en Ka nn a La AR £ 1% » 5 E % a a na \ 5 ET DE DE EAN SIE ns rc FEN aate RR 7 Er er ee FARRFFR NN CH TEL N “0. e7 een ERET x NE . EU A ee e S g Ent LE RT ER nn N einabun en Bm AFTER r N N nen. un An Ach. N, ui dr "S BES Sa £ ur gen. > A” EU, r Fa - s e ne „wr> y an: er marmad 75 u u D { BT " { 7 I ® - f / u in: ; Zn a v er - 1 [1 7 ji * ” i \ ' n i i Fin r I a N " FR u A Ko x f In x ” I h ’ x R | ji \ j h 14 ” PR DIE n ki 'VORALPENPFLANZEN BÄUME, STRÄUCHE, KRÄUTER, « N \ \ _ ARZNEIPPLANZEN, PILZE, KULTURPFLANZEN | IHRE vn? |... BESCHREIBUNG, VERWERTUNG UND SAGEN | Dr. FRANZ DAFFNER „Die Aufgabe der Naturwissenschaften ist es, die Erscheinungen der Natur vollständig und ey auf die einfachste Weise zu beschreiben.“ — | Kirchhoff. Ka rc | LEIPZIG ie VERLAG VON WILHELM ENGELMANN Di; 6 E% Pre RE ı 1:7: VOROHERN % £ } en ech al ee A OF THE GRAY HERBARIUM ee " FE, 2 - ER wa, HARVARD UNIVERSITY. An," > pn BOUGHT. » Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Die natürlichen Pflanzenfamilien nebst ihren Gattungen und wichtigeren Arten insbesondere den Nutzpflanzen. Mit E Rx mehreren Tausend ‚leferungen i (3 Bogen) Lex. 8° a: zum eu n Probebogen Ke aeh durch alle Buchhand- E x a lungen wie direkt n er vom Verleger franko und gratis. A. Engler Se K. Prantl oıd. Prof. der Botanik und Direktor des Prof. der Botanik und Direktor des * botanischen Gartens zu Berlin botanischen Gartens zu Breslau, Bisher erschien: I. Teil. (Im Erscheinen.) I. Abteilung (Lfg. 36, 76): Acrasieae, Phytomyxinae, Myxogasteres, Fungi, Chytridineae, 2. Abteilung (Lig. 40, 41, 46, 60): Conjugatae: Desmidiaceae, Zygnemaceae, Mesocarpaceae. Chlorophy- ceae: Volvocaceae, Tetrasporaceae, Chlorosphaeraceae, Pleurococcaceae, Protococcaceae, Hydrodictyaceae, Ulva- ceae, Ulothrichaceae, Chaetophoraceae, Mycoideaceae, Oylindrocapsaceae, Oedoyoniaceae, Coleochaetaceae, Clado- phoracene, Gumontiaceae, Sphaeropleaceae, Botrydiaceae, Phyllosiphonaceae, Bryopsidaceae, Derbesiaceae, Vau- cheriaceae, Caulerpaceae, Codiaceae, Valoniaceae, Dasycladlaceae, Characeae. Phaeophyceae: Eclocarpaceae, Choristocarpaceae, Sphacelariaceae. II. Teil in sechs Abteilungen. (Vollständig.) Mit 3537 Einzelbildern in 803 Figuren, 3 Vollbildern, sowie Abteilungsregistern. Lex. 8°. In 6 Abteil. geh. Einzelpreis M. 66.—, Subskriptionspreis M. 33..--. In einen Band gebunden Einzelpreis M. 69.50, Subskriptionspreis M. 36.50. Die sechs Abteilungen sind auch einzeln erhältlich und zwar: 1. Abteilung: Cycadaceae, Cordaitaceae, Coniferae, Gnetaceae, Angiospermae, Tiyphaceae, Pandanaceae Spargamiaceae, Potamogetonaceae, Najadaceae, Aponogetonaceae, Juncayinaceae, Alismaceae, Butomaceae, Triurida- ceae, Hydrocharitaceae. Mıt 1149 Einzelbildern in 191 Fıguren, 1 Holzschnitttafel und Register. M. 17.—. = 2. ante llond: Gramineae, Cyperaceae. Mit 426 Einzelbildern in 120 Figuren, 1 Holzschnitttafel und egister. M. 9.—. 323 Abteilung: Palmae, Cyclanthaceae, Araceae, Lemnaceae. Mit 562 Einzelbildern in 109 Figuren und Register. M. 11.—. 4. Abteilung: Flagellariaceae, Mayacaceue, Xyridaceae, Rapateaceae, Philydraceae, Restionaceae, Centrolepida- gene, Eriocaulaceae, Commelinaceae, Pontederiaceae, Bromeliaceae. Mit 262 Einzelbildern in 41 Figuren und egister. M. 5.—. EB Abteilung: Juncaceae, Stemonaceae, Liliaceae, Haemodoraceae, Amaryllidaceae, Velloziaceae, Taccaceae, Dioscoreaceae, Iridaceae. Mit 352 Einzelbildern in 105 Figuren und Register M. 10.—. 6. Abteilung: Musacene, Zingiberaceae, Cannaceae, Murantaceae, Burmanniaceae, Orchidaceae. Mit 782 Einzelbildern in 237 Figuren, einem Vollbild und Register. M. 14.—. III. Teil. (Im Erscheinen.) I. Abteilung (Lfg. 14, 18, 20, 30, 32, 35): Saururaceae, Piperaceae, Chloranthaceae, Lacistemaceae, Ca- suarinaceae, Juglandaceae, Myricaceae, Leitneriaceae, Salicaceae, Betulaceae, Fagaceae, Ulmaceae, Moraceae, Urticaceae, Proteaceae, Loranthaceae, Myzodendraceae, Santalaceae, Grubbiaceae, Olacaceae, Balanophoraceae, Aristolochiaceae, Rafflesiaceae, Hydnoraceae. Mit 1038 Einzelbildern in 190 Figuren, 2 Vollbildern und Registern. M. 18.—. I. Abteilung a (Lfg. 70, 79): Polygonaceae, Chenopodiaceae, Amarantaceae. 1. Abteilung b (Lfg. 31, 33): Prytolaccaceae , Nyctaginaceae, Alzoaceae, Portulacaceae, Caryophyllaceae. Mit 193 Einzelbildern in 33 Figuren und Register. M. 6.—. 2. Abteilung (Lfg. 16, 19, 29, 55, 57, 58): Nymphaeaceae, Ceratophyllaceae, Magnoliaceae, Jactoridaceae, Trochodendraceae, Anonaceae, Myristicaceae, Ranunculaceae, Lardizabalaceae, Berberidaceae, Menispermaceae, Calycanthaceue Monimiaceue, Lauraceae, Hernundiaceae, Papaveraceae, Oruciferae, Tovariaceae, Capparida- ceae, Resedaceae, Moringacere, Sarraceniaceae, Nepenthaceae, Droseraceae. Mit 733 Einzelbildern in 168 Figuren, 1 Vollbild und Register. M. 18.—. 2. Abtellung a (Lfg. 51, 53, 56): Podostemaceae, Crassulaceae, Cephalotaceae , Saxifragaceae, Ounonia- ceae, Myrothamnaceae, Pittosporaceıe, Hama:elidaceae, Bruniaceae, Platanacede. Mit 484 Einzelbildern in 75 Figuren, 1 Vollbild und Register. M. 9.—. 3. Abteilung (Lfg. 24, 59, 63, 71, 77): Rosaceae, Connaraceae, Leguminosae. 4. Abteilung (Lfg. 47, 52): Geraniaceae, Oxalidaceae, Tropaeolaceae, Linaceae, Humiriaceae, Erylhrozyla- ceae, Ma'piyhiaceae, Zygophyllaceae, Gneoraceae. 5. Abteilung (Lfg. 42, 44, 59, 73,78). Euphorbiaceae, Callitrichaceae, Empetraceae, Coriariaceae, Buxaceae, Limnanthaceae, Anacardiaceae, Cyrillaceae, Aquifoliaceae, Celastraceae, Hippocrateaceae. 6. Abteilung (Lfg. 49, 50): Elaeocarpaceae, Tiliacea-, Malvaceae, Bombaceae, Sterculiaceae. 7. Abteilung (Lfg. 72): Lythraceae, Blattiaceae, Punicaceae, Lecythidaceae, Rhizophoraceae. IV. Teil. (Im Erscheinen.) I. Abteilung (Lig. 37, 38, 45, 69): Clethraceae, Pirolaceae, Lennoaceae, Ericaceae, Epacridaceae, Dia- pensiaceae, Myrsinaceae, Primulaceae, Plumbaginaceae, Sapotaceae, Ebenaceae, Symplocaceae, Styracaceae, Mit 777 Einzelbildern in 94 Figuren und Register. M. 12.—. 2. Abteilung (Lfz. 75): Oleaceae, Salvadoraceae, Loganiaceae. 3. Abteilung a (Lfg. 68): Convolvulaceae, Polemoniaceae. 3. Abteilung b (Lfg. 65, 67): Nolanaceae, Solanaceae, Scrophulariaceue. 4. Abteilung (Lfg. 61, 62, 64, 66): Zubiaceae, Caprifoliaceae, Adoxaceae , Valerianaceae, Dipsacaceae, Mit 672 Einzelbildern in 68 Fieuren, 1 Heliogravure und Register. M. 12.—. 5. Abteilung (Lfg. 34, 36, 39, 43, 48, 54, 74): Cucurbitaceae, Campanulaceae, Candolleaceae, Calycera- ceae, Compositae. DIE VORALPENPFLANZEN BÄUME, STRÄUCHE, KRÄUTER, ARZNEIPFLANZEN, PILZE, KULTURPFLANZEN IHRE BESCHREIBUNG, VERWERTUNG UND SAGEN Dr. FRANZ DAFFNER „Die Aufgabe der Naturwissenschaften ist es, die Erscheinungen der Natur vollständig und auf die einfachste Weise zu beschreiben.‘ — Kirchhoff. EBIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1893. Alle Rechte, besonders das der Uebersetzung, sind vorbehalten, 2 = E 2 [= Zus N = = a = E je} > _ © En a © 3 - o un - I _ u Bi © EB = S "en rd - © = rd o {=} - =) en u NOLWOrkß Der aufmerksame Beobachter, der sich unserer Alpenkette nähert, wird finden, dass mit dem Annähern an dieselbe eine gewisse Unruhe, eine wellenförmige Bewegung in dem vorgelagerten Terrain auftritt, dass nicht plötzlich aus der Ebene die hohen Berge aufsteigen, sondern durch mehr oder minder sanfte Ansteigungen ein wohlthuender Über- gang vermittelt wird. Zuerst Hügel, dann weniger hohe, dann die hohen Berge. Und so wie mit dem Terrain als Untergrund, so sieht es auch mit dem Gewand desselben aus: von der Flora der Ebene kommen wir ganz allmälig zur Vorgebirgs- und von ihr zur eigentlichen Gebirgsflora, welche mit 1800 m — einer der Benediktenwand bei Benediktbeuern entsprechenden Höhe — beginnend angenommen wird. Es ist daher klar, dass sich unter der Vorgebirgsflora viele Pflanzen finden, welche auch in der Ebene vorkommen, indem eine genaue Ab- grenzung derselben nicht möglich. Ohne der Systematik bei dem Mangel eines durchgehends gültigen Systems (ich gab die Familie bei den einzelnen Arten an) die leitende Stelle einzuräumen, war ich darauf bedacht, von einem festen Standort — und zwar Benediktbeuern (626 m), daher hier immer Benediktbeuern bedeutet — die einzelnen Vorge- birgspflanzen möglichst getreu nach der Natur zu beschreiben und nicht nur eine trockene Aufzeichnung zu liefern, sondern, auf volks- tümliche Sagen und Dichtungen und nicht minder auf praktische Ver- wertung Bezug nehmend, auch dem Nichtfachmann eine angenehme Lektüre zu bieten und Lust und Freude zu der schönen friedlichen Wissenschaft der Pflanzenkunde in ihm zu wecken. Ebenso habe ich auf die Abstammung der Benennungen besondere Rücksicht genommen — spiegelt sich doch in den Namen der Pflanzen die Anschauung, der Gedanke jenes Teiles des Volkes, das sich mit ihnen vorzugsweise beschäftigt, wohin namentlich Hirten und Jäger gehören, von welchen ER SR daher viele noch. heute gebräuchliche Namen herrühren. Und in den Sagen klingt manches Lied und manche Erinnerung an frohe Kinder- jahre traulich wider. Bei keinem andern Volk ist aber das mensch- liche Leben so innig und sinnig in Dichtung und Sage mit der Pflan- zenwelt verwoben wie gerade bei dem deutschen Volke. „Merkwürdig ist auch die verbreitete Auffassung der Beziehung zwischen Blumen und Tod; die Blumen, die frischen Kinder eines neu erwachenden Lebens, des Frühlings, und der Tod, das Ende des Erdenseins, der Vernichter des Lebens — zwischen dem einen und dem andern so wenig Beziehung und Zusammenhang — und dennoch liegt dieser Auffassung die sinnige deutsche Weise zu grunde. Die Blume welkt und verblüht in kurzer Zeit, doch erst nachdem sie den Samen, die Verheissung eines neuen Lebens, der Erde übergeben; so stirbt auch der Mensch, aber in seinem Samen, seinen Worten oder seinen Werken, lebt er wieder auf, und wohl ihm, wenn beide von guter Art waren. Oder — die Blume welkt wohl im Herbst, aber sie stirbt nicht, denn ihr edelster Teil, die Wurzel, schläft nur unter der Erde, um mit dem erwachenden Frühling neues Leben zu treiben; auch der Tod knickt nur den sichtbaren Teil des Lebens, der edlere und unsichtbare lebt in einen neuen schöneren Frühling hinein.“ Habent sua fata libelli — möge auch dieses Buch ein freundliches Schicksal haben. München, im Januar 1893. Dr. Franz Daffner. Bäume. Die Fichte oder Rottanne, Pechtanne, pinus abies sive abies ex- celsa, bildet den Hauptbestand der Voralpen- und Benediktbeuern speziell umgebenden Berg- und Ebenen-Wälder; das bayerische Oberland ge- hört überhaupt zu den an Waldungen reichsten Gegenden Deutsch- lands. Die Fichte hat eine rauhere und dunklere, graubraune oder rotbraune, schildförmig rissige Rinde, hellgrüne vierkantige, in eine scharfe einfache Spitze (stachelspitzig) endende Nadeln (d. s. die sehr schmalen zugespitzten Blätter) und die bis 15 mm langen Nadeln am Stiele radial geordnet, rings herum verteilt, wie durcheinander stehend, während bei der Weiss- oder Edel-Tanne, Silbertanne, pinus picea s. abies pectinata, die eine hellere silbergraue und etwas glattere Rinde hat, die Nadeln dunkelgrün — daher erscheinen auch die Tannen- wälder dunkler —, an der unteren Seite oder Fläche, zu beiden Seiten des lichtgrünen Mittelnerv, mit zwei bläulich weissen Längsstreifen (Wachsstreifen) versehen und kammartig oder federartig, d. h. auf beiden Seitenflächen wie der Bart einer Feder angeordnet sind. Die Nadeln der Tanne sind ferner breit gedrückt, oben glänzend dunkel- grün und an der Spitze immer zweispitzig oder wenigstens deutlich ausgerandet und nicht so steif. Die Fichte verhüllt ihren Stamm, wenn sie frei steht, mit ihren reich benadelten herabhängenden Zweigen oft bis auf den Boden herab; ihre Nadeln währen etwa 7 Jahre. Die unteren Äste der Tannen und Fichten sind ziemlich lang, nach oben hin werden sie immer kürzer, sodass die Krone in eine regelmässige Spitze endigt. Man sagt daher, die Tannen und Fichten haben eine pyramidenförmige Krone. Die Fichte hat nicht nur an der Krone, sondern auch an den unteren Ästen Fruchtzapfen ; diese sind walzen- förmig, laufen in eine Spitze aus und hängen an den Zweigen abwärts. Die Tannenzapfen wachsen nur an der Krone, sind stumpf und kürzer als die Fichtenzapfen und stehen aufrecht, nach aufwärts, wie aufge- Daffner, Voralpenpflanzen. 1 ah, 5 steckte Kerzen. Unter jeder Schuppe des reifen Tannen- und Fichten- zapfens liegen zwei kleine Samenkörnlein. Beide Bäume blühen Mai und. Juni, die Fichte meist zuerst. Die Zapfenschuppen der Fichte erscheinen zernagt, gezähnt, an der Spindel bleibend, erst grünlich, dann violettrot, zuletzt braun; Samenreife im Herbst; an der Spitze der vorjährigen Triebe sitzend fallen sie im Frühjahr des zweiten Jahres nach dem Auswerfen der Samen ganz ab. Blüten in Kätzchen; männliche oder Staubblattblüten rostgelb, bräunlich, hie und da an den Seiten der Äste, die grünlich purpurroten weiblichen Blüten hin- gegen am Ende der Ästehen. „Die männlichen Blüten bestehen aus an einer verlängerten Achse befindlichen Staubgefässen mit kurzem verdiektem Träger, schappig oder schildförmig erweitertem Konnektiv und zwei oder mehreren seitlich oder unterseits entspringenden, durch eine Spalte aufspringenden Antherenfächern.“ Die Zapfenschuppen (Deck- und Fruchtschuppen) der Tanne sind sehr stumpf, augedrückt, und fallen mit den Samen ohne die Spindel, welche also stehen bleibt, im Herbst des ersten Jahres ab; Staubblattblüten klein, rotbraun, zwischen den Blättern; weibliche Blüten oder Kätzchen weissgrau. Der Zapfen ist ein Blütenstand, bei welchem die Spindel der Kätzchen starr und mit bleibenden auswachsenden Schuppen besetzt ist; er kommt vorzugsweise unseren Nadelhölzern zu, welche deshalb auch Zapfenbäume, coniferae, heissen. Die Zapfenfrüchte sind Fruchtstände oder Sammelfrüchte, indem sie nicht aus einer einzigen Blüte ent- stehen, sondern aus mehreren, deren Früchte sich zu einem Ganzen vereinigen. „Abweichend von dem Typus aller übrigen Blütenpflanzen verhalten sich die Fruchtblätter bei den Zapfenbäumen. Hier bestehen nämlich die weiblichen Blütenstände, welche sich später in die Zapfen- frucht umwandeln, aus zahlreichen spiralig angeordneten an einer ver- längerten Achse sitzenden Fruchtblättern, welche nicht in sich ge- schlossen, sondern ausgebreitet, offen sind; sie sitzen je in der Achsel einer Deekschuppe und heissen Fruchtschuppen; die Deckblätter oder Deckschuppen (Brakteen des Blütenstandes) bleiben stehen und be- teiligen sich bei der Fruchtbildung, indem sie mit der in ihrer Achsel stehenden Fruchtschuppe verwachsen, Fruchtblätter und Deckschuppen also zu dieht an einander liegenden lederigen oder holzigen Schuppen auswachsen.“ An ihrem Grunde tragen die Fruchtschuppen die Ei’chen bei Pinus verkehrt (owula inwersa), d.h. mit nach abwärts gewendetem Keimmund — d.i. die an der, der Spitze des Eikernes entsprechenden Stelle von einer Öffnung durchbohrte Eihülle —, beim Wacholder auf- RN recht. Und da die Samenknospen oder Ei’chen — sie bilden den wesentlichen Inhalt der Höhle oder der Fächer des Fruchtknotens — und später die Samen nicht in die Höhlung der Fruchtblätter (car- ‚pellae) eingeschlossen sind, sondern ihnen frei aufliegen, so werden die Zapfenbäume mit Recht als nacktsamige Pflanzen, yymnospermae, bezeichnet. Die äussere Samenhaut des infolge der Befruchtung zum Samen ausgebildeten Ei’chens breitet sich bei der Gattung Pinus in einen bäutigen Flügel aus und heisst daher der Same geflügelt; und zwar ist dieser Flügel hier, da er zur Befestigung des Samens auf dem offenen Fruchtblatt dient, mit dem Nabelstrang (der verschmälerten Basis des Ei’chens) zu vergleichen und umfasst den Samen, ohne mit der Samenhaut verwachsen zu sein. Die Zapfenfrucht entsteht also aus zahlreichen offenen Fruchtblättern, Fruchtschuppen, die bei der Reifung in Verbindung mit den Deckschuppen (Brakteen), in deren Achsel sie stehen, zu dicht an einander liegenden lederigen oder hol- zigen Schuppen auswachsen. „Die grünlich-gelb-rötlichen, männlichen Blüten zeigen sich bei der Tanne namentlich im oberen Teile der Krone; die weiblichen nur an den allerobersten Ästen. Bei der Fichte sind die in reichen Blütenjahren oft über die ganze Krone verbreiteten männlichen Blüten vor dem Verstäuben Erdbeeren ähnlich, kugelig oder eiförmig und schön purpurrot, nach dem Verstäuben länglich, gekrümmt, gelb. Die an den Spitzen vorjähriger Triebe im oberen Teile der Krone sitzenden aufrechten weiblichen Blüten bilden 4—5 cm lange, leuchtend purpurrote Zäpfchen; später wenden diese sich ab- wärts, so dass die walzig-spindelförmigen, 10—16 em langen, hell- bis zimmetbraunen, seltener hell- bis gelbgrünen Zapfen abwärts hängen.“ Die Pinus- oder Tannen- Arten haben einhäusige Blüten, d. h. die Staubgefäss- und Stempelblüten sind zwar getrennt, aber auf derselben Pflanze befindlich. Sie haben ferner eine durch unregelmässige Ver- zweigung ästige Wurzel — die Wurzel ist bekanntlich der zuerst und abwärts wachsende Teil der Pflanze, durch den sie in der Regel im Boden befestigt ist, um aus demselben ihre flüssige Nahrung zu ziehen; der Stengel ist der Achsenteil des aufwärts wachsenden Pflanzen- körpers — und da der mittlere Stamm in vorwiegender Stärke bis zur Spitze ausläuft, so wird dies Pfahlwurzel genannt, wie sie unsere Waldbäume insgesamt haben. „Die obersten horizontal auf der Ober- fläche der Erde hinlaufenden Wurzeläste heissen Tauwurzeln. Die ursprünglich stets in Längsreihen angeordneten feineren Verzweigungen der Wurzel und ihrer Äste nennt man Wurzelfasern, fibrillae; sie sind 1* BA re oft bald mehr, bald weniger dicht mit zarten Wurzelhaaren bekleidet. Die äusserste Spitze der Wurzel und ihrer Verzweigungen zeigt stets eine durch Ablösung der äussersten Zellschichten entstandene kappen- förmige Hülle, welche Wurzelhaube heisst.“ Die Fichte hat oberfläch- lichere Wurzeln als die Tanne, indem sie ihre Nahrung hauptsächlich in den oberen Schichten des Bodens findet, die an Moderstoffen reich sind; sie wird deshalb auch leichter vom Sturm entwurzelt und umge- worfen. In den Waldwegen, sagt Nägeli, kommen die Baumwurzeln immer weiter heraus, weil hier wegen mangelnder Vegetation kein Humus mehr gebildet wird und der früher vorhandene durch Oxyda- tion verschwindet. Wird eine Fichte in ihrem Wachstum durch dicht um sie herumstehende Fichten oder andere Bäume bedrängt, indem ihre Ernährung beeinträchtigt wird und sie auch an Licht und Luft Einbusse erleidet, und sie wird nun plötzlich von dieser Umgebung befreit, so beginnt sie ein unverhältnismässig rasches Wachstum; da- durch fügen sich die unmittelbar folgenden einzelnen Jahresringe nicht mehr fest an einander an, sondern werden locker und lösen sich ab, sodass im Innern Hohlräume entstehen — man nennt einen solchen minder- wertigen Stamm kernschälig. Beide Pinusarten liefern treffliches (weiches) Brenn- und Nutzholz, das der Tanne ist jedoch etwas röt- lich; im Werte steht das Holz der Fichte über der Tanne und unter der Kiefer; das reine Harz ihrer Rinde heisst Strassburger Terpentin. Die Fichte ist der gewöhnliche Weihnachtsbaum. Nach Tacitus (Annalen 1, c. 40) trugen die Marsen — ein zu den ältesten germa- nischen Stämmen gehöriges Volk am Mittelrhein — ihrer Göttin Tan- fana zu Ehren Tannenreisig in Händen; hierin wird der Ursprung des Weihnachtsbaumes erblickt. — Die jungen Fichtenstämme sind in ihrem oberen Teile bis zum Gipfel mit ziemlich zahlreichen dicht an- liegenden Nadeln besetzt, ebenso die stärkeren von ihnen abgehenden Zweige in ihrem unteren Teil, während dieselben weiter nach vorn, gegen die Spitze zu, wie die älteren Äste und die sämtlichen (jüngeren und älteren) kleineren Seitenverzweigungen mit mehr oder weniger ab- stehenden Nadeln besetzt sind. — „Die Namen Buche, Birke, Erle, Eibe, Esche, Linde, Tanne finden sich in den ältesten Mundarten, gaben oft ganzen Waldbezirken den Namen, wie z. B. der Tann, der Forst, von Tanne, Föhre, und stehen gewissermassen als Sprachfelsen da, an denen weder die Zeit noch die Wandelbarkeit der Menschen zu rütteln vermochten.“ Von der Fichte sind Exemplare bekannt, die bei 3 m Durchmesser auf mehr als 1100 Jahre geschätzt werden. Lau Neben der .Fichte und Tanne kommen von den Zapfenbäumen oder Nadelhölzern noch vereinzelt vor: die Föhre und die Lärche, beide ebenfalls Pinusarten, ferner die Eibe und der Wacholder. Die gemeine Kiefer oder Föhre, Waldföhre, pinus silvestris, besonders auf sandigem Boden vorkommend, blüht im Mai. Das harz- reiche Holz des Wurzelstockes heisst „Kienholz“; die jungen unent- wickelten Blattknospen oder Sprossen, turiones s. gemmae, wurden früher in der Heilkunde im Aufguss als harntreibendes Mittel ange- wendet. Sämtliche Seitenzweiglein tragen nur je zwei immergrüne, gegen 4 cm lange, von einer kurzen Hautscheide am Grunde umgebene Nadeln. „Die männlichen Blütenkätzchen sind am Ende der Zweige zusammengedrängt und enthalten eine grosse Menge schwefelgelben Blütenstaubes; die purpurroten weiblichen Kätzchen stehen einzeln und entwickeln sich nach dem Verblühen zu glanzlosen kegelförmigen Zapfen (die der Legföhre sind glänzend), deren holzige an der Spitze verdiekte Fruchtschuppen nicht abfallen; die einjährigen Zapfen sind auf einem hakenförmigen Stiel zurückgekrümmt, welcher eben so lang ist als sie selbst. Die Fruchtschuppen sind ausserdem innen hohl, länglich, vorne dreieckig, mit einem gebuckelten viereckigen Schild und warzigen Nabel, die unteren stets anliegend. Flügel dreimal (bei der Legföhre doppelt) so lang als der Same.“ Das ausgeflossene Harz (gemeiner Terpentin) dient zur Gewinnung des Terpentinöls, des Geigen- harzes (Kolophonium), des schwarzen und weissen Pechs, des Teers und des Kienrusses, sowie des Kreosots. Dieselben Produkte werden aber auch von anderen Pinusarten, namentlich von der Weiss- und Rottanne gewonnen, wie auch von sämtlichen die zerstampfte Rinde als Lohe zur Rotgerberei verwendet wird. — Der sogenannte Schwefel- regen besteht wesentlich aus gelbem durch heftige Regengüsse oder Gewitterregen aus der Luft niedergeschlagenem Blütenstaub, besonders der Kiefer, deren Pollenkörner, was verhältnismässig selten, eine un- regelmässige Form zeigen. Dieser Blütenstaub bildet im Mai manch- mal ganze Wolken um die Kieferwälder und wird durch die Winde weit fortgetragen; auch die übrigen Kätzchenbäume erzeugen stets eine sehr grosse Menge Blütenstaub. „Die Ähre ist ein Blütenstand, bei dem an einer verlängerten Hauptachse, welche Spindel heisst, sitzende oder kurz gestielte Blüten entspringen, wodurch im ganzen eine walzen- förmige Gestalt entsteht. AÄhren mit schlaffer, später abfallender Spindel heissen Kätzchen (amentum).“ Zu den Kätzchenbäumen oder kätzchenblütigen Laubhölzern (amentaceae) gehören: die Birke, Erle, DEU pH Haselnuss, Hagebuche, Buche, Kastanie, Eiche, Walnuss, Weide, Pappel. Die Stämme der Legföhre (Latsche, Knieholz, Zwerg- oder Krummholzkiefer, Krummföhre, von dem krummen, bezw. sichelförmig gekrümmten Stamm, pinus humilis s. mughus s. pumilio) sind nicht aufrecht wie jene der andern Pinus-Arten, obwohl dieselbe nur als Hochgebirgsform der gemeinen Kiefer anzusehen, sondern sie nehmen eine horizontale Lage an, und zwar auch dann, wenn sie eine bedeu- tende Dicke erreichen. Selbst Stämme im Durchmesser von 20 cm, welche unbedingt im stande wären, in aufrechter Stellung die breitästige Krone zu tragen, wachsen in nahezu paralleler Richtung zum Boden, ohne demselben übrigens unmittelbar aufgelagert zu sein. Auf dem Wege von Benediktbeuern nach Königsdorf (und weiter Wolfratshausen) sieht man von der auf der Höhe hinführenden Strasse auf eine an beiden Ufern der Loisach, besonders bei Nantesbuch (Einöde am linken Loisachufer, etwa 2!/g Stunden von Benediktbeuern entfernt) sich aus- dehnende Moosniederung, ein Hochmoor (Torfmoor), von niederen an den Boden förmlich hingedrückten Latschen bedeckt, was auf den Be- schauer, der dies zum erstenmale sieht, einen eigentümlichen über- raschenden Eindruck macht. Das Knieholz beginnt mit dem Aufhören des Hochwaldes schon in einer Seehöhe von 1200 m, sogar, wie na- mentlich im Riesengebirge (die Schnee- oder Riesenkoppe ist 1566 mr hoch; bis 1000 m rechnet man die Region des Ackerbaues und bis gegen 1200 m steigt die Nadelholzregion) und also hier, an der ange- gebenen Stelle, noch tiefer. Diese Nadelholzart bedeckt im Riesenge- birge die höchsten Abhänge und obersten vegetationsarmen Flächen und bildet bald einzelne Buschpartien, bald weit ausgebreitete Wald- strecken, hier und da abenteuerliche Gruppen. Von erhöhten Stand- orten aus gesehen, gewinnen grosse mit knorrigem Knieholz bedeckte Waldpartien das Aussehen beschorener Buchsbaumsträuche und ihr dunkles Grün sticht in einer dem Auge wohlthuenden Abwechselung von dem hellen Grün des Farrenkrauts, des Preiselbeergebüsches und anderer Pflanzen des höheren Gebirges ab. Das schöne rote Holz jener Kiefer ist seines grossen Harzgehaltes wegen zur Feuerung besonders tauglich. Auch werden aus demselben allerlei Drechslerwaren und zierliche Schnitzarbeiten gefertigt, welche fremden und einheimischen Gebirgsreisen- den besonders in den Einkehrbauden (vereinzelte Wohnungen heissen hier Bauden) des Gebirges zum Verkauf angeboten und von den Reisenden als Andenken an ihre Bergfahrt gern nach Hause mitgenom- BT EIER men werden. Die Erzeugung und Vervielfältigung dieser Artikel geht aber bereits (1892) so sehr ins Grosse, dass sie dem Bestande des Knieholzes gefährlich werden kann. Kein anderer Teil des deutschen Mittelgebirges hat einen so ausgeprägten alpinen Charakter wie das Riesen- gebirge, und eine subalpine Flora erfreut den botanischen Samnler. Die Lärche, pinus larix, hat büschelige Nadeln, d. h. solche, die scheinbar aus einem Punkt entspringen; sie sitzen immer auf ver- kürzten Zweigchen. Bei der Lärche kann man an den Trieben, die sich später zu Sprossen entwickeln, den Übergang der büscheligen Stellung in die spiralige beobachten, sie stehen nämlich spiralig an Langtrieben, häufiger zu 15—-30 beisammen an Kurztrieben, und fallen im Herbst ab. (Bleiben an einem Jahrestriebe die Stengelglieder — das zwischen zwei auf einander folgenden Blättern stehende Stengelstück heisst Stengelglied, internodium — kurz, so bezeichnet man ihn als Kurztrieb; Jahrestriebe mit gestreckten Stengelgliedern heissen Lang- triebe.) Das Harz der Lärche gibt den feinen sogenannten venetianischen Terpentin. Sie blüht April und Mai. Die Blüten sind einhäusig und stehen in kugelig eiförmigen Kätzchen. Die Fruchtschuppen der kleinen Zapfen sind flach, vorne verschmälert, verdünnt, am Grunde ausgehöhlt und bleibend wie bei der Fichte und Tanne, dagegen nicht lederartig wie bei diesen, sondern holzig. „Die Lärche ist ein Baum, im Winter traurig, denn mit dem Stamm- und Astbau der immergrünen Nadel- hölzer (deren Blätter oder Nadeln durchschnittlich 6—8 Jahre dauern) sieht die Lärche nach dem Abfall ihrer feinen weichen, nur einjährigen Nadeln wie eine verdorrte Fichte aus. Und ein verdorrter, aller seiner Nadeln beraubter Fichten- oder Tannenbaum macht wahrscheinlich deshalb einen noch traurigeren Eindruck als ein verdorrter Laubholz- baum, weil wir uns daran gewöhnt haben, ihn in seinem immergrünen Schmuck als ein Bild unvergänglicher Lebenskraft zu betrachten. — Wenn den weidenden Ziegen, Schafen und Rindern junge Bäumchen der Buche, Eiche, Lärche, oder die Büsche vom Heidekraut zugäng- lich sind, so beissen sie von denselben aus Naschhaftigkeit, oder unter Umständen auch von Hunger getrieben, die Enden der frischen Triebe mitsamt den daran haftenden Blättern ab. Das zurückgebliebene Stück des verstümmelten Triebes vertrocknet infolge dessen in der Nähe der Wundstelle, der dahinterliegende Teil bleibt aber erhalten, und es entwickeln sich an demselben die Knospen verhältnismässig sogar viel kräftiger als es wohl sonst ohne Verstümmelung der Fall gewesen wäre. Den Trieben, welche im nächstfolgenden Jahre aus diesen BEA ER: Knospen hervorgehen, kann aber der gleiche Unfall passieren, sie können neuerdings durch das Maul der weidenden Tiere verkürzt werden, und wenn sich das alljährlich wiederholt, so gleichen die ver- stümmelten Buchen und Lärchen endlich jenen Bäumchen der alt- französischen Gärten, welche, von der Schere des Gärtners fortwährend zugeschnitten, die Form von Pyramiden und Obelisken erhalten haben. Das Gezweige solcher verstümmelter Bäumchen wird so dicht, und die trockenen festen Zweigenden an der Peripherie der Krone sind so nahe gestellt, dass selbst die genäschigen Ziegen abgehalten werden, diese Rüstung zu durchbrechen, und es unterlassen, sich die grünen Triebe hinter den trockenen Stummeln hervorzuholen. So hat schliess- lich die an und für sich ungeschützte Pflanze eine Schutzwehr er- halten, welche sie gegen weitere Angriffe weidender Tiere vollständig zu sichern im stande ist. Manche dieser verstümmelten und zerbissenen Bäumchen wachsen allerdings niemals mehr zu kräftigen, hochstäm- migen Exemplaren aus, aber für einige Arten ist die geschilderte harte Behandlung, welche sie in der Jugend durchmachen, nicht von dauern- dem Nachteile. Das gilt namentlich von den Lärchenbäumen in den Alpenthälern. Im harten Kampfe mit den Ziegen gestalten sich die Bäumchen allmälig zu einem dicht verzweigten Gestrüppe, an welchem nicht einmal ein Gipfel besonders unterschieden werden kann, da auch die mittelsten Triebe, so lange sie von den Ziegen mit dem Maule er- reicht werden können, nicht verschont bleiben. Endlich erreicht aber, wenn auch erst nach einer Reihe von Jahren, die struppige Lärche einen Umfang und eine Höhe, dass die Ziegen die Gipfeltriebe nicht mehr erreichen können. Und siehe da, aus der Mitte des vielver- zweigten Gestrüppes erhebt sich ein kräftiger Trieb, entwickelt einen Wirtel von Seitenzweigen, verlängert sich von Jahr zu Jahr und wird, von den weidenden Tieren nicht weiter behelligt, zu einem schönen, hochstämmigen Lärchenbaum. Noch lange Zeit sieht man von den untersten Teilen des Baumes die infolge der Verstümmelung vielzweigig gewordenen ältesten Seitenäste, welche dem aufwachsenden Mittel- stamme zu Schutz und Wehr dienten, abstehen; allmälig aber ver- dorren sie, fallen zerbröckelt zu Boden, und die letzte Erinnerung an die harte Jugendzeit ist abgestreift.“ Die Zirbelkiefer, Zirbe oder Arve, pimus cembra, mit Nadeln in Büscheln von 5, seltener 3—4, die Nadeln dreikantig, steif, immer- grün, die unteren abstehend, die oberen aufrecht, Zapfen eiförmig, stumpf, aufrecht, hat essbare, ungeflügelte, aber mit Hautrand ver- ER NL sehene Samenkörner (Zirbelnüsse), auf welche der Tiroler das Schnada- hüpfel singt: Mei Schatz is’ wie a Zirbelnüssl, Un’ wann ich’s küss’, so lacht’s a bissl. Die Zirbe blüht im Juni; sie kommt erst weiter südlich, bei Partenkirchen, meist in einer Höhe von 800—2000 m vor. Auf der Schachenalpe am Wettersteingebirge bei Partenkirchen, zwischen 1600 — 1700 m, befindet sich der schönste bayerische Zirben- wald. In Tirol ist der herrlichste Zirbenbestand am Südabfall der Zentralkette der Alpen oberhalb Klausen zwischen 1600—1850 m. Die Fruchtschuppen sind bei der Zirbe wie bei der Kiefer und Lärche holzig, kurz, breit, liegen dicht aufeinander und decken sich mehr oder weniger wie die Ziegel eines Daches. „Diese Schuppen sind bis zur vollendeten Reife der von ihnen verdeckten Samen ungemein harz- reich. Ritzt man sie mit einem Messer, so quillt Pech hervor, welches an der glatten Messerklinge anhaftet und nur schwer wieder entfernt werden kann. Wollte jetzt ein Tannenhäher die Samen durch Auf- hacken der Zapfenschuppen mit dem Schnabel gewinnen, so würde er sich mit Pech besudeln. Diese Tiere unterlassen es auch, um diese Zeit die Samen aus den Zapfen zu lösen, und warten die volle Reife der Samen ab. Ist diese eingetreten, so werden die Zapfen trocken, ihre Schuppen trennen sich von selbst, und die Samen sind jetzt leicht zu gewinnen.“ Das feinfaserige, rötlich-weisse, duftende Holz eignet sich besonders zu Schnitzarbeiten, Hausgerät, Getäfel, Spielzeug, und ist auch als Nutzholz (Bau- und Brennholz) sehr geschätzt. Das Wachstum der Zirbe findet nicht gleichmässig statt, sondern ist um- gekehrt wie bei der Lärche in der Jugend bei weitem langsamer als später. Die Zirben oder Arven sollen erst in 40—50 Jahren manns- hoch werden und die Pflänzchen 6—8 Jahre nach der Saat kaum spannenlang sein. Ihr bestes Wachstum ist bis 150 und 200 Jahre. In den Thälern wachsen sie schon in der Jugend rascher. Die Zapfen reifen erst im zweiten Jahre. Der Samenernte schadet der Tannen- häher oder Nussknacker (nucifraga caryocatactes), auch Zirbelkrähe genannt, der sich an den Zapfen der Arve und anderer Nadelbäume mit den Nägeln festkrallt, mit kräftigen Schnabelhieben die Schuppen (Fruchtblätter) aufbricht und so zu den Samen gelangt, deren Schalen er mittels Zusammendrücken des Schnabels öffnet; Haselnüsse werden auf bestimmten Plätzen mit geschickt geführten Schnabelhieben ge- spalten. Auch Eichhörnchen und Mäuse stellen den Samen nach. „Hinter Obergurgl (dem höchst gelegenen Dorfe Tirols, 1903 m) im Ötzthal, in einer Höhe von 2000 m oder etwas darüber steht ein Arvenwald, der vor den prächtigen Gletschern den Reiz der Land- schaft noch wesentlich erhöht. Er besteht aus zerstreut stehenden mächtigen alten Bäumen, den schönsten dieser Gattung, die ich noch gesehen habe. Sie sind die Reste eines grossen zusammenhängenden Waldkomplexes und gehen, wenn nicht Vorkehrungen getroffen werden, ihrem sicheren Aussterben entgegen. Ab und zu werden einzelne Bäume umgehauen oder durch den Wind niedergeworfen, ohne dass ein Ersatz stattfindet. Ich habe keinen Baum gesehen, der nicht weit, über 100 Jahre alt wäre, und bei mehrmaligem Durchstreifen der ganzen Gegend konnte ich keine Spur von jungem Nachwuchs ent- decken. Ein einziger kleiner Baum, vielleicht 20 Jahre alt, steht mitten an der Felswand einer den Ziegen und Schafen unzugänglichen Schlucht. Derselbe liefert den Beweis, dass junge Bäume wohl auf- wachsen würden, wenn sie vor diesen argen Feinden (den Ziegen, Schafen und dem Wild, welch letzteres besonders im Winter und Frühjahr sie so gründlich abnagt, dass sie zu Grunde gehen) geschützt wären. Die Fläche, auf welcher der frühere Waldkomplex stand, trägt jetzt bloss Alpenrosen und Heidelbeersträucher mit spärlichen Gräsern dazwischen, und gibt fast gar keinen Ertrag. Der Arvenwald, die Zierde des Thales, geht verloren, ohne dass den Bewohnern daraus der geringste Nutzen erwächst.“ Nägeli macht ferner noch folgende höchst interessante Bemerkung. „Ein Wald war in einer Höhe von 1600—1700 m abgetrieben worden. Da kein Nachwuchs da war, so erkundigte ich mich, ob er nicht wieder angepflanzt werde, und erhielt zur Antwort, es sei allerdings im Auftrage des Forstamtes geschehen, aber alle Bäumchen seien umgekommen. Die Ziegen und Schafe trugen in diesem Falle, wie man mir bestimmt versicherte, keine Schuld. Die jungen Bäumchen waren aber aus dem‘ Tieflande heraufgebracht worden, und ich möchte diesem Umstande die Ursache des Misserfolges zuschreiben. Ich glaube, dass junge Baumpflanzen, aus Alpensamen in den Alpen erzogen, unter allen Umständen in der nämlichen Höhe gedeihen. Ich glaube selbst, dass durch rationelle Züchtung noch härtere Varietäten erzielt und die Baumgrenze erhöht werden könnte, Für diese Versuche dürften sich besonders die Kreuzungsprodukte zwischen der Zwergföhre (Latsche) und der gemeinen Föhre, dann die Birke, die im Norden der letzte Baum ist, die Arve und die Lärche eignen.“ Wo, sagt Sendtner, die rostfarbenblätterige Alpenrose, der gemeine Heidestrauch, Preisel-, Heidel- und Moosbeersträuche und die Bergerle (Alpen- oder Grünerle, almus viridis, Strauch von 1—3 m a ie Höhe) schön gedeihen, lässt sich auch das Gedeihen der Zirbe mit aller Sicherheit erwarten. Die Buche, und zwar die gemeine, Wald- oder Rotbuche — von der rötlich-weissen Farbe des Holzes so genannt —, fagus silva- fica, ist einer der schönsten Waldbäume, welcher oft ausgedehnte reine Bestände — hier jedoch nicht — bildet, und liefert ein als Brenn-, Nutz- und Werkholz geschätztes Holz, es ist unser bestes (hartes) Brennholz. Sie ist ein grosser, starker Baum; der schön ge- rundete Stamm hat eine glatte, weisslich-graue Rinde, die Zweige sind schlank und bräunlich, und erst in beträchtlicher Höhe verzweigt er sich zu einer mächtigen, dichten Krone. Blätter kurz gestielt, länglich eirund, undeutlich gezähnt, in der Jugend lichtgrün, seidenhaarig, ge- wimpert, später dunkelgrün, kahl, glänzend, fast lederartig. An der Buche, sagt Kerner, wird das Jugendkleid der Laubblätter — die meist flächenartige Blattspreite bildet den Hauptteil des chlorophyll- reichen Blattes; sie ist in der Regel vorzugsweise entwickelt und wird daher in den Beschreibungen schlechtweg als „Laubblatt“ bezeichnet -—— aus Seidenhaaren gebildet, und die Art und Weise, wie diese an- gebracht sind und wie sie fungieren, ist so eigentümlich, dass es der Mühe lohnt, etwas näher darauf einzugehen. Beim ersten Anblicke scheint das junge Buchenblatt an der Rückseite ganz mit Seide über- zogen; bei genauerem Zusehen aber findet man, dass die Seidenhaare nur den Rändern und den Seitenrippen aufsitzen, und dass die grünen Teile des Blattes nichts weniger als behaart, sondern thatsächlich voll- ständig kahl sind. Da aber die grünen Teile des Blattes tiefe Falten bilden, die Seitenrippen noch sehr genähert sind und die auf ihnen sitzenden Seidenhaare mit den Spitzen über die nächst vorderen Rippen weit hinausragen, so werden alle furchenförmigen Vertiefungen der Falten ganz überdeckt; jede Furche ist von den sehr regelmässig in paralleler Anordnung neben einander liegenden Haaren überbrückt, und so wird der Eindruck hervorgebracht, als ob das ganze Blatt ein zartes Seidenkleid trüge. Über die Bedeutung dieser Haare kann kein Zweifel aufkommen; sie schützen eben das von ihnen überdeckte grüne Gewebe gegen die Sonne und zwar so lange bis die Haut dort ge- nügend verdickt ist. Nachdem diese Verdickung erfolgte, glätten sich die Falten, das Blatt nimmt statt der vertikalen eine horizontale Lage an; die Rückseite desselben ist dann von der Sonne abgewendet, und die Rolle der Haare ist ausgespielt. Sie sind jetzt überflüssig ge- worden und fallen in der Regel ab oder sind, wenn sie sich an den ZEN v Seitenrippen erhalten, verknittert, unscheinbar und bedeutungslos ge- worden. Auch die Blätter der Rosskastanie sind, wenn sie sich über die braunen, auseinander gedrängten Knospenschuppen hervorschieben, dicht mit Wolle übersponnen, verlieren dieselbe aber im Laufe des Frühlings so vollständig, dass man an den ausgewachsenen Blättern nur hier und da noch hängen gebliebene Reste derselben wahrzunehmen vermag. Die Buche blüht im Mai, und zwar entfalten sich die (ein- häusigen) Blüten mit den Blättern zugleich. Die männlichen oder Staubblattblüten, 8—12 mm im Durchmesser, stehen in kugeligen, an 2—3 cm langen Stielen hängenden gelbgrünen, weich seidenhaarigen, mit kleinen Schuppen versehenen, zeitig abfallenden Kätzchen, gegen ein Dutzend Blüten enthaltend. Blütenhülle (Perigon) glockenförmig, kurz gestielt, vier- bis sechszipfelig, gebildet durch die inneren Schuppen jeder Hauptschuppe des Kätzchens. Staubgefässe acht bis zwölf, mit langen hervortretenden Fäden und kleinen Beuteln. Die weiblichen oder Stempel- blüten in fast ebenso grossen und kugeligen, aber mit einem sehr kurzen aufrechten Stiele versehenen Kätzchen, zu zwei oder selten zu drei; die Schuppen derselben linealisch, mit zahlreichen dicht geschlossenen, fadenförmigen inneren Schuppen, welche eine gemeinschaftliche rötliche Hülle um die zwei oder drei in der Mitte des Kätzchens sitzenden Blüten bilden. Diese am Grunde mit dem Fruchtknoten — derselbe ist dreifächerig mit zwei hängenden Ei’chen (indem dieselben gegen die Spitze der Fruchtknotenhöhlung ansitzen und abwärts hängen) in jedem Fach; drei Narben; — verwachsene Blütenhülle oder Fruchthülle ver- grössert sich später bedeutend und gleicht einer weichstacheligen, vier- klappigen Kapselfrucht; sie bildet also eine aus Verwachsung der äussern und innern Schuppen des Kätzchens entstandene, in vier Klappen sich öffnende, mit weichen, seidenhaarigen Stacheln besetzte harte Hülle, welche 2—-3 dreikantige, spitzige, hellbraune Früchte, Nüsschen (Buchnüsse, Bucheckern, Bucheln) einschliesst. BeiSchmeller finde ich: Büechel, die Frucht der Buche, Buch - Eichel, Buch- Eker; verhält sich zu Buech wie Aichel zu Aich. Äckerich, Geäckerich, Geäcker, Äcker, Kollektivum für die Frucht der Buche und der Eiche; die Waldmast. „Inwiefern Ecker und Aichel zusammengehören, will ich nicht bestimmen; nur das bemerke ich, dass sich, wie Ecker nicht bloss auf die Frucht der Buche, so auch Aichel nicht bloss auf die der Eiche beschränkt findet.“ Diese Bucheln geben eine vortreffliche Schweinemast und wird aus ihnen auch Öl (Buchenöl) zum Brennen und als Speiseöl geschlagen. In Buchenzweige wurden die ältesten a Schriftzeichen der’ Germanen, die Runen geschnitten; das bis ins Alt- germanische zurückreichende Wort „Buchstab“ bedeutet so viel als die auf dem Zweige der Buche, auf dem Buchenstab eingeritzte oder ein- geschnittene „Rune“, und Rune wiederum ist das geheim geraunte Zauberzeichen auf Buchenholzstäben (Runenstab, Holzrune). „Und treff’ ich auf ein Menschenwesen, dem schwere Zeit grub Runen ein“, sagt der Dichter. — „Eine aus Samen aufgezogene Buche muss, bis sie zum Blühen gelangt, schon ein Alter von 40 und mehr Jahren erreicht haben, eine Eiche sogar 60 Jahre; von den Nadelhölzern sind es die Lärche und die Kiefer, die am ehesten blühen, in 15 Jahren, während die Tanne schon doppelt und die Fichte fast dreimal so alt werden müssen, um sich zum Blühen anzuschiecken. Am frühesten kommt die Birke mit 10 Jahren an die Reihe.“ Ausserdem finden sich noch zerstreut folgende Laubbäume. Die europäische, wahrscheinlich aus dem östlichen Europa stammende Linde, Llia europaea, — ihr Name deutet auf Weich- heit und Anmut. Sie hat ein rasches Wachstum, erreicht aber trotz- dem ein hohes Alter. Das ein wenig übelriechende, weisse, leichte und weiche, jedoch zähe Holz ist zu Schnitzarbeiten gesucht; die feine Kohle dient zur Bereitung des Schiesspulvers und als „Reisskohle‘ zum Zeichnen; der innere zähe Bast wird technisch, als Bindemittel als Flechtstoff zu Matten, Decken und dergleichen verwendet. Schon Matthiolus sagt: auss dem holtz macht man die geschnitzten bilder vnd auss den kolen das büchsenpuluer. Die Blüten süss duftend, weisslichgelb, gewöhnlich unterhalb der Blätter hängend und mit dem ebenfalls weisslichgelben (grünlichgelben) Deckblatt bis zur Mitte ver- wachsen, bilden kleine blattwinkelständige Trauben — richtiger Trug- dolden, d. h. verzweigte zentrifugale oben abgestutzte Trauben — und sind in Theeform ein bekanntes schweisstreibendes Mittel. Blütezeit im Juni. Im Arzneibuch für das deutsche Reich (1890) heisst es: Arzneilich verwendet werden die eine Trugdolde bildenden Blüten der Sommer- und Winterlinde Der kahle Stiel ist bis zur Hälfte mit einem papierdünnen, deutlich durchscheinenden Deckblatte verwachsen und trägt bei der Winterlinde bis 13 gestielte Blüten, bei der Sommer- linde nur drei bis fünf erheblich grössere Blüten mit dunklen gelblich- braunen Blumenblättern. Die Staubfäden zahlreich; Kelchblätter, Blumenblätter und Fruchtfächer je fünf an der Zahl, ein einfacher Griffel mit fünfzähniger Narbe. Die Blüten der aus dem Orient stam- menden flia tomentosa sind grösser, ausser den fünf Blumenblättern Ne noch mit fünf blumenblattartigen Staubblättern versehen; das Deck- blatt des Blütenstandes ist vorn am breitesten, oft mehr als 2 cm breit, unterseits meist sternhaarig. Diese Blüten sollen nicht verwendet werden. Eine warme Limonade aus einer Tasse Lindenblütenthee und dem Safte einer halben Zitrone bereitet, ist ein gutes und angenehmes Hausmittel gegen eine starke Erkältung, gegen Schnupfen und Husten. Im Norden von Frankreich sammelt man die frischen süss duftenden Blüten der Linden, um einen sehr feinen wohlriechenden Likör zu bereiten. Man nimmt gut geöffnete Lindenblüten, bedeckt sie mit Alkohol von 85°, lässt sie 14 Tage digerieren, zieht sie ab und fügt zu jedem Liter der Infusion 750 Gramm Zucker, der in ein Liter kalten Wassers aufgelöst wurde, hinzu. Es wird gemischt, filtriert und ist zum Trinken fertig. Unsere Linde verändert sich vielfach in der Grösse der meist schief herzförmigen, in ungleiche Hälften geschiedenen sowie ungleich gesägten, zugespitzten Blätter, in der Behaarung der Unterseite und der Frucht, der mehr oder weniger deutlich hervortretenden faden- förmigen fünf Fruchtrippen — in der Jugend sind die Nüsschen flaumig behaart, bei der Reife meistens kahl. Das grosse trocken- häutige mit der Hauptachse des Blütenstandes, dem gemeinschaftlichen Blütenstiel teilweise (in der unteren Hälfte) verwachsene Hoch- oder Deckblatt fällt später, nachdem es vorher gelb, welk geworden, im Oktober mit demselben ab. „Als Schutzmittel des Pollens dient auch die Form der Blumenkrone und ihre Lage: als tief nach abwärts ge- neigter Becher, Trichter oder Glocke versagt sie dem Regen den Ein- tritt ins Innere, und wo nicht die ganze Blüte mitwirkt, da ist es doch ein Teil des Blütenstandes, der diesen Zweck hat; so erklärt sich die Lage der zungenförmigen Deckblätter der Linde wohl ganz ungezwungen.“ — Aus der Zahl der Jahrringe an gefällten Baumstämmen hat man ziemlich genau das Verhältnis zwischen Alter und Dicke ermittelt. Von einigen Bäumen, wie namentlich von Linden, ist auch das Alter historisch festgestellt, und daraus wurde die jährliche Zunahme berech- net. Bei der Linde wächst der Stamm durchschnittlich nahezu um 4 mm jährlich in die Dicke. In Deutschland gibt es zwei Linden: die von Mitte bis Ende Juni blühende Früh- oder Sommerlinde, filia grandifolia, mit grösseren, breiteren, (6—8,7—9,5, 85—11 em im Quer- bezw. Längs- durchmesser haltenden), unterseits kurzhaarigen, in den Achseln der x, Hauptaderäste weissbärtigen, beiderseits sattgrünen Blättern. Blüten- trauben zwei- bis dreiblütig; die im September erscheinenden kugeligen erbsengrossen einsamigen Früchte, Nüsschen, holzig mit fünf starken Kanten. Sie ist der stärkere Baum, seltener in Wäldern, meist ge- pflanzt in Alleen, Gärten, bei Kirchen, einzeln des Schattens wegen auch im offenen Felde Dann die 10—14 Tage später blühende, weniger Blütenduft verbreitende und nie so stark werdende, mehr in Wäldern vorkommende Stein- oder Winterlinde, Klia parvifolia, mit kleineren (gewöhnlich 4—6 em Durchmesser), härteren, saftloseren, beiderseits kahlen, unterseits meergrünen, in den Winkeln der Haupt- aderäste rostfarbig bärtigen Blättern. Blütentrauben fünf- bis sieben- blütig; Nüsschen dünnschalig, mit vier bis fünf undeutlichen Kanten. — Unsere Vorfahren hielten die Linde heilig. Kein Baum ist in den deutschen Landen so volkstümlich wie die Linde; sie ist des Volkes Liebling. Alle Dorfangelegenheiten wurden unter einer Linde ver- handelt; hier tanzte und spielte die Jugend und ruhte das Alter aus. „Sieh dies Lindenblatt! du wirst es Wie ein Herz gestaltet finden; Darum sitzen die Verliebten Auch am liebsten unter Linden“ — sagt der beste deutsche Dichter, Heinrich Heine (1799 —1856); und: „Komm mit mir unter die Linde, Du Herzallerliebster mein! Komm setz dich an meine Seite, Dann wollen wir lustig sein,“ — singt ein anderer Dichter der Freiheit, Ludwig Pfau. -— Ein reizendes Liedlein ist uns aufbewahrt in den aus dem 13. Jahrhundert stammenden Carmina burana (s. meine Geschichte des Klosters Benediktbeuern), das ich hier folgen lasse; es steht in der (Original-) Handschrift auf fol. 72. Ich was ein chint so wolgetan. uirgo dum florebam. do brist mich div werlt al. omnibus placebam. Refl. Hoy x oe maledicantur thylie iuxta uiam positee Ja wolde ih an die wisen gan. flores adunare: do wolde mich ein ungetan ibi detlorare. Er nam mich bi der wizen hant. sed non indecenter. er wist mich div wise lanch valde fraudulenter. Er graif mir an daz wize gewant. valde indecenter er fürte mih bi der hant multum uiolenter. Er sprach vrawe gewir bas. nemus est remotum. dirre wech der habe haz planxi et hoc totum. Iz stat ein linde wolgetan non procul auia da hab ich mine herphelan timpanum cum Iyra. Do er zu der linden chom dixi sede- amus. div minne twanch sere den man ludum faciamus. Er graif mir an den wizen lip. non absque timore. er sprah ich mache dich ein wip duleis et cum ore. Er warf mir uf daz hemdelin corpore BER detecta. er rante mir indaz purgelin cuspide erecta. Er nam den chocher unde den bogen. bene uenabatur. der selbe hete mich be- trogen ludus compleatur. Der gemeine oder Feld-Ahorn, «acer campestre, auch Mass- holder genannt, blüht im Mai. Blüten klein, grünlich, wenig zahl- reich, an dünnen schlanken Stielen, in lockeren aufrechten Schirm- trauben, die kürzer sind als die Blätter. Teilfrüchte flaumig, seltener kahl, mitunter lebhaft rot. Die Äste sind meist mit einer dicken Korkschicht (acer suberosum) bedeckt; so am Vogelherd und bei Kochel, jedoch nicht häufig und mehr strauchartig; ausserdem als Alleebaum, einzeln. Das Holz ist ein gutes Brennholz und festes sehr zähes Nutzholz für Drechsler und Wagner, insbesondere auch zu Waschkluppen verwendbar. Es ist auf dem Durchschnitt nicht so gelblich wie der Sauerdorn, und die Markröhre ist schmächtiger. Maserstücke zu Ulmer Pfeifenköpfen. Der Ahorn hat polygamische Blüten, d. h. Zwitterblüten und eingeschlechtige zusammen. Seine Flügelfrucht ist zugleich eine Spaltfrucht, welche bei vollkommener Reife in zwei einflügelige, je einen Samen einschliessende Hälften zer- fällt. „Die Flügelfrucht ist eine ein- oder wenigsamige Trockenfrucht, deren Fruchthülle mit einem häutigen Flügel oder mit mehreren der- gleichen Fortsätzen versehen ist; bei der Ulme und Esche ist sie ein- flügelig, bei der Birke zweiflügelig.“ Die gemeine oder Edel-Esche, fraxwinus excelsior, „starker, schöner, raschwachsender Baum, bis zu 20 m Höhe, mit gegenständigen in der Regel unpaarig gefiederten Blättern, je mit fünf bis neun eirund lanzettlichen gezähnten einzelnen oder Fiederblättchen. (Unpaarig ge- fiedert nennt man die Blätter, wenn die Fiedern paarweise am gemein- samen Stiel, jedoch mit einem besonderen (End-) Blättchen an der Spitze vorhanden sind; der gemeinsame Blattstiel läuft hier also in ein Endblättchen aus.) Die Blüten kommen zeitig vor den Blättern und erscheinen zunächst wie ein Büschel Staubgefässe aus den gegen- ständigen Knospen der vorjährigen Zweige, jeder Büschel am Grunde umgeben von kleinen wolligen Schuppen. Bei näherer Prüfung findet man eine Anzahl eine Traube bildender Blütenstiele, von denen manche nur zwei Staubgefässe tragen (männliche Blüten), andere zwischen den- selben noch einen Stempel mit schlankem Griffel und kopfiger Narbe besitzen (zweigeschlechtige oder Zwitter-Blüten).“ Nach Kerner finden sich bei der gewöhnlichen oder gemeinen Esche an einem Stocke neben einander echte Zwitterblüten, reine Fruchtblüten. und reine Pollen- 7 blüten. Kelch und Blumenkrone fehlen, und da auch die Blütendecken gänzlich fehlen, so heisst die Blüte nackt. Blütezeit April und Mai. Im August und September erscheint die trockene Schliessfrucht, welche an der Spitze sich in einen langrunden Flügel verlängert und am Grunde zweifächerig ist, jedes Fach mit einem bräunlichen flachen ge- furchten (16 mm langen, 5 mm breiten) Samen; der Fruchtflügel wird bis 5 em lang. Das harte, zähe und biegsame Holz ist ebenso gutes Bauholz, wie zu Wagnerarbeiten, Ladestöcken, Peitschenstielen und der- gleichen mehr sehr gesucht. Die Blätter sind gutes Futter für Schafe und Ziegen, auch für die Kühe. ‚Die wassersammelnden zu Kanälen geschlossenen Rinnen werden vorzüglich an den Blattstielen und an der Spindel zusammengesetzter Blätter getroffen. An der Esche z. B. ist die Blattspindel, von welcher die Teilblättchen ausgehen, an der oberen Seite mit einer Rinne versehen. Dadurch dass die durch ein sogenanntes Kollenchymgewebe gefestigten Ränder dieser Rinne sich aufbiegen und über der Rinne zusammenneigen, entsteht ein Kanal, der nur dort auseinander klafft, wo von den der Spindel seitlich auf- sitzenden, dem Tropfenfalle ausgesetzten Teilblättehen Regenwasser zufliesst. Die haarförmigen sowohl als die schildförmigen Zellgruppen, welche in den Rinnen und Kanälen ausgebildet sind, werden durch das zugeflossene Wasser nicht nur flüchtig genetzt, sondern, da sich dort das Wasser mehrere Tage nach dem Regen erhält, für diese Zeit in ein förmliches Wasserbad versetzt und können das Wasser sehr allmälig aufsaugen. — Hinsichtlich des Laubabfalles, so ist erwäh- nenswert, dass bei einigen Bäumen die herbstliche Ablösung des Laubes an der Spitze der Zweige beginnt und von dort allmälig gegen die Basis zu fortschreitet, während wieder bei andern das Umgekehrte der Fall ist. An den Eschen, Buchen, Haseln und Hainbuchen ist das obere Ende der Zweige jedesmal schon der Blätter beraubt, wenn die untere Hälfte derselben noch festsitzende Blätter trägt; an den Linden, Weiden, Pappelbäumen und Birnbäumen dagegen sieht man die Zweige unten schon sehr zeitig im Herbste blattlos werden und die Entlaubung nach oben zu fortschreiten; an den äussersten Zweigspitzen bleiben gewöhnlich noch einige Blätter lange hartnäckig sitzen, bis auch sie beim Anpralle des ersten Schneesturmes fortgewirbelt werden.“ Wie wenn ein Blatt vom Wipfel fällt, So geht ein Leben aus der Welt — Die Vöglein singen weiter, klagt der Dichter. — Die Alluvionen der Isar sind nach Sendtner für Ulmen und Eschen, wie die Er- fahrung lehrt, ein überaus günstiger Boden. Für solche Anlagen gibt Daffner, Voralpenpflanzen. 2 Ser en es keinen geeigneteren Baum; nur muss er an freien Stellen und nicht im Laubdach des Gebüsches erzogen werden. Die Esche, wahrscheinlich Aschenbaum von der grauen Farbe der Rinde, ist nach nordischem Mythus der Weltbaum. Er verband Himmel und Erde, Erde und Hölle. Seine Äste trieben durch die ganze Welt und reichten sogar über den Himmel hinaus. Nur von den Nornen wurde diese Esche, der heilige Baum Yggdrasil, an dessen göttlicher Wurzel sie wohnten, begossen. Eine ihrer Wurzeln ging zu den Asen, eine zu den Hrimtrusen und eine zu Hel, und unter jeder Wurzel rauschte ein heiliger Quell. (Nornen sind die nordischen Schicksalsgöttinnen, welche die Fäden des Geschickes spannen und webten; in der Regel sind es drei Schwestern. Nornen heissen dann auch die Schutzgeister der Menschen und die Wahrsagerinnen an den Wiegen der Kinder. Hrimthursen (Jakob Grimm, deutsche Mythologie, 1844, hat hrimthursar), Reifriesen sind noch von tauendem Reif triefende Riesen, ihr Bart ist gefroren. Hel, die Tochter Lokes oder Lokis und der Riesin Angurboda, halb schwarz und halb menschenfarbig, ur- sprünglich wohl eine Gewittergeburt (wie der heulende Sturmeswolf Fenrir), entsprechend dem Ausdruck, welchen man noch öfter beim Gewitter hört: „es ist, als wäre die Hölle losgelassen“‘, eine ewige Feindin der Asen, ist die nordische Göttin der Unterwelt, ausgezeich- net durch Gier und Unbarmherzigkeit. Der persönliche Begriff der Hel ging in christlicher Zeit bei allen germanischen Stämmen in den lokalen der Hölle über. Der griechische Hades sowie der lateinische Orkus wurden männlich gedacht. Fenrir, der grimme (heulende Stur- mes-) Wolf, der beim Weltuntergang Odin im Kampf verschlingt und dann von Odins Sohn Widar zerrissen wird, war der Sohn Lokis und Bruder der Hel.) Die Esche ist der Schmuck deutscher Dörfer, in denen sie am Bache neben den Erlen und Weiden selten fehlt, aber auch au freien Grasplätzen und Chausseen vorkommt. Sie bildet kein so dichtes Laub, dass nicht der Sonnenstrahl durchdringen kann. „Zwischen den meist fünf- bis siebenpaarig gefiederten Blättern mit dem (in der Regel) ungeteilten Endblättchen hängen noch die Büschel zungenförmiger Flügelfrüchtehen herab, welche die Esche oft erst im kommenden Frühjahr abwirft. Während die heissen Erdstriche eine Menge Bäume mit gefiederten Blättern darbieten, ist es in Deutschland neben der Esche nur noch die Vogelbeere oder, eben der Blätterähnlichkeit wegen, sogenannte Eberesche, und zwei seltenere deutsche Sorbusarten, SA welche sich dieses. südlichen Baumcharakters erfreuen; denn die Wal- nuss und Akazie sind bekanntlich bei uns als Fremdlinge eingewan- dert. Letztgenannten Baum lieben wir ja auch so sehr wesentlich seiner schönen Blätter wegen, welche seiner Krone ein so zartes Ge- füge geben. Zu demselben Vorzuge kommt bei der Eberesche noch der leuchtende Korallenschmuck ihrer scharlachroten Beeren.“ Der Vogelbeerbaum oder die Eberesche, d. i. Afteresche, un- echte Esche, sorbus s. pirus aucuparia, ist hier nicht häufig, etwas häufiger an der Strasse vor Kochel. „Mässig grosser Baum, ausge- zeichnet durch regelmässig gefiederte Blätter. Fiederblättehen 11—19, paarweise an gemeinschaftlichem Stiele mit einem Endblättehen an der Spitze, sämtlich schmal langrund, scharf‘ gesägt, 2— 4 cm lang, auf der Oberseite gänzlich oder fast unbehaart, unterseits mehr oder weniger zottig behaart. Knospen filzig, trocken. Blüten weiss, klein aber sehr zahlreich in ansehnlichen, 8—10 em breiten Schirmtrauben am Ende kurzer beblätterter Zweige. Blütenstiele und Kelche mehr oder weniger behaart. Griffel kurz, gewöhnlich drei, meistens kahl und vom Grunde an getrennt, frei. Früchte zahlreich, klein, kugelig, leuchtend rot, herbe, für Menschen ungeniessbar. Samen klein, im Fruchtfache auf- recht, lichtbraun, schmal verkehrt eiförmig, am Rande abgerundet. Blütezeit Mai und Juni. Die im August reifenden Früchte dienen als Lockspeise zum Vogelfang. Das Holz ist weiss, bräunlich geflammt, nicht sehr hart und nicht sonderlich dauerhaft, aber zähe und lässt sich gut polieren; als Brennholz ist es nur mittelmässig.“ Die Eber- esche hat nach Sendtner die höchste Regionengrenze (über 1700 m) unter den Laubbäumen in Bayern; doch ist sie dann mehr strauchartig. Die Eibe, Zaxus baccata, kommt ziemlich selten und nur an schattigen Berg-Waldstellen vor. Die unterste Grenze ihres Vorkom- mens in Südbayern scheint nach Sendtner Kelheim an der Donau zu sein, 360 m, die oberste erreicht sie auf der Bernadeinalpe bei Garmisch, 1260 m. „Ein dichtästiger, dunkler immergrüner Baum, Blätter 12—20 mm lang, nadelartig, d. h. sehr schlank und zugleich zugespitzt, schmal linealisch, rings um die Zweige eingefügt, aber ge- nähert in zwei gegenüberstehenden Reihen erscheinend, etwas gewölbt, glänzend grün auf der Oberseite. Blüht März und April; Blüten zweihäusig. Kätzchen sehr klein in den Blattachseln. (In den meisten Fällen gelangt der in den Antheren erzeugte stäubende Pollen von seiner Bildungsstätte unmittelbar in die umgebende Luft. Nun gibt es aber auch noch viele Pflanzen, deren stäubender Pollen aus den 2 %* Antheren zunächst auf einen geeigneten, gegen Nässe geschützten Platz im Bereiche der Blüten fällt, daselbst kürzere oder längere Zeit ver- weilt und erst dann, wenn die für seine Verbreitung geeignetsten Ver- hältnisse in der Umgebung eingetreten sind, vom Winde weggeblasen wird. Als zeitweilige Ablagerungsstätte für solchen Pollen werden sehr verschiedene Teile der Blüte in Anspruch genommen. Bei den Kiefern, Tannen und Fichten dient seltsamer Weise die Rückseite eines andern Pollenblattes zu diesem Zwecke. Bei der Legföhre oder Krummbolz- kiefer ist die obere Seite aller Pollenblätter infolge des Aufbiegens der seitlichen Ränder sowie des Aufstülpens der grossen häutigen Schuppe, in welche das Konnektiv ausläuft, etwas grubig vertieft; zudem findet sich dort rechts und links von der Mittellinie eines jeden Pollenblattes eine seichte Mulde Wie man sich leicht überzeugt, dienen diese grubigen Vertiefungen zur Aufnahme jenes Pollens, welcher aus den darüber stehenden Antheren herabfällt, und da sich gewöhnlich sämt- liche in eine Ähre zusammengedrängte Antheren auf einmal öffnen, so tragen auch sämtliche Pollenblätter der betreffenden Ähre zu gleicher Zeit den staubartigen Pollen auf ihren Rücken. Solange die Winde schweigen, bleibt der Pollen ruhig auf dieser Ablagerungsstätte liegen, sobald aber ein Windstoss die Äste und Zweige der Kiefer schüttelt, kommt der abgelagerte Pollen aus seinem Verstecke zum Vorscheine und man sieht ganze Wolken gelben Staubes von den Ähren empor- wirbeln. — Einigermassen abweichend von dieser für die Kiefern, Tannen und Fichten so bezeichnenden Einrichtung ist jene, welche bei der Eibe beobachtet wird. Das Konnektiv der Pollenblätter endigt bei diesem Nadelholze nicht mit einer aufgestülpten Schuppe, sondern mit einem kreisförmigen, am Rande gekerbten Schildchen. Die Pollen- blätter erscheinen der unteren, beziehentlich hinteren Seite dieses Schild- chens angeheftet. Auch sind die Pollenblätter zu rundlichen Köpfchen vereinigt und die schildförmigen Konnektive schliessen mosaikartig dicht zusammen, so dass man bei oberflächlicher Ansicht die Pollen- behälter gar nicht zu sehen bekommt. Wenn der Pollen seine Reife erlangt und die Form des Staubes angenommen hat, springen die unter den Schildern versteckten Pollenbehälter auf und die Wände derselben schrumpfen zusammen. Die Schilder gleichen nun Kuppeln, welche von kurzen Säulen getragen werden und sich über Räume wölben, in denen loser, staubförmiger Pollen aufgespeichert ist. In warmer trocke- ner Luft zieht sich das Gewebe der Schilder etwas zusammen, es ent- stehen infolge dessen zwischen den Schildern spaltenförmige Öffnungen, ns und die aus den. Pollenblättern gebildete Kugel sieht wie zerklüftet aus. Sobald nun ein Windstoss die Eibenzweige ins Schwanken bringt, stäubt ein Teil des Pollens durch die eben erwähnten Spalten in Form kleiner Wölkchen aus. Abends, wenn die Luft feuchter wird, sowie an trüben regnerischen Tagen schliessen sich die Schilder wieder zu- sammen, der noch vorhandene Pollen wird eingekapselt und gegen Nässe geschützt. Tritt neuerdings warme trockene Witterung ein, so stellen sich die Spalten wieder ein und es kann der letzte Rest des Pollens ausgeschüttelt und fortgeblasen werden. Dieselbe Einrichtung wie bei der Eibe findet man, allerdings in Einzelheiten abgeändert, in der Hauptsache aber übereinstimmend an dem Wacholder, den Zypressen, Lebensbäumen oder Thujen, und merkwürdigerweise in ganz ähnlichen Verhältnissen auch bei den im übrigen mit den zuletzt genannten Nadelhölzern in keinen verwandtschaftlichen Beziehungen stehenden Platanen.) Frucht eine oben offene Beere, ein hartes Samenkorn, teil- weise umhüllt von einem fleischigen, beerenähnlichen Becher oder Mantel. Dieser Samenmantel, halb durchsichtig und auffallend durch die schön purpurrote Färbung, ist saftig, geniessbar und schmeckt schleimig süsslich. Samen und Blätter sind giftig.“ Das sehr harte, rötlich geflammte Holz dient zu feinen Tischler- und Drechslerarbeiten. Der Baum wächst sehr langsam, indem der mittlere jährliche Zuwachs des Durchmessers nur 2,5 mm beträgt, und erreicht ein sehr hohes Alter. Der berühmte Eibenbaum von Fortingall in Schottland soll 3000 Jahre alt sein. : „Die Höhe und das Alter der Bäume sind zwar in ganz sicheren Zahlen nicht festzustellen, aber soviel ist gewiss, dass jede Baumart gleichwie jede Tierspezies an eine bestimmte Grösse und an ein be- stimmtes Alter gebunden sind, welche nur selten überschritten werden. Was das Alter anbelangt, so sind die Angaben aus älterer Zeit meisten- teils zu hoch gegriffen. Mit ziemlicher Sicherheit wurde als äusserste Altersgrenze berechnet für die Eibe 3000, Kastanie 2000, Fichte 1200, Sommerlinde 1000, Zirbelkiefer 500—700, Lärche 600, Föhre 570, Silberpappel 500, Buche 300, Esche 200—300, Hainbuche 150 Jahre. Die beglaubigten Angaben über die Höhe der Bäume sind folgende. Eine Höhe von 75 m erreicht die Weisstanne, 60 m die Fichte, 53,7 m die Lärche, 48 m die Föhre, 44 m die Buche, 40 m die Silber- pappel, 35 m die Wintereiche, 30 m die Esche, 22,7 m die Zirbel- kiefer, 20 m die Stieleiche, 20 m die Hainbuche, 15 m die Eibe. Höhe und Dicke der Bäume nehmen nicht in gleichem Masse zu, wie sich aus folgenden beglaubigten Angaben ersehen lässt. Den entschie- den grössten Durchmesser weist mit 20 m auf die gewöhnliche Kastanie, einen solchen von 9 m hat die Sommerlinde, 7 m die Stieleiche, 4,9 m die Eibe, 4,2 m die Wintereiche, 3 m die Ulme, 3 m die Weisstanne, 2,8 m die Silberpappel, 2 m die Buche, 2 m die Fichte, 1,7 m die Zirbelkiefer, 1,7 m die Esche, 1,6 m die Lärche, 1,4 m die Kornel- kirsche, 1 m die Föhre, 1 m die Hainbuche.“ — Eine Eibe von eben- falls ansehnlichem Alter steht in dem ziemlich vereinsamten, nur zu gewissen Zeiten belebten, schattigen Garten des Herrenhauses zu Berlin. Der Stamm misst an der stärksten Stelle 1,30 m, die Höhe beträgt 12,50 m, der Durchmesser der Krone 16,50 m. Das Alter wird von Forstleuten auf 700—800 Jahre geschätzt. — Die Eibe scheint auf dem Aussterbeetat der Schöpfung zu stehen; einst in den Wäldern Europas neben Auerochs und Elentier häufig zu finden, ist sie, wenigstens als entwickelter Baum, ziemlich selten geworden; einzelne ehrwürdige Exen- plare finden sich in Mecklenburg, Thüringen, Schlesien und vorzüglich in England. Zu Cäsar’s Zeiten (99-44 v. Chr.) war die Eibe in Gallien und Germanien ein gewöhnlicher Waldbaum. Unter Ludwig XIV. von Frankreich (1651—-1715) war die Eibe namentlich in den Gärten sehr beliebt. Im Altertum war die Eibe ein Baum des Todes. Die Furien (oder Erinyen, Rachegöttinnen, Rachegeister, die schlangenbehaart und mit Fackeln in den Händen den Frevler verfolgen) trugen Fackeln von Eibenholz, und an Festtagen bekränzten sich die in Purpurgewand gehüllten Oberpriester im Tempel zu Eleusis mit Myrten- und Eiben- zweigen. Die gemeine Ulme oder der Feld-Rüster, ulmus campestris, hier selten, blüht März und April. Blütenhülle (Perigon) glocken- förmig oder kelchartig; Blüte fast sitzend. Die kleinen büscheligen Blüten erscheinen vor den Blättern an den vorjährigen Zweigen. Die eiförmigen, gesägten, am Grunde ungleichen Blätter haben eine durch kleine dem blossen Auge nicht sichtbare Vorsprünge sich — gleich dem Hopfenblatt und anderen Nesselgewächsen — rauh anfühlende Oberfläche. Im Bau der Krone hat die Ulme- einige Ähnlichkeit mit der Linde. „Das Ulmenblatt trägt aber untrügliche Merkmale zur Erkennung genug an sich. Besonders ist es bemerkenswert als das einzige deutsche Baumblatt mit sehr schiefer Basis, indem die Blatt- fläche an der einen Hälfte viel tiefer am Blattstiele heruntergeht als an der andern. Wenn dieses Merkmal in geringem Grade sich auch bei einigen anderen deutschen Bäumen findet, so sind deren Blätter N dann immer glatt, während die Ulmenblätter sich immer sehr rauh und scharf anfühlen, da sie beiderseits mit sehr kurzen steifen Borsten- härchen bedeckt sind. Das allerdings ebenfalls rauhe und an der Basis auch zuweilen etwas schiefe Blatt des Haselnussstrauches hat _ eine viel zu sehr gerundete Form, als dass wir es mit dem eiförmigen Ulmenblatt verwechseln könnten. Während bei der Mehrzahl der Gewächse jedes Laubblatt durch eine vom Blattstiele zur Blattspitze hinziehende Mittelrippe in zwei gleiche oder doch nahezu gleiche Hälften geteilt wird, sind bei den Rüstern und noch zahlreichen anderen Gewächsen die beiden durch die Mittelrippe getrennten Teile des Blattes sehr ungleich. Die Un- gleichheit betrifft vorzüglich die Basis des Blattes; es sieht so aus, als wäre ein Stück einseitig abgetrennt worden, oder als hätte man das Blatt dort schief abgeschnitten. Zur richtigen Erklärung dieser Asym- metrie kommt man vielleicht am leichtesten dadurch, dass man sich das in Wegfall gekommene Stück ergänzt denkt, oder mit anderen Worten, dass man die kleinere Halbscheid eben so gross und ebenso geformt annimmt wie die grössere. Da stellt sich heraus, dass die Ergänzungsstücke von den benachbarten Blättern überdeckt sein wür- den, dass sie infolge dessen des Lichtes entbehren müssten, und dass daher in diesen Teilen des Laubblattes, wenn sie vorhanden wären, die Chlorophylikörper doch keine Thätigkeit entfalten könnten. Dann ist aber dieses Stück des Laubblattes auch überflüssig, und es liegt durch- aus nicht in der’ Ökonomie der Pflanze, so viel Blattgewebe für nichts und wieder nichts zu erzeugen. Die Pflanze bildet niemals Überflüssiges und Unnützes; bei dem Aufbaue aller Teile waltet sichtlich der Grund- satz, mit möglichst wenig Material den denkbar grössten Erfolg zu er- ‚zielen und die gegebenen Verhältnisse, zumal den vorhandenen Raum, so weit wie möglich auszunützen.“ Der zähe Bast dient zum Binden und Flechten. Das Holz ist als Brenn- und Nutzholz geschätzt, dasjenige der Wurzel schön ge- masert. Maserstücke zu Ulmer Pfeifenköpfen. — Die Ulme war der Freiheitsbaum der amerikanischen Revolution; um eine Ulme versam- melten sich zu Boston die Söhne der Freiheit, und 1765 erhielt der Baum eine Kupfertafel mit der Inschrift: the tree of liberty (der Frei- heitsbaum). Die gemeine oder weisse Birke, betula alba, der weissglänzende Baum, durch ihre weisse Stammrinde ausgezeichnet und mit herabge- bogenen Ästen, ist eigentlich ein nordischer Baum; sie nimmt gleich der Kiefer mit schlechtem Boden vorlieb, und kommt teils in den Bergwaldungen (im Osten), teils im Moose (westlich) vor. „Blätter rautenförmig bis dreieckig, lang zugespitzt, doppelt gesägt, kahl, mit ästigen Adern und langen Stielen.“ Ihr Holz ist als Nutz- und Brenn- holz geschätzt. Die schlanken jungen Stämme dienen zur Verfertigung von Reifen, die zähen Reiser zu Besen. Aus der äusseren harzreichen Rinde gewinnt man im Norden durch trockene Destillation ein stark riechendes ätherisches Öl, den Birkenteer („Döggut“ der Russen), das zur Bereitung des Juchtenleders dient und demselben seinen bekannten Geruch verleiht. Die Birke blüht April und Mai; Blüten einhäusig. Ihre Ähren mit schlaffer, später abfallender Spindel, wie sie auch bei der Weide und einigen anderen Laubhölzern vorkommen, heissen Kätzchen (amentum). Und zwar ist das Kätzchen eine Ähre, welche Blüten ohne Blumenblätter in den Achseln schuppenförmiger Deck- blätter enthält und nach dem Verblühen oder nach der Fruchtreife als Ganzes abfällt, nachdem an der Basis der Spindel früher eine Trennung des Gewebes und eine Ablösung der Zellen stattgefunden hat. Samen länglich rund. Flügel doppelt so breit als der Samen selbst und bis zur Spitze der Narben reichend. „Bircken sind bey den Römern vor Zeiten in grossen Ehren ge- wesen, welche sie der Obrigkeit haben vorgetragen. Ist auch noch heut zu Tag in grosser Ehr, dieweil sie die böse und ungehorsame Kinder und Jugend straffe. Daher man Jann im Teutschen Reimen sagt: O du gute Bircken Ruth, Du machst die ungehorsame Kinder gut. Sie lässet sich auch zu andern Diensten gebrauchen, nemlich die unflätige Häuser damit zu kehren. Es ist unter allen Bäumen kaum einer, der so zeitlich den Saftt an sich zeucht, als der Bircken-Baum, dann gleich im Anfang dess Lentzen hat er seinen Saflt so vollkommen- lich, dass, wenn er mit einem Messer geritzt wird, alsbald ein lauter süsses Wasser herauss fleusst, damit offtmahls die Hirten ihren durstigen Mund erquicken.“ Aus diesem Saft wird auch Wein gemacht, so- genannter Birkenwein. Er ist entweder ein stilles, d. h. nicht perlendes, oder ein schäumendes (mussierendes, perlendes) Getränk, welches neben den mancherlei Obst- (Apfel-, Birn-) und Beerenweinen (Heidelbeer-, Johannisbeerwein) unsere Aufmerksamkeit verdient. Der Birkenwein ist im Westen und Süden Deutschlands so gut wie nicht bekannt, in der Mitte Deutschlands jedoch und auch im Osten, namentlich aber in Russland schon seit langer Zeit wegen seiner Billigkeit und erfrischen- den Wirkung hoch geschätzt. Seine Bereitung ist eine verhältnis- NER mässig einfache. Ende März oder anfangs April, wenn der Frost aus der Erde ist, die Birken jedoch noch kein Laub zeigen, bohrt man an der Südseite einer kräftigen Birke mit einem kleinen Bohrer von der Stärke einer Federspule ein 5—6 cm tiefes Loch, jedoch in schräger Richtung, so dass der Saft von oben nach unten bequem ab- laufen kann. Derselbe hat die ihn vor andern Baumsäften auszeich- nende Eigenschaft, dass er über 2°/o Zucker enthält. In dieses Loch steckt man eine Federspule und stellt eine Flasche zum Auffangen des Saftes darunter. Von einem starken, gesunden Baum kann man, ohne ihn zu schädigen, 10—12 Liter Saft gewinnen, wozu etwa 24 Stunden nötig sind. Ist dies geschehen, so schlägt man einen Pflock von trockenem Holz in das Loch und verklebt es ausserdem sorgfältig mit Baumwachs. Hat man auf diese Weise von drei bis vier kräftigen Bäumen 30—36 Liter Saft gewonnen, so lässt man ihn mit Zusatz von 5 kg besten Zuckers in einem verzinnten Kessel bis zu einem Viertel einkochen und seiht ihn durch ein reines Tuch, um ihn gleich nach dem Abkühlen in ein Fässchen von etwa 20 Liter zu bringen; man versäume jedoch nicht, während des Kochens fleissig abzuschäumen. Hierauf giesst man vier Esslöffel voll warmer Bierhefe hinzu, damit der Saft in Gährung geraten kann. Auf alle Fälle muss jedoch in dem Fass noch Platz genug bleiben, um 5 Liter guten alten Franzbranntwein oder noch besser 2 Liter alten Cognak sowie vier in Scheiben geschnittene Zitronen ohne Schale darin unterzubringen ; diese Zusätze giesst man während der Gährung nach und nach hinein, füllt das Fässchen mit dem etwa noch übrigen Saft voll und erhält es auch so, bis die Gährung vollständig beendigt ist. Hiernach spundet man das Fass in bester Form zu und lässt es volle vier Wochen ruhig im Keller liegen. Dann füllt man den .Birkenwein auf Flaschen, aber nur bis an den Hals, denn sonst ist ein Zerspringen derselben sicher. Bei diesem Abfüllen ist noch folgendes zu beachten. Um das wirk- lich erfrischende und angenehme Getränk dem Champagner möglichst ähnlich zu machen, thut man in jede Flasche ein paar Theelöffel voll Johannisbeersaft, welcher in etwas Wein durchgeschüttelt ist, füllt die Flaschen nahezu voll, verkorkt sie nach Art des Champagners und legt sie im Keller in Sand. Man kann den Zusatz von Franzbrannt- wein auch unterlassen, muss aber dann auf jeden Liter Saft 250 g Zucker mehr nehmen. Auch kann man statt der Hefe ein Stück ge- röstetes Brot, mit Hefe bestrichen, nehmen. Eine andere Bereitungsart ist folgende. Zu 100 kg Birkensaft setzt man 300—500 g Weinstein- a säure hinzu; je nachdem ein leichter Tischwein oder ein kräftiger Dessertwein — beide jedoch nicht mussierend — hergestellt werden soll, nimmt man 8, 12, 16, 20 oder 24 kg Traubenzucker als weiteren Zusatz und schliesslich noch etwa 200 g feine Mandelmilch. Den Traubenzucker löst man in einem kupfernen Kessel über Feuer in eben so viel’ Birkensaft auf, als er selbst wiegt; diese Lösung giesst man zu den übrigen genannten Flüssigkeiten in das Fass und über- lässt es der Gährung. Will man einen Schaumwein herstellen, so setzt man auf 100 kg Saft 530 g Weinsteinsäure, 24 kg Zucker und Mandelmilch nach Belieben zu; die übrige Behandlung ist wie die oben geschilderte.e Der stille Birkenwein sowohl als auch der Birken- champagner sind aber nicht allein bekömmliche, den Durst stillende und uns angenehm erfrischende Getränke, sondern sie haben auch noch eine hygienische, gesundheitliche Wirkung: sie wirken wohlthätig bei Nieren- und Blasenleiden. Die gemeine klebrige oder Schwarz-Erle oder Eller, almus gluti- nosa, wächst an Bachufern und auf feuchtem, sumpfigem Boden. „Baum mit rissiger, dunkler Borke. Blätter eiförmig rundlich, sehr stumpf, ungleich gesägt, kahl, unterseits in den Aderwinkeln bärtig, oberseits klebrig. Blüht Februar und März; Blüten einhäusig. Kätzchen sehr dicht, braunrot, Schuppen anliegend, blüht vor dem Aufbrechen der Laubknospen.“ Das im frischen Zustande gelbrote Holz eignet sich besonders zu Wasserbauten, da es im Wasser nicht fault, sondern stein- hart wird; auch als Werkholz ist es geschätzt und hat oft eine sehr schöne Maser. „Da bei der Erle schon unterhalb der Knospe die Seitenachse etwas verlängert ist, so schreibt man derselben gestielte Knospen zu, und zwar sind die Erlen die einzigen Bäume, an denen die Knospen einen deutlichen, kurzen, dicken Stiel haben. Ferner führt die Erle ihren Stamm meist bis zur Spitze der Krone durch und treibt aus ihm zahllose, aber kurze, schwache Äste. Freilich finden sich überall auch stammlose oder grosse Erlenbüsche, welche als Stock- ausschlag erwuchsen, denn kein Baum treibt so leicht aus dem Stocke und vom Stamme wieder aus. Die Schwarzerle wirft ihr Laub um vier Wochen später ab als der Ahorn.“ In seinen „Essays und Studien zur Sprachgeschichte und Volkskunde“ (1885) sagt Gustav Meyer in dem Aufsatz „über den Natureingang des Schnaderhüpfels“: Die Wotjäken haben vierzeilige Lieder, deren Pointe in den letzten Zeilen liegt, während die beiden ersten dieselben durch Schilderung eines Naturvorganges einleiten. Herr Buch hat selbst bemerkt, dass die Volkspoesie der ethnologisch verwandten Esthen und Lappen ähnliche Naturbilder kennt. In dem nachstehenden esthnischen Liede ist das Naturbild weiter ausgeführt: Von der Erle flieh'n die Blätter, Von der Birke weh’n die Blätter, Fallen nieder von den Espen, Irren abwärts von den Eichen, Rauschen von den Rüstern nieder; Von den Föhren fiel die Rinde. Nicht ist mein Geschick ein milderes, Nicht mein Leben ein linderes, Minder nicht meiner Mühen Tage. Wir kommen auf der Wanderung durch die Litteratur der Vier- zellen zum deutschen Schnaderhüpfel, dem Haupttypus jener allenthalben, wo das Volk liebt und singt, verbreiteten Improvisationen, die zumeist vierzeilig sind und mit wenigen charakteristischen Strichen ein Miniaturbildchen aus dem Kreise des Volkslebens zeichnen oder eine momentan aufblitzende Stimmung in geistreicher oder gemütvoller Pointe (Einfall, Schlussgedanke) zum Ausdruck bringen. Hier ist der Natureingang ganz ungemein häufig, bald um die Landschaft oder Jahreszeit mit einigen wenigen Strichen zu malen und sie in Beziehung zu dem Seelenvorgang zu setzen, bald um den letztern durch einen Parallelismus aus der Natur zu heben. Und sehr oft ist der Natur- eingang (Blumeneingang) zur Formel geworden, welcher der innere Zusammenhang mit dem zweiten Teil der WVierzeile gänzlich ab- geht, z. B.: Krauseminz und Thymian Wachst in unsern Garten ; Mutter, ich muss an Freier habn, Ka net länger warten. Die gemeine Eiche, guercus robur, hier selten, grosser, starker Baum mit sparrigen, hin und her gebogenen, dieken Ästen, der lang- lebigste aller einheimischen Bäume. Man unterscheidet eine Stiel- oder Sommer-Eiche (pedunculata) mit gestielten, und eine Stein- oder Winter-Eiche (sessiliflora) mit sitzenden Früchten. Das Holz ist das dauerhafteste einheimische Werkholz. Die Rinde gibt das beste Gerbe- mittel (Lohe); auch wird die von jüngeren Stämmen entnommene, sehr zusammenziehend schmeckende Rinde, besonders die als Spiegelrinde bezeichnete Sorte, als Adstringens in der Heilkunde angewendet. Es on OR sind 1—3 em im Durchmesser erreichende, 1—3 mm dicke Röhren, die Oberfläche grau oder braun, an jüngeren Rinden glatt und glänzend, an älteren etwas rissig und uneben, rauh, die Innenfläche braun und grobfaserig. Das Eichenblatt ist buchtig fiederlappig, d. h. mit ge- rundeten Lappen und eben solchen Einschnitten dazwischen versehen — am Rande gebogen ausgeschnitien; die Blätter werden gewöhnlich Eichenlaub genannt. Blütezeit der Mai; Blüten einhäusig. Die Staub- gefässblüten bilden fadige, unterbrochene, hängende, gelbgrüne Ähren . oder Kätzchen. Die Stempelblüten sind umgeben von einer vielblätt- rigen aus kleinen, dachziegeligen Schuppen gebildeten Hülle. Diese Hülle verwandelt sich dann in den zierlichen schuppigen Becher, in welchem die länglichrunde Frucht, die Eichel, sitzt. „Der Frucht- knoten der Eiche zeigt drei Fächer, deren jedes zwei Samenknospen enthält; es bildet sich aber immer nur eine derselben aus und die Frucht ist daher einfächerig und einsamig. In ähnlicher Weise entsteht das einfächerige und einsamige Nüsschen der Linde aus einem mehr- fächerigen Fruchtknoten; hier erkennt man auf dem Querschnitte noch die durch überwiegende Entwickelung des einen Samens bei Seite ge- drängten Fächer, deren Ei’chen nicht zur Entwickelung kamen.“ Die Früchte oder Nüsse, die Eicheln, sind eine vortreffliche Schweinemast; geröstet (semen quercus tostum) liefern sie den Eichelkaffee. „Sie sind langrund, eitörmig oder kugelig, am Grunde umgeben von einem verholzenden Näpfehen oder einer Hülle, welche entstanden ist aus den verlängerten Schuppen. Dieser Fruchtbecher ist viel kürzer als die Eichel, mit kurzen, stumpfen, gedrängt dachziegelförmigen, häufig nicht unterscheidbaren Schuppen.“ Die Wintereiche hat eine braune, gefurchte Rinde, die aber an den jungen Zweigen weisslich und glatt ist, und ein mehr rötliches Holz. Sie bleibt etwas niedriger als die Sommereiche, aber ihr Holz ist das festeste und dauerhafteste und übertrifft alle andern europäischen Hölzer an Ausdauer. Das schmälere, lang gestielte, an der Unterseite anfangs weichhaarige, später mit kurzen, straff anliegenden Härchen bedeckte Laub bricht etwas später hervor als bei der Sommereiche, deren Laub beiderseits völlig kahl und sehr kurz gestielt, und die Blüte erscheint erst am Ende des Mai. Die Eicheln wachsen traubenweise — daher auch der Name Trauben- eiche —, sitzen wie die Blüten, vier bis zwölf bei einander, sind kleiner als bei der Sommereiche und reifen im November. Die Sommereiche bringt ihre Blätter und Blüten — die weiblichen zu nur drei bis vier auf einem kurzen, später sehr verlängerten Stiele — einige Wochen mE L r ER früher, trägt ihre Früchte an langen Stielen und bringt sie im Sep- tember und Oktober zur Reife. Ihr Holz ist weisser und blasser, wird aber im Alter schwärzlich; ebenso ist auch die Rinde auswendig schwärzlich, aber oft mit weisslichem Schimmel überzogen. Wenn man die Eichen, gleich nachdem sie geschält sind, in das Wasser legt und drei Jahre darin liegen lässt, so wird das Holz beim späteren Gebrauch nicht rissig. Kein anderer Baum ist so zum Schiffbau geeignet wie unsere Eiche; kein anderes Hausgerät ist so auf Jahrhunderte brauch- bar wie das aus dem Eichenholz gefertigte. Der mittlere jährliche Zuwachs des Durchschnittes der Eiche beträgt ungefähr 4,5 mm. „Bei den Eichen und Hainbuchen erstreckt sich der Laubabfall, die Ent- laubung, über Wochen, ja an diesen Bäumen wird häufig nur ein Teil der abgestorbenen Blätter im Herbste, der andere erst nach Ablauf des Winters abgeworfen.“ Blüht oder treibt die Eiche vor der Esche, so soll ein nasser Sommer folgen; eine alte Bauernregel sagt: Treibt die Esche vor der Eiche, hält der Sommer grosse Bleiche; treibt die Eiche vor der Esche, hält der Sommer grosse Wäsche. Ebenso soll, wenn die Eiche viel Eicheln trägt, früher Schnee und ein langer Winter kommen. „Die deutsche Eiche ist der schönste aller Bäume, weil ihre Äste, was dem Auge des Botanikers besonders bemerkbar ist, am wenigsten sich einer steifen Regel fügen, und sich freier, unge- zwungener als andere, ich möchte sagen mit genialer Kühnheit ent- falten.“ Und so wenig es dem mächtigen Eichbaum einen Eintrag thut aus einer winzigen Eichelfrucht seinen Ursprung genommen zu haben, so wenig wird es wohl auch der Eiche als Gattung (und damit allen übrigen Gattungen von Organismen) zur Schande gereichen, wenn sie sich im Laufe der geologischen Perioden aus unscheinbaren An- fängen zu ihrer jetzigen Höhe der Ausbildung entwickelte. Das was ein Geschöpf gegenwärtig darstellt, und nicht das, was es früher ein- mal war, entscheidet logisch und naturgemäss über die Wertschätzung in wissenschaftlicher, ästhetischer und moralischer Hinsicht. — „Ich hatte einst ein schönes Vaterland; der Eichenbaum wuchs dort so hoch, die Veilchen nickten sanft. Es war ein Traum.“ — Die Eiche ist mit den ältesten naturreligiösen Mythen und Kulten der europäischen Völker eng verknüpft. Die Eiche zu Dodona war der Sitz des ältesten hellenischen Orakels, dessen Willen die Priester aus dem Rauschen ihrer Blätter vernahmen. Der Eichenkranz als Schmuck war zu allen Zeiten ein ernstes Symbol; in alten Zeiten bekränzten sich die Priester damit, auch war er Belohnung römischer Bürgertugend. a Die wilde oder Ross-Kastanie, aeseulus hippocastanum s. castanea vulgaris, findet sich als Alleebaum oder zur Zierde in mässiger Anzahl. „Ein schöner, rasch wachsender Baum mit starkem Stamm, brauner, rissiger Rinde, der wegen seiner breiten, schattigen Krone sehr zu Alleen beliebt ist. Er erreicht bis 20 m Höhe. Die untersten Äste beugen sich anfänglich abwärts, dann jedoch wieder aufwärts. Blätter gegenständig, an langem Stiele, fünf bis sieben Fingerblättchen (d. h. strahlenartig von demselben Punkte entspringende Blätter) sitzend, deren mittelstes bis 20 cm lang und 5 cm breit. Sie sind keilförmig, d. h. oberhalb der Mitte am breitesten und nach dem Grunde verschmälert (wenn dabei sehr breit und an der Spitze abgerundet, so ent- steht fächerförmig), am Rande einfach oder doppelt gekerbt gesägt und haben eine aufgesetzte Spitze, auf der Unterseite in den Aderwinkeln rost- roten Filz. Blüten in einer dichten, pyramidenförmigen, aufrechten, strauss- ähnlichen Rispe von 20 em Höhe und 6—10 em Durchmesser. Die ein- zelnen Blüten haben 2 cm im Durchmesser; sie sind nur zum kleineren Teile fruchtbar. Blumenblätter ungleich gross, lang genagelt, wellenförmig, weiss, mit gelben und purpurnen Flecken; die unfruchtbaren Blüten sind heller. Sieben Staubgefässe, anfangs abwärts gekrümmt, dann aufsteigend. Früchte an einem Blütenstande nur wenige, aber gross. Fruchtschale aussen grün, weichstachelig. Blüht im Mai, mitunter nach heissen Sommern im Herbst zum zweiten Male mit kleineren Rispen.“ (Die Rispe ist ein Blütenstand mit ästigen Seitenachsen, deren Verzweigung aber nach oben zu stufenweise abnimmt, wodurch der Blütenstand im ganzen eine pyramidenförmige Gestalt erhält. Bei ihr entwickelt sich aus der Gipfelknospe — d. i. die auf der Spitze einer Achse stehende und demnach die Anlage zur unmittelbaren Fortsetzung derselben bildende Knospe (der alljährlich hervortreibende oberirdische Stengel repräsentiert die Gipfelknospe; sie heisst auch Endknospe, weil an dem Ende der Zweige befindlich) — in der Regel ein Blütenstand, welcher die Achse abschliesst.) Der Nabel, d. i. die Stelle, wo der Same an dem Nabelstrang (welcher, bald mehr, bald weniger entwickelt, seiner Entstehung nach die verschmälerte Basis des Ei’chens darstellt) oder der Samenleiste, der durch Vereinigung zweier Fruchtblattränder ent- standenen verdiekten Innenseite des Fruchtknotens, befestigt ist, ist bei der Rosskastanie von sehr beträchtlicher Grösse. Holz hellgelb, weich, leicht, wenig dauerhaft, als Brennholz gering, brauchbar zu Holz- schuhen. Der Name Rosskastanie soll von der ursprünglich türkischen Gewohnheit stammen, die Samen, welche nebst Stärkemehl viel bitteren Ei Extraktivstoff enthalten, gegen den Husten (die Druse) der Pferde zu gebrauchen. Mittelhochdeutsch Kestenpaum. Ein Gutsbesitzer in der Nähe von Genf, Mr. Saladin de Bud&, bemerkte an einer Rosskastanie einen einzigen Ast mit gefüllten Blüten. Er vermehrte denselben im Jahre 1824 durch Pfropfreiser, und seitdem hat sich die gefülltbütige Rosskastanie über ganz Europa verbreitet. Zur Stunde (1856) bringt jener Ast immer noch gefüllte, alle übrigen Äste des Baumes einfache Blüten hervor. .(Nägeli.) Die — indes keineswegs ausnahmslose — Regel, dass nach einem mässig warmen Sommer am wahrscheinlichsten ein mässig warmer Winter, nach einem sehr warmen Sommer ein kalter Winter folge, wird durch die Zeit der ersten Fruchtreife der Rosskastanie, als einer der am besten beobachteten Pflanzen, die zudem ihrer tiefen Wurzeln halber von den Niederschlagsverhältnissen sehr unabhängig ist, vorzüg- lich bestätigt. Es kommt hier eben das Gesetz der Pflanzenphänologie, d. h. der Zeit des von geographischen und meteorologischen Verhältnissen abhängigen Eintrittes der verschiedenen Phasen der Vegetation sehr deutlich zur Geltung. — „Zur Zeit des Laubabfalles entsteht an den bandförmigen Blättern der Rosskastanie, sowie an manchen andern Blättern unter jedem Teilblättchen eine besondere kleine und an der Basis des Blattstieles überdies eine grosse Trennungsschicht, d. i. ein von zartwandigen, durch Teilung rasch sich vermehrenden Zellen ge- bildeter Wulst, der sich durch seine hellere Färbung und auch da- durch, dass er etwas durchscheinend ist, von dem derben, älteren Ge- webe unterscheidet. Solche aus mehreren Teilblättchen gebildete Blätter fallen bei einem Anstosse von aussen wie Kartenhäuser zusammen, und unter den betreffenden Bäumen liegt dann im Spätherbst ein wirres Haufwerk von Blättchen und Blattstielen, welch letztere bald langen Gerten, bald Röhrenknochen (wie bei der Rosskastanie) ähn- lich sehen.“ Im Tuileriengarten zu Paris stand ein Kastanienbaum, dem man prophetische Bedeutung für die Familie Kaiser Napoleons I. (1769—1821) gab. Der Baum hatte seine eigene Geschichte, die weit vor die bonapar- tistische Ära zurückreicht. Der Maler Joseph Vient wurde 1746 be- schuldigt, am Abend des 20. März seinen Nebenbuhler bei der Kon- kurrenz der königlichen Malerakademie ermordet zu haben. Ein Alibi (Abwesenheit von einem Örte) rettete dem Angeklagten das Leben. Er wies nach, dass er an besagtem Abende ein Rendezvous mit einer vornehmen spanischen Dame im Tuileriengarten gehabt, und zwar unter einem Baume, der schon Blätter und Blüten getrieben hatte. Und das war jener Kastanienbaum. Seitdem wurde es in Paris Sitte, jedesmal am 20. März nach diesem Baume zu sehen. Marat wollte ihn ausrotten, er fand jedoch in Robespierre seinen Verteidiger und Beschützer. Mit der Geburt des Königs von Rom (Sohnes Napoleons I., 20. März 1811) und seit der Rückkehr Napoleons von Elba (1. März 1815), die er im vollsten Blätterschmuck begrüsste, galt der „marron- nier du 20. mars“ als Baum der kaiserlichen Familie. Zeigte er am 20. März Blätter, und war es nur eines, so galt dies als glückverheissend für die Bonapartisten. — Bei der Geburt eines Kindes, bei Hochzeiten, bei Übernahme eines Grundstückes, bei örtlichen oder nationalen Festen werden oft Bäume gepflanzt, deren Gedeihen man sorgsam überwacht, deren Verletzung oder unvermutetes Absterben als böse Vorbedeutung aufgefasst wird. Manche Gegend, manche Stadt, manches Dorf, manches Haus besitzt als Wahrzeichen einen uralten Baum, zu dem man als treuen Hüter des Glückes schon seit grauer Väter Zeiten ehrfürchtig aufsah. Jeder Unfall, der dem greisen Baume zustösst, ein Blitzschlag, der ihn zerschmettert, ein Sturm, der ihm Haupt oder Glieder bricht, gilt den Dorf- oder Stadtbewohnern als Anzeichen nahenden Unheils für Haus oder Familie. Seine Gesundheit weissagt ihnen Glück, sein Kränkeln Unglück. Die als Strassenbaum bekannte, zugespitzte italienische, Pyra- miden-, Allee- oder Chaussee-Pappel, steife Wälschpappel, populus pyramidata s. pyramidalis, mit aufrechten Ästen, welche in Deutsch- land fast nur in männlichen Exemplaren vorkommt, ist etwas häufiger; sie wird als eine aus Südosteuropa eingeführte Spielart der Schwarz- pappel betrachtet. Dagegen ist sehr selten die ebenfalls im März und April blühende schlanke Zitterpappel, Aspe oder Espe, populus tremula, mit fast kreisrunden, gezähnten, jung seidenartig zottigen, alt kahlen, unterseits helleren Blättern an sehr langen Stielen, so dass das Blatt schon bei leichtem Luftzug erzittert. Ebenso selten ist die weisse oder Silberpappel, populus alba s. argentea, ein starker, ansehnlicher Baum mit hell aschgrauer Rinde, die jungen Zweige und Unterseite der Blätter mit lockerem, schneeweissem Filz bedeckt. Blätter rundlich oder sehr breit eirund. Kätzchen sitzend, Staubfäden gewöhn- lich acht. Blüht März und April. Von der Schwarzpappel, populus nigra, einem starken, rasch wachsenden Baum, dessen weiches, weisses Holz zu Drechsler- und Schnitzarbeiten geschätzt ist sie blüht im April — dienen die knospenförmigen Schuppendecken oder Knospen- DI TRUrL schuppen wegen ihres klebrig-harzigen Überzuges, mit welchem sie wie bei der Rosskastanie zum Schutze der zarten inneren Teile der Knospe bedeckt sind (die Erle hat einen weichhaarigen Überzug der Oberfläche der Knospe), zur Bereitung einer Salbe. Die Blüten der Pappel sind zweihäusig, die Kätzchen walzenförmig, gewöhnlich seidenhaarig, die röhrige Blütenhülle, aus den verbundenen inneren Schuppen gebildet, ist schief becherförmig. Die Pappel ist ein steifer, monotoner, lang- weiliger Alleebaum, der viel Ungeziefer birgt. Alles Pappelholz ist leicht und weich und besitzt nur geringe Heizkraft. „Während wir ein Schutzmittel gegen die Gefahr der Kniekung bei den rohrartigen Gräsern, wie insbesondere beim gewöhnlichen Rohr (phragmites communis) in der Drehbarkeit der ziemlich steifen Blatt- flächen um den Stengel angewendet finden, beobachtet man eine zweite Schutzeinrichtung gegen das Geknicktwerden der dem Boden parallelen oder gegen den Horizont sanft geneigten, breit angelegten Flachblätter an den Fächerpalmen, an den Ahornen, Pappeln, Birken, an den Birn- und Apfelbäumen und an unzähligen anderen Holzgewächsen aller Florengebiete. Sie besteht in der Ausbildung langer, elastischer Blatt- stiele. Die Espe oder Zitterpappel, welche als das beste Beispiel für die hierher gehörigen Formen angesehen werden kann, zeigt an den Zweigen ihrer Krone Laubblätter, deren rundliche Spreiten immer etwas kürzer sind als die Stielee Bei der geringsten Bewegung der Luft sieht man sie hin- und herschwanken und zittern, und es ist diese Erscheinung so auffallend, dass sie sogar den Kernpunkt für mehrere recht hübsch erfundene Sagen abgegeben hat, und dass das „zittert wie Espenlaub“ sprichwörtlich geworden ist. Aber selbst bei dem stärksten Sturme biegen sich nur die Blattstiele, welche durch Ausbildung von Bastbündeln einen hohen Grad von Elastizität erlangt haben; die von ihnen getragenen Blattspreiten bleiben flach ausge- breitet, steif und starr, werden durch den Anprall des Windes nicht verbogen, und es ist daher durch diese elastischen Blattstiele die Gefahr der Knickung der von ihnen getragenen Blattspreiten abgewendet.“ „An vielen Pflanzen, welche zeitweilig grosser Trockenheit aus- , gesetzt sind, erscheinen die Enden der Zähne des Blattrandes zapfen- oder warzenförmig verdickt, dabei etwas glänzend und zeitweilig auch klebrig.. Der Glanz und die Klebrigkeit rühren von einer harzig- schleimigen, häufig auch zuckerhaltigen, süss schmeckenden Substanz her, welche die Zähne überzieht und die sich mitunter auch von den Zähnen hinweg noch weit einwärts über die obere Blattfläche als feine, % 3 Daffner, Voralpenpflanzen. BA.» at firnisartige Schicht ausbreitet. Es wird dieser Firnis, welcher mit dem Sekrete der Drüsen an den Alpenrosenblättern und der Drüsenhaare an den Blättern der centaurca balsamita die grösste Ähnlichkeit hat und der auch unter dem Namen Balsam bekannt ist, von eigenen Zellen ausgeschieden, welche sich in die Oberhaut der Blattzähne gruppenweise einschalten und welche sich von den anderen Zellen der Oberhaut sofort dadurch unterscheiden, dass ihr Protoplasma (Schleim- masse) bräunlich gefärbt ist und dass ihre Aussenwand das Wasser leicht durchlässt. Die Ausscheidung der firnisartigen Schicht erfolgt zur Zeit, wann die ganze Pflanze von Saft strotzt, also vorzüglich im Frühlinge. Im Hochsommer trocknet der Firnis ein und bietet dann einen vortrefflichen Schutz gegen die Gefahr einer zu weit gehenden Verdunstung aus den von ihm bedeckten Zellen, zumal jenen Zellen an den Blattzähnen, welche ihn ausgeschieden haben. Wird diese eingetrocknete Firnisschicht aber genetzt, so tränkt sie sich rasch mit Wasser und führt dann auch den von ihr überdeckten Zellen Wasser zu. Es kommt ihr daher eine ähnliche Bedeutung zu wie den von der Pflanze in Lösung ausgeschiedenen Kalkkrusten (bestehend aus kohlensaurem Kalk) und Salzkrusten. Befeuchtet vermittelt sie die Aufsaugung von Wasser, eingetrocknet schützt sie gegen Verdunstung. Dass es vorzüglich die Zähne am Rande des Blattes sind, welche die eben geschilderte Einrichtung zeigen, hat wohl seinen Grund darin, dass sich besonders an diesen Punkten der Tau anlegt. Wenn man die Blätter der niederen Mandel- und Pflaumengehölze in den Steppen- gegenden nach hellen Sommernächten ansieht, so findet man an jedem Zahne des Blattrandes einen Tautropfen hängen, zur Mittagszeit sind aber alle Blattzähne wieder trocken und durch den Firnisüberzug gegen Wasserverlust geschützt. Übrigens zeigen nicht etwa nur Steppen- pflanzen, sondern auch sehr viele Pflanzen, die auf dem sandigen humusarmen Boden am Ufer der Bäche und Flüsse angesiedelt sind, diese Einrichtung zur direkten Aufnahme atmosphärischen Wassers, so namentlich die Lorbeer- und Bruchweide, die Pappeln, der Schneeball, die Traubenkirsche und noch viele andere. Auffallend ist, dass diese Einrichtung vorzüglich an den Blättern von Bäumen, Sträuchern und hohen Stauden, die Inkrustation mit Kalk aber immer nur an niederen Gewächsen mit rosettenförmig auf dem Boden ausgebreiteten oder starren, nadelförmigen Blattgebiiden beobachtet wird. Der Grund dieser Erscheinung mag wohl darin liegen, dass das Gewicht der Kalkkrusten ein vielmal grösseres ist als jenes der trockenen Firnis- ’ a re schicht. In manchen Fällen sind nur einige wenige Zähne des Blatt- randes zu Saugapparaten umgestaltet und es finden sich dann immer besondere Vorrichtungen, welche den Regen und Tau zu diesen Zähnen hinführen. In dieser Beziehung kann die Espe oder Zitterpappel als ein sehr hübsches Beispiel dienen. Dieser Baum hat bekanntlich zweierlei Blätter. ‚Jene, welche von den Zweigen der Krone ausgehen, sind lang gestielt und haben eine im Umrisse rundliche und am Rande etwas wellig gezahnte Spreite; jene, welche von den Wurzelschösslingen getragen werden, sind kürzer gestielt, ihre Spreite ist grösser, fast drei- eckig, schräg aufwärts gerichtet, und das ganze Blatt ist so gestellt, und sein Rand so gebogen, dass der herabfallende Regen, welcher die obere Seite trifft, gegen den Blattstiel herabfliessen muss. Aber gerade an der Grenze der Blattspreite und des Blattstieles stehen zwei aus den untersten Blattzähnen hervorgegangene napfförmige Gebilde und zwar so, dass jeder von der Blattspreite herabkommende Regentropfen die seichten Vertiefungen dieser beiden Näpfe treffen und sie mit Wasser füllen muss. Diese Näpfe sind von brauner Farbe, haben die Grösse eines Hirsekornes, und die Zellen ihrer Oberhaut (Epidermis) sind mit einer dicken Kutikula (Oberhäutchen — eine äusserst feine strukturlose Membran, welche sich durch Mazeration von der Aussen- fläche der Oberhaut ablösen lässt und als eine auf der äusseren freien Zellwand abgelagerte Schichte von Interzellularsubstanz zu betrachten ist) versehen. Nur jene Zellen, welche die seichte Vertiefung des Napfes auskleiden, haben dünne Wandungen, und diese scheiden auch eine süss schmeckende, schleimig-harzige Substanz aus, welche bei trockenem Wetter wie ein Firnis das Grübchen überzieht und jeden- falls auch die darunter befindlichen Zellen gegen eine nachteilige Wasserabgabe schützt. Mit Wasser in Berührung gesetzt, quillt aber dieser Überzug auf, und das Wasser wird dann auch von den Zellen in der grubenförmigen Vertiefung aufgesaugt und in die unter den Näpfen verlaufenden Gefässe geleitet.“ Walnussbaum, edle Walnuss, juglans regia, ein sehr schöner Baum, bis 25 m hoch, namentlich auf dem Pfisterberg, in Häussern sowie in einigen Gärten. „Blätter einfach gefiedert, fünf- bis sechs- paarig, länglich, ganzrandig oder schwach gezahnt, härtlich, kahl. Blüten einhäusig.. Männliche Blüten in hängenden seitenständigen, walzenförmigen Kätzchen mit einfacher Blütenhülle. Jede Schuppe trägt einen vier- (scheinbar sechs-) teiligen Kelch, auf diesem zahlreiche Staubgefässe. Weibliche Blüten gipfelständig, einzeln oder zu zwei bis Ox o° ar drei. Äussere Hülle der weiblichen Blüten (Kelch) undeutlich, innere aus vier Blättchen bestehend. Fruchtknoten einfächerig, unterständig, mit hinaufgerücktem Deckblatt und zwei Vorblättern (d. i. am Blüten- stiel selbst paarweise stehenden Hochblättern). Frucht eine Steinfrucht. Die Aussenschale der Frucht löst sich völlig von der Nuss; letztere mit vier Scheidewänden. Kern runzelig. Variiert in den Blättern, mehr noch in den Früchten (Walnüsse oder Welschnüsse). Er kommt vor mit hängenden Zweigen, mit rundlichen eingeschnittenen, gefleckten und mit weissgerandeten Fiederblättchen, mit nur kirschengrossen bis 4 em langen Nüssen (letztere: Riesennuss, Pferdenuss), ferner mit schmal verlängerten (Schlegelnuss), längsfurchigen, grubigen und glatten Schalen; mit sehr harter (Stein- oder Kriebelnuss), sehr dünner, zer- brechlicher (Meisen-Nuss), mit fast hautartig zarter Schale, mit roter Kernhaut u. s. w. Stammt aus dem Orient (Persien) und ist über Griechenland und Italien in Deutschland eingeführt (daher wälsche Nuss). Blüht April und Mai. Das Holz ist das kostbarste inlän- dische, von jungen Bäumen weiss und weich, von alten dunkel, hart, nach der Wurzel zu schön gemasert und geflammt; sehr geschätzt als Nutzholz, z. B. zu Flintenschäften. Junge Blätter zu gewürzhaften angenehm riechenden Brühen für Gährbottiche, Fässer u. dgl. Grüne Fruchtschalen (Leifen) zum Braunfärben. Nussschalen zu Tusch- und Druckerschwärze; Kerne zu Speisen und Nussöl.“ Nach dem Arznei- buch ist der bis 30 em lange Blattstiel mit ein bis vier, am gewöhn- lichsten mit drei Paaren nicht genau gegenüberstehender Fiederblätter und einem gewöhnlich grösseren Endblatte besetzt. Die ersteren er- reichen 15 em Länge und über 5 em Breite; alle Blättehen sind ganz- randig, eiförmig, kahl, im durchfallenden Lichte nicht punktiert. Ge- schmack kratzend, kaum aromatisch. Arzneilich verwendbare Walnuss- blätter dürfen nicht schwärzlich aussehen. — Wir essen bei frischen Nüssen, also im Herbst, den weissen Keimling, indem wir das den- selben umgebende gelbbräunliche zarte, bitter schmeckende Häutchen, die testa oder Samenhaut abziehen; bei älteren Nüssen essen wir den ganzen Samen, den sogenannten Nusskern. Die den Nusskern um- kleidende holzige (Aussen-) Schale oder Hülle besteht aus der ver- härteten äusseren Fruchtschicht (Epi- und Mesokarp, äussere und mittlere Fruchthaut, welch letztere gewöhnlich das Fruchtfleisch bildet), während das Endokarp (die dünne innere Fruchthaut) die vier Ab- teilungen oder Fächer (Scheidewände) bildet. Diese Aussenschale oder Steinschale ist runzelig und mit einer ringsumlaufenden Naht versehen, EN TB entsprechend welcher beim Keimen des Samens eine Trennung in zwei Hälften erfolgt. Die äusserste weiche grüne Schale, welche die Nuss einschliesst, die sogenannte Frucht- oder Becherhülle, cupula, wird aus den verwachsenen Hoch- oder Deckblättern gebildet. Auf phänologischen (d. h. in auf die Abhängigkeit der Blüte- und Fruchtreifezeit von geographischen und meteorologischen Verhältnissen gegründeten) Erfahrungen beruht es, dass man im mittleren Deutschland in etwas rauhen Gegenden die Obstbäume und auch Nussbäume von nördlicheren Gegenden bezieht und nicht etwa von Bozen, wo die Obst- bäume 19 Tage vor Giessen (Hessen) blühen, weil nordische Stämme später ausschlagen als die südlichen und damit vor Nachtfrösten ge- schützt sind — eine Eigentümlichkeit, die zeitlebens an dem individuellen Stamm haftet, während bei kurzlebigen Gewächsen derartige Eigen- schaften schon in wenigen Jahren, nach drei bis sechs Generationen, durch Akkomodation, Anpassung an das Klima verloren gehen. So ist es bekannt, dass der nordische Roggen in Deutschland anfangs in der Regel zu frühe blüht, der süditalienische Weizen verspätet, dass aber diese ererbten Anpassungen sich sehr bald verlieren, dass die ein- geführten Pflanzen bald den Rhythmus der einheimischen ihrer Art annehmen oder sich sonst den klimatischen Verhältnissen akkomodieren (in Giessen blüht z. B. der Pfirsich am 8. April, in Melbourne und am Kap der guten Hoffnung aber erst im August und September, dem dortigen Frühling). Der Giessener Botaniker Hermann Hoff- mann (1819—1891) hat eine bezügliche Schrift: „Resultate der wich- tigsten pflanzenphänologischen Beobachtungen in Europa mit Frühlings- karte von Europa,“ 1885, — eine etwas trockene Aufzeichnung der Zeiten des Blütenbeginnes, ferner eine Menge interessanter Ergebnisse seiner Kulturversuche über phänologische Akkomodation in der „Bota- nischen Zeitung“, 1890, veröffentlicht. Die Periode des Blühens, die Zeit von der Entfaltung der Blütenknospe bis zu der Bestäubung der Narbe, ist gewöhnlich die kürzeste des Pflanzenlebens. Unter Pflanzen-Phänologie (Erscheinungslehre) versteht man jene botanische Spezialwissenschaft, welche den Eintritt der verschiedenen Lebenserscheinungen (Phasen) der Pflanze — ihre Knospenöffnung, ihre Belaubung, ihr Aufblühen, ihre Fruchtreife und Entlaubung — an den Empfang gewisser Mengen von Licht, Feuchtigkeit und namentlich von Wärme knüpft. Schon die alten Römer zu Cäsars Zeiten hatten eine Ahnung von dem Zusammenhange der soge- nannten Pflanzenphasen mit den meteorischen Erscheinungen, und Ber tee Linn& in seiner Pflanzenphilosophie (philosophia botanica; 1751) stellt die nächsten Aufgaben der Phänologie schon ganz klar fest; allein erst die neueren Forscher, wie namentlich Hoffmann in Giessen, haben der Phänologie ihre wissenschaftliche Grundlage gegeben, auf welcher nun zielbewusst weiter gebaut wird. Die graphische Darstellung der „Isophanen“, d. h. jener Linien, durch welche die Orte, an denen eine bestimmte Pflanzenphase gleichzeitig erfolgt, auf einer Karte mit einander verbunden werden, zeigt einen gewissen Parallelismus zu den Isothermen der Meteorologie und liefert ziemlich genaue Bilder des jeweiligen Jahresklimas. — Über den Gang der Bodenwärme und deren Beziehungen zur Vegetation entnehme ich einem von dem baye- rischen Forstrat Ebermayer 1892 gehaltenen Vortrag folgendes. Die Bodenwärme hält nicht gleichen Schritt mit der Luftwärme; ihr Mittel beträgt im März und November 3—4° C., erreicht im Juli 20°, und erhöht sich vom April zum Mai ebenso sprunghaft, wie sie vom Sep- tember zum Oktober abnimmt: um eine Differenz von 8°. Im Sand- und Lehmboden erreicht die Bodenwärme höhere Grade, als im Lehm- und Thonboden; Wärme- und Kälteschwankungen erreichen schon bei 1 m Tiefe in der Regel ihren Abschluss. Die Bodenwärme vermehrt mit ihrem Anwachsen die chemischen und biologischen Prozesse, die Aufnahme der Nährstoffe, wie die Pflanzensubstanz selber; sie erleichtert den Aufschluss der mineralischen wie der organischen Nährstoffe, sie ist beteiligt an der Mehrung der feinen Saugwurzeln, wie am Reifen der Knollen und des Samens, an der Ernte überhaupt. Auf ihrem Sinken beruht der Winterschlaf der Pflanzen, auf ihrer Zunahme auch die Wirkung der sogenannten Durchforstungen im Waldesdickicht. Die Gärtner verwerten schon seit 200 Jahren die Einflüsse der Bodenwärme auf das Gedeihen der Pflanzen praktisch dadurch, dass sie den Boden künstlich erwärmen, um Frühgemüse zu ziehen. Im Norden erzeugte Pflanzen, nach Süden versetzt, eilen den hier erzeugten voraus; süd- liche Pflanzen, nach Norden versetzt, bleiben hinter den hier erzeugten zurück. Im Gebirge erzeugte Pflanzen, in die wärmere Ebene versetzt, eilen den hier erzeugten vor; in der Ebene erzeugte Pflanzen in kältere Gebirge versetzt, bleiben den hier erzeugten zurück. Die Temperatur der Luft betreffend, so hat man beim Emporsteigen im Gebirge eine Abnahme derselben von 0,50 ©. für je 100 m berechnet. Der Boden um Benediktbeuern gefriert bis 120 cm Tiefe; die Jahrestemperatur ist gleich der münchener: 7,4° C. Von der Weiden-Familie führe ich folgende Arten an. BB RE 7 N agle>= Fünfmännige Weide, salix pentandra, ein Strauch oder kleiner Baum, mit fünf, manchmal mehr Staubgefässen. Nebenblätter eiförmig, gerade. (Die Nebenblätter sind blattartig ausgebreitete An- hänge, welche beiderseits am Grunde des Blattstieles ansitzen ; sie sind als eine höhere Entwickelungsform des Scheidenteils der Blätter anzu- sehen; meistens ist ihre Gestalt schief oder unsymmetrisch, was eben auf ihren Ursprung aus den beiden selbständig entwickelten Hälften der Blattscheide — d. i. des ausgebreiteten Grundes des Blattes, womit es dem Stengel ansitzt — hinweist. Die häutigen Nebenblätter der Laubhölzer, wie der Eichen und Buchen, welche schon während der Entfaltung der Blätter abfallen, werden auch Ausschlagsschuppen ge- nannt.) — Die Bruchweide, salıw fragilıs, grosser Strauch oder hoher Baum mit starkem Stamm, oft als Kopfweide kultiviert. Neben- blätter halbherzförmig; zwei Staubgefässe. Beide Arten blühen Mai und Juni, und fand ihre Rinde, welche neben Gerbsäure einen chemisch indifferenten, krystallisierbaren Stoff, das Salicin oder Weidenbitter ent- hält, früher in der Heilkunde Anwendung; in der Rotgerberei wird sie zuweilen noch verwendet. Beide haben gelblich-grüne Kapseln, und kommen hauptsächlich an Ufern von Wasserläufen vor. — Weisse Weide oder Silberweide, salıx alba s. argentea, ansehnlich hoher Baum dessen Hauptstamm sich in grosse, am Ende biegsame, aufrecht abstehende Zweige verliert, mit grauer, schwärzlicher, rissiger Rinde und aschgrauem oder weisslichem Laube, die jungen Zweige grün, purpurrot oder schön gelb. Blätter gewöhnlich schmal lanzettlich, zu- gespitzt und gezähnt, in der Jugend beiderseits weiss seidenhaarig, was dem Baume schon von fern ein silbergraues Ansehen verleiht, im Alter oft kahl, aber nie lebhaft grün. Nebenblätter lanzettlich. Die mit den Blättern zugleich erscheinenden walzenförmigen, lockeren Blüten-Kätzchen an kurzen seitenständigen Schossen oder beblätterten Stielen sind mit silbergrau behaarten Deckschuppen versehen. Zwei Staubgefässe mit gelben Staubbeuteln und gewöhnlich zwei drüsigen Schuppen; ein Stempel mit kurzem Griffel und zwei Narben. Die Frucht ist eine kleine, kahle, grüne, sitzende oder sehr kurz gestielte, nach der Spitze kurz verschmälerte Kapsel, welche die kleinen, mit einem Haarschopfe versehenen Samen einschliesst. Der grundständige Samenschopf der Weide entsteht dadurch, dass der Samenmantel (d. i. die vom Grunde des Samens aufsteigende und ihn umschliessende Hülle) sich in einen Büschel langer, seidenartiger Haare auflöst. „Die Silberweide wächst an Ufern von Flüssen, Bächen und stehenden Ge- ee; wässern. Ihre Zweige gebraucht man zum Korbflechten. Auch ist das weiche Holz zu manchen Zwecken geeignet. Man vermehrt sie sehr leicht durch Steckreiser. Sie blüht im April und Mai.“ In München findet sich am südsüdwestlichen Ende der Stadt zu beiden Seiten längs des breiten Isarbettes (Isarauen) die schönste doppelte Weiden-Allee von prächtigen, buschigen Silberweidenbäumen. — Die Palm- oder Sahlweide, salıx caprea, ein grosser Strauch oder buschiges Bäumchen, in offenen, feuchten Wäldern, in Auen und an Ufern, manchmal als Alleebaum gepflanzt, eine sehr veränderliche Art. Ihre Rinde ist glatt und graugrün, die Blätter sind eirund, mit deut- lich ausgezogener, meist etwas zurückgekrümmter Spitze, fein gezackt oder gekerbt, oberseits dunkelgrün und kahl, unterseits wie mit einem grauen Filz bekleidet. Nebenblätter breit und schief. Schon in den ersten Frühlingstagen, im März und April, ehe noch Blattknospen sich zeigen, erscheinen am Baume eirunde, dieke, graue, sitzende Blüten- kätzchen, die weich und sammetartig anzufühlen sind, und welche man Palmkätzchen nennt. Die mit Kätzchen versehenen Zweige dieser und anderer frühzeitig blühender Weidenarten werden als sogenannte Palm- zweige benützt. Kätzchen heissen die Blütenknospen wegen ihrer Ein- hüllung in seidenartige Härchen, wegen des silbergrauen Felles; sie werden auch Palmmudel genannt von moll, mull, weich, auch Palm oder Balm schlechtweg. Der Ferlacher (Kärntner) Liebhaber singt: Mei Diendl is kugalat, Is wie a Balm; Hat Wangalen rosenrot, Das tut mir sfalln. Die leierförmig aufspringende Frucht-Kapsel der Sahlweide ist seidenhaarig, weiss, mit in einen langen Schnabel verschmälertem Stiel- chen. Das Holz ist weich und gibt als Brennholz nur wenig Hitze; die biegsamen Zweige aber werden bei Uferbauten zu Faschinen be- nützt. — Matthiolus (1500—1577) bemerkt in seinem Kreutterbuch vom Jahre 1563: Die Weiden-bletter und rinden in wasser gesotten sindt gutt wider das Podagra oder zipperle, so man sich darob bähet. — Die Weiden sind in Deutschland die einzigen Bäume mit dem eigentümlichen feinen silbernen Pelze, der nur aus Einem Stück be- stehenden Schuppenhülle ihrer Blütenknospen. Nach einiger Zeit kommen aus dem silbergrauen Sammet gelbe Staubfäden hervor. Kelch und Krone fehlen und sind nur durch einfache Schuppen, unter denen die Staubgefässe sitzen, vertreten. Ein und derselbe Baum trägt entweder nur Staubgefässblüten oder nur Stempelblüten. Die Kätzchenblütler are sind nämlich alle getrennten Geschlechtes, und zwar teils einhäusig, monöeisch (die männlichen Blüten zwar getrennt, aber auf derselben Pflanze wie die weiblichen, gewissermassen in Einem Hause, 01x0g, wohnend): Eiche, Buche, Weissbuche, Haselnuss, Birke, Erle, sowie die meisten Nadelhölzer; teils zweihäusig, diöcisch (die männlichen Blüten stets auf einer andern Pflanze als die weiblichen, also gewisser- massen in zwei Häuser verteilt): Pappeln und Weiden, ebenso gewöhn- lich der Wacholder. Wirrhäusig oder vielehig, polygamisch, heissen die Blüten, wenn ausser Staubgefäss- und Stempelblüten auch noch zweigeschlechtige oder Zwitterblüten auf derselben oder auf verschiedenen Pflanzen vorkommen. „Die Ausscheidung von Säften an die Oberfläche frischer Gewebe in den mehrere Tage hindurch offen bleibenden Blüten ist eine weit verbreitete Erscheinung, und es dürfte nicht viel gefehlt sein, wenn man annimmt, dass diese Ausscheidung an 90 Proz. der von Insekten und Kolibris besuchten Blüten vorkommt. Der ausge- schiedene Saft enthält mehr oder weniger Zucker, schmeckt süss, und seine Konsistenz, Farbe und Duft stimmen in den meisten Fällen mit dem Bienenhonig überein. Er ist auch der Hauptsache nach nichts anderes als Honig und wird jetzt allgemein so bezeichnet. Früher wurde er Nektar genannt, und die ihn zubereitenden und aufspeichern- den Teile der Blüte, wenn sie deutlich umgrenzt sind, hat man als Nektarien angesprochen. Die Ausscheidung des Honigs erfolgt in den meisten Fällen durch Spaltöffnungen, und diese sind entweder gleich- mässig über die Oberfläche des betreffenden Gewebes verteilt oder auf bestimmte Stellen zusammengedrängt. Gewöhnlich sind die Spalt- öffnungen gross und von jener Form, welche man Wasserspalten ge- nannt hat. Bei den Weiden trägt das zapfenförmige oder tafelförmige Nektarium an seinem abgestutzten Ende nur eine einzige grosse W asser- spalte, aus welcher farbloser Honig hervorquillt. — Schält man von einer Weidenrute die grüne Rinde in Striemen ab, so sieht man, wie sich jeder derselben selpständig krümmt. Ihre weisse, nasse Innen- seite wird nach aussen, ihre trockene, grüne Oberfläche nach innen gekrümmt. Diese Erscheinung, welche die Dorfjugend zu beobachten Gelegenheit hat, wenn sie sich Pfeifen schneidet, rührt davon her, dass die Gefässe der weissen Seite stark turgeszieren, quellen und sich strecken, was sie nicht thun konnten, so lange sie mit dem festen Ge- füge des Stammes verbunden waren. So strecken sich und quellen auch die Zellen der Innenseite der Blütenhülle, der sogenannten Blumen- krone, wenn sich die Blüte öffnet, und umgekehrt die der Aussenseite, ER ee wenn sie sich schliesst. Kürzer gesagt, zum Erwachen der Blumen ist es notwendig, dass die Innenseite, zum Schliessen, dass die Aussenseite wächst. Thatsächlich hat Professor Pfeffer in Tübingen mit sehr feinen Mikrometern dieses Wachstum, das selbstverständlich im ganzen nur ein minimales ist, messen können.“ Fichte, Tanne und Föhre, mit der in den deutschen Waldungen noch wenig heimischen Lärche, die vier wichtigsten deutschen Nadel- bäume, sind die mächtigen Tonangeber unserer Gebirgslandschaften. Humboldt nennt die Nadelhölzer mit Recht die Palmen des Nordens. Der Buchenwald stimmt uns heiter, der Eichwald ernst, und ein dunkler Fichtenwald, durch dessen dichtes Zweiggitter kaum ein Vogel zu fliegen vermag, macht uns sogar düster und schweigsam. Der Umtrieb eines Waldes, d. h. das Fällen des Holzes in Zwischenräumen — nicht eine einmalige vollständige Abholzung — geht im Verlauf von 120 Jahren vor sich. Innerhalb der 120 Jahre hat nämlich der Baum, und zwar sowohl Nadelholz als Laubholz, seine grösste Ausbildung in jeder Beziehung erreicht, und ist nach dieser Zeit weder hinsichtlich der Zunahme noch der Beschaffenheit des Holzes sein Verbleiben mehr lohnend, rentiert sich nicht mehr, Sträuche und Kräuter. Von Sträuchen — Gewächsen mit einem ganz verholzenden, gleich vom Boden an in Äste geteilten Stamm — und Kräutern finden sich hauptsächlich folgende. Der gemeine Weissdorn, auch Hagdorn (Hag = zum Ge- hege, lebendigen Zaun dienliche) genannt, crataegus oxyacantha, häufig wild im Gebüsch, wo er bis zu stattlicher Baumhöhe gedeiht (hier ein solches Exemplar gleich hinter der Westfront des Remonte- Depots), und als Heckenstrauch (hier im Invalidenhaus-Garten) ange- pflanzt, blüht April bis Juni (im genannten Garten, wo er jährlich wiederholt beschnitten wird, sehr selten und nur vereinzelt blühend); weisse fünfblättrige Blütchen in sitzenden Schirmtrauben; zahlreiche Staubfäden mit braunen Staubbeuteln. Blätter gestielt, am Grunde verschmälert, oberwärts mehr oder weniger geteilt in drei bis fünf Lappen oder ‚Abschnitte, welche unregelmässig gezähnt oder wieder gelappt sind. Reichliche Dornen, die aus unentwickelten Zweigen ent- standen sind. Die im September reifende rote, eirundliche, durch die kurzen Kelchabschnitte gekrönte, langgestielte (über 4 em) Frucht des a Weissdorns hat Ähnlichkeit mit der Hagebutte, ist aber kleiner. Das Fruchtfleisch umschliesst eine harte, ein- bis dreifächerige, steinige Nuss, jedes Fach mit einem Samenkorn. Alle Heckenpflanzen, wie fast alle stark verschnittenen Bäume, unterliegen mannichfaltigen Gestaltver- schiedenheiten, weil durch die wiederholten Verletzungen gewissermassen ihr. ruhiges Gestaltungsleben gewaltsam gestört ist. Der Weissdorn, sagt Darwin (1809—1882), hat eine bedeutende Zahl gut markierter und eigentümlicher Varietäten erzeugt, und doch ist er kaum irgend einer Kultur unterworfen worden. Abgesehen von endlosen geringeren Variatio- nen in der Form der Blätter (tiefer oder weniger tief eingeschnitten), in der Behaarung der Blätter und Kelche, in der Zahl der Griffel, in der Farbe und Grösse der Blumen und in der Farbe, Grösse, Härte, Fleischigkeit und Form der Beeren oder Früchte zählt Loudon 29 gut markierte Varietäten auf. Ausser denen, welche wegen ihrer hübschen Blüten kultiviert werden, gibt es andere, mit goldgelben, schwarzen und weisslichen Beeren, andere mit wolligen Beeren und andere mit zurückgekrümmten Dornen. Der Hauptgrund, weshalb der Weissdorn mehr Varietäten ergeben hat als die meisten anderen Bäume, liegt darin, dass aufmerksame Züchter jede merkwürdige Varietät aus den ungeheueren Sämlingsbeeten, welche jährlich zur Heckenbildung erzogen werden, auswählen. Es ist der Erwähnung wert, dass mehrere Varietäten des Weissdorns, ebenso wie der Linde und des Wacholders, in ihrer Belaubung und in ihrem Habitus sehr verschieden sind, so- lange als sie jung sind, dass sie aber im Laufe von 30 oder 40 Jahren einander äusserst ähnlich werden. Wir werden hierdurch an die wohl- bekannte Thatsache erinnert, dass der Deodar, die Zeder des Libanon und die des Atlas, solange als sie jung sind, mit der grössten Leich- tigkeit unterschieden werden können, aber wenn sie alt sind, nur sehr schwer. „Jener Gruppe von Gewächsen, deren Schutzmittel (Borsten, Stacheln, Dornen) unmittelbar aus dem Gewebe des zu schützenden Pflanzengliedes hervorgehen, wo sich also das grüne Gewebe sozusagen selbst gegen die Angriffe pflanzenfressender Tiere wehrt und schützt, kann eine andere Gruppe gegenübergestellt werden, deren Waffen nicht an dem zu schützenden, sondern an einem benachbarten anderen Pflanzengliede angebracht sind. In diese Gruppe gehören jene Formen, deren völlig wehrlose grüne Laubblätter durch die in Dornen meta- morphosierten verholzenden Seitentriebe vor den zu weit gehenden An- griffen der Tiere gesichert werden. Der Stengel und die Zweige dieser u gun A) re Pflanzen sind nicht ganz bis zu ihrer Spitze beblättert; die Enden sind vielmehr blattlos und sehen aus, als ob man von ihnen die Laub- blätter abgerissen hätte Wenn überhaupt Anlagen von Blättern auch an den Gipfeln der Zweige vorhanden waren, so sind diese verkümmert, klein, nur durch Schuppen und Schwielen angedeutet und alles eher als eine begehrenswerte Nahrung. Dafür erscheint das Ende des holzigen Zweiges zugespitzt und läuft dasselbe in einen starren, stechen- den Dorn aus. An einem Busche, dessen nach allen Richtungen hin abstehenden Zweige mit blattlosen Spitzen endigen, während dessen grüne Laubblätter hinter den Spitzen versammelt sind, ist ein auf Teilung der Arbeit beruhendes Verteidigungssystem in aller Form her- gestellt. Die grünen Laubblätter können im Schutze der Dornen un- beirrt die ihnen zukommende Arbeit leisten, und wenn es auch ab und zu einmal vorkommt, dass ein nahrungsuchendes grösseres Tier, mag es durch Naschhaftigkeit verleitet oder durch Hunger getrieben sein, zwischen den entgegenstarrenden Dornen das Maul sorgfältig ein- führt und einige grüne, hinter den Dornen stehende Laubblätter sich zu verschaffen weiss, so ist darum noch lange nicht die Existenz eines solchen Busches bedroht. Die Alhagi-Gebüsche der Steppe, sowie mehrere Ginster- und Geisskleesträucher, namentlich alhagi Kirgisorum, genista horrida und cylisus spinosus, zeigen die eben beschriebene Schutzvorrichtung in ausgezeichneter Weise. An vielen andern Sträuchern, wie dem Schlehdorn, prumus spinosa, dem weidenblättrigen Sanddorn, hippophaö rhamnoides, dem niedrigen Wegdorn, rhamnus sawatılıs, ist wohl dieselbe Einrichtung getroffen, aber sie hat nur zu der Zeit, wenn die Laubblätter noch ganz jung sind, ihre volle Bedeutung. Nur solange die zarten, eben erst aus den Knospen hervorgegangenen Laub- blätter von den dornigen Zweigen überragt werden, sind sie gegen das Abgefressenwerden gesichert; späterhin, wenn sie ausgewachsen sind, werden nur noch jene geschützt, welche die Basis der dornigen Zweige bekleiden. An den Langtrieben des Weissdornes entwickeln sich in den Achseln seiner unteren Laubblätter knapp nebeneinander je ein langer Dorn und eine kleine Knospe, in den Achseln der oberen Blätter nur eine Knospe allein. Im nächsten Jahre werden aus den hart neben den langen, glänzend braunen Dornen angelegten Knospen Kurztriebe, die auch häufig Blüten tragen; aus den Knospen an der oberen Hälfte des Sprosses aber entsteht ein Langtrieb, welcher die eben geschilderte Entwickelung wiederholt. Die Dornen, welche an den amerikanischen Weissdornarten: crataegus coccinea 4 cm, cratae- gus rotundifolia 6-cm und erataegus erus galli 7—8 cm lang werden, nehmen sich dann wie Wächter aus, welche den sich entwickelnden Kurztrieb zu schützen haben. Da die meisten dieser Sträucher sparrig abstehende Äste entwickeln und sich daher eben so sehr in die Quere wie in die Höhe strecken, und da die Dornen sich viele Jahre hin- durch erhalten, so werden durch sie auch die Blätter aller jener Triebe geschützt, welche in späteren Jahren hinter den alten Dornen gleich- sam im Innern des Busches aus den Ästen seitlich hervorspriessen.“ Der in Wald und Gärten, an Wohnungen — er ist der Freund des einsam stehenden Bauernhauses und seiner Scheune — vorkom- mende, die Grösse eines kleinen Baumes erreichende gemeine oder schwarze Holunder (Hollunder) oder Flieder, sambucus vulgaris s. nigra, gewöhnlich Holler, auch Holder genannt, Hollerstaude, Holler- busch, der Baum mit dem hohlen Stamm, indem Stamm und Äste im Innern hohl, mit leichtem, schneeweissem Mark angefüllt sind. Blätter mit fünf bis sieben eirunden, zugespitzten Fiederblättern, welche 4—6 cm lang, regelmässig, scharf gezähnt und fast kahl sind. Nebenblätter warzenförmig oder fehlend. Die stark riechenden Blüten — er blüht im Juni und Juli — sind weiss, die im September erscheinende Frucht, die essbaren Beeren, schwarz. Die Blüten bilden eine 10—15 cm breite Schirmtraube, mehrfach verzweigt mit vier bis fünf Hauptstrahlen, eine schirmartige Trugdolde, d. h. unter der die Hauptachse abschliessen- den Gipfelblüte entspringen zwei, drei und mehr Nebenachsen, welche dann wieder dasselbe Verhalten zeigen, und hierbei kommen die Blüten durch stärkere Entwickelung der äusseren Verzweigungen nahezu in eine Fläche zu stehen, ganz ähnlich wie bei der Dolde In England trägt der Holler mässig guten Samen, aber in einigen Teilen von Deutschland enthalten die Kapseln niemals Samen. Um die Zeit des Sonnenwendtages oder Johanni (24. Juni) werden hier und allenthalben gebackene Holunderblüten als Delikatesse gegessen. Die stielfreien Blüten werden als schweisstreibendes Mittel mitunter arzneilich ver- wendet. „Staubfäden, Kronlappen und Kelchzähne je fünf an Zahl. Die weisslichen Lappen der Blumenkrone, ursprünglich flach ausge- breitet, sind durch das Trocknen stark eingeschrumpft; mit ihnen wechseln die viel kürzeren Kelchzähne ab. Der schwache Geruch ist eigenartig, der Geschmack unbedeutend. Holunderblüten dürfen nicht braun aussehen.“ Holder oder Holunder, sambucus domestica, hat den namen, darumb das seine zweige jnwendig hol vnd voller marck sindt. Er ER wechst auff in der grösse eines baums, mit gantz runden aschenfarben ästen, die sindt jnwendig hool, vnnd mit weissem marck aussgefullt. Die bletter an den ästen sindt gleichssweiss gesetzt, gemeiniglich fünff, etwan sieben oder acht beyeinander, dem Nusslaub ettlicher masen gleich, doch kleiner vnd zerkerbt, dartzu eines starcken geruchs. An dem eussersten teyl der äste bringt er ein runde dolde, die tregt ein weisse blüet. An stadt der abfallenden blumen bleiben kleine, schwartze, oder purpurfarbe beerlen, eines weinsawren vnlieblichen geschmacks. Er blüet vor S. Johans tag. Die beerlen bringt er im Augstmonat. Wechst gern an tuncklen vnd rauhen orten, dessgleichen neben den wassern. Die schüller vnnd kinder bereytten auss dem safft der beere, ein wenig Alaun dartzu gemischt, blawrote farbe. Auch machen sie auss dem holtz sprützen. Judas soll sich an einem Hollerbaum erhängt haben. An den Hollerstöcken findet sich zuweilen der giftige Hollerschwamm, Eridia auricula Judae, Judasohr. In Süddeutschland und in Deutsch-Österreich werden am Barbara- tage (4. Dezember) Zweige der Fruchtbäume, namentlich der Kirschen, aber auch solche des gemeinen Hollers, des Schlehdorns und der zauber- kräftigen Elsebeere ins Wasser gesteckt und zu einem anmutigen Orakel (Weissagung) benützt. Jedes Mitglied des Hauses bezeichnet sich seinen Zweig, und wessen Zweig bis zu Weihnachten am schönsten aufgeblüht ist, der wird Glück und Segen haben im neuen Jahre. Mädchen freuen sich des schön erblühenden Barbarazweiges, da er ihnen gewisse Heirat zusagt. Ursprünglich diente der Zweig der Land- bevölkerung dazu, ein fruchtbares oder weniger fruchtbares Jahr — je nach der Blütenfülle — voraus zu erkennen. In diessem Aberglauben liegt eine hübsche Naturbeobachtung und ein beachtenswertes Beispiel der Erfahrung; sind doch Blüten und Blätter des nächsten Jahres schon wundersam in der heurigen Knospe enthalten, eingeschlossen wie das Hühnchen im Ei. In manchen Ortschaften verwendet man die Barbarazweige zum sogenannten „Auspeitschen“. Die zu Weihnachten in der warmen Stube erblühten Zweige werden nämlich in Büschel ge- bunden und mit diesen gehen die Burschen des Dorfes zu den Mäd- chen, um sie zu schlagen, ein Freundschaftsdienst, der ihnen als Ge- schenk Bier, Branntwein und Kuchen einträgt. Holda, Hulda, Holle, ursprünglich eine altdeutsche Göttin, und zwar eine Sonnen- und Wolkenwasserfrau, welche nach der Sage gern an Seen oder in Brunnen (den Wolkenbrunnen) weilt und dort ihr Bean goldiges Haar (d. h. die Sonnenstrahlen) strähnt. Aber gleich Wodan fährt sie auch schrecekhaft im Unwetter durch die Lüfte und gehört als wilde Jägerin ganz wie Berchta zum wütenden Heer. Berchta, die „Glänzende“, die himmlische sonnen- und regenspendende Wolkenfrau ist des Sturm- und Gewittergottes Wodan Gemahlin. — Der in den Blättern des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich 1889 ver- öffentlicehten Arbeit: die Volksnamen der niederösterreichischen Pflanzen, gesammelt und erläutert von Höfer und Kronfeld, entnehme ich folgendes. Unverwehrt bleibt, im Bestimmungsworte von Holler den Namen Frau Holla’s zu erkennen, welche das Volksdenken mit dem Strauch in deutlichen Zusammenhang bringt. Schon in dem bekannten Kinderreim: Ringel, Ringel, Reiha, Sai ma uns’ra dreia, Setz ma uns am Hollerbusch, Mach ma alle husch, husch, husch ! Zumal in der zweiten Strophe desselben, welche die Kleinen singen: Sitzt 'ne Frau im Ringelein, Mit sieben kleinen Kinderlein, Was essens gern? Fischlein. Was trinkens gern? Roten Wein. („Wunderhorn.‘“) — erkennen wir deutlich Frau Holla, die den ihr anvertrauten Mensch- chen Atzung bietet; diese selbst werden mit Vöglein verglichen, welche von Holla’s Strauche auffliegen. Die Beziehung wird noch klarer, wenn man erwägt, dass Frau Holla junger Eheleute Schirmerin war und die Frommen mit Kindersegen beschenkte; merkwürdig ist dies- bezüglich die Redensart: die Kinda vom Hollabam obibeut’In, vom Holunderbaum herunterschütteln, was von neugeborenen Kindern gilt. Wie zu ersehen, spielt der Strauch im deutschen Volksglauben eine wichtige Rolle. Mit Recht urteilt Perger (deutsche Pflanzensagen ; 1864): „wenn man sich bei vielen Pflanzen nicht erklären kann, wie sie im Volke Bedeutung bekamen, so begreift man dies beim Holun- der wieder sehr leicht, indem der starke Duft seiner Blüten, seine Fülle von Früchten, sein leichtes Mark und seine im Vertrocknen hohl werdenden Zweige mehr als genügend hinreichen, die Aufmerk- samkeit zu erregen.“ Der bis 4 m hohe mehr an den steinigen Abhängen der Berg- waldungen vorkommende Trauben-Holunder, sambucus racemosa, mit gelbem oder gelbbraunem Mark der Äste blüht April und Mai. A Blätter wie beim schwarzen Holunder; Nebenblätter warzenförmig, Blüten gelblich weiss, grünlich bis bräunlichgelb, in eiförmigen Rispen. Beeren scharlachrot. Der gemeine Wacholder (Wachholder), juniperus communis, hier Kranawitt (Kronawett) -Strauch genannt und besonders häufig am Pfisterberg, seltener im Wäldchen längs der Lain, dem sogenannten Riederer Weidach (= Weidicht, Ort, wo viele Weiden stehen), bildet einen gewöhnlich über 1 m hohen immergrünen, stark verzweigten, ästigen Busch oder Strauch; doch sah ich hier schon zypressenähnliche Bäumchen von 3 m Höhe und 19,5 cm Stammumfang. Blätter zu drei in Wirteln, schmal linealisch, 1,5 mm breit, abstehend, in eine scharf stechende Spitze endigend, 12—18 mm lang, unterseits hell- grün, oberseits graugrün und rinnenartig vertieft. (Die Stellung der Blätter folgt ganz bestimmten Gesetzen. Die Blätter stehen meist spiralig oder wechselständig, und zwar die auf einander folgenden um 1/9, 1a, 2/5, 3/8, ?/ıs etc. des Stengelumfanges von einander entfernt, oder sie stehen gegenständig oder quirlig (wirtelig). Bei gegenständigen Blättern sind die auf einander folgenden Blattpaare meist gekreuzt, seltener fallen sie alle in dieselbe senkrechte Ebene (zweizeilig). Stehen drei oder mehrere Blätter auf gleicher Höhe, so, entsteht die quirlige Blattstellung (Einbeere); meist fallen dann die Glieder des nächst höheren Quirls oder Wirtels zwischen, nicht über die des vorhergehen- den (Wacholder). Die gegenständige und die quirlige Blattstellung sind als eigentümliche Fälle der Spiralstellung aufzufassen.) Kätzchen kaum gegen 2 mm lang. Seine äusserlich der Beere ähnliche Frucht- form (Beerenzapfen) ist eine Scheinbeere — gebildet aus den fleischigen verschmolzenen Fruchtblättern oder Fruchtschuppen und ein bis drei harte Samen einschliessend. „Blüten im April und Mai, gewöhnlich zweihäusig, in kleinen achselständigen Kätzchen; die männlichen be- stehen aus breiten schildförmigen Schuppen mit drei bis sechs Antheren- fächern am unteren Rande, die weiblichen bestehen aus einigen un- fruchtbaren Schuppen am Grunde und drei bis sechs fleischigen Schup- pen an der Spitze, welche mit einander später verschmelzen und eben so viele mit der Mündung abwärts gekehrte Ei’chen einschliessen. — Auf Änderungen der Form und Lage gewisser Gewebe der Staubge- fässe (Staubblätter, Pollenblätter) infolge von Wasseraufnahme und Wasserabgabe beruht der Schutz gegen Nässe, welcher dem Pollen in den Blüten der Platanen und zahlreicher Nadelhölzer, insbesondere der Eiben und der Wacholder, geboten wird. Die Pollenbehälter befinden sich bei diesen Pflanzen an schuppen- oder schildförmig verbreiteten Trägern, und diese Schuppen oder Schildchen sind an einer Spindel in ähnlicher Weise befestigt wie die Schuppen eines Tannenzapfens. Sie haben auch das mit den Schuppen eines Zapfens gemein, dass sie, befeuchtet, zusammenschliessen und sich mit den Rändern berühren, während sie, ausgetrocknet, auseinander rücken, so dass sich klaffende Spalten zwischen ihnen bilden. Aus diesen klaffenden Spalten kann bei Erschütterung -der Blütenstaub, welcher sich in den kugeligen kleinen Pollenbehältern an der Innenseite der Schuppen ausgebildet hat, sehr leicht herausfallen, was aber nur dann für die Pflanze von Vorteil ist, wenn trockenes Wetter herrscht. Bei feuchter Witterung und insbesondere bei Regen wäre ein solches Ausfallen des stäubenden Pollens gleichbedeutend mit Vernichtung desselben. Damit nun diese Gefahr abgewendet wird, schliessen sich die Spalten, und zwar dadurch, dass die Schuppen durch Aufnahme von Feuchtigkeit anschwellen, sich mit ihren Rändern berühren und so die an ihrer Innenseite ange- hefteten kleinen Pollenbehälter, beziehentlich den Pollen, überdecken und verhüllen. Das Holz des Wacholders und der Fichten, der Kiefern und Zirbeln erniedrigt sich in rauhen Lagen der mitteleuropä- ischen Hochgebirge im. Winter regelmässig auf eine Temperatur von — 10° C,, und die immergrünen Nadeln dieser Gehölze erkalten tief unter den Gefrierpunkt des ‚Wassers, ohne den geringsten Schaden zu erleiden. Desgleichen vertragen die in den Beeren- und Holzzapfen der genannten Gehölze eingeschlossenen Samen die tiefsten Tempera- turen ohne Nachteil, was um so bemerkenswerter ist, als diese Samen zwei Sommer zur Reife bedürfen und daher das erste Jahr in noch nicht ausgereiften Zustande den strengen Winter durchmachen müssen, Der Wacholder hat einen kugeligen, beerenartigen, bis 9 mm messen- den Fruchtstand. Die schwarzbraune glänzende Oberfläche der Beeren erscheint bläulich bereift (durch eine dünne Schicht ausgeschwitzten Wachses), und ist am Scheitel mit drei Nähten, am Grunde mit zwei dreiteiligen Wirteln brauner Blättchen versehen. Das kräftig gewürz- haft und süss schmeekende Fruchtfleisch schliesst drei aufrechte harte kantige Samen ein, welche einige Ölschläuche tragen.“ Die erbsen- grossen Beeren, fructus (baccae), reifen im Oktober und November des zweiten Jahres, so dass an demselben Strauch ausser den neuen noch grünen, mehr eiförmigen Beeren auch die reifen schwarzblauen vor- kommen; sie werden zur Bereitung von Wacholdergeist oder Wacholder- branntwein, Genever, sowie zu Räucherungen und als Gewürz des Daffner, Voralpenpflanzen. 4 — 50 — Sauerkrautes benützt. In Form eines Muses, ro0b jumiperi, dienen ferner die Beeren als die Wirkung verstärkender Zusatz zu andern harntreiben- den diuretischen Mitteln. Dem Feinschmecker würzen sie sein leckeres Mahl, denn das Fleisch der Krammetsvögel oder Wacholderdrosseln, die am liebsten Wacholderbeeren fressen, erhält dadurch seinen feinen Geschmack. — In den höheren Gebirgsgegenden ändert der Strauch sein Gesamtansehen auffallend; die Stämmchen werden niedergestreckt, die Blätter gebogen gekrümmt, lanzettlich linealisch, die Beeren fast so lang als die Blätter. Es ist dies der Zwerg-Wacholder, juniperus mana Willdenow, der Alpen und des Riesengebirges.. — Die alten Deutschen gebrauchten Wacholderreisig zu ihren Opfern und beim Verbrennen der Toten. — „Die gelben oder gelbroten Flecken auf den Blättern der Apfel-, Birn- und Ebereschenbäume, die später die Gestalt einer langhalsigen Flasche annehmen, sind die Äeidienform von einem Pilz, der als auffallende, kugelige, bisweilen verzweigte, hellgelb oder braun gefärbte Gallertmasse auf den Zweigen und Blättern des Wacholders erscheint, die Uredoform überspringend gleich Teleuto- sporen hervorbringt, aus diesen Sporidien und dann wieder die Äcidien erzeugt.“ — Weckholder nennen ettliche Wachalter, Krametstaud, die- weil die Krametuögel seine beere gern essen. Im Latein ‚Juniperus, quod iuniores et nouellos fructus pariat, darumb das er fast allein vnter den bäumen seine frucht schier in das zweyte jar tregt, welche auch nicht zeitigen, wenn schon newe wachsen. Die Weckholderbeer sindt erstlich grün, darnach wenn sie zeitigen (welchs in zweyen :jaren geschicht) so werdens schwartz. Alles was am Weckholderbaum oder stauden ist, das reucht wol. — Was der Schwabe mit Weekholder, der Saulgauer (Saulgau-Bezirk im württembergischen Donaukreis) mit Waggeldura bezeichnet und der Bayer Kramet, Kranewit nennt, ist alemannisch reckolter. Es geht auch durch das Schweizeralemannische. Reckolter ist daher ein echt alemannisches Wort. Der gemeine oder wilde Haselnussstrauch, corylas avellana, mit seinen schmackhaften, ölhaltigen Kernen, daher sie auch ein Firnisöl geben, und dessen zähes Holz zu Fassreifen dient, blüht Februar und März. Der einfächerige Staubbeutel ist Folge einer Spaltung des Staubgefässes. Die Fruchthülle der Schliessfrüchtchen ist lederartig oder holzig und deutlich von der Samenhülle getrennt und werden die Schliessfrüchtehen daher nussartig genannt; solche kommen unter anderen auch vielen unserer Laubhölzer, der Eiche, der Buche und der zahmen Kastanie zu. Bei der Nuss ist die Fruchthülle an der Se Spitze etwas abstehend, zerrissen, gezähnt, kürzer als die Nuss, glockig. Das Schliessfrüchtehen, bei welchem sich die Früchte bei der Reife nicht öffnen, sondern samt den Samen abfallen, unterscheidet sich von dem Schalfrüchtehen, welches eine aus einem einfachen, freien Frucht- knoten entstandene, einsamige, trockenhäutige Frucht darstellt, nur darin, dass es aus einem unterständigen Fruchtknoten entstanden ist, dass also an der Bildung seiner Fruchthülle auch noch die mit den Fruchtblättern verwachsene Röhre des Kelchs oder der Blütenhülle Anteil nimmt. Die geschilderte, bald mehr, bald weniger geschlossene Frucht- oder Becherhülle, cupula, welche diese Früchte (also auch die Blüten) entweder einzeln, wie bei der Eiche und Haselnuss, oder zu mehreren, wie bei der Buche, einschliesst, ist aus verwachsenen Deck- oder Hochblättern gebildet, daher nicht als der Frucht im engern Sinn angehörig zu betrachten. Die Hasel oder Haselnussstaude hat gerade Schösslinge, punktierte, glatte Rinde und rundlich herz- förmige, zugespitzte Blätter. Da bei den einzeln stehenden Blättern eine Gipfelknospe fehlt, wie es unter anderen auch bei der Weiss- buche, Weide, Ulme der Fall ist, so tritt die der Zweigspitze zunächst stehende Seitenknospe in ihre Stelle und setzt den Spross fort, der dann als zusammengesetzter Spross zu betrachten ist; er entsteht also dadurch, dass die nicht zur Ausbildung kommende Fortsetzung der Hauptachse durch die Seitenachse verdrängt und so aus den succes- siven Nebenachsen der Trieb gebildet wird. Die Blüten sind einhäusig: die männlichen Blüten in walzenförmigen Kätzchen, mit breiten, sitzen- den Schuppen (jede mit zwei kleinen Nebenschuppen an der Innenseite), auf welchen die Staubgefässe, gegen acht, unregelmässig befestigt sind ; die weiblichen Kätzchen, sehr klein, bilden eine sitzende Knospe, dicht umgeben von schmalen, unfruchtbaren Schuppen. Fruchtknoten zwei- fächerig, mit einem hängenden Ei’chen in jedem Fach; zwei. Griffel. Blütenhülle am Grunde mit dem Fruchtknoten verwachsen, mit einem kleinen, gezähnten Rande. Früchte gewöhnlich in Büscheln — Büschel ist eine durch Verkürzung der Stengelglieder dicht zusammengedrängte Trugdolde —, jede enthaltend eine hartschalige Nuss, welche zum grossen Teil umhüllt ist von der hlattartigen Fruchthülle, die, wie schon oben angeführt, unregelmässig gelappt und zerschlitzt ist und sich aus den sehr verlängerten inneren Schuppen des Kätzchens bildet. — Rossmässler (1806—1867) gibt folgende anschauliche Schilderung: „Wenn der Haselbusch, der Knaben Freund und Schuldespot, zufällig keine Nüsse trägt, so dürfte er auch gar vielen nicht er selbst sein. 4 SE (Haslinga-Stock von der Haselstaude; Haslnusssalbe — Scherzwort für Prügel.) Ja mancher sucht vielleicht weniger die Nüsse am Busche als — den Busch an den Nüssen. Hier steht neben dem Erlenbusch am Bache ein Haselstrauch. Betrachten wir beider Blätter vergleichend, denn sie sind einander ziemlich ähnlich, und wir werden beide fester im Gedächtnis behalten, wenn wir sehen, wodurch das eine vom andern sich unterscheidet. Beide haben im allgemeinen eine gerundete Gestalt, beide haben einen sägezähnigen Rand. Weiter geht ihre Überein- stimmung aber nicht. Das Blatt des Haselstrauchs geht oben in eine nicht allmälig, sondern schnell vorgezogene Spitze aus, der Rand ist doppelt sägezähnig, d. h. er zeigt zunächst grosse Zahnabschnitte, welche wieder kleinere Sägezähne haben. Wo der Blattstiel austritt, ist die Biattscheide etwas herzförmig einwärts gebogen. Das Blatt fühlt sich weichhaarig an, denn es ist, namentlich auf‘ der Unterseite und auf den Verästelungen des Geäders, behaart, was besonders auch vom Blattstiel gilt. Das Blatt der Schwarz-Erle, alnus glutinosa, ist dagegen nicht nur nicht in eine Spitze ausgezogen, sondern stumpf und sogar vorn meist etwas eingedrückt. Der Rand ist unregelmässig ausgebogen und gezähnelt, nicht sägezähnig, d. h. die Zähnchen gleichen nicht denen einer Säge oder dem m der deutschen Kurrentschrift, son- dern sind mehr unregelmässige, kleinen spitzen Hügeln eines fernen Horizontes gleichende Hervorragungen. Es ist durchaus unbehaart, in der Jugend sogar klebrig (daher der lateinische Artname) und geht unten verschmälert in den längeren Blattstiel über. Stossen wir im Frühjahr an die Zweige des Haselstrauches, so bepudert er uns dafür mit seinem gelben Blütenstaube. Millionen winzig kleiner Zellchen — denn jedes dieser Staubkörnchen ist ein solehes —, befähigt, am rechten Orte ein junges Leben zu erwecken, gehen durch unsere Schuld verloren. Doch das verschuldet ja auch jeder Windstoss, und der überreichen Natur bleiben von der unermesslichen Menge noch genug übrig, um uns seiner Zeit mit den süssen Nüssen zu beschenken. Lange haben die nun zu ihrer ganzen Länge ausgestreckten Hasel- kätzchen auf ihre endliche Entfaltung gewartet. Sie waren schon im vorigen Herbst fertig, und als die Blätter fielen, da blieben sie, mut- voll der Winterkälte entgegensehend, allein und entblösst am Zweige. Aber unter den zierlichen vertieften Schuppen, welche um eine dünne fadenförmige Achse geordnet das Kätzchen bilden, waren die strotzen- den Staubbeutel fest und sicher verschlossen. Wir erfuhren eben, dass sie nun frei sind und ihre Fülle ausschütten. Nach wenigen Tagen werden sie vertrocknet abfallen. Woher dann die Nüsse? Nicht aus diesen Kätzchen; die enthalten bloss Staubgetässe, keine Stem- pel, aus denen bekanntlich die Früchte entstehen. Diese finden wir tiefer an den Zweigen. Leicht finden wir daran einige etwas mehr als die andern Laubknospen angeschwollene Knospen. Sie sind an der Spitze etwas geöffnet und aus ihnen ragen drei bis vier zarte purpurrote Fädchen hervor. Das sind die Stempel, welche auf ihren kleinen warzenförmigen Zellen, womit sie bedeckt sind, den Blütenstaub der Kätzchen auffangen und in das wohlverwahrte Innere ihrer Knospenwiege leiten, wo durch sie kleine Samenknospen geweckt und zur Keimbildung oder Samenbildung getrieben werden.“ — Eine Varietät ist die purpurblättrige Haselnuss, bei welcher die Blätter, die Hülle der Nuss und das Häutchen um den Kern sämtlich purpurn gefärbt sind. — Wenn die Brautleute am Christ- abend Nüsse in das Feuer werfen und diese still brennen, so wird die Ehe glücklich; krachen sie, so kracht es auch in der Ehe, d. h. sie wird durch Zank gewürzt. Im übrigen galt die Haselstaude als das Sinnbild des Frühlings, des Lebens und der Unsterblichkeit und, weil sich die Haselnüsse oft gepaart vorfinden, auch als ein Zeichen des ehelichen Glückes. Die Kornelkirsche oder Judenkirsche, Kürbeeren, welsche Kirschen, cormus mas s. mascula, (Familie Hartriegelgewäghse, corneae s. cornaceae) ist ein kleiner Baum von 3—7 m Höhe. Blätter ei- förmig oder langrund, lang zugespitzt, bogennervig, auf beiden Seiten etwas behaart, auf der unteren heller. Blüht März und April. Blüten klein, gelb, vor den Blättern hervorbrechend, an den jährigen Zweigen in gegenständigen Dolden, welche umgeben sind mit einer vierblättrigen, aus Deckblättern gebildeten Hülle, die fast so lang ist als die be- haarten Blütenstiele und blumenartig sowie gelb gefärbt erscheint. Vier Blumenblätter, vier Staubgefässe, ein unterständiger Stempel. Frucht (Dürlitze, Herlitze) eine hängende längliche (15 mm lange und 8 mm dicke) glänzend kirschrote beerenartige Steinfrucht — d.i. eine Frucht mit aus der mittleren Fruchthaut, mesocarpium, gebildetem mehr oder weniger saftreichem Fleisch und hartem, durch Verholzung der inneren Fruchthaut, endocarpium, entstandenem Stein; der Stein ist zweifächerig. (Die äussere Fruchthaut, epicarpium, oder die äussere Haut der Fruchthülle, pericarpium, —- die Fruchthülle ist die von den (im Fruchtknoten vereinigten) Fruchtblättern gebildete Umhüllung der Samen, gewöhnlich der Hauptteil der Frucht im weiteren Sinne — überzieht die äussere Oberfläche der Frucht.) Wegen ihrer ange- uehm säuerlich schmeckenden Früchte wird die Kornelkirsche auch kultiviert und besonders zu Hecken, als Heckenstrauch verwendet. Das Holz, welches zu Maschinenteilen, mathematischen Instrumenten, den Ziegenhainer Stöcken u. dergl. verwendet wird, ist sehr hart und fein, daher die Pflanze auch den Namen Hornstrauch führt. „Diesen baum nennet man im Latein Cornus, darumb das sein holtz so hart ist, wie ein Hirschen oder Ochsen horn, dann Cornu heist ein horn.“ Im Altertum «diente besonders das Holz der Esche und des Kornel- kirschbaums zu Lanzenschäften. So heisst es in den Metamorphosen (Verwandlungen) des Ovid: Mit in den inneren Raum nimmt Zekrops Sprösslinge Phokus Zum prachtvollen Gemach. Dort setzt er mit ihnen sich nieder. Während sie sassen, gewahrt er den Spiess, den Äolus Enkel Trug in der Hand, aus seltsamem Holz, mit goldener Spitze. Als im gemeinen Gespräch nun einiges erst er geredet, Sprach er: „Ich kenne den Wald gar wohl und des Wildes Erlegung; Aber aus welchem‘ Gehölz dein Schaft wohl möge gehau’n sein, Denk’ ich im Sinn schon längst. Denn wenn es ein eschener wäre, Müsst’ er doch gelb aussehn; ein kornellener, zeigten sich Knoten. Nimmer erkenn ich woraus er gemacht. Doch schöner als dieses Haben ein Wurfgeschoss nie unsere Augen gesehen.“ — Der rote Hornstrauch, cornus sangwinea, ist ein 1,5—2 m hoher Busch, dessen Zweige im Sommer rotbraun, im Winter blutrot (Blutruten) sind. Blüht im Juni mit gelblich weisser schirmartiger Trugdolde und hat ein ähnlich hartes Holz. Steinfrüchte kugelig, rot, schwarzweiss punktiert, sehr bitter, ungeniessbar. Auf Bergwiesen, in den sogenannten Schlägen, wo eben abgeholzt wurde, neben Erdbeeren häufig. Der gemeine Epheu, hedera helix, ist eme holzige, immer- grüne Kletterpflanze, deren untere Zweige oft am Boden hinkriechen und kleine Blätter tragen, während der Hauptstengel an Bäumen, Felsen oder Mauern zu ansehnlicher Höhe emporklettert und sich da- bei mittelst zahlreicher Haftwurzeln befestigt. „Der Epheu treibt seit- lich aus seinem Stamme kurze Luftwurzeln (d. s. solche Nebenwurzeln, die aus dem Stamme oder Stengel über der Erde hervorbrechen und erst nach längerem Verlauf oder gar nicht den Boden erreichen), durch die er sich an Baumstämmen, Mauern u. dergl. anheftet, die jedoch nur äusserlich sich der Unterlage fest anlegen und nicht in dieselbe eindringen; sie heissen Haft-, Kletter- oder Klammerwurzeln. Alle Eh Kletterwurzeln sind lichtscheu, infolge dessen sich ihre wachsende Spitze den Felswänden und astlosen säulenförmigen Baumstrünken, vor wel- chen die betreffenden Kletterstämme stehen, zuwendet. Ist die Ent- fernung des zum Klettern vorbereiteten Stammes von der zur Stütze dienenden Wand keine grosse, so wachsen die lichtscheuen Kletter- wurzeln so lange geradlinig fort, bis sie auf die Wand treffen. Es ist das bei den kletternden Pflanzen der gewöhnlichste Fall. Mehrere Aroideen und Feigenarten und insbesondere unser Epheu (hedera helix), deren Sprosse sich irgendwo dem Fusse eines Baumstrunkes oder einer Felswand angelegt haben, entwickeln dicht unter dem fortwachsenden Sprossgipfel Kletterwurzeln, welche nach kurzem Wachstume die Wand erreichen und dort das Stammstück, von dem sie ausgegangen sind, anhefteu. Das geht langsam fort und fort, und man empfängt den Eindruck als ob der Sprossgipfel über die Unterlage in die Höhe kriechen würde. Jedenfalls ist das die einfachste Art, wie kletternde Stämme sich befestigen.“ Blätter lederartig, dick und glänzend, die unteren eckig oder drei- bis fünflappig, die oberen, besonders am blühenden Stengel, ganzrandig, eiförmig, zugespitzt. Blütenzweige buschig, vom kletternden Stengel 30—60 em abstehend, jeder mit einer kurzen Traube oder Rispe aus fast kugeligen, weichhaarigen Dolden. Blüten gelblich grün. Kelchrand unzerteilt, ungefähr in der Hälfte des Fruchtknotens nur wenig hervortretend. Blumenblätter fünf, breit und kurz. Staubgefässe fünf. Griffel einfach, sehr kurz. Beeren glänzend schwarz, mit zwei bis fünf Samen. Blüht August bis Okto- ber. „Der Ephew blüet im aussgehenden Herbst mit moosechten, bleichgelben blumen, darauss werden im Winter trauben oder beere, die sindt erstlich grün, darnach im Jenner werden sie schwartz.“ Diese Blütezeit tritt aber beim Epheu erst nach etwa 40 Jahren und noch später ein, und verändert dann das Blatt seine Form sowohl wie seine Zeichnung, seine Marmorierung, sodass es ganz verschieden von dem früheren aussieht. Hat der Epheu einmal geblüht, dann blüht er jedes Jahr von neuem. Kommt in Waldungen, so im Wäldchen längs der Lain vor. In den Gärten werden mehrere Abarten gepflegt, welche durch mehr oder weniger tief geteilte Blätter, eine auch durch gelbe Beeren ausgezeichnet sind. Die Beeren wirken brechenerregend. — „— imagines lambunt hederae sequaces“, die Bildsäulen umrankt der gern sich schlängende Epheu, sagt der Satiriker Persius. Die wilde Rebe oder der wilde Wein, vilis s. cissus hederacea, ampelopsis hederacea, hedera quwinguefohia, ein Schlingstrauch oder a Rankengewächs, in Nordamerika einheimisch, dessen Reben bis 12 m Höhe klettern, kommt hier in Waldungen und als Zierranke an Mauern, Zäunen, sowie als Bekleidung von Lauben vor. Die Blätter stehen gestielt zu fünf beisammen, sind keilförmig und grob gesägt. Blüht Juli und August. Die Blüten — echte Zwitterblüten — stehen in einer doldentraubigen Rispe den Blättern gegenüber oder am Gipfel der Zweige. Das Laub wird im Herbst schön rot, blutrot; die anfangs Oktober erscheinenden schwarzblauen Beeren sind nicht essbar. „Die Ranke ist ein fadenförmiger Anhang der oberirdischen Pflanze, welcher benachbarte Gegenstände spiralig umschlingt und so den Stengel an seinen Umgebungen befestigt und erhebt. Die aus umgebildeten Zwei- gen entstehenden Stengelranken, sogenannten Gabeln des Weinstockes entsprechen Blütenstielen und sind als verkümmerte Blütenstände zu betrachten, wie das gelegentliche Vorkommen einzelner Früchte an den- selben sowie ihre Stellung deutlich zeigt; sie sind nämlich gleich den normal ausgebildeten Blütenständen je einem der abwechselnd zwei- zeiligen Blätter gegenübergestellt. Das gleiche Verhalten zeigen die Ranken des sogenannten wilden Weins, welche sich jedoch dadurch auszeichnen, dass die Spitzen ihrer Verzweigungen auf rauher Unter- lage, z. B. an Mauern, zu polsterartigen, sich sehr fest anlegenden Haftorganen anschwellen.“ Auch «lie wahrscheinlich aus dem west- lichen Asien stammende echte Weinrebe oder der Weinstock, ritis vinifera, findet sich an einigen Häusern auf der Südseite. Es sind vorwiegend kleine süsse blaue Trauben, welche erfahrungsgemäss weniger empfindlich und den Krankheiten weniger ausgesetzt sind als die grünen. Die echte Weinrebe ist ein Rankengewächs, das bis 10 m hoch wird und bis 15 em dicke Stämme bildet. "Blätter rundlich herz- förmig, fünflappig, grob gezähnt, kahl oder filzie. Blüten schwach wohlriechend, klein, in zusammengesetzten Trauben oder Rispen. Die vier bis fünf grünlich gelben Blumenblätter lösen sich beim Aufblühen vom Grunde ab, während sie an der Spitze vereinigt bleiben, und fallen so als ein bräunliches fünfspaltiges Mützchen ab. Kelch klein, vier- bis fünfzähnig. Befruchtungswerkzeuge teilweise fehlschlagend. Staubgefässe vier bis fünf, am Rande einer unter dem Fruchtknoten stehenden Scheibe eingefügt. Fruchtknoten eirundlich, zweifächerig, in jedem Fache zwei Ei’chen. Griffel fehlt. Frucht eine Beere. Die Beere — so heisst jede fleischige oder saftige Frucht, deren innere Höhlung oder Fächer von einer nicht erhärteten, sondern haut- oder pergamentartigen inneren Fruchthaut ausgekleidet sind und deren - I fleischige saftige Masse, das Fruchtfleisch, in welchem die Samen ein- gebettet sind, hauptsächlich von der mittleren Fruchthaut gebildet ist —, ist beim Weinstock frei oder oberständig; die innere Samenhaut oder Kernhaut ist bei dem Samen desselben bräunlich gefärbt. Blüte- zeit Juni und Juli. Reife der Beeren im Oktober, einzelne Ende September, einige reifen gar nicht. — „Durch Versuche ist nachgewiesen, dass Pflanzen mit grossen Laubblättern im Sommer durch Ausdünstung mehr Wasser verlieren als durch den Wurzeldruck in den Stamm emporgepresst wird, ohne dass doch die Blätter welk werden, woraus man den Schluss ziehen darf, dass sich zu gewissen Zeiten die Wirkung der Transpiration von den Blättern durch den Stamm bis hinab zu den Wurzelenden geltend macht. Auch ist es nachgewiesen, dass bei manchen Pflanzen gerade dann, wenn die lebhafteste Ausdünstung aus den Laubblättern stattfindet, gar kein oder doch nur sehr wenig Saft durch den Wurzeldruck emporgepresst wird. Durchschneidet man die Rebe des Weinstockes im Hochsommer, zur Zeit wenn die grünen Blätter längst ausgebildet sind und stark transpirieren, so ist von Thränen am Querschnitte des Stumpfes nichts zu sehen, es werden keine Tropfen emporgepresst, die Gefässe führen keinen Saft, sondern verdünnte Luft, und es kann sogar Wasser von diesen Gefässen durch den Stumpf in der Richtung gegen die Wurzel zu eingesogen werden. Damit sind Anhaltspunkte gegeben, um sich ein klares Bild der Be- ziehungen zwischen Transpiration und Wurzeldruck zu verschaffen: — der Wurzeldruck vermag die Transpiration periodisch zu vertreten und zu ersetzen. Durch die Transpiration gelangt aber nicht nur Wasser aus der Tiefe in die höher gelegenen Pflanzenteile, es gelangen durch sie auch die Nährsalze in gelöstem Zustande in die von Licht und Luft umgebenen grünen Gewebe der Zweige und Blätter. Die Haupt- masse des emporsteigenden Wassers hat nur die Bedeutung eines Transportmittels für diese aus dem Boden in die Pflanze gelangten mineralischen Salze; nachdem es in die Blätter gekommen, verdunstet es zum grössten Teile wieder in die Atmosphäre; die von ihm in die grünen Gewebe transportierten Salze aber bleiben dort zurück, um sich bei den chemischen Vorgängen zu beteiligen, durch welche aus den Rohstoffen organische Verbindungen erzeugt werden. Sie sind dort unentbehrlich, und insofern ist auch die Transpiration unentbehrlich. Ohne Transpiration wäre die Ernährung derjenigen Pflanzen, deren grüne Zweige und Blätter von Luft umspült werden, es wäre die Er- nährung der Bäume, welche, was Massenhaftigkeit anlangt, allen an- BR 2 DHRRM dern Pflanzen vorausgehen, unmöglich, und es ist daher die Transpira- tion als einer der wichtigsten Lebensvorgänge in den Erdpflanzen an- zusehen. Zur Zeit des Laubabfalles bilden sich an den Blättern der Weinreben zwei Trennungsschichten aus, die eine dicht über dem Stamme der Rebe an der Basis des Blattstieles, die andere am oberen Ende des Blattstieles unmittelbar unter der Blattspreite.“ Die Ursache des naturgemässen Abfalles der Blätter oder des Laubes liegt in dem ver- minderten, teilweise oder ganz gehemmten Zuströmen des Saftes von der Wurzel aus, wodurch die Ernährung und Atmung (Transpiration) des Blattes beeinträchtigt, bezw. aufgehoben wird. Die Blätter werden welk, vertrocknen, sehen braun oder schwarz, wie verbrannt und ver- kohlt aus, und das bei einer Temperatur, die noch über dem Gefrier- punkt steht, so dass von einem eigentlichen Erfrieren nicht die Rede sein kann, sondern lediglich der Mangel an der notwendigen Zufuhr von Flüssigkeit als die Ursache des Absterbens angesehen werden muss. Dasselbe ist der Fall in den Tropen bei andauernder grosser trockener Hitze die Blätter verdorren. „Die blauen, roten, violetten Färbungen der Blätter werden hervorgerufen durch einen in den Zellen gebildeten, Anthokyan oder Anthocyan, Blattrot, auch Erythrophyll genannten Farbstoff. Ob alle diese Farbentöne wirklich nur von einem Farbstoffe, der je nach der Gegenwart oder dem Fehlen von Säuren rot, violett oder blau ist, herstammen, mag dahin gestellt bleiben.“ — Bei der Wein- und Waldrebe werden alle einzelligen Rindenschichten abgeworfen (Faserborke), daher hier die Hülle des Stammes von den blossliegenden und sich allmälig losschälenden Bastschichten gebildet wird. — „Der Weinstock wird am besten vor der Blüte — denn wäh- rend derselben bedarf der Rebstock mehr Kraft und wird daher die Saftzirkulation durch das Ausbrechen oder Abbrechen bedeutend ge- stört — im Laufe des Juni beschnitten, gekappt. Alsdann werden sogleich die beschnittenen Triebe, die gewöhnlich vom Spalier abstehen, möglichst dicht an die Latten gebunden, damit sie schon während der Blüte die von der Spalierwand ausströmende Wärme geniessen und zugleich Schutz gegen Wind und Regen haben. Der spätere Sommer- schnitt, nachdem die Rebe die Träubchen schon recht angesetzt hat, beseitigt die langen üppig wachsenden Ruten, resp. verkützt sie, macht also auch das wiederholte Anbinden der Zuchtruten überflüssig. Der Sommerschnitt ist deshalb dringend zu empfehlen. Losgerissene bereits gekappte Ruten müssen jederzeit wieder angeheftet werden. Wer mit dem Anbinden aller Ruten bis zum August warten wollte, würde dem- Zn nach seinem Weinstocke nicht nur ein sehr unordentliches Aussehen verschaffen, sondern auch die Reife der Trauben und des Holzes wesentlich verzögern.“ — In das südliche Frankreich wurde der Wein- stock wahrscheinlich schon mehrere Jahrhunderte vor Christi Geburt versetzt. Nach Pannonien (Ungarn) und an den Rhein gelangte die Rebe unter dem römischen Kaiser Hadrian (117—138). An der Donau ist erst nach dem fünften Jahrhundert Weinbau getrieben wor- den, als den Lombarden und Franken die Zucht der edlen Rebe ab- gesehen ward. Hier in Benediktbeuern müssen die Weinstöcke im Winter mit Stroh eingemacht werden, sonst erfrieren sie. „Der eigent- liche Sitz der Weinkultur ist ein breiter Gürtel in dem nördlich des Wendekreises liegenden Teil der alten Welt, dessen südliche Begrenzung, also die Äquatorialgrenze des Weinstocks, im Mittel etwa unter 30° nördlicher Breite liegt. Das wichtigste Moment für den Weinbau ist offenbar die Sonnenwärme während der Reifung der Beeren, welche wenigstens während drei Monaten 20° C. betragen muss. Daher reifen selbst im südlichen Teil von England, was doch gleiche mittlere Tem- peratur mit den Weinländern Mitteleuropas hat, im Freien keine Trauben mehr.“ Guyot sagt in seiner vergleichenden Erdkunde: Im grünen Irland kommt die Myrte wie in Portugal ganz gut im Freien fort, sie hat nicht nötig, den Winter zu fürchten; aber es ist auch die Sommersonne hier wieder so ohnmächtig, dass sie nicht einmal Pflaumen und Birnen zur Reife bringen kann, Früchte, die unter derselben Breite auf dem ganzen Kontinente vortrefflich gedeihen. An den Küsten Cornwall’s (Südwestspitze von England, 50° n. Br.) grünen der Lorbeer und die Kamelia das ganze Jahr als Ziersträuche der Gärten, ohne vom Klima gefährdet zu werden, und das in einer Breite, unter wel- cher im Innern des Festlandes nur die ausdauerndsten, zähesten Baum- arten den heftigen Angriffen des Winters Trotz ‘bieten können. Aber dieses milde Klima Englands kann auch wieder nicht einmal die Weintraube reifen, obgleich mit ihm unter demselben Parallelkreise am Rheine der köstlichste Wein vortrefflich gedeiht. Humboldt berichtet in seinem Kosmos (1845), dass zu Astrachan (46° n. Br., mittlere Jahrestemperatur 10,19 C.; also unweit der Mündung der Wolga in das kaspische Meer, den grössten Steppensee der Erde mit 8000 (@uadratmeilen Flächeninhalt) die Trauben und Südfrüchte aller Art ebenso süss und schmackhaft sind wie auf den kanarischen Inseln (28° n. Br., mittlere Jahrestemperatur 21,90 C.) und im südlichen Italien; der Wein besitzt hier dieselbe Güte und dasselbe Feuer wie NE. im Süden von Europa, während er an der Mündung der Loire unter derselben Breite (46 ° n. Br.) nur kümmerlich fortgebracht werden kann. Aber obgleich die Kraft des Sommers hier so köstliche Südfrüchte zur Reife bringen kann, so besitzt auch wieder der nachfolgende Winter eine so tief eindringende vernichtende Kälte, dass die Weinbauer ihre Stöcke alljährlich mehrere Fuss tief unter die Erde vergraben müssen, um sie vor dem verheerenden Froste schützen zu können. In Ägypten — Kairo liegt unter 36° 6° n. Br., mittlere Jahrestemperatur 21,7° C. — gedeiht die Weinrebe und an Trauben ist vom Juli bis September Überfluss. Man würde auch, wie‘es im Altertum so schwungvoll be- trieben wurde, Wein gewinnen, wäre Ägypten nicht von allen Ländern des Mittelmeeres mit den vorzüglichsten und wohlfeilsten Weinsorten in so hohem Grade überschwemmt. Die Reben blühen in Ägypten im März und April, wie die Palmen, und reifen ihre Trauben im Juni und Juli. „Bei manchen Pflanzen kann durch langjährige Kultur in tropischem Klima die winterliche Ruheperiode ganz aufgehoben werden; der Weinstock trägt in Venezuela das ganze Jahr hindurch Blätter und Früchte, ebenso wie auf Ceylon der Kirschbaum immer- grün geworden ist.“ — So sehr die eigentliche Heimat des Weinstocks im Dunkeln ist, ist darüber, dass die Juden zuerst die Traube kelterten und Most pressten, kein Zweifel. Der jüdische Name für den Wein jajin (oivos, vinum) ist in alle Kultursprachen aufgenommen worden. Man schätzt die Weinerzeugung Europa’s auf 125 Millionen Hektoliter; davon treffen auf Frankreich 45, Italien 27,5, Spanien 25, Österreich-Ungarn 14, Portugal 4, Griechenland 2,5, Deutschland 2,1, Südrussland 2, Schweiz 1,3, Serbien, Rumänien und Türkei 1,6 Millionen Hektoliter. Die Bevölkerung Europa’s (1890) zu 343 Millionen an- genommen, treffen auf jeden Europäer 36 Liter Wein. Die französische Weinernte des Jahres 1890 betrug 27,416,000 Hektoliter, was gegen den Durchschnitt der letzten 10 Jahre ein Weniger von 2,261,000 Hekto- liter besagt. Es sindt vil geschlecht der Weinstöck oder Weinräben, nach mancherley art vnd eygenschafft der lender, darinne sie wachsen. Kräfftiger wachsen sie an bergen "gegen der Sonnen auffgang, dann auf der ebne, oder gegen dem Nidergang. Im Deutschlandt hat man den besten wein am Reinstrom, Elsass, Wirtenbergerlandt, Francken, vnd Österreich. Plinius spricht, der Wein sey das blutt der erden, Nichts bessers ist, die natur zu kräfftigen, dann gutter natürlicher wein, der an der substantz subtil vnd lautter, an der farb schön, am geruch Da vnd geschmack lieblich, an der zeit nicht jung oder sehr alt sey, auch der zu einer gesunden zeit gewachsen ist. Solcher wein zimlich ge- truncken, bringt lust zum essen, bessert die dewung, wirdt leichtlich in allen gliedern zerteylt vnd verwandlet, macht ein schöne farb, vertreibt die schwermütigkeit, vnd sterckt in summa alle natürliche kräfften. Es ist ein gemein sprichwort: Ein Ey einer stund, Brot eines tags Wein eines jars alt, ist jre beste Zeit. Dioscorides aber sagt: Der wein sey inn der mitte seines alters, vnnd am besten zu trineken, wenn er sieben jar hat. Allhie muss man der landtschafft jederseits vil nachgeben. „Nicht jede Eigenschaft, welche sich lange vererbt hat, ist des- wegen auch konstant geworden. Dies gilt namentlich von den Ver- änderungen, welche die äusseren Einflüsse an den Pflanzen unmittelbar bewirken. Dieselben bestehen vorzugsweise in einer Steigerung oder Schwächung einzelner Prozesse. Die Wirkung entspricht der Ursache und muss mit dieser aufhören. Auf einem fruchtbaren Boden werden die Pflanzen gross, stark verzweigt und reichblütig; aber niemand kann daran denken, dass diese Eigenschaften Konstanz erlangen. Nach der hundertsten Generation werden die Pflanzen, wie nach der zweiten, auf einem magern Boden klein, unverzweigt und armblütig ausfallen. Wenn eine Pflanze während einer noch so langen Reihe von Generationen infolge Lichtmangels bleichsüchtig gewesen ist, so wird sie doch, sobald das Licht wieder voll einwirkt, auch wieder intensiv grün werden. Wird ein Wald umgehauen, so treten ver- schiedene krautartige Pflanzen auf, von denen einige während langer Zeit, möglicherweise Jahrhunderte hindurch als niedere Stengel mit bleichen, unausgebildeten Blättern ein kümmerliches Dasein fristeten. Sowie die warmen Sonnenstrahlen nach der Abholzung den Boden treffen, so entwickeln sich diese Gewächse so üppig und mit so leb- hafter Färbung, als ob sie sich dessen nie entwöhnt hätten. In einem warmen Sommer werden die Trauben süss, in einem kalten sauer. Wenn 99 ununterbrochene Generationen der Weinrebe nur warme Sommer gesehen hätten, so würde die hundertste in kalter Witterung doch wieder saure Früchte geben. — Wenn die äussern Einflüsse eine Umstimmung in der chemisch-physikalischen Beschaffenheit eines Orga- nismus hervorrufen könnten, so hätte die Akklimatisation im gewöhn- lichen Sinne eine wissenschaftliche Berechtigung. Es wäre bloss ihre Aufgabe, die Versuche ohne Zuchtwahl während hinreichend langer Zeitdauer fortzusetzen. Wenn aber, wie ich glaube, die äussere Ein- u wirkung für sich direkt nichts vermag, so hängt der Erfolg der Ak- klimatisation lediglich davon ab, ob sich nützliche Abänderungen bilden, und die Aufgabe besteht darin, fleissig zu züchten und aus der zahlreichen Nachkommenschaft immer wieder nur diejenigen Individuen zur Nachzucht zu verwenden, welche von dem neuen Klima am wenigsten leiden. Dies scheint mir der einzige rationelle und Erfolg versprechende Weg zu sein, wenn er auch die Wünsche und Hoffnungen der Akkli- matisationsgesellschaften auf ein schnelles Resultat wenig befriedigen dürfte. Es handelt sich also nicht darum, eine Pflanzen- oder Tierform an neue Verhältnisse zu gewöhnen, sondern darum, aus derselben eine für diese neuen Verhältnisse passende neue Varietät oder Rasse zu er- zielen. Dass dies möglich ist, zeigen uns die vielen Sorten der Obst- bäume, von denen die einen für südliche, die andern für nördliche Gegenden geeignet sind. — Bezüglich der Bastardbildung im Pflanzen- reiche, so können selbst in den gleichen Organen die elterlichen Eigen- schaften unvermischt neben einander liegen, wie das vorzugsweise an den Farben der Blüten, auch wohl der Früchte beobachtet wird. Schöne Beispiele sind die gestreiften und getupften Blumenblätter der Bastardvarietäten, die blau- und weissgestreiften Weinbeeren und ähn- liches.“ Nägeli. Ich habe noch nachzutragen, dass an den Benediktbeurer Wein- stöcken die ganzen Träubchen sowohl wie die einzelnen Beeren be- deutend, um das Doppelte, Dreifache, ja mehr noch kleiner sind als die südlicher, von Weinländern stammenden Trauben, besonders die von Malaga mit ihren aussergewöhnlich grossen, langrunden Beeren, obwohl sie an Süsse nicht zurückstehen. Die Beeren sind ferner sehr kurz gestielt und so dicht und fest aneinander geschmiegt, als wollten sie sich vor allenfallsigem Frost schützen, während die Beeren der südländischen Trauben an mehr oder weniger langen Stielen und locker hängen, damit auch einmal ein etwas frischerer Luftzug durchziehen könne „Wie das Licht die gewaltigsten Bewegungen hervorruft in chemischen Prozessen, sowohl verbindend als zersetzend, so führt das- selbe die Stoffe schneller in Verbindungen ein, aus denen sich die Blüte zu gestalten vermag. Der Apfel, die Traube wird süsser vom Licht der Sonne, nicht bloss von ihrer Wärme. Die Wärme bildet aus, was das Licht zum Dasein gereizt hat.“ Frei an deinem schwanken Holz Willst du in der Sonne schweben — Wie ein Herz, das hoch und stolz, Muss in Licht und Freiheit leben, sagt Ludwig Pfau in seinem schönen Lied: die Traube. — Die Weinrebe ist ein Symbol SE des fruchtbringenden Christentums und ein Sinnbild der Liebe und Treue, die Traube ein Symbol des Segens. Der Spruch „in vino veritas“ (im Wein ist Wahrheit) dürfte aber in das Gebiet der Sage gehören, denn beim Wein wird gewiss ebensoviel gelogen als beim Bier und Wasser. Der gemeine Sauerdorn oder die gemeine Berberitze, berberrs vulgaris, auch Saurach genannt, ist ein Strauch von 2—3 m Höhe ’ mit gebogenen, schlanken Zweigen, deren Enden abwärts geneigt sind. Die graugrünen Blätter stehen in Büscheln, d. h. sie entspringen schein- bar aus Einem Punkt und sitzen immer auf verkürzten Zweigchen, wie bei der Lärche und dem Spargel. Am Grunde der Büschel sind ästige meist dreiteilige Stacheln — veränderte Blätter, und zwar erscheint das ganze Blatt umgewandelt in scharfe, verholzte Spitzen oder Dornen, und kann man den Übergang von den Blättern zu den hand- oder fiederteiligen (finger- oder federähnlich geordneten) Dornen durch alle Zwischenstufen verfolgen. Die einzelnen Blätter sind eirund, scharf gezähnt. Die roten Blätter vererben sich zuweilen sehr streng, zu- weilen nur schwach, wie bei der Buche. Die gelben Blüten bilden schöne, hängende Trauben, riechen aber unangenehm. „Bei einigen Pflanzen mit traubenförmig zusammengestellten Blüten krümmen sich vor dem Aufblühen nicht die Blütenstiele, sondern es krümmt sich die Spindel, von, welcher die Blütenstiele ausgehen, wodurch die ganzen Trauben oder Ähren niekend und überhängend werden. Die Blüten kommen dann sämtlich in eine gestürzte Lage, und die Blumenblätter schützen wie ein Dach den an den Antheren haftenden Pollen. So verhält es sich z. B. mit den Blüten des Sauerdorns. Auch an den ährenförmigen Blütenständen der Walnuss, der Birken, Haseln, Erlen und Pappeln ändert sich die Lage der Ährenspindel kurz vor dem Aufspringen der Antheren, um dadurch einen Schutz für den durch das Aufspringen frei werdenden Pollen zu vermitteln. Im jugendlichen Zustande sind die Pollenblüten dieser Pflanzen dicht gedrängt und bilden fest zusammenschliessend eine steife, aufrechte, zylindrische Ähre. Vor dem Aufblühen streckt sich -aber die Spindel der Ähre, sie wird überhängend, und die von ihr getragenen, nun etwas ausein- ander gerückten Blüten erhalten dadurch eine umgekehrte Lage, so zwar, dass die aus kleinen Vorblättern und Perigonblättern zusammen- gesetzte Blütendecke nach oben, die Antheren dagegen nach unten zu stehen kommen. Die Antheren, welche jetzt unter der Blütendecke wie unter einem Dach aufgehängt erscheinen, öffnen sich, ihr Pollen Er HR, He kollert und sickert aus den Öffnungen heraus, stäubt aber nicht so- gleich in die freie Luft, sondern lagert sich, senkrecht herabfallend, zunächst in muldenförmigen Vertiefungen ab, welche an der nach oben gekehrten Rückseite der einzelnen Blüten ausgebildet sind. Hier bleibt derselbe abgelagert, bis bei trockenem Wetter ein Windstoss kommt, der ihn zu den Narben hinweht. Bis dahin aber ist er auf seiner Ablagerungsstätte gegen Regen und Tau durch die über ihm stehen- den Blüten derselben Ähre geschützt, und die Decke jeder Blüte ist somit einerseits ein Depot für den Pollen der höher gestellten Blüten und zugleich ein schützendes Dach für den auf den muldenförmig ver- tieften Rücken der tiefer gestellten Blüten aus den Antheren hinab- gefallenen Pollen.“ Darwin bemerkt: wenn die Staubgefässe einer Blüte sich plötzlich gegen das Pistill schnellen oder sich eines nach dem andern langsam gegen dasselbe neigt, so scheint diese Einrichtung nur auf Sicherung der Selbstbefruchtung berechnet, und ohne Zweifel ist sie auch für diesen Zweck von Nutzen. Aber die Thätigkeit der Insekten ist oft notwendig, um die Staubfäden vorschnellen zu machen, wie Kölreuter beim Sauerdorn gezeigt hat; und gerade bei dieser Gattung (berberis), welche so vorzüglich zur Selbstbefruchtung einge- richtet zu sein scheint, hat man die bekannte Thatsache beobachtet, dass, wenn man nahe verwandte Formen oder Varietäten dicht neben einander pflanzt, es infolge der reichlichen von selbst eintretenden Kreuzung kaum möglich ist, noch reine Sämlinge zu erhalten. Kelch- blätter, Blumenblätter und Staubgefässe zu sechs. Die Staubgefässe sind reizbar; an ihrem Grunde berührt, schnellen sie nach dem Stempel. Aber auch wenn die Zeit der Befruchtung gekommen ist, bewegen sie sich nicht von selbst, sondern nur infolge eines Reizes. „Berührt man, etwa mit der Spitze einer Stecknadel, einen der sechs Staubfäden an der Stelle, wo er angewachsen ist, so bewegt er sich rasch an den Stempel. Bei andern Pflanzen erfolgt diese Bewegung, wenn die Zeit dazu gekommen ist, von selbst; die Staubfäden biegen sich in gesetz- mässiger Reihenfolge empor, um ihre Staubbeutel zur Bestäubung auf die Narben des Fruchtknotens zu drücken und dann in die alte Stellung zurückzukehren.“ Die klappig aufspringenden Staubbeutel zeigen zwei sich von unten her ablösende Klappen oder Deckel. Die kleinen scharlachroten Beeren sind langrund und enthalten je zwei oder drei Samen. In Waldgebüschen, mitunter, als dorniger Zierstrauch, in Gärten und Hecken. Blüht Mai und Juni. Die bittere Rinde enthält einen gelben Farbstoff und kann zum Gelbfärben benützt werden. Die SEN sauren Beeren dienen eingemacht zu Confitüren, frisch zum Putzen des Silberss.. Holz und Wurzel wirken abführend. — Es gibt auch eine Varietät mit samenloser Frucht, „die durch Schnittreiser oder Senker fortgepflanzt werden kann; Wurzelschösslinge kehren aber immer zu der gewöhnlichen Form zurück, welche Früchte produziert, die Samen enthalten.“ (Ableger oder Senker erhält man, indem man Zweige in den Boden biegt und sie teilweise mit Erde bedeckt, damit sie Wurzeln schlagen, was gewöhnlich noch dadurch befördert wird, dass man durch die Hälfte des Zweiges, also bis auf das Mark, einen Einschnitt macht und von hier aus den Zweig auf 3—6 cm der Länge nach aufschlitzt. Dieses Verfahren gelinst am besten bei den Gewächsen, die leicht Wurzeln schlagen, wie Pappeln, Holunder und Weinrebe, welch letztere bekanntlich häufig durch solche Senker vermehrt wird. Nach längerer oder kürzerer Zeit, wenn der Schoss sich hinlänglich bewurzelt hat, kann seine Verbindung mit der Mutterpflanze vollends getrennt werden. Stecklinge oder Schnittlinge sind abgeschnittene Zweige oder Teile des oberirdischen Stengels, die künstlich zum Wurzelschlagen gebracht werden und sich dann im Boden zu neuen, selbständigen Pflanzen entwickeln. Am leichtesten sind auf diese Weise die sogenannten Fleisch- oder Fettpflanzen, z. B. die Kaktusarten, zu vermehren, indem jedes Bruchstück derselben, dessen fleischige Masse aus den ver- schmolzenen Stengel- und Blattteilen besteht, in die Erde gesteckt, leicht anwächst.) — Der auf den Blättern häufige gelbe, punktförmige Warzenbrandpilz teilt seine Sporen (Keimkörner) gerne den Getreide- arten mit und entwickelt dieselben auf diesen zu Brandpilzen; man vermeidet deshalb die Berberitze in der Nähe von Getreidefeldern. Die Schlehe, der Schlehenstrauch, Schlehdorn oder Schwarz- dorn, auch Dirndlstrauch genannt, prunus spinosa, bei Matthiolus sylvestris, in Dickichten und Waldgebüschen, bildet einen stark ver- zweigten, ausgebreiteten Strauch von 1—2 m Durchmesser, dessen kleinere Äste häufig in einen Dorn endigen. Blätter langrund, auf der Unterseite fast kahl; jüngere Zweige schwach behaart. Oft ent- wickeln sich die Triebe an den Seiten der jährigen Äste nicht und die Blätter erscheinen dann büschelig. Blüten vor den Blättern sich ent- wickelnd, einzeln oder paarweise auf kurzen, unbehaarten Stielen, klein, rein weiss. Frucht klein, eine Steinfrucht, kugelig oder kurz eirund, fast schwarz, mit bläulichem Reife (schwarzblau), kahl, sehr herbe schmeckend. Sie sind das zuletzt gepflückte Obst im Jahre und werden eigentlich erst durch den Frost, wenn schon einige Nachtfröste einge- Daffner, Voralpenpflanzen. 2 treten, geniessbar. Blütezeit März und April. Die Blüten werden manchmal als Theeaufguss gebraucht. Sie sind umständig oder mittel- ständig, d. h. rings um den Fruchtknoten, indem die Scheibe, welche die Blumenblätter (fünf, rundlich, mit sehr kurzem Stiele oder Nagel) trägt, völlig frei oder getrennt ist vom Fruchtknoten, jedoch mehr oder weniger verwachsen mit dem Grunde der (glockenförmigen) Kelch- röhre. Der Fruchtknoten (in dessen Höhlung bei der Schlehe zwei hängende Ei’chen) wird dann bezeichnet als frei oder oberständig; die mit der Kelchröhre vereinigte Scheibe kann mit dieser ein tiefes Näpf- chen bilden, auf dessen Boden der Fruchtknoten steht; der Kelch wird dann als frei und unterständig betrachtet, die Blumenblätter als dem Kelche eingefügt. Zahlreiche Staubgefässe, ein freier Griffel. „Dass das Wachstum der Pflanze durch das Licht gefördert werden kann, dafür spricht als eine der auffallendsten Thatsachen folgende. Wenn Pflanzen an zwei Punkten kultiviert werden, welche zwar in Beziehung auf die während des Wachsens zur Geltung kommende Wärme, aber nicht in Betreff’ der Intensität und Dauer des Lichtein- flusses übereinstimmen, so zeigen sie an jenem Orte ein rascheres Wachstum, wo das Licht kräftiger und länger einwirken kann. So wachsen die Pflanzen im hohen Norden, wo sie täglich 20 Stunden lang beleuchtet werden, viel rascher als in südlichen Breiten, wo sie nur 12 Stunden lang dem Lichte ausgesetzt sind, und zwar selbst dann, wenn ihnen in dem gleichen Zeitraume an dem nördlichen Stand- ort verhältnismässig weniger Wärme zukommt. So beginnt die Blüte- zeit des Schlehdorns in Athen unter 37° 58° n. Br. am 5. Februar, in Wien unter 48° 11° n. Br. am 18. April, in Christiania unter 59° 55‘ n. Br. am 18. Mai; durchschnittlich ist Athen gegen Wien um 46 Tage, Wien gegen Christiania aber nur um 29 Tage voraus. Und doch be- trägt der Unterschied der geographischen Breite zwischen Athen und Wien 10° 13° und jener zwischen Wien und Christiania 11° 43, wo- nach zu erwarten wäre, dass Wien vor Christiania einen Vorsprung von 51 Tagen hätte Die Frühlingspflanzen blühen in New-York (welches mit Neapel unter gleicher Breite liegt) unter 40° 42° n. Br. zu derselben Zeit auf wie in dem um 10 Breitengrade nördlicher ge- legenen Marburg (50° 47’ n. Br.).“ — Der Schlehendorn ist vberal gemein, nicht allein in wälden, sonder auch im feld vnd bey den zeunen. Es ist ein nidrig, stachlecht bäumle. Es tregt bletter wie der Pflaumbaum, allein das sie schmäler, vnd herter, auch raucher sindt. Der stamm ist rötlecht, rauch, dick, hardt, lest sich nicht ae biegen, sondern knackt baldt vnd zerbricht. Im Lentzen erzeigt es sich mit vilen weissen blümlen. Ein jedes blümlen ist mit weissen blettlen besetzt, darinnen stehen vil zarte härlen, darnach auff einem jeden härlen ein gelbes tüpffle. Auff solche weise blüen fast alle Obss- bäume, als Pflaumen, Kirschen, Oepftel vnd Birnen. Doch findt man etwan mehr härlen vnd tüpfflen derselbigen, dann in der Schlehenblüet. Auss gemelten blumen schlieffen braunschwartze oder blawschwartze beere, eines herben vnd strengen geschmacks. Man isset sie, wenn sie zuuor von der kälte seindt mildt worden. Die armen leute sengen die Schlehen etwan vber dem fewer, auff das sie derselben mögen ge- niessen, das leret sie der hunger. Weme der mastdarm aussginge, der soll jn bestreichen mit dem diekgesottenen Schlehensafft, er gehet wider hinein. — Schlehdorn — von den herben Früchten werden die Zähne „schleh“, d. i. stumpf. In Parkanlagen werden auch Schlehen-Formen mit gelb- und weissgeaderten Blättern, mit gefüllten Blüten und mit grünen und weissen Früchten gezogen; ebenso gibt es eine Form mit süssen Früchten. Der Theestrauch, dessen Heimat in China die Strecke zwischen 24 und 35° n. Br., hat weisse Blüten wie bei uns etwa die wilden Rosen, und Früchte wie Schlehen. Der Schlehenstrauch ist als Heckenstrauch und besonders zu Gradier- wänden bei Salinen sehr geschätzt. Zur Veranschaulichung des Vorganges beim Gradieren erlaube ich mir folgendes einzufügen. Salzquellen oder Soolquellen finden sich häufig in engem Zusammenhange mit den Steinsalz- gebirgen, teils in der Nähe der Vorberge, zwischen Hügeln und Bergen, teils auch ziemlich entfernt von denselben. Sie verdanken unstreitig Stein- salzlagern ihre Entstehung, denn ihr Salz zeigt dieselben chemischen Bestandteile, die wir in dem Steinsalze finden. Aus diesen Salzquellen wird der grösste Teil des Kochsalzes erhalten, welches wir in der Haushaltung verbrauchen. Man bohrt' an den Orten, wo man Salz- quellen vermutet, mittels Erdbohrer, und hat man dann solche Quellen aufgefunden, so dringt durch die letzte Gyps- oder Thonschicht das Salzwasser mit grosser Mächtigkeit hervor. Ist die Soole so reich an Salz, dass sie sudwürdig ist (nämlich mindestens 16lötig, d. h. auf 100 Teile Soole 16 Teile Salz enthaltend, — eine gesättigte Kochsalz- lösung oder Soole ist 26!/2lötig), so wird sie sogleich versotten; ist sie aber nicht so beschaffen, so muss sie durch das sogenannte Gradieren auf den nötigen Grad von Salzgehalt gebracht werden. Das Gradieren hat keinen anderen Zweck als das salzhaltige Wasser in möglichst grosser Fläche mit der Luft in Berührung zu bringen, damit ein Teil 5* Be des Wassers verdünste und in dem zurückbleibenden der Salzgehalt verdichtet werde. Diese Vergrösserung der Wasserfläche kann auf verschiedene Weise geschehen, daher hat man mehrere Arten von Gradierung; die zwei vorzüglichsten sind die Pfannen-Gradierung und die Dornen- oder Tröpfelgradierung. Die Pfannengradierung ist am einfachsten; man siedet hier nämlich die Soole sogleich in grossen Pfannen, und zwar so lange, bis dadurch so viel Wässer verdunstet ist, dass das Salz krystallisiert oder fest wird und in den Pfannen niedersinkt. Bei Soolen, die schwach sind oder wenig Salz in vielem Wasser enthalten, erfordert diese Gradierungsart gar viel Brennmaterial ; daher wendet man sie nur bei sehr starken Soolen oder bei solchen an, die gesättigt oder doch beinahe gesättigt sind. Die beste und ge- bräuchlichste Gradierung ist die Dorn- oder Tröpfelgradierung. Hiezu werden eigene, bloss aus Balkenlagen bestehende und mit einem leichten Dache versehene Gebäude errichtet, welche eine beträchtliche Länge bei nur geringer Tiefe besitzen. In solchen Gradierhäusern ist aus Dornbündeln von Schwarzdorn oder Schlehdorn eine ziemlich hohe Wand aufgeführt, unter welcher der Soolenbehälter aus Bohlen oder dieken Brettern gezimmert liegt, in welchem sich die in der Dorn- wand herunterträufelnde Soole wieder ansammelt. Über den sogenann- ten Dornwänden läuft eine offene Soolenleitung, aus welcher die Soole in zwei oder vier Rinnen, die zu beiden Seiten und über der Mitte der Dornwand liegen, sich verteilt. Diese Rinnen haben viele Hähne, durch welche die Soole durchsickern und längs der Dornbündel auf beiden Seiten herabfallen kann. An den Hähnen befindet sich eine sogenannte Schnellstellung, mittels welcher man im stande ist, den Zufluss zu den Dornen zu ordnen und ihn zu vermehren, wenn die Witterung recht heiss oder windig ist, indem dann die Verdunstung viel rascher vor sich geht als bei kühler und windstiller Witterung. Mittels des Kunstzeuges wird die Soole in einem Kunstturme aus dem Schachte in ein Bassin auf den höchsten Punkt des Turmes gehoben, von wo dieselbe durch ab- und wieder aufsteigende Röhren auf die oben erwähnte offene Soolenleitung gelangt und dort ausfliesst. Meistens sind aber noch Pumpensätze, durch Windkünste oder durch das Kunst- zeug oder durch eine Dampfmaschine bewegt, zu diesem Endzweck im Gange. Ein mässig trockener, besonders warmer Wind befördert die Verdampfung des überflüssigen Wassers der Soole, indem diese, tropfen- weise von Dorn zu Dorn herabfallend, der durchstreichenden Luft aus- gesetzt wird, weshalb man auch das Gradierhaus stets gegen den in ENT der betreffenden Gegend am häufigsten wehenden Wind errichtet. Ist der Wind zu stark, so treibt er die Soole durch die Wand und zer- streut sie, weshalb bei zu heftigem Winde, ebenso wie bei anhaltendem Regen, nicht gradiert werden kann. Je nachdem nun die Soole an- fänglich beschaffen war (das Meerwasser ist auch eine Soole mit durch- schnittlich 3°/o Kochsalz), wird zweimal, dreimal oder mehrmal gradiert, indem man die einmal gradierte Soole auf andere Abteilungen des Gradierhauses hebt, das zu diesem Behufe in mehrere „Fälle“ geteilt ist. „Kan man auch essen das ungesaltzen ist?“ fragt klagend Job in der Bibel. Perrückenbaum, Perrücken-Sumach, Fustik-Strauch, rhus cotinus, Gattung Essigbaum, Sumach, rhus, Familie Terpenthinpflanzen, terebinthaceae, in Südeuropa einheimisch, in Deutschland als Zier- strauch angepflanzt, hier in einem einzigen Exemplar im ehemaligen grossen Klosterhof. Über 2!/2 m hoher, buschiger Strauch; die Blätter an langen Stielen, bei jungen Trieben von lichtem Grün, die älteren etwas dunkler, haben bis zu 62, die jüngeren 10—40 mm lange Stiele; die Blätter sind kahl, glatt, ganzrandig, unterseits stärker, hell, parallel, gerippt, von der Mitte gegen das Ende der Zweige zu länger gestielt und aufrecht stehend, die älteren nahezu kreisrund, etwa 65 mm im Durchmesser, die jüngeren verkehrt eiförmig zeigen durchschnittlich bei einer Länge von 56 mm eine Breite von 43 mm. Blütezeit Juni und Juli. Blüten in endständigen, sehr verästelten, lockeren Rispen, meist zweigeschlechtig; fünf kleine, grünlichweisse, abstehende, strahlige Blumenblätter; fünfteiliger Kelch; kleine, häufig zottige Frucht, Stein- frucht. Nach dem Verblühen, im August, fallen die zum grössten Teile unfruchtbaren Blüten ab, worauf die sparrig abstehenden Blüten- stiele sich verlängern, und zwar zeigen sie eine Länge von 16 bis zu 22 mm; dabei entwickeln sie zahlreiche, etwas über 1 mm lange, ziemlich dicht und fast wagrecht abstehende, purpur-lilafarbige Härchen, sodass der ganze Strauch an seiner Peripherie allenthalben wie mit blass purpurnen, zarten, feinwollig aussehenden Büschehen besetzt er- scheint, und rührt wohl davon der Name Perrückenbaum (nicht Perücken, vom französischen perruque, Haaraufsatz) her. Der ganze Strauch, das Holz sowohl wie die Blüten, und namentlich beim Reiben die Blätter riechen angenehm aromatisch, ähnlich wie Kalmus; der Saft ist giftig. Das innen gelbliche, im äussern Splint weisse, seidenartig glänzende Holz (Fisetholz) färbt orangegelb; Wurzel und Blätter dienen gleichfalls zum Färben, und letztere samt den Zweigen überdies zum Gerben. Be: ee Unechter oder wilder Jasmin, Pfeifenstrauch, philadelphus coronarius, mit wohlriechenden, weissen Blüten, im Juni blühend. Blätter eirund, sehr seicht und fein gesägt. Auf freien Rasenplätzen und in Gärten sehr vereinzelt. Seine geraden Schosse geben gute Pfeifenrohre. Beim Abfall der Blätter im Spätherbst bleibt ein kleiner Teil des Blattstieles am Zweige zurück und schützt derselbe in Gestalt einer Schuppe die über dem Blattstiel angelegte Knospe. Goldregen oder Bohnenbaum, auch gemeiner Geissklee genannt, cytiısus laburnum, einer unserer schönsten Blüten- oder Ziersträucher, bis zu 5 m und mehr Höhe, mit rundlich abgebogenen Zweigen. Blätter lang gestielt, leicht stumpf, länglich eiförmig, dreizählig; Blüten an kurzen Zweigen, reichblütige, überhängende, gelbe Trauben bildend. Die grosse, etwa 17 mm im Durchmesser haltende, verkehrt eirunde Fahne zu beiden Seiten der Mittelrippe vom Grunde an je 1 mm breit und 5 mm lang, nach aufwärts, etwa bis zur Hälfte, braunrot ge- strichelt. Blüht im Juni und kommt auf freien Rasenplätzen und in Gärten einzeln kultiviert vor. Die Samen gelten als giftig. Das Holz im Alter schön braunschwarz wird als falsches Ebenholz zur An- fertigung von Musikinstrumenten u. s. w. gebraucht. — „Die Samen des Goldregens fallen nicht sofort nach ihrer Reife ab, sondern bleiben an den Flächen der aufgesprungenen Hülsen haften, und da sich diese erst im nächsten Frühlinge von den Zweigen lösen, so sinkt die Temperatur dieser Samen über Winter tief unter Null herab. Nichts- destoweniger erhalten sie ihre Keimkraft. Goldregensamen, welche im Winter wochenlang unter dem Einflusse einer Temperatur von — 15° C. gestanden hatten, keimten im folgenden Sommer und hatten also durch die Kälte keinen Schaden gelitten. Auch andere Samen, selbst solche aus tropischen Gegenden, welche versuchsweise Temperaturen von — 40°C. ausgesetzt wurden, hatten ihre Keimfähigkeit nicht verloren, und es war daher ihr Protoplasma selbst durch diese grosse Kälte nicht getötet worden. Da andrerseits bekannt ist, dass die jungen Früchte und Samen des Goldregens und noch mehr jene der tropischen Pflanzen schon bei Erniedrigung der Temperatur auf — 2°C. er- frieren, so geht daraus hervor, dass die in verschiedenen Entwickelungs- stadien befindlichen Teile desselben Stockes in ungleicher Weise durch die Erniedrigung ihrer Temperatur unter den Gefrierpunkt angegriffen werden.“ Europäischer Spindelbaum oder Pfaffenkäppchen (nach der charakteristischen Kapselform), Hainhütchen, evonymus europaeus, ein Pt Aue glatter Strauch von 1—2 m Höhe und darüber; in Gebüschen und Hecken. Äste viereckig, glatt. Gegenständige, kurz gestielte, lang- runde Blätter. Blüht Mai und Juni; selten mehr als drei bis fünf kleine grüne oder grünlichgelbe Blüten in lockeren achselständigen Trauben; vier Blumenblätter, vier halb so lange Staubgefässe „In den Blüten der meisten Doldenpflanzen, der Hartriegelgewächse, des Epheu’s, des Milzkrautes, zahlreicher Arten der Gattung Steinbrech und Spindelbaum, z. B. evonymus europaeus, ist ein dem Fruchtkuoten auflagerndes Gewebepolster ausgebildet; die Staubfäden und Blumen- blätter stehen um dieses Polster im Kreise herum, ohne dasselbe aber zu verdecken, und man sieht in der offenen Blüte inmitten der Blumen- blätter den Honig wie einen dünnen Firnisüberzug im Sonnenscheine glänzen.“ Kelch klein und schwach mit vier bis fünf breiten kurzen Lappen, die sich in der Knospe decken.- Fruchtkapsel im September erscheinend, hell fleischrot, rosarot, mit gewöhnlich vier (selten drei oder fünf) Lappen oder Ecken (Zipfeln) und ebensoviel Fächern, die bei der Reife auf den Kanten in der Mitte aufspringen, sodass der schöne orangegelbe, den Samen ganz einhüllende saftig-fleischige Samen- mantel sichtbar wird. Samen weiss; Keimling in einem fleischigen Eiweiss liegend. Alle Teile des Strauches riechen und schmecken un- angenehm und erregen innerlich genommen heftiges Erbrechen und Abführen; die gepulverten Früchte dienten ehedem in Form einer Salbe zur Vertreibung des Kopf-Ungeziefers.. Das feine gelbliche Holz ist als Werkholz namentlich für kleine Drechslerwaren sehr gesucht, dient zu Zahnstochern und liefert auch eine gute Zeichenkohle. Der Strauch wird häufig durch die Raupen der Spindelbaum-Motte, Ahyponomeuta evonymella, gänzlich umsponnen und entblättert. „Der Spindelbaum wechst gemeiniglich vnter den hecken, neben den landtstrassen. Im Frueling erscheinet seine weisse blüet, darauff' folgen schöne Rosinrote beere mit vier ecken, wie in der rauten, darinnen liegen vier körnlen verschlossen, ein jedes vnter einem dünnen, goldtgelben heutlen. Das holtz ist steiff, vest, gelb wie der Buxbaum, zu vilen dingen uutzlich, die weiber lassen jnen spindeln daruon drehen, Das gantze gewechss, dieweil es noch grün ist, reucht vbel, jnsonderheit aber die rind vnd blüet. Die bletter vnd frucht ist den Ziegen oder Geissen ein schädliche speiss.“ Gemeiner Wegdorn oder Kreuzdorn, rhamnmus calhartica, ein glatter Strauch oder Staude mit ausgespreizten gegenständigen Zweigen, deren kleinere oft in einen stechenden Dorn endigen; an feuchten und schattigen Standorten bilden sich indes die Dornen häufig nicht aus. Blüten getrenntgeschlechtlich, sehr klein, in dichten Büscheln in den Blattachseln ; vier weisse Blumenblätter. Blätter gestielt, eirund, zuge- spitzt, klein sägezähnig. Blüht April bis Juni. Frucht schwarz, erb- sengross. Die Früchte, Kreuzdornbeeren, fructus rhamni catharticae, erzeugen Durchfall; sie dienen unreif zur Bereitung des Saftgrün, reif als Schüttgelb zum Färben. Das schön gemaserte, einen auffallenden Atlasglanz zeigende Holz wird als Nutzholz zu kleineren Gegenständen verwendet. „Die kugeligen, gegen 1 cm grossen Früchte werden am Grunde gestützt von einer gegen 3 mm Durchmesser erreichenden, achtstrahligen Kelchscheibe. Das glänzend schwarze Fruchtfleich schliesst vier holzige, einsamige Fächer ein. In frischem Zustande liefern die Früchte einen violettgrünen Saft von saurer Reaktion und süsslichem, nachher widerlich bitterem Geschmacke. Durch Alkalien wird der Saft grünlich gelb, durch Säuren rot.“ Gemeiner Flieder, syringa vulgaris, auch welscher Holler genannt, gleich der Esche zu den Ölbaumgewächsen, oleaceae, gehörig; als Zierstrauch (von 3—7 m Höhe) in Gärten, hier im ehemaligen grossen Klosterhof; Mai und Juni blühend. Natürlich schwankt je nach der durchschnittlichen Jahrestemperatur der Eintritt der verschiedenen Ent- wickelungsstufen der Pflanzen; für den Flieder, den Baum mit den flüchtigen Blüten, hat sich nach vieljährigen Beobachtungen als mitt- lerer Zeitpunkt der ersten Blüte herausgestellt: in Wien der 30. April, in Giessen der 4. Mai, in Kassel und Prag der 5. Mai, in Leipzig der 13., in München der 14. Mai, in Moskau der 7., in Petersburg der 10. Juni, in Finnland der 3. Juli. „Blätter gegenständig, kurz gestielt, herzförmig, zugespitzt, ganzrandig. Blüten in endständigen, dichten, pyramidenförmigen Sträussen, lila, violett oder weiss (hier nur lila), sehr wohlriechend. Blumenkrone unten röhrenförmig, der Saum ausgebreitet, vierspaltig. Kelch vierzähnig. Zwei Staubgefässe in jeder Blüte. Frucht eine trockene zweifächerige, zweiklappige Kapsel.“ Im französischen Verein zur Förderung der Wissenschaften machte Vilmorin (1891) einige interessante Mitteilungen über den Pariser Blumenhandel. Ausser der ‚grossen Halle bestehen 11 Märkte eigens für diesen Handel. Der älteste und zugleich bedeutendste ist der auf dem Quai der Cit& (Altstadt)-Insel. Derselbe besteht seit einem Jahr- hundert, die übrigen sind zum grossen Teile erst seit 1870 entstanden. In der grossen Halle treffen täglich durchschnittlich 2000 Körbe mit Blumen ein. Dieselben sind bereits bei ihrem Eintreffen nach ihrem Wert geordnet. 6000 Personen besorgen die Verteilung derselben in Paris und den Vororten. Seit 25-—30 Jahren hat sich der Blumen- handel verfünffacht. Der grösste Teil der Blumen wird in Läden ver- kauft, deren Zahl sich auf ungefähr 1000 beziffert. Paris mit seinen Vororten und Südfrankreich deeken hauptsächlich den Pariser Bedarf. In der Umgebung von Paris, namentlich im Aulnaythal, werden viele Blumen im Freien gezüchtet. Mit der Glasbeetzucht der Herbst- und Winterblumen beschäftigen sich 1500 Gärtner. Der Flieder, dessen weisse Blüten durch künstliche Zucht hervorgebracht werden, wird nur in Paris angebaut, und bewahren die Gärtner ihr Veredelungsverfahren mit der grössten Sorgfalt. — In Berlin wird zur Zeit des Mittwinters, in welcher die meisten Festlichkeiten und Bälle stattfinden, täglich die Summe von 10—12000 Mark für frische Blumen ausgegeben. Berliner Zeitungen brachten im Winter 1890—91 Ausführliches über den Blumenhandel, wovon nachstehendes entnommen ist. Die Anordnung eines Blumenstrausses ist nichts Grleichgültiges. Es gehört ein be- stimmtes Studium, eine gewisse Kunst und ‚ein gut Teil Schönheitssinn dazu, um die richtige Auswahl der Blumen zu treffen; denn ein Strauss, welcher die Blonde ziert, ist keine Zier für die Braune; der Strauss der Tochter eignet sich nicht für die Mutter u. s. w. Welche Kunst gehört zu der Anordnung der Blumensträusse, wenn man im strengsten Winter allen Anforderungen genügen will und allabendlich mehrere tausende zu stande bringen soll! Die Sträusse zerfallen in drei Klassen Die der ersten kosten ungefähr 1-3 Mark. Hiezu wählt man ge- wöhnlich Lorbeerblüten, Veilchen, weisse Hyazinthen und Rosenknospen die man mit einigen grünen Blättern umgibt. Die der zweiten Klasse welche 4—10 Mark kosten, bestehen gewöhnlich aus Taxusblättern, Pinien- und Orangenzweigen, untermischt mit Lorbeerblüten, Veilchen, Hyazinthen und Rosen. Die der dritten Klasse endlich, welche mit 10-20 Mark bezahlt werden, enthalten ausser den vorgenannten Blumen auch noch Myrtenblüten, blaue und weisse Daphnen (Seidel- bastarten — Daphne Oneorum Steinröschen) und Kamelien. Wir könnten eine ziemlich genaue Statistik über den Verkauf von Blumen während einer „Ballwoche“ aufstellen. Die Zahl der gekauften Sträusse wird etwa 6000 Stück im Durchschnittspreise von 5 Mark betragen. Für die Vermietung von Gefässen und Töpfen mit Blumen, Sträuchern und Bäumen bringen wir 12000 Mark in Anschlag; für Blumenkörbe, Ampeln, Dekorationen für Fenster u. s. w. 10000 Mark; für den Verkauf von abgeschnittenen Kamelien 8000 Mark; für Knospen u. s. w. Bee zum Kopfputz 3000 Mark; für 500 verzierte Vasen mit blühenden Kamelien u. s. w. 2500 Mark. Hieraus ergibt sich, dass der Geld- umsatz für Blumen, die man während einer „Ballwoche“ auf den Bällen, Abendgesellschaften u. s. w. braucht, die Summe von über 65000 Mark erreicht. Man kann ohne Besorgnis vor Übertreibung annehmen, dass der Blumenhandel in Berlin allein jährlich den Wert von 4—5 Millio- nen Mark erreicht und in ganz Deutschland jährlich ungefähr 12 Millionen Mark beträgt* haben doch die Städte Erfurt, Quedlinburg und Frankfurt am Main allein einen Umsatz, der in die Millionen geht. — Über Pariser Blumenmoden wird einem Wiener Blatte aus Paris, März 1891, geschrieben: Die zu einem raschen Tode verurteilten, auf Draht gebundenen Blumen sind in Paris, und mit Recht, gar nicht mehr zu sehen. Alle Blumen bleiben auf ihren natürlichen Stengeln, wodurch allerdings das Bouquet weniger reichhaltig, aber viel natür- licher wird. Je grösser diese Stengel sind, desto teurer ist die Blume. Das Modernste sind gegenwärtig Fliederstauden in weisser und lila Farbe oder lila mit weissen. Tupfen in fast einen Meter hohen Zweigen, zwanglos vereint, von weissen Papierbogen umwunden. Die Spitzen- oder Papiermanschette mit dem traditionellen durchbrochenen Rande existiert in Paris nicht mehr. Einzig Blätter bieten die natürliche Umrahmung. Auch Rosen, Orchideen, Lilien ete. werden in mächtigen Zweigen abgeschnitten, man kann sie daher leicht 8—12 Tage frisch erhalten, wenn man sie nur mit Wasser versieht, während das steife Drahtbouquet seine zweifelhaften Reize nur wenige Stunden behält. Überhaupt schenkt man in Paris mit Vorliebe Jardinieren (Blumen- behälter) mit eingesetzten Pflanzen, Körbe voll blühenden Inhalts, dessen Existenz nicht so rasch vernichtet wird. Beim Arrangement der Jar- dinieren lässt man nun stets nur mehr eine Farbe vorherrschen. In einem gelben Geflecht sind gelbe Tulpen eingesetzt und gelbe Bänder umspannen den äusseren. Rand. Oder man bietet in einem lila emaillierten Blechquadrat eine Miniatur-Nachahmung der berühmten Haarlemer Hyazinthenfelder — alles ist lila, auch die Schleifen, welche den Henkel schmücken. Rosen schmückt man mit Rosaband, Mai- glöckchen mit weissen Gaze-Kokarden, die vielfarbigen Orchideen allein ziert bunt bemaltes, doch zu ihren Nuancen passendes Rokokoband. Das Ballbouquet ist verschwunden — einige, anscheinend absichtslos zusammengefügte, langstielige Blüten haben es verdrängt. Hingegen nimmt das Brautbouquet an Dimensionen stetig zu. sodass die Braut dasselbe nicht mehr selbst trägt, sondern dieses Amt von einem Herrn FE besorgt wird. Bei Hochzeiten in der Mairie (Rathaus) wird das Bouquet direkt dahin gesendet und auf einer Art Staffelei nächst dem Sitze der Braut aufgestellt. Einzig zum Schmucke der Brauttoiletten wer- den noch frische Blumen verwendet, auf den Ballroben haben sie die künstlichen Töchter Flora’s vollkommen verdrängt. — „Wenn eine Zu- sammenstellung von Blumen ein Anrecht auf den Titel „schön“ haben soll, so gehört dazu, dass die Blume in ihrer Eigenart nicht geschädigt, sondern vielmehr erst recht zur Geltung gebracht wird. Das geschieht nur bei der sogenannten „freien“ Blumenbinderei. Die Schönheit der Blume besteht nicht bloss in der Form und Farbe der Blüte, sondern in dem ganzen, die individuelle Entwiekelung zeigenden Aufbau. Die Blume ist‘ nicht eine Gesichtslarve, sondern eine Gestalt, ein Charakter. Je mehr die charakteristische Gestalt der zu einem Strausse vereinigten Blumenindividuen zur Geltung kommt, um so schöner ist der Strauss. Je weniger man die Kunst dabei merkt, um so kunstvollerist er. Es ist ein glücklicher Fall, ein Anblick, bei dem einem das Herz lacht, wenn in der Natur einmal eine Fülle von Blumen und Pflanzenindi- viduen auf engbegrenzter Stelle von selbst zu einem harmonischen Bilde sich vereinen. In der Blumengruppe und in dem Blumenstrauss wird das glückliche Spiel der Natur von kunstvoller Menschenhand nachgeahmt. Darin liegt das Geheimnis der Schönheit eines „frei ge- bundenen“ Strausses, dass wir, was nur Schönes ein Blumengarten bietet, die Auslese desselben, in der Hand haben — mit der Täuschung des Lebens! Unser deutsches Wort „Strauss“, das eine wogende „strotzende“ Fülle ausdrückt und eben so gut auf eine Gruppe von - Sträuchern als eine Zusammenstellung von Blumen anwendbar ist, ist eine viel passendere Bezeichnung für die frei zusammengestellten Blu- men als das französische Bouquet, das ursprünglich von dem Sich- drängen der Blüten in der Krone gebraucht wird. Die Blumen des Feldes, die freien Kinder der Natur, lassen sich gar nicht zu einem Bouquet zusammenpressen, sie werden von selbst zu einem wogenden, wallenden Strauss — ein Beweis, welche Art der Blumenzusammen- stellung die richtige ist.“ Gemeiner Schneeball, viburnum opulus, kommt in Benedikt- beuern als Bäumehen von etwas über 2 m Höhe in zwei Gärten in je einem Exemplar — wovon eines ein Ableger — vor, mit kugeliger Trugdolde (wie beim Holunder), gebildet aus den geschlechtslosen, kugelrunden, schneeballähnlichen Blütenköpfehen. Blüht im Mai. Blätter bis über 6 cm breit, bis zur Mitte in drei breite, eckige, spitze, gesägte er ee Lappen geteilt. Die unteren Blattstiele tragen am Grunde, also gegen den Stengel zu, drei (darunter das dem Stengel nächste am schwächsten ausgebildet), die oberen zwei aufrecht stehende, grüne, fransenartige Anhängsel. Einsamige, beerenartige, länglichrunde, schwarzrote Stein- frucht; in den Beeren findet sich Baldriansäure. „In mehrfacher Be- ziehung haben wir im Schneeball eine merkwürdige Pflanze vor uns; einmal weil die Blumen geschlechtslos sind und dann, weil diese hübsche Pflanze ihre besonderen tierischen Feinde hat, die Schneeball- Blattlaus und den Schneeball-Fruchtkäfer, die dem Gartenfreund die Anpflanzung sehr verleiden. Die Blüten des Schneeballs stehen in Scheindolden an den Zweigenden; sie stellen in ihrer Gesamtheit eine ballartige Kugel dar, sind anfangs gelblich, völlig ausgebildet aber rein weiss und rechtfertigen so den deutschen Namen Schneeball voll- kommen.“ Gemeines Geissblatt, Hecken-Lonizere, Heckenkirsche, hieı gewöhnlich Beinholz (Holz so fest wie Bein) genannt, /onicera zylosteum, ein aufrechter, stark verzweigter Strauch, in Hecken, Gebüschen und Wäldern, besonders im Wäldchen längs der Lain, mit eirunden, ge- stielten, ganzrandigen, weichhaarigen oder flaumig behaarten Blättern, blass gelblichweissen, geruchlosen, zu zwei an blattachselständigen Stielen befindlichen Blüten — Blütezeit Mai und Juni — und im August reifenden‘, bräunlich roten, johannisbeerähnlichen, pfefterkorn- grossen, je zwei bis drei Samen enthaltenden, nicht geniessbaren Beeren — Hundsbeeren. Die Blumenkrone zeigt über der Basis eine honig- bildende Aussackung. Die Fruchtknoten beider Blüten am Grunde miteinander verwachsen. Das harte Holz wird zu Ladestöcken ver- ' arbeitet. Gattung Geissblatt /onicera, Familie Geissblattgewächse, capı- foliaceae, wohin auch der Schneeball und der Holunder gehören. Roter Fuchsschwanz oder Amarant, amarantıs caudatus, aus dem Orient stammende Zierpflanze, im ehemaligen grossen Kloster- hof (auch in Murnau sah ich in Gärten schöne Exemplare), baum- artiger Strauch, Juni und Juli blühend, dicht gedrängte Blütenstände, rote Ähren bildend. Blüten einhäusig, jede von drei Deckblättern (Deekschuppen) umgeben. Im August und September erscheinen die schönen, roten, gleich Schwänzen im Bogen herabhängenden, end- ständigen, zusammengesetzten Fruchtähren, indem die zahlreichen (grünen, klebrigen) Balgkapseln von diehten, dunkel purpurnen, sammetartigen Wollhaaren wie von einem Vliess umgeben sind. Die Balgkapsel schmeckt angenehm säuerlich. Einsamige Frucht. Blätter unpaar ge- Be RAR fiedert wie die der Esche, wechselständig, die Fiederblättchen sitzend, sechs- bis achtpaarig, schmal lanzettlich, gezähnt, das Endblättchen verkehrt eirund und gewöhnlich nicht gespalten. Blattstiele schwach flaumhaarig; die einzelnen Fruchtstiele, ebenso die Hauptachse (Spindel) dicht weisswollig behaart. In seiner Heimat wurde der Strauch schon zu alten Zeiten als Trauerzeichen um die Gräber gepflanzt. Sumpf- oder Wiesen-Spierstaude, spiraea ulmaria, auch Mädesüss, hier Bienenkraut genannt, indem, wenn man den Korb da- mit innen ausreibt, die Bienen lieber hineingehen sollen; Juli bis Sep- tember blühend, auf feuchten Wiesen, an Bachufern. Der ausdauernde Wurzelstock treibt einen jährigen, kräftigen, aufrechten Stengel bis zu 100, mit den Blütenstielen bis über 110 cm Höhe. Stengel rötlich angelaufen, kahl, gefurcht. Blätter gefiedert, ungleich gesägt, die end- ständigen stets dreilappig, unterseits dünn, weissfilzig. Nebenblätter kurz und breit, gezähnt. Blüten klein, zahlreich, gelblich weiss, an- genehm und ziemlich stark süss duftend, in endständiger, zusammen- gesetzter Rispee Kapseln fünf bis acht, sehr klein und mehr oder weniger spiralig gewunden, gedreht. In Gärten kultiviert man zuweilen eine schöne Spielart mit gefüllten Blüten. Von der Familie der heidelbeerartigen Sträucher, vaccineae — nach anderen nur Arten der Heidekrautgewächse, ericaceae — kommen in hiesiger Umgebung vor: Die gewöhnliche oder gemeine Heidelbeere, vaccınıım myr- tillus, auch Bickbeere genannt. „Kleines, kahles Sträuchlein mit zahl- reichen aufrechten oder ausgebreiteten, scharfkantigen, grünen Zweigen, 15—30 em hoch. Blätter im Herbst abfallend, eirund, oft am Grunde schwach herzförmig, selten bis 2 em lang, klein gesägt, kahl, kurz gestielt. Blüte fast kugelig, blass grünlich weiss, mit rotem Anfluge, einzeln an kurzem, gekrümmtem Stiele in den Blattachseln, Blumen- krone vier- bis fünfzipfelig oder teilig.“ Blütezeit Mai und Juni. Die im Juli und August reifenden unterständigen — d. h. der angewachsene Kelch nimmt an ihrer Bildung Anteil — Beeren werden in Menge gesammelt und teils frisch, teils getrocknet verspeist; ihr Saft wird zum Färben der Rotweine vielfach verwendet. Beere kugelig, fast schwarz, mit farbigem Saft, sehr selten weiss, die äussere Oberfläche, äussere Fruchthaut, epicarpium, grau bläulich bereift, gekrönt von den kurzen Kelchzähnen. Bei den weissen Beeren hat man es mit einer Albino- form zu thun, die von der französisch-belgischen bis zur ungarischen RE u Grenze und von Südtirol bis zum Ostseestrande mehrfach gefunden worden ist. Gmelin hat sie bereits im vorigen Jahrhundert am Jenissei entdeckt. In manchen Gegenden wird die weisse Heidelbeere nicht genossen, in anderen essen sie die Kinder mit Vorliebe. Ihr fehlt die Gerbsäure, und man kann infolge dessen ihren Geschmack als süss, auch wohl als fade bezeichnen. Der Heidelbeerstrauch ist ein Halb- strauch, indem nur der untere Teil des oberirdischen Stengels verholzt, d. h. die jährlichen Triebe bis zur nächsten Vegetationsperiode nur an der Basis verholzen, und sich den Winter über erhält, während die jüngsten Zweige im Herbt verdorren und absterben. Es wird auch ein (herber) Heidelbeerwein, venum myrtilli, fabriziert, welcher als Glüh- wein mit etwas Zucker, Zimmt und Gewürznelken als mildes Mittel — man muss nicht immer gleich zum Opium greifen — bei Magen-Darm- katarrh, Diarrhö, verwendbar ist. Ferner gibt es eine Heidelbeer- limonade-Essenz, sirupus myrtilli, welche mit frischem Wasser ver- mischt ein angenehmes, durstlöschendes Getränk bildet. Vielleicht noch angenehmer schmeckt die gesäuerte oder citrierte Heidelbeerlimonade- Essenz, sirupus myrtilli acidulus, welcher noch reiner Citronensaft (nicht künstliche Säure) zugesetzt ist. Auch eine Heidelbeeressig-Essenz wird bereitet. Diese Heidelbeerfabrikate werden in Bayern in dem Etablissement des Dr. Pfannenstiel zu Regenstauf hergestellt. — Die Moor- oder Sumpfheidelbeere, Rauschbeere, Trunkelbeere, auch Moosbeere genannt, vaccinium uliginosum, kleiner, holziger, mit stärkeren Ästen, verkehrt eirunden, ganzrandigen, netzaderigen, unter- seits bläulich grünen, im Herbst abfallenden Blättern, mit der gewöhn- lichen Heidelbeere zu gleicher Zeit blühend. Blüten kleiner, gehäuft weiss oder rötlich. Ihre Staubbeutel springen durch zwei an der Spitze liegende Löcher auf. Beeren blau mit farblosem Saft und faderem Geschmack als der gewöhnlichen Heidelbeere. — Die Preiselbeere, vaccınium vitis idaea. Stengel stark verzweigt, teilweise niederliegend und Ausläufer treibend, mit zahlreichen immergrünen, verkehrt eirunden oder langrunden, am Rande leicht zurückgerollten, unterseits bedeutend helleren und ziemlich reichlich klein punktierten Blättern, die den- jenigen des Buchsbaumes ähneln. Sie sind übrigens verschieden ge- staltet: bald länglich rund (24 mm lang, 13 mm breit), bald verkehrt eiförmig (20 mm lang, 12 mm breit), bald rundlich (13 mm breit, 14,5 mm lang). Blütchen zu mehreren beisammen, eine kurze, dichte, endständige, hängende Traube bildend, zart, duftig weiss, rosa ange- haucht oder fleischfarbig, glockenförmig, mit drei bis fünf, meist vier N a ausgespreizten, anfangs nicht zurückgekrümmten Zipfeln. Griffel länger als die Blumenkrone. Beeren scharlachrot, säuerlich, werden häufig mit Zucker zu Kompott eingemacht. — „Ein Bastard, Blendling, oder eine hybride Form zwischen der Preiselbeere und der gemeinen Heidel- beere mit eirunden, spitzen, stumpf gezähnelten, immergrünen Blättern, roten, weiss bereiften, selten schwarzen Beeren ist vaccintum inter- medium. Die Staubgefässe der Heidelbeeren und Moosbeeren — doppelt so viel als Blumenzipfel — haben an der verdickten, breiten Basis der Antherenträger, und zwar an der äussern, gegen die Blumen- blätter gewendeten Seite, ein kleines, honigabsonderndes Grübchen.“ Gemeine Heide, Heidekraut, erica s. calluna vulgaris, auch Besenheidekraut genannt, niederer, ausgebreiteter Halbstrauch, 25—50 cm hoch, im Moos und auf Bergwiesen, blüht April bis Oktober. Blätter sehr schmal und kurz, von schönem Grün, ganzrandig, linealisch, fast nadelförmig oder moosähnlich, gegenständig, am Grunde mit kurzen Anhängseln. Blüten klein, zart, hell purpurrot, sehr selten weiss, an kurzen Stielen, unregelmässige (einseitswendige), beblätterte Trauben bildend. Kelch ähnlich gefärbt wie die Blumenkrone, mit 4 kleinen Deckblättehen am Grunde, die auch wohl als Aussenkelch bezeichnet werden. Blumenkrone vom Kelche umschlossen, tief vierlappig. Acht Staubgefässe, mit Längsritzen aufspringend. Die Kapsel öffnet sich in Klappen. Stengel braun, kahl. Variiert ganz kahl und mehr oder weniger behaart. Das gemeine Heidekraut und die gemeine Krähen- beere (empetrum nigrum), diese kleinen, immergrünen Sträucher, lassen sich in ununterbrochenem Zuge von der Ebene bis hinauf zur Höhe von 2450 m auf die Kämme der Alpen verfolgen. Während aber das Heidekraut an der Küste des Meeres ansehnliche Büsche mit auf- rechten Zweigen bildet, erscheinen die Stöcke derselben Art an den Gehängen des Hochgebirges bei 2000 m Seehöhe als niedere Sträuch- lein, deren holzige Stämme dem Boden anliegen und teilweise in den schwarzen Humus eingebettet sind. Es entwickeln eben alle Pflanzen in den tieferen Regionen grössere Blätter und höhere Stengel als in den höheren Gebirgslagen. Als winterhart ohne jede Bedeckung im freien Lande ausdauernd ohne Verfärbung (braun werden) der grünen Belaubung sind in Nord- und Mitteldeutschland nur wenige Eriken verwendbar. Hiezu gehören überhaupt die in Europa einheimischen Arten, so die fleischfarbige Heide, erica carnea, wegen ihrer schon im Herbst als grüne Knospen sich entwickelnden Blüten auch grasfarbige, herbacea, und wegen ihres Vorkommens in den schweizer und süd- N deutschen Kalkalpen auf Felsen wachsend, sawatilıs, genannt, ein kleiner, etwa 30 cm hoher Strauch, der im mittleren Europa, von Schlesien bis in die Schweiz vorkommt und im ersten Frühjabr seine Blumen entwickelt. Eine niedliche Varietät ist erica carnea purpures- cens, Kelch und Blumenkrone von roter, dunklerer Farbe als die Stammart. Vom gemeinen, in Europa, Sibirien, Neufundland ein- heimischen Heidekraut kultiviert man in den Gärten eine weiss blühende und eine gefüllt blühende Varietät, letztere ausserordentlich zierlich mit rosenroten Blumen, selten weiss. Alle verlangen in der Kultur eine sandige, torfige Heideerde; Vermehrung durch Ableger. Vom Heide- kraut sagt eine alte Jägerregel: blüht die Heide bis zur Spitze, bleibt noch lange grosse Hitze. — Die Gattung Heide, erica, zählt gegen 400 Arten, ausser zahlreichen Bastarden und Varietäten, welche in den Gärten gepflegt werden; ihre grössere Zahl ist einheimisch in Süd- westafrika, besonders am Kap der guten Hoffnung, wo sie im buntesten (remische beisammen stehen. In Deutschland gibt es nur vier Arten: die gemeine, die graue, die Moor- und die fleischrote Heide; darunter hat sich die gemeine Heide das grösste Besitztum angemasst. Gesellig wachsend, überzieht der kleine, buschige Strauch mit zahlreichen kurzen, später vertrocknenden und mit den Blättern abfallenden Nebenästchen oft grosse Strecken sandiger Gegenden und ist auch in unsern Wäldern, besonders den Nadelholzwäldern, sehr gemein. Von der Mündung der Schelde an durch das nördliche Deutschland hindurch bildet der Strauch grosse Züge bis an den westlichen Abfall des Ural. An 500 Quadratmeilen Land soll die Pflanze auf der ganzen Erde (der Flächenraum der Erde wird auf 9,261,000 Quadratmeilen angeschlagen, wovon 2,463,000 dem Lande, 6,798,000 dem Wasser angehören) be- decken. In Norddeutschland findet sich allein eine 40 Quadratmeilen grosse Heideebene mit völlig wagrechter Oberfläche von der gemeinen Heide bewachsen. Sie dient dort beim Strohmangel zur Streu für das Vieh; getrocknet brennt sie wegen ihres Harzgehaltes im Ofen sehr gut; man benützt sie auch zu Besen, und kann sie zum Gerben ver- wenden. Für die Bienenzucht ist sie nicht minder wichtig; wo sie in Masse auftritt, wie auf der 12 Meilen langen Lüneburger Heide, da findet sich auch die ausgedehnteste Bienenzucht und der beste Honig. Die Bienen werden daher häufig aus nahe liegenden Gegenden den Sommer über auf jene Heide gebracht. Selbst in der grössten Trocken- heit bekleidet die in Süddeutschland fehlende Moor-Heide, erica tetralix, (niederes Büschehen von 30—50 em Höhe mit aufrechten Zweigen; Er , Blätter zu vier, gewimpert; Blüten rosenrot, vorn weisslich, krugförmig; Anhängsel an den Staubbeuteln ganzrandig, grannenförmig, ziemlich eben so lang als der Staubbeutel) die Lüneburger Heide, wie sie auch sonst auf torfigen Heiden in Norddeutschland vorkommt. Der gemeine Wohlverleih, arnic«a montana, mit seinen dottergelben Blütenköpfchen von eigentümlich harzigem Duft ist gleichförmig überall durch die Lüneburger Heide verteilt. Die Sand-, Thon- und Mergellager der Heide decken in mächtiger Aufschüttung ein unten stehendes festes Gestein. Die Blüten des Heidekrautes und des Buchweizens — der aus Mittelasien stammende, in Deutschland auf sandigem Boden viel- fach gebaute, zu den Knöterichgewächsen, polygonaceae , gehörende Buchweizen, polygönum fagopyrum, auch Heidekorn genannt, dessen Früchte (Nüsschen) teils zu Mehl, teils zu Grütze verarbeitet werden, liefert dem Heidebewohner eine Hauptnahrung — gewähren, wie er- wähnt, den Bienen eine reiche Weide und erzeugen einen feuerroten Honig. Da die Heide erst im Juli zu blühen beginnt, so werden die Bienenstöcke im Frühling wo möglich zuerst in die Rübsamenfelder gestellt; dann sucht der „Imker‘ mit seinen Körben die Nachbarschaft grosser Buchweizenfelder auf und bleibt dort bis zum Juli, wo er nun seinen „Immenzaun“ mitten in der blühenden Heide errichtet und sich nicht eher wieder um die Bienen bekümmert, als bis die Stöcke mit Honig gefüllt sind. Viele gehen Jahr aus Jahr ein ausschliesslich diesem Gewerbe nach, andere treiben die Imkerei neben ihrer Acker- wirtschaft und verkaufen ihre Ausbeute an jene, welche einen förm- lichen Grosshandel mit Honig und Wachs treiben. Besonders ist Hamburg der Ort, wo der Imker starken Absatz für seine Ware findet. Ganze Fuder bringt er zu Anfang des Herbstes dorthin und kehrt mit gefülltem Beutel in sein Heidedorf zurück. In guten Jahren hat er 1200—1500 Mark gewonnen. Auch an Heidelbeeren sollen jährlich für 60,000 Mark nach Hamburg abgesetzt werden. — Matthio- lus sagt: Heyde wechst in trucknem vnd vngebawtem erdtrich, ist ein schön, lustig streuchle, mit vilen, dünnen, holtzechten zweiglen oder gärtlen, kleinen vnd feysten blettlen. Die blumen erscheinen bleych purpurrot, bissweilen auch weiss. Blüet zweymal im Jar, nem- lich im Lentzen vnd Herbst, biss auff den Winter. Zu disen blumen haben die Binen sonderliche begir vnnd lust, machen honig darauss den nennet Plinius Mel Ericeum (silwestre). — Von den Samen des Heidekrautes (die vierfächerige Kapsel hat in jedem Fach mehrere Samen) nährt sich den Winter über gar manches Vögelein, und man Daffner, Voralpenpflanzen. 6 Be will bemerkt haben, dass in solchen Jahren, wo ein recht strenger Winter eintritt, das Heidekraut vorher immer ganz ungewöhnlich häufig Blüten und Samen trage. So trägt auch dieses Pflänzchen zum grossen Haushalte der Natur sein Teil bei. Dass aber ein besserer Boden, der andere Gewächse ernähren kann, dem Heidelande vorzuziehen ist, versteht sich von selbst. Darum werden auch oft ganze Strecken niedergebrannt, um sie für einige Zeit urbar zu machen. Eine präch- tige Schilderung der norddeutschen Heide gibt Hermann Oelschläger in seinem grossartigen Gedicht „Engel Kirk“ (1886): Umsummt von Bienen, sonnenlichtdurchglüht, Versandet hier, dort doldenüberblüht, Dehnt wie des Meeres Fläche uferlos, Bis Erd’ und Himmel in einander fliessen, Die Heide sich mit Moor und Bruch und Wiesen Zur Ferne hin, erhaben, einsam, gross. Wie alte Sagen weht’s und alte Träume Geheimnisvoll durch Büsche und durch Bäume, rauscht’s durch die Föhren, rauscht es um den See, Auf dessen dunkler Fläche, weiss wie Schnee, Seerosen mit halb ofinen Kronen schimmern; Die Bäche klingen und die Lüfte flimmern, Das Riedgras schwankt, das schlanke Schilfrohr bebt, Die Kräuter duften, aus den Schollen hebt Die Lerche schmetternd sich ins Blau. Durch Strauch Und Wald und Flur zieht wunderbar ein Hauch Von Andacht, Träumerei, wenn weit und breit Die ganze weltverlorne Einsamkeit Dem Wanderer ins Antlitz schaut. Zur Familie der Heidekrautgewächse gehören auch die soge- nannten Alpenrosen, diese schön blühenden, immergrünen, nied- rigen buschigen Alpensträucher. Zehn Staubgefässe, ein oberstän- diger Stempel, Kapsel vierteilig. Auf der Benediktenwand kommt hauptsächlich die behaarte Art vor, rhododendron (60d0devdgor, Rosenbaum) hirsutum (steifhaarig), mit breit lanzettlichen, langrunden bis verkehrt eirunden, flachen, am Rande nicht zurückgerollten, fein gekerbten und gewimperten, unterseits drüsig punktierten Blättern. Etwas seltener ist die rostblätterige Art, ferrugineum, von 15 bis 30 cm Höhe, mit bis 3 em langen, lanzettlichen, kahlen, am Rande zurückgerollten, auf der Unterseite rostroten, filzigen Blättern. Blüten in Doldentrauben, nickend. Blumenkrone fünfteilig, trichterförmig, d. h. die Röhre ist am Grunde zylindrisch und erweitert sich nach dem a ae Rande hin allmälig zu einem glockigen Saum (die Grenze zwischen Röhre und Saum ist hier schwierig zu bestimmen und wird gewöhnlich angenommen an der Stelle, an welcher die Erweiterung merklich wird), etwas unregelmässig, fast zweilippig (d. h. die zwei oder drei oberen Teile oder Lappen sind ähnlich einer Oberlippe entfernter gerückt und stehen den zwei oder drei andern der Unterlippe gegenüber), purpurrot, aussen neben den Blütenstielen drüsig punktiert. („Drüsen im ursprüng- lichen Sinne des Wortes bestehen gewöhnlich aus einem sehr lockeren Zellgewebe ohne Oberhaut und sind oft bedeckt mit harzigen oder anderen Ausscheidungen.“) Bei beiden sowie bei dem Fichtenspargel (monotröpa) ist der honigabscheidende Teil der Blumenkrone fleischig verdickt und jedes der mit einander verwachsenen Kronenblätter am Grunde grubig ausgehöhlt. Beide blühen Juli bis September, die be- haarte etwas früher. Sie werden auch Almbuchsbaum oder Almrausch (Almenrausch) genannt. Die rostblätterige Alpenrose kommt im Verein mit der behaarten bedeutend häufiger weiter südlich auf dem Heim- garten und dem Herzogstand vor. Nägeli bemerkt: die haarige Alpenrose, rhododendron hirsutum, mit unterseits grünen, am Rande behaarten Blättern kommt auf Kalk vor. Die rostige Alpenrose, rho- dodendron ferrugineum, mit unbehaarten, unterseits rostbraunen Blättern findet sich dagegen auf Schiefer. Wenn Kalk und Schiefer mit ein- ander wechseln, so wechseln auch genau an den nämlichen Grenzen die beiden Alpenrosen. Ich habe sogar beobachtet, dass Kalkblöcke, die auf einem humusreichen moorigen, also kalkarmen Grunde liegen, die haarige Alpenrose tragen, während die rostige zwischen den Blöcken wächst. Insofern verdienen beide Pflanzen mit Recht die Bezeichnung, die man ihnen gegeben hat; die eine ist kalkstet, die andere schiefer- stet. Aber dieses Verhältnis bleibt nur beständig, soweit beide Arten zugleich in einem Gebiete vorkommen. Ist nur eine vorhanden, so bewohnt sie kalkarme und kalkreiche Standorte und gedeiht auf beiden ganz gut. So fand ich das sogenannte schieferstete rhododendron ferrugineum im Wallis, im Jura, auf einigen Bergen in Graubünden und in den Seealpen auf fast humusfreiem Kalk, weil an diesen Orten rhododendron hirsutum mangelt. Das Vorkommen der beiden Alpen- rosen wird also unzweifelhaft durch die chemische Beschaffenheit des Bodens beeinflusst, aber nur insofern als die eine auf kalkreicher, die andere auf kalkarmer Unterlage die stärkere Pflanze ist und ihre Kon- kurrentin zu verdrängen vermag. Andere Pflanzen zeigen ein ähnliches Verhalten mit Rücksicht auf trockenere und feuchtere Standorte. Aber 6* nur bei wenigen Gewächsen liegen die Verhältnisse so klar und über- zeugend vor wie bei den beiden Alpenrosen. Die auf der rostblätterigen Alpenrose vorkommenden roten Gallen (hervorgerufen durch ein Exo- basidium) heissen Almsäuling, auch Adamsapfel. Almenrausch und Edelweiss sind die Symbole der Alpenflora. — Gar nicht kommt in der Umgebung Benediktbeuerns vor, sondern tritt erst bedeutend weiter südlich auf, gegen Partenkirchen und Mittenwald, auf dem Karwendel- gebirge, die dritte und wohl schönste Art der Gattung Alpenrose, die kleine oder Zwerg-Alpenrose, rhododendron chamaeeistus, ein kleines Sträuchlein von höchstens 15 cm Höhe, Mai bis Juli blühend. Nägeli nennt sie eine östliche Alpenpflanze und bezeichnet als ihre westlichsten Standorte die Berge bei Imst in Tirol und bei Füssen in Bayern. „Blätter fast sitzend, länglich bis lanzettlich, gewimpert, ge- zähnt, 4—10 mm lang, drüsenlos, sehr dicht stehend. Blüten einzeln oder zu zwei bis drei, am Ende der Zweige, lang gestielt, aufrecht. Blumenkrone radförmig, 16—20 mm breit, blass rosa. Staubbeutel violett.“ Kelch und Blütenstiele drüsig behaart, d. h. mit Haaren, die an der Spitze ein kleines klebriges Köpfchen tragen. Die Blüten- knospen der Alpenrosen bestehen aus zahlreichen durch eine klebrige Substanz zusammengehaltenen Schuppen, zwischen welchen die einzelnen Blumenknöspchen sitzen. „Häufig kommt es vor, dass die obersten Zellen eines geglieder- ten Haares als Saugzellen ausgebildet sind. Gewöhnlich ist dann die oberste Zelle kugelig oder ellipsoidisch und grösser als die andern, oder es hat sich diese oberste Zelle in zwei oder vier oder noch mehr Zellen geteilt, welche zusammengenommen ein Köpfchen darstellen, das von den unteren Zellen wie von einem Stiele getragen wird. Man nennt solche Gebilde in der botanischen Kunstsprache Köpfchenhaare oder Drüsenhaare. Daneben findet man noch zahlreiche andere Ein- richtungen, welche es möglich machen, dass jeder abrollende Tautropfen und das Wasser jedes vorüberziehenden Strichregens möglichst nach- haltig ausgenützt werden. Diese Einrichtungen bestehen in mannig- faltigen Vertiefungen und Aushöhlungen (Hohlkehlen, Kanälen, Rinnen, Grübchen, Becken, blasigen und napfförmigen Bildungen), in welchen Regen und Tau angesammelt und gegen rasche Verdunstung geschützt werden. An den Blättern der Preiselbeere (vaccinium vitis idaea) sind an der Unterseite kleine Grübchen ausgebildet und in der Mitte eines jeden Grübchens befindet sich ein keulenförmiges Gebilde, dessen kleine dünnwandige Zellen schleimige klebrige Stoffe enthalten und als BETEN u Saugapparat fungieren. Das Regenwasser, welches. die obere Blattseite netzt, zieht sich über den Rand des Blattes an die untere Seite, er- füllt dort die kleinen Grübehen und wird von dem Saugapparate auf- genommen. Eine ähnliche Erscheinung zeigen auch die Alpenrosen- blätter. So finden sich an der unteren Seite der Blätter der gewim- perten Alpenrose (rhododendron hirsutum) ungemein zahlreiche scheibenförmige Drüsen, deren jede auf kurzem Stiele in einem kleinen Grübehen eingebettet ist. Die Zellen, welche diese Drüsen zusammen- setzen, sind strahlenförmig angeordnet und enthalten quellbare schleimig- harzige Stoffe, welche auch ausgeschieden werden, sodass sie dann als eine hellbraune krümelige Kruste die ganze scheibenförmige Drüse und manchmal auch die ganze Blattfläche überziehen. Fallen Regentropfen auf die Alpenrosenblätter, so wird zunächst die ganze obere Blattseite von dem Wasser genetzt, in kürzester Zeit aber zieht sich das Wasser und zwar teilweise durch Vermittelung der am Blattrande stehenden Wimpern auch an die untere Blattseite.e Sobald dasselbe auf die Drüsen gelangt, wird es von der erwähnten krümeligen Kruste aufge- nommen, welche infolge dessen aufquillt. Aber auch die Grübchen, in welchen die Drüsen sitzen, füllen sich mit Wasser, und jede wie in einem Wasserbade stehende Drüse ist jetzt in der Lage, nach Bedarf Wasser aufzusaugen. Da die Drüsen regelmässig über den Grefäss- bündeln des Blattes ausgebildet sind, so kann das aufgesaugte Wasser auch in kürzester Zeit durch diese zu den Stellen des Verbrauches hingeleitet werden. Sobald die Blätter der Alpenrosen wieder trocken werden, bildet auch die harzig-schleimige Masse über den Drüsen wie- der eine trockene Kruste und schützt die zartwandigen Zellen der Drüsen gegen eine zu weit gehende Verdunstung. Endlich verhalten sich die Alpenrosengebüsche ähnlich wie die Legföhren und der Zwerg- wacholder, indem sie, wenn auch nicht so stark, durch den Schnee gegen den Boden gedrückt werden und dort gegen grosse Kälte und insbesondere gegen starke Ausstrahlung gesichert sind. Für die Mehr- zahl der Gewächse kann als Regel gelten, dass der Tod infolge des Frostes um so eher eintritt, je jünger und wasserreicher die betreffen- den Gewebe sind. Das Laub der Buchen, Hainbuchen und sommer- grünen Eichen, welches im Herbste selbst nach wiederholten Frösten noch nicht getötet wird, welkt, schrumpft und vertrocknet im jugend- lichen Zustande, wenn nur in einer einzigen Frühlingsnacht die Tem- peratur unter Null herabgesunken ist. ‚Ja selbst manche Alpenpflanzen, welche vollständig ausgewachsen sehr niedere Temperaturen ohne Nach- ee et teil vertragen, können Schaden leiden, wenn sie zur Zeit des kräftigsten Wachstums von einem Froste überrascht werden. Als einmal Ende Juni auf den bereits schneefrei gewordenen Bergen bei Innsbruck (583 m) in der Seehöhe von 2000 m die Temperatur auf — 6° C. herabsank, wurden dadurch die jungen, eben erst hervorgesprossten und noch nicht ausgewachsenen Laubblätter der Alpenrosen (rhodo- dendron hirsutum) an allen Stöcken vernichtet; sie bräunten sich und vertrockneten, während die alten ausgewachsenen aus «dem verflossenen Jahre an denselben Stöcken erhaltenen grünen Laubblätter durch diesen Frost keine Veränderung erfahren hatten. Solche Erscheinungen lassen sich nur durch die Annahme erklären, dass in den jungen noch nicht ausgewachsenen Pflanzenteilen viel Wasser vorhanden ist, welches gar nicht unter der Herrschaft der lebendigen Protoplasten steht. Als ein solches Wasser kann dasjenige angesehen werden, welches von der Wurzel zu den grünen Geweben geleitet wird, um dort in Dampfform entbunden zu werden, jenes Wasser, welches durch die Gefässbündel der Stengel aufsteigt, die Adern der Laubblätter durchströmt, unter Umständen sogar in die Interzellularräume gepresst wird und aus den Spaltöffnungen in Tropfenform hervortritt. Solches Wasser wird durch molekulare Kräfte nicht festgehalten und vor dem Erstarren geschützt, sondern wird schon bei einer Temperatur von — 1° zu Eis. Da es in dem jungen Gewebe reichlich vorhanden ist, so sind bei dem Ge- frieren desselben weitgehende Zerklüftungen und insbesondere auch me- chanische Schädigungen der wasserleitenden Röhren und Zellreihen unvermeidlich. Ist aber die Zuleitung des rohen Nahrungssaftes in einem jungen Pflanzenteile während des Auswachsens gestört, so kann die Transpiration in demselben nicht mehr ordentlich stattfinden, und die transpirierenden Zellen werden verwelken und vertrocknen, selbst dann, wenn ihr Protoplasma durch den Frost direkt keinen Schaden erlitten haben sollte.“ „Man hat häufig geglaubt, die Pflanze gewöhne sich nach und nach an ein ihr ursprünglich nicht zusagendes Klima, sie akklimatisiere sich. Nun ist aber durch viele und schlagende Beispiele dargethan, dass ein Organismus ‚seine Natur nur wenig durch Akklimatisierung, durch allmälige Gewöhnung an Wärme oder Kälte, Feuchtigkeit oder Trockenheit ändern kann. Eine Pflanzen- oder Tierart passt sich neuen Verhältnissen an, indem sich neue Varietäten bilden. Eine Varietät aber ist in ihrem ganzen Wesen von der Mutterform ver- schieden. Die Arten besitzen bekanntlich das Vermögen, sich zu ver- an, > ändern. Manche haben dazu eine geringe, andere eine grosse Neigung. Zu den leicht veränderlichen gehören namentlich auch fast alle Kultur- pflanzen und überhaupt diejenigen Pflanzen, von denen es schon Varietäten gibt. Denn das Vorhandensein derselben ermöglicht die Kreuzung, und durch die Kreuzung, d. h. durch die Vermischung von verschiedenartigem Blut wird die Veränderlichkeit befördert. Die Varie- täten sind neue eigentümliche Mischungen aller den Organismus zu- sammensetzenden Eigenschaften, von denen jede einzelne von der ent- sprechenden der Mutterform mehr oder weniger abweichen kann. Jede durch ein Verhältnis der Grösse oder der Zahl ausdrückbare Eigenschaft ist in der neuen Varietät entweder gleich geblieben oder vermehrt oder vermindert. So sind beispielsweise die Früchte gleich gross oder grösser oder kleiner geworden. Zu den Eigenschaften gehört auch das Ver- halten zum Klima. Die neue Varietät verlangt entweder das gleiche Klima oder ein wärmeres oder ein kälteres. Es ist also immer die Möglichkeit vorhanden, dass aus den Kulturgewächsen und ebenso auch aus den wild wachsenden durch Variation Formen entstehen, die eine rauhere Witterung, eine geringere Sommerwärme, eine grössere Winter- kälte ertragen, sowie anderseits auch solche, die einem wärmeren Klima angepasst sind. Es ist selbst denkbar, dass die neue Varietät nur in diesem einen Merkmal deutlich abweiche. So hat sich eine sonst nicht merkbar verschiedene Form der rostigen Alpenrose gebildet, welche nach der Eiszeit an den oberitalienischen Seen zurückgeblieben ist und sich daselbst unter Kastanienbäumen in der Nähe der Weintrauben, der Feigen und Pfirsiche ganz wohl befindet.“ Das Edelweiss, gnaphalium leontopodium — Gattung Ruhr- kraut gnaphalium, Familie Korbblütler compositae ist ein dicht filzig behaartes Kräutchen, 2—20 em hoch, ein- bis mehrstengelig. „Blätter lineallanzettlich, besonders auf der Unterseite stark filzig. Mehrere Blütenköpfchen (sie heissen Köpfchen, weil mehrere sitzende oder fast sitzende Blüten zusammengedrängt sind zu einem geschlosse- nen kopfähnlichen Büschel) an der Spitze des Stengels vereinigt zu einer diehten Schirmtraube, welche umgeben ist von mehreren stern- artig ausgebreiteten, weissen, wolligfilzigen Blättern, die Strahlenblüten ähneln. (Sehirmtraube oder Doldentraube, Schirm, Ebenstrauss ist eine Traube, bei welcher die tiefer stehenden Blütenstiele sich so weit verlängern, dass ihre Enden mit den obersten in derselben Ebene stehen, die Blüten also in einer Fläche liegen; es ist eine verzweigte oben abgestutzte Traube. Eine Dolde oder doldenförmig heisst der EI Blütenstand, wenn mehrere Blütenstiele oder Blütenzweige von dem- selben Punkte zu entspringen scheinen und ziemlich von derselben Länge sind. Die Dolde weicht vom Kopf dadurch ab, dass ihre ein- zelnen Blüten gestielt sind. Eine Dolde wird einfach genannt, wenn, wie beim Epheu, jeder ihrer Zweige oder Strahlen eine einzelne Blüte trägt, zusammengesetzt, wenn, wie beim Wasserschierling, jeder Strahl abermals eine Dolde oder Döldchen trägt) Blütchen grünlichgelb; diejenigen des Randes weiblich, die der Mitte zweigeschlechtig.“ Blüht Juli bis September. Der Wurzelstock ist ausdauernd. Dioscorides beschreibt diss kraut allso: Gnaphalium zu Latein Tomentum (Stopf- werk, Polsterung), hat kleine weisse weiche vnd gantz wollige bletter, welcher sich ettliche gebrauchen an stadt der Scherwollen oder pflocken vnd füllen die polster darmit. Die bletter sindt gutt getruncken mit herbem wein, wider die rote rhur. „Betrachtet man den Durchschnitt durch das Edelweissblatt, so gewinnt man die Überzeugung, dass die Hauptzellen mit ihrer dünnen Aussenwand die Verdunstung und Ver- troeknung in der Sonne nicht zu regulieren im stande sein würden, und dass durch die Auflagerung einer Schicht saftloser, luftgefüllter, verwobener Haarzellen (Wollhaare) für den Fall aussergewöhnlicher Trockenheit ein wichtiger Schutz gegen zu rasche Verdunstung gegeben ist.“ Das Edelweiss findet sich in der Umgebung von Benediktbeuern nicht; es hat merkwürdigerweise seinen Standort nur am rechten Isar- ufer; während es weiter südlich, besonders im Karwendelgebirge, über- all zu sehen, selbst noch am rechten Ufer der Isar in der Riss, kommt es am linken Isarufer nirgends vor. Es eignet sich nicht zur An- pflanzung, indem es schon im zweiten oder dritten Jahre entartet: die Blüte verliert das schöne zarte Weiss und das Sammetartige und wird schmutzig grünlichweiss.. Ein Monstrum von einem Edelweissstern, ein Riesen-Edelweiss war im September 1891 in Bozen ausgestellt. Das- selbe hatte einen Durchmesser von 12 cm und 29 äussere Zacken (sternartige Blätter); es stammte aus dem Sarnthale in Tirol. Nägeli bemerkt in einem Aufsatz „über Pflanzenkultur im Hochgebirge“ (1875) bezüglich der Erhaltung des Edelweisses folgendes. .Von einem Aus- rotten der schönen Pflanze könnte wohl nur dann die Rede sein, wenn die Pflanze mit der Wurzel gesammelt würde. Da man aber nur den blühenden Stengel pflückt, nimmt man der Pflanze nichts als was sie ohnehin im Winter verliert. Der in der Erde befindliche Wurzelstock dauert aus und treibt jedes Jahr einen neuen blühenden Stengel. Das Edelweiss könnte also in einer bestimmten Gegend nur dann ausge- rottet werden, wenn während eines längeren Zeitraumes Jahr für Jahr durchaus alle blühenden Stengel -gepflückt würden. Denn in diesem Falle könnten keine Sämlinge aufwachsen, und wenn auch die Pflanze perennierend ist und sich jährlich aus der Wurzel verjüngt, so stirbt doch hin und wieder ein Stock und seine Stelle muss durch eine Samenpflanze ersetzt werden. Nehmen wir an, die Stöcke haben eine durchschnittliche Dauer von zehn Jahren, was gewiss zu wenig ist, so stirbt jährlich der zehnte Teil aller Pflanzen und muss durch eben so viele neu aufwachsende ersetzt werden. Nehmen wir ferner an, jede Pflanze bilde durchschnittlich 50 Samen, so kann auf je 500 Samen nur ein einziger keimen und zur blühenden Pflanze erwachsen. 499 Samen von 500 müssen zu grunde gehen. Wenn also von je 50 Pflanzen nur eine zur Samenbildung gelangt, so ist der jährliche Bedarf an Samen zehnfach gedeckt. Mögen daher die Sonntagstouristen noch so grosse Sträusse von Edelweiss pflücken und mögen auch alle anderen Bergsteiger sich mit reichlichen Denkzeichen davon versehen, es wird gewiss immer noch die fünfzigste oder hundertste Blüte der Verfolgung entgehen, und es wird somit das Vorkommen nicht merkbar beein- trächtigt werden. In manchen Heuwiesen werden die Edelweissblüten jährlich abgemäht, ohne dass die Pflanze, so wenig als die übrigen Gewächse dieser Wiesen eine Verminderung erfährt. Ich habe das Edelweiss vom Jura bis nach Kärnten auf den Kalk- und zum Teil auch auf den Schieferbergen in so grosser Menge getroffen, dasselbe bewohnt ausser den leicht zugänglichen Weiden immer auch und sogar vorzugsweise so schwer erreichbare und selbst unersteigbare Plätze, dass nicht einmal absichtliches Ausrotten in einer Gegend möglich erscheint. Auch wenn jährlich alle zugänglichen Pflanzen abgerissen und 'abge- mäht werden, so reifen an den unzugänglichen Stellen Samen in grossem Überfluss, welche mit Hilfe des Windes ausgestreut werden und den Abgang der Stöcke auf den zugänglichen Lokalitäten ersetzen. Ich bin daher der Ansicht, dass der Bergsteiger sich eine unnötige Enthaltung auferlegt, wenn er an Edelweissblüten vorbeisteigt und es sich versagt, ein Sträusschen davon auf den Hut zu stecken. Es ist selbstverständlich, dass nicht für alle Pflanzen gilt, was ich vom Edelweiss gesagt habe. Manche seltene Arten sind schon in bestimm- ten Gebieten ausgerottet worden; aber insoferne es perennierende kraut- artige. Gewächse sind, wie das Edelweiss, wohl immer nur deswegen, weil sie von Botanikern oder Kräutersammlern mit der Wurzel ausge- rissen wurden. Dagegen können kleine strauchartige Gewächse durch — 90 — Pflücken der blühenden Zweige nach und nach vernichtet werden, weil man ihnen mehr nimmt, als sie jährlich neu bilden. So rückt das wegen seiner roten wohlriechenden Blüten in München auf den Markt gebrachte Steinröschen, Daphne Oneorum, immer weiter von der Stadt weg und wird in der Münchener Flora sicher einst ganz verschwinden. — Ruhrkraut, weil es die rote Ruhr heilet (?). Nebenname: Feld- kätzlein, weil es grau und weich ist wie Kätzlein; Schimmelkraut, weil es grau ünd schimmelig anzusehen; auch Hasenpfötcghen wurde es genannt. Aus der Familie der Schlüsselblumengewächse, primulaceae, führe ich folgende an: Europäische Erdscheibe, cyclamen europaeum , fälschlich Alpenveilchen genannt. Der ausdauernde Wurzelstock bildet eine flachkugelige, fleischige Knolle von 1—4 cm Durchmesser, je nach dem Alter und Standort. Blätter grundständig, lang gestielt, herz- förmig, mehr oder weniger eckig und gezähnt, häufig auf der Unter- seite purpurrot oder violett. Blütenstiel nach dem Verblühen spiralig zusammengerollt, sodass die Kapsel im Boden reift. Blüten ansehnlich gross, violett, wohlriechend, nickend. Die langrunden Zipfel des Blumen- saumes zurückgeschlagen. Fünf Staubgefässe, ein Stempel. Der scharf giftige Saft des Wurzelstockes verliert sich durch Rösten, die Knollen sollen den Kastanien ähnlich schmecken und von den Schweinen ohne Schaden verzehrt werden (Erdbrot oder Saubrot). Blütezeit August und September. Sie hat wild eine dunklere Blüte und kommt um Benediktbeuern nicht vor, sondern erst weiter südlich, speziell bei Partenkirchen, in lichten Waldungen, unter Stauden. Die hier in Töpfen gezogene geruchlose, violette, seltener weisse, schon vom Februar an blühende Art ist das cyclamen persicum. In dem Thale von Partenkirchen (722 m) hält der Frühling 14 Tage früher seinen Ein- zug als in dem nur drei Stunden (16 Kilometer) entfernten, südöstlich in schluchtähnlicher Gegend gelegenen Mittenwald (942 m). — Mat- thiolus gibt folgende Beschreibung: Schweinbrodt, Erdapftel, Oyela- minus sine Panis porcinus, hat bletter wie das Ephew oder Hasel- wurtz, ligen auff der erden aussgespreitet. Auff dem rucken, das ist gegen der erden, sindt sie etwas braunrot, aber auff der andern seitten mit weissen flecken besprengt. Bringt zarte, glatte stengel, an bletter, etwan vier oder fünff finger lang, darauff' wachsen schöne Rosenfarbe blumen, eines lieblichen geruchs. Die wurtzel ist rund vnnd flach wie ein Rüben mit vil zaserlen, ausswendig schwartz, jnwendig weiss wie N ein Rübe, am geschmack bitter vnd scharpff. Schweinbrodt blüet zwey mal im jar, nemlich im Früeling, vnd Herbst. Es wechst gern in feuchten äckern, an schattechten orten vnter den hecken vnd bäumen, auch vnter den steinen. — Treffend sagt Halm: Duftreiches Cyelamen ! Lieber als Saubrot nenn ich dieh doch Mit dem griechisch-lateinischen Namen! Die Aurikel, primula auricula, hat einen starken, holzigen, braunen, geringelten Wurzelstock mit einzelnen Fasern. Stengel, bezw. Blütenschaft 13 cm, glatt, Blätter grundständig, verkehrt eiförmig, die grössten 8 em lang und 4 cm breit, fleischig, glatt, wellig, von einem kleinen, hellgrünen Rande eingefasst, fein gewimpert. Blütendolde von gewöhnlich fünf Blüten auf.1—1,5 cm langen Blütenstielchen, glänzend gelb und sehr wohlriechend. Röhrige Blüte mit fünf Zipfeln und fünf Kelchblättern. Im Juni erscheint die Kapselfrucht. Perennierend, Mai und Juni blühend. Auf dem Herzogstand; selten. In den Gärten in zahllosen Spielarten kultiviert. Haller bemerkt: alle Kräuter sind auf den Alpen viel wohlriechender als in den Thälern. Selbst die- jenigen, so anderswo wenig oder nichts riechen, haben dort einen an- genehmen, saftigen Narziss-Geruch, wie die Trollblume, die Aurikeln Ranunkeln und Küchenschellen. Der hohe Himmelschlüssel, primula elatior s. veris, peren- nierend, mit grundständigen, eiförmigen, am Grunde plötzlich in den Stiel zusammengezogenen, runzeligen, auf der Unterseite kurzhaarigen Blättern. Blüten auf 15—30 em hohem, kurzhaarigem Stengel (gemein- schaftlichem Blütenstiel) in einfacher Dolde. Auf feuchten Wiesen und im Walde. Blüht März und April, sowie, selten, zum zweiten Male Ende September und anfangs Oktober. Blumenkrone, gebildet ‚durch die ziemlich weitgehende Verwachsung der Glieder des Blumen- blattkreises unter einander, von schwefelgelber Farbe. In mancherlei Abänderungen oder Spielarten unter dem Namen Schlüsselblume oder Gartenprimel in Gärten. — Der arzneiliche Himmelschlüssel oder die Steinblume, primula offieinalis, mit schief aus der Erde sich er- hebendem, ausdauerndem Wurzelstock, auf felsigem Grund, steinigem Boden, jedoch nur in höheren Regionen, gegen die Benediktenwand zu, nie auf der Ebene, ausgenommen eingepflanzt in einigen Gärten, « wo er aber schon nach wenigen Jahren variiert, die Blüte blau und geruchlos wird. Grundständige Blätter, eiförmig bis länglich, mit breit oder schmal geflügelten Stielen, runzelig, auf der Unterseite dünn, sammetfilzig.. Blüten auf dem grundständigen, blattlosen, 15—30 cm hohen Stengel in einfacher Dolde, dottergelb mit orangefarbigem Schlund und 1 cm breitem, glockenförmig vertieftem Saum. Blütezeit April und Mai. Die wohlriechenden, süss duftenden, orangegelben Blüten dienten ehedem zur Bereitung eines Brustthees. — Der schaft- lose Himmelschlüssel, primula acaulıs, perennierend, auf Wiesen, besonders am Waldsaum beim Pesenbacher Weidach. „Blätter eine grundständige Rosette bildend, länglich verkehrt-eiförmig, allmälig in den Stiel verschmälert, runzelig, unterseits auf den Adern kurz be- haart.“ Blumenkrone mit gerader Röhre und ausgebreitetem, fünf- lappigem Saum, jeder Lappen oder Zipfel in der Mitte eingekerbt; schwefelgelb, mit einem rotgelben, safranfarbigen Fleck. Blütezeit April und Mai. Jeder kahle Blütenstengel erhebt sich in der Höhe von durchschnittlich 45 em von der Wurzel aus für sich und stehen mehrere, oft über sechs, dicht, büschelförmig neben einander. Die freie, mittelständige Samenleiste der Höhle des Fruchtknotens der Primulaceen, welche keinen seitlichen Zusammenhang mit der Fruchtknotenwand zeigt, muss als das angeschwollene Ende der Blüten- achse (also eines Stengelgebildes) angesehen werden. Die physikalische Beschaffenheit des Bodens ist eben so sehr geeignet, eine gegenseitige Ausschliessung der Varietäten und Arten zu veranlassen wie die chemische. Nur ist es viel schwieriger, hier die mitwirkenden Umstände anzugeben. Es ist möglich, dass eine Pflanze unter gewissen Umständen sich auf einem Boden von bestimm- tem Feuchtigkeitsgehalt behauptet, unter andern Umständen nicht. Dies ist mit Primula offieinalis und P. elatior der Fall. Wenn beide zusammen vorkommen, so schliessen sie sich zuweilen sehr genau von einander ab, indem P. officinalis die trockenern, P. elatior die feuchtern Stellen bewohnt. Jede ist auf ihrem Standort die stärkere’ und vermag die andere zu verdrängen. Ist aber nur eine Art vor- handen, so zeigt sie sich nicht so wählerisch., P. officinalis vermag für sich feuchtere, P. elatior für sich allein trockenere Lokalitäten zu bewohnen, als wenn sie in Gesellschaft sind. Nägeli. Ich verweise auf die vortreffliche Abhandlung: Die europäischen Arten der Gattung Primula, von E. Wibmer, mit einer Einleitung von Nägeli, 1891, (154 Seiten). Die Einleitung umfasst 8 Seiten und ist die letzte wissenschaftliche Arbeit des grossen Naturforschers, RI worin er seine Anschauungen über das Wesen und die Auffassung sowie über die systematische Stellung der Arten, Unterarten, Mittel- formen und Bastarde kundgibt. Fräulein Elise Wibmer, Nägelis Nichte, unternahm diese Arbeit auf besonderen Wunsch Nägelis, der ihr dabei fördernd zur Seite stand, und behandelt 29 Arten und 33 Bastarde ersten Grades, dann noch viel zahlreichere sekundäre Bastarde (oder „zu den Eltern zurückkehrende“ und durch Befruchtung des Bastardes durch eine der Mutterpflanzen entstandene „Zwischenformen“), Unter- arten und Varietäten. Die Schlüsselblumen heyssen sonst Himmelschlüssel, S. Peters Schlüssel, vulgd Herba Paralysis Arthritica. Ettliche nennens auch Primula veris, dann sie kommen baldt im aussgehenden Winter her- für, vnnd verkünden vns gewisslich den gegenwertigen Früeling. Müssen auch zu derselbigen zeit gesamlet werden, denn sie vergehen baldt widerumb. Man braucht Schlüsselblumen zu keiner ärtzney mehr, dann zum gegicht. Das stoltze frawenzimmer lest jnen allein die aussge- rupffte blümlen distilliren, zuuor mit wein befeuchtet. Mit solchem wasser waschen sie jr antlitz in hoffnung, es söllen alle flecken, masen, sprenckel, vnd dergleichen, durch tägliche nützung daruon vergehen. Solch wasser wirdt kräfftiger, so man Limoniensafft dartzu mischt. Primula, Himmelschlüssel, ist der Schlüssel der Freya, nach Frigg die vornehmste und mächtigste der nordischen Göttinnen, Asinen, welche die Götter bei ihren Gelagen bediente. Sie ist jung, schön und mit dem Brisingamen (Breysing, Halsband) geschmückt, das ihr Zwerge schmiedeten. Um diesen Brustschmuck, in dem wahrscheinlich der Regenbogen zu sehen, kämpfte Heimdall mit Loke, der ihn der schlafenden Göttin entwendet hatte. Auf einem mit zwei Katzen be- spannten Wagen pflegte sie zu fahren. Dieses Katzengespann war mit Strängen von blühendem Flachs angeschirrt, denn der Lein war der Freya (wegen der blauen Blüten auch dem Donar) geheiligt. Heimdall, einer der Asen, erbte von seinem Vater Odin Weisheit und Stärke, von seiner Mutter Schönheit und Grösse. Er ist der Wächter des Himmels, dessen Palast auf der Brücke Bifröst, welche das Reich der Asen mit dem der Menschen (Himmel und Erde) verbindet, erbaut ist. Er sieht und hört schärfer als alle andern Geschöpfe und schläft nie. Im Mythus vom Halsband der Freya erscheint Heimdall als Vertreter des guten Elementes im Kampf mit dem bösen Loke. Später trat an die Stelle der Freya die heilige Jungfrau und die Mythe wurde auf Ei Da heilige Personen übertragen. So steigen Engel auf dem Regenbogen nieder, wo er die Erde berührt, und lassen ein goldenes Schlüsselein fallen, das den Schlüsselblumen den Namen gab. Das Alpenglöckchen oder die Alpen-Drottelblume, soldanella alpina, ebenfalls eine Primulacee, perennierend, kommt nur im Berg- wald, besonders auf der Glaswand, am Rabenkopf, vor. Blätter rund- lich nierenförmig, d. h. breiter als lang, am Grunde breit herzförmig. Blütenstengel sich bis zu 16 cm verlängernd, mit ein bis drei Blüten. Blütenstielehen von sitzenden Drüsen rauh. Blüten glockig, blau, violett mit dunkleren Streifen, bis zur Hälfte fünfspaltig.. Kelch bleibend. Fünf Staubgefässe am Schlunde der Blumenröhre befestigt, ein Griffel. Blüht April und Mai. Das auf den höchsten Gipfeln der Alpen vorkommende Alpen- glöckchen hat seiner sonderbaren Eigenschaften wegen schon oft das Staunen selbst der gelehrten Fachwelt erregt. Diese zierliche Pflanze durchbricht stets im ersten Frühling mit ihren jungen Blütenstengeln den hohen Schnee oder selbst auch das Eis der Lawinenriesen. Für diese wunderbare Keimungskraft hat man schon die verschiedensten Erklärungen gesucht. Mitte der 1880er Jahre hat der schweizerische Naturforscher Forel die eigentümliche Erscheinung einer neuen Unter- suchung unterzogen und sie aus der sogenannten Diathermanität, d. 1. Wärmedurchlässigkeit des Schnees, erklärt. Da die Sonnenstrahlen nämlich durch den Schnee dringen und den Boden erwärmen, so ent- steht im ganzen Umkreise des Schneefeldes ein Gang von einigen Centimetern Höhe, die Pflanze beginnt zu treiben, und ihre Blüten- knospen nähern sich dem Schnee, sie strahlen die Wärme mit grösserem Nutzen aus, als sie dieselbe von der Sonne empfangen, und es bildet sich daher über ihnen durch Schmelzung des Schnees eine kleine Kuppel, welche bei der fortschreitenden Entwickelung der Pflanze immer weiter ausgehöhlt und endlich durchbohrt wird. Durch diesen Erklärungsversuch Forel’s ist der Physiker Dufour angeregt worden, die erwähnte Diathermanität des Schnees zu prüfen, und er fand das überraschende Ergebnis, dass der Schnee die Sonnenstrahlen nur wenig durchlässt, vielmehr die Wärme sehr gut zurückhält. Ein Thermometer, welches in 1 cm Tiefe in frischen, von der Sonne beschienenen Schnee gesteckt wurde, bekam eine Temperatur 3,4° C., in 2 cm Tiefe zeigte es 2,2°, während es in der freien Luft auf 22° stand. Erst wenn der Schnee schmilzt, wird er durchgängig für Licht und Wärme. Hienach, meint Dufour, ist das Blühen der Alpenglöckchen im Schnee nicht ae der Diathermanität zuzuschreiben, die Ursache ist vielmehr in der Wärmeleitungsfähigkeit des Bodens rings um die Schneemasse und der Eigenwärme der Pflanzen zu suchen. Kerner gibt folgende anschau- liche Schilderung und zugleich die richtige Erklärung. „Aus dem vom Schmelzwasser überrieselten Erdreiche erheben sich unter dem Firnfelde die Blütenknospen der zierlichen Soldanellen, zumal des in solchen Schneemulden zu tausenden wachsenden niederen Alpenglöckchens (soldanella pusilla), welche schon im, verflossenen Jahre vorbereitet wurden, deren Stengelchen aber damals nur einige Millimeter Länge erreichten. Diese Stengelchen wachsen nun thatsächlich bei einer Temperatur der Umgebung von 0° bogenförmig in die Höhe, die von ihnen getragenen Blütenknospen werden dadurch gehoben und kommen mit der unteren, dem Boden zugewandten Seite des Firnfeldes in Be- rührung. Auch die Blütenknospen vergrössern sich ziemlich rasch und beginnen sich violett zu färben. Dieses Wachstum erfolgt auf Kosten des Vorrates an Stoffen, welchen die Soldanellen im vorhergehenden Sommer gewonnen und zum Teile in den immergrünen, lederigen, platt dem Boden aufliegenden Laubblättern, zum Teile in den kurzen, in der Erde eingebetteten Wurzelstöcken aufgespeichert hatten. Es werden diese Stoffe als Baustoffe verwendet, und um das möglich zu machen, sie in Fluss zu bringen, an die Stellen des Verbrauches hinzuführen und hiezu die nötigen Triebkräfte zu gewinnen, wird ein Teil derselben veratmet. Die bei dieser Atmung frei werdende Wärme schmelzt in der unmittelbaren Umgebung der sich vergrössernden Blütenknospen das körnige Eis des Firnfeldes, welches die wachsenden Soldanellen überdeckt. Das hat zur Folge, dass sich über jeder Soldanellenknospe eine Aushöhlung im Eise bildet, oder besser gesagt, dass jede Solda- nellenknospe wie von einer kleinen Eiskuppel überwölbt wird. Noch immer wächst aber der Stengel in die Länge; die von ihm getragene, atmende und Wärme entbindende Blütenknospe wird daher in den kuppelförmig ausgehöhlten Raum emporgehoben und hineingeschoben. Sie veranlasst dort neuerdings eine Schmelzung des Eises und eine Verlängerung des Hohlraumes und bohrt sich somit selbst einen Weg durch die Eisschicht nach oben. Das geht so fort und fort, und end- lich hat sich die atmende und Wärme entwickelnde Soldanellenknospe einen förmlichen Kanal durch die Firndecke ausgeschmolzen, kommt über dieser zum Vorscheine, und der Stengel erscheint durch die Firn- lage wie durchgesteckt. Die Blütenknospe öffnet sich jetzt, und man sieht nun das zierliche, violette. Glöckchen über dem Firnfelde im rege, Winde schwanken. Begreiflicherweise wird das Firnfeld dort am ehesten durchlöchert werden, wo es am dünnsten ist, und das ist in der Nähe des Randes der Fall, wo auch das Abschmelzen von oben her am raschesten vor sich geht. Man sieht daher vorzüglich den Saum des Firnfeldes durchlöchert und dort durch die Löcher die Soldanellen herausgewachsen. Stellen, wo i0—20 Blüten auf einer meterlangen Strecke des Randes emporkommen, sind keine Seltenheit. Wer näher zusieht und durch den Firn Durchschnitte mit Beil und Spaten macht, kann sämtliche geschilderte Entwickelungsstufen neben einander sehen. Aber auch noch zwei andere Erscheinungen werden ihm nicht wenig auffallen. Er wird nämlich hier und da einzelne Soldanellen finden, deren Knospen sich bereits geöffnet haben, bevor sie über die Firn- decke emporgehoben wurden. Solche Soldanellen blühen dann that- sächlich in einer kleinen Aushöhlung des Firnes und nehmen sich aus wie Pflanzenteile oder Insekten, die in Bernstein eingeschlossen sind, oder wie kleine, bunte Splitter, die man in Glaskugeln eingeschmolzen hat. Das Blühen solcher Soldanellen beschränkt sich auch merkwür’ digerweise nicht nur auf das Oeffnen der Blumenkrone; es findet sogar ein Oeffnen der Antheren statt, und nimmt man derlei Soldanellen- blüten aus ihrem kleinen Eishause heraus und stösst auf die kegel- förmig zusammenschliessenden Antheren, so kann man deutlich ein Herausfallen des Blütenstaubes beobachten. Was noch ausserdem bei näherem Zusehen nicht wenig überrascht, ist der Umstand, dass die Löcher, in welche die Stengel, beziehentlich die Blütenstiele eingelagert sind, sich nach unten zu trichterförmig so verengern, dass sich dort das körnige Eis an den Stengel anschliesst, oder mit andern Worten dass der Kanal in der Tiefe vollständig vom Stengel ausgefüllt ist. Wenn man bedenkt, dass die Blütenknospe, welche sich den Kanal ausgeschmolzen hat, einen Durchmesser besass, der wenigstens dreimal so gross war als der Durchmesser des Stengels, so sollte man er- warten, dass der Stengel durch die Mitte eines verhältnismässig weiten Loches durchgesteckt wäre. Das ist nun, wie gesagt, nicht Jder Fall, und es lässt sich diese Erscheinung nur so erklären, dass der körnige, von Poren durchzogene Firn eine plastische Masse bildet, dass infolge des Abschmelzens die Körner sich verschieben, dem Gesetze der Schwere folgend tiefer sinken, dort wo eine Durchlöcherung stattfand, zusammen- schliessen, und dass infolge der Regelation die unteren Schichten doch wieder als kompakte Masse erscheinen. Noch ist zu erwähnen, dass die grünen Blätter der Soldanellen, welche unter dem Schnee und a Firne platt dem Boden aufliegen, im Verlaufe des Wachstums der Blüten ihre Prallheit einbüssen und dass die in ihnen aufgespeicherten Reservestoffe vollständig von dem auswachsenden Stengel und der auswachsenden Blüte verbraucht werden. Die grünen Blätter werden dann runzelig und gehen zu Grunde, während sich nach dem Ab- schmelzen des Firnes neue Laubblätter entwickeln, die sich mit Reserve- nahrung versorgen, damit in der nächsten Vegetationsperiode die aus- wachsenden Stengel und Blüten genügend ernährt werden können. Neben den Blüten der Soldanellen findet man ab und zu auch jugend- liche, noch gelbrote Laubblätter des spitzkeimenden Knöterich (poly- gonum vivriparum), welche von unten her in den Firn hineinwachsen und mitunter knapp am Rande des Firnfeldes Löcher in denselben schmelzen. Die weissen Blüten des mit den Soldanellen an gleichem Standorte gesellig wachsenden Alpen-Hahnenfusses (ranımenlus alpes- fris) haben dagegen die Fähigkeit, den Firn zu durchwachsen, nicht erlangt und bedürfen als Anregung zum Wachstume einer Temperatur, welche schon etwas höher als 0° ist, demzufolge sie ihre Blüten immer erst an den vom Firnschnee kurz vorher verlassenen Plätzen entfalten. Wie gross die von den kleinen Blütenknospen der Soldanellen entbundene Wärme ist, würde sich zwar aus der Menge des ge- schmolzenen Eises berechnen lassen, aber es kämen bei einer derartigen Berechnung so viele Fehlerquellen ins Spiel, dass die gewonnenen Zahlen doch nicht den Anspruch auf grosse Genauigkeit machen könnten, und wir können uns daher mit der Thatsache begnügen, wenn sie auch nicht durch Ziffern, als den Ergebnissen eines kalori- metrischen Versuches, belegt ist. Das Schmelzen des Eises durch die beim Atmen der Soldanellen frei werdende Wärme ist übrigens auch insofern von grösstem Interesse, weil dadurch der Beweis geliefert wird, dass auch kleine, vereinzelt stehende, ungemein zarte Blüten nicht nur ihr eigenes Gewebe, sondern auch die Umgebung erwärmen, und dass die frei werdende Wärme in ihnen nur darum nicht wahrnehmbar wird, weil eben Verdunstung und Ausstrahlung im entgegengesetzten Sinne wirken, und weil die atmenden Blüten für gewöhnlich von atmo- sphärischer Luft umspült, also von einem Medium umgeben sind, das beweglicher, schwankender und verschiebbarer nicht gedacht werden könnte. Die Luft, welche in der einen Sekunde von der atmenden Blüte erwärmt wird, ist in der nächsten Sekunde schon weithin ent- führt und durch andere Luft ersetzt. Das gilt insbesondere von Blüten mit ebenem Boden und herabgeschlagenen Blättern oder von flach Daffner, Voralpenpflanzen. { schüsselförmigen, nach oben zu weit offenen Kronen, in deren Bereiche von einem Stagnieren der Luft keine Rede sein kann. Wenn dagegen die Blüte die Form einer Sturzglocke hat, wie bei dem Fingerhute, den Gloxinien und den meisten Glockenblumen, wenn sich eines der Blätter als Helm emporwölbt, wie bei dem Eisenhute, wenn die Blüten röhrig, an der Basis tonnenförmig aufgetrieben oder krugförmig er- weitert sind, wie bei den Aristolochien, oder wenn sie tiefe Becher bilden, wie bei den Kakteen und vielen Kürbisgewächsen, so wird die Luft in dem versteckten Raume kaum bewegt, es herrscht im Blüten- erunde Windstille, die dort angesammelte und erwärmte Luft wird sich in dem windstillen Winkel ziemlich unverändert erhalten und nicht so leicht durch andere ersetzt werden. An kühlen Tagen kann man da- her im Innern solcher Blüten, selbst dann, wenn sie ganz vereinzelt stehen, regelmässig eine Erhöhung der Temperatur über die Temperatur der umgebenden Luft wahrnehmen. Auf einer Alpenwiese zeigte bei einer Lufttemperatur von 8,4° C. am Morgen kurz nach Sonnenauf- gang das Innere einer Blüte des stengellosen Enzian (gentiana acan- is) die Temperatur von 10,6°. Bei trübem Himmel und ruhiger Luft zeigte auf einer Bergwiese das Innere einer bärtigen Glockenblume (campanula barbata, mit hellblauer, nickender, 2—3 em langer, walzig glockenförmiger, an der Spitze innen dicht bärtiger Blumen- krone) 16,6° und nicht weit davon entfernt an einem Waldrande das Innere des helmförmigen Blumenblattes von dem rispigen Eisenhut (aconitum paniculatum) 14,6°, während die Lufttemperatur aussen in beiden Fällen nur 13,2° betrug. Bei weitem ausgiebiger zeigt sich die Temperatur der Luft im Bereiche einer atmenden Pflanze erhöht, wenn zahlreiche kleine dicht zusammengedrängte Blüten von einer gemein- samen Hülle umgeben sind, und wenn diese Hülle derartig gestaltet ist, dass in dem von ıhr umschlossenen Raume Windstille herrscht. Auf derselben Bergwiese, auf welcher die Temperatur im Innern der Glockenblume geprüft wurde, stand auch die stengellose Eberwurz oder Wetterdistel (carlina acaulis) in voller Blüte. Da der Himmel trübe war, erschien auch das Distelköpfchen geschlossen, d. h. die starren Hüllblätter waren mit ihren Spitzen zusammengeneigt und bildeten einen über die Blüten gestürzten Hohlkegel. Das Thermometer zwi- schen diesen Hüllblättern, abwärts bis zu den Blüten eingeführt, zeigte eine Temperatur von 20,4°, die umgebende Luft 13,2% also einen Unterschied von mehr als 7°. An den Palmen, deren zahlreiche kleine gehäufte Blüten von grossen Blütenscheiden eingehüllt sind, zeigt die AR FROGE Luft innerhalb dieser Hüllen gleichfalls eine Erhöhung der Temperatur, die sogar so auffallend ist, dass man sie durch das Einführen der blossen Hand wahrnehmen kann. Ähnlich verhält es sich auch bei den Aroideen. Auch hier sind zahlreiche kleine Blüten zu einer Ähre mit dicker fleischiger Spindel, einem sogenannten Kolben, vereinigt, und jeder Kolben ist von einem Hüllblatte umgeben, das anfänglich wie eine Tüte zusammengewickelt, häufig auch tonnenförmig aufgetrie- ben oder blasenförmig ausgeweitet, kurz in den seltsamsten Gestalten ausgebildet ist, immer aber einen Hohlraum umschliesst, dessen Luft durch den Einfluss eines äusseren Luftzuges kaum berührt wird. In diesen Hohlraum kann mit entsprechender Vorsicht ein Thermometer eingeführt, und es kann die von ihm angegebene Temperatur mit jener der Umgebung verglichen werden. Die höchste Temperatur wurde an dem italienischen Aron (arım italicum) beobachtet. Es ist diese Pflanze im Gebiete der mittelländischen Flora ungemein verbreitet — in der Schweiz kommt sie als Seltenheit im Tessin vor, und sie weicht von dem gefleckten Aronstab durch die grünlichweisse Scheide und den ein Drittel so langen Kolben ab — und in Weinbergen unter Gebüsch, ja selbst an Zäunen und Strassenrändern häufig anzutreffen. Seine von einer grossen bleichen grünlichgelben Hülle umgebenen Kolben schieben sich im Frühlinge wie umgekehrte Tüten aus der Erde hervor; die Blütenhülle beginnt sich zwischen 4 und 6 Uhr nach- mittags zu öffnen, indem sich zugleich ein eigentümlicher, an Wein erinnernder Duft in der Umgebung bemerkbar macht. Wird nun ein Thermometer in die Höhlung dieses Hüllblattes eingeführt, so ergibt sich, dass bei einer gleichzeitigen Lufttemperatur von beiläufig 15° die Temperatur im Innern auf 40, ja mitunter sogar auf nahezu 44° er- höht ist. Solche Aroideen zeigen demnach im Bereiche ihrer atmen- den Blüten eine Temperatur, welche jene des menschlichen Blutes noch übertrifft. In dem Masse als mit steigender Temperatur der umgeben- den Luft vom Morgen bis zum Nachmittage die Energie des Atmens zunimmt, erhöht sich auch die Temperatur im Innern der Blüten.“ Zur Familie der rosenartigen Gewächse, rosaceae, die hier vor- kommen, gehören nachstehende. Die Hecken- oder Hundsrose, rosa camina, die gemeinste wilde Rose — in Gärten gefüllt die gewöhnliche weisse Rose —, ein vielstengeliger Strauch mit zahlreichen Ausläufern. Stengel im ersten Jahre einfach und aufrecht, bis 1 m emporschiessend, später gebogen, verzweigt, 2—3 m hoch, ohne Drüsenhaare, aber bewaffnet mit starken 7% 4‘ — 100 — am Grunde seitlich zusammengedrückten und an der Spitze haken- förmig gekrümmten (zurückgekrümmten) Stacheln, welche er nach etwa fünf Jahren verliert. Der Dorn ist das scharf zugespitzte verholzte Ende eines Zweiges oder umgewandelten Blattstieles und steht durch verholzte Gefässe im inneren mit dem Stengel in Verbindung; der Stachel dagegen ist ein harter scharf zugespitzter Auswuchs der Ober- haut, der also nicht durch Holzgefässstränge mit dem Stengel in Ver- bindung steht. Das Sprichwort „keine Rose ohne Dornen“ ist daher eigentlich nicht richtig, denn die Rose hat Stacheln. Blätter meistens einfach unpaarig gefiedert; Fiederblättehen fünf bis sieben, eirund, ent- weder einfach scharf gezähnt und kahl, oder auf der Unterseite schwach behaart und dann doppelt gesägt, obere Zähne übereinander gebogen. Blüten gewöhnlich weiss, seltener rosenrot, kaum wohlriechend, einzeln oder zu drei bis vier am Ende der Zweige; fünf Blumenblätter. Die (langrunde Schuppen bildenden) Nebenblätter, d. s. die blattartigen, blatt- oder schuppenähnlichen Anhängsel am Grunde der Blattstiele oder an den Stengelknoten — sie sind als eine höhere Entwickelungs- form des Scheidenteiles (des ausgebreiteten Grundes des Blattes, wo- mit’es dem Stengel ansitzt) der Blätter anzusehen — sind bei der Hundsrose dem Blattstiel angewachsen und lösen sich nur mit ihren Spitzen von demselben los; verwachsen heissen die Nebenblätter, wenn sie mit ihren zunächst stehenden Rändern unter einander verschmolzen sind. Beerenähnliche Scheinfrüchte — indem sich die zahlreichen ein- fachen Fruchtknoten in einsamige (haarige) Schliessfrüchtchen ver- wandeln, welche in dem fleischigen krugförmigen Kelch, dem zum Fruchtbecher vertieften Blütenboden (Kelchröhre) eingeschlossen sind — eirund, seltener kugelig, dunkelrot, etwas weich, ohne Borsten oder nur wenige derselben am Stiel. Die fünf Kelchzipfel ausgebreitet oder zurückgekrümmt, zuletzt abfallend, ganzrandig oder häufiger einer derselben an beiden Seiten mit fiederigen Änhängseln, zwei an je einer Seite gefiedert und die zwei übrigen ganzrandig. Staubgefässe zahl- reich, auf einer fleischigen Ringscheibe, und zwar oberständigen Scheibe, d. i. einer Verlängerung des Blütenbodens, welche sich über dem Fruchtknoten zusammenschliesst. (Die verdickte Spitze der Frucht- knoten bei oberständigen Blüten, wie beim betäubenden Kälberkropf, wird ebenfalls oberständige Scheibe genannt.) Stempel ebenfalls zahl- reich, Griffel frei, aber zusammengedrängt zu einer dicht behaarten Säule, welche aus der Öffnung des Fruchtbechers hervorschaut. Die mittleren Schliessfrüchtehen deutlich gestielt. Die (Schein-) Früchte -— 101 — heissen Hain- oder Hagebutten und werden verschiedentlich zubereitet, meist als sehr wohlschmeckendes Hüftenmark oder Hetschepetsch ver- speist; die Stämme werden zum Veredeln benützt. Kommt in Hecken und Gebüschen, an Bachufern vor, und blüht im Juni. — Die Rose gehört wie die Waldrebe, der Mohn, mehrere Windröschen und noch viele andere Gewächse zu. denjenigen Pflanzen, in deren Blüten der Honigsaft gänzlich fehlt und wo den nahrungsuchenden Tieren nur Pollen geboten wird. „Da der Insektenbesuch für die Blumen nur dann einen Vorteil bringt, wenn dieser Besuch eine Übertragung des Pollens von Blüte zu Blüte im Gefolge hat, so muss selbstverständlich die zu weit gehende Vertilgung des Pollens hintangehalten sein. Ein grosser Teil des Pollens kann immerhin aus einer Blüte aufgefressen oder als Nahrung für die Larven in die Baue geschleppt werden, aber etwas soll immer an dem Leibe der Besucher hängen bleiben, damit die Narben anderer Blüten mit Pollen versehen werden können. That- sächlich ist das auch der Fall und wird vorzüglich durch einen Über- fiuss von Pollen erreicht. Alle jene Blüten, welche keinen Honig ent- halten und den Insekten nur Pollen als Nahrung anbieten, wie z. B. jene der Rosen, des Mohnes und der Waldrebe, zeichnen sich durch eine grosse Menge von Pollenblättern (Staubgefässen) aus, und diese erzeugen so viel Pollen, dass trotz weitgehender Angriffe von seiten der Insekten immer noch der Bedarf zur Belegung der Narben gedeckt ist. Die pollenfressenden Käfer, welche solche Blüten besucht haben, sind stets mit Pollen ganz eingepudert, können sich des an Brust, Hinterleib, Flügeldecken und Beinen haftenden Blütenstaubes bei dem Verlassen der Blüten nicht sofort entledigen und verschleppen diesen daher regelmässig in andere Blüten. Auch die Bienen und Hummeln, welche in solche Blüten einfliegen, um Pollen zu sammeln, kommen wie mit Mehl bestäubt zurück, und wenn sie auch nochmals mit ihren Fersenbürsten fleissig über den Pelz fahren, um den Pollen abzukehren, so bleibt doch immer noch so viel übrig als notwendig ist, damit auch die Narben ihren Teil bekommen, wenn nachträglich die genannten Tiere von der einen zur andern Blüte hinüberfliegen.“ — Mit der Herstellung von Rosenöl aus deutschen Rosen begann beiläufig 1886 eine Leipziger Fabrik ätherischer Öle einen Versuch zu machen. Die Lösung dieses Problems ist ihr vollständig gelungen. Das aus deut- schen Rosen gewonnene Öl ist bei gewöhnlicher Temperatur fest, von schwach grünlicher Farbe und überaus feinem Wohlgeruch. Bei 28° C. wird es flüssig. Im Jahre 1887 wurden 2 Kilogramm Öl und 2000 — 192 — Kilogramm Rosenwasser produziert, 1890 (aus 23000 Kilogramm Blütenblättern) schon 4,5 Kilogramm Rosenöl von vorzüglicher Be- schaffenheit. Zur Beschaffung der für die Erzeugung des Öles nötigen Rosen wurde bei der Bahnstation Gröbers auf einem Grundstück von 45 Hektaren eine grosse Rosenplantage angelegt, welche der Mittel- punkt des dort zu gründenden Rosengebietes werden soll. Im Preise stellt sich das deutsche Öl höher als das türkische. So kostet 1 Kilo- gramm von ersterem 1250 Mark gegen 600 Mark für letzteres. Das deutsche Öl ist jedoch von weit grösserer Reinheit als das türkische. Die Rosenstöcke erreichen mitunter ein sehr: hohes Alter; ein Rosen- stock beim Dom zu Hildesheim ist urkundlich über 800 Jahre alt. — Die Hundsrose ist eine sehr veränderliche Art; es sind von ihr mehr als 30 Formen als Abarten und selbst als neue Arten abgetrennt worden. Hier ein Prachtexemplar am Mühlbach, Juni und Juli blühend. „Die Tendenz zu variieren ist in manchen Rosen-Arten so stark, dass, wenn sie in verschiedenen Bodenarten wachsen, sie so be- trächtlich in der Färbung variieren (sie lieben meist etwas lehmigen Boden), dass man geglaubt hat, sie wären mehrere verschiedene Sorten. Nach den Wirkungen der Kreuzungen und Variationen hofft Rivers enthusiastisch, dass der Tag einst kommen wird, wo alle unsere Rosen, selbst Moosrosen, immergrünes Laub, brillante und duftende Blumen und die Gewohnheit vom Juni bis zum November zu blühen, haben werden. Dies scheint eine sehr weit aussehende Hoffnung zu sein, aber Ausdauer in der Gärtnerei wird doch Wunder vollbringen, wie sie sicher bereits Wunder vollbracht hat.“ Berühmt waren im Alter- tum die Rosen von Pästum (Unter-Italien), angesichts welcher der Dichter (Propertius) ausruft: „Noch ist Frühling im Biut, noch frei dein Alter von Runzeln, Lebe denn: morgen vielleicht haucht in die Blüte die Zeit; Hab’ ich doch Rosen geseh’n in dem stets durchdufte- ten Pästum Vom Gluthauche des Süd morgens entblättert und welk.“ Blühen im Garten drei Rosen an einem Stiele, ein sogenannter Rosen- könig, so gibt es bald eine Braut im Hause, eine einzelne Rose im Herbst deutet aber auf einen Todesfall -in der Familie. Werfen Liebende Rosenblätter in fliessendes Wasser und schwimmen zwei davon neben einander fort, ohne sich zu trennen, so ist das ein günstiges Zeichen für die künftige Ehe. Die Rose ist die Blume der Reinheit und Tugend, daher das Attribut der Jungfrau Maria; sie ist aber auch die Blume der Liebenden. Ein Tiroler Schnadahüpfel sagt: „Wiar kloaner die Ros’n, Wiar grössa da Dorn — Wiar kloaner das Diandl, Wiar — 103 — grössa da Zorn.“ Die alten Deutschen hatten die Sitte, bei Gelagen eine Rose an der Zimmerdecke aufzuhängen, zum Zeichen, dass nichts ausgeplaudert werden sollte; deshalb heisst es auch im Narrenschiff (von Sebastian Brant, 1494): „was wir kosen, das bleib unter den Rosen.“ Der gemeine Brombeerstrauch, rubus fruticosus, — es gibt mehrere Varietäten je nach der Beschaffenheit des Bodens und des Standortes —, in Dickichten, Waldungen, Hecken und Gebüschen, hat einen ausdauernden Wurzelstock mit unterirdischen Ausläufern und Schösslingen und einen zwei oder mehrere Jahre dauernden Blüten- stengel. Er blüht Juni und Juli in weissen oder rötlichen Trauben am Ende der Zweige. Blätter gefiedert; Fiederblättchen ansehnlich gross, eirund, gezähnt, mehr oder weniger flaumig behaart. Die Mittel- rippe und die Stiele sind bewaffnet mit kleinen hakenförmigen Stacheln. Die schwarzen, selten dunkelroten, bei der Reife sich nicht von dem Fruchtboden ablösenden Früchte sind weniger schmackhaft und weniger geschätzt wie die des in Wäldern vorkommenden Himbeerstrauches, rubus idaeus, welche rot und feinhaarig, bei kultivierten Sorten mit- unter gelb oder weiss (auch hier kommen im Schulhaus-Garten gelbe vor) sind und sich bei der Reife leicht vom Fruchtboden ablösen; sie sind sehr aromatisch, wohlschmeckend und zu Fruchtsäften hoch ge- schätzt. Strauchgewächs mit ausdauerndem Wurzelstock, welcher unter- irdisch kriecht und Ausläufer treibt. Der Blütenstengel zweijährig, aufrecht, über Meterhöhe, mehr oder weniger flaumig behaart und mit schwachen Stacheln besetzt. Nebenblätter klein, zugespitzt, teilweise. mit dem Blattstiel verbunden, angewachsen wie bei der Brombeere. Blätter gefiedert. Fiederblätter an den unteren Blättern zu fünf, an den oberen häufig nur zu drei, eirund oder langrund, zugespitzt, kurz gezähnt, oberhalb hellgrün, unterhalb weisslich. Blüten weiss, in langen Trauben an den Enden kurzer Zweige. Kelch zurückgeschlagen. Fünf schmale und kurze Blumenblätter. Blütezeit Mai bis August. Bezüg- lich der Benennung der Früchte folgendes. Die Steinfrucht ist eine fleischige Frucht, deren innere Fruchthaut zu einer Steinschale erhärtet. Bei zusammengesetzten Fruchtknoten erscheint entweder der Stein zwei- und mehrfächerig, oder es findet sich eine Anzahl getrennter Steine, die Frucht ist zwei- bis vielsteinig. Als Beispiele einer zusammenge- setzten Steinfrucht sind die Brombeeren und Himbeeren zu nennen, indem hier die in grösserer Zahl dem kegelförmigen oder kurz walzen- förmigen trockenen Frucht- oder Blütenboden (Blütenlager, Rezeptakulum, — 104 — genauer Blütenachse — d. i. die von den sämtlichen innerhalb der Blüte unentwickelten Stengelgliedern gebildete verkürzte meist nieder- gedrückte, manchmal flach ausgebreitete Achse, die sich nie über die Blüte hinaus verlängert —) aufsitzenden einsamigen fleischigen Stein- früchtehen (Schliessfrüchtchen) zu einem Ganzen verschmelzen und als solches sich bei der Reife zusammenhängend ablösen. Die gemeine oder Wald-Erdbeere, fragaria vesca, in Wäldern, Gebüschen, an Hecken, Wegrändern, blüht Mai und Juni. „Aus einem kurzen, rasigen, ausdauernden Wurzelstock entspringen häufig lange Ausläufer, welche an den Knoten Wurzel schlagen und neue Pflanzen bilden. Blätter meistens grundständig, dreizählig, gezähnt, mehr oder weniger bekleidet mit weichen, seidenartigen Haaren. Blatt- stiele lang; Fingerblättchen eirund, gezähnt.“ Gemeinsamer Blütenstiel grundständig (indem er aus dem unterirdisch verkürzten Stengelteil entspringt), aufrecht, unten blattlos, 6—15 cm hoch, oben eine Trug- dolde aus einigen gestielten, weissen, fünf- bis achtblättrigen, meist fünfblättrigen, rundlichen, bald gleichen Durchmesser (etwa 12 mm), bald 10, 11, 12 mm Breiten-, gegen 11, 12, 13,5 mm Längendurch- messer haltenden Blüten, am Grunde derselben ein bis zwei Blättchen. Diese Blättchen sind meist dreilappig, aber auch zwei- und vierlappig, ganzrandig, ferner nicht selten die beiden Seiten ungleich sowohl in Grösse als Zahl der Läppchen, fein seidenartig behaart, besonders an den Rändern und der Rückseite. Haare an Blüten- und Blattstielen dicht flaumig, wagrecht abstehend. „Inden Blüten des Schlehdornes, der Mandel- und Pfirsichbäume, der Himbeeren und Erdbeeren, einiger Fingerkräuter und zahlreicher anderer Rosengewächse ist im Umkreise des Fruchtknotens oder des Fruchtknotenköpfchens ein fleischiges Gewebe ausgebildet, welches, vom Blütenboden aus- gehend, gleich einer Tapete dem Grunde des Kelches aufliegt. Dieses Gewebe sondert Honig ab, der aber von aussen nicht sichtbar ist, weil ihn die im Kreise herumstehenden, meist sehr zahlreichen Staub- gefässe überdachen.“ Fruchtkelch abstehend oder zurückgekrümmt. Der äussere, aus schmäleren Zipfeln gebildete Kreis der Kelchabschnitte ist, wie bei dem Fingerkraut, aus den paarweise verwachsenen Neben- blättern der Kelchblätter entstanden, was dadurch bewiesen wird, dass seine Blättchen nicht selten mehr oder weniger zweispaltig sind. Der Kelch ist präsentiertellerförmig, d. h. der untere Teil ist röhrig, eine mässig lange (gewöhnlich kurze) gerade Röhre und der obere, der Blumensaum, flach wagerecht oder kreisförmig ausgebreitet. Staubge- gefässe zahlreich. Die ebenfalls zahlreichen Stempel stehen, wie beim Hahnenfuss, in spiraliger Anordnung, und zwar haben sie einen seiten- ständigen Griffel, indem derselbe nicht wie gewöhnlich endständig ist, son- dern seitlich entspringt. Die Blüten sind bald männlich, wobei die Stempel verkümmert sind, bald weiblich bei Verkümmerung der Staubgefässe, bald sind die Blüten desselben Stockes hermaphroditisch, zweigeschlechtig oder Zwitterblüten, — Beispiel von Triöeie. Die kugelige, eirunde oder kegel- förmige, gewöhnlich rote, wohlschmeekende Frucht mit sehr zartem Aroma ist eine Scheinfrucht oder Scheinbeere, indem bei der Reife der (vom stehen- bleibenden Kelch sich ablösende) Fruchtboden oder Blütenboden fleischig wird (receptaculum carnosum) und auf seiner Aussenseite oder Ober- fläche die zahlreichen einsamigen Schliessfrüchtchen (nicht aufspringende und nur einen einzelnen Samen enthaltende Trockenfrüchte; — sieht man sie bei der Erdbeere als kleine Beerchen an, so wird dieselbe eine zusammengesetzte Scheinbeere genannt) als kleine Körnchen trägt. Manchmal blüht die Erdbeere zum zweiten Male im September und Oktober und trägt noch Früchte, welche aber hier nicht mehr reifen. Die Erdbeere ist am schmackhaftesten, wenn sie in den frühen Morgen- stunden gepflückt wird. In Frankreich, wo diese Frucht schon früh kultiviert wurde, waren im Jahre 1746 nur drei Sorten bekannt; heu- tigen Tages sind die Varietäten der verschiedenen Species fast unzähl- bar. Die Erdbeere ist ein perennierendes Gewächs oder Kraut, indem der im Boden verborgene wurzelartige Stengelteil (gewöhnlich ungenau „ausdauernde Wurzel“ genannt) den Winter über aushält und im Früh- ling Triebe über die Erde hervorschickt, die, nachdem sie Blüten und Früchte getragen, absterben. Sie hat aber auch im Winter oberirdische Teile, nämlich junge Laubblätter, als Beginn der nächstjährigen Triebe, die sich also wie zweijährige Pflanzen verhalten. „Die in horizontaler Richtung in oder auf der Erde hinlaufenden Kriechtriebe, welche meist mit schuppenartigen Niederblättern oder aber, wenn sie oberirdisch ver- laufen, manchmal mit Laubblättern besetzt sind, wie beim kriechenden Günsel, entstehen dadurch, dass der unterste Teil des Stengels teils im Boden, teils in seiner unmittelbaren Nähe Nebenachsen oder Äste eigener Art treibt, welche Ausläufer oder Stocksprossen heissen. Sie besitzen die Fähigkeit, aus ihren Knoten oder ihrer Spitze Knospen zu entwickeln, welche sich bewurzeln und nach dem Absterben ihrer Verbindung mit der Mutterpflanze zu selbständigen Pflanzen aus- wachsen. Ein bekanntes Beispiel hiefür liefern die sogenannten „Fäden“ der Erdbeere; ein solcher oberirdischer Ausläufer mit verlängerten, an “= 706 = den Knoten sprossenden Gliedern heisst auch Schössling. Der Boden, auf den sich die Erdbeerstämme betten, ist für sie thatsächlich Lieger- statt und Stütze, und sobald ihnen diese entzogen wird, werden sie nickend und überhängend.“ Erdbeeren und Pfirsichbäume (amygdalus s. prunus persica) blühen in Madeira das ganze Jahr hindurch. Die Erdbeere gilt als ein Sinnbild der Verlockung und Weltlust. Die Elsbeere oder Elsebeere, pirus s. sorbus s. crataegus tor- minalis, ein starker Strauch oder mässig grosser Baum; am unteren Ende des hiesigen Dorfbaches, kurz vor seiner Abbiegung beim Remonte-Depot, stand sogar ein ziemlich ansehnlicher Baum, dessen Stamm einen Um- fang von 104 em hatte. Leider wurde dieser Baum durch einen am Abend des 6. Juni 1891 wütenden orkanartigen Sturm entwurzelt und einige Wochen darauf abgesägt. Blattstiel schlank, etwa 1 cm lang. Blätter breit eiförmig, 23 mm breit, 3—4 em lang, fein und dicht ge- sägt, mit starken, parallelen Rippen. Blüten in Trauben am Ende kurzer, beblätterter Zweige, weiss, fünfteilig, sehr wohlriechend, weniger zahlreich, jedoch grösser als bei der Vogelbeere, zahlreicher und kleiner als bei der Mehlbeere. „Griffel gewöhnlich zwei, vom Grunde bis gegen die Mitte hin verwachsen. Früchte eirund oder kugelig, klein, lederbraun, punktiert, fast trocken, durch längeres Liegen teigig werdend und dann geniessbar (Els- oder Elzbeeren). Blüht Mai und Juni. Das Holz ist fest und zähe, gelblich weiss, von braunroten und schwarz- braunen Streifen durchzogen; wird zu Walzen, Rädern und ähnlichem gesucht.“ — Der Elsenstrauch stand in grosser Achtung, denn man meinte, dass er die Hexen (Elsen) vertreibe. Die Mehlbeere, pirus s. sorbus s. eralaegus aria, häufig als Strauch, jedoch auch als Baum von 10—12 m Höhe und breiter Krone. „Die Blütenstände, jungen Zweige und die Unterseite der Blätter bedeckt mit weichen, weissen Haaren. ‘Die Lappen der ei- runden Blätter au der Spitze abgerundet und nicht zugespitzt wie bei der Elsbeere. Sägezähne und Läppchen von der Mitte des Blattes nach dem Grunde abnehmend. Nerven und deren Hauptäste auf der Unterseite hervortretend. Blüten weiss, in Schirmtrauben, am Ende kurzer, beblätterter Äste, verästelt, jedoch nicht so zahlreich wie bei der Vogelbeere, ansehnlich gross. Früchte kugelig oder eirunalich, rot oder gelblich, grösser als die Vogelbeeren, essbar.“ Gedörrt und dann gemahlen werden sie auch (namentlich bei Mittenwald) in das Brot verbacken. Kommt in den Waldungen vor und blüht im Mai. — 107. — Die Mispel, mespilus s. pirus s. sorbus chamaemespilus (uEoruAov), auch gemeine oder wilde Mispel, mespilus germanica ge- nannt. „Die wilde Mispel bildet einen mehr oder weniger dornigen Strauch von 4—7 m Höhe, kann aber leicht zur Baumform erzogen werden und verliert bei besserer Pflege die Dornen. Die runden Zweige sind von einem feinen Filz überzogen. Blätter ungeteilt, fast sitzend, lanzettlich oder langrund, ganzrandig oder mit sehr kleinen Zähnchen; gewöhnlich filzig behaart, besonders auf der Unterseite. Blüten ansehnlich gross, bis 4 cm breite Blumenkrone, weiss oder schwach rosenrot, einzeln, mit blattartigen Kelchabschnitten, sitzend auf kurzen, beblätterten Zweigen. Griffel gewöhnlich fünf, getrennt und unbehaart. Frucht fast kugelig oder birnförmig, gekrönt von einer breiten, behaarten Ringscheibe, an welcher die fünf steinigen, unter sich und mit der Wand des Fruchtbechers (Kelchröhre) ver- wachsenen, von allen Seiten in das Fruchtfleisch eingesenkten Fächer (Fruchtfächer) deutlich sichtbar werden.“ Die Früchte sind erst, wenn sie teigig geworden, geniessbar. In Gebüschen und Dickichten in Süd- europa; in Deutschland in Obstgärten. Blüht im Mai. Die Heimat des Mispelbaumes ist das nördliche Persien. Das Maiblümchen oder Maiglöckchen, convallaria majalıs, hier Birkenblümlein genannt, perennierend, zu den Liliengewächsen gehörig, kommt merkwürdigerweise nicht in der unmittelbaren Um- gebung von Benediktbeuern vor, wohl aber nur wenig weiter südlich, kaum ?/ı Stunden entfernt, bei Pesenbach, besonders unter Nussstauden, sowie in wenig grösserer Entfernung von da hinter Kochel auf einem felsigen Hang gegen den See, welcher Hang wie besäet damit aus- sieht; ferner etwa 1!/g Stunden östlich auf dem Wege zur Benedikten- wand, seitlich der Koblstattalm, auf dem sogenannten Fraueneck, zu- gleich mit dem Frauenschuh. In dem nur 1/4 Stunde entfernten nörd- lich gelegenen Bichl kommt es ebenfalls nicht vor, obwohl es hier in Gärten an schattigen Plätzen gut fortkommt. Blütezeit der Mai und Anfang des Juni. Der Wurzelstock ist kriechend, d. h. er liegt hori- zontal in der Erde, wobei seine Stengelglieder (meist) deutlich ent- wickelt und (senkrecht) in die Länge gestreckt sind. Die Blätter sind grundständig, gewöhnlich zu zwei beisammen in einer schuppenartigen Scheide; die langen Blattstiele stecken scheidenartig ineinander und ähneln dadurch einem Stengel. (Eine Blattscheide haben diejenigen Blätter, deren Scheidenteil — d. i. der ausgebreitete Grund des Blattes, womit es dem Stengel ansitzt — den Stengel mehr oder weniger um- — 41087. — fasst.) Die Blattfläche oder Blattspreite ist länglich rund, nach beiden Enden verschmälert, und zwar sind die in einen spitzen Zipfel endigen- den Blätter durchschnittlich 6—7 em breit, 17—21 cm lang. Der Blütenstiel ist blattlos, grundständig, kürzer als die Blätter. Die Blüten sind niekend, rein weiss, glockenförmig, sechszipfelig und sehr ange- nehm duftend; sie bilden eine lockere Traube, indem alle Blüten (sechs bis neun) deutlich entwickelte, aber einfache, unverzweigte Blütenstiele haben. Sechs Staubgefässe. Beeren kugelig, rot. Das hübsche, all- bekannte Pflänzchen ist scharf, daher es gepulvert zum Niesen reizt; die getrockneten Blüten (flores convallariae s. liliorum convallium) bilden einen Hauptbestandteil des sogenannten „Schneeberger“ Schnupf- tabakes. In Russland sind die Maiblümchen schon seit alten Zeiten ein beliebtes Volksmittel gegen schwere Nervenleiden. Nachdem in den 1860er Jahren von Walz zwei Gifte, das Convallamarin (eine scharf drastisch wirkende Substanz) und das Convallarin, ein dem Fingerhut ähnliches Herzgift, darin entdeckt worden waren, ergaben die unter Leitung des russischen Professors Botkin anfangs der 1880er Jahre angestellten Beobachtungen am Menschen, dass die Maiblümchentinktur den Puls und Blutdruck in einem keineswegs unbedenklichen Grade beeinflusst. Wie oft schon mag ein solches Sträusschen dem Herzen gefährlich geworden sein, wenn auch nur in bildlichem, poetischem Sinn! Jetzt scheint die Wissenschaft für dieses anheimelnde Bild der Dichtung auch eine materielle Deutung gefunden zu haben. Doch — der Duft ist ungefährlich. Darum mögen sich die Liebhaber jenes reizenden Blümchens im Wonnemonat nach wie vor seines herrlichen Duftes erfreuen! Der Geist des Maiblümehens wird aber vielleicht noch als tincetura convallariae eine Perle des Arzneischatzes werden und bei der Behandlung von Herzfehlern und deren Folgen eine Rolle spielen. — Matthiolus sagt: „Mayenblumen oder Zaucken ist ein kraut von zweyen grünen langen blettern nebeneinander gesetzt. Hat in der mitte ein subtil dreyecket stengelen, daran stehen kleine schnee- weisse blümlen, fünff oder sechse, in der gestalt wie die Cymbalglöcklen, zurings umbher schartecht wie ein säge. In einem jeden glöcklen ist ein purpurfarb oder goldgelb flecklen. Sind eines lieblichen edlen ge- ruchs und bitteren geschmacks. So die blümlen im Sommer verwelcken und abfallen, werden schöne rote hörnlen darauss wie Corallen. Sein wurtzel ist weiss, steigt nicht tief! in die erden.“ — Auch eine Zimmer- kultur der Maiglöckehen im Winter ist in folgender Weise empfohlen worden. Man pflanze die treibkeimenden Stecklinge, welche in jeder — 109 — Gärtnerei billig zu haben sind, in Hyaeinthentöpfe, so, dass die Spitze noch sichtbar ist, bedecke dieselben mit einer Schicht Moos und giesse stets mit lauwarmem Wasser, was anfangs auch durch Spritzen von oben geschehen kann, später beim Blühen aber stets mittels wirklichen Giessens vorgenommen werden muss, da die Glöckchen sonst faulen. Die Erde muss stark mit weissem Sand gemischt sein. Man sorge für stete Feuchtigkeit bei einer mittleren Temperatur von 15° C. Wärme. Bevor jedoch die Töpfe warm gestellt werden, empfiehlt es sich, die- selben 2—3 Tags ausfrieren zu lassen, in der Weise, dass man die- selben bei einer Kälte von 5—6° vor’s Fenster stellt. Es „frieren die Pflanzenspitzen aus“ und wird dadurch ein schnelleres Treiben der- selben erzielt. Nach 14tägiger Kultur nehme man das Moos ab. In weiteren 10—12 Tagen stehen die Maiglöckchen in vollem Flor und übertreffen die wild wachsenden an Duft (?) und Schönheit. Nun stelle man die Töpfe in ein frostfreies Zimmer kalt, wo sich die Glöck- chen bis zu 3 Wochen konservieren lassen. Künstlich getriebene Maiglöckchen gibt es in Berlin von Anfang Dezember ab den ganzen Winter hindurch. Alljährlich werden von dortigen Blumenzüchtern etwa sechs Millionen Maiglöckchenkeime nach England sowie nach den kontinentalen Staaten verschickt, und es werden in einem der- artigen Etablissement während der Saison, d. i. von Anfang Dezember bis Mitte Mai, täglich 5000 Maiglöckchen zur Blüte gebracht. Die verschickten Keime werden von den Empfängern ebenfalls zu Treib- zwecken verwendet. Diese Kulturen liegen zum grössten Teile im Osten und den östlichen Vororten Berlins; dort sind grosse Flächen mit Maiglöckchen bestanden, die jetzt von Natur blühen und abge- schnitten auf den Markt gebracht werden. Auch aus dem benach- barten Werder, Potsdam u. s. w. kommen ziemlich bedeutende Mengen dieser abgeschnittenen Garten-Maiblumen im Mai auf den Markt, während gleichzeitig Wald-Maiglöckchen (sog. wilde) aus einigen Gegen- den Süddeutschlands hieher geschafft werden. Erst 15 Tage später beginnt die Zufuhr von Wald-Maiglöckchen aus Schlesien. Um den lieblichen Geruch des Maiglöckehens (für den Toilettentisch) zu be- kommen, wendet man dasselbe Verfahren an, welches auch zum Aus- ziehen der wohlriechenden Stoffe aus andern Blüten zur Anwendung gelangt. Man füllt eine reine Flasche mit zerschnittenen Maiblumen, giesst zwei Teile starken Spiritus und ein Teil Glycerin darauf, ver- schliesst sie luftdicht und setzt sie 2—3 Wochen lang der Sonne aus. Der wichtigste Stapel- und Versandplatz für die Maiglöckchen ist — 10 — Berlin. Die künstlich gezüchtete Pflanze bringt zwar grössere Blumen hervor, erfreut sich aber nicht jenes unendlich lieblichen Duftes wie die im frischen grünen Wald aufgewachsene Schwester, und darum wird letztere mit vollem Recht bevorzugt. Die meisten Wald-Maiglöck- chen liefert, wie erwähnt, zur Blütezeit Schlesien nach Berlin, und in dieser Provinz sind es besonders die Orte Liegnitz und Maltsch, welche täglich ganze Wagenladungen, oft drei bis vier, mit diesen duftenden Frühlingskindern nach der Reichshauptstadt abfertigen. Ein solcher Güterwagen nimmt gewöhnlich 30 Körbe auf und in jedem der letz- teren befinden sich etwa 300 Bündel, zu 100 Blumenstengeln. Zehn solcher Stengel werden zu jenen bekannten kleinen Sträusschen formiert, welche massenhaft auf den Strassen und in öffentlichen Lokalen aus- geboten und gekauft werden; es ergibt sich also ein sehr stattlicher Umsatz, denn jede Wagenladung enthält 900,000 einzelner Blumen oder 90,000 Bouquets, die, das Stück zu 10 Pfennige gerechnet, einen Ertrag von 9000 Mark ergeben. Noch bedeutender ist das Export- geschäft, welches in diesem so geringfügig erscheinenden Artikel von Berlin aus gemacht wird. Einer der nach Berlin wichtigsten Plätze für diesen Handel ist Paris, das seinen Bedarf früher ausschliesslich von der blumenreichen Riviera, namentlich aus Nizza bezog, jetzt aber die deutschen Erzeugnisse wegen ihres feineren Wohlgeruches vorzieht. Auch London ist ein nicht zu unterschätzender Abnehmer, dessen Konsum sich von Jahr zu Jahr steigert. Selbst den rauhen Norden, Petersburg und Stockholm, beginnt sich unser bescheidenes Waldblüm- chen zu erobern, und zweifellos wird das Absatzfeld sich mehr und mehr erweitern. Der gemeine Frauenschuh, cypripedium calceolus, mit bis zu !/? m hohem Stengel, grossen eirunden zugespitzten Blättern und faserigem Wurzelstock, perennierend, zur Familie der Orchideen ge- hörig, am Strassberg, am Rabenkopf, oberhalb Pesenbach, sowie auf felsiger Anhöhe gegen die Benediktenwand zu, besonders am Grat der Kohlstattalm, gegen den Kohlstattgraben, am sogenannten Fraueneck, in der Nähe der durch die Schmied-Lain gebildeten Wasserfälle, etwa 1'/2 Stunden von hier, zusammen mit Maiblümehen, blüht Mai und Juni, und kommt auch im Garten verpflanzt vorübergehend fort. Blüte einzeln, selten zu zwei, endständig, an langem Stiel, unregelmässig, von einem Deckblatt gestützt. Die unregelmässige blumenartige Blüten- hülle, Perigon, der Orchideen ist oberständig, indem die Röhre des Perigon dem Fruchtknoten angewachsen ist, seitlich symmetrisch, d. h. — 11 — sie lässt sich in senkrechter Richtung in zwei einander genau entspre- chende Hälften teilen, und besteht aus sechs gewöhnlich blumenkron- artigen Teilen oder Blätteın. Die drei äusseren, Kelchblätter genannt, und zwei der inneren, als Kronenblätter bezeichnet, sind häufig unter sich nahezu gleich gestaltet und bilden eine Art Oberlippe, das dritte innere unpaarige, vorwiegend entwickelte Blatt, die Unter- oder Honig- lippe, weicht von den übrigen Blättern in Form, Farbe und Richtung ab, ohne jedoch, wie sonst häufig, an seinem Grunde mit einem honig- führenden Sporn versehen zu sein. Die Lappen oder Zipfel, Abschnitte des Saumes (oberen ausgebreiteten Teiles) der Blütenhülle zeigen meist ganz deutlich die Zahl der in die Verwachsung eingehenden Glieder des Blattkreises an. Der Honiglippe gegenüber befindet sich die aus den mit dem Griffel verwachsenen Staubgefässen gebildete Griffel- oder Befruchtungssäule, gynostemium, und zwar sind beim Frauenschuh von den drei Staubgefässen die zwei seitlichen ausgebildet, — bei den übrigen Örchideenarten gewöhnlich das mittlere. Das Säulchen ist beim Frauen- schuh viel kürzer als die Kronenblätter, endigend in einen breiten gekrümm- ten verdiekten blumenblattähnlichen Lappen und zwei seitliche, welche zwei getrennte Staubbeutel tragen. Pollen oder Blütenstaubmasse pulverartig. Der unterständige Fruchtknoten ist einfächerig, mit drei wandständigen Samenleisten. Die Frucht ist eine vielsamige Kapsel mit staubfeinen Samen, die einen gleichartigen fleischigen geraden Keimling enthalten. Die Honiglippe ist sehr gross, blasig aufgetrieben, nach der Basis hin geöffnet, einem Holzschuh ähnlich ausgehöhlt, zitronengelb, an dem kleinen mittleren oberen Läppchen oder Zünglein purpurn gezeichnet. Diese unten konvexe und auch einem Kiel oder Kahn ähnelnde Honiglippe hatte nach meiner Messung im Längsdurch- messer 33 mm, im Q@uerdurchmesser 22, in der Höhe 21 mm; die eirundliche an der Basis hart am Blütenstiel, von wo die Blüte etwas gewunden rachenförmig in stumpfem, fast rechtem Winkel sich zum eigentlichen Schuh umbiegt, — beginnende Öffnung nimmt bei einem Querdurchmesser von 14 mm eine Länge von 19 mm ein. Vier rot- braune strahlenförmig abstehende über 3 em lange Deckblätter bezw. Kelch- und Kronenblätter, von denen das obere Kelehblatt der Honig- lippe gegenüberstehend breit lanzettlich, ein ähnlich gestaltetes, aus Verschmelzung der beiden anderen Kelchblätter entstandenes unterhalb der Lippe; die zwei Kronenblätter ziemlich ebenso gestaltet, gleich gross. (Im allgemeinen gilt für die Blüten: der Keleh ist gewöhnlich grün und kleiner als die von den Blumenblättern gebildete Blumen- — 12 — krone, welche gewöhnlich gefärbt und zarter gebaut ist als der Kelch; in diesem Falle nennt man im gewöhnlichen Leben die ganze Blüte eine Blume. Bei manchen Blüten, denen man eine einfache Blüten- hülle, Perigon, zuschreibt, sind Kelch und Blumenblätter von gleicher Form und sonstiger Beschaffenheit und stellen einen einzigen Wirtel dar.) Die Gattung Frauenschuh ist eine zahlreiche und sehr ausge- zeichnete Gattung, die vorzüglich Nordamerika und Asien angehört; in Europa findet sich nur die eine angegebene Art; sie erinnert in der Farbe an die ebenfalls in Nordamerika einheimische Nachtkerze. Die gemeine Vogelnestwurz, neottia s. ophrys nidus awvis, ebenfalls eine Orchidee, perennierend. Ganze Pflanze anfangs gelblich, später braun. Der Wurzelstock besteht aus einer dichten Masse dieker fleischiger knolliger Fasern. Stengel spargelähnlich, bis über 30° em hoch, besetzt mit mehreren gelblichbraunen häutigen, statt der Blätter auftretenden (und dadurch wie durch die braune Färbung und die grössere Staubgefässsäule vom Zweiblatt, /istöra, unterschieden) Schei- den. Blütenhülle glockig, fast helmartig. Ähre dicht, bis über 8 em lang, ihre untersten Blüten etwas entfernter stehend, sämtliche bräun- lich. Kelchblätter breit eirund, gewöhnlich zugespitzt, gegen 6 mm lang; Kronenblätter mehr abgerundet, die Honiglippe doppelt länger, am Ende tief zerspalten in zwei länglichrunde, ausgespreizte Zipfel. Blüht im Juni, im Walde, nicht häufig, mehrere neben einander. „Die Vogelnestwurz findet sich sowohl in Laub- als in Nadel- wäldern, ihre Stengel und Blüten haben eine bei Pflanzen ganz ungewöhn- liche lichtbraune, an Eichenholz erinnernde Farbe; die Blumen sind ge- ruchlos, die vom unterirdischen Teile des Stengels ausgehenden, in Humus eingebetteten, in Form und Farbe an Regenwürmer erinnernden zahl- reichen Wurzeln bilden ein wunderliches, oft faustgrosses Gewirr, das man mit einen Vogelneste verglichen und als Anlass zur Benennung dieser Pflanze benützt hat. Die Korallenwurz (corallorhiza innata, zartes perennierendes Pflänzchen von 15—20 em Höhe, lichtbraun oder bleichgelb, schwach grünlich im oberen Teile, mit wenig kurzen, scheidigen Schuppen, statt der Blätter; blüht Mai und Juni; Blüten klein, grünlichgelb; Kelchblätter schmal lanzettlich, gegen 4 mm lang; Kronenblätter viel kürzer; Honiglippe langrund, weiss, im Schlunde dunkelrot punktiert, herabhängend,) hat im Gegensatze zu dem Vogel- neste, der Nestwurz, gar keine Wurzeln, dagegen zeigt der unterirdische Teil des Stengels, das sogenannte Rhizom, mit dem Wurzelgewirre des Vogelnestes eine entfernte Ähnlichkeit. Blassbräunliche, an den stumpfen —-— 13 — weisslichen Enden wiederholt gabelig verzweigte Äste dieses Rhizomes, welche gerade so aussehen, als hätte man sie eine Zeit lang gepresst und dadurch alle die kurzen, lappenförmigen Zweiglein in eine Ebene ausgebreitet, liegen dicht gedrängt nebeneinander, verschränken sich auch teilweise und bilden so einen Körper, welcher auf das lebhafteste an einen Korallenstock erinnert. Dieses korallenstockartige unterirdische Stengelgebilde entwickelt alljährlich über die Erde emporsteigende blass- grünliche Stengel, welche mit kleinen, gelb-, weiss- und violett-schecki- gen, nach Vanille duftenden Blüten und später mit verhältnismässig grossen, grünen, zur Zeit der Reife braun werdenden Früchten be- setzt sind.“ Gemeiner Fichtenspargel, monotröpa hypopitys, perennierend, . zur Familie der Heidekrautgewächse und zur Gattung Fichtenspargel oder Ohnblatt, monotropa, gehörig, welche, wie schon der Name an- deutet, blattlose Schmarotzer enthält, einfache aufrechte fieischige Kräuter von gelblicher oder hellbrauner Farbe, den Stengel statt der Blätter mit kleinen langrunden oder eirunden gewölbten blassen Schup- pen besetzt; eine Gattung aus nur wenigen Arten, welche die Wälder Europas, Asiens und Amerikas bewohnen. „Stengel 12—16 em hoch, mitunter am oberen Teile schwach flaumhaarig. Blütezeit Juli und August; Blüten wenige, in kurzer endständiger Traube. Kelchblätter und Blumenblätter ziemlich gleich gross, gelblich, eirund oder lang- rund, kahl oder schwach flaumhaarig, bleibend und die Kapsel um- schliessend. Staubgefässe klein, an dünnen Fäden. Die Gipfelblüte ist vierzählig, die seitenständigen Blüten sind fünfzählig. Ganze Pflanze blass gelbbräunlich, beim Trocknen schwarz werdend. — Die Arten des Fichtenspargels sind im Baue der Blüten und Früchte mit den Primeln und Wintergrünarten zunächst verwandt und werden in schattigen Wäldern allenthalben angetroffen. Die 10—20 cm hohen Stengel desselben, welche sich im Sommer aus der Dammerde des Waldgrundes emporschieben, sind dick, fleischig, saftreich, mit häutigen durchscheinenden Schuppen reichlich besetzt, das Ende derselben haken- förmig zurückgebogen. Halb verdeckt von den Schuppen entwickeln sich an dem Ende des Stengels die zylinderförmigen Blüten, welche mit ihrer Mündung gegen den Boden gerichtet sind. Alles an dieser Pflanze (Stengel, Blattschuppen und Blüten) ist von blasser wachs- gelber Farbe, und der allgemeine Eindruck, den sie hervorbringt, stimmt weit mehr mit dem der Schuppenwurz oder einer der bleichen Waldorchideen als mit einer Primel- oder Wintergrünart überein. Gegen Daffner, Voralpenpflanzen. 8 —. 11 — den Herbst zu, wenn aus den Blüten reife Früchte hervorgegangen sind, streckt sich das bisher herabgebogene Stengelende gerade in die Höhe, der ganze oberirdische Teil der Pflanze bräunt sich, vertrocknet, und aus den kugeligen Früchten streut der Wind bei jeder noch so leisen Erschütterung viele tausende winziger staubfeiner Samen heraus, welche gleich den Wintergrünsamen nur aus wenigen Zellen bestehen und keine Spur eines Embryo erkennen lassen. Unterirdisch aber leben die Stöcke, von welchen sich im Sommer die bleichen Stengel in kleinen Gruppen und Horsten emporgehoben hatten, über Winter fort, und es bilden sich dort an denselben auch viele neue Knospen aus. Gräbt man der überwinternden Pflanze nach und hebt man die sie bedeckende Dammerde ab, so findet man in der Tiefe von 10—40 cm korallenstockartige Massen, welche aus dicht zusammengedrängten, viel- fach verzweigten Wurzeln bestehen. Alle Wurzelverzweigungen sind kurz, diek, fleischig und brüchig, kreuzen und verqueren sich und bilden zusammengenommen meist rasenförmig geballte Körper, die nicht selten mit den Wurzelästen von Fichten, Tannen und Buchen verwebt und in allen Zwischenräumen mit Dammerde erfüllt sind. Jedes Wurzelästchen ist bis zur fortwachsenden Wurzelspitze mit einem dicken Mycelmantel umgeben. (Mycelium oder Fadenlager ist das zarte Fadengewebe, welches sich wurzelartig im Boden oder in der Unterlage, worauf der Pilz wächst, verbreitet) Die Hyphenfäden dieses Myceliums dringen nicht in das Gewebe der Monotropa-Wurzel ein und senken auch keine Haustorien in die oberflächlichen Zellen dieser Wurzeln. Die Hyphenfäden und die Oberhautzellen der Wurzel schliessen aber so dieht und so ununterbrochen an einander, dass am Durchschnitte eine vollständig geschlossene Gewebemasse erscheint. (Zur Erläuterung diene: Aus den schmarotzenden Pilzen treten schlauch- förmige dünnwandige Zellen, Zellfäden, Pilzfasern, hervor, stielartige Fadenschläuche, die man Hyphen genannt hat, und diese suchen in die Stämme, Zweige, Blätter und Früchte des Wirtes hineinzuwachsen. Die eingebetteten Hyphen bilden dann seitliche Aussackungen, welche die Wandungen der an den Interzellulargängen angrenzenden Zellen durchlöchern und, wenn sie in den Innenraum dieser Zellen einge- drungen sind, dort kolbenförmig anschwellen. Mit diesen kolbenförmi- gen oder fast kugeligen Aussackungen, welche den Namen Saugwarzen, Haustorien führen, saugt dann der Schmarotzer aus dem lebendigen Leib der durchlöcherten Zellen die ihm nötigen Stoffe) Monotropa kann demnach unterirdisch ihre Nahrung nur aus dem Hyphengeflechte — 115 — des Mycelmantels entnehmen. Da sie ganz chlorophyllos ist und da ihre oberirdischen Stengel und Blätter keine Spur von Spaltöffnungen zeigen, so ist geradezu ausgeschlossen, dass sie organische Stoffe er- zeugt und dass sie überhaupt mit Hilfe ihrer oberirdischen Teile an Substanz gewinnt. Alle Stoffe, aus welchen sie sich aufbaut, erhält sie demnach aus dem Mycelium des Pilzes, während sie umgekehrt an dieses Mycelium nichts abzugeben im stande ist, was sie nicht früher von diesem erhalten hätte Wenn das Mycelium nachträglich aus der lebenden oder verwesenden Monotropa irgend welche Stoffe bezieht, so sind diese nur zurückgenommen und nicht im Tausche erhalten. Es kann daher hier von einer wechselseitigen Ergänzung des Ernährungs- vorganges, von einer Teilung der Arbeit, von einer Ernährungsgenossen- schaft keine Rede sein. Die Monotropa wächst und nimmt an Um- fang zu nur auf Kosten des Myceliums, in welches sie eingebettet ist, und es liegt demnach hier der merkwürdige Fall vor, dass eine Blüten- pflanze in dem Mycelium eines Pilzes schmarotzt. Die Erfahrung zeigt so häufig den umgekehrten Vorgang, dass wir uns mit der Vor- stellung einer das Mycelium eines Pilzes aussaugenden Blütenpflanze nicht recht vertraut machen können ; dennoch ist hier kaum eine andere Deutung möglich, denn alle die anderen Angaben, wonach Monotropa mit Baumwurzeln sich in Verbindung setzen soll, oder dass sie in den ersten Entwickelungsstufen ein Schmarotzer sei, sich aber später von ihrer Wirtpflanze ablöse und zu einer Verwesungspflanze werde, be- ruhen auf ungenauen Beobachtungen.“ Das Bittersüss, der bittersüsse Nachtschatten, solanum dulcamära, yperennierend, an feuchten Hecken und Gebüschen, in schattiger Waldung, sowie an Bachufern. Stengel am Grunde holzig, etwa das obere Drittel rankend, sich anlegend, im Winter absterbend. Blätter eiförmig lanzettlich, an einem etwa 11 mm langen Stiel 39 mm lang und 18 mm breit, übrigens in Grösse sehr variierend und am Grunde meist mit einem gestielten breit eiförmigen bis herzförmigen Blättchen, kahl, ganzrandig. Blütezeit Juli und August. Blüten klein, seitenständig, an ziemlich langem Stiel, violett, fünfblätterig, in nach vorne überhängender, einwärts gebogener Traube (Wickeltraube), ein- seitswendig, die Blumenblätter zurückgeschlagen, der dünne weisse Griffel 2 mm über die Getreidekörnern ähnlichen (fünf) verwachsenen gelben 5 mm langen Staubbeutel vorragend. Die Früchte, kleine eirunde Beeren, sind anfangs grün, zur Zeit der Reife, im September und Oktober, färben sie sich schön hochrot, hellrot, und erscheinen 8* ee weich, sehr saftig und halb durchsichtig. An der Spitze haben sie grüne Punkte. Sie sind giftig. Der Geschmack der Rinde ist bitter, der des Holzes süss. Wurzel holzig. Die Pflanze — und zwar die zerschnittenen Wurzel- und Stengelteile, stipites dulcamarae -- wurde früher arzneilich verwendet wegen des in ihr wie in allen Solaneen vorkonmenden Solanin ; die Pupille wird nicht erweitert, der Puls wird beschleunigt. Jetzt ist sie mit Recht ausser Gebrauch. In grösserer Menge ist das Solanin im schwarzen Nachtschatten enthalten. Auch in den keimenden Kartoffeln, den Wurzelknollen, ist Solanin in nicht unbeträchtlicher Menge vorhanden, weshalb gerade die überwinterten Kartoffeln sowie die Schlempe, die bei der Branntweinbereitung aus der- selben abfällt, am häufigsten zu toxischen Erkrankungen des Viehes Anlass geben sollen. — Der schwarze Nachtschatten, solanım nigrum, aufrechtes, ein- bis zweijähriges Kraut; Stengel gefurcht, Blätter ge- stielt, eirund, grob gezähnt. Auf Wiesen und Äckern. Blüht Juli bis Oktober und ist giftig. Blüten klein, weiss. Beeren klein, kugelig, erst grün, dann schwarz oder, wie hier gewöhnlich, rot, fast einer Johannisbeere ähnlich. Die schwarze Nieswurz, hellebörus niger, zu den Hahnen- fussgewächsen gehörig, perennierend, kommt hier oberhalb der Kohl- stattalm, am Weg zur Benediktenwand, und auf dieser selbst vor; häufiger in Berchtesgaden, am Untersberg und am Königssee bei St. Bartholomä. Grundständige Blätter acht- bis neunspaltig (ich beobachtete neun Blättehen), glänzend, in der oberen Hälfte gezackt, die Zacken mit einem dornartigen Spitzchen versehen, fussförmig ge- ‚teilt, indem das Blatt zunächst dreiteilig, der mittlere Lappen frei, die beiden äusseren oder seitlichen Lappen aber wieder gabelig geteilt (ich beobachtete je vier Lappen), sämmtliche Teilungsstellen sich jedoch ge- nähert sind. Blattstiel in der Mitte gerieft. Stark ausgeprägte Blatt- nerven. Der Blütenstengel (ich mass ihn bis zu 13,5 cm Länge; 2 em unterhalb der Blüte erscheint er wie abgesetzt und ist mit zwei breit eiförmigen Hochblättern besetzt) erscheint vor den Blättern und ist am Grunde mit zwei bis drei (gewöhnlich zwei) eiförmigen Blatt- scheiden und unmittelbar an der Blüte mit einem eiförmigen Deckblatt (Stützblatt) besetzt. Sie blüht von November bis April, — ich sah sie hier auf einem Grabhügel noch Ende April 1891 blühen —, meist anfangs Februar, und können unter günstigen Verhältnissen die Älpler mit einem Strauss von Schneerosen (sowie manchmal noch Epheublüten) den Weihnachtstisch schmücken, daher auch der Name Christblume, — 117 — Christwurz, Weihnachtsrose. Fünf hübsche, schneeweisse Kelchblätter (ich mass sie zu 24 mm Breite und 31—35 mm Länge), die sich meist aussen mit einem rosaroten Anflug überziehen und später bei der Ent- wiekelung der Frucht — dieselbe ist eine einfächerige, mehrsamige, lederartige, an der inneren Naht aufspringende, sitzende Balgkapsel — erünlich werden. Dann folgen nach innen an einem äusserst feinen, weissen, 2 mm langen Stielchen die eigentlichen echten, 12—15 (ich zählte 13) in einen Kreis gestellten, sehr kleinen, 7 mm langen, röhren- förmigen, an der Spitze zweilappigen, am Grunde mit einer Honigdrüse versehenen, gelblich grünen Blumenblätter, die einen süssen, aber gif- tigen Honig absondern. Eine Blütenhülle (Perigon), d. h. Blütendecken von durchweg gleichmässiger, entweder kelch- oder blumenartiger Be- schaffenheit, ist nicht vorhanden. Zahlreiche Staubgefässe; sieben Stempel. Der schwarze oder schwarzbraune, ästige Wurzelstock ist innen weiss und wird beim Trocknen noch viel dunkler, daher der Name schwarze Nieswurz. Derselbe ist scharf giftig und war früher offizinell, d. h. in der Arzneikunde verwendet. Die Gattung Nieswurz, helleborus, ist eine gut gekennzeichnete, aber artenarme Gattung, haupt- sächlich in Süd-Europa und West-Asien verbreitet. Die Weihnachts- rose lässt sich auch, obwohl sie ursprünglich ein Kind der Berge, auf die Ebene verpflanzen; so findet sie sich hier schon mehrere Jahre (von Reichenhall stammend) auf einem Grab; in der Regel wächst sie aber nur 1, 2 Jahre. Am besten ist es, wenn man nicht alte Pflanzen direkt frisch vom Berge herab einsetzt, sondern sie erst auf einer Zwischenstation kultiviert und dann davon abnimmt. Sie beanspruchen weder Dünger noch sorgfältige Pflege, sondern kommen sich selbst überlassen am ehesten durch. Der Boden spielt keine grosse Rolle, es kann Sandboden, humusreicher Gartenboden oder auch Lehmboden sein. „Wer einmal gute Helleborus-Büsche besitzt, vermag sich leicht Nachwuchs zu schaffen. Alte Stöcke lassen sich sehr leicht teilen, doch sollte dies nicht zu energisch geschehen, denn je kleiner die ein- zelnen Teile sind, desto länger dauert es, bis die Pflanzen erstarken. Starke Teilstöcke dagegen sind oft im zweiten Jahre schon zu grossen Büschen geworden. Eine unangenehme Eigenschaft scheint allerdings durch das Teilen hervorgerufen zu werden — zu frühe Blüte. Die frisch geteilten Pflanzen blühen viel früher als ältere Büsche, oft schon, wenn die Sommerblumen noch im vollsten Flor stehen, aber mit dem älter werden verliert sich diese Eile und tritt die normale Blüte in ihr Recht.“ Dazu enthält der praktische Ratgeber im Obst- und Garten- — 18 — bau (1890) folgende Bemerkung. Wem daran: liegt, dauernde, jedes Jahr blühende, dankbare Exemplare zu besitzen, der pflanze ausschliess- lich Sämlingspflanzen, also Pflanzen, die aus Samen gezogen sind, der von kultivierten Exemplaren gewonnen wurde. Derartig erzogene Pflanzen gedeihen auch noch unter verhältnismässig ungünstigen Bedingungen und sind viel widerstandsfähiger und haltbarer wie geteilte oder gar in der Wildnis gesammelte Exemplare, welch letztere fast ohne Aus- nahme schon im ersten Jahre der Anpflanzung eingehen. Alle Helle- borus-Arten erreichen ihre volle Schönheit erst im dritten, vierten, ja auch wohl fünften Jahre nach der Anpflanzung, und es ist deshalb dringend zu raten, die Pflanzen möglichst lange an einem Orte stehen zu lassen. Die Anpflanzung geschieht am besten im Herbst, und empfiehlt es sich, im ersten Winter die frisch eingesetzten Exemplare mit einer leichten Decke von ein paar Tannenzweigen zu bedecken. — „Grosse Blumen, deren Blätter vom Anfang bis zum Ende der Blütezeit eine grüne Färbung zeigen, gelten als Seltenheit. Dagegen sind kleine, chlorophyllreiche Blumenblätter eine sehr gewöhnliche Erscheinung. Auch der Wechsel der Blütenfarbe aus weiss, rot, violett und braun in grün im Verlaufe der Blütezeit ist mehrfach beobachtet worden, und zwar sowohl an kleinen als auch an recht ansehnlichen Blüten. Ein sehr auffallendes, hieher gehöriges Beispiei ist die schwarze Nies- wurz. Wenn ihre Blumen sich öffnen, sind die äusseren grossen Blätter derselben, welche unterhalb der zu kleinen Honigbehältern umgewandelten Kronenblätter stehen, schneeweiss und heben sich von der dunkleren Umgebung deutlich ab. Sie fallen den honigsammeln- den Insekten auch von fern in die Augen und werden von diesen gern aufgesucht. Ist durch Vermittelung der honigsaugenden Insekten die Befruchtung eingeleitet, so sind sowohl die kleinen Honigbehälter als auch die grossen, blendend weissen, äusseren Blumenblätter, die man als Kelchblätter bezeichnet, überflüssig. Die Honigbehälter fallen alsbald ab, die grossen Kelchblätter aber bleiben und übernehmen eine andere Funktion. In ihren Zellen entwickelt sich reichlich Chlorophyll, die weisse Farbe schwindet, frisches Grün tritt an die Stelle, und die- selben Blumenblätter, welche früher mit ihrer weithin sichtbaren Farbe die Insekten angelockt hatten, funktionieren jetzt als grüne Blätter ganz ähnlich wie Laubblätter. Die Blüten der Nieswurz sowie jene der Winterblume zeigen innerhalb der grossen Kelchblätter tütenförmige, becherförmige oder röhrenförmige Nektarien mit schief abgeschnittener Mündung.“ — Grüne Nieswurz, helleborus viridıs, perennierend, — - 119 .— März und April blühend, auf Weiden und in Waldungen, selten. „Grundständige Blätter gross, lang gestielt, geteilt in sieben bis elf läng- lich lanzettliche, zugespitzte, gezähnte Abschnitte; der mittelste dieser Lappen ist frei, die seitlichen dagegen sind an ihrem Grunde verbunden und dadurch fussförmig. Beim fussartigen Blatt entspringen also die Seitenblättehen nicht unmittelbar aus der Spitze des gemeinschaftlichen Blattstieles, sondern von zwei dort abgehenden seitlichen Verzweigungen desselben. Stark hervortretende Adern (d. h. feinere, sich unter ein- ander vereinigende Verästelungen der seitlich verzweigten Blattnerven oder Seitenrippen). Der Stengel, kaum länger als die Blätter, trägt zwei bis vier grosse, ihr Köpfehen abwärts neigende, also nickende, schwach wohlriechende Blüten von blass gelblich grüner Farbe. An jeder Abteilung ein sitzendes Blatt, das fingerig zerteilt, jedoch kleiner als die grundständigen ist. Kelchblätter ausgebreitet, deshalb die Blüte geöffnet.“ Wurzel scharf und betäubend giftig (abführend), ehedem in der Arzneikunde gebräuchlich. Im Altertum galt dieselbe als Heil- mittel gegen Wahnsinn, und wuchs nach Strabo (66 v. Ch. bis 24 n. Ch.) die beste Nieswurz bei der Stadt Antieyra. „Greizigen reichet man weit die beträchtlichste Gabe von Nieswurz, wenn sie vielleicht die Vernunft nicht ganz nach Anticyra weist“ — sagt Horatius (65—8 v. Ch.) in einer Satire. Europäische Haselwurz, asärım europaeum, niederes Kraut mit ausdauerndem, kriechendem Wurzelstock und sehr kurzem Stengel ; in Wäldern und Gebüschen, April und Mai blühend. Der Stengel trägt gewöhnlich zwei lang gestielte, lederartige, nieren- oder bohnen- förmige Blätter. Zwischen den glänzend dunkelgrünen Blättern ver- steckt befindet sich an einem kurzen, gekrümmten Stiele die Blüte, ein nickendes, bräunliches, grünlich braunes Glöckehen; die Blütenhülle bis zur Mitte geteilt in drei einwärts gebogene, spitze Lappen. Die ganze Pflanze, stark aromatisch duftend, galt ehedem als heilkräftig. „Bei ihr ist es die Spitze des der Länge nach zusammengefalteten unteren Blattes, welche, nach oben wachsend, wie ein Keil die Erde auseinander drängt. — Diese zur Familie der Österluzeigewächse, artstolochiaceae , gehörige Pflanze findet sich nirgends wohler als im Schatten, wenn das Erdreich von lockerer, humoser und nahrhafter Beschaffenheit ist. Wer eine kahle, schattige Fläche vom Frühjahr bis Herbst recht mit grünem Laubteppich bekleiden will, der wähle Asarum,“ Der Name stammt von ihrem Vorkommen unter Haseln. Der gemeine Sauer-Ampfer, rumex acelosa, perennierend, —: 120 — auf Wiesen, Mai bis August blühend. „Blätter meist grundständig, langrund, pfeilförmig, am Grunde mit breiten, zugespitzten Ohren, von saurem Geschmack, die stengelständigen wenig zahlreich, kurz gestielt. Blüten zweihäusig oder einhäusig, klein, in langen endständigen blatt- losen Rispen, gewöhnlich rot werdend. Innere Zipfel der Fruchthülle (Blütenhülle) verlängert, rundlich, dünn und blumenblattähnlich, ganz- randig, jeder mit einem kleinen, schuppenähnlichen Anhang am Grunde, welcher samt den äusseren Zipfeln zurückgeschlagen ist.“ Er wird auch kultiviert und die sauer schmeckenden, langrunden Blätter werden zur Kräutersuppe wie auch zu Gemüse verwendet. „Sobald anfangs März die Witterung es gestattet, ist der Sauerampfer umzupflanzen. Er ge- deiht am besten und liefert den höchsten Ertrag an schmackhaftem Gemüse in tief gegrabenem, aber nicht frisch mit Stallmist gedüngtem Boden. Für eine Düngung mit Kompost ist er sehr dankbar. Wenn man in jedem Winter bei offenem Wetter die obere Erde rings um die Stauden abräumt und durch frische Komposterde ersetzt, kann die Pflanzung recht gut 10 -12 Jahre an demselben Platze bleiben. Sonst aber müssen die Stauden, wenn die Blätter schön und schmack- haft bleiben sollen, alle drei bis vier Jahre umgepflanzt werden. Leicht ist es auch, den Sauerampfer durch Samen zu vermehren. Der Samen wird dünn in Rillen gesät. Die aufgegangenen Pflanzen bis auf 20 em Abstand verzogen. Der Sauerampfer gedeiht vorzüglich auch im Schatten, wo ausser Kümmel nichts wachsen will.“ Er gehört zur Familie der Knöterichgewächse, polygonaceae. Gelber Lerchensporn, corydalis s. fumaria lutea, ein- bis mehrjährig, auf Wiesen, an Wegrändern, alten Mauern. Blätter zart, blassgrün, dreizählig bis dreifach fiederteilig (dreiteilig gefiedert); Deck- blätter lanzettlich, haarspitzig. Blumen in kurzen Trauben, blassgelb, mit kurzem, breitem Sporn. Blüht im Juni. Gehört zu den Erdrauch- gewächsen, fumariaceae. Schwarzhüllige Schafgarbe, achillea atrata, perennierend, auf Bergwiesen, Juli und August blühend. Einfacher, aufrechter (?—11 cm hoher) Stengel, behaart; Blätter fiederspaltig, länglich linea- lisch, ungemein schmal, fast nadelähnlich, zugespitzt, schwach filzig behaart; Strahlenblüten schmutzig weiss, zu acht bis zehn in den Blüten" köpfehen. Hüllblättchen schwarz gerandet. Familie: Korbblütler. Kriechendes Gipskraut, gypsophila repens, perennierend, auf Bergwiesen und Flusskies, Juni bis August blühend. Stengel kahl, 15 em lang, Blätter linealisch. Fünfblätterige, teils weisse, teils rosa- — 121 — lilafarbige Blüte; die Blumenblättchen am Rande in der Mitte gekerbt. Familie: Nelkengewächse. Zur Familie der hahnenfussartigen Gewächse, ranıneulaceae, — Hahnenfuss von der Form der Blätter, die man mit den Fuss- stapfen eines Hahnes verglich —, gehört die Gattung Windröschen, anemöne («vsuog Wind, weil sich, wie Plinius meint, die Blüte nur dann öffnet, wenn der Wind weht), von welcher ich folgende Arten anführe. Das Busch-Windröschen, anemone racemosa Ss. nemo- rosa, Waldhähnlein, perennierend, auf feuchten Wiesen, am Bach; blüht April und Mai; sechs weisse, seltener weissrötliche, kahle Kelch- blätter. Vom Ende des schwarzen, wagrechten, kriechenden Wurzel- stockes entspringen zwei bis drei Blätter und ein bis 20 em hoher Blütenstengel, alle glatt. Blattstiele lang, mit drei eirunden oder Janzett- lichen Einzelblättern, welche gezahnt oder gelappt, oder selbst bis fast zum Grunde in drei Abschnitte geteilt sind, und einen scharfen Saft ent- halten. — Das Leberblümchen oder Leberkraut, anemone hepatica s. hepatica triloba, perennierend, März bis Mai blühend, mit fünf (bis neun) innen lilafarbigen (hlauen), aussen in der Mitte — der Rand ist ebenfalls lila — weisslichen Kelchblättern. Der schwarze Wurzel- stock treibt einen Büschel grundständiger nierenförmiger, dreilappiger Blätter, die Lappen ganzrandig. Stellenweise besonders im Wäldchen an der Lain (Riederer Weidach) zugleich mit dem Busch-Windröschen. „Beim Busch-Windröschen steht eine aus drei, den grundständigen ähnlichen, aber kleineren Laubblättern (Hüllblättern) gebildete Hülle — eine Hülle entsteht, wenn die Hochblätter oder Deekblätter (Brak- teen) einander sehr genähert sind, so dass sie in einem Quirl stehen und ein zusammengehöriges Ganzes darstellen — in ansehnlicher Ent- fernung von der Blüte etwa ?/s der Höhe des sonst nackten Blüten- stieles; beim Leberblümchen ist sie der Blüte so genähert, dass sie wie ein Kelch erscheint, während der Kelch hier blumenartig ist und der eigentliche Blumenblattkreis fehlt. Das Leberblümchen hat daher, da in der, der Anlage nach vollständigen, Blüte der Blumenblattkreis nicht zur Ausbildung kommt, gleich der Waldrebe eine blumenlose Blüte, und der Kelch vertritt hier die Stelle der fehlenden Blume. Das Busch-Windröschen hat ein flaumig behaartes Früchtcehen mit kurzer, nicht federiger Griffelspitze. — Von hohem Interesse ist die Er- scheinung, dass die Blumenblätter, welche sich am Abend als schützender Mantel über die Antheren wölben, im Verlaufe der Blütezeit sich stark vergrössern, dass sie bei manchen Orten doppelt so lang werden als sie zur Zeit des ersten Öffnens der betreffenden Blüte waren, und dass diese Vergrösserung gleichen Schritt mit gewissen Entwickelungsvor- gängen der zu schützenden pollentragenden Antheren hält. Bei einigen Ranunkulaceen mit aufrechten Blüten, so namentlich bei dem Leber- blümehen und dem Winterstern sind die in der Blütenmitte stehenden Stempel von zahlreichen, in mehreren Schraubenumgängen zusammen- gedrängten Pollenblättern eingefasst, und diese sind wiederum von schalenförmigen Blumenblättern umgeben, welche sich tagsüber weit ausbreiten, nach Untergang der Sonne aber zusammenschliessen und über den Pollenblättern eine Kuppel bilden. Die Antheren dieser Pflanzen öffnen sich nicht gleichzeitig, sondern nur sehr allmälig. Zu- erst wird der Pollen an den äussersten, den Blumenblättern zunächst stehenden Antheren entbunden, deren Träger zu dieser Zeit noch kurz erscheinen. Begreiflicherweise genügen zur Überdachung derselben auch verhältnismässig kurze Blumenblätter. Allmälig öffnen sich aber auch die weiter gegen die Mitte der Blüte stehenden Antheren; die Träger derselben strecken sich, und jetzt würden die Blumenblätter, deren Länge im Anfange genügt hatte, nicht mehr ausreichen, um in der Nacht ein Gewölbe über die sämtlichen mit Pollen beladenen Antheren zu bilden. Dem entsprechend verlängern sie sich von Tag zu Tag, bis endlich auch die den Stempeln zunächst stehenden Antheren ihren Pollen ausgeboten und abgegeben haben. Beim Winterstern verlängern sieh auf diese Weise die Blumenblätter von 11 auf 22 und bei dem Leberblümchen von 6 auf 13 mm, also um das Doppelte ihrer ur- sprünglichen Länge!“ — Alpen-Windröschen, anemone alpina. Holziger perennierender mehrere Centimeter langer dunkelbrauner Wurzelstock mit büschelförmigen noch vom vorigen Jahre restierenden Blättern. Der aufrechte Blütenstengel, 3 em hoch, trägt eine weisse endständige radförmige Blumenkrone; acht Blumen- und Kelchblätter, letztere lanzettlich, aussen seidenhaarig. Grundständige Blätter gestielt, lederartig mit ausgeprägtem Mittelnerv, stark gezähnt, klein, die grössten 19 mm lang und 8 mm breit, bezw. 20 mm lang und 12 mm breit. Der etwa 15 em lange Blattstiel ist schwach seidenhaarig und finden sich an ihm 7 mm vom Blattgrund entfernt zwei schmale in eine lange Spitze endende behaarte 8 mm lange und nur 1 mm breite flügelartige Blättehen, welche sich in den Blattstiel hinab fortsetzen und ihn daher von da an bis zu seinem Stengel-Ansatz scheidig verbreitern. Blüht Mai bis Juli auf steinigen Bergwiesen, so am Weg vom Herzogstand zum Heimgarten. Selten. — Das Windröschen — 123 — gehört wie der Hahnenfuss, der Eisenhut, die Waldrebe, die Erdbeere und andere zu den vielstempeligen Pflanzen, indem in der einzelnen Blüte viele Fruchtblätter vorhanden sind, welche, jedes in sich ge- schlossen, ebensoviele einfache Stempel bilden, und diese stehen, da sie sehr zahlreich vorhanden, in spiraliger Anordnung; sind mehrere doch weniger zahlreiche Stempel vorhanden, so stehen sie in einem Quirl wie beim Eisenhut. — Die gemeine Küchenschelle, Kuh- schelle, Osterblume, Osterglocke, anemone pulsatilla s. pulsatilla vul- garis, perennierend, März bis Mai blühend, eine der ersten Frühlings- pflanzen; im Walde und auf Wiesen. Wurzelstock diek und holzig. Grundständige Blätter an langen Stielen, zwei- bis dreifach fiederspaltig oder fiederlappig, in der Jugend mit langen Seidenhaaren bedeckt. Blüten einzeln, gross, violett, mit meist sechs Kelchblättern. Der mit langen Seidenhaaren bekleidete Stengel trägt über einer Hülle aus drei sitzenden Blättern, welche tief in linienförmige Teile zerschnitten oder geschlitzt sind, die sechsblätterige, aussen dicht seidenartig behaarte Blume — gewöhnlich doppelt so lang als die Staubgefässe —, in deren Mittelpunkt zahlreiche Stempel von einer reichen Fülle von gelben Staubgefässen umgeben sind. Wenige Wochen nach der Blüte ragen wie silbergraue Lichter die Fruchtschöpfe auf dem sehr verlängerten Stengel empor, nachdem die übrigen Blütenteile abgefallen sind. Dann sind auch die bis dahin noch unentwickelten Blätter gross und voll- kommen ausgebildet. Grannen der Früchtehen lang und federartig, wie bei der Waldrebe. „Gilt als scharf und betäubend giftig. Ist eine sehr veränderliche Pflanze. Im östlichen Deutschland sind die Blattzipfel breiter, die Blume erscheint vor den Blättern; im westlichen Deutschland sind die Blattzipfel schmal linealisch, d. h. lang und schmal, etwa vier- bis fünfmal länger als breit, einem Lineal ähnlich, die Blume erscheint mit den Blättern gleichzeitig. In letzterem Falle ist der Blütenstiel schon beim Blühen der Blume verlängert, letztere überhängend, an der Mündung geschlossen. Mitunter blüht sie im Hochsommer oder Herbst zum zweiten Male, dann sind die Blumen auf kurzem Stengel zwischen den grossen grundständigen Blättern ver- steckt. Die Blumenblätter oder Blüten sind, wie bei den anderen Anemonen, unterständig, d. h. unter dem Fruchtknoten befindlich, in- dem sie (oder die Scheibe, welche sie trägt) völlig frei sind, getrennt sowohl vom Kelche als vom Fruchtknoten. Der Fruchtknoten wird dann bezeichnet als frei oder oberständig, der Kelch als frei und unter- ständig, die Blumenkrone als eingefügt auf dem Blütenboden. In den ei OR Blüten der Küchenschelle sieht man zwischen den grossen flachen Blumenblättern und den antherentragenden ‚Staubgefässen in zwei oder drei Schraubenumgängen kleine kolbenförmige Gebilde eingeschaltet, welche reichlichst Honig abscheiden, der die Basis der benachbarten Staubfäden netzt.“ — Von der Wiesen-Küchenschelle, anemone s. pulsatilla pratensis, perennierend, im April blühend, wurde früher das Kraut arzneilich verwendet; frisch schmeckt es brennend scharf und entwickelt beim Zerreiben einen flüchtigen zum Thränen reizenden Stoff, von welchem in der getrockneten Pflanze nichts mehr zu finden ist. Blätter wie bei der vorigen Art, dagegen meistens schwarz violette, selten weissliche, gelbliche oder grünliche, kleinere und niederhängende Blüten. „Diese blume verwandlet sich zu einem runden, grawen, harichten kopff, einer Welschen nuss gross, anzusehen wie die Sew- bürsten, darinnen steckt der samen.“ Ferner aus der Gattung Hahnenfuss: der schleichende oder kriechende Hahnenfuss, ramunenlus repens s. reptans, perennierend, ähnelt in Blüten und Früchten dem scharfen (giftigen) Hahnenfuss, ist aber sofort zu unterscheiden durch die Ausläufer, welche aus den Achseln der kleinen untersten Blätter entspringen, an den Knoten (d. i. die Stelle am Stengel, an welcher zwei Stengelglieder zusammen. treffen) Wurzeln und neue Pflanzen bilden. Er hat leuchtend gelbe Blüten und blüht während des ganzen Sommers bis in den späten Herbst auf Wiesen. — Der Acker-Hahnenfuss, ranuneulıs arvensis, mit kleinen blassgelben, ausnahmsweise (bei Kochel) auch weissen Blüten, ein gemeines und verhasstes Unkraut unter dem Ge- treide; aufrechtes ästiges fast kahles Sommergewächs; es blüht und reitt mit dem Getreide gleichzeitig. — Der Wasser-Hahnenfuss, ranunceulus agquatilis, perennierend, auf Mooswiesen, namentlich an den Gräben, den ganzen Sommer blühend, mit kleinen gelben Blüm- chen. — Der Kelch oder die äussere Blütendecke, welcher gewöhnlich grün und von krautartiger Beschaffenheit ist, und dessen äussere Blätter allmälig in Deckblätter, die inneren in Blumenblätter über- gehen, — erscheint beim Hahnenfuss gelblich grün gefärbt. In den Gärten sieht man zuweilen hübsche gefüllte Arten. (Gefüllte Blumen mit zahlreichen Blumenblattwirteln sind gewöhnlich Missbildungen, bei denen sich die Zahl der Blumenblätter vermehrt hat, häufig auf Kosten der Kelchblätter, Staubgefässe und Fruchtblätter, mitunter auch bei gleichzeitiger Zerteilung der Blumenblätter. Diese sogenannten ge- füllten Blüten zeigen also auch, dass die Staubgefässe umgewandelte — 123 — Blattgebilde sind, indem sich dieselben bei ihnen ganz oder teilweise ausbreiten und blumenblattartig entwickeln. Man kann in solchen Fällen häufig alle Zwischen- und Übergangsstufen zwischen Blumen- blättern und Staubgefässen nachweisen. Ähnlich kommt der allmälige Übergang beider in einander normal unter anderen bei der weissen Seerose, nymphaea alba, vor.) Der scharfe Hahnenfuss, ranunceulus acer, perennierendes, in der Grösse sehr veränderliches Kraut. Kelchblätter gelblich grün, gehöhlt, kürzer als die Blumenblätter, wagerecht ausgebreitet — nicht nach dem Blütenstiele zurückgeschlagen. Blüht vom Frühjahr bis zum Herbst. Blüten ansehnlich gross, leuchtend gelb, auf langen, gipfel- ständigen Stielen eine lockere Traube bildend. Früchtchen eirund, zu- sammengedrückt, in ein kugeliges Köpfchen vereinigt. — Der sellerie- blättrige Hahnenfuss, ranunculus sceleratus, einjährig, Juni bis September blühend, auf Mooswiesen, an den Rändern von Lachen und Gräben. Blumenblätter blassgelb. Früchtehen sehr klein und zahl- reich, ein dichtes Köpfchen bildend, das sich beim Reifen walzen- förmig verlängert. Scharf giftig, blasenziehend, selbst Rotlauf verur- sachend, daher sceleratus, unheilvoll. Ist in frischem Zustande als Futter für Haustiere giftig, verliert jedoch seine Schärfe grossenteils beim Trocknen. — Gift-Hahnenfuss, ranımenlus thora, Mai und Juni blühend. Wurzelstock aus einem Büschel länglicher Knollen be- stehend, mehrjährig. Blüten ein bis drei, goldgelb. Früchtcehen wenige, mit sackigem Griffel. Ist scharf giftig. Feigwurz-Hahnenfuss, Scharbock, Himmelsgerste, ranen- culus ficaria, yperennierend. „Wurzelstock kurz, mit einer Anzahl langrunder, walzenförmiger Knollen (verdickte Nebenwurzeln), welche sich alljährlich erneuern. Blätter meist grundständig, herzförmig, stumpf gelappt, gekerbt, fleischig, kahl und glänzend grün, handnervig. (Die meisten Blätter zeigen mehr oder weniger deutlich hervortretende Rippen oder Nerven, welche vom Blattstiel entspringen und sich in verschie- dener Weise in der Blattfläche verzweigen. Gewöhnlich ist ein die Mitte des Blattes durchziehender stärkerer Hauptnerv als unmittelbare Fortsetzung des Blattstiels vorhanden, der dann Mittelrippe heisst, die Nerven oder Verzweigungen der folgenden Ordnung werden Seiten- rippen und die feineren Verästelungen, welche häufig wieder sich unter- einander vereinigen oder anastomosieren, Adern genannt. Verlaufen die Nerven einfach, d. h. unverzweigt, in ziemlich gleicher Richtung, so werden die Blätter streifennervig genannt. Sie sind entweder gerad- — 126 — streifig, d. i. parallelnervig, oder bogennervig; im ersteren Fall, z. B. bei den Grasblättern, beim lanzettlichen Wegerich, verlaufen die aus dem Blattgrund neben einander entspringenden Nerven in gerader Richtung durch die Blattfläche bis zur Spitze, wo sie sich einander nähern. Bei bogennervigen Blättern ist der Verlauf der Seitennerven entweder divergierend, wobei dieselben in einem Bogen von der Mittel- rippe abgehen, oder konvergierend, indem sie sich in der Blattspitze wieder vereinigen, wie beim gelben Enzian. Dabei sind sie manchmal von feinen Nerven gekreuzt, wo dann das Blatt gitternervig heisst. Entspringen vom Blattstiel mehrere ziemlich gleich starke Rippen oder Nerven, die sich strahlenförmig im Blatt fortsetzen, so nennt man die Blätter drei-, fünf-, oder mehrfingernervig oder handnervig. Die schild- nervigen Blätter und ebenso die fussnervigen sind nur als Modifikationen der handnervigen zu betrachten. Bei den fiedernervigen Blättern ent- springen die Seitenrippen in einem mehr oder weniger spitzen Winkel beiderseits von der Mittelrippe. Die weitere Verzweigung der Seiten- nerven ist bei hand- und. fiedernervigen Blättern meist wiederholt fiederartig und geht endlich in ein zartes Adernetz über, indem die feineren Nervenverzweigungen erst in spitzen, dann in stumpfen Winkeln auseinander treten und schliesslich sich grösstenteils wieder teils bogig, teils winkelig unter einander vereinigen oder anastomosieren, wonach man diese Blätter auch im allgemeinen als winkelnervige bezeichnen kann. Tritt dieses ‚Adernetz deutlich bemerkbar hervor, so heisst das Blatt netzaderig. Im allgemeinen gilt die Regel, dass die Blätter der Monokotyledonen oder einsamenlappigen Pflanzen, bei denen nur ein, meist scheiden- oder schildartiges Keimblatt (Samenlappen, cotyledo) vorhanden ist, deren Samen also mit einem Keimblatt keimen, streifen- nervig, die der Dikotyledonen oder zweisamenlappigen Pflanzen, bei welchen der Keimling (Embryo) zwei einander gegenüberstehende Keim- blätter zeigt, winkelnervig sind; doch gibt es auch einzelne Dikotyle- donen mit streifennervigen Blättern, z. B. die Platterbse, lathyrıus, und ebenso winkelnervige Monokotyledonen, z. B. die Einbeere, paris. Im übrigen bin ich, was die Bezeichnung Adern, Rippen, Nerven des Blattes betrifft, der Ansicht Kerner’s, welcher sagt: „Mit dem Baue und der Gestalt der Blattspreite steht auch die Verteilung der das grüne Gewebe durchziehenden Stränge im engsten Zusammenhange. Man hat zur Bezeichnung dieser Stränge Ausdrücke aus der Anatomie des Tierkörpers gewählt und sie bald Adern, bald Rippen, bald Nerven genannt. Die Ähnlichkeit mit den entsprechenden Gebilden des tierischen ee Organismus ist aber nicht durchzuführen, und namentlich haben (die Nerven nichts damit zu thun. Am einfachsten und richtigsten ist es daher, die in Frage stehenden Gebilde als das zu bezeichnen, was sie sind, nämlich als Stränge: Stränge aus langgestreckten und faser- förmigen Zellen, die in der mannigfaltigsten Weise mit röhren- und schlauchförmigen Gefässen kombiniert sind, und deren Elemente teil- weise der Leitung flüssiger Stoffe von und zu dem grünen Gewebe dienen, teilweise der ganzen Spreite die nötige Widerstandsfähigkeit, die dem jeweiligen Bedürfnisse entsprechende Zug-, Druck- und Biegungs- fähigkeit verleihen.“) Blütenstengel kaum länger als die grundständigen Blätter, besetzt mit ein bis zwei kleinen Blättehen, und eine Blüte tragend, welche drei (selten fünf) Kelchblätter, acht bis neun Blumen- blätter hat. Diese sind langrund und glänzend gelb. Früchtehen ver- hältnismässig gross, ein kugeliges Köpfchen bildend. Auf Weiden, wüsten Plätzen, in feuchten, offenen - Waldungen. Eine der ersten Frühlingspflanzen. Sie variiert mit schlaff niederliegenden Stengeln von 16—18 cm Länge. Ward ehedem als Mittel gegen Skorbut em- pfohlen und als Frühlingssalat genossen. Ende Mai und Juni sterben bereits die oberen Teile dieser Pflanzen ab und nur die Wurzelknollen bleiben in der Erde zurück. Durch Gewitterregen sind letztere ge- legentlich stellenweise in Menge blossgespült worden und haben da- durch die Sage vom Getreideregen veranlasst. Ausser der Blütezeit sind diese Knollen scharf und blasenziehend, zur Blütezeit und gekocht dagegen milder.“ Zu den Hahnenfussgewächsen gehört auch die Sumpf-Dotter- blume, caltha palustris, „ein ausdauerndes Kraut, das grosse Büschel bildet und ganze Flecken bedeckt, mit diekem, fast knolligem Wurzel- stock. Blumen gross, von prächtigem Goldgelb, — es sind Kelch- blätter, eigentliche Blumenblätter fehlen. Blüht von Mai bis in den Oktober, auf sumpfigen Wiesen, und ist unter dem Namen Butter- oder Schmalzblume bekannt, indem ihre Farbe an jene des Maibutters erinnert. Die Knospen werden mitunter zum Verfälschen der Kappern verwendet. Die grundständigen Blätter sind langgestielt, rundlich bis herzförmig, am Rande gekerbt ; Stengelblätter kurz gestielt oder sitzend, kleiner.“ (Herzförmig nennt man den Grund eines Blattes, sei dieses selbst breit oder lang, wenn seine beiden Lappen, die Blattohren ab- gerundet und nach dem Stiele zu eingezogen sind; wird das ganze Blatt herzförmig genannt, so muss seine Fläche zugleich eirundlich und zugespitzt und der Grund herzförmig, mit abgerundeten Lappen Be versehen sein. Blattohren nennt man vorzugsweise die Grundlappen der sitzenden und stengelumfassenden Blätter.) Innerhalb der fünf sattgelben Blumenblätter steht ein dichter Kreis zahlreicher Staubge- fässe, welche sich wieder um ein Köpfchen gruppieren, das von fünf bis zehn Griffeln gebildet wird. Aus jedem Griffel wird eine zusam- mengedrückte, abstehende Kapselfrucht, welche die Samen an der inneren Nabt trägt. Gemeine Klette, aretium lappa, zweijährig, Juni bis August hell purpurrot blühend, Blütenköpfehen in endständiger Traube, in Gebüschen, an Wegrändern, ein starkes, buschig verzweigtes Stauden- gewächs, das sich durch die hakig geendigten Blättchen des Hüll- kelchs (Hülle, Aussenkelch, gebildet von den in einen Quirl gestellten, rings um den Grund des Kelches befindlichen Deckblättchen) aus- zeichnet — bei der Distel laufen diese schuppigen Blättchen in Dornen, bei der blauen Kornblume in einen zerschlitzten, faserig oder fransig gesägten Anhang aus —, vermöge deren sich die Köpfchen leicht an rauhe Gegenstände anhängen. Schliessfrüchtchen gross, mit einer kurzen Federkrone aus steifen Haaren. — Von der filzigen Klette, /appa tomentosa, einer Abart, die unteren herzförmigen Blätter ebenfalls sehr gross, die oberen viel kleiner, unterseits mit einem kurzen weissen Wollfilz bedeckt, am Rande klein gezähnt, aber nicht dornig, mit einfacher langer, etwa fingerdicker Wurzel, aussen runzelig, graubraun, innen blassbräunlich, mit ziemlich dieker Rinde, kommt die Klettenwurzel, radix bardanae, welche beim Kauen schleimig, von etwas süssem, später bitterlichem Geschmack ist. Sie wird hie und da äusserlich als Zusatz zu Haarwasser gebraucht. Familie: Korbblütler. Wilde Ciehorie (Wegwarte), eichorium intybus, an Wegrändern, hat einen Wurzelstock mit rübenförmiger Pfahlwurzel. Perennierend, Juli bis August blühend. Blütenköpfchen (Korbblütler) zwischen zwei bis drei in gedrängten Büscheln sitzend; Blüten gross, schön hellblau. In wild wachsendem Zustand ist die Wurzel dünn und hart, durch die Kultur aber wird dieselbe dick und fleischig und liefert dann, ge- schnitten und geröstet, das bekannte Kaffeesurrogat oder Kaffeezusatz. Tausendgüldenkraut, erythraea centaurium, eine Gentianee, perennierend, kleines aufrechtes Pflänzchen, selten, auf Wiesen, Juli und August blühend, Blätter langrund, Blüten hell purpurrot, zahlreich, in gipfel- ständiger Rispe. Das stark bitter schmeekende Kraut (herba centauriti) fand früher in der Heilkunde Anwendung. Der Staubbeutel erscheint nach der Entleerung spiralig gewunden. Nach dem Arzneibuch wer- — 129 — den die zur Blütezeit gesammelten oberirdischen Teile der Pflanze arz- neilich verwendet. „Die bis über 20 em Länge und 2 mm Dicke erreichenden kantigen Stengel sind doldenartig verzweigt; die fünf roten Lappen der Blumenkrone schliessen nach dem Trocknen zusammen. Die sitzenden ganzrandigen Blätter sind paarweise gegenständig, am Grunde des Stengels bis 4 em lang und gegen 2 cm breit, an den oberen Teilen des Stengels kleiner und spitzer. Die ganze Pflanze ist kahl.“ Centaurium ist nach dem kräuterkundigen Centauren Chiron genannt, wurde aber, da die Pflanze zum Ruhme grosser Heilkraft gelangte, so übersetzt, als ob in derselben centum — hundert und aureus (nummus) — Goldmünzen lägen. Europäische Trollblume, Kugelranunkel, frollius europaens, perennierend, kahle, aufrechte, bis über !/g m hohe Pflanze mit grund- ständigen, bandförmig zerteilten Blättern, Stengelblätter wenig, kleiner, fast sitzend, Mai bis Juli blühend, mit hahnenfussartiger Blumenkrone, grosse hellgelbe Blüten mit 10—15 grossen gewölbten Kelchblättern, welche fast eine Kugel bilden und die Blumenblätter, Staubgefässe und Stempel einschliessen. „Gar mannigfaltig sind die Schutzmittel des Pollens gegen Regen und Tau, sowie Insekten, durch die Kelch- und Blumenblätter entwickelt. Am einfachsten sind das Dach der Schmetterlingsblütler, die Oberlippe der Lippenblütler und die oberen Blätter der Veilchen ausgebildet, doch auch die haubenartige, Über- kappung der Staubgefässe beim Eisenhut, die schleifenartigen Zipfel des Knabenkrautes (orchis) gehören hieher; ebenso die kugelig zu- sammenschliessenden Kelchblätter der Trollblume und die fünfspaltigen Mützchen der Rebenblüten. Auch die Blumenkronen der Lerchen- sporne, des Leinkrautes und des Löwenmauls bilden eine ringsum ge- schlossene Hülle um die pollentragenden Antheren. Die Blüten der Trollblume bergen zahlreiche spatelförmige Nektarien, welche im unte- ren Drittel etwas geknickt und verdiekt und dort mit einem honig- führenden Grübchen ausgestattet sind.“ Frühlings-Hungerblümchen, draba verna, niedliches ein- jähriges Zwergpflänzchen des ersten Frühjahres, mit flach auf dem >oden aufgedrückter zierlicher Blattrosette, aus deren Mittelpunkt der dünne blattlose, oft kaum 3 cm hohe Stengel aufsteigt, weiss blühend, vier Blumenblätter, auf Wiesen, an Wegrändern, ziemlich selten. Es ist die kleinste und schlichteste unserer Blütenpflanzen, blüht März bis Mai, lebt nur wenige Wochen, und ist mit dem dürftigsten Boden zufrieden. Gehört zu den Kreuzblütlern. Daffner, Voralpenpflanzen. I — 130 — Wiesen-Klee, irifolium pratense, perennierend und mehrfach variierend. Blüht Mai bis September; Blüte wohlriechend, rot lila, auch gelblich und weiss, der weisse Klee häufiger auf den Mooswiesen; gefurchter Stengel und mehr oder weniger gestieltes, einzelnes, seltener auch zwei neben einander stehende Blütenköpfehen. (Das Köpfchen ist ein Blütenstand, bei welchem die Hauptachse oder Spindel verkürzt und die Blütenstiele wenig entwickelt erscheinen; es sind mehrere sitzende oder fast sitzende Blüten zu einem geschlossenen kopfähnlichen Büschel zusammengedrängt.) Das Köpfchen ist rundlich, nicht voll- kommen kugelförmig, indem der Durchmesser der Länge den der Breite übertrifft; ich habe ersteren zu 30,5 mm, letzteren zu 23,5 mm ge- funden, aber auch, besonders bei älteren, zu 33, bez. 32 mm. Zwei sitzende, dreizählige — es entspringen nur drei Blättchen von der- selben Stelle — vom Grunde des Köpfchens nur wenig entfernte Blätt- chen. Beim Verblühen werden die Blumenblätter braun und um- schliessen samt dem Kelche die einsamige Hülse; sie tritt also nicht aus dem Kelche hervor und sie ist nicht aufspringend. (Die der Länge nach zweiklappige Hülse, /egumen, ist eine Kapselfrucht, welche aus einem einzelnstehenden, mit seinen Rändern verwachsenen Frucht- blatt gebildet ist und die Samen ein- oder zweireihig an der Bauch- naht trägt. Das Aufspringen bei der Reife geschieht durch Lösung der Bauch- und Rückennaht, wobei also das Fruchtblatt in seine zwei Hälften zerfällt) Der Wiesenklee wird auch als treffliches Futter- kraut angebaut. Die Kleegewächse, /ofeae, sind eine Gattung der Gruppe oder Abteilung Schmetterlingsblütler, papilionaceae, welche zur Familie der Hülsengewächse oder hülsenfrüchtigen Pflanzen, legumı- nosae, gehören. — Der rote Klee, Zrifolimm rubens, perennierend, Juni und Juli blühend, mit purpurroten Blüten in vor der vollen Ent- faltung mehr kegel-, dann walzenförmigen Köpfchen, welche meist zu zwei neben einander stehen, kommt hier nur wenig, auf Mooswiesen und in Bergwaldungen vor; — ebenso der Erdbeerklee, Zrifolium fragiferum, dessen Köpfchen erdbeerähnlich sind, im Bergwald, neben Stöcken, oft zwischen Erdbeeren, so am Schiefwee. Gemeiner Hornklee, lotus corniculatus: Wurzelstock aus- dauernd, mit langer Pfahlwurzel, Stengel niederliegend, bis 17 cm Höhe; blüht Juli bis Oktober, Blüte goldgelb, die Fahne in der Mitte mit leichter Einsenkung, aussen eine fadenförmige Rippe, innen zu beiden Seiten ein paar braunrote Striche, Schnabel des Schiffehens älter dunkelbraunrot. Auf trockenem, steinigem Wiesboden, im soge- = Bl nannten Wiesheu, bei einmähdigen Wiesen, besonders gegen Kochel zu, dann an Wegrändern, längs des Mühlbachs. Wundklee, anthyllis vulneraria. Wurzelstock ausdauernd; ganze Pflanze mehr oder weniger bedeckt mit kurzen, glänzenden oder seidenartigen, angedrückten Haaren. Schmale, ganzrandige Fiederblätt- chen. Blütenköpfe paarweise an den Zweigenden, jeder umhüllt von einem fingerteiligen Deckblatt. Blüten zahlreich, dicht beisammen sitzend. Blumenkrone klein und gelb. Auf trockenen Wiesen, bei Pesenbach. Blüht Mai bis Juli. Wundklee, weil die Pflanze als Mittel gegen Wunden gebraucht wurde und ihre Blätter denen des Klees ähn- lich sind. Das gemeine Gänseblümchen, bellis perennis, auch Masslieb- chen und Tausendschönchen genannt — bellis von seiner schönen Gestalt —, mit ausdauerndem Wurzelstock, blüht den grössten Teil des ‚Jahres hindurch. Blätter grundständig „allenthalben vmb die wurtzel auff der erden liegend“, langrund, spatelförmig, schwach ge- zähnelt „zurings herumb zerkerbt.“ Blütenstiele ebenfalls grundständig, blattlos, mit einem einzigen Köpfehen an der Spitze. Hülle grün, fast ohne jegliche Behaarung, kahl. Strahlenblüten zungenförmig, weiss mit purpurroter Zeichnung, besonders gegen die Spitze zu. Das Blüten- körbehen, gebildet durch die verdieckte und scheibenartig ausgebreitete Spindel, auf deren Oberseite zahlreiche Blütchen sitzen, die von einer gemeinschaftlichen, aus dicht gedrängten Deckblättern gebildeten Hülle umgeben sind, hat zahlreiche goldgelbe, kleine, röhrenförmige Scheiben- blütchen. Die äusseren Blütenteile des Körbchens sind anders als die übrigen ausgebildet, nämlich die Blumenkrone ist einseitig zungen- förmig entwickelt, daher auch die Bezeichnung gestrabltes Blütenkörb- chen. Da diese Art des Blütenstandes im äusseren Ansehen oft einer Einzelblüte ähnlich wird und sich in ihrer Stellung wie eine solche verhält, so nannte man sie früher zusammengesetzte Blüte, und es führt daher die grosse Pflanzenfamilie, welcher dieselbe ausschliesslich zu- kommt, den Namen zusammengesetztblütige oder korbblütige Pflanzen, compositae; vergl. auch bei Kamille. Da ihnen ferner die Verwachs- ung der Staubbeutel bei frei bleibenden Staubfäden eigentümlich ist, so werden sie auch verwachsenbeutelige Pflanzen, plantae synanthereae, genannt. An den Blütenköpfehen des Massliebchens und vieler anderer Korbblütler sieht man bei trübem Wetter und am Abend, zum Schutze des Pollens gegen Regen und Nachttau, nicht nur die randständigen g* — 12 — Zungenblüten sich zusammenneigen und ein Dach über den Pollen der mittelständigen Blüten bilden, sondern es werden überdies auch die Stiele der Köpfehen nickend oder überhängend. — „Bekanntlich sind an manchen Pflanzen im Hochgebirge und im hohen Norden die Blätter der Blütenregion durch Anthokyan gebläut oder gerötet, während sie an denselben Arten in den warmen Niederungen sowie in südlichen (Gegenden weiss erscheinen. Besonders auffallend sind in dieser Beziehung die Wetterdistel, die Schafgarbe und vorzüglich jene Doldenpflanzen, welche eine sehr weite Verbreitung zeigen und von der Niederung bis zur Höhe von 2500 m in den Alpen vorkommen. Da sich heraus- gestellt hat, dass die Blütenfarben als Anlockungsmittel für Insekten eine eminente Bedeutung haben, möchte man wohl auch in diesen Fällen an irgend eine Beziehung zum Insektenbesuche denken. Ohne eine solche Beziehung ganz ableugnen zu wollen, darf man anderer- seits auch die Möglichkeit nicht ausschliessen, dass hier in der Blüte das Anthokyan eine ähnliche Rolle spielt wie in den Spelzen der Gräser und in den Deckschuppen der Seggen und Simsen, und dass in der kalten alpinen Region das, was an direkt zugeleiteter Wärme abgeht, durch jene Wärme ersetzt wird, welche durch Vermittelung des Anthokyans aus den Lichtstrahlen gewonnen wird. Für diese Auf- fassung würde auch die Erscheinung sprechen, dass mehrere Pflanzen, welche im warmen Sommer weisse Blüten entwickeln, wie z. B. die weisse Taubnessel, im Spätherbst, wenn sie zum zweiten Male bei sehr niederer Temperatur blühen, Blumenkronen ausbilden, deren obere Seite rot überlaufen ist, und dass im Winter und an frostigen Standorten auch die Strahlenblüten mancher Korbblütler, wie z. B. des bekannten Mass- liebehens, an jener Seite, welche im geschlossenen Köpfchen dem Himmel, im offenen Köpfchen dem Boden zugewendet ist, rot gefärbt . sind.“ — Der Masslieben oder Zeitlosen, Bellis, sindt drey geschlecht: Gross, mittel vnd klein. Das kleine wechst gemeiniglich inn gärten, die andern zwey auff den feldern vnd 'wisen. Das kleine nennet man jnsonderheit Masslieben oder Zeitlosen, Bellis minor, zilets in gärten, hat gleiche bletter wie die andern, sindt doch ein wenig lenger, weniger zerkerbt, weych, auf!’ der erden aussgespreittet. Es tregt auch zärtere, biegige, runde, vnd etwas rauche stengel, darauf? findet man die blüm- len schier durchs gantze jar (daher der Name Zeitlose), aber gegen dem Früeling am meisten, vnd sindt dieser kleinen Masslieben vilerley geschlecht, wegen mancherley farben der blümlen, darmit die jungen metzen jre kurtzweil haben, machen kräntze darauss, strewens auch — 133 — auff die tische zur zier vnd wollust der geste. Ettliche dieser blümlen sindt gantz bluttrot gefüllt, ettliche aber schneeweiss gefüllt, vnd deren auch vngefüllt mit gelben augen. Herwiderumb seindt ettliche rot vnd weiss durcheinander gesprengt, gefüllt vnd nicht gefüllt, ettliche jn- wendig weiss, ausswendig rot gefüllt anzusehen wie ein roter wider- schein, ettliche stöcklen rotweiss gefüllt. Wo sie fast feucht vnd lang in einem ort bleiben, das sie nicht fürter gesetzt werden, verandern sich ‚die blümlen, vnnd werden gantz grün. Herwiderumb stossen die weissgefüllte blümlen (so sie nicht baldt abbrochen werden) andere nebenblümlen auss den köpfflen der ersten, allso das etwan vier oder fünff blümlen von einer blumen auss dem hirn herausser wachsen. Ettliche nennen diss kraut Primulam veris, das ist so vil gesagt, als ein erstlinge blum des Lentzen. — Gänseblümlein, weil das Pflänz- chen von den Gänsen so gerne gefressen wird und von der Düngung der Gänse ganz besonders wächst. Massliebchen, weil durch das Ab- zupfen der Strahlblüten (liebt mich — von Herzen — mit Schmerzen — ein wenig oder — gar nicht; schweizerisch: viel — wenile — gar nit) das Mass der Gegenliebe erkannt wird. Gemeines Knaulgras oder Knäuelgras, dactylis glomerata, rauhes, steifes Gras. Der ausdauernde Wurzelstock bildet dichte Büschel von Blättern, welche an den Rändern sehr rauh sind. Ährchenbüschel dicht und eirundlich. Spelzen lanzettlich (d. h. bedeutend länger als breit, in der Mitte am breitesten, nach beiden Enden hin sich verschmälernd, ähnlich einer Lanzette oder der Spitze einer Lanze), zugespitzt, an der Spitze mit- unter auslaufend in eine kurze, gerade Granne, eine dünne, borsten- artige Verlängerung. Die Ährchenbüschel bilden eine Rispe. Die meisten wild wachsenden Gräser haben diesen Blütenstand (Infloreszenz), jedoch mit der Eigentümlichkeit, dass bei der Grasrispe die Stelle der Einzel- blüten durch kleine Ährchen vertreten wird. Blütezeit Juni und Juli. Taumel-Lolch, /olium temulentum. Wurzel einjährige. Halm steif, aufrecht. Kelchspelzen ebenso lang oder länger als das längliche Ährehen.. Blütenspelzen kürzer und breiter als beim ausdauernden Lolch, dem englischen Raygras, oft mit einer Granne. Als Unkraut auf Feldern; Juni und Juli blühend. Gewisse üble Wirkungen des Getreides, die wahrscheinlich vom Mutterkorn herrührten, schrieb man dem beigemengten Lolch zu und gilt er wohl deshalb für giftig. („Der Blütenstand ist eine Ähre oder ährenförmig, wenn die Blüten entlang an einer einfachen, ungeteilten Achse oder Spindel sitzen; sitzen mehrere — 134 — kleine Ährchen wiederum an einer gemeinsamen Spindel entlang, so entsteht eine zusammengesetzte Ähre; letzteres ist beim Taumellolch der Fall.“) Gattung Lolch, Familie Gräser. Feld-Rittersporn, delphinium consolida, zur Familie der Hahnenfussgewächse gehörig, ein zierliches Sommergewächs, mit auf- rechtem Stengel, kahl oder spärlich behaart, in wenige, aber sparrige, d. h. zugespitzte und abstehend ausgespreizte, an der Spitze sich weiter von einander entfernende Zweige geteilt. Die grundständigen Blätter kurz gestielt, die Stengelblätter sitzend, sämtlich fünfteilig. Blüten blau, nicht zahlreich, eine lockere Traube bildend. Kelchsporn ebenso lang als die übrige Blume. Durch die Entwickelung dieses Kelehspornes, welcher als honigabsondernder Anhang (nectarium) am Kelchblattkreis anzusehen, erscheint der (seitlich symmetrische) Kelch unregelmässig. Blumenblätter nur zwei, mit ihren oberen Rändern ver- wachsen (einblättrig), rückwärts einen Sporn bildend. Balgfrucht in jeder Blüte nur eine, was sonst bei den Balgfrüchten selten; gewöhn- lich stehen sie zu mehreren, wo sie dann quirlförmig angeordnet zu sein pflegen. (Die Balgfrucht ist eine aus einem einzigen Fruchtblatt gebildete Trockenfrucht, welche die Samen an ihrer inneren oder Bauch- naht (hervortretender Rand) trägt und hier in einer Spalte aufspringt, d. h. bei der Reife sich öffnet, um «die Samen austreten zu lassen.) — Der Rittersporn ist ein Unkraut unter dem Getreide, das mit jenem gemeinschaftlich und noch in den Stoppeln blüht; er wird in Gärten kultiviert. „Rittersporn, consolida regalis, wechst in den fruchtäckern. Ist ein eintziger stengel, elenhoch, gewint vil dünner rütlen, mit fäsech- ten, zerkerbten blettlen bekleidet. Es hat schöne, holdselige Veielbraune blümlen, hinten mit einem spitzigen schwäntzlen, anzusehen wie ein sporn, solchs schwäntzle ist rötlecht vnd hol. Wenn die blumen ab- fallen, werden sehr kleine schötlen darauss, in denselben findet man zwey oder drey kleiner, runder körnlen, schmecken wie die Erbsen oder Eruen, so man sie kewet.“ Gelber Goldstern oder gelbe Vogelmilch, auch Gelbstern und Milchstern genannt, yagea lutea, zerstreut auf Wiesen, in Wäl- dern und Gebüschen; perennierend. Feste Zwiebel, welche ein ein- zelnes lineal-lanzettliches Blatt treibt; dieses ist flach, an der Spitze kurz mützenförmig zusammengezogen. Blüten hell goldgelb, glänzend, sternförmig, mit sechs getrennten Teilen. Blütenhüllblätter länglich, stumpf. Blüht April und Mai. Gehört zu den Liliengewächsen und hat sechs Staubgefässe. Zweiblätterige Schattenblume, majanthemum bifolium. Wurzelstock dünn,’ kriechend, perennierend; im Wald; blüht April und Mai. Blüten klein, weiss, in gipfelständiger nicht verästelter Traube, deren kurze dünne Blütenstielchen gewöhnlich büschelig stehen. Frucht- knoten zweifächerig; Beeren klein, rot. Das zierliche Pflänzchen hat stets nur zwei herzförmige Blätter an dem zarten fingerlangen Stiele, auf dessen Spitze sich die zarte weisse Blütenähre erhebt. Sie ist eine der wenigen Ausnahmen — gleich der Aronswurz — der grossen Ab- teilung der einsamenlappigen Pflanzen, welche sonst, wie die Gräser und Zwiebelgewächse, band- oder höchstens eiförmige Blätter zeigen, während wir hier die Herzform haben. Ebenfalls ein Liliengewächs. Gemeiner Klappertopf, rhinanthus erısta gallı, ein Braun- wurzgewächs, aufrechtes schwach behaartes Kraut ınit kurzem ver- zweigtem Wurzelstock, welcher an der Wurzel von Gräsern und anderen Pflanzen schmarotzt. Blätter gegenständig, lanzettlich, gezähnt. Kelch aufgeblasen. Blumenkrone gelb, mit zwei rötlich blauen keilförmigen Zähnchen an der oberen Lippe; beim Trocknen werden die Blumen schwarz. Einjährig; schädliches Unkraut in Getreidefeldern und be- sonders auf Wiesen. Blüht Ende Mai bis Juli, hier namentlich nıassenhaft im Juni an dem Wiesenhang des Sommerkellers. Ist sehr veränderlich und kommt gegen Kochel zu die kleine, grosse, be- haarte und alpine Form vor, der Alpen-Klappertopf, bei welchem die Unterlippe blaue Flecken zeigt. Zwei paar Staubgefässe; Staubbeutel behaart. Zur Familie der Gänsefussgewächse gehört der gute Heinrich, chenopodium s. blitum bonus Henricus, perennierend. Blätter drei- eckig, dunkelgrün. Blüht Mai bis August. Blüten grün, an den Spitzen gelblich, klein, zahlreich, in büscheligen Ähren. Samen auf- recht, von der Blütenhülle nicht völlig bedeckt. An Wegrändern, auf Schutthaufen und Wiesen. Die Blätter können zu Spinat verwendet werden, daher auch der Name wilder Spinat. Wegen der wie die Füsse der Gänse aussehen sollenden Blätter bringt man den Gänse- fuss mit den Kobolden in Verbindung, weil mehrere von diesen gleich- falls Gänsefüsse hatten. Und da sich die Kobolde gern Heinrich oder Heinz nennen liessen, wurde die Pflanze auch guter Heinrich genannt. (Kobolde heissen die Haus- oder Herdgeister, auch Berg- geister, die den Menschen gern Streiche spielen, sie necken und schrecken, in Gestalt, Tracht und Aussehen kommen sie den Elfen und Zwergen —- ‚136! — gleich; die Sage legt ihnen gern rotes Haar und roten Bart bei, der spitze rote Hut nmiangelt selten.) Gemeiner Frauenmantel, «alchemilla vulgaris, ausdauern- des Kraut, zu den Rosengewächsen gehörig, blüht Mai und Juni, auf Wiesen, und variiert mehrfach in der Behaarung und Zerteilung der Blätter. Der Blütenstengel, besetzt mit einigen wenigen kleinen kurz gestielten Blättern und mit grossen gezähnten Nebenblättern, trägt eine lockere Traube aus kleinen grünen Blüten, von denen jede getragen wird von einem Stielchen, welches die Länge der Kelchröhre hat. „Die Blüte ist in zwei Stockwerke geteilt, ein unteres becherförmiges, in welchem der Fruchtknoten steckt, und ein oberes beckenförmiges, das aus den Blumenblättern gebildet wird. An der Grenze beider Stockwerke ist eine in der Mitte durchlöcherte Scheibe oder, besser gesagt, ein leistenförmig vorspringender Ring eingeschaltet, welchen man mit der Blendung in der Röhre eines Mikroskops vergleichen könnte, und diese Ringleiste glänzt an der oberen Seite von dem dort als äusserst dünne Schicht ausgebreiteten Honig.“ _Grundständige Blätter gross, an langen Stielen, breit rundlich, bis etwa zum vierten Teile geteilt in sieben bis neun breite regelmässig gezähnte Lappen; vor dem Entfalten sind die schönen Blätter genau wie ein Fächer zu- sammengebrochen. Am häufigsten, sagt Kerner, findet man an den noch in der Knospenlage befindlichen, eben hervorspriessenden jungen Blättern die Faltung. Die Rippen des Blattes bilden hiebei gleichsam die feststehenden Orientierungslinien, und nur die grünen Blattteile zwischen den Rippen erscheinen in Falten gelegt. Bei der Mannig- faltigkeit in der Form und Verteilung der Blattrippen ist natürlich auch die Art und Weise der Faltung eine sehr verschiedene. Wo die Blattfläche von mehreren strahlenförmig verlaufenden Rippen durch- zogen ist, wie z. B. bei dem Taubecher oder Frauenmäntelchen, alche- malla vulgaris, ist das Blatt in der Knospenlage — d. i. die Grup- pierung der Blätter in der noch nicht geöffneten Knospe — genau so zusammengefaltet wie ein Fächer; die Rippen, welche in dem ausge- wachsenen Blatte strahlenförmig divergieren, liegen noch parallel neben einander und der im ausgewachsenen Blatte zwischen den Rippen aus- gespannte grüne Blattteil bildet noch tiefe, gleichfalls dicht auf ein- ander liegende Falten. Bildet jede der strahlenförmigen Rippen die Mittellinie eines Blattabschnittes, wie bei den Fingerkräutern, den Klee- und Sauerkleearten, so verhält es sich ganz ähnlich. Jedes Teilblätt- chen ist entlang der Mittelrippe zusammengefaltet wie ein Bogen Papier, und diese gefalteten Blättchen liegen dann so an einander wie die gefalteten Bogen in einem Buche. Auch dann, wenn die Laub- blätter fiederförmig sind und wenn die Teilblättchen paarweise von einer gemeinsamen Spindel ausgehen, wie bei den Rosen, dem Vogel- beerbaum und der Walnuss, erscheinen sie längs ihrer Mittelrippe zu- sammengefaltet und wie in einem Buche auf einander gelegt. Bei den Rosen ist ohnedies die gemeinsame Spindel in der Knospenlage noch so kurz, dass die von ihr ausgehenden Teilblättehen wie beim Finger- kraute alle von einem Punkte auszugehen scheinen. An den meisten Ahornblättern findet die Faltung nicht nur längs der strahlig ver- laufenden, sondern auch längs der an diese sich ansetzenden kurzen Seitennerven statt. Es schieben sich dann zwischen den grösseren auch kleinere Falten ein, und es bildet diese Knospenlage einen Über- gang zu jener, welche früher als die gerunzelte bezeichnet wurde, wie sie besonders bei vielen Arten von Ampfer und mehreren Frühlings- primeln vorkommt. Sehr eigentümlich ist die Faltung, welche die Laubblätter der Buche, der Hainbuche, der Eiche und vieler anderer Pflanzen in «er Knospenlage zeigen. Jedes Laubblatt dieser Gewächse ist von einer Mittelrippe und zahlreichen von dieser nach rechts und links gleich den Gräten von der Wirbelsäule eines Fisches auslaufen- den kräftigen Seitenrippen besetzt. Der grüne Blattteil bildet zwischen diesen noch sehr genäherten Seitenrippen tiefe Spalten, welche ganz so wie die Falten eines Fächers auf einander liegen. Man kann wohl sagen, dass, abgesehen von einigen wenigen gerunzelten Formen, alle anderen jugendlichen Laubblätter, wenn sie aus den Knospenhüllen oder zwischen den Kotyledonen hervorkommen oder über die Erde ans Tageslicht emporspriessen, mit ihrer Fläche nicht parallel zum Erdboden gerichtet sind. In diesem ersten Entwickelungsstadium haben vielmehr die grünen, transpirierenden, aber noch zarten Teile des Blattes immer eine vertikale Lage Und zwar ist entweder die ganze ausgebreitete oder gerollte Blattfläche aufgerichtet wie bei den meisten Zwiebelpflanuzen und grasartigen Gewächsen, oder es ist die Lage der Mittelrippe des Blattes zwar gegen den Horizont geneigt, aber es sind dann die Blatthälften zusammengeklappt und es bilden die beiden an einander schliessenden Blattränder eine den Strahlen der Mittagssonne zugewendete Kante, wie das beispielsweise bei einigen Gräsern, so dem Aispengras, poa, und bei dem Kirschbaum, -prunus arıım, der Fall ist, oder aber es ist der Stiel des Blattes lotrecht aufgerichtet und die noch zarte Spreite über denselben ähnlich einem zusammengezogenen — 133 — Sonnenschirme herabgeschlagen, wie bei mehreren Ranunkulaceen. Bei der Rosskastanie sind die zusammengefalteten Abschnitte der sich aus den Knospen hervorschiebenden Blätter aufrecht, dann schlagen sie sich herab, so dass ihre Spitzen der Erde zugewendet sind, und später, wenn die Oberhaut mehr verdickt ist, heben sie sich wieder so weit, dass sie nahezu parallel zur Erdoberfläche stehen. Auch die Blätter der Linden (tlia grandifolia und parvifolia) sind, wenn sie aus den Knospen hervorkonımen, vertikal gestellt, mit der Spitze der Erde zu-' gewendet, und nehmen erst später eine nahezu horizontale Lage ein. Manchmal ist auch der senkrecht emporwachsende Blattstiel oben hakenförmig umgebogen und die zusammengefalteten vertikal gestellten Blättehen hängen an dem zurückgekrümmten Ende desselben, wie das z. B. der gewöhnliche Sauerklee und noch zahlreiche andere Pflanzen zeigen. — Für manche Pflanzen ist das Wasser ein treffliches Schutz- mittel gegen die weidenden Tiere, und zwar das Wasser, welches als Regen und Tau auf die Laubblätter gelangt und sich dann, in beson- deren Vertiefungen angesammelt, tagelang, ja wochenlang erhält. Am Morgen, wenn die Pflanzen reichlich betaut sind, weiden die Wieder- käuer überhaupt nicht; sie warten, bis die den Blättern anhaftenden kalten Tau- und Regentropfen verdampft sind, und auch später lassen sie jene Pflanzen, denen Wassertropfen anhängen, beiseite. Sehr auf- fallend ist in dieser Beziehung das Frauenmäntelchen, welches im Volksmunde auch den Namen Taubecher führt. Regen und Tau bleiben hier im Grunde der schalenförmigen Blätter angesammelt, wenn ringsum auf der Wiese die anderen Pflanzenarten oberflächlich schon ganz trocken geworden sind. Während nun diese letzteren, soweit: sie nicht auf andere Weise geschützt sind, von den weidenden Tieren ab- gefressen werden, bleiben die Taubecher unberührt und werden augen- scheinlich gemieden. Dass hier nicht, wie bei den Farnen, der Gehalt an gewissen, den Tieren unangenehmen Stoffen ins Spiel kommt, geht daraus hervor, dass die Blätter der Alchemilla, von denen das Wasser abgeschüttelt wurde, ganz gern als Nahrung von den weidenden Tieren angenommen werden. Es muss also den Tieren irgendwie unangenehm sein, Blätter abzuweiden, in welchen Wasser angesammelt ist. Die in Waldungen, Garten-Wiesen und Gebüschen, besonders in lockerer, humusreicher, stets etwas feuchter Erde, herdenweise vor- kommende Hohlwurz, corydälis cava, auch gemeiner Lerchensporn genannt, zur Familie der Erdrauchgewächse, fumariaceae, gehörig, perennierend, April und Mai blühend, ‘hat einen knolligen hohlen — 139 — Wurzelstock und doppelt dreizählige Blätter. „Teilblättchen einge- schnitten; Stengel 15-30 em hoch, am unteren Teile ohne Schuppe. Blüten trüb oder düster (schmutzig) purpurrot, selten weiss, traubig, Fruchttraube aufrecht. Fruchtstiel dreimal kürzer als die Fruchtschote.“ Ich mass Mitte April 1891 den gelben breiten zwiebelartigen rund herum mit Zaserwürzelchen besetzten, inwendig, wie der Name sagt, hohlen Wurzelknollen zu 5 em Länge und 4 em Breite. Die glatt rindenartig die Höhlung umschliessende Schale ist etwa messerrücken- diek und ziemlich leicht zerbrechlich. Die untere Fläche der Zwiebel zeigte in der Mitte ein ungleichmässig kreisförmiges mit ebenen Rän- dern umgebenes Loch und war die Höhlung ganz mit Erde ausgefüllt. Aus der Mitte der oberen Fläche erhob sich neben ein paar in Ent- wickelung begriffenen ein 20 em langer — wovon 4 cm auf die Traube treffen — unten glänzend weisser, oben grüner Stengel, welcher die gipfelständige Traube trug. Das obere Blüten- (Kelch-) Blatt zeigt eine spornförmige Verlängerung, daher der hier im Volksmund gebräuch- liche Ausdruck „Kikeriki“. — „Während die Zwiebeln und Knollen des Gelbsterns und der Hohlwurz, wenn sie im schwarzen Humus der Buchenwälder unter dürrem Laube wachsen, nur wenige Üentimeter tief unter der Oberfläche liegen, sind sie gleich anderen Zwiebeln und Knollen auf offenen Wiesen, wo sie der Ausstrahlung und Erkaltung sehr ausgesetzt sind, erst in drei- bis vierfach grösserer Tiefe zu er- reichen.“ Gemeiner Huflattich, /ussilago farfara, zur Familie der Korb- blütler gehörig, mit ausdauerndem, kriechendem Wurzelstock und grossen, breiten, herzförmigen, gezähnten, grundständigen Blättern, oben kahl und grün, unterseits mit lockerem, weissen Filz, daher die Bezeichnung zweifarbiges Laubblatt. Blüht April und Mai; im Walde, an Weg- rändern, Gräben und Feldwegen, Bachufern, auf steinigem Boden. Blütenstengel einfach, gefurcht, oft zu mehreren beisammen, mit lockeren, weissen Wollhaaren. Blütenköpfe einzeln, gipfelständig. Scheibenblüten zweigeschlechtig, röhrig; Randblüten weiblich, schmal, zungenförmig. Das Blütenköpfehen schön gelb, ähnlich dem des Löwenzahns. Blüten- boden ohne Deckblättchen. „Das von einem grünlichen Hüllkelche umgebene Blütenköpfchen besteht aus vielen gelben Einzelblüten, welche am Rande (Strahlenblüten) zungenförmige, im Mittelfelde (Scheiben- blüten) röhrenförmige Kronen besitzen. Der unterständige Fruchtknoten hat einen aus Haaren gebildeten Kelch (die Federkrone oder den Pappus) und einen fadenförmigen Griffel mit zwei Narben. Die fünf kleinen — 1401| — Staubgefässe sind in der Kronenröhre der Scheibenblüten befestigt. Ihre Staubbeutel bilden eine Röhre, durch welche der Griffel hindurch- ragt. Die Schliessfrüchte sind von dem Pappus gekrönt.“ Die Blätter erscheinen viel später als der 8—15 cm hohe Blütenstengel — die Blüten sind sogenannte vorläufige Blüten — und wurden früher als Mittel gegen Brustleiden, als Hustenmittel gebraucht; auch die Blätter galten als bitterlich schleimiges Arzneimittel. Es gibt auch eine Art mit (bräunlich) gefleckten Blättern. Seltsame Pflanzen, sagt Kerner, sind jene, welche von unterirdischen, ausdauernden Stämmen zweierlei über die Erde emporwachsende Sprossen entwickeln, zunächst Sprossen, deren Stamm unten mit schuppenförmigen Niederblättern besetzt ist, aber obenauf Blüten trägt, und dann später, wenn diese Erstlings- sprosse zu welken beginnt, belaubte, blütenlose Sprossen, deren grüne Blattspreiten sich im Sonnenlichte entfalten. Diese merkwürdige Teilung der Arbeit beobachtet man an mehreren Alpenpflanzen, namentlich an dem weit verbreiteten allbekannten Huflattich. „Damit das Ausströmen von Wasserdampf ungehindert vor sich gehen kann, sind bei allen Gewächsen, welche Spaltöffnungen besitzen, besondere Einrichtungen getroffen. Die grösste Gefahr für das unbehinderte Ausströmen droht von seiten des Wassers, welches als Regen und Tau auf die Oberfläche der Blätter gelangt, wenn dasselbe den Spaltöffnungen unmittelbar auf- lagern kann. Die nächste Umgebung der Spaltöffnungen, die Bahn für den Wasserdampf muss daher frei sein, es dürfen sich derselben keine Wasserschichten auflagern und vorlagern. Die Spaltöffnungen sind viel zu klein, um sie mit unbewaffnetem Auge sehen zu können. Dennoch kann man durch einen sehr einfachen Kunstgriff ermitteln, wo an einem Blatte oder an einem grünen Zweige die Spaltöffnungen sich befinden. Man taucht ein Zweigstück oder ein Blatt in Wasser, zieht es nach einiger Zeit wieder heraus, schüttelt und schwenkt es leicht hin und her, und sieht dann nach, welche Stellen genetzt wurden und welche ungenetzt geblieben sind. Wo das Wasser anhängt, zer- flossen ist und eine adhärierende Schicht bildet, da sind gewiss keine Spaltöffnungen in der Haut zu finden; wo aber der Zweig oder das Blatt trocken geblieben ist, da kann man sicher sein, Spaltöffnungen anzutreffen. An 80 unter 100 Fällen wird bei diesem Experimente nur die obere Blattseite genetzt, während die untere trocken bleibt, an 10 unter 100 Fällen bleiben beide Seiten trocken, und wieder an 10 unter 100 Fällen bleibt die obere Seite trocken, während die untere genetzt wird. Dem entspricht auch der Befund, dass in der weitaus — 141 — ‚grössten Mehrzahl der Fälle die untere Seite die meisten Spaltöflnungen birgt, während die obere frei von denselben ist. Es liegt nahe, dieses Verhältnis so zu deuten, «ass die obere Seite am meisten dem Regen ausgesetzt wird und dass die Spaltöffnungen aus diesem Grunde sich an der gegen Regen geschützten unteren Seite zusammendrängen. Diese im ersten Augenblicke so wahrscheinlich klingende Erklärung entspricht aber durchaus nicht dem wahren Sachverhalte. Die «dem Boden zu- gewendete Blattseite, welche in den meisten Fällen sämtliche Spalt- öffnungen vereinigt, bleibt nämlich nichts weniger als trocken. Das Regenwasser kommt auf dieser Seite der horizontal gestellten Flach- blätter allerdings nur in jenen Fällen, wo der Blattrand so gebaut ist, dass sich die netzende und adhärierende Wasserschicht allmälig von der Oberseite zur Unterseite hinüberzieht, und das ist im ganzen ge- nommen nur selten der Fall; «desto wichtiger aber ist für diese Blatt- seite die Benetzung durch den Nebel und den Tau. Da man bei Spaziergängen über Feld und Wiese an einem taufrischen Morgen in der Regel nur die nach oben gewendete Seite der Blätter zur Ansicht bekommt, so kann man leicht verführt werden, zu glauben, dass sich nur an dieser Seite Tau ansetzt. Wir gebrauchen auch das Wort „Taufall“ und sagen, dass sich der Tau „niederschlägt“. In beiden Ausdrücken birgt sich die Vorstellung, dass der Tau ähnlich wie der Regen herabsinkt, und dass nur die obere Blattseite mit Perlen belegt wird. Man braucht aber nur die Blätter umzukehren, um sich zu überzeugen, dass die untere Seite nicht weniger als die obere betaut ist; ja man wird bei näherem Zusehen sogar finden, dass für die untere Seite der Tau noch weit mehr in Betracht kommt als für die obere, weil er dort viel länger zurückbleibt. Wenn die Sonne schon hoch oben am Himmel steht, die Tautropfen von der oberen Blattseite längst weggeleckt wurden und die Transpiration bereits im vollen Gange ist, kann man die untere Seite noch immer mit Tau beschlagen finden. Wenn nun aber in der Mehrzahl der Fälle die Spaltöffnungen an der unteren Blattseite liegen, und wenn diese Seite der Wasser- gefahr nicht weniger ausgesetzt ist als die obere, so wird es erklärlich, warum sich gerade auf der unteren Seite des Blattes die Einrichtungen, welche das Vordringen der Nässe bis zu den Spaltöffnungen verhindern sollen, weit häufiger finden als an der Oberseite. Die wichtigsten dieser Einrichtungen aber sind der Wachsüberzug und die Haarbildung. Der Wachsüberzug erscheint entweder als ein mehlartiger Beschlag oder als eine der Oberhaut fest anliegende feine Kruste, oder am häufigsten — 142 — als eine unendlich dünne, abwischbare Schicht, als ein zarter Anhauch, welcher im Volksmunde den Namen „Reif“ erhalten hat. Die untere Seite der Blätter mehrerer die feuchten, nebelreichen Flussufer bewoh- nender Weiden sowie einer grossen Zahl von Binsen, Simsen und rohr- artigen Gräsern ist mit einer feinen, anliegenden Wachsschicht bedeckt. Wenn man zur Zeit des stärksten Taues durch ein Weidengebüsch oder durch ein Ried streift, so kann man sehen, dass an der unteren Seite der Blätter zwar reichlich Wassertröpfehen anhängen, dass sie aber diese Stelle nicht eigentlich netzen und nicht zerfliessen, sondern bei der leisesten Erschütterung 'abrollen und abfallen, womit wohl zu- sammenhängt, dass man nicht leicht bei einer Wanderung durch pflanzenbewachsenes Gelände so gründlich durchnässt wird wie bei einem Besuche von Weidenauen und Wiesenmooren. Bekannt sind auch die zwei weissen Streifen an der unteren Seite der Tannennadeln, welche gleichfalls aus einem Wachsüberzuge bestehen und die Benetz- ung der darunter befindlichen Spaltöffnungen verhindern. An den Wacholderarten finden sich dagegen die zwei weisslichen Wachsstreifen an der oberen Seite der Blättehen, und es ist interessant, zu sehen, wie hier auch die Verteilung der Spaltöffnungen wieder eine ent- sprechende ist; denn der Wacholder gehört zu jenen Pflanzen, bei welchen die Unterseite des Blattes frei von Spaltöffnungen ist, während die Oberseite genau so weit, wie der Wachsüberzug reicht, mit Spalt- öffnungen besäet ist. Auch mehrere Gräser haben nur an der oberen Blattseite die Spaltöffnungen, und zwar genau so weit wie diese Seite mit: Wachsstreifen belegt ist. Überhaupt ist der Wachsüberzug das- jenige Sicherungsmittel gegen Benetzung, das für den Fall des Vor- kommens von Spaltöffnungen an der oberen Blattseite am häufigsten zur Ausbildung gekommen ist. Die Blätter der Erbsen, des Geiss- blattes, des Mohnes, der Wachsblume und zahlreicher anderer Schoten- gewächse, welche an der Oberseite der Blätter Spaltöffnungen haben, sind dort auch mit Wachs überzogen, und man kann sich leicht über- zeugen, dass über die obere Seite eines Kohlblattes das aufgegossene Wasser gerade so wie über den Hals und Rücken einer Ente oder eines Schwanes in Tropfenform abrollt, ohne die Fläche zu netzen. Auch an den Wedeln von Farnen ist der Benetzung der Spaltöffnungen durch Wachsüberzug vorgebeugt. Ein anderes Mittel, wodurch dem Vordringen des Wassers bis zu den Spaltöffnungen eine Schranke ge- setzt wird, ist die Ausbildung von Haaren, der haarige und filzige Überzug. In dieser Beziehung sind als Beispiele zunächst mehrere — 14153 — in Wassergräben und Sümpfen wachsende Malvaceen, z. B. der arznei- liche Eibisch, althaca offieinalis, (mit blass rosaroten Blüten), dann einige Himmelbrandarten, z. B. die echte Königskerze, verbascum thapsus, zu nennen, deren Blätter nicht nur an der unteren, sondern auch an der oberen Blattseite mit Spaltöffnungen und dem entsprechend auch an beiden Seiten mit haarigen, nicht netzbaren Überzügen ver- sehen sind. Auch an mehreren Alpenpflanzen, z. B. an dem zottigen Habichtskraut, hieracium villosum (mit ein, selten zwei bis drei gold- gelben, samt den Blättern langzottigen, wollhaarigen Blütenköpfchen), erscheinen nach Regen- oder Taufall zwar die von den Blättern ab- stehenden langen Haare ganz dicht mit Tauperlen besetzt, zu der dar- unter befindlichen spaltöffnungsreichen Oberbaut aber vermag keiner der Wassertropfen zu gelangen. Besonders hervorzuheben ist hier auch der Umstand, dass Pflanzen mit zweifarbigem Laube, namentlich solche, deren Blätter oberseits grün, kahl, frei von Spaltöffnungen und von Wasser netzbar, unterseits weiss oder grau behaart, fast filzig, reich an Spaltöffnungen und von Wasser nicht benetzbar sind, an den Ufern der Gewässer besonders häufig vorkommen. In den lichten Gehölzen, “welche in den Thalflächen der Gebirgsgegenden die Gestade der Flüsse besäumen, also an Orten, wo an jedem Sommerabende Nebel ziehen, die alle Zweige, Blätter und Halme mit Wassertröpfehen beschlagen, gedeihen als bezeichnendste Arten die Grau-Erle und die graue Weide, und als Unterholz findet man dort allenthalben die Himbeere, durch- weg Pflanzen, welche mit dem eben beschriebenen zweifarbigen Laube geschmückt sind. Und treten wir aus dem Bereiche des Ufergehölzes auf die angrenzende Wiese, durch. welche das frische Wasser einer Quelle rieselt, und wo nach hellen Nächten noch bis zur Mittagszeit des folgenden Tages alles von Tau trieft: da ist so recht die Heimat für die Kräuter und Stauden mit oberseits grünen und unterseits weissen Flachblättern , da gedeihen in grösster Üppigkeit die Kratz- disteln mit unterseits weissfilzigem Laube, da erhebt sich die ulmen- blätterige Spierstaude mit ihren zweifarbigen grossen Blättern, und da ist das ganze Rinnsal des Quellbaches eingefasst mit den Blättern des Huflattichs, welche man geradezu als Vorbilder für zweifarbige Flach- blätter hinstellen könnte.“ — Diesen Huflattich nennet man auch Brandtlattich, vnd Rosshuff, dann er hat bletter, die vergleichen sich einem Rosshuff, gegen der erden sindt sie aschenfarb, oben grün, an dem vmbkreiss vneben vnnd eckecht. Im Mertzen bringt er seine wollechte stengel, die sindt spannenlang, darauff' stehen gelbe gefüllte — 14 — blumen, on alle bletter. Aber diese blumen sampt dem stengel sindt so vnwerhafftig vnd flüchtig, das wenn die bletter herfür kommen, so sindt die stengel vnd blumen schon vergangen, vnd werden stengel, blumen, bletter nimmer beyeinander gefunden. Die bletter aber bleiben den gantzen Sommer, darumb haben ettliche (so das kraut nur an den blettern kennen) vermeint, es trage weder stengel noch blumen, das doch nicht war ist. Auch hat diss kraut ein weisse fladerechte wurtzel. Wechst gern in feuchten orten, vnnd bei den wassern. — Gümbel macht folgende Bemerkung: „Tussilago farfara wächst auf den Eisen- erzlagern von Arzberg unfern Wunsiedel (Oberfranken). Die Eisen- steinlager sind entstanden durch Zersetzung von Spatheisenstein; dieser aber findet sich in Gesellschaft eines in Urthonschiefer eingelagerten (körnigen) Kalklagers, während sonst dem Urthonschiefer auf weite Strecken solche Einlagerungen fehlen. Da der Huflattich das Kalk- flötz verrät, verrät er damit auch den Eisenstein, wenn auch beide an der Oberfläche mächtig überdeckt sind.“ | Empfindliches Springkraut, wilde Balsamine, Kräutl Rühr mich nicht an, /mpatiens noli me tangere; einjährig, ein Storchschnabelge- wächs. Der einen rötlich gelben Milchsaft enthaltende kahle Stengel in sehr kurze dicke Ansätze ausgehend, welche sich büschelig in langfaserige Wurzeln fortsetzen. Höhe des Stengels etwas über 50 em bei 3 em Um- fang. Derselbe sieht ganz eigentümlich glasig aus, ist innen hohl, gegen das Licht gehalten durchsichtig, mit durchsichtigen Längsstreifen, an den Knoten aufgeschwollen. Blätter lang gestielt — 6 cm langer Blattstiel bei etwas über 7 cm langem und 4,5 cm breitem Blatt; die Blätter erreichen übrigens mitunter eine Grösse von 10 cm Länge bei 6 em Breite. Sie sind auffallend weich, eiförmig, abgestumpft, lang gekerbt, an der durch die Kerbung entstandenen Ausbuchtung ein sehr zartes Zährchen. Die Seitenverzweigungen sind blattachselständig. Blüten an etwa 3,5 em langen feinen Stielen hängend, gelb, mit orangefarbenen Tupfen. Drei blumenblattartig entwickelte und gefärbte Kelchblätter, von welchen die zwei seitlichen flach und klein sind, das oberste, aber durch die Krümmung des Blütenstieles bei den hängenden Blüten unterste oder hintere grösste unpaare Kelchblatt kapuzenförmig gestaltet in einen langen nach aufwärts zurückgekrümmten Sporn endigt. Von den drei Blumenblättern sind die beiden innersten schief, unregelmässig geformt, gelappt, und unter einander verwachsen, das vordere unpaare das grösste. Die zwei äusseren kleinen Kelchblätter (von anfänglich blass- grüner Farbe) haben etwa 7 mm Länge bei 4 mm Breite, während — 15 — das in den Sporn endende 3,5 em Länge zeigt bei einer Breite der Platte von 12 mm. Fünf sehr kurze dicke Staubgefässe mit zu einem länglichen Ring fest zusammengewachsenen gelben Staubbeuteln; ein Stempel mit fünf kleinen sitzenden Narben. Von den drei bis vier hängenden Blüten sind gewöhnlich ein bis zwei gross und ansehnlich, also vollkommen ausgebildet, bleiben jedoch häufig unfruchtbar, wäh- rend die übrigen kleinen unvollkommenen Blüten derselben Zweige Kapseln mit Samen erzeugen. Blüht Juli und August. Die (im Sep- tember) reifen Kapseln springen bei Berührung sofort auf, — daher der Name. Dieses Aufspringen der Kapsel in fünf Klappen, welche sich uhrfederartig einwärts zusammenrollen, geschieht mit einer gewissen Schnellkraft, wodurch die Samen umhergestreut werden. Zerstreut auf den feuchten längs des Mühlbaches sich hinziehenden Wiesen, auf _ schattigen Schuttplätzen, zwischen Holzstössen, an Zäunen, in schattigen Waldungen. Arzneilicher oder gemeiner Ehrenpreis, veronica offieinalis. Stengel etwas über 23 cm lang, fast aufrecht, behaart. Blätter verkehrt eirund, sitzend, gezähnt, behaart. Blütenträubehen an ziemlich langen blattachselständigen Stielen, die einzelnen Blütchen ziemlich kurz gestielt, blass, blau, mehr lila. Zerstreut auf Wiesen und in Bergwaldungen; perennierend. Blüht Mai und Juni. Das Kraut, herba veronicae, galt ehedem als heilkräftig. — Gamander- Ehrenpreis, veronica chamaedrys. Stengel schwach, auffallend durch zwei gegenständige oder gegenüber liegende Haarleisten, welche von einem Blattpaare zum anderen herablaufen, sodass derselbe, je nachdem man ihn zwischen den Fingern dreht, bald kahl, bald behaart erscheint. Blütentrauben achselständig mit ansehnlich grossen, schön himmelblauen, dunkler gestreiften Blüten an langen Stielchen. Auf Wiesen; perennierend. Blüht Mai und Juni. — Dreiblättriger Ehrenpreis, veronica triphyllos, Unkraut auf Äckern, Rainen, an Wegrändern und Mauern, einjährig. Unterste Blätter eiförmig, mittlere tief zerteilt in drei bis fünf bis sieben fingerförmige Lappen, oberste lanzettlich. Blüten zahlreich, eine lockere Traube bildend, klein, tief blau. Die Blütehen scheinen aus vier ungleichen Blättchen zusammen- gesetzt, sind es aber nicht, denn die Blättehen hängen am Grunde zusammen, und bilden also eine einblättrige, aber tief vierteilige Blu- menkrone. Die dunkelblauen Sternchen, welche manchmal über ein Saatfeld verbreitet sind, gehen unter, wenn es Abend wird, indem sie sich dann schliessen und nur die blassere Aussenseite ihrer Blättchen Daffner, Voralpenpflanzen. 10 — 46 — zeigen. Kapsel verkehrt herzförmig mit mehreren flachen beekenförmig vertieften Samen. — Nesselblättriger Ehrenpreis, veronica urbieifolia, perennierend, Juni und Juli blühend, im Bergwald. Blätter sitzend, verkehrt eiförmig, scharf gesägt, stark gerippt, die oberen lang zugespitzt. Blütchen rosa in langen blattachselständigen Trauben. — Bachbungen-Ehrenpreis, veronica beccabunga, perennierend. Stengel am Grund niederliegend. Ganze Pflanze völlig kahl. Blätter kurz gestielt, langrund, stumpf, die obersten weniger abgestumpft, un- regelmässig gesägt, etwas fleischig. Blüten klein, blau, in gegenstän- digen, blattachselständigen Trauben; vier Kelch- und vier Blumen- blättehen. An PBachufern, auf feuchten Wiesen; Mai bis August blühend. — Die Gattung Ehrenpreis gehört zur Familie der Braun- wurzgewächse. Der Name Ehrenpreis kommt daher, weil mit seinem Saft ein König von Frankreich geheilt wurde, der schon drei Jahre an Aussatz litt. Niedere Glockenblume, campanula pusilla, perennierend, Juni und Juli blühend, an felsigen Abhängen, auf den Geröllbalden, an den Flüssen bis in die Ebene herabsteigend. „Blätter der nicht blühenden Büschel eiförmig bis herzförmig, gesägt, lang gestielt; untere Stengelblätter langrundlich, kürzer gestielt, die oberen lineal, sitzend. Blüten blau, halbkugelig slockig, ohne Adernetz, zu drei bis sechs eine Traube bildend. — Die Blattrosette der kleinen niederen Glockenblume entsteht durch Verlängerung der Blattstiele der unteren Rosettenblätter. Diese wachsen nämlich so lange aus, bis die von ihnen getragenen Spreiten dem Bereiche des Schattens der höher stehenden Blätter ent- rückt sind. Zugleich ist an dieser niedlichen Pflanze auch noch der grosse Gegensatz im Zuschnitte der Rosettenblätter und der den blüten- tragenden Stengel bekleidenden Blätter bemerkenswert. Diese letzteren welche unter spitzem Winkel vom Stengel emporstehen, sind sehr kurz gestielt und schmal lanzettlich, während die unteren, flach über den Boden ausgebreiteten Rosettenblätter lang gestielt und mit einer breiten eiförmigen Spreite versehen sind.‘ Für die chlorophyllosen Blattstiele ist es kein Nachteil, wenn sie in Schatten gestellt sind; die grünen breiten Blattspreiten aber werden bei dieser Anordnung alle gut be- leuchtet, und dasselbe gilt auch von den locker gestellten, aufgerich- teten schmalen Stengelblättern.“ — Frauenspiegel oder Venusspiegel, campanula speculum s. speenlaria specnlum, einjährig, Juni und Juli blühend, stellenweise als Getreideunkraut. „Stengel 15--20 cm hoch, sparrig verästelt, untere Äste verlängert. Blätter länglich, ver- — 147 — kehrt eiförmig; Blumenkrone violett, radförmig. Kelchzipfel linealisch, so lang als der Fruchtknoten und die Blumenkrone. Kapsel länglich linealisch, prismatisch, mit Seitenritzen aufspringend.“ -—— Dunkel- blaue Glockenblume, campanula pulla, kahl, Blätter gekerbt, mit einzelnen nickenden dunkelblauen Blüten, Juni und Juli blühend; auf Äckern, Wiesen, Steingeröll; , perennierend. — Ausgebreitete Glockenblume, campanula patula, zweijährig, auf Wiesen, an Weg- rändern, Hecken, Gebüschen, Mai bis September blühend. Stengel aufrecht, schwach behaart. Grundständige Blätter verkehrt eiförmig oder langrund, stengelständige wenige, linealisch, ganzrandig oder ge- kerbt. Blüten blau, rispenförmig, Blumenkrone weit geöffnet, bis zur Mitte geteilt in fünf breite zugespitzte Zipfel. — Kriechende Glockenblume, campanula rapunceuloides, mit weit kriechendem Wurzelstock, im Walde, auch auf Feldern und an Hecken, peren- nierend, blüht Juni bis September. Die Blüten hängend, blau bis violettlila, ausnahmsweise in den Mooswiesen eine weisse Blüte, mit vorstehendem Griffel, einzeln in den oberen Blattachseln, bilden eine lange gipfelständige Traube. — Nesselblättrige Glockenblume, campanula trachelium. Stengel etwa 75 cm lang, borstig behaart, gewunden, rötlich angelaufen, scharfkantig; kurzer, schief liegender Wurzelstock mit Faserwurzeln. Untere Blätter wenig und ziemlich lang gestielt, die oberen kurz gestielt; sämtliche doppelt gesägt, steif- haarig, auch die Rippen sind behaart, rauh sich anfühlend, unterseits blassgrün; die mittleren Blätter etwa 8,5 cm lang, 5,5 em breit, herz- förmig mit ausgezogener Spitze. Blüten blattachselständig, sowohl eine endständige Traube bildend als seitlich am Stengel, lang gestielt, glockig, schön glänzend hellblau; fünf Blumenzipfel, Kelch tief eingeschnitten mit ebenfalls fünf Zipfeln; Kelch sowohl wie Blumenglocke mit langen steifen Haaren ; die Blumenglocke 28 mm lang, zwei bis drei solcher zu einer Traube beisammen. Die noch nicht aufgeschlossenen Blumen- knospen sind gelblich und zeigen eine stark fünfkantige oder fächerige Form. Blüte gewöhnlich blau, selten weiss oder auch schwach lila. Fünf Staubfäden mit sehr langen (8 mm langen) gelben Staubbeuteln ; ein abstehender behaarter Stempel. Blüht Juli und August, an Wald- rändern und Hecken. Ist perennierend und eine sehr veränderliche Art. — Rundblättrige Glockenblume, campanula rotundifolia, mit dünnem kriechendem ausdauerndem Wurzelstock. Grundständige Blätter lang gestielt, rundlich, herzförmig, gezähnt, zur Blütezeit jedoch O0) 52 oft verschwunden, obere Blätter sitzend, lineal-lanzettlich, ganzrandig, 10* — 148 — glatt. Schöne hellblaue nieckende Blüten in lockerer Rispe; Blumen- krone glockenförmig mit fünf breiten nicht bis zur Mitte reichenden Zipfeln; Kelch mit fünf tief eingeschnittenen lanzettlichen Zipfeln. Die Blüte ist kleiner, der Stengel schwächer wie bei der kriechenden Art. Fünf eng an einander liegende Staubgefässe und ein dicht behaarter Stempel, dessen drei lange Narben zuerst fest zusammengeschlossen sind. Erst nachdem sich die Staubbeutel durch Längsspalten nach innen geöffnet und den Griffel mit Pollen bedeckt haben, streckt sich der Stempel, während sich seine Narben wie Bischofsstäbe näch aussen biegen. Die Frucht ist eine eirundliche hängende Kapsel, welche sich am Grunde in kurze Spalten öffnet. Blüht Juni bis September. Auf Wiesen, an Wegrändern und Feldrainen — Raine nennt man die schmalen Striche oder Marken, an welchen zwei Felder oder Äcker zusammenstossen und an welche kein Dung hinkommt. — Schmal- blättrige oder Scheuchzer’sche Glockenblume, campanula linifolia s. Scheuchzeri (so genannt nach dem 1672—1733 lebenden schweizerischen Arzt und Naturforscher), perennierend, auf Bergwiesen, Juli und August blühend. Blumenkrone fünf-, seltener sechszipfelig mit tief gespaltenen weit aus einander stehenden fadenförmig schmalen, spitz zulaufenden Kelchzipfeln. Kelch grün, Blumenblätter lila und ziemlich tief gestrichelt, die Farbe an den Zipfeln stärker, gesättigter als gegen den blassen, fast etwas weisslichen Grund. Der Stempel, an der Spitze (Narbe) dreispaltig, zurückgebogen, ragt einsam in der Mitte, während die zarten Staubfäden - fünf oder sechs, je nach der Zahl der Blumenzipfel — dicht der Blüte anliegen. Am Stengel wenige sitzende sehr schmal lanzettliche, sägerandige Blätter. „Von der rundblättrigen und der Scheuchzer’schen Glockenblume gibt es Varietäten mit kahlen und mit grau behaarten Blättern; die letzteren sind seltener. Beide kommen immer unter einander vor. Auf trocke- nen Weiden findet man häufig unter den kahlen einzelne behaarte Pflanzen; an feuchten Stellen öfter die behaarte Varietät der rund- blättrigen Glockenblume in grösserer Menge und darunter einzelne kahle Pflanzen.“ Sommer-Wendelorche, spiranthes aestivalıs, eine Orchidee. Stengel etwa 21 cm hoch, wovon 4,5 cm auf die beblätterte Blüten- ähre treffen. Wurzelstock fast wagerecht, mit mehreren etwa 2,5 cm langen walzigen Knollen; perennierend. Etwa fünf scheidig am Stengel sitzende, nahezu 6 em lange und 13 mm breite, glatte, schmal lanzettliche, schwach bogennervige Blätter. Blüten grünlich weiss, —. 149 — sehr klein, nickend. Blütezeit Juli. Auf Alpentriften; am Herzog- stand; selten. Gemeine Kugelblume, globularia vulgaris. Grundständige, büschelförmig stehende Blätter, spatelförmig, an ihrer rundlichen Spitze in der Mitte eingekerbt oder ausgerandet, sodass zwei ausgeschnittene kurze Spitzen entstehen. Die grössten in den Blattstiel auslaufenden Blätter 31 mm lang, 8,5 mm breit. Der Blütenstengel 8 cm lang, gerieft, mit wenigen (vier) kleinen spatelförmigen Blättehen trägt ein eipfelständiges aus hell-, lila-blauen Blütchen bestehendes nicht ganz 2 cm im Durchmesser haltendes Blütenköpfehen. Blüht Juni und Juli. Wurzelstock perennierend, holzig.. Auf Greröll, in Felsritzen; am Herzogstand; nicht häufig. — Nacktstengelige Kugelblume, globularia nudicaulis. Der Stengel ohne Blatt, gefurcht, hat nur unten (in 1 cm Höhe) und etwas gegen die Mitte (in 5 cm Höhe) eine kleine Schuppe (Nebenblatt); der ganze Stengel 13 cm lang. Die grundständigen Blätter bilden eine Rosette und sind die glänzenden Blätter spatelförmig (die breiteste Stelle in der Nähe der Spitze und kurz, der übrige Teil nach dem Grunde hin lang verschmälert), 19—23 mm breit bei 65—87 mm Länge. Der Stengel trägt ein schön hellblaues, halbkugelförmiges, gipfelständiges Blütenköpfchen von etwa 1,5 cm Durchmesser. Perennierend; blüht Juli und August, auf der Benediktenwand. Gemeiner Bärenklau, heraclöum sphondylium. Stengel bis 136 cm Höhe bei einem Umfang von 53 mm; dann folgt der dicke gelbliche, 8,5 cm im Umfang haltende Wurzelstock mit 6 cm Länge, und von ihm gehen in der Länge bis zu 36 em mehr oder weniger fleischige Wurzelfasern ab, von welchen wieder einzelne kleine Fasern ausgehen. Etwa handbreit (gegen 10 cm) ober dem Wurzel- stock steckt der grosse rauhhaarige Stengel noch in der Erde und ist dieses in der Erde steckende Stück purpurrot gefärbt. Der Stengel ist hohl, stark gerieft, und in Absätze gegliedert (fünf Absätze), bei welchen immer — charakteristisch für die Doldengewächse, zumbelli- ferae — ein scheidenartig erweiterter, bauchiger Blattstiel (6 em lang, 43 mm breit bei unserm Exemplar) entspringt, welcher sich dann in einen gewöhnlichen Blattstiel fortsetzt. Blattscheide gekerbt, stark ge- wimpert, rauhhaarig, bogennervig. Blätter an dem gewöhnlichen Blatt- stiel tief fiederteilig, jedes Fiederblatt wieder tief gespalten, meist drei- lappig, rauhhaarig, unregelmässig grob gezähnt. Man yerglich die geteilten Blätter mit einer Bärentatze oder Bärenklau, daher der Name. Die Dolden sind zusammengesetzt aus etwa 21 verzweigten je bis 32 Blütehen tragenden Döldchen. Die fünf weissen Blütchenblätter sind sehr unregelmässig, das äusserste Blumenblatt ist bedeutend grösser und gabelartig gebildet. Am gemeinschaftlichen Stamm oder Stiel der grossen Dolde ein, seltener zwei, häufig gar keine Hüllblätter (invo- ‚ncrum), während an den einzelnen Döldchen ein oder zwei, bis acht Hüllblättehen (involucellum) sitzen. Frucht fast kreisrund, vom Rücken gegen die Seiten zu flach zusammengedrückt, mit dünnem Hautrande, der sich erst beim Trennen der Teilfrüchtchen als doppelt zeigt. Teilfrüchtehen breit, mit drei sehr feinen, schwach hervortreten- den Rippen, oder wenn fünf, die äusseren den Rand bildend. Thäl- chen mit einer sehr deutlichen Strieme, welche nicht bis zum Grunde der Frucht herabreicht, oft nur bis zur Hälfte und oft am Ende ver- diekt ist. Blütezeit Juni bis August. Auf Wiesen massenhaft, gilt für gutes Futtergras, in Wäldern, an Hecken, Wegrändern, in Ge- büschen ; zweijährig (perennierend). — Kurz vor dem Pesenbach (vor Ort Pesenbach) links, östlich der Strasse, ist ein ausgebreiteter feuchter Wiesengrund und sieht die gegen Benediktbeuern, also nördlich befind- liche Hälfte der Wiesenfläche Ende Juli (1891) von den Dolden des Bärenklau übersäet wie weiss aus, während die unmittelbar an sie an- stossende, nur durch die verschiedene Färbung deutlich abgegrenzte, nach Kochel, gegen Süden sehende Hälfte der Wiesenfläche von den Köpfehen der zahlreichen Wiesenknopfblumen (Skabiosen) wie blaurot erscheint. Im Osten der Wiese erhebt sich die bewaldete Bergkette, westlich dehnt sich der Moorgrund aus. Hanfähnlicher Wasserdost, enpatorium cannabinum, ein Korbblütler. Wurzelstock ausdauernd, holzig. Stengel etwa 75 cm hoch, schwach gefurcht, rot angelaufen, kurzhaarig, knotig abgesetzt. Blätter bis 13 cm lang und 4 cm breit, schwach flaumhaarig, unregel- mässig scharf gezähnt, die obersten Blätter bedeutend kleiner, schmal lanzettlich, am Rande fast nur wellig, etwa 6,5 em lang und 1,2 cm breit. Zahlreiche Blütenköpfehen in gedrängten endständigen Schirm- trauben, blass purpur-lila, fein gewürzhaft riechend. Hüllkelch aus sechs ungleichen, drei grösseren und drei kleineren walzenförmigen Deckblättchen, sechs Blütehen einschliessend. Blüht Juli und August. Am Waldsaum, an feuchten, moosigen, sumpfigen Stellen ; ziemlich selten. Wasser-Kreuzkraut, senecio aquatieus. Stengel gefurcht, gabelästig verzweigt, leicht grau behaart, etwa 24 cm hoch. Wurzel —. ala. — kurz, mit/mässig starken, büscheligen Faserwurzeln. Grundständige Blätter5jlang gestielt, länglich verkehrt eiförmig, mehr oder minder stark fiederteilig; obere Blätter klein, sitzend, ebenfalls fiederteilig, mit spitz geteilten Öhrchen. Blütenköpfehen glänzend hellgelb, etwas über 2,5 em im Durchmesser, die Randblüten rinnig, zwei ausgeprägte Furchen, an der Spitze ausgerandet in drei ausserordentlich feine Zähnchen. 3 Blüht Juli und August, auf feuchten Wiesen, zweijährig. — Alpen-Kreuzkraut, Goldkraut, Staffelblume, senecio alpinus s. cineraria alpina. Wurzelstock daumenlang, über 6 cm, horizontal mit einem ‘starken Büschel Faserwurzeln, bartartig, Stengel nahezu 1 m hoch bei 4,8 em Umfang, gerieft, untere Hälfte blaurot ange- laufen, kahl. Blattstiele sehr lang, namentlich die unteren, bis 17,5 cm lang, gerinnt; Blätter gross, grob gezähnt, stark netzaderig, etwa 17 cm lang und 13,5 em breit, eiförmig, an der Basis herzförmig ausgebuchtet. Am Grund oder Ansatz des grossen Blattstieles erheben sich zwei ge- stielte, am ganzen Rand stark doppelt sägezähnige, gekrümmt herz- förmige, asymmetrische Blättchen; zwischen diesen und dem Beginn der Blattspreite findet sich nicht selten noch ein lanzettlich spitziges, mit einzelnen unregelmässig schwachen Zähnchen versehenes, etwa 21 mm langes und 5 mm breites Nebenblättchen. Blüten in einer endständigen, reichen, lockeren Rispe, von leuchtender, goldgelber Farbe, honigähnlichem Geruche, 3,5—4 cm das Köpfchen im Durchmesser; im ganzen etwa 27 Blüten, von welchen meist drei oder zwei gabelig an einem gemeinschaftlichen Stiele sitzen; bis zu 21 Strahlenblüten ; Hüllblättehen mit schwärzlicher Spitze 16. Die Rand- oder Strahlen- blüten zeigen an der Unterseite meist vier grünliche Längslinien; sie sind leicht gerinnt, an der Spitze leicht ausgerandet, zwei Zähnchen bildend, seltener ganzrandig. Blüht Juni bis August, auf Berghängen, bergigen Wiesengründen, besonders am Kesselberg.. — Gemeines Kreuzkraut, nach dem lateinischen richtiger Greiskraut (senex, Greis), senecio vulgaris, auch Vogel- oder Goldkraut, welches häufig als Un- kraut auf Wiesen, im Walde und in Gärten wächst, bis über 30 cm hoch; einjährig. Stengelumfassende, fiederspaltige, kahle Blätter mit gezähnten, stumpfen Lappen. Gedrängte, endständige Doldentrauben aus zitronengelben Blütenköpfehen, die ein Lieblingsfutter der Vögel, besonders der Kanarienvögel sind. Die Blütenköpfchen sind walzlich, aus etwa 20 gleichen Blättchen und ungefähr 10 kleineren äusseren bestehend, welche an der Spitze schwarz gefärbt sind. Blütchen sämt- lich röhrenförmig, ohne Strahlenblüten. Schliessfrüchtchen schwach be- — 152! — haart. Blüht fast das ganze Jahr hindurch. — Klebriges Kreuz- kraut, senecio viscosus, aufrechtes, verzweigtes Sommergewächs, bedeckt mit kurzen, klebrigen Drüsenhaaren; Blätter tief geteilt mit lanzett- lichen, buchtig gezähnten Lappen. „Blütenköpfehen dieker wie die vorige Art, mit zahlreicheren gelben Blütchen und längeren Blüten- stielen, eine lockere, gipfelständige Schirmtraube bildend. Äussere Hüll- blätter gewöhnlich nur zwei bis drei, fast halb so lang als die inneren, welche zu 20 vorhanden sind. Äussere Blütchen zungenförmig, aber klein, nur vor der Befruchtung und bei Sonnenschein ausgebreitet, sonst zurückgeschlagen, so dass sie leicht übersehen werden. Schliess- früchtehen glatt.“ Blüht Juni bis Oktober. — Hain-Kreuzkraut, senecio nemorensis, perennierend, in feuchten Waldungen, Juli und August blühend. Blätter länglich lanzettlich, ungleich gesägt, die Sägezähne mit verdickter Spitze, kahl, kurz gestiel. Fünf (bis acht) abstehende gelbe Strahlenblüten der in Schirmtrauben stehenden zahl- reichen Blütenköpfehen. Hülle walzig glockenförmig. — Krauses Kreuzkraut, senecio crispatus, perennierend, Mai und Juni blühend, auf feuchten Waldwiesen. Blätter gross, stark, netzartig geadert, grob gezähnt; die unteren verkehrt eiförmig, herzförmig; sämtliche gestielt. Strahlige gelbe Blütenköpfehen ohne äussere Hüllblättehen. Ändert mehrfach ab in der Zähnelung der Blätter, Farbe der Hülle und Blüten. — Der Name senecio wurde aus senex gebildet, weil die Blüten bald in Samen übergehen, worauf die Pflanze durch die Haare des Pappus wie ergraut aussieht, weshalb sie im Deutschen auch den Namen Baldgreis trägt. Der Name Greiswurz — das Wort wurz be- deutete einst überhaupt Pflanze — wurde später in Vergessenheit seiner wahren Beziehung in Kreuzwurz umgewandelt, ohne dass die Pflanze an irgend einem Teile Ähnlichkeit mit einem Kreuz hätte. Goldgelber Pippau, crepis aurea, perennierend. Kleines Pflänzechen mit holziger Wurzel, der Stengel, den ich zu 7 cm Höhe mass, kahl, aufrecht, gerieft, mit einem endständigen, dunkel orange- gelben Köpfchen. Blütenhülle schwärzlich rauhhaarig, fast borstig, wie angerusst. Stengel blattlos, nur am Grunde einige schrotsäge- förmige, etwa 6 cm lange, kahle Blätter, das Endblättehen mit spitzem Zähnchen. Blüht Juli und August auf Bergwiesen; am Herzogstand; selten. — Löwenzahnblättriger Pippau, crepis tarawacifolia, zweijährig, Mai bis Oktober blühend, auf Wiesen. „Blätter meistens grundständig und fiederteilig mit einem grossen, kurz gezähnten End- zipfel und mit kleinen Zipfeln an den Seiten des Stieles. Stengel —. 13 — aufrecht, oberhalb ästig mit wenig kleinen, schmalen Blättehen. Blüten- köpfehen verhältnismässig klein, bilden eine gipfelständige, lockere Schirmtraube. Blütchen gelb, die äusseren in der Mitte unterhalb rosenrot bis hellbraunrot. Hülle schwach behaart. Schliessfrüchtehen sämtlich verschmälert in einen dünnen Schnabel, der ungefähr eben so lang als die Frucht selbst.“ Gemeine Wucherblume, chrysanthemum leucanthemum, peren- nierend, Mai bis Juli blühend. „Grundständige Blätter verkehrt ei- rund, kurz gezähnt, lang gestielt; Stengelblätter schmal, sitzend, mit wenigen kurzen Zähnen. Blütenköpfchen einzeln, an langen, end- ständigen Stielen, ansehnlich gross. Scheibenblütchen goldgelb, zahl- reich, klein. Strahlenblüten weiss, über 1 cm lang. Auf Wiesen, Rasenplätzen, an Wegrändern.‘“ Wegen der Ähnlichkeit der Blüte heisst sie auch grosse Gänseblume. Der Name Wucherblume stammt von ihrer in früherer Zeit ganz ungewöhnlichen Vermehrung durch Samen und Wurzeln, so dass z. B. 1737 noch in Hannover ein amt- licher Befehl zu ihrer Ausrottung erging. Bienensaug oder Taubnessel, /amium, und zwar sowohl die gefleckte, violett, rot lila blühende Art, macılatum, wie die weisse, album, und gelbe, Gold- oder Waldnessel, luterm. Blüten in achsel- ständigen Wirteln, die oberen meistens ein gipfelständiges, beblättertes Köpfchen bildend. Oberlippe stark behaart, Unterlippe jederseits mit einem kurzen Zahn. Die gefleckte Taubnessel ist wahrscheinlich nur eine Spielart der weissen; ihre Blumenkrone ist purpurrot, die Unter- lippe lila, purpurrot gefleckt; die Blätter sind mitunter in der Mitte mit einem breiten, hellen Streifen oder Fleck gezeichnet. Der Name Taubnessel oder taube Nessel rührt daher, dass das ganze Kraut be- haart und die gestielten, herzförmigen oder breit eitförmigen, grob, un- gleich gekerbten Blätter denen der Brennessel ähnlich sind, ohne dass wir uns jedoch unsere Finger daran verbrennen. Sie blüht April bis Oktober und ist perennierend; meist unter Gebüschen, auf Wiesen, besonders an Mauern und an Wegrändern. Die gefleckte Taubnessel erscheint im Frübjahr unter den ersten und verlässt uns im Spätherbst unter den letzten Pflanzen. „Die Bienensaug-Arten tragen an jedem ihrer Teile klar und deutlich den Charakter der Pflanzenfamilie, zu der sie gehören, der Lippenblütler, /abiatae, so genannt, weil ihre ein- blätterige, unten röhrenförmige Blumenkrone nach oben um den weiten Schlund verschiedentlich lippenförmig gestaltete Blumenzipfel trägt. — 154 — Man unterscheidet davon die Oberlippe und die Unterlippe. Inwendig finden wir vier Staubgefässe an der inneren Wand der Blumenröhre festgewachsen. Von diesen sind zwei länger als die beiden andern. Zwischen ihnen steht das nur Eine Pistill, welches an seiner Spitze gabelartig gespalten ist. Es ist aber nicht wie jene an der Blumen- krone, sondern im Kelchgrunde zwischen stets vier Fruchtknoten ein- gefügt. Letztere werden zu vier freien Samen und wir sehen sie übers Kreuz gestellt, wenn wir von oben in den Grund des Kelches hinein- sehen. Der Kelch besteht ebenfalls wie die Blumenkrone nur aus Einem Stück, ist aber meist fünfteilig. Die so beschaffenen Blumen oder richtiger Blüten, denn jene ist nur ein Teil dieser, stehen in den Winkeln, welche zwei einander gegenüberstehende Blätter bilden. Stünden die Blüten rings um den Stengel herum, so würden sie wie z. B. die Blätter des Waldmeisters einen Wirtel oder Quirl bilden. In Wahrheit ist es nur ein Scheinquirl. Die Blätter stehen am vier- seitigen Stengel immer in der Weise zu zweien einander gegenüber, dass das erste, dritte, fünfte u. s. w. Blätterpaar an zwei einander gegenüberliegenden Stengelseiten steht, an den beiden andern das zweite, vierte, sechste u. s. w. Alle diese Merkmale finden sich bei einer ziemlich grossen Anzahl deutscher Pflanzen, die in andern Kenn- zeichen dennoch als Gattungen und Arten von einander verschieden sind. Alle diese Pflanzen haben Lippenblumen, alle haben zwei lange und zwei kürzere Staubgefässe, alle haben vier Fruchtknoten mit einem Griffel, bei allen stehen die Blüten in einem Scheinquirl, alle haben einen einblätterigen Kelch, alle einen vierkantigen Stengel, an welchem die Blätter paarweise gegenüberstehen. Sie bilden eben die natürliche Familie der Lippenblütler, und die genannten Kennzeichen bilden den Charakter derselben, welchen die einzelnen Glieder der Familie auf- fallend festhalten. Wenn nun dennoch die Lippenblütler zunächst in Gattungen und dann in Arten zerfallen, so müssen wir die unter- scheidenden Kennzeichen derselben in anderen als den angegebenen Dingen suchen. Bei der Gattung der Bienensauge z. B. in der helm- förmigen Oberlippe und in den zwei feinen, spitzen Zipfelchen zu beiden Seiten des Schlundes, während die Arten der Bienensauge durch die Farbe und besonders ausgeprägte Gestalt der Blume und durch die Form der Blätter sich von einander unterscheiden, während alle zusammen in dem Gattungscharakter übereinstimmen.“ Der echte oder wohlriechende Waldmeister, asperula odorata, gleichsam der Höchste, der Meister des Waldes, perennierend, mit — "a — kriechendem Wurzelstock und aufrechtem Stengel, kommt im Walde selbst, besonders aber an den Hängen auf dem Windpässel vor; blüht Mai und Juni. Blätter gewöhnlich acht im Kreise oder Wirtel, lang- rund, lanzettlich. Die in Trugdolden angeordneten Blüten sind klein, weiss, hinfällig, mit trichterförmiger, vierspaltiger Krone, in deren Röhre vier Staubgefässe befestigt sind. Geschlossenes, zweisamiges Schliess- früchtehen. Früchte kugelig, durch steife, hakige Borsten (starre Haare — sie bilden den Übergang zu den Stacheln) sehr rauh. Man benützt die Pflanze, und zwar am besten wenn die Blüten halb ge- öffnet sind, nachdem sie einige Stunden liegen gelassen, wegen ihres angenehmen Geruches als Würze zum Maiwein. Dieser aromatische Geruch rührt von dem frei in der Pflanze vorkommenden Cumarin her. Der Waldmeister gehört zur Familie der sternblättrigen (stellatae) oder Krappgewächse (rubiaceae), bei welchen man zwei der quirl- förmig stehenden Blätter (die Nebenblätter sind nämlich vollkommen blattartig) als gegenständige Hauptblätter, welche in ihren Achseln Knospen und Zweige entwickeln, betrachtet, die übrigen als Neben- blätter. „Die Hauptaufgabe der Nebenblätter besteht darin, dass sie das Übermass des Lichtes von den noch jugendlichen, eben erst aus den Knospen hervorkommenden Blattspreiten abhalten und diese auch vor zu starkem Wärmeverluste in hellen Nächten schützen. Vielfach werden durch die Nebenblätter auch die Knospendecken ersetzt, und in den Knospen der Feigenbäume sieht man die noch sehr kleinen, zusammengerollten Blattspreiten in die Nebenblätter wie in eine Tüte eingewickelt. Wenn den Nebenblättern nur die hier angedeuteten Auf- gaben zufallen, so lösen sie sich nach Entfaltung der von ihnen ge- schützten Blattspreite regelmässig ab und fallen zu Boden. Daher sieht man kurz nach der Entfaltung des Laubes der Eichen, Buchen und andern Laubhölzer den Grund der aus diesen Bäumen gebildeten Waldbestände mit ungeheuern Mengen abgefallener Nebenblätter be- streut. Wenn die Nebenblätter an den Seiten des Blattstieles stehen bleiben und grünes Gewebe enthalten, können sie ohne Zweifel die grünen Blattspreiten in ihrer Funktion unterstützen und so wie diese aus unorganischer Nahrung organische Stoffe erzeugen. Bei dem Wald- meister, dem Labkraute und der Färberröte zeigen !die Nebenblätter sogar gleiche Grösse, gleichen Zuschnitt und gleiche Färbung wie die Spreiten der beiden gegenüberstehenden Mittelblätter, und es entsteht dadurch ein Stern von grünen Blattgebilden, welchem die genannten Pflanzen den Namen Sternkräuter verdanken. Auch bei dem Stief- — 156 — ; mütterchen (viola tricolor) und zahlreichen mit diesem verwandten Veilchenarten sind die Nebenblätter grün und übertreffen an Umfang mitunter die Blattspreite, deren Basis sie zu schützen haben. — Im Grunde des Buchenhaines erhebt der Waldmeister seine in Wirteln um den Stengel gruppierten Blätter. Über ihm neigen sich die dicht be- laubten Äste der Buchen zu einem Dache zusammen, durch dessen Lücken nur hier und da ein schwacher Sonnenstrahl den Weg in die Tiefe nimmt. In dem dämmerigen Lichte zeigen die Blattsterne des Waldmeisters eine tief dunkelgrüne Farbe. Nun erdröhnt die Axt des Holzhauers im Walde, die Buchen werden gefällt, das schattende Laub- dach ist vernichtet und der Waldgrund den grellen Sonnenstrahlen ausgesetzt. Binnen wenig Wochen ist der Waldmeister nicht mehr zu kennen, er ist krank und bleich geworden, die Blattsterne haben ihr dunkles Grün eingebüsst, ‚das Chlorophyll ist durch das grelle Licht zerstört worden. Und ähnlich wie dem Waldmeister ergeht es den Farnen. Im Düster des Waldgrundes, zwischen steilwandigen Felsen und am nordseitigen, schattigen Gehängen sind sie tiefgrün gefärbt, an eine sonnige Stelle verschlagen werden sie bleichsüchtig und bleiben dann auch auffallend im Wachstume zurück. Alle diese Pflanzen sind eben nicht darauf eingerichtet, sich für den Fall einer Änderung in der Besonnung ihres Standortes den neuen Verhältnissen anzupassen und sich gegen die ungeschwächt einfallenden Strahlen zu schützen. Sie passen nur für den schattigen Waldgrund, und ein Übermass von Licht ist ihr Tod.“ Die gemeine oder vierblättrige Einbeere, paris quadrifoha, eine etwas düstere, mathematisch abgemessene Pflanze, im Walde, so im nahen Wäldchen an der Lain, gleich vor der Brücke, rechts nahe der Strasse. Wurzelstock kriechend, wagrecht, deutlich gegliedert, an den Gelenken mit Wurzelzasern, gegen das Ende hin mit Schuppen besetzt, von der Dicke eines Federkiels, ausdauernd. Blüht im Mai und Juni gelbgrün; Beere blauschwarz, giftig. Die Einbeere ist eine zweiachsige Pflanze, indem der Abschluss durch die Blütenbildung an dem sekundären Achsensystem erfolgt. Es erhebt sich nämlich aus dem Vereinigungspunkt der vier, selten fünf (letztere beobachtete ich ausnahmsweise mitten unter den meist zu mehreren beisammen stehen- den, gewöhnlich vierblätterigen) in einem Quirl oder Wirtel, d. h. auf gleicher Höhe stehenden, verkehrt eirunden, winkelnervigen Blätter, der etwa fingerlange Blumenstiel — im ganzen ist der Stengel 20—30 cm hoch —, der an seiner Spitze die aufrecht stehende, sternförmige Blume N ee trägt, deren vier Kelchblätter und ebensoviele Blumenblätter, beide schmal lanzettlich, mit den acht Staubgefässen einen Stern bilden, in dessen Mittelpunkt der kugelrunde Fruchtknoten ruht, aus welchem die giftige Beere wird. Bei fünf Stengelblättern sind auch die Blüten- teile fünfzählig. Die Staubbeutel linealisch (d. h. lang und schmal, etwa vier- bis fünfmal länger als breit, einem Lineale ähnlich), auf dünnen Fäden, haben, wie es überhaupt meistens der Fall ist, läng- liche und parallel neben einander liegende Fächer. Bemerkenswert ist das schöne Verhältnis, in welchem alle Teile der Blüte zu einander stehen. Diese besitzt nämlich vier Kelchblätter, . vier Kronenblätter, acht Staubgefässe, vier Narben, einen vierseitigen Fruchtknoten und auch eine vierfächerige Beere. Das Zwischenband (eonnectivum) des Staubfadens ragt bei der Einbeere pfriemenförmig über den langen Staubbeutel hervor. Die Einbeere gehört in die Familie der Lilien- gewächse, Ziliaceae, und sind ausser der europäischen Art nur noch zwei oder drei asiatische vorhanden. (Was die Anordnung oder Ver- teilung der grünen Blätter am Umfang des Stengels betrifft, so bilden sämtliche in einer Höhe entspringenden Blätter zusammen einen Wirtel oder Quirl, und den seitlichen Abstand oder die seitliche Entfernung der einzelnen Glieder eines Wirtels von einander nennt man den Horizontalabstand oder die Divergenz. Häufiger aber als diese Stellung der Blätter ist jene, welche man als die schraubenförmige oder spiralige bezeichnet hat.» Da entspringt in einer und derselben Höhe immer nur ein Blatt vom Stengel, und die sämtlichen Blätter eines Stengels sind daher nieht nur in horizontaler, sondern auch in vertikaler Richtung auseinander gerückt. Man kann an Stengeln mit schraubig gestellten Blättern gerade so wie bei jenen, welche Blattwirtel tragen, beobachten, dass sie sich aus mehreren Stockwerken aufbauen, welche unter ein- ander den gleichen Bauplan zeigen, so dass in jedem Stockwerke die Zahl, Stellung und Verteilung der Blätter sich wiederholen. Dieser Verlauf der Blattspirale (des Stockwerkes) von einem Blatt bis zum nächsten, senkrecht darüber stehenden, wird Blattwirbel oder Cyklus genannt. Die Beobachtung hat nun gezeigt, dass die Zahlen der Glieder der in der Natur vorkommenden Blatteyklen mit wenigen Aus- nahmen der folgenden Reihe angehören: !/a, !/s, ?/, °/s, ?lıs, %aı, 13/34 ..., und fällt in allen diesen Reihen die sehr beachtenswerte Eigentümlichkeit auf, dass in jedem einzelnen Bruche der Zähler gleich ist der Summe der Zähler, und der Nenner gleich ist der Summe der Nenner der beiden vorhergehenden Brüche.) — 158 — Der giftige Wasserschierling, cicuta virosa, auch Wüterich genannt, perennierend, an den Ufern von Gräben und Sümpfen, blüht Juli und August, in weissen, zusammengesetzten, 10—15 oder mehr Hauptstrahlen tragenden Dolden. Fünf Staubgefässe. Blätter doppelt oder dreifach gefiedert, mit schmal lanzettlichen, zugespitzten, scharf gesägten Fiedern. Wurzelstock knollig verdiekt und durch quere Scheidewände unterbrochen, querfächerig; die durch Querscheidewände getrennten, niedergedrückten Fächer entsprechen den Blattnarben, also den Stengelknoten. Trotz der äusseren Ähnlichkeit kann daher (wegen der inwendig hohlen Fächer) die im Schlammme steckende sellerie- ähnliche Wurzelknolle mit den Sellerieknollen nicht verwechselt werden. — In der Abendstunde 400 v. Ch. starb der grösste Weise des Alter- tums, Sokrates, nachdem er den Schierlingbecher, zu dem er verurteilt war, geleert. Die Gleisse oder Hundspetersilie, aethusa cynapium, mit einjähriger, dünner, spindelförmiger Wurzel, an Wegrändern, Mauern, Bachufern, auf Wiesen, Feldern, in Gärten, blüht Juni bis Oktober; die kleinen weissen Blüten stehen strahlenförmig verlängert in Döld- chen. Sie wird leicht mit der Petersilie verwechselt, doch fällt sie durch besondere Hüllchen aus zwei bis drei ziemlich langen, schmalen, linealischen, dreispitzigen Deckblättchen, welche an der (chamoisfarbigen) Aussenseite der Döldchen abwärts hängen, während sie bei der Peter- silie sehr kurz sind, unter den verwandten Arten sofort auf. Der Stengel enthält einen gelbrötlichen Milchsaft. Die glänzenden, dunkel- grünen, doppelt und dreifach gefiederten Blätter mit in schmale Lappen zerschnittenen, fiederspaltigen oder Fiederblättchen riechen beim Zer- reiben stark nach Knoblauch, und wie die Pflanze in grösserer Menge in das Futter komnit, erhält die Milch einen so starken Knoblauch- geruch, dass sie nicht mehr zu geniessen ist. Gemeine Waldrebe, clematis (#Anua, Ranke) vitalba, auch Judenbart genannt, ein perennierendes Schlinggewächs, im Wäldchen an der Lain, unter den Stauden am Mühlbach. Stengel rankend, ge- rieft, rötlich angelaufen, leicht flaumig behaart. Blätter gegenständig, gefiedert, sehr unregelmässig geformt, meist mit einem schmäleren End- läppchen, gebildet durch zwei grössere seitliche Einschnitte; Rand ebenfalls sehr unregelmässig, bald glatt, bald gekerbt, bald auf beiden Seiten oder auch nur auf einer Seite unregelmässig mehr oder weniger grob gezähnt; gewöhnlich fünf gestielte Fiederblättchen an dem langen — 159 — schwach kurzflaumigen gerieften und gedrehten oder sich wickelnden Hauptblattstiel. Unmittelbar unter dem Stengelansatz der gerade ab- stehenden Blattstiele, also in deren Achseln, gegenständig, erheben sich in leichter Windung um den ein wenig knotigen Ansatzpunkt etwas schräg nach aufwärts gerichtet die ebenfalls gerieften und schwach flaum- haarigen ziemlich langen Blütenstiele. Blütezeit Juni bis August. Blüten grünlich weiss in reichen Trugdolden. Die blumenkronartig entwickelten fünf Kelchblätter — eine eigentliche Blumenkrone fehlt — sind auf beiden Seiten filzig behaart. Zahlreiche Staubgefässe und Stempel. Die im September reifenden Früchte erscheinen sehr auf- fallend durch (!/a mm breite und bis 23 mm) lange fiederartige wie weisse Seide glänzende geschwungene Grannen. Saft brennend scharf, blasenziehend, giftig. „Das spirale Wachstum der Ranken und des Stengels der Schlinggewächse ist durch eine allerdings nur in ihrem Endresultat sichtbare schraubenförmige Bewegung der Endstücke dieser Teile bedingt. Zur Erklärung dieser Erscheinung ist eine an den ver- schiedenen Seiten dieser Organe ungleich verteilte Gewebespannung, welche aus dem Gegensatz schwellender und passiver Gewebeschichten sich ergibt, anzunehmen. Die wenn auch nur leise Berührung eines benachbarten Körpers hat, nach Analogie einer Reizbewegung, das Umschlingen des stützenden Körpers zur Folge, welches übrigens bei jeder einzelnen Pflanzenart stets in einer bestimmten Richtung, ent- weder rechts- oder linksherum geschieht. — Die Waldrebe windet sich malerisch zwischen den Zweigen eines Busches in die Höhe, den sie fast ganz mit ihren reich beblätterten Zweigverschlingungen verhüllt. Obgleich eine deutsche Pflanze, ist sie hier vielleicht doch nur ver- wildert; aus einem benachbarten Garten, wo sie die Laube bekleidet, kann ihr mit langer fein befiederter Granne beschwingter Same von einem Sturmwind leicht hieher geführt worden sein. Wir erkennen leicht aus der grossen Ähnlichkeit des Samens mit dem der Küchen- schelle in der Waldrebe ein Ranunkelgewächs.“ — In den rankenden Zweigen der Waldrebe findet man mänchmal bohrend eine echte Bor- kenkäferart, bostrychus bispinus. Die gemeine oder Cypressen-Wolfsmilch, euphorbia ceypa- rissias, in Gärten, an Wegen, feuchten schattigen Wiesen oder Gras- plätzen, perennierend, blüht April und Mai; Blümchen gelb, breit herz- förmig, in gipfelständiger Dolde. „Die dicht zusammengedrängten Blüten sind von einer Hülle umgeben, welche die Gestalt eines Bechers hat und deren Rand mit halbmondförmigen quer-ovalen oder rundlichen — 160 — Gewebekörpern besetzt ist. Alle diese honigausscheidenden Gewebe- körper glänzen an der oberen Seite von dem dünnen Überzuge aus Nektar, ähnlich so wie das Gewebepolster, welches dem Fruchtknoten der Doldenpflanzen und des Spindelbaumes aufgelagert ist.“ Die Wolfsmilch enthält einen weissen scharfen Milchsaft und wird daher vom Vieh nicht gefressen. Der Rostpilz kommt häufig am Kelch der Wolfsmilch vor, und ist dessen Vorhandensein an der eiförmigen Ge- stalt der ursprünglich schmal linealischen Blätter sofort zu erkennen. Das gemeine Schneeglöckchen, yalanthus nivalis, peren- nierend, kommt im Walde und auf schattigen Wiesen, namentlich bei Gsehwendt vor. Blüht Februar bis April; Blüte süsslich duftend, hängend, weiss. Die Abteilungen (Blättchen) der Blütenhülle (Perigon) stehen in zwei Reihen und zeigen verschiedene Gestaltung. Die drei äusseren mehr oder weniger abstehenden, ausgebreiteten, ganzrandigen, an der Innenseite gerippten Perigonblätter sind ganz weiss und be- deutend länger als die drei inneren, welche in der Mitte des oberen Randes eingekerbt und um die Einkerbungsstelle herum, fast herzähn- lich, aussen grün gefärbt sind; die längs gerippte grüne Innenfläche dieser dicht an einander liegenden becherförmig geschlossenen inneren Blätter ist von einem weissen Rande umgeben. Sechs orangegelbe parapluieähnlieh gestaltete Staubfäden, ein Stempel. „Sehr häufig wird der Nektar von den Blumenblättern ausgeschieden, und zwar sowohl von den Blättern jener Blumen, die man als Perigon — wobei sämt- licne Blumenblätter gleich oder doch sehr ähnlich gestaltet und gefärbt sind — entspricht, als auch jener, welche Kelch und Krone genannt werden. An den Sehneeglöckehen sieht man den Honig in parallelen Längsfurchen an der Innenseite der drei ausgerandeten Perigonblätter ; in den Blüten der Lilien, zumal jener mit nickenden Blüten und bogenförmig zurückgekrümmten Perigonblättern, wie beispielsweise des Türkenbundes (Tilium martagon) ist jedes Perigonblatt der Länge nach von einer mit Leisten oder auch mit geweihartig verzweigten und teilweise kolbenförmig verdiekten Gewebewucherungen eingefassten Rinne durchzogen und diese Rinne strotzt von dem in ihr abgesonder- ten reichlichen Nektar.“ Das gemeine Schneeglöckchen ist eine echt deutsche Volksblume; schon die ersten schwachen Sonnenstrahlen locken es hervor aus tiefem Schlummer. Arme Kinder eilen dann hinaus in die noch erstarrte Natur, die schneeigen Blümchen zu pflücken, und gerne kauft sie der Städter, denn diese kleinen Blüten- glocken sind ihm die ersten Herolde des nahenden Frühlings. Dieses — 161 — Schneeglöckchen und seine gefüllt blühende Form lässt sich leicht treiben; in neuerer Zeit erfreuen sich aber einige stattlichere Arten, besonders grossblumige italienische Schneeglöckchen (galanthus Im- perati) und das in Kleinasien heimische Riesenschneeglöckchen (galan- thus Elwesi) mit Recht besonderer Beliebtheit. Schneeglöckchen — das gemeine und das grosse —, Märzenveilchen, Anemonen und Schlüsselblumen sind bei uns die ersten Boten des wieder erwachenden Frühlings. „In der unterirdischen Zwiebel des Schneeglöckchens (galanthus nivalis) bilden sich im Laufe des Sommers bereits die Anlagen für Blätter und Blüten des nächsten Frühlings, und Ende September sind bereits alle Teile der künftigen Blüte zwischen den umhüllenden Zwie- belschuppen und Scheiden zu erkennen. Man sollte meinen, es wäre ein Leichtes, diese Zwiebel durch Erhöhung der Temperatur und durch Feuehthalten des umgebenden Erdreiches zum Treiben zu bringen, so dass man schon im November blühende Schneeglöckchen haben könnte. Vielfältige Versuche haben aber gezeigt, dass die so behandelten Zwiebeln zwar Blätter entwickeln und einen Blütenschaft vorschieben, dass aber die Blüten nicht ordentlich auswachsen und immer frühzeitig zu Grunde gehen, während doch vier Monate später bei Temperaturen, welche nicht viel über dem Nullpunkte liegen, das Wachstum der Blätter und Blüten ganz gut und rasch von statten geht. Und so wie mit den Knollen und Zwiebeln, für welche die Kartoffel und das Schneeglöckehen als allbekannte Beispiele gelten, verhält es sich auch mit vielen Wurzelstöcken, mit den meisten Knospen oberirdischer Zweige, mit manchen sogenannten Sklerotien und mit zahlreichen Samen und Sporen. Wie viele Pflanzen gibt es, die schon zeitig im Früh- linge blühen, im Vorsommer ihre Früchte reifen, und deren von dem mütterlichen Pflanzenstocke sich ablösende Samen schon im Hoch- sommer auf den Boden zu liegen kommen. Obschon das Erdreich, in welches sie eingebettet sind, feucht und genügend durchwärmt ist, und obschon alle äusseren Bedingungen des Keimens erfüllt sind, keimen sie doch nicht mehr in jenem Jahre, in welchem sie ausgestreut wur- den. Erst im folgenden Frühlinge sprengen die Keimlinge die Samen- hülle und treiben ihre Würzelchen hervor, und zwar häufig unter Ver- hältnissen, welche scheinbar weit ungünstiger sind als es jene des ver- flossenen Sommers und Herbstes waren. Solche Samen sind eben zur Zeit ihres Abfallens von der Mutterpflanze noch nicht reif oder, viel- leicht besser gesagt, noch nicht keimfähig, Es müssen die in ihren Daffner, Voralpenpflanzen. 11 Zellen enthaltenen Stoffe früher noch einen Umwandlungsprozess durch- machen, ehe sie bei dem Auswachsen des Keimlings eine Verwendung finden können, und dieser Umwandlungsprozess lässt sich durch ver- mehrte Zufuhr von Wärme und Feuchtigkeit keineswegs ‚beschleunigen. An manchen grösseren Samen, z. B. jenen der Hasel u Buche, ist diese Verschiedenheit zwischen den eben vom Baume gefallenen noch nicht keimfähigen und den abgelegenen keimfähigen Samen schon an der Konsistenz, am Geschmacke und Geruche leicht wahrzunehmen. Die Gärtner sagen, solche Samen müssen „abliegen“ und „nachreifen“, und haben mit dem letzteren Ausdrucke wohl das Richtige getroffen. Auch von den Sporen müssen viele längere Zeit abliegen und nach- reifen. Manche keimen allerdings sofort, nachdem sie sich von der Mutterpflanze abgelöst haben ; die sogenannten Dauersporen aber machen stets eine Ruheperiode durch, deren Dauer gewöhnlich mit grosser Ge- nauigkeit eingehalten wird und durch veränderte äussere Einflüsse wenig gekürzt werden kann. Es wäre übrigens zu weit gegangen, wenn man von allen Arten behaupten wollte, dass die von ihnen in herkömmlicher Weise eingehaltene Ruheperiode durch äussere Einflüsse, namentlich durch Erhöhung der Temperatur, nicht beschleunigt werden könne. Manche Samen, wie jene der Kresse, des Senfes, der Gerste und zahlreicher sogenannter Unkräuter, welche sich auf bebautem Lande als unwillkommene Gäste einfinden, haben keine Ruheperiode, keimen zu jeder Jahreszeit, wenn ihnen die nötige Feuchtigkeit zuge- führt wird, und es tritt ihre Entwickelung desto rascher ein, je wärmer das Erdreich ist, das ihnen zum Keimbeete dient. Es ist ja auch ge- nügend bekannt, dass es Pflanzen gibt, welche, um mit den Gärtnern zu sprechen, „getrieben“ werden können. Maiglöckchen und Flieder, deren Ruheperiode im mittleren Europa von der Reifezeit der Samen im Sommer bis zum Frühlinge des nächsten Jahres dauert, können schon im Spätherbste, bald nachdem sie ihre Samen ausgereift und eingezogen haben, getrieben werden, wenn man sie im Gewächshause in warme feuchte Erde pflanzt. Sie entwickeln dann schon im Januar ihre Blüten, und in diesen Pflanzen sind daher die im vorhergegange- nen Sommer erzeugten Stoffe schon im Herbste als Baumaterial beim Wachstum verwendbar. Dasselbe muss wohl auch bei jenen Pflanzen der Fall sein, welehe normal im Frühlinge blühen, in manchen durch besonders milden Herbst ausgezeichneten Jahren aber die für den nächsten Frühling angelegten und vorbereiteten Knospen schon im Oktober sprengen, frisch belaubte Stengel hervortreiben und in einem — 198 — und demselben Jahre zweimal zum Blühen gelangen, wie beispielsweise manche Apfelbäume und Rosskastanien, Veilchen und Erdbeeren, mehrere Primeln, Gentianen und Anemonen.“ Kerner. Das grosse Schneeglöckchen, Märzglöckchen, Märzenbecher, oder die Frühlingsknotenblume, lexcojum vernum, perennierend, kommt auf waldigen feuchten Wiesen stellenweise sehr häufig vor, ebenso in Gärten, Obstgärten, Gartengrasplätzen. Blüht März und April. Blüte weiss, glockenförmig, gering aromatisch; die Spitze der Blüte ist verdickt, hat kleine grünliche Knoten, daher der Name Früh- lingsknotenblume. Die Blütenscheide — das grosse scheidenartige am Hochblattstengel sitzende Blattgebilde — umschliesst mit ihrem Grund in der Regel nur eine, sehr selten zwei Blüten. „In den Blüten der Frühlingsknotenblume findet sich ein kissenförmiges, saftreiches, den Griffel umwallendes Zellgewebe, welches den blütenbesuchenden In- sekten als Nahrung angeboten wird und insofern auch als Lockmittel zu gelten hat.“ Die eigentliche äusserste Spitze, das knötchenförmige Ende selbst ist weiss, erst unterhalb der Spitze findet sich der etwa 3 mm breite und 2 mm hohe grünliche bis gelblichgrüne Flecken. Sechs Blumenblätter, sechs Staubfäden, ein Stempel. Die genannte Blütenscheide ist durchschnittlich etwa 32 mm lang und 7 mm breit, scharf abgegrenzt, oben und an den Seiten grün, in der Mitte und am Ansatz mehr weiss, seidenglänzend. Die Zwiebel wirkt brechen- erregend. Die gemeine oder gelbe Narzisse, narcissus pseudonarcissus, gleich den beiden Schneeglöckchen zur Familie der Amaryllisgewächse gehörig, kommt hier nur in Gärten vor, blüht im Mai, hat scharfe narkotische Eigenschaften, ist perennierend. Blütenhülle mit deutlicher Röhre oberhalb des Fruchtknotens sowie mit einer weit röhrenförmigen Nebenkrone, welche sich als ein häutiger blumenartiger Becher reprä- sentiert. Diese „Innenkrone hat höchst wahrscheinlich den Zweck, das Eindringen des Wassers in das Innere der Blüte zu verhindern“. Ge- ruchlose gelbe Blüte. Auch gefüllte Blüten kommen hier zur Beob- achtung, bei denen sich die Staubgefässe ganz oder teilweise ausbreiten und blumenartig entwickeln. Türkenbund-Lilie, lölium martägon, perennierend, auf Berg- wiesen, ziemlich selten, Juni und Juli schön purpurrotbraun blühend. Den Stengel fand ich über 1 m hoch mit einem Dutzend nickender glockenförmiger ansehnlicher Blüten in weiter endständiger Traube 11* — 164 — Die (sechs) zur Hälfte, von der Mitte bis zum Rand, mit braunen weiss gesäumten Fleckchen bedeckten Blütenhüllblätter der blumen- kronartigen Blütenhülle (Perigon) sind zurückgerollt, d.h. an der Spitze nach aussen um- und dann wieder einwärts gerollt; am Grunde der Blätter eine Längsfurche. „Die dünne dreieckige Rinne auf den Peri- sonblättern des Türkenbundes ist als Wegweiser für die zur Befruch- tung berufenen Insekten anzusehen, und ist für Schwärmer (Dämme- rungsfalter) angepasst.“ Sechs Staubgefässe mit braunen Staubbeuteln, ein Stempel mit kopfiger Narbe. Stengelblätter mit starken Längs- furchen, langrund; unten zählte ich elf, oben fünf im Wirtel, da- zwischen wechselständige. Die Wurzel des Türkenbundes stellt eine prächtige glänzende hellgelbe dachziegelig-schuppige gedrungen eiförmige Zwiebel dar, tief im Boden steckend, deren Umfang ich zu 10,4 cm, die Länge oder Höhe zu 4 cm mass. Von der Mitte des Grundes der Zwiebel setzt sich ein Büschel Faserwurzeln bis etwa 11 cm Länge nach abwärts in den Boden fort, während nach aufwärts von der breit eiförmigen spitz zulaufenden Zwiebel sich der einfache Stengel erhebt. In den Garten verpflanzt kommt der Türkenbund wohl ein paar Jahre fort, aber dann geht er ein; wenigstens beobachtete ich schon im ersten Jahre ein kümmerlicheres Erscheinen, ebenso wie beim Frauen- schuh. Ferner ergab sich, dass in grösserer Höhe als auf den Bene- diktbeuern näheren Bergwiesen, so auf dem schmalen, gleichwohl aber sumpfigen Pfad des Grates vom Herzogstand nach dem Heimgarten der Stengel des Türkenbundes kürzer, die Blütenhüllblätter stärker, dicker, lederartig, kleiner und mehr zurückgekrümmt waren. — Dass die im Juni blühende (einseitswendige purpurrote Ähre) gemeine Sieg- wurz, gladiolus communis, perennierend, bei Benediktbeuern wild vor- kommt, ist unrichtig; nur in Gärten wird sie gepflest. Grosse Sterndolde, astrantia major, perennierend, auf Moos- und feuchten Waldwiesen, nicht häufig. Grundständige Blätter gross, sehr lang gestielt, handförmig fünfspaltig mit dreispaltigen ungleich gesägten Lappen. Stengel gefurcht, aufrecht, schlank. Blüht August bis Oktober in kleinen weissen Dolden. Dieselben zeigen eine Hülle von 15 die Blüte überragenden, vorstehenden, zugespitzten, aussen stark längsgerippten Deckblättchen, welche im ganzen rosa ange. haucht, an der stechenden Spitze aber grün sind und unmittelbar um den Blütenstiel, also am Grunde, einen nach innen mehr markierten, ausgeprägteren purpurnen Kreis haben, der von oben betrachtet durch die unter einander abstehertden weissen Scheibenblütchen schön durch- schimmert. Die Blüten sind oberständig, d. h. auf dem Fruchtknoten, indem die Scheibe, welche die Blumenblätter trägt, verbunden ist mit dem Grunde der Kelchröhre und der Aussenseite des Fruchtknotens. In oberständigen Blüten wird der Fruchtknoten beschrieben als an- gewachsen oder unterständig, der Kelch als angewachsen und ober- ständig, die Blumenblätter als eingefügt auf und oberhalb dem Frucht- knoten. „Der Blumen zarten Schnee, den matter Purpur färbet, Schliesst ein gestreifter Stern in weisse Strahlen ein.“ Gemeines Habichtskraut, Mäuseöhrchen, hieracium pilo- sella, Mai bis Oktober blühend, auf Wiesen, an Grasplätzen und Wegrändern. „Wurzelstock ausdauernd mit einer Rosette von grund- ständigen Blättern und kriechenden, beblätterten Ausläufern. Blätter klein, langrund: oder lanzettlich, ganzrandig, am Grunde verschmälert, oft gestielt, oberseits grün, mit einzelnen langen Haaren, unterseits weissfilzig von kurzen Sternhaaren. Blütenstiele grundständig, mit einem einzelnen zitronengelben Blütenköpfchen; die Randblüten meistens auf der Aussenseite rot angelaufen. Die kurz walzenförmige Hülle und der obere Teil des Blütenstieles mehr oder weniger mit dichtem weissem Flaum und mit kurzen, abstehenden, schwarzen Borsten. Schliessfrüchtehen sehr klein.“ Ist eine sehr vielgestaltige Art. Ob- gleich es aber zu den wandelbarsten Gewächsen zählt, steigt es doch in der nämlichen Form von der Meeresküste bis über 2300 m. — Habichkraut, darumb allso genandt, das die Habich mit dem safft dieses krauts jre augen netzen, vnd das gesicht darmit leutern vnd stercken, spricht Plinius. (Habicht, ö&g@&.) — Alpen-Habichts- kraut, Jhweracium alpinum, perennierend, Juli und August blühend, auf Bergwiesen, vielfach abändernd. Stengel gegen und über 18 cm hoch; grundständige, länglich eiförmige Blätter mit ziemlich reichlichen und langen weissen Haaren allenthalben, besonders stark an der Innen- seite besetzt, so dass sich dieselbe rauh wollig anfühlt. Einfacher Blüten- stengel mit grossem, goldgelbem Blütenköpfehen. — Mauer-Habichts- kraut, hneracium murorum. Wurzelstock horizontal, quer liegend, etwa 5 em lang, aussen dunkelbraun, mit zahlreichen starken Wurzelfasern, perennierend. Grundständige, eiförmige, lang gestielte, in den Blattstiel sich verschmälernde Blätter, deren Rand mit feinen Härchen besetzt, gekerbt und mit zerstreut vorragenden spitzen Zähnen versehen ist; die Unterseite heller grün mit starken Rippen. Der ganze Stengel wie auch die einzelnen Blattstiele rötlich angelaufen, gerieft, allenthalben mit weisslichen Wollhaaren. Blütenstengel bis über 60 cm Höhe, auf- — 166 — recht, mit meist zwei (seltener ein) kleineren, eiförmigen Blättern, deren Ränder ebenfalls schwach gekerbt, fein behaart und zerstreut schwach gezähnt sind. Blütenköpfchen gelb, zu zwei bis vier beisammen, eine lockere Rispe von 10—20 solcher Blüten bildend. Blütenstiele mit zahlreichen schwarzen Drüsenhaaren (mit deutlichen Köpfchen), unter- mischt mit Flaumhaaren. Blüht Juni und Juli an Wegrändern, alten Mauern, und ist sehr verbreitet. Variiert gern in Form und Zähnelung der Blätter, in Färbung und Behaarung, in der Zahl der Stengelblätter und Blütenköpfehen, daher eine grosse Anzahl besonderer Arten auf- gestellt wurde, ist überhaupt eine der variabelsten Pflanzenarten. Nägeli bemerkt in einer kleinen Arbeit „über einige Arten der Gattung Hieracium“ folgendes. Die Gattung Hreracium gehört unstreitig zu den schwierigsten der deutschen Flora. Die Merkmale, welche bis jetzt zu ihrer spezifischen Sonderung aufgefunden wurden, sind alle wandelbar und die Diagnosen deswegen unsicher. Ferner sind die meisten Formen, welche als Arten aufgestellt wurden, durch Übergänge mit einander verbunden, von denen es noch ungewiss ist, ob sie die Bedeutung von Varietäten oder von Bastarden haben. So kommt es, dass unter den 50 bis 60 deutschen und schweizerischen Arten nur wenige fest stehen, und nicht eine durch gute und absolute Unterschiede diagnostiziert werden kann. — Das beste bezügliche Werk ist: die Hieracien Mitteleuropas; monographische Bearbeitung der Piloselloiden mit besonderer Berücksichtigung der mitteleuropäischen Sippen; von Nägeli und Peter; 1885. Kleines Mäuseschwänzcehen, myosurus minimus, ein- jähriges Pflänzchen, das kleinste aus der Familie der Hahnenfussge- wächse, mit linealen, grundständigen Blättern, welche rings um den langen, ebenfalls grundständigen, fadenförmigen Fruchtstiel — den kegelförmig verlängerten und in eine Spitze auslaufenden Fruchtboden — geordnet sind. Fünf kleine, linienförmige, mit langem, röhren- förmigem Nagel versehene gelbliche Blumenblätter. Kelchblättehen von ihrem Anheftungspunkt abwärts verlängert in eine Art Sporn. Schliessfrüchtehen sehr zahlreich, ein Köpfchen bildend, welches sich über den Blumenblättchen erhebt und allmälig verlängert in eine dichte, schlanke, zugespitzte Ähre (2—5 cm lang) — daher der Name des Pflänzchens. Dasselbe kommt auf Äckern und Feldern vor und blüht Mai und Juni. Gemeine oder weisse Mistel, Kreuzholz, rzscrm album, ein schmarotzender Halbstrauch. Der Stengel verzweigt sich sparrig, d. i. zu — 167 — mit abstehend ausgespreizten Spitzen, in wiederholten Gabelteilungen mit fast krautig saftigen, biegsamen, elastischen Ästen und bildet ein rundliches, gelbliches Büschehen, das mit seinem verdickten, mehr oder weniger verholztem Grunde im Zweige des Nährbaums befestigt ist. Blätter. gegenständig, parallelnervig, schmal langrund: 23 mm lang und 6 mm breit, oder 26 mm lang und 7 mm breit, oder zwischen 45—60 mm lang bei 11 mm Breite — mass ich bei der Apfelbaum- Mistel, lederartig, dick und fleischig, abgestumpft. Blütezeit März und April. Die gelben Blüten — sie sind zweihäusig — sitzen in den Gabeln der Zweige, die männlichen zu drei bis fünf beisammen, mit einem fast napfförmigen, fleischigen Deckblatt, mit vier kurzen, dicken, dreieckigen Blumenblättern, denen die vier Staubbeutel angewachsen sind; die weiblichen Blüten mit einem unterständigen Stempel häufig einzeln, seltener zu zwei, noch seltener zu drei beisammen mit einem napfförmigen Deckblatt. Blumenblätter sehr klein. Beeren blassgrün weiss wie unreife Johannisbeeren, glasig, halb durchsichtig, mit einem Samenkorn, welches eingeschlossen ist in ein sehr klebriges Fleisch. In diesen erbsengrossen, 7 mm im Durchmesser, bez. 7 mm im Dicken- und 8 mm im Längendurchmesser haltenden, im Januar noch vor- handenen Beeren und auch im Saft der Rinde findet sich nämlich, wie in der grünen Rinde der Stechpalme, das durch seine Klebrigkeit ausgezeichnete Visein, die klebrige Substanz des Vogelleims, welcher daraus bereitet wird. Die Mistel kommt auf sehr verschiedenartigen Bäumen vor; ihr Lieblingsbaum ist die Schwarzpappel, dann folgen Weisstannen und Apfelbäume, ferner Birnbäume und Kiefern, aber auch auf andern Pappeln, Laub- und Nadelhölzern findet sie sich. „Ausnahmsweise kommt sie auf Eichen, Ahomen und älteren Weinstöcken vor. Birken, Buchen und Platanen werden von ihr ge- mieden, was jedenfalls mit der Beschaffenheit der Rinde dieser Bäume im Zusammenhang steht. — Die Verbreitung der Mistel erfolgt durch Vögel, und zwar insbesondere durch die Drosseln, welche die Mistel- beeren als Nahrung aufnehmen und die unverdauten Samen mit den Exkrementen auf den Baumästen ablagern. Da dieser Kot eine zäh- flüssige, sehr klebrige Masse bildet, welche sich wie Vogelleim in Fäden zieht, so trifft man die Stöcke der Mistel nur selten auf den oberen, dagegen sehr häufig auf den Seitenflächen der Äste aufsitzend. Beim Keimen wächst aus der Achse des Keimlings ein Fortsatz in die Rinde der Wirtpflanze hinein, durehbohrt dieselbe und dringt bis zum, — I8 — Holzkörper vor, ohne in diesen aber hineinzuwachsen. Man hat diesen sich einsenkenden Fortsatz Senker genannt, und es ist derselbe als eine eigentümlich modifizierte Wurzel aufzufassen. Mit der Ausbildung dieses Senkers ist die Entwickelung für das erste Jahr abgeschlossen. Nach Ablauf des Winters wächst der Ast, dessen Holzkörper der Senker nur mit der Spitze erreicht hatte, in die Dicke; über dem vor- jährigen Holze bildet sich eine neue Schicht von. Holzzellen, ein so- genannter Jahresring aus. Der Senker selbst bleibt eigentlich unver- rückt; nicht er wächst in das Holz hinein, sondern das Holz über- wuchert den Senker. Wie nun aber in der Folgezeit, wenn sich neuerlich ein Jahresring am Holze bildet? Würde der Senker alles Wachstum gänzlich eingestellt haben, so müsste er von den immer mächtiger sich aufbauenden Holzschichten des in die Dicke wachsenden Baumastes schliesslich ganz überwallt und förmlich begraben werden. Damit nun diese für die Mistel so gefährliche gänzliche Einhüllung ihres Senkers nicht stattfinden könne, bildet sich nahe der Basis des Senkers eine Zone von Zellen aus, welche in derselben Zeit, in welcher die um- gebende Holzmasse sich erhöht, gleichfalls erhöht wird, was natürlich eine Verlängerung des Senkers nach aussen zur Folge hat. Das Stück aber, das sich dort im Senker eingeschaltet hat, ist genau so lang wie der betreffende Jahresring in dem umgebenden Holze des Astes dick ist. So erscheint schliesslich der Mistelsenker in eine Menge von Jahresringen eingepfahlt, obschon er nicht in dieselben hineingewachsen ist, sondern von ihnen alljährlich überwallt wurde. In der die Wachs- tumsfähigkeit behaltenden Zone des Senkers, welche nach dem eben Gesagten immer an der äusseren Grenze des als Nährboden dienenden Astholzes in der sogenannten Bastschicht an der inneren Seite zu suchen ist, entstehen im zweiten Jahre nach der Ansiedelung des Mistelkeimlings auch seitliche Abzweigungen, die von den Botanikern Rindenwurzeln genannt werden. Die Rindenwurzeln stellen sich als dicke, zylindrische oder etwas zusammengedrückte Fäden dar und ver- laufen alle nebeneinander gereiht unter der Rinde in der Bastschicht des angefallenen Astes. Während die Senker senkrecht auf der Achse des befallenen Astes stehen, halten diese von den Senkern ausgehen- den Rindenwurzeln eine zur Längsachse des Astes parallele Richtung ein. Zweigt eine solche Rindenwurzel quer zur Längsachse vom Senker ab, so biegt sie sofort nach ihrem Ursprunge unter rechtem Winkel ab und hält die Richtung der andern ein, oder aber sie gabelt sich gleich über ihrer Ursprungsstelle in zwei Äste, diese fahren plötzlich — 169 — auseinander und folgen in ihrem weiteren Verlaufe auch wieder der Längsachse des Astes. So kommt es, dass sämtliche Rinden wurzeln einer Mistelpflanze als parallele, dicke, grüne Fäden oder Stränge an dem befallenen Aste der Wirtpflanze hinauf-, beziehentlich herablaufen, dass aber niemals eine dieser Rindenwurzeln den Ast umgürtet oder eine ringförmige Schlinge um denselben bildet. Jede dieser Rinden- wurzeln kann nun hinter ihrer fortwachsenden Spitze neue Senker entwickeln, welche ganz ähnlich dem ersten vom Mistelkeimlinge aus- gegangenen Senker gebildet sind. Wie dieser wachsen sie senkrecht auf die Achse des befallenen Astes bis zum festen Holze einwärts, wie dieser werden sie dann von der sich verdickenden Holzmasse um wuchert, wie dieser erhalten sie sich in der Nähe ihrer Ursprungsstelle in wachstumsfähigem Zustande und halten im Wachstume gleichen Schritt mit dem sich verdickenden Holzkörper des Astes. Da sich diese von den Rindenwurzeln ausgehende Senkerbildung jährlich wieder- holt, so erklärt es sich, wie es kommt, dass die der fortwachsenden Spitze der Rindenwurzeln zunächst stehenden Senker als die jüngsten auch die kürzesten, die weiterhin gegen den ersten Senker zu ab- zweigenden Senker die ältesten sind, dass die ersteren nur von einem, die letzteren aber von desto mehr Jahresringen des Astholzes um- wachsen erscheinen, je mehr sie sich der Stelle nähern, wo die erste Einwurzelung des Mistelpflänzchens erfolgte. Während sich die Mistel- pflanze im Innern des angefallenen Baumastes in der angegebenen Weise mit ihren Wurzeln breit macht, entwickelt sich über der Ast- rinde der Stengel derselben. Zur Zeit, wenn aus der Haftscheibe — d. i. das kuchenförmige Gebilde, zu welchem sich das an die Rinde angelegte und mit ihr verklebte Würzelchen ausbreitet — des Keim- lings der später zum ersten Senker sich ausgestaltende Fortsatz durch die Rinde sich eindrängt, sind die Samenlappen noch von der weissen Samenhaut wie mit einer Mütze umgeben; nachdem aber dieser erste Senker einmal festsitzt und aus dem Holze des Wirtes flüssige Nah- rung aufzunehmen im stande ist, wird die Samenhaut abgeworfen, die Spitze des noch sehr kurzen Stengelchens richtet sich auf, die Samen- lappen lösen sich, fallen ab, und nahe über ihnen entsteht ein grünes Blattpaar. Von nun an hält die Entwickelung des über der Rinde sichtbaren Teiles der Mistelpflanze gleichen Schritt mit der Entwickelung der Wurzeln unter der Rinde und hängt auch ab von der Menge der aus dem Holze durch die Senker aufgenommenen Nahrung. Wo diese sehr reichlich ist, wie in den Pappelbäumen, wächst die Mistel auch in grösster Üppigkeit heran; wo sie spärlicher fliesst, bleibt sie im Wachstum zurück und bildet dann oft nur kleine, gelblich und kränk- lich aussehende Büsche. Ist die nährende Wirtpflanze freigebiger Natur, so entspringen regelmässig auch von den Rindenwurzeln, welchen von den Senkern die aufgesaugte Nahrung zunächst zugeführt wird, und zwar an der äussern, der Rinde zugewendeten Seite, Brutknospen, welche dann ausschlagen, die Rinde durchbrechen und zu neuen Mistel- pflanzen heranwachsen. Es sind solche Ausschläge der Wurzelbrut zu vergleichen, welche aus den unter der Erde hinkriechenden Wurzeln der Zitterpappel heranwächst, und es ist dieser Vergleich um so zu- treffender, als der Ausschlag von Wurzelbrutknospen bei der Mistel durch das Abschneiden des Mistelbusches gerade so befördert wird wie bei den Zitterpappeln das Heranwachsen von solchem Wurzelausschlage durch das Fällen der Bäume, welchen jene Wurzeln angehören. Ent- fernt man einen grösseren Mistelbusch, der sich vereinzelt auf einer Schwarzpappel entwickelt hat, in der Meinung, dadurch diesen Baum von seinem Schmarotzer zu befreien, so wird man in den gehegten Erwartungen sehr getäuscht; denn an zahlreichen Punkten entstehen jetzt aus den Rindenwurzeln Wurzelausschläge, und statt mit Einem Mistelbusche ist der Schwarzpappelbaum in wenigen Jahren mit einem Dutzend von Mistelbüschen besetzt. Da diese durch Stockausschlag entstandenen Mistelbüsche unter günstigen Verhältnissen neuerdings Rindenwurzeln aussenden können und diese wieder Stockausschläge bilden, so wird ein solcher guter Wirt schliesslich an allen seinen Ästen von oben bis unten mit Misteln überwuchert. — Da man im Weisstannenholze Senker der Mistel von 10 cm Länge gefunden hat, welche von 40 Jahresringen des Tannenholzes umwallt waren, so kann man daraus schliessen, dass die Mistel 40 Jahre alt werden kann. Ein höheres Alter dürfte ein und derselbe Mistelbusch kaum erreichen. Stirbt die Mistel ab, so erhalten sich die Rindenwurzeln sowie die Senker noch eine Zeit lang, vermodern und zerfallen aber schliesslich, während das Holz, in welchem die Senker eingebettet waren, unver- ändert bleibt. Solche Holzstücke sind dann vielfach durchlöchert und sehen gerade so aus wie das Holz einer Scheibe, auf welche zahlreiche Schüsse abgefeuert wurden und die von Schroten oder kleinen Kugeln getroffen wurde.“ „Seit Ende der 1880er Jahre hat ausser den Tannen, Fichten und selten auch Föhren, die als Christbäume dienen, noch eine weitere Weihnachtspflanze ihren Einzug in München gehalten. Es ist dies die — 11 — weisse oder nordische (gemeine) Mistel, viscum album, deren grüne Büsche zur Weihnachtszeit rasch eine beliebte Aufnahme fanden. Die Mistel ist durch ganz Europa und Asien bis nach Japan verbreitet, fehlt aber in Amerika. In Europa kommt sie noch hoch im Norden vor, während sie im Süden grossenteils durch eine andere Gattung der Loranthaceen, durch die ihr ähnliche europäische Riemenblume, /oran- thus europaeus, (kahler Strauch mit zerbrechlichen, gegliederten, gabe- ligen Ästen, gestielten, gegenständigen, fleischigen, lanzettlichen, stumpfen Blättern, grünen Blütenträubchen in den Winkeln der Astgabeln, welche April und Maj erscheinen, und saftig gelben Beeren) vertreten wird. Beide sind Parasiten, welche auf den Ästen von Bäumen wachsen und nicht in der Erde vegetieren können. Unsere Mistel kommt auf einer grossen Anzahl von Holzarten vor, fehlt aber fast immer auf Eiche und Kastanien, den „Wirtspflanzen“ der Riemenblume. In England ist es Sitte, die weissbeerige Mistel an Weihnachten neben den rot- beerigen Zweigen der Stechpalme auf den Gratulationskarten zu ver- wenden und die Mistelbüsche im Zimmer aufzuhängen. Auch an einigen Orten Frankreichs werden Mistelzweige von den herumziehenden Kindern beim Einholen von Neujahrsgeschenken mitgenommen. In Böhmen flechten deutsche Mädchen am Weihnachtsabende ein Kränzchen von Misteln oder Rosmarin und versuchen, es rückwärts auf einen Baum zu schleudern. So oft sie werfen müssen, bis der Wurf gelingt, so viele Jahre dauert es noch, bis das Mädchen heiratet. Wenn an Ostern in München öfter im Strauss mit den geweihten Palm-Kätzehen Mistel- zweige zu sehen sind, so ist das wohl nur der grünen Farbe zu liebe. Es sei jedoch bemerkt, dass die Mistel auch als Kreuzholz bezeichnet wird, indem man ihre regelmässigen Gabeläste mit dem früher gabelig dargestellten Kreuze Christi verglich. — Die Mistel wurde früher als Heilmittel namentlich gegen Fallsucht (Epilepsie) angewendet, doch ist man schon geraume Zeit mit Recht davon abgekommen. Ihr Verbrauch zu dekorativen und ähnlichen Zwecken ist nur ein verhältnismässig geringer. Der Vorteil, den sie als Wildäsung bietet, ist nicht allzu hoch anzuschlagen, wiewohl es allgemein üblich ist, dem Wilde in schneereichen Wintern ein paar mistelbedeckte Tannen oder Föhren zu fällen; am andern Tage sind nur noch die stärksten Äste zu finden, da das Wild diese Speise sehr gerne annimmt. Auch die Schafe und Ziegen lieben diese Nahrung und man kann häufig beobachten, dass die Holzarbeiter bei Winterfällungen sich Mistelbüsche mit nach Hause nehmen. Eine bekannte Verwendung findet die Mistel zu Vogelleim. Diesen Verwendungsarten steht ein eminenter und häufig unterschätzter Schaden gegenüber. Es verbraucht die Mistel, welche zwar mittels ihres grünen Chlorophylis selbständig organische Substanzen produzieren kann, eine grosse Menge Wasser und darin gelöste organische Nähr- stoffe, die ihr allein der sie tragende Nährast liefern muss. Dadurch wird das Obst der Obstbäume sich z. B. weit geringer auszubilden vermögen. Auch stirbt in der Regel der obere Teil des Nährastes in- folge der Wasserabsaugung durch die Mistel völlig ab, so dass diese am Ende des Zweiges zu sitzen scheint. Ja man kann Bäume (Kiefern und Tannen) finden, deren Gipfel einzig und allein durch kronleuchter- artig auf allen Zweigen endständig sitzende Mistelbüsche gebildet werden. Hier muss die Mistel die wasserverdunstende Thätigkeit der Blätter vollständig übernehmen. In Gegenden, in denen der Obstbau von grosser Wichtigkeit is, muss man die Mistelbüsche von den Obst- bäumen entfernen, was leicht durchzuführen ist, wenn auch die Büsche von nahestehenden Laubhölzern, z. B. Linden mit entfernt werden, denn von diesen werden die Beeren durch die Vögel auf’s Neue zu den Obstbäumen übertragen. Die Entfernung des Busches hat aber nur dann einen Erfolg, wenn gleichzeitig die Ansatzstelle des Nähr- und Tragastes mit entfernt wird. In diesem verlaufen die Rinden- wurzeln der Mistel und vermögen neue Ausschläge zu bilden. Ausser diesen längs des Tragastes in der Rinde laufenden Wurzeln entwickelt die Mistel auch noch Seitenwurzeln (Senker), die senkrecht gegen das Holz des Tragastes sich entwickeln und von diesem allmälig einge- wachsen werden, sodass sie wie Nägel darin stecken. Später trocknen und faulen sie aus und hinterlassen entsprechende Löcher im Holze. Damit kommen wir zur schädlichen Wirkung der Mistel für den Wald. Tannen- und Föhrenwälder sind oft reine Mistelgärten. Beobachten wir die Mistel nur auf einer kleinen Rundreise durch Süddeutschland, so finden wir um München die Mistel in den Isarauen auf Birken, Weisserlen, Weissdorn (erataegus)- und Pflaumenbaum (pramus)-Arten, ebenso auf den Birken bei Nymphenburg und sonst noch auf Linden, Obstbäumen u. s. w. Die Mistelbüsche der Weisstanne begleiten uns auf der Fahrt nach Salzburg ebenso wie nach Lindau, treten in grossen Massen im Schwarzwalde auf bis Karlsruhe. Dort im Hardtwalde bis in die Pfalz finden wir ebenso massenhaft die Föhrenmistel, die uns auch bei der Reise von Franzensfeste bis Bozen auffällt, um in dem Mistelhain bei der Haselburg an Massenhaftigkeit einen Höhepunkt zu erreichen. Von Karlsruhe erreichen wir leicht den bekannten Schwetzinger Schlossgarten, welcher ein Dorado der Laubholzmistel darstellt, auf zahlreichen Exemplaren von wenigstens acht verschiede- nen Holzarten, ähnlich wie in der Orangerie und Tivoli bei Strass- burg. Die Kiefermistel, bei Darmstadt sehr häufig, fehlt in grossen Teilen des Odenwaldes, wo die Obstbäume häufig von ihr besucht sind; an den Rändern des Nürnberger Reichswaldes ist sie wieder zahlreich vertreten, bei München aber jedenfalls selten. Die Tannen- mistel ist besonders in den äusseren Teilen des bayerischen Waldes und Neuburger Waldes häufiger. Da die Mistel auch an stärkeren Stämmen und selbst in dunkeln Waldungen bis in Stammhöhe vor- kommt und mit ihren Senkerwurzeln oft meterweit das Holz beherrscht, so sind solche Stammstücke zu Nutzholz unbrauchbar, denn sie sehen aus, als ob sie mit Schrot durchschossen wären. Bezüglich der Frage, ob Gefahr besteht, dass die Mistel von Obstgärten in den Wald ver- schleppt werden kann, so hat sich nach sehr umfassenden .biologischen Beobachtungen herausgestellt, dass die Kiefermistel nicht auf Laubholz übergeht und dass sie durch schmale und schmächtige Blätter ausge- zeichnet ist. Es ist wahrscheinlich, dass die breitblätterigen Formen auf der selbst an Wasser wenig Ansprüche machenden und wenig verdunstenden Kiefer hier ihr Gedeihen nicht fanden und dass eine schmalblätterige Form sich an die Föhre adaptiert hat. Da die Mistel selbst an alten Zweigen nur eine Epidermis, aber keinen Kork bildet, und da die Blätter in Baumgipfel der Verdunstung stark ausgesetzt sind, so haben die Blätter besondere Einrichtungen an den feinen Blattnerven, welche als Wasserreservoire gedeutet wurden. Die Mistel ist bei uns die einzige Pflanze, welche im Winter weisse Beeren trägt; ihre Farbe sticht scharf von dem Grün der Blätter ab und wird so von den Vögeln leicht bemerkt. Von der Tanne geht die Mistel eben- falls nicht auf die Föhre über; von Laubholz ist ein Gleiches wohl anzunehmen. Dagegen geht die Mistel leicht von einem Laubholze auf das andere und kann auch künstlich durch Saat im Mai oder Pfropfen darauf gebracht werden. Die Mistel scheint sich demnach von Holzarten, welche in ausgedehnten Flächen rein vorkommen und besondere Eigentümlichkeiten besitzen, der Föhre und der Weisstanne angepasst zu haben, während sie die Buche und Fichte, die ja auch in reinen Beständen häufig sind, ganz meidet und die Eiche offenbar sehr selten bewohnt. Bei den Laubhölzern aber, deren viele ja meist gesellig in Mischung sich finden, macht sie keinen Unterschied. Doch ist wohl zu beobachten, dass sie auf einzelnen Holzarten besonders ee! üppig gedeiht und dass die Üppigkeit der Büsche auch auf derselben Holzart wechselt, je nach den Ernährungsverhältnissen, die ihr jeweils geboten werden. Durch neuere morphologische Untersuchungen wurde gefunden, dass die Mistel besonders nach der Gestalt ihrer Samen in drei verschiedene Formen : die Laubholzmistel, Tannenmistel und Föh- renmistel zu trennen ist. Von diesen stehen der Samenform nach die beiden letzteren sich näher. Interessant dürfte noch sein, dass die Mistelsamen auch auf den eigenen Ästen keimen und zu neuen Büschen heranwachsen, wie auch das Parasitieren auf ihrem Ver- wandten, der europäischen Riemenblume.“ Mistel ist meniglich bekandt. Er hellt sich auff einer frembden wonung, so er selbs kein eygne hat. Bekompt auch nicht, wenn er gesäet wirdt. Er wechst auff' den bäumen, vnd sonderlich auf dem Eychbaum, dessgleichen auf? dem Birn vnd Opffel baum, mit zühen vnd durcheinander geschrenckten ästlen. Ist mit blettern vnd farb dem Buchssbaum gleich. Auff den Eychelbäumen verleuret er seine bletter im Winter, aber auff andern bäumen grünet er für vnd für. Gegen dem Herbst bringt er weisse beerlen als die Erbsen, sindt jnwendig mit weissem zähem leime aussgefüllt, vnd hat ein jedes beerlen seine schwartze körnlen oder samen. Diese beere essen die Vogel, so auff den bäumen jre wonung haben, beschmeissen darnach mit jrem kot den baum, daruon gehen die Misteln widerumb vnd von newem aufl, daher auch der alte Poet Plautus (254— 184 v. Chr.) sagt: Turdus exitium sibi cacat, das ist, der Krammetuogel oder Zimmer scheist jm sein eigen vnfal vnd verderbnuss.. Vnd Plinius (23—79) schreibt: Der Mistel wachse in keinerley weise nicht, die körner oder beere sindt dann zuuor inn der vögel bauch gedewet, fürnemlich in den Zimmern vnd Turteltauben. Die Stelle bei Plinius heisst: Omnino autem satum nullo modo (viseum) nascitur nee nisi per alvom avium redditum, maxume palumbis ac turdis; haee est natura, ut nisi maturatum in ventre avium non proveniat. — Bei Plautus: Ipsa sibi avis mortem creat, cum viscum serat, quo postmodum ab aucupibus capiatur (der Vogel schafft sich selbst seinen Tod, indem er die Mistel fortpflanzt, mit welcher er hernach von den Vogelstellern gefangen wird). Übrigens heisst es schon im griechischen: ziyAa yelsı @urn xax0V. „Aus der Naturgeschichte der Mistel sind noch einige Punkte als bemerkenswert hervorzuheben. Vor allem der, dass die Blattgrösse bei dieser Pflanze je nach dem Standorte ausserordentlich variiert. Man El ae hat deswegen verschiedene Arten der Mistel unterscheiden wollen, aber bei näherem Zusehen hat sich herausgestellt, dass die betreffenden Spezies nicht. haltbar sind. Während die spatelförmigen Blätter der Kiefermistel nur etwa 3 em lang und 1 cm breit sind, besitzen die- jenigen der Schwarzpappelmistel eine Länge von 6,5 cm und eine Breite von 3,5 em. Das sind übrigens die beiden extremsten Fälle Im allgemeinen darf man aber behaupten, dass die Mistel auf Nadelhölzern die kleinsten, auf hartholzigen Laubbäumen hingegen die grössten Blätter entwickelt. Wir entnehmen aus dieser Thatsache, dass die Örganisationsverhältnisse des Mistelstrauches ganz direkt von der Baumspezies abhängig sind, auf welcher derselbe schmarotzt. Ferner zeigt sich bei der Mistel ein interessantes Anpassungsverhältnis an die Wucht der im Winter wehenden Stürme. Es gibt kaum eine andere einheimische Pflanze, welche den Luftströmungen so ausgesetzt ist wie die parasitierenden Büsche der Mistel. Im entblätterten Geäste der Laubbäume bieten ihre grünen Bestände dem Winde den einzigen Widerstand dar. Aber die Natur hat dafür gesorgt, dass die an- stürmende Luft der Mistel nicht viel Schaden zufügen kann. Von welcher Seite der Wind auch herbläst, immer stösst er auf ein kuppel- artiges Gehäuse, auf ein Gewölbe im architektonischen Sinne, welches in seiner Konstruktion ein Fächerwerk genau von derselben Anordnung darstellt, wie es der Techniker aus in einander greifenden „Druck- bändern“ errichtet. Die Sprossfolge der Mistel ist nämlich eine der- artige, dass die Verzweigungen nach der Aussenseite des Busches nicht nur zahlreicher, sondern auch dünner werden. Die Gewalt des Windes bricht sich also zunächst an den elastischen jüngsten Trieben und wird erst allmälig auf die älteren Zweige übertragen. Auf solche Art wird die Gefahr des Zerbrochenwerdens wirksam von den letzteren abgelenkt. Dasselbe mechanische Prinzip also, welches der Architekt zur Anwendung bringt, wenn er den Druck gleichmässig auf eine Unterlage verteilt, ist auch in der Vegetationsweise des Mistelbusches verwirklicht.“ — Wir müssen, sagt Nägeli, zwischen Vererbung und Ernährung genau unterscheiden. Nur die erste Zelle (die einzellige Anlage oder die Fortpflanzungszelle) wird unmittelbar durch die feste organisierte Substanz des erzeugenden Organismus gebildet. Von da an geschieht die Entwickelung selbständig, gemäss der Organisation, welche die erste Anlage geerbt hat. Die sich entwickelnde Anlage wird durch gelöste (unorganisierte) Nahrungsstoffe, welche die Mutter liefert, ernährt. Sie lebt gleichsam als Schmarotzer. Dass aber die — 116 — Übertragung von gelösten Stoffen, die den Organismus während seines Wachstums ernähren, keinen sehr wesentlichen Einfluss auf dessen Eigenschaften ausübt, sehen wir an den wahren Schmarotzern, z. B. der Mistel, welche während Jahrtausenden und durch viele Generatio- nen hindurch von dem Baum, worauf sie wächst, ihre Substanz em- pfängt, ohne demselben ähnlich zu werden, ferner an den gepfropften Bäumen, wo die aus dem Edelreis hervorgehende Krone und der von dem Wildling herrührende Stamm samt Wurzeln im ganzen ihre Eigen- tümlichkeit bewahren, endlich selbst an dem menschlichen Säugling, welcher der Mutter ähnlich wird, er mag von der Amme oder der Eselin aufgefüttert werden. „Mistel ist dem Wortsinne nach die im Kote des Vogels aufge- keimte Pflanze. Denn die meisten Mistelpflanzen keimen aus Samen auf, die von der Drossel verschlungen wurden. Es ist aber irrig, zu glauben, dass nur die Drossel Viscum aussäet (schon Plinius nennt Holztauben, zu diesen kommt der Seidenschwanz und die Krähe) und ebenso irrig, zu glauben, dass alle Samen den Darmkanal des Vogels passieren. Die meisten werden mit dem Gewölle (den unverdaulichen Stoffen in zusammengeballten Kugeln) ausgebrochen. Dazu kommt, dass die Mistel, wo sie einmal angesiedelt ist, sich auf vegetativem Wege ausbreitet und dass einzeln abfallende Beeren sich an Äste an- heften können, also völlig unabhängig von dem Vogel die Anpflanzung geschieht. Zuccarini behauptet, dass die Mistel, welche von den germanischen Druiden (Name der Priester der keltischen Völker) mit goldener Sichel an der Eiche herabgeschnitten wurden, viscum album gewesen sei. Wohl kann man es begreiflich finden, dass eine Pflanze, an der alles so sehr eigentümlich ist wie an der Mistel, eine Pflanze, die den nördlichsten Ausläufer einer in den Tropen lokalisierten Vege- tationsform darstellt, und an die klimatischen Verhältnisse einerseits, andererseits an das Schmarotzerleben angepasst erscheint, frühzeitig die Aufmerksamkeit, das Staunen des Beobachters auf sich lenken musste. Für die beispiellose Verehrung, welche die auf der Eiche erwachsene Mistel erfuhr, mag noch ihre ausserordentliche Seltenheit den Aus- schlag gegeben haben. Dem nordischen Mythus zufolge ist der fröh- liche Sommergott Baldr von seinem Bruder Hödhr auf Anstiften Loki’s mit dem Misteltein (Mistelzweig) angeworfen und getötet worden. Die Mistel wurde auch Donnerbesen genannt und war Thor geweiht, sie sollte vom Blitz erzeugt sein.“ Bezüglich der nordischen Mythologie folgendes. Asen hiess das mächtige Göttergeschlecht, als dessen a — Stammvater Odin angesehen wird, weshalb derselbe Allvater heisst. Odin, Wodan, ist’ ein allen germanischen Völkern gemeinsamer Gott, Herrscher über Himmel und Erde, zwar nicht der Schöpfer der Welt, aber ihr Ordner und Lenker. Höder, Sohn des Odin und der Frigg, seiner Gemahlin, welche füglich mit Venus verglichen werden kann, ist ein Ase von ausserordentlicher Stärke, aber blind. Loke, Personi- fikation des Feuers, aber mehr in seiner verderblichen Richtung, war zwar nicht vom Asengeschlecht, doch vor uralter Zeit in Blutbruder- schaft mit Odin und unter die Asen aufgenommen und erscheint, zwar schön an Gestalt, meist als das böse Prinzip unter «den Göttern (eine Art Teufel. Getäuscht durch den bösen Loke erschoss Höder seinen Bruder Balder mit der Staude Misteltein; repräsentiert nach einigen die Finsternis (und den Winter) im Gegensatz zum Licht (und dem Sommer), deren Kampf alljährlich sich erneuert. "Thor, der Gott des Donners, dem deutschen Donar entsprechend, war der erste Sohn des Odin und der Jörd (Erde) und genoss unter allen Asen das höchste Ansehen. Wilde Karde, Kardendistel, Bubenstreel, dipsacus silvester, kräftige Staude, zweijährig, an Wegrändern und auf Mooswiesen. Blätter sitzend, am Rande kahl oder zerstreut stachelig. Blütenkopf anfangs rundlich, allmälig sich walzenförmig verlängernd. Deckschuppen auf dem Blütenboden breit, am Grunde behaart, biegsam, endigend in eine feine, gerade Spitze, länger als die Blüten. Blüht Juli und August; Blumen lila. — Die Weberkarde, Walker- oder Kardätschendistel, dipsacus fullonum, eine zweijährige Staude, deren Köpfehen man zum Aufkratzen, Aufrauhen, Kardätschen der Wolle und des Tuches be- nützt. Der 1—2 m hohe, starre, an den Kanten mit abwärts gekehr- ten Stacheln besetzte Stengel trägt am Grunde breit verwachsene, längliche, gesägte Blätter und rötliche oder lilafarbige Blüten mit hakig zurückgebogenen Spreublättchen. Aus Süd-Europa stammend wird sie für die Tuchfabrikation im grossen gebaut, kommt jedoch hier nicht vor. Familie Kardengewächse, dipsacaceae. Nicekende Distel, carduus nutans. Stengel bis 80 cm und darüber hoch, scharfkantig, tief eingeschnitten, mit weisswolligen, lockeren, spinnwebenartigen Haaren überzogen. Abwechselnd stehende, zahlreiche, tief fiederspaltige, sehr stachelige, am Stengel herablaufende und schmale, sehr stachelige Flügelränder bildende Blätter; die eiförmigen Fieder- blättchen drei- bis fünfspaltig, schwach gezähnt, stark rauh behaart, Daffner, Voralpenpflanzen. 12 auch am Rand, in einen langen, scharfen, spitzen Stachel endend. Blütenköpfehen rundlich, zu vier, eine lockere Traube bildend, schön purpurrot, leicht nickend, das gipfelständige ganz gerade, im Durch- messer 4 em. Die stacheligen Hüllblätter, namentlich die unteren, sind leicht zurückgebogen und verleihen der Blume ein schönes, kugeliges Aussehen. Schliessfrüchtehen glatt mit einer Federkrone aus zahl- reichen einfachen Haaren. An Wald- und Wegrändern; nicht bäufig; zweijährig; blüht Juli und August. — Stachel-Distel, cards «acanthoides; zweijährige, spindelförmige Wurzel; aufrechter, kräftiger, bis 90 em hoher, verzweigter, geflügelter, dorniger Stengel. Blätter tief fiederspaltig, herablaufend, die Fiederläppchen gezähnt, dornig, unter- seits spinnwebewollig behaart. Die rundlichen, purpurroten Blütenköpf- chen einzeln an den Enden der gekräuselt dornigen Blütenstiele stehend. Blättehen der fast kugeligen Hülle (Hüllkeleh) sehr zahlreich, schmal, in einen Stachel endigend. Die Blüten sind sämtlich röhrenförmig und von gleicher Grösse. Die auf dem spreuborstigen Fruchtboden sitzen- den Schliessfrüchtchen haben eine lange Federkrone aus einfachen Haaren, welche leicht abfällt. Blüht Juli und August. An Wegen, Hecken, Ackerrändern, auf wüsten und bebauten Plätzen. — Kleb- rige Distel, cardıms erisithales s. eirsinm glutinosum. Kräftiger, krautiger, hohler, gefurchter Stengel bis anderthalb Meter Höhe, bei 116 cm Höhe von 4,5 cm Umfang, mit quer liegendem, fingerdickem, mit einem reichen Büschel starker Faserwurzeln. (bis 30 em Länge) ver- sehenen Wurzelstock von 11 em Länge. Untere Blätter sehr stark fiederteilig und sehr lang (21 cm Länge) mit spitz auslaufendem und an .der Spitze mit einem feinen Dorn endigendem Endläppchen; die obersten Blätter sind nur bis 12 cm lang, eiförmig lanzettlich und nicht gelappt oder fiederteilig. Sämtliche Blätter mit sägezähnigem Rande, der mit feinen, scharfen Dornen versehen, ungleich dornig ge- wimpert ist, stengelumfassend, oberseits dunkelgrün, unterseits graugrün und leicht rauhhaarig; Adern stark vortretend. Der flaumige Stengel wird durch vier gestielte Blütenköpfehen abgeschlossen, welche sich in wechselständiger Anordnung an bis 15,5 em langen Stielen befinden, an jedem Stiel ein leicht nickendes, gelblich weisses Blütenköpfchen. Hülle kugelig eiförmig; die einzelnen Hüllblättchen schmal linealisch, grün, behaart, in eine gelbliche, dornige, abstehende, rückwärts ge- krümmte Spitze auslaufend; die Hülle gegen den Grund zu leicht klebrig. Auf feuchten Wiesen in Massen; perennierend; Juli und August blühend. — Kohlartige Distel, cardıms oleraceus s. cir- — 19 — sium oleraceum; yperennierend; Juli und August blühend; zahlreich auf feuchten Wiesen, besonders auf der Wiese am linken Ufer des unteren Dorfbaches. Stengel gefurcht, bis zu anderthalb Meter Höhe. Blätter stengelumfassend, indem das sitzende Blatt mit seinem Grunde den Stengel rings wagerecht umgibt, nicht herablaufend, meist kahl, ‚seltener mit wenigen zerstreuten Härchen besetzt, tief gesägt, ungleich dornig gewimpert, die unteren fiederspaltig, die oberen ungeteilt. Blüten- köpfehen zu mehreren am Stengelende zu einem Büschel gehäuft, z. B. unterhalb des grösseren gipfelständigen drei wechselständige, umgeben von grossen, eiförmigen, grün gelblichen Deckblättern. Blättehen der Hülle in einen kleinen, abstehenden -Dorn endigend. Blüten gelblich weiss. Haare der Federkrone gefiedert, d. h. ihre Verzweigungen oder Verästelungen sind der gemeinsamen Achse entlang ähnlich einer Feder geordnet. — „Einige Autoren teilen die Disteln in die echten Distelu (cards) mit einfachen Haaren der Federkrone und in die Kratz- kräuter oder Kratzdisteln (eirsium s. enicus) mit gefiederten Haaren; mehrere neuere Botaniker vereinigen jedoch beide Gruppen wieder, wie es Linn& auch that. Die Arten sind mitunter sehr vielgestaltig, ausser- dem finden sich noch zahlreiche Mittelformen und Blendlinge.“ Eberwurz, auch Stabwurz und Gartheil genannt, carlina cau- lescens, mit bis zu 30 em langem, meist jedoch bedeutend niedrigerem, ziemlich starkem, rötlich angelaufenem, gefurchtem Stiel, sowie carlina acanlıs, wo die Blume sehr kurz gestielt unmittelbar am Wurzelstock aufzusitzen scheint. Niedere, sehr stachelige Kräuter, auf trockenen Wiesen, steinigen Hügeln, an lichten, sonnigen Waldstellen, so bei Gschwendt und besonders am Rande des bis nahe an die Strasse sich hinziehenden Wäldchens vor Pesenbach (Pesenbacher Weidach, Ost- Südostseite). \WWurzelstock perennierend. Blüht Juli bis Oktober. Tief fiederspaltige, lange Blätter, deren Zipfel eckig gelappt und sehr stachelig sind, in der Mitte ein einzelnes Blütenköpfehen, welches gewöhnlich weiss ist, dessen periphere Blütchen jedoch manchmal einen purpurnen Kranz bilden, und selten ist auch das ganze Köpfchen purpurn ge- färbt, von 2—6 em Durchmesser bei 3,0—4,5 cm langen inneren Hüllblättern. Äussere Hüllblätter schmal lanzettlich, in eine starke Dornspitze auslaufend; die inneren linealisch, zugespitzt, gegen die Spitze lanzettlich, schön glänzend wie weisse Seide, bei Berührung rauschend, sternförmig ausgebreitet wie Strahlenblüten, auf der äusseren Seite in der unteren Hälfte bis über die Mitte eine rotbraune, sich nach oben verjüngende Rippe. „Auf dem Blütenboden stehen tief un- 19* — 180 ° — regelmässig zerschnittene Deckblättehen zwischen den Blütchen. Schliess- früchtehen seidenhaarig, mit gefiederter Haarkrone, deren Haare am Grunde auf eine kurze Strecke in mehrere Bündel verwachsen sind.“ Die strahligen, inneren Hüllblätter breiten sich nur bei Sonnenschein aus, bei feuchter Luft schliessen sie sich zusammen, daher auch der Name Wetterdistel. Eine schöne, sich mehrere Jahre haltende und: nicht selten in grösseren Bouquets Verwendung findende Blume. Die braune, auf dem Durchschnitt gelblich weisse Wurzel schmeckt süss- lieh und wurde früher arzneilich, namentlich noch in der Tierheilkunde verwendet. — Eine kleine europäische und asiatische Gattung, die leicht an den strahlenden inneren Hüllblättchen erkenntlich ist. „Sehr beachtenswert sind die Einrichtungen zum Schutze des Pollens bei jenen Korbblütlern, welche im Mittelfelde ihrer Köpfchen nur röhrenförmige Blüten tragen, während die Blüten an der Peripherie als Zungenblüten ausgebildet sind, oder wo die auf einer runden Scheibe dicht beisammenstehenden röhrenförmigen Blüten von einem Kranze starrer Hüllblätter eingefasst werden, welche den Eindruck von Blumenblättern machen. Als Vorbild der ersten Gruppe kann die Ringelblume (calendula), als Vorbild der letztern die Wetterdistel (carlina) angesehen werden. Bei diesen Pflanzen wird der Pollen aus den Röhrenblüten gerade so wie bei den meisten Zungenblüten aus der Antherenröhre durch den in die Länge wachsenden Griffel emporgehoben und erscheint über jeder Röhrenblüte als ein kleines Klümpehen dem Griffelende aufgelagert. Diese Röhrenblüten vermögen aber ihren Pollen nicht selbst gegen Wetterungunst zu sichern und es findet daher im Bereiche dieser Blütenköpfe gewissermassen eine Teilung der Arbeit statt, so zwar, dass die zungenförmigen Blüten oder die strahlenförmigen Deckblätter des Randes, welche keinen Pollen ent- wickeln, zu schützenden Decken für die pollenbildenden Blüten des Mittelfeldes werden. Bei gutem Wetter stehen die randständigen Zungenblüten und Deckblätter von der Peripherie der Köpfchen strahlenförmig ab, bei schlechtem Wetter und am Abend erscheinen sie aber aufgerichtet, neigen sich über die röhrenförmigen Blüten des Mittelfeldes und bilden dann zusammengenommen entweder einen über dieses Mittelfeld sich wölbenden Hohlkegel, oder sie decken sich gegen- seitig wie die Schindeln auf einem Dache, bilden wohl auch manchmal einen scheinbar unregelmässig zusammengedrehten Schopf, sind aber immer so gelagert, dass sie die röhrenförmigen Blüten des Mittelfeldes, beziehentlich den von diesen exponierten Pollen gegen die Unbilden —. 16. = der Witterung vollständig schützen. Merkwürdig ist, dass die Länge dieser zusammenneigenden Zungen oder Strahlen in einem gewissen Verhältnisse zum Querdurchmesser der Scheibe des Köpfchens steht. Köpfchen mit grosser Scheibe und zahlreichen Röhrenblüten haben längere, solche mit kleiner Scheibe und wenigen Röhrenblüten kurze Zungen am Rande. Zudem sind anfänglich, wenn die Blüten in der Mitte der Scheibe noch geschlossen und nur die gegen den Rand stehenden Röhrenblüten ihren Pollen vorgeschoben haben, die zungen- förmigen Randblüten und strahlenden Deckblätter noch kurz, weil sie nur ihre nächsten Nachbarn zu schirmen die Aufgabe haben; sobald aber auch die Blüten in der Mitte der Scheibe sich öffnen, erscheinen sie so bedeutend verlängert, dass sie auch diese zu überdecken im stande sind. Thatsächlich wächst also hier das Dach entsprechend dem Umfange der zu überwölbenden Fläche. Die geschilderten Lage- veränderungen der Blumenblätter, Zungenblüten und Deekblätter, welche unter dem Namen Schliessbewegungen zusammengefasst werden, er- folgen bei den meisten Pflanzen innerhalb 30-50 Minuten, bei einigen aber auch viel rascher. Bisweilen spielt sich der Vorgang des Schliessens binnen wenigen Minuten ab. An Alpenpflanzen kommt es vor, dass sich die Blüten im Laufe einer Stunde mehrmals schliessen und öffnen. Die Wärme, welche ein flüchtiger Sonnenblick den Blumen des Schnee-Enzian zugeführt hat, genügt, um die Ausbreitung der azur- blauen Kronenzipfel zu veranlassen; kaum ist aber die Sonne hinter einer Wolke verschwunden, so drehen sich diese Zipfel schraubig über einander und schliessen, einen Hohlkegel bildend, zusammen. Bricht wieder die Sonne durch, so ist auch die Blumenkrone binnen einigen Minuten neuerdings geöffnet. Bei den Pflanzen, deren Blumenkrone die Gestalt eines Trichters, einer Röhre oder eines Beckens hat, wie beispielsweise bei dem Stechapfel, den Gentianen und dem Frauen- spiegel, finden beim Schliessen die kompliziertesten Faltungen, Biegungen und Drehungen statt; in der Regel stimmt aber die Lage, welche die Blumenblätter bei dieser Gelegenheit annehmen, mit jener überein, welche sie schon in der Knospe zeigten. Überhaupt machen die meisten nächtlich geschlossenen Blüten und Blütenköpfchen den Eindruck, als ob sie sich noch in der Knospenlage befänden. Als nächste Ursache der Schliessbewegungen sind ohne Zweifel Änderungen in der Spannung der betreffenden Gewebeschichten anzusehen. Diese aber werden vor- nehmlich durch Wärme und Lichtdifferenzen, veranlasst. Teilweise mögen wohl auch Schwankungen im Feuchtigkeitszustande der Luft -- 182 — ins Spiel kommen. Bei der Wetterdistel beruht das Öffnen und Schliessen sogar nur auf diesen letzteren Verhältnissen, und die Wärme spielt da nur insofern eine Rolle als in den Gegenden, wo die Wetter- distel wächst, mit zunehmender Wärme auch die relative Feuchtigkeit der Luft gewöhnlich abnimmt. Man benützt darum auch die grossen, von kurzen dieken und steifen Stengeln getragenen und dem Boden aufruhenden Blütenköpfe der carlina acaulis hier und da als Hygro- meter und Wetteranzeiger und prophezeit dann, wenn die trockenen Deckblätter, welche die Röhrenblüten des Köpfchens umgeben, strahlen- förmig abstehen, trockenes Wetter und hellen Himmel, wenn aber diese hygroskopischen Deckblätter sich aufrichten und nachgerade zu einem Hohlkegel zusammenschliessen, feuchtes Wetter und trüben Himmel. Für die Pflanze selbst haben diese Bewegungen der strahlenförmigen Deck- oder Hüllblätter folgende Bedeutung. Am Tage, in warmer trockener Luft sind die Strahlen nach auswärts gebogen, weit ausge- breitet, wenden ihre silberweisse Innenseite dem Himmel zu und schim- mern im Lichte der Sonne so lebhaft, dass sie auf weithin sichtbar sind. Sie wirken dann als Anlockungsmittel für Insekten, welche ein- geladen sind, aus den unscheinbaren röhrenförmigen Blüten der Scheibe den Honig zu saugen, zugleich aber auch den in diesen Blüten an die Mündung der Antherenröhre vorgeschobenen Pollen abzuholen und auf andere Blüten zu übertragen. Es kommen auch zu den ge- öffneten Blütenköpfen der Wetterdisteln immer zahlreiche Hummeln angeflogen, welche, der Einladung Folge leistend, Honig saugen und dabei den Pollen verschleppen. Fiele jetzt ganz plötzlich Regen ein, so würden die Scheibenblüten unvermeidlich benetzt werden und der Pollen wäre dort vernichtet. Da aber die Strahlen sehr hygroskopisch sind, richten sie’ sich selbst bei geringer Zunahme der Luftfeuchtigkeit, welche dem Regen vorausgeht, empor, krümmen sich nach einwärts und vereinigen sich zu einem schützenden festen Zelte, au dessen glatter Aussenseite die niederfallenden Regentropfen abprallen und ab- laufen ohne Unheil stiften zu können.“ Die Eberwurtz nennen die Apotecker (arlinam, dann ettliche aberglaubige sagen, das zur zeit, da Keyser Karl der grosse regieret, vnd viel Christliche kriege füret, kam ein grausame Pestilentz in sein heer, daruon viel tausent menschen hin fielen, das jammert den from- men Keyser, batt Gott den Hern fleissig, vnd erlanget, das jme im schlaff ein engel erschein, der schoss auss einem armbrust einen pfeil, mit vermanung, der Keyser solte auffmereken, wohin vnd auff welch —. 185° — kraut der pfeil fallen würde, dann mit demselbigen kraut solte er seinem kriegssuolck von der Pestilentzischen seuch abhelffen, vnd solchs sey geschehen. Das lassen wir fahren, vnd kommen zur beschreibung. Diss kraut tregt bletter wie der Strobildorm (die Welschdistel oder Stacheldistel, cardınıs aculeatus), aber rauher, stachliger, vnd spitziger, haben keinen stengel, sonder liegen auf dem grund. Baldt vber der wurtzel, mitten zwischen den blettern gewint es einen scharpffen, dorn- echten blamenkopff, der blüet purpurrot, wirdt darnach zu grawem haar, das verfleugt, vnd bleibt der same, gleichet dem samen des wilden Gartensaffrans. Dieser kopff' stehet allwegen offen, so der Himmel klar vnd heyter, dargegen thuet er sich zu, so trübe zeit oder regen- wetter vorhanden. Die wurtzel ist ausswendig etwas rotfarb, jnnwendig weiss, eines starcken geruchs vnd süss. Hat auch an ettlichen orten ritzen vnd wunden, die aberglaubigen meinen es sey vom pfeil. Der deutsche Name Eberwurz wird von Kniphof (Lebendig Original- Kräuterbuch, 1733) auf folgende Weise erklärt: Wann die wilden Schweine (Eber) eine Krankheit spüren, suchen und fressen sie dieses Krauts Wurzel mit Begierde, und werden hierdurch wieder gesund, sonderlich vergeht ihnen die Lähmung, welche sie vom vielgefressenen Bilsenkraut sich zugezogen. Kohlartige Gänsedistel, sonchus oleraceus, eine Komposite. Stengel bis über Meterhöhe; bei 61 cm Stengelhöhe war die Pfahl- wurzel 10 em lang, mit leicht büscheligen Seitenfasern, in eine sehr fein auslaufende Faserwurzel endend. Stengel hohl, scharfkantig, rot angelaufen, ‘oben ästig verzweigt, und mit zahlreichen abstehenden etwas über 1 mm langen Drüsenhärchen versehen, deren dunkel pur- purne Köpfchen schon mit freiem Auge deutlich erkennbar. Blätter halbstengelumfassend, ungeteilt, lang geöhrt, scharf sägezähnig, in eine dornige Spitze endend; dieselben sind oberseits hell-, unterseits blass- grün. Blütenköpfchen gelb, in gipfelständiger ungleicher Schirmtraube, fast rispenartig angeordnet. „Schliessfrüchtchen flach zusammengedrückt, jederseits mit drei Längsfurchen, oft noch mit Querrunzeln. Feder- krone aus zahlreichen schneeweissen Haaren.“ Einjähriges Unkraut, ‚Juni bis September blühend, auf Schutthaufen, Wiesen, an Wegrändern. Gemeines Leinkraut, /linaria vulgaris, Frauenflachs, ein Braunwurzgewächs. Wurzelstock kurz, kriechend, perennierend ; Stengel aufrecht, kahl, bis zu 1 m Höhe. ‚Linealische (5—6 mm breite, 47—50 mm lange), manchmal in nicht ganz gleiche Hälften — 184 — geteilte und an einem Seitenrand leicht konvexe glatte Blätter. Blüht Juni bis August; Blüte eine gelbe gipfelständige Traube. Vier Staubfäden, von denen die zwei äusseren auch sie differieren in der Grösse — die grösseren (10 mm), die zwei inneren die kleineren (? mm); zwischen den vier Staubfäden liegt der einzige Stempel (9 mm). Die Unterlippe endet in einen spitzen kegelförmigen Sporn, ihr vorstehender nach unten ziemlich scharf abgegrenzter Gaumen ist lebhaft orangegelb gefärbt und schliesst die Blumenröhre völlig. Kapsel gross, eirundlich, mit zahlreichen rauhen Samen, welche von einem Hautrande umgeben sind. „Unter Pelorien. Bildung versteht man das Regelmässigwerden solcher Blüten, welche im normalen Zustand unregelmässig oder seitlich-symmetrisch ge- bildet sind. Diese Erscheinung kann als Beweis für die Identität des Grundplanes mancher unter einander sehr abweichend erscheinen- der Blütenbildungen dienen. Beim gemeinen Leinkraut nun, dessen _ rachenförmig- (weit geöffnete) zweilippige Blumenkrone (oder Korolle, d i. die durch Verwachsung der Glieder des Blumenblattkreises unter einander entstandene einblätterige Blume) an ihrer Basis in einen nach unten gerichteten Sporn — gebildet durch die kegelförmige hohle Ver- längerung der Röhre oder des unteren Teiles des Blumenblattes, ähn- lich einem Hahnensporn — ausläuft, zeigt die nicht ganz seltene voll- ständige Pelorie, die in der Regel die Gipfelblüte betrifft, eine mit regelmässig fünflappigem Saum und fünf gleichmässig abstehenden Spornen versehene Blume.“ Die pelorischen Blüten, die so wunderbar von ihrem natürlichen Bau abweichen, scheinen, so bemerkt Darwin, bei linaria vulgaris allgemein mehr oder weniger steril "zu sein. — „Bei einer grossen Zahl von Pflanzen werden die unwillkommenen Gäste durch die Form der Blüte und deren Teile abgehalten; es bilden sich Rinnen, Röhren, Buckel, Aussackungen und Kammern, hinter welchen der Nektar vorborgen und nur kräftigen Insekten zugänglich ist, die dann durch ihre Körpergestalt, Grösse und Bewegungsweise die Befruchtung vollziehen; es steht somit allermeist die Grösse und Kraft der Blütenbesucher in engem Zusammenhang mit dem Befruchtungs- mechanismus, den die Blüte zeigt, so dass jene Tiere, deren Körper- ausmasse zu gering sind, um beim Eindringen in die Blüte die Narbe zu streifen oder Pollen mitzunehmen zur Kreuzung, nicht die Kraft haben, jene Teile, unter denen der Nektar verborgen ist, empor zu heben oder aus einander zu klappen. So möge hier nur des ob seines sonderbaren Öffnens höchst auffallenden Löwenmauls (antirrhinum) — 185 — gedacht werden und seines nächsten Verwandten, des Leinkrauts (linaria), bei welchem die stark höckerförmig aufgeblasene Unterlippe so eng an die Oberlippe anschliesst, dass der Zugang zum Blütengrund förmlich versperrt ist, und ziemliche Kraft erfordert wird, um denselben zu erreichen, indem das anfliegende Insekt die Unterlippe herabdrückt. Der Honig wird beim Leinkraut von einem Wulste an der Basis des Fruchtknotens abgesondert, fliesst aber von dort durch eine schmale Spalte zwischen den beiden längeren Staubfäden hindurch in den nach rückwärts sich von der Blumenkrone absenkenden hohlen Sporn.“ Sumpf-Herzblatt, Parnassie, parnassia palustris s. vulgarıs, auch Studentenröschen und Einblatt genannt — obwohl es neben dem einen Stengelblatt noch gestielte ganzrandige breit eiförmige oder herz- förmige kahle, fussnervige Wurzelblätter, d. h. grundständige Blätter hat. Es trägt seinen Namen Parnassia nach dem griechischen Dichter- Berge Parnassus; Studentenröschen, weil die schöne glänzende Blume zur Zeit der Sommervakanzen erscheint. Blüht Juli bis Oktober. Fünf weisse, verkehrt eirunde, ausgebreitete, längsstreifige Blumenblätter, auf dem Kelchrand stehend. Fünf vollkommene und fünf unvollkommene Staubgefässe; letziere sind Nebenkronenblätter, kurz und dick, mit einem Büschel von 10 (bis 12) kurzen weissen Fäden, welche kleine kugelige Drüsen tragen. Kapsel kugelig. Wurzelstock sehr kurz und ausdauernd. Auf feuchten Bergwiesen, bei Obersteinbach, hier auf Mooswiesen, vereinzelt. „Die Parnassie zeigt eigentümliche Bewegungs- erscheinungen, die mit der Befruchtung in Verbindung stehen. Die fünf Staubgefässe biegen sich in gesetzmässiger Reihenfolge empor, um ihre Staubbeutel zur Bestäubung auf die Narben des grossen kegel- förmigen Fruchtknotens zu drücken und dann in die alte Stellung zurückzukehren. Die gemeine Raute (ruta graveolens, perenniereud, Juli und August blühend, vier grünlich-gelbe Blumenblätter) zeigt ähn- liche Bewegungserscheinungen. Während bei den genannten Pflanzen die Bewegung von selbst erfolgt, wenn die Zeit dazu gekommen ist, sehen wir bei den anderen sie nur infolge eines Reizes eintreten; so bei der Berberitze und dem Salbei.“ Dieser Ansicht Rossmässler’s über die Befruchtungsart der Parnassie füge ich die von Kerner an, welcher sagt: „In der Blüte des Sumpfherzblattes befinden sich zwi- schen den Blumenblättern und den Staubgefässen höchst sonderbar ge- formte Blättehen, die sogenannten Staminodien — unfruchtbare in drüsige Gebilde umgewandelte Staubgefässe —, welche am Grunde — 486 — gegen den Stempel zu Nektar absondern, an der ganzen Peripherie aber fadenförmige Anhänge besitzen, an deren Spitze ein gelbes Knöt- chen aufsitzt. Wenn nun ein Insekt von aussen her direkt auf den Nektar zufliegt, so vollbringt es dortselbst die Befruchtung, indem es die Narbe berührt, und streift den Pollen, indem es die Staubgefäss- blüte berührt; kriecht es dagegen von aussen her an die Korolle, und steuert so dem Nektar zu, so bildet das Staminodium eine Art Dia- phragma, ein jedem Insekt leicht überwindliches Hindernis, das aber zugleich beim Überklettern so nachgibt, dass dasselbe nolens volens an die Narbe oder an den Pollen streift und so der Pflanze von Nutzen wird. Das übersichtliche Bild des Befruchtungsvorganges ist demnach folgendes. „Das Herzblatt hat, wie bereits angegeben, einen fünfblätterigen Kelch, fünf weisse Kronblätter, fünf Staubgefässe und eine kurz gestielte Narbe. Zwischen den Kronblättern und den Staub- fäden befinden sich fünf herz- bis nierenförmige Organe, die sogenann- ten Staminodien, welche bis jetzt die allerverschiedensten Deutungen erfahren mussten. Es sind dies Blättchen, deren Umfang mit zahl- reichen lang gestielten goldglänzenden Drüsen reichlich besetzt ist, während im Innern der Blattspreite zwei seichte Nektar absondernde Höhlungen sich befinden. Gelangt nun ein Staubbeutel zur Reife, so streckt er sich und legt sich so mit dem Rücken auf die noch lange verschlossene Narbe, dass die äussere sich nun öffnende Bauchseite horizontal nach oben liegt und reichliche Pollen entbindet. Insekten, welehe nun die Blüte in diesem Stadium besuchen, werden sich nament- lich auf der Unterseite mit Pollen besudeln und von Blüte zu Blüte fliegend diesen nach und nach wegtragen. Ist nun der erste Staub- beutel entleert, so streckt er sich nach aussen und der zweite nimmt dessen frühere Stellung an. So geht dies nun, bis der Reihe nach alle fünf Staubbeutel verstäubt sind, und jetzt erst öffnet sich die Narbe in dieser Blüte. Bei der ausserordentlichen Armut an Nektar ist dieser bereits verbraucht, nachdem die ersten Insekten schon ange- flogen gekommen waren, und es wäre daher nach dem Besuche dieser keine Aussicht mehr vorhanden, dass andere diesen folgen, resp. dass (lie Blüte befruchtet würde. Zum Zweck der Anlockung ist daher der oben erwähnte Apparat eingeschaltet, welcher durch seinen Glanz und seine, Färbung die Aufgabe hat, den anfliegenden Insekten ein reichliches, nektarstrotzendes Organ vorzutäuschen und sie auch dann noch anzulocken, wenn sie wirklichen Nektar in keiner Spur mehr antreffen.“ Familie: Steinbrechgewächse. — 131 — Schmalblättriges Weidenröschen, epilobium angustifolium, ein Nachtkerzengewächs, perennierend, Juli und August blühend. Blätter lanzettlich, ganzrandig, leicht schräg parallel geadert. Stengel einfach, kantig, kahl. Blüten in gipfelständiger Traube, Blumenblätter vier, ungleich, hell purpurrot, rosalila; acht Staubgefässe. Ende September erscheinen die schmalen, langen, vierkantigen Schoten mit wandständigen, begrannten Samen. Auf Wiesen, Grasplätzen, und insbesondere auch auf dem Weg zur Benediktenwand, beim Eibiskopf. „Die Staubgefässe sind bisweilen so geformt und so zusammengestellt, dass sie eine den honig- absondernden Blütenboden überdachende Kuppel oder einen Hohlkegel bilden, was namentlich an zahlreichen Nachtschattengewächsen, Primula- .ceen, Asperifolien und Campanulaceen, besonders schön auch an dem schmalblätterigen Weidenröschen zu sehen ist. — Der Kohl-Erdfloh, haltica oleracea, überwintert, paart sich im Frühjahre, und die Weibehen legen ihre Eier an die verschiedensten Pflanzen, an welchen die Larve nachher äusserlich lebt, z. B. in Menge an dem chmalblätterigen Weidsen- röschen. Die Larve ist graubraun von Farbe und igelborstig; am glänzend schwarzen Kopfe erkennt man die kegelförmigen Fühler, je ein einfaches Auge hinter denselben.“ — Berg-Weidenröschen, eprlo- bium montanum, perennierend, Juli und August blühend, an Weg- rändern, im Gebüsch, an Bachufern, stark variierend. Blätter kurz gestielt, breit lanzettlich, ungleich gezähnt. Stengel aufrecht, verzweigt, dicht, aber sehr kurz flaumhaarig. Blütentraube aufrecht, Blüten rosa- rot-lilia. — „Als vorzügliche Anpassungen an den Wind sind die tlügelförmigen, haarigen und federigen Anhänge an den Samen und Früchten und deren Umgebung anzusehen; ihnen gesellt sich ab und zu noch eine oder die andere vorteilhafte Eigentümlichkeit hinzu, z. B. Hygroskopizität und infolge dessen Bohrvermögen, wie wir es beim Bergwindröschen, danu beim hohen Haber, Federgras (oder Marien- gras, s/iipa pennala, perennierend, Mai und Juni blühend, eine Art des Pfriemengrases, siipa) und anderen beobachten können. Die Flügeleinrichtung besteht in ihrer einfachsten Stufe in der platten Form des Samens (Schwertlilie, r7s); dieser erhält dann einen schmalen Hautrand (Pfennigkraut, /hlaspi) oder einen oder mehrere Flügel. Derselbe umzieht die Frucht horizontal oder vertikal (Ulme), und ist einseitig (Tanne, Esche), zweiteilig (Birke) oder wohl auch dreiteilig (Knöterich, polygonum); ja selbst das den ganzen Blütenstand stützende Deckblatt der Linde kann als eine derartige Flügelbildung betrachtet werden. Merkwürdig erscheint endlich das flügelartig plattgedrückte —.: E88 Hülsenglied des dunklen Süssklee unserer Alpen (hedysärum obsceurum) sowie die als „Windfang“ zum wirksameren Herausschütteln der Samen durch den Wind dienenden Flügeleinrichtungen beim Klappertopf (alectorolophus s. rhinanthus) und anderen plattkelchigen Arten. Die haarigen und federigen Anhänge wirken zunächst als einfache Haar- bekleidung verringernd auf das spezifische Gewicht, wie beim Wind- röschen (anemone); als Haar- oder Federschöpfe, z. B. beim Weiden- vöschen (eptlobium) und Wollgras (eriophörum) üben sie dieselbe Wirkung in viel stärkerem Grad und bieten zugleich der bewegten Luft eine vielfach grössere Angriffsfläche. Ähnlich wirken einseitig abstehende, behaarte Verlängerungen, wie wir sie z. B. bei der Dryade oder gemeinen Silberwurz (dryas octopetila, vasenbildendes, perennie- rendes Kraut, Blätter wenig länger als 1 em, langrund, tief und regel- mässig gekerbt, oberseits grün, kahl und glänzend, auf der Unterseite schneeweiss flaumig behaart, mit ansehnlich grossen, Mai bis August erscheinenden weissen Blüten; Schliessfrüchtehen nicht aufspringend, bei der Reife sich verlängernd in eine gefiederte Granne oder Schweif bis zu 2 em Länge) und vielen Windröschen (Küchenschelle, Alpen- Windröschen u. s. w.) antreffen, oder einzelne lange Haare. In voll- kommenster Weise ist eine möglichst grosse Angriffsfläche mit möglichst geringer Masse durch Fallschirme des Löwenzahn, des Baldrian und anderer Gattungen erreicht. Diese werden wie die Sporen der Krypto- gamen durch aufsteigende Luftströme senkrecht gehoben und können durch Winde direkt in weite Fernen verbreitet werden, während alle übrigen unvollkommeneren Anpassungen nur zu schrittweiser Ver- breitung in weitere Entfernung durch den Wind geeignet erscheinen.“ Rotbrauner Storchschnabel, geranium phaeum, perennie- rend, blüht Juni und Juli in losen Trauben; Blüten purpurn bis hell rötlich blau, Blütenstiele zwei-, seltener dreiblütig. Stengel gabelig verzweigt. Blätter handförmig geteilt, siebenspaltig, die oberen weniger, die unteren tiefer zerschnitten. „Staubgefässe zehn, von denen fünf kürzer, jedoch meistens sämtlich mit Staubbeuteln versehen. Frucht- knoten fünfteilig, in Grannen auslaufend, welche einen langen, in- wendig kahlen Schnabel bilden; an der Spitze fünf kurze Narben. Bei der Reife trennen sich die. Teilfrüchtehen von der stehenbleibenden Mittelsäule und rollen sich bogenförmig aufwärts.“ Auf Wiesen und an Wegrändern, so hier längs des unteren Mühlbachs. — Wiesen-Storch- schnabel, gerranium pratense, perennierend, auf Wiesen, in Gebüschen und Grasplätzen. Blüht Juni und Juli; Blüten violett-blau, Blüten- — 189. — stielehen nach dem Verblühen hängend, zur Fruchtreife wieder auf- recht. Die fiederteiligen, grundständigen Blätter lang gestielt, die oberen mit bedeutend kürzeren Stielen. — „Beim Storcehschnabel sind die einzelnen Fruchtblätter durch grannenartige Fortsätze der sogenann- ten Griffelsäule, welche eine in das Zentrum des Fruchtblattkreises hineinragende Verlängerung der Blütenachse ist, angewachsen, und diese rollen sich bei der Reife, indem sie sich von unten her ablösen, elastisch zurück.“ Die Storckenschnäbel haben den namen von der gestalt, dieweil sie köpfflen bekommen mit langen schnäbeln, gleich einem Storckenschnabel, oder Kranchhals. Man nennets in Apotecken Rostrum Ciconiae. — Bei yeranium und erodium erhebt sich an der den Kelchblättern zugewendeten Seite von der Basis eines jeden der äusseren fünf Antherenträger ein warzenförmiges, bisweilen etwas ausgehöhltes Nektarium. An dem zur Familie der Storehschnabelgewächse und zur Gattung der Reiherschnabelgewächse, erodiaceae — sie sind von der Gattung Storchschnabelgewächse, geramiaceae (fünf Staubgefässe mit Staub- beutel, fünf verkümmert), mit welcher sie Linne zu einer Gattung vereinigte, durch die gefiederten, nicht handförmig geteilten Blätter unterschieden — gehörigen gemeinen Reiherschnabel, erodium ereuta- rum (vielfach variierend, mit sitzenden, tief fiederspaltig eingeschnittenen Fiederblättchen — der aufrechte Blütenstiel trägt eine Dolde von kleinen, hell purpurroten, mitunter gefleckten Blüten, welche sogenannte ephemere oder Eintagsblüten sind, indem sie nur einen Tag, bez. acht Stunden offen sind — und schwach behaarten, mit einem 1—3 cm langen Schnabel versehenen Teilfrüchtehen) lösen sich die fünf Teil- früchtehen in ganz eigentümlicher Weise von ihrem Träger los. „Zu- erst hebt sich das den Samen umschliessende dicke, untere Ende, später auch die lang ausgezogene Spitze des Fruchtblattes ab. Die letztere dreht sich zum Teile schraubenförmig zusammen, und nur das freie Ende streckt sich in sanften Bogen wie ein Uhrzeiger vor. Man benützt diese abgefallenen Teilfrüchtehen bekanntlich als Hygrometer. Man steckt sie mit ihrem unteren dieken Ende, welches ähnlich wie die Spelze des Federgrases, stipa pennata (Granne am unteren Viertel kahl, oben federig, behaart, nicht geschlängelt) mit einem stechenden Spitzchen besetzt ist, auf ein mit Papier überzogenes Brettehen und zwar in das Zentrum eines darauf gezeichneten Kreises. An der Peripherie des Kreises macht man Striche, welche den Stand des zeiger- förmigen Endes der Reiherschnabelfrucht bei sehr feuchtem und bei — 19 — sehr trockenem Wetter angeben, und kann dann nachträglich wieder aus dem Stande des Zeigers auf die relative Feuchtigkeit der Luft einen Rückschluss machen. Indem wir an diese Verwendung der Storchschnabelfrüchte erinnern, konstatieren wir auch die infolge des veränderten Feuchtigkeitszustandes der Luft veranlasste Drehung der- selben, welche bei dein Eindringen in die Erde ins Spiel kommt. Frei- lich ist dann, wenn eine solche Frucht auf die Erde fällt, nicht, wie am Hygrometer, das untere dieke, den Samen umschliessende Ende, sondern der schnabelförmige Fortsatz fixiert, und es wird daher im Freien bei einer Änderung des Feuchtigkeitszustandes der Luft auch nicht der Schnabel, sondern das dicke, untere Ende in Bewegung ge- setzt. Die Fixierung des Schnabels erfolgt im Freien auf nackter Erde in der Weise, dass sich die Spitze des Schnabels an den Boden stemmt und dass dann infolge des Aufdrehens der schraubigen Win- dungen bei feuchtem Wetter das mit dem stechenden Spitzcehen abge- schlossene diekere Fruchtende schief in die Erde gebohrt wird. Noch häufiger verhängen sich die abfallenden Früchte zwischen den sich kreuzenden Stengeln anderer dem Boden aufliegenden Pflanzen. Auch dann ist der Schnabel fixiert und wird das dieke, untere Ende in Be- wegung gesetzt. Die Bewegung ist hier weit mehr mit jener eines Bohrers zu vergleichen, obschon infolge von Schwankungen und Lage- änderungen des Schnabels, welche bei Windströmungen unvermeidlich sind, auch schaukelnde Bewegungen des einbohrenden Teiles stattfinden und augenscheinlich von Vorteil sind. Ähnlich wie die Früchte der Federgräser sind jene des Storchschnabels oberhalb des stechenden Spitzchens mit aufrechten, steifen Haaren besetzt. Es spielen diese Haare auch die gleiche Rolle wie dort. Bei dem Einschieben der Frucht in die Erde leisten sie keinen Widerstand, sondern werden an die Frucht angedrückt; bei schaukelnder Bewegung der Frucht stemmen sich bald die Haare der einen, bald jene der andern Seite an die über ihnen liegenden Erdteilchen und wirken als Hebel. Dasselbe geschieht auch, wenn die Frucht in eine drehende Bewegung versetzt wird und sich zugleich ein von der verlängerten Schraube ausgehender Druck geltend macht. Zieht sich die Schraube wieder zusammen, so bilden die Haare einen Widerhalt; sie stemmen sich nämlich sämtlich an die über ihnen liegenden Erdteilchen an und es bleibt die Frucht in jener Tiefe, welche sie bereits erreicht hat, fest verankert. Sowohl an den Früchten der Federgräser als auch an jenen der Storchschnabelgewächse finden sich je nach den Arten noch verschiedene Abweichungen. Die — 191 — Drehung des untersten Teiles der Granne ist häufig eine andere als jene des knieförmig gebogenen Teiles; die Haare an den Spelzen sind bald entlang zweier Längsstreifen angeordnet, bald wieder bilden sie nur unten einen Ring und weiter aufwärts einen einseitigen Längs- streifen u. s. f. Mehrere Arten der Gattung stipa haben keine federigen Grannen und nähern sich fast der Form der Storchschnabelfrüchte. In der Hauptsache kommen alle diese Ausbildungen mit einander über- ein. Was erreicht werden soll und was durch diese wunderbaren Apparate auch wirklich erreieht wird, ist nicht so sehr das Einbohren der Fruchthülle oder Samenschale in grössere Tiefen des Bodens als vielmehr die Befestigung an das Keimbett. Es ist nämlich nicht zu vergessen, dass die Keimblätter aus den sie bergenden Hüllen nur dann anstandslos herauskommen , wenn diese letzteren gut festgeklebt, festgeankert oder sonst in irgend einer Weise fixiert sind. Ist das nicht der Fall, so geschieht es leicht, dass die Frucht- oder Samen- schale von den sich vergrössernden Keimblättern wie eine Mütze emporgehoben wird. Die Lösung der Keimblätter durch den vom wachsenden Keimblattstamme ausgehenden Zug ist dann unmöglich gemacht. Manchmal gelingt es zwar den sich vergrössernden und streckenden Keimblättern, ohne Mithilfe des Keimblattstammes die Samenschale abzuwerfen, aber nicht immer; in vielen Fällen bleiben die Spitzen in der Höhlung der Schale eingeklemmt, verkrüppeln und vergilben, was auf den Keimling in der nachteiligsten Weise zurück- wirkt und häufig das Siechtum, ja sogar Absterben desselben zur Folge hat. Es ist darum auch ein Fehler, wenn Gärtner die Samen in gar zu lockere Erde säen, wo kein rechter Halt gegeben ist, so dass dann beim Keimen die Samenschalen von den nur zur Hälfte heraus- gezogenen, an den Spitzen gefesselten Keimblättern emporgehoben werden.“ Dornige Hauhechel, ononis spinosa, Abart der gemeinen, arvensis, perennierend, Juli bis Oktober blühend, auf Wiesen, an Berghängen, Bachufern, Weg- und Waldrändern. Blüten blattwinkel- ständig, einzeln oder zu zwei, Blumenblätter rosarot, die Fahne dunkler schattiert, gestrichelt. Die kurzen, kleinen, 1,5—2 em langen Zweige endigen in einen scharfen, spitzigen Dorn. Die lange, fingerdicke, viel- köpfige Wurzel mit tiefen Längsfurchen ist zähe, biegsam, die Rinde sehr dünn, tief braun, das Holz weiss, faserig, im Querschnitt hart und deutlich fächerförmig gestreift, Sie hat einen süsslich bitteren, später Brennen erregenden Geschmack und wurde früher arzneilich ver- —, AlB2r = wendet, zuweilen noch jetzt. „Die 30 cm lange, vorwiegend 1—2 cm dicke Wurzel ist meist stark gekrümmt, der Länge nach zerklüftet und zerfasert, abgeplattet, um ihre Achse gedreht, und löst sich nach oben in zahlreiche Stengeltriebe auf. Die Oberfläche ist grau oder graubraun, das zähe innere Gewebe weiss. Der Querschnitt, von sehr unregelmässigem Umrisse, bietet zahlreiche Strahlen von ungleicher Länge und eine fest haftende Rinde von weniger als 1 mm Dicke dar. Geschmack kratzend, etwas herbe und süsslich, Geruch schwach.“ Die Hauhechel gehört zur Familie der schmetterlingsblütigen Gewächse, papilionaceae. Die Vergleichung, die im Namen Schmetterlingsblume liegt, verlassend, benennt man die fünf verschiedenartig gestalteten Blumenblätter, die unregelmässige Blumenkrone, mit Schiffsteilen, näm- lich: a) der Wimpel oder die Fahne, das unpaarige nach .oben liegen- de, also oberste Blumenblatt — es ist am stärksten entwickelt und umfasst in der Knospe die übrigen; b) die zwei folgenden seitenstän- digen Blumenblätter, Segel oder Flügel, — sie sind in der Regel schief oder ungleichseitig gestaltet und bilden die Seiten der Blume, sie stehen zwischen der Fahne; und c) die beiden untersten, den unte- ren Blumenteil darstellenden, die Befruchtungsteile — Staubgefässröhre und den Stempel — umschliessenden, zu innerst stehenden, mit ihren Rändern mehr oder weniger verwachsenen, das Schiffehen oder den Kiel bildenden Blumenblätter. Die Nägel, d. i. der untere ver- schmälerte Teil — im Gegensatz zum oberen ausgebreiteten Teil, der Platte, — der Blumenblätter sind gewöhnlich angewachsen, manchmal frei. Die fünf ungleich ausgebildeten Blumenblätter wechseln mit den fünf Lappen oder Zipfeln (Zähnen) des Kelches ab; derselbe ist tief fünfzähnig gespalten. Der Fruchtknoten verwandelt sich, wie bei den meisten (daher auch Hülsenpflanzen genannten) Schmetterlingsblütlern in eine Hülse oder Hülsenfrucht (zwei bis drei Samen). „Hülse, legumen, nennen wir die Frucht der schmetterlingsblütigen und ver- wandten Pflanzen, welche aus einem einzeln stehenden mit seinen Rändern verwachsenen Fruchtblatt gebildet ist und die Samen ein- oder zweireihig an der inneren oder Bauchnaht trägt. Das Aufspringen geschieht durch Lösung der Bauch- und Rückennaht, wobei also das Fruchtblatt in seine zwei Hälften zerfällt. Manchmal hat die Hülse zwischen den einzelnen Samen Querwände und kann dann vielfächerig genannt werden; sie heisst Gliederhülse, wenn sie bei der Reife durch quere Abgliederung in Stücke zerfällt. Nichtaufspringend sind die einsamigen Hülsen, wie sie beim Klee (trifolium), und die fleischigen, — 19 — wie sie beim Johannisbrot (ceratonia) vorkommen. — Die Schoten- frucht, siligua, ist aus zwei Fruchtblättern gebildet, welche an ihren gegenständigen, verdiekten Nähten die Samen tragen; zwischen diesen Nähten erstreckt sich eine dünnhäutige Scheidewand, welche das Innere in zwei Fächer teilt. Diese öffnen sich bei der Reife durch die von unten her sich ablösenden Fruchtblätter oder Klappen. Diese Frucht- form ist für die Familie der kreuzblütigen Pflanzen, cruciferae, cha- rakteristisch.“ — Die zehn Staubgefässe sind einbrüderig (stamina monadelpha), d. h. in ein einziges Bündel verwachsen, welches den Fruchtknoten (Stempel) als Scheide umgibt. Durch die dreizähligen gezähnelten Fiederblättchen ähnelt die Gattung Hauhechel den Klee- gewächsen, /ofeae, obgleich sie wegen ihrer einbrüderigen Staubgefässe meist zu den Ginster (genista) -artigen Gewächsen gerechnet wird. — „Das kraut nennet man Hawhechel, dann es wurtzlet so tieff in die erden, das mans mit hawen muss aussreutten, dartzu hat es zwischen den blettern dörner, die einer flachsshechel gleich sehen. Man nennets auch im Latein Restam bowis, vnd Deutsch Ochsenbrech, darumb das seine wurtzeln ein pflug etwan dörffen hemmen, vnd allso die Ochsen oder Pferde jrren vnd auffhalten. Es thuet auch offt den ackerleuten vberlast, sticht sie in die füsse, wie sie dann gemeiniglich barfuss gehen. Die Reytter nennens auch Stallkraut, darumb das es die pferde stallen oder harnen macht, so es gesotten, vnnd den pferden eingossen wirdt.“ Schwarze Königskerze, verbascum nigrum, zweijährig, mit starker rübenförmiger Wurzel; Juli und August blühend. Stengel et- wa 72 cm lang, rotbraun, ziemlich stark, unten rundlich, gegen die Mitte deutlich scharf vierkantig, weiter nach oben fünf- und selbst mehrkantig, unten mehr, nach oben zu weniger mit Wollhaaren be- kleidet, in eine (38 cm) lange einfache reiche Blütentraube endigend Blätter reichlich stark gekerbt, netzaderig, oberseits fast kahl, unter- seits schwach wollhaarig, breit eiförmig, herzförmig. Die Blätter in der Mitte etwa 11,5 cm lang bei etwas über 5 cm Breite, die oberen ungleich kleiner, 3,5 em lang und 13 mm breit, die Deckblättchen an der Traube selbst schmal linealisch, nadelförmig, 13 mm lang und 2 mm breit. Die ebenfalls stark gekerbten und netzaderigen mit starken Rippen versehenen grundständigen Blätter sehr lang gestielt (14,5 em langer Stiel), breit eiförmig, 26 cm lang und 13,5 cm breit. Die reichlichen gelben wechselständigen, sehr kurz gestielten, kleinen Blüten stehen zu mehreren (in Büscheln) in den Achseln der Deck- oO Datffner, Voralpenpflanzen. 15 — 194 — blätter, meist zu fünf bis sieben, welche aber nicht alle zu gleicher Zeit geöffnet, gereift sind. Fünf Blumenblätter radförmig zusammen- gewachsen, etwa 15 mm Durchmesser ; fünf Staubgefässe, ein Stempel. Die Blüten sind gelb, die Staubfäden mit dunkel blauroter Wolle besetzt. An Weg- und Bachrändern, auf steinigen Plätzen, an Mauern; nicht häufig. Gemeine Sumpfwurz, epipaclis palustris, eine Orchidee, perennierend. Stengel 29—48 cm hoch, im oberen Drittel deutlich gerieft, ein wenig gewunden, rostbraun gefärbt und rauhhaarig. Die oberen kleineren Blätter halb, die unteren grossen ganz stengelum- fassend, eiförmig lanzettlich, spitz ausgezogen, letztere etwa 12,3 cm lang und 2 cm breit, stark parallelnervig; die obersten kleinsten zwi- schen der Blütentraube sitzenden Blätter sind etwa 28 mm lang und 6 mm breit. Wurzel faserig, quer liegend, etwas fleischig. Die Blüten stehen, schwach nickend, in einer lockeren Traube abwechselnd nach beiden Seiten; bei einem 48 em hohen Exemplar trafen auf die Traube 12 cm. Kelehblätter lanzettlich, blass grünlichpurpurn. Die Kron- blätter kürzer als die Kelchblätter, weiss, in der unteren Hälfte blass purpurn gestrichelt. Honiglippe weiss, durch Einschnürung (Einschnitt) in zwei Hälften geteilt, von denen die untere deutlich rot gestrichelt die Staubgefässsäule enthält; in der oberen ausgebreiteten Hälfte finden sich am Grund die zweit Honiggrübchen. Drei Kelch- und drei Blumenblätter — eine grosse Unterlippe und zwei kleinere Oberlippen. Die Blüten sind sitzend an einem (etwa 2 cm) lang ausgezogenen Fruchtknoten, wovon etwa 5 mm auf die ausgezogene Spitze treffen. Blüht Juni und Juli auf Mooswiesen, in grösserer Menge beisammen, doch selten. Kleinblütiges Knabenkraut, orchis ustulata. Stengel et- wa 18 cm hoch, wovon etwas über 3 cm auf die Traube treffen, fleischig, gegen die Traube zu leicht gerieft, mit wenigen (vier) schmal lanzettlichen scheidigen bogennervigen Blättern; die Traube mit kleinen blass purpurnen scharf spitzig auslaufenden Deckblättchen. Blüten sitzend, der (grüne) Fruchtknoten gedreht; die dreilappige Oberlippe (Kronenblätter) purpurn, die Unterlippe oder Honiglippe weiss, pur- purn gesprenkelt, aus zwei Seitenflügeln und dem grösseren in der Mitte gekerbten, eingeschnittenen Lappen; dieselbe ist ganz kurz ge- spornt. Die Traube blüht von unten nach oben auf und sind die noch nicht geöffneten Blütenknospen von gleichmässig dunkler, schwärz- lich purpurroter Färbung, fast wie verkohlt aussehend. Blütezeit Juni und Juli. Perennierend.. Am Rabenkopf, auf steiniger Almweide; ziemlich selten. — Wohlriechendes Knabenkraut, orchis odo- ratissima. Knollen handförmig zerteilt, mit langen fleischigen Faser- wurzeln. Stengel etwa 61 em hoch, wovon 16,5 em auf die Blütentraube treffen, bezw. 70 cm, wovon 18,5 em auf die Blütentraube treffen. Der Stengel ist krautig, gerieft, nicht hohl, und trägt scheidige halb stengelumfassende Blätter, deren ganze Länge 19 cm bei 2 em Breite beträgt. Die Traube ist aus vielen vierzeilig um den Stengel ange- ordnet sitzenden Blüten gebildet, welehe aus der Achsel eines 6 mm langen, 2 mm breiten spitz lanzettlichen Deckblättchens entspringen, Der auslaufende Blütensporn ist 17 mm, der Fruchtknoten 8 mm lang. Die Blütchen sehr wohlriechend, stark duftend wie Hyazinthen. Blütezeit Juni und Juli. Auf Moorwiesen ; hier etwa !/4 Stunde vor Brunnenbach an dem rechts gegen die Loisach absteigenden Seiten- wege; einige beisammen; selten; perennierend. — Siehe ferner die bei den Arzneipflanzen aufgeführten Arten. Blutwurz oder Tormentill, potentilla tormentilla s. tormentilla erecta (offieinalis). Wurzelstock rotbraun, innen weisslich, spindel- artig verdickt, holzig, ausdauernd, nur einige Oentimeter lang. Stengel am Grunde etwa 2 cm niederliegend, dann in einem Bogen aufwärts sich erhebend; derselbe ist samt den Blättern fein seidenhaarig. Blätter sitzend mit fünf tief gezähnten Fingerblättchen; die unteren grund- ständigen kleineren, meist gestielten Blättchen drei- bis fünfspaltig.: Blütenstiele in den Achseln der oberen Blätter mit einem gipfel- ständigen, vierblätterigen, gelben Blütchen. Blüht Juni und Juli auf dem Windpässl, im schattigen Bergwald. Der Wurzelstock wurde als leicht adstringierendes Mittel früher arzneilich verwendet und wird zu- weilen noch vom Landvolk (auch gegen Frauenkrankheiten) gebraucht. Der Name potentilla stammt von potens, mächtig, weil man dieser Pflanzengattung besondere Heilkräfte zuschrieb. — Kriechendes Fingerkraut, potentilla replans. Wurzelstock ausdauernd, dunkel rotbraun, faserig, auf dem Durchschnitt weisslich, niederliegend, geht in einen schlanken, kriechenden Stengel bis zu 116 em Länge (mass ich) aus, der in Absätzen sich knotig verdiekt, aus welcher Stelle dann nach oben Blätter und nach unten Wurzeln entspringen. Die Blätter lang gestielt, handförmig, stark gesägt. Blüten ebenfalls lang gestielt, vereinzelt, fünfzählig (fünf Kelch- und fünf Blumenblätter), von gelber Farbe, verkehrt herzförmig, mit eingekerbtem Rand, in einen Nagel 13 * — 1% — auslaufend; manchmal kommt auch ein doppelter Kelch, fünf äussere und fünf innere Kelchblätter, vor. An Waldrändern, Hecken, Bach- ufern; ziemlich verbreitet. Blüht Juli und August. — Frühlings- Fingerkraut, potentilla verna, perennierend. Stengel kurz, rasen- artig verzweigt, büschelig oder rasenbildend, indem zahlreiche kurze Stengel dicht beisammen aus demselben Wurzelstock entspringen, nebst. den Blattstielen von abstehenden Haaren rauh. Es zeigt den eigen- tümlich gedrungenen Bau der meisten Alpenpflanzen. Untere Blätter lang gestielt mit gezähnten Fiederblättchen, obere fast sitzend, kahl (mitunter von Seidenhaaren grau). Blüten in unregelmässiger, lockerer Traube am Ende des schwachen Stengels; Blumenblätter gelb, breit, länger als der Kelch. Kelch frei, doppelt, d. h. aus doppelt so vielen Abschnitten bestehend als Blumenblätter vorhanden, von denen die wechselständigen etwas tiefer gerückt und kleiner sind. Blumenblätter fünf, Staubgefässe zahlreich. Schliessfrüchte zahlreich, klein, einsamig, lederartig, stehend auf einem Fruchtboden, der sich schwach wölbt und etwas. schwammig, nie saftig und fleischig ist. Griffel seitlich am Fruchtknoten, abfallend. Auf hügeligen Wiesen und Bergweiden. Blüht April und Mai. Eine sehr veränderliche Art. „Die kleinen, goldgelben Blüten thun durch ihre Ähnlichkeit mit kleinen Röschen leicht kund, dass diese Pflanze und Pflanzengattung in die Familie der Rosengewächse gehört. Die fächerartig aus fünf, selten drei keil- förmigen (verkehrt eirunden) gezähnten Blättchen zusammengesetzten Blätter zeigen eben in ihrer Zusammensetzung den vorwaltenden Blätter- charakter der Familie, in welcher wir ausser den Erdbeeren, Himbeeren, Weissdorn, Ebereschen, auch Äpfel und Birnen zu suchen haben, deren Blüten wir bei näherer Vergleichung mit denen der wilden Rose sehr verwandt finden.“ Europäischer Sanikel, sanicula europaea, ein Dolden- gewächs, hier Scharnikl genannt. Vielfach abgesetzter, geringelter, un- regelmässig höckeriger Wurzelstock, die einzelnen Absätze mit zackigen, zahnähnlichen Fortsätzen versehen, perennierend. Grundständige Blätter an (10—17 cm) langen Stielen, 2—6, bez. 4, 5—8 em im Durchmesser, tief handförmig in fünf je dreiteilige Lappen geteilt, die Blattzähne in eine feine Spitze endigend. Stengel gerieft, 23—42 em und darüber lang, mit einem (seltener zwei) kleinen, dreiteiligen Blättchen mit eben- falls stachelspitz auslaufenden Zähnchen. Gipfelständige Dolde aus vier (drei bis fünf) Strahlen, jeder Strahl mit einem kleinen endstän- digen Blütenköpfehen. Die Blütchen zweigeschlechtig, häufiger nur männliche und kurz gestielt, die weiblichen sitzend; weiss mit rötlichem Anflug. Blüht Mai und Juni am Windpässl, auf der Kohlstatt, am Kesselberg, also im Bergwald. Die reifen Früchtchen ähneln kleinen Klettehen; ihre hakenförmigen Borsten verdecken die bleibenden Kelch- zähne. Die Wurzel wird vom Volk öfter, namentlich für Tiere (Kühe und Pferde) als adstringierendes Mittel, Hornvieh- oder Pferdepulver, angewendet. Von sano, ich heile, hat sie auch den Namen, schlecht- weg Heilkraut. Blaue Flockenblume oder Kornblume, centaurca eyanus, Gatt- ung Flockenblume, centaurea, Familie Korbblütler, unter dem Getreide, besonders auf Kornäckern (daher der Name), ein aufrechtes, verzweig- tes Sommergewächs, ein- bis zweijährig, grau behaart, nicht häufig, Juni und Juli blühend. Stengelblätter sitzend, lineal, ganzrandig, die unteren mitunter gezähnt oder fiederteilig und zur Blütezeit gewöhnlich bereits abgefallen. Die Blütenköpfchen, einzeln, endständig, an langen Stielen, haben trockenhäutige Hüllschuppen und sind die äusseren oder randständigen Blütchen gewöhnlich geschlechtslos und auffallend grösser, länger (mit schief trichterförmiger Krone und gespaltenem Saum, ohne Staubbeutel und ohne Narben, die innern mit mehr röhrenförmiger Krone) als die innern. Die Mittelblüten sind blaurot, die äussern schön himmelblau. Die Scheibenblüten haben fünf Staubgefässe, deren Beutel zu einer Röhre verwachsen sind, einen unterständigen Fruchtknoten und einen langen Griffel mit zwei Narben. Hüllblättchen oder Hüllschuppen angedrückt, mitunter in eine kleine Spitze auslaufend, schwarzbraun gerandet und fransig gesägt. Die auf dem spreuborstigen (mit Deck- blättehen zwischen den Blütchen versehenen) Frucht- oder Blütenboden sitzenden Schliessfrüchtehen sind mit einer kurzen Federkrone (von der Länge der Schliessfrüchtehen) versehen. „Bei der Kornblume ist der Griffel mit noch nicht getrennten Narben von der zuerst oben ge- schlossenen Staubbeutelröhre fest umgeben, während bereits die Staub- beutel sich Öffnen und den Blütenstaub nach innen entleeren. Wird nun auf die Staubfäden etwa durch den Rüssel eines Insekts ein Reiz ausgeübt, so krümmen sie sich nach aussen und ziehen hierdurch die Staubbeutelröhre nach unten. Infolge dessen wird der Griffel, wie der Stempel in einer Knallbüchse, in der Röhre nach vorn getrieben und stosst aus derselben den Blütenstaub hervor, welchen die Insekten an ihrem Haarkleide mit fortführen. Erst später weichen die Narben aus einander, um dann Blütenstaub von andern Blüten aufzunehmen.“ Berg-Kornblume, centaurea montana, perennierend, Mai und Juni are 2 blühend, im Wald und auf Waldwiesen, so im Pesenbacher Weidach. „Blätter grasgrün, spinnwebewollig behaart, länglich lanzettlich, unzer- teilt, mit den Rändern am Stengel herablaufend.“ Stengel kantig, gefurcht. Die randständigen Blüten prächtig dunkel himmelblau, und zwar sind die geschlechtslosen äusseren um fast das Doppelte länger wie die mehr violetten inneren (4 cm gegen 2 cm), eine stattliche luftige Krone bildend; die einzelnen geschlechtslosen Blüten sehen aus wie zerschlitzte Blumenblätter. Bärenlauch, allium ursinum, Gattung Lauch, Familie Liliengewächse, perennierend, in Bergwaldungen, an feuchten Stellen, vereinzelt auch in schattigen Gartenwiesen, an Gräben und Bächen, Mai und Juni blühend, ausserordentlich stark nach Knoblauch riechend. Den Stengel mass ich bis zu 43 cm Höhe, derselbe ist näckt und seiner ganzen Länge nach dreikantig. Die Blätter sind langgestielt, länglich lanzettlich, bogennervig. Perigon- oder Blütenblätter weiss, aus sechs vom Grunde an getrennten Teilen bestehend; sechs am Grunde derselben eingefügte gleiche Staubgefässe, kürzer als das Peri- gon. Die grundständige Dolde kapseltragend. Ich beobachtete nur Exemplare ohne (gewöhnlich zwei) Hüllblättchen. — Schnittlauch, allium schoenopräsum, perennierend, auf der Haustattalm, also gerade unter der eigentlichen Benediktenwand; in Gärten angebaut. Stengel bis 42 cm hoch, glatt. Grundständige, zum Teil den Stengel (als Hüllblatt) scheidig umfassende Blätter, welche röhrig oder hohl, stiel- rund, parallelnervig und pfriemlich auslaufend sind. Die längliche weisse Zwiebel steht auf einer kurzen wagrechten bräunlichen geringel- ten Grundachse, d. h. dieselbe ist etwa 1 cm lang, vor dem Ansatz an den Wurzelstock zuerst etwas abgebogen, dann gerade verlaufend. Von dem ebenfalls bräunlichen Wurzelstock gehen rück- und abwärts zahlreiche, ziemlich starke, gut nadeldiecke, weisse, bis 10 cm lange Zaserwurzeln büschelig ab. Blütezeit Juli und August. Nackter Blütenschaft. Sechs Staubgefässe, ein Stempel. Blütenhülle (Perigon) aus sechs blass purpurn, blumenartig gefärbten Blättern. Doldenartiges lilafarbiges Blütenköpfehen. Fruchtknoten oberständig, dreifächerig. Frucht eine dreifächerige vielsamige Kapsel, die fachteilig, d. h. so aufspringt, dass die drei Klappen in der Mitte die Scheidewand tragen. Wilder Lattich, /actuca scariola, Gattung Lattich, Familie Korbblütler, zweijährig, Juli bis September blühend; steifes aufrechtes Kraut mit kurzen sparrigen Zweigen. Stengel graugrün, mit 1 mm — 19 — langen weisslichen, ein dunkelrotes Köpfchen oder Pünktchen zeigenden am ganzen Stengel zerstreut verbreiteten borstenartigen Härchen. Blätter mehr oder weniger aufrecht, verkehrt eiförmig, sitzend, die oberen stengelumfassend, sämtliche scharf ungleich gezähnt. Blüten- köpfchen blassgelb zu drei bis sechs in pyramidenförmiger Rispe. Hüllehen bis ein wenig über 1 cm lang, aus wenigen dachziegelför- migen Blättehen bestehend, die äusseren breiter und kürzer. Schliess- früchtehen flach, verkehrt eirund bis langrund, gestreift, bläulich grau, schmal berandet, an der Spitze kurz borstig behaart, mit einem schlan- ken Schnabel mit feiner weisser seidenartiger Federkrone aus einfachen Haaren (wie ein Pinsel); Schnabel so lang als die Frucht. An Weg- rändern, Hügeln, und als Garten-Unkraut. Das Glaskraut, parietaria, kleines ästiges Kraut mit aus- dauerndem Wurzelstock, ein Nesselgewächs, Juli bis Oktober blühend, mit, den Brennesseln ähnlichen, kleinen blattachselständigen Blüten, gestielten, länglich eiförmigen ganzrandigen Blättern, an alten Mauern, Kirchen, — hat anfangs einwärts gekrümmte, innen quer runzelige Staubfäden, welche bei schwacher Berührung schon elastisch in die Höhe springen. Das scharf schmeckende Kraut wird mitunter zum Reinigen der Gläser benützt. „Diss kraut, Tag vnd nacht, S. Peters- kraut, wirdt im Latein Parietaria oder Muralis herba, vnd Helxine genandt, darumb das es gern bey den mauren, wenden, vnd zeunen wechst. Item Viiraria, das ist, Glasskraut, darumb das man mit diesem kraut die gläser hübsch vnd sauber machet. Man nennets auch Per- dieium, dann die Rebhühner essens gern. Hat einen zarten rötlechten oder braunen stengel. Die bletter haben an dem vmbkreiss keine kerffen, sindt härig vnd rauch. Seine blümlen erscheinen sehr klein vnnd purpurbraun. Der same ist schwartz, vnd gar klein, inn klei- nen rauhen scharpffen heusslen, die sich an die kleider hencken, be- waret. Die wurtzel ist rötlecht vnd zasecht.‘ Acker-Veilehen oder Feld-Stiefmütterchen, »zola arvensis, schlanke einjährige Pflanze, Mai und Juni weiss blühend, nicht riechend, auf Äckern; Zipfel der Nebenblätter und Blätter schmal. Es hat fünf, die Staubbeutel an der Innenseite tragende Staubgefässe, und einen keulenförmigen Griffel. Fruchtknoten einfächerig, mit zahlreichen Samen, die an der Mittellinie der drei Kapselklappen befestigt sind, in welche sich die reife Kapsel öffnet. Es ist eine Abart, und zwar die kleinblätterige wilde Varietät des veränderlichsten aller veränder- — 200 — lichen Veilchen, des dreifarbigen Veilchens, Stiefmütterchens, Dreifaltig- keitsbliimchens, wzola tricolor. Dieses ist charakterisiert durch einen verzweigten Stengel, grosse blattähnliche Nebenblätter, welche tief ge- teilt sind in mehrere langrunde Zipfel, von denen der endständige am grössten, breitesten, und am meisten abgestumpft ist, sowie durch den Griffel, welcher eine keulenförmige Gestalt hat, an der Spitze verdickt ist in eine kugelige schief abgestutzte, hakenähnliche Narbe. Blüten blau, weisslich, oder gelb, oder gemischt aus diesen drei Farben. Unterstes Blumenblatt am breitesten, meist am Grunde gelb. Es ist eine Lieblingspflanze der Blumenzüchter und blüht von Mai bis Oktober; ausser in Gärten besonders auf Äckern, wenn sie das Jahr zuvor brach gelegen haben. Darwin hat durch Versuche ermittelt, dass Hummeln zur Befruchtung des Stiefmütterchens oder pensce’s (viola tricolor) fast unentbehrlich sind, indem andere Bienen sich nie auf dieser Blume einfinden. Im Arzneibuch — das Kraut, herba, wird manchmal arzneilich verwendet — finden wir folgende Schilde- rung. „Das blühende Kraut des wild wachsenden Stiefmütterchens mit hohlem kantigem Stengel, welcher bis in die Mitte mit lang ge- stielten, breiten, am Rande ausgeschweiften Blättern besetzt ist; die oberen Blätter mehr gesägt, kürzer gestiel, die sehr ansehnlichen Nebenblätter leierförmig fiederspaltig, mit oft sehr grossen Endlappen. Die bis über 5 em langen, oben gekrümmten Blütenstiele tragen eine ungleich fünfblätterige, gespornte, fast lippenförmige Blume von blass- violetter oder mehr weisslichgelber Farbe.“ — Volkstümlich dient das Kraut mitunter zu einem „blutreinigenden“ Thee, dem Dreifaltigkeits- thee, daher auch der Name Theeveigerl. — Familie: Veilchengewächse. Die Garten-Stiefmütterchen (pensees) sind teils Varietäten von viola tricolor und lutea, teils Bastarde von beiden. Die Blume der kultivierten Sorten ist mit zwei (violett-gelb, gelb-weiss) oder drei (violett, gelb und gelblichweiss) von einander sich wirkungsvoll abhebenden Farben geschmückt, daher auch der Name Tag- und Nachtveilchen, sowie Dreifaltiskeitsblume. Das Wort Stiefmütterchen wird vom Volk in dem Sinne gedeutet, dass das prächtige gespornte Blumenblatt die Stiefmutter bezeichne, die zwei folgenden gleichfalls bunt gezeichneten die echten und die unscheinbarer gefärbten obersten Blätter die Stief- kinder andeuten. Im Polnischen findet sich eine etwas andere Version zur Erklärung der Blume und ihres Symbols, die um so mehr Be- achtung verdient, als sie auch auf die Stellung der Kelchblätter Rück- sicht nimmt und an poetischer Sinnigkeit der deutschen kaum nach- — 201 — steht. Das unterste und auffallendste Blütenblatt ist auf jeder Seite von einem Kelchblatt gestützt: die Stiefmutter sitzt in einem Lehn- stuhl. Die zwei folgenden noch farbig geschmückten Blumenblätter werden von je einem Kelehblatt gestreift: von den echten Kindern bekommt jedes seinen eigenen Sessel. Den zwei obersten und am schliehtesten gezeichneten Kronenblättern entspricht nur ein Kelch- zipfel, der in die Mitte zwischen beiden zu liegen kommt: die armen Stiefkinder müssen sich beide mit einem Sessel begnügen. Hermann Wagner (In die Natur! 1886) bringt eine Erweiterung dieser Deu- tung. Das prächtig gefärbte Blumenblatt, d. i. die Stiefmutter, wird zur Strafe nach abwärts gebracht. die bescheidenen Stiefkinder (oberen Kronblätter) kommen nach aufwärts. Hundsveigerl heissen kollektiv die Veilchen ohne Duft. Wohlriechendes Veilchen, wiola odorata,; ausdauernder Stock kurz, rauh und knotig durch die Überreste der alten Blattstiele und Nebenblättchen, lange kriechende Ausläufer treibend. Blätter in grundständiger Rosette breit herzförmig, an der Spitze abgerundet und gekerbt, flaumig oder kurz behaart. Blattstiele verlängern sich später. Nebenblätter schmal lanzettlich, ganzrandig. Blumen nickend, rötlich blau, angenehm duftend. Narbe schief scheibenförmig. Es ist unser beliebtes Märzenveilchen, besonders an Hecken und Wiesenrändern, auf Grasplätzen, an Mauern vorkommend, im März und April blühend. Die kleinen blumenblattlosen Blüten (also eine zweite Form der Blüten), welche die Fruchtkapseln (Fruchtknoten einfächerig, mit zahlreichen Samen, Samenleisten wandständig) erzeugen, erscheinen im Sommer. — Das behaarte Veilchen, viola hirta, blüht blau im März, be- sonders auf Wiesenhängen, riecht nicht, hat keine Ausläufer, stärkere Behaarung aller Teile und geruchlose Blüten. Kapsel weichhaarig. — Moor-Veilchen, riola uliginosa, neben Gräben auf den Moorwiesen, perennierend, blüht blau und auch weiss, riecht nicht. Blütezeit März und April. — Sumpf-Veilchen, wola palustris, auf den Moos- wiesen, blüht blau im März; die blumenblattlosen aber Samen erzeugen- den Blüten erscheinen im Sommer. Von den fünf ungleich ausgebil- deten Blumenblättern ist das unpaarige Blumenblatt nach unten ge- stellt und gespornt, die paarigen, und namentlich die beiden oberen» sind zurückgeschlagen. — Zweiblütiges Veilchen, vwiola biflora- Stengel aufsteigend, etwa 12 em lang, kahl; zwei nierenförmige gekerbte Blätter; die sehr kleinen in eine Spitze endigenden Nebenblättchen ganzrandig. Die mehr oder weniger etwa bis zur Hälfte gestrichelten — 1202 — jedoch nicht alle — Blüten sind schön zitronengelb. Selten; auf ‚ der Benediktenwand, partienweise; perennierend, Juni und Juli blühend. Betäubender Kälberkropf, chaerophyllum temulum, auf- rechtes zweijähriges Kraut. Stengel schmutzig rot gefleckt, fein ge- rieft, rauh von kurzen rückwärts gerichteten Haaren. Blätter zwei- bis dreifach gefiedert. Blüht Mai und Juni. Dolden klein; Blumen- blätter weiss, die äusseren ansehnlich grösser als die inneren. Kelch regelmässig, glockig. Frucht mit fünf stumpfen Rippen, zwischen welchen sich Striemen befinden. Die verdickte Spitze der Frucht- knoten bei oberständigen Blüten — wie es hier der Fall ist — nennt man eine oberständige Scheibe. Im Wald, in Gebüschen. Gilt für siftig. Meisterwurz, imperatoria s. peucedänum ostruthium, eben- falls ein Doldengewächs, im Wald, auf Bergwiesen. Juli und August blühend; Blumenblätter weiss. Wurzelstock ausdauernd, fleischig, ge- würzhaft. Wegen ihres Gehaltes an ätherischem Öl wurde die Wurzel früher arzneilich und wird manchmal jetzt noch als Räuchermittel ver- wendet. „Diese Wurzel hat eine Kraft über alle Kräuter und deshalb heisst sie Meisterwurz.“ Wechselblätterige Goldmilz, chrysosplenium _altern- ‚foltum, perennierend, herdenweise an feuchten schattigen Plätzen, in Garten-Wiesen, April bis Juni blühend. Da sie an feuchten, oft von Kröten bewohnten Orten wächst, wird sie auch Krotenkraut und Krotenblume genannt. Blätter wechselständig, nierenförmig, die oberen gelbgrün gefärbt. Blüten klein, sitzend, in kleinen gedrängten end- ständigen Schirmtrauben — es sind Kelchblätter, die Blumenblätter fehlen —, umgeben von Blättern, welche den Stengelblättern ähneln, aber kleiner, sitzend und goldgelb sind. Stengel dreikantig. Auf dem ganz ebenen fast viereckigen Fruchtboden umstehen acht kurze Staub- gefässe die zwei Pistille. Ich mass im April den Stengel des jungen Pflänzchens zu 4 em und die zarte rübenähnliche Wurzel zu 4,5 cm Länge. — Familie: Steinbrechgewächse. Gemeine Hanfnessel oder Hohlzahn, yaleopsis teträhit, ein- jähriges, aufrechtes oder schwach niederliegendes (Sommer-) Gewächs ; im Wald, in Schlägen, wo das Holz frisch abgehauen ist. Blüht Juni und Juli. Blüten zahlreich in dichten Wirteln in den Achseln der oberen Blätter, rosa. Oberlippe aufrecht, gewölbt, ganzrandig oder schwach eingekerbt; Unterlippe ausgebreitet, dreilappig, beiderseits am Grunde mit einem spitzen hohlen Zahne und mit gelbem rot gefleckten aus, — Hofe. Blätter gestielt, länglich eirund, zugespitzt und grob gezähnt. Eine veränderliche Art. — Familie: Lippenblütler. Feld-Bergminze, calamıntha acinos, einjährig bis peren- nierend. Blätter gestielt, klein, schmal eirund, zugespitzt, schwach gezähnt. Blüht Juni und Juli; Blüten lila, zu sechs in achselständi- gen Wirteln, ohne Deckblätter. Kelch stark gerippt, an der Unter- seite bauchig erweitert, an der Mündung durch die anliegenden Eck- zähne geschlossen. Auf Berghängen, moosigem Wiesboden. — Wirbel- dost, calamintha clinopodium s. celinopodium vulgare, perennierend. Wurzelstock kurz kriechend, Blüten purpurrot, zahlreich in kurzen dichten Trauben, welche in den Achseln der oberen Blätter geschlossene Wirtel oder Köpfe bilden, von pfriemenartig zugespitzten behaarten Deckblättern umgeben. Blüht Juni und Juli. An Waldrändern und Mooswiesen. Gemeine Katzenminze, nepeta cataria, perennierend. Blät- ter eiförmig bis herzförmig, spitz, unterseits graufilzig. Blüten in diehten Wirteln, eine langrunde Ähre am Ende der Zweige bildend, meist ein bis zwei Büschel etwas tiefer stehend. Blumenkrone weiss, klein, wohlriechend, Unterlippe purpurrot punktiert. Nüsschen glatt und kahl. Blüht Juni und Juli auf Äckern, Schutthaufen und an Zäunen. — Familie: Lippenblütler. Gemeine Akelei (Agley), aqutlegia vulgaris, ein Hahnenfuss- gewächs, perennierend, auf Mooswiesen und besonders am Strassberg, längs eines Wiesengräbehens massenhaft, dann auch im lichten Wald. Blüht Mai und Juni. Blüte ziemlich gross, glockenförmig, langröhrig, hängend, blau, lila. „Während in den Blüten der Balsaminen (im- patiens) nur eines der fünf Kronenblätter mit einem honigführenden Sporne versehen ist, ist in jenen der Akelei jedes derselben in einen Sporn ausgezogen, welcher in seinem kolbenförmig verdickten Ende Honig entwickelt.“ Akelei, von @x7, «xig, Spitze, Stachel, weil die fünf Schoten dieser Pflanze spitzig und gleich Vogelklauen ge- krümmt sind. Arzneiliche Riugelblume oder Totenblume, calendula offieinalis, eine Komposite, eigentümlich stark duftendes Kraut, ein- jährig; blüht Juli bis September auf Mooswiesen, auf Gräbern, in Gärten. Ziemlich grosse orange- oder dottergelbe Blütenköpfchen. Blätter verkehrt eiförmig, länglich, vorn verbreitert, entfernt und klein gezähnt, weichhaarig. Die Schliessfrüchtehen sind „gantz krumb wie — 204 — ein Ring zusammengebogen.“ Da sie kahnförmig, vergleichbar den Rippen einer vermoderten Leiche, im Fruchtkopf durch einander liegen, wurde Calendula zur Toten- und Trauerblume und findet sich als solche überall auf ländlichen Gräbern. Kopfblütiger Erdbeerspinat, blitum capitatum, zweijährig, auf Bergwiesen, Blätter lang gestielt, gezähnt, dreieckig, blüht rot, in Knäueln, welche endständige blattlose Ähren bilden. Blütezeit Mai bis Juli. Früchte dunkelrot, erdbeerähnlich. Familie: Gänsefussgewächse. Gefleckter Aronstab, Zehrwurz, arum maculatum, peren- nierend, auf Waldwiesen bei Öbersteinbach. Wurzelstock knollig, aussen schwarz, innen weiss, scharf giftig, blasenziehend. Blätter an langen grundständigen Stielen, eirund pfeilförmig, d. h. mit grossen zugespitzten nach abwärts gerichteten Lappen des Blattgrundes, nicht gefleckt. Blütezeit März bis Mai. Die einhäusigen grünlich weissen Blüten sind dicht um die fleischige Spindel, Kolben, gestellt. Stempel- blüten am Grunde der Ähre, Staubgefässblüten über denselben; die Blüten von einer tutenförmigen oder schief glockenförmigen Scheide umhüllt; die keulenförmig verdickte Spitze des Kolbens nackt, gelb- lich, rötlich gelb. Die scharlachroten Beeren erscheinen im September und Oktober in kurzer Ähre an nackter Spindel, weil Blätter und Scheide vor der Fruchtreife absterben. Die Frucht ist eine einsamige Beere, der Samen von Erbsengrösse mit einer hart lederartigen Schale und mehligem Eiweiss. Der stärkemehlhaltige Wurzelstock liefert ge- trocknet ein essbares Mehl, den sogenannten Portlandsago. „Alle Aroideen haben einen widerlichen Duft, der an Aas, fau- lenden Harn und dergleichen erinnert, aber gerade dadurch zahlreiche auf Kadavern und anderen faulenden Stoffen lebende Tiere herbei- lockt. Diese Tiere setzen sich auf das aus der Tüte emporragende Ende des Blütenkolbens und klettern von da abwärts in die kessel- förmige Erweiterung, wo sie einen warmen Unterstand und überdies an den dünnwandigen und saftreichen, den Kessel im Innern aus- kleidenden Zellen auch Nahrung finden. Dort, wo die Blütenscheide verengert ist, gehen ringsum vom Kolben steife Borsten aus, welche eine Art Reuse darstellen. Da die Spitzen der meisten Borsten nach abwärts gekrümmt sind, so gestattet diese Reuse den Insekten, in den warmen Kessel hinabzuklettern, versperrt ihnen aber den Rückweg. Erst nach einigen Tagen, wenn einmal der aus den Antheren hervor- gequollene Pollen jene Region des Zapfens bedeckt, welche die Pollen- — 2065 — blüten trägt, und wenn es unvermeidlich geworden ist, dass Insekten, welche über den Kolben emporklettern, sich mit den ihnen in den Weg gelegten Pollen behaften, um ihn weiterhin zu anderen jüngeren Blüten zu bringen, erst dann erschlaffen die Borsten der Reuse, die Einschnürung der Blütenscheide lockert und erweitert sich, und nun können die Gefangenen ihren zeitweiligen Unterstand wieder verlassen. Bei dem arıım conocephaloides sind zwei Reusen vorhanden, eine untere und eine obere. Die Borsten der oberen Reuse erschlaffen später als jene der unteren, und ‚wenn die aus dem unteren Stock- werke des Kessels dem Ausgange zu wandernden Mücken nach dem Erschlaffen der unteren Reuse in das obere Stockwerk kommen, wer- den sie dort eine Zeit lang durch die noch starre obere Reuse aufge- halten, tummeln sich hier in der Region der Pollenblüten herum und beladen sich unvermeidlich mit Pollen. Erst wenn das geschehen ist, erschlafft auch die obere Reuse, und die Mücken können nun unbe- hindert entweichen. Es ist erstaunlich, wie viele und wie vielerlei In- sekten in den Aroideenblüten einen Unterstand suchen und finden. Die kleineren Aroideen, so z. B. das in den mitteleuropäischen Laub- wäldern verbreitete arım macnlatum werden vorzüglich von kleinen Mücken oder Schnacken (Familie fipulidae), namentlich von psychoda phalaenoides (mit bräunlich hellgrauem Körper; Flügel spitz, die spitzen Hälften beiderseits mit dunklen Randpunkten; Körper und Flügel lang behaart und kleinern Nachtfaltern ähnlich; dreht sich schnell im Kreise herum) aufgesucht, und es ist keine Seltenheit, dass man in einem einzigen Kessel mehrere hunderte dieser Tiere findet. In dem Kessel der Blütenscheide des im Wiener botanischen Grarten gepflanzten arum conocephaloides hatten sich drei Arten kleiner schwarzer Mücken aus der Gattung ceratopögon (Bart- oder Kriebel- mücken, Gnitzen ; sie gehören zu den kleinsten Mücken und nähern sich durch ihre buckelige Körpertracht schon mehr den Fliegen; sie haben eine dolchartig zugespitzte Oberlippe und einen zum Stechen eingerichteten Rüssel) eingefunden, und zwar in so grosser Menge, dass beim künstlichen Öffnen einer der Blütenscheiden ein ganzer Schwarm ausflog. In einer zweiten Blütenscheide desselben Aron- stabes, welche in Alkohol versenkt und nachträglich geöffnet worden war, fanden sich nahezu tausend solcher Mücken eingesperrt! Im Grunde der Blütenscheide des italienischen Aronstabes fand man gleich- falls Fliegen, und zwar bis zu 16 verschiedenen Arten in einem und demselben Kessel, vorzüglich aus den Gattungen chironömus, Zuck- — 206 — mücke; sciara, Trauermücke (so genannt wegen ihrer dunkeln Flügel; schwarzer Hinterleib mit gelber Seitenstrieme), limosina und psychoda.“ Der Aronstab trägt, wie angegeben, im Frühling am Blütenschaft männliche und weibliche Ähren und Nektarien; der Bauer erblickt darin, je nachdem diese Ähren grösser oder kleiner sind, günstige oder ungünstige Vorzeichen für «die Ernte. Die männliche Ähre bedeutet das Korn, die weibliche das Heu, und die Honiggefässe den Wein; daher heisst die Pflanze auch Zeigkraut. In Schwaben geht die Sage, dass Josua und Kaleb, als sie in das gelobte Land zogen, den Stab des Aron mitnahmen und auf demselben die grosse Weintraube aus Kanaan trugen. Nachdem sie diese abgeladen hatten, steckten sie den Stab in die Erde, und wo er gesteckt war, wuchs das Arum, welches bis jetzt als Abbild des Früchtesegens gilt, von welchem Josua und Kaleb erzählten. (Perger.) Acker-Skabiose, scabiosa arvensis (Gattung Knopfblume, scabiosa, Familie Kardengewächse, dipsacaceae s. dipsaceae), peren- nierend, auf Wiesen und an Feldrändern, Rainen, in offenen Wald- ungen, eine veränderliche Art; blüht Juni bis Oktober. Blüten- köpfe ziemlich gross, lila, an langen Stielen. — Wiesen-Skabiose, _Wiesen-Teufelsabbiss, scabiosa succisa, mit kugeligen, blauen Blüten- köpfehen. — Tauben-Skabiose, scabiosa columbaria, blau blühend und vorkommend wie die vorigen Arten. „Unterste Stengelblätter leier- förmig mit verkehrt eirundem oder langrundem Endblättchen, obere schmal fiederteilig.“ — Die Köpfchen sind bei den Skabiosen an ihrem Grunde mit einer Hülle (Aussenkelch oder Hüllkelch, also einem zweiten Kelch, indem die Deckblätter oder Brakteen in einen Quirl gestellt eine dem Kelch genäherte Hülle bilden) versehen und erscheinen durch Vergrösserung der äusseren Blütchen gestrahlt, so dass sie durch beides den Übergang zu jener Form des Blütenstandes bilden, welche als Blütenkörbehen bezeichnet wird. — „Die wurtzel des Teuftelsabbiss hat zaseln, vnnd ein schwartzlechte farb wie die Niesswurtz: das dickste teyl oder mittelwurtz ist gestümpfft, als were sie abgebissen, daher das abergläubige gemeine volck sagt, das der Teuffel diese vilnutzbar vnd heylsame wurtzel dem menschen nicht vergünne, darumb beisse er sie in der erden ab, das sie jre volkommene krafft nicht haben mag.“ Feld-Gauchheil, Faullieschen, Schäfer’s Wetterglas (weil sich seine Blüten bei heraunahendem Regen schliessen), anagallis arvensis, eine Primulacee, zerstreutes Unkraut auf Getreidefeldern, feuchten Wiesen, Schutthäufen, unbebauten Plätzen; einjähriges, ziemlich stark — 207 — verzweigtes, niederliegendes, zierliches Pflänzchen; gegenständige, breit eirunde, sitzende, ganzrandige Blätter; Blütchen zinnoberrot, sternförmig, vier Blättehen; Juni bis Oktober blühend. Gemeiner Rainfarn, /anacetum vulgare, ein Korbblütler. Wurzelstock kriechend, perennierend. Blüht Juli und August. Blüten- köpfehen zahlreich, halbkugelig, goldgelb, eine grosse, flache Schirm- traube bildend. Auf Feldrainen, an Wegrändern. Kräftiges, aufrechtes Kraut mit stark aromatischem, bitterlichem Geschmack, welches ehedem in der Heilkunde verwendet wurde. Blätter ansehnlich gross, fieder- teilig, mit langrund-linealischen, fiederteiligen oder gezähnten Fiedern. Reinfarn wechst gern auff allten rechen, hohen gräben, vnd auff den reinen der wisen, darumb nennet mans Reinfarn. (rech — riech, rauh, trocken.) ü Ackerwinde, convolvulus arvensis, perennierend; auf Feldern, Wiesen, an Mauern vorkommendes Unkraut. Ganze Pflanze kahl; Wurzelstock dünn, in der Erde weit hin kriechend. Blätter gestielt, eirund pfeilförmig, die Zipfel am Grunde ausgespreizt, zugespitzt oder eckig. („Sind die Lappen des Blattgrundes etwas zugespitzt, so heisst das Blatt geöhrt; sind sie grösser und schärfer zugespitzt, die Lappen dabei abwärts gerichtet, so wird es pfeilförmig, spreizen sich die Lappen beiderseits unter starken Winkeln ab, so wird es spiessförmig oder spontonförmig. Blattohren nennt man vorzugsweise die Grundlappen der sitzenden und stengelumfassenden Blätter.“) Blütenstiele achsel- ständig, ein- bis zweiblütig, mit zwei kleinen Vorblättern am Blüten- stiel in einiger Entfernung von der Blüte. (Vorblätter der Blüte werden die am Blütenstiel selbst paarweise stehenden Deckblättchen genannt.) Kelchblätter klein und breit. Blumenkrone weiss mit rosa. Blüht Juni bis Oktober. Kapsel durch eine dünne Scheidewand in zwei Fächer geteilt. — Familie: Windengewächse, convolvulaceae. Gemeiner oder stengelumfassender Knotenfuss, streplöpus amplexifolius, ein Liliengewächs, perennierend, einzeln in Bergwäldern, Juni und Juli glockig blühend. „Blätter abwechselnd, eirund, gefurcht, zugespitzt, stengelumfassend. Blüten unter den Blättern, diesen gegen- über; Blütenstiele abstehend, in der Mitte im Knie abwärts gebogen. Blüten sechsteilig, innen weiss, etwas rötlich, die Lappen am Grunde mit einer Honiggrube; an der Spitze zurückgebogen, die drei inneren rinnig gefaltet. Staubbeutel herzförmig.“ Frucht eine rote Beere. Vielblütige Weisswurz, polygonältum multiflöorum, ebenfalls ein Liliengewächs, perennierend, im Wald und unter Stauden. Blüht Mai und Juni. „Stengel bis über !/g m hoch, aufrecht oder nach einer Seite im Bogen geneigt. Blätter wechselständig, eirund oder langrund, nach einer Seite gewendet. Blüten zu zwei bis acht beisammen, an kurzen, verzweigten Stielen, gewöhnlich an der den Blättern gegenüber- gesetzten unteren Seite des Stengels hängend. Blütenhülle weiss mit grünen Spitzen. Staubfäden und Griffel behaart, mit der Blütenhülle verbunden. Beere dunkelblau, selten rot.“ — Wirtelblättrige Weisswurz, polygonätum vertieillatum s. convallaria vertieillata, perennierend. Blätter zahlreich, schmal lanzettlich, in Wirteln; die untere Stengelhälfte weist drei, die obere vier wirtelständige Blätter auf, die unteren Blätter 13 mm breit, 10,4 em lang, die obersten den Gipfel abschliessenden 8 mm breit, 7 cm lang; an der helleren unteren Seite sind die .Blätter deutlich parallelnervig. Perigon- oder Blüten- hüllblätter weiss mit grüner Spitze, ich mass sie zu 8 mm Länge, die einzelnen Blütenstielehen zu 2-3 mm, den gemeinsamen je zwei Blüt- chen tragenden Blütenstiel zu 1,5 em Länge. Die hängenden, röhren- förmigen, kurz sechsspaltigen Blütchen sind gewöhnlich zu mehreren in jeder Blattachsel. Blütezeit Mai und Juni; im Wald, so im Riederer Weidach, am Strassberg. Beeren im August, rot. Gemeine Brunelle, prunella vulgaris, ein Lippenblütler, perennierend, auf Wiesen, an Wegen und Waldrändern. „Stengel niederliegend oder kriechend. Blätter gestielt, eirund, ganzrandig, selten fiederspaltig. Blütenähre am Grunde von zwei Blättern begleitet. Ober- lippe des Kelches mit drei gestutzten, stachelspitzigen Zähnen, Unter- lippe zweispaltig, mit zwei eiförmig lanzettlichen, stachelspitzigen Zähnen. Blüten blau, violett (selten weiss), in der Grösse veränderlich. Die beiden längeren Staubgefässe an der Spitze mit einem dornförmigen Zahne.“ Blüht Juli und August. Gemeines Schildkraut oder Helmkraut, sceutellaria galerieu- lata, Lippenblütler, auf feuchten Wiesen, an Teichufern, perennierend, blüht Juli und August. Blumenkrone langröhrig, blau oder hell violett; Unterlippe weiss, blau punktiert. Die Öberlippe trägt auf ihrem Rücken ein hohles, schuppenförmiges Schildchen. Kümmelblättrige oder Kümmel-Silge, selinum carvifolia, perennierend, im Wald und Gebüsch, Juli und August blühend. Stengel gefurcht und scharfkantig. Untere Blätter dreifach gefiedert; Fieder- blättchen tief fiederspaltig, mit weissen Stachelspitzchen. Döldchen mit zahlreichen Strahlen, etwas gewölbt. Blumenblätter weiss, verkehrt ei- — 209 — förmig, ausgerandet, mit einwärts gebogenem Läppchen. („Die Blatt- spitze oder das obere Blattende ist ausgerandet oder eingekerbt, wenn das Ende an der Mittelrippe deutlich eingeschnitten ist; verkehrt herz- förmig, wenn das Blatt dadurch einem Herzen ähnlich, das an der Spitze befestigt ist.“) Frucht eiförmig; Teilfrüchtchen. Ein Doldengewächs. Gemeiner Besenstrauch, sarothamnus scoparius s. spartium scoparium, ein Schmetterlingsblütler; in Gebüschen, auf Wiesen. „Auf gutem Boden bis zu 3m hoher Strauch und dann selbst einen echten Stamm bildend, mit zahlreichen langen, steif aufrechten, scharfkantigen, grünen Zweigen, die nur wenige Blätter tragen und samt diesen in der Jugend seidenhaarig sind. Untere Blätter kurz gestielt, mit drei kleinen, verkehrt eirunden Blättchen, die oberen sitzend, oft nur mit einem Blättchen. Blüten gross, leuchtend gelb, einzeln oder paarweise an dünnen Stielen, in den Blattachseln, bilden eine beblätterte Traube an den oberen Zweigen. Blumenblätter sämtlich breit und gross. Die Fahne breit rundlich, das Schiffehen beim Verblühen oft niedergebogen. (Die gelben Blüten spenden ihren köstlichen Akazienduft nur zur Zeit, wenn die Sonne hoch am Himmel steht und die Falter, Bienen und Hummeln durch die warme Luft schwirren. Abends ist an ihnen keine Spur des Duftes wahrzunehmen. Dasselbe gilt von dem Sumpf-Herz- blatt, das nur im warmen Sonnenschein nach Honig duftet und abends duftlos wird.) Hülse 3—4 em lang, flach, schwarz, an den verdickten Rändern behaart, an den Seiten kahl. Griffel sehr lang, in einer Spirale zurückgekrümmt. Samen zahlreich.“ Blüht Mai und Juni; auf ‘ Heiden und in Gebüschen. Kommt auch vor mit sehr grossen, gefüll- ten und weissen Blüten. Die langen Äste werden zu Besen verwendet. — Der Besenstrauch ist also nicht vollständig blattlos, sondern es ent- wickeln sich an den langen Reisern vereinzelte grüne, lanzettliche Blättehen. Diese sind aber so untergeordnet, dass ihr grünes Gewebe nur zum kleinsten Teile die für den weiteren Zuwachs der Pflanze not- wendige organische Substanz bilden könnte, und es kommt diese Auf- gabe vorwiegend der Rinde der rutenförmigen Zweige zu. Diese Rinde ist dem entsprechend auch ganz eigentümlich gebaut. Unter der Haut, deren Zellen nach aussen zu sehr diekwandig und überdies mit Wachs überzogen sind, befindet sich das grüne, transpirierende Gewebe oder Chlorenchym, welches aus 5—7 Reihen von Zellen besteht. Dieses grüne Gewebe bildet keinen zusammenhängenden Mantel rings um den ganzen Stengel, sondern wird durch strahlenförmige, aus Hartbast ge- bildete Leisten in 10—15 dicke Streifen geteilt. Unter der aus grünem Daffner, Voralpenpflanzen. 14 Gewebe und der eingeschalteten Bastleiste gebildeten Rinde folgen dann Weichbast, Kambium, Holz und ein mächtiges Mark. Beachtenswert ist, dass in den grünen Streifen der Rinde des Besenstrauches die mit Chlorophyll erfüllten grünen Zellen des Chlorenchyms eng aneinander schliessen, und dass sich nur sehr schmale Luftgänge zwischen ihnen verzweigen, dass es also hier zur Bildung eines von weiten Kanälen und Gängen durchsetzten Schwammparenchyms nicht gekommen ist. Dagegen finden ‘sich, gewissermassen als ein Ersatz für diese weiten, verzweigten Kanäle, und zwar dort, wo das grüne Gewebe an die Haut angrenzt, grosse Höhlen, und über jeder dieser Höhlen ist in der Haut eine Spaltöffnung zu sehen, durch welche der von den grünen Zellen zunächst in diese Höhlen abgegebene Wasserdampf entweichen kann. Die Spaltöffnungen sind verhältnismässig klein, aber ihre Zahl ist eine sehr grosse. Da die Schliesszellen der Spaltöffnungen nach aussen nicht so stark verdiekt sind wie die andern Hautzellen, so erscheinen die Spaltöffnungen etwas eingesenkt. Dadurch und auch infolge des Wachsüberzuges der Hautzellen sind sie gegen Benetzung geschützt. An jenen Stellen der rutenförmigen Zweige, wo die Haut sich über eine Leiste aus Hartbast zieht, fehlen die Spaltöffnungen. Kerner, Gemeine Nachtkerze, auch Nachtlicht genannt, oenothera biennis, zweijährig, bis über 2 m hohes Kraut, in Höfen, Gärten, an Mauern, auf steinigem Boden. Stengel ziemlich stark verzweigt, flaumig behaart (flaumhaarig oder weichhaarig nennt man die Oberfläche eines Pflanzenteiles, wenn die Haare kurz, dünn und weich sind, dabei so verteilt, dass sie die Oberfläche nicht völlig verdecken; filzig, wenn be- deckt mit niederliegenden, oft verzweigten, jedoch weichen Haaren, welche einen dicht verwebten Ueberzug bilden; wollig, wenn bedeckt mit Jangen, weichen, abstehenden Haaren; seidenhaarig, wenn die niederliegenden Haare zugleich glänzend sind; zottig, wenn bedeckt mit langen, abstehenden Haaren, die so dicht gestellt sind, dass sie die Oberfläche verdeeken; borstig, wenn sie bedeckt mit steifen, geraden, starren Haaren; gewimpert, wenn der Rand mit starken Haaren be- setzt ist, wie beim Sonnentau;) gefurcht, nicht hohl, doch starr und spröde, leicht brüchig. („Glatt ist die Oberfläche eines Pflanzenteiles, wenn sich auf ihr keinerlei Auswuchs und Unebenheit befindet; kahl, wenn sie ohne jegliche Behaarung ist; gestreift, wenn sie gezeichnet ist mit gleichlaufenden Längslinien, die entweder nur einfach erhaben oder zugleich verschieden gefärbt sind; gefurcht oder gerippt,' wenn die gleichlaufenden Linien hohlkehlig und deutlich erhaben sind; runzelig, — 21l — wenn gefurcht mit winkeligen oder‘unregelmässigen Erhebungen und Vertiefungen.“) Derselbe sieht wie punktiert aus und fühlt sich rauh an infolge der kleinen, dunkelroten Knötchen, auf welchen längere Härchen stehen; dieselben Knötchen sind auch auf der Aussenseite der schmalen, lang zugespitzien Kelchblätter. Blätter wechselständig, schmal eirund, lanzettlich (die unteren — gleich den übrigen — in den Blattstiel verlaufenden, fast sitzenden, mass ich zu 20,5 em Länge bei 5,5 cm Breite; die mittleren zu 10,5 em Länge bei 4,5 cm Breite; die obersten als die jüngsten hatten eine Länge von 22, eine Breite von 10 mm), schwach gezähnt, allenthalben, auch am Rande, flaumig behaart. Die vier langen, schmalen, zugespitzten, grünlichen Kelch- blätter, von denen je ein Paar fast immer noch in der Mitte leicht zusammenhängend, verwachsen erscheint, sind nach dem Entfalten der Blüte ganz nach abwärts, gegen den Stengel zurückgeschlagen, wie ein spitzer Flügel oder langer Zipfel herunterhängend; ich mass ihre Länge bis nahezu 5 em, wovon 1 em auf die Spitze traf, ihre Breite am Grunde oder Ansatz war 6 mm. Die (oberständigen) Blüten, gross, gelb, wohlriechend, am Grunde leicht mit einander verwachsen, zahl- reich in den Blattachseln, öffnen sich besonders des Abends, daher der Name. Vier gefurchte, sehr zarte und empfindliche Blumenblätter — Länge und grösste Breite etwas über 4 cm —, acht freie, am Grunde mit der Blumenröhre verwachsene Staubgefässe (21 mm lang) mit sehr schief, fast senkrecht aufsitzenden, angehefteten oder ansitzenden (13 mm langen) gelben, fadenförmigen Staubbeuteln ; ein Stempel (36 mm lang) mit vierlappiger (die Läppchen gegen 7 mm lang) Narbe. Kapsel langrund, über viermal länger als dick (6—7 mm Dicken-, 28 bis 30 mm Längendurchmesser), gefurcht, hellbräunlich; Samen zahl- los, ohne Haarbüschel. „Die untersten Blätter des ersten Jahres sind langrund oder länglich verkehrt-eiförmig, stumpf, mit einem Spitzchen.“ Blütezeit Juli bis Oktober. Das grösste, hart an einer Haus-Mauer, gegen Osten, gestandene Exemplar, das ich (Mitte Oktober 1890) ge- sehen und gemessen, war folgendes. Der vom Stengel durch eine leichte Anschwellung deutlich unterscheidbare, hell gelbbräunliche Wurzelstock, eine Pfahlwurzel, mass 12 em, und sowohl an seinem Ende wie an den Seiten waren ziemlich starke Wurzelfasern. Der Stengel selbst war 233 cm lang. Der obere Teil des Stengels, welcher die Knospen, Blüten und Kapseln trug, die eigentliche endständige Fortsetzung des Hauptstammes, von welcher an kein Seitenzweig mehr abging, hatte eine Länge von 94 cm; die letzte Abzweigung fand so- 14% — 2123 — nach in einer Stengelhöhe von 139 em statt; es waren gegen 20 Äste, welche alle, die einen mehr, die andern weniger, Blüten oder Knospen oder Kapseln hatten. An dieser oberen Stengelpartie, dem Haupt- stengel, fanden sich, von unten an gerechnet, 40 Kapseln, welche bald mehr, bald weniger grün oder bräunlich, spröde, zum grossen Teil be- reits aufgesprungen, oben in vier Zipfel auseinander gegangen waren und die kleinen, dunkelbraunen Samenkörner entleert hatten; dann kamen 40 grüne, und zwar, entsprechend dem Alter, von unten nach aufwärts immer weniger reife, gefurchte Längskapseln mit unreifen, weissen, wandständigen Samen. Hierauf folgten drei gelbe Blüten (von denen eine bereits im Verwelken begriffen) und auf diese kamen sechs Knospen, von welchen bei den zwei unteren die zusammengefaltete gelbe Blüte deutlich in einer Längsspalte hervortrat, während die oberen vier noch ganz geschlossen waren und grünlich gefaltete Blumenblätter zeigten. Den Schluss bildete ein Dutzend dicht um den Gipfel ge- stellter und gegen die Spitze zu an Grösse, bez. Entwicklung immer mehr abnehmender Blütenknospen. Sonach im ganzen 101 Kapseln, Blüten und Knospen am Hauptstengel, sämtliche ausnahmslos blatt- achselständig. — Wegen der zuckerhaltigen, geniessbaren, gleich der Sellerie zum Salat verwendeten fleischigen Wurzel wird die Nachtkerze zuweilen auch in Gemüsegärten, als Gemüsepflanze, unter dem Namen Rapontika gepflegt. „Eine ursprünglich nordamerikanische Pflanze, seit 1614 von Virginien nach Europa übergeführt.“ Gemeine Aster oder Virgil’s Sternblume, aster amellus, perennierend, Stengel bis 170 em Höhe. Blätter sitzend, mit feinem Spitzehen, an der Oberfläche und am Rande mit sehr kurzen, steifen Härchen besetzt, sodass, wenn man am Rande herab oder von der Spitze gegen die Basis fährt, das Blatt sich ganz rauh anfühlt; die deutlicher netzaderige untere Fläche erscheint etwas heller und kahl. Die oberen Blätter sind ganzrandig, länglich lanzettlich, etwa 6,5 em lang und etwas über 1,5 em breit; die unteren langrund, etwa 12 cm lang und 3 cm breit, sehr schwach und unregelmässig gekerbt. Hüll- blättehen sich dachziegelförmig deckend, etwas abstehend, in der Mitte gefurcht, spitz zulaufend. Strahlenblüten zahlreich, schön lila, Scheiben- blütchen gelb. Die Blüten bilden eine zusammengesetzte Traube oder eigentlich eine beblätterte, pyramidenförmige Rispe, einen Strauss. Blüht September und Oktober. Schliessfrüchtehen abgeplattet, mit einer Feder- krone aus zahlreichen Haaren. Auf sonnigen Hügeln, steinigen Stellen, an Gartenmauern, stellenweise, zerstreut. Bei dem 170 em langen = 213, — Exemplar begannen die blütentragenden Äste in einer Stengelhöhe von 112 em, und war der zweit-unterste Ast oder gemeinsame Blütenstiel der längste mit 42 cm (der oberste einfache Knospenstiel hatte 1 cm); auf die gipfelständigen, traubigen oder rispigen Blüten darf ungefähr eine -Stengelhöhe von 10 cm angenommen werden. Ein Korbblütler. Gemeines Schöll- oder Schellkraut, chelidomium majus; Wurzel- stock ausdauernd, an Wegen und Hecken; Stengel aufrecht, dünn, ver- zweigt, strotzend angefüllt mit orangegelbem Milchsaft, welchen auch das frische Kraut enthält und welcher scharf reizend auf die Haut wirkt. Das Kraut riecht beim Zerreiben widerlich und schmeckt brennend scharf; es wurde früher arzneilich verwendet, indem es die Flecken der Haut vertreiben sollte, daher es auch Schönkraut hiess. Blühbt Mai bis August. Blüten klein, gelb, drei bis sechs in einer lockeren Dolde beisammen stehend, lang gestielt, vierblätterig.. Kelch zweiblätterig. Staubgefässe zahlreich, Schoten fast walzenförmig. Fieder- blättchen gelappt. „Die nur vier Blumen- und zwei Kelchblätter sind es neben der strotzenden Saftfülle fast allein, woran man im Schell- kraut die Mohnpflanze, Papaveracee, erkennt, während die schotenähn- liche Frucht es fast wie einen verwandten Kreuzblütler erscheinen lässt. Trennen wir aber die zwei Klappen einer reifen Schote, so ver- missen wir zwischen ihnen die durchsichtige, häutige Scheidewand, die einer der wesentlichsten Charaktere der Kreuzblütler ist.“ Gemeine Schwalbenwurz, cynanchum vinceloxicum, peren- nierend, Mai bis Juli blühend, auf Hügeln, im Wald; giftig. Blätter gegenständig, kurz gestielt, herzförmig. Blüten gelblich weiss, widerlich duftend, lang gestielte, end- und achselständige Schirmtrauben bildend. Früchte lang zugespitzte, gedoppelte Balgkapseln. Samen mit einem Haarbüschel. Eine Asklepiadee (Seidenpflanzengewächs). Sumpfporst, Kienporst, wilder Rosmarin, ledum palustre, niederer Strauch mit wechselständigen, lederartigen, immergrünen, lan- zettlich-linealen, denen des Rosmarin ähnlichen, am Rande zurückge- - rollten Blättern, welche unterseits so wie die jungen Triebe rostrot filzig sind. Blüten weiss in endständigen Doldentrauben, radförmig, d. h. die einzelnen Blumenteile (Blumenblätter) sind alle gleichmässig lang wagerecht ausgebreitet wie die Speichen eines Rades, während sie bei sternförmig den Strahlen eines Sternes ähnlich nicht gleichmässig lang zu sein brauchen. Kelch klein, fünfzähnig, bleibend. Zehn Staub- gefässe. Kapsel rundlich, fünffächerig. Blüht auf Mooswiesen Mai ea und Juni. Wirkt betäubend und dient manchmal zur Fälschung des Bieres.. Er ist ein Heidekrautgewächs. Gemeines Eisenkraut, verbena offieinalis, fast kahles, auf- rechtes Kraut, an Wegrändern, auf Schutthaufen, perennierend, Juli bis September blühend. Blüten sehr klein, blassblau, in langen, schlanken, fadenförmigen Ähren, jede in der Achsel eines kleinen Deck- blattes sitzend. Die Ähre ist, wie beim gemeinen Wegerich, eine echte Blütenähre, d. i. ein Blütenstand, bei welchem an der Hauptachse oder Spindel sitzende Blüten entspringen, wodurch im ganzen eine walzenförmige Gestalt entsteht. „Eisenkraut oder Eisenhardt wirdt darumb allso genandt, das man das Eisen darmit herdtet.“ Gemeine Rebendolde, oenanthe fistulosa, ein Doldengewächs, Wurzelstock ausdauernd mit kriechenden Schösslingen und einem Büschel faseriger Wurzeln, die sich mehr oder weniger verdicken. Stengel diek und röhrig hohl, schwach verzweigt. Dolden endständig, Blüten weiss, strahlig. Besondere Hüllchen aus wenigen kleinen, schmalen Deckblättchen bestehend. Die Früchte bilden geschlossene kugelige Köpfchen. Auf den Mooswiesen; Juni und Juli blühend. — Fenchelsamige Rebendolde, hier Pferdekümmel genannt, Ross- fenchel, Wasserfenchel, phellandrium aquaticum s. oenanthe phellan- drium. Spindelförmige, faserige Wurzel, perennierend. Stengel auf- recht, kantig, etwa 105 cm lang, mit mehr oder weniger länglichen, braunroten Tupfen. Blätter ziemlich lang gestielt, der gemeinsame Blattstiel bauchig zu einer stengelumfassenden Scheide ausgeweitet; dieselben sind meist drei-, seltener vierfach fiederteilig, die Fiederblätt- chen stark gezähnt, unterseits wie auch die Stiele behaart. Die weissen Blütchen in Dolden zu 17— 21 Strahlen, die Dolde ohne gemeinschaft- liches Hüllblatt, während die einzelnen Strahlen kurze, schmale Hüll- blättehen haben. Frucht länglich eiförmig, gestielt, mit schwachen Rippen, aus zwei einsamigen, zusammenhängenden Halb- oder Teil- früchtehen bestehend, gekrönt von fünf kleinen, stumpfen Kelchzähn- chen, von denen zwei etwas grösser, über welche der kurz abstehende, gekrümmte, gespaltene Stempel ragt. Blüht Juni und Juli; an Fluss- und Bachufern, auf feuchten Wiesen. Die Früchte, fructus s. semen phellandriüi s. foeniculi aquatiei, wurden früher arzneilich verwendet. Von den Insekten ist am Pferdekümmel nicht selten zu beobachten die dunkelrippige Kümmelschabe, depressaria nervosa (Familie der Schaben oder Motten, Zineidae, zu welcher die grössere Hälfte aller Kleinschmetterlinge gehört). Die Raupe frisst die Blüten und jungen en Samen der Kümmel-Dolden, nagt auch die zarten Zweige an, und bohrt sich zur Verpuppung in den Stengel ein. „Es sind Fälle vor- gekommen, in denen man den Ausfall der Ernte durch ihre Schuld auf mehr als die Hälfte veranschlagt hat. Das 16füssige Räupchen ist ungemein lebendig, schnellt um sich, wenn man es berührt, oder lässt sich an einem Faden zur Erde hinab, auf der es eilfertig davon- kriecht. Nach viermaliger Häutung ist die Raupe erwachsen, wozu sie vom Ei an durchschnittlich fünf Wochen gebraucht, wenn ungünstige Witterung ihre Entwickelung nicht aufhält. Sie ist etwa 15 mm lang, ziemlich bunt gefärbt und warzig. Zur Verpuppung bohrt sich die Raupe in den Stengel der Futterpflanze ein und nagt sich ein be- quemes Lager aus, spinnt das Flugloch durch ein schräges Deckelchen zu und wird zu einer etwas flach gedrückten Puppe, welche, von einigen Seidenfädehen in der Stengelhöhlung festgehalten, gestürzt über dem Flugloch zu liegen kommt.“ Nickende Vogelmilch, ornithogälum nutans, ein Lilien- gewächs, perennierend, Stengel nickend, mit langen gelben (gelbgrün- lichen) Blüten in lockerer gipfelständiger Traube. Blütenhülle ausge- breitet, aus sechs getrennten Teilen bestehend, die gewöhnlich nach dem WVerblühen bleiben. Um das Pistill im Mittelpunkt stehen sechs Staubgefässe und eben so viele Blumenblätter. Sie ist von den anderen Arten dadurch unterschieden, dass ihre Staubgefässe dreizähnig sind, bei den übrigen lanzettlich einfach. Auf Wiesen und besonders in Obstgärten; April und Mai blühend. Knollige Fetthenne, sedum telephium, zur Familie der diekblätterigen Gewächse, crassulaceae, gehörig, an Waldrändern, am Pfisterberg. Wurzelstock ausdauernd; die Jahrestriebe hart, aufrecht, einfach, Blätter sitzend, verkehrt eirund bis langrund, kurz gezähnt. Blüht Juli und August. Blüten zahlreich, grünlichgelb bis purpur- rötlich, eine ansehnliche Schirmtraube an der Spitze des Stengels bil- dend. Staubgefässe zehn, kürzer als die Blumenblätter, Kelch fünf- teilig, Blüten zweigeschlechtig.. Kommt in mehreren Abänderungen vor, welche auch als besondere Arten betrachtet werden. Wegen ihrer Unverwelklichkeit wird sie auch zu Kränzen um Heiligenbilder und Kruzifixe verwendet, daher der Name Herrgottskraut. Gemeine Hauswurz, sempervivum teclorum, auch Hauslaub oder richtiger Hauslauch genannt, perennierend, auf Dächern und über Einfahrten angepflanzt und verwildert, — hat den Namen, dieweil es — 216 — auf den Häusern wächst —, in den Alpen einheimisch, blüht im Juli. „Die kurzen Schösslinge bilden zahlreiche, meistens kugelige Rosetten, aus denen sich die einjährigen starken und fleischigen Blütenstengel bis 30 cm hoch erheben. Die Blätter sind dick und fleischig, die- jenigen der Rosetten 2—3 cm lang, endigen in einer kurzen Spitze und sind am Rande durch eine Reihe kurzer steifer Haare gewimpert, sonst beiderseits kahl. Die Blatt-Stränge oder Nerven sind wie bei fast allen Diekblättern gewebeläufig, d. h. sie verlaufen im Innern des Gewebes und sind oberflächlich gar nicht sichtbar. Die Blätter des Blütenstandes und letzterer selbst sind bekleidet mit kurzen. drüsigen Flaumhaaren. Blüten rosenrot, auf ausgespreizten oder zurückge- krümmten Zweigen der Schirmtraube sitzend. Kelch- und Blumen- blätter sternförmig ausgebreitet; Blumenblätter linealisch zugespitzt, zwei- bis dreimal länger als die Kelchblätter, auf der Aussenseite flaumhaarig, an den Rändern gewimpert. WVariiert vielfach in Form der Blätter und Rosetten sowie in Grösse und Färbung der Blüten. Da die Hauswurzarten in der Regel auf schmalen Gesimsen steil ab- stürzender Felswände wachsen, so kommt es vor, dass die von den Ausläufern abgelösten Rosetten von einer Terrasse zur andern, oft viele Meter tief herabfallen, eine ganz merkwürdige Art der Verbreitung. — Die Spaltöffiitungen oder die Durchlässe des Blattes, welche den Wasser- dampf ausströmen lassen, entstehen in der Weise, dass aus einer be- stimmten Zelle der Haut durch Einschieben einer Scheidewand zunächst ein Zellenpaar hervorgeht. Indem dann die eingeschobene Scheidewand zerklüftet und die Kluft sich erweitert, bildet sich ein kurzer, die Haut durchsetzender Kanal aus, welcher die Verbindung zwischen der äusse- ren Luft und den luftgefüllten, beziehentlich dampfgefüllten Räumen im Innern des Blattes herstellt. Man nennt diesen kurzen-Kanal den Porus der Spaltöffnung und bezeichnet die zwei Zellen, welche ihn begrenzen, als Schliesszellen. Diese zwei Zellen regulieren nun das Ausströmen des Wasserdunstes, jenes Wasserdunstes, der von den zartwandigen Zellen des (von weiten Kanälen und Gängen durchsetzten) Schwamm- parenchyms in die angrenzenden Hohlräume und Gänge im Innern des Blattes ausgeschieden wird. Jener Hohlraum, welcher unmittelbar hinter dem engen kurzen Kanale der Spaltöffnung ausgebildet ist und mit den anderen weiter einwärts im grünen Gewebe des Blattes ein- geschalteten Räumen durch Gänge zusammenhängt, wird Atemhöhle genannt. Die Zahl der die Haut des Blattes durchbrechenden Spalt- öffnungen oder Transpirationsporen ist eine sehr ungleiche. Auffallend — 217 — wenig Spaltöffnungen zeigen die Fettpflanzen. An den Blättern der Hauswurz und des Mauerpfeffers treffen auf 1 qmm nur 10--20. In der Mehrzahl der Fälle hat man auf diesem Flächenraume zwischen 200 und 300 Spaltöffnuungen gefunden. Die untere Seite eines Eichen- blattes im Ausmasse von 50 gem zeigt etwas über zwei Millionen Spaltöffnungen. Sie sind in den meisten Fällen ziemlich gleichmässig über die ganze Blattoberfläche zerstreut. An den meisten flächen- förmig oder horizontal ausgebreiteten, ebenflächigen, nicht runzeligen Laubblättern (Flachblättern), deren eine Seite dem Himmel, deren andere der Erde zugewendet ist, fehlen die Spaltöffnungen der Ober- seite des Blattes vollständig und sind nur auf die Unterseite beschränkt. Eine Ausnahme hievon machen die scheibenförmigen flachen Blätter, welche auf dem Wasser schwimmen und auf der oberen Seite mit Spaltöffnungen übersäet sind, während sie auf der unteren, dem Wasser aufliegenden Seite derselben vollständig entbehren. Die Wasserpflanzen transpirieren nicht. Sie bedürfen daher weder leitender Holzbündel noch Spaltöffnungen. Unter Wasser wachsen auch keine Bäume und Sträucher, selbst die riesigsten Tange entbehren des Holzes, entbehren der Spaltöffnungen.“ — Bei zahlreichen und dicht gedrängten Blatt- gebilden lässt sich die eigentliche oder Grundspirale, welche die sämt- lichen Blätter in ihrer Aufeinanderfolge umfasst, meist nicht mehr unmittelbar verfolgen. Hier dienen zur Ermittelung der Blattstellung die schiefen oder Nebenzeilen, Parastichen, d. s. schraubenförmige Reihen oder Zeilen, welche abwechselnd von rechts nach links und von links nach rechts in immer steilerer Richtung ansteigen und meist leicht zu verfolgen sind. Man beobachtet diese schraubenförmigen Reihen an den Sprossen vieler Fettpflanzen, so des Mauerpfeffers, der Hauswurz, ferner an den Zweigen von Bärlappgewächsen, besonders auffallend auch an den Blütenständen der Korbblütler und vor allem an den Schuppen der Zapfen vieler Nadelhölzer. Dass auch Gewächse, welche keine Alkaloide enthalten und überhaupt nicht als giftig für den Menschen gelten, von den weiden- den Tieren sorgfältig gemieden werden, macht es wahrscheinlich, dass der Genuss derselben den Rindern, Pferden, Schafen und auch den genäschigen Ziegen irgendwie von Nachteil ist. Dies gilt insbesondere von den Moosen, den Farnen, den Diekblättern (Mauerpfefler und Hauswurz), mehreren Kressen, dem Leinkraut und dem breiten Wegerich. Die Hauswurz war dem nordischen Donnergott, Donar, geweiht, — 218 — und sie wurde auch Donnerbart genannt, weil dem Haus, auf welchem sie wächst, weder Blitz noch Donner schaden können. Gemeine Winterkresse, barbaraea vulgaris, zweijährig, straff aufrechtes Kraut mit sparrigen Zweigen, grün und kahl. „Blätter meist fiederspaltig, leierförmig, mit grossem Endlappen, der breit und abgestumpft ist; die Seitenläppchen wenig zahlreich, kleiner und schmäler. Schoten zahlreich, vereinigt zu einer dichten Traube, mit deutlichem. Mittelnerven und einreihigen Samen. An Zäunen, Wegen, auf Wiesen, besonders an feuchten Stellen. Blüht Mai bis Juli. Variiert sehr in den Grössenverhältnissen der Blattlappen, Grösse der Blume, Länge und Dicke der Schoten, Länge des Griffels.“ („Die Schotenfrucht ist aus zwei Fruchtblättern gebildet, welche an ihren gegenständigen verdickten Nähten die Samen tragen; zwischen diesen Nähten erstreckt sich eine dünnhäutige Scheidewand, welche das Innere in zwei Fächer teilt. Diese öffnen sich bei der Reife durch die von unten her sich ablösenden Fruchtblätter oder Klappen. Diese Frucht- form ist charakteristisch für die Familie der kreuzblütigen Pflanzen, eruciferae.) Gemeine Brunnenkresse, nasturtium offieinale, perennierend, Juni bis September blühend. „Kahles Kraut; Stengel vielästig, mit- unter sehr kurz und kriechend oder im Wasser schwimmend, mitunter zwischen andern Wasser- und Uferpflanzen emporsteigend bis über !/g m Höhe. Blätter gefiedert mit entfernt gestellten Fiederblättchen. Endlappen gewöhnlich grösser, eirund oder rundlich, am Grunde fast herzförmig. Blumen klein, weiss, in verkürzter Traube. Die zwei Reihen der Samen sehr deutlich. In und an Quellen und Bächen, die nicht leicht gefrieren. Ändert in Grösse der Blätter nach dem Standorte sehr ab, z. B. auf dem Lande sehr kleinblätterig, im tiefen Wasser sehr grossblätterig. Das junge Kraut besitzt einen gewürzhaft scharfen Geruch und Geschmack, galt deshalb ehedem als blutreinigend und skorbutwidrig, wird vielfach als Frühjahrssalat verspeist und des- halb bei Erfurt und anderen Orten in Wassergräben mit dem bitteren Schaumkraut zusammen gepflegt.“ Bitteres Schaumkraut, cardamine amara, ebenfalls ein Kreuzblütler, perennierend, April bis Juni blühend. „Wurzelstock dünn mit kriechenden Ausläufern, Stengel dünn und aufsteigend. Blätter gefiedert, mit fünf oder sieben Fiederblättchen, sämtlich eiför- mig oder rundlich, unregelmässig eckig gezähnt, das Endfiederchen oft — 219 — 2 cm lang. Traube wenigblütig. Blumenblätter weiss, Staubbeutel violett. Auf nassen Wiesen, an Ufern von Bächen und Flüssen. Der Brunnenkresse sehr ähnlich (letztere hat gelbe Staubbeutel) und wie diese als Salatpflanze gebaut und benützt.“ — Wiesen-Schaum- kraut, cardamıne pratensis. Wurzelstock kurz und ausdauernı, Blätter langrund, Blumen gross, lila, blüht April und Mai. Schaum- kraut, indem die Pflanze fast immer von dem speichelartigen weissen Schaum „Kuckucksspeichel“ der graubraunen Schaumzikade, cercopis s. aphrophora spumaria, während deren Larvenleben bedeckt ist. Gemeines oder Feld-Rapünzchen, valerianella olitoria, ein Baldriangewächs, einjährig, kahles oder schwach flaumhaariges Sommer- gewächs, aufrecht (von der Wurzel an senkrecht sich erhebend) oder aufsteigend (am Grunde ein Stück wagerecht niederliegend und sich dann aufwärts erhebend). Stengel und Verästelung regelmässig gabel- teilig oder gabelig, d. h. sich wiederholt in zwei ziemlich gleich lange und gleich starke Äste teilend; alte Stöcke bekommen dadurch ein weitschweifiges sparriges Aussehen. Grundständige Blätter, eine aus- gebreitete Rosette bildend, 3—4 cm lang, an der Spitze abgerundet, ganzrandig oder mit wenigen stumpfen Zähnen, am Grunde verschmälert. Stengelblätter schmal, aber mit breitem Grunde, oft den Stengel um- fassend und stärker gezähnt. Blüten sehr klein, weiss oder bläulich, eine kleine dichte gipfelständige Schirmtraube bildend. Blüht April und Mai. Ursprünglich in Südeuropa einheimisch, wird sie bei uns in Gärten gebaut und kommt noch häufiger als Unkraut auf Äckern oder Getreidefeldern vor. Die jungen grundständigen Blättchen, noch ehe der Stengel erscheint, liefern im Frühjahr das erste Grüne auf unsern Mittagstisch als Feld- oder Ackersalat. Rohrartiges Glanzgras, phalärıs arundinacea, „peren- nierend, Juni und Juli blühend, schilfähnliches Gras. Ährchen sehr zahlreich, eine verlängerte geschlossene Rispe bildend. Kelchspelzen lanzettlich und zugespitzt, jedoch ohne Granne. Blütenspelzen kahl und glänzend, bei der Reife sich erhärtend an das Korn legend. Die zwei unfruchtbaren Blütchen klein, linealisch und behaart, schuppen- artig.“ Auf Mooswiesen, an Bachufern. Jähriges Rispengras, poa annua, „Stengel zusammenge- drückt, bis 30 cm hoch, knieförmig aufsteigend. Blätter lang, breit lineal, spitz, hellgrün, weich. Rispenäste einzeln oder zwei im Quirl, meist einseitswendig. Ährchen länglich oder eiförmig, drei- bis sieben- — 220 — blütig, bisweilen violett und hängend.“ Blüht fast das ganze Jahr, ist einjährig und kommt gemein an Wegen, Schutt, Wiesplätzen vor. Mittleres Zittergras, briza media, perennierend, auf Gras- plätzen, Wiesen und Weiden; Juni und Juli blühend. „Auf- rechtes, steifhalmiges aber zierliches Gras von 30—50 cm Höhe. Blätter wenig zahlreich, flach und schmal. Blattzüngelchen sehr kurz. Rispe 4—8 cm lang, sehr locker und ausgebreitet. Ährchen an langen sehr dünnen Zweigchen hängend, anfänglich rundlich, dann herzförmig, 4—6 mm lang, grün und braunrot gescheckt, mit sechs bis acht Blüt- chen. Sämtliche Spelzen ähnlich gestaltet, nach oben allmälig kleiner werdend.“ Kinder haben an dieser Pflanze eine besondere Freude, wenn beim leisesten Luftzuge die rötlichen oder grünbunten Herzchen auf den zarten Zweiglein der Rispe erzittern; sie erblicken darin solch fröhlich zitternde Herzchen, wie sie selbst haben. Schalkhafte Knaben aber messen ihren Kameraden mit dem Zittergras buschige Schnurrbärte an, ziehen den arglosen die Rispen schnell durch die Zähne und lachen die gefoppten, welche so unversehens den Mund voll Spelze haben, wacker aus, — ferne ja liegt den kindlichen Herzen die Sorge. Am Grasblatte fällt uns auf, selbst wenn es, wie beim Schilf- rohr, ziemlich breit wird, dass es nur gerade und dicht neben einander verlaufende Adern hat, kein Adernetz, wie die Blätter unserer Laub- hölzer und so vieler anderer Pflanzen. Ferner unterscheiden wir an ihm das Blatt von der Blattscheide. Mit letzterer umschliesst es den Halm oder, wenn es ein Wurzelblatt ist, ein anderes Blatt. Die Knoten an dem Halme sind stets Ursprungsstellen für je ein Blatt, sodass zwischen zwei Knoten stets nur ein Blatt steht. Wo das Blatt im engeren Sinne an der Scheide ansitzt, also an der Berührungsstelle von Blattfläche und Blattscheide, findet sich meistens, als Fortsetzung der Blattscheide, ein deutliches dünnes und durchsichtiges Häutchen, das Blatthäutehen oder die Blattzunge, welches, so unbedeutend es scheint, doch nicht selten zur Unterscheidung mancher Arten beiträgt, und kann dieser zarthäutige Anhang als Nebenblattbildung aufgefasst werden. — Die Graswurzel ist ein Schopf feiner Wurzelfasern, von welcher Regel nur wenige Ausnahmen bestehen. — Die Halme der Gräser zeigen in der Regel im Verhältnis zu ihrer Masse eine beträcht- liche Festigkeit und Starrheit. Dieses rührt zum Teil von der Ab- lagerung von Kieselerde in der Oberhaut und insbesondere in der äusseren Wandung der Epidermiszellen her, wodurch die Oberfläche —. 321 — des Halmes ihre beträchtliche Härte und ihr glänzendes Ansehen er- hält. — Von ganz besonderem Baue ist die Grasblüte; einfach und schmucklos und unser Interesse um so mehr erregend, als dennoch darin so viele Abwechselung und Mannigfaltigkeit liegt, dass sämtliche Grasgattungen nach dem Verhältnisse derselben unterschieden werden können. Schon die Anordnung der einzelnen Blüten zu einer ein- fachen oder zusammengesetzten Ähre oder Rispe, zu einem Köpfchen oder Blütenschweife bringt grosse Abwechselung in das Heer der Gräser. Sehr selten stehen die Grasblüten einzeln auf einem Stielchen, meist sind zunächst mehrere Blütchen zu einem Ährchen vereinigt, aus denen die Ähre oder Rispe sich zusammensetzt. Am Grunde dieses ährigen oder rispigen Blütenstandes befinden sich zwei (selten ein oder drei) fast gegenständige Blättchen, welche Kelchspelzen (Hüll- spelzen, Hüllblätter, Kelchbälge, Bälge, Klappen, Hülle, Blütenscheide) heissen; über diesen stehen an der Ährchenachse eine bis viele Blüten. Jede Blüte zeigt nun zunächst wieder zwei Blättchen, die Blütenspelzen (Blumenspelzen, Kronspelzen, Blumenkrone, Bälglein, Blütenhülle), von denen das untere Deckblatt oder Deckspelze, das obere Vorblatt heisst; diese schliessen wieder zwei bis drei kleine am Grunde des Frucht- knotens befindliche verschieden gestaltete häutige Schüppchen (Nekta- rien oder Honiggefässe der älteren Schriftsteller, — sie stellen das eigentliche, ursprünglich dreigliederige, aber ganz verkümmerte Perigon, Blütenhülle, der Grasblüte dar) ein, nebst den Staubgefässen und dem Fruchtknoten mit der Narbe. Die Gräser haben fast durchgängig drei Staubgefässe. Die Staubbeutel oder Antheren nehmen nach der Ent- leerung eine charakteristische Gestalt und zwar in der Weise an, dass die ursprünglich parallel neben einander liegenden Antherenfächer nach der Verstäubung sich halbmondförmig krümmen und dadurch oben und unten aus einander weichen. Den Vorteil der Kreuzbefruchtung hat ins- besondere Darwin unwiderleglich dargethan, und es schliesst sich daran naturgemäss die Frage, welche Kräfte denn in der Natur die Übertragung des Blütenstaubes von einer Blume zur andern bewirken. Die Ant- wort lautet: die geflügelten Insekten. „Die auffallende Färbung, der starke Duft, oftmals beides im Verein lockt die honigsuchenden hung- rigen Kerfe, Schmetterlinge, Bienen, Hummeln etc. zu den Blüten hin, wo ohne ihr Wissen und Wollen, sich ihren bepelzten Leibern eine gewisse Menge des befruchtenden Pollenstaubes anheftet, den sie als- bald, eine andere Blüte aufsuchend, auf deren Narbe abstreifen. Blumen-Farben wie Düfte sind also von höchster Bedeutung für die EN Pflanzen, welche zu erfolgreicher Bestäubung des Insektenbesuches nicht entbehren können. Völlig überflüssig aber würden glänzende Tinten und grosse Blütenhüllen dort sein, wo grosse Mengen trockenen, leicht verstäubenden Pollens gebildet und vom Winde den weiblichen Organen zugeführt werden. Daher suchen wir umsonst bei den Gräsern, den Nadelhölzern, der Haselnuss, der Eiche ete. nach wirklichen Blu- men — sie würden hier gar nicht in Wirksamkeit treten können, denn was sollen dem Winde Farben und Düfte? So ergibt sich naturge- mäss die Unterscheidung der blütentragenden Gewächse nach Insekten- blütlern (Entomophilen) und Windblütlern (Anemophilen). Der Rasen oder Wasen wird von den Gräsern gebildet. Wasen ist ein jetzt fast zum Provinzialismus entwerteter Ausdruck, der noch deutlich auf die alte Wurzel (wahsen, wachsen) zurückweist, während unser Rasen an Gras, unsere Wiese an das lateinische @zreo erinnern mag. Trift (Ort, wohin zur Weide getrieben wird) bedeutet ebenfalls zunächst das aus der Erde hervortreibende Grün, während Anger wohl nur eine Umformung des lateinischen «ger ist und ursprünglich über- haupt Ackerland, Feld bezeichnete. Aue endlich ist wasserfrische, bachumflossene Wiese (mit dem lateinischen aqua und dem französi- schen eau eines Stammes). Die Gräser sind mit ihren sehr zahlreichen Arten über die ganze Erde verteilt, von den Polarländern und der Schneegrenze der Hoch- gebirge an bis zu den heissen Tiefländern des Äquators, wo Reis und Zuckerrohr besonders wichtig sind. Sie bilden, wie gesagt, den Haupt- bestandteil des Rasenteppichs der Wiesen und des Waldbodens, indem sie durch alljährliche seitliche Sprossenbildung schnell ganz dicht zu- sammenrücken, eine geschlossene „Grasnarbe“ bilden, werden .innerhalb der Wendekreise baumartig (Bambus), liefern das wichtigste Futter für das Weidevieh und in den mehlhaltigen Samen der Getreidearten die Hauptnahrung für die meisten Völker, in den Halmen Flechtmaterial und anderes. Sie bedecken, gesellig zusammengeschart, ganze Flächen und deuten im Verein mit den gesellig auftretenden Haustieren auf das grosse Gemeinleben der Völker; ihre Geselligkeit hat den Begriff Wiese geschaffen, wie die geselligen Bäume das Wort Wald veran- lassten. Wie ein leichtes reizvolles jeder Form sich schmiegendes Ge- wand liegt das Gras über der Erde. Wo Gräser sprossen und Wiesen sich dehnen, da ruft allenthalten den Menschen eine Heimatstimme an. Wo sie fehlen, auf dem Steinrücken der Gebirge, im Sande der Wüste, da treten auch andere Gefühle — das Erhabene der Unendlich- — 23 — keit oder das Öde der Vereinsamung in die Seele. Über Trümmer, Gräber und Wahlstätten zieht das Gras die versöhnende bleibende Decke. „Es ist Gras darüber gewachsen,“ sagt der Volksmund, wenn ein Leid gestillt oder vergessen ist und aus dem Schmerz leise wieder Freude kommt. Und wenn der katholische Priester die vereinigten Hände mit seiner Stola umwickelt, so ist dieses nur ein Parallelismus zu dem indischen Gebrauche, die vereinigten Hände des Brautpaares mit heiligem Grase zu umwickeln und Wasser darüber zu giessen. Der gemeine Sauerklee oder Hasenklee, oxalis acetosella, ein. zierliches, zur Familie der Storchschnabelgewächse, geraniaceae, gehöriges Pflänzchen, das noch viel saurer schmeckt als der Sauerampfer, wächst im Walde und unter Gebüschen. Dasselbe hat einen kurzen, kriechenden, durch dickfleischige Schuppen oft knotigen, perennierenden Wurzelstock, der nur seicht und locker im frischen Waldboden steckt und aus welchem sich auf schlanken zarten Stielehen im April und Mai je eine einzelne ziemlich grosse offene glockenförmige Blume er- hebt, deren fünf weisse oder rötlich weisse Blättehen mit zartem durch- scheinendem purpurnem Geäder und einem gelben Fleck am Grunde durchflochten sind. Die Blätter sind grundständig, an langen Stielen, dreizählig; es sind also drei und zwar verkehrt herzförmige, zarte, bläulich grüne Blätter vorhanden, die häufig auf der Unterseite rot angelaufen sind und sauer schmecken. Die eirundliche (vielsamige) Kapsel hat fünf Kanten und springt bei der Reife in eben so viele Klappen auf; in jedem Fache finden sich zwei glänzende schwarze Samen. Die Kapsel rollt sich zur Zeit der Reife elastisch auf und schleudert den Samen fort. Der Sauerklee dient zur Bereitung des Kleesalzes (ein Zentner Sauerklee gibt drei Pfund Kleesalz), welches vorzüglich in der Kattundruckerei und gegen Tintenflecke benützt wird; es ist giftig. Am Sauerklee kann man (wie bei noch mehreren Pflanzen) die Beobachtung des Zusammenlegens und Zusammenfaltens der Blätter zum Schutz gegen übermässige Transpiration und dadurch veranlasste Vertrocknung machen. „Sobald nämlich die Blättehen von den Sonnenstrahlen direkt getroffen werden, schlagen sie sich herab, legen sich an einander, und bilden so alle drei zusammen eine steile Pyramide, während dieselben Blättchen an schattig feuchten Orten flach ausgebreitet sind.“ Arzneilicher Augentrost, euphrasia offieinalis, ein Braun- wurzgewächs, kleines, fast aufrechtes, 5—15 em, hier durchschnittlich — 224 — 11,5 cm hohes, stark verästeltes Pflänzchen, einjährig, halb schma- rotzend auf Graswurzeln, auf Wiesen und Grasplätzen, nahe an Bach- ufern und Wegrändern. Blüht Juli bis Oktober in endständigen, lockeren Ähren. Feine Zaserwürzelchen. Stengel dicht mit abstehen- den Härchen besetzt. Blättehen eiförmig, sitzend, gegenständig, tief gezähnt, beiderseits fünfzähnig, die Zähne scharf spitzig, stachelspitzig. Kelch mit vier bis fünf zugespitzten Zähnen. Blumenkrone weiss, im Schlunde gelb gefleckt, ausserdem mit violetten, feinen Strichen oder Linien gezeichnet, gestreift oder gestrichelt. Die Unterlippe zeigt drei Läppchen, von welchen jedes wieder eingeschnitten ist, zweizackig er- scheint, die beiden äusseren Läppchen durch einen tieferen Einschnitt vom mittleren getrennt. Die Oberlippe zeigt in der Mitte einen kleinen Einschnitt, erscheint daher zweilappig, und jedes Läppchen hat wieder einen kleineren Einschnitt, sodass also im ganzen vier kleine Zacken vorhanden. Variiert vielfach in Grösse, Gesamtansehen, Form der Blätter, Grösse und Färbung der Blumen. Kapsel langrund, Samen zahlreich. „Augentrost hat den Nahmen von seiner Krafft, dieweil es den Augen gut und heilsam ist.“ . Glattfrüchtige Brillenschote, biscutella laevigata, peren- nierend, Juni und Juli blühend, auf Steingeröll, in Felsritzen, Bene- diktenwand und Herzogstand, nicht häufig. Aufrechter, gegen 40 cm hoher, oben sich verzweigender oder ästiger, steifhaariger Stengel. Blätter ebenfalls rauhaarig, dick, wollig sich anfühlend; grundständige sehr lang, auffallend dick, schmal, grob gezähnt, gewimpert, in den Blattstiel verschmälert, die grössten 48 mm lang und 9 mm breit, Mittelnerv stark hervortretend. Blüten schwefelgelb, vierzählig, also vier Kelch- und vier Blumenblätter, eine Rispe bildend. Frucht ein rundliches (einen flach gedrückten Samen einschliessendes) Schötchen, deren zwei an einem gemeinsamen (über sie hinausragenden) Blütenstiel neben einander stehen, daher der Name. Der Querdurchmesser durch die beiden Schötchen beträgt etwa 1 cm bei einem Höhen- oder Längs- durchmesser je eines von 6 mm. Griffel fadenförmig, bleibend. Eine artenarme, Süd- und Mittel-Europa angehörige Gattung der Familie der Kreuzblütler. Purpurroter Hasenlattich, prenanthes purpurea, peren- nierend, in Bergwaldungen, feuchten Waldwiesen, Juli und August blühend. Stengel dünn, aufrecht, bis 1,5 m hoch, unten blattlos, oben reich beblättert. Blätter kahl, unterseits graugrün mit herzförmigem Grunde den Stengel umfassend, wie geöhrt, sämtliche winkelig buchtig, — 225 — die obersten lanzettlich zugespitzt, die anderen lanzettlich linealisch. Blütenköpfchen klein, zahlreich, in ausgebreiteten Rispen, dunkel lila, niekend, mit fünf bis sieben Blütchen, welche aussehen wie Blumen- blättchen. Schliessfrüchtehen ohne Schnabel. Ein Korbblütler. Gebirgs- oder Alpen-Milchlattich, maulgedium alpinum, perennierend, Juli und August blühend. Stengel rötlich, mit Borsten- haaren. Blätter gross, mit ansehnlichem, breit dreieckigem und zuge- spitztem, spiessförmigem Endzipfel. Blütenköpfchen blau, eine langrunde, ‚schmale, drüsig behaarte Traube bildend und aus etwa zwölf einzelnen blumenblattähnlichen Blütchen bestehend. Ebenfalls eine Komposite. Spitzkeimender Knöterich, polygonum viviparum, peren- nierend, Juni bis August blühend. Aufrechter, schlanker, 10—15 cm hoher Stengel. Grundständige Blätter an langen Stielen, schmal lang- rund; die oberen stengelständigen fast sitzend, linealisch.. Blüten weiss‘ oder schwach rosa in einzelner, endständiger Ähre, am Ende des ein- fachen Stengels. An:der Benediktenwand. — Natterwurz-Knö- terich, polygonum bistorta; ausdauernder, ziemlich langer Wurzelstock. Stengel einfach, aufrecht, endigend mit einer dichten, walzenförmigen Blütenähre von 3,5 -4,5 em Länge. Drei über die schöne, zart fleisch- farbige Blütenhülle bedeutend (2 mm) vorragende Griffel. Stengelblätter fast sitzend, schmal lanzettlich, in eine lange Spitze auslaufend (33 mm lang bei selbst an der weitaus breiteren Basis nur 6 mm Breite); die grundständigen Blätter lang gestielt, eirund lanzettlich, etwa 8 em lang bei 3 em grösster Breite, stengelherablaufend. Blüht Juni und Juli auf nassen Wiesen, Mooswiesen. — Familie: Knöterichgewächse, poly- gonaceae. Klebriger Salbei, salvııa glulinosa, perennierend, Juli und August blühend, an Bergabhängen, in lichten Waldungen, so im Wäld- chen längs der Lain. Starke, halb fingerdicke, zähe, harte, faserige Pfahlwurzel, von aussen schwärzlich, auf dem Durchschnitt weisslich gelb. Stengel bis über 1 m hoch, krautig, oberhalb nebst Deckblättern und Kelchen drüsig zottig, d. h. bedeckt mit langen, abstehenden Haaren, die so dicht gestellt sind, dass sie die Oberfläche verdecken, klebrig. Das ganze Kraut frisch wie der arzneiliche Salbei ziemlich stark aromatisch riechend. Die Blätter, grob gesägt, sind unregel- mässig und eigentümlich geformt, bald verkehrt eiförmig, bald zu beiden Seiten des Blattstieles in fast gleicher Breite nach aufwärts sich er- streckend, um oben nach kurzer, seitlicher Einwärts-Richtung oder Krümmung in eine ziemlich lange Spitze zu enden; diese Blätter setzen Daffner, Voralpenpflanzen. 15 re sich unten nicht wie die eiförmigen direkt am Blattstiel an, sondern stehen in mehr oder weniger schiefer oder gerader Richtung ab und zeigen unmittelbar vor ihrem Ansatz an den Stiel noch eine leichte Ausbuchtung. Blüten hellgelb, rotbraun gestrichelt und punktiert, zweilippig: die Oberlippe ganzrandig mit einem leichten Einschnitt in der Mitte, die Unterlippe dreilappig, der kleinere, mittlere, herzförmige Lappen bedeutend vorragend mit buchtigen Rändern, ausgerandet. Die Blüten bilden eine gipfelständige Traube oder Ähre. — Wilder Salbei, salvia silvestris, auf Berghügeln und an Wegrändern, perennierend, blüht Juni bis August. Deckblätter länger als der Kelch, purpur- violett, Blumenkrone blau, violett (rosarot bis weiss). — Lippenblütler. Berg-Baldrian, valeriana montana, mitausdauerndem, holzigem, dunkelbraunem Wurzelstock, Juni und Juli blühend, auf hohen Berg- wiesen, so am Heimgarten, und im Bergwald. Stengel 30 em und darüber hoch, gerieft. Sämtliche Blätter ungeteilt, die untersten, grund- ständigen lang gestielt, eiförmig, unregelmässig- gekerbt oder gezähnt, die mittleren oder eigentlichen Stengelblätter kurz gestielt, lanzettlich, gezähnt, sämtliche stark gerippt; die obersten zwei Blätter schmal lanzettlich, länglich zugespitzt, gezähnt. Blüten zweihäusig, hell rosa purpurn, fünfblätterig, in zusammengesetzten (indem jeder der verzweig- ten Blütenstiele ein Döldchen trägt) endständigen Schirm- oder Dolden- trauben (d. i. verzweigten, oben abgestutzten Trauben). Drei weisse über die Blüte hervorragende Staubgefässe, ein Stempel. Nicht häufig. Familie Baldriangewächse. — Baldrian ist benannt nach Balder, dem Sommergott der nordischen Mythologie. Hertha, die germanische Göttin des Wachstums und der Fruchtbarkeit, trug, wenn sie auf ihrem mit Hopfenranken gezäumtem Edelhirsch ritt, einen Baldrianstengel als Gerte. Gelber Steinbrech, sarifraga aizoides, perennierend, Juli und August blühend, auf Bergwiesen, nassen Felsen und Geröll ent- lang an Bächen und Wasserläufen. Wurzelstock kurz, rasenbildend, indem zahlreiche kurze Blütenstengel (8 cm Länge) dicht beisammen aus ihm entspringen. Blätter wechselständig, schmal, verdickt, kahl, glänzend, ganzrandig. Blüten gelb in lockeren Trauben. In der Mitte der Blüte eine breite, fleischige, gelbliche Ringscheibe. — Moos- artiger Steinbrech, sawifraga muscoides, kleines, wenig über 5 cm hohes Pflänzchen mit kurzem, krautig weichem, perennierendem Wurzel- stock. An der Basis des Stengels eine büschelige Rosette, eigentlich zwei bis drei Rosetten über einander, aus welcher der einzige kahle Blütenstengel sich erhebt, der ein endständiges Blütchen trägt. Fünf Kelchblätter,, die mit den fünf inneren Kronenblättern alternieren ; Blumenblätter weiss, an der Basis in eine gemeinsame, gelblich gefärbte Röhre verwachsen, in welcher die zehn sehr kleinen Staubgefässe ein- geschlossen ruhen. Die schmal lineallanzettlichen, nadelförmigen, ganz- randigen, grundständigen Blätter 11,5 mm lang bei 1,5 mm Breite. Blüht Juli und August; auf der Benediktenwand; selten. — Rund- blättriger Steinbrech, sawifraga rotundifolia, perennierend. Stengel, Blätter und Blattstiel sowie Blütenstiel rauh abstehend behaart; der Stengel etwa 25 cm hoch, aufrecht, oben rispig verästelt; Blätter nierenförmig, sehr grob gezähnt, unten ziemlich lang gestielt, oben be- deutend kürzer, die kleinen und sehr tief (dreifach) eingeschnittenen, wie gelappten, spitz zulaufenden, obersten, in der Rispe stehenden Blätter sitzend oder nur ganz kurz gestielt. Die nierenförmigen Blätter an der Unterseite heller, graugrün und fein netzaderig. Die Blütchen stehen in einer Rispe, sind weiss, purpurrot gesprenkelt; Kelch- und Kronblätter fünf, Staubgefässe zehn, mit weissem Staubbeutel. Blüht Juni und Juli. Auf Geröll und steinigem Boden; am Rabenkopf. Selten. Familie Steinbrechgewächse, saxwifragaceae. Der Name Steinbrech rührt daher, weil man einst glaubte, der Saft desselben sei so kräftig, dass er den Stein in der Harnblase zerbreche. Kletterndes Labkraut, hier Kleber genannt, yalium aparıne, Sommergewächs, Unkraut in Gebüschen, an Hecken, sowie auf Äckern, wo es sich um den Halm des Weizens und besonders auch des Flachses windet und denselben zu Boden zieht, ebenso auf Kartoffelfeldern; es sind nämlich sowohl die Blätter als der vierkantige Stengel mit kleinen, rückwärts gekrümmten Stacheln oder Häkchen besetzt, mit denen sie sich auch an unsere Kleider heften, wenn wir ihnen nahen. Blätter zu sechs bis acht im Wirtel, linealisch, stachelspitzig, einnervig; Blüten- stiele in den Blattachseln gegenüberstehend, länger als die Blätter, eine lockere Schirmtraube aus den kleinen, weissen, vierzipfeligen Sternchen tragend. Blüht Juni bis Oktober. Früchte gewöhnlich mit hakigen Borsten bedeckt, ein Klettenköpfehen darstellend, mitunter jedoch fast kahl. — Frühes Labkraut, galium vernum, perennierend, auf Wiesen, an Bachrändern, Mai und Juni blühend. Kahler Stengel, an den Blütenstielen keine Deckblättchen, blassgrüne Blütchen in kleinen, lockeren Trauben. — Gemeines Labkraut, galium mollugo, peren- nierend. Blätter linealisch; Blüten weiss, zahlreich in gipfelständigen Rispen. Blüht Mai bis September. An Hecken, auf Wiesen, in Ge- büschen vorkommend. — Echtes Labkraut, yalium verum, peren- 15 * — 28 — nierend, Juli bis September blühend, an Feldrainen, Wiesen, Berg- hängen und Wegrändern. Stengel vierkantig, bis über 50 cm hoch; Blätter schmal linealisch, fast nadelförmig, stachelspitzig, einnervig, un- behaart, zu sechs bis zwölf, meist zu zehn im Wirtel. Der Stengel trägt eine lange (über 18 cm lange) Blütenrispe, unterhalb welcher in einer Stengellänge, welche weiter als 30 cm hinabreicht, sich zerstreut noch einzelne Blütenstände finden. Kleine, gelbe, sternförmige, vier- blätterige Blütchen, welche angenehm riechen, stark nach Honig duften. Ganze Pflanze beim Trocknen schwarz werdend. — Familie: stern- blättrige oder Krapp-Gewächse, rabiaceae; vgl. bei Waldmeister. Gemeine Goldrute, solidago virga aurea, perennierend, in Waldungen, im Gebüsch, Juli bis September blühend; eine ansehnliche, vorzugsweise nordamerikanische Gattung, in der alten Welt nur eine Art; eine Komposite. „Wurzelstock büschelig, Stengel etwas rötlich ange- laufen, über !/g m hoch, glatt (oder schwach flaumig). Blätter langrund, schwach gezähnelt, die grundständigen gestielt, die stengelständigen kurz in den Stiel verschmälert. Blütenköpfchen zahlreich in einer schmalen, verlängerten, endständigen Traube, die am Grunde oft beblättert ist, nicht gross, schön goldgelb, jedes mit einem ausgebreiteten Strahlenkranze von zehn bis zwölf zungenförmigen Randblüten und ungefähr doppelt so vielen röhrenförmigen Scheibenblüten. Schliessfrüchte walzenförmig mit einer Federkrone aus einfachen Haaren. Variiert mehrfach mit höherem und niederem Stengel, breiteren oder schmaleren Blättern, zahlreicheren oder wenigeren, kleineren oder doppelt so grossen Köpf- chen ; letztere Form auf den höheren Alpenwiesen.“ Der Name Gold- rute kommt von den schlanken Stengeln und den goldgelben Blüten. Acker-Senf oder Acker-Kohl, brassica sinapistrum s. sinapis arvensis, lästiges, einjähriges Acker-Unkraut. „Stengel bis über '/2 m hoch, rauh von zerstreuten, steifen, abstehenden Haaren. Blätter lang- rund, mit sehr kurzen Haaren besetzt. Blumen ansehnlich gross, gelb. Kelch wagrecht abstehend. Die Form mit kahlen, glatten Schoten ist der echte sinapis arvensis, die andere Form, deren Schoten rückwärts gerichtete, kurze Borsten tragen, ist sinapes orientalis,; zwischen beiden finden aber verbindende Übergänge statt.“ Blüht Mai bis Juli. Gleich südöstlich hinter der Gartenmauer des Remonte-Depot, am Weg nach Ried, findet sich ein Feld, wo er so zahlreich wie gesät vorkommt, sodass das Feld im Juni von weitem schön lichtgelb wie ein blühendes Repsfeld aussieht. Schoten 1—3 cm lang, wovon mehr als ein Drittel auf den zweischneidigen Schnabel kommt. — 229 — Feld-Kohl, brassica campestris, wie der vorige ein Kreuzblütler. Stengel glatt, Yund, etwa 86 cm hoch, wovon 8 em auf die Pfahlwurzel treffen; von der Wurzel an verbreitet sich der Stamm gabelästig und jede einzelne Gabel wieder in einige Äste. Die unteren Blätter sind leier- förmig, indem das Blatt am unteren Teil fiederspaltig ist, der obere, breite Teil dagegen in einen grossen Endzipfel ausläuft; dasselbe ist ausserdem geöhrt und halb stengelumfassend; die oberen Blätter sind lanzettlich mit grossen Blattohren, ebenfalls halb stengelumfassend. Die Blätter sind unterseits weisslich, oben graugrün bereift. Blüten goldgelb, vierblättrig, am Ende der Äste. Frucht eine Sehote, die lang gestielt ist und vom Stengel absteht. Blüht von Mai an bis Oktober, ist perennierend, auf Wiesen, an Bachrändern, auf Äckern, besonders Schutthaufen. Wilder oder Acker-Rettich oder Hederich, raphänus rapha- nistrum s. raphanistrum arvense, zweijähriges, aufrechtes Unkraut. „Untere Blätter fiederteilig oder gelappt, rauh von kurzen Haaren; obere Blätter schmal und ganzrandig. Blüht Mai bis Juli; Blüten blassgelb mit dunkeln Adern. Schötchen gewöhnlich 2—3 em lang, fast walzenförmig und fleischig, an der Spitze auslaufend in einen langen, zugespitzten oder kegelförmigen Griffel, welcher trocken mehr oder weniger gefurcht erscheint.“ Die perlschnur- oder rosenkranzartig, d. i. in regelmässigen Absätzen nach den eingeschlossenen Samen- körnern zusammengezogene oder eingeschnürte, bez. aufgeschwollene, quer sich abgliedernde Schote zerfällt bei der Samenreife in Stücke, ohne dass sich die beiden Seitenklappen auflösen. Ebenfalls ein Kreuzblütler. Vielblütiger Enzian, yentiana multiflora, perennierend, Juli bis Oktober blühend, auf Bergwiesen, am Kesselberg. Fünf freie Staubgefässe, ein geteilter Stempel mit zwei Narben. Stengel kahl, glatt. Blätter gegenständig, sitzend, verkehrt eiförmig, lang zugespitzt, mit stark ausgeprägten, bogenförmig verlaufenden fünf Rippen, fünf- nervig. Blüten blattwinkelständig, sitzend, glockig, gegen 5 cm Jang, in lockerer, endständiger Traube; blau. Gemeines Schilf oder Rohr, phragmites communis s. arundo phragmites, perennierend, zweigeschlechtig, August und September blühend. „Starkes Gras mit 2—4 m hohen Halmen, langem, kriechen- dem Wurzelstock, zahlreichen langen Blättern, welche bis 2 em breit den ganzen Halm bekleiden. Rispe bis 30 em lang, büschelig, mit zahlreichen Ästen, mehr oder weniger niekend, rotbraun, glänzend. — 230 — Ährehen sehr zahlreich, schmal, gegen 1 em lang. Untere Spelze lanzettlich, gehöhlt, gegen 3 mm lang, unfruchtbar; die zweite schmaler, doppelt so lang; die dritte noch länger, ebenfalls unfruchtbar oder nur mit ein bis zwei Staubgefässen; alle drei unbehaart. Die folgenden oberen zwei bis drei Blütenspelzen sind von derselben Länge, jedoch schmaler, endigen meist in einer grannenähnlichen Spitze und sind umgeben von Seidenhaaren, welche sich während des Fruchtreifens ver- längern.“ An nassen Stellen, in flachen Gewässern und Sümpfen über die ganze Erde verbreitet; in Deutschland gemein. Hier insbesondere zahllos in dem davon den Namen tragenden, 1 Stunde südlich ge- legenen Rohrsee; 1!/a Stunden nördlich im Stallauer Weiher. „Das 4 m hohe echte oder spanische Rohr, arundo donax, mit fingerdickem Halm, 4 cm breiten Blättern, glänzend gelblich grünen, violett gescheck- ten Ährchen gehört dem wärmeren Südeuropa an und findet sich in der südlichen Schweiz (Aostathal im Tessin) und in,Südtirol (Gardasee) stellen- weise angepflanzt.“ — „Eine Art Schutzmittel gegen die Gefahren der Knickung, welchen die grünen, dem Himmelslichte zuwachsenden, rings von Luft umgebenen und von allen Seiten dem Anprall der Windstösse unterworfenen Blätter ausgesetzt sind, besteht darin, dass die ziemlich steifen Blattflächen wie Windfahnen um den Stengel, von dem sie ausgehen, drehbar sind. Diese Einrichtung findet sich verwirk- lieht an mehreren rohrartigen Gräsern, besonders auffallend an dem schilfähnlichen, rohrartigen Glanzgras, phalärıs arundinacea (von welchem eine Spielart mit grün- und weissstreifigen Blättern als Band- gras, phalaris piela, in den Gärten gezogen wird), und an dem weit verbreiteten gemeinen Rohr, phragmites communis. Dieses letztere, welches oft in unermesslichen Beständen in den sumpfigen Niederungen und Thalböden und im Ufergelände der Flüsse angesiedelt ist, ent- wickelt hohe, schlanke Halme, welche mit zahlreichen Blättern besetzt sind. Diese Blätter bestehen, wie die Blätter aller Gräser, aus der vom Stengel abstehenden. Spreite, welche lineal ziemlich breit und zu- gespitzt ist, und dann aus der Scheide, welche die Gestalt eines Hohl- cylinders besitzt, der den Halm eng umschliesst, und aus dem man das betreffende Halmstück wie aus einer Röhre herausziehen kann. So lange die Halme und Blätter noch. nicht vollständig ausgewachsen sind, erscheinen die Blattspreiten steif aufgerichtet dem Halme parallel, später senken sie sich, stehen wagerecht ab und werden schliesslich sogar etwas geneigt, so dass sie mit der Spitze gegen den Boden sehen. Sie bleiben dabei flach und sind so steif, dass sie durch schwache I 2 Luftströmungen nicht gebogen werden können. Auch wenn ein stärkerer Anstoss erfolgt, verbiegen sie sich nicht, wohl aber drehen sie sich wie die Windfahnen am Dachgiebel nach jener Richtung hin, gegen welche der Wind weht, also in den sogenannten Windschatten. Das ist nur dadurch möglich, dass sowohl der Halm als auch die ihn umschliessende röhrenförmige Blattscheide an der Reibungsfläche sehr glatt sind, und dass die Blattscheide eine geringe Zerrung ohne Nachteil verträgt. In der That findet man diese Ausbildung bei den genannten rohrartigen Gräsern, und es ist bei ihnen auch noch durch ein an der Grenze von Blattspreite und Blattscheide angebrachtes Häutchen Vorsorge ge- troffen, dass nicht etwa Regenwasser in die Scheide eindringt, die Reibung vermehrt und die Drehung erschwert. Die aus tausenden von beblätterten Halmen des gewöhnlichen Rohres (phragmites com- munis) zusammengesetzten Bestände erhalten infolge der beschriebenen Einrichtung jedesmal, wenn ein Wind über das Rohrfeld weht, ein eigentümliches Aussehen. Kommt der Wind von Östen, so sind alle Blätter nach Westen gerichtet; kommt er von Westen, so sind sie mit ihren Spitzen dem Osten zugewendet. Der ganze Bestand sieht aus, als wäre er gekämmt worden, als hätte man alle Blattspreiten wie die Haare einer Mähne in die Richtung des Windschattens hingestrichen.“ See-Binse oder Teichbinse, scirpus lacustris, gemein in Teichen, Seen und langsam fliessenden Gewässern, hier besonders in dem 1 Stunde (südlich) entfernten Rohrsee und dem 1!/2 Stunden (nördlich) entfern- ten Stallauer Weiher. Stengel stielrund, blattlos, grasgrün, bis 2 m hoch und am Grunde bis daumendick. Ährechen büschelig gehäuft, eine zusammengesetzte Spirre bildend, welche ein kurzes Stück unter der meist seitwärts gebogenen Stengelspitze sich befindet. (Die büschel- oder rispenartige, am Grunde von einem Blatt gestützte, endständige, öfter scheinbar seitenständige Trugdolde (unregelmässige Rispe) der Blütenährchen wird bei den Simsengewächsen, juncaceae, und den Cyperngräsern, cyperaceae, auch mit dem besonderen Namen Spirre belegt.) Spelzen hell rotbraun, glatt. Drei Narben. Nuss dreikantig, glatt. Unterständige Borsten rückwärts feinstachelig. Perennierend; Juni und Juli blühend. Von ihr (und andern ähnlichen Arten) werden die mit schwammigem Mark erfüllten Halme als Flechtmaterial zu Matten benützt. Die Seebinse gehört wie das Riedgras und Wollgras zu den Ried- oder Cypergräsern, cyperacede, Grasgewächsen mit dicht von den Blattscheiden umgebenem Stengel, welche meist steifer und härter sind als die eigentlichen Gräser, daher sie auch Scheingräser genannt wurden. In ihrer weiten Verbreitung und im geselligen Wachs- tum ihrer zahlreichen Arten stimmen die Cyperaceen mit den Gräsern überein, doch lieben sie mehr nasse Stellen, und an solchen, sowie in höheren Gebirgsregionen und im Norden werden sie gegen jene vor- wiegend. Sie sind wegen ihrer saftlosen, rauhen und oft scharfen Blätter und Halme schlechte Futterkräuter, und ihr Überwiegen auf sumpfigem Boden bringt die sogenannten sauern Wiesen hervor, die nur durch Entwässerung, infolge deren dann die echten Gräser die Oberhand erhalten, zu verbessern sind. Zittergrasartiges Riedgras, carex brizoides, perennierend, im Mai blühend, an feuchten Stellen in den Wäldern hin und wieder in Menge. „Wurzelstock kriechend; Halme bis über !/2 m hoch, dünn, dreikantig, fast nackt, einen hohen, einseitig überhängenden Graswuchs bildend. Ährchen länglich lanzettlich, gekrümmt, glänzend weisslich bis strohgelb. Zwei Narben. Früchte lanzettlich, ‚glatt, geschnabelt, vom Grunde an am Rande fein wimperig gesägt, meist länger als die Spelzen. Wird in der Schweiz als Lischen (erin vegetal) zum Aus- stopfen von Matratzen gebraucht, desgleichen auch in Baden und Würtemberg als Waldhaar oder Seegras im grossen gesammelt.“ Vieljähriges Wollgras, auch Silberfiocke und hier gewöhn- lich Torfblume genannt, eriophörum polystachyum, perennierend, April und Mai blühend, auf moorigen, torfigen Wiesen, den sogenannten Mooswiesen gleich hinter dem ehemaligen Kloster und bis zu dem am Rohrsee gelegenen, 1 Stunde südlich entfernten einsamen Fischerhaus Brunnenbach zahlreich vorkommend. „Wurzelstock kriechend, Blätter wenige, meist grundständig, viel kürzer als der Stengel, mehr oder weniger dreikantig oder rinnig an der Spitze oder im ganzen Verlauf, die stengelständigen oft sehr kurz. Stengel gegen 30 em hoch, mit gipfelständiger Dolde aus zwei bis zehn oder mehr Ährchen, von denen ein inneres sitzend, die übrigen äusseren mehr oder weniger gestielt, oft nickend; am Grunde der Dolde ein bis drei blattartige Hüllblätter. Einzelne Ährchen eirundlich bis langrund, 1 em lang; die Spelzen dünn, olivengrün mit häutigen Rändern, mitunter braun.“ Unter- ständige Borsten sehr zahlreich, einen dichten, wie aus weissen, seiden- slänzenden, feinen Haaren bestehenden, baumwollähnlichen Büschel von 2—3 cm Länge bildend. Derselbe hält sich mehrere Jahre und wird auch zu Bouqueten verwendet. — Eine Varietät ist das schmal- blättrige Wollgras, eriophorum angustifolium ; Blätter sitzend, etwa — 233 — 8 cm lang und 5 mm breit; Stengel dreikantig. Perennierend, auf Mooswiesen westlich und südlich vom Kloster. Winterblume oder Winterstern, eranthis hiemalis, peren- nierend, in Bergwaldungen, Februar und März blühend. „Bis 12 cm hohes Kräutchen mit einblütigem, dünnem Stengel. Grundständige Blätter lang gestielt, drei- bis siebenteilig, herzförmig rundlich. Kelch- blätter zu sechs bis acht, länglich, stumpf, etwa drei Viertel so lang als die Blütenhülle Sie bleiben nicht bis zur Fruchtreife, wie dies bei der Nieswurz der Fall ist, sondern fallen vorber ab, goldgelb, gross. Blumenblätter gewöhnlich sechs, goldgelb, halb so lang als die Kelchblätter. Die zahlreichen Staubgefässe sind wie die Blumenblätter unterhalb der Fruchtknoten befestigt. Fünf bis sechs Stempel, jedoch gewöhnlich nur drei zu Kapseln sich ausbildend. Der Blütenstengel und die Blüten entwickeln sich früher als die grundständigen Blätter.“ Gehört in die Familie der Hahnenfussgewächse. Die weisse Seerose oder Nixenblume, Seelilie, Weasserlilie, nymphaea alba, eine perennierende, Juni bis September blühende Wasserpflanze, mit liegendem, im Schlamme eingebettetem Wurzelstock, kommt am Rande des Kochel- und Rohrsees sowie in tiefen Moor- gräben vor. Die zahlreichen, in mehreren Reihen stehenden Blumen- blätter gehen allmälig in die Staubgefässe über, — sie liefern gleich den gefüllten Blüten einen Beweis, dass die Staubgefässe Blattgebilde, umgewandelte Blumenblätter sind. „Kelchblätter vier, ähnlich den äusseren Blumenblättern, jedoch aussen grünlich. Blumenblätter ohne Honiggrube. Fruchtblätter zahlreich, am Grunde eingefügt in eine fleischige Scheibe, sodass sie strahlige, in einem Mittelpunkt zusammen- treffende Scheidewände darstellen, während die Staubgefässe und Blumen- blätter an der Aussenseite jener Scheibe fast an der Spitze der Frucht- fächer entspringen. Narben eben so viele als Fächer, strahlenförmig auf der Spitze der Frucht, eine grosse, schildförmige Scheibe bildend, jede endigend in einem aufwärts gekrümmten, schmalen Anhang. Frucht fleischig, äusserlich der Mohnkapsel ähnlich, nicht aufspringend, mit zahlreichen Samen. Die lang gestielten, schwimmenden Blätter tief herzförmig, ganzrandig, glatt, 14—28 cm im Durchmesser, mit lanzettlichen, schmal ausgerandeten, freien Nebenblättern. Die schönen, weissen Blumen sind geruchlos, schwimmen auf der Oberfläche des Wassers und haben 7-10 em im Durchmesser. Frucht meist kugelig. Ändert vielfach ab in Grösse der Blume, Gestalt der Frucht und Narbenscheibe, der Narbenanhängsel, Breite und Färbung der gewöhn- Dr DEE lich gelben Staubbeutel.“ — „Die weisse Seerose, die mit ihren schwim- menden, von einem reichen Blätterkranz umgebenen weissen Blüten stets einen malerischen Anblick gewährt, ist der Sage nach eine ver- wandelte Seejungfrau, die um Mitternacht als weisse Elfe auf dem Wasserspiegel tanzt, und unter den breiten Blättern der Pflanze ver- steckt sich der Jauernde Nix (Wassergeist). Die Blätter selbst dienen aber den Elfen (Geistern der Luft und des Windes) und anderen kleinen Elementargeistern als Schiffe, mit denen sie bei Mondschein und stiller Luft über die weiten Fluten gleiten.“ Die gelbe Seerose oder Nixenblume, »ymphaea lutea s. nu- phar luteum, mit einige Meter langem Stiel, ist seltener und kommt weiter vom See-Ufer entfernt ebenfalls im Kochel- und Rohrsee vor. „Blätter ähnlich der weissen Seerose, aber ohne Nebenblätter. Blumen gelb, 4—6 cm über das Wasser ragend, aber weniger gross, schwach duftend. Die stark gewölbten, gehöhlten, dottergelben fünf Kelch- ‚ blätter, bedeutend grösser als die äusseren Blumenblätter, verleihen ihnen eine kugelige Form. Fruchtblätter zahlreich und strahlend wie bei der weissen Seerose, aber zu einem Fruchtknoten verwachsen, wel- cher oberhalb auf der fleischigen Scheibe steht, nicht eingesenkt in letzterer. Frucht kugelförmig, gekrönt von der zehn- bis zwanzigstrahligen, ganzrandigen oder ausgeschweiften Narbenscheibe; sie bleibt geschlossen oder zerreisst unregelmässig. Varliert ebenfalls in Grösse der Blumen und in Zahl der Narbenstrahlen.“ „Dass jene Sumpfpflanzen, welche in dem stets feuchten Schlamme am Boden von Seen und Teichen wurzeln, deren Stengel und Blatt- stiele direkt vom Wasser umflutet werden, und deren Blattspreiten der Wasserfläche aufliegen, wie beispielsweise die Seerosen, Förderungs- mittel der Transpiration bedürfen, ist selbstverständlich. Die Spreite der Blätter ist bei allen diesen Pflanzen scheibenförmig, die Blatt- scheiben liegen neben einander platt dem Wasserspiegel auf, und oft sind weite Strecken der Seen und Teiche mit den schwimmenden Blättern dieser Gewächse förmlich tapeziert. Die ganze obere Seite eines jeden Blattes kann von den Sonnenstrahlen getroffen und so das Blatt durchleuchtet und durchwärmt werden. Die untere Seite der Blatt- scheiben ist violett gefärbt durch Anthokyan, einen Farbstoff, welcher das Licht in Wärme umsetzt und dadurch wesentlich mithilft, die Blattscheiben zu erwärmen. Der Wasserdampf, welcher sich infolge dessen entwickelt, kann aus den grossen Luftlücken, welche die Blatt- scheiben durchziehen, nieht nach unten entweichen, da die untere auf dem Wasser liegende und vom Wasser benetzte Seite keine Spalt- öffnungen besitzt. Nur die obere Seite, welche mit Spaltöffnungen so reichlich versehen ist, dass auf 1 qmm 460, und auf ein einziges See- rosenblatt im Ausmasse von 2!/g qdm beiläufig 11'/2 Millionen kom- men, bietet einen Ausweg, und es ist daher von Wichtigkeit, dass dieser Weg zur Zeit der Transpiration nicht versperrt ist. Wenn der Regen auf die obere Seite der schwimmenden Blattscheiben unbehindert nie- derfällt, so könnte das Regenwasser längere Zeit auf der oberen Seite angesammelt zurückbleiben und sich auch dann noch dort erhalten, wenn nach dem Regen die Sonnenstrahlen aus dem Gewölke hervor- brechen, die schwimmenden Blätter erwärmen und zur Transpiration anregen. Damit «das vermieden werde, ist die Einrichtung getroffen, dass die obere Seite der schwimmenden Blattscheiben nicht netzbar ist. Die auffallenden Regentropfen bilden auf derselben Wasserperlen und zerfliessen nicht auf der Blattfläche. Damit aber auch diese Wasser- perlen nicht längere Zeit auf dem Blatte bleiben, ist bei mehreren hieher gehörigen Formen, so namentlich bei der weit verbreiteten weissen Seerose, die Scheibe dort, wo sie dem Stiele aufsitzt, etwas er- höht, und ist der Rand der Blätter etwas wellenförmig hin- und her- gebogen. Es entstehen dadurch am Umfange der Scheibe sehr flache Vertiefungen, durch welche bei der geringsten schaukelnden Bewegung die Wassertropfen von der Mitte des Blattes zum Rande abrollen, um sich dort mit dem Wasser zu vereinigen, welchem die Blätter aufliegen, Diese Wellung des Blattrandes hat bei den Seerosen eine Erscheinung im Gefolge, welche so interessant ist, dass sie nicht unerwähnt bleiben darf. Wenn man zur Mittagszeit bei hellem Sonnenscheine mit einem Kahne über die stille Bucht eines Sees fährt, auf deren Spiegel sich die Blattscheiben der Seerosen ausbreiten, so sieht man, vorausgesetzt, dass das Wasser bis zum Grunde hinab klar ist, unten die Schatten der auf dem Wasserspiegel schwimmenden Blätter abgezeichnet. Aber man traut kaum seinen Augen; das scheinen nicht die Schatten von Seerosenblättern, sondern die Schatten der Wedel mächtiger Fächer- palmen zu sein; von einem dunkeln Mittelfelde strahlen lange dunkle Streifen aus, und diese sind durch ebensoviele helle Bänder von ein- ander geschieden. Der Grund dieser auffallenden Schattenbildung liegt nun eben in dem welligen Rande des auf dem Seespiegel schwimmen- den Blattes. Das Seewasser adhäriert der ganzen unteren Blattscheibe bis zum Rande und zieht sich auch an den nach oben gewölbten Teilen des welligen Randes empor. In diesen emporgezogenen Wasser- — ı256 — partien bricht sich der Sonnenstrahl wie in einer Linse, und so bildet sich, entsprechend jedem konvexen Abschnitte des gewellten Blatt- randes, am Grunde des Sees ein heller Streifen, während den kon- kaven Abschnitten dunkle Streifen entsprechen, die sich strahlenförmig um das dunkle Mittelfeld des Schattens gruppieren.“ — Ob die phäno- logischen Phasen, d. h. die Eintrittszeiten der Blüte und Fruchtreife der Seerosen wie der Wasserpflanzen überhaupt als Kennzeichen für die sehr variable Laichzeit der Fische benützt werden können, darüber fehlt mir die Erfahrung. Schwimmende Wassernuss, Zrapa natans (tribulus aquatieus), ein Nachtkerzengewächs, in stehenden und langsam fliessenden Gewässern, in hiesiger Umgebung nur in einem Teiche bei Penzberg vorkommend. „Kahles Kraut, dessen Wurzel im Grundschlamme der Gewässer kriecht. Stengel mitunter sehr lang, schnurförmig, reich beblättert, im Wasser flutend. Untergetauchte Blätter entgegengesetzt, haarförmig fiederspaltig, wurzelähnlich. Die oberen schwimmenden Blätter bilden eine dichte Ro- sette, sind lederartig, rautenförmig, am Rande gezähnt, gegen 2 em lang, unterseits braunfilzig, gestielt. Der Blattstiel ist in der Mitte tonnen- förmig aufgetrieben oder aufgeblasen, zottig. Blüten einzeln, kurz ge- stielt, klein, weiss, vierblätterig, in den Blattachseln. Frucht 1 cm lang, hartschalig — eine harte Nuss -—, schwarzgrau, verkehrt eiför- mig, mit vier abstehenden Dornen, — den vergrösserten und verhärte- ten Kelchzipfeln ; einfächerig, einsamig. Die vierdornigen Früchte sind unter dem Namen Woassernüsse oder Wasserkastanien bekannt; die Kerne sind mehlig, kastanienartig und werden hie und da gegessen. — Die Keimung betreffend, so tritt in besonders auffallender Weise die Erscheinung der Verschiedenheit zwischen den eben reif gewordenen noch nicht keimfähigen und den abgelegenen keimfähigen Samen — wie bei der Kartoffel und dem Schneeglöckchen — auch bei der Wassernuss hervor. Bringt man Wassernüsse, welche sich von der Mutterpflanze abgelöst haben, im Herbste in ein mit Wasser gefülltes Gefäss und erhält die Temperatur des Wassers den ganzen Winter hindurch auf 15° C., so wachsen die Würzelchen der Keimlinge doch erst im kommenden Frühling hervor, und zwar nicht erst bei einer erhöhten Temperatur, sondern bei derselben Temperatur, welcher die Wassernüsse sechs Monate lang ununterbrochen ausgesetzt waren. Auch wenn man die Temperatur des Wassers auf 20° erhöht, wird dadurch das Hervorwachsen der Würzelchen nicht beschleunigt, und es kann somit die erhöhte Wärme erst dann als Anregungsmittel zum en Wachstum wirksam werden, nachdem die Samen im Laufe der sechs Monate entsprechend zubereitet wurden, abgelegen sind. Die Keim- blätter haben bei der Wassernuss eine seltsame Form. Das eine der Keimblätter ist klein, schuppenartig, und enthält keine Reservestoffe, das andere ist sehr gross und erfüllt so vollständig die Nuss, dass es aussieht als habe jemand Stearin in das Innere der Frucht gegossen, welches dann erstarrte und zu einer festen Masse wurde. Die Wasser- nuss keimt auf schlammigem Grunde unter Wasser; sobald die Kei- mung beginnt, wird aus dem Loche der Nuss ein weisser, mit einem Regenwurme zu vergleichender Körper vorgeschoben, welchen manche als Keimblattstamm deuten, der aber richtiger als Wurzel aufzufassen ist, Dieses Gebilde verlängert sich unter dem Wasser und wächst geradlinig in die Höhe. Von den beiden Keimblättern verlässt nur das eine, welches als kleine Schuppe dem kurzen Keimblattstamme aufsitzt, die Höhlung der Nuss, das andere grosse bleibt in der Nuss stecken und steht mit dem Keimblattstamme durch einen langen Stiel in Verbindung. Dieser lange Stiel, der sehr kurze Keimblattstamm und die Wurzel gehen so unvermittelt ineinander über, dass sie zu- sammen als ein einziger ungegliederter weisser Strang erscheinen. Dureh die stielartige Verbindung werden die in dem grossen dicken Keimblatte deponierten Baustoffe den im Wasser wachsenden Teilen des Keimlinges zugeführt, was ziemlich lange Zeit in Anspruch nimmt, Bis dieses Keimblatt alle seine Reservestoffe abgegeben hat, ist die Wurzel schon so weit erstarkt, dass sie aus der Umgebung Stoffe auf- zunehmen vermag; sie krümmt sich gegen den schlammigen Boden herab und setzt sich in demselben mit zahlreichen Seitenfasern fest. Auch die Knospe, welehe an der Basis des kleinen, schuppenförmigen Blattes am Keimblattstamme angelegt wurde, ist inzwischen ausge- wachsen und zu einem Spross geworden, welcher unten Niederblätter, weiter aufwärts grüne Mittelblätter entwickelt und zur Oberfläche des Wassers hinaufwächst. Das ausgesaugte Keimblatt verlässt niemals den Innenraum der Nuss, sondern geht wie diese allmälig in Ver- wesung über. Es liegt demnach hier der seltene Fall vor, dass das eine Keimblatt aus der Höhlung des Samens, beziehentlich der Frucht vorgeschoben wird, während das andere dort zurückbleibt. Jede der grossen Früchte der Wassernuss zeigt zwei Paare von abstehenden kreuzweise gestellten Dornen, welche sich aus den vier Kelchblättern herausgebildet haben und welche sie während des Ausreifens gegen die Angriffe seitens der Wassertiere schützen. Diese Dornen sowie die — 238 — ganze Frucht sind nur innen steinhart, die äusseren Zellschichten sind weich, zersetzen sich auch unter Wasser ziemlich rasch und lösen sich in unregelmässigen Fetzen und Fasern von dem tieferen, sehr festen Gewebe ab. An der Spitze der Dornen erhält sich nach der Ablösung der Weichteile nicht nur die kräftige, sehr feste Mittelrippe, sondern es verbleiben auch die Anfänge einiger rückläufiger Bündel aus sehr festen, langgestreckten Zellen, die unmittelbar hinter der Spitze von der Mittelrippe entspringen. Diese Dornen erscheinen dann ankerartig ausgebildet und wirken auch ähnlich wie Anker, d.h. sie hängen sich im Grunde der Teiche mit Hilfe der widerhakigen Spitzen an ver- schiedene den schlammigen Boden unter Wasser bedeckende Pflanzen- reste an und werden dort förmlich verankert. Der aus der Nuss herauswachsende Keimling vermag dann auch nicht die feste Frucht- hülle mit emporzuheben, sie bleibt verankert an der Stelle, wo sie hin- gefallen war. Die Stöcke der Wassernuss sind also durch Wurzeln im Schlammboden unter dem Wasser festgewachsen und nicht auf das freie Herumschwimmen eingerichtet. Die untergetauchten Blätter sind fein kammförmig zerschlitzt und haben ein so geringes spezifisches Gewicht, dass sie, vom Stamme losgelöst, sofort an die Wasserober- fläche emporkommen; die obersten, dem Wasserspiegel aufliegenden, rosettig gruppierten Blätter zeigen rhombische, derbe, fast lederartige Spreiten, aber auch diese sinken, wenn man sie isoliert, nicht unter, und man begreift daher nicht recht, welchen Vorteil in diesem Falle die tonnenförmig aufgetriebenen Blattstiele haben sollen. Wenn man aber im Hochsommer aus den zwischen den Blättern der schwimmen- den Rosette ausgebildeten Blüten die schweren grossen Früchte hervor- gehen sieht, so wird es klar, dass hier die Schwimmfähigkeit der Ro- settenblätter darum erhöht ist, weil sonst die ganze Rosette durch das Gewicht der Nüsse in die Tiefe hinabgezogen und an einen Platz ver- setzt werden würde, welcher für die Funktion ihrer Blattspreiten der denkbar ungünstigste wäre. Den mit Spaltöffnungen versehenen grü- nen Spreiten würde es unter Wasser unmöglich sein, organische Stoffe zu erzeugen und diese an die ausreifende Frucht als Reservestoffe ab- zuliefern; sie würden dort auch nicht atmen können, daher samt den noch nicht ganz ausgereiften Früchten dahinsiechen und zu Grunde gehen.“ Wassernüsse heyssen auch Weyhernüsse, Stachelnüsse, Seenüsse, Spitznüsse, denn sie wachsen in den wassergräben, vnd fischweihern Haben breyte, scheibechte, dicke bletter, die haben vil adern, sindt ragt auff dem rücken mit mackeln besprengt, vnd an dem vmbkreis ein wenig zerkerbt, hangen an langen vnd dicken stilen. Auch ist der stengel oben dicker dann vnten. Die wurtzel lang bewechst mit ett- lichem haare in der gestalt einer ähre. Sie bringen ein schwartze frucht, in der grösse einer Castanien, die hat drey stacheln oder spitzen, anzusehen alss drey hörner. Die euserste rind ist hart, das marck in- wendig weiss, am geschmack den Castanien nicht vngleich, derhalben nennen sie ettliche Wassercastanien, das arme volck issets auch wie Castanien vnd sonderlich in der theuren zeit, kochen sie diese frucht, oder dörrens, stossens zu puluer, vnd backen brot darauss, wie man auch mit den andern Castanien pflegt zu thun. Dioscorides sagt, die Thraces haben ire pferde mit dem grünen kraut der wassernüsse gemestet, vnd auss dem süssen marck brot für jre selbs speiss ge- macht. Gemeiner Fieberklee, Dreiblatt, Zottenblume, menyanthes tri- ‚folium, zu den Enziangewächsen gehörig, auf Mooswiesen, !/ı Stunde süd- lich vom Kloster herdweise, rasenbildend, blüht Mai und Juni. Wurzel- stock kriechend, grünlich weiss, geringelt, sehr lang, mit zahlreichen verfilzten Wurzelfasern; perennierend. Blätter glatt, saftig, derb, ver- kehrt eiförmig, etwas über 7 cm lang und über 3,5 em breit; der dieke Blattstengel bis mehr als 20 em lang. Kelch fünfteilig. Blumen- krone tief fünfspaltig, die weisseu Blumenblättchen innen mit dichten zottenartigen Fransen versehen, wie bartig aussehend, an ihrer Aussen- seite und an den Spitzen rosa- oder fleischfarben. Die vermöge ihres Bitterstoffes (Menyanthin) nachhaltig bitter schmeckenden Blätter, folia trifolüi fibrini s. aquatici waren früher und sind heute noch zuweilen beim Volk als Magenmittel (stomachicum) in Gebrauch, entweder im Aufguss wie jeder Thee oder als Abkochung, etwa 15 Gramm oder ein Esslöffel Blätter auf 100 Gramm Wasser, in zwei Tagen zu ver- brauchen. Der runde, saftige, krautige Blütenstengel war 14 em lang, wovon 3 cm auf die Blütentraube, ein andermal 16 cm, wovon 4 cm auf die Blütentraube trafen. Zweihäusiges Ruhrkraut, ynaphalium dioicum, auch Katzen- pfötehen genannt, perennierend, auf Bergwiesen, so bei Steinbach, mit rasigem, gestreckte wurzelnde Ausläufer treibendem Stock. Stengel durchschnittlich 11 em lang. Untere Blätter langrund spatelförmig, obere lineal, sitzend und fast anliegend, auf beiden Seiten, die Unter- seite ausgesprochener, -weissfilzig, ebenso der Stengel. Blütenköpfehen hell purpurrot (selten weiss), zu vier oder auch drei in gipfelständiger BEE pe Traube, zweihäusig. „Bei den männlichen sind die inneren Hüllblätt- chen breit, blumenblattähnlich und ausgebreitet, so dass sie Strahlen- blüten ähneln. Die Blütchen sind sämtlich röhrenförmig und kurz. Bei den weiblichen Köpfchen sind die Hüllblättchen schmaler, aber nicht ausgebreitet, die Blütchen sämtlich fadenförmig, die Schliess- früchtehen mit langer, hervortretender Haarkrone.“ Die weiblichen Blüten scheinen häufiger vorzukommen. Blütezeit Mai bis Juli. Ge- hört in die Familie der Korbblütler. Arzneilicher Beinwell, symphytum officinale, ein Boretsch- gewächs, an Bachrändern, auf feuchten Wiesen, perennierend, Mai bis September blühend. Rauhhaariger starker Stengel, ebenso rauhhaarige Blätter, in eine lange Spitze verschmälert, bis 20 cm lang und 6 cm breit, die unteren gestielt, in den Blattstiel verschmälert, herablaufend, die oberen sitzend; gross netzaderig, namentlich an der Unterseite stark hervortretende Rippen. Blütentrauben violett, düster purpurrot, Blüten gestielt. Die Wurzel galt ehedem als heilkräftig, namentlich bei Knochenbrüchen (Bein-Wohl?). Berg-Sandglöckchen, jasione monlana, ein- bis zweijährig, auf Bergwiesen und im Wald. Wurzelstock ohne Ausläufer, Stengel leicht rötlich, gefurcht, Blätter klein, länglich spitz lanzettlich, am Rande wellig und flaumig behaart. Hüllblättchen breit eiförmig; die Blütchen fadenförmig, 2 cm lang, schön blau, ähnlich der Kornblume, bilden ein Köpfchen von etwa 2 cm Durchmesser; der Stempel an der Spitze meist drei-, seltener zweispaltig, spiralig zurückgerollt. Blüht Juni und Juli. Ein Glockenblumengewächs. Gemeines Hirtentäschchen, capsella bursa pastoris, Gatt- ung Hirtentäschehen (mit nur wenigen Arten), Familie Kreuzblütler. Ich mass die Länge der Pflanze, d. h. des Stengels zu 29, der spindel- förmigen, mit zahlreichen mehr oder weniger langen Fasern zu beiden Seiten versehenen Pfahlwurzel zu 8 cm. Die grundständigen Blätter bilden eine dichte, büschelförmige Rosette, die Blätter sind tief fieder- spaltig, mit meist dreieckigem Endzipfel. Stengel schwach behaart mit oben wenigen kleinen, länglichen, schmal lanzettlichen (die obersten etwa 31 mm lang und 5 mm breit) unregelmässig schwach gezähnten und schwach behaarten Blättern, den Stengel mit zwei oder vorwiegend mit einem (hauptsächlich vorgezogenen) längeren Öhrchen umfassend. Die kleinen, weissen, vierblätterigen Blütchen bilden scheinbar ein end- ständiges Trugdöldchen, in Wirklichkeit eine lang gestielte Traube — — 241 — die oberen Blütchen sind noch in Blüte, während die unteren bereits Schötchen bilden: Diese Schötchen stehen also in einer langen, lockeren Traube, .sind dreieckig, in der Mitte oben leicht eingesenkt oder ein- geschnitten, die Ecken abgerundet, und erscheinen so verkehrt herz- förmig; sie sind etwa 7 mm lang und 4,5 mm breit an einem 18 mm langen Stielchen. Samen zu zehn bis zwölf in jedem Fach des in zwei gleiche Längs-Hälften geteilten Schötchens. „Wahrscheinlich in Europa und Westasien ursprünglich einheimisch, aber jetzt eines der gemeinsten Unkräuter ziemlich über alle Länder der Erde verbreitet, die Tropen ausgenommen; ein- bis zweijährig; blüht fast das ganze Jahr.“ Hassel gibt folgende Schilderung. Zu den auffälligsten Aller- welts-Unkräutern, welche selbst die Ozeane übersprungen haben und jetzt in allen fünf Erdteilen sich eingebürgert zeigen, gehört das Hirten- täschlkraut, der „Taschendieb“ der deutschen Jugend, welches ursprüng- lich in Mittel-Europa heimisch, schon vor einem Jahrhundert in den Vereinigten Staaten von Amerika sich Bürgerrecht erwarb, um dieselbe Zeit auch in den englischen Plantagen Asiens auftrat, in Grönland wie in Kapstadt sich das Terrain eroberte und seit 1844 auch die australischen Ackerbauer und Gärtner beglückte. Jedermann bei uns kennt das unscheinbare Kraut, dessen Grundblätter in den verschie- densten Formen, bald schmal und einfach, bald breit und tiefgezackt, als Rosette dem Boden angepresst liegen und ihn im weiten Kreise vor der Austrocknung durch Wind und Sonne bewahren, während sie andererseits jeden Tropfen Regen, jeden Tauniederschlag in ihren regen- rinnenartig gestalteten Blättern in das Zentrum der Rosette führen, damit er dort hinuntersickern kann zur oft halbmeterlangen, peitschen- schnurartig in die Tiefe drängenden weissen Pfahlwurzel. Mitten aus der Blattrosette aber schiesst, bald nur wenige Centimeter hoch — auf ausgesaugtem Boden —, bald fast meterhoch — im saftigen Kultur- lande —, der einfache oder verästelte Blütenschaft hervor mit seinen einzelnen oder nach hunderten zählenden weissen Blütchen, deren jede sich zum dreieckig herzförmigen Frucht-Täschelchen, welche der Bo- taniker Schötchen nennt, entwickelt. Sieht man genauer zu, so zeigt jedes Blütchen vier kleine, grüne Kelchblättchen, vier weisse, an der Spitze herzförmig ausgeschnittene Blumenblättchen, sechs gelbliche Staubfäden, von denen zwei kürzer als die andern vier sind, einen grünen Fruchtknoten, welcher schon die Miniaturform der späteren Frucht besitzt und einen kurzen Griffel trägt. Kein Honigtröpfchen ist in der Blüte vorhanden, kein Insekt besucht die Blüte, und dennoch Daffner, Voralpenpflanzen. 16 % wird aus beinahe jeder Blüte eine Fruchtkapsel mit zahlreichen, leicht keimenden, gelbbraunen Samen. Das Hirtentäschelkraut ist eine der nicht allzu vielen Pflanzenarten, welche durch Selbstbestäubung be- fruchtet werden. Die Staubfäden sind alle sechs kürzer als der Frucht- knoten, und so lange die Blüte aufrecht steht, ist eine Selbstbestäubung unmöglich. Im Augenblick der vollen Blüte aber dreht sich die Blüte etwas abwärts und nun gelangt der Pollenstaub bequem auf die ihn erwartende Narbe und lässt die in der Tiefe ruhenden Eizellen zum befruchteten Samen anschwellen. Matthiolus sagt: Teschelkraut wechst elenhoch. Tregt weisse blümlen, darauss werden kleine, knöpffechte täschlen, die sindt anzusehen, wie kleine hertzlen, hangen an langen stilen. In diesen Täschlen ligt kleiner vnnd schwartzer same. Die wurtzel ist vilfaltig, begibt sich nicht tieff in die erden. Bittere Kreuzblume, polygala amara, perennierend, an Bach- rändern, von Juni an den Sommer über blühend. Blütchen blau, an kurzen, dünnen Stielchen hängend, in gipfelständiger Traube, fünf Blumenblättehen; während die obersten Blütchen noch lebhaft blau sind, ist die weitaus grössere darunter befindliche Mehrzahl schon grün (verblüht) und flach an die Kapsel angelegt. Die oberen Blätter bei- nahe sitzend und länglich schmal lanzettlich, fast lineal, etwa 18 mm lang und 4 mm breit, die unteren gestielt und verkehrt eiförmig; glatt- randig. Stengel mit der Ähre 15 em lang, wovon auf die Ähre 7 cm treffen, oder 13 em lang, wobei nur wenig über 4 cm auf die Ähre fallen; oder 10 cm langer Stengel mit 5 em langer Ähre. Wurzel dünn, gelblich. Durch den stark bitteren Geschmack kam früher Kraut und Wurzel in arzneiliche Verwendung. Gehört zu der in Europa nur durch die (nicht artenreiche) Gattung Kreuzblume ver- tretene Familie der Bitterlinge, polygalaceae. — Buchsbaum- blätterige Kreuzblume, polygala chamaebuxus. Niederliegendes, kriechendes, strauchartiges Pflänzchen, Stengel, unten verholzt, wenig über 6 em lang. Blätter länglich eiförmig, etwa 14—16 mm lang bei 5 mm Breite, dunkelgrün, lederartig, ganzrandig mit minimalem, kaum sichtbarem, stacheligen Spitzchen. Blütenstielchen blattachselständig — ich sah sie nur einblütig, die zweiblütigen sind jedenfalls seltener. Blüten weiss mit gelb, die beiden Flügel weiss, das vordere, vierlappige Blumenblatt weiss mit zitronen- bis orangegelbem Flecekchen. Blüht Mai bis Juli; auf der Benediktenwand; perennierend.. — Gemeine Kreuzblume, polygala vulgaris, ein kahles, ausdauerndes Kraut mit zahlreichen aufsteigenden Ästen, den ganzen Sommer hindurch, vom Mai an, blühend; auf den Mooswiesen. Die Blümcehen, blaurot, tief lila, hängen an kurzen, dünnen Stielen in schönen, gipfelständigen Trauben, mit einem kleinen Deckblatte am Grunde jedes Blütenstieles. Sie variiert sehr in verhältnismässiger Grösse der unteren und oberen Blätter sowie in Grösse und Farbe der Blüten. Gemeiner Schotenklee oder schotentragender Hornklee, /etr«- gonölobus s. lotus siliquosus, ein Schmetterlingsblütler, ausdauerndes, dem Hornklee ähnliches Kraut. Stengel leicht faunig behaart. „Fieder- blättehen verkehrt eilanzettförmig. Blüten gross, hellgelb, auf sehr langen Stielen aus den Blattachseln entspringend, mit einem Hüll- blatte am Grunde.“ Auf Mooswiesen, stellenweise zerstreut, im Juni blühend. Bach-Nelkenwurz, geum rivale, ein Rosengewäche. Wurzel- stock kurz, kriechend, perennierend, Stengel aufsteigend, etwa 31 cm hoch. „Blätter grundständig, mit einem grossen, rundlichen, endstän- digen Fiederblatte, welches kurz gezähnt oder gelappt oder mitunter in drei grosse Abschnitte geteilt ist, ausserdem einigen kleineren Fieder- blättchen tiefer unten am Blattstiel, sämtliche stärker behaart als bei der gemeinen Nelkenwurz.“ Blüten wenige, hängend; Blumenblätter kupferrot mit dunkeln Adern, Kelchblätter lang, tief geschlitzt, becher- förmig, aufrecht, spitz zulaufend, dunkel braunrot; fünf Kelch- und Blumenblätter. Auf moosigen Wiesen, Mai und Juni blühend. — Gemeine Nelkenwurz, Benediktenkraut, geum wrbanum, auf Moos- wiesen, an Bachufern, Juni bis September gelb blühend. Stengel etwa 27 em hoch. Blüten- und Blattstengel stark borstig behaart, gefurcht. Nebenblätter gross, blattähnlich, die oberen gegen 2 cm lang, breit, kurz gezähnt. Wurzelstock ausdauernd, dunkelbraun, innen heller, von schwach aromatischem, den Gewürznelken ähnlichem Geruch und herb bitterem Geschmack; derselbe wurde früher bei Magenschwäche arzneilich angewendet. Gemeiner Wiesenknopf, sanguisorba officinalis, ebenfalls ein Rosengewächs, vom Volk hier gewöhnlich Blutströpfehen genannt; ausdauernder, dunkelbrauner, faseriger Wurzelstock. Stengel unbehaart, gerieft, dünn, schlank, aufrecht, 27—49 cm lang, bis auf ein meist einzeln, selten zu zwei stehendes Blättchen unbeblättert. Blätter am unteren Teile des Stengels entspringend, büschelig, etwa 3 em lang und 16 mm breit, stark sägezähnig, an der Basis etwas ausgeschnitten. Der Stengel trägt ein kugeliges: 10 mm langes und 9 mm breites, 16* — 244 — oder walziges: 12 mm langes und 7 mm breites, granatfarbiges, purpur- rotbraunes, sammtartiges Köpfchen. Das Blütenköpfchen ist vielehig, d. h. ausser den beisammen befindlichen Stempel- und Staubgefäss- blüten (den zweigeschlechtigen Blüten) sind auch noch getrennte Staubgefäss- und Stempelblüten vorhanden. ‚Kelch der männlichen und zweigeschlechtigen Blüten einfach mit vier grünen oder gefärbten Zipfeln. Die Kelchröhre der weiblichen Blüten grösser, an der Münd- ung zusammengezogen und mit vier sehr kleinen Zähnen versehen. Kelchröhre eingeschlossen in zwei oder vier Deckblättchen. Blumen- blätter fehlen.“ Die Blüten bestehen also aus vier Kelch- oder Peri- gonblättchen; meist vier Staubgefässe. Blüht Juni bis August und kommt besonders auf der feuchten Wiese zwischen dem oberen Riederer Weidach (Wäldchen an der Lain) und oberhalb Ried massenhaft vor. Echter Alpenhelm, bartschia alpina, ein Braunwurzgewächs. Kurzer Wurzelstock; Stengel etwas über 10 cm hoch, ziemlich stark behaart wie auch die Blätter, welche sitzen, gegenständig und stark gezähnt sind; die blütenständigen Blätter bedeutend kleiner. Blüten in endständiger, bis 18 mm langer Ähre. Kelch vierlappig. Blumen- krone dunkel violett mit ansehnlicher Röhre, welche sich in eine Ober- und Unterlippe spaltet, letztere dreiteilig.. Vier Staubgefässe, zwei- mächtig: zwei längere äussere und zwei kürzere innere; Staubbeutel behaart. Perennierend, Juni und Juli blühend, auf der Benedikten- - wand; ziemlich selten. Gemeiner Alpenlattich, homogyne alpina, eine Komposite. Stengel rötlich braun, wenig über 21 cm lang, leicht gewunden, filzig. Blätter grundständig, nierenförmig, 18—26 mm Längsdurchmesser, 3 cm Q@uerdurchmesser; Unterseite weisslich, kahl, etwas filzig, mit starken Rippen; stark gekerbte Ränder. Blütenköpfehen mit röhrigen, gelben Blüten mit roter Spitze, Aussen- oder Hüllblätter purpurrot. Blüht Juni und Juli, oberhalb der Haustattalm gegen die Benedikten- wand, mehr gegen den Moorboden als gegen die steinige Felswand; perennierend ; selten. Einseitswendiges Wintergrün, pirola secunda, ein Heide- krautgewächs. Lange schmächtige, etwas holzige Pfahlwurzel; der Blütenstengel etwa 13, die Pfahlwurzel gegen 11 cm lang. Der zarte Blütenstengel trägt kleine, ziemlich lang gestielte, fein gezähnte, deut- lich geaderte, unten blassgrüne, lederige, eiförmige Blätter (Blattstiel 12,5 mm lang, Blattlänge 27,5 mm, Breite nahezu 20 mm). Kleine, — 2345 — grünlich weisse, eine einseitswendige Traube bildende Blütchen. Griffel lang, über die Blüte hervorragend; fünfteiliger Fruchtknoten; zehn Staubgefässe. Blüht Juni und Juli, ist perennierend und findet sich im Wäldchen an der (oberen) Lain, längs des Baches; einzeln; ziem- lich selten. Nelkenduftende Sommerwurz, orobanche caryophyllacea. Der Stengel bis 19 em hoch, wovon etwa 8 cm auf die Ähre treffen, hell gelblich-rötlich braun, rauhaarig, von fleischiger Beschaffenheit, trägt statt der Blätter wenige braune, anliegende Schuppen. Blüten gelblich rotbraun, sitzend, in endständiger Ähre, etwa ein Dutzend. Oberlippe helmartig, etwas vorwärts gebogen, Unterlippe dreiteilig; lang gebogener Griffel mit zweiköpfiger Narbe; vier behaarte Staub- gefässe, wovon die zwei inneren die kürzeren (zweimächtig). Kelch- blätter halb so lang wie die Kronröhre (9 mm gegen 19 mm). Peren- nierend, an der Lain entlang auf feuchten Wiesen, blüht Juni und Juli. „Diss kraut wechst unter den Eruen vnd andern Hülsenfrüch- ten, vnnd es erstickt dieselben, daher es auch den namen Orobanche, das ist Eruenwürger (000ßog, Erbse, und «@yxew, würgen) bekommen hat.“ Gehört zur kleinen Familie der Sommerwurzgewächse, oro- bancheae. | Weidenblätteriges Rindsauge, buphthalmum salicifolium. Stengel aufrecht, 46 em hoch (mit vier Ästen), Blätter sitzend, lineal lanzettlich, schwach sägezähnig. Stengel und Blätter behaart, leicht gerieft — bei der Arnika nicht, da ist der Stengel vollständig rund. Blütenköpfchen hell goldgelb, mehr schwefelgelb, bis 4,5 cm Durch- messer, die Strahlenblütchen am Rande zweifach gekerbt, gerinnt; wird gerne mit der Arnika verwechselt, deren Blüte ebenfalls wohl- riechend ist. Matthiolus sagt: An dem gipffel der stengel stehen die goldgelben blumen, grösser dann in den Chamillen, riechen nicht vnlieblich. Auf Bergwiesen, gegen die Kohlstattalm. Perennierend; blüht Juli bis September. Nach Fuchs (New Kreutterbuch; 1543) ist die Pflanze Rindsaug oder Kuhaug derhalben geheyssen das seine Blumen den Kuaugen gleich seind. Eirundblätteriges Zweiblatt, &siöra ovata. Wurzelstock quer liegend, mit dieken Wurzelfasern, ausdauernd. Stengel krautartig, bis über !/g m hoch, trägt in der unteren Hälfte zwei stengelumfassende, eirunde Blätter (11 cm lang bei 6,5 cm Breite), stark bogennervig, etwas glänzend, unterseits heller grün. Die Blüten grünlich, in lockerer, — 246 — endständiger Traube (etwa 16 cm treffen auf die Traube bei 50 cm Stengellänge). Lippe doppelt so lang als der Kelch (4 mm gegen 9 mm). Blüht in schattigen Bergwaldungen, im Wäldchen an der Lain, bei Ried und Pesenbach, Mai bis Juli; nicht häufig. Matthio- lus sagt: diss Kraut hat bletter recht wie die weisse Niesswurtz (helle- borus albus), aber derer seindt nur zwey, darzwischen scheust der stengel herfür, der bringt balde von der mitte an biss oben auff grün- gelbe blümlen, die seindt wie die vöglen auffgethan, mit jren aussge- rackten zünglen. Die wurtzel ist dünn, mit vil angehenckten zaseln, eins gutten geruchs. Der safft auss diesem kraut ferbt das har schwartz (?). Ich beobachtete eine Varietät im Wäldchen längs der Lain mit zwei runden Blättern im Durchmesser von 93 mm; Stengel von den Blättern an 35,5 cm, wovon 15 cm auf die gipfelständige Traube. Eine Orchidee. Kuckucks-Lichtnelke, /ychnis flos ceuculi. Der kurze, mit wenigen Ausläufern versehene, einige Jahre ausdauernde Wurzelstock treibt jährlich aufrechte, geriefte, kurz rauhaarige, bis 40 cm lange, schwach verzweigte Blütenstengel. Blätter wenige, schmal lanzettlich, etwa 53 mm lang bei 5 mm Breite, sämtlich sitzend. Blüten in end- ständiger, lockerer Traube. Die fünf hell purpurroten Blumenblätter sind, jede, tief zerschlitzt in vier linealische Zipfel, von denen die beiden mittleren die weitaus grösseren sind (10 mm lang gegen 6 mm Länge der beiden äussern, und 2 mm breit gegen 1 mm Breite). Kelch fünfzipfelig mit zehn stark vortretenden Längsrippen und Thäl- chen. Kapsel fast kugelig. Blüht Juni und Juli; auf feuchten Wiesen, wo auch die sogenannten Blutströpfehen vorkommen, so besonders zwischen Riederer Weidach und Ried, ausserdem auch auf den nächsten Wiesen der Umgebung und am Rande der Wassergräben. — Korn- Lichtnelke, Kornrade, Ackerrade, Kornnägelein, /ychnis s. agro- stemma githago, straffes, aufrechtes Getreideunkraut. Stengel etwa 43 cm hoch, silberhaarig von angedrückten weisslichen Haaren, in Absätzen gegliedert, knotig; bei jedem Knoten entspringen zwei sitzende, schmal linealisch spitz auslaufende, ziemlich stark behaarte, an den Rändern lang gewimperte, gegen 7,5 cm lange und nur 4 mm breite Blätter. Der Stengel ist ausserdem meist einfach, selten verzweigt, schwach kantig und trägt gewöhnlich an langem Stiel eine endständige, dunkel violette, rotblaue, triehterförmige, geruchlose Blüte, bestehend aus fünf Kronblättern und fünf sehr langen und lang behaarten, zwischen den Blumenblätter weit vorstehenden Kelchblättern — der — 247 — Kelch ist dieht. mit langen Haaren versehen; die Kelchblätter mit ihren ausgezogenen Zipfeln sind etwa 55 mm lang; die Blumenblätter 34 mm. Zehn Staubgefässe mit lila Staubbeuteln, fünf weisse im oberen Drittel lila angehauchten (16 mm langen), behaarten Griffeln. Sommergewächs, also einjährig, Juni und Juli blühend. „Die Samen “enthalten Githagin und verleihen deshalb dem Backwerk, in grösserer Menge beigemischt, nachteilige Eigenschaften sowie ein bläuliches An- sehen.“ — Rote Lichtnelke, Iychnis diurna s. diowa rubra, ein rauhes, derbes, weniger klebrig behaartes Kraut mit meist kürzeren (eiförmigen, zugespitzten, ganzrandigen, sitzenden) Blättern und Kelchen als die weisse Lichtnelke, welcher sie sehr ähnlich ist, sodass sie viel- leicht nur eine Abart derselben darstellt. Die Blumen sind hell blau- rot, violett rosa, geruchlos und öffnen sich am Morgen. Die Kapsel ist mehr kugelig als bei der weissen Lichtnelke, wo sie eirund. Sie kommt namentlich in Massen vor auf Wiesengrund, welcher das Jahr vorher zum Getreidebau, besonders zum Anbau von Weizen benützt wurde, blüht von Mai bis September, und ist zweijährige. Sie ist, wie der Name sagt, zweihäusig (dioica), d. h. die männlichen und weib- lichen Blüten oder die Staubgefäss- und Stempelblüten sind auf ver- schiedene Pflanzenindividuen verteilt. — Familie: Nelkengewächse. Akeleiblättrige Wiesenraute, Lhalictrum aquilegifolium, ein Hahnenfussgewächs. Den Stengel mass ich zu !/g m Höhe; der- selbe ist fast glatt, nur ganz schwach gestreift, röhrig, also innen hohl; Blätter bis 30 cm lang, in der Regel dreimal dreizählig, an der Unter- seite graugrün. An den Verästelungen des Blattstieles zwei eiförmige Nebenblättchen. Blütchen (ohne Blumenblätter) weiss mit lila Schim- mer, indem die durchschnittlich 1 em langen weissen Staubfäden lila Staubbeutel tragen. Perennierend; an Waldrändern, in Schlägen, auf der Kohlstattalm; ziemlich selten; Mai bis Juli blühend. Niedere Schwarzwurzel, scorzonera humilis; zweijährig, Juni und Juli blühend, in ziemlich grosser Menge auf einzelnen Moor- wiesen, aber nur auf bestimmte Strecken, etwa !/ı Stunde rechts längs der Strasse ausserhalb Pesenbach, dann zerstreut auch auf Grasplätzen, so hier im ehemaligen grossen Klosterhof. Stengel gerieft, flaumig behaart, etwa 34 cm lang; Blätter schmal lanzettlich, lang zugespitzt, etwa 5 cm lang und 9 mm breit, sehr schwach und unregelmässig gezähnt; die Blätter finden sich bis zur Höhe einer halben oder ganzen Hand- breite vom einzelnen gipfelständigen gelben Blütenköpfchen (Familie Korbblütler), dessen Durchmesser ich zu 3,5 em mass. Der braune — 248 — schief liegende Wurzelstock oben etwas schuppig. Schliessfrüchtchen glatt, mit gestielter Federkrone, die gefiederten Borsten in ein- ander gewebt. Diss kraut, sagt Matthiolus, soll vilen menschen geholffen haben, die von Schlangen gestochen vnd gebissen sindt wor- den, daruon hat es auch den namen bekommen, dann Scurzo heist in Spanischer sprach ein Schlang. Diese Erklärung ist unrichtig; die Pflanze hat den Namen von der dunklen geschlängelten Wurzel. Ährenblütige Rapunzel, phyteuma spicatum, perennierend, ein Glockenblumengewächs, blüht im Juni, im Walde. Untere Blätter herzeiförmig (3 cm breit, 4,3 cm lang) an ziemlich langen (6 cm) Stielen, obere fast sitzend, bedeutend kleiner, spitz lanzettlich; Ränder gesägt. Blütchen zahlreich, dicht, eine walzige gelbgrünlich weisse, etwas über 3 em lange Ähre bildend. Knotige Braunwurz, scrofularia nodosa, perennierend, Blätter breit eiförmig, zugespitzt, stark gesägt, 88 mm lang, 35 mm breit. Stengel 77 em lang, vierkantig.. Kurzer knotiger knolliger Wurzelstock mit zahlreichen büschelförmigen Fasern; er steht fast in rechtem Winkel zum Stengel, gegen den er etwas angebogen ist. Der ganze Wurzelstock, also mit den knolligen Fortsätzen, ist hell- oder gelb-bräunlich; der gerade Teil des Wurzelstockes ist 3,5 cm lang, der umgebogene Teil ist bei gleicher Länge ungefähr dreimal so dick. Blüten in lockerer pyramidenförmiger endständiger Rispe, Blumenkrone olivengrün, auf dem Rücken braun. Blüht Juli bis Oktober. An Bachufern, Waldrändern, feuchten schattigen Stellen, in Gebüschen. Prachtnelke, dianthus superbus, im Volksmund auch Feder- nelke genannt, zweijährig, Ende Juni bis September blühend, auf Mooswiesen, westlich vom Kloster, nicht häufig. Stengellänge 27,5 bis 35 cm. Der kleine längliche schmächtige quer liegende Wurzel- stock treibt einen einzelnen Stengel mit zwei bis drei Blüten, welche gabelartig von einander abstehen. Blätter sitzend, schmal lineal lan- zettlich. Kelch an der Basis mit zwei Schuppen (Deckblättchen) ver- sehen, welche etwa !/3 so lang sind als der Kelch (9 mm gegen 28 mm) und in eine stachelspitzige Granne auslaufen. Fruchtknoten mit zwei Stempeln; acht Staubfäden mit braunen Staubbeuteln. Blüten vier- teilig, die einzelnen zierlichen wohlriechenden Blumenblätter tief einge- schnitten, zerschlitzt, zart blass lila, an der Basis mit einem grünen nach abwärts in den gerieften Nagel sich verlängernden Fleck, welcher oben mit rotbraunen borstigen Härchen besetzt ist. Die Blumenblätter — 249 — sind 46 mm lang, wovon auf den zerschlitzten Blütenteil 21, auf den Nagel 25 mm treffen. Die Platte oder der untere breite Teil des Blumenblattes geht, wie gesagt, in viele (etwa ein Dutzend) zerschlitzte Teilchen auseinander, welche selbst wieder bald an der Spitze, bald weiter unten noch einen Einschnitt zeigen, und beträgt der grösste Querdurchmesser 9, der grösste Längsdurchmesser (vom Beginn des grünen Fleckes bis zum Beginn der Spaltung) 12 mm. Wald-Erve, erwum silvaticum s. vicia silvatica, perennierend, stellenweise zerstreut in feuchten Waldungen und Wiesen, an Bach- ufern, Ende Juni bis August blühend. Stengel aufrecht, gewunden, vierkantig und gerieft, gegen 90 em Höhe und darüber, aber auch viel niederer. Blätter zerteilt in zahlreiche Fiederblättchen, welche stumpf stachelspitzig, etwa 16 mm lang und nicht ganz 5 mm breit sind. Nebenblättchen halbmondförmig an den Blattachseln. “Fieder- blättchen glattrandig, neun- bis elfpaarig, nicht immer ganz gleich, ab- wechselnd (einander gegenüber) stehend. Blüten zahlreich in einseits- wendigen zurückgebogenen Trauben, lang gestielt, tief lila. Gehört zu den Schmetterlingsblütlern. Gestreifter oder gestreiftblättriger Seidelbast, daphne stiriata. Strauch mit niederliegendem kriechendem Stengel; auf Steingeröll, Steinschutt auf der Benediktenwand. Blätter lineal keilförmig (ober- halb der Mitte am breitesten, nach dem Grunde verschmälert) mit kurzer Stachelspitze (dieselbe ist kaum !/s mm lang), die Blätter durch- schnittlich 21 mm lang bei 4 mm Breite. DBlüht rosa, endständig büschelig, wohlriechend. Familie: Seidelbastgewächse, Zhymelaeaceae s. thymeleae. | Längliches Laichkraut, pofamogeton (norauoysitwv) poly- gonifolius s. oblongus, ein zur Familie der Nixenkrautgewächse, naja- daceae, gehöriges Wasserkraut. Der flutende, innen hohle, durch die grossen ihn durchziehenden Luftkanäle (wie bei allen Wasserpflanzen) ungemein leichte schwimmfähige Stengel liegt quer im Wasser, ist 1 m und darüber lang, und zeigt knotig verdickte Absätze, von welchen feine braune bis 8 cm lange Faserwurzeln abgehen; er entspringt einer Hauptwurzel, die im Schlamme festsitzt und perennierend ist. Blätter wechselständig, ziemlich (bis 3 em) lang gestielt, länglich ei- förmig, am Grunde leicht herzförmig, mit von einem stark entwickelten hellen Mittelnerv ausgehenden parallelen helleren Queradern, etwa 10,7 em lang und 3,8 cm breit, schön glänzend grün, Unterseite hell- grün. Vom Stamm aufrecht entwickelt sich der Blütenzweig, etwa — .250 — 12 cm lang, wovon etwas über 3 cm auf die hübsche zart rosafarbige Blütenähre treffen. Die einzelnen Blütchen fünfblättrig. Vier über die Blüte hervorragende Staubgefässe mit purpurnen Staubbeuteln; vier Stempel. Im Moosmühlweiher und bei Brunnenbach (Rohrsee) massen- haft. Blüht Juli und August. Gemeiner Friedlos, /ysimachia vulgaris. Stengel gerieft, aufrecht, etwa 71 cm hoch, wovon 4 cm auf die endständige Traube treffen ; derselbe ist schwach flaumig behaart, obere Hälfte mehr. Blätter im Wirtel zu drei, länglich lanzettlich, etwa 67 mm lang und 7 mm breit. Endständige Traube, deren einzelne Blüten aus den Achseln der Deckblätter entspringen, gelb, tief fünflappig. Fünf Staubgefässe, ein Stempel. Blüht Juni und Juli am Rande von feuchten Wiesen, von Bächen und Gräben. Perennierend. Gattung Friedlos, /!ysimachta, auch Gilbweiderich genannt, Familie Schlüsselblumengewächse. — Pfennigkraut, /ysimachia nummularis, perennierend. Der nieder- liegende vierkantige Stengel treibt an der Wurzel wie an den geglie- derten Absätzen, den Knoten, wurzelschlagende Seitentriebe. Blätter rundlich, 23—27 mm breit, 27—29 mm lang, manche ganz rund, die grössten 32 mm im Durchmesser, münzenförmig, daher der Name (das Markstück hat 24 mm im Durchmesser), gegenständig, gekerbt, ziemlich kurz gestielt. Blüten zitronengelb, fünfteilig, die einzelnen Blumenblätter ungleich; Kelch ebenfalls fünfblättrig, in fünf spitzen Zipfeln ausgezogen (1 cm lang bei nicht ganz !/a cm Breite). Fünf Staubgefässe, ein Stempel. Blüht Juni und Juli an feuchten Gräben, im Moos, d. h. auf Mooswiesen. Nicht häufig. Stinkender Drahtstengel, aposeris s. hyoseris foetida ; Familie Korbblütler. Perennierender faseriger übelriechender W urzel- stock. Der etwas über 16 em lange Blütenstengel trägt ein gipfel- ständiges gelbes Blütenköpfehen ähnlich dem eines Löwenzahnes, doch kleiner. Kelch sehr tief eingeschnitten mit acht schmal linealischen spitz auslaufenden Blättern. Grundständige sehr lange Blätter, bis 16 cm lang, fiederspaltig, schrotsägeförmig, d. h. die grossen Seiten- zähne mit der Spitze rückwärts, nach dem Blattgrunde hin gekrümmt, Endzipfel dreieckig, fast dreilappig. Blütenstengel kahl, während der Blattstengel und die Blätter, besonders die stark hervortretenden Rippen, rauh behaart sind. Blüht Juni bis August. In höher gelegenen Bergwäldern, bei der Haustattalm und auf dem Rabenkopf. Wald-Wachtelweizen, melampyrum silvaticum. Stengel etwa 16 cm hoch, gerieft, leicht flaumig behaart. Blätter gegenständig, länglich lanzettlich, wellig, einzelne jedoch am Grunde mit einem unteren grösseren ‘und einem oberhalb etwas kleineren Zahn, gewöhn- lich auf beiden Seiten, ausnahmsweise auch nur auf Einer Seite. Die Blätter sind etwa 48 mm lang und 9 mm breit oder 39 mm lang und 8 mm breit. Die dunkelgelben röhrigen Blüten sind blattachsel- ständig und einseitswendig; der Kelch in vier lange spitz zulaufende Zipfel gespalten. Blüht Juni und Juli und findet sich am Rande von Wäldern, unter einzelnen Bäumen, so hier am Fusse des Raben- kopf, etwa zwei Stunden von Benediktbeuern. Einjährig, zerstreut, nicht häufig. Gehört zur Familie der Braunwurzgewächse. Graublättriger Alpendost, adenostyles albifrons, peren- nierend, Familie Korbblütler. Stengel etwas über 50 cm hoch, gerieft, wollig behaart. Die grossen grundständigen nierenförmigen Blätter an (10 em) langem Stiel haben einen Breitendurchmesser von etwa 18 cm und einen Längs- oder Höhendurchmeser von 11 cm (andere mass ich zu 22 em breit und 12 em lang, bezw. 17 cm breit und 9 cm lang), unterseits starke Blattnerven, graugrün, rauhaarig, filzig; sie sind unregelmässig sehr grob (tief) gezähnt. Stengelblätter klein, sitzend, unregelmässig stark gezähnt; am obersten Stengelteil noch einzelne sehr kleine schmal lanzettliche Blätter. Blütchen lang gestielt in einer Schirmtraube; die einzelnen Blüten mit vier strahligen Blumen- blättchen oder Blumenzipfeln in Köpfchen zu meist drei bei einander Der gespaltene zurückgekrümmte Stempel ragt weit über die hell pur- purrot-lilafarbene Blumenröhre hervor; dieselbe ist nach dem Grunde zu weiss. Kelch ebenfalls rötlich gefärbt, fünfzähnig. Blüht Juli und August auf feuchten steinigen Stellen, am Windpässel und Raben- kopf; selten. Gemeiner Boretsch, borago offieinalis, einjährig. Die ganze Pflanze stark rauh- oder borstighaarig. Der aufrechte Stengel variiert sehr an Grösse je nach dem Standort; ich mass Stengel von 27 cm Länge bei 11 cm langer Pfahlwurzel, dann solche von 75 cm Länge und 4,8 em Umfang. Die unteren Blätter lang gestielt, eiförmig, ge- kerbt, netzaderig, rauhaarig, auch an den Rändern, die oberen Blätter kleiner, sitzend, halb stengelumfassend. Blüten von schönem Blau, kornblumenblauartig, ganz am Grunde, wo die fünf Blumenblätter zusam- menstossen und in die Röhre übergehen, mit einem leichten weissen Fleck, von fünf kleinen, gespaltenen, oben weissen, unten bläulichen Schlundschuppenblättchen gekrönt. Vnd ob wol, sagt Matthiolus, diese blumen gemeiniglich Himmelblaw sindt, so findet man doch auch An ettliche, die schneeweiss, andere die leibfarb vnd bleych sindt. Durch- messer der Blume etwa 25 mm. Staubfäden kurz und verbreitert (3,5 mm lang), Staubbeutel dunkelbraun, spitz zulaufend mit hellem Streifen in der Mitte (5,5 mm lang); fünf Staubgefässe, ein Stempel. Blüht Juni und Juli. Auf Schuttplätzen, Gräben entlang, in Gärten. Nicht häufig. Grauer Löwenzahn, leontodon incanus s. hieracium incanum, ein Korbblütler. Das ganze Pflänzchen graufilzig, von dichten, langen Haaren an dem Stengel, den Blattseiten und Blatträndern sowie den Kelchblättern. Blätter sämtlich sitzend, die grundständigen spitz lan- zettlich, 52 mm lang, 15 mm breit, gezähnt, die mittleren 30 mm lang, 15 mm breit, die obersten 35 mm lang und 13 mm breit, letztere beide wellig, bez. eingebuchtet und insbesondere am Rande mit dichten, langen Haaren besetzt. Gelbes Blütenköpfchen von 3,5 em Durch- messer; die einzelnen Strahlenblütchen rinnig und ausgerandet, mit fünf Zähnchen an der Spitze endend. Perennierend; Juni und Juli blühend; auf Felsen und höheren Bergwiesen, Benediktenwand und Herzogstand; nicht häufig. Weisser Mauerpfeffer, sedum album, perennierend, Juni bis August blühend. Blätter walzenförmig, kahl. Blüten weiss, klein, fünfblätterig, zahlreich in zierlicher, gipfelständiger Schirmtraube; an alten Mauern. Eine Fettpfianze oder dickblätterige Pflanze, crassu- lacea. — Zurückgekrümmter Mauerpfeffer, sedum reflexum, Wurzelstock ausdauernd, kriechend, dunkelbraun, mit zahlreichen kurzen Blattschösslingen. DBlütenstengel aufsteigend, 6 cm hoch, drüsig behaart, mit zahlreichen schmal lanzettlichen, nadelartigen, fleischigen, in eine kleine, scharfe Spitze auslaufenden, am Rande mit ausserordentlich feinen, weissen, nicht zahlreichen Zähnchen versehenen, etwa 13 mm langen und 2 mm breiten, drüsig behaarten, sitzenden Blättchen. Blüten gelb, in endständiger Traube, leicht zurückgekrümmt; fünf Kelch- und fünf Blumenblätter, zehn Staubgefässe, zwei von ein- ander gekrümmt abstehende Griffel, welche sich vom polsterartigen Fruchtknoten erheben, — Frucht eine vielsamige Kapsel. Blüten zwei- geschlechtig; die gelben Blumenblätter gewöhnlich mit zahlreichen, orangefarbigen Punkten bedeckt. Perennierend; Juli und August blühend; auf Felsen und altem Mauerwerk. Echter Blasenstrauch, colutöa arborescens; hübscher, buschiger, zu den Schmetterlingsblütlern gehöriger Strauch von 3—5 m a Höhe. Fünf, selten drei oder sieben Fiederblättchen — sehr selten ein Nebenblättchen am Endblatt — mit feinen Sägezähnen; der stark vortretende Mittelnerv, bez. Blattstiel des einzelnen Fiederblättchens ist am Beginn unterseits flaumig behaart, der gemeinschaftliche Blattstiel dagegen glatt. Fiederblättehen lanzettlich, etwa 8,5 em lang und 3,8—4,0 cm breit, mattgrün, unterseits graugrün, fein verzweigtes Adernetz bei ziemlich starken Seitenrippen. Blüten zu drei bis sechs beisammen, hellgelb. Hülsen stark kugelig aufgeblasen, etwa klein wallnussgross, an langen Stielen, stets zu zwei in der Mitte durch eine starke häutige Scheidewand verwachsenen Hälften. Meist befindet sich in jeder Hülse ein über erbsengrosser, mehr birnförmiger, bräunlicher, sitzender Kern; manchmal ist nur in Einer Hülse ein solcher und die andere leer; seltener finden sich in der einen Hülse ein, in der andern. zwei Kerne — die zwei Kerne sitzen bald unter, bald gegen einander; und noch seltener finden sich in einer Hülse ein und in der. andern drei Kerne, wobei dann der mittlere Kern keilförmig zwischen die beiden andern wenig von einander entfernten eingeschoben ist. Die netzaderige Hülse, welche nie platzt, stets geschlossen bleibt, hat eine blassgrüne Färbung und zeigt auf der Mitte ihrer oberen Rundung einen vom Mittelnerv ausgehenden, 2—4 mm langen Fortsatz, Vor- sprung oder Sporn, welcher sich hakenartig über eine im Durchmesser etwas kleinere, eiförmige Öffnung der Hülse erhebt, die Öffnung also teilweise verdeckt, gewissermassen in die Ränder derselben übergehend. Die im August reifen, glänzend hellbraunen Kerne enthalten in ihrem Innern einen Tropfen syrupartigen, süssen Saftes. Blütezeit Mai und Juni. Hier nur in einem einzigen (an der Nordseite gelegenen) Garten. Blasenstrauch, von den blasenartig aufgetriebenen Schoten (Blasenhülse). Der Acker-Schachtelhalm, egwisetum arvense, Duwok — ein plattdeutscher Ausdruck, welcher „taube Ähre“ bedeutet —, Zinn- gras, Scheuerkraut, Pferdeschwanz, Katzenzagel, Schafftheu, Acker- kandelwisch, perennierend, zu den Kryptogamen, blütenlosen oder Sporen-Pflanzen gehörig, hat zapfenartige Fruchtstände, welche auf der Spitze der zergliederten, an den Gliederungen mit gezähnten, anliegen- den Scheiden (verwachsenen Blätterquirlen) besetzten Stengel sitzen — zylindrischen, oben kegelförmig zugespitzten Ähren ähnlich. Jeder solche Fruchtstand oder Sporenstand ist zusammengesetzt aus einer Anzahl schildförmiger, vor der Reife dicht an einander schliessender Schuppen. Fruchtstengel einfach, dick, 16—20 cm hoch, im ersten ran > Frühjahr vor den unfruchtbaren Stengeln erscheinend, strohfarbig; seine Scheiden, 16—20 mm lang, trockenhäutig, walzenförmig, aufgeblasen, entfernt gestellt, mit meist zehn lanzettlichen Zähnen versehen , deren Spitzen dunkler gefärbt sind. Unfruchtbare Stengel erscheinen nach dem Absterben der fruchttragenden und werden 30—60 em hoch. Fruchtstengel im April und Mai, unfruchtbarer im Sommer. (Die Verästelung des Stengels und die Richtung der Äste bestimmen wesent- lich das Gesamtansehen, die Tracht (habitus) eines Gewächses.) Auf sandigen und lehmigen Äckern sowie Waldwiesen ein lästiges und wegen der tief liegenden, weit umherkriechenden und vielfach verzweig- ten Wurzelstöcke schwer zu vertilgendes Unkraut. — Von dem hier und in Deutschland überhaupt seltenen, echten oder Tischler- Schachtelhalm, Polier-Schachtelhalm, eguisetum hiemale — frucht- tragende und unfruchtbare Stengel gleichförmig, erstere Juli und August erscheinend — stammen die rauhen, mit Kieselerde (oder, was gleichbedeutend, Kieselsäure) inkrustierten Stengel, welche bei Tischlern und Drechslern zum Polieren und Glätten des Holzes häufig im Ge- brauch sind. — Die Stengel der Schachtelhalme zeigen in ihrem Innern geradlinig und parallel der Achse der Stengel verlaufende Luftkanäle, d. s. kanalartig weite Räume, welche durch eine einfache oder mehr- fache Parenchymschicht von einander getrennt und nicht selten durch quer sie durchsetzende Schichten desselben Gewebes von Stelle zu Stelle unterbrochen sind. Da das Innere dieser Kanäle bei den Schachtelhalmen mit schwammförmigem Parenchym erfüllt ist, so werden sie hier auch Luftgänge genannt. „Die Sporen der Schachtelhalme bilden beim Keimen zunächst flache Vorkeime (kleine, blattartige Ge- bilde), auf denen sich entweder beiderlei Befruchtungsorgane (Antheri- dien oder männliche, und Archegonien oder weibliche) entwiekeln oder nur eine Art derselben. In den Antheridien entstehen zahlreiche be- wegliche Samenfäden, in den Archegonien je eine Befruchtungskugel, welche durch die Samenfäden befruchtet wird und zu einem jungen Pflänzchen heranwächst. Ausserdem vermehren sich die Schachtelhalme durch Ausläufer des unterirdischen Stengels (Wurzelstocks) und durch Knollen an denselben.“ Die gemeine Stechpalme, zlex aquifolium, bei Matthio- lus „Stecheychen“ genannt, früher ziemlich häufig im Walde, ist ein aufrechter (sich also vom Wurzelstock senkrecht erhebender; — auf- steigend, wenn der Stengel am Grund ein Stück wagerecht niederliegt und sich dann aufwärts erhebt), immergrüner Strauch. Blätter kurz — 255 — gestielt, eiförmig, dick, lederartig, glänzend, fiedernervig, d. h. die Seitenrippen oder Seitennerven in einem mehr oder weniger spitzen Winkel beiderseits von der Mittelrippe entspringend, dornig spitz ge- zähnt, Blattdornen — indem die Blattspitze und die einzelnen Ab- teilungen der Blattfläche in Dornen auslaufen; die Unterseite hat ein viel lichteres Grün. Blütezeit Mai und Juni. Blüten weiss, in dichten Büscheln in den Blattachseln. Die Beeren schön rot, seltener gelb, erbsengross. Jetzt ist die Stechpalme durch vielfache Ausrottung in- folge Verkaufes (besonders nach München, namentlich für Grabkränze) hier selten geworden und kommt in grösserer Menge nur mehr am Vogel- herd und Pfisterberg vor. Zugleich hat sich eine Abänderung derart herausgestellt, dass die verhältnismässig noch häufiger vorkommende gewöhnliche Form mit den harten Blattstacheln oder Dornen keine Beeren trägt, sondern lediglich die mit mehr birnförmigen, verkehrt ei- runden und in weichere Stacheln endigenden Blättern versehene Art. „Die wichtigste Rolle bei der Abwehr der nahrungsuchenden Tiere spielen die in feste, stechende Spitzen auslaufenden und den Angreifer verwundenden Organe, welche man die Waffen der Pflanze nennt; es sind dies die Dornen und Stacheln. Interessant ist die Thatsache, dass manche Holzgewächse nur im jugendlichen Zustande, nur so lange als sie niedrig sind und ihr Laub von den Wiederkäuern, namentlich von Ziegen, Schafen und Rindern erreicht werden kann, bewehrt er- scheinen, dass sie aber an jenen Ästen und Zweigen, welche dem Maule der 'Tiere entrückt sind, keine Stacheln und Dornen entwickeln. Die jungen, niedern, nur 1 oder 2 m hohen Bäumchen des wilden Birnbaums starren von den Dornen, in welche sich die Enden der holzigen Zweige umwandeln, während die Zweige in den Kronen der zu 4 und 5 m Höhe herangewachsenen Bäume dornenlos bleiben. Ähnlich verhält es sich mit der Stechpalme, an welcher man sehen kann, dass die Blätter, welche die Zweige in der Krone hochstämmiger Bäume schmücken, fast ganzrandig und unbewehrt sind, während der Rand der Blätter an den strauchartigen Exemplaren in sparrig ab- stehende, stechende Zähne ausgezogen ist.“ Das Holz der gemeinen Stechpalme ist hart; aus der grünen, einen klebrigen Stoff’, Visein, enthaltenden Rinde kann Vogelleim bereitet werden. Die Blätter ent- halten einen sehr bitteren Stoff’; die Beeren wirken abführend. Es ist die einzige einheimische Gattung der kleinen, jedoch eine weite Verbreitung besitzenden Familie der Stechpalmengewächse, aquifoliaceae s. ilicineae. Arzneiliches Lungenkraut, pulmonaria officinalis, „von UUBBE seiner gestalt vnd krafft allso genandt“, perennierend, März und April blühend, galt ehedem als Heilmittel. Blattstiel schmal geflügelt, d. h. an den Seiten mit blattartigen Streifen eingefasst. Mehrköpfiger Wurzel- stock, indem sich derselbe nach oben in kurze Äste teilt (sogenannte mehrköpfige Wurzel). Die äusseren Blätter der nicht blühenden Wurzel- köpfe, welche erst nach dem Verblühen der Pflanze erscheinen, sind mitunter weisslich gefleckt. Stengel mit endständiger, gabeliger Blüten- traube. Kelch stark behaart, beim Reifen der Frucht sich vergrössernd. Blumenkrone anfänglich rot, später blau. Gehört zur Familie der Boretschgewächse. Das gemeine oder Sumpf-Vergissmeinnicht, myosotis pa- lustris, das Vergissmeinnicht der Liebe und Freundschaft. „Der aus- dauernde Wurzelstock ist kriechend, die Stengel sind schwach, auf- steigend, bis zu 50 em hoch, etwas kantig, fast kahl, oder auch mit abstehenden Haaren bekleidet. Die kurzhaarigen Stengelblätter sind lanzettlich. Die zierlichen Blüten freudig hellblau mit gelber Mitte — die Mündung der kurzen Röhre mit einem gelben, schwieligen Ring umrandet —, in der Grösse veränderlich. Kelch zur Fruchtzeit offen, in fünf Zähnchen geteilt, angedrückt behaart.“ Frucht eine vier- teilige Spaltfrucht, deren einzelne (von entsprechenden Teilstücken der Fruchthülle eng umschlossene) Spaltfrüchtehen einsamige Nüsschen darstellen. Blüht Mai bis September; auf feuchten Wiesen und an Bachufern. Die Deckblätter am Grunde der Blütenstielchen sind nicht ausgebildet. Der Schlund, d. i. die Übergangsstelle zwischen der Röhre oder dem unteren und dem Saum oder dem oberen, ausgebreiteten Teile der Blumenkrone ist durch fünf Schüppchen (verkümmerte Peri- gon-Gebilde), welche mit den Staubgefässen abwechseln, mehr oder weniger geschlossen. „Die zweilappigen Keimblätter sind beim Ver- gissmeinnicht mit steifen Borsten besetzt, jene der Rosen sind mit Drüsenhaaren gewimpert, und jene mehrerer Nesseln tragen auf ihrer oberen Seite Brennborsten. An den wickelförmigen Blütenständen — einseitswendigen Ähren oder Trauben, welche in der Jugend spiralig zurückgerollt und oft gabelig geteilt sind — des Vergissmeinnichts und des Natterkopfes und noch vieler anderer Asperifolien (Boretsch- sewächse, boragineae, welche Familie wegen der häufig vorkommenden steifen Behaarung auch den Namen asperifoliae, rauhblätterige, führt) kann man sehen, wie sich die Spindel jedesmal so streckt und ein- stellt, dass die an die Reihe kommende Blüte jene Lage erhält, in welcher sie von den anfliegenden Insekten am besten gesehen und am — 2357 — bequemsten erreicht werden kann, während die älteren Blüten, deren Zeit vorüber ist und für welche der Insektenbesuch keinen Wert mehr hat, den eben aufblühenden aus dem Wege gehen und sich stets so stellen, dass sie den Zugang zu den neuen Blüten desselben Biüten- standes nicht versperren. An dieser Einstellung beteiligt sich nicht nur der Blütenstiel, sondern auch die Spindel des ganzen Blüten- standes, und es ist interessant, zu beobachten, wie selbst weit entfernte Stammteile in Mitleidenschaft gezogen werden, und wie alle die ver- schiedenen Teile des Achsensystems genau so weit gestreckt, gehoben, gesenkt und gekrümmt werden, als notwendig ist, damit jede der an die Reihe kommenden Blüten die günstigste Lage erhält.“ — Ein liebendes Paar wandelte am Rande eines dünenartigen Moosbruches, und den Wunsch der Geliebten zu erfüllen betrat ihr Herzensfreund den treulosen Boden. Er hatte schon ein Sträusschen davon in der Hand, als die Moosdecke unter ihm barst. Rettungslos versank er in die schwarze Tiefe. Als seine letzte Liebesgabe warf er den Strauss nach der ohnmächtig zusammensinkenden Geliebten und rief ihr das Scheidewort zu: „vergiss mein nicht!“ Eine andere Sage lautet: als Gott den Blumen Namen gegeben, merkte sich jede den ihrigen, nur das Vergissmeinnicht vergass ihn. Da musste es denn demütig bei dem Schöpfer wieder darum anfragen, und der Herr erhob den Finger und sagte die drei Worte „vergiss mein nicht!“ Gemeiner Natterkopf, echium vulgare, zweijährig, also erst im zweiten Jahre blühend und fruchttragend. Stengel wie die ganze Pflanze stechborstig, steifhaarig, mit zahlreichen schwarzen punktförmi- gen Körnchen besetzt. (Die Stechborsten, welche aus Zellen der Haut ihren Ursprung nehmen, sind steife Haare oder Borsten mit fester verkieselter Zellhaut und scharfer Spitze, die, wenn auch nur einzellig, doch gleich Nadelspitzen stechen.) Blätter schmal lanzettlich, ganz- randig. Blüten ansehnlich gross, anfänglich rosenrot, später schön lila-blau (und zwar färbt sich die obere Blüte immer zuerst blau, daher beide Farben zugleich an Einer Ähre sichtbar), zahlreich in einseits- wendigen Ähren, welche eine gipfelständige lange Traube bilden. Blüht Juni bis September; auf trockenem Wiesboden bei Pesenbach; nicht häufg. Fünf ungleich lange aus dem fünflappigen Saume, bezw. der oben erweiterten trichterförmig-glockigen Blumenröhre fast zur Hälfte hervortretende rote Staubfäden und ein überragender weisser seiden- glänzender Stempel. Der Name Natterkopf stammt von dem einseiti- Daffner, Voralpenpflanzen. 17 a8, — gen bischofstabförmig gekrümmten Blütenstand, der auch das griechische &yıov, Natter, bedingte. Ein Boretschgewächs. Zweihäusige oder grosse Brennessel, »rtica dioica. Wurzel- stock ausdauernd und kriechend. Der viereckige Stengel aufrecht, bis zu 1 m Höhe; die ganze Pflanze dunkelgrün, mehr oder weniger flaumhaarig — indem die Haare kurz, dünn und weich sind und die Oberfläche nicht völlig verdecken — ausser den Brennhaaren. Diese (glashellen) Brennhaare der Nesseln, welche bei ihnen vermischt mit gewöhnlichen Haaren — d. s. verlängerte Zellen der Oberhaut, jenes feinen oft im Zusammenhang abziehbaren Häutchens, welches die Oberfläche aller Teile der höheren Pflanzen überzieht und sie gegen äussere Einflüsse schützt — vorkommen, sind sehr eigentümlich gebildet. „Sie bestehen aus einer grossen Zelle, die nach unten (im Blattgewebe) erweitert und abgerundet, halbkugelig wie eine Gummi- spritze oder ein Hohlkegel, nach oben in eine mit einem Häkchen (deckelartig) geendigte Spitze vorgezogen ist. Der Grund dieser Zelle ist von einer Gruppe kleinerer, der Oberhaut aufsitzender Zellen um- geben, welche den dieken säulenartigen Stiel des Haares bilden; sie sondern wahrscheinlich den ätzenden Saft (Ameisensäure) ab, welcher das Innere des Haares erfüllt. Die grosse Zelle hat bis gegen die Spitze hin eine zähe, biegsame Wandung, die ausserordentlich feine Spitze — die feinste Nähnadelspitze ist ein plumper Pfahl gegen so eine Brennhaarspitze — aber ist infolge von Verkieselung glas- artig spröde; sie bricht daher schon bei leichter Berührung ab, und der scharfe Saft ergiesst sick in die Wunde.“ Die Brennessel ist die einzige Pflanze, welche Brennhaare aus den heissen Klimaten in die gemässigten mitnahm. Die gegenständigen herzeiförmigen Blätter mit dem tief und regelmässig sägezähnigen Rande gehören zu den schönsten Blattformen unserer Flora. Blüten, wie der Name sagt, ge- wöhnlich zweihäusig, selten einhäusig; die männlichen haben eine vier- teilige Blütenhülle (Perigon) und vier Staubgefässe, die weiblichen eine zweiteilige Blütenhülle und einen Fruchtknoten mit sitzender viel- strahliger Narbe; männliche und weibliche Blüten klein, grün, kelch- artig, büschelig in den Blattachseln, in hängenden verzweigten ausge- spreizten, d. h. an der Spitze sich weiter von einander entfernenden Ähren, welche gewöhnlich eben so lang oder auch länger als der Blattstiel. Häufiges Unkraut an Wegen und Gräben, sowie in Wäl- dern; blüht Juli bis September. Die zähen Stengelfasern können zu feinem Gespinnst (Nesselgarn, Nesseltuch) verwendet werden; dasselbe — 259 — ist dünner und feiner, jedoch weniger haltbar als Leinwand. — Die kleine Brennessel, wrlica wrens, auf Schutt, an Wegrändern, Zäunen, Strassengräben, einjährig, brennt noch heftiger wie die vorige Art. Blätter langrund, spitz zulaufend, regelmässig tief gezähnt. Blüht Juli bis September. „Blüten einhäusig, männliche und weibliche Blü- ten gemischt auf derselben Pflanze in kleinen lockeren meist sitzenden, blattachselständigen Büscheln, welche kürzer als die Blattstiele sind. Frucht wie bei der grossen ein kleines flaches schwarzes samenähn- liches Nüsschen, vom Perigon umschlossen.“ — Die jungen Triebe unserer Nesseln liefern Gänsen ein angenehmes Futter; von den Blät- tern nähren sich viele Raupen. — „Die Brennessel ist einer der treue- sten Begleiter der menschlichen Kultur. Vor Urzeiten ist sie von Asien her zu uns eingewandert und von Europa aus ist sie in die Kulturflächen ganz Amerikas übergegangen, hat ihren Besuch in Algier und am Kap abgestattet, ist über Tasmanien etwa um das Jahr 1850 nach Australien eingewandert und dort zur lästigen Plage geworden. Wie Gottes Sonne über Gerechte und Ungerechte strahlt, so brennt die Nessel ohne Ansehen der Person die Finger der Weissen wie der Schwarzen ; ja im warmen Klima brennt sie sogar viel energischer als bei uns.“ Gemeine Hirschzunge, scolopendrium vulgare, mit aus- dauerndem kriechendem Wurzelstock, zur Familie der Farne gehörig. „Laub büschelig, ungeteilt (ausgenommen bei Missbildungen), mit brau- nem oder grünem Stiel; Fruchthäufchen — d. s. die kleinen kapsel- artigen aufspringenden Sporangien oder Keimfrüchte, welche die Sporen oder Keimkörner enthalten — zahlreich, gleichlaufend, in zwei Reihen, eine auf jeder Seite der Mittelrippe, gewöhnlich von ungleicher Länge, aber weder bis zur Mittelrippe noch bis zum Rande reichend.“ Im Walde, besonders am Fusse des Kesselberg; in Benediktbeuerns un- mittelbarer Umgebung nicht. „Ist sehr veränderlich in Grösse (15 bis 60 em); ebenso erhalten die unfruchtbaren Wedel, besonders bei ge- pflegten Pflanzen, mitunter abenteuerliche Formen, von denen 58 mit verschiedenen Namen belegt worden sind.“ Gemeiner Geissfuss, aegopodium podagraria, auch Podagra- kraut genannt, ein kahles Kraut mit kriechendem Wurzelstock, auf- rechtem hohlem gefurchtem Stengel, kommt auf Wiesen und in Baum- gärten, auch im Wald vor. Blüht Mai und Juni. Dolden zusammen- gesetzt, ohne jede Hülle, ansehnlich gross mit zahlreichen weissen Blüten. Teilfrächtehen mit fünf fadenförmigen Rippen; "Thälchen ohne Striemen. Die langen Stiele der grundständigen, doppelt drei- Zu — 2160 — zähligen (Stengelblätter wenige, einfach dreizählig) Blätter sind als Frühjahrs-Gemüse geniessbar. Ein Doldengewächs. Kriechender Günsel, ajuga reptans, perennierend, Mai und Juni blühend. Ganze Pflanze kahl, nur mit einzelnen Haaren zwi- schen den Blüten. Der kriechende Wurzelstock treibt kriechende Aus- läufer und einen Büschel grundständiger Blätter, welche verkehrt eirund sind. Blüten in. Wirteln oder Quirlen (Zweige oder Blätter sind wir- telig oder quirlständig, wenn mehrere an demselben Knoten — d. i. jene Stelle am Stengel oder an den Zweigen, an welcher ein oder mehrere Blätter, Zweige oder Blattknospen entspringen — rings um den Stengel geordnet sind) in den Blattachseln oder Blattwinkeln, d. h. in dem oberen Winkel, den das Blatt mit dem Zweige bildet, eine walzenförmige oder zylindrische beblätterte Ähre bildend. Blumen- krone blau. Blumenröhre (d. i. der untere in die Verwachsung ein- gehende Teil der einblättrigen, richtiger verwachsenblättrigen Blume oder Blumenkrone — der obere mehr oder weniger ausgebreitete Teil heisst der Saum, und die Übergangsstelle zwischen beiden der Schlund —) viel länger als der Kelch. — Ihm sehr ähnlich und auch auf Wiesen und im Walde vorkommend ist der behaarte Günsel, ajuga genevensis, stärker behaart und ohne Ausläufer. Die Wirtel bilden eine pyramidenförmige oder vierseitige beblätterte Ähre. Familie: Lippenblütler. Wiesen-Bocksbart, fragopögon pratensis, hier Stopsel oder Süssling genannt, zweijährig, Mai bis August blühend, auf Wiesen und Grasplätzen. Stengel aufrecht, schwach verzweigt, anfangs glatt, wenn älter gerieft, bis 70 em und darüber lang. Blätter lang, schmal, ganzrandig, grasähnlich. Blütenstiele lang, nur dicht unter dem Köpf- chen etwas verdickt, mit je Einem gelben Blütenköpfehen, das sich manchmal schon gegen 9 Uhr morgens, meist aber nachmittags schliesst. Die dottergelbe Blume hat viel Ähnlichkeit mit der Arnikablüte, welche ebenfalls solche abgestumpfte, mit leichtem Einschnitt versehene Strahlenblüten hat. Schliessfrüchtehen lang und gestreift, knotig rauh, nach der Spitze verschmälert in einen Schnabel, welcher so lang als die Schliessfrucht und eine Federkrone aus stark gefiederten (d. h. an beiden Seiten des gemeinsamen Stieles oder der Mittelrippe ähnlich den Fiedern einer Feder verteilten) Haaren trägt. Der hohle Stengel enthält einen weissen, süsslichen, nicht giftigen Milchsaft. — Matthio- lus gibt folgende Beschreibung. „Bockssbart, Gauchbrot, Herei bar- bula, sive Tragopogon, hat lenger vnnd breytter bletter, dann der —. 36 — Saffran: einen runden, glatten, knöpffichten stengel, darauf wachsen gelbe grosse gefüllte blumen: die blettle, so an diesen blumen ringss- herumb sternweise stehen, sindt zerkerbt. Die blumen wenden sich den gantzen tag gegen der Sonnen, am abend schliessen sie sich zu, früe mit der Sonnen auffgang thuen sie sich widerumb ausseinander, so fern der himmel nicht gewülcket ist. Diese blumen werden endt- lich zu härechten köpffen, wie im Pfaffenrörlen (Löwenzahn), verfleugt allso jedes schwartzes sämlen mit seiner wollen, die es auff der spitzen tregt. Die wurtzel ist lang, süss vnd zart: das gantze gewechss voller süsser milch.“ Bocksbart hat den Nahmen von der Gestalt der haarichten Blumen (d. i. vom Pappus), welche sich einem Bocksbart vergleichet. — Aus Kerner’s Pflanzenleben füge ich nachstehendes an: „Sobald die Narbe gewelkt ist, welken in kürzester Frist auch die Blumenblätter, oder sie lösen sich von dem Blütenboden los und fallen zu Boden. Das Welken vollzieht sich an den Blumenblättern in sehr mannigfacher Weise. Sie verlieren ihre Prallheit, sinken zusammen, nehmen einen geringeren Umfang ein und verändern gleichzeitig ihre bisherige Farbe. Aus den Blumenblättern der meisten Eintagsblüten scheidet sich bei dieser Gelegenheit Wasser aus dem Gewebe aus, nicht unähnlich wie an den Laubblättern, welche im Herbste einem starken Nachtfroste ausgesetzt waren und am darauf folgenden Tage von der Sonne getroffen werden, sie werden matsch und sehen wie zerquetscht oder wie gekocht aus. Die Kronen einiger Schmetterlingsblütler, na- mentlich mehrere Arten der Gattung Klee (Trifolium), vertrocknen und werden rauschend wie dürres Laub. Die Mitte zwischen diesen beiden Gegensätzen halten dann jene zahlreichen Blüten, deren Blumen erschlaffen, etwas zusammenschrumpfen, sich verbiegen und dann schliesslich verwelkt abfallen, wie dies beispielsweise an den meisten Schotengewächsen, Baldrianen und Korbblütlern der Fall ist. Die Blumenblätter nehmen beim Welken meistens diejenige Lage an, welche sie schon in der Knospe inne hatten. So rollen sich die Zungenblüten des Bocksbartes (fragopogon) beim Welken zu einer Röhre zusammen und erhalten dadurch dasselbe Ansehen wie vor dem ersten Aufblühen. Durchgreifend ist dieses Verhalten allerdings nicht. Bei manchen Pflanzen kommt es auch vor, dass sich alsbald nach der Ablagerung des Pollens auf die Narbe die benachbarten Blumenblätter einzeln oder in ihrer Gesamtheit vom Blütenboden ablösen, ohne früher gewelkt zu sein, wofür als Beispiel die Blüten der Rosen, der Mandelbäume und der Primeln genannt sein mögen.“ 262 — Gemeine Sternmiere, Vogelmiere, Vogelmeier, gemeines Sternkraut, Mäusedarm, auch, und zwar hier gewöhnlich (wie schon im Mittelalter) Hühnerdarm — von dem schlaffen, dem Boden anliegenden und sich windenden, einem Hühnerdarm vergleichbaren Stengelkonvolut — genannt, siellaria s. alsine media, einjähriges, fast das ganze Jahr hindurch blühendes Unkraut, an Wegrändern, Bachufern, in Gärten, Äckern, auf bebautem und wüstem Boden, hier nicht häufig. Kleines, schlaffes, stark verzweigtes Pflänzchen mit niederliegendem, am Ur- sprung jedes Blattpaares, wie bei den Nelkengewächsen überhaupt, knotigem Stengel. Wenn der Schnee unsere Gärten und Felder ver- lässt, dann strahlen die ersten weissen Sternblüten des Hühnerdarms, und wenn der Novembersturm den ersten Schnee zum dicken Walle häuft, dann überschüttet er die letzten Blüten des unerschütterlichen Krautes. Eng an den Boden gepresst, liegt das dichte Netz langver- ästeter, grüner Stengel mit je einer seidenweissen, flaumigen Haarleiste längs einer der vier Kanten da, überschüttet mit kleinen, gegenstän- digen, eirunden, kurz zugespitzten — die unteren gestielt und herz- eiförmig, die oberen sitzend und schmäler — in fettem Boden saftigen, weichen Blättern, aus deren Achseln die kleinen, weissen Blütensterne weithin leuchten. Fünf Kelchblätter, fünf kleine, tief gespaltene Kronenblätter, kürzer als der Kelch, mit schmalen, schwach gespreiz- ten Zipfeln; fünf, manchmal durch Fehlschlagen nur drei Staubgefässe und ein dreigriffeliger Stempel, welcher zu einer länglichen Kapsel auswächst. „Aufrecht ragt die Blüte (in unregelmässigen Gabelteil- ungen, beblätterten Rispen) auf 1—2 cm langen, schlanken Stielchen empor, bis die Befruchtung durch kleine Fluginsekten oder eigene Kraft erfolgt ist. Dann senkt sie sich schämig zu Boden und reift die kleine Kapsel voll mohnkorngrosser, gelbbrauner Samen, welche schon 24 Stunden nachdem sie die mütterliche Hülle verlassen haben, zur jungen Pflanze auskeimen können, ebenso gut aber monatelang ruhen, wenn ihnen keine Feuchtigkeit zugeht. Dann liegen sie im flachsten Erdriss trocken, geduldig ihre Zeit erwartend. Zahllose kleine Vögel nehmen diese Samen (ein beliebtes Vogelfutter) als Delikatesse — die Blütenknospen und Fruchtkapselchen sind dem Kanarienvogel ein Hochgenuss —, aber meist passiert der kleine Same den Magen fast unversehrt und kommt dann an oft weit entfernter Stelle von der Mutterpflanze zur Keimung. So ist die Vogelmiere mit den Zugvögeln nach Nord und Süd gegangen aus ihrer mitteleuropäischen Heimat und mit den Kulturpflanzen der alten Welt ist sie auch in die neue Welt gelangt.“ — 2635 — Gemeines oder durchlöchertes Johanniskraut oder Hartheu, hypertcum perforahum ; Familie Hartheugewächse, Aypericaceae s. hyperieineae, deren Hauptcharakter in den zahlreichen Staubgefässen liegt, welche an ihrem Grunde zu drei bis fünf Bündeln verbunden sind. Stengel bis über halb Meter Höhe, aufrecht, einfach oder wenig verästelt, zweikantig, derb, unten rot angelaufen; bei etwas über 40 em Stengelhöhe Blätter 23 mm lang, 9 mm breit, eiförmig, wellig, be- sonders am Rande mit schwarzen Pünktchen besetzt, die Blattspreite erscheint gegen das Licht gehalten ziemlich reichlich und sehr fein punktförmig durchsichtig, wie fein durehstochen; sämtliche Blätter und Seitenverzweigungen gegenständig. Blüten in einer Rispe oder Schirm- traube, richtiger Schirmrispe — es ist keine eigentliche Schraubel, in- dem die Fortsetzung der Hauptachse nicht durch einen Seitentrieb gebildet wird und die zur Ausbildung kommenden Seitentriebe nicht auf derselben Seite liegen —, zu mehreren an einem Stiel vereinigt, goldgelb, Blumenblätter (fünf) schmal, etwas spitz, mit schwarzen Pünkt- chen. Kelchblätter (fünf) ganzrandig, gestrichelt, lanzettlich, spitz zu- laufend, mit keinen oder nur ein paar schwarzen Pünktchen. Staub- gefässe zahlreich, am Grunde verwachsen zu drei Bündeln; oberständiger Stempel mit drei Griffeln. Die Frucht ist eine dreiklappige, knorpelige Kapsel. Perennierend, Juli und August blühend, am Strassberg. — Vierkantiges Johanniskraut, hypericum quadrangulum. Wurzel- stock mit feinen Faserwurzeln, horizontal, perennierend. Stengel auf- steigend, vierkantig, unten von rötlicher Färbung, welche sich weiter hinauf verliert, mit deutlich geringelten Absätzen in etwa 2—3 cm Abständen; derselbe ist allenthalben zerstreut schwärzlich drüsig punk- tiert. Blätter sitzend, gegenständig, mit einzelnen schwarzen Pünktchen, eiförmig, etwa 4 cm lang und 2 cm breit, die oberen jüngeren be- deutend kleiner, etwa 18 mm lang und gegen 8 mm breit, auch an ihnen sind übrigens die schwarzen Pünktchen schon bemerkbar. Blatt- rand schwach sägezähnig gekerbt. Blüten gelb, endständig, an mehr oder weniger (1,4—7,6 cm) langen Stielen, eine Traube bildend. Die gelben Blumenblätter sind ebenfalls zerstreut schwarz punktiert; sie wechseln zwischen vier und fünf an derselben Pflanze, ebenso die Kelchblätter. Kelch tief eingeschnitten mit vier oder fünf eiförmigen, zugespitzten Blättern. Zahlreiche gelbe Staubgefässe, welche an ihrem Grunde zu drei (bis fünf) Bündeln verwachsen sind. Der Fruchtknoten ist dreiteilig, trägt aber ausnahmsweise nur ein oder zwei ausgebildete Stempel, indem der dritte sehr verkümmert, bloss angedeutet ist; auch — mb — erscheint er in seiner oberen Hälfte mitunter zart rötlich gefärbt. Blüht Juli und August; an Bachrändern, Zäunen, in Gebüschen. — Vier- flügeliges Johanniskraut, hypericum tetraptörum. Stengel etwa 38 em hoch, stark vierkantig, rötlich; quer liegende, etwa 4 cm lange, perennierende Wurzel, welche ziemlich viele, bis 11 em lange Faser- wurzeln entsendet. Blätter gegenständig, eirund (23 mm lang, 14 mm breit), mit einzelnen schwarzen, besonders am Rand und gegen die Spitze befindlichen und einzelnen durchscheinenden Pünktchen, wie wenn das Blatt mit einer feinen Nadelspitze durchstochen wäre. Blüten gelb, fünfzählig, lang gestielt, in endständiger Rispe, die gelben Blumen- blätter ohne die Lila-Punkte, wie sie beim vierkantigen Johanniskraut vorkommen. Kelchblätter lanzettlich, zugespitzt. Blüht Juli und August; auf moosigen Wiesen. Sumpf-Läusekraut, pedicularis palustris. Kahles Bflänz- chen, ziemlich starker Wurzelstock, Pfahlwurzel, zweijährig. Stengel gefurcht, etwa 15—30 em hoch. Blätter an derselben Pflanze ver- schieden, bald gegen-, bald wechselständig, stark gefiedert, die kleinen Fiederblättchen unregelmässig tief gekerbt. Blüten kurz gestielt in den Blattachseln, purpurrot. Kelch in zwei Zipfel gespalten, von denen jeder mehrfach unregelmässig gezähnt ist. Kapsel schief, mit der kurzen, stacheligen Spitze aus dem Kelch hervorragend. Mai bis Juli blühend, im Juli sieht man schon Kapseln. Auf Mooswiesen; nicht häufig. Ein Braunwurzgewächs. Weisse Pestwurz, petasites albus, ehemals gegen die Pest gebraucht, ein Korbblütler, perennierend, nicht häufig. Wurzelstock gelblich braun, geringelt. Weisse, im April erscheinende Blüten, jede an einem kleinen Stielchen, eine längliche, fast kolbig aussehende Traube an dem saftigen, mit Schuppenblättchen besetzten Stengel bildend. Die grossen, gestielten, grundständigen, rundlich herzförmigen, stachelspitzig gezähnten, unterseits weissfilzigen Blätter kommen erst nach dem Verblühen, mehrere Wochen später. Auf der feuchten Wald- wiese bei Obersteinbach. Die Gundelrebe oder der epheublättrige Gundermann, glechoma hederaceum, mässig behaartes, kriechendes Kraut mit langer, schmäch- tiger Wurzel und kurz aufsteigenden Blütenzweigen, perennierend, Mai und Juni blühend, auf Wiesen und an Waldrändern. Blüten blau bis hellviolett, zu sechs in achselständigen Wirteln. Oberlippe zwei-, Unterlippe dreispaltig; vier Staubgefässe. Die Blätter, nierenförmig, — 265 — gekerbt, geben beim Reiben einen eigentümlichen aromatischen Geruch, haben einen bitteren Geschmack, und galten ehedem volkstümlich als Gundeles- oder Gundermannskraut, herba hederae terrestris, getrocknet und zu einer (grünen) Salbe bereitet für heilkräftig speziell bei der englischen Krankheit oder Rhachitis, ausserdem als Brustthee. Gehört zu den Lippenblütlern. Das Wort Gundelrebe soll nach Schmeller mit Gund —= feuchter Standort zusammenhängen. Andere erkennen in dem Namen gund, gundja —= Kampf und Rebe, mit mythischem Bezug auf die Walküre Gundr; denn das Kräutlein galt für heil- und zauberkräftig. (Wal- küren sind in der altnordischen Mythologie die göttlichen öder halb- göttlichen Schlachtjungfrauen, reizende Jungfrauen, die goldgeschmückt in strahlender Waffenrüstung durch die Lüfte reiten, nach Odins Be- fehlen die Schlachten leiten und den „Wal“ kiesen, d. h. die Todes- lose verteilen. Von den Mähnen ihrer Rosse (den Wolken) träufelt befruchtender Tau, und Licht strahlt aus ihren Lanzenspitzen. Sie ge- leiten die gefallenen Helden nach Walhalla, wo sie ihnen den Becher kredenzen, die Trinkhörner reichen. Walhalla ist die Halle der er- schlagenen, der Aufenthaltsort der in der Schlacht gefallenen Helden, der Einherier, eine glänzende Halle, zu Gladsheim (Freudenheim), einem Erholungsort für die Asen, deren Göttersitz Asgard, gehörig.) Türkischer Schwarzkümmel, nigella damascena. hier Gretl in der Staude genannt, einjährig, Juni und Juli blühend, als Zier- pflanze in einigen Gärten. Der Stengel trägt zwei- bis dreifach fieder- teilige Blätter mit linealen Blättehen. Die hellblauen Blüten sind von einer Hülle aus fein zerteilten Blättern umgeben; die Kapseln glatt und bis zur Spitze verwachsen. Gehört zur Gattung Schwarzkümmel, nigella, Familie Hahnenfussgewächse, hat also zahlreiche Staubgefässe. „Jedes der fünf bis zehn Fruchtblätter bildet ein Fruchtfach mit einer Reihe zahlreicher Samen, verlängert sich in einen Griffel und springt bei der Reife oben an der innern Naht auf (Balskapsel).“ Diese Pflanze hat noch mehrere eigentümliche Namen. St. Katha- rinenblume heisst sie, weil die Blüte einem Rad, dem Marterzeichen der heiligen Katharina gleichen soll. Die heilige Katharina, aus Alexandria, berühmt durch Gelehrsamkeit und Weisheit, wurde näm- lich um das Jahr 307 enthauptet, da das zu ihrer Hinrichtung be- stimmte, mit Nägeln bespickte Rad zerbrach. Schabab heisst sie vom spöttischen Ausdruck „ein Rübchen schaben“, indem ‚die Mädchen ihren ländlichen Bewerbern, die nicht in ihrer Gunst standen, das — 266 — Kräutchen Schabab boten; Schabab bedeutet übrigens auch in der älteren Sprache so viel als „packe dich fort, schier dich deiner Wege“. Auf dem Lande hört man gewöhnlich die Bezeichnung Gretl in der Staude, weil die Blume zwischen den feinen Blättern gerade so wie ein schüchternes Mädchen in einer Staude sitze, welche Benennung — neben den: auf die gleiche Anschauungsweise sich gründenden Aus- drücken Gretle im Busch, Jungfer im Grünen — sich sehr verbreitet, in Österreich, Bayern, Schwaben, Holland, selbst in Schweden findet, und an welche sich das Norddeutsche: die Braut in Haaren, reiht. Da das Kraut von Mädchen als Zeichen der Abweisung verschmähten Liebhabern gegeben wurde, so könnte Gretehen in der Staude auch bedeuten: Gretehen im Trutz-, im Schmollwinkel. Ein weiterer Neben- name ist Ledigblume, d. i. die Unverheiratete, weil die Blüte häufig nur einzeln auf einer Pflanze vorkommt oder weil es sich auf das er- wähnte Korbgeben bezieht. Ungiftige Arzneipflanzen. Die gemeine Schafgarbe, achillea millefolium, perennierend, auf Wiesen, Feldrainen und an Wegrändern. Die lanzettförmigen, ge- zähnten, doppelt fiederspaltigen — d. h. die besonderen Blättchen des zusammengesetzten Blattes, die Abschnitte oder Läppchen des Blattes, sind an beiden Seiten des gemeinsamen Stieles oder der Mittelrippe verteilt (ist der Endzipfel eines fiederlappigen oder fiederspaltigen Blattes ansehnlich grösser und breiter als die übrigen, so wird dieses Blatt leierförmig genannt) — Blätter, welche im Frühjahr gesammelt einen ziemlich bedeutenden Anteil an Salzen neben Gerbstoff und ätherischem Öl enthalten, weniger die in dichten gipfelständigen (an der Spitze des gefurchten schwach wollhaarigen Stengels befindlichen) Schirmtrauben beisammen sich findenden zahlreichen Blütenköpfchen, in denen die Salze fehlen: werden als Thee gebraucht. Strahlenblüten meist fünf in einem Köpfchen, weiss, seltener rosa. Blüht Mai bis Oktober. Es soll dies dieselbe Pflanze sein, die wur durch den Centaur Chiron kennen lernte. Seltener ist die der gleichen Familie, den zusammengesetztblütigen Pflanzen oder Korbblütlern, compositae, angehörige echte Kamille, matricaria chamomilla, ‚einjähriges Kraut, auf Äckern stellenweise vorkommend, Mai bis August blühend. Strahlige Blütenkörbehen oder Blütenköpfchen, ansehnlich gross, an endständigen Stielen, mit ziegel- — 267 — dachförmigem Hüllkelch (ziegeldachartig über einander gelegte Blätt- chen, Hüllschuppen), kegelförmigem hohlem nacktem Blütenboden oder Scheibe — d. i. die erweiterte Spitze des Blütenstiels —, röhrigen gelben Scheiben- und, am Rande der Scheibe sich ansetzenden, zungen- förmigen weissen zurückgeschlagenen gezähnten Strahlenblütchen (Blu- ‘ menblättehen); von aromatischem starkem Geruch und schwach bitterem Geschmack. Ausser Gerbsäure und bitterem Extraktivstoff enthält die Kamille ein ätherisches Öl, aber in sehr spärlicher Menge; dasselbe ist tiefblau, diekflüssig, und wird bei längerem Stehen braungrün. Die Kamillenblüten werden zu einem der gebräuchlichsten Thee-Arten und auch in Säckchen eingenäht und gewärmt aufgelegt, als krampflindernd angewendet. Das Arzneibuch für das deutsche Reich (1890) gibt fol- gende Beschreibung der Blütenköpfehen der Kamille: „Sie sind in allen ihren Teilen kahl; ihre trockenhäutig berandeten Hüllblättchen schliessen den gegen 5 mm hohen, am Grunde 1,5 mm im Durch- messer erreichenden, kegelförmigen, nackten, im Gregensatze zu allen anderen verwandten Pflanzen nicht markig angefüllten, sondern hohlen Fruchtboden ein. Die 12 bis 18 Randblüten müssen von weisser, die viel zahlreicheren Scheibenblüten von gelber Farbe sein. Kamillen riechen kräftig aromatisch und schmecken zugleich etwas bitterlich.“ Die Randblüten werden erst bei den ganz reifen Blüten vollständig nach unten geschlagen oder abwärts gekehrt; man sieht an derselben Blüte einen Teil der Randblüten gerade abstehend, und dazwischen wieder kerzengerade nach abwärts gebogene (hamomilla stammt vom grie- chischen yatuatumdov, kleiner Apfel (mit Bezug auf den Duft der rundlichen Blütenköpfchen); matricaria, Mutterkraut, weil man die Pflanze als besonders heilkräftig für die Bärmutter hielt. Die Kamille gehört, wie schon angegeben, in die Familie der Synanthereen oder Kompositen. „Der erste Name bedeutet verwachsen- beutelige, der andere zusammengesetztblütige Pflanzen. Bei allen diesen Pflanzen finden sich in den Blüten stets fünf Staubgefässe, deren Staub- beutel in eine kleine Röhre verwachsen sind, durch welche der Griffel hindurchragt, während ihre Staubfäden frei bleiben. Dies begründet die erstere Benennung. Die zweite hat darin ihren Grund, dass ihre im gewöhnlichen Leben dafür angesehenen Blüten zu einem blüten- förmigen Ganzen zusammengesetzte Gebilde sind, in denen jedes schein- bare Blättchen ein selbständiges Blütchen ist. Nehmen wir ein ver- blühendes Blütenköpfehen der Kamille, so können wir leicht alle Strahlen- und Scheibenblütchen abdrücken — es sind deren nicht — 2368 :— weniger" als über 400 —, sodass wir nun den freien Fruchtboden allein sich über dem zierlichen Blättehenkranz des Hauptkelches erheben sehen. Wir sehen auf dem Fruchtboden kleine punktförmige Narben, wo die Scheibenblütchen aufgesessen sind. Bei anderen Gattungen ist der Fruchtboden nicht nackt, sondern spreublätterig, wie bei der (einjähri- gen, im September blühenden) Sonnenblume oder Sonnenrose (helian- !hus annuus, mit grossen herzförmigen gesägten Blättern, sehr grossen gelben nickenden Blüten, und schwarz glänzenden Öölhaltigen Samen, welche im Fruchtboden wie in Zellen einer Wachswabe stecken), d.h. mit Schuppen oder Spreublättchen bedeckt, zwischen denen die Schei- benblütehen eingefügt waren. Halbiert man durch einen senkrechten Schnitt ein anderes Blütenköpfchen, auf welchem die Blüten noch fest stehen, um die zierliche Anordnung desselben noch besser zu sehen, so entdeckt man zugleich das Hauptkennzeichen der Gattung, der die Kamille angehört, nämlich dass der kegelförmige Fruchtboden ganz hohl ist. Wir sehen nun deutlich, wie dicht gedrängt und doch wie regelmässig die Scheibenblütchen auf dem hohlen Gewölbe des Frucht- bodens — bei den meisten Kompositen ist diese Scheibe, der Frucht- oder Blütenboden, d. i. die kreisförmig erweiterte Spitze des Blüten- stiels, flach, näpfehenförmig, oder nur wenig gewölbt, polsterförmig, — angeordnet sind. Die dicht gedrängten Blütenköpfchen der Scheibe werden auch als Korbblüten bezeichnet, indem die Randblüten, wenn die Knospe allmälig sich öffnet und sie aufrecht stehen, einem Körb- chen gleichen, in welches die Scheibenblüten hineingestellt sind; vg]. auch bei Gänseblümchen. Das Rand- oder Strahlenblütchen ist im wesentlichen ein zumgenförmiges weisses Blumenblatt, ein Teil der Blumenkrone, das an seiner Spitze einige Zähnchen hat und unten in eine kurze enge Röhre zusammengebogen ist, aus welcher der stets bloss Eine gabelige Griffel hervorragt. ‚Es fehlt ja aber die Röhre, zu welcher bei der Familie die Staubbeutel verwachsen sein sollen! Aller- dings! Aber dadurch, dass in der Verteilung und Ausbildung der Befruchtungsorgane an die Strahlen- und an die Scheibenblütchen eine gewisse regelmässige Abwechselung stattfindet, wird die Unterabteilung dieser sehr artenreichen Familie sehr erleichtert. Bei der Kamille sind eben die Strahlenblütehen nur weiblich. Unter der kurzen Kronen- röhre sehen wir noch den Fruchtknoten, denn bei allen Synanihereen steht die Blumenkrone auf der Spitze des Fruchtknotens, was man oberständig nennt. Ganz anders sieht ein Scheibenblütehen aus. Es ist gelb und seine röhrige Blumenkrone, die ebenfalls auf dem Frucht- ra: — knoten steht, gleicht einigermassen einer in der Mitte etwas verengerten Blumenvase mit fünfteiligem Rande. Im Innern seiner Röhre finden wir endlich den namengebenden Charakter der Familie, die fünf ver- wachsenen Staubbeutel, durch welche der doppelt gabelig gespaltene Griffel hervorragt. In kleinem Raume eine mehr als vierhundertmalige Wiederholung eines der strengsten Bildungsgesetze des unerschöpflichen Pflanzenreichs!“ — Wir haben sonach bei den Korbblütlern folgende Verhältnisse. „Das Blütenkörbehen wird im gewöhnlichen Leben meist als eine einzige Blume angesehen, was unrichtig ist. Der Stengel (Blütenspindel) trägt nämlich am freien, gewöhnlich erweiterten Ende, dem Blütenboden, einen ein- oder mehrreihigen Kreis von Blättern, welche Hüllblätter heissen und den gemeinschaftlichen Hüllkelch oder die Hülle bilden; auch der Blütenboden trägt häufig noch kleine Blätt- chen oder Schuppen, die Spreublättchen; auf diesem und zwischen diesen stehen die Blüten. Die Blüte besteht im allgemeinen aus dem unterständigen Fruchtknoten, dem meist aus Haaren gebildeten Kelch, der Blumenkrone, die wieder röhrig oder zungenförmig sein kann, den an den Staubbeuteln in eine Röhre verwachsenen Staubgefässen und dem Griffel, dessen Narbe meist aus der Blüte hervorragt. In manchen Blüten fehlen letztere Teile“ Der auswachsende verschiedentlich aus- gebildete Kelchsaum, wie er sich als Federkrone (pappus) auf dem Scheitel der Schliessfrüchtehen der Korbblütler erhalten findet, bildet einen integrierenden Teil der Frucht. WVerlängert sich in diesem Fall die Kelchröhre über das Früchtchen hinaus, so entsteht die gestielte Federkrone, welche je nach ihrer Beschaffenheit haarartig, federartig, grannenförmig, spreuartig, ferner ein-, zwei- und mehrreihig genannt wird. „Mehr als der achte Teil aller lebenden Blütenpflanzen hat die Blüten in Köpfchen vereinigt, und es dürfte dieser Blütenstand der häufigste von allen sein.“ Noch seltener ist das der Familie der Braunwurzgewächse, scrophularineae, angehörige Wollkraut, verbascum, auch Himmelbrand und Königskerze genannt. Die gemeine oder echte Königskerze, verbascum thapsus (candela regia), zweijährig, ein kräftiges Kraut mit aufrechtem, hohem, kerzengeradem, einfachem oder, sehr selten, wenig verzweigtem, kantigem Stengel, dicht mit weichwolligen Haaren bedeckt, sich daher fast filzig anfühlend. Versuche, die mit diesen wollhaarigen Blättern angestellt wurden, haben gezeigt, dass diese weder Wasserdampf kondensieren, noch auch tropfbarflüssiges Wasser auf- nehmen. Trockenheit, bemerkt Darwin, scheint allgemein das Be- — 270 — haartsein oder die Villosität der Pflanzen zu begünstigen; Gärtner fand, dass hybride Verbascums äusserst wollig wurden, wenn sie in Töpfen gezogen wurden. Die Blätter, langrund, zugespitzt, schwach gezähnt, auf der Unterseite mit starken Rippen und stark netzaderig, laufen am Grunde bis zum folgenden Blatt herab und erscheinen da- her wie sitzend. Der Blattstiel (d. i. die Zusammenziehung und Ver- schmälerung des untersten Teiles «es Blattes) nämlich, welcher an den Seiten mit blattartigen Streifen eingefasst ist und daher geflügelt heisst, ist dem Stengel angewachsen, und laufen die blattartigen Streifen am Stengel unterhalb der Ansatzstelle (des Grundes) des Blattes herab — wofür man auch den Ausdruck herablaufendes Blatt gebraucht, wobei also die Ränder des Blattes sich am Stengel hinab fortsetzen und an diesem vorstehende schmale Anhängsel oder Flügel bilden —, und der mit solchen Blattstreifen besetzte Stengel heisst ebenfalls geflügelt. Blütezeit Juli bis September. Blüten sitzend, eine dichte gipfelständige Ähre aus zahlreichen Knäueln — unentwickelten dicht gedrängten Trugdolden — bildend. Blumenkrone gelb, schwach trichterförmig mit sehr kurzer Röhre und fünf (ich mass 13 mm langen und 6 mm breiten) abgerundeten etwas unregelmässigen Zipfeln. Kelchblätter lang, zugespitzt, schmal, tief fünfteilig, bleibend. Ein Stempel; fünf Staubgefässe, wovon die drei oberen dicht weisswollig, etwas über 7, die zwei unteren kahlen nicht ganz 10 mm lang; Staubbeutel 2 mm lang, gelbrot, etwas schief angewachsen. Kapsel verkehrt eirund, hellbräun- lich, dicht weisswollig, gleich den nunmehr natürlich verkleinerten Kelchblättern fast ein filziges Aussehen zeigend, an der Spitze sich in zwei Klappen öffnend; ich mass die Höhe zu 10, den Durchmesser zu 8 mm. Die einfächerige Kapsel, deren Samen in unreifem Zustand hellgelblich und wandständig sind, hat zahllose länglich punktförmige dunkelbraune Samenkörner von einer Länge von kaum 1 mm, und ihr Breiten- oder Diekendurchmesser ist noch geringer. Die Königs- kerze wächst an Wegrändern, auf Hügeln, besonders auf dem Wege nach dem Strassberg, dann in Gärten und Höfen besonders auf Schutt, Bauschutt, welcher auf Wiesgrund oder Wegen hingeworfen ist, neben Mauern und selbst an Mauern; so sah ich aus einer Gartenmauer ziemlich über dem Boden, direkt zwischen den Steinen ein wenig heraus und dann hart an ihr kerzengerade in die Höhe wachsend eine Königs- kerze mit einfachem Stengel. Die grösste Königskerze, schon verblüht, mit teilweise reifen Samen fand ich (Mitte September 1890) im hiesigen ehemaligen kleinen Klosterhof; sie befand sich unter mehr als 50 — 271 — Stücken, welche in zwei Längsreihen unregelmässig hinter einander, ähnlich wie Bohnen an Stangen, frei und ausnahmslos mit einfachem Stengel und ohne gestielte Blätter, 1 m von der nördlichen Mauer, nach Süden gewendet, gewachsen waren. Darunter waren ferner merk- würdig einige wahrscheinlich vom Sturm gebrochene noch etwas über 1 m hohe Stengel, welche zwei bis acht junge aufrechte seitliche Triebe zwischen 7-—63 em Länge hatten, sämtliche mit jetzt noch im Blühen begriffenen kürzeren oder längeren Ährchen (die kürzeste war eine nur ein paar Centimeter lange gipfelständige Ähre) versehen, und ausser- dem sassen an den längeren jungen Trieben noch vereinzelt blatt- achselständige grüne Knospen. Einige Königskerzen waren übrigens nach der Knickung des Stengels atrophisch zu grunde gegangen. Die kürzeste unter den mehr als 50 Exemplaren hatte eine Länge von 138 em, wovon auf den sichtbaren Stengel 115 em kamen — 23 em war nämlich die beim Abgehen vom Stengel etwas geknickte einfache Pfahlwurzel lang; diese Königskerze war bereits ganz bräunlich und im Schrumpfen begriffen, die Wurzel jedoch noch schön gelb; Umfang des Stengels 3 em. Die erwähnte grosse Königskerze hatte eine Länge von 316 cm, wovon auf die gipfelständige Ähre 92, auf den übrigen Stengel 186, und auf die — wie jedesmal — ziemlich scharf abge- grenzte gelbliche mit faserigen Ausläufern mässig besetzte Pfahlwurzel 38 em trafen; die Wurzel teilte sich gabelig in drei ebenfalls deutlich abgegrenzte kleinere mit zarten Wurzelzasern versehene etwas gebogene Äste, und betrug die Länge des grösseren stärkeren Wurzelastes 17, die der beiden kleineren 10—12 cm, sodass also der eigentliche starke, mit Ausnahme der anfangs bei seinem Ansatz leichten Biegung oder Knickung gerade verlaufende Wurzelstamm eine Länge von 21 cm hatte. Die Blätter, zum grossen Teile schon welk, massen in der Mitte des Stengels in der Länge etwas über 22 cm, in der Breite nicht ganz 9 cm; das grösste untere Blatt hatte 26 em Länge bei einer Breite von 9,5 cm. Der geflügelte — d. h. also an den Seiten mit blattartigen Anhängen, welche sich nach abwärts immer mehr verschmälern, anfangs etwa 21/3 cm breit sind und zuletzt dicht am Stengel endigen, versehene — am Stengel angewachsene Blattstiel (ge- wissermassen die Länge des angewachsenen unteren oder herablaufen- den Blattes), welcher sich bis zum Beginn oder Ansatz des nächst- folgenden Blattes fortsetzt, hatte eine Länge von 9 cm. Der Umfang um den Stengel unten, zwei Querfinger über dem Beginn der Wurzel, betrug 67, oben, unmittelbar vor Beginn der Blütenähre, 42 mm. Die — 212 — zwei nächst grösseren Königskerzen waren nahezu ganz gleich und hatten eine Höhe von 297 cm — sie sind nicht schwer mit der Wurzel herauszuziehen —; hievon trafen 254 em auf den Stengel bis zum Beginn der mit faserigen Ausläufern besetzten gelblichen Pfahlwurzel ; diese selbst war 43 cm lang, wovon auf die am Ende gabelförmig geteilten zwei Wurzeläste 10 cm trafen. Der Umfang um den Stengel betrug unten 6, oben vor Beginn der 69 em langen (dichten gipfel- ständigen) Blütenähre 4 cm. Die grösste Länge der unteren Blätter betrug etwas über 22 cm bei einer Breite von nicht ganz 9 em. Im übrigen gleiche Verhältnisse mit der vorigen. Von ferne gesehen macht die Königskerze wegen ihrer nach oben zu an Grösse rasch abnehmen- den (ganzrandigen) Laubblätter den Eindruck einer Pyramide. Hinmel- brand hat seinen Namen daher, weil er hoch gegen den Himmel auf- spriesst. Brand bedeutet nämlich etwas Hohes, daher auch der Berg- name Brenner, der Heldenname Hildebrand u. s. f. Gefiel das Veilchen dureh seine Bescheidenheit, so fiel der „Himmelbrand“ durch seinen hohen Wuchs in die Augen und wurde deshalb in die Mitte der Kräuter- büschel gesteckt, welche geweiht werden sollten. — Eine Abart ist verbascum thapsiforme. Blumenkrone etwas grösser und mehr flach ausgebreitet, hellgelb bis weiss; die beiden grösseren Staubfäden nur zweimal — bei der gemeinen Form viermal — länger als ihr Staubbeutel. Blüten wie bei der vorhergehenden eine dichte gipfelständige Ähre aus zahlreichen Knäueln bildend. — Die Blüten beider Arten werden getrocknet als Wollblumen (flores verbasci) zum Thee gebraucht; sie sind die empfindlichsten von allen Blüten-Thees, verderben leichter und rascher, namentlich wenn sie nicht an ganz trockenen Stellen liegen, und sind schwieriger aufzubewahren wie die Kamillen. Ausser- dem ist folgendes zu berücksichtigen. „Die Blätter der meisten Arten der Gattung Königskerze sind mit eigentümlichen Deckhaaren, welche einen flockigen, filzigen Überzug bilden, versehen. Diese strahlenför- mig verästelten, an kleine Tannenbäumchen erinnernden Haare lösen sich von der Oberhaut der Blätter, aus der sie hervorgegangen sind, sehr leicht ab, und es genügt ein geringer Druck der darüberstreichen- den Hand, um zahlreiche Flocken dieses Haarfilzes abzuheben. Ob- schon nun die Zellen, aus welchen sich die Haare des Blattfilzes auf- bauen, nicht starr und stechend sind und sich nicht in die Haut ein- bohren, so bleiben sie doch infolge ihres eigentümlichen Baues sehr leicht an den kleinsten Unebenheiten der berührenden Körper hängen. Wenn weidende Tiere ihre Mundschleimhaut mit den Blättern der rt Königskerze in Berührung bringen, so wird diese Schleimhaut sofort mit Flocken aus abgestossenen Filzhaaren bedeckt, die sich in die Falten der Mundhöhle einnisten und dort gewiss ein nichts weniger als angenehmes Gefühl hervorbringen werden. Auf diesem eigentüm- lichen Verhalten der Filzhaare der Königskerze zur Schleimhaut beruht ja auch die Vorsicht, welche wir Menschenkinder bei der Zubereitung des Himmelbrandthees gebrauchen. Wenn man nun die Blüten, die an der Rückseite gerade so wie die Laubblätter mit einem feinen Haarfilze überzogen sind, mit heissem Wasser übergiesst, so lösen sich Teile des Haarfilzes ab und erhalten sich schwimmend in dem ge- bildeten Aufgusse. Versäumt man, den Aufguss durch ein Stück Leinen zu seihen und auf diese Weise die schwimmenden Härchen zu entfernen, so kann es leicht geschehen, dass sich beim Trinken der Flüssigkeit einige Haargruppen an die Schleimhaut der Mundhöhle anlegen, was dann ein unausstehliches Kratzen und Jucken hervor- bringt. Dieses unangenehme Gefühl, das sich bei Tieren, welche Königskerzenblätter in den Mund bringen, gewiss noch viel mehr gel- tend macht als bei uns, wenn wir ungeseihten Himmelbrandthee trin- ken, hält die Tiere ohne Zweifel ab, das Laub der in Rede stehenden Gewächse abzufressen. — Die Ausscheidung von Honig an den Blu- men der Königskerzen erfolgt auf dem unteren grossen Kronenblatte, und zwar in Form zahlreicher über das Mittelfeld dieses Blattes zer- streuten Tröpfehen. Jedes Tröpfchen kommt aus einer Spaltöffnung hervor und man sieht daher zur Zeit des Öffnens der Blumenkrone dieses Blatt wie mit Tau beschlagen. Das ist aber im allgemeinen der seltenere Fall; gewöhnlich fliessen die ausgeschiedenen Tröpfehen zu einer Masse zusammen, und es erscheint dann an irgend einer be- schränkten Stelle ein grösserer Tropfen aufgespeichert.“ — Das Arznei- buch sagt bezüglich der Wollblumen : Die gelben radförmigen Blumen- kronen der windblumenähnlichen Königskerze, verbascum phlomoide Os mit Einschluss des verbascum thapsiforme, werden arzneilich ver- wendet. Aus der sehr kurzen, nur 2 mm weiten Blumenröhre erheben sich fünf, bis gegen 1,5 em lange, aussen sternhaarige, innen kahle und schön gelbe Lappen von breit gerundetem Umrisse. Dem grössten derselben stehen am Grunde zwei kahle Staubfäden (zweimal so lang als ihr an der Seite lang herablaufender Staubbeutel) zur Seite, drei etwas kürzere bärtige, weisswollige Staubfäden entsprechen den drei übrigen Einschnitten der Blumenkrone. Wollblumen sollen einen kräftigen Geruch an sich haben; sie dürfen nicht braun aussehen. — „Die Daffner, Voralpenpflanzen. 18 — 274 — blumen des grossen Wullkrauts in rotem wein distillirt, solchs Wasser mit tüchlen vbergelegt, ist ein fein experiment wider das Zipperle oder Podagra, dann es stillt den schmertzen behendt.“ Der gemeine Löwenzahn oder die gemeine Kuhblume, auch ärztliches Pfaffenröhrlein genannt, leontodon tarawacum s. tarazacum offieinale, perennierend, auf Wiesen, Rasenplätzen, an Mauern und Wegrändern, in zahlreichen, früher als besondere Arten benannten Formen, blüht April bis Oktober, ganz vereinzelt an Mauern selbst noch November; Blütenköpfchen gelb, an einfachem, blattlosem Stengel. Er enthält in allen Teilen einen bitteren Milchsaft und wird in der Blütezeit die Wurzel und das frische Kraut — nach dem Arzneibuch die im Frühjahre vor der Blütezeit gesammelte, getrocknete ganze Pflanze — arzneilich zur Bereitung eines Kräutersaftes verwendet. Die grundständigen, länglich lanzettlichen, gezähnten, tief fiederspaltigen Blätter, besonders die kleinen, jungen, sind als Salat essbar. Da die breiten, dreieckigen, grossen Seitenzähne, Abschnitte, Lappen oder Zipfel des Blattes mit ihren Zahnspitzen rückwärts, nach dem Blatt- grunde hin gekrümmt sind, so wird das Blatt schrotsägeförmig ge- nannt; und da ein solches Blatt den Zähnen eines Löwen ähnlich sein soll, so gebrauchte man für die Pflanze den Namen Löwenzahn. Die ringsherum am Blütenboden kreisförmig und lose sitzenden hellbräun- lichen, länglichen, oben etwas verdickten (3,5 mm langen) Schliessfrücht- chen (Samen) bilden mit ihren fadenförmigen (13 mm langen), durch Ver- längerung der Kelchröhre entstandenen Fortsätzen oder Stielen, an deren Spitze sich zuerst pinselartig die zahlreichen einzelnen (6,5 mm langen) feinen Härchen gruppieren — gestielte Federkrone — und so denselben im ganzen ein büschelförmiges Aussehen verleihen, später (die ersten treten hier in der zweiten Hälfte des Mai schon in ziem- licher Anzahl auf) bei der weiteren vollen Entfaltung die bekannten durchsichtigen, weissen, überaus zarten, flaumigen, vom Winde leicht verwehten Kugeln, bei welchen die weissen Härchen umgekehrt schirm- förmig stehen. Der Durchmesser einer solchen Kugel beträgt durch- schnittlich ° gegen 5 em; auf den nicht immer kreisrunden, sondern häufig länglich runden Blütenboden treffen 10, bez. 11,5 mm. Beim Löwenzahn gehen die Strahlen- oder Randblütchen und die Scheiben- blütchen von aussen nach innen allmälig in einander über. Diese Pflanze erinnert uns, dass die Samen vieler Kompositen ganz eigen- tümliche Bildungen zeigen. „Nach dem Verblühen verwandelt sich die Blüte des Löwenzahns in eine zarte, wie aus durchsichtigem Flaum a gewebte Kugel. Das geschieht auf folgende Weise. Die langen Hüll- schuppen, welche anfangs die Blüte korbförmig umfassen, schlagen sich nach dem Verblühen und Abfallen der Blütchen zurück, dass sie dann abwärts hängen. Der bis dahin nur schwach gewölbte, spreu- blattlose Fruchtboden stülpt sich wie ein rundes Sesselpolster in die Höhe und ist dieht mit braunen, den Kümmelsamen ähnelnden Samen bedeckt. Jeder Same aber hat an seiner Spitze eine lange sogenannte Federkrone, pappus, ein 1,5—2,5 em langes Stielchen, welches an seiner Spitze einen diehten, aber ausserordentlich feinen Stern weisser Haare trägt. Auf dem gewölbten Fruchtboden muss dadurch jenes überaus zarte Kugelgebilde entstehen, welches die Kinder so gerne vom Fruchtboden abblasen. Diese Federkrone bietet bei den Synanthereen nicht bloss viele Mannigfaltigkeit von oft grosser Schönheit dar, sondern auch ein vortreffliches Mittel zur Unterscheidung der Gattungen. Wenn die Federkrone so oder ähnlich wie bei dem Löwenzahn "gebildet ist, so macht sie nebenbei die Samen zu wahren Luftballons, oder dient ihnen wenigstens als Fallschirm. Es ist kein Wunder, wenn auf frischen Waldschlägen, selbst wenn sie rings von dichtem Wald um- geben sind, in denen das Kreuzkraut, senecio, nicht wächst, dieses Gewächs im nächsten Jahre zu tausenden erscheint; denn dessen winzig kleine Samen haben eine grosse, leichte Federkrone, mittels deren sie von den Stürmen meilenweit mit fortgeführt werden. Ähnliche Feder- kronen haben die Samen der Weiden und Espen, die wir auch an ge- eigneten Orten von den Winden ausgesät finden. — Die zu Köpfchen vereinigten Blumen des Löwenzahns und vieler anderer Korbblütler sind an der Basis röhrenförmig, daraufhin aber einseitig in ein band- förmiges Gebilde verlängert, das man in der botanischen Kunstsprache Zunge (lingula) genannt hat. Aus dem Grunde der zungenförmigen Blumen erheben sich fünf Staubgefässe, deren Antheren zu einer Röhre verwachsen sind. Diese Röhre ist schon frühzeitig erfüllt mit den aus den Längsrissen der Antheren nach innen hervorquellenden Pollen. Auch ist in dieser Röhre der Griffel eingebettet, welcher alsbald nach der Entbindung des Pollens sich verlängert und dabei wie der Stempel einer Pumpe wirkt, indem er den die Antherenröhre erfüllenden Pollen bis vor die freie Mündung der Röhre vorschiebt. Der über der An- therenröhre auf dem Griffelende ruhende Pollen soll von Insekten, welche sich auf die Blütenköpfchen setzen, abgestreift werden. Aber es ist fraglich, ob sich schon wenige Stunden, nachdem das Vorschieben des Pollens erfolgte, Insekten einstellen; und wenn auch, ein Teil des 19% en Pollens wird von den nur flüchtig über die Blüten hinstreifenden Insekten gewiss zurückgelassen und ist dann einer anderen Bestimmung vorbehalten. Unter allen Umständen muss der frei an der Mündung der Antherenröhre am vorgeschobenen Griffelende haftende Pollen noch geschützt werden, bevor der Abend kommt und sich Nachttau nieder- schlägt, oder ehe noch Regentropfen aus einer Gewitterwolke nieder- fallen und das Blütenköpfchen benetzen. Das geschieht auch in der That, und zwar dadurch, dass die einseitig vorgestreckte Zunge der angrenzenden Blumenkrone zu einem die Nässe abhaltenden Schirme wird. Bei den Habichtskräutern (hieracium) biegt sich die Zunge als ein flaches Dach über den zu schützenden Pollen. Es kommen da überhaupt minutiöse Verschiedenheiten vor, welche eingehend zu be- handeln hier viel zu weit führen würde. Nur das eine darf nicht über- gangen werden , dass nämlich bei diesen Korbblütlern die Zungen der Blüten am Umfange des Köpfchens immer viel länger sind als jene der Mitte, und dass daher durch die Krümmung und das Zusammen- neigen der langen, randständigen Zungen auch der Pollen in den mittelständigen Blüten überdacht und gegen Nässe geschützt wird. Da- mit soll nicht gesagt sein, dass sich die kurzen Zungen in der Mitte des Köpfehens am Schutze des Pollens überhaupt nicht zu beteiligen brauchen. In den meisten Fällen richten sich auch diese auf, biegen und krümmen sich einwärts und verhindern im Vereine mit den äussern längeren das Eindringen der Nässe auf den Pollen.“ — Die Kinder trompeten mit den Stengeln und flechten Ketten daraus, sie blasen den Pappus weg, den sie Lichtlein nennen, um zu sehen, wie lange sie noch leben; und wer im stande ist, ihn auf einmal wegzublasen, der hat Glück in der Liebe. Wermut, artemisia absinthum s. absinthium, Gattung Beifuss, artemisia, ebenfalls zur Familie der Korbblütler gehörig, perennierend, blüht Juli bis September. Die ganze Pflanze seidenhaarig weissgrau mit starkem, widerlich bitteren Geschmack und aromatischem, gewürz- haften Geruch. Blätter zwei- bis dreifach fiederspaltig. Nickende oder überhängende, fast kugelige Blütenköpfchen, kleine, röhrenförmige, gelbe Blütchen. Fruchtboden (Blütenboden) rauhaarig, zottig. Das Kraut dient zur Herstellung des Absinthes (extrait d’absinthe), wozu die Blätter und blühenden Spitzen der wild wachsenden oder kultivierten Pflanze benützt werden. „Die bodenständigen, dreieckig rundlichen, lang gestielten Blätter sind dreifach gefiedert, die letzten Abschnitte zungenförmig oder drei- bis fünfteilig. Die mittleren Stengelblätter — mM — sind doppelt gefiedert, die oberen Deckblätter des reich verzweigten, rispigen Blütenstandes ungeteilt, lanzettlich. Aus den Blattwinkeln desselben neigen sich einzeln die beinahe kugeligen, 3 mm messenden Blütenkörbehen nach aussen; sie enthalten zahlreiche gelbe, drüsige Röhrenblüten. Blätter und Stengel sind, besonders bei dem wild wachsenden Wermut, mit weisshaarigem Filze bedeckt, in welchem zahlreiche Öldrüsen versteckt sind. Geruch sehr aromatisch, Geschmack zugleich stark bitter.“ — Wermutt ist ein ehrlich kraut, bey den allten in hohem werdt gehalten, in Gottsdiensten vnd Triumphen herrlich ge- braucht. Ettliche meinen Beifuss habe darumb den namen, so mans in schuhen vnter den füssen tregt, vnnd vber feld wandert, soll es vor müdigkeit bewaren, vnd das sagt auch Plinius, glaubs wer da will. — Über die unwirtliche Gegend seines Verbannungsortes Tomi (unweit der Donaumündungen) klagt Ovid: Trauriger Wermut starrt auf den leeren Feldern, und ziemend Ist die bittere Ernt’ ihrem sie spendenden Ort. — Der Name Wermut stammt trotz aller gelehrten Grübeleien wahrscheinlich nur von der wärmenden Kraft der Pflanze her und hiess vielleicht einst schlechthin Wärmet (der Wärmende). Gemeiner Kümmel — cuminum, xuruvov, Wort und Sache kam mit dem römischen Gartenbau zu uns —, carvum carvi, zwei- jähriges Kraut, auf Wiesen, an Wassergräben, blüht Mai und Juni. Lange, fleischige, längsgefurchte, bräunliche Pfahlwurzel. Hart von der Wurzel an beginnen zahlreiche aufrecht ästige Verzweigungen, bis nahe an 50 cm Höhe. Blättchen äusserst zart, schmal linealisch, fiederspaltig, Blattstiel'mit langer, häutiger Scheide (etwa 2 cm lange Scheide bei 6,5 em langem Blattstiel). Die unteren Paare der einzelnen Fiederblättchen bilden am gemeinschaftlichen Stiele ein liegendes Kreuz. Dolden aus sechs bis elf Strahlen am Grunde mit gewöhnlich zwei (selten ein) sehr kleinen, schmalen, linealen Deckblättehen. Fünf sehr kleine, äusserst feine, weisse Blumenblätter. Die Frucht ist ein Teil- früchtehen (entstanden aus dem zweisamigen Schliessfrüchtchen) mit fünf nicht stark hervortretenden fadenförmigen Rippen und einer öl- führenden Strieme unter jeder Furche. Die gewürzhaften, eigenartig, kräftig riechenden und schmeckenden Früchte, fructus carvi, werden auch arzneilich verwendet. Gewöhnlich werden die isolierten Teilfrücht- chen der Doldenpflanzen, umbelliferae, so die Körner des Kümmels, ungenau als „Samen“ bezeichnet. „Die Frucht der Doldenpflanzen besteht aus zwei an einem fadenförmigen, meist zweispaltigen Träger, dem Fruchthalter, aufgehängten Teilfrüchtchen; dieselben berühren sich in einer Fläche, der Berührungsfläche, — die entgegengesetzte heisst der Rücken. Der Rücken trägt die Hauptrippen und oft dazwischen die Nebenrippen; die Vertiefungen zwischen den ersteren heissen Thäl- chen und zeigen im Querschnitt der Frucht meist dunklere, von Öl- kanälchen herrührende Punkte, die Striemen. Die Blättchen, welche an der ersten Verzweigung des Stengels stehen und somit die ganze Dolde stützen, heissen Hüllblätter; die Blättehen, welche am Grunde der Blütenstielehen stehen, also die Döldehen stützen, heissen Hüll- blättehen und bilden die Hüllchen; zuweilen fehlen die einen oder die anderen, oft beide — Die meist in ihre beiden Hälften getrennten braunen Spaltfrüchte des Kümmels sind fast sichelförmig, nach oben und nach unten verschmälert, bis 5 mm lang und 1 mm dick, in jedem der vier, von fünf hellen, feinen Rippen eingefassten Thälchen mit einem Ölgange versehen, und ausserdem zwei solche Gänge auf der Fugenfläche zeigend.“ Gemeiner Lavendel oder Spike, /avandula vera s. spica (lavandula von lavo ich wasche, bade — der Lavendel gehörte näm- lich zu jenen Kräutern, welche als Bäderzusatz verwendet wurden), perennierend, nur in Gärten, blüht Juli bis September. „Ganze Pflanze kurz behaart, Blätter linealisch, am Rande zurückgerollt, jung filzig- grau, im Alter grün, auf der Unterseite drüsig punktiert. Blüten veilchenblau in unterbrochener, endständiger Ähre. Kelch amethyst- farben, kurz fünfzähnig, zur Fruchtzeit durch ein deckelförmiges An- hängsel des oberen Zahnes geschlossen.“ Die Blüten bilden als La- vendelblumen ein Volksheilmittel; auch werden daraus das wohlriechende Lavendelwasser (eau de lavande) und das Lavendel- oder Spiköl dargestellt. Das Arzneibuch gibt folgende Schilderung der Lavendel- blüten. „Der 5 mm lange, walzig glockige, von 13 Längsrippen durchzogene Kelch ist stahlblau oder bräunlich angelaufen und mit zierlichen Sternhaaren flockig bestreut, so dass die vier kürzeren Kelch- zähnchen kaum hervortreten, und der fünfte grössere Zahn mehr durch seine schwarzblaue Farbe auffällt. Die bräunliche oder bläuliche Blumenröhre ragt aus dem Kelch heraus und erweitert sich zweilippie. Lavendelblüten riechen angenehm und schmecken bitter. Stiele und Blätter sind zu beseitigen.“ Der Lavendel gehört, wie der Thymian und Salbei, zur Familie der lippenblütigen Pflanzen, labiatae. Feld-Thymian oder Quendel, thymus serpyllum, Halbstrauch, an Weg- und Bachrändern, auf Wiesen, an Hecken und Zäunen, Juni bis September blühend. Stengel niederliegend, dünn, vielfach verzweigt, — 279 — mit deutlichen Absätzen oder Gliederungen in bestimmten Zwischen- räumen, am Grunde holzig, perennierend. Der eigentliche oder Haupt- stengel unbeblättert, nur die Seitentriebe mit kleinen, ganzrandigen, eiförmigen, gegenständigen Blättern (durchschnittlich 10 mm lang und 6 mm breit an 2 mm langen Stielchen), welche am Grunde, am Blatt- stiel nicht selten mit einigen Wimperhaaren versehen sind. Der Stengel der Seitentriebe leicht rötlich angehaucht, schwach vierkantig, etwas flaumig behaart. Die ganze Pflanze bildet einen ziemlich dichten und ausgebreiteten Rasen, und variiert vielfach; mitunter ist sie durchweg mit kurzen, steifen Haaren versehen. Die kleinen, lilafarbigen Blüt- chen sind zu fünf bis acht in einem Bündel, Scheinwirtel, vereinigt und bilden mehrere Bündel zusammen eine lockere, beblätterte Ähre (einem Köpfehen ähnlich), die meist endständig, jedoch auch seitlich am Blütenstengel sich befindet. Die Blütchen sind zweilippig, Ober- lippe ganz, Unterlippe dreiteilig, daher das Aussehen wie vierblätterig; der lilafarbige Griffel steht weit über der Blüte vor; vier Staubgefässe. Der ebenfalls zweilippige Kelch fünfzähnig, die Oberlippe drei-, die Unterlippe zweizähnig. Die beblätterten, blühenden, 1 mm starken Zweige (herba serpylli) werden zuweilen in der Heilkunde verwendet. Der Quendel riecht und schmeckt sehr gewürzhaft, aromatisch bitter, was von den kleinen in den Blättern enthaltenen Öldrüschen herrührt. „@Quendel hat im Latein den namen “& serpendo, das ist, vom kriechen, dann er kreucht vnd pflantzt sich auff der erden, mit vilen, dünnen, runden, vnd biegigen stenglen, daran sindt die langlechten blettlen. Bey dieser bletter vrsprung oder gewerben stossen andere kleine stenglen herfür zu beyden seiten, mit kleinern blettlen. Oben an den stengeln stehen blümlen mit weiss vermischt, wie runde kugeln. Die wurtzel ist zerteylt, vnd zasecht. Das gantze gewechss reucht wol, vnd schmeckt scharpff.“ Die beblätterten, blühenden Zweige des aus Südeuropa stammen- den, daselbst auch wild, in Deutschland nur kultiviert vorkommenden, als Küchengewürz gebauten, gemeinen oder Garten-Thymian, wel- schen Quendels, thymus vulgaris, werden mitunter ebenfalls arzneilich verwendet — herba thymi. „Die dicklichen, bis 9 mm langen, höchstens 3 mm breiten Blätter sind sitzend oder kurz gestielt, am Rande um- gerollt und fast stumpf nadelförmig, mit grossen Öldrüsen versehen, mehr oder weniger behaart. Der borstige, drüsenreiche Kelch wird von der blassrötlichen, zweilippigen Blumenkrone überragt. Thymian ist von sehr gewürzhaftem Geruche und Geschmacke.“ — Im Altertum a: | war der attische Berg Hybla (Hymettus, 1027 m) durch seinen Reich- tum an Thymian, die attische Biene durch den duftenden Honig be- rühmt. Auch Plinius rühmt die Thymian- und Traubenblüten als das vorzüglichste Material für die Honigwaben. Zu Cäsars Zeiten verkaufte ein kleiner Bienenzüchter von seinem kaum ein Tagwerk (3 Hektare) grossen 'Thymiangärtchen jährlich für 10,000 Sesterzen (2500 Mark) Honig. „Die Blattstellung, d. i. die in einer bestimmten, regelmässigen Ordnung am Umfang des Stengels vorhandene Verteilung der Blätter zeigt zwei Hauptverschiedenheiten: 1. die Blätter stehen einzeln, d. h. auf verschiedener Höhe am Stengel; hieher gehören die abwechselnden oder alternierenden Blätter und überhaupt alle sogenannten zerstreuten ; 2. es stehen zwei oder mehr Blätter auf gleicher Höhe — gegenüber- stehende und wirtel- oder quirlständige. Die einzeln stehenden Blätter bilden in ihrer Aufeinanderfolge am Stengel, welchem sie ansitzen, eine diesen umwindende, mehr oder weniger ansteigende Spirale, und sind auf dieser in gleich weiten, einen bestimmten Teil des Stengel- umfangs bildenden Entfernungen verteilt. Dieser seitliche Abstand je zweier auf einander folgenden Blätter heisst ihre Divergenz und ist konstant, während ihre Entfernung von einander in senkrechter Richt- ung wechselt und je nach der Streckung der zwischenliegenden Stengel- glieder kein bestimmtes Mass hat. Nach einer gewissen Zahl von Blättern wiederholen sich die gleichen Blattrichtungen wieder; es kommt daher ein Blatt senkrecht über das als Ausgangspunkt gewählte erste, das folgende über das zweite zu stehen u. s. f. Diesen Verlauf der Blattspirale von einem Blatt bis zu dem nächsten, senkrecht darüber stehenden, nennt man einen Blattwirbel oder Zyklus. Jeder Zyklus enthält bei gleich bleibender Blattstellung die gleiche Zahl von Blättern in gleichen Abständen, wodurch ebenso viele senkrechte Blattzeilen - (Orthostichen) entstehen, als der Zyklus Blätter enthält. Übrigens können durch regelmässige Verschiebung der einzelnen Blätter die Längszeilen etwas schief zur Achse sich stellen. Die Quirlstellungen können in vielen Fällen als hervorgegangen aus einzelnen Zyklen von Spiralst»llungen, deren zwischenliegende Stengelglieder vollkommen ver- schwunden sind, betrachtet werden. Bei den fast stets in Quirlen stehenden Blattorganen der Blüte ist häufig aus der gegenseitigen Deckung der Blätter nachzuweisen, dass die Quirle aus Zyklen der spiraligen Blattstellungen entstanden sind. Es sind dieses Scheinquirle oder Scheinwirtel im Gegensatz zu den echten, deren Glieder genau —,3r — auf gleicher Höhe und gleichzeitig aus der Achse hervortreten. Zu- sammengesetzte Quirle entstehen durch Ineinanderschiebung gleich ge- stalteter, successiver Quirle. Folgen mehrere Quirle auf einander — mögen sie nun, wie bei den Laubblättern meist geschieht, durch ge- streckte Stengelglieder von einander getrennt sein oder nicht —, so ist ihre gegenseitige Stellung in den häufigsten Fällen alternierend, d. h. es fallen die Blätter des nächstfolgenden in die Zwischenräume des vorhergehenden, so dass der erste und dritte unter einander gleich ge- stellt sind, ebenso der zweite und vierte u. s. f. Auf diese Weise bilden alternierende Blattpaare die sogenannten gekreuzten Blätter (folia decussata), wobei vier Blattzeilen entstehen, wie sie z. B. die lippenblütigen Pflanzen sehr deutlich zeigen, bei dreiblätterigen Wirteln entstehen sechs Zeilen u. s. f. Es kann aber auch die gleiche Richtung erst nach mehr als zwei Quirlen eintreten, wobei natürlich eine grössere Zahl von Blattzeilen entsteht.“ Gebräuchlicher oder arzneilicher (Garten-) Salbei, salvia offiei- nalis, Halbstrauch, nur in Gärten, blüht Juni und Juli. Stengel vier- kantig, graufilzig. Die gestielten, länglichen, runzeligen, dünnfilzigen, fein gekerbten (d. h. mit abgerundeten Zähnen und scharfen Winkeln versehenen; — gesägt, wenn die Zähne und Winkel scharf sind, ähn- lich den Zähnen einer Säge; — gezähnt, wenn der Rand nicht bis zum Dritteil der Blattfläche eingeschnitten ist, dabei die Zähne spitz und die Winkel buchtig, gerundet, erscheinen) Blätter von aromatischem Geruch (ätherisches Öl) und bitterem, adstringierendem Geschmack (Gerbstoff), werden arzneilich verwendet; getrocknet und gepulvert dienen sie als Zusatz zum Zahnpulver. — Der die beiden Staubbeutel- oder Antherenfächer verbindende Teil des Staubfadens, das Zwischen- band oder Konnektiv, ist beim Salbei quer laufend, und von den da- durch weit getrennten beiden Antherenfächern schlägt in der Regel eines fehl. Die blaue oder violette, selten weisse Blumenkrone ist deutlich zweilippig: Oberlippe aufrecht gewölbt, helmförmig oder bogen- förmig gekrümmt, Unterlippe ausgebreitet, dreilappig, der grössere Mittel- lappen oft ausgerandet oder geteilt. Kelch gross, die Zähne in eine dornige Granne endigend. — Nach dem Arzneibuch werden die Blätter des kultivierten und wild wachsenden Salbei arzneilich verwendet, und werden dieselben geschildert als von meist eiförmigem Umrisse, bis beinahe 10 cm lang oder sehr viel kleiner, bisweilen am Grunde ge- öhrt (d. h. die Lappen des Blattgrundes etwas zugespitzt), das sehr verzweigte, runzelige, engmaschige Adernetz graufilzig behaart. — 22 — Pfefferminze, mentha piperita, perennierend, stellenweise an feuchten Plätzen, Gräben, Bachufern; blüht Juli und August, Blüten lila in Ähren. Blätter gestielt, länglich lanzettlich, gesägt. Das Arznei- buch schildert die Blätter als spitz eiförmig, kurz gestielt, bis 7 cm lang, besonders gegen die Spitze hin scharf gesägt, von einem starken Mittelnerv durchzogen und meist kahl. Wie bei allen Lippen- blütlern sind die Blätter abwechselnd gegenständig zu zwei und der Stengel vierkantig. Staubgefässe vier, fast gleich lang. Fruchtknoten vierteilie. Frucht vom bleibenden, fünfzähnigen Kelch eingeschlossen, in vier kleine, einsamige und samenähnliche Nüsschen zerfallend; Nüsschen völlig glatt. Stark aromatisch duftendes Kraut. Die gewürz- haften Blätter haben einen anfangs feurig aromatischen, brennenden, dann kühlenden Geschmack; sie dienen zur Bereitung eines Thees. Das ätherische Öl wird zur Anfertigung der bekannten Pfefferminz- zeltehen verwendet und auch häufig dem Zahnpulver zugesetzt. — Ebenso werden die Blätter der Krauseminze, mentha cerispa, verwendet, welche eine Abart der Waldminze, mentha silvestris,»ist. Sie hat sehr kurz gestielte, fast sitzende, eiförmige, gezähnte Blätter; Blüten weiss rötlich in walzigen Ähren. Nüsschen warzig. — Auch die Wasser- minze, mentha aguatica, perennierend, Juli bis Ende September blühend in kleinen, walzigen, endständigen Ähren aus überaus zarten, lila- farbenen Blütchen, mit sehr kurz gestielten, eiförmigen, gesägten Blättern kommt hier auf feuchten Wiesen, am Rande des Dorfbaches, vor. Nüsschen warzig. — Dem „praktischen Ratgeber im Obst- und Gartenbau“, 1890, entnehme ich nachstehendes. „Es ist gegenwärtig mancher gezwungen, auf Mittel und Wege zu sinnen, wie er sein Ein- kommen vermehre; es ist für viele, für die meisten, zur Pflicht ge- worden, sich anzustrengen, mit Ausnützung jeder Gelegenheit im harten Kampf ums Dasein einen Vorteil zu erringen. Wie mancher Haus- vater seufzt mit einem Blick auf die zahlreichen Häupter seiner Lieben im Gedanken an Brot und Auskommen; wie oft schweifen die Ge- danken da und dort umher, Wege suchend, auf denen Rat und Hilfe kommen könnte? — Um einem solchen Vater einen kleinen Dienst zu erweisen und ihm einen Schlüssel zu einer neuen Quelle bescheidener Einnahmen in die Hand drücken zu können, möchte ich als Ermunter- ung zu einem Versuch den Anbau von Pfefferminze kurz beschreiben. Da und dort findet sich ja diese Pflanze in Gärten, ein alt bekanntes, viel gebrauchtes und wohl erprobtes Hausmittel, in getrocknetem Zu- stand als Thee gekocht gegen Verdauungsbeschwerden, Kolikanfälle und andere minder angenehme Zustände des viel misshandelten mensch- lichen Magens. Herba menthae piperitae, das vor der Blüte getrock- nete Kraut der Pfefferminze ist ja offizinell, und wer hätte nicht schon aromatisch schmeckende Pfefferminzzeltehen oder vielleicht auch einen Pfefferminzlikör zu sich genommen? Dieses Kraut nun kann mit Vor- teil in grösserem Massstab angebaut werden. Überall freilich gerät die Pfefferminze nicht; sie ist mehr eine Pflanze der Ebene als des Berges, zieht feuchtes — doch ja nicht nasses — Land einem trocke- nen vor, kann den Schatten nicht leiden und liebt die Sonne, befindet sich überhaupt am besten in einem kraftvollen, unkrautfreien, mürben und tiefgründigen, warmen Lehmboden. Nehmen wir an, wir seien im Besitz eines derartigen Landes, z. B. von 4 Ar, und schreiten zur An- pflanzung. Vor allem haben wir ins Auge zu fassen, dass die Pfeffer- minze nur zwei Jahre lang mit Erfolg stehen kann; im dritten geht bereits die Ernte an Qualität und Quantität so zurück, dass von einem eigentlichen Ertrage nicht mehr die Rede sein kann. Um deshalb in dem Pfefferminzbau keine Unterbrechung eintreten zu lassen, teilen wir das Land in zwei Hälften, sodass immer die eine davon — und so kann man es auf dem Grundstück eine ziemliche Reihe von Jahren treiben — mit Pfefferminze bepflanzt ist, während die andere vom An- bau ruht und Hackfrüchte trägt. So bauen wir also die eine Hälfte unseres Stückes an, wo möglich mit einer Hackfrucht, wozu sich die Kartoffel am besten eignet. Auch Puff’bohnen (Saubohnen, vera faba s. faba vulgarıs) sind angemessen und überhaupt alle Gartengewächse, die vielen Hackens und Reinigens bedürfen. Dadurch erzielen wir einen lockeren, gut durchgearbeiteten und unkrautfreien Boden. Halm- früchte sind zu diesem Zwecke nicht geeignet. Die andere Hälfte des Landes nehmen wir für die Pfefferminze. Die Art der Anpflanzung betreffend, so ist die durch Aussaat nicht anzuraten, denn sie führt nur langsam zum Ziel einer gedeihlichen, einträglichen Entwickelung. Sollte man aber doch durch diese oder jene Umstände genötigt sein diesen Weg zu beschreiten, so würde man den aus einer zuverlässigen Handlung bezogenen Samen im Frühjahre in Furchen von etwa 3 cm Tiefe ausstreuen und leicht mit Erde bedecken. Diese Furchen müssten, genau nach der Gartenschnur gezogen, 40 cm von einander hinlaufen. Zu dicht aufgegangene Pflanzen müssten natürlich verzogen werden. Da man aber auf’ diesem Wege niemals recht stockhafte Pflanzen er- hält, auch die Reihen bei geringwertigem Samen oft nicht lückenlos geschlossen sind, so möchte ich entschieden davon abraten, Weil ich — 384 — nun aber schon im Abraten bin, so möchte ich gleich noch vor einer anderen, da und dort geübten, auch empfohlenen Praxis warnen. Man hat nämlich auch schon Anlagen gemacht durch Teilung der Wurzel- stöcke. Da werden alte, abgängige Pflanzungen herausgehauen, die Wurzelballen zerrissen und wieder verpflanzt. Geschwächt wie sie sind, teilweise auch angegriffen von Alterskrankheit, von Schimmel und Fäulnis, geben diese Wurzelballen niemals eine schöne, fröhlich wachsende Pflanzung, sondern liefern meist nur kümmerliche und traurige Resul- tate und. tragen nichts ein als Verdruss und Ärger. Also bleibt nur noch ein Weg über, und das ist die Anlage mit Wurzelausläufern. Diese nimmt man am besten von einem zweijährigen Bestande, von wo dieselben in einer überaus reichen Menge zu bekommen sind. Die Pfefferminze treibt aus jedem Wurzelstock, besonders im zweiten Jahre, eine wahre Unmasse von Ausläufern oder Ranken von 30 bis 50 em Länge, die auf dem Boden hinkriechend, wie die Erdbeerranken, schon an verschiedenen Stellen mit kleinen Wurzeln sich an die Erde ange- saugt haben. Diese Ausläufer werden in der Nähe des Wurzelstockes abgeschnitten. Über das zu bepflanzende Land werden dann schön sauber nach der Gartenschnur mit der Hacke etwa 5 cm tiefe Furchen gezogen. Ob die Richtung der Furchen von Ost nach West oder Süd nach Nord geht, ist im allgemeinen ziemlich einerlei. Wo man aber das Land für etwas zu trocken halten sollte, dürfte die Pflanzung von Ost nach West vorzuziehen sein, weil auf diese Weise die einzelnen Reihen einander vor der brennenden Mittagssonne beschatten würden. Die Erde in den Furchen wird noch besonders fein gemacht, wenn die Natur des Bodens dieses erfordern sollte. In diese so vorbereiteten Furchen werden nun die Ausläufer oder Ranken gelegt, und zwar der Länge der Furche nach immer zwei bis drei unmittelbar neben ein- ander hin, fest angedrückt und mit Erde zugedeckt. Dabei beobachtet man aber die Vorsicht, dass man die Köpfe oder Spitzen der Ranken etwas über die Oberfläche hervorsehen lässt. Die Pflanzung wird am besten im Herbst, Ende September bis Anfang Oktober vorgenommen, bei günstiger Witterung ist auch eine Frühjahrspflanzung zulässig, je- doch möchte ich diese mehr nur als eine Ausnahme gelten lassen. Selbstverständlich muss die Anpflanzung bei feuchtem Boden vorge- nommen werden, da nur in diesem Falle ein gutes Anwachsen zu er- warten ist. Sollte man befürchten müssen, dass die auf die Ranken gedeckte Erde zu locker und zu trocken wäre, so kann man die Furchen mit einem Trittbrett oder auch bloss mit dem Fuss leicht antreten. Gut — 285 — ist es, wenn die Reihen alsbald mit Kompost in gehöriger Weise ge- deckt werden; das gibt Schutz und Nahrung zugleich. Vorzuziehen aber wäre noch ein strohiger Dünger auf die Furchen gedeckt, denn die Gefahr des „Auswinterns“ ist dadurch auf ein Minimum reduziert. Wurde diese letztere Düngungsart gewählt, so müsste im Frühjahr das ausgewaschene Stroh abgerecht werden. Doch eile man damit gar nicht. Die Pfefferminze treibt etwas spät; durch zu frühes Abrechen würde man den zarten Trieben einen willkommenen Schutz gegen Früh- jahrsfröste nehmen. Man warte also, bis keine besonders harten Fröste mehr zu fürchten sind; warte aber auch nicht so lange, bis der Rechen die zarten Spitzen schädigen und im Wachstum aufhalten könnte. Was - nun die weitere Pflege anlangt, so muss man sein Hauptaugenmerk darauf richten, dass der Boden von Unkraut frei bleibt. Man hacke deshalb vorsichtig, je nach Bedarf, die Zwischenwege zwischen den ein- zelnen Furchen durch. Insbesondere gefährlich und sehr misslich für die Arbeit des Pflückens sind Ackerwinde und Distel. Sollte sich die Pflanzung etwas mager ansehen, so muss derselben mit einem schnell- treibenden Dünger nachgeholfen werden; am besten dazu eignet sich flüssiger Grubendünger. Doch Vorsicht hiebei! Derselbe ist bei be- deektem Himmel ja nicht über die Pflanzen, sondern an die Pflanzen in ziemlich starken Portionen zu verteilen. Bezüglich der Anwendung von Kunstdüngern liegen Erfahrungen nicht vor. Auch im zweiten Winter ist die Düngung mit Kompost, beziehungsweise mit Strohdünger zu empfehlen, ja sogar notwendig. Überhaupt kann man der Pflanz- ung mit solchem Zuspruch nicht leicht zu viel thun. Die Düngung lohnt sich ungemein. Nun die Ernte! Wenn die untersten Blätter und Stengel anfangen gelb zu werden und abzufallen und die Blüten- köpfe sich anfangen zu zeigen — also ja vor Aufgehen der Blüten —, schneidet man die Reihen mit der Sichel ab. Dieses Abschneiden darf nur bei guter, trockener Witterung geschehen. Mit Sorgfalt legt man das Abgeschnittene in Körbe und schafft es nach Hause zum Pflücken. Selbstverständlich ist, dass immer nur in solchen Quantitäten ge- schnitten wird, dass die Blätter in frischem Zustande bleiben. Denn wenn die Blätter oder gar die Stengel einmal anfangen zu welken, geht das Pflücken unverhältnismässig schwerer. Beim Pflücken ist, um eine gute, marktfähige Ware zu erzielen, mit der grössten, peinlichsten Sorgfalt zu verfahren. Alle gelblichen, überhaupt unge- sunden Blätter müssen wegbleiben. Die guten [Blätter werden mit den Stielen vom Stengel abgezupft, nicht abgestreift; die Spitzen — BB — der Stengel mit etwa zwei bis drei Blattachsen abgekneipt. Zu dieser leichten Arbeit werden unter gehöriger Aufsicht am besten und billigsten Kinder verwendet, die bei einiger Übung sehr rasch vorwärts kommen. Die abgepflückten Blätter werden nun getrocknet. Dieses muss natürlich, damit die schöne, dunkelgrüne Farbe erhalten bleibt, im Schatten ge- schehen, auf luftigem Bodenraume. Die Dielen werden sauber von Staub gereinigt und die Pfefferminze dann darauf gestreut. Wem nicht viel Raum zu Gebote steht, der kann ein ganz bedeutendes Quantum auf beschränktem Platze trocknen, wenn er die Blätter auf Horden schüttet, wie dieselben zum Hopfentrocknen verwendet werden. Solche Horden kann man in beliebiger Höhe über einander stapeln, sobald man dafür sorgt, dass durch zwischengeschobene Leisten unter den ein- zelnen Horden ein solcher Abstand entsteht, dass die Luft ungehindert dazwischen hindurchstreichen kann. Bei günstiger Witterung sind die Blätter in drei bis vier Tagen getrocknet. Die Trockenheit darf aber keinen so hohen Grad erreichen, dass etwa beim Verpacken sich die Blätter zu Pulver verreiben. Die Verpackung geschieht ganz gut in Säcke, wie man Hopfen verpackt. In diesem Zustande werden die Blätter an Droguenhandlungen, die für gute und schöne Ware immer Abnehmer sind, abgeliefert. Bei günstiger Witterung kann man noch einen zweiten Schnitt erhalten. Dieser wird nicht abgepflückt, sondern die Stengel werden einfach abgemäht und getrocknet, aber ebenfalls auf dem Bodenraum. Diese Ware wird zur Destillation, zu Pfeffer- minzöl, verkauft, das Kilo zu 20—30 Pfennig. Nun aber die Haupt- sache, wie rentiert sich die Anpflanzung? Nach einer Durchschnitts- berechnung von vier Jahren bei einem Preise der Pfefferminze von 1,60— 1,80 Mark per Kilo genau und peinlich gefertigt, verbleibt für das Jahr als Reinertrag, nach Abzug sämtlicher Unkosten, ja nach Abrechnung der eigenen Arbeit, für Bodenbearbeitung, Pflücken, Düngen und allem für den Ar 9 Mark. Wahrlich ein Ertrag, wie ihn lohnen- der nicht bald ein Bodenstück trägt, ausgenommen die Umgegend grosser Städte, wo allerdings mit Gemüsebau mehr erzielt werden könnte.“ Die Minze, deren starker Geruch besonders bei den alten Griechen beliebt war, diente beim römischen Landvolk auch zum Reinigen der Tische, daher es bei Ovid heisst: „... .putzt rein den Tisch mit grünender Minze.“ Und Plinius bemerkt in seiner Naturgeschichte: mit angenehmem Duft durchdringt die Tische bei ländlichen Mahl- zeiten die Minze, Tafeltücher kamen erst unter den römischen Kaisern, * also zu Beginn der christlichen Zeitrechnung, auf; vorher wischte man den Tisch mit einem Schwamm oder mit einem groben Tuche oder auch mit wohlriechenden Kräutern ab. Der gemeine oder keulenförmige Bärlapp, Iycopodium cla- vatum, niedliches Pflänzchen, dessen weit umherkriechender, harter Stengel samt den aufsteigenden Ästen mit moosähnlichen, steifen Blättern besetzt ist, welche zugespitzt sind und mit einem Haar endigen, ist perennierend. Er gehört zu den Akotyledonen, indem er sich durch Keimkörner (sporae) ohne Keimblätter oder Samenlappen (cotyledones) fortpflanzt und hat seine Sporenreife oder Fruchtzeit im Juli und August. Und da diese Keimkörner ohne unmittelbar vorher- gehende Blütenbildung und Befruchtung entstehen, so heissen diese Gewächse blütenlose Pflanzen, eryptogamen. Die Sporen entwickeln bei der Keimung ein kleines, blattartiges Gebilde, den Vorkeim, welcher die männlichen (Antheridien) und weiblichen (Archegonien) Organe trägt. Die Blätter des Bärlapp sind am kriechenden Stengel aufwärts gewendet, an den Zweigen ringsum gestellt. Fruchtähren meist zu zwei, selten eine oder drei, auf besonderen (bis zu 7 em) langen, klein- beschuppten Fruchtstielen. Im Walde und auf Mooswiesen, besonders auf der Wurz. Die Sporen stellen ein sehr feines, blassgelbes, unter dem Namen Bärlappsamen namentlich beim Wundwerden der kleinen Kinder an den Schenkeln gebräuchliches Streupulver oder Stuppulver dar; auch ist es sehr brennbar, daher es auf Theatern zur Nachahm- ung des Blitzes gebraucht wird und hievon den Namen Blitzpulver oder Hexenmehl führt. — Der grössere Alpen-Bärlapp, Iycopodium alpınum, hat vierreihige, ganzrandige, nadelförmige, angedrückte Blätter; die Fruchtähren einzeln, sitzend, mit breit eiförmigen, zugespitzten Deck- blättchen. Auf Berg- und Mooswiesen. Der gemeine Kalmus, «acorus calamus, diese schilfähnliche, perennierende, zur Familie der Arumgewächse, aroideae, und, wie die Orchideen, zur Klasse der Monokotyledonen gehörige Pflanze, mit ziem- lich kurzem, mässig dickem, zylindrischem, von oben nach unten zu- sammengedrücktem und geringeltem Wurzelstock mit vielen strohhalm- dicken, bis 16 cm langen Wurzelfasern, an denen wieder feine faserige Fortsätze, aussen braun und rötlich gelb bis blassgelb, letzteres namentlich die Wurzelfasern, innen weiss, durch zahlreiche Luftkanäle schwammig, kommt erst ziemlich weit (zwei Stunden) vom Kloster auf moorigem, sumpfigem Wiesgrund (am Fichtsee), jenseits der Loisach, kaum an eh den Dämmen der vormaligen Weiher, in etwa halbstündiger westlicher Entfernung, ebenso wenig bei Ried, vor; er blüht Juni und Juli. Der gewürzhafte, bitter schmeckende und stark aromatisch riechende Wurzel- stock — auch die Blätter geben beim Reiben mit den Fingern den angenehmen Geruch — wird arzneilich sowohl als Magenmittel bei Abspannung (Atonie) der Magenschleimhaut, Schwäche der Verdauung ohne entzündlichen Reizzustand, und vermöge seiner örtlich reizenden Eigenschaft als Mundwasser oder Zahntinktur bei erschlafftem Zahn- fleischh wie auch zu Likören und Konfitüren verwendet. Derselbe kommt geschält und ungeschält in den Handel; das erstere ist insofern vorzuziehen, als die Rinde das Verdunsten des ätherischen Öles ver- hindert. Hauptbestandteile sind ein bitterer Extraktivstoff, ätherisches Öl, und ein scharfes Weichharz neben Gummi, Zucker und einer be- trächtlichen Menge von Stärkemehl. Obwohl der Kalmus über einen grossen Teil der Erde sich ausbreitet, zeitigt er seine Früchte doch so selten, dass diese, wie Darwin bemerkt, nur von wenigen Botanikern gesehen worden sind; nach Caspary befinden sich sämtliche Pollen- körner in einem wertlosen Zustand. („Die Pollenkörner werden durch den nicht lange vor dem Öffnen der Blütenknospe stattfindenden Vor- gang der Auflösung der „Pollenmutterzellen“ — d. s. die Zellen der die Achse der künftigen Antherenfächer einnehmenden Zellstränge, welche einen trübschleimigen Inhalt mit erst je zwei, dann je vier Zellkernen bekommen; um jeden dieser Zellkerne bildet sich dann eine Zelle und in dieser „Spezialmutterzelle“ das Pollenkorn als die zweite zu höherer selbständiger Ausbildung gelangende Zellgeneration — unter einander frei und erfüllen so als ein dicht gehäuftes Pulver die An- therenfächer. Beim Aufspringen derselben entleert sich der Pollen (Blütenstaub) als eine lose Staubmasse, als ein feines meist gelb ge- färbtes Pulver, aus einzelnen Körnchen bestehend, welche unter dem Mikroskope eine sehr bestimmte und für die einzelnen Pflanzenarten .charakteristische Gestalt und Bildung zeigen.“) Bezüglich des Blüten- stieles, d. i. desjenigen Teiles des Stengels, welcher durch das Tragen der Blüten und das Fehlen der Laubblätter charakterisiert ist, so ist beim Kalmus folgendes zu bemerken. „Die Blütenstiele verhalten sich in ihrem Ursprung und ihrer Stellung ganz wie Knospen (ange- legte unentwickelte Zweige); man unterscheidet daher endständige Blüten, wenn der Blütenstiel die Blütenachse (auch Blütenboden ge- nannt) — gebildet von den nie über die Blüte hinaus verlängerten, meist niedergedrückten, manchmal flach ausgebreiteten Stengelgliedern, = 8283 wodurch die unteren Blütenteile als die äusseren, die oberen als die inneren, und der auf der Spitze der Blütenachse stehende Stempel als das Zentrum der Blüte einnehmend erscheinen — abschliesst; seiten- ständig, wenn er sich als eine Nebenachse verhält. Entspringt der Blütenstiel aus einem unterirdischen verkürzten Stengelteil, so heisst er wurzelständig oder grundständig; stehen dagegen die Blütenstiele in den Achseln (Winkeln) der Laubblätter, so sind die Blüten achsel- ständige. Als Schaft pflegt man einen wurzelständigen, gestreckten Stengel zu bezeichnen, der keine Laubblätter, sondern nur Blüten trägt. — Nicht selten werden sowohl Einzelblüten als Blütenstände, welche ursprünglich endständig sind, durch den dicht daneben stehen- den sich kräftig entwickelnden und in gerader Richtung weiter wachsen- den Blattwinkel- oder Achseltrieb zur Seite gedrängt und stehen dann scheinbar dem Blatte gegenüber. Einen solchen, dem Blatte gegenüber- stehenden Blütenstand hat unter anderen die Weinrebe, und aus diesem Grund zeigen auch die als verkümmerte Blütenstände zu betrachten- den Ranken dieser Pflanze die gleiche Stellung. Auch das Stützblatt — das Blatt, welehes unmittelbar unter der Knospe steht — eines endständigen Blütenstandes kann diesen zur Seite drängen, sodass er scheinbar seitenständig wird, wie dies beim Kalmus der Fall ist.“ Die lange blattähnliche Blütenscheide bildet nämlich hier scheinbar eine flache Fortsetzung des einfachen aufrechten blattartigen Blütenstengels mit einer sitzenden Ähre am Grunde, sodass letztere seitenständig er- scheint. Die Blüten sind zweigeschlechtig. Die dichte bis 8 em lange walzenförmige Blüten-Ähre, der Blüten-Kolben — gebildet durch die verdickte und fleischige Spindel, in welche die Blüten mehr oder we- niger eingesenkt erscheinen — ist gelblichgrün, und wird von der Blütenscheide nicht eingeschlossen. Jede Blüte besteht aus sechs grünlichen Hüllblättern, sechs Staubgefässen, und einem oberständigen kegelförmigen, zwei- bis dreifächerigen Fruchtknoten mit sitzender Narbe. Die zahlreichen Samenknospen hängen, umgeben von kurzen dichten Haaren, in jedem Fruchtfache von dessen Spitze herab. Die Frucht ist eine rötliche Beere. Das Arzneibuch gibt folgende Be- schreibung der zur Anwendung gelangenden Kalmuswurzel, rhizoma calami. „Der von Wurzeln, Blattscheiden und Stengeln befreite, nicht geschälte, bis 20 em lange Wurzelstock des acorus calamus ist ober- seits durch Blattnarben in dreieckige graue Felder geteilt, welche mit den braunen Stammstücken abwechseln ; unterseits erheben sich die in Ziekzacklinien geordneten dunkelbraunen scharfrandigen Wurzelnarben Daffner, Voralpenpflanzen. 19 — 290 — nur wenig aus der braunen, längsrunzeligen Rinde. Auf dem ellip- tischen, durchschnittlich 1,5 em breiten, bräunlichen Querschnitte er- scheint das innere, gefässbündelreiche Gewebe durch eine bräunliche Linie von der äusseren, meist dunkleren Schicht geschieden, deren Breite geringer ist als der Durchmesser jenes inneren Gewebes. Kal- muswurzel hat ein eigentümliches Aroma und zugleich bitteren Ge- schmack. Kalmustinktur wird bereitet aus ein Teil mittelfein zer- schnittener Kalmuswurzel mit fünf Teilen verdünntem Weingeist. Kal- mustinktur sei von bräunlichgelber Farbe, von dem Geruche der Kal- muswurzel und bitter-gewürzhaftem, brennendem Geschmacke. (Die Tinkturen werden in der Weise bereitet, dass die mittelfein zerschnitte- nen oder grob gepulverten Substanzen mit der zum Ausziehen dienen- den Flüssigkeit übergossen und in gut verschlossenen Flaschen an einem schattigen Orte bei ungefähr 15 bis 20° C. eine Woche stehen gelassen, dabei aber wiederholt umgeschüttelt werden. Alsdann wird die Flüssigkeit durchgeseiht, erforderlichenfalls durch Auspressen von dem nicht gelösten Rückstande getrennt und nach dem Absetzen filtriert. Während des Filtrierens ist eine Verdunstung der Flüssigkeit so viel als möglich zu vermeiden. Alle Tinkturen müssen klar abgegeben werden.)“ Von den perennierenden Orchis-AÄrten, Familie Knabenkräuter, orchideae, kommen ausser den hereits angeführten hier im Wald und auf Mooswiesen noch vor, insbesondere zahlreich aber, ja massenhaft, sodass die ganze Wiese wie übersät erscheint, auf den feuchten Wiesen zwischen Heilbrunn und Stallau, das Ende Mai und Juni blühende breitblätterige Knabenkraut, orchis latifolia,; seltener, auf Wald- wiesen, das gefleckte, maculata, ihm ganz ähnliche, nur ist der Stengel nicht hohl; ferner das fliegenartige, comopsea, mit purpur- roten Blüten, und das weissliche, albida, welches die grössten sowie süss duftende Blüten hat. Die Stengel des breitblätterigen Knaben- krautes variieren von 24—41 em Länge, wovon 5, bez. 10 auf den ährigen Blütenstand — ährenähnliche Traube, indem die Blütenachse sehr kurze Zweige aussendet, welche einen dichten, walzenförmigen Blütenstand bilden — kommen; sie sind hohl, die Blätter länglich, schmal lanzettlich, bräunlich gefleckt, manchmal die rundlichen Flecken zusammenfliessend. Die unregelmässige Blütenhülle, Perigon, ist ober- ständig und seitlich symmetrisch; es zeigen sich nämlich von den sechs in zwei Reihen stehenden Zipfeln des Saumes der blumenkronartigen Blütenhülle die drei äusseren, Kelchblätter genannt, gleichförmig aus- — 291 — gebildet, während von den drei inneren die paarigen, Kronenblätter genannten, ihnen ähnlich gestaltet sind und eine Art Oberlippe bilden, der dritte unpaarige, aber als Unter- oder Honiglippe vorwiegend ent- wiekelt, dreilappig und an seinem Grund mit einem honigführenden Sporn versehen ist. Der Honiglippe gegenüber in der Mitte ‘der Blüte befindet sich die Griffel- oder Befruchtungssäule, gebildet durch Ver- wachsung der Staubgefässe mit dem Griffel. Der Staubbeutel ist an der Vorderseite des Säulchens und hat zwei ausgespreizte Fächer mit einem geraden Fortsatz; jedes Fach enthält eine verklebte Blütenstaub- masse, welche in einen kurzen Stiel verlängert ist; dieser endigt mit einer klebrigen Drüse. Die breit gedrückten, mit in drei bis fünf, ge- wöhnlich vier ausgespreizten fingerförmigen Wurzelfasern endenden, oben zusammengewachsenen Doppelknollen entstehen, indem junge oder Brutknollen seitlich am alten Knollen hervortreiben, und zwar erzeugt der Wurzelstock jährlich eine neue fleischige Knolle neben der sich verbrauchenden des vorigen Jahres. Der ältere von beiden, auf welchem die blühende Pflanze aufsitzt, lässt sich an seiner etwas runzeligen Oberfläche erkennen, während der junge, welcher auf seiner Spitze die (zipfelige) Knospe der nächstjährigen Pflanze trägt, glatter und saft- reicher ist; ausserdem ist er heller, mehr gelbbraun gefärbt, während der ältere ein dunkleres Braun zeigt. Die Knollen stehen anfänglich ziemlich enge beisammen mit ihren Wurzelausläufern, später trennen sie sich mehr von einander und stehen mehr ab. Übrigens werden die Orchideenknollen (0e4:5, wegen der Ähnlichkeit des Knollens) auch von manchen Botanikern als aus einer Verschmelzung von Stengel- und Wurzelgebilden entstanden betrachtet. Die Wurzel wird büschelig genannt, indem aus dem unteren Stengelglied beim Mangel einer Hauptwurzel zahlreiche mehr oder weniger verdiekte Nebenwurzeln oder Faserwurzeln entspringen. Die Orchidee ist die Pflanze der Sinnlichkeit und des Lebensgenusses, während die Lilie als das Wahrzeichen der Reinheit und Unschuld gilt. „Bei zahlreichen Orchideen unserer Wiesen und Wälder, deren Knospen, in tiefgründiger Erde eingebettet, den Winter überdauern, ist die Spitze der untersten Blattspreite zu einem förmlichen Erdbrecher umgestaltet. Gewöhnlich ist sie kapuzenförmig gestaltet oder sitzt wie eine Kappe den zusammengefalteten Spitzen der andern, demselben Stocke angehörenden Blattspreiten auf. Immer findet sich. an der die andern überdeckenden Blattspitze eine Gruppe chlorophylloser Zellen, welche sich schon durch ihre weissliche Farbe von der Umgebung 19* — 292 — deutlich unterscheidet. Bei der Mehrzahl der Pflanzen sind diese Zellen dünnwandig, zeigen aber eine starke Turgeszenz, nur bei wenigen, wie z. B. bei dem (stark nach Knoblauch riechenden) Bären-Lauche, allium ursinum (mit schneeweissem Perigon) sind ihre Wände verdickt und es ist dann die ganze Blattspitze fast hornartig.. Diese Gruppe aus turgeszierenden Zellen bildet stets den Scheitel des aus der unter- irdischen Knospe hervorwachsenden Blätterkegels. Nachträglich, wenn einmal dieser Kegel emporgeschoben ist und die Blätter sich über der Erde ausgebreitet haben, erschlaffen die früher prallen Zellen der Blatt- spitze, vertrocknen, werden braun und brüchig, und man sieht dann die Spitze der betreffenden Blätter wie abgedorrt. Bei der Haselwurz und bei mehreren Orchideen sind die Spitzen der ausgewachsenen und ausgebreiteten unteren Blätter sogar regelmässig gebräunt und wie ver- brannt, und zwar auch dann, wenn sie beim Durchdringen der Erde nicht im geringsten verletzt wurden.“ Ich fand folgende Massverhält- nisse (Juni 1890). Die Länge des Stengels der weissblütigen Art — derselbe ist hohl, tief gefurcht, siebenkantig und von durchgehends grüner Farbe — schwankt zwischen 48,5—68 cm, die Blütenähre da- bei zwischen 16,5—24 cm; die Blüten angenehm wohlriechend. Die Blätter, eiförmig, zeigen bei einer Länge von 15 cm eine Breite von 6,2 em, die kürzeren Blätter sind verhältnismässig breiter. Ihre Unter- seite hat einen schönen Glanz und sie haben leicht konvergierende, deutliche Streifen oder Stränge (bogennervig), durchschnittlich je 4 mm von einander entfernt. Der Sporn der Honiglippe ist 55 mm lang. Bei der hell-violetten Art sind die Blätter äusserst schmal und lang, bei einer Länge von 12 cm nur 9 mm breit, ebenfalls nicht ge- fleekt. Die Blüten sind kleiner und zarter wie die weissen, geruchlos, und stehen weiter auseinander. Der Abstand einer Blüte von der andern beträgt nämlich bei den weissen 7”—18, bei den violetten 5 mm, und zwar stehen bei beiden Arten, namentlich aber bei der weissen, die unteren Blüten weiter von einander ab wie die oberen. Die Länge des Stengels, der nicht hohl, schwankt bei der violett blühenden Art zwischen 45—52 cm, wovon auf den die ährige Traube tragenden Teil 10—13,5 em treffen. Der Stengel ist weniger kantig und in seiner oberen Hälfte allmälig zunehmend rotbraun. Die Wurzel, der Doppel- knollen, ist gewöhnlich vier-, selten fünffingerig, ebenso bei der weissen, jedoch bei der violetten Art mehr breit gedrückt, bei der weissen mehr eiförmig mit längeren Wurzelzasern. Die fliegenförmige Art hat die kleinsten, hell lila Blüten (auch die kleinsten Trauben), innen ea > dunkel lila punkt- und striehförmig gesprenkelt. Sporn der Honig- lippe 15 mm lang. Stengel kantig, nicht hohl. Blätter schmal läng- lich: 15,5 cm lang bei 38 mm Breite, 12 cm lang bei 39 mm Breite, 14,8 cm lang bei 25 mm Breite (an einem und demselben Stengel), schmutzig braun gefleckt. Wurzelknollen meist zwei- bis dreifingerig mit ziemlich starken Ausläufern, Wurzelfasern, vom oberen Teile des älteren Knollens. Auf den sumpfigen Wiesen des Pfisterberg kommt herdenweise das gemeine Knabenkraut, orchis morio, mit unzerteiltem Knollen und purpurroten Blüten vor, merkwürdiger Weise gar nicht in der Ebene. — „Das Knabenkraut ist ein Glied jener an bizarren Blüten- formen so überreichen Pflanzenfamilie, deren wahres Heimatland die Tropen sind, während unser gemässigter Himmelsstrich sich mit den schlichteren oder weniger abenteuerlichen Formen derselben begnügen musste. Die Orchideen, der bekannte Name dieser reizenden Pflanzen- familie, sind das Entzücken und die Qual unserer Gewächshausbesitzer, denn beharrlich hat bis jetzt es noch jede Orchidee verweigert, sich aus dem Samen erziehen zu lassen, und man muss sich bequemen, wenn man sich ihrer Blüten freuen will, diesen eigensinnigen Geschöpfen in den @Gewächshäusern wenigstens ähnliche Lebensverhältnisse zu bieten, wie sie dieselben in den feuchten Urwäldern zwischen den Wendekreisen lieben. Der Reichtum an Orchideen gibt einer Flora ihren schönsten und einen fast feenhaften Schmuck, indem selbst unsere schlichteren Glieder dieser schönen Pflanzenfamilie reich an wunder- lichen Formen ihrer Blüte, namentlich der Honiglippe sind, welche letztere zuweilen allerlei Gestalten, z. B. Insekten, Spinnen, selbst die menschliche Gestalt nachahmt. Humusreichen Kalkboden scheinen sie entschieden jedem anderen vorzuziehen. Dass die Blumenblätter meh- rerer Windröschen, die Blüten des Tausendgüldenkrautes sowie die hohlen honiglosen Sporne unserer Wiesenorchideen von den Insekten angestochen und ausgesogen werden, ist durch wiederholte Beobach- tungen nachgewiesen, und es ist hierbei hervorzuheben, dass zum An- bohren saftreicher Zellgewebe nicht nur Fliegen, Bienen und Hummeln, sondern selbst Schmetterlinge befähigt sind. Die letzteren haben an den Enden der Kieferladen, welche ihren Rüssel zusammensetzen, spitz- zackige Anhängsel, mit welchen sie das saftreiche Gewebe zuerst auf- ritzen und dann des Saftes berauben. Bei den Orchideen erhalten sich die Mutterzellen der Pollenkörner, die Pollenmutterzellen in Ge- stalt eines fadig-schleimigen Gewebes, welches die ganze Masse der in einem Staubbeutelfache befindlichen Körner zu einer kompakten Pollen- —.,294 , — masse von schleimig-klebriger oder wachsartiger Konsistenz vereinigt. Bei geringer Vergrösserung erscheint diese Pollenmasse aus keilförmigen Partien zusammengesetzt, die mit ihrem inneren schmäleren Ende einem elastisch-schleimigen Strang ansitzen, der eine Fortsetzung des Stiel- chens der Pollenmasse ist und, gleich diesem, aus einer klebrigen Substanz, Visein, besteht. Jede dieser keilförmigen Abteilungen der Pollenmasse besteht dann wieder aus Gruppen von zu je vieren ver- einigten Pollenkörnern. Es sind also die sämtlichen den Inhalt eines Staubbeutelfaches bildenden Pollenkörner zu einem Körper, der Pollen- masse, vereinigt, welche sich nach unten in ein Stielchen verschmälert und in eine klebrige Drüse, den sogenannten Halter, endigt.“ Die Salep-Wurzel oder Knollen, radıx s. tubera salep, kommt als Arzneimittelware (Drogue) in zwei verschiedenen Formen vor: entweder unregelmässig eiförmig oder fingerförmig zerschlitzt (Hand-Salep); beide Arten werden nach dem Ausgraben mit heissem Wasser übergossen und dann in schneller Hitze, meist im Backofen, getrocknet. Diese Prozedur soll den Zweck haben, die Wurzel von einem ihr in frischem Zustand anhaftenden widrig riechenden ätherischen Öl zu befreien. Das Mehl der so getrockneten und dann gemahlenen Knollen, die uns namentlich Persien und die Türkei liefert, ist der bekannte Salep. Der Hauptbestandteil der Salepwurzel ist Bassarin, neben welchem Salze und Stärkemehl vorkommen. Der Salep wird als einhüllendes Mittel bei katarrhalischen Reizzuständen der Darmschleimhaut, vorzugsweise bei Diarrhoe der Kinder, mit ausgezeichnetem Erfolge angewendet; als Nährmittel leistet er keine Dienste. Man gibt den Salep am besten in heissen Aufgüssen mit Wasser, Milch oder Fleischbrühe — etwa !/a Kaffeelöffel Saleppulver mit etwas kaltem Wasser zuerst angerührt, sonst gibt es Knöllchen, und mit zwei Tassen heisser Flüssigkeit über- - gossen, also ein Kaffeelöftel auf 1/e Liter. Das Arzneibuch gibt fol- gende Schilderung. „Die kugeligen oder birnförmigen Knollen ver- schiedener Orchideen des Orients und Deutschlands, z. B. orchis mas- cula (männliches Knabenkraut), militaris (Soldaten-Knabenkraut), morio (gemeines Knabenkraut), «stulata (kleinblütiges Knabenkraut), pyra- midalis (pyramidenförmiges Knabenkraut) werden arzneilich verwendet. Von den zur Blütezeit oder unmittelbar nachher auszugrabenden Knollen (tüubera salep) werden die den Stengel tragenden beseitigt, die übrigen in siedendes Wasser getaucht, abgerieben und getrocknet. Die Knollen sind dann 0,5 —2 cm dick und bis gegen 4 cm lang, von — 95 — meist etwas rauher, hell bräunlichgrauer oder gelblicher Oberfläche, am Scheitel die Narbe der Stengelknospe zeigend. Das auch im Innern nicht dunkle Gewebe ist sehr hart und hornartig; gepulvert gibt Salep, mit 50 Teilen Wasser gekocht, einen nach dem Erkalten ziemlich steifen, faden Schleim, welcher durch Jod blau gefärbt wird.“ Salep ist arabischen Ursprungs und bedeutet so viel wie schleimig. Der gemeine oder wilde Hopfen, humulus lupulus, hier sehr selten, im Gebüsch am Mühlbach wild wachsend. ‚„Wurzelstock aus- dauernd; Stengel einjährig, sich zu bedeutender Höhe an Gebüschen und Bäumen emporwindend. Blätter auf gleicher Höhe stehend, gegen- ständig, gestielt, breit herzförmig, manchmal tief dreilappig, manchmal einlappig, vier-, wohl auch fünflappig, grob und scharf gesägt, sehr rauh, aber nicht nesselnd. Die Oberfläche der Blattspreite ist so rauh (vgl. das Ulmen-Blatt), dass, wenn man mit dem Finger von oben nach abwärts, also von der Spitze gegen die Basis fährt, man das Blatt halten muss, um dies thun zu können; die Rückseite des Blattes ist liehtgraugrün, glatt; Rippen stark hervortretend. Blattstiele eben- falls sehr rauh, wenn man von unten nach oben, d. i. vom Stengel- ansatz gegen den Blattansatz fährt, und gefurcht. Blüten zweihäusig, indem die Staubgefäss- und Stempelblüten nicht auf ein und derselben Pflanze beisammen sind. Die männlichen Blüten in lockeren Rispen — d.h. in ästigen Seitenachsen, deren Verzweigung aber nach oben zu stufenweise abnimmt, wodurch der Blütenstand im ganzen eine pyramidenförmige Gestalt erhält — in den oberen Blattachseln, klein und gelblich grün. Blütenhülle fünfteilig; fünf Staubgefässe. Weib- liche Blüten in 2—3 cm lang gestielten, blattachselständigen, eirund- lichen (oder kugeligen Ähren oder) Köpfchen, ausgezeichnet durch ihre breiten, dachziegelähnlich sich deckenden Schuppenblätter, deren jedes zwei sitzende Blütchen in seiner Achsel birgt. Die krugförmige — indem die Röhre, der untere verwachsene Teil der Blumenblätter, fast kugelig aufgeblasen ist, sich nach der Spitze hin zusammenzieht und am Rande wiederum schwach erweitert — Blütenhülle umgibt den Fruchtknoten bis zur Hälfte. Nach dem Verblühen vergrössern sich die Schuppen, umschliessen (September und Oktober) die samenähn- lichen Früchtchen und bilden zapfenähnliche Fruchtstände oder Sammel- früchte — d. s. Fruchtbildungen, welche nicht aus einer einzigen Blüte entstehen, sondern aus mehreren, deren Früchte sich zu einem Ganzen vereinigen —, welche aromatisch bittere Harzkörnchen aussondern und — 2% — einen eigentümlich starken Geruch verbreiten.“ Blütezeit Juni bis August. Die weiblichen Blüten baut man wegen der Fruchtzapfen an, welche in zerstreuten gelben Drüsen einen harzigen, gewürzhaft bitteren Stoff (das Hopfenbitter oder Lupulin) absondern und bekanntlich in der Bierbrauerei angewendet werden. Auch in der Heilkunde werden die Hopfenfrüchte (strobili s. coni) verschiedentlich gebraucht. Die jungen Sprossen der wild wachsenden Pflanzen isst man im Frühjahr als Gemüse. — Der Hopfen bildet eine einzige zur Familie der Nesselgewächse, urti- caceae, gehörige Art, welche von den übrigen Arten durch den schlingen- den oder windenden Stengel —, welcher, indem er zu schwach ist, um sich allein aufrecht zu erhalten, an den ihn umgebenden Gegenständen (Stützen, Stangen) beim Wachsen sich in schraubenzieherförmigen oder Spiralwindungen dreht, und zwar ist er stets rechts gewunden, wie er selbst auch die Windungen von der Linken zur Rechten aufsteigend zeigt —, den Blütenstand und die Samen, welche eiweisslos sind und einen flachen, spiralig gewundenen Keimling (infolge der Befrucht- ung bildet sich aus den im Fruchtknoten enthaltenen Ei’chen der Samen; er enthält im reifen Zustand als wesentlichen Teil den Keim- ling) enthalten, sich unterscheidet. Mit Bezug auf die Ranken möchte ich folgende Bemerkungen Nägeli’s anführen. „Das Wachstum be- zieht man gewöhnlich auf die Gestaltung der Dimensionen. Eine andere Seite des Wachstums gibt dem Organ seine Richtung und ver- ändert diese Richtung, gibt also Veranlassung zu Bewegungen der Organe. Krümmung und Streekung, Zusammenfaltung oder Einrollung und Ausbreitung, Drehung und Aufdrehung gehören hieher. Das Blatt der Farren und Oykadeen ist in der Jugend schneckenförmig einge- rollt; es streckt sich später zur geraden Richtung. Sehr viele Blätter sind im jungen Zustande (innerhalb der Knospe) zusammengefaltet und zusammengerollt, sie breiten sich nachher flach aus. Die Ranken von kürbisartigen und anderen Gewächsen, wodurch sie sich an fremde Gegenstände anklammern, sind zuerst gerade; sie krümmen sich dann und rollen sich schneckenförmig ein; nachher strecken sie sich und werden zuletzt schraubenförmig. Die Stengel sind zuerst ungedreht, nachher meistens gedreht; bei unsern Bäumen tritt diese Drehung erst im Alter ein. Die eben genannten Gestaltsveränderungen geschehen immer so langsam, dass sie direkt nicht.gesehen werden können. Sie erfolgen durch ungleiches Wachstum, indem die Vermehrung oder die Ausdehnung der Zellen an gewissen Stellen stärker oder schwächer ist als an andern. Ein Organ, das auf einer Seite stärker in die Länge az 0 wächst als auf der andern, krümmt sich; ein gekrümmtes wird auf gleiche Weise wieder gerade. Ein flächenförmiges Organ, welches in der mit dem Rande parallelen Richtung stärker in die Fläche wächst als in der zum Rande rechtwinkeligen, legt sich längs des Randes in Falten, wie das der Krauskohl thut. Wenn es stellenweise im Innern stärker in die Fläche wächst als in den übrigen Teilen, so wirft es Blasen, die auf der einen Seite als Vertiefungen, auf der andern als Erhabenheiten erscheinen. Ein zylindrisches Organ, das am Umfange stärker in die Länge wächst als in der Mittellinie, dreht sich um seine Achse. Ein bandförmiger Teil wird unter gleichen Umständen zur Wendeltreppe. Ein Stengel oder eine Ranke, die auf der einen Seite in bestimmten Verhältnissen stärker sich verlängert als auf der andern, wird schraubenzieherförmig oder „windet“ sich. Es kommt aber dabei wohl immer noch eine Drehungsursache in den einzelnen Zellen hinzu. Drehende und windende Organe können sich nach zwei Seiten kehren, rechts oder links. Es gibt Rechts- und Linksdrehung, Rechts- und Linkswindung. Unsere meisten Bäume drehen sich links. Der Hopfen windet rechts, die Bohne und Zaunwinde links. Die Ranken setzen gewöhnlich um, d. h. sie winden zuerst in irgend einer Richtung, und dann in der entgegengesetzten.“ — In den gemässigten Zonen, sagt Kerner, hat die Mehrzahl der windenden Stämme nur eine kurze Lebensdauer. Der Hopfen ist zwar ausdauernd, aber die aus dem unterirdisch überwinternden Stocke alljährlich neu hervorgetriebenen Stämme gehen im Herbste immer wieder zu Grunde Nur das Bitter- süss und mehrere Arten der Gattung Geissblatt, die noch in verhältnis- mässig rauhen Gegenden vorkommen, zeigen verholzende, windende Stämme, welche von Jahr zu Jahr an Dicke zunehmen. Aber gerade an diesen Arten tritt das Winden nicht besonders hervor, und das Bittersüss bildet sozusagen ein Mittelglied zwischen den Pflanzen mit windendem und jenen mit flechtendem Stamme. In den tropischen Gegenden sind dagegen langlebige, verholzende windende Stämme keine Seltenheit. Einem 1893 erschienenen Aufsatze: Der Hopfen, eine kultur- historische Skizze von Richter, entnehme ich nachstehendes. Beim Anbau gibt man dem Hopfen eine freie, jedoch vor Sturm möglichst geschützte Lage, am liebsten an einer sanften Anhöhe und fern von Sumpf und Strassenstaub. Sein Lieblingsort ist ein schwarzer, gehörig mit Lehm und Sand vermischter Boden. Mit dem dritten Jahre be- ginnt das starke Wachstum und der Ertrag. Man bindet die Ranken, — 298 — die bis 12 Meter hoch werden, an; als Stützen bedient man sich ent- weder der Stangen oder von besondern Gerüsten herablaufender Drähte, Schnüre oder auch älterer Hopfenranken. Es kommen auf einen Hektar Landes an 4000 bis 7000 Hopfenstöcke, je nach den in den einzelnen Ländern verschiedenen Entfernungen der Pflanzen. Jede Pflanze, die jährlich im Spätherbst abstirbt, dauert 12 bis 15 Jahre; ihr Ertrag nimmt bis zum achten Jahre zu und dann allmälig ab. Sie trägt im September die reifen Früchte mit dem gewürzhaft bitteren Geschmack. Dann werden die Ranken einige Fuss über der Erde abgeschnitten, die Stangen behutsam herausgenommen und die Zapfen schnell gepflückt. Sie werden auf luftigen Böden ausgebreitet bis sie trocknen, oder man trocknet sie noch besser in Darröfen. Vier bis fünf Pfund frischen Hopfens geben ein Pfund trocknen Hopfens, der, weil er eben nicht unverändert jahrelang aufbewahrt werden kann, in beispielloser Weise zum Spekulationsobjekt geworden ist. Denn wie sich für den Ernte-Ertrag des Hopfens keine zuverlässigen Durch- schnittszahlen angeben lassen, so lässt sich auch ebenso wenig von einem bestimmten Durchschnittspreise einer Produktionsgegend sprechen. In dem in Mittelfranken gelegenen wegen seines Hopfenbaues wichtigen Städtchen Spalt — mit rund 400 ha bebaut — betrug nach statisti- schen Nachweisen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Jahren der niedrigste Preis 24, der höchste 520 Mark. Es schwankte dort der Durchschnittsertrag für 1 ha zwischen 101 und 643 kg. Der Name „Hopfen“ zeigt Ähnlichkeit mit dem Worte „hüpfen“ und erklärt sich vielleicht aus der bekannten Eigenschaft des Hopfens, dass er so aussergewöhnlich schnell wächst, dass er gewissermassen Sprünge macht, vielleicht auch aus dem Umstande, dass er wild wach- send von einem Baume oder Stützpunkte zum andern zu hüpfen scheint. Zu der Zeit des stärksten Wachstums beträgt die tägliche Zunahme bis an 60 cm. Aus dem niederdeutschen hop oder hoppe entstand das englische hop (das als Zeitwort auch „hüpfen“ bedeutet), das französische houblon, das spanische hoblon, das mittellateinische hubalus und das italienische /wpolo, woraus wieder die jetzige bota- nische Bezeichnung humulus lupulus stammt. Nach andern deutet der Name Hopfen auf die gehäuften, ein Haupt oder Häupter bildenden Früchtchen hin. Der Hopfen, von dem sich in Folge der verschiedenen Einflüsse der Kultur und des Klimas im Laufe der Zeit mehrere Varietäten SA BonN ausgebildet haben, ist über ganz Europa und die gemässigten Teile Nordamerikas verbreitet und wächst in Mitteleuropa auch wild. Na- mentlich wird in Bayern, Böhmen, Baden, Württemberg und Belgien, in England und Nordamerika der Hopfen in grossem Massstab ange- baut; der nordamerikanische kommt eigentlich nur bei hohen Preisen des inländischen auch zu uns als Handelsware. Der Osten Europas bringt verhältnismässig wenig Hopfen und von gröberer Qualität. Nur die Fruchtstände oder Zapfen, der wertvollste Bestandteil der Hopfen- pflanze, bilden den eigentlichen Hopfen. Im Handel erscheint-zunächst nur die Frucht kultivierter Pflanzen, doch wird in einigen Gegenden, in Ungarn und der Militärgrenze, auch die Frucht der wilden Hopfen- pflanzen, die freilich ärmer an Hopfendrüsen sind, welche bei den kultivierten die Blättchen wie mit einem goldgelben Staub bedeckt erscheinen lassen, gesammelt und in kleineren Brauereien verwandt. Auch in den hopfenbauenden Ländern wird manchmal wilder Hopfen gesammelt und zur Verfälschung des angebauten benützt. Während einst die Deutschland benachbarten Weinländer Wein nach Deutschland einführten, führt Deutschland heute sein Bier nicht nur dorthin, sondern weit über den Ozean; in deutschen Kolonien trinkt man deutsches Bier. In unsern Jahrzehnten hat man auch in Frankreich sich dem Biergenuss mehr zugewandt infolge des Umsich- greifens der Reblaus. Man glaubt, dass jetzt in Frankreich selbst über acht Millionen Hektoliter Bier hergestellt werden; das Land hat einen durchschnittlichen Ertrag von drei bis vier Millionen Kilo- gramm Hopfen. Der Genuss eines guten Bieres hat sich allmälig mit dem zu- nehmenden Wohlstand in alle Bevölkerungsschichten eingebürgert; die Zunahme des Bebauungsgebietes für Hopfen hat damit gleichen Schritt gehalten. Das deutsche Reich erntet im ungefähren Durchschnitt in unse- rer Zeit 25 Millionen Kilogramm, Österreich fast fünf Millionen, Eng- land 20 Millionen. Dieses grossbritannische Inselreich erntet etwa 1/4 und verbraucht zwischen !/s und !/a des auf der ganzen Erde an- gebauten Hopfens; es gebraucht eben zur Herstellung seines Indian Pale Ale weit mehr Hopfen als unsere deutschen Brauereien für ihr Bier. In Deutschland ist das relativ grösste Hopfenerzeugungsgebiet Bayern mit ungefähr zehn Millionen Kilogramm; unter den norddeut- schen Gebieten behauptet die sogenannte Altmark den ersten Rang. Es — 300 — sind auf der ganzen Erde mit Hopfen bebaut über 100000 ha mit einem mittleren Ertrage von rund 70000 Millionen Kilogramm. Welche ungeheuere Zahl, wenn man bedenkt, dass der Hopfen doch nur ein Zusatz, allerdings für uns heute ein unentbehrlicher Zusatz ist; man verbraucht in München zur Herstellung von 1000 Liter Winterbier 2,3 kg und zu 1000 Liter Sommerbier 3,2 bis 4,9 kg Hopfen. Mit der beständig steigenden Zunahme des Bierverbrauchs wird auch die Hopfenerzeugung, wie in den letzten Jahrzehnten, so auch voraussichtlich in der Zukunft steigen. Der Hopfen umrankt in brüderlicher Verschlingung mit dem Weinstock das Bild unseres Erdteils; am Rhein, in Franken und in Böhmen reicht die Kultur beider sich gleichsam die Hand. Von da ab zieht der Hopfen allein seine Strasse nach Norden bis nach Schweden hin; dort treten an die Stelle der malerisch einladenden Rebengelände des Südens und deutschen Westens die steiferen Hopfen- gärten. Die grüne Hopfenranke, Sie schlängelt auf der Erde hin, — Die junge, schöne Dirne, So traurig ist ihr Sinn! — Du, höre, grüne Ranke! Was hebst du dich nicht himmelwärts? — Du, höre, schöne Dirne, Was ist so schwer dein Herz? — Wie höbe sich die Ranke, Der keine Stütze Kraft verleiht? — Wie wär’ die Dirne fröhlich, Wenn ihr der Liebste weit? — Von der Familie der Wegerichgewächse, plantagineae, kommen der grosse oder breite, major, der mittlere, media, und der lanzettliche Wegerich (d. i. Beherrscher des Weges), plantago lanceolata, auf Wiesen und an Wegen vor. Die grosse Art blüht Juli bis Oktober, die mittlere oder gemeine Art (plantago media) blüht Mai und Juni, die lanzettliche Art April bis September. Vier Staubgefässe. Bei sämtlichen Arten — sie sind perennierend — ist der Schaft vielblütig. Die grosse Art mit ansehnlich langem Blattstiel und deren Blüten- stengel gewöhnlich länger als die Blätter, mit langer dünner Ähre aus kleinen weissrötlichen Blüten, liefert in den Samen eine vielfach und gemeinhin als Vogelsamen beliebte Atzung für die Stubenvögel. Die BORN Blätter der lanzettlichen Art dienen volkstümlich als Wundmittel, ausserdem der aus ihnen bereitete Saft, Spitzwegerichsaft, als Heil- mittel (?) bei Lungenleiden. Bei dem mittleren oder gemeinen Wegerich bilden die grundständigen Blätter, indem sie sich strahlen- förmig am Grunde ausbreiten, eine Rosette. Er hat echte Blüten- ähren; — die Ähre (spica) ist ein Blütenstand, bei welchem an einer Hauptachse, Spindel (rhachis) genannt, sitzende öder kurz gestielte Blüten entspringen, wodurch im ganzen eine walzenförmige Gestalt entsteht. Die Arnika, Wohlverleih oder Fallkraut, arnica montana, von welcher alle Teile arzneilich gebraucht werden, Wurzel, Blätter und Blüten, kommt besonders am Strassberg, auf der Wiese neben dem Waldrand, dann am Vogelherd, im Unterholz vor, aber auch, jedoch mit weit weniger kräftigen oder wirksamen Bestandteilen, in der Ebene, auf den Mooswiesen. Grundständige Blätter eirund, fünfnervig und sitzend wie die länglichen schmal lanzettlichen Stengelblätter. Stengel flaumig behaart. Sie blüht Juni und Juli tief gelb, dottergelb, in der Mitte fast gelbbräunlich. Hülle walzenförmig. Gestrahlte gelbe Blüten- köpfehen. Die einzelnen zungenförmigen Strahlenblüten zeigen zwei starke rinnenartige Vertiefungen und an den Enden drei oder vier Zähnchen, je nachdem der mittlere Teil auch noch eine seichte Rinne zeigt. Schliessfrüchtchen gestreift, mit einer Krone aus rauhen Haaren. Der ausdauernde Wurzelstock (Knollstock) ist walzenförmig (zylindrisch) und etwas schief. (Der ausdauernde Wurzelstock ist ein unterirdisch perennierender, in der Erde also verborgener, wurzelartig erscheinender — der Niederblattstengel oder die Niederblattregion am Stengel trägt nämlich schuppenartige, nicht grün gefärbte Niederblätter — meist verzweigter Niederblattstengel, dessen Gipfel- und Seitensprossen sich als jährige Triebe über die Erde erheben, nachdem sie den Winter als unterirdische oder als sogenannte Stockknospen überdauert haben. Der Wurzelstock ist mit scheiden- oder schuppenartigen Niederblättern be- setzt oder zeigt ringförmige Blattnarben — d. s. nach dem Abfallen des Blattes zurückbleibende deutlich begrenzte Ansatzstellen des Blat- tes.) Derselbe erscheint hin und her gebogen, verläuft, wie gesagt, nicht ganz horizontal, und treibt seine Nebenwurzeln sämtlich nach unten; er ist im trockenen Zustand hart, runzelig und höckerig, mit ziemlich starker, aussen dunkelbrauner, innen weisser, von Harzgängen durch- zogener Rinde. Die Wurzel hat einen eigentümlich scharfen Geruch — 302 — und einen beissenden aromatischen und etwas bitterlichen Geschmack. Die Blüten sind von scharfem Geschmack, der Staub derselben erregt Niesen. Das Arzneibuch gibt folgende Beschreibung der Arnikablüten. „Die zweireihige behaarte Kelchhülle schliesst einen hochgewölbten, 6 mm im Durchmesser erreichenden, grubigen und behaarten Blüten- boden ein. Aus diesem erheben sich ungefähr 20 randständige, zehn- nervige Zungenblüten und zahlreiche weit kürzere Scheibenblüten, alle von rotgelber Farbe und vom Bau der Kompositenblüten. Die borsti- gen, fünfkantigen Früchte sind bis 6 mm lang, gelblichgrau bis schwärz- lich, von einem Kelchsaume aus scharfen, starren, bis 8 mm langen Haaren gekrönt. Nur die vom Kelche und Blütenboden sind zu ge- brauchen. Der Geruch der Arnikablüten ist schwach aromatisch, der Geschmack zugleich bitterlich. Die Arnikatinktur wird bereitet aus ein Teil Arnikablüten mit zehn Teilen verdünntem Weingeiste; sie sei von bräunlichgelber Farbe, bitterlichem Geschmacke und dem Ge- ruche der Arnikablüten.“ Die Arnikapflanze wurde früher häufig mit der Gemswurz, doro- nicum (Gemswurz, weil die Gemsen diese Pflanze sehr lieben und ihre Wurzeln sogar aus dem Schnee hervorgraben sollen), der Hundskamille, der Wucherblume u. s. w. verwechselt. Bei den Alten ist von dieser ob ihrer vermeintlichen Heilkraft oft hoch belobten Pflanze nichts zu finden; in Deutschland war sie ziemlich früh bekannt und wird schon im elften Jahrhundert wolzeisa, wolfzeisila, wolueszeisala und woluis- zeisila (wolfzusila) genannt, was so viel als Wolfstod (zeisan — zerreissen) bedeutet. Aus diesem alten bisher vergessenen Worte mag der nunmehrige Wolverlei, Wolverley, Wulferley, Wohlverleih entstellt sein, welches man heutzutage überall findet und von dem Wohl, welches die Pflanze durch ihre Heilkraft verleiht, ableiten will, ohne die alte Sprache zu berücksichtigen, in welcher wolves-lh, wolve-lih eine Wolfsleiche bedeutet (17h — Leiche). Man hielt also die Pflanze, wie doronicum pardalianches, die gewöhnliche oder gemeine Gems- wurz den Leoparden, — den Wölfen für tödlich. Einer der vielen Nebennamen der Arnika ist Fallkraut, weil es die blauen Flecken heilen soll, die vom Fallen herrühren. Der gelbe (grosse oder edle) Enzian, gentiana lutea, früher auch Bitterwurz genannt, dessen bittere, geringelte, dicke Wurzel zur Bereitung des magenstärkenden Enzianbranntweins dient, eines der grössten Alpen-Kräuter, blüht Juli bis September, hat einen glatten, u dicken, steif aufrechten Stengel von 60—130 cm Höhe — ich mass fast 5 cm Umfang bei 90 em Höhe —, untere Blätter breit eiförmig, bogennervig (fünfnervig), rinnig gestielt, d. h. am Grunde mit leicht einwärts gebogenen Rändern, die obersten sitzend, halb stengelumfassend, und kommt an der Wurz, etwa °/a Stunden von hier, und eine Stunde weiter von da, auf der Kohlstattalm, vor. Blüten schwefelgelb in blattachselständigen Büscheln, Blumenkrone radförmig, fünfteilig. Der blaue oder stengellose — indem der Stengel aus unentwickelten Stengelgliedern besteht und daher sehr verkürzt erscheint — Enzian, gentiana acaulis, mit sehr viel niedrigerem, nur 4—8 cm hohem Stengel, dessen untere Blätter eine grundständige Rosette bilden, hat eine ein- zelne tief himmelblaue, selten weissliche Blumenkrone mit keulenförmig glockiger Röhre. Blütezeit Juli und August. Die Wurzel beider ist walzenförmig. Beide sind perennierend; — desgleichen der auf den Mooswiesen vorkommende ebenfalls tief himmelblaue vielfach variierende April und Mai blühende Frühlings-Enzian, gentliana verna, auch Schusternägelein genannt. „An vielen Gentianen, besonders auffallend an dem grossblumigen stiellosen Enzian (gentiana acaulıs), bilden die kreuzweise gestellten grundständigen Blattpaare eine Rosette. Der grössere vordere dunkelgrüne Teil eines jeden Blattes ist flach und eben, nur die bleiche Basis ist rinnenförmig gestaltet. Dadurch dass sich um diese Rinne herum das Gewebe des Blattes emporwulstet, wird diese Rinne noch mehr vertieft, und Ja alle Blätter der Rosette sehr zusammengedrängt sind, erscheint die Rinne eines jeden tieferen Blattes durch die darüber stehende Blattspreite überdeckt. Es bleibt auch in diesem versteckten Winkel das in die Rinne von dem vordern Teile des Blattes her eingeströmte Tau- oder Regenwasser längere Zeit stehen, ohne zu verdunsten, und es haben daher Saugapparate, welche befähigt sind, Wasser aufzunehmen, genügend Musse, das zu thun. Als solche Saugapparate wirken aber hier im hintersten Winkel der Rinne lange kolbenförmige, aus äusserst dünnwandigen Zellen zusammengesetzte Ge- bilde.“ — Nach dem Arzneibuch werden die gewöhnlich der Länge nach gespaltenen Wurzeläste und Wurzelstöcke des gelben /utea, des ungari- schen pannonica, des roten purpurea, und des punktierten Enzian, punctata gentiana, arzneilich verwendet. „Die Wurzel der zuerst ge- nannten Pflanze ist bis über 60 em lang und oben gegen 4 cm dick, diejenigen der übrigen Arten sind schwächer. Alle sind braun, sehr stark längsrunzelig, oben mehr quer geringelt, mehrköpfig, wenig ver- zweigt, von glattem nicht holzigem oder faserigem Bruche, innen braun- — 304 — rötlich oder hellbraun. Enzianwurzeln enthalten kein Stärkemehl; sie schmecken stark bitter.“ — Diss kraut hat erstlich erfunden der (im zweiten Jahrhundert v. Chr. lebende) Illyrier König Gentius (wie die allten schreiben) von dem hat es den namen. — Albrecht Haller (1708—1777), Arzt, Botaniker und Dichter, neben Linn & der grösste Naturforscher seiner Zeit, sagt in seinem Gedicht „die Alpen“ (Ver- such schweizerischer Gedichte; 11. Auflage, 1777): Dort ragt das Haupt am edlen Enziane Weit übern niedern Chor der Pöbel-Kräuter hin: Ein ganzes Blumenvolk dient unter seiner Fahne, Sein blauer Bruder selbst, bückt sich, und ehret ihn. Der Blumen helles Gold, in Strahlen umgebogen, Türmt sich am Stengel auf, und krönt sein grau Gewand; Der Blätter glattes Weiss, mit tiefem Grün durchzogen, Bestrahlt der bunte Blitz von feuchtem Diamant: Gerechtestes Gesetz! dass Kraft sich Zier vermähle, In einem schönen Leib wohnt eine schönre Seele. Zu „Blitz von feuchtem Diamant“ bemerkt Haller: weil sich auf den grossen und etwas hohlen Blättern der Thau und Regen leicht sammlet, und wegen ihrer Glättigkeit sich in lauter Tropfen bildet. — Der gelbe Enzian nimmt in den Alpen mit den grösseren Enzianarten wegen des Verbrauchs zum Branntwein immer mehr ab. Der leider so früh (in der Irrenanstalt zu Erlangen) verstorbene Mün- chener Botaniker Otto Sen dtner (1815—1859) bemerkt in seinem 1854 erschienenen Werke „die Vegetations-Verhältnisse Südbayerns“ folgen- des. Vor 24 Jahren erinnere ich mich auf der Benediktenwand durch Enzianwälder gegangen zu sein, wo sich nun nur hie und da noch ein blühendes Exemplar zeigt. So findet man fast überall in ihrem Verbreitungsdistrikte nur Blätter, höchst selten Blüten, nur einzelne verborgene schwer zugängliche Lagen sind noch ihr Asyl. Bekännt- lich lässt der Staat eine Aufsicht halten über die Wurzelgräberei auf den königlichen Territorien. Es scheint nicht, dass diese im stande ist, die Pflanze vor dem Untergange zu retten, Merkwürdig ist ihr sporadisches Auftreten in der Ebene, nachdem sie in den Alpen so ziemlich bei 1000 m ihre unterste Grenze gefunden hatte. Im östlichen Teile unserer Alpen fehlt sie ganz, doch scheint es infolge der Aus- rottung. Wenigstens kam sie früher unter den Berchtesgadnerpflanzen vor, während sich jetzt weder um Berchtesgaden noch um Ruhpolding mehr eine Spur davon findet — eben so wenig wie weiter östlich in — 505 — den salzburger und österreichischen Alpen, und ihre Grenze scheint in Bayern der Inn zu sein. Die gemeine oder (in der Arzneikunde) gebräuchliche Bären- traube, arciostaphylos uva ursi s. officinalis (Familie ericaceae), perennierend, auf Heiden, felsigen Hügeln und in Nadelwäldern. Der niederliegende Stengel bildet ansehnliche Büschel mit zahlreichen glänzen- den, immergrünen, verkehrt eirunden — d. h. das stärkere Ende liegt nach der Spitze zu — oder langrunden, glatten, lederartigen Blättern, welche ganzrandig und netzaderig sind, während die Blätter der Preisel- beere, mit welcher die Pflanze viel Ähnlichkeit hat, einen umgeschlagenen Rand haben, und an der unteren Fläche matt, mit braunen Punkten besetzt sind. Blüht April und Mai. Blüten grünlich weiss, oft rot angelaufen, vier bis sechs in einer gedrängten, hängenden, endständigen Traube. Steinfrucht kugelig, schön rot, glänzend, glatt (bei der niederen, kriechenden Alpenbärentraube erst im zweiten Herbst reifend, anfangs rot, zuletzt blauschwarz). Die Blätter, folia urae ursi, geruchlos, herbe und etwas bitter schmeckend, enthalten Gerbstoff und werden mitunter als adstringierendes Mittel in der Heilkunde angewendet. Das Arznei- buch gibt folgende Schilderung der Blätter. „Die stark lederartige, oberseits etwas rinnige und stark netzförmige Blattspreite erreicht bei einer Länge von höchstens 2 cm in ihrer vorderen Hälfte bis 8 mm Breite und läuft nach unten rasch in den nur etwa 3 mm langen Blattstiel aus. Die Blätter sind ganzrandig, doch erscheinen manche durch Zurückbiegung der abgestumpften Spitze ausgerandet. Die Unter- seite zeigt keine drüsigen Punkte.“ Der Wurmfarn, aspidium filixc mas. (Familie Farne, Farren, Fahrenkräuter, filices, Kräuter — bei einigen ausländischen Gattungen Bäume — mit ausdauerndem, kurzem, rasenbildendem (indem zahlreiche kurze Stengel dicht beisammen aus demselben Wurzelstock entspringen) oder kriechendem Wurzelstock, selten nur einjährig, mit grundständigen oder wechselständigen Blättern, welche man, da sie auch als Zweige betrachtet werden, Laub oder Wedel nennt. Bei den meisten Gatt- ungen sind diese Wedel in der Jugend an der Spitze eingerollt, d. h. nach innen abgerundet, umgebogen, — eingefaltet sagt man, wenn die Ränder im Winkel einwärts umgeschlagen sind. Der Wurzelstock, oft auch die Stiele der Wedel sind mehr oder weniger bedeckt mit braunen, meist zugespitzten Hautschuppen, — die Schuppen entstehen aus den mehrzelligen, namentlich den gestrahlten Haaren durch Verbreiterung Daffneor, Voralpenpflanzen. 20 = 30 und seitliches Zusammenwachsen der sie bildenden Zellen. Wurzel- stock kurz und dick, holzig, niederliegend — d. h. mit dem grösseren Teile (oder ganz) liegt der Stengel dem Boden auf --- oder sich einige Centimeter über den Grund erhebend; perennierend. Wedel ansehnlich, in einem grossen, kreisförmigen Büschel, 1/„—1 m hoch, steif, aufrecht, breit lanzettlich, regelmässig gefiedert — d. h. die einzelnen Blättchen sind an beiden Teilen des gemeinsamen Stieles oder der Mittelrippe ähnlich den Fiedern einer Feder verteilt —, die unteren Fiedern ab- wärts gerichtet. Der Hauptstiel stark besetzt mit braunen, häutigen Schuppen. Hier besonders am Pfisterberg (?/s Stunden) häufig; einzeln in Gärten. Die Sporenreife oder Fruchtzeit fällt in den August und September; Fruchthäufchen ansehnlich gross, in der Nähe des Grundes der Fiederchen, mit einem häutigen, fast schildförmigen oder nieren- förmigen Schleier, welcher aus einer besonderen Membran gebildet ist. Gleich den Bärlappgewächsen gehört nämlich die Familie der Farne zu den blütenlosen Pflanzen oder Kryptogamen, und zwar, wie auch die Moose, zu den höheren Kryptogamen, indem der vegetative Pflanzen- körper fast stets in Wurzel, Stengel und Blätter gegliedert ist, daher sie auch Blattkryptogamen genannt werden, während bei den niederen Kryptogamen, den Pilzen und Flechten, die vegetativen Organe noch ungetrennt sind; es erscheint statt ihrer das Lager (thallus), eine gleichförmig gebildete Masse, welche Wurzel, Stengel und Blätter in Eins verschmolzen darstellt und demgemäss sich durch ein allseitiges Wachstum charakterisiert; es heissen darum diese am einfachsten or- ganisierten Gewächse Lagerpflanzen (thallophyta). Der Wurzelstock — die Wurzel hat einen bittersüsslichen Geschmack und geringen, eigentümlich widerlichen Geruch — ist als Mittel gegen Bandwurm im Gebrauch. „Dioscorides (um die Mitte des ersten ‚Jahrhunderts lebend) spricht, das die Farnwurzel gepulvert und auff ein lot in honigwasser eingenommen die Spülwürme ausstreibe.“ Nach dem Arzneibuch von 1890 ist der ungeschälte Stamm samt Blattresten, befreit von den Wurzeln und Spreuschuppen, im Spätjahre zu sammeln. „Die kantigen, gekrümmten, einige Centimeter langen und ungefähr 1 cm dicken Blattbasen zeigen auf dem Querbruche in dem grünlichen, mehligen Gewebe ungefähr acht scharf umschriebene Gefässbündel; eine wenig grössere Zahl bietet der Stamm selbst dar. Farnwurzel ist von süsslichem und kratzendem, etwas herbem Ge- schmacke ohne erheblichen Geruch. Der Vorrat an Farnwurzel muss jedes Jahr erneuert werden.“ Der Wurmfarn ist einer der häufigsten, zugleich aber auch schönsten Farne. „Betrachtet man die noch spiralig zusammengerollten, aber doch schon über die Erde emporgehobenen und dem Anprall des Windes ausgesetzten Wedel des nächstbesten Waldfarnes, etwa jene des Wurm- farnes, so fällt auf, dass von dem frischen Grün, welches diesen Farn später schmückt, noch nichts zu sehen ist; der unterste Teil der Mittel- rippe und auch die Seitenrippen des Blattes sind mit Spreublättchen oder Spreuschuppen, das ist kleinen, starren, trockenen und chloro- phyllosen Deckblättehen wie mit Spreu überdeckt, also ganz mit trockenen, häutigen, braunen Schuppen und Fetzen besetzt. Später, wenn sich das Blatt mehr und mehr aufrollt, breiten sich allerdings. auch dessen grüne Fiedern aus, aber dann sind auch die Zellwände schon genügend verstärkt und bedürfen nicht mehr der spreuartigen Umhüllung. Dieselbe schützt sonach wie ein Haarkleid das von ihr überdeckte grüne Gewebe gegen die Sonne, bis die Haut genügend verdickt ist. Die Wedel am Ende des Wurzelstockes sind also ur- sprünglich spiralig eingerollt, die zarten Abschnitte derselben sind dicht zusammengelegt und über einander geschlagen sowie von der kräftigen Spindel des Blattes wie von einem dieken Reifen umgeben. Nur die Rückseite dieser eingerollten Spindel kommt mit der zu «urchbrechen- den Walderde in Kontakt, hebt die oberflächlichsten Schichten bei dem allmäligen Aufrollen mit grosser Gewalt empor, und die zarten Ab- schnitte werden erst entfaltet, nachdem der betreffende Teil der Spindel über die Erde an die Luft emporgewachsen ist und sich dort gerade gestreckt hat. An der Blattstielbasis beobachtet man zufällige oder Adventivknospen, d. s. Knospen, welche sich ohne bestimmte Stellung an einem älteren Pflanzenteile nachträglich endogen entwickeln; bei der Drosera koınmen sie mitunter auf den Nerven der Blattfläche vor. Die Farrenkräuter sind jenes rätselvolle Geschlecht, das seine Ahnen bis in die unvordenklichen Zeiten zählt, wo unser heutiger Steinkohlen- reichtum als eine üppige Pflanzenwelt die ganz anderen Formen des jetzt Deutschland genannten Stückcehens Erdboden bedeckte. Es mangelt einer Gegend ein wesentlicher Vorzug, wenn ihre Flora der Farren- kräuter entbehrt. Aus der Zeit ihrer Vorgeschichte ist den Farren- kräutern die Erinnerung ihrer damaligen Zustände geblieben. Damals strahlte die Sonnenscheibe noch nicht blendenden Glanz vom reinen Hinmelsblau hernieder. Eine dampferfüllte Atmosphäre verhüllte beide. In diesem leuchtenden Halbdunkel geboren, suchen auch heute noch 20* — 308 — die Farrenkräuter den Schatten des Waldes und der Felsenschluchten. Wir haben in Deutschland kein echtes Farrenkraut mit über die Erde emporwachsendem Stamm oder Stengel. Er bleibt bei allen im Boden und gleicht vielmehr einem Wurzelstock als einem Stamme. Also alles, was uns unsere Farren über dem Boden zeigen, gehört zum Wedel, und die anscheinend beblätterten Stengel sind bloss die Gesamtstiele für den zusammengesetzten Wedel. Es wird uns nicht schwer, uns davon zu überzeugen, denn die unterirdischen Stöcke der Farrenbüsch- chen liegen meist nicht tief im Boden. Wir sehen am Wurmfarren, dass der Stock in liegender Stellung alle Wedel an einem seiner beiden Enden trägt, indem das entgegengesetzte fortwährend im Absterben be- griffen ist. Unten trägt er zahlreiche braune Wurzelzasern, während er übrigens mit den verbreiterten braunschwarzen, abgestorbenen und in Auflösung begriffenen Enden früherer Wedel bedeckt ist. An der forttreibenden Spitze einiger Stöcke finden wir noch ganz junge, sich eben erst entwickelnde Wedel und an ihnen eine eigentümliche Art der Entwickelung, von der wir etwas Ähnliches, nämlich eine Auf- rollung der Gabelteilungen der Stengelspitzen, bei dem bis zum Sep- tember aushaltenden Vergissmeinnicht, myosotis palustris, kennen, bei welcher Aufrollung durch rosenrote Pforte das klare Himmelsblau der Blümchen erscheint. An den jungen Farren-Wedeln sehen wir jeden einzelnen Teil und zuletzt mit diesen ihn selbst lockenartig zusammen- gerollt, und es ist das Entfalten eines Wedels des Wurmfarren buch- stäblich ein vierfaches Aufrollen: es rollt sich der Hauptstiel des Wedels auf, dessen Seitenstiele, an diesen jedes Blättchen und an diesen wieder jeder Abschnitt: Man sieht in der Zeit der üppigsten Entfaltung unserer Farrenkräuter, im Juni, an einem Stocke alle Stufen dieser Aufrollung neben einander. Betrachten wir die Rückseite eines vollständig entwickelten Wedels, so nimmt zunächst die regel- mässige Bildung des Blattgeäders unsere Beachtung in Anspruch. Es ist dasselbe nicht nur im allgemeinen regelmässiger oder vielmehr auf jeder Stelle des Wedels die besondere Art desselben strenger festge- halten als bei den meisten Blättern der Blütenpflanzen, sondern meist auch in seinen Zeichnungen abweichend und oft von überaus grosser Zierlichkeit. Die Stellung und Verteilung der Fruchthäufchen richtet sich immer nach den Verästelungen des Geäders, indem jene immer auf den Endpunkten oder auf dem Verlaufe desselben stehen. Am Wurmfarren und an vielen anderen Arten der Gattung aspidium (Schildfarren) stehen die. Fruchthäufchen auf jedem Wedelteile zu — 5309 — beiden Seiten der Mittelrippe in einer Reihe. Mit der Lupe, also unter dem Vergrösserungsglas erscheint uns ein einzelnes Fruchthäuf- chen als eine Gruppe von einem Punkte ausgehender, gestielter, kugel- runder Kapselchen, über welche sonnenschirmartig ein in dem Mittel- punkte angeheftetes rundes Häutchen ausgespannt ist. Nach einer ober- flächlichen Zählung der Fruchthäufchen eines grossen Wedels, wobei die Wirklichkeit eher unterschätzt als überschritten ist, und der Kapseln in einem Fruchthäufchen sowie der Keimkörnchen in einer Kapsel ent- hält derselbe über 12000 Fruchthäufchen, über eine halbe Million Samenkapseln und über 15 Millionen Keimkörner. ‚Jedes Fruchthäuf- chen besteht nämlich aus wenigstens 60 Samenkapseln und jede Samen- kapsel enthält etwa 25—30 Keimkörner oder Sporen-Samenkörner der Farne Um eine recht augenfällige Anschauung von der ungeheuren Samenfülle der Farrenkräuter zu erhalten, muss man einen reifen Wedel, dessen Kapselchen schwarz aussehen, also noch nicht entleert sind, einige Tage lang auf ein weisses Papier legen und ein Buch oder leichtes Brettchen darüber decken. Nimmt man nachher diese Bedeck- ung und dann den Wedel selbst behutsam hinweg, so findet man auf dem Papier die Zeichnung des Wedels in einem feinen schwarzen Pulver abgemalt. Es sind dies die unendlich kleinen Keimkörner, welche aus den inzwischen aufgesprungenen Kapseln auf das Papier herabgefallen sind. Zwischen den Fingern merkt man das Pulver kaum, so klein sind die Keimkörner oder Sporen, die Samenkörner der Farne.“ Der Feld-Mohn, papi@ver rhoeas, auch Kornmohn, Klatsch- mohn oder Klatschrose, mittelalterlich Magsamen genannt, kommt stellenweise auf den Äckern und auf Erdhaufen im Moos vor. Er ist ein Sommergewächs, blüht den Sommer über und hat grosse, lebhaft scharlachrote Blüten; der zwei-, sehr selten dreiblätterige Kelch ist früh hinfällig, d. h. er fällt, nachdem er zur Zeit der Reife kapsel- artig aufgesprungen, kurz nach der vollständigen Entfaltung der Blüte ab. Staubfäden pfriemenähnlich zugespitzt, zahlreich. Der Griffel ist sehr verkürzt, so dass die Narbe unmittelbar dem Fruchtknoten aufzu- sitzen scheint, daher sie sitzend heisst. Der Blütenboden verlängert sich deutlich unter dem Fruchtknoten und wird daher Fruchtknoten- stiel genannt. Die grosse, schildförmige Narbe bildet einen integrieren- den Teil der Frucht. „Eine eigentümliche Bildung zeigt die von der stehen bleibenden schildförmigen Narbe gekrönte, kahle, verkehrt ei- — 310 — förmige (kugelige) Kapsel. Im Innern derselben finden sich nämlich zahlreiche unvollständige, d. h. in der Mitte nicht zusammenstossende Scheidewände, welche auf ihren Seiten die äusserst zahlreichen Samen tragen. Letzterer Umstand weist auf die richtige Deutung dieser Teile hin und zeigt uns, dass es Samenleisten sind, welche von den Wand- ungen der Fruchthöhle plattenartig in das Innere vorspringen und da- durch scheidewandähnlich erscheinen.“ Die, wie erwähnt, flache, schild- artige, auf der Kapsel aufsitzende Narbe von 22 mm Durchmesser zeigte elf gegen 1 cm lange, radförmige Narbenstrahlen (jede auf einem etwa 4 mm eingeschnittenen, rundlichen Läppchen), welchen elf Samen- leisten im Innern der Kapsel entsprachen; die langrund-kugelige, glatte, grüne Kapsel (Mitte Juli) hatte einen Umfang von 77 mm bei einer Höhe von nicht ganz 25 mm. In Gärten — hier ausnahmsweise — zieht man eine prächtige, gefüllte Mohnart, deren rote Blüten von weitem wie Rosen aussehen; ich mass hier eine solche mit einem Durchmesser der Blüte von nahezu 12 cm bei einer etwas über Meter- Höhe des stielrunden, mit weissen, steifen, abstehenden Borstenhaaren besetzten, leicht gerieften, wenig verästelten Stengels. Die Kapsel zeigt an ihrem Grunde eine leichte Einschnürung, auf welche ein etwa 6 mm breiter, wulstartiger Ring folgt, welcher den Übergang zum Stiel ver- mittelt. Aus den Blattachseln erheben sich die Blütenstiele, und aus den eben aufspringenden Knospen schimmern an der Spitze weiss seidenglänzend, im übrigen blass-rosa, lila, dieht auf einander liegend, knitterig zusammengefaltet, die Blumenblätter hervor, die sich allmälig bei ihrer Entfaltung glänzend rot färben, wobei anfänglich der untere Teil des Blumenblattes noch violett erscheint; die einzelnen ausge- wachsenen, tief zerschlitzten Blumenblätter des gefüllten Mohns mass ich zu 6 cm Länge und 2,5 cm Breite. „Ein erster Schritt zur Füll- ung der Blüten besteht in der Vermehrung der Fortpflanzungsorgane (Staubgefässe und Stempel bez. Griffel), welche dabei unfruchtbar werden.“ Blätter halb stengelumfassend, gross, tief eingeschnitten, fiederig zerteilt, fast gelappt, ungleich grob gezähnt. Die wie geknickt herabhängenden Knospen erheben sich, sobald die Blüte vollständig aufgeschlossen, meist an dem sich in schlangenförmiger Windung oder Krümmung aufwärts drehenden Stengel, sodass die Blume mehr oder weniger seitlich, manchmal ganz aufrecht zu stehen kommt. Die frisch durchschnittene Kapsel der gefüllten Blume verbreitet wie die Kapsel und die Blätter des Feldmohns einen eigentümlich scharfen Geruch. In der vorderen Rheinpfalz wird der Mohn auf Feldern angebaut und — 31 — blüht Juni und Juli, und zwar weiss-lila. Der Mohnsame hat in der Pfalz volkstümlich noch den mittelalterlichen Namen Magsamen. Die Kapseln sind dort drei- bis viermal grösser wie die hier von mir ge- schilderte. Er wird angebaut zur Gewinnung des Mohnöls, für dessen Bereitung eigene Mühlen, Ölschlagmühlen, in welchen auch Öl aus den (eigrossen) Wallnüssen bereitet, geschlagen wird, vorhanden sind. „In Mohnblüten, welche sich vor 2000 Jahren auf dem Boden Ägyp- tens entfaltet hatten und welche man damals als Totenschmuck in die Särge legte, sind die Antheren und Pollenzellen genau so gestaltet wie in den Mohnblüten, welche sich heute auf unsern Feldern entwickeln. Es ist wichtig, an der Thatsache dieser Beständigkeit festzuhalten. Auf sie gründet sich nieht nur die Möglichkeit, Pflanzenarten zu unter- scheiden, sondern überhaupt der Begriff der Art oder Spezies.“ Als Erläuterung, bez. Ergänzung zu dieser Bemerkung füge ich folgende Ausführungen Nägeli’s (die Individualität in der Natur; 1856) an. Alte Abbildungen und Überreste von Pflanzen, die in den ägyptischen Katakomben beigesetzt wurden, zeigen wohl für 100 Arten deutlich, dass die Flora Ägyptens während 3000 Jahren dieselbe geblieben ist. Was ergibt sich aber aus diesem Zeitraum? Ein Alter von 6000 Jahren beweist nichts für die unbegrenzte Dauer des Individuums; 3000 Jahre beweisen noch weniger für die Art, d. i. für eine Reihe von Indivi- duen. In der That gibt uns das chronologisch geordnete fossile Her- barium, das zwischen den Schichten der Erdrinde eingeschlossen ist, andere Kunde über die Geschichte der Pflanzenwelt. Die Vegetation änderte sich von Epoche zu Epoche. Eie Arten dauerten einige Zeit, um dann andern Arten Platz zu machen. Die Weise, wie sie ent- standen sind, bleibt der Vermutung (Darwin’s Kampf ums Dasein und Anpassung!) anheimgestellt. Es gibt eine Ansicht, nach der die früheren Arten ausstarben und statt ihrer neue geschaffen wurden, ent- weder als Keime oder sogar im fertigen Zustande. Wie Pallas Athene gepanzert aus dem Haupte des Zeus entsprungen, so sollte der Eich- baum mit Zweigen und Blättern, der Elefant mit Rüssel und Stoss- zähnen unmittelbar in die Welt gesetzt worden sein. Eine andere Ansicht lässt aus der untergehenden Art selbst die neue Art entstehen. Für das letztere sprechen Gründe der Theorie und der Erfahrung. Wenn auch die Art in historischer Zeit die nämliche bleibt, so ändern sich doch die Individuen, und es bilden sich konstante Typen aus, die wir als Rassen bezeichnen. Es geschieht dies durch Vererbung. Die Individuen vererben auf ihre Nachkommen die Neigung, ihnen — 312 — ähnlich zu werden; die Nachkommen sind aber den Eltern nicht voll- kommen gleich. Es muss also auch die Neigung zur Veränderung vererbt werden. Es muss, wenn alle Umstände günstig sind, eine An- lage durch eine Reihe von Generationen hindurch sich immer weiter ausbilden können, wie ein Kapital, zu dem jährlich die Zinsen ge- schlagen werden, sich vergrössert. Denn jede Generation erbt von der vorhergehenden nicht bloss die Möglichkeit, das Kapital zu realisieren, sondern auch die Möglichkeit, demselben die Zinsen zuzufügen. Der in Österreich und Bayern für Mohn noch immer*gebräuchliche alte Namen Magsamen, Magenblure, dürfte ohne Zweifel von der Ge- stalt der Samenkapsel herrühren, da diese bei dem schnellen Abfallen der Blütenblätter am längsten in die Augen fiel und der Form eines Bechers (Magele, Magellel, Magell — Becher) ähnelt. Auch das Einschliessen der vielen Samen erinnert an den Magen (Speisebehälter). Die Blüten des Garten- oder Schlafmohns, papäver somniferum, werden von einigen Käfern und Fliegen alsbald nach dem Aufblühen aufgesucht und nicht früher verlassen, bis sich die Blumenblätter ablösen ; allerdings ist dieser Aufenthalt nicht lang, weil sich die Mohnblume nur einmal über Nacht schliesst und schon am andern Tage abfällt. Die Blumenblätter dieser Gewächse, deren Blüten nur einen Tag, nur eine Nacht, ja selbst nur einige Stunden hindurch geöffnet sind, haben die Eigentümlichkeit, dass sie beim Verwelken rasch verfallen, verfärben, zer- knittern, sich einrollen und matsch werden. Der Zellsaft tritt dann aus dem Gewebe hervor und bedeckt die Oberfläche mit einer dünnen Flüssigkeitsschicht. Derlei matsche Blumenblätter sind also gleichfalls von Insekten, zumal von Fliegen aufgesucht, welche den Saft lecken und saugen und bei dieser Gelegenheit die Narbe mit dem von andern Blüten mitgebrachten Pollen belegen. Im ganzen genommen ist dieser Vorgang aber selten, und zwar aus dem einfachen Grund, weil die Zahl der Pflanzen mit so kurzlebigen Blüten eine sehr beschränkte ist. Der rote Mohn ist so recht die Blume der Mittsommerzeit. Wenn er sich aufthut, wird man des Sommers inne. Um dieselbe Zeit bedeckt der Holunderstrauch sieh mit Blüten. In dem glänzenden Weiss seiner Dolden und dem brennenden Rot des Mohns blüht der Sommer sich aus. Es ist die Zeit, in der alles auf der Höhe der Entwickelung steht. Um diese Zeit nimmt das Wetter einen, wenn man so sagen darf, leidenschaftlichen Charakter an. Man sagt, dass der Mohn gerne auf den Schlachtfeldern blüht. Der Volksglaube ist — #8 —- wohl hervorgerufen durch die Farbe der Blume; es scheint das Blut der Erschlagenen zu sein, das aus der Erde emporblüht. Indessen ist es (die Farbe variiert — purpurrot und zinnoberrot) leicht zu erklären, weshalb der Mohn auf Schlachtfeldern häufig ist. An solchen Orten pflegt eine Grasnutzung nicht stattzufinden, daher ist dort der Mohn sicher davor, geschnitten zu werden, ehe er seine Samen gereift hat. Er blüht aber gerade um die Zeit der ersten Grasmahd, d. i. Johanni. Darum hält er sich auch auf Feldern so gut, weil er um die Zeit, da das Getreide gemäbt wird, seine Körnlein schon auf den Boden ausgestreut hat. Unser gemeiner Feldmohn ist im Orient häufig. Von Forschern, welche die heissen Gegenden bereist haben, ist schon wiederholt gesagt worden, dass die grösste Farbenpracht an Blumen, was Gesamtwirkung betrifft, nicht in die Tropenländer fällt, sondern in die gemässigte Zone. Was ist mit dem Farbenzauber unserer Bergwiesen im Frühling zu vergleichen ? Von allem aber bei uns Blühenden trägt nichts eine so lebhafte Farbe wie der Mohn. Prächtigeres als er ist, bringt unser Sommer nicht, wenn auch Anmutigeres. Wenn sein Purpur verblüht ist, dann färbt einmal noch ein milderes Rot die Heide, und damit erlischt der Sommer. Der in Kleinasien durch Einschnitte oder Ritze in die unreife Frucht- kapsel des Schlafmohns gewonnene, an der Luft eingetrocknete Milchsaft stellt eine braune, innen gleichmässige, anfangs weiche, völlig lufttrockene, aber spröde Masse dar — das Opium. Die Umhüllung der Opiumkuchen besteht aus Mohnblättern, welehe mit Früchten einer Ampfer-Art bestreut zu sein pflegen. Opium riecht eigenartig und schmeckt scharf bitter und brennend. Das zu verwendende Opium muss, getrocknet und gepulvert, einen Gehalt von mindestens 10 °/o Morphium haben. Die europäische Familie der Mohngewächse bildet drei Gattungen, den Mohn papaver, das Schellkraut chelidonium, und den Hornmohn glaneium. „Alle drei Gattungen stimmen in einem Reichtum an scharfem Milchsaft überein, welcher beim Hornniohn hochgelb, aber heller als beim Schellkraut, bei dem Mohn bekanntlich weiss ist. Alie haben ferner die Eigentümlichkeit, dass die sehr zarten Blumenblätter in der noch ge- schlossenen Knospe nicht wie gewöhnlich regelmässig gefaltet oder um und in einander gewickelt, sondern regellos in tausend Falten zusammenge- knittert liegen. Wenn sich die beiden grossen kahnförmigen Kelchklappen einer Mohnblüte öffnen, so erscheinen zwischen ihnen die vier Blumenblätter wie zu einem Ball zusammengeknittertes Seidenpapier. Dies rührt davon her, dass die frisch angelegten Kronenblätter anfangs nur sehr langsam — 1814. — wachsen ; erst wenn die übrigen Blütenteile fertig ausgebildet sind, holen sie das Versäumte nach, finden dann aber in der geschlossenen Knospe keinen ausreichenden Raum mehr und sind deshalb zusammen- geknittert.“ Die roten, sehr zarten, dünnen Blumenblätter (flores rhoeados), auch Plapperrosen und Klatschrosen genannt, werden als färbende Zusätze zu Brustkaramellen, Tinkturen, Syrup (syrupus rhoeados), sowie zum Brust- thee gebraucht. Auch ein sogenannter Schlafthee wird durch einen Aufguss von Mohnköpfen für unruhige oder nicht lange genug schlafende Kinder be- reitet — was sehr zu verwerfen ist, denn er wirkt nachteilig auf das Gehirn. Der Feld-Mohn bildet gewissermassen einen Übergang von den un- giftigen zu den giftigen Arzneipflanzen. Der gemeine Seidelbast oder Kellerhals, daphne mezereum, ein aufrechter, kahler Strauch, blüht März und April. Die viergeteilten Blüten erscheinen vor den grossen lanzettlichen Blättern in Büscheln von zwei bis drei, sitzend an den Seiten der vorjährigen Schösslinge, sind rosa bis purpurrot, und angenehm ziemlich stark süss duftend. Acht Staub- gefässe. Die Beeren sind scharlachrot und erbsengross. Er kommt nur im Walde vor. Die Rinde (cortex mezerei) enthält eine ätzende Schärfe und wird zuweilen als blasenziehendes Mittel angewendet. Das Wort Seidelbast erscheint wegen des glatten atlasglänzenden sehr zartfaserigen und sehr zähen gelblichweissen Bastes an die Seide angelehnt, oder wird als Zeidelbast (zeideln — Bienenwirtschaft treiben) auf die Bienen bezogen — der Seidelbast ist eine der erstblühenden von Bienen be- suchten Pflanzen. Der Stechapfel, datura stramontium, einjährig, blüht Jali und August, und kommt auf Schutthäufen (Kartoffelfeldern) und an Weg- rändern vor. Blätter gestielt, eiförmig, buchtig, gezähnt. Dieselben sind, wie auch der saftige Stengel, von Eckel erregendem bitterem salzigem Geschmack und leicht betäubendem Geruch, werden, allerdings sehr selten, arzneilich verwendet, und enthalten als wirksamen Bestandteil Daturin; etwas schwächeren Gehalt an Daturin haben die noch seltener gebrauchten Samen. Die Blumenkrone bildet einen grossen weissen Trichter, dessen fünf Zipfel gefaltet erscheinen; die Röhre der Krone zeigt aussen eine schmutzig gelblich weisse Färbung. Aus der Mitte der Blüte treten die fünf gelblichen Staubkolben her- ae > vor. Kapselfrucht von der Grösse einer Walnuss, fast kugelig, weich- stachelig (indem die äussere Fruchthaut, welche die Oberfläche der Frucht überzieht, stachelig ist), mit zahlreichen runzeligen Samen. Aus dem im Herbste ausgefallenen Samen entwickelt sich im Frühjahr eine spindelförmige gelblich weisse Wurzel, die senkrecht in den Boden dringt und viele Wurzelfasern aussendet — und ein aufrechter krau- tiger kahler Stengel, der sich nach oben gabelförmig in Äste teilt. „Die arzneilich verwendbaren Stechapfelblätter müssen zur Blütezeit "gesammelt werden. Die dünne Blattspreite spitz eiförmig, ungleich buchtig gezähnt; den grossen Lappen sind nochmals ein oder zwei Zahnpaare aufgesetzt. Die höchstens gegen -20 cm langen und 10 cm Durchschnittsbreite erreichenden Blätter gehen keilförmig oder fast herz- förmig in den bis 10 cm langen, 1—2 mm dicken Blattstiel über.“ Der gefleckte Schierling, comium maculatım, an Hecken, in Gebüschen, zweijährig, Juli und August blühend. Dolden gipfelständig, weiss. Stengel rot gefleckt. Er hat Ähnlichkeit mit der Petersilie, von welcher er sich durch den widrigen Geruch und durch die tief fiederspaltigen, doppelt oder dreifach gefiederten Blätter, deren tief einge- schnittene Blättehen (Fiedern) schmal lanzettlich, gesägt und fast stachel- spitzig sind, unterscheidet. Der wirksame Bestandteil ist das Coniin, aber seine Anwendung arzneilich sehr selten, zudem auch der Giftgehalt über- haupt sehr wechselnd, ja fraglich. „Blätter und blühende Spitzen werden arzneilich verwendet. Die bodenständigen Blätter, von breit-eiförmigem Umrisse, über 20 cm lang, von einem ungefähr gleich langen, hohlen Stiele getragen, sind dreifach gefiedert, die letzten schmalen Teilungen und Sägezähne abgerundet und in ein sehr kurzes trockenhäutiges Spitz- chen ausgezogen. Dieses zeichnet auch die Abschnitte der stengelstän- digen, weit kleineren und wenig gefiederten Blätter aus. Stengel und Blätter sind mattgrün, völlig kahl; sie riechen, besonders beim Zerreiben mit Kalkwasser, unangenehm nach Koniin und schmecken widerlich salzig, bitter und scharf.“ — Auch im Altertum wurde angenommen, dass aus giftigen Blüten giftiger Honig entstehe. So sagt der Dichter der Trauer- lieder der Liebe (Ovid), als er ein Wachstäfelehen erhält, worauf steht „ich kann nicht“: „Dich hat gewiss eine korsische Biene von ragender Schierlings-Blüte gesammelt und dann giftig zum Honig gesellt.“ (Die Schreibtäfelehen vornehmer Römer — kleine dünne wachsüberzogene Tafeln, die, wenn man die Innenseite beschrieben hatte, mit einem Faden kreuzweise zusammengebunden und mit Wachs und Siegelring — 316 — (der befeuchtet wurde, damit das Wachs nicht hängen blieb) zugesiegelt wurden — waren häufig sehr elegant gearbeitet, statt aus Holz aus Elfenbein, mit Goldrändern und purpurn gefärbtem Wachs. Auf diese Wachstafeln wurde mit einem Griffel geschrieben; derselbe hatte an dem einen Ende eine eiserne Spitze, an dem anderen war er breit, so- dass man das Geschriebene damit wieder verwischen und das Wachs wieder glätten konnte.) Der echte, gemeine oder blaue Eisenhut, aconitum napellus, auch Sturmhut, Wolfshut, Thorshut (von Thor oder Donar, dem alt- germanischen Donnergott), Mönchskappe, Venuswagen genannt — Eisenhut, weil die Blütenform einen Eisen- oder Sturmhut (Helm) nachahmt —, gehört zur Familie der Hahnenfussgewächse, ist peren- nierend, findet sich auf feuchten Bergwiesen und erreicht eine Höhe von !/g—1!/g m. Er ist scharf und betäubend, wird vom Vieh ver- schmäht, hat giftigen Honig und wirkt selbst durch Berührung nachteilig, indem die Hand bei längerem Tragen und zarter Haut aufschwillt. Die giftige Eigenschaft der Pflanze soll wie beim Schierling auf den Honig übergehen, den die Bienen aus den Blüten eintragen, daher soll der Eisenhut als Zierpflanze nie in der Nähe von Bienenständen ge- zogen werden. Wurzel aus zwei rübenförmigen braunen mit starken Fasern versehenen Knollen bestehend. In den Knollen findet sich in ungleich grösserer Menge als im Kraut das Akonitin und werden sie deshalb weit mehr wie die Blätter arzneilich verwendet. „Die rüben- förmigen, durchschnittlich ungefähr 6 Gramm schweren Wurzelknollen, welche oben ungefähr 2 em Dicke erreichen, bei 3—8 em Länge, laufen meist sehr allmälig in eine einfache Spitze aus. Sie tragen oben einen kurzen Stengelstumpf oder einen Knospenrest, auf der graubraunen, stark längsrunzeligen Oberfläche die Austrittsstellen zahl- reicher Nebenwurzeln. Das innere weissliche Gewebe bricht mehlig oder körnig. Die Knollen schmecken scharf würgend.“ Der Stengel ist einfach, aufrecht, reich beblättert, unten kahl, nach oben flaum- haarig und endet in eine gedrungene Blütentraube. Die Blätter sind dunkelgrün, glänzend, lang gestielt, fünf- bis siebenteilig ; die einzelnen Lappen sind drei- bis fünfspaltig mit spitzen Abschnitten. Die veilchen- blauen (zuweilen blassblauen, selten weissen), vom Juni bis August erscheinenden Blüten bilden eine dichte, ansehnliche, gipfelständige Traube (d. h. sie stehen auf besonderen Stielen entlang der ungeteilten einfachen Hauptachse oder Spindel; befinden sich mehrere solcher — 37 — einfachen Trauben entlang einer gemeinsamen Achse, so bilden sie eine zusammengesetzte Traube, und dies ist hier der Fall); sie stehen auf kurzen aufrechten flaumhaarigen Stielen, welche am Grunde zwei Deckblätter haben. Kelch gross, dunkelblau. Oberstes helmförmiges Kelchblatt halbkugelig mit vorgezogener schnabelartiger Spitze, nicht ganz zweimal so hoch als breit. Die in ihm verborgenen zwei Honig- gefässe (oberen Blumenblätter) haben gebogene Stiele mit wagrecht liegenden Körperchen, Kapuzen genannt. Der blumenartige Kelch des Eisenhutes zeigt also eine sehr eigentümliche Form, indem das obere unpaare Kelchblatt vergrössert und helmförmig gestaltet ist; das- selbe wird auch wohl als Helm bezeichnet und schliesst, wie gesagt, die beiden oberen in sogenannte Nektarien — Honiggefässe, da sie einen süssen Saft absondern — umgewandelte Blumenblätter ein. Die drei unteren Glieder des sehr unregelmässig entwickelten Blumenblatt- kreises verkümmern nämlich zu ganz kleinen Schüppchen, während die beiden oberen Blumenblätter als lang genagelte zweilippige (d. h. die unregelmässige, seitlich symmetrische Blumenkrone ist in eine obere und untere Abteilung oder Lippe zerfallen) in einem stumpfen honig- führenden Sporn (hohle kegelförmige Verlängerung) endigende Gebilde erscheinen, welche gewöhnlich als Nektarien beschrieben werden. (Ist der untere Teil des einzelnen Blumenblattes — sie bilden zusammen die getrennt- oder vielblätterige Blume — verschmälert, stielartig ver- längert, so wird er als Nagel vom oberen ausgebreiteten Teile, der Platte, unterschieden, und ein solches Blumenblatt heisst gestielt oder genagelt.) Die Blüte des blauen Eisenhutes setzt sich sonach folgen- dermassen zusammen. Sie besteht aus fünf Kelch- und zwei bis fünf Blumenblättern. Das oberste Kelchblatt, der Helm oder die Haube, ist halbkugelförmig gewölbt, die zwei seitlichen Kelchblätter sind ab- gerundet, die zwei unteren kleiner und länglich spitz. Die drei unteren Blumenblätter sind sehr klein, linealisch, oft in Staubgefässe verwandelt, oder ganz fehlend; die zwei oberen sind unter dem Helm verborgen; auf einem gebogenen Nagel sitzt die wagrecht nickende Kapuze, die einerseits in einen kurzen kopfförmigen Sporn, andrerseits in zwei kleine Lippen endigt. Diese Kapuzen sind die Honiggefässe und werden in der Volkspoesie „die zwei Tauben des Venuswagens‘ ge- nannt. Staubgefässe zahlreich; die ebenfalls zahlreichen Stempel stehen in einem Quirl. Aus den drei länglichen Fruchtknoten entstehen die bräunlichen (Balg-) Kapseln. (Eine Balgfrucht ist eine Kapsel, welche sich nur an der inneren Naht öffnet und nur aus einem Fruchtblatte — 318 — entstanden ist; in manchen Fällen, wenn die Fruchtblätter in Frucht- knoten vereinigt sind, trennen sie sich bei völliger Reife von einander; sind sie dabei einsamig und bleiben geschlossen, so heissen sie häufig Körner- oder Teilfrüchte) Nehmen wir zwei Exemplare, eines mit 115, das andere mit 120 cm hohem Stengel; an ersterem befinden sich 24 aufgebrochene Blüten, an letzterem unter 13 die unteren sieben vollständig entfaltet (Ende Juli), die oberen sechs noch geschlossen, und zwar nach oben gegen den Gipfel zu immer weniger ausgebildet; die Stengel sind zu einem Dutzend in einem Büschel beisammen. Die handfiederteiligen Blätter, von denen die obersten bedeutend dunkler grün sind wie die untersten, sind an 25—52 cm langen, oben gegen das Blatt zu gebogenen Stielen — die oberen Blätter sind die kürzer gestielten. Blütenstiele 17—28 mm lang, Helm 26 mm hoch, Breite in der geraden Mitte 14 mm, etwas quer über der Schnabelspitze 17 mm; bezw. 29 mm Höhe, 16 und 19 mm Breite. Die Köpfchen der Tau- ben sind am dunkelsten blau gefärbt, nach vorm und abwärts, ge- wissermassen am Hals, auf etwa 2 mm Ausdehnung, in hellerer Schattierung — rückwärts heller wie vorn — endend. Das ge- schwungene oder gekrümmte Täubchen zeigt einen Längsdurchmesser von 11, einen Breitendurchmesser von 4 mm, und die Länge des Stieles, auf welchem die Täubchen sitzen, beträgt 17 mm. Die sämt- lichen blauen Kelchblätter sind stark geadert, sehen gleich den Laub- oder Stengelblättern glänzend aus und fühlen sich fettig an. Der gelbe oder Wolfs-Eisenhut, «aconılum Iycoctonum, mit bis 11/2 m hohem Stengel, kommt hier einzeln in Büscheln auf Wiesen, an Bachufern vor. Die grundständigen Blätter, handförmig, fünffach fiederteilig, sitzen an bis 24 cm langen Stielen, die oberen an 2—6 mm langen, also ganz kurzen, sind tief gespalten, dreilappig; beide sind ungleich und tief gezähnt. Blütezeit Juli und August. Die Blüten sind viel kleiner und viel weniger schön wie beim blauen Eisen- hut; ihre Farbe ist leicht grünlich gelb, die Blütenstiele sind durch- schnittlich 14 mm lang. Der walzenförmige, oben etwas verdickte Helm ist 22 mm hoch, quer an der Schnabelspitze 13 mm breit, in dem übrigen Mitten-Durchmesser, also oberhalb, 7 mm. Bei den unter dem Helm versteckten in Nektarien oder Honiggefässe umgewandelten oberen Blumenblättern sitzen die blasser gefärbten „Täubchen“ mehr wagerecht auf 14 mm langen Stielehen und ist das Köpfchen, der Sporn, eingerollt oder geringelt wie eine Spiralfeder, oder wie ein — 819 Ammonit, also schneckenförmig gewunden. Nach der abweichenden Form des Helmes sind mehrere Abarten unterschieden worden. Im übrigen variieren sämtliche (perennierende) Arten vielfach. „Wenn man auf Hochgebirgen über einen mit Schutt oder mit dürren Weiden bedeckten Abhang emporgestiegen ist, erstaunt man, unter schützenden Felsen plötzlich eine ganz andere Vegetation zu finden. Ist ein Felsenband von längerer Ausdehnung da, so ist diese Vegetation auf ein- zelne Stellen beschränkt. Es sind besonders die grosse Brennessel (urlica diotica), der Eisenhut (aconitum napellus), der gute Heinrich (blihum bonus Henricus), der Alpenampfer (rumex alpinus), Disteln und ähnliche Gewächse. Der Botaniker kennt sie als Ammoniakpflanzen. Die Stellen, welche diese Vegetation tragen, sind die Schlafplätze der Schafe. Diese Tiere haben im Gebirg die Gewohnheit, zur Nachtzeit und bei schlechtem Wetter geschützte Plätze in der Höhe aufzusuchen. Wenn sie solche nicht finden, so steigen sie auch auf Gipfel und selbst bis an den Rand des ewigen Schnees. Die reichlich zurückgelassenen Exkremente bezeichnen solche Plätze sehr deutlich; auf ihnen ent- wickeln sich die Ammoniakpflanzen in grosser Üppigkeit. Diese Ge- wohnheit der Schafe wurde ohne Zweifel vor alter Zeit aus Instinkt angenommen, oder, wie man passend sagt, angezüchtet; dieselbe schützte sie vor den Nachstellungen gewisser Raubtiere. Jetzt ist sie, nachdem die Raubtiere verschwunden sind, nachteilig; sie dient dazu, die Düng- stoffe zu vertragen, schadet der Mast teils wegen der unnötigen Be- wegungsarbeit, teils wegen der niedrigeren Temperatur während der Nachtruhe und bringt den Schafhirten oft fast zur Verzweiflung. Ich habe nachträglich erfahren, dass in der östlichen Schweiz mit günstigem Erfolge der Versuch gemacht wurde, die Schafe auf einer Alp während der Nacht einzupferchen. Wie übrigens eine Gewohnheit angezüchtet werden kann, so kann sie durch Züchtung oder auf anderem Wege wieder vertilgt werden; es läge im Interesse der Alpenwirtschaft, die Schafnatur in dieser Beziehung zu ändern.“ Nägeli. „Der Eisenhut kommt wie manche Pflanze, zumal jene, die später unterirdische Knollen oder knollenartige Wurzeln ausbildet, z. B. der Lerchensporn, der Winterstern, mehrere Ranunkeln und andere, im ersten Jahre, nachdem er gekeimt hat, über die Bildung grüner Keim- blätter nicht hinaus, und erst im nächsten Jahre entwickeln sich aus der Knospe des Keimlings die grünen Sprossblätter. Viele Pflanzen entfalten dagegen nahezu gleichzeitig mit den Keimblättern auch grüne — 820 -— Sprossblätter, aber die Keimblätter funktionieren mit diesen zusammen als Laub und erhalten sich mitunter bis zur Zeit der Blüte, ja selbst der Fruchtreife, frisch und grün. Beispiele hiefür sind zahlreiche raschwüchsige einjährige Unkräuter auf unsern Feldern und in unsern Gemüsegärten. An einjährigen, sich schnell entwickelnden Pflanzen erreichen die Keimblätter mitunter einen Umfang, welcher jenem der grünen Sprossblätter wenig nachgibt; so werden z. B. die Keimblätter des Kürbis über 10 em lang und 4—5 cm breit. Gegen die Nach- teile, welche durch den Wärmeverlust in hellen Nächten eintreten könnten, schützen die Keimblätter sich selbst und auch die zwischen ihnen geborgenen jungen Sprossblätter durch Zusammenfalten und durch die Annahme der vertikalen Lage. — Der Eisenhut bietet neben dem Herzblatt ein Beispiel, wie weit die Anpassung an den Insektenbesuch bei den Blüten vorgeschritten sein kann. Der Eisenhut hat ein dun- kelblaues Perigon, welches nach unten zu zwei lappenförmige Blätter zeigt, seitlich stehen ebenfalls zwei halbrunde Blätter und über diesen ein durch Verwachsung zweier Kelchblätter entstandenes unpaares helmförmiges Blatt, welches die zahlreichen Staubgefässe von oben her schützend überwölbt. Ausserdem befinden sich unter dem Helm zwei Fäden, deren Ende paragraphenähnliche Blättchen ($, „Täubchen“) trägt, in denen Nektar abgesondert wird. Die Staubbeutel der dunkeln Staubgefässe sind zur Blütezeit weiss und stechen gegen den dunkeln Hintergrund sehr auffällig ab; lange nachdem diese bereits den Pollen entbunden haben, öffnen sich die Narben derselben Blüte. Kommt nun ein Insekt angeflogen, so muss es, um ınit dem Rüssel die Nek- tarien zu erreichen, an den seitlich nach unten stehenden Blättern sich festhaltend, diesen nach aufwärts strecken und wird während dieser sehr mühevollen Bewegung durch das fortwährende Auf- und Ab- wippen Blütenstaub an die Unterseite des Körpers bringen; fliegt es nun von einer solchen Blüte zu einer andern, die sich bereits im zweiten Stadium ‚befindet und bei welcher die Narben geöffnet sind, so wird der Pollen auf diese übertragen und hiedurch die Befruchtung eingeleitet. — Jedem, der die Alpen besucht, fällt es auf, dass in der Umgebung der Sennhütten eine Pflanzenwelt dem düngerreichen Boden entspriesst, welche ungemein üppig ist und sehr begehrenswert erscheint, nichtsdestoweniger aber von den weidenden Tieren unangetastet stehen gelassen wird. Den Tieren wird das Abfressen des üppigen Stauden- werkes nicht etwa von den Hirten verwehrt. Es braucht das auch nicht, denn sie verabscheuen ohnedies diese Pflanzen. Das Gestäude — 3211 — besteht nämlich durchgehends aus Arten, welche giftig sind oder die Tiere anwidern oder sie bei Berührung verletzen: aus dem echten Eisenhut, aconitum napellus, der Hausmelde oder dem guten Heinrich, chenopodium bonus Henricus, der zweihäusigen Nessel, urtica dioica, und der vielstacheligen Kratzdistel, cirsium spinosissimum, die sich hier zusammengefunden haben und um so kräftiger entwickeln, als die andern ursprünglich dort noch vorkommenden Arten, welche nicht giftig und unbewehrt waren, durch die weidenden Tiere längst vertilgt worden sind. Im Grunde der dem Weidegange ausgesetzten Voralpen- wälder sieht man häufig nur die den Tieren widerlichen Moose und Farne, den bitteren schwalbenwurzähnlichen Enzian, gentiana asclepia- dea, und den von stinkendem Milchsaft strotzenden und von allen Wiederkäuern verschmähten Drahtstengel, aposöris foetida, den Boden bekleiden. Auf einigen Almböden in den Zentralalpen herrscht wieder der Krausfarn, allosurus erispus, und mit ihm das steife Borstengras, nardus stricta, so vor, dass dort fast keine andern Pflanzenarten zu sehen sind. Wieder an andern Stellen ist der Boden mit dem von den weidenden Rindern verschmähten Adlerfarne, pteris aquilina, und von steehendem Wachholdergestrüppe überwuchert; auf dem von Schafen beweideten Karstboden bei Triest fällt die starre, stachelblätt- rige und stahlblaue Mannstreu, eryngium amethystinum, durch ihr massenhaftes Vorkommen auf; auf den ungarischen Pussten erkennt man die Plätze, wo sich weidendes Vieh aufhält, sofort an dem häufigen Auftreten der dornigen Spitzklette, zanthium spinosum, und der Feld- Männertreu, eryngium campestre, an hohen Disteln und Wollkräutern, an Stechapfel und Bilsenkraut und an mehreren Wolfsmilcharten, welche von den Tieren nur in der grössten Not und auch dann nur teilweise abgefressen werden, und so liesse sich noch an hundert Bei- spielen nachweisen, dass an den dem Weidegange grösserer Tiere aus- gesetzten Strecken immer diejenigen Gewächse die Oberhand gewinnen, welche von den betreffenden Tieren ihrer giftigen und anwidernden Stoffe oder der abwehrenden Dornen und Stacheln wegen nicht ange- griffen werden. Wenn wir der Fantasie einigen Spielraum gönnen wollen, so könnten wir uns auch in längst vergangene Zeiten. zurück- versetzen und uns ausmalen, wie dieselbe Auslese, welche sich heut- zutage im kleinen auf dem beschränkten Boden einer Almweide oder einer Pussta vollzieht, einstens in grossartigem Massstabe in weiten Länderstrecken stattfand, und wie sich infolge dieser Auslese in dem einen Gebiete mehr, in dem andern weniger Gewächse mit Schutzwehren Daffner, Voralpenpflanzen. 21 des grünen Gewebes erhalten haben, je nachdem eben die Angriffe von seiten der auf Pflanzenkost angewiesenen Tiere mehr oder weniger lebhaft, zahlreich und ausgiebig waren. Auffallend ist jedenfalls, dass im Bereiche der alpinen Flora, wo es in dem kurzen Sommer selbst für grosse Herden an reichlicher Nahrung nicht gebricht, dornige, stachlige und giftige Gewächse sehr spärlich sind, während in allen jenen Florengebieten, wo im heissen Sommer ein guter Teil der Ge- wächse eingezogen hat oder verdorrt ist, und wo dann an frischer Pflanzennahrung grosser Mangel herrscht, die wenigen Arten, welche sich grün erhalten, mit den ausgiebigsten Schutzmitteln ihres grünen Gewebes versehen sind. Mexiko, die Pampas und Llanos von Süd- amerika, die Steppengebiete der alten Welt und das Reich der mittel- ländischen Flora sind hiefür lehrreiche Beispiele.“ Kerner. Der rote Fingerhut, digitalis purpurea, ein Braunwurzgewächs, zweijährig, Juni bis August blühend; die eiförmig länglichen, gekerbten, runzeligen Blätter, oben mattgrün, weichhaarig, unten weisslich und weich- filzig, werden arzneilich verwendet. Die Blätter sind frisch von widerlichem Geruch und unangenehmem, scharfem, Eckel erregendem, sehr bitterem Geschmack; ihr wirksamer Bestandteil ist das Digitalin. Nur die Blätter der wild wachsenden Pflanze sind zum medizinischen Gebrauch ver- wendbar, die der kultivierten, welche sich durch Glätte oder schwache Behaarung charakterisieren, sind von unbedeutender Wirkung. Die Wirkung der Digitalis auf die Herzthätigkeit, indem es dieselbe ver- langsamt, und auf die Nierensekretion, indem es die Urinmenge ver- mehrt und zur Aufsaugung wassersüchtiger Ergüsse beiträgt, ist durch den Berliner Kliniker Traube in den 1850er Jahren in mustergiltiger Weise festgestellt worden. In den Gebirgsgegenden enthält die Pflanze mehr Digitalin, ist darum wirksamer wie im flachen Norden, daher wir auch kleinere Gaben verordnen, durchschnittlich 1,50 g Digitalis- blätter als Abkochung auf 200 g Wasser, zweistündlich ein Esslöftel. Ich traf hier diese und die gelblich rosafarbige Art in einem Garten und beschreibe sie wie folgt. Stengelhöhe des roten Fingerhutes 80—100 cm. Grundständige Blätter lang gestielt, eirund, das Blatt etwa 20 em lang bei einer Breite von 8 cm und einer Stiellänge von 7 em. Stengelständige Blätter wenig und kurz gestielt, Blattlänge 10,5 cm, Breite 5,5 cm, Stiellänge 2 em. Die Blätter sind gesägt, gewimpert, unten heller, weichfilzig, und die Rippen oder Adern stark hervortretend, oben unbehaart. An der ansehnlichen Traube sieben purpurrote Blüten vollständig entwickelt (Mitte Juli), die obersten zwei — 3253 — noch geschlossen, und unterhalb acht Kapseln, mit den charakteristischen fünf Kelchblättern, welche vier breite und einen schmalen, zugespitzten Zipfel haben. Blütenstiele drüsig behaart, 7 mm lang. Die ganze Unterlippe — die Blumenkrone ist glockenförmig erweitert — 56 mm lang, ist innen mit dunkel purpurroten, fast braunroten Flecken be- setzt, wie getigert, und stark behaart, fast !/a cm lange Härchen; die Flecken sind ausgebreitet auf weissem Grund oder mit einem weissen Saum umgeben, sodass die untere oder Aussenseite der Glocke weiss mit durchscheinenden dunklen und dazwischen auch hellroten Flecken gezeichnet erscheint. Vier Staubgefässe, von welchen die inneren zwei länger als die äusseren, im unteren Drittel gewunden und verwachsen; der Griffel 23 mm lang. (Die Staubgefässe heissen zweimächtig, wenn, wie dies hier der Fall und wie es bei den lippenblütigen Pflanzen gewöhnlich, von den vier vorhandenen das eine Paar länger ist als das andere; viermächtig, wenn, wie bei den Kreuzblütlern, vier länger sind als die übrigen zwei.) „Die medizinisch zu verwendenden Fingerhut- blätter sind zur Blütezeit von wild wachsenden Pflanzen zu sammeln. Dünne, unregelmässig gekerbte, in den Blattstiel auslaufende Blätter von länglich eiförmigem Umrisse, höchstens 30 em Länge und 15 cm Breite erreichend. Das reich verzweigte Adernetz ist besonders unterseits stark ausgeprägt und trägt hier einen Filz von nicht verästelten weichen Haaren.“ Der rötliche Fingerhut, digitalis purpurascens, zweijährig, ebenfalls Juni bis August blühend, in schönen ansehnlichen Trauben, glockenförmig, unten, innen sowohl als aussen, entsprechend der Rück- wärts-Fortsetzung des mittleren grossen Zipfels der Unterlippe, wenige Millimeter vom Saum beginnend in einer Breite von 12, einer Länge von 32 mm, weiss, auf welchem weissen Grunde die sammetartigen, mehr oder weniger gross (vorne die grösseren) punktförmigen Flecken ausgesät sind (auch die seitlich einzeln stehenden Flecke sind von einem weissen Hofe umgeben); zu beiden Seiten beginnt dann innen, den ganzen übrigen Teil und den Saum der Blumenglocke einnehmend, die hell purpurrote Färbung, welche aussen durchschimmert. Ich zählte an einem 167 cm hohen, oberwärts nebst den Blütenstielen drüsig behaarten Stengel 101 Blüten, welche auf die obere Hälfte von 95 cm trafen; davon waren 16 in voller Blüte (Mitte Juli), ausgebildet glockenförmig, drei halb geöffnet, hell gelblichgrün, 16 noch geschlossen, ebenfalls weiss gelblichgrün, in von unten nach oben, gegen den Gipfel, immer mehr abnehmender Entwickelung oder Ausbildung; die übrigen unterhalb befindlichen 21* — 324 — hatten schon abgeblüht und Kapseln gebildet. Blütenstiele 1—1,5 cm lang. Die Blüten sind wechselständig, aber sämtlich nach Einer Seite gewendet, einseitswendig. Vor dem völligen Entfalten sind die Blüten, wie gesagt, weiss mit einem leichten Stich in’s gelblich grüne, dann färben sie sich allmälig rosa mit innen dunkleren, purpurnen Flecken. Von den fünf Kelchblättern waren vier mit breitem und eines mit schmalem, zugespitztem Zipfel; ich fand die vier gleichmässigen 15 mm lang und 11 mm breit, den schmalen dagegen 12 mm lang und 4 mm breit. Die glockig röhrenförmige, am Grunde gegen den Kelch stumpf- winkelig gebogene und zusammengezogene, weiterhin bauchig erweiterte Blumenkrone ist innen an der Unterlippe namentlich in den vorderen zwei Dritteln ziemlich stark mit weissen, 4 mm langen, dünnen Härchen besetzt, aussen kahl, und hat an der Unterlippe eine Länge von 57 mm. Der mittlere grosse Zipfel der Unterlippe ist sehr stumpf, die beiden seitlichen sind spitz. Vier Staubgefässe mit zwei anfangs ganz gelben, später auch purpurn gefleckten, 5 mm langen, an dem einen Ende 2 mm von einander abstehenden Staubbeuteln; Narbe länglich, 10 mm lang, Griffel mit Fruchtknoten 30, ohne diesen 20 mm lang. Das innere Paar Staubgefässe ist länger als das äussere und erscheint in seinem unteren Drittel gewunden und verwachsen, es ist 30 mm lang, das äussere 25 mm. Die grundständigen Blätter sind viel länger ge- stielt wie die oberen stengelständigen, sie zeigten eine Länge von 21,5 em und eine Breite von 7,5 cm. Die Blätter sind gesägt, ge- wimpert, stark netzaderig, oben unbehaart, unterseits etwas weichfilzig und heller, haben aber im allgemeinen ein etwas dunkleres Grün wie die der vorigen Art. „In noch einfacherer Weise als durch Krümmen, Wölben, Ausspannen und Falten blattartiger Gebilde und schuppen- oder schildförmiger Fortsätze des Konnektivs der Pollenblätter erfolgt der Schutz des Pollens gegen Nässe und Wind dadurch, dass aus beckenförmigen oder becherförmigen Blüten infolge von Krümmungen der Stiele und Stengel niekende, hängende Glocken werden. Gewöhn- lich erfolgen diese Krümmungen kurz vor dem Aufblühen, und es bleibt die Blüte dann auf so lange in gestürzter Lage als ihr Pollen des Schutzes bedarf. An zahlreichen Glockenblumen, der Tollkirsche, dem Fingerhut, dem Alpenglöckchen, dem Lungenkraut, den Alpen- rosen und Heidelbeeren, dem Schneeglöckchen und Maiglöckchen und vielen andern Gewächsen sieht man die Blütenknospen an aufrechten Stielen mit der noch geschlossenen Mündung dem Himmel zugewendet. — 335 — Ehe sich aber die Blüte noch ganz öffnet, krümmen sich die Stiele nach abwärts, und es erscheint dadurch die Mündung der von dem Stiele getragenen Blüte mehr oder weniger gegen den Boden gerichtet. Ist die Blütezeit vorüber und der Schutz der im Innern der Blüte ge- borgenen pollenbedeckten Antheren überflüssig geworden, so strecken sich in den meisten Fällen (z. B. Fingerhut, Alpenglöckchen) die Stiele wieder gerade, und die aus den Blüten hervorgegangenen Früchte, zu- mal wenn es Trockenfrüchte sind, werden wieder von aufrechten Stielen getragen. Dieser Vorgang spielt sich, wie gesagt, an hunderten den verschiedensten Familien angehörenden Pflanzen und in den verschie- densten Modifikationen ab. Es würde zu weit führen, alle diese Ab- änderungen, welche teils mit dem Baue der Stengel und Blütenstiele, teils mit der Bildung und Stellung der Laub-, Blumen- und Pollen- blätter in Wechselbeziehung stehen, zu besprechen. Sind die Träger der pollenbeladenen Antheren kurz und klein, so ist auch die Blüten- decke, welche für sie an der umgestürzien Blüte zum schützenden Dache wurde, von geringem Umfange, wie das z. B. an den Blüten des Maiglöckchens zu sehen ist. Den Antheren an langen, faden- förmigen Trägern ist dagegen ein viel längerer schützender Mantel zu- gemessen. Derlei Blüten mit grossen Blumenblättern brauchen zum Schutze des Pollens auch nur selten ganz überhängend zu werden, und es genügt, wenn sie sich etwas zur Seite neigen. Gewöhnlich ist das schützende Dach so geformt, dass über dessen Aussenseite das Regenwasser in Tropfenform sofort ablaufen kann; bei weitem seltener bilden die Blumenblätter, durch welche die pollentragenden Antheren überdeckt werden, eine Vertiefung, aus welcher das Wasser zeitweilig entleert wird. Interessant ist auch der Umstand, dass sich bei vielen Pflanzen sämtliche von der aufrechten Spindel ausgehende Knospen nach derselben Seite wenden, sodass dadurch einseitige Ähren und Trauben entstehen, wie man sie besonders bei den Wicken, dem Finger- hut und dem Lerchensporn beobachtet. Stets wendet sich die Ein- gangspforte der Blüten jener Seite zu, von welcher der Anflug der Insekten zu erwarten ist. Wenn z. B. eine Fingerhutstaude an der Grenze von Wald und Wiese steht, so sind sämtliche Blüten von dem an Insekten armen, schattigen Walde weg und der mit Hummeln und Bienen reichlich bevölkerten, sonnigen Wiese zugewendet.“ Bezüglich der Einwirkung des Klimas und des Bodens auf die chemischen Eigenschaften, so führe ich die Bemerkung Darwin’s an, dass der Schierling in Schottland kein Coniin enthalten soll, dass die — 326 — Wurzel des Eisenhut in kalten Klimaten unschädlich wird, und dass die arzneilichen Eigenschaften des Fingerhut durch Kultur leicht affıziert werden. . Das gemeine oder schwarze Bilsenkraut, Ayoscyamus niger, aufrechtes, kräftiges, ein- bis zweijähriges Sommergewächs, an Weg- rändern, Mauern, auf Schutthäufen, hier ganz einsam an einer Haus- mauer an der Dorfstrasse ein Exemplar, Juni bis August blühend. Blätter und Stengel sind mit sehr weichen, weisslichen, bis 8 mm langen, wenig klebrigen Haaren dicht besetzt und riechen fast wie frische Tabaksblätter, nur etwas widerlicher, betäubender, aber weniger scharf, wie überhaupt die Pflanze mit dem sogenannten Bauerntabak, nicohiana vustica (einjähriges, aufrechtes Kraut, Blätter gestielt ei- förmig, Blumenkrone gelblichgrün mit walzenförmiger Röhre, Saum mit rundlichen, stumpfen Zipfeln) Ähnlichkeit hat. Die ansehnlich grossen, tief eingeschnittenen, buchtigen, unregelmässig fiederteiligen Blätter mit meist drei oder auch zwei spitz auslaufenden Lappen sind auf der oberen Seite dunkel- oder schwärzlich-grün, auf der unteren blassgrün ; die unteren Blätter sind fast handbreit und gestielt, die mittleren und oberen sitzend, umfassen halb den Stengel. Blüten sehr kurz gestielt, die unteren in den Gabeln der Zweige, die oberen sitzend, in einseits- wendigen, beblätterten Ähren. Blumenkrone glockenförmig, fünflappig, schmutzig blassgelb mit schwarzroten Adern netzförmig gezeichnet, in der Mitte mehr gegen den Grund blaurot und glatt. Aus den trüb- gelben Glocken ragen die fünf pfriemlichen, weissen, etwas zottigen Staubfäden hervor, welche dunkel violette Staubbeutel tragen und den Stempel umschliessen. Der zur Blütezeit kurze, grüne Kelch bleibt bis zur Fruchtreife (ist also wie bei der Erdbeere bleibend), wo er stark geadert und mit fünf steifen, breiten, stachelspitzigen Zipfeln und ausserdem manchmal vergrössert, trichterförmig und selbst lebhaft gefärbt erscheint. Die von ihm umschlossene kugelige, etwa haselnuss- grosse Kapsel öffnet sich nur an der Spitze mit einem kreisrunden, abspringenden Deckel und enthält viele kleine, hirsekorngrosse, nieren- förmige, etwas platt gedrückte graugelbe (graubraune) Samenkörner. Im Spätherbst stirbt die Pflanze mit der Wurzel ab. Die Wurzel ist rübenförmig, ziemlich dick, bräunlich weiss, und entwickelt sich ge- wöhnlich im Spätsommer mit fünf bis acht grossen, grundständigen (Wurzel-) Blättern; erst im nächsten Frühjahr treibt sie einen 25—75 em hohen, krautigen Stengel. Die ganze Pflanze hat eine eigentümliche Tracht, sieht düster und traurig aus; alles an ihr ist giftig, besonders — 321 — aber der Samen und die Wurzel. Blätter und Samen werden arznei- lich verwendet, und zwar ist der Samen reicher an wirksamen Bestand- teilen und ‘enthält ausser dem sogenannten Hyoscyamin noch einen bedeutenden Anteil fetten Öles. Das Extrakt findet Anwendung bei vom Kehlkopf oder den Luftröhrenästen (Bronchien) ausgehendem starkem Hustenreiz, namentlich bei Kindern, das Öl wird zu Einreib- ungen benützt. Das Arzneibuch gibt folgende Beschreibung: „Blätter und blühende Stengel des Bilsenkrautes werden arzneilich verwendet. Die grundständigen Blätter höchstens 30 cm lang und bis 10 cm breit, länglich eiförmig in den Blattstiel auslaufend, am Rande auf beiden Hälften mit drei bis sechs grossen Kerbzähnen; die stengelständigen Blätter kleiner, sitzend, die obersten auf beiden Blatthälften nur einen Zahn tragend. Die ansehnliche, zarte, blassgelbliche, violett geaderte Blumenkrone ist fünflappig; die trockenhäutige, zweifächerige Frucht- kapsel öffnet sich mit einem ringsum abspringenden Deckel. Stengel und Blattnerven der unteren Fläche sind reichlicher mit weichen Haaren besetzt als die oft beinahe kahle Blattspreite.e Geruch und Geschmack des Bilsenkrautes sind nach dem Trocknen nicht bedeutend. Zum Extrakte werden die oberirdischen Teile der blühenden Pflanze verwendet.“ „Die dichtstehenden, graugrünen, wolligen Blätter, die sich zu- sammendrängen als ob sie scheu wären und das Licht und die kühle Luft fürchteten, und die düsteren, geaderten Blüten, die an böse Augen erinnern, geben dem Bilsenkraut fast dieselbe Stelle unter den Pflanzen, welche die Eule unter den Vögeln einnimmt. Es zeigt sich auch nie gesellig und steht meist ganz einsam und oft an den magersten Stellen, wo sonst kaum mehr irgend ein anderes Kraut gedeiht.“ Die Vergiftungs-Erscheinungen sind wie bei der Tollkirsche: die Stimme wird heiser, Schlingbeschwerden treten auf, Gefühl von Trocken- heit und Zusammenschnüren im Munde und Schlunde, Schwindel, Gliederzittern, Irrereden stellt sich ein, und die Pupille wird ebenfalls weiter zugleich mit Beeinträchtigung der Sehschärfe. Als Gegengift dient vor allem ein leichtes Brechmittel; noch besser -— wie bei allen frischen Vergiftungen überhaupt (bei solehen mit Säuren dienen als Gegengift geschabte Kreide, Kalkwasser, Eiweisswasser, schleimige Ge- tränke) — ist es, wenn man sofort mechanisch, durch Reizen des Schlundes (etwa mit einer Feder) oder, aber nicht rohes, Hinabdrücken der Zunge Erbrechen bewirkt; auch genügt manchmal lauwarmes Wasser mit etwas Butter vermischt, um Erbrechen hervorzurufen, und —:ı 1338 — ist dann, da man es in der Regel viel rascher zur Hand hat und es auch die Magenschleimhaut weniger angreift, sogar vorzuziehen. Die Tollkirsche, atropa belladonna, gleich dem Bilsenkraut, Stechapfel, Bittersüss, sowie der Kartoffel zu den Nachtschattenge- wächsen, solaneae, gehörig, kommt im Walde, besonders an lichten Stellen vor, und blüht vom Juni bis in den August hinein. Blumen- krone oben violett-braun (schmutzig violett), unten ockergelb, innen purpurrot geadert. Die Blüten erscheinen einzeln, selten zu zweien, an kurzen Stielen, gross, glockenförmig, niekend, in den Blattwinkeln (Blattachseln) oder in den Gabelteilungen des Stengels; fünf freie, am Grunde zottige Staubfäden, ein Stempel. Die Früchte, Beeren, ansehn- lich gross, kugelig, anfangs grün, dann rot, zuletzt glänzend schwarz, herzkirschenähnlich, finden sich August bis Oktober und sind sehr giftig! Das sicherste Erkennungszeichen ist der grosse, grüne, fünf- spaltige Kelch, der sie am Grunde einschliesst. Die Beere riecht un- bedeutend, schmeckt süsslich und enthält in dem wenigen Fleisch einen rosenroten, sehr giftigen Saft und in ihren zwei Fächern zahlreiche kleine, nierenförmige Samen von bräunlich schwarzer Farbe. „Die Ablagerung des Pollens auf die Narbe hat nicht nur Veränderungen der Pollenzellen und des Narbengewebes, sondern auch der angrenzen- den Blumenteile, zumal der Blumenkrone, im Gefolge. Was die ersteren betrifft, so werden sie schon dem freien Auge durch Welken, Ver- schrumpfen und Braunwerden der oberflächlichen Zellen erkennbar. Sehr merkwürdig sind in dieser Beziehung die Nachtschattengewächse, namentlich die Tollkirsche. Nicht nur, dass schon eine Stunde, nach- dem Pollen auf die klebrige Narbe gekommen ist, ein Welken und Bräunen der letzteren stattfindet, auch der ganze Griffel erfährt eine Veränderung, löst sich von dem Fruchtknoten ab und fällt alsbald zu Boden. Hier müssen demnach sofort, nachdem die Pollenzellen mit dem Narbengewebe in Berührung gekommen sind, Pollenschläuche ent- wickelt werden, die binnen wenigen Stunden zu den Samenanlagen im Innern des Fruchtknotens gelangen.“ Der ausdauernde, ästige, bis armdicke Wurzelstock treibt im Mai und Juni oft über 1 m hohe, rötlich braune, aufrechte, nach oben sich gabelförmig teilende Stengel. Die blass braungelbe, mit Fasern besetzte Wurzel und die eiförmigen, ganzrandigen, unterseits mit Härchen versehenen Blätter werden arznei- lich verwendet, und ist das daraus gewonnene, die Pupille erweiternde Atropin (0,25 Teile auf 30 Teile Wasser, längere Zeit täglich einmal davon in das Auge eingeträufelt) ein unschätzbares Mittel bei Ent- . — 389), — zündung der Iris oder Regenbogenhaut, nach welcher wir die Farbe des Auges benennen. „Die arzneilich verwendbaren Belladonnablätter sind zur Blütezeit von wild wachsenden Pflanzen zu sammeln. Höchstens 20 cm lange, 10 cm breite, spitz elliptische, in den weniger als halb so langen Stiel auslaufende, dünne, kahle oder unterseits sehr spärlich drüsig gewimperte Blätter. Sie sind ganzrandig, oberseits grünbräun- lich, unterseits mehr grau, auf beiden Flächen mit weissen Pünktchen besetzt. Von etwas widerlichem, schwach bitterlichem Geschmacke. Zur Zubereitung des Extraktes sind die oberirdischen Teile der Pflanze in frischem Zustande zu verwenden.“ Das Laub wirkt auch auf die grösseren weidenden Tiere als Gift und wird von diesen unberührt stehen gelassen; für das kleine Käferchen haltica atropae ist dasselbe aber nicht nur nicht giftig, sondern ist die wichtigste Nahrung des Tieres. Es werden durch die Larven dieses Käferchens oft zahlreiche Löcher in die Blätter gefressen, welche aber durchaus nicht die Ent- wickelung der Tollkirsche hemmen. Demnach sind die Blätter dieser Pflanze durch das in ihnen enthaltene Alkaloid nur gegen die Ver- tilgung im grossen Massstabe geschützt; beschränkte Teile derselben können ohne Nachteil preisgegeben und geopfert werden. „Jedem, der einen horizontal abstehenden Ast der Tollkirschenstaude von oben ansieht, muss es auffallen, dass hier grössere und kleinere Blätter in ganz eigentümlicher Weise gruppiert sind. Die grösseren Blätter stehen in zwei Reihen; ihr Zuschnitt bringt es mit sich, dass zwischen je zweien in der Nähe des Stengels Lücken bleiben, welche aber als Lichtdurchlässe für andere tiefer stehende Blätter aus dem einfachen Grunde nicht von Vorteil sein können, weil sich unter den betreffen- den Ästen überhaupt keine anderen lichtbedürftigen Blätter mehr finden. In diese Lücken schalten sich nun kleinere grüne Blätter ein, welche als Deckblätter der Blüten-, beziehentlich der Fruchtstände zu gelten haben, in ihrer Funktion aber mit den grossen Laubblättern ganz übereinkommen. Diese kleinen Blätter drehen und wenden sich so lange, bis jedes genau in die Mitte einer Lücke zu liegen kommt, wo sie weder eines der grossen Blätter beeinträchtigen, noch auch selbst von diesen beeinträchtigt werden kann. Ein ganz ähnliches Eın- schieben kleinerer Blätter in die Lücken zwischen die grossen Laub- blätter beobachtet man auch an dem Stechapfel. Bei kurz gestielten Blättern erscheint dieses mosaikartige Zusammenfügen grösserer und kleinerer Flächen auch mit einer Asymmetrie der Blattbasis verbunden, wie z. B. an den horizontalen älteren Zweigen der Rüstern (ulmus). —ı 330. — Es ist bemerkenswert, dass das Vorkommen von Blättern zweierlei Grösse an demselben Stamme sowie das mosaikartige Zusammenschieben und Anschliessen der Blätter in einer Ebene besonders an jenen Ge- wächsen beobachtet wird, welche an schattigen oder halbschattigen Plätzen wachsen. Dort brauchen sie sich nicht gegen ein Zuviel des Lichtes zu schützen, im Gegenteil, es ist dort von ihnen das spärlich zugemessene Licht, so gut es geht, auszunützen, und das geschieht eben dadurch, dass sich alle Blätter eines Stockes wie die Steine eines Mosaik in einer Ebene an einander fügen. Durch gleichmässig ge- rundete oder elliptische Blätter ist freilich ein solches Mosaik nicht so gut herzustellen. Dagegen eignen sich hiezu besonders gut asymmetrische oder rhombische, deltoidische, fünfeckige, überhaupt polygonale Flächen. Besonders lehrreich in dieser Beziehung ist ausser den Rüsterzweigen auch das Blattmosaik, welches der Epheu im Grunde schattiger Haine bildet. Man kann an einer den Waldboden teppichartig überkleiden- den Epheugruppe sehen, wie sich die fünfeckig-lappigen Blätter mit der Zeit an einander geschmiegt haben. In die Buchten der einen schoben sich die Lappen und Ecken der andern ein, und so entstand ein Gefüge von Blättern, wie es mit Rücksicht auf die gegebenen äusseren Verhältnisse kaum passender ersonnen werden könnte. Diesem Mosaik sieht man es wohl nicht mehr an, dass es aus zwei, die liegen- den Stengel gleichmässig besetzenden Blattreihen hervorgegangen ist. Welche mannigfaltigen Hebungen und Senkungen, Drehungen, Ver- schiebungen und Verlängerungen mussten stattfinden, um aus den regelmässigen Blattreihen ein solches Blattmosaik zu gestalten! Für uns aber ergibt sich aus der Betrachtung aller dieser Fälle: dass nicht nur die Stellung und Verteilung des Laubes, die Richtung und Länge der Blattstiele, sondern auch die Grösse, ja sogar die Form der Blatt- flächen und das dadurch bedingte mosaikartige Gefüge derselben mit den Beleuchtungsverhältnissen in ursächlichem Zusammenhange steht, dass insbesondere an Orten mit schwachem Lichte die Pflanze das Bestreben zeigt, das Sonnenlicht für das grüne Gewebe der Laubblätter mit den vorhandenen Mitteln und entsprechend den gegebenen räum- lichen Verhältnissen so gut wie möglich auszunützen und zu verwerten.‘ Von den drei Schicksals - Göttinnen, Moiren oder Parzen nach dem Glauben der alten Griechen begann Klotho (die Spinnerin) den Lebensfaden, Lachesis (die Übernehmerin) spann ihn weiter und bestimmte seine Länge, und Atropos (die Unabwendbare) schnitt ihn entzwei. „Klotho, Lachesis auch und Atropos, welche den Menschen — 331 — Bei der Geburt schon geben, zu haben das Glück wie das Unglück“ — sagt 800 v. Ch. der griechische Dichter Hesiod. So war Atropos also die eigentliche Todesgöttin, und nach ihr nannte nun Linn& die Tollkirsche „Atropa‘“, weil jeder, der ihre verlockenden Früchte ge- niesst, unrettbar dem Tode verfallen ist. Der Beiname bella donna ist italienischen Ursprungs und soll einerseits daher stammen, weil sich die schönen Italienerinnen mit dem aus den Beeren ausgezogenen Wasser wuschen, um eine reine Haut zu erhalten, anderseits aber, weil die Beeren so glänzend, so verlockend wie die schönen Frauen Italiens (vielleicht auch so sinnverwirrend) seien. Die weisse Nieswurz oder weisser Germer, veratrum album, perennierend, blüht Juli und August und kommt hin und wieder auf feuchten und Bergwiesen, mit dem Enzian, vor. Blüten weisslich oder gelbgrün, sechsblätterig, sternförmig, in gipfelständiger, rispiger Traube; die Blütenblätter (Perigonblätter) viel länger als die Blütenstiele. Der scharfe giftige Wurzelstock enthält das sogenannte Veratrin, ein nicht krystallinisches Alkaloid, welches in Form eines weissen, zum Niesen reizenden Pulvers erscheint, und wird arzneilich, doch ziemlich selten, verwendet. (Organische Basen oder Alkaloide sind chemische Verbin- dungen von Stickstoff mit Kohlenstoff, Wasserstoff und meistens auch Sauerstoff. Sie finden sich nur in Pflanzen, bilden mit Säuren Salze, sind meist farblos und im Wasser unlöslich, dagegen im Weingeist und Äther löslich, treten teils flüssig, teils fest auf und zeichnen sich nicht nur durch sehr bitteren Geschmack und grosse Giftigkeit, son- dern vielfach auch durch kräftige medizinische Wirkungen aus, wes- halb sie zu Arzneien Verwendung finden.) „Derselbe ist dunkelbraun, aufrecht, bis 8 cm lang, bis 25 mm diek und wird mit den gelblichen höchstens 30 em langen und ungefähr 3 mm dicken Wurzeln ver- wendet. Der Querschnitt des Wurzelstockes zeigt in geringem Ab- stande von der Oberfläche eine feine, bräunliche, gezackte Endodermis (Innenhaut), welche ein derbes, weissliches, stärkemehlreiches Gewebe einschliesst. Dasselbe ist von zahlreichen kurzen unregelmässig ver- laufenden Gefässbündeln durchzogen. Wurzelstock und Wurzeln schmecken anhaltend scharf und bitter.“ — Neben der weissen Nies- wurz kommt eine grün blühende Form vor, veratrum lobelianum; die Blätter dieser haben beim Zerreiben einen unangenehmen Geruch, und sind die unteren sehr gross, gefaltet, — 10 cm breit bei einer Länge von 14 cm habe ich sie gemessen. — Die Gattung Germer gehört zur Familie der Liliengewächse, Iiliaceae. —. 334. — Die schwarze Nieswurz, schwarzer Germer, veratrum ni- grum, perennierend, Juli und August blühend, hat einen schwärzlichen, innen weissen, dicht mit stielrunden, ebenfalls schwarzen Faserwurzeln besetzten fast horizontalen Wurzelstock, welcher eine Menge von grund- ständigen, langen, breit eiförmigen, zugespitzten Blättern treibt, aus deren Mitte der über 1 m hohe hohle Stengel emporsteigt, dessen Blätter nach oben zu immer kürzer und schmäler werden; er ist gleich den Blütenästen und Blütenstielehen dicht mit zottigen Härchen be- deckt. Die Blüten — Blütezeit Juli und August — bilden eine rispige Traube und bestehen ebenfalls nur aus einer blumenkron- artigen Blütenhülle (Perigon), ohne Kelch. Die sechs Zipfel der purpurbraunen Blumenkrone sind radförmig ausgebreitet, häufig auch zurückgeschlagen, und umgeben die sechs freien Staubgefässe und drei Stempel. Zwischen den Zwitterblüten, d. h. denjenigen Blüten, die zugleich Staubgefässe und Stempel aufzuweisen haben, finden sich auch solche, die nur mit Staubgefässen oder nur mit Stempeln ausgestattet sind. Die drei am Grunde verwachsenen Fruchtknoten entwickeln sich zu drei lederartigen Balgkapseln, welche sich zuletzt vollständig trennen. Die schwarze Nieswurz ist in allen ihren Teilen giftig und war der eigentümlich unangenehm erdig, moderig riechende Wurzelstock früher als starkes Abführmittel zuweilen in Gebrauch; jetzt ist man ganz davon abgekommen, indem viel sicherere und bessere Mittel zu gebote stehen. Perennierend. Im Bergwald, auf der Kohlstatt, nicht häufig. Die Herbstzeitlose, colchicum autumnale, „hat den Namen von dem ort Colchide“; sie ist perennierend und kommt hier allenthalben auf den feuchten Wiesen, namentlich längs des linken (südlichen) Mühlbachufers in grosser Menge vor. Im Mai sehen diese im Herbst blaurot schimmernden Wiesen gelb aus von dem massenhaft vorkom- menden Löwenzahn. Die Herbstzeitlose wird vom Vieh stehen gelassen, doch kommen manchmal unter das Heu deren Blätter und rufen dann dieselben bei grösserer Menge schlimme Zufälle hervor. Sie blüht August bis Oktober und ist während dieser Zeit blattlos.. Blüte ähn- lich dem Safran, hell blaurot, violett, lila, mit sehr langer, grössten- teils im Boden sitzender Röhre und glockig trichterförmig erweitertem Saum mit sechs Zipfeln; die sechsteilige Blütenhülle umschliesst die dem Grunde des Saumes eingefügten sechs Staubgefässe und die drei fadenförmigen Stempel mit den auswärts gekrümmten Narben. An den Staubgefässen findet sich knapp über jener Stelle, wo sie mit den violetten Blättern des Perigons verwachsen sind, ein orangefarbiger — 333 — honigabsondernder Gewebekörper, und der dort erzeugte Honig erfüllt eine Rinne, welche das sich anschmiegende Perigonblatt durchzieht. Kelch ist keiner vorhanden, wie ja alle Lilienarten nur eine einfache Blütenhülle haben. Aus der Zwiebel und vorzüglich aus den Samen wird das Colchiein gewonnen, welches als Arzneimittel in Gebrauch ist. Die kastanienbraune glänzende Zwiebel endigt in einer Scheide von braunen Schuppen oder Häuten, welche den Grund der Blüten- röhre umfassen. Die Herbstzeitlose hat eine ausdauernde Knollen- Zwiebel, welche tief und fest in der Erde steckt und an deren un- terem Ende die faserigen Wurzeln sich befinden; aus ihr steigt der ‚weisse seidenglänzende nach oben blass purpurne Blütenstiel empor, der Träger der grossen trichterförmigen Blumenkrone. „Die Zwiebel ist ein verkürzter Niederblattstengel, dessen Niederblätter vorwiegend entwickelt sind. Der Knollen ist ein fleischig verdickter Niederblatt- stengel, dessen Niederblätter verhältnismässig nur wenig ausgebildet sind. Durch letzteres Kennzeichen unterscheidet sich der Knollen von der Zwiebel; den Übergang zwischen beiden bildet der mit scheiden- artigen Hüllen umgebene Knollen, gewöhnlich Knollenzwiebel genannt, wie er sich unter anderen bei der Herbstzeitlose findet.“ Wohl keine Giftpflanze ist in Deutschland so verbreitet wie die Herbstzeitlose. Sie ist eine der letzten Blumen des Jahres, und obgleich das zarteste Ge- bilde unserer einheimischen Pflanzenwelt, geht doch gerade sie mutig trotzend der Kälte entgegen und wählt den Wendepunkt des Herbstes zum Winter zu ihrer Blütezeit. Sie trägt ihren Namen wegen ihres sonderbaren — fast möchte man es so nennen — Verstosses gegen die Zeit, denn sie bindet sich nicht an die gewöhnliche Zeit des Blühens und Früchtereifens. Die Blüten erscheinen im Spätherbst, während die (meist drei) ansehnlichen, denen der Maiblume ähnlichen, scheidig- stengelumfassenden, fleischig krautigen, länglich Janzettlichen Blätter, zwischen welchen die grosse aufgeblasene dreifächerige Kapsel mit ihren Samen steht, erst im nächsten Mai sich entwickeln; die anfangs grün, dann weiss aussehende Kapsel fällt zuletzt ab, springt auf und streut die zahlreichen schwarzbraunen Samenkörnlein aus. Es sind nahezu kugelige, bis 3 mm Durchmesser erreichende, sehr fein punktierte Samen, welche durch den Nabelwulst etwas zugespitzt sind. Die harte braune Samenschale umschliesst ein strahliges graues Eiweiss mit einem sehr kleinen Keime. Die Samen schmecken sehr bitter. Mit beginnen- dem Frost verschwinden also die Blumen, aber im kommenden Früh- ling wachsen an deren Stelle die erwähnten Blätter hervor und bilden = Ba. — einen Schopf wie die Tulpenblätter; von Farbe sind sie jedoch gelb- licher und die Nerven oder Rippen treten deutlicher hervor. Den Winter über ruht nämlich der im Herbst befruchtete Fruchtknoten im Schosse der Erde und entfaltet sich erst im kommenden Frühjahr zu der beschriebenen Frucht. Zuweilen bringt ein zeitig fallender Schnee oder eine Herbstüberschwemmung Einheit in das zwiespaltige Leben der Herbstzeitlose, indem diese Ereignisse das Herbstblühen derselben verhindern und sie nötigen, im kommenden Mai oder Ende April zu blühen, wo dann gleich die Blätter mit erscheinen. Dann sind aber Blüten und Blätter etwas verkümmert und die ganze Pflanze macht auf den, der sie nur in der Herbstgestalt kennt, einen eigentümlichen, fremdartigen Eindruck. Liegt schon in dem Namen Zeitlose ein ge- linder Vorwurf, so muss die bar alles versöhnenden Blätterschmuckes grell und nackt emportauchende Blume sich eine noch viel ehren- rührigere Titulatur gefallen lassen: nackete Jungfer. Da die Herbst- zeitlose nur Schaden und Gefahr bringt, sollten es sich die Landleute angelegen sein lassen, diese Pflanze von ihren Wiesen zu vertilgen. Nun lässt sich freilich die Zwiebel nicht gut mit den Blättern heraus- ziehen, weil sie zu tief und fest steckt; wenn man aber mehrere Jahre hinter einander die Blätter samt den Samenkapseln vernichtet, so erstickt die Zwiebel in der Erde. Was die Früchte der Herbst- zeitlose betrifft, so ist zu bemerken, dass Früchte, welche aus einem einzigen Fruchtblatt gebildet sind, sich entweder an ihrer inneren oder Bauchnaht allein öffnen, oder sie zerfallen in ihre zwei Hälften wie die Hülsen der Bohne und Erbse. Bei den Fächerfrüchten ist das Aufspringen entweder wandteilig, wenn sich die Fruchtblätter wieder aus ihrer Verbindung lösen, wobei die Scheidewände sich in zwei Schichten trennen, wie bei der Herbstzeitlose, oder fachteilig, wenn die Fächer durch Zerreissen in der Rückennaht sich unmittelbar von aussen öffnen und die Scheidewände auf den Klappen stehen bleiben. „Es ist interessant, zu sehen, dass Zwiebeln und Knollen desto tiefer in der Erde stecken, je mehr der Standort der Ausstrahlung und Er- kaltung ausgesetzt ist, je mehr die Gefahr droht, dass im Winter nur eine seichte Schneelage den Boden bedeckt, und je grösser die Wahr- scheinlichkeit ist, dass selbst diese von Stürmen weggefegt wird. Die Lage der Knollen vieler Orchideen sowie der Knollenzwiebeln der Herbstzeitlose kann geradezu als ein Anhaltspunkt gelten, um zu be- stimmen, wie tief in einer bestimmten Gegend der Boden einfriert; denn regelmässig erscheinen diese in Tiefen eingebettet, zu welchen — 335 — der Frost des Winters nicht mehr vordringt.“ — Die Knollenzwiebel bietet Mitte September folgendes Bild dar. Entfernt man die schuppige -braune Hülle oder Scheide, so erscheint dieselbe wie auch auf dem Durchschnitt weiss; Zwiebel und Scheide tragen deutliche Längs- furchen. Die von der Mitte des Grundes oder der unteren Fläche der Knollenzwiebel ausgehenden weissgelblichen, am schopfartigen Ende braunschwärzlichen, büschelförmigen Faserwurzeln sind sehr dünn, morsch, und reissen leicht ab, sie sind offenbar in einem atrophischen Zustand. Kaum einen halben Kleinfinger breit davon in der Mitte der breiten Seite der Knollenzwiebel in einer ansehnlich tiefen Ein- buchtung oder Furchung aufwärts verlaufend erhebt sich ein kräftiger weisser, seidenglänzender, über 20 em langer Stengel mit einem starken Büschel dichter kräftiger weisser Faserwurzeln, von denen ein Teil noch unter der braunen Schale flach angedrückt der Zwiebel anliegt. Seitlich von dieser Stelle, auf der andern Seite, jedoch nie gerade gegenüber, erhebt sich ein zweiter jüngerer, also weniger kräftiger Stengel mit zum Teil ebenfalls anliegenden weissen Wurzelfasern, aber das Ende dieses Stengels, von welchem diese büschelförmigen Faser- wurzeln ausgehen, reicht hier nicht bis an den Grund, sondern ruht in einer nur bis zur Mitte der Knollenzwiebel sich erstreckenden Längsfurche oder Höhlung. Den PBreiten- oder Querdurchmesser der Knollenzwiebel habe ich durchschnittlich an schönen Stücken (mit einem vollständig entwickelten und einem in der Entwickelung be- griffenen Stengel) zu 44, den Dickendurchmesser zu 33 mm gefunden. Wie gesagt, sind ausgebildete grüne Blätter zur Zeit der Blüte nicht oder nur höchst selten vorhanden und bildet sich im ersten Jahre die Frucht noch nicht aus, sondern erst im zweiten. Dann wächst das Stengelglied zwischen dem ersten (untersten) und zweiten Blatte zu einer Knolle heran, die ım nächsten Herbste den blühenden Stengel in ihrer Furche trägt und ernährt. Das Stengelglied zwischen dem zweiten und dritten Blatte verlängert sich und hebt die nun völlig zur Ausbildung gelangenden Blätter sowie die Frucht über den Boden empor. Die alte Knolle stirbt ab und die Scheide des untersten Blattes wird zur braunen, die neue Knolle und den neuen Stengel umschliessenden Hülle. Der Arzt und die Biene — sagt ein altes Sprichwort — ziehen aus den giftigen Pilanzen das Heilsame; der Neid macht es umgekehrt. — 1856 7 Von tierfangenden und insektenfressenden Pflanzen kommen in unmittelbarer Umgebung Benediktbeuern’s folgende drei Arten vor, und entnehme ich das Nachstehende im wesentlichen Kerner’s Pflanzenleben. 1. Der gemeine Wasserschlauch oder das Schlauchkraut, utrieularıa vulgaris, perennierend. Er ist in wenig mehr als halb- stündiger Entfernung vom Kloster zu treffen, wenn man vor der Lain- Brücke bei Ried längs der Lain abwärts, also in westlicher Richtung, geht, in kleinen Wasseransammlungen, Pfützen und Moosgräben, welche sich auf den ausgedehnten, moorigen Torfgründen vielfach finden. Die langen, dünnen, wurzelähnlichen Verästelungen oder Verzweigungen des Stengelendes — eine eigentliche aus der Verlängerung des Keim- würzelchens entstehende Hauptwurzel fehlt — schwimmen im Wasser auf der Oberfläche und in ihren kleinen, blassgrünen, teilweise durch- scheinenden Blasen (bauchig aufgetriebene, kapselförmige, mit einer verschliessbaren Öffnung versehene lufthaltige Teile), mit welchen sie besetzt sind, fangen sich die Insekten. Dieselben können nämlich zwar in den Hohlraum der Blase hinein, aber die an der Eingangs- oder Mundöffnung der Blase angebrachte, von der Oberlippe herabhängende Klappe (der Mund ist wie von Lippen umgeben), welche sie beim Ein- dringen wohl leicht aufzuheben vermögen, welche jedoch kraft ihrer Elastizität sich gleich wieder schliesst und dann vorhangartig die Blasenöffnung versperrt, — lässt sie nicht mehr heraus. So gehen sie innerhalb weniger Tage an Luft-, bez. Nahrungsmangel zu grunde. Meist sind es Larven, aber auch ausgewachsene Individuen der kleinen, lebhaften, !/s—2 mm langen Muschelkrebschen, der kaum !/2 cm Länge überschreitenden Wasserfloharten und einiger Einaugenarten (die Einaugen haben ein Stirnauge). Von diesen drei der Klasse der Krustentiere angehörigen Familien sind insbesondere die letzteren zwei interessant, weil Arten hievon auch in der Tiefe der Seen leben, wo sie fast ausschliesslich die Nahrung der Saiblinge und der Renken ausmachen. Die Wasserflöhe können ferner, wie Brehm bestätigt, durch ihre übergrosse Menge dem Wasser eine bestimmte Färbung verleihen; die Oberfläche kleiner Teiche, besonders auf Vieh- und Gänsweiden, kann durch sie eine rötlich gelbe Färbung erlangen. . Ausserdem ge- raten noch einige kleine Insekten, bez. Larven, Würmer und Infusions- tierchen in die Blasen des Wasserschlauchs. Im Herbste senken sich — 337 — seine wurzelartigen Verzweigungen in die Tiefe, die Knospen bleiben im Schlamme, und im Frühjahr entwickeln sich in ihnen Gasblasen, wodurch sie wieder gehoben werden. Die Blütenstengel sind ziemlich hoch, die Blüten (Juni und Juli) wenig ansehnlich, schmutzig gelb mit dunkler Schattierung. Der gemeine Wasserschlauch eignet sich auch als Pflanze für das Zimmer-Aquarium. Rothe schreibt hierüber im praktischen Rat- geber im Obst- und Gartenbau (1891): Im Spätherbst, der Winter hatte sich bereits angemeldet, führte mich mein Weg, einige Stunden von Artern (Preussen), an einem Wassertümpel vorbei, welcher. ehemals ein sogenannter Erdfall (deren es in hiesiger Gegend viele gibt) ge- wesen war und sich nach und nach wieder ausgefüllt hatte. Da die Flora der dortigen Gegend mir aus den frühesten Jugendjahren be- kannt war, so sah ich mich sehr überrascht, nach Durchsuchung dieser Stelle einen unvermuteten Fund zu machen. Es betrifft dies eine untergetaucht gewesene Wasserpflanze, deren älteres Ende bereits in Verwesung übergegangen war und kaum merkliche Spuren von blasen- förmigen Anhängseln in den Blattwinkeln erkennen lies. Für den ersten Augenblick wusste ich nicht, welche Pflanze ich eigentlich vor mir hatte, denn Utrikularia vermutete ich nie dort, kannte solche auch nur blühend, vielmehr dachte ich an die dort häufig vorkommenden Batrachium (Wasserhahnenfuss)-Arten. Mit der Lebensweise der Utri- kularia-Arten überhaupt ist nicht jeder Botaniker bekannt. Wallroth (Schedulae eriticae, Halle 1822) beschreibt den Vorgang genau so, wie ich ihn zu beobachten Gelegenheit hatte. Die sich vorfindenden Winterknospen von der Grösse einer mittelmässigen Bohne, aus denen sich im Frühjahre neue Pflanzen entwickeln, waren vollständig ausge- bildet. Ich nahm eine Anzahl mit mir und brachte dieselben vor- läufig in ein Wassergefäss ins Freie, bis der zunehmende Frost gebot, solche bei einer gleichmässigen Temperatur zu überwintern. Anfangs Februar stellte ich nun diese Winterknospen in das geheizte Zimmer ans Fenster, und zu meiner Freude entwickelten sich diese Knospen so rasch, dass man bald die Schläuche in den Achseln der Blattstiele beobachten konnte. In solchem Stadium hatte ich Utrikularia noch nicht gesehen und kann ich Besitzern von Zimmeraquarien diese Pflanze sehr empfehlen, zumal es um diese Zeit mit der Vegetation in den Aquarien sehr mager aussieht. Zur Blütezeit füllen sich die Schläuche der bisher auf dem Boden liegenden Pflanzen mit Luft, wodurch letztere mit den Wurzeln losgerissen und ihre auf langem, nacktem Blüten- stiele sitzenden Traubenblüten über die Wasserfläche gebracht werden. Daffner, Voralpenpflanzen. 22 en Nach dem Verblühen verlieren die Bläschen ihre Luft, die Pflanzen sinken unter und wurzeln wieder fest. Gegen den Herbst vermindern sich alle älteren Teile dieser Pflanze und es bleibt nichts davon übrig als die bereits oben erwähnten Endknospen, aus denen im nächsten Frühjahre sich neue Pflanzen entwickeln. 2. Das gemeine Fettkraut, pinguwicula vulgaris, peren- nierend, gleich dem Wasserschlauch zur Familie der Wasserschlauch- gewächse, vıfrienlariae, gehörig, kommt allenthalben auf den torfigen, moorigen Wiesen in naher (westlicher) Umgebung des Klosters vor, und kann man nach den auf schlanken Stengeln sitzenden Blüten — der Blütenstiel ist dasjenige Stengelglied, welches unmittelbar die Blüte trägt, und Stengelglied heisst jedes zwischen zwei auf einander folgen- den Blättern stehende Stengelstück — eine gelblich weisse, eine veil- chenblaue uud eine grössere rötliche Varietät unterscheiden. Die Blüte- zeit ist Mai und Juni. Die zungenförmigen, gelblich grünen Blätter des Fettkrautes liegen mit der unteren Seite dem feuchten Boden auf, während die Oberseite dem Lichte zugewendet ist. Die Seitenränder des Blattes sind nach oben etwas aufgebogen, sodass das Blatt eine Art Rinne bildet, welche mit farblosem, klebrigem Schleim bedeckt ist, ‚und dieser Schleim wird von Drüsen ausgeschieden, welche in grosser Zahl über die ganze obere Seite des Blattes verteilt sind. Eine rasch vorübergehende Berührung dieser Drüsen -— sie sind zweierlei Art, wovon die eine, ungestielte, nur mikroskopisch, die andere dem freien Auge als gestielte Köpfchen erkennbar —, sei es flüchtiges Anstreifen fester Körper oder das Auffallen von Regentropfen, verursacht an den- selben keinerlei Veränderung; lange anhaltender Druck, ausgeübt von unlöslichen Sandkörnchen oder überhaupt von festen, unlöslichen Kör- pern, veranlasst die Drüsenzellen zu einer unbedeutenden Vermehrung der Schleimausscheidung, aber durchaus nicht zur Absonderung saurer Verdauungsflüssigkeit. Sobald aber ein stickstoff’haltiger, organischer Körper mit den Drüsen in dauernde Berührung kommt, werden diese sofort nicht nur zur vermehrten Absonderung von Schleim, sondern auch zur Ausscheidung einer sauren Flüssigkeit angeregt, welche die Fähigkeit besitzt, alle derartigen Körper, namentlich Fleisch, geronnenes Blut, Milch, Eiweiss, ja selbst Knorpel aufzulösen. Durch Versuche wurde z. B. festgestellt, dass feste, kleine Knorpelstückchen, welche auf ein Blatt der pinguicula vulgaris, dessen Schleim keine Spur einer sauren Reaktion zeigte, gelegt wurde, nach 10—11 Stunden die Ausscheidung saurer Flüssigkeit veranlasst hatten, und nach 48 Stunden — 38 — von dieser sauren Flüssigkeit fast ganz aufgelöst worden waren. Nach 82 Stunden waren diese Knorpelstückchen vollständig verflüssigt, das ganze Sekret wieder aufgesaugt und die Drüsen trocken geworden. Kommen kleine Insekten, etwa kleine Mücken, auf das Fettkrautblatt angeflogen, so bleiben dieselben an dem Schleim kleben, werden durch die Bewegungen, welche sie ausführen, um sich zu retten, immer noch mehr mit Schleim in Berührung gebracht, verenden gewöhnlich in sehr kurzer Zeit und werden durch die infolge des Reizes von den Drüsen ausgeschiedene saure Flüssigkeit bis auf Jie Flügel, Klauen und anderen Skeletteile verdaut und aufgesaugt. Die von den Drüsen aus- gesonderte saure Flüssigkeit ist fadenziehend und kann, wenn zahl- reiche Drüsen gereizt wurden, so reichlich zum Vorschein kommen, dass die ganze flache Rinne davon erfüllt ist. Wirkt der Reiz nur auf den Saum des Blattes ein, gelangt z. B. ein über den Boden hin- kriechendes kleines Insekt oder auch eine von oben her angeflogene Mücke in die Nähe des wenig aufgebogenen Blattrandes, so erfolgt nicht nur die erwähnte Sekretion aus den randständigen, verhältnis- mässig nicht sehr reichlichen Drüsen, sondern auch eine Rollung des Blattes, welche den Zweck hat, das durch den klebrigen Schleim fest- gehaltene kleine Tier, wenn möglich, zu überdecken oder dasselbe gegen die Mitte der flachen Rinne zu schieben und so auf die eine oder andere Art mit möglichst vielen Drüsen in Berührung zu bringen. Die Drüsen am Rande würden eben allein nicht die nötige Menge von saurer Flüssigkeit zur Lösung aufbringen, und es werden daher auf die angegebene Art auch die Drüsen aus weiteren Kreisen zur Hilfe genommen. Die Einrollung des Blattrandes vollzieht sich ziemlich langsam; gewöhnlich dauert es einige Stunden, bis ein am Rande fest- geklebtes Insekt eingewickelt oder, wenn es einen grösseren Umfang hat, gegen die Mitte geschoben ist. Nachdem die Auflösung und Auf- saugung stattgefunden hat, gewöhnlich schon nach 24 Stunden, breitet sich das Blatt wieder aus, und es nehmen auch die Ränder desselben jene Lage an, welche sie vor der Einrollung besessen hatten. Ausser kleinen Tieren gelangen nicht selten auch Pflanzenteile auf die klebrige Fläche der Fettkrautblätter, so namentlich Sporen und Pollenzellen, welche durch die Luftströmungen herbeigeführt werden. Sie verfallen demselben Schicksal wie die tierischen Organismen ; ihr Zellenleib wird ebenso wie Fleich und Blut der Insekten gelöst und aufgesaugt. Die Wirkung, welche der von den Drüsen des Fettkrautblattes ausgeschie- dene saure Saft auf eiweisshaltige Körper ausübt, stimmt mit jener des 22% — 340 ° — Magensaftes der Tiere ganz überein. Das lässt vermuten, dass in dem- selben auch zweierlei Stoffe wie im Magensafte enthalten sind, einmal eine freie Säure, dann ein mit dem Pepsin in seiner Wirkungsweise ganz übereinstimmendes Ferment, durch welche Kombination bekannt- lich auch der Saft des tierischen Magens zur Lösung eiweissartiger Verbindungen befähigt wird. Da die Drüsenzellen des Fettkrautblattes alles was von den angeklebten kleinen Tieren löslich ist und noch überdies das von ihnen früher ausgeschiedene Lösungsmittel aufsaugen, beziehentlich zurücksaugen, so ist die Thätigkeit eines solchen Blattes jener des tierischen Magens sehr ähnlich, und es kann der ganze Vor- gang geradezu als Verdauung bezeichnet werden. Die Ähnlichkeit, welche zwischen dem Fettkrautblatt und dem tierischen Magen in Betreff der Wirkung auf eiweisshaltige Substanzen besteht, hat lange vor der Entdeckung dieser Verhältnisse durch die Männer der Wissenschaft zu einer praktischen Anwendung in der Milchwirtschaft geführt. Man kann nämlich mit Hilfe der Fettkraut- blätter in der Milch ganz ähnliche Veränderungen wie durch Zusatz des Labes aus dem Magen (die vier Abschnitte des Wiederkäuer- Magens sind bekanntlich: der Wanst, der Netzmagen oder die Mütze, der Psalter oder Omasus, und der Lab- oder Fettmagen, Abomasus) der Kälber erzielen. Giesst man über diese Blätter frisch gemolkene, noch laue Milch, so entsteht dadurch eine eigentümlich zähe, ziemlich konsistente Masse, der Tätmiölk oder Sätmiölk der Lappländer, von welchem der berühmte schwedische Botaniker Karl Linn& (1707— 1778) schon erzählt, dass derselbe im nördlichen Skandinavien eine sehr beliebte Speise bildet. (Linn& ist der Begründer des nach ihm benannten und noch heute wegen seiner Einfachheit vielfach gebrauchten Systems der Pflanzen- einteilung, welches er nach der Zahl und Beschaffenheit der Staubfäden und Stempel — daher Geschlechts- oder Sexualsystem — aufbaute, und wonach er 24 Klassen unterschied.) Als besonders bemerkenswert verdient auch hervorgehoben zu werden, dass man mit einer geringen Menge des auf die angegebene Weise erzeugten Tätmiölk grosse Mengen frischer, süsser Milch neuerdings in Tätmiölk umwandeln kann, sodass sich also die vom Fettkraut herstammende Substanz auch in dieser Beziehung gleich andern Fermenten verhält. Auch die uralte Anwendung der Fettkraut- blätter von seiten der Hirten in den Alpen als Heilmittel für Wunden an den Zitzen der Melkkühe ist insofern interessant als die günstige Wirkung auf die Wunden aus der antiseptischen Wirkung des Sekretes der in Rede stehenden Blätter zu erklären ist und damit eine schon — 341 — vor zwei Jahrhunderten empirisch angewandte Heilmethode ihre wissen- schaftliche Begründung und Bestätigung findet. Da sich das Einrollen und Aufrollen des Blattrandes am Fett- kraut nur langsam vollzieht, so ist der oben beschriebene Vorgang niehts weniger als auffallend. Zudem erscheint der Rand des jungen Fettkrautblattes immer eingerollt und jener des ausgewachsenen Blattes auch dann etwas aufgestülpt, wenn eine Reizung nicht stattgefunden hat, sodass es sich eigentlich nur um ein mehr oder weniger der Einrollung han- delt, was nur durch sehr sorgfältige Beobachtung festgestellt werden kann. Bezüglich der Art der Befruchtung, so hat das Fettkraut Zwitter- blüten, und kann dasselbe als Beispiel dafür dienen, dass bei den Zwitterblüten meist Vorrichtungen vorhanden sind, um die spontane Befruchtung zu vermeiden. „Die ziemlich grosse weisse Blumenkrone hat die Form eines lang gespornten Trichters und ist an der Mün- dung mit reichlichen gelben und roten Streifen und Punkten geziert. Er verengt sich nach einwärts von oben durch die grosse zweizipfelige Narbe, unter welcher die beiden Staubbeutel verborgen sind, und von unten durch lange steife nach rückwärts gerichtete Haare. Da sich die beiden Zipfel der geöffneten Narbe über die Staubbeutel hinschla- gen, ist Selbstbefruchtung ausgeschlossen; indem jedoch Insekten ins Innere der Krone eindringen, bedecken sie sich mit Blütenstaub und übertragen diesen auf die Narbe der Blüte — deren Krone verschmälert sich nach rückwärts in eine spitze hohle spornförmige Aussackung —, welche sie dann besuchen, und fegen ihn an dieser ab. Bemerkens- wert ist, dass der Sporn dieser Arten im inneren nektarähnliche Drü- sen trägt; das Insekt, durch deren Farbe getäuscht, kehrt unverrichteter Sache wieder aus der Blüte zurück; ist es mächtig genug, die Haare niederzudrücken, so kann es, mit dem Rücken sich stark dem offenen Staubbeutel anpressend, nach aussen gelangen; ist es dagegen hiezu zu schwäch, so bleibt ihm nichts anderes übrig als hinter dieser Haar- reuse zurückzubleiben und seines Schicksals zu harren: aller Wahr- scheinlichkeit nach helfen diese Drüsen mit, das gefangene Insekt zu vertilgen. Es ist dies ein gutes Beispiel eines Kesselfangapparates.“ Alpen-Fettkraut, pingwicula alpina. Ziemlich seltenes Pflänzchen mit zartem Stengel von etwa 65 mm Höhe mit gipfel- ständigem weissem Blütchen mit ein, seltener zwei zitronengelben Flecken. Der dunkle Sporn rückwärts an der Blüte kurz und stumpf, etwas eingebogen. Die Lappen des Blütensaumes ungleich, wie beim gemeinen Fettkraut: Oberlippe kurz, breit, zweilappig, Unterlippe be- deutend länger, breit dreilappig. Blüht Mai bis Juli; zweijährig; auf der Benediktenwand, kommt aber auch auf Mooswiesen vor, wo das gemeine, blau blühende Fettkraut das häufigere ist. 3. „Viel rascher und auffallender als am Fettkraut vollziehen sich die Bewegungen, durch welche die Einschliessung und Verdauung kleiner Tiere erreicht wird, an jenen Gewächsen, welche die zweite Gruppe dieser Abteilung der Tierfänger bilden, und als deren bekann- teste Repräsentanten die Arten der Gattung Sonnentau, drosera (Fa- milie Sonnentaugewächse, droseraceae), vorzuführen sind. Sie wurzeln durchweg auf feuchtem, dunklem Moorboden, zeigen auch ganz ähnliche Standorte wie die Fettkrautarten, und häufig genug sieht man Sonnen- tau und Fettkraut knapp neben einander auf einem und demselben handbreiten Streifen des sumpfigen Grundes gedeihen. „Sonnen-Thaue, Ros Solis, und Solaria, wird also genannt, dieweil seine Blätter pflegen voll Tropffen wie ein Thau zu stehen, wann die Sonne dess Mittags im hohen Sommer am heissesten scheinet. Dann schwitzet dieses Kräutlein, dass seine Blättlein, wie ein 'Thau, voller Tropffen stehen. Es wächst an sonderlichen Orten, da Wasser-Bäche fliessen, und auch an mosichten Orten, dass es wohl möchte unter die Moss- Kräuter gezehlet werden.“ — Was beim Anblick des rundblätterigen Sonnentau’s, drosera rotundıfolia, sowie überhaupt aller 40 bisher bekannt gewordenen Sonnentau-Arten zunächst am meisten auffällt, sind die weichen weinroten, an dem freien Ende kolbenförmig ver- diekten und mit einem glänzenden Tröpfchen besetzten Wimpern, die von den Blättern abstehen und deren Aufgabe im wesentlichen dieselbe ist wie jene der gestielten und ungestielten Drüsen des Fett- krautblattes. Diese Wimpern des Sonnentau gehen nur von der oberen Blattseite und vom Blattrand aus; die untere Blattseite ist glatt und kahl und liegt bei manchen Arten, so bei der rundblätterigen, dem feuchten moosigen Boden auf. Im dieser Beziehung, sowie auch darin, dass sämtliche Blätter eines Stockes grundständig oder, was jedoch eigentlich unrichtig, wurzelständig — „weil sie durch die horizontale scheibenförmige Ausbreitung der Stengelglieder, Internodien, aus Einem Punkte oder in konzentrischen Kreisen unmittelbar über der Wurzel zu entspringen scheinen“ — und um den zentralen blütentragenden schlanken Stengel rosettenförmig oder strahlenförmig gruppiert sind, besteht eine recht auffallende Analogie der Drosera nicht nur mit der Pinguieula, sondern noch mit mehreren anderen Tierfängern. Die Wimpern, welche von der oberen Seite und vom Rande des Blattes » — 343 — ausgehen und sich wie die in ein flaches Kissen eingesenkten Steck- nadeln ausnehmen, sind von ungleicher Grösse. Am kürzesten sind jene, welche senkrecht vom Mittelfelde anfragen, am längsten diejenigen, welche vom äussersten Rand strahlenförmig abstehen. Diese Extreme sind durch allmälige Übergänge verbunden. In runder Zahl kommen auf ein Blatt 200 solcher Wimpern. Das kolbenförmige Köpfchen am freien Ende jeder Wimper ist als Drüse aufzufassen. Dasselbe scheidet eine helle klebrige zähflüssige leicht in Fäden ausziehbare Masse ab, welche im Sonnenschein wie ein Tautröpfchen schimmert und glänzt, was auch zu der Benennung Sonnentau Veranlassung gab. Erschütterungen durch Wind oder fallende Regentropfen bringen keiner- lei Veränderung an den Wimpern hervor. Wenn der Wind Sand- körnchen und Erdteilchen mitführt und diese auf das Blatt anweht, oder wenn man absichtlich kleine Splitter von Glas, Kohle, Gummi, Zucker, oder winzige Mengen von Kleister, Wein, Thee oder was im- mer für anderen stickstofffreien organischen Körper mit dem kolben- förmigen Ende der Wimpern in Berührung bringt, so nimmt dort die Ausscheidung von Flüssigkeit zu, auch wird das Sekret sauer; aber es erfolgt keine Absonderung von Pepsin und keine merkbare Ver- änderung in der Richtung der Wimpern und der Lage der Blattränder. Sobald aber ein kleines Insekt, welches die glänzenden Perlen an den Wimpern für Honigtröpfehen hält, herbeigeflogen kommt, sich auf das Blatt niederlässt und dabei die Drüsen berührt, oder sobald man künstlich kleine Partikelehen stickstoffhaltiger organischer Körper, namentlich Fleisch und Eiweiss, auf die Köpfchen der Wimpern bringt, so erfolgt, wie beim Fettkraut, sofort eine vermehrte Ausscheidung der sauren Flüssigkeit und die Ausscheidung eines Ferments, welches mit dem- Pepsin in seiner Wirkung auf eiweissartige Verbindungen ganz übereinstimmt und auch als Pepsin bezeichnet werden kann. Die angeflogenen kleinen Insekten, welche an der klebrigen Flüssigkeit hängen geblieben waren, suchen sich derselben zu ent- ledigen und mit den Beinen die zähflüssige Masse abzustreifen, besudeln sich aber dadurch nur noch mehr, sind bald an allen Teilen ihres Körpers beschmiert und durch das klebrige Sekret in den Bewegungen beschränkt. Ihre Versuche, sich zu retten, hören auch bald auf, und da die Mündungen ihrer Atmungsorgane mit dem Sekrete. überzogen und verstopft werden, erleiden sie in verhältnismässig kurzer Zeit den Erstickungstod. Alle diese Vorgänge stimmen mit jenen, welche durch die gleiche Ursache an dem Fettkrautblatt veranlasst werden, der — 344 — Hauptsache nach überein. Was aber die Blätter des Sonnentau’s be- sonders auszeichnet, sind die Bewegungen, welche die Wimpern infolge der Reizung durch tierische Körper vollführen, und die am auffälligsten an den vom Saume des Blattes strahlen- förmig abstehenden längsten Wimpern zu beobachten sind. Wenige Minuten nachdem die Drüse einer solehen randständigen Wimper durch Anheften eines tierischen lebendigen oder toten Körpers gereizt wurde, bemächtigt sich des ganzen Wimperbesatzes eine förmliche Aufregung. Zunächst beugt sich diejenige Wimper, welche die gereizte mit dem tierischen Körper bekleidete Drüse trägt, nach einwärts und führt dabei eine Bewegung aus, die man mit jener des Zeigers einer Uhr ver- gleichen kann. Unter besonders günstigen Verhältnissen bewegt sie sich schon in zwei bis drei Minuten um einen Winkel von 45° und in 10 Minuten um 90° einwärts. Noch anschaulicher als durch das Vorrücken des Zeigers einer Uhr kann man sich diese Bewegung vor- stellen, wenn man das Sonnentaublatt mit der menschlichen Hand vergleicht und denkt, dass ein an der Fingerspitze angeklebter Körper durch die Einwärtskrümmung des betreffenden Fingers im Laufe von zehn Minuten zur Fläche der Hand hinbefördert wird. Etwa zehn Minuten später nachdem sich die erste Wimper in Bewegung gesetzt hat, beginnen auch die neben ihr stehenden sich zu beugen, nach wieder zehn Minuten folgen die weiter entfernten, und im Verlauf von einer bis zu drei Stunden (ich beobachtete selbst fünf Stunden) sind sämtliche Wimpern gegen den tierischen Körper, welcher die Beute der zuerst in Bewegung geratenen Wimper geworden war, als dem gemeinsamen Ziel aller dieser Bewegungen hingeneigt. Alle diese Be- wegungen wechseln von Fall zu Fall und ergänzen sich gegenseitig nach dem jeweiligen Bedürfnisse und dem augenblicklichen Vorteil. Immer soll durch die kombinierten Bewegungen das eine erreicht wer- den, dass die Beute, mit reichlichem aus zahlreichen Drüsen zufliessen- den Sekrete versetzt, sich auflöst und so zur Aufsaugung, beziehentlich Ernährung geeignet wird. Ist ein Insekt an einer der randständigen Wimpern hängen geblieben, so würde die dort abgesonderte Flüssigkeit zu dem erwähnten Zwecke nicht genügen; es wird daher die Beute möglichst weit gegen die Mitte der Blattfläche übertragen, damit sie dort mit der ausgeschiedenen Verdauungsflüssigkeit einer möglichst grossen Zahl von Drüsen in Berührung kommt. Nur dann wenn das gefangene Tier von etwas grösserem Umfange ist, höhlt sich das Blatt in der Mitte löffelförmig aus, und es fliesst von mehr als 50 Drüsen — 345 — die Flüssigkeit in die Grube zusammen. In solchem Falle bleiben die Wimpern auch viel länger eingeschlagen, weil die Auflösung der Beute mehr Zeit beansprucht. War das erbeutete Tier von sehr ge- ringem Umfang, dann ist die Auflösung und Aufsaugung schon nach ein paar Tagen vollendet; die Wimpern heben sich empor, strecken sich gerade und nehmen ihre ursprüngliche Lage wieder ein. Von den gefangenen Tieren sind noch die Kiefer, Flügel, Facettenaugen, Bein- schienen u. dgl. unverdaut zurückgeblieben; das Fleisch und Blut der- selben ist aber vollständig ausgesaugt, und auch alle Flüssigkeit, welche die Drüsen zum Behufe der Lösung ausgeschieden hatten, ist von den- selben zurückgesaugt worden. Die erwähnten unverdauten Reste hängen jetzt an trockenen Wimpern und können durch Winde leicht von den Blättern des Sonnentau’s weggeweht werden. Nach ein oder zwei Tagen scheiden die in ihre ursprüngliche Lage zurückgekehrten Drüsen am Ende der Wimpern wieder klebrige Flüssigkeit in Gestalt von kleinen Tauperlen aus, und das Blatt ist neuerdings ausgerüstet, Beute aufzunehmen und die geschilderten Bewegungen zu wiederholen. Unter den Tieren, welche dem Sonnentau zum Opfer fallen, spielen kleine Mücken die hervorragendste Rolle, aber auch etwas grössere Fliegen, geflügelte und ungeflügelte Ameisen, Käfer, kleine Schmetterlinge, ja selbst Libellen kommen fliegend, laufend oder kriechend herbei und verkleben sich mit den gleich Leimspindeln ausgestreckten drüsen- tragenden Wimpern. Grössere Tiere, wie namentlich Libellen, werden durch Beteiligung von zwei oder drei benachbarten Blättern festge- halten. Wie gross die Zahl der vom Sonnentau erbeuteten Tiere ist, mag darnach berechnet werden, dass man einmal auf einem einzigen Blatt die Reste von 13 verschiedenen Insekten gefunden hat.“ „Fettkraut und Sonnentau gedeihen nur, wenn der zur Bildung des Protoplasma — d. i. jene dickflüssige, oft feine Körnchen führende Schleimmasse, die aus stickstoffhaltigen Substanzen besteht, der Haupt- sitz des chemischen Stoffwechsels ist, und die eigentliche Grundlage der Zelle bildete — unumgänglich nötige Stickstoff den betreffenden Pflanzenstöcken zugeführt wird. Woher sie denselben nehmen, wird nach dem Standorte verschieden sein. Wurzeln sie in dem tiefen Rasen des Torfmooses in einem weiten ebenen Moore, so wird die Zufuhr von Stickstoff sowohl aus dem Boden als auch aus der Luft eine äusserst beschränkte, ja wahrscheinlich eine ungenügende sein, und in letzterem Falle ist dann die Nahrung, welche aus den Leichen ge- fangener Insekten bezogen wird, nicht nur nützlich und vorteilhaft, — a6. sondern sie kann sogar notwendig sein. Sind diese Pflanzen dagegen in der Lage, an jener Stelle, wo sie spontan oder gepflanzt aufwachsen, ihren Bedarf an Stickstoff aus dem Boden oder aus der Luft zu ge- winnen, so können sie der Stickstoffquelle, welche sich ihnen aus ge- fangenen Insekten erschliessen würde, ohne Nachteil ganz entraten, Es ist sehr beachtenswert, dass tierfangende Pflanzen im Freien immer nur an solchen Stellen wachsen, wo es mit der Stickstoffnahrung sehr schlecht bestellt ist. Die Mehrzahl findet sich in Tümpeln, welche von Grundwasser gespeist werden, das seinen Weg durch Torfschichten nimmt, oder im schwammigen Torfe selbst oder auch in dem Rasen der Torfmoose. Das Wasser, welches an solchen Standorten durch die Saugzellen aufgenommen werden kann, ist jedenfalls sehr arm an stickstoffhaltigen Verbindungen; auch die Menge dieser Verbindungen, welche an den genannten Stellen aus dem Boden in die Luft über- geht, ist eine äusserst geringe und nichts weniger als nachhaltige. Unter solchen Umständen ist dann die Gewinnung von Stickstoff aus eiweissartigen Verbindungen verendeter Tiere jedenfalls von Vorteil und es erklären sich alle die mannigfaltigen Gruben, Fallen und Leimspindeln als Einrichtungen, durch welche dieser Vorteil ausgenützt wird.“ „Das feine Zaserwürzelchen des rundblätterigen Sonnentau be- rührt den schwarzen Moorboden nicht, sondern schöpft seine Nahrung aus den dichten grünweissen Rasen des Torfmooses, sphaynum, auf denen der Sonnentau am liebsten ruht. Auf diesem breitet sich die zierliche Blätterrosette aus. Die lang gestielten kreisrunden etwas fleischigen Blätter sind hell gelbgrün und gehen am Rande in rosenrot über, welche Farbe auch die zarten Drüsenhaare durchdringt, welche die Oberseite und den Rand der Blätter bedecken. — Der Sonnentau lenkt unsere Aufmerksamkeit auf seine Träger, die Moose. Sie sind es ja, welche der so eigentümlichen Landschaft, die uns umgibt, den Namen geben. Man nennt solche Stellen oft auch kurzweg ein „Moos“. Die Moose sind hier die herrschenden Pflanzen. In allen Schattierungen des Grün, vom bleichen Grüngrau durch das prangendste Grün bis zum Bronzebraun färben die Moose die ganze Ebene, ja sie bilden für viele Pflanzen den Boden, in welchem sie wurzeln. Sie sind es auch, welche die meiste Masse zur Bildung des Torfes hergeben. Um uns davon zu überzeugen und um zugleich die Lebensweise der Torfmoose kennen zu lernen, raufen wir einen tüchtigen Klumpen davon aus. Er wiegt schwer in unserer Hand, denn er strotzt von Wasser, das wir daraus in Strömen auspressen können. Der Moosklumpen zeigt — 347 — uns unzählige, bald mehr einfache, bald verästelte, dicht beblätterte Moosstengel, zu einem dichten Rasen sich an einander schliessend, wie die Wollhaare im Vliesse des Schafes. Aber jeder Stengel vereinigt an seinen beiden entgegengesetzten Enden Leben und Tod durch un- merkliche Übergänge des einen in den andern. Oben grünt er freudig und am unteren Ende ist er nicht bloss tot und entfärbt, sondern in auflösender Verwesung begriffen und endigt als schwarzbraune Torf- faser. Wir können an einem einzelnen Moosstengel keine Stelle an- geben, von welcher wir sagen können, oberhalb ihrer sei er lebendig und darunter tot. Untersuchen wir den Moosklumpen weiter, so finden wir, dass er in seinem feuchten Schoosse eine Menge fremder Keim- pflänzchen birgt, denen er Wohnung und Nahrung gewährt. Das Moos hat darum ein vollgiltiges Recht, dem Torfbruche seinen Namen zu geben. Überhaupt lernen wir hier die Bedeutung der Mooswelt würdigen. Wenn sie auch nur zarte Gewebe sind, so bilden sie zuletzt doch durch ihr ununterbrochenes Fortwachsen, welches gleichen Schritt. mit der Verwesung der unteren Enden hält, eine immer wachsende Masse und einen Stoff zur Torfbildung und mittelbar zur Torfwerdung höherer ansehnlichere Massen hergebender Pflanzen, weil sie diese erst in ihrem Schoosse erziehen. Vielleicht haben selbst bei der Stein- kohlenbildung die Moose eine Rolle gespielt. Ihre ganze Bedeutung findet die Mooswelt aber in den Polarländern, wo sie es ist, welche die geringste sich darbietende Gelegenheit, pflanzliches Leben zu ver- mitteln, sofort ergreift, und neben und äuf dem Eise das Grün hervor- zaubert, das von einer tiefen, bedeutungsvollen Auffassung als Farbe der Hoffnung geheiligt worden ist.“ Einem 1891 erschienenen Aufsatz: „Die Geschichte eines Torf- moors“ entnehme ich das Nachstehende. Im feuchten Grunde einer Mulde, die keinen natürlichen Wasserabfluss besitzt, steht ein Eichen- wald, Tümpel und Lachen finden sich zwischen den Stämmen am Boden, in nassen Zeiten zusammenfliessend, im Sommer teilweise aus- trocknend. Die Bäume sind der gelegentlichen Überschwemmung ge- wohnt und stehen fest auf ihren starken Wurzeln. Ihre Blätter fallen und spriessen, ihre Stämme ragen und runden sich, und sie wachsen, unbehelligt von Menschenhand, einer Urwaldzukunft von Jahrhunder- ten entgegen. Da kommt eines Abends irgend ein Käfer herange- schwirrt und ruht sich aus, um ein einziges Körnchen abzuputzen, welches ihm draussen beim Umherkriechen unter die Flügelchen ge- raten war; er entledigt sich desselben und fliegt weiter. Und dieser — 348 — Käfer hat das Schicksal des Waldes herangetragen. Denn das winzige Körnlein ist ein Riese an sprossender Kraft und es wird die stolzen Eichen begraben. Ihm ist wohl in dem Sumpf, mit Wonne saugt es die Feuchtigkeit ein, dehnt sich und sprengt seine Hülle. Grünliche Zellfäden wachsen aus ihm hervor, dann feine Würzelehen, die sich im Boden festsaugen. Sie nähren zunächst nur eine winzige grüne Masse von unbestimmter Form; allmälig aber entwickelt sich daraus ein Moosstämmchen mit Blättern, und zwar ein merkwürdiger Stamm mit merkwürdigen Blättchen. Zur guten Hälfte besteht jener aus grossen Zellen, die nichts enthalten als Wasser. Die jungen Blätter bestehen anfangs aus gleichartigen Zellen; mit der Zeit aber bildet sich bei ihnen eine Formverschiedenheit heraus: je vier schmale, mit grünem Farbstoff gefüllte Zellen umgeben eine grössere viereckige; diese letztere verliert beim Wachsen ihren organischen Inhalt und wird ein Wasser- behälter. Zugleich wachsen die inneren Teile des Blattes schneller als der Rand, und dadurch nimmt das ganze Blättchen die Form eines Kahns an, dessen Höhlung wieder Wasser zu fassen im stande ist. Der Stamm treibt kleine Zweige, die ihm nahe anliegen, und in den Achseln sammelt sich gleichfalls Wasser an. So ist das ganze Pflänz- chen fast nichts anderes als ein Schwamm voller Hohlräume; es hat deren so viele und es enthält so wenig grünen Farbstoff, dass es nicht einmal eine gesunde grüne Farbe hat, sondern einen grauen Teint, durch den das Grün nur leise schimmert: es ist ein Torfmoos. Es saugt und wächst, und wächst mächtig. Immer neue Spitzen und Äst- chen treibt es und dehnt sich kriechend aus; am hinteren Ende stirbt es ab und verfault, aber die Spitzen wachsen weiter und bilden Rasen, welche, sich mehr und mehr verbreitend, schliesslich den ganzen Sumpf überwuchern. Sind erst die Lachen und Tümpel mit Torfmoos gefüllt, so tritt eine neue Eigenschaft des Pflänzchens in Wirkung. Es enthält nämlich so viel Gerbsäure, dass das Wasser, in dem es lebt, fäulnis- widrig wird; die Bazillen und Monaden, welche die Fäulnis verur- sachen, können nicht mehr in ihm leben. Die absterbenden Partien _ verfaulen infolge dessen nicht mehr, sondern mumifizieren sich und sammeln sich an: sie bilden eine Unterlage, auf der die jüngste Gene- ration der Mooszweige weiter wächst. So bildet sich das Moos zu einem Polster aus, welches den ganzen Boden überzieht, und wie die einzelne Pflanze ein Schwämmchen, so ist dieses Polster ein riesiger Schwamm, der das an ihn gelangende Wasser festhält und mit dem- selben weiter wuchert. Mächtig schwillt es heran und legt sich um — 349 — die Eichenstämme. Jahrzehnte lang hält es ihren Fuss fortwährend in sumpfigem Nass gehadet und die Bäume widerstehen schliesslich dieser endlosen Verschwemmung nicht; sie sterben ab. Lange noch mögen sie mit entblätterten Kronen dastehen, aber endlich werden sie morsch und der Wind bringt sie zu Falle; stürzend versinken sie in dem Schwamm, der sie vernichtet hat; er wird ihr Grab und wächst über sie hinweg, haushoch, bis sie verloren und vergessen sind. Hun- derte von Jahren dauert dieser Vorgang, dann tritt vielleicht einmal eine Änderung ein. Das Klima wird auf ein oder einige Jahrhunderte trockener, der grosse Schwamm hat nicht mehr Wasser genug, um sich vollgesogen zu erhalten, und er trocknet mehr oder weniger ein, An seiner Oberfläche sammelt sich Staub, Torfpflanzen siedeln sich auf ihr an, dann Heidekräuter und verwandte Gewächse. Diese machen mit der Zeit aus dem lockeren Moosboden ein an der Oberfläche festes Gelände, welches mit immer steigendem Gewicht auf seine Unterlage drückt. Das Torfmoos setzt sich und sinkt zusammen. Dabei verliert es immer mehr von seiner Schwammigkeit und so schafft sich allmälig aus ihm ein flacher, solider Untergrund, auf dem erst Sträucher, dann Bäume gedeihen. Das Werk des Körnchens liegt nun seinerseits unter dem Boden und ist vergessen. Aber es ist darum noch nicht zu Ende. Unter dem Einfluss der Zeit und des auf ihm lastenden Druckes ver- wandelt sich das begrabene Moos in eine schwarze, mässig feste Masse; das ist der Stoff, den wir unter dem Namen Torf kennen. Derselbe besitzt in hohem Grade die Eigenschaft, undurchlässig für Wasser zu sein, und nachdem er vollständig ausgebildet ist, steht der neue Wald wie der frühere .auf einer Grundlage, aus der die Feuchtigkeit nicht abziehen kann. Kommt also eine längere Periode grösserer Nässe, so wird er sumpfig und wie sein Vorgänger, der Zufall bringt eine neue Anpflanzung von Torfmoos hervor und der zweite Wald verfällt dem- selben Schicksal wie der erste; auch er versinkt im Moossumpf. Ihm kann ein dritter und ein vierter folgen, das Ende der Reihe ist nicht abzusehen. Einmal in geschichtlicher Zeit ist das Versinken eines Waldes im Torf beobachtet worden. Im Jahre 1651 fand Lord Cromarty bei Lochburn in West-Ross (schottische Grafschaft) eine Ebene, die voll abgestorbener Fichtenbäume stand. Fünfzehn Jahre später traf er an derselben Stelle nicht mehr die stehenden Bäume, sondern ein Polster von Torfmoos, welches so tief war, dass er bei dem Versuch, dasselbe zu. betreten, bis an die Achselhöhlen hineinsank. Die Fichten waren darin verschwunden. In der grossen Mehrzahl der — 350 — Fälle hat kein Mensch dem Vorgang beigewohnt, aber man findet im Torf die begrabenen Bäume, und zwar wie es dem Gresagten gemäss der Fall sein muss, öfter in verschiedenen, durch Torf von einander getrennten Schichten. Zu unterst liegen diejenigen, die zuerst ver- sanken, dann folgt eine Schicht von Torf, der über ihren Leichen ge- wachsen ist, dann wieder eine Schicht Bäume, dann wieder Torf u. s. w. Man kennt Moore, in denen sechs und mehr derartige Baumreste über einander liegen, Eichen, Tannen, Birken, Weiden, Erlen, Eschen, Wacholder, Lärchen und Haselnussstämmechen. Sie alle sind deutlich zu unterscheiden, denn der Gerbsäuregehalt des Torfs konserviert sie. Manchmal ist nur diejenige Hälfte der Stämme gut erhalten, welche nach dem Fallen die untere war, während die obere fehlt; das sind Exemplare, die längere Zeit oben auf dem Torfmoos gelegen haben, ehe sie ganz darin einsanken; bei diesen wurde die untere Hälfte vor der Verwesung geschützt, während die obere sich an der Luft zersetzte und ihre Reste in unkenntlicher Form dem Moos beimischte. Wir haben hier die Geschichte eines baumhaltigen Moors geschrieben ; selbst- verständlich sind die Bäume zur Entstehung eines Torfmoors nicht er- forderlich; siedelt sich das Moos in einem nassen Grunde an und wird sein Wachstum nicht durch gelegentliche Zeiten der Trockenheit ge- stört, so wächst es für sich; die untersten, seit vielen Jahrhunderten abgestorbenen Schichten desselben werden schwarz und bilden toten Torf, während die oberu weiter wachsen. Oder das Moospolster stirbt ab und bleibt trocken; dann verwandelt es sich ganz und gar in schwarzen Torf. So kann man zwei Arten von Mooren unterscheiden, tote und lebende; die einen sind in früherer Zeit gebildet, enthalten nur schwarzen Torf und wachsen nicht wieder an, wenn man sie aus- beutet; die andern sind bloss im untern Teile schwarz, darüber liest eine meist von Eisenteilen rot gefärbte Schicht erst kürzlich abge- storbener Pflanzen, und darüber die noch lebende Gewächsmasse, die oben fortwuchert, während “man unten ihre Erzeugnisse herauszieht. Die Torfmoore gehören zu den Gegenständen, an denen man so recht sehen kann, wie mächtig die Kleinen in der Natur durch ihre grosse Zahl werden können. Der Raum, den sie auf der Erde einnehmen, ist von ungeheurer Grösse. Bekannt ist die gewaltige Ausdehnung der Moore von West-Hannover und Friesland (Niederland); Ansammlungen von ähnlicher Stärke finden sich an vielen andern Stellen der Erde. Rechnet man dazu, dass die (oder manche) Steinkohlenlager nach der allerdings nicht unbestrittenen Annahme vieler Geologen (Erdkundigen) = nichts anderes sind als fossile (veraltete) Torflager, so muss man zu- geben, dass die Torfmoose in der Geschichte der Welt eine sehr bedeutende Rolle gespielt haben. Aber auch wenn man von den Stein- kohlen absieht, bleibt dieser Satz bestehen; denn in den nassen Nieder- ungen schafft der Torf die Grundlage, auf der später Wiesen und Wälder grünen. Das Paradies der Torfmoore in der Gegenwart ist in Irland und Schottland zu suchen, deren feuchtes Klima ihr Wachstum ungemein befördert. Die lebenden Moore bilden dort hügelige Polster, welche kirchturmhoch über das Land emporragen. Viele sind gar nicht betretbar, der Unkundige, der sich auf sie wagt, versinkt darin; andere haben trockene Stellen, die beschritten werden können. Hie und da kann die Schwammigkeit des Materials zu sonderbaren Unglücksfällen führen; vor einigen Jahren platzte in Nordschottland ein mächtiges lebendes Torfmoor unter der Wucht des von ihm eingesogenen Wassers. Und aus dem Innern des geborstenen Hügels ergoss sich, wie Lava aus einem Vulkan, ein fürchterlicher Strom von zähem Torfschlamm, floss meterhoch in die Strassen eines benachbarten Dorfes, drückte einige Häuser um, quoll drei Nächte und zwei Tage unaufhörlich weiter und versetzte die Anwohner in Zustände, wie sie sonst eben nur durch Schlammvulkane zu Wege gebracht werden. — Man unterscheidet im allgemeinen Hochmoore und Wiesenmoore. Das Wasser der ersteren ist kalkarm, das der letzteren kalkreich. Der Aschengehalt der beiden Torfarten, worauf es bei der Vegetation haupt- sächlich ankommt, ist ebenfalls verschieden, indem die Hochmoore ver- -hältnismässig wenig, die Wiesenmoore viel Kalk führen. Damit stimmt überein „ dass jene eine Thon-, diese eine Kalkunterlage haben. An einen physikalischen Unterschied ist dagegen nicht zu denken, nament- lich für solehe Gewächse, deren Wurzeln in beständig nassem Boden sich befinden. Die Hochmoore tragen aber eine andere Vegetation als die Wiesenmoore. — Es gibt kaum zwei ungleichere Standorte als die humusarmen Heiden, wo die Gewächse in dem trockenen Kalkkies wurzeln, und die kalkarmen Hochmoore, wo die Wurzeln beständig in feuchtem Torf sich befinden. Beide kommen auf der Münchener Hoch- ebene neben einander vor. Beide tragen, wie es sich zum voraus er- warten lässt, im allgemeinen eine ganz ungleiche Vegetation. Allein auf beiden findet sich die gleiche Varietät von Hieracium. prlosella (gemeines Habichtskraut), H. praealtum (hohes H.), AH. auricnla (Aurikel-H.) und einigen andern Pflanzen. Bezüglich der Varietäten-Bildung spricht sich Nägeli in seiner — 352. — Abhandlung „über den Einfluss äusserer Verhältnisse auf die Varie- tätenbildung im Pflanzenreiche“ (1865) folgendermassen aus. Die Bildung der mehr oder weniger konstanten Varietäten oder Rassen ist nicht die Folge und der Ausdruck der äussern Agentien, sondern wird durch innere Ursachen bedingt. (Der Einfluss der äussern Verhältnisse bewirkt allerdings auch Modifikationen an der Pflanze, aber es sind dies keine eigent- lichen Varietäten oder Rassen, sie führen auch nicht dazu und er- langen keine Konstanz. Den Ausdruck Rassen brauche ich mit Varie- täten synonym, indem ich alle diejenigen Rassen der Gärtner und Viehzüchter ausschliesse, welche nur durch besondere Ernährung und Pflege, oder, insofern es Pflanzen sind, durch die geschlechtslose Ver- mehrung konserviert werden und somit keine wirkliche Konstanz be- sitzen.) Die Richtigkeit dieses Ausspruchs, welcher gegenüber der in der jetzigen Wissenschaft giltigen Ansicht allerdings höchst paradox erscheinen mag, ergibt sich aus zwei Reihen von Thatsachen, aus dem Verhalten der zur nämlichen Pflanzenart gehörigen Individuen einer- seits unter den gleichen, anderseits unter verschiedenen äussern Ver- hältnissen. Dieses Verhalten aber besteht darin, dass 1. in einer Menge von Beispielen die verschiedenen Varietäten der gleichen Art auf dem nämlichen Standort, also unter den nämlichen äussern Ver- hältnissen vorkommen und dass die von dem Pflanzenzüchter erzeugten ungleichen Rassen oder Abarten einer Spezies unter den gleichen äussern Bedingungen entstehen; 2. dass die nämliche Varietät einer Pflanze auf sehr verschiedenen, selbst auf den heterogensten Lokali-- täten getroffen wird, und dass bei der Rassenbildung auf künstlichem Wege die nämliche Rasse unter verschiedenen äussern Verhältnissen sich bilden kann. Dieses Verhalten ist ohne weiteres beweisend. Würden die Varietäten durch die klimatischen Einflüsse bedingt, so müsste jeder wesentlich verschiedenen Kombination von solchen, also jedem ausgezeichneten Standorte eine besondere Varietät entsprechen. Eine Pflanze, die in sumpfigen Wiesen und auf trockenen Hügeln vor- kommt, hätte zwei diesen Lokalitäten entsprechende Formen, nämlich eine varietas paludosa und eine varietas collina. Selbstverständlich könnte die varietas paludosa nicht auf den trockenen Hügeln, die varietas collina nicht in den sumpfigen Wiesen wachsen. Wenn nun eine Pflanze zwei Varietäten hat, von denen beide zugleich auf trocke- nen Hügeln und in sumpfigen Wiesen vorkommen, so dürfen wir mit vollstenr Rechte sagen, dass der durch diese beiden Lokalitäten ausge- a drückte Gegensatz nicht die Ursache der Varietätverschiedenheit ist. Wir könnten nun vermuten, dass der Grund der Varietätenbildung in irgend einem andern äussern Moment liege. Es könnte z. B. die eine Hälfte der Hügel und zugleich auch die eine Hälfte der Sümpfe be- schattet und nördlich exponiert, die andere besonnt und südlich ex- poniert sein. Oder es könnte die eine Hälfte der Kalk-, die andere der Schieferformation angehören u. s. w. Ist es nun möglich, zwei oder mehrere Varietäten einer Art auf alle bekannten äussern Agen- tien und ihre Kombinationen zu prüfen und stimmt ihr Vorkommen mit keiner überein, so müssen wir sagen, dass diese Varietäten nicht durch die äussern Einflüsse erzeugt wurden. Würden die Varietäten durch die klimatischen und Bodeneinflüsse bedingt, so könnte ferner der Gärtner aus den nämlichen Samen auf dem gleichen Gartenbeet nur eine Rasse hervorbringen; er müsste auf zwei verschiedenen Beeten, die wesentlich ungleiche Verhältnisse darböten, deren zwei er- halten. .Wenn er aber auf dem gleichen Gartenbeet zwei oder mehrere verschiedene Rassen erzielt, und wenn er auf verschieden hergerichteten Beeten die gleichen erzeugt, so sind. wir gezwungen, diese Formen nicht von äusserer Einwirkung, sondern von innern Ursachen abzu- leiten. Diese Konsequenzen sind für ein logisches Urteil ganz unab- weisbar. Sie sind so einfach und klar, dass gewiss jeder bei näherer Überlegung sie unbedingt zugeben muss. Wenn aber die Konsequenzen bis jetzt nicht gezogen, wenn sogar das Gegenteil allgemein angenommen und behauptet wurde, so liegt der Grund nur darin, dass man sich nicht gründlich mit dem Gegenstand beschäftigte, dass man sich nicht die Mühe nahm, die Fragen richtig zu stellen, dass man sich mit einer oberflächlichen Betrachtung begnügte. Der rundblätterige Sonnentau findet sich hier etwa !/e Stunde westlich des Klostergebäudes auf der moorigen Wiese, auf Moos- büscheln, desgleichen etwas weiter in einem Wäldchen in der Richtung gegen Penzberg. Er beginnt seine Blätter schon Ende April zu ent- falten, sie sind da noch grün und sehr schwer von dem unterliegenden Moosboden zu unterscheiden; die Blütezeit fällt in den Juli und August und dauert etwa drei Wochen. Aus der Mitte der eine Rosette bilden- den grundständigen sechs bis sieben Blättchen, aus ihrem rendez-vous- Punkte, erhebt sich Ende Juli ein, seltener zwei, schlanker, blattloser, 4—6,5 em langer Stiel oder Stengel mit drei bis fünf (selten zwei) kleinen, weissen, kurz gestielten, vierblätterigen Blütchen. Diese kleinen, weissen Blumenkronblätter sind an der Basis in einen gelben Nagel Daffner, Voralpenpflanzen. 23 ee zusammengezogen und das. Gewebe dieses Nagels scheidet spärlichen Honig aus. Der Stengel bleibt bis Ende September und bilden sich bis dahin die länglich eiförmigen Samenkapseln aus. Der langblätterige Sonnentau, drosera longifolia, hat ebenfalls einen moorig-moosigen Standort, kommt aber in der Umgebung Benediktbeuerns nicht vor; er findet sich z. B. auf den moorigen Wiesen der Umgebung Freisings, wenn auch etwas seltener, zugleich mit der rundblätterigen Art. Ich wiederhole nochmal, dass die Drosera sehr schwer aufzufinden ist; sie ist fast immer zu mehreren auf engem Raum beisammen in feuchtem Moosbüschel versteckt — ich zählte bei einem Durchmesser des Moos- büschels von 25 em zehn Pflänzchen —, über ‘dessen Oberfläche sie sich kaum ein wenig erhebt, indem die Blättchen wie eingebettet auf- liegen. Am letzten April habe ich den Durchmesser der Blättchen, d. i. der Blattspreite, nahezu gleichmässig zu 3,5 mm ohne Wimpern, mit diesen bis zu 6,5 mm gefunden. Die Blättchen sitzen wie gesagt strahlenförmig in, eine Rosette bildender Anordnung, gewöhnlich zu sechs bis sieben an einem Pflänzehen, und haben die Blattstiele damals eine Länge von 2,5—6,5 mm ‚gezeigt. Ich fand um diese Zeit bei einem Pflänzchen drei, beim andern vier Blätter gut entwickelt, zwei Blätter hatten ein noch ganz grünes Polsterchen (Blattspreite), und eines, bez. zwei waren noch nicht geöffnet, sondern hatten ein einem kleinen Löffelehen oder einem kleinen. Hohlschäufelchen ähnliches An- sehen. In einigen Wochen erschlossen sie sich daun allmälig und blieben so bis Ende September. Im September mass ich die schönsten, grössten Drosera-Blättchen zu 6 mm Längs- oder Höhen-, und 7 mni Quer- oder Breitendurchmesser an S—10 mm langem Blattstiel; die Wimpern mass ich ausserdem bis zu 4 mm Länge. Vor dem Ab- sterben, welches im September beginnt, verlieren die Pölsterchen und Wimpern ihre schöne, purpurrote Färbung, werden wieder grün wie anfangs, dann braun, schwärzlich, mit eingerollten Blattspitzen, fast ähnlich den im Handel vorkommenden Theeblättern, und verschrumpfen zuletzt, gehen atrophisch zu grunde; aber nicht alle Pflänzchen und auch nicht alle Blätter eines und desselben Pflänzchens zu gleicher Zeit, sondern nach und ndch. Das eigentliche Blatt, das die Insekten einfängt, stirbt also ab bis auf die Wurzel — die Pflanze ist eben ausdauernd, perennierend, und im Frühjahr treibt sie wieder frisch. Das Zaserwürzelchen mass ich bis zu 18 mm Länge. Die Drosera ist sowohl in Gärten wie in Töpfen nicht leicht fortzubringen. Folgendes Verfahren ist hiefür das zweckmässigste.e Man sticht einen ganzen — 35 — Moosklumpen mit. der Schaufel heraus, legt denselben in eine halb mit Wasser gefüllte irdene Schüssel, und übergiesst dann jeden Tag, wenn es nicht regnet, abends tüchtig mit Wasser. Die Schüssel steht — den Winter ausgenommen — am besten Tag und Nacht am gleichen Platze im Freien und darf ganz gut den sengenden Sonnenstrahlen ausgesetzt sein, also auf der Südseite sich befinden, ja sie gedeiht dann vortrefflich; an schattigen Orten, auf der Nordseite, geht sie zu grunde. Man muss ihr eben, wie auf die angegebene Weise geschieht, möglichst die Verhältnisse ihres natürlichen Standortes bieten. Es ist in hohem Grade wahrscheinlich, dass die insektenfressen- den Pflanzen Zeugen für eine untergegangene Pflanzenorganisation sind, und dass sie als Übergangsglieder oder Bindeglieder zwischen pflanz- lichem und tierischem Organismus gleich allen Übergangsgliedern als dem Kampf ums Dasein durch ihre innere Einrichtung nicht mehr ge- wachsen ihrer Vernichtung entgegengehen. „Was aber die aus der fossilen Flora etwa zu schöpfenden Vermutungen über die Vegetations- -zustände früherer Erdperioden, sowie über die untergegangenen Pflanzen- formen und ihr Verhältnis zu den jetzt lebenden betrifft, so ist der Erhaltungszustand derselben fast stets so unvollkommen und die Art des Vorkommens so lückenhaft, dass daraus kaum befriedigende Schlüsse gezogen werden können; im allgemeinen dürfte die Frage nach der ersten Entstehung der Pflanzenarten, wie der Dinge überhaupt, da es den Hypothesen darüber an den zu ihrer Begründung unerlässlichen thatsächlichen Daten stets fehlen wird, aus dem Gebiet der Natur- forschung in das der Spekulation zu verweisen sein.“ Pilze. Unter den giftigen Pilzen hebe ich lediglich drei hervor als am auffallendsten und häufigsten vorkommend. Der Gicehtpilz oder Gichtschwamm, phallus impudicus, mor- chelähnlich, daher auch Stinkmorchel genannt, welcher sich Juni bis Oktober auf Waldboden, seltener unter Hecken, Gebüschen und auf Grasplätzen nach Regen rasch entwickelt, ist schon durch seinen Über- zug mit ekelhaft grünlichem Schleim, dunkel olivengrünem Sporen- schleim auf dem eichelförmigen braungrünen Hute, welcher Schleim einen intensiven Aasgeruch verbreitet, abschreckend. Der Stiel ist weiss, zellig, durchlöchert, hohl. Im jugendlichen oder Anfangszustand 23% — 356 — einem Hühnerei mit wurzelartigem Anhängsel gleichend wird er von Landleuten mitunter „Hexenei“ genannt. „Die äussere dieke Haut platzt dann plötzlich und bleibt am Grunde der sich rasch erhebenden gestielten hut- oder eichelförmigen inneren Hülle als Scheide zurück. Trotz seines hässlichen Aasgeruches hat man ihn früher — ohne Erfolg — gegen Gicht und Epilepsie gebraucht. Das weidende Vieh weicht ihm respektvoll aus.“ Der gemeine oder rote Fliegenpilz oder Fliegenschwamm, agaricus muscarius, mit welchem zuweilen Laandleute, nachdem er in Wasser oder Milch abgekocht ist, die Fliegen vergiften, — ein Brauch, der auch in Russland bis Sibirien nicht ungewöhnlich ist. Er findet sich im Sommer und Herbst am Waldrand, im Walde, und‘ unter Gebüschen, einzeln oder truppweise. Der Hut, welcher ausgebreitet einen Durchmesser von 8—20 em und dann einen fein gefurchten Rand zeigt, ist meist glänzend, bei trockener Witterung trocken, bei nasser etwas klebrig, schmierig, mit weissen Bröckelchen, Warzen oder Schuppen — von der Hülle stammenden Hautstückchen, weiche bei dem röten Untergrund dem Schwamme ein prächtiges Ansehen ver- leihen, sich übrigens manchmal, wenn er durch nasses Moos empor- wächst, oder später durch Platzregen verlieren — fast. kreisförmig be- setzt, schön hochrot, vom lebhaftesten dunkelrot bis ins orangerot (gelbrot) übergehend, bleicht aber im Alter oder wenn er lange den Sonnenstrahlen ausgesetzt ist, bis zu schmutzig blassgelb oder bräun- lichgelb ab. Die Lamellen oder Blätter sind rein weiss, zuweilen mit blassgelben Stellen, ihre Länge ist verschieden, die kürzeren erscheinen hinten gerade abgeschnitten, die langen erreichen, spitz zulaufend, fast den Stiel; ihre weissen Sporen fallen sehr reichlich aus. Das Hut- und Stielfleisch ist derb, überall weiss, mit Ausnahme einer roten nach innen scharf begrenzten nicht nach der Mitte des Fleisches laufenden Schicht, welche dicht unter der Oberhaut des Hutes liegt und den Schwamm besonders kenntlich macht. Der weisse häutige zerreissbare Ring, nicht weit vom oberen Ende des walzig runden bis 15 cm hohen Stieles, die Schuppen des Hutes und der Wulst oder Knollen an der Basis des Strunks sind Überreste einer den jungen Schwamm ganz umgebenden flockig-häutigen Hülle, Schleier genannt. Geruch und Geschmack sind unbedeutend, nicht scharf oder beissend, nicht ekel- haft. Er ist insbesondere von dem ihm ähnlichen Kaiserling zu unter- scheiden. „Ganz jung stellt dieser allgemein bekannte Pilz einen runden weissen Knollen vor, an welchem sich oben der Hut als ein — aa — anfangs kleiner, bald aber stark zunehmender, weisser Knopf entwickelt, welcher von einer höckerigen weissen Haut (der äusseren Hülle) be- deckt ist, unter welcher man bald die gelbliche oder rotgelbe Farbe der Oberfläche des Hutes entdeckt und hiedurch einen jungen Fliegen- pilz (sowie durch die dickknollige Gestalt des Unterteils und den höckerigen Überzug des Oberteils) leicht von jungen Champignons unterscheiden kann.“ Der Knollenblätterpilz, agaricus bulbosus s. amaniıta phallordes. Seine Schilderung entnehme ich dem vortrefflichen Büch- Jen von Lenz (Nützliche, schädliche und verdächtige Pilze). „Der Hut, 3 bis gegen 10 cm breit, etwas gewölbt, später flach, haarlos, bei feuchter Luft schmierig, am Rande nicht gefurcht, höchstens zuweilen im Alter; seine Farbe ist weiss oder blassgelb oder blassgrün, selten bräunlich; die darauf sitzenden, etwas dunkleren Hüllfetzen werden vom Platzregen leicht abgespült; Blätter weiss, dicht stehend, von ver- schiedener Länge und spitz zulaufend, etwa so breit wie das Fleisch des Hutes dick ist; Stiel bs 8 cm hoch, bis 1 cm dick, walzenrund, weiss, mit anliegenden Fäserchen, bildet unten einen Knollen, an wel- chem oft Fetzen der zerrissenen Hülle hängen; selten bildet die Hülle eine Scheide. In erster Jugend ist er nicht hohl, später entsteht eine vom Hut allmälig nach dem Knollen hin zunehmende Höhlung in ihm; auch kann man ihn dann biegen, ohne dass er bricht, und in grosse Längsfasern teilen. Etwa 1 em unter dem Hute befindet sich der weisse, häutige, leicht zerreissbare Ring. Das Innere des ganzen Pilzes ist weiss; zuweilen zieht, namentlich wenn die Oberfläche des Hutes nicht rein weiss ist, auch die ganze Oberfläche des Pilzes und das gleich unter ihr liegende Fleisch schwach ins gelbliche oder grün- liche, jedoch nicht ins rötliche. Der Geruch frischer Pilze ist in der Regel gering und nicht angenehm (dem der Kartoffelkeime oft etwas ähnlich), der Geschmack etwas widerlich. Dieser, Sommer und Herbst in Laub- und Nadelwäldern häufige, weniger im Frühjahr sich zeigende Pilz gehört, wie zahlreiche, von verschiedenen Pilzforschern mitgeteilte Thatsachen beweisen, entschieden zu den giftigsten Pilzen, und von ihm rühren unstreitig die meisten Vergiftungen her, namentlich von seinen jugendlichen Zuständen, die man entweder mit jungen Kaiser- lingen oder noch leichter mit Champignons verwechselt, wenn man nicht berücksichtigt, dass der Knollenblätterpilz in- und auswendig überall weiss ist und beim Durchschneiden durchaus nichts gelbes, rotgelbes oder rötliches, wie die vorerwähnten Pilze, zeigt. Aus sorg- * —. 358 — fältig zusammengestellten Beobachtungsreihen über Pilzvergiftungen ergibt sich, dass nicht nur die meisten von Knollenblätterpilzen her- rühren, sondern, dass auch zwei Drittel von diesen Fällen mit tötlichem Ausgange enden.“ Von den essbaren Pilzen gehören nachstehende zu den soge- nannten Blätterpilzen, agaricaceae, welche eine Familie der Ordnung der Hautpilze, hymenomycetes, bilden. Die Hautpilze sind die höchste Form der Pilze; bei ihnen erzeugen sich die Sporen in einer besonderen Schicht, der Keimhaut (Sporenlager, hymentum), welche verschiedene Teile der Pflanze in charakteristischer Weise überzieht. Bei den Blätterpilzen bekleidet die Keimhaut oder das Sporenlager in der Regel die untere Fläche des Hutes in zierlichen radial angeordneten Blättern oder Plättehen (lamellae). Die Zellfäden der Pilze, welche auch das Grundelement des Gewebes der höher ausgebildeten Formen dieser Pflanzengruppe bilden, heissen Pilzfasern oder Pilzfäden. Bei den zu den Hautpilzen gehörigen Arten tritt das fadenförmige Lager, thal- lus, — es ist das eine gleichförmig gebildete Masse, welche Wurzel, Sten- gel und Blatt in Eins verschmolzen darstellt und demgemäss sich durch ein allseitiges Wachstum charakterisiert, wodurch sie ein Lager in verschiedener Gestalt bildet —, gegen die hier vorwiegend entwickelten, aus zahlreichen, gewebeartig vereinigten Pilzfäden bestehenden Frukti- fikationsorgane oder Fruchtkörper meist ganz zurück; es erscheint dann als ein zartes Fadengewebe, welches sich wurzelartig im Boden oder in der Unterlage, worauf der Pilz wächst, verbreitet und Fadenlager oder Pilzlager, mycelium, heisst. „Pilzlager und Fruchtkörper sind demnach (einige Ausnahmen abgerechnet) die zwei wesentlichen Teile einer Pilzpflanze: das erstere entspricht den vegetativen Teilen höherer Gewächse, Wurzel, Stengel, Ästen, Blättern, der letztere den Blüten- und Fruchtzweigen derselben, und beide bestehen, wie schon erwähnt, aus fadenförmigen Zellen, den Pilzfäden oder Hyphen.“ „Das ungemein schnelle Wachstum der Pilze ist geradezu sprich- wörtlich geworden. Ja, wie neckische Kobolde lachen die Pilze uns an, wenn sie uns am frühen Morgen schön und kräftig da vor die Augen treten, wo wir sie am Abend vorher noch nicht gesehen hatten. Darum ist ihre Entstehung den Menschen auch lange rätselhaft ge- blieben, und abergläubische Erzählungen mussten aushelfen, wo das Wissen fehlte. Allerdings sind die Wachstumsbedingungen bei den Pilzen ganz andere als bei den Blütenpflanzen, schon aus dem Grunde, « — 355 — weil jene kein Blattgrün haben. Aus diesem Grunde können sie or- ganische Substanz nicht selbst bilden, bedürfen zu ihrem Wachstum also einer schon zubereiteten Speise. Darum finden wir die Pilze ent- weder als Schmarotzer auf organischen Lebewesen oder sie sind Fäul- nisbewohner und verlangen, wie die grösseren Hutpilze, zu ihrer Ent- wiekelung im Boden ein Mutterlager von verwesenden pflanzlichen oder tierischen Stoffen. Wenn man den Grund und Boden, auf «dem ein Pilz steht, auflockert und genau untersucht, so findet man denselben durchsetzt mit einem flockig-schimmeligen Stoff, der sich schon unter mässiger Vergrösserung als ein Gewebe von kreuz und quer laufenden röhrigen Fäden ausweist. Und woraus entstand dieses Fadengeflecht? Aus Sämlingen von ganz winziger Grösse (!/ıoo—*/ı0000 mm), welche in der Wissenschaft als Sporen bezeichnet werden. Der durchsponnene Boden am Grunde des Pilzes heisst das Pilzlager (Mycelium). Dasselbe ist der wichtigste Teil eines Pilzes, weil es gleich den Wurzeln anderer Pflanzen die Aufgabe hat, Wachstum und Aufbau des Pilzkörpers zu ermöglichen. Trotz seiner Wichtigkeit bleibt es meist unbeachtet; viel- mehr wird der zweite Hauptteil des Pilzes, der in die Augen fallende, aus zahlreichen gewebeartig vereinigten Pilzfäden zusammengesetzte Fruchtträger oder Fruchtkörper, welcher bei den essbaren Schwämmen meist aus Hut und Stiel besteht, als der ganze Pilz angesehen. Bei den Hutpilzen, deren Sporen auf stielartigen Gebilden ruhen, befindet sich das Frucht- oder Sporenlager (Hymenium) auf der Unterseite des (schirmförmigen) Hutes, entweder zwischen Blättern (Lamellen), die sich wie die Speichen eines Rades vom Stiele nach dem Hutrande hin- ziehen, oder in Röhren, Poren und auf Stacheln. Dadurch wird die Ein- teilung der Schwämme in Blätter-, Röhren-, Poren- und Stachelpilzebedingt.“ Bezüglich der essbaren Schwämme, so entnehme ich einem Auf- satze von Gander („die wichtigsten essbaren und giftigen Pilze oder Schwämme“, in: „der praktische Ratgeber im Obst- und Gartenbau“, ‘1890) nachstehendes. „Für das Einsammeln und Verwenden der Pilze sind folgende Regeln zu beachten: 1. Man esse nur frische und junge, an luftigen und sonnigen Orten erwachsene Pilze, die bei trockenem Wetter gesammelt wurden. 2. Im dunklen Waldesdickicht, auf moderig riechendem Boden oder feuchten Stellen wachsende, auch unter Birken stehende Pilze (des Gift- oder Birkenreizkers wegen) dürfen von Un- kundigen nicht gesammelt werden. 3. Schwämme, welche zum Genusse im frischen Zustande bestimmt sind, müssen sogleich nach dem Ein- sammeln gereinigt und zubereitet und längstens binnen 24 Stunden en a gegessen werden; das Übrigbleibende soll nicht mehr später aufgewärmt, namentlich nicht bis zum andern Tage aufgehoben werden, sondern ist zu vernichten. 4. Die zum Trocknen oder Einlegen bestimmten Pilze müssen längstens nach S—12 Stunden entsprechend zugerichtet sein. — Leider fehlt es an Merkmalen, die sich auf alle giftigen Pilze an- wenden liessen. Doch wird es geraten sein, solche Schwämme als ver- dächtig anzusehen, die eine dunkelrote oder zitronengelbe Hutfarbe besitzen, die auf dem Hute warzig oder klebrig sind, widerlich riechen oder schmecken, einen beissenden Milchsaft absondern. Nachdrücklich zu warnen ist, aus der Anwesenheit von Insektenlarven, Schnecken oder Würmern, die sich von ihnen nähren, auf die Unschädlichkeit der Pilze zu schliessen. Gleich wie von den Schnecken bekannt ist, dass sie verschiedene Giftpflanzen verzehren, so gilt es auch von Schwamnfliegen- oder Staubkäferlarven als zweifellos, dass sie, obgleich sie essbare Schwämme bevorzugen, dennoch giftfest sind. Da es aber allgemeingiltige Schutzmassregeln gegen giftige Schwämme nicht gibt, so kann nicht nachdrücklich. genug darauf hingewiesen werden, niemals einen Pilz zu geniessen, den man nicht auf das genaueste als einen essbaren erkennt.“ Hier kommen von essbaren Schwämmen nachstehende vor, und sei hiebei gleich bemerkt, dass der edelste unserer essbaren Schwänme, der Champignon, der einzige Pilz ist, den man bisher künstlich, und zwar mit gutem Erfolge züchtete. Es geschieht dies zumeist in Gärt- nereien grosser Städte, auch in Deutschland, und da Champignons jederzeit eine gesuchte Ware bilden, wird die Mühe auch belohnt. Weil aber mit der Champignonzucht weder grosse Umstände verbun- den, noch umfassende Vorkenntnisse zu derselben erforderlich sind, so kann auch Privatleuten nicht genug empfohlen werden, sich den Genuss dieses vorzüglichen Pilzes durch Anzucht bequem und billig zu ver- schaffen. Ich erlaube mir daher folgendes auf die Kultur und Anlage der Champignonbeete Bezügliche einzuschalten. Nicht überall bestehen die günstigen Bedingungen für die Champignonzucht wie in den Stein- brüchen von Paris oder in den Kellergängen Hatschek’s zu Linz. Die Anzucht der Champignons ist verhältnismässig leicht, und nicht nur der Gärtner, sondern, wie gesagt, auch der Laie kann sich ohne be- sondere Kosten diese schätzenswerte Beikost schaffen, wenn er den An- weisungen folgt, die eben einen Erfolg verbürgen. Mit Fleiss und Aufmerksamkeit kann jedermann Champignon züchten. Aber so leicht die Sache ist, das geringste Versehen, das geringste Abweichen von — 3561 — der Vorschrift kann einen gänzlichen Misserfolg nach sich ziehen. Dies ist auch der Grund, weshalb von manchen Seiten die Champignon- zucht als schwierig hingestellt wird. Einer der bekanntesten Gärtner, Schmidt in Erfurt, veröffentlichte 1890 seine auf die Champignon- kultur bezüglichen Erfahrungen und muntert darin auf, einen Versuch zu machen, der sicheren Erfolg verspricht, wenn seinen Ratschlägen gefolgt wird — Ratschlägen, die in der Kultur der Champignons bis- her als bewährt anerkannt wurden. Aus einem Quantum frischen Pferdemistes wird das Stroh entfernt und der strohfreie Dünger in einen Raum gebracht, wo er vor Regen geschützt ist, am besten in einen offenen Schuppen. Es werden längliche, nicht zu hohe Haufen gebildet und alle drei Tage umgesetzt, wobei ein Teil Lindenlaub und ein kleiner Teil verrotteter Rasen zugemischt werden, um das „Ver- brennen“ des Mistes zu verhindern. Nach Verlauf von 14 Tagen ge- langt dieser Dünger in den Raum, in welchem die Champignons ge- züchtet werden sollen. Er wird nun, je nach dem Verhältnisse des Raumes, in schmälere oder breitere Beete, die jedoch einen Meter Breite nicht übersteigen sollen,. gesetzt. Zu breite Beete erschweren die Be- arbeitung. Die Beete müssen mit der grössten Sorgfalt angelegt werden. Der Mist wird in kleinen Mengen von der Düngergabel herabgeschüttelt, die etwa vorhandenen Klumpen werden zerteilt, die Schichten gleich- mässig aufgetragen und jede einzelne Düngerschichte mit der umgekehr- ten Düngergabel festgedrückt. Sobald dann das ganze Beet eine Höhe von 35 cm erreicht hat, wird es recht festgetreten oder gestampft. Durch das Umarbeiten wird der Mist von neuem erhitzt, deshalb muss mit dem Besetzen der Brut so lange gewartet werden, bis die 'Tempe- ratur im Beete abnimmt, d. i. 10— 12 Tage. Sobald die Wärme auf 30°C. gesunken ist, kann das Beet mit Brut besetzt werden. In regel- mässigen Reihen und in denselben in gleichmässigen Entfernungen von 15 cm werden mit einem stumpfen Holze von 6—8 em Durchmesser 15 cm tiefe Löcher in den Mist geschlagen und dieselben mit Cham- pigenonbrut vollgestopft. Das ganze Beet wird mit zerkleinerter Brut schwach überstreut und dann mit Strohmatten bedeckt. Man rechnet auf 1 Quadratmeter Fläche 1 Kilogramm Brut, oder noch besser auf + Quadratmeter Fläche 5 Kilogramm Brut. Schmidt warnt vor dem Fehler, «ie Brut sofort mit Erde zu bedecken; dadurch würde die ober- flächliche Brut rasch in die Höhe statt in den Dünger wachsen und nur sehr schwache Pilze geben; der grösste Teil der Brut, die in den Löchern ist, würde wegen Mangels an Luftzutritt ersticken resp. zu En erunde gehen. Die Brut muss daher, ehe sie mit Erde bedeckt wird, vollständig in den Dünger wachsen, und wenigstens der obere Teil des Beetes muss vom Pilz-Mycelium durchzogen sein. Hiezu ist ein Zeit- raum von mindestens drei Wochen erforderlich. Nachdem das Beet drei Wochen mit Strohmatten bedeckt war, wird nachgesehen, ob die Brut angewachsen ist. Dies zeigt sich darin, dass die Oberfläche des Mistes durch und durch mit weissen Fäden durchwachsen ist. In diesem Stadium kann dann die Erdbedeckung gegeben werden. Zur Bedeekung der Champignonbeete ist eine sehr kräftige, nährstoffreiche Erde erforderlich. Die beste Mischung besteht aus gänzlich verrottetem Kuhmist, einem Teile verrottetem, lehmigem Rasen oder Gebäudelehm und einem Teile Mistbeeterde. Mit dieser Mischung werden die Beete 4—-8 cm hoch bedeckt, das Beet recht fest gedrückt oder auch mit Pflanzbrettern geschlagen. Die Erde darf nur mässig feucht sein. Zwischen die Finger genommen, soll sie nicht kleben, sondern muss sich zerreiben lassen. Die mit Erde bedeckten Beete werden neuerlich wieder zugedeckt, doch darf die Decke jetzt nicht mehr direkt auf dem Beete liegen, sondern ein Zwischenraum von mindestens 10 em muss frei gehalten werden, damit die Pilze nicht an die Decke stossen. Der Champienon liebt einen dunklen Standort. Erforderlich ist die Fest- haltung einer Temperatur von mindestens 15° C., die jedoch über diesen Grad nicht steigen darf. Höhere Wärme beeinflusst nicht allein das Gedeihen des Pilzes, sondern in erster Linie dessen Qualität. Am ge- eignetsten ist eine Temperatur zwischen 12— 15° C. Nach 4—5 Wochen von der Zeit der Brutzusetzung zeigen sich die ersten Pilze; im Ver- laufe weiterer 14 Tage erscheinen selbe in Massen, wenn nicht störende Einflüsse, wie allzu grosse Feuchtigkeit etc, die Anlage beeinträchtigen. Die reiche Ertragsdauer eines Beetes hält etwa drei Monate an. Fehler- haft ist es, die Champignons abzuschneiden. Der zurückbleibende Teil des’ Champignon geht in Fäulnis über, und dadurch wird auch die in seiner Nähe befindliche Brut vernichtet. Entsprechender ist das Ab- drehen jedes einzelnen Pilzes. Man fasst mit Zeigefinger und Daumen jeden einzelnen Champignon und dreht denselben aus dem Standorte. Das entstandene Loch in dem Beete wird mit Erde wieder gefüllt und das Beet geebnet. Eine Quantität Champignon-Erde soll zu diesem Behufe stets zur Hand stehen, um derartige Vertiefungen auszufüllen. Wird die Anlage nach einiger Zeit trocken, so muss dieselbe begossen werden, doch ist hiebei die grösste Aufmerksamkeit nötig. Ein un- richtiges Begiessen genügt, um die ganze Anlage zu vernichten. Lau- ro warmes Wasser (von 30° C.) wird mittels einer feinen Brause recht schwach über das ganze Beet gesprüht; sobald sich das Wasser einge- zogen hat, wird nach einer Pause von 5 Minuten das Begiessen er- neuert und so lange in dieser Art fortgesetzt, bis die Feuchtigkeit 2—3 cm den Boden durchdrungen hat. Das Durchfeuchten darf nur ein wässiges sein; schädlich ist ein zu oftes Befeuchten. Es genügt, im Sommer alle 3—4 Wochen einmal das Beet zu begiessen; im Winter ist es ganz zu unterlassen oder in Monaten einmal das Beet zu über- brausen. Feinde der Champignonkultur sind die Schnecken und die Asseln. Gegen letztere helfen ausgelegte, zerschnittene Kartoffelschei- ben, an welchen sich dieselben mit Vorliebe ansammeln und so leicht vernichtet werden können. Fein gepulverter Kalk auf die Schnecken gestreut, tötet dieselben ebenfalls sehr sicher. Das Anlegen der Beete kann zu jeder Zeit geschehen, wenn nur in den betreffenden Räumen die nötige Temperatur konstant hergestellt werden kann. Manchmal gelingt eine derartige Kultur auch im Freien, nur muss dies ein schat- tiger Ort sein und müssen Vorrichtungen getroffen werden, um den Regen von diesen Beeten abzuhalten. Hie und da kommt es vor, dass sich auf einem Komposthaufen oder auf Düngermengen von selbst — ohne Zuthun des Züchters — grosse Massen von Champignons zeigen. Unzweifelhaft kam Pilzbrut in diese wohlvorbereitete Unter- lage und bei günstigen Wachstumsverhältnissen entwickeln sich dann freiwillig diese köstlichen Pilze. Sicherer ist jedenfalls die sorgfältige Anlage eigener Champignonbeete, die nach obiger Vorschrift vorge- nommen wird. Schmidlin’s Gartenbuch (1877) entnehme ich noch folgendes. Die Fortpflanzung und Erziehung der Champignons geschieht durch “die sogenannte Brut, d. i. ein schimmelartiges, weisses Gewebe, welches sich von dem Fuss des Pilzes aus unter der Erde fortzieht und, trocken aufbewahrt, die Fähigkeit behält, selbst nach langer Zeit unter entsprechend günstigen Verhältnissen neue Champignons zu erzeugen. Kann man nun zur Kultur derselben nicht genug wilde Brut be- kommen, so geht dieser die Herstellung von künstlicher Brut voran, die man auf folgende Weise erhält. Im März oder April, bevor Kühe und Pferde Grünfutter erhalten, sammelt man die Exkremente der- selben ohne strohige Teile, trocknet sie an der Luft und thut ein Gleiches mit Schafdünger — Esel- und Maultierdung soll sich ganz besonders dazu eignen —. Diese trockenen Substanzen schüttet man - durch ein grosses Sieb, nimmt davon zwei Teile Kuhdung, ein Teil — 364 — Pferdedung und ein Teil Schafdung, mengt sie gut durcheinander und schüttet sie zu einem kegelförmigen Haufen unter einem trockenen Schuppen auf; 20 cm stark, gleichmässig mit frischem Pferdemist be- deckt, bleibt das Ganze etwa vier Wochen so liegen, während welcher Zeit man darauf zu achten hat, dass die Masse sich nicht mehr als auf 15—17° C. erhitzt, aber auch nicht abkühlt. Zeigt sich eine aus der Mitte herausgenommene Probe nach dieser Frist noch nicht mit Brut, netzartigen Fäden durchzogen, so wird ein gleich starker Um- schlag über den ersten gelegt und nun sicher in einiger Zeit die ganze Masse mit solcher durchwebt sein, was man auch durch den eigentüm- lichen Champignon-Geruch bestätigt finden wird. Um diese Brut besser und länger konservieren zu können und für den Gebrauch bequemer zu machen, fertigt man sogenannte Brutsteine an, in welche von dieser etwas hineingethan wird. Man knetet zu dem Zweck drei Teile Pferde- dung, zwei Teile Kuhdung, ein Teil Schafdung, ein Teil alter gebrauch- ter Lohe und zwei Teile gut verrotteter Lauberde mit dem nötigen Wasser zu einem so konsistenten Brei zusammen, dass derselbe sich wie gewöhnliche Ziegelsteine formen lässt. Hat man solche Steine einige Stunden abtrocknen lassen, so drückt man in die Mitte der einen Breitseite ein Loch von etwa 3 cm Tiefe und Durchmesser, und auf der entgegengesetzten Seite deren zwei, mit jenem in Verbindung. Nachdem in Zeit von ungefähr drei Wochen die Steine vollständig an der Luft ausgetrocknet sind, füllt man diese Löcher mit jener Brut fest an, packt sie zu einem kegelförmigen lockeren Haufen auf einer Unterlage von frischem Pferdemist, 20 cm stark, zusammen, und um- gibt den ganzen Kegel wieder mit einer Dungdecke wie vorher, die nach etwa 14 Tagen verdoppelt wird. Hat nach einiger Zeit die Brut die Steine gut durchzogen, was man beim Zerbrechen eines solchen feststellen kann, so werden sie auseinander gepackt und an einen trockenen, frostfreien Ort bis zum Gebrauche aufbewahrt; man kann dieselben in diesem Zustande Jahre hindurch aufbewahren, ohne dass die Brut ihre Lebenskraft verliert, und die Steine bis in die fernsten Gegenden versenden, die denn auch ein bedeutender Handelsartikel geworden sind. Die in Mistbeeten und deren Umschlägen und Abgängen sich selbst bildende Brut ist bei hinreichender Menge der künstlichen vor- zuziehen; alte Champignonzüchter (Championisten) behaupten wenig- stens, die aus dieser gezogenen Pilze würden grösser. In die zum Treiben bestimmten Kästen bringt man anfang September oder später, ganz nach Bedarf, eine 20- 30 cm hohe Lage von frischem Pferde- — 3865 — dung, tritt sie fest und überdeckt die Kästen mit Laden. Hat sich die Temperatur darin bis auf 20—-25° C. abgekühlt, so werden ziemlich dicht die natürliche Brut oder die zerbrochenen Brutsteine darauf ge- legt und fest angedrückt, worauf das Beet wieder durch Laden ge- schlossen wird. Nach etwa acht Tagen wird die ganze Masse eine Temperatur von 15—17° C. angenommen haben und die Brut an- fangen Champignons anzusetzen; es wird nun 6—8 cm hoch nicht zu leichte und entsprechend feuchte Erde auf das Beet gebracht, nicht gegossen, wohl aber wieder bedeckt. Nach 4—-6 Wochen erscheinen die Champignons in grosser Menge, und liefert ein solcher Kasten da- von mindestens drei Monate hindurch. Wird die Oberfläche der Beete zu trocken, so überbraust man sie abends mit Wasser von 35°C. Da die Ohampignons zu ihrer Entwickelung Licht nieht bedürfen , solches denselben sogar nachteilig ist, so nimmt man für diese Kulturkästen keine Fenster, sondern schützt sie im Freien nur durch Laden, über welche, der Witterung entsprechend, Strohmatten oder eine stärkere Decke von Streu gelegt wird. Da sie eben mit jedem dunklen tem- perierten Raum fürlieb nehmen, so zieht man sie auch nur selten in solchen frei stehenden Mistbeetkästen, die man für andere Kulturen nötiger brauchen kann, sondern weist ihnen meistenteils ihren Platz unter den Beeten der temperierten und Warmhäuser, auch wohl in den Heizgängen oder eigens dazu eingerichteten Räumen, sowie in Kellern, Gewölben, Gruben u. dgl. an. — Zum Schlusse seien uns noch einige Worte über die unterirdischen Kulturen dieses beliebten Pilzes ge- stattet, die man häufig in der Umgegend von Paris, im nördlichen Frankreich und in Brüssel findet. Die unzähligen Steinbrüche, welche in nächster Nähe von Paris und einiger Entfernung die Pflaster- und 3austeine für das moderne Babylon liefern müssen und welche wegen der zu mächtigen Erdschicht oberhalb der Felsen grösstenteils höhlen- und labyrintartig ausgeschachtet sind, werden von intelligenten Gärtnern zur Champignonzucht eingerichtet und ausgebeutet in einem Massstab, der ans Unglaubliche grenzt. Eine der berühmtesten solcher Gruben ist unter Montrouge, hart an den Festungswerken von Paris. Eine kreisförmige Öffnung, gleich einem grossen Brunnen, führt senkrecht, 20 m in die Tiefe, auf den Boden der Uhampignonbeete. Der einzige Zugang und das einzige Verkehrsmittel mit der dunklen. Tiefe ist ein schräg darin angebrachter Mastbaum, durch welchen quer Pflöcke ge- schlagen sind, sodass man an ihm, wie an einer Leiter, auf- und ab- steigen kann; wer schwindelig ist, wird auf die Besichtigung dieser — 366 — interessanten Kulturen verzichten müssen. Unten glücklich angekon- men, sieht man beim Schein einiger Lampen, und selbst mit einer solchen bewaffnet, ein mächtiges Gewölbe, durch das Ausbrechen jener Steine gebildet, welches hier und da von stehen gelassenen Säulen unterstützt wird, die mehr oder weniger regelmässige Gänge bilden. Der ganze Boden dieser Höhle ist nun mit wallartig angelegten, parallel laufenden Champignonbeeten von selten über 40—50 cm Höhe und Breite an der Basis so dicht besetzt, dass sie oft kaum 10 em von einander entfernt hinlaufen. Einige breitere Wege ermöglichen die Bearbeitung und das Herbeischaffen des Materials. Jeder Winkel, jeder Absatz im Felsen ist benützt, Champignons zu züchten. Hier sieht man eine Wanne, einen Korb oder sonst ein Gefäss mit Mist angefüllt, ein wenig Erde darüber und so mit den schönsten Cham- pignons bedeckt, dass man glaubt, der ganze Korb sei damit gefüllt. Dort ist ein Kegel, kaum ein paar mal so gross wie ein Zuckerhut, damit gespickt; noch weiter ist ein transportables, auf Walzen ruhen- des Beet angelegt, weil der Raum, den es jetzt einnimmt, öfter zum Durchbringen des Mistes gebraucht wird und es dann bei Seite ge- schoben werden muss, kurz — es ist hier unten Unerhörtes geleistet, man glaubt sich in die Werkstätte der Zwerge, Gnomen und Heinzel- männchen versetzt, und es mag nicht übertrieben sein, wenn uns der Führer, Championist, versichert, dass seine etwas über 10 Kilometer ausgedehnten Champignons-Beete ihm täglich, Jahr aus Jahr ein, 150 bis 200 Kilo Pilze liefern, von denen ein einziges Haus in Paris allein nach England jährlich 14000 Büchsen verschickt. Die Beete selbst sind nun ganz in der vorgeschriebenen Art angelegt, aber kaum 3—4 em hoch mit Erde bedeckt, was seinen Grund vielleicht in dem Mangel an dieser hier unten hat, denn die vorhandene und benützte ist weiter nichts als der ausgesiebte Abfall der Steinmetzarbeiten, die früher hier betrieben wurden und in vielen solchen Höhlen noch neben dieser Kultur im Gange sind. Diese weisse mehlartige Erde erhöht die Eigentümlichkeit der ganzen Anlage denn noch um vieles; auch Zisternen sind dort unten angebracht, sodass es dem Championist an nichts fehlt, dessen er für seine Pilze bedarf. Hat man diesen Gruben seinen Besuch im Sommer abgestattet, und ist der Erde auf demselben Wege glücklich entstiegen, welcher hinabführte, zuerst geblendet wie ein Maulwurf, der das Tageslicht erblickt, sich dann aber in Mitten heisser Sonnenstrahlen und wogender Kornfelder wiederfindet, so be- schleicht einen doch ein eigentümliches Gefühl, — wir wissen nicht US. genau: kommt man sich in diesem Augenblick klein, sehr klein vor, gegenüber solchen grossartigen Einrichtungen, oder soll man sich daran beteiligen, sich gross vorkommen, die Grösse des menschlichen Geistes bewundern, der es versteht, sich alles nutzbar zu machen, jeden Raum in und über der Erde. Diese eben beschriebene Champignon-Kultur ist nun aber eine der kleineren derartigen. Ungefähr eine Stunde von Paris per Eisenbahn, bei Frepillon, liegt der kleine Ort Merly sur Oise, unter welehem sich ähnliche alte Steinbrüche befinden, nur dass diesen die stützenden Säulen fehlen, die grossen mächtigen Räume dadurch einer Kathedrale nicht unähnlich sind. 1867 wurden aus dieser Höhle allein zuweilen täglich 1500 Kilo Champignons nach Paris zu Markte gebracht, von 30 Kilometern Beete. In einer ähnlichen Höhle bei Frepillon selbst waren zur selben Zeit 25 Kilometer Beete im Betriebe. So und ähnlich an vielen andern Stellen bei Paris. In Brüssel exi- stiert eine Champignon-Treiberei, die künstlich diese Höhlen nachge- bildet, d. h. mächtige, weitläufige Kellerbauten. Drei bis vier Etagen übereinander werden gleich jenen dazu benützt; auch hier muss Dung und sonstiges Material alles von oben herunter gebracht, und umge- kehrt, hinauf geschafft werden. Diese weit kostspieligere Anlage wie jene, gewissermassen natürliche, soll sich dennoch sehr gut rentieren. Mit Recht bemerkt Lebl: In den statistischen Tabellen der 1880er Jahre ist zu ersehen, dass sich die tägliche Champignonernte von Paris und Umgebung auf 25000 kg beläuft. Berechnet man das Kilogramm bloss auf 80 Pfennige’(1 France), so ergibt dies für das Jahr einen Geldbetrag von 7,200000 Mark. Fürwahr eine schöne Summe Geldes! Es bleibt mir deshalb immer unbegreiflich, warum man sich bei uns nicht mehr mit der Champignonzucht befasst. Der Reingewinn durch dieselbe beträgt bei grossen Anlagen etwa 50 °%o, bei kleineren etwa 40—30°/o. — Ein schönes Werk ist: Paullet et Leveill&, iconographie des champignons. KRecueil de 217 pl. col. accomp. d’un texte. Paris 1885. Preis 140 Mark. Ein kleines Schriftehen: „Die Champignonszucht“ ist von Lebl (1889) heraus- gegeben, Der Champignon, agaricus sive psalliöta campestris, auch Mistbeetpilz, Feld-Egerling, Feldblätterpilz, Trüschling genannt, ist ein Blätterpilz. Beste Sammelzeit im August und September. In jedoch stets nur sehr beschränkter Ausdehnung auf den Düngerstätten des Remonte-Depots sowie in den Pferdestallungen selbst, unter den Barren und am Wassergrand, aber jetzt ungemein selten, seit durch Einführ- —'368 — ung der Torfstreu das Stroh, der Strohmist verdrängt wurde, dann an den Waldrändern längs der Lain und im Wäldchen vor Pesenbach auf sonniger Waldwiese. Fleisch weisslich, zart, derb. „Er hat eine kreideweisse Farbe, und wenn er aus dem Boden hervorkommt, erweckt er den Eindruck, als ob ein Hühnerei auf der Erde läge. Der Hut ist nämlich in der Jugend kugelförmig, im mittleren Alter — und das ist die Hauptgestalt des Hutes bei ihm und allen seinen Ver- wandten — wird derselbe glockenförmig; nur im höheren Alter findet man ihn flach ausgebreitet, doch niemals oben vertieft (?).. Der Rand bleibt fast immer etwas eingerollt. Bei dem jungen Pilze zeigt sich der Hut mit dem Stiele durch eine weisse Haut verbunden; sobald er aber aus der Kugel- in die Glockenform übergeht, was gemeiniglich schon am zweiten Tage des Wachstums geschieht, zerreisst die Hülle, welche die Blätter zu schützen hat, und ein Teil davon bleibt als häutiger, gefranster, nicht selten zerschlitzter Ring am Stiele hängen. Die Oberseite des Hutes, von der sich die Haut leicht abziehen lässt, erweist sich bei nicht feuchter Witterung stets glatt und trocken, fein seidenhaarig glänzend, von Farbe jederzeit weiss, doch manchmal auch schmutzig weiss, gelblich bräunlich, oder — selten — zart bräunlich beschuppt. Der ebenfalls seidenhaarig glänzende weisse Stiel, der bis etwa 10 cm lang wird, ist mit dem Hute nur wenig verwachsen; viel- mehr ragt er gesondert in den Hut hinein, wodurch dieser auch sehr leicht von dem Stiele abbricht (?). Das wichtigste Erkennungszeichen für den Champignon bilden aber- die unter dem Hut befindlichen Blätter. Sie sind mit dem Stiele nicht verwachsen und — was die Hauptsache ist — sie wechseln die Farbe. Solange sie dem Lichte noch nicht ausgesetzt waren, sind sie weiss; sobald indes der Hut sich von dem Stiele löst, nehmen sie eine blass rötliche und rosenrote Färb- ung an; endlich werden sie kaffeebraun.“ Dem habe ich hinzuzufügen, dass der Hut häufig ungleich schirmförmig (z. B. 66 mm lang, 55—60 mm breit), seine Farbe meist schmutzig weiss oder rosa bräun- lich, die Oberfläche nicht selten grubig vertieft, sowie der Stiel oft sehr fest mit dem Hute verwachsen ist, sodass derselbe gar nicht ab- lösbar ist. Die dicht an einander liegenden Blätter an der Innen- oder unteren Fläche des Hutes sah ich stets auch bei frischen und jungen Exemplaren deutlich dunkler, rasabräunlich gefärbt — sie bil- den auf dem Durchschnitt eine sofort in die Augen fallende, von der weissen Umgebung scharf abgegrenzte ringförmige Schichte; längere Zeit dem Lichte ausgesetzt bekommen diese Blätter eine schokolade- — 5369 — artige Färbung. Das Erdreich, auf dem der Champignon wächst, ist von dem weissen, fadig-flockigen Mycelium, der sogenannten Pilzmutter, durchzogen. Bei der Kultur oder Züchtung des Champignon bringt man Stücke von diesem Erdreich in die zur Anzucht bestimmten Mist- beete, worauf bei zweckmässiger fernerer Behandlung zahlreiche Schwämme aus diesen aufwachsen. Dieser Vorgang der Vermehrung durch Teil- ung des fadenförmigen Myceliums ist demnach etwa der Vermehrung durch künstliche Teilung eines kriechenden Rhizoms bei den höheren Pflanzen zu vergleichen. Er beruht auf der ausdauernden Eigenschaft des Pilzlagers oder Myceliums. Der Champignon darf nicht mit dem giftigen Knollenblätterpilz verwechselt werden, welcher sich von ihm, wie oben angegeben, dadurch unterscheidet, dass er überall inwendig und auswendig weiss ist und auch beim Durchschneiden nichts gelbes, rotgelbes oder rosafarbiges zeigt. „Am meisten sehe man beim Cham- pignon auf das weisse Fleisch, den weissen Stiel mit weissem Ringe und das Rosenrot der Blätter.“ Der Champignon ist unser vorzüg- lichster Pilz; sein Geruch und Geschmack angenehm süsslich,, leicht aromatisch. Der Pfifferling, agaricus s. cantharellus eibarius, auch Röh- ling, Gelbling, Gehling, Faltenpilz, Eierschwamm genannt, ebenfalls ein Blätterpilz, allenthalben im Walde, besonders am Vogelherd in grosser Menge, in Kolonien neben einander, findet sich vom Juli bis Oktober. Pilz-Oberfläche dottergelb (nicht dunkler) oder goldgelb; dort wo ihn die Sonne trifft zuweilen aschgrau verblasst. Fleisch gelblich weiss, fest. Geruch schwach pflaumenartig, Geschmack angenehm. Gewöhn- lich nicht über 5 cm hoch. Obwohl das Volk durch sein häufiges Vorkommen veranlasst worden ist, von wertlosen und unwichtigen Dingen zu sagen, sie seien keinen Pfifferling wert, so sind doch nur wenige essbare Schwämme der Bevölkerung so vorteilhaft bekannt wie er. „Die Pfifferling nennet man auch Pfefferling um dess hitzigen Geschmacks willen, der sich dem Pfeffer vergleichet.“ Der rauchgraue Blätterpilz oder Trichterling, agaricus fu- mosus s. clitocybe fumosa, von schwach säuerlichem, erdartigem Ge- ruch und etwas bitterem und dumpfigem Geschmack, welcher sich je- doch beim Kochen verliert, vom August bis November in Wäldern häufig, einzeln und in Gruppen. „Hut bis 7 cm breit, ausgebuchtet, im Alter geplatzt, kahl, russig schwärzlich, später fast aschgrau, längs- faserig, steif. Blätter dicht beisammen, an den Stiel gewachsen, weiss- lich. Stiel an 5 em lang, meist verbogen, ungleich weisslich.“ Daffner, Voralpenpflanzen. 24 — 370 — Der milde Täubling, russila integra, oben blaurot, unten weiss, geblättert; Stiel dünn, glatt, weiss; Fleisch weiss, fest. Geruch und Geschmack scharf. Den ganzen Sommer über auf lichten Wald- wiesen und in Gebüschen, einzeln stehend, namentlich nach dem Regen, einen Tag darnach hervorschiessend. Vor den übrigen Arten ist zu warnen, da sie giftig sind. Der echte Reizker, auch Wacholder-Milchling oder Wach- olderpilz genannt, agaricus deliciosus s. lactaria deliciosa, kommt von Juli bis September in lichten Nadelwaldungen und am Waldes- rand vor, auf sumpfigem Grund, mit Vorliebe zwischen Heidekraut und Weacholdergesträuch. Er ist in- und auswendig orangefarben. „Der 2—10 cm breite Hut ist anfangs nicht stark gewölbt, zuletzt hebt sich oft der früher eingerollte Rand empor und der Hut wird platt oder fast trichterförmig; gewöhnlich ist er durch heller und dunk- ler gefärbte Kreise geziert.“ Geruch angenehm, nicht stark, Geschmack roh etwas scharf und bitter, was sich aber beim Kochen verliert. Da er sehr bald und stark von Insektenlarven durchbohrt wird, so thut man am besten, ihn recht jung zu sammeln. Er unterscheidet sich von allen andern ähnlichen Schwämmen (Milchlingen) hauptsächlich durch: 1. seine safrangelbe, fast orangefarbene Milch (von welcher die Finger braunrot werden); 2. das schön rote Fleisch um den Rand; und 3. die eigentümlich gelbgrüne, grünspanartige Farbe, die er bei irgend einer Verletzung annimmt. Der Brätling oder Birnen-Milchling, lactaria volema. „Dieser vortreffliche, in Laub- und Nadelwald im Sommer und Herbst fast überall einzeln, nur ganz ausnahmweise in Menge beisammen wachsende, sehr beliebte Blätter-Pilz heisst auch Goldbrätling. Er ist unter den ihm ähnlichen Milchpilzen bei weitem der diekfleischigste und grösste. Hut trocken, glanzlos, bald heller, bald dunkler schön braungelb (zimmtfarben), in der Mitte oft dunkler. Anfangs ist der Rand nach unten gerollt, später hebt er sich und zuletzt manchmal so, dass der Hut triehterförmig wird, oder es heben sich auch nur zwei Seiten des Hutes gegen einander empor. Das Fleisch des Hutes ist derb, nicht zäh, weiss, und gibt jung bei Verletzung eine grosse Menge weisser, milder Milch. Blätter weiss, etwas ins gelbliche fallend, von verschie- dener Länge, sehr milchreich, nach Verwundung oder Druck bräunlich werdend. Stiel 2—6 em lang, 1—3 cm dick, wie der Hut gefärbt, nach oben ins weissliche fallend, kahl, nicht hohl, sein Fleisch derb, =. 311 — nicht zäh, weiss, in der Jugend milchreich. Geschmack mild und an- genehm, Geruch angenehm, geht aber nicht selten bei jungen und mehr noch bei älteren Exemplaren in Heringsgeruch über, was jedoch der Essbarkeit nicht schadet.“ ‘ Der hohe Blätterpilz, grosse Schirmling, Parasol- oder Para- pluiepilz, auch Schulmeisterpilz genannt, agaricus procerus s. lepiöta procöra, vom Juli bis September, auf Waldwiesen, einzeln und gruppen- weise. Der Hut erreicht eine Breite bis zu 20 em und darüber, ist zuerst fast eirund, glockig, dann gewölbt, endlich flach mit rundlich erhobener Mitte. Fleisch weiss, zart, ziemlich trocken, riecht stark nussartig. Der Hut ist schmackhaft, der walzige Stiel ist zäh; er wird bis über 30 cm hoch und bis über 2 cm dick. Der weisse oder braune Ring sitzt nicht fest am Stiel, sondern kann auf- und abwärts ge- schoben werden. Der Kaiserling oder Kaiserpilz, agaricus caesareus s. ama- nita caesarea, ist ein Blätterpilz. „Er zeigt sich zuerst in Gestalt eines (weissen) Eies von der Grösse des Tauben- bis zu der des Gänse- eies, durchbricht dann die Hülle und zeigt einen Teil des roten Hutes der sich, zuerst glockenförmig, nach und nach zu einer Breite von S—11 cm entwickelt und häufig mit einzelnen weissen Lappen (beim giftigen Fliegenschwamm mehr körnige, warzenartige Bröckel als lappige Stücke, bei beiden öfters ohne solche) der Aussenhülle versehen bleibt. Der Hut selbst ist dann glatt, glänzend, schön orange gefärbt, am Rande etwas gestreift; Fleisch bei jungen Exeniplaren oben am Hute mit schön orangefarbenen Streifen, von welchen sieh eine hellgelbe Färbung durch den ganzen Pilz verbreitet. Die Lamellen sind zart- häutig, dick, blassgelblich, später schwefelgelb (die des Fliegenschwammes sind rein weiss). Stiel blassgelb. Geruch und Geschmack lieblich und angenehm. Vom’ Juni bis Oktober in Nadel- und Laubholz, auf Wald- plätzen, in Weinbergen. Sehr schmackhaft und (besonders jung) ge- sund; gekocht färbt er das Wasser gelb (was bei dem Fliegenschwamm nicht der Fall ist)“ Er kommt hier, nicht vor, erst im südlicheren Deutschland, in den Rheingegenden, und überhaupt im südlichen Europa, besonders in Italien, wo er häufig gegessen wird und schon bei den alten Römern sehr geschätzt war. Der Steinpilz, Stein-Röhrling oder Herrenpilz, boletus edülis. Fleisch dick, zart, derb, schneeweiss, nach oben bräunlich, beim Durch- schneiden unveränderlich, — der Steinpilz ändert im Bruche niemals 24* —: 3172 — die Farbe und ist dadurch von seinen giftigen Verwandten gut unter- scheidbar. Lamellen klein, gerundet, weisslich, später gelb, gelbgrau, grünlich bis bräunlich grün; im allgemeinen hellbraun. Hut 13—25 em breit, im Alter zuweilen flach. Stiel diek, am Grunde oder in der Mitte aufgetrieben. Geruch und Geschmack angenehm pilzartig. Vom April bis November; allenthalben im Walde. Dieser Pilz ist hier der beste, da der Champignon so viel wie nicht zu rechnen. Lenz be- merkt folgendes. Der Steinpilz wächst im Sommer und Herbste, zu- weilen schon im Mai, im Laub- und Nadelwalde häufig. Kühe und Schafe fressen ihn mit Gier, auch Ziegen, Hirsche, Rehe, Eichhörnchen verzehren ihn gern. Unter den essbaren Pilzen ist er einer der wich- tigsten und kann selbst roh verspeist werden. Wollte sich jemand bemühen, diesen Pilz in Menge zu ziehen, so würde der Menschheit eine grosse Wohlthat erzeist. Versuche, ihn wie den Champignon in Mistbeeten zu kultivieren, sind freilich misslungen, weil er eben ein anderes Pilzlager als dieser. besitzt und andere Lebensbedingungen ver- langt. Wenn wir aber sehen, dass der Steinpilz wie die meisten an- deren Pilze alljährlich an bestimmten Waldplätzen wieder erscheint, sich also durch die Sporen fortpflanzt, so gibt uns damit die Natur selbst einen Wink, wo und wie wir ihn vermehren können: man braucht eben nur reife Pilze an Orte zu verlegen, die der Entwickelung der ausfallenden Sporen günstig sind und wird den Nachwuchs auch hier wieder jedes Jahr finden. Ganz ähnlich ist das Verfahren, wie man nach Dr. Thore’s Bericht in Frankreich den Steinpilz sät, indem man die Erde eines Eichenwäldcehens mit Wasser, in welchem Stein- pilze gekocht wurden, begiesst.. Die Kultur, so heisst es, verlangt. weiter keine andere Sorge als dass man Tiere, die nach den Pilzen gierig sind, fernhält; das Mittel schlägt nie fehl. Die Steinpilze eignen sich wie die Morcheln, Champignons, Trüffeln, Gelblinge, vorzüglich zum Trocknen. Man trocknet sie entweder, an eine Schnur gereiht, in frischer Luft, an der Sonne, oder am Öfen, oder in gelinder Back- ofenwärme auf Hürden. Die Aufbewahrung geschieht in wohl ver- schlossenen Gläsern und Gefässen an möglichst trockenem Orte. Will man die getrockneten Pilze gebrauchen, so werden sie in frischem Wasser aufgequellt, gewaschen und dann weiter zu Gemüse verwendet. — Der Steinpilz gehört zur Familie der Löcherpilze, Ordnung eben- falls Hautpilze. Die Löcherpilze, polyporaceae, haben ihren Namen daher, dass sich bei. ihnen die Sporen in Löchern unter dem Hute entwickeln. Diese Löcher bilden nun entweder neben einander liegende, — 3573 — nur lose unter einander verbundene Röhren, welche mit dem Hute nicht verwachsen sind und sich darum auch von ihm leicht ablösen lassen, und heisst dann diese Gattung Röhrenpilz, bolötus; oder die Löcher dringen wie die Poren des Holzes in eine feste Masse ein, die auch mit dem Hute in fester Verbindung steht und sich daher nicht leicht von demselben trennen lässt, und das ergibt das Gattungsmerk- mal für den Porenpilz, polypörus. Der rote Herrenpilz, Königs-Röhrling, oder Königsröhrenpilz, boletus regius, Hut 10—15 cm breit, dick, polsterig, purpurrot, in rosa, lila, violett übergehend; Fleisch schwach schwefelgelb, ändert ver- letzt die Farbe nicht und färbt beim Kochen das Wasser gelb. La- mellen angewachsen, kurz, fein, eng, goldgelb. Geruch und Geschmack angenehm nussartig.. Im Sommer und Herbst im Wald. Der Ringpilz oder beringte, gelbe Röhrenpilz, auch Butter- Röhrling genannt, boletus Inteus s. anmulatus, vom Frühling bis Herbst, sehr häufig, einzeln und gesellig; im Wäldchen vor Pesen- bach, an den Gräben. Fleisch zart, saftig, unveränderlich, weiss, nach unten gelblich. Geruch und Geschmack angenehm pilzartig, mehr obst- artig. Der Ring am Stiel unterscheidet diesen Pilz von allen anderen etwa ähnlichen. Hut dick, gewölbt, in der Mitte mit starker Erhöhung (gebuckelt), bei feuchtem Wetter sehr schleimig, schmutzigbraun oder gelbbraun, 5—10 cm breit. Die feine Oberhaut des Hutes leicht ab- ziehbar. Der rote Hirschschwamm, rote Ziegenbart oder Hahnenkamm, Trauben-Korallenpilz, Trauben-Händling, rote Bärentatze, clavarıa botrytis, hat keinen eigentlichen Hut und besteht nur aus einem dicken, knollenartigen, oft niederliegenden, schmutzig weisslichen Strunke mit kurzen, fast rundlichen Ästen und stumpfen, rötlichen, später weiss- lichen oder gelblichen Zweigen. Das Fleisch des Strunkes ist rein weiss, das der Äste und Zweige mehr blassrötlich. Er ist einer der gewöhnlichsten Pilze und kommt häufig, besonders im (Frühjahr und) Herbst vor. Er macht den Eindruck als ob ein Stück Blumenkohl aus der Erde hervorsähe; die äussersten Spitzchen erscheinen rot, bräunlich oder dottergelb.» Sein Geruch ist schwach pilzartig, Ge- schmack ebenso, bei älteren Exemplaren etwas bitter. Die Massen, welche der ganze Pilz bildet, haben zuweilen 40 cm im Umfang. Jung gibt der Strunk und geben auch die Äste, wenn solehe nicht viel höher als 2 em sind — sonst werden sie bitter —, eine gute Speise, — 3714 — welche gedünstet oder geröstet beliebt ist. Es gibt einige Arten mit . bläulichen oder violetten Ästen, welche als verdächtig zu meiden sind. Von Schafen und Kühen wird dieser Pilz gierig gefressen, und dass das Wild ihn nicht minder schätzt, ist aus seinem Beinamen Hirsch- schwamm zu entnehmen. * Der gelbe Hirschschwamm, gelbe Ziegenbart oder Korallenpilz, gelber Händling, gelbe Bärentatze, auch gelber Hahnenkamm ge- nannt, clavaria flava s. coralloides, hat gleich dem vorigen keinen eigentlichen Hut; der Strunk ist weissgelb, gelb, orangefarbig bis hell- bräunlich, dickfleischig, knollig. Aus ihm steigen mehrere meist auf- rechte, glatte, walzige Äste empor, die sich wieder in verschiedene Zweige teilen. Die Zweiglein bilden nach oben eine dichte, an der Spitze gekerbte, hellgelbe Krone, die wie ein Strauss von Knospen aussieht. Der ganze Pilz findet sich nicht selten in Massen von mehr als 45 cm Umfang. Der Geruch ist schwach pilzartig, nicht unan- genehm, der Geschmack zuweilen etwas bitter. Im Sommer und Herbst, im Wald auf faulenden Nadeln und Blättern ziemlich häufig, hier weit häufiger wie der vorige. Jung und frisch gibt er, namentlich gedünstet, eine gute und gesunde Speise, doch steht er dem Trauben-Händling an Güte nach, da er zäher und bitterer ist. Der Schwamm wird als- bald, nachdem er aus dem Boden genommen, schwarz. Einige Drossel- arten lieben den Schwamm so sehr, dass dort, wo er sich nicht vor- findet, nach der Erfahrung von Forstleuten auf einen ergiebigen Fang nicht zu rechnen sein soll. Die sogenannten Ziegenbärte, Händlinge oder Korallenpilze ge- hören zur Familie der Keulenpilze, clavariaceae, weil der (fleischige, aufrechte) Fruchtträger oder Fruchtkörper keulenförmig aus dem Erd- boden hervorbricht. Derselbe verzweigt sich aber bei den Ziegenbärten sofort strauch- oder korallenartig. Die Sporen entwickeln sich bei ihnen an den Seiten der glatten, blattartigen Gebilde des Fruchtkörpers. Die Entstehung oder Zusammensetzung, den Bau des Pilzkörpers be- treffend, so diene folgendes. „Wenn die verzweigten, manchmal auch maschenförmig verstrickten und zu Netzen vereinigten Hyphen sich in grosser Zahl zusammendrängen, so entstehen dadurch Geflechte und Stränge, welche ganz das Ansehen eines Zellengewebes haben, sich von einem solchen aber darin unterscheiden, dass die benachbarten, mit ihren Langseiten an einander liegenden Zellen nicht durch einge- schobene Scheidewände entstanden sind, sondern dass den Hyphen — 35 — eine gemeinsame Ausbildung und Wachstumsweise zukommt, dass hunderte von Hyphenfäden, die zu einem Strange oder Geflechte ver- einigt sind, an den Spitzen mit gleicher Schnelligkeit und nach gleicher Richtung fortwachsen, gemeinsam dieselben Krümmungen und Wind- ungen ausführen, sich manchmal in einzelne Strähne teilen, dann wieder vereinigen und so die seltsamsten Gestalten bilden. Die selt- samen, an Korallenstöcke erinnernden, unter den Namen Bärentatzen und Ziegenbart bekannten Gestalten der clavaria, die in Hut und Strunk gegliederten Hutpilze, die Lorcheln und Morcheln, die absonder- lichen Boviste (Kugelpilz) und noch viele andere Gestalten bauen sich aus Hyphensträngen und Hyphengeflechten auf, welche, wie gesagt, nichts anderes als gehäufte Zellennetze sind.“ (Zur Abteilung der Hutpilze, deren ‚Ausbreitung oder Hut bald sitzend, bald mit einem Strunk versehen oder gestielt vorkommt, gehört die grosse Gattung Blätterpilz.) Die gemeine oder Speise-Morchel, Mauerracher, morchella eseulenta. Die Ausbreitung, der Hut, eigentlich die Haube oder Mütze, ist eiförmig abgerundet, spitzig, rundlich, manchmal fast zwiebelförmig, mit dem Stiele verwachsen; die Oberfläche mit unregelmässigen, mehr oder weniger tief ausgehöhlten, am Boden gefalteten Gruben oder Zellen überzogen; grau, schwarzgrau, gelblich, gelblichgrau bis braun; Fleisch kaum über 2 mm dick, zart und saftig. Stiel blass, gelblichweiss, mit kleinen Körnchen unten wie mit Kleie bestreut und mit länglichen Falten versehen, wässerig, hohl, bis 2 em dick. Geruch und Geschmack angenehm, schwach pilzartig.. Man findet sie in mehreren Abarten vom März bis Mai vereinzelt auf schattigen, feuchten Wiesen, im Jungholz, auf dem Schiefweg zur Benediktenwand und besonders gern da, wo Gerberlohe vorhanden. Die Gattung Morchel, morchella, gehört zur Familie der Lorchel- pilze, helvellaceae, welche einen mehr oder weniger ansehnlichen, hut-, mützen- oder keulenförmigen, gestielten Fruchtkörper haben. Das Sporenlager bekleidet die glatte oder auf verschiedene Weise veruneb- nete Aussenfläche des Hutes oder den keulenförmigen oder kopfigen oberen Teil des Fruchtkörpers. Die Lorchelpilze gehören zur Ordnung der Scheibenpilze, discomycetes, bei welchen das aus Sporenschläuchen bestehende Sporenlager entweder die flache oder vertiefte Innenfläche (Scheibe, Höhlung) eines schüssel- oder becherförmigen Fruchtkörpers auskleidet (Becherpilze, pezizaceae) oder die Aussenfläche eines keulen-, spatel-, kopf- oder mützenförmigen Hutes — Lorchelpilze, helvellaceae — überzieht. Dem schon erwähnten Aufsatze Gander’s entnehme ich noch’ folgendes. Die. Morcheln sind von allen Speiseschwämmen die nahr- haftesten und wohlschmeckendsten. Sie haben, wenigstens dem äusser- lichen Anscheine nach, noch Ähnlichkeit mit einem Hutpilze. Da ist zunächst der Stiel, welcher sich immer als hohl erweist, und an der Spitze desselben der kegel- oder eiförmige Fruchtkörper von abweichen- der Farbe. Der letztere ist netzartig grubig gefeldert, wodurch er eine entfernte Ähnlichkeit mit offenen Bienenwaben gewinnt. Seine Ober- fläche hat etwas wachsartiges-fleischiges. Die Keimkörner (Sporen) ent- wickeln sich in Schläuchen, die der Oberhaut eingesenkt sind. Der Fruchtkörper wird, obwohl der untere Rand desselben sich niemals vom Stiele hutartig abhebt, dennoch gewöhnlich als Hut bezeichnet. Der eben beschriebenen hochgeschätzten Speisemorchel steht an Güte die Spitzmorchel, morchella conica, nicht nach. Der Hut derselben wird länger, kegel- oder zuckerhutförmig. Die zellenartigen Gruben liegen regelrecht über einander, sodass die Rippen zwischen ihnen in ziemlich regelmässigen Reihen, die durch Querreihen verbunden sind, von oben nach unten verlaufen. Der Hut ist ausserdem dunkler als bei der vorigen Art, hellbraun, im vorgeschrittenen Alter schwärzlich. Hat sie im ganzen auch viel Ähnlichkeit mit der Speisemorchel, so wird sie doch durch den schmalen, nach oben spitz zulaufenden Hut ohne Mühe von ihr unterschieden. Sie wächst zu derselben Zeit wie die zuerst beschriebene Verwandte in Wäldern, auf Wiesen und in Gärten, besonders nach warmem Regen, erscheint zuweilen auch zum zweiten Male im Herbst. Als dritte Art reiht sich die Käppchenmorchel an, morchella mitra. Sie hat einen nur kleinen kegelförmigen Hut, der wie ein braunes Käppchen auf dem handhohen weissen Stiele sitzt. Ihre flachen Zellen sind» schwarzrandig. Der .Stiel ist faltig gerippt. Sie steht an Wert den andern Morcheln vollkommen gleich, wächst im Frühjahr, kommt aber bloss vereinzelt vor. In hohem Grade schätzbar ist endlich die köstliche Morchel, morchella deliciosa, die einen länglichen, walzenförmigen, zugespitzten, rotgelben Hut und einen rauhaarigen Stiel besitzt. Auch sie wird gern gegessen, denn sie hat einen angenehmen Geruch und Geschmack. Sie findet sich im Frühjahr auf Grasplätzen. Im allgemeinen sind die Morcheln selten und darum so kostbar, dass sie in der Küche vornehmlich zu Suppeneinlagen oder als Beilagen zu anderen Speisen verwendet werden, um deren Wohl- — 371 — geschmack zu erhöhen. Das Pfund wird mit 7—8 Mark bezahlt. Für die Morcheln ist ganz besonders die für alle Pilze ohne Aus- nahme giltige Hauptregel zu beachten, dass man nur junge Exemplare sammle und zumal nicht solche, welche in anhaltendem Regen gestanden, denn die bei anhaltender nasser und kalter Witterung lang- sam wachsenden oder zu lange stehenden Pilze bekommen ein wässe- riges schlüpfrig-weiches Fleisch, das namentlich bei den zarten Morcheln mit ihrem bedeutenden Gehalt an Eiweissstoffen, Fetten und gährungs- fähigem Zucker um so leichter in Zersetzung übergeht. Die französische schwarze oder Speise-Trüffel, Zuber melano- spörum s. cibarium, auch Perigord-Trüffel genannt, — die Gattung Trüffelpilze, Zuberaceae; gehört in die Familie der Becherpilze — kommt zwar hier nicht vor, ich führe sie jedoch an, da sie allgemein bekannt und verschiedentlich zubereitet, eingemacht, in Pasteten, als Delikatesse genossen wird, sowie um vor Verwechselung mit dem giftigen Pomeranzen-Härtling zu schützen, andererseits aber auch um wo möglich zu deren Anbau aufzumuntern. Der kostbare Trüffelpilz ist ein unterirdisch lebender Pilz und hat weder Wurzeln noch Stiele noch Lamellen; kartoffelartig, knollenförmig wächst er (in mehreren Arten) 5—50 em tief in loekerem Boden, gewöhnlich in Laubwaldungen unter Eichen, Buchen und Kastanien, selten in Deutschland, noch seltener, nur ganz einzeln, in England, vorzüglich im südwestlichen Frankreich, im Bezirk von P£rigord (Haupthandelsplätze Thiviers und Perigueüx, sie liefern insbesondere die Rebhuhn-Trüffelpasteten, Strass- burg die Gänseleber- Trüffelpasteten), nächstdem auch in Oberitalien. Ein klassisches Werk über unterirdische Pilze ist das von den beiden Tulasne zu Paris 1851—1865 herausgegebene: Fungi hypogaei. Dem trefflichen Büchlein von Lenz entnehme ich folgende Schilderung. Die französische oder Speise-Trüffel, die gesuchteste und teuerste Trüffel- art, von vorzüglichem Geruch und Geschmack, hat eine ’rundlich-eckige Form mit bald grösseren bald kleineren vielwinkeligen Warzen und punktförmigen Vertiefungen, und eine schwarze Farbe mit einem Stich ins rötliche (von den rötlichen Spitzen der Warzen); Inneres fleischig, violett-schwarz oder tief braunrot mit schwarzen und weissen, glänzen- den und rot gerandeten Adern durchzogen. Sporenschläuche (Sporangien) länglichrund, kurz gestielt; die sie tragende Schicht kleidet enge, viel- fach gewundene und verzweigte Lücken oder Nester (Kammern) in dem unfruchtbaren- Zellgewebe des Innern aus und gibt dadurch dem Trüffelfleisch das charakteristische marmorierte Aussehen. In der a dunkeln Grundmasse des fruchttragenden Gewebes verlaufen meist zweierlei verzweigte Adern: dunkle, welche keine Luft enthalten, und ‘weisse, luftführende, welche sich bis an die .Aussenfläche der Schale (Peridie) verzweigen und dort ausmünden. Die Sporenschläuche wer- den von der fleischigen Sporenhülle, Peridium, gebildet, welche sich bei der Reife öffnet und die Sporen entleert. In der Regel bilden ‘sich bei den Schlauchpilzen acht Sporen in jedem Schlauch, oft kommen aber nicht alle zur Entwickelung und so finden sich namentlich bei den Trüffeln die Sporen stets in geringer Anzahl (ein bis sechs); bei der Speisetrüffel finden sich in den Sporenschläuchen vier bis sechs länglichrunde scharfstachelige, undurchsichtige, braunschwarze Sporen, Die Speisetrüffel reift im Herbst bis zum Winter; sie braucht wie die andern Trüffelarten drei bis vier Monate zur völligen Ausbildung. Trüffeln lieben einen lockeren, kalk-, auch wohl etwas eisenhaltigen, für andere Pflanzen nicht gerade nahrhaften, bergigen oder hügeligen Boden, der mit licht stehenden Eichen oder Weissbuchen, Rotbuchen, Haseln, Kastanien, Erlen, Birken bewachsen ist. In reinen Fichten- waldungen kommen nie Trüffeln vor, höchstens in gemischten Bestän- den. Wird der Wald zu dicht oder im Gegenteil zu sehr gelichtet oder gar gefällt, so verschwinden die Trüffeln. Gleichwohl kommen manche Arten auch auf baumlosen Hügeln, Äckern, Brachen und so- gar in Ebenen auf bebautem Boden vor. Die saftigsten Trüffeln mit besonders feinem Aroma — das ja hauptsächlich die Güte bestimmt — liefert Perigord (uber melanosporum), wo beim Züchter das Kilo schon 8—10 Frances durchschnittlich kostet (zuweilen auch wohl 24 bis 36 Frances) und einen Preis bis zu 45 und 54 Mark erreichen kann, ehe es in die Hände des Konsumenten gelangt. Von welch enormer Bedeutung der Trüffelhandel für Frankreich ist, geht daraus hervor, dass in Einem Jahre, 1870, die Ausfuhr 1,588000 Kilo betrug und eine Einnahme von 15,881000 Frances brachte. (Die Haupt-Trüffel- ernte beginnt im Spätsommer; man bringt entweder die Trüffeln zu Markt, oder Einkäufer bereisen mit grösstem Eifer alle Dörfer und Städtchen, deren Bewohner sich mit Trüffelsuchen beschäftigen, und kaufen auf, was zu bekommen ist. Sofort gehen die Sendungen nach Paris und anderen grossen Städten, denn die Trüffeln müssen frisch an Ort und Stelle gelangen. Zu diesem Zweck verpackt man sie in locker geflochtene Körbe ohne Papier, Moos ete., damit die freie Luft immer Zutritt hat. Bei kühlem Wetter können 10 Kilo, bei wärmerem weniger auf einmal versandt werden, ohne sich zu erhitzen; dagegen sind die Sendungen bei Frost misslich. Will man frische Trüffeln zu eigenem Gebrauch sich länger aufbewahren, so lege man sie in ein kühles luftiges Zimmer, sodass keine die andere berührt, sehe sie von Zeit zu Zeit durch, ob sie sich alle noch fest und etwas elastisch an- fühlen, und entferne sofort jede, die nur im geringsten eine verdorbene Stelle zeigt, was sich auch schon durch den eigentümlich käsigen Ge- ruch verträgt. Jede Verwundung, ja jeder heftige Stoss und Druck veranlasst sofort faulige Flecken.) Aber trotz dieser grossen volks- wirtschaftlichen Bedeutung ist es weder der Wissenschaft noch der Praxis bis jetzt gelungen, die Trüffeln künstlich und rationell zu ziehen. An Versuchen hat es freilich nicht gefehlt, und, wie gewöhnlich bei wichtigen pekuniären Fragen, auch nicht an vielfachen Schwindeleien. Die wenigste Aussicht auf Erfolg dürften jedenfalls diejenigen Anlagen haben, die nach Art der Champignonbeete hergerichtet sind. Nach den neuesten Berichten aus Frankreich — vorausgesetzt, dass sie wahr sind — scheint man indes nunmehr wirklich ein Verfahren gefunden zu haben, das als eine indirekte Trüffelzucht bezeichnet werden könnte, aber in mancher Beziehung noch nicht recht aufgeklärt ist. Man ent- nimmt nämlich aus Eichengehölzen, wo Trüffeln zahlreich wachsen, Eicheln, sät sie an geeigneten anderen Orten aus und lässt die jungen Eichen in einem gewissen Abstand von einander aufwachsen. Nach 10—12 Jahren zeigen sich unter denselben die ersten Trüffeln, und geben fort und fort jährliche Ernten, wenn man die Eichenpflanzung immer gehörig licht erhält. Die Trüffieren bei London und Ciray (Departement Vienne) verdanken nach Delastre nur diesem Verfahren ihre Entstehung, und dasselbe hat sich bereits an vielen anderen Orten gleichfalls bewährt. Welch einen bedeutenden Wert dadurch ein Grundstück, das vielleicht vorher fast wertlos war, erhält, ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, dass für ein Hektar jährlich 80— 100 Frances Trüffelpacht bezahlt werden; viele Domänenbesitzer haben da- her ihre Felder teilweise in Trüffieren verwandelt. Freilich ‚muss be- merkt werden, dass alle diese Gegenden die natürlichen Bedingungen zum Gedeihen der Trüffeln haben, und dass man noch nicht einmal zu der immerhin gesuchten Erklärung zu greifen braucht, nach welcher vielleicht das in die Eicheln eingedrungene Trüffelmycelium mit diesen ausgesät oder verpflanzt würde. Direkte Sporenaussaaten mittels Trüffelabfälle u. s. w. sind bis jetzt stets missglückt oder doch höchst zweifelhaft geblieben. — Das Aufsuchen der Trüffeln geschieht am besten bei trockenem frostlosem Wetter — bei feuchtem sind sie nicht zut von der anhängenden Erde zu reinigen, bei Frost gefrieren sie leicht — und zwar durch eigens dazu eingeübte und erfahrene ‚Trüftel- jäger“. Diese Leute kennen nicht nur die Örtliehkeiten, wo überhaupt Trüffeln wachsen, sondern auch die Stellen, wo sie liegen, manche wissen sie sogar durch den Geruch aufzufinden. Gewöhnlich bedient man sich aber abgerichteter Hunde, der „Trüffelhunde“. In der Regel entwickeln sich aus einem Mycelium mehrere Fruchtkörper (drei bis sieben), und diese liegen dann stets in einem Kreise, wie in einem Neste; bei ihrem weiteren Wachstum bildet sich daher eine kreisförmige Erhöhung des Bodens, die den Trüffelsuchern als sicheres Merkmal für das Vorhandensein von Trüffeln gibt. Mit jedem Jahre erweitern sich diese Gürtel, und wenn man beim Sammeln das äusserst zarte Pilzlager möglichst wenig stört, so kann man alljährlich an demselben Örte — von den Franzosen fruffiere, Trüffelboden, genannt — auf neue Trüffeln rechnen. Selbstverständlich hängen Entstehung, Wachs- tum und Grösse derselben, ebenso wie bei anderen Pilzen, von warmer, feuchter Witterung ab. Das mittlere Gewicht des Stückes ist etwa 0,38 Kilogramm, doch findet man auch welche bis zu 1 kg; unter 0,03 kg taugen sie nichts mehr. — Für die Zubereitung mögen hier allgemeine Regeln kurze Erwähnung finden. Man wascht die Trüffeln mit kaltem Wasser, und nicht eher als bis sie zubereitet werden sollen, weil sie sonst verderben. Mit einem scharfen dünnklingigen Messer schält man dann die äusserste Oberhaut bis zum marmorierten Fleische ab, wascht sie aber nicht noch einmal, sondern bereitet sie gleich zu, und zwar am einfachsten in Butter oder Speck leicht ge- braten oder auch in Fleischbrühe oder Rotwein (Madeira) wenig gekocht. Im letzteren Falle isst man sie gewöhnlich mit frischer Butter. Im allgemeinen passt der Geschmack am besten zu etwas Fettem, dagegen keineswegs zu Zucker, Milch, Zwiebeln oder zu anderen Pilzen. Der Pomeranzen-Härtling, scleroderma aurantiacum, ist ein kugeliger, meist etwas in die Breite gezogener Pilz, hat einen Durchmesser von 2—7 em und gewöhnlich unten einen kurzen Stiel. „Seine Farbe ist auswendig bräunlich-gelb, weissgelb, zitronengelb oder rötlichgelb; die Oberfläche ist durch feine Risse in Abteilungen ge- bracht oder mit erhabenen Schuppen besetzt. Die äussere Haut ist unter der Oberfläche weiss, dick, anfangs derb fleischig; im Alter gleicht sie steifem Leder. Das Innere ist derb fleischig, anfangs weiss- lich, .bald wird es blauschwarz, von weisslichen Fasern durchzogen; im Alter ist es grauschwarz, sehr staubig. Dieser Pilz wächst im Sommer —., 381 — und Herbst auf dem Boden der Gebirgswälder. Sein Genuss ist schädlich und dennoch wird er öfters statt der Trüffel von Betrügern verkauft. Er wird auch unter dem Namen „Specktrüffel“ in Scheibehen geschnitten und getrocknet — alle Spur des Stieles ist mit dem Messer beseitigt — zum Verkauf gebracht. ‘Die Scheibehen haben ringsum einen weissen dicken Rand und sind in der Mitte blauschwarz, von recht jungen Pilzen sind sie auch blass gelblich-weiss, jedoch ohne alle Marmorierung, welche bei echten reifen Trüffeln nie fehlt. Der Pilz ist, wie gesagt, sehr scharf und der Gesundheit nachteilig.“ Einem 1892 erschienenen Aufsatz von Professor F. Ludwig über „die nationalökonomische Bedeutung der Trüffeln und ihre Ver- breitung in Deutschland“ entnehme ich nachstehendes. In Frankreich beträgt der Export an Speisetrüffeln innerhalb eines Jahres 1,500 000 Kilogramm im Werte von 15,881 000 Frances, der Perigord allein erzeugt jährlich etwa 400000 Kilogramm im Werte von 4 Millionen Frances, während in Deutschland in der Neuzeit in den günstigsten Jahren nur 1000 Kilogramm zu etwa 7000 Mark geerntet werden. Das grösste Trüffelgeschäft der Welt Bouton et Henras in Peri- gueux-Cahors konserviert jährlich 100000 Kilogramm (in Salzwasser eingemacht und in Büchsen luftdicht verschlossen) und verkauft eben so viel frisch. Der Verbrauch an Trüffeln in Deutschland selbst ist nicht unbeträchtlich. So sind in Strassburg etwa zwölf grössere und “kleinere Firmen vorhanden, welche Gänseleberfabrikation betreiben und die zusammen jährlich etwa 8000—9000 Kilogramm Trüffeln zur Hälfte in frischem, zur Hälfte in konserviertem Zustande verarbeiten. Trüffelwürste liefern in Deutschland hauptsächlich Braunschweig und Apolda. Der jährliche Trüffelexport Frankreichs nach Deutschland ist ein sehr bedeutender. Das Haus Bouton et Henras zu Perigueux-Cahors versendet jährlich nach Deutschland für 400 000 Franes Trüffeln. In trüffelreichen Jahren wird das Kilogramm frischer französiseher Trüffeln in Deutschland mit 10—12, in trüffelarmen Jahren dagegen mit 20 Mark und darüber bezahlt. (Anfang des vorigen Jahrhunderts zahlte man für ein Kilogramm italienischer Trüffeln 30—36 Mark.) Ein Kilogramm frischer deutscher Sommer- trüffeln kostet 6—8 Mark. Fügen wir, um die Bedeutung der Trüffel für den Nationalwohlstand in das rechte Licht zu setzen, noch hinzu, dass sich die Ausbeute der natürlichen Trüffelvorkommnisse noch wesent- lich durch rationellen Betrieb der Trüffeljagd steigern lässt und dass man durch künstliche Trüffelzucht das Ertragsgebiet ganz wesentlich vergrössern kann. In einer von der französischen Ackerbaugesellschaft preisgekrönten Arbeit über Trüffelkultur führt Charles Laval aus, wie man in Frankreich die von der Reblaus verwüsteten Gelände in sehr ergiebige Trüffelplantagen umgestaltet hat. Im Lichte der neueren botanischen Errungenschaften, besonders der Frank’schen Entdeckung, dass unsere Cupuliferen (Eiche, Buche) und andere Bäume zu ihrer Ernährung der Vermittelung der Pilzmyzelien bedürfen und dass letz- tere mit den Baumwurzeln zu einem Sondergebilde der Mykorrhiza ver- wachsen, laufen diese französischen Kultur-Methoden darauf hinaus, dass man in Gegenden, in welchen die Trüffelsporen bezüglich Trüffel- myzelien verbreitet sind, auf richtigem Untergrund die Laubhölzer aus- sät, unter denen eben die Trüffeln wachsen, die Eicheln etc. wo mög- lich von dem Trüffelort selbst bezieht. Um an Orten, die den natür- lichen Vorkommnissen der Trüffel entlegen sind, Trüffelkulturen herzu- stellen, ist es nötig, junge Bäume („Trüffelbäume“) vom natürlichen Standort der Trüffeln sorgfältig mit den feinsten Wurzeln zu über- pflanzen. Auf Kalkboden oder einem Gemisch von Kalk- und Thon- boden empfiehlt Laval die Sommereiche, auf leichterem aus Kalk und Sand bestehendem Boden Wintereichen (quercus sessiliflora) und die weichhaarige Eiche zur Avpflanzung. Berücksichtigen wir noch, dass durch die Mykorrhizabildung auch umgekehrt die Trüffel dem Baum- wuchs nützt, starke, gesunde Eichen, Buchen etc. zu tage fördert, und so den Holzertrag der Forsten steigert, so ist für uns die hohe Be- deutung des Trüffelvorkommens und der Trüffelkultur ausser Frage. Ein Buch nun, sagt Professor Ludwig in Greiz, welches in klarer, überzeugender Weise darlegt, dass wir das Nationalvermögen steigern und zudem dem Vergnügen der Trüffeljagd obliegen könnten, wenn wir nur die Trüffeln, die bisher am falschen Orte gesucht, im eigenen Lande ausheben und rationell ernten und kultivieren wollten, ein solches Buch ist gegenwärtig erschienen; es ist die trefflich ausgestattete Trüffelmonographie von Rudolf Hesse, dem glücklichsten Trüffel- forscher unserer Zeit, una nächst Tulasne und Vittadini überhaupt dem erfolgreichsten Trüffeljäger (truffleur, rabassaire); sie führt den Titel: die Hypogäen Deutschlands; 1892. Noch in den 1860er Jahren glaubte man, dass in Deutschland mit Ausnahme der Hirschtrüffeln und einiger durch Hunde und Schweine aufgespürten Tuberarten, Hypo- gäen nicht oder doch selten vorkämen. Erst Irmisch (1873), Bail (1879), Schröter haben eine weitere Verbreitung verschiedener Trüffel- arten in Deutschland dargethan. Hesse ist es dann gelungen, eine E3 ra grosse Zahl unterirdischer Knollenpilze aufzudecken, die bisher nur im Ausland gefunden worden, so dass man bis jetzt von diesen Pilzen (essbaren und nicht essbaren) in Deutschland über 90 Arten kennt, wovon etwa 30 Arten nur in Deutschland gefunden wurden und erst von Hesse entdeckt worden sind, während von den auf der ganzen Erdoberfläche vorkommenden Arten bisher nur etwa 40 in Deutschland noch nicht gefunden wurden. Von den wohlschmeckendsten Arten ist die Perigordtrüffel oder schwarze, französische Trüffel (uber melano- sporum), in Deutschland bisher aus dem Elsass und aus Baden bekannt, die ähnliche Wintertrüffel von weniger feinem Geruch und Geschmack (t. brumale) nur aus dem Elsass. Die Sommertrüffel oder eigentliche deutsche Trüffel (1. aestivum) kommt in Baden, im Rhein- gau, in Hessen, in Thüringen, in Hannover, an der Weichsel ete. vor und geht am weitesten nördlich. Die Gekrösetrüffel (£. mesentericum) wird in Preussen, Böhmen, Mähren gefunden, während die grosssporige (t. macrosporum) im Herzogtum Anhalt vorkommt. Andere Arten wie fuber excavatum sind ungeniessbar oder weniger geschätzt, wie t. Borchii und £. rufum. Die weisse, deutsche Trüffel (Uhoiromyces maeandriformis), eine der wohlschmeckendsten Arten, findet sich in Schlesien, Nassau, Ostpreussen, Böhmen häufig. Hesse hat noch eine grosse Anzahl von Tuberaceen in Deutschland aufgefunden, die ge- niessbar oder (wie /. puberulum) wohlschmeckend sind. Auch von den von den Trüffeln im engeren Sinne (Tuberaceen) durch eine andere Art der Sporenbildung (Basidien) unterschiedenen gleichfalls zu den unterirdischen Knollenpilzen (Hypogäen) gehörigen Hymenogastreen hat Hesse eine grosse Anzahl geniessbarer und viele den echten Trüffeln an Wohlgeschmack gleichkommende Arten aufgefunden, so die wohl- schmeckenden Arten von Octaviania (acht Arten, darunter die sehr gute 0. asterosperma), Melanogaster (sechs wohlschmeckende Sorten), Leucogaster (zwei Arten). Es ist nun aber besonders wichtig, dass diese zahlreichen für den Trüffelmarkt geeigneten Arten nicht nur in Deutschland vertreten sind, sondern dass sie der Mehrzahl nach weite Verbreitung haben. Dies nachgewiesen zu haben, ist gleich- falls das Verdienst von Hesse. In seiner Heimat-Provinz Nassau hat er beinahe 90 Arten vorgefunden, was sicherlich kein Zufall ist, son- dern eben nur die grosse Häufigkeit der Hypogäen in Deutschland be- weist. Ein eingehendes Kapitel widmet Hesse auch der Trüffelsuche selbst. Die meisten Trüffeln kommen nicht in grösseren Tiefen, sondern unter der Dejekta- und in der Humusschicht des Waldbodens vor. In — 34 — einer besonderen Zusammenstellung, welche dem speziellen Teil des Werkes vorausgeht, gibt er für die einzelnen Hypogäenarten Fundzeit, Art der Trüffelbäume ete., Bodenunterlage (meist Kalk oder Sand), Zone des Vorkommens (ob in der Dejektaschicht, Humusschicht oder tiefer), Häufigkeit; geographische Verbreitung an. Über Art des Sammelns, rationelle Ernte, Trüffeljagd, Schwein- und Hundesport findet der Liebhaber reichlich Auskunft. Zum Schlusse wird noch nähere Auskunft gegeben über biologische Verhältnisse und über Trüffelkultur, und ist dem Verfasser 'mancherlei gelungen, was man bisher vergeblich versuchte. Ehe man aber an die Trüffelkultur im grossen geht, ist es nötig, erst das natürliche Vorkommen der Trüffeln noch weiter zu erforschen. Hesse hat sich nur einen kleinen Distrikt Deutschlands ausgewählt; erforschen wir an der Hand seiner Erfahr- ungen auch das übrige Deutschland — Jagdbesitzer und Gelehrte Hand in Hand! Gehen wir seinem Beispiel nach und versuchen wir, es unter seiner Führung dahin zu bringen, dass wir in Zukunft unsere eigenen Trüffeln ernten. Glückauf denn zur edlen Trüffeljagd! Die essbaren Pilze bilden in Anbetracht ihres Nährwertes nicht nur für den Feinschmecker eine nicht zu verschmähende Speise, sondern sie gehören vermöge ihres Eiweissgehaltes, nach welchem man ja den Wert der animalischen und vegetabilischen Nahrungsmittel bemisst, ohne Zweifel zu den nahrhaftesten derselben. Die Samen der Hülsenfrüchte, /eguminosae, und zwar Erbsen mit 22,5 %/o, weisse Bohnen mit 24,5 °/’o und Linsen mit 26,0 °/o Ei- weiss sind nämlich unsere weitaus nahrhaftesten Gemüse; die Pilze aber haben durchschnittlich 41 °/o verdauliches Eiweiss. Und darauf kommt es ja hauptsächlich an, was wir von den Nahrungsmitteln ver- dauen, nicht bloss was wir essen, — man lebt nicht von dem, was man verspeist, sondern von dem was man verdaut. Es ist daher nicht zu übersehen, dass der Stickstoff im Pilz zum grossen Teil in ganz unverdaulichen Eiweissstoffen und sonstigen Stickstoffverbindungen ent- halten ist, weshalb dem Stoffwechsel des Pilzessers in der That nur ein Bruchteil des Stickstoffes (wie eben bei- anderen Nahrungsmitteln in geringerem Grade auch), noch nicht die Hälfte von dem, was man früher annahm, zu, gute kommt. Der reine Stickstoff beträgt etwa !/6 der Eiweiss- oder Proteinsubstanz. Für den Champignon wird ein _ Gehalt an Eiweiss von 45,37 Jo, für den Trüffel ein solcher von 36,32 /o, für die Morchel von 28,5 °/o angegeben. Der schwedische Forscher — 3585 — Mörner zeigte, dass durchschnittlich nur 41 °/o des Stickstoffs im Pilz verdauliches Eiweiss, 33 %/o unverdauliches Eiweiss, 26 °/o den übrigen unbrauchbaren Stickstoffverbindungen angehören. Trotzdem stehen nach den angegebenen Prozentverhältnissen die Pilze immer noch entschieden oben an unter allen Nahrungsmitteln. Denn nach den neueren Unter- suchungen haben — ausgeschnitten, ohne Fett und Knochen: man rechnet durchschnittlich 8°o Knochen und 9°/o Fett — Schweine- fleisch 14,0 0/o, Hammelfleisch 14,5 °/o, Kalbfleisch 15,3 °/o, Ochsen- fleisch 21,9 %0; ferner gesalzener Häring 19,5 %/o, gesalzener Stockfisch 31,4°/o Eiweiss. Kuhmilch enthält 4,1 °/o Eiweiss (bei 3,9 °/o Fett und 4,2 0/0 Kohlenhydraten), Butter nur 0,9 °/o Eiweiss (bei 92,1 °/o. Fett), fetter Käse 32,0 0/o, magerer Käse 43,0 %/0 Eiweiss (dieser ist aber schwer verdaulich und enthält nur 7 Jo, der fette 25 °/o Fett). Das Ei hat 14,1°o Eiweiss und 10,9°/o Fett; 1 Ei ohne Schale wiegt durchschnittlich 45 g und hat 6,35 °/o Eiweiss und 4,91 °/o Fett. Der Kaffee hat 13 %/o Eiweiss und 10,1 °/o Fett sowie 15,5 %/o. Kohlen- hydrate. Die Semmel mit Rinde enthält 9,6 °/o Eiweiss, 1 °/o Fett und 60,1 °/o Kohlenhydrate; 1 Semmel wiegt durchschnittlich 42 g und hat 4,03 °/o Eiweiss, 0,42 °/o Fett und 25,24 °/o Kohlenhydrate. Schwarzbrot mit Rinde enthält 8,5 %/o Eiweiss, 1,30%/o Fett und 52,50 Kohlenhydrate. Der Bedarf an Eiweiss für den erwachsenen Mann beträgt nach dem münchener Physiologen Voit täglich 120 g; zu einer passenden ausreichenden Nahrung sind dann noch 56 g Fett und 500 g Kohlenhydrate nötig. In Beziehung auf den Aschengehalt der Pilze, so weist der Gelbling oder Pfifferling die grösste Menge auf mit 11,2 0/0; Roggen und Weizen liefern nur 90/0, Erbsen 2,5 %o. Alle Pilzaschen sind überdies reich an Phosphaten, Kali, Magnesia und Mannit (Mannazucker) und korrespondieren in der Regel mit dem Stickstoffgehalte. „Wenn sonach schon bezüglich des Stickstoflgehaltes die Pilze einen Ersatz für Fleisch bieten können, so ist dies noch mehr hinsichtlich der in ihrer Asche enthaltenen Nährsalze, vorzüglich des bedeutenden Kali- und Phosphorsäure-Gehaltes der Fall. Ersterer steigt von 48,75 0/o—55,97 °/o, letzterer von 20,2 0/o—37,75°/o, während Ochsenfleisch nur 35,9 °/o Kali und 34,4°/o Phosphorsäure, Roggen 32,7°/o Kali und 47,3°/o Phosphorsäure, Erbsen 39,5 °/o Kali und 34,5 0/o Phosphorsäure haben. Diese Nährsalze bedingen nicht nur den Nährwert, sondern befördern zugleich die leichte normale Verdau- ung, und es ist darum höchst wichtig, dass dieselben bei der Zube- reitung nicht verloren gehen. Es ist aber auch in hohem Grade Daffner, Voralpenpflanzen. 29 — 386 — wünschenswert, dass man sich nicht bloss mit der chemischen Zu- sammensetzung, sondern mehr noch mit der richtigen Verarbeitung und Verwertung der Nahrungsmittel durch regelmässige Thätigkeit beschäftigt. Geschmack und Geruch der Pilze sind nicht minder wie die Farben von grosser, oft sonderbarer Mannigfaltigkeit und gehören zur wesentlichen Eigentümlichkeit vieler Arten. Das feinste Aroma, den widerlichsten Gestank — beides finden wir bei den Pilzen und zwar nicht selten bei nahe verwandten Arten. Nur in wenigen Fällen kennen wir übrigens den chemischen Stoff, von welchem der eigentüm- liche Geruch herrührt, so beim Brätling der Häringsgeruch vom Tri- methylamin, demselben Stoff, der auch in der Häringslake, im Leber- thran und in einigen Blütenpflanzen (stinkender Gänsefuss, Weissdorn- und Sorbus-Blüten) enthalten ist. Nicht selten wird die chemische Zusammensetzung der Pilze durch äussere Einflüsse von Boden, Witter- ung, Jahreszeit, Kultur ete. mehr oder weniger verändert, wie dies ja auch hinsichtlich der äusseren botanischen Charaktere (Farbe, Gestalt, Grösse, Oberflächenbeschaffenheit) vielfach wahrzunehmen ist. Es er- klären sich hieraus einesteils die abweichenden Resultate in den che- mischen Analysen, in Nährwert, Geschmack und Geruch, andernteils wohl auch die widersprechenden Thatsachen, dass unter gewissen Umständen Pilze, die sonst allgemein für essbar gelten, schädlich werden können. Der Gebrauch der Pilze als Genuss- und Nahrungsmittel lässt sich bis in uralte Zeiten verfolgen; doch war er nie ein allge- meiner und ist es auch heutigen Tages nicht. , In der Regel sind es nur einzelne Pilzarten, die das grössere Publikum kennt und als Lecker- bissen schätzt. Als Volksnahrungsmittel werden die Pilze immer nur in einzelnen Gegenden und Ländern benützt, obwohl die an Nähr- stoffen so reiche Pilzkost von der Natur meist in reichlicher Menge geboten und mit äusserst geringer Mühe zu erlangen ist. Denn um essbare Pilze zu sammeln, braucht man weder zu pflügen noch zu graben, zu hacken, zu jäten; die Mutter Erde bietet sie einen grossen Teil des Jahres hindurch, vom Spätsommer bis zum Winter und von neuem im Frühling, freiwillig dar — man braucht nur zu ernten! Tritt auch zeitweilig durch Hitze und Trockenheit ein allgemeiner Stillstand im Wachstum ein, stirbt das schnell entstandene Völkchen plötzlich hin, so weckt doch jeder warme Regen aufs neue das schlummernde Leben und bevölkert wieder das Land. Gerade die nassen, unfrucht- baren Jahre, die der Heu-, Obst- und Getreideernte verderblich werden, Hungersnot und Teuerung unter den ärmeren Volksklassen erzeugen, liefern die ergiebigsten Pilzernten. Und wie sie leicht und schnell ge- sammelt werden, so geht auch ihre wohlfeile Zubereitung rasch, leicht und einfach von statten; der menschliche Magen verträgt sie, wenn nicht in Übermass genossen und zweckmässig zubereitet, eben so gut wie andere verdauliche Speisen. Vom grössten Segen ist aber die Pilz- kost für den armen Gebirgsbewohner, dessen kleines, mit unsäglicher Mühe bebautes Feld gar oft die ohnehin kärgliche Ernte versagt, der fast ausschliesslich von Kartoffeln lebt und dem alsdann die Pilze eine schmackhafte und nahrhafte, das Fleisch ersetzende Zuspeise abgeben. Was braucht zu der Zeit, wo der Waldboden mit Pilzen übersät ist, der Köhler und Holzhauer zu seiner Arbeit weiter mitzunehmen als einen Topf, ein Stück Speck oder Butter, Salz, Pfeffer, Zwiebeln, um mit diesen geringen Zuthaten und seinen Kartoffeln sich reichliche Mahlzeiten zu bereiten? In manchen hochgelegenen Ortschaften des Thüringerwaldes, wo die Waldarbeiter Tag und Nacht im Freien zu- bringen, leben sie nur von Waldpilzen, Kartoffeln, Brot und Kaffee- surrogaten, und wenn sie Montags an die Arbeit ziehen, tragen sie in dem bequemen „Waldsacke“ ihren Mundvorrat für die ganze Woche bei sich. Und ist nicht noch ausserdem den Armen Gelegenheit ge- boten, durch Sammeln und Verkaufen essbarer Pilze sich einen Ver- dienst zu erwerben ? Als Hauptregel ohne Ausnahme gilt für alle Pilze, dass man nur junge und frische Exemplare sammele; denn alte, zumal in anhaltendem Regen gestandene, wässerige Pilze können, selbst wenn sie sonst essbar sind, schädlich werden, wenn sie der Zersetzung und Fäulnis nahe oder von Insektenlarven durch- bohrt und von Schimmel überzogen sind. Als eine rein praktische tegel für das Sammeln dürfte noch zu empfehlen sein, die Pilze nicht auszureissen, sondern am Stielende abzuschneiden, um das Mycelium und seine weitere Fruchtentwickelung nicht zu stören. Die gesammel- ten Pilze reinigt man zu Hause von Erde und sonstigem Schmutz und entfernt von ihnen alle Teile, die an sich zäh sind. Gar manche gute Arten (z. B. der Parasolpilz) haben einen zähen Stiel, bei vielen ist die Oberhaut des Hutes schlüpfrig und zäh und wird deshalb abge- zogen oder abgeschabt. Bei den Blätterpilzen entfernt man in der Regel die Lamellen und isst sie nur in dem Falle mit, wo sie bei jungen Pilzen noch unentwickelt sind. Auch bei den Löcherpilzen muss man die zähe Schicht der Röhrchen wegwerfen. Die von Schnecken angenagten Stellen schneidet man aus, denn die übrigen Teile werden Irk* u) —ı 388 — in ihrer Güte dadurch nicht beeinträchtigt. Die „geputzten“ Pilze wäscht man alsdann mehrmals in kaltem Wasser und schneidet sie in Stückehen; für besondere Zwecke muss man sie wohl auch fein wiegen. Für alle Pilzgerichte gilt die Hauptregel, dass sie von frischen Pilzen frisch bereitet und längstens binnen 24 Stunden gegessen werden müssen, und dass man sie gekocht nur ganz ausnahmsweise und nicht länger als höchstens einen halben Tag aufheben soll. Durch längeres Stehen und Aufwärmen tritt, zumal bei heissem Wetter, und bei feinen und zarten Pilzsorten, leicht Zersetzung, Veränderung des Ansehens und Geschmackes ein, und dann ist der Genuss unbedingt schädlich.“ Die einfachste und schmackhafteste Zubereitungsweise, zu welcher sich alle essbaren Pilze eignen, ist die als Gemüse. Die gereinigten (das Wasser lässt man ablaufen) und blätterweise aufgeschnittenen Pilze werden in einem Tiegel mit wenig Fleischbrühe (was natürlich besser als Wasser), einem Stückchen Butter, etwas Salz und fein gewiegter Petersilie eine Stunde gedünstet, vor dem Anrichten mit einem Löffel- chen Mehl angestaubt, noch einmal aufgekocht und dabei wieder etwas Fleischbrühe (oder Wasser) daran gegossen. Oder es werden die (ge- putzten) Schwämme zuerst aufgeschnitten, dann gewaschen und abge- trocknet; hierauf kommen sie in einen Tiegel, in welchem vorher (je nach der Menge) ein Stückchen Butter zergangen gelassen, und wird zugleich etwas Salz, fein geschnittene Petersilie und eine kleine Zwiebel- scheibe zugesetzt; dann lässt man sie eine Stunde dünsten und giesst während dieser Zeit öfter etwas Fleischsuppe zu, damit sie nicht ein- kochen; alsdann, 10 Minuten vor dem Anrichten, mit ein wenig Mehl stauben und (dass sie nicht nach Mehl schmecken) mit etwas Fleisch- brühe nochmal kurz kochen lassen. Die Champignons namentlich bilden auf diese Weise ein ganz vorzügliches Gericht. Parasitische Pilze. Von den kleinen parasitischen oder Schmarotzer-Pilzen, welche Pflanzenkrankheiten verursachen, führe ich nach Seubert folgende an. Die Kartoffelkrankheit wird verursacht durch die para- sitische Vegetation des Kartoffelpilzes.. (Die Kartoffel, solanum tube- rosum, in Peru und Chile einheimischh um die Mitte des 16. Jahr- hunderts nach Europa gebracht, ist durch ihre, Stärke oder Stärkemehl enthaltenden, mehrknospigen Knollen — die Knollen entstehen als a. Seitentriebe der unterirdischen Stengelteile, welche stellenweise, beson- ders gegen ihr Ende hin, fleischig angeschwollen sind — eine der wichtigsten Nährpflanzen; sie blüht Juli und August; kleine weisse Blüte) Der Beginn der Erkrankung ist stets die Fleckenkrankheit der Blätter, wobei diese erst kleine weissliche Pilzhäufchen, darauf braune, immer mehr sich ausbreitende Flecken zeigen und endlich das ganze Kraut schwarz wird und verschrumpft. Er kommt hier sehr selten vor. Der sogenannte Mehltau, mit welchem Ausdruck man alle weisslichen Überzüge erkrankter Blätter bezeichnet, wird in der Regel dureh Schmarotzer-Pilze gebildet. Eine eigene Art, welche in die Gattung der den Mehltau er- zeugenden Pilze (erisyphe) gehört, ist der Pilz der Traubenkrank- heit, der früher als ein Fadenpilz beschrieben wurde. Er überzieht als ein weissliches schimmelartiges Gewebe die Blätter und unreifen Beeren und verursacht an den Punkten, wo seine kriechenden wurzel- ähnlichen Fäden durch warzenartige Haftorgane sich an die Oberhaut festsetzen, ein Stillestehen des Wachstums und eine Desorganisation des Gewebes, infolge deren die Beeren endlich vertrocknen und auf- springen. Als Gegenmittel hat sich hier bekanntlich das Bestäuben der befallenen Pflanzen mit Schwefel sehr wirksam gezeigt, wobei offenbar die hiedurch bewirkte Hemmung und Unterdrückung der parasitischen Pilzvegetation den Erfolg bedingt. Dieser Schmarotzer- pilz scheint von auswärts eingeschleppt zu sein. Unter Mutterkorn, auch Tollkorn, versteht man eine Miss- bildung der Frucht, welche besonders in nassen Jahren beim Roggen, seltener bei Weizen und Gerste, sowie auch bei mehreren wild wachsen- den Gräsern vorkommt, wobei derselbe in einen hornartigen, aussen schwärzlich violetten, innen weissen Körper, verwandelt erscheint, den man als eine Pilzbildung betrachtet und sclerotium celavus oder secale cornutum genannt hat. Erst in neuerer Zeit indessen hat Tulasne durch Verfolgung der Entwickelungsgeschichte des das Mutterkorn verursachenden Pilzes die wahre Bedeutung desselben nachgewiesen. Zur Blütezeit findet man an den von der Krankheit befallenen Pflan- zen den Fruchtknoten mit einer süsslich schmeckenden Schleimmasse bedeckt, die man gewöhnlich als „Honigtau“ bezeichnet, und in welcher die mikroskopische Untersuchung zahllose einzellige Conidien oder Stylosporen — (Sporen oder Keimkörner, sporae s. sporidia, sind — 390 — einfache Zellen oder auch mehrzellige Körper, die von den Samen sich wesentlich dadurch unterscheiden, dass sie keine ausgebildete Anlage des jungen Pflänzchens, also keinen Keimling in ihrem Inneren ent- halten. Beim Keimen wachsen die Sporen entweder unmittelbar durch Zellteilung und Zellvermehrung zum jungen Pflänzchen aus, oder es entsteht auf demselben Wege zunächst eine vorübergehende Bildung, der sogenannte Vorkeim. Da die Keimkörner ohne unmittelbar vorher- gehende Blütenbildung und Befruchtung entstehen, so heissen diese Ge- wächse, welche noch in einer Höhe von 4900 m vorkommen, blütenlose Pflanzen oder Kryptogamen, d.h. Pflanzen mit undeutlicher Befruch- tung, während die höher organisierten Pflanzenformen: Blütenpflanzen oder Phanerogamen, d.h. Pflanzen mit deutlicher Befruchtung sind, deren Vorkommen bis zu 3800 m Höhe reicht,) — nachweist, welche dicht gedrängt auf einem schleimigen Lager entstehen und durch Abschnüren frei werden; so kann durch ihre Ausstreuung in kurzer Zeit eine ganz ausserordentliche Vermehrung und Verbreitung des Pilzes eintreten, wenn eben die äusseren, das Pilzwachstum überhaupt begünstigenden Momente mitwirken, wie das in nassen Jahren und an feuchten Standorten der Fall ist. Dieser erste Entwickelungszustand des Pilzes ist auch als sphacelia segetum bezeichnet worden, ohne dass man ihre weitere Entwickelung kannte Am Grunde des befallenen Frucht- knotens tritt nun die Sklerotienbildung, und zwar von unten nach oben fortschreitend ein, wodurch eben das Mutterkorn entsteht, welches daher auch in der Regel auf seinem Scheitel in der Gestalt eines Mützchens den Überrest der Sphacelienbildung zeigt. Die aus dem Sklerotium hervorgehende vollkommenere Fruchtform, die sich aber nur ausbildet, wenn das Mutterkorn in feuchte Erde gelangt und, wie es scheint, verhältnismässig selten auftritt, ist ein fleischiger Kernpilz: claviceps purpurea, der aus einem dieken Stiel und einem kugeligen Köpfchen besteht, in dessen Oberfläche die zahlreichen rundlichen Perithecien eingesenkt sind, welche innerhalb zylindrischer Schläuche je acht linienförmige Sporen enthalten, sodass man die Zahl derselben für einen Pilz auf mehrere hunderttausende angeschlagen hat. Da dieselben ieicht genug sind, um vom Winde umhergetragen zu werden und so auf den jungen Fruchtknoten zu kommen, wo sie keimen und dann wieder zur Stylosporeu- und Sklerotienbildung gelangen, so er- klärt sich hieraus leicht die weite Verbreitung der durch den Pilz ver- ursachten Krankheit, wenn auch nur wenige Mutterkörner in die Erde gelangen, weshalb ihr Ausfallen sowie ihre Beimischung beim Säen — 39: — möglichst verhütet werden müssen. Nach Kerner erfolgt indes die Verbreitung der Sporen des Mutterkornes (elaviceps purpurea) durch Vermittelung einer von dem Mycelium ausgeschiedenen süssen Flüssig- keit, welche von Ameisen und anderen Insekten begierig aufgesucht wird. - Indem nämlich die Insekten diese Flüssigkeit saugen und lecken, heften sie sich auch die Sporen des Mutterkornes an und ver- schleppen diese dann auf andere Pflanzen. Die sogenannten Sklerotien oder knollenförmigen Dauer- mycelien sind fleischige verschieden gestaltete Körper, die meist auf absterbenden Pflanzenteilen durch verschiedene Pilzmycelien hervorge- rufen werden, und aus denen daher unter günstigen Umständen die betreffenden Pilze hervorwachsen ; ein solches Sklerotium ist das Mutter- korn. Das Mutterkorn wirkt, wenn es in grösserer Menge in das Mehl gelangt, schädlich; in der Heilkunde findet es mehrfache An- wendung. Nach dem Arzneibuch ist der in der Ruheperiode seiner Entwickelung gesammelte Pilz, elaviceps purpurea, von gerundet drei- kantiger, oft gebogener Form, höchstens 40 mm lang und 6 mm dick, gewöhnlich nur wenig über halb so gross, von derbem Gefüge. „Seine dunkel violetten oder schwarzen, am Grunde helleren, oft eingesunke- nen Flächen sind gewöhnlich bis tief in das innere, weisse oder rötliche Gewebe aufgerissen. Mutterkorn hat einen faden Geschmack; dasselbe soll mit zehn Teilen heissem Wasser übergossen, den ihm eigentüm- lichen, weder ammoniakalischen noch ranzigen Geruch entwickeln. Ge- pulvertes Mutterkorn darf nicht vorrätig gehalten werden; dasselbe ist vielmehr frisch bereitet in grob gepulvertem Zustande abzugeben.“ „Alle Pilze, — sagt Lenz, dem ich das Nachstehende ent- nehme —, auch die unscheinbarsten und kleinsten, gehen eben so gut aus Keimzellen hervor wie die grössten Eichen, Palmen und sonstigen Gewächse aus Samen; freilich sind die Fortpflanzungszellen der Pilze, Sporen genannt, von mannigfacher und besonderer Art und so ausser- ordentlich klein, dass sie dem unbewaffneten Auge meistens verborgen bleiben. Zu Millionen und aber Millionen werden sie als feiner Staub durch die Luft fortgeführt und allenthalben hin zerstreut; wo sie auf einen für ihre Entwickelung günstigen Boden fallen, entwickeln sie sich zu neuen Pilzen. Die Sporen besitzen nämlich die Fähigkeit, unter gewissen Bedingungen zu keimen; aus der gesprengten Sporen- haut tritt der Zellinhalt (das Protoplasma) in Form eines Fadens hervor, verlängert sich durch Spitzenwachstum, gliedert sich meist — 19392, — durch Querverteilungen, verzweigt sich durch seitliche Sprossungen und stellt so ein weisses zartflockiges, mehr oder weniger dicht verfilztes und ausgebreitetes Gewebe aus walzenförmigen Pilzfäden (Hyphen) (dar; dasselbe heisst Pilzlager oder Mycelium und bildet den der Nah- rungsaufnahme dienenden Teil des Pilzes.. Später entspringen durch Umstände begünstigt und meist sehr rasch aus diesem Pilzlager noch andere Zweige, aber im wesentlichen von gleichem Bau und gleicher Beschaffenheit, entweder einzeln, oder zu verschieden gestalteten Kör- pern verwachsen, die dann wieder zur Fortpflanzung dienende Zellen oder Sporen erzeugen und im ersteren Falle Fruchtfäden, im letzteren Fruchtkörper genannt werden. Der sporentragende Teil des Pilzes ist in den meisten Fällen so auffallend in seiner äussern Gestalt und Grösse und erscheint von dem Pilzlager oft so abweichend und ver- schieden, dass man ihn gewöhnlich als selbständiges Gebilde, als den ganzen Pilz betrachtet. Dies gilt besonders von den grossen fleischi- gen Fruchtkörpern der Hutpilze, bei denen man um so leichter den ursprünglichen Zusammenhang mit dem unterirdischen Mycelium über- sieht. Pilzlager und Fruchtfäden oder Fruchtkörper sind demnach (einige Ausnahmen abgerechnet) die zwei wesentlichen Teile einer Pilz- pflanze (das erstere entspricht den vegetativen Teilen höherer Gewächse, Wurzel, Stengel, Ästen, Blättern, letztere den Blüten- und Frucht- zweigen derselben), und beide bestehen, wie schon erwähnt, aus faden- förmigen Zellen, welche Pilzfäden oder Hyphen heissen. Das Pilzlager oder Mycelium besteht bei den meisten Pilzen nur aus einfachen, flockigen, locker verflochtenen Fäden, die sich im Nährboden allseitig ausbreiten und auch ins Innere lebender Pflanzen und Tiere eindringen. Oft vereinigen sich die Hyphen aber auch zu dichteren ästigen Strän- gen und erhalten dadurch das Aussehen von Wurzelfasern höherer (ewächse, so z. B. bei dem Champignon. Manche solcher Lagerstränge bleiben stets unfruchtbar, wuchern im Waldboden, an feuchten dumpfen Orten (Kellern, Bergwerken) in mächtiger Ausdehnung und kommen nie zur Bildung von. Fruchtkörpern. Das bekannteste Beispiel der Art sind die Rhizomorphastränge. Dieselben kommen entweder in faulen Holzstämmen als wurzelährliche, vielfach verzweigte, dunkel- braune Stränge vor und bilden in Brunnenröhren die sogenannten „höhrenschöpfe“, welche nicht selten die Röhren- und Wasserleitungen verstopfen; oder sie breiten sich unter der Rinde von Baumstümpfen, zwischen Holzlagen, ja sogar zwischen Gesteinplatten als zusammen- gedrückte, bandartige Zweige aus. Zuweilen ist das Pilzlager haut- — 393 — artig aus Hyphen verflochten, und auch hier gibt es Formen, die stets unfruchtbar bleiben, aber um so massenhafter wuchern, wie z. B. der bekannte Kellerpilz, der, jahrelang lebend, in Bier- und Weinkellern die Lagerbalken und Fässer als zähe Masse, einem schwarzen wollenen Tuche („Kellertuch‘“) ähnlich, überzieht. Die eigentümlichste und merk- würdigste Form der Pilzlager sind aber die sogenannten Dauerlager (Sklerotien), derbe, knorpelige oder fleischige, knollenförmige Körper von verschiedener Gestalt, die aus verdickten, wirr durch einander ge- wundenen, fest verflochtenen Pilzfäden oder Hyphen bestehen und nach aussen mit einer besonderen, derben, dunkleren Rindenschicht umgeben sind. Lange hielt man sie für selbständige Pilze und beschrieb sie als eine besondere Gattung (sclerotium). Jetzt weiss man, dass sie nur niedere Entwiekelungsstufen von Pilzen höherer Ordnungen sind und dass sie denselben, gleichsam ‚wie die Knollen, Zwiebeln und Brutknospen der Blütenpflanzen, zur Überwinterung dienen; denn im nächsten Frühjahr entwickeln sich, je nach den verschiedenen Arten, aus ihnen Fruchtkörper, welche verschiedenen Gattungen angehören. — Das bekannteste und medizinisch wichtige Dauerlager ist das sogenannte Mutterkorn unserer Gras- und Getreidearten, jene hornförmigen, oft zolllangen, schwarz violetten Körper, die sich aus den Blütenspelzen erheben und die vom gemeinen Roggen bis heutigen Tages in der Medizin eine wichtige Verwendung finden. (Wie neuere chemische Untersuchungen dargethan haben, beruht die medizinische Wirkung des Mutterkorns hauptsächlich auf zwei giftigen Alkaloiden, die man Ergotin und Ekbolin genannt hat. Seine giftige Wirkung im allge- meinen ist schon seit uralten Zeiten bekannt, namentlich als Ursache einer besonderen Krankheit, der sogenannten Kriebelkrankheit. Wird nämlich das Mutterkorn mit den Roggenkörnern gemahlen und ins Brot gebacken, so bekommt letzteres düster violette Flecken, und sein Genuss erzeugt zunächst Kriebeln und Jucken an Händen und Füssen — daher jener Name —, wozu sich später noch höchst schmerz- und krampfhafte Gelenkverkrümmungen und sonstige allgemeine Vergiftungs- symptome gesellen. Die Kriebelkrankheit trat 1577 in Hessen, später öfters in Deutschland, Schweden, Böhmen, Frankreich, Siebenbürgen als förmliche Seuche verheerend auf. Dass sie in unserer Zeit seltener vorkommt, hat seinen Grund einesteils in der sorgfältigeren Kultur und Reinigung des Getreides, andernteils darin, dass man die giftigen Eigenschaften des Mutterkorns kennt, dasselbe sorgfältig. ausscheidet und gewissermassen unter polizeiliche Aufsicht stellt. So berichten — 394 — die Annalen der Landwirtschaft für den preussischen Staat, dass im Jahre 1872 das Mutterkorn stellenweise so häufig in dem zu Markte gebrachten Roggen zu finden war, dass die Polizei einschreiten und die gefährliche Ware wegnehmen musste. Gleichwohl kommen immer noch einzelne Vergiftungen vor. Auch auf Tiere, namentlich Schweine, Hunde, Gänse, Hühner wirkt das Mutterkorn nachteilig.) In der Ent- wickelung des Mutterkornpilzes lassen sich drei Entwickelungsstufen unterscheiden. Sie beginnen mit der Bildung eines fädigen Myceliums, das wie ein weicher weisser Filz den jungen Fruchtknoten der Gras- blüte überzieht und später eine schleimige Masse mit eingebetteten Knospensporen (Conidien) ausscheidet, den „Honigtau“ der Landleute. Auf dieser ersten Stufe wurde der Pilz ehedem sphacelia segetum ge- nannt und für eine besondere Gattung gehalten. Hat die sphacehia den Höhepunkt ihrer Entwickelung erreicht, so beginnt am Grunde des Fruchtknotens die Bildung des Dauerlagers, indem sich die Hyphen verdichten und inniger verflechten und so zu dem hornförmigen Kör- per auswachsen, der auf seinem Scheitel anfangs noch die Reste der eingeschrumpften sphacelia als eine leicht abfällige Kappe trägt. So erhielt der Pilz den Namen selerotium clavus s. secale cornulum und wurde in die Ordnung der Bauchpilze (Gasteromyceten) verwiesen. Das reife harte Dauerlager ruht nun bis zum nächsten Frühjahr im feuchten Ackerboden, um alsdann aus seinem Innern die Fruchtkörper als gestielte kugelige Köpfchen, welche flaschenförmige, dicht mit Sporenschläuchen erfüllte Fruchtkörperchen einschliessen, hervorzutrei- ben. Jetzt hat der Pilz seine höchste Entwickelungsstufe erreicht, heisst elaviceps puwrpurea, und gehört zu dem Schlauchpilzen (Asco- myceten). Die dünnen fadenförmigen Schlauchsporen desselben reifen meist zur Zeit der Roggenblüte, werden dann durch die Luft leicht wieder auf die jungen Fruchtknoten übergeführt und beginnen von neuem als sphacelia ihren Entwickelungskreis mit dreifachem Wechsel der Gestalt. So bietet uns der Mutterkornpilz ein höchst lehrreiches Beispiel einesteils für den höchst merkwürdigen Generations- und Ge- staltwechsel der Pilze, andernteils aber auch für die Mangelhaftigkeit der älteren Pilzsysteme, nach welchen eine und dieselbe Pilzart drei ganz verschiedenen Gattungen und Gruppen angehören würde.“ Die Rostpilze, welche übrigens zum Teil nur verschiedene Entwickelungsformen der gleichen Pilzart begreifen, bilden lebhaft ge- färbte, oft rotgelbe, rostfarbene bis schwärzliche Krusten oder Staub- häufchen, welche aus den krautartigen Pflanzenteilen hervorbrechen. Sie erzeugen auf einem aus dicht verfilzten Myceliumfäden gebildeten Keimlager (stroma) in der Regel zweierlei Keimkörner, nämlich ein- zellige, sogenannte Stylo- oder Uredosporen (Sommersporen), welche un- mittelbar zu Keimfäden auswachsen, und dann die zwei- oder mehr- zelligen Teleutosporen (Wintersporen), welche im Herbst erscheinen; sie treiben bei der Keimung mehrere Keimschläuche, an denen sich dann, sekundäre Sporen oder Conidien ausbilden. Die Keimschläuche aller dieser Uredineen dringen entweder durch die Spaltöffnungen oder dadureh dass sie die Zellwände der Oberhaut durchbohren, in das Ge- webe der krautartigen Teile ein und werden, indem sie dasselbe teil- weise zerstören, als sogenannte Ausschlagskrankheiten oder Exantheme dem Gedeihen der Pflanzen hinderlich, einige unter ihnen sind unseren Kulturpfianzen im höchsten Grade schädlich. Die in dieser Beziehung bekannteste Art ist der gemeine Gras- oder Getreiderost, der besonders den Weizen und Roggen, minder den Haber und die Gerste neben den meisten wild wachsenden Gräsern befällt und aus rötlichgelben, besonders auf Blättern und Stengeln auftretenden Staubhäufchen be- steht; derselbe ist bemerkenswert durch seinen Pleomorphismus, woö- bei mehrere Arten von Sporen in regelmässiger Aufeinanderfolge einen Generationswechsel bedingen, welcher hier mit Heteröcie verbunden ist, d. h. mit der Eigentümlichkeit, dass die verschiedenen Fruktifikations- formen an bestimmte Nährpflanzen gebunden sind; dabei sind diese Formen unter einander so unähnlich, dass sie früher unter drei ver- schiedene Gattungen gerechnet wurden. Der Gang des Generations- wechsels ist in diesem ‘Falle folgender. In dem Gewebe der Blätter des Sauerdorns (berberis vulgaris) entstehen im Frühjahr häufig zweier- lei, offenbar einem endophytischen Pilz angehörige Bildungen, nämlich kugelige Spermogonien und becherförmig aufbrechende Peridien, die zahlreiche gelbrötliche Sporen entleeren und als gelblicher Warzen- brand, «eeidium berberidis, längst bekannt sind. Genauere Beobacht- ungen und wiederholte Experimente haben nun erwiesen, dass diese an keulenförmigen Trägern (Basidien) abgeschnürten, reifen Aecidiumsporen nur dann zur Entwickelung kommen, wenn sie auf Blätter und Stengel, d. i. Halme von Gräsern und Getreidearten gelangen, wo dann die Keimschläuche durch die Epidermis in das Innere dringen ünd sich zu einem endophytischen Pilz entwickeln, dessen Fruktifikationen als rötlichgelbe, den Blattnerven parallele, streifenförmige Häufchen ein- zelliger Sommersporen (uredo linearis) die Oberhaut durchbrechen — 396 — und leicht abfallen, auf der Grasoberhaut sehr rasch keimen und schon nach 6—10 Tagen neue Rosthäufchen erzeugen, welche hienach den Sommer über in vielen Generationen auf einander folgen. Gegen den Schluss der Vegetationsperiode werden in den Rosthäufehen neben den einzelligen Uredosporen eine dritte Art Sporen, mehr und mehr zwei- zellige, schwärzliche Teleutosporen (Winter- oder Dauersporen), und zu- letzt nur noch solche erzeugt, welche Pilzform dann den Getreiderost, die pueccinia graminis darstellt. Diese derberen, dunkelwandigen Puceiniasporen überwintern au den Grashalmen und treiben im Früh- jahr auf einem besonderen kurzen Pilzlager (Promycelium) Keim- schläuche, an denen sich eine vierte Art Sporen, Sporidien ausbilden und abschnüren, welche aber nur auf Berberisblättern entwickelungs- fähig sind; ihre Keimschläuche durchbohren die Oberhautzellen der letzteren und entwickeln sich in dem Blattparenchym zu einem Myce- lium (Pilzfadenlager), das dann wieder die oben erwähnten Spermogo- nien und Äcidien erzeugt. Wir haben sonach im Getreiderost einen Pilz, der in seinem Generationswechsel — d. i. der gesetzmässige Wechsel verschiedener Fortpflanzungsweisen innerhalb des Entwickel- ungsganges einer und derselben Pilzart, verbunden mit einer gänzlichen Veränderung der Fruchtform — viererlei Fortpflanzungsorgane (Sporen- formen) zeigt, und dessen höchste Entwickelungsstufe der gelbliche Warzenbrand der gemeinen Berberitze bildet. Damit, bemerkt Lenz, wäre dem Landwirt zugleich ein Mittel gegen die Überhandnahme des Getreiderostes gegeben: Entfernen der Berberitzen und Vernichtung des mit Teleutosporen behafteten Strohes. Auch bei Holzgewächsen kommen Rostpilze als Krankheitsursache vor; so veranlassen chrysomyxa abietis die Gelbfleckigkeit der Fichten- nadeln (Fichtennadelrost), peridermium pini und oblongisporium den Kiefern-Blasenrost und den „Kienzopf“, und caeoma pinitorguum de bary Verunstaltung und selbst Absterben junger Kiefern. Ebenso wird die Bildung der Hexenbesen und der sogenannte Krebs der Tanne auf peridermium (aecidium) elatinum zurückgeführt. Die unter dem Namen Hexen- oder Donnerbesen bekannten, dicht verzweigten und verkrüppelten, gelblichen Büsche, welche mit allseitswendigen, alljähr- lich abfallenden gelbgrünen Blättchen senkrecht auf den horizontalen Ästen der Weiss- und Edeltanne wie Raubvogelnester sitzen, sowie die ringförmig-wulstigen, rissigen Anschwellungen des sogenannten Rinden- krebses an den Stämmen und Ästen desselben Baumes sind also Miss- sa — bildungen, Astwucherungen, von einem Rostpilze verursacht, (dessen Pilzlager jahrelang, ja nach de Bary bis zu 16 Jahren in den Ge- weben der Nährpflanzen fortlebt und alljährlich auf den jungen Nadeln seine Fruchtkörper entwickelt. Die abnorme Vermehrung der Laubblätter, welche in der Regel auf Kosten der Blütenbildung geschieht, wie bei den Bäumen, die „ins Laub treiben“, heisst Laubsucht. Als bekannte Beispiele über- zähliger Glieder in der Laubblattregion wären die vierzähligen Klee- blätter (fröfolium), die dreizähligen Blätter der Schattenblume (majan- themum), und die Exemplare der vierblätterigen Einbeere (paris) mit fünf- oder sechszähligem Laubblattquirl anzuführen. Innerhalb der Blüte findet sich nicht selten eine Vervielfältigung der Quirlglieder, z. B. dreiklappige Schoten, welche auch häufig durch die verschiedenen Blattkreise durchgreift, so dass dann die ganze Blüte statt vier-, fünf- zählig oder statt fünfzählig, sechs- und siebenzählig auftritt. Diese Fälle müssen indessen wohl von der durch Verwachsung von zwei oder mehreren Infloreszenzen oder Blüten entstandenen Vervielfältigung der Teile unterschieden werden. Äussere Pflanzenkrankheiten werden häufig durch die Einwirkung von Tieren, namentlich von Insekten veranlasst. Sind die durch diese bewirkten Verletzungen und teilweisen Zerstörungen der Gewebe be- deutend genug, um allgemeine Krankheitserscheinungen hervorzurufen, so werden sie als Schwächung und Erschöpfung hervortreten, die häufig in ein mehr oder weniger rasches Absterben übergehen. So sind die Blattläuse (Gattung aphis), wenn sie in grosser Menge erscheinen, und ebenso die Schildläuse (Gattung coccus), die sich so häufig an Treib- hauspflanzen einfinden, sehr schädlich dadurch, dass sie dem Paren- chym durch ihre Saugrüssel Säfte entziehen. Der sogenannte Honigtau, der nicht zu verwechseln ist mit demjenigen, der an heissen Sommer- tagen an vielen Baumblättern von den geschlossenen Epidermiszellen ausgeschieden wird, wie das z. B. bei den Linden nicht selten vor- kommt, ist nichts anderes als eine Anhäufung der von den Blattläusen ausgesaugten und aus ihren Honigröhren in Form kleiner Tröpfehen ausgeschiedenen Pflanzensäfte, welche als ein klebriger, süss schmecken- der Überzug die Blätter und manchmal selbst die Umgebungen der Pflanzen bedeckt. Die bei ihrer Häutung hängen bleibenden Bälge geben Veranlassung zu. einer Art von Mehltau. Die Springläuse (psyllodes) verursachen das Zusammenrollen der verschiedensten Blätter. — #398 ı — Die Larven oder Raupen vieler Schmetterlinge beeinträchtigen durch Verzehren der Blattsubstanz die Ernährung der Pflanzen, und zwar manchmal in so hohem Grade, dass diese darüber zu grunde gehen, wie denn unter anderen durch den Frass der sogenannten Nonne, ocneria s. lipäris monächa, einer Spinnen-Raupe, öfter tausende von Hektaren Waldes absterben. 1890 (2. Auflage 1891), wo die Nonne in Bayern, besonders im Ebersberger Forst, aber auch in andern Teilen Deutschlands und Österreichs arge Verwüstungen an- richtete, erschien eine kleine, aber vortreffliche Flugschrift: „Die Nonne, naturgeschichtliche Beschreibung derselben von bayerischen Forstbeam- ten.“ In Bayern wurden 1890 über 6000 Hektare Waldbestand, vor- zugsweise Fichten und Kiefern durch Nonnenfrass verheert, kahl ge- fressen, sodass die Bäume abstarben und gefällt werden mussten. 1891 erstreckte sich die Nonnengefahr auf ein noch bedeutend grösseres Gebiet als im Vorjahre. Man traf sie in den bayerischen Waldungen von Burghausen an der Salzach bis an den schwäbischen Lech; im Norden bildet in der Hauptsache, mit wenigen Übergriffen, die Donau die Grenze, im Süden das Hügelvorland der Alpen. Indes ist das Auftreten keineswegs ein allgemeines; es sind innerhalb grosser Forste stets nur einzelne Abteilungen stärker belegt als die andern. Das Hauptverbreitungsgebiet bildeten auch 1891 der etwa 8000 Hektare grosse Fbersberger Forst und die benachbarten Bezirke in der Um- gebung von München, in Schwaben die Waldungen von Grönenbach an der Iller. Auch in Württemberg und in Österreich, in Böhmen, Schlesien, Oberösterreich, dann in der Pfalz trat die Nonne gefährlich auf. Der etwa 5000 Hektare grosse Dürrenbucher Forst an der Donau bei Münchsmünster (14 Kilometer oberhalb Abensberg, wo am 20. April 1809 Napoleon einen Sieg über Erzherzog Karl erfocht) war 1890 teilweise sehr stark heimgesucht. Rechtzeitig ergriffene Massregeln ver- hüteten dort einen grösseren Kahlfrass. Auch 1891 gehörte der Dürren- buchener Forst zu den schwächst belegten Gebieten unter denjenigen, die bereits im Vorjahre von der Nonne angegriffen waren. Über das Leben und die Verbreitung der Nonnenraupe bestehen vielfach so schiefe Auffassungen, dass dem Leser, der an der Erhaltung unserer herrlichen Wälder gewiss selbst ein lebhaftes Interesse nimmt, eine einfache populäre Darstellung sicher willkommen sein wird. Als das wirksamste Mittel zur Bekärmpfung der verheerenden Nonnenraupe wurde bereits 1890 im Dürren- bucher Forst das Leimen der Baumstämme durch den bayerischen Oberforstrat Huber probiert, und in der That haben sich die geleim- — 399 — ten Bestände sehr widerstandsfähig gehalten, obwohl erst geleimt wurde, während der Frass schon im Gang war. Die Massregel der Leimringe beruht auf folgenden Beobachtungen. Wenn die jungen Räupchen aus dem Ei kommen, April und Mai, so verweilen sie einige Tage in kleinen Gruppen bei einander. Bei schönem, warmem Wetter gehen sie auch schon in den ersten 24 Stunden aus einander, besteigen den Baum, wandern die Äste entlang nach aussen und suchen an die Knospen zu kommen. Das Auskriechen aus dem Ei fällt also zeitlich meist zusammen mit dem Aufbrechen der Knospen, namentlich der Fichtenknospen. Um die alten Nadeln zu verzehren, dazu sind die Fresswerkzeuge der jungen Räupchen noch zu schwach. Der Umstand, dass die Fichtenknospe nahezu 14 Tage früher erscheint als die Föhren- knospen, hat von vornherein schon eine grössere Beschädigung der Fichtenbestände im Gefolge. Die Föhrenknospen sind noch mit einer harten Hülle umgeben, welche die Raupen nicht durchnagen können ; wo sich jedoch die Knospenhülle der Föhren etwas gehoben hat, bohren sich die Räupchen gern ein in den jungen Trieb. Wenn die Räupchen an einem Baum etwas früher anlangen als die Knospen entwickelt sind, so benagen sie wohl auch die älteren Nadeln, aber nur ganz minimal; sie warten dann das Ausschlagen der jungen Knospen ab. Man hat bei Versuchen beobachtet, dass so ein Räupchen ungefähr acht Tage Hunger aushalten kann. Während des Aufsteigens am Baum sind nun diese Räupchen ganz winzig klein, aus einem dünnen Balg mit dichten Haaren bestehend, ungeheuer empfindlich gegen jeden Luftzug, und wenn ein solcher den Baum umspielt, so fangen die Räupchen, welche beim Aufkriechen ihre Spinnfäden mit sich ziehen, zu zittern an, sie scheinen zu erschrecken und spinnen dann einen Faden. Sie spinnen überhaupt, wenn sie Gefahr wittern. An diesen Fäden nimmt sie der Luftzug herunter. Es ist die sogenannte Verwehungsperiode, die wichtigste in der Bekämpfung der Nonnenraupe. Gestützt auf die Erkenntnis dieser Thatsachen hat die bayerische Forstverwaltung ge- sucht, die Leimringe so zeitig anzulegen, dass sie am Baume sassen, ehe die jungen Räupchen ausgekommen sind. Je lichter ein Bestand ist, je mehr Luftzug in ihm spielen kann, desto stärker ist das Ver- wehen. Deshalb müssen auch alle Bestände, die geleimt werden, zu- vor, soweit es nötig ist, stark durchforstet werden; geschlossener Rand von solchen Beständen aber, wo die Äste bis auf den Boden hinunter- gehen, darf nicht durchforstet werden, um das Hinauswehen zu er- schweren. Ist ein Bestand nicht durchforstet oder mit starkem Unter- — 400 — wuchs versehen, so findet das Verwehen massenhaft auf den Unterwuchs und die Nebenstände statt. Hat man Zeit, so muss man, abgesehen vom Durchforsten, auch den Unterwuchs heraushauen; mangelt hiezu die Zeit, so kann man den Unterwuchs bloss so weit um die Stämme weghauen oder die Äste desselben mit der Baumschere wegschneiden, dass die Äste des Unterwuchses nicht oberhalb der Leimringe die Stämme berühren, damit es keine Brücken gibt und die Raupen etwa darüber hinaufgehen. In diesem Fall kann dann der Unterwuchs, wenn er mit halbwüchsigen Raupen bedeckt ist, ausgehauen und ver- brannt werden. Ist nun kein Unterwuchs vorhanden, so fallen die Räupchen auf den Boden; obwohl sie noch sehr klein sind, marschieren sie ganz flott vorwärts, soweit nicht dichter Graswuchs sie daran hin- dert, und suchen die Bäume zu besteigen. Hier aber werden sie durch den Leimring aufgehalten, den sie nicht zu berühren wagen. Bei dem Verwehen kommt es auch vor, dass Räupchen auf den Ring aufgeweht werden. Solche kleine, auf den frischen Leimring gewehte Räupchen gehen jedoch in kürzester Zeit zu grunde und schrumpfen derart zu- sammen, dass von einer Gefahr, dass über diese Raupenleichen andere Raupen hinüberkämen, gar keine Rede sein kann. Man glaubt, dass schon der Geruch der Leimsubstanz die Raupen hindert, den Leim anzunehmen. Die Nonnenraupen krabbeln also nicht auf den Leim, und der Zweck des Leimringes ist auch nicht, sie festzuhalten, sondern sie aufzuhalten oder abzusperren. (Im Gegensatz zur Nonne geniert den Kiefernspinner, yastropacha s. bombyx pint, der Leimring nicht.) Ist nun ein Bestand sehr stark mit Eiern belegt, so dass an jedem Stamm eine grosse Menge Raupen auskriechen, so bildet sich unter- halb des Leimrings der sogenannte Schleier, von welchem die Räup- chen bedeckt werden und unter welchem sie verhungern. Ausser den Nonnen-Räupchen verfallen ferner alle Insekten, auch der Rüsselkäfer (Familie Rüsselkäfer, cureulionidae), wenn sie von dem Schleier be- deckt werden, dem Hungertod. Diese Schleier treten schon auf, wenn der Stamm durchschnittlich von 1200 Stück Raupen belegt ist. Ist die Zahl der Räupchen eine grössere, so bilden sich mehrere Schleier über einander, so dass z. B. im Ebersberger Forst an jedem Stamm sieben einzelne Schleier wie Seidenpapier abgewickelt werden konnten; zwischen diesen einzelnen Schleiern ist dann eine grosse Zahl Raupen und anderer Insekten eingelagert. Die Entstehung dieser Schleier ist so zu erklären und aufzufassen, dass jede Serie von Raupen, welche von oben herab spinnt, die andere mit ihren Gespinnsten überdeckt, a so dass schliesslich die anfänglich unter dem Leimring beginnenden Schleier über den Leimring hinübergereicht haben, ohne auf dem Leim- ring selbst aufzulagern. Auch in diesem Falle ist ein Entkommen der Räupchen unter dem Schleier nicht oder nur höchst vereinzelt möglich. Ein Teil der Raupen, namentlich diejenigen, welche in der Krone aus- gekrochen sind — 1500 Raupen genügen, um die Krone des grössten Baumes kahl zu fressen —, wird an die Knospen gelangen und hier den Frass beginnen, wenn sie nicht von den Knospenenden auch zeitig herabgeweht werden. Der Umstand, dass sie zunächst an die Knospen gehen, befördert allerdings das Herabwehen. Nach etwa 10—14 Tagen häuten sich diese Räupchen. Das gehäutete Räupchen zeigt schon ganz die charakterische Zeichnung der erwachsenen Raupe. Diese ge- häuteten Raupen werden nun bei heftigem Wind, starken Regengüssen, namentlich nach einem Gewitter, ziemlich zahlreich herabgeworfen und suchen dann sofort wieder die Bäume zu erklimmen. Solehen grösseren bis zu 15 mm langen Raupen, fürchtete man, möchte es vielleicht ge- lingen, über die Schleier hinüberzukommen, und deshalb sind recht- zeitig vorher sämtliche Schleier über den Leimring heruntergeschlagen worden, wodurch der Leimring wieder zu seiner vollen Wirkung kommt, denn auch diese Raupen machen vor demselben Kehrt, wenn sie nicht an den Fäden sich am Leimring vorbei emporarbeiten können. Im Ebersberger Forst und in anderen Waldgebieten, in denen sich die Nonne bereits im Vorjahre gezeigt hatte, sassen solche gehäutete Raupen im Mai 1891 schon zu vielen Tausenden unter den Leimringen. Nach dem starken Frost vom Pfingstsonntag zum Pfingstmontag — 17. auf 18. Mai — (während die sogenannten drei Eismänner, um welche Zeit die Nacht kalt und worauf kein stärkerer Frost mehr zu befürchten sein soll, Pankratius, Servatius, Bonifazius, auf den 12., 13. und 14. Mai fallen) waren die gehäuteten Raupen sehr lebendig und am warmen Nachmittag spannen sie, (lem Auge sichtbar, in grossen Mengen direkt von der Krone ab. Die Raupen häuten sich mehrmals nach einander und während der Häutung liegen sie unthätig an den Ästen, gewöhnlich an der unteren Seite der Äste oder an und in den Zweigen, sodass man glauben könnte, der Frass wäre zu Ende oder die Raupen wären tot, aber meist nach wenigen Tagen beginnt das Spiel von neuem. Dieses Herabfallen und Herabspinnen der gehäuteten Raupen dauert so lange fort, bis sie halbwüchsig geworden sind. Man darf also nicht annehmen, dass der Rest dieser Raupen, die auf den Bäumen sich befinden, auch‘ ganz droben bleiben wird. Wenn die Raupen Daffner. Voralpenpflanzen. 26 mehr als halbwüchsig geworden sind, verlieren sie das Spinnvermögen und werden dann durch Wind, überhaupt durch Beunruhigung herab- geworfen, oder lassen sich herabfallen und werden dann bei dem Ver- such, am Stamm wieder emporzukommen, ebenso wie die jüngeren Raupen von den Leimringen abgefangen. Wenn daher ein Waldbe- stand im Vorjahr schon sehr stark durch Frass mitgenommen wurde, so kann es wohl eintreten, dass ein solcher Bestand schon von einer geringen Anzahl oben bleibender Raupen in diesem Jahre kahl ge- fressen wird — trotz der Leimringe. Insoweit ersteres nicht der Fall ist, besteht die vollbegründete Hoffnung, dass infolge der Anlage (ler Leimringe ein Kahlfrass verhindert wird. Die Massregel hat über- haupt vor allem den Zweck, den Kahlfrass zu verhindern. Wird dies erreicht, so ist damit alles gewonnen; denn nicht kahl gefressene oder nicht sehr stark befressene Nadelholzbestände erholen sich in der Regel wieder. Es sollen Untersuchungen angestellt worden sein durch Fällung von Bäumen, wobei sich ergab, dass in den meisten Fällen nur ein geringer Prozentsatz von Raupen auf den Bäumen zurückgeblieben ist; in vielen Fällen wurde gar keine Raupe mehr oben gefunden, sodass wahrscheinlich die grosse Mehrzahl der Raupen heruntergeweht und dann unterhalb der Leimringe abgefangen wurde — die erwähnten Schleier öffnen sich mit der Zeit unten und fallen die verhungerten Raupen auf den Waldboden, wo man sie oft in faustgrossen dichten Klumpen zusammengeballt findet. Die Witterungsverhältnisse haben auf die Raupen kaum einen nachteiligen Einfluss, böchstenfalls dort, wo sie beim Eintritt von Frösten in der Häutung begriffen sind oder auf jungen Pflanzen sitzen, welche direkt vom Frost betroffen werden. Es wäre möglich, dass sich von den zahlreichen unter den Leimringen verhungerten Raupen ausgehend, eine Seuche entwickelte, welche die Raupen in grossen Massen vernichten würde. Das Verfahren des Leimes ist gegenüber dieser Plage zum erstenmale 1890 angewendet worden, und zwar in Bayern. Unabhängig von den bayerischen Forstleuten hat es gleichzeitig, wie später bekannt wurde, ein Oberförster in Preussen pro- biert, und zwar gleichfalls mit Erfolg. In Österreich und in der Schweiz hat man sich vollständig diesem bayerischen Verfahren angeschlossen. — Es ist eine unbestrittene Thatsache, dass im Jahre 1890 am 16. Juni der Kahlfrass im Ebersberger Forst in der Hauptsache schon vollendet war; an manchen Orten dieses Forstes waren durchschnittlich 100000 bis 150000 Nonneneier an jedem Stamme gelegt worden. Ebenso unbe- stritten steht fest, dass Mitte Juni 1891, also ein Jahr später, von — 403 — einem flächenweisen Kahlfrass in dem durch den vorjährigen Frass tief erschütterten Ebersberger Forst nirgends die Rede sein konnte. Es bot sich dort lediglich die Erscheinung, dass in den im Vorjahre schwer geschädigten und aufgelichteten Beständen eine Summe von Einzel- stämmen von oben herab befressen und zum Teil auch kahl gefressen ist. Aus der Geschichte der Nonnenverheerungen ergibt sich, dass selbst im Falle des Aufhörens einer Nonnenkalamität von den mehr oder minder beschädigten oder mehr oder minder gut gebliebenen Stämmen noch während einer Reihe von Jahren eine grössere oder geringere Anzahl eingeht. In jenen Beständen des Ebersberger Forstes, welche im Vorjahre zwar ebenfalls schon, jedoch in minderem Masse befressen wurden — das sind namentlich die Bestände im Nordosten (Hohenlindener Bezirk) sowie im Westen (Anzinger und Egelhartinger Bezirk) —, beschränkte sich die Beschädigung Mitte Juni 1891 auf das Befressen einzelner Stämme, so dass, wenn nicht ganz ausserordentliche Störungen noch vorkommen, diese vom Vorjahre übrig gebliebenen Restpartien in der Hauptsache grün und lebensfähig werden erhalten werden können. Der Umstand, dass bis zu dieser Zeit nicht eben- so wie im Vorjahre bereits ausgedehnter, flächenweiser Kahlfrass eingetreten ist, ist einzig und allein der Anlegung von Leimringen zu- zuschreiben, durch welche nach nicht übertriebener Schätzung die Bestände wohl schon um 80—90 °/o ihrer sämtlichen Raupen entlastet worden sind. Es wurde schon bemerkt, dass die massenhafte Ansammlung und das sich hieran knüpfende Verhungern und Sterben der Raupen unter den Leimringen vielleicht auch eine Krankheit unter den lebenden Raupen hervorbringen könne. Am Pfingstmontag (18. Mai) 1891 und den nachfolgenden Tagen wurden in allen Junghölzern, welche vom Froste des Pfingstsonntags betroffen worden waren, in den Gipfeln sehr viele tote Raupen, gedrängt zusammenliegend, gefunden. Das Frostwetter des ersten Pfingsttages hat also eine grosse Zahl der Rau- pen, und zwar wahrscheinlich alle diejenigen, die damals sich gerade im Häutungsprozess befanden, krank gemacht und getötet, und, wie gesagt, wenige Tage nach Pfingsten beobachtete man das Wipfeln vieler Raupen, d. h. das Emporkriechen derselben bis zu den obersten Trieben, auf denen sie dann unter Zurücklassung grösserer Fettmengen verfaulten. Die Krankheit äusserte sich in einer Störung der Funk- tionen des Darmkanales, nach dessen Erkranken und Absterben natur- gemäss sehr oft schon in der noch lebenden Raupe Spaltpilze sich verbreiten. Es trat dann gleich nach Pfingsten bis zum 13. Juni, also 20,% — 404 — mehrere Wochen hindurch, wieder schönes Wetter ein und das Erkran- ken setzte sich nicht fort, woraus man schon den nicht infektiösen Charakter derselben erkennen konnte. In dieser Periode erfreuten sich die Raupen leider einer nur zu beklagenswerten Gesundheit. Plötzlich, und zwar unmittelbar nach dem starken Gewitter am 13. Juni, dem mehrere kalte und stürmische Tage vorausgegangen waren, kam das Erkranken und Wipfeln der Raupen im Ebersberger Forst wieder, und zwar in jedem Bestande, ob alt oder jung, in ausgedehntem Masse und in heftigster Weise, zum Vorschein. Ob diese Krankheit als eine Folge der Einwirkung der Kälte und nassen Witterung auf die Rau- pen betrachtet werden kann, welche sich entweder in die Häutung be- geben wollten oder eben erst eine Häutung überstanden hatten, oder ob andere Krankheitserreger (Pilze) daran schuld sind, ist schwer zu sagen. Dass man in den toten und auch schon in vielen absterben- den Raupen die mannigfachsten Fäulnispilze finden kann, ist selbst- verständlich. Dass mit dem Wipfeln die Nonnenkalamität in ein neues günstiges Stadium getreten ist, kann nicht geleugnet werden. Aber es muss die Frage aufgeworfen werden: was würde diese Krank- heit, selbst wenn sie von den grössten Folgen begleitet wäre, nützen, wenn nicht die Milliarden von Raupen durch die Leimringe bereits abgefangen worden, sondern im stande gewesen wären, bis zum heuti- sen Tage gleichwie im Vorjahre ihr Zerstörungswerk zu vollenden ? Würde diese Krankheit weiter um sich greifen, so wäre damit ein wichtiges Glied im System der Bekämpfung der Nonne eingetreten, auf welches das erwähnte System auch von jeher gerechnet hat. Das in Bayern angenommene System der Bekämpfung der Nonne hat den obersten Grundsatz, durch die Massregeln die Nonne so weit zu dezi- mieren, dass der Kahlfrass verhindert und so weit möglich oder nötig, von Jahr zu Jahr hinausgeschoben wird, bis andere günstige Verhält- nisse im stande wären, den Kampf völlig zu gunsten des Waldes zu beenden. Nach den bisherigen Erfahrungen muss zum Schlusse des Juni die Verpuppung der Raupen beginnen und der Frass überhaupt sein Ende erreichen. Denn die Nonnenraupe, wie jede Raupe, ver- puppt sich unter allen Umständen auch bei dem reichlichst gebotenen Frassmaterial, sobald sie vollständig ausgewachsen ist, um sich dann aus der Puppe zum Schmetterling zu entfalten, dem die Fortpflanzung des Insekts obliegt. Die Entwiekelung der Nonne, bezw. das Aus- kommen der Räupchen aus den Eiern, findet je nach der wärmeren oder kälteren Lage, nach ‘dem dichteren oder lichteren Schluss der Bestände früher oder später statt, sodass unter Umständen drei Wochen verstreichen können, ehe das letzte Räupchen aus dem Ei gekrochen ist. Es werden daher auch noch bis Mitte Juli hinein einzelne Rau- pen gefunden werden, soweit sie nicht zu grunde gegangen sind. Dieses allmälige Erscheinen der Raupen ist auch der Grund, warum das Abfangen derselben unter den Leimringen nicht mit einem Schlage erfolgen kann, indem sie ja auch zu verschiedenen Zeiten herabgeweht werden, sich herabspinnen, oder wenn sie nicht mehr spinnen, herab- fallen. Man braucht deshalb keineswegs besorgt zu sein, wenn in den ersten Wochen des ‚Juli noch zahlreiche Raupen durch Wind und Wetter oder durch eigene Bewegung von den Bäumen herabkommen und sich unter den Leimringen sammeln, indem dieses fortgesetzte Herabkommen und Abfangen bei günstigen Umständen dazu führen kann, dass in einem Walde, in welchem der Vernichtungskampf auf die beschriebene Weise geführt wird, der Falterflug ein ganz geringer wird und so die Gefahr für die nächsten Jahre abgewendet erscheint. Eine andere Frage bleibt freilich, ob ein so gesicherter Wald, abgesehen von den immerhin noch in ihm entstehenden Faltern, nicht erheblichen Zuflug aus nachbarlichen Waldungen, in welchen ein Vertilgungskampf nicht geführt wurde, erhält. In solchem Falle bleibt nichts übrig als nächstes Jahr die Prozedur von neuem zu beginuen, welche jedoch erheblich leichter und billiger wird, da es nur erforderlich bleibt, den neuen Leimring an den bereits geröteten Stämmen oberhalb des alten anzubringen. Eine ganz besondere Massregel in dem bayerischen System der Nonnenbekämpfung ist die, dass wo möglich schon vor dem Röten (d. i. Glätten der Rinde) und Leimen die sämtlichen Neben- bestände — das sind jene unterdrückten Stangen, welche wahrschein- lich nie in ihrem Leben mit dem Gipfel an die Luft und an die Sonne gelangen würden — herausgehauen werden. Geschieht dies nicht, so wandern die Raupen, welche von den Hauptstämmen, die den eigentlichen Wald bilden, auf sie herabgeweht werden, auf sie abspinnen oder herabfallen, wieder in die Kronen der Hauptbäume zurück und setzen dort den Frass fort. Auch vorhandener Unterwuchs am Nadelholz und an Buchen muss so weit zurückgehauen werden, dass er nicht oberhalb der Leimringe sich an die Hauptbäume anlehnt und so eine Brücke für das Wiederaufsteigen der abgewehten und abgesponnenen Raupen bildet. Soweit diese Durchforstung versäumt wurde, ist sie unter möglichster Schonung der Leimringe bei Beginn des Frasses nachzuholen. Wo sie in Privatwaldungen unterlassen — AR, 1. wurde, schützt freilich das Leimen nicht vor einem intensiven Frass, zumal wenn der Leim zwar in sehr breiten Bändern, aber sehr dünn aufgetragen wurde, indem bei dieser Behandlungsweise der beste Rau- penleim in kurzer Zeit trocken wird. In den Staatsforsten ist es Vor- schrift, dass die Leimringe nur 3 cm breit, dagegen mindestens 4 mm dick aufgetragen werden müssen, um das Vertrocknen möglichst lange zu verhindern. Trotzdem kommt es vor, dass an Stellen, welche sehr stark dem Winde oder der Sonne ausgesetzt sind, einzelne Leimringe frühzeitig trocken werden. Diese müssen dann rechtzeitig aufgefrischt werden. Der Raupenleim wird schon seit langen Jahren gegen den besonders in Norddeutschland schon öfter sehr verheerend aufgetretenen Kiefernspinner angewendet, welcher als Raupe am Boden, gleichviel ob ‚derselbe mit Streu bedeckt ist oder nicht, überwintert, und schon zeitig, sobald der Boden vom Schnee befreit ist und warme Tage kommen, oft schon im Februar, seine Wanderung stammaufwärts beginnt. Raupenleimfabriken haben deshalb bislang auch nur in Norddeutsch- land bestanden, und bei der vor zwei Jahren (1889) in Bayern glück- lich abgewendeten Kiefernspinnergefahr konnte daher ausschliesslich nur Leim von norddeutschen Fabriken verwendet werden, und nur in der Pfalz wurde zum erstenmale im Jahre 1890 Leim von der chemi- schen Fabrik Wingenioth in Mannheim in Verwendung genommen und sehr gerühmt. Auch bei der gegenwärtigen Kalamität waren daher norddeutsche Fabrikate und, soweit die Mannheimer Fabrik zu liefern im stande war, Mannheimer Fabrikat verwendet. Es steht jedoch zu hoffen, dass bayerische Etablissements Versuche über Bereitung von gleich gutem Raupenleim anstellen werden, wie ihn bisher die ver- lässigsten und bewährtesten Fabriken geliefert haben. Alle Versuche, durch Bespritzung von Junghölzern mit Chemikalienlösung — denn die Besprengung von Althölzern ist technisch einfach unausführbar — haben das Resultat ergeben, dass zwar die Raupen getötet wurden, die Pflanzen jedoch ebenfalls. Auch der Versuch, die Raupen durch konzentrierte Viehsalzlösung zu töten, war von dem gleichen Erfolge begleitet: die Raupen tot, die Pflanzen aber auch. Das Ablesen der Raupen von den befallenen Jungwüchsen ist da, wo noch Hoffnung auf Rettung derselben besteht, (durch Kinder und Frauenspersonen) allenthalben fleissig zu üben. Die Nonnenraupe war in Bayern seit dem Jahre 1830 nicht mehr aufgetreten; Württemberg hatte die Nonnenkalamität 1860 durchzu- machen. In Bayern wurde zuerst des Herannahens der Nonne in einem — 407 — Bericht vom Herbst 1889 gedacht, und zwar wurde damals schon der Ebersberger Forst als ein Herd der Gefahr bezeichnet, ohne dass indessen diese nur nebenbei vorgebrachte Warnung eines nordwestlich von München statronierten Forstmannes an der Zentralstelle die volle Beachtung fand. Man glaubte wohl nicht recht an den Ernst der Sache. Erst im Juni 1890 wurde vom Ebersberger Park aus Alarm geschlagen, aber es war bereits zu spät! In den umfangreichen Beständen, die, wie bereits angegeben, ein Areal von nahezu 8000 Hektaren bedecken, war es allerdings für das Forstpersonal schwierig, den vielleicht schon vier bis fünf Jahre zurückreichenden Anfängen der Seuche auf die Spur zu kommen. Als aber die Raupen zu Milliarden über die Wälder herfielen, war der Schaden für das Jahr 1890 bereits unabwendbar. Wie gross sein Umfang ist, mag aus der einen Thatsache hervorgehen, dass von Herbst 1890 bis Juni 1891 wegen Kahlfrass 1,200000 Ster Holz aus dem Ebersberger Park herauszuschaffen war. Inzwischen aber brach die Kalamität an einer andern Stelle aus. Ein zufällig im Passau anwesender hoher Forstbeamter aus München hörte, dass im Dürren- bucher Forste von den Unterbeamten die Nonne bemerkt worden sei, ohne dass dienstliche Meldung erstattet wäre. Er berichtete dies so- fort nach München und erhielt schleunigst alle Vollmacht, der Kala- mität au Ort und Stelle entgegen zu treten. Er hat dies durch ener- gische Massregeln mit bestem Erfolge zu thun vermocht. Mit grosser Energie bot er eine stattliche Schar von Beamten und erfahrenen Holzhauern auf, mit denen er nun in dem allerdings nur in der Aus- dehnung von 750 Hektaren ergriffenen Dürrenbucher Forste planmässig vorging: ein rationelles Abholzen der angegriffenen Be- stände, ein gründliches Auslichten des Unterholzes und das Anlegen von Leimringen waren die Hauptwaffen gegen den Feind. Dadurch wurde der Dürrenbucher Forst 1891 gerettet, vielleicht dass ein paar tausend Ster - geschlagen werden müssen, aber bis auf einen verhältnismässig geringen Teil, welcher der Nonne zum Opfer fiel, ist dort der Sieg erfochten. Das Bild, das der Ebersberger Park bietet, sticht hievon leider sehr traurig ab. Es dauerte lange, bis die zuständigen Behörden und Be- amten die Gefahr in ihrer vollen Tragweite erfassten. Während an den Rändern des Forstes wenig oder nichts zu bemerken war, trugen im Innern weite Bestände schon den Tod in sich. Den Raupen war im Jahre 1890 nicht mehr beizukommen; für tausende, die man ver- nichtete, frassen Millionen und Milliarden die Bäume kahl und puppten —.: 408 — sich ein. Als dann die Schmetterlinge auskrochen, hoffte man wenig- stens durch allerhand Vorrichtungen, Exhaustoren, elektrisches Licht ete., diese in Massen töten und so die Fortpflanzung des Raubtieres hindern zu können. Aber auch diese Geschäftigkeit blieb ohne nen- nenswerte Erfolge; gegen diese Scharen war so nicht aufzukommen: die Bäume wurden mit tausenden von Eiern ihrer Feinde belegt. 50—60000 Eier auf einen Baum galten für eine mässige Belegung; an probeweise gefällten Stämmen hat man 150 000— 200 000 Eier und weit darüber gezählt. Der Wald war zum grössten Teil verloren. Es galt nun der Seuche für das nächste Jahr 1891 Stillstand zu gebieten. Bei den Forstmännern herrschten zwei Strömungen; die eine hoflte alles von der Natur, die andere wollte selber zugreifen. Im Finanz- ministerium siegte an leitender Stelle die letztere Richtung, an deren Spitze Oberforstrat Huber stand. Die Erfahrungen, welche dieser in Dürrenbuch gesammelt, liessen ihn den Satz aufstellen, dass die Nonne, obwohl sie ihre Eier vorwiegend in die Spitzen, die Äste und Zweige des Baumes legt, wo dann auch die Raupe auskriecht, gleichwohl im Raupenzustand zum weitaus grössten Teil von der Höhe auf den Boden sich herabläst. Um das Wiederhinaufkommen zu hindern, wurden nun um den Stamm Leimringe gelegt. Freilich kostete diese Massregel, welche im Ebersberger Forste 1891 mit Eifer durchgeführt wurde, viel Geld und enorme Mühe. Aber diese waren nicht vergebens aufgewendet: die Erfolge des Leimes waren höchst erfreuliche. Man kann sagen, dass durchschnittlich bei Buchen fast 90 °/o, bei Föhren und Kiefern an 60 °/o der Raupen dadurch vernichtet wurden. Dass sich dann in den Leichenhaufen Massen parasitärer Pilze entwickelten und im Verein mit Feinden der Nonne aus dem Insektenreiche den xaupen zusetzten, dass auch von Mitte Juni 1891 Krankheiten das gefrässige Tier befielen und das „Wipfeln“ eintrat, soll nicht geleugnet werden; auch das hat zur Abschwächung der Gefahr beigetragen, aber die Natur hat nicht, wie die Quietisten meinen, die Hauptsache im Vernichtungskriege gethan, sondern das energische Eingreifen des Menschen. Dreifach sind die im KEbersberger Forst (1891), trotz der leider unabwendbaren Katastrophe, erzielten Erfolge: erstlich ist es selungen durch rationelles Durchforsten stattliche Kiefernbestände zu retten; sodann sind die jungen Kulturen, der Nachwuchs bis zu 10 und 15 Jahren Alter erhalten worden, indem bei der geringeren Menge ‚der Raupen infolge des Massenmordes durch das Leimen ein Absuchen der Tiere auf den niedrigen Kulturen möglich war; drittens ist es ge- — 409 — lungen, einer weiteren Ausbreitung der Seuche für dieses Jahr Einhalt zu thun. Damit aber ist die Gefahr für die nächste Zukunft nicht beseitigt, und es ist dringend davor zu warnen, die Hände in den Schoss zu legen. "Zwar ist zu erwarten, dass die Zahl der Raupen im nächsten Jahre wesentlich geringer sein wird, aber sie wird immer- hin noch so enorm sein, dass die Tiere unberechenbaren weiteren Schaden anstiften können. Vor allem müssen die Besitzer der nach- barlichen Privatwaldungen auf ihrer Hut sein und entsprechend Mass- nahmen treffen. Das endliche Erlöschen der Kalamität muss durch äussere Umstände herbeigeführt werden, seien diese nun epidemische Erkrankungen oder ein allmäliges und massenhaftes Auftreten von der Nonne verderblichen Raubinsekten (Tachinen — Schnell-, Mord- oder Raupenfliegen, auch Raupentöter genannt, und Ichneumonen — Schlupf- wespen) oder elementare Gewalten wie heftige Spätfröste während kritischer Entwickelungsstufen der Raupe. Diese Umstände bilden deshalb auch ein sehr wichtiges Glied in der Kette der Massnahmen, welche zum Kampfe gegen die Nonne eingeleitet sind. Letzteren kann daher auch niemals die Aufgabe zugedacht werden, die Nonne bis auf das letzte Individuum im Walde zu vertilgen, sondern dieses Insekt nur so zu dezimieren, dass entweder seine natürlichen Feinde unter den Raubinsekten das endliche Übergewicht gewinnen und die völlige Vernichtung herbeiführen, oder solche Massen von Nonnenraupen un- schädlich zu machen, dass epidemische Erkrankungen zum Nutzen des Waldes sich zu äussern vermögen, noch ehe er das Opfer von in un- zählbarer Menge fressenden Raupen geworden ist. Bezüglich des Wertes des „Leimens“ habe ich folgendes von dem bayerischen Forstrat Ganghofer 1892 abgegebene Urteil nachzu- tragen. Auf das Leimen der Bäume haben die Fachmänner grosses Vertrauen gesetzt und ist dieses Verfahren mit unendlicher Mühe durehgeführt worden. Es hat den erwarteten Erfolg bei weitem nicht gehabt, vielmehr nur insofern genützt, als es eine Verzögerung des Übels verursacht und so der Natur Zeit gibt, durch der Nonne schäd- liche Witterung und ihr feindliche Insekten ihre Vermehrung zu be- schränken. Immerhin ist das Leimen gegenwärtig noch das beste Mittel, die Raupen selbst zu bekämpfen. Auch mit Reflektoren und Exhaustoren hat man der Nonne auf den Leib zu rücken versucht, daher es in dem Lied „die Nonne“ (Forstliche Blätter, 1892) heisst: Wir suchen Raupen, suchen Puppen, Da wird der Wald brillant beleuchtet Durchstreifen oft den dunkeln Tann, Vom Forstmann, hell und feierlich, Die Augen waffnen wir mit Lupen, Zu sehen wie die Nonne beichtet Ein jeder thut da was er kann. Dem heissgeliebten Nonnerich. Und erst zur Zeit des Faltertluges ' Doch ach, es droht der Tod den Armen, Da sind die Plagen nicht gering, ' Denn alle Förster rüsten sich Denn nächtlich mittels Fackelzuges Mit Garn und Ästen ohn’ Erbarmen Sucht man im Wald den Schmetterling. Zu töten Nonn’ und Nonnerich. Millionen sind bereits getötet Und ach Millionen leben doch, Denn unser Können — man errötet = Ist unvollständig immer noch. Was den Einfluss der Leimringe auf die Gesundheit der Bäume betrifft, so konstatierte Hartig, dass nur in sehr ver- einzelnten Fällen der Leim in das lebende Rindengewebe eindringt, welches sich durch eine eigenartige Korkbildung gegen das Vordringen des Leimes zu sehützen vermag. Dagegen hat sich die Anwendung des Leimes zum Schutze ganz junger Pflanzen gegen Käferfrass nicht bewährt, indem viele von ihnen durch den Leim getötet werden. Der Wassergehalt der Holzarten ist sehr verschieden. Nach Schübler und Hartig enthalten 100 Teile lebenden Holzes an Wasser: Pappel 51,8 °/o, Buche 39,7 °/o, Eiche 35,4 °/o, Weide 26,0 %o. Ebenso ist der Ölgehalt der Holzarten sehr verschieden. Manche sind stets arm an Öl, dafür aber reich an Stärke, daher sie als Stärkebäume bezeichnet werden; andere, die sogenannten Fett- bäume, sind stets reich an fettem Öl. Zu der ersteren Gruppe ge- hören Eiche, Weide, Pappel, Ahorn, Ulme, Esche, zur zweiten Nuss- baum, Buche, Birke. Die Nadelbäume, namentlich die Föhre, nehmen gewissermassen eine Mittelstellung ein, denn sie sind Fettbäume, welche in gewissen Perioden ihrer Vegetation mehr oder minder frei von Öl sind. Die richtige Schlagzeit des Bau- und Nutzholzes ist im Dezember. Auf den forstlich -meteorologischen Beobachtungsstationen in Deutschland ist nachgewiesen, dass die Luftwärme in den Kronen der Föhren um 0,99°, der Buchen 1,19°, der Fichten 1,84° C. höher ist als in Kopfhöhe. Mit Bezug auf den Ebersberger Forst dürfte noch nachstehendes aus dem Werke Sendtner’s von grösserem Interesse erscheinen. In Südbayern gibt es gegenwärtig keine Urwälder mehr. Der Begriff eines Urwaldes liegt einfach darin, dass seinem Boden nichts von den un- organischen Stoffen, die in die Vegetation übergegangen sind, entzogen wurde, und dass sich, was von den organischen nicht in die Atmo- — 41 — sphäre überging, mit jenen zu gewaltigen Moder- oder Dammerdemassen bei beschränktem Lichtzutritt angehäuft hat. Natürlich werden dadurch besondere Vegetationsbedingungen hergestellt, die mit dem Fehlen des Urwaldes eben auch fehlen. Der Urwald ist als Vegetationsform wie als Vegetationsbedingung ausgezeichnet. Die Urwälder bestanden meist aus gemischten Holzarten. Da der Urwald in seinem Moder stets die disponibeln Vorräte an unorganischen Nahrungsmitteln der Bäume un- versehrt erhält, so fehlt ihm die wesentlichste Veranlassung zum Baum- wechsel. Eichen, Buchen u. s. w. finden fort und fort ihr gleich- mässiges Gedeihen in der Dammerde, deren Mineralbestandteile bereits die Wanderung durch pflanzliche Organismen zurückgelegt haben. Ein anderer Fall ist es mit dem Kulturwald, mit den Wäldern, denen man mit den organischen Produkten auch die darin aufgespeicherten un- organischen Pflanzennahrungsmittel entzieht, sei es nun in Form von Werkholz, Bauholz oder Laub. Da die Baumarten sich wie die Ge- treidearten in der Wahl ihrer anorganischen Nahrungsmittel ungleich verhalten, so dass, was eine Art im Boden von solchen Stoffen als unbrauchbar zurücklässt, einer andern unentbehrlich ist, so bleibt, wenn man mit dem Abtrieb einer Baumart dem Boden zugleich die spezi- fischen Bedingungen ihrer ferneren Existenz entzogen hat, nichts ührig, als auf so lange Zeit bis der natürliche Verwitterungsprozess des mine- ralischen Substrates diese Vorräte wieder ergänzt hat, eine Baumart von anderen Nahrungsbedürfnissen anzubauen. Dafür sorgt die Natur auch ohne Beihilfe der menschlichen Hand, ja sogar deren hindernden Vorkehrungen entgegen, wie folgendes lehrreiche Beispiel zeigt, dessen Mitteilung ich dem Forstkommissär Kremplhuber verdanke Der Ebersberger Staatsforst zwischen München und Wasserburg hat nahe- zu 8000 Hektare zusammenhängendes Waldland. Bis zu Ende des 17. Jahrhunderts bestanden diese zu ?/s aus Eichenwald, !/s3 aus Buchenwald mit vereinzelten Fichten. Nach eingetretener Durchforst- ung und teilweiser Lichtung fand sich ein Fichtenanflug, obgleich Eichen und Buchen Samen trugen, ein, der immer mehr und mehr überhand nahm, so dass im ganzen Forste keine Blösse mehr zu finden war, und 1722—1727 auf Befehl des Kurfürsten der ganze Fichten- nachwuchs ausgereutet wurde, um der natürlichen Eichenbesamung Raum zu geben. Allein ohne Erfolg. Die Fichte behielt ungeachtet aller angewandten Mittel die Oberhand, und überwuchs zuletzt die übergebliebenen Eichbäume, die auf diese Weise abstanden. Ihre dürren Stämme von kolossalem Umfang standen noch in den vergange- nen Jahrzehnten an ihrer Oberfläche bis schuhtief vermodert, der Kern war noch brauchbares Holz. Man beging den Missgriff und führte dieses Holz zum Verkauf hinweg. Jetzt ist nicht eine einzige grüne Eiche mehr zu sehen. Mit den Buchen ging es ähnlich. Ein ge- schlossener, hochschäftiger Bestand dünner und anscheinend gesunder Stämme war auf seiner Wachstumsstufe stehen geblieben, so dass die ältesten Leute sich dessen nicht anders erinnerten. Stämme von 35—12 cm Durchmesser waren über 100 Jahre alt. Es ist schade, dass solch lehrreiche Notizen in den Registraturen der Forstamtskanz- leien vergraben bleiben. Wenn sich daraus auch die Praxis keine Lehre nutzbar zu machen weiss, so ist dies keineswegs für die Wissen- schaft der Fall. Der Praxis ohne wissenschaftliche Basis bleibt der Sinn der Naturerscheinung ein- für allemal verschlossen. Dieser ge- dankenlosen Praxis genügt die Wahrnehmung „der Vorliebe, welche die Laubhölzer für den aus Nadelabfällen hervorgegangenen Humus haben“; der Grund dieser Vorliebe macht ihr keine Plage. Auch manche Käfer gehören im Larven- oder im vollkommenen Zustand zu den Laubfressern, unter letztere zählt auch der Maikäfer (melolontha vulgaris); indessen schadet derselbe wesentlicher im Lar- venzustand, als sogenannter Engerling, durch Abfressen der Wurzel- spitzen, infolge dessen wir nicht nur krautartige Pflanzen, sondern selbst Bäume in Menge eingehen sehen. Viele Larven von Käfern und Schmetterlingen leben und entwickeln sich im Innern der Pflanzen und beeinträchtigen durch ihren Frass die Ernährung derselben; so die Minier- und Wicklerraupen in Blättern und jungen Trieben, und die Larven vieler Käfer sowie mehrerer Schmetterlingsarten im Holz der Äste, des Stammes und der Wurzel. Weitaus die schädlichsten aber sind die Borken-, Bast- und Splintkäfer (bostrychus, hylesinus und eccoptogaster), weil ihre Larven in grosser Anzahl gesellig im Bast und im Kambiumring des Holzkörpers fressen, also gerade in der Region des Stammes, wo die Anlagerung der neuen Holzsubstanz geschehen soll, daher ihr Überhandnehmen leicht eine allgemeine Er- krankung der Bäume, die sogenannte Wurmtrocknis, und endlich den Tod derselben zur Folge hat. — Die Gamma-Eule, plusia gamma (Gattung Goldeule, plusia), deren Vorderflügel etwa in der Mitte ein fast silberweisses 7 (gamma, daher der Name) trägt, hinter und unter demselben mit mattbraunem, vor dem Aussenrande mit grün glänzen- dem Flecke, 18 mm lang, 40 mm breit, die gemeinste und verbreitetste Pluvien-Art, fliegt bei Tage. Die gelbgrüne, der Länge nach weiss —, 418° — gestreifte Raupe schnürt sich in den Gelenken ein und frisst an den verschiedensten Kräutern in Gärten und Feldern, manchmal in ver- heerender Weise. So hat sie 1828 in Ostpreussen die Lein-Felder vernichtet, — welche Verwüstung der berühmte Naturforscher Dr. Karl Ernst von Baer (1792—1876) in der Isis 1831 beschrieben hat. Missstaltungen und Verkrüppelungen äusserer Teile sowie Aus- wüchse verschiedener Art an solchen werden ebenfalls häufig durch den Frass oder Stich von Insekten hervorgerufen. Die Gallen sind eigentümlich gestaltete Auswüchse, die an den verschiedenartigsten Pflanzenteilen durch den Stich des Legestächels der weiblichen Gall- wespen (Gattung cynips, Familie cynipidae, Ordnung Hautflügler hymenoptera) entstehen, welche ihre Eier in dieselben ablegen. Dass mit dem hiedurch veranlassten wuchernden Auswachsen des verletzten Gewebes eine krankhafte Veränderung des Ernährungsprozesses ver- bunden ist, sehen wir an dem reichen Gerbsäuregehalt — bis 70%/o — der Eichengallen, namentlich der echten von cynips gallae tinctoria verursachten orientalischen „Galläpfel“, worauf eben ihre technische Verwendung beruht. Bemerkenswert ist, dass die Gallen jeder einzelnen Art der Gallwespen eine ganz bestimmte charakteristische Form be- sitzen, und man kann beispielsweise auf den Blättern unserer Eichen oft mehrere verschieden gestaltete Formen derselben neben einander beobachten. An den Rosensträuchern findet man häufig die mit haar- artigen Zellen bedeckte Gallen von cynips rosae, welche unter dem Namen der „Schlafäpfel“ oder „Bedeguar“ bekannt sind und früher in offizinellem Gebrauch waren. Alle Gallen besitzen im Innern eine, gewöhnlich im Verhältnis zu ihrer Masse kleine Höhlung, in der sich das darin zur Entwiekelung kommende Insekt im Ei-, Larven- oder Puppenzustand vorfindet, oder dasselbe ist schon ausgekommen, dann ist die Galle leer, vertrocknet, und von innen heraus durchbohrt. Darwin bemerkt bezüglich der Gallen unter anderem folgendes. „Gallen werden von Insekten verschiedener Ordnungen produziert; die grössere Zahl aber von Arten von cynips. Gallen wachsen mit ausser- ordentlicher Schnelligkeit und man sagt, dass sie ihre volle Grösse in wenigen Tagen erreichen. Soviel ist sicher, dass sie fast vollkommen entwickelt sind, ehe die Larven auskriechen. Bedenkt man, dass viele Galleninsekten äusserst klein sind, so muss der Tropfen abgesonderten Giftes ausserordentlich minutiös sein; es wirkt wahrscheinlich nur auf eine oder zwei Zellen, welche infolge des abnormen Reizes schnell durch einen Prozess der Teilung sich vermehren. Wie Walsh be- — 44 — merkt, bieten die Gallen gute, konstante und bestimmte Charaktere dar; jede Sorte bleibt der Form so treu, wie es irgend ein unab- hängiges organisches Wesen thut. Diese Thatsache wird noch merk- würdiger, wenn wir hören, dass z. B. sieben unter zehn verschiedenen Sorten von Gallen, die auf der nordamerikanischen Weidenart salı.r humilis entstehen, durch Gallmücken (cecidomyidae) gebildet werden, welche, wenn auch wesentlich distinkte Spezies, doch einander so ähn- lich sind, dass es fast in allen Teilen schwierig und in manchen Fällen unmöglich ist, die entwickelten Insekten von einander zu unterscheiden. _ Denn in Übereinstimmung mit einer weit verbreiteten Analogie können wir sicher schliessen, dass das von so nahe verwandten Insekten ab- gesonderte Gift seiner Natur nach nicht sehr verschieden sein wird; und doch ist diese unbedeutende Verschiedenheit hinreichend, sehr ver- schiedene Resultate zu veranlassen. In einigen wenigen Fällen erzeugt ein und dieselbe Spezies von Gallmücken auf distinkten Spezies von Weiden Gallen, welche nicht unterschieden werden können; auch weiss man, dass die cynips fecundatrix auf der türkischen Eiche, auf welche sie eigentlich nicht angewiesen ist, genau dieselbe Sorte von Gallen produziert wie auf der europäischen Eiche. Die letzten Thatsachen beweisen, wie es scheint, dass die Natur des Giftes ein viel wirksameres Agens bei der Bestimmung der Form der Galle ist als der spezifische Charakter des Baumes, welcher affıziert wird.“ Die Galläpfel sind also Auswüchse, welche auf verschiedenen Teilen von Eichen durch den Stich der weiblichen Gallwespen hervor- gebracht werden. Die echten oder türkischen Galläpfel kommen von einer in Kleinasien einheimischen Eichenart: quercus infectoria, und bilden sich an den jungen Zweigen. Sie dienen zum Gerben, Schwarz- färben und zur Tintenbereitung. Ähnlich können auch die Schüssel- chen der Knoppereiche, «merens aegilops, gebraucht werden; diese Art hat, wie mehrere andere europäische Arten, essbare Früchte. Die Gallmücken, cecidomyiae s. gallicolae, welche zur Familie der Schnacken, fipulidae, und zur Ordnung der Zweiflügler, diptera, gehören, sind sehr schädliche Insekten; sie haben breite Flügel und sehr lange, vielgliederige, perlschnurförmige, behaarte Fühler. Man kennt aus Europa gegen 100 Arten dieser Gattung, deren Gemeinname besagen will, dass ihre Larven an den Futterpflanzen gewisse Miss- bildungen, Gallen, erzeugen; doch thun dies lange nicht alle, während umgekehrt wieder andere, welche man des abweichenden Körperbaues wegen nicht hieher ziehen konnte, Gallen hervorbringen. Die zwiebel- — 45 — förmigen, rotbäckigen Auswüchse, um einiger der gewöhnlichsten zu gedenken, welche auf der Oberseite der Buchenblätter sitzen, entstehen durch den Stich der cecidomyia fagi; die fast kugeligen, welche die Blattfläche der Zitterpappel durchwachsen, durch den der cecridomyia polymorpha. Die cecidomyia pericarpitcola erzeugt kirschrote Kügel- chen in den Blütenständen der wilden Möhre (Mohrrübe), und jeder andere Pflanzenteil kann von wieder anderen Arten bewohnt sein. Eine der berüchtigtsten, keine Gallen verursachende, hieher gehörige Mücke ist der Getreideverwüster, cecidomyia destructor, der bisher, aber mit Unrecht, den Namen „Hessenfliege“ führte, welchen man ihm in Nord- amerika beigelegt hat; man war nämlich der irrigen Ansicht, dass das lästige Ungeziefer im Jahre 1776 oder 1777 mit dem Gepäcke der hessischen Truppen dort eingeschleppt worden sei. Die Grösse der er- wachsenen Made beträgt etwas über 3 mm; bei der Mücke selbst ändert das weit häufigere Weibchen in seiner Länge, von der Stirn bis zur vorgestreckten Legeröhre gemessen, zwischen 2,70 —3,70 mm; das Männchen, bei welchem die schwarze Farbe weniger sammetartig, mehr in’s braune spielend erscheint, hat eine ziemlich beständige Körperlänge von 3 mm. Der Körper ist also vorherrschend schwarz, der Hinterleib ist rot geringelt und kurz schwarz behaart; die Flügel sind grau und kurz behaart. Sie erscheint etwa Mitte April, und das Weibchen lest zwischen die Längsnerven der jungen Getreideblätter je einige Eier. Die gelblich weissen Maden kriechen dann in die Blattscheide hinab bis zum Knoten des Halms, den sie befressen. Die Ähre entwickelt sich zwar, aber wie sie schwer wird, besonders auch bei Wind und Regen, bricht der Halm ab, wodurch oft ein grosser Teil der Ernte zerstört wird. Ende August erscheint die Fliege zum zweiten Male, und diese legt ihre Eier an die Wintersaat, namentlich an den Roggen und die selbst ausgefallene Gerste; dort überwintern die Maden, Das beste Mittel der Vertilgung ist Ausjäten des jungen Gerstennachwuchses, nach Mitte Oktober Ausjäten der vergilbten Pflänz- chen in der Wintersaat, tiefes Unterpflügen oder Niederbrennen der Stoppeln und Aussaat des Wintergetreides erst drei Wochen nach der August-Schwärmezeit, also Ende September. — Eine zweite der Saat nicht minder schädliche Gallmücke ist die Weizenmücke, cecidomyta tritici, nur ein paar Millimeter lang, mit grossen, schwarzen Augen, von gelblicher Farbe, flaumhaarig, und mit langer Legeröhre beim Weibchen. Sie fliegt abends im Juni und Juli und legt ihre Eier in die Weizenähren, wo die gelben Maden die Blüten oder Körner be- —- 4b. — fressen, sodass sie fehlschlagen oder verkrüppeln. Tritt vor der Ernte Regenwetter ein, so lassen sich die Maden auf den Boden fallen, um sich in der Erde zu verpuppen; fällt kein Regen, so kommen sie mit dem Getreide in die Scheune und finden sich im Staub des Aus- drusches. Das einzige Mittel ist Abfangen des Eier legenden Weib- chens mit dem sogenannten Hamen — einem kleinen Fischnetz, Schöpf- netz, mit welchem man die Fische aus dem Behälter nimmt —, was abends geschehen muss, und Zerstören des Dreschstaubes. Auch an den Himbeer- und Brombeer-Stauden finden sich gallen- artige Verdickungen, welche kleine, etwa 2 mm lange, rötlichgelbe Maden oder Larven enthalten. Es können zwei Arten in Betracht kommen, von denen die Larven in holzigen Stengelanschwellungen der Himbeere und Brombeere leben: cecidomyia socialis und ceei- domyia rubi (Brombeergallmücke). Die Lebensgewohnheiten der etwa 2 mm langen Mücke sind noch nicht vollständig bekannt. Ange- nommen, sie wichen darin von der Lebensweise der bekannten Arten wenig ab, so würde sich das Lebensbild kurz so gestalten. Die weib- liche Gallmücke sticht den jungen Schössling der Himbeere an und beschenkt ihn mit ihren Eiern. Die aus ihnen sich entwickelnden Larven bohren sich in- das Mark des Stengels hinein und saugen hier an dem Splint, wodurch die gallenartigen Wucherungen entstehen. Da derartig saugende Larven meist eine ätzende Flüssigkeit absondern, so strömt der Saft sehr reichlich nach diesen Stellen und es entstehen die gallenartigen Wucherungen und Anschwellungen. Es ist wahr- scheinlich, dass die Maden nicht als solche überwintern, sondern sich bald verpuppen werden, soweit man bei Gallmückenlarven überhaupt von einer Verpuppung reden kann. Sicher bohren sich dann im nächsten Frühjahr die Gallmücken aus den kranken, gallenartigen An- schwellungen des Stengels heraus. Das einzige Abwehrmittel gegen diesen Feind ist das Abschneiden und Verbrennen der kranken Teile. Neuerlich entdeckte Hartig eine von im cecidomyia piceae benannte im Ebersberger Forst an älteren Fichten in grosser Menge auftretende Gallmücke. Dieses Insekt erzeugt in der Rinde und in den Knospen der Fichtentriebe zahlreiche Gallen, die nach dem Aus- fliegen des Insektes durch die feinen Flugöffnungen sich zu erkennen geben. An geöffneten Galläpfeln soll man um Michaeli (29. September) den Charakter des nächsten Jahres erkennen können. “Findet: man Be Me eine Spinne darin, so bedeutet dies ein unglückliches Jahr, eine Fliege ein mittelmässiges, eine Made ein fruchtbares. Findet man nichts, so bedeutet dies: sterben. Ist der Gallapfel inwendig feucht, kommt ein nasses, ist er dürr, ein trockenes Jahr; ist er dünn, folgt ein heisser Sommer. Zutreffend sind diese Sagen natürlich nicht. Kulturpflanzen. Eine der nützlichsten Kulturpflanzen (Baukräuter, Baupflanzen), der gewöhnliche oder gebräuchliche Lein oder Flachs, linum usitatissi- mum, zu der mit den Storchschnabelgewächsen verwandten Familie der Leingewächse, linaceae, gehörig, wird auch in Benediktbeuerns unmittelbarer Umgebung angebaut; er ‚nimmt eine Fläche von etwa 3 Hektaren ein. Am südlichen Ende des Dorfes befindet sich zu allgemeiner Benützung für die Gemeindebewohner ein Flachsofen behufs Dörrung des Flachses. Der Lein ist eine schlanke, zierliche und völlig kahle Pflanze mit spindelförmiger Wurzel, einzelnem, im oberen Teile gewöhnlich etwas verzweigtem, steil aufrechtem Stengel, aufwärts gerichteten, schmal lanzettlichen, zugespitzten und ganzrandigen Blättern. Er ist ein einjähriges oder Sommergewächs. „Er keimt, belaubt sich, treibt Blüten und reift seine Früchte innerhalb eines Jahres und stirbt dann mit Stock und Wurzel ab. Der Ent- wickelungsprozess nimmt eigentlich nur einen Teil des Jahres ein, den übrigen — nämlich in unserem Klima die Zeit der Winterkälte — verbringt der im Samen eingeschlossene Keimling in einem schlafähn- lichen Zustand.“ Der Lein blüht Juni und anfangs Juli und wird Ende Juli (durehschnittlich um Jakobi, 25. Juli) reif. Fünf Staub- gefässe; die Nektarien derselben am Grunde der Blüte zu einem Ring verwachsen. Die Blüten sind vorwiegend blau, viel seltener weiss; sie stellen eine Schirm- oder Doldentraube dar, indem die unteren Blüten- stiele beträchtlich länger sind als die oberen, sodass die (fünfblätterigen) Blüten in eine mehr oder weniger gewölbte Fläche zu stehen kommen. Kapsel kugelig, etwas zusammengedrückt, scheinbar in zehn, eigentlich in fünf Fächer geteilt; jedes Hauptfach durch eine unvollständige Scheidewand wieder in zwei Fächer mit je einem Samen geteilt, Mat- thiolus sagt: „der Flachss hat einen dünnen, glatten stengel, mit lenglechten, schmalen, gespitzten blettern. Am gipffel gewint er schöne liechtblawe blumen, so die abfallen, werden darauss runde, auffgespitzte knöpfflen oder bollen, darinnen ligt der glatte, braune, breytte samen. Daffner, Voralpenpflanzen. 27. — 48 — Die wurtzel ist dünn. AÄuss Leinsamen wirdt ein öl gepresst, welchs nicht allein die Apotecker vnd ärtzte, sondern auch die Maler vnd andere handtwerger gebrauchen. Man brennets auch in liechtscherben vnd lampen, dann es weret lenger dann das Baumöl.“ Die Samen enthalten fettes Öl, welches im grossen aus denselben gewonnen wird (Leinöl); es hat die Eigenschaft rasch einzutrocknen, ist von gelber Farbe, eigentümlichem Geruche, bei — 20° C. noch flüssig, und wird viel- fach technisch verwendet. Die Leinsamen finden auch in der Heil- kunde Anwendung (ein bis zwei Esslöffel in !/a Liter Wasser abge- kocht als mildes Klystier für kleine Kinder), und endlich liefern sie ein vorzügliches Mastfutter. Die äussere Samenhaut oder Samenschale (lesta) sondert beim Befeuchten einen öfter sehr reichlichen Schleim- überzug ab. „Die gewölbten- Flächen der braunen oder gelblichen, glänzenden, dünnen Samenschale haben eiförmige Gestalt, sind stumpf genabelt, 4-6 mm lang. Das weisse oder blass grünliche Gewebe des Eiweisses und des Keimes des Leinsamens ist frei von Stärkemehl, und von mildem öligem nicht ranzigem Geschmacke.“ Die Bastfasern des Stengels (das Fasergewebe besteht aus gestreckten Zellen, welche auf das innigste unter einander vereinigt sind, so dass sie keine Inter- zellulargänge zwischen sich lassen, und die mit ihren zugespitzten Enden abwechselnd keilförmig in einander greifen; im Bastgewebe bleiben diese Zellen bei grosser Zähigkeit weich und biegsam, und es beruht darauf die technische Verwendung der Bastfasern - gewisser Pflanzen, namentlich des Flachses und des Hanfes), wegen dessen der Leinbau im grossen über alle gemässigten Zonen der Erde sich ver- breitet findet, dienen zur Herstellung der Leinwand; sie werden zu Ge- spinnsten, zu Stricken und Geweben verwendet. Auf der besonderen Dickwandigkeit der Bastzellen beruht die Haltbarkeit der Leinwand. Die Umgegend von St. Amand, nicht weit oberhalb Valeneiennes, im nordwestlichen Frankreich, trägt den ausgezeichnetsten Flachs, aus dem die feinsten Spitzen fabriziert werden. Im Mittelalter war auch die Leinwand von Konstanz am Bodensee, fela di Constanza, weit berühmt. Ja, wo was vorgeht in dem Hause, Du treue Leinwand, bist auch du; Du zierst den Tisch beim Hochzeitschmause, Und auch das Brautbett deckst du zu. Bei solchem Fest, du loses Linnen, Hältst du die Windeln schon bereit; Und geht der Erdengast von hinnen, So rüstest du das Sterbekleid. — 419 — Die Priester der ägyptischen Göttin Isis, der grossen Mutter Erde, deren vegetative Kraft alljährlich durch Osiris geweckt und befruchtet wird, trugen weisse Linnengewänder, während ihre eigene Tracht bunt ist, — so berichtet Plutarch (50—120) in seiner „Isis und Osiris.“ Die ägyptisch-asiatische Kultussitte, nach welcher die Priester nur reine linnene Unterkleider, wie der „Vater der Geschichte“, Herodot (484 bis 408 v. Ch.) berichtet, tragen und höchstens ausser dem Tempel einen wollenen Mantel überwerfen durften, diese Sitte ging später in Europa auf Betende und Büssende überhaupt über, ja erhielt sich als weisses Chorhemd in der katholischen Kirche bis auf den heutigen Tag. Die Linnen- oder Leinwandkultur geht sonach in Ägypten (und auch in Vorderasien) in das höchste Altertum, bis etwa 6000 Jahre v, Ch. hinauf; in Europa wurde der Flachs und Hanf ebenfalls schon zur Zeit der Pfahlbauten, etwa 2000 Jahre v. Ch., kultiviert. Die ägyp- tischen Mumien sind in Leinwandbinden eingewickelt — einen Leich- nam in Wolle zu bestatten, wäre, wie Hehn (Kulturpflanzen und Haustiere; 1883) bemerkt, ein Greuel gewesen; aber auch bei den Lebenden bestand die Leibwäsche nur aus Leinwand. Auch in Bayern wurde der Gebrauch der Särge erst gegen 1800 allgemein eingeführt; bis dahin wickelte man den Toten nach uralter Sitte in ein leinenes Tuch, machte es zu, und legte ihn auf ein Brett, — die Seelnonne, welche die Toten anzuziehen hat, wurde daher auch Einnäherin ge- nannt. — In der Ebene von Indien, bemerkt Darwin, gedeihen Flachs und Hanf und ergeben eine Menge Samen, aber ihre Fasern sind spröde und nutzlos; andrerseits erzeugt der Hanf in England nicht jene harzige Substanz, welche in Indien so allgemein als berauschendes Mittel gebraucht wird. Die Gewinnung des Flachses ist ein ziemlich mühsamer Prozess; sie ist folgende. Der reife Stengel wird aus dem Boden samt der Wurzel herausgenommen, dann wird er sofort in kleinen Büscheln, die Samen gegen die Sonne, über Kreuz aufgehängt an Stecken, sogenannten Haarstiefeln, wo er durchschnittlich 14 Tage bleibt, wobei er braun wird, während er beim Herausziehen grün ist, und der Same vollständig reift. Hierauf wird er gedroschen, damit der Same herausfällt — die Entfernung der Samenkapseln wird auch riffeln genannt —, und jetzt wird der nunmehr Flachs genannte Stengel oder die Bastfaser auf einem moosigen Wiesboden ganz dünn ausgebreitet und 3—4 Wochen liegen gelassen, während welcher Zeit er vollständig in den Boden einwächst; nach dieser Zeit schnellen die 97% — 420 — Stengel auf und tritt der Flachs hervor. Dieser ganze Vorgang des Flachsausbreitens wird auch Flachsressen genannt, während das frühere Flachsressen, wobei der Flachs in das Wasser gelegt wurde, bis die Stengel vom Flachs sich ablösten, hier schon seit vielen Dezennien nicht mehr geübt wird. Der Zweck des Ressens ist also, die Lein- oder Bastfasern von der harzigen Masse, durch welche sie im Stengel gleichsam zusammengeleimt sind, zu befreien. Der ausgebreitete Flachs wird nun mit dem Rechen aufgerecht uud getrocknet, indem man ihn zu kleinen, kegelförmigen Büscheln oder Häufchen gemacht auf dem Boden liegen lässt; alsdann wird er mit einem Strick zu grösseren Büscheln zusammengebunden und eingeführt, d. h. unter Dach ge- bracht. Jetzt kommt er auf die Dörre, in die Flachsdörrstube oder den Flachsofen, welcher bei abgeschlossener Luft so stark geheizt wird, dass der Flachs zum Schlägeln (Bläueln) geeignet wird. Das voll- kommene Dörren ist eine Hauptsache, indem nur dadurch der Flachs leicht und gut gegrammelt werden kann. Je wärmer nämlich die Stengel werden, desto leichter lösen sich die Fasern von ihm ab und desto weicher wird der Flachs, daher hier (in Benediktbeuern)- die Dörrung durch die Sonnenwärme niemals so gut stattfindet wie im Dörrofen. Der Akt des Schlägelns, des Ablösens der Fasern, was auch bläueln oder grammeln heisst, geschieht durch eine Mannsperson mittels eines hölzernen Schlägels.. Dann wird der Flachs geböckelt mit einem feineren Holzböckel. An anderen Orten wird er statt ge- schlägelt und geböckelt in der Flachsbreche gebrochen. Hierauf wird er geschwungen, wozu ein grosses Holzmesser dient, mit welchem er, auf einen hölzernen Stock, Schwingstock gelegt, geschlagen, d. h. fein gemacht wird, bei welchem Vorgang das grobe Werg, woraus die Putz- lumpen gefertigt werden, wegfällt. Jetzt kommt der Flachs in die Hechel, wird gehechelt, wobei auch das feinere kurze Werg heraus- kommt und der eigentliche lange Flachs allein zurückbleibt. Der Flachs ist nun fertig und kommt er sowohl wie das Werg zum Spinnen. Dadurch entsteht das Garn, welches in der Lauge gekocht wird, und alsdann kommt es zum Weber, welcher es zur Leinwand fertigt. Von den Lein-Arten ist neben der gewöhnlichen oder gemeinen Art der russische oder Rigaer Lein für den hiesigen (Benediktbeurer) Boden vorzuziehen. Es ist merkwürdig, dass schon in einer Entfern- ung von 1!/a Stunden, bei Sindelsdorf, in westlicher Richtung, der Flachs viel weniger gedeiht. wie hier, was nur am Boden liegen kann, welcher hier stellenweise etwas fettiger und daher für den Lein gut ge- — 421 — eignet ist. Der russische Lein blüht, wie der gewöhnliche, veilchenblau, wird aber mehr als noch einmal so lang, sodass die Stengel eine Höhe von mehr als 1,5 m erreichen; er gibt etwa die zwei bis dreifältige Menge. Man thut jedoch gut, nach 2—3 Jahren wieder frischen Samen zu beziehen, indem er nach dieser Zeit, wie man zu sagen pflegt, sich abbaut, d. h. die von der gleichen Pflanze genommenen Samen geben nicht mehr so reichliches Erträgnis. Je dünner man den Samen sät, desto höher, je dichter, desto niedriger wird der Stengel. — Die auf dem Lein schmarotzende und demselben manchmal sehr schädlich werdende, hier selten beobachtete, fadenförmige Lein- oder Flachs- seide, cascula epilinum, ist ein Juli und August büschelig weiss blühendes, blattloses, einjähriges Windengewächs. Nachdem der Lein eingebracht ist, Ende Juli, kann man als- bald, anfangs August, weisse oder bayerische Rüben (Haber oder Roggen reift nicht mehr) anbauen, und werden diese Rüben anfangs November reif, sodass sich also auch in dieser Beziehung, da ein zwei- maliger Anbau desselben Feldes ermöglicht ist, der Flachsbau als lohnend herausstellt. Durch die grosse, fabrikmässige Ausbeutung und Verarbeitung verlohnt sich indes leider der Betrieb des Leinbaues im kleinen nicht mehr so wie früher. Es liegt das auch in der ungemein langwierigen und mühsamen Operation, welche die fertige Gespinnst- faser zu einem verhältnismässig teuren Rohmaterial macht. Einen eminenten Fortschritt auf diesem Gebiete haben wir dem französischen Chemiker Dezwarte zu verdanken, und erregte dessen (1890 ver- öffentlichte) Erfindung nicht nur in den nächstbeteiligten Kreisen der Textilindustrie, sondern auch bei allen Produzenten von Leinenstoff gerechtfertigtes Aufsehen. Dezwarte hat nämlich ein chemisches Verfahren entdeckt, nach welchem das Ressen der Flachsstengel in ein bis zwei Stunden vor sich geht und nicht mehr wie bisher Tage und Wochen dauert. Die Stengel werden direkt vom Felde kommend in der Fabrik dem neuen Entrindungs- und Rottungsprozess unter- worfen, was jedenfalls besondere Vorteile vor der vereinzelten Ver- arbeitung auf dem Felde zu bieten vermag. In mehreren französischen Fabriken wurde dieses Verfahren alsbald eingeführt und hat das so gewonnene Produkt vollkommen entsprochen. Das überflüssige arge Stärken oder Steifen hat die Leinwand in Misskredit gebracht, indem dadurch die Faser weniger aufsaugungsfähig wird und ein unangenehmes Kältegefühl beim Nasswerden, bezw. — 42 — Schwitzen entsteht, dieselbe sich auch nicht mehr an den Leib an- schmiegt. Es ist aber entschieden gesünder, direkt am Leib ein weisses Leinen- oder Baumwoll-Hemd zu tragen und darüber erst — die Sommerzeit natürlich, wo dies nicht notwendig, ausgenommen — ein Woll- (Jäger-) oder Flanellhemd. Namentlich soll sich niemand gereuen lassen, jeden Abend ein weisses Nachthemd anzuziehen, welches ganz gut eine Woche hindurch benützt werden kann und wodurch Körper und Taghemd besser ausdünsten können. Flachs, althochdeutsch flahs, mittelhochdeutsch vlahs, altnord- deutsch hör, althochdeutsch harzı, mittelhochdeutsch har, ist im Dialekte unverändert erhalten. Dem Worte Flachs steht littauisch plaukas — capillus Kopfhaar, altslavisch vlas, russisch volos am nächsten; so anheimelnd deutsch das Wort klingt, es ist slavischen Ursprungs. Lein, mittelhochdeutsch /in von linum, Aivov. Der gemeine Hanf, cannabıs sativa, einjährig, zur Familie der Nesselgewächse gehörig, wird hier nicht angebaut. „Aufrechtes Kraut bis über 1,5 m Höhe. Blätter gegenständig, gestielt, gefingert. Die fingerigen (oder handförmigen, indem die Blättchen strahlenartig von demselben Punkt entspringen) Blättchen schmal lanzettlich, spitz ge- sägt. Blütezeit Juli und August. Blüten zweihäusig: die männlichen in zusammengesetzter beblätterter Traube, die weiblichen einzeln (schein- bar in achselständigen Ähren).“ Die Pflanze stammt aus Indien und wird als Gespinnstpflanze häufig im grossen gebaut; hie und da kommt sie verwildert vor. Die Stengelfasern dienen zur Anfertigung von Garn, Leinwand, Stricken ; die Früchtehen (Hanfsamen), welche ein fettes Öl liefern, als Vogelfutter sowie in Emulsion oder Abkochung zum medizinischen Gebrauch bei Reizzuständen der Nieren und Harn- blase. „Wider den kalten seych: Nim zwey oder drey Hänffen wisch- len, seuds inn halb wein, vnnd halb wasser, vnnd lass den dampff gegen dem gemächte fahren, auffs wärmste als du es erleyden kanst, vnd lass darnach den harn von dir.“ Die Blätter (Sprossen) wirken berauschend und der aus ihnen gewonnene Extrakt liefert das gleich Opium wirkende, angeblich wonniges Traumleben, „seligen Traum“ er- zeugende Hadschisch oder Haschisch der Orientalen, wahrscheinlich das berühmte Nepenthe (vrrtevd&g) der Alten, ein narkotisches Getränk, ein Zaubertrank, den der unsterbliche Homer (900 v. Chr.) in seiner herrlichen Odyssee als ein Mittel preist „Kummer zu tilgen und Groll und jeglicher Leiden Gedächtnis.“ RB — Von Getreide-Arten oder Üerealien (('eres, Göttin des Ge- treidebaues), welche in der Umgebung Benediktbeuerns angebaut werden, nimmt die erste Stelle der Weizen ein, dann kommt der Haber und zuletzt der Roggen; Gerste wird nur ganz wenig gebaut. Alle vier Getreidearten werden ausschliesslich als Sommergewächse, als Sommergetreide angebaut, d. h. sie werden im Frühjahr desselben Jahres, in welchem man sie erntet, gesät; es sind einfruchtige Pflanzen, welche, nachdem sie zum ersten Male geblüht und Samen getragen haben, absterben. Der Halm ist ein mit ringförmigen Knoten ver- sehener im inneren hohler und in seinem mittleren Teil unverzweigter Stengel. Die Ähren des Weizens und Roggens wie die der Gräser unterscheiden sich von den echten Ähren (der gemeine Wegerich hat unter anderen solche) dadurch, dass bei ihnen an der Stelle der Einzel- blüten mehrblütige Ährchen (spieulae) entstehen. Der Weizenhalm ist kürzer, aber stärker als der Roggenhalm. Die Ähre ist vier- seitig, gedrängter, und voller aneinander geschlossen als beim Roggen (secale cereale). Es gibt Weizen mit und ohne Grannen — Baıt- weizen und Kolbenweizen, es sind aber keine eigenen Arten, sondern nur Varietäten des gemeinen Weizens, Zriticum vulgare, ersterer mit begrannten Spelzen ist der Sommerweizen, «estiwum, letzterer die grannenlose Form, der Winterweizen (hibernum). Von dem hier nicht gebauten Dinkel-Weizen oder Spelz, ..Fesen, /riticum spellta, dessen Mehl noch vorzüglicher, liefern die kürzeren, aber diekeren getrockneten unreifen Früchte den. als Zusatz zur Fleischbrühe beliebten und wohl- schmeckenden Grünkern. Der Quecken-Weizen, Zriticum s. agropyrum repens, auf Feldern, an Zäunen und Wegen, ist ein Unkraut, peren- nierend, Juni und Juli blühend, dessen weithin kriechender Wurzelstock als Graswurzel (rhizoma s. radix gramınis) — sie enthält Rohr- zucker, Stärkemehl, Eiweiss und Salze — als milde abführendes und auflösendes Mittel bei Katarrh der Atemorgane sowie bei Unterleibs- stauungen und Hautaffektionen, meist als Abkochung (etwa zwei bis drei Esslöffel auf !/g Liter Wasser) manchmal Anwendung findet. Rossmässler gibt folgende Beschreibung der Weizen- und Roggenähre. Der gemeine Weizen zeigt, von der Spindelseite an- gesehen, die in kurze bogige Abschnitte gegliederte Spindel, während diese bei der Gerste von den verkümmerten Ährchen verdeckt ist. Auf den einzelnen Spindelgliedern des Weizens stehen nicht drei einblütige Ährchen wie bei der Gerste, sondern immer nur ein fünfblütiges. Wir biegen eine Weizenähre seitlich krumm, d. h. so, dass eine Ährchen- — 44 — seite aufwärts mit sich aus einander spreizenden Grannen zu liegen kommt und schneiden ein einzelnes Ährehen mit dem ihm angehörigen Spindelgliede ab. Wenn wir die Teile desselben etwas ausbreiten, so sehen wir deutlich folgende Zusammensetzung. Zu äusserst zwei Kelch- oder Deckspelzen, welche, da sie allen fünf Blütchen gemeinschaftlich angehören, diese eben als ein Ährchen bildend bekunden; dann finden wir an einer kleinen verdeckten knieartig hin und her gebogenen Spindel zunächst drei einander ziemlich gleiche etwas über einander stehende Blütchen, von je zwei Blumenspelzen gebildet, von denen die äussere bei den grannenlosen Weizenspielarten (Kolbenweizen) nur eine Spitze oder höchstens eine wenige Millimeter lange Borste, bei den begrannten (Bartweizen) eine lange Granne trägt. Über diesen drei fruchtbaren Blütchen steht noch ein viertes, zwar mit zwei deutlichen Spelzen, aber ohne Befruchtungsorgane, und endlich noch ein fünftes, das eigentlich nur ein verkümmerter Versuch zu einem solchen ist. Schon in diesem stufenweisen Abnehmen der Ausbildung dieser fünf Blütehen eines Weizenährchens und der gewöhnlichen drei Körner kann man die Möglichkeit angedeutet finden, dass durch die Kultur und sonstige Ursachen auch wohl noch das vierte Blütchen sich frucht- bar entwickeln kann, in welchem Falle dann das fünfte auf die Stufe des vierten rücken und über jenem sich als sechstes ein neuer Blütenansatz bilden würde. Aber eben so muss man annehmen können, dass unter besonders ungünstigen Umständen ein ähnlich stufenweiser Rückschlag um ein Blütchen eintreten könne. Und in der That kommen beide Fälle zuweilen vor; der vervollkommnende z. B. bei dem deshalb soge- nannten Wunderweizen, einer Varietät des englischen Weizens, Zriticnm turgidum. Wir haben hier eines der Momente, auf denen die Pflanzen- veredelung beruht. Eine andere Wirkung der Veredelung zeigt die nackte zweizeilige Gerste, an welcher die reifen Körner lose in den Blumenspelzen liegen. Es gibt auch eine solche sechszeilige Gersten- spielart, die Himalaya-Gerste. Bezüglich der Körner des Weizens, so ist es, als sähe man es den glatten bauchigen Weizenkörnern gleich an, dass sie ein feineres Gebäck liefern als die runzeligen schmächtigen und düster gefärbten Roggenkörner. Am Weizenkorn können wir die herrschende Gestalt des Grassamens am besten kennen lernen. Auf der Unterseite sehen wir die tiefe Furche, oben einen kurzen Schopf feiner Härchen und an der unteren Seite eine etwas eingesenkte run- zelige Stelle, aus welcher der Keim hervortritt, nachdem die Boden- feuchtigkeit das Korn durchdrungen und die darin aufgespeicherte a = Nahrung aufzulösen begonnen hät. Dies alles finden wir ebenso auch am Roggenkorn, während es an dem Gersten- und Haber-Korn von den umhüllenden Spelzen verdeckt ist. Der gemeine Roggen, secäle cereale, trägt mit Recht den Beinamen der griechischen Fruchtgöttin, der Ceres, denn er ist und bleibt doch unser erstes Brotkorn. Aber an Zierlichkeit kann sich die Roggenähre mit Gerste und Weizen nicht messen. Sie sieht fast hässlich aus, weil das Auge leicht das hässlich findet, worin es sich schwer zurecht finden kann. Ihre beiderlei Seiten sind auch nicht so sehr unterschieden wie bei den anderen beiden Getreidearten. Auf jedem Spindelabschnitte steht ein zweiblütiges Ährehen von zwei schmalen Deckspelzen eingefasst. Die äussere Spelze der Blütchen geht in eine lange Granne aus und hat einen borstig bewimperten scharfen Rücken. Gewöhnlich steht zwischen den beiden Blütehen noch ein feines Fädchen, der kümmerliche Versuch zu einem dritten Blütehen, was man an sehr üppig entwickelten Ähren oft bis zu den beiden Blumenspelzen, aber ohne Befruchtungsteile, ausgebildet findet. Wenn wir eine reife Roggenähre von der Spitze ansehen, so sehen wir deutlich vier Körnerreihen. Auf einem noch stehenden Weizenfelde bemerken wir, dass hier vielerlei von einander abweichende Ähren unter einander stehen. Wir finden nicht bloss Kolben- und Bartweizen-Ähren neben einander, sondern auch noch einen anderen Unterschied. An den einen finden wir alles glatt und kahl, an den anderen sind alle Spelzen mit weichem, kurzem Flaum bedeckt. Dies bedingt die Verschiedenheit der glatten und der Sammet-Weizen. Auch in der Farbe der reifen Ähren finden wir Unterschiede; sie ist bald blass strohgelb, bald rotbraun. Ebenso finden wir am Haber einige Verschiedenheiten. Alles dies zeigt uns, wie eine tausendjährige Kultur unsere Getreidearten allmälig verändert hat. Der Halm der Gerste, hordeum, ist kurz, an der Berührungs- fläche zweier Stengelglieder knotig, und weich. Es gibt, hier zweizeilige, distichum, vierzeilige — sie ist die gemeine Form, »ulgare, auch nackte oder Himmelsgerste genannt, bei welcher zwei Reihen auf jeder Seite stärker hervortreten — und, als Abart dieser, sechszeilige, hera- stichon, Gerste, je nachdem eben die Ähre aus zwei oder vier oder sechs (in dieselbe senkrechte Ebene fallenden) Reihen von Körnern besteht. Die Körner des Weizens und des Roggens sitzen frei zwischen den beiden Blättchen der Deckspelze, die Körner der Gerste aber sind mit denselben verwachsen. „Am siebenden tag, nachdem die Gerst gesähet ist, schleicht gemeiniglich der keimen herfür, allso das ein jedes Gersten- — 426 — korn zween keimen gewint, an jeder spitzen einen. Der erste bringt die wurtzel, der begert vnter sich. Der ander den halm. Das grass der gersten ist breytter vnnd freidiger anzusehen, dann des Weytzens. Dargegen ist Weytzenstro stärcker vnnd höher dann der Gersten. Gerstenmehl mit honig vnd essig vermischt vertreibt die Rossmucken (Sommersprossen) vnter dem angesicht.“ — Rossmässler sagt: Die Gerstenarten sind wie Roggen und Weizen echte Ährengräser, während der Haber ein Rispengras ist. Unbestritten ist die Gerstenähre am zierlichsten gebaut. Bei ihr wie bei den andern kann man deutlich vier Seiten unterscheiden, von denen die je zwei einander gegenüber liegenden einander gleich sind. Wir wollen die einen die Ährchen- seiten, die andern die Spindelseiten nennen. An der Gerste sind die Spindelseiten breiter als die Ährchenseiten. Wenn wir eine Ähre seitlich krumm biegen, d. h. so, dass eine Ährchenseite aufwärts mit sich aus einander spreizenden Grannen zu liegen kommt, so sehen wir, dass auf jedem Spindelabschnitt drei Blütchen oder richtiger drei einblütige Ährchen neben einander stehen, von denen bloss das mittelste entwickelt und fruchtbar und in die bis 16 em lange Granne ver- längert, die beiden Seitenährchen aber zu schmalen, gekrümmten, zungenförmigen Gebilden verkümmert sind. Zu jeder derselben gehören zwei feine borstenförmige Deckspelzen, die zusammen eine sechsborstige Hülle bilden. Während die schmaleren Ährchenseiten die Anordnung der Ähre fast ganz durch die breiten Grannen verdecken, liegt der Bau auf den Spindelseiten deutlicher vor Augen. Wir sehen da jeder- seits eine von den langbegrannten fruchtbaren Ährchen gebildete Reihe, während die dieser Seite zufallenden verkümmerten Ährehen in Ver- schränkung über einander die Ähre entlang stehen und eine zierliche Mittellinie dieser Ährenseite bilden. Vergeblich bemühen wir uns, aus den Blütenspelzen eines fruchtbaren Ährehens das Samenkorn heraus- zuschälen, denn sie sind fest damit verwachsen. Die ungeheuere beiderseits stachelige Granne bricht aber beim Dreschen leicht ab, und beides, die Verwachsung des Kornes mit den Spelzen und die Stelle, wo die Granne abgebrochen ist, sehen wir an einem Gerstenkorn deut- lich. Auf der Graupenmühle müssen die Spelzen durch die Mühlsteine abgerieben werden, wodurch die Körner sich zugleich glätten und etwas abrunden. — Die Gerste wird in den Zentralalpen bis zu einer Höhe von 2000 m gebaut. Der Haber oder Hafer, mittelalterlich Habern, hat keine Ähre, sondern eine Rispe, denn die Spreublättchen, zwischen welchen die Körnchen liegen, stehen an längeren ästigen Stielen oder Seitenachsen, deren Verzweigung aber nach oben zu stufenweise abnimmt, wodurch der Blütenstand im ganzen eine pyramidenförmige Gestalt erhält. Von Haber-Arten kommen hier vor: gelblicher oder Goldhaber, aven« flavescens; weich- oder kurzhaariger, pubescens, welcher eine Abart - des Wiesenhabers, pratensis ; Saat- oder Rispenhaber, saftiva, und — früher — sehr wenig nackter, »uda, mit kahler Achse der Ährchen, welche auch am Grunde nicht behaart sind. Der nackte Haber (er wurde hier nicht gehörig reif) liefert insbesondere neben dem gemeinen Saathaber und dem türkischen oder ungarischen (Feder- oder Fahnen-) Haber, orientalis, einer Spielart des Saathabers, — die Habergrütze, auch Haberkern genannt, semina avenae excorticata. Die Körner zeichnen sich durch grösseren Gehalt an fettem Öl (bis über 3 °/o) aus, und wird daher die Habergrütze zur Suppe, und arzneilich in Abkochungen (etwa drei bis vier Esslöftel auf !/a Liter Wasser) bei katarrhalischen Reizzuständen sowohl der Darm- und Harnwege wie der Atmungsorgane als Getränk benützt. Der Saathaber ist die am meisten zu Pferdefutter angebaute Art, und variiert durch Kultur viel- fach in Farbe der Fruchtspelzen und Grannen, in Zahl der Blüten, im Ährchen; gewöhnlich hat das Ährchen bloss zwei Blüten, welche von den zwei grossen Deckspelzen fast ganz umhüllt werden; die Körner sind wie die der Gerste immer ‘von den fest aufliegenden harten Blütenspelzen umschlossen. Alle Cerealien enthalten in ihren Körnern ein der Konsistenz nach mehliges, auf der einen Seite mit einer Längsfurche versehenes Eiweiss; in diesem, und zwar am Grunde der entgegengesetzten (äusseren) Seite liegt der schildförmige Keimling (Embryo) eingebettet. Sie haben ferner alle eine sogenannte Faserwurzel, d. h. es entspringen aus dem unteren. Stengelende in Ermangelung einer Hauptwurzel zahlreiche fadenförmige Nebenwurzeln. . Der Weizen reift bier kurz vor Mitte August, der Roggen in der ersten Hälfte, die Gerste und fast gleichzeitig der Haber zu An- fang des August. Der Weizen liefert eine sechs- bis siebenfältige Frucht und nimmt in der Gemeinde Benediktbeuern durchschnittlich eine Fläche Ackerland von nahezu 21 Hektaren ein; der Haber gibt eine fast zwölffältige Frucht und nimmt 15 Hektare ein, der Sommer- roggen — für Roggen ist hier kein zusagender Boden und er muss sehr dick gesät werden — mit etwa achtfältiger Frucht nicht ganz 3 Hektare, und die Sommergerste mit elf- bis zwölffältiger Frucht nur ein halbes Hektar. Die Frucht ist, wie die aller Gräser, ein einsamiges Schalfrüchtehen (Schliessfrüchtchen), dessen dünnhäutige Hülle aus der verschmolzenen Frucht- und Samenhaut besteht, aus welch letzterem Grunde, da Frucht und Samenhülle nicht mehr deutlich unterscheid- bar, die trockenhäutigen Früchte oder Körner (entstanden aus einem einfachen freien Fruchtknoten) auch häufig unrichtig als Samen be- zeichnet werden. Bei dem Haber und der Gerste sind diese Früchte bespelzt, d. h. von den Blütenspelsen — den trockenhäutigen ab- wechselnd stehenden Blättchen, welche gewöhnlich als eine Form der Blütenhülle angesehen werden, obgleich sie eigentlich Hoch- oder Deck- blätter des Blütenstandes sind — dicht umschlossen, klappenartig ein- geschlossen, während beim Roggen und Weizen die Körner nackt aus den Spelzen ausfallen, daher auch nacktes Getreide genannt. Die innere Blütenspelze ist immer zarthäutig und am Ende zweispitzig. Die äussere Blütenspelze trägt häufig eine Granne, d. h. eine dünne dornartige Verlängerung ihres Mittelnerven oder ihrer Mittelrippe (d. i. der die Mitte des Blattes durchziehende stärkere Hauptnerv, richtiger Hauptstrang als unmittelbare Fortsetzung des die Ernährung des Blattes vermittelnden Blattstieles.. Diese Granne ist bei der Gerste gerade und sehr rauh, beim Haber gedreht und in der Mitte knie- förmig gebogen. In einer nur wenig gekannten, gleichwohl aber — wie alles, was von diesem 1817-1891 lebenden Gelehrten stammt — vorzüglichen Abhandlung „über das Stärkemehl“ (1861) äussert sich Nägeli folgendermassen. Das Stärkemehl ist jedem wohl bekannt; es bildet den Hauptbestandteil des Brotes, der Kartoffeln, des Reises, der Gerste, und einen grossen Bestandteil der Erbsen, Bohnen, Kastanien. Das Getreidemehl besteht zu 60—70 °/o aus Stärke. Die unter dem Namen der Kartoffelstärke, Weizenstärke, Arrowroot, Sago käuflichen Mehl- sorten aber sind unvermischte Stärke. Das Stärkemehl macht mehr als die Hälfte der trockenen Nahrung des Menschengeschlechts und des pflanzenfressenden Tierreichs aus; die Möglichkeit der allgemeinsten Erscheinungen im Pflanzenleben beruht auf seiner Anwesenheit. Es spielt also eine Rolle erster Wichtigkeit in dem Haushalte der Natur, und kaum verdient daneben noch erwähnt zu werden, dass es auch zu verschiedenen technischen Zwecken sowie zur Alkoholbereitung ver- wendet wird. Die Stärke kommt in der Pflanze nur in Form von Körnern vor, welche in der Regel in den Zellen eingeschlossen sind. Sie haben eine kugelige bis länglich stabförmige Gestalt und immer — 429 — eine mikroskopische Grösse. Die kleinsten sinken noch unter !/4000 Linie, die grössten erreichen kaum '!/a0 Linie mit ihrem Durchmesser. Um ein anschauliches Bild von der körperlichen Kleinheit dieser Gebilde zu geben, hat Nägeli berechnet, dass in einem zweipfündigen Laib Brot etwa 19000 Millionen enthalten sind. In jedem Bissen, mit dem wir unsern Hunger stillen, verschlingen wir etwa 50 Millionen Stärke- kömer. Durch rohe Gewalt vollenden wir die schon durch die Hitze des Backofens begonnene Vernichtung von zahllosen kleinen Organis- men, und wir üben, durch ein Gebot der Natur gezwungen, eine Zer- störung, die wir sonst überall beklagen, wenn ein brutaler Eingriff mechanischer Kraft in Gebieten haust, welche durch organisierende Thätigkeiten zu hoher Vollendung gediehen sind. Denn das Stärkekorn, so winzig es ist, hat doch einen komplizierten Bau; wir dürfen es nach unsern jetzigen Kenntnissen einen zusammengesetzten Organismus mit kunstvollem Gleichgewicht der in ihm waltenden Kräfte nennen. Das- selbe besteht aus einem Kern im Innern, welcher von einer grössern oder geringern Zahl von Schichten eines unlöslichen Stoffes überlagert ist — ähnlich etwa wie in der Zwiebel die über einander liegenden Schalen zuinnerst den Zwiebelkern umschliessen. Das Schichtenzentrum liegt bald in dem mathematischen Mittelpunkt des Kornes, bald ist es der Oberfläche genähert. Der Kern, d. h. die Masse, welche von der innersten deutlichen Schicht umschlossen wird, ist meistens kugelig, zu- weilen auch linsenförmig oder länglich. Die Stärkekörner sind also verschieden in Gestalt, und ebenso in Grösse und in der inneren Struk- tur. Dadurch wird es möglich, die verschiedenen Stärkemehlarten, welche dem blossen Auge vollkommen gleich erscheinen, unter dem Mikroskop mit Sicherheit und Leichtigkeit zu unterscheiden. Die Kar- toffelstärke, die Weizenstärke, die verschiedenen Arrowrootarten lassen sich auf den ersten Blick erkennen. Die Substanz der Stärkekörner besteht aus über einander liegenden Schichten. Diese Schichten er- reichen selten eine Dicke von !/ıooo Linie; meistens sind sie bloss !/30o0o Linie und noch weniger diek. (1 Pariser Linie — 2,256 Milli- meter.) Auch die Zellmembranen der Pflanzen sind geschichtet; und da dieselben samt den Stärkekörnern mehr als ?/s aller vegetabilisch- organischen Substanz ausmachen, so spielt also die Schichtung in den Elementargebilden des Pflanzenreichs eine bedeutende Rolle. Die Schich- ten der Zellmembranen sind aber im Durchschnitt noch beträchtlich dünner als diejenigen der Stärkekörner. Oft werden sie erst deutlich, wenn man die Substanz durch chemische Mittel auflockert, und es —.: 450 °— lassen sich dadurch Schichten nachweisen, die im natürlichen Zustande kaum !/ıoooo Linie diek waren. Die Leinwandfaser hat eine Dicke von !/ı5so Linie und erscheint vollkommen homogen; durch Kupferoxyd- ammonium quillt sie stark auf und lässt nun bis auf 60 Schichten in ihrer ganzen Dicke wahrnehmen. Wenn man bis jetzt in der Pflanzen- anatomie von geschichteten Substanzen gesprochen hat, so dachte man sich gewöhnlich eine lamellose Struktur, wie etwa die eines Buches; die Schichten sollten über einander liegen wie die Papierblätter und somit durch Spalten von einander getrennt sein. Die Frage, womit die Spalten gefüllt seien, wurde meist nicht erörtert, doch sollten sie nach einer Meinung Luft, nach einer andern eine Flüssigkeit enthalten. Diese Vorstellung ist unrichtig; die Schichten sind nicht durch wirk- liche Spalten von einander getrennt, sondern durch Substanz, welche mehr Wasser enthält und daher ein anderes Lichtbrechungsvermögen besitzt. Im frischen Zustande sind nämlich die Stärkekörner und die Zellmembranen von Wasser durchdrungen, zu welchem sie eine grosse Verwandtschaft haben; wenn es ihnen durch Austrocknen entzogen wird, so nehmen sie, sobald sie mit feuchter Luft oder mit tropfbarem Wasser in Berührung kommen, begierig wieder eine entsprechende Meuge auf. Diese Menge ist aber sehr ungleich. Es gibt Substanz, die bloss !/s ihres Gewichtes und noch weniger, andere, die das 20 fache und mehr Wasser aufnimmt. Das Kartoffelstärkemehl enthält im feuchten Zustande 40 °/o, lufttrocken (d. h. wenn es in trockenen Ma- gazinen oder im ersten Stock aufbewahrt wird) 18 °/o Wasser. Abge- sehen nun davon, dass in einem Stärkekorn wasserarme (dichte) und wasserreiche (weiche) Schichten mit einander wechseln, nimmt der Wassergehalt im allgemeinen von der Oberfläche nach der Mitte hin zu. Ferner ist das Wasser, welches ein Stärkekorn durchdringt, in verschiedenen Regionen, in verschiedenen Schichten derselben Region, an verschiedenen Stellen derselben Schicht und in verschiedenen Richt- ungen derselben Stelle in ungleicher Menge eingelagert. Die Verwandt- schaft der Stärkesubstanz zu Wasser kann durch verschiedene Mittel, welche ihre physikalische Beschaffenheit verändern, vermehrt werden. Wenn die Körner mit verdünnten Säuren oder Alkalien in Berührung kommen, so quellen sie auf, d. h. ihre Substanz wird von einer grösseren Menge Flüssigkeit durchdrungen. Das ‘Nämliche hat auch statt, wenn feuchtes Stärkemehl einer höhern Temperatur ausgesetzt wird. An demjenigen aus der Kartoffel zeigen sich die ersten schwachen Quellungserscheinungen bei 60° C. Sie treten um so lebhafter und — 4531 — bedeutender ein, je höher die Temperatur ist. Bei der Siedhitze findet ein augenblickliches, sehr starkes Aufquellen statt, und das Stärkemehl verwandelt sich in Kleister. Frische Kartoffelstärkekörner sind mit 40 °/o Wasser durchdrungen; die dichtesten Schichten derselben ent- halten kaum 14, die weichsten mehr als 96 °/o Wasser. Unter dem Einfluss einer höhern Temperatur oder anderer quellender Mittel ver- wandelt sich namentlich die Natur der dichten Schichten; ihre Substanz wird den weichen Schichten ähnlich und nimmt nun eben so viel Wasser auf. Das aufgequollene Korn ist daher viel grösser geworden; es besteht aus 97°/o Wasser und 3°/o Substanz. Es hat sein geschich- tetes Aussehen verloren, da es nun aus ziemlich gleichartiger Masse besteht. Wenn das Aufquellen rasch geschieht, wie es bei Anwendung von Siedhitze der Fall ist, so werden die Körner zersprengt, indem die innere Substanz im ersten Moment rascher aufquillt und zum grössten Teil heraustritt. — Der Stärkekleister ist nichts anderes als Stärkeinehl, welches von einer grossen Menge von Wasser durchdrungen ist und welches infolge dessen eine weiche, gallertartige Konsistenz angenommen hat. Seine Anwendung ist bekannt, z. B. zum Stärken (er wird nach dem Austrocknen hart und fest), zum Pappen (erfüllt man den spalten- förmigen Raum zwischen zwei Blättern Papier mit Stärkekleister, so bildet er beim Trocknen eine dünne, feste Schicht, mit welcher das eine und andere Blatt durch eine so innige Adhäsion verbunden ist, dass dieselbe oft die Kohäsion des Papieres selbst übertrifft). Die stärkehaltigen Pflanzenteile, die wir als Nahrung zu uns nehmen, werden alle vorher einer höhern Temperatur ausgesetzt; sie werden gekocht, geröstet, gebacken. Das Stärkemehl wird also in Kleister verwandelt. Man wird sich. vielleicht etwas wundern und sagen, dass das Brot, die gekochten Kartoffeln, die gerösteten Kastanien, der Reis, in welchem das Hühnchen liegt, doch sehr wenig Ähnlich- keit mit Stärkekleister besitzen. Der Grund, warum die zubereiteten stärkehaltigen Nahrungsmittel sowohl unter einander als von dem ge- wöhnlichen Kleister verschieden sind, rührt von der ungleichen mecha- nischen Verteilung des Stärkemehls her. In dem Kleister liegen die aufgequollenen Körner unmittelbar neben einander, sie bilden deswegen eine homogene Masse. Der kleisterartigen Beschaffenheit kommen am nächsten diejenigen breiartigen Speisen, die aus reinem Stärkemehl (z. B. aus Arrowroot) oder sonst aus einem feinen Mehl bereitet werden, weil hier die aufgequollenen Stärkekörner, wenn sie auch mit Fett, mit eiweissartigen Stoffen u. s. w. gemengt sind, doch sich mehr oder ET ee weniger vollständig zu einem Kleister vereinigen können. In den Pflanzengeweben dagegen sind die Stärkekörner in den Zellen einge- schlossen, in jeder Zelle bald nur ein einziges oder ein paar grosse, bald viele kleine. Beim Erhitzen. quellen sie auf und es wird jede Zelle mit Kleister erfüllt, ohne dass aber der Kleister der verschiedenen Zellen mit einander in Berührung kommt. Vielmehr trennen sich die Zellen durch die Einwirkung der Hitze von einander oder werden wenigstens in der Art verändert, dass sie sich mehr oder weniger leicht von einander trennen lassen. Von diesem Umstande nun hängt es ab, dass die stärkehaltigen Speisen dem Geschmackorgan, insofern es zu- gleich als Tastorgan die mechanische Beschaffenheit empfindet, so un- gleich erscheinen. Wenn die Kartoffeln beim Kochen mehlig werden, so zerfällt ihr Gewebe in die einzelnen Zellen. Das Nämliche geschieht in den mehligen Früchten beim Reifungsprozess, z. B. in Äpfeln, in einigen Birnensorten. Die mehlige Beschaffenheit hat hier nichts mit dem Gehalt an Stärkemehl zu thun, denn Äpfel und Birnen ermangeln des letztern gänzlich, und die mehligen Kartoffeln sind daran nicht reicher als andere. Die mehlige Beschaffenheit einer Speise erregt das Gefühl der Trockenheit; deswegen meint man gewöhnlich, dass die mehligen Kartoffeln und Äpfel weniger Wasser enthielten. Dies ist unrichtig; die mehligen Kartoffeln enthalten sogar durchschnittlich mehr Wasser als andere, was wir schon daraus ersehen, dass ihre Substanz mehr aufquillt, ein grösseres Volumen annimmt und die Schale zer- sprengt. In den mehligen Kartoffeln und Äpfeln trennen sich die Zellen mit Leichtigkeit von einander und nach dem Kauen haben wir auf der Zunge lauter unversehrte Zellen, d. h. mikroskopisch kleine Säckchen, die einen mit Stärkekleister (bei den Kartoffeln), die andern mit Saft (bei den Äpfeln) gefüllt. Sie erscheinen uns natürlich mehlartig und trocken. In den sogenannten schliefigen (speckigen) Kartoffeln tren- nen sich die Zellen nicht von einander; sie werden beim Zerkauen des Gewebes zerrissen und lassen den Stärkekleister heraustreten. Ebenso verhält es sich mit den sogenannten saftigen Früchten, deren Zellen bei jedem mechanischen Eingriff in die Substanz zerreissen und ihren Saft ergiessen. Was bei den Früchten ein Vorzug ist, erscheint bei den Kartoffeln als Übelstand. Die saftigen Äpfel, deren Zellen sich nicht von einander trennen, halten wir für viel schmackhafter als die mehligen. Die schliefigen Kartoffeln dagegen sind nicht nur unserm Gaumen zuwider, sondern sie sind auch weniger verdaulich, weil die zusammenhängende, feste, kleisterartige Masse der lösenden Verdauungs- — 433 — flüssigkeit eine beschränkte Angriffsoberfläche darbietet. Die Fähigkeit eines Gewebes, in die einzelnen Zellen zu zerfallen, wird durch einen gewissen Zustand der Reife bedingt und kann durch künstliche Mittel unterstützt werden. Leider sind die bis jetzt bekannten Mittel für die - Kartoffel, welche, wie es scheint, nicht mehr ganz in ihren frühern Zu- stand des Gedeihens zurückkehren will, nicht anwendbar, weil sie zu- gleich die Stärke chemisch verändern. Ein Nahrungsmittel, dessen besondere Beschaffenheit durch die mechanische Verteilung und die physikalischen Eigenschaften des Stärke- kleisters hervorgebracht wird, ist das Brot. Durch das Backen sind die Stärkekörner des Mehls aufgequollen und in Kleister verwandelt. Der letztere ist aber nicht zusammenhängend, sondern durch zahlreiche Luftblasen, die sich infolge der vom Hebel oder von der Hefe ver- ursachten Gährung gebildet haben, aufgelockert und zugleich bis auf einen gewissen Grad ausgetrocknet. Die Verdunstung, welche dieses Austrocknen herbeiführte, hindert den Kleister in dem auf 250— 300° C. erhitzten Ofen eine die Siedhitze merklich übersteigende Temperatur anzunehmen, und schützt ihn somit vor chemischer Umwandiung. Der auf einen Wassergehalt von 35—40 °/o ausgetrocknete Kleister ist im erwärmten Zustande biegsam und elastisch und hat die Eigenschaften des neubackenen Brotes.. Er verliert diese biegsame Elastizität nach dem Erkalten allmälig, nimmt sie beim -Erwärmen aber wieder an. Das neubackene Brot wird am zweiten Tage altbacken, und es ist be- kannt, dass die altbackene Krume dadurch, dass man sie in den Ofen bringt oder auf den Rost legt, wieder neubacken wird. Weniger be- kannt dürfte es sein, dass dieses Ziel auch erreicht wird, wenn man altbackenes-Brot (einen ganzen Laib oder auch nur ein Stück) in einer Blechbüchse, einem irdenen Topf oder einem gläsernen Gefäss wohl be- deckt in siedendes Wasser stell. Man macht sein Brot wieder neu- backen, ohne dass dasselbe dabei austrocknet, und man kann die Operation nötigenfalls noch mehrmals wiederholen. Für den Stadtbe- wohner hat dieses Verfahren natürlich keinen Wert, da der Bäcker täglich mit. frischer Ware versehen ist. Für den Landaufenthalt und die Sommerfrische dürfte es zuweilen willkommen sein. Dies gelingt. auch mit Monate altem Brot sicher, wenn dasselbe nicht ausgetrocknet war oder wenn man ihm durch Aufbewahren an einem feuchten Ort wieder den nötigen Gehalt an Feuchtigkeit gibt. Es bekommt in jeder Beziehung die Eigenschaften des neubackenen Brotes, seinen Geruch, seinen Geschmack, die Sprödigkeit der. Kruste. und die. Weichheit der Daffner, Voralpenpflanzen. 28 — 4354 -— Krume; es verhält sich auch am zweiten Tage gerade so als ob es am Tag vorher gebacken worden wäre. Über die chemische Zusammensetzung der Stärkekörner haben verschiedene Ansichten geherrscht. Früher, als man sie für Bläschen hielt, glaubte man vielfach, dass die Wandung dieses Bläschens aus Stärke, der Inhalt aus Gummi bestehe. Seit den Untersuchungen von Fritzsche und Payen huldigte man ziemlich allgemein der Annahme, dass die Körner durch und durch aus Stärke bestehen. Ende der 1850er Jahre ist es Nägeli gelungen, die Substanz der Stärkekörner in zwei chemisch verschiedene Stoffe zu zerlegen, im reine Stärke oder Granulose (wie Nägeli sie genannt hat) und in Zellulose. Zellulose ist die Verbindung, welche die Zellmembranen und das Holz bildet. Wenn man Stärkekörner bei wenig erhöhter Temperatur der Einwirk- ung von gewöhnlichem Speichel aussetzt, so wird die Granulose aufge- löst und ausgezogen und es bleiben geschichtete Körner zurück, die aus einer mit sehr viel Wasser durchdrungenen Zellulose bestehen. In den Kartoffelstärkekörnern befinden sich nach Nägelis Schätzung etwa sechs bis sieben Teile Granulose auf ein Teil Zellulose. Diese zwei Stoffe sind so mit einander gemengt, dass in jedem kleinsten Teil beide vorkommen und durch Molekularkräfte sich verbinden; doch enthalten die äussern Partien verhältnismässig ziemlich mehr Zellulose als die innern, und die dichten Schichten etwas mehr als die benach- barten weichen Schichten. Weil Granulose und Zellulose in der an- gegebenen Weise gemischt sind, so behält die letztere, nachdem die erstere ausgezogen wurde, die Gestalt und Schichtung des ursprüng- lichen Stärkekorns; sie bleibt gleichsam als Skelett (Gerüst, Gerippe, — richtiger Skelet geschrieben, vom griechischen ozs4erög) zurück. Granulose (oder reine Stärke) und Zellulose sind einander sehr nahe verwandt; sie haben die. gleiche chemische Zusammensetzung. Die erstere ist durch eine Eigentümlichkeit, welche ihr unter allen che- mischen Verbindungen fast allein zukommt, leicht kenntlich; sie nimmt durch Jod eine schöne blaue Färbung an. Da die Stärkekörner zum grössten Teil aus Granulose bestehen, so werden auch sie durch Jod blau; nur in einer Pflanze und nur in einem Organ derselben hat Nägeli Stärkekörner beobachtet, welche durch Jod nicht blau, sondern braun gefärbt werden (im Samenmantel vom Schöllkraut). Jod dient also dazu, das Stärkemehl zu erkennen. Verfälschungen von verschie- denen essbaren und nicht essbaren Stoffen lassen sich dadurch mit Leichtigkeit nachweisen. Es gibt grosse Städte, wo die Sahne (der ME Rahm) einen reichlichen Bodensatz zurücklässt, der durch Jod sich indigoblau färbt. Granulose und Zellulose, die beiden Verbindungen, welche das Stärkemehl zusammensetzen, gehören einer Gruppe von Stoffen an, die unter sich die grösste Ähnlichkeit zeigen und sehr leicht in einander übergehen. Es gehören dazu noch die Gummi- und Zucker- arten, Die Stoffe dieser Gruppe spielen eine grosse Rolle im Pflanzen- reiche, denn sie machen wohl */5 aller trockenen vegetabilischen Sub- stanz aus. Sie sind aber auch von grösster Wichtigkeit als Nahrungs- stoffe für Tiere und Menschen. Alle lassen sich durch verschiedene Mittel in Traubenzucker überführen. Die Granulose, ebenso die Zellulose verwandelt sich zuerst in eine Gummiart (Dextrin), dann in Trauben- zucker. Bei der Verdauung wird diese Umwandlung durch das Speichel- ferment bewirkt. Ein Körper jener Stoffreihe ist also nährend, wenn er aufgelöst und umgesetzt werden kann. Mit Rücksicht auf Verdau- lichkeit verhalten sich die verschiedenen Pflanzengewebe und Gewebs- teile, mit Rücksicht auf Verdauungskraft die verschiedenen Tiere und Menschen sehr verschieden. Die Zellulose ist die festeste Verbindung jener Stoffreihe; die aus Zellulose bestehenden Membranen sind aber unter sich selber höchst abweichend, je nachdem sie durch fremde, namentlich auch mineralische Stoffe mehr oder weniger verunreinigt, und je nach der Wassermenge, von der sie durchdrungen sind. Im allgemeinen sind die Zellmembranen für den Menschen unverdaulich, leicht verdaulich für viele Tiere. Das Stärkemehl ist das eigentliche Nahrungsmittel für den Menschen. Alle Stärkearten bestehen, wie ge- sagt, aus zwei Verbindungen, aus Granulose und Zellulose, welche beide dureh das im Speichel enthaltene eigentümliche Ferment aufgelöst und in Traubenzucker übergeführt werden. Andere Stoffe können in verschwindend geringer Quantität beigemengt sein; sie haben keinen wirksamen Einfluss. Die einzige Verschiedenheit der Stärkearten als Nahrungsmittel besteht darin, dass Zellulose und Granulose in ver- schiedenen Verhältnissen vorkommen und dass daraus ein geringer Unterschied in der Löslichkeit hervorgeht. Unter den uns bekannten Arten enthält die Greetreidestärke (Weizenstärke etc.) am wenigsten Zellulose und wird am leichtesten aufgelöst. Schon bei der Körper- temperatur (37° C.) vermag der Speichel die rohen, unveränderten Stärkekörner der Getreidearten zu verdauen; nach zehnstündiger Ein- wirkung fand Nägeli viele Körner ganz oder zum Teil verschwunden. Zuerst wird die Granulose ausgezogen, dann auch die Zellulose gelöst. Es findet diese Auflösung allerdings langsam statt; allein es ist da- 238* — 436 — durch bewiesen, dass die Getreidestärke im unveränderten Zustande assimiliert wird, dass der Mensch also mit rohen Getreidekörnern oder rohem Getreidemehl im Notfall sich nähren kann. Anders verhält es sich mit den übrigen Stärkearten. Kartoffelstärkemehl z. B. war, nach- dem das Speichelferment bei Körperwärme und unter übrigen ganz gleichen Verhältnissen wie bei der Weizenstärke drei Wochen lang eingewirkt hatte, nicht im geringsten verändert. Rohe Kartoffeln sowie die Wurzeln, welche die verschiedenen Sorten von Arrowroot liefern, können nie zur Nahrung der Menschen dienen. Der Geschmack ist meistens ein guter Führer in der Auswahl der Speisen. Es wird nie- mandem einfallen, rohe Kartoffeln zu geniessen. Getreidekörner da- gegen werden oft von Kindern gegessen; — die Jünger Jesu rauften Ähren ab, um. ihren Hunger zu stillen, und Moses erlaubte, in die Saat des Nächsten zu gehen und Ähren abzurupfen. Wendet man mit dem Speichelferment eine Temperatur an, welche die Körperwärme um 15° C. übersteigt, und unterwirft man dem Versuche verschiedene Stärkearten, die mit einander vermengt werden, so wird zuerst die Ge- treidestärke, erst ziemlich später die Kartoffelstärke und noch später das Arrowroot der Marantä aufgelöst. Dies alles gilt von rohem (un- gekochtem) Stärkemehl. Nun nehmen wir als Nahrung bloss solches zu uns, welches durch eine höhere Temperatur verändert wurde. Jede Art von Stärke aber, welche nur einen Augenblick der Siedhitze aus- gesetzt war, wird nachher selbst bei gewöhnlicher Temperatur von dem Speichel sehr schnell aufgelöst und in Dextrin übergeführt. Es ge- schieht dies so rasch, dass wenn auch zwischen den verschiedenen Stärkesorten noch ein Unterschied statt hat, derselbe unerheblich ist. Wir können daher sagen, dass alle in Kleister verwandelte Stärke sehr leicht verdaulich ist und dass, mit Rücksicht auf die kaum be- merkbare Verschiedenheit, die Weizenstärke vor .der Kartoffelstärke und diese vor dem Arrowroot einen etwelchen Vorrang hat. Mit Un- recht wird letzteres für eine vorzüglichere Stärkesorte gehalten. Das Pfeilwurzelmehl übertrifft an Reinheit keineswegs die Kartoffelstärke; es besteht aus den nämlichen chemischen Verbindungen und verwandelt sich ebenfalls in Traubenzucker. Überhaupt sind die Stärkearten so wenig verschieden, als der Runkelrübenzucker von dem Produkte des Zuckerrohrs verschieden ist, wenn auch dieses einer vornehmeren Her- kunft sich rühmt und vielfach von Sklavenhänden bedient wurde. Es gab zwar auch eine Zeit, wo befangene Seelen meinten, der von der senkrechten Sonne der Wendekreise aus dem echten saccharum. offi- — da — cinarum gekochte Kolonialzucker müsse süsser sein als der einheimische, der von unserm kalten Klima in der gemeinen Rübe nachgemacht wird. Und so meint man jetzt noch mit dem Arrowroot um mehr Geld auch etwas selteneres und besseres zu kaufen. Der Name ist so wohlklingend und so verführerisch, dass selbst das ehrliche Kartoffel- stärkemehl als deutsches Arrowroot in den Handel gebracht wurde. Übrigens gibt es unter dem ausländischen Pfeilmehl selbst wieder mehrere Arten, die von ganz verschiedenen Pflanzen herstammen und die unter einander eben so weit abweichen als von dem Kartoffel- stärkemehl. In Deutschland kommen drei Sorten vor: 1. das echte Pfeilwurzelmehl, von maranta arundinacea, gewöhnlich als ostindisches, Bermudas- oder Jamaika-Arrowroot bezeichnet; 2. das Tikmehl von Cureumaarten, gewöhnlich Malabar- oder Bombay-Arrowroot genannt; 3. die Cassavastärke von manthot utilissima, brasilianisches Arrowroot. Diese Namen sind aber fast eben so oft mit einander verwechselt als richtig angewendet, da alle Stärkesorten vom blossen Auge sich nicht unterscheiden lassen und der Händler sich nie des Mikroskops bedient, um seine Ware zu untersuchen. Verfälschungen mit Kartoffelstärke sind auch nicht selten; und wenn man ein reines, unverfälschtes und sicher benanntes Stärkemehl sich verschaffen will, so kann man es, ohne eigene mikroskopische Kontrolle, mit Gewissheit bloss unter dem Namen Kartoffelstärkemehl finden, weil dies das wohlfeilste ist. Bei der Verdauung wird die Stärke durch das Speichelferment in Dextrin und Traubenzucker übergeführt. Es gibt verschiedene andere Mittel, welche den gleichen Erfolg haben. Die Umwandlung tritt ein, wenn man die Stärke mit blossem Wasser längere Zeit kocht; sie geschieht sehr rasch, wenn man dem Wasser einige Tropfen Schwefelsäure zugesetzt hat. Sie erfolgt auch, wenn man trockenes Stärkemehl röstet. Bei letzterer Behandlung bleiben die Körner scheinbar unverändert; allein, mit Wasser in Berührung gebracht, lösen sie sich zu Gummi (Dextrin) auf. Solches Dextrin, aus Kartoffelstärkemehl bereitet, ist bei den Materialisten käuflich; es ersetzt vollständig das arabische Gummi und ist viel wohlfeiler als dieses. Innerhalb der Pflanze wird die Auflösung des Stärkemehls, wie im tierischen und menschlichen Körper, durch eigentümliche Fermente bewirkt. Beim Keimen der Getreidesamen wird das in denselben ent- haltene Stärkemehl in Dextrin und in Traubenzucker übergeführt. Auf diesem Prozesse beruht die Bereitung des Malzes, aus welchem das Bier fabriziert wird. Wenn die Kartoffeln keimen, so verwandeln — 438 — sie ebenfalls Stärke in Zucker. Es ist bekannt, dass sie im Frühjahr mit der wiederkehrenden Wärme anfangen auszutreiben, und dass sie, je länger ihre Triebe werden, um so mehr einen süsslichen Geschmack annehmen. Um sie vor dieser Veränderung zu bewahren, gibt es kein anderes Mittel als sie in trockenen und besonders in möglichst kühlen Lokalitäten aufzubewahren. Hierbei ist eines allgemein verbreiteten Irrtums zu erwähnen, des Irrtums nämlich, dass die Kartoffeln auch durch Gefrieren süsslich werden. Nägeli hat mehrmals solche ver- schiedenen Kältegraden ausgesetzt; er hat sie einmal oder wiederholt gefrieren lassen. Aber nie konnte er die geringste Veränderung an den Stärkekörnern beobachten noch auch den geringsten süsslichen Geschmack wahrnehmen. _ Es ist daher wahrscheinlich, dass, wenn gefrorene Kartoffeln süss schmecken, sie schon vor dem Gefrieren Zucker gebildet haben; und es erscheint dies um so wahrscheinlicher, als über den süsslichen Geschmack gefrorener Kartoffeln immer im Frühling geklagt wird, also zu einer Zeit, wo die Umwandlung der Stärke in Traubenzucker schon begonnen hat und wo die oft weniger gut verwahrten Kartoffeln eher Nachtfrösten ausgesetzt sind. Übrigens ist noch zu bemerken, dass Knollen, welche gekeimt haben, und solche, welche gefroren waren, einander sehr ähnlich sind, und daher Ver- wechslungen sehr leicht vorkommen. Der Frost bringt also zunächst keine chemische Umwandlung, sondern bloss eine physikalische Ver- änderung in der Substanz der Kartoffeln hervor. Dieselben fangen nach dem Auffrieren an zu schwitzen, sie verlieren einen Teil ihres Wassers, fallen zusammen und werden welk. Diese Veränderungen geschehen in einigen Stunden. Die Pflanzenphysiologen haben die Wirkung des Frostes bis jetzt oft so erklärt, dass sie sagten, die Zellen werden durch das Gefrieren ihres flüssigen Inhaltes zersprengt und es erfolge dem gemäss ein bedeutender Wasserverlust. Dies ist aber weder physikalisch möglich noch hat es wirklich statt. Die Zellen werden durch den Frost nicht zersprengt, wohl aber getötet, und ver- lieren die Resistenz, die sonst alle lebenden Zellen gegen das Aus- schwitzen von Zellflüssigkeit zeigen. Eine Folge des Gefrierens ist die, dass die welken Kartoffeln beim Kochen nicht mehr in die ein- zelnen Zellen verfallen, also nicht mehlig, sondern schliefig werden. Eine andere Folge ist die, dass sie nach kurzer Zeit in Fäulnis über- gehen. Es gibt nur ein Mittel gegen die nachteiligen Folgen des Gefrierens; dies besteht darin, die Kartoffeln bis zum Gebrauche in der Kälte zu lassen und sie dann sogleich in das Kochwasser zu — 439 — legen. Nägeli hat Kartoffeln gefrieren lassen und dieselben in ge- frorenem Zustande ins Wasser gebracht und dann kochen lassen; sie waren gerade eben so schmackhaft und eben so mehlig als nicht ge- frorene Kartoffeln der nämlichen Art, die zur Vergleichung mitgekocht wurden. Es liess sich dieses Resultat voraussehen, weil die physika- lischen Veränderungen, welche mit dem Auffrieren in der Luft ein- treten, verhindert wurden. Da nun gefrorene Kartofteln, solange sie nicht auffrieren, unverändert bleiben, so dürfen sie, nicht etwa, wie man gewöhnlich thut, bedeckt oder an einen besser verwahrten Ort gebracht werden. Man muss sie einfach liegen lassen oder wo möglich an einen noch kältern Ort bringen; man muss davon immer nur so viel holen als man braucht und sie im Wasser auffrieren lassen. Wenn der Landwirt dieses einfache Verfahren anwenden würde, so könnte er zuweilen dem fatalen Wechselfall entgehen, durch Frost verdorbene Kartoffeln entweder wegzuwerfen oder auf dem Markte durch die Polizei konfiszieren zu lassen. — Es wurde gesagt, dass die gefrorenen Kar- toffeln das Wasser, das sie enthalten, nach dem Auffrieren leicht ab- geben. Wenn sie durch den Frost getötet und der Schale beraubt sind, so trocknen sie daher sehr schnell. Dies wissen die Einwohner von Peru recht wohl; sie tragen ihre Kartoffeln auf die Berge, lassen sie daselbst gefrieren, und trocknen sie dann in den Thälern und Ebenen, um sie nun aufbewahren und bequem auf ihren Wanderungen transportieren zu können. Wir wenden uns nun zu der Frage über das Vorkommen des Stärkemehls und über dessen Bedeutung für den vegetabilischen Haus- halt. Bis Ende der 1850er Jahre hielt man dasselbe für ein aus- schliesslich pflanzliches Produkt. Eine merkwürdige Entdeckung hat gezeigt, dass auch der Mensch, und zwar in seinem edelsten Organ, Stärkekörner erzeugen kann. Dass das menschliche Gehirn der Sitz geistiger Kraft und Stärke ist, wissen wir zwar längst; dass aber die Stärke darin auch in der Form von Mehl vorkommt, verdanken wir den Beobachtungen Virchows. Nägeli hat selber die Amyloid- körperchen, wie Virchow sie nannte, aus dem Gehirn zweier Frauen untersucht und keinen wesentlichen Unterschied von den pflanzlichen Stärkekörnern gefunden. In ihrer Form und ihrem Bau gleichen sie am meisten denen in der Hirse und im Buchweizen, woraus die Grütze bereitet wird. In ihrer chemischen Zusammensetzung scheinen sie am nächsten den Stärkekörnern zu kommen, welche in besondern zelligen Anhängen an den Samen des Schöllkrautes sich finden. Was das — 40 — ausnahmsweise Vorkommen der Stärkekörner im Ependym (Überzug der Wände) der Gehirnhöhlen für eine Bedeutung habe, darüber kön- nen wir noch nichts sagen. Um so besser bekannt ist die Rolle, die sie im Haushalt der Gewächse spielen. Sie sind hier ausschliesslich Reservenahrung. Damit dies deutlich werde, muss man sich zuvor an zwei der am meisten charakteristischen Eigentümlichkeiten des Pflanzen- lebens erinnern. Die eine besteht darin, dass die Pflanze fortwährend andere Organe und Zellen bilde. Während das Tier seine abge- schlossene Form behält und nur die Substanz derselben wechselt, wächst die Pflanze, solange sie lebt, und ihr Leben geht jährlich teils in neue Organe, teils in demselben Organ in neu gebildete Gewebe über. Die zweite Eigentümlichkeit der Pflanze besteht darin, dass sie jedes Jahr während einer bestimmten Zeit ganz unthätig wird, bei uns im Winter, in einigen tropischen Gegenden während der heissen trockenen Jahreszeit. Die Winterruhe der Pflanze ist nicht etwa dem Schlafe des Menschen und des Tieres zu vergleichen. Im Schlafe dauern die vegetativen und geistigen Prozesse fort, die Fantasie lebt dann oft ihr reichstes Leben. Das Murmeltier und der Siebenschläfer atmen während des Winterschlafes, zehren von ihrem Fett, wärmen und nähren ihren Körper durch Blutzirkulation, träumen auch wohl von Sonnenschein und frischem Gras. Die Pflanze dagegen befindet sich während der Winterruhe in einem scheintoten Zustande; die Lebensfunktionen stehen still; sie hat selbst die Organe der vegetativen Thätigkeit, die Blätter oder die ganzen Zweige mit den Blättern ver- loren; sie gleicht einem Tier, das Magen und Lungen von sich ge- worfen hat. Ehe nun die Pflanze im Frühjahr wieder anfangen kann zu assimilieren und plastische Stoffe zu erzeugen, muss sie zuerst die Organe dazu bilden oder vielmehr ausbilden; denn sie hat vorsorglich dieselben schon im vorhergehenden Spätsommer als Knospen angelegt. Zur Entwickelung der Knospen bedarf sie assimilierter Nahrung und verwendet dazu fast ausschliesslich das aufgespeicherte Stärkemehl. Die Pflanze nährt sich also im Frühjahr zunächst von ihrem eigenen Fette, bis sie ihre Blätter so weit ausgebildet hat, dass dieselben die Assimilation der von aussen aufgenommenen unorganischen Stoffe und somit die Ernährung übernehmen können. Wir finden daher das Stärkemehl nicht überall und nicht zu jeder Zeit. Es gibt Organe, in denen nie welches gefunden wird; andere, in denen es in sehr un- gleicher Menge vorkommt. Im allgemeinen ist es im Herbst und Winter viel reichlicher als im Frühjahr und Sommer vorhanden. Einige — 41 — Beispiele von verschiedenen Pflanzen und Pflanzenteilen werden die Bedeutung des Stärkemehls noch deutlicher machen. Die grünen Pflanzenteile (Blätter und krautartige Stengel) assimilieren die von aussen aufgenommenen unorganischen Verbindungen; sie bilden vor- züglich aus Kohlensäure und aus Wasser Zucker und Dextrin. Diese beiden löslichen Verbindungen wandern teilweise in den Stengel. Da sie aber wegen allzu reichlicher Produktion nicht sofort vollständig transportiert werden können, so bleibt ein anderer Teil in den Blättern und verwandelt sich in Stärkekörner. Dieselben bleiben liegen bis vor dem Abfallen der Blätter, zu welcher Zeit sie aufgelöst und in den Stengel geführt werden. Am wenigsten Reservenahrung bedürfen die immergrünen Pflanzen, weil ihnen die Assimilationsorgane nie mangeln. Dennoch halten auch sie eine Vegetationsruhe und zeigen beim Beginn der Vegetationsperiode ein beschleunigtes Wachstum, wofür sie aufgespeicherte Nahrung nötig haben. Man findet daher auch bei ihnen einen Vorrat von Stärkemehl, der um so reichlicher ist, je üppiger sich die neuen Triebe entfalten sollen. - Unsere Nadelbäume gehören zu den immergrünen Pflanzen, die im Frühjahr mässige Schosse treiben. Deswegen wird den Sommer über im Stamme, in den Ästen und Zweigen Stärkemehl, aber nirgends in reichlicher Menge, ange- lagert, und nach der Winterruhe wieder aufgelöst und verbraucht. Zu den immergrünen Gewächsen, welche die stärksten Triebe machen, ge- hören die Palmen und Zykadeen. Wenn dieselben auch nur ein halbes Dutzend ihrer grossen Blätter gleichzeitig entwickeln, so bedürfen sie dafür eine ungeheuere Menge assimilierter Nahrung. Wir finden daher das Mark ihres unverzweigten Stammes mit Stärkemehl angefüllt (es wird gesammelt und daraus der Sago bereitet). Die Reservenahrung ist aber vorzüglich für diejenigen Pflanzen Bedürfnis, welche periodisch ihre Assimilationsorgane verlieren; doch wechselt auch hier die Quan- tität des angehäuften Stärkemehls nach den Vegetationsverhältnissen. Unsere Laubbäume werfen im Herbst die Blätter ab; im Frühjahr haben sie ziemlich viel assimilierte Stoffe für die Entwickelung der Knospen nötig. Doch findet sich in ihnen das Stärkemehl auch im Winter nirgends in grosser Menge, weil dasselbe auf die Wurzeln, den Stamm, die Äste und Zweige bis in die Knospen verteilt ist. ‘Wenn man im Frühjahr, ehe die Vegetation beginnt, Zweige von Sträuchern und Bäumen abschneidet und sie in feuchte Erde oder auch nur in Wasser setzt, so entwickeln sich ihre Knospen zu beblätterten Trieben. Das Wachstum geht freudig fort, bis das Stärkemehl aufgebraucht ist; — 4M2 — dann steht es still und die Triebe verkommen immer ziemlich schnell, wenn die Steckreiser nicht indes, ebenfalls vermittels der Reserve- nahrung, Wurzeln gebildet haben, mit denen sie rohe Nährstoffe auf- nehmen und den Blättern zur Verarbeitung zuführen. Die meisten einheimischen Pflanzen haben krautartige Stengel, welche mit den Blättern im Spätjahr absterben; es dauern nur die in der Erde be- findlichen Teile aus, unterirdische Stämme und Wurzeln, samt einigen Knospen, aus welchen im Frühjahr sich neue Stengel mit Blättern und Blüten entwickeln sollen. Für die Ermöglichung dieses Zweckes sorgt die Pflanze, indem sie ein reichliches Depot von Stärkemehl und andern Reservenahrungsstoffen anlegt, welches besonders während des Winters wohl versehen, im Vorsommer mehr oder weniger erschöpft ist. Von stärkereichen unterirdischen Teilen seien genannt die Kartoffeln, ferner die Tarro (von caladium esculentum), die Hauptnahrung der Bewohner in manchen Tropengegenden, die Igname (von dioscorea alata), welche riesenförmige bis 3 m grosse Knollen bildet, die Batate (von convol- vulus batatas), die Cassave (von manihot utilissima), welche das Cassavamehl liefert, die Pfeilwurz (von maranta), aus welcher das echte Arrowroot gewonnen wird, die Oka (von einer Sauerkleeart, ocalis tuberosa), welehe in Mexiko und in den Cordilleren von Süd- amerika gebaut wird, endlich, um manche andere wichtige Nahrungs- pflanzen zu übergehen, die Wurzel der ägyptischen Lotuspflanze (einer Art Seerose, nelumbium speciosum), welche im tropischen Asien und östlichen Afrika gebaut wird. Auch diejenigen oberirdischen Teile, welche als Keime sich ablösen, werden mit reichlicher Reservenahrung versehen. Dies gilt von den Brutknospen, besonders aber von den Samen, von denen die einen Stärkemehl, die andern fettes Öl ent- halten. Damit wird der Keim ernährt, bis er Wurzeln und Blätter gebildet hat und im stande ist, sich selber zu erhalten. Überhaupt häuft die Pflanze überall da Reservenahrung an, wo eine lebhafte Organisation stattfinden soll. Selbst Schmarotzerpflanzen begnügen sich nicht damit, aus der Nährpflanze, auf der sie wachsen, so viel lösliche assimilierte Nahrungsstoffe (Dextrin und Zucker) zu ziehen, als sie deren in jedem Augenblicke bedürfen, sondern sie berauben die Nährpflanze im Übermasse und legen sich einen eigenen Vorrat in Form von Stärkemehl an. Orobanche, welehe auf den Wurzeln ver- schiedener Feld- und Wiesenpflanzen schmarotzt, bildet am Grunde ihres Stengels einen Knollen und füllt denselben aus den Stoffen, die sie dem Lein, Hanf, Klee abgenommen hat, mit Stärkemehl. Nicht — 43 — zufrieden mit diesem stabilen Depot, hat sie, wie Nägeli beobachtet hat, noch ein kleines bewegliches Depot. Letzteres befindet sich nahe der Stammspitze, wo neue Gewebe gebildet werden, und wird, wie der Stengel in die Höhe wächst, ebenfalls immer höher transportiert. Das Stärkemehl ist also für die Pflanze ohne Ausnahme Reservenahrung, Nahrung, welche im Überfluss gebildet und für die Zeit, wo die Assi- milation geschwächt oder ganz gehemmt ist, aufbewahrt wird, die Er- sparnis der Arbeitslust für die Tage des Mangels. Das Stärkemehl ist ferner die passendste Art der Reservenahrung und daher auch von der Pflanze mit Vorliebe gewählt; als feste unlösliche Substanz nimmt es wenig Raum ein, stört die physikalischen und chemischen Prozesse in der Zellflüssigkeit nicht, und kann dennoch wieder mit Leichtigkeit gelöst und weiter geführt werden. Die Stärkemehlbildung geht endlich, wie das bei vegetabilischen Prozessen fast gewöhnlich ist, mit einer allen möglichen Unfällen und Widerwärtigkeiten des Geschickes be- gegnenden Verschwendung vor sich, so dass auch das Tierreich und das Menschengeschlecht sich als Gäste neben dem Pflanzenreich zu Tische setzen können, ohne dass der Wirt deswegen Mangel leidet. Der Weizen liefert das feine Weissmehl oder den Kern, der Roggen das schwerer verdauliche Korn- oder Schwarzbrot. Weizen und Gerste dienen bekanntlich auch, letztere vorzugsweise zur Bierbereitung. Die Weizenstärke, amylum tritici, das Stärkemehl der Früchte des gemeinen Weizens, ist ein weisses, sehr feines Pulver, welches auch in der Heilkunde Verwendung findet. So ist das bekannte, sehr empfehlens- werte Streupulver gegen Fussschweiss aus 3 Teilen reiner Salizylsäure, 10 Teilen Weizenstärke und 87 Teilen Talkerde zusammengesetzt. Vgl. meine 1886 erschienene Broschüre „über die erste Hilfeleistung bei mechanischen Verletzungen.“ Man unterscheidet am Getreidekorn die Haut oder Schale, welclıe den Mehlkörper umgibt, und den in letzterem eingebetteten fetthaltigen Keim. Die Schale besteht aus der Frucht- und Samenhaut, welche in der tief in das Korn eindringenden Furche eine Einstülpung bildet, keine nahr- haften Bestandteile enthält und unverdaulich ist wie Stroh. Unter der- selben liegt zunächst eine Schicht diekwandiger Zellen, welche reich an Kleber ist, während das von der Kleberschicht eingehüllte Mehlkorn aus mit Stärkemehl gefüllten Zellen besteht, die um so zartwandiger und ärmer an Kleber sind, je weiter sie nach innen liegen. Dieser Struktur des Getreidekorns entsprechend, kann es mithin nicht Aufgabe des Mahlprozesses sein, das ganze Korn gleichmässig in feines Mehl — 44 — zu verwandeln; vielmehr ist auf eine Trennung der Schale vom Korn hinzuarbeiten, und wenn das Mehl sehr weiss ausfallen soll, muss auch die Kleberschicht entfernt werden, weil diese sehr innig mit der dunkeln Samenhaut verbunden ist. Man erreicht eine solche Trennung in der That auf grund der ungleichen Zerreibbarkeit der Kornbestandteile. Besonders wenn das Korn kurz vor dem Vermahlen befeuchtet wird (Nassmahlen) erlangen die Schalen eine grössere Zähigkeit, widerstehen besser dem Zerreissen und lassen sich mit der Kleberschicht und dem ebenfalls schwer zu mahlenden Keim durch Sieben als Kleie absondern. Unser Gries, den wir zur Suppe und sonst verwenden, ist nichts anderes als gekoppter, d. h. geputzter oder gereinigter und dann mittels Steine zerrissener, d. i. geschroteter, also noch nicht zu Mehl ver- mahlener Weizen; im übrigen schmecken die Griesgerichte‘ alle fad. Der Haber enthält 13,2%o Wasser, 12 °o Eiweiss, 5,3 0/o Fett und 64,80 Kohlenhydrate (Stärkemehl einschliesslich Zellstoff und Zucker); der Roggen 14°/o, bez. 11/0, 1,6°/o und 71,9°/o; die Gerste 12,50, bez. 10/0, 2%0 und 73,5 °/o; der Weizen 12,6°/o, bez. 11,8/o, 1,2 %/o und 73,6 /o; die Kartoffel 75 Jo, bez. 2/0, 0,3°/o und 21,8°/o. Die fehlenden 1—3 Prozente fallen auf die unorganischen Bestandteile. Matthiolus bemerkt: Sextus Pompeius ein Fürst in Hispanien hat das Podagra mit Weytzen geheylet, dieser gestalt: Er ist biss vber die knie im Weytzen gesessen, der hat die füss dermassen aussgetrucknet, das er seines schmertzens wunderbarlicher weise entlediget worden. Die Cerealien gehören zur Familie der Gräser, gramineae, einer der grössten und jedenfalls der für den Menschen wichtigsten Pflanzen- familie, welche in mehr als 3000 Arten über die ganze Erde verbreitet ist. Deutschland hat etwa 150 Grasarten. Der eigentliche Sitz der Kultur des Weizens ist in der wärmeren gemässigten Zone, während der Roggen oder das Korn das charakteristische Getreide der kälteren gemässigten Zone genannt werden kann. Haber und Gerste gehen so- wohl im Gebirg als auch gegen Norden am höchsten, und bilden hier und dort, manchmal mit dem Roggen zusammen, die Getreidegrenze. Bezüglich der Entstehung der kultivierten Getreidearten, so füge ich folgende Bemerkung Darwins bei. Die in Europa kultivierten Cerealien bestehen aus Weizen, Roggen, Gerste und Haber. Aus dem Weizen machen die besten neueren Autoritäten 4 oder 5 oder selbst 7 verschiedene Arten, aus dem Roggen 1, aus der Gerste 3, und aus dem Haber 2, 3 oder 4 Arten. Im ganzen werden daher unsere Cerealien von verschiedenen Autoritäten zu 10—15 distinkten Arten gerechnet. Diese haben eine Menge von Varietäten entstehen lassen. Der gemeine Roggen hat weniger und minder markierte Varietäten er- geben als irgend eine andere kultivierte Pflanze (Metzger, die Ge- treidearten; 1841); aber man könnte zweifeln, ob die Variationen des Roggens, des wenigst wertvollen aller unserer Cerealien, genau beob- achtet worden sind. Es ist wahrscheinlich, dass Variabilität jeder Art direkt oder indirekt durch veränderte Lebensbedingungen verursacht wird; oder um den Fall unter einen anderen Gesichtspunkt zu bringen: wenn es möglich wäre, alle Individuen einer Art viele Generationen hindurch absolut gleichförmigen Lebensbedingungen auszusetzen, so würde es keine Variabilität geben. Durch die hybride Befruchtung, sagt Nägeli, wird nicht die weibliche Pflanze, sondern nur der Bastard, nicht die Mutter, sondern nur das Kind affıziert. Wir lesen nicht ohne Heiterkeit von einem Apfel, der auf der einen Seite süss, auf der andern sauer und nach dem Kochen zur Hälfte weich und zur Hälfte hart gewesen sein soll, und dessen Ursprung von einer hybrid befruchteten Blüte abgeleitet wurde. Hat der Apfel wirklich existiert, so war gewiss sein Ursprung ein ganz anderer. Die Angaben, dass neben einander stehende Obstbäume, Getreidearten und andere Kulturgewächse durch gegenseitige Bestäubung sich etwas von ihren Eigenschaften mitteilten, dass die in den botanischen Gärten neben einander gepflanzten Perennien gegenseitig einen verändernden Einfluss ausübten und dass dadurch Modifikationen der Kulturexemplare ab- zuleiten wären, verdienen keine bessere Beurteilung als jener Apfel, wenn sie auch unsern Glauben etwas harmloser in Anspruch zu nehmen scheinen. Die sechszeilige Gerste wurde von den alten Indern, von den Ägyptern, den Griechen und Römern gebaut; sie findet sich noch in diesen Ländern, ohne verschiedene Rassen’ gebildet zu haben. Ähn- liches lässt sich für verschiedene andere Kulturpflanzen nachweisen. Weizenkörner, die vor 3000 Jahren den ägyptischen Mumien beigelegt worden, keimen noch in unserer Zeit. Moose, Flechten und andere niedere Gewächse, die an Felsen und Bäumen vorkommen, trocknen bei schönem Wetter ein und leben mit jedem Regen wieder auf. Moose, welche 100 Jahre im Herbarium gelegen haben, können befeuchtet wieder fortwachsen. — Die Annahme, sagt Seubert, dass unsere kul- tivierten Getreidearten infolge ihrer angeblich nicht naturgemässen Be- handlung vorzugsweise den durch Brand- und Rostpilze hervorgerufenen Krankheiten (Brand ‘und Rost) ausgesetzt seien, wird durch die Ergeb- nis genauer Beobachtung keineswegs bestätigt. Da die Brandkrank- — 4b — heiten stets durch parasitische Pilze, die sich durch Sporen und Keim- körperchen vermehren, hervorgerufen werden, so lässt sich ihr Umsich- greifen dadurch sicher verhüten, dass das Getreide vor dem Säen in solcher Weise behandelt wird, dass jene Sporen zerstört werden, ohne die Keimkraft der Körner zu beeinträchtigen, welcher Zweck durch Einweichen des Samens in verdünnter Kupfervitriollösung während 12 Stunden sich vollständig erreichen lässt. „An vielen Gräsern, beispielsweise an den verbreitetsten Cerea- lien, dem Weizen, dem Roggen und der Gerste, beobachtet man als Schutzeinrichtung gegen das Geknicktwerden, dass die ersten grünen Laubblätter, welche die aus dem Samen aufgekeimte Pflanze entwickelt, aufrecht stehen, während die später entwickelten, welche von dem in- zwischen emporgeschossenen schlanken Halme ausgehen, mehr oder weniger parallel zum Boden gerichtet sind. An vielen andern Ge- wächsen mit sehr verkürzten unterirdischen Stengelbildungen, nament- lich an den Rohrkolbengewächsen, /yphaceae, und an vielen Zwiebel- pflanzen, nehmen sämtliche Laubblätter eine aufrechte Lage an und behalten dieselbe, bis sie vergilben und absterben. In aufrechter Lage sind die Blätter noch weit mehr dem Anpralle des in horizontaler Richtung über den Boden daherflutenden Windes ausgesetzt und auf Biegungsfestigkeit auch stärker in Anspruch genommen als die über den Boden ausgebreiteten Flachblätter, und es müssen an ihnen be- sonders wirksame Einrichtungen getroffen sein, damit sie der Gefahr der Kniekung zu entgehen im stande sind. Als eine der auffallendsten dieser Einrichtungen ist das Röhrenblatt anzusehen. Die Röhrenblätter sind immer aufrecht, an dem untersten Ende, dort, wo sie den Stengel oder die Nachbarblätter umfassen, ähnlich den reitenden Blättern der Schwertlilien, scheidenförmig gestaltet, sonst hohl, in einen langen Hohl- zylinder ausgezogen und oben durch einen Hohlkegel abgeschlossen. Pine deutliche Mittelrippe ist nicht zu erkennen; an der gegen die Mittelachse des ganzen Pflanzenstockes gewendeten Seite sieht man manchmal eine seichte Furche, sonst ist das Hohlblatt ringsum gleich- mässig ausgebildet. Dasselbe macht nicht den Eindruck besonderer Widerstandsfähigkeit, und es fehlen ihm auch jene zelligen Elemente, welche man sonst zur Vermehrung der Festigkeit angewendet sieht, und dennoch besitzt es, wie alle Röhren, eine relativ grosse Biegungs- festigkeit und wird selbst bei heftigen Stürmen kaum jemals geknickt. Im ganzen ist diese auffallende Form des Laubblattes nicht häufig; am öftesten beobachtet man sie noch an Zwiebelgewächsen, wie z. B. — 47 0 — am Schnittlauch, allium schoenoprasum, an der Winterzwiebel, allium ‚fistulosum, und an der gemeinen oder Sommerzwiebel, allium cepa. Als eine weitere hieher gehörige Einrichtung ist das Schraubenblatt zu nennen. Dasselbe ist besonders häufig an den Blättern von Zwiebel- gewächsen, Rohrkolben und Gräsern und zwar ganz vorzüglich der jungen Pflanzen, wie z. B. der ersten grünen Laubblätter der Gerste und des Roggens zu sehen. Immer sind es lange, schmale, aufgerich- tete Blätter, welche diese schraubige Drehung zeigen. Bald beschränkt sich dieselbe nur auf einen, ja selbst nur auf einen halben Schrauben- umgang, bald sind es zwei, drei, manchmal sogar vier bis sechs Wind- ungen, welche beobachtet werden. Derlei Laubblätter haben dann, auffällig genug, ein lockenförmiges Aussehen. Dass ein solches Schrau- benblatt sich in seiner mechanischen Bedeutung dem Röhrenblatte nähert, und dass dasselbe eine grössere Biegungsfestigkeit besitzt als eine ebene Blattfläche, steht ausser Frage. An den Blättern des schmal- blätterigen Rohrkolbens, iypha angustifolia, welcher gewöhnlich, kleiner als der grosse oder breitblätterige, /atöfolia — von welchem die Blätter zum Verstopfen der Fassfugen verwendet werden --, und dessen auf- rechter, schilfähnlicher Stengel schmalere und steifere, auf der Ober- seite mehr hohle Blätter trägt, kann man auch sehen, dass bei heftigem Winde die aufrecht stehenden Blätter nicht nur gebeugt, sondern auch etwas ausgestreift werden, dass nämlich an dem gebeugten Blatte die Schraube etwas mehr in die Länge ausgezogen wird. Sobald aber der Anstoss des Windes nachlässt und das Blatt wieder in die vertikale Lage zurückkehrt, stellt sich auch die frühere Form der Drehung wieder her. Der Vorteil, welchen ein aufrechtes, schraubig gedrehtes Blatt gegenüber einem aufrechten, ebenflächigen in Beziehung auf Windstösse besitzt, wird auch recht anschaulich, wenn man sich beide Blattformen in nächster Nähe dem gleich starken Luftstrome ausgesetzt denkt. Trifft der horizontal daherkommende Luftstrom auf die Breit- seite eines ebenflächigen, aufrechten, steifen Blattes, so werden alle Punkte der Blattfläche senkrecht getroffen, und das Blatt wird eine sehr starke Beugung, möglicher Weise auch eine Knickung erfahren; trifft er aber auf das schraubig gewundene, aufrechte Blatt, so werden alle Punkte desselben unter schiefen und zwar sehr verschieden schiefen Winkeln getroffen, der Luftstrom wird gleichsam in unzählige Luft- ströme gespalten, welche, den Windungen der Schraube entlang fort- gleitend, nur eine vergleichsweise geringe Biegung bewirken und kaum jemals eine Knickung veranlassen. Wenn man solche Schraubenblätter — 448 — in einiger Entfernung vom Winde bewegt sieht, so macht diese Beweg- ung auch einen ganz eigentümlichen Eindruck, weit mehr den Eindruck des Zitterns, Schwankens und Drehens als jenen des Beugens. An die Form des Schraubenblattes schliesst sich auch noch jene des Bogen- blattes an. Sie findet sich gleichfalls an langen, bandförmigen Laub- blättern ausgebildet. Im Beginne der Entwickelung ist das Bogenblatt noch aufrecht und ebenflächig; ausgewachsen bildet es einen nach oben zu konvexen Bogen. Dasselbe kann sowohl seitlich von aufrechten, hohen Stengeln ausgehen, als auch dicht über dem Erdreiche ent- springen. Sehr auffallend erscheinen die Bogenblätter an jenen Gräsern, welche im Grunde und am Rande der Wälder sowie an steilen Berg- lehnen ihren Standort haben, wie z. B. an dem gemeinen Flattergras, milium effusum, dem hohen Perlgras, melica altıssima, dem Haller’schen Reitgras, calamagrostis Halleriana, der Wald-Zwenke, brachypodium silvaticum, dem gelben Haber, avena flavescens, und dem Hunds- Weizen, Zriticum caninum. Dringt der Wind auf die Blätter dieser Pflanzen ein, so werden die Bogen, welche sie bilden, bald verengert, bald erweitert, je nachdem der Wind von dieser oder jener Seite her- kommt. Bei ruhiger Luft nimmt ein solches Blatt gewissermassen eine mittlere Stellung ein. Mag dann der Bogen bei bewegter Luft weiter oder enger werden, auf keinen Fall ist die dabei stattfindende Krümm- ung eine so weit gehende, dass die Blattspreite geknickt werden könnte. Zudem sind diese Blätter durch eine entsprechende Einlagerung von Bastbündeln so zugfest gemacht, dass selbst heftige Stürme ihnen nicht viel anhaben können. Bei diesen Gräsern mit bogenförmig überhängen- den, bandartigen Blattspreiten wird die Erscheinung manchmal noch dadureh kompliziert, dass sämtliche Blätter nach derselben Seite ge- wendet sind, so dass sie fast ein ähnliches gekrümmtes Aussehen er- halten wie jene des Rohres, obschon ihre Scheiden um die Halme nieht drehbar sind. Man sieht das besonders dann, wenn die Pflanzenstöcke an einem Waldrande oder auf der schmalen Terrasse einer steilen Fels- wand, also an Punkten stehen, wo sie des Liehtes nur von einer Seite her teilhaftig werden. Es hängt diese einseitige Lage der Blätter mit der Beleuchtung zusammen und ist darauf zurückzuführen, dass ein gegen das Waldesdunkel oder gegen die schattengebende Felswand im Halbbogen hingewendetes Blatt dort nicht das genügende Licht erhalten würde. Ein solches Blatt dreht und beugt sich daher dem Lichte zu, was nun freilich eine Umkehrung der betreffenden Blattfläche zur Folge hat, und‘ zwar so, dass die ursprüngliche Rückseite des Blattes zur — 449 ° — obern wird. Es braucht kaum gesagt zu werden, dass nicht nur bei den oben erwähnten Gräsern mit bogenförmig überhängenden und teil- weise umgedrehten Blättern, sondern auch bei den Schraubenblättern und Röhrenblättern die Beziehungen zum Lichte einen nicht weniger wichtigen formbestimmenden Einfluss nehmen.“ Kerner. ‘Die Kartoffel, solanum tuberosum, ein Nachtschattengewächs, hier nur in sehr geringer Menge (2 Hektare) angebaut, blüht Juli und August weiss, klein sternförmig — die Staubbeutel springen durch zwei an der Spitze liegende Löcher auf —, und ist die Blüte selten von hängenden, kugeligen, kirschgrossen, mehrsamigen, grünen Beeren gefolgt; die fadenförmigen Wurzelfasern tragen die kugeligen oder lang- runden, einjährigen Knollen (Verdickungen der unterirdischen Sprossen). Blätter gross, unpaarig gefiedert, indem die Fiedern paarweise am ge- meinsamen Stiele, jedoch mit einem einzelnen (End-) Blättchen an der Spitze vorhanden sind, Fiederblättchen ungleich, abwechselnd sehr klein; ‚Blätter wie der kantige Stengel rauhaarig.. — Bei der gewöhnlichen Kartoffel variiert zuweilen ein einzelnes Auge oder Knospe (der Spross oder Zweig in seinem noch unentwickelten Zustand, solange nämlich die Stengelglieder noch ganz verkürzt und die in der Entwickelung begriffenen Blattorgane dicht zusammengedrängt sind, heisst Auge oder Knospe) und. produziert eine neue Varietät; oder, und dies ist ein noch viel merkwürdigerer Umstand, es variieren gelegentlich alle Augen an einem Knollen in derselben Weise und zu derselben Zeit, sodass der ganze Knollen einen neuen Charakter annimmt. So wurde z. B. an einem Knollen der alten „vierzigfältigen“ Kartoffel, welches eine pur- purne Varietät ist, ein einzelnes Auge beobachtet, welches weiss wurde. Dieses Auge wurde ausgeschnitten und getrennt gepflanzt, und seit jener Zeit ist diese Sorte weit verbreitet worden. Es sind mehrere Fälle beschrieben worden, wo grosse Strecken ganzer Reihen von Kar- toffeln ihre Charaktere unbedeutend änderten. Darwin. Gewisse Veränderungen, welche während der scheinbaren Ruhe eines Samens oder eines Pflanzenstockes sich im Innern vollziehen und die für die späteren augenfälligen Wachstumserscheinungen eine grosse Be- deutung haben, sind der Beobachtung und Berechnung vollständig entzogen. Wenn man die Knollen der Kartoffel im Herbste aus der Erde heraus- nimmt und in den Keller bringt, so hat es den Anschein, als ob in den einzelnen Zellen derselben alle Bewegungen, alle Umlagerungen und chemischen Umsetzungen ganz unterbrochen wären. Die Kartoffel- knolle liegt rubig in dem dunkeln, unterirdischen Raume, in welchem Daffner, Voralpenpflanzen. 29 —UNEDU den ganzen Winter hindurch eine konstante Temperatur von 10° C. herrscht. Es kommt der Frühling. Oberirdisch keimt und sprosst es aus der besonnten Erde frisch empor, und wir bringen diese Erschein- ung mit der stärkeren Erwärmung durch die Strahlen der höher stehen- den Sonne in Zusammenhang. In den Kellerraum fällt kein wärmen- der Sonnenstrahl, die Temperatur der Luft, der Erde und der monatelang hier gelegenen Kartoffelknollen ist immer gleichmässig 10°, ja vielleicht jetzt um einige Zehntel tiefer, da sich erfahrungsgemäss die niederste Temperatur in den Kellern erst am Schlusse des Winters einstellt. Und dennoch beginnt jetzt da unten die Kartoffel auszuwachsen und schlanke Stengel aus den Knospen der Knolle hervorzutreiben, als ob sie es wüsste, dass der Frühling, die geeignete Zeit zum Sprossen und Wachsen, gekommen ist. Warum beginnt das Wachstum erst jetzt im März, warum hat es nicht schon im Dezember begonnen, da doch die äusseren Einflüsse, insbesondere die Temperatur der Umgebung, dazu- mal nicht anders waren als sie es jetzt im Frühlinge im Bereich des Kellerraumes sind? Auf diese Frage gibt es nur eine Antwort, und diese lautet: die Kartoffelknolle war im Dezember zum Auswachsen noch nicht ausgerüstet, sie war nur scheinbar in absoluter Ruhe; in Wirklichkeit vollzogen sich in ihren Zellen fort und fort chemische Umsetzungen und. Umlagerungen, Zubereitungen und Herstellungen der Baustoffe, und diese waren im Dezember, Januar und Februar noch nicht so weit gediehen, dass es möglich gewesen wäre, Stengel, Blätter und Wurzeln aufzubauen. Erst jetzt im März sind die Vor- bereitungen zum Auswachsen abgeschlossen, und erst jetzt kann jene Umgestaltung der Baustoffe, welche auch äusserlich als Wachstum er- scheint, stattfinden. Die organischen Verbindungen, wie sie die Zellen der Knolle im Herbste enthielten, würden auch unter dem Einflusse einer Temperatur von 20° noch nicht zur Bildung von Stengeln, Blättern und Wurzeln getaugt haben. Alle diese Vorgänge bedürfen eben auch eines bestimmten Zeitraumes, und dieser lässt sich durch Erhöhung der Temperatur weder ersetzen noch merklich abkürzen. Kerner: Die Kultur der Kartoffel in den Alpen befindet sich jetzt etwa in dem Zustande wie im vorigen Jahrhundert in der Ebene, als der Bauer sich ihrer gleichsam schänite und hinter einer Hecke oder sonst auf einem unnützen Platze sich einige Stöcke hielt. Die Kartoffel- pflanzungen in den Alpen sind meistens wenige Quadratmeter gross, oft auf unfruchtbaren Stellen gelegen, ungedüngt und ungepflegt. Zur — 41 — Aussaat benützt man irgend eine Sorte der Ebene, die im Gebirg selten reif wird. Man hat däher zugleich eine geringe und eine schlecht be- schaffene Ernte. Die Versuche wären zunächst mit frühen Sorten anzu- stellen. Ebenso verhält es sich mit der Kultur der Gemüsepflanzen in den Alpen. Um einen Erfolg zu erzielen, müssen, anstatt die Samen vom Händler und ohne Wahl zu beziehen, nur im Gebirg erprobte Sorten und im Gebirg gezogene Pflanzen den Samen liefern. Der Pflanzenzüchter muss, um neue Kulturvarietäten für das Gebirg zu er- zeugen, von den härtesten und frühesten unter den jetzt bekannten Sorten ausgehen, also von denjenigen, welche ein rauheres Klima er- tragen und eine kürzere Vegetationsdauer besitzen als die übrigen. Die ungünstige Wirkung der niedrigen Temperatur und des kurzen Sommers muss besonders im Anfang der Versuche durch frühes Auspflanzen und reichliche Nahrung aufgehoben werden, denn es besteht die inter- essante Thatsache, dass bis auf einen gewissen Punkt die Wärme durch die Nahrung, d. i. reichlichen Dünger ersetzt werden kann, Nägeli. | Nicht unwichtig und von praktischem Nutzen ist es, zu wissen, um welche Tageszeit Getreide, Gemüse und Futterpflanzen am vorteilhaftesten zu ernten sind. Betrachten wir zu diesem Zweck zunächst, wie die Ernährung der Pflanzen und die Bildung und Entwickelung ihrer einzelnen Teile sich vollzieht. Die Pflanzen nehmen durch die an den äussersten Enden der Faserwurzeln sich befindenden Saugschwämmcehen die Bodenfeuchtigkeit und die in dieser aufgelösten mineralischen und gasförmigen Pflanzennährmittel des Erdreichs auf. Die dem Boden entnommene Flüssigkeit steigt als Pflanzensaft unter ‚dem Einflusse des Lichtes, also am Tag, in bestimmten Organen der Pflanze bis in die äussersten Spitzen derselben empor. Bei holzartigen Gewächsen ist dieses Aufsteigen des Saftes leicht experimentell nach- zuweisen. Am augenscheinlichsten kann dieses geschehen zur Zeit der grössten und regsten Saftbewegung, im Frühjahr und um Johannis (24. Juni). Man schneide dann durch die Rinde, Bast (innerste Schicht der Rinde) und Splint — d. i. die noch weiche und saftreiche Holz- schicht, welche die innere, stärker erhärtete und fast ganz saftleere Holzschicht, das reife oder Kernholz, umschliesst — einen Kerb. (Da der Bast jedes Jahr durch eine neue, aus dem von weichem, leicht zerreissbarem Gewebe bestehenden, zwischen dem Bast- und Holzteil der Gefässbündel — diese bestehen, wie schon ihr Name sagt, aus einem Bündel von Gefässen, d. i. röhrenartigen Gebilden, welche da- 29 * — 42 — durch entstehen, dass in einer Reihe über einander liegender bläschen- artiger Zellen die Scheidewände je zweier benachbarter Zellen resorbiert und aufgelöst werden, also Röhren mit ununterbrochener, innerer Höhlung — liegenden Kambiums- oder Verdiekungsring von innen her sich anlegende Bastschicht Zuwachs erhält, so besteht er aus zahl- reichen, mit dem. Alter des Stammes zunehmenden, über einander liegenden konzentrischen Schichten oder Jahresringen, gleich dem Holz, nur sind hier natürlich die innersten die jüngsten, beim Holzkörper, der von aussen seinen Zuwachs erhält, aber die äussersten.) Der Splint, das jüngste vorjährige Holzgebilde als Organ für den aufsteigenden Saft, wird aus seinem zerschnittenen Zellgewebe nur am Tage tropfen (bluten). In ähnlicher Weise erfolgt die Saftbewegung in den Kräutern. und Gräsern, nur dass hiebei die den Saft leitenden Organe in ihrer Thätigkeit weniger auffällig zu erkennen sind. Unter dem Einfluss des Sonnenlichtes, also wiederum nur bei Tag, werden in den Blättern die aus dem Erdboden in die Pflanze eingetretenen Nährstoffe sowie auch die aus der Luft aufgenommenen Gase erst in fertige Pflanzen- nahrung verwandelt. Sie treten während der Nacht ihre Wanderung durch den Pflauzenkörper an, um das Längen- und Dickenwachstum desselben zu bewirken, zur Ausbildung von Wurzeln und Knollen, von Stengeln und Früchten zu dienen. Von hervorragender Bedeutung ist hiebei die Bildung der Stärke in den Blättern und die Bewegung der Stärke durch den in der Bildung begriffenen Pflanzenorganismus. Die Bildung der Stärke erfolgt nur in den grünen Pflanzenteilen und nur unter dem direkten Einfluss des Lichtes. Der bekannte Pflanzen- physiologe Professor Dr. Sachs hat nach einer von ihm ersonnenen Methode eine Anzahl verschiedenartiger Landpflanzen hinsichtlich ihrer Stärkebewegung untersucht und ermittelt, dass die bei Tag vom Blatt- grün (Chlorophyll, welches der Grund der Färbung aller grünen, kraut- artigen Pflanzenteile ist, in denselben in Gestalt von sehr kleinen, rundlichen oder länglichrunden, gelbgrünen Körnchen erscheint, die in jeder Zelle, bald regellos zerstreut, bald in bestimmter Anordnung an der Zellwand abgelagert oder frei im Zellsaft schwimmend, in beträcht- licher Zahl vorhanden sind und durch ihre ungeheure Zusammenhäuf- ung dem Parenchym seine intensiv grüne Farbe geben) in den Blättern gebildete Stärke unter gewöhnlichen Verhältnissen während der Nacht aus den Blättern vollständig verschwindet, sodass die aufgehende Sonne stets ein von Stärke freies und daher zu neuer Aufnahme und Ver- wandlung (Assimilation) sehr geeignetes Blatt antrifft. Die Stärkebe- — 43 — reitung beginnt dann unter dem Einfluss des Sonnenlichtes sofort wieder und steigert sich mit der Lichtwirkung, sodass gegen Abend die Blätter wieder voller Stärke sind, worauf dann während der Nacht abermals eine Entleerung erfolgt. Diese Entleerung geht in der Weise vor sich, dass sich die aufgespeicherte Stärke unter dem Einfluss ge- wisser Lebenskräfte in Zucker verwandelt, welcher von dem in der Pflanze enthaltenen Wasser aufgelöst und durch das künstliche Kanal- system nach den Hauptröbren im Stamme abgeführt wird. Von hier aus wird der aufgelöste Zucker dann nach den verschiedensten Punkten der Pflanze weiter gesendet, wo er entweder als Baumaterial für neue Organe verwendet oder als Reservematerial für spätere Lebensabschnitte, wie beispielsweise in den Früchten, Samen, Knollen, aufgespeichert werden soll. Dieser Prozess des zeitweiligen Anhäufens und Entleerens steht nun nicht nur unter dem Einfluss des Lichtes, sondern auch unter demjenigen der Luft- und Bodenwärme wie überhaupt der Witte- rungsverhältnisse. Bei den angestellten Versuchen hat sich gezeigt, dass die Entleerung der betreffenden Organe von Stärke in warmen heiteren Nächten am vollständigsten vor sich geht, während sie in kalten Nächten nur teilweise erfolgt. Tritt letzterer Fall ein, so wird am anderen Tag einmal die Wachstumsthätigkeit, dann aber besonders auch die Stärkeneubildung in der Pflanze bedeutend vermindert. Von einer bestimmten Temperatur an abwärts erfolgt eine Entleerung gar nicht mehr, jedoch liegt diese untere Grenze für verschiedene Pflanzen verschieden. Dies ist beim Zeitpunkt der Ernte der verschiedenen Pflanzenteile wohl zu berücksichtigen, denn der Nährwert, bezw. der Wohlgeschmack der einzelnen Pflanzenteile steht mit der Tageszeit wechselnd hoch und niedrig. Pflanzenblätter — mögen sie zur Speise für die Menschen oder zum Futter für Tiere benützt werden — sollten daher am Abend geerntet werden. Reservestoffbehälter der Pflanzen dagegen, seien diese Früchte, Samen, Stengel, Knollen oder Wurzeln sind am frühen Morgen, namentlich nach warmen und heiteren Nächten am gehaltreichsten und wohlschmeckendsten. Die Aschenbestandteile der Rüben, der Wiesenpflanzen ete., sagt Liebig (1803—1873), vermitteln deren Ernährungswert; wären sie nicht darin vorhanden, so würden die- selben von dem Pferd oder der Kuh nicht gefressen werden. Unter den Nahrungsmitteln aus dem Pflanzenreich enthalten die Samen die kleinste Menge Kochsalz, die Gemüsepflanzen und das Wiesengras (vorzüglich lolium perenne, das englische Raygras) unter den Pflanzen des Kon- tinents am meisten. Die Menge des Kochsalzes im Blut der Menschen — 454 — und Tiere beträgt in der Regel über die Hälfte des Gesamtgewichtes aller übrigen unverbrennlichen Bestandteile des Blutes. „Die Pflanzen sind je nach dem Standorte reicher an be- stimmten unorganischen Verbindungen, je nach dem Klima oder dem Jahrgang reicher an gewissen organischen Stoffen. Es ist bekannt, dass das Licht die Bildung von Farbstoffen, die Wärme, d. h. eine höhere, aber nicht zu hohe Temperatur die Bildung von Zucker auf Kosten von Säuren und Gerbstoffen sowie die Bildung von ätherischen Ölen, Bitterstoffen, Alkaloiden, begünstigt. Reichliche Mengen von Nährstoffen verbunden mit einer passenden Temperatur und hinreichen- der Beleuchtung vermehren die Assimilation und Ernährung, machen demnach Zellen und Organe grösser und zahlreicher, üppiger, und ver- mehren die Trockensubstanz. Auf mageren Stellen bleiben die Ge- wächse klein, wenigblütig, unverzweigt, fast stengellos, mit kurz ge- stielten wenig zerteilten Blättern. Auf fettem Boden werden sie gross, reich beblättert, mit länger gestielten und tiefer zerteilten Blättern; sie verzweigen sich stark und tragen reichliche Blüten. Eine Vermehrung der Wasserzufuhr allein, bei gleich bleibender Aufnahme der übrigen Nährstoffe, vergrössert die Pflanze und ihre Teile ohne Vermehrung der Trockensubstanz. Die Gewebe werden grossmaschiger und weicher, die Stengel und ihre Internodien gestreckter, die Blattstiele länger, die Blattspreiten tiefer gelappt. Darauf dürfte sich die Wirkung des Wassers beschränken. Es ist jedoch dabei zu berücksichtigen, dass eine feuchte Lokalität, auch wenn die Bodenbeschaffenheit ganz die- selbe bleibt, nicht bloss durch grössere Wasserzufuhr wirkt, sondern dass sie der Pflanze unter Umständen auch eine bessere Ernährung er- möglicht. Es wird aber ferner die Bodenbeschaffenheit der feuchten Lokalität in der Regel eine andere sein als die der angrenzenden trockenen, indem das Wasser verschiedene gelöste Mineralstoffe mit- bringt und dieselben durch Absorption in der Bodenkrume zurück- lässt.“ Nägeli. Möge mir gestattet sein, über die Schönheit und den Nutzen des Kleides der Erde noch folgendes Bild anzureihen. „In der Pflanzenwelt spricht unergründliche Fülle mit mächtigen Stim- men zum Geiste des Menschen. Tausendförmige, tausendfarbige Blumen- kronen wenden sich aus grünen Laub- und Wipfelmassen der Sonne zu; ihre Harze, Balsame und ätherischen Öle, ihre Wohlgerüche durch- duften die Lüfte. Dem Hungrigen beut die Pflanzenwelt nährendes Mehl, erquickende Früchte; dem Kranken stärkende, läuternde, reizende, mildernde Arznei; wie schmelzend ist ihr Nektar, wie begeisternd der Saft der Traube! — Die Erde wäre ohne die Pflanzenwelt arm und leer: ihr Erwachen feiern wir jeden Frühling mit erhöhtem Gefühle und erwachen mit ihr zu neuem Leben. Die Pflanzenwelt gibt jeder Gegend des Erdballs ihren bestimmten Charakter; ohne sie ist sie nackter Fels, öder Strand, furchtbare Wüste, strauchlose Heide, einförmiger Weide- _ grund; mit ihr aber, wenn die physische Gestaltung der Erdoberfläche mitwirkt, ein irdisches Paradies. Da bekleidet ein smaragdner, bunt verzierter Teppich die sonnigen Matten; gewaltigere Formen bilden dunkle, ehrwürdige Haine, welche zur Anbetung der unsichtbaren Mächte auffordern, und majestätische Urwälder, in deren Rauschen die Macht des grossen Geistes vernehmlicher spricht; von Pol zu Pol reihen sich Geschlechter an Geschlechter, deren reichste, alles überwuchernde Fülle sich um den Äquator zusammendrängt und von untermeerischen Gründen über die Region des ewigen Schnees emporsteigt, an dessen Rande noch grossblumige Alpenpflanzen den Wanderer begrüssen! Im dunkeln Walde Scharen von Pilzen, in denen die Frucht den Stamm überwältigt, die Blätter erdrückt, die Blüte übereilt; im fliessenden Wasser schwankende Smaragde, seidenhaarige, schlüpfrige Conferven, die im Chaos ihrer Fäden noch zahlreiche mikroskopische Bildungen bergen; im Weltmeer riesenhafte Fucaonen, deren Fluren, von Schild- kröten beweidet, öfters die Schiffe in ihrem Laufe hemmen; an der Rinde der Bäume und an Steinen vielgestaltigex Flechten, welche noch weit über die Schneeregion hinaus die wolkenumzogenen Fels- hörner bekleiden und auf Sibiriens öden Steppen und auf Island Brot spenden; am schattigen Fels und dem uralten Stamm zierlich gekapselte Moose; in Wald und Berg Farrenkräuter, ein schönblätt- riges, oft baumartiges Geschlecht, dem nur die Blüte fehlt, um das Geheimnis seines Innern auszusprechen. Die schaffende Kraft ruft immer edlere Formen hervor: die allverbreitete Familie der Gräser wurde selbst von den Göttern wert gehalten, : welche den: Menschen den Bau mancher lehrten; die Liliaceen galten seit Urzeiten schon als zartes Sinnbild engelgleicher Milde; die Kultur der Musaceen reicht bis in die ältesten Zeiten des Menschengeschlechts hinauf; die schlank- stammigen, fächergekrönten Palmen, die Fürsten der Pflanzenwelt, lieben die Nähe des Gleichers und die passiven Völker, welche noch schlaftrunken am Busen der grossen Muiter ruhen. Von den voll- kommensten Gewächsen drängen sich Scharen an Scharen; Lorbeer- gewächse, deren Laub die Stirne des Helden und Dichters schmückt, — 456 — deren Rinde kostbares Gewürz, deren Blätter feines Gift bergen; Pflan- zen mit Lippenblumen, voll des herrlichsten Aromas; Solaneen, deren Narkotikon den Kummer der Seele umhüllt und die Gedanken weckt, deren Knollen ganze Völker nähren; wundervolle Synanthereen, irdische Sterne, wo zahlreiche Blümchen erst die Blume bilden; Rubiaceen, von denen der Kern einer ihrer Beeren — die Kaffeebohne — sich über die ganze Erde verbreitet hat, Erdteile und die fernsten Nationen mit einander verband und einen Teil der Menschheit in Sklavenketten schlagen half; Ranunkeln mit scharfen, giftigen Säften; Papaveraceen, deren Kapselsaft seligen Rausch, verführerische Träume bewirkt; phan- tastisch gestaltete Opuntiaceen, deren kühlende Beeren den Lechzenden erfrischen; ÖOrangengewächse, köstlich und edel durch immergrünes Laub und saftige Früchte mit duftiger Schale; Rosaceen, mit reizenden Blüten prangend, dem Menschen befreundet und Auge wie Gaumen erquickend; Viniferen, selbst dem Göttern lieb, schwach an Stamm, unscheinbar an Blüte, aber reich an Kraft, die des Menschen Herz erfreut; rankende Hülsengewächse mit wunderbaren, oft prachtvollen Blüten und fein zerteilten Blättern, die geheimnisvoll, pendelartig sich zu bewegen beginnen; Euphorbiaceen mit eckelhaftem Milchsaft und den feinsten Giften; Nadelhölzer, deren Laub des Frostes spottet, ur- alte Bewohner der Erde, die jetzt noch einen gewaltigen dunkeln Gürtel um sie ziehen. Nur durch die Pflanzenwelt wurde die Kultur des Menschenge- schlechtes möglich. Das Tier ist scheu und wild; es flieht den Menschen oder weckt in ihm durch Widerstand den Dämon des Besitzes, der Gewalt, des Blutdurstes; die Pflanze ist wehr- und harmlos; auf und unter dem kühlen Rasen beruhigt sich die stürmisch bewegte Brust. Jägervölker, Fischervölker und Nomaden bleiben roh; erst die Pflege der Pflanzen führt Gesittung herbei, und deshalb ist die Pflanzenwelt voll hoher, innerer Bedeutung. Über den Pisanggewächsen an Indiens Strömen träumte die Menschheit ihre frühesten Jugendträume, und unter den Feigenbäumen daselbst sannen die Weisen der Vorzeit über die höchsten Dinge nach; Persiens Rosen führten Zwiegespräche mit Persiens Nachtigallen; die Poesie nimmt ihre zartesten Bilder aus der Pflanzenwelt, und die Liebe spricht durch Blumen, weil sie instinkt- mässig ihre Verwandtschaft mit ihnen erkennt. „Ist doch Blumen im Grase, vergänglichen Blumen des Lenzes Ähnlich der Menschen Ge- schlecht; eins wächst und das andre verschwindet.“ So ist die Pflanzenwelt ein unerschöpfliches Meer, aus dem alle Völker der Erde trinken; und wie sie unsern Leib erhält, so erfreut sie unsere Sinne, gibt unserm Geiste Rätsel auf, über die noch die ferne Nachwelt sinnen wird, und teilt dem sich ihr hingebenden Gemüte etwas von ihrem ewigen Grün, ihrer unwelkbaren Frische mit.“ Die praktische Seite des Ackerbaues kann nicht klarer und tiefer aufgefasst werden als dies in der Rede des nordamerikanischen Häuptlings geschehen, welche der Franzose Crevecoeur überliefert hat. Jener — seinem Stamme der Missisäer den Ackerbau empfehlend — sprach: „Seht ihr nicht, dass die Weissen von Körnern, wir aber von Fleisch leben? Dass das Fleisch mehr als 30 Monden braucht um heranzuwachsen, und oft selten ist? Dass jedes der wunderbaren Körner, die sie in die Erde streuen, ihnen mehr als hundertfältig zu- rückgibt? Dass das Fleisch vier Beine hat zum Fortlaufen und wir nur zwei, um es zu haschen? Dass die Körner da, wo die weissen Männer sie hinsäen, bleiben und wachsen; dass der Winter, der für uns die Zeit der mühsamen Jagden, ihnen die Zeit der Ruhe ist? Darum haben sie so viele Kinder und leben länger als wir. Ich sage also jedem, der mich hört, bevor die Bäume über unseren Hütten vor Alter werden abgestorben sein und die Ahornbäume des Thales aufhören uns Zucker zu geben, wird das Geschlecht der kleinen Korn- säer das Geschlecht der Fleischesser vertilgt haben, wofern diese Jäger sich nicht entschliessen zu säen!“ Geerntet wird auf der Erde fast das ganze Jahr hindurch. „Im Januar bringen Australien, Neu-Seeland, der grösste Teil von Chile und einige Striche von Argentinien ihren Getreideschnitt heim. Im Februar heimsen die fast 300 Millionen Menschen, welche das Welt- reich Indien bewohnen, ihre Ernte ein, die sich je nach der Witterung über einen Teil des März fort erstreckt. Mexiko, Ägypten, Persien und Syrien ernten im April, während dies in Kleinasien, China, Japan, Tunis, Algier und Marokko im Mai geschieht. Des weiteren ernten Kalifornien, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland und Südfrankreich im Juni. Im übrigen Frankreich, in Österreich-Ungarn und dem gröss- ten Teile Russlands und der vereinigten Staaten von Nordamerika findet die Ernte im Juli statt. Im August folgen Deutschland, Belgien, Holland und Kanada. Im September ist die Reihe an Schottland, Schweden, Norwegen, ebenso an den nördlich gelegenen Teilen Kanadas und Russlands. Der Oktober schliesslich lässt die Bewohner der am meisten nördlich gelegenen Teile unseres Planeten ihre spärlichen Feld- früchte in die Tennen sammeln. Man erntet demnach also eigentlich — 458 — das ganze Jahr hindurch, ausgenommen die beiden Monate November und Dezember. Und wer weiss, ob nicht die immer fortschreitende Kultur demnächst Gegenden erringen wird, wo auch während dieser Monate eine Ernte vorzunehmen ist. Die betreffenden Strecken wären natürlich auf der südlichen Halbkugel zu suchen. Man darf ferner nicht übersehen, dass unter Ernte hier stets der Schnitt und das Ein- bringen der auf dem Halme wachsenden Feldfrucht gemeint ist. Wird dieser Sinn jedoch weiter gedehnt auf alles, was die unermüdliche Erde an geniessbarem Ertrage aus ihrem Schosse für den Menschen hervor- gedeihen lässt, daun ist ohne Rast und Unterlass über alle Monate des Jahres hinweg ein steter Erntesegen verbreitet. Der Traube, welche am Spalier rankt, bleibe der Vorzug, dass sie mit ihrem Saft dem Menschen das Herz erfreut und gute Gedanken hinter seiner Stirn entstehen lässt. Eben so wenig sollen die übrigen Früchte geschmälert werden in dem Werte, welchen sie als Erquickungs- oder Nährmittel der Menschheit in Anspruch nehmen dürfen. Allein den wichtigsten Ertrag liefert doch das Kornfeld, denn aus ihm geht das Nahrungs- mittel des Volkes in seiner grossen Allgemeinheit hervor — das Brot! Je nachdem diese Ernte ausfällt, gestalten sich auch die wirtschaft- lichen Verhältnisse der nächst kommenden Zeit gut oder schlecht. Da- bei fällt die Vervielfachung in das Auge, welche die Natur mit dem der Erde anvertrauten Saatkorn zum Frommen der Menschheit vor- nimmt. Aus jedem Korn keimen im Durchschnitt sieben ährentragende Halme empor. Nehmen wir nun als Inhalt eines Ährenhauptes nur 30 Körner an, so ergibt sich für ein jedes der ausgesäten der 210fache Ertrag. Allerdings wird dieser wohl niemals und in den günstigsten Fällen immer nur in ziemlich entlegener Annäherung erreicht. Die Gründe dafür sind leicht zu erkennen. Wenn schon ein grosser Teil des eingesäten Getreides verloren geht, so ist die Ernte erst recht einer steten Verringerung ausgesetzt. Beinahe alles, was auf Erden kreucht und fleucht, erblickt im Kornfeld eine gedeckte Tafel, von welcher sie nach Herzenlust nimmt, was ihr behagt. Der Mensch bestellt also mit der Ernte, welche er in seine Tennen zu sammeln hofft, nicht allein den eigenen Tisch, sondern vielmehr denjenigen der gesamten Natur. Gleichwohl darf er mit dem, was für ihn übrig bleibt, immer noch zufrieden sein.“ Ich schliesse mit den Worten Kerners: Wohin wir im Reich der organischen Schöpfung unsere Blicke. wenden mögen, überall der- selbe Einklang der Gestalt mit den äusseren Verhältnissen, ein stetes Anschmiegen der Formen an die Eigenheiten der Umgebung, eine geradezu unerschöpfliche Fülle von Erscheinungen, welche die Arten- bildung durch den Kampf ums Dasein und durch das Überleben des Passendsten auf das glänzendste ‚bestätigen. Bei Abfassung dieser botanischen Abhandlung habe ich hauptsächlich benützt: New Kreüterbuch mit den allerschönsten vnd artlichsten Figuren aller Gewechsz, dergleichen vormals in keiner sprach nie an tag kommen. Von dem Hochgelerten vnd weitberümbten Herrn Doktor Petro Andrea Matthiolo, Rö: Kay: May: Rath, auch derselben, vnd Fürstlicher Durchleuchtigkeit Ertzhertzog Ferdinanden ete. Leibdoetor. Erstlich in Latein gestellt. Folgendts durch Georgium Handsch, der Artzney Doctorem verdeutscht, vnnd endtlich zu gemeinem nutz vnd wolfart Deutscher Nation in. druck verfertigt. Gezieret mit vilen feinen newen experimenten, künstlichen Distillieröfen, dreyen wolgeordneten Registern, vnd anderer nutzbarkeit, wie auss der Vorred zuersehen. Gedruckt zu Prag, durch Georgen Melantrich von Auentin, auff sein vnd Vincenti Valgriss Buchdruckers zu Venedig vncosten. M. D. LXIII. Mit Röm: Kay: May: Freyheit vnd Priuilegien. (Foliant, 575 Blätter, mit schönen Holzschnitten.) Hayne-Willdenow, Termini botanici oder botanische Kunstsprache, enthält meisterhaft gezeichnete farbige Abbildungen, (Kupferstiche und dann ge- malen); 1799. Sendtner, Die Vegetations-Verhältnisse Südbayerns; 1854. Ein reichhaltiges mit grossem Fleisse ausgearbeitetes Werk, das namentlich auch auf die Bodenverhältnisse Bezug nimnit. Rossmässler, Die vier Jahreszeiten; 1877. Populär gehaltenes Buch mit vorzüglichen Pflanzen-Holzschnitten. Darwin, Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestikation. Aus dem Englischen übersetzt von Carus; 1878. Ein klassisches Werk, einzig in seiner Art, die Grundlage der neueren Forschung. In Weber-Kranz, Alpenpflanzen, 1880, mit prächtigen farbigen Ab- bildungen (400, Steindrucke und dann gemalen) findet sich nur der Standort und die Blütezeit verzeichnet. — Ganz ähnlich ist das ebenfalls in vier Bändchen (1579—1884) erschienene Werk: Die Alpenpflanzen, nach der Natur gemalt von Jos. Seboth. Mit Text von Ferdinand Graf und einer Anleitung zur Kultur der Alpenpflanzen von Joh. Petrasch. Nur findet sich hier eine kurze Beschreibung der aufgeführten Pflanzen am Eingang jedes Bandes; an Schönheit der Abbildungen sowohl hinsichtlich der Zeichnung .als der Farbe steht es aber dem ersteren Werke entschieden nach. — 460 — Dalla Torre, Anleitung zur Beobachtung und zum Bestimmen der Alpenpflanzen; 1832. Ein vortreffliches Büchlein. Wagner-Garcke, Illustrierte deutsche Flora; 1882. Ein vorzüg- liches und für die deutsche Flora wohl das beste beschreibende Werk, mit guten Holzschnitten. Seubert, Lehrbuch der gesamten Pflanzenkunde; 1874. Von diesem Werke gilt der Ausspruch des berühmten Wiener Anatomen Hyrtl: „Gute Bücher können nicht altern.‘“ 1887 erschien die siebente vermehrte von Ahles besorgte Auflage. Hoffmann, Lehrbuch der praktischen Pflanzenkunde; 1889, Mit farbigen (Steindruck-) Abbildungen. Populäre Darstellung, Kerner von Marilaun, Pflanzenleben; 1888—1891. Mit herrlichen Abbildungen. In physiologischer und biologischer Hinsicht ein ausgezeichnetes Werk. Lenz, Nützliche, schädliche und verdächtige Pilze. Siebente Auflage von Wünsche; 1890. Ein vortreffliches Büchlein mit ziemlich guten farbigen (Steindruck-) Abbildungen. Pokorny-Fischer, Naturgeschicehte des Pflanzenreiches; 18. Auflage 1891. Empfehlenswerter Leitfaden für Anfänger und Schulen, mit guten Holzschnitten und klaren Beschreibungen. Kummer, Der Führer in die Mooskunde; 1891. Perger, Studien über die deutschen Namen der in Deutsch- land heimischen Pflanzen; in den Denkschriften der kaiserlichen (österreichi- schen) Akademie der Wissenschaften, 14. Band, 2. Abteilung; 1858. Volksnamen der niederösterreichischen Pflanzen. Gesammelt und erläutert von F. Höfer und Dr. M. Kronfeld; in den Blättern des Ver- eines für Landeskunde von Niederösterreich ; 1889. Perger, deutsche Pflanzensagen; 1864. ————nem .- Alphabetisches Register. (413 Arten.) Ackerrettich Ackersenf (Aokerköhl). Ackerwinde Ahorn Akelei Alpendost Alpenglöckchen Alpenhelm . Alpenlattich Alpenrose (behaarte, Torkhläkteige, Zwerg-) Amarant ® ; Änemone s, Wandröschsn. Arnika Aronstab Arve s. Zirbe. Augentrost . Aurikel . Bärenklau . Bärenlauch . Bärentatze (rote und selbe) Bärentraube A Bärlapp (keulenförmiger u. en Beinholz s. Geissblatt. Beinwell Benediktenkraut s. lern. Berberitze s. Sauerdorn. Berg-Baldrian . Berg-Minze Besenstrauch . F Bienensaug s. Taubnessel. Seite | 229 228 207 16 203 | 251 94 244 244 82 76 301 204 223 91 149. 198 378 305 287 240 226 209 | Seite Bilsenkraut 326 Binse s. Seebinse. Birke . 23 Blasenstrauch . RR 252 Blätterpilz, rauchgrauer . 369 Blutströpfehen s. Wiesenknopf. , Blutwurz ae re 195 | Bocksbart 260 Boretsch 251 Brätling . 370 Braunwurz . auch FR 248 ı Brennessel (grosse und kleine) 258 Brillenschote . 224 ı Brombeerstrauch 103 Brunelle 208 | Brunnenkresse 218 Buche 11 Champignon 360 (367) Cichorie . 128 Distel (nickende, Stachel-, klebrige, kohlartige) . 17 Dotterblume 127 ı Drahtstengel 250 Drosera s. Sonnentau. Dürlitze s. Kornelkirsche. Eberwurz 179 Edelweiss Sen ana eer BRETT 203 Ehrenpreis (arzneilicher, Gaman- der-, dreiblättriger, nesselblätt- riger, Bachbungen-) . 145 Eibe . Eiche . Einbeere Eisenhut (blauer And solen Eisenkraut . rs Elsbeere Enzian, elblaliger. „ (gelber, blauer, Frühlings-) Epheu U Deu kr Erdbeere Erdbeerspinat . Erdscheibe . Erle Esche Federnelke s. Prachtnelke. Feldkohl Fetthenne : Fettkraut a anf Ale) Fichte Eu A ah : Fichtenspargel Fieberklee . Fingerhut (roter und vöthchen) Fingerkraut (kriechendes u. Früh- lings-) 5 { AN une: Flachs s. Lein. Flieder . Fliegenschwamm Föhre Frauenmantel . Frauenschuh Frauenspiegel s. Blockenhlune, Friedlos . 3 Te ilsiesknotenhlume Gallen Gänseblümchen Gänsedistel Gartheil s. Eberwurz. Gauchheil Geissblatt . Geissfuss ? BE (rermer (weisser, grüner, sch wangen) Gerste Getreiderost Gichtpilz Gipskraut 462 Seite 19 27 156 316 214 106 229 302 54 104 204 90 26 16 _ rn SW) — Glanzgras . Glaskraut . Gleisse s. ee Glockenblume (niedere, Frauen- spiegel, dunkelblaue, ausgebrei- tete, kriechende, nesselblättrige, rundblättrige, Ba Goldmilz ? Goldregen (Esel. Goldrute Goldstern Gretl in der Shane S. kümmel. Gundelrebe (Gundermann) Günsel (kriechender u. bob Guter Heinrich Se | Haber ; | Habichtskraut (semeines, A Mauer-) Hahnenfuss (keicchanderN Acker Wasser-, scharfer, sellerieblätt- riger, Gift-, Feigwurz-) Hanf . Härtling Haselnussstrauch Haselwurz . Hasenklee s. Sauerklee. | Hasenlattich Hauhechel . ı Hauswurz Heckenkirsche s. ea ‚' Hederich s. Ackerrettich. Heidekraut . Heidelbeere | Helmkraut s. Schildirantı | Herbstzeitlose 'Himbeerstrauch . Himmelschlüssel (hoher, licher, schaftloser) Hirschzunge | Hirtentäschchen . , Hohlwurz Hohlzahn ' Holunder ae u. Traakam) en arznei- Seite 219 199 146 202 70 228 134 264 260 135 426 463 Seite Hornklee 130 Huflattich . 139 Hühnerdarm 262 Hundspetersilie 158 Hundsrose (Heckenrose) . 99| Hungerblümchen 129 Jasmin, wilder 70 J at (durehlöchertes, vi vier- kantiges, vierflügeliges) 263 Judenkirsche s. Kornelkirsche. Kaiserling . 371 Kälberkropf 202 Kalmus . 287 Hemille’. -- :. 266 Karde (wilde nd Peker-) ART Kartoffel 449 (388) Kastanie s. Rosskastanie. Katzenminze 203 Kiefer s. Föhre. Klappertopff . . . 135 Kleber s. Labkraut (Elbtlorndeajle Klee (Wiesen-, roter, Erdbeer-) 130 Klette (gemeine und filzige) 128 Knabenkraut (kleinblütiges und wohlriechendes) 194 Knabenkraut (breitbiikteikbs, ge- flecktes, fliegenartiges, weiss- liches, gemeines) . 390 Knaulgras . 5 133 Knollenblätterpilz 357 | Knopfblume s. Skabiose. Knotenfuss Te Knöterich (spitzkeimender und Natterwurz-) 5 Königskerze, echte . 269 re schwarze 193 Königsröhrenpilz 373 Korallenpilz s. Bärentatze. | Kornblume (blaue und Berg-) . 197, Kornelkirsche . LE 53 Kornrade s. Lichtnelke. Kreuzblume (bittere, buchsbaum- blättrige, gemeine) 242 | Kreuzdorn . “1 Kreuzkraut (Wasser-, Alpen-, ge- meines, klebriges, Hain-, krauses) Küchenschelle (gemeine u. Wiesen-) Kugelblume (gemeine und nackt- stengelige) . A Be Kuhblumes. Lorenzen (Bene! Kümmel Kümmelsilge . Labkraut (kletterndes, frühes, ge- meines, echtes) Laichkraut . Lärche ee Latsche (Legföhre) . Lattich . Laubsucht . Läusekraut. Lavendel Leberblümchen Lein Leinkraut Leinseide Lerchensporn . Lichtnelke (Kuckucks, on Se Linde . R Ze Löwenzahn, gemeiner . % grauer . Lungenkraut . Maiglöckchen . Märzglöckchen s. Keane seeknoten blume. Mauerpfeffer (weisser und zurück- gekrümmter) Mäuseöhrchen Ss. abichtekrant, ı Mäuseschwänzchen . Mehlbeere . Meisterwurz | Milchlattich Mispel Mistel ee Mohn (Feld- und Schlaf-) Moore und Moose Moosbeere . | Morchel (Speise-, Spitz, Küppchen- köstliche) L ö | Mutterkorn 389, 464 Scite Nachtkerze 210 Nachtschatten 115 Narzisse 163 Natterkopf . :, 257 Nelkenwurz (Bach- und Set 243 Nieswurz (schwarze und grüne) Nonne Pappel (Chaussee-, Zitter-, Silber-, Schwarz-) Parapluiepilz . Parnassie s. ee Perrückenbaum Pestwurz a Pfaffenkäppchen . Pfefferminze h Pfeifenstrauch s. Tagan. Pfennigkraut . Pfifferling Pippau (goldgelber aid. ehe blättriger) Prachtnelke Preiselbeere Rainfarn Rapünzchen Rapunzel b Rebe (wilde und Wein) b Rebendolde (gemeine und fenchel- samige — Rosskümmel) . Reizker . Riedgras Rindsauge . Ringelblume Ringpilz . Rispengras . Rittersporn . Roggen . Rohr s. Schilf. Rosskastanie . Ruhrkraut . kühr mich nicht an s. nen! Küster s. Ulme. Salbei, arzneilicher, (Garten-) . „ (klebriger und wilder) . Sandglöckchen 116 398 Seite Sanikel . 196 Sauerampfer 119 Sauerdorn . =.63 Sauerklee 223 Schachtelhalm (Aokerıı u. Tischler) 253 Schafgarbe, gemeine 266 - schwarzhüllige . 120 Schattenblume € 135 Schaumkraut (bitteres u. ie 218 'Schellkraut Al: 213 ‚ Schierling, gefleckter . +33 | 5 giftiger s. Wasser- schierling. Schildkraut 208 ‚ Schilf 229 | Schlehdorn . E 65 Schlüsselblume s. Himmelschiaret | Schmalzblume s. Dotterblume. |Schneeball . 75 | Schneeglöckchen 160 Schnittlauch 198 Schotenklee 243 | Schwalbenwurz 5 ‘ 213 , Schwarzkümmel, türkischer. 265 Schwarzwurzel 247 , Seebinse 5 231 Seerose (weisse en ir 233 ' Seidelbast, gemeiner 314 | RE sestreifter . i 249 Skabiose (Acker-, Wiesen-, Tauben- ) 206 Sommerwurz . sur ı Sonnentau . 342 (353) ' Spierstaude 17 : Spindelbaum S. Piaflanküppchen. F Springkraut ee 144 ‚ Stärkemehl 428 ‚Stechapfel . 314 | Stechpalme Pe Te |Steinbrech (gelber, moosartiger, | rundblättriger) 226 Steinpilz 371 | Sternblume 212 Sterndolde . 164 Sternkraut s. Eihsenderen Storchschnabel (rotbrauner und Wiesen-) . 188 — Sumpfherzblatt age 185 Sumpfporst = Sumpfwurz Tanne 'Täubling 'Taubnessel Taumellolch Tausendgüldenkraut Sr Thymian (Feld- und Garten.) . Tollkirsche . | Ark Tormentill s. okwirz Trollblume . Trüffel Türkenbundlilie Ulme. Veilchen (Acker-, wohlriechendes. zwel- behaartes, Moor-, Sumpf-, blütiges) . Vergissmeinnicht Vogelbeerbaum Vogelmilch . Vogelnestwurz Wacholder . Wachtelweizen Walderve Waldmeister Waldrebe Walnussbaum Wasserdost Wasserlilie s. Seerose. Wassernuss Daffner, Voralpenpflanzen. 465 Seite 213 194 1 370 | 153 133 128 278 328 129 377 163 22 Wasserschierling Wasserschlauch . Weberkarde s. Karde. Wegdorn s. Kreuzdorn. Wegerich (grosser, lanzettlicher, gemeiner) Wegwarte s. Chor Weide (fünfmännige, Bruch-, Sil- ber-, Sahl-) . Weidenröschen Weissdorn . Weisswurz alhlatiee a wirt blättrige) Weizen . ; Wendelorche . Wermut. 5 Wetterdistel s. heran Wiesenknopf (Blutströpfchen) . Wiesenraute Windröschen (Busch- amd Alpen) Wintergrün Mn, Winterkresse . Winterstern Wohlverleih s. Arnila, Wolfsmilch Wollgras Wucherblume . Wundklee . Wurmfarn . Zirbe . Zittergras . Zweiblatt 30 Berichtigung. Auf Seite 38, dritte Zeile von unten, statt 120 em lies 130 em; Winter- temperatur 1,26° C., Sommertemperatur 13,449 C. Di - Seite 416, Zeile 8 von unten lies ihm statt im. ) 1 Se esch 1879. M. 7—_ - — —,2, Theil. Die extratropischen Gebiete der südlichen Hemisphäre und die tropischen Gebiete. Mit einer pflanzengeographischen Erdkarte. gr. 8. 1882. M. 11.— Frank, A. B., Lehrbuch der Botanik. Nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft bearbeitet. Erster Band. Zellenlehre, Anatomie und Physiologie. Mit 227 Abbildungen in Holzschnitt. gr. 8. 1892. geh. M. 15.—, geb. M. 17.— Goebel, K., Grundzüge der Systematik und speciellen Pflanzenmor-. phologie, nach d. 4. Aufl. des Lehrbuchs der Botanik von J. Sachs neu be- arbeitet. Mit 407 Holzschn. gr. 8. 1882. _M. 12.— Grisebach, A., Gesammelte Abhandlungen und kleinere Schriften zur Pflanzengeographie. Mit dem Portr. des verewigten ‘Verf. rad. von W. Unger, biograph. Nachrichten u. Bibliographie seiner Werke. gr. 8. 1880. M. 20.— — Die Vegetation der Erde nach ihrer klimatischen Anordnung. Ein Abriss der vergleichenden Geographie der Pflanzen. Zweite vermehrte u. berichtigte Auflage. 2 Bände mit Register und 1 Karte. gr. 8. 1884. geh. M. 20.— geb. M. 24.— Harting, P., Skizzen aus der Natur. Aus dem Holländischen übersetzt von E. A: Martin, mit einem Vorworte von M. J. Schleiden. 1. u. 2. Theil. Mit 34 Holzschn. u. 2 lithograph. Taf. 8. 1854, 57. M. 4.65 Klinggraeff, Hugo von, Die Leber- und Laubmoose West- und Ost- preussens. Herausgegeben mit Unterstützung des Westpreussischen Provinzial- Landtages v. Westpreussischen Botanisch-Zoologischen Verein. 8. 1893. M. 5. gebML 5.75 Knop, Adolf, Der Kaiserstuhl im Breisgau. Eine naturwissenschaftliche Studie. Mit 8 Lichtdruckbildern, 89 Figuren im Text und einer geologischen Karte. gr. 8. 1892. M. 17.— Nägeli, Carl und S. Schwendener, Das Mikroskop. Theorie und Anwen- dung desselben. 2. verb. Auflage. Mit 302 Holzschn. gr. 8. 1877. M. 12.— Oersted’s, A. S., System der Pilze, Liehenen und Algen. Ausd. Dänischen. Deutsche, vermehrte Ausgabe, mit besonderer Rücksicht auf die durch Pilze ver- anlassten Pflanzenkrankheiten von A. Grisebach und J. Reinke. Mit 93 Fig. in Holzschn. . 8. 1872. M. 4.— Prantl, K., Lehrbuch der Botanik für mittlere: und höhere Lehranstalten. Bearbeitet unter Zugrundelegung des Lehrbuchs der Botanik von J. Sachs. Mit 326 Figuren in Holzschn. 8. vermehrte u. verbesserte Auflage. gr. 8. 1891. M. 4.— geb. M. 5 30 Sachs, Julius, Gesammelte Abhandlungen über Pflanzen-Physiologie, Erster Band: Abhandlung I bis XXIX vorwiegend über physikalische und chemische Vegetationserscheinungen. Mit 46,Textbildern. gr. 8. 1892. M. 16.— geb. M. 18.— — — Zweiter Band: Abhandlung XXX bis XLIII vorwiegend über Wachs- thum, Zellbildung und Reizbarkeit. ‚ Mit 10 lithographischen Tafeln u. 80 Text- bildern. gr. 8. 1893. M. 13.— geb. M. 15.— Schleiden, M. J., Studien. Populäre Vorträge 2. umgearbeitete u. ver- besserte Auflage. Mit dem Bildnisse des Verfassers, einer Ansicht, einer Karte und 3 lithograph. Taf. gr: 8. 1857. geh. 9.— geb. 10.— Inhalt: Widmung. Mirage als Einleitung. Vorlesung. Ueber Fremdenpolizei in der Natur oder über die Wanderungen in der org: lichen und unorganischen Welt. 2. Vorlesung. Franklin und die Nordpolarexpeditionen. 3. Vorl. Die Natur der Töne und die Töne der Natur. 4. Vorl. Die Beseelun« der Pilanzen. Ein Rechtfertigungsschreiben. 5. Vorl, Swedenborg und der Aberglaube. 6. Vorl. Wallenstein und die Astrolovie. 7. Vorl. Mondscheinschwärmereien eines Naturforschers. 8. Vorl. Ueber Zauberei und Geisterspuk. — Für Baum und Wald. Eine Schutzschrift an Fachmänner und Laien ge- richtet. 8. 1870. M. 3.— Druck der Kel. Universitätsdruckerei von Re Stürtz in Würzburs, a a = a A A Di, rn i Dunn a Ben nl.‘ } An) | w Me Ben ‚a / A INH 3 Daf £ en 7 ee ar BO EBREI 5 Paris Yo EEG UT TUT EEE a Ze " wer ee Fuer ie Pe we + rr rs EUR OEEDDR IE Base De a en he fx BAT IL - ce Ar 2 EIER u ie r® ER PER se .* TE g 3 FEN . . 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