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Siebenbürger Fach ſenlantles.

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| Nach den Debatten des ungarischen Landtages am 22., 23., | 24. und 27. März 1876.

München. ; Theodor Ackermann. 1876.

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Die Zertrümmerung

des

Siebenbürger Sachſenlantles.

Nach den Debatten des ungariſchen Landtages am 22., 23.,

24. und 27. März 1876.

München.

Theodor Ackermann. 1876.

im Hin. Zr 49 ii, 7IS Rühn 2.1 Lal

I.

Inhalts = Derzeichniß.

Einleitung.

II. Debatte des ungariſchen Unterhauſes.

10.

11. 12. 13.

14.

15.

16.

27.

18. 19. 20. 21.

1 2 3 4. 5. 6 7 8 9

Rede des Abgeordneten Guſtav Kapp (Sachſe) Aladar Makray (Regierungspartei).

N Guido Baußnern (Sachſe) Miniſterpräſidenten Koloman Tisza

Abgeordneten Alex. Bujanovics (Sennyeypartei) .

A, Adolf Zay (Sachſe)

in Karl Fabritius (Regierungspartei) .

. Karl Gebbel (Sachſe)

Unterſtaatsſecretärs Baron Gabriel Kemeny Abgeordneten Emil Trauſchenfels (Sachſe)

+ 0

4 Ignaz Helfy (Aeußerſte Linke) .

Zr Blaſius Orban (Aeußerſte Linke)

Miniſterpräſidenten Koloman Tisza

Abgeordneten Ferdinand Ragaly (Aeußerſte einke)

*

li Eduard Steinacker (Deutfhungar) .

nt Alexander Bereczky (Regierungspartei) P. K. Szathmary (Regierungspartei)

17 . Conſtantin Gurban (Romäne) 5 Friedrich Wächter (Regierungspartei)

Miniſterpräſidenten Koloman Tisza . eee, ... .. .

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III. Debatte des ungariſchen Oberhauſes. 1. Rede des Baron Dionys Eötvös . 2. „„ Nudwig Folder 3. , Nie Day 4 Grafen Johann Schmidegg

1 Anhang.

Geſetzentwurf über den Königsboden .

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Dankadreſſe an die ſächſiſchen Abgeordneten .

Bericht der Verwaltungscommiſſion des Abgeordnetenhauſes

Motivenbericht zum Geſetzentwurf über den 0 >

Seite

177 178 179 183

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Einleitung.

War sint die eide komen? Sie ijt wieder lebendig geworden, die bange Frage Walther's von der Vogelweide, und geht zornigen Muthes von Gau zu Gau, von Stadt zu Stadt eines kleinen deutſchen Volksſtammes, der, von unga— riſchen Königen zur Beſiedelung des Landes und „zum Schutz der Krone“ gerufen, im ſiebenbürgiſchen Karpathen⸗ gürtel aus wüſter Waldeinöde bürgerlicher Gemeinfreiheit und Ordnung eine blühende Heimſtätte geſchaffen hat. Sie iſt lebendig geworden in einem Zeitabſchnitte des ungariſchen Staatslebens, wo eine das Mark der Bevölkerung verzeh— rende wirthſchaftliche Noth, erhöhter Steuerdruck, die Aus— beutung allgemeiner Wohlfahrtszwecke zur Bereicherung Ein— zelner und zur Befriedigung magyariſcher Racenbeſtrebungen, die Mißachtung des Geſetzes, der Größenwahn des im Ge— biete der Stefanskrone herrſchenden Magyarenſtammes die Grundveſten des ungariſchen Staatsweſens, ja der öſter— reichiſchen Monarchie erſchüttert haben und wo einſichtsvolle Patrioten die Stellung Ungarns, gleichwie neulich ein deut— ſcher Schriftſteller, Karl Braun, die Erhaltung der Türkei (ſiehe Preußiſche Jahrbücher, Januar 1876), nur von frem— der, namentlich deutſcher Einwanderung erwarten.

Das durch Geſetze und Verträge geſchirmte Coloniſten— recht der Siebenbürger Sachſen, an der Feſtſtellung und Fortbildung ihrer municipalen Einrichtung und Selbſtver— waltung mitzuwirken, it am 24. März im ungariſchen Ab: geordnetenhauſe und drei Tage darauf in der zweiten Kam— mer, der Magnatentafel, durch die Annahme eines Geſetz— entwurfes vernichtet worden, deſſen Zweck, nach den Worten eines ſächſiſchen Abgeordneten, darauf gerichtet iſt, das Sie— benbürger Sachſenland oder wie die neuen ungariſchen

1

II

Geſetze es mit Vorliebe nennen, „den Königsboden und deſſen einzelne Theile aus der Reihe deſſen, was da iſt und lebt, zu ſtreichen, und das, was aus dieſem Gebiete künftig— hin gemacht werden will, der Regierung und ihrer Majorität zur freien Verfügung zu ſtellen.“ „Und dieſes, die Zer— ſprengung des Königsbodens durch parlamentariſchen Dyna⸗ mit, ſoll nach achtjährigen Tantalusqualen die endgiltige Löſung ſein?“ frug ein andeter ſächſiſcher Abgeordneter in der dreitägigen Debatte des Peſter Unterhauſes über die Zertrümmerung des ſächſiſchen Königsbodens.

Das Verſtändniß dieſer Frage wird durch die gedrängte Darſtellung des ſächſiſchen Municipalrechtes erleichtert, welche in der Form einer Petition an Se. Majeſtät den Kaiſer und König Franz Joſeph und den k. ungarischen Miniſterpräſi⸗ denten Koloman v. Tisza in den erſten Dezembertagen 1875 von einer ſächſiſchen Deputation überreicht wurde.

Das Municipalrecht der ſächſiſchen Nation in Sieben— bürgen heißt es beinahe wörtlich in jener Petition iſt eben ſo alt, wie das Daſein der Sachſen in dieſem Lande, welche vom König Geyſa II. unter der Bedingung bürger— licher Freiheit hineingerufen worden ſind; und nach Jahr— hunderten zählt bereits auch die municipale Einheit der heute noch beſtehenden eilf ſächſiſchen Kreiſe. Beides: ihr Muni- cipalrecht und ihre Municipaleinheit, urſprünglich auf Sou— verainitätsacten der ungariſchen Könige (gemeiniglich Privi— legien genannt) beruhend, hat unter dem im Laufe der Zeit hinzutretenden Schutze auch des Geſetzes eiue reiche Fort— bildung erfahren. Doch wurde das ſächſiſche Municipalrecht und damit auch die Gliederung und Zuſammengehörigkeit der ſächſiſchen Kreiſe von der Landesgeſetzgebung ſtets als eine ausſchließlich zwiſchen der Krone und der geſetzlichen Ver— tretung der ſächſiſchen Nation zu ordnende, innere ſächſiſche Angelegenheit angeſehen und daher auch niemals in ihren Einzelnheiten zum Gegenſtande der Reichsgeſetzgebung ge— macht. Neu bekräftigt wurde das Municipalrecht und damit die Municipaleinheit der ſächſiſchen Nation durch den von der detaillirten Regelung der Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn handelnden 43. Geſetzartikel vom Jahre 1868. Nicht allein wurde durch 8. 11 deſſelben die ſächſiſche Nations» univerſität die Geſammtvertretung des Sachſenlandes in ihrem municipalen Wirkungskreis belaſſen, ſondern über— dies wurde im §. 10 deſſelben die Schaffung eines eigenen

III

Geſetzes verheißen, als deſſen Aufgabe „die Sicherſtellung des autonomen Selbſtverwaltungsrechtes der Stühle, Diſtricte und Städte auf dem Königsboden“, dann die „Organiſirung ihrer Repräſentanz und Feſtſtellung des Rechtskreiſes der ſächſiſchen Nations-Univerſität“ bezeichnet wurde. Dieſes Geſetz ſoll „nach geſcheheuer Einvernehmung der Betreffenden“ geſchaffen werden und die „auf Geſetzen und Verträgen be— ruhenden Rechte“ und „die Gleichberechtigung der auf dieſem Gebiete wohnenden Staatsbürger jeder Nationalität gehörig berückſichtigen und in Einklang bringen“. Dieſe Verheißung iſt von der ungariſchen Geſetzgebung im Jahre 1870 durch §. 88 des 42. Geſetzartikels erneuert worden.

Allein ſtatt der Erfüllung dieſer geſetzlichen Verheißung und der geſetzlich begründeten Forderungen der ſächſiſchen Nation iſt ein ohne die „Einvernehmung“ der ſächſiſchen Nations⸗Univerſität ausgearbeiteter Geſetzentwurf vom kgl. ungariſchen Miniſterium vorgelegt und vom Landtage zu Ofenpeſt angenommen worden ein Geſetzentwurf, welcher nicht die Sicherſtellung der „auf Geſetzen und Verträgen beruhenden Rechte“, ſondern geradezu die Vernichtung des Municipalrechtes und der Municipaleinheit der Siebenbürger Sachſen enthält. Dieſer Geſetzentwurf, der durch die Sanc- tion der Krone mittlerweile auch Geſetzesform erhalten hat, ertheilt der ungariſchen Geſetzgebung eine Generalvollmacht, ohne alle Berückſichtigung der bisher beſtandenen Verhältniſſe und municipalen Verbände eine beliebige, ganz neue Comi⸗ tats⸗(Kreis⸗) Eintheilung zu beſchließen. Die Durchführung dieſer Generalvollmacht iſt auch bereits in einem zweiten Geſetzentwurfe vorbereitet, der, zwar der Oeffentlichkeit noch nicht übergeben, aber in der Form eines „Orientirungspla— nes“ dem vorberathenden Ausſchuſſe des ungariſchen Abge— ordnetenhauſes zur Einſichtnahme vom Miniſter Tisza vor⸗ gelegt, das Sachſenland in Stücke zerreißt und letztere mit magyariſchen und romäniſchen Verwaltungsgebieten zuſam— menkoppelt.

Solches Verfahren des ungariſchen Miniſteriums und Reichstages gegenüber der ſächſiſchen Municipalverfaſſung wird durch das Wort Schirren's (ſiehe deſſen „Livländiſche Antwort“) zutreffend gekennzeichnet: „je weniger der Geiſt begriffen wurde, um ſo lebhafter wuchs die Neigung, an Stelle des Rechtes das Geſetz treten zu laſſen.“ Seit Jahren iſt in der magyariſchen Preſſe und im Reichs—

IV

tage zu Peſt ein wahrer Baldienſt mit der Lehre der parla— mentariſchen Omnipotenz getrieben worden. „Was in dieſer Sekunde noch Geſetz iſt, weil es der Geſetzgebung ſo beliebt, hört in der nächſten Sekunde ſchon auf, Geſetz zu ſein, weil und ſobald es ihr nicht mehr convenirt“, oder wie der Miniſterpräſident Koloman v. Tisza ſich ausdrückte „über der Gewalt des Parlamentes ſteht allein die allgemeine ewige Gerechtigkeit“. Eine ſolche Theorie kennt kein Recht im Staate; es hört auf, ſolches zu ſein, mag es auch durch zweiſeitigen Vertrag oder feierlichen Fürſteneid ſcheinbar ge— feſtigt ſein, und wird nur Gnade von heute und morgen, die von der ſchrankenloſen Gewalt des Parlamentes beliebig ge— duldet und wieder zurückgenommen werden kann. Als Gnade und Bittleihen erſcheint daher ſolcher Lehre auch das auf Verträgen, Staatsgrundgeſetzen und Fürſteneiden beruhende Municipalrecht der Siebenbürger Sachſen. Seibſt von den heiligſten Rechten der bürgerlichen Geſellſchaft macht die parlamentariſche Omnipotenz nicht mehr Halt, und wie nahe, ja nur handbreit entfernt die Barbarei vollſtändiger Rechts⸗ loſigkeit liegt, beweiſen jene Verfügungen, welche in dem die Zertrümmerung des ſächſiſchen Municipalrechtes decretiren— den Geſetze über das vorzugsweiſe der Erhaltung deutſcher ſcher Schulen gewidmete gemeinſame Vermögen der ſächſiſchen Nation getroffen werden.

Dieſelbe Theorie der parlamentariſchen Allgewalt hat den im civiliſirten Europa gemeinverſtändlichen Vegriff des Oberaufſichtsrechtes der Regierung zu einem Mitbeſtimmungs— rechte der Geſetzgebung über ein fremdes Vermögen erwei— tert, indem jenes Geſetz verfügt, zu welchen Zwecken und ſogar zu welchen Gunſten das ſächſiſche Nationalvermögen verwendet werden müſſe. In welchem nichttürkiſchen Staate Europa's wird ferner in einem Geſetze unmittelbar nach den Worten, welche die Heiligkeit des Eigenthums betonen, der ſelbſtverſtändliche Satz ausgeſprochen, daß die Entſcheidung der Eigenthumsfrage den Gerichten vorbehalten bleibe? Muß durch das Ausſprechen eines ſolchen ſelbſtverſtändlichen, daher in der nur auf das Nothwendige ſich beſchränkenden Legis⸗ lation ungewöhnlichen Satzes in Geſetzesform wie dieß im erwähnten Geſetze geſchieht nicht die Beſorgniß des bisher anerkannten Eigenthümers wachgerufen werden, daß jener Satz von prozeßluſtigen Prätendenten als eine legis⸗ latoriſche Aufforderung zur Abſtreitung des Eigenthums und

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vom Richter als eine Beeinflußung ſeines Erkenntniſſes ver— ſtanden oder mißverſtanden werden könnte? Wenn die par— lamentariſche Allgewalt nicht noch einen Schritt weiter ge— gangen iſt, wenn das Vermögen der ſächſiſchen Nation ſeinen Schulwidmungen erhalten bleibt und nicht in die unmittel— bare Verwaltung des „Staates“ übergeht, ſo iſt dies ſicher— lich nur dem hehren Schutze Sr. Majeſtät des Kaiſers und Königs zu verdanken, welcher den haßgierigen Leidenſchaften, die weiter züngeln, Schranken geſetzt. Gewiß wird auch die eventuelle Schonung der ſächſiſchen Territorialgrenzen bei der neuen Zuſammenlegung der Verwaltungsgebiete nur auf den mäßigenden und ſtill wirkenden Einfluß der Krone zu— rückzuführen ſein. Für den durch das zügelloſe Treiben der magyariſchen Preſſe aufgeſtachelten Racenfanatismus bleiben noch immer Angriffspunkte übrig, um auch von den Trüm— mern des Sachſenlandes Schirren's Wort zu erproben: „So lange das Land noch einen Reſt ſeiner abendländiſchen „Cultur behauptet, gibt ſich die herrſchende Race nicht zufrie— „den; ſie duldet keine Sprache, die ſie nicht ſpricht, keinen „Glauben, den Andere glauben, kein Recht, welches Andere „berechtigt. So iſt überall in der Provinz, in der Regierung, „im Reiche: Unruhe, Unbehagen, Feindſchaft. Erſt wenn „das letzte Recht genommen und die Cultur zerſtört iſt, kehrt „Frieden ein.“

„Es iſt“, jagt ebenfalls Schirren, „im hohen Grade lehrreich, den Nationalfanatismus in ſeinem allmäligen Wachsthum zu beobachten. Anfangs tritt er als würdig gehaltene Forder— ung der Gleichberechtigung auf: es iſt ihm nur um Aner— kennung eines Prinzips zu thun. Sobald das Prinzip an— erkannt iſt und nun die Realiſirung beginnt, zeigt es ſich, daß keine Gleichberechtigung von gleich und gleich gemeint ſein kann, da die herrſchende Race doch gleichberech— tigt iſt, nur wenn ſie mehr Recht hat, als die beherrſchte. Das Verhältniß wird nun, ſei es nach Kopfzahl, ſei es nach irgend einer politiſchen Arithmetik, ſei es einfach nach der Laune der Stärkern bemeſſen und die Bedrückung hebt an. Sobald ſie einen gewiſſen Höhepunkt erreicht, geht jede Be— rechnung verloren und die Aktion wird leidenſchaftlich, regel— los, toll. Es iſt das zweite Stadium des Eidbruches Die Idee iſt vom Nationalhaß überwuchert und dieſer kulminirt. In dieſer Phaſe nun tritt, allmälig vorbereitet, auch die offizielle Lüge in die vorderſte Aktion.“ Auch den Sieben—

VI

bürger Sachſen gegenüber hat die offizielle Lüge in der magyariſchen Preſſe, ſowie im Reichstage Alles gethan, was zu thun nur möglich war. Das ſächſiſche Bürger- und Bauern: volk wird von ihr in der lächerlichen Geſtalt eines Don Quixotte vorgeführt, mit verroſtetem Schild und Speer, „um die Ueberreſte des Feudalweſens“ kämpfend, und mit allen abſchreckenden Attributen finſtern Mittelalters verſehen. Na— türlich ſteht dann auf der andern Seite der ungariſche Staat mit der glänzenden Rüſtung der Neuzeit angethan, der ſelbſt— verſtändlich dieſer Schluß liegt ja bei jener Gegenüber— ſtellung auf der Hand ein Recht hat, über die mittel⸗ alterliche Ruine zur Tagesordnung zu ſchreiten. Auch von Jenen, welche im Landtage zu Ofenpeſt der Zertrümmerung des Sachſenlandes das Wort redeten, iſt mit vornehmer Geringſchätzung das Todesurtheil über deu ſächſiſchen Gau- verband 1 . worden, weil derſelbe in das Mittelalter zurückreicht, wie denn überhaupt der für alle Halbgebildeten abſchreckende Klang des Mittelalters als Rechtfertigung und Deckmantel für die verſchiedenartigſten, oft mehr als mittel— alterlichen Beſtrebungen und Maßregeln herhalten muß. Ein ſolch ungenirter Cultus wird mit der Abſchreckungsphraſe des Mittelalters getrieben, als ob es überhaupt in Europa eine geſellſchaftliche oder politiſche Schöpfung, ja eine Staaten⸗ bildung gäbe, die nicht aus dem Mittelalter hervorgewachſen wäre und die jenem Schlagworte zufolge ſchon deß⸗ halb das Recht der Exiſtenz verwirkt haben müßte, weil ſie nicht in einem Wiener oder Peſter 27 Kreuzerbazar das Licht der Welt erblickt hat! Die geſchichtliche Thatſache läßt ſich nicht abſtreiten, daß die Gemeindefreiheit und der Gauver— band der Siebenbürger Sachſen in das Mittelalter zurück— reichen und ſchon zu einer Zeit beſtanden haben, in der, rings um den freien Sachſenboden und die übrigen deutſchen Sie— delungen in Ungarn, nur Herren und Knechte wohnten und in welcher trotzdem die viel verleumdete ſächſiſche Nations: univerſität ſich ſelbſt ein erhebendes Denkmal in dem am 10. Dezember 1613 gefaßten Beſchluſſe ſetzen konnte: „Quia „virtus nobilitat hominem und Freiheit macht dem Men: „ſchen Adel, pflegt man zu jagen. Weilen aber nicht ſchöner „Freiheiten ſein können, quam libertas hominum, und die „Sachſen wegen berſelbigen rechte Edelleute ſein, wenn ſie der „Edelſchaft recht gebrauchen wollen: ſollen derowegen alle „diejenigen, ſo ihnen nicht damit genügen laſſen, ſondern

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„praerogatura nobilitari leben (adelige Vorrechte haben) „wollen, zu keinem Ehrenamt adhibirt werden.“ (S. Schlözer: Kritiſche Sammlungen zur Geſchichte der Deutſchen in Sie— benbürgen. S. 109. Göttingen 1795.)

Das Municipalrecht der Siebenbürger Sachſen ſtammt aus dem Mittelalter und iſt was der größte, wenn auch nicht offen eingeſtandene Vorwurf in Ungarn iſt deut⸗ ſches Recht. Vertragsmäßig angeſiedelt, bedangen ſie ſich das Recht nationalen Beſtandes auch im Staate aus, gleich den übrigen deutſchen Siedelungen in Ungarn, zu deren Gunſten ungariſche Könige wiederholt und ausdrücklich das „deutſche Recht“ als allein maßgebend anerkannt haben, wie ſchon König Stefan V. den Zipſer Sachſen 1271 erklärte: weil ſie „im Recht der Adeligen ſich nicht heimiſch finden könnten, ſo ſollten ſie ihres eigenen Rechtes und Geſetzes ſich bedienen“. Unter dem Schutze dieſes deutſchen Rechtes haben ſich im Mittelalter die zahlreichen deutſchen Bürgergemeinden erhoben und ſind von Preßburg bis an den Rothenthurm und die Törzburg die Städte mit ihren hohen Domen, Schulen. ihrem Gewerbe und Handel gegründet worden, um welche ſich faſt in allen Comitaten Ungarns und im Norden und Süden Siebenbürgens in breiten Strichen- die grünenden Sprach- und Enlturinfeln der Deutſchen lagerten. So lange ſie nach ihrem eigenen bürgerlichen Rechte auf dem Boden leben konnten, welchen die Herrſcherpflicht einſichtvoller Könige ihnen bereitet, ſo lange noch ungariſche Geſetze, wie im Jahre 1603, von einer „deutſchen Nation“ in Ungarn ſprachen, ſo lange konnten ſie für den Staat jene heilſamen Kräfte un— geſchwächt entfalten, die in dem Bürgerthum ruhen, welches in Ungarn nicht im „Genius“ der magyariſchen Race wur— zelt, ſondern eingewandert iſt und zwar weſentlich aus Deutſchland. Seit es anders geworden, ſeit die bürgerlichen, bäuerlichen und adeligen Intereſſen über Einen Leiſten, und zwar über den des magyariſchen Adels geſchlagen werden, zerfließt auch das Bürgerthum Ungarns in eine immer halt— loſere Maſſe, wird der goldene Boden bürgerlicher Arbeit von dem Diſtelgewächs ſchmarotzenden Faullenzerthums und ſchuldenmachender Prunkſucht überwuchert und iſt der letzte Widerſtand gegen jene unheilvolle Richtung magyariſcher Staatspolitik beſeitigt, welche binnen wenigen Jahren mate⸗ riell zu einer furchtbaren Entwerthung der Güter und mo⸗ raliſch zu einer ebenſo entſetzlichen Verſumpfung der Geiſter

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geführt hat. Nun ſoll auch die letzte deutſche Sprach- und Culturinſel, das Siebenbürger Sachſenland, das bis in die Gegenwart ſtaatsrechtlich anerkannt und eigenberechtigt ge— weſen, ſein Jahrhunderte altes Eigenleben verlieren und ſollen ſeine Glieder als vereinzelte Atome in das gewaltig wogende Meer haßgieriger Völkerleidenſchaft hinausgeſchleu— dert werden, in welchem die übrigen deutſchen Volksinſeln bereits untergegangen ſind oder mit dem Untergange noch ringen. Ja wohl, das ſächſiſche Municipalrecht ſtammt aus dem Mittelalter, aber es iſt, ſeinem Inhalte nach, nicht mittelalterlich, weder in dem Sinne, daß es Machtbefugniſſe, welche die Lehre des modernen Staatsrechts der Centralge— walt des Staates beilegt, für ſich in Anſpruch nimmt, noch in dem andern Sinne, als ob die in ſeinem Geltungsgebiete wohnenden Bürger in ſtaats- oder privatrechtlicher Beziehung unter einander nicht gleichberechtigt oder gegenüber dem Bürger der anderen Landesgebiete bevorrechtet ſeien. |

Was das Erſtere anbelangt, gelten auch im Gebiete des Sachſenlandes oder Königsbodens die Geſetze des ungariſchen Staates und werden hier nach dem Zeugniß von Gegnern der ſächſiſchen Eigenberechtigung genauer und pünktlicher durchgeführt, als in den anderen Landestheilen. Die Summe jener Rechte, welche das Sachſenland für ſich in Anſpruch nimmt, wird in ſolchen Selbſtverwaltungsbefugniſſen erſchöpft, die ſchon begrifflich keine ſtaatlichen Agenden aufſaugen und die auch den magyariſchen Komitaten (Kreiſen) eingeräumt find. Der Unterſchied zwiſchen den magyariſchen Komitaten und dem Sachſenlande bezüglich dieſer Selbſtverwaltungs— rechte beſteht nur in der Vertheilung derſelben. Während der magyariſche Komitat, getreu ſeinem hiſtoriſchen Cha rakter, eine ariſtokratiſche Vertheilung vornimmt, während das von der Legislative im Jahre 1870 für ihn geſchaffene Muni⸗ cipalgeſetz den municipalen Vertretungskörper im Komitate nur zur Hälfte aus der Volkswahl hervorgehen läßt, die andere Hälfte dagegen aus den ſogenannten Viriliſten (den höchſten Steuerträgern) bildet, während es dort die oberſte Magiſtratsgewalt in die Hände einer einzigen Perſon, des Vicegeſpans, legt und ſomit eine Dictatur im Municipium ſchafft, welche nach den Worten eines hervorragenden Magyaren, Anton Cſengery nur in der Machtvollkom— menheit des türkiſchen Paſchas ihres Gleichen findet, indem ſelbſt das centraliſirte Frankreich dem Präfecten den Prä—

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fecturrath an die Seite geſetzt hat, iſt die Vertheilung der Selbſtverwaltungsrechte im Sachſenlande dem demokratiſchen Zuge gefolgt, welche die Entwicklung des Sachſenvolkes von jeher auszeichnet. Da iſt die oberſte Magiſtratsgewalt col— legialen Aemtern anvertraut, die aus fachmänniſch gebildeten, auf Lebensdauer gewählten und verantwortlichen Organen beſtehen im Gegenſatz zu den Komitatsbeamten, die durch raſch wechſelnde Neuwahlen und ohne ausreichende Rückſicht auf fachmänniſche Bildung beſtellt werden, da iſt Vertretung und Verwaltung ſtrenge geſondert, da beſteht die freie Ge— meinde in ihren Abſtufungen als Orts-, Kreis- und Ge— ſammtgemeinde, während auf dem maagyariſchen Komitats— boden nicht allein das Mittelglied, die Kreis- oder Bezirks— gemeinde, vollſtändig fehlt, ſondern auch die Autonomie der Ortsgemeinde ſich ſchlechterdings nicht hat entwickeln können.

Dieſer Organismus ſächſiſcher Selbſtverwaltung, welcher auf geſunden Grundſätzen aufgebaut iſt und trotz aller Aus— wüchſe, die man ihm von Oben her durch geſetzwidrige Oktroirungen künſtlich angeheftet, und trotz der gewaltſamen und ſyſtematiſchen Hemmung ſeiner Entwicklung ſich bewährt hat dieſer Organismus fol alſo die von der offiziellen Lüge erfundene Rumpelkammer des Mittelalters ſein und das Schickſal verdienen, dem verkümmerten Komitatsgebilde, das nicht einmal die Grundbedingung des Selfgouvernements, die freie Gemeinde, kennt, zu weichen? Die beſſern Früchte der ſächſiſchen Selbſtverwaltung, die anerkanntermaßen beſſern Zuſtände der öffentlichen Sicherheit und Sittlichkeit, des Un— terrichts, der Steuerverwaltung und der Straßen auf dem Königsboden ſollen im Intereſſe der Neuzeit nicht zur Ver— edlung, ſondern zur Vernichtung an die verrufene Komitats— wirthſchaft ausgeliefert werden, deren Zuſtände ein magya— riſcher Staatsmann, Baron Paul Sennyey, als „aſiatiſche“ gegeißelt hat und deren Element von einem magyariſchen Publiziſten, Aurel Kecskemethy, als „eine Rotte lärmender Bauernlümmel, adeliges Betyaren- und Junkerthum, zu— . Brodneid mit Demagogie“ geſchildert wurde?

Die höhere Entwicklung des ſächſiſchen Municipallebens iſt aber ſein Unglück. Das ſei eben ſagen die „Rufer im Streite“ gegen ſächſiſches Weſen der „Staat im Staate“, die Ausnahmeſtellung der Sachſen, und weil die Zuſtände „hinter den chineſiſchen Mauern der ſächſiſchen Excluſivität“

X

ſich gedeihlicher entwickelt haben, müſſen die Mauern nieder⸗ geriſſen werden und ſollen die Sachſen die geſunden Samen— körner ihrer Selbſtverwaltung in den ihnen geöffneten Ko— mitatsſaal hineintragen! echoete weiter die offizielle Lüge zu— rück! Wie? die Sachſen ſollen die Selbſtverwaltung aus den bewährten Formen, die nun zerſchlagen werden, in Einrichtungen einbürgern, in welchen ſie erfahrungsgemäß ſchlechtweg nicht Wurzel ſchlagen kann? Sie ſollen von der Stellung, zu welcher ſie ſich durch die ehrliche Arbeit der Jahrhunderte emporgerungen haben, herabſteigen, weil die Andern zu ihr nicht hinaufſteigen wollen? Sie ſind excluſiv, weil das Land ohne ihre Schuld zurückgeblieben iſt und ihnen nicht nacheifern will? Wie ſagt doch Schirren in ſeiner livländiſchen Antwort an den Ruſſen Juri Sama— rin? „Einige Privilegien haben wir geopfert; den Reſt ver— „theidigen wir, wenn es nicht anders ſein ſoll, auch ferner „mit dem Muthe der Verzweiflung gegen die Freiheit in der „Ohnmacht, gegen die Brüderlichkeit in der Gemeinheit, gegen „die Gleichheit in der Knechtſchaft, welche Sie, im Namen „des ruſſiſchen Volkes, ſeiner providentiellen Miſſion gemäß, „allen Grenzſtämmen des Reiches zu verkünden kommen. „Inſoferne unſere Sonderintereſſen, Landesrechte und natio— „nalen Vorurtheile in dem Boden abendländiſcher Cultur „wurzeln, hätten wir dem großen Vaterlande unſere Cultur „zu opfern! Ich übergehe hier die Frage, was damit dem „großen Vaterlande genützt wäre.. ich bezeichne, was „Sie fordern, in Kürze als Ruſſifizirung.“

Ebenſo nichtig, haltlos und erlogen iſt auch die Behaup— tung, daß die Sachſen den andern Volksſtämmen des Stefan— reiches gegenüber „privilegirt“ ſeien. Die auf dem Königs— boden beſtehenden Staatsanſtalten: Poſt-, Telegraphen⸗-, Steuer-, Finanz-⸗Aemter und Gerichte find vollſtändig ma- gyariſirt; die Eiſenbahnen desgleichen; die aus den Steuer— groſchen aller Landesbürger von denen zwei Drittheile nicht Magyaren find errichteten Staatsſchulen find aus- ſchließlich magyariſch. Die Sachſen genießen mit allen übrigen Nichtmagyaren die Rechte oder ſagen wir richtiger die Gnade, welche ihnen die herrſchende Race einräumt. Sie ſind mit einem Worte mit allen nichtmagyariſchen Söhnen dieſes Landes gleich ungleich berechtigt. Dagegen iſt überall dort, wo die Sachſen ihren Einfluß geltend machen konnten, der Gleichberechtigung Rechnung getragen. In den ſächſiſchen

XI Ortscommunitäten, in den Kreisverſammlungen und in der ſächſiſchen Nationsuniverſität können oder richtiger konn⸗ ten, denn dies ſoll nun anders werden die romäniſchen und magyariſchen Minoritäten frei und ungehindert in ihrer Mutterſprache an den Verhandlungen theilnehmen. Die deutſchen Schulen des Sachſenlandes ſtehen allen Bewohnern ohne Unterſchied der Nationalität und des Glaubensbekennt— niſſes offen und aus dem ſächſiſchen Nationalvermögen, deſſen Einkünfte zur Erhaltung der deutſchen Schulen dienen, er— halten auch das romäniſche Gymnaſium in Kronſtadt und das mag yariſche in Broos eine bedeutende Jahresſub— vention. Die auf dem Königsboden beſtehende Gemeinde— autonomie kommt Romänen und Magyaren in gleicher Weiſe, wie den Sachſen, zu ſtatten; romäniſche und magyariſche Gemeinden verwalten hier ſich ſelbſt, und in mehreren (2—3) Kreisvertretungen erfreuen die Romänen ſich der Majorität, welche die ſächſiſchen Minoritäten oft herb empfinden müſſen. Unter gleichen Bedingungen ſind den Sachſen, Romänen und Magyaren alle ſächſiſchen Municipal: und Gemeinde: ämter zugänglich, Dennoch iſt die offizielle Lüge ſchamlos genug geweſen, um von einer Bedrückung der nichtſächſiſchen Bewohner des Königsbodens durch die Sachſen zu fabeln. Als Bedrückung wird von ihr die Thatſache ausgeſchrieen, daß die Sachſen vermöge ihrer, zum Theil in ihrer hiſtori— ſchen Vergangenheit wurzelnden geiſtigen und wirthſchaft— lichen Ueberlegenheit unter gleichen Bedingungen dennoch das Uebergewicht auf dem Sachſenboden behauptet haben. Das wird nun in den neuen ungarischen Komitaten, welche aus den Trümmern des Sachſenlandes gebildet werden ſollen, ganz anders werden: da wird die wahre Gleichberechtigung erblühen, die in der magyariſchen Verwaltungspraxis ſo verſtanden wird, daß nur die Staatsſprache d. h. das magya— riſche Idiom in den Vertretungskörpern ungariſcher Komitate, in den Communitäten, Komitatsverſammlungen und bei allen Municipalämtern berechtigt und zuläſſig ſei. Selbſtverſtänd— lich gilt dies auch von dem neuen, ſogenannten Verwaltungs— ausſchuſſe, jener, dem Komitate aufgepfropften Original- ſchöpfung des Miniſters Tisza, in welchem die Staatsorgane: der Poſt- und Telegraphendirektor, Staatsanwalt, Steuer— und Schulinſpektor Sitz und Stimme haben und die Muni⸗ cipalverwaltung in aller Details derſelben, als da find: Schot— terlieferungen, Straſſenpflaſterungen u. ſ. w. controlliren ſollen.

XII

Welches ſind denn die vielverrufenen Privilegien, mit welchen die Sachſen einen unerlaubten Cultus treiben ſollen? Es iſt doch kein ſächſiſches Privilegum jene Beſtimmung des Wahlgeſetzes, die der ungariſche Reichstag im Jahre 1874 neu bekräftigt hat, und die einen kleinen, aber bevor: zugten Theil der ungariſchen Bevölkerung nämlich den magyariſchen Bundſchuhadel ohne Rückſicht auf den von den übrigen Staatsbürgern geforderten Steuercenſus ein perſönliches Reichstagwählerrecht verleiht? Es iſt kein ſäch— ſiſches Privilegium, denn die Sachſen ſind keine Adeligen, denen allein jenes Gefeß *) zu gute kommt, ſo daß bei den Reichstagswahlen im Jahre 1872 in Siebenbürgen 65 Per— zent der Reichstagwähler, alſo mehr als die Hälfte, auf Grund des Adelsbriefes berechtigt waren. Es iſt ferner auch fein ſächſiſches Privilegium, wenn die zweite Kammer der ungariſchen Geſetzgebung, die Magnatentafel, aus magyari— ſchen Magnaten, römiſch⸗katholiſchen und einigen griechiſchen Biſchöfen und Obergeſpänen beſteht und die ſächſiſche Nation darin gar nicht vertreten iſt. Deßhalb ſind doch nicht die Sachſen privilegirt oder mittelalterlich, weil der ungariſche Reichstag, Ober- und Unterhaus, auf überwiegend feudaler Grundlage, dem Adelspergament, der Magnatenitellung. dem Biſchofſitz und dem Obergeſpannsamt, beruht. Die Sachſen ſind doch deßhalb keine Feinde des Fortſchrittes, weil ſie nicht den modernen Schlagwörtern wohl aber deren feu— dalen Herolden mißtrauen, die auch nur, weil ſie die Gewalt haben, der Theorie der parlamentariſchen Allgewalt huldigen. Die ausſchließliche Herrſchaft der magyariſchen Sprache in der Geſetzgebung und allen Staatsämtern iſt endlich ebenfalls kein ſächſiſches, ſondern ein Privilegium der magyariſchen Race, welche dadurch ihren eigenen Genoſſen Aemter und

*) Der §. 2 des 33. Geſetzartikels vom Jahre 1874 lautet in deutſcher Ueberſetzung: „Ein Wahlrecht kann auf die vor 1848 beſtan— denen Privilegien künftighin nicht baſirt werden; diejenigen aber, die im Sinne des G. A. 1848. V. und des ſiebenbürgiſchen G. A. 1848 II. auf Grund der alten Berechtigung in eine der von 1848 bis 1872 an— gefertigten Reichstagwählerliſten aufgenommen wurden, werden in der Ausübung des Wahlrechtes für ihre eigene Perſon belaſſen.“ Die Tex— tirung dieſer Geſetzesbeſtimmung, welche im Vorderſatze die Privilegien aufhebt, im Nachſatze aber das im Jahre 1848 verliehene Wahlprivi— legium aufrechterhält und ſogar verlängert, iſt charakteriſtiſch.

XIII

Würden ſichert und eine Prämie für das aus den andern Stämmen ſich rekrutirende Renegatenthum ausſtellt.

Das einzige Recht der ſächſiſchen Nation, welches man mit dem Scheine einer poſitiven Grundlage, ein Privilegium nennen könnte, das Recht: durch ihre Vertretung an der Feſtſtellung und Entwicklung ihrer municipalen Einrichtungen mitzuwirken, iſt kein Privilegium weder ſeinem Inhalte nach, wie oben gezeigt wurde, noch ſeiner Form nach, indem es wohl in ſeinem Ausgangspunkte, gleich den meiſten Verfaſ— ſungen, auf Souverainetätsakten der Könige, auf Verträgen zwiſchen Volk und Krone, in ſeiner heutigen Geſtalt aber auf einem Verfaſſungsgeſetze des ungariſchen Staates vom Jahre 1868 beruht. Es iſt mit einem Worte ein verfaj- ſungsgemäß ſichergeſtelltes Partikularrecht, das ſchon begrifflich mit Privilegium nicht verwechſelt werden darf und deſſen brutale Vernichtung „geſunde und fruchtbare Theile des Volkslebeus verletzt“ (Bluntſchli: Allgemeines Staats— recht I. 226), hier aber noch einen eklatanten Verfaſſungs— bruch enthält.

Dieſes Recht iſt von der parlamentariſchen Allgewalt weggefegt worden, nicht weil es ein Privilegium iſt, ſondern weil es ihr nicht gefiel. Nicht einmal das ſogenannte „Staats- nothrecht“ kann den Machthabern zur Rechtfertigung dienen, da die ſächſiſche Nationsuniverſität ſich immer bereit gezeigt hat, den Bedürfntſſen des Staatslebens und ſeiner Entwid- lung Rechnung zu tragen. Sie hätte es auch jenen, jetzt ſo ſehr in den Vordergrund geſchobenen Territorialreformen gegenüber gethan, aber, als ſie dazu reden wollte, hat das Machtwort des Miniſters ihr das Reden verboten und die Mundſperre angelegt. Der Miniſter verbot es, obwohl das Geſetz ihm ausdrücklich die „Anhörung der Betreffenden“ zur Pflicht machte.“)

*) Gegen dieſes mit den Geſetzen in flagrantem Widerſpruche ſtehende Verbot der ungariſchen Regierung legten ſämmtliche deutſche (35) Mitglieder der letzten ſächſiſchen Nationsuniverſität feierliche Ver— wahrung ein, indem ſie dem Protokolle die Erklärung einverleibten: „1) daß der auf Geſetzen und Verträgen beruhende, die Verhandlung

auch über das geſammte Municipalrecht des Sachſenlandes unan—

fechtbar gewährleiſtende Wirkungskreis der ſächſiſchen Nationsuni— verſität durch Verordnungen der Vollzugsgewalt rechtlich keine Ein— ſchränkung oder Schmälerung erleiden könne;

1

XIV

Zur Illuſtrirung dieſes Verfahrens mag nebenbei auf die jüngſt ſtattgefundene Verhandlung des preußiſchen Ab— geordnetenhauſes über die Einverleibung des Herzogthums Lauenburg in den preußiſchen Staat hingewieſen werden. Dieſes Ländchen iſt ungefähr 20 Quadratmeilen groß und zählt 49,000 Einwohner, während auf den 148˙73 Quadrat- meilen des Siebenbürger Sachſenlandes nach der amtlichen Volkszählung von 1870 im Ganzen 381,628 Seelen wohnen. Dem zwiſchen Lauenburg und dem preußiſchen Staate ge— ſchloſſenen und vom preußiſchen Landtage genehmigten Ver— trage gemäß „bildet der lauenburgiſche Landescommunalver— „band in ſeiner gegenwärtigen Begrenzung und unter Bei— „behaltung ſeiner bisherigen Benennung einen beſonderen „kreisſtändiſchen Verband mit den Rechten einer Corporation „und wird als ſolcher bis auf weiteres von der Ritter- und „Landſchaft des Herzogthums Lauenburg in ihrer disherigen „Zuſammenſetzung vertreten ... Außerdem iſt die Ritter— „und Landſchaft berufen, über die Einführung, Abänderung „oder Aufhebung von Geſetzen, welche den Kreis ausſchließ— „lich betreffen, ihr Gutachten abzugeben, ſowie im beſonderen „Intereſſe des Kreiſes Bitten und Beſchwerden an die Staats— „regierung zu richten.“ In der Debatte des preußiſchen Abgeordnetenhauſes vom 3. April d. J. bemerkte Fürſt Bis⸗ marck unter Anderm: „Dieſe (lauenburgiſchen) Stände ſind ſehr klein und ſehr unbedeutend im Vergleich zu dem großen preußiſchen Landtage, aber ihr Recht zum Mitreden, in ſo

„2) daß die Regelung des Königsbodens zu ihrer Geſetzlichkeit auch der Mitwirkung der ſächſiſchen Nationsuniverſität bedürfe; daß die Zerreiſſung des Sachſenlandes den auf Geſetzen und Verträgen beruhenden Rechten deſſelben widerſpreche; daß jede geſetzliche Re— gelung des Königsbodens deſſen auf Geſetzen und Verträgen be— ruhenden Rechte und insbeſondere den XIII. ſiebenbürgiſchen Ge— ſetzartikel vom Jahre 1791, im Sinne des XLIII. Geſetzartikels vom Jahre 1868 §§. 10 u. 11, gehörig berückſichtigen müſſe;

„3) daß nach der Ueberzeugung der Unterfertigten die ſächſiſche Nations— univerſität jederzeit wie bisher bereit ſein werde, allen billigen Forderungen ſtaatlicher Fortentwicklung im Geiſte conſtitutioneller Freiheit und bürgerlicher Rechtsgleichheit nach ihren Kräften und in ihrem geſetzlichen Wirkungskreiſe Rechnung zu tragen.“

Hermannſtadt, 15. December 1875. (Folgen die Unterſchriften.)

XV

weit es erforderlich iſt, um dem ganzen Abkommen ſeine geſetzliche Sanktion zu geben, darf die königliche Regierung ihnen doch nicht verwehren. Jetzt pactirt Lauenburg noch mit Preußen, und warum das unwürdig ſein ſollte, das kann ich, ſo klein das Herzogthum iſt, nicht einſehen.“

Ein Verbrechen ſoll es nun ſein, wenn die Siebenbürger Sachſen ihres, nur vor acht Jahren garantirten Rechtes ſich erinnern, ja wenn die troſtloſen Zuſtände des Landes ſie daran erinnern müſſen, daß ihre Väter auf Grund feſter Verträge in's Land gekommen ſind, die ihnen nationale Eigenart und Selbſtverwaltung verbürgen? Ein Vorwurf ſoll es ſein, daß ſie an einem hiſtoriſchen Rechte hängen, nachdem ſie täglich ſehen können, wie die herrſchende Race mit dem natürlichen Rechte in Ungarn verfährt? Die zwei Millionen Deutſchen in Ungarn 12 Perzent der geſamm— ten Bevölkerung des Landes, während die Magyaren höch— ſtens 33 Perzent bilden repräſentiren auch heute nach allen Richtungen des ſtaatlichen Lebens hochbedeutſame, ihre Zahl weit überſteigende Werthe. Dies hat auch die Wiener Weltausſtellung des Jahres 1873 dargethan, indem von 1956 Auszeichnungen, welche das internationale Preisgericht an Ungarn vertheilte, 1044 allein auf deutſche, dagegen nur 611 auf magyariſche und magyariſirte, und 301 auf anderen Nationalitäten angehörige Ausſteller entfielen. Die Deutſch— ungarn überragen die geſammte, achtmal ſo ſtarke Bevölker— ung Ungarns in den wichtigſten induſtriellen Gruppen, im Berg⸗ und Hüttenweſen, in der chemiſchen Induſtrie, in der induſtriellen Erzeugung von Nahrungs- und Genußmitteln, in der Textil⸗ und Bekleidungs-, in der Metall-, Leder- und Kautſchuck⸗, Halte Kurzwaaren- und Papierinduſtrie, in den graphiſchen Künſten und dem gewerblichen Zeichnen, im Maſchinen⸗, Bau⸗ und Civilingenieurweſen und in der Er— zeugung wiſſenſchaftlicher und muſikaliſcher Inſtrumente. Sie ſind von jeher Ungarns Culturträger und Vermittler im Landbau, Gewerbe, Handel, in Schule und Wiſſenſchaft geweſen. Und dennoch kann der Deutſche in Ungarn dort, wo ihm nur das natürliche, aber kein hiſtoriſches Recht zur Seite ſteht, ſich ſeiner Mutterſprache nur am Herdfeuer des eigenen Hauſes erfreuen, dagegen weder im Staate noch im Municipium. Ja ſogar in der ſtädtiſchen Gemeindevertretung des überwiegend deutſchen und von Deutſchen gegründeten Ofen⸗Peſt iſt der deutſche Laut verpönt. Der gegenwärtige

XVI

Bürgermeiſter der ungariſchen Hauptſtadt, Karl Kammer— maier, zog einen armen Beamten zu ſchwerer Strafe, weil dieſer die Todſünde einer deutſchen Kundmachung auf ſich geladen hatte. Bei der letzten Ueberſchwemmung in Ofen- Peſt wurde der von einem Mitgliede der dortigen Hoch— waſſercommiſſion geſtellte Antrag verworfen, die Maueran— ſchläge, welche die Bevölkerung von dem Nahen der Waſſer— gefahr verſtändigen und warnen ſollten, in magyariſcher und deutſcher Sprache zu veröffentlichen, ja ſogar die Bitte wurde abgelehnt, unter den amtlich unterzeichneten, magyariſchen Verlautbarungen einfach eine deutſche Ueberſetzung ohne irgend welche behördliche Signirung anzubringen. So konnte ein ſächſiſcher Abgeordneter in der Sitzung des ungariſchen Ab— geordnetenhauſes vom 18. März conſtatiren, daß er, obwohl „theils in der Hauptſtadt, theils in unmittelbarer Umgebung derſelben über 300,000 deutſch-ungariſche Staatsbürger in nächſter Nähe bei einander wohnen,“ vergebens eine ſolche Schule geſucht habe, wo ſeine Kinder „nicht etwa die Vor— bereitung zu den akademiſchen Studien, ſondern nur die erſten Elemente der Wiſſenſchaft in ihrer Mutterſprache 1 i. in einer deutſchſprachigen Volksſchule ſich eigen machen önnten.“

In dreitägiger Redeſchlacht haben ſich die ſächſiſchen Abgeordneten auf dem ungariſchen Landtage gegen eine zwanzigfache Uebermacht gewehrt, um Ungarn vor dem Mackel eines Rechtsbruches zu bewahren. Sie ſind unterlegen. Sie mußten zu dem Schaden auch den Schimpf einer rohen Majorität und deren zügelloſen Preſſe erdulden. Ohne Er— röthen erklärten ihnen dieſe: die bindenden Zuſagen der ge— ſetzgebenden Körper Ungarns und Siebenbürgens und ihrer hervorragenden Mitglieder über die Aufrechthaltung des ſächſiſchen Municipalrechtes enthielten nicht die Garantie deſſelben, die bisher alle Welt unwiderſprochen darunter verſtanden hatte. Warum hätten es die Blinden nicht ge— ſehen? Ferner wurden nicht blos die einſtudirten Fabeln von ſächſiſcher Tyrannei und mittelalterlicher Don-Quixotterie den Sachſen von dem Hohne der Uebermacht entgegen ge— halten, ein vom Judenthum zum Magyarenthum über⸗ getretener Renegat (Ignaz Helfy, vormals Heller) ſtritt den Sachſen ſogar die deutſche Sprache, in welcher ſie ſchreiben, öffentlich verkehren und literariſch thätig ſind, die Sprache Luther's, Leſſing's, Göthe's und Schiller's mit cijerner

XVII

Stirne ab*) ſondern auch die Wahrheit ihrer Ueberzeug⸗ ung wurde geſchmäht. Weil der magyariſchen Majorität und deren journaliſtiſchen Helfershelfern die Rechte der Sachſen nicht heilig waren, durften ſie auch dieſen letzteren und ins⸗ beſondere den ſächſiſchen Abgeordneten nicht heilig ſein. Man begriff oder wollte nicht begreifen, daß ein Volk, deſſen heiligſte Rechte auf dem Spiele ſtehen, aufrichtigen Schmerz empfinden könne; denn, wenn man den Schmerz zugab, hätte man auch das Unrecht eingeſtehen müſſen, und in keinem Falle von der Beglückung der Sachſen durch die neuen „Reformen“ fabeln können; ſinnlos wäre dann auch die Poſſe geweſen, daß zwei Ueberläufer im Abgeordneten⸗ hauſe ſich angeblich im Namen der Sachſen für die Wohl: thaten des Rechtsbruches bedankten. Dafür mußte denn der „Peſter Lloyd“, welcher ſich rühmt, „die publiciſtiſchen Be— ziehungen Ungarns zum Auslande zu vermitteln“, die Frech— heit in die Welt hinauspoſaunen, daß die Sachſen „von Amts wegen“ betrübt ſeien. Daher mußte dieſes deutſch geſchriebene Blatt, welches ſich ſeine Protektion dadurch er— kauft, daß es mit friſch geſchliffenem Huſarenſäbel auf jedes Recht der Deutſchen in Ungarn losſtürmt, wieder den Hel— denmantel umhängen und ſein illuſtres Mitleid mit dem

) Die Fabel Helfy's wird ſchon durch die jährlichen Publikationen des um das wiſſenſchaftliche Leben in Siebenbürgen hochverdienten, leider nur von Sachſen gebildeten „Vereines für ſiebenbürgiſche Landeskunde“, ſowie durch die deutſchen Schulprogramme der ſächſiſchen Mittelſchulen Lügen geſtraft. Erwähnung mögen hier noch finden: G. D. Teutſch: „Geſchichte der deutſchen Siebenbürger Sachſen für das ſächſiſche Volk.“ 2 Bde. 2. Aufl. (Leipzig 1874. Verlag von S. Hirzel); Friedr. Schuler von Libloy: „Siebenbürgiſche Rechtsgeſchichte.“ 3 Bde. (Zweite Auflage. Hermannſtadt 1867. Verlag der Cloſius'ſchen Erbin); Schlötzer: „Kri— tiſche Sammlungen zur Geſchichte der Deutſchen in Siebenbürgen.“ (Göt— tingen 1795 im Vanderhoek-Ruprecht'ſchen Verlage); Ferd. v. Ziegl— auer: „Hartenek, Graf der ſächſiſchen Nation, und die ſiebenbürgiſchen Parteikämpfe feiner Zeit (1691 1703).“ (Zweite Ausgabe. Her: mannſtadt 1872. Verlag von Theodor Steinhaußen); Eugen v. Frie⸗ denfels: „Joſef Bedeus von Scharberg. Beiträge zur Zeitgeſchichte Siebenbürgens im 19. Jahrhundert.“ (Wien 1876. Verlag von Wilhelm Braumüller); Charles Boner: „Siebenbürgen. Land und Leute.“ (Leipzig 1868. Verlag von Joh. Weber); Franz v. Löher: „Die Magyaren und andern Ungarn.“ (Leipzig 1874. Verlag von Fues (R. Reisland).

2

XVIII

kindiſchen Unverſtande der Sachſen zur Schau tragen. Daher mußten die ſächſiſchen Abgeordneten in demſelben Momente, in welchem der Treubruch ihre Bruſt erſchütterte, als Ko— mödianten dargeſtellt werden, die auf der Bühne ſterben, aber, ſobald der Vorhang gefallen und das Publikum tra⸗ giſch gerührt iſt, heil und geſund wieder aufſtehen.

Die Lüge läßt jedoch ihre Herolde in Peſt nicht ſchlafen. Macbeth's Wort: „Da waren Zeiten, wo der Mann ſtarb, wenn das Gehirn heraus war, und damit gut; jetzt aber ſtehn die Gemordeten auf“ kommt ihnen nicht aus dem Sinn. Das Ausland ſoll zu der Rolle gedrillt werden, bei⸗ falljauchzend zu dem Verfahren gegen die Siebenbürger Sachſen in die Hände zu klatſchen. Die deutſch geſchriebene Peſter Preſſe, aus welcher ſich das Ausland über ungariſche Verhältniſſe zu informiren pflegt, ſcheint den Erfolg nicht geſichert zu haben, obwohl ſie, voran der „Peſter Lloyd“, in den Berichten über die dreitägige Sachſen-Debatte, außer der Rede eines einzigen Abgeordneten, die Reden der andern ſächſiſchen Abgeordneten jo gut wie todt geſchwiegen, dagegen in Leitartikeln haarſcharf nachgewieſen hat, daß die Sachſen zur Vertheidigung ihrer Rechtsſtellung nichts anderes als ver— altete Privilegien und die nackte Behauptung des Wort: bruches vorzubringen gewußt hätten. Daher nachtwandelt Lady Macbeth, die Hauptmitſchuldige an den Mordthaten ihres Gatten, das k. ungariſche und gemeinſame Andrafjy’iche Preßbureau, hinaus in die ausländiſchen, namentlich die deut— ſchen Blätter und ſucht ſich in deren Spalten die blutigen Hände rein zu waſchen. 5

So haben denn auch ſchon deutſche Zeitungsorgane, deren Redactionen nicht einſichtsvoll genug oder durch Pflichten amtlicher Courtoiſie gegen den Nachbar gebunden ſind, die Hand dazu geboten, durch die Aufnahme pamphlet⸗ artiger Darſtellungen, für die aus Rückſicht auf das deutſche Nationalgefühl gewöhnlich einige anerkennende Phraſen als Eingangszoll entrichtet werden, das Urtheil des Auslandes über den deutſchen Volksſtamm Siebenbürgens zu verwirren und ungünſtig zu geſtalten. Auf demſelben Wege iſt in deutſche Blätter auch die Verdächtigung der Staatstreue der Siebenbürger Sachſen, die Vorſtellung eingeſchmuggelt wor⸗ den, als ob die Sachſen auf die Hilfe des deutſchen Mutter⸗ landes bauten. Wohl hat es den Deutſchen Siebenbürgens ſtets, wie den Schiffer im Liede, der ſein Ohr nach dem

XIX

zauberhaften Glockengeläute der meerverſunkenen Wunderſtadt hinneigt, nach Deutſchland, ſeinem Mutterlande gezogen. Wohl hat Deutſchland, ſelbſt in den Zeiten ſeiner tiefſten Zerfahrenheit, auch zum Sachſenvolke Siebenbürgens mit ſeiner ganzen Nationalliteratur geſprochen, an der die Sachſen gleich jedem andern deutſchen Volksſtamm theilnehmen, und die deutſchen Bücher haben ſtets ihren Weg in die Karpathen⸗ thäler gefunden, auch damals, als dieſe vom Türkenſtreit und Schlachtruf zwiſchen Bürger- und Junkerthum wider— hallten. Wohl haben die Sachſen um den Sieg für die deutſchen Waffen gebetet, als „der Trompeter von Mars la Tour mit der zerſchoſſenen Bruſt“ zum Kampfe wider den deutſchen Erbfeind blies; wohl haben ſie, wenn gleich arm, ihr Scherflein geſammelt für die verwundeten Helden von Wörth, Metz, Sedan, und von den andern Siegesſtätten auf der galliſchen Erde aber nie hat ein unlauterer Gedanke gegen die Monarchie, der ſie angehören, ſich in ihre Herzen eingeſchlichen; kein einziger Mackel hat jemals ihre Bürger— treue gegen ihr Vaterland befleckt. Das beweiſt Blatt für Blatt ihre ſiebenhundertjährige Leidensgeſchichte, die ein Meer von Blut und Thränen birgt, von Blut und Thränen, welche ſie für ein nichtdeutſches Vaterland und für ihr Herrſcher— haus vergoſſen haben, dem ſie mit unauslöſchlicher, von Ahnen und Enkeln erprobter Treue ergeben und für welches die Söhne ebenſo wie die Väter Gut und Blut einzuſetzen zu jeder Stunde bereit ſind.

Nein, nicht Hilfe erwarten die Sachſen Siebenbürgens von ihren Stammesbrüdern außerhalb der Grenzen des Staates, dem ſie durch Wahl, Beruf und Geſchichte ange— hören. Wohl aber erwarten ſie etwas, was jeder Deutſche ſpenden kann ohne Einmiſchung in die inneren Angelegen— heiten der Nachbarländer: die Sympathie. Denn mehr als das Mißgeſchick, das ſie getroffen, muß ihnen Verkennung und Verhöhnung im Mutterlande wehe thun. Sie ſenkt den bitterſten Stachel in ihre Herzen, und die Wunde ſitzt um ſo tiefer, als kein Zug der Berechnung bei der Theilnahme der Siebenbürger Sachſen an Deutſchlands Geſchick in ſeinen böſen und guten Tagen jemals im Spiele war, und ſelbſt ihr Jubel über ſeine jüngſte Waffenehre von Jenen übel vermerkt wurde, die bei Gambetta's Lügentelegrammen in ſiegjauchzenden Freudentaumel geriethen, in einem offiziö⸗ ſen, damals unter Andraſſy'ſchem Einfluſſe ſteheuden Blatte,

XX

der „Peſter Reform“ erklärten: „Frankreichs Siege ſind auch unſere Siege“ und ſpäter Deutſchlands beſte Freunde ge— weſen ſein wollten. 8

Da ſolch entſtellende Berichte und falſche Urtheile über die ſächſiſchen Abgeordneten und die Sache, die ſie verthei— digten, auch in die ausländiſche Preſſe Eingang gefunden haben, ſo iſt es nur eine Pflicht der Gerechtigkeit, durch eine getreue Wiedergabe der Debatte im ungariſchen Landtage auch dem Auslande die Gelegenheit zu bieten, falſche Urtheile und künſtlich hervorgerufene Irrthümer zu berichtigen. Die nachſtehenden Blätter enthalten daher die in deutſcher Ueber— ſetzung von dem zu Hermannſtadt erſcheinenden „Sieben— bürgiſch⸗deutſchen Tageblatt“ veröffentlichten ſtenographiſchen Landtagsberichte über die Zertrümmerung des Sachſenlandes in dem Abgeordneten- und Oberhauſe des ungariſchen Land- tages. Als Ergänzung der Letzteren möge hier noch Er: wähnung finden, daß das Abgeordnetenhaus den Geſetzent— wurf der Regierung am 25. März d. J. in dritter Leſung angenommen und das Oberhaus noch an demſelben Tage die Dringlichkeit des Gegenſtandes beſchloſſen hatte. Zwei Tage darauf, am 27. März, wurde der Geſetzentwurf auch im Oberhauſe im Fluge erledigt. Blos ein einziger magya— riſcher Magnat, Baron Dionys Eötvös, fühlte ſich in ſeinem Gewiſſen verpflichtet, die Vorlage als geſetz- und verfaſſungs— widrig zurück zu weiſen. Er hat ſich dadurch die ehrenvolle Anerkennung aller Rechtlichdenkenden verdient.

Der Anhang enthält den Geſetzentwurf über den Königs— boden in den Textirungen des Miniſters und der vorbe— rathenden Commiſſion des Abgeordnetenhauſes, ferner den Motivenbericht des Miniſters Tisza und eine von Tauſenden unterzeichnete Dankadreſſe des Sachſenvolkes an ſeine volks— treuen Abgeordneten in Peſt.

Druckſehler-Verzeichniß.

Seite 2, 18. Zeile von Oben auſtatt „eines Geſetzentwurfs“ zu leſen:

„einen Geſetzentwurf“.

Seite 18, 4. Zeile von Unten anſtatt „Gewiſſes“ zu leſen: „Gewiſſe ns“.

77 20, 70 21

Seite 88, Seite 88,

Seite 95,

Seite 96,

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3. Unten „Geſetzhebung“ zu leſen: „Geſetz— gebung“.

20. Zeile von Oben anftatt „nobilum“ zu leſen: „nobili um“. 8. Zeile von Unten anſtatt „unter der ſächſiſchen Univerſität“ zu leſen: „und der ſächſiſchen Univerſität“.

3. Zeile von Unten anſtatt „Böſes gebäreu muß“ zu leſen: „Böſes muß gebären“.

2. Zeile von Unten hinter Generalgouverneuers zu ergänzen: „aufgehoben war.“

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(Ueberſetzung des ſtenografiſchen Laudtagsberichtes über die Sitzungen vom 22., 23. und 24. März 1876).

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Erſter Sitzungstag am 22. März.

Präſident Ghyczy: Ich melde dem geehrten Haufe an: die Repräſentation der Kronſtädter Diſtrictsvertretung gegen den vom l. ungariſchen Miniſter des Innern vorgelegten Ge— ſetzentwurf über den Königsboden, weiters über die ſächſiſche Univerſität und das Vermögen der Univerſität und das ſo— genannten Siebenrichtervermögen.

Weiters die ähnliche Repräſentation der Stadt und des Stuhles Mediaſch, worin gebeten wird, den Geſetzentwurf über den Königsboden abzulehnen und den Miniſter des Innern anzuweiſen, einen neuen Geſetzentwurf auszufertigen.

Dieſe Petitionen wären der Hausordnung gemäß an die Petitions-Commiſſion zu überweiſen; da aber eben für den heutigen Tag die Verhandlung des Geſetzentwurfes über den Königsboden anberaumt iſt, frage ich das geehrte Haus, ob es nicht etwa zweckmäßiger erſcheint, dieſe Petitionen in die Kanzlei des Hauſes, zur Ermöglichung der Einſichtnahme aufzulegen? (Zuſtimmung). Wenn das geehrte Haus damit einverſtanden iſt, werden dieſe Petitionen ſonach in der Kanzlei des Hauſes zur Einſichtsnahme aufliegen. ...

Präſident: Es folgt die Tagesordnung: Die Verhand— lung des Geſetzentwurfs über den Königsboden, über die Re— gelung der ſächſiſchen Univerſität, ſowie über das Vermögen der Univerſität und der ſogenaunten Siebenrichter, reſpective des diesfälligen Berichtes der Verwaltungscommiſſion.

Wenn das geehrte Haus den Bericht und den Geſetz— entwurf als aufgeleſen annehmen will, ſo eröffne ich die Ge— neraldebatte, in der das erſte Wort dem Herrn Berichter— ſtatter zuſteht.

Friedrich Wächter Berichterſtatter (Regierungs- partei):

Geehrtes Haus! Da die Motivirung des an der Tagesordnung ſtehenden Gejegentwurfes in der Vorlage ſelbſt enthalten iſt, wünſche ich bei dieſer Gelegenheit nicht, die ohnehin ſehr koſtbare Zeit des geehrten Hauſes mit einer neuerlichen Motivirung in Anſpruch zu nehmen, ſondern bitte

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einfach das geehrte Haus, es wolle den Geſetzentwurf in der Textirung des Verwaltungs-Ausſchuſſes im Allgemeinen als Grundlage für die Special-Debatte aunehmen. (Zu⸗ ſtimmung.

Koloman Tißa, Miniſterpräſident:

Geehrtes Haus! Auch meiuerſeits halte ich es nicht für nöthig, dieſen Geſetzentwurf im Vorhinein ausführlicher zu begründen, nachdem die Motivirung ſeit Wochen ſchon in den Händen des geehrten Hauſes ſich befindet.

Wenn Bemerkungen, Auſtände gegen denſelben auf— tauchen ſollten, behalte ich es mir natürlich vor, auf dieſelben zu autworten. Jetzt bitte ich das geehrte Haus nur darum, es wolle dieſen Geſetzentwurf in der Textirung des Verwal— tungs⸗Ausſchuſſes annehmen. (Zuſtimmung.)

Guſtav Kapp (Sachſe):

Geehrtes Haus! Indem ich bei der Generaldebatle über den vorliegenden Geſetzentwurf das Wort ergreife, eines Geſetzentwurfs, der an ſich und im Allgemeinen von großer Wichtigkeit, ſpeciell für uns aber von ganz außerordeutlicher Tragweite iſt, erſchwert mir gar ſehr meine Aufgabe das Be⸗ wußtſein, daß ich keine glänzende Rednergabe beſitze, daß ich einer rieſigen Majorität gegenüberſtehe und daß ich mit dem, was ich vorbringen werde, ven Vorneherein nur auf Ab- neigung und vorgefaßte Meinungen ſtoße und nicht auf Sympathien rechnen darf. Bei alledem ſchrecke ich vor der Größe und Schwere meiner Aufgabe nicht zurück, ſondern werde, im Bewußtſein des Rechts und der guten Sache, die mir zur Seite ſtehn, bemüht ſein, nach Maßgabe meiner beſcheidenen Kräfte das zu thun, was mir meine lautere Ueberzeugung, meine Begriffe von Pflichtgefühl und mein Gewiſſen gebieten. Ich werde mich beſtreben, in meiner Rede mich ſtreng an die Sache zu halten, ſoweit möglich ruhiger Objectivität und thunlichſter Kürze mich zu befleißigen und erlaube mir nur die Bitte: das geehrte Haus wolle mich mit Geduld anhören, und das, was ich vorbringen will, ſeiner Beachtung und einer vorurtheilsfreien, ernſten und ruhigen Ueberlegung würdigen. (Hören wir!)

Der Zweck des vorgelegten Geſetzentwurfes iſt: den

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Königsboden und deſſen einzelne Theile aus der Reihe deſſen, was da iſt und lebt, zu ſtreichen, und das, was aus dieſem Gebiet künftighin gemacht werden ſoll, der Regierung und ihrer Majorität zur freien Verfügung zu ſtellen. Das ſprechen die zwei erſten Paragrafe des Geſetzentwurfes mit einer durchaus zweifelloſen Klarheit aus. In dem Motivenbericht, welchen der Herr Minifter dieſem Geſetzentwurfe beigegeben hat, führt der Herr Miniſter an: „daß es eine vom Geſetze „vorgeſchriebene Pflicht des Miniſteriums war“, den Geſetz— entwurf einzubringen.

Darin ſtimme auch ich mit dem Herrn Miniſter überein und läßt ſich das bei einem Blick auf das betreffende Geſetz auch ſchlechterdings von Niemanden beſtreiten daß dem Herrn Miniſter vom Geſetze die ſtrikte Verpflichtung auferlegt worden, einen Geſetzentwurf über die municipale Regelung des Königsbodens einzubringen, nicht aber ein ſolches, wie das vorliegende iſt.

Der Herr Miniſter beruft ſich nämlich in feinem Mo- tivenbericht in erſter Reihe und hauptſächlich auf den §. 1 des Geſetzartikels 43 von 1868, welcher von den Detailbe— ſtimmungen über die Union Siebenbürgens mit Ungarn handelt, und berührt daneben nur ganz oberflächlich die 88. 10 und 11 dieſes ſelbigen Geſetzartikels, dann den §. 88 des Geſetzartikels 42 von 1870. Dem Herrn Miniſter er— ſcheint es dabei zweckmäßig, das Hauptgewicht auf den §. 1 des G.⸗A. 43 von 1868 zu legen, welcher ich will ihn Wort für Wort aufleſen alſo lautet:

„Die nach den bisher beſtandenen politiſchen Nationen „bezeichnete Eintheilung und Benennung der Territorien und „die damit verbundenen Vorrechte und Privilegien, ſoweit ſie „irgend einer Nationalität mit Ausſchluß anderer zugeſtanden, „werden aufgehoben; und die Rechtsgleichheit der ſämmtlichen „Staatsbürger des vereinigten Ungarns, in bürgerlicher und „politiſcher Beziehung, wird auch neuerlich gewährleiſtet.“

Die Berufung auf den, in dieſem Paragraf ausge— ſprochenen ganz allgemeinen Grundſatz wäre ich erkenne das an eine ſehr bequeme Sache; in dem vorliegenden Falle liegt die Sache aber nicht ſo.

Hätte die Geſetzgebung damals, als ſie das Geſetz über

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die Detailbeſtimmungen der Union Siebenbürgens mit Ungarn ſchuf, nichts weiter gewollt, als dieſen ganz allgemeinen Grundſatz ausſprechen auf welchen der Herr Miniſter heute ſeinen vorliegenden Geſetzentwurf vorwiegend ſtützen will, fo durfte fie in jenen Geſetzartikel keine weiteren §§. aufnehmen. Sie hat aber mehr gethan, hat in den folgenden SS. die Detailbeſtimmungen dieſer Union weiter ausgeführt und in bindender Weiſe feſtgeſtellt. Speciell den Königs— boden betreffend, hat fie präcife beſtimmt, wie und in welcher Art dieſe Regelung des Königsbodens zu geſchehen habe. 2 §. 10 dieſes Geſetzes lautet nämlich Wort für Wort alſo: „Im Zwecke der Sicherſtellung der Selbſtverwal— „tungsrechte der Stühle, Diſtricte und Städte des Königs— „bodens, der Organiſirung ihrer Vertretungskörper und „die Feſtſtellung des Wirkungskreiſes der ſächſiſchen Na— „tions-Univerſität wird das Miniſterium betraut, mit Ans „hörung der Betreffenden dem Reichstage einen ſolchen „Geſetzentwurf vorzulegen, der ſowol die auf Geſetzen und „Verträgen beruhenden Rechte, als auch die Rechtsgleichheit „aller, dieſes Territorium bewohnenden, welcher Nationalität „immer angehörenden Staatsbürger gehörig zu berückſich— „tigen und in Einklang zu bringen hat.“ Weiters der §. 11 dieſes Geſetzes lautet: „Die ſächſiſche Nations-Univerſität wird auch wei— „terhin in dem, mit dem ſiebenbürgiſchen Geſetzartikel XIII. „von 1791 in Einklang ſtehenden Wirkungskreiſe mit „Aufrechthaltung des Seiner Majeſtät zuſtehenden und im „Wege des ungarischen verantwortlichen Miniſteriums aus— „zuübenden Aufſichtsrechtes belaſſen, mit der Ausnahme, „daß die Univerſitätsverſammlung in Folge der Aende— „rungen in dem Organismus des Juſtizweſens weiterhin „keine richterliche Function ausüben kann.“

Der Inhalt dieſer beiden Paragrafe ſetzt völlig außer Zweifel, daß der Herr Miniſter bei Anfertigung des Geſetz— entwurfes nicht an den §. 1, ſondern ſtrikte an den $. 10 und 11 dieſes Unionsgeſetzes ſich zu halten angewieſen und verpflichtet iſt. Dieſe beiden Paragrafe enthalten ganz präcije Beſtimmungen, an die der Herr Miniſter gebunden war,

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19]

denen jedoch das ift unbeſtreitbar der vorliegende Geſetzentwurf ſchlechterdings nicht entſpricht. Ich werde mich bemühen, das an der Hand des Geſetzes und dieſes Geſetz— entwurfes noch näher nachzuweiſen.

Ehe ich jedoch daran gehe, wolle mir das geehrte Haus geſtatten, ihm nun in den Hauptzügen Einiges von dem in das Gedächtniß zurückzurufen, was der Schaffung dieſes Unionsgeſetzes von 1868 vorausgegangen.

Im Jahre 1848 beſchloß Ungarn von ſeiner Seite die Union mit Siebenbürgen und lud Siebenbürgen ein, ſich Ungarn anzuſchließen. Damals ſprach die Legislative Un— garns in dem Geſetzartikel 7 von 1848 §. 5 aus:

„Ungarn iſt bereit, alle jene beſonderen Geſetze und „Freiheiten Siebenbürgens, welche die vollſtändige Ver— „einigung nicht hindern und der nationalen Freiheit und „Rechtsgleichbeit nicht abträglich find, anzuerkennen und „aufrechtzuhalten.“

Siebenbürgen nahm darauf hin ſeinen J. G.-A. von 1848 an, ſprach darin aus, daß es in die Union eingehen wolle, und beſtellte im §. 2 des ſiebenb. G.-A. I von 1848 eben im Hinblick auf den bezogenen §. 5 des ungar— ländiſchen G. -A. 7 von 1848 „eine Regnicolarcommiſſion, „welche Commiſſion über die Details, die Modalitäten dieſer „Vereinigung dem ungariſchen Miniſterium Aufſchluß geben, „bei der Einverleibung der Theile Siebenbürgens zu Ungarn „mitwirken und dem Miniſterium das Material zu dem „dießbezüglichen, dem nächſten Reichstage vorzulegenden Ge— „ſetzentwurfe liefern ſolle.“ Die! Regnicolarcommiſſion begann damals auch ihre Arbeiten, konnte dieſelben jedoch, in Folge der bald darauf eingetretenen, bedauerlichen Ereigniſſe nicht zu Ende führen. Die Sache und mit ihr die Union blieb in Schwebe, bis Ende 1865 der ungariſche Landtag wieder einberufen wurde. Da beſagte die Thronrede bezüglich der Union Ungarns und Siebenbürgens folgendes:

„Wir haben den Landtag Siebenbürgens zu dem „Zwecke einberufen, damit er den, über die Union Sieben— „bürgens mit Ungarn handelnden ſiebenbürgiſchen Geſetz— „artikel I von 1848 zum Gegenſtand feiner ernſten und ein—

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„gehenden Erwägung mache, und fordern die getreuen Stände „und Abgeordneten unſeres geliebten Ungarns betreff des „ungarländiſchen G.⸗A. 7 von 1848 zu gleichem Vorgange „auf, damit dieſe Frage nicht nach dem todten Buchſtaben „eine ſcheinbare und eben darum in ihrem Erfolg zweifel— „hafte, ſondern durch die Würdigung und den vertrauens⸗ „vollen Anſchluß aller lebenskräftigen Factoren eine dauernde „und befriedigende Löſung finde.“ |

Hierauf antwortete das Abgeordnetenhaus Ungarns in ſeiner Adreſſe an Se. Majeſtät: (lieſt) „Wir ſprechen Eurer „Majeſtät unſern Dank aus für die landesväterliche Fürſorge, „mit der Eure Majeſtät die endgiltige Austragung der aus „der Union Siebenbürgens mit Ungarn fließenden Verhält— „niſſe am Herzen tragen. Die Grundlage für dieſe Verhält „niſſe haben jene Geſetze gegeben, welche im Jahre 1848 „über die Union Ungarns und Siebenbürgens von beiden „Ländern einverſtändlich geſchaffen und durch die Allerhöchſte „Genehmigung ſanctionirt worden ſind. Aber es gibt in dieſer „Sache noch Vieles auszutragen und wir ſtellen nicht in „Abrede, daß zur Erzielung einer allſeitig befriedigenden, „gerechten und billigen Löſung ernſte Ueberlegung und „Umſicht nothwendig ſei. Uns würden bei den dießbezüglichen „Verhandlungen die Gefühle brüderlicher Liebe leiten, wie „wir auch vertrauen und hoffen, daß Niemand von uns „ſolches verlangen wird, was die Grundpfeiler unſerer Ver⸗ „faſſung gefährden könnte.“

Zu derſelben Zeit war auch der Landtag Sieben- bürgens einberufen und verſammelt, damit er den ſiebenb. G.⸗A. I von 1848 in ernſte Erwägung ziehe. Des Nähern auf das, was dort geſchah, will ich vorläufig nicht eingehen und nur anführen, was die Adreſſe des ſiebenbürgiſchen Landtags dießbezüglich ſagte: „Das väterliche, die Beglückung „aller Ihrer Völker anſtrebende Herz Euer kaiſerlichen und „apoſtoliſchen königlichen Majeſtät, fo wie die bekannte Frei⸗ „ſinnigkeit und Gerechtigkeitsliebe der ungariſchen Geſetz— „gebung bieten hinreichende Garantien dafür, daß die Rechte, „Intereſſen und Anſprüche der einzelnen Theile, der Con⸗ „feſſionen und Nationalitäten Siebenbürgens bei der detail⸗ „ltrten Durchführung der Union gebührend berückſichtigt und

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„auf Grundlage der Gleichberechtigung und der Billigkeit „werden befriedigt werden.“

Das auf dieſe Adreſſe erfloſſene königliche Reſeript an den ſiebenbürgiſchen Landtag ſpricht daraufhin aus: (lieſt) „Die endgiltige Vereinigung der beiden Länder, die nur auf „dem Grunde der erfolgten Feſtſtellung der ſtaatsrechtlichen „Verhältniſſe der Länder der ungariſchen Krone zu ein- „ander, ſowie der Stellung derſelben zum Reiche verwirklicht „werden kann, machen Wir überdieß von der gebührenden „Berückſichtigung der beſonderen Landesintereſſen Unſeres ge- „liebten Großfürſtenthums Siebenbürgen, von der Sicher- „ſtellung der auch von Euch gewürdigten Rechtsanſprüche „der verſchiedenen Nationalitäten und von der zweckmäßigen „Löſung der auf die Adminiſtration bezüglichen Fragen „abhängig.“

Gleichzeitig erfloß auch auf die Adreſſe des ungariſchen Landtags ein allerhöchſtes königliches Reſcript, welches aus⸗ ſprach: (lieſt) „Bezüglich Eurer auf die Vervollſtändigung „des Landtags gerichteten Bitten haben Wir mit Befriedi⸗ „gung das Verſprechen der landtäglich verſammelten Mag⸗ „naten und Abgeordneten aufgenommen, daß ſie gegenüber „allen Claſſen der Staatsbürger, ohne Unterſchied der Con» „feſſion und der Sprache, die Grundſätze der Gerechtigkeit „und Billigkeit zu allen Zeiten zur Richtſchnur nehmen „werden, und daß ſie insbeſondere den Landesbewohnern „nichtmagyariſcher Zunge alles das, was deren Intereſſen „und das allgemeine Landesintereſſe erheiſcht, durch Geſetze „gewährleiſten wollen. In Ausübung Unſerer Herrſcher⸗ „pflichten werden Wir zu Unſerer angenehmſten Aufgabe „zäblen all das, womit wir die Verwirklichung dieſes von „Uns heiß erſehnten Wunſches fördern können, denn den „Frieden, die Eintracht und die Intereſſengemeinſchaft der „Landesbewehner werden Wir jeder Zeit freudig begrüßen „und mit aller Macht fördern.“

Ich bitte um Entſchuldigung, daß ich Ihre Geduld mit Anführung dieſer Citate in Anſpruch genommen, aber ich hielt es geboten, bei dieſem Anlaß Ihnen all' das ins Ge, dächtniß zu rufen, was ſowol die Geſetzgebung Ungarns und Siebenbürgens, als auch Se. Majeſtät dießbezüglich in feier⸗

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licher und förmlicher Weiſe auszuſprechen und zu erklären geruhten, ehe der G.-A. 43 von 1868 geſchaffen worden. Ein Ausfluß und eine Folge dieſer feierlichen Erklärungen war die Schaffung dieſes G.-A. 43 von 1868, worin die Beſtimmungen detaillirt wurden, wie und in welcher Art und Weiſe die Unionsfrage überhaupt und ſpeziell auch die Frage der Regelung des Königsbodens gelöſt und durchgeführt zu werden habe.

Halten wir nun alle dem den vorgelegten Geſetzentwurf gegenüber. Fürwahr, es läßt ſich nicht beſtreiten, daß dieſer Geſetzentwurf all dem, was feierlich verſprochen worden und was in dem G.⸗A. 43 von 1868 zu wirklicher Geſetzeskraft erhoben worden, in keiner Weiſe gerecht wird, daß er die hier maß— gebenden SS. 10 und 11 dieſes Geſetzes ſich gar nicht vor Augen gehalten hat.

Denn der vorliegende Geſetzentwurf ſpricht mit keinem Worte von der Sich erſtellung der Selbſtverwaltungs— rechte der Stühle, Diſtrikte und Städte des Königsbodens, ſondern verlangt, die Geſetzgebung ſolle eine Generalvollmacht geben, damit ohne alle Berückſichtigung der bisher beſtan⸗ denen Verhältniſſe und munizipalen Verbände eine beliebige, ganz neue Territorialeintheilung gemacht werden könne; ſpricht alſo die Vernichtung des Königsbodens und ſeiner Stühle und Diſtrikte dem Geſetze ſchnurſtraks entgegen in nackter Weiſe aus.

Die zweite Anordnung des §. 10 beſtimmt, daß der vorzulegende Geſetzentwurf von der Organiſirung der Vertretungskörper dieſer Stühle, Diſtrikte und Städte handeln ſolle. Auch nicht ein einziges Wort hierüber findet ſich in dem vorliegenden Geſetzentwurfe.

Weiters verordnet dieſer Paragraf, daß dieſer Geſetz⸗ entwurf mit Anhörung der Betreffenden ange⸗ fertigt und eingebracht werde. Aus dem Bericht der Ver— waltungs-Commiſſion iſt erſichtlich, daß der Herr Miniſter in der Commiſſion auf eine Anfrage geantwortet und erklärt habe: daß die Betreffenden nach Anordnung des 8. 10 vor Einbringung dieſes Geſetzentwurfes angehört worden ſeien, indem die ſächſiſche Nations-Univerſität, von einem Vorgänger des Miniſters zur Meinungsäußerung aufgefordert,

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in einer die Regelung des Königsbodens behandelnden Re— präſentation ihre Meinung dem Miniſterium vorgelegt habe.

Ich bin weit entfernt, geehrtes Haus, zu beſtreiten, daß in ſolcher Allgemeinheit genommen eine Anhörung über— haupt erfolgt ſei; ich muß aber doch Zweierlei hiezu de— merken. Für's Erſte, daß der Herr Miniſter es iſt, der ſich darauf beruft und damit decken will, daß die ſächſiſche Nations⸗Univerſität, von einem feiner Vorgänger hiezu direct aufgefordert, der Regierung eine Vorlage gemacht und eine Erklärung abgegeben hat, welche er als die legale, im Sinne des §. 10 erfolgte Anhörung der Betreffenden anerkennt und darſtellt. Das geſchah im Jahre 1872, und ſiehe da, als im nächſtfolgenden Jahre 1873 die ſächſiſche Nations⸗ Univerſität in derſelben Sache und Frage eine Repräſentation an das Miniſterium richtete, erließ der damalige Miniſter des Innern ein Verbot: die ſächſiſche Nations-Univerſität dürfe ſich mit derlei Angelegenheiten überhaupt nicht bes faſſen, denn das ſei eine Ueberſchreitung ihres Wirkungs- kreiſes! Im December vorigen Jahres wurde in der verſammelten ſächſiſchen Nations-Univerſität, Angeſichts deſſen, daß notoriſch in der allernächſten Zeit die Regierung in dieſer Angelegenheit dem Abgeordnetenhauſe einen Geſetzent— wurf vorlegen wolle, ein Antrag auf Vorlage einer dies— bezüglichen Repräſentation an die Regierung geſtellt. Dieſen Antrag auch nur in Berathung zu nehmen, wurde jedoch von dem vorſitzenden Organ der Regierung verboten mit Berufung darauf, der geehrte Herr Miniſter habe ihn ftreng- ſtens angewieſen, jede derartige Berathung, als nicht in den Wirkungskreis der Nations-Univerfität gehörig, zu verwehren. Und ſiehe da, heute beruft ſich der Herr Miniſter vor dem Abgeordnetenhauſe und der Commiſſion desſelben, daß die Anhörung der Betreffenden, welche das Geſetz anordnet, eben die an einen ſeiner Vorgänger im Amte gerichtete Re— präſentation um Meinungsäußerung derſelben inzwiſchen im Verordnungswege dieſes ihres Rechtes beraubten ſächſiſchen Nations-Univerſität bilde!

Doch weiter und dies iſt das Zweite, was ich be— merken wollte wie läßt ſich aus der Beſtimmung dieſes § 10, welcher die Anhörung der Betreffenden fordert,

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herausdeuteln, dieſer Geſetzesbeſtimmung ſei Genüge geſchehn, wenn die Betreffenden eine Aeußerung einmal abgegeben haben, im Uebrigen aber habe die Regierung keinen Grund, ſich mit dieſer Aeußerung der Betreffenden zu befaſſen? Auch nicht einen Zug, nicht einen Grundſatz aus jener Er⸗ klärung der Univerſität hat die Regierung in ihren Geſetz⸗ entwurf aufgenommen, ſondern legt einen, in ſeiner ganzen Anlage und Richtung damit widerſtreitenden Geſetzentwurf dem Hauſe vor. Und das nennt man dann „Anhörung der Betreffenden“?

Schließlich trägt der § 10 der Regierung auf, ſie ſolle einen ſolchen Geſetzentwurf dem Hauſe vorlegen, der die nicht auf Privilegien, ſondern auf Geſetzen und Ver⸗ trägen beruhenden Rechte gehörig berückſichtigt und mit der allgemeinen Rechtsgleichheit in Einklang bringt. Wie hat der vorliegende Geſetzentwurf dieſe, auf verfaſſungs⸗ mäßigen Geſetzen und auf Staatsverträgen beruhenden Rechte berückſichtigt? Ich, g. H., finde auch nicht eine Spur von dieſen Rechten in dieſem Geſetzentwurfe.

Nur zu oft begegnet uns Sachſen, daß uns höhniſch vorgeworfen wird, wir verlangten Privilegien. Geſtatten Sie, daß ich dieſem Vorwurf entgegen mich auf das, von der Geſetzgebung Ungarns in der neueſten Zeit 1868 geſchaffene und ſanctionirte Geſetz berufe, worin ſie klar und zweifellos anerkennt, der Königsboden habe auf Geſetzen und Verträgen beruhende Rechte. Dieſe fordern wir und nicht Privilegien. Dieſe Rechte laſſen ſich auch hier und heute nicht abſtreiten. Das Geſetz ſchreibt vor, daß dieſe beſtehenden Rechte bei Regelung des Königsbodens gebührend zu berückſichtigen ſind. Alle Factoren der Geſetzgebung Ungarns haben in all den förmlichen und feierlichen Er⸗ klärungen, die ich vorhin aufgeleſen, verſprochen, daß es in dieſer Richtung gerecht und rückſichtsvoll vorgehn wird. Und ſiehe da, g. H., was geſchieht heute?

Nichts geringeres, als daß nun, da die Stunde zur Einlöſung der Verſprechungen gekommen, ein Geſetzentwurf uns vorgelegt wird, der nichts anderes bezweckt und enthält, als die Vernichtung des Königsbodens, die Verweigerung und Verlöſchung ſeines weitern Fortbeſtandes.

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All das, was das Geſetz von 1868 gewährleiſtet, ſo⸗ wie die demſelben vorausgegangenen feierlichen Verheißungen ſind heute nichtig, wirkungslos und bleiben gänzlich außer Betracht. Alle jene Verheißungen erweiſen ſich als Vor— ſpiegelungen, als tönende Worte und leere Phraſen.

Ich habe erwartet, die Geſetzgebung Ungarns werde ihr verpfändetes Wort in anderer Weiſe einlöſen.

Es iſt da wol natürlich, daß ich einen ſolchen Geſetz⸗ entwurf nicht annehme, ſondern abweiſe.

Sie ſagen, ja aber wir ſind genöthigt, ſo zu handeln, das Intereſſe des Landes und der Adminiſtration gebietet es.

Ich will mich nicht darüber auslaſſen, wie weit ein ſolcher Vorgang wirklich im Intereſſe des Landes ſein könne; ich fürchte ſehr, die Zukunft werde auch Ihnen beweiſen, daß ſolches Thun nicht im Intereſſe des Landes gelegen.

Die Intereſſen der Adminiſtration gebieten es? Da vom Königsboden die Rede iſt, muß ich mich natürlich auf denſelben berufen.

Geſtehen Sie ſich und uns aufrichtig ein: iſt etwa die Adminiſtration auf dem Königsboden in ſolchem Zus» ſtande, daß nur mit der Vernichtung und Zerſtückelung des— ſelben der Adminiſtration geholfen werden könnte? Ich behaupte das Gegentheil, behaupte, daß trotz allem, was dort geſchehn, die Adminiſtration in erträglich gutem, ja in beſſerem Stande iſt, als anderwärts im Lande. Trotzdem, daß ſeit dem Jahre 1867, ſeit die conſtitutionelle Regierung Ungarns dort regiert, jener Landestheil nicht mit Geſetzen, ſondern mit Verordnungen regiert wird, daß jede Wahl von Municipalbeamten dort verboten war, daß dort ſeit 1868 auch nicht ein Municipalbeamter gewählt werden durfte, ſondern durch das Organ der Regierung ernannt wurde: trotz dieſer Ausnahmszuſtände behaupte ich getroſt, daß der Gang der Adminiſtration dort ein, immerhin erträglicher geblieben, und wenn Sie, meine Herren, nur den Willen dazu hätten, ließe ſich da mit Leichtigkeit eine Adminiſtration einrichten, die wahrlich dem modernen Staat weder zum Schaden, noch zur Schande gereichen würde. Ich erlaube mir dieß⸗ falls das geehrte Haus an das zu erinnern, was ein her⸗

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vorragendes Mitglied dieſes Hauſes, Anton Cſengery, in der Einundzwanziger-Commiſſion 1873 über eine zweckmäßige Einrichtung der Adminiſtration geſagt und welches Muſter— bild er Ihnen dort vorgeführt hat. |

Uns wird entgegengehalten, daß wir einen Staat im Staate haben wollen; nein, geehrtes Haus, wir wollen einen ſolchen nicht. Die ſächſiſche Nations-Univerſität batte in ihrer Repräſentation, welche fie dem Miniſterium über— reichte, klar ausgeſprochen, daß fie für den Königsboden von den auf Geſetz und Vertrag beruhenden Rechten rur jene Summe von Rechten verlange, welche das Geſetz jedem Municipium Ungarns gewährt hat. Sie hat ausgeſprochen, daß der Königsboden im Ganzen genommen ſich mit dem Rechtskreiſe begnüge, welcher jedem Munieipium im Lande damals zukam. Iſt das bei Ihnen der Staat im Staate?

Endlich wird noch geſagt, ſolches Thun ſei geboten im Intereſſe der Freiheit. Nun, meine Herren, ich meine, wer die Verhältniſſe des Königsbodens auch nur ein wenig, wenn auch noch ſo oberflächlich, kennt, der müſſe doch ſoviel wiſſen, daß jener Königsboden ſelbſt in den finſteren Zeiten des Mittelalters eine Heimſtätte der allgemeinen bürgerlichen Freiheit und Rechtsgleichheit war, wie in ſolcher Art damals in Europa überhaupt kaum eine zweite zu finden war.

Doch zum früheren Punkte muß ich Eines noch be— merken. Es iſt wahr, daß jene auf Geſetzen und Verträgen beruhenden Rechte dem Königsboden auch ſolche Recht von ehedem gewährleiſteten, die vielleicht in dem jetzigen modernen Staat nicht ganz vereinbarlich erſcheinen. Aber, wie ich ſchon geſagt, die legale Vertretung des Königsbodens hatte ſich bereit erklärt, in dieſer Richtung ſoviel als die wirklichen Anſprüche des modernen Staates erheiſchen, an dieſer Rechts— lage mit ihrer Mitwirkung und Zuſtimmung zu ändern be— reit ſei. Aber all dieſer Willfährigkeit gegenüber, Sie ſehen es, ſtießen wir lediglich auf die nackte Negation jeden Rechtes. Unter dieſen Umſtänden bleibt uns nichts anderes übrig, als unſererſeits hier zu erklären, daß wir unerſchütterlich feſt— halten an unſeren Rechten, daß wir dieſelben nimmer aufge- ben, ihnen nimmer entſagen.

Unſer Verlangen und unſere Bitte war, und iſt auch

heute, in dieſem Augenblicke nur: das geehrte Haus wolle dasjenige, was das von Ihnen ſelbſt geſchaffene Geſetz be— ſtimmt und anordnet, in Ehren halten, demſelben Geltung verſchaffen und die geſetzestreue Durchführung anordnen.

In dieſem Sinne bin ich ſo frei, in meinem Namen und im Namen meiner Geſinnungsgenoſſen einen Beſchluß— antrag dem geehrten Hauſe vorzulegen, welcher, wie ſchon geſagt, ſich lediglich darauf beſchränkt, das Haus zu bitten, es wolle jenes Geſetz, das die Geſetzgebung Ungarns im Jahre 1868 geſchaffen und das durch die Genehmigung Seiner Majeſtät ſanctionirtes, rechtsverbindliches Geſetz ge— worden, einhalten und deſſen Anordnungen nun nach Recht und Billigkeit endlich auch durchführen.

Nur unlängſt hielt ein geehrter Herr Abgeordneter von jener Seite eben mir hier im Hauſe vor: es gebe Leute, denen es nicht ſonderlich beliebt, unſere ſanctionirten Geſetze in Ehren zu halten. Geehrtes Haus! jetzt bietet ſich die Gelegenheit zu zeigen, daß Ungarns Abgeordnetenhaus die von ihm ſelbſt geſchaffenen Geſetze auch in Ehren halten kann und will.

Ich empfehle unſeren Antrag dem geehrten Hauſe zur Würdigung und Annahme.

Präſident: Der Beſchlußantrag wird verleſen werden.

Algernon Beöthy, Schriftführer, verlieſt den Be- ſchlußantrag:

„In Arbetracht deſſen, daß der „von den Detail-Be— ſtimmungen über die Union Siebenbürgens mit Ungarn“ handelnde Geſetz-Artikel XLIII: 1868 anorduet:

„§. 10. Zum Zwecke der Sicherſtellung der Selbſt— verwaltungsrechte der Stühle, Diſtrikte und Städte des Kö— nigsbodens, der Organiſirung ihrer Vertretungskörper und der Feſtſtellung des Rechtskreiſes der ſächſiſchen Nations— Univerſität wird das Miniſterium betraut, mit Anhörung der Betreffenden dem Reichstage einen ſolchen Geſetzentwurf vorzulegen, der ſowol die auf Geſetzen und Verträgen be— ruhenden Rechte, als auch die Rechtsgleichheit aller, dieſes Gebiet bewohnenden, welcher Nationalität immer angehören— den Staatsbürger gehörig zu berückſichtigen und in Einklang zu bringen hat;“

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daß ferner §. 11 dieſes nämlichen Gefeg-Artifels be⸗ ſtimmt:

„Die ſächſiſche Nations-Univerſität wird auch weiterhin in dem ihr nach dem ſiebenbürgiſchen G.⸗A. XIII: 1791 zuſtehenden Wirkungskreiſe mit Aufrechthaltung des Sr. Majeſtät zuſtehenden allerhöchſten und im Wege des unga⸗ riſchen verantwortlichen Miniſteriums auszuübenden Auf- ſichtsrechtes belaſſen mit der Ausnahme, daß die Univers ſitäts⸗Verſammlung in Folge der in der Einrichtung des Juſtizweſens geſchehenen Veränderung künftighin keine rich⸗ terliche Funktion ausübt;“ |

„in Anbetracht deſſen, daß der vom Miniſter des In⸗ nern vorgelegte und ſoeben in Verhandlung ſtehende Geſetz— entwurf den präziſen Beſtimmungen des voraufgeführten Geſetzes überhaupt nicht entſpricht, vielmehr in direktem Widerſpruche damit ſteht;

daß er ſtatt der Sicherſtellung jener Rechte die ein⸗ fache Negation und Streichung derſelben bezweckt und be— treffs des Rechtskreiſes der ſächſiſchen Nations⸗Univerſität die Beſtimmungen des oben zitirten §. 11 ganz außer Augen läßt:

wolle das Abgeordnetenhaus ausſprechen und beſchließen, daß es

1. den vorliegenden Geſetzentwurf nicht annimmt;

2. das Miniſterium anweiſt, dasſelbe ſolle mit ges nauer Beachtung der Anordnungen der SS. 10 und 11 des G.⸗A. XLIII v. J. 1868, daun des $. 88 des G.⸗A. XLII: 1870 einen ſolchen neuen Geſetzentwurf ausarbeiten laſſen, welcher den Anordnungen der bezogenen Geſetze vollſtändig entſpricht, und ſolle dieſen Geſetzentwurf, nach Anhörung der Betreffenden, binnen möglichſt kurzer Friſt dem Abgeordne⸗ tenhauſe vorlegen.“

Emil Trauſchenfels, Abgeordneter des Kronſtädter Diſtrikts; Guſtav Kapp, Abgeordneter der Stadt Her⸗ mannſtadt; Friedrich Seraphin, Abgeordneter von Groß⸗ ſchenk; Albert Sachſenheim, Abgeordneter von Mediaſch; Samuel Dörr, Abgeordneter von Leſchkirch; Chriſtian Roth, Abgeordneter des Agnethlener Wahlkreiſes; Carl Conrad, Abgeordneter des Leſchkircher Stuhles; Friedrich

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Ernſt, Abgeordneter des Schäßburger Stuhles; Friedrich Leonhard, Abgeordneter von Broos; Karl Maager, Abgeordueter von Reps; Karl Gebbel, Abgeordneter des Hermauuſtädter Stuhles; Wilhelm Löw, Abgeordneter von Reußmarkt; Guido Baußnern, Abgeordneter des Media— ſcher Stuhles; Adolf Zay, Abgeordneter von Mühlbach; Edmund Steinacker, Abgeordneter des Biſtritzer Diſtrikts.

Aladar Makray (Regierungspartei):

G. Haus! Ich glaube, wenn es in dieſem Saale einen Gegenſtand der Legislative gegeben hat, auf welchen die öffentliche Meinung des Landes völlig vorbereitet war, ſo iſt es der gegenwärtige Geſetzentwurf. Jahre ſind vergangen, ſeit ihn die Preſſe diskutirt, die Regierung ſich damit be⸗ ſchäftigt, das Haus vorbereitende Beſchlüſſe faßt, und die Bürger des Königsbodens verfolgen ſchon ſeit ſehr langer Zeit mit wachſamer Aufmerkſamkeit die Löſung dieſer Frage. Ich zähle dieſen Tag zu jenen Momenten der nationalen Freude, wie fie das Schickſal unſerer Nation ſelten, mit wahrhaft knickeriger Hand beſcheert. Einen ſolchen Tag hatte der 1836er Landtag, als er das Geſetz über den Rückanſchluß der Theile brachte; einen ſolchen Tag hatte der 1848er Landtag, als er Siebenbürgen nach 300 jähriger Trennung auf conflitutionelem Wege dem Mutterlande wieder anſchloß, einen ſolchen Tag hatte der 1867er Land- tag, als das kön. ung. Miniſterium ausſprach, daß die Union eine Thalſache ſei. Nicht vergebens intereſſiren ſich die Bürzer des Königsbodens für dieſe Frage, denn durch die Schaffung dieſes Geſetzentwurfes gewinnt die Einheit des magyariſchen Staates einen kraftvollen Ausdruck. Auch in Bezug auf die allgemeine Freiheit iſt dieſer Geſetzentwurf ſehr wichtig, eine große Thatſache iſt in ihm ausgeſprochen, nämlich die, daß in dem Reiche des heil. Stefan das letzte, mit Sonderrecht verſehene Territorium aufhört und in die Reihe der Kumanier, Jazygier und Sefler-Territorien verſetzt wird. Mit der Aufhebung dieſer ſonderberechtigten Gebiete ſteht der bürgerlichen Gleichheit weiter nichts mehr im Wege.

In einem ſolchen Staate, g. Haus, in welchem es ges ſchloſſene Gebiete gibt, iſt kein einheitlicher Staat, dort aber, wo Privilegien herrſchen, dort gibt es keine Freiheit.

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Dieſe beiden find Waſſer und Feuer in einem Gefäß, welche ſich untereinander vernichten. Dies iſt der Kampf der guten und der böſen Principien, welche die gegenſeitige Ver- nichtung anſtreben. Ich halte dieſen Geſetzentwurf auch im Jutereſſe der Bürger des Königsbodens für wünſchenswerth, denn ich frage: wer zeigt mir im Umfang Ungarns ein von der Natur gejegueteres Gebiet er zeigt es gewiß nicht und wo gibt es trotzdem ſo viele Zwietracht, ſo viele geheime und offene Conſpirationen, ſo viel Unzufriedenheit, als gerade an dieſem Ort? Und warum das, g. Haus? deshalb, weil die Geſetze dort nur für die Privilegirten geſchaffen find. Die Privilegirten unterdrücken die übrigen Bürger. 150,000 Sachſen gegenüber wurden 30,000 Magyaren und 170,000 Romänen als geduldet betrachtet, welche nicht zum zünf— tigen Stamme gehören, jene waren mehr Paria's als Bürger. In Wahrheit werden die Nichtſachſen einer viel— fach unbrüderlichen Behandlung theilhaftig. Ich glaube, g. Haus, und bin davon tief überzeugt, daß durch dieſen Ge— ſetzentwurf die jahrhundertealte Parteiung aufhören wird und daß ſich die Parteien mit einander ausſöhnen werden. Uebrigens wollte mein Vorredner, der Herr Guſtav Kapp, als er ſo viele Erläſſe und Adreſſen auflas, wie ich ihn verſtehe, das beweiſen, daß unſere Majorität an Ihrer Mi- norität Gewalt, Ungerechtigkeit verüben wolle; wer angeſichts unſerer Stellung von den durch das magyariſche Parlament geſchaffenen Geſetzen dieſes ſagt, beabſichtigt nicht Beruhigung der Leidenſchaften, ſondern die Aufpeitſchung der Leidenſchaften. (Zuſtimmung.) | Jene Kälte, welche er in feinem Herzen dem magha⸗ riſchen Staate gegenüber nährt, will er, wie ich ſehe, auch bei Andern nähren. Aber ich frage den g. Herrn Abge— ordneten, ob dieſer Zuſtand auch weiterhin dauern ſolle? In welchem Theile des Landes iſt die öffentliche Meinung, aber beſonders das magyariſche Gefühl, fo oft und fo empfindlich verletzt worden? Halb Ungarn, g. Haus, hat der ungariſchen Regierung nicht ſo viel Böſes, ſo viel Widerwärtigkeiten zu⸗ gefügt, als gerade dieſe ſächſiſche Nationsuniverſität, welche jetzt den Gegenſtand der Regelung bildet. (Hört! Hört!)

G. Haus! Die auf dem Königsboden befindliche ſächſiſche

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Univerſität will ſelbſt regieren, will ſelbſt ein geſetzgebender Körper ſein, auf dem Königsboden das Municipalrecht aus— üben, indem es den elf Municipien ihre geſetzlichen Rechte entzieht und ſo hat ſie den Verordnungen der ungariſchen Regierung opponirt und wollte das Miniſterium in den An— klageſtand verſetzen. Aus dieſem kann das g. Abgeordneten— haus erſehen, daß nur ſolche Umſtände es find, welche uns dazu treiben, dieſen Entwurf mit Freuden zu begrüßen und anzunehmen. (Zuſtimmung.) Dieſem zu Folge nehme ich den Geſetzentwurf in ſeiner Totalität als Grundlage zur Special— debatte an. (Zuſtimmung.) Guido Baußnern (Sachſe):

Geehrtes Haus! Nach dem jüngſten Verhalten des geehrten Hauſes in der Juterpellationsangelegenheit meines geehrten Freundes Emil Trauſchenfels, wo jener Miniſter, deſſen allererſte Pflicht es iſt, darüber zu wachen, daß die Geſetze ftreng befolgt werden, eine offenbare Geſetzesverletzung implicite zwar zugab, jedoch anſtatt deren ſofortige Abſtellung zu verſprechen, einen Geſetzentwurf demnächſt auf den Tiſch dieſes Hauſes niederzulegen erklärte, welcher die betreffende Geſetzesverletzung zum Geſetze erheben ſoll (Oho!) und wo die Mehrheit des geehrten Hauſes, auſtatt im Sinne der beſtehenden Geſetze vorzugehen, die Enunciation des Mini— ſters zur befriedigenden Keuntniß nahm; nach dieſem Verhalten des geehrten Hauſes, ſage ich, iſt es wahrlich eine peinliche Aufgabe, gegenüber eines Geſetzentwurfes das Wort zu ergreifen, welcher geradezu auf die Beugung ſonuen— klarer Gerechtigkeit abzielt. (Lärm, Ruſe: Zur Ordnung! zur Ordnung!) Denn, meine Herren, der bezeichnete Vorgang dient zum Beweiſe dafür, daß in dieſem Hauſe Geſetzesach— tung und Rechtsgefühl wenigſtens in gewiſſen Fragen feblen’ (Großer Lärm; Rufe: Zur Ordnung, zur Ordnung!)

8 Präſident (läutet): Wenn es bei der Verhandlung irgend einer Frage nothwendig iſt, daß das g. Haus auch die Gegenargumente ruhig und aufmerkſam anhöre, ſo ge— hört dieſer Gegenſtand ohne Zweifel dazu, damit man nicht wieder den ſo oft gehörten Vorwurf erhebe, daß das g. Haus die eben von dieſer Seite (auf die Sachſen weiſend) kommenden Gegenargumente nicht nur nicht anhören wolle,

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ſondern ſogar zu unterdrücken bemüht ſei. (Lebhafte Zu⸗ ſtimmung.) Andererſeits richte ich auch an die g. Herren Abgeordneten (auf die Sachſen weiſend) die Bitte (Hört! Hört!), daß fie, gleichwie der Herr Abgeordnete, der als Erſter zum Gegenſtande ſprach, ſich objectiv ausd rückte und darum vom ganzen Haufe mit geſpannter Aufmerkſamkeit angehört wurde, auch jeden Ausdruck vermeiden, der nicht zum Gegenſtande gehört, nichts enthält, was zur Augelegen- heit nicht gehört und nur Aufregung hervorruft, ja vielleicht hervorzurufen beabſichtigt. (Lebhafte Zuſtimmung.) Damit man alſo nicht ſagen könne, das Haus wolle die Gegenar⸗ gumente nicht anhören, mache ich jetzt von meinem Präſi⸗ dentenrechte keinen Gebrauch, muß aber dem Herru Abge— ordneten erklären, daß, wenn er auch im weitern Verlaufe beleidigende Aeußerungen gegen das geehrte Haus anwenden will, ich mich meines Präſidentenrechts mit ganzer Strenge bedienen werde. (Allgemeine, lebhafte Zuſtimmung.)

Guido Baußnern: Es iſt meine Pflicht, dieſe Ermahnung des Herrn Präſidenten mit voller Achtung ent⸗ gegenzunehmen, und ich werde beſtrebt ſein, ihr zu eutſprechen.

Wenn ich dennoch das Wort ergreife, ſo erfülle ich hiemit nur eine ſittliche Pflicht, denn der Kampf um's Recht bildet die ethiſche Seite des großen Kampfes um das Daſein und wer im öffentlichen Leben wirkend ſich jenem Kampfe aus was immer für Gründen entzieht, der verſündigt ſich an dem Sittlichkeitsprincip, auf dem alle Menſchenwürde beruht. | Doch auch noch aus einem anderen Beweggrunde ers greife ich das Wort; einem Beweggrunde, welcher ſich aus der menſchlichen Natur ergibt und den der Dichter in die ſchönen Worte gekleidet hat: „Selbſt noch am Grabe pflanzt der Menſch der Hoffnung Banner auf“.

Ja wol, die Hoffnung iſt es, welche mich veran⸗ laßt, auch meinerſeits das Wort zu ergreifen; die Hoffnung, daß Sie, meine Herren, noch in der letzten Minute der zwölften Stunde auf die Stimme des Gewiſſes hören und jenen Schlag abwehren werden, welcher heute eine ganze Nation mit der Vernichtung bedroht! (Bewegung. Eine Stimme: Wo iſt dieſe Natien? Bewegung. Hört!)

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Im Geſetze ift fie Dieſe Hoffnung gründe ich auf jene edle Charactereigenſchaft, auf welche die magyariſche Nation ſeit jeher am ſtolzeſten war; ich gründe ſie auf die Ritterlichkeit und die damit unzertrennlich verknüpfte Sen— ſibilität der maghariſchen Nation im Punkte der Ehre.

Geehrtes Haus! Das allererſte und höchſte Gebot der Ehre iſt die Heilighaltung des verpfändeten Wortes. Dieſes Gebot hat ſelbſt das mittelalterliche Raubritterthum geachtet und die heutige Welt ſtellt Wortbruch und Ent— ehrung in eine und dieſelbe Linie. (Lärm. Hört!) Der Deutſche gibt dieſem Gebote Ausdruck in dem Satze: „Ein Mann ein Wort“; der Magyare drückt es noch bezeichnender aus, indem er ſagt: „Ein Mann von Ehre bricht ſein Wort nicht“. Wolan, meine Herren, ich erinnere Sie an dieſes Gebot; ich erinnere Sie an jenes Ehrenwort, welches die magyariſche Nation der ſächſiſchen Nation wiederholt feierlich verpfändet hat. (Rufe: Wann?)

Ich werde fo frei fein, dieſes Ehrenwort der magha— riſchen Nation durch Thatſachen zu beweiſeu. (Hört!)

Geehrtes Haus! Siebenbürgen iſt die glänzendſte Perle der Sanct Stefanskrone und den glänzendſten Theil der Geſchichte dieſes herrlichen Landes bildet ohne Frage der vielhundertjährige Culturkampf der ſächſiſchen Nation. (Widerſpruch.) Wahrlich, nicht dieſe Nation ſondern der Landesverrath des Woiwoden Zapolya hat es verſchuldet, daß Siebenbürgen nach der unglücklichen Schlacht von Mohaes vom Mutterlande losgeriſſen wurde und 165 Jahre hindurch der Schauplatz fortwährender Bürgerkriege und türkiſcher Raubzüge war.

Daß Siebenbürgen damals nicht vollſtändig in eine Wüſte verwandelt wurde, iſt den Verdienſten jener deutſchen Nation, der Thatkraft jener Nation zu danken, welche Sie heute mit der Vernichtung bedrohen. (Rufe: Das iſt nicht wahr!) Fürwahr! Nicht bloß die auf Geſetzen und Verträgen beruhenden Rechte der ſächſiſchen Nation, ſondern gewiß auch die Verdienſte, welche dieſe Nation zur Zeit des Friedens um die Cultur Siebenbürgens, zur Zeit der Türkennoth dagegen um die Vertheidigung dieſes Landes ſich erworben, haben die magyariſche Nation veran⸗

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laßt, in allen jenen drei Stadien, welche die Wiedervereini— gung Siebenbürgens mit dem ungariſchen Mutterlande durch- laufen hat, für die politiſche Integrität der ſächſiſchen Nation ihr Ehrenwort zu verpfänden.

Das feierliche Stadium der Union fiel in das weltbewegende Jahr 1848. Damals verpfändete die maghariſche Nation ihr Ehrenwort ſowol auf dem Preßbucger als auch auf dem ſiebenbürgiſchen Landtag ſie verpfändete es in jenen legalen Vertretungskörpern, in welchen ſie damals ebenſo, wie jetzt die ſouveraine Majorität bildete.

Auf dem Preßburger Landtag geſchah dieſes durch Schaffung des VII. Geſetzartikel vom Jahre 1848, in welchem ſich Ungarn gegenüber ganz Siebenbürgen und ſomit gleichzeitig auch gegenüber der ſächſiſchen Nation ge— ſetzlich verpflichtete, „alle jene ſpeziellen Geſetze und Freiheiten Siebeubürgens, welche nebſt dem, daß fie die vollkommene Vereinigung nicht hemmen, der Nationalſreiheit und Rechtseinheit günſtig ſind, anzunehmen und auf— recht zu erhalten.“

Auf dem ſiebenbürgiſchen Landtag wurde die politiſche Integrität der ſächſiſchen Nation mittelſt eines am 20. Juni 1848 gefaßten feierlichen Beſchluſſes gewährleiſtet. Es hatten nämlich die ſächſiſchen Mitglieder des Landtages die Wünſche der ſächſiſchen Nation in einer Denkſchrift unterbreitet, deren Inhalt ſich darin conzentrirte, daß das Sachſenland wie bisher ſo auch künftig ein untrennbares Ganzes zu bilden habe. Das ämtliche Protokoll über den er— wähnten feierlichen Landtagsbeſchluß lautet wörtlich folgen— dermaßen:

„Seine Exzellenz der Präſident fordert die Korpora- tionen und Landſtände (Karokat és Rendeket) auf, in die Berathung der auf die Tagesordnung geſetzten Gegenſtände einzugehen, in Folge deſſen die Korporationen und Landſtände nach Eröffnung der Berakhung

Bezüglich der von den ſächſiſchen Jurisdictionen ein— gereichten und die Wünſche der ſächſiſchen Nation enthaltenden Denkſchrift ihren Beſchluß in Folgendem ausgeſprochen haben:

Der Landtag obige Erklärung mit ſympathiſchem

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Gefühle gegenüber feinen ſächſiſchen Brüdern entgegennehmend übergibt dieſelbe der in Angelegenheit der Union ernannten Landeskommiſſion mit dem Auftrage, Letztere habe innerhalb der Grenzen der Gerechtigkeit, Billigkeit und einer vernünf-⸗ tigen Politik mit allem Eifer dahin zu wirken, daß auf Grundlage oberwähnter Erklärung durch das ungariſche Miniſterium ein Geſetzentwurf der nächſten gemeinſamen Geſetzgebung unterbreitet werde.“

Geehrtes Haus! Die in dem citirten feierlichen Land— tagsbeſchluſſe erwähnte Landeskommiſſion war über Vor— ſchlag des ſiebenbürgiſchen Landtages von Se. Majeſtät, dem König Ferdinand, mit dem Auftrage ernannt worden, dem ungariſchen Miniſterium zu jenem Geſetzentwurfe das Ma— terial zu liefern, welcher behufs detaillirter Regelung der Union dem nächſten gemeinſamen Reichstage vorbehalten worden war. Die bald darauf eingetretenen ſchmerzlichen Ereigniſſe haben es mit ſich gebracht, daß die eifrige Thä— tigkeit der genannten Landeskommiſſion reſultatlos blieb und die Union erſt nach ſiebenzehnjähriger Unterbrechung auf dem 1865er Klauſenburger Landtag in ihr zweites Stadium trat.

Auf dieſem ausſchließlich zur ſogenannten Reviſion der Union einberufenen Landtage verpfändete die magharifche Nation ihr Ehrenwort im Landtagsbeſchluſſe vom 6. Dez. 1865, kraft deſſen die in Form eines ſchriftlichen Antrages unterbreiteten Wünſche, Forderungen und Bedingungen der ſächſiſchen Nalion zur Sache des Landtages erhoben wurden. Die Hauptpunkte dieſes Antrages waren bezüglich des auf der Tagesordnung ſtehenden Gegenſtandes die Auf— rechterhaltung der ſächſiſchen Munizipalverfaſſung und die territoriale Unantaſtbarkeit des Königsbodens mit einem Worte die politiſche Integrität der ſächſiſchen Nation.

In das dritte und letzte Stadium trat die Union im Jahre 1868. In dieſem Jahre verpfändete die magyariſche Nation ihr Ehrenwort zuerſt durch die verantwortliche Re— gierung des ungariſchen Staates und dann durch die Geſetz— hebung ſelbſt.

Es war im Februar 1868, als die ungariſche Res gierung das gewählte Oberhaupt des Königsbodens, den

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Grafen der ſächſiſchen Nation plötzlich penfionirte und dieſen Poſten im Wege der Ernennung wieder beſetzte. Die ſäch— ſiſche Nationsuniverſität, als der geſetzliche Repräſentant der ſächſiſchen Nation, richtete aus Anlaß dieſes Ereigniſſes eine Beſchwerdeſchrift au die ungariſche Regierung, auf welche die Letztere durch den damaligen Miniſter des Innern Baron Bela Wenkheim in der beruhigendſten Weiſe antwortete. Aus dem betreffenden, vom 15. Mai 1868 datirten Mini⸗ ſterialbeſcheide erlaube ich mir folgende nicht mißzuverſtehende Worte zu citiren:

„Die ſächſiſche Nation werde nur mit Beruhigung die Gelegenheit begrüßen: bei welcher ihre auf Pripi- legien beruhende Rechtslage unter der Heiligkeit des Geſetzes und unter Mitwirkung des Landesfürſten wie auch der Volksvertretung des Sachſenlandes ſelbſt, Feſt⸗ ſtellung und ſichern Beſtand erlangen wird, wobei die gehörige Würdigung der Anſprüche der ſächſiſchen Nation fowel ſeitens Sr. Majeſtät und feiner Regierung, als auch ſeitens der übrigen Factoren der Geſetzgebung mit Zuverſicht zu erwarten ſei.“

Anfangs Dezember deſſelben Jahres, alſo ſechs Mo— nate darauf erfolgte die detaillirte und definitive Regelung der Union durch den gemeinſamen ungariſchen Reichstag und bei dieſer Gelegenheit wurde jenes Ehrenwort, welches die magyariſche Nation der ſächſiſchen Nation bis dahin blos in principieller Allgemeinheit wiederholt verpfändet hatte in den Paragrafen 10 und 11 des 43. Geſetzartikels vom Jahre 1868 endlich in eine concrete, geſetzlich und rechtlich ver— pflichtende Form gebracht.

Geehrtes Haus! Die 1868er Geſetzgebung konnte bei Gelegenheit der definitiven Regelung der Union bezüglich des Königsbodens nur Zweierlei alternativ beſchließen: Entweder ſie entſchied ſich gegen alles Recht für die Abſchaffung des Königsbodens und machte ſomit tabula rasa eder ſie achtete das Recht und beſchloß die Aufrechterhaltung des Königs— bodens. Tertium non datur. Im erſten Falle hätte die Geſetzgebung mutatis mutandis daſſelbe ſagen müſſen, was die beiden erſten Paragrafe des vorliegenden Geſetzentwurfes enthalten; die Geſetzgebung hätte nämlich Folgendes ſagen

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müſſen: „Bei der Regelung der Munizipien, beziehungsweiſe der Munizipalterritorien, über welche ein beſonderes Geſetz verfügen wird, werden der Königsboden und die benachbarten Munizipien, beziehungsweiſe Territorien einer und derſelben Rückſicht unterliegen. Nach dieſer Regelung hören für den Königsboden die bisher beſtandenen Unterſchiede im Kreiſe der Adminiſtration und hiemit gleichzeitig das Amt des an der Spitze des Königsbodens ſtehenden ſächſiſchen Ober— geſpans (Comes) auf.“ Im zweiten Falle dagegen mußte die 1868er Geſetzgebung ſagen: „Ueber die Regelung des Königsbodens verfügt in Gemäßheit der Heiligkeit des Rechtes und der ſtaatsbürgerlichen Gleichberechtigung ein be— ſonderes Geſetz.“ je

Meine Herren! Die 1868er Geſetzgebung hat ſich für das Letztere entſchieden, indem fie einerſeits im §. 9 des Unionsgeſetzes das Amt des ſächſiſchen Obergeſpans voll— kommen intact ließ und bloß die Beſetzung dieſes Amtes durch Ernennung feſtſetzte; andererſeits im Paragraf 10 und 11 deſſelben Geſetzes das Miniſterium verpflichtete, über die Re⸗ gelung des Königsbodens einen ſolchen Geſetzentwurf dem Reichstage vorzulegen, „welcher die auf Geſetzen und Ver- trägen beruhenden Rechte, ſowie die Gleichberechtigung der auf dem Königsboden wohnenden Staatsbürger jeder Na— tionalität gehörig berückſichtigt und gleichzeitig die ſächſiſche Nationsuniverſität mit alleiniger Ausnahme der Judicatur in dem, mit dem XIII. ſiebenbürgiſchen Geſetzartikel vom Jahre 1791 im Einklange ſtehenden Wirkungskreiſe mit Bei⸗ behaltung des Oberaufſichtsrechtes der Regierung auch ferner: hin beläßt.“ Und damit bezüglich der im Unionsgeſetze ge- währleiſteten Aufrechterhaltung der politiſch-ſächſiſchen Nation ja kein Zweifel entſtehe, ſetzte die Geſetzgebung im §. 88 des 42. Geſetzartikels vom Jahre 1870 Folgendes feſt: „Ueber die Regelung des Königsbodens (fundus regius) ver- fügt in Gemäßheit der Beſtimmung des §. 10 des 43. Ge⸗ ſetzartikels vom Jahre 1868 ein beſonderes Geſetz.“ (So iſt's.)

Geehrtes Haus! Wenn man bei dieſer einfachen und klaren Sachlage den im §. 11 des Unionsgeſetzes citirten. XIII. ſiebenbürgiſchen Geſetzartikel vom Jahre 1791 in Er- wägung zieht, gemäß welchem die ſächſiſche Nation unter

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Wahrung ihrer Eigenthumsrechte in ihrem politifchen und richterlichen Wirkungskreiſe aufrecht erhalten wird, und wenn man bedenkt, daß der erwähnte §. 11 des Unionsgeſetzes ausdrücklich nur den richterlichen Theil dieſes Wirkungs- kreiſes abſchafft und ſomit die politiſche Integrität der ſächſiſchen Nation in keiner Weiſe alterirt, fo muß Jeder von Ihnen, meine Herren, welcher ſich über- haupt überzeugen laſſen will, anerkennen, daß die ma— gyariſche Nation im Unionsgeſetze für die poli- tiſche Integrität der ſächſiſchen Nation ihr Ehrenwort verpfändet hat. (Rufe: Oho!)

Geehrtes Haus! Die politiſche Integrität der ſächſiſchen Nation ſetzt die Untrennbarkeit des Königsbodens unumgänglich voraus, denn es liegt auf der Hand, daß der Königsboden nicht auseinandergeriſſen werden kann, ohne die dieſes Gebiet bewohnende politiſche ſächſiſche Nation in gleichem Maße auseinanderzureißen. Die politiſche Jutegrität der ſächſiſchen Nation ſteht und fällt daher mit der territorialen Integrität des Königsbodens. Hieraus aber folgt, daß jenes Ehren- wort, welches die magyariſche Nation für die politiſche Integrität der ſächſiſchen Nation feierlich verpfändet hat, in ganz demſelben Grade auch für die territoriale Jutegrität des Königsbodens gilt. Dieſes erwähne ich deshalb, um jener ich will mich des gelindeſten Ausdruckes bedienen ich ſage, um jener durch und durch irrigen Be hauptung zu begegnen, wornach das ſeitens der magyariſchen Nation im Unionsgeſetze der ſächſiſchen Nation verpfändete Ehrenwort heute angeblich aus dem Grunde nicht mehr ein— gelöſt werden könne, weil es ſich zur Zeit der Schaffung des Unionsgeſetzes um die Municipalfrage handelte, während heute die Territorialfrage auf der Tagesordnung ſtehe, deren Löſung aus dem Geſichtspunkte des modernen Staates und ſeiner Adminiſtration angeblich die Aufrechterhaltung der teritorrialen Integrität des Königsbodens und ſomit gleich» zeitig der pelitifchen Integrität der ſächſiſchen Nation un⸗ möglich mache. Ich werde ſogleich die Ehre haben, dieſes Schlagwort noch ein klein wenig näher anzuſehen, vorerſt aber erlaube ich mir zu unterſuchen, in welcher Weiſe wol

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der vor uns liegende Geſetzentwurf das in Rede ſtehende Ehrenwort der maghariſchen Nation einlöſt?

Geehrtes Haus! Es iſt nicht meine Abſicht, in eine eingehende Kritik des Geſetzentwurfes mich einzulaſſen. Ich thue dies deshalb nicht, weil ich fühle, daß ich dann einen Ton anſchlagen würde, welcher dem ganzen Gepräge meiner heutigen Rede widerſpricht. Ich beguüge mich, einfach zu conſtatiren, daß der vorliegende Geſetzentwurf daſſelbe ſagt, was die 1868er Geſetzgebung hätte ſagen müſſen, wenn ſie gegen alles Recht mit dem Königsboden tabula rasa machen wollte. Anſtatt nämlich die politiſche Integrität der ſächſiſchen Nation ſicherzuſtellen, bezweckt dieſer Geſetzentwurf nichts Geringeres, als die Zerreißung des Königsbodens und in Folge deſſen die Streichung der politiſchen ſächſiſchen Nation aus der Reihe der Lebenden. (Bewegung.) Der vorliegende Geſetzentwurf bezweckt ſomit das gerade Gegen— theil deſſen, was die magyariſche Nation im Unions⸗ geſetze der ſächſiſchen Nation mit ihrem Ehren⸗ worte feierlich gewährleiſtet hat!

Was nun jenes Schlagwort anbelangt, welches von gegueriſcher Seite namentlich gegenüber der großen öffent— lichen Meinung mit ſolcher Vorliebe gebraucht wird und darin beſteht, daß die Aufrechterhaltung der politiſchen ſäch— ſiſchen Nation angeblich mit dem modernen Staate und ſeiner Adminiſtration unvereinbar ſei: bezüglich dieſes Schlag— wortes frage ich Sie, meine Herren, war es denn etwa die ſogenannte „natio Verböczyana“, welche die politiſche In— tegrität der ſächſiſchen Nation mit ihrem Ehrenworte feierlich gewährleiſtet hat? War es nicht vielmehr die herrſchende Nation des heutigen Ungarn's, des heutigen ungarifchen Staates, welche dieſes gethan hat? Und wenn es die Letztere war, frage ich Sie weiter, iſt denn Ungarn ſeit dem Jahre 1868 in feiner ſtaatlichen Entwickelung mit ſolch' reißender Schnelligkeit vorwärts geſchritten, daß das, was die magyariſche Nation vor acht Jahren in dieſem ſelbigen geheiligten Saale mit dem modernen Staate und feiner Adminiſtration für vereinbar gehalten und zum Geſetze erhoben hat, heute ſchon nicht mehr haltbar ſei? Oder waren vielleicht die Schöpfer der 1868er Geſetzgebung

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noch dermaßen in mittelalterlichen Ideen befangen, daß fie nicht zu beurtheilen vermochten, was mit dem modernen Staate und ſeiner Adminiſtration vereinbar ſei und was nicht? Sonderbar! Wenn ich in dieſem geehrten Hauſe Um⸗ ſchau halte, fo begegne ich ganz denſelben Capazitäten, unter deren weiſen Führung der 1868er Reichstag das Unions⸗ geſetz geſchaffen hat. War doch auch der Verfaſſer des vorliegenden Geſetzentwurfes, der ſehr geehrte Herr Miniſter des Innern und Miniſterpräſident Koloman Tißa, dabei, als dieſes Geſetz beſchloſſen wurde; und ſiehe da wenn Sie, meine Herren, das Tagebuch der betreffenden Abgeordnetenhausſitzung durch⸗ leſen, ſo werden Sie auch nicht ein einziges Sterbens⸗ wörtchen finden, welches der damalige Oppoſitionsführer Koloman Tißa gegen die Paragrafen 10 und 11 des Unions⸗ geſetzes erhoben hätte; ja, Sie werden finden, daß dieſe beiden Paragrafe vom ganzen Abgeord— ern einhellig angenommen worden ind!

So ſchrumpft deun jenes beliebte Schlagwort, wornach die Aufrechterhaltung der politiſchen ſächſiſchen Nation an- geblich mit dem modernen Staate und ſeiner Adminiſtration unvereinbar ſei, zu einer leeren Phraſe zuſammen, welche die Nichteinlöſung des ſeitens der magyariſchen Nation der ſächſiſchen Nation feierlich verpfändeten Ehrenwortes nie und nimmer entſchuldigen kann. (Unruhe. Widerſpruch.)

Geehrtes Haus! Ich habe am Eingange meiner Rede, auf einen concreten Fall geſtützt, darauf hingewieſen, daß in dieſem geehrten Hauſe wenigſtens in gewiſſen Fragen jenem, mit den erhabenen Ideen unſeres aufgeklärten Jahrhunderts wahrlich nicht übereinſtimmenden Grundſatze gehuldigt werde, welcher lautet: „Macht geht vor Recht;“ und ich nehme keinen Anſtand, zuzugeben, daß Sie, meine Herren, bezüglich dieſes Grundſatzes in Europa nicht allein ſtehen. Wenn Sie nun aber ſchon durch die Logik des Erfolges in anderen mächtigen Staaten geblendet ſagen zu können glauben: „Macht geht vor Recht,“ Eines kann ich von Ihnen, als den Repräſentanten der ritterlichen magyariſchen Nation unmöglich vorausſetzen und dieſes Eine ift. das Sie fähig wären, zu ſagen: „Macht geht vor Ehre!“

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Nichtswürdig iſt jene Nation, welche nicht ihr Alles ſetzt an ihre Ehre, und in die Schanze ſchlägt jene Nation ihre Ehre, welche ihr feierlich verpfändetes Ehrenwort nicht einlöſt. (Lärm, Rufe zur Ordnung!)

Präſident: Ich glaube, daß das geehrte Haus keinen größeren Beweis feiner Beſonnenheit geben konnte, als durch die Ruhe, mit welcher es die wie es mir ſcheint direkt zur Aufſtachelung der Leidenſchaften gerichteten, ſo oft wiederholten Ausdrücke des Herrn Abgeordneten anhörte.

Ich geſtehe, geehrtes Haus, es fällt mir ſchwer, daß ich bei dieſem Gegenſtande von meinem Präſidentenrechte nicht in der Weiſe Gebrauch mache, wie ich im Sinne der Hausordnung ſollte. Aber das geehrte Haus wird erlauben, ich glaube richtig vorzugehen, wenn ich zu dem, wenn auch unberechtigten Vorwurfe keinen Anlaß gebe, daß das geehrte Haus die Argumente der Redner wenn dieſelben auch mit unzuläſſigen Ausdrücken gewürzt waren, nicht ruhig an- hörte; die Weisheit des geehrten Hauſes wird entſcheiden. (Rufe Hört!) Der Herr Abgeordnete wolle alſo ſeine Rede fortſetzen.

Guido Baußnern: Geehrtes Haus! Ich ſchließe meine Rede mit der Erklärung, daß ich den Beſchlußantrag meines geehrten Freundes Guſtav Kapp unterſtütze. (Beifall von den Sachſen).

Miniſterpräſident Koloman Tißa:

Geehrtes Haus! Vor Allem will ich bemerken, daß ich mich derſelben, auch vom geehrten Herrn Präſidenten be- tenten Ruhe und Beſonnenheit befleißigen will, welche die Mitglieder des geehrten Hauſes im Verlaufe der ſoeben ver— nommenen Rede an den Tag gelegt haben; ich werde memer— ſeits auf die Rede keine Antwort geben, welche ihrer würdig wäre, wol aber eine ſolche, welche dieſes Hanſes würdig iſt. (Beifall.)

Zuerſt will ich bemerken, daß ich glaube, die magyariſche Nation werde, gleichwie ſie weder ihre Ritterlichkeit, noch ihr Ehrenwort jemals verleugnet hat, dieſelben auch in Hinkunft nicht verleugnen; Eines aber hat ſie gelernt, und ich hoffe, ſie werde daraus Nutzen ziehen: ſich nämlich, wenn auf ihre Ritterlichkeit und ihr Ehrenwort Berufung geſchieht,

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hiedurch nicht fangen zu laſſen, ſondern ſich umzufehen, was dahinter ſteckt, worauf man ſich beruft. (Beifall.) Und weil ich wie geſagt Alles vermeiden will, was zu Gereiztheiten führen könnte, ſo will ich überdies bemerken, daß ich mich über die im Laufe der Geſchichte erworbenen Verdienſte und die Belohnung, welche die magyariſche Nation für ihre, nach dem Herrn Abgeordneten im Jahre 1848 be⸗ kundete Ritterlichkeit und ihr Ehrenwort von den Sachſen empfangen hat, nicht verbreiten werde. (Lebhafter Beifall).

Uebrigens, meine Herren, wohin würden wir denn am Ende kommen, wenn das ſtünde, was einer der Herren Abgeordneten geſagt hat, daß ein beſtehendes Geſetz abändern wollen ſo viel heiße, als die Heiligkeit des Geſetzes nicht achten, die ſchuldige Ehrerbietung vor dem Geſetze verletzen, oder wol gar feviel, als das Ehrenwort brechen. Da wäre ja das Leben einer jeden, in der Entwicklung begriffenen Nation nichts anderes, als eine kontinuirliche Mißachtung des Geſetzes, ein fortwährender Wortbruch, denn ein Fort⸗ ſchritt ohne Abänderung der Geſetze iſt bei einer Nation doch abſolut nicht denkbar. (Wahr! So iſt's!)

Wie ſteht denn alſo die Sache überhaupt? Der g. Herr Abgeordnete ſpricht von einer ungariſchen Nation und von einer ſächſiſchen Nation, und zwar auch von der letzteren, als einer politiſchen Nation, und bringt damit die territoriale Untheilbarkeit in Verbindung. Ich weiß nicht, g. Haus, aber ich wenigſtens leſe in dem Geſetze über die Gleichberechtigung der Nationalitäten, daß es im Reiche der Sct. Stefanskrone, beziehungsweiſe in Ungarn, denn Kroatien macht hier einiger⸗ maßen eine Ausnahme, keine andere politiſche Nation gibt, als allein die magyariſche (So iſt's !); wie man ſonach uns gegenüber eine ſächſiſche politiſche Nation behaupten kann, an deren Territorium man nicht rühren dürfe, das, ich muß geſtehen, möchte ich mir gerne von Jemandem aus etwas anderem, als aus einſeitiger Befangenheit und wahrhaftiger Mißachtung des Geſetzes erklären laſſen. (Lebhafter Beifall). Was beſagt ſelbſt noch das 1868er Geſetz, auf welches man ſich ſo gerne beruft? Sagt es nicht gleich zu Beginn genau ſo, wie die vorhergegangenen Erklärungen des ungariſchen Reichstages ausgeſprochen haben, in wie weit die Sonder⸗

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rechte Siebenbürgens reſpektirt und aufrecht erhalten werden können?

Das 1848er Geſetz um von dieſem zuerſt zu reden ſagt, vielleicht nicht mit denſelben Worten, die ich gebrauche, aber es ſagt: daß alle jene beſonderen Geſetze Siebenbürgens, welche der Freiheit und der Rechtsgleichheit günſtig find, reſpectirt werden. (So iſt's!) Nun frage ich, fallen jene Geſetze, welche den Sachſen auf dem bisherigen Königsboden eine privilegirte Stellung gaben, in dieſelbe Kategorie? Ich glaube nicht, daß Jemand beweiſen könnte, daß die große Mehrheit der Bevölkerung jenes Territoriums dieſe Geſetze mit der Rechtsgleichheit vereinbar halte. (Leb— hafter Beifall). Dieſe Sonderſtellung wird alſo in eben jenen Worten des zitirten 1848er Geſetzes ſelbſt verurtheilt, in denen das Verſprechen gegeben wurde. Der G. -A. XLIII: 1868 aber ſagt bezüglich Siebenbürgens: Die bisher beſtandenen Territorial⸗Eintheilungen und Benennungen nach politiſchen Nationen, ſowie die damit verbundenen Vorrechte und Privilegien, inſofern ſie einer Nationalität mit Ausſchluß der übrigen zugeſtanden, werden aufgehoben; daß Geſetz ſpricht alſo mit Beſtimmtheit aus, daß es einen ſächſiſchen Boden, eine ſächſiſche politiſche Nation, ein ſächſiſches Terrain nicht gibt. (Lebhafter Beifall). Sonach iſt das Prinzip ſelbſt ſchon im 1868er Geſetze ausgeſprochen; die Applikation aber hat dieſes Geſetz ich will nicht erörtern weßhalb, weßhalb nicht? einer ſpäteren Zeit vorbehalten.

Sonach beweiſen alſo ſelbſt dieſe Geſetze gegen die Anſprüche des Herrn Abgeordneten.

Ich wiederhole: wenn das neue Geſetz in einem oder dem andern Punkte auch Anderes bezweckt, als das ältere Geſetz, die Lehre, daß es Mißachtung des Geſetzes oder Wortbruch ſei, anerkenne ich nicht, kann ich nicht anerkennen, und gerade Diejenigen, die von gebildeten Nationen, die von einer Culturmiſſion nicht nur im Worte, ſondern auch im Geiſte einen Begriff haben, können dieſe Lehre auch gar nicht aufſtellen. (Stürmiſcher Beifall.)

Eine Aeußerung das iſt wahr habe ich gehört, die mir große Freude gemacht hat, und das war die, Schade

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nur, daß nicht ſchon längſt Viele fie beherzigt haben, die immer und unaufhörlich ſo ſehr jammern, wie die Sachſen in Siebenbürgen von den Magyaren unterdrückt werden, es war, ſage ich, die Aeußerung: Die Exiſtenz und die In— ſtitution der Sachſen widerſtreite ja der Freiheit nicht, denn ſie haben ſchon im Mittelalter in Ungarn Freiheit genoſſen, wie man ſie zu jener Zeit in ganz Europa nicht finden konnte. Es wird gut ſein, ſich das zu merken und auch auf jener Seite auf das Gewiſſen zu achten, wenn dem gegen— über Unwahrheiten in die Welt geſchleudert werden. (Beifall.)

Der Umſtand aber, daß jene Juſtitutionen damals In⸗ ſtitutionen der Freiheit waren, beweiſt ebenſowenig, daß ſie auch heute Juſtitutionen der Freiheit und der heute noth- wendig gewordenen Rechtsgleichheit ſind, wie der Umſtand den ebenfalls Niemand in Abrede ſtellen wird daß in jenen mittelalterlichen Jahrhunderten die Organifation und der Rechtskreis des ungariſchen Adels eine freiheitliche In⸗ ſtitution waren, nicht rechtfertigen würde, daß es richtig wäre, dem ungariſchen Adel ſeine urſprüngliche Vit zu geben. (Lebhafte Zuſtimmung.)

Bei der Abfaſſung dieſes Gefegentwurfs war ich von dem Wunſche geleitet, daß jedes Territorium des Landes und jeder Bewohner in adminiſtrativer Beziehung gleichge— ſtellt ſei, daß alſo dem Prinzip der Rechtsgleichheit entſprochen werde. Und ich wage es entſchieden zu behaupten, daß es mir nie in den Sinn gekommen iſt, mich gegen Bürger dieſes Landes, welcher Sprache immer dieſe ſein mögen, von feind⸗ ſeligen Gefühlen leiten zu laſſen und ich geſtehe, daß ich mich nicht berufen gefühlt hätte, unſeren, in Siebenbürgen wohnenden ſächſiſchen Mitbürgern ein ſolches Armuthszeug⸗ niß auszuſtellen, wie es die Herren Abgeordneten ſich aus⸗ ſtellen, indem fie ſagen: dieſer Volksſtamm ſei ſo ſchwach, ſo lebensunfähig, daß er ſterben, daß er verſchwinden muß, wenn er auf dieſelbe Rechtsbaſis mit den übrigen Bürgern des Landes geſtellt wird. (Leb hafter, lang anhaltender Bei⸗ fall und Eljenrufe.)

Ich, geehrtes Haus, glaube nicht, daß dem ſo ſei, ja ich bin überzeugt, daß die ſächſiſchen Bürger Siebenbürgens

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unter dem Schutze des allgemeinen Geſetzes nicht nur leben, ſondern auch proſperiren und blühen werden. Was, wie ich hoffe, ſterben wird, was ſterben muß, das iſt die Herr— ſchaft der Yuterefjen einzelner Cliquen dieſe aber wird Niemand bedauern. (Lebhafter Beifall.)

Dies wur ein Geſichtspunkt; der andere war der, daß auch nicht der Schatten eines Zweifels darüber beſtehen dürfe, daß alle jene Anklagen wirklich vollſtändig unbegründet ſind, die ſeit Jahren unabläſſig verbreitet werden und die wir fortwährend leſen können, daß nämlich die ungariſche Nation das Vermögen der Sachſen confisziren will daß die vollſtändige Unwahrheit dieſer Anklagen klar erwieſen werde, und ich glaube, indem ich die ſächſiſche Nations: Univerſität als Verwalterin dieſes Vermögens belaſſen habe, indem ich über die rechtliche Natur dieſes Vermögens gar keine Meinung abgeben wollte, ſondern das Urtheil hierüber, wenn Zweifel auftauchen, dem Gerichte überlaſſe: habe ich auch dieſem Geſichtspunkte ganz und vollſtändig entſprochen. (Lebhafte Zuſtimmung.)

Ich wundere mich nicht, geehrtes Haus, wenn dieſe Vorlage Manchen nicht gefällt, wenn ſie die Berechnung Mancher ſtört, denn es mag wirklich Niemandem lieb ſein, wenn es außerdem, daß ſeine bisher zärtlich gehegten ſpeziellen Intereſſen einen Abbruch erleiden klar wie das Sonnenlicht wird, daß er die Nation, in deren Mitte er lebte, Jahre lang verleumdet hat, denn dieſer kam es nie in den Sinn, von Jemandes Vermögen auch nur einen Heller wegnehmen zu wollen. (Lebhafter Beifall.) Und mögen es die Herren Abgeordneten und namentlich der Vorredner a er daß unſere Deviſe nicht ift „Macht geht vor Recht“. Die Geſchichte beweiſt freilich, daß dem leider häufig ſo war; wir aber wollen unſere Macht mit dem Recht vereinigen (Zuſtimmung); dann aber fell es ihnen nicht ſchwer fallen, daß jene in dem kleinen Winkel des Landes genoſſene ſpezielle Gewalt, die in ihrer Hand lag, die aber thatſächlich im Widerſpruche mit dem Rechte ſteht, aus dem Geſichtspunkte des allgemeinen Rechtes ihnen aus der Hand genommen wird. (Lebhafte Zuſtimmung.) Ich bitte, die Vorlage anzu— nehmen. (Lebhafter, langanhaltender Beifall und Eljenrufe.)

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Alexander Bujaunovies (Senuyeypartei.):

Geehrtes Haus! Der jetzt in Verhandlung befindliche Geſetzentwurf über den Königsboden und die ſächſiſche Uni— verſität hat zu Folge der dem Entwurf beigeſchloſſenen Miniſterial-Motivirung einen doppelten Zweck. Der eine iſt nach den eigenen Worten der Motivirung der: einen Modus für die zukünftige Regelung des Königsbodens feſt— zuſetzen, der zweite: die ſächſiſche Univerſität, beſonders die Vermögensverhältniſſe der ſächſiſchen Univerſität zu regeln. Die Nothwendigkeit der Regelung des Königsbodens aner— kennt ſchon der XLIII. G.⸗A. vom Jahr 1868, welcher von der Vereinigung Siebenbürgens handelt. Er hat dieſe nicht blos anerkannt, ſondern auch die Regelung in Ausſicht geſtellt. Die Nothwendigkeit dieſer Regelung auerkenne auch ich und zwar nach beiden Richtungen hin, ſowol vom Ge— ſichtspunkte der Gebiets- und Verwaltungsregelung des Königsbodens, als dem der Organiſirung der ſächſiſchen Univerſität und der Normirung ihrer Vermögens-Fragen.

Ich habe daher und kann auch keine Einwendung und Bemerkung dagegen haben, daß die Geſetzgebung ſich mit der Frage der Regelung des Königsbodeus beſchäftigt. Hin- ſichtlich des in Verhandlung befindlichen Geſetzentwurfes habe ich nur die Frage, ob das Ziel richtig iſt, welches ſich der Geſetzentwurf ſelbſt ſteckt, und ob die in dem Geſetz— entwurf enthaltenen Maßregeln die richtigen ſind, um dies Ziel zu erreichen.

Bevor ich meine Bemerkungen zum Geſetzentwurf vor— bringe, ſehe ich mich genöthigt zu bemerken, daß ich den Beſtand und die Aufrechthaltung einer mit beſondern Privi- legien ausgeſtatteten Municipalkörperſchaft, einer privilegirten Verwaltungsbehörde im Gebiet des ungariſchen Staates nicht unterſtütze (Zuſtimmung), nicht unterſtütze weder vom Ge— ſichtspunkt der Rechtsgleichheit, noch des Staatsintereſſes, noch der Anforderungen der Verwaltung. Mit Bereitwillig⸗ keit anerkenne ich jene Dienſte, welche derartige Gebiete und Bezirke in der Vergangenheit ſowol für die Intereſſen der Cultur als auch der Verwaltung geleiſtet haben. Aber dieſe Anerkennung dieſer in der Vergangenheit geleiſteten Dienſte, der in der Vergangenheit erworbenen Verdienſte

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kann mich nicht abhalten zu erklären: daß ich bei den ent- wickelten Verwaltungs- und Staatsanſprüchen, ſolche beſon— dere Privilegien beſitzende Verwaltungskörper und Behörden für die Vermittlung der Staatsverwaltung für vollſtändig geeignet nicht halte, daß daher auch ich eine Regelung der— ſelben, wobei die Vermögens-Rechte, die Cultur-Intereſſen in Ehren gehalten werden, wünſche.

Bei dieſer Regelung aber anerkenne ich nur einen ent— ſcheidenden und maßgebenden Geſichtspunkt, und dieſer iſt das höhere Staatsintereſſe, das unvermeidliche Poſtulat der Verwaltung, welchen Geſichtspunkt, wie ich glaube, man auf jedweden Bürger des Staates, auf alle Verwaltungs-Körper— ſchaften anwenden muß, aber innerhalb ſeiner Schranken wünſche ich jedem berechtigten Intereſſe, jedem berechtigten Auſpruch Schutz, geſetzliche Unterſtützung zu gewähren ohne jede Rückſicht auf Stamm, Bekenntniß und Nationalität.

Dieſemnach, geehrtes Abgeordnetenhaus, kann ich er— klären, daß die Regelung des Königsbodens auch ich ſehr wünſche und unterſtütze. Ich acceptire die Regelung auf Grund derjenigen Geſichtspunkte, derjenigen Principien, welche ich für die Geſammtheit aller Bürger des Staates, für jede Jurisdiction als richtig anerkenne. Aber ich wünſche und bin für eine wirkliche, weſentliche Regelung, für das Nichtaus— ſprechen des Prineips, aber mit dem Ausſprechen des Prin— cips gleichzeitig für eine praktiſche Anwendung des Princips. Und indem ich von dieſem Geſichtspunkte ausgehe, muß ich bemerken, daß der in Verhandlung befindliche Geſetzentwurf mich nicht befriedigt, daß ich meinerſeits denſelben mangelhaft finde. Dieſer Geſetzentwurf enthält zwar in den einzelnen Theilen in der Frage der Regelung der ſächſiſchen Univerſität und der materiellen Verhältniſſe detaillirte Verfügungen, Verfügungen, welche, weil ſie die Eigenthumsrechte reſpee— tiren, weil ſie dieſe Rechte zwar normiren, aber die Ver— fügungs⸗Freiheit der Berechtigten nicht verletzen, indem ſie hinſichtlich der Vermögensrechte die vollſtändige richterliche Competenz aufrecht erhalten, Verfügungen, welche auch ich meinerſeits als richtig aunerkennen muß. Aber in dem zweiten Haupttheile, in dem Theile über die Regelung des Königs— bodens iſt dieſer Geſetzentwurf ſchon in ſeinem Ziel verfehlt.

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Dieſer Geſetzentwurf bezweckt nicht ſo ſehr die Regelung, ſondern nur eine Modalität der Regelung, nicht die An⸗ wendung des Princips, nur das Princip ſelbſt, aber die An⸗ wendung dieſes Principes verleiht ihm erſt ſeinen prak— tiſchen Werth.

Der erſte Paragraf des Geſetzentwurfes ſagt zwar, daß über die Regelung des Königsbodens ein beſonderes Ge— ſetz entſcheiden und daß bei dieſer Regelung der Königsboden mit den benachbarten Territorien unter dieſelbe Rückſicht fallen werde. An und für ſich iſt dieſer Grundſatz löblich; mit dem Ausſprechen desſelben wird jedoch die Angelegenheit der Regelung des Königsbodens um keinen Schritt vorwärts gebracht; nun halte ich meinerſeits nicht die abſtracte Auf— ſtellung eines Grundſatzes, ſondern die Anwendung des Grund— ſatzes bei der Frage ſolcher Regelungen für die Aufgabe der Legislative. Eine ſo nackte Aufſtellung des Prinzipes führt nur zur Erweckung von Mißverſtändniſſen und Beſorgniſſen, während die richtige, gerechte und praktiſche Anwendung des Grundſatzes wenn ſie auch vielleicht von der einen und andern Seite nicht mit erforderlicher Ruhe aufgenommen würde die Geſammtheit der Staatsbürger jedenfalls be- ruhigen würde. Eben deßwegen würde ich es für richtiger gehalten haben, wenn die adminiſtrative Territorial-Regelung des Königsbodens gleichzeitig mit der Regelung der ſieben— bürgiſchen Jurisdictionen und in einem und demſelben Geſetz— entwurfe durchgeführt worden wäre, (Zuſtimmung); blos die Löſung der Frage des ſächſiſchen Univerſitätsvermögens hätte den Gegenſtand eines beſondern Geſetzentwurfes zu bilden. Wie geſagt, hätte ich dieſen Vorgang der Geſetzgebung für richtiger, zweckmäßiger angeſehen. Ueberhaupt, g. H., halte ich es nicht für einen richtigen Vorgang der Geſetzgebung, nicht für eine richtige Politik, behufs der practiſchen Löſung der auf Erledigung harrenden Fragen früher ein Geſetz zu bringen, welches den Grundſatz aufſtellt, und nachher dieſen Grundſatz in einem neuen beſonderen Geſetzentwurfe anzuwenden. Abgeſehen von jenem Zeitverluſte, welcher mit ſolchem geſetzgeberiſchen Vorgehen verbunden iſt, beruhigt ich wiederhole es nicht die Aufſtellung des Grundſatzes, ſondern die gerechte An- wendung des Principes, und wir erſchweren uns durch

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ſolches Vorgehen nur unſere geſetzgeberiſche Wirkſamkeit. G. H., regeln wir daher den Königsboden, wenn wir die Nothwendigkeit der Regelung erkennen, und ich anerkenne die Nothwendigkeit der Regelung —, aber regeln wir ihn auch thatſächlich, practiſch, jenen Principien gemäß, welche wir oder ich bitte um Entſchuldigung die Mehrheit als jedem Bürger des Vaterlandes angemeſſen erachten, aber regeln wir dieſe Fragen definitiv; denn eine ſolche Löſung der Fragen, wie ich ſie erwähnte, iſt ein ſolches geſetzgeberiſches Vorgehen, welches ich meinerſeits nicht für richtig halte.

Da aber dieſer Geſetzentwurf, außer dem erſten und meiner Anſicht nach im Zwecke verfehlten 8, auch Anz ordnungen von practiſcher Bedeutung enthält, ſo trete ich nach der Erwähnung dieſer Bemerkungen dem nicht ent— gegen, daß dieſer Geſetzeutwurf zur Baſis der Special— debatte angenommen werde, behalte mir aber vor, in der Specialdebatte meine Anſichten näher zu entwickeln. (Zu— ſtimmung.)

Adolf Zay (Sachſe. ):

Geehrtes Haus! Der Beruf der Geſetzgebung iſt in jeder ihrer Agenden ein ernſter, hochwichtiger und verant— wortungsſchwerer, doch erufter und verantwortungsvoller als je wird die Aufgabe und die Pflicht der Legislative, wenn ihrer Entſcheidung ein Geſetzesentwurf vorliegt, der wie der heutige die Exiſtenz eines lebeusfähigen, im Sturme von Jahrhunderten erprobten und bewährten Volkes in Frage ſtellt. (Lärm).

Präſident: Geehrtes Haus! Die Stimme des Herrn Redners iſt ſo leiſe, daß ich ſelbſt ſie nicht höre, weßhalb ich das geehrte Haus bitte, aufmerkſam und ruhig ſein zu wollen, damit wir die Rede hören. (Rufe: Auf die Tribüne!)

Adolf Zay: Geehrtes Haus! Sie ſelbſt haben es nicht vor langer Zeit erfahren, was es heißt um Sein oder Nichtſein einer Nation zu kämpfen; in Ihren Reihen ſitzt ſo mancher von den begeiſterten Streitern für die vitalen In⸗ tereſſen Ihrer Nation, und Keiner iſt unter Ihnen, deſſen Seele nicht ein heiliger Schauer der Rührung ergreift, wenn

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er der Worte Ihres Nationaldichters gedenkt: egy ezred- evi szenvedes ker eltet vagy halält. (Ein tauſend⸗ jähriges Leiden bittet um Leben oder Tod.) Nun wol meine Herren, ſo rufe ich Ihnen denn in dieſer hochernſten Stunde mit bittender, mahnender, warnender Stimme zu: het- szäz évi szevendés k. e. v. h! (Ein ſiebenhundertjähriges Leiden bittet um Leben oder Tod). Die mehr denn ſieben— hunderjährige ehren⸗ und ſegensvolle und von den ungariſchen Königen hochgeehrte Vergangenheit des ſächſiſchen Volkes tritt heute in dieſe heiligen Hallen der Geſetzgebung, ſie fleht nicht um Gnade, ſie fordert ihr gutes Recht: und wenn in Ungarn Recht und Geſetz noch gilt, wenn Treu und Glauben nicht hinfällig geworden, wenn der ungariſche Staat auf der ethiſchen Baſis der Gerechtigkeit ſtehen will, ſo muß die ſächſiſche Nation ihr gutes Recht hier bei den Hütern des Geſetzes finden, und wäre es auch der allmächtige Minifter- präſident ſelbſt, der die Axt angelegt hat an die Lebens- wurzeln ihres nationalen Beſtandes!

Seien Sie ſich bewußt, meine Herren, daß es ſich heute ſomit nicht nur um das Recht der Sachſen, ſondern Hauch um die Ehre des ungariſchen Parlamentes und des ungarischen Volkes handelt! Laſſen Sie heute jeden Partei- ſtandpunkt, jede Voreingenommenheit, jede Antipathie fahren, ſuchen Sie den Gegenſtand voll und objectiv zu erfaſſen, prüfen Sie ruhig, ernſt, leidenſchaftslos und gewiſſeuhaft ſeien Sie gerecht und halten Sie ſich dabei gegenwärtig: hodie tibi, eras mihi!

Die Achtung vor dem geehrten Hauſe gebietet mir trotz des feindſeligen Getöſes, das Ihre Blätter und insbe— ſondere die Organe der Regierung gegen uns erhoben, trotz der Tendentioſität und Unwahrheit, mit welcher auch in aus— wärtigen Blättern dem uneingeweihten Publikum Sand in die Augen geſtreut und gegen uns „Stimmung“ gemacht wurde, und trotz der Haltung der Verwaltungscommiſſion des ge- ehrten Hauſes, ja ſelbſt ungeachtet des lauten Jubelrufes, mit welchem das geehrte Haus die Worte des Herrn Inner» miniſters und der Redner der Regierungspartei aufgenommen hat trotz alledem, zwar nicht von der Hoffnung meines Freundes Baußnern auf die Ritterlichkeit der magyariſchen

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Nation, aber doch von der Auſicht, oder ſagen wirs offen, von der parlamentariſchen Fiction auszugehen, daß a dhue sub judice lis est, daß die geehrte Majorität dieſen Saal nicht mit fertiger Abſtimmungsordre in der Taſche betreten, daß hier mit der parlamentariſchen Be— rathung nicht bloß Comödie geſpielt würde, ſondern daß die Mitglieder des geehrten Hauſes in dieſem Saale erſchienen find, um ſich hier ihr Urtheil zu bilden, und ſich infor— miren und überzeugen zu laſſen.

Erlauben Sie mir, daß ich dies mit den beſchränkten Mitteln eines nicht im Gebrauche der Staatsſprache Heran⸗ gewachſenen im Nachſtehenden verſuche.

Ich halte es um ſo mehr für meine Pflicht, mich hier in eine Klarlegung der Sachlage einzulaſſen, als die Auf- klärungen, die der Herr Innerminiſter gegeben, in mir die Ueberzeugung wachgerufen, daß ſelbſt der Herr Fachminiſter den Gegenſtand hie und da nicht kennt oder aber nicht kennen will. Ich verweiſe hier nur darauf, daß der Herr Inner- miniſter in der Verwaltungscommiſſion auf die Anfrage: wodurch derzeit der Behördenorganismus des Sachſenlandes normirt ſei, die Auskunft gab: durch veraltete Privilegien während der Herr Fachminiſter doch ganz gut wußte oder doch wiſſen müßte, daß dieſe Norm in einer doch wol nicht unter das beliebte und wirkſame Schlagwort „veraltete Privilegien“ zu ſubſummirenden Verordnung des früheren Innerminiſters Baron Bela Wenkheim vom 28. März 1869 beſteht. Ebenſo muß es den Kenner ſiebenbürgiſchen Rechtes höchlichſt befremden, wenn der Herr Innerminiſter ſich am Schluße ſeines Motivenberichtes darüber moquirt, daß das Vermögen der Siebeurichter von 8 Municipien verwaltet werde, wenn er dies einen Beweis „erſtaunlicher“ und „ver— quickter“ Verhältniſſe nennt. Ja, weiß denn der Herr Inner- miniſter nicht was in Siebenbürgen jeder Schulknabe weiß daß septem sedes blos eine Abkürzung von Cibi- nium et septem sedes iſt und die älteſte Anſiedlercolonie, die aus Hermannſtadt und den 7 übrigen älteſten Anſied⸗ lergruppen beſtehende provincia Cibiniensis bedeutet?! Oder war es dem Herrn Miniſter nur darum zu thun, durch die Ausdrücke erſtaunlich und verquickt wieder einmal

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in feiner bekannten loyalen und objectiven Art zu informiren ? Dieſe beiden Beiſpiele mögen genügen zur Beleuchtung des Werthes der vom Herrn Innerminiſter gegebenen Ju⸗ formation.

Zur Beleuchtung und Beurtheilung des vorliegenden Geſetzentwurfes müſſen wir vor Allem conſtatiren, was iſt fein Inhalt, was feine Tendenz?

Die Worte, in welchen der Haupttenor des Entwurfes gelegen iſt, die Worte des §. 1, ſind ſehr fein ausgeklügelt; es iſt dem Herrn Innerminiſter wieder einmal gelungen, hinter harmlos klingenden Worten durchaus nicht harmloſe Dispoſitionen und Tendenzen zu maskiren. Sehen wir uns den erſten Abſatz des genannten §. aber etwas genauer an, ſo heißt der Ausdruck: „fällt unter dieſelben Geſichtspuncte“ dasſelbe, was man, offener und ehrlicher ſo ſagen würde: der territoriale Zuſammenhang des Königs⸗ bodens wird zerriſſen, und die Worte des II. Abſatzes „die bisherigen Beſonderheiten auf dem Gebiet der Verwal— tung entfallen“ lauten in klarer Sprache derer die nicht bei Talleyrand in die Schule gegangen, einfach ſo: das Municipalrecht des Königsbodens wird confis⸗ cirt. Die weiteren SS. des Entwurfes enthalten die Aufhebung des Rechtskreiſes der Nationsuni⸗ verſität und weſentliche Beſchränkungen in der Verwaltung des Vermögens der ſächſiſchen Nation.

Der Herr Miniſter wolle entſchuldigen, daß ich meiner- ſeits die Sprache nicht für dazu beſtimmt erachte, um hinter ihr die Gedanken zu verbergen. Ich habe das Kind beim rechten Namen genannt und will nun zeigen, wie dieſe im Entwurfe geplanten Dispoſitionen ſich verhalten erſtens zum geltenden Rechte und zweitens zu den Intereſſen des Staates. | Der Herr Innerminiſter beruft ſich in feinem Mo⸗ tivenbericht ſelbſt auf das für die Beurtheilung feines Ent- wurfes fundamentale Geſetz, auf die 88. 10 und 11 des XLIII. G.-⸗A.: 1868 und auf §. 88 des XLII. G.⸗A. 1870. Doch auch hier hat ſich wieder einmal die wunder- bare Geſchicklichkeit des Herrn Miniſters bewährt, durch das

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Prisma ſeiner Dialectik auch den reinſten Lichtſtrahl jo zu brechen, daß er die Farbe annimmt, die dem Herrn Miniſter beliebt ſagen wir es offen heraus: der Herr Miniſter hat aus den citirten Geſetzesſtellen nur die Worte heraus» geklaubt, die ihm zu ſeiner Tendenz ſtimmten es ſind dies die unweſentlichen und hat jene Worte und zwar die weſentlichen einfach ignorirt und in feinem Motivenberichte mit gewohnter Loyalität todtgeſchwiegen, welche ſeiner Teudenz den Schild des Geſetzes entgegenſtrecken. So kann man daun freilich jedwede geſetzliche Garantie illuſoriſch machen, aus jedem Geſetze nur das herausleſen, was man will ob aber dieſe Methode der Geſetzesapplication nicht am Lebensmarke des Rechtsſtaates frißt, ob ſie mit po— litiſcher Ehrenhaftigkeit vereinbarlich iſt, über— laſſe ich beruhigt dem Urtheile aller Ehrlichdenkenden.

Vor allen Dingen ſchreibt der §. 10 des XLIII. G.⸗A.: 1868 dem Inuerminiſter nicht blos vor: einfach irgend einen Geſetzentwurf über die Regelung des Königs— bodens einzubringen, ſondern ſagt ausdrücklich: das habe zu geſchehen nach Anhörung der Betreffenden d. i. wie der Herr Miniſter in dem Verwaltungsaus— ſchuße ſelbſt anerkannt hat: der ſächſiſchen Nations-Uni⸗ verſität. Dies hat der Herr Miniſter nicht gethan, er hat ſeinen Entwurf der ſächſiſchen Nationsuniverſität zur Aeuße— rung nicht vorgelegt, ſomit ſchon hiedurch den §. 10 des citirten Geſetzes verletzt. Der Herr Innerminiſter könnte mir einwenden, daß ſchon fein Vorgänger die Univerſität über dieſen Entwurf ein vernommen, ich meinerſeits aber conſtatire, daß dies nicht der Fall iſt. Wol hat ſich der Herr Miniſter Wilhelm Thot mit der ſächſiſchen Nationsuniverſität bezüg⸗ lich des einzubringenden Municipalgeſetzes in's Ein⸗ vernehmen geſetzt; doch einerſeits geſchah dies auf einer ganz andern Baſis, während der vorliegende Entwurf der Univerſität niemals zur Aeußerung vorlag und ſich ſowol die 1871er als insbeſondere die 1872er Nationsuniverſität in dieſer Frage in einer Weiſe äußerten, die mit dem gegen— wärtigen Geſetzentwurfe in diametralem Gegenſatze ſteht andrerſeits aber wurde die ſächſiſche Nationsuniverſität niemals über die Arrondirungsfrage gehört, die doch

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das Fundament des heutigen Entwurfes iſt und die Vernichtung des geſammten ſächſiſchen Municipalvechtes als einfache Conſequenz der geplanten Zerreißung des Sach— ſenlandes nach ſich ziehen ſoll.

Wegen der nicht erfolgten Anhörung „der Betreffenden“ liegt alfo ſchon in der Einbringungsart des Ent- wurfes ſelbſt, ganz abgeſehen von ſeinem Inhalte, eine formelle Rechtsverletzung und zugleich die Schädigung des der ſächſ. Nationsuniverſität durch den §. 10 des citirten Ge— ſetzes und durch wiederholtes Königswort zugeſicherten Rechtes: bei der Regelung der Jnnerverhältniſſe des Sachſenlandes ſelbſt mitzuwirken.

Weit bedenklicher und unverautwortlicher aber ſind die materiellen Rechtsverletzungen, die der dispoſitive In— halt des Entwurfes involvirt. Derſelbe zertrümmert, wie ich oben gezeigt, den territorialen Zuſammenhang des Königs— bodens, macht das Municipalrecht des Königsbodens illuſoriſch, confiscirt den Rechtskreis der Nations⸗Univerſität und greift ein in das Eigenthumsrecht der Nation. Zu all' dieſer Vergewaltigung hält ſich der Herr Miniſter bei ſeiner bei⸗ ſpielloſen oben characteriſirten Interpretationsmanier durch den §. 10 des citirten Unionsgeſetzes für berechtigt. Was aber ſagt der derart mißdeutete S. 10: „Zur Sich er⸗ ſtellung der Selbſtverwaltungsrechte der Stühle, Diſtricte und Städte des Königsbodens, zur Organi- ſirung ihrer Vertretungskörper und Feſtſtellung des Wir— kungskreiſes der ſächſiſchen Nations -Univerſität wird das Miniſterium beauftragt einen ſolchen Geſetzartikel ein⸗ zubringen, welcher ſowol die auf Geſetzen und Ver⸗ trägen beruhenden Rechte, als die Rechtsgleichheit der auf dieſem Territorium wohnenden Staatsbürger jedweder Na— tionalität gebührend berückſichtigt“, und der §. 88 des allgemeinen Municipalgeſetzes ſagt ausdrücklich, daß der Königsboden nicht dem allgemeinen Municipalgeſetz zu un— terwerfen ſei, ſonderu, daß über die Regelung des Königs— bodens ein eigenes Geſetz gemäß des §. 10 des XIIII. G.⸗A.: 1868 verfügt.

Ich meinerſeits aber conſtatire: Von dieſen den Be⸗

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wohnern des Königsbodens gegebenen Garantien, von dieſen Grundſätzen, nach welchen das fragliche Geſetz ge— ſchaffen werden muß, ſagt der Herr Miniſter in ſeiner hoch— achtbaren Loyalität natürlich kein Sterbenswörtchen im Motivenbericht.

Das Unionsgeſetz hält alſo den Königsboden als municipale Einheit aufrecht, garantirt den Beſtand und die Autonomie ſeiner 11 Einzelmunicipien und ſichert ihnen ein, ihren Rechtsgewohnheiten und Lebensverhältniſſen entſprechendes, mit Berückſichtigung ihrer auf Geſetzen und Verträgen be— ruhenden Rechte zu ſchaffendes beſonderes Municipalgeſetz zu. Und wie meint der Herr Innerminiſter dieſem Geſetze Genüge geleiſtet zu haben: er zerreißt den Königsboden, kettet feine ausgerenkten Glieder an Bruchſtücke des Comitats— bodens und erklärt, daß nunmehr von jenem beſondern Municipalrechte keine Rede ſei. Der Herr Miniſter ver- nichtet alſo zuerſt das Anwendungsgebiet des von ihm pflichtgemäß zu proponirenden Geſetzes und wähnt dadurch ſeine geſetzliche Verbindlichkeit zur Einbringung des ihm im § 10 des Unionsgeſetzes und im § 88 des XLII. G.⸗A: 1870 aufgetragenen Geſetzentwurfes illuſeriſch machen zu können. Der Herr Miniſter ſagt alſo nicht: ich gedenke den § 10 des Unionsgeſetzes zu ignoriren, er proponirt auch nicht die Aufhebung des §S 10 er zieht dem S 10 einfach den Boden, den Königsboden, unter den Füßen weg, und hat denſelben Erfolg erreicht; der Vorgang, geehrtes Haus heißt aber nicht das Geſetz achten, ſondern geradezu: das Geſetz verhöhnen!

Ganz im Geiſte dieſer Rechtsachtung ſpringt der Herr Miniſter auch mit der ſächſiſchen Nationsuni⸗ verſität um. Der § 11 des XLIII. G.⸗A. von Jahre 1868 ſichert dieſer ihren vollen, ihr gemäß des XIII. G.⸗A. von 1791 zuſtehenden Rechtskreis mit einziger Ausnahme ihrer bisherigen Juſtizbefugniſſe zu; und was thut der Herr Miniſter?! Er iſt gar nicht darum verlegen, auch dieſen § 11 des Unionsgeſetzes aus der Welt hinauszuinterpretiren, er erklärt incredibile dietu der 8 11 werde durch den § 1 desſelben Geſetzes alterirt, alſo die Ausnahme durch die Regel beſchränkt eine Erfindung, ſo originell, aber

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auch fo ungenirt, wie fie nur der Dialectik des ſehr ge- ehrten Herrn Innerminiſters entſpringen kann.

Der Herr Innerminiſter anerkennt zwar, daß es bisher im Wirkungskreiſe der ſächſiſchen Nations -Univerfität ge— ſtanden, die Innerverhältniſſe des Königsbodens durch Sta— tute zu regeln, verſucht aber dies ihr Statutargeſetzgebungs⸗ recht dadurch wegzuescamotiren, daß er dasſelbe für ein Attribut ihrer ſtaatsrechtlichen Stellung als dritte politiſche Nation Siebenbürgens erklärt und, von dieſer falſchen Suppoſition ausgehend, dann ſo zu argumentiren beliebt: da der J. Klauſenburger Geſetzartikel vom Jahre 1848 und der XLIII. Geſetzartikel vom Jahre 1868 in ihren SS 1 die „poli- tiſchen Nationen“ Siebenbürgens aufheben, haben ſie zugleich das Statutargeſetzgebungsrecht der ſächſiſchen Nations- Univerſität aufgehoben. Dies iſt eine grundfalſche Auffaſſung und Interpretation: die beiden citirten Unions⸗ geſetze heben wie der Herr Miniſter doch wiſſen müßte blos jene ſtändiſche Verfaſſung des frühern Großfürſtenthums Siebenbürgen auf, welcher zufolge der magyariſche und Szekler-Adel und die adelige Nation der bürgerlichen Sachſen als die drei Stände des Landes mit völliger Ausſchließung der übrigen Bevölkerung die Geſetz— gebung und die Adminiſtrationsexecutive in ihren Händen hatten. Dieſem gemäß exiſtirt der geſonderte ſiebenbürgiſche Landtag nicht mehr, und iſt aufgehoben jenes Recht der ſäch— ſiſchen Nation, wornach fie die Abgeordneten ihrer Univer— ſitätsverſammlung als die Vertreter der dritten ſtändiſchen Nation in den ſiebenbürgiſchen Landtag ſenden konnte. Blos dies disponiren die zwei vom Herrn Innerminiſter citirten Unionsgeſetze in ihren erſten SS. Das aber, was der Herr Miniſter jetzt zu confisciren trachtet, das Statutargeſetz— gebungs⸗ und Innerverwaltungsrecht der Nations-Univerfität, iſt abfolut nicht der Ausfluß ihrer Landſtandſchaft, ſondern wie dies jeder Kenner der Staatsrechtswiſſen⸗ ſchaft ſofort erkennen müßte die Conſequenz ihres Self— gouvernements. Dies Selbſtverwaltungsrecht aber hat das Unionsgeſetz auch nicht mit einer Silbe alterirt, im Gegentheil, die 88 10 und 11 des 1868er Unionsgeſetzes garantiren dasſelbe ausdrücklich

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von Neuem und halten die ſächſiſche Nations-Univerſität mit alleiniger Aufhebung ihrer juſtiziellen Wirkſamkeit vollſtändig mit jener Rechtsſphäre aufrecht, welche ihr nach dem XIII. Geſetzartikel von 1791 gebührt. Daß aber in dem auf dieſem Geſetzartikel beruhenden Rechtskreiſe auch das Statutargeſetzgebungs- und Innerverwaltungsrecht mit inbegriffen war, anerkennt der Herr Innerminiſter in ſeinem Motivenberichte ſelbſt.

Durch die geplante Confiscation dieſes Rechtes hat der Herr Miniſter daher das Geſetz abermals verletzt.

Bezüglich des ſächſiſchen Nations vermögens muß ich zwar anerkeunen, daß der Herr Miniſter nicht auch dieſes confisciren will. Den Grundſätzen der Communiſten huldigt der Herr Miniſter alſo nicht, aber weiter geht er auch nicht in ſeiner Achtung vor der Heiligkeit des Eigen— thums. Das Eigenthum kann jedoch nicht blos durch directen Raub verletzt werden, ſondern auch durch rechtswidrige Einſchränkungen; und ſolche rechtswidrige und verletzende Eingriffe finde ich in den auf das ſächſiſche National- Vermögen ſich beziehenden Beſtimmungen des Geſetzentwurfes. Zugegeben, daß das Privatvermögen einer öffentlich- rechtlichen Corporation unter andere Rechtsnormen und andere ſtaat— liche Geſichtspunkte fällt, als das Vermögen einer Privat- perſon, zugegeben weiters, daß dem Staate über das Ver— mögen einer öffentlich- rechtlichen Corporation das Ober— Inſpectionsrecht gebührt, ſo kann es doch durch keinerlei Argumentation gerechtfertigt werden, daß der Herr Miniſter jetzt durch ein neues Geſetz befehlen will, zu welchen Zwecken und ſogar zu weſſen Gunſten das Privatvermögen einer öffentlichen Corporation verwendet werden ſolle.

Ich muß mich daher gegen dieſen geplanten rechts— widrigen Eingriff in unſer Eigenthumsrecht ganz energiſch verwahren!

Durch jede einzelne Verfügung des Geſetzentwurfes verletzt der Herr Miniſter demnach die durch die SS. 10 und 11 des 1868er Unionsgeſetzes neuerdings gewährleiſteten „auf Geſetzen und Verträgen beruhenden“ Rechte der ſächſi— ſchen Nation; deßhalb wäre es dies iſt meine feſte Ueber⸗ zeugung die Pflicht des geehrten Hauſes, dieſe durch den

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Herrn Miniſter begangenen Rechtsverletzungen unter die Judicatur des §. 32 im III. Geſ.⸗Art. von 1848 zu ſtellen. Dies zu beantragen und einzuleiten überlaſſe ich jedoch dem Rechtsgefühl und der Geſetzesachtung des geehrten Hauſes.

Sie könnten mir entgegnen meine Herren: ja, wenn es auch die Pflicht des Innerminiſters geweſen wäre, der Weiſung des §. 10 im Unionsgeſetze nachzukommen, wir, die ſouveräne Geſetzgebung, ſtehen über dem Geſetz.

Nach der von Profeſſor Thomas Veesey jüngſt hier aufgeſtellten Theorie, iſt der momentane Wille der Geſetz⸗ gebung auch ſchon Geſetz, und was in dieſer Secunde noch Geſetz iſt, weil es der Geſetzgebung ſo beliebt, hört in der nächſten Secunde ſchon auf, Geſetz zu ſein, weil und ſobald es ihr nicht mehr convenirt. Es liegt nicht in meiner Abſicht gegen dieſe ſonderbare Theorie anzukämpfen wenigſtens heute nicht —, ich beabſichtige auch nicht darauf hinzu⸗ weiſen, daß ein Staat nicht das Product momentaner Laune iſt und ſein kann, auch darauf nicht, daß derartiges Ballſpiel mit dem Geſetze nicht nur die Sicherheit: ſondern ſogar die Exiſtenz des Staates in Gefahr ſetzen müßte; blos darauf weiſe ich heute hin, hierauf jedoch mit größtem Nachdrucke: daß es Geſetze gibt, deren Abänderung ſchon deßwegen nicht im ſouveränen Belieben der Geſetzgebung ſteht, weil ſie den Charakter eines bilateralen Ver⸗ trages haben, und aus ihnen jura quaesita, wolerworbene Rechte, erwachſen ſind, dies dürften mir wol auch die An⸗ hänger der parlamentariſchen Omnipotenz zugeſtehen.

Solcher Vertragscharakter aber wohnt den Unionsgeſetzen inne! Die im I. Klauſenburger Geſetz— artikel vom Jahre 1848 und im XLIII. Peſter Geſetzartikel vom Jahre 1868 inartikulirte Union des früheren Großfürſtenthums Siebenbürgen mit Ungarn iſt ein ſtaatsrechtlicher bilateraler Vertrag und iſt nicht durch den einſeitigen Befehl des ſouveränen Par- laments von Ungarn, ſondern nur durch die Zuſtim⸗ mung des andern vertragſchließenden Theiles, nur durch die Zuſtimmung des ſiebenbürgiſchen Landtages zuſtandegekommen und konnte logi⸗ ſcherweiſe blos hiedurch zuſtandekommen. Damals aber,

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als es fih um die Zuſtimmung bes fiebenbürgifchen Land⸗ tages handelte, gab der 3. Landſtand, gaben die Vertreter der ſächſiſchen Nation ihre Einwilligung nur unter der aus- drücklichen Bedingung, daß die auf Geſetzen und Verträgen berubenden Rechte der ſächſiſchen Nation und zwar ſpeciell: die territoriale Integrität des Königsbodens, der geſetzliche Wirkungskreis der Nations-Univerſität, das Selbſtverwaltungsrecht der Einzelmunizipien und die freie Verfügung über das Nationalvermögen auch bei der Union aufrehterhalien würden. Als Antwort hierauf aber hat der Präſident des 1848er Klauſenburger Landtages in feierlicher und verpflichtender Weiſe erklärt: Das ſächſiſche Municipalrecht werde durch die Union nicht alterirt werden; „ja dadurch, daß ihr (der „ſächſiſchen Nation) Recht von ganz Ungarn „geſtützt wird, wird ſie jene glänzende Epoche ihrer Ge— „ſchichte ſich erneuern ſehen, welche in die Zeit vor der „Trennung unter den ungariſchen Königen fällt.“ Und als es ſich im Jahre 1865 um die Reintegrirung der Union handelte, und auf dem Klauſenburger Landtag ſächſiſche Ab— geordnete dieſe obenbezeichnete Rechtsſphäre für die ſächſiſche Nation in Anſpruch nahmen, legte der Landtag in ſeiner Adreſſe vom 18. December 1865 Sr. Majeſtät dem Kaiſer dieſe Forderung mit der Bitte, reſpective mit dem Antrage vor: „Ew. kaiſ. kön. apoſtoliſche Majeſtät möge geruhen ihre durch vaterländiſche Geſetze und durch die Municipalverfaſſung begründbaren Wünſche und Anſprüchedemgemeinſamen Peſter Reichstag zur Berückſichtigung zu empfehlen“ was be⸗ kanntlich auch geſchehen iſt.

Auf dieſer Baſis kam der XLIII. G.⸗A. von 1868 zu Stande, ſomit hat dies Unionsgeſetz und insbe— ſondere auch die das eigene Municipalrecht des Königsbodens garantirenden 88. 10 und 11 desſelben gleich dem Ab— ſchluſſe der Union ſelbſt Vertragsnatur, und die einſeitige Aufhebung derſelben wäre daher ein willkürlicher und rechtswidriger Bruch des Unions vertrages ſelbſt.

Doch ſollte Ungarns Parlament vor dieſer Rechtsver⸗

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letzung, vor dieſem unverantwortlichen Vertragsbruch auch nicht zurückſchrecken, ſo iſt und bleibt der oberſte Schirmherr unſeres Rechtes, Ungarns gekrönter König, der in ſeinem Krönungseide auch für uns geſchworen: „Die Jurisdic⸗ „tionen Ungarns und ſeiner Nebenländer, ſowie die „Staatsbürger jedweden kirchlichen und weltlichen Standes „in ihren Vorrechten, Freiheiten, Privilegien und Ge— „ſetzen, ihren alten und genehmigten guten Ge— „pflogenheiten erhalten“ zu wollen. Insbeſondere aber vertrauen wir auf die königlichen Worte jener aller— höchſten Entſchließung vom 15. Mai 1868, in welcher Se. Majeſtät die ſächſiſche Nations-Univerſität zu der ihr ge- bührenden Mitwirkung bei der Regelung des Königsbodens auffordert, und dabei die allerhöchſte Ueberzeugung aus— ſpricht: „daß die ſächſiſche Nation .. . die Gelegenheit nur mit Berahigung begrüßen werde, bei welcher ihre auf Privi— legien beruhende Rechtslage unter der Heiligkeit des Geſetzes und unter Mitwirkung des Fürſten, wie auch der Volksvertretung des Sachſenlandes ſelbſt, Feſthaltung und ſichern Beſtand erlangen wird.“

Geehrtes Haus! Dies iſt der Rechts ſtandpunkt bei der Beurtheilung des auf der Tagesordnung ſtehenden Geſetzentwurfes.

Da der Herr Miniſter jedoch den Inhalt feines Eut— wurfes damit zu mofiwiren trachtet, es ſei die Regelung oder beſſer geſagt die „Zermalmung“ des Sachſenlandes und des ſächſiſchen Municipalrechtes durch Verwaltungs⸗ rückſichten zur unausweichlichen Nothwendigkeit geworden, ſei es mir geſtattet, auch die ratio und die Conſequenzen des Entwurfes vom Standpunkt des allgemeinen un⸗ gariſchen Staatsintereſſes aus in Erwägung zu ziehen.

Der Herr Innerminiſter beliebt zur Begründung ſeiner obigen Behauptung zu erklären: der Königsboden ſei bei ſeiner jetzigen Verfaſſung ein „Staat im Staat;“ ich gebe zu, daß dieſes von den ſachſenfreſſeriſchen Blättern ausgeheckte Schlagwort ſehr ſchlau und geſchickt gewählt wurde zur Entſtellung des wahren Sachverhaltes. Der wahre

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Sachverhalt aber ift der: daß bie 11 einzelnen Muni⸗ cipien des Sachſenlandes in einem Selbſtverwaltung s- körper höheren Ranges, in einem Geſammtmuni⸗ cipium zuſammengefaßt ſind, welches jedoch kein weiteres Recht für ſich in Anſpruch nimmt, als die Regelung und Verwaltung der allen 11 Einzelmunicipien des Sachſen— landes gemeinſamen Innerverhältniſſe. Somit greift die ſächſiſche Nationsuniverſität in den ſtaatlichen Wirkungskreis abſolut nicht ein, und nimmt nichts für ſich in Anſpruch als das Selbſtverwaltungsrecht (Selfgouvernement), das doch in Ungarn jedwedem Comitate gebührt, ohne daß der Herr Innerminiſter dort auch auf den Einfall käme, vom „Staat im Staate“ zu declamiren. Oder will der Herr Miniſter vielleicht auch das Selbſtver— waltungsrecht der Comitate aus „Verwaltungsrückſich ten“ confisciren?! Nun, ich meine: eine bedenkliche Initiative hiezu hat er durch die „Verwaltungsausſchüſſe“ wahrlich be— reits getroffen!

Sie könnten mir einwenden, und ich habe eine ſolche Einwendung von Ihnen in der That vorhin gehört daß dieſer Vergleich nicht zutreffe, weil es ſich mir hier nicht um ein einfaches Municipium, wie die Comitate, ſondern um einen Selbſtverwaltungskörper höheren Ranges handle. Ich gebe zu, daß hierin ein gewiſſer Unterſchied beſteht; ich conſtatire aber auch zugleich: einerſeits daß dieſer Ver— waltungskörper einzig und allein Selbſtverwaltungs⸗— rechte und ſomit ſchon begrifflich abſolut keine ftaat- lichen Agenden für ſich in Anſpruch nimmt, andererſeits aber, daß dieſe Zuſammenfaſſung der Einzelmunicipien in dem Geſammtmunicipium der Nationsuniverſität durch die eigenthümlichen Verhältniſſe des Sachſenlandes unbedingt erfordert wird und gefordert werden darf.

Es iſt den geehrten Herren wol bekannt, daß auf dem Sachſenboden ein Volkselement lebt, welches nicht blos in nationaler, ſondern weit mehr noch in ſocialer, wirthſchaft— licher und culturlicher Beziehung von der Comitatsbevölkerung grund verſchieden iſt. Während es auf Comitatsboden früher und bis in die jüngſte Zeit nur Herren und Knechte gab, während die Wirthſchaft dort einzig in Ackerbau und

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Viehzucht beſtand, wohnten auf freier Sachſenerde von An- beginn an nur freie Männer, welche in ihren Dörfern mit Landwirthſchaft, in ihren Städten mit mancherlei Gewerben und mit dem culturvermittelnden Handel, der freien Arbeit waltend, der bürgerlichen Gleichberechtigung, der bürgerlichen Ordnung und der bürgerlichen Bildung eine Heimſtätte geſchaffen haben in dieſem Lande. Aus dieſen beſondern ſocialen, wirthſchaftlichen und culturlichen Verhältniſſen wuchſen beſondere Anſchauungen, beſondere Ein— richtungen und beſondere Intereſſen hervor, die identiſch ſind allüberall im Sachſenlande, ſich aber von der geſammten Lebensordnung des übrigen Landes weſentlich unterſcheiden. Dieſe beſondere Lebensordnung des Königs— bodens fordert eine beſondere gemeinſame Verwaltung und hat fie gefunden in der ſächſiſchen Nationsuniver- ſität, als dem die gemeinſamen Intereſſen dieſes bürgerlichen Elementes vertretenden Selbſtverwaltungskörper.

Die Staatsmänner Ungarns müſſen dieſe befondern Verhältniſſe und beſondern Intereſſen umſomehr anerkennen, würdigen und pflegen, als ſie ſelbſt in jener denkwürdigen Staatsſchrift, auf welcher die jetzige Verfaſſung Ungarns baſirt, in der II. Adreſſe vom Jahre 1861 diesbezüglich er— klärt haben: „Jene Staatsmänner, die die beſonderen Ver— „hältniſſe und abweichenden weſentlichen Intereſſen einzelner „Landestheile nicht gebührend zu würdigen verſtehen, und die „mühevolle Löſung der ſchwierigen Fragen entweder ganz „unterlaſſen, oder aber mit einem irgend einer Theorie ent— „ſprungenen allgemeinen Principe durchhauen (vägjäk keresz. „tül), ohne die practiſche Durchführbarkeit jenes Principes und „die aus feiner Anwendung möglicherweiſe entſpringenden „ſchädlichen Folgen desſelben zu berückſichtigen, opfern ihrer „eigenen Bequemlichkeit die Zukunft des Staates.“ Der vorliegende Geſetzentwurf aber will die hechwichtige Frage der Regelung des Königsbodens mit dem abſtracten Princip der alles nivellirenden Staats uniformität „durchhauen“, und das wahre Motiv dieſes Entwurfes iſt ich wage dies mit voller Beſtimmtheit zu behaupten die An- tipathie um nicht zu ſagen der Haß des Herrn

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Jnnerminiſters gegen das deutſche, bürgerliche Ele⸗ ment des Königsbodens. „Die Nationalitäten zer⸗ malmen“: dies edle, hochherzige und ſtaatskluge Loſungswort hat der Herr Junerminiſter vor Jahresfriſt, am 13. April 1875 auf ſein Panier geſchrieben, und dies Loſungs⸗ wort iſt das einzige wahre Motiv des auf der Tagesordnung ſtehenden Geſetzentwurfes!

Das alſo iſt die Erfüllung jenes Beſchlußantrages, in welchem dieſer ſelbige Herr Koloman v. Tißa am 21. Auguſt 1861 als damaliger Abgeordneter forderte, das Abgeordnetenhaus wolle erklären:

„1.: Die Erfüllung der mit der territorialen und „politiſchen Integrität des Landes nicht collidirenden An- „ſprüche aller im Lande wohnenden Nationalitäten auf Baſis „der in der Adreſſe ausgeſprochenen Principien ... hat „der zur Geſetzgebung befugte (nächſte) Reichstag zu ſeinen „erſten und allerwichtigſten Agenden zu zählen“ ?!!

Wenn dieſer Geſetzentwurf je Geſetzeskraft erlangen würde, fo würde die Geſetzgebung ſelbſt ein nationales Ele— ment auf das empfindlichſte ſchädigen, welches bisher eben zufolge ſeiner beſondern Verhältniſſe und ſeiner auf dieſen beruhenden beſondern Eigenſchaften dem ungariſchen Staate von allergrößtem Nutzen war. Die Eigenverwaltung ihrer beſonderen Intereſſen befäbigte die ſächſiſche Nation dazu, durch Strebſamkeit, Sparſamkeit und gewerbliche Tüchtigkeit ein Wirthſchaftsgebiet zu gründen, welches einen be⸗ deutenden Theil des Landesvermögens repräſentirt, und un⸗ geachtet teffen, daß es zur gemeinſamen Staatsſteuer mit einer relativ außergewöhnlich großen Summe beiträgt und dieſe Summe auch that ſäch lich bezahlt, dennoch die Koſten feiner Selbſtverwaltung fait ausſchließlich aus eigenen Mitteln beſtreitet. Was aber dieſe von der ſächſiſchen Nation beſorgte Innerverwaltung ſelbſt betrifft, ſo muß gerade der Herr Innerminiſter eingeſtehen, daß auf dem Königsboden bezüglich der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Sittlichkeit, des Unterrichts, der Steuerverwal⸗ tung, der Straßen und jedweden andern Verwaltungszweiges die Verhältniſſe viel correcter und zufrieden⸗ ſtellender find, als irgendwo ſonſt im Lande.

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Uebrigens wären unſere Selbſtverwaltungsverhältniſſe noch weit tüchtiger, wenn nicht jenes Proviſorium, jener „Ausnahmszuſtand“, der ſeit 1868 in Geſtalt von autocratiſchen Miniſterialberordnungen auf unſerem ſelfgou— vernmentalen Leben laſtet, jedwede Initiative und jedwede lebendigere Regung unſerer Selbſtverwaltung unmöglich ge— macht a

Daß die ſächſiſ che Nation zur Selbſtverwaltung reif ſei, und daß ſie in ihrem Univerſitätsverbande tüchtige Reſultate der Selbſtverwallung aufweiſen könne, hat Se. Majeſtät der König ſelbſt in den an die ſächſiſche Natien gerichteten ehrenden Worten anerkannt:

„Thron und Staat ... werden Euch die verdiente „Anerkennung zollen und die Bürgſchaften zu ſchätzen wiſſen, „welche Eure von unſern Ahnen ſo oft belobte Tapferkeit, „Ausdauer und Treue, vornehmlich aber Euer Sinn „für Ordnung und Geſetzlichkeit und der ver- „nünftige Gebrauch der hiedurch unter Euch „heimiſch gewordenen Freiheit für den Glanz der „Krone und den Beſtaud des Staates gewähren.“

Da es fonach feſtſteht, daß der Königsboden 2 Selbſtverwaltungsagenden vollſtändig erfüllt und die Staats— adminiſtration nicht nur in keiner Weiſe hindert, ſondern durch ſeine materiellen, moraliſchen und intel⸗ lectuellen Kräfte ſtützt und fördert, ſo kann die geplante Zerreißung des Königsbodens und die Confiscatien des Rechtskreiſes ſeines Innerverwaltungsorganes, der ſäch— ſiſchen Nationsuniverſität, durch „Rückſichten der Staatsverwaltung“ abſolut nicht motivirt werden! Doch wozu denn auch überhaupt noch lauge motiviren: „stat pro ratione voluntas“!

Die rechtswidrige Confiscalion der Municipalverfaſſung des Königsbodens würde ſomit ein directer und bedeutender Schaden ſein für die Staatsverwaltung; doch weit größer und bedenklicher wäre jener intellectuelle Schaden, welcher für Ungarn aus dieſem Rechtsbruch erwüchſe. „Denn „kein Unrecht, welches der Meuſch zu erdulden hat, und „wiege es noch ſo ſchwer, reicht für das ſittliche Gefühl „von Weitem an das heran, welches die von Gott geſetzte

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„Obrigkeit verübt, indem fie ſelbſt das Geſetz bricht,“ ſagt Ihering in feiner berühmten Schrift: „der Kampf ums Recht.“ Wer ſoll in Ungarn weiter das Recht achten, wenn die Geſetzgebung ſelbſt es brechen und hiemit das Rechtsgefühl und die Heilighaltung des Geſetzes ſelbſt vernichten wollte?! „Für einen Staat aber, der geachtet da ſtehen „will nach Außen, und feſt und unerſchütterlich „nach Innen, gibt es kein foftbareres Gut, das „er pflegen und bewahren müßte, als das mu „tionale Rechͤesgefühl!“

Die Annahme des vorliegenden Geſetzent⸗ wurfes würde das Rechtsgefühl des Volkes untergraben, das Vertrauen in das Geſetz er⸗ ſchüttern und den ſittlichen und politiſchen Credit Ungarns ruiniren! Wie ſollte ſich das Aus: land auch künftighin mit Ungarn in ein Vertragsverhältniß einlaſſen, wie ſoll es dem Worte Ungarns trauen, wenn Ungarns Geſetzgebung einen fundamentalen Staatsvertrag wie die Union ſeinen eigenen Staatsbürgern gegenüber zu brechen keinen Anſtand nähme?!

Wie ſollen die Bewehner des Landes, wie ſollen ins⸗ beſondere die nichtmagyariſchen Staatsbürger ihre Rechte und ihre Exiſtenz geſichert ſehen, wenn ein ſo klares, ſo oft und jo feierlich garantirtes Recht, wie das Municipalrecht des Königsbodens, mit Füßen getreten wird?!

Die nichtmagyariſchen Staatsbürger müßten ſich durch die Annahme dieſes Entwurfes tief beunruhigt fühlen, ſie würden in ihr den flagranteſten Beweis dafür ſehen, daß der ungariſche Staat, wie ihn der Herr Innerminiſter ſich vorſtellt, keinen Raum hat für die Nichtmagyaren, daß er die vitaljten Jntereſſen der übrigen Staatsbürger negirt, daß er ihre natürliche Eriftenz vernichten will. Einen ſolchen ungarifchen Staat aber können die nichtmagyariſchen Staats bürger weder lieben noch unterſtützen, noch wenn es gilt vertheidigen. Ungarns Geſetzgebung aber wird, laſſen Sie mich dies hoffen, viel zu einſichtig fein, als daß fie den jüngſt in dieſem Hauſe ausgeſprochenen Wahnglauben des Herrn Innerminiſters theilen könnte, als ob Ungarn auch ohne die Sympathien, ohne die Unterſtützung ſeiner 4 *

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nichtmagyariſchen Bürger, der Mehrzahl feiner Be- wohner, blühen, ja überhaupt nur weiterhin beſtehen könne.

Darum rufe ich Ihnen nochmals mit mahnender,

warnender Stimme zu, üben Sie Gerechtigkeit, ſchon um Ihrer ſelbſt Willen! Discite justitiam moniti ac non temnere divos! Wie der Beſchluß des geehrten Hauſes aber auch immer ausfallen möge, ich kenne mein ſächſiſches Volk beſſer als der Herr Innerminiſter und ſeine Rathgeber, und er— kühne mich mit aller Beſtimmtheit zu behaupten: hinter uns ſteht das ganze ſächſiſche Volk; die ſäch⸗ ſiſche Nation wird eine Confiscation ihrer auf Geſetz und Vertrag beruhenden Rechte nimmer- mehr als rechtsgiltig anerkennen, fie wird auf ihr gutes Recht niemals verzichtleiſten, „in An⸗ hoffung einer ſchönern Zukunſt, und im Vertrauen auf die Gerechtigkeit ihrer Sache.“ „Denn was Macht und Gewalt entreißen, das kann die Zeit und ein günſtigeres Geſchick wiederbringen.“

Ich weiſe den auf der Tagesordnung ſtehenden Ge— ſetzesentwurf hiemit mit tiefſter Judignation ſolenn zurück, und ſtimme für den Beſchlußautrag meines geehrten Freundes Guſtav Kapp.

Präſident: Der geehrte Herr Abgeordnete möge entſchuldigen, wenn ich auf die Schlußworte ſeiner Rede, in welchen er den Geſetzentwurf mit Indignation zurückweiſt, es ausſpreche, daß dies kein parlamentariſcher und paſſender Ausdruck iſt. (Zuſtimmung.)

Zweiter Sitzungstag am 23. März. Zur Tagesordnung ergreift zuerſt das Wort

Carl Fabritius (Regierungspartei): a Geehrtes Haus! Nach den am geſtrigen Tage gehaltenen Reden finde ich es nöthig, über den uns vorliegenden wichtigen Gegenſtand meine Meinung kurz auszuſprechen. (Hören wir!) Deu ſeit lange ſehnlich erwarteten, von der Regelung des Königsbodens handelnden Geſetzentwurf begrüße ich vom

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adminiſtrativen Geſichtspunkte als den erſten Schritt auf- richtig. (Billigung.)

Auch bedauere ich ſehr, daß es den bisherigen Miniſtern des Innern nicht gelungen iſt, ein die conſtitutionelle Re— gelung des Königsbodens bezweckendes Geſetz zu ſchaffen und durchzuführen, denn in tiefem Falle wären wir nicht nur in geordnetem Zuſtande, ſondern es ſäßen jene Ultras heute nicht im Abgeordnetenhauſe als ein politiſches Parteichen und wir hätten auch geſtern jene herausfordernden Er⸗ örterungen nicht gehört, nach welchen wir billig fragen können, ob jene Abgeordneten würdige Nachkommen der Vor— fahren, jener Vorfahren ſind, welche das Land in der Ver— gangenheit mit dem Titel „viri prudentes ac eireumspecti“ beehrt hat? (Lebhafte Zuſtimmung!) Ich meinerſeits bitte, dieſen dreiſten (vakmerö) Vorgang nicht zum Nachtheile des Sachſenvolkes auslegen zu loſſen; (Billigung!) auch wundere ich mich nicht über das Kriegsſpiel, denn vermöge meiner Parteikämpfe kenne ich ſeit Jahren die Spieler jener Vabanque⸗ Politik, die nunmehr, um aus der Sackgaſſe ihrer verfehlten Politik hinauszugelangen, keinen anderen Ausweg finden können, als zum offenbaren Schaden ihrer Sender mit dem Loſungsworte „aprés nous le deluge!“ oder um billigen Preis ſich ein Martyrium zu verſchaffen, oder im Hauſe einen Scandal zu provoziren, um unter deſſen Vorwande ſich der weiteren Verhandlung zu entziehen. (Lebhafte Zuſtim— mung.) Nur der ernſten Vorſicht des Präſidenten, der ſtaats— männiſchen Mäßigung des Innerminiſters, der ſeltenen Geduld des ganzen Hauſes können wir es danken, daß geſtern weder der eine noch der andere Fall eintrat. (Wahr, wahr!)

Nothwendig wäre dieſe Regelung des Königsbodens ſchon bisher geweſen, denn in dieſem Falle hätten alle jene leidenſchaftlichen Parteibewegungen unter den Sachſen um ein gutes Stück früher aufgehört und auch alle jene Gründe, welche die Gemüther der Bewohner des Königsbodens in fort— währender Beſorgniß hielten. Unter dieſen Beſorgniſſen war das wichtigſte, daß durch die in magyariſchen Kreiſen gang⸗ bare, irregeführte öffentliche Meinung das ſächſiſche Univer⸗ ſitäts⸗ und Sieben⸗Richter⸗Vermögen, dieſer Hauptfactor des

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Schulweſens auf dem Königsboden in Frage geſtellt wurde, und hierdurch einigen Malkontenten zu eindringlichen und umfangreichen politiſchen Agitatienen Gelegenheit geboten wurde.

Freudig anerkenne ich alſo, daß der ſehr geehrte Herr Miniſter des Innern den Grundſatz der Heiligkeit des Privat- eigenthums zur Grundlage nehmend in dem uns vorliegenden Geſetzentwurf dieſe Klippe mit weiſer Einſicht und glücklich umgangen und durch Anerkennung des Vermögensrechtes der ſäͤchſiſchen Univerſität und der Sieben-Richter die Urſache all jener Beſorgniſſe, all der Agitationen, all der Verdächtigungen beſeitigt hat. (Zuſtimmung.)

Sehr oft iſt den Bewohnern des Königsbedeus vorge⸗ worfen worden, daß derſelbe bisher eine Sonderſtellung, be— ſondere Privilegien beſeſſen habe. Aber wir müſſen zugeben, daß dieſer Zuſtand in den alten ſiebenbürgiſchen Geſetzen wurzelte. Solche Privilegien brauchte der Königsboden auch ſo lange, als ſolche auf dem ſiebenbürgiſchen, ungariſchen und Szekler Boden herrſchten. (So iſt es!) Bezüglich der beiden letzteren wurde die Sonderſtellung ſchon mit dem Ein⸗ tritt der conftitutionellen Zeit im Sinne der Geſetze aufge— hoben und daß die nothwendige Veränderung auf dem Königsboden nur jetzt, im neunten Jahre des wieberherge- ſtellten verfaſſungsmäßigen Staatslebens geſchieht, daran ſind nicht die Bewohner des Königsbodens, wenigſtens ſie * allein Schuld. (Rufe: das iſt wahr!)

Uebrigens ſtehn die Bewohner des Königsbodens auch nicht auf Privilegien an; die öffentliche Meinung hat ſich anders ausgeſprochen; es iſt Pflicht ſelbſt derjenigen, die auf jener Seite jetzt den Geſetzentwurf ſo heftig bekämpfen, im Sinne des Mediaſcher Programmes, auf welches ſie bei— nahe geſchworen haben, nicht mehr Recht in Anſpruch zu nehmen, als wie viel das Munizipalgeſetz den ungariſchen Comitaten gibt. Dieſes hat unſer Abgeordnetencollege Guſtav Kapp in feiner geſtrigen Rede auch anerkannt. Weßhalb alſo dieſen Geſetzentwurf nicht annehmen?

Die Bewohner des Königsbodens, beſonders die Sachſen lieben die Hetzereien nicht; es ſind ruhige, arbeitſame, einen geregelten Zuſtand und Bildung liebende Staatsbürger, (wahr! wahr!) die, wie ſie es bisher bewieſen haben, auch

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hinfort beweiſen werden, daß ſie bei einer guten Verwaltung, bei einer guten Rechtspflege ihre ſtaatsbürgerlichen Pflichten pünktlich erfüllen werden und ihr Lebensziel auch Be können. (Lebhafte Zuſtimmung.) |

Und wenn das von meinem Abgeordnetenkollegen Baußnern ſo oft betonte politiſche Gebiet aufhört, deßhalb bleibt daſelbſt und wird das ſächſiſche Volk im Genuße und unter dem Schutze eben derſelben Rechte, wie die übrigen Völker Ungarns leben, (lebhafte Zuſtimmung) und zwar wird es leben auf Grund der Gleichberechtigung, nicht wie bisher abgeſchloſſen und unter fortwährender Reibung (ſo iſt es!) ſondern in Frieden und Brüderlichkeit; wie das unter gleichberechtigten Bürgern eines und deſfelben Staates be⸗ ſtehn ſoll und auch beſtehn wird, damit das gemeinſame Vaterland glücklich ſein könne. (Lebhafte Zuſtimmung.)

Sterben werden auf dem Königeboden in Folge dieſes Geſetzes bloß die Malkontenten, aber ich heze, Gott ſei Dank, die ſichere Hoffnung, daß das Volk aufblühen werde. (An— haltender Beifall.)

Aus allen dieſen Gründen und huldigend dem en ‚alten Rechtsgrundſatz: Salus reipublivae suprema lex esto, nehme ich den Geſetzentwurf an. ‚ash Beifalle-

äußerungen.) Carl Gebbel (Sachſe)

Geehrtes Haus! Ich geſtehe, daß ich in dieſem Augen- blicke mich des Rechtes zu ſprechen nicht gerade in gehobener Stimmung bediene. Die Mineritäten haben kein beneidens— werthes Loos, denn ſie ſind in der unangenehmen Lage, wornach man ſie nicht nur gewöhnlich zu majoriſiren bezie— hungsweiſe niederzuſtimmen, ſondern ihnen auch das noch vorzuwerfen pflegt, daß ſie nicht einmal Recht haben; und dies letztere fällt zumal in einer fo hochwichtigen Sache wie die vorliegende um ſo ſchwerer, weil es dem gegen— über keinen anderen Troſt gibt, als die innerliche Ueberzeu— gung davon, daß das, was Gegenſtand des Kampfes und der Vertheidigung, trotz der mächtigen Gegenſtrömung im Rechte und in der Gerechtigkeit begründet ſei. Und eben dieſe feſte und aufrichtige Ueberzeugung macht es mir und unſerer winzigen Minorität zur Pflicht, wenn auch nicht mit

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der ſicheren Siegeshoffnung, doch zur Beruhigung unſeres Gewiſſens, noch mit einigen Worten an der Debatte uns zu betheiligen. Ich werde dem Erforderniſſe der Objectivität zu entſprechen trachten.

Der von der detaillirten Regelung der Vereinigung Ungarns und Siebenbürgens handelnde 43. Geſetzartikel vom Jahre 1868 enthält im §. 10 die Anordnung:

„Behufs der Sicherſtellung der Innerverwaltungs⸗ „rechte der Stühle, Diſtricte und Städte des Königs⸗ „bodens, der Organiſirung ihrer Vertretung und der Feſt⸗ „ſtellung des Rechtskreiſes der ſächſiſchen Nationsuniverſität „wird das Miniſterium beauftragt, nach Anhörung der „Betreffenden dem Reichstage einen ſolchen Geſetzentwurf „vorzulegen, welcher ſowol die auf Geſetzen und Verträgen „beruhenden Rechte, als auch die Gleichberechtigung der „auf dieſem Territorium wohnenden Staatsbürger jeder „Nationalität gehörig zu berückſichtigen und in Einklang

zu bringen haben wird.“

Der 11. Paragraf aber enthält die Beſtimmung:

„Die ſächſiſche Nationsuniverſität wird auch hinfort

in dem, dem 13. ſiebenbürg. Geſetzartikel vom Jahre 1791 H„entſprechenden Wirkungskreiſe, unter Aufrechthaltung des „oberſten und durch das ungariſche verantwortliche Mi⸗ „niſterium auszuübenden Aufſichtsrechtes Seiner Majeſtät „belaſſen, mit dem Unterſchiede, daß die Univerſitätsver⸗ „ſammlung die richterliche Jurisdiction nicht mehr aus⸗ „üben kann.“

Der von der Regelung der Municipien handelnde 42. Geſetzartikel vom Jahre 1870 ferner beſtimmt im §. 88:

„Ueber die Regelung des Königsbodens verfügt in

„Felge Anordnung des §. 10 des 43. Geſetzartikels vom „Jahre 1868 ein beſonderes Geſetz.“

Ein klares Geſetz weiſt alſo die Regierung an: worüber, nach deſſen Anhörung und mit Beachtung welcher Geſichts⸗ punkte fie einen Geſetzvorſchlag z verfaſſen und einzu⸗ reichen habe.

Mit den bezogenen beiden Geſetzen hat die Geſetzgebung neuerdings anerkannt, daß, da die in dem ungarifchen Staats⸗ rechte wurzelnden politiſchen Verhältniſſe des Königsbodens

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von denen der anderen Theile des Landes weſentlich ver— ſchieden ſind, dieſelben auch bei der Reglung in gehörige Berückſichtigung zu nehmen ſeien.

Aber es liegt auch in der Natur der Sache, daß ab— weichende Verhältniſſe eine dieſen anzupaſſende beſondere Regelung erhalten. Die Entwicklung der Verhältniſſe des Königsbodens iſt nun aber das Ergebniß einer ſiebenhundert⸗ jährigen Geſchichte, und was ein eigenthümliches National- leben in ſo langer Zeit zur Reife und Entwicklung gebracht hat, daran haben die Erlebniſſe und Geſchehniſſe der letzten acht Fahre rechtlich Nichts geändert.

Das Geſetz verordnet alſo mit weiſer Berück⸗ ſichtigung dieſer Rechtsentwickelung und des factiſchen Zu— ſtandes daß für die Jurisdictionen des Königsbodens

und die ſächſiſche Univerſität ein beſonderes Geſetz geſchaffen werde.

Der geehrte Herr Miniſter des Innern hat jedoch meines Erachtens dieſer beſtimmten Weiſung des Geſetzes weder in formeller noch in materieller Beziehung Genüge ge leiſtet. -

In formeller Beziehung nicht, indem er den Geſetz⸗ entwurf mit Beſeitigung der Vernehmung der Betreffenden eingereicht hat. Wer „die Betreffenden“ ſeien, diesbezüglich haben die von mir ſogleich zu nennenden Vorgänger des geehrten Herrn Innerminiſters keinen Anſtand genommen thatſächlich anzuerkennen, daß unter dieſen die ſächſiſche Uni- verſität zu verſtehen ſei.

Der geweſene Miniſter des Innern Herr Baron Bela Wenckheim hat nämlich noch am 24. April 1868 unter der Zahl 898 alſo vor dem Zuſtandekommen des 43. G.-A. erklärt, „es walte kein Anſtand dagegen ob, wenn die „ſächſiſche Univerſität ihre Anſichten und Wünſche in Be— „ziehung der Reform der Rechtsverhältniſſe der ſächſiſchen „Nation innerhalb jener Formen, welche in dieſer Hinſicht „in Folge des Repräſentativſyſtems beſtehen, geltend zu „machen beabſichtigen wolle“.

Sein ſpäterer Nachfolger Herr Miniſter Wilhelm Toth ließ unter dem 18. November 1870, Zahl 2753 die ſächſiſche Univerſität auffordern: „im Sinne von § 10 des

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„43. Geſetzartikels von 1868 und § 88 des 42. Geſetzar⸗ „tikels von 1870 ihre Meinung über die Regelung des „Königsbodens baldigſt feſtzuſtellen und vorzulegen“. |

Die ſächſiſche Univerſität hat ihre Anſchauungen und Forderungen bezüglich der Regelung zuletzt im Jahre 1872 auch vorgelegt, ihre Vorſtellung erhielt jedoch keine Erle— digung, und hat ſeither die Regierung in Sachen der Rege— lung nicht nur mit der Univerſität ſich nicht mehr in das Einvernehmen geſetzt, ſondern ſo oft dieſe die Angelegenheit aufgriff und deren Förderung zu betreiben wünſchte, dieſelbe an der Ausführung ihres diesbezüglichen Beſtrebens im Verordnungswege verhindert und auf den Weg der einfachen Rechtsverwahrung beziehungsweiſe des Schweigens gedrängt.

Wie ſehr dieſes nicht nur mit dem jeden Zweifel aus— Ichliegenren Inhalte und Geiſte der bezogenen Geſetze, ſondern auch mit den verheißungs vollen Erklärungen des letzten Klauſenburger Landtags und der conſtitutionellen Miniſterialregierung im Widerſpruche ſteht, dies geht aus jenen beiden Daten hervor, auf welche ſich meine geehrten Collegen Adolf Zay und Guido Baußnern geſtern beriefen. Das Eine iſt die Repräſentation des Klauſenburger Land- tags vom 18. December 1865, in welcher die im Namen der ſächſiſchen Minoritäts- Abgeordneten durch Friedrich Bömches als Antrag formulirten Wünſche und Forderungen wegen Aufrechthaltung der ſächſiſchen Municipalverfaſſung und der Untheilbarkeit des Gebietes von Seite des Land— tages als rechtmäßige und empfehlenswerthe anerkannt worden find. Das zweite iſt der Erlaß des geweſenen Herrn Mini— ſters des Innern Baron Bela Wenckheim vom 15. Mai 1868, mittelſt welchem der Univerſität der ſicherſtellende Allerhöchſte Beſcheid auf deren Vorſtellung aus Anlaß der Amtsenthebung des früheren ſächſiſchen Nationsgrafen bekannt gegeben wurde.

In ſolchen feierlichen Erklärungen bin ich geneigt, jene dazumal in den maßgebenden Kreiſen herrſchend geweſene Anſchauung zu erblicken, es ſei die Berückſichtigung des 5. 8 des VII. ungarländiſchen Geſetzartikels vom Jahre 1848, wornach „Ungarn alle jene beſonderen Geſetze und Freiheiten

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„Siebenbürgens, welche nebſt dem, daß ſie die vollſtändige „Vereinigung nicht hindern, der Nationalfreiheit und Rechts— „gleichheit günſtig ſind, anzunehmen und aufrecht zu erhalten „bereit iſt“, nicht N ein Gebot der Billigkeit, ee der Pflicht. |

Der uns Geſetentwurf weicht jedoch von den durch die ſächſiſche Univerſität in ihrem verfaſſungs— mäßigen Wirkungskreiſe zum Ausdruck gebrachten Regelungs- Grundſätzen gänzlich ab; derſelbe iſt alſo nicht mit deren Mitwirkung und Zuſtimmung zu Stande gekommen.

Der Geſetzeutwurf entſpricht aber hauptſächlich in feinen materiellen Beſtimmungen der Anordnung des Ge— ſetzes nicht.

Der Geſetzentwurf identificirt die Regelung des Königs⸗ bodens mit den im Lande angeblich aus dem Geſichtspunkte der Verwaltung unvermeidlichen Gebietsregulirungen, indem er als Grundſatz auszuſprechen empfiehlt, daß bei dieſen Regulirungen ein Unterſchiedzwiſchen dem Königsboden und den Nachbarterritorien nicht gemacht werde.

Dieſem Grundſatze gemäß würde die Regelung des Königsbodens einfach in der Zerreißung ſeines Gebietes und in der Umwandlung deſſelben gemeinſchaftlich mit den Nach- barterritorien in Comitate beſtehen.

Hiedurch hat der geehrte Herr Miniſter ſich mit dem Geſetze, welches nichts Anderes, als „die Sicherſtellung der „Innerverwaltungsrechte der Stühle, Diſtriete und Städte „des Königsbodens, die Organiſirung ihrer Vertretung und „die Feſtſtellung des Rechtskreiſes der ſächſiſchen Nations— „Univerſität“ verlangt, geradezu in Gegenſatz und uͤber daſſelbe hinweggeſetzt, indem er Etwas ganz Anderes vorſchlägt, als was jenes verordnet. Denn daß die Zer— ſprengung des Königsbodens durch parlamentariſchen Dynamit eine „Regelung“ ſei, wird kein unbefangener Menſch be— haupten können.

Und was iſt das Hauptmetiv dieſer geplanten lebens— gefährlichen Operation? Einfach das, daß der Königsboden angeblich ein nationales privilegirtes Territorium ſei, ein ſolches aber in Folge des ausgeſprochenen Prinzipes der Gleichberechtigung nicht mehr aufrecht erhalten werden könne.

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Aber der erſte Paragraf des 43. Geſetzartikels von 1868 hat meiner Anſicht nach die Bedeutung, daß die Ter⸗ ritorialeintheilungen und Benennungen nach politiſchen Na⸗ tionen und die damit verbundenen Vorrechte und Privilegien allerdings aufgehoben worden ſind, jedoch bloß in ſo weit, als dieſe irgend eine Nationalität mit Ausſchluß anderer zugeſtanden haben, nicht aber ſoferne ein ſolcher Ausſchluß nicht mehr Platz greift. f

Unter dem ſogenannten Municipalrechte der Sachſen, welches nominell und formell zwar auf einem Privilegium, jedoch auf einem Privilegium, das durch die Eintragung in die Grundgeſetze des Landes den Character eines Vertrages angenommen, im Weſen aber auf der bürgerlichen Freiheit und Gleichheit beruht, iſt, nach meinem Erachten, ſeidem der Grundſatz der individuellen Rechtsgleichheit durch den ſiebenbürgiſchen I. Geſetzartikel von 1848 ausgeſprochen wor⸗ den iſt, ein ſolcher Rechtsſtand zu verſtehen, welcher die Anerkennung der geſetzlichen Beſonderheit und deren weiteren Entwicklungsfähigkeit in ſich faßt.

Dieſes ſogenannte Privilegium alſo iſt nunmehr heutzu⸗ tage nichts Andres, als der Ausdruck des Prinzips der Selbſtbeſtimmung und Selbſtregierung, aber ſo, wie ſie auf dem Königsboden ſich entwickelt hat (der Ausdruck der über tas, qua vocati fuerant a piissimo Rege Geyza), welche, um zur Geltung gelangen zu können, ſich natürlich auch auf ein beſtimmtes Territorium beſchränkt, weßhalb jedoch dieſem nicht mehr die Eigenſchaft irgend eines Privilegs oder eines eine andre Nationalität ausſchließenden Vorrechtes anklebt.

Das in dieſem Sinne zu nehmende öffentliche Recht des Königsbodens iſt ein eben ſolcher ergänzender Theil des ungariſchen Staats- und Verfaſſungsrechtes, wie jede audre fundamentale Staatseinrichtung; wenn alſo die auf das Ganze bezüglichen Grundgeſetze aufrecht zu erhalten ſind, worüber im geehrten Hauſe ein Zweifel nicht obwalten dürfte, ſo iſt auch der Theil, beziehungsweiſe deſſen territoriale und politiſche Integrität als der Boden für die Möglichkeit ſeiner geſunden Fortentwicklung, unverſehrt zu erhalten, weil das Gegentheil Selbſtverſtümmelung wäre. 15

Die berührte politiſche Beſonderheit aber greift in den

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Rechtskreis Andrer nicht ſtörend oder hindernd ein, fie ſteht der Gleichheit vor dem Geſetze und dem freien Genuße der bürgerlichen Rechte in keiner Weiſe im Wege, ſeit die Wol— thaten dieſes Munizipalrechtes nicht bloß die Sachſen, ſon— dern ſämmtliche Bewohner des Königsbodens genießen; dieſemnach iſt die Verweigerung ihrer Exiſtenzberechtigung nicht ummum jus, ſondern summa injuria, das größte Unrecht, denn fie würde der Gemeinfreiheit jenes Gebiets- theiles das Grab graben.

Was aber den geplanten künftigen Organismus und Wirkungskreis der ſächſiſchen Univerſität anbelangt, je läßt hiebei der Entwurf die Paragrafe 9 und 11 des 43. Geſetz⸗ artikels von 1868 ebeufalls gänzlich außer Acht, in ſo ferne derſelbe die Stelle des Sachſengrafen definitiv erlöſchen läßt, und vom Wirkungskreiſe der Univerſität jede Einflußnahme auf Verwaltungs- und politiſche Angelegenheiten ausſchließt, mithin das Leopoldiniſche Diplom, welches ein radicale conventionis instrumentum iſt, und den hierauf ſich be— rufenden XIII. ſiebenbürgiſchen Geſetzartikel vom Jahre 1791, in deſſen Geiſte ein noch im Jahre 1791 am 13. April, Zahl 960 erlaſſenes königliches Reſeript ſich alſo ausge- drückt hat:

„eui (scilicet Universitati) in concreto per moduin „legitimae repraesentationis de legibus in medium „eonsulere, ae id, quod in commune ipsius bonum „eonferre Constitutionique suae conveniens esse judi- „eaverit, supremae Regiae confirmation substernere „competit,“

und welche geſetzmäßige Rechtsſtellung auch durch die Heilig⸗ keit des fürſtlichen Krönungseides in ihrer Geltung ſicher⸗ geſtellt iſt, einfach zu den Todten wirft und hiemit auch den Grundſatz der Rechtscontinuität verleugnet.

Und hier halte ich es nicht für überflüßig zu bemerken, daß die im Jahre 1848 zur Ausarbeitung der Einzelheiten der Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn entſendete Lan— des⸗Commiſſion mittelſt des von derſelben verfaßten 12. und 14. Geſetzartikelsprojectes ſowol das Comeswahlrecht als auch den geſetzlichen Wirkungskreis der Univerſität aufrecht

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zu erhalten vorgeſchlagen hatte, ſomit vom Grundſatze der Rechts achtung ausgegangen iſt.

Daß aber dieſer geſetzliche Wirkungskreis auch auf öffentliche und Landes-Angelegenheiten ſich erſtreckt hat, wie ſolches der 13. Geſetzartikel von 1791 gewährleiſtet, und thatſächlich ausgeübt worden iſt, dießbezüglich will ich in Kürze nur darauf hinweiſen, daß die ſächſiſche Univerſität am 21. Juli 1692 den unter dem Namen der Accorda mit mit den beiden anderen Nationen wegen Auftheilung der Steuer geſchloſſenen Vertrag unterfertigt, im Jahre 1791 gegen mehrere Landtagsgeſetzartikel Vorſtellungen gemacht, imJ. 1792 in Augelegenheit der Union, 1805 in Betreff der aus Anlaß des franzöſiſchen Krieges erforderlichen Verfügungen, 1809 wegen Errichtung einer ſächſiſchen Bürgerwehr, im J. 1823 in der Frage der Vereinigung des Fogaraſcher Diſtrictes mit dem Ober-Albenſer Comitat, im J. 1833 wegen Ein» führung des öſtreichiſchen allg. bürgerli chen Geſetzbuches, 1842 in Sachen der Amtsſprache und 1844 in Angelegenheit der Regelung der Comeswahl, berathen, beſchloſſen, Statuten gebracht und Repräſentationen gemacht hat.

Und jetzt iſt ſelbſt der eingeſchränkte Wirkungskreis der Univerſität kaum der blaſſeſte Schatten einer Autonomie, indem der Geſetzentwurf die Vollziehung eines jeden Be— ſchlußes derſelben von der Miniſterialgenehmigung abhängig macht und ſelbſt in die Sphäre des Privatrechts ſich unzu— ſtändiger Weiſe einmengt dadurch, daß er das Eigenthums— recht des Univerſitätsvermözen genannten Nationalvermögens ſcheinbar im 5. Paragraf unberührt läßt, in dem darauf folgenden dagegen wenigſtens einen Theil deſſelben auf alle Bewohner des Königsbodens als Eigenthümer überträgt, ja ſogar im 4. Paragraf auch das als Norm beſtimmt, wozu das Vermögen verwendet werden ſolle, während doch die Verfügung darüber bisher frei war.

Und dieſes il nach achtjährigen Tantalusqualen die endgiltige Löſung ſein?

Dieſem zu Folge iſt es mir klar, daß die Rückſichten der Gleichberechtigung die Nothwendigkeit ſolch radtcaler Maß— regeln nicht rechtfertigen können; aber auch die Rückſichten der öffentlichen Verwaltung nicht, in welcher Hinſicht ich es

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für genügend erachte, auf die notoriſche Thatſache hinzuweiſen, daß die Handhabung des auf dem Königsboden beſtehenden Verwaltungsſyſtems die Concurrenz mit der Comitatsver— waltung immer getroſt aushalten kann und jedenfalls ſowol in der Vergangenheit als auch in der neueren Zeit in geringe— rem Maße den Gegenſtand der Unzufriedenheit und begrüu— deter Klagen gebildet hat, als man ſolches in anderen Theilen des Landes zu erfahren Gelegenheit hatte. Der vergleichs— weiſe geordneten Führung dieſer Verwaltung ftanden aber die Verhältniſſe der Territorialbildung nicht im Wege.

Ich bin demnach der Ueberzeugung, daß die Reglung der Verhältniſſe des Königsbodens ohne Verleugnung des hiſtoriſchen Rechts und ohne Gefährdung der Intereſſen der Gleichberechtigung und des Staates, auch mit Vermeidung der Nivellirung um ſo mehr möglich ſei, als dazu auch die ſächſiſche Univerſität die Bereitwilligkeit zu ihrer zuſtändigen Mitwirkung niemals verweigert und meines Erachtens wann immer mit Frenden zu bethätigen bereit ſein würde.

Die Geſetze des Jahres 1848 waren in den Jahren 1865, 1868 und 1870 in den entſcheidenden Kreiſen noch in lebendigerer Erinnerung, als heute und doch wurde bisher eine ſolche Auslegung denſelben nicht gegeben, als ob das politiſche, beziehungsweiſe municipale Recht jener hiſtoriſchen Individualität, welche auf dem Gebiete des Königsbodens innerhalb des Bereiches der Verfaſſung ſich entfaltet hat, aufgehoben worden, oder als ſei es von ſelbſt erloſchen.

Da es nach meiner Anſicht ein poſitives Geſetz nicht gibt, welches das auf Geſetzen und Verträgen ruhende Municipalrecht des Königsbodens und den legalen Wirkungs— kreis der Univerſität mit alleiniger Ausnahme der Recht: ſprechung aufgehoben oder in engere Grenzen eingeſchränkt hätte, als welche in dem 13. Geſetz-Artikel von 1791 ge— zogen find; da die ſächſiſche Nations -Univerſität, als das zur Erklärung des Willens und der Meinung der Geſammt— bevölkerung des Königsbodens geſetzlich berufene Organ, ihr geſetzlich gewährleiſtetes Selbſtbeſtimmungsrecht hinſicht— lich jener Gegenſtände, welche zu ihrem Wirkungskreiſe geſetz— mäßig gehören, weder aufgegeben, noch verwirkt hat, ſo halte ich es nicht für einen verfaſſungsmäßigen Vorgang, dieſen

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Wirkungskreis, welcher die Regelung des Königsbodens in Beziehung auf adminiſtrative und überhaupt Innerangelegen— heiten umfaßt, ohne Mitwirkung der Univerſität gleichſam im Wege der Oectroirung zu ſuſpendiren, beziehungsweiſe zu vernichten.

Die Frage iſt nach meinem Dafürhalten als eine Rechts- und nicht als eine Macht-Frage zu löſen. Auf was Anderes kann ſich aber Angeſichts des geſetzlichen Rechtes die Majorität des geehrten Hauſes berufen, als auf die Macht?

Aber auch für den Mächtigen kann es gefährlich wer— den, die Bahn der Rechtsverleugnung, beziehungsweiſe der Rechtserdrückung zu betreten; denn ein ſolches Vorgehen könnte einſt auch gegen ihn als Waffe gebraucht werden. Gleichwie dem Einzelnen, ſo iſt es aber auch den Völkern nicht auf die Stirne geſchrieben, wie lange ſie zu leben haben, und ich glaube die Aufgabe wäre die, daß der Mächtige den Schwächeren in dem, was ſein Recht und ſeine Gerechtig— keit iſt, ſchirme, nicht aber niedertrete.

Rechte, die im Volksbewußtſein tiefe Wurzeln geſchlagen haben, und die beſtimmte Anordnung des Geſetzes einfach zu ignoriren, und ohne die Zuſtimmung und den Willen eines anſehnlichen Theiles der Betheiligten und Berechtigten, ja ſelbſt zahlloſen amtlichen Verwahrungen entgegen tabula rasa zu machen, ſcheint mir wahrhaftig weder als ein con⸗ ſtitutioneller noch als ein politiſch verſtändiger Vorgang.

Oder ſoll vielleicht die im Schoße des geſetzgebenden Körpers derzeit blühende günſtige Parteiconſtellation den em⸗ pfohlenen Vorgang rechtfertigen und zwar lediglich aus dem Grunde, weil dieſelbe zu einer mächtigen Majorität ſich ent⸗ wickelt hat? Hat denn die Macht, wenn ſie conſtitutionell bleiben will, nicht auch die heilige Pflicht, das Geſetz einzu⸗ halten und die auf Geſetzen und Jahrhunderte alter Uebung beruhenden Rechte, deren die Rechtsgleichheit kränkende Aus⸗ ſchließlichkeit ohnehin ſchon aufgehört hat, zu achten und zu ſchützen, zumal deren Ausübung wahrlich unter allen Um: ſtänden weder der Krone noch dem Lande zum Schaden war?

Die einfache Leugnung des Beſtehens eines Rechtes vermag das Recht ſelbſt nicht aufzuheben; wenn daher Willkür oder Gewalt deſſen Gebrauch zeitweilig zu hindern

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oder auch zu erſticken vermag, fo können günftige Umſtände das- ſelbe wider aufleben machen, und zu ſolchen günſtigen Verhält— niſſen kann ich unter Anderem auch ſchwache Regierungen zählen, da der geehrte Herr Miniſterpräſident in ſeiner am 15. Februar d. J. im Oberhauſe gehaltenen Rede den Werth und die Rechtswirkſamkeit auch ſolcher Freiheiten unbedingt anerkannt hat, welche damals errungen worden ſind, als die Zentral— gewalt ſchwach war. „Das Endziel der Herrſchaft kann auch „nach meiner Meinung nicht die Größe der Macht ſein, die „Macht iſt nur Mittel, das Endziel iſt die Beglückung der „Völker.“

Unter verfaſſungsmäßigen Verhältniſſen kann jede der— artige öffentliche Einrichtung, welche nicht das Ergebniß des freiwilligen Begehrens und der Selbſtbeſtimmung der be— treffenden Berechtigten, ſondern eines unnatürlichen Zwanges iſt, wodurch nach Deak „gegenſeitiges Vertrauen unmöglich begründet werden kann“, ſelbſt wenn dieſer Zwang eine con— ſtitutionelle Form hat, in ihren Folgen nicht heilſam und beglückend ſein. Wenn es geſtattet iſt, Kleines mit Großem zu vergleichen, ſo bin ich ſo frei, um die vorgebrachten Ge— danken einigermaßen zu illuſtriren, aus den in der Repräſen— tation des ungariſchen Landtags vom 8. Auguſt 1861 vor- kommenden zahlreichen goldnen Ausſprüchen die geſchätzte Aufmerkſamkeit des ſehr geehrten Hauſes mit der Verleſung bloß des folgenden in Anſpruch zu nehmen:

„Wenn irgend eine Macht, ſei es in Folge von „Fehlern, ſei es in Folge von Unglücksfällen dahin ge— „langt iſt, daß ſie zur Hebung des materiellen Wolſtandes „nur ſehr wenig thun kann, ja daß ſie von den zur Auf— „rechthaltung des Staates durch ſchwere Laſten beinahe „ſchon erſchöpften Landesbürgern immer neue materielle „Opfer genöthigt iſt zu verlangen: da geht ſie nicht „zweckmäßig vor, wenn ſie die Gefühle der Nation auch „durch Verkürzung der politiſchen Rechte verletzt; denn „die ſchweren Laſten werden bei der Ueberzeugung, daß „auch die Sicherheit der politiſchen Rechte gefährdet iſt, „noch ſchwerer, das gerechte Gefühl der Verbitterung „ſtimmt jede Opferwilligkeit herab und erſtickt das Ver— „trauen zu der Macht, welche die materiellen Intereſſen

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„der Bürger nicht zu ſchonen weiß, ihre politiſchen Rechte „aber nicht ſchonen will.“

Zum Schluße ſei mir geſtattet bei dieſer Gelegenheit noch eine, wie ich glaube, bedeutungsvolle Aeußerung zu citiren, welche in der Sitzung der ſogenannten Einundzwanziger Landtags⸗Commiſſion vom 20. Jänner 1874, wie Seite 102 des betreffenden Tagebuches zeigt, das Commiſſionsmitglied Koloman Tißa gethan hat und welche wie folgt lautet:

„Ein Vorgang, welcher nur auf der Gewalt beruht, „es mag dieſe von Gottes oder der Revolution Gnaden „ſein, iſt wirklicher Abſolutismus, aber jedenfalls Abſolu— „tismus, denn dieſe iſt eine Nichts verſchonende Gewalt. .. „In einem conſtitutionellen Lande darf man ſolche Ge— „walt nicht anwenden.“

Wenn der ſehr geehrte gegenwärtige Cabinetschef dieſem ſeinem Ausſpruch nicht mehr ſollte treu bleiben wollen, dann müßte ich zu der ſchmerzlichen Folgerung gelangen, daß wir an der Schwelle der Inaugurirung der Aera des parla— wentariihen Abſolutismus ſtehn.

Weil ich aber nicht glauben kann, der ſehr geehrte Herr Miniſterpräſident habe die ernſte Abſicht, dieſes neue Regierungsſyſtem einzuführen, ich meinerſeits aber daſſelbe entſchieden verwerfe, weil ich die Vernichtung des Municipal— rechtes des Königsbodens nicht unterſchreiben kann, zum Selbſtmorde aber wir uns nicht entſchließen können, übrigens auch Ludwig Koſſuth in ſeinem Briefe vom 14. Februar d. J. behauptet „ein niedergetretenes Volk könne wieder ge— „boren werden, für ein ſelbſtmörderiſches Volk aber gebe es „keine Auferſtehung“, ſo nehme ich alledem zu Folge den vorliegenden Geſetzentwurf als zur Verhandlung nicht geeignet weder im Allgemeinen noch im Einzelnen an und unterſtütze den Beſchlußantrag meines Abgeordneten-Collegen Kapp.

Uns Wenigen aber, denen dieſer ſchwere Augenblick zu Theil geworden iſt, diene zur Ermunterung unſers Dichters patriotiſche Mahnung: „Was auch d'raus werde, ſteh' zu deinem Volk, das iſt dein angeborner

Platz!“ |

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Baron Gabriel Kemeny (unterſtaatsſecretär):

Ich geſtehe, daß ich mit einiger Verwunderung jene Reden bis zu Ende angehört habe, welche einige unſerer Ab— geordnetencollegen des Königsbodens bezüglich des vorliegen— den Geſetzentwurfes hielten; ich wundere mich über jenen Anachronismus, welcher in denſelben enthalten iſt, und ver— wundere mich über den Mangel an Auffaſſung der Ver— hältniſſe, welcher, wenigſtens nach meiner geringen Anſicht, daraus hervorſticht. Wenn wir nicht in Peſt wären, nicht auf dem Reichstage des gemeinſamen Ungarns, ſondern auf irgend einem Spezial-Landtage Siebenbürgens, vielleicht in Torda oder Mediaſch oder auch Mühlbach, wenn wir in der Zeit vor 250 Jahren leben würden, dann würde ich ver— ſtehen, dann könnte ich mir erklären, dann könnte ich den Geſetzen gemäß begründen, was jetzt als Anſprüche hervor— treten; wie man aber jetzt in dieſem Augenblicke mit der— artigen Forderungen hervortreten kann, wie das einige meiner Abgeordnetencollegen herzuſagen für gut fanden, finde ich unbegreiflich.

Geehrtes Haus! Meine geehrten Abgeordnetencollegen von der äußerſten Rechten haben bezüglich des Königsbodens die Anſicht, daß das geſammte Land dann, wenn es die innere Organiſation und Verwaltung des Königsbodens regeln will, mit dem Königsboden ein pactum conventum zu

ſchließen habe.

Wie wunderlich auch dieſe Forderung erſcheinen mag, ſo hat ſie doch ihre Baſis. In Siebenbürgen waren vor und bis 1848 thatſächlich drei politiſche Nationen. Hier in meiner Hand befinden ſich die 48er ſiebenbürger Landtags-Protokolle und Urkundenbücher. Alle Beſchlüſſe derſelben floſſen aus der Verſammlung der geſetzlich vereinigten Corporationen und Stände der drei politiſchen Nationen. Dieſes verſtehe ich, dieſes weiß ich, was es bedeutet. Dieſes hat ſeine eigene hiſtoriſche Entwickelung. In Siebenbürgen exiſtirten ſchon zur Zeit der Könige drei priveligirte, mit von einander ge— ſchiedenen Territorien ausgeſtattete Nationen, welche beſondere Rechte, eine beſondere innere Organiſation und eine beſondere innere Verwaltung beſaßen. Damals traten die Funktionen und Wirkſamkeit einzelner Nationen in politiſcher Beziehung,

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nicht ſehr in den Vordergrund, denn die allgemeine öffent: liche Sicherheit, die Hauptintereſſen des Landes wurden nicht in Siebenbürgen, nicht dort verwaltet, ſondern in Ungarn, dort, wo die gemeinſamen Landtage abgehalten wurden. Als Siebenbürgen von Ungarn ſich trennte und in dieſer Beziehung bin ich der Anſicht, daß dieſes nicht in Folge des Verhaltens einzelner Menſchen geſchehen ſei, wie beiſpiels— weiſe behauptet wurde, daß dieſes Zapolya's Verrath mit ſich gebracht habe, ſondern dieſes trat in Folge der Wirkung verſchiedener in ſich eingreifender Gründe ein; auch trennte nicht Siebenbürgen von Ungarn ſich los, ſondern Siebenbürgen und der öſtliche Theil Ungarns trennten ſich von dem weſtlichen Theile des Landes los und bildeten ein beſonderes Fürſten— thum, (Rufe: So iſt's!) welches eine lange Zeit hindurch zwar das Andenken an die heilige Stefanskrone behielt, aber ſeine eigenen Angelegenheiten unabhängig verwaltete. In dieſer Zeit waren die drei kleinen Nationen in dem kleinem Siebenbürgen auf einander angewieſen und ſomit das Na— türlichſte, daß dieſelben ein paetum conventum mit einander abſchloſſen. So wurden die drei Nationen der Reihe nach die ungariſche, die ßekler und die ſächſiſche Nation genannt, welche eine Union abſchloſſen und in dem Unionseide aus— drücklich umſchriebene Rechte und Verpflichtungen ſich gegen— ſeitig zugeftanden, die jeder Landesbürger zu reſpectiren ver— pflichtet war. Damals ereignete ſich allerdings nicht bos Ein Fall, daß die Verweigerung des Siegels, das Weg— bleiben der Nationalvertreter den einen oder den anderen ge— ſetzgeberiſchen Akt unmöglich machten. Damals war Sieben- bürgen, das muß zugeſtanden werden, in drei Cantone ge— ſchieden, bezüglich welcher drei verſchiedene politiſche Nationen als ſolche das Recht ausübten, und die volle Einwilligung derſelben war erforderlich, damit in Siebenbürgen ein ge— wiſſer Geſetzes-Akt ins Leben trete. Dieſes kann nicht be— zweifelt werden, aber keinen Zweifel erleidet es, daß ſchon bei Gelegenheit des Rückfalles Siebenbürgens an die heilige Stefanskrone, ſchon bei Gelegenheit jener Verhandlungen, zufolge deren Siebenbürgen unter die Krone des erlauchten habsburgiſchen Hauſes gelangte, ſchon damals der Einfluß dieſer geſonderten kleinen Nationen als politiſchen Indivi⸗ dualitäten auf die Verwaltung der Landesangelegenheiten

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jeine Bedeutung verlor. Von dem Erfcheinen des leopoldiniſchen Diplom's angefangen ſank derſelbe fortwährend und ſchon in dem XI. ſiebenbürgiſchen landtäglichen Geſetzesartikel vom Jahre 1791, in welchem aufgezählt iſt, was die Reihenfolge der Berathungen, was die Gegenſtände der jährlich abzu— haltenden Landtage ſeien, iſt es klar ausgedrückt, daß die Abſtimmungen nach Köpfen zu geſchehen haben. So iſt, nachdem die durch eine verſchiedene Anzahl von Abgeordneten vertretenen Nationen nicht mehr curiatim, ſondern nach Perſonen abſtimmten, eigentlich ſchon damals jenes Recht verloren gegangen, gemäß welchem ein Geſetz und gültiger Be— ſchluß ohne Einwilligung der mit dem Curiatvotum aus— geſtatteten geſonderten politiſchen Nationen nicht entſtehen und welche Nation immer daſelbſt eine Rolle ſpielen konnte. Ich ſage, dieſes hat bereits der 1791er Geſetzartikel auf das entſchiedenſte ausgeſprochen.

Aber ſeitdem iſt viel geſchehen, viel mehr, als bis dahin, und in dieſer Beziehung iſt das Jahr 1848 entſcheidend. Wie Sie alle zu wiſſen belieben, wird im Preßburger VII. Geſetzartikel von 1848 die Union zwiſchen Siebenbürgen und Ungarn ausgeſprochen für den Fall, daß Siebenbürgen demſelben beiſtimmt. Siebenbürgen hat auf dem im Jahre 1848 zu Klauſenburg abgehaltenen Landtage die Union mit großer Begeiſterung und Einſtimmigkeit angenommen. Hier erlaube ich mir beſonders zu bemerken, daß, ſelbſt wenn auch das Curiatvotum der einzelnen Nationen beſtanden hätte, die Abgeordneten des Königsbodens gegenwärtig ſelbſt in dieſem Falle gegen dieſes Unionsgeſetz Nichts einwenden könnten, denn wie die ämtlichen und beglaubigten Aktenſtücke, Protokolle und Urkundenbücher dieſes Landtages bezeugen, er— klärte der ſächſiſche Abgeordnete von Kronſtadt Elias Roth, welcher jenen Augenblick als einen heiligen bezeichnete, wo der geſammte Landtag einen für ſo wichtig gehalten Gegen— ſtand mit ſolcher Begeiſterung begrüßte, auch ſeinerſeits bereit zu ſein, die Union anzunehmen und ihr beizuſtimmen, jedoch jedenfalls unter Vorbehalt der Aufrechthaltung der beſonderen Rechte der Sachſen. Dieſe Erklärung unterſchrieben 17 der ſächſiſchen Abgeordneten, deren Geſammtzahl 22 war. Es iſt allerdings wahr, daß einige Jurisdiktionen einzelne ſächſiſche

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Abgeordnete darüber zur Verantwortung zogen, daß fie bie Inſtruktionen jener überſchritten, daß ſie mehr gethan hatten, als ſie bevollmächtigt worden waren. Ich glaube aber, es könne bei der Schaffung eines Geſetzes deſſen Gültig— keit dadurch nicht alterirt werden, daß jenes innere Verhältniß, welches zwiſchen den Abgeordneten und Wählern beſteht, vielleicht nicht immer ein correctes war. Jedenfalls ſteht ſoviel feſt, daß ſelbſt in dem Falle, daß die ſächſiſche Nation das Curiatvotum gehabt hätte, die Union zum Geſetze geworden wäre. Nach Abgabe dieſer Erklärung reichten die Abgeordneten der Jurisdictionen des Königsbodens eine umfaſſende Denkſchrift ein, in welcher ſie jene Wünſche auseinanderſetzten, welche ſie der mit dem Durchführungsplan der Union betrauten Negnicolar-Commij- ſion unterbreiten wollten. Dieſelbe hat geſtern mein geehrter Abgeordnetencollege Guido Baußnern vorgeleſen, aber meiner Anſicht nach mit einem großen Irrthum. Ich hatte gerade heute das Druckwerk in amtlicher Ausgabe in der Hand und habe diesbezüglich im litografiſchen Berichte nachgeſehen und bemerkt, daß drei Worte, welche von großer Wichtigkeit ſind, aus dem Texte, ohne Zweifel infolge eines Schreibfehlers meines geehrten Abgeordnetencollegen ausgeblieben ſind. Hier nämlich iſt der Landtagsbeſchluß ſo mitgetheilt: „Der Land— tag obige Erklärung der ſächſiſchen Brüder mit Sympathie entgegennehmend übergibt dieſelbe der in Angelegenheit der Union ernannten Landescommiſſion mit dem Auftrage, ſie habe innerhalb der Grenzen der Gerechtigkeit und Billigkeit mit allem Eifer dahin zu wirken, daß auf Grundlage der erwähnten Erklärung durch das ungariſche Miniſterium ein Geſetzentwurf der Geſetzgebung unterbreitet werde.“ Der ausgebliebene Paſſus aber iſt folgender: „Innerhalb der Grenzen der geſunden Politik.“ Dieſer Ausdruck „geſunde Politik“ iſt, ich will nicht ſagen, ein gewöhnlich gebrauchter Ausdruck, aber ich verſtehe ſehr gut, daß das salus rei— publicae darin liegt, und ich ſetze hinzu, daß ich dieſes auch für ſehr weſentlich halte. Was ein Anderer darunter ver— ſteht, iſt eine Frage der Auffaſſung. Ich ſage alſo, der Landtag nahm die Union an und gab der Regnicolar-Com⸗ miſſion die Weiſung, daß fie die Wünſche der Sachſen, in- ſoferne ſie mit dem Rechte, mit der Billigkeit und ſämmt⸗

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lichen Intereſſen des Landes vereinbar find, berückſichtige. Darauf folgte, wie wir wiſſen, die Sündfluth. Lange Zeit hindurch war kein politiſches Leben, denn ich nenne das nicht politiſches Leben, was gleich Aufaugs der 50er Jahre gerade auf dem Königsboden entſtanden. Bei uns war kein politiſches Leben, bei uns beginnt die geſetzliche recht- und verfaſſungsmäßige Wirkſamkeit blos mit dem Jahre 1868. Der XLIII. Geſetzartikel vom Jahre 1868 hat in dieſer Beziehung verfügt und die diesbezügliche Verfügung in Betreff der Durchführung der Union iſt in meinen Augen nicht da— durch wichtig, was geſtern anzuführen beliebt wurde, es werde nämlich das Miniſterium beauftragt, über die Re— gelung des Königsbodens einen Geſetzentwurf einzureichen, ſondern für mich iſt das von beſonderer Wichtigkeit, daß in der Einleitung des erſten Klauſenburger Geſetzartikels vom Jahre 1848 das Prinzip ausgeſprochen iſt, daß alle jene Vorrechte, welche früher in Siebenbürgen beſtanden, künftig ohne Rückſicht auf politiſche Nation und Religion aufgehoben werden. Dieſes iſt nicht nur im Allgemeinen ausgeſprochen worden, ſondern es wurde ausgeſprochen, daß die alten poli— tiſchen Nationen, politiſchen Territorien aufhören und aufge— hoben werden. Dieſes iſt außerordentlich wichtig, und dieſes war ſo, und für mich iſt das der wichtige Theil der Sache, daß die Exiſtenz der politiſchen Nationen, wenn ſie ehemals war, wie ich nicht behaupte, daß ſie nicht war, und wenn ſie ehemals eine ſo große Macht hatten, daß jene Territorien beſondere Cantone genannt wurden, welche in Siebenbürgen im Beſitze der beſonderen Nationen waren, im Jahre 1848 im Principe aufgehört hat, im Jahre 1868 aber in das Geſetz eingeführt auf das ausdrücklichſte aufgehoben wurde.

Da dies geſchehen, iſt jetzt die Frage: was könnte man zweckentſprechendes thun? Sie belieben ſehr wol zu wiſſen, daß der geſammte Königsboden nicht mehr als 150 und einige Quadratmeilen beträgt, und dieſe 150 und einige Quadratmeilen find auf 4 Theile getheilt: Kron— ſtadt für ſich, Biſtritz 2 Stücke, die anderen eines, und dieſe 150 und einige Ouadratmeilen bilden 11 Jurisdictionen. Jetzt frage ich, was iſt hier möglich, Broos, Biſtritz und

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Kronſtadt unter eine Jurisdiction bringen und die kleineren Stücke, unter einen Hut gebracht, aufheben, die beſonderen kleinen Jurisdictionen in ihrer 5, 6, 8 oder 10 Meilen be— tragenden Fläche Reußmarkt oder Mühlbach, oder alle dieſe belaſſen und deren Univerſität ein Municipalleben höheren Ranges verleihen? Hier erlaube ich mir zu bemerken, daß auch ich hie und da die alten Bücher durchblättert habe; aber eine Spur davon, daß aus den Zurisdictionen des Königsbodens in Siebenbürgen ein Geſammtmunicipium höheren Ranges geſchaffen werde, habe ich nirgends gefunden. (Zwiſchenrufe von der äußerſten Rechten . aber es iſt dort!) Ich bitte um Entſchuldigung, aber davon, daß ein Geſammtmunicipium aus den 11 Jurisdictionen des Königs⸗ bodens geſchaffen werde, habe ich kein einziges Wort geleſen weder im leopoldiniſchen Diplom, noch in den Approbaten, noch in den Compilaten, obwol dieſes jenes Zeitalter war, wo man dergleichen Dinge hätte inarticuliren können. In dem leopoldiniſchen Diplom vom Jahre 1691 alſo iſt die Aufrechterhaltung der Vorrechte und conſtitutionellen Ver— hältniſſe im Allgemeinen gewährleiſtet, welche ſich damals in beiden Fällen auf den am entſchiedenſten mit priveligirten Vorrechten ausgeſtatteten Königsboden bezog, deſſen Be— ſtand wie ich vorhin anzuführen ſo frei war aufhörte.

Ich ſage alſo, was könute man in dem Falle thun, wenn dieſe Jurisdictionen nicht zuſammen und nicht jede für ſich allein bleiben können? Die dritte Möglichkeit iſt die, eine Jurisdiction zu ſchaffen, die in der ungariſchen Geſchichte und, ich kann behaupten, auch in Siebenbürgens Geſchichte ihresgleichen ſucht, welche über dem Municipalleben und unter dem Landtage ſteht. Nun, ich hörte wol ſolche Aeußerungen und kenne aus der alten Zeit dergleichen Municipien, welche direct unter der Verfügung der Krone ſtehen. Wollen Sie aber bedenken, daß Sie den denkbar unparlamentariſcheſten Satz damit aufgeſtellt haben, indem Sie wünſchen, es möge die Krone für ſich allein in irgend einer Angelegenheit ver— fügen. Verfügt doch die Krone direct durch das Miniſterium und dem Miniſterium verleiht das die Kraft, wenn es ſich auf das Abgeordnetenhaus und auf alle jene Factoren ſtlützt,

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welche allein das Element der rechtlichen Geſetzgebung im Lande bilden. (Zuſtimmung.) Die Krone für ſich thut nie— mals etwas anderes als Gutes; wenn Sie die directe Ver— fügung der Krone wünſchen, wage ich zu behaupten, daß Sie einen in hohem Maße unparlamentariſchen Satz aufzuſtellen belieben. Und jetzt obgleich die Rechtscontinuität dorthin führt, daß der Königsboden geregelt werde und zwar nicht durch ein pactum conventum, ſondern direct durch den Reichstag unter richtiger Bedachtnahme der Verhältniſſe und Umſtände, jetzt entſetzen ſich einige Abgeordnete des Königsbodens, welche auf der äußerſten Rechten ſitzen, indem ſie ſagen, daß dieſes ſie vernichte. Mein geehrter Abge— ordnetencollege Fabritius hat ſehr richtig auseinandergeſetzt, daß hier von Vernichtung keine Rede ſei; umſonſt befürchtet dieſes mein geehrter Abgeordnetencollege Guſtav Kapp. Auch ich bin davon überzeugt, daß das ſächſiſche Volk viel zu arbeitſam, viel zu verſtändig, viel zu fleißig und viel zu ausdauernd iſt, als daß es, wenn es mit Anderen gleicher Rechte theilhaftig wird wenn es auch keine Vorrechte bekommt, und hierauf werde ich ſpäter zurückzukommen mir erlauben nicht ſeine Stellung zu behaupten wiſſen, ja ſogar ſich emporheben werde. Ich ſehe die Aeußerungen des Mißfallens ſeitens jener meiner Abgeordnetencollegen und auch das weiß ich, daß der Herr Abgeordnete Gebbel ſoeben angeführt und des Längeren erörtert hat, daß fie nicht indi— viduelle Vorrechte wünſchen; aber deßhalb, weil Sie nicht individuelle Privilegien und nicht ein individuelles, ſpezielles Territorium wünſchen, dagegen wenn bezüglich der geſammten Einwohnerſchaft irgend eines Territoriums eine ſo eigen— thümliche öffentliche Verwaltung erfordert wird, welche nur ihnen gehört und welche ohne ihre Befragung nicht abge— ändert werden kann: ſo glaube ich, daß das denn doch ein Privilegium, denn doch ein Vorrecht iſt. (Lebhafte Zu— ſtimmung).

Es iſt möglich, daß einige es nicht für das halten, aber dieſes iſt ohne Zweifel ein Privilegium; ich halte es dafür. (Lebhafte Zuſtimmung).

Uebrigens wundere ich mich ſehr darüber, daß Sie ſich bei Vernehmung gerade deſſen ſo ſehr entſetzten, während

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wie ich auch vorhin zu bemerken ſo frei war wenn irgendwo in unſerm Vaterlande in den 50er Jahren poli— tiſche Bewegung war, ſo war dieß auf dem Königsboden. Ich glaube die Herren Abgeordneten haben nicht vergeſſen, (Hören wir! Hören wir!) daß die competenten Vertreter des Königsbodens, inſoferne es damals möglich war, auf jene Rechts⸗Stellung, auf welche ſie ſich jetzt fo gerne be⸗ rufen, verzichtet haben.

Guſtav Kapp (ruft dazwiſchen): Sie haben nicht verzichtet!

Baron Gabriel Kemeny: Merkwürdig, daß ſich mein geehrter Abgeordnetencollege Kapp nicht zu erinnern beliebt, belieben Sie ſich nicht darauf zu erinnern, daß Sie unter dem Titel „Markgrafſchaft Sachſe n“ eine felbft- ſtändige Provinz wünſchten? (So iſt's! So iſt's!) Belieben Sie ſich nicht darauf zu erinnern, daß Sie den Wunſch äußerten, von dem Reiche des heiligen Stefan getrennt und mit den andern Theilen der Monarchie vereinigt zu werden? (So iſt's! So iſt's!) Das iſt nicht eine einfache Behauptung, das iſt eine allgemein bekannte Thatſache. (So iſt's! So iſt's.)

Belieben Sie ſich auf den 1863er Provinzial-Landtag zurückzuerinnern, ich ſelbſt war auch dort, ich ging ganz bis zur Thürſchwelle. (Zuſtimmung). Sie belieben zu wiſſen, daß, nachdem dieſer 1863er Provinzial-Landtag zuſammenkam, er bezüglich des Leopoldiniſchen Diploms ſelbſt erklärte, daß dieſes etwas werthloſes ſei. (So iſt's! So iſt's!) Wie be— lieben Sie ſich jetzt über dieſe Sache auszuſprechen? (Zu— ſtimmung).

Aber ich gehe noch weiter. Sie belieben ſich zu erin— nern und das werden Sie nicht leugnen, daß dieß auch Thatſache iſt daß derſelbe Provinzial-Landtag gegen ſein Eude Abgeſandte in den Reichsrath ſchickte; (So iſt's! So iſt's!) das Diplom vom 26. Feber acceptirte. (So iſt's!) All' dieſes ſind ſolche Thatſachen, zufolge deren, wenn das alte ſiebenbürgiſche Geſetz aufrecht ſtünde, die größte Ver⸗ letzung an dem unionis juramentum begangen worden wäre. (Lebhafte Zuſtimmung.) Das ſteht nicht, was vorhin zu ſagen beliebt wurde, daß Sie Ihre Rechte nicht verwirkt („verwirokltäk“) haben. Geſtern haben Sie ſich darauf be⸗

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rufen, daß wer felber feine Rechte aufgibt ich will mich auf dieſen ſo ſehr abgenützten Satz nicht berufen der gewinnt ſie nie mehr zurück; aber wenn man ſein Recht aufrecht hält, und die Gewalt eutreißt ſie, ſo iſt immer die Ausſicht auf deren Wiedergewinnung möglich. Jene, die ſo gehandelt haben und dieſes waren die Abgeordneten des Königsbodens, die haben das Recht verwirkt, indem ſie die Verbindung mit der St. Stefanskrone verleugnet haben. (Lebhafte Zuftimmung).

Und es gibt eine noch ſeltſamere Erſcheinung. Eben auf dem 1863er Hermannſtädter Provinzial-Landtag wurde auch ein Eintheilungsplan für Siebenbürgen entworfen, welcher nicht die geringſte Rückſicht darauf nimmt, was der Königsboden war. (Ausrufe: So iſt's!) Es war ungefähr eine ſolche Eintheilung, welche die abſolutiſtiſche Eintheilung Joſefs II. eingeführt hatte. Die Sache wurde auf dem ganzen Königsboden mit ſolcher Sympathie und Bereitwilligkeit auf— genommen, daß beiſpielsweiſe, als man die Ungültigkeit des leopoldiniſchen Diploms ausſprach, nur 2—3 magyariſche Mitglieder des Provinzial-Landtages ihre Stimme erhoben und der Beſchluß der Uebrigen mit großer Begeiſterung ge— faßt wurde. In dieſem Eintheilungsplane war nicht die ge— ringſte Rückſicht darauf genommen, was der Sekler-, was der magyariſche und was der Königsboden ſei. Woher kommt alſo die Klage, daß die Nation zu Grunde gehen werde? Die Nicht⸗Exiſtenz derſelben hat ja ſchon das Geſetz ausge— ſprochen, ſo daß dieſes eine nutzloſe Aſpiration iſt. Denn ſo gerne ich auch jedes Mitglied des Königsbodens ſehe, ſei es ein Sachſe oder Romäne, ebenſo entſchieden weiſe ich es von mir, daß deſſen Bewohner als geſondert ſtehende Maſſen politiſcher Rechte theilhaftig gemacht werden. (Lebhafte Zu— ſtimmung.) Ich wundere mich auch über jene andere Er— ſcheinung nicht, daß der größte Theil der auf der äußerſten Rechten ſitzenden Abgeordneten des Königsbodens in die eingehende Kritik des Geſetzes ſich gar nicht eingelaſſen hat, ſondern dabei geblieben iſt: „Wir als politiſche Nation, als ein die geſammte Verwaltungs-Jurisdiction beſitzender Theil, können das Geſetz nur dann acceptiren, nur dann als auf ſolchem Wege entſtanden anſehen, wo es acceptabel und er—

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träglich iſt, wenn man auch uns angehört hat und zwar nur ſo und nur in dem Falle, wenn man mit uns pactirt.“ Ich ſage, ich mache mir Nichts daraus, nachdem die Täuſchung Ihre Aufmerkſamkeit ſo erfaßt hat, daß man mit Ihnen aus einem ganz beſonderen ſiebenbürgiſchen Geſichtspunkte, aus einem 2—3 Jahrhunderte zurückverſetzten Geſichtspunkte ver- handeln müßte, halte ich es für natürlich, daß ich be— züglich des Werthes des Geſetzes ſelbſt keine Bemerkung gehört habe, ausgenommen die heutige Rede des Herrn Abgeordneten Gebbel. Was jenen Theil des Geſetzentwurfes betrifft, welcher ſich auf die Feſtſetzung des Verwaltungsver— hältniſſes bezieht, jo halte ich denſelben meinerſeits deßhalb für nothwendig, weil in Siebenbürgen bis jetzt der Königs- boden überhaupt nicht geregelt iſt. Dieſe Ungergeltheit wurzelt im Geſetze, im 1868er Geſetz, indem dieſes zu be— richtigen einem ſpätern Zeitpunkte vorbehalten wurde. Man muß daher darüber Verfügung treffen, ſo daß man bei Ge— legenheit der demnächſt erfolgenden Territorialberichtigung in Siebenbürgen eine zweckmäßige politiſche Eintheilung vor— nehmen könne.

Nachdem ich glaube, daß es ſchädlich, das es fehler— haft wäre, bezüglich welches Landestheiles immer eine Extra— wurſt zu machen („egy extrawurstot csinälni:*) deßhalb, daß er beſonders geregelt werde, deßhalb, daß gleichzeitig geſagt werden könne, „ſiehe da der Königsboden iſt zu regeln und demzufolge iſt jene Arrondirung, welche denſelben betrifft, einzubringen, für das Uebrige werden wir ſpäter Sorge tragen;“ ſtatt dieſem iſt weitaus zweckmäßiger die Feſtſetzung des Princip's, auf deſſen Baſis man die Regelung ſelbſt gleichzeitig, beſonders aber bezüglich Siebenbürgens und des Königsbodens aus einem höheren Geſichtspunkte, aus dem Geſichtspunkte des geſammten Landesintereſſes vornehmen kann. Deßhalb enthält der erſte und zweite Paragraf nichts Anderes, als die Feſtſetzung des Prineip's, daß die Sonderverhältniſſe des Königsbodens aufgehoben und be— züglich der öffentlichen Verwaltung ganz dieſelben Geſetze dort eingeführt werden, welche in den übrigen Theilen des Landes in Giltigkeit ſind. Die übrigen Theile des Geſetzes beſchäftigen ſich mit der Regelung der Univerſität ſowie des

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Siebeurichlervermögens. Mein geehrter Abgeordnetencollege Karl Fabritius hat hervorgehoben, daß er dem eine ſehr große Wichtigkeit beilegt, daß die Unverletzlichkeit des Eigenthums auf das Entſchiedenſte im Geſetze ſelbſt in den Vordergrund geſtellt iſt. Ich glaube, daß dieſes Ziel darin liegt, und glaube ganz richtig, denn das Eigenthumsrecht zu verletzen kann unter keinen Umſtäuden richtig ſein; aber dieſes bedeutet nicht ſoviel, daß der ſächſiſchen Univerſität derartige Rechte eingeräumt werden, welche längſt beſtanden, und wenn fie beſtanden im 17. Jahrhundert, im 19. Jahr— bundert ſind ſie wahrlich außer Giltigkeit und beſitzen keine im Geſetze begründete Berechtigung. (Zuſtimmung.)

Geehrtes Haus! Die alte Geſtaltung Siebenbürgens iſt eine ſolche, wie es der größte Theil der mittelalterlichen Geſtaltung war: Ein gewiſſes wüſtes Selbſtſtändigkeitsbe— ſtreben, eine gewiſſe Energie, welche nicht blos einmal in Siebenbürgen, ja auch in anderen Theilen Ungarns zu Un— gerechtigkeit und Gewaltthätigkeit geführt haben. Dies characteriſirt die mittelalterlichen Geſtaltungen; gewiß eine ſolche Geſtaltung, welche aus der Engherzigkeit ſich kaum emporhebt zur Abwägung ihrer eigenen directen Intereſſen und kaum ſo weit geht, die Intereſſen des geſammten Vater— landes würdigen zu können; welche ſich mit Privilegien um— ſchanzen will und darin alle Glückſeligkeit zu finden wähnt, wenn das Geſchäft des eigenen Stuhles, der eigenen Stadt, des eigenen Bergwerksbetriebes und des eigenen kleinen Territoriums vorwärtsſchreitet. Anſtatt deſſen werden wir alſo, die geſammtſtaatlichen Intereſſen berückſichtigend, die möglichſte Homogenität erſtrebend und zur Aufrichtung und Erreichung der gemeinſamen Intereſſen den Geſammtwol— ſtand im Auge habend, die Frage löſen. Dieſer Geſetzent— wurf iſt blos der letzte Schlußſtein einer vielhundertjährigen Entwicklung und bezeichnet gleichzeitig den Weg, auf welchem die nächſte neue Entwicklung geſchehen wird: Dies iſt der Weg der Civiliſation, der Entwicklung, des Fortſchrittes. Aus dieſem Grunde bewillkommne und acceptire ich den Geſetzentwurf. (Lebhafte allgemeine Zuſtimmung.)

Präſident: Der Herr Abgeordnete Guido Baußuern wünſcht zur perſönlichen Bemerkung das Wort.

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Guido Baußnern: Der geehrte Herr Vorredner be— liebte zu ſagen, daß ich in meiner geſtrigen Rede drei Worte ausge— laſſen habe. Ich kann dieſe Behauptung nicht acceptiren. Gegen— über der Behauptung, dies ſei in Folge eines Schreibfehlers einerſeits geſchehen, behaupte ich, daß dieſes in Folge eines Schreibfehlers der Stenografen geſchehen ſei Ich werde es ſofort beweiſen. Der „Peſter Lloyd“, dem ich die deutſche Ueberſetzuung meiner geſtrigen Rede übergeben, war fo ge— fällig, meine Rede ſehr ausführlich mitzutheilen und obgleich das betreffende Citat nicht Wort für Wort darin ſteht, ſo befinden ſich und deſſen freue ich mich behufs meiner Rechtfertigung dennoch die drei betreffenden Worte, nämlich „einer geſunden Politik“ darin. Das Citat im „Peſter Lloyd“ lautet (lieſt): „Darauf beſchloß der Landtag der in Angelegenheit der Union ernannten Landescommiſſion die Weiſung zu ertheilen, letztere habe innerhalb der Grenzen der Gerechtigkeit, Billigkeit und einer geſunden Politik („jozan orszäglästan“) mit allem Eifer dahin zu wirken, daß „u. ſ. w. Dieſes zu bemerken hielt ich für meine

ſittliche Pflicht.

Emil Trauſchenfels (Sachſe):

Geehrtes Haus! Als ich heute Morgens dieſen Saal betrat, that ich es mit dem Vorſatz, die Reizbarkeit draußen zu laſſen. Daß ich dieſem Vorſatz auch treu bleibe und auch bleiben werde, beweiſe ich wol am beſten dadurch, daß ich auf die Ausführungen des erſten Sprechers vom heutigen Tage, des Herrn Abgeordneten Carl Fabritius, überhaupt nicht reflectire. Dagegen will ich die Ausführungen meines unmittelbaren Vorredners, des ſehr geehrten Herrn Abgeord— neten und Uuterſtaatsſecretärs, meinerſeits mit einigen Ge— genbemerkungen erwidern.

Den erſten Theil ſeiner Rede, jene hübſche und cor— recte hiſtoriſche Darſtellung, nehme ich dankbar zur Kenntniß, dankbar ſchon deshalb, weil ſie jene Verhältniſſe illuſtrirt, auf deren Grundlage auch wir mit unſeren Erörterungen uns zu beziehen bei dieſem Anlaſſe vielfach genöthigt ſehen, um ſo mehr, als das in dieſen Angelegenheiten in der Regel nicht gut informirte geehrte Haus ſolche Erörterungen, wären

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ſie unſererſeits vorgebracht worden, aller Wahrſcheinlichkeit nach nicht mit dem gleichen Intereſſe würde angehört haben.

Aus dieſem Grunde halte ich mich dem Herrn Abge— ordneten gegenüber in der That zum Danke verpflichtet. Um ſo weniger aber iſt es mir möglich, ich geſtehe es, mit dem Herrn Abgeordneten übereinzuſtimmen bezüglich der Be— hauptungen und der daran geknüpften Bemerkungen, welche in dem weiteren Theile ſeiner Rede enthalten ſind. Der Herr Reichstagsabgeordnete und Unterſtaatsſecretär Baron Gabriel Kemeny hat die Verwirkungs-Theorie in der That mit bril— lantem Erfolg ausgeführt. Freilich wol hat er dieſe Theorie nicht in jenem Geiſte behandelt, in welchem Franz Deak einſtmals den bekannten Wiener Profeſſor Luſtkandl abge— fertigt hatte. y

Würde der Geift Franz Deak's dem Herrn Abgeord— neten vor Augen geſchwebt haben, er würde recht wol gewußt haben, daß, was auch Einzelne thun oder unterlaſſen mögen, die Rechte von Corporationen, von Ländern oder von Nas tionen dadurch doch niemals verwirkt werden können.

Doch der Herr Abgeordnete geht weiter, er macht uns einen Vorwurf daraus, daß auch vom Königsboden aus der ſogenannte Hermannſtädter Landtag durch Abgeordnete beſchickt worden war. Was aber thaten denn die Abgeordneten magyariſcher Nationalität im Jahre 1865? War denn der Klauſenburger Laudtag deshalb, weil er in Klauſenburg, deshalb, weil er im Jahre 1865 abgehalten wurde, auch nur um ein Jota mehr und beſſer im geſetzlichen verfaſſungs— mäßigen Rechte des Landes begründet? Nein, er entſprach den geſetzlichen Erforderniſſen leineswegs beſſer. Aus dieſem Grunde ſchon hätte daher der geehrte Herr Abgeordnete dieſen Hinweis ſich erſparen können. Er hätte es unterlaſſen ſollen, den Vorwurf eines Rechts- und Verfaſſungsbruches zu er— 8 da er doch ſelbſt des gleichen Fehlers ſich ſchuldig wußte.

Auch außerdem aber halte ich es für unſtatthaft und gefährlich, wenn von einem Abgeordneten dieſes Landes, wer er auch ſei, das Thema der Verwirkungs-Theorie hier ange— ſchlagen wird; denn, geehrtes Haus, verzichtleiſten wie er behauptete, daß die ſächſiſchen Abgeordneten auf das

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Leopoldinum und auf, ich weiß nicht welche anderu werth— vollen Gerechtſame noch ſonſt ſollten Verzicht geleiſtet haben verzichtleiſten kann man auf zweierlei Art. Man kann es dadurch, daß man Weniger, man kann es aber auch da— durch, daß man Mehr, über die Gränze des Erlaubten hinaus, in Anſpruch nimmt. Der geehrte Abgeordnete Baron G. Kemeny behauptet von den Abgeordneten des Königs— bodens, daß ſie Weniger in Anſpruch genommen haben, das heißt, daß ſie den Werth jenes Leopoldiniſchen Diploms als die eigene Rechtsbaſis nicht gewürdigt haben, daß ſie darauf Verzicht geleiſtet haben.

Erlauben Sie mir nun aber, Sie daran zu erinnern es fällt mir wahrlich ſchwer, in dieſem Hauſe es auszu— ſprechen; nehmen Sie es auch nicht als ein Zeichen der Gereiztheit, denn ich ſpreche mit vollkommen nüchterner Ruhe, ich ſpreche es nur aus, weil ich durch die Herausforderung dazu gezwungen wurde erlauben Sie mir, den Debrecziner Landtag Ihnen in's Gedächtniß zu rufen. Auch dieſer leiſtete Verzicht auf die Verfaſſung, freilich in der andern Form (Rufe! Oho! Bewegung! ). |

Nehmen Sie es mir nicht übel, geehrte Abgeordneten, wir genießen jetzt durch die gnädige Entſchließung unſeres verfaſſungsmäßigen Königs und durch die Mitwirkung des Landes verfaſſungsmäßige Zuſtände. Man darf aber deſſen niemals uneingedenk ſein, was als Schlagwort dieſer Epoche von Ihnen ſelbſt aufgeſtellt wurde, der Satz nämlich: „Breiten wir einen Schleier über die Vergangenheit“, denn, geehrtes Haus, „was dem einen recht, iſt dem andern billig.“

Und nuumehr ſei es mir geſtattet, dem geehrten Herrn Miniſterpräſidenten Koloman Tißa auf ſeine geſtrige Rede Einiges zu erwidern. Der ſehr geehrte Herr Miniſterpräſi— dent gab uns, nach einer meiner Anſicht nach fehlerhaften Rechtserörterung, jene beiden Geſichtspunkte bekannt, welche ihn bei der Conception des in Verhandlung befindlichen Geſetz— Entwurfes leiteten, und zwar ſprach er als ſolche namentlich aus: die Grundſätze der Rechtsgleichheit und der Heilighaltung des Eigenthumsrechtes. Auf den letzteren werde ich im Ver— laufe meiner Rede noch ſpäter zurückkommen. Auch über die Rechtsgleichheit will ich nur Weniges bemerken, da dieſer

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Gegenſtand auch heute bereits durch mehrere Redner erörtert wurde. Es drängt mich aber gleichwol, dem geehrten Hauſe zum Bewußtſein zu bringen, daß in der 700 jährigen Ver— faſſung des Königsbodens die Rechtsgleichheit von Anbeginn her beſtanden hat; denn ſchon in Folge des Freibriefes Königs Andreas des II., in Folge des „unus sit populus, sub uno judice censeatur“, wurden die Richter unter der oberſten Gerichtsherrlichkeit des Königs vom Volke ſelbſt gewählt; und bereits ſeit Jahrhunderten, auch damals, als in allen übrigen Theilen Ungarns nur das Feudalrecht in Anwendung war, ſchöpften auf dieſem Gebietstheil die Richter ihre Wahr— ſprüche aus einem auf das römiſche Recht begründeten bür— gerlichen Privatrecht. Ebenſo war ſchon ſeit Jahrhunderten die Bevölkerung des Königsbodens, als ſolche: membrum sacrae coronae, ein vollberechtigtes Glied der Krone des heiligen Stefans.

Ausgeſchloſſen von der Gemeinfreiheit und zwar wegen der Grundgeſetze Siebenbürgens, nicht aber wegen der Ver— faſſung des Königsbodeus, war nur derjenige, der keiner der vier recipirten Religionen angehörte. Es war daher auch jeder Romäne, wenn er einer dieſer vier recipirten Religionen angehörte, zum vollen Mitgenuß all' jener Gerechtſame ebenſo berechtigt, als jeder Sachſe. Den geehrten Herrn Miniſter hat zuverläſſig jener Umſtand beirrt, der auch Andere häufig irre zu führen pflegt, das iſt der Umſtand, daß jene Gebiets— theile des Unteralbenſer Comitates, welche, als der ſächſiſchen Nation und der Stadt Kronſtadt verliehenes herrſchaftliches Beſitzthum, dieſen beiden Corporationen als Eigenthumsob— jecte gehören, durch den Siebenbürger Landtag denſelben bereits vor Jahrhunderten auch in die Verwaltung übergeben wurden. Dieſe Gebietstheile, die, wie ich ſage, Vielen zu Irrungen Anlaß geben, ſtanden nicht im Mitgenuß der Ge— meinfreiheit, fie konnten das auch nicht, weil fie als Comitats— Beſtandtheile unter der Herrſchaft des Feudalrechtes ſtanden.

Aber, geehrte Abgeordnete, forſchen Sie in der Ge— ſchichte, fragen Sie die dortige Bevölkerung und ſie werden erfahren, daß dieſelbe, obwol wegen ihres Hörigkeits— verhältniſſes vom Beſitze politiſcher Gleichberechtigung aus—

geſchloſſen, dennoch einer ſo großen Wolthat theilhaftig war, 6

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als zu jener Zeit hörige Bauerſchaften nirgends im ganzen Lande genoſſen. Ihre Privatrechtsverhältniſſe nämlich wurden nach den gleichen Rechtsgrundſätzen geordnet, als die der Vollbürger des Königsbodens.

Daher kommt es, geehrtes Haus, daß, wohin Sie auch in Siebenbürgen Ihre Blicke wenden mögen, Sie gewiß die ſchönſten und reichſten romäniſchen Gemeinden auf dem Kö— nigsboden finden werden. In Städten des Königsbodens werden Sie die wolhabendſten romäniſchen Kaufleute finden, und daß dieſe nicht in ſchlechten Verhältniſſen waren, beweiſt auch die Thatſache, daß ſie im Stande waren, auf einem Theile des Königsbodens jenes glänzende Obergym— naſium aufzubauen und einzurichten, wodurch ſie allerdings zunächſt ſich ſelbſt in Kronſtadt ein rühmliches Zeugniß ge— ſetzt haben. Es ſcheint mir alſo, daß der geehrte Herr Mi- niſterpräſident mit ſeinen Anſichten bezüglich der Rechtsgleich— heit von Irrthum befangen war.

Aber auf noch eine andere Aeußerung des Herrn Miniſterpräſidenten möchte ich entgegnen. Der Herr Mi— niſterpräſident ſagte nämlich, das ſächſiſche Volk werde ſich aufrecht halten, die Clique werde zu Fall kommen, und dieſer wünſche er ſelbſt den Tod. Ich bitte recht ſehr um Ent— ſchuldigung, ich anerkenne es, es gab ſolche von den älteſten Zeiten her und Gott ſei es gelobt, es gibt ſolche auch heute noch, die bereit waren und bereit ſind, nicht blos in dem Momente der Gefahr dieſer die Stirne zu bieten, ſondern auch in friedlichen Zeiten mit ihrer Sorgfalt und mit ihrer Arbeit jene Inſtitution zu unterſtützen, zu deren Vertheidi⸗ gung auch wir heute in die Schranken treten.

Solches thaten muthmaßlich, und wie es in der Regel zu ſein pflegt, blos Einzelne; von der großen Menge wurden, wie das überall zu gehen pflegt, ſolche Dienſte nicht geleiſtet. Außerdem ſei noch bemerkt, daß, was Menſchen⸗Geiſt und der Menſchen Arbeit geſchaffen hat, nur durch Sorgfalt und Pflege der Menſchen erhalten werden kann, denn nur das Unkraut wuchert von ſelbſt in der Wildniß.

Aber, geehrtes Haus, daß die Inſtitution, zu deren Vertheidigung wir in die Schranken treten, nicht das Er⸗ zeugniß der Clique iſt, das beweiſt auch ihr Jahrhunderte alter,

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dauernder Beſtand. Denn was Cliquen ſchaffen, was Cliquen beſorgen, das hat der Herr Minifterpräfident wird noch Gelegenheit haben, ſich davon zu überzeugen keinen langen Beſtand. (Zuſtimmung von der äußerſten Linken und von den Bänken der Sachſen.)

Der Herr Miniſterpräſident war außerdem noch ſo gütig zu bemerken, das ſächſiſche Volk würde ſich ein Armuths⸗ zeugniß damit ausſtellen, wenn es erklärte, blos dieſe einzige Inſtitution könne feinen Beſtand erhalten. Ich gebe zu, daß die Söhne des ſächſiſchen Volkes, welches ſo vielerlei Prü— fungen und Gefährden überwunden hat, im Stande ſein werden, auch nach der Einführung der vom Herrn Miniſter— präſidenten ihm zugedachten Einrichtungen falls nämlich das geehrte Haus dieſen ihre Zuſtimmung ertheilen ſollte ihre Exiſtenz aufrecht zu erhalten, aber als ſchweren Schlag würden ſie es empfinden, als einen ſolchen Schlag, geehrtes Haus, der es fraglich erſcheinen läßt, ob dieſes Volk noch lange im Stande ſein würde, dem gemeinſamen Vaterlande ſo gute und werthvolle Dienſte zu leiſten, als es bisher geleiſtet hat.

Doch erlauben Sie mir, geehrte Abgeordnete, dieſen Gedanken dem Herrn Miniſter, dem geehrten Herrn Frage— ſteller gegenüber umzukehren. Ich ſchicke voraus, daß die Unverletzlichkeit des Landes mir ſo heilig iſt, als wem immer im Vaterlande. Aber dennoch, geehrtes Haus, Exemplifi— cationen müſſen mir geſtattet ſein, da ſie es für den Herrn Miniſter waren. In ſeiner Exemplification ſprach alſo der geehrte Herr Miniſterpräſident aus, es ſei ein Armuthszeugniß für das ſächſiſche Volk, wenn dasſelbe nach der Zerreißung ſeines Gebietes ſich nicht weiter aufrechthalten könnte. Ich richte an den Herrn Miniſter die Frage, wenn unſer Vater- land, eingekeilt, wie es iſt, zwiſchen die Völker-Rieſen, die es umgeben, einſtmal in die traurige Lage käme wovor es Gott behüten möge —, einem dieſer Völker-Rieſen zum Opfer zu fallen, und wenn dann dieſe Macht ähnlich mit unſerem Vaterlande verfahren würde, als der Herr Miniſter beantragt, daß mit dem Königsboden verfahren werde: würde das, frage ich, geehrtes Haus auch hier nur der Nationali- tätsſtandpunkt ins Auge gefaßt und ganz abgeſehen vom

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Intereſſe des Landes würde das nicht ein ſchwer zu ver— windender Schlag ſein für die magyariſche Nationalität.

Aber, geehrtes Haus, indem ich hiemit die Polemik er— ledigt habe, gehe ich über zu jenem Geſichtspunkt, den zu erörtern und zwar im Hinblick auf den vorliegenden Geſetz— entwurf zu erörtern, ich mir als die Aufgabe meiner heutigen Rede geſtellt habe. Meine geehrten Freunde und Geſinnungs— genoſſen haben von dieſen Bänken hier die Frage des quid juris, wie ich glaube, erſchöpfend dargelegt.

Ich gehe über zur Frage des quid consilii, um zu zeigen, daß ich auf die von Baron Gabriel Kemeny ſo ſtark pointirten drei Worte, welche angeblich mein geehrter Freund Guiodo v. Baußnern ausgelaſſen haben ſollte, daß ich auf die drei Worte „geſunde ſtaatsmänniſche Grundſätze“ auch meinerſeits Gewicht lege. Indem ich auf das Gebiet des quid consilii übergehe, anerkenne ich ferner die Mög— lichkeit, daß ſolche, wenn auch durch rühmliche Verdienſte erworbenen alten Rechte dennoch in der Jetztzeit verändert oder aufgehoben werden können. Was aber iſt die Urſache, daß wir eben in der Jetztzeit ſolche Erſcheinungen immer zahl— reicher ſehen, ohne daß wir doch bei richtigen Vorgehen be— ſorgt zu ſein brauchten? Der Grund iſt der, geehrtes Haus, daß im Allgemeinen die Einficht gewachſen, die Einſicht, welche im Staude iſt zu beurtheilen, was geſund und haltbar iſt an ſolch alten Rechten, und daß von der vermehrten Einſicht auch erwartet werden kann, daß ſie das Richtige, das Gute als ſolches erkennen wird. Denn in der That, übereifrig müßte man denjenigen nennen, der alles, was alt iſt und was eine geſetzliche Grundlage hat, vernichten wollte, blos deßhalb, weil es eine geſetzliche Grundlage hat und weil es alt iſt.

Worin beſteht der Gegenſtand deſſen, was der 800 Herr Miniſter mittelſt ſeines Geſetzentwurfes regeln will. Ich will es nennen. Der Hauptbeſtandtheil davon beſteht darin, was vor Allem andern uns am Herzen liegt, zu deſſen Vertheidigung wir ſo viel einſetzen als wir überhaupt im Stande ſind, beſteht in der Autonomie und Selbſtver⸗ waltung der Gemeinde. Darauf beruht die ganze Ver⸗ faſſung des Königsbodeus, wenn fie mir dieſen Ausdruck

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geſtatten. Jene Gemeinde-Autonomie, welche dem bürgerlichen Element Raum gibt zu ſeinen activen ſchaffenden Leiſtungen, jenem bürgerlichen Element, welches nicht nur in alten Zeiten Burgen erbaute, ſondern welches auch heute die Grundlage des modernen Staates bildet und einen ſeiner werthvollſten Beſtandtheile.

Damit ich aber beweiſe, daß ich die Wahrheit ſage, indem ich behaupte, daß die Gemeinde-Autonomie das eigent— liche Object unſeres Kampfes bildet, geſtatten Sie mir den einfachen Organismus des Königsbodens Ihnen kurz zu kennzeichnen. Auf der Autonomie der freien Gemeinde baut ſich der ganze Organismus auf, dieſe Gemeinden als ſolche bilden dann zuſammen dasjenige, was das ungariſche Staats— recht Municipien nennt, doch bilden fie es in anderer Weiſe, als dies in Comitaten geſchieht. Hier iſt vor Allem charakteriſtiſch der Grundſatz, daß es kein höheres Forum gibt, in welchem der untere Beſtandtheil, die Gemeinde als ſolche nicht vertreten wäre. Daher bejteht das Municipium, oder das was man in dem übrigen Theile des Landes das Comitat neunt, aus der gemeinſamen Generalverſammlung der Gemeinde. Und worin beſteht der Hauptgegenſtand der— ſelben, geehrtes Haus? Der Hauptgegenftand beſteht in nichts anderm als in der Pflege der Gemeinde-Autonomie. Denn wir wollen jetzt abſehen von jenem weiten Rechts— und Wirkungskreis, über den dieſe ſächſiſche Diſtrikte und Stühle und die ſächſiſche Nations-Univerſität einſtmals ver fügten. Der Organismus iſt derſelbe geblieben, nur der Inhalt hat ſich verändert; den Inhalt bildet nach meiner Anficht heute die Competenz der Gemeinde-Autonomie. Jene Gemeinde-Autonomie, über welche zwar jede Gemeinde für ſich ſelbſt verfügt, wobei aber deren etwaiger Mangel an Jutelligenz und Auctorität durch das höhere Forum ergänzt wird. Meines Erachtens wird alles das, was für uns er- heblich und wichtig iſt, in jenen Competenzen erſchöpft, welche, nach der Anficht der heutigen Staatsrechtslehrer und auf— geklärten Staatsmänner, der Gemeinde-Autouomie angehörten. Was das Municipalgeſetz darüber hinaus den Comitaten einräumt, das iſt größtentheils geeignet, zu wirken und zu verhindern, daß ſie dem für ihre eigenen inneren Angelegen—

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heiten, für ihre eigene Autonomie wichtigsten Geſichtspunkt, daß ſie den für ſie ſelbſt wichtigſten Angelegenheiten ge— hörige Aufmerkſamkeit widmen könnten.

Meines Erachtens kann daher der ſogenanute über- tragene ſtaatliche Wirkungskreis, dieſe, wie ich eben an⸗ deutete, eher beſchwerlichen und eher glänzenden als werth- vollen Rechte, den Hauptgegenſtand jener Anſprüche nicht bilden, welche wir für unſere Inſtitution bewahren wollen. Dennoch bin ich ſo frei, an dieſer Stelle zu bemerken, daß, in wie weit dieſer übertragene Wirkungskreis den ſächſiſchen Jurisdictionen durch den Staat anvertraut war, demſelben durch in ſo ordnungsgemäßer dieſe und ſo gewiſſenhafter Weiſe entſprochen wurde, daß wol wenig ähnliche Beiſpiele in unſerem Vaterlande anzuführen wären.

Das wäre eine flüchtige Skizze eines Theiles von dieſem Organismus. Dazu gehört noch die Nationsuniverſität, welche das Gebäude krönt, jedoch nicht ſo, als ob ſie Organe hätte, durch welche ſie entweder dem Staat oder den Muni⸗ cipien und Gemeinden bedrohlich würde. Nein, geehrtes Haus! Die Univerſität iſt auch nur als eine Inſtitution aufzufaſſen, welche die Beſtimmung hat, die einzelnen Glieder, die ihr angehören, in der Richtung der Intelligenz und Auctorität zu ergänzen und zu kräftigen. Aus dieſem Grunde, geehrtes Haus, hat die Univerſität auch heute noch großen Werth für uns. Denn ebenſo, wie ſie in vergangenen Jahr⸗ hunderten ihren Werth bewahrte, durch Sammlung der Kräfte der zu ihr gehörigen Stühle und Gemeinden, durch Samm- lung zu gemeinſamem Handeln gegen heimiſche Angriffe, ſo findet ſie auch heute noch ihre Beſtimmung, indem ſie für die ihr angehörigen Glieder als Antrieb wirkt in friedlicher aber dennoch activer und ſchaffender Bürgertugend. Und ich darf es wol ſagen, kraftvoll hat ſie in der einen wie in der anderen Richtung gewirkt. Daß dieſe Univerſität in der erſt erwähnten Richtung keinen Beruf mehr hat, das wiſſen wir ſehr wol. Wir erheben auch keinen Anſpruch darauf. Doch kann der Organismus der Univerſität beſtehen, ja er muß ſogar beſtehen mit dem veränderten Inhalt.

Außerdem hat die Univerſität noch einen Charakter und dieſer gewinnt darin ſeinen Ausdruck, daß ſie das Recht

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der Sonderſtellung der Stühle und Gemeinde des Königs- bodens repräſentirt. Denn zu dieſer Sonderſtellung iſt der Königsboden berechtigt, dieſes Recht wird durch das Geſetz gewährleiſtet, nicht aber zerſtört, wie der Herr Miniſter⸗ Präſident geſtern ausführte. Geſtatten Sie mir bei dieſem Anlaſſe, zu bemerken, daß auch er, allerdings blos aus der Erinnerung das Geſetz citirend, den 10. §. des 43. G.⸗A. 1868 Geſetzes unrichtig reproducirte, indem er ſagte: „Dieſen Zu⸗ ſtand der Sonderſtellung verurtheilen daher eben jene Worte des citirten 1868-er Geſetzes, in welchem das Verſprechen enthalten iſt: „Das 1868: 43. Geſetz ſpricht bezüglich Siebenbürgens aus, daß die bisher beſtandene, nach Natio- nalitäten geordnete territoriale Eintheilung, De nennung und die damit verbundenen Vorrechte ꝛc. erloſchen find.“ Ich bedarf blos dieſer Stelle aus ſeiner geſtrigen Rede zum Beweis deſſen, daß der Herr Miniſter in ſeinem Citat auch die territoriale Eintheilung als unhaltbar anführte. Das Geſetz aber ſagt: „So wie die auf Geſetzen und Verträgen beruhenden Rechte, ſo auch die Rechtsgleichheit der auf jenen Gebieten wohnenden, welcher Nationalität immer angehörigen Staatsbürger u. ſ. w.“ Es hat alſo das Geſetz nicht die Territorien verwiſcht, ſondern die beſondern Rechte der auf dieſen Territorien wohnenden Nationalitäten, inſofern dieſe Rechte der einen Nationalität mit Ausſchluß der anderen zugeſtanden wären.

Nach dem bisher Geſagten werden Sie anerkennen, geehrte Abgeordnete, daß der Organismus der Univerſität und der Municipien und Gemeinden des Königsbodens im Ganzen und zwar weſentlich ſich unterſcheidet von dem der Comitate. In den Comitaten konnte, ob zwar der Reichstag wiederholt mit der Gemeinde-Geſetzgebung ſich befaßt hat, Gemeinde-Leben und Selbſtverwaltung nicht zur Entwickelung gelangen. Der Grund davon iſt der, daß die Comitate, ehe— mals nur aus dem Adel beſtehend, die Couſequenzen davon auch in die neuen Verhältniſſe wenigzſtens thatſächlich hin⸗ übergenommen haben, während auf dem Königsboden, wie ich bereits erwähnte, die Gemeinden als ſolche die Jurisdietionen zuſammenſetzten, die Gemeinden als ſolche deren Grundlagen bildeten. Dieſer innerliche Unterſchied mag wol einer der

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Hauptgründe davon ſein, daß in den Gemeinden des Königs- bodens von jeher der Widerwille gegen eine Vereinigung mit dem Comitat ſo lebhaft war.

Doch gibt es auch andere, aus dem Leben gegriffene Gründe hiefür. Die Erfahrung bot Gelegenheit zur Be— urtheilung dafür, worin die Folgen ſolcher Vereinigungen ſich fühlbar machten. Ich will dies dem geehrten Hauſe veranſchaulichen. In den Stürmen früherer Zeiten kam es vor, daß einzelne Beſtandtheile vom Sachſenlande abgeriſſen und den benachbarten Comitaten einverleibt wurden. Die Kenntniß davon hat ſich in der Folge in der Tradition erhalten. Ich fand in der vom königlichen Schul-Inſpector Albert Bielz in den 50⸗-er Jahren herausgegebenen Wochenſchrift „Tranſſylvania“ ein illuſtratives Beiſpiel dafür. Dieſes handelt von jenen dreizehn ſächſiſchen Gemeinden, welche ſeit geraumer Zeit dem Kokelburger Comitat angehören, wohin fie muth— maßlich in der Weiſe gelangten, daß ehemals in dieſen Ge— meinden Einige zu übermäßiger Gewalt gelangen, wie die Chroniſten jener Zeit erzählen, als „praedia tenentes et more nobilum sese gerentes,“ von der Gemeinſchaft des Königsbodens ſich ablöſten, indem ſie es ihrem Intereſſe entſprechender fanden, ſich den Comitaten anzuſchließen. In jenen alten Zeiten war es möglich, daß Solches geſchehen konnte, ohne daß Urkunden ſich erhalten haben, aus denen wir die äußere Form dieſer Neubildungen in ihren Einzel— heiten erkennen könnten. Worin aber beſtanden ihre Folgen?

In der erſten Zeit waltete bei dieſen „praedia te- tentes et more nobilium sese gerentes“, bei dieſen füch- ſiſchen Grundherren das Bewußtſein des früheren Verhält— niſſes noch vor; in Folge deſſen duldeten ſie einen ſolchen Entwicklungsgang, daß ihre ehemaligen Mitbürger, nunmehr hörige Unterthanen, mit den ſächſiſchen Stühlen unter der ſächſiſchen Univerſität ſowol bezüglich ihrer Gemeinde— ⸗Ange⸗ legenheiten als auch bezüglich ihrer Rechts Verhältniſſe in den engſten Beziehungen bleiben konnten.

Das iſt eine ſehr auffallende und intereſſante Er— ſcheinung. Dieſe zu Frohubauern gewordenen ehemaligen Freiſaſſen verwalteten auch nachher ihre Gemeinde-Auge— legenheiten, die Gemeinde-Polizei, ſowie die Flur- und Wald⸗

. .

ordnung ſelbſt. Ihre Orts-Vorſtände blieben ihre Richter in erſter Inſtanz; von dieſen wurden die Streitſachen zu den benachbarten Sachjen-Stühlen, und in dritter Juſtanz zur ſäch— ſiſchen Univerſität appellirt. So entwickelte ſich und ſo blieb das Verhältniß beiläufig bis zur Mitte des vorigen Jahr— hunderts. Seit dem Jahre 1755 beiläufig wurden lebhafte Klagen vernehmlich. Von jenem Zeitpunkte an durften, wie der Chroniſt erzählt, wahrſcheinlich in Folge eines verfäng— lichen Proceſſes, mit einmal die Streitſachen von den Orts— Richtern nicht mehr wie bis dahin zu den Sachſenſtühlen und zur Univerſität gehen; die Entſcheidungen gingen an die Comitats⸗Stuhlrichter über. Ja die Panduren dieſer Stuhl- richter durften, wie der Chroniſt mit Betrübniß erzählt, die ehemals jo Auſehnlichen, als ihre Untergebenen, mißhandelun.

Geſtatten Sie mir die wörtliche Mittheilung einer von mir überſetzten Stelle aus dieſer Chronik, woraus Sie die auch vom Cultur-Standpunkt bedauerlichen Folgen hievon erkennen werden. Der Chroniſt ſagt nämlich, nach Erzählung des von mir bereits Mitgetheilten, wie folgt:

„Die Waldungen, Millionen Gulden werth, größten— theils Eichwälder, hatten die Sachſen-Unterthanen gepflanzt, gezogen, und wie ein Kleinnoth beſorgt —: dieſe werden jetzt von den Grundherrſchaften auf allen Seiten hin und her verkauft, gehauen und verführt. Wald-Ordnung iſt jetzt keine, es wird auf dem ganzen Hattert hier und dort gehauen, verkauft und weggeführt, und das Dorf hat, wie es heißt, nichts dazu zu reden ja Einer beſtiehlt den Anderen, ſelbſt von fremden Oertern her Einer ruinirt den Wald des Andern ſelbſt unwiſſend und wenn einige Grundherrſchaften ihren Waldantheil auch gerne erhalten wollten, ſo können ſie nicht. Aus Mangel des Holzes müſſen hier nur unter etlichen Jahren die Wieſen, Weingärten zu Grunde gehen, und wenn Feuer auskäme, ſo ſind die darauf ehemals Bedacht geweſenen Sachſen nicht mehr im Staude, ſich nur eine Wohnung wieder aufzurichten .. es ſei denn, ſie holten das Holz aus den entfernten Gebirgen, weil ſchon bisher in dieſer Umgegend faſt keine andere Wälder mehr waren, als die den ſächſiſchen Dörfern zugehörigen.“

Geehrtes Haus! Im Anſchluß an die letzte Bemerkung

BER...

des Chroniſten, erlaube ich mir diejenigen Mitglieder des geehrten Hauſes, die jemals in Siebenbürgen waren, aufzu⸗ fordern, Sie mögen ſich erinnern, wo haben Sie, wol⸗ gemerkt in der Nähe der Gemeinden, in der Nähe gangbarer Straßen und beſonders auf die mittleren Gegenden des Landes bezieht ſich meine Frage wo haben Sie im guten Zuſtand befindliche Waldungen angetroffen? Auf dem Königs- boden haben Sie es angetroffen, dort wo die Waldungen in der Beſorgung der ſächſiſchen Gemeinden ſtanden und ſtehen.

Dieß war ein Beiſpiel der Comitats-Verwaltung aus früheren Zeiten; um wie weniges dieſe auch heute eine beſſere genannt werden darf, wiſſen und anerkennen die Herren Abgeordneten allerſeits. Doch das wird muthmaßlich anders werden durch den großangelegten Reformplan des Herrn Miniſters, den erſt kürzlich auch das geehrte Haus acceptirt hat jo behauptet man wenigſtens.

Geſtatten Sie mir meine Anſicht über dieſen Reform- plan durch ein kleines Beiſpiel zu illuſtriren. Vor ein paar Wochen erſt las ich in einer engliſchen Zeitung eine kleine Erzählung, deren Schauplatz die Türkei iſt. Der Correſpondent der Londoner „Times“ erzählt dieſes Geſchichtchen auch aus dem Grunde, weil er im Hinblick auf die vom türkiſchen Kaiſer erlaſſene Reform-Jrade dasſelbe für charakteriſtiſch zur Beurtheilung dieſes Erlaſſes hält, zur Beurtheilung deſſen, was von der hiedurch zu erwartenden Reform der türkiſchen Verwaltung zu halten ſei. Zur Beleuchtung davon erzählte er aus einer dortigen flavifchen Provinz, daß der, ausnahmsweiſe auch bei der chriſtlichen Bevölkerung beliebte türkiſche Paſcha aus Anlaß dieſer Reform die dortige ſla— viſche Bevölkerung zu ſich befohlen habe. Nachdem zuerſt der Wortlaut der Reform-Jrade in amtlicher Staatsſprache d. i. türkiſch aufgeleſen worden, fügte er in der Mutterſprache der Bevölkerung folgendes hinzu: „hieraus werdet ihr ſehen, meine lieben Kinder denn wie ich vorangeſchickt habe, er war ein allgemein beliebter Paſcha, und ſo ſprach er die verſammelte Bevölkerung in dieſer gutartigen Tablobiro⸗ Manier an hieraus ſehet ihr meine lieben Kinder, wie gut es Se. Majeſtät der Pabiſchah mit euch meint, darum geht alſo nur ruhig wieder nach Hauſe, denn es wird

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alles beim Alten bleiben.“ Dieß iſt die kleine Er- zählung, welche ich zur Kennzeichnung meiner Meinung über die Comitats⸗Reform vorzubringen wünſchte. Ich füge hinzu, daß dieſe Reform, welche der Bedeutung dieſes Geſetzes gemäß nunmehr zuſammt der geſammten Eomitatseinrichtung auch auf den Königsboden ausgedehnt werden ſoll, meiner Ueberzeugung nach die Verwaltung entweder in ihrem bisherigen Zuſtand belaſſen wird d. i. wie man ſich gewöhnt hat, in dieſem Hauſe ſie zu nennen, als „aſiatiſche Verwal⸗ tung“ oder aber, wie wir auf deutſch ſie zu nennen pflegen, als „Comitats⸗Wirthſchaft“. Wahrſcheinlich aber iſt ſogar, daß der Wirrwarr ein noch größerer werden wird.

Ich will übrigens nicht nur von dem Intereſſeu⸗ Standpunct der Bevölkerung des Königsbodens, ſondern indem ich das von Baron Gabr. Kemeny ſo ſtark pointirte „nüchterne ſtaatsmänniſche Princip“ bereitwillig acceptire ich will auch vom Standpunkte des Staats-Intereſſes aus die Nothwendigkeit der Aufrechthaltung jener Inſtitution er- örtern, welche Sie als eine ſchädliche zu bezeichnen lieben.

Erlauben Sie mir daher, an jene kurze, aber bedeut— ſame Verhandlung Sie zu erinnern, welche nach der Ge— neral⸗Debatte über die Verwaltungs-Ausſchüſſe beim erſten Paragrafen in der Specialberathung durch den hochverbieuten Abgeordneten Eduard Zſedenyi eröffnet und durch den ge— ehrten Abgeordneten Julius Schwarz fortgeſetzt ward. Dieſe beiden geehrten Abgeordneten hatten bei jenem Anlaß den Werth des ſtädtiſchen und bürgerlichen Elementes der Wür— digung des geehrten Hauſes empfohlen, indem ſie den Wunſch ausſprachen, die Verwaltungs- Ausſchüſſe ſollten auf die Städte nicht ausgedehnt werden.

Der ſehr geehrte Abgeordnete Eduard Zſedenyi hatte ſeinen Antrag vom hiſtoriſchen Standpunkt aus d. h. vom Standpunkt der erworbenen Rechte vertreten, wogegen ich natürlich nichts einzuwenden habe. Der geehrte Abgeordnete Schwarz hingegen ſtellte die Städtebürger, indem er einen mehr praktiſchen Standpunkt einnahm, als die eigentlichen Säulen des modernen Staates hin.

Ich will bei dieſem Anlaſſe ebenfalls vom Standpunkt

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des geehrten Abgeordneten Julius Schwarz noch einiges hin— zufügen. Ich erinnere daher an jenen, uns gegenüber von Ihnen, geehrte Abgeordnete, ſo häufig gebrauchten Ausſpruch, daß wir nämlich einen „Staat im Staate“ bilden wollen. Nun denn ich acceptire, daß wir einen Staat im Staate bilden wollen, in der Weiſe aber, wie jede antonome Ge— meinde einen Staat im Staate bilden muß, d. h. bis zu jener Grenze, innerhalb deren ihre ſelbſtſtändige Wirkſamkeit niemals und durch keine andere Gewalt erſetzt werden kann: im Wirkungskreis ihrer eigenen Gemeinde-Autonomie nämlich.

Ich war ſo frei, Ihnen darzulegen, daß der verfaſ— ſungsmäßige Organismus des Königsbodens ebenfalls in nichts Anderem beſtehen kann, auf nichts Anderes baſirt iſt, als auf die Sicherſtellung der Gemeinde- Autonomie; es wird daher auch die Aufrechthaltung der Sonderſtellung des Königsbodens eben dieſem gefunden Principe förderlich fein.

Geſtatten Sie mir in dieſem Zuſammenhang auf den im Kreiſe von Staatsmännern wol bekannten Namen des Heinrich Friedrich Carl Freiherrn vom Stein hinzuweiſen und Ihnen eine Stelle jenes Briefes vorzutragen, dem man eine programmmäßige Bedeutung beimißt, und den er im Jahre 1807, alſo ein Jahr vor ſeinem, unter dem Namen der „Städte-Ordnung“ bekannten großangelegten Reform-Werk ſchrieb. Ich habe dieſelbe auch ins Magyariſche überſetzt, ſie lautet alſo: „Das zubringliche Eingreifen der Staats-Be— hörden in Privat⸗ und Gemeinde-Angelegenheiten muß auf— hören, und deſſen Stelle nimmt die Thätigkeit des Bürgers ein, der nicht in Formen und Papier lebt, ſondern kräftig handelt, weil ihn feine Verhältniſſe in das wirkliche Leben hinrufen und zur Theilnahme an dem Gewirre der menſch— lichen Angelegenheiten nöthigen .. . . hat eine Nation ſich über deu Zuſtand der Sinnlichkeit erhoben, hat ſie ſich eine bedeutende Maſſe von Kenntniſſen erworben, genießt fie einen mäßigen Grad von Denkfreiheit, ſo richtet ſie ihre Aufmerk— ſamkeit auf ihre eigenen National- und Communal-Angelegen⸗ heiten. Räumt man ihr nun eine Theilnahme daran ein, ſo zeigen ſich die wolthätigſten Aeußerungen der Vaterlands— liebe und des Gemeingeiſtes; verweigert man ihr das Mit⸗ wirken, fo entſteht Mißmuth und Unwille, der entweder auf

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mannigfaltige ſchädliche Art ausbricht oder durch gewaltſame, den Geiſt lähmende Maßregeln unterdrückt werden muß.“

Nachdem ich die Autonomie des Königsbodens dem geehrten Hauſe als eine ſolche Inſtitution dargeſtellt habe, welche beſtimmt iſt, ſowol die Selbſtverwaltung der Ge— meinde als auch die freie Bewegung des bürgerlichen Ele— mentes ſicherzuſtellen, mußte es mir zur Genugthuung ge— reichen, mich auch auf den Ausſpruch einer ſolchen Auctorität berufen zu können. Es gibt aber noch einen Grund, der auch vom Standpunkt des Staates aus die Aufrechthaltung der Autonomie des Königsbodens als überaus wichtig erſcheinen läßt. Sie gewährleiſtet den Beſtand eines wichtigen ſocialen Factors. Der Herr Minifterpräfivent Koloman Tißa ſagte zwar gegen das Ende ſeiner geſtrigen Rede: „Dann mag es Ihnen aber nicht ſchwer fallen, daß man Ihnen die Specialgewalt, welche Sie in jenem kleinen Winkel des Landes genoſſen haben, in deren Beſitz Sie waren, die aber in der That dem Recht widerſpricht .. .. aus den Händen entreiße.“ Daß dieſe dem Recht nicht widerſpricht, haben Andere bewieſen. Daß ſie dem Intereſſe des Staates nicht widerſpricht, ließ ich mir angelegen ſein, im Bisherigen ſchon zu beweiſen. Nachdem aber der Herr Miniſter jenen in einem kleinen Winkel des Landes befindlichen und dort eine Specialgewalt beſitzenden Saocialfactor mit ſolcher Ge— ringſchätzung erwähnte, geſtatten Sie mir noch einen „nüchternen ſtaatsmänniſchen Geſichtspunkt“ anzuführen. Jusbeſondere englifche Staatsmänner, welche dieſes geehrte Haus doch ſo ſehr in Ehren zu halten gewohnt iſt, betonen ſo ſehr häufig, daß der Parlamentarismus bloß in ſolchen Ländern möglich ſei, wo es in den verſchiedenen Gegenden, über das Land ausgebreitet ſolche ſociale Factoren gibt, welche vertrauenswürdig ſind und welche als die Vermittler und als die ſtützenden Säulen des Anſehens und der An— ordnungen des Parlamentes zu wirken berufen find.

Geehrtes Haus! Die bisher unter dem Namen der ſächſiſchen Nation bekannte Corporation beuennen Sie ſie hinfort wie es Ihnen beliebt kurz diejenigen, die im Genuße dieſer autonomen Inſtitution ſtanden, waren von den älteſten Zeiten her bei wirklichen Staatsmännern als ein

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ſolcher ſocialer Factor anerkannt. Als ſolcher wurden fie anerkannt ehemals von den uungariſchen Königen, die eben deßhalb mit ihren Verleihungen ſo freigebig auf dieſelben Bedacht nahmen. Als ſolcher wurden ſie anerkannt von den hervorragendſten, den einheimiſchen ſiebenbürgiſchen Wahl- fürſten. Als ſolcher wurden ſie anerkannt von den erſten Heerführern, welche das erhabene öſterreichiſche Kaiſerhaus zur Vertreibung der Türken nach Siebenbürgen entſendet hatte. Als ſolcher wurden ſie anerkannt auch von dieſem geehrten Haus dieſer Meinung war ich wenigſtens bis— her zur Zeit, als das 1868er Geſetz geſchaffen wurde, welches Sie freilich nunmehr ganz anders auslegen.

Geehrtes Haus! Auch auf einen fundamentalen Ver— faſſungsgrundſatz muß ich mich berufen, welcher die Au- nahme dieſes Geſetzes gegenwärtig verbietet. Es iſt derſelbe Grundſatz, auf welchen mich zu berufen, ich erſt kürzlich aus einem andern Anlaſſe gezwungen war. Es iſt derſelbe Grund— ſatz, auf welchen ſich Franz Deak in feiner berühmten 196 ler zweiten Adreſſe beruft. Nachdem er den 12. Artikel der 1790er Geſetze citirte, welcher beſagt: „Daß nur der Reichs— tag in Gemeinſchaft mit dem König berechtigt ſind die Ge— ſetze des Landes zu interpretiren, zu verändern oder aufzu— heben,“ nachdem er ferner zu jener Zeit dem Könige gegen— über den Grundſatz erörtert hatte, ſagt er: „Denn, wenn jenes Geſetz nicht beſtände, daun brauchte es ja nicht modi— ficirt zu werden; wenn es aber beſteht, dann muß es auch in Ausführung gebracht werden, bevor es modificirt oder aufgehoben wird.“ ;

Geehrtes Haus! Wir find heute genau in derſelben Lage mit Bezug auf die ſächſiſche Univerſität. Ich ver⸗ weiſe bloß auf §S 11 des 1868: 43 Geſetzartikels. Dieſer § beſagt nämlich: „Die ſächſiſche Nationsuniverſität wird bei Aufrechthaltung des Seiner Majeſtät dem Könige zu⸗ ſtehenden, und im Wege des verantworlichen ungariſchen Miniſteriums zu handhabenden Oberinſpections-Rechtes, auch ferner in ihrem dem 13. ſiebenbürgiſchen Geſetzartikel vom Jahre 1791 entſprechenden Wirkungskreiſe aufrecht erhalten; jedoch mit dem Unterſchied, daß in Folge der ſyſtematiſchen Veränderungen des Gerichtsweſens, der Univerſitätsverſamm⸗ lung eine gerichtliche Competenz nicht mehr zuſteht.“

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Geehrtes Haus! Daß die Univerſität nicht nur richter— liche Compelenz, welche durch dieſes Geſetz aufgehoben wurde, ſondern daß ſie außerdem verſchiedene werthvolle Competenzen beſitzt, welche eben dieſes Geſetz gewährleiſtet, das iſt Ihnen ſeit Jahren bekannt. Ich halte jedes Beiſpiel für überflüſſig, und dem es noch an der Kenntniß davon fehlte, der mußte durch Baron G. Kemeny's heutige Rede belehrt worden ſein.

Und dennoch wurde dieſer geſetzliche Wirkungskreis bis zur Vernichtung verkümmert. Wie war das möglich? Durch jenen Willküract des Grafen Julius Szapary, demzufolge er die in der Erfüllung ihrer Pflicht, der Berathung ob— liegende Nationsuniverſität ſchließen und an der Erfüllung ihrer Pflicht verhindern ließ. Auch dieſer Act wurde dem geehrten Haus bereits zur Kenntniß gebracht. Mein ſehr geehrter Freund Joſef Gull hatte in dieſer Angelegenheit den Miniſter interpellirt, der in ſeiner Antwort unſer geſetzliches Recht verleugnete, was leider damals auch vom geehrten Hauſe zur Kenntniß genommen wurde.

Wenn ſchon das geehrte Haus durch dieſe Zurrkennt— nißnahme gefehlt hatte bei einem Anlaſſe, wo es ſich um die Faſſung eines Beſchluſſes von wenig verbindlicher Form handelte, ſo darf dieſer Fehler nicht geſteigert werden jetzt, wo die Berathungen des geehrten Hauſes auf die Schaffung eines Geſetzes gerichtet ſind.

Wie ich bereits erwähnte, verbietet ebenſo ſehr das Geſetz als die nüchterne ſtaatsmänniſche Anwendung eines fundamentalen verfaſſungsmäßigen Grundſatzes, worin Franz Deak mit ſo glänzendem Beiſpiel vorangegangen war; beides verbietet gleich ſehr die Annahme der gegenwärtigen Vor— lage, bevor nach der Anordnung des gegenwärtig in Kraft ſtehenden Geſetzes die Nationsuniverſität in ihre Rechte nicht wieder eingeſetzt wurde. Leider hat ja auch der Re- gierungsnachfolger des Grafen Szapary deſſen Fehler fort-

geſetzt, ſo daß ich mit den Worten des Dichters wol ſagen

darf: „Das iſt der Fluch der böſen That, daß ſie fortzeugend Böſes gebären muß.“ Dennoch verlangt der Herr Miniſterpräſident, daß wir

ſeinen Geſetzentwurf annehmen. Ja er beruft ſich in ſeiner

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Begründung ſogar noch auf Pietät, die er dieſer Inſtitution gegenüber will angewendet haben. Geehrtes Haus! laſſen Sie mich auf dieſe auffallende Erſcheinung hinweiſen, wor— nach ein parlamentariſcher Miniſter einen Geſetzentwurf dem Hauſe vorlegt, mit welchem diejenigen, die er betrifft, nicht nur nicht zufrieden ſind, ſondern vom rechtlichen und vom praktiſchen Standpunkt auch nicht befriedigt ſein können und daß ſich der Herr Miniſter trotzdem auf ſeine Pietät beruft erlauben Sie auch dieß durch ein kurzes Beiſpiel zu illuſtriren.

Es iſt nicht lange her, daß Fürſt Bagration, der General-Gouverneur der drei ruſſiſchen Oſtſeeprovinzen, ge— ſtorben iſt. Faſt unmittelbar nach deſſen Tode erfolgte die Verfügung der ruſſiſchen Regierung, wornach der Poſten eines General-Gouverneurs der drei Oſtſeeprovinzen aufge— hoben wurde, wodurch die baltiſchen Provinzen in die Gleich— berechtigung mit den übrigen Provinzen des ruſſiſchen Reiches einbezogen und in dasſelbe verſchmolzen wurden.

Dieſes Beiſpiel entſpricht von mehreren Geſichts— punkten aus dem Falle mit der ſächſiſchen Nationsuniverſität. Auch dort wurde die „Univerſität“ aufgehoben, das heißt das Vereinigungsband der drei Provinzen. Außerdem waren die Begründer dieſer baltiſchen Provinzen im gewiſſen Sinne auch die Begründer einzelner Theile des Königsbodens. Aus dem Burzenland, alſo aus dem Kronſtädter Diſtrict, über— ſiedelte er an die Geſtade des Baltiſchen Meeres, jener deutſche Ritterorden, welcher dazu berufen war, jene ge— waltigen Colonien dort zu begründen, deren nunmehr zu Rußland gehörigen kleineren Beſtandtheile, nachdem ſii im Laufe der Zeiten auch zur polniſchen und ſchwediſchen Krone gehört hatten, noch in der letzten Zeit, unter ruſſiſcher Herrſchaft der vollſtändigſten Selbſtverwaltung ſich erfreut hatten. Erſt unter Kaiſer Nicolaus begann die Verkümmerung ihrer Rechte, bis ſie kürzlich mit einem Federzug in die ruſſiſche Gleichberechtigung hineinfuſionirt wurden. |

Nachdem, wie ich erwähnte, die Baltiſche „Univerſität“, nachdem der Poſten eines gemeinſchaftlichen General-Gouver⸗ neurs, und dieſe Maßregel in den Baltiſchen Provinzen einen ungeheueren Reſens verurſacht hatte, entſchloß ſich

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Czar Alexander II. eine Deputation aus jenen Provinzen zu ſich zu befehlen, der gegenüber er ſich auf das Allergnädigſte ausſprach, indem er ſagte: daß ihr Wol ſeinem Herzen nicht weniger angelegen ſei, als das ‚jeiner übrigen Unter— thanen, und daß die Verfügung eigentlich in ihrem Intereſſe getroffen worden ſei.

Geſtatten Sie mir, daß ich die von der Londoner „Times“ hierauf gemachten Bemerkungen, welche ich eben— falls ins Maghariſche überſetzt habe, Ihnen wörtlich vor— leſe. Sie lauten: „Czar Alexander II. wird in den Bal- tiſchen Provinzen ebenſo ſehr als im übrigen Rußland für einen ſo wohlmeinenden und gütigen Monarchen gehalten, daß die Herablaſſung, die er gezeigt, ſicherlich Einfluß haben wird auf die beſtürzten Gemüther ſeiner deutſchen Unter— thanen. Dennoch werden dieſelben Deutſchen nicht ermangeln zu bemerken, daß nur wenige Tage, nachdem der Kaiſer ſich ſeines Speech's entledigt hatte, den leitenden St. Petersburger Journalen geſtattet war, es für einen Inſult gegen Rußland zu erklären, wenn jeder Unterthan des Czar gleicher Weiſe nicht auch als Unterthan der ruſſiſchen Race betrachtet würde geſtattet wurde, als das eigentliche Ziel die voll— ſtändige Vernichtung der deutſchen Nationalität in den Bal— tiſchen Provinzen darzuſtellen, demnach genau das zu be— haupten, was der kaiſerliche Speech in Abrede zu ſtellen beabſichtigt hatte. Dieſe befremdende Thatſache wird man gewiß als ein ſchlechtes Omen, wenn auch nicht für die unmittelbar bevorſtehende, jo doch für die darauf folgende Zukunft nehmen dürfen“.

Geehrtes Haus! Indem ich dieſen Fall natürlich nur als Beiſpiel vorbrachte, maße ich mir keineswegs das Recht an, zu beurtheilen, ob die ruſſiſche Regierung bei dieſem ihrem Vorgehen recht oder unrecht handelte. So viel kann ich mir aber beiläufig vorſtellen, daß dieſer Fall in Rußland ein natürlicher iſt; denn die Verfaſſung beſteht ja dort in dem: „sie volo, sic jubeo“,

Wir aber ſollten ja in einer andern Lage ſein, geehrtes Haus. Und erlauben Sie mir geehrte Abgeordnete, Sie abermals an die Worte des deutſchen Dichters zu erinnern:

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„Eines ſchickt fich nicht für Alle, Sehe Jeder, wie er's treibe Und wer ſteht, daß er nicht falle“. | Blos noch einen Geſichtspunkt habe ich noch vorzu— bringen. Es konnte meiner Aufmerkſamkeit nicht entgehen, daß einem Gerüchte nach der Herr Miniſterpräſident in dem Verwaltungsausſchuſſe auch ſeinen, über die neue Ge—

bietseintheilung vorbereiteten Geſetzentwurf vorgelegt haben

ſoll und zwar, wie er hinzugefügt haben foll: aus dem Grunde, damit er den geehrten Ausſchußmitgliedern bei Be— urtheilung des gegenwärtig in Verhandlung befindlichen Geſetzentwurfes zur Orientirung diene. Ich muß geſtehen, daß ich es für einen gänzlich ungebräuchlichen, ja ſogar nicht geſetzlichen Modus halte, daß die Regierung ihren Geſetz— entwurf zuerſt dem Ausſchuſſe vorlegt. Ich war bisher der Meinung, daß die Geſetzesvorlagen im offenen Hauſe eingebracht wurden und das geehrte Haus dieſelben jener Commiſſion zuwieß, die es für geeignet hielt. Der Schritt hat aber noch erheblichere Folgen. Die erſte unmittelbarſte Folge iſt die, daß, während die Commiſſionsmitglieder einer Thatſache gegenüber ſtehen, der Thatſache nämlich, daß der Herr Miniſter ihnen ſeine leibhaftige Vorlage überreicht hat ein unleugbarer Vortheil für die Mitglieder des Ausſchuſſes wir von dieſem Vortheile ausgeſchloſſen ſind; nur vom Hören-Sagen haben wir Kunde davon. In wie

weit die Zeitungen dieſen Geſetzentwurf richtig oder unrichtig

mitgetheilt haben, kann ich natürlich nicht beurtheilen; mir iſt es aber aufgefallen, daß in dem vom „Peſter Lloyd“ mitgetheilten Context für den letzten Punkt, der von einem ſo genannten Kronſtädter Comitat handelt, eine alternative Faſſung vorkommt. Der „Peſter Lloyd“ nennt es eine Variante; bei Geſetzesvorlagen jedenfalls eine ungebräuch⸗ liche Form!

Zuerſt kam das ſo genannte Kronſtädter Comitat; darauf folgte eine neue Alinea, nach welcher anſtatt einem Kronſtädter Comitat blos eine Stadt Kronſtadt erſcheint, dafür aber ein großes Haromßeker Comitat, zu welchem auch der Kronſtädter Diſtrict gehört.

Ich bin der Meinung, geehrtes Haus, daß der Herr

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Miniſter, bevor er einen Geſetzentwurf dem Haufe vorlegt, über einzelne Punkte desſelben verſchiedene Meinungen haben kann. Wenn er aber nicht durch das Medium des Hauſes, wie im vorliegenden Falle, einen Entwurf vorlegt, ob zwar mit dem Bemerken, daß er den Betreffenden zur Orientirung dienen ſolle, wenn unter ſolchen Umſtänden der Entwurf in der erwähnten Form vorgelegt wird, dann wird er nicht zur Orientirung, ſondern zu Mißverſtändniſſen Anlaß geben.

Ich geſtehe daher, ich kann mir nicht vollkommen er- klären, was der Herr Miniſter eigentlich mit ſeinem Ent— wurfe gewollt hat; es müßte denn und damit fällt es mir nicht bei, den Herrn Miniſter zu verdächtigen, noch auch behaupte ich, daß, was ich vorbringen werde, mit ſeinem Einfluß geſchehen iſt es müßte denn ſich beſtätigen, was einzelne Perſonen erzählen, daß der ſehr geehrte Herr Mini- ſter nämlich in dieſem Punkte und noch in einem anderen, in dem Schäßburg betreffenden Punkte, auffallenderweiſe bereit wäre, den cherjten Geſichtspunkt außer Acht zu laſſen, den er für dieſe Angelegenheit ſelbſt aufg eſtellt hat: das ſind die zwingenden Gründe der öffenllichen Verwaltungs— Rückſichten. Denn einzelnen Abgeordneten zu Liebe, ſo ſagt man, habe er die Vorlage ſo eingerichtet. Allerdings iſt es wahr, daß dieſe Vorlage bisnoch gar keine verbindliche Form hat. Der Herr Minifter wird dieſe Vorlage, wenn es ihm ſo gefällt, im Hauſe vielleicht gar nicht einreichen.

Wenn aber dieſe Vorlage, wie von anderer Seite be— hauptet wird, die Beſtimmung gehabt hätte, die Zukunfts- bürger der ſogenannten Schäßburger und Kronſtädter Comi— tate zu veranlaſſen, im Voraus ſchon, auf dieſes unbegründete Gerücht des Herrn Miniſters gegenwärtigem ernſtem Geſetz— entwurf volle Anerkennung entgegenzubringen, von Verwah— rungen dagegen abzuhalten: dann muß ich geſtehen, würde mir ein ſolcher Vorgang ſehr ſonderbar erſcheinen. Und, ge— ehrtes Haus, nach dem magyariſchen Sprüchwort: „mit der Trommel fängt man keine Spatzen“ Sie haben uns auch nicht gefangen. Wen es trifft, der mag es auf ſich beziehen. | |

Ich schließe hiemit meine länger, als ich ſelbſt vor- hatte, ausgedehnte Rede. Ich acceptire den Beſchluß-Antrag

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meines geehrten Mitabgeorbneten Guſtav Kapp. (Zuſtimmung von den Bänken der Sachſen.)

Ignaz Helfy (vormals Heller; äußerſte Linke):

Ich greife die Vorlagen der Regierung ſo häufig an, daß es meine Pflicht iſt, dann zu ſprechen, wenn ich zuweilen in die glückliche Lage komme, daß meine Ueberzeugung ſich mit den in der Vorlage ausgedrückten Principien begegnet. (Hört!) Ich halte es nicht für einen loyalen Vorgang, das Schlechte immer zu tadeln und nicht auch das Gute zu loben! (Beifall. Hört!) Ich bin daher ſo frei, zuerſt deßwegen das Wort zu ergreifen, um meine Abſtimmung kurz zu motiviren. Andererſeits beſtimmt mich zum Sprechen auch das, was geſtern und heute von jener Seite, von den Gegnern des Geſetzentwurfes in ſolcher Art vorgebracht wurde, daß es von keiner Partei mit Stillſchweigen übergangen werden darf (Beifall.)

Ich nehme den in Verhandlung ſtehenden Geſetzentwurf als Grundlage der Specialdebatte an, und zwar aus zwei Gründen: erſtens deshalb, weil ich in demſelben nichts an— deres ſehe, als die Vollſtreckung deſſen, was das 1848er Geſetz vorgeſchrieben hat, oder den Vollzug einer aus der Union naturgemäß folgenden Verfügung. Ich nehme ihn zweitens deshalb an, weil die Regierung hier nichts anderes thut, als daß ſie von Wort zu Wort das vollſtreckt, was die neueſten Geſetze ihr anbefohlen, und nur mit dem kurzen Nachweis deſſen werde ich auf die wenigen Argumente ant- worten, welche von jener Seite vorgebracht wurden.

Die geehrten Herren Abgeordneten von jener Seite berufen ſich zumeiſt auf den §. 10 des XLIII. G.⸗A. von 1868 und behaupten, daß dieſes Geſetz durch den Entwurf verletzt werde. Darauf hat ihnen der ſehr geehrte Herr Mi— niſterpräſident in ſeiner ausgezeichneten Rede ſchon geant— wortet, daß man kein Geſetz durch ein Geſetz verletzen könne. Aber die Sache ſteht auch nicht ſo, wie die Herren Abge— ordneten uns glauben machen wollen. Der §. 10 ordnet die Anhörung der Betreffenden an. Das iſt geſchehen. Die Vorgänger des Herrn Miniſters des Innern haben die ſächſiſche Univerſität zur Aeußerung aufgefordert, und dieſe hat ihre Aeußerung auch überreicht. Das Geſetz ordnet

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ferner an: der Reichstag ſolle ſich bemühen, die Rechte des ſogenannten Königsbodens auf Grund der beſtehenden Geſetze und Verträge mit den Rechten der übrigen Bewohner aus— zugleichen. Auch dies geſchieht Wort für Wort Wort für Wort auf Grund der Verträge, denn ich glaube auch Ihre Staatsweisheit wird es anerkennen, daß wenn von Ver— trägen die Rede iſt, immer nur der letzte Geſetzeskraft beſitzt, was aber bier die Kraft eines geſetzmäßigen Vertrages beſitzt, das iſt die im Jahre 1848 zu Stande gekommene Union. Auf Grund dieſes Vertrages wird der Geſetzentwurf einge— reicht und er wird gerade, wie das Geſetz es verlangt, zu dem Zwecke eingereicht, damit den Erforderniſſen der Rechts— gleichheit Genüge geſchehe. Auch hier iſt die Regierung im Sinne des Geſetzes vorgegangen, ja man hätte fie zur Ver— antwortung ziehen können, wenn ſie anders vorgegangen wäre. Aber die Regierung hat endlich und ich geſtehe hier, daß ſie ihre Scrupuloſität vielleicht zu weit getrieben, indem fie mit dieſem Geſetzeutwurf nicht zugleich auch jenen Geſetz⸗— entwurf eingereicht hat, den ſie in Bezug auf die Arrondirung der Territorien einzureichen beabſichtigt. In dieſer Hinſicht hat der Abgeordnete Herr Bujanovics vollkommen Recht, daß das entgegengeſetzte Verfahren beſſer geweſen wäre, weil dem Wort ſogleich auch die Action gefolgt wäre. Und warum hat die Regierung das nicht gethan? Offenbar deshalb, damit fie Ihnen gegenüber ſelbſt das letzte Wort des Geſetzes reſpec— tire, da auch in dem §. 88 des G.-A. XLII. von 1870 ausgeſprochen iſt, daß darüber ein beſonderes Geſetz verfügen werde. Die Regierung hat daher für dieſen Fall ein beſon— deres Geſetz gebracht, damit dadurch jenes Hinderniß beſeitigt werde und die Territorialeintheilung durchgeführt werden könne. Ich glaube daher, daß in dieſer Hinſicht Niemand wird ehrlich und aufrichtig behaupten können, daß die Re— gierung ſelbſt wenn es überhaupt zuläſſig wäre, vor der Legislative von einer Geſetzesverletzung im Geſetzgeb ungs— wege zu ſprechen im vorliegenden Falle nicht möglichſt genau im Sinne des Geſetzes vorgegangen ſei. | Aber, geehrte Herren, ich zweifle ja auch gar nicht daran, daß die Herren Abgeordneten, welche vor mir ges ſprochen haben, alles das ſehr gut wiſſen, und daß ſie davon

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ebenſo gut überzeugt find, wie ich ſelbſt, und eben deshalb wundere ich mich auch gar nicht über jene leidenſchaftlich ſcheinenden Ausdrücke, welche die Herren Abgeordneten geſtern gebraucht haben. Ich gebe mich über die wahre Natur der— ſelben keiner Täuſchung hin. Sie hatten keine Argumente, Ihnen ſtanden keine Ideen zu Gebote, mit welchen dagegen gekämpft werden könnte, und darum nahmen Sie zur Leiden— ſchaft die Zuflucht, denn Sie haben Noth, die Sache ſo dar— zuſtellen, als ob der Geſetzentwurf eine außerordentlich große Indignation in Ihnen hervorgerufen hätte (Beifall, Heiter⸗ keit.) Die Rolle, die Sie ſpielen, fordert von Ihnen dieſe Indignation (Wahr! So iſt es! Heiterkeit.)

Mir iſt geſtern, als der Abgeordnete Herr Baußnern jene außerordentlichen Cultur-Ausdrücke gebrauchte (Heiter⸗ keit), ein Fall aus jener Zeit in den Sinn gekommen, wo ich in einer ausländiſchen Stadt lebte und öfter einem Mohren begegnete, der ſtets ſehr nett und luxuriös gekleidet war. Ich konnte nicht erfahren, woher dieſer Menſch ſo bequem leben und den großen Aufwand treiben konnte. Ich machte einmal ſeine Bekanntſchaft und fragte ihn, wovon er lebe. „Herr, ich lebe von meiner Schwärze. Wenn ich ein Weißer wäre, ſo hätte ich längſt zu Grunde gehen müſſen, aber weil ich in dieſer großen Stadt der einzige Schwarze bin, will mich jeder ſehen und ladet mich zu Gaſt, und ſo lebe ich rein nur von meiner Schwärze“. (Heiterkeit.)

Mancher der geehrten Abgeordneten fühlt es, daß er als einfacher ungariſcher Abgeordneter hier vielleicht nicht auffallen könnte und unter den Vielen verſchwinden würde, darum ſagt er: ich lege mir die Eigenſchaft eines ſächſiſchen Abgeordneten bei und bin ein ausgezeichneter Mann (Heiter⸗ keit), von mir wird das „Tageblatt“ und auch die „Augs— burger Allgemeine“ ſprechen, und ſo werde auch ich eine Rolle haben. (Beifall.) Solange die Herren nur ihre eigene Eitelkeit zu befriedigen trachten, habe ich nichts damit zu ſchaffen, aber es iſt unmöglich auf ſolche Dinge zu ſchweigen wie ſie geſtern die Herren Abgeordneten Baußuern und Zah) ausgeſprochen haben. Vielleicht achtzehumal hat Herr Baufuern das Ehrenwort erwähnt und er ſprach nicht nur von der Regierung, nicht nur von Einzelnen, ſondern von

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der ganzen magyariſchen Nation und behauptete, daß fie ihr Ehrenwort gebrochen habe. Ich habe zwar nie gehört, daß jemand deshalb verklagt worden wäre, weil er ſich ſelbſt ſein Ehrenwort nicht gehalten habe; ich verſtehe es, wenn von einer Nation gegenüber einer andern Nation die Rede iſt, aber daß eine Nation deshalb, weil ſie heute etwas für ſich ſelbſt für gut hält, und morgen dasſelbe abändert, des Bruches des Ehrenwortes beſchuldigt werden könne, das habe ich nie gehört. Aber die Herren Baußnern und Zay haben die Schwäche ihrer Argumente wol gefühlt, und haben des— halb nicht als Bürger dieſes Vaterlandes geſprochen, ſondern ſich ſo hingeſtellt, als wenn hier auf der einen Seite die Nation Baußnern und Zay ſtünde, (langandauernde, lebhafte Heiterkeit), und Herr Zay hat insbeſondere die Frage ge— ſtellt, wie könne ein anderes Volk, wenn wir jetzt ihren Wünſchen nicht Genüge thun, Ungarn Vertrauen ſchenken, um mit ihm Verträge abzuſchließen. Hier ſind ſie, die Herren Baußnern und Zay, welche mit uns keine Verträge ſchließen wollen, weil ſie uns nicht Vertrauen ſchenken.

Noch einen ſolchen Ausdruck hat Herr Baußnern ge— braucht; er ſagte: „nichtswürdiges Volk.“ Ich ſage nicht und glaube es auch nicht, daß jemals ein nichtswürdiges Volk auf der Welt geweſen ſei oder noch ſei, aber ich be— merke, daß man das grade von der Race, zu welcher die Herren Abgeordneten gehören, auf Grund hiſtoriſcher Daten vielleicht behaupten könnte, wenn ich ſelbſt es auch nicht ſage, weil ich kein Volk für nichtswürdig halte —, denn der hoffentlich auch von Ihnen als ſolcher reſpectirte Culturſtaat hat es, bevor er ſich zur höchſten Stufe der Cultur erhob, für nothwendig erachtet, das Land Sachſen von der Karte! von Europa verſchwinden zu machen, damit der Culturſtaat zu Stande komme und doch iſt es Niemanden eingefallen zu behaupten, daß die große ſächſiſche Nation nicht die, von der Sie träumen nichtswürdig ſei. Das darf man von keiner Nation ſagen, wol aber hat es zu jeder Zeit ſolche Menſchen gegeben, und auch in der Gegenwart kennen wir ſolche, welche charucterlos, undankbar oder ohne allen Grund Agitatoren ſind, die anſtatt ihren Mitmenſchen Gutes zu thun, denſelben Schlechtes thun, und von Solchen pflegt

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der Magyare zu jagen, daß fie eine nichtsnutzige Nation (näcziö) ſeien. (Große Heiterkeit.)

Die Herren Abgeordneten haben nicht nur bei dieſer Gelegenheit geſagt, ſondern ſie rücken uns es gleichſam auf jeden Schritt und Tritt vor, daß ſie von der göttlichen Vor— ſehung ſelbſt in den Oſten des Landes geſtellt worden ſeien, damit ſie uns gegenüber ihre Culturmiſſion erfüllen. Das haben die Herren Abgeordneten wiederholt betont und auch heute hat Herr Trauſchenfels dasſelbe gethan. Damit Sie mit dieſer Sache in's Reine kommen, will ich anerkennen, daß es auch unter Ihnen, namentlich unter ihren in Sieben⸗ bürgen daheim befindlichen Mitbürgern ſehr ausgezeichnete und gebildete Leute gibt; wenn wir aber die Sachſen als Maſſe, als Race nehmen, ſo ſehe ich wahrhaftig nicht, wo jene Culturmiſſion ſteckt, die Sie in Ungarn erfüllen. Sie ſagen, in der Vergangenheit; aber die Herren Abgeordneten gehen ſehr leichtfertig mit der Geſchichte um. Auch der Abgeordnete Herr Baußnern behauptet, daß Sie die Cultur in Siebenbürgen 150 Jahre hindurch aufrecht erhalten haben, ſonſt wäre das Land heute eine Wüſte. Ich geſtehe, daß ich auch die Geſchichte Siebenbürgens durchblättert habe, das aber habe ich nirgends gefunden, und dies iſt vielleicht das erſte Blatt der Geſchichte des Herrn Abgeordneten Baußnern; aber auch damit nicht zufrieden, geht er zurück bis zur Schlacht bei Mohacs und beginnt die Geſchichte damit zu fälſchen, daß er dem Zapolya das Verbrechen des Verrathes auf— bürdet, und doch hat derſelbe kein anderes Verbrechen be— gangen, als daß er ein Magyare war. Aber was verſtehen Sie eigentlich unter dieſer Culturmiſſion? Ich bin z. B. aus Siebenbürgen gebürtig, dort habe ich meine Jugend verlebt, aber ich kenne keine Literatur des Königsbodens, ich kenne keine Künſtler vom Königsboden; wo iſt alſo dieſe Cultur— miſſion? Oder verſtehen ſie die Sache vielleicht im con— feſſionellen Sinn, daß Sie die Ideen der Reformation ver⸗ breitet haben? Hierin ſtehen ſie nicht allein, denn es hat auch Magyaren gegeben, welche dieſelbe Bahn gewandelt ſind, mit dem Unterſchied, daß dieſe auch der magyariſchen Nationalität genützt, die magyariſche Literatur gefördert haben; Sie haben gar nichts gefördert, denn Sie haben in

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gar engem Kreiſe gelebt, Sie haben, was fie gedacht und geſchrieben, in einem Dialeet geſchrieben, den Niemand verſteht. Und da Sie dies hier vorgebracht haben, ſei es mir geſtattet zu bemerken, daß man, um eine Culturmiſſion zu erfüllen, vor Allem eines Verkehrsmittels bedarf, und dieſes iſt die Sprache. Sie aber, ich bitte mich zu ent» ſchuldigen, denn ich conſtatire nur eine Thatſache, Sie haben gar keine Sprache. (Heiterkeit). Ich will das gleich mit einem Beiſpiel erläutern. (Hören wir). Wir wohnten, als ich ein Kind war, in Dees, einer kleinen un— gariſchen Stadt in Siebenbürgen; da tritt einmal ein jehı tüchtiger ſächſiſcher Bürger gerade in dem Augenblick bei uns ein, als mein Lehrer bei uns im Zimmer war und mir die deutſche Sprache vortrug. Später ſagte der ſächſiſche Bürger zu meinem Vater: „ich ſehe, Sie wollen Ihren Sohn deutſch lernen laſſen, auch ich habe einen Sohn gleichen Alters, tauſchen wir; ich ſchicke meinen Sohn her, damit er hier magyariſch lerne, und Sie ſchicken den Ihrigen zu mir, dort wird er bald deutſch lernen.“ Ich erinnere mich ſehr genau, was mein Vater darauf antwortete. „Was Ihren Sohn anbelangt, ſo werde ich ihn gerne in meinem Hauſe aufnehmen, ich verſichere Sie, Ihr Sohn wird im Kreiſe meiner Familie magyariſch lernen. Aber Sie müſſen mich ſchon entſchuldigen: meinen Sohn ſchicke ich nicht nach Hermannſtadt, denn dort vergißt er das Bischen Deutſch, was er gelernt hat.“ (Heiterkeit). Sie haben keine Schrift— ſprache. Wie es ohne Sprache möglich ſei die Cultur auf Andere zu übertragen, das verſtehe ich nicht.

Aber geſetzt, Sie hätten eine Culturmiſſion, wie wären Sie dann, ich bitte ſehr, in der Erfüllung derſelben durch dieſen Geſetzentwurf gehindert. Da ſteht doch der § 4 des— ſelben, welcher klärlich darthut, daß Ihre Univerſität für Bildungszwecke erhalten bleibt, grade ſo wie bisher. Aber Sie haben immer von den SS 1 und 2 geſprochen, und doch bin ich davon überzeugt, was Sie am meiſten ſchmerzt, iſt der § 4, welcher ausſpricht, daß dieſe Univerſität künftig nur Bildungszwecken dienen wird. (Beifall). Dieſes ſchmerzt Sie, und es ſchmerzt Sie ferner der 8 6, in welchem aus— geſprochen iſt, daß jenes Eigenthum zu Gunſten der ge—

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ſammten Bewohner ohne Rückſicht auf Sprach- und Reli⸗ gionsverſchiedenheit zu verwenden ſei. Das iſt es, was Sie ſchmerzt, und nicht das übrige. (Beifall). Geehrtes Haus! ich halte, wie ich im Eingang meiner Rede erwähnte, die ganze Sache nicht für ſo ſehr wichtig, daß ſie vieler Worte werth wäre, und ich gebe meiner Ueberzeugung Ausdruck, daß ſelbſt die Herren Abgeordneten ſie nicht ſo ernſt nehmen, als ſie glauben machen wollen, denn ſie reden ja nach Hauſe.

Die geehrten Herren Abgeordneten haben auch zwei oder drei magyariſche Dichter citirt; ich dagegen citire einen deutſchen, zwar nicht einen Dichter, wol aber einen nicht weniger ausgezeichneten Proſaiker: Börne. Börne erzählt, wenn ich nicht irre, in ſeinen Pariſer Briefen, es ſei in Paris ein Trödler mitten im Winter zu ihm gekommen und habe gefragt, ob er nicht alte Sachen habe, worauf er, die Frage bejahend, ſeine alten Sachen zuſammengeſucht und ihm übergeben habe. Inzwiſchen ſei ſeine Freundin eingetreten, die er mit folgenden Worten angeredet: „Stell' dir nur vor, ich hätte es gar nicht geglaubt, daß ich für dieſe vielen ab— getragenen Sachen, einen ſo guten Winterrock bekommen könne, der mich vor jedem Sturm ſchützen wird.“ Als der Trödler fortgegangen war, ſagte Börne: Ich bin auf die Knie gefallen und habe folgendermaßen gebetet: „Lieber Herrgott, mache auch Du mit mir ein Geſchäft. Nimm Dir mein Schaumburg, Lichtenſtein, Sachſen, Meiningen und all die Länder wie ſie heißen und gib mir dafür blos Ein Vaterland.“

Wenn es wahr iſt, daß wir, geehrte Herren Abge— ordnete, Ihnen etwas wegnehmen, ſo nehmen wir Ihnen den mittelalterlichen Plunder, aber wir geben Ihuen dafür ein großes Vaterland. (Lebhafte Zuſtimmung und Beifall).

Streben Sie mit uns gemeinſam, damit das Vater⸗ land wahrhaft groß und ſtark ſei, und dann werden Sie insgeſammt glücklich ſein. (Allſeitige lebhafte Zuſtimmung und Eljenrufe).

Blaſius Orban (äuferfte Linke): Geehrtes Haus! Ich lege großes Gewicht auf das

brüderliche Einverſtändniß der in unſerm Vaterlande bisher mitſammenlebenden und hierauf auch angewieſenen Nationali⸗

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täten, denn in der Eintracht liegt eine große Kraft; unſere Nation aber kann ihren weltgeſchichtlichen Beruf hier in der Grenzfeſte der Civiliſation wie bisher ſo auch fernerhin nur mit großem Kraftaufwand erfüllen. Ich bin daher bereit, jederzeit die gerechten und billigen Auſprüche der mit uns Lebenden und zu gemeinſamer Wirkſamkeit Berufenen ſelbſt mit Opfern zu befriedigen. Von dieſem Geſichtspunct aus beurtheile ich den gegenwärtigen Geſetzesentwurf; bevor ich jedoch meinen Standpunct ihm gegenüber markire, halte ich es für nöthig, noch einiges vorauszuſchicken.

Ich will mich hier nicht in eine hiſtoriſche Erörterung über Urſprung und Beſtimmung des ſächſiſchen National- und des Siebenrichtervermögens einlaſſen, da der Geſetzes— entwurf die Beſtimmung des Eigenthumsrechtes unberührt läßt. Doch muß ich gegenüber dem hier Aufgeführten noch erwähnen, daß daſſelbe jederzeit zur Deckung der Juſtiz- und Verwaltungskoſten auf dem Königsboden verwendet wurde, und daß, ſo oft der Staat die Auslagen beſtritt, der Fond jedesmal unter ſtaatliche Verwaltung kam, wie dies auch während der Herrſchaft Kaiſer Joſefs II. geſchah. Auch die neuern richterlichen Urtheile haben ſolchen Rechtsanſchauungen Raum gegeben. Wenn daher der ungariſche Staat mit Bei— ſeitelaſſung der ihm diesbezüglich zuſtehenden Rechtsanſprüche geſtattet, daß dieſer Fond zu öffentlichen Bildungszwecken der Bewohner des Königsbodens verwendet werde, verdient er keinen Tadel, ſondern hat eine ſehr ritterliche und groß— müthige That gethan und ſetzt ſeinen früheren Wolthaten damit die Krone auf dadurch, daß er, um die in früheren Zeiten gewährten Begünſtigungen hier zu übergehen, ſeit 1849 die ſächſiſche Bevölkerung des Königsbodens mit 13 Millionen Gulden beſchenkte.

Denn außer dem jetzigen, 2 Millionen Gulden über— ſteigenden Fonde haben fie im Jahre 1849 Millionen als Darlehen vom Staate erhalten, welche Summe ihnen ſpäter geſchenkt wurde. An Urbarialentſchädigung und unter dem Titel der Inſcription für das Fogaraſcher Dominium erhielten ſie 6 Millionen, obwol der Ungar und Szekler auch heute noch ſeine Geiſtlichen ſelbſt zahlt, während die ſächſiſchen Pfarrer aus den Zinſen der Zehutentſchädigung reichlich dotirt ſind. |

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Dies erwähne ich hier nicht als Vorwurf, ſondern blos um das geehrte Haus zu orientiren und ihm klar zu machen, daß die ſächſiſchen Brüder gegenüber dem Vaterlande, welches gegen ſie jederzeit ſo großmüthig war, doch billig mehr Neigung und Liebe bezeugen müßten, als bisher.

Dieſer Geſetzeseutwurf beſtimmt, daß das ſächſiſche Nationalvermögen zu dem edelſten Zwecke, zur Förderung der allgemeinen Bildung verwendet werden ſolle mit Aus— dehuung auf alle Bewohner des Königsbodens ohne Unter— ſchied der Nationalität und Coufeſſion und dies mit Recht, da die nichtſächſiſchen Bewohner des Königsbodeus bisher von jedem Rechte und jeder Begünſtigung ausgeſchloſſen waren; ich meinerſeits aber glaube, daß für die diesbezüg— liche Controle nicht die nöthige Sorge getragen wird, deren Nothwendigkeit gar ſehr obwaltet, da das Vermögen in der langen Reihe von Jahrhunderten immer zweckwidrig ver— wendet wurde. So oft der Patriotismus unſerer ſächſiſchen Brüder in Zwieſpalt kam, ſo oft vergaßen ſie, daß ſie Bürger des ungariſchen Vaterlaudes ſeien, was leider oft geſchah ſo oft wurde dies Vermögen zur Organiſirung einer Kriegsmacht gegen das Vaterland verwendet. So geſchah es im Jahre 1848 und auch in früheren Zeiten, zu Frie— denszeiten aber wurde es mehr als einmal von hochſtrebenden oder eigennützigen Männern verſchwendet, wie dies aus den Reſcripten der Maria Thereſia und der Kaiſer Joſef und Franz, ſowie aus den Acten der entſendeten Unterſuchungs— Commiſſionen hervorgeht.

Geehrtes Haus! Wir wiſſen nicht, was die Zukunft verbirgt, es können noch gefahrvolle Tage für unſer Vater— land kommen, wo die Treue ſeiner Bürger auf die Probe geſtellt fein wird; diejenigen, deren Hand ſich gegen fie felber wendet, können auch ſpäterhin egoiſtiſch ſein, daher möchte ich allen Eventualitäten gegenüber ſo das Vaterland als die öffentlichen Bildungsintereſſen aller Bewohner des Königs— bodens geſichert wiſſen und deshalb hielte ich es für nöthig, in dieſem Geſetze das Coutrolrecht des Staates und deſſen Pflicht hiezu umſomehr ausdrücklich zu normiren, weil, wie dies bisher geſchah, wahrſcheinlich auch fernerhin die nicht— ſächſiſchen Bewohner des Königsbodens in der Nationsuni—

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verfität nur durch ein paar Männer vertreten fein werden, weshalb es gut wäre, die Beſtimmung in das Geſetz aufzu— nehmen, daß das Vermögen, ſobald es ſeiner Beſtimmung entfremdet würde, ſofort in den Beſitz des Staates überzu— gehen hat.

Uebrigens erblicke ich im Geſetzentwurf den erſten Schritt dazu, den Ausnahmszuſtand des Königsbodens auf— zuheben, die dortigen Anomalien, die hunderttauſende unſeres Volkes aus den Ringwällen der Verfaſſung ausſchließen, weg— fallen zu machen, die großen Principien der Rechtsgleichheit und Freiheit zu verwirklichen, mit einem Wort auch den Kö— nigsboden in den Kreis unſerer Verfaſſung eintreten zu laſſen. Deßwegen heiße ich den Geſetzesentwurf willkommen und nehme ihn in ſeiner Totalität als Baſis zur Special— debatte an.

Nach dieſer Erklärung will ich nur noch, mit der gnä— digen Erlaubniß des Hauſes auf das in Kürze reflectiren, was die Redner der geſtrigen und heutigen Debatte erwähnt haben.

Der Ueberreicher des Beſchlußantrages Herr G. Kapp, und nach ihm noch mancher Andere hat von Verträgen ge— ſprochen, welche zwiſchen dem ungariſchen Staate und der ſächſiſchen Nation zu Stande gekommen ſeien und beſtanden haben ſollen. Ein ſolcher Vertrag aber hat niemals beſtanden; vielmehr hatten die Sachſen von den Königen und Fürſten Privilegien erhalten, wie ſie auch die übrigen Volksſtämme Siebenbürgens hatten. So ſprechen unſere Geſetze vom Szeklerland; auch die Szekler haben Landtag gehalten auf dem Agyagfalver Felde; zahlreiche von unſeren Geſetzen ſichern die Steuerfreiheit der Szekler. Nicht wahr, Sie ſelbſt würden es für lächerlich erklären, wenn wir die Rolle eines beſonderen Landes ſpielen wollten? Wenn Sie aber ein Recht auf ein geſondertes politiſches Territorium zu haben glauben, ſo könnten auch wir auf gleicher Rechtsbaſis daſſelbe fordern, eine ſolche Zerſtückelung aber würde den unter den 2 Millionen Bewohnern Siebenbürgens nach jeder Richtung hin zerſtreuten 200,000 Sachſen wol kaum zum Heile ge— reichen.

Ueberhaupt ſprechen die auf der Rechten ſitzenden

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Herren Abgeordneten des Königsbodens, die bisher geſprochen haben, immer von der maghyariſchen und der ſächſiſchen Na⸗ tion und ſtellen dieſe einander gegenüber als zwei gleichbe— rechtigte, mit einander in Vertragsverhältniſſen ſtehende, ſelbſtſtändige Nationen und doch ſollten die Herren Ab— geordneten wiſſen, daß man 130,000 Menſchen doch nie als Nation zu betrachten pflegt. Sie aber ſind blos ſo ſtark und nicht ſtärker auf dem Königsboden, da man Ihre Anzahl nur ſo auf 156,000 ſchätzen konnte, daß man 30,000 Luthe⸗ raner immer zu ihnen zählte. Dieſe aber wollen durchaus nicht Sachſen werden, weil man ſo mit ihnen umgegangen iſt, daß ſie lieber Eskimos als Sachſen werden wollen. Herr Guido Baußnern verknüpft die territoriale Einheit der Sachſen mit der politiſchen; glauben Sie mir aber, wenn wir heute die beſondere Staatlichkeit des Königsbodens decre— tiren würden, ſo würden wir hiemit die Nullificirung der Sachſen ausgeſprochen haben, weil Sie dort in ſo augen— fälliger Minorität ſind, und Ihre Mitbewohner des Landes ſo ſehr gegen ſich erzürnt haben, daß dort in kurzer Zeit nicht das Sachſenland, ſondern etwas ganz anderes fein würde; wir aber lieben Sie, was ſie auch immer gegen uns agitiren mögen, viel zu ſehr, als daß wir dies zulaſſen.

Herr Abgeordneter Zay hat zum Schluſſe ſeiner Rede in Zweifel gezogen, daß Ungarn ohne Unterſtützung der Nicht- magyaren und insbeſondere der Sachſen beſtehen könne. Nun wenn dies ſo wäre, dann beſtände Ungarn ſchon lange nicht mehr; denn unſere ſächſiſchen Brüder haben uns leider ſehr ſelten unterſtützt und pflegten gerade in den gefährlichſten Stunden unſeres Vaterlandes im Lager des Feindes zu ſein; doch deßwegen beſteht Ungarn auch heute noch, und wenn die Sachſen heute noch leben auf dieſer Welt, ſo haben ſie dies unſerer Verſöhnlichkeit und unſerem Schutze zu ver⸗ danken.

Sie beweiſen es am beſten, daß die verwöhnteſten Kinder immer die anſpruchsvollſten und empfindlichſten zu ſein pflegen. Sie waren immer die verwöhnten, am meiſten gehätſchelten Kinder des Vaterlandes; wir haben Ihnen mehr Rechte und beſſeres Erdreich gegeben, als wir es ſelbſt be⸗ ſitzen, und jetzt, wo die Mutter bei der Erbtheilung unter

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ihren Kindern jedem unparteiiſche Gerechtigkeit angedeihen laffen will, murren Sie, wie es die Verwöhnten zu thun pflegen. Doch was Sie ſich auch immer beſchweren mögen, das können wir nicht weiter dulden, daß Sie zum Spott auf die in unſerm Geſetze inaugurirte Rechtsgleichheit 25,000 auf Ihrem Gebiet wohnende gleichberechtigte Staatsbürger von dem Genuffe jedes Bürger- und Menſchenrechtes ausſchließen. Sie berufen ſich auf alte Geſetze, alte Verſprechungen. Meine Herren, wenn wir aus der Geſchichte jene leider ſehr zahl- reichen Fälle hervorſuchen wollten, wo die Sachſen uns Treue geſchworen und dennoch gegen uns gekämpft haben, jo würden Sie wahrlich nicht als große Wolthäter erſcheinen; abgeſehen hievon aber pflegte jedes Volk jederzeit die alten und veral— teten, vom Zeitgeiſt überflügelten Geſetze und Inſtitutionen abzuändern. Haben doch im 8. Art. von 1741 die unga— riſchen Reichsſtände ausgeſprochen, wenn Jemand von der Beſteuerung des Adels auch nur ein Wort ſprechen würde, ſolle er für einen Hochverräther erklärt werden; und doch haben ſie ſich ſelbſt freiwillig der Staatsſteuer unterworfen, weil ſie das mahnende Wort des Zeitgeiſtes aufzufaſſen, weil ſie mit ſeinen Ideen zu transigiren wußten. Thun Sie dies auch, ſächſiſche Brüder, entſagen Sie ihren eingebildeten Vor— rechten, die das auch von Ihnen acceptirte 1848er Unions— geſetz ohnehin aufgehoben hat! Herr Trauſchenfels hat ge— rathen, auf das Gebiet des „quid consilii“ zu gehen; nun ich meine, daß das quid consilii für Sie bedeuten würde, daß Sie ſich beſtreben ſollten, nicht zu zerreißen, ſondern zu verewigen jenes jahrhundertjährige Band, welches uns als Brüder verbindet. Denn was einige von Ihnen fortjegen, iſt eine ſolche Siſyphusarbeit, welche Ihnen kein Heil, ſondern nur Schaden bringen kann.

Ich nehme den Geſetzesentwurf als Baſis zur Special⸗ debatte an.

Miniſterpräſident Koloman Tißa: Geehrtes Haus! Zu allererſt will ich das berichtigen, was der Herr Abgeordnete Trauſchenfels betreffs meiner geſtrigen Rede falſch citrt hat, wahrſcheinlich deßhalb, weil er vergeſſen hat, daß es in dem 43. Geſetzartikel von 1868 nicht blos einen §. 10, ſondern auch einen §. 1 gibt. Ich

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habe mich zwar nicht auf den §. 10, ſondern auf den 43. Geſetzartikel berufen; deßhalb nun, weil das, was ich citirt, nicht im §. 10 ſteht, ſagte er, daß es nicht im 43. Geſetzartikel von 1868 ſtehe.

Ich ſo behaupte ich kann dies nur dem Um— ſtande zuſchreiben, daß er vergaß, daß dieſer Geſetzartikel auch einen andern §. hat, als den §. 10; denn in dem §. 1 ſteht es ausdrücklich, daß: „nachdem ſchon durch den erſten Klauſenburger Geſetzartikel von 1848 jeder Bewohner Sieben— bürgens ohne Unterſchied der Nationalität, Sprache und Religion für gleichberechtigt erklärt und alle hiemit im Widerſpruche ſtehenden Geſetze Siebenbürgens aufgehoben worden: hören die nach den bisherigen politiſchen Nationen beſtandenen Territorialeintheilungen, Benennungen und die damit verbundenen Vorrechte und Privilegien, inſoweit ſie einer Nationalität mit Ausſchluß einer andern zugekommen wären, auf.“

Es ſteht alſo im Geſetzartikel 43: 1868, daß die nationalen Territorien aufhören, wie ich es eitirt habe.

Nachdem ich dies geſagt, habe ich noch eine Bitte an das geehrte Haus, welche ſich auf die weiteren Agenden be— zieht. Ich meine, daß es für das Haus und die Geſetzgebung nothwendig ſei, wenn gleich nicht viele, ſo doch noch ein paar wichtige . zu erledigen, bevor die üblichen

Oſterferien beginnen. Ich bitte daher das geehrte Haus, im Hinblick auf die heute und geſtern gemachten Erfahrungen den geehrten Präſidenten des Hauſes zu bevollmächtigen, daß er, falls er es von dieſen Geſichtspunkten aus für nothwendig erachtet, morgen auch eine zweite Sitzung abhalten laſſe, die Nachmittags 4 Uhr zu beginnen hätte. (Zuſtimmung.)

Dritter Sitzungskag am 24. März.

Präſident: Auf der Tagesordnung ſteht die Fort⸗ ſetzung der Debatte über den Geſetzentwurf betreffs des Königbodens, der ſächſiſchen Nationsuniverſität und des Ver⸗ mögens der ſogenannten ſieben Richter.

Karl Könczey: (Lärmende Rufe: Aufs Wort verzichten!) Ich verzichte auf's Wort. N

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Karl Szathmary: (Rufe: Aufs Wort ver- zichten) Ich verzichte aufs Wort (Eljen.)

Ferdinand RNagaly (äußerſte Linke):

G. H.! (Rufe: aufs Wort verzichten.) Nur auf fünf Minuten werde ich die Aufmerkſamkeit des geehrten Hauſes in Anſpruch nehmen. Geehrtes Haus! Ueber den auf der Tagesordnung befindlichen Gegenſtand haben wir ſehr ſchöne und lehrreiche geſchichtliche Diſſertationen gehört; wir haben gehört die Darlegung der Verwaltungsorganiſation des Königsbodens, wir haben ſogar von zweierlei Verwirkung und vom Aus— breiten eines Schleiers darüber gehört, und zwar ſo oft, daß mir, ich geſtehe es, dieſes Schleierwerfen ſchon nicht zu gefallen beginnt. Mit einem Wort, wir haben Vieles und Verſchiedenes gehört, aber an Argumenten haben wir nicht viel gehört. Nur ein Argument war es, welches die Gegenpartei für ſehr ſtark gehalten hat. Daß dieſes Geſetz das Unionsgeſetz alterire, das aber ſei ein internationaler Vertrag, deſſen Abänderung den Charakter des Wortbruchs trüge, wie ein ſolcher gegen die ungariſche Ehre ſei. Auf dieſes Argument hat mein Freund Helfy ſehr witzig geaut— wortet, jo daß ich an die Herren Abgeordneten nur noch die eine Frage richten möchte, ob ſie den Vergleich mit einem internationalen Vertrage zu ihren Gunſten oder zu ihrem Schaden als Argument gebraucht haben. Denn wenn ich ihn auch nicht als richtig anerkenne, ſo iſt es doch unleugbar, daß nach dem Zeugniß der Geſchichte internationale Verträge nur ſo lange gehalten worden ſind, als der ſtärkere Theil es wünſchte.

Ich gehe bezüglich des Vorgebrachten von einem ganz andern Geſichtspunkt aus; dieſer Geſichtspunkt iſt die Noth— wendigkeit oder mit das oberſte Geſetz, welches das Wol des Staates fordert. Allen iſt das salus reipublicae suprema lex esto! bekannt. Ich anerkenne, daß diesbezüg— lich viele Mißbräuche geſchehen ſind, beſonders unter dem Vorwande der Ordnung gegen die Freiheit; aber in ultima analysi, meine Herren iſt dies unvermeidlich für den Staat im Allgemeinen, unvermeidlich auch in dieſem concreten Falle. Es iſt im Allgemeinen unvermeidlich, daß der Staat, wenn er in eine Lage geräth, in der er die Gefahr nicht auf

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andere Weiſe abwenden kann, das Gele verletzt, und das iſt dann nicht nur ſein Recht, ſondern ſeine Pflicht; denn wie ſchon einmal an dieſem Orte geſagt worden iſt, der Trieb der Selbſterhaltung iſt ſtärker als das Geſetz, oder ſteht vielmehr über dem Geſetz Wenn eine Corporation in einem Staate, vermöge welchen Geſetzes oder Privilegiums immer, eine derartige Ausnahmsſtellung für ſich verlangt, welche die richtige Regierung unmöglich macht, ſo muß dies Privilegium abgeſchafft werden.

Meine Herren, iſt es berechtigt und erlaubt, daß eine Corporation von etwa 150.000 Menſchen mehr Rechte habe, als 16 Millionen? Soll die Körperſchaft dieſer 150.000 Menſchen mehr Rechte haben, welche was zugeftandeu werden muß dem Staate gegenüber meiſt gegenſätzlicher Anſicht ſind? jene Körperſchaft, welche, als der Staat den Kampf auf Leben und Tod kämpfte, in den Reihen der Feinde ſtand?

Ich nehme den Geſetzentwurf im Allgemeinen an.

Edmund Steinacker (Deutſchungar):

Geehrtes Haus! Bei Verhandlung des auf der Tages— ordnung ſtehenden Geſetzentwurfes kann ich nicht umhin, dem Bedauern Ausdruck zu geben, daß ich den Schein, als ob ich pro domo rede, kaum werde vermeiden können. Denn, indem ich als Nichtſache keinerlei Parteidiseiplin unterworfen, aus reiner ſachlicher Ueberzeugung erkläre, daß ich den vorgelegten Geſetzentwurf zur Baſis der Specialdebatte nicht annehmen kann, ſo wird dieſe Aeußerung ſelbſtſtändigen Denkens und unabhängiger Handlungsweiſe unverſtanden bleiben oder nur der Rückſicht auf meinen Wahlbezirk zugeſchrieben werden, von Allen jenen, und deren Zahl iſt groß die um keinen Preis „gegen die Strömung“ zu kämpfen wagen.

Dies wird mich aber nie, und ſo auch jetzt nicht ab— halten, dem, was ich für richtig oder nicht richtig halte, offen gewiſſenhaften Ausdruck zu geben.

Allein ich kann das geehrte Haus verſichern, daß, wenn ich den Geſetzentwurf auch für unannehmbar halte, mir doch auch der geringſte Grad von Leidenſchaftlichkeit fern liegt, wie ſie, blos zufolge einiger vielleicht nicht glücklich

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gewählter Ausdrücke, meiner Anſicht nach grundlos, dem einen oder andern meiner ſächſiſchen Abgeordnetencollegen vorge— worfen worden iſt. Die ruhige objective Darlegung meines Standpunktes darf darum vielleicht auf ruhiges Gehör rechnen.

Geehrtes Haus! Mehrere meiner Abgeordnetencollegen vom Königsboden haben bereits eingehend den Thatbeſtand dargelegt, demzufolge ſie den vom Herrn Miniſter des Innern vorgelegten Geſetzentwurf als mit beſtehenden Grund-Geſetzen im Widerſpruch ſtehend erachten. Die geſchichtlichen, poli— tiſchen und rechtlichen Seiten der Angelegenheit könnten bereits allen Jenen klar ſein, welche dieſelben ohne Vorein— genommenheit erkennen und beurtheilen wollen. Allein es iſt nicht nur das Unglück von Königen, wie dem König von Preußen ein unerſchrockener Volksvertreter ins Geſicht ſagte daß ſie oft die Wahrheit nicht hören wollen, es hat Fälle gegeben und gibt Fälle, wo auch Körperſchaften ſich in der Stimmung befinden, welche das Unglück der Könige iſt. Es würde wahrhaftig in das Faß der Danaiden ſchöpfen, wer in ſolchen Fällen die vorgebrachten Argumente und Berufungen auf Geſetze noch vermehren wollte. Ich will auch nicht die Geduld des geehrten Hauſes mit Derar— tigem ermüden.

Ich möchte nur darauf hinweiſen, daß es Dinge gibt, die wie es ſcheint für Alle Andern, als die Betheiligten ſchwer verſtändlich ſind. Ich erinnere mich der Zeit, als im Auslande im Beginne der 60er Jahre Niemand verſtehen wollte, und ich, wenn ich Gelegenheit hatte, die Verhältniſſe meines Vaterlandes Andern zu erläutern, Niemandem be— greiflich machen konnte, warum die Ungarn nicht in den Reichsrath gehen wollen. Umſonſt ſprach ich von einer Con— ſtitution, an der man unter allen Umſtänden feſthalten müſſe, von Geſetzen, von denen nicht abzuweichen die politiſche Con— ſequenz erfordere. Die Welt ſagte damals: das ſind ja alte Dinge, die Intereſſen des öſterreichiſchen Staates geſtatt en nicht, dieſen überwundenen Standpunkt zu refpectiren. Es kann gar keine Rede davon ſein, daß die Ungarn, denen die Arena des Parlamentarismus, der Verfaſſungsmäßigkeit wenn auch in Wien eröffnet worden iſt, eine Extrawurſt bekommen ſollen, daß ſie in irgend welcher Beziehung anders regiert werden ſollen, als die übrigen Völker der Monarchie.

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Was ich darauf von ungariſchem Standpunkte erwidern mußte, iſt nicht ſchwer zu errathen.

Und was von Alle dem, nach Sadowa, das Ende war, nun das wiſſen wir, nämlich ein status cum statu.

Indem ich nun hier in Ungarn von den Verhältniſſen des Königsbodens, insbeſondere von dieſem Geſetzentwurf reden höre, fühle ich mich um 15 Jahre verjüngt, denn ich höre dasſelbe Raiſonnement, dieſelben Argumente, dieſelben Witze, dieſelben Berufungen auf die Poſtulate der Staat— lichkeit, auf die Opportunität und auf die Macht, die ich damals gehört habe. Ich weiß ſehr wol, daß jeder Ver— gleich hinkt. Und ſofort wird man mir auch einwenden: Ja Bauer, daß iſt ganz was anders. Oft aber: licet parva componere magnis. Ich muß conſtatiren, daß das Prinzip der Rechtscontinuität eben ſo viel gilt, wenn die ſchwache ſächſiſche Nation dasſelbe gegenüber dem ungariſchen Staate geltend macht, als es damals galt, als die Ungarn es gegen— über dem Geſammtſtaate verfochten. Dort ebenſo wie hier beruht das Recht, oder wem es ſo gefällt, Privilegium, was übrigens auf eines herauskommt, auf einem Vertrage. Wenn dem nicht ſo wäre, wie könnte doch der von der ungariſchen Legislative geſchaffene 43. G.-A. vom Jahre 1868 auf Ver— trägen beruhende Rechte erwähnen? Ein ſolches Recht ab— ſchaffen, einen ſolchen Vertrag löſen kann man nicht einſeitig. So wie dies nicht der eine Faktor der Staatsgewalt, die Krone thun kann, ſo kann dies auch nicht der Andere, die Volksvertretung. Da aber auf der Welt nichts von ewiger Dauer ſein kann, ſo iſt natürlich auch jeder Vertrag unter Zuſtimmung beider Contrahenten abänderlich. Auf ſolch ge- meinſamer Zuſtimmung des Reichstags und der Krone beruht der 1867er Ausgleich. Krone und Volksvertretung können jedech in gewiſſen Fällen nur mit Einſtimmung der Reichs- vertretung der öſterreichiſchen Erbländer die fundamentalſten Geſetze des Landes abändern. Ebenſo kann bezüglich der Organiſirung des Königsbodens und bezüglich der Abän— derung des Rechtskreiſes der ſächſiſchen Nationsuniverſität eine verfaſſungsmäßig rechtsverbindliche Feſtſtellung nur mit Zuſtimmung, jedenfalls aber nur nach Anhörung der Ver— tretung der ſächſiſchen Nation zu Stande kommen. Und zu

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einer ſolchen wird dieſe jedenfalls ebenſo bereit fein, wie im Jahre 1867 die politiſche ungariſche Nation dazu bereit war.

Man wird ſagen, dieſe Arrogirung eines beſtimmten in der That ſehr kleinen Theiles der ſouveräuen legislativen Gewalt ſei eine Anomalie. Ich will darüber nicht ſtreiten. Aber ſie iſt eine Bedingung der Union mit Siebenbürgen. Seiner Zeit wurde dieſe „anomale“ Bedingung acceptirt, deren Erfüllung jedenfalls aber nach Anhörung der Betreffenden verſprochen. Und ich glaube, daß nicht nur Einzelne, ſondern auch Staaten ihre Verſprechungen zu halten verpflichtet ſind, auch wenn ihnen dies nicht leicht wird oder nicht angenehm iſt. Darin, ob der Monarch eine Verpflichtung übernimmt der ganzen Nation gegenüber, oder der Staat eine Ver— pflichtung gegenüber einem Theile ſeiner Bevölkerung, ſehe ich keinen großen Unterſchied. Und wenn man den öſterrei— chiſchen Profeſſor, der, ich weiß nicht ob aus Ueberzeugung, oder aus Deferenz gegen die damalige Gewalt, dieſe Rechts- eontinnität in einem Buche, im Gewaude der Wiſſenſchaft— lichkeit der ungariſchen Geſammtnation abſprach, Luſtkandl nennt, der ungariſche Miniſterpräſident aber, der, ich weiß nicht ob aus unvollſtändiger Kenntniß der Sache oder trotz dieſer Kenntniß, der uniformen Durchführung einer Lieb— lingsidee, des famoſen Verwaltungsausſchuſſes zu Liebe, im Vollbeſitz der Macht, unter ſchamhafter Einhaltung der äußeren Formen der Geſetzlichkeit, die Rechtscontinuität einem Theile der ungariſchen Staatsbürger vorenthält, Koloman Tißa beißt, ſo iſt vom Namen abgeſehen der Unterſchied im Vorgehen beider nur der, daß die Verantwortlichkeit des letztern vor ſeinen Zeitgenoſſen und vor dem Richterſtuhl der Geſchichte eine viel ſchwerere iſt.

Aus der Glanzperiode unſeres Vaterlandes hat ſich ein Spruch über einen König erhalten, der nebenbei bemerkt an die Sachſen ſchrieb: urbibus et villis egregiis regnum nostrum non solum ampliastis, sed etiam decorastis magnifice. Der Spruch lautet: König Mathias iſt todt, es gibt keine Gerechtigkeit mehr. Wenige Wochen ſind es, daß wir den Weiſen des Vaterlandes, den Vorkämpfer der Rechtscontinuität begraben haben. Aber wenn Franz Deak noch leben würde, wenn er noch dort ſäße auf ſeinem Platze zunächſt dem Miniſterpräſidentenſitz,

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dann will ich nicht ſagen, daß der vor uns liegende Geſetz⸗ entwurf nicht das Licht der Welt erblickt hätte, aber ich glaube nicht, daß man das geehrte Haus zur Annahme des- ſelben hätte capazitiren können, das aber weiß ich, daß Franz Deak nicht dafür votirt hätte. Denn ſo wie er die Rechte der Geſammtnation vertheidigte, ſo achtete er jedes Recht, und ich glaube, daß er im Stande geweſen wäre klar zu machen, wann das Recht identiſch iſt mit einem ſogenannten Privilegium.

Wie übrigens Franz Deak über bilaterale Verträge dachte, zeigt folgende Stelle aus der vom 6. Juli 1861 da⸗ tirten Adreſſe des ungariſchen Landtags:

„Der ſelcherweiſe auf Grund freier Vereinbarung ge— ſchloſſene bilaterale Vertrag (die pragmatiſche Sanktion) trat in volle Kraft und mit jeder ihrer Bedingungen ins Leben, wurde von allen darauf folgenden gekrönten Königen einge— halten, die darin enthaltenen Garantien wurden neuerdings und detaillirt wiederholt und der rechtskräftig geſchloſſene Vertrag wurde durch geſetzliche Ausübung ſanktionirt. Kann man nun dieſen Vertrag einſeitig brechen, und von der Nation die darin enthaltenen Verpflichtungen fordern, dabei aber die Bedingungen nicht einhalten oder mangelhaft nur in manchen Theilen erfüllen?“

Ein der pragmatiſchen Sanktion ähnlicher Vertrag iſt die Union mit Siebenbürgen. Fiat applicatio.

Aber Franz Deak iſt todt, es exiſtirt keine Deakpartei mehr, es exiſtirt eine liberale Partei, ein Miniſterium Tißa und vor uns liegt ein ſolcher Geſetzentwurf über den Königs— boden, beziehungsweiſe über die Vernichtung des Königsbodens.

Die Motivirung des Geſetzentwurfes beſchäftigt ſich auch nicht ſo ſehr mit dem quid juris als mit dem quid consilii der Angelegenheit. Die durch dieſes Geſetz zu er- zielende Vorbereitung der Zerſtörung des Begriffes Königs⸗ boden wird als Poſtulat der guten Adminiſtration hingeſtellt. Wahrlich eine beſſere Adminiſtration erſehnt das Volk, als ſie bei der Pflege der Comitatsorganiſation möglich iſt. Aber das Aufhören der territorialen Anomalien iſt nicht das Hauptmoment einer guten Adminiſtration, und die bisherigen Herren Miniſter des Junern werden vielleicht doch nicht leugnen, daß eben auf dem Königsboden die Adminiſtration

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auch bisher zu den beſſern im Lande gehörte, daß auf dieſen zerſtreuten Gebietstheilen die Steuern pünktlich bezahlt wurden, Wenige ſich der Militärpflicht entzogen und wenig Verbrechen begangen wurden. Und um auch die Tyrannei der Sachſen gegen die übrigen Mitbewohner des Königsbodens ins richtige Licht zu ſetzen, verweiſe ich auf die auch ſchon von meinem Abgeordnetencollegen Trauſchenfels conſtatirte unumſtößliche Thatſache, daß das romäniſche Element auf dem Königs— boden gebildeter und wolhabender iſt und ſich freier ent— wickeln konnte, als in irgendwelchem ſiebenbürgiſchen Comitat. Und ſo iſt es natürlich, daß Sachſen und Romänen in gleichem Maße die Auftheilung der Municipien des Königsbodens in die Comitate perhorresciren. Es zeigt dies deutlich der im Wahlbezirke des Herrn Referenten ſeitens des Kronſtädter Municipiums mit den einhelligen Voten der Sachſen und der Romänen gefaßte Beſchluß auf Unterbreitung einer Re— präſentation an den Reichstag gegen Annahme dieſes Geſetz— entwurfes.

In den ſchöner arrondirten Gebieten wird in Folge des ſtarken Vorwiegens des Comitatenſerelements und der Be— ſeitigung der bisherigen guten Verwaltungsmodalitäten die Adminiſtration nicht beſſer, ſondern ſchlechter werden, als fie bisher war.

Wenn indeß der vorliegende Geſetzentwurf zum großen Theile einer Lieblingsidee des gegenwärtig die Schickſale des Landes lenkenden Staatsmannes, dem Wunſche nach Aus— dehnung der Inſtitution der Verwaltungsausſchüſſe auf alle Theile des Landes zugeſchrieben werden muß, ſo iſt doch deſſen nicht eingeſtandener ja ſogar abgeleugneter geheimer Zweck, oder, wenu auch nach der geſtrigen Aeußerung des Herrn Miniſterpräſidenten überhaupt nicht deſſen Zweck, ſo doch die unausweichliche Folge desſelben die Schwächung einestheils des deutſchen Elementes, andererſeits des bürger— lichen Elementes in Ungarn.

Auf dem Wege der Preſſe und auf jede ſonſtige denk— bare Weiſe iſt zwar Alles geſchehn, was nur geſchehn konnte, um den Siebenbürger Sachſen das übrige deutſche Element in Ungarn zu entfremden. Der Magyarenfeindlichkeit und Staatsfeindlichkeit wurden die Sachſen beſchuldigt, während ſie nichts Anderes thaten, als daß ſie feſthielten an ihrer

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Nationalität uud an ihren gefeglihen Exiſtenzbedingungen. Und es fanden ſich für ſolche Imputationen auch zahlreiche Gläubige, aber der ſchärfer blickende Theil der Landesbürger deutſcher Zunge fühlt ſehr wol, daß dieſer Geſetzentwurf ein gegen das deutſche Element ganz Ungarns geführter Schlag iſt, den dieſes wahrhaftig nicht verdient hat. Denn das deutſche Element in Ungarn iſt patriotiſch geſinnt, iſt ftaate: treu, gravitirt nicht nach Außen und hatte ſtets Sympathie für den magyariſchen Stamm. Gerade das deutſche Element iſt der natürlichſte Verbündete des magyariſchen. Ich brauche wol nicht darauf zu verweiſen, wieviel die Entwicklung Ungarns dem deutſchen Elemente verdankt, wie tief die politiſche Nation unſers Vaterlandes aus dieſer Quelle geiſtiger Kräfte geſchöpft hat. Man braucht ja bloß die Liſte der urſprünglich magyariſchen, der magyariſirten und nicht magyariſirten Namen der Capacitäten dieſes geehrten Hauſes zu überblicken, man braucht nur die verſchiedenen Zweige des öffentlichen Lebeus, die Wiſſenſchaft und Kunſt unſeres Vaterlandes ins Auge zu faſſen, um die Wahrheit des Geſagten beſtätigt zu finden.

Aber von allen andern Gründen abgeſehn, müßte aus rein politiſchen Gründen das deutſche Element nicht geſchwächt, ſondern geſtärkt werden, ſowol in den nördlichen, wie in den ſüdlichen und ſüdöſtlichen Theilen Ungarns. Das entgegen— geſetze Verfahren, wie ſich ein ſolches ſchon in manchen Maßnahmen der Regierung wie der Legislative gezeigt hat und auch in dieſem Geſetzentwurfe zeigt, iſt eine ſehr kurz— ſichtige Politik, die ſich noch ſchwer rächen und die ſtaats— männiſche Reputation ihrer Lenker nicht heben wird.

Freilich ſagt man, daß zwiſchen den ungarländiſchen Deutſchen im engern Sinne und den Siebenbürger Sachſen ein großer Unterſchied beſtehe, da letztere ſich ſehr oft in Gegenſatz zu dem ſiebenbürgiſchen Magyarenthum geſetzt hätten. Ich kann, geehrtes Haus, dieſe Diſtinktion nicht ac— ceptiren, weil dieſer Gegenſatz nichts anderes war, als die Vertheidigung des freien Bürgerſtandes und freien, ge— wiſſermaßen allodialen Bauernſtandes gegen die Uebergriffe des Adels, des Feudalismus. Es war ein Glück für ganz Siebenbürgen, daß die ſächſiſche Nation als ſolche politiſch ſtark genug organiſirt war, ſich der gegen fie gerichteten An—

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griffe zu erwehren, und es wäre ein Glück für ganz Ungarn geweſen, wenn auch deſſen Städte eine ſolche politiſche Selbſtändigkeit beſeſſen, ſoviel Einfluß auf die Lenkung der Schickſale des Landes beſeſſen hätten, wie die Sachſen auf die Geſchichte Siebenbürgens. Ungarn beſäße dann einen ſtärkern bürgerlichen Mittelſtand, als es ihn heute beſitzt und deſſen ungenügende Entwicklung einer der Gründe iſt, weßhalb unſer Vaterland auf materiellem, wie auf manch' anderem Gebiet ſo bedauerlich zurückgeblieben iſt.

Der unter Verhandlung ſtehende Geſetzentwurf zielt darauf ab die bisher einer andersgearteten, beſſern Admini⸗ ſtration ſich erfreuenden Municipien des Königsbodens in die Comitatsinſtitution zu verſchmelzen, bezweckt ſomit die Schwächung des bürgerlichen Elementes oder wird eine ſolche mindeſtens zur Folge haben. Dieſe Schwächung werden aber nicht nur die Sachſen, ſondern es wird ſie der ganze ſtädtiſche Bürgerſtand Ungarns empfinden, wenn er erſt „aus ein und denſelben Geſichtspunkten“ beſonders nach er- folgter Durchführung der Beſchränkung der municipalen Au— tonomie der kleinern Städte die Segnungen der Inſtitution der Verwaltungsausſchüſſe genießen wird. Was eine ſolche Verſchmelzung in den Comitatsorganismus bedeutet, hat mein Abgeordnetencollege Trauſchenfels an einem Beiſpiele aus Siebenbürgen gezeigt. Man möge aber auch die Zipſer befragen, was die in früherer Zeit erfolgte Vernichtung ihrer Städteuniverſität für Folgen gehabt habe! Sind doch die wackern Zipſer Sachſen dem ungariſchen Vaterlande haupt— ſächlich nur durch Verpfändung der 13 Städte an Polen erhalten worden.

Die bisherige Sonderſtellung des Königsbodens, deren Beſeitigung dem Herrn Miniſter des Innern ſo ſehr am Herzen liegt, hätte dort die Einführung der Inſtitution der Verwaltungsausſchüſſe nicht geſtattet. Die Verhältniſſe des Königsbodens ſind den Zuſtänden verwandt, auf welche, im Gegenſatz zur Auftheilung des Landes in große Comitate, die Freunde wahrer Selbſtverwaltung die Adminiſtration baſiren möchten, nämlich auf die Autonomie der Gemeinde, reſp. kleiner Territorien. Und wer ſich zu dieſem Principe bekennt, der wird keine ſolche Scheu haben vor unregel- mäßigen, nicht mit dem Zirkel arrondirten Gebieten, der wird

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die Aufrechthaltung der wenn auch nicht ganz zuſammen⸗ hängenden Theile des Königsboden unter ihrem bisherigen Begriffe, und den Fortbeſtand der geſetzlich ſaͤnktionirten hiſtoriſchen Organiſation desſelben nicht zu bekämpfen brauchen.

Geehrtes Haus! Der vorliegende Geſetzentwurf iſt der Ausgangspunkt von Maßnahmen, welche ganz ohne Noth zerſtören wollen, was Jahrhunderte gereift haben und woran Hunderttauſende ungariſcher Staatsbürger hangen, was auch Einzelne unter denſelben ſagen mögen, auf die vielleicht der vom Herrn Minifterpräfidenten bei anderer Gelegenheit mir gegenüber gebrauchte Ausdruck von der unberufenen Anwalt⸗ ſchaft beſſer paſſen dürfte. Den ſtaatlichen Organismus bildet nicht der Boden in erſter Linie, ſondern es bilden ihn die Menſchen. Nicht die Configuration der einzelnen Gebiets⸗ theile, ſondern das den Menſchen innewohnende Gefühl der Zuſammengehörigkeit iſt das entſcheidende Moment, mit dem der wahre Staatsmann rechnet. Werden ſolche Bande ohne Noth gelockert oder gar gegen den entſcheidenden Wunſch der Betroffenen und im Gegenſatze zum beſtehenden Geſetz ganz zerriſſen, dann lockert ſich damit auch das Vertrauen der Bürger gegen den Staat und es nimmt ab die Liebe und Opferfreudigkeit für das Vaterland, ohne welche mit Verlaub des Herrn Miniſterpräſidenten, welcher den Staat lediglich auf die Forcirung gern oder ungern erfüllter Pflichten gründen will ein Staat auf die Dauer nicht beſtehen kann. Ewig aber wird die Wahrheit Geltung behalten

„Justitia regnorum fundamentum!“

Der vorliegende Geſetzentwurf iſt nicht auf dieſes Fundament gegründet. Und wenn ich ſehe, wie Wenige von denen, die leichthin zur Entſcheidung der Angelegenheit bei— tragen wollen, dieſe allerdings verwickelte Frage, welche aber eine Lebensfrage, wenn auch nicht die Frage des Daſeins für Hunderttauſende iſt, genug eingehend ſtudirt haben, ſo müſſen mir die von Ludwig Koſſuth in ſeinem jüngſten Briefe an den Abgeordneten Helfy gebrauchten Worte in den Sinn kommen, daß wir in der Zeit des politiſchen Cynis— mus leben und daß unſer Verfaſſungsleben verkappter Abſo⸗ lutismus ſei.

Der ſehr geehrte Herr Miniſterpräſident ſieht es nicht gerne, daß Viele für den von ihm eingereichten Geſetzent—

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wurf das Wort ergreifen, die ja dadurch nur das Waſſer auf die Mühle dieſer (ſächſiſchen) Herren treiben. Ich habe bis jetzt geglaubt, daß der Parlamentarismus der Kampf⸗ platz der Argumente fein ſolle, und daß man nach Möglich— keit durch Argumente den Gegner nicht zu beſiegen, ſondern zu überzeugen trachten müſſe. Der Herr Miniſterpräſident ſcheint alſo nicht ſehr viel von der ſiegenden Gewalt der Argumente ſeiner Getreuen zu halten. Die bisherigen Ar⸗ gumentationen haben jedenfalls ebenſowenig meine Ueber⸗ zeugung, wie jene meiner ſächſiſchen Abgeordnetencollegen über die Angelegenheit zu erſchüttern vermocht. Und die Auwendung der Zermalmungsvelleitäten auf das parlamen⸗ tariſche Vorgehn dürfte denn doch nicht ſtatthaft ſein, be— ſonders nicht kurz vor Schluß der Seſſion.

Den auf die Tagesordnung ſtehenden Geſetzentwurf, welcher ohne die geſetzlich vorgeſchriebene Anhörung der Betheiligten und ohne wirkliche innere Nothwendigkeit, mit Verletzung einer Bedingung des Unionsgeſetzes über die Vernichtung des Königsbodeus verfügen will, kann ich, nicht vom ſpecifiſch-ſächſiſchen Standpunkt, ſondern weil feine Annahme dem ungariſchen Staate, dem vaterländiſchen bürgerlichen Mittelſtand und indirect auch der magyariſchen Nationalität von noch größerem Nachtheile ſein würde, als den Sachſen, welche auch trotz deſſelben fortbeſtehn werden, zur Grundlage der Specialdebatte nicht annehmen. |

Alexander Bereezky (Regierungspartei):

Geehrtes Haus! Die Abgeordneten, welche gegen den Geſetzentwurf geſprochen haben, halten dieſen Geſetzentwurf für eine Rechtsverletzung, aber ſie können dieſe nicht beweiſen. Sie berufen ſich zwar auf das Geſetz, auf zahlloſe königliche Erläſſe und landtägliche Adreſſen, aber mit all' dieſem haben ſie mich von nichts anderm überzeugt, als davon, daß die Regelung des Königsbodens nicht nur nothwendig, ſondern auch eine uns obliegende Pflicht iſt.

Sie finden darin eine Verletzung, daß die jetzige Geſetz— gebung den Königsboden nicht, wie es bisher geſchehen, für ein Blümchen Rührmichnichtan hält; den Königsboden, welchen die ſiebenbürgiſchen Geſetze unter dem Namen fundus regius, bonum coroaae regis erwähnen und welchen auch die ge-

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ehrten Herren Abgeordneten ſelbſt ſehr richtig Königsboden benennen und über welchen die Königin Maria Thereſia 600 Jahre nach der Niederlaſſung der Sachſen ſich ſo äußerte: „Wir haben unliebſam erfahren, daß die ſächſiſche Nation auf unſern, von ihr bewohnten Boden Eigenthumsanſpruch, Erbrecht erhebt, ihr möget jener Nation für dieſe Verwegen⸗ heit unſere beſondere Mißbilligung ausdrücken.“ Dieſelbe Königin jagt 1753 in Folge jener Beſchwerde der Szekler, weil ihnen die Sachſen nicht geſtattet hatten, Grund und Boden in ihrer Mitte zu kaufen: „Aus den vorgewieſenen Privilegien-Briefen geht klar hervor, daß der von den Sachſen bewohnte Boden unſer Eigenthum iſt und ſeine Entfremdung uns zum Schaden gereichen würde.“

Ich wünſche nicht, geehrtes Haus, mich hier auf die Rechtsfrage zu berufen; ich habe einige Zeilen blos deshalb erwähnt, damit Sie beurtheilen können, ob das eine Ver— letzung iſt, daß das Land über ein ſolches Landesgebiet dann verfügt, wenn es ihm frei ſteht, auch über andere Gebiete, welche eine eigenthumsrechtliche Baſis beſitzen, zu disponiren.

Für eine Verletzung halten die geehrten Herren Abge— ordneten auch das, daß fie von der Gebietseintheilung Sie- benbürgens in dieſem Geſetzentwurfe nicht ausgenommen ſind. Nun fie mögen ſchon entſchuldigen, aber dies lönnen gerade ſie am allerwenigſten übel nehmen, weil nicht die ungariſche Regierung zuerſt die Gebietseintheilung Siebenbürgens ange— regt hat, ſondern gerade ihre Univerſität 1862 in einer ihrer an den Landesfürſten gerichteten Adreſſen. In Folge hievon hat man 1863 bei unſerer Abweſenheit in einer ungeſetzlichen Verſammlung die Eintheilung auch beſchloſſen; daß ſie nicht durchgeführt wurde, das iſt wahrhaftig nicht ihre Schuld, ſondern ſie iſt nicht durchgeführt worden zufolge einer Ver— fügung Sr. Majeſtät des Königs, welcher ſie als verfaſſungs— widrig aufhob.

Was kann nun für eine Verletzung darin liegen, wenn auf ihre Bitten, auf Grund ihres ungeſetzlichen Beſchluſſes die jetzige Legislative dieſe Frage in einer geſetzlichen Form zu erledigen wünſcht?

Sie ſagen, Sie fürchten ſich vor der Vernichtung. Aber ich bitte um Entſchuldigung, ich beurtheile ihre Lebens— fähigkeit viel zu günſtig, und halte ihr Leben für viel zu

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zähe, als daß dieſes ein einziges Geſetz vernichten könnte. Fürchten Sie nichts. Ich kann mit einem ermuthigenden Beiſpiel dienen; ich kann unſere Szekler dert in Sieben— bürgen nennen ſie ſind älter als die Geſchichte, weil noch Niemaud an jenen Zeitpunct ſich zurückerinnern und ihn genau bezeichnen kann, ſcit wir uns dort niedergelaſſen haben. Auch wir beſaßen Privilegien, nicht blos als Nation, ſondern auch als einzelne, und ſolche Privilegien, wie ſie auf ungariſchem Boden noch keine Nation und keine Perſon beſeſſen hat. Wegen unſerer Privilegien hatten wir Feinde, vielleicht auch in Ihrem Lager. Aber wir haben die Fahne unſerer Privilegien gegen unſere Feinde getragen und haben unſere Privilegien vertheidigt. Da kam einmal ein Feind nicht mit großem Lärm, leiſe, ohne alles Gefolge und als wir ſeine Annäherung bemerkten, vertheidigten wir uns kräftig, damit er uns nicht verletze. Dieſer Feind, welcher unſere Privilegien zertrümmert hat, war der Zeit— geiſt. (Lebhafter Beifall.) Wir haben unſere Lebeusbäume aus dem Glashaustopf der Privilegien in einen reicheren Boden, verſetzt, in den Boden des bürgerlichen Rechtes. (Beifall.) Das iſt der richtige; als Nation haben wir aufgehört zu leben, aber die Wurzel iſt geblieben, von welcher wir uns ernähren können und der reiche Boden wird uns erhalten (Beifall), denn wenn wir nur nicht Selbſtmörder werden, werden wir in dieſem Boden leben, ſolange Ungarn beſteht (Lebhafter Beifall). Dies, meine Herren, iſt das ermuthigende Beiſpiel, mögen Sie ihm nachfolgen. Sie ſind wahrlich jünger in der Ge— ſchichte, deun man kann ſchon poſitiv beſtimmen, wann Ungarn Sie als Gäſte in ſein Vaterland aufgenommen hat (Heiter- keit). Sie hatten und haben heute noch Privilegien. Dieſen ‘Privilegien gegenüber halten fie die Geſetzgebung für Ihren Feind? Nicht dieſe iſt der Feind, der Zeitgeiſt iſt es (Zu— ſtimmung). Sie berufen ſich auf Ihre Cultur? Die Cultur muß die Kraft des Zeitgeiſtes anerkennen. Beugen Sie ſich vor ihm, verſetzen Sie Ihr privilegirtes Leben in den Boden des bürgerlichen Rechtes und wenn es dort tiefe Wurzeln geſchlagen hat, ſeien Sie überzeugt davon, daß Sie es zu— ſammen, nebeneinander gewiß nicht verlieren, ſondern ges- nießen werden.

Ich möchte Ihnen noch einen Rath geben. Verlegen

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Sie Ihre ſpeciellen Ortsintereſſen auf das Gebiet der Ge— ſammtintereſſen des ganzen Vaterlandes. Dieſes wird die Schutzmauer ſein, hinter welcher das Leben auch nicht eines einzigen Bürgers des Vaterlandes bedroht iſt. Unter den geehrten Herren Abgeordneten hat Guido v. Baußnern den ſtärkſten Angriff gegen die Geſetzgebung gerichtet. Ich ſage nicht, daß die Stärke dieſes Angriffes in ſeinen Principien beſtanden habe, ſondern er hat, wie wir ſehen, aus der Geſchichte eine Seite der magyariſchen Nation kennen ge— lernt, an welcher man ſie ſehr oft hat faſſen können. Er hat ſich auf das von dem Magyaren gegebene Wort, auf die Einlöſung ſeines Ehrenwortes berufen. Er hat Recht; die magyariſche Nation hat nur ein einziges Mal ihr Wort nicht eingelöſt; dies hat die Nothwendigkeit verurſacht und vielleicht gerade auch die Loyalität gegen Sie; aber dies können wir uns nur ſelbſt als Fehler anrechnen. Sie gerade können ſich ſehr kühnlich auch für die Zukunft auf das von der magyariſchen Nation gegebene Wort berufen; denn dieſe wird es auch hinfort einlöſen. Aber verlangen Sie nicht, daß wir blos aus nationalem, eitlem Stolz, nach ſo vielen Kränkungen, unſere einzige Waffe, unſer Recht, nicht ge— brauchen. Verlangen Sie nicht von uns, daß wir Ihres Intereſſes halber blos aus Nationalſtolz die nur jetzt mit dem Blut der Nation beſiegelten Errungenſchaften, die Rechts⸗ gleichheit, aufgeben. (Zuſtimmung.)

Die magyariſche Nation beſitzt außer der Achtung des Ehrenwortes und ihrer Loyalität noch eine berühmte Eigen— ſchaft, welche ſie in Ehren hält, und dieſe iſt die Gerechtig— keitsliebe; und wenn man auch ſagt, daß es ſeit dem Tede des Königs Mathias keine Gerechtigkeit gibt, wir ſind uns deſſen bewußt, daß Mathias zwar geſtorben iſt, aber die Gerechtigkeit lebt in uns, der magyariſchen Nation. Und, g. Haus, wenn wir jetzt dieſen Geſetzentwurf nicht annehmen ſollten, würden wir nach meiner Ueberzeugung unſer gegebenes Wort brechen, unſere Ehre beſchmutzen, weil wir denen nicht Gerechtigkeit gäben, welche auf dem Königsboden mit Ihnen auf einem Gebiet wohnen, (So iſt es!) den im einheitlichen Ungarn wohnenden Bürgern. (Zuſtimmung.)

Der Herr Abgeordnete Baußnern ſagt in ſeiner Rede daß unter den Einwohnern Siebenbürgens die Sachſen einen

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Brennpunkt der Cultur bilden. Ich meine, ein unmittelbarer Genoſſe der Cultur ſei die Höflichkeit. In dieſer meiner Vorausſetzung hat mich, wie ich geſtehe, die Aeußerung des g. Herrn Abgeordneten ſchwankend gemacht (Heiterkeit). Aber hieraus will ich auf die ſächſiſche Cultur nicht den geringſten Schluß ziehn. Ich anerkenne die Culturſtufe der Sachſen, denn ich kenne die Quelle und die Kraft, den Dispoeſitions— fond, welcher den Sachſen zur Förderung ihrer Cultur zur Verfügung ſteht. Ich wünſche nur noch das zu bemerken, daß die ſiebenbürgiſchen Völker andern Stammes, wenn dieſe ähnliche Verfügungsfende beſeſſen hätten, gewiß nicht ge— zwungen wären, ſich vor der ſächſiſchen Cultur zu beugen, und ich ſetze noch hinzu, daß auch bei alledem, daß ſie im Beſitz eines ſolchen Dispoſitionsfendes find, der bei ihnen erreichte Culturfortſchritt, deſſen ſie ſich Jo glänzend rühmen, auf keine Weiſe dem entſpricht, was wir von ihnen that— ſächlich erfahren. Ich, geehrtes Haus, würde nur noch ſagen, daß eine Berufung auf die Vaterlandsliebe der Sachſen er— ſolgt iſt. Ich ziehe auch das nicht in Zweifel, aber in jedem Falle ſcheint es mir eine ſonderbare Vaterlandsliebe zu ſein, wenn die Sachſen gerade dem Herrn Abgeordneten Guido Baußnern Gelegenheit gegeben haben, die Union hier vor uns in drei Stadien zu theilen. Ich würde den reinen Patriotismus darin finden, wenn ſie dieſes Unionsgeſetz ſchon im erſten Stadium als eine vollendete Thatſache angeſehen hätten; es iſt das ein abſonderlicher Patriotismus, wenn ſie die Autonomie, welche fie 1850 und wiederholt 1860 zu den Füßen der öſterreichiſchen Staatseinheit freiwillig nieder— gelegt haben, jetzt gerade gegen das Intereſſe des Vater— landes ſo hartnäckig vertheidigen. (Zuſtimmung.)

Der geehrte Herr Abgeordnete und auch die übrigen haben ſich auch auf die beſſere Verwaltung berufen. Ich glaube es, daß dieſe beſſer iſt, aber ſie mögen nicht ſo eng— herzig ſein und gerade deshalb, weil ſie ſo gut iſt, dieſelbe nicht unter den Scheffel ſtellen wie das Licht, ſondern zu der beabſichtigten Gebietseintheilung auch noch das Opfer bringen, daß jener gute Same, welchen ſie beſitzen und von dem ſie glauben, er ſei anderswo nicht zu finden, auch auf Andere ausgeſtreut werde. Ich muß dieſen Geſetzentwurf auch von dem Geſichtspunkte aus acceptiren, daß jene hohe Cultur—

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ſtufe, auf welche ſich die geehrten Herren Abgeordneten be- rufen, durch den Dispoſitionsfond auch auf diejenigen Vater⸗ landsbürger ausgedehnt werde, welche von deſſen Genuß bisher ausgeſchloſſen waren.

Ich habe nur noch eine einzige Bemerkung. Auf die Indignation des indignirten Herrn Abgeordneten ſeinen Namen weiß ich nicht habe ich keine Antwort. Hierauf zu antworten iſt ein Recht ſeiner eigenen Wähler, und mir bleibt nur übrig, daß ich aus jener Antwort die Culturſtufe der Sachſen ermeſſe.

Ich nehme den gegenwärtigen Geſetzentwurf als Grund— lage zur Specialdebatte an. (Zuſtimmung.)

P. Karl Szathmary (Regierungspartei):

Geehrtes Haus! (Rufe aus dem Zentrum: „Aufhören“ !) Wie Sie am Beginne der Sitzung zu hören beliebten, war es bereits meine Abſicht, auf das Wort zu verzichten. Da es aber ein weſentliches Moment gibt, welches ich im Ver— laufe dieſer Debatte nicht übergangen ſehen möchte, und da ferner ein Abgeordneter von der entgegengeſetzten Seite des Hauſes den ich, weil er ſich auf ſächſiſche Abgeordnete beruft, einen freiwilligen Sachſenabgeordneten nennen will (Heiterkeit) ſolche Argumente vorbringt, die geſtern der Abgeordnete Trauſchenfels als ſolche aufgeſtellt hat, deren Wahrheit ich aber nicht anerkennen kann, aus dieſen Gründen bin ich ſo frei einige Bemerkungen zur vorliegenden Frage beizufügen.

Jenes Hauptmoment, wegen deſſen ich das Wort er- greife, beſteht darin, daß jene Herren, die hier ihre Stimme ſo laut erheben, nicht auf unſere Anzahl, nicht einmal auf ihre Wähler, ſondern auf das gebildete Europa, auf die ge— bildete Literatur Deutſchlands Rückſicht nehmen, und auf dieſem Wege, den ſie ſehr wol kennen, ihre Behauptungen in die deutſche Preſſe einführen wollen, ihre, aufrichtig geſagt, häufig nicht wahren, gegen das Land und gegen die magyariſche Nationalität gerichteten Behauptungen, daß ſie dieſelben dort zur Geltung bringen, ohne daß jemals das dieſen Behauptungen entgegenſtehende Wort dorthin gelangen könnte. Der Abgeordnete Baußnern gedachte geſtern mit Dank des „Peſter Lloyd“, weil er ſeine Rede wörtlich ab—

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gedruckt habe. Ich anerkenne das Recht der Journaliſtik an, Jedermanns Rede wortgetreu zu publiziren. Wenn aber jenes große deutſch geſchriebene Blatt, welches unſer Vaterland vor dem Auslande repräſentirt, wenn dieſes dem ganzen Inhalt jener Rede Raum gibt, welche unſer Vaterland an— greift, ſo würde dasſelbe uns zu Dank verpflichten, wenn es auch davon einiges mittheilen wollte, was wir hier vor— bringen. (Aeußerungen des Erſtaunens von den Bänken der Sachſen. Zwiſchenrufe vom Zentrum aus: iſt das die Rezi— prozität?) Wollen Sie ſich nicht davor fürchten, geehrte Abgeordnete, daß ich eine Art Nationalitäten-Frage oder Debatte zu eröffnen beabſichtige. Dies iſt keine Nationali— täten⸗Frage, ſo daß ich die vom geehrten Abgeordneten J. Helfy geſtern ausgeſprochene Anſicht, wornach dies kein ernſter Angriff ſein könne, vollkommen theile, und demnach weiß ich nicht, wie jener ſächſiſche Herr Abgeordnete den Vorwurf erheben konnte, daß wir nicht in hinlänglicher Zahl und mit hinlänglichen Argumenten die von ihnen vorgebrachten Argu— mente widerlegen. Hat doch ſelbſt der Herr Abgeordnete Trauſchenfels geſagt, daß die auf dem ſiebenbürgiſchen Pro— vinziallandtag bezüglich des Leopoldiniſchen Diploms vorge— brachten Aeußerungen nicht den Ausdruck der öffentlichen Meinung unter den Sachſen involvirten. Da muß ich dann aber fragen, wie ſoll man dann ihre Anſicht als Ausdruck der öffentlichen Meinung der Sachſen nehmen, wenn ſo brave (derék) Herren Abgeordnete, wie Karl Fabritius und Friedrich Wächter (Eljen-Rufe), ganz entgegengeſetzter Meinung ſind? Derartige Aeußerungen erinnern uns an jene literariſche Bewegung, welche von den betreffenden Ab— geordneten beſonders in der deutſchen Preſſe veranlaßt wurde. (Hören wir.) Es iſt ſehr intereſſant, geehrtes Haus, wie dort die magyariſche Nationalität dargeſtellt wird, und in welches Verhältniß die Culturaufgabe des ſächſiſchen Volkes zum Barbarismus des magyariſchen Volkes gebracht wird, welcher auf die Unterdrückung jenes gerichtet ſei. Derart wird dort die magyariſche Nationalität dargeſtellt wie dies auch der Herr Abgeordnete Guido Baußnern gethan hat daß dieſe „nichtswürdige“ Nation in Ungarn exiſtire und daß es dann aber hier auch ein braves ſächſiſches Volk gebe, welches hereinberufen werden fei ad retinendam co-

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ronam (Heiterkeit), welches Ungarn auch in der That ver- theidigt, welches die Reformation eingeführt, welches die hieſige Literatur zur Blüthe gebracht, welches einen hohen Grad von Kunſt geſchaffen habe, alles dies zu ſagen hat dem Herrn Abgeordneten heute beliebt; ich aber kann von alledem nichts ſehen; (Heiterkeit). Endlich aber habe es alle jene autonomen Rechte und Freiheiten vertheidigt, welche durch unſere barbariſche Nationalität in denſelben angegriffen werden. (Heiterkeit). Daß die ungariſche Geſchichte, oder gar inebeſondere die ſiebenbürgiſche Spezialgeſchichte anderes berichtet, darauf nehmen dieſe Herren wenig Bedacht. Wir wollen nicht in Betracht ziehen, daß nicht diejenige Refor— mation in Siebenbürgen Verbreitung gefunden hat, welche von ihnen hereingebracht wurde, ſondern daß eine andere Verbreitung fand, und daß dieſe dort eine große Literatur geſchaffen hat, während die ihrige zurückgeblieben iſt; daß jene Autonomie, und autonome Freiheit, die ſie im Munde führen, immer das Banner der Reaktion getragen hat, und daß dieſelben mit der ungariſchen Verfaſſung und der magya— riſchen Freiheit immer im Gegenſatz geſtanden iſt. (Beifall im Zentrum und auf der äußerſten Linken).

Alles dies erachten dieſe Herren für gar nichts.

Was aber iſt es, weßhalb ſie ſo eiferſüchtig beſorgt ſind? Sie fürchten nicht für das ſächſiſche Volk, ſondern für die verknöcherte autonome ſächſiſche Bureaukratie. Weß— wegen wachen ſie ſo eiferſüchtig über ihre Nationalität? Was denn für eine Nationalität? Ich bin, das geehrte Haus weiß es wol, ich bin einer von den am allerſanfteſten gear— teten Menſchen, noch niemals habe ich in perſönlicher Be— merkung das Wort ergriffen. ( Heiterkeit.) Ja, noch mehr, ich bin im Stande und darauf thue ich mir als ein Menſch von humanen Gefühlen etwas zu gute ſelbſt ſolche Bedenken zu würdigen, die jedes Rechtsgrundes ent— behren. Ich reſpektire die Furcht ſo kleiner Nationen, wenn ſie darauf gerichtet iſt, die eigene Nationalität gegen die große Zahl der ſie umgebenden zu bewahren. Worauf aber iſt die Furcht der Sachſen gerichtet? Die deutſche Nation zählt ja nach Millionen und aber Millionen in Europa, und belieben Sie mir zu glauben, die Sprache, die von der deutſchen Literatur geſchaffen wurde, die Schrift⸗

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werke, die fie geſchaffen hat, werden nicht jo leicht vom Schauplatz Europa's verdrängt werden, ſelbſt dann nicht, wenn die ſächſiſche Nations-Univerſität nicht mehr beſteht. (Rufe von den Bänken der Sachſen: ſo iſt's! Sie dürften Recht haben!) Denn das, daß Sie einen Dialekt vertheidigen ſollten, der weder dentſch noch ſächſiſch, ſondern vlämiſch iſt, das kann ich wol nicht glauben. Ich wenigſtens kann nicht vorausſetzen, daß ſelbſt zur Vertheidigung von ſo etwas Jemand erſtehen ſollte. (Heiterkeit.)

Zur Widerlegung des Herrn Abgeordneten Trauſchenfels bemerke ich, daß es nicht zuläßig iſt, der magyariſchen Na— tionalität mit den germaniſchen Volksſtämmen zu drohen. Wir ehren die deutſche Nation als ein gebildetes, großes Volk; es kann die Zeit kommen, wo wir mit unſerer Freundſchaft, mit all unſeren Aſpirationen zu dieſem hin— ſtreben werden; deshalb werden wir aber dennoch die ver— knöcherte bureaukratiſche Autonomie der Sachſen niemals achten, und wir erkennen nicht die Entfaltung des Banners jener großen deutſchen Nation auf den Ringmauern von Hermannſtadt.

Derſelbe Herr Abgeordnete Trauſchenfels hat aber auch gar wunderliche Dinge behauptet, von denen man zu ſagen pflegte: ignotos fallit, notis est derisui. Der Herr Abgeordnete ſagt, daß ſchon zur Zeit König Andreas II. vollſtändige Rechtsgleichheit im Sachſenlande beſtand, und indem er die Verhältniſſe des Sachſenlandes denen Ungarus im Ganzen eutgegenſtellt ich bitte dies zu beachten ſagt er, daß es auf dem Königsboden überhaupt keinen Feudalismus gegeben habe. Dies ſagt der Abgeordnete des Kronſtädter Diſtrikts, der doch genau weiß oder ſollte ich mich irren —, daß eben die Stadt Kronftart die Usangö- Ortſchaften als Frohnbauern behandelt zu ſehen wünſchte, und daß fie auch von der Regierung die Grundentlaſtungs— Obligation für dieſen Urbarialbeſitz in Empfang genommen hat. Wenn man daher dort ſogar die milites castrens es zu Frohnbauern gemacht hat, die in Ungarn die Qualifik ation als Adelige erlangten, da ſcheint es mir, daß dort doch ſoviel Ee Neigungen beſtanden haben müſſen als im übrigen

ngarn.

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Der Herr Abgeordnete hat auch vorgebracht, daß auf dem Königsboden die Wallachen (Zwifchenrufe: die Romänen!) alſo ich bitte um Entſchuldigung die Romänen in beſſeren Verhältniſſen ſind als dort, wo ſie zwiſchen anderen Na— tionalitäten wohnen. Was iſt aber die Urſache davon? Die Urſache iſt die, daß ſie dort vom ſanften, ehrlichen ſächſiſchen Volk die Wirthſchaftlichkeit gelernt haben. Das erkenne ich an, aber daß ſie in rechtlicher Beziehung bis zum Jahre 1848 in beſſeren Verhältniſſen geweſen wären, das muß ich leugnen. Ich war als Kind dort anweſend, als im Jahre 1847 der damalige Blaſendorfer Biſchof Johann Lemeny auf dem Klauſenburger Landtag entſchieden erklärte, daß die auf dem Königsboden wohnenden Romänen weit mehr unterdrückt ſeien, als überall ſonſt in Sieben— bürgen. Ich berufe mich auf das Landtagsprotokoll.

Der Herr Abgeordnete Trauſchenſels ſagt ferner, und darauf legt er den hauptſächlichſten Nachdruck feiner Rede, daß er die ſächſiſche Nations -Univerſität als autonomen Factor anſieht, und zwar für die Gemeinde-Autonomie. Sehen wir einmal. Dort haben wir die Gemeinde, über der Gemeinde den Stuhl und über dieſem die Univerſität, demnach eine dreiſtöckige Gemeinde-Autonomie. Ich, geehrtes Haus, habe zwar eine Vorliebe für die dreiſtöckigen Häuſer, zumal wenn ſie mir gehören. Was aber die dreiſtöckige Autonomie bedeutet, das weiß ich nicht. Und wenn Sie mir beweiſen, daß es in Deutſchland irgendwo ſolche drei— ſtöckige Gemeinde-Autonomie gibt, welche die Aufſicht ſührt über die Behandlung der Wälder. daun gebe ich dem Herrn Abgeordneten Recht. Und da ich eben von den Wäldern ſpreche der Herr Abgeordnete ſagt, daß es dieſem Um: ſtande zu danken ſei, diß auf dem Sachſenland die Wälder erhalten worden ſind. Wenn die ſächſiſche Univerſität die Wälder erhalten hat, dann belieben Sie dieſe Agenden, die ihr jetzt weggenommen werden, an Waldhüter zu übertragen, dann werden die Wälder ebenſo auch weiter erhalten werden. (Von den Bänken der Sachſen unter Gelächter Rufe: ſo iſt's!) Da wir doch wiſſen, und auch er es weiß, daß dieſe ſächſiſche Univerſität nichts anderes war, als das Medium zur Concentrirung der Volkskraft und der Preſſionsmittel gegen die ihr drohenden Angriffe, iſt es eine ſonderbare

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Myſtification der öffentlichen Meinung, nunmehr die Sache darauf hinaus ſpielen zu wollen, daß ihre Hauptaufgabe darin beſtanden habe, eine Oberbehörde in Waldangelegenheiten zu fein. Sehr ſonderbar erſcheint es mir auch, daß, als er Bagration und einen preußiſchen Staatsmann erwähnte und Stein's Verfahren gegen Kurland und Eſtland in ein Verhältniß zu uns Magyaren brachte, daß er bei dieſer Ge— legenheit nur die Worte Stein's zitirt; warum denn hat er nicht auch feine Thaten erwähnt, und warum hat er nicht auch nachgewieſen, daß Poſen im deutſchen Reich etwa im Genuß einer ſolchen dreiſtöckigen Autonomie iſt und daß es mit Bezug auf die Verwaltung ſeines Vermögens und auf ſeine Autonomie jene Nationalrechte genießt, welche die Sachſen in Siebenbürgen bisher beſeſſen haben und beſitzen werden? Es war nicht Recht blos die Worte, und ſtatt der— ſelben nicht lieber auch die Thaten der preußiſchen Regierung zu zitiren.

Meine letzte und einfache Bemerkung iſt noch die (hören wir!), daß dieſe Angriffe, wie ich auch bereits Ein— gangs bemerkt habe, nicht ernſt zu nehmen ſind. Jene Be— hörde, jenes Conſortium, welches aus dieſen Worten nach Gehör verlangt, iſt nicht das ſächſiſche Volk, ſondern jene Bureaukratie, die im Mittelalter entſtanden iſt, welche in ihren Städten ſich ebenſo umſchanzt, als dieſe feldft mit ihren Ringmauern, die ja zu jener Zeit gut waren, die aber jetzt keinen Werth und keinen Nutzen haben. Und beſonders empfehle ich jenen Herren, daß es hier im Muſeum ein ſehr intereſſantes Beiſpiel gibt, welches über jene Bureaukratie, von der hier die Rede iſt, ſehr orientirend iſt. Das iſt ein in Hermannſtadt geprägter Thaler aus dem Jahre 1540. Derſelbe gibt ſehr genaue Anhaltspunkte über die Rolle, welche dieſe Bureaukratie, von der ich eben ſpreche, ſeit Jahr— hunderten geſpielt hat. (Hören wir!) Auf der Reversſeite dieſes Thalers ſteht der Name des Hermannſtädter Bürger— meiſters Criſtoforus Schmidt; alſo dieſelbe Familie, welche bis auf den heutigen Tag die erſte Rolle nicht aus der Hand gelaſſen hat. Auf der Aversſeite ſteht und zwar zu einer Zeit, da Johann Zapolya König war: Ferdinandus primus.

Ich bitte hieraus wenigſtens den Schluß zu ziehen,

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daß wir es hier mit einem fo verknöcherten Nepotismus zu thun haben, der jede Freiheit ausſchließt, und die zur Ver⸗ theidigung davon eingeſtanden find, gleichen jenen, die Cer— vantes beſchreibt, und ich hoffe, daß dieſe veralteten Helden auch noch ihren Cervantes finden werden. Nach alledem, und in der Hoffnung, daß dadurch durch die Reihen dieſer verknöcherten Bureaukratie der Freiheit eine Gaſſe gebahnt wird, nehm ich den Geſetzentwurf an. (Lebhafter Beifall im Centrum.)

Präſident: Der Herr Abgeordnete Emil Trauſchen⸗ fels wünſcht in perſönlicher Bemerkung das Wort zu er— greifen.

Emil Trauſchenfels: Ich erbitte mir vom Herrn Präſidenten das Wort, um eine an mich perſönlich gerichtete, des Me ritum des Gegenſtandes betreffende Frage mit mög- lichſter Kürze zu beantworten.

(Rufe: Das iſt nicht möglich! großer anhaltender Lärm; endlich kann der Redner fortfahren.)

Es ſcheint mir, daß eine meritoriſche Seite des Gegen— ſtandes entſtellt und verdreht wurde durch jenen Theil des

eben gehörten Vortrages, bezüglich deſſen der Herr Abge-

ordnete auch eine Anfrage direct an meine Per ſon gerichtet hat. Nachdem dieſe Verdrehung, wie es mir ſcheint, eben auf jenen Theil meiner Darſtellung ſich bezieht, den der Herr Abgeordnete ſelbſt als den weſentlichſten und wichtigſten Theil meiner Rede anerkennt, ſo erſuche ich den geehrten Herrn Präſidenten um Erlaubniß, in gedrängteſter Kürze autworten zu dürfen.

Präſident: Ich verſtehe die Hausordnung ſo, daß der Herr Abgeordnete zum Sprechen berechtigt iſt, wenn er in ſeiner Perſon angegriffen wurde. Er iſt ferner auch dann zum Sprechen berechtigt, wenn ſeine eignen Worte entſtellt worden ſind. Wenn der geehrte Herr Abgeordnete in dieſem Sinne zu ſprechen wünſcht, ſo habe ich keine Einwendung dagegen. Daß er aber in die meritoriſche Widerlegung, in meritoriſche Gegenargumente ſich einlaſſe, das erſcheint mir nach der Hausordnung nicht geſtattet. Wollen Sie daher ſich innerhalb der Grenzen halten, daß Sie Ihre etwa falſch verſtandenen Ausſprüche richtig ſtellen. (Hören wir! aus dem Centrum.)

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Emil Trauſchenfels: Dem geehrten Herrn Abge— ordneten hat es beliebt dasjenige, was ich geſtern in aus— führlicher Darſtellung über den Verwaltungsapparat und über den Organismus der Autonomie des Königsbodens vor— brachte, ſeinerſeits mit dem Ausdruck: „dreiſtöckige Autonomie“ zu bezeichnen und, inſofern ich ihn ver— ſtehen konnte, meine Darſtellung zu entſtellen und in lächer— lichem Lichte dazuſtellen. (Widerſpruch vom Centrum.) Ich bitte um Eutſchuldigung, ich wünſche nur mit wenigen Worten jenen Eindruck richtig zu ſtellen.

Der Herr Abgeordnete weiß ebenſo, wie das geehrte Haus ſelbſt, recht gut, daß die ſächſiſche oder Königsboden— Autonomie, ſeit fie unter der freien Hand der k. ung. Re— gierung ſteht, daran verhindert worden iſt, in ihrer orga— niſchen Gliederung zu functioniren, d. h. würde die hohe Regierung dieſes Functioniren geſtattet haben, weder der Herr Abgeordnete noch ſonſt irgend Jemand würde dann dieſe Frage an mich gerichtet haben. (Lärm.) Die Wider— legung kommt jetzt. Sie kennen einen andern, genau nach dem Vorbild und nach dem Weſen dieſes politiſchen Orga— nismus nachgebildeten autonomen Apparat; es iſt die Auto— nomie der lutheriſchen ſiebenbürgiſchen Landeskirche. Dieſe genau jenem Muſter nachgebildete Autonomie functionirt, wie der Herr Cultusminiſter beſtätigen wird; dieſelbe iſt auch „dreiſtöckig“ und doch bildet ihren eigentlichen Gegen— ſtand (Großer Län, Widerſpruch; während dieſes Lärms beendet Redner ſeinen Satz) der Schutz und die Pflege der Autonomie der einzelnen Kirchengemeinden. (Redner wird vom Präſidenten unterbrochen.)

Präſident: Der geehrte Herr Abgeordnete mag doch auf den unzweideutigen Ausdruck der Stimmung des Hauſes Rückſicht nehmen wollen, welches offenbar der Meinung iſt, daß der Herr Abgeordnete nicht die Richtig— ſtellung ſeiner eignen etwa falſch verſtandenen Worte, ſondern meritoriſche Ausführungen vorzubringen beabſichtigt. (Zu— ſtimmung.)

Conſtantin Gurban (Komäne) :

Geehrtes Haus! Zu dem auf der Tagesordnung be— findlichen Gegenſtande zu ſprechen, ſpornen mich nicht bloß

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die Wichtigkeit der Sache ſondern auch die eigenthümlichen Erſcheinungen während der Diskuſſion an, welche Beide ich in meinem Vortrage in Eines verſchmelzen möchte. Ich ſehe nämlich, daß die Stärke und Macht mit der Waffe der ſcheinbaren Gerechtigkeit und unter dem allgemeinen Bei— fall ihrer großen Umgebung ihre Herrſchaft eine einſtens mit Privilegien ringsumher verſchanzte Feſte fühlen laſſen; ich höre das Jammergeſchrei, welches die Bewohner der Feſte erheben, die Wucht der Stärke empfindend, welche ſie immer mehr niederdrückt, ohne daß Jemand ſich fände, um in ihrem wie ſie ſelbſt ſagen äußerſten Todeskampfe mit rettenden Mitteln ihnen zu Hilfe zu eilen.

Wahrlich, eine eigenthümliche Erſcheinung das, geehrtes Haus, und der unparteiiſche Menſch kann ſich ſchwer ent— ſcheiden, ob er ſich über den ſicheren Sieg der Waffe jener bezeichneten Gerechtigkeit freuen oder ob er die Ver— nichtung der wie ſie ſagen die Exiſtenzfrage berühren— den Privilegien bedauern ſolle, welche der ſchwächere und übrigens nicht ſtrafbare Theil bisher beſaß und auch künftig zu behalten hoffte.

Ueber den ſicheren Sieg der Gerechtigkeit haben wir mehrere Redner ſich freuen geſehen in dieſem geehrten Hauſe; indem ich den zu Beſiegenden meine Theilnahme bezeugen will, tröſte ich ſie damit, daß die Früchte des Privileg's ge— nug gereift ſind, um vom Baume zu fallen. Ich meiner— ſeits, von meinem Standpunkte habe keinen Grund, die Richtung der jetzigen Regierung gutzuheißen, denn ich ſehe ſie in vielen Fällen von dem wolverſtandenen Jutereſſe unſeres Vaterlandes abweichen (Beifall auf der äußerſten Linke), wovon den Nachweis in dieſem Hauſe zu verſuchen, ich bei gegebener Gelegenheit nicht verſäumen werde. Judeß be— friedigt der vorliegende Geſetzentwurf wenigſteus in feiner Grundlage einigermaßen; ſelbſt die Bewohner der fremden Reiche werden nichts dagegen jagen können und wenu nur keine andere Tendenz darin liegt, ſo wird er in größerem oder geringerem Maße auch die auf dem bisherigen Königsboden wohnenden romäniſchen Bürger befriedigen, welche in der romäniſchen Preſſe nicht bloß einmal ſich dar- über beklagt haben, daß ſie von ihren ſächſiſchen Brüdern welche dort im Vollbeſitz der Macht ſind des Ge—

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nuſſes am Königsboden-Vermögen nicht im entſprechenden Maße theilhaftig gemacht worden. Sie können jetzt billig ſagen: „hodie mihi, cras tibi.“

Oder, geehrtes Haus, trauren unſere ſächſiſchen Brüder darüber, daß ſie die weſtliche Cultur im Oſten, ſpeciell in Siebenbürgen nicht mehr verbreiten können? Sie mögen darin ihre Beruhigung finden, daß ſie in dieſer Beziehung ſchon übergenug gethan haben; fie haben nämlich die Cultur nur unter ſich verbreitet und ſind auf Grundlage deſſen auch emporgeſtiegen; Anderen davon zu borgen haben ſie nicht recht Luſt gehabt, weßhalb ſie aber auch nicht zu beſchuldigen ſind. Es iſt leicht, meine Herren, die Cultur ſich anzueignen und fortzubilden dort, wo ſich von allen Seiten die Mittel dazu darbieten, und der Königsboden iſt eine der geſegneteſten und fruchtbarſten Gegenden, während auf der anderen Seite die Privilegien jenen gemeinſamen Boden unſeren ſächſiſchen Brüdern hinlänglich ſicherten. Schwer iſt es, die Cultur ſich anzueignen und fortzubilden unter ſtiefmütterlichen Ver— hältniſſen, unter welchen das ſiebenbürgiſche und überhaupt das Romanenvolk ſeit Jahrhunderten lebt, welches Volk auch die die Cultur ſelbſt verbreitenden ſächſiſchen Brüder gepeinigt haben u. z. der Maßen, daß ſie ihnen in mehreren Orten nicht einmal die Erlaubniß zum Aufbau eines Bethauſes gaben.

Geehrtes Haus! Der geehrte Herr Innerminiſter hat in den letzten Tagen ſo wirkungsvoll bewieſen, daß die Re— gelung des Königsboden mit dem Tode der ſächſiſchen Brüder nicht eins ſei; nichtsdeſtoweniger hat einer unſerer geehrten Abgeordnetencollegen auch nachher dieſe Ueberzeugung ausge— ſprochen. Meines Erachtens hätte der Herr Miniſter ſeine Behauptung nur mit Beiſpielen illuſtriren müſſen, damit ſie eine vollkommen überzeugende Kraft beſitze. Siehe da, ich werde mit Erlaubniß des geehrten Hauſes einen Vergleich vorzubringen mir erlauben. (Hören wir!). Das romäniſche Volk keunen unſere ſächſiſchen Brüder ſehr gut. Dieſes Volk hat in ſeinem ganzen Leben kein einziges Privilegium be— ſeſſen, was ich auch mit Stolz in dieſem Hauſe bemerke. Mehr als 1700 Jahre bewohnt dieſes Volk dieſe Gegenden und 1000 Jahre find es, daß es mit dem magharifchen Volke zuſammenlebt. Es gab und zwar nicht bloß einmal eine Zeit, wo, während die ſächſiſchen Brüder und Andere die

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Cultur unter fich verbreiteten, dieſes Volk ſchaarenweiſe auf den Plan hinauszog und ſein Blut auf dem Schlachtfelde vergoß, damit es nur fein Vaterland vor der feindlichen Eroberung bewahre; doch mögen hievon das Brot- und Amſelfeld, das „debulu tatariloru“ in der Marmaroſch, und andere Orte ſprechen. Aber nicht erwähnen wir ſie! Dieſes Volk erfocht ſich keine Verdienſte, es erfüllte ſeine Pflicht. Viele Tauſende dieſes Volkes mögen auf den Kampfplätzen geblieben ſein, aber es iſt Gott ſei Dank bis zum heutigen Tage vollzählig.

Dieſes Volk können unſere ſächſiſchen Brüder ſehr gut kennen; ſie können von ihm wiſſen, daß es nicht bloß keine Privilegien beſaß, ſondern ſogar beſonders unter den magyariſchen ſiebenbürgiſchen Fürſten ſehr gepeinigt worden iſt u. z. der Maßen, daß es nach den beſtehenden Geſetzen ſeine Kinder nicht in die Schule ſchicken konnte und von der Gnade der Grundherren lebte; ſeine Geiſtlichen den Super— intendenten auf ihren Schultern in die Kirche und zurück trugen; in der Religionsübung, wenn auch nicht davon ausge— ſchloſſen, ſo doch ſehr behindert war; mehreren tyranniſchen Hierarchen der Serben unterſtellt wurde; feine Religion in Siebenbürgen bloß geduldet war, aus welcher Lage ſich Letztere nur in der neueſten Zeit befreien konnte wenn ich nicht irre, wurde ſie im Jahre 1864 in die Reihe der „receptae ecelesiae“ inartikulirt und noch viele andere Leiden des romäniſchen Volkes könnte ich hier in Paralelle ziehen zum Troſte der Herren Sachſen; nichtsdeſtoweniger laſſe ich all' dieſes bei Seite, aber Eines halte ich dennoch für nothwendig, vorzubringen. (Hören wir!)

Zwei Millionen erreicht die Zahl der Romänen in Ungarn und durch wie viel Männer ſehen wir dieſelbe hier vertreten? Beſonders aus Siebenbürgen, wo die Romänen ſo dicht beiſammenwohnen, nimmt kein einziger Abgeordneter ſeinen Platz hier ein. Sie, meine ſächſiſchen Brüder, wiſſen es gut, warum ſie nicht da ſind; Sie ſind im Stande, die Verhältniſſe der Romänen auch in Ungarn zu kennen. Ich weiß, daß Sie unſere Lage nicht brillant finden, trotzdem bangt der romäniſchen Nation nicht um ihre Exiſtenz, ja ſie hofft ſogar, daß die magyariſche Nation vielleicht recht bald einſehen werde, daß gerade bezüglich ihrer ſelbſt nichts

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wünſchenswerther ſei, als das identiſche Intereſſe, ein billige und freundſchaftliche Handlungsweiſe gegenüber den Romänen.

Unſere ſächſiſchen Brüder mögen ſich daher mit dem erwähnten Vergleiche tröſten. Ich glaube, ſie werden die Regelung des Königsbodens nicht als den Gegenſtand ihrer letzten Beſorgniß anſehen!

Uebrigens nehme ich den vorliegenden Geſetzentwurf als Grundlage zur Specialdebatte an. (Beifall.)

Präſident: Nachdem zum Sprechen Niemand mehr aufgezeichnet iſt, erkläre ich die Generaldebatte für geſchloſſen. Das Wort gebührt dem Herren Referenten und dem Ein— reicher des Gegenantrages.

Friedrich Wächter, Referent (Regierungspartei):

Geehrtes Haus! (Hört! Hört!) Nachdem der auf der Tagesordnung befindliche Geſetzentwurf von allen Seiten beſprochen worden, kann ich meine Bemerkungen auf ſehr Weniges beſchränken. Als ich dieſen Platz einnahm, ent- ſchloß ich mich, mich weder auf Recriminat ionen, noch auf Provocationen einzulaſſen. (Beifall.) Ich halte es für eine mit meiner Stellung verbundene Pflicht, blos darauf mich einzulaſſen, was ich als Referent des Verwaltungsausſchuſſes nicht mit Stillſchweigen übergehen kann.

Ich werde darauf nicht reflectiren, was von Seite Derer geſprochen wurde, welche dieſen Geſetzentwurf als Grundlage für die Specialdebatte nicht annehmen. Allein es befindet ſich dennoch unter dieſen Erklärungen und Aus— ſprüchen ein Punkt, welchen ich mit Stillſchweigen nicht übergehen kann, nicht übergehen darf, denn ich als Referent des Verwaltungsausſchuſſes bin genöthigt dann, wenn über das im Verwaltungsausſchuſſe Geſchehene Unrichtiges vorge— bracht wird, Aufklärung zu geben.

Der Herr Abgeordnete Trauſchenfels hat ſich in ſeiner geſtrigen Rede dahin ausgeſprochen, der ſehr geehrte Herr Miniſter habe bezüglich der Territorialregelung dem Ver— waltungsausſchuſſe einen Geſetzentwurf eingereicht. Der Herr Abgeordnete hat das getadelt, hat dieſen Vorgang geſetz— widrig genannt, und an und für ſich war auch feine Behaup- tung berechtigt, es ſei Pflicht des Miniſters, einen Geſetz⸗

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entwurf zuerft dem Haufe vorzulegen, und das Haus habe denſelben dann dem Ausſchuſſe zuzuweiſen. Allein, geehrter Herr Abgeordneter, die Sache verhält ſich nicht alſo, wie Sie dieſelbe darzuſtellen beliebten, und ich kann nicht be— greifen, wie der geehrte Herr Abgeordnete, welcher die Journale ſo fleißig zu leſen pflegt und deſſen zwei, drei Freunde in jener Ausſchußſitzung anweſend waren, eine jolche Behauptung aufſtellte, welche der Wahrheit zuwider— läuft. Der geehrte Herr Miniſter des Innern hat dem Ausſchuſſe keinen Geſetzentwurf vorgelegt, ſondern blos zum Behufe der Orientirung des Ausſchuſſes einen Plan vor- gezeigt, betreffs deſſen er ſelbſt ganz beſtimmt erklärte, der— ſelbe könne von ihm ſelbſt noch nicht als endgiltig feſtgeſtellt angeſehen werden. Hier kann alſo nicht von einem geſetz⸗ widrigen Vorgang die Rede ſein, denn das iſt gewiß, daß diejenige Fachcommiſſion, welche irgendwelche Angelegen— heiten vorher zu berathen berufen iſt, auch die Berechtigung hat, vom Miniſter zu wünſchen und zu fordern, er ſolle alle zur Orientirung erforderlichen Daten ihr zur Verfügung ſtellen.

Der geehrte Herr Abgeordnete hat dieſe ſeine Be— hauptung als Anklage gegen den Herrn Miniſter benützt, indem er ſagte, derſelbe habe dies blos deshalb gethan, da— mit er auf einige Jurisdictionen des Königsbodens eine Preſſion ausübe, jetzt, da die Agitation auf dem Königsboden zu dem Behufe in Gang gebracht worden iſt, damit Ver— wahrung gegen den in Berathung befindlichen Geſetzentwurf eingelegt werde. Der geehrte Herr Abgeordnete kann aus meiner Erklärung erſehen, daß der Miniſter keine andere Intention gehabt hat, als dem Wunſche der Commiſſion behufs Orientirung zu entſprechen. (Beifall.) Möglich iſt's, daß die Vorlegung dieſes Planes von Einzelnen unten als Mittel dazu gebraucht wurde, daß einige Aufregung auf dem Königsboden hervorgerufen werde. Ich anerkenne auch, daß dieſes Mittel ſehr gut, ſehr nachdrücklich ſein kann. Allein, geehrter Herr Abgeordneter, ich will in dieſer Aus» einanderſetzung nicht weiter gehen, denn die Loyalität und die perſönlichen Verhältniſſe, in welchen wir gegenſeitig leben, nöthigen mich, daß ich in dieſer Hinſicht in weitere Auseinanderſetzungen mich nicht einlaſſe. Denn ich halte es

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nicht für chevalersk, das Alles zu ſagen, was ich hierüber weiß und zu ſagen wüßte. (Beifall.)

Geehrtes Haus! Indem ich dazu übergehe, weshalb der Verwaltungsausſchuß den zur Berathung vorliegenden Geſetzentwurf angenommen hat, kann ich mich darauf be— rufen, daß es in dieſem Hauſe bewieſen worden iſt, daß es in ganz Ungarn blos einen geſetzgebenden Körper geben kann, daß in Ungarn blos die ungariſche Legislative das Recht hat, Geſetze zu ſchaffen, (Beifall) und weil dies der Fall iſt, hat der Verwaltungsausſchuß ſich dem nicht ent— ziehen können, dieſen Gefegentwurf in Berathung zu ziehen. Der Verwaltungsausſchuß hat ſich blos die Frage ſtellen können: ob dieſer Geſetzentwurf wirklich, wie behauptet wurde, eine Schädigung für die Bewohner des Königsbodens ſei. Und in dieſer Hinſicht iſt es, geehrtes Haus, meine perſön— liche Ueberzeugung, daß dieſer Geſetzentwurf für die Be— wohner des Königsbodens nicht nur nicht ſchädlich und verletzend ſei, ſondern daß derſelbe auf dem Königsboden ſolchen Verhältniſſen ein Ende macht, welche mit der Verfaſſung unvereinbarlich ſind. (Lebhafter Beifall.)

Geehrtes Haus! Der erſte Theil des Geſetzentwurfes handelt über die Verwaltung. Man möge von welcher Seite immer ſagen, was man will, das Eine ſteht feſt, daß, wenn wir den Standpunkt der Verwaltung im Auge be— halten, es ſich nicht in Abrede ſtellen läßt, eine gute Ver— waltung könne nur dann ſtattfinden, wenn das Geſetz, welches von der Verwaltung handelt, im ganzen Lande eines und dasſelbe iſt. (Beifall.) .

Es läßt ſich ferner nicht in Abrede ſtellen, meine a daß, wer auch nur einen einzigen Blick auf die

arte Siebenbürgens geworfen hat, davon überzeugt ſein muß, daß man in Siebenbürgen eine gute Verwaltung nicht ins Leben rufen kann, wenn man nicht die ganze Territo— rialeintheilung Siebenbürgens regelt. Ja, ich gehe noch weiter, geehrtes Haus! Die Herren Abgeordneten, welche gegen dieſen Geſetzentwurf opponiren, mögen mir Glauben ſchenken, auch ich bin ein ſo guter Sachſe wie Sie, auch ich liebe meine Nationalität wie Sie, ich thue im Jutereſſe meiner Nationalität, deren Sohn ich bin, bei jeder Gelegen⸗

heit, wo es nur möglich iſt, bei jeder Gelegenheit, wo

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es nicht die Gerechtigkeit verbietet, alles nur immer Mögliche (Lebhafter Beifall); allein Sie können, meine Herren Collegen, wenn Sie die Wahrheit eingeſtehen, es nicht in Abrede ſtellen, die Territorialregelung kann nicht ins Leben treten, ohne daß auch der Königsboden dadurch berührt werde. (So iſt's!) Und, geehrtes Haus, wenn ge— fragt wird, wer dieſe Regelung durchzuführen habe, ſo kann es ſicherlich Niemanden in dieſem Reichstage, Niemanden unter den Abgeordneten geben, welcher ſagen würde, nicht die Legislative, die ungariſche Legislative, ſei dazu berechtigt. (Lebhafter Beifall.)

Es ſteht doch wol feſt, daß man Niemanden zu fragen braucht, ob er dies geſtattet oder nicht? Stünde die Sache ſo, daß wir diesbezüglich Jemanden fragen müßten, ſo würde man nach alledem, was die Herren Abgeordneten geſagt haben, Siebenbürgen abſolut gar nicht arrondiren können. Die Herren Abgeordneten haben nämlich erklärt, daß ſie ihrerſeits von einer Arronvirung des Königsbodens überhaupt nichts wiſſen wollen; ohne daß jedoch der Königsboden von dieſer Maßregel berührt würde, kann man in Siebenbürgen dieſe Angelegenheit nicht ordnen. (Beifall.)

Adolf Zay: Das ſteht nicht! (Hört! Hört!)

Friedrich Wächter: Dieſer Geſetzentwurf macht Zus ſtänden ein Ende, welche in einem verfaſſungsmäßigen Lande nicht aufrechterhalten werden können.

Zudem der Geſetzartikel XLIII: 1868 beſtimmt, daß bezüglich des Königsbodens ein beſonderes Geſetz verfügen werde, erklärt er gleichzeitig, daß inſolange das Geſetz über die Regelung des Königsbodens nicht geſchaffen iſt, das Miniſterium berechtigt iſt, den Königsboden mittelſt Verord⸗ nungen zu regieren. Seit 1868 unterſteht alſo der Königs⸗ boden dem Verfügungsrechte, der freien Hand des Miniſte⸗ riums. Seit 1868 iſt der Königsboden der einzige Theil Ungarns, in welchem die Verfaſſung ſuspendirt iſt. Nur in dieſem Theile des Landes, wo während Jahrhunderten die Beamten frei gewählt wurden, wo man im Beſitze einer wirklichen Verfaſſung war, werden die Beamten ernannt und die Regierung iſt berechtigt, wann immer die beſtehenden Verordnungen umzuändern oder aufzuheben, nach welchen wir dort regiert werden. Daß dies kein haltbarer Zuſtand

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ift, wird mir jedes Mitglied des geehrten Hauſes zugeben. (Beifall)

Ich behaupte demnach, daß es für den Königsboden ein bedeutender Gewinn ſei, wenn er wieder in den Genuß der Wolthat der Verfaſſung eingeſetzt wird, wenn er aller jener Rechte theilhaftig wirt, welche die übrigen Bürger des Vaterlandes genießen. (Zuſtimmung.)

Ich gehe zum zweiten Theile des Geſetzentwurfes über, welcher über die Nations-Univerſität handelt. Geſtern war oſt davon die Rede, daß der Zweck dieſes Geſetzentwurfes der ſei, die ſächſiſche Nationalität zu vernichten. Ich bitte um Vergebung; die ſächſiſche Nationalität findet eben in der Nations-Univerſität ihren Ausdruck; ſolauge daher die ſächſiſche Nations-Univerſität aufrecht erhalten wird, ſo lange wird auch die ſächſiſche Einheit aufrecht erhalten ſein, wenn auch nicht als politiſche Einheit, ſo wird ſie doch als culturliche Einheit aufrecht erhalten ſein. (Lebhafter Beifall.) Dieſer Geſetzentwurf garantirt unſere Schulen. Die Herren mögen doch deſſen gedenken, daß die größte Beſchuldigung immer die war, das Beſtreben in Ungarn ſei darauf ge— richtet, dieſes Vermögen je eher zu confisciren. Die größte Beſorgniß der ſächſiſchen Nationalität war die, man werde heute oder morgen jene Dotation angreifen, welche daſelbſt die Gymnaſien beziehen und mit deren Unterſtützung dieſe Gymnaſien beſtehen. Und ſiehe da, geehrte Herren Abge— ordnete, dieſer Geſetzentwurf liefert eine Garantie dafür, daß dieſe Confiscation nicht ſtattfinden wird, und damit iſt Genüge geleiſtet Jedermann, welcher aufrichtig ſein will, welcher nicht blos darauf ſinnt, zu agitiren. (Lebhafter Beifall.)

Ich will nicht weiter ſprechen, geehrtes Haus, ſondern ſchließe meinen kurzen Vortrag. (Hört, Hört!) Ich verweiſe auf jene Worte, mit denen der Herr Abgeordnete Karl Gebbel ſeine Rede ſchloß. Er ſagte mit Berufung auf die Worte des großen Dichters: „Bleib bei deinem Volke, das iſt der ſich're Ort!“ So iſt es! Auch ich gehe zu meinem Volke, auch ich werde wo es nöthig iſt an der Seite meines Volkes nach Thunlichkeit ſtreiten, auch ich werde um meines Volkes willen Alles thun, was ich thun kann. Allein Eines hat der Herr Abgeordnete anzuführen vergeſſen, und dieß iſt, daß der Dichter jene Worte einem Schweizer

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in den Mund legte, der Schweizer aber fein Vaterland für das Heiligſte auf der Welt hält, ihm iſt ſein Vaterland, die Schweiz, das, wofür er Alles opfert. (Beifall.)

Geehrter Herr Abgeordneter! Wenn ich nach Hauſe reife und man mich ſelbſt mit Koth bewirft, fo hoffe ich doch, es werde heute oder morgen die ruhige Ueberlegung wieder die Oberhand gewinnen, und ich werde meinen ge— ringen Einfluß, welchen ich beſitze, ſtets nur darauf verwenden, daß die Sachſen, wie ſie dies auch bisher geweſen, ſo gute Staatsbürger und Patrioten bleiben, wie jener Schweizer, an welchen der Dichter ſeine Worte richtete. (Lebhafter Bei— fall.) Geehrtes Haus! Indem ich dieſen Geſetzentwurf neuer— dings dem geehrten Hauſe empfehle, thue ich dies nicht einzig und allein als Referent des Verwaltungs-Ausſchuſſes, ſondern ich thue dies, geehrtes Haus, als geborener Sachſe. (Lange anhaltender Beifall). Mit reinem Bewußtſein, geehrtes Haus, ſpreche ich es aus, daß ich blos deshalb für dieſen Geſetz— entwurf ſtimme, blos deshalb ihn empfehle, weil ich ein— ſehe, daß meine Nationalität durch denſelben nicht gefährdet ſein wird.

Sie, geehrte Herren Abgeordnete (zeigt auf die Sitze der Sachſen), mache ich auf Eines aufmerkſam. Es mag Einzelne unter unſeren ſächſiſchen Genoſſen und Freunden geben, welche ihre Häuſer, ihre Gärten verkaufen, ihr Geld in die Taſche ſtecken und dann, wenn ihnen der Zuſtand des Landes nicht mehr zuſagt, wenn vielleicht jene Lage, welche ſie mit herbeigeführt haben, derart ſich geſtaltet, daß ſie ihre Volksthümlichkeit verlieren; es iſt möglich, daß dann ſolch' Einzelne fortreiſen nach Wien oder nach dem großen Deutſch— land oder wohin es ihnen beliebt, ſich dort niederlaſſen und ſich nicht mehr um das Loos der ſächſiſchen Nation kümmern.

Auf dies allein mache ich die geehrten Herren Abge— ordneten aufmerkſam. Das Schickſal der ſächſiſchen Natio- nalität iſt eng verbunden mit dem des ungariſchen Vater— landes. (Lebhafter Beifall.) Die Sachſen müſſen mit den übrigen Bürgern unſeres Vaterlandes in Siebenbürgen leben und deshalb handeln Diejenigen am Beſten, ſind Diejenigen die beſten Freunde der ſächſiſchen Nationalität, welche darauf bedacht ſind, jenem Haß ein Ende zu machen, welcher hie

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und da gegen die magyariſche Nation hervorgerufen wurde. (Beifall.)

Geehrtes Haus! Ich ſpreche nicht weiter. Ganz kurz fordere ich das geehrte Haus auf, den Geſetzentwurf im Ganzen als Grundlage zur Specialdebatte anzunehmen. (Lange anhaltender Beifall und Eljenruſe.)

Präſident: Der Gegenantragſteller wünſcht auch zu ſprechen.

Guſtav Kapp (Sachſe): Geehrtes Haus! (großer Lärm und Unruhe.)

Präſident: Der geehrte Herr Abgeordnete thut ſehr gut daran, wenn er ſeine Rede in ſo lange nicht be— ginnt, bis es dem Hauſe nicht beliebt, ihn auch anzuhören. Es iſt überaus wünſchenswerth, daß die Verhandlung mög— lichſt bald zum Abſchluß komme, und darum bitte ich das geehrte Haus, es wolle den Redner anhören. (Zuſtimmung.)

Guſtav Kapp: Geehrtes Abgeordnetenhaus! Ich verſpreche im Vorhinein, daß ich trachten werde, mich mög— lichſt kurz zu faſſen, daß ich gelaſſen und ruhig ſein werde, ſo weit das nur immer möglich, obwol es manchmal ſchwer, vermöge der menſchlichen Natur und des Temperamentes über— aus ſchwer iſt, die Ruhe und Gelaſſenheit in vollem Maße zu bewahren. Gleichwol hoffe ich auch diesmal zu beweiſen, daß ich vollſtändig objectiv mich an die Sache halten werde, denn ich halte dafür, daß es eben jetzt und hier keineswegs nöthig ſei, die Leidenſchaften noch höher anzufachen und einer beſonnenen Erwägung den Weg zu verlegen.

Ich will mich auch nicht einlaſſen auf all' das, was gegen uns vorgebracht worden iſt, denn in dem Falle würde meine Antwort eine allzu weitwendige werden müſſen, ich werde mich nur auf das Unabweislichſte beſchränken.

Geſtatten Sie mir, daß ich mich in erſter Reihe gegen meine geehrten ſiebenbürgiſchen Abgeordneten-Collegen, an unſere magyariſchen und ſzekleriſchen Landsleute (atyank- fiaihoz) wie wir ehedem zu ſagen pflegten, wende. (Uns ruhe. Der Präſident läutet.)

Eben von ihrer Seite ſind wir am feindſeligſten und heftigſten angegriffen worden, und doch meine ich, daß wir eben von ihrer Seite verlangen und Anſpruch erheben durften,

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daß ſie uns, ſoweit wir im Rechte ſind, unterſtützen und die Sachlage wahrheitsgetreu jenen Mitgliedern des geehrten Hauſes darſtellen, die nicht aus eigener Auſchauung und Er— fahrung den Königsboden kennen, ſondern nur aus jenen Redereien ich kann wol ſagen, Fabeln, die über dieſen Königsboden ſeit Jahren im Lande verbreitet worden. Dar— auf hatten wir einen, wie ich meine, -wolbegrürdeten Ans ſpruch eben Kraft all' deſſen, was der geehrte Herr Ab— geordnete Baron Gabriel Kemeny aus unſerer ſiebenbürgiſchen Vergangenheit geſtern dem Hauſe ſehr dankenswerth aus— einandergeſetzt hat.

Der geehrte Herr Abgeordnete wolle mir geſtatten, dem von ihm diesbezüglich über das Verhältniß der drei Nationen Geſagten nur Eins beizufügen, was auch er ſehr gut weiß, da ihm die ſiebenbürgiſchen Geſetze und Ver— hältniſſe ſehr gut bekannt ſind: nämlich, was z. B. der ſiebenbürgiſche Landtag Angeſichts einer Rechtsverletzung, welche ſeitens der damaligen Regierung gegen die Sachſen ſtattfinden wollte, in der Landtags-Repräſentation vom Jahre 1810-11 ſagte: (Hören wir). Das iſt kein „Privilegium,“ ſondern eine landtägliche Adreſſe und Repräſentation: (lieſt)

„Nos quoque justae huic sollieitationi deteren- „dum esse censentes, Majestatem Vestram Sacratissi- „mam vi unionis, qua ad manutenenda unitarum „Nationum legalia quaevis jura obstringimus, demisse „exorandum esse duximus, ut praedictam Nationem „Saxonicam hac etiam in parte in juribus suis, „statuque Diplomatico conservare Jignetur.*)

Ich wende mich nun zu einer andersgeurteten Behauptung des ſehr geehrten Herrn Abgeordneten Baron Kemeny. Er geräth außer Faſſung, bezeichnet es als einen Anachronis—

*) Dieſem gerechten Verlangen meinen auch wir entſprechen zu ſollen und ſtellen an Eure geheiligte Majeſtät Kraft der Union, durch die wir zur Wahrung aller geſetzlichen Rechte der vereinigten Nationen verpflichtet ſind, die unterthänige Bitte, Eure Majeſtät gernhe auch in dieſer Richtung die vorerwähnte ſächſiſche Nation in ihren Rechten und dem Diplom (Leopoldinum) entſprechenden Stande zu bela ſſen. -

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mus und ich weiß nicht, als was Alles ſonſt noch, wie und in welcher Art wir uns unterfangen, hier aufzutreten, wie wir hier in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ſolche Dinge verlangen können, die ihn wie er zu ſagen be— liebte gemahnen, als ob er um 200 oder 250 Jahre früher mit uns auf einem ſiebenbürgiſchen Landtag zu Mediaſch oder ſonſt wer weiß wo ſich befände. Er berief ſich ſodann auf die Geſchehniſſe in den 1850-er und 1860er Jahren, insbeſondere auf den ſogenannten Hermannſtädter Landtag von 1863, an welchem die Sachſen theilgenommen hätten. Auf dies Letztere will ich nicht eingehend antworten, ſondern dem geehrten Herrn Abgeordneten nur eines bemerken. Er ſelbſt erwähnte —— wenn ich nicht irre eben mit dieſen Worten daß er ſelbſt auch in dem Vorzimmer jenes Landtages geweſen ſei. Ich füge nur bei, daß der geehrte Herr Abgeordnete ſelbſt ſehr gut weiß, wie nach der da— maligen Lage der politiſchen Verhältniſſe ſowol die ungariſchen als ſzekleriſchen Abgeordneten in Hermannſtadt ſich eingeſtellt hatten, und wie es nur an einem Haare gehangen, daß fie aus dem Vorzimmer in den Landtagsſaal ſelbſt nicht auch

gelangten. Was in der Zwiſchenzeit vom Vortag bis zum nächſten Morgen da vorging ich will es nicht er—

örtern, ſelbſteigene Kenntuiß davon habe ich auch nicht, denn ich perſönlich war, wie der geehrte Herr Abgeordnete ſehr gut weiß, auch nicht einmal in dem Vorzimmer jenes Landtages.

Der geehrte Herr Abgeordnete geräth außer Faſſung (megbotränkozott) darüber, was wir gegenwärtig verlangen und wünſchen! Und was iſt dies? Daß die Geſetzgebung Ungarns einhalte nichts anderes, als das, was ſie ſelbſt vor ſieben oder nahezu acht Jahren verheißen, zum Geſetz erhoben und was heute noch vollkommen rechtsgiltiges ſanctionirtes Geſetz iſt.

Der geehrte Herr Abgeordnete berief ſich im Zuſammen— hang mit den Geſchehniſſen aus der Zeit ven 1850 bis 1863 auch auf die Rechtsverwirkung! Er wolle mir geftatten, daß ich ihm ins Gedächtniß rufe Dinge, die nach jener Zeit, nach dieſen 60er Jahren geſchehen: nämlich feierliche, öffentlich abgegebene Erklärungen von hochaugeſehenen, ge—

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wichtigen ſiebenbürgiſchen Parteiführern aus dem Jahre 1865. Damals ſagte der Amtsvorgänger des Herrn Abgeordneten und Staatsſecretärs, Karl Zeyk, als Antragſteller und Hauptwortführer im 1865er ſiebenbürgiſchen Landtag über dieſen Gegenſtand folgendes: Geſtatten Sie mir, daß ich nur wenige Zeilen vom Papier ableſe, damit nicht auch mir eine Unrichtigkeit (tollhiba) vorgeworfen werden könne.

Karl Zeyk ſagte gegen Ende feiner großangelegten Landtagsrede folgendes: „Belangend die ſächſiſche Nation „legen wir Seiner Majeſtät vor einige Bitten und Forde— „rungen, damit Seine Majeſtät als der eine Factor der Geſetz— „gebung geruhe, auf Grund der Gerechtigkeit und Gleich— „berechtigung auf dieſelben Rückſicht zu nehmen und zu über— „wachen, daß auch der andere Factor der Geſetzgebung, der ge— „meinſame Landtag dieſelben berückſichtige; . .. denn ich „wünſche wahrhaftig, daß dem Sachſenlande, dem fundus „regius, jene Municipalrechte, die in ihrer urſprünglichen „Form ein überaus ſchönes Muſterbild einer volksthümlichen „Regierungsart (Kormänyzat), einer aus dem Volke ſtammen— „den Regierungsart darbieten, daß dem Sachſenboden dieſe „Regierungsart, die auch auf das Familienleben der „einzelnen Bürger von Einfluß iſt, auf der alten Grundlage „erhalten bleibe.“

Noch feierlicher erklärte der weitblickende, hochangeſehene Staatsmann, Baron Franz Kemeny, der Präſivent des ſiebenbürgiſchen Landtags zur ſelben Zeit, nämlich als jener 1865er Landtag vertagt wurde, in feiner Schlußrede mit folgenden Worten:

„Ich muß auch das eingeſtehen, daß unſere hohe „Regierung, von einem höheren Standpunkt die Angelegen— „beiten unſeres Vaterlandes bemtheilend, Anzeichen und Be— „weiſe dafür gab, daß ſie nicht in der Zertheilung der „Völker die Kraft des geſammten Reiches ſucht, nicht darin „die Aufgabe ihrer Regierung erblickt, die Völker mit einem „geringeren Ausmaß politiſcher Freiheit zu befriedigen, die— „ſelben zu zertheilen, damit ſie eine geringere moraliſche „Kraft entfalten und alſo geſchwächt leichter regiert werden „können, ſondern ihre Richtung und Ueberzeugung erſcheint „im Gegentheile die zu ſein, daß die Bildung und die natur— „gemäße Empfindung des Triebes nach Genuß politiſcher

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„Rechte nur jener Politik eine Zukunft verheißt, welche die „gerechten Anſprüche der Völker befriedigt, und auch nur „dies allein könne die Großmachtſtellung des Reiches be— „feſtigen“.

„Getroſt ſehe ich der Zukunft entgegen, daß die end— „giltige Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn nicht lange „wird auf ſich warten laſſen“.

„In dieſer Ueberzeugung beſtärkt mich die ſichere „Hoffnung, daß die Regierung in ihren erhabenen Abſichten „auch von uns unterſtützt werden wird. Es kann kaum auch „nur einen klar urtheilenden Bürger dieſes Landes, um ſo „weniger ein Mitglied dieſer hochanſehnlichen Körperſchaft „geben, der das heilſame Werk unſerer Vereinigung durch „überſpannte Forderungen erſchweren, der über die Schranken „der im Jahre 1848 geſchaffenen Geſetzartikel I. und VII. „und ihrer Beſtimmungen hinausgehn und diejenigen aus „ſeinen eigenthümlichen Verhältniſſen herausgewachſenen „Inſtitutionen Siebenbürgens, welche die Vereinigung nicht „hindern und die im Laufe von mehr als drei Jahrhunderten „ſammt unſern althergebrachten Gewohnheiten in unſer „Fleiſch und Blut übergegangen ſind, auf einmal über den „Haufen werfen wollte, und der die mit der Vereinigung „beider Länder vereinbarlichen Wünſche der verſchiedenen „Nationen unſeres Vaterlandes verweigern wollte. Und „dieß vor Augen gehalten kann die ſächſiſche „Nation für ſich keinen Nachtheil erblicken, daß „ſie unter den unmittelbaren Schutz der ung a— „riſchen Krone kommt und wenn fie ihre Stel- „lung reiflich erwägt, kann ſie auch keinen „Grund zu Beſorgniſſen haben: denn ihr Muni— „eipium kann neben der Vereinigung unver⸗ „ſehrt fortbeſtehn, ja da ihr gutes Recht geſchützt „von dem ganzen Ungarlande, wird ſie jene „glänzende Epoche ihrer Geſchichte ſich erneuern „ſehen, die in die Zeit vor der Trennung, in „das Zeitalter der ungariſchen Könige fällt, „aus welcher Zeit ihre ſchönſten Freiheiten „und die Grundpfeiler ihres bürgerlichen Wol⸗ bergehens herrühren“.

Nun denn, geehrtes Haus, ich habe mir nur deshalb

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erlaubt, dies vorzubringen, um den Beweis zu führen, daß die anſehnlichſten Männer Siebenbürgens in ſolcher Weiſe, in ſolchem Ton und in ſolchem Sinne ſich ausſprachen und über unſere Wünſche keineswegs ſich entſetzten, wie es jetzt dem Herrn Abgeordneten Br. Kemeny beliebt, ſich zu ſcandalifiren (megbotränkozni), während wir auch heute nichts Anderes ver— langen, als die Aufrechthaltung unſeres Municipiums und unſeres Municipalrechtes; verlangen, daß unſer Territorium beſtehen bleibe und nicht der Regierung zur beliebigen Ver— fügung überantwortet werde.

Doch über dieſen Punkt will ich Weiteres nicht vor— bringen; wer ſich diesbezüglich überhaupt überzeugen laſſen will, der kann es fein; wer eben nicht will, den werde ich ohnehin nicht umſtimmen.

Auf alles weitere, was vorgebracht worden, geſtatten Sie mir nur zwei Dinge kurz zu berühren, nämlich die von nahezu jedem Redner betonten Privilegien, und dann die ebenſoviel betonte Gleichberechtigung, vor welcher wir angeblich ſolch erſchrecklichen Abſcheu haben.

Was das Wort „Privilegium“ überhaupt betrifft, ſo iſt in dieſem Falle die wirkliche Bedeutung desſelben nicht die, was man heute im Allgemeinen und Sie insbeſondere darunter verſtehen wollen; die wirkliche, rechtsgeſchichtliche Bedeutung dieſes Wortes iſt leicht nachzuweiſen. Daß in der Vergangenheit nicht nur die Freiheiten und Rechte der Sachſen, ſondern überhaupt alle, auch die Rechte des Landes Ungarn ſelbſt, in der äußeren Geſtalt von Privilegien ge— währleiſtet worden ſind, das wiſſen Sie Alle, meine Herren, ganz gut. Ihre goldene Bulle ſtammt von demſelben Könige, von dem auch wir unſere goldene Bulle erhielten, nämlich von König Andreas II. und iſt die unſerige nur um wenige Jahre jünger 1224 —, als die Ihrige. Aber fürchten Sie nicht, daß ich etwa bis zu jenen Zeiten zurückzugehen beabſichtige; das habe ich nicht im Sinne. Ich will nur auf das Eine das geehrte Haus aufmerkſam machen, daß im ganzen Laufe der Verhandlung und ebenſo in dem Motiven— bericht des Herrn Miniſters betreffs unſer nur auf die Ver— hältniſſe Siebenbürgens und zwar nach der Lostrennung von Ungarn Bezug genommen wird, daß da nach dem Ge— ſetze tres nationes, drei Nationen, beſtanden hätten, dieſe

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Nationen aber durch die neueren Geſetze geſtrichen worden ſeien (eltöröltettek). Aber meine Herren, jene Rechte, welche die Sachſen beſitzen, ſtammen aus viel früherer Zeit; auch vor der Lostrennung Siebenbürgens von Ungarn exiſtirten die Sachſen dort als vollberechtigte Landesbürger, und zwar als vollberechtigte deutſche Landesbürger und übten ihre Rechte im Lande aus. Ganz irrig wäre daher die Anſicht, als hätten auch ſie erſt im Jahre 1848 überhaupt freie bürgerliche Rechte erlangt. Als ein freies Bürgervolk lebten und erhielten ſie ſich im Lande, unter ihnen gab es keine adeligen Vorrechte, keine unfreie Hörigkeit, volle Rechts- gleichheit genoß Jeder. Eben dazu brauchte es damals Pri— vilegien, denn ringsum im ganzen Lande herrſchten feudale Verhältniſſe, mit alleiniger Ausnahme des von den Sachſen bewohnten Gebietes. Zur Kennzeichnung der Stellung, welche die Sachſen dazumal einnahmen, geſtatten Sie mir auch ein Citat vorzubringen. Im Jahre 1521 berief König Ludwig II. die Sachſen mit folgendem Schreiben auf den Landtag und forderte fie auf, Deputirte zu wählen: | „cum autum vos quoque sitis membrum hujus „regni Hungariae fidelitati vestrae harum serie firmissime „mandamus, ut ad dietum festum Elisabethae proxi- „mum oratores vestros . .. ad praedietum con- „ventum Budam ad Majestatem Nostram mittere cum „pleno mandato debeatis, ut cum illis et aliis fide- „libus nostris de ratione defensionis regnorum no- „strorum ut vestrum omnium tractare, consultare ac „eoneludere possimus.“ *) |

Noch kennzeichnender wird Ihnen erſcheinen die Ein- ladung, welche unmittelbar die Stände Ungarns an die Siebenbürger Sachſen ergehen ließen. Dieſe Einladung wirft ein helles Licht auf die damaligen Verhältniſſe und Wechſel— beziehungen. Im Jahre 1454 ſchrieben ſie alſo:

*) Da auch Ihr ein Glied dieſes Reiches Ungarn ſeid, entbieten Wir Eur Getreuen hiemit auf das Beſtimmteſte, daß Ihr zu dem ge⸗ nannten nächſten Feſttage der Eliſabetha Euere Redner ... auf den genannten Landtag nach Ofen zu Unſerer Majeſtät mit vollem Mandate. ſchicket, damit Wir mit ihnen und unſeren übrigen Getreuen über die Art der Vertheidigung Unſerer Reiche und Eurer Aller verhandeln, be— rathen und beſchließen können.

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„Rafael, archiepiscopus, Andreas, Episcopus „quinque-Eeclesiensis, Joannes de Hunyad, Comes „perpetuus Bistriciensis et Capitaneus regni Ungriae „generalis, Ladislaus de Gara, ejusdem regni Pala- „tinus, Nicolaus de Ujlak, Voivoda Transsilvanensis, „et Joannes de Konugh, Banus Machoviensis, cete- „rique Praelati, Barones et Nobiles hujus regni „Ungriae, nune in Varadino Petri congregati ... „providis et circumspectis universis et singulis Saxo- „nibus septem Sedium Saxonicalium partium Trans- „silvanarum salutem et amicitiam debito eum honore.

„Fraternitates vestras hortamus, requirimus et „quantum possumus rogamus, quatenus juxta man- an et literas praefati Domini nostri Regis qua- „tuor ex vobis et quot ultra volueritis ... . ad prae- „tactum diem Budam cum pleno mandato mittere „velitis, ut cum illis et aliis fratribus nostris congre- „gandis de facto praetacti exercitus tractare et con- „eludere valeamus.“ **)

Daraus erſieht das geehrte Haus, welche Stellung unſere Vorfahren damals in Ungarn einnahmen. Wenn ſie dazu in jener Zeit der Privilegien bedurften, ſo lag das in dem Weſen der damaligen Zeit. In der Folge haben indeſſen mit der Entwicklung der Rechtsformen dieſe Privilegien auch eine andere Form, eine andere Geſtalt angenommen; die

**) Rafael, Erzbiſchof, Andreas, Biſchof von Fünfkirchen, Johann Hunyad, immerwährender Graf von Biſtritz und Generalkapitän des Königreichs Ungarn, Ladislaus von Gara, desſelben Reiches Palatin, Nikolaus von Ujlak, Woiwode von Siebenbürgen und Johann von Konugh, Banus von Machorien, ſowie die übrigen, derzeit in Peter- wardein verſammelten Prälaten, Barone und Adelige des Königreichs Ungarn .. . entbieten den klugen und fürſichtigweiſen, allen und ein- zelnen Sachſen der ſieben ſächſiſchen Stühle in Siebenbürgen mit ſchuldiger Ehrerbietung Gruß und Freundſchaft.

Euch Brüder ermahnen, erſuchen und, ſoviel wir können, bitten wir, daß Ihr nach dem Befehl und Schreiben unſeres genannten Herreu, des Königs, viere von Euch oder fo viele Ihr wollt ... auf den be- zeichneten Tag nach Ofen mit ganzer Vollmacht ſchicken wollet, damit wir mit ihnen und unſeren andern Brüdern, die ſich dort verſammeln ſollen, über die Beſchaffung des gedachten Heeres verhandeln und be— ſchließen können.

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Gewährleiſtung der ehedem durch Privilegien verkürzten Rechte ging über in die Form theils von verfaſſungsmäßigen Geſetzen, theils von nicht wie man uns ſpöttiſch fragend entgegnete, von internationalen Verträgen, ſondern von Staatsverträgen ſolcher Art, wie z. B. ein ſolcher mit der durchlauchtigſten habsburgiſchen Dynaſtie abgeſchloſſen wurde, als die Herrſchergewalt und Regierung über Siebenbürgen das allerhöchſte Herrſcherhaus überkam. In dieſen Staats- verträgen wurden jene Rechte gewährleiſtet, welche ſie von dem Augenblicke an, da ſie in das Land gerufen worden libertatem, qua vocati fuerant innegehabt haben.

Und nun noch eine Bemerkung belangend die allge— meine Gleichberechtigung. Den Herren hat es hier beliebt allerlei zu ſagen von Tyrannei, von ſchwerem Drucke, den das arme Volk dort auf dem Königsboden erdulden müſſe, über welches dort nur eine gewiſſe bevorrechtete privilegirte Claſſe herrſche. Ich bitte um Entſchuldigung geehrtes Haus, das ſteht ja in vollſtändigſtem Widerſpruche mit der Wahrheit. Sehr gut wiſſen es die Herren alle, die den Königsboden überhaupt auch nur einmal perſönlich geſchaut haben, ſehr gut weiß es insbeſondere der Herr Abgeordnete Baron Gabriel Kemeny der auch genaueſte amtliche Kenntniß davon haben muß, in welcher Weiſe auf dem Königsboden die Ausübung der bürgerlichen Rechte ſtattfindet. Wollen Sie es doch ſagen, meine Herren, wo iſt ein einziges Hin⸗ derniß für irgend einen Bewohner des Königsbodens, möge er welcher Nationalität immer angehören, daß er unter den nämlichen Bedingungen, die für die Söhne des ſächſiſchen Volkes gelten, dieſes oder jenes politiſche oder bürgerliche Recht, ſei es in der Gemeinde, in dem Munizipium, bei den Landtagswahlen oder bei welcher Rechtsausübung immer, nicht auch beſäße? Wo iſt denn auch nur ein einziges Hin— derniß, daß der auf dem Königsboden wohnende, welcher Nationalität immer angehörige Staatsbürger, ſei er ein Sachſe, ein Romäne oder ein Magyar, welches ihm wehrt, alle Rechte in derſelben Weiſe, in demſelben Ausmaß zu ge— nießen, wie der Sachſe? Es gibt keines; das Gegentheil beſtreite ich entſchieden; den Beweis dafür kann und wird auch Niemand liefern.

In den Munizipalvertretungskörper ſind Vertreter aller

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Nationalitäten und in all dieſen Vertretungskörpern, ſowol in den Kreisvertretungen als in der Verſammlung der ſäch— ſiſchen Natiens⸗Univerſität bedient ſich jedes Mitglied frei und unbehindert ſeiner Mutterſprache, der Romäne ſpricht romäniſch, der Magyar magyariſch, der Sachſe deutſch. Sehr gut weiß es insbeſondere der genannte Herr Abgeord— nete, daß auf dem Königsboden in mehreren Stühlen z. B. die Romänen die entſchiedene Majorität haben, daß ihre Majorität da in allen Angelegenheiten die maßgebende iſt, während die Sachſen in der Minorität ſind und jedesmal niedergeſtimmt werden. Das muß dort die ſächſiſche Minorität ſich gefallen laſſen, ebenſo wie anderwärts die Romänen und Magyaren, wo ſie in der Minorität ſind, ſich die Majorität der Sachſen müſſen gefallen laſſen. Die Behauptung, als ob auf dem Königsboden keine Rechtsgleichheit wäre für alle Bewohner, mögen ſie welcher Nationalität immer angehören, iſt mithin falſch und unwahr. |

Geſtatten Sie mir nun auch, daß ich zu dem von mir überreichten Antrag zurückkehre und kurz zuſammenfaſſe, was die Frage des quid juris betrifft.

Bei meinem erſten Auftreten, als ich unſeren Autrag überreichte, ſtellte ich die Behauptung auf: daß bezüglich der Regelung des Königsbodens zum Ausgangspuncte nichts An— deres genommen werden könne, als die SS. 10 und 11 des von der Geſetzgebung Ungarns geſchaffenen Geſetzar— tikels 43 vom Jahre 1868.

Dem entgegen beliebte es dem g. Herrn Miniſterpräſi⸗ denten, ſich auf den 1. §. jenes Geſetzartikels zu berufen, auf welchen er nicht nur wie es ſcheint, ſondern wie er mit aller Entſchiedenheit dem geehrten Hauſe hier ſelbſt erklärt hat das Hauptgewicht legt. Auf dieſen §. 1 wünſchte er alſo dieſen ſeinen, jetzt eben vorliegenden Geſetzentwurf zu baſiren. Ich würde wol einen ſchweren Stand haben, wenn ich darauf angewieſen wäre, mit der allgemein anerkannten, glänzenden Dialektik des Herrn Miniſterpräſidenten mich diesfalls meſſen zu müſſen. Ich thue es auch nicht, halte aber deſſen— ohngeachtet meine Behauptang aufrecht, daß in dieſer Frage das Geſetz pofitiv auordnet, die Regierung ſolle den §. 10 und 11 des G.⸗A. 43 von 1868 durchführen (hajtsa végre),

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nicht aber, fie ſolle ihren Geſetzentwurf auf den §. 1 dieſes Geſetzartikels baſiren.

Ich erkenne an, daß es überaus bequem wäre, dieſen Geſetzentwurf auf den im §. 1 ausgeſprochenen, ganz allge— meinen Grundſatz zu baſiren. Denn im F. 1 ift eben nur ein allgemeiner Grundſatz ausgeſprochen, welcher ſpäterhin bequem enger oder weiter, ſo oder anders ausgelegt werden kann, wie es die gegebenen Umſtände und das Belieben der Machthaber eben erheiſcht. (Aufſchreie: Aufhören. Lärm.)

Präſident: Es iſt zwar wünſchenswerth, daß die Verhandlung vorwärts komme; aber den Redner muß man anhören.

Guſtav Kapp: Geehrtes Haus! Ich bin in der angenehmen Lage, jene meine Behauptung, daß nämlich dem vorliegenden Geſetzentwurf der §. 10 des G.-A. 43 zur Baſis dienen mußte, nicht durch eine eigene Argumentation, ſondern abermals mit einem ſanctionirten, ſpäter geſchaffenen Geſetze auch erweiſen zu können. Es iſt nämlich in dem, von der Regelung der Municipien handelnden Geſetzartikel 42 von 1870 in S. 88 klar und beſtimmt ausgeſprochen:

„Ueber die Regelung des Königsbodens verfügt nach „Anordnung des §. 10 des G.-A. 43 von 1868 ein beſon— „deres Geſetz.“

Damit glaube ich, geehrtes Haus, meine Behauptung auch bewieſen zu haben, daß das Geſetz will, als Baſis für dieſen Geſetzentwurf ſolle der §. 10 und nicht der §. 1 dienen.

Der g. Herr Miniſterpräſident ſagte aber in ſeiner erſten Rede auch noch etwas Anderes, nämlich: daß ein beſtehendes Geſetz abändern oder umändern wollen, nicht ſoviel heiße, als dem Geſetze nicht gehorchen, das Geſetz verletzen. Ge— ehrtes Haus! In ſolcher Allgemeinheit, erkenne ich willig an, daß der Herr Miniſterpräſident Recht hat; in dieſem Falle aber ſteht die Sache keineswegs ſo. Wenn der Herr Miniſterpräſident etwa der Meinung war, jenes Geſetz, welches im Jahre 1868 diesbezüglich geſchaffen worden, welches beſtimmt vorſchreibt, in welcher Weiſe der Königs— boden zu regeln ſei, ſolle heute nun nicht durchgeführt, nicht in Ausführung gebracht werden. . .. (Auffhören! Aufhören! Lärm.)

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Präſident: Geehrtes Haus! Ich bitte um Ent- ſchuldigung, aber man darf den Sprecher am Reden nicht hindern. Es iſt wol wünſchenswerth, daß die Verhandlung weiter komme, aber wenn der Herr Abgeordnete ſeine Rede fortſetzen will, ſo muß man ihn anhören.

Guſtav Kapp: Ich ſagte: Wenn der Herr Minifter- präſident etwa der Meinung war, man ſolle jenen §. 10 des G.⸗A. 43 von 1868 umändern aus dieſem oder jenem Grunde, ich will es nicht unterſuchen —, man ſolle ihn um⸗ ändern und nicht durchführen, dann meine ich, durfte er dieſen Geſetzentwurf nicht und nicht mit einem ſolchen Motiven⸗ bericht dem Hauſe vorlegen. Denn in dieſem Motiven⸗ bericht beruft ſich der Herr Miniſter allerdings auf den §. 1 des G.⸗-A. 43 von 1868, er beruft ſich aber gleichzeitig auf die SS 10 und 11 jenes Geſetzes. Er ſtellt mithin die Sache jo dar, als ob er eben jenem Geſetze Genüge leiſten wollte, als habe er eben nach Anordnung und auf Grund— lage jenes Geſetzes ſeinen Geſetzentwurf einzubringen. Daß dies nicht der Fall iſt, war ich befliſſen, zu erweiſen mit den Geſetzesſtellen, die ich wortgetreu aufgeleſen habe; aus denen, wie ich meine, auch das erwieſen iſt, daß dieſer Ge⸗ ſetzentwurf nicht ein Ausfluß, nicht eine Durchführung des §. 10 des G.⸗A. 43 von 1868 iſt.

Auch dieſen Paragrafen kann man allerdings um⸗ ändern (megvältoztatni).

Ich erkenne an, daß es in der Macht der Geſetzgebung allezeit ſteht, ein Gefetz, welches ſie gemacht hat, auch wieder umzuändern; dieß läßt ſich im Allgemeinen nicht beſtreiten. Daß aber der Vorgang, den Sie jetzt hier anwenden wollen, all' dem gegenüber, was meine Geſinnungsgenoſſen und ich diesbezüglich vorgebracht haben, ein gerechter und billiger ſei, das kann und werde ich nie, gar niemals anerkennen.

Auch für die ſouveräne Gewalt der Geſetzgebung muß es, nach meiner Auffaſſung, ein Etwas geben, das dieſer Ge- walt Schranken ſetzt und dies iſt: das beſtehende Recht. In aller Welt iſt es anerkannt, daß es in jedem Staate Rechtsverhältniſſe gibt, die man mit der Parlaments majorität nicht umſtoßen kann. Nicht nur ich ſage, ſondern das Ab— geordnetenhaus Ungarns ſprach im Jahre 1861 in ſeiner erſten Adreſſe aus: „Unzählige ſolche Rechtsverhältniſſe gibt

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„es ſowol auf dem „Gebiete des öffentlichen Rechts, als des „Privatrechts, welche dem einen oder dem anderen Theil „unbequem ſind; wenn man aber jedes ſolchartige Rechts— „verhältniß umſtürzen könnte (fel lehetne forgatni), denn „die Jutereſſen des einen Theiles erheiſchen deſſen Um— „änderung, insbeſondere wenn man es in ſolcher Weiſe um— „ändern könnte, daß der eine Theil halte, wozu er ſich ver— „pflichtet hat, der andere aber erfüllt die bedungenen Ver— „bindlichkeiten nicht, weil dieſe ihm beſchwerlich ſind: dann „würden weder das Geſetz, noch Verträge eine Sicherheit ge— „währen, ſondern allein die Kraft wäre der Maßſtab des „Rechts.“

Ich meine, dieſer Satz verliert nichts an ſeiner Wahr— heit und feinem Gewicht, weil heute ich auf deuſelben mich berufe.

Der von mir überreichte Antrag, geehrtes Haus, geht nicht weiter, als darauf: das geehrte Haus wolle jenes Ge— ſetz, welches die Legislative Ungarns im Jahre 1868 ge— ſchaffen, und in welchem ſie beſtimmt und angeordnet hat, in welcher Weiſe der Königsboden geregelt, wie dieſe Frage gelöſt werden ſolle, in Ehren halten und wolle ihm gegen— über der Regierung Achtung verſchaffen. (Großer Lärm. Auf- hören! Aufhören!)

Präſident: Der geehrte Herr Abgeordnete wird ſeine Rede fortſetzen; aber ich bitte ihn, er möge es kurz machen. (Bewegung.)

Guſtav Kapp: Geehrtes Haus! Ich ſchließe meine Rede. (Lebhafter Beifall.) Im Hinblicke auf die große Be— deutung und Tragweite dieſes Geſetzentwurfes muß ich er— klären, daß wir unſererſeits demſelben weder unſere Zuftim- mung geben, noch uns damit befriedigt erklären können, denn wenn wir dieſes thäten, würden wir treulos (hütlenek) dem Geſetz, dem Lande, unſerem Volke und unſerem eigenen Ge— wiſſen.

An der Specialberathung werden wir meine Geſin— nungsgenoſſen und ich darum auch keinen Theil nehmen. Beſchließen Sie, meine Herren, ſo, wie es Ihnen Ihre Ueberzeugung, Ihr Gefühl für Recht und Billigkeit eingibt. Nur auf Eines mögen Sie achten und das iſt: justitia est regnorum fundamentum! Ich empfehle Ihnen unſeren

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Gegenantrag. (Lärm. Widerſpruch aus dem Centrum und von der äußerſten Linken. Beifall von der äußerſten Rechten ſeitens der Sachſen.

Koloman Tißg, Miniſterpräſident.

Geehrtes Abgeordnetenhaus! (Hören wir! Hören wir!) Auf jede mögliche Weiſe wünſche ich die es läßt ſich nicht leugnen in den letzten Tagen in jeder Art auf die Probe geſtellte Geduld des geehrten Hauſes zu ſchonen und werde ich mich daher nur auf das Nothwendigſte beſchränken. (Hören wir!)

Was die letzte Aeußerung des geehrten Herrn Abge— ordneten, der vor mir ſprach, anlangt, nämlich was ſie, er und ſeine Parteigenoſſen nun zu thun haben, darüber mögen ſie mit ihrem Gewiſſen ſich abfinden; das iſt ihre Sache. Aber daß an den Berathungen eines geſetzgebenden Körpers theilnehmen und ſich darin ergeben, wenn aus einem Entwurf ein Geſetz wird, ſoviel bedeute, als dem Geſetze untreu werden, dafür will ich keine andere Erklärung ſuchen, aber Sinn hat das abſolut keinen. (So iſt's.)

Was das anbelangt, was über der parlamentariſchen Gewalt ſei, hat der geehrte Herr Abgeordnete nicht richtig ausgelegt. Ueber der parlamentariſchen Gewalt ſteht, vom Standpuncte des einzelnen Falles aus betrachtet, kein Recht, über der parlamentariſchen Gewalt ſteht nur die allgemeine ewige Gerechtigkeit (az Altalänos örök igazsäg) (Lebhafter Beifall) denn ſonſt erlauben Sie gefälligſt war auch das Rechi des ungariſchen Adels ein Recht; das jus gladii war auch ein Recht, welches einzelne Grundherren ehemals ausübten, und dennoch ſind ſie eben im Intereſſe der heiligen Gerechtigkeit abgeſchafft worden. (Lebhafte Zuſtimmung.)

Und ſo muß man mit jedem Rechte thun, das nicht dem Allgemeinen, nicht der Gerechtigkeit dienlich, (Beifall) mit jedem, das ſo weit geſunken iſt, daß es nur noch Ein— zelnen zum Steckenpferde dient und zwar zum großen Schaden des großen Publikums, der Geſammtheit. (Lebhafter Beifall.)

Ich muß indeſſen bemerken, daß es überaus ſchwer, nahezu überflüſſig iſt, mit den geehrten Herrn Abgeordneten zu disputiren, zu argumentiren. Nur auf einige Dinge werde ich reflectiren, nur diejenigen berühren, welche er—

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weiſen, daß es überflüſſig iſt, ihnen gegenüber zu argumen— tiren. Denn ich frage: läßt ſich mit ſolchen Leuten argu— mentiren, die während ſie über den vorliegenden Geſetz— entwurf, vom Verhältniß des Königsbodens, eines Theils des ungariſchen Staates, zu dem ganzen Staate ſprechen ihre Analogien daraus entnehmen, was einſt die ungariſche Geſetzgebung vom Standpuncte des geſammten ungariſchen Staates einem andern Staate gegenüber vorgebracht hat? Das iſt eine ſolche, entweder abſichtlich, oder auf Irrthum beruhende Verwechſelung der Situation, daß es verlorene Mühe wäre, mit demjenigen, der hieran feſthält, auf dem Boden des Conſtilutionalismus zu debattiren. (Lebhafter Beifall.)

Wie könnte man aber auch mit ihnen debattiren, wenn heute ein geehrter Herr Abgeordneter unter Andern auch den Satz aufgeſtellt hat, daß Recht und Pr ivilegium Eins ſei. Ich bitte, leſen Sie die zahlreichen, im Schoße der auch von mir ſehr hochgeachteten, wahrhaft wiſſenſchaftlichen deutſchen Nation erſchienenen Bücher, und Sie werden finden, daß Jene, die wirkliche Culturmenſchen ſind, Recht und Privilegium nicht miteinander zu verwechſeln pflegen. (Heiterkeit. )

Aber nech Eines ſagte der hochgelehrte Herr Abge— ordnete (große Heiterkeit.) Er wendete wieder die Analogie auf den vorliegenden Fall an und ſagte, von der oben von mir bezeichneten Situation ausgehend, wie es dem Könige nicht erlaubt ſei, einſeitig die Geſetze und Rechte aufzuheben, jo ſei das auch der Geſetzgebung einſeitig nicht erlaubt. Da iſt es wieder ſchwer zu debattiren, wenn Jemand glaubt, daß auf der einen Seite der König, auf der anderen die Geſetzgebung ſtehe. Nach conftitutionellen Begriffen iſt der König der eine, allerhöchſte ergänzende Theil der Geſetz— gebung; es kann mithin unter keinen Umſtänden die Gefeß- gebung ihm gegenübergeſtellt werden.

Der Herr Abgeordnete beklagt ſich, daß die Preſſe Alles gethan habe, um die übrigen deutſchen Bewohner Ungarns den Deutſchen des Königsbodens zu entfremden. Er hat Recht; ein Theil der Preſſe hat dazu Alles gethan, aber das war jener Theil der Preſſe des Siebenbürger— Königsbodens, der unpatriotiſche Lehren verkündigt und da—

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durch in den patriotiſchen deutſchen Bewohnern Ungarns Antipathie gegen fie geweckt hat. (Wahr! So iſt's!)

Der Herr Abgeordnete betont den Patriotismus, und ſagt dann doch, entgegen der hiſtoriſchen Wahrheit, von den Zipſer Sachſen entgegen der hiſtoriſchen Wahrheit deshalb, weil wir gut wiſſen, wie ſehr die Zipſer Sachſen weit entfernt, ihrer Verpfändung an Polen ihr Wolergehn zu verdanken, ſich aus dieſer Verpfändung herausgeſehnt haben, und wie ſie, ebenſo wie vorhin, ſo auch nachher zu den treueſten Söhnen des ungariſchen Vaterlandes gehört haben, in deſſen Schoße fie ſich wol befanden und doch behauptet er von ihnen, ſie hätten ihr Proſperiren dem zu danken gehabt, daß ſie an Polen verpfändet waren. Nun, ſolchen Patriotismus, der auch noch der hiſtoriſchen Wahrheit ins Geſicht ſchlägt, um nur ſein eigenes Vaterland verun— glimpfen zu können, kann ich als Patriotismus nicht gelten laſſen. (Lebhafter Beifall.) |

Was den politiſchen Cynismus anbelangt, fo hat dieſer Herr Abgeordnete ganz Recht; daß es politiſchen Cynismus gibt, hat nicht er geſagt; daß wir in dem Zeitalter desſelben leben, hat auch nicht er geſagt; die Wahrheit des Ausſpruches ſelbſt will ich nicht discutiren, erörtern, beſtätigen oder be— ſtreiten: das aber erkenne ich mit voller Bereitwilligkeit an, daß von dieſem, nicht von ihm gethanen Ausſpruch der Herr Abgeordnete ſelbſt die ſtärkſte Illuſtration iſt. (Große Heiterkeit).

Auch das ſagte er und da muß ich wieder auf einen curioſen parlamentariſchen Brauch aufmerkſam machen, der darin beſteht zum Glück iſt er indeß noch nicht par⸗ lamentariſcher Brauch daß auf ein, im Privatgeſpräch fallengelaſſenes Wort im Parlament ſich berufen und darüber eine Rede gehalten wird; doch das iſt Geſchmackſache und ich habe Nichts dawider alſo der Herr Abgeordnete ſagte, ich ſehe es nicht gerne, daß zur Vertheidigung meines Ge- ſetzentwurfes zu Viele das Wort ergreifen, und daraus folgert er, ich habe kein Vertrauen, daß mein Geſetzentwurf mit Gründen ſich vertheidigen laſſe. Nun bitte ich um Ent- ſchuldigung, da muß man wieder die Logik bewundern. Denn wenn ich das nicht gerne ſähe, daß man gegen meinen Geſetzent⸗ wurf ſpricht, wenn ich mich bemüht hätte, diejenigen zu über⸗

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reden, fie ſollten nicht ſprechen, die meinen Geſetzentwurf angreifen wollen, dann könnte er allerdings logiſch richtig ſagen, ich habe das gethan aus Furcht, ſie könnten mit ihren Gründen meinem Geſetzentwurf den Boden unter den Füßen wegziehen. Ich denke aber, wenn Jemand eben die— jenigen, die ihm beipflichten, bittet, ſie möchten mit Rückſicht auf die Zeit, deren Koftbarfeit wir Alle ermeſſen, vom Reden abſtehn, dann ſagen, man könne den Geſetzentwurf nicht vertheidigen, verſtößt gegen die einfachſten Regeln der Logik. (Zuftimmung).

Zum Schluße geehrtes Haus! Die Anſchuldigung iſt immer nur die, der vorliegende Geſetzentwurf ſtehe nicht auf der Baſis des 1868er Geſetzes. Wie weit ein ſolcher Vor— wurf überhaupt auf eine neue Geſetzvorlage anwendbar ſei, nämlich daß ſie einem älteren Geſetze nicht entſpreche, darüber habe ich ſchon zum vorigen Male mich ausgeſprochen. Mehr darüber will ich nicht ſagen; in dieſem gegebenen Fall aber beſtreite ich entſchieden, daß der Vorwurf begründet ei. Denn ich bitte den geehrten Herrn Abgeordneten, der eben vor mir geſprochen, um Entſchuldigung, man darf ſich nicht nur auf den § 1, auch nicht nur auf den $ 10 und 11 des G.⸗A. 43 von 1868 berufen, ſondern man muß ſich auf den ganzen Geſetzartikel, in feinem ganzen Zuſammenhange be— rufen. (So iſt's!) Und wenn wir uns fo darauf berufen, ſo meine ich, daß die Geſetzgebung bei der Gelegenheit, als ſie jenes Geſetz ſchuf, wußte, was ſie wollte, und daß ſie das, was fie im S 1 geſagt, nicht mit den SS 10 und 11 wieder niederreißen wollte, ſondern daß fie im S 1 den Grundſatz aufgeſtellt und im § 10 und 11 nur ausſpricht, innerhalb der Schranken dieſes allgemeinen Grundſatzes ſolle mit dem Königsboden verfahren werden. Und wenn wir die Sache alſo auffaſſen, dann wage ich entſchieden zu behaupten, daß er (der Geſetzentwurf) auch dieſen Anordnungen des Geſetzes entſpricht. (So iſt's!)

Noch eine Bemerkung will ich mir erlauben zu machen, dann ſchließe ich meine Rede. (Hören wir! Hören wir!)

Ich, ſeien Sie deß überzeugt, als ich dieſen Geſetzent— wurf überreichte, wollte nicht zertrümmern wie der Herr Abgeordnete geſagt hat das, was Jahrhunderte zufammen- gefügt, ſondern wollte alle Theile des ungariſchen Staates

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möglichſt enge verſchmelzen (Beifall) und möglichſt alle Hinderniſſe wegräumen, die dieſer Verſchmelzung noch im Wege ſtehn. (Lebhafter Beifall). Und auch in dieſem Falle kann von nichts Anderem, als von dieſem, die Rede ſein.

Uebrigens hat von den geehrten Herren Abgeordneten Einer, der nicht heute geſprochen das iſt, wogegen ich meinen Geſetzentwurf nicht ſchützen, aber vertheidigen will (még nem megvedeni, de vedeni) gejagt: Dieſer Ge— ſetzentwurf ſei die Verkörperung deſſen, was ich am 13. April ich weiß nicht genau vorigen Jahres geſagt habe. Was habe ich damals geſagt? Habe ich geſagt, die ungariſche Nation werde diejenigen zermalmen, die nicht Magyaren ſind? Niemals! weder damals, noch ſonſt habe ich das auch nur mit einem Worte geſagt. Was ich damals ſagte, war: ich machte den Herrn Abgeordneten, der damals aufgetreten war, aufmerkſam, ſie mögen auf ihrer Hut ſein, denn wieviel Noth und Sorgen wir auch haben mögen, werde Ungarn und die ungariſche Nation immer noch ſoviel Kratf haben, um alle Diejenigen zu zermalmen, die den Beſtand und die Sicherheit des Landes und der Nation gefährden. (Lebhafter Beifall.) Hat der Herr Abgeordnete wol auch bedacht, als er ausſprach, dieſer Geſetzentwurf ſei eine Ver— körperung meines damaligen Ausſpruches, was er damit ge— ſagt hat? Eine Anſchuldigung, eine unverdiente Anſchuldigung, gegen die ſächſiſchen Bewohner des Königsbodens, ſo daß dieſe ſelbſt, wenn ſie gehörig darüber aufgeklärt würden, die erſten wären, die Anſchuldigung an dem Herrn Abgeordneten zu ahnden. (Lebhafte Zuſtimmung.) Denn wenn das eine Verkör— perung meines Ausſpruches wäre, die Sachſen ſollten zermalmt werden, ſo hieße das, die Sachſen ſeien Feinde der Exiſtenz und der Sicherheit des Vaterlandes. (Lebhafte Zuſtimmung.) Möglich, daß es nach dem Wunſche und in der Einbildung des Herrn Abgeordneten ſo ſein mag, in der Wirklichkeit aber iſt es nicht ſo. (Lebhafte Zuſtimmung.)

Schließlich will ich auf eine Aeußerung des geehrten Herrn Abgeordneten, der vorher geſprochen, noch eine Be— merkung machen. Er fügte, er nehme den Geſetzentwurf eben deshalb nicht an, weil er noch ſchlechter ſei für die Magyaren, als für die Sachſen. Zunächſt bitte ich den geehrten Herrn Abgeordneten, er möge ſich wie man zu ſagen pflegt

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unſeren Kopf nicht weh thun laſſen; dafür wollen wir ſchon ſelber ſorgen. Ich bin aber ſo frei, auch das auszu— ſprechen, das geehrte Haus wolle dieſen Geſetzentwurf nicht als ſolchen, der nach der Behauptung des Herrn Ab— geordneten, ſchlimm für die Sachſen, und noch ſchlimmer für die Magyaren und Romänen wäre, ſondern als einen ſolchen, der nach meiner Ueberzeugung, für alle Bewohner des Königsbodens gut iſt, annehmen. (Andauernder lebhafter Beifall und Hochrufe).

Präſident: Ehe ich zur Abſtimmung die Frage ſtelle, wird erſt der Gegenantrag aufgeleſen werden, welchen Guſtav Kapp und ſeine Geſinnungsgenoſſen eingegeben haben.

Algernon Beöthy, Schriftführer, (lieſt den Antrag).

Präſident: Ich werde die Frage ſtellen. Nimmt das Haus den Geſetzentwurf über den Königsboden (fundus regius) ferner über die Regelung der ſächſiſchen Univerſität (universitas) und über das Vermögen der Univerſität ſowie das Vermögen der ſogenannten Siebenrichter, nach dem Texte der Verwaltungscommiſſſon im Allgemeinen als Grund— lage für die Specialdebatte an? (Wir nehmen ihn an). Die ihn annehmen, mögen aufſtehen. (Geſchieht. ). Das Haus nimmt den Geſetzentwurf nach dem Texte der Ver— waltungscommiſſion zur Grundlage der Specialdebatte an.

Es folgt nun die Specialdebatte.

(Die ſächſiſchen Antragſteller und der Ab— an Decani verlaſſen den Berathungs—

a al).

Spezialdebatte.

Parthenius Kozma: Geehrtes Haus! Es iſt mir wahrlich ſchwer gefallen mich zu beherrſchen, um nicht in der Generaldebatte die oft wiederholten Lobeserhebungen, wie groß früher auf dem Königsboden die Freiheit und Gleichberechtigung geweſen ſei, auch meinerſeits zu illuſtriren; ich habe dies jedoch nicht gethan, vor allem wegen der Manier, in welcher die Herren ſächſiſchen Abgeordneten den Geſetzentwurf bekämpften. Ich muß geſtehen, daß ich meiner⸗

*) Mit allen gegen 17 Stimmen, nämlich der 15 Antragſteller, und der Abgeordneten Decani und Kasper. 11 *

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ſeits dieſe Manier nicht für die allerzweckmäßigſte halte; ſie haben ſich den Anſchein gegeben, als ob ſie den letzten Kampf um Sein oder Nichtſein kämpfen, und ich bin nicht der Menſch, welcher dem Leidenden wenn er ſich für einen ſolchen hält das Recht zur Klage abſpräche, und wenn ich ihm nicht helfen kann, ihn noch ſelbſt unterdrücke. Aus dieſem Geſichtspunkt habe ich, weil es nicht in meiner Macht ſtand ihnen zu helfen, lieber geſchwiegen. Doch kann ich nicht umhin, jetzt bei der Spezialberathung des Geſetz— entwurfes, in Kürze einige Amendements zu ſtellen, und zwar insbeſondere hier beim Titel. Es iſt möglich, daß ich auch hier geſchwiegen, wenn ich die Motivirung des Herrn Be— richterſtatters bezüglich der künftigen ſächſiſchen Nationsuni— verſität nicht gehört hätte; denn wenn der Titel ſo bleibt, wie er jetzt lautet, jo eutſpricht derſelbe der durch das Geſetz geſchaffenen Lage und Wirklichkeit nicht, und entſpricht weder der Rechtsfrage pro praeterito, noch der Gleichberechtigung.

Dem Titel des Entwurfes gemäß wird geſagt, daß die „ſächſiſche Univerſität“ geregelt wird. Zwiſchen Dieſem und dem Bisherigen iſt der Unterſchied, daß es bisher hieß „ſächſiſche Nation suniverſität“, wenn Sie nun „Nations“ weglaſſen und bloß „ſächſiſche Univerſität“ ſagen, während dieſem Geſetze gemäß ein ſolches Territorium nicht mehr exiſtirt, welches ſächſiſch genannt werden könnte und auch de jure niemals beſtanden hat, da dies Territorium früher der fundus regius war und auch jetzt bleibt ſo können Sie meiner Anſicht nach dem Vertretungskörper, welcher in einer Beziehung berufen iſt, dies Territorium zu repräſen— tiren, abſolut keinen nationalen Namen geben. Wenn es ſo bleibt, wie es gegenwärtig iſt, ſo müßte ein Vertreter des Königsbodens, der in dieſem Vertretungskörper des fundus regius ſitzt, ein Glied der ſächſiſchen Nation ſein, ſei er ein Magyare, Deutſcher oder Romäne, er wird als ſolcher Sachſe ſein. Dies iſt meiner Anſicht nach eine Anomalie, iſt eine Ungerechtigkeit den übrigen Nationalitäten gegenüber, und dann iſt nicht durchgeführt das Geſetz, auf welches Sie ſich eben auf der Gegenſeite beziehen, und welches vor— ſchreibt, wie es durchgeführt werden ſoll. Denn dort ſteht ausdrücklich, daß die Regelung ſo erfolgen ſoll, daß die Rechtsgleichheit der Bewohner jenes Territoriums, ſeien ſie

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welcher Nationalität immer, gebührend berückſichtigt werden ſoll. Nun, ich bitte um Entſchuldigung, ich kann mir nicht vorſtellen, wie ſich der Magyare oder Romäne, der Ver— treter des Königsbodens iſt, zum Sachſen machen ſoll, wenn er kein Sachſe iſt. Weiter aber ſtimmt der Titel auch nicht zum Text des Geſetzes, weil insbeſondere der §. 6 aus— drücklich beſtimmt und ſagt, daß, unter Vorbehalt der richter— lichen Entſcheidung bezüglich des Eigenthumsrechtes, die Ver— mögensobjekte, welche der Verwaltung der Univerſität unter— ſtehen, das Eigenthum ſämmtlicher Bewohner des Königs— bodens bilden.

Ich will daher nicht weiter über dieſen Gegenſtand ſprechen, bitte aber im Intereſſe der Gerechtigkeit, im Sinne des §. 10 des XLIII. G.⸗A. von 1868 und im Intereſſe der Correctheit des Geſetzes das einzige Wort „ſächſiſche“ auszulaſſen und an Stelle desſelben „des Königsbodens“ zu ſetzen, fo daß es laute: „Univerſität des Königsbodens“.

Wenn wir den Sinn des Wortes „Univerſität“ nehmen, wie er bei uns beſteht, ſo muß man eingeſtehen, daß der Ausdruck „egyetem“ ganz vergriffen iſt; denn unter „egyetem“ ver— ſteht man im Magyariſchen eine höhere Unterrichtsauſtalt. Jedes Municipium war in Ungarn eine „universitas“, als die lateiniſche Sprache die diplomatiſche war, ſpäter ſagte man hiefür Gemeinde („Közönség“), unter dem Titel Ge— meinde correſpondirte die Regierung mit der Univerſitas des Municipiums, und ſo nannten ſich die Municipien in ihrer Unterſchrift. Wenn wir nun ſtatt des Wortes Univerſität das richtige Wort: Gemeinde ſetzen wollten, ſo müßten wir ſagen: „ſächſiſche Gemeinde“, was jedoch eine Abſurdität wäre, da es nicht angeht „ſächſiſche Gemeinde“ zu ſagen, wenn nicht die Sachſen, ſondern die übrigen Nationalitäten die Majorität bilden. Doch ſelbſt wenn die Sachſen in der Ma— jorität wären, ſelbſt dann könnte man nicht ſagen: „ſächſiſche Gemeinde“, weil es dort auch andere Nationalitäten gibt, deßwegen überreiche ich mein Amendement und empfehle es zur Annahme.

Schriftführer Julius Gullner: (lieſt) Amen⸗

dement zum Titel des Geſetzes über den Königsboden: In der erſten Zeile des Titels möge das Wort „ſächſiſche“

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ausbleiben und an Stelle deſſen „des Königsbodens“ geſetzt werden.

Gabriel Kemeny, Unterſtaatsſekretär: Geehrtes Haus! Es gibt kaum etwas Schwereres als gute Namen geben. Dort wo brauchbare Benennungen mit klarem Sinne exiſtiren, iſt es am beſten ſie ſo zu gebrauchen, wie ſie das Leben gebildet hat. Was ich hier in der Hand habe, nennt man einen Bogen Papier, obwol es weder ein Bogen, noch auch Papyros iſt, doch es ändert hieran nichts, wie wir es nennen, weil Jederman weiß, was wir darunter ver— ſtehen wollen. Es ſteht feſt, daß die alte Bezeichnung „ſäch— ſiſche Univerſität“ oder „Nationsuniverſität“ lautete, je nach dem es einem bequemer war. Die Bezeichnung „ſächſiſche Univerſität“ entſpricht dem jetzigen Zuſtand viel beſſer, nicht Nationsuniverſität, wol aber „ſächſiſche Univerſität“, weil dieſer Ausdruck das bezeichnet, was dies Geſetz darunter verſtehen will, während die Bezeichnung „Königsboden-Uni⸗ verſität“ etwas total Neues wäre, was gar keine hiſtoriſche Grundlage hat, eine neugeſchnitzte Benennung, mit welcher ich mich, offen geſagt, nicht recht befreunden könnte, weil ſie eine Antipathie erwecken würde, welche ich nicht gerne er— wecken wollte. Ich bitte das geehrte Haus, belieben Sie die Bezeichnung fo anzunehmen, wie fie da ſteht, und den alten Namen beizubehalten, ſo daß der Titel bleibe: „ſäch— ſiſche Univerſität.“ (Beifall.)

Dagegen bin ich ſo frei das geehrte Haus zu bitten, es wolle eine kleine Stilmodifikation annehmen. Es ſteht nämlich in der zweiten Zeile „von dem Vermögen der ſoge— nannten Siebenrichter;“ wenn wir zum Worte Siebenrichter das Beſitzſuffix hinzufügen, jo wird der Ausdruck viel cor— recter ſein.

Julius Horvath: Nach dem, was mein Vor- redner Herr Abgeordnete Baron Gabriel Kemeny geſagt, bleibt mir ſehr wenig zu ſagen übrig; auf das, was der Herr Abgeordnete Parthenius Kozma geſprochen, ſei es mir jedoch erlaubt, einige kurze Bemerkungen zu machen.

Er hat geſagt, man möge ohne weiteres den Titel des Geſetzentwurfes ändern, ſo daß er laute: „von der Regelung des Königsbodens“. Wer die Geſchichte kennt, weiß, daß Regelung des Königsbodeus und Regelung der ſächſiſchen

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Univerſität zwei ganz verſchiedene Dinge bedeuten. Während „Königsboden“ das Vermögen ſelbſt, den Beſitz des Terri— toriums bedeutet, ſo war die ſächſiſche Univerſität das Organ, welches dies Vermögen verwaltete, zur Verwaltung dieſes Vermögens berechtigt war. Wenn der Titel lauten wird: von der Regelung des Königsbodens, ſo wird er die Be— nennung jenes Organes nicht enthalten, welcher in den alten ſiebenbürgiſchen Geſetzen, den Conſtitutionen, vorkommt. Hier iſt davon die Rede, daß die Univerſität normirt werden ſoll, die Univerſität kann ſo und kann anders geregelt werden, da es ſich aber hier um die Regelung keiner andern Uni— verſität handeln kann als um die der ſächſiſchen, die bisher nur unter dieſem Namen bekannt war, da alſo von der Regelung dieſer die Rede iſt, ſo kann man ihren Namen nicht ändern.

Parthenius Kozma: Mein geehrter Herr Vor— redner hat meine Worte mißverſtanden; denn ich habe kein Wort von dem geſagt, was er widerlegt hat, da ich von der Univerſität des Königsbodens und nicht von der Re— gelung des Königsbodens geſprochen habe. (Beifall).

Karl Könczey: Ich ſchließe mich in jeder Be- ziehung dem Antrage meines geehrten Collegen Kozma an, weil ich hiezu ein hiſtoriſches Recht ſehe; nur ſo werden alle Bewohner des Königsbodens jene Rechte erreichen, die ihnen gebühren. Ich werde ſo frei ſein einen Antrag aufzuleſen, welcher bezweckt, daß nicht nur im Titel, ſondern auch in den SS an Stelle von „ſächſiſcher Univerſität“ „Univerſität des Königsbodens“ geſetzt werde. Da über den fundus regius von Rechtswegen nur die Univerſität des Königs— bodens disponiren kann; beantrage ich, daß vom Titel des Geſetzentwurfes angefangen vorzüglich in den 88 2, 3, 4, 5, 6, 7, 10, 11, 12, 14, 15, 16, 17, 18 und 19 überall ſtatt „ſächſiſche Univerſität“ „Univerſität des Königsbodens“ geſetzt werde, weil nur dieſer Titel die geſammte Bewohner— ſchaft des Vaterlandes beruhigen kann, da dieſer Titel die Idee des ungariſchen Staates in ſich trägt.

Schriftführer Julius Gullner verlieſt den Antrag.

Koloman Tißa, Miniſterpräſident: Ich habe mich umſomehr gefreut, daß der Herr Abgeordnete ſeinen Antrag im Allgemeinen bezüglich mehrerer SS eingebracht, als fo

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wenigſtens zu hoffen ift, daß wir bei viefer Gelegenheit die ganze Frage ſuperiren können. Als ich dieſen Geſetzentwurf einbrachte, war, wie ich ſchon früher erklärt habe, nicht das meine Abſicht, aus unſerm Geſetzbuche die Namen jener Sachſen auszulöſchen, die in demſelben Jahrhunderte hier noch mit Recht eine Rolle geſpielt haben. Es lag blos in meiner Abſicht, ſolche Verhältniſſe aufzuheben, welche dem Intereſſe des geſammten Staates zuwiderlaufen. Dagegen verſtehe ich nun meinerſeits nicht, wie es dem Intereſſe des ge— ſammten Staates zuwiderlaufen ſoll, ein Ding beim rechten Namen zu nennen, von der ſächſiſchen Univerſität zu ſagen, daß ſie die ſächſiſche Univerſität ſei, und uns vor dem Namen nicht zu fürchten, da ſonſt ſchließlich jemand ſagen könnte, daß wir ſogar vor dem Namen zurückgeſchreckt ſind. Ich bitte ſomit diejenigen, welche den Geſetzentwurf billigen, den— ſelben in ſeiner jetzigen Form anzunehmen. (Beifall.)

Präſident: Die Amendements werden aufgeleſen werden: („Wir haben ſie ſchon gehört!“) Wenn das geehrte Haus dieſelben für aufgeleſen erachtet, ſo ſtelle ich die Frage: beliebt das Haus den Titel des Geſetzentwurfes, ſo wie die Verwaltungscommiſſion denſelben formulirt hat, mit der Stil— modification, daß ſtatt „hétbirok vagyonärol“, „hetbiräk- nak vagyonärol* geſetzt werde worüber meiner Anſicht nach eine beſondere Abſtimmung nicht nöthig iſt alſo im übrigen nach der Textirung des Verwaltungsausſchuſſes an— zunehmen? Ich bitte diejenigen, welche ihn annehmen, ſich zu erheben. (Geſchieht.) Somit ſind, da das geehrte Haus den Titel des Geſetzeutwurfes nach dem Texte des Verwaltungsausſchuſſes mit der vorerwähnten Stilmodification angenommen hat, die Amendements entfallen.

Schriftführer Aladar Molnar verlieſt die Ein- leitung und den erſten Paragraf, nachdem dieſe ohne Be⸗ merkung angenommen worden, auch den zweiten Paragraf.

Martin Hegyeſſy: Geehrtes Haus! Dieſer Paragraf hebt zwar die Stellung des ſächſiſchen Geſpans (Comes) auf, bekleidet aber gleichzeitig den Obergeſpan des zu ſchaffenden Hermannſtädter Comitates mit dieſem Titel. Dieſes Vorgehen ſteht meiner unmaßgeblichen Meinung nach einigermaßen im Widerſpruch mindeſtens mit dem $. 1 des XLIII G. A. vom Jahre 1868, welcher ſagt, daß auch die

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Benennungen nach den bisherigen politiſchen Nationen für: derhin aufhören. Da ich aber nicht einſehe, weßhalb wir's nöthig haben, eine ſolche Beſenderheit jetzt beizubehalten, die keinen Sinn hat, die ſich nur auf dieſen Titel ſtützt, aus welchem aber unſere ſächſiſchen Vettern künftighin weiß Gott was für Conſequenzen ziehen könnten. Daher bean— trage ich in aller Kürze, es möge der letzte Abſatz dieſes Paragraf's: „und dieſer Titel geht auf den Vorſitzenden der ſächſiſchen Generalverſammlung, auf den Hermannſtädter Obergeſpan über“ geſtrichen werde, weil hiemit nichts anderes aufgehoben wird, als daß die Titel gänzlich weg— fallen. Was weiters darin ſteht, daß der Hermannſtädter Obergeſpan der Vorſitzeude der Generalverſammlung ſei, iſt ohnehin im §. 8 des Entwurfes enthalten. Daher empfehle ich mein Amendement zur Annahme. Schriftführer Julius Gullner verlieſt das Amen- dement. Miniſterpräſident Koloman Tißa: Geehrtes Haus! Ich bin ſo frei zu bitten, das geehrte Haus wolle den §. 1 annehmen, wie er redigirt iſt (Beifall), das was mit den unbedingt nöthigen Verwaltungsrückſichten nicht vereinbarlich iſt, das Amt des ſächſiſchen Geſpan's, darüber iſt ausge— ſprochen, daß es aufgehoben wird; dagegen ſehe ich nicht ein, warum wir da wir dies Ziel auch ſo erreichen können auch einen Titel aufheben ſollten, an welchen ſich ge— ſchichtliche Reminiscenzen knüpfen, die jedoch auch Fünftighiu nur Reminiscenzen ſein werden. Ich meinerſeits liebe es, das Ding ſo zu machen, wie ich es für gut erachte, und ſchrecke nicht zurück, wenn dies auch Intereſſen verletzt; doch liebe ich es auch das Ding in einer ſolchen Art zu machen, wie fie für die Betreffenden am ſchonendſten iſt. (Beifall.) Parthenius Kozma: Ich habe nur eine ganz kurze Erklärung abzugeben, geehrtes Haus! Ich wünſche ganz dasſelbe zu empfehlen, was mein Abgeordnetencollege Martin Hegyeſſy vorgebracht hat, denn ich halte es wahr— lich für überflüßig, daß wir Jemandem einen Titel geben, der abſolut keine Baſis hat. Das iſt ſo ein Titel ohne Mittel, der gar keinen Sinn hat. Ich hätte wol nicht das Wort ergriffen; doch darin, daß wir hiemit den ſächſiſchen Herren einen Gefallen erweiſen, irren Sie ſich meiner Ueber—

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zeugung nach. Ich glaube fie viel zu gut zu kennen, als daß ich annehmen könnte, fie ſeien mit einem ſolchen Comes⸗ titel zufrieden, wie dieſer. Sie brauchen einen ganz andern Comes; nicht einmal der jetzige Comes genügt ihnen trotz des Comestitels. Da wir ihnen alſo hiemit keinen Ge- fallen thun, und der Titel keine Baſis hat, weil er that⸗ ſächlich nicht mehr exiſtirt, acceptire ich das Amendement meines Collegen M. Hegyeſſy. |

Präſident: Beliebt das Haus den $.2 gemäß dem Contexte der Verwaltungscommiſſion und entgegen den ge— ſtellten Amendements anzunehmen? Er iſt angenommen worden, ſomit entfallen die Amendements.

Schriftführer Aladar Molnar lieſt den §. 3.

Präſident: Da keine Einwendung erhoben worden, enuncire ich den §. 3 als angenommen.

Schriftführer Aladar Molnar lieſt den 8. 4.

Michael Kaſper: Ich bin ſo frei ein kleines Amendement zu empfehlen, welches darin beſteht, daß ſtatt des Wortes „einzig“ in dieſen Paragraf „gewöhnlich“ geſetzt werden möge. Ich will zur Begründung deſſen nur bemerken, daß ich eine ſolche Beſchränkung des freien Dispofitions- rechtes über das Eigenthum, wie ſie in dieſem Paragraf enthalten und durch das Wort „einzig“ ausgedrückt iſt, über⸗ haupt für übertrieben und ungerechtfertigt erachte, ſelbſt dann, wenn dieſelbe in einem Geſetze verfügt wird.

Ich bin weit entfernt zu verlangen, daß das ſächſiſche Nationalvermögen zu andern als zu Culturzwecken verwendet werde, deßwegen aber halte ich es doch nicht für richtig, das aus dem Eigenthumsrecht fließende freie Dispoſitionsrecht des Eigenthümers ohne haltbaren Grund einzuſchränken, und damit die Möglichkeit völlig auszuſchließen, daß vom ſäch— ſiſchen Nationalvermögen für andere Culturzwecke, z. B. für Wolthätigkeitszwecke auch nur ein Groſchen verwendet werde.

Daher empfehle ich mein Amendement um ſo mehr zur Annahme, als dasſelbe den Zweck und das Weſen des Geſetzentwurfes abſolut nicht alterirt, und man von dies— bezüglichen Uebergriffen der Nationsuniverſität ſchon deßwegen nichts zu beſorgen hat, weil der 12. Paragraf des Geſetz⸗ entwurfes hiefür Sorge trägt, indem er nämlich beſtimmt,

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daß die Beſchlüſſe der Univerſitätsverſammlung nur nach Genehmigung des Miniſters rechtskräftig werden.

Schriftführer Julius Gullner lieſt den Abänderungs⸗ antrag Kaſper.

Miniſterpräſident Koloman Tißa: Ich glaube nicht des Breiteren begründen zu müſſen, daß ich dies Amendement für unannehmbar halte. (Beifall.) Es iſt wahr, daß der Vollzug gewiſſer Beſcheide und Beſchlüſſe von der Ge— nehmigung der Regierung abhängig gemacht wird; aber eben deßwegen iſt es nöthig, daß die Grenze gezogen werde, inner— halb deren ſich die Regierung zu bewegen hat. Wenn aus- geſprochen iſt, daß es allein zu öffentlichen Bildungszwecken verwendet werden darf, ſo iſt es dann ſehr natürlich, daß die Regierung ihre Pflicht kennen wird, wenn man die Ab— ſicht haben ſollte, es zu andern Zwecken zu verwenden. Wenn dies nicht jo beſtimmt wurde, ſonderu in der Art, wie es der geehrte Herr Abgeordnete wünſcht, ſo könnten die Regierungen ſelbſt bisweilen in die Verſuchung gerathen, in einzelnen Fällen nachzugeben, in andern nicht, und ſo gäbe es dann ewige unangenehme Mühe und Plage. Ich bitte den Text beizubehalten. (Beifall.)

Präſident: Nimmt das geehrte Haus den § 4 ent⸗ gegen dem eingebrachten Amendement an? (Ja!). Der § 4 iſt angenommen und ſomit das Amendement abgelehnt worden.

Schriftführer Aladar Molnar lieſt die 88 5, 6 und 7, welche ohne Debatte angenommen werden, hierauf $ 8.

Parthenius Kozma: Geehrtes Haus! („Auf— hören“ !) Ich bin gezwungen auch hier ein Amendement vorzulegen und bedauere ſehr, daß die Herren Abgeordneten des Königsbodens in der Specialdebatte nicht ſprechen und größtentheils auch nicht anweſend ſind, denn inſoweit ich Be— rufungen auf Gerechtigkeit und Rechtsliebe gehört habe, bin ich überzeugt, daß auch ſie ſelbſt meinen Antrag für gerecht erachten werden.

In dieſem 8 iſt die Rede davon, woraus die Nations— univerſität denn eigentlich beſtehe. Aus 20 Vertretern der Bevölkerung des Königsbodens. Der Königsboden zerfällt in Städte, Diſtricte und Stühle. Die Städte geben 9 Ber: treter, die Diftricte und Stühle alle zuſammen 11. Ich be⸗ dauere ſehr, daß wir gegenwärtig noch keine ſtatiſtiſchen

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Daten haben, doch weiß ich, daß die Bewohnerzahl der Städte ſich zu der der Diſtricte und Stühle ungefähr ſo verhält wie 1:4 oder, daß die Stühle und Diſtricte mehr als Zmal ſo viel Bewohner haben, wie die Städte. Hier bei der Vertretung dagegen iſt das Verhältniß derſelben faſt gleich, weil 9 Abgeordnete 11 gegenüber ſtehen. Die geehrte Regierung weiß beſſer als wir, wie viel Klagen es auch in der jetzigen Univerſität darüber gibt, daß die Städte die Stühle und Diſtricte abſorbiren, und daß die Minorität auch jetzt faſt bei jedem Beſchluß gezwungen iſt, Sondermeinung abzugeben. Ich, geehrtes Haus, hielte es für das Gerechteſte, ja für das Minimum, wenn die Stühle und Diſtricte in mindeſteus doppelt ſo großer Zahl an der Univerſitätsre— präſentanz betheiligt wären als die Städte, und wenn alſo um die Zahl der Städtevertreter nicht zu ſchmälern, auf dieſe 9 und auf die Stühle und Diſtricte 18 Vertreter ent— fielen, ſo daß die Univerſität aus 27 Vertretern beſtünde. Vielleicht wird man mir das Argument eutgegenhalten, daß dies theuer zu ſtehen kommt. Doch die Univerſität wird hiernach ohnehin nicht ſo viel zu thun haben, daß ſie. Monate lang tagen müßte, und ſo würde der Koſtenunterſchied nicht groß, das Zahleuverhältniß der Vertreter aber ein gerechtes ſein. Ich empfehle mein Amendement zur Annahme.

Schriftführer Julius Gullner verlieſt das Amen— dement.

Präſident: Nimmt das geehrte Haus den § 8 nach dem Text der Verwaltungscommiſſion au? (Ja!) Er iſt an⸗ genommen worden und ſomit das Amendement des Herrn Abgeordnoten Kozma entfallen.

Aladar Molnar lieſt die 88 9—12, welche ohne Bemerkung acceptirt werden; hierauf § 13.

Referent Friedrich Wächter: Im § 13 empfehle ich aus Stilrückſichten folgendes Amendement: „Der Präſident hat, wenn die Generalverſammlung ſeiner Meinung nach ihren Wirkungskreis überſchreitet,“ ꝛc. (Beifall).

Präſident: Der $ 13 wird mit dieſer Stilmodifi⸗ cation angenommen.

Aladar Molnar lieſt den § 14, welcher ohne Bemerkung angenommen wird, dann $ 15.

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Michael Kasper: Ich bin fo frei zu dieſem $ folgende Modification zu empfehlen: (Lieft). Die Worte dieſes §: „welch' letztere die Univerſitätsconferenz mit abſoluter Stimmenmehrheit wählt“ mögen ausgelaſſen und der 2. Titel ſo textirt werden: „Die Anzahl der übrigen Beamten des Centralamtes, weiters den Gehalt ſämmtlicher Beamten des Centralamtes, die Art der Wahl und die Dauer der Amts» führung beſtimmt die Univerſitätsconferenz unter Genehmigung des Miniſters.

Jene Agenden des Nationalrechnungsamtes, daß dies die Rechnungen der k. Freiſtädte und Gemeinden zu prüfen hat, „hören ꝛc. auf.“

Ich empfehle mein Amendement zum Theil auch zum Zwecke der Wahrung des freien Dispoſitionsrechtes über das Eigenthum, da das Univerſitätsamt nicht Verwaltungs— und nicht politiſche Behörde, ſondern einzig Vermögenver— waltungsamt ſein wird gemäß dieſes Geſetzes weßhalb die Dauer der Amtszeit nur die Univerſitätsconferenz als der Eigenthümer des Vermögens zu beſtimmen berufen und be— rechtigt iſt. Ich empfehle ihn andererſeits auch aus dem Geſichts— punkt der Gleichheit, damit nicht Secretär und Caſſier vielleicht nur auf 2 Jahre, die Uebrigen aber für Lebensdauer gewählt werden, was jedenfalls eine Anomalie wäre.

Julius Gullner verlieſt das Amendement.

Miniſterpräſident Koloman Tißa: Geehrtes Haus! Zunächſt weiß ich nicht, wie der Herr Amendementſteller von der letzten Alinea des § 10 denkt, weil er ſich diesbezüglich in ſeinem Amendement nicht erklärt: dieſe aber muß unbe— dingt im Geſetzestext bleiben, weil es die Conſequenz der ganzen Verfügung iſt, daß jene Agenden der Univerſitäts— buchhaltung aufhören, die in den Kreis der Gemeinden und Municipien eingreifen. Dies muß daher meiner Anſicht nach auf alle Fällen ſtehen bleiben. Was die übrigen Theile des Amendements betrifft, lege ich kein großes Gewicht auf dieſelben; ich halte den urſprünglichen Context für klarer. Doch wenn das Amendement auch angenommen wird, verpfuſcht es die Sache doch nicht. Die letzte Alinea bitte ich jedenfalls beizubehalten.

Julius Gullner lieſt das Amendement nochmals anf.

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Referent Friedrich Wächter: Auch ich lege dem Amendement keine Tragweite bei und habe nichts gegen ſeine Annahme.

Präſident: Ich habe zu dem Amendement die Be— merkung, daß man darin die Stilverbeſſerung machen müßte, daß ſtatt „die Beamten der übrigen Centralämter“ geſagt werde „die übrigen Beamten der Centralämter“. (Beifall). Ich glaube alſo, das geehrte Haus ſtimmt dieſem zu. (Sal). Belieben Sie alſo hernach den 8 10 (rectius 15) mit dem Amendement des Herrn Abgeordneten M. Kasper anzu— zunehmen. (Ja). Er iſt angenommen worden.

Miniſterpräſident Koloman Tißa: Hernach bleibt die letzte Alinea jedenfalls darin.

Präſident: Die letzte Alinea bleibt jedenſalls; das Amendement hat dieſe auch gar nicht berührt, weil es zur dritten Zeile der erſten Alinea lautet, deßhalb ſagte ich, daß mit dieſer Aenderung der ganze Context angen ommeu wird.

Schriftführer Aladar Molnar lieſt die SS 17, 18, 19 und 20, welche ohne Bemerkung angenommen werden.

Präſident: Da der Geſetzentwurf über die Regelung des Königsbodens auch in ſeinen Details erledigt iſt, wird er in der morgen, Samſtag abzuhaltenden Sitzung, welche auch ſonſt nach dem Beſchluſſe des Hauſes abgehalten werden muß, zum drittenmale verleſen werden.

Debatte

des

ungariſchen Ober hauſes.

(ueberſetzung des ſtenografiſchen Landtagsberichtes).

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Sitzungstag am 27. März.

Präſident: Es folgt der Bericht der Dreier-Com⸗ miſſion über den Geſetzentwurf, betreffend die Regelung des Königsbodens. (Schriftführer Geza Podmaniczky ver⸗ lieſt den Bericht der Dreier-Commiſſion und den Motiven— bericht des Miniſters.)

Diejenigen hochwolgebornen Herren Magnaten, welche zu dem Princip und Weſen des Geſetzentwurfes über die Regelung des Königsbodens im Allgemeinen zu ſprechen wünſchen, mögen dies thun.

Baron Dionys Eötvös:

Hochwolgeborener Herr Präſident! Hochwolgeborne Magnaten! Ich will nicht die Zeit des hohen Oberhauſes mit einer weitläufigen Rede in Anſpruch nehmen; ich be— merke nur kurz, daß ſowol der 1848er, die Union mit Sie— beubürgen betreffende Geſetzartikel, wie die $$.1, 10 und 11 des 43. Geſetzartikels aus dem Jahre 1868 ebenfo, wie der §. 88 des 42. G.⸗A. von 1870, auf deren Inhalt ſich die Frage der Entſcheidung des jetzt vor uns liegenden Geſetz— entwurfes gründet, mich davon überzeugt haben, es ſei immer die Anſchauung und Ueberzeugung geweſen, daß, inſofern die 1848 zum Geſetz gewordene Rechtsgleichheit dies geſtattet und nicht das Gegentheil befiehlt, die Regelung des Königs— bodens unter Achtung der jahrhundertalten Privilegien unſerer ſächſiſchen Landsleute vollzogen werden müſſe. Ich finde, daß wir, da fie gegenwärtig nicht befragt worden find, und die Schaffung eines ſolchen Zu: ſtandes, mit welchem auch ſie zufrieden ſind, nicht einmal verſucht worden iſt, dieſer bisherigen Anſchauung und Ueberzeugung nicht ganz gefolgt ſind.

Wenn man auch den Umſtand in Erwägung zieht, daß, ſoviel ich weiß, die Zahl meiner ſächſiſchen Mitbürger, ein— gekeilt zwiſchen meine wallachiſchen Mitbürger, gering iſt, ſo beſtimmt mich dies gerade dazu, daß man bis zur äußerſten Grenze gerecht, billig und ritterlich zu ſein ſich beſtreben müſſe.

12

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Wenn wir ferner den Umſtand berückſichtigen, daß der größte Theil der conſtitutionellen Länder der Welt Charten, Freibriefe beſitzt, deren Abänderung an gewiſſe erſchwerte Formalitäten geknüpft iſt, daß wir dagegen ſolche entbehren, indem jene in unſerer Verfaſſung und ebenſo, wie bei den Engländern, in unſern Geſetzen und Inſtitutionen ſich zer— ſtreut finden, erlaube ich mir die Aufmerkſamkeit des hohen Oberhauſes darauf zu lenken, daß es bei uns doppelt noth— wendig ſei, ſolche Geſetze nur nach den ernſteſten Beſorgniſſen und Erwägungen zu ſchaffen, damit ſie uns nicht täglich, theilweiſe und unbemerkt, aus unſerer Verfaſſung abhan— den kommen.

Geleitet von den hier vorgetragenen Principien und dem aufrichtigen Wunſche, es mögen meine ſächſiſchen Mit— bürger ebenſo große Loyalität zeigen wie ich, verlange ich, daß das Land ihnen gegenüber immer eine Ausnahme machen möge, und bin der Hoffnung, daß ſie mit Freuden in alle jene Veränderungen einwilligen würden, welche die Intereſſen unſers, die Verfaſſung in den Ländern der heiligen Stefans— krone bisher ſchirmenden ungariſchen Staates erheiſchen. Damit ich das hohe Oberhaus für meine kurze, aber gleich wol langweilige Rede entſchädige, citire ich die ſchönen Worte des Salluſtius: „concordia res parvae crescunt, discordia maximae dilabuntur,“ was ich übrigens nicht ſo verſtehe, als ob die einzelnen Menſchen nicht abweichende Anſichten haben dürften. Ich erkläre, daß ich den jetzt uns unter- breiteten Geſetzentwurf, fo wie er jetzt vor uns liegt, als Grundlage zur Generaldebatte nicht annehme.

Baron Ludwig Földvary:

Hochwolgeborner Herr Präſident! Hohes Oberhaus! Ich theile die Beſorgniſſe meines Vorreduers, des hochwol— gebernen Herrn Baron Dionys Eötoös, nicht, weil ich dieſen Geſetzentwurf für den natürlichen Ausfluß des 1848 -er und 1868⸗er Geſetzes halte und gewü k ſcht hätte, er wäre früher vorgelegt worden, als heute. Was das Privilegium anbe— langt, welches der hochwolgeborne Herr Baron erwähnt hat, ſo glaube ich, daß auch wir viel größere Privilegien, als dieſes iſt, im Intereſſe der großen Geſammtheit aufge— geben haben, und ich bin davon überzeugt, daß dieſer Geſetz—

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entwurf, wenn er auch jetzt Einzelnen unſerer ſächſiſchen Mitbürger nicht gefällt, die große Menge in kurzer Zeit überzeugen wird, daß er hinſichtlich der Verwaltung der Ein⸗ theilung des Gebietes in jeder Richtung ihre Wünſche be— friedige; ich bin daher ſo frei, nochmals zu wiederholen, daß ich, die Beſorgniſſe des hochwolgebornen Herrn Barons nicht theilend, dieſen Geſetzentwurf meinerſeits als Grund— lage zur Specialdebatte annehme und deſſen Annahme dem hohen Oberhauſe empfehle. (Zuſtimmung.)

Baron Nikolaus Vay:

Hochwolgeborner Herr Präſident! Hochgeehrte Ma— gnaten! Ich läugne nicht, daß ich der Hoffnung war, dieſer Geſetzentwurf werde ſo, wie er hier iſt, ohne jede weitere Discuſſion angenommen werden, und wenn Niemand ge— ſprochen hätte, hätte auch ich geſchwiegen, weil ich zum Reden nicht eben große Luſt verſpüre. Nachdem ich jedoch ſchon aufgeſtanden bin, werde ich meine Anſicht über dieſen Geſetzentwurf mit größter Aufrichtigkeit ſagen.

Nachdem ich mehreremale die Möglichkeit und Gelegen— heit gehabt habe, mit unſeren Landsleuten vom Königsboden auf ihrem eigenen Grund und Boden, mit vielen Einzelnen unter ihnen und an ihrem eigenen Heerde zuſammenzukommen, und theilweiſe in amtlichen Beziehungen zu ihnen geftanden bin, fo habe ich ihre vielfachen Eigenthümlichkeiten, ihre Kräfte derart kennen gelernt, daß ich über das vor uns liegende Geſetz, welches die Mehrheit der Genannten kaum jemals in fo hohem Maße perhorresciren wird, trotz ver da— gegen gerichteten noch ſo heftigen und ungerechten Angriffe, durchaus ohne Vorurtheil und ohne Voreingenommenheit ſprechen kann.

Die vorzugsweiſe ſächſiſche und theilweiſe, aber auch nur theilweiſe magyarenfeindlich geſinnte Bevölkerung hat, beſonders das Bürgerthum, dieſer in unſerm Vaterland ſo ſehr entbehrte Factor der Civiliſation, ſich jo große Ver— dienſte erworben, daß meine Rückerinnerung an dieſe nicht einmal durch das Andenken an jene bitteren Zeiten gänzlich verdunkelt werden kann, in welchen ich als Mitlebender mir meine Erfahrungen geſammelt habe. Nachdem ich, wie ge— ſagt, mehrmals Gelegenheit gehabt habe, mit unſern Lands—

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leuten auf dem ſiebenbürgiſchen Königsboden in ihrem eigenen Geburtslande, mit Einzelnen, an ihrem eigenen Heerd zu verkehren und theilweiſe mit ihnen auch in amt— licher Verbindung zu ſtehen, habe ich ihre vielſeitigen Kräfte ſo ſehr achten gelernt, daß, wenn ich überzeugt wäre, der vor uns liegende Geſetzentwurf würde jene Zuſtände er— ſchüttern, auf welchen jene in unſerem Vaterlande ſeit alter Zeit ſich behauptende gut geordnete kleine Geſellſchaft beruht, die ſich auf dem Gebiete der Cultur, des Handels, der Gewerbe und des Cultus nicht geringe Verdienſte erworben hat, oder wenn ich geradezu die Möglichkeit ihrer Ver— nichtung ſehen ſollte, auch ich geneigt ſein würde, in die Reihe Derjenigen zu treten, welche das Inslebentreten dieſes Geſetzes zu verhindern ſich beſtreben.

Aber die Sache verhält ſich nicht alſo, ſondern ſo, daß eine ſeit langeher fchon allgemein anerkannte, auch ſeitens der Mehrheit der Bewohner des Königsbodens ſelbſt nicht beſtreitbare Nothwendigkeit vorhanden iſt was ich, wie ich wiederhole, zufolge meiner perſönlichen Erfahrungen bezeugen kann daß großartige territoriale Reformen in Siebenbürgen ſtattfinden müſſen, deren radikalem Vollzug unleugbar nur die bisherige Organiſation des Köniasbodens im Wege ſteht, die auch ſelbſt dann, wenn vor ihr Halt gemacht werden ſollte, die beſagte Arrondirung nicht ins Leben treten läßt. Heute aber in der gegenwärtigen Phaſe der Angelegenheit, kann meiner Ueberzeugung nach der Ge— fihtspunft, aus welchem die Sache beurtheilt werden muß, nur dieſer ſein, ſo ſehr und ſo ausſchließlich, daß, wenn Jemand uachweiſen könnte, die Organiſation des Königsbodens ſtehe der Territorialreform von ganz Siebenbürgen nicht im Wege, dieſer das Recht hätte, uns der Ungerechtigkeit und Tyrannei zu beſchuldigen. Aber dies wird kaum Jemand mit Erfolg unternehmen können. Die übrigen, auf die Verwirrung der Sache zielenden Fragen aber, wie die Nationalität und das auf ihre ſtaatsrechtlichen Verhältniſſe zum Muͤtterlande Bezügliche, kann man hier nicht berückſichtigen; denn hierüber haben ſchon früher das Nationalitätengeſetz und die neueren Unionsgeſetze entſchieden.

Was außerdem die ſchon ſo oft eitirten Freiheiten und Privilegien betrifft, ſo ſind nicht wir es, welche ſie heute

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außer Kraft ſetzen werden, ſondern die unwiderſtehliche Macht der Zeit, dieſer geſchworene Feind der Privilegien, vollbringt es.

Welche Verhältniſſe, wenn dem nicht alſo wäre! Wo würden wir heute ſtehen auch bezüglich anderer von uns vollzogenen Reformen, wenn wir nämlich bei jeder Reform— frage hätten zurückweichen müſſen, ſobald uns einzelne un— zufriedene Vereine, Confeſſionen oder Einzelne mit einem Pergament oder sigillum pendens den Weg verſtellen wollten?

Viele von uns haben beiſpielsweiſe auch noch nach dem Inslebentreten der Union kräftig dafür gekämpft, daß das Gubernium, wenngleich in anderer Geſtalt, doch noch in Klauſenburg aufrecht erhalten werden ſolle!

Dies hätte natürlich die centrale, einheitliche Admini— ſtration gerade ſo geſchwächt, wie die Organiſation des Königsbodens, welche die ſächſiſchen Herren aufrecht zu halten wünſchen, heute den in Rede ſtehenden Gebietsreformen im Wege ſtehen würde.

Aber gehen wir weiter. Es könnten ſich zum Bei- ſpiel unſere Städte oder einzelne unſerer alten Familien auf ihr jus gladii berufen, wenn demnächſt die Erledigung der Strafgeſetze auf das Tapet kommt. Aber ich erinnere mich noch deſſen, daß meine Ahnen, was heute wie Uebertreibung oder noch anders klingt, gleichwie die k. freie Stadt Debreczin auf ihrem Gebiete, ſo auf den in der nächſten Nähe der Stadt ſelbſt liegenden adeligen Beſitzungen Zeuge deſſen die vorgekommenen Hinrichtungen das unmittelbare per— sonale jus gladii beſeſſen haben, daß ſie durch einen von ihnen eingeſetzten Herrenſtuhl die Schuldigen mit möglichſter Barmherzigkeit veruriheilt baben, ohne daß die Hofkanzlei den Proteſt der Stadt berückſichtigt hätte.

Dies waren denn wahrhaft aſiatiſche, aber dazumal

für normal geltende Zuſtände. Es möge mir geftattet ſein, noch eines zu erwähnen, wenn ich mich fchen fo lange bei der Aera der Privilegien aufhalte. Wir zum Beiſpiel, die kirchlichen und weltlichen Mitglieder dieſes Oberhauſes, die wir im vollen Beſitze

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unferer reichstäglichen Rechte in plena possessione find, die noch das Jahr 1848 als eine Art noli metangere angeſehen, deren alte Rechte der in Geſetzen wurzelnde Ge— brauch von Jahrhunderten geheiligt hat, wollen wir unter Vorweiſung der hundert und aber hundert Privilegien, die ſeinerzeit unumgänglich nothwendig erſchienen, die Reform unſers Oberhauſes halsſtarrig verhindern? Werden unſere ſächſiſchen Vetter hiezu Ja ſagen?

Nein, nein, die goldene Zeit der Privilegien iſt vorüber, aber deshalb haben diejenigen, die der Privilegien verluſtig geworden, in Weſen doch nicht ſo viel verloren. Wir werden ihnen auf der andern Seite durch zeitgemäße neue Einrichtungen den Verluſt reichlich erſetzen, vom allge: meinen Gewinn nicht einmal zu reden.

So wird es auch mit unſern ſächſiſchen Mitbürgern ſein; die bemooſten Baſteien des romantiſchen Kronſtadt und und des verrammelten Hermannſtadt werden zu Boden ſinken, aber dafür wird um ſo freier die erfriſchende und geſunde Luft unſeres gemeinſamen Vaterlandes ihre volks⸗ reihen Gaſſen durchziehen und um fo ungehinderter wird bald von dort herausſtrömen all' das Schöne und Gute, was bisher hinter jenen etruskiſchen Mauern für den Egois- mus Einzelner aufgeſtappelt war.

Nicht verlieren, nicht verkümmern wird daher die Uni- verſität nach dem Inslebentreten dieſes Geſetzes. Die Be⸗ wohner desſelben werden vielmehr auf Grund der modificirten Organiſation neue Kraft von tauſenden Mitbürgern, die mit ihnen in ein innigeres Verhältniß treten, mit ihnen ſich amalgamiren, aber bisher von ihnen iſolirt waren, ſchöpfen, indem fie ſich gegenſeitig ihre nicht wegdisputirbaren, bürger lichen ausgezeichneten Eigenſchaften und Tugenden mittheilen.

Schließlich will ich kurz nur noch Eines bezüglich des Vermögens des Königsbodens erwähnen, hinſichtlich deſſen ich, da ich die frühere, dieſen Gegenſtand betreffende viel ſtrengere Anſicht kenne, nicht umhin kann, die hierauf be— züglichen, ſchonenden Verfügungen der jetzigen Regierung zu billigen, welche den ſeiner Natur nach heiklen Weg gänzlich vermeiden, und nur Gelegenheit dazu bieten, nur in der Beziehung eine entſprechende moraliſche Preſſion ausüben,

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daß die Betreffenden die beſagten gemeinſamen Güter nach einem andern, gerechteren Schlüſſel, aber gleichwol aus— ſchließlich ſelbſt, und einerſeits auf einer ausgedehnteren Baſis, andrerſeits zu beſtimmten heilſamen Zwecken mit Ausſchluß jeder Monopoliſirung verwalten.

Dieſem zufolge nehme ich dieſen Geſetzentwurf als einen neuen Beweis für die Gerechtigkeitsliebe und Energie und Kühnheit unſerer Regierung, aber gleichzeitig auch für ihr ſchonungsvolles Weſen mit voller Bereitwilligkeit an.

Ich kann nicht umhin mich zu freuen, daß endlich jene Seeſchlange, welche nicht nur in unſerm Vaterlande, ſondern auch in einem gewiſſen andern Theile Europas von Zeit zu Zeit ihr Haupt emporzuheben pflegte, ich meine die ſächſiſche Frage, endlich ganz von unſerem politiſchen Horizont verſchwinden werde. Denn dies wird das vortreffliche Geſetz, welches möglichſt practiſch iſt, ohne dabei drakoniſch zu fein, hoffentlich bewirken.

Graf Johann Schmidegg:

Mit Freuden begrüße ich den Geſetzentwurf, welcher mir gleichzeitig Gelegenheit bietet, das zu beweiſen, daß ich, obgleich ich zur Oppoſition gehöre, gleichwol freudig einem ſolchen Geſetzentwurf zuſtimme, den ich als heilſam und nützlich für das Vaterland halte. Zu dieſen rechne ich auch den gegenwärtig verhandelten Geſetzentwurf, welcher auf die Aufhebung eines Staats im Staate gerichtet iſt. Deshalb nehme ich ihn in ſeiner ganzen Ausdehnung an. (Zuftimmung). |

Präſident:

Wenn Niemand mehr das Wort zu ergreifen wünſcht, ſo kann ich, wie ich glaube, da eine Unterſtützung des Gegen— antrages nicht ſtattgefunden hat, ausſprechen, daß die hoch— geborenen Magnaten den in Verhandlung befindlichen Geſetz— entwurf annehmen.

Es folgt die Specialverhandlung.

(Schriftführer Baron Geza Podmaniczky lieſt die einzelnen Paragrafe).

Präſident: Wenn Niemand das Wort zu ergreifen wünſcht, geruhen diejenigen Magnaten, welche den Geſetz—

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entwurf über den Königsboden, ferner über die ſächſiſche Univerfität, ſowie über das Vermögen dieſer und der foge- nannten Siebenrichter ſowol hinfichttltch des Inhaltes, als auch hinſichtlich der Faſſung annehmen, dies durch Erheben anzu- deuten. (Es geſchieht). Die hochgeborenen Magnaten nehmen ihn an und ich werde hievon das Abgeordnetenhaus in der üblichen Weiſe verſtändigen.

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I. Beridf

der Verwaltungscommiſſion (des Abgeordnetenhauſes) zu dem miniſteriellen Geſetzentwurf über den Königsboden ıc.

Ehe die Verwaltungscommiſſion dieſen, ihr zugewieſenen Geſetzentwurf in Verhandlung genommen, gab der Minifterpräfident Koloman Tißa Aufklärung betreffs zweier Fragen.

Erſtens darüber, daß die „Betreffenden“ gemäß der An⸗ ordnung des §. 10 des G.⸗A. 43 von 1868 ebe der vorlie- gende Geſetzentwurf eingebracht worden, angehört worden ſind, indem die fächſiſche Nations⸗Univerſität zur Vorlage ihrer Meinung über die Regelung des Königsbodens von ſeinen Amtsvorgängern aufgefordert worden fet und ihr Gutachten dem Miniſterium ein⸗ geſchickt habe.

Zweitens: daß der Geſetzentwurf über die, auch nach der Meinung der Verwaltungscommiſſion unabweislich gewordene Ar— rondirung von einem Theile des Landesgebietes wegen adminiſtra— tiver Rückſichten, welcher Geſetzentwurf mit dem über die Rege— lung des Königsbodens im engſten Zuſammenhange ſteht und ohne welchen der vorliegende Geſetzentwurf nicht ins Leben treten kann nach den Ferien werde eingebracht werden.

Nach Erhalt dieſer Aufklärungen verhandelte die Verwaltungs— commiſſion den vorliegenden Geſetzentwurf, nahm denſelben mit einigen ſtiliſtiſchen und ergänzenden Modificationen an und empfiehlt denſelben auch dem geehrten Hauſe zur Annahme.

Die gewünſchten Modificationen ſind folgende:

in §. 4, 5, 7, 9, 13, 15, 17, 19. 20 (welche wir, des beſſern Verſtändniſſes und der leichteren Ueber— ſicht halber, zwiſchen die betreffenden SS. des Regie— rungsentwurfs eingeſchaltet, vollinbaltlich folgen laſſen:)

Da weitere Modificationen ſich nicht ergaben, beehrt ſich die Commiſſion den hiernach ausgebeſſerten Geſetzestekt in der Anlage achtungsvoll vorzulegen.

Budapeſt, am 18. März 1876.

Graf Emanuel Pechy, Friedrich Wächter, Commiſſions⸗Präſes. | Berichterſtatter.

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II.

Geſetzentwurf über den Königsboden (fundus regius), ferner über die Regelung der Sachſen⸗Univerſität (uni- versitas) und von dem Vermögen der Univerſität und der ſogenannten ſieben Richter.

Da aus adminiſtrativen Rückſichten die Regelung eines Theiles des Landes⸗Territoriums unvermeidlich geworden, wird beniglic des Königsbodens Folgendes beſtimmt:

§. 1. Bei der Regelung der Municipal Territorien, über welche ein beſonderes Geſetz verfügen wird, werden der Königs— boden und die benachbarten Territorien einer und derſelben Rückſicht unterliegen. Nach Regelung des Territoriums hören für den Ko: nigsboden die Unterſchiede im Kreiſe der Adminiftration auf.

§. 2. Das Amt des ſächſiſchen Obergeipand (Comes) hört auf und der Titel kommt, als dem Präſidenten der General— verſammlung der Univerſität, dem Obergeſpan des Hermannſtaͤdter Comitats zu.

§. 3. Der Rechtskreis der Sachſen-Univerſität, als einer ausſchließlich culturellen Behörde, wird betreffs der Verfügung über das Univerſitäts⸗Vermögen, betreffs der Verwendung der unter ihrer Verwaltung ſtehenden Fundationen auf Grund der Beſtimmung dieſer Fundationen und betreffs Controle derſelben auch weiterhin aufrecht erhalten.

§. 4. Das Vermögen der Sachſen⸗Univerſität kann einzig und allein zu Cultur⸗Zwecken verwendet werden.

§. 4.) Das Vermögen der Sachſen⸗Univerſität (§§ 6 und 7) kann einzig und allein zu Cultur⸗Zwecken verwendet werden. f

§. 5. Das Eigenthumsrecht betreffs des ſächſiſchen National vermögens bleibt unberührt. Die bezüglich dieſes Rechtes etwa auftauchenden Fragen werden durch ein richterliches Urtheil ent— ſchieden.

§. 5.) Das Eigenthumsrecht betreffs des ſächſiſchen Univer- ſitäts⸗ Vermögens bleibt durch gegenwärtiges Geſetz un⸗ berührt. Ueber dieſes Eigenthumsrecht etwa auftauchende Fragen werden durch richterliches Urtheil entſchieden.

* Geänderter Text der Verwaltungs⸗Commiſſion; fette Schrift macht die Aenderungen erſichtlich.

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8. 6. Die Einkünfte des unter freier Verfügung der Unt- verſität ſtehenden Vermögens find innerhalb der in den §§. 3 und 4 enthaltenen Schranken zu Gunſten der geſammten eigenthumsberech— tigten Bewohner ohne Unterſchied der Religion und Sprache zu verwenden.

§. 7. Ueber das Vermögen der Sachſen⸗Univerſität verfügt innerhalb der Fundationsihranfen und unter Aufrechthaltung des

Aufſichtsrechtes der Regierung die Generalverſammlung der Sachſen—

Univerfität.

§. 7.) Ueber das Vermögen der Sachſen-Univerſität verfügt im Sinne und innerhalb der Schranken der Fundationen und unter Aufrechthaltung des Aufſichtsrechtes der Regierung die Generalver— ſammlung der Sachſen⸗-Univerſität.

§. 8. Der Sachſenuniverſitäts-Generalverſammlung:

a) Präſident iſt der Obergeſpan des Hermannſtädter Comitats;

b) Bicepräfident iſt Derjenige, den die Generalverſammlung unter ibren Mitgliedern auf drei Jahre wählt;

c) Schriftführer der Univerſitätsſecretär ($. 15) und im Ber: hinderungsfalle der durch die Generalverſammlung unter ihren Mitgliedern für die Dauer der Seſſion zu wählende Vertreter. Der Schriftführer bat Sitz und Stimme;

d) Mitglieder ſind 20 Vertreter der mit dem Wahlrechte für den Reichstag bekleideten Einwobner der Stühle, Diſtricte und Städte, welche den Königsboden bilden, und zwar von Seite Hermannſtadts und Kronſtadts je zwei, daher vier, von Seite der Städte Schäßburg, Müblbach, Broos, Mediaſch und Biſtritz je einer, zuſammen fünf, für die Wahl der übrigen elf Mitglieder der Verſammlung werden die übrigen Theile des Königsbodens in elf Wahlbezirke ein- getheilt, und zwar mit Rückſicht darauf, daß in denſelben die Zahl der Wähler möglichſt gleich ſei, daß ein Wahlbezirk ſich auf mehrere neu zu bildende Municipien erſtrecke, und daß

die Wähler der früher beſtandenen Municipien des Königs» bodens möglichſt beiſammen bleiben. Jeder Wahlbezirk ent— ſendet einen Vertreter in die Univerſität. 8. 9. (neu im urſprünglichen Text S. 16.) Die im Sinne des $ 8. Punkt d. zu bildenden 11 Wahlbezirke

) Geänderter Text der Verwaltungs⸗Commiſſion; fette Schrift

macht die Aenderungen erſichtlich.

190

beſtimmt der Minifter des Innern nach Anhörung der Verſammlung der beſtehenden Sachſen⸗Uuiverſität. In eben ſolcher Weiſe wird der Modus für die Wahl der Mitglieder der Univerſitäts-Verſammlung feſtzuſtellen ſein.

Die auf Grund dieſes Geſetzes zu bildende erſte Generalver— ſammlung aber ſtellt unter Genehmigung des Miniſters des Innern die Berathungs-Normen der Univerſitäts-Verſammlung und die Geſchäftsordnung des Centralamtes der Univerſität feſt.

Alle ſpäteren Modificationen der in dieſem $ ent: haltenen Verfügungen werden durch den Miniſter des Innern mit Anhörung der Generalverſammlung der Sachſen⸗ Univerfität beſtimmt.

§. 9. Die Mitglieder der Univerſitäts-Verſammlung werden auf drei Jahre gewählt.

Jetzt §. 10. *)

§. 10. Eine Generalverfammlung der Univerfität wird regelmäßig jährlich einmal abgehalten, in welcher die Rechnungen des vorhergegangen Jahres geprüft und das Budget des künftigen Jahres angefertigt wird. Die Regierung kann die Einberufung einer außerordentlichen Generalverſammlung anordnen; außerdem it es Pflicht des Präſidenten der Generalverſammlung der Uni- verſität, auf Wunſch der Mehrheit der Mitglieder eine außeror⸗ dentliche Generalverſammlung einzuberufen.

Jetzt §. 11. )

§. 11. Die Beſchlüſſe der Univerſitäts⸗Verſammlung werden im Allgemeinen nach Gutheißung des Miniſters des In nern, info- ſern ſie ſich aber auf Sachen der öffentlichen Bildung beziehen, nach Genehmigung von Seite des Cultus- und Unterrichtsminiſters Geltung erlangen.

Jetzt §. 12. ®)

§. 12. Die Protocolle der Univerſitäts⸗Generalverſammlung ſind längſtens binnen acht Tagen nach Schluß der Verſammlung dem Miniſter des Innern zu unterbreiten. Ein Protocoll-Beſchluß, auf welchen während vierzig Tagen von der Anlaugung deſſelben gerechnet, das Miniſterium keine . macht, iſt als ge nehmigt zu betrachten.

*) Geänderter Text der Verwaltungs- Commiſſion; fette Schrift macht die Aenderungen erſichtlich.

r ð A 2 MfM

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Jetzt $. 13. *)

Die Protocolle der Univerſitäts⸗Geueralverſammlung find läng- ſtens binnen 15 Tagen nach Schluß der Verſammlung dem Miniſter des Innern zu unterbreiten. Ein Protocollbeſchluß, auf welchen binnen 40 Tagen von der Unterbreitung desſelben an gerechnet das Mini— ſterium keine Bemerkung macht, iſt als genehmigt zu betrachten.

$. 13. Wenn der Präſident der Meinung iſt, daß die Gene: ralverſammlung ihren Wirkungskreis überſchritten hat, oder wenn er die Ordnung nicht aufrechtzuerhalten vermag, ſo hat er das Recht, die Sitzung zu ſiſtiren und im Falle der Wiederholung, dieſelbe auf vierzehn Tage zu vertagen. In dieſem Falle iſt es Pflicht des Präſidenten, dem Miniſter des Innern einen motivirten Bericht zu erſtatten.

Jetzt 8. 14 *)

§. 14. Die Ace der Univerſitäts⸗Generalverſammlung ſind öffentlich.

Jetzt $. 15 *)

$. 15. Die Angelegenheiten der Univerſität werden auf Grund der Generalverſammlungs-Beſchlüſſe durch das Centralbureau der Univerſität geleitet. Das Haupt dieſes Bureaus iſt der Prä— ſident der Univerſitäts⸗Generalverſammlung; die Beamten find: der Secretär und Caſſier der Univerſität, welch' letztere durch die Univerſitäts⸗Verſammlung mit allgemeiner Stimmenmehrheit ge— wählt werden. Die übrigen Beamten des Centralamtes und die Bezahlung ſämmtlicher Beamten des Centralbureaus beſtimmt die Univerſitätsverſammlung unter Genebmigung des Miniſters. Die Aufgabe der Univerſitaͤts-Rechnungsführung, die Rechnungen der Städte und Gemeinden des Königsbodens zu prüfen, hört auf.

Jetzt $. 16 )

Die Angelegenheiten der Univerſität werden auf Grund der Generalverſammlungs⸗-Beſchlüſſe durch das Centralbureau der Univer⸗

ſität verwaltet (beforgt). Der Chef dieſes Bureaus iſt der Präſes der

Univerſitäts⸗Generalverſammlung; die Beamten find: der Secretär. (8. 8) und der Caſſier der Univerſität, welch' letztere die Univerſitäts⸗ verſammlung mit allgemeiner Stimmenmehrheit auf 6 Jahre wählt.

Im Verhinderungsfalle des Präſes ſubſtituirt den⸗ ſelben im Centraloureau der Seeretär der Univerſttät.

*) Geänderter Text der Verwaltungs⸗Commiſſion; fette Schrift. macht die Aenderungen erſichtlich.

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Die übrigen Bedienſteten des Centralamtes, die Beſoldung aller Beamten desſelben, ſowie die Dienſtesdauer beſtimmt die Univerſitätsverſammlung unter Genehmigung des Miniſters.

Jene Aufgabe der Univerſitäts⸗Buchhaltung, die Rechnungen der Städte und Gemeinden des Königsbodens zu prüfen, hört auf.

$. 16. Die im Sinne des Punktes d) (§. 8) zu bildenden 11 Wahlbezirke beſtimmt der Miniſter des Innern nach Anhörung der Verſammlung der beſtehenden Sachſenuniverſität. In eben ſolcher Weiſe wird der Modus für die Wahl der Mitglieder der Univerſitätsverſammlung feſtzuſtellen ſein. Die auf Grund dieſes Geſetzes zu bildende erſte Generalverſammlung aber ſtellt unter Genehmigung des Miniſters des Innern die Berathungs-Normen der Univerſitäts⸗Verſammlung und die Geſchäftsordnung des Centralamtes der Univerfität feſt.

Jetzt 5. 9 *)

§ 17. Ueber das Vermögen der ſogenannten ſieben Richter verfügen diejenigen Mitglieder der Univerſitäts-Verſammlung, die jene Städte und Bezirke des bisherigen Königsbodens vertreten, welche zuſammen die Eigenthümer des Vermögens der ſieben Richter find. Der Schriftführer dieſer Verſammlung iſt der ©e- cretär der Univerſität und ſein Rechtskreis betreffs dieſes Vermögens iſt identiſch mit demſelben, welcher durch das vorliegende Geſetz be— züglich des Univerſitäts-Vermoͤgens für die Univerſitätsverſammlung feſtgeſtellt iſt.

§. 17.*) Ueber das Vermögen der ſogenauuten ſieben Richter, bezüglich deſſen im Uebrigen die Anordnungen der SS. 4, 5, 6, 7 maßgebend find, verfügen unter Vorſitz des Obergeſpans des Hermannſtädter Comitats corporativ diejenigen Mitglieder der Univerſitätsverſammlung, die jene Städte und Bezirke des bisherigen Königsbodens vertreten, welche zuſammen die Eigenthümer des Sieben⸗ Richter⸗Vermögens ſind.

Der Schriftführer dieſer Verſammlung iſt ebenfalls der Secre- tär der Univerſität und ihr Rechtskreis betreffs des Sieben⸗Richter⸗ Vermögens iſt identiſch mit jenem, welcher durch das vorliegende Geſetz bezüglich des Univerſitäts⸗Vermögens für die Univerſitätsverſammlung beſtimmt worden.

$. 18. Die Generalverſammlung der fieben Richter wird

*) Geänderter Text der Verwaltungs⸗Commiſſion; fette Schrift macht die Aenderungen erſichtlich.

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zur Zeit abgehalten, wann die Generalverfammlung der Unioerſität iſt. Eine beſondere Einberufung derſelben iſt nicht nöthig.

$. 19. In welchem Maße und in welcher Weiſe aus dem Vermögen der ſieben Richter zu den Koſten des Central⸗Bureaus der Univerſität beigetragen werden ſoll, werden die Univerſitäts— Verſammlung und die Verſammlung der ſieben Richter mit einander vereinbaren; ſollten aber dieſe beiden Verſammlungen diesbezüglich ſich nicht verſtändigen können, ſo wird die Frage durch den Mini— ſter des Innern entſchieden werden.

$. 20. Die Zeit des Juslebeutretens dieſes Geſetzes beſtimmt der Miniſter des Innern; mit der Vollſtreckung des Geſetzes aber werden der Miniſter des Junern und der Cultus- und Unterrichts— miniſter betraut.

(Die SS. 19 und 20 haben blos geringfügige ſtyliſtiſche Aende— rungen erfahren.)

Motivenbericht

zum Geſetzentwurf über den Königsboden (fundus regius),

ferner über die Regelung der ſüächſiſchen Univerſität (uni-

versitas) und von dem Vermögen der Univerſität und 0 der ſogenannten ſieben Richter.

Der gegenwärtige Geſetzentwurf hat zwei Zwecke, der eine iſt: die Feſtſtellung der Modalität der Regelung des Königsbodens; der zweite: die Regelung der ſächſiſchen Univerſität ſowie der Vermögensverhältniſſe der ſächſiſchen Univerſität und der fogenannten ſieben Richter.

Die Verwirklichung des erſten Zweckes iſt auf die zwei erſten Paragrafen des Geſetzentwurfts bafjirt, deren beſondere Motivirung ich in Aubetracht der Wichtigkeit des Gegenſtandes für nothwendig erachte.

In Siebenbürgen exiſtirten bis zum Jahre 1848 drei politiſche Nationen, und zwar die ungariſche, die Szekler und die ſächſiſche, und jede dieſer Nation hatte ihren beſonderen Boden, den ungarischen Boden, den Szeklerboden und den Königsboden. Jede der erwähnten Nationen hatte ihre eigenen Vorrechte (Privilegien) und auf

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dem Boden jeder dieſer Nationen exiſtirtein größerem oder geringerem Maß e ein anderes öffentliches und privates Recht.

Die ſo gearteten Unterſchiede wurden bereits durch den (Klau enburger) G.⸗A. I: 1848 im Princip aufgehoben, und noch klarer wird dies vom §. 1 des G. A. XLIII: 1868 feſtgeſtellt, indem derſelbe ausſpricht, daß die, nach den bis vor dem Jahre 1848 in Siebenbürgen beſtandenen Nationen feſtgeſetzte Territorial— Eintheilung und die damit in Verbindung ſtehenden Vorrechte auf— gehoben ſind. Nachdem indeß die Abweichungen in der inueren Verwaltung des Königsbodens und den übrigen Theilen des Landes bedeutend waren, wurde das Miniſterium in den Paragrafen 10 und 11 des erwähnten Geſetzartikels angewieſen, dem Reichstage einen Geſetzentwurf über die Regelung des Königsbodens und der ſächſiſchen Univerſitaͤt vorzulegen und bis dahin ermächtigt, im Sinne der in dem erwähnten Geſetze ausgedrückten Principien bezüglich der inneren Organifation und der inneren Adminiſtration der Municipien des Königsbodens proviſoriſch zu verfügen. Weiter iſt im §. 88 des G.⸗A. XLII: 1870 ebenfalls ausgeſprochen, daß über die Regelung des Königsbodens ein beſonderes Geſetz verfügen wird.

Es war daher eine dem Miniſterium durch die Geſetze auf— erlegte Pflicht dem Reichstage einen Geſetzentwurf äber die Regelung des Königsbodens vorzulegen. Ich hätte aber ſelbſt dann einen Geſetzentwurf über die Regelung des Königsbodens vorgelegt, wenn ich nicht durch mehrere übereinſtimmende Be— ſtimmungen einiger Geſetze hiezu verpflichtet geweſen wäre; denn weder können die von einander getrennten, ſehr unregelmäßigen Territorien des geſammten Königsboden vom Standpunkte der zweckmäßigen Organiſation aus betrachtet ein Municipium bilden, noch iſt die Belaſſung der gegenwärtigen elf geſonderten Municipien des Königsbodens als ſelbſtändige Municipien in ihrem gegenwärtigen Territorialbeſtande möglich, noch aber auch, daß die elf Municipien des Königsbodens, geſondert beſtehend, zuſammen noch einen politiſchen Verband höheren Ranges bilden und unter Vorſitz des Sachſen⸗Comes, als Generalverſammlung der Vertreter des Königsbodens, gleichſam als Staat im Staate exiſtiren; ins— beſondere Letzteres iſt vom Standpunkte der Adminiſtration und des Staatsintereſſes unannehmbar.

Im erſten Paragrafen iſt die Richtung des vorliegenden Geſetzentwurfes bezüglich dieſer Frage deutlich erſichtlich, welche

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dahin geht, daß, nachdem die Sonderſtellung des Königsbodens aufgehoben iſt, das Territorium des Königsbodens bei Gelegenheit der erfolgenden Arrondirung der Municipien unter dieſelben Geſichtspunkte falle, wie die Territorien der denſelben umgebenden Municipien, und daß die hinſichtlich der Adminiſtration noch be— ſtandenen Verſchiedenheiten aufhören.

Ich bemerke hier noch, daß der Geſetzentwurf über die Territorial⸗Regulirung, welcher mit dem vorliegenden Geſetze ohnehin gleichzeitig ins Leben treten muß, bezüglich des zu Adminiſtrations— zwecken benützten ſeparaten Vermögens und der Einkünfte der einzelnen Municipien des Königsbodens, mit vollſtändiger Wahrung des Eigenthumsrechtes verfügen wird.

Im F. 2 wollte ich der Pietät für die hiſtoriſchen Be: nennungen entſprechen.

Und jetzt übergehe ich zur Beleuchtung des zweiten Zweckes des Geſetzentwurſes.

Die ſächſiſche Nations-Univerſität, beziehungsweiſe die General— verſammlung der Univerſität der ſächſiſchen Nation hatte in alter Zeit drei beſondere Wirkungskreiſe:

1. Die Univerſität der ſächſiſchen Nation, als eine der in Siebenbürgen beſtebenden drei politiſchen Nationen übte jenes ſtatutariſche Recht auf dem Felde der Verwaltung uud der Zuftiz- pflege, mit welchen dieſelben bekleidet waren; ſie konnte über die ungeſchmälerte Erhaltung der ſächſiſchen nationalen Vorrechte wachen, und

2. bildete die Generalverſammlung der Univerfität einen Hüter binſichtlich Aufrechthaltung der geſammten Verfaſſung;

3. verſügte dieſelbe über das Nationsvermögen.

Nachdem in den oberwäbhnten Geſetzartikeln (Klauſenburg) I: 1848 und XLIII: 1868 bereits principielldie Aufhebung der Vorrechte genießenden, geſonderten politiſchen Nationen, ſowie der nationalen Territorien ausgeſprochen wurde, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß die, politiſche und adminiſtrative Rechte übenden Nationsverſammlungen der ſächſiſchen Nation, welche in vergangenen Zeiten mehreremal in Verkennung ihrer Aufgabe ihre Kompetenz weit überſchritten, nicht mehr befteben können.

Was den juftizielen Wirkungskreis der ſächſiſchen Nations—

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univerſität betrifft, ſo haben in dieſer Hinſicht bereits die Geſetze verfügt, indem dieſelben die Juſtizpflege auf dem Königsboden mit dem der übrigen Theile des Landes gleichförmig geſtalteten. In dieſer Beziehung hat demnach die Competenz der Univerfität auf: gehört. Es bleibt daher von dem früheren Wirkungskreiſe der ſächſiſchen Univerſität nichts übrig, als die Verfügung über das ſehr beträchtliche ſächſiſche Nations-Vermögen und die Controle über die der Beſtimmung deſſelben entſprechende Verwendung.

Dieſes Recht muß die ſächſiſche Nationsuniverſitaͤt auch in Zukunft behalten, wenn wir uns nicht dem gerechten Vorwurfe ausſetzen wollen, daß der Staat über das Privatvermögen von Einzelnen oder Gegenden eigenmächtig verfügt. Auf Grund dieſer Auffaſſung entſtand jener Theil dieſes Geſetzentwurſes, der ſich auf die Nationsuniverſität ſowie auf das Vermögen der ſächſiſchen Univerſität und der ſieben Richter bezieht.

In den §§. 3—7 iſt der Wirkungskreis der Univerſität jeftgeftellt, ferner daß das Univerſitätsvermögen nur zu culturellen Zwecken verwendet, daß das Eigenthumsrecht hinſichtlich des Univerſitätsvermögens unverändert aufrechterhalten wird, daß die Einkünfte der Univerſität zum Beſten der geſammten Einwohnerſchaft zu verwenden find, ohne Unterſchied der Religion und Sprache, und daß die Generalverſammlung der ſächſiſchen Nationsuniverſität verfügt. S. 8 beſtimmt die Zuſammenſetzung der General— verſammlung. Ihr Präſident wird in Zukunft nicht der Sachſen— comes ſein, da dieſes Amt in dem Geſetzentwurfe, der über die Regelung des Königsbodens geſchaffen werden ſoll, aufhört, ſondern der Obergeſpan des Hermannſtädter Comitats, welche Würde anfangs ohnehin mit der des Sachſencomes zuſammenfiel. f

Einen Vicepräſidenten würde die Generalverſammlung ſelbſt wählen, ihr Schriftführer wäre der ſtändige Univerſitätsſecretär. Was die Zahl der Mitglieder der Univerſität betrifft, ſo war vor 1848 jedes Municipium durch 2 Deputirte vertreten; die Ge— ſammtzahl betrug demnach 22, mit dem Präſidenten 23. Nach der im Jahre 1869 zufolge reichstäglicher Ermächtigung etlaſſenen proviſoriſchen Miniſterial-Inſtruction beſtand die Generalverſammlung außer dem Praͤſidenten aus 44 Mitgliedern; der Hermannftädter Stuhl und der Kronſtädter Diſtrict entſandten nämlich zufammen 6 Vertreter, die übrigen 9 Municipien je 2, zuſammen 18. Außerdem ſandten die Städte Hermannſtadt und Kronſtadt je 3

Vertreter, zuſammen 6; Schäßburg, Mediaſch, Biſtritz, Broos und Müblbach je 2, zuſammen 10 Vertreter; Großſchenk, Reps,

Reußmarkt, Leſchkirch je 1, zuſammen 4. Da ſich aber dieſe Zabl

erfahrungsgemäß als übermäßig groß erwies, ſo geht der gegen— wärtige Geſetzentwurf beinahe auf die Zahl vor 1848 zurück, da er außer dem Präſidenten und Schriftführer eine Zabl von 20

Mitgliedern feſtzuſtellen empfiehlt.

Nach §. 9 werden die Mitglieder der Generalverſammlung in Zukunft auf drei Jahre gewählt, da ſich die Beibehaltung der Verfügung von 1869 als überflüſſig erwies, derzufolge, nachdem alljährlich wenigſtens eine Generalverſammlung abgehalten wird, in jedem Falle auch die Vertreter neu gewaͤhlt werden. Die 88. 10 bis 14 enthalten auf die Generalverſammlung bezügliche Be» ſtimmungen. §. 15 regelt das Zentral-Bureau der Univerſität. 8. 16 enthält die Uebergangsbeſtimmungen. Die SS. 17—19 verfügen über das Vermögen der ſieben Richter. Hinſichtlich dieſer Paragrafen bemerke ich noch, daß die ſeogenannten ſieben Richter die ſieben Stamm⸗Municipien des Königsboden ſind, deren Uni— verſität ein gewiſſes Vermögen beſitzt, das eine der des Vermögens der ſächſiſchen Univerſität ähnliche Beſtimmung hat. Als ein Beweis der verwickelten Verhältniſſe mag gelten, daß das Vermögen jener ſieben Richter gegenwärtig und zwar nach hundertjähriger und geſetzlicher Praxis die Univerſität von acht und nicht von ſieben Municipien beſitzt und von den elf Municipien des Königsbodens baben rechtlich nur drei, nämlich Kronſtadt und ſein Diſtrict, Biſtritz und fein Diſtrict, Stadt und Stuhl Mediaſch, keinen Antheil daran. Hinſichtlich des Vermögens der ſieben Richter mußte man daher beſonders verfügen; die Anordnungen der an— geführten Paragrafen ſind aber, wie ich glaube, klar genug, um eine eingehende Motivirung überflüſſig zu machen. Bezüglich des §. 20 bemerke ich noch, daß es ſich am zweckmäßigſten erwies, mit der Beſtimmung des Zeitpunktes des Inslebentretens der Vor— lage den Miniſter des Innern zu betrauen, da das Inslebentreten derſelben mit anderen noch nicht geſchaffenen Verwaltungsreformen in untrennbarem Zuſammenhange ſteht.

Budapeſt, 23. Februar. 1876. Koloman Tißa, Miniſter des Innern.

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Iv. Adreſſe )

an die Herren Landtagsabgeordneten Guido v. Baußnern,

Carl Conrad, Samuel Dörr, Friedrich Ernſt, Carl Gebbel,

Guſtav Kapp, Friedrich Leonhard, Wilhelm Löw, Carl

Maager, Chriſtian Roth, Albert v. Sachſenheim, Friedrich

Seraphin, Edmund Steinacker, Emil von eee Adolf Zay.

Ernſte Zeiten ſind über das Sächſiſche Volk hereinge— brochen.

Die langgenährte Hoffnung auf Wiederaufrichtung unſeres geſetzlichen Rechtes, auf Erfüllung geſetzlich gewähr— leiſteter Verheißungen, auf geſunde Fortbildung altbewährter Einrichtungen und auf neue freudige Lebensentfaltung im ver— jüngten Bau unſerer Municipalverfaſſung, dieſe treube— wahrte Hoffnung iſt durch die Tage des 22., 23. und 24. März ſchwer gebeugt worden. Die Verhandlungen des ungariſchen Unterhauſes über den „Geſetzentwurf über den Königsboden“ mußten alles, was Hoffnung heißt, in tiefſte Beſorgniß ver— kehren.

„Was iſt der Gegenſtand deſſen, was der Geſetz— „entwurf regeln will? Ich will es nennen. Der Haupt— „beſtandtheil davon beſteht darin, was vor allem Andern „uns am Herzen liegt, zu deſſen Vertheidigung wir ſo „viel einſetzen, als wir überhaupt im Stande ſind, beſteht „in der Autonomie und Selbſtverwaltung der Gemeinde. „Darauf beruht die ganze Verfaſſung des Königsbodens. „Jene Gemeindeautonomie, welche dem bürgerlichen Ele— „mente Raum gibt zu ſeinen activen ſchaffenden Leiſtungen, „jenem bürgerlichen Element, welches nicht nur in alten „Zeiten Burgen erbaute, ſondern welches auch heute die „Grundlage des modernen Staates bildet und einen ſeiner „werthvollſten Beſtandtheile.“ (Trauſchenfels.)

*) Obenſtehende Adreſſe, die dem lebhaften, in allen Theilen des Sachſenlandes ſich äußernden Danfgefühle gegen feine wackeren Abge— ordneten in Peſt entgegenkommt, circulirt, bereits mit zahlreichen Unter ſchriften bedeckt, unter dem Sachſenvolke.

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Und auf dieſe freie, dem ganzen zuſammengeſchloſſenen Sachſenboden eigene Gemeindeverfaſſung hat das Sächſiſche Volk ein Recht, ein Recht ſo gut wie jedes Recht im ungariſchen Staate.

„Die Frage iſt als eine Rechts- und nicht als „eine Machtfrage zu löſen.“ (Gebbel.)

Doch welche Löſung wurde uns geboten?

„Der Zweck des vorgelegten Geſetzentwurfes iſt: „den Königsboden und deſſen einzelne Theile aus der Reihe „deſſen, was da iſt und lebt, zu ſtreichen, und das was „aus dieſem Gebiet künftighin gemacht werden ſoll, der „Regierung und ihrer Majorität zur freien Verfügung zu „ſtellen.“ (Kapp.)

„Und dieſes die Zerſprengung des Königsbodens „durch parlamentariſchen Dynamit ſoll nach achtjährigen „Tantalusqualen die endgiltige Löſung fein? (Gebbel.)

„Ich fürchte ſehr, die Zukunft werde beweiſen, daß „ſolches Thun nicht im Intereſſe des Landes gelegen.“ (Kapp.)

Doch die regierende ſtaatsmäuniſche Weisheit von heute ſagt es ja laut: „Sie haben Ihre Rechte verwirkt!“ (Baron Gabriel Kemeny) und: „Ueber der Gewalt des Parla— mentes ſteht allein die allgemeine ewige Gerechtigkeit.“ (Ko— loman Tißa.)

Aber dennoch ſagen wir mit Ihnen:

„Das Princip der Rechtscontinuität gilt ebenſoviel, „wenn die ſchwache Sächſiſche Nation daſſelbe gegenüber „dem ungariſchen Staate geltend macht, als es damals „galt, als die Ungarn es gegenüber dem Geſammtſtaate „verfochten.“ (Steinacker.) Und dennoch ſagen wir:

„Es giebt Geſetze, deren Abänderung ſchon deswegen „nicht im ſouveränen Belieben der Geſetzgebung ſteht, weil „ſie den Character eines zweiſeitigen Vertrages haben und „aus ihnen wolerworbene Rechte erwachſen find.“ (Zay.) Ja dennoch ſagen wir:

„Auch für den Mächtigen kann es gefährlich werden, „die Bahn der Rechtsverleugnung, der Rechtserdrückung „zu betreten; denn ein ſolches Vorgehen könnte einſt auch „gegen ihn als Waffe gebraucht werden. Gleichwie dem „Einzelnen, ſo iſt es aber auch den Völkern nicht auf die

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„Stirne geſchrieben, wie lange fie zu leben haben, und ich „glaube die Aufgabe wäre die, daß der Mächtige den „Schwächern in dem, was ſein Recht und ſeine Gerech— „tigkeit iſt, ſchirme, nicht aber niedertrete.“ (Gebbel.)

Mit ſolchen Waffen der Vernunft, des Rechts und des Gewiſſens haben Sie, verehrte Volksvertreter, drei lange Tage hindurch den ſchweren Kampf der Wenigen gegen eine ungeheuere Mehrheit geführt, denn:

„Der Kampf um's Recht bildet die ethiſche Seite „des großen Kampfes um das Daſein und wer im öffent— „lichen Leben wirkend ſich jenem Kampfe aus was immer „für Gründen entzieht, der verſündigt ſich an dem Sitt— „lichkeitsprincip, auf dem alle Menſchenwürde beruht.“ (Baußnern.)

So Ihre Pflicht ernſt und würdig erfüllend, durften Sie nicht anders, als am Schluſſe der drei Leidenstage, angeſichts der nicht mehr zweifelhaften Euſcheidung, erklären:

„Wir können dieſem Geſetzentwurf weder durch „unſere Zuſtimmung noch durch den Ausſpruch unſerer „Beruhigung beitreten; denn thäten wir dieſes, ſo wären „wir untreu dem Geſetze, untreu dem Vaterlande, unſerem „Volke und unſerem eigenen Gewiſſen; und deßhalb wer— „den wir uns auch an der Einzelberathung des Geſetz— „entwurfes nicht betheiligen.“ (Kapp.)

So machten Sie wahr das Dichterwort:

„Was auch draus werde ſteh' zu deinem Volk!

„Es iſt dein augeborner Platz.“

Ja, zu Ihrem Volke find Sie mannhaft geſtanden, wie dieſes Volk zu Ihnen ſteht. Denn nicht ſoll auch jenes Wort zu Schanden werden, das Einer aus Ihrer Mitte ſprach:

„Hinter uns ſteht das ganze ſächſiſche Volk; die „ſächſiſche Nation wird eine Confiscation ihrer auf Geſetz „und Vertrag beruhenden Rechte nimmermehr als rechts— „giltig anerkennen, ſie wird auf ihr gutes Recht niemals „Verzicht leiſten, in Anhoffung einer ſchönern Zukunft und „im Vertrauen auf die Gerechtigkeit ihrer Sache.“ GZay.)

So wollen wir denn auch aus dieſen Tagen, gehoben und geſtärkt durch Ihr Beiſpiel und Ihre eiumüthige That, retten die Hoffnung auf die Zukunft unſeres Volkes!

III INN

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Bei Theodor Ackermann in München sind ferner er- schienen:

Bezold, Dr. Frd. von, König Sigmund und die Reichskriege gegen die Husiten bis zum Ausgang des dritten Kreuzzugs. I. Abtheilung. gr. 8. 1872, Preis 3 M 5

II. Abtheilung. Die Jahre 14231428. gr. 8°. 1875. Preis 3 M. Die III. (Schluss-) Abtheilung erscheint Ende 1876.

Zur Geschichte des Husitentums. Culturhistorische Studien. gr. 8°. 1874. Preis 2 M.

Biedermann, Prof. Karl, Jeutſchlands trübfte Zeit oder der 30jäh- rige Krieg in feinen Folgen für das deutſche Culturleben, gr. 8%,

Preis 3 M Klüpfel, Dr. Karl, Raiſer Maximilian I. gr. 8“. Preis 1% | Kutzen, Prof. Dr. Joſeph, Aus der Zeit des fiebenjährigen Krieges. Umriſſe und Bilder deutſchen Landes, deutſcher Thaten, Charaktere und Zuſtände. gr. 8. Mit fieben Kärtchen. Preis 3 ,; geb.

3 AJ. 15 4 Rn 95 A., Baifer Heinrich IV. gr. 8%, Preis 3M; geb. 3 M

W Prof. Dr. William, Der große Aurfürſt. gr. 8“. Preis 3 M. eleg. geb. 4 M 50 3.

Schirrmacher, Prof. Dr. Fried., Naiſer Friedrich II. und die letzten Hohenftaufen. 2 Theile. 1. Theil gr. 8%. Preis 3 II. Theil gr. 8. Preis 1 50 I.

Schweinitz, Julius Graf, Studien über die wirthſchaftliche Gegen⸗ wärt und Zukunft Siebenbürgens und des Szeklerlandes. gr. 8°. 1876. Preis 1 M.

Sugenheim, Prof. Dr., Deu iſchland im ſpaniſchen Erbfolge⸗ und im großen nordiſchen Kriege. (1700 1721). gr. 8. Preis 3 M. 60 3

Wachsmuth, Prof. Dr. N, Riederſüchſiſche Geſchichten. gr. 80. Preis . 3; geb. M 3

Waitz, Georg, Beuifhe a 5 Karl dem Großen bis Maximilian. 8

gr. 8. Preis A. Weber, Prof. Dr. Georg, Germanien in den 1 he feines geſchichtlichen Lebens. gr. 8. Preis M 2

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BEER, v. SA