INTEI^NATIONALE WISSENSCHAFTUCHE BIBLIOTHEK.
XXXVIII. BAND.
INTERMTIONALE WISSENSCHAFTLICHE BIBLIOTHEK.
1. TYNDALL. J. Diu Wasiter in seinen Formen a>8 Wolken und Fiasse, El« und Oletieker.
Mit M Abt.liauiitfen. -J. Aufl, 8. (Jeh. 4 M. Geh. ö M, 8. SCHMIDT, O. DeKc-eudenzlebre und DtirwiuiiiiiiUÄ. Mit 26 AbbilduuKeu. 2, verlje«««rte
AulUge. »eil. 5 M. Oeb. 8 M.
3. BAIN . A. Geist iiiul K(iri>er. Die Tlieorieu Über ihre gegenseitigen Beziehungen. Mit
4 Abbildungen. Ot^li. 4 M. Geb. ü M.
4. BAOEUOT . W. Der Ursprung der Nationen. Betrachtungen Ol>er den Einflnss der UHtUrllchen Zuchtwahl und der Vererbung auf die Bildung i»olitI»ther Gemeinwesen. Geh, 4 M. Gfb. r> M.
6. VOGEL, H. Die chemischen Wirkungen des Licht» und die Photographie in ihrer An- wendung in Kunst, WiiMenschaft und Industrie. Mit )W Abbildungen in UoUschnitt und 6 Tafeln in Lichtjiausprücesft, Reliefdruck, Lichtdruck, Heliographie und Photolith"- graphie. Geh. «M. Geb. 7 M.
6. 7. SMITH, K. Die Nahrungsmittel. 2 Theile. I. Feste Nahrungsmittel ans dem Thier- und Pflanzenreich. II. FlUsslge und gasige Nahruugsmittel. Mit 19 Abbildungen. Jetler Tlieil geh. 4 M.; geb. !i M.
8. LOMMEL, E. Dat. Wcseu des Limits, (»emeinfassliche Darstellung der physiluülKheu Optik, Mit 188 Abbildungen und eiuer SpectnUtafel. Geh. 6 M. Geb. 7 M.
9. STEWART, B. Die Erhaltung <ler Energie, du« Grundgesetz der heutigen Naiurlehre, gemeinfAtullch dargestellt. Mit 14 Abbildungen. «Jeh. 4 M. Geb. 5 M.
10. PETTIOBEW, J. IJ. Die Ort.<)>ewegung der Tliiere. Nel»»t Bemerkungen Ober die Luft- schlflr/alirt. Mit l;tl Abbildungen. Geh. 4 M. Geb. 5 M.
11. MAUDSLKY. H. Die Zurechnungstähigkeit der Geisteskranken. Geh- 5 M. GeU 6 M.
12. BERNSTEIN. J. Die fünf Sinne de» Menschen. Mit 91 Abbildungen. Geh. .-i M. Geb. « M.
13. DRAPEB. J. W. Geschichte der Conflicte zwischen Religion und Wissenschaft. <;eli. B M. Geb. 7 M.
14. 15. SPENCER. H. Kinleltuug *" <1"8 Studium der Sociologie. Herausgegeben von Dr. H e 1 n •
rieh Marquardsen. 3 TbeUe. Geh. 8 M. Geb. 1(» M. 18. COOKK. J. Die Chemie der Gegenwart. Mit ;il Abbildungen. Geh. 5 M. Geb, 6 M.
17. FUCHS, K. Vulkane und Erdbeben. Mit 36 Abbildungen und einer lithographirteu Karte. Geh. 6 M. (Jeb. 7 M.
18. VAN BEN EDEN, P. J. Die Schmarotzer des Thlerreichs. Mit 83 Abbildungen. Geh.
5 M. Geb. 6 .M.
19. PETERS. K. F. Die Donau und ihr Gebiet. Eine geologische Skizze. Mit 71 Abbildun- gen. Geh. 6 M. Geb. 7 M.
20. WHITNEY. W. D. Lelien und Wachsthuni der Sprache. Uebersetzt von Prof. A. Les- kien. Geh. 5 M. Geb. H M.
21. JEVON8. W. 8. Otld und Geldverkehr. Geh. 5 M. Geb. « M.
22. DUMONT, L. VergnUgtn und Sdunerz. Zur Lehre von den Gefühlen. Geh. 5 M. Geb. 6 M.
23. SCHLTZENBERGEB, P. Die Oärungserscheiuungen. Mit 28 Abbildungen. Geh. 5 M. Geb. 6 M.
24. BLASERNA. P. Die Theorie des Schalls in Beziehung zur Musik. Geh. 4M. Geb. SM.
25. BERTHELOT. M. Die chemische Synthese. Geh. 5 M. Geb. 6 M.
26. LUY'S. J. D.-is Gehirn, sein Bttu und seine Verrichtungen. Mit 6 Abbildungen. Geh. S M. Geb. 6 M.
87. ROSENTHAL. I. Allgemeine Physiologie der Muskeln und Nerven. Mit 75 Abbildun- gen... Geh. 5 M. Geb. 6 M.
28. BRl'CKE, E. Bruchstücke aus der Theorie der bildenden Künste. Mit 39 Abbildungen. Geh. 4 M. Geb. .■) M.
29. MEY'EB. H. GruiidzUge de« Htrafrechts nach der deutscheu Gesetzgebung unter Berttck- «ichtijaing ausländischer RecliU-. (Jeh. R M. Geb. 6 M.
.'«•. 31. DE QUATREFAGE8. A. Das Menschengeschlecht. 2 Theile. Geh. 9 M. Geb. 11 M. 32. -Xl. BÖHMERT. V. Die (JewinnU-thelligung. Untersiichungeu Ul»er Arbeitslohn und
I iitrrn.limergewiun. 2 Theile. «Jeh. 11 M. Geb. 13 M. 34. SECIHI. A. Die Sterne. GruniUU«e der Astronomie der Fixsterne. Mit 78 AbbUdun-
gen lu Holzschnitt und 9 Tafeln in FarU>udruck , Lithographie und StahUtich. Geh.
« M. <leb. 9 M. SS. LOCKVER, J. N. Studien zur 8|>ectralanaly8e. Mit 51 Abbildungen und 8 Tafeln in
Photograi.hie. Farlnsudruck und Holzschnitt. Geh 6 M. Geb. 7 M. 86. VIGNOLl. T. Ueber »las Fundamentalgesetz der Intelligenz im Thlerrelche. Versuch
einer vergleichenden Psychologie, (teh. 4 M. Geb. 5 M. 37, WUBTZ, A. Die utomlstische Theorie. Mit 1 lithogr. Tafel. Geh. 5 M. Geb. 6 M.
V\3'332.V
DIK
VOLKER AFRIKAS.
VON
ROBERT HARTMANN,
PaOFKSSOB JlV DKK UHIVKRSrrXt sc BBRLIK.
MIT 94 ABBILDUNGEN IN HOLZSCHNITT.
LEIPZIG: F. A. BROCK HAUS
1879.
0
Das Recht der üebenetzuny Ut vorbehalten.
VORWORT.
In diesem Büchlein biete ich der Leserwelt der „Inter- nationalen wissenschaftliclien Bibliothek" den Versuch einer kurzen Schilderung der Völkerschaften Afrikas in ihrem Sein und Wirken dar. Freilich sind es nur Umrisse, welche ich hier zu ziehen vermag. Trotzdem hoffe ich, durch dies Bändchen nicht allein manchem Jünger der Ethnologie einige Anregung gewähren, sondern auch ein grösseres Publikum unterhalten zu können. Ge- rade jetzt sind die Blicke der denkenden und stre- benden Menschheit auf den geheimnissvollen Erdtheil gerichtet, auf dessen Karten, dank dem Forschungs- geiste der Zeit, mehr und mehr jener weissen Flecke verschwinden, wie sie noch vor wenigen Jahrzehnten so trostlose Lficken in unserer Kenntniss darstellten. Zur ganz besondem Genugthuung würde es mir aber ge- reichen, wenn einer oder der andere Afrikareisende sich veranlasst fühlen sollte, mein Büchlein seinem Gepäck einzuverleiben, und wenn er unterwegs daraus einigen
Yi Vorwort.
Die Illustrationen, welche mir für das nähere Ver- ständniss nothwendig erschienen, sind theils neu, theils rühren dieselben aus dem reichen ikonographischen Be- sitze der Verlagshandlung her, welche mir die Cliches zur Verfügung gestellt hat.
Berlin, im Juli 1879.
HARTMA>'N.
1. Ml ALI
i-UO
V
EINLEITÜN«
\< 1 zu Kiuro. — Arnauteii- und Tschcrkessen- > ^ lid-Pascha's. — Pilgrime aus Turkistan (vgl. Aiiin. ij. — Der Dellal (vgl. Aum. 2). — Gebieter des Landes. — Armenier, Griechen und Franken (vgl. Anm. 3) 1
Reiter aus dem Magreb oder Nordwestafrika. — Aus-
' ^ • ler Reise von Bamim's und Hartmann's nach
ika. - Bisherige Anschauungen ül)er Völker- .......< ....i.j;. — Verfasser hatte in dem unverdienten
Rufe gestanden, ein hervorragender Arzt zu sein (vgl.
^^^^- J' 2
All inthropologisches Material (vgl. Anni. 5). —
-\ li»' Gemälde u. s. w. — Neuere Gemälde und
1 •' Aufnahmen von Afrikaneni. Negern
11. '■ (vgl. Aiiin. i\ un<l 7). — Tendt-ii/. d»*s
vorliegenden Buchs
ERSTES BUCH. Afrikanische Menschenstäinme und deren Wohnsitze.
Die ersten Pharaonen. — Muthmaassliche Entstehung und Cultivirung Aegyptens (vgl. Anm. 8) 5
Herkunft der Aegypter. - Sind keine Semiten. — Kop- tische Sprache (vgl. Anm. IM. — Verwandtschaft der Aegypter mit den Libyer
VIII Inhalt.
Seite Kubier oder Berabra, Barabra. — Kriegszüge der Plia- raonen gegen dieselben. — Berabra besiedelten wabr- scheinlicli den Boden Altägyptens als Vorfahren der
Retu, d. h. Altägypter . 7
Altägyptischer Fetischdienst (vgl. Anm. 10). — Osiris- sage (vgl. Anm. 11). — Zwangsweise Ansiedelung syro- arabischer oder semitischer Fischerstämme im Nil- thale (vgl. Anm. 12). — Amn des Deltalandes. — Anscheinende Verschiedenheit zwischen Aegyptern und Nubiern. — Uebergänge zwischen beiden Stämmen
in Oberägypten 8
Alte Sprache von Meroe, deren Beziehungen zum Alt- ägyptischen (vgl. Anm. 13). — Kreuzimgen, welche in Aegypten stattgefunden haben. — Kopten und Fel-
lacliin oder neuägyptische Landbebauer 9
Häufiges Vorkommen von altägyptischer Gesichts- und Körperbildung unter den heutigen Bewohnern des Kilthales. — Verbreitung der Berabra. — Armuth ihres Landes. — Bildliche Darstellungen anderer nilo-
tischer Völker durch die Aegypter 10
Bedja und Funje oder Fundj. — Reich Aloa. — Teka- rine (Sing, tekruri oder Takruri), d. h. centralafri- kanische Mekkapilger. — Reine Berabra in den nu- bi^chen Districten Wady oder Wadi-Kenus, Dar-Suk- kot, Dar-Mahas und Nord-Dongola. — Die Bedja fälschlich als reine Araber beschrieben. — Auch K. Hagenbeck's Bedja (Homran u. s. w.) wurden von
manchen als Araber angesehen 11
Passende Gebiete für Bodencultur, Viehzucht und Jagd in Nordostafrika. — Chala, Steppe und Ghaba, Ur- wald, Atmur, Wüste (Anm.) 12
Die Bedja sind meist A^iehzüchter. — Kamelzucht der Abu-Rof. — Jagdbetrieb der Funje. — Agagir oder
Jäger der Abu-Rof 13
Abstammung der Bedja. — Verwandte Völker der Schoho, Afer oder Danakil, Somal, Masay oder Masai (Wamas.), Dschagga oder Djagga, Jaga, Gala, Orma, AVahuma, A-Bantu, Bantu. — Eroberungszüge der Dschagga und A-Bantu. — Ruinen von Aksum und deren Völkernamen. — Dergleichen auf den Trümmern von Adulifi. — Nachrichten der Alten über die Bedja. — Christcnthum derselben in Aloa. — Candace . . 14 Aloa durch die Funje erobert. — Unterwerfung der Bedja in Taka durch die Neuägypter um 1820. — Ackerbauende Bedja. — Einführung des Islam ])ei den
I
1
liilinlt. IX
15
16
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j:«in Arn bor nonnon. |
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^ •' '" 1 Ku- (ier ... „...x... ..... ;i..tl.ern |
- .,ni.... V..vvit..1t.. (lor Bedjn. — Aelin-
A ischou boidoii Völkern
„ , ltu. — Wükliche Ein-
. voll Amhem 17
1\ t Araheni. — Die Somal sind von poli-
ii: 'Utmijr für Ostnfrika. — (ialu. Wahunia
o.i ». Orma, vom Kenia und Kilimandjaro
he! i. — Ihre Eroberung«! Hild eines
A'^ ym Salt 19
— Verbreitunjir dieser und dt-r (iala in Ost-
trika. — Reich Kitai-a und dessen Zerfall. —
^ .... ^ ^ -lul.l.ninpen von Mtesa, dem Kabaka oder
K ^ T ^ '. I - .nda 20
^' S. 14) und Wakamha, sowie andere ost-
Stämme. — Wasuaheli mit arabischem
iti lit. — Berbern oder Imoschach, Einheit
All — Libu. Ribu oder Libyer, von den Alten
bl. ' Mt ■ 22
I>i«' 1 1. — Muthmaassliche Verwandt-
ticii.wi Uli. u... .ii..|..n'rn. — Megalithische D*^'' '■•■'"!'
(vgl. Anm. lö) 23
fl-i, ,..*....,. ,ii>.i Lotoumeux über die Kabylen 24
1 1- Mauren 25
].. ^ .. -1fr Araber. — Deren schwarze Vorkämpfer
(»dor Fethawie (vgl. Anm. IG). — Physiognomie der
Mun- n. — Aehnlichkeit mit jüdischer (vgl. Anm. 17) 2G
lie Mulatten (vgl. Anm. 18). — Verbreitung
tiiren. — Bedeutung der Wörter Kabyle, Ka-
byleh. Kabileh, Plar. Kabail. — Die blonden Libu,
Tnmhn der Alten 27
• des Islam, Marabouts. — Scherif. — Ver-
(}f*r Tnarik oder Tuarek , Einheit Targi. —
\ I oder Edle und Imrad oder Imroden
'" I und Imroden 20
schaften in Afrika. — Ber-
•nc no
ic Araberstämme in Marokko. — Verfassung i.sch-arabischen Nomadenstamme 31
X Inhalt.
Seite
Schekh und Grossscheckh. — Kadi-el-Arab 32
Angebliche arabische Beduinenstämme des Sudan. — Uled-Soliman , Schua oder Schiwa, von Barth und
Nachtigal für „echte Semiten" erklärt 33
Macht des arabischen Idioms (vgl. Anm. 19). — Angeb- liche Familien- und Stammesregister der Schekhs und
Marabouts. — Die Funje in Sennar 34
Mischungen. — Die Djaalin, Sing. Djaali 3G
Ismail Pascha's Eroberung von Nubien und Sennar. — Attentat von Schendi. — Melik El-Nimr und Abu-
Roasch in May-Gogwa 37
Tibu oder Teda 38
Fulan oder Fulbe, Sing. Pullo, Felata gehören zur nu- bisch -berberischen Familie. — Kanori oder Kanuri, Bidduma, Bulala, Musgu. — Nigritier. — Anthropo- logische xVrbeiten von van der Hoeven, Fritsch, Bil- harz, Falkenstein, Köler und dem Verfasser. — Ar- beiten verschiedener Reisender 39
Arbeiten verschiedener Anatomen über die afrikanischen Stämme. — Der „typische blauschwarze Neger" ein
Fabelwesen. — Verbreitung der Nigritier 40
Die Schilluk, Hülfsvolk der erobernden Funje .... 41
Centralafrika. — Nigritier 42
Niam-Niam, Monbuttu, Fan oder Faon, Wanyema, Wa-
guha, Warna, Wanyamesi oder Wanyamezi u. s. w. . 44 Deren Physiognomien. — Vergleichung mit Bedja und
mit Semiten 45
Basena, Denka oder Dinka, Schilluk, Noba; Takla-, Te-
kele-, Tegelibewohner . ,. 4G
Luoh oder Djur, Mittu, Bongo, Gondjara, Solengo oder Solendj, Tunjur oder Tündjur. — Westliche Nigritier,
Sonray, Hausa . 47
Reich Melle oder Melli. — Mandinka, Bambara ... 48 Marabuts in Timbuktu u. s. w. — Der Kunta-Schekh Achmed-el-Bekay , H. Barth's Beschützer. — Aber- malige Verwerfung einer angeblich stattgehabten ara- bischen Masseneinwanderung 49
Bedeutende Hadj'is und Tekarine. — Hadj Omar, Dan- fodio, Hadj Mohammed-el-Amin; Erbauung von Kuka,
Bornu's Hauptstadt 50
Maurische Missionare in Oberguiuea 51
Fan, Faon, Fana und Funje. — Der Muata-Yanvo. —
Quissama. — A-Bantu 52
Völker der fJoldküste wie Ga, Aschanti, Fanti .... 53
Inliult. XI
l .11 I 'i« , .'» 11 -mi II UM lllim i t ♦ < •• r\» 1 I
i u. ». w. in den Lippen. — A-Han; 54
/..i.' 55
i 5G
-. r und deren muth- iiner alter Reiche. —
68
Ka;;i. ;i \ • ü /unlmoc oder /imluibye. — De Barros,
M . ^ ll.'rior. IJaiuea (vjfl. Anm.' 24) 69
' n Bnutu und Bedja. — Diagjo^a oder
. VIII) . . . .^ "..... m
u'. — Zuluhäuptlinpo: Utscliaka oder Tsclmka, u oder Din^raan. Umselekatsi oder Mosclekatsc.
oder H.' 61
r Bastar«! . u. — Andries Waterboer,
^ ... _• i;.- M;tnt;ili bei Lutaku (Vgl. S. 61). — Ko-
r.i. 1. l.ihli' i: l\.ii*a. Nania<(iia 62
1 ' '• ko, Akka oder Tikki-tikki,
»JS
65
nvölker, wol Reste einer vielleicht ur-
.iii'-ii. uiiu.uMlichen Bevölkerung 6<)
'r. O. Lenz' Urtheil über die Abongo. — Verfasser drückt den Wunsch aus, dass wirkliche anatomisch gebildete Anthropologen daselbst ihre Studien machen C}7
ZWEITES BUCH. Von der korp^rlichr-n Be?chaffeiihoit der Afrikaner.
.\<^{r>T^»-r 68 Miiigtii. — Muhammed-el-Duchi. —
ii Kairo 71
Vcrfaüütr über All- und Neuägypten (vgl. Anm. 32) . 72
Berabra 76
Berbern des Magrel' 77
Bedja 78
' ■ . Afer, Solu;«]. — i.aliaila ihn iiiralum, >i:i-
oder Akil (Richter, Häuptling) der Dauakil . 81
i.i'u. i»'i.ti oder Teda .... 82
Funje, IngasHona ...... 83
^' etliche Nigritier, deren Körp« i^i "->. . iiin-rnvii..jtu,
re, Haut, Geruch, Hals, Brust. — Nigritische
',.,• \T.r.lMt], ,,,,.1 \i,.),tM,,,.,,,f). v^.^
XII Inhalt.
Seite
Creolnigritier und Mischlinge in Amerika 91
Hottentotten 94
Pygmäenstämme 95
Fettsteissbildung (Steatopygie) bei den Afrikanern. — Einfluss der Lebensweise, namentlich der Ernährung. — Sprache und physische Eigenthümlichkeiten der Hottentotten 96
DRITTES BUCH.
Häusliche Einrichtungen, Sitten, Gebräuche, Recht n. s. w. der Afrikaner.
1. Häusliche Einrichtungen.
Wohnräume. Islamitische Bauten, . , 98
Bauten der alten Aegypter 99
In Sennar 100
Bei den Monbuttu und in Guinea 101
Bei den Bedja, Babongo oder Abongo, Buschmännern.
Runde Hütten der Bogos u. s. w 102
Afrikanische Pfahlbauten 103
Haiisgerüth. Teppiche. — Holz-, Korb-, Leder- und
Thonarbeiten in Haussa u. s. \v 104
Töpferarbeiten. — Hornbecher. Löffel, Kürbisschalen
u. s. w. — Importirte Glaswaaren 105
Ruhebetten, Stühle u. s. w lOü
2. Kleidung und Zierath.
Altägyptisches Leinenzeug. — Orientalische Kleider- tracht. — Ferdah oder Ferda, Tobe 107
Primitive Umhüllung der Stämme am Weissen Nil. der
Gala, Niam-Niam, Fan u. k. w 109
Rindenzeug. — Geliochtene Zeuge. — Stiefel . . 110
Zierathen der Mohammedaner. — Lippenschmuck . . 111 <^ilasperlen, Samenkörner u. s. w. — Färbung, nament-
li(^h des Leders 112
Haartrachten 114
Einschnitte in die Haut. — Bemalung, Einfettung des Körpers 115
Itiiuilt. XUl
Seit«
. ... waffuuug.
KruorwÄfTon. — Lunlcngowchro <?cr Abv?»"«ini« ■ 11«
u 117
f-, Keulen. Streitäxte IIH
111)
. nimbRÄoh, Kulhmla, Schanpor-
12t>
foile, Köcher 121
der Pfeil- ii.rusi tur v .. 122
.... . 123
i.tiior- und Drahtiniu/' \:'m8chieni'ii. - >t(i.i».
dcckeu 125'
kcrbau und Vichzacht.
Hrotfrüchte. — Futterkräut- 12t>
I »el|'rt;iiizon. — Gewebestoffe. — ^S uue i uiturgewaciisc 127
iiaiKiiif 128-
' Dattil- und andere Palmen. — Fruchtbäume . , 129
relif. — (ifwurzc 131
" ' •' n/.en 132
Ölbaumes, des Riudenbaumes u. s. w. 133
1 — Ernteweseu 134
— Wilde Thiere. — Termiten-
II 13^
Vo^r,!. _ 13(;
H'/ . - , . 137
_^ — Tsetsediege 138
len. — Das Mähnenschaf, angeb-
iiiii Maianiiiiiti- vuu Hausschafrasscn 13i>
Wil.lli'iTide, Wildkatze, Wildsclnveiii, Perlhuhn; deren
g 140
, Hausschaf 141
K.iidcr 142
Einfuhr fremder Hausthiere. — Geflügel 143
Viehhaltung. — Feinde der Hausthiere . 144
5. Nahrung.
i 14.>
1 147
it dt-r it'üa u. s. w. . 14.S
:i der Bari 14*»
Otrame zum ÄerKieuiern des Getreides. — Gct l')(»
XIV lulialt.
Seite
Gegorene Getränke. — Branntwein, Hydromel, Bier. — Liqueure 151
Wein. — Limonaden. — Kaffee. — Pfeffer. — Kola- nuss. — Salz. — Natron, Harn 153
G. Gewerbthätigkeit.
Allgemeines 153
Byssusleinen der Aegypter. — Deren sonstige Industrie-
erzeugnis.se. — Tribut der Südlande an die Pharaonen 154 Industrie von Meroe. — A^erarmung im Sudan. — Ba-
rabra, Bedja, Abyssinier 155
Gerbmittel. — Schmelzöfen der Bongo, Balonda u. s. w. 156 Magreb. — Haussaländer. — Bunte und stumpfe Far- ben. — Wohlentwickelter Farbensinn der Nigritier 157
Schnitzarbeiten. — Handwerker. — Kasten 158
Eisenarbeiter — Wanderschmiede 159
Webstühle (vgl. Anm. 34). — Vergleichung mit nor- dischen Alterthümern IGO
7. Handel und Verkehr.
Allgemeines. — Befähigung der Afrikaner für den Handel 161 Handel und Verkehrsmittel der alten Aegypter . . . 162 Märkte, z. B. zu Hellet-Idris am Guleberge. — Wan- dertrieb 163
Handel auch während der Mekkafahrt. — Märkte zu
Kanuo, Bonny u. s. w 164
Markt zu Kawele in Udjidji 165
Kochmals der Delläl (S. VH). — Hulks oder Palmöl- schiffe. — Südafrikanischer Wagenverkehr .... 167 Kameltransport. — Ochsenwagen. — Träger. — Be- waffnete Begleiter 168
Factoreien. — Schändliche Handelsunternehmungen der
Chartumer 169
Sklavenhandel, besonders der Kimbunda (vgl. Anm. 37). 170 Zahlungsmittel. — Zeuggeld u. s. w. — Schiffahrt der
Aegypter 1
Der Karthager. — Korsaren. — Croomen oder Kru
leute. — Afrikanische Flüsse 174
Ambadjtlosse. — Grosse Fahrzeuge und Schlachten auf den Aoquatorialseen 175
Inhalt. XV
bitten und Ucbrüuciio.
1 17;'.
« hen Kinder. — Böter Blick. —
177
lies Islnin. — Schleohto Soitei» der t1. r. — Besehueiduiig. — AuMrcissen
ui ii' 178
KuHi iuMgsBchule der Betcliuanft. —
MaunbarkiMt und Alter. — Junjje Männer 170
Khe. — WeilK-rberuf. — Liebe. — Heiratben der Denka 180 Khc der l^ari. der Betebuana (vgl. Anni. 38) .... 181 Lo« der afrikaniseben Weiber. — Vorrechte. Viel-
i 1X2
i lang der MoBÜmen und Heiden ls4
In AÄchauti. — Erbscbaflaverhältnisse im allj^^tiiiciiiLU,
bei den Denka 185
Bei andern Nigritierstämmen, bei den AVaraasay, Wa-
kaniba. Bat>uto 186
Tod ' " . ! .ibniss. — Bei den Mohammedanern. — K! '-i. — Der Turban ist das ti-agbare Leichen-
r »I laubigen 187
s in Aegypten und in Magreb. — (irabhügel. i. ' '-väbem durch junge Funje. —
Sr 188
Bei li- II ->u.j.i-^i..i... — Begräbniss der Griots i" "^^
gambien. — Gräberschmuck ISl»
M,>,,.,.lw.„- ,,,,,1 i1,ieropfer bei Todesfällen liiU
- Königs Gezo von Dahome und der ka's Mutter 1I»1
Die). der Aegypter. — Epos des Pentaur
z\i s' II. — Kriegsgesänge der Tuarik. 1J»2
Mär« iCT. — Gesänge der Nilschiffer. — Preis
d« ~ . — Grablied der Bari auf den Missionar
Vinc4». — Liedchen der Berabra und Bagara. — KlacT'^lifl fbr Korfbifaner auf Misallim oder Mfsnllim- el-^ ' • -ntliche Säng( V 11'!
"VVai. . II l'.il
Tanzende Derwische. — Haschasch. — l'ucteu der Kai- fern. — Thierfabeln in Südafrika. — Musikalisclio Anlage I'"
Musikalische Instrumente, Harfen, Glocken u.
Homer, Trommeln, Pauken. — Begleitung durch Ge- sang 197
Husik der alten Aegjpter ..'['''<
XVI Inhalt.
Seite
Marimba, Wissandsclii oder Sansa, Gubo, Flöte . . . 19i>
Tänze, Vergleich mit den unserigen 200
Festlichkeiten. — Fest des Machmal u. a. — Abyssi-
nische Kirchenfeste. — Feste der Nigritier .... 202
Yamsfest in Aschanti. — Spiele: Mangala, Tyela. . . 20'i
{). Keligöse Vorstellungen.
Der Islam 204
Culturmission desselben 205
Sekten. — Snussi. — Christenthum der Kopten (vgl.
Anm. 41). — Der Abyssinier 206
Das moderne Christenthum 207
Fetischglaube. — Halbes Heidenthum der Funje. —
Erntegebräuche der Hammedj oder Hammeg und
Djebelauin. — Hundecultus (vgl. Anm. 42). — Berta 20S Gala, Wakamba. — Wassermangel. — Regenmacher
oder Regendoctoren 201)
Nilschwellen. — Osirissage. — Waganda. — Schilluk.
Denka 210
Bongo. — Hexenglaube. — Budda; Verwandlungen in
Thiere. — Hexenmeister 211
Waldkobolde. — Augurium der Niam-Niam. — Mon-
buttu 212
Aschanti. — Heilige Steine ihrer Fetischpriester . . . 215
Agriessteine. — Arabische Zaubersprüche 214
Thierdienst in Dahome. — Schlangencultus in Whyda.
— Wodudienst in Amerika 215
Glaube an böse Geister. -^ Gottesurtheile und grausame
Bestrafung der angeblichen Hexenmeister 217
Fetischpriester, Waganga, besonders der Warna . . . 220 Fetischpriester der Kimbunda. — Regenprocession der- selben 221
Fetische und Fetischhäuser. — Fetische auf Reisen . 221 Fetische bekommen Prügel und werden erneuert. —
Glaubenssachen der A-Bantu 223
Glauben der Hottentotten. — Heitsi-Eibib oder Tsui-
Coab 22G
10. Regierung und Staatsverfassung.
Der Sultan. — Der Khedive oder Khediwe, Chediwe. —
Eroberungen im Süden von Nubien 227
Verfassung der türkischen Vasallenstaaten in Nordafrika 228
Iiihnlt. XVU
Sttt« 1 der uuubhaui;ii;cu lülaiuitisohcQ btaatcu in
ika 229
' ;imla, sein "Walten und vorausieht-
2»)
' "V ... 231
^ : 'sidenzti
M. lu Bornu '''^^
,.,..l..,.i.rs Hol >.,;>
i :i Land 237
i.iic und seine Würdenträger 230
rh-feudale Staaten der Aschanti u. s. w. in
239
Kcich Cougo 240
!>. >^. n Z. ifai; 241
Verfassung der Aniazulu. — vhwayo oderKetchwayo. —
L'insclekatsi ' '. . . 242
uina. — Die Häuptlinge Sebitoane, .. Mojichoseh. Sekwati und Sekukuni .... 244 1: .uische Gemeinwesen. — Die Kabvlen. — Die
lu;ink ^ ' 24G
\hvs.siiiien und seine Könige oder Nacrast. — Deren
'■ iinte 246
.. Bari, Ulibari 24«)
' . Afer, Somal 250
!te. — Bonny, Brass, Ibara, Abbeokuta. — .M:. wutner Angriff des Königs von Dahome auf
Abbeokuta 251
Doko, Akka, Babongo oder Abongo. — Hottentotten 252 llathsversamnilungen: Palaver, Fema, Tschauri . . . 253
11. ii.i.1. ni.3 » VI Hill liiiooC
Die Rechtsanschauungen der Moslemin. — Der Koran und seine Ergänzungen. — Muftis, Kadis. — Keue Civil- und Militär8trafgoKot?:^obung, Appellations- und Cassationsgericht in > — Handhabung der
Gesetze in den afrik; .mitisehen Staaten. —
Der Islam p» .: uvch nicht im Verfall 254
Kabvlen, d, h. 257
k. — Blutraeüc. . 25H
inien 259
i^runiea. — Einfluss des Aberglauben- (lerr ensenpnesier.
Habtmaxx. b
will Inhalt.
Seite — Luugsamc Eutwickelung des Rechtsbewusstseins
bei den Völkern 261
Traditioneller Straf codex der Aschanti 261
Derjenige der Kimbunda 263
Geheimbünde. — Empacasseiros in Niederguinea . . 264
Sindungo daselbst. — Purra am Rio Nunez 265
Mumbo-Djumbo in Ober-Guinea. — Zweck und Wesen
solcher Geheimbünde 266
12. Krieg, Jagd, Fischfang u. s. w.
Heerwesen der alten Aegypter 267
Kriegerkasten in Afrika 268
Fechtweise der Wamasay, Gala, der Somal, Abyssinier, Bedja, vieler Nigritier. — Kriegerische Eigenschaften. Kriegsmusik. — Verfahren beim Angriff. — Flucht. Rehandluug der Besiegten. — Verstümmelung von Seiten der Gala, Somal, Abyssinier und alten Aegypter. Mangelhafte Handhabung des Feuergewehrs .... 26i> Verhalten der Nigritier europäischen und ägyptischen Truppen gegenüber. — Verlorene und gewonnene Schlachten der Nigritier. — Tapferes Benehmen ge- drillter nigritischer Truppen 271
Benehmen derselben ihren Vorgesetzten gegenüber. — J. Pallme's Urtheil. — Aufstände der ägyptisch-nigri- tischen Truppen. — Geschick der Nigritier in der
Vertheidigung 272
Kämpfe der Berta und Noba gegen die Aegypter. —
Sklavenerwerbung als Kriegsziel 27^
Kriegswesen der Aschanti 274
Dasjenige der Kimbunda in Bihe 27G
Kriegerische Weiber. — Candacen, Djaggaweiber. — Die Amazonentrunpen des Königs von Dahome und
des Kaisers von Uganda 277
Jagdgründe in Afrika 278
Grosso Treibjad zu Ehren des Prinzen Alfred von Eng- land. — Altügypten 280
Falkenbeize und Jagdfalkenarten in Nordafrika. — Jagden im Nildelta und im Magreb. — Abyssinische
Jagden 281
Jagdrn in Taka und Sennar 282
Gr(.jij<nrtige Treibjagden der Bedjanomaden in den
Kttd/.m oder Kadjasteppen (vgl. Anm. 45) 28S
Oroimo Antilopenarten. — Schlingen und Schlaghölzer der Nubicr. — Nubische Jägerkaste 284
Inhalt. XIX
Seite Flusspferdjagrd im iSilgebiet. — Kigritische Jagdwaffen
und Jagdniethoden. — Gorilla- und Chimpansejagden 285
Fallgruben. — Künstlieh erzeugte Steppenbrände . . 28G
Mundeos. — Fallharpunen. — Hopo's 287
Vogelfang. — Straussjagd 288
Jagd auf Reptilien. — Fischerei. — Benutzung von Be- täubungsmitteln. — Angeln, Netze, Reusen u. s. w. 289
13. Sklaverei.
Sklaverei. — Kriegsgefangene als Sklaven. — Selbst- verkauf. — Kinderverkauf. — Alter dieser Institution in Afrika. — Der Islam gestattet die Sklaverei. — Verschiedene Sorten von Sklaven in Aegypten . . . 290 Islamitische Sklaven oft sehr fanatisch. — Mamlukken 291 Oute Behandlung der Sklaven in den Ländern des Is- lam. — Eunuchen. — Sklaven in Centralafrika. —
Träger 292
Behandlung der Sklaven in heidnischen Gebieten . . 293 Menschenopfer. — Sklaven in den Kimbundaländern . 294
Watira- und Tombikaflucht 295
Sklaverei bei den Europäern. — Verwerflichkeit der- selben 296
Albinos. — Zwerge. — Krüppel 297
VIERTES BUCH. Krankheiten.
"NVechselfieber, remittirende, anhaltende Fieber . . . 298 Complicationen der Fieber mit andern Krankheiten. —
Typhöse Formen. — Cholera. — Pest. — Skorbut . 299 Aussatz. — Syphilis, deren angebliches Alter und Ent- stehung. — Elephantiasis. — Rheumatismen .... 300 Lungenschwindsucht. — Hitzige Ausschläge. — Para- sitische Thiere : • .• ^^^
AnchyJostoma. — Distoma haemotohium. — Filaria
medinensis 302
Ruhr. — Krankheiten der Leber, Milz, Lungen, Kerven 303
Augenleiden 304
Wunden, auch vergiftete. — Wundstarrkrampf . . 305 AVundheilung. - Krankenbehandlung. — Charlatane,
Zauberdoctoren 307
Arzneischätze Afrikas 308
b*
XX Inhalt.
FÜNFTES BUCH. Sprachen.
Seite Scheu unserer Sprachforscher vor der afrikanischen
Linguistik SOS
Ethnologische und philologische Vorurtheile 309
Eintheilungsprincipien. — Nordafrikanische Sprachen 310 Ost-, central-, west- und südafrikanische Sprachen . . 311 Geschriebene Sprachen der Afrikaner. — Das Standard- alphabet von R. Lepsius und dessen Verbreitung . 312 Fortschreiten des Arabischen. — Mittel die eingeborenen Idiome zu erhalten und weiter zu bilden. — Aus- sichtslosigkeit derselben 313
SECHSTES BUCH. Schlussbetrachtungen.
Li iicJuUr (jledankc in dem Buche 315
Bewegungen unter den Afrikanern. — Völkerräthsel . 316 Principien für die Erfoschung der afrikanischen Völker- kunde 317
Afrikanische Inselbewohner 318^
Madagascar. — Hoffnungen für die Zukunft 319
Anmerkungen 320
Register ' . * 327
Autorenregister 342
YERZEICHMSS DER HOLZSCHNITTE.
Die hier mit einem * versehenen Figuren sind Originale.
Seite 'Fig. 1. Bedja-Nomade, nach eiuer Photographie von
r Hattorff IG
' i> 2. Bedja-Nomaden in ihrem Zeltlager, desgl. , 17 » 3. König Mtsa von Uganda mit seinem Gefolge,
nach H. Stanley 21
» 4. Somali von Geledi \ / ... 22
» 5. Medjerten-Somali . / Nach Daguerrco- i . , , 23
» 6. Wakambaweiber . i typen bei Guilain j . . . 2-1
» 7. Suahelifamilie . . ^ ( ... 25
» 8. Funje, nach R. Hartmann 35
)) 9. Niam-Niam, nach Schweinfurth 41
» 10. Kasongo's Musikbande, nach Cameron .... 42 » 11. Der Monbuttu- König Munsa, nach Schwein- furth 43
« 12. Kitete, der Häuptling von Mpungu in Manyema,
nach Stanley 45
^ >> 13. Mandinka, nach einer Photographie 48
" » 14. Quissama, nach einer Photographie von Moraes 53
» 15. Manganjaweib, nach Livingstone 54
» 16. Lubaweib, nach Schweinfurth 55
» 17. Ein Mtuta, nach Stanley 5G
'' » 18. Amazulu, nach Photographien von Kisch . . 57
* » 19. Hottentottin, nach einer Photographie. ... 61
^ » 20. Kora-Hottentott, desgl 62
» 21. Bombi, ein Akka, nach Schweinfurth .... 63
•> 22. Junger Buschmann, nach G. Fritsch .... 64
>^ 23. Buschmännin, desgl 65
' >^ 24. Xeuägypterin, nach Photographie von James 71
XXII Verzeichniss der Holzschnitte.
Seite *Fig.25, 2t). Abyssinier aus Amliara, nach einer Zei-ch-
nung von Zander 80
» 27. Somali von Merka, nach Guilain 81
* » 28. Frisch eingeführter Brasilneger, nach Photo-
graphie . 87
* » 29. Zulumädchen, nach Photographie von Kisch 89
* » 30. Maurische Kinder, nach Photographie ... 91
* » 31. Brasilianische Creolnegerin von zweifelhafter
Reinheit der Abstammung, desgl 92
» 32, 33. Hottentoten, nach Fritsch 93
)> 34, 35. Venus hottentotta (Buschmännin), nach
E. Geoffroy St.-Hilaire und F. Cuvier 95 » 36. Togul in Sennar im Durchschnitt, nach
E. Hartmann 100
» 37. Hütte in Uganda, nach Stanley 101
« 38. Tembe in ügogo 102
)) 39. Pfahlhütte im Mohryasee, nach Cameron . . 103 >' 40. Hof eines Hauses der Berabra, nach R. Hart- mann 106
X 41. Bedja (Bischari) mit der Ferdah umhüllt, nach
\V. von Harnier 108
>♦ 42. Monbuttukrieger mit dem Rindenschurz, nach
Schweinfurth 110
» 43. Nuer in vollem Putz, nach Harnier .... 113
» 44. Einwohner von Manyema, nach Stanley . . 114
» 45. Jungfrau aus Ost^Manyema, nach Stanley . 114
» 46. Pincette der Bongoweiber, nach Schweinfurth 115
» 47. Speerspitzen der Betchuana, nach Casalis . 117
» 48. Bongolanzeh, nach Schweinfurth 117
y 49. Keulen der Denka, nach Hartmann .... 118
» 50, Streitaxt der Basuto, nach Casalis .... 118
51. Targi, nach Lyon 119
» 52. Schwert aus Kordufan, 120
« 53. Messer der Berabra, 120
•> 54. TrumbuRch der Niam-Niam, nach Hartmann 121
' 55. Bogen und Köcher an der Ostküste .... 122
" 56. Schild der Funje, nach Hartmann 123
»» 67. Arabischer Soldat des Sultans von Zanzibar mit dem Faustschilde der Somal u. s. w.,
nach Guilain 123
r 68. Musg^u mit Wurfeisen und Brustkoller, nach
H. Barth 124
» 69. Brujitpnnzer, Bornu, 125
p 60. Gepanzerter Bagirmi-Reiter, nach Denham
und Clapperton 125
Verzeichnißs der Holzschnitte. xxm
Seite
iig.bl. Ahyssimsclici- i'tiug 133
» 62. Molot oder Melot, nach Schweinfurth . . . 134 » 63. Basutohütte mit Lehm topf, nach Casalis . . 13«> » 64. Kornspeicher der Niam-Niam, nach Schwein- furth 137
» 65. Merhaka, nach Livingstoue 150
» 66. Schmelzofen der Bongo, nach Schweinfurth 156 » 67 — 70. Geschnitzte Schemel und Gefässe der
Niam-Niam, nach Schweinfurth . . 158 » 71. Verzierte Kürbisschale der Batoka, nach
Livingstone 159
» 72. Wanderschmiede und ackernde Schwarze am
Weissen Nil, nach Harnier 160
» 73. Markt in Kawele, nach Cameron 166
» 74. Afrikanische Canots u. s. w., nach Stanley . 173
» 75. Canot von Ambadjholz, nach Schweinfurth 174
0 76. Seeschlacht bei Cap Nakarauga, nach Stanley 176 )) 77. Holzfiguren auf einem Bongograbe, nach
Schweinfurth 190
* » 78. Herumziehender Xegerbarde in Konstanti-
nopel, nach Photographie von Abdoullah-
Freres das 194
» 79,80. Harfen der Niam-Niam, nach Schweinfurth 106
)) 81. Harfe der Waganda, nach Stanley 196
» 82, 83. Eiserne Glocke und Holzglocke der Niam- Niam, nach Schweinfurth 197
» 84. Nächtlicher Tanz der Bari, nach Harnier . 108
» 85. Sansa, nach Livingstone 199
» 86. Gubospieler, Zulu, nach E. von Weber . . 200
» 87. Tanz der Ali ab, nach Harnier 201
j) 88. Mangalaspielbret der Niam - Niam , nach
Schweinfurth 203
» 89. Waganga der Warna, nach Cameron .... 219
» 90. Fetische von Ruanda, desgl 222
» 91. Fetischhütte in Lowale, desgl 223
» 92. Mtesa's Amazonen, nach Stanley 279
B 93. Der Zwerg Kimenya, nach Speke 296
* » 94. Baobis oder Bubis, nach Photographie von
Joaque 318
Einleitung.
Als ich Aegyptens niedriges Meeresgestade bei Alexandria betrat, glaubte ich in den mir begegnen- den Fellah, Nubiern und Schwarzen Typen gänzlich verschiedener Menschenrassen zu erkennen, welche ein- ander von Hause aus fremd, nur durch den Zufall des Tages zusammengewürfelt worden seien. Alte Lehren, alte Erinnerungen, längstgehegte Gedanken tauchten in mir auf, als ich die lebenden Völkergalerien durch- musterte. Beim Betreten des grossen Gewühles in Massr-el-Qahireh, der begnadeten und gelahrten Stadt des mohammedanischen Orient, verwirrte sich anfänglich das sich mir eröffnende Bild. Ich will hier nicht erst von den grell und phantastisch gekleideten Amanten sprechen, deren damals acht Regimenter ihre Rosse im Staube Altkairos tummelten, nicht von den stahlgepan- zerten Tscherkessengarden des Statthalters Said-Pascha, nicht von den Pilgrimen ^ aus Turkistan , nicht von den Händlern und Dellälen ^ aus Smyrna, Beirut, Da- mascus, aus Basra, Bagdad, Meschhed und Ispahan, nicht von den ernsten osmanischen Paschas, Beys und Aghas, den derzeitigen Gebietern des Landes, sie waren ja, gerade wie die Armenier, Griechen und Franken^, auffällige, leicht erkennbare Fremdlingsgestalten auf Afrikas Boden. Ganz anders aber verhielt es sich mit
Hartmaks. 1
2 Einleitung.
allen denen, welche mit dem leicht aussprechbaren und vielfach so leichtfertig gebrauchten Worte Araber be- titelt wurden, ferner mit jenen in den Barbareskenstaaten, im sogenannten Magreb oder afrikanischen Nordwesten angeworbenen, unfern Bulak in der Zahl von 4000 carapirenden Reitertruppen, ferner mit den zahlreichen Vertretern aller jener nilotischen, centralen und west- lichen Stämme, bei deren Anblick sich die mir schul- gerecht dünkende Frage aufwarf, sind das Semiten, Hamiten, sind das Kaukasier oder Aethiopier?
Erst als sich die zu Beginn an mir vorüberjagenden, einander gewissermaassen überstürzenden Eindrücke zu ordnen begannen, vermochte ich die Einzelheiten des Völkergemäldes besser aufzufassen und zu sichten. Später allmählich, nilaufwärts ziehend, Landschaft um Landschaft durchmessend, bis in den Steppen und "Wäldern der Funje die trotzigen feindseligen Ingassena, an den Zinnen des Fazoglobergs das unbarmherzige Fieber weitern Wanderungen, wenn auch nicht weitern Forschungen ein Ziel setzten, da änderten sich die ur- sprünglichen, von alten Vorurtheilen beherrschten An- sichten über die Völker Afrikas sehr wesentlich. Ich gelangte bereits auf afrikanischem Boden zu der Ueber- zeugung, dass hier mit den Begriffen Kaukasier, Aethiopier, Semiten und Hamiten im ganzen sehr wenig anzufangen sei, so wenig wie etwa mit den Be- griffen Arier, Indoeuropäer, Turanier. Ich merkte, dass die ethnologische Forschung für die Aufhellung der verwickelten Völkerverhältnisse der nördlichen Hälfte Afrikas andere Bahnen aufsuchen müsse, als die bisher meist übliche einer einseitigen Gegenüberstellung scharf begrenzter liassengegensätze und als verbrauchte Sam- melbezeichnungen für Völker, die einmal nicht unter den Hut doctrinärer Anschauungen zusammengezwängt werden können. Neben der möglichst ausgedehnten S««lb»tbeobachtung lebendigen Völkermaterials, zu welcher besonders der gänzlich unverdiente Ruf eines hervor- ragenden Arztes* die Wege in vorher kaum geahnter
Einleitung. ;;
Weise ebnete, waren mir natürlicli die Erzeugnisse des Todes, d. h. Leichen, Skelete, Schädel, vorzügliche, in reicher Fülle gebotene Forschungsobjectc. "' Daneben erwiesen sich gleich von Anfang an die altägyptischen Wandgemälde, Relief bilder, Husten und Statuen, die charakteristischen Schöpfungen einer urwüchsigen, ba- rocken, aber mi Risse stets das Eigenthümliche. das Nationale treffenden Kunstlebens als vorzügliche Hülfs- mittel zur vergleichenden, mitten auf geschichtlichem Boden sich bewegenden allgemeinern und zur Detail- forschung. Später wurde — auch daheim — keine Gelegenheit versäumt, Afrikaner zu sehen und zu unter- suchen. Sie bot sich, dank unsern regen heutigen Verkehrsverhältnissen, häufiger dar, als ich in den ersten Tagen meiner Rückkehr aus Afrika hoffen zu dürfen geglaubt. Ferner wurden die Gemälde und Zeichenmappen hervorragender Künstler, begabter Dilet- tanten, der Yernet, Gerome, Gentz, Richter, Makart, R. Kretschmer, Alma Tadema, Daniell, der C. Harris, Baines, Harnier, Schweinfurth, Pechuel-Loesche u. a., endlich die unvergleichlichen Erzeugnisse der Photo- graphie, die Leistungen der Hammerschmidt, James, •■Sebah, Tremaux, Kisch, Fritsch, J. M. Hildebrandt, Falkenstein, Elton, Playfair, Joaque, Buchta und zahl- reicher anderer (mir zum Theil persönlich Unbekannter) eine stete Quelle weiterer Belehrung.
Mehr und mehr lernte ich . einsehen , dass die Be- zeichnung Neger für die dunkelhäutigen kraushaarigen Bewohner eines grossen Theiles von Afrika sehr häufig in misbräuchliche Anwendung gezogen werde. Ich schlug daher schon vor Jahren für jene grosse Völker- gruppe die mehr präcisirende Bezeichnung Nigritier vor.^ Es entstand mein so betiteltes Buch ^, eine An- zahl Studien geschichtlicher, ethnographischer, sprach- licher und physisch-anthropologischer Natur, welche, zu einer monographischen Arbeit vereinigt, mich noch gegenwärtig beschäftigen. Nachfolgendes Schriftchen soll nun nicht etwa einen Auszug aus obigem Buche
1*
4 Einleitung.
bringen, sondern es soll in ganz selbstständiger Be- handlung einen Einblick in das Leben der gesammten bis jetzt bekannt gewordenen Menschheit Afrikas ge- währen. Vielleicht wird gerade diese Art der Dar- stellung eines selbst noch vielfach unfertigen und noch lebhaft umstrittenen Themas ihre Freunde ge- winnen.
ERSTES BUCH. Afrikanische Meusclienstämme und deren Wohnsitze.
Dunkel sind die Sagen, welche der Mund altägyp- tischer Weisen über die Vorzeit des merkwürdigen Landes verkündet hat, in welchem die Pharaonen (die Söhne der Sonne, wie ihre selbstgefällige Titulatur lau- tete) das Scepter geführt. Der erste König, der über Aegypten geherrscht hat, war, wie die Priester nach Herodot angaben, Menes (Mena), zu dessen Zeiten das ganze Land, mit Ausnahme des thebaisclien Gaues (Gau ägyptisch Hesep, griechisch Nomos) ein Sumpf gewesen und wo nichts zu sehen gewesen sein soll von all dem Ge- biet, welches jetzt unterhalb des Sees Möris liege u. s. w.^ Vor Mena sollen Götter, Halbgötter und räthselhafte Könige geherrscht haben, Wesen, deren Anführung den Alten zur Bemäntelung ihrer Unkenntniss der ägyp- tischen Urgeschichte gedient hat. Da nun übrigens Mena als Gauherr von Tini geschildert wird, da man ihm mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit die Gründung von Memphis und die Stiftung kolossaler Dammbauten zuschreiben darf, so lässt sich annehmen, dass schon zur Zeit seines Auftretens, d. h. etwa 6000 Jahre vor unserer Zeitrechnung, Aegypten in einem Zustande der geordneten landschaftlichen Eintheilung und überhaupt gewisser Gesittung sich befunden haben müsse.
W^er hat nun diese allmählich sicli bildenden Ablage- rungen fruchtbaren Schlammes besiedelt? Sind es
C Erstes Bucb.
.->^>.iov.ii-ai.iwiac.ic Einwanderer gewesen? Die altägyp- tische Sprachforschung betrachtet es als eins ihrer Hauptergebnisse, die Sprache des pharaonischen Volks habe einen innigen Zusammenhang mit den indogerma- nischen und semitischen Idiomen besessen, und müsste daher innige nationale Beziehungen zu den Völkern dieser Kategorie gehabt haben. Allein kein ernst zu nehmendes physisches Merkmal spricht für eine an- güblich semitische Herkunft der Aegypter. Man ist jetzt daran gewöhnt, von Seiten der wissenschaft- lichen Anthroi)ologie zwar indoeuropäische Sprachen anzuerkennen, die indoeuropäische Völkerfamilie als ethnische Einheit jedoch für eine unberechtigte Auf- stellung der Philologen zu erklären. Sprachverwandt- bcliaft bedingt aber keineswegs nothwendig auch die ethnische, nationale Verwandtschaft. Inwieweit aber die altägyptische, zum Theil noch jetzt im Koptischen dürftig fortvegetirende Sprache -^ wirklich eine semi- tische Sprache, oder inwieweit sie nur stärker oder geringer mit semitischen Lehnwörtern durchsetzt sei, darüber liaben uns die Philologen noch keineswegs ge- nügend aufgeklärt.
Manche haben auf einen nationalen Zusammen- hang zwischen den Altägyptern und der grossen liby- schen, Nordwestafrika bewohnenden Völkerfamilie ge- ratheu. Auch für diese Ansicht wurden vornehmlich sprachliche Gründe, die Verwandtschaft altägyptischer Wörter mit Wörtern aus der Sprache libyscher Oasen, wie Siwah u. s. w., geltend gemacht. Eine physische Ärmlichkeit zwischen den Ketu oder den auf altägyp- tlschen Denkmälern bildlich dargestellten Vertretern dea Pharaoneuvolks und den heutigen Bewohnern Nordwestafrikas ist freilich unverkennbar. Mehrere Tage lang widmete ich einer genauen Durchmusterung der (S. 2) erwähnten sogenannten Magrebin, d. h. der libyschen Reiter zu Bulak, und überall begegnete ich unter diesen gefälligen und zuthulichen Wehrmannen des ägj-ptiachen Statthalters Physiognomien, wie sie
Alnkauäscno iücn>-rmMstaiuiiie umi cicrt'n \\ oiiiisit/c. 7
mir bereits von den Strassen der ägyptischen Städte und aus den Landschaften um Kairo her vertraut ge- worden waren. Dasselbe traf sich auf den belebten und reichlich beschickten tuneser oder magrebiner Ba- zaren zu Kairo, woselbst ich namentlich eine über- raschende Aehulichkeit zwischen dem Typus der Jüngern Magrebin und Jüngern Fellachin auffand. Entsprechende Beobachtungen machte ich an den Turcos, welche sich 18G7 in Paris und 1870 — 71 als Kriegsgefangene unter uns befanden. Selbst der Schädelbau der Libyer und Aegypter bietet Anhaltspunkte für unsere Ansicht dar. Au die ägyptischen Grenzen hinan reichen die heute sogenannten Berabra (Singular Berberi), die vor den Fellachin schon durch dunkle Hautfarbe ausgezeich- neten Bewohner der felsigen, heut so armen Districte Nubiens. Im Alterthum hiessen diese Nachbarn Aegyptens wie alle ihre damals bekannt gewordenen Stämme Na- hasu — es waren die Schwarzen, Neger, Nigritier. Sie zeigten sich den Pharaonen öfters unbequem und da wurden denn Kriegszüge gegen dieselben veranstaltet, deren (wenigstens nach heutigem Maassstabe) unbe- deutende Ergebnisse auf den Denkmälern durch prah- lerische bildliche Darstellungen und Inschriften ver- herrlicht wurden. Weit fassten die Pharaonen freilich nicht Fuss in dem coupirten Lande der tapfern Nahasu. Alte Namen ihrer Stämme, Beraberata, Kens, Argin, Prim, kehren noch heute wieder in den Stammes- und Ortsbezeichnungen Berabra, Kenus, Argo, Ibrim u. s. w. u. s. w. Während sich nun auf Aegyptens Boden der geologische Process allmählicher alluvialer Schichten- bildung unter gleichzeitiger Austrocknung des Sahara- meeres vollzog, rückten nubische Familien in das mehr und mehr sich regelnde, endlich zwischen Uferbänken sein periodisch-schwankendes Wasserleben durchlaufende Bett des Nils stromabwärts hinab. Sie bebaueten Stelle um Stelle und gingen allmählich den gesellschaftlichen Umbildungsprocess ein, der sie zur Schöpfung eines der wenigen Culturcentren der antiken Welt befähigte.
g Erste« Buch.
In ihrer Isoiirtheit, in dem von felsenstarrenden Wüsten eingeschlossenen sehr fruchtbaren Nilthale bildeten sie eine gewisse Eigenart, die jedoch immerhin gänzlich auf echt afrikanischer Sitte fusst, von Geschlecht zu (leschlecht weiter aus. Sie modelten eine Art des Fetischdienstes ^^ nach den ihnen so geläufig werdenden Naturerscheinungen des Steigens und Fallens der Nil- wasser ^ *, den für ihr ganzes Culturleben so wichtigen Vorgängen. Im Bewusstsein ihres Könnens dehnten sie sich endlich weiter über die Nachbargegenden aus und zwangen syrisch-arabische, also semitische Nomaden- stärame, wie Araber und Juden, zur Sesshaftigkeit und zum Frondienst. ^'-
Brugsch führt aus, dass Amu, d. h. Semiten, Leute syrisch-arabischen Stammes, als sesshafte Einwohner die- jenigen Gebiete des Deltalandes innehatten, welche sich in der Umgebung des heute Menzaleh genannten Sees befanden". Mit solchen ursprünglich der asiatischen Seite Aegyptens entsprossenen Eindringlingen mochten sich nun die nubischen Einwanderer reichlich ver- mischen. Dasselbe geschah sehr wahrscheinlich mit von Libyens Seite (damals wie noch später) an den Nil heranstreifenden Bewohnern. So entstanden die weltbeherrschenden, alles mit ihrer hohen Cultur be- fruchtenden Retu, welche, heller wie die Berabra, ein Mischvolk bildeten, in dem jedoch afrikanisches Blut weit vorherrschte. Unsere Reisenden heben gewöhnlich den Gegensatz zwischen den hellen Aegyptern und den dunkeln Nubiern zu schroff hervor. Es kam mir immer 8u vor, als ob diese Herren die Zeit und die Orte zwischen Kene und Syene so gut wie verschliefen. Denn gerade auf dieser Strecke sieht man genug Ueber- «an«e zwischen beiden Völkertypen. Es beruht das nicht etwa nur auf Einwanderung und Ansiedelung nuuischer Familien in dem Said, in Oberägypten, son- dern der Bewohner dieses Said wird, dem Wendekreise allmählich sich nähernd, dunkler, dunkler durch die Sonm-, aber auch dunkler infolge von Heirathen mit
Afrikanische Menschenstämme und deren Wohnsitze. 1)
Berabra. So mochte auch der mibisclie Besiedler des Nilthaies allmählich unter der milden Sonne Mittel- uuterägyptens heller werden, zum Theil freilich auch wieder infolge von Heirathen mit ursprünglich hellem Leuten. Dass aber bei solchen Processen eine gewisse Anpassung an Grund und Boden, an dessen physi- kalische, klimatische Verhältnisse stattfinde, erscheint mir als "in iin:iluv.'is1i(]i.'r naturgescliichtlicher Vor- gang«
Uebereinsninnieiuie pii\ tische Merkmale zwisclieu Aegyptern und Berabra wird kein aufmerksamer Beob- achter hinwegleugnen können. Wer mir hier eine Ver- schiedenheit der Färbung allein entgegenhalten will, der lässt sich seinen Blick durch eine bei diesen Untersuchun- gen keineswegs stichhaltige Einzelnheit trüben. Brugsch hat ferner intimere Beziehungen zwischen Altägyptischem und Nubiscliem (letzteres alte Sprache von Meroe) her- vorgehoben. Die von dem gelehrten Aegyptologen ver- öfientlichte Wörterliste liesse sich noch erweitern. ^"^
Die ägyptischen Retu, welche nach dem Untergänge ihres grossen Reichs so viele fremde Einfälle erdulden gemusst, sind später Vermischungen namentlich mit Persern, Griechen, sowie, nach der moslimischen Er- oberung unter Amr Ibn-el-Asi, mit Syroarabern, später selbst mit Osmanen eingegangen. Noch heute dauern derartige Kreuzungen fort, denen sich solche mit Ni- gritiern hinzugesellen. Durch diese Vermischungen ist der ursprüngliche Bevölkerungstypus vielfach geändert worden. Trotzdem aber hat sich ein erkleckliches Maass von Retu-Blut in diesem Volke bis zum heutigen Datum erhalten. Die sprechenden Vertreter desselben findet man aber nicht allein unter den reiner geblie- benen christlichen Kopten, sondern auch unter den weit gemischtem muselmanischen Fellachin. Man möchte zuweilen, durch eins der dürftigen, halb zwischen den Säulenstämmen der Dattelpalmen vergrabenen Nil- dörfer schlendernd, sich ganz seiner Phantasie hin- geben und glauben, eine der Ramses-Statuen sei nach
10 Erstes Buch.
Jahrtausenden wieder belebt worden und von ihrem Postament herniedergestiegen, oder es seien die zier- lich geschmückten, sich am Gerüche frischer Lotosblu- men ergötzenden Jungfern aus den thebaischen Wand- gemälden herausgetreten, um wie ehedem zum Wasser des heiligen Stromes zu wandeln.
Als Nachbarn und nahe Verwandte der Aegypter treffen wir also die nubischen Berabra, gegenwärtig in einer Längenausdehnung von fast sechs Breitengraden bis zum sechsten Nilkatarakt hin ansässig, mitten zwischen den wüsten Felsbergen des Nilthaies voll Mühsal das eine so geringe räumliche Ausdehnung darbietende Ackerland bebauend, dessen Areal alljährlich noch von dem jeweiligen Stande der Nilüberschwemmung ab- hängig wird. Karger Schlammabsatz in Jahren unter- geordnetem Steigens der Nilwasser macht sich in dem armen Nubien noch stärker fühlbar als in Aegypten, dessen ausgedehnteres Ackerland ein paar Zoll Schlamm- decke einmal noch eher entbehren kann, obgleich der Factor selbst hier nicht ohne Bedeutung erscheint. In vielen Districten sind die Nubier ganz rein geblieben, es sind heute noch die braunen Leute zum Theil mit mächti- gem llaartoupet, welche auf den pharaonischen Malereien neben den als Rothhäute dargestellten Retu figuriren, gegen welche die Usurtasen, Amenhotep, Thutmes, Seti, Uamses u. s. w. jene bereits (S. 7) skizzirten Kriege führten, theils um unruhige Nachbarn zu bändigen, theils um das am OUakiberge und an andern Stätten vorkommende Gold auszubeuten. Diese Berabra haben 8ich übrigens in frühern Zeiten weiter nach Süden aus- gedehnt als heutzutage. Sie haben vielleicht durch Jahrhunderte nicht blos das Nilthal über Khartum stromaufwärts innegehabt, sondern sie haben sich selbst nocli über einen grossen Theil der heutigen Land- »tliaften Kordufan, Taka und Sennar erstreckt. In d>«sen Ländern führen viele Oertlichkeiten Namen, welche unverkennbar der Berbersprache angehören. Später wurden diese Leute durch die erobernden Furer
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' dja und Fuuje zurückgedrängt. Letztere Nationen iigen übrigens mit den Herabra vielfache Mischungen ein. Schon als im spätem Mittelalter im Sennar das Reich Aloa blühte, dessen Herrscher Bedja waren, bildete sich in der Gegend des Zusammenflusses (ara- bisch Mogren) der beiden Nile ein Mischvolk aus, dessen Hauptelemeut Berabra waren. Später lieferten die nigritischen Funje noch andere Elemente der Mischung. Uebrigens nisteten sich zwischen reinern Berabra schon frühzeitig zerstreute Gemeinden arabi- sirter Bedja, sich zu staatlichen Gruppen zusammen- thuende centralafrikanisclis Pilgrime (Tekariue) u. s. w. ein. Auch unter diesen fremden Familien haben viele eine unverkennbare Reinheit bewahrt. Ihren reinsten *""tamm oder Stock bilden die Berabra in den heutigen istricten Wady-Kenus, Dar-Sukkot, Dar-Mahas und m Nord-Dongola. In Oberägypten, um Syene"^' her, in Süd-Dongola und Berber haben theils Mischungen, theils fremde Einkeilungen stattgefunden.
Die Bedja nehmen eine eigenthümliche Stellung in der afrikanischen Ethnologie ein. Sie wurden seit lange als eingewanderte, reine unvermischte Araber angesehen und beschrieben. Nicht wenige Reisende glaubten an diesen Stämmen die physiognomischen Eigenthümlichkeiten der Bewohner der arabischen Halb- iSel in einem treuen Abbilde wahrzunehmen. Ja es hatten aige (allerdings nur sehr wenige!) und zum Glück icht anthropologisch gebildete Leute den Muth, an jenen in den beiden verwichenen Jahren in Europa von K. Hagenbeck öffentlich ausgestellten, so cliarak- ristisch beschaffenen Bedja (zum Theil dem Jäger- amme der Homran angehörend) den nord-westarabischen i vpus wiedererkennen zu wollen. Natürlicherweise
* Am Schellal (Katarakt) von Syene oder Assuan zeigen h die sogenannten Schellalin oder Kataraktbewohner als rabra mit starker Beimischung von Fellach-(Aegyj)ter-)Blut.
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begegnete dies tbeils vielfachem energischen Wider- spruch, theils gänzlicher Nichtbeachtung.
Afrika ist ein Gebiet, in welchem sich schon seit alters die Völker in Kasten oder wenigstens in kasten- ühnlicho Gesellschaftsklassen gegliedert haben. In vieler Hinsicht forderte hierzu gewissermaassen die Boden- bescliafi'enheit auf. Gute Beispiele bietet uns besonders der Nordosten des Erdtheils dar; hier gewährte ja das alljährlichen Niveauveränderungen unterworfene Schwemmland des Nils, des Atbara u. s. w. dem Acker- bau seinen Sitz, und dieser vermochte auch an den fruchtbaren Berggehängen des abyssinischen Alpenlandes aus der Bodencultur seinen genügenden Unterhalt zu gewinnen. Die weite mit nur kargem Pflanzenwuchs besetzte Wüste und die üppig begraste Steppe eröff- neten dagegen der Viehzucht gewaltige Strecken. Ks geschah dies um so leichter, als auf Gebieten der letztgenannten Art wichtige Hausthiere, wie Pferd, Esel, das einhöckerige Kamel, das Rind, das Schaf und die Ziege eine grosse und leichte Verbreitung fanden. Diesen Objecten der Viehzucht gebrach es ja nirgends an wohlgeeigueter pflanzlicher Nahrung; der Urwald* aber bot wieder dem Jäger das geeignete Feld für seine Thätigkeit. Letzterer konnte ja auch der Vieh- hirt auf der ebenfalls wildreichen Steppe mit Lust nachgehen. Aehnliches wiederholt sich in ganz Afrika.
Nun klammerte sich übrigens der einzelne Volks- stamm nicht ausschliesslich an die Beschäftigung des Ackerbauers, Hirten oder Jägers, der Bedja z. B. wurde an den Flussniederungen sesshafter Ackerbauer, in der Wüste und Steppe aber wurde er Nomade und zugleich Jäger. Er betrieb zwar auch im letztern lalle mal etwas Ackerbau, aber doch nur nebenher und nur so lange, als die ihm feindliche Jahreszeit,
' Im ttllgemeincrn Interesse bemerke icli hier, dass der Arul.rr hierzulande die Wüste Atmur oder Akaba, die Steppe Clmhi und den Urwald Ghaba nennt. Es finden sieh übrigens «nhlreicho Ueborgänge zwischen diesen Bildungen des Landes.
Afrikanische Menschenstamme und deren Wolinsitzc. 13
die Regenzeit (oder der Kharif) seinem ruhelosen Wan- dern mit den Vieliherdcn ein jeweiliges Ziel gebot. 3Ian kann nun wol sagen, dass die Bedja ilirer grössern Individuenzahl nach mit Vorliebe die Beschäftigung des nomadisir enden Viehzüchters ergriffen und dass nur ein geringerer Theil derselben sich zur Hand- habung des Grabscheites bequemte. In diesen Ländern des Herkommens schrieb der Volksmund den Bedja von alters her eine ganz besondere Umsicht und Ge- schicklichkeit in der Viehhaltung, namentlich in der Züchtung und Wartung des Kameles zu. Dabei ist es bis auf den heutigen Tag verblieben. Leute anderer Nationalität wagten, wol ausschliesslich herkömmlichen Ideen folgend, mit den sie umgebenden Bedja in jener Beziehung nur selten zu concurriren. An einem der Hauptsitze der Funje, am Berge Guli oder Gule in Sennar, hausen die Bewohner, Ackerbau und auch etwas Viehzucht treibend, in Dörfern. Selten und fast nur bei den Häuptlingen dieser Funje sieht man ein Ka- mel. Desto reicher an letztern Hausthieren, aber auch an Rindern, Schafen u. s. w., ist der grosse, in der Nachbarschaft campirende Bedjastamm der Abu-Rof. Auf meine Frage, warum denn die Funje nicht zahl- reichere Kamele und noch zahlreichere Rinder züch- teten, erwiderte man, hierzu seien die Abu-Rof da, bei denen könne man dergleichen Thiere jederzeit miethen oder kaufen; der Funje habe mit der Acker- bestellung und mit der Industrie genug zu thun. Die Funje verschmähen die Jagd auf das grosse in ihren Steppen und Wäldern hausende Wild (Büff'el, Pferde- antilopen, Gnus, Gazellen, Giraff'en, Elefanten u. s. w.) keineswegs; sie halten das für eine nützliche und männliche Beschäftigung. Dennoch aber wird man hier bei Veranstaltung grosser Jagdpartien stets einige be- sonders geschickte Agagir oder Jagdmatadoren der Abu-Rof hinzuziehen, welche bei der B^ällung des Büffels u. 8. w. allen andern vorauf ihre Kunst zu zeigen haben. Das sind so fest eingewurzelte Landessitten.
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Die Abstammung der Bedja ist dunkel; wahrschein- lich ist dieselbe auf der Osthälfte Afrikas zu suchen, wo einst ein geraeinsames verwandtschaftliches Band grosse Stämme, die sogenannten Bedja, Schoho, Afer oder Danakil, Somal, die Masay, die Dschagga, Gala, Orraa, Wahuma und die A-Bantu umschlang. Ein Theil dieser meist kriegerischen Völker zerstreute sich er- obernd nach verschiedenen Seiten. Während die Gala und Dschagga besonders dem Herzen Afrikas entgegen- strömten, ergossen sich die A-Bantu mehr über den Süden des Erdtheils. Schon frühzeitig, in der Dämmer- zeit der menschlichen Geschichte, müssen derartige Züge sich eingeleitet haben, denn auf pharaonischen Denk- mälern geschieht bereits der Schari Erwähnung, welcher Name wol nicht mit Unrecht auf die heutigen Bescharin bezogen worden ist. Auf den aksumitischen Ruinen werden die Buka, Bugaiten (Bedja) als vom Könige f^asan (Aizanas) Bekriegte aufgeführt; hier erkennt man auch unter andern Völkernamen denjenigen der Ilalenga, eines noch heute blühenden Bedjastammes, welchen jene in Europa herumgeführten Ilomran nicht fern stehen. Ausserdem erscheinen die Bega oder Bedja bereits auf der altberühmten, dem König Ptoleraäus Euergotes zugeschriebenen Inschrift von Adulis. Eine treffliche ethnologische Darstellung dieses Volks ver- danken wir dem arabischen Gelehrten Makrizi. Ver- schiedene Stellen bei Strabo, Agatharchides, Diodor und Claudius Ptolemäus lassen sich ohne Zwang auf die Bedja beziehen. ^^ Das bei den Alten erwähnte axumitische oder aksumitische Reich vereinigte viele «lloser Stämme in sich. In dem blühenden Aloa spielten christliche Bedja eine Hauptrolle. Makrizi und Ibn-el-Wnrdi erwähnen auch eines Bedjakönigs. Manche iilte Candace oder Königin Aethiopiens scheint dem Bed^javolke entsprossen zu sein. Alles deutet darauf hin, dass dieses im Alterthum und im Mittelalter zu nicht unmäclitigen staatlichen Gemeinwesen vereinigt gewesen sei. Der Verfall Aksums erschütterte wol diese
Afrikanische Menschcnstämme und deren Wohnsitze. 15
Herrlichkeit für lange Zeit, und mit der Zertrümme- rung Aloas durch die Funje ging die Redjamacht gänz- lich zu Grunde. Die sich zerstreuenden Stämme ge- riethen in Abhängigkeit von Darlur, Sennar und von Habesch, seit 1820 auch von den Aegyptern. Im Lande Taka einigten sich Bedjastämme noch in unserm Jahr- hundert zu einem lockern politischen Verbände, welcher die Kraft des Widerstandes gegen die ägyptischen Er- -i^elüste entwickelte, endlich aber durch die :ie der Paschas Achmed des Tscherkessen und Achmed Menekle gewaltsam aufgelöst wurde.
Die grössern Anhäufungen dieser Völker in den frucht- baren Stromanschwemmungen Ost -Sudans, welche die Bodencultur, der Anbau von Durra oder Negerkorn, von !Mais, einigem Weizen, von Gurken, Melonen, Ei- bisch, von Zwiebeln, rothem Pfeffer, Baumwolle und Taback zu noch festern Gemeinschaften verband, wurden christlichen Einflüssen schon früh zugänglich; sie wurden aber später von Heiden (Funje) besiegt und bekehrten sich sammt ihren Besiegeru zum Islam. Leicht fand letzterer bei den herumschweifenden Bedja-Xomaden Eingang. Diese ernsten, zur Beschaulichkeit und reli- giösen Zerknirschung geneigten Leute nahmen gern die Sendboten des Islam, fast durchgängig ausgewanderte Araber und arabisch redende, aber nigritische Mekka- pilger, unter sich auf, verliehen ihnen Macht und Ein- fluss innerhalb des eigenen Stammes, unterwarfen sich der politischen Gliederung, der Sitte und dem Gesetz sogar der Hedjaz-Beduinen und wurden so nach ihren communalen Einrichtungen, ihrer Sprache und Religion grossentheils zu Arabern. Sie hielten mit fanatischer Zähigkeit am Islam und an dem ihnen so edel erschei- nenden, erworbenen Araberthum fest und nannten sich zum Theil mit Stolz: Araber. Freilich behielt auch mancher Nomadenstamm, wie die Halenga, Hadenduo, Schukune, Homran u. s. w. neben dem Arabischen ihr Bedja-Patois bei und fälschte dies noch durch sprach- liche Verzerrungen, die den Leuten als Jägerlatein ihrer
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Erstes Buch.
Art bequem erschienen. Solche Thatsachen der Con- servirung eigener Idiome werden gewöhnlich von allen den Reisenden mit und ohne Absicht übergangen, welche unsere Nomaden durchaus zu echten, reinen, eingewanderten Arabern stempeln wollen. Ich bemerkte, dass die Bedja- hirten und Jäger dem Islam leichter zuf^änglich gewesen seien, als Städter und Ackerbauern ihrer Nation. Trotz- dem sind selbst diesen glaubens- , "^^P^ eifrigen Nomaden, unter denen es
, .j'^^^^, Haufen niederer Frommer (Fukra,
W '' fil^^k Einheit Fakir) und selbst höherer
V >' lI..^M1^A Schriftgelehrter AUah's, die Fukaha
(Einheit Fakih) gibt, vielerlei heid- nische Anschauungen und selbst heidnische Gebräuche geblieben. Ja, manche der zwischen Nigritiern eingekeilten und mit diesen sich auch häufiger ehelich vermischen- den Stämme, wie die Bagara, Ha- mar und Abu-Rof, sollen in nicht geringer Individuenzahl weit eher Heiden nach Art der Schilluk und Denka, denn eigentliche Moslemin sein. Widersprüche besonderer Art, an denen aber Afrikas ethnische Verhältnisse so reich sind! Will man nun diese nomadisirenden Bedja des abyssinischen Küstenlandes, des Taka von Sennar, Kordufan, Dar- fur, Waday u. s. w. auch anthro- pologiscli zu Arabern machen, so begeht man ein Hchr gros-ses Unrecht. Denn selbst wenn diese hier und da durch Incorporirung von Arabern das Blut der lolzteni in sich aufgenommen haben, so bewahrten sie doch einen eigenthümlichen Typus, welcher sich mehr den Aegyptern, Berabra und den energischer pro-
Fig. t. BedjM-Nomftde.
Afrikanische Menschcnstännne und deren \Vi>hn8it/c. ]
filii-ten Nigritieni, wie Funje, Wahuma und A-Bantu, näherte.
Uastmahk.
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Den Bedja sind köri3erlich nahe stehend die abyssini- sclien Bergbewohner; gewisse Stämme derselben, wie Agaii, Kömant, Falascha, Schoho, Bogos sind Verwandte der Bedja und augenscheinlich sehr alte Völker. Andere haben sich erst im Laufe der Jahrhunderte aus Urbe- wohnern, in Vermischung mit andern Bedja, mit Gala, Afer und arabischen Einwanderern hervorgebildet, auch zum Theil dem semitischen oder syro-arabischen ähnliche Iditome, wie das Geez und das Tigrinya, herausgebildet. Gesichter von arabischem und jüdischem Schnitt scheinen unter den östlichen Abyssiniern häufiger zu sein, als unter den arabisirten Bedja. Diejenigen Bewohner von Habesch freilich, welche ich selbst zu Gesicht bekom- men, und es waren ihrer nicht wenige, ähnelten, abge- sehen von der (hier so wenig bedeutenden) Hautfarbe, sehr den Bedja von Taka und Sennar, den Ababde und selbst Berabra! Die echten Agauphysiognomien der übie, Kasa (Kaiser Theodor, Tedrus), Kasay (Kaiser Johanös), Madrakal, mahnen stark an diejenigen von Horaran und Ababde, von Ramses und Amenemha, von den Priesterkönigen des Gebel-Barkal. Verwandt mit den Bedja und den Abyssiniern sind ferner die Afer oder Danakil und die Somal. Auch diese ursprünglich mit den Gala sehr wahrscheinlich zu einem Völkerstock gehörend, haben sich durch öftere Aufnahme arabischer Elemente in eigenthümlicher Weise umgeändert. J. M. Hildebrandt, gegenwärtig einer der besten Kenner der Somal, bemerkte an ihnen selbst das in manchen (na- mentlich privilegirten) Familien zu gewisser Geltung gelangte, zu körperlichem Ausdruck sich gestaltende südarabische Element , dessen Einflüssen übrigens diese der Küste näher wohnenden Leute in besonderm Grade ausgesetzt sind. Arabische Einwanderungen finden von Südurabion aus statt, aus einer Gegend, welche in irühcrn Zeiten von Ostafrika her mit den nigritischen nahe stehenden Völkern, mit Agau u. s. w. überflutet worden war. Diese Bewegungen von Südwest gegen Nordost haben in Südarabien als Product eine Bevöl-
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keriing zurückgelassen, die nicht rein arabisch, son- devn arabisch-nigritisch ist. Der Rückfluss dieser Ele- mente nach OstatVika und ihre materielle IJetlieiligung bei der Fortbildung der Afer- und Somalgemeinden konnte den Typus der letztern im Durchschnitt nicht so ändern, dass jener physiognomische Habitus zum Durchschlag kam, welchen wir unter den IJewohnern von Nordarabien, Palästina, Syrien u. s. w. beobachten. Erkennen wir einmal unter Danakil und Somal Phy- siognomien letzterer Art, so wird auch an ihrer Er- zeugung ein aus Nedjed stammender Vater oder Gross- vater seinen Antheil geboten haben. Vorherrschend sind bei den Afer physiognomische Eigenthümlichkeiten, welche dem ostafrikanischen Nigritier angehören. Unter den Ostafrikanern haben übrigens die Somal die grösste politische Macht erreicht, diese ist gerade jetzt in neuem Wachsthum begriffen, nachdem es einigen ihrer wil- desten und energischsten Stämme gelungen ist, die ihnen todfeind gesinnten Gala von mehrern wichtigen öst- lichen Küstengebieten abzudrängen und mehr nach dem Innern zurückzuwerfen.
Die Gala oder Wahuma, welche sich selbst Ilmorma (Söhne der Menschen) nennen, haben ihre Wiege in den um die Schneeberge Kenia und Kilimandjaro her gelegenen Landschaften. Echte Nigritier, haben sie sich als ein kräftiges, eroberndes Volk von fast spar- tanischen Sitten nach verschiedenen Richtungen hin- gezogen; sie haben z. B. einen grossen Theil von Süd- abyssinien und von den Landschaften am obern blauen Nil in Besitz genommen, sich hier zum Theil mit Bedja, Agau und mit unreinen Abyssiniern vermischt.
Aus dieser Kreuzung ist ein interessanter Mischtypus mit im ganzen schärferer Profilbildung hervorgegangen, als die sonst stumpfern Physiognomien der Orma sie darzubieten pflegen. Die sehr hübsche Profilabbildung eines „Adjao-Galla" (Adjau) nach Salt, seit Jahren oftmals für ethnologische Werke copirt, stellt jenen Gala-Mischtypus vor; namentlich diese Abbilduncr hat
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aber viele Ethnologen dazu verführt, dieselbe für eine das ganze Ormavolk getreulich darstellende und danacli letztere Nation selbst für eine semitische, den Kaukasiern nahe stehende zu erklären, ein ungeheuerer Fehler, an dessen Beseitigung unsere Generation gegenüber den eingewurzelten Vorurtheilen unserer Vorgänger (ja selbst leider noch eines Theils unserer Zeitgenossen) hart arbeiten muss. Die Orma liaben als Södama die Länder Guragie, Kafa, Inarya n. s. w. im Süden von Schoa besiedelt, auch haben sie an den Seegebieten des östlichen und centralen Afrika grosse Ausbreitung gewonnen. Die Wanyambo und Wa- tusi um den Ukerua Nyanza (Victoria Nyanza) her ge- hören ihnen sehr wahrscheinlich an. In Kitara wurden Eingeborene, entweder Walmma oder Nigritier, von einer andern Nationalität, durch ihrem Herkommen nach unanfechtbare Gala unterjocht. Kitara zerfiel später in die Reiche Unyoro, Uganda, Usoga und Mruri. Stanley schildert uns den kraft- und geistvollen Mtesa, den Kabaka oder Kaiser von Uganda als einen hoch- gewachsenen, schlanken Mann mit intelligenten ange- nehmen Gesichtszügen, dife unsern ausgezeichneten Rei- senden an einige unter den Gesichtern der grossen Steinbilder in Theben und der Statuen im Museum zu Kairo erinnerten. „Er hat dieselbe Fülle der Lippen, aber ihre Dicke wird durch den allgemeinen Ausdruck t'iner mit "Würde gemischten Liebenswürdigkeit gemil- dert, welcher sich über sein Antlitz breitet, und durch die grossen, glänzenden, wie zwei Flammen unruhig lodernden Aug(>n, welche demselben eine wunderbare Schönlieit verleihen und für die Rasse, von welcher er, wie ich glaube, abstammt, typisch sind. Seine Farbe »st ein dunkles Rothbraun und die Oberfläche seiner Haut von merkwürdiger Glätte." Ich glaube, dass nichts besser auf die Orma passt, als Stanley's obige lleschreibung. Wie sehr erinnert mich letzere an jene von den Wollo und andern Gala herstammenden Indi- viduen, die ich auf meiner Reise beobachtet habe.
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Erstes Buch.
Den Soiiial verwandt sind auch die Wamasay im ostafrikanischen Aequatoriallande, wilde kriegerische Leute, deren Nachbarn, die Wakamba, vieles mit ihnen Geraeinsame haben. Ihnen und den Gala reihen sich die Wanyika, Wakuafi, Wanyamesi und andere nigri- tische Stämme der östlichen Gebiete an, wogegen die Wasuaheli des zanzibarischen Landes eine sehr starke Beimischung von arabischem Blute, namentlich von Hadramautblut, verrathen.
Ul (IClUUl.
Wir wollen uns nun zunächst zu den die afrikanische Nordküste bewohnenden Nachbarn der Aegypter zu- rückwenden. Den llaupttheil derselben bilden die Berbern, für welche die collective eingeborene Be- zeichnung Iraoschach (Einheit Amoschach) anwendbar erscheint. Sie sind ein sehr altes Volk, deren öst- lichste Zweige als Libu oder Ribu (Libyer) öfters die rtltägyptischen Grenzen beunruhigten. Sie wurden von den Hamessiden bekriegt und auf den Denkmälern hell- gefiirbt, blaiiäu^ig, blond- und rothhaarig dargestellt.
Afrikanische Meiischenstämme und deren Wolinsitze. 23
Dies iat ein ausgebreitetes, individuenreiches Volk, unter welchem es Sesshafte und Nomaden gibt. Die Libyer, Gaetuler, die Mauretanier und Numidier der Alten gehörten zu diesen Imoschacli. Sie scheinen sehr frühzeitig Beziehungen zu Südeuropa besessen zu haben. Nicht wenige Forscher der Neuzeit halten eine Stara- mesverwandtschaft zwischen Berbern und denjenigen
Fig. -5. Medjerten-Somali.
Völkern Europas für sehr wahrscheinlich, welchen wir die Errichtung der über Europa, Westasion und Nord- afrika zerstreuten, megalithischen Denkmäler, der Dol- men und Menhir, verdanken. Es bleibt nicht zu ver- kennen, dass man unter den nördlichen Berbern Indi- viduen findet, deren Gesichtszüge lebhaft an diejenigen von Spaniern und Italienern erinnern. Möglicherweise
M
Erstes ßucb.
Imt liiui- eiii Zusammenhang zwischen diesen Nationali- täten geherrscht, noch ehe die Säulen des Hercules (d. h. die Strasse von Gibraltar) ihre gegenwärtige Gestaltung erhielten. ^^ Andererseits hat wieder eine Heeinflussung der Spanier und Italiener durch die Mauren des Mittelalters stattgefunden. Unter letztern haben wir aber hauptsächlich Berbern zu suchen.
Wakiimbaweiber.
Ilunoteau und Letourneux, deren classisclies Werk über die „Kabylie" eine Fülle der wichtigsten Nachweise liefert, glauben in den alten Bewohnern der Städte Kusuzuz, Jomnium, Kusucurru, Bida Municipium u. s. w. einen europaischen Ursprung erkennen zu müssen.
!n den Küstengebieten, namentlich in den Küsten- stiUlten zeigt sich die Bevölkerung sehr gemischt. Hier
Afrikanische Meiischenstämme und deren Wohnsitze. 25
haben Phöuizler, (Jriechen, llümer, Araber, Juden, Türken, alle möglichen Nationalitäten Europas, alle die als „Franken" zusaramengefassten, zwischen Nordcap, Cap Finisterre und Malta geborenen und nach Nord-
afrika verschlageiun /iiji^^uu uiLi , lerner diu Vicicn noch bis in die ersten Jahrzehnte unsers Jahrhunderts durch die Korsareu zusammengeschleppten Christensklaven theil an der Zusammensetzung der Einwohnerschaft genommen. Den Hauptstamm derselben bilden die
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Mauren, Moros, Morisken. Diese bestehen wieder hauptsächlich aus Berbern, sind aber unzweifelhaft ge- mischter als die berberische Bevölkerung des Acker-, Berg- und Wüstenlandes. In vorislamitischer Zeit haben sicherlich schon Karthager, Griechen, Römer, Yandalen u. 8. w. sich mit den einheimischen Leuten gekreuzt. Dann haben zunächst die Heersäulen der erobernden Koranverkünder sich vielfach theils mit den Imoschach amalgamirt. Es ist hier von Wichtigkeit, sich über die ethnologische Zusammensetzung der islamitischen Eroberer eine Vorstellung zu verschaffen. Unzweifel- haft bildeten das Hauptcontingent derselben Syro- araber, d. h. Sesshafte und Nomaden aus Syrien, Palästina, aus Arabien und Mesopotamien. Aber auch Kleinasiaten, bekehrte Griechen, Kurden, Armenier, ferner Perser, Aegypter, Berabra, Sudanesen werden der Fahne des Propheten gefolgt sein. Der Islam kümmert sich ja nie um die Herkunft und um die Farbe seiner Anhänger, sein Bekenntniss allein einigt die heterogensten Elemente zu feinem Gesammtkörper. Man kann sich nun ungefähr denken, in welchem Maasse ein solcher buntscheckiger Haufe in Nordafrika die ohnehin von fremd her beeinflusste Urbevölkerung um- zaändern gewusst, dass hierbei der arabische Volks- stanim eine gewisse Rolle gespielt, weil eben der Haupttheil der Eindringlinge aus Arabern bestand. Die Hauptkämpfer werden freilich Sklaven, nament- lich Schwarze, sogenannte Fethawie, gewesen sein.^*"
Nun wird man unter den Mauren gar häufig die physiognomische Eigenthümlichkeit der arabischen Na- tionalität ausgeprägt finden. Aber auch bekehrte Juden, deren körperliciie Bildung derjenigen des Arabers so nahe steht, haben sich mit den Mauren ehelich ver- bunden. In Tanger, Tetuan, Algier, Tunis, Tripolis u. 8. w. 8oU es oft recht schwer werden, Maurinnen und Jüdinnen voneinander zu unterscheiden.^^ Be- kehrte Europäer haben sich seit islamitischer Zeit wol nur in so geringer Zahl den Mauren beigemischt, dass
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ihr physischer Einlluss kaum bemerkbar sein dürfte. Dagegen zeigt sich das Ergebniss von Verbindungen zwischen Mauren und Schwarzen sehr kenntlich. Da- durch entwickelt sich ein Mulattenthum von übrigens cjeringer ethnischer Beständigkeit.^^ Verbinden sich die ohnehin brünetten, ziemlich hellfarbenen Mauren mit den bräunlichen Arabern und mit den orientalischen Juden, so werden die Sprösslinge solcher Ehen nicht so sehr weit von dem Typus der Aeltern abweichen, wie dies bei der Kreuzung zwischen Mauren und Schwarzen der Fall zu sein pflegt.
Trotz dieses unverkennbar gemischten Habitus der Mauren wird der Ethnolog unter ihnen das berberische Urelement doch an den meisten Stätten vorherrschen sehen. Das Wort Maure bezeichnet überdies einen sehr dehnbaren Begrift' und die liederliche Namen- gebung unserer bisherigen Völkerkunde hat damit auch rein berberische Gemeinschaften belegt, welche, wie die Bewohner der Provinz El-Rif, wie die Sus und noch andere Stämme Marokkos, wie endlich die sene- galischen Mauren (Trarza, Brakna, Do wisch u. s. w.), bisher jede Verbindung mit Renegaten, Juden u. s. w. voll Eifer zurückgewiesen und welche sich höchstens mit nigritischen Leibeigenen gekreuzt haben. Ara- bische Vermischung kann hier den sehr selten sich dar- bietenden Objecten einer solchen gegenüber schwerlich in Betracht gezogen werden.
Ein grosser Theil der nordafrikanischen Berbern, namentlich Algeriens, wird mit dem banalen Namen Kabylen belegt, obwol doch Kabyleh, Mehrheit Kabail, im Arabischen nur einen Stamm von bald grösserer, bald geringerer Familien-, bezüglich Individuenzahl be- deutet. Trotz dieser Begriffsverwechselung hat sich <ler Name Kabyle namentlich in Frankreich gewisser- maassen als Volksbezeichnung eingebürgert. Unter diesen Kabylen sind blonde Leute nicht ganz selten. Es erinnert dies Vorkommen an die blonden Libu Tamhu der alten Aegj'pter (S. 22). Hanoteau und Letourneux
'K^ Erstes Buch.
erwalinuii in ihrer oben beregten Monographie auch der arabisclien Einwanderungen und bemerken, dass diu arabische Rasse weit weniger durch gewaltsame Besitzergreifung des Landes, als vielmehr durch die islamitische Religion Eingang gefunden habe. Un- zweifelhaft hätten sich zur Zeit der Bekehrung zum Islam eine gewisse Anzahl arabischer Familien im liEnde als Missionare niedergelassen. Allein nicht alle Marabouts, von denen doch die religiöse Bewegung ausgehe, seien Araber, es gebe unter jenen auch ber- berische Eingeborene, die aber, um Ansehen über letz- tere zu behalten, sich einen fremden Ursprung, aus dem Geburtslande des Propheten, vindiciren .möchten. Die Schirfa (Einheit Scherif), d. h. die Nachkommen Mohammed's, die einen wirklichen religiösen Adel bil- deten, welche ^^Marahoiits 2^ar cxcellence^^ seien, würden Araber sein. Nur ist freilich zu bedenken, wie mancher schwarze, braune oder braungelbe Bummler sich im muselmanischen Afrika „Scherif" schimpft.
Ein anderer echter Berbernschlag sind die sogenannten Tuurik oder Tuarek, in der Einheit Targi, die Imo- scUach im engern Sinne, welche, in viele Stämme ge- theilt, die Saharawüste, auf enorme Strecken hin ver- theilt, bewohnen. Unter ihnen nehmen die Ahogar, Mehrheit Ihogaren, als Edle, Noble eine bevorzugte Stellung gegenüber den Imrad oder Imroden, Einheit Amri, den Dienenden, Vasallen, ein. Der Ahogar ist von einer der ßüdeuroi)äischen ähnlichem Körperbil- dung: d. h. er zeigt die Züge des gewöhnlichen Ber- bern, wie wir ihn unter dem Pseudonym Kabyle auf- geführt hatten. Der Amri ist von einer mehr nigri- tischen Bildung. Ausserdem existirt unter den Tuarek noch eine Kategorie von Leuten, die nicht Edle, nicht Diener sind, als Condottieri den verschiedenen Gemein- Bchaften der Imoschach sich verdingen, ähnlich den fahrenden Reisigen des Mittelalters. Wie kann man sich die Ausbildung eines solchen Verhältnisses vor- stellen? Einestheils Hesse sich denken, ein hellfarbiger
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Herberstamm hiitte einen dunkeln untorjoclit; letzterer könne etwa von Art der Tibu oder Teda gewesen sein. In der That sollen die Inirad der östlichen Tuarik den Tibu in physischer Hinsicht auffallend ähneln. Andern- theils dürften adelige Tuarik (eben die Ihogaren) ihr Hlut in Reinheit durch Familien- oder Freundschafts- iieirathen fortgepflanzt und dürften die Imrad, indem sie sich mit Teda oder mit sudanischen Nigritiern ge- kreuzt, eine Mischrasse gebildet haben und in eine abhängige Stellung von den reiner gebliebenen, wohl- habendem Familien gerathen sein. Letztere konnten um so leichter zur Herrschaft gelangen und sich darin behaupten, als sie dem Kriegshandwerk in traditioneller Weise allein oblagen. Die Imrad erkauften sich die Möglichkeit zur Betreibung fi*iedlicher (leschäfte von den Ihogaren dadurch, dass sie die Herrlichkeit der letztern anerkannten und ihr schliesslich bedingungslos zufielen. Da nun die Hiogaren, auf sich angewiesen, nicht immer zahlreich genug waren, die Stammesfehden auszufechten , so warben sie solche Imrad, die Lust und Befähigung zum Kriegführen zeigten, mietheten aber auch wol fahrende Knechte von allerhand Nationa- lität, an denen unter den reise- und abenteuerlustigen Afrikanern selten Mangel ist, endlich richteten sie auch wol passende Sklaven als Fethawie (S. 2G) zum Kriegs- dienst ab. Aus solchen Elementen bildeten sich jene Mittelspersonen hervor, von denen soeben die Kede ge- wesen (S. 28), Leute, welche nicht die dienende Stellung der Imrad , aber auch nicht die gebietende der Ihogaren einhalten können. Es ist übrigens eine bekanntlich nicht nur in Afrika sehr häufige, sondern auch über viele andere Länder verbreitete Erscheinung, dass sich Leute geringer Herkunft, welche in Ruhe ihr Feld be- stellen, das Vieh weiden, Handel treiben, Handwerke ausüben wollten u. s. w., mit einem Wort, dass der Nähr stand sich den bessersituirten, nicht auf Er- werbung des täglichen Brotes angewiesenen, zur Er- greifung des kriegerischen Berufes geeigneten Stammes-
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genossen, dass sie dem Wehrstande ihrer Nation Privi- legien zusprachen. Letztere wurden dann von den krie- gerischen Trivilegirten später gewöhnlich mit Zähigkeit behauptet. Nun aber tritt in Afrika, wie auch anderswo, häufig der Fall ein, dass ein Stamm den andern unter- wirft und dass das Siegervolk sich als eine den Kriegs- dienst versehende Klasse Bevorzugter, als die herr- schende den zur Ernährungsarbeit degradirten Be- siegten gegenüberstellt. Die Bildung gewisser Kasten und gewisser Schutzverhältnisse zwischen Lehnsherren und Vasallen auf Afrikas Boden lässt sich absolut nur aus solchen Vorgängen herleiten. So ist z. B. unter dem Bedjastamme der Beni-Amir der adelige Belaui wahrscheinlich aus einem siegreichen Belautribus her- vorgegangen, der schon eine frühere Zeit hindurch den Nawab oder Beherrschern der abyssinischen Seeküste als Kriegsvolk gedient hatte und dessen ursprüngliches Idiom das sogenannte Aethiopische oder Gees ist. Später hatte er sich des Gebietes der Beni-Amir be- mächtigt und hatte sich diesen friedlichen Beduinen als herrschende Kaste aufgezwungen.
Die Kabylen und Tuarik sprechen berberisch. Er- stere haben freilich in ihre Sprache schon viele ara- bische (und in Algerien selbst französische) Wörter aufgenommen. Sie bedienen sich auch wol einer Ge- heimsprache, deren jede Profession ihre eigene besitzt und welche nur ein verwelschtes Berberisch, Kabylisch oder Takebailit darstellt (Hanoteau und Letourneux). Auch die Ababde in der arabischen Wüste Aegyptens haben sich eine Art Rothwelsch aus verdrehten arabischen und Bedjawörtern zurechtgemacht (S. 15). Neben diesen Berbern, über deren alte Sitze jetzt nie- mand mehr einen Zweifel auszusprechen wagt, sollen nun noch in Tripolitanien, Tunesien, Algerien und in Marokko eine ganze Anzahl echter Araberstämme von reinster Nationalität wohnen. Sie sollen zum Theil «esHhaft, zum Theil Nomaden sein. Ihren besten neuern bildlichen Darsteller fanden gerade diese „Graftes" des
Afrikanische Menschenstämme und deren Wohnsitze. :;i
halbgelehrten Haufens in dem grossen Geschichtsroaler Horace Vernet. Aber sobald dieser ausgezeichnete Künstler uns die Typen jener ,,Ärahcs^^ vorführt, sehen wir grösstentheils Physiognomien, welche, nichts weniger als semitisch, durchaus an die plattesten Nigritier er- innern. Sie gehören jenen Berbern an, deren nahe Verwandtschaft mit den Bewohnern Sudans nicht nur die ganze Bildung des Hirnschiidels, sondern auch die- jenige des vorgebauten und in seinen einzelnen Par- tien wieder abgeflachten Gesichts kennzeichnen. P^ine solche Verwandtschaft wird durch häufige Kreuzungen zwischen mit arabischem Blute vermischten Berbern und Nigritiern hervorgerufen worden sein. Jedenfalls ist auch innerhalb dieser Nomadenstämme von einem reinen Araberthum ebenso wenig die Rede, wie unter den magrebinischen Marabouts überhaupt. Hanoteau und Letourneux wollen den Isser allein einen arabischen Ursprung zuschreiben, in welchem freilich gegenwärtig infolge häufiger Kreuzungen das berberische Element vorherrscht. Diejenigen arabischen Semiten, welche etwa zur Zeit der Verbreitung des Islam sich hier niedergelassen, mögen allerdings die Gliederung der Stämme in die Hand genommen und nach ihren hei- mischen Gebräuchen geregelt haben. Namentlich werden alle die Tribus, denen das Hirtenleben alte Gewohn- heit war, das bei den Beduinen der syrisch-arabischen Wüste herrschende beduinische Gesetz um so eher zu befolgen geneigt gewesen sein, als letzteres dem Indi- viduum die grösstmögliche Freiheit, der Gesammtheit aber dennoch einen grossen Zusammenhalt sicherte. Die unter den arabischen Beduinen übliche Stammes- verfassung repräsentirt ein sehr liberales Gemeinwesen. Jedes Mitglied desselben ist frei und erkennt niemand über sich. Zwar wählt jedes Beduinenlager seinen Schekh oder Emir, jeder Stamm seinen Gross-Schekh (Schekh el-kebir). einen Mann, welcher Ansehen be- sitzt, welcher durch seine persönlichen iMgen&chaften und durch seinen Reichthum grossen Einfluss erreichen
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kann. Der Schekli ist Anführer im Kriege, er leitet die für den Stamm nöthigen Unterliandlungen, er be- stimmt den Lagerplatz, er bewirthet hervorragende Hesncher. Trotzdem ist er nicht eigentlich Fürst, wie- wol seine Würde sich in gerader Linie forterbt. Burck- hardt erwähnt, dass selbst die mächtigsten Anführer der syrischen Aeneze nicht die geringste Strafe über den Aermsten ihres Stammes verhängen dürfen, ohne sich einer tödlichen Rache des betreffenden Indivi- duums und seiner Verwandten auszusetzen. Bei Rechts- liändeln innerhalb eines Stammes rufen die Parteien wol den Ausspruch des Schekh an, oder sie vergleichen sich miteinander, oder sie unterwerfen sich den Sen- tenzen des Kadi el-Arab, dessen Würde ebenfalls erb- lich ist. Selbst eine Art Gottesgericht existirte in der Syrischen Wüste, dessen Verhängung durch den Ober- richter, Mebesschae, erfolgte. Körperliche Strafen gibt es ursprünglich nicht, sondern nur Bussen an Geld und Naturalien. Derartige freie Einrichtungen entsprachen nun dem Sinne aller jener Nomadenvölker verschieden- artiger Nationalität, welche die weiten aussichtsvollen Wüsten und Steppen Ostasiens und Nordafrikas durch- wanderten. Hierzu kam der Islam mit seinen mit der .Anschauungsweise so einfacher Naturmenschen sich sehr wold vertragenden Satzungen. Wenn unter den Bedja- nomaden Nubiens und Sennars heutzutage jene freie, zugleicli mit dem Islam eingeführte Stammesverfassung vielfach verändert wurde, so waren daran die Einflüsse der Könige der Funje und später auch der Türken schuld. Denn diese Mächte verliehen, kraft ihrer über- legenen Waffengewalt, den Bedja-Scliekhs grössere Rechte über ihre Stammesangehörigen, um unter diesen mehr Tribut zusammentreiben lassen zu können. Ihre Abgesandten übernahmen wol öfters persönlich das Amt von iVügelprofosen gegen widerspenstige Steuerpflichtige. Wo im Magreb sich das Türkenthum festgesetzt hat, da ist es mit der Reduinenfreiheit ebenfalls trübe ge- worden, und in Algerien soll es seit der französischen
Afrikanische Monschcnstämmo und di n n WohiisjtZ'
Occupation kaum besser aussehen. Nun muss frcilicli anerkannt werden, dass compactere staatliche Gruppen solche Zügellosigkeit freien Nomadentliunis innt'ilialb ihrer eigenen Grenzen nicht dulden durften, ohne da- mit die Grundfesten ihrer eigenen Macht zu ge- fährden.
AVir können uns demnach wol vorstellen, dass ein- geborene Stämme des nordwestlichen Afrika, die Gesetze tler Araber und deren Sprache annehmend, ihre zunft- artige Abgeschlossenheit in Stämmen und Lagern durch Jahrhunderte hartnäckig weiter behaupteten. Hatten nun wirklich einmal arabische Eindringlinge in diesem oder jenem der angeführten Nomadenstämme nume- risches Gewicht erlangt, so mochte dadurch auch das physische Aussehen der Glieder des betreffenden Tribus beeinflusst werden , sodass sich innerhalb desselben wirklich hervortretendere semitische Körpermerkmale ausbildeten. Aber annehmen zu wollen, dass ganze Tribus von Einwanderern aus dem ohnehin schwach bevölkerten Arabien sich in diesen Ländern des Magreb in völliger typischer Reinheit erhalten haben könnten, das muss an der Hand der Erfahrung durchaus zurückgewiesen werden. Dasselbe gilt von jenen an- geblich reinen Araberstämmen, welche die Sudanstaaten unter den Namen Uled-Soliman, Schua oder Schiwa n. s. w. bewohnen. Dazu gehören ferner auch die an- geblichen Araber von Waday und Darfur, unter denen sich ja so mancher „Onkel oder Neffe des Propheten" herumtreiben soll. Die einfache schlichte Versicherung unserer Reisenden Barth, Nachtigal u. a. , jene Leute seien reine Semiten, genügt der wissenschaftlichen Anforderung keineswegs, hier heisst es vielmehr erst eine gründliche anthropologische Untersuchung führen und nur diese. Eine solche aber würde sehr voraus- sichtlich die über jene centralsudanischen Stämme ver- hängte Semitentheorie ebenso zu Falle bringen, wie es jetzt selbst angesichts der Hagenbeck'schen Nubier vor dem Richterstuhle bewährter Anthropologen mit
HARTMASS. 3
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dem Semitenthume der Bedja geschehen ist. Entweder sind jene obenerwähnten Beduinen Centralafrikas ver- sprengte Bedjastämme, oder sie sind Berbern, hier und da vielleicht mit etwas Araberblut gemischt. Spä- tere, von tüchtigen Untersuchern vorgenommene For- schungen werden ja auch hierüber die letzte Entschei- dung bringen. Dass die arabische Sprache hier nicht in Betracht kommen darf, welche ja als Glaubens-, als Schrift- und Verkehrssprache die einheimischen Idiome theils schon verdrängt hat, theils noch immer verdrängt, ist bereits anderweitig hervorgehoben worden. ^^
Die vielfach mit Pathos angepriesenen Familien- und Stammesregister der Schekhs und Marabouts aber haben als Documente einen ebenso geringen Werth für uns, wie die Adelsdiplome solcher europäischen Familien, welche sogar zu altrömischen Ahnen hinaufreichen sollen, oder wie die gefälschten Zeugnisse der unsere Städte heimsuchenden Hochstapler und Sporting-Gentlemen.
An die Berabra und Bedja in Nordostafrika stosse» geographisch an die Funje, welche ihren Hauptsitz im Süden der vom Blauen und vom Weissen Nil umspülten Halbinsel Seimar oder Senar haben (vom Berberwort Senna oder Sena und Arti [Insel] , Senarti). Zu ihnen gehören zunächst die Berun oder Burun, die Ingassana oder Bewohner des Tabigebirgs und die Hammedj der Länder Roseres und Fasogl. Im weitern Sinne schei- nen aber auch die dunkelhäutigen Bewohner des Abay, die Basena oder Bewohner von Basen (Westabyssinien), sowie die VAlen in dem sonst vom Nobavolke be- wolinten Takla, Tagela oder Tegeli in Südkordufan echte Funje zu sein. Icli zähle die letztern zu jenen (iliedern der Nigritier, welche die Uebergänge zu den Bedja, Berabra und Berbern bilden. Ein anderer Kenner der Funje, Baron Pruyssenaere de la Wostyne, nennt die Hanimedj „schöne Neger" und bemerkt, „sie bil- deten die Uebergangsform zum Neger, wie die Nuba in Kordofan."-o Eine scharfe Abgrenzung der Berber, Berabra und Bedja gegen die Schwarzen existirt nir-
Afrikanische Mcnschenstummo und deren Wohnsitz >
gends, es finden sich zalilreiche Uebergangstjli. .l.r zwisclien allen diesen Typen.
Die Funje erlangten im 16. Jalirlmndert durch ge- waltsame Unterdrückung des Staates Aloa (S. 14) grosse Macht. Sie grüudeten das Relcli Sennar und erlangten die Hegemonie über eine Anzahl auch entfernter woli- nender Stämme von Nubion, Taka und Kordufan. Vom Heidenthume zum Islam bekehrt, geriethen die Funje als Grenznachbarn der Abyssinier mit letztern, bekanntlich schon alten Christen, in häufige Fehden. Xoch im vorigen Jahrhundert fand ein abyssinisches Heer in den Wäldern von Sennar durch die allezeit kriegsbereiten Funje seinen Untergang. Allmählich aber doch an Macht und an Einfluss verlierend, von Innern Zwistigkeiten zerrissen, wurden die Funje im dritten Jahrzehnt unsers Jahrhunderts nacli allerdings sehr tapferer Gegenwehr eine Beute jener desperaten Kriegsvölker, mit deren Hülfe Mohammed-Ali-Pascha von Aegyp- ten seine Herrschaft südlich der nubi- schen Grenze zu bereichern wusste. Die Aegypter entthronten den Funje- Sultan in Sennar, verliehen aber einem '^' ' ^^^^'
Nachkommen der alten Wesirfamilie Adlan noch ein Scheinkönigthum am Guleberge, woselbst dies noch heute unter Oberhoheit des Khediwe fort- vegetirt. Infolge der Berührungen zwischen Funje, Berabra, Bedja, Noba und nigritischen, sowie abyssini- schen Sklaven aus verschiedenen Gegenden Central- afrikas sind in Unter-Sennar, ferner in Kordufan Misch- völker entstanden, welche im allgemeinen von nigri- tischem Habitus, der Hauptsache nach die körperlichen Eigenthümlichkeiten der Berabra darbieten, deren Blut in diesen Mischlingen vorherrscht. Es gibt unter solchen Leuten ganze Familien, die dunkler gefärbt und mit flachem Gesichtszügen versehen sind, als andere, die sich durch hellere Färbung und durch ein schärfer
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gebildetes Profil auszeichnen. Diese Schwankungen sind eine Folge der bald stärkern, bald schwächern Ein- impfung von nigritischem Blut. Die Schwankungen können sich in einer Familie, je nachdem Heirathen mit Vertretern dieser oder jener Nationalität unter- nommen werden, in absteigender Linie wiederholen, auch können Rückschläge bald nach Berabra, bald nach Funje, nach Bedja oder dergleichen hin stattfinden. Daher bildet dieses Mischlingsvolk, dessen geographische Ausdehnung übrigens von Jahr zu Jahr wächst, wegen der Unbeständigkeit seines Nationaltypus ein wahres Kreuz für den Anthropologen. Die an dieser Mischung theilnehmenden Stämme zeigen eine so grosse nationale Verwandtschaft miteinander, dass ihre Mischehen sehr fruchtbar sind. In den Strudel dieser Kreuzung sind nun seit Jahrzehnten, seit das türkisch-ägyptische Säbel- regimeut in gleichmachendem centralisirendem Vorgehen die ehemals vorhanden gewesenen nationalen Schranken zwischen den nubischen Stämmen beseitigt hat, nament- lich die den Bedja angehörenden Dj aalin hinein- gerissen worden. Es war dies ein zahlreiches und tapferes Volk am obern Nillauf, dessen Melik oder Fürst, im vorigen Jahrhundert noch ein Vasall der Funje, dann unabhängig geworden war und zu Schendi residirte. Die Djaalin verbanden von jeher Energie und Schlauheit mit Hochmuth und religiösem Dünkel. Sie waren glaubenseifrig, und in keinem andern Volke Ostsudans haben sich mehr Fukaha oder Schriftgelehrte des Islam entwickelt, aus keinem Stamme dieser Gegen- den sind mehr der niedern Geistlichen, der Frömmler- gemeinden (Fukra) und mehr Missionare des Islam hervorgegangen, als aus der Mitte der Djaalin. Schon mit ihrem Volksnamen (Djaali!) und ihrer Neigung zur islamitischen Schwärmerei verknüpfte sich bei ihnen von jeher der hochmüthige Drang, sich für ein beson- ders gebenedeites Volk und für recht echte arabische Abkömmlinge auszugeben. Ohne Kritik und ohne Selbst- Umschau haben verschiedene Bereiser Südnubiens diese
An iKanischo M«Misch('nst;imino un<l d<T' n Wulmsitze. ij7
Angabe der Djaaliu für baaro Münze genommen und weiter verbreitet.
Im Jahre 1821 gelangte der zur Eroberung von Sennar ausgesandte ägyptisclio Prinz Ismail- Pascha nach seinem Siege über die Schaikie oder Schekie bei Korti nach Schendi, Hier hielt damals Melik El-Nimr, ein stolzer, unabhängig gesinnter Mann, sein schlichtes Iloflager ab. Unfähig, sich dem mit Artillerie ver- sehenen und mit Musketen bewaffneten, durch vorzüg- licho Reiterei verstärkten Aegypterheere in offenem Kampfe zu widersetzen, unterwarf sich El-Nimr zähne- knirschend dem Pascha. Letzterer fügte seinem neuen Vasallen im osmanischen Uebermuth, trunken von Me- risi oder Sudanbier, eine schwere Beleidigung zu. El- Nimr rächte sich dadurch, dass er den Pascha sammt seinem Stabe bei nächtlicher Weile überfiel und inden jenen Türken zum Aufenthalte dienenden Strohhütten verbrannte. Infolge dieses Attentates flüchtete El-Nimr nach May-Gogwa an der abyssinischen Grenze. Seine getreuen Djaalin zogen zu ihm und scharten sich um ihn her. Durch Unzufriedene aus allen Theilen Ost- sudans und durch abenteuernde Abyssinier verstärkt, führten El-Nimr und der Djaalin-Schekh Abu-Roasch einen langjährigen blutigen Guerrillakrieg gegen die Aegypter. Nach des Melik Tode setzte der namentlicii durch König Tedrus, den Helden von !Magdala, auf- gehetzte Sohn Hasan Woad (Wolled) Ninir den Krieg fort. Dieser hat erst vor kurzem auf gütlichem Wege sein Ende erreicht.
Nach dem Verrathe wju öcliendi eröffnete Ismail- Paschas Schwager, der grausame Mohammed Bey-el- Defterdar, einen Rachekrieg gegen die aufsässigen nubi- schen Provinzen, Hess etliche tausend Berabra und andere Eingeborene über die Klinge springen und gab das ganze nubische Nilthal dem Verfall, der Verarmung preis. Die Djaalin haben sich seit jener Zeit in alle Winde verzogen. Sie, welche von unsern Reisenden noch mit aller Zähigkeit für echte Hedjas-Araber er-
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klärt M-erden, zeigen jetzt den nigritischen Habitus in deutlichster Weise. Das den obern Nillauf zwischen Kliartum und Berber, sowie Untersennar bewohnende, ebenfalls sehr nigritisch-gebildete Mischvolk zeigt eine starke nationale Unterlage von Djaalin.^^
Aus dem Vorhergehenden haben wir ersehen, wie die Berbern und die ihnen verwandten Berabra, Aegypter, Abyssinier, Somal, Orma und Bedja den Norden wie den Osten des Continents innehalten. Zu diesen Völ- kerschaften gesellen sich einige in vielfacher Hinsicht noch räthselhafte Stämme, die zwar schon von vielen Reisenden besucht, aber trotzdem von keinem einzigen derselben in befriedigender Weise beschrieben worden sind. Ich meine hiermit die Tibu oder Teda, die Ka- nori oder Kanuri und die Fulan oder Felata. Erstere hausen in der östlichen Sahara, in Tibesti, Wadjanga, Borgu, in welchen Gebieten sie frei sind, ferner in Kauar, wo sie von den Kellui (Tuarik), in Fesan, wo sie von den Türken tyrannisirt werden, endlich leben sie zerstreut durch viele Gebiete Centralsudans. So weit die vorhandenen Beschreibungen und figürlichen Abbildungen uns zu selbst nur vorläufigen Schluss- folgerungen berechtigen, dürften sich diese meist schlank und edel gebildeten Leute den Berbern und den Bedja eher anreihen lassen als den Negern. Die Teda bilden einen Theil der Troglodyten und Garamanten der Alten, zu denen übrigens auch noch die südlich von Algerien wohnenden Mischlinge zwischen „Kabylen" und Nigri- tiern gereclmet werden müssen, jene Oasenbewohner, welche ein so reichliches Contingent zu den Tirailleurs indigenes oder Turcos der französischen Heere geliefert haben. Auch sollen die Blemmyer, deren Angriffe auf die Nilbewohner und deren Besiegung durch den christ- liclien Nubicrkönig Silco eine Inschrift im Tempel zu Talmis oder Kalabsche besingt, theils den Teda, tlieils den Bedja angehört haben.
Die Fulan oder Fulbe, Einheit Pullo, die Felata, der OstsudaiRson. die Poulils oder Pouls im Gumbo-
Afrikanische Mcnschenstämmc und deren Wohnsitze. 30
Französisch der Senegalcolonie, scheinen aus Futatoro im westlichen Afrika zu stammen. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts eroberten sie das den Mandinka gehörende Futadjalon, gründeten 1802 unter ihrem islamitisch be- geisterten Füi*sten Danfodio das Reich Sokoto und dehnten sich von da ab weiter, immer weiter nach dem Innern des Festlandes aus. Manche ihrer Gemeinden haben sich bis in die Hausaländer und nach Bornu eingeschmuggelt. Ilagere Leute von schlankem Glieder- bau, von wenig krausem Haar, etwas Bartwuchs und von röthlich-brauner, öfters aber auch noch dunklerer Färbung, eine Sprache redend, welche nicht geringe Anklänge an die berberinische (S. 7) hat, scheinen die Fulan mit den Berabra, den Bedja, vielleicht auch mit den Munbuttu zu einer grossem Familie , einer nubisch-berberischen, zu gehören.
Die Kanori in Bornu endlich sind Nigritier, zu denen auch die Bewohner von Bagirmi, W'aday, sowie die zahlreichen theils in den letztern Sudan-Staaten, theils in deren Süden wohnenden Bidduma, Bulala, Musgu und noch andere, von unsern bisherigen Reisenden leider nur sehr mangelhaft charakterisirte , dunkelhäutige Stämme gerechnet werden müssen.
Die Nigritier (S. 3) zerfallen in zahlreiche Völker- gruppen. Von letztern sind freilich bisjetzt erst sehr wenige nach wissenschaftlich-anthropologischer Methode untersucht worden. Van der Hoeven, Fritsch, Bilharz, Falkenstein, Köhler und der Verfasser dieses Büchleins sind fast die einzigen, welche dem Nigritier in seinen Heimatländern buchstäblich auf den Zahn ge- fühlt, ihn als ganzen Menschen, als ein Ob- ject der Naturbeschreibung, ins Auge gefasst haben. In vergleichend ethnographischer Darstellung hat Schweinfurth die Nigritier meisterlich beleuchtet. Bastian, Güssfeldt und Pechuel-Lösche erwiesen sich als vortreff- liche Erforscher der nigritischen Sitten und Gebräuche- In ähnlicher Weise haben Burckhardt, Rueppell, Russ. egger , Klunzinger , Pallme , Brehm , Pruyssenaere,
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Heuglin, Kaufmann, Krapf, New, Guilain, Hildebrandt^ Speke, Stanley, Caraeron, Livingstone, Baines, Alberti, Andersson, Thomas, Bowditch, Lenz, Fleuriot de Langle, Barth, Vogel, Nachtigal, Denham und Clapperton, Park, Lander und Beurmann gewirkt. Freilich müssen wir lebhaft bedauern, dass es den ebengenannten hervor- ragenden Reisenden nicht vergönnt gewesen war, das Küstzeug des durchgebildeten Anthropologen, der zugleich Arzt, am besten Anatom sein muss, in An- wendung bringen zu können.
Uebrigens wollen wir nicht verfehlen, auch auf etliche in Europa mit Fleiss und Geschick vorgenommene Unter- suchungen an von Nigritiern herstammendem anthro- pologischem Material aufmerksam zu machen und hier- bei Männer wie Owen, Ecker, Zuckerkandl, Weissbach, Aeby, Davis, ferner den Verfassern der „Crania ethnica" ^^ unsere gebührende Anerkennung zu zollen.
Angesichts der angedeuteten Verhältnisse fällt es uns sehr schwer, aus der Unmasse von ethnologischen An- gaben, welche uns von verschiedener Seite über die Nigritier vorliegen, ein einigermaassen genügendes Bild hinsichtlich der Abstammung und Vertheilung der scliwarxen Völker Inner- und Westafrikas zusammen zu construiren. Nachfolgendes darf daher nur als ein vorläufiger schwacher Versuch dazu aufgefasst werden.
Ich habe oben bereits mehrfach angedeutet, dass die bislier abgehandelten Stämme der Berbern u. s. w. den eigentlichen Nigritiern keineswegs schroff gegenüber- stehen, und sehe mich genöthigt, den manchem Anthropologen neuerdings wieder vorschwe- benden „typischen blau-schwarzen Neger" für ein Fabelwesen zu erklären.
Zu den Nigritiern reichen von Norden und Osten her die Funje, die Teda, Orma, die Mandinka oder Mandingo, die Wolof als verbindende Glieder herüber. Diu Nigritier aber bieten unter sich so zahlreich© Stammesabweichungen dar, dass wir von der uns ge- läufiircn Vorstellung des Nigger mit Wollhaar, stumpfer
Afrikanische M» ii^di. ii>tiimme uiul iloren Wolui if/e. 41
Nase, wuUtiL,-.. L-i (v.. und pechrabcnsch,,».,.^. ii«v.i durchaus absehen müssen. Dergleichen Gebilde ge- hören als Si ' iHMi in die Tabacksläden und nicht in die „Wi> vom Menschen"!
An die luiije schliessen sich die den Süden der Halbinsel Sennar bewolinenden Stämme und dlo Völker
Niam-Niam.
des Weissen Xil. Unter letztern behaupten die Schilluk die nächsten Verwandten der Funje zu sein. Geschiclit- lich ist nun wenigstens erwiesen, dass die heidnischen Zerstörer des Aloa-Reichs (S. 35) eine nicht unbeträcht- liche Anzahl von Schilluk als Hülfstruppen benutzt haben. Alle Stämme des Weissen Nil gehören bis auf die Bari einem völlig gemeinsamen physischen und Sprachstamme an und wenn wir die grosse Gruppe der
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Erstes Bucli.
l>jengu oder J)enka, Dinka, von den Gruppen der Schir, Nuer und Bari zu trennen pflegen, so dürfen wir docli hierüber des sie verbindenden aligemeinen Bandes nicht vergessen. Auch die im Süden Bornu's hausen- den Musgu (S. 39), ferner die Djur, Bongo, Mittu, Golo
«nd Momwu gehören ebenfalls diesem liaupttypus an. Um die grossen Seen Ukerua Nyanza und Mwutan her «cheinen Ormavölkör das herrschende Bevölkerungs- olemont inmitten ureingesessener nigritischer Völker- «tiimmo zu sein. Mit den Sande oder Niam-Niam im Centi-um beginnt eine sehr ausgedehnte Yölkergruppe,
Fiy. 11. Der Monbuttu-Könie
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welche sich bis zu den gegen die Gabonterritorien sich vorwälzenden Fan oder Faon erstreckt, die letztern allem Anschein nach in sich begreifend. Auch die von Livingstone, Cameron und von Stanley beschriebenen Wanyema, Waguha, Warua, sogar die Wanyamesi im Osten und im südlichen Innern, die Balonda und Ban- dombe scheinen sich jener Gruppe anzuschliessen.
Wie eine isolirte Völkeroase nehmen sich aber nach den bisherigen durch Schweinfurth gewonnenen Er- fahrungen die kannibalischen, im Bereiche des Uelle- flusses wohnenden Monbuttu aus. Unser Reisender be- merkt, dass mindestens 5 Procent dieser einen nicht unbedeutenden Grad von Civilisation darbietenden Na- tion grau-blondhaarig seien, dass alle eine hellere Haut- farbe und stärkern Bart wie die Niam-Niam hätten, sowie dass sie vielfach eine krankhafte Unruhe in den Augen wahrnehmen Hessen. Die Nase der Monbuttu soll häufig durch ihre grössere Länge und Krümmung auffallend von der gewöhnlichen Form der Negerrassen abweichen und an semitische Profile erinnern. Ver- fasser dieses Werks kann nun versichern, dass die von Schweinfurth präparirten und in natura vorliegen- den Monbuttuschädel einen durchaus dolichocephal- nigritischen Charakter an sich tragen. Halten wir uns aber für jetzt an Schweinfurth's Darstellung, so finden wir diesen Forscher geneigt, die Monbuttu mit den Fulbe in verwandtschaftliche Beziehung zu setzen. Die falbe Haarfarbe würde uns bei Afrikanern nicht allzu absonderlich erscheinen, zumal sie doch allem Vermuthen nach nur einem gewissen Procentsatze jener Kannibalen- bevölkerung eigenthümlich ist. Gebogene Nasen zeigen sich hier und da selbst bei ausgesprochenen Nigritier- >stämmen. Auch steht entwickelterer Bartwuchs keines- wegs ohne Beispiel in der Negerbevölkerung da, wie dies unter vielen andern durch die beigegebene, sehr charakteristische Abbildung Stanley's, der bekanntlich mit dem photographischen Apparat arbeitete, bezeugt wird. Dio Manyema sollen sehr haarreich sein und
Afrikaiiisclic Monsclienstämme und tloi< n Wolmsit,
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dürtUi. v»..^ihauj)t den Monbuttu thii.-.. ,. ci..^ fern stehen^ wie die bereits erwähnten ^Vaguha, deren viel- artig toupirte Haartracht, gebogene Nasen und ge- Hochtene Kinnbürte Livingstone in so charakteristischer Weise abbildet.
Diese genannten, im Osten des Tanganika- Sees wohn- haften Stämme bilden den Uebergang zu den Balonda und theils durch diese, theils direct zu den A-Bantu. Aber auch die Bedjastämme müs- sen in Vergleich mit den Mon- buttu gezogen werden. Wir dünken uns nämlich ebenso iXiit im Recht, diese Leute den Beduinen von Kordufan, Sennar und Taka beizuge- sellen, wie andere sich im üecht glauben, letztere als Abkömmlinge der Araber verzeichnen zu dürfen. Wenn man nun mir gegenüber bei dieser Gelegenheit behaupten will, dass unter den Bedja sich auch an die arabisch- jüdischen (syro- arabischen) erinnernde Physiognomien vorfänden, so antworte ich darauf zweierlei: entweder ist das ein sich überall wie- derholender Zufall oder, es können die dem afrikanischen Völkercomplex angehören- den Bedja durch Heirathen mit syrisch-arabischen Ein- wanderern Nachkommen hervorgebracht haben , bei denen gelegentlich der letztere Typus in atavistischer Weise wieder zum Durchschlag gelangt.
Zu den Nigritiern des afrikanischen Nordostens ge-
Fiff. 12.
Kitete. der Häuptling vou
Mpungu in Manyema.
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hören aber ausser der grossen auch die Kunama oder Basena (Bewohner von Basen im Westen der abyssi- nischen Provinzen Hamasen und Sarae), die Hammedj und Berun in Sennar umfassenden Familie der Funje auch die Stämme des Weissen Nil. Unter diesen lassen sich zwischen dem 12 und 2° nördl. Br. folgende (zum Theil schon erwähnte) Hauptfamilien unterscheiden: die Schilluk, die Denka oder Dinka und die Bari.
Alle dieser Familie angehörenden Tribus zeigen unter- einander eine gewisse Aehnlichkeit in ihrem physischen Habitus. Es sind hochgestaltete, dunkelgefärbte Leute mit wollig-gekräuseltem Haar und einer meist ent- wickelten Nasenbildung. Die Nase tritt bei ihnen noch aus dem Antlitz heraus, und zwar theils gerade, theils gebogen. Sie zeigt seltener die starke Einsattelung und Plattheit wie bei den Niam-Niam und bei vielen west- lichen Stämmen. Am Schädel der Schilluk wird z. B. noch eine kräftige Entwickelung der firstenartig vor- springenden Nasenbeinchen beobachtet, wogegen diese knöchernen Theile bei den Monbuttu auffallend un- bedeutend erscheinen. Die Sprachen der Schilluk, Denka und Bari haben viel Aehnlichkeit miteinander.
In den südlichen Bergdistricten von Kordufan leben die Nobastämme, Nigritier mit häufig ebenfalls ent- wickelter Nase und mit nicht selten üppigerm Haar- wuchs. Unter ihnen haben sich, namentlich in dem Ge- birgslande Takla oder Tekele, Funje (Schilluk) nieder- gelassen, welchen letztern die edelsten Familien des Landes angehören sollen. Die Noba reden eine den berberinischen Dialekten ähnliche Sprache und es ist nicht unwahrscheinlich, dass in ihnen die eigentlichen Stammväter der Berabra zu suchen sind, welche viel- leicht vor alten Zeiten von Kordufan aus ihre erobernden Unternehmungen gegen das nubische Nilthal und gegen Sennar ausgeführt haben.
Den Schilluk verwandt sind die Luoli oder Djur im (Jebirge des untern Laufes der Flüsse Wau und Djur, wogDgen die ]h»ng<) oder Dor zwischen 8 — 6° nördl. Br.
Afrikanische Monschenstämmc und deren Wohnsitze. 47
ebenfalls im Gebiete des Gazellenflusses wohnen. Die Mittuvölker, welche nach Schweinfurth eine Gruppe t iMen, nähern sich den Schilderungen dieses Reisenden . 'lue den l5ongi> und bilden „vielleicht einen in der <.^ ' 'ite ihrer Entwickelung begründeten Uebergang v.'ii ii.' -tn zu den Niam-Niam". Den üongo und Ver- wandten scheinen sich ausser den ^lusgu oder Musgo auch noch andere nigritische Völker im Süden von Waday, Uau'hirmi und Bornu anzureihen. Den Kern der Furer Inlden ebenfalls mit entwickelter Nase ausgestattete Ni- irritier, unter denen gewisse Stämme, wie die Gondjara, «inen hervorragenden Einfluss, namentlich durch ihre Militärdienste, gewonnen haben, ähnlich den Angehörigen der ägyptischen Kriegerkaste und den Berunkriegern der senuarischen Funje- Sultane. In Für sehen wir neben mancherlei Solengo oder Solendj, d. h. eingewan- derten nomadisirenden Bedja, die Tunjur oder Tündjur, welche von oberflächlichen Darstellern wieder einmal für „eingewanderte Araber" erklärt, entweder Ver- wandte der Fulan oder Bedja sein müssen.
In West Sudan nehmen eine bedeutendere Länder- strecke die Hausastämme ein, Nigritier mit weniger ent- wickelter, in ihrem Rücken eingesenkter, breitgetlügelter Nase und mit wulstigen Lippen, eine gut veranlagte, lebhafte und empfängliche Nation, welche den Einfluss ihres zwar auf dürftiger Stufe verbliebenen, aber doch in gewisser Eigenart entwickelten Culturlebens selbst bis nach Aschanti und in die am Golf von Benin ge- legenen nigritischen Staaten hineinzutragen verstanden. Ausser den Hausa haben die nigritischen Sonray im Nigergebiet eine geschichtliche Entwickelung auf- zuweisen. Schon im ersten Jahrtausend unserer Zeit- rechnung tauchen Hauptstädte der Sonray zu Kukia und Gerho aus dem Nebel der sudanesischen Staaten- geschichte empor. Aegyptische Missionare scheinen den Islam zu den Sonray getragen zu haben, wenigstens deu- ten gewisse Ueberlieferungen auf einen solchen Vorgang hin. Sonray wurde später durch die (meist berberischen)
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Erstes Buch.
Marokkaner zerstört, welche sich in den eroberten Ländereien ansiedelten und hier Anlass zur Bildung Ton Mischlingen, den Arama oder El-Ruma, gaben, die noch jetzt mitten unter den (physisch wohlgebildeten) Sonray erkennbar sein sollen.
Wieder ein anderes grosses Reich in Westsudan, näm- lich Melle oder Melli, wurde von den Mellinke oder
Fig, 13. Mandinka.
Mandenke, Mandinka, Mandingo gegründet. Auch diese sind echte Xigritier mit zum Theil geraden, zum Theil (namentlich beim niedern Volk) eingedrückten Käsen mit breiten Flügeln und von hoher, schlanker Gestalt. Melli ist längst zerfallen, allein die Mellinke (oder Leute von Melli) sind heute noch ein zahlreiches, in Westafrika weitverbreitetes Volk. Ihm gehören auch die Hambara an, ein selbst in unsern Tagen vielgenannter, erobernder Nigri tierstamm, innerhalb dessen die Edeln
Afrikanisch" \f..T,.,.i,. t,c. i ,
xlrr Kurbary gross«' tiercciitsiiim* gt'iiu'sxMi. Ans der './.tern Mitte gehen die Edelsten oder Massassi her- vor, denen der crhliclie König zu entstammen pflegt. Aus Gefangenen wird die desperate, stets zum Losgehen bereite Leibgarde der Sofa gebildet.
In den Landschaften, welche gegenwärtig als Trüm- mer der ehemaligen Reiche Sonray und Melli angesehen werden, herrschen wunderliche, zum Theil sehr ver- wickelte politisch-ethnische Verhältnisse. Bambara und deren Gefangene, Fulan, Ilausaleute, Sonray und Ber- l)ern streiten sich hier in aufreibenden Fehden um die Obrcacht. Die grosse Handelsstadt Timbuktu ist schon seit lange Sitz der raffinirtesten politischen Intriguen sowie ein vielfach umstrittener Besitz gewesen. Ueberall in diesen Ländern haben sich Schwärme von Berbern aniresiedelt, unter denen sich gelehrte ^larabouts be- fielen, welche durch ihre Lehren zahlreiche ergebene Tlialibs oder Schüler unter allen möglichen Bevölke- rungselementen gewinnen und durch diese mit der fast allen mohammedanischen Missionaren eigenen Schlau- heit und Energie grossen politischen Einfluss erwerben k(»nnen. Zu solchen ^Lirabouts ^eliörte der viel- genannte Kunta-Schekh Achmed-el-Bekay , IL Barth's edler Beschützer, lange Zeit hindurch das geistliche und politische Oberhaupt in Timbuktu. Es wieder- holen sich hier heutzutage Vorgänge, wie sie bereits vor Jahrhunderten in Afrika unter dem Einflüsse der islamitischen Sendboten sich einleiteten und wie sie jahrhunderte- lang fortdauerten. p]s sei dies eine dringende Mahnung für alle diejenigen, welche alten Vor- urtheilen und gefälschten Ueberlieferungen getreu, den grössten Theil der im islami- tischen Afrika stattgehabten religiösen Be- wegungen und politischen Bildungen allein den Wirkungen einer arabischen Einwande- rung und der ethnischen Conservirung arabi- scher Einwandererstämme zuschreiben wollten.
Haktmax!?. J.
50 Erstes Buch.
Und wie zum Hohne sind es seit Generationen auch viele schwarze unverkennbar nigritische Mekka- pilger, die Tekarine, Einheit Tekruri, welche Afrika in der Richtung von Westen nach Osten und umgekehrt durchstreifen, die den Islam unter ihren heidnischen und halbheidnischen Rassenangehörigen nicht nur mit Feuereifer predigen, sondern sogar mit Feuer und Schwert zu verbreiten suchen.
Unter diesen schwarzen ascetischen Männern fanden sich einige hervorragende, furibunde Geister, welche grossen politischen und religiösen Einfluss über mäch- tige Länderstrecken ausgeübt und ihren Namen in die Gedenktafeln der Geschichte Afrikas mit flammenden Zügen eingegraben. Dazu gehören u. a. Hadj Omar, der ja mit den Franzosen am Senegal einen erbitter- ten Krieg geführt hatte, dann von General Faidherbe besiegt, sich nach dem Innern wandte und hier in heissen Kämpfen der verlotterten PuUoherrschaft zu Hamdallahi am Niger ein Ende machte, ferner Dan- fodio, jener (S. 39) erwähnte Neubegründer der poli- tischen Macht der Fulaii, dann Hadj Mohammed-el- Amin, Neubegründer von Bagirmi und noch mehrere. Was war denn seltst Schekh Mohammed-el-Amin anders denn ein ehemaliger Anführer von Kanembulanzen- trägem, was war er anders als zugleich ein energischer Fakih (S. 36), welcher die Herrschaft des morsch gewor- denen Rornureichs an sich riss und schliesslich die neue heutige Hauptstadt Kuka erbaute. Er war von gemischt- nigritischer Abkunft, aus Fesan gebürtig und gab einem neuen Staatssystem, einer neuen Dynastie das Leben. Diese im grossen sich vollziehenden Vor- gänge finden aber ihre Nachahmung in Tausenden von geringern Ereignissen. Ueberall spielen schwarze Te- karine die Holle von Marabouts, wie man dergleichen von anderer Seite aus hauptsächlich nur den Arabern zuschreiben möchte. Der Islam treibt seine üppig wuchernden Wurzeln jetzt immer tiefer nach Westafrika )""''M. Sogenannte maurische, d. h. mit nigritischem
Af..;L. ,,.,., i ,. \' ....u ;., , Wohnsitze. 51
iiiui gtiuisiiitr ocuT ganz, iiigritisclu- .'ii>sn»iiare des Islam drückten sich schon seit 181') und vielleiclit schon seit noch hingerer Zeit unter dem Mantel simpler Handelsmänner an den Höfen zu Kumassi und Agbome herum, hier oder da die Samen ihrer Lehre unter Cabocirs (Häuptlinge) sowol wie unter die Infima mul- titudo ausstreuend. Bekanntlich gestattet der Koran den Gläubigen selbst auf heiligen Fahrten gelegentlich kleine Geschäft eben zu machen, warum sollte denn nicht auch der maurische Gläubige in den Ländern des schwarzen Magreb, im Sudan, das Angenehme mit dem Göttlichen verbinden können, hier oder dort Tücher und Glaskorallen ausschachern und mitunter dabei zu- gleich den Houris im Paradiese Lieblinge gewinnen? Gewöhnlich dünkt man sich bei uns vom hohen Throne der modernen Cultur herab das Leben der faulen Nigger in öder einförmiger Unfruchtbarkeit des Daseins einherschleichend , etwa wie ein modriges Torfrinnsal. Dabei macht man sich aber eben bei uns, wo neben tiefster Bildung doch auch ein guter Theil von Halb- wisserei und von gänzlicher Unwissenheit ihre Plätze behaupten, selten einen auch nur entfernten Begriff von dem zwar eigenartigen und in seiner Qualität be- schränkten, trotzdem jedoch ungemein regen politischen, religiösen und socialen Treiben in den Sudanländern I Hier sollten erst Völkerpsychologen ihre Studien machen !
Das ganze westliche Afrika, südlich vom Flusse Senegal, wird von Nigritiern bewohnt, welche wie- derum in zahlreiche Stämme zerfallend, immer doch durch ein gemeinsames Band des physischen Habitus, der Sprachen, Sitten u. s. w, zusammengehalten werden. Unter diesen Stämmen findet man den in seiner Ge- stalt häußg sehr wohlgebildeten, in seinem Antlitz den banalen Typus des „wollhäuptigen, plattnasigen und wulstlippigen ^Segers" Tragenden, des „Negers, wie er im Buche steht*'. In diese bis tief nach Benguella hinunterreichenden Stämme haben sich aus dem Innern
4*
52 Erstes Buch.
her einige Keile von Völkern eingezwängt. So z. B. die Fan oder Faon, Fana, am Ogowe , deren nur schwierig, nasal auszusprechender Name an den eben- falls dünn-nasal auszusprechenden der Funje (S. 35) erinnert, ein kräftiges nigritiscbes Volk mit dem ge- flochtenen Haar und Bartwuchs, sowie mit der Phy- siognomie der Niam-Niam, ein Volk, welches zur Zeit immer unwiderstehlicher die echte Heimat des Gorilla zu oecupiren droht. (S. 44.)
Tief im Innern von Afrika, südlich vom Aequator, herrscht in seiner beliebig hier und da aufrichtbaren Mussumba oder Residenz der Muata-Yanvo (Muata-ya- Nvo), von dessen Macht und Reichthum bereits ältere Berichte soviel Frappirendes darzustellen wussten. Unserm Landsmanne Dr. Pogge ist es ja geglückt, diesen grossen Nigritierfürsten in der Mussumba be- grüssen zu können. Sein Volk, die Balonda, scheinen nach dem wenigen Vorliegenden die physiognomischen Eigenthümlichkeiten der Niam-Niam, Fan und Loango- Schwarzen mit denjenigen , der A-Bantu oder Kaffern zu vereinigen. Eine ähnliche ethnologische Stellung nehmen die Guissama oder Quissama in Angola (süd- lich vom Coanza) ein. Unter diesen finden sich zum Theil Leute mit eingedrückten Nasen und flechtbarem Haar, wie die Niam-Niam und die von Livingstone, Cameron und Stanley aufgeschlossenen Völker des Tanganika sowie auch der Ogowegebiete. Ferner finden sich darunter Leute mit der schärf ern Profilirung der Bedja, endlich solche mit den mehr breiten, rohen, bauerischen Gesichtern der Zulu und der Xosa. Ich will keineswegs behaupten, dass die Quissama alleinige oder selbst nur vorzügliche Träger solcher variirender physiognomischer Verhältnisse seien, ich nehme sie be- sonders deshalb ins Augenmerk, weil sie durch den Photographen Joaque einen ganz vortrefflichen Dar- steller fanden. (Siehe Fig. 14.)
Die Loango- und Congobewohner, die Schwar- zen ui Anarola und in Henguella im allgemeinen
Afrikanische Miii^i'1u>n>läniin' und dcrci» Wohnsitze. 53
liabeu flache». #.i.j^. , ...v ..i c.igedrückte, denen der Sande oder Niam-Niam, der Camerun- und Gabon- Nigritier älinliche Nasen, sowie dickere Lippen bei kleinerer zurückweichender Kinnbildung. Dagegen zeigen wieder die Ga, die Aschanti und Fanti der Goldküste
Fig. 14. (juissania.
häufiger zwar meist niedrige, dabei aber nach aussen hervorragende, nicht selten sogar gebogene Nasen mit massiger Entwjckelung der Flügel; ferner besitzen diese Stämme eine stark prognatlie Mundbildung mit nicht «ehr ^icker Lippenwulstung.
Südlich vom Tanganikasee erstrecken sich bis gegen den mittlem Lauf des Zambezi hin eine Reihe von
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Erstes Buch.
Völkerstäramen, welche, soweit die geringen bisher über sie verbreiteten Nachrichten uns zu Schlüssen be- rechtigen, ebenfalls eine zwischen den centralafrika- nischen Nigritiern und den A-Bantu vermittelnde Stel- lung einnehmen, ähnlich wie die Balonda u. s. w. es thun (S. 52). Gewisse dieser Stämme, wie die Man- ganja im Schiregebiete, sind durch die schrecklich ent- stellende Gewohnheit auffällig, in Lippen- und Ohrzipfel grosse Holzpflöcke zu stecken, eine an die bekannte rohe Schmückungsmethode der brasilianischen Botocudos oder Engräckmung erinnernde Verunstaltung. Dieselbe
findet auch bereits bei den nördlicher wohnenden Mittu- Luba und bei andern Mittu statt, sie wird selbst in be- schränkter Weise von den Musgu im Süden vom Logon- gebiete , endlich von den Kadje im Westen des Tsad- sees geübt.
Die A-Bantu oder Kaf- fern nehmen heutzutage die Südseite Afrikas zwischen dem Kunene, der Walfischbai und dem Zambezi bis gegen die Winterberge und den Keiskamraa hin ein. Sie um- fassen die Gruppen der Amaxosa, Amazulu , Betchuana, der Ova-IIerero und Owambo. Während die Amaxosa, „Kaffraria" oder „Kafirland proper" (des englischen Colonialstils) zwischen der Capcolonie und Natal be- wohnen, occupiren die Amazulu, zu denen auch die mächtigen kriegerischen Amatabele gehören , alles zwischen Zambezi und Umzimvubu gelegene Land. Die Betchuana dagegen wohnen zwischen dem Oranje- fiuss und dem Zambezi. Urnen gehören sehr wahr- scheinlich noch melirere an den letztern grossen Strom grenzende Stämme an, wie z. B. Machololo, Maschona, Banyny und Batoka. Verwandt sind ilinen
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Fi»;. 75. Manganjaweib.
\frik:i!ii>-ili.> ATrüscliPiist ■iMinit» und tL rcii Woliiisil/t'.
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Uatonga und die Maseli oder Vaulpenz, wälirend die Vmiswazi, die Mafitte oder Mavitte (ein Zweig der- - ilien sind die Watuta Stanley 's) wieder aus Betchuana ind Zulu, namentlich aber Amatabele, zusammenge-
,'. i'irr.'U «M-srlicIiion.
Lubaweib.
Die Amazulu, ein wilder, energischer Eroberer- stamm, dessen physische Stärke, militärische Dressur lind Fechtweise in gescldossenen Gliedern ihm eine grosse Ueberlegenheit über die schwächern Nachbar- völker verschaft'en musste, hat in Südostafrika beträcht- liche politische Veränderungen zu Wege gebracht. Ganze
)()
Erstes Buch.
Nationen, allerdings auch von A-Bantu selbst und ein Theil der Hottentotten, sind durch jene Eroberer aus- einandergerissen und zerstreut worden. Gewisse Keste derartig zersprengter Kafferstämme haben sich unter das sie kräftig schützende englische Protectorat be- geben. Es sind dies die oftgenannten Amafengu oder die Fingoes, welche jetzt in den lleihen ihrer Beschützer
Ein Mtuta.
gegen rebellische Xosa- und Zulustämme der britischen Colonien kämpften.
Die Ova-Herero pder die Damara der Colonisten des Cap hausen im Norden von „Great Namaqualand" der englischen Kanzleien, zwischen der Kaliharisteppe im Osten und dem Ocean im Westen. Diese Herero- ■t&mme sind neuerdings durch häufige Einfälle der
Afrikr
)<
Nama-liünoiuoiieii zerrissen und gescliwücht worden. Ihnen nahe verwandt sind die bis an den Kunene reichenden Owambo. Als ein gewissermaassen rasseloses
Volk dagegen sind die Bergdamara zu betrachten, die aus vielen heterogenen Elementen bestehend, vor ihren zahlreichen Bedrängern felsige Districte an den Grenzen der Kalihari in Besitz genommen haben.
58 Erstes Buch.
Woher sind alle die A-Bantu gekommen? Nicht wenige europäische Reisende machen, wiewol nicht mit Recht, auf die der europäischen sich angeblich nä- hernde Körperbildung vieler dieser Stämme aufmerk- sam, sie sprechen sogar von unter jenen vorkommenden semitischen Physiognomien und Sprachlauten. Die Bantuvölker üben die Beschneidung aus und er- innert bei ihnen manches an die Sitten der Stämme Nordostafrikas. Ihre eigene, allerdings nur dunkele Tradition weist auf einen nördlichen Ursprung hin. G. Fritsch bemerkt, dass nach den Erkundigungen eines sehr zuverlässigen englischen Colonialbeamten selbst unter Fingoes die Erinnerung an gewisse schriftliche Aufzeichnungen, die in den ewigen Kriegen zerstört worden wären, noch bis heute nicht verloren gegangen sei.-^ Freilich müsste man annehmen, die A-Bantu hätten nach dem Verluste der Schrift, nach der Zer- störung ihrer Documente jahrhundertelang ohne letz- tere in völliger geistiger Verdummung gelebt. In der That mahnt das ganze Sein der heutigen Kaffern an einen intellectuellen Rückgang derselben. Indessen er- innern hier im Süden Afrikas vorkommende Trümmer ehemaliger Staaten und die Reste mächtiger Bauwerke daran , dass selbst die jetzt so versimpelten Kaffern einmal im Stande gewesen sein könnten, bedeutendere Schöpfungen auf politischem und materiellem Gebiete auszuführen. So z. B. das weite Reich Monomo- tapa, welches um die Zeit der portugiesischen Ent- deckungen am Liambay und südlich davon in hohem Ansehen stand. Ihm waren die Goldwäschereien unter- thnn, deren einer Theil noch jetzt mit so grossem Krfolge von neuem bearbeitet wird. Stanley bemerkt, dass Monomotapa ehemals jenen Theil des südöstlichen Afrika eingenommen habe, den jetzt die Amatabele (S. 54) innehätten und dass jenes Reich alle, die verschiede- nen Stämme und Clans umfasst habe, welche gegen- wärtig als unanfechtbare Zulu bekannt seien. Der König von Monomotapa hiess Benomotapa oder Kitewe.
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Eine zu seinem Ueiclic gehüninu- litMULn/. iiatte den hier für Fürstensitze gebräuchlichen Namen Zimbaoe (Zimba-oa) oder Zimbabye. Sie lag unter 20° 14' südl. lir. und 31° 4S' östl. L. inmitten von Goldfeldern. Schon ältere portugiesische Schriftsteller, wie De Barros, be- richten davon wie von einem Wunderwerk. Sie soll hohe Steinbauten gebildet und Inschriften enthalten haben, welche letztere weder Portugiesen noch Araber zu entziffern verstanden. Neu entdeckt wurden die Ruinen der Zimbaoe 1871 durch K. IMauch. Sie scheinen in den letzten Zeiten durch Schwarze, wol Makoapa, welche hier Zuflucht gesucht, vielfach be- schädigt, selbst eingerissen worden zu sein, wahrschein- lich um die vorhandenen Bausteine zu benutzen. Mauch fand keine Inschrift mehr vor, wohl aber rohe Orna- mente in Form von Zickzacklinien und ineinanderge- schobeneu Vierecken.'-'^ In altern Perioden war die Zim- baoe ein Sitz fürstlicher Personen, vielleicht des Furo oder Häuptlings gewesen, welcher die Goldfelder zu beaufsichtigen hatte. Ich habe die von Mauch ge- gebene Abbildung der Zimbaoe mit bildlichen Dar- stellungen verglichen, welche A. Hübner von alten Be- festigungen im Amatabelelande, Werken der Maschona, gibt. Ich halte nun die Bauart der Zimbaoe für die- selbe wie jene der Maschona. Aehnlich urtheilt Fritsch. Baines hörte über andere grosse Baureste 80 engl. Meilen nordnordwestlich von den Tati-Goldfeldern sowie über wieder andere östlich von „Nylstroom" gelegene be- richten. Auch mir sind durch Missionare ähnliche, allein selbstständige Notizen beigebracht worden. Wir haben hier also vielleicht üeberbleibsel ehemaliger Kafternherr- lichkeitvoruns. Weitere Forschungen und Nachgrabungen an derartigen Ruinenstätten werden uns wol dereinst mehr Aufschluss über die Geschichte der Bantuvölker bringen, durch deren bisheriges Dunkel ja leider nur wenig schwache Lichtblitze emporleuchten.
Auffallend ist die physische Aehnlichkeit vieler Bantu, besonders Zulu, Swazi und Suto, mit Bedjah. ^-^ Die
ßO Erstes Buch.
oben erwähnten, den Somal verwandten Masay (S. 22), erinnern durch Bewaffnung und Fechtweise durchaus an Zulu. -^ Letztern, namentlich ihrem Matabele- zweige, müssen, wenn den altern (schon so oft für zu- verlässig befundenen) Berichten der Portugiesen und Engländer nur einigermaassen zu trauen ist, jene schreck- lichen Horden geglichen haben, welche, wahrscheinlich aus dem Lande Kilima hervorgebrochen, im 16.' Jahr- hundert unter dem Namen „Djagga" einen grossen Theil Inner- und Westafrikas in Schrecken gesetzt, ihn mit Strömen Blutes überflutet haben. Zwar könnte man wol die Möglichkeit in Zweifel ziehen, dass ein aus dem fernen Winkel Südostafrikas stammendes Volk, eine nicht allzu bedeutende Zahl streitbarer Männer, einen grossen Theil des afrikanischen Continents zu durchmessen und überall hin den Schrecken seines Namens zu verbreiten im Stande gewesen wäre. Allein unter den wilden, stets zur Gewaltthätigkeit geneigten Nigritiern Innerafrikas haben sich immer Leute gefunden, die einem heranrückenden muthigen Erobererstamme sich anzuschliessen und mit ihm gemeinsame Sache zu machen geneigt waren. So konnte denn auch das ur- ßprünglich an Zahl nicht bedeutende, aber aus despe- raten Kriegsleuten zusammengesetzte Djaggaheer auf seinen Wegen nach dem Innern durch fremden Zuzug lavinenartig anschwellen und dann im Sturm seines Vorwärtsdringens alles sich Entgegenstellende durch Schrecken lähmen und schliesslich im Blut ersticken. Im rastlosen Kriegseifer Landschaft um Landschaft durchziehend, unter den Zwang einer furchtbaren Disci- plin gebracht, voll wilder, unbändiger Energie, konnten die national zwar nicht mehr als Djagga bestehen- den, wol aber von deren Sitte und Gesetz beherrsch- ten, bunt zusammengewürfelten Eroberer nach Ver- lauf von Jahren in Westafrika auftauchen, um endlich, sobald der Gipfelpunkt der Macht überschritten war, in der Masse widerstrebender Nigritierstämme allmäh- lich wieder zu verschwinden. Derartige Beispiele von
raumlich wtii ausi^fuciiiiUn , uic w-i iiaiiiii>5i- ganzer (lebiete von (Truiul aus umwälzenden Kriegszügeu stehen in Afrika durchaus nicht vereinzelt da. Noch in neuerer Zeit haben deren stattgefunden. So der grosse, einer Völkerwanderung ähnelnde Zug der Mantati (Baman- tatisi), eines nördlichen Betchuanastammes, gegen die Capcolonie im Jahre 1823. So die Eroberungszüge der den Djagga von Kilima verwandten Amazulu, welche unter einer ganz ähnlichen Ileeresverfassung wie jene zur Zeit ihrer scheusslichen Tem-Bana-Dumba stehend, von ihren Häuptlingen ütchaka, Udingaan und Urasele- katsi bis zu den Ufern des Limpopo und bis zur Mündung des Tugela ijeführt wurden. Wer Weiteres nber diese merkwürdigen Völker- revolutionen wissen will , möge darüber in meinen „Nigritiern" nachlesen. -^ Es erinnern dieselben an die von Arabern geführten Ber- ber- und Bedjazüge des Mittel- alters. (S. 26.)
Bevor nun der alles vor sich niedertretende Fuss der A-Bantu
die fruchtbaren Ebenen am Oranje- „. „ ^^ , ,,.
, , , , •' Firj. lU. Hottentottm.
Strome durchmaass, wohnten von
diesem aus bis hinab zum Cap der Stürme die Koi- koin oder Hottentotten. Scheinbar gehören diese ledergelb gefärbten, kurz- und kraushaarigen, mit birn- furmig nach unten sich verjüngenden, plattnasigen und dicklippigen Köpfen versehenen Leute unter die übrigen Afrikaner nicht hinein. Indessen glaube ich trotz- dem, dass auch für diese angeblich so abweichenden Ureinwohner Südafrikas der Tag kommen werde, an wel- chem ihre Einreihung unter die übrigen Nigritier durch naturgemässe Anreihung an aufgefundene Uebergangs- stämme ohne Zwang vorgenommen werden könne. -"^
Die Hottentotten, ein in intellectueller Hinsicht nicht unbegabtes Volk, aber von weit geringerer Körper-
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Erstes Buch.
stärke als die A-Bantu, wurden theils von diesen , theils von den ihnen in jeder Hinsicht überlegenen Europäern zurückgedrängt, auseinandergesprengt, ja in ihrem nationalen Zusammenhalt geradezu vernichtet. Ein Schwärm von mit fremdem, hauptsächlich euro- päischem Blute gemischten Bastardhottentotten, die sogenannten Griqua, setzten sich am Oranje- flusse in der Gegend von dessen Vereinigung mit dem Vaal fest und nahmen unter ihrem tapfern Clanshäupt- linge Andries Waterboer bei Lataku an der blutigen Zurückdrängung der S. 61 erwähnten Mantati theil. Ein nomadisirender Hot- tentottenstamm, die Korana (Einheit Kora), hat im Gebiete des Oranje- und des Yaalflusses noch bis heute eine gewisse na- tionale Selbstständigkeit bewahrt. Fritsch unterscheidet in diesem Stamme einen im wesentlichen den Gesichtsschnitt der Hotten- totten verrathenden gross und kräfti«? «bewachsenen, sowie einen andern, verkümmerten, mehr an die Buschmänner erinnernden Ty- pus. Zum letztern scheint der Mann gehört zu haben, welchen wir hier nebenstehend nach einer photographischen Aufnahme Fig. 20 abbilden Hessen.
Endlich leben in Unabhängigkeit die Namaqua- Hottentotten zwischen Oranjefluss und der Damara- grenze, westlich von der Kaliharisteppe. Sie sind zwar vielfach gemischt, zeigen aber doch im ganzen den Hottentottentypus noch wohl ausgeprägt.
Eine höchst eigenthümlicho Stellung unter den Afri- kanern nehmen eine Anzahl zerstreut wohnender Stämme ein, welche sich durch ihre geringe Statur auszeichnen. Es sind dies die Pygmäen oder Zwerge der alt- classischen Periode. Nach mancherlei völlig unsichern
Kora -Hottentott.
Afrikanische Mcnsclienstämme und deren Wohnsitze. (53
und märchenhaft aufgeputzten Mjthen der Homer, Hesiod, Plinius und Aristoteles ist es zunächst der
v^.
Fi ff. 21. Bombi, ein Akka.
geniale, scharfsichtige Herodot gewesen, welcher die Pygmäenfrage in kritischer Weise behandelt und dar-
Ol
Erstes Buch.
gestellt hat, dass schon damals an einem der Ingeir oder Wüstenströme der mittlem Sahara Leute unter Mittelgrösse, vielleicht Teda (?), gelebt hätten. In iinsern Zeiten sind die Doko im Süden von Schoa und Kafa durch Krapf, Harris und auch den Schreiber dieses Werkchens 2^, die Akka oder Tikki-tikki im Uellegebiet sind durch Schvveinfurth, Marno und Chaillie Long-Bey, die Abongo oder Obongo in Westafrika sind
y-Vy. -JJ. .Junger Buschmann.
durch Koelle, Du Chaillu, 0. Lenz und die Mitglieder dor deutschen Loango-Expedition aufgedeckt, und zwar dies als reelle, lebende Repräsentanten jener von den Alten mehr nebelhaft geschilderten Wesen. Alle diese neuern Nachrichten stimmen nun dahin überein, dass die einen verwandten Namen wie Doko, Akka tragen- den Leute, und dass die Abongo kleine, im Durchschnitt 1230 — 1340 Millimeter hohe, Menschen bilden. Kommen unter ihnen grössere Staturen vor, so liegt schon der Verdacht einer Mischung mit nigritischen Nachbarn nahe. Die augenscheinlich gute, wol nach einer Photo-
Afrikanische Menschcnstamme und deren Wohnsit/e. 65
graphie angefertigte Abbildung eines Akkaweibes lieferte Long-Bey. In der Unmöglichkeit, dieselbe hier wieder- geben zu können, lasse ich vorstehend wenigstens die aus freier Hand gezeichnete Darstellung eines Akka nach Schweinfurth abdrucken. !Manio lieferte nur Cari- caturen jener Leute.**-'
Mit diesen genannten Stämmen concurriren die Busch- männer oder San Südafrikas, deren Höhe Fritsch
Buschmännin.
durchschnittlich zu 1440 Millimeter berechnet. Nach Ansicht des letztern Forschers haben jene ehemals ganz Südafrika vom Cap bis hinauf zum Zambezi und wahrscheinlich weit darüber hinaus innegehabt. Häufig wurden dieselben nur für degener irte Hotten- totten angesehen. Obwol sie mit letztern gewisse physische Eigenthümlichkeiten gemein haben, so wird doch die erwähnte Behauptung (sie seien nur entartete Hottentotten) von Fritsch, Th. Hahn u. a. lebhaft be- stritten. Abgesehen nun von manchen physischen Stammesverschiedenheiten, von örtlichen Besonderheiten
Haktjiaxv. ,-:
(5ß Erstes Bucli.
in Sitte und Brauch, haben alle die Doko, Akka, Abongo und San doch eben wieder vieles Ueberein- stimmende miteinander in ihrem Aeussern sowol als auch in ihrer Lebensweise. Sie sind manchen Kennern Afrikas als Reste einer vielleicht uralten, einer urthümlichen Bevölkerung des sonderbarsten aller (Jontinente erschienen, als Stämme, welche durch die Xigritier nach allen Richtungen hin auseinander ge- sprengt worden seien. Indessen lässt sich doch aus vielerlei Vorkommnissen der Schluss ziehen , diese kleinen Leute ständen den eigentlichen Nigritiern nicht so fern, als manche anzunehmen geneigt seien. Ich finde bei ihnen sowie bei den Hottentotten doch sehr vielfach die Eigenthümlichkeiten der sogenannten Neger- rasse vertreten, wenn auch mit mancher speciell natio- nalen Umformung. Lenz spricht in dieser Hinsicht folgende, unserer Beherzigung werthe Ideen aus: „Was nun die Verbreitung der sogenannten Zwergvölker in Afrika betrifft, so scheint es mir sehr wahrscheinlich, dass die Abongo am Ogowe, die Dongo am Settefluss, die Bakke-Bakke an der Loangoküste nur Theile eines ursprünglich grossen Negervolks sind, das sich auch weiter im Innern, nur unter anderm Namen, wieder findet: als Kenkob oder Bettan im Lufumland, als Mala-Gilage im Süden von Bagirmi und noch weiter im Osten als Akka oder als Doko und Berikimo u. s. w., und dass dieses grosse Volk, welches vielleicht die ur- sprünglichsten Bewohner, die wahren Autochthonen des äquatorialen Afrika bildete, von zuwandernden Stäm- men verdrängt und zersprengt worden ist. In ähnlicher Weise verhalten sich die Buschmänner in Südafrika. Das, was mau Zwergvölker nannte, existirt also wirk- lich als eine Reihe zerstreut lebender Negerstämme, die physisch und geistig degenerirt, ein unstetes Leben führen; nur sollte man bei diesen Zigeunern unter den Negern vorsichtiger mit dem Worte Zwerg sein, da sich daran Vorstellungen knüpfen, die den thatsäch- lichen Verhältnissen nicht entsprechen u. s. w. Neben
Afrikanische Menschenstämme und deren Wohnsitze. 07
den Abongo und ihren afrikanischen Verwandten cxi- stiren noch verschiedene Nationen, deren Durchschnitts- grösse sich als ebenso gross, ja noch kleiner heraus- stellt; mit demselben Recht müsste man dann nicht nur die nuschmänner Südafrikas, sondern auch die He- wohner des hohen Nordens, die Lappen und Eskimos, als Zwergvölker bezeiclinen. Auffallend hierbei ist ge- wiss die Thatsache, dass sich diese durch geringere Körpergrösse charakterisirten Völker in Gegenden vor- finden, wo die Temperaturverhältnisse die grössten Ex- treme aufweisen." ^^
Ich möchte nicht jede dieser Aeusserungen des Dr. Lenz unterschreiben, erkenne jedoch gern, dass seine anregende Behandlung eines interessanten, leider noch vielfach dunkeln Gegenstandes die Beachtung solcher Afrikareisender verdient, die dereinst nicht als Dilettanten in der Menschenkunde, sondern als wirkliche anatomisch gebildete Anthropologen ihre Ziele verfolgen werden. Lenz hat jedenfalls hier wie überall sonst in den von ihm bereisten Gegenden Afrikas mit dem Auge eines echt wissenschaftlichen und scharfsinnigen Beobachtern gesehen.
ZWEITES BUCH. Von der körperliclieii Beschaffenheit der Afrikaner.
Als Ausgangsgegenstand unserer Betrachtungen müssen wir auf diesem Gebiete die Retu oder Aegypter, das uns als das älteste bekannt gewordene afrika- nische Volk, in genauere Erwägung ziehen, lieber den physischen Habitus jener unterrichten uns die Denkmäler, die Mumien und die lebendigen Zeu- gen, denen wir noch zur Zeit im Nilthale begegnen. (S. 10.) Die ägyptischen Männer sind im all- gemeinen von gefälliger Körperbildung. Sie haben breite Schultern, jene trapezoidische Form des Brust- kastens, welche wir als das Ilauptattribut eines w^ohl- gewachsenen Männertorso zu betrachten pflegen, gut entwickelte, plastisch hervortretende grosse Brustmus- keln, ein schön gebogenes Rückgrat, eine schlanke Uüftgegend , ziemlich muskulöse Gliedmaassen , feine Knöchel, nicht grosse Hände und Füsse. Die Finger Bind schmal, die Zehen gerade und wohl gesetzt, die Ferse ist nicht dick und nicht vorstehend. Am Ge- sicht ist die Stirn ziemlich hoch und zurückgebaut, nach den Schläfen hin im Querdurchmesser abnehmend. der Scheitel ist abgeflacht, der Hirnschädeltheil des Kopfes langgestreckt, das ganze Haupt dolichocephal oder Iftngköpfig. Die Augen zeigen die bei diesem Volke 80 häufig geschilderte langgeschlitzte, den Con- tourcn einer Mandel ähnliche Form. Sie werden von
Von der körperlichen iJtsciianoiiiKir aer Anikaner. i\\)
zierlich geschwungenen Augenbrauen überwölbt. Die Iris ist dunkelbraun. Die Nase ragt stark hervor, zeigt einen etwas breiten Rücken und ist seltener gerade, häufiger vielmehr leiclit gebogen, biegt an der Spitze ziemlich rechtwinkelig in die öfters nach unten convexe Scheidewand um und besitzt breite Flügel. Der Mund ist nicht gross, die Lippen sind aber fleischii?, manchmal üppig, selbst gewulstet. Die Nasenlippen- linie ist ausgebildet und die Nasenrinne ist breit, tief. Die Wangen sind breit, das längliche Kinn ist klein, zart, zurückgebaut. Die wohlgeformten Ohren sind hoch und stark nach hinten angesetzt, welches Ver- hältniss auf den antiken Bildwerken und Malereien übrigens leider zu übertrieben dargestellt worden ist. Immerhin macht das Aegypterprofil einen charakte- ristischen Eindnik, namentlich mit seiner weiten Er- streckung zwischen Kinn und Ohr. S. Morton hat den Gesichtswinkel im Mittel zu 78 Grad berechnet. Am Knochengerüst dieser Leute ist eine gewisse Zierlich- keit, Schlankheit nicht zu verkennen. Bei den Frauen wiederholen sich die eben beschriebenen typischen Eigenthümlichkeiten in der für das weibliche Geschlecht gemilderten Weise. Die jungen Mädchen sind ungemein gracil. Eine hübsche Darstellung nackter junger Aegyp- terinnen bieten die mit ihrem königlichen Vater ein dem Schach ähnliches Spiel treibenden Töchter Ramses' III. zu Theben. Uebrigens hat der Reisende noch jetzt Gelegenheit, Studien über den Körperbau solcher Wesen zu machen, nicht nur bei Beobachtung der häufigen Badescenen, sondern auch beim Passiren überschwemmter Strecken und seichter Nilanne durch Marktleute u. s. w., bei welchen Gelegenheiten immer ein grösserer Theil des Körpers entblösst wird. Dem Arzte zeigt sich die Aegypterin ohne Prüderie und Ziererei. Sehr schön sind bei diesen Personen die Schultern und zuweilen auch der Oberarm geformt. Der Oberschenkel, Unter- arm und Unterschenkel sind öfters zu mager, obv/ol es in dieser Beziehung auch nicht an rühmlichen
70 Zweites Buch.
Ausnalimeu fehlt. Die Brüste sind in der Jugend oval, prall, werden aber mit zunehmender Körperentwicke- lung und nach wiederholten Geburten welk , sogar hängend.
Die Körperfarbe dieser Leute ist ein bronzeähnliches in Röthlichbraun und in Ledergelb spielendes Braun. In der Thebaide sieht man öfters ein kupferiges Haut- colorit. Dagegen möchte ich die hierbei von manchen Reisenden beliebte Bezeichnung des Milchkaffees {Cafe au lait) verwerfen, nicht blos für Aegypter, sondern für Afrikaner überhaupt, denn die Farbe dieses Auf- gusses erscheint viel zu stumpf. Das Haar ist raben- schwarz und nicht sehr fein. Die Alten schoren das- selbe sehr häufig kurz ab, manchmal aber Hessen sie es auch lang wachsen. Viele Altägypter, auch Männer, benutzten langhaarige Perrüken, und diese bekamen dann jene complicirten und abenteuerlichen Frisuren, welche wir noch jetzt bei den Bedja, Funje, Niam- Kiam u. s. w. beobachten. Die Frauen flochten ehemals (wie noch gegenwärtig) ihr Haar in viele kleine Zöpf- chen, denen reicher Schmuck an Perlen, Edelsteinen, Plättchen von edelm Metall u. s. w, zutheil ward.
So zeigt sich der reinere Retutypus (S. 9). Man muss nun gestehen, dass er zwar ein eigenthümlicher, aber anmuthiger sei. Wer möchte nicht den edeln Kopf Ramses' des Grossen bcM^undern, dessen prächtige Stirn der hohe phantastisch verzierte Kriegshut über- ragt, einen Kopf, welchen man an so vielen Kolossen findet zu Mitrahinna, Theben, Derr und Ipsambul. Dieser Retutypus findet sich in Afrika auch unter Berabra, Bedja und Nigrit iern häufig wieder. Er ist ein in der afrikanischen Menschheit eingewurzelter. Wer die Verschiedenartigkeit desselben vom semitischen ffkennen will, möge nur die Völkertafeln des grossen Rpichstempels zu Karnak betrachten, woselbst der »pitzbärtige, spitz- und krummnasige Syro- Araber mit so unbeschreiblicher Naturwahrheit dargestellt ist, oder ninn wende sich zu den Riesenbildern en relief, welche
,r"i,]i..ii HrsfliMiV.iiliiM il. r AiVikiincr. 71
zur Anschauung bringen.
Nun zeigt übrigens das lieutige Aegy p tervoik seine vielfachen Beimischungen fremden lUutes unter eine reichliche männliche und weil)liche Individuen- zahl, namentlich der Stadtbewohner. Harte, trockene Physiognomien von wahrhaft böotischem Ausdruck, bald mit dicken breiten, bald mit gebogenen jüdischen Nasen, ein breiter, dünnlippiger Mund, knochiger Gliederbau, grobe Hände und grosse ausgetretene Füsse erscheinen neben einem Habitus, dem schon der nigri tische nicht mehr fern steht. Wenn man in Zagazig, Kairo oder Abu-Girgeh die Sinai- Beduinen mit ihren Stein- bocksgehörnen, Gazellenhäuten und Dattelwürsten über die Gassen schlendern sieht, so wird es selbst einem geübten Be- obachter zuweilen schwer, von ihnen, den echten Kindern des peträischen Arabiens, ge- wisse , den gemischten Theil der ägyptischen Bevölkerung angehörende Elemente zu son- ^>.^ .,^ xeuägjpterin.
dem. Dann aber, als ich um
Djidda, Gumfudda und Yambo ausgehobene arabische, nach Kreta bestimmte Rekruten durch Alexandrien ziehen oder den ehrwürdigen syrischen Gross-Schech Mohammed-el-Duchi mit grossem Gefolge in die Musc^ie zu Kairo einreiten sah , welcher Unterschied doch zwischen ihnen und den Fellachin I Uebrigens machen viele Bestandtheile der heutigen ägyptischen Bevölke- rung den Eindruck körperlicher Herabgekommenheit. Schwere Auflagen, Noth und gewisse endemische Krank- heiten, wie Bleichsucht, Blutharn, Syphilis, Fieber u. s. w. graben ihre Spuren in die Nachkommen des Pharaonen- volks ein. Die dickbäuchigen , schlottergliederigen Kinder, welche unsere Touristen an den Tempelpforten
72 Zweites Buch.
von Dendera, Edfu und Luksor anbetteln, erhöhen noch den traurigen Eindruck solchen physischen Ver- falles. Es soll übrigens damit nicht etwa gesagt sein, dass wir die Retu je als volle Ideale von Ebenmaass, Kraft und Gesundheit zu betrachten geneigt wären.
Ueber die Veränderungen, welche das ägyptische Nilland im Laufe der Zeiten erlitten , und über die Gegensätze, welche daselbst zwischen sonst und jetzt obwalten, entlehne ich meinen Tagebüchern folgende Stelle : Höchst belebt muss das Bild gewesen sein, welches Aegypten im Alterthum, etwa unter der Herr- schaft seiner llamessiden, dargeboten. Wer damals sich nilaufwärts begeben, hat die Stromufer in üppigen Saaten prangend erblickt. Selbst zur dürren Zeit, wenn Gott Seb sein Unwesen getrieben, hat die Land- wirthschaft des blühenden Reichs dennoch nicht brach gelegen. Schöpfräder haben in Einschnitten der Ufer- böschungen geknarrt, Schöpfeimer sind an ihren Hebe- balken auf- und niedergegangen, um das Wasser des jetzt niedern Stroms auf die dermalen gänzlich trocken- gelegten Culturfiächen zu leiten. Im dichten Schatten der Sykomoren, im zweifelhaften der Nilakazien, der Stunden weit sich erstreckenden Dattelpalmen, der Bananenpflanzungen erhob sich Dorf an Dorf, die kleinen, pylonartigen, aus Luftziegeln erbauten Häuser mit freund- lichem Anstrich, mit crenelirten Simsen und fenster- reichen, thurmartigen Anbauen geschmückt. Bunte, hieroglyplienähnliche Malereien, oft sehr sinnige Dar- stellungen des i)rofanen Lebens der Inwohner dar- bietend, zuweilen Miniaturinschriften und Sprüche in liieratischer Textart, die sich guirlandenartig um die Thürpfosten hinzogen, erhöhten das Malerische des Eindinicks.
In den Gassen der Ortschaften, an den Uferabhängen, auf den Feldern, in den Pflanzungen erblickte man bräunliche, wohlgestaltete, geschäftige Leute. Hier wurde der Boden mit dem Grabscheit gelockert, dort rvv-l -v (Wo Fnichtbäume verschnitten, hier das Fluss-
Von ilor körperlichen Beschaftonheit der Afrikaner. 73
wasser in grossen Thonkrügen geschöpft, dort das schmucke Vieh über mit Haifagras bestandene Flächen getrieben.
Volkreiche Städte haben damals von Zeit 7a\ Zeit das Auge des Reisenden gefesselt, kenntlich an ihren hohen Mauern mit stattlichen Thoren, an den mächtig emporragenden Pylonen und Säulenreihen stolzer Tem- pel, zu deren Adyten menschliche Kolossalstatuen und lange Alleen ruhender Löwen- oder Widdersphinxe geführt. Dichtes Gewühl in den engen heissen Strassen, lebhaftes Marktgetreibe auf den öffentlichen Plätzen inmitten der Berge von Garten- und Feldfrüchten, der Scharren voll Fleisch, der grossen bestachelten und bepauzerten Fische , der mit Indrustrieerzeugnissen mannichfaltigster Art ausgestatteten Bazare. Aus offenen Hausthüren erschollen der eintönig-wilde Rhythmus der Handpaukenschläge, das disharmonische Knarren der Doppelrohrflöte oder auch das melodischere Saiten- schwirren der Harfen. Gaffer aus allerlei Volk um- lagerten die Psyllen, welche ihre gezähmten Paviane und halbverhungerten, der Giftzähne beraubten Schlan- gen producirten, auch wol einen verstümmelten Skorpion über ihren Arm laufen Hessen. Dann ertönte plötz- lich der schwere, regelmässige Tritt der Kriegsleute durch winkeliger Strassen lange Flucht und hinterher zog, von panzerstrahlenden Garden und von phan- tastisch geputzten Wedelträgern umringt , hoch zu Wagen, in der vollen Glorie seiner Zeit, „Pharao, Sohn der Sonne", meist wahre Majestät in dem milden edelgeschnittenen Antlitz.
Lange Züge kahlgeschorener, mit Pantherfellen be- hangener Bonzen und reichgeschmückter „heiliger W^eiber*' bewegten sich singend, Sistra schwingend und Embleme tragend, um die Tempelhallen her. Nach der falben Wüste zu trieben stämmiger I^astesel schwer- bepackte Scharen.
Zu gewissen Zeiten wimmelte es auf den Spiegel- flächen des Nil von überaus prächtig verzierten Barken,
74 Zweites Buch.
aus denen früh oder spät Spiel, Gesang und Scherz- reden hinüber- und herüberdrangen. Alsdann strömte es zu vielen Tausenden nach den Götterfesten und Messen, auf denen der Eingeborene Tage des Jubels und der Ausgelassenheit zubrachte, wo aber auch Ränke geschmiedet, Geschäfte abgewickelt und Streitigkeiten ausgeglichen wurden.
Noch heute, nach Verlauf so vieler Generationen, bietet das Land im wesentlichen einen nicht sehr ver- schiedwien Anblick vom ehemaligen dar. Freilich ist es nicht mehr so blühend, so volkreich. Druck und Elend haben ihre Spuren eingegraben in die Scholle der Osiris und Isis. Aber trotzdem bleibt Aegypten auch heute noch jenes anmuthige Gebiet am heiligen Strome, nach dessen gebenedeiten Wassern der so häufig wieder lechzt, welcher schon einmal davon ge- trunken.
Auch jetzt knarrt das Schöpfrad , schaukelt der Schöpfeimer am Hebebaume, noch grünt wie ehedem die Saat, spreizt sich das .Haifagras. Sykomoren wer- fen ihren Schatten. Unter den Palmenhainen hackt und bewässert der Insasse den Boden, weidet sein Rind, die monumentale Ziege mit den Schlappohren, schöpft sein Weib Nilgabe mit dem Kruge, wie er schon in den Gräbern im alten Reiche zu Memphis abgebildet worden. Freilich wälzt jetzt auch ein zottiger Büffel fremden Ursprungs seinen Leib im Schlamme und lange Züge von Kamelen bewegen sich nach den gegen das Thalufer gähnenden Schlünden der Wadys. Noch er- scluuit das Auge viele Pylonendörfer mit thurmähnlichen Anbauen, aber Fresken und Hieroglyphen fehlen. Zwar erstreckt jetzt der Cactus von Anahuac seine fleischigen Stachelblätter unter dunkellaubigen Lebachbüumen, zwar glühen jetzt, ebenso fremden Ursprungs, die Poin- seitien- und Poincianenblüten aus den Hecken von Rohr, Parkinsonia und Sesban hervor. Weithin er- filruckon sich nunmehr die Plantagen des australischen Kugeleucalyptus.
die Paläste dtT Ramses und Anienhotcp sind gefallen. Verödete Ruinen der kolossalsten Bauten , dio dn Mensch je erdacht, je erschaften, ragen, ein düsteres Memento geschwundenen (ilanzes, an übersandeten, vom Nilvvasser zerfressenen Stellen des Gestades empor. Zuckerhutförmige Minarets streben jetzt in den stets blauen Aether hinauf: von ihren hochgelegenen Galerien ertönt der feierlich anlieimelnde Gesang der Muezzin herab. Am Fusse des Mokattambergs, da, wo ehedem die Gigantenwerke von Memphis geprahlt, baden zaube- rische Sarazenenschlösser der Kahira, der Ueberwin- denden, ihre Zinnen in Misraims ewiger Götterluft.
Geschwader säbelrasselnder Reiter lärmen heute durch die wie ehemals engen winkeligen Strassen. Statt Pharao's trabt ein modern gekleideter, corpulenter Bey. dessen Züge an die Steppen Turkistans oder an die kaukasischen Berge mahnen, von in asiatischem Luxus prangenden Gefolge umgeben, einher. An Stelle der leichtgebauten Streitwagen knarrt eine plumpräderige Arabie, rast, ein rechter Bote der neuen Aera , das Dampfross über die Schienenstränge in Ackerland und Wüste dahin. Der Schmarotzerweih rastet auf den Telegraphenstangen. Noch dröhnt die Handpauke, nocli die Rohrflöte, der Psylle vollführt wie vor dreitausend Jahren seine Schaustellungen, statt der lanzen- und tartschenbewehrten Reisigen Pharao's lungern habichts- nasige Kinder von Skadar, Maini und Kurdistan an den Ecken — im Scheine der Gaslaternen I Die Flinte an der Schalter, Pistolen und Kindschal im Gurt. NocIi hat das Land seine Messen, seine religiösen Feste. Kaum haben hierbei die Namen gewechselt. Auf dem Nil noch alles voller Barken, statt alter Nomarchen und hoher Priester freilich moderne Masters und Misses, den Operngucker in ihren mit Glacehandschuhen be- kleideten Fingern. Vieles ist also geblieben vom Leben des Alterthums, manches auch hat sich gründlich ge- ändert in den Strömungen der Zeit. Seltsames Gemisch
7Ö • Zweites Buch.
von Resten eines liocliblühenden, urwüchsig-afrikanischen Getriebes, von arabisch - türkischem Wesen und müh- selig aufgepfropften Elementen abendländischer Bil- dung, wie fesselst du doch den Ethnologen. ^-
Die IJerabra Nubiens zeigen sich im Durchschnitt mittelgross. Einzelne erreichen freilich die Höhe von 16gO — 1700 Millimeter. Ihre Gestalt ist durchgängig schlanker als diejenige der Fellachin und eine kräftige Entwickelung des Brustkastens gelangt bei ihnen selte- ner zur Beobachtung als im ägyptischen Nilthale. Lang- köpfig wie die Aegypter, haben die Berabra eine zu- weilen hohe, unten gewölbte, in ihrem obersten Ab- schnitte zurückweichende Stirn, langgeschlitzte Augen mit ein wenig bogenförmig geschweiften Brauen, her- vorragender, bald gerader, bald gebogener Nase -mit stumpfer Spitze und breiten Flügeln , einen massig grossen Mund mit fleischigen, zuweilen aufgeworfenen Lippen. Ihre Nasenlippenlinie ist ausgeprägt. Das Kinn ist nicht gross, zurückweichend, die Backenknochen treten hervor, die Ohren stehen ab und sind wie bei den Aegyptern hoch angesetzt. Ueberhaupt sind Retu- gesichter unter den Berabra häufig. Die Gliedmaassen sind sehr schlank, Hände und Füsse nicht gross, wohl- gebildet. Die ganze Statur macht den Eindruck äusser- ster Magerkeit und Gracilität. Bei Kindern fallen häufig die weit vorgewölbten Stirnen, die vogelartig dünnen Glieder und die dicken Bäuche unangenehm auf. Die Frauen sind ebenfalls schlank und hager. Sie ent- wickeln sich später als die ägyptischen und begegnet man unter ihnen nicht selten noch busenlosen bereits vierzehnjährigen Mädchen. Ihre Blütezeit haben sie etwa zwischen dem 15. bis 19. Jahre. Sie verwelken, wie die meisten Südländerinnen, schon frühzeitig. Alte nubische Frauen sind besonders hässlich. Die Haare d«'r IJerabra sind schwarz, kraus. Ihre Hautfarbe ist bronzebraun in Chocoladenfarben und Zimmtbraun über- gehend, zuweilen dunkel-, entschieden schwarzbraun. Handteller und Fusssohle sind, wie b ei allen dunkel-
\ 11 tler körperlichen Beschaffenheit der Afrikaner. 77
pigmentirten Afrikanern, heller, schmuzi^-Heisch- farben. Die Nägel sind achatfarbig.
Die Herbern des Magreb (S. 27) zeigen in ihrem Aeussern vieles an die Aegypter Erinnernde und Kamses- oder Hatorköpfe sind auch unter ihnen keineswegs selten. Barth erzählte , dass er ägyptische Profile namentlich unter den Tuarik-Tadmekke und -Hekikan beobachtet habe. Mir selbst boten die Magrebin in Aegypten, die Turcos, die Gemälde H. Vernet's und zahlreiche Photographien ausgiebiges Vergleichungs- niaterial dar. Den Retu am nächsten stehen die Be- wohner vieler libyscher Oasen. Diese sind theils Reste uralter Bevölkerungen, alter Libu oder Tamhu (S. 22), theils gelegentlich aus fernem Districten Nord- westafrikas eingewandert. Erstere sind durchschnitt- lich reiner, letztere sind gemischter. Zu den Eindring- lingen gehören die Senusi, Fanatiker des Islam. Auch die Berbern sind durchschnittlich mittelgross. Manche der „Kabylen" des Djurdjura, manche Marokkaner der Provinzen El-Rif und Titwan (Tetuan) sowie viele Tuarik oder Imoschach im engern Sinne (S. 22), er- reichen freilich die Höhe von 1690 bis 1700 Millimetern. Der Bau dieser Leute ist sehr proportionirt. Das langköpfige Haupt hat eine im obern Theile zurück- weichende, im untern Theile vorgewölbte Stirn, eine bald flache, bald tief eingesattelte Nasenwurzel, eine bald gerade, bald gebogene, an der Spitze stumpfe, seltener aufgestülpte Nase mit ziemlich breiten Flügeln, fleischige, zuweilen aufgewulstete Lippen, ein rundliches, zurückweichendes Kinn, wohlgebildete, öfters ziemlich hoch angesetzte Ohren. An den Gliedmaassen ist die Muskulatur meist gut ausgeprägt. Selbst die beim Afrikaner nicht häufig in prangender Fülle auftreten- den Waden werden bei manchen in den gebirgigem Districten wohnenden Kabylen nicht vermisst. Die Hand- und Fussknöchel sind fein, die Finger und Zehen wohlgeformt, nicht selten von grosser Schönheit. Die Weiber, in der Jugend zuweilen von hübscher Ge-
7>^ Zweites Buch.
Sichtsbildung und von anmuthigem Wuchs, altern eben- falls früh, erhalten dann platte Züge und neigen zur Corpulenz. Namentlich sieht man unter den alten Maurinnen viele widrig-fette Weiber.
Die den Süden der Sahara bewohnenden Mischlinge zeigen bereits nigritischen Typus in den flachern, rohem Zügen, eine noch krausere Haarbildung, und verwandelt sich das fahle Lederbraun oder Bronzebraun der Mehr- zahl der Berbern bei ihnen in ein bald gesättigt umber- braunes oder schwarzbraunes, selbst chocoladenes und russiges llautcolorit. Diese Leute zeigen häufig eckige, plumpe Körperformen.
Einen sehr interessanten körperlichen Typus bewähren die Bedja. Auch sie sind im Durchschnitt mittel- gross, obwol es einzelne grosse (1720 — 1740 Millimeter liohe) Leute unter ihnen gibt. Das Haupt ist lang- köpfig, hat eine ziemlich hohe, selten und auch dann meist nur in ihrem untern Abschnitte gewölbte, häufiger gerade oder schräg emporsteigende Stirn, ein ovales Gesicht. Die Augen wechseln in der Grösse. In der Antlitzbildung zeigen sich nun sehr variable Stammes- und individuelle Eigenthümlichkeiten. Während manche «»in niedriges, gedrücktes, rundlicheres Gesicht mit Zügen besitzen, wie wir sie an den puppenkopfartigen mancher Central- und Westsudanesen wahrnehmen, sind die Ge- sichter anderer Bedja länger, ovaler. Die Nasen sind bald gebogen, bald gerade, bald eingedrückt, hier wenig, dort stark hervorragend. Der Mund wechselt sehr in der Breite, seine Lippen sind fleischig (selten dünn) zuweilen aufgeworfen. Die Unterkieferbasis er- streckt sich lang hin, der Unterkieferwinkel wechselt, ist bald stumpfer, bald der Form des rechten sich nähernd. Das Ohr ist nicht hoch angesetzt, im ganzen wohlgebildet, die Nasenlippenlinie ist seltener aus- geprägt. Aegypterköpfe der typischen antiken Form sind häufig unter allen Bedja. Namentlich ist mir das öftere Vorkommen jener eigenthümlichen , aber an- muthigon Nasen- und Li]>penhil(hincf aufgefallen, wie
Von der körperlichen BcschatTenheit der Afrikan
wir sie in Sculpturen und Malereien aus den gi»>s>tn
Kpochen der 18. bis 20. Dynastie wahrnehmen. Trotz
1er variirenden Gesichtsform herrscht unter den Bedja
in nicht zu verkennender gemeinsamer Typus. Dies
uch allen jenen berliner Anthropologen aufgefallen,
o die von C. Hagenbeck im diesjährigen Herbst
ton Bedja näher ins Auge gefasst haben. Im
.._... ...neu ist die Form des Antlitzes dieser Leute
ngenehm, nicht selten ist sie edel, zuweilen selbst nach europäischen Begrifl'en schön. Der Ausdruck des Ge- sichts ist ein intelligenter. Man kann die Leute nach liesem klugen, dabei aber freien, offenen, häufig männ- lich-kühnen Gesichtsausdruck lieb gewinnen.
Der Hals ist bei den Bedja lang und dünn, manch- mal auffallend lang und dünn, dabei mit stark vor- retendem Adamsapfel versehen. Der Brustkasten ist 111 der Regel von trapezoidischer Gestalt und wunder- schöner Form in der Rücken- sowie in der Warzen- gegend. Die Schulter ist zierlich, fällt aber, wie bei den meisten Afrikanern, etwas schroff und steil zum < >berarm ab, wogegen sie beim Germanen und in der Antike eine stärkere Rundung im Bereiche des Delta- uuskels darbietet. Der Oberarm zeigt muskulöse Fülle, 1er Unterarm ist zierlich, die Knöchelgegend ist an bern wie untern Gliedmaassen zart. Die Oberschenkel zeigen noch eine gefällige fleischige Bildung, wogegen ier Unterschenkel wogen seiner Magerkeit, wegen des Mangels einer kräftigen Wadenbildung keinen vortheil- liaften Eindruck macht. In gerader Richtung, nicht unterbrochen durch eine bei unsern Stämmen wohl- gerundete Absetzung der wulstigen Wadenmuskulatur gegen die Wadensehnen, zieht bei den Bedja die be- trächtliche Achillessehne zum Hacken herab. Der Fuss dieser Leute ist an sich gut gebaut. Bei altern Per- sonen wird infolge langjährigen Gebrauchs der Sandalen die Lücke zwischen grosser und zweiter Zehe etwas weit und wird der Fuss auch wol ausgetreten, letzteres namentlich infolge des starken , heftigen Springens,
80
Zweites Buch.
wovon die Bedja bei ihrem heitern Naturell grosse Liebhaber sind.
Knaben und junge Mädchen sind bei diesem Volke durchschnittlich gut gebildet. Besonders die letztern zeigen oftmals wahrhaft ideale Formen ihres Rumpfes. Uebrigens sind die Züge der Weiber stumpfer und flacher als diejenigen der Männer. Stirn und Nase sind wenig gegeneinander abgesetzt, die Nase selbst ist kurz, stumpf und breitflügelig , der Mund ist breit und mit fleischigen Lippen besetzt, das Kinn ist klein und ge- rundet.
l'i'j. 2.5 u. 26. Abyssinier aus Amhara.
Das Haar der Bedja ähnelt demjenigen der Berabra. Es lässt sich in Zöpfen und Strähnen bis zu dreihun- dert und etlichen Millimeter Länge flechten. Der Bart ist schwächer als bei den Syro-Arabern. Manche Bedja färben ihr Haar mit Hinna oder Henne roth, \vas ihnen <jin dämonisches Aussehen verleiht. Bei vielen wird dies Gebilde infolge von Verwendung verschiedenartiger, zum Theil beizender kosmetischer Mittel werchfarben. Cendrirtes und blondes Haar schreibt man den Sabala zu, einem noch wenig bekannten heidnischen ]5edja- stamme, welcher nomadisirend durch die Urwälder von Hüsores und Fasoglo schweift.
Den Bedja physisch sehr ähnlich sind die Abyssinier. Namentlich gilt dies von den Agau sowie von den ihnen zugehöriiren ZwoiGfstiimmen, wie Mensa, Bogos,
•rj'erlirlicn Beschaß'enlicit der Alrikancr. >1
Falascha, Kömaiit ... .. ... ISIanche abyssiiiische Stämme,
wie die Amliara, die Schoaner, die Bewohner von Lasta, sind stark mit Gala gemischt und haben jene S. 10 erwähnten Gesichtsforraen. Unter diesen Leuten zeich- nen sich die Weiher durch niedliclie (Je-siehts- und Körperbildung aus. Die Einwohner von Semien und von Tigrie dagegen verrathen eine vielfache Beimischung von syro-arabischem Blut. Man beobachtet daher öfters unter ihnen scharf ge- zeichnete, an syrische und an jüdische erinnernde Phy- siognomien. Die Heerzüge der Abyssinier nach Arabien im 5. und 0. Jahrhundert n. Chr. sowie der Verkehr der Araber mit der abys- sinischen Küste werden das Ihrige zu einer solchen Mi- schung beigetragen haben. Die Afer und Somal ähneln physisch ebenfalls den Bedja. Unter ihnen findet man manche riesige, knochige ^lännergestalten mit rohen, harten, geier- artigen Profilen , deren starkes Vorgebautsein und fleischig - wulstige Lippen einen wilden Eindruck hervorrufen. Ganze Tribus der- selben, wie die Ysa und Mudaito. haben plattere, mehr nigri tische Züge. In malerischer, meinem Urtheile nach kaum übertriebener Weise schildert G. Harris das Aus- sehen des Lahaita Ihn Ibrahim, Makabantu oder Akil (Richter, Häuptling) der Dubbani-Danakil: ,. Nicht im mindesten besser gekleidet als die zerlumpten und schmierigen Kerle in seinem Gefolge, zeichnete er sich doch durch hervorstechende Waffen aus. Der Schaft
Somali von Merka.
1Iart5IA>-x.
G
-v> Zweites Buch.
seiner einem Weberbaume ähnelnden Lanze war an seinem breiten spiegelnden Blatte mit messingenen und kupfernen Ringen beschlagen, während Griff und Scheide eines gekrinuniten Messers in ähnlicher Weise geschmückt sich zeigten. Vornehmes Auftreten und wilde Ent- schlossenheit in den Zügen, stand das Aeussere dieses ^lannes im Einklang mit seinem Rufe als Krieger. Lange schwarze Locken wallten wie Adlergefieder über eine knochige und muskulöse Gestalt. Ein paar grosser sehniger Arme endeten mit Fingern, deren Nägel wie Raubvogelkrallen hervorstarrten. Aeusserst tapfer und an der Spitze eines zahlreichen Stammes grimmiger wilder Kriegsleute ist er an der ganzen Aferküste ge- fürchtet und geachtet, und er schien sich sehr gut seiner Bedeutsamkeit auf der Heerstrasse (zwischen dem Rothen Meere und den Bergen von Schoa) bewusst zu sein."
Die körperlichen Eigenthümlichkeiten der Gala wer- den besser bei den eigentlichen Nigritiern abgehandelt, von denen ich jene nicht mehr zu trennen vermag.
Die Teda oder Tibu in Tibesti sind nach Nachtigal's Schilderung von mittlerer Grösse, eher jedoch kleiner, sie sind wohlgebildet, mit kleinen Händen und Füssen, von massiger Bronzefarbe. Sie haben massig lange, theils gerade, theils gebogene, bald stumpfere, bald spitzere Nasen und einen nicht sehr grossen Mund mit nicht dicken Lippen. Ihr Bartwuchs ist spärlich, aber docli reichlicher noch als bei den Schwarzen, ihr Haar wird Uinger und ist weniger wollig und hart als bei diesen. Ihre äusserste Magerkeit ist das Product einer elenden Lebensweise in einem keineswegs fruchtbaren Land«', sowie zugleich auch ihres rastlosen Umher- ziehens.
Die Funje, deren genauere Bekanntschaft Schreiber dieses genossen, stehen gewissermaassen an der Grenze zwischen Berabra, Bedja und Nigritiern, ob- w«)l sie sich mehr den letztern als den erstem an- 8C hl 1 essen. Sie gehören zu jenen extremen Aesten
V,.'i iu-hfii UoschafTt'iili. i* «I.r Ai'i-il<;iner. X.]
«ciunf Uli -ivosi lügritischc /.>>i;ii^ HCl Meiisclilieit ausser ihnen noch in den Bantu und vielleiclit selbst in den Teda treibt. Sie sind mittelgross, zälilen aber auch 1730 — 1750 Millimeter hohe Gestalten zu den ihrigen. Kleine verwitterte Figuren sind dagegen selten unter ihnen. Ihr Köi*perbau ist proportionirt. Ein trapezoidischer, breiter und gewölber Ihustkasten ge- hört keineswegs zu den Attributen männlicher Wolil- hildung, welche man etwa lange unter ihnen suchen miisste. Das Rückgrat ist gerade. Von den Schultern gilt das über die Bedja Gesagte. Der Kopf ist lang — ich habe die Funje an einer andern Stelle mesocephal genannt — , indessen kommen unter den südlichen Funje doch auch recht langgestreckte Schädel vor. Die Stirn ist gewölbt, ziendich breit, sie weicht, wie bei den meisten der bisher erwähnten Afrikaner, in ihrem obem Abschnitte schräg nach hinten zurück. Die Nase ist gerade oder leicht gebogen, stumpfspitzig, selten aufgestülpt, häufiger ist sie mit der Spitze und den breiten Flügeln etwas abwärts gekehrt. Die Kiefern sind augenscheinlich j)rognather, hervorstehender und schiefzähniger als bei den Berabra und Bedja. Nament- lich lässt sich dies bei den Ingassena (S. 2) beobachten. Die Nasenlippenlinie ist tief eingeschnitten und das gibt selbst Jüngern Funje ein würdiges Aussehen, ver- leiht auch Jüngern Mädchen etwas Charakteristisch- Ehrbares. Die Lippen sind fleischig, aber selten, und dann auch mehr nur bei den Ingassana, aufgewulstet. Die Augen haben grosse Lider, sie sind gross und weitgeschlitzt. Die Jochbogen nehmen eine nur ge- ringe Breite in Anspruch. Die Ohren sind gerundet, etwas abstehend, das Kinn ist schmal, gerundet, weniger zuiückweichend als bei Berabra. Unter den Funje erscheinen ägyptische Profile und auch viele an Bedja erinnernde Gesichter. In letzterer Hinsicht zeigten sich zwei junge Homran aus Taka, welche in der vorjährigen (ersten) Nubierkaravane K. Hagenbeck's zugegen waren, sowie in der letztjährigen Ausstellung (1878) zwei Halenga
^4 Zweites Buch,
und ein Beni-Aiiiir besonders erwälmenswerth. Man hätte diese Leute, wären sie dunkler gefärbt gewesen, recht gut für Berun vom Berge Gule halten können. Die Ilaare sind gekräuselt und werden in den aller- sonderbarsten Toupets getragen, wie sie ähnlich nur bei den Galloa, Okande und Fan des Gabongebietes und in den Calabargegenden angetroffen werden.
Die Farbe vaiirt vom dunkeln Gelbbraun und Choco- ladenbraun in ein Schwarz mit graubräunlichem Schiller. Oberarm und Oberschenkel sind fleischig und wohl- gebaut, der Unterarm ist dünner, zierlich, der Unter- j^chenkel wadenschwach. Hand und Fuss sind nicht gross, von gefälliger Form. Ja ich habe gerade diese Theile bei gewissen vornehmen Funje von grosser Schönheit gesehen. Die ganze Haltung ist graziös, der Ausdruck des Gesichts meist ernst, mild und in- telligent. Nirgends habe ich in Afrika so anmuthige und freundliche Kinder als unter den Funje gesehen.
Die eigentlichen Nigritier, welche 0. Peschel Sudanneger nennt, haben dolichocephale und prognathe Schädelformen, deren Gesichtswinkel 69 — 75 Grad be- trägt. Die Hirnschale ist von den Seiten her compri- niirt, an den Scliläfen schmal, langgestreckt, in der Scheitelgegend nicht selten hochgewölbt. Die Stirn weicht stark zurück, die Knochen sind derb und kantig, mit starken Muskeleindrücken versehen. Die Form der Nasenbeinchen ist bei verschiedenen Stämmen sehr ver- schiedenartig. INIanchmal sind dieselben schmal, kurz. zuweilen sogar auf kleine Knochenschüppchen reducirt. Die Schilluk haben recht beträchtliche, an ihren untern Enden zum Theil sogar aufgeworfene Nasenbeine. Die Zähne sind schief nach vorn gestellt, die obern überragen häufig die untern. Sie sind gewöhnlich von porzellan- ortiger "Weisse, durchschnittlich gut eingepflanzt, ge- sund, aber an ihren Kauflächen öfters abgenutzt, meist rine Folge der groben, harten, auch wol durch Mahl- stcinthcilchen verunreinigten Nahrung.
Das Knocht'ngerüst des Rumpfes und der Glied-
i^,^...^..... i>cschn»v. m1 \irikaiier. 85
niaass» u i^t lest, häufig in den fni/Aiiuii i armen gracil, und fallen die gerade gestellten Röhrenknochen der Extremitäten auf. Die Skelete nigrltischer Männer zeigen oft genug starke Muskeleindrücke und sehr hervorragende Knochenkämme. Die Mittelhand- und Mittelfussbeinchen sowie die Finger- und Zehenglieder sind höchst schlank. Man hat am „Negerskelet" noch . incherlei Eigenthümlichkeiten beschrieben, allein bis- . t/t spottet das geringe in unsere Hände gelangte -Material aller Weiterungen.
Die Haare der Nigritier sind bei manchen Stämmen
nur kurz, in kleine Bäuschchen oder Strähnen gesondert,
welche gekräuselt und in sich verfilzt, von den Arabern
in nicht unzutreft'ender Weise Filfil oder Pfefi'erkorn
mnt werden. I5ei andern bilden sie wieder un-
_ iiuässig sich theilende , verschiedenartige Locken )der beetartige Gruppen, innerhalb derer die einzelnen Haare umeinander gedreht und gewickelt erscheinen. Wieder bei andern Stämmen zeigen sie sich länger, bis zu 300 Millimeter auswachsend, lockerer und haben Neigung, sich in groben, stapelartigen Partien zu son- dern. Die so wachsenden Haare sind flechtbar. Sie finden sich unter andern bei Noba, Manyema, Niam- Niam, Balonda, Fan, Gala u. s. w. Uebrigens kommen derartige Variationen selbst unter Individuen eines und desselben Stammes vor. Auch finden sich solche Eigen- thümlichkeiten bei Berbern, Bedja, Abyssiniern u. s. w., bei letztern selbst z. B. die Beetform, wenn sie ihre Haare nicht in lange Flechten bringen. (Vgl. z. B. Fig. 25, S. 80.) Die Nigritierhaare sind steif, hart, glänzend und schwarz; zuweilen erscheinen sie werch- farben, in seltenen Fällen gelbblond, eher einmal roth oder röthlichblond.
Der Bartwuchs und die Augenbrauen sind meist spär- lich, dünn. Indessen zeigen sich doch auch bei Ni- gritiern manche Stämme und Individuen mit stärkerm Barte versehen. (Vgl. S. 45.)
Die Haut ist dunkelpigmentirt, in allen nur denk-
Hf> Zweites Buch.
baren Scliattirungen von Gelb- und Rothbraun in Schwarz übergehend. Weniger häufig zeigt sich jenes Schwarz- grau mit rothbräunlichem Lustre, welches man nicht eben glücklich ein Blauschwarz genannt hat (Berun, Schilluk, Denka, Bari u. s. w.). Nicht selten aber wird das natürliche Hautcolorit durch Salben , Farben, Schmuz u. s. w. verdeckt. Stets ist die Haut der Ki- gritier scliwellend, geschmeidig, oft wie Sammt an- zufühlen, kühl, stellenweise reich an Pickeln, Quaddeln und Knötchen. Sie dünstet stark aus. Das Vorhanden- sein eines „specifischen Negergeruchs" muss ich jedoch in Zweifel ziehen. Vielmehr ist es nur ein durchdringender, oft recht unangenehmer Schweiss- geruch, welcher bei diesen Leuten hervortritt, sobald sie sich irgend erhitzen. An den Antlitztheilen stehen Stirn, Nase, Lippen und Kinn bei Vertretern jener ex- tremen Typen, denen man ein echtes Negergesicht zu- schreiben darf., in argem Misverhältniss zueinander. Niedrige zurückweichende Stirn, kurze breite Nase, dicke Wulstlippen und kurzes kleines Kinn vereinigen sich öfters zu einem Ganzen von äusserster Hässlich- keit. In solchen Nigritierphysiognomien liegen wilder Stumpfsinn, Kohheit, Gemeinheit, zuweilen Verschlagen- heit. Aber man beobachtet auch wieder ganze Stämme und einzelne Individuen, welche von dem beschriebenen platten, breiten Typus abweichen. Hohe, edelgebaute Stirnen, wenig eingedrückte oder erhabene, gerade oder gebogene Nasen mit breiten Flügeln, massig dicke Lip- pen, wenig hervortretende Backenknochen, kleines Kinn, werden an vielen Schwarzen wahrgenommen. Zeigen sich nun in einem solchen Gesicht, mag dasselbe noch so dunkel gefärbt sein, ein grosses, sprechendes Auge, ein freundlicher gutmüthiger und intelligenter Ausdruck, so kann man selbst eine nigri tische Physiognomie solcher Art recht wohl hübsch finden. Wie vortrefflich kleidet HO manches der nicht allzu unedel geformten schwarzen Mädchen jenes gutmüthige, schalkhafte Lächeln, welches durch eine muntere gewohnheitsgemässe Art des Verziehens
Von der körperlichen BcscliafTenheit der Afrika i
der Mundwinkol nach oben hin und durcli die zugleich stattfindende Kntblössung der weissin Zalmreihen ge- hoben wird. Man braucht wahrlich kein Liebhaber von Schäferromanen und kein fanatischer Abolitionist zu sein, um auch solchen ]»hysiognomis(hen Gestaltungen einon gewissen Geschmack abgewinnen zu können.
-eil ciugeftUirter Brasilueyer.
Der Hals ist bei den Nigritiern im allgemeinen kurz und dick, obwol Ausnahmen mit langen und dünnen Hälsen durchaus nicht selten vorkommen. Der Brust- kasten der Männer ist wie bei uns und bei andern Rassen sehr verschiedenartig entwickelt. Zuweilen zeigt er sich hoch, breit und kräftig, von jener trapezoidischen
SS Zweites Buch.
Gestalt, wie sie selbst in der Antike als Attribut männlich entwickelter Bildung betrachtet werden darf. Hier und da werden gewaltige herculisch geformte Torsi an- getroffen. Die Brustgegend ist dann von wahrhaft classischer Schönheit. In der Mehrzahl der Fälle frei- lich, am ausgesprochensten unter schlecht genährten Stämmen, beobachtet man eine weniger stattliche Torso- bildung. Der Rippenkorb zeigt da mehr die Grund- gestalt eines länglichen Vierecks, und dem entspricht dann zugleich ein schmalerer Schulterbau. An den Extremitäten ist zunächst die S. 79 geschilderte ab- fällige Beschaffenheit der Gegend des Deltamuskels hervorzuheben. Seltener zeigt sich diese in voller praller Rundung. Der Oberarm ist meist muskulös, der Unterarm aber häufiger hager und steht nicht sel- ten in seiner Länge in einem Misverhältniss zu jenen. Die Finger sind sehr verschiedenartig und allgemeine Gestaltungsregeln derselben ausgeschlossen. Bei üppig und kräftig gebauten, breitschulterigen Nigritiern ist auch die Beckengegend durch gute Entwickelung der Gesässmuskeln sowie durch anmuthige Formung des Bauches und der Leistenregion, endlich durch gute fleischige Ausbildung des Oberschenkels gekennzeichnet. Schmächtigere Nigritier lassen an diesen Theilen eine gewisse dürftige Beschaffenheit erkennen. Die Unter- sclienkel sind in der grössten Mehrzahl der Fälle schwachwadig, die Knöchelgegend ist unschön, dick. Am Fasse ist der Rücken niedrig, die Sohle wenig ausgehöhlt oder flach. Der Hacken tritt nicht selten unschön und kegelförmig nach hinten hervor. Die Fusszehen zeigen sich bald dünn und lang, bald dicker und kürzer. Hässliche Ballen bildung fehlt. An vielen Nigritiern wird eine unschöne Auswärtskrümmung der Unterschenkel beobachtet. Indess ist diese Verbildung nicht, wie manche anzunehmen geneigt sind, ein At- tribut der nigritischen Körperbildung überhaupt.
Viele Mädchen haben in der Jugend eine anmuthige,. weich und gracil geformte Büste. Die Brustdrüsen sind
Von der körperlichen Bcschafl'enheit der Afrikaner. 89
dann halbkugelig hervorstehend, prall, unten gewölbter, 'ben flacher. Der Warzenhof ist, wie bei manchen unserer jungen Mädchen, ebenfalls gewölbt und von einer kurzen Warze überragt. Häufiger aber zieht -ich bei selbst jungen nigritisclien Frauenzimmern die !'»rust mehr oder minder spitzkegelförmig nach aussen. Kegelförmig entwickelt sich dann auch der Warzenhof, veniger die Warze. Das gewährt einen unschönen Anblick. Noch mehr verliert sich das Aesthetische der
/ ;/. 'JfK Znlamädchen.
weiblichen nigritisclien Torsobildung, wenn solche spitz- kegelförmige Brüste früh welken und siech herabhängen. Nach Geburten können daraus schlappe, schmale, spitzige Hautfalten werden, die mehr den Eindruck entleerter liörsenköpfe machen, als dass sie würdigen Vertreterinnen des schönen jungfräulichen Naturzierathes selbst nur zu ähneln vermöchlen. Bei noch andern Nigritierinnen zeigt sich ein in der Jugendblüte breiter, hoher, voller, manchmal übervoller Busen. Aber auch der welkt früh dahin und erhalten sich an seiner Statt nur breitere, ebenfalls flache, leeren Tabacksbeuteln gleichende Reste.
90 Zweites BucI).
Dicker schlotteriger Bauch verunziert zum öftern die Nigritier beiderlei Geschlechts und jeden Alters.
Allen nur denkbaren körperlichen Variationen unter- worfen, repräsentirt der Nigritier keinen völlig einheit- lichen Rassentypus. Er stellt durchschnittlich weder ein absolutes Zerrbild von Hässlichkeit , würdig seiner an- geblichen directen Verwandtschaft mit Gorilla, Schim- panse und andern Affen, dar, noch verharrt er in den idealen Gestaltungen der classischen Sculpturperiode. Man wird unter den Nigritiern wirkliche Schönheit sel- ten finden, man wird sie aber auch nicht gänzlich ver- missen. Wir Europäer haben übrigens alle Ursache, bei Würdigung von körperlichen Vorzügen der Afri- kaner nicht zu sehr den Maassstab unserer eigenen hergebrachten Anschauungen über die Aesthetik der menschlichen Gestalt anzulegen. Ein sogenanntes Neger- gesicht könnte mit seiner dunkeln Färbung vielleicht noch «inen recht guten Eindruck machen, würde aber, mit weissem Teint und hellem Haar, einen abschreckenden Anblick gewähren. So manche Gruppe niedlicher ni- gritischer Mädchen darf in dem rohen Putz ihrer Hei- mat, in der tropischen Fülle ihrer Umgebung, im Sonnenglanze des Südens, das Wohlgefallen eines vor- urtheilsfreien, verständigen Reisenden erregen. Versetzt nun diese Gruppe in einen europäischen Salon, so möchte der Anblick ein komischer, ja widerwärtiger werden. Die Kleidung thut hier sehr viel. Ein Unj^oro- oder Bertakrieger, ein angolesischer Empacasseiro (Büffel- j&ger) werden, wenn sonst gut gebaut, in der rohen Prac'ht ihrer Ausrüstung unter männlichen Gemüthern sicherlich den Eindruck stolzer, selbstbewusster Kraft, wilder Energie hervorrufen. Der schönste Nigritier aber wird, in die Gesellschaftstoilette eines fashionablen Drawing-Room gesteckt, nichtswürdig carikirt aussehen. Nur kein Negermädchen in einer pariser Ballrobe! Die urwüchsige Naivetät der hierneben dargestellten algieri- schen Kinder hat — in der Originalphotographie näm- lich — sehr Ott das lebhafte Interesse mir befreundeter
chaffcnli
At.-;u
l'cr^uiKn eiNVi'cKi. KtiiRstalls düiite nian (ik^l- \\ on. mit Vertrt'tern miPerer Kinderwelt in näliern Ver- jjrloich bringt: n iirden dadurch ungeheuer ver-
lieren.
Nigritier sowie andere Afrikaner schaden ihrem Aus- gehen nicht allein durch zahlreiche Verzieningen und \ erunstaltungen , z. B. durch grelle widersinnige Fär- einzelner Körpertheile, durch Einschnitte, Kin- 0 in die Haut, durch Ab- hneiden, Ausreissen und ^pitzfeilen von Ilautlappcn, Zähnen u. dgl. — sondern auch durch das gewohn- heitsmäsäige Schliessen der Milider vor dem Son- jlanz, durch das überall verbreitete greinende Ver- erren der Gesichtsmuskeln, ndlich durch träge, schlaffe Körperhaltung.
Ich will hierorts nicht n, in Kürze auf , ; 1 sehen Eigenthüm- lichkeiten der nach den (olonien in Amerika u. s.w. verpflanzten Nigritier auf- Mierksam zu machen.
Die Creolen, d. h. die in Amerika u. s. w. gebore- nen Weissen, bleiben bekanntlich im allgemeinen ihrem ursprünglichen Nationaltypus getreu. Der Brasilianer wird im ganzen Portugiese, der Porteno zu Buenos- Ayres und der Chilene werden S])anier, der Yankee wird Engländer, Mynheer auf Java oder Banka wird Holländer geblieben sein. Trotzdem nehmen Kenner bei solchen Leuten gewisse stattgehabte Veränderungen wahr. Man spricht z. B. häufig und mit Recht davon, dass der Yankee in seinem Gesichtsschnitt und in
Fi'j. :i'i. Maurische Kinder.
92 Zweites Buch.
seinem Körperbau einzelne, von den angelsächsischen abweichende physische Eigenthümlichkeiten entwickelt habe, dass er selbst den ureingeborenen Indianern ähnliclier geworden sei. Der Gaucho in den Pampas soll eine Annäherung an die Tehuelches verrathen.
AVy. :il. brasilianische Creolnegeriu von zweifelhafter Reinheit der Abstammung.
hin entsprechender, wenn auch nur langsam erlblgen- «ler Umbildungsprocess scheint mit dem ausserhalb Afrikas verpflanzten Nigritier vorzugehen. Seine Hautfärbung wird heller, sein Haar nach Generationen lockerer, die Züge verlieren durchschnittlich an Stumpf- heit, die Lippen werden dünner. Jeder Stammeshabitus, den die Neuangekommenen (die Negros novos) noch an sich tragen, geht bei den Creolnegern verloren, ün-
Von der körperlichen Beschufi'enheit der AiVikaner. 93
zweifelhaft wirkt hier in erster Linie das |veründerte Klima ein. Die Lehensweise übt dann ebenfalls ihren ummodelnden Einfluss aus. Die schwarzen Lastträger im Hafen von Rio -de -Janeiro, welche spielend die > ' on Kaffeesäcke auf den Kopf heben und im
1 itt davontragen, entwickeln einen herculischen
Körperbau. Dagegen bleibt der stets berittene Va- queiro oder Rinderhirt der Campos im Innern ein schmaler, trockener Gesell, i. Natürlich sind hier auch
Mischungsverhältnisse in Betracht zu ziehen. Mulatten, d. h. Mischlinge zwischen Europäern und Tsigritiern, sowie Zambos oder Mamalucos, d. h. Mischlinge zwi- schen Nigritiern und Indianern, sind schwer zu ver- kennen. Es gibt aber feinere Nuancen der Kreuzung, deren deutliches Erkennen ein höchst geübtes Auge erfordert. Da soll man öfters in die Lage gerat hen. Creolneger sogar mit Mulatos und Zambos (oder um- gekehrt) zu vei-wechseln.
Es bleibt uns noch übrig, die physische Beschaffen- heit jener Völker zu berühren, welche wir im voricjen
Ü4
Zweites Buch.
Buche S. 61 besprochen haben. Die Hottentotten sind von geringern Körperdimensionen als durchschnitt- lich die Nigritier, sie haben einen eigenthümlichen, durch ein stehendes Trapezoid charakterisirten , d. h. gegen das Kinn hin verjüngten Gesichtsschnitt, im übrigen einen bei Männern durchschnittlich eckigen Körperbau mit wohlproportionirten Händen und Füssen. Bei den Weibern ist die Gestalt zierlich, namentlich in der Schulter-, Brust- und Oberarmgegend. Daniell, der vorzüglichste ältere ikonographische Darsteller südafri- kanischer Natur- und Volksscenen, hat uns die Ab- bildun*»" einiger recht niedlicher Hottentottenmädchen hinterlassen. Die Farbe ist ein helles Lederbraun, wie wir es unter anderm an unsern neuen Cavaleriesättehi wahrnehmen.
Die sogenannten, unter den Namen Buschmänner, Abongo, Akka, Doko u. s. w. bekannt gewordenen Pyg- mäenstämme Afrikas (S. 64) bieten zwar in ihrem Aeussern mancherlei Stammesverschiedenheiten dar, zei- gen aber doch wieder einen gewissen gemeinsamen Ha- bitus. Sie sind in der That von niedriger Statur, haben grosse lange Köpfe, breite Schultern, aufgetriebene Bäuche, ein hervorstehendes, scharf abgesetztes Gesäss, magere Gliedmaassen, proportionirte, aber kurze Hände und Füsse, eine in vielerlei Nuancen von Schwarzbraun, Olivenbraun, Gelbbraun bis Röthlichbraun variirende Hautfarbe. Das Antlitz ist birnförmig oder trapezoi- disch, nach dem Kinn zu verjüngt, mit steiler senk- rechter Stirn, kurzer, stumpfer Nase, prognather Kiefer- bildung, fleischigen, selbst wulstigen Lippen, ziemlich hervorragendem Jochbogen und zurückweichendem, aber vielfach eckigem Kinn. Das Auge hat durchschnittlich einen tückischen, lauernden Ausdruck. Der Bartwuchs ist gering. Das schwarze Haar zeigt, wie meist auch bei den Hottentotten, jene Sonderung in vereinzelte, in sicli ineinandergedrehte und verschlungene kurze Locken, welche wir bereits oben mit dem arabischen Vulgär- nanxm Filfil h.>/oi.-l,net «ahon. (S. 85.)
Von der körperlicheu Beschaffenheit ikr Afrikaner. 95
Man hat nun sowol diesen Pygmäen als auch zum
1 den Hottentotten gewisse physische Eigenthüm-
Äoiten zuschreiben wollen, welche sich bei keinem
uidern Volke wiederfinden sollten. Diese , die an
,...;oi...,, S|>rac1ioii und crewisse Besondor-
^ .1,
,l.,lo
t'i'j. 34 u. 3'i. Venus hottentotta (Buschmännin).
heiten in Sitten und Gebräuchen, erhoben namentlich Hottentotten und Buschmänner zu einer Ausnahme- stellung, welche anscheinend keine Parallele mit Ni- gritiern und andern Afrikanern zuliess. Man sprach bald von einer Verwandtschaft mit Mongolen, bald von einer solchen mit Australiern, oder man construirte sich eine besondere Rasse, selbst Species von Menschen,
»k; Zweites Buch.
den Homo hottentottus zusammen. Hierbei, trieb die Kathederweisheit ihre üppigsten Blüten. Das bei den Weibern der Hottentotten und Buschmänner häufig vorkommende übermässige Fettwerden des Gesässes, die sogenannte Steatopygie, die Entwickelung der Hottentottenschürze, einer starken Hautverlängerung an den weiblichen Genitalien, die scheinbar auffallend starke , frühzeitig eintretende Faltung und Runzelung der Haut schienen Momente zu sein, welche den ge- nannten Völkern ihre Ausnahmestellung gewährleisteten. Allein jene Steatopygie findet sich auch bei Frauen der A-Bantu, der nilotischen Nigritier, z. B. der Bongo, selbst der Berbern! Die Hottentottenschürze braucht man nicht blos in Südafrika zu suchen, man findet sie durch den ganzen Continent, sogar in Europa noch häufig genug! Jeder Stubenethnolog würde erstaunen, wenn ich ihm ein Glas voll sogenannter Hottentotten- schürzen, aus dem Präparirsaale der Haupt- und Welt- stadt Berlin stammend, fein säuberlich in Alkohol auf- bewahrt, vorweisen würde. Facta loquuntur! Bildung von Hautfalten, und zwar von überaus zahlreichen, tritt bei schlecht genährten Nigritiern, Berbern und Aegyp- tern (z. B. bei den hungernden sonst baumlangen Kitch am Weissen Nil) in ebenso hohem Maasse auf als bei jenen Südafrikanern. Die herabgekommenen Kitch, in Kairo unter die Fuchtel der Exercirmeister gestellt und aus den Fleischtöpfen des Statthalters von Aegypten ge- nährt, gediehen binnen kurzer Rekrutenzeit zu riesigen, prallen Gardesoldaten, welche den Laufschritt mit vollem Gepäck und gefälltem Gewehr mit übermüthiger Keck- heit auszuführen wussten. Wo waren da die Hautfalten ge- blieben? Dass letztere nicht durchaus Stammeseigenthüm- lichkeit der Akka, Buschmänner und Hottentotten sind, lehrt mich ein lUick auf die dralle Burschen darstellen- den Photographien solcher gut gemästeter Individuen, welche am Weissen Nil, an der Loangoküste und in Südafrika aufgenommen worden sind. Schlecht ge- nid.ih>. <!..,>, iv^nrlien des narkotischen Dachahanfes
Von der körperlichen Beschaffenheit der Afrikaner. '.«7
übermässig ergebene, an den (trenzen der Capcolonie herumbummelnde Buschmänner können kein überall zu- treffendes nild ihrer Landsleute gewähren. Auch hungernde Kabylen und Hindus zeigten in unserra Jahr- zehnt leider zu öftern malen eine überreiche Ilaut- faltenbildung. Die Wirksamkeit der wohlthätigen Ver- eine zu Konstantine, zu Kalkutta, in Agra und Ilaider- abad konnten jedoch solche Hautfalten gemeinhin schneller und gründlicher ausgleichen, als die weisesten unserer weisen Ethnologen sich vielleicht je zu träumen ver- messen hatten.
Schnalzende Sprachlaute findet man nicht blos bei tlen Hottentotten und bei den Buschmännern, sondern auch bei den A-Bantu und in gemildertem, aber immer- hin noch bemerkenswerthem Grade bei noch andern Xigritiern. Sitten und Gebräuche jener Südafrikaner bieten neben gewissen Specialitäten doch auch viel all- gemeines urwüchsiges Afrikanische dar. Ich will den Hottentotten und Pygmäen nicht gänzlich gewisse, bei ihnen selbstständig ausgebildete Absonderlichkeiten ab- sprechen, glaube aber nicht, dass sie ihr physisches und psychisches Wesen gänzlich von den Nigritiern entfernt. In dieser Hinsicht kann uns freilich erst die Zukunft die gewünschte Sicherheit bringen. (S. 61.)
DRITTES BUCH.
lläusliclie Eiiirichtimgen, Sitten, Gebräuche, Recht u. s. Av. der Afrikaner.
1. Häusliche Einrichtungen.
Wohnräume. Der Islam und die mit ihm nach Afrika eingedrungene arabisch-persische Cultur haben im Nor- den des Erdtheils grosse und dauernde staatliche wie auch wirthschaftliche Veränderungen hervorgerufen. Dies äussert sich für jeden Beobachter von vornherein sehr deutlich in den Architekturverhältnissen. In Aegypten und in Magreb herrscht der prächtige, an- muthige arabische Baustil, welchem es an byzantinischen und an persisch-indischen Elementen nirgends mangelt. An der Üstküste reichen arabische Bauten so weit liinab, als sich hier überhaupt arabischer Einfluss im Gefolge von Handel und Verkehr geltend macht. Dies zeigt am besten Zanzibar, bekanntlich eine Art De- peudenz der Sultane von Oman. Hier aber treten auch hinlänglich Reste portugiesischer Bauten mit ihren zum Thoil gothischeu Motiven auf, welche an Batalha u. s. w. erinnern könnten. In den portugiesischen Colonial- ötädten finden wir die stärker arabisch-afrikanisch modi- ficirte Bauart des Mutterlandes wieder. Die (^^'idade de Mo^umbique soll die hübscheste von allen sein. In Südafrika begegnet man den altfränkischen langweiligen Mtillosen holländis<lu>n und englischen Plantagebauten.
llansiu-iM' iMiirK'iumi;;en u. 8. \v. tlor Alrikamr. .''.'
Neuerdings zwar tiiulen im Capgebict und in Natal di r -moderne, so zierliche, an Fachwerk reiche Cottagehau, oder wie auf den Diamantteldern das direet von den Werften in Altenglnnd importirte eiserne Haus (Galva- nized iron house) und das Segeltuchhau.s (Canvass house) ihren Eingang.
Die alten Aegypter hatten bekanntlich einen hen Uaustil. HSuser der Profanen, dann ^ ^ tt« und Tempel, sie besasseu ihre schräg- geneigten Mauern, ihr flaches Dach- Es fehlte nicht an hochragenden Pylonen, an Fenstern und Zinnen; Paläste und Tempel boten zugleich den prächtigsten Säulenschmuck dar; hübsche bunte Malereien verliehen diesen eine freundliche Zierde.
Einer ähnliclien Art Bau, die Säulen abgerechnet, begegnet man noch heute durch das ganze nördlich vom zehnten Breitengrade gelegene Afrika. Da finden sich schräg abfallende, selten steile Mauern mit und ohne thurmähnliche Anbaue, Zinnenkrönungen, flache Dächer, pylonartige Thüreingänge und Fenster, welche voll- kommen an diejenigen altägyptischer Tempel erinnern. Dergleichen triff't man sowol in Dongola als auch in Berber, in Sennar sowie in Sokoto, in Sego und in Sansandi. Das Material dazu ist meist überall dasselbe: plastischer Flussschlamm oder Lehm, zu lufttrockenen Ziegeln geformt, zuweilen durch eingeknetete Steinchen, Kies, selbst Haare, Reisig und Samenkörnchen ver- festigt; hölzerne oder steinerne Gesimse und Architrave, zur Extraverzierung ein paar halbzerbrochene Krüge oder dergleichen. Auch verfertigt man ein Cement aus Kuhdünger und Lehm, mit dem man die Aussenwände beschmiert. Selten versteigt man sich zu im Feuer ge- brannten Ziegeln, noch seltener zu Stein. Benutzt man den letztem, so wählt man meist den unbehauenen, durch Mörtel zusammengefügten Feldstein. Die Zim- baoe (S. 59) freilich entbehrte des Mörtels zwischen den behauenen Granitsteinen, aus denen sie aufgeführt worden war. Dass aber die altägyptischen Palast- und
100 Drittes Buch.
Tempelbauten aus höchst sorgfältig bearbeiteten Blöcken zusammengefügt waren, das setze ich natürlicherweise als bekannt voraus.
Theilweise neben jenen solidem Bauten, theilweise für sich, existiren die luftigem runden Hütten, welche ich nach der in Sennar üblichen Bezeichnung Togule nenne. Diese sind kreisrund mit einem Unterbau aus Lehm, Feldsteinen oder Stroh und mit einem spitzen Kegeldach von Stroh versehen. Pfähle und langes Schilfrohr, auch Bambus, bilden das Grundgerüst. Zu- weilen findet sich ein offener oder geschlossener veranden- artiger Vorbau; im Innern existirt wol auch ein be- sonderer durch Matten u. s. w. abgegrenzter Schlafraum.
Derartige Hütten sind fest, dicht und freundlich. Sie treten in einem grossen Theile Afrikas auf, in Nubien, Sennar, Abyssinien, Centralafrika, bei den Betchuana u. 8. w. In Uganda, bei den Zulu u. s. w. verwandelt sich der Togul in ein riesiges, bienenkorbartiges, von einem niedrigen Unterbau getragenes Dach. Manchmal haben derartige Togule länglich-spitzkegelförmige, mit geschnitzten Endknäufen verzierte Dächer, stehen auch wol auf Pfählen. Eine andere Bauart nicht steinerner oder lehmerner Häuser zeigt den viereckigen Grundplan und das geneigte Giebeldach, letzteres ein- oder doppel- •eitig. Das Gerüst wird von Holz, Schilfrohr, Papyrus,
Häusliche Einrichtungen ier Afrikaner. 101
Bambus oder Palrablattstielen gefertigt. Die Decke besteht aus demselben Material, aus Palmen- und I>a- nanenblättern. Oefter verräth sich liier eine grosse Kunstfertigkeit; eine derartige Architektur entspricht mehr der unserigen. Die kannibalischen Monbuttu er- richten nach Schweinfurth grossartige luftige, unsern Eisenbahnhöfen und Industriehallen ähnliche Giebel- bauten aus den Blattstielen der Weinpalme (Fig. U, S. 43). Im Gebiete von Ober- und Niederguinea sind derartige viereckige Baulichkeiten allgemein in Gebrauch ;
die Asciuiiiii geben denselben einen mit Thonsand ge- mauerten und mit eigenthümlichen Reliefverzierungen versehenen, rothbunt gestrichenen Unterbau. Kumassi, Hauptstadt dieses kriegerischen Staats, welche am 0. Februar 1874 von den siegreichen Engländern unter Sir Garnett Wolseley niedergebrannt wurde, machte auf ihre Eroberer als Niggerstadt einen imponirenden Eindruck. Die viereckigen Häuser in Whydah, Agbome (in Dahome), Benin, Bonny, Lagos und andern Handels- städten der Westküste sind ebenfalls mit schrägen
102 Drittes Buch.
Dächern versehen. Cameron fand Pfahlhütten mit Giebeldächern auf dem neuentdeckten Mohryasee in Urua und zwar unter Bedingungen, wie sie auch wol für unsere vorgeschichtlichen Pfahlbauer maassgebend gewesen sind.
Die dürftigste Art der Wohnungen macht sich bei den nomadischen Bedja, bei den Babongo und bei den Busch- männern bemerklich. Erstere wohnen zumTheil unter nied- lichen, aber höchst luftigen Mattenzelten, gegen welche die guten, Schutz gegen Wind und Wetter gewährenden,
in Ugogo.
llaartuchzelte der Aegypter, der Berbern des Magreb und der mittlem Nigergegenden durch complicirtern und ßolidern Bau abstechen. In Meusa, im Bogoslande, bei gewissen Danakil, bei den Abongo und Buschmän- nern u. 8. w. begnügt man sich, Hütten aus noch be- laubten Baumzweigen zu construiren und diese mit Matten und Fellen zu bedecken. In manchen Gegenden der bewachsenere Stellen darbietenden nordafrikanischen Wüsten errichtet man aus Palmblättern, verschieden- artigem Geäst u. s. w. kleine, ganz primitive Schuppen oder Ranchos. Es sind dies alles Wohnungen, welche liöchstens den Anforderungen australischer Papuas und
Häusliche Einriclituimrn u.
der Afrikaner. 103
brasilianischer Waldiuci.ci ..un* Indios bravos entsprecben würden. Ja manclie in der Hajudasteppe umherschwei- fende oder dem Rothen Meere benachbart wohnende Bedjahirten ziehen das laubenartige Astwerk dicht ver- zweigter und belaubter CapparidecBstriiuche jeder Art TTnff.» :ils Wdlinstäftc vor. Ancli ITülilni dicnpii ver-
i'iul.Ii.uUo im Moliryascc,
sprengten und von Feindesmacht bedrohten Afrikanern vei*schiedenartiger Nationalität zum Wohnsitz.
Das Haus ist bald Einzelbesitz, bald vereinigt der Herr einen grössern oder kleinern Complex zu einer einzigen Feuerstelle, welche dann wol durch eine Ver- palissadirung. durch einen Rohrzaun oder durch einen Dornverhau gegen feindliche Ueberfälle und gegen wilde Thiere geschützt wird. Die Häusergruppen der Könige und anderer vornehmer Personen sind oftmals recht
104 Drittes Buch.
ausgedehnt; namentlich nehmen die Behausungen der legitimen und der Kebsweiber, der Sklavinnen u. s. w. nicht selten vielen Platz in Anspruch.
Hausgeräth. So weit der Islam reicht, ist der Stil des Hausgeräthes zum Theil von asiatischen Formen beeinflusst. In Aegypten und im Magreb bemerkt man jenen prunkvollen, die herrlichsten Linien darbietenden, künstlich geschnitzten und zierlich ausgelegten, durch- stickten und bemalten Apj)arat, welcher die Innenräume des türkischen, persischen und arabischen Hauses zu schmücken pflegt — ein redendes Zeugniss für den hochentwickelten Geschmack und den lebhaften Formen- sinn seiner Urheber. Da prangen die phantastisch ge- blümten und geschnörkelten Teppiche von Uschak, Sul- tanabad und aus der Turkmanensteppe, die schwellenden kissenreichen Divane mit dem brocatenen Ehrenlatz^ die prächtig ausgelegten Tische und Schemel, die me- tallenen Tischplatten, Waschschüsseln, Krüge und Kan- nen, die reichgeschmückten Laternen, die lackirten Truhen, die mit den verschlungensten Lineamenten ge- zierten Kühlgefässe in den ausserdem durch ihre reiche innere Holz- und Steinarchitektur verschönten Wohn- räumen. Ein geringer Abglanz dieser stil- und kunst- vollen Zimmerschmückung findet sich auch im moham- medanischen Sudan wieder; man sieht selbst hier Ge- räthe wie die obengenannten bei so manchem schwarzen Sultan, Melik gder Schekh in allen zwischen dem Rothen Meere und der senegambischen Küste sich erstrecken- den Gebieten. Eine eigenthümliche , nicht formenarme Industne für Hausrath wird auch in den centralen wie we.stlichen Sudanstuaten gepflegt. Da sind es nament- lich gewisse Holz-, Korb-, Leder- und Thonarbeiten, welche unser Interesse erregen. Die mit zwar stumpfen, aber doch recht geschmackvoll zusammengestellten Far- ben geschmückten Lederkissen der Haussaner, die viel- mündigen, den Straussenmagen abgewonnenen Gefässe der Tuarik reihen sich den anmuthigen, aus bunt- geftrbten Stroh- und Binsenhalraen , Palmblattfiedern,
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 1()5
buntgef&rbten Bindfaden, Wollgarnen und Lederstreifen zusammengefügten Matten, Körben, Deckeln u. s. w. der Berabra, Funje, algierischen Oasenbewohner, Marok- kaner u. s. \v. würdig an.
Die Töpferarbeiten bieten im Sennar einen rohen Charakter dar: hier wird die bombenförmige landesübliche Burma geformt, mit Fragmenten von Kies u. s. w. durch- knetet, ein getreues P^benbild unserer vorhistorischen Schöpfgefässe. Die Abyssinier und Galla liehen den aus Rinderhorn geschnitzten Methbecher oder Wontscha, ganz ähnlich dem altdeutschen von Urgehörn ver- fertigten. Vortrefflich geschnitzte Löffel sind bei vielen afrikanischen Stämmen in Gebrauch. Als Typen können gelten die langen Hornlöffel der Bari, die Holzlöffel der Somal, der Wasuaheli und Amazulu. Im ganzen tropischen Afrika ist die Anwendung der Flaschenkür- bisse zu häuslichen Zwecken ungemein verbreitet; nament- lich liebt man die zum Auftragen der Speisen und Getränke dienende, oben offene Kürbisschale; gar häutig ist sie mit geschmackvoll in Stroh und Leder gefloch- tenem Untersatz und mit noch geschmackvoller ver- ziertem Deckel versehen. In zierlich - eingravirter Schmückung der Schalen selbst wetteifern West- und Südafrikaner miteinander. Auch den thönernen und Holzschüsseln wendet man in vielen nigritischen Staaten grössere Sorgfalt zu. In Ostsudan dagegen verdrängen böhmische Henkelgläser und Porzellanschüsseln vielfach das einheimische Geräth. Glas wird bei den Afrikanern kaum irgendwo geblasen und wiegt man z. B. am Blauen Nil alte Wein- und Bierflaschen mit Gold auf. In Abyssinien finden die Beryllen oder Birilen, d. h. grobe grüne Flaschen mit langem Halse, welche der levantinische und persisch-indische Handel einführen, grosse Verbreitung. In Ostsudan, bei den A-Bantu und Buschmännern bildet das mit Tragschnüren umflochtene Straussenei ein willkommenes Gefass für Wasser und andere flüssige Stoffe.
Der Afrikaner bettet sich in vielen Fällen auf die
106 Drittes Buch.
blanke Erde oder er benutzt Reisig, Blätterwerk, Felle und Matten zur Unterlage ; noch lieber aber bedient er sich einer meist auf vier Füssen ruhenden flachen Bettlade, an welcher Stäbe, Stengel von Pflanzen, Riemen u. s. w. statt der bei uns gebräuchlichen Gurten angebracht sind. Das Ideal einer solchen, leicht transportabeln Schlaf- vorrichtung bildet die Alga der Abyssinier, der An- gareb der Sudanesen, zu deren Vergurtung das zier- lichste Riemenwerk von Kamel- oder Rinderhaut ver- wendet wird und deren Füsse oftmals in gefälliger Weise ausgeschnitzt werden. In Inner-, West- und Südafrika haben die nigritischen Eingeborenen eine ganz besondere Vorliebe für Herstellung geschnitzter
W^S^T^^'^l^
*
Hauses der Berabra.
Holzstühle, deren Gestalt unter den verschiedenen Stäm- men in sehr mannichfaltiger Weise variirt zu werden pflegt; hervorragend sind durch sehr hübsche Arbeiten derartiger Natur die kannibalischen Monbuttu. Im alten Aegypten benutzte man zum Theil hübsch verzierte stuhlai-tige Untersätze von Holz, Marmor, Alabaster u. 8. w. zur Unterstützung des Halses beim Schlafen. Auch die Nubier und verschiedene Stämme der Nigri- tier verwenden deren noch jetzt zur Conservirung ihrer öfters sehr künstlichen Haarfrisuren.
2, Kleidung und Zierat/i. Von der einfachen, aber malerischen Kleidung der «Iten Aej;rj-pt.>r h-M sich im Nilthal bis heute nur sehr
iUuslk'Iic KiürichtuDirtn u. s. w. der Afrikaner. 107
wenig erhaltti.. \ ui ulloiu ist die so ungemein zarte Erzeugnisse liefernde Leinenindustrie der hochbegabten Uetu längst verloren cfegangen. In ganz Afrika sind heute die schwer mit Baumwolle durchschossene soge- nannte amerikanische Leinwand, die Dammur malekami der Funjemärkte, ferner Seidenzeug und alle die un- geheuer zahlreichen Sortimente des ungefärbten und gefärbten Cotton-cloth in ihre den Handel beherrschen- den Rechte getreten.
Soweit der Islam seine Wurzeln geschlagen hat, zeigt die Kleidung des Afrikaners eine gewisse Gleich- förmigkeit; einzelne Theile derselben, wie wir ihnen auf den Bazaren in Konstantinopel oder Smyrna, auf dem Adjemmarkte zu Kairo, am Bigistan von Chiwa und dem von Samarkand zu begegnen pflegen, werden auch bei den mohammedanischen Afrikanern aller Na- tionalitäten in Kairo wie in Dongola, in Konstantine und Tuggurt, zu Fez wie zu Timbuktu, an der Küste von Zanzibar u. s. w. wieder gefunden. Dazu gehören unter anderm die Turbane und Kopftücher, die Bur- nusse, die sonstigen Ueberwürfe und langen Hemden, die Schuhe und die Mamlukentracht in den allerver- -chiedenartigsten Abstufungen von grosser Pracht und
li der Einfachheit. Es sind dies theils asiatische. z.B. dainascener, persische und indische oder konstantinopeler, theils auch ägyptische, tuneser, algierer und marokkaner Fabrikate, welche ihren Weg durch den Karavaneu- handel bis tief nach dem Innern des Continents nehmen. Zu diesen zum Theil auf fremdem Boden entstandenen Erfordernissen der afrikanischen Kleidertracht kommen noch einige einheimische vom Norden her bis in die Aequatorialgegenden des Erdtheils hinein verbreitete Artikel. Es sind dies z. B. verschiedenartige, aus Filz, Baumwollzeug, Binsen u. s. w. verfertigte Mützen, die Ferdah und die Tobe. Die Ferdah ist ein grosses Stück meist weissen, farbig berandeten Baurawoll- zeuges, welches in malerischen Lagen und Falten um den Körper gewunden wird (vgl. Fig. 1 auf S. 16).
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Drittes Buch.
Sie ist hauptsächlich l)ei den Abyssiniern (von denen sie Schama genannt wird), bei den Bedja und Funje im Gebrauch. Die Tobe dagegen ist ein weiter, hemd- artiger, mit weiten Ilängeärmeln und einem Schlitz für den Kopf versehener Ueberwurf, gewöhnlich ebenfalls aus Baumwolle verfertigt, dessen allgemeine Färbung eine ungemein verschiedenartige zu sein pflegt. Das schönste der- artige Erzeugniss bildet die be- rühmte Perlhuhntobe Mittelsudans- Die Tobe ist mehr eine Tracht der Bewohner Mittel- und West- afrikas, welche, wie in Darfur, Waday, Bagirmi, Bornu u. s. w. öfters mehrere derselben überein- ander ziehen. (Vgl. übrigens die Fig. 13 abgebildeten, zum Theil mit Toben bekleideten Mandinka.)
Die heidnischen Nigritier begnü- gen sich vielfach mit dem gering- fügigsten Bekleidungsmaterial. Die Galla, Niam-Niam und die Fan hän- gen ein paar Leder- oder Pelzstücke vor die Geschlechtstheile. Die Berta tragen letztere frei und nur das Gesäss mit Leder oder Pelz bedeckt. Die Kafifern thun desgleichen oder bedienen sich selbst kleiner, zur Unterbringung der männlichen Theile bestimmter Suspensorien. Die Schil- luk, Denka, Bari und noch manche andere Stämme des Innern ziehen absolute paradiesische Nacktheit vor. Unter ihnen nehmen höchstens die ver- lieiratheten Weiber einen Lederschurz um, wie dieser auch unter Basuto, Hottentotten und Busclimännern in Gebrauch ist. Uebrigens hängen viele der nacktgehenden Schwarzen noch ein Fellstück über die Scliultern. Der Karo.sa oder Mantel der Bantu und Hottentotten, mancli-
Fig.41. Bodja(Bi8chari) mit derFerdah umhUHt.
lläiisliclic Kinrichtungen u. . w. <\> v Aiiiki: r \{)[)
mal u't'schniackvoU aus den bunten Kellen «ler
Antilopen, der Genettkatzen, Schal)racken?<cluikale, Hyä- nen und selbst der JPanther u. s. w. zusammengenäht, bildet den ansehnlichsten derartigen Ueberhang.
In den um die grossen Seen her gelegenen Ländern, z. H. in Uganda und Unyoro, ferner im Monbuttureiche werden längere oder kürzere Mäntel und Lendentücher aus der geklopften Rinde einer Feigenbaumart {Cro- stiffina) von zum Theil mächtigen Dimensionen verfer- tigt: diese Stücke pflegen eine decente Verhüllung ab- zugeben. Es erinnern diese Rindenstoffe an die Tapa der Südsee-Insvlaner. In Loango und in andern Gegen- den Westafrikas Hechtet man sehr zarte, biegsame und elastische Zeugstücke sowie hübsch gemusterte Mützen aus den Rlattfasern des Pandanus und der Weinpalme, welche Fabrikate trotz ihrer stumpfen Färbung selbst unter den geschultesten Vertretern unserer europäischen Textilindustrie Wohlgefallen erregen. Der Schwarze Guineas pflegt in gewissem Grade bekleidet zu gehen und der Cabocir oder Häuptling der Aschanti trägt mit Wohlgefallen die hohen gestickten Lederstiefel, in denen sonst noch der wehrhafte Bambara und der Wolof einherstolziren. Üebrigens bedienen sich sehr viele Afrikaner von den Berabra und Bedja bis zu den Hottentotten und Buschmännern der zum Theil mit grösserm oder geringerm Luxus ausgestatteten, häufig aber auch kunstlos gearbeiteten Sandalen.
Zierath. Kann man unsere civilisirtesten Nationen nicht von dem Vorwurf freisprechen, häufig genug bi- zarren und zum Theil recht geschmacklosen Putz an ihre allertbeuerste Persönlichkeit zu verschwenden, so wird man hierzu noch häufiger gegenüber dem afrika- nischen Wilden und Halbwilden genöthigt sein. In der Stil- und geschmackvollen Kunst des Orients wird nun zu unserer freudigen Genugthuung so manches Kleinod in edelm Metall und in edelm Gestein hervorgebracht, in Form von Halsschnüren, Arm-, Knöchel- und Finger- ringen, von Diademen und Regardez-moi, welche bei
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Drittes Buch.
Monbattukrieger mit dem Bindenschurz.
Häusliche Eiurichiunjren u. s. w. der Afrikaner. 1 1 \
iem Kunstfreunde und Kunstverständigen nur Wolil- ^'ofallen erregen können. Dergleichen köstliche Er- •:Tni88e, in deren Herstellung übrigens der Hausa- M, der Funje, der Berberi und Djaali mit dem ch und Mauren wetteifern, trifit man auf den Ba- li Aegyptens und des Magreb, in Chartum und in l nubuktu. So manches hübsche ägyptische und Mauren- uiädchen erhöht den gleichsam naiven Reiz seiner Person durch solches Geschmeide. Wer möchte sich daran nicht erfreuen! Wenn nur der hässliche Nasenring nicht wäre, mit welchem z. B. die mohammedanischen Weiber der afrikanischen Nordhälfte sich zu verschö- nern wähnen; absurder Geschmack, der sich den blau- tätowirten Lippen und den geschwärzten Augenlied- rändern würdig anreiht I
Einen scheusslichen Eindruck machen die S. 55 er- wähnten und zum Theil daselbst abgebildeten Zie- rathen, welche von den Weibern der Berta, Bongo, Nuer, Mittu, Mangandja u. s. w. in Form von Gras- stengeln, Eisen- und Steinkeilen, Holzklötzen u. s. w. in die Ober- und Unterlippen gesteckt werden. Hierzu gesellen sich die spitzgeschlagenen (nicht gefeilten) Schneidezähne. Ein altes Mangandjaweib , mit dem mächtigen Lippenring, der durch seine Schwere eine continuirliche Mundsperre erzeugt und zugleich die raubthierartig gespitzten Vorderzähne entblösst, muss (nach Livingstone's Darstellung) einen wahrhaft bestia- lischen Eindruck hervorrufen. Viele nigritische Stämme, wie die Zulu, schlitzen sich auch die Ohrläppchen auf und erweitern die Löcher durch hineingesteckte Blatt- • n, Ledercylinder, Klötze u. s. w. auf unförmliche ^* ■ ;>e.
Kein Zierath findet nun durch Afrika eine solche Verbreitung wie die Glasperle; sie ist einer der Haupt- einfuhrartikel und wird auf verschiedenen Plätzen in Böhmen, Frankreich, Thüringen, zu Aachen, Venedig 11. s. w. für den afrikanischen Handel geblasen. Der Grösse und Form nach gibt es unendlich zahlreiche,
112 Drittes Buch.
vom walnussdicken kugelförmigen Berred oder Taubenei bis zu den kleinsten Stickperlen. Auch die Färbung variirt ins Unendliche. Nirgends zeigt sich übrigens die Mode tyrannischer als im Vertriebe der Glasperlen. Ein einzelner Nigritierstamm hängt oft durch Gene- rationen an einer einzigen Sorte Perlen von bestimmter Grösse, Form und Farbe beharrlich fest und verwirft jede andere Sorte. In sonstigen Fällen wechselt die Vorliebe für diese oder jene Perlensorte mehrmals im Jahre. Mit grosser Willkür, ja oft mit einer Art kin- dischem Eigensinn, fixirt man die Preise für genannten Artikel; der Handel in dieser Branche erfordert daher sehr viel Umsicht und Routine. Die Verwendung der Glasperlen ist eine höchst mannichfaltige : sie werden zu Hals-, Arm-, Knöchel- und selbst Leibschnüren, zur Verzierung des Rahad, des Kopfputzes und der Vorder- schürze benutzt. Bei den A-Bantu sind sehr zierliche und in den Dessins oft recht gewählte Perlensticke- reien gebräuchlich; namentlich sind hier blau-weisse, blau-gelbe und schwarz-weisse Muster beliebt.
Statt der Glasperlen dienen häufig echte Korallen, Bernsteinperlen, Achatstückchen, Kiesel, Thoncylinder, Harzkugeln, die zu Blättchen geschnitzten Schalenstücke von Süsswassermuscheln, Kaurischnecken, Pflanzensamen (namentlich die scharlachenen , schwarzgenabelten des Ähnis prccatoriiis), selbst Menschen- und Thierzälme zum Putz. Das Elfenbein wird zu Perlen, Cylindern, Arm- und Fussringen verarbeitet. Aber auch der Horn- stoff, das Haar von Elefanten, Giraffen, Büffeln u. s. w. werden zur Herstellung der mannichfaltigsten Zierathen verwendet. Das Leder, dem man durch gewisse vege- tabilische Stoffe, wie z. B. durch Modus (Schoten von Cassia Ärereh)^ ferner durch die Samenschalen einiger Varietäten des Kafferkorns oder der Negerhirse {Dur- rahy Sorghum) hübsche und dauerhafte Färbungen zu geben versteht, dient nicht allein zur Verfertigung von Kollern, Schurzfellen, Mänteln, Stiefeln, Schuhen und Sandalen, sondern auch von Putzschnüren oder es dient
EUr 1 wn aiuitrn .-»cnmiu K;_;c!^cn.sian<u*ii , /.uv
Vert. der Kapseln für Amulete (Hedjab oder
ifrigri) iiiil tlenen sich Funje, BeJja, die Schwarzen in
Bornu, die Mandinka, Wolof, Aschanti u. s. w. zum Lächerlichwerden behängen.
Hierher gehört übrigens auch eine kurze Erörterung der bei den Afrikanern beliebten Pflege des Haares,
HABTMA.XN.
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Drittes Buch.
der Haut, der Nägel und der Zähne. Unter vielen Abyssiniern, den Berabra und Bedja sind abenteuerliche und im Belieben des Stammes wie des Individuums variirende Arten der Haarfrisuren üblich, allerhand Flechten, Raupen, Wülste, Locken und Strähnen. Der- gleichen waren auch bei den wirklichen Haaren und den Perrüken der alten Aegypter zu sehen. Letzteres geht aus den Bildwerken, Wandgemälden und Gräber- funden der Iletu-Zeit hervor. In ähnlicher Weise ordnen die Funje, Niam-Niam, Balonda, Wanyamesi, Fan u. s. w.
Kuiwohner aus Manyema. Fig. 45. Jungfrau au8 Ost-Manyema.
ihre Haare. Monbuttu, Waguha, zum Theil ^uch Fulbe decken ihre chignonartigen Touren und mädchenhaft angelegten Flechten mit federgeschmückten Korbhüten. Ueberaus abenteuerliche Haartrachten in einer kaum übersichtlich zu beschreibenden Menge von Abänderungen sind übrigens bei vielen der Nigritier Central- und Süd- afrikas in Gebrauch. Was soll man wunderlicher finden, den Strahlenkranz der Balonda und Niam-Niam, das hohe nn die Damenköpfe der Rouezeit erinnernde Toupet der Galloa und anderer westafrikanischer Stämme, die Locken und papillotenähnlichen Anhängsel der Manyema
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I Miirifuiinigi
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oder die StatVelgellochte der Maschona. Die Scliam- haare, selbst die Augenbrauen werden öfters sorgfältig entfernt; man benutzt zum Ausreissen derselben ganz zierlich gearbeitete Pincetten.
Einschnitte und Einstiche in die Haut sind zahlreich in Gebrauch und zwar von den groben Backen- und Schliifenkerbungen der ßerabra und Bedja, sowie den rohen Kreuzschnitten der Bantetsche oder Scratched faces i^in Loango) bis zu jenen zierlichem guirlanden- artigen Configurationen , mit denen z. B. die Niam- Niam, die Weiber der Hammedj, Matambue, Makonde, Mangandja und Machinga sich verzieren. Auch sind Bemalungen mit einer Art weissen Pfeifenthons bei den Bari, mit rothem Ocher bei diesen, den Berun und Berta, mit Rothholz und mit schwarzem Gardeniasaft bei den Monbuttu u. s. w. üblich.
Der Afrikaner liebt sehr die Ein- fettung des Körpers, wodurch er die Haare weich und elastisch, die Haut geschmeidig erhält; Insekten- stich, kriechendes Ungeziefer, der Sprödigkeit der Haut erzeugende Sonnenbrand und die Wirkungen differenter Temperatur finden durch diese Unctionen ihre Bemeisterung. Dazu dienen mancherlei Substanzen Butter, Ricinusöl, Palmöl, die vegetabilische Butter des Schiabaumes, endlich als seltener Luxus der Kannibalen hier und da Menschenfett. Das Fett der Schlangen und Strausse wird mehr als Medicament (bei Erkäl- tung, Rheumatismusi gebraucht, dasjenige von Termiten und von Käferlarven wandert dagegen lieber in den Kochtopf. Krokodilmoschus, celtischer Baldrian, Weichsel- kirschen, Sandelholz, Zibeth u. s. w. werden zur Geruchs- verbesserunsr der Fette benutzt, welche letztere ohne
8*
Fiy. 4n. Pincette der BoDgoweiber.
wie Hammeltalg,
1 1 (^ Drittes Buch.
jene Zusätze jeden Afrikaner nach geringer Zeit in einen Stinkjochen verwandeln würden. Immer habe ich ge- funden, dass Berabra und Nigritier reinlichere, mehr auf Waschen und Baden bedachte Leute seien, als der ägyptische Fellach.
3. Bewafnung.
Schiessgewehre findet man jetzt ausser bei den mo- hammedanischen Berbern noch bei vielen Völkern West-, Süd- und Ostafrikas. Im Innern sind diese Art Waffen zur Zeit nur selten. In den ersten Jahren unsers Jahr- hunderts begnügte man sich in Afrika mit alten aus- rangirten Feuerschlossmusketen, welche man mit Me- tallringen, Kauris, Lederschnüren, Menschen- und Thier- haaren, Grigris u. s. w. herausputzte. Jetzt ist man hier dagegen kritischer geworden und steigert die Nach- frage nach bessern Gewehren von moderner Gonstruction. An der Guinea- und Ostküste, in Kaffernland u. s. w. gewahrt man in unsern Tagen einei grosse Anzahl von Feuerwaffen; englische Agenten vertreiben hier aus purem Krämergelüst Tausende von Musketen für guten Profit. Die Regierungen der östlichen Boer-Republiken, von Oranje-Frijstaat und Transvaal, haben es noch neuer- lich den Briten mit Recht zum Vorwurf gemacht, dass letztere die stets auf Feindseligkeiten gegen die Weissen bedachten Eingeborenen mit so gefährlichen Waffen versähen. Freilich haben die Rothröcke im Aschanti- und in den Kaffernkriegen selber viel von den durch sie verhandelten Kugeln zu leiden gehabt; der Zulu- könig Chotschwayo lässt sie das jetzt gründlich fühlen.
Die Abyssinier verfertigen noch immer ihre alther- gebrachten plumpen Luntenröhre und laden sie mit rundlich-geschlagenen Eisenstücken.
Die eigentliche nationale Hauptwaffe des Afrikaners bildet aber die Lanze; sie dient theils zum Werfen, theils sum Stossen. Unendlich vielartig ist die Gestalt der Spitze, von der zackig-pfriemförmigen der Denka
r Arrikiniti
1 17
an i»is zu iier breitblattigen uer südliclien Gala uutl zu dem schmaleru Riesenblatte der Nuer. Der Haken ani Spitzenstiel, Damentlich solcher, die sich wie Rechen-
Frj. 41.
SpeeTipilzender
Betcbuaua.
Fi'j. 46. BoDgolanzeD.
eisen gegeneinander biegen, sind vielerlei. Auf jeder Fläche des Lanzenblattes läuft in longitudinaler Rich- tung ein Eisenkiel und dieser ist manchmal sogar nacli ' entgegengesetzter Richtung gedreht, wodurch dann tiefe
\ \ ^ Drittes Buch.
Blutrinnen gebildet werden. Eisenspiralen, Kupfer- und Messingdrähte , Haare und Federn sclimücken den aus Bambus oder mancherlei zähen Hölzern verfertigten Schaft. Die in geschlossenen Legionsgliedern fechtenden Zulu dringen phalanxartig mit gefällter Lanze auf den Feind ein, diesen durch den Anprall in Verwirrung bringend. In ähnlicher Weise kämpfen die Masay. Der Wurfspiess dagegen leistet auf weitern Abstand nur wenig.
Viele Afrikaner, wie die Berabra, Bedja, Funje, A-Bantu, bedienen sich auch des Stockes und des Knittels als Waffe. Diese Geräthe sind von sehr ver- schiedenartiger Form und Länge, hier gerade, da ge- krümmt, bald geknöpft, bald ungeknöpft, mit einem Endhaken versehen oder nicht-, sie dienen zum Schlagen
l-iy. 4'J. K«ulen der Deuka. Fig. r)0. Streitaxt der Basuto,
und zum Werfen, ihre Wirksamkeit ist natürlicherweise nicht beträchtlich.
Dagegen ist die Keule in der Hand des Nigritiers eine nicht ungefährliche Waffe, so namentlich die lange, bald glatte, bald knotige der Denka, oder die kürzere, aber schwerere Akazien- oder Ebenholzkeule anderer Stämme des Weissen Nilgebietes. In der südlichen Gegend der grossen Seen und bei den A-Bantu ist der Kerri oder Induku im Gebrauch, eine kurze, mit Endkugel versehene Keule, welche dem Teigreiber unserer Haus- haltungen ähnelt.
Die Streitaxt bildet ebenfalls eine afrikanische Volks- waffe; gewöhnlich besteht sie aus einem Holzstiel, durch dessen dickes Ende eine eiserne Klinge getrieben ist, das eine Ende der Klinge ist spitzig und gerade oder gekrümmt, das andere, hauptsächlich zum Schlagen die- nende, zeigt sich beilartig verbreitert. Manchmal sind
ll.iiislu'lit^ Kiiiriclituni
Afrik;
11!»
sächlich bei den südlich vom Aequator wohnhaften und bei den Guinenstiinunen angetroffen, und erweisen sich als sehr wirksame Waffen.
Ausserdem liebt der Afrikaner eine grosse Mannicli- faltigkeit schneidender Instrumente. Obenan steht das Schwert: in Nordafrika ist das lange, breite, gerade Schwert mit Kreuzgriff im Gebrauch, welches, in einer Lederscheide getragen, eine el)en- 80 malerische wie zuverlässige Waffe abgibt. (Vgl. Fig. 2, der Kamelreiter, Fig. 41). Die Tuarik benutzen zum Theil ein gerades Schwert ähnlicher Kreuzheftung. Abyssinier haben den Schotel, einen langen Säbel, dessen zwei- schneidige Klinge, im Winkel ge- bogen, gleichsam geknickt er- scheint. Von vielen Ostafrika- nem, z. B. den Masay, wird ein Schwert getragen, dessen Klinge sich an dünnem Eisenstiel plötz- lich sponton - pfeilförmig ver- breitert. Die meisten Nigritier haben kurze Schwerter von sehr verschiedenartiger Form, mit ge- raden oder gebogenen, bald breit- oder schmal - lanzettförmigen ,
manchmal breit-l)lattförmigen Kliniken. IJei den Balonda und andern südlich vom Aequator wohnhaften Stämmen hat die Klinge einen eingebuchteten oder eingekerbten Rand. Zwischen den Einbuchtungen oder Kerben ist die Schneide convex nach aussen gebogen. Die Klingen der Fan-Schwerter sind oben hakig, unten zungen- förmig. Selten wird das Schwert blank getragen, meist "wird es in eine aus Leder, Fell, l'^lfenbein. Hörn oder Baumrinde verfertigte, mehr oder minder kunstvoll ver- zierte Scheide gesteckt.
'l'-ir^i.
120 Drittes Buch.
Eine recht mannichfaltige Form zeigen auch die überall gebräuchlichen Dolche und Messer. Bei den Berabra sind dieselben breit-lanzettförmig, diejenigen der Bedja zeigen sich hin- und hergekrümmt; Somal, Danakil und Gala haben ein breites, krummes, zwei- schneidiges Messer im Gebrauch; die Messer der Fan haben kurze, breite, denen riesiger Radirmesser ähn- liche Klingen; die Niam-Niam und Monbuttu verzieren den Griff ihrer Messer recht hübsch mit dünnen Eisen- reifen. Fast alle afrikanischen Waffen dieser Art haben ihre Lederscheide, die bei den gekrümmten Formen stellenweise offen bleibt, um das Einstecken und Heraus- ziehen der Klingen zu erleichtern. Viele Afrikaner tragen ihr Messer am linken Arm, andere befestigen es im Leibgurt oder sie schnallen dasselbe (wie z. B. die
Fig^ 52. Schvrert aus Kordofac. Fiff .'j3. Messer der Berabra.
Bedja) mittels eines besondern Bandeliers um die Hüfte fest.
Einen höchst eigenthümlichen Kampfapparat bilden jene Waffen der Afrikaner, welche meist aus Eisen, seltener dagegen aus Kupfer verfertigt, theils zum Schla- gen, theils zum Werfen dienen; sie sind unter Teda, Tuarik, Funje, Margi, Kanori, Noba, Niam-Niam, Monbuttu und Fan im Gebrauch: man belegt sie mit den Namen Trumbasch, Kulbeda, Schanger-Manger u. s. w. Die Kulbeda der Funje ist ein langes, schweres Eisengeräth mit lederumwickeltem Griff und von theils gestreckter, geflammter, theils gekrümmter Form, auch mit vor- stehenden Zinken versehen. Bei den Monbuttu zeigt diese Waffe häufig sichelförmige oder säbelartige Krüm- mungen, bei den Niam-Niam zeigt sie sich mit oder ohne sonderbar beilähnlich verbreiterte Stellen. Die sichelartige (Monbuttu-) Form dieser Waffe erblicken WM- Ko.-..Uo Mif den altägyptischen Denkmälern in der
Ifäuslirhe Einrichtungen u. s. w. dnr Afrikaner. 121
Hana i'haraonen dargestellt; uitl bei de»
Masgu, Margi u. s. w. ähnlich wie bei den Funje auf^ diejenige der Tunrik hat eine Gestalt, wie man sie auch unter den Niam-Niam wiederfindet, da sieht man von dem kurzen mit Bindfaden u. dgl. umwundenen Grifl'e aus gar seltsame getheilte, stellenweise im Zickzack gebogene, mit scharfen blatt-, schnabel-, spatel- oder zuDgenartigen Ansätzen versehene Klingen ausgehen.
Bogen und Pfeil werden bei den Schür, Bari, So- mal, Berun. Aschanti, Kanembu, vielen andern Nigritier» Centralsudans, den Warna, Doko, Abongo, Akka, Busch- männern, Hottentotten u. s. w. benutzt. Der Bogen der Bari ist lang, mit Eidechsenhaut umwunden, schwach gekrümmt und mit starker Sehne von Bindfaden versehen. Die Pfeile sind lang, seltener mit langen, spindelförmigen Spitzen von hartem Holz, gewöhnlich dagegen mit eisernen Spitzen von der denkbar man- nichfaltigsten Form endigend. Jeder Pfeil hat einen Rohrschaft und an dessen freiem eingekerbten Ende auch wol eine Be- ,„ ^''J- ''t-
/» 1 T>' T^r> «1 • r. Trumbasch der
fiederung. Diese Pfeile werden in Bün- Xiam-Niam. dein oder in einem mit Ziegen- oder Chimpansefell, auch wol mit Kuhschwänzen verzierte» Köcher getragen. Die Mandinka, Bambara und die Bewohner von Sangara haben ähnlich geformte sehr lange Bögen wie die Bari. Eine in der Mitte einge- knickte Form zeigen diese Waffen unter den senegam- bischen Felup, den Somal und andern Afrikanern. Die Hottentotten und Buschmänner führen kleine, in Form eines weiten Kreissegmentes gekrümrate Bögen und kurze, mit dreieckigen oder zackigen Spitzen ge- krümmte Pfeile, welche letztere theils in Köchern, theils im Haupthaar (I) getragen wurden. Bei den Hotten- totten ist freilich der Bogen wol grösstentheils durch das Feuerrohr ersetzt worden. Die Akka und Abongo benutzen denen der Südafrikaner ähnliche Bögen, wie es scheint selbst manche Fulbe- Stämme.
122 Drittes Buch.
In Afrika ist das Vergiften der Pfeile sehr gewöhn- lich. Die Bari und Berun nehmen dazu den unver- fälschten rohen Milchsaft einer Baumeuphorbie, dessen Wirkungen auf die thierischen Gewebe als corrosive, ätzend-zerstörende sich erweisen. Die Buschmänner sollen ihr Gift aus Euphorbiensaft, demjenigen der Gift- araaryllis, aus Schlangengift und auch aus dem Saft einer Käferlarve, Ngwa, bereiten. Indessen dürfte in ihrem Pfeilgift Euphorbienmilch ebenfalls der wirk- samste Bestandtheil sein. Diesem scheint auch jenes Pfeilgift angehört zu haben, mittels dessen die Fulbe von Mandara den bornuesischen Streitkräften unter Baraka-Gana und Sidi Bu-Bakr-Bu-Kallum so arg zu- setzten. Die Fan bedienen sich zur Vergiftung der
Fig. üj. Bogen und Köcher an der Ostküste.
Samenkörner einer Liane, vielleicht einer rankenden Asclepiadee.
Eine sehr interessante Waffe bildet die Armbrust der Fan; sie hat etwa vier Fuss Länge, ist aus zähem Holze geschnitzt und hat einen eigenthümlichen Apparat zum Losschnellen der vergifteten Pfeile; zum Spannen der Sehne sind Hände und Füsse erforderlich. Bastian nimmt an, dass das Modell zu diesem Wehrstück den alten Portugiesen entlehnt sei.
Schilde sind vielfach üblich; derjenige der östlichen Gala und ein Theil der Somal deckt nur die Faust. Er wird aus der Haut des Rhinoceros u.s. w. verfertigt und sehr künstlicli gepresst. Einen länglichen Parierschild benutzen die Denka. Unter Berabra und Bedja sieht man den runden, stark genabelten Schild (s. Fig. 2)
HüunIIiIu- Elnrlrlituii-rn
r Afrikaner. 123
HU8 nüfTelli i "•■.r ...^..v .;; ;iien länglichen, eben-
iUs genabelton, oben und unten verjüngten, künstlich iiwärzten SchihI aus der lUickenhaut grosser Anti- ! oder der Girafl'en vor, bei den Kanembu und Mon- sind hohe Schilde aus leichtem llol/e, bei den i-Niaui zierlich aus Stuhlrohr, Hat tan, geflochtene M Gebrauch. Aehnliehe zeigen sich auch unter den 'an, die ausserdem noch grosse lereckige Klefantenhautschilde an- wenden. Die Masay decken sich hinter mächtigen, weiss- und rotli- gefelderten Ledertartschen, während die Kaffern an ihren gleichfalls sehr hoben breiten Schilden von Rinder- haut aussen die bunten Flecke des behaarten Felles belassen. Die Bet- na haben einen kleinern, an ' i\ Seitenwänden tief einge- uchteten, oder bald oben, bald nten, bald auf ditsen l><.;.1..ii '^^pifrM» eflügelten Schild.
Schild der Funjc.
Fifj. r,7. Arabischer Soldat
«les Sultans von Zanziltar
mit dem FaustHchilde der
Snmal u. s. w.
Man benutzt zur Anfertigung dieser Schutzwaffe zum Theil sorgsam präparirte, zum Theil, wie bei den Kaffern, ungegerbte Haut. Meist bedient man sich eines an der hintern Schildfläche angebrachten Trag- holzes, dessen oberes Ende die A-Bantu in phantasti- scher Weise mit Federn oder Säugethierschwänzen verzieren.
Ifäuslicli' F'nrlchturi^rn u. s. w. der Afrikaner. 125
.V . .^..... .,uu;... ; .. urwiilint zu werden, dass
manche Afrikaner gewisse pnnzerartige Bedeckungen f ' n Körper benutzen. Das einfachste derartige 1 V ist drr Lederkoller der Musgu. In IJornu
.it man schon wirkliche Brustpanzer mit Blechschie- uen; hier ist auch schon das aus Drahtringen ver- fertigte Panzerhemd in Gebrauch. Das letztere und ler mit Panzerringen behangene Eisenhelm, selbst ei-
erne Annschienen, benutzen ferner die B'unje und Bedja.
Fig. ."»!>. Brust- paoser, Bornu.
^'-
i»..Tartige i^nr/frii» iiidm >ina iii«m-t persiscJie? Fabrikat; sie gehen aus den Waffenschmieden von Korassan, Schi- as u. s. w. hervor. In Sennar wie in Bagirmi sucht man Reiter und Boss auch noch mit baumwollenen, in regelmässigen Carreaux gesteppten Decken zu schützen. Gegen Pfeilschüsse, Lanzenstösse und matte Kugeln sichert freilich ein solches, übrigens recht ungeschlachtes Rüstzeug ganz wohl. Der Pferdekopf wird bei den Kanori und Funje überdies mit breiten Eisenschienen bedeckt.
126 Drittes Buch.
i. Ackerhau imd Viehzucht.
Afrika liefert eine Menge wichtiger und interessanter Bodenproducte. Manche derselben scheinen dem Continente eigenthümlich und erst von da aus über andere Länder verbreitet worden zu sein. Indessen sind die Ansichten hierüber abweichender Natur. Leider verbietet es uns hier der Raum, auf diese so anregenden Streitfragen näher einzugehen; begnügen wir uns hier damit, die thatsächlichen Yerhältnisse anzugeben.
Hauptbrotfrucht Afrikas ist das Sirch- oder Sorghum- korn, auch Negerhirse oder Kafferkorn, arabisch Durra genannt (Sorghum). Man baut diese Frucht auf hin- länglich feuchtem Boden von Aegj^pten an bis zum Cap liinunter und zwar in verschiedenen Varietäten, welche in der arabischen Sprache und in den nigritischen Idiomen mancherlei Specialnamen führen. Dieser Halm- frucht gesellt sich der Dochn bei (Penicillaria)y welcher einen etwas sandigem Boden verträgt; mit letzterm nimmt auch der Mais (Zca Mays) fürlieb. In Abyssi- nien und Centralafrika baut man die Dagosa oder Da- goscha (Eleusine). Weizen ist über Aegypten, das Magreb, Nubien und Abyssinien verbreitet; in diesem Lande soll man ca. zwanzig Varietäten desselben bauen. Gerste wird in Nordafrika und in Abyssinien in 16 — 18 Spielarten cultivirt. Letzterm Gebiete und den mittlem Galaländern gehört auch Tef (Eragrostis) an. Der Roggenanbau ist auf Aegypten und Abyssinien be- schränkt. Reis ist über Aegypten, das Magreb, den Westen und Osten verbreitet. Diese sämmtlichen Ge- wächse dienen zur Bereitung von Brot, Mehlspeisen, von Bier (zu welchem unter anderm Gerste, Sorghum, Dochn, Dagosa, Tef und Mais die hauptsächlichen In- gredienzien liefern) und von Schnaps. Das Stroh passt »Is Futter und zum Hüttenbau (z. B. Sorghum, Dagosa). .\n Futterkräutern liefert Nordafrika Alexandrinerklee (Trifolium alexandrinum) ^ Luzerne (Medicago satica), 1 'M'infMi, I.nbien (Dolichos), Hafer (in Südabyssinien),
Hausliche Einrichtungen u. Afrikaner. 127
-chotenweiderich (EpUohium)^ Haifa {Poa cynosuroide8)\ ier Westen liefert Guineagras (Pajiiciim ma.iinmm?)y las Innere Mais-, Sorghum- und Dochnstroh, unzählige vilde Gräser, Kräuter, Haumblätter u. s. w. u. s. w.
Reich ist Afrika an Oel pflanzen. Bemerkenswerth sind in dieser Hinsicht Ricinus, Sesam, Oelbauni (Olea)^ Erdnuss (Arachis), Nuk (Guizotia) in Abyssinien, halb angebaut sind im Centrum u. s. w. Kindi (Hypiis sinci- !'ra)y Schia- oder Butterbaum (Butyrospermum), die üelpalme (Elaeis) im Innern und im Westen. Wild wächst die Lophira alafa der Monbuttu. Ich schweige "lier von einer Anzahl untergeordneter, Fette liefernder lewächso, an denen namentlich das Magreb, Aegypten und ' n recht reich sind.
Gev;^_>-:_::e liefern der Hanf, Lein, Haifa oder Ged-
dim (Sfipa tenacissima) ^ die Baumwolle, Sencha (Ly-
/?), eine Nesselart (Urtica nivea)^ eine Zellenlinde
horus fextilis), der Rokko-Feigenbaum (Urostigma)^
.\q Weinpalme (liaphia vinifcra^ Westafrika), Panda-
'/5, eine Art Eibisch (Ilibisciis cmmahinns — im Nil-
iial, in Centralafrika). Zum Färben dienen Indigo,
Krapp, Henna, Saflor, Gardcnia, Rothholz (Pterolohium)
und andere Producte.
Von diesen Gewächsen finden sich Sorghum (in Seu- nar), Reis (z. B. Oryza punctata in Kordofan), Ricinus •n Sennar, Abyssinien), die Oelpalme (in West- und entralafrika), die Weinpalme (daselbst), Baumwolle in Kordofan, Sennar, in manchen Gegenden zwischen Zambezi und Oranjefluss) wild. Andere Forscher sind freilich der Ansicht, es handle sich hier nur um ur- '^'lich cultivirte, später verwilderte Pflanzen. Letz- kann nicht bewiesen werden. Der Weg der Cul- irverbreitung dieser Pflanzen ist noch zweifelhaft; bei ndem kennt man diesen Weg genauer. So ist z. B. Manihot von Südamerika (Brasilien) aus über Angola nach dem Innern gelangt. Yamswurzel, Bataten, die Luftwurzelknollen der Helmia finden sich in verschie- denen Tropenländem, in Afrika auch zum Theil in
128 Drittes Buch.
wildem Zustande; sie dürften sich hier als einheimisch erweisen.
Was nun die obenerwähnten Culturgewächse anbe- trifft, so will ich nur bemerken, dass afrikanische Baumwolle zum Theil als vorzüglich gilt, dass ägyp- tischer Flachs und Hanf auf den Märkten mit Ehren bestehen, dass ebenso ägyptischer Krapp und Saflor von europäischen Auftraggebern gesucht werden, dass aber z. B. aller afrikanische Indigo, soviel auch davon Aegypten, Nubien, Centralsudan und Guinea cultiviren, soviel auch zum Färben der Toben (S. 108) u. s. w. ver- braucht wird, nicht viel taugt. Dieser Indigo hält keine Concurrenz z. B. mit den weit bessern in den höhern Gegenden Indiens (Himalaja) und in Mittelamerika {z. B. in Costa-Rica, Tehuantepec) producirten Sor- ten aus.
Wenden wir uns nun zu den afrikanischen Frucht- pflanzen, so finden wir unter ihnen z. B. eine An- zahl, deren Ursprung zweifelhaft, andere, deren Her- kunft dagegen sichergestellt erscheint. Obenan steht unter diesen nützlichen Gewächsen die Banane. Die über einen grossen Theil der afrikanischen Tropen- länder verbreitete , gebirgige Gegenden hauptsächlich liebende Wildbanane, die Enset der Abyssinier (Musa Ensete)^ wird von Schweinfurth , wenn auch mit Re- serve, für die wahrscheinliche Urform der Culturbanane gehalten, lleuglin fand ausgedehnte Anpflanzungen der (zahmen) Enset in Habesch, nämlich im Woinathal, in Sabra und Schoada am Bellegas; Harris fand deren in Schoa, Speke in Uganda. Die jungen Schossen bilden ein Hauptgemüse vieler Abyssinier. Culturbananen (Musa sapicntum und paradisiaca — vor allem erstere) erzeugen ungeheuere Plantagen in gewissen für ihre Pflege besonders geeigneten Gebieten, wie Uganda, Mon- buttuland, Angola und Benguella u. s. w.
Während die Oelpalme nur in geringem Grade eine aur Speise geeignete Frucht, nämlich ihre süsse, fettige Pf1nnn,o -Urbictet, liefern die im wilden und auch halb-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. ]^Ji)
angebauten, sowie durchaus cultivirten Zustande ge- deihenden l)elel)j>almen (liora^st(s Acthiojinm)^ die Dom- palmen (Jft/yhnfnc thchaica) und die Argun (H. ArptnO eine nur dürftige Fruchtnahrung. An den tropischen Küsten zeigt sich die kosmopolitische Kokospalme, im Korden die Dattelpalme, beide unvergleichliche Frucht- bäume. Die Dattelpalme bringt in Dongola, in Wargla, Tuggurt und im Biled-el-Djerid ihre schönsten Pflaumen hervor, dagegen hört ihre Cultur im Süden des 14" nördl. Br. allmählich auf. Einzelne unfruchtbare und in ihrer sonst so stolzen Wedeltracht herabgekommene Exemplare verleihen noch kleinen Gärtchen des Innern, z. B. in der Seriba des Funjekönigs am Guleberge, einen dürftigen Schmuck. Wilde Dattelpalmen (Phoenix sjfiiwsa^ Phoenix recUnata) treten in den Wäl- dern des mittlem wie südlichen Afrika auf; aus einer derselben möchte wol die Cultur-Dattelpalme des Nor- dens (und auch Westasiens) hervorgegangen sein.
Während die gewöhnliche Feige (Ficus carica) nur im Norden und im äussersten Süden fortkommt, liefern die überall nach der Mitte hin verbreiteten Sykomoren Früchte, welche wegen ihrer Insipidität eher von Affen als von Menschen verzehrt werden. Häufiger geniessen die herrlichen, weitästigen Sykomorbäume als schatten- spendende Patriarchen einer ganz besondern Pflege seitens der Afrikaner. Unter heidnischen Gala gilt dieses, in Abyssinien Worka genannte, Naturerzeugniss sogar ebenso gut für heilig, wie das im Bertalande mit den verwandten Urostigmenarten der Fall ist. Der Schup- penapfel (Anona sencgalcnsis) gewährt in Central- und Westafrika nur einen geringen Abglanz der heiTlichen Frucht, welche als Gischda die Tische der Grossen in Aegjpten und zu Chartum, als Cherimoya diejenigen der reichen Creolen in Peru u. s. w. ziert. Einen wilden Brotfruchtbaum (Artocarpus) bergen waldige Gegenden des Innern, während die verwandten, eine Wohlthat Indiens und Polynesiens bildenden Arten (Artocarj/us incisa, integrifolia) nur an begünstigten
Haktxabx. {)
130 Drittes Buch.
Küstenplätzen, z. B. des Ostens und Südostens, voll- kräftig gedeihen. Die köstliche Mangofrucht ist eben- falls ein Fremdling auf afrikanischen Küstengebieten.
An andern fremden Tropenfrüchten und an Agrumi oder Südfrüchten fehlt es hier und da nicht. Manche derselben arten jedoch aus; so erhalten z. B. die Orangen in Ostsudan einen faden, wässerigen Geschmack.
Cactns ojmntia ist, wie die Agave, von Amerika her eingeführt und hat sich vom Norden und Süden aus an manchen trockenen Stellen völlig eingebürgert und sehr stark vermehrt. In Südafrika soll jetzt der Cactus beträchtlich wuchern und sich mit seinen dornigen Ge- hegen in alle möglichen Gebiete eindrängen. Die mit feinen Stacheln besetzten Früchte finden (auch unter dem arabischen Namen Dornenfeige — Tin schoki) hier und da Raum auf den Märkten.
Afrika liefert eine Anzahl von Waldfrüchten, welche nach dem Urtheile einiger Reisenden nach Pfeiferkuchen und Chocolade schmecken sollen. Ich finde den erstem Geschmack wol an den Domfrüchten, den zweiten an gewissen, wahrscheinlich zu Zizyphus gehörenden Früch- ten der Landschaften Roseres und Fazoglo ausgeprägt. Säuerlich-süss sind die Beeren der Lotosbäume (Zi- zyphus Sx>ina Christi^ Biospyros lofosj, theils kressen- artig und dabei süsslich diejenigen des Schau oder Suak (Salvador a persica), sowie diejenigen des Tundub (Sodada decidna). Einen Mischgeschmack nach Schmier- seife, Honig und ranzigem Oel verräth der Iledjlidj (von Balanites aegyptiaca)^ einen Doppelgeschmack von Mispeln und Kressen der Chum (von StrycJinos innocuo). An Ananas erinnern die Deleb fruchte. Im Innern und im Süden mag es noch manche andere besser oder schlechter schmeckende Waldfrüchte geben, die bisher wenig oder gar nicht bekannt geworden sind. In Natal bereitet man unter anderm eine wohlschmeckende Con- serve aus Amatungula, deren botanische Herkunft mir zweifelhaft geblieben ist. Die Eingeborenen sam- meln alles solches Zeug und geniessen es frisch, ge-
Hän^licho Einriobtungen u. s. w. der Afrikaner. 131
trocknet inannichfach zubereitet. Aus Nebbek,
Frucht vom Sidrstrauch (Zizijphus Spina Christi )y werden Brote und Fladen geknetet, ähnlich wie dies am Sinai aus Datteln und in Syrien aus Aprikosen (Mischmisch) geschieht.
Wilde Weinrebe (] Itis aht/ssifiica etc. ) durchrankt im Osten und im Süden die Wälder mit Ungeheuern Festons. Die Beeren dieses Gewächses sind ohne Be- deutung. Der veredelte Weinstock ist von den Aegj-ptern vielfach angepflanzt und zur Herstellung von Traubensaft benutzt worden. Bacchische Gelage mit Spiel und Gesang scheinen bei den geistvollen und lebenslustigen Retu, welche von oberflächlichen tou- ristischen Simpeln hier und da als ein verfinstertes, stockabergläubisches, philiströses Geschlecht dargestellt worden sind, an der Tagesordnung gewesen zu sein. Heutzutage liefert der Weinstock in Nordafrika mancher- lei Traubensorten von nur geringer Güte; dagegen hat die Weincultur bekanntlich am Cap eine eigenthümliche Blüte erreicht und erfreut die civilisirte Menschheit mit den alleredelsten Producten.
An Gewürzpflanzen ist Afrika nicht so reich wie andere Tropenländer, wie z. B. West- und Ostindien. An der Ostküste hat man den Gewürznelkenbaum, Zimmt- baum, Muskatnussbaum u. a. angepflanzt, und diese gedeihen dort recht gut. Auch die Westküste zeigt Anpflanzungen solcher exotischen Gewürzpflanzen. Afrika producirt aber selbst deren einbeimische, so z. B. im Nordosten und Osten noch manche wenig bekannte Amomaceen, femer den Malaguettapfeff'er (Amonwm granum Paradisi), den Aschantipfeff'er {Cubeha Clusü) u. 8. w. Der rothe Pfeö'er, arabisch Schideda (Cap- sicum frutescens, coiiicum), der Eppich, Koriander, Bockshomsamen, Schwarzkümmel. ^' "♦' w^rdon nament- lich im Osten angebaut.
Einen grossen Formenreichthum zeigi der (xemüse- bau der Afrikaner. In den gemässigten Gegenden des Nordens gedeihen viele Kohlsorten, Kresse, Salat, liat-
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132 Drittes Buch.
tich, Spinat, Sauerampher, Rettich, Runkelrüben, Por- tulak, Meluchie (Corchorus) , Endivien u. s. w. Am Cap findet man alle nur denkbaren europäischen Ge- müse in bester Qualität. Strauchbohnen, Lablab, Lubien (Bolichos labial), nüotica), Lupinen, Bohnen, Saubohnen, Linsen, Erbsen, Platt- und Kichererbsen, Artischoken, Eierpflaumen, Tomaten, Eibisch (Hibiscus esculentus, arabisch Bamie) werden selbst noch in manchen äqua- torialen Gegenden mit bald mehr, bald weniger Glück cultivirt. Die Gurkenarten zeigen sich reichlich ver- treten: neben unserer gemeinen Gurke finden sich im Nordosten die wohlmundende Chate, der Dudaim, die Karakuse; die süsse, die Wassermelone, der Flaschen- kürbis sind hier überall verbreitet; letzterer erscheint in den allermannichfaltigsten Varietäten. Die Wasser- melone tritt in manchen trockenen Strichen wild auf. Die südlichen Wüsten, z. B. die Ealihari, sind re'ich an wilden saftreichen Melonenpflanzen, an deren Fleisch sich die herumstreifenden grossen Thiere, sogar der Löwe, ferner auch nomadisirende Menschenstämme er- quicken. Leider hat man bisjetzt noch keine Versuche zum Anbau und zur Veredelung so vieler dieser sicher- lich Grosses versprechenden Cucurbitaceen gemacht.
Endlich sind einige harzliefernde Pflanzen zu erwäh- nen, welche hier und da, wenn auch nicht einem regel- rechten Anbau, so doch wenigstens einer gewissen Scho- nung und durchdachtem Ausbeutung unterliegen. So z. B. im Nordosten der Papierrindenbaum (Bosivellia papyrifern), dessen Harz, arabisch Kafal oder Liban, zum Dichten von Gefässen und zum Räuchern dient, im nördlichen Somallande der echte Weihrauch (von BostvclUa Carterii), sowie geringere, ebenfalls die Harze von Boswellia-Arten bildende Sorten. J. M. Hilde- l)randt, dem wir letztere Angaben verdanken, glaubt, auf Lepsins sich stützend, dass „Punt" der altägyp- tischen Inschriften das Somalland bezeichne; das hat jedenfalls vieles für sich.
Von einer eigentlichen Waldcultur ist in Afrika
Häusliche Kinriohtungeii ler Afrikaner. KJ.'J
keine Rede. Man begnügt sich vielmehr damit, diese oder jene, den Ansiedelungen zufallig benachbart wach- sende Waldbaume u. s. w. in gewisse Affection zu nehmen, sie regelrechter auszubeuten und ihnen einen bedingten Schutz gegen äussere Schädigung angedeihen zu lassen. So überwacht man unter andcrm die Bao- babs (Adansofu'a diffitnia), deren Rinde man als Bast, deren frische Blätter man als Suppenkraut, deren Früchte man als Erfrischungs- und Heilmittel benutzt. Aehnliches geschieht mit dem Rokko (Urostigma Kot- schjfanum)^ dem das Rindenzeug liefernden Baume der Waganda, Wanyoro, Monbuttu u. s. w. (S. 109). Im Lande des letztgenannten Volks hält Schweinfurth den Rokkobaum nur für angebaut.
Abyssiniscber Pflug.
Die Schilluk und viele andere Nigritier pflegen in Nähe ihrer Dörfer wachsende Deleb- und Dompalmen. Riesige Crataeva- und Ficusbäume sind in Nordost- afrika Gegenstand eines allgemeinen Schutzes, und sah ich die prächtigen grau-weissen Stämme des StercuUa Hartmanniana bei Dörfern durch Negerbuben sorgfältig von angeklebten Termitenröhren reinigen. Oefters be- findet man sich im Unklaren darüber, ob derartige Schutzmaassregeln für sonst wildwachsende pHanzliche Erzeugnisse nicht als Gegenstände eines geregeltem Pflanzenanbaues zu betrachten seien. Eine Entscheidung kann hier unter Umständen recht schwer werden.
Als hauptsächliches Ackergeräth dient in einem Tlieile Afrikas der Pflug; er zeigt in Abyssinien, Aegypten und im Magreb eine noch ursprüngliche rohe Form. Hier freilich finden jetzt der verbesserte amerikanische und der
134 Drittes Buch.
Dampfpflug neben manchen modern-europäischen, durch Ochsen u. s. w. bewegten Formen seinen Eingang. Im Süden des 14 ^ nördl. Br. hört der Pflug meist auf in Gebrauch zu bleiben, da tritt die ein- fachere Hacke in ihre Rechte, hier an kurzem, da an langem Stiel befestigt und mit sehr verschiedenartig gestaltetem Eisen versehen. Bei rohern und bei den unter dürftigen Verhältnissen lebenden Stämmen, z. B. bei versprengten Bedja, Nigritiern u. s. w. thut auch ein zugespitzter, vielleicht noch im Feuer gehärteter Stock das Seinige. In Ost- und in Centralsudan ist vielfach der Melot oder Molot üblich, ein kleines Spaten- eisen, welches zugleich als Han- delsartikel dient. Die Funje neh- men eine kurzstielige, die Basuto u. s. w. dagegen eine langstielige Hacke zur Hand.
Zum Mähen dient eine Sichel, oder wenigstens ein sichelartig gekrümmtes Eisen. Manche Acker- pflanzen von niedrigerm Wachs- thum werden mit der Hand aus- gerauft. Baumwollkapscln und t'iff.62. Molot oder Melot. verschiedene Früchte werden ab- gepflückt. In Aegypten benutzt man den auch in Syrien und in manchen Theilen der Iberischen Halbinsel gebräuchlichen, von Rindern ge- zogenen Dreschschlitten; in andern Gegenden lässt man die Körnerfrucht durch Menschen, Rinder oder Pferde austreten, man schlägt sie mittels Stöcken aus oder klopft sie lose mit Steinen. Dochn- und Maiskolben, sowie Sorghumähren werden öfter ganz, wie sie sind, abgeschnitten, getrocknet und in Vorrathsräumen , in Töpfen, Körben oder Gehängen aufbewahrt, sogar nur auf freistehenden Gerüsten oder Bäumen aufgehängt und zum gelegentlichen Gebrauche hervorgeholt. In Nubien und in Sennar bringt man die Baumwollkapseln in langen Packeten von derbhalmigen Sorghumstroh
Il&usliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 135
unter, wie ähnliche auch von den ostafrikanischen Pagazi oder (iepäckträgern benutzt werden. Das An- fertigen von Vorräthen präparirter Feldfrucht liebt der Afrikaner, welcher mehr nur der Gegenwart lebt, nicht sehr, er richtet sich jedesmal so viel Mehl, Sesam, Ri- cinus u. 8. w. zu, als er gerade nöthig hat. Etwas anderes zeigt sich in Gegenden, wo Producte des Acker- baues u. 8. w. für den Export vorbereitet werden, so 2. B. in den Siedereien von Palm- und Kokosöl an der West- oder an der Ostküste; da wird natürlich im Orossen und auf Vorrath gearbeitet.
Der Ackerbau hat, wie in allen warmen Gegenden, auch in Afrika zahlreiche Feinde. Eine Unmasse von Vögeln verschiedener Art, selbst kranichartigen, wie der numidische Krön- und der Paradieskranich, von Sperlingsvögeln u. s. w. suchen die Saaten heim. In Walddistricten werden die Felder von Elefanten, an Fluss- und Seeufern von Nilpferden greulich verwüstet. Auch Xashömer, Zebras, Antilopen und ganze Schwärme von Nagethieren gehen in die Aecker. Die Affen sind nicht die geringsten Feinde des Landmanns; eine ge- frässige Pavianheerde kann z. B. in einem Sorghura- felde binnen kurzem gehörig aufräumen. Dazu kommen eine grosse Zahl kleiner Feinde. Unter ihnen stehen -die verschiedenen Arten weisser Ameisen oder Ter- miten obenan, sie sind von unglaublicher Gier, von grosser Intelligenz und von unverwüstlicher Zähigkeit. Ihre Minengänge und ihre aus Erdtheilchen und Speichel zusammengeklebten Röhren wissen sie an alles heran- zutreiben und zwar in Zeitläufen, deren verhältniss- mässige Kürze in Erstaunen setzt. Dazu gesellen sich Ändere, wirkliche Ameisenarten (z. B. Formica maculata)^ femer Saatschnellkäfer, Rüsselkäfer, sowie zahlreiche Raupen, aucli Heuschreckenarten. Schwärme derselben, zu denen namentlich das nördliche grosse, gierige Acri- dium peregrimim und das südliche robuste Acridiuni devastator mächtige Contingente liefern, werden oft genug zu den schrecklichsten Landplagen. Die Vor-
\:]{] Drittes Buch.
räthe an Feldfrüchten werden el3enfalls von Stachel- mäusen, Mäusen, Ratten, Käfern, Termiten, Ameisen, Motten, Schaben u. s. w. angegriffen. Der Afrikaner trifft hiergegen, sowie gegen die Wirkungen der Feuchtigkeit (zur Regenzeit) u. s. w. mancherlei Vor- kehrungen. Er sucht die Vögel durch Scheuchen, durch Schleudern, durch Schreien, die Elefanten, Fluss- pferde, Nashörner u. s. w. durch Feuerbrände, Rufen, Hörnerblasen, Trommeln u. s. w. zu verscheuchen. Gegen die Insektenwelt dienen mächtige Lehmtöpfe,^ z. B. bei Berabra, Bedja, Funje, Betchuana u. s. w.
/•'/V/. o:i. Basutohütte mit Lehmtopf.
Auf Pfählen ruhende Speicher von manchmal recht zier- licher Bauart gelten in vielen nigritischen Ländern gegen jene und behufs des Trocknens. Für letztern Zweck errichtet man hier und da ganz ingeniös con- struirte Getreidepuppen. Selbst Silos oder bedeckte Erdgruben mit Steinfutterung, mit verschmierter oder mit festgestampfter Auswandung, sind bei den Berbern u. 8. w. in Gebrauch.
Die grimmigsten Feinde des Landbaues bilden in Afrika. jedoch Hitze und Wassermangel. Diese veranlassen hier so manche Hungersnotli, sie haben so oft Wände-
Häusliche Einrichtunge: der Afrikaner. 137
runiren von Stämmen, Kriege und Verzweiflung in ihrem
\'e! Algier, Kubien, das Bariland, die Betchuana-
"• n u. 8. w. sind schon häufig von solchen Uebeln in
ler Weise heimgesucht worden; Massentod und
: •! 0 serei waren bereits mehrfach in Begleitung
Fig, *i4. Korntpeicher der Niam-Niam.
derartigen Unheils. In den Nilländem muss sogar ein geringes Steigen der Gewässer als ein bedenkliches Ereigniss betrachtet werden.
Es fehlt in Afrika nicht an allerlei Vorrichtungen zur Bewässerung des Bodens. Das Magreb hat seine artesischen Brunnen, Aegypten und Nubien haben ihre
138 Drittes Buch.
Schadufs und die Sakien. Der Schaduf ist ein Schöpf- eimer, der an langem Hebebaume auf- und niederbe- wegt werden kann. Die Sakie dagegen ist ein Pater- nosterwerk, ein Wasserrad, an dessen Speichen Reihen von Schöpfeimern auf- und niedergehen. Beide Vorrichtun- gen, welche sich zum Theil in China und zum Theil in der Noria Spaniens wiederholen, sind so alt, als das Nilthal irgend Bebauer zählt. Im Nordosten Afrikas begnügt man sich häufig damit, • gefüllte lederne Schöpfeimer oder Wasserschläuche über das Ackerland auszuschütten. Man hilft sich auch hier und da im Innern mit Gruben, Oräben, Abdämmungen und künstlichen Rinnsalen. Zur Einpferchung dienen an ausgesetztem Stellen Dorn- verhaue, Palissaden, höhere und niedere Wallhecken oder lebendige Zäune von baumartigen Euphorbien, Aloes, Dornbüschen u. s. w.
Viehzucht. Waitz hat die puerile Sentenz von sich gegeben: „dass sich über die Viehzucht der Neger nicht viel sagen lasse; fast nirgends sähen wir ihre Thätigkeit dieser Beschäftigung mit Vorliebe widmen; eigentliche Hirtenvölker gebe es unter ihnen nicht. Das Hirtenleben, wo es unter ihnen vorkomme, sei fremden Ursprungs", und dergleichen Ausflüsse der Bücherweis- heit mehr. Verschiedene kritiklose Nachtreter haben diese Sentenz zu copiren für gut befunden.
Die Züchtung der Hausthiere ist in wenigen Gebieten der Erde so zu Hause wie in den afrikanischen. Wenn auch in der moderigen Waldluft mancher Gegenden des Westens und Innern Viehrassen nicht recht ge- deihen wollen, wiewol auch endemische und epidemische Seuchen und angeblich der Stich der Tsetsefliege (Glossina morsitans) die Integrität des Viehstandes stellenweise schwer bedrohen, Hausthierzüchtung treff'en wir trotzdem als eine der vornehmsten Beschäftigungen des Afrikaners; sie geht in vielen Gegenden mit dem Lundbau Hand in Hand. So z. B. bei den Aegyptern, Berbern, Abyssiniern, Nubiern, Funje, Bari, Berri, Ba- londa, Basuto, Angelesen, Benguellanern u. s. w. Wirk-
Häusliche Einrichtungei der Afrikaner. 139
lie Hirtenvölker sind unter andern) die Bedja, Somalf Gala, Denka, Fulbe, manche Mauren des Senegal, ein grosser Theil dor A-Hantu. Früher waren auch die Hottentotten starke Viehzüchter. Die Ungeheuern Ge- biete von Wüstensteppen, Grassteppen und Buschwal- dungen Afrikas begünstigen die Viehzucht ungemein. Wir verdanken dem Züchtungstalent der Afrikaner nicht allein eine grosse Anzahl von wichtigen Cultur- pflanzen, sondern auch einzelne Culturthiere, d. h. Lebensformen, die jene aus dem wilden in den dornest i- cirten und Hausthierzustand übergeführt haben. Ueber Culturpflanzen dieses Festlandes w^ar bereits im Vorigen ausführlicher die Rede. Unter den mit grösserer oder gering' '^'' ' rscheinlichkeit in Afrika durch Menschen- hand L nen Hausthieren nennen wir den Esel, das Mähnenschaf, den Windhund, den Paria- hund, die Hauskatze, das Sennar-Schwein, das Frettchen, das Perlhuhn. Der Esel ist aus dem durch viele Theile Nord- und Ostafrikas verbreiteten Wildesel entstanden, welcher einen longitudinalen Rückenstreif, einen Querstreif über die Schultern und öfters auch Querstreifen an den Beinen hat. Er bildet nahe Verwandte des über einen grossen Theil Asiens verbreiteten wilden Kulan oder Gurkur. Man fängt noch jetzt den afrikanischen Wildesel in der nubischen Steppe ein und domesticirt denselben, gebraucht ihn auch zur Auffrischung des durch Geschlechter fortge- pflanzten zahmen Stammes. Schönere Vertreter dieser Hausthiere als in Nordafrika und Westasien bekommt man nirgends zu sehen.
Das Mähnenschaf in Nord- und Mittelafrika, zu Ichem übrigens auch das langbeinige Schaf Ost-, inner- und Westafrikas gehört, wird von manchen als gezähmter Abkömmling des über Nord- und Nordost- afrika verbreiteten, felsige Districte bewohnenden Wa- dan, Audad oder Mähnenmouflons (On's tragclaphus) angesehen, eine Annahme, für welche es bisjetzt an einer zutreflfenden Begründung fehlt. Der W^iudhund
140 Drittes Buch.
wird nach Manchen vom grossen, hochbeinigen, lang- und schmalköpfigen Wolfshunde der abyssinischen Hoch- gebirge, vom Kabberu oder Walgie (Canis simensis) abgeleitet; diese Idee hat vieles für sich. Der jetzt herrenlose Strassen- oder Pariahund der ägyptischen und nubischen Ortschaften scheint ursprünglich auch ein gezähmter Dib oder Wolfshund (Canis liipaster, Canis Anfhus) gewesen zu sein, welcher unter dem intole- ranten Gesetze des Islam zu einem verkommenen Vaga- bunden herabgesunken ist. Kleinere Rassen sind Schakal- arten, so vielleicht der fuchsähnliche Bari- und der Buschmannhund, entsprossen.
Die schon den Aegyptern geheiligte Hauskatze war ein directer Abkömmling der über Nord- und Innerafrika verbreiteten niedlichen klein p fötigen Wildkatze (Felis maniadata). Letztere wird noch jetzt von Berabra, Bedja und Nigritiern eingefangen und gezähmt, auch wieder mit aus zahmen Geschlech- tern stammenden Katzen gepaart.
Die Funje, Bertat, Nöba u. s. w. fangen und zähmen ein kleineres, die afrikanischen Walddistricte zwischen Sennar und Senegal bewohnendes Wi 1 d s c h w e i n (Fitzin- ger's Sus scnnariensis). Dasselbe mag nur eine kleinere Varietät des über das Magreb und Aegypten, sowie Westasien verbreiteten gewöhnlichen Wildschweine» (Sus scrofa fcriis) sein.
Das Frettchen (Mustcla furo) aus Nordwestafrika, bei uns als geschätzter Gehülfe auf der Kaninchenjagd bekannt, nach des alten H. 0. Lenz Ansicht eine (con- stant gewordene) Albinoform des ebenfalls über die Berberei verbreiteten Iltis (Mtistela foina), ist als völlig domesticirtes Thier zu betrachten.
Das Perlhuhn, jetzt so häufig auf unsern Hühuer- höfen, stammt aus dem Innern des nordwestlichen Afrika und ist ein absolutes Zähmungsproduct.
Der Ursprung unserer Hausziege, des Schafes und des Rindes ist noch zweifelhaft. Berbern, Bedja und Nigritier züchten viele Ziegen- und Schafrassen. Unter den erstem
Uausliche Kinrichtun^< . der Afrikaix r. 141
ist die monumentale thehuisriic iiochbeinige Ziege, mit langen Sclilappohren, convexer Stirn und vorstehendem l'nterkiefer in gehörnten und hornlosen Rassen, tief nach : 1 : 'in verbreitet. Neben ihr finden wir
mien, im Herzen und im Süden des : eine weniger hochbeinige Ziege mit geradem
\ Ken, stärkerer Hornbildung, langem Haar und
langem Hart, sowie mehr nach dem Westen hin die niedliche' Zwergziege (Cnj)rä reversn) in sflir mannich- laltigen Rassen verbreitet.
Die Schafe gruppiren sich ihrem Gestaltungshabitus nach in grosse, ramsnasige, zum Theil schlappohrige Kassen mit Fettschwanz , in solche mit Fettsteiss und kurzem Schweineschwanz, in kurz- und platt-, sowie in langschwänzige Rassen. Südlich vom 18" nördl. Br. im Nordosten, südlich vom 20*^ nördl. Br. im Westen verlieren die Schafe von jederlei Sorte gewöhnlich die t' und werden kurz- oder lang- und zottelhaarig, ich vom Vaalflusse zeigt das Schaf wieder Tendenz zur Stapelbildung. Der südafrikanische Wollmarkt tritt jetzt vereint mit dem argentinischen und dem austra- lischen als gefahrlicher Concurrent des europäischen in die Schranken. Man hat ja neuerlich, wol mit einem starken Anfluge von übereiltem Pessimismus, die Frage aufgeworfen, ob es sich für Europa, speciell für Deutsch- land überhaupt noch lohne, in der Wollproduction mit den fremden Welttheilen den Vergleich zu bestehen. Ein Nachlassen für uns hiesse jedoch in dieser Hinsicht He Büchse jedenfalls zu früh ins Korn werfen und « iiieii Theil unsers Nationalwohlstandes in frivoler Weise 1 iltisgeben.
Während die alten Aegypter über schöne grosse Rinder mit starkem Nackenbug und mächtigem Ge- hörn geboten, scheinen im Magreb seit alters nur massig grosse Karzhomschläge existirt zu haben. Der hübsche zierliche Rinderschlag des spätem Aegyptens, welchen ich selbst noch 1860 in Blüte anzutreffen das Ver- gnügen gehabt habe, ist seitdem durch Viehseuchen
142 Drittes Buch.
so gut wie vernichtet worden. Diesem identisch ist das manchmal fast antilopenähnlich gestaltete Rind von Dongola und von Berber. Südlich vom 18. bis 17. Breiten- grade ersteckt sich der Zebu, dessen Fetthöcker je nach Schlag und Futterzustand einem grossen Wechsel in seiner Grössenentwickelung unterliegt. Sehr be- trächtlich bildet sich dieser bei guter Mast heraus. Man unterscheidet in Afrika ohne Schwierigkeit eine Menge von Zeburassen, deren einige hier und da auf- tauchen, während andere eine gewisse Localfärbung verrathen. Im allgemeinen könnte man zwei Haupt- rassen des afrikanischen Zebu unterscheiden : eine mäch- tiger gebaute mit kurzen Hörnern, welche dem indischen Braminenzebu ähnelt und eine schlankere Rasse mit riesigen Hörnern, letztere in erster Linie durch den Sanka oder Sanga Abyssiniens und der Galaländer ver- treten. Indessen gibt es auch Formen, in denen die äussern Eigenschaften beider Rassen zu gewisser Aus- prägung gelangen. In Südafrika, d. h. südlich vom Zambezi, ferner auch in Angola und Benguella tritt eine hoch und stark gebauete Rinderrasse mit empor- ragendem Bug und mit riesiger, manchmal abenteuer- lich grosser Hornbildung auf. Diese südliche Rasse lieferte den alten Hottentotten ihre vielbesprochenen Bakkeleyen oder Kriegsochsen. Sie und die grosse altägyptische Rasse (S. 141) scheinen mir nördliche und südliche Ausläufer des Zebu zu sein, welchen ich artlich nicht vom Rind zu trennen vermag. Woher der afrikanische Zebu stammt, ist noch ungewiss, in- dessen spricht doch manches für seine asiatische Her- kunft. Frantzius' Idee, Afrika sei die Urheimat des Hausrindes, halte ich bisjetzt für gänzlich unbeg^ründet. Der nordafrikanische Kurzhornschlag könnte mit der europäischen Brachycerosform des Rindes in verwandt- schaftlicher Beziehung stehen.
Fossile Pferdereste treten bekanntlich in mehrern Ländern auf, welche recenter einheimischer ent- behren; so z. B. in Amerika. In Afrika zeigen sich
Häusliche Einrichtungei . der Afrikaner. 143
amidisclie, Gala-, die dongolesische, mach wie der Komra oder das kleine Pferd von Futa- loro und andern Gegenden Westsudans, welche den
indruck machen, als seien sie Producte ihrer Scholle.
lelleicht ragt auch ihre Einfuhr in eine sehr alte Zeit
iiauf und haben sie sich unter Anpassung an die äussern Verhältnisse der von ihnen bewohnten afrika- nischen "Länder in eigenthümlicher Weise verändert.
'ie alten Aegypter haben Pferde nachweislich aus
sien erhalten; die Kosszucht hat sich dann bei ihnen
> gut und so rasch entwickelt, dass sie alsbald wieder j^yrien und Palästina mit Exemplaren versorgen ge- konnt. Später sind zahlreiche Nachschübe von Arabien und von Syrien aus erfolgt. Aegypten, Nubien, das Magreb, Abyssinien und die nördlichem Galaländer, femer Darfur, Bagirmi, Waday und Bornu sind der Pferdezucht im allgemeinen günstig. Dagegen gedeiht
es Thier in Sennar, in Innersudan und in den Aequa- torlalrfOL'enden nicht. Selbst in Südafrika fordern die Form« 1. 1er Horsesickness oder Paardziekte zahlreiche Opfer.
üeber Aegj-pten, Algier und die Colonien sind übri- gens in neuerer Zeit viele fremde Hausthiere in Afrika eingeführt worden, diese gedeihen daselbst theils mehr, theib minder gut. So z. B. europäische Hunderassen, die europäische Hauskatze, britische, holländische, nord- amerikanische, brasilianische und indische Pferde, spa- nische, italienische, syrische und brasilianische Esel wie auch Eselbastarde, englische, portugiesische und
dische Schweine, Madeiraziegen, englische Fleisch- iiiid Wollschafe, ungarische, englische, holländische, bra- silianische und indische Rinder u. s. w.
Tauben werden überall gehalten. Hühner sind bei allen Nigritiera zu finden; man beobachtet unter anderm einzelne schöne Rassen, so z. B. die grosse von Roseres am Blauen Nil. Enten, Gänse und
ruthühner zeigen sich zerstreut — als Fremdlinge.
144 Drittes Buch.
Zucht von Ziervögeln ist nicht so verbreitet wie bei uns und in Amerika.
Rationelle Viehzucht in unserm Sinne kennt man natürlicherweise höchstens in Aegypten, Algier und in den europäischen Colonien. Eine methodische Ein- stallung wird bei den Eingeborenen vermisst. Dagegen sorgen der Bedja, Nigritier und Hottentotten wenigstens für nächtliche Unterbringung der Hausthiere in eine Einfriedigung, arabisch Zeriba und Murach, im südafri- kanischen Welsch Kraal (vom portugiesischen Corral) genannt. Lieblingsthieren gewährt man auch wol in der Hütte ein Obdach. Bei Geburten leistet man eine durch Routine beeinflusste und geregelte manuelle Hülfe. Die Fütterung erfolgt theils am bestimmten Platz und ist dann bei Wiederkäuern und Einhufern grossentheils vegetabilischer Natur, während man Fütte- rung mit Fischen, Abfällen und Surrogaten wenig kennt ; oder man lässt auch die Thiere weiden und sorgt durch gelegentliches Abbrennen des verdorrten Graswuchses für dessen frühzeitigen Wiederersatz. Hunde und Schweine überlässt man mehr sich selbst und leben dieselben häufig in einem fast herrenlosen Zustande. In mo- hammedanischen Gegenden bilden bekanntlich die schon genannten Pariahunde eine wahre Landplage.
Viele Afrikaner lieben ihr Vieh; namentlich die Hirtenvölker der Bedja, Denka, Fulbe und A-Bantu treiben die Liebhaberei mit ihren Hausthieren bis zum Kindischen. Fällt z. B. dem Denka seine Kuh, so trauert darob seine ganze Familie. Liebesnamen wer- den zur Bezeichnung der besten Stücke erdacht und des Beschauens, des Streicheins ist gar kein Ende. Viele nigritische Sprachen sind reich an Bezeichnungen für verschiedene Alters- und Geschlechtsstufen, für ver- schiedene Färbung u. s. w.
An Feinden fehlt es der afrikanischen Vieh- zucht nicht. Seuchen grassiren überall, namentlich zur feuchten Jahreszeit. Reissende Thiere, wie Löwen, Leoparden , Geparden , Hyänenhunde und Hyänen
Iläusllilii« KlnriclituuLren u. 8. w. der Afrikaner. 145
b ^..lo ,.„... i.......wv.i in die Heerden bereit. Dem
üftliiijol setzen Genett- und Zibetlikatzen, Ichneu- n, Marder, Stinkthiere, Servale, Luchse, grosse chsen, Riesen- und andere Schlangen u. s. w. zu. xodile liuiorn an den Flussufern; Zecken, Koth- /en (Reduviaden), Bremsen und Dasselfliegen schaffen lürchterliche Plagen. Auch schreibt man der soge- nannten Tsetsefliege (Glossina) Süd-, West- und Inner- ifrikas gar böse Wirkungen zu. Indessen ist das Ver- halten dieses Geschöpfes noch nicht vollständig auf- geklärt. Der Sandfloh oder Richo-do-pe (Pulex j)ene- frnus) fand neuerdings leider von Brasilien aus Eiu- ijan«! nach Guiii.n.
/. Sahnmg.
Ite wird in Afrika theils dem Thier-, theils 1 tuzenreiche entnommen. Bei den Hirtenvölkern schlachtet man nur selten ein Stück Hausvieh. Man L'eniesst aber das Fleisch des gefallenen und macht ausgiebigen Gebrauch von der Milch im frischen sowie im £resäuert«n Zustande. Fleisch von Jagdthieren ist fast überall beliebt, man geniesst es am Spiesse oder auf heissen Steinen gebraten, gekocht u. s. w. An rohem Fleisch mit und ohne Pfefferbrühe ergötzen sich der Abyssinier und der Gala. Frische rohe Leber vom Kind, Schaf u. s. w. mit frischer Galle übergössen, mit Salz, Pfeffer, womöglich mit Kümmel (Cuminum) und mit Zwiebeln überstreut, bilden unter dem Namen Am- rara einen Hauptleckerbissen der Bewohner von Ost- '. 1 tn. Auch die Zunge und die Därme verschmäht man nicht. Der Fuss des Elefanten ist ebenso gesucht wie der Höcker des Zebu und wie derjenige des Bullen der Elenantilope (Oreas canna). Hunde werden im Magreb, bei den Mittu und Niam-Niam gemästet und gegessen. Schweinfurth meint, dass Saint-Pierre's Satz, Hunde essen sei der erste Schritt zum Kannibalismus, Wahres enthalte. Ich kann nur versichern, dass die
Habtxash. J^Q
146 Drittes Buch.
Hundeesserei auch in den grossen europäischen Städten in Blüte steht und dass viele unserer Proletarier Hunde- fett als untrügliches Mittel gegen Lungenschwindsucht u. dgl. preisen. Löwen- und Leopardenfleisch sind sehr geschätzt, dagegen vergreift man sich nicht leicht an der Hyäne. Vögel werden viel gegessen. Fett- mäuse, Binsenratten und andere Nagethiere gelten strich- weise sehr hoch. Der Chimpanse soll lecker sein, ebenso der grosse Ameisenscharrer (Orycteropus) und die Schup- penthiere (Manis^ Fhatages). Obenan stehen Tauben und Hühner; letztere fehlen kaum einer Festspeise. Unter den wilden Hühnervögeln sind die Perlhühner und Frankoline, unter den Laufvögeln die Trappen be- liebt. Der Strauss, verschiedene Wad- und Schwimm- vögel wandern in die Kochtöpfe. Unter den Schwimm- vögeln sind die Spornflügel-, Hörn- und Nilgänse, die Wittwen-, Kriek-, Spitz- und Fuchsenten schmackhaft genug. Man kocht ferner Schildkröten, Krokodile und grosse Warneidechsen. Durch Fische befriedigt man natürlich hier wie überall manches Speisebedürfniss ; man fängt sie mit Angeln, Netzen, Reusen, Harpunen, in vergiftetem Wasser u. s. w. Aermliche Stämme, wie Bongo, Doko, Abongo, Buschmänner u. s. w. be- gnügen sich auch mit Eidechsen, Schlangen, Fröschen, Spinnen, den flüggen Männchen und Königinnen der Termiten, mit fetten Käferlarven, Raupen und mit aller- lei sonstigem Gewürm. Heuschrecken werden aber selbst von besser situirten afrikanischen Völkern in Masse vertilgt. Honig bildet eine im ganzen Continent be- liebte Zuthat zu allerhand Gerichten. Eine wilde Aus- artung in thierischer Speise ist die Menschenfresserei, Sie wird häufig gerade von civilisirtern Nigritiern geübt.
Verbreiteter als thieris che ist Pflanzenkost. Ein Blick auf dasjenige, was ich über den Ackerbau und die Einsammlung wilder Früchte gesagt habe, lehrt uns, welche mannichfaltigen Producte die vegetabilische Welt dem Afrikaner aller Stämme zu liefern vermag.
TlriiisluOii> Flnriihtungen u. s. \v. der Afrikaner. 147
In Ai-^i'ivu uiivi IUI Magreb enthält der Küchenzettel des Volks be^eitlicherweise mancherlei complicirtere < .in denen wir neben mehrerlei Fisch- und
eisen dos Weizenmehl, den Keis, den Mais, . - ^ r_rhum, die Bohnen, Erbsen, Linsen, Lupinen, i:c W uka oder Eibischfrüchte, die Koble und Rüben, die Colocassiawurzeln und Kürbisse, die Datteln, Liebes- apfel, F^ierprtaumen, sowie allerhand Gewürze, die Haupt- inuredienzien darstellen sehen. Pilaw und Kuskussu - 1 <i die weit und breit bekannten, wohlgepriesenen N tiionalgerichte genannter Länder. Den Kebab, das mit Reis und mit Pistazien oder Rosinen gefüllte Lamm, sowie mancherlei Süssigkeiten, als Kunafe, Rachlet-el- (ium, Dattelwurst und Mischmisch werden selbst ver- wöhnte Europäermagen nicht leicht verschmähen, wo- ijegen Lust an Zebibi und Kuschaf einen eigenthüm- lichen Geschmack voraussetzen. Der Berberi und Bedja haben ihre Luchme uud Assida als Nationalgerichte, bestehend aus Durrabrei mit zerlassener Butter, Zwie- beln, Pfeffer oder mit Mellach, d. h. einer aus Weka, zerriebenem Dörrfleisch, Butter, Salz und Pfeffer be- reiteten Sauce angemacht. Zur Luchme gibt es auch wol Milch, zur Assida gekochtes Hühner- und Schöpsen- tleiach.
Der Nigritier isst Brei von Dochn, Sorghum, Mais, sowie vielerlei auf die verschiedenartigste Weise zu- bereitete Gemüse, Knollen und Früchte. In Inner- und Westafrika liefern Yams, Bataten, Helmiaknollen, Colocassiawurzeln, Maniok oder Mandioca, Bananen- Irüclite, Bananenkohl u. s. w. u. s. w. einen im Osten r.nliekannten Zuwachs zum Speisevorrath. Zuckerrohr wird nur gekaut. Die Berta und die Bongo säuern ihre Speisen mit den Kelchen einer Eibischart, welche sie neben ihren Sorghumfeldern ziehen; die Berta u. a. benutzen auch die Frucht des iJeiarium scuvffalense^ viele sonstige Afrikaner von verschiedener Abstammung verwenden die Samenhülle des Affenbrotbaumes und das Axdeb oder die Tamarindenfrucht als säuerliches,
10*
148 Drittes Buch.
erfrischendes Genussmittel. Ein kressescharfes Gemüse liefert eine Kappernpflanze (Polanisia), ein angenehm- spinatartiges der Corchorus.
Die Bantu sind wahre Vertilger von Sorghum (M'a- bele), mehr aber noch von Mais (U'mbila). Dazu gibt es, ähnlich wie. bei den Völkern des Nordostens, Colo- cassiawurzel (M'usumban), Fleischsauce, Kürbis und süsse Milch (Ü'bis) oder sauere Milch (M'as).*
Der Afrikaner kann lange hungern und zu Zeiten der Noth mit dem Geringsten auskommen. Bedja sah ich auf weiten Märschen oftmals mit einer für den Tag zwei-, höchstens dreimal wieder gefüllten Hand voll roher Durrakörner sich sättigen. Uns begleitende Funje waren trotz der Mühen einer Tagereise in sen- gender schwüler Luft der Regenzeit überglücklich, wenn sie etwas trockene Domfrucht, eine fade Orange und ein halbfaustgrosses Stück trockenen Zwiebacks nebst einem Schluck Wassers zu sich nehmen konnten. Von den Teda erzählt man (jedenfalls mit er asser Ueber- treibung) sie könnten ohne sonderliche (?) Unbequem- lichkeit fünf bis sechs Tage lang ohne Nahrung und zwei Tage lang ohne Wasser zubringen. Glaublicher klingt die Angabe, dass diese Leute sich mit frischem (künstlich gelassenem)Kamelblute,beigemengtemKnochen- mehl, mit gebrannten Sandalen und andern Ledersachen im Nothfalle zu helfen verständen. Methodisches Blut- abzapfen bei den Rindern und Handel mit Rinderblut herrschen bei Stämmen des Innern und des Ostens.
Sowie es irgendwo gute Nahrung gibt, überlässt sich der leichtblütige Afrikaner auch der unsinnigsten Pras- serei. Ist z. B. in Taka oder in Sennar ein Büffel, ein Rhinoceros, Flusspferd oder Elefant erlegt worden, 80 strömt alles, Bedja, Berberi und Nigritier, herbei, um in frischem Fleischgenusse zu schwelgen. Wie Aas- vögel fallen die Leute über den Cadaver her, sie schnei- den, schinden und kratzen daran herum, bis kein Fetzen
♦ Diese Wörter stammen eämmtlich aus der Zulu-Sprache.
Häusliche Linnchtungen u. 8. w. der Afrikaner. 149
Muskel mehr davon i; ^t. Dass die Kaidaunen,
Mass selbst der stinkei ; _,^en- und Darminhalt ver-
schont bleiben sollten, wäre unerhört. Auch Hautgout am F'leische schreckt nicht von dessen gelegentlicher Verspeisung zurück. „Hat der Bari", so erzählt Mis- sionar Kaufmann, „sein Getreide erhalten, dass es zur Roife crelangt, so ist seine freudevollste Zeit da, die 1 •; die ganze Familie hilft, und sie tragen in
i\ 1 die Getreideähren in eigens dazu bereit ge-
haltene Behältnisse, Gugu genannt. Denn es wird nicht gleich gedroschen, sondern nach ßedürfniss nach und nach, und das Dreschen ist Arbeit der Weiber. Der Mann ruht nun einige Wochen und thut sich gütlich, dann erst denkt er wieder an das zweite Anbauen. Die Bari sind die einzigen am Weissen Flusse (Nil), welche zweimal die Felder bestellen; doch das zweite mal bauen sie nicht mehr so fleissig an als das erste nal, sie bauen weniger Durra, die doch so ausgiebig st, sondern mehr Bohnen und etwas wenig Taback — ind diese zweite Ernte fällt Ende November. Bis iahin haben sie die erste P>nte schon meistens aufge- ehrt, und werden mit dieser zweiten, als viel weniger lusgiebig, noch weit schneller fertig. Man kann sagen, dass um Neujahr wol wenige Bari noch mehr Getreide besitzen, als das Samenkorn für das kommende Jahr, der grösste Theil besitzt nichts mehr. Somit beginnen lie schlechten Zeiten, wo die Bari auch viel böswilliger \nd schlechter als sonst sind. Nach der ersten Ernte ind sie wol noch grossmüthig und verschwenderisch, allein nach der zweiten Ernte und während derselben ist die Zeit der Kriege und Kaufereien, welche einige .Monate dauert. Nach drei Monaten ist dann die letzte Durra aufgegessen, der sonst so stolze und fesche Bari ▼agirt hungernd, bettelnd und stehlend umher. Wer sonst so viel, selbst halbreife Halmfrucht ass, dass er an schweren Blähkoliken kränkelte, magert nunmehr zum Skelet ab. Viele sterben vor Hunger, sowol Er- wachsene als auch Kinder, viele werden erschlagen und
150 Drittes Buch.
in den Fluss geworfen. Mütter stürzen ihre eigenen Kinder hinein, weil sie dieselben nicht erhalten können. Man hört da nichts als von Raub und Einbrüchen, von Diebstahl und Todtschlag. Es gilt nun das Faustrecht. Der Hunger thut weh, sagen sie, und ehe sie Hungers sterben, wagen sie alles."
In Aegypten und im Magreb werden einfache Hand- mühlen von Stein benutzt, welche denen unserer Alt- vordern vielfach ähneln; südlicher bedient man sich der in Ostsudan Merhaka genannten steinernen Reib- platte, auf welcher mit einem konischen Reibstein (Ibn- el-merhaka) das in Wasser geweichte und damit über- gossene Korn zerquetscht und zerrieben wird. Der- gleichen Geräthen begegnet man bis nach dem Cap
hinunter. In Abyssinien und in Westsudan nimmt man dazu auch Holz- oder Steinmörser. Der frische Kornbrei wird schnell auf der vorher mit Fett ab- geriebenen Pfanne zu Fla- Fig. 65. Merhaka. ^en Verbacken. Deren be-
reiten die Abyssinier aus Tef (S. 126), die Sudanesen aus Weizen, Sorghum und Dochn. Man findet dickere und dünnere, süsse und sauere Fladen, welche auch zugleich als Servietten dienen. Mit einer aus rothem Pfeffer, aus Salz und Kümmel bestehenden Würze bestreut, oder in fettige Zwiebel-, auch Pfefferbrühe getunkt, bilden diese öfters noch halb warmen Fladen ein selbst für Europäer ganz angenehmes Essen. In Habesch liebt man es, bei Ge- lagen die cylindrischen Weidenkorbtische mit Bergen von Tefbroten zu belegen; dazu gibt es scharfe Pfefferbrühe, rohes Fleisch und Hydromel oder Bier aus mächtigen Wontschas, d. h. Trinkhörnern.
Die Kaffern bereiten aus Mais grosse Klumpen Po- lenta, die sie mit dem Speereisen zerlegen und oftmals ohne weitere Zugabe verzehren.
ITäuftliche Einrichtungen u. 8. w. der Afrikaner. 151
An einheimischen gegorenen Getränken fehlt es den Afrikanern keineswegs. Der Islam reicht mit seinen Vorschriften nicht aus, um die Gelüste selbst seiner Anhänger aus der Welt zu schatlen. Will ein Gläu- biger sich an Arraki oder Branntwein laben, so gibt es für ihn allerhand Ausflüchte, die ihm zur Entschul- digung dienen sollen, und wenn alle Stränge reissen, so gibt er wenigstens vor, den Schnaps als Medicin — arabisch Dana — benutzen zu müssen. Ich kann ver- sichern, unter den Mohammedanern in Nordostafrika eine Anzahl recht leistungsfähiger Schnaps- und Bier- säufer gefunden zu haben. Im Nilgebiete destillirt man ekeln Dattelschnaps und den scheusslichen, brenz- lich-fuseligen Durrabranntwein. In andern Gegenden Afrikas hat man wieder andere aus Zucker, Kokosnuss u. dgl. gebrannt« Aquavitsorten.
Der Abyssinier stellt aus Honig seinen Detscli oder Hydromel dar. In Ostsudan braut man aus Sorghum die Merisi, den Bilbil, Kabs-el-Tor und andere Arten Bier; sie alle schmecken nach abgestandenem Weissbier oder nach verdorbenem Breihan, in dem öfters noch sauere Brotkrume herumschwimmt u. s. w. In der Noth des Durstes nimmt man freilich auch mit solchen Ge- tränken gern fürlieb. Im Niam-Niamlande bereitet man aus gemalztem Dagosa (S. 126) ein bitterliches Bier, dessen Eigenschaften Schweinfurth sehr rühmt. In Ost- afrika weiss man aus der Bananenfrucht, in Guinea aus den Stämmen der Wein- und anderer Palmen gärende Säfte zu ziehen. Der Kaffer nennt alle berauschenden Getränke U'schwalla; Sorghum dient ihm hauptsächlich /'!' .\] !• rtigung von Bier (U'schimmian).
\ ii den einheimischen Branntweinen und Bieren
: n auch fremde Branntweine Eingang in den dun- i:c.n Continent. Die Masse von Kosoglio, Mastiche, Jamaicarum, Cognac, Cachassa, Agoa ardente de Canna, (renever, Gin und sonstigen Sorten, welche der alljähr- liche afrikanische Import aufzuweisen pflegt, soll eine wahrhaft ungeheuere sein. Der Nigritier kann viel
152 Drittes Buch.
dergleichen vertragen und verlangt auch viel davon. Bei den Palavern in Guinea trinkt man Rum u. s. w. aus vollen Flaschen. Eingewanderte richten sich durch unmässiges Branntweintrinken leicht und leider auch häufig genug zu Grunde. Wein findet mehr in den bessern Häusern Eingang. Wenn der allezeit böse Leu- mund Wahres berichtet, so scheint der Sufret-el-Nebid oderWeintisch bei manchem hochbeturbantenSchekh, ja — schrecklich zu sagen — selbst bei manchem schweren MoUah in Nord- und Ostafrika recht beliebt geworden zu sein.
Daneben hat man viele unschuldigere Getränke, welche beim Araber unter den Gesammtnamen Scharab, Scherbet u. s. w. gelten und deren Anzahl überall Legion ist. Da hat man Limonaden aus allerlei Frucht- säften, Zuckerwasser, feinen Rosoglio mit Wasser ver- dünnt u. s. w. u. s. w. Thee, Tscliay wird weniger und mehr im Süden, Kaffee dagegen wird häufiger und überall getrunken. Afrika erzeugt in Kafa, Enarya, Fasoglo, Bertaland, im Innern und im Westen (Liberia) ganz vorzügliche Bohnen, die sich dereinst schon ihren Platz im Welthandel erringen werden, wogegen ihnen die Gegenwart aus Vorurtheil und aus Mangel an Cou- rage noch die Wege versperrt.
Der Aschantipfeffer (Cubeha Clusii) wächst in Central- und Westafrika wild; er kann als Surrogat für den schwarzen benutzt werden. Eine gleich grosse Ver- breitung hat der Malaguettapfeffer (Xüopia aethiopica), von welchem die Pfefferküste in Oberguinea ihren Namen erhielt und welcher nach Schweinfurth bereits im Mittel- alter ein kostbares Gewürz bildete. Die ebenfalls in beregten Gebieten vorkommende Kola- oder Gurunuss (von Stcrculia acuminata) wird weithin durch den Handel vertrieben; ihr kastanienähnlich-hartes bitteres Fleisch gibt ein vorzügliches analeptisches Mittel ab.
Salz wird in verschiedenen Theilen Afrikas gegraben, aus Wasser abgedampft, oder aus Erden ausgelaugt. Steinsalz bildet den Artikel eines ausgedehnten Han-
n.iiisliclip riiiiicliiiiiii'fii II. 8. \v. (lor Afrikaner. löS
deU. l>iv>r> N.MiM|.iwv.i.v i erscheint wie überall als eine der wicht iirsten Heigaben für den Nahningsbedarf und sein her Mangel scheint unter den Afrika-
nern Iah Krauklieiteu hervorzurufen, welche
ungefähr an die Lecksucht uuserer llausthiere erinnern könnten. Zur Noth bedient man sich des Natrons, salzig schmeckender Vegetabilien, des Rinderharns u.s.w. Um den Besitz von Salzquellen, Salzteichen und Salz- lagern setzt es nicht selten bittere Kämpfe. Stämme, welche die Erzeugnissstätten jenes hochwichtigen Natur- körpers unter ihrer Botmääsigkeit haben, erfreuen sich meist eines grossen handelspolitischen Einflusses.
6 . ue ice rbth ätiyke it.
Diese 1 mg menschlicher Intelligenz und mensch-
lichen S( langes äusserte sich bekanntlich schon
bei den alten Aegyptern in sehr hervorragender Weise. Wer vermochte im Alterthum staunenswerthere Bauten aufzuführen — staunenswerthere durch kolossale Di- mensionen und durch Kühnheit der Construction — al« Jone? Wem gelang noch lange vor der geläutertem hen Kunstaera die werkgerechte Bearbeitung Steinmaterials besser als den Retu? Ihre mechanischen Transportvorrichtungen, ihre Damm-, Kanal- und Wegebauten, ihre Schöpfung so vieler ge- meinnütziger Einrichtungen im ökologischen Gebiete, wo möchte man, natürlich von Hellas und Rom abge- sehen, ihrer so vortrefl'liche gefunden haben in den andern alten Cultarcentren, wie z. B. Babylon, Ninive, Indien, Kmers, Altchina, Anahuac und Peru?
Selbst im eigentlichen Gewerbe waren die alten Aegypter weit vorgeschritten. Ihre Textilindustrie möchte manchem modernen Concurrenten zum Muster dienen; was gab es Schöneres als ihre Leinwand? (S. 107.) Ich selbst habe Lendenschurze und Leichentücher aus Byssus (Linnen) von unvergleichlicher Feinheit und
154 Drittes Buch.
Elasticität des Gewebes in Händen gehabt. Ihre Matten, ihre Holzarbeiten, ihre tausenderlei Erzeugnisse der kleinen Industrie des alltäglichen Lebens, alles, von den Prunkstühlen, Sarkophagen, den Schemeln und Tischen bis zu den Töpfen, Sandalen, ja bis zu den Gliederpuppen der Kinder herab, alles das verrieth kunstsinnigen Geschmack, praktisches Verständniss. Wenn unsere heutige Geistesrichtung jene altägyptischen Erzeugnisse für würdig erachtet, zum Modell für so manches liebenswürdige Nipptischproduct auch unserer Gegenwart zu dienen, jetzt, noch nach Jahrtausenden, so muss es doch um die Gewerbthätigkeit der Retu sicher recht hoch bestellt gewesen sein.
Bekanntlich war die altnubische Cultur von Na- pet und Meroe nur eine Copie der äpyptischen. Aber auch sie trieb, wie bereits der eine Ferlini'sche Fund bewiesen hat^^, die schönsten Blüten eines in eigen- thümlich-äthiopischer Weise modificirten Gewerbfleisses. Wir sehen auf einem thebischen, etwa der achtzehnten Dynastie angehörenden Gemälde eine äthiopische, aus dem obernubischen Nilgebiete stammende Fürstin, eine Kentaki, Candace, regierende Frau, welche etwa einer Sittina, Merem der heutigen Djaalin oder Funje ent- sprechen würde, reich und phantastisch geschmückt, mit einem mächtigen Federkopfputz, mit Ringkragen von bunten Glasflüssen und feinen durchscheinenden (Byssus-?) Gewändern angethan, auf reichverziertem zweiräderigen Wagen und prächtigem Jochgeschirr der vorgespannten hornlosen Rinder einherziehen. Die obern Nilländer lieferten damals Gold als Staub und in rohen (noch jetzt gebräuchlichen) Ringen, Blaustein(?), Katzen-, Leopardenfelle, Straussfedern, Ebenholz, Ele- fantenzähne, Rinder mit sonderbar geschmückten Hör- nern, zahme Löwen, Antilopen, Giraffen, Affen, ferner Jagdhunde, röthliche Pferde (!) und Sklaven. Letztere treten mit denselben körperlichen Eigenthümlichkeiten, mit derselben Haartracht, mit denselben aus geschwänzten Fellen construirten Lendenschurzen auf, wie diese noch
Häusliche Einrichtungen Afrikaner. 155
heute unter den Völkern der obern Nlllrimler in trenau denselben Formen vorkommen.
Die Sculpturen und Wandgemälde m»ii s.ij^hi mm Meroe (Bedjerauie) zeigen uns eine gewisse Pracht in den Costümen und Geräthen ihrer Inhaber. Wir sehen da wieder ägyptische Grundtypen, aber auch vieles ost- und innerafrikanische Beiwerk, wir erkennen Muster, wie sie noch heute unter den Abyssiniern, Bedja, Funje und Centralsudanesen sich finden. Man sieht jetzt leider nicht mehr viel davon — das haben die allge- meine Verarmung schon seit der Funje-Eroberung und der Türkenfuss verschuldet, unter welches letztern Tritt nach dem Sprichworte das Gras verdorrte. Wenn wir nun hier die heutigen Trachten, Geräthe und Industrieerzeugnisse Ost- und Innerafrikas in Kürze zu schildern unternehmen, so bemerken wir nochmals von vornherein, dass wir an jenen viele altägyptische und meroitische Muster wiedersehen. Solange sich aber diese Muster, diese Dessins als solche ausweisen, die nicht in andern alten Ländern wiedergefunden werden, so lange muss sich die schon oft aufgeworfene Behaup- tung, Altägypteus und Altnubiens Cultur sei eine fremde, nicht auf afrikanischem Boden wurzelnde, als eine müssige herausstellen.
Die Berabra und Bedja der Jetztzeit entwickeln ent- schieden mehr ureigenthümliche Industrie in hübschem Flechtwerk, Gold- und Silber-, sowie in landläufiger Weberarbeit als der Fellach und Kopte, bei denen, ausser ihren schönen typischen Töpferwaaren , die mo- derne Weberei, Wirkerei, das Schönfärben, die Seifen-, die Zuckersiederei und verschiedenes andere durch fremde Werkmeister und durch europäische Maschinerie einge- richtet und unterhalten werden. Der Abyssinier färbt mit eingeborenen vegetabilischen Mitteln Zeuge und Leder, er gerbt vortrefflich, schmiedet originelle Waffen, verfertigt einheimisches Pulver, webt gröbere und fei- nere, letztere mit farbiger Seide durchzogene, Baum- wolltücher, er verfertigt hübsche Flechtwaaren. Die
156 Drittes Buch.
Funje und Noba arbeiten gut in Eisen, erstere auch ganz vorzüglich in edelm Metall. Alle diese Völker benutzen einheimische Gerbestoffe, wie Garrad, Schoten der Mimosa nilotica, die Gere von Hymenocardia Hetide- lotii, Modus (S. 112), den Tertus (Ilydnora ahyssinica) u. s. w. Ihr Eisen schmelzen die nordöstlichen Völker in Gruben aus Braun-, Roth- und Magneteisenerz mit Akazienholzkohlen und zuweilen mit Zuschlägen von
Fig. 66, Schmelzofen der Songo.
Sand. Die Bongo, Balonda u. s. w. benutzen grosse thönerne Schmelzöfen von zum Theil recht ingeniöser Construetion. Man gewinnt hier wie im Süden bei den A-Bantu ein weiches, meist wenig kaltbrüchiges Eisen, von welchem in vielen Gegenden spanartige Fragmente zu einer Art Damast zusammengeschweisst werden, welches Product recht dauerhaft erscheint. Während das üold aus den Seifen, den Bächen u. s. w. ge-
.. 1 >..-..».. .e Liiirichtungeu a. -. «. v»^i Alrikaner. 157
wascluMi wird, gewinnt man Silber nur aus importirter gehaltvoller Münze und von Harren. Kupfer dagegen wird in zwar primitivem, aber immerhin durchdachtem Abbau in Südfur, in den portugiesischen Besitzungen von Niederguinea u. s. w. gewonnen. Schweinfurth macht viel Kühmens von der geschmiedeten Kupfer- pracht im Monbuttulande. Wo nun die eigene Industrie nicht ausreicht, hilft natürlich der Import. Messing, Blei und Zinn werden überall von fremd her einge- führt.
Im Magreb ragen vorzüglich Tunis und Marokko durch ihre sehr mannichfaltigen, originellen und zum Theil recht geschmackvollen Industrieerzeugnisse, na- mentlich in der Weberei, Lederzurichtung u. s. w. hervor. Derartige Producte finden, wenn auch viel- fach nachgeahmt oder verfälscht (und dann bleibt immer doch die Urwüchsigkeit der Muster anzuerkennen), gerade zur Jetztzeit, ähnlich wie die vielleicht prak- tischem, aber weniger gefälligen japanischen und chine- sischen Waaren, Absatz auf europäischen Märkten.
Die Stämme des Weissen Nil liefern nur wenig be- merkenswerthe Producte des Kunstfleisses. In Ceutral- sudan dagegen verfertigt man sehr gut gewobene üeber- würfe oder Toben (S. 108). In den Hausaländern ar- beitet man recht hübsch in gefärbtem Leder (S. 104). Die Zeuge der Westafrikaner aus Baumwolle, Wein- palnienblatt und andern Pflanzenfasern, ihre Korb- und M.ittengeflechte, ihre Holz- und Elfenbeinschnitzereien, die (ToMscliinirdewaaren der Aschanti verdienen alle iWachtuuL'. Man sieht in diesen Producten selten ganz bunte Farben, wie bei Bedja, Abyssiniem und Funje, sondern mehr nur eine höchst bestechende Abwechse- lung von stumpferm Gelb, Braun in verschiedenen Schat- tirungen, von Schwarz, Roth und Grün. Wer die Ni- gritier für farbenblind, oder wer ihren Farbensinn für noch unentwickelt hält, mag sich an derartigen reizen- den coloristischen Zusammenstellungen eines Bessern belehren. Die Industrie der Südafrikaner liefert ausser
158
Drittes Buch.
den bei den Kaifern üblichen wasserdichten Körben, kunstvoll gearbeiteten Holz- oder Hornlöffeln und auch den (S. 112) erwähnten Perlenstickereien, nichts Er- hebliches.
Bei dem Reichthum Afrikas an vorzüglichen Hölzern steht die Schnitzarbeit obenan, und selten findet man ein von Nigritiern bewohntes Land, in welchem nicht vortreffliche Ruhebetten, Bänke, Stühle, Schemel, Pfeifen- rohre u. s. w. aus Holz gearbeitet würden. Ueber die gern geübte Verzierung der Kürbisschalen wurde schon auf S. 105 berichtet
fW
Fig. 67—70. Oesohnitzte Schemel und Gefässe der Niam-Kiam.
In diesem Erdtheil sind die Handwerke oftmal» »kastenartig vertheilt. Bei manchen schwarzen erobern- den Völkern werden gewisse als untergeordnete be- trachtete Industrien den Unterworfenen überlassen und werden letztere danach in Klassen und in Kasten gesondert. In andern afrikanischen Gebieten verliert sich die kastenartige Eintheilung der Industriellen bis in das graue Alterthum hinauf und sind deren Ur- sprünge jetzt nicht mehr oder nur noch sehr unvoll- kommen nachzuweisen. Eine gewisse Pariastellung kommt meistens den Eisenarbeitern zu. Man ge-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. löU
braucht sie sehr nothwendig, betrachtet sie aber trotz- dem als halbe Zauberer, mit einem aus Furcht und Hass gepaarten Gefühl. Eine interessante Zunft bilden in vielen afrikanischen Gebieten die Wan de rscli miede. Deren pilgern namentlich viele länj^s des Weissen Nil und in Sennar von Dorf zu Dorf. Sie verirren sich nach Nordsennar, woselbst sie der comraandirende Bei huldvoll behandelt, wenn nur der Haddad, der Eisen- schmied, gelegentlich eine Zaumkette, eine Säbelscheide oder dergleichen des gebietenden Herrn auszubessern beflissen ist. Sonderbarerweise beschuldigt da und in Habesch der Volksmund die durchschnittlich sehr harm- losen Leute, sich nachts in Hyänen und in andere Un- geheuer verwandeln, in solcher Gestalt aber den scheuss- lichsten Unfug treiben zu kön- nen. Die Wanderschmiede sind , '^'^'^SIS^v eine zu charakteristische Er- /^!\/^^-^^^) "^^ scheinung , als dass wir nicht f ' einen Augenblick bei ihnen ver- '^ weilen möchten. Sie rekrutiren sich hauptsächlich in eisenreichen ^ Districten, so in Südsennar, bei
den Bari der Belenian- und Ke- •^'>- J^i^Jär Baickr"'" rekberge u. s. w. ; sie gebrauchen
keinen grossen Apparat; da sind ein plumper Eisen- klotz als Hammer, ein fester Stein als Amboss und ein rober Blasebalg, an welch letzterm der Gehülfe aus zwei Lederschläuchen Luft durch eine gemeinschaft- liche, in Thon gearbeitete Ausgangsröhre presst. Was nun die Leute mit solchen simpeln Mitteln leisten, macht ihrem Geschick, ihrer Routine alle Ehre. Statt der Bezahlung nehmen die Schmiede meist die Nah- rungsmittel an, welche zu ihrer täglichen Nothdurft gehören.
Die Stoflweberei geschieht meist auf liegenden Web- stühlen von einfachster Construction. Stehende Webstühle werden bei den Ischoggo Guineas gefunden; dieselben ähneln den altägyptischen sowie gewissen vorgeschicht-
ino
Drittes Buch.
liehen europäischen Webstühlen, wie z. B. Professor Wor- saae dergleichen abbildet.^* Ueberhaupt wird man unter den afrikanischen Schmucksachen, Gerätheformen und sonstigen Industrieerzeugnissen immer noch mancherlei wahrnehmen, was in seinem ganzen Stil und Muster an ähnliche Producte unsers Bronze- und Eisenalters er- innert. In dieser Hinsicht ist ein Gang durch ein
/<;/.
Wiiuderscliiuieilc und ackernde Schwarze am Weissen Nil.
grösseres archäologisch-ethnologisches Museum sehr be- lehrend. Immerhin gestattet schon eine Vergleichung der Werke von Worsaae, Hans Hildebrand, Montelius, I^orunge und andern bedeutenden Alterthumsforschern des Nordens mit den in neuern afrikanischen Reise- werken enthaltenen Abbildungen ein günstiges Er- gebniss für comparative Forschung.
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. \i]\
7. Handel und Verkehr.
Der Afrikaner verschiedener Nationalität ist zum Commerz wie geboren. Der Aegypter, iNIagrebiner, Bedja, Abyssinier, die Nigritier, sie alle vereinigen PfiÖ'igkeit und Suada mit Zähigkeit, welche Eigen- schaften nothwendige Erfordernisse für die Erwerbung kaufmännischer Geschäftsklugheit sind. Ein Fellach kennt die IJedeutung des Geldes so gut wie irgendein Djaali, und der marokkanische Pantoffelhändler weiss 8OW0I die Colonnadenthaler und Maria-Theresienthaler auf ihre Güte zu prüfen, wie der Suaheli in Zanzibar die Guineen, Rupien und Toman. In vielen Gegenden Afrikas ist Geld nicht gebräuchlich, vielmehr dienen Tauschgegenstände und das Geld vertretende, oftmals ganz indifferente, werthlose Dinge zur Unterhaltung des Verkehrs. Aber auch mit solchen Geldeswerth symboli- sirenden 'Gegenständen wissen der Pullo wie der Kanori, der Fiodt wie der Funje, der Monyamezi M'ie der Zulu Bescheid. Geiziges Festhalten am Besitz, Ergaunern von neuem Geld und Lust am Uebervortheilen sind durch alle Stämme des Continents verbreitet. Der Afrikaner feilscht gern und lange; er fliesst von Bered- samkeit über, er vertrödelt Zeit und verschenkt zahl- lose Worte, wenn es die Einfädelung, Weiterführung oder Beendigung irgendeines Handelsgeschäfts gilt. Im allgemeinen nur Detailkrämer, erstehen unter den Afri- kanern auch manche grossartige, wahrhaft königliche Kaufleute von weiter Umsicht und von riesiger Ge- schäftsausbreitung; das entwickelt sich namentlich in Gegenden, in denen gewisse, dem Grosshandel anheim- fallende, auf dem Weltmarkte gesuchte Waaren, wie z. B. Gold, Elfenbein, Palmöl, arabisches oder Copal- gummi, Straussfedern, Häute u. s. w. erzeugt und ver- trieben werden. In vielen Gegenden sind die Häupt- linge die ersten, oft sogar die einzigen Kaufleute des Stammes, sie monopolisiren auch gewisse Artikel voU-
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ständig. Bei andern afrikanischen Völkern bilden da- gegen die Kaufleute wie bei uns einen gesonderten Stand. In wieder andern Stämmen handelt alles pele- mele nach Belieben durcheinander. Feste Normen exi- stiren im erstem und letztern Falle keineswegs. An manchen Plätzen herrscht in Handel und Wandel Ord- nung, an andern nicht.
Schon im ägyptischen Alterthum blühte der Handel; die Kaufleute bildeten damals eine rührige Menschenklasse. Das Land führte viele Erzeugnisse auf die fremden Märkte und nahm viele ausländische Producta in sich auf. Die Pharaonen erbeuteten man- cherlei auf ihren Kriegszügen; die Inschriften nennen darunter kostbare Hölzer, Balsame, Oele, Butter, Grün- stein, Blaustein (z. B. von Babylon), Erze, z. B. Blei, Natron, werthvoUe Geräthe, Waffen u. s. w. u. s. w. Die Kaufleute holten aber auch, zum Theil selbst auf grossen Handelsexpeditionen, z. B. vom Somallande, Weihrauch u. s. w. herbei. Napet, Meroe, Myos Hor- mo«, Adulis u. s. w. scheinen bedeutende Emporien für den Handel mit den Südlanden gewesen zu sein. Bei den bekannten streng bureaukratischen Einrichtungen unter den alten Nilbewohnern, in deren Regierungs- sitzen das Schreiber- und Kanzleiwesen eine so unge- mein hervorragende Rolle spielte, fehlte es nicht an amtlicher Controle. Die öffentlichen Wagen zeigten die genaueste Einrichtung, die dabei benutzten, öfters in Form von Thierköpfen und von andern Naturkör- pern dargestellten Gewichte scheinen höchst sorgfältig gearbeitet gewesen zu sein. Seefahrt, ausgedehnter Schiffsverkehr auf Flüssen, Kanälen und Landstrassen, grosse Transportwagen, Esel und Eselbastarde, mensch- liche Träger u. s. w. konnten den Verkehr zu Wasser und zu Lande in ausgedehntester Weise vermitteln. Da gab es grosse Jahresmessen, wie deren noch heute sich in genauer Copie der alten Zustände wiederholen.
An grossen ^Märkten und Messen fehlt es heute auch auf andern afrikanischen Plätzen keineswegs. Da ge-
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wahrt man reges Leben und alle möglichen Artikel. So fanden wir auf der im Mai statthabenden Jahres- messe zu Ilellet-Idris, dem Hauptorte der Funje am Guleberge: Roheisen, Goldstaub, Goldsachen, Silber- schmuck, Elfenbeinringe, Elefantenzähne, Stücke von solchen, Flusspferdzähne, Stücke Elefantenhaut zu Schil- den, Stücke Flusspferdhaut zur Verfertigung von Kar- batschen, Rhinoceroshorn, Zibeth, Moschus, Weichsel- kirschen, celtischen Baldrian, Sandelholz, Futne (stark duftendes Oel, namentlich Geraniumöl), indischen und abyssinischen Pfeffer, Steinsalz, Kaflfee, Bockshornsamen, Kümmel, Gewürznägelein, Muskatnüsse, Macis, Ingwer, Medicamente (wie Kusso, Isländisches Moos u. s. w.), Strauss- und Marabufedern, Farbstoffe, wie Indigo, Krapp, Curcumä, Saflor, Fernambuk; Hölzer, wie Ba- banus (Ebenholz von Dalbergia melanoxylon) , Kitter (von Acacia mellifera), Sidr, Hedjlidj, Bambusröhre, roth gegerbte abyssinische Rindshäute, amerikanisches Baumwollzeug, Toben, Kattun, Schnupftücher, rothe türkische Kappen (Tarbusch), weisse Untermützen (Ta- kien), rohe und gesponnene Baumwolle, Halsschnüre von allerhand Material (Glasfluss, Ebenholz, Harz), Matten, Körbe, Döschen zu Augenlidschminke und zu Schnupftaback , in Pappe und buntes Papier gefasste Spiegel, Lederarbeiten der verschiedensten Art, Waffen, Hacken, Zängelchen zum Herausreissen vonHaarenu.s.w., Durra, Dochn, Sesam, Wachs, Honig, Rohzucker, Schlacht- vieh, Reitthiere, selbst lebende Thiere (Affen, Genett- katzen, Stachelschweine, Igel, Papagaien u. s. w.).
Um die Märkte und Messen dreht sich ein gutes Stück afrikanischen Volkslebens. Vielen, auch ein- heimischen Bewohnern dieses Festlandes dienen die Handelsunternehmungen zur Befriedigung ihrer urwüch- sigen Reiselust, ihres eigenartigen Wandertriebes. Man sieht nigritische Geschäftsleute oftmals gewaltige Länder- strecken durchziehen, um einen geringen Kram zu ver- treiben. Neues anzuschaffen und irgendwo wieder zu verschachern. Die mohammedanischen Berbern und
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Nigritier benutzen auch den Hadj, d. h. die Pilger- reise (nach Mekka), um unterwegs gelegentliche Han- delsspeculationen auszuführen. Der Koran lässt dies geschehen. Obenan stehen hierin die schon vielge- nannten Djaalin, welche nicht allein kleine Industrie- waaren, sondern auch Droguen und Arzneien ver- handeln.
Der geregeltere Marktverkehr in Centralsudan ist uns durch M. Park, Lyon, Caillie, Denham, Clapperton, Oudney, Barth, Beurmann, Rohlfs, Nachtigal u. a. in genügender Weise geschildert worden. Aber auch im Westen fehlt es nicht an Marktregeln, welche, abge- sehen von den überall vorkommenden Willkürmaass- nahmen und Eingriffen despotischer Gewalthaber, im allgemeinen befolgt zu werden pflegen. Bei den Funje und in Innersudan existiren Schekhs der Märkte und der Kaufleute. Zu Kanno, einem der besuchtesten Marktplätze Innerafrikas, vermiethet nach Clapperton der Marktschekh die Buden für einen gewissen Preis den Monat, und das Geld macht einen Theil der Ein- künfte des Statthalters aus. Einer bestimmt auch den Preis aller Waaren, wofür er eine Kleinigkeit bekommt, 50 Whyda oder Kaurischnecken von jedem Kauf, der etwa 8000 Kauris beträgt. Der Verkäufer gibt jedem Käufer einen bestimmten Theil des Preises als angeblich segenbringend, als eine Art Heck- oder Glückspfennig, zurück. Clapperton rühmt die Yortreff- lichkeit der Kauris als Scheidemünze ; sie können nicht nachgeahmt werden und bilden bei der Geschicklich- keit der Leute im Rechnen ein bequemes Mittel, um schnell auseinander zu kommen. Die verschiedenen Waaren haben ihre bestimmten gesonderten Plätze u. s.w. Viele Märkte in Guinea sind reich versorgt, so z. B. Kumassi, Agbome, Whyda, Benny u. s. w. Auf den Kimbundamärkten herrscht nach Magyar eine meist ge- naue Preisregulirung. Die Bonnyer im Nigordelta sind nach H. Küler, dem wir eine interessante kleine Mono- graplüe über diese Gögend verdanken, eine durch und
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durch kaufmännische Nation, da nur der Handel es ihnen möglich macht, ihre nichts producirende Küste zu bewohnen. Sie schaifen für die Waaren der Weissen, die sie als Zwischenhändler mit grossem Profit ins Innere absetzen, von dort sich die nöthigen Lebens- mittel, Mais und Yams, herbei. Wenn nun zwar die ursprünglichen Verhältnisse des Landes sie gezwungen haben, vorzugsweise im Handel ihre Existenz zu suchen, so muss man doch jetzt sagen, dass sie sich vortreff- lich in die süsse Gewohnheit dieses physischen Zwanges bineingelebt haben und recht con amore Kaufleute sind. Der Handel hat ihren Speculationsgeist geweckt, und ihm verdanken sie es, dass sie regsamen, streb- samen Sinnes sind und weniger wilde Sitten haben als andere benachbarte Stämme. Er hat ihnen aber auch die Schlauheit und Verschmitztheit gelehrt, die ihnen im Verkehr mit den Weissen so gut zu statten kommt, und hat sie mit der Lüge und dem Truge vertraut gemacht. Unter sich selbst stehen sie in beständigem Kauf- und Tauschverkehr, und das Messer oder Tuch u. dgl., was heute dem einen von ihnen gehört, ist morgen in den Besitz eines andern gekommen, der wieder damit zu speculiren sucht. Cameron schildert -^^ uns den Markt zu Kawele in Udjidji, auf welchem es sehr lebhaft zugeht, der von den Völkerschaften Uguhas, Uwiras, Urundis und vielen andern am Gestade des Tanganykasees besucht wird. Die Leute bringen Mehl, süjfse Kartoffeln, Yams, Oelpalmfrüchte, Bananen, Ta- back, Tomaten, Gurken, Töpfergeschirr, Pombe, Palm- wein, Fische, Fleisch, Ziegen, Zuckerrohr, Netze, Holz zu Speeren und Bogen, Basttuch, Korn, Ruder, Netz- garn, Eisengeräth, Salz, Palmöl. Jeder Verkäufer hat täglich denselben Platz inne; viele bauen sich auch kleine Hütten aus Palmzweigen. Unter der Menge der Käufer und Verkäufer gehen andere Trupps umher, die von andern entferntem Gegenden nach diesem Mittel- punkte des Handels kommen, um Sklaven und Elfen- bein abzusetzen, und da bei dem ganzen Handel so
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laut als möglich geschrien wird, so ist der Lärm be- täubend, liier wird alles mit Perlen bezahlt, welche
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Sofi genannt werden und ähnlich wie in kleine Stücke gebrochene Pfeifenröhre aussehen. Leute mit Quer- säcken voll solclier Perlen wechseln diese bei Beginn des Marktes an Marktbesucher, die Einkäufe zu machen gedenken, tauschen sie nach Beendigung des Marktes von den Verkäufern wieder ein und machen natürlich, wie gewöhnlich die Geldwechsler, bei beiden Geschäften ihren Profit.
In den mohammedanisch-afrikanischen Gebieten spielt bei allen Werken des Kaufs oder Verkaufs eine grosse Rolle der Delläl, eine Art Auctionscommissionär oder Makler, wenn auch nicht gerade häufig ein elirliche •. Aehnliche Mittelspersonen zeigen sich sogar in den heidnischen Gebieten. Es scheint dieser Personen- stand ein nothwendiges Erforderniss jedes auch nur einigermaassen geregelten Handelsverkehrs zu sein. Der Makler entwächst gewissermaassen dem Markte selbst; natürlicherweise darf man ihn ebenso wenig im Rancho oder Wigwam des Indianers wie in der Hütte des Buschmann suchen.
Ein ganz eigenthümlicher Handelsverkehr entwickelt sich in denjenigen westafrikanischen Küsten und Küsten- flüssen, an denen der Export von Palmöl blüht. Die europäischen Kaufleute, welche das fettige Product ankaufen, wohnen auf den dort sogenannten Hulks oder Oelschiffen, abgetakelten Fahrzeugen von euro- päischer Construction, welche als Kaufplätze und Maga- zine zugleich dienen. Diese schwimmenden Factoreien sind gewöhnlich mit einigem Comfort ausgestattet und werden den "Wohnungen an sumpfigen ungesunden Land- plätzen vorgezogen. Dass es in einer solchen Factorei nicht an tausenderlei Tauschartikeln für die Schwarzen fehlt, ist selbstverständlich.
In Südafrika benutzen reisende Händler die hier üb- lichen riesigen, vierräderigen Planwagen, als fahrende Magazine, von denen aus sie ihren Schacher mit Hotten- totten, Kafifern und Betchuanen unterhalten können.
In Ostsudan pflegen sich die Berabra als Kaufleute
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und Kaufdiener, als Leibdiener und bewaffnete Begleiter zu verdingen. Intelligent und desperat, sind sie die Mittelspersonen geworden, mit deren Hülfe sich eine thuls friedliche, theils gewaltsame Eroberung eines Un- geheuern Ländergebietes von Centralafrika für Aegypten eingeleitet hat.
In Nordafrika herrscht bis etwa zum 10^ nördl. Br. der Karavanentransport zu Kamel. In Ostsudan lassen die sogenannten Kamelschekhs, d. h. die Häuptlinge der hauptsächlich die Kamelzucht betreibenden Stämme, während der auf unsern Sommer fallenden Regenzeit jene Lastthiere nur sehr ungern über den 13^ nördl. Br. nach Süden ziehen; letztere leiden alsdann zu sehr von Bremsen, Dasselfliegen, Zecken, von der Nässe und von feuchtem Futter. An der Ostküste reicht die Kamel- zucht über den Aequator hinaus bis zu den Flüssen Odzi und Dana hinab.
Der Karavanenverkehr wird in diesen Gegenden übrigens nach ganz bestimmten Normen geregelt. Füh- rung, Disciplin unter den Theilnehmern, Abgaben u. s. w. unterliegen strenger Controle und zwar theils durch die Kaufleute selbst, theils durch die Behörden der von den Handelszügen berührten Länder.
In Südafrika werden die S. 167 erwähnten, mit vielen Paaren rüstiger Ochsen bespannten Wagen zum Waaren- transport benutzt. Im übrigen Afrika dagegen dienen menschliche Träger, im Osten des Erdtheils Pagazi ge- nannt. Sie rekrutiren sich aus allerhand Stämmen und schleppen ihre Lasten, gewöhnlich etwa 50 Pfund für den Mann schwer, auf ihren Köpfen. Zum Schutze der Trägerkaravanen werden in Ostsudan und in Ostafrika sogenannte Soldaten, Asaker (Sing. Askeri) oder Farucli (Sing. Farcha oder Basingir) angeworben, zu welchem Handwerk die Berabra, Denka, Bongo, Niam-Niam und selbst die indischen Beludschen sich besonders geeignet erweisen. Cameron traf von den letztern 1000 Mann allein in ünyanyembe.
Die Händler haben tief im Innern ihre Factoreien,
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welche mit Dornverhauen oder gar mit Verpalissadi- rungen umgeben sind. In den ehern Nilländern nennt man eine solche Niederlassung Zeriba. In den Gegen- den des Weissen Nils und des Gazellenflusses hatte sich während der Jahre 1S45 — 68 von den Zeribas aus eine infame Art des Handels etablirt. Dieser nahm seinen Hauptsitz zu Chartum. Europäische, türkische, ara- bische, koptische und nubische Händler sandten nämlich ihre Barken voll Bewafl'neter und ihre Träger aus, Hessen Elfenbein, Sklaven oder Vieh rauben und letz- teres wieder gegen Elfenbein und Sklaven theils an die beraubten Stämme selbst, theils an fremde Stämme austauschen. Durch diese schandbare Art des Verkehrs, an welchem sich vielgenannte europäische Häuser, der Vaudey, De Bono, Poncet, A. de Malzac u. s. w. stark betheiligten, wurden weite Landstriche mit Brand, Mord und Plünderung heimgesucht, sie wurden auf Generationen hin verwüstet. Acte gemeiner Barbarei wurden von den Banditen begangen und von selten der Schwarzen durch blutige Repressalien geahndet. Solche Scheusslichkeiten riefen endlich das Einschreiten der ägyptischen Behörden wach, und nachdem nun auch eine gute Anzahl arabisch-nubischer Händler, die Ghat- tas, Abdes-Sammat, Biselli und andere Würdige sammt ihrer Räuberbrutr theils am Fieber crepirt, theils zu- sammengehauen, in den Kochtöpfen nigritischer Kanni- balen geschmort oder von den Aegyptern in Ketten gelegt worden sind, scheint der Unfug nachgelassen zu haben, wenn er auch leider noch nicht gänzlich ausge- rottet werden konnte. ^^
Es darf hier wol kaum hervorgehoben werden, dass der Sklavenhandel seit alten Zeiten einen sehr grossen Theil des afrikanischen Handels überhaupt ge- bildet hat. Es ist ja über diese fluchwürdige Ein- richtung schon 80 unendlich viel geschrieben, es ist das durch sie über den dunkeln Continent gebrachte Elend in so markerschütternder W^eise dargestellt worden, dass wir hier davon schweigen können. Wenn nun
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auch jener scheussliche Trafik, dessen selbst nur schüch- terne Beschönigung wir gern unsauberm ethnologischen Pharisäerthura überlassen wollen, noch keineswegs gänz- lich unterdrückt erscheint, wenn er auch in den ägyp- tischen Besitzungen, im türkischen Magreb, in Marokko, an der Ost- und Westküste hier und da weiter wuchert, so gehört er gottlob dennoch zum grössten Theile bereits der Geschichte an.
Sehr interessant sind die Mittheilungen, welche uns L. Magyar über den Karavanenhandel in den Hinter- ländern von Angola und Benguella gibt. „Unter den grössern und kleinern Karavanen (Ambakkas)" — so sagt unser Reisender — „welche aus verschiedenen Gegenden Innerafrikas und auf verschiedenen Wegen an die Küsten kommen, zeichnet sich die von Bihe aus, nicht blos durch ihre Anzahl und Waffenmacht, sondern auch durch den Werth der mitgebrachten Waaren, als da sind: Elfenbein, Rhinoceroshörner, Wachs. Die Karavane von Bihe kommt gewöhnlich jedes Jahr zweimal nach Benguella, wo sie die mitgebrachten Waaren für europäische Erzeugnisse umtauscht. Eine solche Karavane besteht oft aus 3000 Köpfen, von welchen wenigstens die Hälfte bewaffnet ist; da es hierzulande keine Saumthiere gibt, so werden alle Waaren, auch in die entferntesten Gegenden, von Men- sclien transportirt. Der Vortrab der Karavane kommt gewöhnlich zwei oder drei Tage früher an, um die Kaufleute von der Ankunft des Zuges im voraus zu benachrichtigen. Diese rüsten sich nun zum Em- pfang der Gäste und schaffen die nöthigen Lebens mittel und Tauschartikel herbei. Dann kommt die Karavane in mehrern kleinern und grössern Haufen an; die einzelnen Abtheilungen begeben sich mit ihren Waaren sogleich zu ihren Bekannten, um sich daselbst einzuquartieren. Diejenigen, welche Waaren zum Ver- kauf gebracht haben, kleiden sich nach Vermögen in neue Stoffe und bringen die ersten drei Tage nach ihrer Ankunft mit Essen und Trinken zu. Hierauf
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begiunt der Tauschhandel, welcher sechs Tage nach- einander dauert ; endlich werden die eingetauschten Waaren verpackt und unter die Lastträger vertheilt."
„Bis werden viele und verschiedenartige Waaren ins Innere Afrikas transportirt; daher erfordert das ge- hörige Verpacken derselben, damit sie nicht wegen der langen Reise infolge des Regens oder anderer Um- stände beschädigt oder ganz verdorben werden, sowie auch die richtige Vertheilung unter den Lastträgern eine grosse Geschicklichkeit und Routine. Denn wenn man den Lastträgern eine zu grosse Last aufbürdet, so kann es leicht geschehen, dass sie darunter zusam- menbrechen und dieselbe mitten in der Einöde liegen lassen. Ein Träger von Bihe wird gewöhnlich mit einer Last von 64 Pfund beladen und ausserdem muss er auch seine Nahrungsmittel, Waffen, Kochgeschirr und die Schlafmatte tragen, sodass die gesammte Last 90 — 95 Pfund beträgt" u. s. w. Magyar bemerkt dann weiter, dass jede Karavane ihren Chef (Som Ambakka) habe, und jeder einer solchen sich anschliessende Rei- sende der Leibdiener bedarf, von denen einer, der Kissongo, welcher für das Leben und die Sicherheit seines Herrn wacht, von diesem gewissermaassen adop- tirt wird. •* "*
Im Schutze der osmanischen Besitzungen und der europäischen Colouien finden sich in den verschiedenen Gegenden Afrikas zahlreiche europäische Etablissements für den Handel; aber es gibt deren auch auf unabhängi- gen Gebieten. Diese sorgen dann selbst für ihre Sicher- heit. An der Congo- und Loangoküste hat eine hol- ländische sehr betriebsame Gesellschaft, die Afrikaansche Handelsvereniging, schon vielen Boden und grossen Ein- fluss erworben. •
Gegenwärtig circuliren in Nord- und Südafrika, so- wie an den Ost- und Westküsten eine grosse Anzahl europäischer und amerikanischer sowie auch dem indo- britischen Reiche angehörender Münzen; manche der mohammedanischen Staaten prägen eigenes Geld. In
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Abyssinien hat selbst heute noch der Maria-Theresien- thaler seinen Werth, in Ostsudan geht neben diesem der altspanische Colonnadenthaler. Als Zahlungs- objecte von geringerm Geldwerth dienen Durrakörner (z. 13. in Sennar und in Obernubien), Kauris, Glasperlen, Samen, Zeugstücke und Spateneisen (S. 134). Der Glasperleu gibt es so ausserordentlich verschiedene Sorten, dass man mit ihrer Aufzählung allein die Seiten eines Schriftchens füllen könnte (S. 112).
Das Zeuggeld umfasst ebenfalls viele Arten von Palmfaser- oder Gras- auch Rindenstoff, oder von Baum- wollgeweben. Unter letztern liefern der englische, in- dische und amerikanische Markt eine wunderbare Aus- wahl, so die Merikanis oder Malekamis, Kanikis, Fa- zendas u. s. w. Sie werden in Stücke von verschiedener Grösse geschnitten oder gerissen und bilden so eine vielbegehrte Scheidemünze. In ähnlicher Weise dient Dowla, eine geringere Sorte indischen Seidenstoffs. Die Kaurischnecken (Cypraca moneta) passen wegen ihrer zierlich gerundeten Gestalt und ihrer porzellan- artigen Weisse nebenher häufig als Schmuck. In Nord- ostafrika bildet endlich ctas abyssinische Steinsalz eine geringwerthige Münze (S. 152).
Die Schiffahrt der Afrikaner ist zu unserer Zeit nur unbedeutend. Die alten Aegypter befuhren nicht allein den Nil, sondern auch das Meer mit grossem Erfolge; ihre mächtigen Galeren fochten bei Salamis und bei Actium mit. Zu Nekao's Zeit scheinen ägyp- tische Seeschiffe weite Fahrten längs den afrikanischen Küsten unternommen zu haben. Sehr reges Treiben entwickelte sich auf dem von Fahrzeugen aller Art starrenden Nil. Diese ungeheuere Wasserstrasse diente auch mehrern thatkräftigen Pharaonen, wie unter an- derm einem Tutmes I., dazu, ihre Stromflotten gegen die dunkeln Völker von To Chont (Dongola) und Kusch (Sudan) vorzutreiben. Das alles ist gegenwärtig in Verfall gerathen, wenngleich die Wasserstrasse des Weissen Nils es den Aegyptern neuerdings ermöglicht
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hat, die Gebiete der Bari, Bongo u. s. w. militärisch zu besetzen. Aber der alte Glanz existirt doch nicht mehr; die Seemacht der heutigen Aegypter ist gleich
Null.
Die Karthager haben bekanntlich als altes Seevolk das Ihrige geleistet. Wenn diese nun zwar zum grossen Theile aus Fremdlingen (Phöniziern) bestanden, so hatten letztere doch auch einen guten Theil Afrikaner, Berbern, unter sich, die an dem Ruhme grossartiger maritimer Bestrebungen theilnahmen. Später bildeten die kecken Raubzüge der nordafrikanischen Korsaren nur ein schwaches, trübes Nachspiel jener karthagischen Grossthaten.
Fig. 75. Canot vou Arabadjholz.
An der Westküste Afrikas haben sich die Crooboys oder Croomen, die Kru, einen grossen Ruf als kühne und geschickte Seeleute erworben. An der Ostküste sind ein Theil der Bewohner der Samhara oder des abyssinischen Küstenlandes und die Suaheli ebenso gern als Matrosen benutzt, wie die Leute von Mozambique, wie die Komoraner und die Madegassen. Eine starke Abneigung vor dem Meere haben die KafFern.
Der grössere Theil der afrikanischen Flüsse ist wegen vieler Katarakten, Stromschnellen, Wirbel und Bänke für die SchittYahrt nur wenig geeignet. Diese entwickelt sich daher immer nur auf beschränktem Gebiet. Selten verwenden hier die Nigritier grössere Barken, sie be-
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gnügen sich vielmehr mit nicht sehr grossen Canots, nit Flössen u. s. w. Letztere werden am Weissen Nil aus dem federleichten Holze des Ambadj (Hcnninicra €laphroxylon)y in Borna aus Kürbisschalen verfertigt; sie dienen nur dem kleinern Verkehr.
Dagegen bilden die weiten Aequatorialseen ein für regen Schiffsverkehr wohl geeignetes Gebiet. Die hier angesiedelten Nigritier unterhalten recht stattliche und öfters phantastisch geschmückte Fahrzeuge. Vom Hord derselben uua liefern sie erbitterte und blutige Seeschlachten. Dergleichen Ereignisse schildert uns unter anderm Stanley mit grosser Lebhaftigkeit. Kann es wilder erregte Scenen geben, als die von ihm be- schriebene grosse Seeschlacht zwischen den Waganda und den Wawuma bei Cap Nakaranga? Es fehlt den Xigritiern nicht an Talent zur Ausnutzung der Wasser- wege, allein die Natur stellt ihnen zum Theil schwer besiegliche Hindernisse entgegen.
8, Sitten und Gebräuche.
Kindheit. Die Kinder der Afrikaner verschieden- artigster Nationalität sind durchschnittlich weit an- iimthiger, verhältnissmässig geistig geweckter und viel liebenswürdiger als die Erwachsenen. Man findet unter den Sprossen der Bedja, der Funje, vieler echten Nigritier überaus anziehende Persönlichkeiten. Es gilt dies weniger vom frühesten Alter, in welchem gewisse Misverhältnisse der Physiognomie und der sonstigen körperlichen Gestaltung die Harmonie häufiger stören, als an den gleichalterigen Kindern der Europäer. Viel- mehr erscheint die Mehrzahl der afrikanischen Kinder zwischen dem 5. bis 7. und dem 12. bis 13. Jahre am holdesten. Namentlich bringt hier das Knabenalter reizende Erscheinungen hervor. Da vereinigen sich öfters schlanke Gestaltung, offener Blick, schnelle Auffassungs- gabe, frühreife Urtheilskraft, freundliches Anschmiegen
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 177
und gutmüthiges Wesen zu einer trefflichen Oesnmnit- erscheinung. Auch unter den sehr jungen Mädclien trifft mau liebliche Geschöpfe: sie sind jedoch im all- gemeinen stiller, demüthiger und zurückhaltender als die Knaben. Heiterkeit ist den meisten Afrikanern angeboren, und die Spielplätze ihrer Kinder sind die Stätten fröhlicher Lust. Da geht es im Lärmen und Schreien gar toll her. Ich glaube nach meinen eigenen Erfahrungen und nach denen befreundeter Personen nicht, dass unter den Kindern auf dem dunkeln Con- tinent ein sehr viel anderes Gebaren herrsche als bei unserer lieben Jugend daheim. Die Kinder der Indianer, der Mongolen, der AVassermalaien und Creolen sollen im allgemeinen ernster, ja düsterer sein als diejenigen der Europäer, Polynesier und Afrikaner, namentlich aber der Nigritier. Unter letztern gibt es auch hübsche Kurzweil mit Früchten, Samen, Steinchen, befiederten Stäben, mit geflochtenen Häuserchen, Nachbildungen von Thieren aus Holz, Thon u. dgl., mit dem IJau von Kraalen aus Sand u. s. w., endlich die Beschäftigung mit zahmen, lebenden Thieren.
Freilich fehlt diesem sonnigen Bilde auch nicht die schattige Kehrseite. In mohammedanischen Ländern wird die Unbefangenheit des Kindes sehr häufig durch wahnwitzige Furcht vor dem bösen Blick getrübt; da- durch werden die abergläubischen Aeltern dahin ge- bracht, ihre Sprösslinge zum Schutz gegen den Neid der Nachbarn einzupferchen, in Schmuz und Unkennt- niss aufwachsen zu lassen. Wo, wie bei islamitischen Bambara, Fulbe, bei vielen Berbern, Djaalin u. s. w. religiöser Fanatismus herrscht, da verlangt der als Lehrer fungirende Marabout schon frühzeitig die ganze Hingebung und die zerknirschte Frömmigkeit seiner Talibe oder Schüler. Wiewol sich hier manchmal ein ganz hübsches Verhältniss zwischen Lehrenden und Lernenden entwickeln kann, so wird doch in den meisten der letztern die Jugendfrische bei Zeiten durch frenetische Ascese zerstört. Aus solchen Kindern er-
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wuchsen jene heiligen Streiter, mit deren Hülfe toll- fanatische oder ehrgeizige Lügenpropheten, die Dan- fodio, Hadj Omar, Mohammed-el-Amin u. a. ihre zer- störenden Kriege gegen das Bestehende unternahmen. Unter den heidnischen Völkern wird die Kindheit nicht selten durch blödsinnige Furcht vor den Fetischen ver- giftet. In noch andern Fällen knicken schnöder Sklaven- raub und Sklavenhandel, scheusslicher Opferdienst und wilder Kannibalismus gerade die zierlichsten Jugend- blüten.
Auch entwickehi sich bei vielen Afrikanerkindern schon im jugendlichsten Alter die schlechtem Seiten des afrikanischen Charakters: Hang zur Faulheit, zur Ausschweifung, zur Lüge und zur Grausamkeit. Schreck- liche Tyrannen erwachsen manchmal aus noch im kind- lichen Alter stehenden Nigritierfürsten. Junge Mädchen können schon früh zu entsetzlichen Megären werden, namentlich unter kriegerischen Nigritierstämmen.
Bei vielen Afrikanern wird der Uebergang aus dem Knaben- zum Jünglings- und aus dem Mädchen- zum Jungfrauenalter unter Beobachtung gewisser feierlicher Gebräuche oftenkundig vollzogen; derartige Gebräuche gibt es ungemein vielartige. Unter einem grossen Theile der Nigritier ist die Beschneidung verbreitet. Wahrscheinlicherweise ist sie von da auf die Juden und Mohammedaner unter Vermittelung der alten Aegyp- ter übertragen worden. Schwerlich hat dieser bis zum Herzen Afrikas und bis zu den A-Bantu reichende altübliche Gebrauch den entgegengesetzten Weg genommen. Unter den islamitischen Stämmen wird der Gebrauch nach dem bekannten Koranritus vollzogen. Statt der Beschneidung, welche mit gewissen Einschrän- kungen hier und da auch beim weiblichen Geschleclite ausgeführt wird, dient unter Denka, Herero und andern nigritischen Nationen das Ausreissen der mittlem untern Schneidezähne als auszeichnender Act während des Austrittes aus dem Knabenalter. Die kriegerischen Amazulu hielten ganz besonders auf die Ausbildung
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ihrer männlichen Sprösslinge im Waifcndienst, welche beschnitten, dann später in den festen Lagern oder Engandas untergebracht und hier ganz militärisch dressirt wurden.
Aehnliehe Gebräuche herrschen unter den Betchuana. Die Knaben kommen daselbst in die Koma oder Be- schneidungsschule, hier werden sie durch allerlei Leibes- qnal abgehärtet und in die Geheimnisse der Männlich- keit eingeweiht ; natürlich erfolgt dabei die allen Bantu gemeinsame Beschneidung. Die ganze Procedur wird bei den Basuto das Polio genannt. Alle, welche zusammen das Polio durchgemacht haben, bilden eine Choera oder Kameradschaft. Auch die Mädchen unter- liegen einem Polio. Sie müssen das Tauchen erlernen, sich mit dem Feldbau beschäftigen; sie schulen sich alsdann im Singen und Tanzen. Während der ganzen Zeit verüben sie allerlei Muth willen und Unart. Die dem Polio unterworfenen Knaben und Mädchen ver- harren übrigens in strenger geschlechtlicher Absonde- rung. (Endemann.)
Mannbarkeit und Alter. Die jungen Männer der Bedja und Nigritier werden zum Viehhüten, zur Jagd und zum Kriegsdienst angelernt. Bei manchen Stämmen beider Guineas erhalten sie noch nicht Zu- tritt zum Palaver, der öffentlichen Berathung, der nur reifen Männern und gedienten Kriegern gebührt. Die Mädchen unterstützen um die Zeit vor ihrer Verheira- thung das weibliche Ilauspersonal.
Die mohammedanischen und christlichen Heirat hs- ceremonien unter den Afrikanern sind, wenn sie auch hier und da etwas landesübliche Beimischung erhalten, von 80 bekanntem Zuschnitt, dass sie hier keine beson- dere Erwähnung verdienen. Die in Aegypten und zum Theil auch im Magreb herrschende schändliche Unsitte, noch völlig unreife Kinder in das Ehebett zu geben, und dadurch den ganzen Stamm der Entartung in die Arme zu treiben, herrscht bei den Berabra, Bedja und Nigritiern weit weniger. Magyar beschuldigt die Kim-
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bunda dieser Unsitte. Sonst wird bei obigen Stämmen, unter denen die Entwickelung des Körpers durchaus nicht durchgängig in so rapider Weise vor sich geht, wie es manche Reisende als allgemeine Regel aufge- stellt haben, denn doch eine gewisse physische Reife abgewartet, bevor man den Ehepact schliesst.
Das Weib ist grösstentheils eine Waare, die man von den Aeltern um diesen oder jenen Preis ersteht. Daneben soll aber der zuweilen eintretende Fall einer einseitigen oder beiderseitigen Neigung gerechte Beur- theilung finden. Ein Afrikaner kann sein Mädchen lieben und muss doch, dem allgemeinen Brauche hul- digend, sich dasselbe erst zum Anweiben für einen ihm zugemutheten Preis erkaufen. Bekanntlich ist es aber auch in unserm überfeinerten hypokritischen Europa vielfach Mode geworden, sich sein mit so und so viel Mille beschwertes Weiblein gegen Erlegung schnöder Kuppel- gebühr zu erschachern. — Das jedoch nur beiläufig. Auch beim afrikanischen Weibe ist die Liebe nicht ausgeschlossen. Unter Gala und Bantu kam es vor, dass erkaufte Weiber, welche den aufgenöthigten Ehe- gatten nicht gut waren, sich lieber das Leben nahmen, als dass sie den für sie entehrenden Pact schlössen.
Der Afrikaner wird seltener in die Lage kommen, für seine Erkorene deren Aeltern klingende Münze hinzuzählen; vielmehr wird die Gesponsgebühr aller- meist in sehr realistischen Materialien, wie Zeug, Ge- treide, Kühen und andern Hausthieren, in Goldstaub, Elfenbein, Straussfedern, Gummi, Palmöl, Sklaven und andern Handelsartikeln, in Waffen, Geräthen u. dgl. erlegt.
Wenn ein Denka (Weisser Nil) heirathen will, so pflegt er sich schon im Beginn der zwanziger Jahre zu befinden. Er macht sich selten an ein Mädchen, welches unter 16 — 18 Jahren steht. Der Kaufpreis richtet sich hier nach dem Vermögen der Aeltern. Für ein begütertes Mädchen bietet man 20—30 Ochsen und Kühe, auch Kupfer- oder Messingdraht und Glas-
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peil*.... Zur Hochzeit veranstaltet man ein Pickenick von Milch; man schlachtet eine Kuh oder einige Zick- lein, schmausst auch wol halbgrüne Durraähren dazu. Aehnlich geht es bei andern Völkern des Weissen Nils und CentralatVikas her.
Der Bari ist nach Kaufmann noch mehr auf Viel- weiberei erpicht als der Denka. Unser geistvoller apostolischer Missionar erzählt, dass solche Bari, welche recht gross thun wollen, sich alle Jahre ein neues Weib nehmen. So besass der vielgenannte Häuptling Nigilla zu Gondokoro über zwanzig Frauen. Manche haben in der Hungerzeit (S. 149) wenige, nehmen aber nach der Ernte die frühern Weiber und gar noch ein neues zu sich. Diese Beispiele mögen darthun, in welcher Art beim allergrössten Theile jener heidnischen Nigritier die Ehen geschlossen werden.
Unter den Betchuana geht man etwas umständlicher zu Werke. Hier muss ein Freund des Brautwerbers die Erkorene ansprechen; der Werber befragt dann die Aeltern des Mädchens, und sind diese gewillt, so consultirt man endlich den eigenen Vater. Dann schickt jener Weiber in den Kraal der Ersehnten, um letztere in Augenschein nehmen zu lassen. Abermals werden Weiber hingeschickt, die eine Art Scheinantrag stellen. Darauf sendet der Vater des Mädchens Leute in den Kraal des Werbers, um diesen aufzufordern, nunmehr seinen Antrag zu formuliren. Die Mutter der Braut sendet zugleich eine wohlgefüllte perlengestickte Schnupf- tabacksdose in das Heimatdorf; dann ruft der zukünf- tige Schwiegervater die Vetterschaft zusammen und sucht ihr beim Palaver das für den Bräutigam als Kaufpreis nöthige Vieh abzudrücken. Letzteres wird in den bräutlichen Kraal getrieben. Nun wird dieser vom Bräutigam und seinen Genossen aufgesucht, dabei kommt es zu mächtigen Ess- und Zechgelagen. Zurück- gekehrt, wartet der Bräutigam Wochen und Monde, muss aber nun, bei Erneuerung seines Antrags, eben- falls wieder Vieh abgeben. Endlich kommt man gegen-
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seitig überein. Nachdem noch die Anverwandten der Braut Brandschatzung geübt, wird das Frauenzimmer vom Bräutigam unter mancherlei Gasterei und Cere- monien heimgeführt; unterwegs suchen die Braut und ihre Begleiterinnen wieder Geschenke zu erpressen. Die junge Frau kehrt nochmals zum heimischen Kraale zurück, holt Sorghumbier, Mehl, Korn, Bohnen, Taback, ihre Decken, Felle u. s. w. herbei. In der Folge gibt es im neuen Hause grosses Geschmause und Gezeche. Endlich, endlich hat die sehr weitschweifige Komödie ihren Schluss erreicht! Missionsdirector Wangemann, welchem wir diese ganze originelle Schilderung einer Basuto-Hochzeit verdanken, begleitet seine Auseinander- setzung mit den für seine Berufsthätigkeit charakte- ristischen Worten: „Was das ungebührliche Maass von Essen, Trinken und manches andere bei diesen Ge- bräuchen betrifft, so finden wir ja leider auch bei uns Christenleuten viel ähnliches. Aber dort unter den Heiden ist das Fressen und Saufen nur noch der ge- ringere Theil der Feier, denn in allen seinen Gebräuchen zielt das Heidenthum auf Fleischessünden, Lügen, Zau- bern, Geld- und Bluterpressen, und bedeckt all diesen Moder und Todtengebein nur mit einem ganz dünnen Tuche, das wie Freude, Höflichkeit und Freundlichkeit aussieht." 3^
Da nun die Weiber in Afrika Geld kosten oder wenigstens Geldeswerth haben, so kommt es ihretwegen unter den nigritischen Stämmen des Innern auch wol zur Fehde. Letzteres geschieht namentlich dann, wenn die Familie oder der Tribu einer geschiedenen Frau die Zurück- stellung des Kaufpreises verweigern. Das Los der Frau ist in Afrika im allgemeinen kein glückliches. Erhandelt, bildet sie den meist ausschliesslich arbei- tenden Theil der Bevölkerung, wogegen der Manu auf Ratlisversammlungen geht, beim Biertopfe sitzt, in den Krieg zieht, Jagd und Fischfang betreibt, im übri- gen aber faulenzt und sich von seinem weiblichen Per- sonal bedienen lässt. Nur bei manchen Stämmen, z. B.
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den Funje, Schilluk, Nuer und Bari hilft auch der Mann beim Feldhau und auf der Viehweide.
Hier und da haben die Frauen gewisse Vorrechte. So z. B. ist in Centralafrika das Vorkommen von Po- lyandrie constatirt worden. Bei den Hasanie, einem Bedjastamm der südwestlichen nubischen Steppe, darf die Gattin für sich den dritten Tag jeder Woche in Anspruch nehmen und alsdann ihre Gunst einem andern, z. B. einem durchreisenden Fremden, gewähren. Unter manchen nigritischen Völkern sichert das Amazonen- thum wenigstens gewissen Weiberklassen besondere Privi- legien. Im Gebiete des Weissen Nils werden die Frauen zur Kriegszeit geschont.
Da Vielweiberei über das ganze islamitische und heidnische Afrika verbreitet ist, so muss die Ehegattin ihre Stellung mit Nebenbuhlerinnen theilen. Im Gefolge dieser Verhältnisse entwickeln sich alle die schon so häufig und so beredt geschilderten Schattenseiten der Polygamie. Unter manchen Nationen, namentlich den Aschanti, Dahome , Balonda und Bantu besitzen die Fürsten eine grosse Zahl von Weibern. Unter diesen wird es stets einige Favoritinnen geben, aber trotzdem trägt die ganze schreckliche Unsitte ihre bösen Früchte. Auch fehlt es nicht an Kebsweibern und an gelegent- lich den Gelüsten des Hausherrn dienenden Sklavinnen. Einigermaassen werden die schlimmen Seiten der Viel- weiberei dadurch gemildert, dass die einzelnen Weiber ihre eigene, getrennte Oekonomie führen; das lässt sich z. B. in Sennar überall beobachten. Unter den Kaffem hat nach Merensky jede Frau ihr eigenes Haus, ihren eigenen Hof, ihren Garten und ihr eigen Geräth.
Die Ehescheidung ist überall üblich und wird bald einmal wegen ganz geringfügiger Ursachen ins Werk gesetzt. Die 65. Sure des Korans schreibt vor, dass, wenn Sühneversuche vergeblich gewesen, die Scheidung eintreten dürfe. Es heisst da: „Die Frauen, von wel- chen ihr euch scheidet, lasset wohnen wo ihr wohnet, nach Bequemlichkeit der Wohnung, die ihr besitzet und
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thut ihnen keine Gewalt an, dass ihr sie in Angst ver- setzet. Sind sie schwanger, so verwendet für sie, was sie nöthig liaben, bis sie sich ihrer Schwangerschaft entledigt haben. Säugen sie ihre Kinder für euch, so gebet ihnen ihren Lohn und findet euch nach Billig- keit miteinander ab." — In Aegypten darf sich ein Mann zweimal von seiner Frau scheiden und kann sie (mit geringen gesetzlichen Ausnahmen) auch ohne weitere Förmlichkeit wieder nehmen. Beim dritten male der Scheidung dagegen wird die Wiedervereinigung sehr erschwert. Jeder Mann kann seine Frau ohne viel Wesen Verstössen, wobei er ihr dies einfach mitzu- theilen hat, er muss aber der Verstossenen einen Theil des Brautschatzes und den von ihr mitgebrachten Haus- rath zurückgeben. Die Frau dagegen ist weit schlim- mer daran; sie muss, will sie die Scheidung veran- lassen, ihren Mann schlechter, roher Behandlung und grober Vernachlässigung überführen können, ist dabei auch meist genöthigt, die Sentenz des Richters anzu- rufen. In dieser Weise verfährt die Gesetzgebung des- Islam in den der (sunnitischen) Religion des Imam Schafey huldigenden, ferner in allen den sogenannten Hanafiten und Malikiten folgenden afrikanischen Gauen. Freilich gibt es hier und da auch örtliche Sondervorschriften, wie z. B. in Dongola und Sennar, sie bleiben jedoch ohne Bedeutung für das Ganze.
Unter den Heiden ist die Scheidung ebenfalls sehr leicht. Am Weissen Nil bei den Denka behält die Verstossene ihr Haus, bleibt daselbst mit ihren Kin- dern und wird von dem geschiedenen Manne mit Nah- rung, namentlich aber mit Milch, versehen. Bei den Bari sind die ehelichen Verhältnisse höchst lax. Nach Kaufmann laufen ihnen die Weiber in der Zeit der Noth leicht davon (S. 181), vorzüglich wenn erst der Hunger an die Thür des Aermern klopft. Bei den Loango-Bewohnern schildert Pechuel-Loesche eine bis- jetzt unerklärte Art unzertrennlicher, sogenannter Leembe-Ehen. Unter den Kimbunda kann die Frau
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nach Magyar nur Jann eine Scheidung fordern, wenn sie binnen zwei Jahren kinderlos bleibt und wenn das Unvermögen des Mannes erwiesen wird. Die Kinder folgen alsdann der geschiedenen Mutter, welche sich baldig wieder verehelichen darf. Unter den Betchuana kann der Mann die Scheidung leicht aussprechen und ebenso leicht ausführen; er muss aber für den Unter- halt der Geschiedenen sorgen, falls diese nicht schuldig befunden w^ird oder sich neu verheirathet; auch muss der Mann das Kaufgeld preisgeben. Entläuft die Frau, so kann der Mann das Kaufgeld reclamiren. Kommt es zur Scheidung, so bleiben die Kinder bei der nicht- schuldigen Partei. (Endemann.)
In Aschanti darf nur der Cabocir oder Häuptling seine Frau verkaufen. Berichtet ein Weib, dass ihr Mann ihr nicht gefalle oder dass er sie mishandele, so kann sie sich gegen Rückgabe des Brautschatzes von ihm scheiden, darf aber alsdann nicht wieder heirathen. Hört eine Frau während dreier Jahre nichts von ihrem Mann, so kann sie von neuem heirathen; der zweite Gatte hat dann mehr Recht wie der erste. Sonder- barerweise werden die Kinder der zweiten Ehe dem ersten Manne als Eigenthum zugesprochen und können von letzterm verpfändet werden.
In den mohammedanischen Gebieten Afrikas sind die Erbschaft s Verhältnisse geregelter Natur, in den heidnischen Ländern dagegen herrschen betreffs jener vielfältige Gebräuche, die meist nach dem Herkommen normirt erscheinen. Um unsern Lesern einen Begriff von denselben zu gewähren, schildere ich hier, wie es in solchen Lagen bei einigen hervorragenden Ileiden- völkern zugeht.
Unter den Denka, bei welchen das Weib thatsächlich die Sklavin des Mannes ist, erbt letzteres nicht, son- dern dasselbe wird vererbt. Der Vater bestimmt schon vor seinem Tode den Nachlass für seine Söhne, um später einen Streit über die Theilung abzuwenden. Weiber und Töchter des Verstorbenen bleiben beim
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ältesten Sohne, welcher nunmehr in die Rechte und Pflichten eines Familienhauptes eintritt. Derselbe er- hält Kühe, sobald die bei ihm lebenden Schwestern sich verheirathen; dagegen hat er seine Mutter und die Stiefmütter zu unterhalten, falls letztere keine Söhne haben, bei denen sie gewöhnlich bleiben. Sind die von dem Verstorbenen hinterlassenen Kinder noch klein, so werden dieselben dem nächsten Anverwandten übergeben, bei welchem sie bis zum Erwachsensein bleiben. Ist letzteres Stadium eingetreten, so ergreifen die Söhne die väterliche Erbschaft und legen am Grabe des Verstorbenen einen Murach oder Viehkraal an. Bestehen die Hinterbliebenen nur aus Töchtern, so erben diese nichts, sondern sie gehen als Eigenthum nebst der gesammten sonstigen Hinterlassenschaft auf den nächsten Anverwandten über. (Kaufmann.)
In andern nigritischen Ländern des Innern geht es viel unordentlicher zu und werden junge Kinder nach dem Tode des Vaters gar zu häufig sammt ihren Müt- tern von den Häuptlingen oder von Anverwandten in die Sklaverei gebracht. In Aschanti erbt der König alles Gold seiner Unterthanen. In Loango erben sonderbarerweise die Weiber, und ein Liebhaber hat sich nicht an den Vater, sondern an die Mutter oder das Haupt der mütterlichen Familie seiner Liebsten zu wenden.
Unter den Wamasay bekommen nach Hildebrandt die Söhne mehr Erbe als die Töchter. Der älteste Sohn erhält die Waffen des Vaters. Beim Tode einer Frau erben deren Kinder und, sind keine da, so erben deren Geschwister. Unter den Wakamba und Wanika erben die männlichen, nicht aber die weiblichen Nach- kommen. Nach Endemann ist bei den Basuto das älteste Kind Universalerbe, ausgenommen wenn es eine nach auswärts verheirathete Tochter ist; da aber die meisten Töchter sich verheirathen, so wird gewöhnlich der älteste Sohn Universalerbe; derselbe wird Vormund seiner Jüngern Geschwister.
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Tod und Begräbniss. Der Afrikaner ist grossen- theils fatalistisch und dem Tode gegenüber sehr gleich- gültig. In denjenigen Ländern, in denen man noch Menschenopfer bringt, die Gefangenen gewohnheits- gemäss abthut oder wo man Kannibalismus betreibt, gehen die Opfer mit stumpfer Resignation ihrem Ver- hängniss entgegen.
In den mohammedanischen Ländern ist die Sitte des Wulwal, der Erhebung des Klagegeheules allgemein verbreitet, wiewol sich der Koran eigentlich dagegen erklärt. Es geschieht diese laute Schmerzbezeigung theils durch die Verwandten des Verstorbenen, theils durch gedungene Klageweiber. In Nubien und Sennar führt man das Klagen gemeinschaftlich unter Verwandten, Freunden und mit Miethsweibern, aber mit zwischen- liegenden Ruhepausen aus. Dergleichen Scenen pflegen auf den europäischen Reisenden den abscheulichsten Eindruck zu machen. Der mohammedanische Afrikaner wird nach seinem Tode gewaschen und in sein Leichen- tuch, Lalach oder Kefn, gehüllt; letzteres besteht aus reinem Baumwollzeuge. Fromme Moslemin führen ein solches selbst auf Reisen mit sich, es wird gewisser- maassen im Turban repräsentirt , denn die Kopfbe- deckung stellt den zusammengerollten Kefn dar. Wäh- rend aber der Koran ein solches Tuch von nur sieben Ellen Länge vorschreibt, bergen manche Fanatiker 4 — 6 Kefn in ihren Turbanen. Letztere Kopfbeklei- dung ist oftmals von wahrhaft erstaunlichen Dimen- sionen bei den Ischans oder frommen Schekhs, bei den MoUahs und Pilgrimen in Centralasien, sowie bei den bigoten Kurden selbst kriegerischen Standes. Man begreift nicht, wie ein Menschenkoj^f eine solche Last in Hitze und Staub zu balanciren vermag, namentlich wenn man, wie die martialischen Kurden, noch ein schweres Waffenarsenal an sich herumschleppt. In Afrika pflegt der Turban kleiner zu sein; indessen thut der Fanatismus in dieser Hinsicht zuweilen auch das Seinige.
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In Aegypten und im Magreb wird die Leiche vom Kefn fest umhüllt, auf eine Bahre gelegt, diese wird mit Tüchern, Shawls oder Teppichen bedeckt und erst zur Einsegnung in die Moschee, dann aber hinaus zur Gruft getragen. Unterwegs wird gesungen, gebetet, geheult und gebrüllt, dabei geht es im schnellen Hunde- trab vorwärts. In Sudan trägt man die Leiche auf einer Bettstelle oder Angareb. Hier wird das Grab weniger sorgfältig behandelt als in Aegypten, wo man es gewölbeartig ausbaut; dort vielmehr legt man die Leiche in eine manchmal nicht sehr tiefe Grube und gibt sich nur selten die Mühe, einige Luftziegel hinzu- zufügen. An solchen Gräbern können Hyänen und Honigdachse ihre List üben. Die Füsse der Leiche werden stets in die Richtung nach Mekka gebettet. Dann wird ein flacher, länglicher Hügel darüber er- richtet, mit weisslichen Kieseln, Schnecken oder Muschel- schalen, am Meere mit Korallenstückchen u. s. \v. um- legt. Vorübergehende bessern dies im Sturmwind leicht verwehbare Grab mit den Händen aus, fügen einen oder mehrere Steinchen hinzu, murmeln eine Fatcha (den Anfang des ersten Itorangesanges) u. s. w.
Unvergesslich bleibt mir der Eindruck zweier junger, schlanker Funje, welche stundenweit herbeigekommen waren, um auf dem malerisch gelegenen Begräbniss- platze am Berge Djerebin (oder Gerebin) in sanftem, melodischem Redeflüsse die Geister ihrer verstorbenen Verwandten zu begrüssen. Unter diesem Volke herr- schen noch halb heidnische Todtengebräuche.
Während man den vornehmen Moslemin Mausoleen errichtet, an deren Aufbau und Ornamentirung sich oftmals der schönste Geist orientalischer Tektonik er- schöpft, hat man in verschiedenen, dem Islam hul- digenden armem Gegenden Afrikas besonders gebene- deieten Schekhs oder Heiligen einfachere Grabdenk- mäler errichtet, welche wie gewisse, gleichem Zwecke dienende Topes oder Tepes West- und Centralasiens zuweilen zu Stätten der Wallfahrten, der Waschungen
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und Gebete der Gläubigen werden können. Selbst an düstern Stellen der übrigens urwaldstrotzenden Ufer des Blauen Nils erblickt man solche, dort meist zucker- hut- oder kegelförmige Kubbat, d. h. Kuppeln genannte Schekhgräber.
In den heidnischen Gebieten Afrikas bettet man die Leichen bald in ausgestreckter, bald gekrümmter Stel- lung, bald nackt, bald bekleidet, theils mit, theils ohne Todtengaben an Speise, Trank, Früchten, Waften, Ge- räth u. s. \v. unter die Erde. Ueberirdische Pfahl- graber, wie sie uns aus Nordamerika, Australien u. s. w. bekannt geworden sind, benutzt man meines Wissens unter den Nigritiern nicht. Wol aber wendet man hier und da Einpackung der Leiche in Felle, Schnüre, Baumrinde oder, wie bei den Niam-Niam, in hohlen Baumstämmen an. Letzteres Volk verschalt sogar die Gräber mit Holzscheiten, wodurch eine Art Abkamme- rung erzeugt wird; das erinnert, wie Schweinfurth ganz richtig angibt, an die Vorschriften des Islam. Uebri- gens opfern die Niam-Niam in Todesfällen ihren sorg- sam gepflegten Haarschmuck (S. 85). In Guinea be- müht man sich hier und da, die Cadaver von Königen bei langsamem Feuer einzutrocknen und birgt sie später in sargartigen Truhen von Holz, Stein oder von Erd- mauerung. In Senegambien werden die Leichen der Barden, der öffentlichen Sänger (Griots) in den hohlen Stämmen des Affenbrotbaumes (Adansonia) beigesetzt. Die hohe Temperatur dörrt auch hier bald den fettesten Cadaver aus. Die Gräber der Vornehmen schmückt man im nigritischen Afrika mit Schädeln, Steinhaufen, Votivpfahlen, Fetischen, mit roh geschnitzten Thier- und Menschenfiguren, Thonkrügen, Muscheln, Thier- gehörnen; mit Fahnen, Lappen u. s. w. aus.
Im nigritischen Afrika gibt es viele Gegenden und Stämme, bei denen kurz nach eingetretenem Tode die Klage erhoben wird und wo, sobald es sich um eine Person von irgendwelcher Bedeutung handelt, das Blut der Sklaven und selbst gewisser Freien vergossen
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wird. Theils will man durch Besprengen des Grabes mit frischem Menschenblut den Todten ehren und seine überirdische Existenz sichern, theils will man ihm die für seinen neuen Wandel im Jenseits nöthige Bedienung mitgeben. Hier und da werden neben den Menschen auch allerhand Thiere oder es werden diese allein ge-
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Fig. 77. Holzfiguren auf einem Bongo-Grabe.
schlachtet. Zu andern malen will man durch blutige Opfer die Götter versöhnen, die Schatten des Todten be- schwichtigen oder dem wirklichen Schmerze Ausdruck geben. Es kommt sogar vor, dass beim Tode eines ge- liebten Mannes und Herrn Weiber, Kinder, Sklaven und Diener sich selbst umbringen oder von andern willig umbringen lassen. Baliodu, König von Dahome, Hess beim Leichenbegängniss und noch lange nach dem Tode
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seines Vaters Gezo unzählige Menschen niedermetzeln. »Die- " ' ilii aber war zugleich ein gewaltiger zeit- gen- Kaufmann und unsern Sklavenhändlern,
Elfenbein- und Oelkrümeru an der Westküste eine durchaus erwünschte, sympathische Erscheinung. Das Klingen haaren Geldes übertönt in diesen wilden Di- stricten so leicht das Blutgurgeln und das Todesröcheln der zur Ehre der grossen Sitte Geschlachteten. Ver- lieh doch der starke Bah od u für Zeuge, Glasperlen, Gewehre, Pulver, Kupferwaare u. s. w. so manches Handelsprivilegium. Kaum anders verfuhren die Kö- nige von Aschanti, Benin und von andern Punkten des Westens in der Zeit selbst noch unserer lebenden Generation. Als des Zulukönigs Tchaka Mutter ü'm- nanda an der Ruhr gestorben war, folgte nach dem Zeug- nisse Fynn's eine ungeheuere Menge, darunter die kriegs- geübten Legionen des Despoten. Unbeschreibliches Klagegeheul und wilde Kriegsgesänge ertönten, dann fielen Opfer und endlich zerfleischten sich die exaltirten Legionäre gegenseitig mit einer Art bestialischer Zer- knirschung, bis ihrer etwa 7000 den Boden deckten. Dann wurde die Leiche der alten Frau in eine offene Grube gebracht und zehn der hübschesten Mädchen mit ihr zugleich lebend in dasselbe Grab geschleppt. 12,000 Legionäre bewachten letzteres ein ganzes Jahr lang. Alle, welche bei dem Begräbniss U'mnanda's nicht zugegen gewesen waren, wurden noch nachträg- lich aufgesucht und umgebracht, dasselbe geschah mit den während des nachfolgenden Trauerjahres geborenen Kindern, ja sogar zum Theil mit deren Aeltern. Nur schwer stand der wilde Despot davon ab, das eigene Volk der todten Mutter wegen in seinem Cäsarenwahn noch weiterhin zu ruiniren.
Poesie, Musik, Festlichkeiten. Den Natur- völkern Afrikas fehlt keineswegs der Sinn für einfache dichterische Gestaltungen. Das heitere, mittheilungs- süchtige Naturell des Nigritiers äussert sich gern und häufig in einer Redeweise, welche man durchaus nicht
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durchgängig eine poetische zu nennen vermag, der es aber selten auch wieder an charakteristischem Ausdruck und an gewisser phantastischer Wortformung fehlt. Uebri- gens improvisirt der Schwarze und zwar nicht ohne Geschick; er wählt darin eine blumenreichere Sprache, als er sie sonst im alltäglichen Leben anzuwenden pflegt.
Aegypter und westliche Berbern haben schon früh- zeitig eine dichterische Begabung bewährt. Das was uns im alten Nilthal die Monumente erzählen, klingt hochtönend, aber packend, eindringlich. Wer diese un- vergleichlichen Documente näher zu studiren wünscht, möge über sie in Brugsch's Geschichtswerk über Aegyp- ten nachlesen. Dieser ausgezeichnete Gelehrte versteht es meisterlich, dem Stile seiner Uebersetzungen alter Retu-Inschriften ihre lapidare Ausdrucksweise auch in der deutschen Uebersetzung zu belassen. Letztere ist aber die blumig angehauchte echt afrikanische, sie ertönt von den Zinnen der abyssinischen Alpenfelsen 80 gut wie in den Palavern der Loango-Neger, in den Pits'os oder Rathskreisen der Betchuana. Diese Aus- drucksweise vermisse ich ungern in den sonst so inter- essanten Romanen von G. Ebers, dessen Diction , ein Zugeständniss an die materialistische Richtung unserer Zeit, mir stets zu nüchtern deutsch klingt.
Erinnert man sich nun der poetischen Leistungen der Retu, so gönnt man dem Heldengedichte Pentaur's, welcher die Grossthaten seines götterhaften Ramses IL, einer der edelsten Erscheinungen in der gesammten Geschichte der Menschheit, verherrlicht, gern den ersten Ilutz. Unter den westlichen Berbern soll so manches einfache, onmuthige Hirtenliedchen erklingen. Die Tuarik haben ihre Kriegsgesänge. Duveyrier theilt als Muster einen Ausüuss der wilden und treffenden Ausdrucksweise jener kriegerischen Wüstensöhne mit, es ist dies ein Spottgedicht auf die schlemmerischen, befeindeten Schambaa.
Die arabische Dichtkunst hat auch in Afrika schöne
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Blüten getrieben. Wo hier die Klänge der semitischen Mundart des BeiT-el-Arab ertönen, vernimmt man auch die von Alt und Jung gern gehörten phantastischen Berichte der Märchenerzähler. Die Nilschiffer voll- bringen ihre schwere Arbeit des Barkenschleppens unter Hersagung oft ganz witziger Improvisationen; abends am P'euer geht es lustig damit weiter. INIanche Kassida steigt von den Lippen des beduinischen Reiters in den leichten Aether der Wüste hinauf. Wie schön ist unter anderm ein Theil der Verse zur Verherrlichung des Bosses, wie sie uns Abd-el-Kader von den Nomaden Algeriens überliefert hat.
Feierlich und ergreifend hört sich das einfache Grab- liedchen an, unter dessen Hersingung die wilden Bari den von ihnen sehr geliebten apostolischen Missionar Don Angelo Vinco bei Gondokoro zur Erde bestattet haben. Feierlich klingt es auch, wenn die Berberiner ihre kurzen, melodischen, im Texte so simpeln Lied- chen durch die tiefe Stille der Wadys von Dongola erschallen lassen. Schwermüthiger ertönten der Abend- gesang von den Lippen der Bagara-Reiter zu Roseres oder ein Lied der Kordofaner, in welchem diese den Tod des tapfern furischen Eunuchen Msallim-el-Mak- dum in der blutigen Entscheidungsschlacht von Bara, sowie die dadurch herbeigeführte Unterjochung ihres Vaterlandes durch die Aegypter besangen.'*^
In Central- und in Westafrika existiren öffent- liche Barden. Schweinfurth gibt uns die sehr cha- rakteristische Figur eines solchen „Nsanga" der Niam- Niam mit seinem tollen Federputz, seinem Behang von wunderbar wirkenden Wurzeln und Hölzern, von allem möglichen Plunder, von Producten des Thierleibes, wie er nur den indianischen Uechaschawakonn (im Dakota), d. h. Medicinmann, oder den sibirischen Schamanen zu schmücken vermag. Auch am Monbuttuhofe fehlten solche Leute nicht. Clapperton übermittelt uns das wilde Lied , welches vor ihm zwei Sänger zum Lobe des Statthalters von Katagum vortrugen. In Sene-
Habtmask. 13
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gambien sind die Griots oder Barden (S. 189) längst bekannte Erscheinungen; man achtet sie weder hier noch im Innern besonders hoch, hält sie vielmehr für untergeordnete Menschen. Den Griots verweigert man sogar das gewöhnliche ehrliche Begräbniss.
Zuweilen verirren sich solche innerafrikanische Barden oder Skalden nach Algier, Tunis, Aegypten, Djidda
Fi<j. 78. Herumziehender Negerbardo in Konstantinopel.
oder auch mal nach Konstantinopel, woselbst man sie in zerlumptem und zusammengesuchtem Costüm herum- betteln sieht. Aber auch in Aegypten und im Magreb seibat erstehen einheimische Barden derartigen Schlages, die der Araber Haschasch oder Hanswürste nennt. Wir begegneten mehrern dieser tollen Kerle zu Siut und Esneh in Oberägypten.
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Die drehenden und tanzenden Derwische, sowie noch manche andere Orden dieser „Mönche des Islam" (wie H. Vambery sie nennt) geriren sich mit ihren sonder- baren Komüdiengebräuchen als wahre Haschasch. Am ekelliaftesten benehmen sich die rohe Schlangen fressen- den Rifaa-Derwische.
Auch die Kaffern haben ihre poetischen Ergüsse. Jeder ihrer Stämme gebietet nach Holden über seinen eigenen Poeten, jeder Chef über seinen eigenen Hof- dichter. Den Productionen dieser Leute soll es, wie mir natalenser Freunde versichern, nicht an derbem Witz und an schlagender Charakteristik fehlen. Ende- mann macht uns mit niedlichen Räthsel- und Tanz- liedern der Basuto bekannt. Eine interessante Er- scheinung sind die durch ganz Afrika, von Kordofan bis zum Cap, verbreiteten Fabeln, in denen auch Thiere eine Rolle spielen; sie können unmöglich von Europa aus eingeführt, sie müssen einheimisch sein.
In der alltäglichen Lebensbeschäftigung aber vergnügt sich der Nigritier mit Improvisationen, deren naive Inhaltslosigkeit häufig an die Plaudereien unserer Kinder erinnert.
Bei dem geringfügigen Zustande der Künste in Afrika ist hier auch die Musik im ganzen nicht weit gediehen, obwol naturwüchsige musikalische Anlage dem Ni- gritier keineswegs mangelt. Unter den alten Aegyptern mochte diese Kunst nur wenig über den Stand der heutigen inner- und westafrikanischen Negermusik er- haben gewesen sein. Ich schliesse das aus der Be- schaffenheit der bei den Retu gebräuchlich gewesenen Instrumente. Diese waren Flöte, Doppelflöte, Cymbal, Handpauke, Harfe, Laute, eine Art Hackebret, das Hörn, die Klapper und das Sistrum. Bei den neuern Aegyptern zeigen sich ein zitherartiges Instrument, der Kanun, ferner die Kemange oder Violine, der Ud oder die Guitarre, der Naj oder die Flöte, alles das aber nur in der bessern Musik. Das Volk benutzt die Tar oder Rikka, Tamburin, die Darabukka oder die
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Handpauke, den Tabel oder die Trommel und die Zum- mara oder Rohrflöte. Unter den Berberinern, Bedja und Funje findet man die Rebaba oder Laute, die Handpauke, den Tamburin, verschiedene Flötenarten und das Kuhhorn. Letzteres gibt klagende Töne von sich, welche an den nunmehr verschollenen Hornfeuerruf unserer Nachtwächter erinnern. Grosse Schekhs der Bedja und Funje verfügen über eine kupferne Kessel- pauke — als Zeugin ihrer Macht. Unter den Niam- Kiam ist eine Harfe gebräuchlich, wie sie sich ähnlich
Fig. 10 u
Harfen der Niam-Niam. Fig. 81. Harfe der Waganda.
bei den alten Aegyptern, den Abyssiniern und den Wa- ganda vorfindet. Unter den Niam-Niam, Monbuttu und den westlichen Stämmen bis zum Atlantischen Meere kommen ferner eiserne und hölzerne Glocken, diese bei den Gabun-Stämmen fast von derselben Form wie bei den Niam-Niam, sowie die Elfenbeinhörner in Anwen- dung. Letztere zeigen manchmal die volle Länge eines ausgewachsenen Zahnes, nämlich 5 — 7 Fuss, sind dann künstlich verdünnt und geben, an den mitten daran befindlichen Mundlöchern angeblasen, furchtbare heu- lende und brüllende Töne von sich. Oder die Zähne
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stuü kürzer, 1 — 3 Fuss lang, und mit sorgfältigen Fi- gurensclinitzeleien voll treffender Züge und zuweilen derben, aber köstlichen Humors verziert. Die besten Leistungen dieser Art schafft die Industrie der Fiodh an der Loangoküste. Die Elfenbeinhörner dienen meist als Ruf- und Signalinstrumente. In Aschanti, wo man diese Geräthe mit Gold, den Kinnladen erschla- gener Feinde, mit Seidenquasten u. s. w. verziert, haben nach Bowdich alle obern Cabocirs oder Häuptlinge be- sondere Melodien für ihre Hörner, welche kurzen Sprüchen angepasst sind, die jedermann kennt und die, wenn man in den Strassen promenirt, jeder Aschanti wiederholt, selbst wenn die Hörner so weit entfernt sind.
ttj. ^1'. i^iserne oiocke nj. ^j. iioizglocko
der Niam-Xiam.
dass man sie kaum hört. In Bornu und in andern centralsudanesischen Staaten entlockt man langen Holz- trompeten gedehnte, klagende Laute. Am obem V/eissen Nil und in ganz West- wie Innerafrika hat man ausser den Hand- auch grosse Standpauken, welche mit Klöpfeln geschlagen werden.
Es lässt sich erwarten, dass mit so unvollkommenen Instrumenten wie die oben erwähnten im allgemeinen nur eine wilde, chromatische, nicht selten an Dishar- monien reiche Musik erzielt werden kann. Diese wird häufig mit leiserm tremulirenden, näselndem oder mit lautem quäkenden und brüllenden Gesänge, sowie mit dem durch ganz Afrika üblichen, lauten und takt-
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massigen Händeklatschen begleitet. Ich glaube nicht fehlzugreifen, wenn ich der Vermuthung Raum gebe, die im Alterthum berühmte Tempelmusik der Aegypter sei in den heiligen Hallen von Dendera, Theben und
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Edfu nicht viel melodischer gewesen als ein heutiges Concert beim Monbuttu- oder Aschantikönig u. s. w. In Inner-, West- und Ostafrika ist die Marimba in Gebrauch. Sehr gewandt soll sie bei den Balonda ge-
n.iiiNli.'li.^ Kiiirichhinrren u. s. w. (Icr Afrikaner. 109
^|.Hl^ \>Liu«.ii. vw?uiu:>i tlus InstruiTient auch am besten construirt zu werden scheint. Dasselbe besteht aus zwei nebeneinander befestigten, leicht gebogenen IIolz- stangen, über denen 15 — 20 hölzerne Täfelchen liegen, unter deren jedem eine oben offene Kürbisschale als Resonanzboden angebracht ist. Die Dicke der Holz- tafeln richtet sich nach der Tiefe der darauf zu er- zielenden Töne. Dies Instrument wird mit Schlägeln gespielt und soll durchaus nicht übel klingen.
Ein anderes, ebenso wol in Loango wie auch in Bihe und bei den Batoka gebräuchliches Instrument, welches bei den Kimbunda AVissandschi, bei den Bet- chnana Sansa heisst, besteht aus einer Reihe von Eisen- oder Rohrstäbchen, die auf einem Bret oder auf dem Boden einer Kürbisschale befestigt sind und an deren frei hervori'agenden Enden der Finger herumklimpert. Sie gibt bald klingende, bald surrende Töne von sich.
Nationales Instrument der Südafrikaner ist ferner der Gubo der Zulu, die Bu- cumbumba der Kimbunda, ein mit einer Saite versehener Holzbogen. Die Saite Fig. 85. sansa. hat an ihrem einen Ende eine kleine Kürbisschale als Resonanzboden. Der Gubo wird in eine Hand genommen und mit dieser nach Bedürfniss gespannt, die andere Saite wird dagegen mit einem Stäbchen berührt; das gibt nun schwirrende und sum- mende Laute.
Die Rohrflöte zeigt von Aegj'pten bis zum Cap die mannichfaltigsten, sonderbarsten Formen und Modifi- cationen. Sie ist einfach, doppelt, vervielfältigt, letz- teres als Papagenoflöte , wie sie Livingstone bei den Batoka wiederfand.
Gesang, Musik und Tanz sind so recht das Element des im allgemeinen sehr heitern, vergnügungssüchtigen Afrikaners. \N'ie bei den meisten Südländern dient die kühlere Nacht zur Ausübung solchen Plaisirs; Feuer werden angeschürt, die Rumflasche, der Biertopf, die
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Drittes Buch.
Kalebasse, das Methhorn werden zurecht gerückt und credenzt. Pauken, Pfeifen, Guitarren, Hörner und wa& sonst noch an Musikinstrumenten vorhanden ist, er- tönen. Die festlich geschmückten, manchmal bemalten und häufig überaus phantastisch geputzten Tänzer treten auf; Jagd- und Kriegstänze werden nur von Männern ausgeführt; sonst pflegen beide Ge- schlechter an der Vorstellung theil- zunehmen. Die Tänze finden im Solo, in gesonderten Paaren, in Gruppen, Schwärmen oder Reihen statt. Man darf in Afrika nicht die choreographisch so wirksamen Tanzfiguren erwarten wie bei uns^ wo der Walzer, Contre, Cotillon, die Cracovienne, Mazurka, der Czar- das, Fandango, die Tarantella u. s. w. u. s. w. durch graziöse Elemente das Auge des Zuschauenden erfreuen, vielmehr leiden die afrikanischen Tänze sehr an Einförmigkeit. Ero- tische Mimik, etwa von der Be- schafi'enheit des Cancan, der creo- lischen Zamba-cueca u. s. w., aber selten mit der hierbei üblichen Glut und Zierlichkeit ausgeführt, vielmehr oft recht roh-indecent und bäuerisch- plump dargestellt, steht obenan. Manchmal ahmt man die Bewegun- gen wilder Thiere nach, oft auch begnügt man sich nur mit unschönen Rundgängen und mit unregelmässigem Springen. Die Zuschauer klatschen, den Gesang und die Musik begleitend, in die Hände, die Tänzer aber springen und stampfen dabei den Boden, dass dieser erdröhnt. Am besten klingt es noch, wenn Gesang, Musik, Händeklatschen und Fussstampfen nach einem gewissen Rhythmus ausgeführt werden; man sagt ja,
Fig. 80. GuboBpieler (Zulu).
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 201
der Name Hottentott sei von dem rhythmischen Stampfen auf die Erde (während des Tanzens) hergeleitet worden.
Der Afrikaner, möge er nun Fellach, Bedja, Londa, Bantu oder Hottentott heissen, kann bei solchen Ver- gnügungen viele Nächte hintereinander zubringen, ohne zu ermüden. Je mehr er singt, tanzt und trinkt, desto
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stärker erregt er sich. Leider begeht er in der Hitze des HerumtoUens öfters Streiche wilden Uebermuthes, die er und sei er noch solch rüder, kecker und muthi- ger Bursche, später öfters sehr bitter zu bereuen hat.
Neben der Musik und dem Tanz lieben die Afrikaner pomphafte Aufzüge und Gastereien. Für die moham- medanischen Bewohner gelten die hier vorgeschriebenen Festtage, unter denen der grosse Bairam namentlich feierlich begangen zu werden pflegt. In Aegypten sind das altpharaonische Fest des Steigens des Nils und des Dammdurchstiches noch heute üblich, wenn es jetzt auch wol kaum noch mit dem Glänze wie selbst zur Zeit Mehemed-Ali's begangen wird. In Kairo sind die Tage des Abgangs und der Ankunft der Mekka- karavane, sowie die Präsentirung des geheiligten Ka- mels, auf dessen Rücken der Machmal oder der Prunk- baldachin nach Mekka getragen wird (einem alten Brauche zufolge das Symbol der Oberherrlichkeit des ägyptischen Vicekönigs) von ganz* besonders festlicher Bedeutung. Hierzu kommen Messen, Jahrmärkte u. s. w.
Im christlichen Abyssinien fehlt es nicht an hohen und an niedern Festtagen. Viele sind kirchlicher Natur, so z. B. Tömketa-Kröstus, die Taufe Jesu, Bala-arba, das Fest der Reinigung Maria, Bala Bekab, Fest zwischen Ostern und Pfingsten u. s. w., auch feiert man in jenem Lande Krönungs- und Siegesfeste. Die Pfaffen haben hier verschiedenartige Tänze, welche manchmal an den Zikr, die Andachtsübung der tanzenden Der- wische, erinnern.
Im nigritischen Afrika drehen sich die Zeiten der Feste zum Theil um religiöse Vorstellungen, wie man denn die Erscheinung des Neumondes, gewisse Fetisch- angelegenheiten u. s. w. celebrirt. Auch begeht man liier Neujahrs-, Geburts-, Todten-, Sieges-, namentlich aber Erntefeste. In einem grossen Theile des dun- keln Continents bietet das Reifen der nationalen Brot- frucht, des Sorghum, Gelegenheit zur Bethätigung aus- gelassenster Freude dar. In Aschanti feiert man die
U&usliche Einrichtungen u. s. \v. der Afrikaner. 203
ur Verherrlichung des Reifens der Yamswurzel (Dios- coraeOy S. 147) dienenden Feste, bei denen es überaus toll hergeht. Leider fliesst in Westafrika bei solchen Gelegenheiten das Blut geopferter Sklaven u. s. w. sehr reichlich. Die stetigen Begleiter solcher Feste sind hier Singen, Musiciren, Declamiren, Tanzen, Essen, Trinken u. s. w. Auch pflegt man un derartigen Tagen allerlei Liebesabenteuer ganz besonders mild zu beur- theilen.
Der Afrikaner hat auch im erwachsenen Alter seine Spiele. Die Altägj'pter hatten ihre Mora-, Würfel-, Schach-, Ball-, Reifen-, Ring- und Fechtspiele, ihr Schifferstechen u. s. w. Bei den Neuägj'ptern hat man Schach, Dame, Puff, Mangala, Tab, ein ziemlich complicirtes Wurfspiel mit Einsätzen von Marken auf nem Spielbret, das Fechten mit dem Stock, das Ringen
Fiff. 68. Mangalaspielbret der Niam-Niam.
und das Werfen mit dem Djerid, dem Palmblattstiele, vom Pferde herunter. Das Mangala ist nach Schwein- furth aus Centralafrika nach Nubien und Aegypten gelangt. Es ist bei den Völkern des Gazellenfluss- gebietes, bei den Monbuttu, Wolof, Mandinka, den Kadje, den Fulbe bekannt. Letztere nennen es Uri. Das Spiel findet mit einem länglichen dicken Spielbret statt, in welchem bei den Nubiem 12, bei den Niam- Niam 16 Löcher eingeschnitten sind. Jeder Spieler hat etwa 24 Steinchen oder Kaurischnecken, welche aus einer Grube in die andere hin und her verlegt werden. Statt des Spielbretes dienen auch wol in den Erdboden gekratzte Gruben. Aehnlich ist das von Magyar geschilderte Tyela- oder Tscheiaspiel der Kim- bunda. Die Anzahl der in zwei gleichen Reihen von- einander abstehenden Löcher beträgt im Spielbret 40.
204 Drittes Buch.
Man benutzt dazu rundliche Dinge, meistens die Kerne von Waldfrüchten, deren jeder Mitspielende drei Stück zur Hand hält. Diese drei Kerne werden von ihm wie Würfel auf eine in der Mitte des Bretes befindliche Wulstung geworfen; die Kerne rollen mit grösserer oder geringerer Schnelligkeifl in die Gruben der einen oder der andern Reihe. Davon hängt Gewinn oder Verlust ab. Wenn der von einem der Spieler geworfene Kern in irgendein Loch des andern Spielers rollt, so legt dieser den darin gefundenen Kern in sein Loch.
9. Religiöse Vorstellungen,
Es ist hier nicht der Ort, über die Grundlehren des einen grossen Theil der Nordhälfte Afrikas einnehmen- den Islam mich zu äussern. Nur so viel mag noch gesagt werden, dass die islamitischen Missionare seit der ersten Khalifenzeit ihr Bekehrungswerk mit ausser- ordentlichem Eifer, mit kühner Verwegenheit und mit zäher Energie zu verfolgen gewusst haben. Sie haben sich in dieser Hinsicht den christlichen Glaubensboten durchweg überlegen gezeigt; der Erfolg ist stets auf ihrer Seite gewesen. Die lockern Principien des Islam passen sich auch den schlichten, rohen Sitten der afri- kanischen Heidenwelt weit leichter an als die strengern Satzungen des Christenthums. So z. B. lässt der Koran bekanntlich die unter den nigritischen Heiden allge- mein verbreitete Vielweiberei zu Recht bestehen, es einigt der mohammedanische Glaube Leute jeder Na^ tionalität und jeden Standes, er gestattet eine gewisse Ungebundenheit im Verkehr zwischen hoch und niedrig, wie sie dem afrikanischen Naturmenschen so wohl be- hagt. Letzterer aber legt nicht den Maassstab ratio- neller Kritik an gewisse Vorschriften des Koran, welche vor unserm Verstände nicht Stich halten, dazu ist die Logik der Mehrzahl der Nigritier denn doch zu wenig entwickelt. Viele abergläubische Vorstellungen, welche
, Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 205
tler Islam nährt, finden in dem Aberwitz des Fetisch- inus ihren Wiederhall und die Aussicht auf die mate- riellen Freuden des Paradieses erweckt die Sehnsucht und Lüsternheit des sinnlichen, zum Koran sich bekeh- renden Afrikaners. Man darf dem Islam eine hohe, tulturgeschichtliche Bedeutung auch für Afrika keines- wegs absprechen. Diese Religion war es, welche aus den zerstreuten und zerfahrenen Gemeinden der Nord- hälfte des Welttheils grosse in sich abgeschlossene Staaten schuf, in deren Machtsphäre sich ein eigen- thümliches, blütenreiches Culturleben und die Grund- lagen einer nicht geringen Gesittung entwickelten. Wo, wie in Aegypten, in Numidien und Mauretanien noch gewaltige Reste antiker Menschengrösse sich vorfanden, da gab der Islam mit seinem Gefolge von semitischer Geistesschärfe, von arabischem Phantasiereichthum und von iranischem Dichterglanz eine erhöhte Anregung. Wir dürfen hierbei freilich auch den hohen Einfluss des Byzantinerthums in Kunst und Wissenschaft nicht verkennen. Diese belebenden Culturelemente, welche die Verbreiter des Islam nach Afrika hinüberpflanzten, fanden hier in der, wie schon bemerkt, altcultivirten, creistig hochbefahigten Berberrasse den geeignetsten Uoden; da erblühte denn die Glanzzeit der sogenannten arabischen Cultur, welche erst im spätesten Mittel- alter von der neuerwachten abendländischen Bildung überflügelt und erdrückt wurde.
Selbst in den sudanesich-nigritischen Staaten, wie namentlich Darfur, Waday, Bomu, Sonray, Melle u. s. w., über deren Bestehen und Verfall wir schon früher (S. 48) in Kürze berichtet haben, vermittelte der Islam eine zwar beschränktere, aber immerhin doch unserer Beachtung nicht ganz unwürdige Culturbewegung. Die- selbe ging hier von den mohammedanischen Priestern und deren Schülern, Talibe (S. 178), aus.
Der Aegypter, Magrebiner, Ost- und Centralsudanese sind im allgemeinen nicht fanatische Moslimen; der- gleichen finden sich jedoch unter manchen vereinzelten
206 Drittes Buch. ,
Gemeinden und Sekten Westsudans, unter den Tekarine und Tukuler, den Nationen der Bambara, den Fulbe oder Fellata. In den innern und selbst östlichen Wüstengebieten macht neuerlich eine bigote, gewisser- maassen puritanische Sekte, die Snussi, viel von sich reden.
Bei manchem Guten bringt aber der Islam schon seit Generationen eine grosse Stagnation in die Masse seiner Anhänger. Moderner Fortschritt und Aufklärung vertragen sich nicht mehr mit den Satzungen einer durch ihre Exclusivität gepanzerten Religion.
Altchristliche Afrikaner sind die Kopten und die Abyssinier. Erstere, seit vielen Jahrhunderten unter dem Druck der ägyptischen Mohammedaner leidend, nicht mehr im Besitz ihres selbst als Schriftsprache der liturgischen Bücher mehr und mehr verloren gehen- den Idioms*^, sind politisch, bürgerlich und moralisch sehr herabgekommen; selbst gegenwärtig, unter tole- ranterm Regiment, vermögen sie sich kaum mehr aus ihrer Versumpfung emporzuheben. Immerhin bleibt je- doch der Zähigkeit, mit welcher sie, die Kopten, ihrem alten Glauben in Sturm \xnd Drang treu geblieben sind, unsere volle Anerkennung.
Abyssiniens politische und wirthschaftliche Zu- stände sind im allgemeinen bereits seit Generationen recht trostlose geworden. Die öffentliche Moral findet kein rechtes Heim mehr in den Alpenthälern des so schönen, von der Natur so reich bedachten „äthiopischen Hochlandes". Das abyssinische Christenthum hat keine Blüte entfaltet und hat den in sich zerfahrenen Be- wohnern bisjetzt nicht zum Segen gereicht. Priester und Laien bewegen sich hier in der gleichen rohen Unwissenheit, in dem gleichen Schmuz der Gesinnung und des Wandels. Der christliche Ritus hat sich hier niemals über einen ganz öden Formelkram erhoben; höchstens dürfte in Schoa, wo unter der intelli- genten, aus Amhara und Gala gemischten Bevölke- rung ein Menilek nach den liberalern Principien seiner
Uäuslicbo Einrichtungen u. 8. w. ilcr Afrikaner. 207
Vorgänger, der Asfa Wusen, Wusen Segged und Sachela Selasie regiert, gemachsam Besseres zu erwarten stehen.
Von den durch römisch-katholische und protestan- tische Missionare bekehrten neuern afrikanischen Christen lässt sich bisher nicht viel Aufmunterndes und Erfreuliches berichten. Alle Achtung vor der Ilin-
' ung und dem guten Sinne jener Glaubensboten, von n viele ein wahres Martyrium erdulden gemusst. Wir wollen auch gern Act davon nehmen, dass aus- nahmsweise nigritische, hottentottische und selbst ber- berische Neophyten schon jetzt sich als brave, brauch- bare Mitglieder einer gesitteten Gemeinschaft bewähren. Indessen sind doch die Missionserfolge auf dem dunkeln Tontinent im ganzen bisher noch zu geringe gewesen, ich möchte dem heidnischen und selbst dem mohamme- danischen Nigritier noch nicht die rechte, ich könnte wol sagen ethische Reife für das Christenthum und die mit letzterm verbundenen Anforderungen der mo- dernen Cultur zutrauen. So ungern ich es hier aus- spreche, so muss ich dennoch bekennen, dass ich den Islam für eine Religion halte, die, trotz ihrer groben logischen Irrthümer, als Durchgangsglauben für den afrikanischen Fetischanbeter vorläufig noch besser passt als das Christenthum. Eine besondere christ- liche, die ethnischen Eigenheiten tolerirende Confession für den Nigritier zu erklügeln, widerspricht nicht allein unserm Gefühl, sondern auch unserer gesunden Ver- nunft. Das Christenthum darf selbst dem afrikanischen Heiden nur in reiner, unverfälschter Form von über- zeugungstreuen, sittlich tüchtigen und hingebenden Ver- kündigern, denen zugleich die volkswirthschaftlicheWohl- lahrt ihrer Neophyten am Herzen liegt, überliefert werden. Die Confession, von der hierbei die Bewegung ausgeht, scheint mir Nebensache zu sein. Leider dürfen wir aber erst für die fernere Zukunft Ergebnisse er- warten, die so mancher wahre Menschenfreund für die Gegenwart herbeiführen zu können erträumt. — Wenn ich nun in diesen Dingen als nüchterner Selbstbeobachter
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vor unzeitigen und vielleicht schädlichen Illusionen warne, vor Illusionen, denen crasse Enttäuschung überall auf dem Fusse folgen könnte, so sei es doch fem von mir, die Bestrebungen philantroi^ischer und begei- sterter Apostel irgendwie bemängeln zu wollen, denn hier müssen Werke, nicht Ansichten entscheiden.
"Werfen wir nunmehr einen Blick auf das afrika- nische Heidenthum. Dasselbe äussert sich unter sehr mannichfaltiger Form. In Nordostafrika ist der eigent- liche Fetisch glaube nicht recht ausgebildet; hier berühren sich Islam und gewisse Formen des Fetisch- oder Gestirndienstes an mehrern Punkten. So z. B. erlebte der belgische Reisende E. de Pruyssenaere am Guleberge in Sennar Festlichkeiten, bei denen trotz des Islam der hier herrschenden Funje von anwesenden lauen Moslimen oder vielmehr Heiden phallische Holz- gebilde und ein thönerner Altar benutzt wurden. Diese Leute stellen beim Erntefest ein geschnitztes hölzernes, eine Menschenfigur bildendes Götzenbild aus. Auch benutzen sie das bei den Berta beliebte Amulet des heiligen Rüsselkäfers (soll wol heissen Pillenkäfers — ÄtencJms Aegyptiorum^ eines schön grünen in Südsennar gemeinen Scarahaens).
Die Hammedj in Roseres und die Djebelauin in Fa- zoglo haben sonderbare Erntegebräuche. Zur Zeit der Durrahreife wird nämlich der Fürst des Landes von vier Ministern oder Räthen auf einem Angareb (Ruhe- bett) vor das Dorf getragen, es wird an einem Bein des Angareb ein Hund angebunden und dieser erhält von jedem Bewohner einen Ruthenstreich. Buchere glaubt, diese Sitte verrathe noch dunkle Anklänge an einen etwa im grauen Alterthum stattgehabten Cultus einer im Hunde incarnirten Gottheit.^"^
Die Berta umtanzen zur Zeit des Neumondes die von ihnen für heilig gehaltenen grossen Bäume, feiern dabei wüste Gelage und vermischen sich untereinander wie die Thiere. Das ist leider alles, was man bisjetzt über ihre Religion kennt.
Von den Gala wini tin unaKiiiDaro »tsen verelirt, welches AVoka oder Waka heisst und zu dem sie, wie ich mich selbst überzeugt habe, die Arme fast in derselben Stellung emporheben wie der berühmte betende Knabe des berliner Sculpturmuseums. Die Imomatta Heben zu Waka, den sie auch wol mit Bana, Herr, anreden, um Re<?en. Dieses Volk hat Priester, nach Krapf Luba und Kalidscha genannt, deren erstere Augurieu abhalten, während die andern böse Geister aus den Kranken austreiben und auch sonst noch docto- riren. New erwähnt namentlich eines Ekera genannten bösen Geistes der Gala, an dessen Existenz sich übri- gens nur vage Vorstellungen zu knüpfen scheinen.
Die Wakamba glauben nach Hildebrandt an einen Gott Mlungu, den Stifter des Guten, und an einen Teufel, den Veranstalter des liösen. In der Noth opfern sie dem Gotte, spenden ihm auch aus Dank kleine Speise- und Trankgaben, sobald sie etwas geniessen. Dem Teufel treten sie mit Anmieten entgegen.
In den heisseu, dürren Gegenden Afrikas, in denen jeder Tropfen Wasser eine Wohlthat ist, bildet der Regen eine Gnadengabe der Natur, und manche Völker, wie die Gala, die Masay, Wakuafi, verehren in ihrer Gottheit zugleich die Regenspenderin. Die den Kenia und Kilimandjaro umhüllenden Wolken sind gewisser- maassen sichtbare Zeugen der Anwesenheit Ennyay's, der Gottheit selbst. Ueberall im dunkeln Continente sieht und hört man um Regen beten. Der Regen- doctor oder Regenmacher, Kodjur der Denka, Bunit (Mehrheit Bunek) der Bari, welche Würde auch Wei- bern zugängig ist, spieli bei diesen Nationen, bei den Wakamba u. s. w. eine hervorragende Rolle. Trifft, wenn der Zauberer „Regen zu machen" versucht, der Niederschlag (wobei jenem manchmal eine gewisse Rou- tine in der Wetterbeobachtung zugute kommt) wirklich ein, so herrscht grosse Freude und der Kodjur wird allerwegen geehrt, heimst auch wol Vieh, Getreide und andere Gaben ein. Bleibt aber die ersehnte Berieselung
Habtxavk. 1 1
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aus, so schlagt man den Regendoctor ohne Federlesen todt. Man reisst ihm, sogar noch lebend, den Bauch auf, um darin nach dem angeblich versteckt gehaltenen Regen zu suchen. Man kann sich auch nicht wundern, wenn in dürren Gegenden sich an einen diese durch- strömenden Fluss, welcher hier allein das pflanzliche und thierische Leben ermöglicht, religiöse Vorstellungen knüpfen. Die Osiris-Mythe der Aegypter symbolisirt ja unter anderm nur das Anwachsen, die jährliche Ueberschwemmung und die befruchtende Wirkung des Nils, während Osiris' feindlicher Bruder Typhon wieder die Dürre, die vertrocknenden Wirkungen des Chamsin, überhaupt die elementare Macht des heissen Wüsten- klimas symbolisirt. Daher bilden der Niger, Gaben, Ogowe, Congo u. s. w. auch Hauptfetische für gewisse Nigritierstämme.
Bei den Waganda werden einem in besonderer klei- ner, viereckiger Hütte verehrten Muzimu oder Haus- geiste Schneckenhäuser, aus Lehm geformte Kugeln, Kräutermischungen, kleine Stückchen Wachholder (?) und ein mit eiserner Spitze versehenes, in den Boden gestecktes Stück Antilopenhorn als Opfergaben dar- gebracht. Um derartige Geister, um diejenigen der Verstorbenen, sowie um Zaubermittel scheinen sich die religiösen Anschauungen dieses Volks wesentlich zu drehen.
Die Schilluk am Weissen Nil verehren Nyekomm als Stammvater ihres Volks. Er soll manchmal in Ge- stalt eines beliebigen kleinern Thieres auf einem Baume sichtbar werden. Man bittet Nyekomm um Regen und um gesegnete Ernte. Der Nil ist dem Volke heilig. Die "* Geister der Verstorbenen werden als in Nähe der Lebenden weilend gedacht.
Die Denka dagegen huldigen dem Deng-det, welcher für sie Erschaffer der Welt und Vertreter des Guten ist. Ihre Zauberer, die Tut, machen nicht blos Regen (Deng), sondern sie beschwören auch die Dijok oder bösen Geister, die namentlich von Verstor-
Häusliche Einrichtungen ier Afrikaner. 21 1
benen herrüliren sollen. Die Tiifc treiben Hokuspokus und Bauchrednerei.
Von den Bongo berichtet Schweinfurth, sie betrieben ebenso wenig wie die andern Schwarzen des von ihm betretenen Gebietes einen eigentliclien religiösen Cultus. Hirer Sprache fehlt der selbstständige Begriff der (Jott- heit. Loma bedeutet ebenso das Geschick, Glück oder Unglück, wie auch das von den mit ihnen verkehrenden Moslimen angerufene höchste Wesen. Sie fürchten sehr die Geister, Bitobo, welche ihnen nur als böse er- scheinen, namentlich die Waldgeister, Ronga. Letztere treten in Gestalt zwar wunderlich gebildeter, übrigens jedoch harmloser Thiere auf, wie z. B. gewisser Fleder- mäuse, eines Halbaffen (Otolicnus)^ der Eulen u. s. w. Sie suchen sich gegen sie durch zauberkräftige Wur- zeln zu schützen. Zauberdoctoren heissen bei diesem Volke Beloma. Zur Besprechung von Krankheiten u. s. w. lassen sie gewiegte Kodjuren der Denka kommen. In den Verdacht der Hexerei treten hier leider bald einmal alte Leute, deren Existenz durch den scheusslichen Aber- glauben, ganz in der Weise unserer Ilexengerichte, ge- f^ihrdet wird.
Hexenglaube in Afrika ist überhaupt weit verbreitet. Selbst in dem mohammedanischen Nordosten, besonders in Sennar sowie im christlichen Abyssinien, glaubt man an Sachar oder Budda, d. h. Wichte, welche sich nachts in Hyänen umzuwandeln vermögen. In dem ägyptischen Grenzfort Famaka wurden mir selbst vicekönigliche schwarze Soldaten gezeigt, von denen das Gerede ging, sie könnten sich nachts in Flusspferde verwandeln und in dieser Ungestalt den Blauen Nil durchschwimmend, am andern Ufer Unzucht mit den dortigen halbheid- nischen Frauenzimmern treiben. Dieser Buddaglaube reicht tief nach Central- und Südafrika hinein. Die Aba-Takati oder Ama-Tagati (Hexenmeister) der Ama- zulu sind ebenso wie die ähnliches bezeichnenden west- nigritischen Wundermänner gefürchtet und gehasst. Ge- rade der Glaube an Zauberer und Hexen ist es, welcher in
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Afrika so viele schreckliche Ordalien, Confiscationen und Metzeleien hervorruft. Dass hierbei übrigens häufig persönliche Feindschaft und Gehässigkeit, sowie Hab- gier sehr wirksame Factoren bilden helfen, das leuchtet wohl jedermann ein.
Waldkobolde herrschen ja in allen mit dichtem, düstern Baumwuchs bestandenen Forstgebieten. Die Sagen vom Mandel gewisser südostdeutscher Gebirgs- forste und vom harzer Hackelberg, sowie vom Jurupira und Caypora der brasilianischen Indianer, finden ihren entfernten Widerhall in dem Gerede von centralafrika- nischen Waldunholden, wie sie z. B. angeblich im Ge- biete der Wau auftreten sollen.
Die Niam-Niara benutzen bei Vornahme wichtiger Handlungen ein Augurium, welches sie „borru" nennen. Sie fahren nämlich mit einem in Wasser angefeuchteten Holzpflock wie mit einem Hobel über die glatte Fläche eines Holzschemels hin. Gleitet der Pflock leicht hin und her, so bedeutet dies etwas Gutes, adhäriren da- gegen die feuchten Holzflächen aneinander, so gibt dies eine schlimme Vorbedeutung. Ausserdem haben sie noch andere Augurien. Sie geben z. B. einem Huhne Fetischgetränk, stirbt es daran, so ist das Unglück vor der Thür; oder man taucht den Kopf eines lebenden Hahnes eine Zeit lang unter Wasser, kommt das be- täubte Thier danach wieder zu sich, so ist alles gut. Uando, König der Niam-Niam, unternahm nur deshalb keinen Angriff" auf Schweinfurth und seine Karavane, weil der Trank ein dem Augurium gewidmetes Huhn getödtet hatte.
Die Monbuttu, welche die Beschneidung üben, konn- ten von Schweinfurth hinsichtlich ihrer religiösen Be- grifife nicht genauer erforscht werden. Merkwürdiger- weise übersetzte man das Wort Allah, Gott, mit Noro. Nor bedeutet aber im berberinschen Mahasdialekt ebenfalls Gott.
Vom Uellegebiet ab nach Westen, nach dem Senegal, dem Atlantischen Ocean und dem Coanza hin herrscht
Häusliche Einrichtungen Afrikaner. iM»
crasser Fe tisch glaube. Das Wort Fetisch ist aus dem portugiesischen Feitisso, Zauberei, Hexerei, ver- dreht worden.
In Aschanti hat man die dunkle Ahnung von einem höchsten Gotte, dem Scliöpfer, Jan Kompune. Unter diesem stehen als untergeordnete Gottheiten Fetische, die in besondern Flüssen, Wäldern oder Bergen wohnen. So waren zu Bowdich's Zeit die Flüsse Tando, Kobbi und Odirri Lieblingsfetische der Nation. Der König und die höhern Klassen verbringen nach dem Tode ein Leben voller Prasserei bei der höchsten Gottheit. Stirbt ein Vornehmer, so tödten sich bei der Leichen- feier desselben Leute beiderlei Geschlechts, um wenig- stens als Dienstleute des Verstorbenen der Freuden des Paradieses mit theilhaftig werden zu können, (ileichem Bestreben sind die Menschenopfer bei Gelegen- heit der Todtenfeier hochgestellter Personen beizurechnen. Diese Schwarzen haben ihre Fetischtempel, Himma. Ihre Fetischpriester bilden eine besondere erbliche Kaste, welche nicht geringen Einfluss erwirbt. Jeder Priester verfügt über einen kleinen Tempel und seinen heiligen Stein, das Hauptsymbol der Gottheit. Solche Steine sind Meteore oder in Ermangelung derer auch Stücke Magneteisenstein, die sich hier und da auf dem Boden ßnden und von den schlauen Bonzen auch gelegentlich, zufällig, unter Donner und Blitz der Gewitter, einge- sammelt werden; man schmückt damit die Altäre. Jeder Priestersohn, der wieder Priester werden soll, muss in den Besitz eines solchen Steines gelangen. Die Tracht dieser Kaste ist die weisse; sie lassen sich das Haupt- haar so lang wachsen, als dies bei ihrer Rasse möglich wird, nur scheren sie sich den Bart. Eine Art Ober- priester wohnt zu Kumassi, ist aber ohne grosse ober- hirtliche Gewalt.* Ausserdem gibt es bei ihnen wan- dernde Fetischmänner oder Wunderdoctoren, die aber keinen heiligen Stein mit sich führen dürfen. Sie haben vielmehr nur einen Lederriemen, an welchem Amulete und Zaubersteinchen befestigt sind. Aus diesen
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Talismanen sagen die Fetiscbmänner wahr. Auch gibt es unter ihnen Fetischweiber, welche in grossem An- sehen stehen. Dcas Opfern an den Himma ist allgemein. Es gibt einige Sekten, die hinsichtlich des Essens ge- wisser Fleischspeisen und des Opferns verschiedenartig gefärbter Thiere sich ganz different verhalten, auch voneinander abweichende Festtage feiern.
Eine grosse Rolle 'spielen in Aschanti wie auch in andern Staaten Guineas die sogenannten Ag riessteine; sie sollen ursprünglich aus Benin stammen, werden dem Golde gleichgeschätzt und nach dem Gewichte verkauft. Sie sind entweder einfarbig blau, gelb, grün und roth oder auch vielfarbig, in letzterm Falle manchmal sehr hübsch gemustert; einige machen den Eindruck zier- licher Mosaik. Diejenigen, welche ich selbst vor Augen gehabt, erinnerten mich lebhaft an das unter anderm von Kubary so genau beschriebene Geld der Palau- inseln im Pacific, ferner an gewisse ähnliche ägyptische, indrsche und selbst alteuropäische, Schmuckperlen dar- stellende Gräberfunde. Es sind das theils gebrannte Thone, theils langsam verwitternde Glasflüsse, aber auch wirkliche Steine, so z. B. Quarzvarietäten, Kar- neole, Achate, Jaspise u. s. w.; diese Steine bedeuten Glück. Kinder, die reich erben, werden mit den zu Pulver geriebenen Steinen bestrichen, um ihr Wachs- thum zu befördern u. s. w. u. s. w. Endlich geben die Aschanti sowie andere heidnische Nigritier beider Gui- neas viel auf arabische Zaubersprüche, Koranverse u. 8. w., die ihnen von den in ihrer Mitte verweilenden Moslemin für schweren Geldeswerth aufgeschrieben werden. Die Verfertiger solchen Krams sind Berbern, die weit wandern und von ihrer im Arabischen aus- geübten Schreibekunst grossen materiellen Vortheil ziehen. Denn überall in Afrika treibt 'man mit solchem islamitischem Schwindel eine ausgedehnte und sehr er- folgreiche Schacherei.
In Dahome ist der Thierdienst hauptsächlich ent- wickelt. Ilauptfetisch ist der Leopard. Auch in Loango
Häusliche Einrichtungen . lor Afrikaner. 215
bildet letztenr einen grossen Fetisch, der nach Bastian fürstlicher Natur ist, weil selbst der plebejische BiiftVl, meiner Meinung nach der kleinere, weniger wehr- hafte ^05 hrachtfccros , sich von ihm besiegen lassen soll.
In vielen Gegenden sind mehrere Arten von Schlan- gen die Landesfetische. Zu Wliyda oder Juida an der Küste von Dahome, dem Sitze eines schwunghaften, zum Theil auch durch Europäer betriebenen Handels, existirt ein Sclilangentempel, in welchem der franzö- sische Marinechirurg Dr. Repin eine grosse Zalil von nicht giftigen, zu den Familien PfffJion und Lcptophis gehörenden Ophidiern züchten sah. Das Volk erweist diesen Bestien abgöttische Ehren. Die selbst unab- sichtliche, rein zufällige Tödtung eines solchen Gottes zieht hier schwere Folgen nach sich. Mehrere in Guinea weilende Europäer, denen beiläufig ein derartiges Malheur passirt war, vermochten sich nur mit grosser Mühe und unter Opferung beträchtlicher Beschwichti- gungssummen der Volksrache zu entziehen. Durch das ganze tropische Afrika kommt eine Riesenschlange (Pifthot) Sehae, Pi/thon natalensis) in mannichfaltigen örtlichen Varietäten vor. Dieselbe ist hauptsächlicher Schlangenfetisch. Wir finden ziemlich naturgetreue farbige Darstellungen dieses Thieres in den thebai- schen Königsgräbern u. s. w. Sie hat nämlich im Religionsdienst der Aegj'pter ihre Rolle gespielt, wie denn auch die sehr giftige, durch ihren Biss zuweilen schnell tödtende üraeus- oder Haje-, d. h. Brillen- schlange (Xaia hajc), Symbol der schnell treffenden pharaonischen fvönigsmacht war. Nach Krapf zollen die Gala der Schlange (Pf/iJion) eine hohe Verehrung, indem das Reptil nach ihrer Vorstellung die Mutter des Menschengeschlechts war. Da nun auch die Abys- sinier vor ihrer Bekehrung zum Christenthum eine grosse Schlamme angebetet haben sollen, so ver- muthet der wackere Missionar hieraus und aus andern Verhältnissen mit Recht einen Zusammenhang zwischen
216 Drittes Buch.
dem altägyptischen und dem altäthiopischen Götter- dienst. Vom Schlangencultus findet sich auch etwas unter den Kaffern. Bei letztern wohnen nämlich die Amachlosi oder Isiduta, d. h. die Geister der Verstor- benen, in Schlangen. In einer Art derselben hausen die Geister von Häuptlingen, in andern die des ge- meinen Volks, in noch andern die von Weibern. Kriecht eine Schlange in eine Hütte und bleibt daselbst, so ist sie ein Itongo oder Pänat, entfernt sie sich dagegen wieder aus der Behausung, so ist sie eine dem Hause fremde Erscheinung. Wird eine Schlange getödtet, weil sie wirklich giftig ist oder für giftig gehalten wird, so erscheint der in ihr wohnende Geist den Leuten im Traum. Tödtet man eine dem Geiste eines Häuptlings zur Behausung dienende Schlange, so wird dieselbe begraben, ihr Gerippe am Thor der Niederlassung auf- gehängt und ihr Tod wird durch ein Opfer gesühnt. Merensky, welchem wir diese Nachrichten verdanken, fügt hinzu, dass unter den Basuto dieser Glaube an Incarnation der Geister in den Schlangen nicht zu be- merken sei. Bedenkt man aber, dass die Schlangen auch unter manchen Derwischgemeinden des islamitisch- berberischen Afrika eine Rolle spielen, erinnert man sich ferner an den Schlangen-Hokuspokus der antiken Psyllen, so wird man doch versucht, in dem Schlan- gendienst verstreute Reste eines uralten, über einen grossen Theil Afrikas verbreitet gewesenen Fetischcultus zu erblicken.
Von Afrika ist der Schlangendienst durch die Trans- porte nigritischer Sklaven auch nach Amerika ver- pflanzt worden; er hat als Wo du dien st auf Haiti und selbst in manchen Gegenden von Louisiana und Florida seine recht hässliche, betrübende Auferstehung unter Niggergemeinden gefeiert, denen man schon längst die Pflege aufgeklärterer, christlich-humanitärer Ideen zuzuschreiben geneigt gewesen war.
In Aschanti wie auch weiter südlich über Benguella hniaus fürchtet sich der ungebildete, abergläubische
Häusliche Einrichtungen i Nr Afrikaner. 217
Mensch vor bösen Geistern. Der Jan Kompune der Aschanti kann Gutes und auch Böses über die Men- schen verhangen. Unter ihm treiben aber noch dä- monische Unholde ihr Wesen. Auch in andern guinensischen Ländern sind böse Dämonen die Quäl- geister der dortigen schwarzen Herren der Schöpfung, Alles was hier dem Individuum oder der Gemeinde Schlechtes passiren kann, gilt als Werk eines bösen Geistes, dieser hat häufig seine lebenden Vertreter in einzelnen Menschen, Hexenmeistern, auch weiblichen Hexen, welche in Loango Endoxes heissen. Um diese angeblichen gemeinschädlichen Wesen zu entdecken und zu entlarven, dient das Institut der Ogangas oder Fe- tischpriester. Solche von Hause aus abgefeimten käuf- lichen Betrüger bezeichnen nach Gutdünken, sei es aus Rache, aus Aerger über nicht dargebrachte Spenden, aus habgierigen Zukunftsideen oder um nur überhaupt ein Opfer stellen, um Einfluss behaupten zu können, beliebige Personen als Endoxes; wenn diese nun nicht einem über sie verhängten Gottes^irtheil verfallen, so unterliegen sie doch der Volkswuth, wobei sie dann mit raffinirter Grausamkeit zu Tode gequält werden. Sobald, nach Falkenstein's Mittheilung, in Loango ein Mann von Rang plötzlich stirbt, so wird seine Leiche mit einem Perlenhalsbande geschmückt und vom Oganga gefragt, ob sie den Verursacher des Todes selbst suchen wolle: wird dies vom Todten durch den Mund des Priesters bejaht, so schleppt man die Leiche in einer Machilla oder Hängematte in den benachbarten Oertem umher, lässt sie bei einer längst vorher be- zeichneten Hütte halten, zerstört diese und opfert deren Inhaber. Als einer der besten und kräftigsten Lingsters oder Dolmetscher und Commissionäre der Dr. Güss- feldt'schen Loango-Expedition gestorben war, wurden verschiedene Personen dem Gottesurtheil anheimgestellt und zum Theil auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Die Gottesurtheile bestehen im zwangsweisen Trinken von wässerigen Auszügen oder im Einnehmen von
218 Drittes Buch.
Pulvern der Calabarbohne (l^hysostigma venenositm) und der Nkassa, letztere Rinde des Eryihroplilaeum ffKi- ticcnsc. Ilaben die Leute eine solche sehr häufig durch Herzlähmung tödtende Probe glücklich über- standen, d. h. die Giftgabe ausgebrochen, so erhalten sie von der anklagenden Partei (nach Lenz) eine Ent- schädigung. Diejenigen, welche den Trank oder das Pulver länger bei sich behalten und nicht daran sterben, werden getödtet. Zuweilen müssen Ankläger und An- geklagte sich dem Gottesgericht zugleich unterwerfen, manchmal trifft dies den Oganga selbst. In einzelnen Fällen wird letzterer, falls man eine seinerseits began- gene Fälschung erkennt, der Volkswuth geojDfert. Der Oganga vermag nämlich das Ordal so einzurichten, dass es in einem Falle schadet, im andern nicht; er kann auch zugleich Brechmittel beibringen. Persönliche Willkür, Habsucht, Rachgier sind auch hier wieder die Triebfedern seines Handelns; gewöhnlich entscheidet er zu Gunsten derjenigen Partei, die ihm am meisten bietet.
Cameron spricht ebenfalls vom M'ganga oder Medi- cinmann der Warna (westlich vom Tanganyka). Ein solclier steckte in einem weiten Zeugrocke, hatte um den Hals eine Schnur von Kürbisstücken, Yogelschädeln und roh aus Holz geschnitzten Figuren; das Haar wurde von einem breiten, mit verscliiedenfarbigen Perlen besetzten Bande zusammengehalten, über dem ein hoher Federbusch wehte; Gesicht, Arme, Hände waren mit Pfeifenthon angeweisst; von seinem Rücken hing ein Bündel kegelförmiger eiserner Schellen herab, die be- ständig klingelten, während er mit gespreizten affectir- ten Schritten durch das Dorf stolzirte. Das Gefolge bestand aus einer Frau, die in einem ausgehöhlten Kürbis seinen Götzen trug, einer zweiten mit seiner Matte zum Niedersitzen und aus zwei kleinen Jungen mit seinen übrigen Habseligkeiten. Sowie er sich sehen Hess, stürzten alle Weiber aus ihren Wohnungen und liefen zu der Teufelshütte des Dorfes, vor welcher sie, wie
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220 Drittes Buch.
es schien, Gebete verrichteten, indem sie den Kopf tief zur Erde neigten, in die Hände klatschten und selt- same nnartikulirte Klagelaute ausstiessen. Bald kamen aber noch ähnliche Waganga, ganz ähnlich ausstaffirt und mit ähnlichem Gefolge, dazu, bis ihrer fünf bei- sammen waren; nun veranstalteten sie einen gemein- samen Umzug und hielten dann auf einem freien Platze im Dorfe still. Hier breiteten sie ihre Matten aus, setzten sich in einer Reihe darauf nieder und holten ihre Götzenbilder und Zaubergeräthe hervor. Die Be- fragung der Waganga wurde durch die Häuptlingsfrau eröffnet, welche ihnen als Opfergabe ein halbes Dutzend Hühner verehrte; als sie sich wieder entfernte, sah sie sehr beglückt aus, denn der oberste Waganga hatte ihr die Ehre erwiesen, ihr ins Gesicht zu speien und ihr einen Thiergötzen in Form einer Kugel als Talis- man geschenkt; diesen trug sie eiligst in ihre Hütte, um den Schatz in Sicherheit zu bringen. Nun erklärten sich auch die Waganga für Anhörung und Beantwor- tung von Fragen aus dem Volk zugänglich; auf einige gaben sie sofort Bescheid, andere dagegen machten ihnen scheinbar grosse Schwierigkeiten, deren Lösung unter vielerlei Reden und Gesticuliren gesucht wurde. Bekannten sie aber zuletzt, selbst keine Antwort finden zu können, so mussten die Götter befragt werden und nun ertheilte einer der Fetischpriester, der sich aufs Bauchreden verstand, den gewünschten Bescheid, wäh- rend die armen Betrogenen des Glaubens waren, der Götze habe gesprochen. Je reicher die Spende des Fragenden war, desto günstiger lautete die Antwort, die das Orakel gab. Auf diese Weise erzielten die Waganga im ganzen einen ausserordentlich befriedigen- den Ertrag ihres Wahrsagens, ja zwei von ihnen hatten solches Gefallen daran gefunden, dass sie folgenden Tags wieder kamen, aber da ging das Geschäft flau,, wahrscheinlich mochte sich das Volk nicht alle Tage den Luxus der Orakelbefragung gestatten können.
Die Kimbunda sind nach Magyar Fetischdiener, welche
Häusliche Einrichtungen i ior Afrikaner. *^2l
uaiueutlich Thiere als Sinnbilder der (iöttlichkeit ver- ehren; sie kennen aber auch ein höchstes Wesen, Suku- Wanange (der Name erinnert an den Waka der (iala, S. 2U'J), welches jedoch an dem Schicksal der Menschen sehr wenig Antheil nimmt. Ausser ihm existiren Kilulii- Sande oder gute und Kilulu-yangolo-apessere oder böse Geister. Die Seele ist unsterblich und kommt nach dem Tode in eine unterirdische Welt, Kalunga, wo es Tag ist, wenn es oben Nacht ist und wo es lauter Sinnengenüsse gibt. Je nachdem ein Lebender gehan- delt hat, wird er unter die guten oder die bösen Geister versetzt; letztere sind zahlreicher als erstere und quälen die Menschheit entsetzlich. Indessen er- schreckt Suku-Wanange von Zeit zu Zeit die bösen Geister mit dem Donner und schlägt die bösesten zu- gleich mit dem Donnerkeile. Man bringt den bösen Geistern häufige Opfer dar; die Vermittelung mit ihnen übernehmen Hausgötzen, deren hölzerne oder thönerne Abbilder in der Hauskapelle aufgestellt und mit Anti- lopenhörnern umpflanzt werden : diese Hörner sind voll Kohle und Fett. Man entzündet nun dieses Gemisch und beräuchert damit sich und die Götzenbilder; letz- tern dürfen sich nur der Hausherr und der Opferpriester oder Kimbanda nähern.
Zu Beginn der trockenen und der Regenzeit setzt man öffentliche Processionen zu Ehren der guten Geister in, Gang. Man verfertigt eine Zeugpuppe in Lebens - grosse und trägt sie unter einem Baldachin mit Musik und mit Gesang von Ort zu Ort; festlich gekleidete Männer umtanzen das Idol und preisen es in ihren Gesängen. Die den Zug begleitenden Kimbanda oder Priester aber betteln Geld von den Hausherren zusammen. Letztere hoffen durch solche Gaben die Gunst der guten Geister zu gewinnen, namentlich in ihren Handelsunterneh- mungen. Gewöhnlich opfert man Thiere, Menschen nur bei der Einsetzung der Fürsten oder bei Regen- mangel. Gottesgerichte existiren auch hier.
Ein Theil der Fetische der West- und Inneraü'ikaner
222
Drittes Buch.
sind Holzfiguren in stehender oder hockender Stellung- mit grotesk ausgeschnitzten Zügen und mancherlei phallischen Attributen. Sie sind schwarz, weiss, roth oder bunt bemalt, mit Haaren, Federn, Thierhörnern, Zähnen, Schnecken, Muscheln, Spiegelstücken, Perlen,, Zeuglappen und allem nur erdenklichen andern Kram phantastisch aufgeputzt. Es fehlt nicht an Rasseln,. Pauken, Trommeln, Schalmeien und sonstigen Instru- menten zur Erzeugung der etwa wünschenswerthen Fetischmusik. Man baut den Fetischen grössere Tempel
Fig. 90. Fetische von Ruanda.
oder kleinere Kapellen, selbst nur offene Schuppen; die Ausschmückungsweise dieser heiligen, manchmal an den malerischsten Stellen des Waldes angebrachten Behausungen ist überaus mannichf altig, grösstentheils sind ihrer viele wunderlich ausstaffirt. Manche Fetische begeben sich auf Reisen, um gelegentlich bei Krank- heiten oder dergleichen consultirt zu werden. So z. B. vollführt der bekannte und gefürchtete Götze Mangaka in Kabinda nach Bastian seine derartigen Kunstreisen in einer Tipoia oder Tragmatte. Es lässt sich keine Art dos unsinnigsten Aberglaubens und des Hokuspokus
H.nsli.-Ii.' KinrlcliinnLM'n u. -. \v. clor Afrikaner. 223
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.. i . i.aolKlienste nicht platz- greifen sollte. Sind manche der Götzen auch harm- loserer Art, so gibt es leider auch solche, die an Blut- durst dem Hnitzilipochtli der Azteken kaum etwas nachgeben. Leistet der Fetisch übrigens nicht das Er- wünschte, so prügelt man ihn wol, beschimpft ihn sonst noch, schmeisst ihn beiseite und macht sich einen andern Götzen. Das Chrlstenthum hat gegen diesen
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Fig. Ol. Fetiscbhatte in Lowale.
finstern und fest eingewurzelten Aberglauben erst sehr weniges zu erringen vermocht.
Bei den A-Bantu herrscht nach den Angaben ver- schiedener Reisender gar keine Religion. Merensky fühlt nun das Bedürfniss, diesen Angaben entgegen- zutreten, wie mir scheint nicht mit Unrecht. Die Bet- chuana glauben an Modimo, Morimo oder Morinno, ein höchstes Wesen, welches die Welt erschaffen, Leben und Tod gibt, Glück und Wohl spendet. Man wendet sich nur in gewissen Fällen im Anrufen direct an Mo- dimo. Dieser Name findet sich bereits bei dem alten
224 Drittes Buch.
portugiesischen Schriftsteller De Barros, wird aber auch von den heutigen Zauberdoctoren gebraucht, d. h. von Leuten, auf welche weisse Ansiedler und Missionare erst am spätesten Einfluss erhielten. Deshalb hält Me- rensky nichts von einer Uebertragung des Begriffs Modimo durch die Weissen und Missionare, Auch die Amazulu, Amaswazi und andere Küstenstämme sprechen von einem Itongo oder höchsten Wesen; die Badimo und Amatongo wirken auf sie als Gö'tter mit über- menschlicher Kraft, die besonders durch Träume Ein- fluss auf die Menschen gewinnen. Bei den Zulu werden die Geister verstorbener Häuptlinge zu Amatongo oder Göttern; sie unterscheiden vom Itongo noch einen allerhöchsten U'kulunkulu, welcher die Menschen aus dem Moraste, U'mchlanga, erzeugte, aus dem er selber herstammt. Chuboane (der Mosuto) erschuf die Menschen aus U'mchlaka, Sumpfwasser. Es existiren nun mancher- lei kosmogenetische Sagen der A-Bantu, welche aufzu- zählen hier der karge Raum verbietet. Bei den Zulu spielen die Geister der Verstorbenen, Amachlosi oder Isiduta mit. Das angebliche Verhältniss derselben zu den Schlangen haben wir oben (S. 216) näher er- örtert. Die Badimo oder Elohim, Geister, Götter der Basuto, wohnen auf Bergen, in Höhlen, an abgelegenen Orten. Die Seelen der verstorbenen Häuptlinge werden als Schutzgeister der Familie und selbst des Stammes betrachtet; man schlachtet ihnen Thiere und hält es für gut, wenn diese bei ihrer Tödtung recht laut schreien. Bei den Kaffern thut man in Krankheits- fällen Fleisch und Blut eines Opferthieres , z. B. eines Rindes, in eine gut gereinigte Hütte, verschliesst diese nachts und gibt so, wie man wähnt, den Amachlosi Gelegenheit, sich durch Beriechen und Belecken des Fleisches zu laben; dann wird das letztere vertheilt und gegessen. Die Knochen des Opferthieres werden bei manchen Stämmen verbrannt. Bei den Basuto oi)fert man nur beim Tode von Häuptlingen dessen Vieh. Bei Unglücksfällen, welche das Volk oder die
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 225
königliche Familie treffen, wird ein schwarzer Ochse an den Gräbern der Häuptlinge geschlachtet. Die Baga- nanoa erzählten von solchen alten Ruhestätten, an denen man durch eine (oben gewöhnlich verdeckte) Oeflfnung Bier als Trankopfer zum Schädel des Todten herab- laufen Hess. Auch die Basuto glauben an das Ilerum- spuken von Seriti, d. h. abgeschiedenen Seelen. Spuren von Menschenopfern zeigen sich nach Merensky in der Geschichte des Zulukönigs Tchaka und des Bapedi- fürsten Sekwati. Ein kleiner Matabelestamm betreibt die Menschenopfer noch ganz offenkundig und jagt die dem Polio unterworfenen Knaben (S. 179) durch den Rauch verbrannter Geopferter hindurch. Der Häuptling dieser Barbaren salbt sich den Leib mit Menschenfett u. s. w. Im Basutolande hat man heilige Berge, Steine, Quellen und Bäume. Diesem Volke sind ferner das Krokodil und der Ibis (Harpiprion Hage- dash) heilig. Wird jemand von ersterm gebissen, so wird er ferner für unwürdig erklärt, in der Gemein- schaft des Stammes zu verbleiben. Der Ibis darf deshalb nicht getödtet werden, weil sein Tod den Regen ver- treiben oder verhindern könnte. Die Kaffern ver- schmähen in ihrer Kost Fische, Eier, Hühner, Raub- thiere, Raubvögel sowie zahme Schweine. Der Grund dafür ist nicht bekannt. Die Gala, Somal, Djagga, Wakikuju, Wakamba undWataita essen weder Vögel noch deren Eier, auch nicht Hühner, ferner keine Fische. Letztere werden nur von Küstenbewohnern, von Somal, Makua und Swazi verspeist. Unter den nördlichen Stämmen sind Talismane jene Wurzeln, Knochen, Zähne u. s. w., die durch das Würfeln des Fetischmannes für heilbringend erklärt werden. Die Bachalaka verehren ein Knollengewächs, das sich auch in grosser Dürre hält.
Die den Waganga der nördlichem Völker ähnelnden Bantupriester oder Zauberdoctoren bilden eine Klasse für sich. Bei den Kaffern üben sie einen grossen Ein- fluss auf das Volk aus. Es gibt auch weibliche
HABTMANir. 15
226 Drittes Buch.
Zauberdoctoren; sie heilen Krankheiten von Menschen und Vieh, machen Diebe und Hexenmeister ausfindig, treiben Wahrsagerei, Augurien und schaffen Regen. Sie putzen sich mit Federn, Haaren, Knochen, Zähnen, Hörnern, Perlen, lebenden Schlangen u. s. w. nach echter Ganga-Manier sehr abenteuerlich heraus. Die als Hexenmeister (Aba-Takati oder Ama-Tagati der Zulu) Erkannten, häufig völlig harmlose, unschuldige Per- sonen, werden auf grausame Weise hingeschlachtet. Allerdings gibt es auch Leute, die ihren Nebenmenschen durch sympathische Verrichtungen und durch Gift zu schaden wähnen oder thatsächlich zu schaden suchen, diese werden dann auch einmal von dem über sie ver- hängten Spruche in gerechter Weise betroffen.
Die Doctoren der Basuto oder Njaka, welche nach Ur- theil der Missionare nicht so wild und agressiv zu verfah- ren scheinen wie diejenigen der Kaffern, wahrsagen mit Hülfe von Dickagare oder mit aus Fusswurzelknochen des Rindes bereiteten Würfeln. Die Baloi oder Hexen- meister, welche nachts im nackten Zustande umher- laufen und angeblich vielerlei Bosheit treiben, wozu sie sich gezähmter Paviane bedienen sollen, sind aucli unter den Betchuana sehr gefürchtet.
Sehr merkwürdig zeigen sich die übrigens doch so gering entwickelten religiösen Vorstellungen der alten Hottentotten. Ein berühmter Mann, Heitsi-Eibib oder Tsui-Coab, d. h. Wundknie, scheint sich bei ihnen in ähnlicher Weise Vergöttlichung erworben zu haben wie ein grosser Pharao, ein Sohn der Sonne, bei den Aegyptern oder wie ein Heroe, ein Halbgott, bei den Griechen. Indessen hatten sie auch eine dunkle Vor- stellung vom guten Gunnia-Tiquoa oder Tuquua, dem Gott der Götter, dem Schöpfer aller Dinge. Daneben war Tutuqua der Vertreter des Bösen. Dem Monde ward von ihnen , wie auch von andern afrikanischen Stämmen, eine gewisse Verehrung gezollt. Ein gerad- flügeliges Insekt, das Weinhähnel oder die Mantis, dt'ssen derjenigen einer Betenden ähnliche Stellung
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 227
einer in Südeuropa gemeinen Art den Beinamen relU giosa einbraclite, war den Hottentotten heilig. Uebri- gens hörte dieses Volk auch auf seine Medicinmänner oder Zauberdoctoren ganz so wie andere afrikanische Heiden. Zur Zeit hat das Christenthum den grössten Theil der alten abergläubischen Ideen bei den Hotten- totten verdrängt. Hir neueres Wort für Gottheit, U'tixo, ist durch sie und die Missionare auch bei den Kaffern eingeführt worden.
'•'f/iei'uny und IStaatsverfasmng.
Nominelle Oberhäupter der afrikanischen Moslimen sind der türkische Sultan und der Kaiser von Marokko. Das wirkliche Oberhaupt von Aegypten, Tripolis und Tunis ist der Sultan in Konstantinopel. Algier ist französische Colonie, Marokko ist unabhängig. In Aegypten regiert der Khedive, in Tripolis der Pascha (arabisch Bascha), in Tunis der Bei. Aegypten hat gegenwärtig grosse Erw^erbungen im Süden gemacht und das Generalgouvernement Beled- Sudan um das Land Dar-Fur, um die Schilluk-, Denka- und Bari- Territorien bis zum Belenian, und um die Berta-Länder bis Fadassi, erweitert. Dieser Staat ist ferner auf bestem Wege, auch die bedeutendsten der paradiesi- schen äquatorialen Seegebiete, Unyoro und Uganda, zwar allmählich, aber sicher zu annectiren. Ausserdem gebietet der Khedive jetzt über die Küstenstädte am Rothen Meere: seine Anschläge auf Abyssinien sind vorläufig mislungen, diejenigen auf Wadai sind nur vertagt. Mit den Niam-Niam- und Monbuttu-Ländern wird man ebenfalls fertig zu werden suchen. In Aegypten, woselbst die Thronfolge durch Decret des türkischen Sultans vom Jahre 1866 eine gründliche Aenderung erfahren hat, ist das türkische Staatsgesetz obligatorisch. Das Land hat einen jährlichen Tribut an die Pforte zu entrichten; die Steuern werden in
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228 ■ Drittes Buch.
des Padischah Namen eingetrieben und das Geld muss die Tugra, den Namenszug des letztern tragen. Die sogenannte Tanzimati-Cherieh von Gülkhaneh, in welcher die alten Grundgesetze des türkischen Reichs im Sinne der modernen Weltanschauung umgeändert und worin namentlich das Verhältniss der Moslimen und der Nicht- moslimen zueinander geregelt werden sollte, gilt für Aegypten sowol als auch für die andern Besitzungen der Pforte in Afrika. In allen diesen Ländern gelten der Koran und die Sunnehgesetze, d. h. Commentare und Interpretationen desselben, die türkischen Staats- grundgesetze, die herkömmlichen Staatseinrichtungen, sowie die von den Statthaltern des Sultans erlassenen speciellen Verfügungen als bindend. Die erwähnten herkömmlichen Einrichtungen tragen in den Ländern Aegypten, Tripolis und Tunis einen verschiedenartigen, in Uebereinstimmung mit den localen Verhältnissen be- findlichen Charakter. Sind wir nun auch im ganzen daran gewöhnt, diese Staaten gewissermassen als Pro- vinzen des türkischen Reichs zu betrachten, so geniessen dieselben dennoch eine grosse factische Selbständigkeit und es geschehen hier Diuge, die nur wenig Einklang mit den Wünschen und Bestimmungen der Süzeränen Regierung verrathen. Wo aber in den türkisch- afrika- nischen Gebieten den von den Statthaltern derselben abhängigen Beamten und Vasallenfürsten das Recht über Leben und Tod nicht unmittelbar zusteht, wird dies dennoch von ihnen häufig ohne weiteres factisch in Anspruch genommen oder mit Zuhülfenahme von heimlicher Gewaltthätigkeit und von ränkevoller Be- schönigung oder Verclausulirung ausgeübt. So sollte z. B. in den Jahren 1859 und 1860 im ägyptischen Sudan kein Todesurtheil ohne ausdrückliche Genehmi- gung des ägyptischen Statthalters zu Kairo ausgesprochen und vollzogen werden. Wer aber kehrte sich daran? Der Bei in Chartum liess ebenso gut köpfen wie die Beiß in Taka und in Kordufan; der Grossschekh der Schukriü tödtete so gut wie derjenige der Abu-Rof
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oder der Melik (König) der Funje. Ein jeder im Süden commandirende ägyptische Major oder Hauptmann ver- fuhr in gleicher Weise. Von einer Berufung an höhere Instanzen war hier in solchen Fällen keine Rede; es scheint ' ' auch jetzt noch nicht besser geworden zu seil .
Die unal ,.:_'! L'en inoslimischen Fürsten verfahren als unumschränkte Herrscher; sie haben ein jeder ihren Wekil oder Wesir, auch wol deren mehrere, sie hören den Rath weltliclier oder geistlicher Honoratioren; trotz- dem aber findet eine Beschränkung ihres Despotismus durch jene Berather, die ja nur Werkzeuge und officielle Bestätiger der fürstlichen Willkür sind und nur selten hemmend einzugreifen wagen, so gut wie niemals statt. Auch der Medjlis oder Rath, der hier und da für po- litische, für Handelszwecke u. s. w. aus Beamten allein oder aus diesen und aus andern Notabein zusammen- benifen wird, bleibt meist ohne Einfluss, hat vielmehr in den allerhäufigsten Fällen nur eine Prüfung vorge- legter Fragen zu vollziehen. Nur sehr wenige erleuch- tetere unter den Despoten hören einmal auf guten Rath. Die den Aegyptern tributpflichtigen Grossschekhs der Bedja, Furaua und Funje, welche nicht, wie die nubi- schen Berabra, direct unter ihren Nassiren, Mamuren, Mudiren u. s. w. stehen, üben zwar eine ziemlich weit- gehende Herrschaft über ihre Unterthanen aus, sind aber doch am Ende ihrer Obliegenheiten, unter anderm für Anstiftung von Krieg und Frieden, den nächsten Statthaltereibehörden verantwortlich. Hire Wekile sind nicht nur Stellvertreter, sondern auch hauptsächliche Commissionäre, denen noch eine Anzahl anderer Offi- cianten, als Marktschekhs, Befehlshaber der Kriegsmacht, Sklavenaufseher, Eunuchen, als Obmänner der bei ihnen lebenden Fremden, als untergeordnete Districtschefs u. s. w. unterstehen. Recht wüst sieht es noch in den neu unterworfenen Gebieten der Schilluk, Denka und Bari aus, in denen die Reste einer überkommenen volksthümlichen Häuptlingschaft unter der temporären
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Aufsicht ägyptischer Oberbehörden eine nur schwäch- liche Wirksamkeit ausüben.
In Uganda bildet nach Stanley den grössten Theil des Volks der Bauer, Kopi, von dessen einfältig-idylli- schem Leben unser grosser Reisender ein so überaus anziehendes Bild entwirft. Ueber dem Kopi stehen die Vornehmen, das sind zunächst die Wakungu, dann die Watongoleh oder Häuptlinge zweiten Ranges. Die höchste Stellung nimmt der Katekiro oder oberste Minister ein. Stanley sah Mtesa circa 250,000 Soldaten unter Ki Wakungu oder Generalen und 154 Waton- goleh oder Obersten gegen die Wawuma ins Feld füh- ren. Mtesa, der Kabaka, d. h. Kaiser, der Oberherr über verschiedene, weite Gebiete regierende Könige ist, hat ausser seinen Weibern noch Haushofmeister, Pagen, Boten, Musikanten und — Scharfrichter um sich. Long- Bei entwirft von der Thätigkeit der letztern, der lang- bärtigen, wildblickenden Marsala, ein gar düsteres Bild. Sie vollführten, phantastisch gekleidet, vor den Augen und zur Ehre jenes dem Khedive dienenden Amerika- ners blutige Menschenopfer. Letztere scheinen zur Zeit Stanley's (1875) bereits abgekommen zu sein. Mtesa und sein Hof waren nämlich Moslimen geworden und hatten ihre Sitten denn doch in etwas gemildert. Trotz dieser Religionsänderung blieben die Wanganda- häuptlinge halbe Heiden, sie gingen bunt bemalt zur Schlacht und folgten ihren Zauberern. Amin-Bei (Dr. Schnitzler aus Neisse ?) äussert sich im vorigen Jahre wieder tadelnd über die Sittenrohheit des despotischen Mtesa, den Stanley zum Christen gemacht zu haben glaubte. Wie nun der Kabaka hart und gewaltthätig verfährt, wenn er Land und Würde seiner in Ungnade gefallenen Wakungu von den in seiner Gunst gestie- genen Höflingen aufzehren, d. h. in Besitz nehmen, und wie er selbst den Namen der alsdann seiner Rache Geopferten von den designirten Nachfolgern adoptiren läset, schildert Stanley in höchst drastischer Weise. Wie lange dürfte es aber noch dauern und der gross-
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mächtige, überniüthige Kabaka bettelt als geduldeter Grossschckli der Waganda vor dem Di van zu Kas-el- Tin um die Gunst seiner Meister und blickt scheu ver- MTUidert auf die Parade der schwarzen Garden an den Kasernen Kassr-el-Nil oder Kassr-el-Ali, die ihn und seine Hunderttausende mit ihren Hinterladern, mit ihren Ki'upj)s niedergeworfen hatten. Wenn erst einmal bessere Wirthschaft in Kairo eingeführt sein sollte, so dürften wir uns aus menschlichen Rücksicliten wol dar- über freuen, eine derartige Vision in ^in Bild der Wirk- lichkeit umgewandelt zu sehen.
Bei den Schilluk herrschte bis zu dem Zeitpunkte, in welchem nach den einleitenden Grosstliaten des nicht officiellen Banditen Mohammed-Cher, der officielle Kurde Ali-Bei das Land jener Schwarzen der kairoiner Re- gierung definitiv unterwarf, ein König über die ganze sehr individuenreiche Nation. Derselbe residirte zu Denab am Weissen Nil, nach Pruyssenaere in einem besondern Weiler, welcher aus den Togule seiner Weiber, Kinder und Sklaven bestand; er verliess denselben nie- mals, um sich seinem Volke zu zeigen. Er bemalte sich nicht, trug an Armen und Beinen silberne und goldene Ringe, auf der Brust aber Perlenschmuck und hielt stets eine oder zwei Lanzen in der Hand. Er hatte in seinem Weiler ungefähr 150 seiner Söhne und ebenso viel Sklaven, alle bewaffnet, die für seine Sicher- heit zu wachen hatten. Die Söhne, die noch zu jung waren, um die Waffen tragen zu können, wurden ausser- halb des königlichen Dorfes erzogen. Der Fürst hatte auswärts noch eine bedeutende Anzahl Sklaven als Hüter seiner Heerden. Alle Tage zeigte er sich von fern den bedeutendsten Häuptlingen, die ihn, in re- spectvoUer Stellung niedergekauert, betrachteten. Er empfing gern den Besuch der fremden Bedja und Be- rabra, einerlei, ob ansässig oder nur vorbeireisend, weil sie ihm ein Geschenk gaben, das dann erwidert wurde. Weisse zu empfangen verweigerte er früher (J859) noch hartnäckig. Seine Einkünfte waren die
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Sendungen gewisser Mengen von Durra, die ihm die ackerbauenden Dörfer lieferten, ferner zwei Drittel alles Elfenbeins, welches seine Unterthanen auf der Jagd erbeuteten. Wer einen Elefanten tödtete, musste dem König die beiden Zähne bringen, der dem Jäger ein Drittel des Elfenbeins oder dessen Werth gab. Der König erhielt ferner sämmtlichen Moschus der erlegten Krokodile, sowie den Schwanz von allen getödten Giraffen; letzterer Gegenstand hatte nämlich als Schmuck bei den Schwarzen einen grossen Handelswerth. Wer unerlaubten Umgang mit einem jungen Mädchen pflegte, musste Strafe an ihn zahlen. Endlich erhielt er noch Geschenke von denjenigen Händlern, die freie Erlaub- niss für ihre Geschäfte haben wollten. Der König hatte drei Minister um sich, wovon der eine die, übri- gens seltenen, Kriegszüge befehligte, an denen jedoch das Oberhaupt niemals persönlich sich betheiligte. Derselbe ernannte ausserdem in jedem Dorfe einen oder zwei höhere Häuptlinge, die unter sich wieder andere von geringem! Rang hatten. Im allgemeinen wurde die Regelmässigkeit und Gerechtigkeit der Verwaltung sehr gelobt. Die Aegypter haben nun, wie schon angedeutet worden, den letzten alten Schillukkönig Katkor beseitigt, ihn, wie schon so manchen Nigritier- fürsten des Sudan, mediatisirt und ein Regiment ein- geführt, welchem die oben geschilderte Regelmässigkeit und Gerechtigkeit der altnationalen Verwaltung nach- zurühmen, auch dem servilsten Partisan des jetzigen Divan mislingen dürfte.
In Darfur hatte die alte, aus dem kriegerischen Stamme der Gondjara hervorgegangene Dynastie durch Generationen mit einer Art patriarchalischer Strenge, mit einem gemilderten Despotismus regiert. Die Ver- waltung des Landes war einfach. Der Sultan hielt im Fascher zu Tendelty Hof, in einem umzäunten Hütten- complex, welcher in seiner ganzen Anordnung etwa den U'nkundjlowes der. Zulukönige entsprach. Ausserdem war das volkreichere Kobbe die Hauptverkehrsstadt,
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in welcher der Handel getrieben >viirdc und wohin sich die fremden Karavanen bewegten.
Im Nachbarstaate Wadai, der neben zahlreichen ein- gewanderten, nomadisirenden Bedjastämmen auch viele nicrritische" Tribus und ausserdem noch wenig dunkel gefärbte Leute enthält, deren anthropologische Eigen- thümlichkeiten bisjetzt so gut wie unbekannt sind, herrscht der Sultan ebenfalls in einer umzäunten Resi- denz zu Wara. Hier wie in Darfur und in den West- staaten wird zwar despotisch, übrigens aber ganz nach den Gesetzen des Islam regiert. Der jedesmalige Sul- tan in diesen Gebieten hat eine Anzahl Würdenträger unter sich, deren Aemter sich theils aus den in alt- islamitischen Staaten eingeführten herleiten lassen, theils aber auf urthümlichem afrikanischem Boden entstanden sind. Uebrigens gehen im Westen Sudans noch immer grosse politische Gärungen vor sich, wie das z. B. die Vorgänge zu Timbuktu, Hamdallahi und Sansandi be- weisen, wo selbst in unsern Tagen mehrere Völker- stämme, wie die berberischen Kunta, die Fulbe, Bam- bara u. s. w. um die Oberherrlichkeit rangen. Um nun einen Begriff von dem Hofleben in einem der central- sudanischen (dem Islam huldigenden) Staaten zu geben, wählen wir das gerade von deutschen Reisenden mehr- fach besuchte Bornu. Hier herrscht jetzt die Dynastie der Kanemin, welche aus den Haushofmeistern der vorigen oder Saefua-Dynastie hervorgegangen ist. Der Sultan oder Mai, gegenwärtig der vielgenannte und vielgefeierte Omar-el-Kanemi, ist unumschränkter Ge- bieter. Seine Hauptbeamten sind der Digma oder erste Minister, der die innern Angelegenheiten besorgt, ferner der Mala oder Schatzmeister, der Jurama oder Oberste der Eunuchen, der Mistrema oder Aufseher über die Weiber, der Sintalma oder Obermundschenk, der Mainta oder Hofküchenmeister, der Marma-Kullobe oder Auf- seher über die Sklaven (des Mai). Unter dem Digma stehen der Siggibada oder Ministerialdirector und der Ardjinoma oder Geheimsecretär. Der Fugoma oder
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oberste Scharfrichter ist Stadtcommandant von Ngornu, der Kasahna oder Kadjelma ist Stadtcommandant von Jo. Der Mai hält alle Morgen Rathsversammlung (Xokna) ab, zu welcher seine Brüder, die hohen Be- amten und die Kognaua oder Hofräthe berufen werden. Der Thronfolger (seinerzeit des Mai ältester Sohn) wird gewöhnlich Tschiroma oder Yerima genannt. Der Sohn der ältesten Schwester des Sultans heisst Kabis - kema. Wie an den alten Höfen von Für und Bagirmi stehen auch hier die Eunuchen (Adim) in hohem An- sehen; sie avanciren sogar zuweilen zu Staatsmännern und Truppenführern.
Die Sande oder Niam-Niam stehen nach Schweinfurth unter verschiedenen unabhängigen Fürsten, die Bjen heissen und eine vollkommene Autorität ausüben; sie versammeln die Heereskräfte ihres Landes um sich, erklären Krieg, schliessen Frieden, erheben von der gemeinschaftlichen Jagdbeute die Hälfte des Fleisches als Abgabe und monopolisiren, wie so viele nigritische Fürsten, das Elfenbein. In einigen westlichen Gebieten bestehen die Abgaben auch zum Theil in Sklaven. Den persönlichen Bedarf an Feldfrüchten gewinnt der Bjen selbst aus seinen Ländereien, die er durch Sklaven und sogar durch seine Weiber bebauen lässt. Jeder dieser Fürsten gebietet über eine Art Leibgarde. Unser Reisender rühmt die stolze, selbstbewusste Haltung und die vornehme Tournure dieser übrigens alles könig- lichen Prunkes entbehrenden Fürsten. Sie sind die eigenhändigen Vollstrecker der von ihnen gefällten Todesurtheile. Manche sollen an Wuthanfällen leiden, dergleichen auch absichtlich erkünsteln, aus derVolksmasse beliebige Opfer auswählen und dieselben abschlachten, um dadurch der Menge Schrecken einzuflössen, Respect vor ihrer Macht über Leben und Tod beizubringen. Es erinnert dies schon stark an die brutalen Herrscher- gelüste der guinecnsischen Könige von Dahome, Aschanti, Benin u. s. w.
In vorzüglicher Weise schildert uns derselbe hervor-
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ragende Forscher die rohe Pracht am Hoflager des Monbuttukönigs. Der damalige, Munsa, welcher Schwein- furth und stine Hegleiter freundlich aufnahm und der 1870 in ehrenvollem Kampfe gegen den ägyptischen Räuber (lattas gefallen ist, monopolisirte nicht allein das Elfenbein, sondern erhob auch Steuern an Feld- früchten. Er hatte ausser seiner Leibgarde auch sonst noch Trabanten um sich; unter ihm fungirten eine grosse Zahl Beamter und Ortsvorsteher. Unter den vielen leiblichen Hrüdern wurden die Unterhäuptlinge gewählt und fünf vornehme Reichsbeamte bildeten eine ganz besondere hochstehende Behörde; da waren: 1) der Intendant über die Waffen, 2) derjenige über die Ceremonien und Feste, 3) der Speisemeister des könig- lichen Hofhalts und erste Magazinier, 4) der Haus- meister über alle königlichen Frauen, 5) der Dolmetsch im Verkehre mit den Fremden und benachbarten Herr- schern. Gross war die Zahl der Frauen Munsa's; nach Landessitte erbte letzterer nämlich die von seinem Vorgänger hinterlassenen Weiber und nahm selber noch sehr viele dazu. So oft er nachts seine Privatwohnung verliess, um den Frauen Besuche abzustatten, erscholl der laute Jubel seiner Trabanten mit Pauken und Hör- nern. Er verfügte ül)er eine ganze Anzahl von Horn- bläsern und Trompetern, Eunuchen, Festordnern und Spassmachern, Bänkelsängern und Tänzern, die bei festlichen Versammlungen zur allgemeinen Kurzweil dienten und den Glanz seines Hofes vermehrten. Mun- sa's Privatbehausung bestand aus einer Gruppe ver- schieden grosser Hütten (S. 101), deren jede einer seiner täglichen Verrichtungen gewidmet war. Das Ganze war gleich einer Zeriba mit Palissaden umzogen und mit schattigen Bäumen bepflanzt. Stets musste eine der Frauen, zu bestimmten Zeiten mit den andern abwech- selnd, die Küche des Königs besorgen. Letzterer pflegte für sich allein zu speisen; niemand durfte den Inhalt seiner Schüssel in Augenschein nehmen; alles was er übrig Hess, wurde vergraben. Was er berührt
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hatte, wurde als Heiligthum angesehen; von dem vor seinem Sitze brennenden Feuer durfte nicht eine Kohle genommen werden, um eine Pfeife daran anzuzünden; Vergehen wider solchen Usus galten durchaus als todes- würdig. Schweinfurth nahm die Einrichtung der könig- lichen Gemächer in Augenschein; die Garderobe Munsa's beanspruchte allein mehrere derselben; in dem einen befanden sich die Federmützen, in einem andern Bündel von Schwänzen der Zibeth- und Genetkatzen, der Pin- selohrschwein- und Giraffenschwänze, Schnüre von Zäh- nen erbeuteter Löwen und anderer Thiere. Auch zeigte sich hier der königliche, wie bei den besser situirten Orientalen spaltförmig eingerichtete Abort, ein Institut, welches gegenüber der Unanständigkeit der gemeinen Aegypter, Nubier und heidnischen Nigritier einen An- strich hoher Civilisation darbot. In den Rüstkammern Munsa's starrte es von Waffenvorräthen; Bündel von je 2 — 300 Lanzen dienten in Kriegsfällen zur Ver- theilung an die Mannschaften des Heerbannes ; es lagen da Haufen von den sonderbar geformten, bei diesem Volke üblichen Säbeln; ferner sah man Luxuswaffen, die zur Ausstellung in den königlichen Hallen bei Festen dienten: mächtige in Blatt und Schaft aus reinem Kupfer geschmiedete, blank polirte Lanzen. Die Vor- rathskammern und Kornmagazine befanden sich unter wohlgezimmerten und regendichten Dächern. In den verschiedenen Abtheilungen derselben verbrachte Munsa einen Theil seiner, den öffentlichen Geschäften gewid- meten Tageszeit, wobei er die Eintheilung und Anord- nung der Vorräthe selbst überwachte.
Wie es jetzt am Monbuttuhofe aussieht, ist mir unbekannt. Jedenfalls ersieht man aus Schweinfurth's auf Munsa bezüglichen Mittheilungen, dass sich in die- sem merkwürdigen Lande hinlängliche Anklänge an die Zustände in Innersudan und den grossen Nigritier- Btaaten vorfinden. Schweinfurth selbst bemerkt, dass das Reich des bis vor kurzem halbmythischen Muata Yamvo, dessen Einfluss sich bis auf die Monbuttu-
Häusliche Eiurichtungen u. s. w. der Afrikaner. 237
läoder erstreckt zu haben scheint, für die Einrichtungen in den letztern in gewisser Hinsicht vorhildlich gewesen sein dürfte. Ueber den Muata Yamvo begebe ich mich hier des Urtheils, indem Dr. Pogge's eigene Auf- zeichnungen über das Treiben jenes grössten Balonda- fürsten noch nicht veröffentlicht worden sind. Dagegen liegen über den Hofhalt eines Unterkimigs, des soge- nannten Muata Kazembe, die interessanten Schilde- rungen der Portugiesen Majore Monteiro und Gamitto vor. Der damalige Muata Kazembe Kireka, welcher 1^31 als der Mambo oder sechste seiner Dynastie in seiner Mussumba (Hauptstadt) Lunda residirte und dessen Abbildung mich lebhaft an diejenige von Munsa (Fig. 11) erinnert, entfaltete ganz jenen rohen Pomp, den wir bei grossen innerafrikanischen Häuptlingen überhaupt zu beobachten gewohnt sind. Er hatte um sich Weiber, deren Dienerinnen, Kilolos oder höhere, Vambires oder niederere Würdenträger, Spielleute, Hof- narren, Krieger u. s. w. Den obersten Kilolos gehören der Thronfolger und die andern Verwandten des Mambo, der Käzembe-Ampata oder Obercommandant des Heeres und der Fumo-Ansewa oder Oberwegemeister an. Nied- riger als diese stehen diejenigen Fumos oder Beamten, welche den Schmuck des Mambo bewahren, ferner die Musikanten, der Hof- und Landbaumeister. Der Ka- kata ist Generalpolizeidirector; seine Untergebenen, die Katas oder Polizeileute, tragen das Pokue oder kurze Schwert und einen Strick als amtliche Abzeichen. Unter dem Kakata steht ferner der Katamata oder Scharfrichter. Jede Strasse hat ihren Muhine oder Bagatellrichter, welcher als Abzeichen eine kurze, lang- gestielte Hacke führt. Das Volk bilden die Muizas (M'wizas). Kilolos und Muizas sind Hörige des Mambo. Livingstone fand die Nachfolger Kireka's (im Jahre 1868) recht heruntergekommen
Magyar führt uns nach Kombala-n'Bihe zur ver- palissadirten Residenz des Soba oder Kimbunda-Herr- schers Kajaja-Kajangola, des „wüthenden Löwen" von
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Bihe. Die Schilderung auch dieses Hoflagers erinnert uns sehr lebhaft an die über die sudanischen und cen- tralafrikanischen Fürstensitze gegebenen Daten. Die Kimbundastämme gehören zu den ßalonda, welche die- selbe Sprache — das Bunda — [(Ki-m'ßunda) reden. Bei der Einsetzung der Fürsten finden hier Menschen- opfer und kannibalische Gastmähler statt. Man wählt die Opfer aus der Zahl der Kriegsgefangenen Es exi- stiren zwei verschiedene Adelsklassen, die erste der Erombe ya Soma aus fürstlichen Personen und die zweite der Erombe ya Sekula aus den Volksältesten bestehend; die erste Klasse bildet einen Erb- die zweite einen Wahladel. Aus ersterer gehen die Anführer des Heeres, Soma-n'-Ukan-Djamba, sowie die ersten Rath- geber und sonstigen Beamten des Fürsten (Soba) her- vor. Der zu Magyar's Zeit regierende Soba hatte das Wahlrecht des Volks an sich gerissen und erhebt nach Willkür seine Günstlinge zu Sekulas. Uebrigens ragt letztere Klasse durch Reichthum, Besitz an Land und Vieh hervor; sie vertheidig das Volk gegen den Fürsten und dessen Herrscherwillkür, auch gegen dessen kriegerischen Anhang; selbige findet daher im Lande Liebe und Achtung. Obgleich nicht gegen die Gewalt- thätigkeit des Soba und der ersten Adelsklasse ge- schützt, besitzt sie doch ein gewisses Unabhängig- keitsgefühl und ahndet zuweilen Misbräuche der Sobas, die meist eines gewaltsamen Todes sterben. Jeder er- wachsene, waffenfähige, freie Mann ist Herr über seine Person, seine Familie und seinen Besitz. Die zu einem Dorfe oder Kreise gehörenden Familienhäupter schliessen sich zu wechselseitigem Schutz und Trutz eng aneinander. Beschützung des persönlichen Eigenthums, sowie Ab- wehr und Bestrafung von persönlichen Beleidigungen sind eine Privatangelegenheit der betreifenden Familien- häupter und deren Angehörigen. Vor die Gemeinde kommen nur Dinge, welche die Gesammtheit derselben betreffen. Die Soldaten gehen aus der allgemeinen Wehrpflicht hervor. Die Kimbanda sind Priester, Wahr-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. iler Afrikaner. 239
sager, Aerzte und Richter. Sie stehen in gutem An- sehen und verfahren ganz nach Art der andern afrika- nischen Zauher- und Fetischpriester.
Guinea ist nur zum Theil das Gebiet grosser Fürsten- höfe. Die Regierungen haben hier meist einen mon- archisch-feudalen Charakter; es ist letzterer häufig ein Ergebniss ihrer Entstehung durch siegreiche Kriege. Erobernde Oberfeldherreu machten sich zu Königen; aus ihren ünterfeldherren gingen die Adeligen, aus den Sol- daten und aus den Unterworfenen ging das Volk hervor. Einen soliden Glanz sehen wir in Aschanti, dessen unter- nehmende Dynastie sich von den ihr durch die Eng- länder beigebrachten Schlägen allmählich zu erholen scheint. Hier wurde der Staat von Say Tutu, einem siegreichen Krieger, gegründet. Der König und vier Nachkommen derjenigen Cabocirs (vom portugiesischen Cabeceira, der Vornehmste, Familienhaupt u. s. w.), welche das Aschantireich mit aufrichten halfen, sowie die Notabeinversammlung bilden die Stützen der Re- gierung. Der Titel Cabocir wird nicht nur hohen Be- amten, sondern auch angesehenen und reichen Privaten ertheilt. Das Cabocirthum ist erblich; indessen kann der König auch neue derartige Stellen creiren, nament- lich zur Belohnung bewiesener Tapferkeit. Fehlt es dem neugebackenen Häuptling an Vermögen, so verleiht ihm das Staatsoberhaupt die für seinen Stand erforder- liche Dotation. Der König wählt unter den Cabocirs seine Minister; diese, die Kriegshauptleute, die Unter- könige und Gouverneure, ferner die Schwester, der Schwager und auch wol die Mutter des Königs setzen den Staatsrath zusammen, an welchem man ferner einige wohlhabende Mauren theilnehmen lässt. König und Staatsrath haben die Verwaltung und die richterliche Function in Händen; zuweilen beruft der König die Reichsstände um sich, d. h. eine aus den Cabocirs be- stehende Notabeinversammlung; es geschieht dies bei grossen Landesangelegenheiten. So waren z. B. bei den Abmachungen mit den englischen Abgesandten die
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Notabein zugegen, sie betheiligten sich sogar durch Reden, Bezeigung von Beifall und Abscheu an den Unterhandlungen. Wenn der König und die Cabocirs sich öffentlich blicken lassen, so wird ein unsäglicher Pomp entfaltet, wie er an wild-phantastischer Origi- nalität wol seinesgleichen suchen dürfte; da strotzt es von Goldschmuck und Goldgeräth, -von Elfenbein, Seiden- stoffen, kostbarem Holzwerk, von Fell- und Federputz. An dem grossen Strome Congo oder Zaire wurden nach Bastian in altern Zeiten die kleinen unabhängigen Tschenustaaten durch Nimia Luqueni unter ein Scepter geeinigt. Dieser nahm dann den Titel eines Kaisers von Congo an; er legte durch seine Eroberungen den Orund zu dem Feudalsystem, welches noch zur Zeit der portugiesischen Entdeckungen in Blüte stand und erst in spätem Kriegen gestürzt wurde, indem die mächtigen Vasallen ihre Lehngüter allmählich in erb- liche Besitzungen umwandelten. Der erste Kaiser baute die Hauptstadt, Banza n-Kongo (Ambassi oder Säo-Salvador) in das von ihm trocken gelegte Bette eines Sees, der früher das Plateau eines Bergs be- ■deckte. Der Wald, aus dem die Herrscherfamilie in Batta herstammte, war dem Volke später ein Gegen- stand der Verehrung. Einer der Nachkommen Lu- queni's Hess sich von den Portugiesen als Dom Joäo I. taufen. Unter seinem Nachfolger Dom Affonso I. wurde die Banza mit Kirchen und mit Klöstern angefüllt. Bastian nimmt an, dass die portugiesischen Missionare hier eine regelmässige Erbfolge vom Vater auf den Sohn eingeführt hätten, dass aber später das Volk in seine alten Gebräuche zurückgefallen sei, nach welchen beim Tode eines Königs die Reichsversammlungen aus seinen Neffen schwesterlicher Seite einen Nachfolger erwählten. Nach der Rangordnung folgten auf den König und seine Familie die Prinzen von Geblüt, hier- auf die Gatten der Prinzessinnen, dann die Vasallen, die Hofleute, die Kaufleute und Sklaven. Die Prin- zessinnen besassen früher grosse Vorrechte; sie konnten
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sich ihren Eliemann beliebig aus den Grossen des Reichs wählen und ein solcher, der sich durch mehr- inonatliche Einsamkeit auf seine Erhöhung vorbereiten musste, wurde ihr willenloser Sklave. Eine andere Frau zu sehen, würde der Tod für diese und für ihn gewesen sein; wenn er das Haus verliess, wurde ihm stets ein Tamtam vorgetragen, damit, durch dessen Schall benachrichtigt, die Frauen Zeit zum Fliehen liatten. Nur durch den Tod seiner Herrin konnte er erlöst werden, trat aber dann auch in alle Rechte eines königlichen Prinzen ein.
Nach dem Verfalle des grossen Congoreichs spaltete letzteres sich in eine Anzahl Kleinstaaten ; so war die Landschaft Sonho an der Zairemündung bereits 1570 von Congo abgefallen. Cacongo wurde von Congo als Vasallenstaat angesprochen und dennoch verlangte sein Fürst, Mani, für sich den Titel und Rang eines Königs von Congo selbst. Die Häuptlinge dieser Klein- staaten, von denen manche den portugiesischen Titel Marquez führten und an denen wie an ihren Völkern die christlichen Missionen vergeblich ihr Bekehrungs- werk versucht, pflegen mit peinlicher Eifersucht ihre Gerechtsame zu bewachen. Sie und viele wiederum sich unabhängig geberdende ünterhäuptlinge sind es, welche an der gesammten Küste zwischen Cap Lopez und den portugiesischen Besitzungen in Angola durch ihre kleinliche Habgier, durch ihre egoistische Willkür den Fuss des europäischen Forschungsreisenden Schritt für Schritt zu hemmen suchen.
Die Organisation der A-Bantu-Staaten ist grossentheils eine recht feste. Diejenige der Zulu beruht auf rein militärischer Grundlage. Der Häuptling Dingis- wayo bildete zuerst ein in grössere Abtheilungen ge- gliedertes Heer; derselbe Chef erwählte letztwillig einen seiner Kriegsleute, Tchaka (S. 191), zum Nachfolger. Tchaka setzte die Heeresorganisation Dingiswayo's weiter fort; seine Legionen oder Regimenter wurden von den Amapagati oder alten gedienten Soldaten, den
Habtmank. 16
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Isimportlo und Izlnsizwa oder Jüngern Soldaten und den Amabutu oder Kimbutu, den Train- und Tross- kuechten, zusammengesetzt. Die Zulu zersprengten auf ihren Kriegszügen eine Menge anderer schwächerer Bantustämme und fügten deren Mannschaften als Ama- butu in ihr Heer ein. In der Schlacht bildete man aus den Amapagati die Hauptlinie der unmittelbar Angreifenden, nämlich die U'mbalabala oder „Unüber- windlichen"; hinter diesen her rückten die aus den Jüngern Isimportlo u. s. w. gebildeten ü'mbulalio oder „Schlächter", als Art von erster Reserve. Im Hinter- treffen standen die aus Isimportlo und Amabutu zu- sammengesetzten U'mtugusu, die „Verborgenen"; letztere dienten als Kundschafter, Plänkler, zur Seitendeckung, als zweite Reserve. An der Spitze der einzelnen Le- gion stand je ein erfahrener Krieger, der Induna. Die Soldaten wurden, je eine Legion zu 600—1000 Mann für sich, in Engandas oder umzäunten Hüttenlagern vereinigt; hier geschah alles für ihre körperliche Ab- härtung und für ihre Ausbildung im Waffendienst. Sie durften sich nicht verheirathen, dagegen sich beliebige Beischläferinnen halten. Die mit letztern gezeugten Kinder wurden aber grossentheils umgebracht. Erst nach langer, ehrenvoller Dienstzeit konnten sich die Soldaten verheirathen und ihr festes Heim gründen.
Tchaka überflutete mit seinen ihm fanatisch ergebenen Legionen die, später Natal, das Basutoland, die Trans- vaal- und Oranje- Republiken zusammensetzenden Ge- biete; was sich ihm nicht gutwillig ergab, wurde ohne Erbarmen niedergemacht. Die Opfer, welche unter den Streichen dieses wilden, blutdürstigen und energischen Eroberers gefallen sind, der alle Schrecken der alten Djagga-Wirthschaft wiederherstellte, müssen ganz un- geheuere gewesen sein. Tchaka hatte zwar alle von ihm schwangern Weiber umbringen lassen, indessen waren seine beiden Brüder U'dingaan und U'mpanda am Leben geblieben; nachdem ersterer den Tchaka in dessen U'nkundjlowe oder Hauptstadt (Mussumba)
Ilduslicho Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 24.'>
...,:>- ermorden lassen, folgte er, U'dingaun, als Zulu- könig, ein ebenso wilder und blutgieriger Tyrann wie Tchaka. Er hatte schwere und für ihn verderbliche Kämpfe mit den aus Capland ausgewanderten Boers oder holländischen Colonisten zu bestehen. Letztere nahmen Natalland für sich in Besitz. Auch U'dingaan wurde ermordet; sein Bruder U'mpanda trat die Nach- folge an, führte eine im ganzen friedfertige Regierung und Hess seinen Kindern das Leben. Noch während seines Gouvernements brachen unter seinen Söhnen U'mbalazi und Ketchwayo Streitigkeiten um die prä- sumtive Nachfolge aus. U'mbalazi und sein Anhang erlagen 1856 nach sehr mörderischen Kämpfen. Ketch- wayo, unter Vermittelung der 1842 in den Besitz Na- tals gelangten Engländer zum Thronfolger bestimmt, wurde nach dem 1872 erfolgten Tode U'mpanda's unter Assistenz einer britischen Gesandtschaft feierlich als Zulukönig gekrönt. Er ist es bekanntlich, welcher gegenwärtig die Zulunation in ihrem ernsten Kampfe gegen die englische Macht führt.
Ein den Zulu verwandter Stamm, die Amatabele, haben im Süden vom Liambye ein weites Reich ge- gründet. Ihren ursprünglichen Kern bildeten die aus Natal hei-stammenden Abazansi; diese unterwarfen sich eine Anzahl Basutostämme, aus deren zersprengten Resten die Abanchla hervorgingen. Andere, ihrer Na- tionalität nach ebenfalls zu den Betchuana gehörende Stämme, welche die Gesammtheit der sogenannten Ama- holi bilden, wurden von dem vielgenannten, über grosses Feldherrntalent und bedeutende Energie verfügenden König U'mselekatsi (oder Moselekatsi) nebst den Aba- zansi und Abanchla zu der eigentlichen Matabelenation verschmolzen. Dieser König war ähnlich wie die vor- hin genannten Zulufürsten, der Schrecken für die zwischen Zambezi, Limpopo und Njamisee wohnenden schwächern Bantuvölker. Die von ihm geschaffene, rein militärische Staatsorganisation ist der von den Zulu getroffenen durchaus ähnlich. U'mselekatsi wurde
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neuerlich durch den weniger kriegerischen U'lopengula oder U'lobengola ersetzt.
Die im Gebiete des U'mzimwubu hausenden Küsten- kaffern sind wie die Amafengu oder FingOj d. h. Reste der von den Zulu zerstreuten Stämme in Natal, grossen- theils den Engländern unterworfen.
Die Betchuana stehen nach Merensky unter erblichen Häuptlingen, welche aus den angesehensten Familien hervorgehen. Jedes Oberhaupt sucht für seine Regie- rungshandlungen sich die Zustimmung hervorragender Personen zu gewinnen; übrigens gebietet er über Leben und Tod; seine Rechtssprüche sind unanfechtbar; er erhält seine Einnahmen aus geringfügigen Abgaben der Bodenbebauer, aus Antheilen an der Jagd- und Kriegs- beute, aus confiscirtem Besitz, aus Geschenken bei Ge- legenheit von Rechtshändeln, aus Durchgangsgeschenken der Reisenden u. s. w. In den Augen des Volks, das seinem Häuptling viel Ehre und Rücksicht erweist, gilt derselbe als Herr über die Zauberer, als Erzeuger von Regen, von guten Ernten u. s. w. Zu den berühm- testen Betchuana-Häuptlingen gehörten in unserm Jahr- hundert Sebitoane, Sekeletu, Moschesch, Sekwati und Sekukuni. Alle diese Männer traten als Staatengründer oder wenigstens als Reorganisatoren auf und entwickelten viel natürliches Talent.
Neben den monarchischen Staaten existiren in Afrika eine grosse Anzahl von Gemeinwesen eines ge- wissermaassen republikanischen Charakters. Die berberischen Kabylen leben unter einer vollständig demokratischen Verfassung; jedes Dorf bildet hier eine autonome Gemeinschaft, dasselbe ernennt seine Häupt- linge, macht und ändert seine Gesetze, verwaltet sich selbst. Eine Vereinigung von mehrern Dörfern bildet den Stamm, Arsch, eine Vereinigung von mehrern Stäm- men gibt den Takebilt, die Genossenschaft, Conföde- ration. Selten vereinigen sich mehrere Takebilt zum Zweck gemeinschaftlichen Angriffs oder gemeinschaft- licher Abwehr. Die Verbindung lösst sich auf, sobald
aor /weck rrroiont ist. Nur wenn das Auigenut zum heiligen Kriege erschallt, einigen sich alle Stämine, alsdann aber verliert die Verbindung den specifisch berberischen Charakter,- um allgemeiner muselmanisch zu werden. (Ilanoteau und Letourneux.)
Bei den Tuarik, den Mazyes (jetzt Mazigh, Ama- zigh, Imoschach) des Herodot, theilen sich zwei grosse Zweige, die östlichen Azdjer und die westlichen Ihogaren. Sie zerfallen in die schon oben (S. 28) erwähnten Edleu oder Gebieter und die Unterthanen oder Imrad. Auch gibt es ganze Stämme von Marabouts, wie die Ifogas, Ihehanen, deren Mitgliedern, Inslimen, in diesen Ländern ohne eigentliche regelmässige Regierung die nicht unwichtige Aufgabe der Vermittler und Lehrer zufallt. Vor etwa zweihundert Jahren beherrschte ein Amanokal oder Sultan aus der Ihogarenfamilie der Imanan die Feudalmonarchie aller Tuarikstämme; allein die Imanan ^vurden durch eine Revolution gestürzt und sind infolge dessen zu einfachen Adeligen herabgesunken. Der bei ihnen noch üblich gebliebene Titel Amanokal hat jetzt keine Bedeutung mehr. Die aristokratischen Conföderationen der Azdjer und Ihogaren erkennen nun- mehr die Autorität erblicher Schekhs, der Amgar, an. Die Adeligen oder Edlen sind allein im Besitze der politischen Macht; sie behandeln die Stammesinteressen in den Miad oder Versammlungen. Ein einziges Stam- mesmitglied hat durch eine Art AltersvoiTecht die Re- gierung und Verwaltung mit oder ohne Beihülfe seiner übrigen Familiengenossen in Händen. Für gewöhnlich üben die Edlen die Polizei innerhalb des Stammes- gebietes aus, sie sorgen für die Sicherheit auf den Strassen, beschützen die Karavanen ihrer Clienten, be- obachten den Feind und übernehmen im Kriegsfalle die Führung der Imrad; sie haben Beschäftigungen vollauf. Duveryiei-, dessen vortrefflichen Arbeiten wir grösstentheils diese Darstellung entnehmen, sagt sehr bezeichnend: „L'immensite du desert devore la vie des nobles." Die Marabouts sind Edle, die aller politischen
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Wirksamkeit entsagt haben, um dafür eine desto grössere geibtliche Macht auszuüben; sie sind die Frieder, die Richter und die Lehrer ihres Volks; das Richteramt verwalten sie nur unter dem Einfluss des individuellen Ansehens ihrer Person. Ungleich den arabischen Leh- rern, welche ihre Schüler zu Hause erwarten, suchen sie die letztern auf; sie unternehmen deshalb zuweilen weite und lange währende Ausflüge. Die Dienenden, Unterthanen oder Imrad ernähren die Edlen, ohne von letztern gar zu sehr ausgenutzt zu werden. Es gibt Imrad, welche nahezu oder ebenso vermögend sind wie ihre Edlen. Duveryier gibt uns eine Aufzählung der von den Imrad im allgemeinen zu leistenden Abgaben. Sie bestehen alljährlich für den Mann in einem Kamme, einem Topf voll Butter, in der Milch von zehn Schafen oder Ziegen. Ueberdies hüten die Imrad das Vieh der Edeln; diese Klasse rekrutirt sich aus den Resten be- siegter Tuarikstämme, aus verschuldeten oder sonstwie herabgekommenen Tuarikfamilien , aus vaterlandslosen, versprengten Schwarzen, aus frei gewordenen Nigritier- sklaven. Die ganze Einrichtung wiederholt sich übri- gens unter verschiedenen Abstufungen und Abweichungen fast durch den ganzen afrikanischen Continent. Die Imrad können vererbt oder verschenkt, sie dürfen aber nicht verkauft werden. Letzteres Vorrecht zeichnet sie vor den Sklaven aus.
Eigenthümliche staatliche Einrichtungen finden sich in Abyssinien, Hier gebot seit alters der Kaiser, Negus, oder, wie es im dortigen Hofstil heisst: Kegus Nagast za Aethiopia (der König der Könige Aethio- piens) in dem von portugiesischen Werkmeistern er- richteten Gimp (Königsburg) zu Gondar in Amhara. Die abyssinischen Kaiser lassen ihren Stammbaum bis zur Königin Makada von Saba und zum weisen Salo- mon hinaufreichen. Die nähere Lebende von diesem angeblichen Stammbaum können wir uns hier sparen. Sicher ist nur so viel, dass Ilabesch schon frühzeitig nach Ueberwindung des daselbst vor alters herrschenden
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Schlangendienates (S. 215) ein reichlich mit heidnischen und mit jüdischen Gebräuchen verquicktes Christenthum angenommen hat, dessen dem rohesten Aberghiuben Thor und Thür öffnende Satzungen vom abyssinischen Volke noch heute mit Zähigkeit und mit Energie fest- gehalten werden. Irgendein schlauer und thatkräftiger Häuptling wird hier die Dynastie mitten unter den seit vielen Jahrhunderten permanenten Stürmen bürger- licher Unruhen aufgerichtet haben. Pfäffische Unduld- samkeit und Neid haben dann alle Reste der vom griechisch-äthiopischen Reiche Aksum übriggebliebenen Herrlichkeit an Rauten und Verzierungen ebenso schnell zu Falle gebracht, wie die Gärten Montezumas und die Sonnenpylone von Cuzco. Die Salomonische, im Nebel des Mythus sich verlierende Dynastie wurde von einer andern ersetzt, welche von den zu den Agau, nächsten Verwandten der Bedja, gehörenden Falascha abstammte. Letztere wollen wir hier nicht, wie sonst allgemein üblich, abyssinische Juden nennen, indem uns dies ein ethnologischer Unsinn zu sein dünkt. ^^
Wieder eine andere Dynastie der Sagie trat an Stelle der Falascha-Regenten. Unter jenen ragt Lalibala her- vor, der als Stifter und Erbauer von Kirchen sich den Geruch ganz besonderer Heiligkeit erwarb. Später kam dann wieder eine Art von Compromiss zwischen den Sagie und den angeblichen Nachkommen der salomoni- schen Dynastie zu Stande; letztere sass eigentlich bis in unsere Zeit auf dem Throne zu Gondar. Freilich hatte sie ihr Blut durch die redenden Zeugen so man- cher Haremsintrigue verunreinigt. Eine beträchtliche Zeit lang in Rlüte, sank das Kaiserthum später zu einer Schattenwürde herab, ganz ähnlich dem ehemals so mächtigen Funje-Sultanat zu Sennar und der Saefua- Dynastie in Bornu. Merkwürdige Episoden in der Ge- schichte des abyssinischen Kaiserthums bilden das An- drängen der Mohammedaner unter dem Danakil-Häupt- ling Mohammed Guerandj (Linkhand), ferner die hülf- reiche Einmischung der Portugiesen, die Wirksamkeit
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katholischer Missionare und selbst der Jesuiten. Trotz aller Anstrengungen dieser mohammedanischen und euro- päisch-christlichen Bedränger behielten die eine bedeu- tende ethnische Selbstständigkeit und Zähigkeit ent- wickelnde abyssinische Nationalität und das monophysi- tische, für die Natur des Volks besonders passende Christenthum die Oberhand.
Unter den Kaisern herrschten die Detschas oder Dajasmatsch, eigentlich Herzoge, als Provinzialgouyer- neure; einige derselben hatten ganz besonders aus- zeichnende Stellungen. So war der Wag-Schum von Lasta zwar ein Mann von untergeordnetem Titel, trotz- dem aber periodenweise von grossem politischen Ein- fluss. Der Bacharnegasch gebot über das Küstenland von Habesch ; letzteres fiel später an die Türken. Mancher Detschas besass Ehrgeiz, Talent und Kühn- heit, verschaffte sich gegenüber dem Kaisersitze zu Gondar Unabhängigkeit und regierte die ihm botmässige Landschaft nach seinem Sinne. Einzelne derselben eigneten sich den Titel Bas, Oberhaupt, Fürst an. Unter letztern gab es selbst für unsere Tage bedeu- tende Männer, wie Bas Ali, Bas Ubie, Bas Sabagadis, Bas Maria, Bas Mikail, Bas Berru-Goschu u. s. w. Die Statthalter von Schoa hatten sich gänzlich von Gondar losgerissen und führten als wirkliche Landesherren, als Nagast, Könige, ein völlig unabhängiges Dasein. Der jetzige König, Sefa-Selasie, mit dem üblichen Beinamen Menilek, ist, so viel dem Schreiber dieses bekannt ge- worden, der neunte der Selbstherrscher Schoas, die sich ebenfalls noch immer der Abkunft aus dem Hause Salomonis rühmen. Unter den Detschas standen die Schum oder Vorsteher kleinerer Provinzen oder selbst nur von Ortschaften. Die Lika bildeten den Staatsrath des Kaisers, als diese letztere Würde noch etwas galt. In Schoa findet man Würden, die im übrigen Abyssiiiien nicht oder nur selten vertreten sind. Da ist z. B. der Wölasma oder Vicekönig. Der Mösläna oder Unter- statthalter steht niedriger als der Wölnsma. Der Abogas
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ist Grenzgouverneur, Grenzhüter, Markgraf. Aito be- deutet überall einen Mann von Rang und Würden; dieser Titel wird dem Eigennamen vorgesetzt.
Das Oberhaupt der abyssinischen Kirche, der Abuna, wird in Alexandrien vom dortigen koptischen Patriarchen als eine Art Erzbischof gewählt und ordinirt. Der Abuna salbt den Kaiser und ordinirt die Landespriester. Der Alaka entspricht etwa unserm Superintendenten; neben ihm hat der Itschege, zugleich Grossprior des Klosters Debra-Löbänos, die Oberaufsicht über das Mönchswesen. Die Debteras sind die Schriftgelehrten, welche schreiben können, mit Büchern umzugehen wissen, die Schullehrer abgeben u. s. w. Sie stehen nicht unter den Priestern, halten aber meist zu diesen. Auch exi- stiren mancherlei militärische Titel und Aeniter. Der Lika-Mönkwas z. B. ist hoher Vertrauter des Königs, er trägt in der Schlacht dessen Kleidung und Waffen, um die Blicke des Feindes von der geheiligten Person des Herrschers ab- und auf sich zu lenken. Mancher Lika-Mönkwas ist so im Dienste seines Negus oder Ras gefallen, Itege ist der Titel der Königin, auch der Königin -Mutter. Die männlichen Anverwandten eines Kaisers oder Detchas wurden, um die Thronfolge nicht zu beunruhigen, zeitlebens eingekerkert.
Die Denka leben in einer Art von freistaatlicher Verfassung. Ihre Gemeindehäuptlinge haben nur ge- ringes Ansehen und nur geringe Befugnisse; man hört aber ihren Rath und lässt sich im Kriege von ihnen befehligen. Eine ähnliche Stellung behauptet der Beng- did der Nuwer oder Nuer.
Die nördlichen Bari sollen einmal eine monarchische Verfassung gehabt haben; später zerfielen sie in eine Art Commune. Jeder wohlhabende Grundbesitzer wurde Matat (Plur. Kimek), d. h. Kapitän; ein solcher hatte freilich nur die achtbare Stellung ^nes angesehenen Mannes. Der Matat konnte auch zugleich Regen- macher sein. Im Kriegsfall vereinigten mehrere Kimak ihre wehrfähigen Mannschaften zu einem Bund, Ulibari,
j^50 Drittes Buch.
verbündete Bari, genannt. Die durch Baker bekannt gewordenen Kimak, Lege oder Loge in Elliria und Komro in Latuka besassen mehr Macht und Einfluss als die Kimak zu Gondokoro und Libo. Seitdem nun das Bari-Land von den Aegyptern in Besitz genommen worden, hängen die Kimak von dem zu Lado (an Stelle von Gondokoro oder Ismailia erbauten, jetzigen Haupt- ort der Aegypter) commandirenden Bei ab.
Die Bedja haben, wie bereits weiter oben ange- deutet worden, ihre Schekhs, welche den kleinern und die Grossschekhs, welche den beträchtlichem Stamm es- iibtheilungen vorstehen. Diese aus arabischem National- brauch hergeleitete Behörde ist von uns früher (S. 31) in ihren Befugnissen und in ihrer Wirksamkeit ausführ- lich geschildert worden. Es darf wol kaum ausgeführt werden, dass diese Schekhs zum grössten Theile der ägyptischen Regierung tributpflichtig sind. Unter den Verwandten der Bedja, den Afer- oder Danakil- und den Somal-Stämraen herrscht ebenfalls die Eintheilung in Clans, an deren Spitze je ein Akil (Wekil) oder Makabantu, ähnlich einem Schekh, steht. Ein solcher hat nicht mehr zu sagen, als jeder beliebige Bedja- Schekh. Die nördlichen Afer gehorchen in gewissem Grade dem den Aegyptern tributpflichtigen Naib von Arkiko, die südlichen dagegen dem jetzt ebenfalls zum ägyptischen Vasallen gemachten Sultan von Tadjura oder Tedjuri. Die Somal erkennen zum Theil die Würde verschiedener Sultane, Djerad, an, die aber nur wenig Macht besitzen. Der Djerid der Somal-Medjerten (S. 23) bezieht ein Zwanzigstel der Ernte und der Kamele, ein Zehntel der Ziegen, eine Kopfsteuer und «inen Ausfuhrzoll. Die Zanzibar gegenüberwohnenden Stämme huldigen der Autorität des Sultans dieses Staats — soweit die Musketen seiner arabischen, schwarzen oder Beludschen-Garden reichen. Die Somal haben eine Art Kasteneintheilung; die eigentlichen Somal leiten sich väterlicherseits von rein arabischen Aeltern ab. Die Sabb dagegen werden von einem arabischen
Iläiisliclu' Kiinirhtungen u. s. w. lU-r Afrikaner. '2iy\
\..iv» I...V» ,.i.vi ocliwarzen Mutter hergeleitet. Die Tunne sind angeblich Nachkommen eines abyssinischen Sklaven. Die Kuddam sind Nachkommen freigelassener uijrritischer Sklaven. Unter den Wersingelli bilden die Midgan oder Eisenarbeiter, die Tomal oder Hirten und Diener, sowie die Jibbir oder herumziehenden Gaukler und Doctoren niedere Kasten. Die Eisenarbeiter stehen in vielen nigritischen Ländern in einem untergeordneten Verhältniss (S. 159). Die Toraal erinnern an die Im- rad der Tuarik (S. 28) n. s. w. , die Jibbir an die Gadjaren oder sogenannten Zigeuner des Magreb, welche als Zauberer, Wahrsager, Erzähler, Sänger, Tänzer, Schlangenbeschwörer und Aöenbändiger umherbummeln. Es sind dies ja die Psyllen der Alten.
Die Ilandelsinteressen haben in Westafrika Anlass zur Entstehung einiger Städte gegeben, in denen eine fast republikanische Verfassung gehandhabt wird. Der aus der Mitte der Bewohner gewählte, hier und da erbliche Häuptling hat eine nur beschränkte Macht. Wo wir in derartigen Gemeinwesen von einer grau- samen Handhabung der Gesetze hören, da ist nicht despotische Willkür der Oberherren, sondern der herr- kömmliche Landesgebrauch das leitende Prinzip. Der Häuptling ist dort nur Executivbeamter des öffentlichen Rechts. Eine derartige Stadt, Hori. reich und bevöl- kert, ist zwar den Fulbe in die Hände gefallen, erfreut sich jedoch trotzdem mancher Freiheiten. Das gross- artigen Aufschwung nehmende H)adan übt schon einen gewissen civilisatorischen Einfluss auf die Nachbar- länder (Yoruba's) aus. Andere blühende Ortschaften der Art sind Bonny, Brass und Ibara. Eine neuerdings vielfach genannte, freie Stadt verdient unser besonderes Interesse; es ist dies Abbeokuta, ebenfalls in dem ge- werbereichen Yoruba, 15 Meilen von der Küste ent- fernt, am Ogunflusse und am Fusse des Porphyrbergs Olumo gelegen. Der Ort wurde um 1825 von geflüch- teten Sklaven gegründet. Zu diesen strömten freie Leute, namentlich dem Egba- oder Wegba- Stamme an-
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gehörend. Man liess sich anfänglich in gesonderten Dörfern am Olumo nieder, vereinigte diese aber ge- machsam zu einem gemeinschaftlichen Stadtwesen, rich- tete daselbst eine Regierung ein und gestattete christ- lichen (darunter deutschen) Missionaren sowie auch europäischen Reisenden Zutritt. Man umgab die Stadt mit Wällen. Der durch Handel und Industrie mächtig aufblühende Ort wurde in verschiedene Kriege mit neidischen Nachbarn verwickelt; die schwerste Fehde hatte Abbeokuta gegen den König von Dahome zu be- stehen. Dieser wilde Despot liess die Stadt am 3. März 1851 von einer 16,000 Mann starken Armee, darunter viele der tapfersten Weibertruppen, angreifen. Indessen wurde der Sturm von den durch die Missionare ange- feuerten Bewohnern Abbeokuta's nach vielstündigem^ heissen Kampfe siegreich zurückgeschlagen. Seitdem erfreut sich die Stadt eines steten zunehmenden Auf- schwungs.
Unter den erwähnten pygmäenartigen Völkern sind die Doko und Abongo ohne Regierung und ohne eigent- liches gesellschaftliches Leben; dagegen scheinen die Akka ihre Häuptlinge zu haben. Adimoku, ein von Munsa in Gefangenschaft gehaltener Akka, berichtete Schweinfurth, dass seine freien Landsleute unter neun Oberhäuptern ständen; es wurden sogar die Namen von vieren derselben genannt. Die Buschmänner thun sich zwar hier und da zu grössern Haufen zusammen, folgen auch wol dem Rathe eines ihrer altern erfahre- nem Stammesgenossen, indessen fehlt ihnen doch die eigentliche staatliche Organisation.
Dagegen haben die Hottentotten, ein altes Hirten- volk, ihre Häuptlinge; diesen kommt eine nur be- schränkte Macht zu. Sie sind nämlich durch die aus den Familienältesten bestehenden Rathsversammlungen gebunden, in denen sich die Meinung des Einzelnen in zuweilen recht energischer Weise kundthun soll. Uebrigens hängt, wie überall, der Grad des Einflusses, welchen das Oberhaupt gewinnen kann, von seiner Per-
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sönlichkLiL ... . Sehen wir die letztere doch auch in unsern Republiken und in unsern constituionellen Mon- archien, seien diese selbst noch so liberal regiert, sich geltend machen. Auch die um die Einmündung des Vaal in den Oranjestrom etwa unter 2l>*^ südl. Br. wohn- haften Griqua oder Bastardhottentotten haben ihre Häuptlinge, unter denen sich Adam Kok und Andries \N'aterboer als umsichtige und tapfere Männer in der Geschichte Afrikas einen Namen gemacht haben.
In vielen afriknnischen Ländern ist die Rathsversamm- lung, deren wir schon öfter Erwähnung gethan und deren Stellung zur Willkürherrschaft der Könige und Häupt- linge wir, wie wir hoft'en, bereits genugsam gekenn- zeichnet haben, eine zu charakteristische Erscheinung des öftentlichen Lebens, sodass wir noch einen Augen- blick dabei verweilen möchten. In Westafrika heisst jede solche Versammlung Palaver (vom portugiesischen Palavra, Wort, Sprache). Hier entwickelt der Nigritier eine bedeutende Umständlichkeit im mündlichen Ver- kehr, aber auch zugleich eine grosse Redefertigkeit. Palaver — im Fiod Mkanu, im Portugiesischen Funda- mento — sind, so sagt Güssfeldt, der hervorragendste Zug des öfifentlichen Lebens der Loangoküste. Diese ersetzen durch das Wort, was bei wildern Stämmen das Schwert entscheidet, und suchen sich ein bestritte- nes Recht vor den versammelten Grossen der Land- schaft in tagelangen Redeschlachten zu erkämpfen. Bastian möchte den Palaver mit dem altgermanisclien Thing vergleichen, dessen Einrichtung aus denselben Verhältnissen emporgewachsen sei. Dieser Reisende bemerkt sehr richtig, dass, solange ein Volk noch nicht durch schriftliche Gesetze in feste Formen gepresst sei, jede Angelegenheit, ob gross oder klein, durch das lebendige Wort der Versammlung verhandelt werden müsse. In Afrika kann freilich nur da eine freiere Meinungsäusserung stattfinden, wo der Oberherr weniger absolute Gewalt hat und wo er den Berathenden nicht von vornherein den Stempel seiner entscheidenden und
254 Drittes Buch.
nicht zu erörternden Willensäusserung aufzudrücken vermag. So muss in Ostafrika der Makabantu (S. 181) in der Fema oder in dem Tschauri, welche Begriffe dem im Westen gebräuchlichen Palaver entsprechen , bei einer weniger straffen Regierungsweise schon eher dem Volkswillen nachgeben, als dies durchschnittlich an den grossen ganz despotisch geordneten Nigritierhöfen der Fall sein kann.
11. Rechtsverhältnisse.
Manches auf die Rechtsverhältnisse der afrika- nischen Stämme Bezügliche ist bereits gelegentlich in den vorhergehenden Abschnitten behandelt worden. Es soll sich hier um eine übersichtlichere Darstellung mancher dieser in das menschliche Leben so tief ein- schneidenden Zustände handeln.
In den islamitischen Ländern Afrikas bildet zunächst der Koran die oberste gesetzliche Richtschnur. Dazu kommen die schon oben berührten Erläuterungen und Ergänzungen. Hier üben die Mufti's oder Rechts- ge lehrten, die Ausleger der Gesetze und die Kadi's oder Richter ihre Wirksamkeit aus. Neuer- dings sind in Aegypten, Tripolitanien und Tunesien manche dem modernen Zeitgeiste Rechnung tragende Bestimmungen eingeführt worden, welche speciell die Rechtspflege berühren und gewissermaassen als alier- neueste Ergänzungen des Koran betrachtet werden dürfen. Diese Ergänzungen laufen freilich dem inner- lichen Wesen des Islam zum Theil schon deshalb stracks entgegen, weil sie Neuerungen gegenüber den verstei- nerten Satzungen einer vielfach obsolet gewordenen angeblichen Offenbarungsschrift Geltung verschaffen sollen. Wurden doch durch diese Neuerungen alle die alten starren Beziehungen zwischen Moslimen und Nicht- moslimen wesentlich umgeändert, es wurde den letztern die Berechtigung ihrer öffentlichen und privaten Exi-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 2o5
stenz inmitten der Gläubigen gewährleistet. Viele alte strenge Vorschriften wurden theils gänzlich umgestossen, theils herabgesetzt oder doch wenigstens anderweitig niodi- ficirt. Man milderte z. B. im alten Gesetz vorgesehene Strafen und verschärfte andere daselbst nach altem Ritus mild geahndete. In Aegypten schuf man sogar eine neue Civil- und Militärstrafgesetzgebung, man er- richtete ein Appellations- und ein Cassationsgericht. Dem Staat wurde hier ein mehr directer Eiugriii' in die Rechtspflege zugewiesen als früher, zur Zeit wo Mufti's und Kadi's durchaus die Hauptsache vollführten und wo der ganze Schwärm der nach altem Brauch ge- bildeten Ulenia oder Wissenden den alleinigen Chor in der Rechtssprechungskomödie darstellte. Jetzt figu- riren in den Gerichtshöfen zum Theil braune Herren in Lackstiefeln, nachdem sie in Europa ihre Rechts- studien betrieben haben. Schon seit Mohammed- Ali hatte sich übrigens in den Provinzen Sudans der Brauch eingenistet, dass der Gouverneur oder der Grossschekh die gerichtlichen Sentenzen mehr im Sinne der poli- tischen Convenienz, als der juridischen üeberzeugung fällte, dabei aber die Aussprüche der ^Mufti's und Kadi's in nur beschränktem Maasse zu berücksichtigen pflegte. Es kam hier vor, dass mancher Provinzialstatthalter einen Ausspruch der letzterwähnten Behörden in der Idee, damit dem Divan, der Regierung des Vicekönigs zu nutzen, recht und schlecht nach eigenem Dafür- halten, aus eigener Machtvollkommenheit, umstiess und seinen eigenen Urtheilsspruch zur Geltung brachte. Auf sein krummes Schwert gestützt, von seinen Bewaff- neten umgeben, spottete dann wol der Lokaltyrann, ein echter biderber Vertreter osmanischen Säbelregiments, der Gesetzesausleger und der Richter. Es geschah dies z. B. gar nicht selten, wenn es galt, die Handlungen unruhiger, ehrgeiziger und willkürlich gesinnter, aber dem Divan des Vicekönigs genehmer Vasallenhäupt- linge zu beschönigen oder umgekehrt diejenigen mis- liebiger, auch gefürchteter Anführer zu bestrafen.
256 Drittes Buch.
In denjenigen islamitischen Staaten Afrikas, in wel- chen der Geist moderner Anschauung bisher noch kei- nen Eingang gefunden, dauert die altpatriarchalische Rechtssprechung aus dem Koran und seinen Erläute- rungen in ungeschwächter Weise fort. Wir wollen diesen Verhältnissen keinesfalls das Wort reden, auch nicht in den Fehler der Reisenden verfallen, welche die unbedingte Einfalt und Einfachheit des dabei üblichen Verfahrens lobpreisen. Es geht nämlich auch hier zuweilen recht langwierig und langweilig her. Trotzdem finden wir die beregte Art des Rechtsver- fahrens, bei der ja hier und da selbst einmal Gutes vollbracht werden kann, schon deshalb dem Kigritier gegenüber für passend, weil sie sich den einfachen, socialen Verhältnissen des letztern am leichtesten acom- modirt. Gerade darin liegt zum Theil die nähere Zu- kunft des Islam für Afrika. Man spricht jetzt so häufig und so leichtfertig vom Verfall der Religion Moham- med's; in der innerlichen Verfassung des Islam fehlt es ja zur Zeit allerdings nicht an Gärungen, zu welchen die Berührungen mit der abendländischen Bildung das Ferment liefern. Indessen halten sich dergleichen Gä- rungen doch nur mehr unter den „Wissenden" und dringen vorerst nur noch wenig in die ungebildeten Volksschichten der mohammedanischen Welt hinein. Obgleich letzterer in unsern Tagen der geistige Glanz früherer Jahrhunderte fehlt, so bildet der Islam trotzdem noch immer einen sehr, sehr festen religiös- nationalen Kitt für die Völker von Rumelien bis nach der Wüste Gobi, von Utica's Ruinen bis gegen die äquatorialen Seen Afrikas hin. Sind nun heuer Lücken in das Staatswesen des islamitischen Innerasien ge- brochen worden, so sind daran mehr die Geschütze und die Lanzen des Generaladjutanten Kaufmann I. und seiner Kosacken oder die Henry -Martini's, die Bajonnete und Gatlings der scindischen oder der Gorka- regimenter Ihrer Majestät der Kaiserin von Indien, als die von H. Stephan und von andern geträumte tiefe
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Zersetzung des Islam schuhi. In Afrika aber wehen zur Zeit die Fälinlein des Propheten und seiner an- geblichen Naclifolger noch unentweiht im azurnen hei- tern Aether subtropischer wie tropischer Gefilde. Man spricht wol vom grossen heutigen Nothstande des Is- lam unter dem materiellen und geistigen Verfall seiner alten Geburtsländer in Arabien, Mesopotamien u. s. w., allein dergleichen Noth^<tände weisen auch andere Reli- gionen auf. Leidet doch das Christenthum jetzt recht erheblich unter dem Drucke pfäffischer Orthodoxie und fiocialpolitischer Tollheit. Sind nicht das Judenthum «nd der Buddhismus ihrerseits ebenfalls in schwerem Nothstande? Trotz alledem fahren diese Religionen fort, unter den Völkern der Erde ihre dominirende Stellung zu behaupten.
Ilanoteau und Letourneux, diese ausgezeichneten Kenner der Berbern, versichern, dass in jedem kaby- lischen Dorfe ein Kanun (Regel, Gesetz) existire, d. h. ein Tarif fär die Sportein, die Abgaben derjenigen, welche sich gegen die Ada, das Strafrecht, oder gegen den Arf, das Civilrecht, vergangen haben. Der Kanun enthält ausserdem Vorschriften des Civilrechts, die nicht durch Verhängung von Sportein sanctionirt worden und die meist nur eine locale Abänderung des allgemein gül- tigen Gesetzes enthalten. Alle Kabylen unterliegen dem- selben bürgerlichen Recht. Ein Fremder kann in einem Dorfe mit Zustimmung der Tadjemait oder Djemaa (Bürger- versammlung) das Niederlassungs- und zugleich das Bür- gerrecht gegen Zahlung eines Einzugsgeldes erlangen; auch kann derselbe ohne grosse Mühe Mitglied der Djemaa werden. Die BVauen geniessen hier nur ge- ringe Rechte; in manchen Gemeinden können sie nicht vor Gericht zeugen. Üebrigens tritt das männliche Individuum mit der vollendeten Pubertät in den Genuss des gemeinen Rechts ein. Die Sklaverei wurde hier von jeher mild gehandhabt, wiewol der Sklave, als Eigenthum des Herrn, unter dessen absoluter Macht stand. Ein Neger blieb trotz seiner Bekehrung zum
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258 Drittes Buch.
Islam Sklave; der weisse Renegat dagegen wurde frei.
Bei den Tuarik hat man nach Duveyrier das ge- schriebene Recht (nach dem Tractat des grossen Rechts- lehrers Sidi Chalil) gegenüber dem altberberischen Ge- wohnheitsrecht (Ada — s, oben). Die Leute dieser Nation entbehren der Richter und rufen, freilich nur selten und in schweren Fällen, die Sentenzen der Ka- dis von Rat, Radamis und Insala an. Wo es an- geht, treten die Marabouts dazwischen. Die Stammes- und die Familienhäupter üben in Ermangelung eines Kadi das Richteramt aus. Die innere Polizei ruht in den Händen der Stammeshäuptlinge; dieselben ver- hängen Geldstrafen, die Bastonnade und die Ankettung. Gefängniss und Todesstrafe werden niemals decretirt, Todtschlag und Mord verfallen der Blutrache.
Letztere ist in Afrika allgemein verbreitet. In den Ländern des Islam folgt sie blindlings dem Koran, welcher da sagt: „Wir haben ihnen vorgeschrieben, dass man geben solle Leben für Leben, und Auge um Auge, Nase um Nase, Ohr um Ohr, Zahn um Zahn und Wunde mit Wiedervergeltung zu bestrafen. Sollte aber einer dasselbe als Almosen zurückgeben, so mag es zu seiner Versöhnung angenommen werden." Die Zahlung des Blutgeldes ist überall gestattet; dasselbe wird auch für vorsätzliche Verstümmelungen gefordert. Handelt es sich um ein nur einmal vorhandenes Glied, wie die Nase, so ist das Blutgeld sehr hoch, wie für einen Mord. Letzteres gilt auch für Zerstörung einer der Sinnestliätigkeiten, für lebensgefährliche Verwundung, für dauernde Verunstaltung des Körpers. Ist ein Glied doppelt vorhanden, wie z. B. die Extremitäten, so wird für Verletzung des einen derselben nur das halbe Blut- geld gezahlt. Ist die Verstümmelung an einem zehn- fach vorhandenen Tlieil, wie Finger oder Zehen ausge- übt worden, so darf nur der zehnte Theil des ganzen Blutgeldes beansprucht werden. Verstümmelung einer Frau kostet nur halb soviel wie die entsprechende
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ciiu's Mannes. Vergreift sicii em Freier an einem Sklaven, so zahlt er für dessen Verwundung dem Herrn nur dos, was je nacli dem individuellen Kaufwerthe des letztern vereinbart wird. Kommt es nicht zur Zahlung des Blutgeldes, wird letzteres in der Erregung der Leidenschaft zurückgewiesen oder wird dasselbe aus Hass oder aus Stolz verschmäht, so wird die Wieder- vergeltung gelegentlich in dramatischer Weise ins Werk gesetzt. Die Blutfehde kann dadurch auf Geschlechter fortgepilanzt werden, kann ganze Stämme in Mit- leidenschaft ziehen und blutige Opfer veranlassen. Da gibt es oft recht trübe und böse Blutaffairen, deren Schilderung düstere Streiflichter auf die meist noch ungezähmte Wildheit der Bewohner des dunkeln Con- tinents wirft. Bei den Tuarik wird der Mörder, dem die Zahlung des Blutgeldes verweigert worden, in Gegen- wart von Zeugen, seiner eigenen Verwandten und derer seines Opfers, auf höchst grausame Weise gericlitet.
In Abyssinien ruht die Rechtspflege in den Händen der Machthaber und ihrer Unterbeamten. Die Fürsten hören, Sonnabend und Sonntag ausgenommen, sonst täglich in eigener Person die Klagen ihrer Unterthanen an und fallen nach eigenem Ermessen, kaum den Katli irgendeines gerade anwesenden Hofmannes fordernd oder annehmend, ihr Ürtheil. Die meist sehr strengen und grausamen Strafen folgen dem letztern gewöhnlich auf dem Fusse. Man vollzieht hier Gefängnissstrafe, Frongefangenschaft, Prügel, Verstümmelungen und die sich in raffinirten Quälereien erschöpfenden Hinrich- tungen. Beliebt ist unter anderm die Verurtheilung zum langsamen Hungertode. Beleidigung der Djanhai oder Majestät des Fürsten, wozu unter anderm das Beisseu des Daumens in Gegenwart der Djanhai ge- hört, wird mit Todtprügeln u. dgl. geahndet. Auch die Kirche, der eine grosse Macht im Staate zukommt, ver- hängt ihre Strafen; der Kirchenbann z. B. lastet sehr schwer auf denjenigen, welche sich nicht durch ein manchmal recht hochbemessenes Reugeld loskaufen können.
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260 Drittes Buch.
Bei kleinern Rechtshändeln ruft man das Schiedsamt eines Dritten an. Man wendet sich hierzu mit Vor- liebe an hochgestellte Personen, selbst an den Landes- fürsten, welcher letztere selten einmal das Mittleramt ausschlägt. Für Verbrecher sind übrigens Klöster und Kirchen unbedingte, stets offene Freistätten. Auch hat mancher von der Ungunst und Willkür mächtiger Feinde Verfolgte unter den lauschigen, beschattenden Det- oder Wachholderbäumen einen unantastbaren Zufluchts- ort gefunden.
In Nordabyssinien, unter den fast republikanischen Agaugemeinden der Mensa, Bogos u. s. w. herrscht das Verhältniss zwischen den Adeligen oder Schumaglie und den durch Geburt oder Vertrag Botmässigen, den Tigrie, Gulfare. Hier wird eine Art Naturrecht befolgt, welches nicht geschrieben ist, aber trotzdem als Fatcha, wenn auch nur als traditionelles Gesetz, gilt. Dies wurzelt zunächst in der Familie. Das Richteramt ruht vorerst in der Hand des Familienältesten, dann, wenn hier keine Einigung erzielt wird, im Volksrath oder Mohabber (des Ortes). Zur Noth ruft man den Schieds- spruch des ganzen Tribus, sogar eines fremden Häupt- lings oder Fürsten an. Die Blutrache herrscht auch hier allgemein.
In vielen Gegenden des äquatorialen Afrika und in Guinea, auch bei den A-Bantu, wird die Rechtspflege vom Despotismus der Könige und Häuptlinge, vom Un- fuge der Gangas (S. 219) und vom Glauben an die Unfehlbarkeit der Gottesgerichte sehr stark beeinflusst. Hier bildet die entsetzliche Willkür schamloser Schwin- delzauberer, deren Machinationen (wie wir bereits in frühern Abschnitten kennen gelernt haben) jedermann ausgesetzt erscheint, eine der trübsten Seiten im öft'ent- lichen Leben des Nigritiers. Lange , lange wird es dauern, ehe geordnete Rechtsverhältnisse dies scheuss- liche Gewebe von Lug, Trug, Gemeinheit^ Grausamkeit und finsterm Aberglauben zerstört und ersetzt haben werden. Wir wissen recht gut von uns selbst, wie
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vieljfihrigos Kämpfen und Ringen v> uüd gekostet hat, den Uebergang aus den Banden der Ketzer- und Hexen- gerichte, denen doch der Flitterkram eines gewissen Gelehrtenthums angehangen, zur freien, logischen Uechts- anschauung unserer Tage zu finden. Wie können wir uns da wundern, dass der westliche Nigritier, der bis vor kurzem höchstens mit der verbrecherischen Rotte der Sklavenhändler und mit meist ungebildeten Ilulk- inhabern (S. 167) verkehrt, dem sich erst neuerdings der Umgang mit ehrenhaften und tüchtigen Kauf leuten sowie mit einzelnen unterrichteten Reisenden eröffnet hat, im grossen und ganzen noch in der Barbarei ihrer unentwickelten Begriffe von Staats- und Rechtsleben befangen sind. Die geistige Befreiung, die uns haupt- sächlich durch die Wiederauferstehung altclassischer Cultur, durch stetige Weiterentwickelung unsers alt- germanischen Gemeinwesens, unsers Rechtsbewusstseins und unserer Rechtsbegriffe, zum Theil allerdings auf dem Boden römischer juridischer Institutionen erwachsen ist, konnte die erwärmenden und erweckenden Strahlen ihres Lichts bislang in keiner auch nur ähnlichen W'eise über die Kinder Nigritiens leuchten lassen.
In Aschanti herrscht übrigens neben so manchen andern, eine vorgeschrittene llalbcultur beweisenden Einrichtungen ein gewisser Civilrechts-Codex; derselbe ist so interessant und charakteristisch, dass wir es uns nicht versagen mögen, hier (nach Bowdich) einige der Haupttheile desselben vorzuführen.
Königssöhne und sonstige Mitglieder der königlichen Familie werden nicht auf blutigem Wege gerichtet^ sondern für Kapitalverbrechen durch einen besondern Cabocir im Flusse Dah ertränkt. — Erwiesene Feigheit wird mit dem Tode bestraft. — Jeder kann sich im Walde anbauen, ohne dem König, als Grundherrn alles Bodens, Steuern zu entrichten; wohl aber muss er dem Besitzer der nächstbesten Krum oder Pflanzung, durch welche etwa sein W^eg führt, eine Steuer entrichten. — Den Kaufleuten ist der Handel mit einer feindlichen
262 Drittes Buch.
Macht untersagt. Im Inlande können sie auf jedem beliebigen Markte kaufen oder verkaufen. Gold, wel- ches auf dem Markte hinfällt, darf, bei Vermeidung der Todesstrafe , nur auf besondern Befehl der Regie- rung emporgelesen werden. — Auf Diebstahl am Be- sitzthum des Königs und auf Liebeshändeln mit könig- lichen Sklavinnen steht die Entmannung. Wird Ehe- bruch mit der Frau eines hiernach bestraften Mannes getrieben, so wird der Verbrecher getödtet. — Die Geldzinsen betragen für 40 Tage 33 Vg Procent; ist die Verfallzeit nicht eingehalten worden, so darf der Gläubiger den Schuldner oder ein Glied seiner Familie so lange als Sklaven behalten, bis die ganze Summe be- zahlt worden ist. — Wird jemand des Verraths ange- klagt, aber freigesprochen, so gilt das Leben des Klä- gers für verwirkt. Damit will man den Anklagen wehren, die rein aus Neid oder Bosheit angestiftet werden könnten. Der Verklagte erfährt erst dann den Namen des Klägers oder wird diesem erst dann gegen- übergestellt, wenn der Verklagte die Fragen beant- wortet hat, die des Königs Dolmetscher (hier eine Art von Staatsanwälten) ihm vorlegen. — Streitsachen bleiben oft Jahre lang ruhen, um den nachgesuchten Schaden- ersatz in die Höhe treiben zu können. Auch Hoch- verrathsprocesse werden oft durch Jahre lang ver- schleppt, um den Verklagten glauben zu machen, die llauptzeugen seien verstorben. — Tödtung eines Sklaven ist straflos; Weiber- oder Kindermord dagegen ist straffällig. Tödtet jemand den Sklaven eines andern, so hat er letztern den vollen Werth jenes zu ersetzen. Tödtet ein Grosser einen Mann seines Standes, so darf er sich meist selbst umbringen. Für den Tod eines Niedrigen wird von dessen Familie gewöhnlich eine Geld- summe in Höhe des Preises von sieben Sklaven ent- richtet. Die Zerbrechung eines Agriessteines (S. 214) kostet den Preis von ebenfalls sieben Sklaven. — Für kleinere Diebstähle wird der Delinquent an verschie- denen Oertlichkeiten öftentlich ausgestellt. Bei bedeu-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 203
tenden Diebstählen muss die Familie des Delinquenten für das Gestohlene aufkommen; sie kann den Dieb in hochgradigen Fällen oder bei Unverbesserlichkeit tödten. — Wird ein Mann beim geschlechtlichen Verkehr mit «iner Frau ausser dem Hause, im Walde von andern •entdeckt , so werden erstere die Sklaven der letztern, können aber durch ihre Familien losgekauft werden. [Niemand darf die Schönheit der Frau eines andern Mannes rühmen. — Wenn eine Frau processirt, so hat ihre Familie, nicht ihr Mann, dafür aufzukommen. — Der Zauberei Verdächtige werden zu Tode gemartert. — Ein Sklave darf sich infolge schlechter Behandlung jedem beliebigen freien Manne als Eigenthum über- geben.
Die Kimbunda sind (nach Magyar), wie so manche andere Nigritierstämme, sehr zum Processiren geneigt. Sie theilen diese Neigung auch mit vielen unserer Ungebildeten, denen mangelndes Rechtsbewusstsein und krakeelsüchtiger Hang, genährt durch die aufdringliche, übrigens aber im Finstern schleichende Thätigkeit der Winkeladvocatur, so leicht zum Stachel für ihre oft- mals schwer geahndeten Gerichtsspectakel wird. Bei den Kimbunda ,, zehren die zahlreichen Olombango (oder R« * ilte) und die gleisnerischen Kimbanda (oder
B.i 11 1 wie hungerige Wölfe am Fleische des un-
sinnigen, streitsüchtigen Volks'*. Man behandelt hier Diebstahl, Verbal- und Personalinjurien, Ehebruch, ge- heimen Umgang mit Geistern und Zauberei. Das Ver- fahren ist nach Magyar's Darstellung recht umständlich, erfolgt aber doch (durchaus im Gegensatz zu den meisten andern afrikanischen Stämmen und Gegenden) nach gewissen, zum Theil auch bei uns gebräuchlichen juri- dischen Principien. Die dabei aufzuwendenden Sportein, theils durch den Brauch festgestellte freiwillige, theils gezwungene, sind beträchtlich und von mannichfaltiger <5uantität.
Sehr merkwürdig sind in manchen Theilen Inner- und Westafrikas gewisse Geheimbünde, häufig Ein-
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richtungen der Volksjustiz, des Lynchens, wie es Squatter- Regulatoren wol kaum logischer betreiben konnten. Der Leser mag uns zur kurzen Betrachtung einiger dieser Institutionen folgen. So entstand im 16. Jahr- hundert unter den Kimbundavölkern ein Geheimbund,, welcher der von blutdürstigen Priestern und ihren bar- barischen Quixilles (Gesetzen) genährten, von den er- obernden Djagga (S. 60) inaugurirten Sittenverwilde- rung, namentlich der Menschenfresserei des Volks, Ein- halt thun sollte. Dieser Geheimbund hiess derjenige der Empacasseiros; er legte seinen Mitgliedern un- verbrüchliches Schweigen auf. Jedes Mitglied suchte sich durch Tödtung eines Büffels (Empacasso oder Pa- casso — Bos caffer und Bos hracliyceros) äusserlicb hervorzuthun. Die Mitglieder des Ordens wurden aus den tapfersten Kriegern ausgewählt; sie wurden nur nach und nach in die Geheimnisse des Bundes einge- weiht und durften erst nach Ablegung dreier schwerer Proben aufgenommen werden. Dem Kannibalismus wurde entsagt und die wilden Jäger- und Hirtensitten wurden mit den mildern sesshafter Landbauer vertauscht. Der Empacasseirobund wuchs durch Zulauf mächtig an, ver- wickelte sich aber in heisse Kämpfe mit den Djagga und deren Anhängern. Die dem Bunde ergebenen Mit- glieder wanderten endlich unter Führung eines Soba nach Südwesten aus, gingen über den Coanza, unter- warfen sich eine Menge Völkerschaften und besetzten auch unter einem gewissen Bihe das jetzt so genannte Land. Der Empacasseirobund, welcher vordem also eine patriotische und civilisatorische Mission zu erfüllen gehabt, scheint auch jetzt noch in Angola, Benguella und in manchen Gegenden des Innern fortzubestehen — zu welchem Zweck ist mir freilich nicht bekannt. Nach Bastian gelten die Empacasseiros in Mekono als Sol- daten des Königs. Tams traf dergleichen Leute als irreguläre Truppen der Portugiesen zu Sao- Paulo de Loanda u. s. w. an.
MKuc Lijjrichtungen u. - Airikaner. 265
Lilien andern Bund bildet dor von llastian l)e8chrie- Itene der Sindungo; derselbe ist über verschiedene Ort- schaften in Angoy, ]Mataniba, Mekono (Tumbe) und Chinsasa verbreitet. Die Mitgliedschaft erbt vom Vater luf den Sohn fort. Ein Novize wird nur unter sehr umständlichen Ceremonien wirklich aufgenommen. Ober- liaupt des Bundes ist der Kuwukuta-Kanga-Asabi, ein r, der die Mitglieder in den Wald zur , einberuft und an sie die zur Yermummung liifMondeu bemalten Ilolzmasken und Blättergewänder austheilt. Ist letzteres geschehen, so wird das Ordens- haupt mit Schlägen in den Ort zurückgetrieben, als symbolisches Zeichen dafür, dass nunmehr das gemeine 'tesetz für eine Zeit lang aufgehoben sei, damit der r.und in sein geheimes Wirken eintrete. Bis zur Un- kenntlichkeit maskirt und verhüllt, laufen die Sindungo durch das Dorf, nehmen alles ihnen Passende fort und suchen nachts auf einem freien Platze unter Mitwir- kung eines Fetisches Regen zu machen. Die Bewohner pflegen bei solchen Gelegenheiten das Dorf zu ver- lassen; denn sollte einer von ihnen durch Husten oder rgendeinen andern Laut die nächtliche Stille stören, >o würde er von den das Haus stürmenden Sindungo zu Tode getreten werden. Wünscht jemand Schulden »•inzuziehen, so wendet er sich an den Kuwukuta-Kanga- Asabi, welcher seine vermummten Sindungo auf Exe- cution aussendet; diese nehmen, wenn die Schuld nicht bezahlt wird, Hausvieh, reife Bananen oder sonstiges ithum des lässigen Zahlers hinweg. Treffen die ango, in ihrer Verkleidung unbekannt geblieben, nach gethaner Arbeit zufällig mit Bekannten zusammen, -o wissen sie ihre Abwesenheit oder ihre bevorstehende Thätigkeit auf die harmloseste Art zu erklären.
Am Rio Nunez, zwischen Sierra Leone und Cap klonte haben die Susu den Geheimbund der Purra; die Mitglieder desselben vereinigen sich zu kleinern oder Kreis- und zu Haupt- Purras, die ihre Sitzungen im
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Dunkel der Wälder halten, ihre Befehle von einem Oberhaupt, Simo, empfangen, der den nicht in die Ordensgeheimnisse Eingeweihten unbekannt bleibt. Der Purra verhängt unter anderm Plünderungen, um seinen Gesetzen Achtung zu verschaffen.
In den Gebieten des obern Senegal, des Gambia und noch weiter nach Süden hin entfaltet der Mumbo- Djumbo seine Thätigkeit zur Bestrafung böser oder unzüchtiger Weiber. Der Mann selbst oder einer seiner Freunde kommen vermummt dahin, wo alle Weiber des Ortes versammelt werden, lässt die zur Bestrafung Auserkorene an einen Baum binden, bläut sie unter dem Gespött der übrigen Anwesenden weidlich durch und kehrt behufs Abwerfung seiner Vermummung in den Wald zurück.
Dergleichen Geheimbünde existiren in Inner- und in Westafrika noch eine Menge anderer, zum Theil erst sehr wenig bekannter. Im Gabungebiet gibt es sogar Frauenorden. Alle diese geheimen Gesellschaften finden ihre Entstehung inmitten unsicherer, barbarischer Zu- stände in dem Bedürfnisse, eine gewisse Möglichkeit zur Handhabung von Gesetz und Ordnung herbeizuführen. Die Thätigkeit solcher Geheimbünde streift oftmals an die germanisch-mittelalterlichen Einrichtungen der Feme, des Haberfeldtreibens, der gesteiften Hotzenwirthschaft und anderer zum Theil ungeordneter Coalitionen der Ritter- und Raubperiode oder ihrer Folgezeiten. Gewisse nigri- tische Geheimbünde haben freilich einen durchaus politi- schen Charakter, der ja wol manchmal, wie jener alte Empacasseiro-Orden der Kimbunda, humanistische und speciell patriotische, zuweilen aber auch egoistische, herrschsüchtige, selbst socialpolitische Zwecke verfolgen kann, wie sie z. B. im Klu-Klux-Klan verworfener Yankee- auswürflinge ihr getreues Abbild verrathen. Ja, ein- zelne der Geheimbünde, welche ihre Entstehung einer fanatisch-religiösen Zerknirschung verdanken, erinnern durch die von ihren Mitgliedern erstrebten Erfolge in geheim betriebener Vernichtung von Menschenleben an
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die schreckliche Wirksamkeit der indischen Thugs oder Plansigars, dieser frenetischen Verehrer der blutdürsti-
12, KrUp^ J(fg<Ji Fischfang u. s. n\
Das Heer- und Kriegswesen der Aegypter zeigte bereits einen beträchtlichen Grad von Organisation. Die Kriegerkaste bildete damals einen für sich abge- schlossenen Stand, welcher in die Hauptabtlieilungen der Hermotybier und Kalasyrier zerfiel. Alle Krieger waren erbliche Berufssoldaten. Jede der beiden er- wähnten Abtheilungen umfasste die aus einer Anzahl bestimmter Gaue oder Districte herstammenden Mann- schaften; die Krieger galten für durchaus edel und hatten ihre Vorrechte; jeder Einzelne erhielt ein etwa 11 — 12 Morgen grosses Ackerland zur ausschliesslichen Bebauung. Tausend Hermotybier und ebenso viele Kalasyrier setzten immer die Leibwache des Königs zu- sammen. Die Leibgarden erhielten ausser den Feldern noch täglich zur Beköstigung eine bestimmte Menge Brot, Rindfleisch und Wein. Die jungen Krieger wur- den von Exercirmeistern eingeübt; an der Spitze der Armee stand ein Feldherr; streitbare Könige zogen persönlich mit in den Krieg hinaus. Es gab Wagen- kämpfer und Fusssoldaten; letztere gingen, wie die alten Bildwerke und Malereien bezeugen, im Tritt und kämpften in wohlgeordneten Abtheilungen. Es fehlte dabei nicht an Feldmusik. Der Belagerungskrieg hatte so gut seine Taktik aufzuweisen wie der Feld- krieg; man bediente sich beim Angriff auf eine Festung der im Alterthume so beliebt gewesenen Testudo-Kan- girung, der Sturmleitern u. s. w. In der Schlacht wurden die Angriffsbewegungen streng in Reih und Glied und streng auf Commando ausgeführt. Selbst die Bogenschützen operirten in dieser Art und Weise. Im Lagerdienst verfuhr man durchaus nach den Er-
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fordernissen der Mannszucht. Eine Art Brand- und Lagerwache sorgte für die Sicherheit der Raststätten;, trafen an diesen Patrouillen aufeinander, so verstän- digten sich deren Führer mittels verabredeter Erken- nungszeichen. An Spitze eines derartig eingerichteten Heerwesens konnten thatkräftige Pharaonen wol die halbe damals bekannte Welt erobern. Jedenfalls war unter den altägyptischen Verhältnissen die Colonisirung- der Kriegsleute von gutem Erfolge für das Gemeinwohl; denn während des Einfalles der Hyksos, d. h. der syrisch -arabischen Hirtenvölker und auch während desjenigen der Aethiopen ( Nubier ) in Aegypten wurde der Kriegerkaste ihr Lehnsacker genommen; die Soldaten wurden damit andern für niedriger gehaltenen Beschäftigungsweisen in die Arme getrieben und wurde damit die Widerstandskraft des Landes allmählich unter- graben. Im Besitz der Vorrechte fühlte sich im Lande und im Zeitalter strengen Kastengeistes der Kriegs- mann stolz und patriotisch genug, sein Land, an dessen Cultivirung er persönlichen Antheil hatte, tapfer und energisch zu vertheidigen. Eine Colonisirung ihrer Truppen befolgten später die Aloaner- und die Funje- Sultane von Sennar. Etwas Aehnliches richteten die alten Djagga, die Waraasay, Kimbupda von Bihe, die Amatebele und Amazulu ein. Unter allen diesen Völ- kern handelte es sich um eine Colonisirung und syste- matische Erziehung der Kriegsvölker in Mannszucht und Waffenhandhabung. Stämme, deren Kriegsleute eine derartig in sich geschlossene, aristokratisch-krie- gerische Organisirung und Drillung die ihrige nannten, vermochten gegenüber den locker gefügten, schlecht ausgebildeten und zuchtlosen Haufen ihrer Gegner als erfolgreiche Eroberer aufzutreten. Wir haben übrigens bereits oben bemerkt, wie die Fechtweise der Amazulu in geschlossenen Gliedern und mit mächtigen zum festen Einlegen brauchbaren Stosslanzen diesem wilden Volke so oftmals zum Siege verholfen hat. Wenn sie jetzt den Engländern einen unvorbereitet kräftigen Wider-
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r Afrikaner. 200
stand entgOLjciisetzen, so liegt aas /um Tlieil wol nocli in ihrer i\\\oi\ Krieu^führung als mehr geordnete Masse, wobei ihnen zur Zeit das .wirksamere Feuergewehr (an Stelle oder neben der Lanze) ganz besonders zu statten kommt.
Von den Wamasay erzählte mir C. von der Decken, dass sie, mit grossen Schildern und Stosslanzen bewehrt, in L' ' ' 'nen Scharen vorrückten, dann in schnellem, woh. >ten Niederducken den Pfeilschüssen, den
meist ungeschickt gezielten Gewehrsalven und Speer- würfen ihrer Gegner zu entgehen suchten und endlich, oahe genug avancirt, in gewaltigem Choc und mit wil- dem Geschrei den Feind zu werfen suchten. Es er- innert dies durchaus an die Kampfweise der Amazulu. Auch sollen gewisse südliche Galastiimme in ähnlicher "Weise kämpfen; nur führen letztere keine grossen Schilde mit sich.
In ungeordneten Haufen gehen dagegen viele Gala, die Somal, Abyssinier, Bedja, die Berta, die Nigritier des weissen Nilgebietes, diejenigen der weiten Gebiete des Innern und des Westens von Afrika ins Gefecht. Es fehlt diesen Leuten durchaus nicht an persönlichem Mutb; sie unternehmen ihre Angriffe mit Feuer, Leiden- schaft, mit Verwegenheit und Todesverachtung. Dabei handhaben sie die Lanze, das Schwert, den Trumbasch (S. 121), das Messer, das Streitbeil und die Keule mit unleugbarer Meisterschaft. Der Nigritier vermag bei seiner kräftigen, zum Theil sogar mächtigen Körper- beschaffenheit mit seinen Stoss-, Hieb- und Schlagwaffen schwere Verletzungen auszutheilen; allein er handelt selten nach durchdachtem Plan, selten mit System. Seine Angriffscolonnen sind (ohne die erwähnten Aus- nahmen) vielfach zu ungleich gesäet; hier zeigen sich dichte Schwärme, dort lichte Haufen; alles marschirt, läuft und springt alsdann wild durcheinander. Die Pauke, Trommel, Schalmei und das Hörn (S. 196) machen dabei einen fürchterlichen Lärm, welcher womöglich noch übertönt wird durch das Gebrüll, Geheul und
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Gejohl der Kämpfenden. Bei den Ostafrikanern, na- mentlich den Bedja und Abyssiniern, ist der Anprall, auch der Reiter zu Droraedai" und Ross ein meist hef- tiger. Es gehört für den Gegner ein nicht unbeträcht- licher Grad von Kaltblütigkeit und Unerschrockenheit dazu, einen solchen Choc auszuhalten; wird aber der letztere zurückgewiesen, so reisst leicht Muthlosigkeit in den Reihen des Feindes ein. Die Nigritier laufen in ihren gegenseitigen Kriegen meist wild aufeinander los, sie stossen, schlagen und balgen sich alsdann nach Art von BuUenbeissern miteinander herum. Gewöhnlich dauert es nicht sehr lange und die eine oder andere Partei, welche eine beträchtlichere Anzahl Leute ver- loren hat, läuft davon. Seltener kommt es zu wirklich grossen, lange dauernden und blutigen Schlachten, die dann aber auch mit schrecklicher Verbissenheit ausge- kämpft werden. Abyssinier, Somal und Gala haben die abscheuliche Sitte, ihre todten oder verwundeten Feinde zu entmannen und eine ähnliche Procedur auch an den Überfallenen Weibern, ja selbst an kleinen Kin- dern auszuüben. Die scheussliche Trophäe wird im Triumph nach Hause gebracht. Ebenso geschah es, wie die Bildwerke und Inschriften beweisen, schon bei den alten Aegyptern, unter welchen aber auch abgehauene Hände und Ohren als Siegesbeute mit Sorgfalt verzeichnet wurden. Manche Gala-Stämme streifen die abgeschnit- tene Vorhaut des erlegten Feindes über ihr linkes Handgelenk, lassen sie hier auftrocknen, schneiden aber die übrigen Theile der Trophäe in Stücke und graben letztere unter gellenden Verwünschungen in den Bo- den ein.
Die Afrikaner schiessen mit dem Feuergewehr meistens nicht gut. Einige Abtheilungen der Berabra, Faruch (S. 168), Zulu und Aschanti mögen hierin grösseres Geschick erzielt haben.; im Durchschnitt lässt sich das aber doch nicht behaupten. Besser wissen alle die Leute mit den S. 269 erwähnten Handwaffen um- zugehen.
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Die ungeordneten Haufen der Berbern, Bedja, Abys- sinier und vieler Nigritier haben mit seltenen Aus- nahmen wohldisciplinirten europiiisclien oder selbst landsnmnnischen, aber nach unserni Muster gedrillten r fnüber den kürzern gezogen. Einem mit
iv t und mit Priicision durchgeführten Feuer-
gelecht, sowie einem mörderischen Geschützangriff wird auch der unerschrockenste Anprall der undisciplinirten afrikanischen Haufen unterliegen. Beispiele sind die siegreichen Gefechte der Aegypter bei Bara und Mana- watschi gegen die Furer, bei Belenian und Masindi gegen Bari und AVanyoro, der Engländer bei Arogi gegen die Abyssinier und am Prah gegen die Aschanti, ferner die zahllosen einzelnen Aflairen während der Katlernkriege. Dagegen beweisen die Niederlagen der Engländer unter Sir Charles Maccarthy bei Adaraprah durch die Aschanti, bei Sandschlwan (fälschlich Isan- ilula) durch die Zulu, diejenigen der Aegypter bei '• let und Gura gegen die Abyssinier, dass auch um- L-hrt einmal die disciplinirte Truppe trotz besserer Bewaffnung dem ungeordneten, an Zahl überlegenen und fanatisirten Haufen wilder oder halbwilder Feinde gegenüber den kürzern ziehen könne.
In die Uniform gesteckt, sorgfältig einexercirt, gut Ijewaffnet und geführt, geben der ägyptische Fellach, ler algierische Berber und der Nigritier einen gehor- samen, genügsamen und tapfern Soldaten ab, der sich luch recht wohl zum Angriffskriege verwenden lässt. Selbst im Auslande hat sich dies bew^ährt. Die Turcos haben sich im Deutsch-Französischen Kriege, die Fellach- soldaten in Syrien und Kleinasien (1829 — 41), sowie im ersten Donaufeldzug (1854— 55), die Negersoldaten der Holländer haben sich in Ostindien, die Sudan- bataillone Ludwig Napoleon's haben sich in Mexico als treue und muthige Krieger geführt. Uebrigens ver- langen, dem ürtheile aller competenten Beobachter zu- folge die nigritischen regelmässigen Truppen eine sehr taktvolle Behandlung. Man muss sie zwar freundlich
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und zutraulich, aber trotzdem sehr strenge verwalten. Die Führer dieser Leute müssen Männer von Eisen sein und dürfen das Pulver nicht scheuen. Auch soll man sie nicht ungerecht und gehässig tractiren, denn diese heissblütigen Söhne Aethiopiens sind leicht zur Aufsässigkeit geneigt. J. Pallme, ein alter Kenner und sehr gewiegter Beurtheiler nordostafrikanischer Zustände, bemerkt mit Recht, „dass der in der Freiheit erwach- sene Neger seinem Vorgesetzten unter die Augen tritt und die Befehle erwartet; werden ihm nun diese so ertheilt, dass sein Ehrgefühl oder sein freier Sinn da- bei nicht angetastet wird, so kann auch der Vorgesetzte versichert sein, dass sie pünktlich ausgeführt werden. Doch wehe, wenn der Vorgesetzte es wagen wollte, mit harten Worten oder durch Mishandlungen einen Soldaten zur Verrichtung seines Dienstes zu zwingen, sein Leben wäre augenblicklich gefährdet und ein Auf- ruhr der ganzen Truppe könnte weitere üble Folgen haben, was auch schon geschehen ist". Ich selbst, der ich viel mit schwarzen Soldaten persönlich zu thun gehabt, kann obige Angaben Pallme's nur bestätigen. Widerholte schreckliche Aufstände der nigritischen Sol- daten, durch entsprechend häufige Treubrüche der ägyptischen Regierung hervorgerufen, so z. B. derjenige zu Tamanjat (1844) und der von Taka (1862), haben gezeigt, wie gefährlich solche Menschen werden kön- nen, wenn man sie immer wieder von neuem auf rück- sichtslose Weise reizt und maltraitirt.
Vorzügliches leisten afrikanische, namentlich nigri- tische Kriegsleute in der Vertheidigung. Wie helden- müthig wehrten sich doch selbst kleine Mengen sehr schlecht bewaffneter Berta und Noba gegen die an Zahl überlegenen, gut armirten und disciplinirten Aegypter, sobald letztere die Berge jener Wilden be- hufs Erwerbung von Sklaven zu stürmen versuchten. Die Angegriffenen hatten die Ihrigen und ihr Vieh vorher auf den von ihnen bewohnten Berg gebracht. Ein solcher meist &us Granit oder anderm Urgestein
lluusluUc Kmnclitunpren u. b. w. der Afrikaner. 273
gebildet, mit losen, grossem und kleinem HKicken über- 8&et, war durch verhauartijre Ausfüllung der zwischen den Blöcken befindlichen Lücken in eine natürliche Festung umgewandelt worden. Wenn nun die von den Aegyptem in Position gebrachten Geschütze gegen einen solchen Berg losdonnerten, wenn die beutegierige In- fanterie in Tirailleurketten und geschlossenen Sturm- colonnen die Abhänge zu erklimmen suchte, so war jeder Vertheidiger an seinem Platze. Dann schleuderte man vergiftete Lanzen gegen den Feind, man suchte ihn mit Handwaften, Steinen, Holzscheiten und mit Krügen voll heissen Wassers zurückzutreiben. Oftmals gab es einen schweren, langewährenden Kampf und von der Zinne manches Bergs der freien Schwarzen musste die stümiende Truppe zerschlagen und blutend sich unverrichteter Sache zurückziehen.
In den Kriegen der Afrikaner gegeneinander wird nach altbarbarischer Sitte das eroberte Land verwüstet, es werden die Städte geplündert und häufig verbrannt, die Gefangenen werden abgeführt; letztere schlachtet und verspeist man oder man opfert sie der „grossen Sitte", weit häufiger aber bringt man sie in die Skla- verei.
Die Afrika seit Menschengedenken verwüstenden Kriege gingen grossentheils aus der Begierde hervor, Sklaven zu erwerben. Erst die vollständige Unter- drückung des Sklavenhandels wird die kriegerischen Gelüste der afrikanischen Häuptlinge und Völker massi- gen, bei ihnen der Entwickelung friedlicher Gewerbe Vorschub leisten und damit einem für diese reichen Länder dereinst vielleicht erreichbaren Grad der Civili- sirung die Wege ebenen.
Es dürfte wol noch interessant sein, die nähern Ver- hältnisse in einigen der grössern Nigritierstaaten bei eintretendem Kriegsfall kennen zu lernen. Wenn z. B. in Aschanti ein solcher hereinbricht, so wird der das Heer befehligende Cabocir dadurch bestätigt, dass ihm der König eins der kurzen Schwerter mit goldenem
Habtmavk. ] S
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Heft übergibt und ihm damit dreimal leicht das Haupt schlägt. Der Cabocir schwört dann, das Schwert von Feindesblut geröthet zurückzubringen. Zugleich wird ein das Heer begleitender Sprecher des Königs ernannt, um nach siegreichem Kampf die Unterhandlungen, die Friedensbedingungen zu führen und festzustellen. Kommt es zur Schlacht, so hält sich der Oberbefehlshaber im Rücken des Heeres. Von Schirmträgern, Musketieren und Musikanten umgeben, unternimmt der Feldherr während des Getümmels mit vornehmen Cabocirs ein Spiel, indem er damit seinen Kriegern durch erheuchelte Gleichgültigkeit und Zuversicht zu imponiren sucht; man bringt ihm währenddessen die Köpfe der getödteten Feinde und er setzt seinen Fuss darauf. Die dem Ober- befehlshaber zunächst unterstellten Cabocirs und deren Gefolge treiben die Weichenden mit Schwerthieben in den Kampf zurück und stossen ohne Gnade jeden nieder, der nicht sofort gehorcht. Die Unterhäuptlinge führen das Kriegsvolk in den unmittelbaren Kampf; es wird dabei Salve um Salve abgegeben und nach jeder der- selben wird stetig vorgerückt. Endlich sucht man den Feind im Handgemenge zu überwältigen. Da jeder Cabocir seine besondere Hörnermelodie hat (S. 197), die zugleich als Signal im Kriege dient, so wissen alle Soldaten des Heeres mitten in der Schlacht, wo gerade ihre Anführer sich befinden, mögen letztere nun avan- ciren oder retiriren. Dadurch wird eine gewisse Ein- heit in die Bewegungen des zur Zeit engagirten Heer- körpers gebracht. Jeder Armee folgen eine Anzahl Fetischpriester; sie sind die Feldgeistlichen dieses Volks von Halbbarbaren; dieselben reissen einigen Feinden das Herz aus und bereiten unter vielerlei Zauberkram namentlich mit geweihten Kräutern für diejenigen, welche noch niemals einen Feind getödtet hatten, eine Speise aus der scheusslichen Trophäe. Damit sucht man die Geister der getödteten Gegner zu versöhnen. Der König und seine Grossen sollen das Herz eines berühmten Feindes unter sich theilen; sie tragen aber
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die kleinern Knochen und Zähne erlegter Fürsten mit sich. Wie in Dahome, werden die Kriegstrommeln mit den Oberschädeln und den Unterkiefern der besiegten Feinde verziert. Kehrt ein B^eldherr siegreich aus dem Kriege zurück, so wartet er zwei Tage lang vor der Hauptstadt, um den Gruss des Königs und damit die Krlaubniss zu erhalten, seinen festlichen Einzug be- werkstelligen zu dürfen. Berühmten Feldherren gab man früher Beinamen je nach der (stets bestialischen) Art und Weise, in welcher sie die von ihnen gemachten Kriegsgefangenen abzuschlachten pflegten. Es erinnert das an die in den alten verhültnissmässig so hoch civili- sirten assyrischen Staaten beliebt gewesenen Proceduren. In unsern Tagen scheint übrigens die Sitte der Aschantis nach der Richtung hin eine nicht ganz unwesentliche Milderung erfahren zu haben. Wie man mir sagte, ist solcher Umschwung einigen in Europa erzogenen Aschanti- prinzen und dem Einfluss der maurisch- islamitischen Missionare (S. 207) zuzuschreiben.
Ein Aschantiheer führt übrigens auf dem Marsche nur den jedem Einzelnen zugetheilten Vorrath an Sor- ghum- und Maismehl mit sich, welches Product mit dem ersten besten Wasser vermischt, gegessen wird; neben- bei kaut man die sehr analeptische Kola- oder Gurunuss. Ein ähnliches Beispiel von Enthaltsam- keit findet sich bei nicht wenigen nigritischen Stämmen, denen der Krieg noch eine Lust ist. Kochfeuer dürfen im Felde principiell nicht angezündet werden, um da- durch nicht etwa den Feind anzuziehen. Jedes Heer wird auch von einer Anzahl noch junger Krieger be- gleitet, denen die Tödtung und Plünderung der nur verwundeten Feinde obliegt. Es erinnert das sehr an ähnliche Einrichtungen im Heerwesen der Djagga, A- Bantu und anderer nigritischer Stämme.
Wenn die Kimbunda ins Feld rücken, so werden dazu nicht nur das stehende Heer, die sogenannten Elefantensöhne oder Mukan Djamba, welche sonst (ähnlich den Zulu) um ihren Soba her in dessen Palis-
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sade leben, sondern auch die Milizen aufgeboten. Die Elefantensöhne rekrutiren sich aus unruhigen, des- peraten Elementen des eigenen Landes und aus aus- ländischen Flüchtlingen. Die Soldaten hier dienen ohne Sold und ohne Kleider, erhalten aber die Hälfte der Kriegsbeute; sie befinden sich daher fortwährend auf Raubzügen. Ihre Waffen bestehen in langen Flinten, Assagaien, Dolchen und kurzen Holzkeulen; letztere, die Hunyas, haben grosse Aehnlichkeit mit den Keulen der A-Bantu. Ein solches Corps sucht seinesgleichen an wildem, wüstem Daraufgehen, Plündern, Sengen und Brennen. Die Kimbundasoldaten zerfallen in Hoka zu je 2 — 400 Mann; jede Hoka untersteht dem Commando eines Soma-Katito oder Hauptmanns; über diesen steht wieder der Soma-n'-ükan-Djamba oder Oberfeldherr, der stets aus der Zahl der nächsten Verwandten des Soba gewählt wird. Ihre Kriegszüge gegen die Nach- barvölker, die sie nach Magyar nur in der trockenen Jahreszeit unternehmen, bezwecken blos Raub und werden unter irgendeinem beliebigen , meist schlechtgewählten Vorwande eingeleitet. So z. B. wird ein Nachbarland bezichtigt, durch Zauberei den Regen vertrieben, eine Hungersnoth oder Epidemie veranlasst zu haben u. dgl. Der Soba verkündet dann dem Adel seinen Entschluss zum Kriege und fordert ihn auf, sich mit seinen Hoka am Orte des Rendezvous bereitzuhalten. Freilich leistet der Adel nicht immer Folge, besonders wo keine beträchtliche Beute in Aussicht steht. In solchen Fällen pflegt der Fürst gute Miene zum bösen Spiel zu machen und die widerspenstigen Edelleute nicht zur Verant- wortung zu ziehen. Haben sich die bewaffneten Scharen an einem bestimmten Orte versammelt, so werden sie in die Hoka eingetheilt; jede der letztern hat ihre eigene Fahne (von gestreiftem Zeuge) und ihren Soma- Katito. Mit grosser Schnelligkeit operirend, überfallen sie den Feind unvermuthet und liefern, wo dieser Widerstand leistet, ohne weiteres eine blutige Schlacht. Nach erfochtenem Siege metzeln sie die Kinder und
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....... Leute nieder, die arbeitsluhigen Gelungenen kop- peln sie zusammen und schleppen sie in die Sklave- rei. Was irgend transportabel ist, wird geraubt, das Uebrige verwüstet und verbrannt. Dann kehren sie möglichst schnell in die Heimat zurück, weisen die gemachte Beute dem Oberbefehlshaber vor und wenden sich mit ihrem Antheil zu ihren Familien; hier wer- den sie mit Lobpreisungen empfangen, dann gibt es Schmausereien und andere Vergnügungen zu Ehren der siegreichen Krieger und ist die gewonnene Beute bald verprasst. Oftmals verheimlichen die einzelnen Soldaten einen Theil der von ihnen gemachten Beute, wiewol für ein solches Vergehen nicht nur der Schul- dige, sondern selbst seine ganze Familie in die Sklaverei geschleppt werden.
Das afrikanische Weib tritt, namentlich unter Xigritierstämmen, häufig aus dem ihm von der Natur angewiesenen Kreise seiner Wirksamkeit heraus und nimmt an den Handlungen des öffentlichen Lebens einen recht warmen Antheil. Abgesehen von Königinnen und weiblichen Clans-Häuptlingen, die seit den Zeiten des ägyptischen und äthiopischen Alterthums von sich reden gemacht (ich erinnere nur an die grossen Pha- raonenweiber und Pharaonentöchter, an die Candacen, die Tem-Bana-Dumba, Anna Xinga u. s. w.), gibt es auch viele sonst unbemerkt bleibende kri'egerische Weiber, welche ihr Leben im Felde verbringen und dem wilden afrikanischen Schlachtendienst mit Feuer- eifer und Cynismus obliegen. Wer möchte nicht an die Amazonentruppen der Könige von Dahome erinnert werden, die, in Regimenter und Bataillone eingetheilt, zu den gefahrlichsten Affairen eines selten rastenden Eroberungskriegs benutzt werden. Meist aus Skla- vinnen rekrutirt, zum Theil ältlich und verblüht, zum Theil noch jung und anmuthig, mit Antilopenhörnern und bunten Kappen, mit gestreiften Tunicas u. s. w. herausgeputzt, mit langen Schiessprügeln von zum Theil recht veralteter Form und mit Dolchen ausgerüstet.
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geben solche Amazonen an martialischer Aufgeregtheit und an Blutdurst keiner männlichen Truppe jenes bar- barischen Staats etwas nach. „Wir haben dir Atta- pam vernichtet, gib uns auch Abbeokuta!" so kreisch- ten 4ie Amazonen ihrem Gebieter Gezo zu, als sie von dessen Anschlägen gegen die letztere aufblühende Han- delsstadt vernommen hatten. Jedermann hat bereits ge- sehen, wie diese Weibertruppen sich damals vor Abbeo- kutas Wällen aufgeführt (S. 252).
Stanley fand auch den Kaiser Mtesa von Uganda im Besitz seiner Amazonengarde. „Sie sind alle an- muthig und braun, mit schönen jungfräulichen Busen. Am auffälligsten erscheint uns aber die Wirkung der Disciplin. Jene schüchternen und wachsamen Augen, welche sie auf den Monarchen richten, um seinen leise- sten Wunsch zu errathen, beweisen, dass sie, wie er- geben sie ihm auch sein mögen, doch offenbar auch noch bei andern Scenen, als bei denen der Liebe zu- gegen gewesen sind."
Wenige Länder der Erde bieten so reiche Jagd- gründe dar wie Afrika, die Heimat jener riesigen Vertreter der Affen-, Katzen-, Wiederkäuer- und Dick- häuterfamilien, der grossen Raub- und Laufvögel, Rep- tilien u. 8. w. Auf den ausgedehnten Steppengebieten und in den lichten Buschwäldern dieses Continentes sammeln sich gewisse gesellige Säugethiere und Vögel zu unermesslichen Scharen, welche je nach den Er- fordernissen der Jahreszeit und des Nahrungsbedürf- nisses weite gemeinschaftliche Wanderungen unterneh- men. Noch bis in unsere Tage hinein waren es nament- lich die prairieartigen Flächen des Capgebietes, auf de- nen die Unsummen von beisammenlebenden Antilopen der verschiedensten Arten, der gestreiften Einhufer, der Strausse u. s. w. das Erstaunen unserer Reisenden
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und die Bewunderung der Leser ihrer Beschreibungen erregt haben.
Als Prinz Alfred von England im Jahre 1860 das Capland bereiste, veranstalteten die dortigen Boers ihm zu Ehren am 24. August desselben Jahres ein Kesseltreiben^ bei welchem ein ganzer Kafferstamm die Treiber und Schützen abgab und wol gegen 20 — 30,000 Antilopen zusammengetrieben wurden. Jetzt dürfte" es dort mit den schönen Jagdzeiten vorüber sein und es muss jemand schon weit in die Kalihari und darüber hinaus nördlich nach den zwischen 24 nnd 17^ südl. Br. befind- lichen Ländern hineinreisen, um grössere Antilopenrudel beieinander zu sehen. Indessen bieten verschiedene Gegenden Afrikas noch so manche unentweihte, reiche Jagdgründe dar.
Unter den Pharaonen wurde die Jagd bereits als noble Passion betrieben. Die Bildwerke der Retu sind voller anziehender und recht deutlich erkennbarer Jagdscenen; so sieht man z. B, zu Theben eine Jagd- darstellung, wo Mohorrantilopen (Antilope dama)^ Ga- zellen (Ant. dorcas), Sömmerringsantilopen (Ant. Soem- meringü)^ Difasas (Ant. defassa), Säbelantilopen (Ant. leucoryx)^ Steinböcke (Ihex sinaiticiis) , Hasen (Lepus acgyptiacus)^ Igel (Erlnaceus aetlüopiciis) u. s. w., Scha- kale, gestreifte Hyänen (darunter Weibchen mit Jungen) und Strausse abgebildet sind. Auch Wasserjagden, wobei der noch jetzt in Nubien übliche Wurfstock gegen harmloses Wad- und Schwimmgevögel lebhaft in Ge- brauch gesetzt wurde, waren sehr beliebt. Selbst Fluss- pferde jagte man damals noch im ägyptischen Nil, wo sie schon seit Jahrhunderten nicht mehr anzutreffen sind.
In Aegypten und im Magreb der Khalifenzeit hatte sich von Persien und Kleinasien her eine andere Art Sport eingebürgert, nämlioh die Falkenbeize, der noch jetzt einige Grosse, namentlich der intelli- gente und liebenswürdige Prinz Halim-Pascha, mit Er- folg obliegen. Man richtete hier wol seit alters den
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 2f<\
hauptsächlich aus Westasien herübergebrachten (in Aegypten seltenen) Sakr-el-hor (Falco tanf/ptcrus)^ den '^' ' ^;ihini (K sacer) und den Wanderfalken (F. ($) ab. Man beizt hier mit den Falken Ga- zellen, Hasen und Gevögel; selten und nur in Erman- trehinir eines Bessern, etwa nach Art resignirter Sonn- r, lässt man die Falken auf Ichneumonen oder :r|.. ...»;.. äsen stossen.
Im ägyptischen Delta und im Magreb jagt man noch das Wildschwein, in verschiedenen Districten der Ber- berei, in Cyrenaica, Konstantine u. s. w. jagt man noch den Löwen, den Panther, die Hyäne und den Wolfs- bund (Cauis lupaster^ Antims). Hier erblüht noch die heroisch-poetische Seite des Jagdvergnügens. Männer wie J. Gerard, K. Zill, E. Tissot u. s. w. sind keineswegs ausgestorben.
Einen grossen Wildreichthum birgt Abyssinien sowol in seinen tiefer gelegenen buschreichen Savannen (Kolla), als in dem Mittelgebirge (Woena-Dega) und im Hoch- gebirge (Dega). Während hier Heerden mächtig grosser Tscheiada- und Hamadryas-Paviane an den abschüssigen Felswänden der Hochpics umherklettern, wühlt das Hasama- oder Larvenschwein in den abgefallenen Laub- schichten der wilden Banane (S. 128), wogegen grosse Antilopen, wie der Agazien (Antilope cuflu), die Difasa (S. 280) und das Besä (Ant. Bcisa), der Gösch oder Büflfel (Bos caffcr), das Auraris oder Nashorn und der Elefant in der Kolla weiden. Leider ist der Abyssinier im allgemeinen kein Jäger und auch selten finden sich in dem weiten Lande einzelne kühne, namentlich dem Agauvolke entsprossene Leute, welche mit ihrem schwe- ren Luntengewehr den Königen der Wälder mit Erfolg auflauem.
Grossartige Jagdgründe eröffnen sich noch immer im Gebiete des obern Atbara und seiner Zuflüsse, in den um die Berge der Fundj hergelegenen und in den sich zwischen Kordofan und Dar-Fur erstreckenden (Kadzia-)Steppen. Hier sind es neben Tekarine und'
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Fundje besonders Bedja, welche der Jagd obliegen. Unter den Homran und Bagara gibt es immer eine Anzahl Agagir, d. h. die „Schwertjäger" S. W. Baker's repräsentirender Leute. Diese desperaten Kerle sind beflissen, den Elefanten, das Rhinoceros und den Büffel mit ihrem langen Sudanschwert (S. 119) anzugreifen. Sie gebrauchen letztere wuchtige Hiebwaffe entweder einhändig vom Rücken des Pferdes oder Dromedars herunter oder zweihändig und dann zu Fuss. Im letz- tern Falle bewickeln sie den unterhalb der Parir- stange befindlichen Theil der Klinge mit Zeug oder mit Leder, nehmen das Heft in die linke, den um- wickelten Theil der Klinge in die rechte Hand und vollführen so ihre Streiche mit dem freien scharfge- schliffenen und wohlgefetteten Klingentheil. Gewöhn- lich gehen mehrere Agagir zugleich auf die Jagd; sie setzen sich entweder nackt oder nur in den Hüften mit der immerhin etwas unbequemen Ferdah (S. 107) umgürtet, auf das blanke oder gesattelte Pferd. Han- delt es sich um die Jagd eines Elefanten, so wird dieser von einem der Reiter durch Zuruf und Geberden zur Wuth gereizt und begibt sich auf die Verfolgung des Feindes; die übrigen Reiter halten dem Koloss dicht nach; mitten im tollen Laufe springt einer der Agagir vom Pferde und schlägt dem Elefanten mit seinem Schwerte die Achillessehne durch. Nicht häufig bedarf es widerholter Hiebe auf die erwähnte sehr empfind- liche Stelle. Das also verwundete Thier kann bald nicht weiter vom Fleck und wird alsdann ohne Schwie- rigkeit getödtet. Die Agagir der Bagara bedienen sich selten des Schwertes, sondern öfter einer Lanze mit langer breiter Spitze, die einer der abgesessenen Reiter dem in erwähnter Weise attakirten Elefanten in den zwischen Geschlechtstheil und Afteröffnung befindlichen, ziemlich hohen und von weicherer Haut bedeckten Raum ein- stösst. Dass es bei so tollkühnen Jagden öfters nicht ohne Unglücksfälle für die Agagir abgeht, lässt sich wol begreifen.
H&08liche Einrichtungen u. 8. w. der Afrikaner. 283
Der vorzügliche Botaniker und Reisende Th. Kotscliy, hat in seinen hinterlassenen Tagebüchern mit lebhafter Farbe die grossen Jagden geschildert, welche alljährlicli in den S. 280 erwähnten Kadzinsteppen stattfinden. Koch vor, sowie gleich nach der Regenzeit machen die dort wohnenden Nomadenstämme je eine grosse Treib- jagd und zwar auf einem zwei bis drei Tagereisen weit sich erstreckenden Terrain. Alle Kamele, Pferde und Ochsen werden bestiegen und mit Wasserschläuchen be- laden. Die ganze MenscUenmasse beginnt nun das Wild zusammenzutreiben, welches nach dem Orte des Verderbens weichen muss; in einem Thale werden über zehn Stunden weit Schlingen gelegt und die Zwischen- räume mit Holz verkleidet, dass die Thiere nur durch einzelne leere Gassen entwischen können. Auf der Seite, hinter dem Thale, reiten Beduinen zu Pferde und tödten die gefangenen Thiere, bevor diese Zeit bekom- men, die Schlingen zu durchreissen. Am letzten Tage wird der Jubel am tollsten; dann wird oft die Hälfte der Schlingen von den grössern Thieren fortgeschleppt, manchmal selbst entkommen dieselben noch; häufig springen aber auch die Reiter hinterher, stossen den Opfern ihre Speere in die Seiten oder zerechlagen ihnen mit dem Schwerte die Hinterfüsse (s. oben). Die Re- gierung ist davon unterrichtet, dass da oft an einem einzigen Tage über 300 Stück zusammengeschlachtet werden. Die Nomaden bezahlen dann auch ihre Steuern an die Aegypter mit grossen Schläuchen aus Antilopen- haut. In Kairo und Alexandria sind alle jene riesigen Ledersäcke, deren ein Kamel nur zwei zu tragen ver- mag, aus jener Gegend; sie sind theils durch Kaufleute, theils durch die Regierung von dorther gebracht wor- den. Die in der Kadzia getödteten Thiere sind haupt- sächlich Säbel-, Kudu-, Besä-, Addax-, Mohorr- und Kuhantilopen, Buschböcke, Rothböcke, Gazellen und Büffel. Schekh Ismail und der Bei in El-Obed (Kordofan) bestätigten die Angaben Kotschy's unter Vorzeigung ungeheuerer, durch die Nomaden der
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dortigen Gegend eingelieferter Vorräthe von Schläu- chen.'*^
In ähnlicher Weise wird die Jagd bei den Abu-Rof, Fundj u. s. w. betrieben. Manche grössern Arten, wie Öreas, Oryx^ Damalis ^ Kohus und Acgoceros wehren sich übrigens, verwundet und in die Enge getrieben, ganz verzweifelt.
Die Bedjanomaden benutzen zur Jagd auf kleinere Antilopen auch Schlingen, welche nach Rueppell auf folgende Avi bereitet werden: ein acht Zoll grosses kreisförmiges Geflecht mit durchlöcherter Mitte und halbsteifen convergirenden Rippen verbirgt man in nambarer Anzahl über spanntiefe Sandgruben, da wo die Gazellen ihren gewöhnlichen Pfad haben; eine Strickschlinge mit daran befestigtem dicken Knüppel liegt darüber; tritt das sorglos einhergehende Thier auf eins der Geflechte, so befestigen selbige die halb- steifen Rippen an dem einsinkenden Fuss, und beim Aufheben zieht sich die darüberliegende Schleife der Schlinge zu; das davoneilende erschrockene Thier zer- schlägt sich mit dem Knüppel selbst die Beine und wird nun von den Hunden ereilt. Letztere, welche auch zur Jagd auf Hasen, Mouflons (Ovis tragelaphns)^ Stachelschweine, Aö'en und Antilopen benutzt, gehören der schon bei den alten Aegyptern beliebt gewesenen, grossen (oft sehr schönen) Windspielrasse an, welche häuflg steif emporgerichtete Ohren und einen nach oben eingerollten Schwanz zeigt. Auch die Berbern Nord- afrikas benutzen den Windhund — Slughi — unter welchen es prachtvoll gestaltete Exemplare und aus- gezeichnete Solofänger gibt.
In Nubien existirt eine Art Jägerkaste, im Ber- berinischen Hauauit genannt, die wie die abyssinischen Woeto, hauptsächlich der Flusspferd- und Krokodiljagd obliegen. Früher, als im nubischen Nil die Flusspferde (llippopotamns amplnhins) noch häufiger waren, hatte die Kaste noch mehr Bedeutung als jetzt; indessen wird die von jener ausgeübte Fangmethode noch zur
'' asiuin' iMiincutuiigrii u. ^. \n. iut Ali main-r, 2^^i)
Zeit 111 Seniiar und in Tnka befolgt. Man bedient sicli einer Harpune, deren Spitze, spatelförniig und haar- scharf, auch mit Widerhaken verschen ist; diese Spitze ist iu einen llolzschaft eingefügt und durch einen Leder- strick mit dem langen Leitseile verbunden. An Jetzterui hängt ein Klotz von leichtschwiramendem Ambatchholze (Jlcimhiiera daphroxylon). Man wirft die Harpune von Kähnen oder von Uferklippen und Uferbiinken aus auf das Thier; der Schaft fällt von der Spitze ab, wenn diese in das erschreckt in die Weite eilende Ungeheuer eingedi'ungen ist. Der Schwimmklotz deutet die Stelle an, wo sich das Flusspferd in den Fluten verborgen hält; das Seil wird angezogen, neue Harpunen werden geschleudert. Oft kostet es dem wüthend gewordenen Geschöpfe gegenüber einen heissen Kampf, ehe es end- lich gelingt, diesem mit einer Lanze das Rückenmark zu durchstechen. Ist ein Elefant, ein Nashorn oder Flusspferd erlegt worden, so verlässt den sonst so massigen Bedja seine Natur; alt und jung eilen herbei, um den Cadaver zu zertheilen und dessen Fleisch, oft nur ganz oder halb roh, zu verzehren. Wie hungerige Wölfe schneiden und schinden die Leute an dem Körper herum und lassen nach kürzester Zeit kaum eine Spur von seiner Muskulatur übrig.
Die Nigritier benutzen als Jagdwaffen ausser dem Feuergewehr den Bogen und die Lanze, seltener, so z. B. die Banyay, die langgeschäftete Streitaxt; letztere wird dann in ähnlicher Weise benutzt, wie das Schwert von den Agagir. In gewissen Districten Guineas, bei den Niam-Niam und Manyema blüht die Gorilla- und Chimpansejagd. Da wo in Guinea, am Ogowe und in Mayombe der Gorilla und manche Varietäten des Chim- panse vorkommen, wird ihnen von nigritischen Jägern, namentlich Schekiani, arg zugesetzt, schon um die vielen Nachfragen der europäischen Naturalienhiindler und Thiergartendirectoren zu befriedigen; man schiesst die Thiere mit Musketen. So stark diese Bestien auch sind und so verzweifelt sie sich, in die Eng^ getrieben,
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auch wehren können, so halten sie doch meist einem be- herzten Angriffe gegenüber nicht stand. Die Wildheit und Kraft des Gorilla sind beträchtlich und dennoch von dem bekannten Abenteurer Du Chaillu sehr übertrieben worden. Die Niam-Niam fangen den Mandjaruma (Schweinfurth's Varietät des Chimpanse) in den Bäumen mit Netzen und Lanzen; sie tödten ihn aus Jagdlust und seines Fleisches wegen. Aehnlich verfährt man in Manyema dem Soko gegenüber, wol auch nur eine Abart des Chimpanse.
Antilopen, Giraffen, Büffel, Elefanten und Nashörner fängt der Nigritier in bedeckten Gruben, an deren Boden auch wol spitze Pfähle angebracht sind, auf denen sich die herunterfallenden Thiere spiessen. Zu- weilen gehen auch Löwen, Hyänen und andere Raub- thiere in diese Gruben hinein; sie werden dann, wenn jung und weiter nicht verletzt, lebend herausgezerrt oder von oben her mit Lanzen u. s. w. getödtet.
In den Kimbundaländern finden wie bei den Niam- Niam und andern Völkern des Herzens von Afrika, in den trockenen Monaten, wenn das Gras verdorrt ist, und leicht verbrannt werden kann, grosse Jagden statt. Die Bewohner mehrerer Ortschaften versammeln sich zum bestimmten Jagdtage mit Gewehren und Bogen; dann wird im Walde das dürre Gras angezündet und es gibt nunmehr einen heftigen Brand. Der ganze heim- gesuchte Raum wird von Jägern umstellt, die nun das erschreckte und vor dem Feuer flüchtende Wild zu Hunderten niederschiessen; dabei kommt es aber vor, dass die in dem Feuerkreise eingeschlossenen grössern Raubthiere, wie Löwen und Leoparden, beim Durch- brechen in ihrem Schreck und in ihrer Wuth die Jäger zerfleischen.
Zu andern malen errichten die Jagdmeister oder Wakongo einen klafterhohen Zaun, ein Mundeo; in diesem sind in engen Abständen Oeffnungen und an diesen sind wieder Fallen angebracht. Letztere sind in folgender Weise eingerichtet: An einem gerade
UHH l\,l
1. s. Nv. der Afrikaner. 287
1 Baume wird in geneigter Richtung ein grosses, Holzstück angelehnt und mittels eines höl- zeiuea Zapfens befestigt, an welchem eine dünne Leine angebracht ist, die in der Quere über die Oeffnung des Zauns gezogen wird. Geht nun ein Thier durch diese Oeffnung hindurch, so stösst es an die Leine, zieht diese straff, der Zapfen geht heraus und der herabfallende Klotz erschlägt das Thier. Es erinnert diese Fangmethode an die nach Prinz Max von Neu- wied bei den ostbrasilianischen Flüssen (z. B. am Jequi- tinhonha, Paranahyba u. s. w.) üblichen Mundeos. Viel- leicht sind letztere durch die Portugiesen und deren schwarze Sklaven nach Brasilien verpflanzt worden.
Die Flusspferde werden in der ganzen Südhälfte Afrikas in Fallgruben gefangen oder durch Wurf- und durch Fallharpunen getödtet. Letztere beruhen etwa auf dem Princip der Mundeos, nur dass bei ihnen das Fallholz nicht stumpf, sondern mit einer womöglich noch vergifteten Lanzenspitze versehen ist.
Eine grossartige Fanganlage für Säugethiere be- schreibt Livingstone bei den zu den Betchuana ge- hörenden Bakuena; es ist das des Hopo. Derselbe besteht aus zwei Verhauen oder Hecken in Gestalt des Buchstabens V, welche in der Nähe des Winkels sehr hoch und dicht sind; anstatt dass aber beide Hecken im Winkel zusammenstossen, sind sie so angelegt, dass sie eine schmale Gasse von etwa fünfzig Armlängen bilden, an deren Ende eine Grube von 6 — 8 Fuss Tiefe und 12 — 15 Fuss Breite und Länge angebracht ist. Ueber die Ränder der Grube sind Baumstämme gelegt, besonders über den Rand zunächst der Stelle, wo die gehetzten Thiere in das Loch hinunterspringen sollen und auf der gegenüberliegenden Seite, über welche sie, wie man voraussetzt, versuchen werden zu entkommen, wenn sie hinuntergefallen sind; die Stämme hängen so lose über den Rand, dass sie das Entkommen beinahe unmöglich machen. Das Ganze ist sorgfältig mit kurzen, grünen Binsen bedeckt, wodurch die Vertiefung einer
288 Drittes Buch.
versteckten Fallgrube ähnlich wird. Da die Hecken gewöhnlich ungefähr eine (englische) Meile lang sind und an ihren Enden etwa ebenso weit voneinander ab- stehen, so kann ein Stamm, der um die Grube herum einen Kreis von 3 — 4 Meilen bildet und nach und nach näher zusammenrückt, daraufrechnen, eine grosse Menge Wild (Büffel, Zebras, Giraffen, Halbmond-, Har- tebeest-, Schwarzfussantilopen, Gnus, Nashörner u. s. w.) einzuschliessen. Dies wird dann unter Geschrei nach dem engen Theile des Hopo getrieben, die dort ver- steckten Männer schleudern ihre Wurfspeere unter die bestürzten Rudel hinein, die erschreckten Thiere rennen immer weiter bis zu der Oeffnung, die sich am Ende der zusammenlaufenden Hecken befindet, und stürzen in die Grube, die sich bis zum Rande füllt und einem lebenden Knäuel ähnlich zu sein scheint. Manche ent- kommen, indem sie über die andern hinwegspringen. Es ist ein grässlicher Anblick: die Männer, vor Auf- regung wild, stossen mit wahnwitzigem Vergnügen die lieblichen Thiere nieder, andere von diesen armen Ge- schöpfen, vom Gewicht ihrer todten und sterbenden Leidensgefährten zu Boden gedrückt, müssen ersticken, und oft gewahrt man, wie bei ihren letzten Versuchen, sich aufzuraffen, die ganze Masse auf und nieder- wogt.
Auch die Vogelwelt, welche in Afrika durch so zahlreiche, in Gestaltung, Befiederung und Lebensweise 80 merkwürdige Arten vertreten ist, liefert den Ein- geborenen des Welttheils eine ausgesuchte Jagdbeute. Namentlich sind es die vielen Arten der Wildtauben, der Stein-, Francolin- und Perlhühner, der TrajDpen, Gänse und Enten, welche Gegenstand eines emsigen Jagdbetriebes werden. Dem Strauss wird natürlich überall nachgestellt; denn die stets einen edeln, male- rischen Schmuck bildenden Federn dieses Riesenvogels sind für alle Culturepochen, seit den Pharaonenzeiten durch die Periode des mittelalterlichen Ritterthums und der Renaissance hindurch noch bis auf den heutigen
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 289
Tag beliebt geblieben. In Nord- und Ostafrika wird der Straiiss zu Pferde oder zu Dromedar gehetzt und, wenn ermüdet, mit dem Stock erschlagen. Die Danakil suchen das Thier zu Fuss auf, locken dasselbe durch Schalmeienmusik und erschiessen es mit vergifteten Pfeilen. Die Wanderobo und andere Ostafrikaner stecken an den Legeplätzen dieser Vögel vergiftete Pfeile mit den Spitzen nach oben zwischen die Eier und bedecken sie lose mit Sand. Die Strausse (es brüten abwechselnd Männeben und Weibchen) verletzen sich und sterben nach wenigen Zuckungen. Die Busch- männer, überaus geschickte und muthige Jäger wie auch Fallensteller, werfen eine mit den Federn prä- parirte Haut des Vogels über den Kopf, ahmen dessen Bewegungen nach, machen die neugierigen Strausse sicher und schiessen sie ebenfalls mit vergifteten Pfeilen nieder. Krokodile werden harpunirt, grosse Warneidechsen werden zum Theil mit Hunden gespürt, Riesenschlangen werden todtgeschlagen. Man verzehrt das Fleisch der Krokodile und Warner, benutzt den Moschus der erstem als Parfüm, von den Schlangen das Fett, die Haut u. s. w.
Die Fischerei ist in vielen Gegenden Afrikas zu Hause. In einzelnen Ländern, z. B. in Abyssinien, sucht man die Fische durch ins Wasser gebrachte (vegetabi- lische) Gifte zu betäuben, um sie alsdann mit Bequem- lichkeit einheimsen zu können. Das Fleisch der Thiere wird durch einen solchen Betäubungsprocess nicht giftig oder anderswie ungeniessbar gemacht. Bekanntlich ist diese Fangmethode auch in den Guyanas, in Brasilien, in Peru sowie in noch andern Erdgegenden üblich. Uebrigens werden die Fische, unter denen namentlich die verschiedenen Welsarten grosse, zum Theil selbst mächtige Exemplare liefern, mit Angeln, Netzen, Reusen gefangen, sie werden, so z. B. am Weissen Nil, vom Floss oder Boot aus harpunirt u. s. w. Viele sehr rohe,
Habtxaitv. 19
2<J0 Drittes Buch.
auch in grosser Dürftigkeit lebende Afrikaner, wie die Doko, Abongo, Buschmänner u. s. w., stellen selbst Thieren nach, die schon auf S. 146 aufgeführt worden und nicht mehr als Objecto eines Jagdbetriebs auf- ijefasst werden können.
13. Sklaverei.
Die Sklaverei, bekanntlich eine uralte Einrichtung, wurde ursprünglich auf Kriegsgefangene ausgedehnt. Hierzu kam der Selbstverkauf aus Verschuldung oder auch augenblicklicher Lebensnoth. Der Verkauf von Kindern oder von sonstigen Angehörigen durch die Aeltern oder durch Verwandte andern Grades, sowie durch die Regierenden oder durch mächtige, auch an- dern Lebensstellungen angehörende Personen bildet nur eine weitere Entwickelungsform dieser den Menschen zu einem willen- und rechtlosen Gegenstande herabwür- digenden Einrichtung. Afrika war, soweit die ältesten Documente der Pharaonenzeit reichen, vor andern von jeher das Land der Sklaverei. Wie ich bereits früher andeutete, halte ich dies Buch nicht für den Ort, um darin über die so viel besprochene Angelegenheit des Sklavenhandels von neuem eine Discussion zu er- öfifnen. Ich beabsichtige hier nur, die auf die Skla- verei bezüglichen öffentlichen und Privatverhältnisse in einigen Gebieten des schwarzen Continents einer kurzen Betrachtung zu unterwerfen.
Der Islam gestattet die Sklaverei. Im moham- medanischen Aegypten starrt alles von weissen, abyssi- nischen und schwarzen Sklaven. Es gab noch bis vor kurzem eine Zeit, in welcher die Märkte voll waren von weissen Mädchen (Garieh-Beda), abyssinischen Mäd- chen (Garieh-IIabeschieh) und schwarzen Mädchen (Ga- neh-Sudeh). Erstere kamen aus den Kaukasusländern, die abyssinischen aus den amharischen, Gala- und Sö- dama-Gebieten, die schwarzen aus ganz Mittel- und
näusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 21)1
Ostsudan. i'..- .. v .m solcher Waare auch jetzt noch nicht gänzlich fehlt, haben wir schon früher (S. 170J A iesen. E. W. Lane erzählt, dass oft junge .^che Mädchen als aus fernen Ländern her- stamuiendo Sklavinnen verkauft würden, entweder von ihren Aeltern oder von andern Anverwandten. Solche Mädchen würden mit ihrer eigenen Zustimmung ver- handelt, indem man ihnen vorspiegele, dass reiche Klei- der und grosse Pracht ihrer warteten. Man gibt ihnen auf, zu sagen, dass sie im frühen Lebensalter von drei bis vier Jahren aus ihrer Heimat fortgeführt seien uud dass sie ihre Landessprache vergessen hätten, daher nur noch arabisch reden könnten. Bei der im allgemeinen sehr ausgeprägten physischen Aelmlichkeit zwischen den Fellachmädchen und den Bewohnerinnen der abyssinischen wie der Galaprovinzen ist ein solcher Betrug wohl ausführbar. Ich glaube getrost versichern zu können, dass es selbst einem tüchtigen Kenner der afrikanischen Menschenwelt schwer werden dürfte, nach reiner Autopsie des Aeusserlichen ein dunkles Feilächmädchen von einer jungem Gala oder Södama zu unterscheiden. Der Sklave des Mohammedaners muss den Islam annehmen. Aus solchen Leuten sind oftmals recht fanatische und erfolgreiche Vorkämpfer der Reli- gion des Propheten hervorgegangen. Mit Hülfe bi- goter und kriegerischer Sklaven haben die Khalifen sicherlich mehr ausgerichtet, als mit ihrer kampfes- scheuen, stammverwandten Gesellschaft aus Syrien, Ned- sched u. dgl. Die Guss oder Mamlukken, welche so lange die Zügel der Regierung des Nilthals in Händen gehabt, waren bekanntlich ehemalige weisse Sklaven und dabei recht fanatische Gläubige. Selbst die be- rüchtigte osmanische Kriegerkaste der Yasaki oder Janitscharen bestand ja ursprünglich aus Christensklaven und gewaltsam rekrutirten Kindern der Raja oder christ- lichen Unterthanen der Pforte. Was diese wüsten, aber tapfern Truppen in islamitischem Fanatismus geleistet haben, erzählt uns die Weltgeschichte.
19*
292 Drittes Buch.
In mohammedanischen Ländern wird der Sklave im allgemeinen gut gehalten. Er fühlt sich häufig voll- kommen als Kind im Hause, erlaubt sich mancherlei Freiheiten und sieht mit Geringschätzung auf die gemie- theten Diener herab. Selbst der dürftige Bedja hält seine Sklaven, denen er Feldbestellung und Hirtendienst zu- muthet, während er selbst lieber den Krieg und die Jagd pflegt, im allgemeinen gut.
Bekanntlich haben unter den Mohammedanern die Unsitte der Vielweiberei, die ganze Haremswirthschaft und der Cynismus der geschlechtlichen Leidenschaft Veranlassung zur Anfertigung und zum Verkaufe der Eunuchen gegeben. Diese bedauernswerthen Unwesen stehen in manchen mohammedanisch-afrikanischen Staa- ten in gutem Ansehen, erlangen Aemter und Würden — sie werden zuweilen die absoluten Stützen der Re- gierenden. So verabscheuungswürdig die ganze Ein- richtung nun auch erscheint, so wenig wir gesonnen sind, von selten jener misgestalteten , oftmals sehr lau- nischen und unliebsamen Halbmänner hervorragend Gutes zu erwarten, so müssen wir dennoch anerkennen, dass aus den Reihen der in mittelafrikanischen Län- dern thätig gewesenen Eunuchen auch einige wirklich tüchtige, selbst im Kriegsdienste erprobte Männer, wie z. B. der Besiegte von Bara, der tapfere Misallim-el- Machdura, hervorgegangen sind.
Bei den Nigritiern Ost- und Centralafrikas ist der Sklave theils Handelsgut, theils wird er hier zu häus- lichen Zwecken benutzt. Keineswegs selten verfällt er dem Menschenopfer oder gar dem rohen Gelüste der Menschenfresserei. Im allgemeinen ist auch hier die Behandlung der einmal in einer Familie heimisch ge- wordenen Sklaven keine böse. Selbst bei rohen Heiden nehmen letztere häufig die Stellung von wohl gelittenen Familiengliedern ein; ihr Stolz bläht sich auch hier ebenso wol auf wie unter den Mohammedanern. Eine Ausnahme machen, wie bei den Bekennern der letztge- nannten Religion, die Pagazi oder Träger, welche in
ii lusijclic Liunchtungen u. s. w. der Afrikaner. 293
Krmani?eliing von Lastthieren den Waarentransport in Innerat'rika besorgen. Diese Leute müssen, unter der Fuchtel hab- und beutegieriger Herren stehend, häufig genug die furchtbarsten Strapazen aushalten und er- Hegen dabei nicht selten, namentlich in Fällen des Marodewerdens, der allergrausamsten Behandlung.
Aehnlich ist das Verhältniss der Sklaven in den heid- nischen Staaten der Guinealänder. Man begegnet hier wie überall in Afrika vielen Zügen von gutmüthiger Rücksichtnahme des Herrn auf seine Sklaven. Die Wolof oder Jolof überweisen einem ihrer Sklaven (oder einem armen Freien) allabendlich denjenigen Antheil des Spätmahls, welcher symbolisch für einen vor kur- zem Verstorbenen bestimmt worden ist. Nicht ganz selten verheirathet man einen würdigen Sklaven mit der leiblichen Tochter oder mit einem andern weib- lichen Familiengliede. Das Emporkommen von Sklaven zur Häuptlings- oder Fürstenwürde bildet keinen unge- wöhnlichen Fall. Bei grausamer und willkürlicher Be- handlung ist es in mehrern guineensischen Ländern den Sklaven gestattet, sich einem andern Herrn zu über- antworten. Sie können eine gewisse Zeit für ihre eigene Tasche arbeiten, und die ihnen für Vernachlässigungen u. s. w. zudictirten Strafen sind meist nur milde. Bei schwerem Vergehungen werden sie öfter verkauft als getödtet. Ermordung von Sklaven zieht zuweilen ähn- liche Folgen nach sich, wie diejenige von Freien. Manche Freigewordene hängen noch dergestalt an ihrer frühern Herrschaft, dass sie mit letzterer ein freund- schaftliches Verhältniss unterhalten, die Frauen und sogar Kinder aus ihrem Erwerbe beschenken und mit letzterm zur Hand gehen, wenn einmal in der alten Herrschaft die Noth einreisst. Auch kommt es vor, dass Sklaven sich für ihre Herren freiwillig opfern.
Andererseits fordern hier die bei jeder Gelegenheit (namentlich aber in Aschanti und Dahome) stattfinden- den mit dem Aberglauben verbundenen Menschenschläch- tereien den blutigen Tod vieler Sklaven. Da erfinden
294 Drittes Buch.
dann die natürliche Blutgier und Rohheit des Halbbar- baren raffinirte Qualen.
In den so interessanten, von Magyar besuchten und von diesem Reisenden in so meisterhafter Weise ge- schilderten Kimbundaländern sind die Dongo oder Skla- ven das unbeschränkte Eigenthura ihrer Herren. Sie leben im Unterschiede von den Fuka oder Hafuka, welche als Pfänder das Eigenthum ihrer Gläubiger nur bis zu ihrer Auslösung bilden. Als Dongo, die sehr zahlreich vorkommen, finden sich nicht allein kriegs- gefangene und gekaufte Aus-, sondern auch viele In- länder. „Denn bei diesen habgierigen, neidischen und in ewigen Streitigkeiten miteinander lebenden Völkern gilt das geringste Vergehen, selbst nur ein unbedacht- sam ausgesprochenes Wort, welches ihren dummen Ge- bräuchen zuwiderläuft, als Kesila- Verbrechen, und weil es kein geschriebenes Gesetz gibt, das Gewohnheits- recht aber von den Mächtigern nach Willkür und in den meisten Fällen zum Nachtheil der Schwächern ge- deutet und angewendet wird, und endlich weil zwischen der Grösse des Vergehens und der Strafe kein gehöriges Verhältniss stattfindet, die Strafe aber immer in einer drückenden Geldsühne besteht. Deshalb dürfen wir uns nicht wundern, dass beinahe die Hälfte der Nation als Sklave der andern Hälfte verkauft wird. Zum Glück ist der Zustand der Sklaven durchaus nicht schrecklich. Die Herren üben eher eine väterliche als herrische Ge- walt über ihre Sklaven aus, behandeln sie freundlich und lassen ihnen genug Zeit, um auch ihre eigenen häuslichen Geschäfte verrichten zu können. Ausserdem heirathen die Sklaven stets freie Weiber, führen dem- nach ein ziemlich bequemes Leben, und ihre Kinder sind, als Eigenthum der Mutter, freie Leute. Die Skla- vinnen aber sind meistens die Beischläferinnen ihrer Herren und gehören als solche zu den Familienglie- dorn."
Magyar beschreibt weiter, dass sich die Sklaven in diesen Ländern entweder durch die sogenannte Watira
.i..u.^,.v..v Einrichtungen u. b. w. der Afrikaner. 20;")
oder durch die Schimbika, auch Tonibika, der Gewalt ihrer Herren entziehen können. liei der Watira Uiuft der Sklave zu geeigneter Zeit einfacl» davon und flüchtet sich weit weg, womöglich ins Ausland. I5ei der Schim- kika aber begibt sich der mit seiner Herrschaft unzu- friedene Sklave in ein anderes, vorher auserkorenes, womöglich wohlhabendes und einflussreiches Haus, rich- tet hier willkürlich irgendeinen Schaden an oder tödtet in der Heerde des neuen Herrn ein Rind, brät sich ein Stück von dessen Fleische und erklärt sich als „Sklave" haftbar für die durch ihn hervorgerufene Un- bill. Die Tombikaflucht wird gewöhnlich von solchen Sklaven ins Werk gesetzt, welche eine Familie besitzen. Weib und Kinder folgen dem Geflüchteten nach und gehen in den Besitz des neuen Herrn über. Selbst Freie, welche sich irgendeines Vergehens schuldig ge- macht oder welche eine pecuniäre Schuld contrahirt haben, melden sich bei irgendeinem Mächtigen als Sklaven. Der gewesene Eigenthümer ist dann oft noch gezwungen, den ihm durch Schimbika Entfremdeten sowie dessen Kleider und sonstige Habe herauszugeben, namentlich wenn der neue Herr einige Macht besitzt. Die Auslieferung der Geflüchteten ist schwierig und erfolgt wol nur aus ganz besonderer Freundschaft für den frühern Besitzer. Meist fürchtet der Herr den ihm zugelaufenen Sklaven abzuliefern, um sich nicht etwa für die Zukunft die Kundschaft ähnlichgesiuuter Leib- eigener zu verscherzen, indem nämlich die zur Schim- bika (' sich doch lieber einem weniger aus- lieferuii^^ gen Herrn zuwenden könnten.
Die Sklaverei in den europäischen Colonien ist theils gänzlich abgeschafift, theils wesentlich beschränkt worden. Es ist bekannt, dass die Gesetze in den Sklaven haltenden Ländern diesen Leibeigenen gewisse Gerechtsame Hessen, wodurch die gehässigen Seiten des ganzen Verhältnisses gemildert wurden. Aehnliches geschah selbst bei den holländischen Boers in Südafrika gegenüber ihren Hottentottensklaven. Die phlegmatische
296
Drittes Buch.
Natur dieser Boers milderte das Verhältniss zu ihren lederfarbenen Leibeigenen, welche wol nur einen Theil jener Grausamkeiten zu erdulden gehabt haben, die allzu abolitionistischeReverends und andere Tadelsüchtige den Epigonen der Scheidebewohner zuzuschreiben sich gemüssigt fanden. Gegenwärtig hat übrigens unter britischem Scepter auch sogar diese Wirthschaft auf- gehört.
Fig, 03. Der Zwerg Kimenya.
Aber selbst im Angesicht jener berührten Milderungs- verhältnisse verdammen wir die Sklaverei namentlich bei den Europäern als eine schändliche Manifestation des menschlichen Eigennutzes, welche keine Sophistik zu beschönigen vermag. In der modernen Culturwelt greift diese Ueberzeugung zum Glück tagtäglich mehr Platz und findet sich jetzt nur selten noch ein ver- schrobener oder böswilliger Kopf, welcher in die Po-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 297
saune eines Karl Postel (Charles Sealsfield), des frech- sten und zugleich schwülstigsten Verfechters jener Menschenerniedrigung, zu stossen wagt.
Im Anschluss hieran will ich bemerken, dass in vielen afrikanischen Ländern sowol Freie als auch Sklaven, welche durch körperliche Eigentliümlichkeiten, durch (t 1 u. s. w. auffallen, von den Grossen als Merk-
w it gehalten werden. So hat man an manchen
nigritischen Höfen Negeralbinos oder Kakerlaken ge- sehen; Zwerge und Verkrüppelte haben bereits im Dienste altägyptischer Häuptlinge gestanden. In den Gräbern von Beni-Hassan z. B. werden ein Zwerg und ein mit Klumpfussen behafteter Erw^ichsener als Hofmerkwürdig- keiten abgebildet. Speke und Grant entdeckten am Hofe des Königs Kamrasi von Unyoro den Zwerg Ki- menya. Der geistreiche und für Naturseltenheiten ein- genommene Kannibalenkönig Munsa hielt sich der Curiosität wegen seine Akka u. s. w.
VIERTES BUCH. Krankheiten.
Afrika, unter dessen weiten Landstrichen viele mit Recht zu den sprichwörtlich ungesundesten der Erde gezählt werden, entwickelt eine grosse Anzahl von zum Theil lebensgefährlichen Krankheiten. Ich will hier nur die wichtigsten derselben anführen und nur von ungefähr die Art und Weise schildern, in welcher der Eingeborene diesen Uebeln zu begegnen j)flegt.
Obenan stehen in der Ungeheuern Zone etwa zwischen dem 17^ nördl. Br. und dem 26" südl. Br. , zwischen dem Atlantischen und dem Indischen Meere, die Wech- selfieber, welche ein Product der Ausdünstung eines meist feuchten, mit vegetabilischen Zersetzungsproducten stehender Sümpfe oder langsam fliessender Ströme ge- schwängerten Bodens, theils schwer, theils leichter als ein-, zwei-, drei- und viertägige die Befallenen ausser- ordentlich quälen und schwächen. Diese Fieber richten die daran Leidenden leicht einmal durch lange Dauer zu Grunde; aus ihnen hervor gehen oder es entstehen für sich die remittirenden oder sogenannten hitzigen, von Anfall zu Anfall sich verschlimmernden und die absolut continuirlichen oder anhaltenden Fieber. Beide letztern Formen zeichnen sich durch Lebensgefährlich- keit aus. Auch existiren, namentlich in Ostsudan, Fälle, in denen ein Kranker schon nach einer nur wenig-
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stündigon Fioberdauer erliegt. Unzälilig sind die pa- thognomischen Sondergestaltungen, unter denen diese klimatischen Fieber auftreten, unzählig sind deren Ver- bindungen, Complicationen mit andern Leiden, unzählig erscheinen ihre örtlichen (secundären) Folgeleiden oder Localisationen in entferntem Organen. Darm, Milz, Leber, Lungen und Gehirn sind die Theile, welche bei diesen Erkrankungen am häufigsten in Mitleidenschaft gezogen werden. Complicationen mit Lungenentzündung und Ruhr oder Dysenterie sind nicht gar selten. Auch existiren hier die typhösen, in Europa so wohl be- kannten Fieber. Eine in der Leber sich festsetzende Form, das sogenannte biliöse Typhoid, ein naher Ver- wandter des amerikanischen Gelbfiebers, zeigt sich na- mentlich häufig in Aegj'pten. Der sogenannte Hunger- typhus suchte schon zu wiederholten malen ännere Pro- vinzen von Aegypten, Nubien, der Berberei, von Süd- afrika u. s. w. heim, meist freilich in unmittelbarem Gefolge von Kriegsnoth und Miswachs.
Auch die Cholera hat sich bis tief nach Innerafrika eingeschlichen und hier alle diejenigen Schrecknisse entfaltet, welche in vielen andern Ländern ihre unzer- trennlichen Begleiter waren.
Die Pest (Bubonen- oder Beulenpest), früher eine Heimsuchung der afrikanischen Mittelmeerländer und vor allem Aegyptens, scheint seit vielen Jahren einge- schlafen zu sein.
Alle jene Krankheiten treten theils als wuchernde Epidemien, theils endemisch, nur einzeln oder viele Individuen befallend, auf. Sie gehen häufig so sehr ineinander über, ihre Grenzen schwimmen hier und da so gänzlich ineinander, dass es selbst dem wissenschaft- lich tüchtigsten europäischen Arzte schwer fällt, eine sichere Entscheidung für die zu wählende Rubrik zu treflfen.
Der Skorbut fordert im heissen Afrika so gut seine Opfer wie im kalten Norden; sein Auftreten ist sehr häufig an Noth und Elend, an Ueberanstrengung auf
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Reisen und Märschen (z. B. im Kriege), an Nahrungs- verderbniss u. s. w. geknüpft.
Dann existiren ferner noch eine Anzahl Krankheiten, welche, wie Aussatz und Lustseuche, sowie einige an- dere, sich in bösen Geschwürbildungen localisirende und noch kaum näher erkundete Leiden, als Constitutionen betrachtet werden müssen. Diese fordern gar viele Opfer. Die Frage, ob die Syphilis eine in Afrika alte heimische Krankheit oder ob sie erst in spätem Zeiten durch Europäer daselbst eingeführt worden sei, ist eine noch unentschiedene, übrigens auch nur sehr schwierig zu entscheidende. Die Spuren der Verheerungen durch diese Krankheit will man bereits an ägyptischen Mu- mien aufgedeckt haben. Ich selbst, der ich bis auf den heutigen Tag viele Mumienreste untersucht habe, bin zwar nicht im Stande gewesen. Sicheres darüber zu constatiren, will aber doch vor den Forschungen Anderer etwa Erfahrenerer in dieser Hinsicht die Segel streichen. Nach vielem möchte ich annehmen, dass im Herzen von Afrika die Syphilis durch das zuchtlose Gesindel der Sklaven- und Elfenbeinhändler, sowie durch lockere ägyptische Soldaten erst neuerdings ein- geführt worden sei. In West- und Südafrika, d. h. in Ländern, welche der innigen Berührung mit Europäern — unter diesen aber fanden sich allzeitig gar böse Buben — ausgesetzt gewesen sind, scheint die ab- scheuliche Krankheit bereits seit vielen Generationen eingebürgert zu sein.
Dagegen ist der Aussatz in Afrika schon sehr alt, und alle möglichen Formen dieses schrecklichen Lei- dens, die nur irgend bekannt sind, treten hier in Nord und Süd, in Ost und West zur Beobachtung, ohne dass es bisjetzt gelungen wäre, ihre eigentliche Natur zu ergründen.
Elephantiasis, pachydermatlsche Hautverdickung, fin- det sich hier und da, namentlich in Aegypten.
Rheumatismen, und zwar sowol diejenigen der Mus- keln, wie aucli die mit schweren Herzerkrankungen
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verbundenen der Gelenke, treten liäufig auf, besonders sind sie aber in Ostsudan beobachtet worden.
Die Lungenschwindsucht ist den afrikanischen Gebieten durchaus niclit fremd. Schwarze, welclie aus dem Innern nach der nördlichen Küste, z. B. nach Kairo oder Alexandrien gebracht werden, erliegen daselbst dieser Krankheit ziemlich leicht. Es wird hierdurch die Thatsache nicht beeinträchtigt, dass in solchen Gegenden, wie femer auch am Cap, lungenkranke Euro- päer zuweilen Genesung, häufiger aber wenigstens Mil- derung ihrer Leiden und eine Verlängerung ihrer Exi- stenz zu finden vermögen.
Unter den sogenannten akuten Exanthemen, den hitzigen Ausschlägen, richten die Pocken die schreck- lichsten Verheerungen an. Ich will hier nicht auf die Fragestellung seitens einiger Forscher eingehen, ob Afrika als die Heimat dieser Krankheit angesehen werden müsse oder nicht, ich vermag nur soviel sicherzustellen, dass die Afrikaner der verschiedensten Stämme von den Pocken leicht ergriflfen werden und dass sie, wo letztere Krank- heit sich einmal eingenistet hat, auch gewöhnlich massen- haft an ihr zu Grunde gehen.
Parasitische Thiere belästigen den Afrikaner in Menge. Abgesehen von widrigen Epizoen ragen die Eingeweidewürmer durch ihre Artenzahl und ihre weite Verbreitung hervor. Kaum ein Land der Erde ist so reich an Bandwürmern als Abyssinien. Der häufige Genuss von rohem Fleisch und von rohen, mit Pfeffer, Salz, Galle und Zwiebeln überstreuten Eingeweiden der Rinder, Schafe u. s. w. stehen in causalem Zusammen- hange mit jenem seltsam häufigen Vorkommen. Kein Land der Erde bietet aber auch merkwürdigerweise 60 viel Gegenmittel gegen den Bandwurm dar als das abyssinische Alpenland. Ich erinnere nur an die Brayera oder den Kusso, an die Myrsine oder Saoria, die Moesa und ein mir botanisch noch unbekanntes, von König Theodor und seinem Gefolge vor dem Falle Magdalas vielfach angewendetes "NVurzelpräparat.
302 Viertes Buch.
In Aegypten veranlasst ein Rundwurm, das Anchy- lostoma^ bei beiden Geschlechtern durch seine Blutun- gen nach sich ziehenden Bisse in die Darmwand ein schweres, der Bleichsucht ähnliches Leiden. „Wir halten es", sagt Griesinger (der beste Kenner der ägyp- tischen Krankheitsformen), „für eine sehr massige Schätzung, wenn wir annehmen, dass der vierte Theil der ägyptischen Bevölkerung in höherm und geringem! Grade an dieser Krankheit leidet; wie enorm der Ver- lust des Landes an Arbeitskraft, Lebensfreude und an früh hingeraffter Bevölkerung durch dieses Siechthum ist, mag sich jeder selbst berechnen." Allem Anschein nach reicht dieses Leiden bis nach dem Innern von Afrika hinein.
Ein Saugwurm (Distoma haemotoUum) und dessen Verwandte zeigen sich häufig im Venenblute verschie- dener Abschnitte der Baucheingeweide. Blutverluste und sonstige schwere Allgemein- wie auch Localleiden treten im Gefolge eines solchen Vorkommens auf. Diese Thiere sind über einen grossen Theil von Afrika ver- breitet. An Rundw^ürmern ist ebenfalls kein Mangel. Am gefährlichsten ist mit Recht der Medinawurm (Fl- laria medinensis) ^ welcher durch ganz Afrika in sum- pfigen Gegenden acquirirt wird und der seine Einwan- derung in den menschlichen Körper entweder noch in Embryonenform, etwa im Innern von niedern Krebs- thieren (Cycloiridcn) durch das Trinkwasser, oder auch, ebenfalls in Larvenforra, durch die Haut (entschieden ist noch gar nichts) nimmt. Dieses stark wuchernde Thier muss durch langwierige Processe aus der Haut, unter welcher es seinen Sitz hat, herausgebracht werden; man wickelt dasselbe gewöhnlich heraus. In Brasilien bedient sich die schwarze Gesellschaft dazu kleiner, ganz zierlich gearbeiteter Haspeln.
Dass in Ländern, in welchen die durch starke Hitze hervorgerufene Transspiration, wo Schmuz, Staub und andere äussere Reize die menschliche Haut fortwährend
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ritiren, auch luancherlei und sogar recht langwierige ilaiitleiden entstehen, lässt sich sclion ermessen.
Mehr aber leiden hier die Verdaiiungswerkzeuge und var infolge des Klimas, der im allgemeinen dürftigen ebeusweise und wiederum auch gelegentlicher Schwel- rei. Ausser andern, das Darmsystem befallenden L'ebelD beherrscht die Ruhr, neben den Fiebern, den pathologischen Zustand dieser gesammten Gebiete. Eine Fülle der mannich faltigsten Leberkrankheiten befällt hier jeden Stand und jedes Alter. Gefährlich sind namentlich die in heissen Ländern überhaupt verbrei- teten Leber 6 utzün düngen, welche weitgreifende Ge- schwürbildungen in diesem edeln Organe nach sich iehen. Die Milz krankt sehr häufig an von Fiebern be- dingten Anschwellungen, welche selbst spontane Zer- reissungen und Berstungen dieses Theils im Gefolge haben können.
Nierenkrankheiten sind ebenfalls häufig, so z. B. stellt sich die Bright'sche nach Fiebern u. s. w. ein.
Au Lungenentzündung fehlt es selbst in den Wüsten- und Steppengebieten nicht; namentlich be- schuldigt man anhaltendjes Wehen des Chamsinwindes als ein den Ausbruch dieses Leidens begünstigendes Moment. Zuweilen treten diese Entzündungen epi- demisch auf und entwickeln übrigens eine beträcht- liche Lebensgefährlichkeit.
Nervenleiden befallen seltener den in dieser Hin- sicht gestähltem Eingeborenen, als den Fremden. Wahn- sinn fordert hier überall seine Opfer, namentlich unter den religiösen Schwärmern. In einen Zustand ner- ser Erregung, durch Hellsehen, Phantasiren, wilde raumerei, Schlafwachen u. s. w. sich äussernd, in die igle der Araber, versetzen grosse körperliche Anstren- gungen unter der sengenden Hitze der Wüsten und Steppen. Die in Loango und Cougo so gefürchtete Schlafsucht (Docnssa do somno der Portugiesen) be- ruht vit^llf'ir'lif nur auf puipp TTi rTilian^f iif /iiTi(lniifr, Der
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Säuferwahnsinn rafft sowol Europäer als auch Einge- borene dahin.
Ungemein verbreitet sind Augenkrankheiten, zu welchen Sonnenglanz, Hitze, Staub, Unsauberkeit, un- vorsichtige gegenseitige Berührungen u. s. w. der In- dividuen begünstigende Momente abgeben. Mit Recht sehr gefürchtet ist die ansteckende sogenannte ägyp- tische Augenkrankheit. Während die langwierigen Fälle derselben eine ausserordentliche Hartnäckigkeit entwickeln und die traurigsten Folgen bald für das ganze Auge, bald nur für einzelne Theile desselben nach sich ziehen, wüthen dagegen die acuten in rascher Symptomenentfaltung mit schrecklicher Heftigkeit und zerstören das Auge öfters schon nach sechs- bis sieben- tägigem Verlaufe. Wie viele Individuen haben doch durch dieses Leiden die Sehkraft eines oder beider Augen eingebüsst. Die ägyptische Augenkrankheit for- dert ihre Opfer von der mittelländischen Küste an bis tief nach Nubien hinein. Ganz ähnliche Formen treten auch im Magreb auf und soll man unter den Berbern des Djurdjura gar häufig die traurigen Wirkungen jener Leiden beobachten. Zu den endemischen derartigen Ophthalmien kommen zuweilen verheerende Epidemien, namentlich auf Messen, grossen Märkten, bei Truppen- märschen, Sklavensendungen u. s. w. Im Sudan sind die Augenkrankheiten seltener. Uebrigens herrschen erstere in vielen Theilen Afrikas dergestalt vor, dass ihnen gegenüber die Krankheiten der übrigen Sinnes- werkzeuge, wie des Ohrs, der Nase u. s. w. fast in den Hintergrund treten.
Die Geburten gehen bei den afrikanischen Weibern, welche ihre körperliche Entwickelung voll- endet haben, namentlich unter den nigritischen Stäm- men, meist leicht und glücklich von statten. Es kommt hier vor, dass schwarze Frauen in dieser Stunde auf
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freiem Felde gebären und in der nächsten wieder ruhi«r die ihnen zugewiesene Plantage zu bearbeiten fort- fahren. Dagegen erschwert sich dieser natürliche Act gar nicht selten bei den in allzu jugendlicliem Alter verheiratheten Aegypterinnen.
Wunden kommen selbstverständlicherweise bei den mancherlei Schädlichkeit ausgesetzten, so häufig sich balgenden und bekriegenden Afrikanern nicht selten zur Beobachtung. Da sehen wir Verletzungen durch die zahlreichen, in Afrika die Vegetation mehrentheils beherrschenden Dorngewächse, durch die Zähne, Hörner und Krallen wilder Thiere, beim ungestümen Ritt in coupirtem Terrain, durch den Biss der Schlangen, der Tausendfüsse, durch den Stich der Skorpione und durch Menschenhand. Vergiftete Wunden, welche auch hier ein Individuum dem andern mittels vergifteter Waffen beibringt, treten natürlich durch ihren besonders ra- piden und gefährlichen Verlauf hervor. Wenn es nun, soweit es mir bisjetzt wenigstens bekannt geworden ist, Afrika auch an jenen sehr gefährlichen Giften man- gelt, welche, wie z. B. das Wurali oder Curare Süd- amerikas und wie das Bohon Upas Wasserindiens, die bekannten erschreckend plötzlichen Wirkungen üben, 80 sehen wir im Milchsafte der Euphorbien, in dem complicirten Gifte der Buschmänner u. s. w. u. s. w. immer doch sehr schwere Folgen hervorrufende Stofife.
Zu vielen Verwundungen, sogar unbedeutender Art, gesellt sich in den afrikanischen Tropengegenden, wie auch unter gleichen Breiten in andern Ländern der Wundstarrkrampf oder traumatische Tetanus, neben welchem dagegen der spontan aus innerer Ursache ent- stehende (idiopathische) seltener aufzutreten pflegt. Der Wundstarrkrampf ist ein schweres, meist tödlich enden- des Leiden , dessen tückischen Ueberfall niemand vor- auszusehen vermag.
HARTMASS. 20
306 Viertes Buch.
Verletzungen infolge von gewöhnlichen Unglücks- fällen, wie Knochenbrüche, Verrenkungen u. s. w. wer- den in gehöriger Zahl wahrgenommen. Interessant ist übrigens bei der grossen Mehrzahl der afrikanischen Stämme deren Unempfindlichkeit gegen körperliche Leiden aller Art, auch bei stattfindenden Verwundungen. Wo nicht Syphilis und andere den Organismus unter- grabende Krankheiten vorausgegangen sind oder wo diese nicht als Begleiterinnen auftreten, heilen die Wunden der eingeborenen Afrikaner meistens gut und verhältnissmässig schnell. Weniger gilt dies von Euro- päern, bei denen sich die Wundenverheilung oft auf langwierige und qualvolle Weise unter Erscheinungen hinausschleppt, wie sie von französischen Aerzten nicht übel als „Phagedänismus der Tropen" bezeichnet wor- den sind.
Die Krankenbehandlung liegt nur in den Colo- nien und in den halbcivilisirten Ländern in den Händen europäischer oder doch wenigstens europäisch gebil- deter eingeborener Aerzte. Neben diesen treiben sich an manchen Stellen Pfuscher jeglicher Art, der Auswurf unserer Apotheken und Barbierstuben, sowie Gesindel unbezeichenbarer Abkunft als Heilkünstler umher. Uebrigens üben in Afrika, wie schon erwähnt worden, Zauberer, Medicinmänner, alte und junge Wei- ber die Künste Aesculap's aus. Auch hilft man sich vielfach selbst oder man nimmt nachbarliche Unter- stützung in Anspruch. Selbst hierbei geht es selten ohne Aberglauben und Hexenspuk ab. Wir haben schon oben gesehen, was all dieser Teufelskram und Aberwitz 80 Dummes und Entsetzliches zu Tage fördert. Ge- rade in der Behandlung und beim tödlichen Ausgange von Krankheiten entfaltet der Afrikaner seine aller- hässlichsten, durch finstern Aberglauben beherrschten Chnvnktoroigenschaften. Der Continent liefert viele
Krankheiten. .^07
vor: il»ilische Heilraittt;!. Kin Blick in
irgi . ine Handbuch der Arzneimittellehre
klärt uns ji4 über diesen Gegenstand auf. Noch manche Schätze harren übrigens vorläufig wegen der zu schwie- rigen und kostspieligen Ausbeutung ihrer Hebung. So z. B. die Fieberrindenbäume Centralafrikas (Crossop- teryx), welche trotz ihres anscheinend nicht allzu grossen Chi' 't>! dennoch ein Zufluchtsmittel für die lei-
deii chheit abgeben dürften. Noch manches heil-
kräftige baraenkorn, Würzelchen oder Kräutlein mag in den Wäldern des dunkeln Erdtheils verborgen vege- tiren. Auch soll bemerkt werden, dass mancher ein- geborene Arzt, selbst Zauberer, trotz seines Hokus- pokus, über gute Medicamente und selbst über gewisse rationelle Curmethoden verfügt, an denen unsere mo- derne Heilkunde immer noch manches lernen könnte. Das klingt zwar paradox, ist aber dennoch richtig.
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FÜNFTES BUCH.
Sprachen.
Der geringe Raum dieser Blätter gestattet natür- licherweise nicht, ein selbst nur einigermaassen er- schöpfendes linguistisches Essay über Afrika zu geben oder sogar nur eine genauere Uebersicht über die auf- zunehmenden sprachlichen Familien dieses Festlandes zu liefern. Ein System der afrikanischen Sprachen lässt sich zur Zeit noch nicht aufstellen; dazu ist denn doch noch zu vieles dunkel auf dem Gebiet.
Unsere bedeutendsten Sprachforscher scheint ein ge- wisses Grauen zu befallen, wenn sie einmal das noch so wenig geebnete Feld der afrikanischen Linguistik zu betreten wagen. Nur schüchtern glaubt man sich hier und da einen flüchtigen Blick in das Wirrsal der ber- berischen, nigritischen u. dgl. Idiome gestatten zu dür- fen. Und ist einmal ein kleiner Fund auf diesem Felde gemacht und mühsam geborgen worden, so ruft es immer den Eindruck hervor, als ob der Schatzgräber vor seinem eigenen Werke zurückschrecke und unmittel- bar danach beflissen wäre, seine wissenschaftliche Zunft ob dieser Vermessenheit um Verzeihung zu bitten, die begangene sprachliche Versündigung aber durch selbst- geübte Gegenkritik abzuschwächen oder gar zu ver- nichten. Nach meiner Idee liegt der Grund zu diesem sonderbaren und für den wissenschaftlichen Fortschritt
Sprachen. 300
sehr verhängnissvollen Gebaren nicht allzu fern. Wie die afrikanische Ethnologie nahe bis auf dqn heutigen Tag unter dem schweren Banne jener festgewurzelten Vorurtheile vom Arier- und Semitenthume seufzt, dem man mit oft falsch verstandenen und falsch ange- wendeten Begriffen, wie Hamitcn-, Atlantikerthum u. s. w. zu Hülfe zu kommen sucht, so lastet auch auf der afri- kanischen Sprachforschung jener selbe lähmende Bann. Wie ja alle Somal, Gala, Abyssinier, Aegypter und Ber- bern „Kaukasier*' und „Semiten" oder „Hamiten" sein müssen, wie man selbst um das Semiten- oder Hamitenthum der so schlecht begrenzten Fulahrasse, sogar der Fulbe, zu schachern trachtet, so muss in das Procrustesbett jener herrschenden Anschauungen denn auch die afrikanische Linguistik eingezwängt wer- den. Man will ja überall nur ethnische und sprach- liche Gegensätze zwischen den afrikanischen Schwarzen und den afrikanischen Kaukasiern constatiren, versagt sich aber bald aus Unwissenheit, bald aus Bequemlich- keit, bald aus Rabulisterei die Mühe, nach den Binde- gliedern für das eine und das andere Gebiet zu suchen. Es fehlt zwar nicht an hervorragenden Sprachforschern, welche, wie z. B. Steinthal, einen sprachlichen Zusam- menhang zwischen semitischen und afrikanischen Idiomen leugnen; man überschätzt zwar sehr häufig den Werth von Lehnwörtern, es tauchen endlich wieder solche Män- ner auf, welche das Semitische umgekehrt aus dem Afri- kanischen abzuleiten beflissen sind; immer aber segelt die Mehrzahl unserer Philologen und Ethnologen unter jener altbekannten Flagge lustig weiter.
Ich selbst habe nach reiflichen Studien die Ueber- zeugung gewonnen, dass ein innerer Zusammenhang zwischen den Sprachen von der afrikanischen Nord- küste bis zum Cap der Stürme, von den Mündungen des Niger und Zaire bis zu denen des Djuba, Zambozi und Limpopo herrsche. Schon andere haben dies er- kannt und hier oder dort davon gesprochen, aber bis- lang noch kaum den Muth gehabt, die These so scharf
310 Fünftes Buch.
zu setzen, wie der Schreiber dieses Buchs es zu unternehmen wagt. Freilich reicht dieses Werkchen nimmermehr dazu aus, auch nur diese These zu er- örtern, zu vertheidigen; dazu bedürfte es einer an- dern spätem Gelegenheit. Immerhin aber will ich hier wenigstens eine vorläufige Skizze derjenigen Districte zu geben versuchen, innerhalb deren ich mir die afri- kanischen Sprachen vertheilt denke. Ich suche dabei, ohne auf eigene Ideen zu verzichten, einen gewissen Anschluss an die Arbeiten der Lepsius, Koelle, Bleek und anderer. Um aber jegliche allzu gelehrte Diftelei zu vermeiden, will ich an dieser Stelle nur mehr all- gemeinern geographischen Eintheilungsprincipien zu fol- gen versuchen.
Nordafrikanische Sprachen: Altägyptisch, Kop- tisch, Temaschirt oder Tamaschek und andere Berber- idiome (Sprache von Siwa und sonstigen Oasen, Scha- uia in Algerien, Schelluch in Marokko u. s. w.), Midab to Bedjauie oder Bedauie, die Bedja-Sprache, Berberie, Berberinisch, d. h. Sprache der Berabra am Nil. Die abyssinischen Sprachen (das Gees oder Altäthiopische, das Amharinja, Tigrenja oder Tigrinja, das Nere-bena, das Hamtönga sowie andere dem Agau verwandte Idiome). Es ist nun bei aller unserer Abneigung gegen zu grosse Berücksichtigung angeblich semitischer Ver- wandtschaften nicht zu leugnen, dass mehrere der abys- sinischen Idiome, namentlich das Gees, sich den semi- tischen oder syro-arabischen Sprachen näher anschliessen. Das Gees ist daher von vielen dem Semitischen gerade- hin zugewiesen worden, ob mit Recht oder Unrecht, bleibt abzuwarten. Die Bildung und Entwickelung des Gees bleibt vorläufig noch ein Räthsel.
Unter den ostafrikanischen Sprachen unterscheiden wir zunächst die einander sehr verwandten der Dana- kil, Somal und Gala. Das Kisuaheli schliesst sich nebst ^em Kinyamesi, dem Kinika, Kiyao, Kikamba, Kikuyu, Kidjagga, dem Irlaikob (Idiom der Masai und Wakuafi) den Sprachen Innerafrikas an; letztere wollen wir in
Sprachen. 311
diejenigen von Nord-, Mittel- und Südcentralafrika ein- theilen. Xordcentralafrikaniscli sind das dem Berbe- rinischen so nahe verwandte Nebaui, Nobaui, die Kuba- oder Nobasprache in Kordufan mit ihren Dialekten, femer das Kondjari oder Gondjari und andere Idiome in Darfur, das Maba in W'adai, das Bagrimma in Ba- girmi, das Kanori oder Kanuri in Bornu, das Hausa. Im mittlem Centralafrika treten auf das Funji, Berta, die Denka- oder Dinkasprache, das Schilluk, Nuer, Bari, Niambari, welche einander sämmtlicli nahe stehen. Das dem Kafferischen (Bantusprache) nahe verwandte Kinyoro und Kiganda (in Unyoro und Uganda), das Bongo, welches nahe Verwandtschaft mit dem Bagrimma hat, die Idiome der zahlreichen Niam-Niamstämme und der Monbuttu, letzteres anscheinend dem Berberinischen und dem Nobaui sich nähernd. Ueber die zwischen Nyassa- und Tanganikasee einerseits, dem Congo an- dererseits geredeten Sprachen fehlt uns vorläufig noch jeder nur einigermaassen genügende Ueberblick. Die- selben leiten die südafrikanische Gruppe ein: zunächst das in Angola, Benguella, Londa gesprochene Kim- bunda, an welches sich unmittelbar das Otyi-Herero, die Sprache der Ovaherero oder Damara und das Owambo anschliessen sollen. Die südafrikanische Gruppe zerfällt in das mit den ost-, südcentral- und westafri- kanischen Idiomen nahe Fühlung nehmende Kafferisclie, das Tekeza nordöstlich vom Zululande bis gegen den Zambezi hin, ferner in die in Makua, Senna, Tette und andere Dialekte sich spaltenden Idiome von Mossam- bique, in das Sechuana(Sesuto, Serolong, Sechlapi u.s. w.), das Matabele, Batsoetla oder Baramapulana , das Zulu, Maosu, Matonga u. s. w., ferner in die hottentottischen Dialekte des Nama, Kora, Capisch-Hottentottische, end- lich das Buschmannische. Die Verwandtschaft des letztern mit dem Hottentottischen wird neuerdings in Abrede gestellt. Indessen sind die Acten hierüber noch keineswegs geschlossen. In Westafrika haben wir die den Bantu-Sprachen sehr nahe tretenden Idiome von
312 Fünftes Buch.
Congo, das Fjod (Cacongo, Loango), das Mpongwe, Okande und andere Idiome des Gabongebietes. Dann weiter nördlich das Isubu, Dualla, Benga, Dikele, Effik, Ibo, Yoruba, Nupe, Ewe oder Ife, Machi, Dahome, Ueta, Onfue, Onglo, Fanti, Aschanti, Ga oder Akkra, das Otji von Akwapim, das Krebo, Kru, Basa, Bullom, Scherbro und Timne, das Mande (Mandinka, Vey, Susu), Fulfulde (Fulbe- oder Fulan-Sprache) und Wolof. Sehr wenig bekannt sind die Sprachen der Abongo, Akka und anderer sogenannter Pygmäenvölker.
Es geht bei vielen Reisenden die Sage, dass man in Afrika nach einigen Meilen Weges bald einmal auf grundverschiedene Sprachen, als Ueberbleibsel grösserer linguistischer Gebiete treffen könne, welche letztern in- folge von politischen Zerstückelungen auseinandergerissen worden. Indessen hält die angebliche gründliche Ver- schiedenheit näherer Prüfung nicht stand.
Geschrieben werden in Afrika nur das Koptische, das Arabische in den Dialekten von Aegypten, Ost- sudan und Magreb, das Temascliek, das Abyssinische, das Vey in eigenen Buchstaben. Diese Sprachen werden auch in ihren Charakteren gedeutet. Für die Schrei- bung der übrigen afrikanischen Sprachen trifft am besten das von R. Lepsius, von Lee und Norris haupt- sächlich ins Leben gerufene, übrigens schon mannich- fach modificirte Standardalphabet zu, welches bestimmte Laute durch bestimmte Schriftzeichen wiedergibt und das einzige Mittel zu einer genügenden Verständigung darbietet. Wissenschaftliche linguistische und ethno- logische Arbeiten können heutzutage das Standard- alphabet nicht mehr entbehren. Zuerst wurde dasselbe von der Church Missionary Society mit Eifer und Be- harrlichkeit in Anwendung gezogen ; es folgten unmittel- bar die Wesleyan Missionary Society, die Societe des Missions evangcliques, die London Missionary Society, die Mährischen Brüder, die Rheinische und die Baseler Missionsgesellschaft u. s. w. Unter den Privatreisenden war Verfasser dieses Büchleins in Deutschland einer
Sprachen. 313
der ersten, welcher das Standardalphabet mit iinbeug- .:Mor Beharrlichkoit benutzte, nicht ohne dabei dem ^^)ütt und der Gehässigkeit selbst solcher Gelehrten- kreise zu begegnen, denen das Ganze eine unbequeme, jiur mühselig zu bewältigende Neuerung erschien. Ohne <ich durch solches Gebaren im mindesten stören zu -on, hat der Verfasser die Genugthnung erlebt, eine : nier grössere Zahl tüchtiger, auch deutscher Reisender <ich das Standardalphabet aneignen zu sehen. Im vor- liegenden, für ein grosses Publikum bestimmten Werk- chen wurde die Anwendung der Standardlettern ver- ■ len, weil letztere wegen ihrer schwierigen Beschaf- :.. _ und umständlichen Lesung für populäre Schriften nicht passend erscheinen. Natürlich geht aber auch durch die Nichtanwendung jenes Lettersystems der Xamengebung ein guter Theil der sonst so wünschens- werthen Genauigkeit und Consequenz verloren.
Das Arabische, die Sprache des Koran und seiner Ausleger, dringt, wie schon angedeutet worden, zur Zeit in Wort und Schrift in Afrika immer mehr nach dem Innern hin vor, wird hier überall Hauptverkelirs- idiom und verdrängt eine eingeborene Sprache nach der andern. Manche der letztern, wie verschiedene Berber- und Bedja-Dialekte, das nubische Berberi und (las Funji sind bereits auf bestem Wege, aus den Ver- '-en der afrikanischen Philologie zu verschwinden. , *' il>igen schämen sich hier und da schon, ihr oft recht wohlklingendes einheimisches Idiom neben dem biegsamen und einen grossen Wortschatz darbietenden Arabischen hören zu lassen. Ferner tritt in Afrika infolge der Völkerzüge, Kriege und friedlichen Umwäl- zungen sehr häufig eine Sprache, z. B. einer erobernden Kasse, an Stelle der andern und ist es oft nicht mög- lich, aus dem augenblicklich bei einem Stamme herr- schenden Idiome die Herkunft desselben abzuleiten.
Die mit Standardlettern in verschiedenen Sprachen gednickte Bibel und die Einführung von Schulen wären die besten Mittel, um der allmählich platzgreifenden
314 Fünftes Buch. Sprachen.
Arabisirung Afrikas in Wort und Schrift Halt zu ge- bieten, sowie einer Conservirung der eingeborenen Idiome Vorschub zu leisten. Allein wir haben schon oben ge- sehen, welche Schwierigkeiten die Einführung des Christenthums hier findet; wir werden es daher noch eine Zeit lang erleben müssen, wie der Koran und die Sprache, in welcher derselbe geschrieben, durch die afrikanischen Gaue ihre (freilich nur dürftige Resultate aufweisende) Culturmission erfüllen werden.
SECHSTES BUCH. Sclilussl>etrachtun<ren.
Ö
Leitender Gedanke im Vorliegenden war, wie der Leser auch schon bemerkt haben wird, eine wenn auch nur flüchtige Skizze vom Aeussern, von den Sitten und Gebräuchen der afrikanischen Völker geben zu wollen. Dem Ganzen lag die Idee zu Grunde, diese Nationen in ihrem innern Zusammenhange zu betrachten. Nun ist es freilich bei dem heutigen Zustande der afri- kanischen Ethnologie kaum ausführbar, eine solche Idee ohne genauere Beweisführung zu verbreiten; für eine solche Beweisführung muss aber bei anderer Gelegen- lieit ein ausgedehnterer Raum abgepasst werden. Jeder übrigens, welcher obigen Blättern einige Aufmerksam- keit geschenkt hat, wird auf eine gute Anzahl von mir mit schlichten Worten hervorgehobener Vergleichungs- punkte gestossen sein. Für mich bilden die Afrikaner ein ethnisches Ganzes, dessen einzelne Glieder durch unendlich zahlreiche Uebergänge miteinander in Zusam- menhang .stehen. Selbst unsere bisjetzt noch so lücken- hafte Kenntniss von den afrikanischen Völkern be- rechtigt uns meiner Ueberzeugung nach immerhin zu dem Schlüsse, dass wir hier die Glieder einer in sich geschlossenen Kette anzuerkennen haben. Die physi- schen Charaktere, die Sitten und Gebräuche, die Sprache u. s. w. gewähren uns die Anhaltspunkte dafür, dass
316 Sechstes Buch.
hier nicht völlig heterogene Bevölkerungselemente sich zufällig nebeneinander gruppirt haben können, sondern dass der afrikanische Continent mit seiner grossartig- einförmigen physischen Beschaffenheit, mit seinem über ungeheuere Gebiete gleichmässig sich erstreckenden Pflanzen- und Thierformen (innerhalb deren freilich auch wieder die Variation sich unendlich thätig zeigt) nur einen einzigen grossen Stock der Menschheit in sich berge. Dieser zeigt sich natürlich mannichfach gegliedert theils durch die unter allen Nationalitäten vorkommende, von mancherlei äussern und innern Be- dingungen abhängige Variationsneigung, theils durch Vermischung untereinander, theils durch Krieg, Wan- derung und deren Folgen. In dem unruhigen Treiben der lebhaften, zu Veränderungen geneigten afrikanischen Völker sehen wir seit vielen Jahrhunderten Reiche und Stämme entstehen und wiederum vergehen. Staatliche Consolidirung, auf den Schultern kräftiger und kiiege- rischer Tribus ruhend, findet zwar hier und da statt, ist aber selten von längerer Dauer. Die politische Veränderung ist es, welche, genauer verfolgt, uns hier den Weg zeigt, auf welchem wir scheinbare selbst typische Gegensätze unter den afrikanischen Stämmen sich ausgleichen sehen. Eine solche Ausgleichung voll- zieht sich aber auch vor unsern leiblichen Augen, wenn wir die scheinbar auffälligsten Gegensätze einer ge- nauen vergleichend - ethnologischen Musterung unterziehen. Solcher Weg ist zwar höchst mühselig und zeitraubend, er ist jedoch der einzige, welcher zum Ziele führen kann. Ich bin fest überzeugt, dass wir so für gewisse vorläufige Völkerräthsel, wie die Mon- buttu nach den Schilderungen Schweinfurth's, wie die Hottentotten, Berbern, Aegypter, die sogenannten Pyg- mäenvölker, den Modus finden, sie in das System der afrikanischen Nationen ohne Zwang einreihen zu kön- nen. Dann, aber erst dann werden wir die Mittel finden, für gewisse extreme Zweige der afrikanischen Völkerfamilie nähere Beziehuns^en auch zu denen be-
S, lilns<heti*achtungcu. ;n7
nacliu.iiui it>iuiiiaii, zunächst Europas und Asiens, zu constatiren. Freilich müssen wir uns, um der über der afrikanischen Ethnologie bis auf den heutigen Tag lastenden Versumpfung zu steuern, gewisser alther- gebrachter Vorurtheile entkleiden und müssen manclier vielen von uns liebgewordenen Tradition auf unfreund- liche Weise entsagen. Wir müssen z. B. den semi- tischen Einwanderungstheorien Halt gebieten, das Ha- mitenthum als unbrauchbaren Kram beiseite werfen, das Kaukasierthum auf Europa und die Europäer be- schränken, die Arier theils zu den Keilinschriften und theils zu den Indern verweisen. Vor allem aber müs- sen wir einen wissenschaftlichen Fetisch, ich meine den blauschwarzen, dicknackigen, schafwoU - behaupteten Phantasienigger ins Feuer werfen. Wir müssen die Afrikaner bei sich selbst aufsuchen und genau er- kunden; dazu ist aber nöthig, vorerst besser unter- richtete, wissenschaftlich besser geschulte Reisende nach Afrika zu senden, als dies neuerdings mehrfach ins Werk gesetzt ist, und zwar von nationaler wie auch von inter- nationaler Seite aus. Ich erkläre dies frei und offen selbst auf die Gefahr hin, seitens halbwissender und unklarer Fachgenossen von neuem des Mangels an schuldiger Pietät gegen Vorgänger wie Mitstrebende auf dem Gebiete der Afrikaforschung bezichtigt zu werden !
Eine eigenthümliche Schwierigkeit bieten der ethno- logischen Erforschung die Bewohner der afrikanischen Inselwelt dar. Die Guanchen, die alten Bewohner der Canarien, sind zwar hinlänglich auf ihre Berbernatur, auf ihre Verwandtschaft mit den Imoschach im weitern Sinne, geprüft worden. Die nigritischen Baobi's oder Bubis, die Bewohner der Insel Fernäo do Po (Fer- nando Po), machen auf uns vollständig den Eindruck von schwarzen, auf jenes fruchtbare Eiland übergetre- tenen Bewohnern der das Gebiet der Gabonmündung bewohnenden Völkerschaften. In physischer Hinsicht scheinen die Bubis freilich ausgeartet zu sein und unter
318
Sechstes Buch.
aiiULiiii stark von einer Art des sogenannten Yemen- geschwüra geplagt zu werden. Auf der Ilha do Prin- cipe, auf Säo Thome und Annobom leben heutzutage
Schlussbetrachtuugen. 319
neben Europäern und Mischlingen nur AuKoinmlinge von Sklaven. Auf den Anjoaneninseln treffen wir als 'hner eine gemischt nigritische, den Wasuaheli -isch ähnliche Rasse, welche arabisches und selbst indisches oder eranisches Blut in sich enthält. Sehr äthselhaft bleibt dagegen vorderhand Madagascar mit -einen höchst sonderbaren, bald an das gegenüber- liegende Afrika, bald an Indien, ja selbst an Amerika erinnernden Naturerzeugnissen. Von der Bevölkerung ■rzählt man, dass sie theils malaiisch, theils hindo- -tauisch, theils afrikanisch sei. Haben wir es hier in der That mit eingewanderten und an veränderte Lebens- t-edingungen angepassten Fremdlingen, haben wir es mit Ueberresten einer vorgeschichtlichen, später zum Theil zertrümmerten oder allmählich veränderten con- tinentalen oder auch Inselwelt zu thun? Vorläufig gibt die Wissenschaft noch keine befriedigende Ant- wort auf diese Fragen. Es bleibt hier noch gar vieles zu thun übrig, wie ja im gesammten Festlande. Die alte bewährte Redensart „Semper aliquid novi ex Africa" Nvird noch lange ihren Reiz und ihre Gültigkeit be- liaupten. Ueber das vielfach Ungenügende der Gegen- wart wollen wir die Hoffnung auf eine schönere Zu- kunft nicht verlieren.
Anmerkungen.
1) zu S. 1. Pilgrime aus Turkistän, mit welchem letztem Namen im Orient häufig die innerasiatischen Gebiete von Chiwa, Bochara, Taschkend u. s. w. bezeichnet werden, machen nicht selten einen Abstecher von den heiligen Stätten aus nach Aegypten, wo man sie denn in ihren bunt- gestickten, mit Wollfranzen besetzten Kegelmützen oder in ihren hohen Turbanen, mit theils scharf gezeichneten, theils stumpfen kirgisisch-gebildeten Zügen umherbummeln sieht. Manche sind Bettlerderwische und Haschasch. (S. 194.)
2) zu S. 1. Die Delläle oder Mäkler machen sich im ganzen Orient unentbehrlich. Sie sind z. B. sehr brauchbar bei Einkäufen auf den Bazaren, sobald man nur vor augenfälligen Prellereien seitens derselben auf der Hut ist. Klunzinger erzählt, dass die in Kosser landenden Pilgrime ihre unter- wegs aufgekauften oder erbettelten Waaren aus Geldnoth durch den Mäkler losschlagen lassen. Waffen, Bücher, Räuchergefässe, Stücken der schwarzen Koralle, Rosenkränze aus diesen oder aus Aloeholz, lederne und metallene Ge- fässe mit heiligem Semsemwasser gefüllt, Bilderbogen mit den Ansichten der heiligen Stätten, eingewickelte Klösschen mit heiliger Mekka- und Medinaerde, Datteln vom Grabe des Propheten, Zahnstocher und andere Reliquien. (Vgl. Klun- zinger, Bilder aus Oberägypten, der Wüste und dem Rothen Meere, Stuttgart 1877— 79; 2. Aufl., S. 320.) Wir selbst fan- den den Delläl bis nach dem Innern von Afrika hinein verbreitet und erhandelten mit seiner Hülfe von den Funje und Abu Rof am Guleberg jene S. 163 geschilderten Markt- producte. Eine höchst lesenswerthe, an launigen und cul- turgeschichtlichen Bemerkungen reiche Darstellung der Wirk- Ramkeit persischer Delläle gewährt uns H. Brugsch in seiner „Reise der königlich preussischen Gesandtschaft nach Persien 18G0 und 1861" (Leipzig 1863), II, 74 fg. In Nordafrika gibt €8 aber auch Dellälehs, d. h. weibliche Mäkler. Diese haben
Anmcrkuugeu. 321
n Harems Zutritt, verschachern die oft sehr zierlichen ' reien und andern Handarbeiten der Damen und ver-
btliLii mboiiboi das Geschäft der Katbehs oder professionirten
Khokui'i>K rinnen.
3) zu S. 1. Franken, Effrendj, Singnl. Frendji, Frengi, werden in Aegypten im allgemeinen die Inglis oder Eng- länder, die Fransa oder Franzosen, die Sbaniulin oder Spa- nier, die Bertukan oder Portugiesen, die Nemsa oder Süd- deutschen und Oesterreicher, die Burusianin oder Preusscn, Korddeutschen, die Talianin oder Italiener und die Moskob oder Küssen genannt. Der Grieche, Rumi, zählt im all- gemeinen nicht zu den Franken. Die Osmanen nennt man Turuk (Sing. Turki), die Amerikaner Malekamin. Armenier heisst Armeni.
4) zu S. 2. Der unverdiente Ruf, als Begleiter eines preussischen Prinzensohnes ein hervorragender Arzt zu sein, welche letztere Eigenschaft schon durch mein damaliges jugendliches Alter ausgeschlossen wurde, verschaffte mir Zu- tritt auch in die Frauengemächer namentlich der Suda- nesen. Ich genoss noch mehr Zutrauen als mancher andere reisende Arzt und gewann dadurch in ethnologischer Hin- sicht sehr bedeutende Vortheile.
5) zu S. 3. Infolge der Bemühungen eines Sachs, Schwein- furth, Lenz, Falkenstein, Pogge, Hildebrandt und durch eigenen Sammeleifer habe ich ein vorzügliches osteologisches Material über verschiedene afrikanische Stämme zusammen- gebracht, darunter Specimina von grösster Seltenheit, über welche ich im zweiten Bande meiner „Nigritier" berichten werde. Einige Leichenöffnungen an Schwarzen vollzog ich in Gemeinschaft mit Dr. Th. Bilharz im Spitale Kasr el-Ain (October 18G1) zu Kairo und mit Dr. Alfred Peney (April 1861) im Spitale zu Chartum.
6) zu S. 3. Die Gründe, weshalb ich die Bezeichnung Nigritier in die Wissenschaft eingeführt sehen möchte, habe ich ausführlicher in meinem Aufsatze: „Die Stellung der Funje in der afrikanischen Ethnologie vom geschicht- lichen Standpunkte aus betrachtet" (in: Zeitschrift für Ethno- logie, 1869, S. 28() fg.), dargelegt.
7) zu S. 3. Die Kigritier. Eine anthropologisch-ethno- logische Monographie von R.Hartmann. l.Theil. Mit 52 litho- grai>hischen Tafeln und drei in den Text gedruckten Holz- schnitten (Berlin 1876).
8) zu S. 5. Die Musen des Herodotus von Ilalicarnassus, übersetzt von J. Chr. F. Bahr (Stuttgart 1866), Buch II (Euterpe), Kap. 4.
9) zu S. 6. Die koptische Sprache wird seit etwa tausend Habtmaitn. 21
322 AnmerkuDgen.
Jahren vom Volke Niederägyptens niclit mehr gesprochen' und verstanden, während dies in Oberägypten nach zeit- genössischen Schriftstellern noch bis ins 16. oder 17. Jahr- hundert hinein der Fall gewesen zu sein scheint. Selbst- heute beten die in den Schulen unterrichteten Kopten in ihrer Sprache. Die Bibel wird in den Kirchen auf koptisch gelesen, jedoch in arabischer Sprache erklärt. Die litur- gischen Bücher werden zur Zeit mit arabischen Lettern, wenn auch im koptischen Idiom, geschrieben und gedruckt.
10 zu S. 8. lieber den „Fetischdienst der alten Aegypter"- hat Dr. E. Pietschmann eine sehr interessante Arbeit in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, 1878, ver- öffentlicht.
11) zu S. 8. Die von mir vorgebrachte Auslegung der Osiris-Sage ist keineswegs neu oder originell, sie ist aber jedenfalls der Denkweise und Naturauffassung der Retu am meisten entsprechend. Osiris versinnlicht das Steigen und die befruchtende Wirkung des alljährlich von den Begen- güssen Central- und Ostafrikas geschwellten Nils, wogegen Typhon, des Osiris feindlicher Bruder, die sengenden Wir- kungen des Wüstenwindes und die dürren Monate reprä- sentirt, während welcher letztern der Schöpfeimer und das Schöpfrad arbeiten müssen u. s. w.
12) zu S, 8. Die Betu zwangen nomadisirende, dem eigenen Volke und dem stammverwandten der Bedja angehörende, sowie syro-arabische Stämme, auch Israeliten, zur Sesshaftig- keit und zur Ableistung härtesten Frondienstes.
13) zu S. 9. Vgl. H'. Brugsch in der Zeitschrift für all- gemeine Erdkunde, Neue Folge, XVII, 1 fg. Ferner: Ge- schichte Aegyptens unter den Pharaonen (Leipzig 1877), S. 730.
14) zu S. 14. Vgl. Nigritier, Bd. I, Abschn. I, Kap. IV.
15) zu S. 24. lieber die Verbreitung der Dolmen u. s. w. vgl. Sir John Lubbock, Die vorgeschichtliche Zeit, erläutert durch die Ueberreste des Alterthums und die jetzigen Wil- den. Autorisirte deutsche Ausgabe von A. Passow (Jena 1874), S. 102 fg.
16) zu S. 26. Hinsichtlich der Fethawic, Redemptores, bemerkt Wetzstein, der gründlichste und gelehrteste Kenner echt arabischen Wesens, dass in den schwersten Fehden der Araber, wo diese sich zu einer förmlichen Schlacht ent- schliessen müssen, die Hauptaufgaben nicht ihnen selbst, sondern den schwarzen Panzerreitern, athletischen Neger- sklaven, zufallen. Diese, fast immer im Stamme geboren und, ■wie die römischen Gladiatoren, nur für den Kampf erzogen, sind die wahren Helden der Zeltlager; sie sind jederzeit
ungon.
323
i., I. II , lui V,. 1. .\ui/i .. ..wv. »..* Klirc ihrer Herren das Leben einzusitzen. Der Araber ist zu klug, als dass er toiles- muthig sein sollte, wie das aueli eine Menge von Sprich- wörtern bezeugt u. s. w\ (Zeitschrift für Ethnologie. Ver- handlungen der berliner Anthropologischen Gesellschaft, 1878, S. 388.)
17) zu S. 26. Unter den Mauren und Maurinnen findet man nicht selten an arabische und jüdische erinnernde Physiognomien. Das rührt her: 1) von der Beimischung einigen wirklich syro- arabischen Blutes; 2) davon, dass viele der in Magreb lebenden Juden zum Islam übergetreten sind und jetzt noch übertreten, dass sie aber in diesem Renegatenzustande sich theils familienweise als „Mauren" fuhren oder mit letztern Vermischungen eingehen, die auf Kind und Kindeskind die Spuren der Provenienz hinterlassen ; 3) spielen hier zufällige Aehnlichkeiten mit, wie sie überall, selbst gelegentlich innerhalb rein germanischer Familien sich vorfinden.
18) zu S. 27. Die aus einer Vermischung von Berbern, Bedja, A' ' vi\ u. s. w. mit Nigritiern hervorgehen- den Ab; _•' erben bei der grossen physischen Ver- wandtst'iiiUL im« i dieser afrikanischen Nationen untereinander auch die äusserlichen Merkmale viel dauernder und con- stanter fort, als wenn Osmanen, reine Araber, Franken u. s. w. mit Nigritiern Vermischungen eingehen , wo es dann oft schon nach wenigen Generationen Rückschläge zum einen oder andern Typus der Aeltern zu geben pflegt.
19) zu S. 34. Vgl. darüber Nigritier an verschiedenen Stellen. Die arabische Sprache verdrängt mit dem Koran und mit den allgemeinen in diesem Idiome schrift- lich normirten Ritual- und Moralgesetzen des Islam all- mählich die eingeborenen Sprachen. Wo ferner die Os- manen, deren Abkömmlinge und Anhänger sich festgesetzt haben, wird das Arabische als officielle Sprache und als diejenige des öffentlichen Verkehrs auch von oben herab ganz besonders gepflegt und begünstigt. Daneben ist ja das Arabische Hauptidiom vieler Marabouts oder Missionare und der Derwische oder Mönche des Islams.
20) zu S. 34. Barf»n Pruyssenaere de la Wostyne im Ergänzungsheft zu Petermaun's Mittheilungen, Nr. 51, Theil n, S. 7.
21) zu S. 38. Obwol die im Sennar nomadisirenden Djaa- lin noch ihrem ursprünglichen physischen Bedjacharakter treu geblieben sind, so haben doch die am untern Blauen Nil und am oberu Nil wohnenden Angehörigen dieser Na- tion durch häufige Vermischungen mit Berabra, mit Schilluk,
21*
324 Anmerkungen.
Funje und andern Nigritiern den erstem eingebüsst. Vgl. Hartmann in: Zeitschrift für Ethnologie, 1879, Heft IL
22) zu S. 40. Crania ethnica; les cranes des races hu- maines par Quatrefages et Hamy. Mit zahlreichen Holz- schnitten und Steindrucken (Paris).
23) zu S. 58. G. Fritsch, Drei Jahre in Südafrika. Reise- skizzen nach Notizen des Tagebuchs zusammengestellt (Bres- lau 1868), S. 95.
24) zu S. 59. Abbildungen der Zimbaoe oder Zimbabye von K. Manch in der Zeitschrift für Ethnologie, 1876, Taf. XXII, S. 185 fg., und von Th. Baines, The Gold Regions of South Eastern Africa (London 1877), in letzterm zwei höchst interessante photographische Platten.
25) zu S. 59. Zwei meiner hier in Berlin Medicin studi- renden, in Südafrika geborenen Zuhörer, die Herren A. Schultz und A. Krause, versicherten mir wiederholt, grosse indi- viduelle Aehnlichkeiten zwischen gewissen Hagenbeck'schen Nubiern sowie Swazi, Zulu und Suto erkannt zu haben. Vgl. auch Virchow in der Zeitschrift für Ethnologie; Ver- handlungen der berliner AnthrojDologischen Gesellschaft, 1878, S. 402.
26) zu S. 60. Die Fechtweise der Masay wurde auf S. 269 dieses Büchleins erörtert, lieber diejenige der Zulu vgl. G. Fritsch, Die Eingeborenen Südafrikas, ethnographisch und anatomisch beschrieben (Breslau 1882), S. 130.
27) zu S. 61. Nigritier, Bd. 1, Abschnitt I, Kapitel IX.
28) zu S. 61. Die Hottentotten in ihren nähern Bezie- hungen und in ihren Gegensätzen zu andern afrikanischen Stämmen sind in meinen Nigritiern, I, 489, ausführlicher be- handelt worden.
29) zu S. 64. lieber die Doko habe ich neuere, von mir selbst in Afrika eingesammelte Nachrichten in den Nigritiern, I, 496, veröffentlicht.
30) zu S. 65. E. Marno hat in den Sitzungsberichten der wiener Anthropologischen Gesellschaft, 1875, zu S. 157 zwei in anthropologischer Hinsicht völlig unbrauchbare Cari- caturen von Akka abbilden lassen. Recht gut sind dagegen die beiden Figuren in Oberst Chaille Long-Bey, Central- Africa: Naked truths of naked people (London 1876), S. 264,
31) zu S. 67. 0. Lenz, Skizzen aus Westafrika (Berlin 1878), S. 117.
32) zu S. 76. Vgl. Hartmann in der Zeitschrift für Ethno- logie, 1869, S. 135 fg.
33) zu S. 154. Ferlini's Fund in den Ruinen von Meroe betruf Kostbarkeiten, die einer der mächtigsten auch auf
Anmerkungen. 325
den Alterthümern von Bcn-Naga dargestellten Candacen an- gehört haben. Diese zum Theil nach Dessins verfertip^ten Schmucksjii'lion , wie ihrer noch heut in Sennar und Abys- sinien üblich sind, befinden sieh zur Zeit im Aegyptischen Museum zu Berlin.
34) zu S. 160. Prof. Worsaa hat einen primitiven, stehen- den Webstuhl von den Faröer in seinen: Nordiske Oldsager i det kongelige museum i Kjöbenhaven, S. 159, abbilden lassen.
35) zu S. 164. Köler's Notizen über Bonny (Jena 1843).
36) zu S. 169. Hinsichtlich des von Chartum aus ge- leiteten durch mich mehrfach gebrandmarkten Sklaven- raubes schrieb im Jahre 1862 G. Lejean: „Cette note etait imprimee (juand l'auteur a eu communication d'un tres im- portant travail, paru dans le Zeitschrift für Erdkunde de Berlin etc. par le Dr. Robert Hartmaun. J'applaudis de tout mon cieur a cette expression d'une indignation loyale contre un crime permanent, qui brave, a la fois les lois de TEurope et celles de l'Egypte elle-meme et je regrette seulement que l'auteur ait rcstrei^t ä 15 pages un sujet qui eüt merite un volume. La chronique du Bahr-el Gazal eüt pu lui foumir bieu des episodes qu'il n'a pas connus etc." (Annales des voyages, 1862, I, 268.)
37) zu S. 171. L. Magyar über den Handel von Bihe in seinem oft citirten Werke: Reisen in Südafrika in den Jahren 1849—57. Aus dem Ungarischen von Joh. Hunfalvy (Pest und Leipzig 1850), I, 265 fg.
38) zu S. 182. Vgl. Dr. Wangemann, Lebensbilder aus Südafrika (Berlin 1871), S. 12 fg.
39) zu S. 192. Duveyrier, Les Touareg du Nord (Paris 1864), S. 450, 451.
40 zu S. 193. Das Liedchen würde auf Deutsch etwa heissen: Vermaledeit sei Kordufan, wo (in welchem Lande) ein Soldat (des ägyptischen Vicekönigs) den Misallim (den furischen Eunuchen und Feldherrn) erschoss (in der Schlacht von Bara).
41) zu S. 206. Die Religion der Kopten ist die monophy- sitische oder monothelitische, jakobitische. Oberstes Kircheu- haupt ist der Patriarch (von Alexandrien); unter ihm stehen Bischöfe, Erzpriester, Priester, Diakonen und Mönche. Die Regeln sind sehr streng; häufiges Beten ist Vorschrift und Hypokrisie an der Tagesordnung. Vgl. E. W. Lane, An account of the manners and customs of the modern Egyptians. Verschiedene Ausgaben. 8. Deutsch von J. Th. Zenker (Leipzig).
326 Anmerkungen.
42) zu S. 208. Ausführlicheres über den merkwürdigen, in Afrika sich hier und da findenden Hundecultus bei Hartmann in der Zeitschrift für Ethnologie, 1870, S. 136—140.
43) zu S. 247. lieber die Dynastie Salomo's vgl. Nigritier, I, 383.
44) zu S. 247. Ueber die sogenannten abyssinischen Juden oder Falaschas vgl. Nigritier, S. 374.
45) zu S. 284. Vgl. Hartmann, Geographische Verbreitung der im nordöstlichen Afrika wild lebenden Säugethiere. (Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, HI, 267.)
46) zu S. 313. C. R. Lepsius, Standard Alphabet for re- ducing unwritten languages and foreign graphic Systems to a uniform orthography in European letters. Edit. II. (Lon- don und Berlin 1863.)
Register.
Abibde IS.
AbanchU 24.1.
A-Bantu (KafTern). Ackorb.in und Viehzucht i:\9. 144; BewjiflfnunR 114. 12.3; GewerbtluititfkeJt l.Ml.
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Abyssinier, Ackerbau |
und Vieh- |
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Ac)
Ac). Acr Acr, Ada .'
'ator 1.1.». : inum M.'i
Adamprah 271.
Addax 2'<3.
Adinioku 252.
Adjao-Gala 19.
Adjem 107.
Adulis 14.
Afer (s. Danakil) 8. 14. 1-
Affen 13.'). 1.54. l«;l. 27H.
Affenbrotbaum 147. 1H3.
Afrika (s. auch Innerafrika), 1. 3; Ackerbau und Viehzucht 126. 13«; Bewaffnunff llß; Fischfang 2^*4; Gewerbthätiffkeit 1.5«; Handel 151. 187 ; Häusliche Einrichtungen 98. 105; .Tagd 2><0: Kleidung 107. 111. Körperliche Beschaflfenhoit 70. 77; 91; Krankheiten 2'.«9. 30*'.; Krieg 270; Menschenstäninie 20; Nah- rung 145; Rechtsverhältnisse 254; Religiöse Vorstellungen 205; Sit- ten 75; Sklaverei 250; Sprachen 308; Schlussbetrachtungen 319; Anmerkungen 320.
Afrikanische Völker 319.
Atfagir 13. 2«l.
Agau, Jagd 281; Körperliche Be- schaffenheit 80; Meuschenstämme 18. 19; Rechtsverhältnisse 2«^0;
llPL'ifriim/ 'Jl7- Si)r:icli('M IllO.
Aghas 1.
Aegoceroi 2'*4.
Agra 97.
Agriessteine 214. 262
Agrumi 1. ."lO.
Aecy " -inch Ahi^m'^'i" 1;
A Viehzucht 126. 144;
G. koit 1.53; Handel
iie Einrichtung 9'<;
328
Register.
Jagd 280; Kleidung 106, 111; Kör- perliche Beschaffenheit 68, 76. 96 ; Krankheiten 299; Krieg 267; Men- Bchenstämme 5; Nahrung 147; Ilechtsverhältni8se254; Kegierung 227; Religiöse Vorstellungen 205; Sitten 188; Sprachen 309; Schluss- betrachtungen 316.
Ahogar 28.
Aito 249.
Akazien 118.
Akazienholzkohlen 156,
Akil (s. Makabantu) 81, 250,
Akka, Bewaffnung 121 ; Körperliche Beschaffenheit 94. 96; Menschen- Btämme 64; Regierung 252.
Akkra 312,
Aksum 14, 247.
Akwapim 312.
Alaka 212
Alexandri'a 1, 71, 126. 249, 283.
Alga (Bettstelle) 106.
Algier , Algerien , Algferie, Acker- bau und Viehzucht 137; Men- schenstämme 26, 27; Regierung 227; Sitten 193; Sprachen 310.
Ali-Bey 231,
Allah 16, 212.
Aloa 11. 41, 49. 268,
Aloe 138,
Altägypten 155, 203, 310.
Altchina 153,
Altkairo 1,
Altnubien 155,
Amabutu 242,
Amachlosi 224,
Amafengu 56. 244,
Amaholi 243.
Amanokal 245.
Amapagati 241,
Amaswazi 55. 224.
Amatabele 54. 253, 26«,
Amatonga 55.
Amatongo 224.
Amatungula 130.
Amaxosa 54.
Amazigh 245.
Amazonen 277.
Amazulu (s. Zulu), Handel und Ver- kehr 178; Häusliche Beschaffen- heit 105; Krieg 268; Menschen- Stämme 54; Religiöse Vorstel- lungen 224; Sitten 178.
Ambadj 175.
Ambakka 170.
Ambatch 285.
Ameisen 135,
Amenemha 18,
Amenhotep 10. 75.
Amerika 91. l.io. 319.
Amhara 81, 206.
Amharinja 310.
Amon-IU 75.
A-mrara 145.
Amr-Ibn-el-Asi 9.
Amulet 113,
Anahuac 74, 153,
Anchylostoma 302,
Andries Waterboer 62,
Angareb 188, 208.
Angola, Ackerbau und Viehzucht 127. 138 ; Handel und Verkehr 170 ; Menschenstämme und "Wohnsitze 52; Regierung, Staatsverfassung 241; Sprache 311.
Anjoaneninseln 319,
Anna Xinga 277.
Annobom 318.
Anona senegalensis 129.
Antilopen 109. 135. 159. 210. 280.
Araber 2; Körperliche Beschaffen- heit 71; Menschenstämme, Wohn- sitze 8. 25; Nahrung 152; Rechts- verhältnisse 257; Sitten 194; Spra- chen 313.
Arabie (Wagen) 75.
Arama 48.
Ardjinoma 233.
Argin 7.
Argo 7.
Arier 2. 309,
Arkiko 250,
Armenier 1. 26.
Amanten 1. 185.
Arsch 244.
Artischoken 132.
Artocarpus 129.
Asaker 168.
Aschanti, Bewaffnung 116; Häus- liche Einrichtungen 101 ; Kleidung 109. 113; Krieg 271; Menschen- stämme 47. 53; Rechtsverhältnisse 261 ; Regierung 234 ; Religäöse Vor- stellungen 213; Sitten 191. 198 j Sprachen 312.
Aschantipfeffer 131. 152.
Asfa Wusen 207.
Asien 134.
Assagaien 276.
Assida 147.
Atbara 12. 281.
Ateuchus Ägyyptiorum 208.
Aethiopier 2. 14. 268.
Augenkrankheiten 304.
Augurien 209.
Auraris 281.
Azdjer 245.
Azteken 223,
Babongo 102. 290. Babylon 1.58. Bacharnegasch 248. Badimo 224. Baganauoa 225.
Register.
829
i Ajrur« 1<». 193. SfiS.
kerbau und Viehsucht
'!innirl2A; KIoidunglOH. . , Wohnaitze 34. k' 2S4.
S'* ; Kcgiemng
Banihus US. ir>;i. Bana 209.
Bananen 72. Ti«. l».i. Bandorabe 4i*. Banka i»l. Bantetsche 11.'.. Banyay S4. 2<k Banra-n'-Konyo IMO. Baobab I.W. Baobi?. Buhig :n7. Bara IM. l'.«3. 271. Baraka 132. Barbareskenstaaten 2. B.ir.l. !i \':<?..
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i a>tardhottentotten 62. 2S^.
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Ba«!itn, Acktrbau und Viehzucht
1H>; Kleiduntf 10?*; Regierung 242;
Sitten I7y. 1«2. l^h; Religiöee
Vorstellungen 216. Rata 240. Batalha 98. Bataten 127. 147. Batoka 54. 199. Batonga 55.
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II 15.
45. 283.
Beiaui 30.
Beled-Sudan 227.
PoIf>ma 211.
i; : : i-clien-Garden 2.50.
i;. ::-.i :{12.
H.iiK.iid 249.
Benguella, Ackerbau und Viehzucht
12«. 142; Handel 170; Menschen-
'1; Rechtsverhältnisse
se Vorstellungen 266;
11.
Bfiii-Aiinr "_';•.
Beui-Hassan 297.
Benin 101. 191. 214. 234.
Benomotapa 5h.
Berabra (Berberiuer), Ackerbau und Viehzucht 140; Bewaffnung 11« GewerbthätiKkeitl55; Handel 168 Häusliche P^iurichtungen 105 Kleidung UK». 114; Krankheiten 299; Krieg 270; Menschenstämmo 7. 18; Nahrung 147; Regierung 229; Sitten 179. 19«; Sprachen 310.
Berbern, Ackerbau und Viehzucht 138, 142: Bewaffnung 116; Häus- liche Kinrichtungeu 102; Jagd Körperliche Beschaffenheit 77 ; M. .,>., h. ,,«tamme 11. 61; Rechts- 257; Sitten 177. 192:
Berikimo «>6.
Bernsteiuperlen 112.
Berred 112.
Berr-el-Arab 193.
Berta, Ackerbau und Viehzucht 129; Kleidung lOH. 111; Körperliche Beschaffenheit '.H): Krieg2«;9; Nah- rung 147; Regierung 227; Reli- giöse Vorstellungen 208; Spra- chen 311.
Berun (Burun) 34. 115. 121.
Beryllen 105.
330
Register.
Besä (Antilope Beisa) 231.
Bescharin 14.
Betchuana (Betchuanastamm), Ackerbau und Viehzucht 137 ; Häusliche Einrichtungen 100; Jagd 287; Menschenstämme 54. 61; Regierung 243; Religiöse Vor- stellungen 226; Sitten 179. 192.
Bettan 66.
Bey (Bei) 1. 228. 283.
Bicho-de-pfe 145.
Bida 24.
Bidduma 34.
Bihe 171. 268.
Bilbil 151.
Biled-el-Djerid 129.
Binsenratten 146,
Biseli 169.
Bitobo 211.
Blauer Nil 34. 46. 143. 189. 211.
Blemmyer 38.
Blutrache 258.
Boer-Republiken 116. 280. 295,
Bogos 18. 80. 102. 264,
Bohon-Upas 305,
Bongo, Gewerbthätigkeit 156; Han- del 168; Kleidung 111; Körper- licheBe8chaffenheit96; Menschen- stämme 41; Nahrung 146; Reli- giöse Vorstellungen 211 ; Sprachen 311.
Bonny 101. 164. 251.
Bonzen 73.
Borassus Aetfnopum 129.
Borgu 34.
Bornu, Bewaffnung 125; Handel 175; Kleidung 108. 113; Menschen- stämme 39; Regierung 233; Reli- giöse Vorstellungen 208; Sitten 197; Sprachen 311.
Bos brachyceroa 264.
Boswellia papyrifera 132.
Bowani 269.
Brakna 27.
Braminenzebu 142.
Brasilien 91. 289.
Braas 127. 251.
Brayera antheUninthica 301.
Brouzefarbe 82.
Bubonen 299.
Budda 211,
Buddhismus 257.
Buenos-Ayres 91.
Büffel (Boa cafer) 13. 148. 264. 281.
Bugalten (Bedja) 14.
Buka 14.
Bulak 2. 6.
Bulal» 39.
Bullom 312.
Bunit (Bunek) 209.
Burma 105.
BuBchböcke 283.
Buschmänner, Bewaffnung 121;
Häusliche Einrichtungen 102 ;
Jagd 287; Kleidung 108; Nahrung
146; Regierung 252; Sprachen 305;
Wunden 305. Butyrospermuni 127, Byssus 154.
Cabocirs (Häuptlinge) 51. 239, 261. 273.
Cachassa u. s. w. 151.
Cacongo 241.
Cactus opuntia 130.
Cafe au lait 70.
Calabar 84.
Calabarbohne 218.
Camerun 53.
Campas 93.
Canarien 317.
Candace 14. 159.
Canots 175.
Cap 56.
Capcolonie 54. 61. 97.
Cap Finisterre 25.
Capisch-Hottentottisch 311.
Capland, Jagd 278; Krankheit 301; Regierung 243; Sprachen 309.
Cap Lopez 241.
Caypora 212.
Centralafrika, Ackerbau und Vieh- zucht 126; Handel 168; Krank- heiten 307; Nahrung 152; Reli- giöse Vorstellungen 211 ; Sitten 183. 193. 203; Sklaverei 292.
Centralasien 187.
Centralsudan, Ackerbau und Vieh- zucht 128. 134; Gewerbthätigkeit 155; Verkehr 164; Religiöse Vor- stellungen 205.
Chartum 129. 169. 228.
Chato 132.
Chetschwayo 116.
Chetiter 71.
Chilene 41.
Chimpanse 90. 141. 285.
Chimpaiksefell 121.
China (s. auch Altchina) 138.
Chinsasa 265.
Chiwa 107.
Choera 179.
Cholera 299.
Chont (To)
Christensklaven 25.
Chum (Strychnos innocua) 130.
Church Missionary Society 312.
^idade de Mogambique 98,
Civilrechts-Codex 261.
Clans 51. 62. 250.
Claudius 14.
Coanza .52. 212. 264.
Colocassiawurzeln 147.
Colonnadenthaler 172.
Register.
331
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Dickagare 'iJK. Dif»«» CAnt. d^fatta) 2S0. Diffma 23.1. |
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Dijok 210. |
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Dikale .112. DinRi«wayo 241. |
|||
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Diodor 14. |
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Pjaalin. n.worl.tl.ntigkeit 154 ; Han- 1 ^'111; Menscben- |
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reuatcifc 281.
Darhahanf 9«.
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-tich des Nils 202. .lokami 107.
1 (8. Afer) 14. IS. 19. 102.
^lamraed Guerandj) 247.
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Fi:t). Ackor1.au un.l
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228.
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2:^:.. Djanhai 259. Djebelauin 20<). Djema« 257. Djenge 42.
Dj«rad (Einh. i)i..ri,i. r-r Djerebin ins Djidda 71. 1.': Djuba 309. Djur 42.
Djurdjura 77. .104. Dochu 12ß. 163. 147. Doko, Bewaffnung 121; Jagd 24C;
Körpecliche Beschaffenheit 94;
Menschenstämme 63; Nahrung
146; Regierung 252. Dolmen 23.
Dompalme (Hyphaene thebaka) 129. Dongo , .Sklaverei 294. Dnnsjola, Ackerbau und Viehzucht 'J: Häusliche Einrichtungen ..'idung 107; Sitten 1S4. 193. rohrrtote 73. It.mbüsche 1.1H. Dornenfeige (Tin schoki) 150. Dowisch 27. Dowla 172. Drawing-Room 90. Dromedar 2Hi». 270. Dschagga 14. DuaUa 312. Dubaim M2. Dubbani-Danakil <<1. Durra, Ackerbau und Viehzucht
l->.. u .n.i.-i 163; Menschenstämme t? 147; Regierung 232; Vorstellungen 20H. Dv=...... .. .JJ.
\z 1.54.
Eibisch (Bibiicus etculentutj 132. 147. Eidechsen 145. 146. Eierpflmumea 147.
332
Register.
Einhufer 144. 278.
Elefant 13. 112, 123. 136. 145. 154.
Elefantensöhne 276.
Elephantiasis 300.
Elenantilope (Oreas canna) 145.
Elfenbein 119. 180. 196. 232.
Elliria 250.
El-Nimr (Melik) 37.
El-Obed 283.
Elohim 229.
El-Kif 27. 77.
Empacasseiro 70. 264.
Empacasseirobund 264.
Enarya 152.
Endivien 132. 217.
Engandas 179.
Ennyay 209.
Enset 128.
Epilobium 127. 138.
Epizoen 301.
Eppich 131.
Erdnuss (Arachis) 127.
Erombe ya loma 238.
Erze 162.
Esel (brasilianische) 134. 162.
Esneh 194.
Eunuchen 229. 272.
Euphorbienmilch 122.
Ewe 312.
Fadassi 227.
Fakih 16. 50.
Falascha 18. 81. 247.
Falken 281.
Falkenbeize 280.
Famaka 211.
Fan oder Faon 44. 52. 108. 119. 122.
Fanti 312.
Faruch 168. 270.
Fascher 232.
Fasoglo 24. 80. 130. 152. 208.
Fatcha 260.
Fazogloberg 2.
Feige (Ficus carica) 129.
Fellach (Mehrh. Fellachin) 1 ; Ge- ■werbthätigkeit 155; Handel 161; Kleidung 111. 116; Körperliche Beschaffenheit 71; Krieg 271; Men- schenstämme 7; Sitten 201; Skla- verei 290.
Felup 121.
Fema 2.54.
Ferdah 107. 282.
Ferlini's Fund 154.
Fernambuk 163.
Fernäo de Po, Fernando Po 317.
Fesan 38. 50.
Fethawie 26.
Fetisch (Feitisso) 207. 213. 222. 265. 294.
Fingoes 56.
Fiodh (Fiod) 197. 253. 312.
Florida 216.
Flusspferd 11. 148. 284.
Francolin (Hühner) 288.
Franken 1. 25.
Frettchen (Mustela furo) 140.
Fugoma 233.
Fuka (Hafuka) 294.
Fukaha 16.
Fukra 16.
Fulbe, Fellata, Fulan, Ackerbau und Viehzucht 139. 149; Bewaff- nung 121; Kleidung 114; Men- schenstämme 38. 44; Regierung 233. 251; Religiöse Vorstellungen 206; Sitten 177. 203; Sprachen 309.
Fulfulde 312.
Fumo-Ansewa 237.
Funje 2; Ackerbau und Viehzucht 134; Bewaffnung 118. 123; Gewerb- thätigkeit 159; Handel 164; Häus- liche Einrichtungea 105; Jagd 281; Kleidung 108. 111; Körper- liche Beschaffenheit 70. 83; Men- schenstämme 11. 17; Nahrung 148; Religiöse Vorstellungen 208; Sit- ten 175. 183. 196; Sprachen 311.
Funje-Sultanat 35. 52. 247, 268.
Furaua 271.
Eurer 10. 234. 271.
Futadjalon 34.
Futatoro 39. 143.
Futne 163.
Gabon 196. 210. 266.
Gabonmündung 317.
Gabon-Nigritier 53.
Gabonterritorien oder Gebiet 44. 84. 312.
Gadjaren 251.
Gaetuler 23.
Gala, Ackerbau und Viehzucht 129. 142; Bewaffnung 117. 122; Häus- liche Einrichtungen 105; Kleidung 108; Körperliche Beschaffenheit 81 ; Krieg 269 ; Menschenstämme 14. 19; Nahrung 145; Religiöse Vorstellungen 206. 215; Sitten 180; Sklaverei 290; Sprachen 309.
Galloa 84. 114.
Galvanized iron house 99.
Gambia 266.
Ganga 226.
Garamanten 38.
Garieh-Beda 290.
Garieh-Sudeh 290.
Garieh-Habeschieh 290.
Garrad 156.
Gattas 235.
Gau (ägyptisch Hesep) 5.
Gaucho 92.
Gazellen 13. 280.
Kopist er.
333
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Haupt-rurras 26.'». |
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HausaHtämme (Hausa), Gewerb- |
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thätiKkeit i:>7; Häualiche Eiurich- |
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tuiiKen 104; Kleidung 111; Meu- |
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Hauskatze 134. |
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H' .--Araber 37. |
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Idris 163. |
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-täninie 56. 178. |
189. |
Hir.-dot .'i. 245. |
Guissama .'.'.'. |
Himraa 213. |
Gulfrir.' -.'i".!). |
Hindu 97. |
< H. 3.i. S4. 129. 163. |
Hf.ka 21^. |
< zöaiach 38. |
Holländer 271. |
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Homer (53. |
Guudct 1'71. |
Homo hottentottuB 96. 287. |
Gunnia-Tiquoa 22<^. |
Homran 11. 18. 282. |
Gura 271. |
Honig 14«. |
(Jurasrie 20. |
Houigdachse 188. |
Gu88 odtr Mamlukken 291. |
Horscsickuesa 143. |
Guy.iiia-* '.'•«7. |
Hormos 162. |
Hottentotten, Ackerbau und Vieh- |
|
zucht 13H ; Bewaffnung 121 ; Hau- |
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Houria 51. |
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Huitzilipochtli 223. |
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Hulk 167. |
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Hunva 27ß. |
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1' jnoturouifsj l'Ji. |
Jan Kompune 213. |
1 ;. |
Ibis (Uarpiprion Uagedath) 22.>. |
1 la (Prinz) 280. |
Ibrim 7. |
lluiuaaryaä-PaTiane 281. |
Ichneumou 281. |
334
Register.
Ihogaren 24. 245.
Jibbir 251.
Ilha do Principe 318.
Ilmorma 19.
Iltis (Mustela foina) 140.
Imam Schafey 184.
Imoschach (Einh. Ämoschach) 22.
Imrad 29. 245.
Inarya 20.
Indianer 167. 177.
Indien 153.
Indiens (Himalaja) 128.
Indigo 127. 163.
Indoeuropäer 2.
Induku 118.
Induna 242.
lufima multitudo 51.
Ingassana 34. 83.
Ingeir 63.
Innerafrika , Ackerbau und Vieh- zucht 145; Handel 170; Krank- heiten 249; Menschenstämme 60; Nahrung 147.
Innersudan 164.
Inslimen 245.
Jomnium 24.
Ipsambul 70.
Ischan 178.
Ischoggo 159.
Isiduta 216.
Isimportlo 242.
Islam, Häusliche Einrichtungen 98. 109; Kleidung 107; Körperliche Beschaffenheit 77; Menschen- stämme 15. 50; Nahrung 151; Rechtsverhältnisse 258; Religiöse Vorstellungen 209; Sitten 184; Sklaverei 290.
Ismail-Pascha (Prinz) 37.
Ispahan 1.
Itongo 224.
Jurama 233.
Izinsizwa 242.
Kabaka 20. 230.
Kabberu oder "Walgie (Canis si- mensis) 20.
Kabinda 222.
Kabiskema (Schwerter des Sultans) 2K4.
Kabs-el-Tor 151.
Kabyleh (Mehrh. Kabail) 27.
Kabylie (Kabylen), Körperliche Be- schaffenheit 77. 97; Menschen- Stämme 24 ; Rechtsverhältnisse 257; Regierung 244.
Kadi 2.54.
Kadi-el-Arab 32.
Kadje 54. 203.
Kadzia 281.
Kafa 20. 60.
Kafal 132.
Kaffern, Bewaffnung 123; Gewerb- thätigkeit 158; Handel 167; Jagd 280; Kleidung 108; Menschen- stämme 52. 58; Nahrung 150; Re- ligiöse Vorstellungen 216. 224; Sitten 183; Sprachen 311.
Kafferkorn 112. 126.
Kaffraria oder Kafirland 116.
Kahira 75.
Kairo (s. auch Altkairo) 7. 71. 107. 202. 228. 231. 283.
Kajaja-Kajangola 237.
Kakerlaken 297.
Kalasyrier 267.
Kalebasse 200.
Kalidscha 209.
Kalihari 57. 280.
Kaliharisteppe 56. 132.
Kalkutta 97.
Kamele 252. 283.
Kamelzucht 168.
Kamrasi 297.
Kanembu-Lanzenträger 50. 121.
Kanemin 233.
Kauikis 172.
Kannibalen 44.
Kanori (Kanuri) 38. 120. 161. 811.
Kanun 195. 257.
Kappernpflanze (Polanisia) 148.
Karakuse 132.
Kaross 108.
Karthager 26. 172.
Kasa (Kaiser Theodor, Tedrus) 18,
Kasalma oder Kadjelma 234.
Kassr-el-Nil 231.
Kasay (Kaiser Johanös) 18.
Katagum 193.
Katamatu 237.
Katarakt 174.
Katekiro 230.
Kauar 38.
Kaukasier 2. 20. 309.
Kauris (Kaurischnecken) 112. 116, 164. 203.
Kawele 165.
Kebab 147.
Kedesch 71.
Kefn 187.
Keiskamma 54.
Kellui (Tuarik) 38.
Kemage 195.
Kene 8.
Kenia 19. 204.
Kenkob 66.
Kens (Kenus) 7.
Keutake (s. Candace) 154.
Kerekberg 159.
Kerri 118.
Kesila 294.
Ketchwayo 243.
Khalifen 280. 204.
Khartum (s. auch Chartum) 10,
Kharif (Regenzeit) 13.
Ixopistor.
335
uh ChedU,
iy. iry. im), lyy. 280.
.'(* $picigtra) 127.
26. au 266.
213.
uininata) 152. :iUS8 275.
it 18.
ila-n' Bihe 237. i 14:<. iri .^U. Mtii..- 1U7. 2^1.
!»el 1U7. 194. 227.
Koran ^6. »1. 164. 183. 187. 228. Korana 62. K.-,..an 12.'i.
ifan 10. 16. 45. 127. 195. 228.
K , ;iiu.
K thiere (CjfchpidenJ 302.
K: • . Tl.
K- ■ .
K -,
Kr-,
K' -..kr;!!!!!-!! l.i'j.
K 17>>. 312.
Kr. im 211.
Kabbah 189.
Kudclam 251.
Kudu 2S2.
Kithautilope 282.
Kuka 50.
KiikiA 47.
Kulan oder Gurkur L'ty.
Kulbcda 120.
Kuniassi 51. 101. 169. 21.«.
Kunama 46.
Kuuafe 147.
Kiinene 54.
Kiinta 2:{3.
Kanta-Schek 49.
Kurbary 49.
Kurde Ali-Bei 2.11.
Kurden 2r,. 1k7.
Kurdistan 75.
Kusch (.*^udan) 172.
Kuskussu 147.
Kusso Hol.
Kuvrukuta-Kanga-Asabi 265.
Lablab (Dolichos lablab) 132.
Lade 250.
Lahaita Ibn Ibrahim 81.
Lappen 67.
Lasan (Aizanas) 14.
Lasta 81.
Lataku 62. 250.
Leembe-Eheu 1S4.
Lege oder Loge 2.jO,
Liambay 58.
Liambye 243.
Liberia 152.
Libyer (Libu, Tamhu) 7. 23. 27. 77.
Lika 243.
Limpopo 61.
Loanda 264.
Loango 52.
Loangogebiet 52.
Loangoküste 197.
Loda 201.
Lotosbäume (Zixyphus Spina Chriiti,
Diospyros Mos) 130. Louisiana 216. Löwen 154. Luba 209. Luchme 147. Lunda 237. La oh 46. Lnpinen 126.
Liueme (Medicayo tadco} ^■J^^ Laqueui 240.
Maccarthy 271.
Marin 312 M :
M
2dade;raxicb''
336
Regfister.
Madrakal 18.
Mafitte 55.
Magdala 37. 301.
Magreb (Magrebin) 2; Ackerbau und Viehzucht 126. 140; Gewerbthätig- keit 157; Handel 161; Häusliche Einrichtungen 98 ; Jagd 280; Klei- dung 111; Krankheit 304; Kör- perliche Beschaffenheit 77; Men- schenstämme 632; Nahrung 145. 150; Keligiöse Vorstellungen 205; Sitten 179. 194.
Mähnenschaf 139.
Mähnenmouflons (Ovis tragelaphus) 139.
Mai 147. 232.
Maini 75.
Mainta 233.
Makabantu (Akil) 81. 250.
Makada 246.
Makoapa 59.
Makonde 115.
Makua 225. 311.
Mala 233. 212.
Malaguettapfeffer (Xilopia aethio- pica) 131. 152.
Malekamis 172.
Malikiten 184.
Malta 25.
Mambo 237.
Mamluken 107. 291.
Mamur 219.
Manawatschi 271.
Mandinka (Mandingo, Mande), Be- waffnung 121; Kleidung 108, 103; Menschenstämme 39. 41 ; Sitten 203; Sprachen 312.
Mandjaruma 286.
Mangaka 222.
Mangala 203.
Mangandja 111.
Mani 241.
Manihot 127.
Mantati (Bamantatisi) 61.
ilantis 226.
Manyema 85. 114. 285.
Maosu 311.
Marabout 28. 245.
Marabufedern 163.
Marder 145.
Margi 120.
Marimba 198. Marma-Kullobe 233. Marokko (Marokkaner) , Gewerb- thätigkeit 157; Handel 170; Häus- liche Einriclitungen 105; Korper- licheBeschaft'enheit 77 ; Menschen- Btämrae 27. 48; Kegierung 227; Sprachen 310. Marquez 241. Marsala 230. Masay 118. Masohona 54. 115.
Massassi 49,
Maseli 55.
Masindi 271.
Massr-el-Qahireh 1.
Mauretanier (Mauren) , Ackerbau und Viehzucht 134; Kleidung 111 ; Körperliche Beschaffenheit 78 ; Menschenstämme 24. 24; Kegie- rung 239.
Matabele 311.
Matabelezweig 60. 225.
Matamba 265.
Matambue 115.
Matat (Pias Kimek) 249.
Matongo 311.
May-Gogwa 37.
Mazyes (Mazigh, Amazigh, Imo- schach) 245.
Medinawurm (Filaria Medinensis) 302.
Medjlis 229.
Mehemed-Ali 202.
Mekka 15. 50. 188. 202.
Mekono 264,
Melik (Fürst) 36. 104. 229.
Mellach 147.
Melle oder Melli 48. 205.
Mellinke 48.
Melot oder Molot 134.
Meluchie (Corchorus) 132.
Memphis 75.
Menes (Mena) 5.
Menhir 23.
Menilek 206.
Mensa 80. 102. 260.
Menzuleh 8.
Merem 154.
Merhaka 150.
Merikanis 172.
Merisi 57. 151.
Meroe (Bedjerauie) 155. 159. 162.
Meschhed 1.
Mesopotamien 26. 257.
Midab to Bedjauie 311.
Midgan 251.
Milizen 276.
Minareh 75.
Misallim-el Machdum 292.
Mischmisch 147.
Misraim 75.
Missionare 28.
Mistrema 243.
Mittelamerika 128.
Mittu (Luba) 42. 47. 54. 111. 145.
Mkanu 253.
Mlunga 209.
Modimo, Morimo, Morimmo, 223.
Modus (Cassia Arereh) 112. 156.
Mohabber 260.
Mohammed-Ali-Pascha 35. 255.
Mohammed-Bey-el-Defterdar 37.
Mohammedaner, Nahrung 151; Ke- gierung 247; Sklaverei 291.
Register.
337
MohnrraTitnriro (Antilope Dama)
Eil
114
\(korbHuuud Viehzucht
^ tffuung 120; Go-
IM ; Häusliche
i'..; Kleidung U>i* ;
1.' :{y; Reprie-
\ orstellungou
iskeii) 2«5.
iillilc Iti ; Ut- >8«» Vorstel- ■u 1S7.
inbe 237. NO .-.-J. 236.
vizas) 237.
lN»i.
bäum 131.
Naget hiere 13.V
Nebbek 131.
Nedjd li».
NegeralbinoB '.".•".
Negerhirse (Ihtrrah, Soryhum) 112. 12r,.
Nogros 110V08 ;»2.
Nogus Nagast 246.
Nfkao 172.
Nooj.hyten 207.
Nosfielart (Urtica nieea) 127.
N o Uli gyp teil 203.
Xgornu 234.
Ngwa 122.
N'iam-Niam, l{«*waflfnung 120; Han- del 168; Jagd 28.'.; Kleidung lUS. 114; Körperliche Beschaffenheit 8.1; Men8chen8tänime42. .'>2; Nah- rung 145; Regierung 227; Reli- giöse Vorstellungen 212; Sitten IS»»— 1%; Sprachen 311.
Niarabari 311.
Niederguinea 101.
Xigilla 181.
Xigritier (Neger) 3; Ackerbau und Viehzucht 133. 143; Rewaffuung 118; Handel 161. 174; Häu.^liche Einrichtungen 106 ; Jagd 2S.'i ; Klei- dung 112. 116; Körperliche Be- schaffenheit 70. M. 86. %; Krieg 269; Menschenstäuiiue 7. 19. 3i». .'.1. 61; Nahrung 148; Rechtsver- hältnisse 2.17 ; Regierung 236; Re- ligiöse Vorstellungen 2l>4 ; Sitten 181; Sklaverei 292.
Nigritierfürsten h'l.
Nil (8. auch Blauer und Weisser Nil), Handel 172; Körperliche Be- schaffenheit 73: Menscheustämme N; Religio«- Vnrst..lluin.'.ii -.Md; Sitten 2ti-J.
Nilanne 61*.
^'i'Vizien 7.. »rakt 10.
1, Gewerbthätigkeit l.'>4 ; Han- ur. 169; Körperliche Beschaffen- heit 72; Nahrung 131.
Nilpferd (8. Flusspferd) 13.i.
Nilthal, Ackerbau und Viehzucht 127. 138; Kleidung 106; Menschen- Btämme 8; Sitten 192; Sklaverei 291.
Nimia Luqueni 240.
NiTiivr \h'A.
<C*p) 17.%.
fMttPntotten 62.
Naui-,
8C)>.
Nawab 'M. Habtjsa:
.n 260.
Ackerbau und Vieh- 131. 134; Handel 16s ;
22
338
Register.
Jagd 289; Menscheustämme 23; Nahrung 152.
Nordarabieu 19.
Nordcap 2ö.
Nord-Dongola 11,
Nordostafrika 141 208.
Nordwestafrika, Ackerbau undVieh- zucht 140; Mouschenstämme 6; Sprachen 310.
Noria 148.
Noro, Nor 212.
Nsanga 193.
Nuba, Noba, Ackerbau und Vieh- zucht 140; Bewaffnung 120; Ge- werbthätigkeit 15(3; Körperliche Beschaffenheit 85; Menschen- stämme 34. 46; Sprachen 311.
Nubier 1 ; Ackerbau und Viehzucht 126. 134; Häusliche Einrichtung 100; Jagd 280; Körperliche Be- schaffenheit 7(;; Krankheit 299; Krieg 2tj8; Menschenstämme 10; Regierung 23G; Sitten 187. 203.
Nuer, Bewaffnung 117; Kleidung 111; Menscheustämme 42; Regie- rung 249; Sitten 183; Sprachen 311.
Nuk CGuitotia) 127.
Numidien 23. 205.
Nupe 312.
Nyassa 311.
Nyekomm 210.
Nylstroom 59.
Oasen 310.
Oasenbewohner 105.
Oberägypten 11.
Oberguinea 101.
Obernubier 172.
Odzi 1«8.
Oganga 218.
Ogowe 52. 210. 285.
Ogun 251.
Okande 84.
Ollakiberg 10.
Oelpalnie (Elaeis) 127. 105.
Olumo 251.
Omar-el-Kancmi 233.
Ordalien 213.
Orma 14. 19.
Orangen 130. 148.
Oranjefluss 54. 62. 127.
Oranje-FrJjstaat 116. 242.
Osiria 74. 210.
Ostafrika, Bewaffnung 116; Gewerb- thätigkcit 155; Jagd 289; Men- Bcheustämme 18. 20; Nahrung 152; Regierung 2.54; Sitten 198.
Ost-Sudan, Ackerbau und Viehzucht 130; Handel 168; Häusliche Ein- richtungen 105; Krankheit 298; Monachenstiimmo :{7; Nahrung
150; Religiöse Vorstellungen 216;
Sklaverei 291; Sprachen 312. Otyi-Herero 311. Ova-Herero 54. Owambo 54. 911.
Padischah 228. Pagazi 135. Palästina 19. 26. Palaver 152. 179. 253. Palmöl 115. 180. Pampas 92. Pänat 216. Pandanus 109. 109. Panther 109. Panzerhemd 125. Papagaien 163. Papagenoflöte 199. Papierrindenbaum (BosweUia) 132. Paranahyba 267. Pariahund 139. Parkinsonia 74. Pascha 15. Paviane 135. Perlhuhn 288. Perser 9. 26. Persien 280. Peru 153. 293. Peuhls oder Pouls 38. Pferdeantilope 13. Phagadänismus 306. Pharao, Bewaffnung 121; Handel 162. 172; Jagd 280; Körperliche Beschaffenheit 72; Krieg 277; Menschenstämme 5 ; Religiöse Vorstellungen 226.
Phönizier 4. 17. 25.
Pilaw 147.
Pilgrim (Tekarine) 1. 11. 187.
Pistazien 147.
Pits'os 192.
Plansigar 267.
Plinius 63.
Poinsettienblüten 74.
Polenta 1.50.
Polio 179.
Polygamie 183.
Polynesien 129. 177.
Porteüo 91.
Portugiesen 59. 91. 261. 3u3.
Portulak 132.
Priesterkönige 18.
Prim 7.
Propheten 26.
Psyllen 73.
Pubertät 257.
Pullo 161.
Pulloherrschaft 50.
Purra 265.
Pygmäen 62. 98. 312.
Pyloneudörfer 74. 99.
(Juissama 52.
Register.
330
idami« 2SS.
ruiig 229; Hclisiöso Vorstellungen 210; Sitten 1^' Schimbika 2' Schir 42.
Schirfji (Kinli- II -. ... i.;i _ . Schliifsucht, .SehlutWMchen WA. Sch«->r», Aokorban und Viehzucht liGHBtümme 2t», H.'J; Re- >; Kt'liffiöse Vorstel-
■fni,inum)2T,
« A4. ^0. 130. 14;*. iy3. 208. lio l.Sl. ' ' f^rrolobium) 127.
i\u-
135.
Saba 246. Sabl) 250. Sahra 12S. Sr-h'^l;» Selasie 207 - "'.9.
•_'47.
s;igu> -ja:.
Sahara 38. 63. 78.
Schoho 14.
Schua oder Schiwa 33.
Schukurie 1»!.
Schuni, 24«. 313.
Scbiijtyx-iithiorfl/ania. P/iatages) 14»').
S intilope 2X8.
S' 1.
S. M^ (Canvass house) 99.
Sego '.'■.'.
S.kula 238.
Sokelotn 244.
Siknkurii l'H.
Sikw.-Mi JU.
Sfiniteii 2. >.
Scncha (Li/f/eum) 127.
St'neRalcoionie 39. 50. 139. 212.
^....M*r. Sennarti, Ackerbau und \ ./acht 127. 139; Handel 172; M . '.-liehe ?]inrichtungen99; Men- r^ lit-iiutämme 13. 34; Regierung 247; Religiöse Vorstellungen 211; Sitten 183.
Seriba 129.
Serval 145.
Sesam 135.
Sesban 74.
Seti 10.
Setteflusa Cü.
Sidi-Bu-Bakr-Hn-Kaiiiun Ijj.
Sidrstrauch (Zizyphus Spina Chriiti)
- r. i Leone 26«. t ;ula 233.
Süoria .X)l. Sarae 4»*..
S.iiiL'iv'irm .'{<>.'<.
•.51.
(hiinon 71.
r Emir 31. Kebir 31.
d<e% luissions ^vang^liquet
Scherbro 310. 312.
Schilink. Ackerbau und Viehzut
340
Register.
Somalland 132. 139. 162.
Soraal-Medjerten 250.
Som-n'-Ukan-Djamba 238. 27G.
Sonho 241.
Sonray 205.
Hpanier 23.
Standard aiphabet 312.
Suak (Salvadora persica) 130.
Sudan 104.
Suku-Wanange 221.
Suitanabad 104.
Sus 27.
Susu 312.
Südafrika 55. 1.30. KiT.
Südarabien 18.
Süd-Dongola 11.
Südnubien 36.
Suto 59.
Swazi 59. 225.
Syene 8. 11.
Syroaraber 9. 26. 70.
Syrien 19. 26. 131. 139.
Tabigebirge 34.
Tadjura oder Tedjuri 250.
Taka 10. 18. 83. 228 285.
Takebailit 30.
Takebilt 244.
Takla 34.
Talibe 178. 208.
Talmut 38.
Tamanjat 273.
Tanganikasee 45.
Tanger 26.
Tanzimati-Cherieh 228.
Tati 54.
Tausendfüsse 305.
Tchaka 291.
Teda 63.
Tehuantepec 128.
Tekarine 50. 206.
Temaschek 312.
Tem-Bana-Dumba 61. 277.
Tendelty 232.
Tetwan oder Titwan 26.
Thalib8 49.
Thebaide 70.
Theben 20.
Thuga 276.
Thutmes 10.
Tibeati 82.
Tibu oder Tebu 28. 29. 82.
Tigre 87.
Tigrinja 18. 310.
Tut 210.
Tikki-Tikki 64.
Timbuktu 49. 103. 111. 233.
Tirailleurs indigfenes 38.
To Chont 172.
Tomal 251.
Toman 161.
Tombika 295.
Torsobildung 88.
Transvaal 116.
Trarza 27.
Tripolis 26. 30.
Troglodyten 38.
Trumbasch 120.
Tsadsee 54.
Tschauri 254.
Tscherkessen 1. 15.
Tschiroma 234.
Tsetsefliege 138. 145.
Tsui-Coab 226.
Tuarik oder Tuarek, Bewaffnung 119 ; Häusliche Einrichtungen 104 ; Körperliche Beschaffenheit 77 ; Menschenstämme 28; Kechtsver- hältnisse 259; Regierung 259; Sit- ten 245.
Tuggurt 107. 129.
Tugra 228.
Tukuler 206.
Tumbe 265.
Tunesien 30.
Tunis 26.
Tunjur 47.
Tureos 7. 77.
Türken 25.
Turkestan 1.
Tbie 18.
XJdingaan 38. 50. 61. 242.
Uechaschawakonn 193.
XJellefluss 49.
Ueta 312.
Uganda, Ackerbau und Viehzucht 128; Kleidung 109; Häusliche Eiu- richtungen 100; Menachenstämme 20; Regierung 227; Sprachen 311.
Ukerua-Nyanza 20.
Uled-Soliman 33.
Ulema 255.
Ulibari 249.
U'mbalazi 243.
U'mnanda 191.
U'mselekatsi 61. 243.
U'mpanda 242.
U'mtugusu 242.
U'mzimwubu 59. 244.
U'nkundjlowe 232. 242.
Unter-Sennar 35.
Unyanyembe 168.
Unyoro, Kleidung 109 ; Körperliche Beschaffenheit 90; Menacheu- atämme 20; Regierung 227; Skla- verei 297; Sprachen 311.
Urua 102.
Uachak 104.
Uaoga 20.
Uaurtasen 10.
Utchaka 61.
Utica 156.
U'tixo 227.
Register.
341
V«alflu«s C/i. 141. Vey Sia.
W»d»i In. UH. •::\:\.
Waiij-Kfiiu« 11.
'Wa<lj«ntfM H"*.
Waffanda, Ackorhau »ind Viehxucht
1S;1; Handel 175; Reffieruug 2.11;
Religiöse Vonteilungen 210. äVt);
Sitten liW. Waguha 44. 114. AiVahuma 14. 17. Waka T2\. Wakaiiil-.i 1?»'. '>'>.\ 2->."..
Wi W;. Wa Wa
Wa-
Wauika l^<;. Wanyambo 2ii. Wanyaniesi 2-'. 11.'. Wanyika 22. Wanjoro lH:t. 271. Wan venia 114. Wara 2.i.<. Wargla 12'.«. Warua 44. 121. 21^ Wasuaheli 22. li».'» Wataita 22:i. Watira 2i».>. "Watongoleh 2:!0. Watusi 20. Wau 46. "Wawuma 175. Weihrauch i:J2. Weinrebe 131.
Weisser Nil, Handel 172; Kürper- licho Besohaffenheit %; >i»»n- sehonstämnic :u v.»).r.i,.,r ij» Sitten IHl.
Wekil 22».
Wersingelli 2.M.
Wi'stafrika «0. 12». l.'»7.
Wfstasien 2H.
Wostsudan 47. l.')><.
Whvda 101. 1»;4.
Woinathal 12«<.
Wi.lasma 245«.
Wollo 20.
Wolof 40. 109. li:». 203. 312.
Woutscha 10.'».
Wurali .HO.'..
Wusen Segged 207.
Xosa .^2.
Yambo 71. Yankee 91. Yerima 2.i4. Yoruba 312.
Zagazig 71.
Zambezi 53.
Zanzibar 107.
Zauberdoctoren 226.
Zigeuner 66.
Zikr 202.
Zimbaoe .i9.
Zulu, Handel 161; Häusliche Ein- richtungen 110; Kleidung HO; Menschenstämme 52. .'»9; Reli- giöse Vorstellungen 224.
Zwergvölker tili.
Berichtigung.
Seite 131, Zeile 9 v. u., statt: Malaguettapfeffer (Amomum granum Paradisi), lies: Malaguettapfeffer (Xilop ia aeth iopica)
Antoreiire<?ister.
Abdel-Kader 193. Aeby 40.
Asatharchides 14. Alberti 40. Alma Tadema .3. Andersson 40. Aristoteles 63.
Baines 3. 40. 324.
Barros, de 59.
Barth 33. 40. 164.
Bastian 240.
Beurmann 40. 164.
Bilharz 39.
Bleek 310.
Bowdich 40. 197. 261.
Brehm 39.
Brugsch 9. 192. 320. 322.
Buchta 3.
Burckhardt 39.
Cailli^ 164.
Cameron 40. 44. 102. 16.5.
168. 218. Clapperton 40. 164. 192.
Danlell 3. Davis 40.
Decken, van der 269. Denham 40. 164. Diodor 14.
Duveyrier 192. 24.5. 246. 2.58. 32.5.
Ebers, G. 192.
Ecker 40.
Elton 3.
Endemann 179. 18.5. 19.5.
Falkenstein 3. 39. Fleuriot de Langle 40. Frantzius, von 142. Fritsch, G. 3. 39. 58. 59.
65. 324. Fynn 191.
Gentz 3. Görome 3. Griesinger 302. Guilain 40.
Hakenbeck, K. 11. 83. Hahn, Th. 65. Hammerschmidt 3.
Hamy 40. 324. Hanoteau 24. 28. 30. 31.
244. Harnier 3.
Harris, C. 40. 64. 81. 128. Herodot ö. 321. Hesiod 63. Heuglin 40. 128. Hildebrandt, J. M. 3. 18.
41. 182. 186. Hoeven, van der 39. Holden 195. Homer 63. Hübner, A. 52.
Ibn-el-Wardi 14.
James 3. Joaque 3. 52.
Kaufmann 40. 148. 181.
186. Kisch 3.
Klunzinger 39. 320. Köler 39. 325. Koelle 310. Kotschy, Th. 283. Krapf 40. 64. Kretschmer, R. 3.
Lander 40.
Dane, E. W. 291. 325.
Lee 312.
Lejean 325.
Lenz, H. O. 140.
Lenz, O. 40. 66. 67. 218.
224. Lepsius 132. 310. 312. 326. Letourneux 24. 28. 30.
31. 244. Livingstone 41. 44. 237.
287. Long-Bey, Chailli6 64.
65. 230. Lubbock, Sir John 322. Lyon 164.
Magyar, L. 170. 221. 237.
263. 276. 295. Makart 3. Makrizi 14. Marno 64. 65. 324. Manch, K. 59. Merensky 216. 223. 244.
Monteiro 237. Morton, S. 69.
Nachtigal 33. 40. 82. 164. New 40. Norris 312.
Oudney 164. Owen 40.
Pallme 39. 272. Park, M. 40. 164. Pechnel-Loesche 3. 39, Pentaur 192. Pietschmann 322. Playfair 3. Plinius 63. Pogge ,52. 237. Postel,K.(Sealsfield,Ch.>
297. Priiyssenaere de la Wo-
styne, E. de 34. 39.
208. 231. 323. Ptolemaeus, Cl. 14.
Quatrefages 40. 324.
Repin 215. Richter 3. Rohlfs 164. Rueppell 39. 284. Russegger 39.
Salt 19.
Schweiufurth 3. 44. 64.
65. 128. 157. 211. 212.
234. 258. 286. Sebah 3. Speke 40. 128. Stanley 20. 41. 44. 55.
175. 230. 278. Steinthal 309. Strabo 14.
Thomas 40. Tr^maux 3.
Vämböry, H. 195. Vernet, Horace 3. 31. 77. Virchow 324.
Wangemann 325. Weissbach 40. Wetzstein 322. Zuckerkandl 40.
Druck von F. A. Brockhaue in Leipzig.
Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.
Reisewerke über Afrika.
Cameron, Veriiey Lovelt. Quer durch Afrika. Autorisirte deutsehe Ausgabe. 2 Theile. Mit 156 Holzschnitten, 4 Fac- similetafeln und 1 lithographirten Karte. 8. 1877. Geh. 20 M. Geb. 23 M.
Kremer, Alfred yoii. Aegypten. Forschungen über Land und Volk während eines zehniährigen Aufenthalts. Mit 1 Karte von Aegypten. 2 Theile. 8. 18G3. Geh. 10 M.
Lüttke^ Moritz. Aegyptens neue Zeit. Ein Beitrag zur Culturgeschichte des gegenwärtigen Jahrhunderts sowie zur Charakteristik des Orients und Islams. 2 Bände. 8. 1873. Geh. 12 M. Geb. 13 M. 20 Pf.
I. A'olk, Volksleben und Dynastie. II. Staatswesen und Landesverwaltung. Die Kuropäer in Aegypten, Islam und Christeuthum.
Pietsch, Lndwi^. Marokko. Briefe von der Deutschen Ge- sandtschaftsreise nach Fez im Frühjahr 1877. 8. Geh. 7 M. Geb. 8 M. 50 Pf.
Prokesch-Osten , Anton Graf, Sohn. Nilfahrt bis zu den zweiten Katarakten. Ein Führer durch Aegypten und Nubien. Mit Karten, Plänen und Abbildungen. 8. Geh. 12 M. Geb. 13 M. 50 Pf.
Rohlfs, Gerhard. Quer durch Afrika. Reise vom Mittel- meer nach dem Tschad-See und zum Golf von Guinea. Mit 2 lithographirten Karten. 2 Theile. 8. 1874—75. Geh. 14 M. Geb. IG M.
Schweinfnrth, Georg. Im Herzen von Afrika. Reisen und Entdeckungen im Centralen Aequatorial-Afrika während der Jahre 1868 bis 1871. Neue umgearbeitete Ori- ginalausga4)e. Mit zahlreichen Abbildungen in Holz- schnitt und 2 lithographirten Karten. 8. 1878. Geh. 12 M. Geb. 14 M.
Schweinfnrth, Georg". Artes Africanae. Abbildungen und Beschreibungen von Erzeugnissen des Kunstfleisses central- afrikanischer Völker. — Illustrations and Descriptions of Productions of the Industrial Arts of Central African Tribes. Mit 21 lithographirten Tafeln. Fol. 1875. Cart. 24 M.
Soyanx, Hermauu. Aus West-Afrika. 1873—76. Erlebnisse und Beobachtungen. 2 Theile. Mit 1 lithographirten Karte. 8. 1879. Geh. 12 M. Geb. in 1 Bande 13 M. 50 Pf.
Speke, John Hanuin^. Die Entdeckung der Nilquellen. Reisetagebuch. Aus dem Englischen übersetzt. Autorisirte deutsche Ausgabe. Mit 2 Karten, 2 Stahlstichen und zahl- reichen Holzschnitten. 2 Theile. 8. 1864. Geh. 18 M. Geb. 20 M. 40.
Stanley, Henry M. Durch den dunkeln Welttheil oder die Quellen des Nils, Reisen um die grossen Seen des Aequa- torialen Afrika und den Livingstone-Fluss abwärts nach dem Atlantischen Ocean. Autorisirte deutsche Ausgabe. Aus dem Englischen von C. Böttger. 2 Bände. Mit Karten und Abbildungen. 8. 1878. Geh. 32 M. 50 Pf. Geb. 37 M.
Stanley, Henry M. Wie ich Livingstone fand. Reisen, Abenteuer und Entdeckungen in Central-Afrika. Auto- risirte deutsche Ausgabe. Mit Abbildungen in Holzschnitt und einer Karte. 2 Bände. 8. 1879. Geh. 20 M. Geb. in 1 Bande 22 M. 50 Pf.
Weber, Ernst Yon. Vier Jahre in Afrika. 1871—75. Mit Abbildungen in Holzschnitt, einem Plane und einer Karte. 2 Theile. 8. 1878. Geh. 20 M. Geb. 23 M.
Bnchholz', Beinhold, Reisen in West-Afrika nach seinen hinterlassenen Tagebüchern und Briefen. Nebst einem Lebensabriss des Verstorbenen. Von Carl Heinersdorff. Mit Abbildungen in Holzschnitt und einer Karte. 8. [Unter der Presse.]
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