zur Zeit des Schnittes einem Zweig nur zwei oder drei Augen gelassen hat, so wird offenbar der in so engen Verhältnissen zurückgehaltene Saft die stehen- gebliebenen Augen zwingen, kräftigere Triebe zu ent- wickeln, als wenn der Saft genötigt gewesen wäre, seine Thätigkeit über eine grössere Anzahl von Augen zu ver- breiten. Die Blütenknospen entwickeln sich lieber und in grösserer Anzahl auf schwachen Aesten, als auf starken, und man muss daher jedesmal, wenn man die Holzzweige erhalten möchte, kurz schneiden, dagegen lang schneiden, wenn man Fruchtzweige bekommen will. Aus der An- wendung dieses Grundsatzes ergiebt sich, dass, wenn man den Schnitt anwendet, um die Lebenskraft schwacher oder solcher Bäume zu vermehren, welche durch einen allzu reichen Früchte-Ertrag oder irgend eine andere Ursache erschöpft sind, alle Zweige kurz geschnitten werden müssen. Man hat mich beschuldigt, ich befinde mich dabei im Widerspruch mit demjenigen, was ich bezüglich des ersten, Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 349 zur Herstellung des Gleichgewichts anzuwendenden Mittels gesagt habe; allein dieser Widerspruch ist nur ein schein- barer, wie ich sogleich zeigen werde. Im ersteren Falle werden nur einige von den Zweigen des Baumes kurz ge- schnitten und man vermindert auf diese Weise zu Gunsten derer, welche lang geschnitten wurden, die Absorptions- kraft, welche dieselben auf den Saft der Wurzeln ausüben. Die Triebe, welche sich entwickeln, sind gewiss kräftiger als diejenigen, welche auf den lang geschnittenen Zweigen entspringen; sie absorbieren aber doch weniger Saft, als wenn die sämtlichen Zweige des Baumes derselben Ver- kürzung unterworfen worden wären, denn ein Teil des Saftes kommt nun den zahlreichen Augen der lang ge- schnittenen Zweige zu statten, deren Wachstumskraft da- durch gesteigert wird. Mit anderen Worten: die Triebe der lang geschnittenen Zweige sind nicht so kräftig, wie diejenigen der kurz geschnittenen , allein sie sind zahl- reicher und dienen zur Bildung einer grösseren Masse von Holzgewebe und Augen, wodurch unfehlbar eine Schwächung der starken Teile zu Gunsten der schwachen Teile statt- findet. Handelt es sich dagegen um die Wiederherstellung eines erschöpften Baumes, so befindet sich dieser in einer ganz anderen Lage. Anstatt an demselben nur einige Zweige einzuschneiden, unterwirft man sie sämtlich derselben Be- handlung, und der Saft, welcher nun nicht mehr in reiche- rem Masse nach der einen Seite hingezogen wird, als nach der anderen, wirkt nun mit gleicher Stärke auf die kräftige Entwickelung von beiden; alle Triebe des Baumes tragen nun zur Bildung neuer Holz- und reichlicherer und besserer Rindenschichten bei, so dass auch bald neue strahlen- förmige Verlängerungen der Wurzeln entstehen, welche ihre Verrichtungen gut erfüllen. Der Baum erlangt dadurch seine frühere Triebkraft bis zu dem Zeitpunkte, wo ein Längerer Schnitt ihn von neuem wieder zum Frucht tragen veranlasst. Dass dem erschöpften Baume gleichzeitig auch 350 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. durch Düngung neue Nahrung zugeführt werden muss, ist selbstverständlich. Durch das Vorstehende glaube ich die Ursache des verschiedenen Erfolges erklärt zu haben, welchen man mit dieser Operation je nach der Art und Weise ihrer Anwen- dung erzielt, und diese Erläuterungen werden hoffentlich hinreichen, um die Meinungsverschiedenheit zu beseitigen, auf welche ich und meine Anhänger seither bei einer grossen Zahl von Theoretikern und Praktikern gestossen sind. 4) Der Saft bringt die natürlichen oder kombinierten End- knospen mit grösserer Kraft zur Entwickelung, als die Seitenaugen. Das Austreiben der Knospen, welche man auf einem und demselben Individuum beobachtet, bietet sehr bedeu- tende Unterschiede dar. Man sieht, dass die Endknospe eines Zweiges immer kräftiger ist und eine grössere Länge annimmt, als die unterhalb derselben befindlichen Augen — eine Erscheinung, welche sich aus dem Bestreben des Saftes erklärt, sich nach dem Ende der Zweige zu begeben, wo der Saft desto leichter zirkuliert, weil die Endknospe eine direkte Fortsetzung des Zweiges bildet. Wenn man daher eine sehr kräftige Verlängerung er- zielen will und wenn die Endknospe gut ausgereift ist, so wird man sich vor der Beseitigung derselben hüten müssen. Ist man aber im Gegenteile genötigt, einen Teil des Zweiges zu unterdrücken, so wird man den Schnitt über einem gut ausgebildeten Auge vornehmen müssen; je besser dieses ent- wickelt ist, ein um so kräftigerer Trieb wird aus demselben hervorgehen. Aus dem soeben Gesagten geht hervor, dass jedesmal, wo es sich um die Erzielung einer kräftigen Verlängerung handelt, die Endknospen so viel wie möglich geschont wer- den, oder dass man vorzugsweise nur über einem gut aus- gebildeten Auge schneiden soll, wobei man sich wohl hüten muss, über demselben noch andere Teile stehen zu lassen, Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 351 welche ihm die Einwirkung des Saftes entziehen könnten. Lässt man also Zapfen stehen, so muss man dafür sorgen, dass sogar auch die Nebenaugen an denselben unterdrückt werden. Will man dagegen eine schwache Verlängerung erzielen, so beseitigt man nicht nur die Endknospe, sondern schnei- det sogar auf ein schwaches Auge zurück, oder aber man bricht, wenn ein solches nicht vorhanden ist, das Haupt- auge aus und zwingt dadurch den Saft, auf die Xeben- augen zu wirken, welche sich an der Basis der eigentlichen Augen und der allzu frühzeitigen Triebe befinden; da diese Xebenaugen von sehr schwacher Konstitution sind, so ent- wickeln sie sich immer langsamer und später als die an- deren Augen, und daraus folgt, dass die aus diesen ent- stehenden Triebe weniger kräftig werden. 5) Je mehr der Saftumlauf gehemmt wird, desto weniger kräftig sind die daraus entspringenden Triebe und desto mehr bedecken sie sich mit Fruchtaugen. Man bemerkt bei allen Bäumen, welche sich selbst überlassen sind, dass ihre Tragbarkeit erst beginnt, wenn sie eine gewisse Entwickelung erreicht haben und mit einer Menge kleiner Spiesszweigchen versehen sind. Eine Aus- nahme von dieser Regel findet nur bei kränklichen und schwächlichen oder bei solchen Bäumen statt, welche sehr fruchtbaren Sorten angehören. Dieses Naturgesetz beweist uns zur Genüge, dass zum Erscheinen der Tragbarkeit der Saft langsam zirkulieren und auf diese Weise eine voll- ständigere Vorbereitung in den Blättern und Holzgeweben erfahren muss — eine Vorbereitung, ohne welche er nur Holzaugen liefert. Wenn die . Bäume eine gewisse Ent- wickelung erlangt haben, so wird die Raschheit des Sal't- umlaufs verzögert wegen der Ausdehnung der Verzwei- gungen, welche der Saft durchlaufen muss, und ebenso durch die vielfach gebrochenen Linien, denen er zu folgen genötigt ist; da er nämlich nicht mehr reichlich genug vor- handen ist, um alle Augen zu ernähren, bleibt ein Teil 352 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. von ihnen schwach, und dann erst beginnen die Blüten- knospen sich zu entwickeln. Wenn der Baumzüchter die Tragbarkeit beschleunigen will, so muss er notgedrungen die Vorgänge in der Natur nachahmen, nämlich seine Bäume so schneiden, dass eine grosse Anzahl der zur Bildung der Fruchtzweige bestimm- ten Seitenzweige schwach bleibt. Zu diesem Behuf muss er sich aller geeigneten Mittel bedienen, welche die kräftige Wirkung des Saftes vermindern können , und die hierzu wirksamsten sind nachstehende: d) Die Verlängerung der Aeste sehr lang zu schneiden. Durch dieses Verfahren zwingt man den Saft, seine Wirkung über eine grössere Anzahl von Augen zu verteilen. Die aus denselben hervorgehenden Triebe entwickeln sich minder kräftig und liefern Seitenzweige, wie wir es nach- gewiesen haben, welche leichter Fruchtaugen ansetzen. b) Das Einkneipen und die Drehung nicht allein bei den Trieben ; die auf der Verlängerung der Aeste stehen, sondern auch noch bei den auf den Fruchtz iceigen stehen- den anzuwenden. Diese Operationen haben den Zweck, das Wachstum der Triebe zu schwächen und den Saft zu zwingen, dass er seine Wirkung auf die unversehrt gelassenen Triebe richte. c) Alle Seitentriebe der Fruchtzweige, welche eine hänge von 10 — 15 cm überschritten haben, einem jährlichen Schnitt zu unterwerfen und die kräftigsten halb abzuknicken. Durch dieses Verfahren hindert man die so behandelten Zweige, ein allzu starkes Wachstum anzunehmen; der in seinem Umlauf unterbrochene Saft wirft sich vorzugsweise auf andere Punkte und die auf den gelassenen Zweigen austreibenden Augen entwickeln sich weniger kräftig und verwandeln sich bald in Fruchtaugen. Die drei vorgenannten Mittel müssen alljährlich an allen Bäumen angewandt werden, welche einem rationellen Schnitt unterworfen sind, während die nachstehenden nur ausnahmsweise angewandt werden, nämlich in solcher Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 353 Fällen, wo die oben genannten für ungenügend erkannt wurden, und man kann dann: d) eine Anzahl Blutenknospen auf die Aeste oder auf die Fr u eltt z ireige pfropfen. Dieses Pfropfen findet zur Zeit und nach Art der Oku- lation auf das schlafende Auge statt und besteht darin, dass man von einem Baum derselben Gattung kleine Zweige im August bis September nimmt, welche mindestens je eine Blütenknospe für das nächste Jahr tragen, dieselben sofort abblattet — d. h. alle Blätter beseitigt und nur die Hälfte des Blattstiels stehen lässt — und sie in die Seite der Aeste des Baumes pfropft (Fig. 68 Seite 108, Fig. 69, 70 Seite 109, Fig. 71 Seite 110, Fig. 12 Seite 111, und Fig. 181 S. 366), dessen Tragbarkeit man beschleunigen will. Die kleinen Zweige verwachsen mit dem Baum, auf welchen sie gepfropft werden, entfalten im folgenden Früh- jahr ihre Blüten und setzen gerade so gut an, als wenn sie auf ihrem Mutterstamm geblieben wären. Die Früchte, welche durch die künstlich aufgesetzten Zweige getragen w erden, entziehen dem Baum einen grossen Teil des Saftes, und da derselbe infolge dieser hervorgerufenen Produktion etwas angegriffen ist, so kann man nicht selten sehen, dass seine Zweige sich von selbst mit einer grossen Anzahl Blütenknospen bedecken. (Siehe auch Seite 107 — 115.) ■ Mit der \'<>rn,,,i 2—5 cm er- reicht h'//»,/. Dieser spätere Schnitt hat zur Folge, dass der Safl zur Zeit des Schnittes schon einen grossen Teil seiner Wir- kung zu Gunsten der zur Unterdrückung bestimmten Zw teile verwendet hat, und dass die beim Schnitt verschont bleibenden Augen weniger kräftige Triebe entwickeln, als wenn man durch einen früher ausgeübten Schnitt einem Verlust dieses Saftes vorgebeugt hätte. Es wird daher ratsam sein, dieses Mittel nur bei sein- kräftigen Bäumen Bcher, Veredelungen, 23 354 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. und bei solchen anzuwenden, welche ihre vollständige Ent- wicklung nahezu erlangt haben. f) Während der Ruhezeit der Vegetation die Leitziveige derjenigen Bäume, (reiche nicht fruchtbar genug sind, so zu biegen, dass ein Teil ihrer Länge gegen den Boden gerichtet ivird. (Fig. 177.) Wie wir schon bei dem zweiten Grundsatz, Satz b. S. 341 gezeigt haben, wirkt der Saft mit um so grösserer Kraft auf die Entwickelung der Triebe, je mehr der Ast oder Zweig, auf dem die Augen stehen, sich der senk- rechten Linie nähert. Wenn man hiervon ausgeht, so wird man begreifen, dass, wenn man die Aeste oder Zweige biegt oder krümmt, man das Wachstum der Triebe, welche sich unterhalb der horizontalen Linie befinden, vermindert, und dass man sie auf diese Weise zum Fruchtansatz ver- anlasst. Die Anwendung dieses Mittels ist schon alt und nur eine Nachahmung dessen, was an den sich selber über- lassenen Bäumen auf natürlichem Wege vorgeht. Man darf dieses Verfahren jedoch nur mit Vorsicht anwenden und muss sich wohl hüten, seine Bäume einer fortdauern- den Krümmung zu unterwerfen. Ich verwerfe daher alle künstlichen Formen, wie Pyramiden, Spindeln, Palmetten etc., mit gekrümmten Aesten, welche gewisse Baumzüchter uns empfehlen, und zwar aus folgenden Gründen: wenn die Aeste eines sich selbst überlassenen Baumes entweder durch das Gewicht der Früchte oder der Verzweigungen, welche sie tragen — sei es, dass sie zu schwach wären,, um sich in einer senkrechten oder schiefen Lage zu er- halten, sei es, dass die Sorte das Bestreben hat, ihre Aeste und Zweige horizontal zu entwickeln und sie sogar gegen den Boden zu richten — sich zu tief herabneigen, so be- merkt man immer, dass sich bald über der gekrümmten Stelle kräftige Triebe (Schmarotzer) zu entwickeln beginnen und sich fortwährend erneuern, auch wenn man sie unter- drückt und dass sie früher oder später den gekrümmten Teil zu Grunde richten. Aus diesem Grunde werden auf Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 355 den hochstämmigen Bäumen einige dieser Schmarotzer als Ersatzäste erhalten, und die Beseitigung der erschöpften m 177. Pyramide, deren Aeste zur Beförderung der Fruchtbarkeit herontei wurden. /Leste wird vorgenommen, sobald die neuen Aeste um stunde Bind, tragbar zu werden. 356 Allgemeine Grundsätze des Baumsclmitts. Nun denn! das was bei den Hochstämmen vorgeht, findet ebenfalls bei den Obstbäumen statt, welche künstlichen Formen unterworfen sind. Wenn man alle Aeste eines Baumes einer dauernden Krümmung unterwerfen will, so kann sich der Saft nicht in genügender Menge in die Enden der Aeste begeben und wird daher diejenigen Organe, welche oberhalb der Krümmung liegen, zwingen, neue kräftige Triebe zu entwickeln; wenn man diese aber fortwährend unterdrückt, wird der Baum, weil er nicht mehr genügende Holz- und Rindenschichten zu bilden vermag, welche doch zu einer guten Erhaltung unerlässlich sind, kümmern, trag- bar zu sein aufhören und schliesslich zu Grunde gehen. Um diesem Uebelstande zuvorzukommen, empfehle ich, dass man jedesmal, wenn man zur Biegung seine Zuflucht nehmen muss, gerade über dieser einen kräftigen Trieb sich ent- wickeln lasse, welcher, weil er zu einem Ersatzzweig be- stimmt ist, in der ursprünglichen Richtung des gebogenen Zweiges ge- führt wird (siehe a, Fig. 178). Später, wenn man die gewünschten Resultate erreicht hat, d. h. wenn der Baum infolge der durch die Herunterbiegung der Zweige hervorgerufenen Schwa- ng. 178. wie der nach unten chung auf seiner ganzen Ausdehnung gebogene Ast einer Pyramide, t»i«j_ i i 1 l j_ l Kunkei etc. ein oder zwei jähre Blutenknospen hervorge bracht hat, nach der Biegung aussehen soll, i •■• t i i i beseitigt man die nerabgebogenen Teile (b, Fig. 178) und hat dann einen Baum, der wieder seine normale Form angenommen haben wird. g) Älsbahl nachdem /reine starken Fröste mehr :n befürch- ten sind und ehe die Vegetation sich in ',,,• seinem Wachstum angemesseui Mengt von Fruchten lassen und du Be- seitigung der übrigen sogleich vornehmen } sobald man 364 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. versichert ist, class die überflüssigen nicht von selbst ab- fallen werden. Es verstellt sich von selbst, dass durch dieses Ver- fahren jeder der erhaltenen Früchte eine um so grössere Saftmenge zukommt, und dass dieselben weit umfangreicher werden, als wenn alle Früchte erhalten worden wären. Das sind die Mittel, welche wir jedes Jahr regel- mässig bei allen einem rationellen Schnitt unterworfenen Bäumen anwenden müssen, während die nachfolgenden nur ausnahmsweise oder nur dann angewendet werden können, wenn es sich darum handelt, eine Frucht ungewöhnliche Grösse erreichen zu lassen. i) Man bringt einen ringförmigen Einschnitt auf dein Fruchtzweig unterhalb des Anheftung 'spunktes der Blüten im Augenblick ihrer Entfaltung oder bald nach ihrer . Befruchtung an. Zahlreiche Versuche und Erfahrungen haben nach- haltig dargethan, dass die Früchte infolge dieses Ringel- schnittes grösser werden und auch früher reifen, als die an nicht geringelten Zweigen oder unterhalb des gemachten Einschnittes stehenden. Die Breite des auf dem ganzen Umfang des Triebes oder Zwei- ges zu entfernenden Rinden- stückes kann zwischen 3 und 5 mm wechseln, noch breiter darf aber dieser Einschnitt nicht sein, weil sonst zu be- fürchten wäre, dass die Wunde den ganzen Sommer offen bliebe und das Absterben des über dem Ringelschnitt befindlichen Zweiges herbeiführen würde. Flg. 180. Ein in A geringelter Rebentrieb. »der Teils des Triebes (Fig. 180.) Obwohl man sich dieses Mittels bei allen Obst- bäumen bedienen kann, so ist doch anerkannt, dass diese Allgemeine Grundsätze des Baumschnir-. 365 Manipulation sich besonders gut beim Weinstock an- wenden lässt. Bisher haben wir behufs der Erzielung grösserer Früchte uns bemüht, denselben den Saft in grösserer Menge zuzuführen, während bei der Anwendung des vorstehenden Mittels das schnurgerade Gegenteil stattfindet, und trotz- dem sind — ich wiederhole es hier ausdrücklich — die Ergebnisse, welche man dadurch erzielt, ebenso befriedigend als überraschend. Viele Physiologen und Praktiker haben diese Erscheinung auf verschiedene Weise zu erklären ver- sucht, ohne dass es jedoch bis auf diese Stunde gelungen ist, zu einer befriedigenden Erklärung zu gelangen. Aus allen in dieser Hinsicht beigebrachten Ansichten ist nur Widerspruch auf Widerspruch und Verwirrung entstanden, ohne dass bis jetzt eine endgiltige Lösung der Frage ge- lungen wäre. Was uns Praktiker anbelangt, so lassen wir es dahingestellt, ob dieses Verfahren auch im Einklang mit den physiologischen Grundsätzen steht; — es genügt uns vorerst, zu wissen, dass wir bei seiner Anwendung immer das beabsichtigte Ziel erreichen. Darum begnüge ich mich mit der Versicherung, dass die Thatsache richtig ist, und versuche nicht, dieselbe erklären zu wollen, denn um dies zu thun, wäre ich genötigt, nachzuweisen, dass wir von dem ABC der Pflanzenphysiologie kaum erst das A kennen. Li Man pfropft im August bis September Blütenknospen auf einen kräftigen Baum. Durch die Anwendung dieser in Grundsatz 5, Passus d, S. 353 beschriebenen Veredelung erhält man Resultate, welche denjenigen beim Ringelschnitt analog sind. Die Mehrzahl der auf diesen Zweigen (Fig. 181) wachsenden Früchte sind meistens grösser, als die auf den nicht pfropften Zweigen gewachsenen. I) Man erhält die Früchte in ihrer normalen Lag< wäh- rend ihrer ganzen Wachstumsdauer oder vermeidet wenigstens} dass ihr Geicichl nur vom Fruchtstiel tragen wird. 366 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. Zur Zeit der Abnahme des Obstes bemerken wir, dass alle diejenigen Früchte, welche eine besonders grosse Ent- wickelung angenommen haben, eine andere Lage zeigen, als die übrigen, und dass der Umfang derselben um so grösser ist, je mehr sie in einer der senkrechten sich nähernden Lage erhalten oder in einer horizontalen ge- tragen wurden oder auf- gehängt waren, aber im- mer ohne ihren Frucht- stiel zu strecken. Wenn wir also sehr grosse Früchte zu erlangen wünschen , so müssen wir das in der Natur Vorgehende nachahmen und die Früchte in den- Fig. 181. Erfolg eines im August mit Blütenknospen Jenlgen Lagen erhalten, gepfropften Zweiges, ein Jahr nachher. welche sie ZU der Zeit inne hatten, als ihre Grösse noch nicht diejenige einer Haselnuss überschritt. Zu diesem Behuf kann man sich bei niedrigen Baumformen kleiner Brettchen bedienen, die auf Pfähle genagelt sind, welche man bis zur erforderlichen Tiefe in den Boden steckt, damit die Frucht wagerecht oder schief auf dem Brettchen ruht. Wenn jedoch die Früchte, deren Entwicklung man zu begünstigen strebt, sich in einer gewissen Höhe be- finden, so würde die Anwendung der Pfähle zu mühsam werden, und man kann sie durch die Träger ersetzen, welche wir in Fig. 182 abbilden. Diese sind nicht nur wohlfeiler, sondern auch leichter zu handhaben, und können in jeder Höhe und an verschiedenen Orten angewendet werden. Die Frucht ruht auf dem Brettchen A, welches durch vier Bindfäden schwebend erhalten und am nächsten besten darüber befindlichen Zweige oder Ast, etwa wie bei B, angebunden wird. Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 367 Durch Anwendung dieser Stützen erlangt man wirklich wunderbare Ergebnisse, und wer die Erzielung besonders schöner Früchte beabsichtigt, dem kann die Anwendung dieses Verfahrens nicht genug empfohlen werden. Diese Thatsache erklärt sich folgendermassen: der Saft dringt in die Früchte durch die in ihrem Stiel enthaltenen Gefässe. Wenn nun diese Früchte ohne Stütze gelassen werden, so geschieht es häufig, dass deren Wachstum auf Fi;'. 182. A Tr&ger; B der Punkt, an Welchem die Schnüre des Trägers etwa befestigt werden. ihrem Umkreise in ungleicher Weise stattfindet und dass zugleich an dem Fruchtstiel eine drehende Bewegung vor sich geht, welche die Saftgefässe einschnürt und dann den Saftzulauf hemmt. Ueberdies genügt schon das Eigen- gewicht der Früchte, um den Fruchtstiel zu strecken, und 368 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. diese Verlängerung verengt den Durchmesser der Gefässe. Wenn also die Früchte gestützt oder aufgehängt sind, so dringt der Saft leichter und in grösserer Menge in sie ein und sie werden infolgedessen grösser. m) Man 'wascht die Früchte mit einer Lösung von schwefel- saurem Eisen. Wie wir unter k im zweiten Grundsatz Seite 346 gesehen haben, bedient man sich des schwefelsauren Eisens oder Eisenvitriols, welchen man in Gestalt einer Lösung in Wasser anwendet, um die absorbierenden Verrichtungen der Blätter und Wurzeln zu beleben, da durch dieses Ver- fahren die mit der Flüssigkeit getränkten Teile an Kraft und Wachstum gewinnen. Derartige Versuche, welche man an Früchten anstellte, haben gezeigt, dass man ganz analoge Ergebnisse damit erzielte. Die Eisenvitriol-Lösung erweitert die Gefässe der Schale und steigert deren absorbierende Verrichtung; die Früchte ziehen dann eine grössere Saftmenge zum Nachteil der Blätter und der Triebe an sich und erlangen sehr oft eine auffallende Ausdehnung. Man verfährt dabei folgender- massen: man wendet die Lösung im Verhältnis von andert- halb (l1/-) Gramm Eisenvitriol auf ein Liter Wasser an und wascht damit die Früchte nur nach Sonnenuntergang oder bei bedecktem Himmel, weil ohne diese Vorsichts- massregel die Flüssigkeit durch die Sonnenstrahlen aufge- trocknet werden würde, ehe sie noch von der Frucht auf- genommen werden konnte, oder weil sie sonst auf dieser Brandflecken oder Risse hervorrufen könnte. Die Operation wird dreimal wiederholt: zuerst wenn die Früchte ungefähr den vierten Teil ihrer Grösse erreicht haben, zum zweiten- mal wenn sie die Hälfte, und zum drittenmal wenn sie etwa drei Viertel ihres Umfangs erlangt haben. n) Man plattet Ende Juni oder Anfang Juli einen krautartigen Trieb an den Stiel der Frucht an und pinziert dann das Ende des Trieb's, sobald die Vereinigung sich, vollzogen hat. Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 369 TL 183. Ein auf den Stiel einer Birne ablaktierter Trieb. Zu diesem Zweck wählt man sich einen Trieb, welcher in der Nähe der Frucht steht (Fig. 183) und plattet denselben an den Fruchtstiel an. Sobald die An- wachsung vollständig ist, pin- ziert man den Trieb an seinem Ende, um zu verhindern, dass der Trieb zum Nachteil der Frucht zu viel Saft in Anspruch nimmt. Auf diese Weise zieht der Trieb einen reichen Zufluss von nähren- den Säften zum Vorteil der Frucht herbei, welche dadurch weit grös- ser wird. Da dieses Mittel nur bei denjenigen Birnsorten anwend- bar ist, welche einen langen Fruchtstiel haben, so ablaktiert man bei allen Früchten, deren Stiel zu kurz ist, den Trieb oberhalb des Anheftungspuiiktes der Frucht (Fig. 184; siehe auch Fig. 48 und 49 Seite 85 und 86). Ein weiteres Verfah- ren , welches allerdings nicht die Vermehrung des Umfangs der Frucht be- zweckt, sondern dieselbe nur merkwürdig machen soll, bestellt darin, dass man sich die Wirkung der Beschattung, als die Farbebildung hindernd, zu nutze macht, um auf den Früchten irgend welche Buchstaben. Na- men oder Monogramme zu bilden. Hierzu bedient man sich kleiner, dünner Kupfer- oder Papier-Schablonen, welche man auf die Frucht legt Gaucher. Veredelungen, 24 Tig. 184. Pfirsicbirneht, über deren Entstehung! ptmkl ein Trieb ablaktiert «rurde. 370 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. und anklebt oder mittels zweier Kautschukringe darauf festhält. Infolge der dauernden Beschattung färben sich dann nur die zu Tage stehenden Partien und bilden auf der Frucht die angewendeten Buchstaben oder Zeichnungen, Fig. 185. Clairgeau's Butterbirne. wie es auf der Fig. 185 und 186 zu sehen ist. Die An- wendung dieser Schablonen oder Buchstaben muss alsbald stattfinden, wenn die Früchte sich zu färben beginnen, d. h. 4 — % Wochen vor ihrer Reifezeit. Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 371 Die vorstehend abgebildete Clairgeau's Butterbirne (Fig. 185) und der Apfel Kaiser Alexander (Fig. 186) stellen Exemplare dar, welche ich im Herbst 1877 in Cann- statt und in Potsdam ausgestellt habe; die Besucher jener Ausstellungen werden sich vielleicht noch des Aufsehens, Erstaunens und der Bewunderung erinnern, welche diese . 186. Apfel Kaiser Alexander. Früchte hervorgerufen haben, sowie der Belobungen, welche mir darüber mündlich wie in der Presse zu teil geworden sind. Seit jener Zeit wende ich diesen Einlall alle Jahre mit demselben Erfolg an, und trotz der wenigen Fürsorge und Zeit, welche die Ausführung desselben erfordert, haben mir diese Früchte, die ich den Personen, deren Namen rie tragen, gewidmel habe, manche Beglückwünschungen ein- getragen, auf die ich stolz Bein darf. 372 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. Zu dieser Spielerei eignen sich hauptsächlich jene Birnen, Aepfel und Pfirsiche am besten, welche sich mit einem schönen Rot bedecken. Auch die grauen Birnen und Aepfel eignen sich dazu, nur kann der Erfolg, welchen man an diesen erzielt, sich lange nicht mit demjenigen messen, welcher bei solchen Sorten erzielt wird, auf deren Sonnen- seite sich eine lebhafte rote Färbung erzeugt. 7) Die Blätter dienen dazu, den Saft der Wurzeln für die Ernährung des Baumes vorzubereiten, und tragen zur Bildung der Augen auf den Zweigen bei. Jeder Baum, welcher der Blätter beraubt ist, ist dem Untergang aus- gesetzt, und die Früchte, welche er trägt, sind minder gross, minder zuckerreich und weniger schmackhaft. Wenn die Blätter eines Baumes oder eines Strauches durch Raupen oder durch irgend welche andere Insekten und Tiere verzehrt worden sind, so ist der Baum seiner Ernährungsorgane beraubt; sein Wachstum bleibt plötzlich stehen und nimmt erst nach der Bildung der neuen Blätter wieder einen Aufschwung. Ist der Baum mit Früchten beladen, so hören diese ebenfalls zu wachsen auf und er- langen keine von jenen Eigenschaften mehr, um deren willen wir ihnen nachfragen. Man muss sich daher wohl hüten, den Bäumen eine allzu grosse Menge ihrer Blätter unter dem Vorwand zu nehmen, dass man die Früchte unmittelbar dem Einfluss der Sonne aussetzen wolle; ebensowenig darf man die Bäume allzusehr durch die Raupen verheeren lassen. Ausserdem dass — wie wir es im 2. Grundsatz, Passus i, Seite 345, gesehen haben — die an der Basis der unterdrückten Blätter befindlichen Augen schlecht ausgebildet werden, entwickeln sie sich im folgenden Jahre nur ungenügend zu einer schwächlichen und trägen Vegetation. Ist man jedoch genötigt, seine Zuflucht zur Entblätterung zu nehmen, so muss man jederzeit Sorge tragen, nur die Blattspreite ab- zuschneiden, die Blattstiele aber unverletzt zu erhalten, Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 373 damit die Schwächung, welche die unterdrückten Blätter auf die in ihrer Blattachsel stehenden Augen ausüben, einigermassen vermindert wird. 8) Wenn die Verästelungen eines Baumes das Alter von zwei Jahren erreicht haben, dann entwickeln sich die- jenigen von ihren Augen, welche noch nicht ausge- trieben haben, gewöhnlich nur noch unter dem Einfluss eines kurzen Schnittes, und beim Pfirsich widerstehen sie sogar beinahe immer dieser Operation. Man muss daher bei allen Bäumen, welche auch immer die ihrem Gerüste gegebene Form sei, den Schnitt so aus- führen, dass derselbe die Entwickelung aller Augen veran- lasst, welche sich auf den allmählichen Verlängerungen der Zweige des Gerüstes befinden, und man muss über die Er- haltung der aus denselben entstehenden Zweige wachen. Ohne diese Vorsicht würde das Innere des Baumes voll- ständig kahl und unfruchtbar werden und man könnte diesem Uebelstand sehr häufig nicht einmal durch Ein- schnitte abhelfen, weil es in allzu grosser Entfernung vom Ende des Zweiges viel zu schwierig sein würde, eine hin- reichende Menge Saft anzusammeln, um die schlafend ge- bliebenen Augen zur Entwickelung bringen zu können. Man erlangt die Entwickelung aller Augen nur dadurch, dass man alljährlich eine gewisse Strecke der neuen Verlänge- rung des Holzgerüstes zurückschneidet, oder indem man Einschnitte daran anbringt. 9) Der an den jährlichen Verlängerungen der Bäume aus- zuführende Schnitt wird um so kürzer sein dürfen, je mehr sich erstere der senkrechten Linie nähern. Wie schon oben nachgewiesen, wirkt der Satt von oben nach unten und begünstigt vorzugsweise die Entwickelung der Augen, welche sich am Ende der Zweige befinden. Diese Bevorzugung ist am so wahrnehmbarer, je senk- rechter die Stellung eines Zweiges ist. Wenn man darauf 374 .Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. hält, dass die Augen sich von unten nach oben entwickeln, so wird man, um sich dieses Ergebnis zu sichern, die Yer- s^J^r^a Fig. 187. Doppelte aufrechte Kordons, auch U-Formen genannt. längerung der senkrecht stehenden Leit- und Gerüstzweige (Fig. 187) um die Hälfte einkürzen müssen, weil ohne diese Unterdrückung etwa die Hälfte der Augen schlafend bleiben oder sich nicht kräftig genug entwickeln würde. Wenn die Verlängerungen unter einem Winkel von 45 Grad geneigt stehen (Fig. 188), so wird der Saft mit geringerer Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 375 Macht auf die Augen am Gipfel wirken und eine grössere Zahl derselben zur Entwickelung bringen; es wird daher Fig. 188. a einseitige Palmette, welche die Lücke am Anfang der Linie ausfüllt; b durch Biegung, also ohne Rückschnitt gezogener schräger Kordon ; c durch Rüek- schnitt gezogener schräger Kordon. nur das untere Drittteil der Augen unentwickelt bleiben und man wird sich deshalb damit begnügen können, das r^^n^^^^ Fig. 189. Zweiarmiger wagerechter Kordun. obere Drittel am Ende jeder Verlängerung zu unterdrücken. Wenn jedoch die Verlängerungszweige wagrecht (Fig. 189 und 190), wellen- (Fig. 191) oder spiralförmig geführt sind. so werden, weil der Saft in dieser Lage langsamer umläuft und mit einem ähnlichen Grad von Stärke auf die an der ganzen Länge der Zweige befindlieh.n Augen wirkt, d sich beinahe immer in regelmässiger Weise entwickeln. Man braucht daher die8e Zweige nicht zu beschneiden und 376 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. darf, falls der Baum nicht das Einschneiden eines Zweiges zu Gunsten eines anderen erfordert, dieselben immer unver- sehrt lassen. Fig. 190. Einarmiger wagerechter Kordon. Es versteht sich von selbst, dass die fünf oben ange- gebenen Hegeln nicht ohne Ausnahme sind, dass die Obst- sorten, die Wachstumskraft der Unterlage und die Länge Fig. 191. Wellenförmige Kordons. der zu behandelnden Zweige eine grosse Rolle spielen, und dass die Anwendung des Schnittes nach den Bedingungen wechseln muss; unter welchen derselbe angewandt wird. Der aufmerksame und beobachtende Praktiker wird bald Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 377 die richtige Mittelstrasse erkannt haben und infolge von erworbener Uebung mit Sicherheit zu Werke gehen. Aus den vorstehenden Grundsätzen haben wir ersehen, dass der Baumschnitt erfolgreich dazu dient: die Dauer der verschiedenen Teile eines Baumes zu verlängern, indem man sie in einem vollkommenen Gleichgewicht erhält, — die Bäume zu zwingen, den ihnen angewiesenen Raum regel- mässig auszufüllen, — uns zu gestatten, Wandflächen zu benützen, welche ohne den Schnitt unertragsfähig bleiben würden (Fig. 192), — auf einem sehr beschränkten Raum die erforderliche Menge von Bäumen und Sorten zu ver- einigen und so beinahe das ganze Jahr hindurch Obst ge- messen zu können, — die Entwicklung der an den Zweigen befindlichen Augen hervorzurufen, und zwar um deren Er- tragsfähigkeit zu steigern, — das Früchtetragen zu be- schleunigen und zu regeln, — einen grösseren Umfang und eine bessere Beschaffenheit und Schönheit der Früchte zu erzielen und uns in den Stand zu setzen, mit Erfolg auf Formbäume (Palmetten, Kordons, Pyramiden etc.) solche Sorten anzubauen, welche ohne die Beihilfe des Schnittes, oder auf Hochstämmen, niemals gleich edle Früchte her- vorbringen. Hat sich nun die allgemeine Praxis diese bedeutenden Vorteile zu nutze gemacht? Xein, wahrlich nicht, denn wir sehen noch immer — mit wenigen Ausnahmen — dass man in den meisten Fällen die Bäume nur schneidet, um sie geschnitten zu haben, und dass man es. anstatt sich über die vorgenannten Grundsätze Rechenschaft abzulegen, für weit einfacher hält, blindlings zu Werke zu gehen; — ja — man mag mich verurteilen oder mir Beifall spenden — ich beharre jetzt noch auf meiner früheren Behauptung, nämlich, dass bei uns die Mehrzahl der Baumzüohtei nur dem Namen nach solche sind, dass neben einem, welcher weiss, was er thut, zwanzig sind, welche es nicht wissen, und fünfzig, welche es nur ZU wissen wähnen. Man kann sich ja leider täglich davon aberzeugen, dass die grössere 378 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. Zahl derer, welche den Baumschnitt ausüben, über keine der auszuführenden Operationen nachdenken, dass sie kreuz und quer schneiden und sich über die Erfolge ihrer Arbeit nicht mehr Kechenschaft geben, als ein Taglöhner, welcher Fig 192. Bekleidung einer Hauswand mit Obstbäumen, welche zwischen den l enstern und über dem Sockel als Verrier's-Palmetten mit sechs und sieben Aesten gezogen sind. eine Hecke beschneidet oder eine Pappel ausästet. Die Entblössung des Fruchtzweiges, welche sie erzielen, — der Verlust der Leitzweige, welchen sie veranlassen, — die Ertragslosigkeit, welche sie hervorrufen, — die zahlreichen, prächtigen „Weidenköpfe", welche sie auf Obstbäumen her- Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 379 vorzubringen verstehen, — die hübschen, kräftigen Schma- rotzertriebe, welche sie infolge der Ablaktierung aller Aeste aufeinander erzielen, — die Fruchtzweige, welche man nicht einkneipt, damit man sie später wie einen Besen zusammen- binden kann, und die man dann im folgenden Frühjahr unter den letzten Augen beschneidet, um kleine Stümpfe von dürrem Holz zu erzielen, — die gleichmässige Behand- lung aller Zweige, damit die Ringelspiesse, Fruchtspiesse, Fruchtruten etc., anstatt ihre Endknospen in Blütenknospen zu verwandeln, ins Holz treiben, — die prachtvollen und vortrefflichen aus Kurven, Ellenbogen und Zickzacken zu- sammengesetzten Formen, welche kaum den dritten Teil der ihnen angewiesenen Oberfläche bedecken, — die wage- rechten Kordons, welche man am Boden schleifen lässt, damit die Früchte nicht so hoch herunterfallen und wahr- scheinlich auch, damit die Spannung den Eisendraht nicht sprenge, — die nur 50 cm vom Eand der Rabatten ge- pflanzten Pyramiden, deren Aeste das Aufrechtgehen in den Gartenwegen verhindern und Veranlassung geben, später die Hälfte davon abzuschrägen — alle diese verkehrten Massregeln bestätigen meine Behauptung, dass die grosse Mehrzahl der sogenannten Baumzüchter planlos und un- zweckmässig zu Werke geht. 10) Welche Form man auch immer dem Gerüste eines dem Schnitt unterworfenen Baumes geben mag, so ist es doch wesentlich, alljährlich am Ende seiner Leit- zweige (sogar nach der vollständigen Bildung derselben) einen neuen kräftigen Trieb zur Entwickelung gelangen zu lassen. Da jeder dieser Zweige nur Fruchtzweigt' tragen -"11. so verstümmelt man alljährlich durch EinkneiiK-n. Drehung und Grünschnitt alle einigermassen kräftigen Triebe, welche daran erscheinen, und zwar, wie wir gesehen haben, im Interesse des Fruchtansatzes und ebenso, damit dir an diesen Zweigen wachsenden Früchte einen gross« ren l m- 380 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. fang erlangen. Diese in ihrer Entwickelung gehemmten Triebe waren aber dazu bestimmt, eine neue Schichte Holz und Bast, sowie neue Verlängerungen der Wurzel zu bilden, welche zum Lebensunterhalt des Baumes während des fol- genden Jahres ausersehen sind. Verstümmeln wir daher alljährlich alle diese Triebe, so stellen wir das Dasein des Baumes in Frage. Der kräftige Trieb, welchen man all- jährlich am Ende von jedem der Zweige hervorrufen wird, hat den Zweck, diesen Uebelstand zu verringern und zur Bildung der eben besprochenen Organe ergänzend beizu- tragen. Der aus jenem Endtrieb hervorgehende Zweig soll zur Zeit des Winterschnittes vollständig oder nahezu voll- ständig unterdrückt werden, um alljährlich aus demselben oder etwas tiefer unten einen neuen sich entwickeln zu lassen. II) Bei den Kernobstbäumen darf man den ersten Schnitt nur nach ihrem vollständigen Anwachsen, d. h. zu Ende des auf ihre Verpflanzung folgenden Herbstes anwenden, während die Steinobstbäume und insbesondere der Pfirsichbaum entweder unmittelbar nach dem Aus- pflanzen, oder wenigstens bevor das Wachstum sich in deren oberirdischen Teilen zu entwickeln begonnen hat, geschnitten werden müssen. Um das Gerüste der Obstbäume zweckentsprechend bilden zu können, müssen sie sich kräftig entwickeln. — Die neu ausgepflanzten jungen Bäume bethätigen diesen Grad von kräftigem Wachstum erst, nachdem sie Besitz vom Boden genommen, d. h. an der Stelle der durch die Verpflanzung zerstörten Saugwürzelchen deren neue gebildet haben, denn alsdann erst können diese Bäume die zu ihrem Wachstum erforderlichen Elemente der Ernährung aus der Erde reichlich aufnehmen. Dieses neue Wurzelvermögen bildet sich vornehmlich unter dem Einfluss der Entwicke- lung von Blättern und Trieben, denn diese letzteren sind die hauptsächlichsten Organe, welche die Erzeugung von Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 381 Wurzeln hervorrufen; hieraus geht hervor, dass je mehr Triebe und Blätter ein Baum entwickelt, desto zahlreicher seine Wurzeln und desto grösser seine Wachstumskraft sein werden. Xun, der erste Schnitt, welchen man bei den jungen Bäumchen (ein- oder zweijährigen Veredelungen) anwendet, bezweckt nichts anderes, als an der Basis des Bäumchens die zur Bildung des Holzgerüstes erforderlichen Zweige zur Entwickelung zu bringen, und dieses Ergebnis kann nur erreicht werden, indem man die Stämmchen ziemlich stark zurückschneidet: zum Beispiel: Die zu Palmetten bestimmten Bäumchen werden auf die Höhe von 30 — 35 cm, die für Pyramiden auf 50 cm, Spindeln und Spindelpyramiden auf 60 — 70 cm über dem Boden zurück- geschnitten. Hieraus erfolgt, dass man auf diese Weise dem jungen Baum viele seiner Augen nimmt und ihn daher eines Teils der Triebe beraubt und somit auch der Blätter, welche sich an denselben entwickelt haben würden. Man begreift, dass das gut bewurzelte ein- oder zweijährige Stämmchen, welches im Boden verbleibt, diesen ersten Schnitt ohne Schaden erträgt, dass dagegen ein neu ver- pflanztes Stämmchen durch so starkes Einschneiden geschä- digt wird, weil ihm durch die Entfernung der blattbildenden Augen die Fähigkeit geraubt wird, den Verlust an den Wurzeln wieder auszugleichen, welchen die letzteren bei der Verpflanzung erlitten haben; demnach wird das auf diese Operation folgende Wachstum schwach und langsam sein und nicht die kräftigen Triebe hervorrufen können, deren man zur Bildung des Holzgerüstes des Baumes bedarf. Die Entwickelung der Augen der Bäume kann Hin- durch eine genügende Wirkung des aufsteigenden Saftes stattfinden. Bei denjenigen, welche nicht verpflanzt worden sind, ist diese Kraft nachhaltig genug, um kräftig auf die Entwickelung ihrer Augen hinzuwirken, weil die Masse der Wurzeln, welche jenen Saft aus dem Boden schöpfen, im Verhältnis zu der Anzahl der am Stamm oder der Krone 382 Allgemeine Grundsätze des Batamschnitts. befindlichen Augen steht. Bei den verpflanzten Bäumen ist dagegen das Verhältnis beinahe immer ein anderes: ein beträchtlicher Teil der Wurzeln, und zwar der besonders aufnahmefähigen Spitzen derselben (Haar- oder Zaser- würzelchen), ist durch die Verpflanzung entfernt oder ver- ändert worden. Bei diesen Bäumen findet daher kein ge- nügendes Verhältnis mehr statt zwischen der Menge der Wurzeln und der Ausdehnung des Stammes oder dessen Verzweigungen, welchen jene ernähren müssen. Wenn man daher an den Zweigen dieser Bäume nicht unmittelbar nach ihrer Verpflanzung eine Verkürzung vornimmt, so wird der wenige Saft, welchen die Wurzeln liefern können, seine Wirkung auf alle Augen verteilen und diese daher nur eine ungenügende Zufuhr erhalten und nur kurze und mit dürf- tigem Laub besetzte Triebe hervorbringen. Wenn aber die absorbierende Wirkung der Wurzeln ebenfalls zu schwach ist, um den Verlust an Feuchtigkeit zu ersetzen, welchen der Baum unter dem austrocknenden Einfluss von Luft und Sonne erleiden wird, so können viele dieser Bäume während des folgenden Sommers zu Grunde gehen. Diese Wirkungen werden sich begreiflicherweise mit desto grösserer Stärke geltend machen, je schlechter der Fuss ist, welchen diese Bäume haben, je trockener der Boden ist, je später im Früh- jahr die Verpflanzung vorgenommen und je weniger feucht diese Jahreszeit sein wird. Hieraus geht daher die Notwendigkeit hervor, beim Auspflanzen der jungen oder älteren Bäume nicht einen ersten Schnitt, sondern nur einige Kürzungen an den Stamm chen oder deren Zweigen vorzunehmen, um das Gleich- gewicht zwischen diesem Teil und den Wurzeln, welche denselben ernähren müssen, gewissermassen herzustellen. Es ist daher ziemlich selbstverständlich, dass dieses Zurück- schneiden desto stärker vorzunehmen ist, je mehr der Baum vor der Verpflanzung von seinem Wurzelvermögen ein- büssen musste. Wenn man diese Operation gänzlich ver- nachlässigt, so findet beinahe keine Entwickelung der Allgemeine -Grundsätze des Baumschnitts. 383 Knospen und der Blätter statt und man wird das neue Wurzelvermögen sich nicht entwickeln sehen, welches die mit der Anwendung des ersten Schnittes vorgenommene Verzögerung hervorzurufen bezweckte, und man wird davon einen ähnlichen Misserfolg haben, wie derjenige, welchen der unmittelbar nach der Verpflanzung vorgenommene erste Schnitt hervorgerufen haben würde. Wenn man dagegen am Stamme der jungen Bäume unmittelbar nach dem Auspflanzen eine Anzahl von Zweigen einkürzt oder gänzlich abschneidet, welche dem Verlust an Wurzelvermögen entsprechend ist, so werden die erhalten gebliebenen Augen eine hinreichende Einwirkung des Saftes erhalten, um während des Sommers ebensoviele mit zahl- reichen Blättern versehene Triebe hervorzurufen, und diese werden ein neues Wurzelvermögen hervorbringen. Bringt man dann im folgenden Frühling an diesen jungen Bäumen den verjüngenden Rückschnitt an, welchen der erste Schnitt nötig gemacht hat, so konzentriert sich dann die ganze Wirkung des von den neuen Wurzeln reichlich gelieferten Saftes nur auf wenige Augen und zwingt diese, kräftige Triebe hervorzubringen, mittels deren man leicht das Holz- gerüst des Baumes bildet. Das was wir soeben von der Unzweckmässigkeit eines verfrühten ersten Schnittes gesagt haben, steht vollständig im Einklang mit demjenigen, was leider noch immer in der Praxis einer grossen Anzahl von Baumzüchtern vor sich geht. Die Mehrzahl derselben schneidet in der That ihre Bäume beim Auspflanzen: diese liefern nur schwächliche Zweige, welche in den folgenden Jahren wieder bis auf wenige Augen geschnitten werden. In dem folgenden Jahre bedecken sich diese verkümmerten Bäume mit Blüten- und Fruchttrieben, welche dieselben erschöpfen, so dass solche Bäume nach Verfluss weniger Jahre sehr oft zu Gnu nie gehen, ohne dass man ihr Holzgerüstr hatte bilden können. Man führt allerdings Erfolge an. welche den soeben geschilderten zu widersprechen scheinen, allein nachdem 384 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. wir uns mit den Umständen bekannt gemacht , unter deren Einfluss sie sich herangebildet haben, konnten wir uns überzeugen, dass dieser Widerspruch nur ein schein- barer ist. Man hat zuweilen auf jungen Bäumen, welche im Jahre ihrer Verpflanzung eingeschnitten wurden, ein kräftiges Wachstum erzielt, allein man muss hinzufügen, dass diese versetzten Bäume mit der grössten Sorgfalt aus- gegraben wurden und dass sie somit noch die Mehrzahl ihrer Wurzeln und Zaserwürzelchen unversehrt erhielten. Man begreift alsdann, dass bei diesen Bäumen, weil sie nur eines kleinen Teils ihrer ernährenden Organe beraubt waren, im darauffolgenden Frühjahr ein beinahe ebenso kräftiges Wachstum stattfinden konnte, als wenn sie gar nicht verpflanzt worden wären. Kommt dies in der gewöhnlichen Praxis auch vor? Nein, sicherlich nicht! Die Bäume werden weit öfter förm- lich herausgerissen, als eigentlich ausgegraben, wobei das kleine an ihnen erhaltene Wurzelvermögen noch durch das Ausreissen verstümmelt wird. Ferner werden die Bäume nicht so schnell wie möglich wieder ausgepflanzt, sondern — wie wir uns alljährlich selbst überzeugen können — von einem Baummarkt zum andern herumgeschleppt und die Wurzeln Tage, ja ganze Wochen lang dem Einfluss der Luft, der Sonne und des Lichtes ausgesetzt gelassen, — lauter Uebelstände, welche ihnen sehr verhängnisvoll sind, — und zwar ohne dass man es für nötig erachtet, sie zu begiessen oder einzugraben. Während dieser Zeit trocknen die Wurzeln und Haarwürzelchen aus, runzeln, und wenn man dann diese Bäume wieder auspflanzen will, haben sie zumeist mehr als die Hälfte ihrer unterirdischen Organe eingebüsst. Wird man alsdann diese Bäume un- mittelbar dem ersten Schnitt unterwerfen, so kann man mit Sicherheit erwarten, dass sich an ihnen die vorerwähnten ungünstigen Erfolge ergeben werden. Die Bäume müssen daher sehr sorgfältig ausgegraben werden, so dass an ihnen die grösstmögliche Menge ihrer Allgemeine Grundsätze des Baumsclmitts. 385 Wurzeln erhalten bleibt, und man muss sich wohl hüten, diese letzteren zu verletzen. Wer uns etwa das Gegenteil behaupten will, ruft nur unser Achselzucken hervor und beweist uns entweder die vollständigste Unkenntnis oder die offenbarste absichtliche Unwahrheit. Wenn diese Bäume zur Versendung bestimmt sind, so müssen sie sorgfältig und in der Weise verpackt werden, dass die Wurzeln vor Austrocknung, Luft und Licht geschützt sind. Gerade weil man die beiden vorerwähnten Ratschläge nicht befolgt, erzielt man in den meisten Fällen bei Baum- pflanzungen nur einen entschiedenen Misserfolg, und des- halb treffen wir in so vielen Baumgütern und Strassen- Anpflanzungen nur Bäume, welche weder leben noch sterben können, und bei welchen der Eigentümer im zehnten Jahre nach der Anpflanzung nicht weiter gekommen ist, als im ersten Jahre. Für uns ist ein schlecht angewurzelter Baum, wie schön auch sein Stamm und seine Krone sein mögen, geschenkt zu teuer, und neun Zehnteile der auf dem Markte gekauften Bäume sind — trotz allem, was der Händler auch davon sagen mag — häufig nur eben gut genug zum Verbrennen. Wer hat nicht schon auf seine eigenen Kosten diese Erfahrung gemacht? Und dennoch lässt man sich immer wieder bethören und durch die an- scheinende YVohlfeiJheit verführen und kauft seine Bäume wieder in untergeordneten Baumschulen, auf dem Markte oder bei Charlatans, obwohl man weiss, wie wenig gewissen- haft diese zu Werke gehen. Dies ist einer unserer grössten Missstände und eine der wesentlichsten Ursachen, weshalb weder unsere Obstkammern , noch unsere Obstweinfässer sich nach unserem Wunsche füllen. (Siehe auch: Das Be- ineiden der neuverpflanzten Bäume, S. 320.) 12) Um des Wiederanwachsens eines Baumes mit abfal- lendem Laub gewiss zu sein, muss seine Verpflanzung immer während der Ruhezeit der Vegetation, d. h. zur (laudier. Veredelungen. ~2~> 386 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. Zeit, wo er seiner Blätter beraubt ist, vorgenommen werden. Die Verpflanzung der Obstbäume muss A~om Oktober bis zum April stattfinden, von dem Zeitpunkt an, wo das Laub abzufallen, bis zu dem Zeitpunkt, wo die neuen Blätter sich zu entwickeln beginnen. Jeder Baum, welchen man vor dem vollständigen Laubabfall ausgräbt, muss vor oder alsbald nach seiner Verpflanzung entblättert werden. Ohne diese Vorsichtsmassregel fahren die Blätter fort, den in den Geweben des Baumes aufgespeicherten Saft an sich zu ziehen, und da die Wurzeln nicht mehr im stände sind, für den Ersatz der absorbierten Flüssigkeit zu sorgen, so verrunzelt der Baum, trocknet aus und geht meistens zu Grunde, selbst wenn die grösste Sorgfalt bei seiner Ver- pflanzung angewendet werden würde. Da man aber beim Entblättern die in der Blattachsel stehenden Augen nicht beschädigen darf, so muss man den Blattstiel schonen und nur die Blattspreite mit dem Messer oder der Schere entfernen. Weil man ohne Zweifel diese Vorsicht nicht beob- achtet hat, sind vielen Baumzüchtern ihre im Herbst oder im Verlauf des Winters gemachten Anpflanzungen miss- lungen, und eben desshalb war und ist man teilweise noch der irrtümlichen Ansicht, diese Jahreszeit sei dem Wieder- anwachsen der Bäume nicht günstig, und bezeichnet mit Unrecht das Frühjahr als die zur Baumpflanzimg günstigste Zeit. Wir behaupten dagegen, dass es sowohl für das nörd- liche wie für das südliche Deutschland immer vorteilhafter sein wird, im Herbst und im Verlauf des Winters auszu- pflanzen , als im späten Frühjahr , und dass nach der Herbst-, Winter- oder zeitigen Frühjahrsauspflanzung nicht allein das Wachstum während des darauffolgenden Sommers üppiger, sondern auch die Sterblichkeit unter den ver- pflanzten Bäumen geringer sein wird. Es versteht sich von selbst , dass diese Ergebnisse nur erlangt werden können unter der Bedingung, dass die Bäume, deren man sich be- Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. 387 dient, vollkommen gesund sind, denn andernfalls würde man ohnehin manchen Enttäuschungen ausgesetzt sein. Trotz aller Einwendungen und Widersprüche, welche ich bisher zu hören oder zu lesen Gelegenheit gehabt habe und selbst, wenn es mir noch nicht gelungen sein sollte, alle meine Zuhörer, Leser und sonstige Interessenten von den Vorteilen einer möglichst frühen Auspflanzung zu über- zeugen, möchte ich hier ausdrücklich betonen, dass meine Widersacher mich der Unrichtigkeit meiner Ansicht nicht überwiesen, sondern eben durch ihre vorgebrachten Gegen- gründe in meiner Meinung nur bestärkt und mir bewiesen haben, dass ihrerseits entweder noch gar keine ver- gleichenden Versuche vorgenommen wurden oder dass solche mit Bäumen von verschiedenem Ursprung oder von ver- schiedener Beschaffenheit gemacht worden sind. Derartige ungenaue Versuche können aber nicht darauf Anspruch machen, bei Entscheidung dieser Frage ins Gewicht zu fallen. Wer seine Kenntnisse erweitern oder über diesen Gegenstand Thatsachen feststellen will, der muss es sich vor allem zur Pflicht machen, gewissenhaft zu vergleichen und alle auf Parteilichkeit hinstrebenden Tendenzen von .sich zu weisen. Zu diesem Zweck muss man nur mit Bäumen operieren, welche nicht von einem wandernden Baumhändler kommen, da dieser seine Ware ohne strengere Wahl überall einkauft und uns Bäume anbietet, welche zu neun Zehnteilen in fremden Baumschulen gezogen worden sind. Die Bäume, mit welchen man solche vergleichende Versuche anstellt, müssen notwendig aus einer und derselben Baumschule hervorgegangen, alle von demselben Alter und von denselben Eigenschaften sein und womöglich auch der- selben Sorte angehören. Ferner muss der Boden, in welchem man derartige Versuche vornimmt, so ziemlich von der- selben Beschaffenheit sein und dieselbe Lage und Exposition darbieten. Sodann muss ein Drittel der sämtlichen Bäume im Herbst, ein Drittel den Winter über und dei Etesl im Frühjahr ausgepflanzt und diese Versuche müssen während 388 Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts. mindestens zehn Jahren wiederholt, genaue Beobachtungen müssen angestellt und jedes Jahr sorgfältige Notizen darüber gemacht werden. Dann erst wird man seiner Sache sicher sein und sich eine Ansicht gebildet haben, welche nicht mehr auf eine althergebrachte Theorie der Voreltern, son- dern auf eine erprobte Praxis gegründet und dadurch un- erschütterlich geworden ist. Aus diesen Gründen empfehle ich, ohne Unterlass zu beobachten und Versuche anzustellen; denn nur mittels einer derartigen Ausdauer und mit der Ueberzeugung, dass wir noch sehr viel zu lernen haben, werden wir nicht zurückbleiben, sondern zu entschiedenen Fortschritten im Obstbau gelangen, welche unseren Wohlstand befördern, sowie auch zur Sicherung der Existenz unserer Nachkommen beitragen werden. AVer sich gründliche und eingehende Kenntnisse auf dem Gebiet des gesamten theoretischen und praktischen Obstbaues anzueignen wünscht, verweise ich auf meine zwei Spezial- Werke, welche von allen Buchhandlungen sowohl, als auch von mir zu beziehen sind. 1) „Gaucher's Handbuch der Obstkultur". Ein starker Band von 946 Seiten in Lexikon-Oktav. Mit 526 Originalholzschnitten und 7 lithographischen Plänen. In Leinen gebunden, Preis M. 20. — Berlin 1889. Verlag von Paul Parey. 2) „Gaucher's Praktischer Obstbau". Anleitung zur erfolgreichen Baumpflege und Fruchtzucht für Berufsgärtner und Liebhaber. Mit 366 Textabbildungen und 4 lithographischen Plänen. Ein Oktavband von 419 Seiten in Leinwand gebunden. Preis M. 8. — Berlin 1891, Verlag von Paul Parey. IL Wahl der Obstsorten. Die Zahl der bekannten und verbreiteten Obstsorten, namentlich von Aepfeln und Bimen, ist so gross, dass, ab- gesehen von den Privatleuten, es selbst an Fachmännern nicht fehlt, welche, wenn sie aus dem Guten das Beste herauslesen sollen, in grosse Verlegenheit geraten und wegen Mangel an Erfahrung über die Eigenschaften des Baumes, unter welcher Form und in welcher Lage und gegen welche Himmelsrichtung er am besten gedeiht, am reichlichsten trägt und seine Früchte am vollkommensten entwickelt, gezwungen sind, sich an andere Kollegen zu wenden, oder ihre Wahl nach Gutdünken zu treffen und somit alles dem Zufall zu überlassen. Wir glauben daher den Lesern dieses Buches angenehm zu sein, wenn wir nachstehend die Obstsorten angeben, welche wir für die verschiedenen Formen als die geeignetsten und einträglichsten ansehen. Es fehlt jetzt nicht mehr an solchen Listen, allein die Mehrzahl derselben hat den grossen Nachteil, nicht anzu- geben, für welche Form die Sorte sich vorwiegend eignet und so kommt es häufig vor, dass man seinen Zweck nicht erreicht, weil man die Sorte in nicht passender Form, in ungünstiger Lage und auf ungeeigneter Unterlage züchtete. Bei der Wahl der Sorten haben wir nicht nur die Qualität der Frucht im Auge gehabt, sondern auch die Gesamt-Eigenschaften des Baumes. Sind die Letzteren schlechte, ist der Baum empfindlich, nicht kräftig, wählerisch 390 Wahl der Obstsorten. in Bezug auf Klima und Boden, trägt er nicht gern, werden seine Früchte leicht von den Insekten und Pilzen heimgesuchtT so hat ein solcher Baum, wenn auch die Frucht vorzüglich ist, dennoch für den allgemeinen Anbau wenig Wert, der Spekulant thut gut, sich davor in acht zu nehmen und bei den als dankbar bekannten Sorten zu bleiben. Es liegt uns fern, behaupten zu wollen, dass die ver- einigten Sortimente alles Gute und Verbreitungswürdige enthalten, wir sind nur von einem überzeugt, nämlich: dass es schwer fallen wird, Sorten anzugeben, welche die unsrigen in jeder Hinsicht übertreffen. Die Zahl noch zu vermehren, sahen wir als überflüssig an, weil die von uns angeführten vollauf genügen, um alle Zwecke zu erfüllen. Mehr wie 25 Apfel- und Birnensorten sollte man in einer Gegend nicht antreffen ; je grösser die Zahl der Sorten ist, um so mehr wird der Absatz erschwert, um so mühsamer fällt die Ernte aus und um so billiger muss man seinen Vorrat abtreten. Allein nur 1 — 5 Sorten können wir, wie es manchmal geschieht, nicht empfehlen, weil man dadurch zu häufig mit Missernten zu rechnen haben würde. Zu Gunsten der spätblühenden Tafelsorten ist oft das Tam-Tam heftig gerührt worden, was zur Folge hatte, dass der nicht besser Eingeweihte vorwiegend nur solche Sorten in seinen Anpflanzungen aufnahm und jetzt, nachdem die Bäume tragfähig geworden sind, was nimmt er wahr? Dass in günstigen Jahrgängen die Ernte solcher Sorten um so spärlicher ausfällt, je später die Sorte geblüht hat. Mit solchen Extremen kommt man nie ans Ziel, der kluge Fach- mann trifft die Wahl derart, dass früh-, mittelfrüh- und spättreibende Sorten vertreten werden, aber letztere nicht am meisten, sondern am wenigsten, denn wir wiederholen: die spättreibenden Sorten haben nur in schlechtem, kaltem Frühjahr einen ausschlaggebenden Wert. Bei guter nor- maler Witterung kann sich deren Ertrag und die Qualität der Früchte zumeist nicht mit den der früh- und mittel- AVahl der Obstsorten. 391 frühtreibenden, folglich auch früh- und mittelfrühblühenden Sorten messen. Vielfach wird angenommen, dass die Wintersorten später als die früher reifenden blühen, weshalb erstere oft bevorzugt werden, weil man glaubt, sich dadurch am besten vor Beschädigungen durch Spätfröste (Frühjahrsfröste) schützen zu können. Diese Annahme ist irrig, das späte Reifen der Frucht bedingt nicht ein spätes Blühen des Baumes, im Gegenteil, es kann im grossen Ganzen gesagt werden, dass die Wintersorten diejenigen sind, welche am frühesten blühen. Welche Sorten sich für eine spezielle Gegend am besten eignen, lässt sich nicht von der Ferne angeben, es ist des- wegen sehr wünschenswert, dass die Fachleute nebst Obstbau- Vereinen und deren Zweig vereinen sich verpflichten, solche engere Sortimente für ihre Gegend zusammenzustellen. Wir müssen aber hier ausdrücklich betonen, dass, wer wohl die Frucht, aber nicht die verschiedenen Eigenschaften des Baumes kennt, klug und weise handelt, wenn er sich bei der Zusammenstellung solcher Sortimente nicht beteiligt. Bei dieser Gelegenheit wollen wir noch auf eine in letzter Zeit entstandene irrige Anschauung aufmerksam machen. Dieselbe besteht darin, dass, um sich hohe Obstpreise zu sichern, die Spekulanten gut zu thun glauben, fast nur Winterbirnen in ihren Anpflanzungen aufzunehmen. — Dies wäre ganz recht, denn es ist wahr, dass für Winterbirnen ganz andere Preise als für die Sommer- und Herbstsorten bezahlt werden und ebenso richtig ist es, dass die Vorräte selten genügen, um die Nachfrage zu decken. Wir müssen aber hier zu bedenken geben,. dass alle Medaillen ihre Kehr- seite haben, dass, mit anderen Worten, es keine Vorteile giebt, welche nicht von Nachteilen begleitet sind und dass nur zu oft letztere die ersteren überwiegen. Warum, fragen wir, werden die Bpät im Winter und Frühjahr reifenden Tafelfrüchte besser bezahlt, als die früher reifenden Sorten? Weil Bie weniger angebaut werden. Gut, 392 Wahl der Obstsorten. warum werden sie weniger angebaut? Nur deshalb, weil sie viel anspruchsvoller in Bezug auf Lage und Boden sind, in sehr vielen Fällen nur kümmerlich gedeihen, schwer ansetzen und die angesetzten Früchte häufig fleckig und rissig, somit wertlos oder fast Avertlos werden. Hiezu kommt noch, dass die Wintersorten sorgfältig aufbewahrt zu werden erfordern. Nur wenige verfügen über die Räume dazu, nur wenige können den Fruchtvorrat mit der erforderlichen Aufmerksam- keit und Sachkenntnis überwachen und behandeln. Geschieht letzteres nicht, dann lässt die Fäulnis nicht lange auf sich warten, Mäuse und Ratten melden sich an und die Gelder, welche man für seine Winterfrüchte erhielt, sind bald gezählt ! Wir sind deswegen der Ansicht, dass mit Ausnahme der Obstzüchter, welche über geeignete Aufbewahrungs- räume verfügen und alles thun können, was notwendig ist, damit die Früchte sich gut konservieren und zeitig auf den Markt gebracht werden, es für die anderen viel besser ist, wenn sie auch ihre Winterfrüchte kurz nach der Ernte ver- kaufen, im andern Fall wird man in der Regel mehr Zeit verlieren, als der Obstvorrat wert ist. Leben und leben lassen ist ein Sprichwort, welches auch hier befolgt zu werden verdient, wer alles für sich beansprucht, erhält ge- wöhnlich nichts! Wo die Winter-Birnen recht gut gedeihen, soll man diesen ganz zweifellos den Vorzug geben, allein wir wieder- holen, dass diese Ecken und Enden sehr dünne gesäet sind und dass im grossen Ganzen diese Wintersorten zu wenig tragen, um trotz der hohen Preise der Früchte von Ver- dienst reden zu können; diese Wintersorten sind also für das allgemeine Grosse nicht einträglicher als die Herbstsorten, im Gegenteil, letztere sind es, welche in der Regel höhere Renten abgeben. Zum Beispiel: wir bekommen hier für schöne Winter- Dechantsbirnen, Edelkrassane, Olivier de Serres, Alengons Dechantsbirne etc. 1 Mark per Kilo. Verzeichnis der für die verschiedenen Baumf'ormen etc. 393 Für Gute Luise von Avranches, Herzogin von Angou- lGme, Pastorenbirne, Diel's Butterbirne etc. erhalten wir dagegen im Durchschnitt nur 30 Pfg., aber auf ein und demselben Raum sind viel leichter 5 Kilo von letzteren Sorten zu ernten, als 1 Kilo der ersteren, folglich ernteten wir mit den Herbstsorten Mark 1.50, wo die teuren Winter- sorten nur 1 Mark einzutragen in der Lage waren. Das sind die von uns und von hundert anderen gemachten Er- fahrungen mit den Winterfrüchten, welche in vielen Büchern als höchst lohnend ziffermässig empfohlen sind, wodurch manche unerfahrene, etwas zu leichtgläubige Menschen ihre Zeit und ihr Geld über Kräfte geopfert haben. — Darum sei auch hier vor ungeprüften Lehren grosse Vorsicht an- empfohlen; darum warnen wir vor denjenigen Einnahme- quellen, deren Richtigkeit, Unfehlbarkeit und Unerschöpf- lichkeit nur auf dem geduldigen Papier, aber nicht durch die Praxis bewiesen wurde. Verzeichnis der für die verschiedenen Baiimformen geeigneten Sorten. I. Sorten für Hoch- und Htilbhochstännne. a) Aprikosen: 1. Ambrosia. 5. Liabaud, 2. Andenken an Robei •tsau, <>. Pfirsich- Apriki >-< . 3. Frühe Esperen. 7'. Pourret, 4. Grosse Frühe, 8. Royal. b) Pfirsiche: 1. Anisden, 5. Frühe Rivers, •2. Curaberland, «i. Galande, 3. Frühe Alexander, 7. Grosse Mignonne, 1. „ Mignonne, Musser. 394 Verzeichnis der für die verschiedenen Baumformen etc. c) Kirschen: 1) Herz- und Knorpelkirschen: Adler, schwarze Herzkirsche, Grosse schwarze Knorpelkirsche, Annonay's Herzkirsche, Hedelfinger Riesenkirsche Elton's Herzkirsche, (Knorpelkirsche), Esperen's Knorpelkirsche, Luisen- Herzkirsche, Gaucher's „ Mezel's Knorpelkirsche, Grosse Prinzess. -Knorpelkirsche, Ochsen-Herzkirsche. 2) Amarellen, Glaskirschen und Weichsel. Acher's Weichsel, Montmorency, Kurzstielige, Archduke, „ Langstielige, Englische, Frühe, Nouvelle Royale, „ Späte, Ostheimer Weichsel, Kaiserin Eugenie, Schattenmorelle, Königin Hortensia, Schöne von Chatenay. d) Pflaumen, Mirabellen, Reineclauden und Zwetschen. 1) Pflaumen. Cochet pere, Jefferson, Coes rotgefleckte, Kirke's Pflaume, Decaisne, Lucas' Königspflaume, Drap d'or, Mac Laughlin, Esperen's Goldpflaume, Montfort-Pflaume, Gelbe Herrenpflaume, Pond's Sämling, Goldtropfen, Schöne von Löwen. 2) Mirabellen. Doppelte Mirabelle, Gelbe Mirabelle, Frühe von Berghold, Mirabelle von Nancy. 3) Reineclauden. Diaphane Reineclaude, Meroldt's Reineclaude, Graf Althann's „ Reineclaude von Oullins, Grüne „ Violette Reineclaude. 4) Zwetschen. Dorel's Zwetsche, Grosse englische Frühzwetsche, Ksslinger Frühzwetsche, Haus- (gewöhnliche) Zwetsche, Frankfurter Pfirsichzwetsche, Italienische Zwetsche, Grosse Zuckerzwetsche, Wangenheim's Frühzwetsche. Verzeichnis der für die verschiedenen Baumformen etc. 395 e) Aepfel. Solche Apfelsorten, welche sich nur zur Gewinnung von Apfelwein (Most) eignen, habe ich nicht angeführt, da die besseren AYirtschaftssorten auch zugleich die besten Mostsorten sind. Ich erachte es daher als einen Fehler, solche Sorten zu züchten, deren Früchte sich nicht für die verschiedenen Haushaltungs- zwecke verwenden lassen. 1) Apfelsorten für Strassen und offene AVege. Boikenapfel, ( ludius Herb-tapfel, Grosser Rheinischer Bohnapfel, Goldparmäne, Grüner Fürstenapfel, Jakob Lebel, Kleiner Langstiel, Langton's Sondergleichen, Purpurroter Coussinot, Keinette, Champagner-, Gaesdonker-, Reinette, Glanz- goldgelbe Sommer-, grosse Kasseler, ., Harbert's, Luxemburger, „ Landsberger, Oberdieck -, Rötliche, Taffetapfel, .spätblühender, weisser, AVellington. Alantapfel, Batullenapfel, ( 'h;iilamowsky, Daiiziger Kantapfel, Fraas' Sommer-Calvill, Findling von Bedfordshire Geflammter Cardinal, Gelber Kdelapfel, nl-\\ Cox'a Pomona, Nord, Nord-Ost und Nord- West, Danziger Kantapfel, West, Nord-West nnd Nord-Ost, Dean's Codlin, Nord-Ost, Nord- Wes1 und West, Findling von Bedfordshire, West und Nord-Ost, Gelber Bellefleur, Ost, Süd Ost, Süd-West u-Weet, Gloria Mundi, Nord-Ort, Nord -W 400 Verzeichnis der für die verschiedenen Baumformen etc. Goldparmäne, Goldreinette von Blenheim, Graue Kanada-Reinette, Grosse Face d'Amerique, Hausmütterchen, Josephine, Kaiser Alexander, Kanada-Reinette, Landsberger Reinette, Prinzenapfel, Ribston Pepping, Roter Astrakan, „ Herbstcalvill, „ AVintercalvill, Royale dAngleterre, Transparente de Croncels, Weisser Astrakan, Weisser Wintercalvill, West, Nord- West, Nord-Ost, West und Nord-Ost, Ost, Süd-Ost, Süd-West n. West, Nord-Ost und Nord-West, 53 n n u. West, Ost, Süd-Ost, Süd- West u.West, Nord-Ost, Nord-West und West, » n n ii West und Nord-Ost, Nord, Nord-Ost und Nord- West, Nord-Ost und West, Ost, Süd-Ost und Süd-West, West und Nord-Ost, Nord, Nord-Ost und Nord-West, n ii n ii Ost, Süd-Ost und Süd- West. f) Birnen. 1. Sommerfrüchte. 1 . Sparbirne, 6. Herzogin von Berry, 2. Sommer-Chaumontel, 7. Amanli's Butterbirne, 3. Clapp's Liebling, 8. Herzogin Elsa, 4. Monchallard, 9. Andenken an den Kongress, 5. William's Christbirne, 10. Triumph von Vienne. 2. Herbst- und 1. Gute von Ezee, 2. Gute Luise von Avranches, 3. Holzfarbige Butterbirne, 4. Doppelte Philippsbirne, 5. Hochfeine Butterbirne, 6. Ksperen's Herrenbirne, 7. Geliert's Bu1terbirne(Beurre Hardy), S. Neue Poiteau, 9. Herzogin von Angouleme, 10. Napoleon's Butterbirne, Winterfrüchte. 11. Blumenbach's Butterbirne, 12. Hofratsbirne, 13. Dumont's Butterbirne, 14. Coloma's Herbstbutterbirne, 15. Triumph von Jodoigne, IG. Winter-Meuris, 17. Präsident Mas, 18. Vereins-Dechantsbirne (Doyenne du Comice), V.). Pastorenbirne, 20. Clairgeau's Butterbirne. Verzeichnis der für die verschiedenen Baum formen etc. 401 3. Winter- und Frühjahrsfrüchte. 1. Diel's Butterbirne, '1. Six"> „ 3. Regentin, 4. Hardenpont's Winterbutter- birne, 5. Edelkrassane, 6. Josephine von Mecheln. 7. Olivier de Serres, 8. Winter-Dechantsbirne (Do- yenne d'hiver), 9. Dechantsbirne von Alencon, 10. Esperen's Bergamotte. 4. Zierbirnen oder Schaufrüchte 1 . Van Marum's Flaschenbirne, "2. General Tottieben, 3. Baltet's Butterbirne (Beurre Baltet pere), 4. Schöne von Abres (Belle des Abres) , 5. Schöne Angevine, G. Späte von Toulouse. Birnen sorten f ür Py rami den und Spind el-Py r am i den. Die mit "": bezeichneten Sorten sind solche, welche nicht gut auf (Quitten gedeihen und für grössere Pyramiden auf Wildling veredelt zu nehmen sind. Andenken an den Kongress, Baltet's Butterbirne, Blumenbach's Butterbirne, ( "lairgeau's „ { läpp- Liebling, Coloma's Herbstbutterbirne, Dechantsbirne von Alencon, Diel's Butterbirne, Doppelte Philippsbirne, Dumont's Butterbirne, : Edelkrassane, Esperen's Bergamotte, Herrenbirne, Geliert's Butterbirne, (4ute Luise von Avranches, Gute von Ezee, Hardenpont'sWinterbutterbirne. Herzogin Elsa, von Angouleme, „ von Imitv. < i;iuiii.T. Veredelang« Hochfeine Butterbirne (Beurre superfin), Hofratsbirne, Holzfarbige Butterbirne. Madame Bonnefond, Monchallard, Xapoleon's Butterbirne. Xeue Poiteau, Olivier de Serres, Pastorenbirne. Präsident Mas, Regentin (Passe Colmar), Schöne von Abres, Six's Butterbirne, Triumph von Jodoigne, Van Marum's Flaschenbirne, Ytivins-Dechantsbinic. Williams Christbirne, Winter-Dechantsbirne, Meuris. 96 402 Verzeichnis der für die verschiedenen Baumformen etc. Birnensorten für Spindeln. Die Spindelform verdient nur für solche Gärten Empfehlung, wo die Bäume auf Quittenunterlage gut gedeihen. Bachelier's Butterbirne, Baltet's Butterbirne, Birne von Tongres, Blumenbach's Butterbirne, Clapp's Liebling, Dechantsbirne von Alencon, Diel's Butterbirne, Doppelte Philippsbirne, Dumont's Butterbirne, Esper en's Bergamotte, „ Herrenbirne, Fortunee Boisselot, Geliert's Butterbirne, Gute Luise von Avranches, Gute von Ezee, Hardenpont'sWinterbutterbirne, Hertrich's Bergamotte, Herzogin Elsa, ., von Angouleme, „ „ Berry, Hochfeine Butterbirne, Hofratsbirne, Holzfarbige Butterbirne, Josephine von Mecheln, Lebrun's Butterbirne, Madame Bonnefond, Marguerite Marillat, Mönch all ard, Morel's Liebling, Neue Poiteau, Olivier de Serres, Pastorenbirne, Präsident Drouard, „ Mas, Begentin, Schöne von Abres, Sommer-Chaumontel, Triumph von Yienne, Vereins-Dechantsbirne, William's Christbirne, Winter -Dechantsbirne, Meuris. Birnensorten für wagerechte, schiefe, wellenförmige und aufrechte Kordons, sowie für andere kleine Formen. Für kleine Formen soll nur die Quitte als Unterlage bei den Birnen Verwendung finden, sonst fällt der Wuchs zu kräftig und die Fruchtbarkeit zu gering aus. Dort wo die Bäume auf Quitte nicht gedeihen, muss man auf die kleinen Formen verzichten. Amanlis Butterbirne, Bachelier's „ Birne von Tongres, Blumenbach's Butterbirne, Clairgeau's „ Clapp's Liebling, Dechantsbirne von Alencon, Diel's Butterbirne, Doppelte Philippsbirne, Dumont's Butterbirne, Edelkrassane, Ksprren's Bergamotte, „ Herrenbirne, Fortunee Boisselot, Verzeichnis der für die verschiedenen Baumforinen etc. 403 Geliert's Butterbirne, Gute Luise von Avranches, Gute vou Ezee, Hardenpont'sAYinterbutterbirne, Herzogin Elsa, von Angouleme, Hochfeine Butterbirne, Hofratsbirne, Holzfarbige Butterbirne, Josephine von Mecheln, Lebrun "s Butterbirne, Madame Bonnefond, Marguerite Marillat, Morel's Liebling, ( flivier de Serres, Pastorenbirne, Präsident Drouard, ., Mas, Regent in, Six's Butterbirne, Sommer-Chaumontel, Sparbirne, Triumph von Jodoigne, „ „ Vienne, Yereins-Dechantsbirne, AVilliam's Christbirne, AVinter-Dechantsbirne, Meuris. Birnensorten für grössere Palmetten. Die den Namen beigefügten Himmelsrichtungen sind die- jenigen, gegen welche die an Mauern und Planken zu pflanzenden Bäume vorzugsweise gerichtet werden sollen. Die ohne bezeichneten Sorten sind die, welche gut auf (Quitten gedeihen, solche mit einem * verlangen für grössere Pal- metten auf Wildling veredelt zu werden und die mit zwei ** sind solche, welche überhaupt nur auf Wildling gut gedeihen. Amanlis Butterbirne, "Andenken an den Kongress, Bachelier's Butterbirne, * Birne von Tongres, Blumenbach 's Butterbirne, ( üairgeau's *Clapp*8 Liebling, *Dechant8birne von Aleneon, Diel's Butterbirne, * Doppelte Philippsbirne, I lumont's Butterbirne, Bdelkrassane Passe ( Iras- sane . Esperen's Bergamotte, Herrenbirne, Fortunee Boi^-selot, Nord-Ost, Nord-West, W< -t und Ost, Nord-Ost und We-t. Nord, Nord-Ost, u. Nord-^ Ost, Süd-< ki und Süd-West, Ost, West, sü,1-( m u.Süd-\V. m. Nord-Ost, Nord-Wesl und W •. Ost, Süd-Osi und Süd-West, Weä und Süd. Süd-Ost, Süd-Wesl und Süd, Nord, Nord-( tet und Nord W( t, Süd-Ost, Süd-Wesl und Süd. 404 Verzeichnis der für die verschiedenen Baumformen etc. Geliert's Butterbirne, General Tottieben, *Gute Luise von Avranches, *Gute von Ezee, *Hardenpont's Winterbutter- birne, * Herzogin von Angouleme, * Hochfeine Butterbirne, Hofratsbirne, Josephine von Mecheln, Lebrun's Butterbirne, Madame Bonnefond, ** Marie Luise, **Napoleon's Butterbirne, *01ivier de Serres, Pastorenbirne, Präsident Drouard, * „ Mas, * Regentin, * Schöne Angevine, *Six's Butterbirne, ** Sparbirne, Triumph von Vienne, n n Jodoigne, **Van Marum's Flaschenbirne, Vereins-Dechantsbirne, * William's Christbirne, * Winter Dechantsbirne, Meuris, Nord-Ost und West, 7? n " „ „ Nord- West, „ „ West, Ost, Süd-Ost, Süd-West u.West, Nord-Ost, Ost „ „ „ und West, 71 7? 77 Ost, Süd-Ost, Süd- West u.West, Nord- Ost und West, 77 77 77 77 77 77 77 77 75 Ost, Süd-Ost, Süd -West, Süd und West, Nord-Ost und West, Süd-Ost, Süd- West und West, Nord-Ost und West, Süd-Ost, Süd-West, Süd u. West, „ „ und West, Ost, Süd-Ost, Süd-West u.West, Nord-Ost und Nord-West, „ West, Süd-Ost, Süd -West und West, Ost, Süd-Ost, Süd- West u. West, Ost und West, Nord, Nord-Ost, Nord -West, Ost, Süd-Ost, Süd, Süd- West, Ost, Süd-Ost, Süd- West u.West. III. Führer für den Yeredler, den Baum- und (jehölzzüchter, nach Monaten geordnet. Januar. Die Edelreiser werden geschnitten und eingeschlagen; gestattet die Witterung diese letztere Arbeit nicht, so werden vorerst die Edelreiser im Keller oder ähnlichem frostfreiem und nicht trockenem Räume aufbewahrt, wo sie aber nur so lange zu bleiben haben, bis sie im Freien ein- geschlagen werden können. AYendet man die Zimmerveredelungen an, ist jetzt die Zeit günstig dazu. Da der Veredler in diesem Monat ver- hältnismässig wenig zu thun hat, soll er das notwen- dige Baumwachs und alles,, was er für die Veredelung braucht, anfertigen, als da sind: die Etiketten, Bleinummern, Stäbe und Pfähle. Die Bindmaterialien als Bast und Wei- den werden angeschafft, letztere ausgeputzt und in ver- schiedenen Längen sortiert. Die bis .Mai zu verwendenden Weiden werden im Keller und die anderen auf dem Speicher trocken aufbewahrt; erstere bleiben grün und geschmeidig, 406 Führer für den Veredler, den Baum- und G-ehölzzücliter. letztere sollen vor ihrer Anwendung in Wasser erweicht werden; ihre Zähigkeit und Dauerhaftigkeit wird erhöht, wenn man sie anstatt im kalten in warmem Wasser er- weicht, oder, was noch besser, wenn man sie etwa 20 Mi- nuten kochen lässt. Die Gerätschaften sind parat und in gutem Zustand zu halten, das Fehlende anzufertigen oder anzuschaffen. — Ist die Witterung mild und der Boden offen, entfernt man die noch rückständigen Zapfen. Die Pfähle und Stäbe werden vollends gesammelt, die unbrauchbaren ausgeschie- den und die anderen nach ihrer Länge und Stärke sortiert und Bündel davon gemacht. — Starke Bäume, welche um- gepfropft werden sollen und noch nicht abgeworfen sind, sollen womöglich in diesem Monat abgeworfen und das Abfallholz zurechtgemacht und alsbald entfernt werden. Die Veredelung der Stachel- und Johannisbeeren, der Rosen und Beben in Glashäusern, beginnt in diesem Monat. — Es werden die Stecklinge der Baum- und Gehölzarten geschnitten, zubereitet und in Sand aufbewahrt, bis sie im Freien gesteckt werden können. — Der Dung wird getragen und ausgebreitet. Das Bigolen wird fortgesetzt und wenn der Boden offen und frei von Schnee ist, umgespatet, gehackt und die Bäume und Sträucher ver- pflanzt. Bei nicht kaltem Wetter wird geschnitten und wo Schildläuse vorhanden sind, werden dieselben bei mildem Wetter durch Abbürsten vertilgt. Hiezu bedient man sich der Wurzelbürste oder der Siambürste Fig. 31 Seite 69. Das Gleiche gilt für moosige und mit Flechten versehene Bäume und solche mit abgestorbenen Bindenschuppen. Um die Entfernung der Schildläuse (Coccus), namentlich die der kommaförmigen Laus — Miesmuschel-Schildträger — (Coccus conchaeformis), der Moosflechten und abgestorbenen Binde zu erleichtern, kann man sich bei frostfreiem Wetter des warmen Wassers bedienen. Nachdem gereinigt, em- pfiehlt es sich, die Bäume und Sträucher mit Kalkmilch Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. 40' zu bestreichen und alsdann werden die Spaliere angeheftet (palissiert). Letztere Arbeit hat stets zuletzt zu geschehen, da es die Ausführung der anderen Arbeiten erschwert. Ganz frei soll man jedoch die Teile, welche durch Winde u. s. w. nicht abbrechen können, nicht lassen; ist ein end- gültiges Anbinden nicht zulässig, weil es noch Verschie- denes an den Bäumen auszuführen giebt, so begnügt man sich, einzelne Bänder anzubringen. Februar. Von vorigem Monat noch rückständige Arbeiten werden ausgeführt und bei milderer Witterung die Veredelungen im Freien vorgenommen, jedoch nur dort, wo der Winter nicht besonders streng ist und wo die als Edelreiser zu ver- wendenden Zweige durch die Kälte nicht beschädigt werden. Alle Obstgattungen, die Pfirsiche und Aprikosen aus- genommen, lassen sich jetzt in der Baumschule veredeln. Die mit empfindlichen Edelreisern im Freien ausgeführten Veredelungen sind durch Papierdüten vor Kälte und rauhen Winden zu schützen. Die Umpfropfung älterer Bäume verschiebt man lieber für die zwei nächsten Monate. Die Zimmerveredelungen sind zu voll- enden und wenn der Schnitt der Edelreiser noch nicht beendigt ist, soll es jetzt geschehen. Ausser Aepfeln und Birnen, Pflaumen und Kirschen, Quitten und Mispeln, Stachel- und Johannisbeeren, werden in diesem Monat noch folgende Zierbäume und Ziersträucher veredelt: Acer, Rhododendron, Aucuba, Taxus, Hedera, Arbutus, Alnus, Hibiscus, Rham- nus Frangula, Khamnus Alaternus, Piru^ japonica, Jasmin um, Larix, Thuva. Cha- maeevparis, Vitex, Viburnum, Ceanothus, Daphne, Juniperus, Juglana u. a. m. — Wegen besten Veredelungsarten, der Zeit und dem Ort, wann und hnitten, v.-niMiiit die Wunde höchal I «-ich ' dlei der rieh- Schnitt, 408 Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. wie sie veredelt werden sollen, verweisen wir auf das, was bei den einzelnen Arten Seite 214 — 292 angeführt wurde. Die Unterlagen sind zu richten und zu sortieren und können diese sowohl als alle Bäume und Sträucher ver- pflanzt werden. Von vorigem Jahr noch nicht gelöste Bän- der sind zu entfernen und wenn okuliert, die Unterlagen auf Zapfen zurückzuschneiden. Stäbe und Pfähle werden geprüft und wo notwendig, nebst den Bändern, erneuert. Die zu veredelnden Unterlagen werden ausgeputzt und zurück geschnitten , aber immer et- was über dem Punkt, wo man wegen der Veredelung zu schneiden hat. Auf letzteren Punkt wird erst ge- schnitten, wenn die Veredelung aus- geführt wird. — Die Düngung sollte in diesem Monat zu Ende geführt werden, für grosse Bäume und ins- besondere bei solchen, welche sich auf Rasenboden befinden, soll die Untergrundsdüngung vorgezogen werden , sonst bemächtigt sich der Rasen des Düngers und der Baum geht ziemlich leer aus. Der Schnitt wird, so oft die Fig. 195. so wen uuer uem # ^ef ausgeführt Auge ausgeführ- Witterung es erlaubt, ausgeführt, schwächt der ter Schnitt; die . . , Schnitt das End- punktierte Linie die Einschnitte dagegen für die äuge, zudem er- zeigt, wie man ° ° schwort dessen hätte schneiden Monate März Und April Verschoben. Schräge die Ue- sollen. Ausge- . x berwallung der tührt wie die Fi- Jj ior. l^ö Zdgt, Wie der bchnitt an Wunde. Die gur es zeigt, ver- ° punktierte Linie trocknet der sich den Zweigen aUSZUlUnren ISt, Wall- c, d ist die Rich- über der punk- ,,.,-,. - n , j 1 rv- tung,welcheman tierten Linie be- rend die t lg. 1CJ4 Ulld 19i) Veran- hätte verfolgen tindlicheTeil und _ _ > sollen. .laine sind erfor- schaulichen, wie man nicht schneiden derlich. bis eine solche Schnitt- soll. — Schildläuse und Flechten werden mit wunde vernar- ben kann. der Baumbürste entfernt , während die älteren Bäume, mit abgestorbener Rinde, mit dem Baumkratzer von Moos und toter Rinde befreit werden. Nachdem gereinigt, sind die Bäume mit einem Kalk- Fig. 194. Zu weit über dem Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. 4( >'. I anstrich zu versehen; dieser Anstrich schützt den Baum vor Kälte und Wärme und hilft die gebliebenen Schma- rotzer zu entfernen, wie er auch die Vermehrung der In- sekten erschwert. In letzter Zeit hat auch der nützliche und gar nicht schädigende Kalkanstrich Feinde bekommen; es ist eben sehr deprimierend, dass Leute, welche nicht einmal die verschiedenen Obstbäume voneinander unter- scheiden können , von Obstbau und von Obstbaumpflege gar keinen Begriff haben, dennoch als Ratgeber auftreten, und, um sich den Schein von Gelehrsamkeit zu geben, an- standslos das Gegenteil der Wahrheit behaupten. Nicht minder traurig ist es, das die Presse solche unwahre Lehren unter ihren Lesern verbreitet und als bare Münze verab- reicht. Wer seine Meinungen zu prüfen keine Gelegen- heit hat, soll doch dem Obstbau zulieb seine Kenntnisse und Ratschläge für sich behalten! März. Für die Veredelungen im Freien ist der März der wichtigste Monat, er ist derjenige, welcher den Vorzug verdient und von allen denjenigen dazu verwendet werden soll, welche nicht nötig haben, früher anzufangen, um noch zeitig fertig werden zu können d. h. bevor die Vegetation sich recht rege macht. Alle Veredelungen, welche für den vorigen Monat empfohlen wurden, lassen sich noch im März ausführen, soweit solche aber unter Glas gemacht werden, muss man sich beeilen und sie keine Stunde länger verschieben, als gerade notwendig. Die Unterlagen sind, soweit die Witterung • - erlaubt, zu setzen; das gleiche gilt von, den Stecklingen und allen sonstigen Bäumen und Sträuchern. — Noch nicht vollendete Düngungen sollen jetzt beendet werden, sonst verfehlen sie ihren Zweck, die Nährstoffe können später nicht mehr zeitig durch die Feuchtigkeit zu den Wurzeln geführt werden, die Unkräuter und andere Gewächse verzehren sie und nur noch ein Bruchteil davon kann von dem Baum aufgenommen werden. 410 Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter Das Abwerfen ist, falls nicht schon geschehen, jetzt vor- zunehmen und das Ausputzen und Reinigen der Bäume soll man womöglich noch in diesem Monat zu Ende führen. Die Beendigung des Schnittes soll beschleunigt werden und sind jetzt die Einschnitte überall auszuführen, wo solche sich als notwendig erweisen. — Haben die Knospen noch nicht begonnen anzuschwellen, so kann man noch Edel- reiser schneiden, im andern Fall ist es nur noch ratsam, wenn solche Edelreiser gleich verwendet werden. — Die Ableger sind zu machen und die Stecklinge sobald wie möglich zu stecken, der Samen aller Bäume und Sträucher ist zu säen und überhaupt alles ehethunlichst in den Boden zu bringen, was in demselben unterzubringen ist. Die Wunden der Bäume werden gereinigt und die Längenschnitte überall ausgeführt, wo sich solche als notwendig erweisen. Es sei hier nochmals betont, dass solche Längen- schnitte (Aderlassen) bis zum Splint (äus- serste Holzschichte) auszuführen sind und dass, wo es weder Aeste, Zweige, noch Knospen zu schonen giebt, es ganz unnötig ist, sie wellenförmig auszuführen. Krumme Stämme, Aeste und Zweige sind durch Pfähle oder Stäbe grad zu Fig. 196. Ein an dem richten und in der gewünschten Richtung Kopf der Unterlage be- n ._. . . , tt-i ä»t_ festigter Bogen , damit zu leiten. Die in der Hone ausgelunrten die Vögel sich nicht anf _ _ , -r» 1 J i J • die eingesetzten Edei- Veredelungen werden vor Bruch durcn die Vögel geschützt, indem man Stäbe entlang anbindet oder einen Bogen, wie Fig. 196 es zeigt, über denselben anbringt und befestigt. Alle grossen Wunden sind mit Baumwachs, Baummörtel oder Teer zu verstreichen, letzterer darf aber nur über die blossgelegten Holzteile zu stehen kommen; am Rand der Wunde und über die Rinde angebracht, vergrössert er erstere und tötet letztere. Wenn gut angewendet, kann der Teer, weil er das Holz Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. 411 vor Feuchtigkeit und folglich auch vor Fäulnis schützt, gute Dienste leisten, indessen sind die Nachteile, welche durch eine ungeschickte Anwendung entstehen, so grosse, dass wir hier den Unerfahrenen warnen müssen, sich des- selben zu bedienen oder diese Arbeit gleichgültigen Menschen anzuvertrauen. Kleine Wunden und namentlich diejenigen, welche durch Schnitt der Zweige entstanden sind, mit irgend etwas zu verstreichen, ist vollständig überflüssig und schade um die Zeit, welche man damit vergeudet. Wir raten jedermann, die sehr wertvollen Tage von März und April zu etwas besserem , als zur Ausführung dieser Spielerei zu verwerten. Als Zierbäume und Ziersträucher kommen in diesem Monat zur Veredelung: Crataegus Azarolus, Syringa, Cornus, Caragana, Pinus, Amygdalus, Mespilus, Olea. Broussonetia. Populus, Cydonia, Ligustrum, Vitis, Aesculus, Hex, Prunus Padus, Sorbus do- rn est ica, Juglans, Salix und selbstredend auch die, welche wir für Februar angeführt haben. Das Gleiche gilt von den Arbeiten, welche noch nicht beendigt w urden. April. Im Norden ist der April oft das, was hier der März ist; da sich alles nach der Witterung und nach dem Wachs- tum richtet, findet man sich leicht zurecht; je nach der Gegend oder je nach der Temperatur sind die Arbeiten bald 4 Wochen früher, bald 4 Wochen später auszuführen und giebt uns der Monat somit nur einen Anhaltspunkt — Sobald die Kinde sich gut löst, sollen die Veredelungen zwischen Holz und Kinde ausgeführt werden, je bälder «lies geschieht, um so besser ist es. Die Anpflanzungen aller Art sollen mit Eile beendet werden und der Boden wird v<.r Trockenheit geschützt, indem man ihn locker hält. Als Zierbäutne und Ziersträucher, welche im April veredelt werden können, sind noch folgende zu nennen: ßobinia, Betula, Colutea, Cytisus, ( upressus, 412 Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. Quercus, Amelanchier, Hibiscus, Crataegus aria, Paeonia arborea, Spartium, Gleditschia, Carpinus, Castanea, Larix, Morus, Planera, Platanus, Fagus, Chionantus, Sophora, Taxodium, Catalpa, Bignonia, Ulmus, Cotoneaster. Die Abiaktierungen und Okulationen mit treibendem Auge werden ausgeführt, für letztere bedient man sich Augen, welche von den Zweigen gewonnen werden (von den sogenannten Pfropfreisern). Der Schnitt und die Ein- schnitte müssen, soweit nicht schon erledigt, beendigt wer- den; Stäbe, Pfähle und Bänder werden überall da ange- bracht, wo solche notwendig sind. — Der durch das Wandeln fest gewordene Boden ist zu hacken und dafür zu sorgen, dass das Gras und Unkraut im Obstgarten und in der Baumschule nicht aufkommt, sonst wird man nur noch mit viel Mühe und Zeit Meister. Bei herrschender Trockenheit wird, wo dies thunlich, gegossen, aber tüchtig, damit man es vor 8 Tagen nicht zu erneuern braucht. In der Regel wird, wenn man die Baumscheibe mit strohigem Dung be- deckt, ein weiteres Giessen unnötig. Die für die Verede- lungen im Februar und März zum Schutz der Edelreiser angewendeten Papierdüten werden abgenommen, um das Vergeilen der Triebe zu vermeiden. — Wurden Riesen- veredelungen ausgeführt, so wird deren Stamm und Krone vor Trockenheit und Brandplatten geschützt, indem man sie mit Kalkmilch anstreicht, oder den Stamm mit Stroh, Moos und ähnlichem umhüllt. Derartige grosse Verede- lungen erfordern eine solche Vorsicht, weil sie langsamer als die anderen anwachsen und austreiben. Lässt man den Stamm oder Ast, welchen man als Edelreis verwendete, austrocknen, so kann natürlich von Erfolg nicht mehr die Rede sein. Mai. Die Veredelungen mit treibenden Augen, sowie die zwischen Holz und Rinde werden zu Ende geführt und die Abiaktierungen fortgesetzt. Der Garten und die Baum- Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. 413 schule werden gehackt, die Wege gereinigt, bei Trocken- heit sind die verpflanzten Bäume einmal wöchentlich zu begiessen und wenn nicht schon geschehen, die Rabatten oder Baumscheiben mit strohigem Mist zu bedecken. Das Anwachsen und Gesundbleiben der in starkem Zustand ver- pflanzten Bäume wird durch Kalkanstrich oder noch besser durch einen Ueberzug von Lehm und Kuhfladen begünstigt. Dieser Anstrich oder Ueberzug soll den ganzen Stamm und die Hauptäste decken, ausserdem erleichtert man das An- wachsen aller Bäume und Sträucher, indem man sie in den späten Abend- und Morgenstunden bespritzt; diese Be- spritzung ist vorzunehmen, sobald und solange trockene Witterung herrscht ; dadurch wird die Rinde vor dem Aus- trocknen geschützt und ihr Absterben verhütet. Die Käfer, Raupen, Schnecken, Wickler, werden ge- sucht und vernichtet. Mittels Tabakstaub oder Tabak- wasser werden die Blattläuse getötet. Schildläuse ver- nichtet man durch Abbürsten und die Honigläusekolonien werden vertilgt, indem sie mit Spiritus und mittels eines Pinsels überfahren werden. Wo sich die Blutläuse zeigen, werden sie am besten, sichersten und billigsten mit Finger und Bürste vertilgt. Alle anderen Mittel haben sich nicht bewährt: man schützt sich vor Schaden am besten dadurch, dass man all die empfohlenen Mittel um so mehr ignoriert, je wärmer sie empfohlen und je unfehlbarer sie geschildert werden. Der grösste Feind der Obstkultur ist der jetzt zur Mode gewordene Schwindel. Wird alles angeschafft, was die Nicht-Obst- und auch Xicht-Baum-Züchter empfehlen, dann werden die Ernten niemals im stände sein, die statt- gehabten Ausgaben für: Bandagen, Verbände, Krücken, Spritzen, Blechringe, Fackeln, Pinsel, Salben, Leime, Pulver und endlosen Arzneikolben und Büchsen, auszugleichen; der Obstbau wird dann nur noch für die Lieferanten der sogenannten Schutzvorrichtungen und Vertilgungsmitte] einträglich sein! Was der Obstbaumzüchtei braucht, um sich vor Feinden zu schützen, das kann er sich selbei her- 414 Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. stellen und es ist daher ganz unnötig, dass er sich an fremde Leute wendet. „Was man erspart, ist schon ver- dient/' ist der Grundsatz, welchem der Obst- und Baumzüchter zu huldigen hat. Zudem muss hier hervorgehoben werden, dass, anstatt der Arzneien, es die Reinlichkeit und gute Ernäh- rung der Bäume ist, welche am schlimmsten auf die In- sekten wirkt, weil die Reinlichkeit und Gesundheit die natürliche Feindin alles Ungeziefers ist. Anstatt viel Geld für die Arzneien und viel Zeit mit den Arzneien zu vergeuden, soll man die Bäume besser pflegen, für ihre bessere Ernährung und insbesondere für deren sorgfältige Reinigung sorgen. Für die Düngungen mit Jauche, Latrinen und anderem flüssigem Dünger ist der Monat Mai sehr geeignet ; solche Zuführungen wirken um so wohlthuender, je reichlicher sie verabreicht werden. Die Veredelungen durch Ablaktieren, Seiten- und Kopf- pfropfen werden in diesem Monat ausser bei den Obst- bäumen noch für folgende Gattungen angewendet: Car- pinus, Magnolia, Olea, Picea, Corylus, Clematis, Wistaria, Celtis. Die Okulanten in der Baumschule werden an den Zapfen aufrecht angebunden und alle Triebe der Unterlage ausgebrochen; es empfiehlt sich jedoch oben an dem Zapfen einen Trieb stehen zu lassen und diesen kurz abzukneipen. Dieser gelassene Trieb hat die Aufgabe, das Austrocknen der Zapfen zu verhüten und die kräftige Entwicklung und gesunde Erhaltung des Edeltriebes zu begünstigen. Auch bei den anderen Veredelungen soll man von jetzt an alles, was sich als unnötig erweist, entfernen, oder dessen weitere kräftige Entwicklung durch Rückschnitt hemmen. Vom Frühaufstehen sind die Käfer und Raupen keine Anhänger und es kommt uns überhaupt so vor, wie wenn heutzutage nur die liebe Sonne das gern thäte ! Will man die Käfer und Raupen rasch und leicht fangen, so soll man wenigstens so früh wie die Sonne aufstehen und ihnen Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. 415 zu Leibe rücken; das braucht ja nicht alltäglich zu ge- schehen und für Vergnügungen kann man doch auch früh, recht früh aufstehen. Wer spätestens um 10 Uhr abends zu Bette geht, wird gerne morgens 4 Uhr aufstehen und wenn nötig auch früher, er fühlt sich wohler, zufriedener und glücklicher als die , welche vor Mitternacht ihre Kneipe und vor 8 Uhr morgens ihr Bett nicht verlassen. Nicht durch die Arbeit, sondern durch das Faulenzen, zu viel Geniessen, zu spät ins Bette gehen, verdirbt man seine Gesundheit und zwar auf gründlichste Weise ; ein ver- nunftgemässes Leben ist die einzige Wissenschaft, welche gegen die Hauptübel der Menschheit Abhilfe verschaffen kann! Juni Es giebt im Juni verhältnismässig wenig zu veredeln. Nur die Abiaktierungen, Okulationen mit treibenden Augen, namentlich bei Rosen, und die in krautartigem Zustand auszuführenden Veredelungen werden in diesem Monat vorgenommen. Für die Okulationen bedient man sich der Augen, welche durch diesjährige Triebe getragen sind. — Ausser den für den vorhergehenden Monat angeführten Gattungen können noch die nachstehenden veredelt werden: Platanus, Vitis (Reben) und Liriodendron. — Die beim Veredeln angewendeten Bänder werden bei den an- gewachsenen Veredelungen, wo sie die Rinde der Unter- lage zu erdrosseln beginnen', entfernt und wenn man be- fürchtet, dass ohne Verband die Edelreiser sich noch von der Unterlage trennen könnten, wird derselbe wieder erneuert und nur massig fest angezogen. Das Wachstum wird durch Schnitt und Abkneipen geregelt^ und wenn die Bäume für gewisse Formen bestimmt, werden die Triebe dorthin, wo ee ^ich gehört, geleitet und an Stäbe oder Drahte befestigt Zur Abnahme der in der Höhe befindlichen Zweige und Triebe bedient man sich dort, wo es sieh nicht lohnt, eine Leiter herbeizuschaffen, oder wenn von dieser aus die in entfernenden Teile nicht erreichbar sind, der sogenannten 416 Führer für den Veredler, den Baum- und Grekölzzüchter. Eaupenschere , so genannt weil mit derselben (Fig. 197 und 198) die Raupennester weggeschnitten werden. Für diese und alle anderen Zwecke ist die Schere an einer Stange zu befestigen, deren Länge sich nach der Höhe der zu entfernenden Zweige und Triebe zu richten hat. — Die Jagd auf Insekten ist fortzusetzen. Die Pilze pflegen in diesem Monat ihren Ein- zug zu halten und sind mit Schwefel- blüte oder mit Kalk- und Kupfer- vitriollösung (Bordeauxbrühe) zu bekämpfen. Diese sogenannte Bor- deauxbrühe , Kupferkalkmischung, wird wie folgt hergestellt : Es werden 3 Kilo Kupfervitriol und 3 Kilo ge- brannter Kalk je in einem Quantum von 4 — 5 Liter warmen Wassers auf- gelöst ; die dadurch erhaltene Kalk- milch wird durch ein nicht zu grobes Packtuch oder feines Sieb Fig. 197. iiaupenschere , halb filtriert und hernach in ein offenes offen gesehen. Zweige und Triebe . T . TTr werden mit dieser Schere durch FaSS mit 90 Liter W aSSei* ge- Anziehung der an die Schere und ._ _... . ,. Stange angebrachten Schnur ab- bracht. Das T lltrieren ist notwendig, genommen. . . _ damit etwaige ungelöste Kalkteile, welche später den Zerstäubungsapparat verstopfen würden, zurückbleiben. — In diese sehr verdünnte Kalkmilch giesst man unter beständigem Umrühren mit einem Holzstab das aufgelöste Kupfervitriol und die Brühe ist fertig. Es em- pfiehlt sich, dieselbe 1 — 2 Tage vor ihrer Anwendung zu bereiten und in dieser Zeit geschlossen zu halten. Während des Gebrauchs bezw. vor dem Füllen des Zerstäubungs- apparats ist die Mischung umzurühren. Bei dem Spritzen selbst ist hauptsächlich auf eine möglichst feine, gleich- massige Verteilung der Flüssigkeit auf die Blätter zu achten; ein Zuviel kommt, wenn die Mischung richtig her- gestellt, nicht vor. Die Tageszeiten, welchen man bei der Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. 417 Anwendung den Vorzug zu geben hat, sind die Früh- und Abendstunden, wenn die Sonne noch nicht oder nicht mehr wirksam ist. Bei trübem Wetter kann den ganzen Tag bespritzt werden. Kegenwetter soll man indessen zu ver- meiden suchen, weil die Brühe abgewaschen wird und der Zweck verfehlt würde. Diese Brühe hat sich bisher gegen alle Blattpilze bewährt und ist deren Anwendung warm zu empfehlen. Gegen das Fleckig- und Eissig- werden der Früchte sind auch mit der Bordeauxbrühe Versuche an- gestellt worden und scheinen die Resultate günstig ausgefallen zu sein, es ist daher wünschenswert, dass diese Versuche fortgesetzt werden, um ermitteln zu können, ob mit Hilfe dieser Brühe es mög- lich wird, gesunde weisse Winter- Calvills , Winter -Dechantsbirnen, St. Germain etc. zu erhalten ; wenn ja, hätte der Obstzüchter alle Ur- sache, über diese Entdeckung zu jubeln. Für die Zerstreuung der Schwe- felblüte bedient man sich am besten der „Schwefel -Blasbälge" und für die Bordeauxbrühe der jetzt über- all bekannten und verbreiteten .,Rebenspritzen". Von letzteren sind gar verschiedene Systeme ii- ' i;:- ]' ■ Wenn keine Reupeniehere im Handel, was nicht gerade die *nr Verfügung iteht, kann man stell TTT 1_1 "I • 1_J ,1.11. -, a,lr1'- U>" ,|''' lil-'- I • Wahl erleichtert; gut Und billig lind Baumschere bedienen, ea Ut eher ein t »ndi n - Gtostell dazu erforderlieh, nicht schlecht und billig ist das, siehe \ was für den Entschluß« massgebend Bein soll. Vor Bolchen >fhäftsleuten, welche grundsätzlich die auswärtigen Fa- delnngen. 27 418 Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. brikate verpönen, muss man sich doppelt in acht nehmen, die wahren Patrioten sind die, welche das Beste einzuführen (ob vom In- oder Ausland) bestrebt sind. Juli. Gab der Juni dem Veredler Gelegenheit sich mit den zuvor angeführten Veredelungen zu befassen, so nimmt der Juli in seiner zweiten Hälfte dessen kunstfertige Hand wie- der in Anspruch; vom 15. Juli an bis in den September hinein wird in den grossen Baumschulgeschäften vorwiegend nur noch okuliert. Es sind eben gar viel der Bäume und Sträucher, welche sich durch die Okulation vermehren lassen. Für die Obstbäume und Obststräucher aller Gat- tungen ist die Okulation, wo sie anwendbar ist, die beste Veredelungsart und wird auch überall mit besonderer Vor- liebe angewendet. Von den Zierbäumen und Ziersträuchern, welche sich im Juli durch Veredelung vermehren lassen, nennen wir: Acer, Rhododendron, Azalea, Colutea, Cytisus, Alnus, Negundo, Amelanchier, Syringa, Crataegus, Aria, Paeonia arborea, Cornus, Pyrus japonica, Cerasus, Tilia, Diospyros, Magnolia, Elaeagnus, Planera, Cydonia, Ligustrum, Rosa, Aesculus, Fagus, Viburnum, Chionanthus, Ceanothus, Sophora, Evonymus, Picea, Prunus Padus, Ulmus, Sorbus (cormus) domestica, Crataegus. Bevor man zur Okulation schreitet, empfiehlt es sich, den Boden nochmals zu lockern (feigen), alsdann werden die "Wildlinge von den für die Okulation hinderlichen Trieben befreit und durch Abreiben von Erde gereinigt; letzteres geschieht mit der Hand und zwar wird einfach von oben nach unten gefahren, oder umgekehrt. Ohne diese Reinigung verliert das Okuliermesser bald seine Schärfe, und wenn Schmutz zwischen die gelöste Rinde kommt, wird das Anwachsen der eingesetzten Augen beeinträchtigt oder gar unmöglich gemacht. — Zur Okulation ist jedes Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. 411' Wetter, mit Ausnahme des Regenwetters, geeignet; kommt nämlich Wasser in die durch das Lösen der Rinde entstandene Wunde, so scheitert gewöhnlich das Anwachsen. Aus dem Gesagten geht hervor, dass bei starkem Tau oder während es regnet, nicht okuliert werden soll. — Die sehr stark und anhaltend wachsenden Unterlagen werden durch Zusammenbinden der Triebe, oder, indem man sie stark auslichtet, in ihrer weiteren Entwickelung gehemmt. Das Anwachsen der Augen wird dadurch begünstigt und deren Austreiben vor kommendem Frühjahr verhindert. Die schwach wachsenden Unterlagen, sowie die, deren Wachs- tum am frühesten aufhört, erfordern zuerst okuliert zu werden. Das Wachstum wird durch das zuvor erwähnte Mittel geregelt und die Insekten werden fleissig vertilgt. August. Die Veredelung all der für den vorigen Monat ange- führten Gattungen ist, soweit als nicht erledigt, fortzusetzen und dafür zu sorgen, dass sie bis zum 20. d. Monats voll- endet werden. Eine Ausnahme machen nur die sehr stark treibenden Unterlagen wie : Mirobolane, Mandeln, Mahaleb, welche, je kräftiger sie treiben, um so später okuliert zu werden brauchen, ohne dass es indessen nötig wäre, deren Okulation länger als bis Ende August zu verschieben. Neben den für Juli angeführten Bäumen und Sträuchern sind noch folgende durch Veredelung in diesem Monat zu vermehren: Aucuba, Taxus, Arbutus, Rhamnus frangula, Pyrus japonica, Jasminum, Cercis, Castanea, Pinus, Larix, Thuya, Chamaecyparis, Amygdalus, Vitex, Populus, [lex, Taxodium, Juni- perus, Celtis, Hedera und Rhamnus Alaternus. In diesem Monat sind die Veredelungen mit Pracht- zweigen ebenfalls vorzunehmen. Zu stark im Trieb dürfen die Stämme oder Aeste, wo die Fruchtzweige mit Blüten- knospen für das nächste Jahr eingesetzt werden Bollen, nicht sein, das Wachstum musa vielmehr Bchon in Ab- 420 Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. nähme begriffen sein, und man kann in der Regel mit dieser Veredelung von Mitte August an beginnen und sie bis in den September hinein ausdehnen. Zu früh einge- setzt treiben und blühen die Zweige aus, und zu spät ein- gesetzt wachsen sie nicht mehr an, in beiden Fällen wird der Zweck verfehlt, es sei denn, dass, ausser um den zu- künftigen Ertrag zu erhöhen resp. zu steigern, es sich auch darum handelt, eine Lücke auszufüllen. Die Anfangs Juli und früher gemachten Veredelungen werden nachgesehen, wo die Bänder einschneiden, sind dieselben zu entfernen und nicht gelungene Veredelungen, wenn noch thunlich d. h. wenn die Rinde der Unterlage sich noch löst, von neuem auszuführen. Unter den vielen angeführten Zierbäumen und Zier- sträuchern sind gar verschiedene, welche sich nur unter Glasglocken, in Mistbeeten oder in Glashäusern erfolgreich vermehren lassen ; wo dies zutrifft, wurde in dem Kapitel : „Zusammenstellung der wichtigsten bei uns (in Deutsch- land) im Freien aushaltenden Bäume und Sträucher" an- gegeben. Man hat nur notwendig, den Namen der be- treffenden Gattung im Sachregister zu suchen und nach- zuschlagen, welche Veredelungsarten wir für die geeig- netsten halten , zu welcher Zeit und wo wir dieselben auszuführen empfehlen. Noch vorhandene Pilze sind durch Bordeauxbrühe und die Blattläuse durch Tabakwasser zu töten ; wo es zulässig, können auch die von Blattläusen befallenen Blätter und Zweige entfernt und verbrannt oder zertreten werden'. Die Pilze und Läuse können zwar keinen grossen Schaden mehr anrichten, allein deren Vernichtung ist dennoch an- zustreben, damit ihr Auftreten im folgenden Jahr ver- mindert wird. September. Mit der Vollendung der für August angeführten Ver- edelungen muss man sich beeilen, die Nächte werden jetzt Führer für den Yeredler, den Baum- und Gehölzzüchter. 4lM kühler, das Wachstum nimmt rasch ab und selten kann später als bis zum 10. September mit Erfolg veredelt werden. Länger wie vier Wochen brauchen die okulierten Augen zum Anwachsen nicht, nach dieser Zeit sollen sie losgebunden werden, damit der Verband die Unterlage nicht erdrosselt und deren Bruch nicht verursacht. Die etwa durch den Verband eingeschnittenen Unterlagen sind vor Bruch zu schützen, indem man den oberen Teil zurück- schneidet. Dieser Rückschnitt ist jedoch mit Verständnis auszuführen ; wenn zu früh und zu streng ausgeführt, wird das Austreiben der Augen befördert, was ein Fehler ist. da die so spät zur Entwicklung gekommenen Triebe nicht mehr vor Eintritt des Winters genügend ausreifen, er- frieren und wo dies nicht eintritt, im folgenden Jahr doch nur schwache Triebe liefern. Es empfiehlt sich daher beim Rückschnitt der Unterlage so viel entwicklungsfähige Triebe stehen zu lassen als nötig, um das Austreiben der eingesetzten Augen zu verhüten. Ist ein solcher Rück- schnitt nicht ausführbar, so ist dem Bruch durch Anbinden der Unterlage an Stäbchen oder Pfähle vorzubeugen. Alle unnötigen Zweige und Aeste, die sogenannten Zugäste, sind, nebst den an den Okulanten des Vorjahrs und an den Veredelungen des letzten Frühjahrs gelassenen Zapfen zu entfernen; wenn der Schnitt jetzt ausgeführt, kann die Wunde noch einen Callus-Ring vor Winter- Eintritt bilden und sie vernarbt dadurch viel leichter und rascher. Hat man Bäume zum Zweck des Umpfropfens oder Verjüngung abzuwerfen, so ist die Zeit dazu jetzt am günstigsten; wenn solche Bäume Früchte tragen, wartet man natürlich bis diese reif und geerntet sind. Es ist von grossem Vorteil diese Arbeit, besonders an erschöpften Bäumen, schon im Herbst vorzunehmen, denn die noch in dem Baum zirkulierenden Säfte wirken günstig auf die Ausbildung der verschont gebliebenen Teile und treiben diese im nächsten Frühjahr bälder und kräftiger aus. 422 Führer für den Veredler, den Baum- und Grehölzzüchter, Die zur Aussaat bestimmten Steine des Steinobstes als: Kirschen, Mandeln, Pfirsiche, Reineclauden, Pflaumen, Zwetschen, Mirobolane und Mahaleb sollen jetzt gesäet oder stratifiziert werden, da die Aussaat im Herbste der im Frühjahr vorzuziehen ist. Oktober. Veredelungen werden jetzt nicht mehr ausgeführt; in südlicheren Ländern werden zwar die Herbstveredelungen noch mit Erfolg angewendet, allein die hierzulande schon öfters gemachten Versuche ha- ben stets schlechte Erfolge er- geben und wir können daher nicht dazu raten, noch in dieser Jahreszeit zu veredeln. Es sind ohnehin noch gar viel der Ar- beiten, welche erledigt Averden sollen ; abgesehen von dem Ab- werfen der Bäume ist es auch deren Ausputzen und Reinigen, das, wo nur thunlich, in diesem Monat vorzunehmen ist. So lange die Blätter nicht abge- fallen, ist es ein Leichtes, die gesunden von den kranken oder bereits abgestorbenen Teilen zu unterscheiden, man ist also nicht der Gefahr ausgesetzt, Gesundes für Krankes zu entfernen und Krankes für Gesundes stehen zu lassen. Bei grösseren Bäumen Fig. 199. Amerikanische Stehleiter. so\\ &{q Lichtung der Krone ZU Zweien erfolgen, der Sachverständige bleibt unten, der andere steigt auf den Baum und braucht keine weitere Führer für den Veredler, den Baum- nnd Gehölzzüchter. 423 Fertigkeit zu besitzen als die: mit Säge, Schere und Messer umgehen zu können. Mittels einer Stange zeigt ihm der Sachverständige , welche Aeste zu beseitigen und wo dieselben zu entfernen sind. Wenn bei der Lich- tung einer Krone ein Fehler gemacht wird, soll dieser lieber darin bestehen, dass man ein Zuviel und nicht ein Zu- wenig stehen lässt. Xachdem die Krone gelichtet (aus- geputzt), werden Stamm und Aeste von ihren Schmarotzern (Moos, Flechten und Pilzen) mit der Baumbürste befreit und die abgestorbene Einde wird durch die Baumscharre entfernt: dabei soll man sich jedoch hüten , gesunde Teile anzugreifen. Ist auch dieses vorbei, dann soll der ausgeputzte und gereinigte Baum bald — jeden- falls vor Wintereintritt — mit Kalkmilch angestrichen werden, damit er gegen Kälte widerstands- fähiger wird und die übrigen Schmarotzer (Moos, Flechten und Pilze) vollends vertilgt werden; aber auch zu dem Zweck, dass die Insekten den Baum nicht mein- zu bequemen Schlupfwinkeln und zu ihrer Vermehrung verwenden kön- nen. Abgesehen von einer gewöhn- lichen Leiter ist noch eine dop- pelte — Steh-Leiter — zur Aus- führung der Arbeiten an hohen >~> . ebenem I errain • Bäumen erforderlich. Fig. 199 beite*ier««ifw&Biehtder¥uibi. zeigt eine praktische verschiebbare Stehleiter, welche - auch als einfache Leiter verwenden Lässt. Biezn wird der gabelige Fuss oben abgeschraubt und entfernt. — Für unebenes Terrain und wenn die Leiter freistehend bleiben soll, ist eine dreifüssige Leiter praktisch und empfehlens- J00. Dreifiii 424 Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. wert. Wie eine solche aussieht und zu konstruieren ist, wird durch Fig. 200 gezeigt. Alle die dickeren und langsam keimenden Samen sollen jetzt gesät werden ; abgesehen von den Samen des Kern- und Steinobstes sind beispielsweise noch die der folgenden Bäume und Strauch er vor Eintritt des Winters zu säen: Akazien, Azaroldorn, Eberesche, Eiche, Felsenbirn, Feuer- dorn, Gemeine Mehlbirne, Hartriegel, Haselnüsse, Japanischer Quittenbaum, Johannisbeeren, Kasta- nien, Mispelstrauch, Quittenbaum, Rebe, Rosen, Rosskastanie, Rotbuche, Speierling, Stachelbeeren, Stechpalme, Traubenkirsche, Wachholder, Wall- nussbaum, Weissdorn. Für die Aussaat soll der Boden rein von Unkraut, sehr nahrhaft und in gutem baulichen Zustand sein; der allerbeste, welchen man zur Verfügung hat, ist gerade gut genug. Von der ausgezeichneten Qualität des Bodens ist der Gesamt-Erfolg abhängig. Mit Pilzen heimgesuchte und heruntergefallene Blätter werden gesammelt und verbrannt, um der zukünftigen Ver- breitung Einhalt zu thun. Wenn der Schnitt der Zapfen und das Ausputzen der jüngeren Bäume noch nicht zu Ende ist, muss man sich beeilen, diese Arbeiten zu vollenden, es ist jedoch nicht notwendig, die dadurch entstandenen Wunden mit Baum- wachs zu verstreichen; diese Vorsicht braucht nur bei solchen Wunden angewendet zu werden, deren Grösse die eines Zweimarkstücks überschreiten. Mit dem Verpflanzen aller Bäume und Sträucher kann jetzt begonnen werden, nur muss man alle die mit ab- fallenden Blättern abblatten, sobald sie gegraben worden; wenn es vorher geschehen kann, ist es noch besser. An den immergrünen Bäumen und Sträuchern ist dagegen eine Entblätterung zu unterlassen, und wenn je Teile davon entfernt werden sollen, verschiebt man es bis zum kom- menden Frühjahr. Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter. 425 Auch mit dem Schnitt der Obstbäume soll jetzt be- gonnen werden, namentlich bei den schwachwachsenden Bäumen und solchen, welche reichlich getragen haben, ist der Herbstschnitt sehr zu empfehlen. Es wird freilich dann und wann behauptet, dass, wenn im Herbst geschnitten, die Bäume die Fähigkeit verlieren, die Winterkälte erfolg- reich auszuhalten. Diese Annahme hat sich inzwischen als unbegründet erwiesen und dank der hier und auswärts gemachten Erfahrungen versichern wir. dass der Schnitt im Herbst stets von den besten Erfolgen begleitet ist. November. Die Verpflanzungen sind fortzusetzen und sollen diese erst bei starkem Frostwetter eingestellt werden; sie sind aber wieder aufzunehmen, sobald milde Witterung eintritt und der Boden nicht tief gefroren ist; es kann demnach, wenn die Witterung es erlaubt, den ganzen Winter über gepflanzt werden. Die Theorie, welche empfiehlt, die An- pflanzungen zu unterlassen, sobald der Boden erkaltet ist, muss man als veraltet ansehen; durch Versuche wird man sich überzeugen, dass sie niemals Berechtigung gehabt hat. Die Wurzeln der den Winter über verpflanzten Bäume und Sträucher — die mit fleischigen Wurzeln ausgenommen — werden weder moderig noch faul, sie bleiben vielmehr kern- gesund und der ganze Baum oder Strauch leidet unter der Verpflanzung um so weniger, je früher diese vorgenommen wurde. Die Wirkungen der mit Vorliebe ins Treffen g< führten Eiskrystalle sind für den Baum und Strauch ohne jede Bedeutung, wie überhaupt die insgesamt gegen die Winter- Anpflanzungen entwickelte Theorie nichts and ist, als eine grundlose Theorie. Die Aussaaten sind zu vollenden und alles zu düngen, was gedüngt zu werden braucht. Für das Düngen ist der November der geeignetste Monat, durch die Winterfeuchtigkeit werden die in dem Dung enthaltenen Nährstoffe aufgelöst, in die Tiefe geführt und die Wurzeln können sich derselben (der Nährstoffe) 426 Führer für den Veredler, den Baum- und Gehölzzüchter nach und nach bemächtigen. Dies gilt für alle Dünger- arten. Das Ausputzen, Kernigen und Anstreichen der Bäume mit Kalkmilch ist ehethunlichst zu vollenden, diese Arbeiten sollen zu Ende sein, bevor der Winter seinen Einzug hält. — Die okulierten Unterlagen wer- den auf Zapfen zurückgeschnit- ten, die von ihren Bändern noch nicht gelösten Veredelungen von solchen befreit. Pfähle werden abgenommen oder erneuert und die Bäume, Aeste und Zweige sind anzubinden, wenn und wo sie es bedürfen. Vor Hasenfrass und Be- schädigungen durch Zug- und andere Tiere soll man die Bäume schützen; für Baumschulen wird am besten Drahtgeflecht ver- wendet. Stehen die Bäume einzeln, so werden sie gegen alle Tiere vorzugsweise dadurch geschützt, dass man sie mit Schwarzdorn , Akazienzweigen oder Aehnlichem einbindet. Fig. 201. Die Baumscheiben , Ka- batten und Quartiere sind zu hacken , damit der Frost den Boden lockern und verbessern kann. Hat man zu rigolen, so soll es jetzt geschehen. Die gegen Kälte empfindlichen Bäume und Sträucher sind durch Einbinden, Zudecken und Niederlegen zu schützen. 'f\ Fig. 201. Der mit Schwarzdorneii (Prunus spinosa) umhüllte Baum zum Schutz vor Wildfra.n dem Versetzen reber die Pflanzschule :'.:• Boden-Vorbereitung 10 Zurichtung der Setzlinge !_ Das Setzen Schnitt und Aufbewahrung der Edelr«-i-er ■ 16 IV. Die zur Ausführung der Veredelungen notwendigen Werk- zeuge L8 1 . Dae < Okuliermesser L9 •_'. I );i- Kopuliermesser 1 l 432 Inhaltsverzeichnis. .Seite 3. Das Gartenmesser 49 4. Die Baumschere 50 5. Die Baumsäge 52 6. Das PfrojDfeisen 53 7. Der Holzschlegel 54 Die zu den Veredelungen notwendigen Gerät- schaften und sonstigen Gegenstände ... 54 1. Leitern 54 2. Der Schleifstein 55 3. Der Abziehstein 55 4. Der Streichriemen 55 5. Das Bindmaterial 56 6. Das Baumwachs 59 a) und b) Warmflüssiges Baumwachs ... 61 c) und d) Kaltflüssiges Baumwachs . . . . 63 7. Der Stuhl 65 8. Die Bleinummern 66 9. Die Töpfe 66 10. Pfähle und Stäbe 66 11. Die "Weiden 67 12. Die Binsen 67 13. Die Stahldraht- und Siambürsten . . . 68. 69 14. Die Baumscharren 69 15. Die Kalkmilch 69 V. Allgemeine Massregeln bei den unter Glas auszuführenden Veredelungen 71 VI. Von den verschiedenen Veredelungsarten 74 Erste Abteilung. Veredelungen durch Annäherung oder Ablaktieren ... 75 a) Ablaktieren durch Anplatten 76 bi Ablaktierung in Vertiefung 77 cj Ablaktierung mit Gegenzungen 78 d) Ablaktierung eines bewurzelten Rebesetzlings an einem älteren Bebstock 79 ej Ablaktierung in gespanntem Bogen mit einem Auge oder einem Trieb oder Zweig ... 80 f i Ablaktierung krautartiger Triebe .... 80 g) Wellenförmige Ablaktierung eines Triebes . 81 h) Ablaktierung von Trieben auf den Stiel der Früchte oder oberhalb des Anheftungspunktes derselben 82 i Wiederherstellung eines Baumes durch Ab- laktieren 84 k) Anwendung des Ablaktierens zur Wiederher- stellung eines schadhaften Stammes oder Astes 85 Pflege nach dem Ablaktieren 90 Inhaltsverzeichnis 433 Seite Zweite Abteilung. Veredelungen, welche mittels abgelöster Zweige, Aeste und Stämme oder Teile derselben ausgeführt werden . . 91 Erste Gruppe. A. Seite-Pfropfen 93 a) Seite-Pfropfen zur Vermehrung der Gattungen und Sorten 95 b) Seite-Pfropfen zwischen Holz und Rinde zur Vermehrung der Sorten und Gattungen, sowie zurErgänzung der etwa fehlendenFruchtzweige ! ' 7 c) Seite-Pfropfen zwischen Holz und Rinde zur Ergänzung von Aesten 99 d) Seite-Pfropfen mit schrägem Einschnitt in die äussere Holzschichte 99 e) Seite-Pfropfen zur Wiederherstellung der durch Krankheit oder sonstige Beschädigungen ihrer Rinde beraubten Hochstämme und Aeste . 101 f) Gewöhnliches Seite-Pfropfen (Anplatten) . 103 g) Seite-Pfropfen mit Ast- Anwuchs . . . 104 h) Vereinigung zweier Rebenstecklinge durch Seite-Pfropfen mit Gegenzungen . . . . 105 i) Seite-Pfropfung eines Rebstecklings auf einen älteren Rebstock 106 k) Pfropfung eines Stecklings auf der Seite eine> andern Stecklings 10<> 1) Seite-Pfropfen mit Fruchtzweigen und Frucht - ästen 107 Wie kommt es, dass es möglich ist, verschie- dene Sorten als Fruchtzweige, aber nicht als Aeste auf einem Ast oder Baum mit Er- folg zu züchten? 1 1 _? Die beidemSeite -Pfropfen erfordert ich ePflege 116 Veredelungen auf abgekürzten Zweigen, Aesten und Stämmen 119 Zweite Gruppe. B. Das Kopulieren 1 1" a) Das einfache Kopulieren 120 1) I )as Kopulieren mit .Gegenzungen . . . 121 c) Kopulation mit Sattel L32 d) Kopulation durch Schäften oder Anplatten. 134 e) Kopulation durch Schäften oder Anplatten mit Gegenzungen 135 f Kopulation mit Gegenzungen auf einem Eteb Steckling I3fi g) Kopulation durch Sattelschäften . Im Kopulation mittels doppelten Schütten- 137 Ghraeher, Veredelungen. 28 434 Inhaltsverzeichnis. Seite Vorteile, welche die Veredelungen mit langen und starken Edelreisern gewähren . . . 140 Theoretische Erklärung der erreichtenErfolge 145 Erklärung, wie das Anwachsen und Gedeihen sehr starker und langer Edelreiser vor sich geht 150 1. Wie erklären wir uns nun das Anwachsen dieser Edelreiser? 150 2. Woher kommt es, dass die Kraftentwickelung der ATeredelungen mit der Zahl ihrer Augen steigt? 151 3 . Warum findet die Wiederherstellung (Vernarbung) der Wunden der Unterlagen und der Edelreiser schneller statt , je grösser die Anzahl der vor- handenen Augen an dem Edelreis ist? . . . 152 Dritte Gruppe. C. Veredelungen, welche in die auf derUnter- lage auszuführende Kerbe oder Spalt ein- gesetzt werden 154 a) Gaissfussschnitt 154 b) Pfropfen in den halben Spalt 156 c) Gewöhnliches Spaltpfropfen 158 Die für die Spaltveredelungen günstige Zeit. 161 Spaltpfropfungen auf Endknospen, Zweige, Aeste und Verzweigungen 164 d) Spaltpfropfung in Endknospen mit holzigen Edelreisern 164 e) Pfropfung in gespaltene Endknospen . . . 166 f) Spaltpfropfimg krautartiger Gipfeltriebe . . 169 g) Spaltpfropfung auf einer Endknospe . . . 170 h) Spaltpfropfung zwischen eine Verzweigung . 171 i) Spaltpfropfung zwischen eine Verästelung . 172 k) Pfropfung durch keilförmige Einkerbung des Edelreises 173 1) Spaltpfropfung eines unbewurzelten Rebsteck - lings auf einen älteren Rebstock . . . . 174 m) Pfropfung im Gaissfuss, oder in den Spalt, auf einen unbewurzelten Steckling 175 Von der bei den Spaltveredelungen erforder- lichen Pflege 176 Vierte Gruppe. D. Veredelungen zwischen Holz und Rinde 177 a) Gewöhnliches Pfropfen zwischen Holz und Rinde . 179 b) Pfropfung zwischen Holz und getrennter Rinde 180 Inhaltsverzeichnis. 435 c) Verbessertes Pfropfen zwischen Holz und Rinde d) Verbessertes Pfropfen zwi>chen Holz und Rinde für starke Bäume und Ae>te Dritte Abteilung. Veredelungen auf Wurzeln oder Wurzelstücke .... Vierte Abteilung. Veredelungen, bei welchen nur die Augen der Edelreiser auf die zu veredelnden Bäume und Sträucher eingesetzt werden Erste Gruppe. A. Die Ukulation Zeit, zu welcher man okulieren kann .... Die Art und Weise, wie die Augen des Edel- reises abzulösen (abzuschneiden) sind Von der Okulation selbst a) Okulier ung mit -Schnitt Okulierung in der Baumschule u. s. w. . Marquart -Stü ck. ^Schema eine> Anpflanzungs- und Veredelungsverzeichnisses) b) Okulierung mit -f -förmigem Einschnitte c) Okulierung mit verkehrtem -Schnitt d) Okulation durch Anplatten e) Okulierung von mehreren Augen auf ein und denselben Stamm Okulation von Augen auf Zweige, welche im folgenden Frühjahr als Edelreiser dienen -eilen 181 182 183 L85 185 188 192 193 193 195 198 200 200 201 202 205 Zweite Gruppe. B. Okulation mit Röhrlein (Pfeife-Pfropfen) Pflege nach der Okulation VII. Zusammenstellung der wichtigsten bei uns im Freien aus - haltenden Bäume und Sträucher, welche durch die Ver- edelungen vermehrt werden können Seite Abies 214 Acer 215 Aehren-Gaissklee . . 2.'i.~> Aesculus 216 Ahorn 215 Ahorn, eschenblätteriger. 251 Akazie 267 Alnus 217 Alpenrose 261 Apfelbaum Aprikosenbaum . Amelanchier . Amygdalus . Amygdalus l'ersica Arbutas . . . . Armeniaca Aucuba . . . . Aukube . . . . 206 208 21 1 248 221 218 218 219 220 221 2 2 2 436 Inhaltsverzeichnis. Seite Azalea 223 Azalee 223 Azarol-Dorn 233 Besen-Pfriemen . . . . 238 Betula 223 Bignonia 224 Biota 273 Birke 223 Birnbaum 253 Blasenstrauch . . . . 231 Blattzweig 273 Bohnenbaum 235 Broussonetia 224 Caragana 221 Carpinus 225 Castanea 225 Catalpa 225 Ceanothus 226 Ceder 227 Cedrus 227 Celtis 227 Cephalotaxus . . . . 272 Cerasus 227 Cercis 229 Chamaecyparis-Retinospora 229 Chionanthus 230 Clematis .230 Colutea .231 Cormus domestica . . . 271 Cornus 231 Corylus 231 Cotoneaster 232 Crataegus Aria . . . . 233 „ Azarolus . . 233 „ Oxyacantha . 233 „ Pyracantha . 250 Cupressus 234 Cydonia 234 Cypresse 234 Cytisus 235 Daphne 235 Diospyros 236 Eberesche 271 Edeltanne 214 Eibenbaum 272 Eiche 260 Elaeagnus 236 Seite Epheu 239 Erdbeerbaum . . . . 220 Erle 217 Esche 238 Eschenblätteriger Ahorn . 251 Evönymus 236 Fagus 237 Faulbaum, gemeiner . . 261 Feigenbaum 237 Felsenbirne 218 Festblume 240 Feuerdorn 250 Ficus 237 Flieder 271 Fraxinus 238 Gemeiner Faulbaum . . 261 Gemeine Mehlbirne . . 233 Genista 238 Giftwurz, baumartige . . 252 Gingko 238 Gingkobaum 238 Ginster 238 Gleditschia 239 Gleditschie . . . . . 239 Hainbuche 224 Hartriegel 231 Haselnüsse 231 Hedera 239 Hemlockstanne . . . . 214 Hiba 273 Hibiscus 240 Hopfenbuche 225 Hornbaum 225 Hex 241 Immergrüner Kreuzdorn . 261 Japanischer Quittenbaum 257 Jasmin 241 Jasminum 241 Johannisbeeren .... 262 Judasbaum 229 Juglans 241 Juniperus 242 Karagane 224 Kastanie 225 Kiefer 252 Kirschbaum 227 Kreuzdorn, immergrüner. 261 Inhaltsverzeichnis . 437 Lärche 242 Larix 242 Lebensbaum 273 Lebensbaum-Cypresse . . 229 Lembotropis 235 Ligustrum 243 Linde 273 Liriodendron 243 Lotuspflaumenbaum . . 236 Magnolia 247 Magnolie 247 Malus 248 Mandelbaum 218 Maulbeerbaum .... 251 Mehlbirne, gemeine . . 233 Mespilus 249 Mispelstrauch .... 249 Mönchspfeffer . . . . 274 Monis 251 Xegundo 251 Oelbaum 251 Oel weide 236 Olea 251 Ostria 225 Paeonia arborea . . . 252 Papierbaum 224 Pappel 258 Pavia 216 Pavie 216 Pfirsichbaum 219 Pflaumenbaum . . . . 259 Pfriemen 238 Picea 214 Pinus 252 Pirus 253 Pirus japonica . . . . 257 Planera 257 Planere 257 Platane 258 Platanua 258 Populua 258 Prunus 259 Prunus Padus .... 260 Quercua 260 (^uittenbaum 234 (^uittenbaum , japanischer 257 Rainweide 243 Rebe Rhamnus Alaternus Rhamnus Frangula Rhododendron Ribes . Robinia Robinie Rosa Rose . Rosskastanie Rotbuche . Salix Sarothamnus Scheineibe Schlinge . Schneeblume Seckelblume Seidelbast Sophora Sophore Sorbus . Spartium Speierling Spindelbaum Stachelbeeren Stechpalme Syringa Tanne . Taxodie Taxodium Taxus . Tecoma Thujopsis Thuya . Tilia Torreya Torreye Traubenkirsche ,Trompetenb;iuiii Trompetenstrauco Tsuga . . Tul]X'i)l);iuiii [Jlme . . ülmufi . Vilnirnuin Yitrx . Vitia . . 275 261 261 261 262 267 267 268 268 216 237 270 272 274 230 226 235 270 270 271 271 262 241 271 214 272 272 272 224 273 27.', 27:; 272 272 22 I 21 I 24 I 273 27 I 27 1 438 Inhaltsverzeichnis. Seite Seite Vogelbeerbaum . . . 271 . 233 Wachholder . . . 242 . 291 Waldrebe .... . . 230 Wistarie . 291 Wallnussbaum . . . 241 Zürgelstrauch . 227 Weide . . 270 Zwergmispel .... . 232 . . 225 Anhang. i. Winke zur rationellen Obstkultur und über die Zwecke und Vor- teile des Baumschnittes nebst den hierbei geltenden Haupt- grundsätzen 293 I. Einleitung und Vorwort 293 II. Winke zur rationellen Obstkultur . . . 30ß Vorbereitung des Bodens 308 Baum-Löcher 310 Zeit der Auspflanzung 315 Das Auspflanzen selbst 317 Verrichtungen, welche vor der Anpflan- zung vorzunehmen sind 320 Das Beschneiden der neu verpflanzten Bäume 320 Pflege, welche die neu gesetzten Bäume erfordern 323 Soll man schon geformte Bäume pflanzen? 324 III. Der rationelle Baumschnitt u. sein Nutzen 325 TV. Allgemeine Grundsätze des Baumschnitts 339 II. Wahl der Obstsorten 369 Verzeichnis der für die verschiedenen Baum- formen geeigneten Sorten 393 I. Sorten für Hoch- und Halbhochstämme . 393 a) Aprikosen 393 b) Pfirsiche 393 c) Kirschen . 394 1. Herz- und Knorpelkirschen 394 2. Amarellen, Q-laskirschen und Weichsel . 3!>4 Inhaltsverzeichnis. 4;*/. I d | Pflaumen, Mirabellen, Reineclauden. Zwetschen .'l'.'-l 1. Pflaumen 394 2. Mirabellen :;'.»4 3. Reineclauden 394 4. Zwetschen 39 l Aepfel 395 1. Apfelsorten für Strassen und offene Wege 395 2. Apfelsorten für Baumgüter 3. Apfelsorten für Hansgarten 395 Birnen 396 1. Birnen für Strafen und offene Wege . 396 2. Birnensorten, deren Früchte sich zum Kochen und zum Dörren eignen . . . 396 ■ ".. Birnen. Tafelsorten für Baumgüter . . 396 4. Birnen, Tafelsorten für Hausgärten . . 306 II. Sorten für künstliche Baumformen nach der Reifezeit geordnet 397 a) Aprikosen .">!i" b) Pfirsische 397 1; Echte Pfirsiche 2. Xectarinen (Nackt-Ffirsiche, Brugnons) . •',»,.,T O Pflaumen 397 Kirschen 398 e Aepfel 1. Sommerfrüchte 2. Herbst- und Winterfrüchte 3. Winter- und Frühjahrsfrüchte .... 4. Zieräpfel oder Schanfrüchte Apfelsorten für kleine Formen 399 Apfelsorten für die Bekleidung von Mauern 399 f) Birnen 100 1. Sommerfrüchte 100 2. Eerbst- und Winterfrüchte 100 3. Winter- und Frühjahrsfrüchte . . . . 101 1. Zierbirnen oder Schanfrüchte . . M)l Birnensorten für Pyramiden und Spindel- Pyramiden 101 Birnensorten für Spindeln M)2 Birnensorten für wagerechte, schiefe, irellen- förmige und aufrechte Kordons, Bowie für andere kleine Formen WS Birnensorten für grössere Palmetten . 108 440 Inhaltsverzeichnis. III. Führer für den Veredler, den Baum- und Gtehölzzüchter nach Monaten geordnet 405 Seite Januar 405 Februar 407 März 409 April 411 Mai 412 Juni 415 Seite Juli 418 August 419 September 420 Oktober 422 November 425 Dezember 427 Druckfehler-Berichtigung 430 Ol IL* ^DATE DUE 4—0 Jto* <6 -** Im* *~ —' 5 3 >J S &3 AGRICULTURE FORESTRY , 1 - LIBRARY FORESTRY CULTURE L'BRARy