COLLECTION OR WILLIAM SCHAUS O PRE SENTE D TO THE NATIONAL MUSEUM MCMV D. Jacob 18 Schaͤffers Möhandlunge Infecten Er t er Ba an 55 Nebſt XVI. Kupfertafeln mit ausgemahlten Abbildungen. Regensburg, verlegts Johann Leopold Montag, 1763. D. Jacob Ehriftian Schaͤffers Abhandlungen un. A Erſter Band. 19 ro irre dann 9 114 R Had 1 6 ln ann 2919 15 2 = — U * 1 \ „ * “ 1 m * 0 nr 2 . { 1 1 an * ww” 1 — 7 — ” * \ 5 * u 2 * 5 e 2 * N‘ 7 nd 22 yo , 2 2 N 73 2 „ — 2 8 8 2 > a 1 8 \ er I De un - — u 7 .. *. ” 4 * — a — * Fu 2 . A - 1 a 232 ur. * r» 7 Pa 2 . B m > — 3 WR > 5 * — * „, — * 5 2 12 2 er en] — = rn * oe. 3 5 1 -. ur Pr m. N 0 — N — 0 2 en — 7 — —7 . = 0 . 1 7 1 A Den a * „ * ce. r e vu — — . f ee 5 — — x et * 1 5 ie — — »- . — wi .. La — —— mn * Pr “ > ar * 2 N 4 . \ 9 d F ’ — . f * \y Verzeichnis der Abhandlungen und Ord⸗ nung der Kupfertafeln. I. Egelſchnecke Tab. I. II. Neuentdeckte Theile I. II. III. Kaͤfer mit Hoͤrnern 1. II. III. IV. Armpolypen I. II. III. V. Grüne Armpolypen I. II. III. VI. Blumenpolypen I. II. III. VII. Afterholzbock J. hr Er 1 Re, * 6 2 A, er RR 8 . * NA" 3 N 4 RE ers 22 Vorrede. Vorſchlaͤge zu einer gemeinnuͤtzigen Ausbeſſerung der Naturwiſſenſchaft. N Ya bin Vorhabens, ſtatt einer Vorrede meine unvor⸗ N greifliche Gedanken über eine Sache zu eröffnen, die es 8 5 verdienen moͤchte von Maͤnnern, die weiter, als ich, ſe— hen, und deren Kräfte , etwas ins Werk zu ſetzen, ſich weiter, als die meinigen erſtrecken, in eine genauere Pruͤfung und ſorgfaͤltigere Ueber— legung genommen zu werden (*). 5 Die Naturgeſchichte iſt bekanntermaſſen in unſern Tagen vor an— dern diejenige Wiſſenſchaft, welche, wie allgemein geliebet, fo auch faſt allgemein geuͤbet und getrieben wird (%. Nicht nur diejenigen Gelehr— (a) ten, (0) Es haben dieſe Vorſchlaͤge ſchon anderwaͤrts zu einer Vorrede gedienet. Man hat ſie nachher auch beſonders abdrucken laſſen. Da ſich indeſſen auch dieſe Auf— lage vergriffen; ſo hat man geglaubet, ihr hier am beſten eine beſtaͤndige Stelle ©. einräumen zu koͤnnen. (0 Der berühmte und gelehrte Schweitzeriſche Naturkuͤndiger, Herr Bonnet, hat in dieſer Abſicht vollkommen recht, wenn er das gegenwaͤrtige Jahrhundert das Beobachtungsjahrhundert nennet. Seine Worte find dieſe: Jen’ai pas craint qu’il en fut moins goutè dans un Siecle qu' on pourroit nommer le SIECLE DES OBSERVATEURS. c. Bonnet confiderations für les corps organifes, Pref. p. XVII, . EN UN RC Vorrede. ten, deren Beruf und Amt es erfordert, die Natur genan zu kennen, ihren Geheimniſſen nachzuforſchen, ihrer Anweiſung und ihrem Vorgange zu folgen, ja in manchen Faͤllen fo gar ihren Kunſtgriffen und Meifters ſtücken nachzuahmen, machen zu unfern Zeiten aus Treibung der Natur⸗ runde mehr, als jemalen, ihr Hauptwerk; fondern auch andere Gelehr— ten, und faſt alle Gattungen derſelben, halten es gegenwaͤrtig vor eine ihrer Pflichten und Schuldigkeiten, eines Theils ſelbſt in der Naturge⸗ ſchichte wohl erfahren zu ſeyn, andern Theils zu mehrerer Ausbeſſerung, Bereicherung und Aufklaͤrung derſelben, das Ihrige beyzutragen, und überhaupt dieſelbe den Hauptgegenſtand ihrer Nebengeſchaͤfte „und ihres angenehmnüͤtzlichen Zeitvertreibes, ſeyn zu laſſen. Selbſt Kayſer, Könige und Fuͤrſten achten es heutigen Tages ihrer hoͤchſten und hohen Würde fo wenig entgegen, ſich mit der Naturkunde zu beſchaͤftigen, daß ſie es viel⸗ mehr zu ihren wichtigen Regentenpflichten rechnen, Goͤnner, Beſchuͤtzer und Befoͤrderer dererjenigen zu ſeyn, die ſich der Naturkunde widmen, und darinnen neue, ſonderlich gemeinnuͤtzige, Entdeckungen machen. Und dieſe Liebe und Uebung der Naturwiſſenſchaft gehet itzo ſchon fo weit, daß auch diejenigen, welche ſonſt ganz allein der Land, und Hauswirth— ſchaft obliegen, und ihr nachzugehen haben, anfangen, es zu erkennen, daß fie in ihrer Land und Hauswirthſchaft um ſo gluͤcklicher ſeyn, in ſolcher um ſo ſichere Schritte thun, darinnen um ſo weiter fortkommen, und aus derſelben um ſo gewiſſere und reichere Vortheile ziehen koͤnnen; je mehr fie von der Naturlehre wiſſen, und ſich ſelbſt mit Beobachtung, Er⸗ forſchung und Behandlung der Natur abgeben. Und eben daher denket man in unſern Tagen aller Orten gar ſehr darauf, ſowohl angehenden und ſolchen Gelehrten, die ſich nicht in vielerley einlaſſen koͤnnen, als auch den Ungelehrteſten aus der Geſellſchaft des Adels Bürger, und Bauren— ſtandes, diejenigen Huͤlfsmittel anzugeben, und in die Haͤnde zn liefern, welche welche, wie jedermanns Begriffen, Lebens und Denkungsart gemäß eingerichtet, fo auch hinreichend ſeyn mögen, die Naiur kennen zu ler— nen, die Guͤter, Schaͤtze und Reichthuͤmer derſelben je laͤnger, je nutz⸗ barer, zu verwenden. Ueberdenket man nun alle Suͤlfsmittel, die man zu Erreichung des erſtangefuͤhrten Endzweckes, ſonderlich ſeit einem Jahrhunderte, ausfins dig gemacht, an Handen gegeben, und ſich bedienet hat; ſo moͤgten ſie wohl auf dieſe drey hinaus laufen. Man hat Lehrgebaͤude (MHemata) ausgearbeitet; man hat Woͤr⸗ rerbuͤcher (lexica) verfertiget; man hat Abbildungen (icones) genoms men und geliefert. Bey jedem dieſer Huͤlfsmittel iſt, wo ich nicht irre, die gemeinſchaftliche und lobenswuͤrdige Abſicht dieſe geweſen: Die Erz lernung und Uebung der Natutwiſſenſchaft allgemein beliebt, leicht und nuͤtzlich zu machen. Durch die Lebrgebäude hat man geſuchet, das große und weite Feld des Naturreiches in abgetheilte Graͤnzen zu zergliedern. Durch die Woͤrterbuͤcher hat man ſich bemuͤhet, nicht nur die Sprache und die Kunſtwoͤrter der Naturlehrer jedermaͤnniglich, und mit der Zeit uberall uͤblich und gangbar zu machen; ſondern auch dadurch denenjenigen von der ganzen Naturlehre, und ihren einzeln Stuͤcken, einen nothduͤrftigen Unterricht zu ertheilen, die ſich nicht hauptſaͤchlich darauf legen koͤnnen, oder die, ſolches zu thun, keine Anweiſung und Gelegenheit haben. Die— fe ſollen in ſolchen Wörterbüchern fo oft Nachricht und Auskunft finden, fo oft fie in dieſen und jenen Fällen ſich ſchnell Rathes erholen wollen. Und durch die Abbildungen hat man dasjenige ſinnlich gemacht, und werkthaͤtig dargeſtellet, was mit und in jenen Lehrgebaͤuden und (a) 2 Woͤr⸗ 1 Vorrede. Wörterbüchern nur buchftäblich geſchehen iſt, in beyden aber bald nicht hinreichend genug, bald ganz und gar nicht, durch Worte und Befchreis bungen hat angedeutet und deutlich gemacht werden koͤnnen. Man muͤßte der Erfahrung widerſprechen, und aller Billigkeit und Unpartheylichkeit abgeſaget haben, wenn man dieſen dreyen gedachten Suͤlfs mitteln ihren wahrhaften und großen Nutzen, der durch ſie bis— hero geſchaffet worden iſt, und noch geſchaffet wird, nicht eingeſtehen wollte. Allein, bey alle dem giebt es gleichwohl in der Naturwiſſenſchaft, ſonderlich bey Erlernung und Ulebung derſelben, noch eine Menge Un— vollkommenheiten, Hinderniſſe und Schwierigkeiten, die durch alle bis jetzo bekannte Lehrgebuaͤude, Wörterbücher und Abbildungen nicht gehoben worden ſind. Und vieleicht ließe ſich gar erweiſen, daß einige derſelben durch ſie neuerlich W und 1 die alten e worden ſeyn. 6 Die Anzahl der verſchiedenen Lehrgebaͤude iſt ſchon jetzo ziemlich ſtark, und ſie ſcheinet dadurch immer groͤßer zu werden, weil, ich weis nicht? aus welch einer bezaubernden Verliebung in dieſelben, viele Ge— lehrte ihre ganze Geſchicklichkeit dermalen darein ſetzen, und allen ihren Fleiß darauf verwenden, ein neues Lehrgebaͤude des Naturreiches, bald im Ganzen genommen, bald nach einigen Theilen deſſelben, zu ers finden und aufzufuͤhren. Iſt es nicht ſchon jetzo faſt zu einer eigenen und beſondern Wiſſenſchaft geworden, alle Arten dieſer Lehrgebaͤude zu ken— nen und inne zu haben? Wie viel Zeit nimmt die Leſung dieſer Schrifs ten weg! Wie koſtbar iſt zum Theile die Anſchaffung derſelben, ſonderlich der auslaͤndiſchen! Wie oft iſt das eine dieſer Lehrgebaͤnde dem andern gerad entgegen, und widerſpricht ihm! Wie ein Manches wird, wie aus mehrern Urſachen, ſo ſonderlich wegen der aus andern und fremden 5 Spra⸗ — Votrede. * Sprachen entlehnten Redensarten und Benennungen () mehr verdunkelt, verwirret, und unverſtaͤndlich gemacht, als daß es dadurch aufgeflärer und erlautert werden ſollte! Wie laͤſtig und beſchwerlich wird das Meiſte dem Gedaͤchtniſſe! Und wie ſehr Viele bekommen blos um dieſer ange— fuͤhrten Eigenſchaften der gegenwaͤrtigen Lehrgebaͤude willen an der Er— lernung und Uebung der Naturwiſſenſchaft gleich im Anfange einen Eckel und Abſcheu? Ja, man ſage mir unpartheyiſch, weſſen und um wie viel iſt man denn am Ende gebeſſert, wenn man auch alle bekannte Lehrge— baͤude weis und inne hat? Ich will des Beſten gedenken. Man hat feis nem Gedaͤchtniſſe eine Menge allerhand, meift fremder, Wörter, Abs theilungen, Kennzeichen und Eigenſchaften anvertrauet 3 und davon die Meiſten ſo lange ihre Schoͤnheit und Richtigteit haben, ſo lange man ſie nicht mit der Natur vergleichet, oder die Natur nach denſelben kennen lernen will; die aber nicht ſelten ſo bald als willkuͤhrlich, gekuͤnſtelt, ja unrichtig und unzulaͤnglich erfunden werden, ſo bald man außer ſeiner Stube alles in und nach der Natur ſelbſt pruͤfet, beurtheilet und abmiſſet. Daß ich davon nichts ſage, wie wir, ſo viel ich mich erinnern kann, nicht einmal noch ein einziges Lehrgebaͤude des ganzen Naturreichs aufwei⸗ ſen koͤnnen, das in unſerer deutſchen Sprache geſchrieben waͤre. Die Woͤrterbuͤcher haben, wo nicht alle, und die nämlichen, Uns vollkommenheiten, die von den Lehrgebaͤuden erſt gemeldet worden ſind, doch gewiß andere, und ſo zu reden, ihre eigenen. Man muß ſich gleich (a) 3 auf (0) Hieher gehören ſonderlich die aus dem Griechiſchen genommene Benennun⸗ gen. Wer weis nicht, daß dieſe Sprache in unſern kaͤndern und Tagen eine todte Sprache, und fo gar von der Art iſt, daß fie je länger , je mehr ſcheinet in Ver⸗ geſſenheit zu kommen. Sollte es daher nicht beſſer ſeyn, wenn man die Namen in der Naturlehre lieber aus der lateinifchen , oder auch derjenigen Sprache zu entlehnen ſuchte, in welcher man redet und ſchreibet. Mich duͤnket, dergleichen Benennungen wurden eine Sache ungleich deutlicher und kenntlicher machen, als die, oft vielfach zuſammengeſetzten / griechifchen Namen. VI Votrede. auf einmal eine ganze Menge derſelben, und von verſchiedenen Sprachen, anſchaffen, wenn man ſich bey ihnen eines ſichern Rathes erholen, und von dem Gebrauche und Nachſchlagen derſelben nur einigen Nutzen haben will. Wer hat hiezu allemal das noͤthige Vermoͤgen und eben ſo viele Sprachenkenntniß, als er außerdem Luſt und Liebe zur Naturkunde hat? Sind nicht ſelbſt einzele, und insgemein die beſten und brauchbarſten von ihnen, tusgemein die koſtbarſten, und zum Theile fo koſtbar, daß fie nur vor die Buͤcherſaͤle großer und beguͤterter Herren gehoͤren? Und iſt es wohl ein ſeltener Fall, daß man nicht nur in den beſten und koſtbarſten, ſondern auch in allen Woͤrterbuͤchern zuſammen genommen, juſt dasje⸗ nige nicht findet, ſondern ausgelaſſen und uͤberſehen, oder unvollkommen beſchrieben antrift, worinnen man eben Unterricht und Auskunft wünfchs te und ſuchte? Sind viele Woͤrterbuͤcher wohl etwas anders, als fafts und kraftloſe Namenverzeichniſſe verſchiedener Schriftſteller, und wodurch eine Sache ſoviel, als gar nicht, kennbarer und deutlicher gemacht wird? Wie groß iſt wohl die Anzal ſolcher Woͤrterbücher / die da richtige, und der Natur gemaͤſſe, Erklaͤrungen und Beſchreibungen der Sachen ent halten? Und wo iſt das Wörterbuch, welches die Naturgeſchichte ganz allein und in ihrem ganzen Umfange zum Vorwurfe und zum Innhalte hat 2 Ich glaube nicht, der Sache zu viel zu thun, wenn ich ſage, daß endlich noch dasjenige Woͤrterbuch, welches auf Koſten der Gaumiſchen Buchhandlung in Ulm herausgegeben wird (“); und davon bereits zween N Theile (*) ONOMATOLOGIA HISTORIAE NATURALIS COMPLE. TA, oder vollſtaͤndiges Lexicon, das alle Benennungen der Kunſtwoͤrter der ar turgeſchichte nach ihrem ganzen Umfange erklaͤret, und den ganzen Schatz der reir chen Natur durch deutliche und richtige Veſchreibungen des nuͤtzlichen und ſonder⸗ baren von allen Thieren, Pflanzen und Mineralien, ſowohl der Aerzte als ander rer Liebhaber in ſich faßt; zu allgemeinen Gebrauch von einer Geſellſchaſt Natur⸗ forſchender Aerzte nach deu richtigſten Urkunden zuſammengetragen. Vorrede. vn Theile in unſern Haͤnden ſind, das erſtere dieſer letzten Art und Gattung, wenigſtens in unſerer Sprache, ſey. Die Abbildungen, welche wir von dem, was zur Naturgeſchichte gehoͤret, bis heute aufweiſen koͤnnen, haben noch mehr Unvollkommen— heiten , als die vorgemeldten Lehrgebaͤude und Wörterbücher. Sie kommen, in Anſehung der faſt unzaͤhlbaren Dinge im Naturreiche, der geſamten Anzal nach, faſt in gar keine Betrachtung. Ihre Zeichnun— gen, Riſſe und Abdruͤcke ſind nicht ſelten von ſo ſchlechter Aehnlichteit der Natur, daß der beygefuͤgte Name faſt das einzige iſt, woraus man wiß ſen kann, was das Bild bedeuten und anzeigen ſoll. Giebt es auch hin und wieder, an ſich betrachtet, gute und fo ziemlich naturliche Abbilduns gen; fo fehler ihnen doch die Ausmahlung mit natuͤrlichen und lebendigen Farben, und ohne welche der ſchoͤnſte und natuͤrlichſte ſchwarze Abdruck ſich ſehr wenig, oft gar nicht kennbar, noch deutlich genug, ausnimmt. Es iſt zwar wahr, daß wir ſeit einigen Jahren auch ausgemahlte Abbildungen von verſchiedenen, zum Theile ſehr geſchickten, Kuͤnſtlern erhalten haben (. Allein, wie gering iſt ihre Anzahl; wie theuer ſind ſie zu erkaufen; wie enthal— ten fie insgemein mehr dasjenige, was auslaͤndiſch, als was einheimiſch / iſt; und (0) Durch dergleichen natuͤrlich ausgemahlte Abbildungen haben ſich in unſern Tagen einen unſterblichen Namen erworben: ein Regenſuß zu Coppenhagen durch das vortrefliche Koͤnigl. Muſchelcabinet: ein Seeligmann und Roͤſel zu Ars berg, und zwar jener durch feine Fiſche, Voͤgel und Pflanzen ic. dieſer durch feine Inſectenbeluſtigungenz ein Haid zu Augſpurg, durch das MW eins manniſche Kraͤuterwerk; und nur erſt vor ein Paar Jahren Herr D. Sul— zer in der Schweitz, durch ſeine Kennzeichen der Infecten. Und welch eine groſſe Nutzbarkeit und Deutlichkeit würde nicht diejenige Inſectengeſchichte ers langet haben, welche zu Paris aus Licht getreten iſt, wenn die beygeſuͤgten Abbil— dungen zugleich mit lebendigen Farben waͤren ausgemahlet worden? Hiftoire ab- regée des infedes aux environs de Paris; dans laquelle ces animaux font ranges ſuivant un ordre methodigue, Paris. 1703. VIII Vorrede. und wie vielen unter ihnen gereichet ſelbſt die Ausmahlung mehr zur Verſtel⸗ lung und Verſchaͤndelung, als zur Aehnlichkeit und Schoͤnheit? Man darf nur zu einem Beweiſe des letztern, den Sondiſchen Nachdruck der Voͤgel⸗ geſchichte des Albins anſehen; fo wird man erſtaunen muͤſſen, wie haͤß⸗ lich und widernatuͤrlich dieſe Vögel ſchon geſtochen, und noch weit haͤßli⸗ cher, unnatuͤrlicher und widerſinniger ausgemahlet ſind. Gleichwol iſt dieſes Werk uͤbertheuer, und wer es beſitzet, wird dennoch durch die beys gefuͤgte Beſchreibung mehr Licht erhalten, als die Bilder, und deren Farben, ihm nimmermehr geben koͤnnen. So eine bedaurenswuͤrdige Beſchaffenheit hat es bis auf den heuti⸗ gen Tag ſelbſt mit denenjenigen Huͤlfsmitteln, durch welche man anhero die Kenntniß und nutzbare Anwendung der Naturgeſchichte zu erleichtern und zu befördern geſuchet hat. Sollte es denn aber ganz und gar nicht möglich ſeyn, das Mangels hafte und Unvollkommene dieſer Huͤlfsmittel aus dem Wege zu raͤumenz ſie ſelbſt auf einen mehr ſichern, leichtern und weniger koſtbaren Fuß zu ſetzen; und auf dieſe Weiſe endlich einmal den ſo lang auf allerhand Art, jedoch vergeblich, geſuchten Zweck einer allgemein leichten, ſichern und nüslichen Kenntniß und Uebung der Naturwiſſenſchaft zu erreichen? Dieſer Gedanke hat ſich gleich in den erſten Jahren, da auch ich in meinem geringen Theile der Naturgeſchichte meine Nebenſtunden zu wied— men, mir zu einer Pflicht und zu einem angenehmen Zeitvertreibe gemacht habe, in meinem Gemuͤthe ſehr veſte geſetzet; und je weiter ich in Kennt, niß und Uebung der Naturwiſſenſchaft fortgegangen bin, je lebhafter iſt dieſer Gedanke mir geworden, und bald dieſes, bald jenes, beygefallen, welches mir zu dieſer Sache dienlich und foͤrderlich geſchienen hat. Ich Vorrede 1 Ich habe einige meiner diesfallfigen Gedanken das erſtemal in einem Sendſchreiben an die Kayſerl. Koͤnigl. Academie zu Ro veredo der gelehr⸗ ten Welt eroͤfnet (). Sie betrafen damals nur das Pflanzenreich, und waren, nach meinem damaligen Zwecke, ziemlich eingeſchraͤnket. Nachher tratt ich der Sache etwas naͤher, und that in zween Schriften Vorſchlaͤge und die Anzeige einer verbeſſerten und gemeinnuͤtzigen Schwammgeſchichte (*. Endlich habe ich in einem Sendſchreiben an die Koͤnigl. Preußiſche Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu Duisburg gleiche Vorſchlaͤge zu einer verbeſſerten, ſichern und leichten Geſchichte der Fiſche der Prüfung und Beurtheilung der Gelehrten unterworfen (%). Jetzo will ich es wagen, mit der ganzen Naturgeſchichte es auf zunehmen, und zu verſuchen, in wie ferne ſich, in Anſehung auch dieſes ganzen, und ſo weiten, Feldes, etwas moͤge angeben laſſen, welches zur Verbeſſerung der mehr angeführten Huͤlfomittel der Natur⸗ wiſſenſchaft, und folglich zur Foͤrderung derſelben ſelbſt, die nen koͤnnte. Ich werde mich überall ſo kurz faſſen, als es die Sache ſelbſt, ohne undeutlich zu ſeyn, zulaſſen wird. Ich werde mich alſo zuetſt darüber zu erklaͤren haben, worauf es, meines wenigen Dafuͤrhaltens , bey Verbeſſerung eines jeden erſt ges dachten Huͤlfsmittel vornaͤmlich ankommt; ſodann will ich die Art und Weiſe anzeigen, wie und durch wem ſolche Verbeſſerung ſelbſt koͤnne und muͤſſe ins Werk geſetzet werden. (b) Der CH) Epitola ad Academiam Roboretanam de ſtudii botamici faciliori ac tutiori methodo., Conferatur : Iſagoge in botanicam expeditiorem; Item Botanica expeditior. 1760. (0 Vorläufige Beobachtung der Schwaͤmme um Regensburg. Ingleichen: Beſchrei⸗ bung des Gichtſchwammes. () Epiftola ad focietatem litterariam Duisburgenſem de ſtudii ichthyo- logici faciliori ac tutiori methodo, 1769, * Vorrede. Der Zweck der Lehrgebaͤude iſt im Grunde kein anderer, als das ſo gar groſſe, und ſchwer zu uͤberſehende, Feld der drey Naturreiche in eigene, und ſolche, Abtheilungen und Zergliederungen, zu bringen, vers moͤge deren es leicht ſeyn moͤge, ein jedes vorkommendes, lebloſes, oder lebendiges, Geſchoͤpfe alſobald zu erkennen, zu nennen, und in feiner Art auch zu nutzen. Der von einigen angegebene und gehabte Zweck, die Natur durch Lehrgebaͤude in eine narhrliche, gewiſſe und vollkommen regelmäßige, Ordnung zu bringen, iſt ſchon von lange her den beſten Ra turkennern bedenklich, und ſelbſt widernatürlich, vorgekommen. Und die Erfahrung lehret es ſelbſt täglich, daß ſich die Natur von uns nicht uͤberſehen, noch in eine von uns willkuͤhrlich angenommene Ordnung und Einſchraͤnkung bringen laſſe, und daran oft eine lebhafte Vorſtellung und Einbildung mehr, als die Natur, Antheil hat. Ein einziges in unſerm, oder einem andern, Welttheile neuentdecktes, lebendiges „oder lebloſes Geſchoͤpfe; eine einzige neuerlich beobachtete Bildung, oder Eigenſchaft deſſelben; iſt oft allein zureichend, daß das ſchoͤnſte, natuͤrlichſte und als untadelhaft ſchon überall angegebene und angenommene Lehrgebaͤude eben fo, als mehr andere von uns als richtig ausgegebene Saͤtze der Naturge— ſchichte, über den Haufen zu werfen. Warum martern wir uns alſo mit Erfindung und Auskuͤnſtelung neuer Lehrgebaͤude? Warum begnuͤgen wir uns nicht an denen, die ſchon vorhanden, und zu dem angezeigten Zwecke, wenigſtens noch voritzo, hinreichend ſind? Warum rauben wir uns, und andern, durch dergleichen neue Lehrgebaͤude diejenige Zeit und Koſten, die wir auf gemeinnuͤtzliche Unterſuchungen und Behandlungen der Natur verwenden koͤnnten? Warum nehmen wir nicht vielmehr diejenige nuͤtzliche, und zum Theile hin und wieder nothwendige Neuerung vor, daß man die ſchon vorhandenen Lehrgebaͤude zuſammenziehe, jedes verbeſſere, ergaͤnze, ö und # 1 Vorrede. XK und vollſtaͤndiger mache ()? Sind in einem Lehrgebaͤude die Kennzeichen der Claſſen, Ordnungen, Geſchlechter und Arten dergeſtalt genau, nas tuͤrlich und ſinnlichklar beſtimmt und feſtgeſetzet, daß man nach Maaßga⸗ be derſelben ein jedes zu Geſichte, oder zu Handen, kommendes Geſchoͤpfe in ſeiner Claſſe, Ordnung, Geſchlechte und Art zu finden, dahin zu rechnen, und folglich zu kennen und zu nennen weis; fo hat man mit ſolchem Lehr— gebaͤude ſeinen Hauptzweck erreichet, und es iſt in dieſer Betrachtung in alle Wege nuͤtzlich und brauchbar. Des beruͤhmten Schwediſchen Kits ters und Königlichen Leibarztes, Herrn Linnaͤus, Lehrgebaͤude der Nas tur iſt in unſern Tagen, wie überall, bekannt, ſo auch wohl das einzige in ſeiner Art. Warum will man ſich alſo an demſelben nicht begnuͤgen laſſen, und ſolches nicht lieber allgemein einfuͤhren, als durch neue, und insgemein ungleich ſchlechtere und unvollkommenere, Lehrgebaͤude von feis nem Werthe herunter ſetzen, und gleichſam verdrängen? Mir iſt zwar nicht unbekannt, daß, und warum Verſchiedene mit demſelben, und ſon⸗ derlich mit der neueſten Ausgabe, hie und da unzufrieden ſind (*). Frey⸗ (09 2 lich (%0 Dieſer Weg iſt, wie mich duͤnket, in demjenigen vortreflichen Werke eingeſchla⸗ gen worden, welches, wie oben gemeldet, zu Paris unter folgender Ueberſchrift ans Licht getreten iſt: Hiftoire abregee des inſectes qui fetrouvent aux environs de Paris. 1762. () So hat, daß ich bey der Inſectenclaſſe allein ſiehen bleibe, 3. B. es einem Mau⸗ chen gar nicht einleuchten, noch eingehen wollen, daß der Wallfiſch aus der bis herigen Claſſe der Fiſche, und die Fledermaus aus der bisherigen Claſſe der Voͤgel, heraus genommen, und in diejenige Claſſe der Thiere verſetzet worden iſt, deren Junge an Bruͤſten genaͤhret werden (mammalia). Allein, ich ſehe nicht, wie dieſes im mindeſten mit Rechte getadelt werden kann. Iſt es denn ſo, wie es ſcheint, wirklich widernatuͤrlich, wenn diejenigen Thiere in die beſtimmte und angenommene Claſſe zuſammengeſetzt werden, deren Junge an Bruͤſten ge— naͤhret werden. Kann der große Unterſcheid, der zwiſchen einem vierfuͤßigen Thiere, und einem Fiſche und Vogel ſonſt iſt, hier eine wahre Ungsflale machen? Ich kann es vor meinen geringen Theile nicht ſehen, noch finden. 41 Vorrede. lich iſt es, weil es ein menſchlich Buch iſt, weder durchaus vollſtaͤndig, noch auch ohne alle Unrichtigkeiten. Allein, dieß benimmt feinem ſonſti— gen groſſen und wahrhaften Werthe ganz und gar nichts. Ja, wenn man es beym Lichte und unpartheyiſch erwaͤget, fo betreffen die meiſten Einwürfe wider dieſes Linnaͤiſche Lehrgebaͤnde (') insgemein nur Nu bendinge, dadurch die Güte eines ſonſt guten Lehrgebaͤudes nichts verlie⸗ ret. Und, kommen viele Unrichtigkeiten, die hier und da bemerket wers den, von etwas Anderm her, als weil ein Manches aus mangelhaften Beſchreibungen und falſchen Abbildungen der Dinge, ſonderlich fremder und auslaͤndiſcher Sachen, hat genommen, oder vielmehr errathen wer— den muͤſſen. Würde man alſo der Naturgeſchichte nicht einen weit groͤſ⸗ ſern Vorſchub thun, und einen weit vortheilhaftern Dienſt leiſten, wenn jeder Freund der Naturkunde in ſeinem Theile, nach ſeinem Vermoͤgen, und nach habender Gelegenheit, dieſe und jene Dinge ſelbſt in Augenſchein zu nehmen, die bemerkten Fehler anzuzeigen, und alles richtiger anzuge— ben, ſich angelegen ſeyn lieſſe; als wenn er um eines und des andern ge— ringen, oder wichtigen, Fehlers willen alles uͤbrige wahre und ſchaͤtzbare Gute dieſes Lehrgebaͤudes ſelbſt wegzuwerfen ſich beygehen laͤßt. Die Woͤrterbuͤcher, ſofern ſie der Naturgeſchichte foͤrderlich und nützlich ſeyn ſollen, muͤſſen zwar ganz allein, aber auch alles das in ſich faſſen, was zur Naturkunde gehoͤret, mit derfelben nur in einiger Ders bindung ſtehet, oder ſonſt zur Aufklaͤrung und zur Bekraͤftigung gewiſſer darinnen vorkommenden Sachen dienen kann. Sie muͤſſen in einer rei— nen, ungekuͤnſtelten, naturlichen und jedermann faßlichen deutſchen Spras che abgefaſſet ſeyn; jedoch ſo, daß die vornehmſten lateiniſchen, franzoͤſi⸗ ſchen %) Das Steinreich hoͤchſtens ausgenommen; als welches einer Verbeſſerung und wohl auch einer gaͤnzlichen Uinſchmetzung bedürfen. moͤchte. Wer weis aber auch nicht, daß dieſes Steinreich ganz befondere Schwuͤrigkeiten hat? Vorrede. XIII ſchen ze. Namen, und die ſich oft im Deutſchen kaum volſtaͤndig genug ausdrucken laſſen, zugleich mit beygefuͤget werden muͤſſen. Sie muͤſſen von einer jeden Sache gute und umſtaͤndliche Beſchreibungen enthalten; und Anweiſung geben, wie man zur naͤhern Kenntniß derſelben kommen, auch wie ales aus ſchon bekannter Erfahrung genutzet werden koͤnne. Alles muß ſo kurz und genau zuſammen gefaſſet werden, daß nichts Ueber⸗ fluͤßiges und Unnoͤthigweitlaͤuftiges darinnen vorkomme. Es muß auch aller Bedacht dahin genommen werden, ein ſolches Wörterbuch fo wohl feil zu liefern, daß Niemand durch Koſten möge abgeſchroͤcket, oder ges bindert werden, ſich ſolches anzuſchaffen. Es muͤſſen, weil doch Meh— rere weiter, als ein Einzelner fehen koͤnnen, auch ein dergleichen volftäns diges Woͤrterbuch kaum eines einzigen Mannes Werk ſeyn kann, mehrere gelehrte Maͤnner von guten Einſichten, Gaben und Wiſſenſchaften, dar— an zugleich zu arbeiten ſich mit einander vereinigen. Dieſe Gelehrten muͤſſen inſonderheit nicht blos aus andern Schriftſtellern abſchreiben, ſou— dern, fo viel moͤglich, überall ſelbſt nachſehen, und das, was fie ſelbſt nachgeſehen haben, und vor deren Richtigkeit ſie ſtehen koͤnnen, beſonders andeuten. Sie muͤſſen endlich ſich wohl fuͤrſehen, daß nichts, was ſchon bekannt iſt, oder doch bekannt ſeyn koͤnnte, uͤberſehen werde, damit de— rer Nachtraͤge fo wenige werden mögen , als nur immer möglich zu machen iſt. Die Abbildungen, und deren Ausmahlungen, muͤſſen aufs fünf; tige, nach allen Betrachtungen und in allen Ruͤckſichten, ganz anders bes werkſtelliget werden, und folglich eine ganz andere Geſtalt, als bisher, gewinnen, wenn ſie der Naturgeſchichte denjenigen wahren und gemein— nützlichen Dienſt leiſten ſollen, den man ſich ſonſt von ihnen allerdings verſprechen kann. Ich will mich naͤher erklaͤren. (b) 3 Es xıv. Vorrede. Es muͤſſen ſich dieſer Arbeit keine andere, als die geſchickteſten Kuͤnſt⸗ ler, unterziehen. Und weil der beſte Kuͤnſtler bey ſeiner Zeichnung gar leicht eben dasjenige uͤberſehen kann, was als ein weſentliches Unterſchei— dungsſtuͤck am meiſten und deutlichſten ausgedruckt werden ſoll; fo muͤſ⸗ fen dieſe Zeichnungen allezeit unter der Aufſicht, und nach der Anweiſung, eines ſolchen Gelehrten gemacht werden, der von dergleichen abzubilden⸗ den Dingen eine genaue und ſyſtematiſche Kenntniß hat. Diefer muß den Kuͤnſtler, ehe er zur Zeichnung ſchreitet, vorher von alle dem unter⸗ richten, worauf ſelbiger hauptſaͤchlich Acht zu geben, und was er am klaͤreſten und deutlichſten anzudeuten und auszudruͤcken hat. Und ſo muß ebenfalls der Rupferſtich und die Ausmahlung der Prüfung und Ber gnehmigung jenes Gelehrten vorher unterworfen werden, ehe die Aus gabe erfolget. Bishero hat man, einige wenige Werke ausgenommen, insgemein nur von fremden und auslaͤndiſchen Dingen Abbildungen geliefert. Allein, fo gut und lobenswuͤrdig ein ſolches an ſich immerhin iſt, ſo bleibet es doch allezeit ein nicht zu entſchuldigender Fehler, wenn man dabey allein ſtehen bleibet. Nein, wir muͤſſen foͤrderſamſt auch dar⸗ auf denken, daß wir unfere einheimiſche Sachen mögen kennen lernen. Es iſt dieſes um fo mehr unſere Pflicht, je mehr uns die einheimiſchen⸗ Dinge angehen, und je nuͤtzlicher fie uns wirklich werden koͤnnen; dahin gegen die auslaͤndiſchen insgemein nur den Verſtand und das Geſichte ergoͤtzen, und hoͤchſtens zu einem Vorwurfe unſerer Verwunderung uͤber das Schoͤne, Mannigfaltige und Unzaͤhlbare in der Natur gereichen. Man hat noch von keinem der drey Naturreiche (, geſchweige denn von allen dreyen, vollkommene, ja nur einigermaſſen taugliche, und et⸗ was ausgiebige, Abbildungen. Es iſt, was man dießfalls aufweiſen kann, f ‚über, (0 Es fen dann, daß man obgedachtes Weinmanniſche Kraͤuterwerk hieher rechnen wollte; welches aber, bekanntermaſſen, bey ſeinem ſonſtigen Werthe, noch ſeine anderweitigen groſſen Fehler hat. Vorrede. xv uͤberall mangelhaft, zerſtimmelt, und, in Anſehung deſſen, was noch abs gehet, faſt ſo viel, als gar nichts. Wir muͤſſen folglich darauf ſehen, daß auch hierinnen eine gute und ertwünfchte Verbeſſerung und Ergaͤn— zung geſchehe. Es würde, wie mich duͤnket, hiebey auf folgendes der Bedacht genommen werden muͤſſen. Zuerſt werden wir, wo nicht mehr rere, doch ganz gewiß eines, der bisher bekannten Lehrgebaͤude durch Abbildungen deutlich machen muͤſſen; und ich werde unten gedenken, daß ſich das Linnaͤiſche Lehrgebaͤude der Natur dazu am beſten ſchicken moͤgte. Durch dieſe Abbildungen muͤſſen die Kennzeichen und Unter— ſcheidungsſtuͤcke der Claſſen, der Geſchlechter, und der übrigen vors kommenden Abtheilungen, in das helle Licht geſetzet werden. Bleibet es ſonſt nicht eine hoͤchſtſchwere, und ohne fremde Anweiſung faſt unmoͤg⸗ liche Sache, ſich von dieſen und jenen Benennungen, die ohnedem nur willkuͤhrlich, gleichnißweiſe, und nicht ſelten zweydeutig, geſetzet find, eis. nen deutlichen und beſtimmten Begriff zu machen? Ein einziges Bild hievon lehret alsdenn mehr, als ein ganzer Vorrath von bloſſen Worten (Y. Iſt nun das Lehrgebaͤude in ſeinen Claſſen, Geſchlechtern und uͤbrigen Abtheilungen durch Abbildungen aufgeklaͤret, und auf einen ſichern, auch jedermann faßlichen, Fuß geſetzet worden; ſo muͤſſen ſodann auch alle einzelne Arten, ja, wo es noͤthig, auch fo gar die meiften Spielatten der Dinge, in Abbildungen vorgeſtellet werden. Dieſes iſt nicht nur in Anſehung des Pflanzen, und Steinreiches, ſondern auch des Thier— reiches, von einer unumgaͤnglichen Nothwendigkeit. Die weitlaͤuftigſte und genaueſte Beſchreibung laͤſſet uns ſonſt noch immer im Dunkeln und in () Dieſen Vorſchlag haben, was die Inſecten betrift, nicht nur obgedachter Herr D. Sulzer, und der Verſaſſer der Pariſiſchen Inſectengeſchichte wirklich ſchon ins Werk geſetzet; ſondern es hat auch der Herr Ritter Linnaͤus ſolches in ſei— nenacademiſchen Beluſtigungen gethan. Pandora Inſedtorum Ame- nit. Academ. Vol. V. Diff. CX XXIX. p. 232. xvi Votrede⸗ in großem Zweifel. Man wird deſſen ſogleich uͤberzenget, fo bald man z. B. die vielerley Arten eines gewiſſen Inſecten⸗Voͤgel- oder Kifch- geſchlechtes aus den Beſchreibungen will kennen und benennen lernen. Man wird finden, daß hier die Beſchreibungen oft wenig, und nichts ent ſcheiden. Das unvollkommenſte Bild giebt alsdenn nicht ſelten ungleich mehr Licht, als die beſte Beſchreibung. So viel von dem, was in Abbildung gebracht, und wie es gezeich, net, abgemahlet, nnd in Kupfer geftochen, werden muß. SE nun das Bild und der Kupferſtich auf vorbeſchriebene Weiſe nas tuͤrlich und ſchoͤn genug ausgefallen; fo muͤſſen dieſelben durch die Aus⸗ mahlung, oder durch Illuminiren, erſt recht erhoͤhet werden, und damit ihren rechten und wahren Werth erhalten. Schwarze Abdruͤcke muͤſſen gaͤnzlich verbannet werden. Die Ausmahlung ſelbſt aber muß mit dem größten Fleiße und mit der moͤglichſten Aufmerkſamkeit geſchehen, damtt dadurch dasjenige ſich recht unterſcheidend und auf das ſinnlichnatüuͤrlich⸗ ſte ausnehmen moͤge, was an einer jeden Sache das Weſentliche, Vor— zuͤgliche, Beſondere und Schöne, ausmachet. Freylich liebt der Unwiſ⸗ ſende und blos Sinnliche allezeit diejenigen Bilder mehr, die von ſchoͤner, lebhafter und hoher Farbe find. Und ich glaube, daß aus dieſem Grunde die obgedachten Hondiſchen Bilder, wider alle natuͤrliche Aehnlichkeit, fo bundſcheckig ausgemahlet ſeyn. Allein ſolche Bilder gehören auch nur vor Kinder, und zum Spielen. Der Naturgeſchichte nutzen ſie nicht das Mindeſte, daß ſie ihr vielmehr auf alle Weiſe ſchaͤdlich und hinderlich ſeyn. Nur dasjenige Bild iſt vor die Naturgeſchichte ſchoͤn und brauchbar, welches die Farbe der Natur hat; fie ſey übrigens matt oder kraͤftig, hell oder dunkel, lebhaft und brennend oder abgeſtorben, vielfach und gemiſcht oder einfach und ſchlechtweg; wenn ſie nur natuͤrlich iſt. Will Vorrede. N Will ein Rünfkler von gewiſſen Dingen des Naturreiches Abbildun⸗ gen nehmen, und ausgeben; ſo muß derſelbe vor allen Dingen einen ge— lehrten Naturkuͤndiger zu Rathe ziehen, und ihm ſein Vorhaben bekannt machen, um von demſelben nicht nur zu vernehmen, welche Dinge vor andern der Abbildungen benoͤthiget find; ſondern vornaͤmlich ihn prüfen und unterſuchen zu laſſen, db ſich auch die vielen Geſchlechten und Arten einer Claſſe moͤgten aufbringen laſſen, die dahin gehören, und zum Theis le ſchon anderwaͤrts nahmhaft gemacht worden find. Nichts iſt verdrießs licher, als wenn von allerhand Sachen des Naturreiches, faſt nur blind— lings, Abbildungen ausgegeben werden. Man erhaͤlt auf dieſe Weiſe zwar viel und mancherley; aber nirgends etwas Ganzes und nur einiger— maſſen Vollkommenes. Eben dieſe Beſchaffenheit hat es, wenn von ge— willen Claſſen nur einige und wenige Geſchlechter, und von dieſen nut einige und wenige Arten abgebildet werden; die ganze uͤbrige und groͤſſere Anzal aber uͤbergangen wird. So ſindz B. die Friſchiſchen Voͤgel ziemlich nas tuͤrlich gezeichnet und aus gemahlet, fo, daß fie zur Kenntniß eines jeden vors geſtellten Vogels gar wohl brauchbar ſind; allein, da die ganze Sammlung, nach der gehabten Abſicht, nur eine ſo gar kleine Anzal ausmachet, ſo ſind und nutzet dieſelbe, in Anſehung der ganzen Voͤgelgeſchichte, ſo viel deren auch nur in unſerm Vaterlande, ja ſelbſt um Berlin, angetroffen werden, dasjenige nicht, was ſie ſeyn und nuͤtzen würde, wenn die Ans zal vermehret worden waͤre, und wenigſtens alle diejenigen Voͤgel in ſich faßte, die auch nur um Berlin, und der Orten, ſich aufhalten. Bilig ſollte kein Kuͤnſtler einzelne und wenige Stuͤcke aus einer Claſſe, und von einem Geſchlechte, ſondern jedesmalen eine ſehr betraͤchtliche Anzal, und wenigſtens alle diejenigen liefern, welche an einem Orte, und in eis ner gewiſſen Gegend, angetroffen werden, (c) End⸗ XVI Vorrede. Endlich muß bey den Abbildungen darauf geſehen werden, daß ſolche auf die wohlfeilſte Art koͤnnen abgegeben werden. Freylich vertheuret der Kupferſtich, und noch mehr die Ausmahlung, wenn beyde ſchoͤn und na⸗ tuͤrlich ſeyn ſollen, aus vielerley Urſachen, eine Kupfertafel ganz unges mein, und mehr als diejenigen, fo davon keine eigene Erfahrung haben, glauben koͤnnen und wollen. Allein, ich wets gleichwol auch aus naͤmki— licher eigenen Erfahrung, daß manches wirklich wohlfeiler ſeyn und wers den koͤnnte, wenn alles fo einander die Haͤnde bieten, und auf die Art ein⸗ gerichtet wuͤrde, wie ich unten mit mehrerem vorſchlagen werde. Genug von denen Verbeſſerungen, die zum Beſten der Naturge— ſchichte,! in Anſehung der mehrgedachten Huͤlfsmittel, vorzukehren find. Ich komme nunmehro auf die Frage: Ob und wie die eben vor⸗ geſchlagene Verbeſſerung und verlangte Beſchaffenheit mehr gedachter Huͤlfomittel koͤnnen ins Werk geſetzet werden? An der Moglichkeit iſt ganz und gar nicht zu zweifeln, und fie braucht von mir nicht erſt erwieſen zu werden, weil ich alſobald die Art und Weiſe angeben und beſtimmen werde, wie die Wirklichkeit und Thätigkeit derſelben erfolgen koͤnne, Was die Lehrgebaͤude betrift, ſo habe ich ſchon oben erwaͤhnet, daß wir uns gar wohl an dem Linnaͤiſchen begnuͤgen laſſen, und ſolches all, gemein zum Grunde legen, und einfuͤhren koͤnnen. Ich will mich alſo auch ganz allein an daſſelbe halten. Es iſt ſolches bekanntermaſſen in Ias teiniſcher Sprache geſchrieben. Damit es nun auch denen nutzen moͤge, die der lateiniſchen Sprache nicht kundig, ſo wuͤrde es foͤrderſamſt in die jedem Lande eigene Mutterſprache uͤberſetzt, folglich, in Anſehung unſers Vaterlandes, eine deutſche Ueberſetzung deſſelben veranſtaltet werden muͤſ. Vorrede. KI muͤſſen. Jedoch durfte letztere keiner andern, als der Feder eines ſolchen Gelehrten auvertrauet werden, welcher die ganze Natur wohl kennet, von derſelben aus Erfahrung ſprechen, und ſich in allen Stuͤcken der Sache gemäß, und jedermann verſtaͤndlich, auszudrücken, vermoͤgend iſt. Sos dann wuͤrde, wie mich duͤnket, die Verbeſſerung ſelbſt auf dieſe zwey Stüs cke ankommen. Naͤmlich, das Linnaͤiſche Lehrgebaͤude nach feinen Ab— theilungen, Claſſen, Geſchlechtern und Arten, theils vollkommener, theils ſinnlich deutlich zu machen. Zur Vollkommenheit würde gehören, daß es ſowohl von feinen wirklichen Fehlern und Unrichtigkeiten gereiniger, als auch dasjenis ge ergaͤnzet und ausgefuͤllet werde, was hie und da noch abgehet. Die finnliche Deutlichkeit würde, nebſt guten und ausführlichen Beſchreibun—⸗ gen, gute und natürliche Bilder erfordern. Und ich ſollte glauben, als le dieſe geforderten Stucke wuͤrden ſich nach folgender Vorſchrift leicht, und gleichſam von ſelbſt, geben. Soll das Kinnäifche Lehrgebaͤude eine menſchliche Vollkommenheit erlangen, folglich die Fehler verbeſſert, und die Luͤcken ausgefuͤllet werden, ſo muß ein ganzer Haufe Menſchen von verſchiedenen Faͤhigkeiten, Le— bensarten und Handthierungen, auch, nach verſchiedenen Abſichten, dar— an arbeiten, und jeder ſein beſtimmtes Theil dazu beytragen. Der Se— lehrte muß ſammeln, beobachten, nachſehen, prüfen, beſchreiben, bes ſtimmen, auseinander ſetzen, in Ordnung bringen. Der Ungelehrte muß aufſuchen, dem Gelehrten zutragen, und in die] Haͤnde liefern. Es giebt unzählige Dinge in der Natur, davon aber viele nicht ans ders, als gleichſam von ohngefaͤhr, entdecket werden. Der Gelehrte ges he ſelbſt noch ſo oft aus: es wird ihm gar vielmalen wenig, oft ganz und gar nichts Neues, und Beſonderes, zu Geſichte und zu Handen kom— (c) 2 men. xx. Vorrede. men. Ein andermal findet er die ſchoͤnſten und ſeltenſten Sachen in ei⸗ nem Augenblicke. Und wie viele Gelehrten giebt es denn, die, wenn ſie auch Luſt und Kraͤfte dazu haben, zugleich auch die Zeit und Gelegenheit vor ſich ſehen, in eigener Perſon Berge und Thaͤler, Waͤlder und Felder, Furchen und Hoͤhlen, und zwar von Zeit zu Zeit, in alen Witterungen, zu allen Jahreszeiten, bey Tage und bey Nachte, zu durchſteichen und durchzuſuchen ? Und gleichwohl ſoll und muß dieſes geſchehen, wenn auch nur von einem Orte, oder von einer kleinen Gegend, alles ſoll ausgekund— ſchaftet, ans Licht, zur Unterſuchung, Befchreibung und Abbildung, ges bracht werden, was daſelbſt die Natur hat, erzeuger, hervorbringet, dar— reichet und aufweiſet. Jedermann wird erkennen, daß dieſes keine Arbeit und kein Geſchaͤfte eines einzeln Gelehrten iſt, und daß ſelbſt, nach der gegenwärtigen Verfaſſung, nicht einmal die Bemühungen vieler Gelehr— ten dazu hinreichen, und ausgiebig ſeyn. Wie iſt alſo der Sache zu ra— then? Man nehme Ungelehrte zu Huͤlfe; Will man z. B. alle Voͤgel einer Gegend kennen lernen, ſo mache man ſich mit Vogelſtellern, 3 gern, Wildpräts haͤndlern, und dergleichen, bekannt, und laſſe ſich von ihnen das erſtemal alles liefern, was ihnen nur aufſtoͤſſet, und zu Haus den kommt. So mache man es auch, in Anſehung der Fiſche, der Kraͤu⸗ ter, der Schwaͤmme, und ſo weiter. tan laſſe ſich von Fiſchern aus den Fluͤſſen und Seen, und von Landleuten aus den Teichen und Suͤmpfen; von den Krautermaͤnnern und Schwammverkaͤufern, und denen, ſo im Holze, auf den Wieſen, in Gaͤrten und in Feldern zu thun haben, oder gemeldte Sache zu Markte zu bringen pflegen, alles zutragen, was ihnen nur vorkommt, es mag ihnen tauglich und brauch» bar, oder untauglich, unnuͤtze, oder auch wohl gar giftig und ſchaͤdlich ſcheinen. Wie wird es aber mit den Jeſerten, und denenjenigen Sa— chen, anzugreifen ſeyn, die zum Steinteiche gehören? Auch hiezu laſ⸗ g g ſen Vorrede. xxl ſen ſich Leute abrichten, und koͤnnen alsdenn mit Nutzen nach dergleichen Dingen ausgeſendet werden. Es giebt der Kinder, der armen Leute, und derer, die zu einer or— dentlichen Arbeit noch zu ſchwach, oder ganz und gar untauglich find, aller Orten genug. Dieſe brauche man zu erſtgedachter Abſicht. Man zeige ihnen anfangs in Bildern, oder aus ſeinen Sammlungen in der Na— tur dasjenige, was ſie ſuchen, und worauf ſie beym Ausgehen und Sams meln acht haben folen, und mache ihnen auf dieſe Weiſe von jedem Din, ge vorläufig einen ſinnlichen Begriff. Man zeige alsdenn ihnen die Orte an, wo ſie jedes von ohngefaͤhr, oder auch gewis und am geſchwin— deſten, finden werden, und oft ganz allein zu ſuchen haben. Man gehe einigemal ſelbſt mit ihnen, und lehre ſie, wo es noͤthig iſt, die Handgriffe und Vortheile. Weil manche Sachen, ſonderlich dieſe und jene Inſecten, dem gemeinen Manne aus einem Vorurtheile oft giftig, oder gefaͤhrlich ſcheinen; ſo benehme man ihm ſolches damit, daß man ſelbſt zugreife. Man gebe ihnen die noͤthigen Werkzeuge mit, die, nach Beſchaffenheit der Sachen, darzu erfordert werden. Man nehme eine Zeitlang alles mit den beſten Worten, mit Freudensbezeugungen, und ſonderlich vor gute Bezahlung, an, was nur immer gebracht wird; geſetzt, daß man es auch nach der Hand zu nichts gebrauchen koͤnnte, ſondern weggeworfen werden muͤßte. Auf dieſe Weiſe werden wir nach und nach allerhand Leute, ſelbſt Kinder, Tagloͤhner, Arbeitsleute, Bau— ern, und die geringſten Leute in der Stadt, und auf dem Lande, an uns gewoͤhnen; und fie werden uns nicht ſelten ſolche Sachen aus den drey Naturreichen zubringen, die vieleicht auf immer unſerer Kenntniß ent, gangen ſeyn würden. So habe ich es einige Jahre hier in Regensburg gemacht. Ich habe es dabey nicht bewenden laſſen, daß ich ſelbſt die erſten zwey Jahre beſtaͤndig, und ſo viel es nur meine Amtsgeſchaͤfte zulieſſen, (00 3 auf XXII Verrede. auf Suchung und Sammlung deſſen, was einige Meilen um unſere Stadt, in Bayern und in der Pfalz, von natürlichen Dingen ausfindig zu ma⸗ chen ſeyn moͤgte, ausgegangen bin, und ſolches auch noch jetzo, obwohl uns gleich ſparſamer, zu thun pflege; ſondern, ich habe auch allerhand Leute von verſchiedener, und der ſchlechteſten, Lebensart zu gleichem Zwecke ab⸗ gerichtet, und ausgeſendet. Und ich muß bekennen, daß ich auf bieſe Weiſe in wenig Jahren, ſonderlich ven Kraͤutern, Fiſchen, Voͤgeln, Schwaͤmmen, und dergleichen, mehr zu Geſichte und zur Kenntniß ber kommen habe, als vieleicht auf eine andere Weiſe noch in vielen Jahren nicht erfolget ſeyn würde (*). Wer ſiehet aber nicht ein, daß die Befolgung dieſes fo ungekuͤnſtel⸗ ten Vorſchlages der Naturgeſchichte ganz ungemein groſſe Vortheile vers ſchaffen müßte. Wie geſchwinde wuͤrde inſonderheit das Linnaͤiſche Lehrgebaͤude dadurch zu einer gewuͤnſchten Vollkommenheit gedeihen? Brauchte es hiebey etwas mehrers, als daß jeder Gelehrter entweder dies ſem groſſen Naturkenner ſeine Beobachtungen und Entdeckungen zuſen— dete, oder dieſelben auf ſelbſt beliebige Art und Weiſe zur allgemeinen Wiſſenſchaft kommen ließ? Was ( Dieſes wiirde noch beſſer von ſtatten gegangen ſeyn, wenn ich mich in hieſigen Gegenden des guten Willens und Beyſtandes dererjenigen Herrſchaften, und Vor ſteher in Kloͤſtern, haͤtte verſprechen koͤnnen, in deren Gegenden ich nachzuſehen hatte. Allein, mein Amtsname hat mir hie und da unglaubliche Hinderniſſe ger macht. Wie viele gute Worte habe ich z. B. manchem Herrn, der Jagden hat, nicht gegeben, mir entweder durch die Jaͤger dasjenige ſchieſſen zu laffen, was fets tenes angetroffen wird; ober mir ſelbſt, blos Voͤgel in ihrer Gegend auſſuchen, und ſchieſſen zu duͤrfen, die Erlaubnis zu ertheilen; um dadurch die Voͤgel hieſiger Gegend kennen zu lernen, und auf dieſe Weiſe meine Voͤgelſammlung vollkommen zu machen. Aber vergebens! Mit Trinkgeldern habe ich hie und da noch am mei⸗ ſten ausrichten koͤnnen! Vorrede. XXIII Was das zweyte Stuͤck der obgedachten Verbeſſerung, die ſinn— liche Deutlichkeit betrift, fo hanget dieſelbe theils von einer guten, weder zu kurzen, noch zu langen, uberall aber nach Maasgabe des Aus genſcheines, und der Vorſchrift der Natur, eingerichteten Beſchrei— bung; theils, und dies hauptſaͤchlich, von guten und natuͤrlichen bey— gefuͤgten Abbildungen ab. N Jene, die Beſchreibungen, werden von jedem Gelehrten gar leicht gemacht werden koͤnnen, wenn er ſich nur die Linnäiſchen Beſchreibun— gen aus gedachtem Lehrgebaͤude etwas bekannt machen, und ſolche mehr, malen uͤberleſen wird. Vieleicht würde ihm auch dieſes zu einem guten Huͤlfsmittel dienen, wenn er ſich bey jedem beſondern Vorfalle eben eine ſolche Beſchreibung ausſuchen, und zum Muſter vorlegen wollte, die von einer aͤhnlichen Sache, und am vollſtaͤndigſten, abgefaſſet iſt (). Bey dieſen, den Abbildungen, aber kommt mehr zu erinnern vor. Sie ſind zur Deutlichkeit unentbehrlich nothwendig, weil ſie die Sachen ſinn— lich machen und darſtellen; auch, wie ſchon erinnert iſt, den Beſchreibun— gen allererſt das rechte Licht aufſtecken, und den groͤßten Nachdruck geben. Damit ich aber eine Sache unnoͤthiger Weiſe nicht zweymal ſagen darf; ſo will ich das, was hievon vorzubringen iſt, bis dahin verſpahren, wo von den Abbildungen ſelbſt noch zu reden ſeyn wird. Von den Woͤrterbuͤchern, und wie di ſelbigen nach obigem Ent⸗ wurfe zur Ausgabe zu bringen, habe ich nichts Beſonders zu erinnern, weil die Moͤglichkeit und thaͤtliche Bewirkung derſelben Jedermann von ſelbſt einleuchtet. Alles wuͤrde nur noch darauf ankommen, daß der Preis beym Verkauffen moͤge auf einen ſolchen Fuß geſetzet werden, daß ſie Je— ders (0 Ich habe mich dieſes Huͤlfsmittels im Anfange ſelbſt bedienet, und bediene mich deſſen noch itzo hie und da mit Nutzen und vieler Erleichterung. xxIv Vorrede. dermanns Kauf ſeyn koͤnnen. Aber auch dieſes wird ſich unten am beſten anbringen laſſen. Ich werde alſo nur noch von den Abbildungen zu handeln und an⸗ zuzeigen haben, wie ſie auf oben vorgeſchriebene Weiſe genommen und geliefert werden koͤnnen. Es iſt wahr, dieſes Stuͤck der Verbeſſerung und Förderung der Nas turwiſſenſchaft moͤgte, der Bewirkung nach, das haͤrteſte, ſchwerſte und mißlichſte zu ſeyn ſcheinen. Es hat auch in der That mehr, als alles an⸗ dere, feine groſſe Schwierigkeiten, Anſtoͤſſe und Hinderniſſe. Bald fehs let es an Leuten, die gut zeichnen koͤnnen; bald an guten Aupferftes chern: bald an Illuminiſten; bald an einem Gelehrten, der Luſt, Wiſſenſchaft, und auch das Vermoͤgen hat, oder daran wenden will, um die Aufſicht darüber zu führen, die Auslage über ſich zu nehmen, und am Ende wohl gar alles auf ſeine Koſten zu beſorgen. Ich will voritzt bey den Kuͤnſtlern ſtehen bleiben; das, was die Gelehrten angehet, wird unten en Auskunft erhalten. — Die erſtgedachten Illuminiſten moͤgten, dem erſten Anſehen nuch am wenigſten zu bedeuten haben; und fie find gleichwohl wirklich diejent⸗ gen, die faſt uͤberall das meiſte zu ſchaffen machen. An Orten, wo die Re⸗ ligion mit Bildern wenig, und in einer gewiſſen Betrachtung ganz und gar nichts, zu thun hat, gehet es allezeit ſehr ſchwer her, Leute zum Jlus miniren, oder Ausmablen, zu finden. In denenjenigen Laͤndern, wo, in Anſehung der Religion und der Bilder, das Gegentheil iſt, hat man zwar einige Erleichterung, indem es, aus leicht begreiflichen Urſachen, an ſolchen Orten eine Menge Leute giebt, die ſich blos vom Bildermah⸗ len naͤhren, die den eigentlichen Namen der Bildermahler fuͤhren, ja hier und da ſo gar eine eigene Zunft ausmachen. Allein, wie viel Muͤhe 5 f es Votrede. RxV es dem ohnerachtet koſtet, und was, aus allerhand Urſachen, es vor eine unglaubliche, vielmals fat mehr als menſchliche, Gedult und Nachſicht erfordert, bis man dieſe Art Leute, ſo duͤrftig und arm ſie auch insgemein ſind, zu ſeinem Zwecke brauchen kann, oder ſich brauchen laſſen wollen; dieſes habe ich ſelbſt am beſten erfahren. Gleichwol ſind auch dieſe Berge zu uͤberſteigen. Und ich glaube, daß ich am beſten und natuͤrlichſten han— dele, wenn ich mein eigenes Exempel zu einem Muſter anfuͤhre, wie man ſich aller Orten Mahler, Kupferſtecher und Illuminiſten verſchaf⸗ fen, und, wo ſie ſchon da ſind, zu ſeiner Abſicht brauchbar machen kann. Es giebt, wie ſich aus dem vorgemeldeten leicht muthmaſſen laͤſſet, in / und auſſerhalb Regensburg dergleichen Leute genug, die ſich vom Bit, dermahlen naͤhren. Gleichwol habe ich lange Zeit von allen, die ich ge— brauchen wollen, Niemandes mich bedienen koͤnnen. Bildergen konnten fie artig und buntſcheckig genug mahlen. Wenn ich ihnen aber ein Kraut, einen Wurm, eine Fliege, und dergleichen, vorlegte, um ſolche abzu— mahlen; fo kam Aberall nichts heraus; und ich verlohr nur mein gutes Geld dabey. Endlich fand ich einen jungen Menſchen, mit Namen Peet, der ſich zwar der Goldarbeiterkunſt eigentlich gewidmet hatte, doch aber auch ziemlich gut mahlen konnte. Ich faſſete den Vorſatz, es eine Zeitlang mit ihm allein zu verſuchen. Aber, wie lange gieng es nicht auch mit ihm traurig her. An Aufmerkſamkeit, Fleiß und Abänderung alles deſſen, worauf ich ihn anwieß, und was ich von ihm verlangte, lies er zwar nichts erwinden; allein, Licht und Schatten konnte er ſel⸗ sen, manchmal ganz und gar nicht, geben, fo ſehr er ſich auch zer, marterte, und ganze Stunden, ja ganze halbe Tage, damit zubrachte. Jedoch ich hatte Gedult. Und dieſes wurde mir endlich dadurch belohnet, daß dieſer Menſch, durch beſtaͤndiges Mahlen nach der Natur bey mir, nach und nach darinnen eine ſolche Fertigkeit erhielte, daß er nicht (d) nur, xXXVI Vorrede. nur, ohne alle weitere Anweiſung, die geringſten Theilgen einer Sache auf das genaueſte und deutlichſte anzudeuten wußte, wie ſie die die Natur zeigete; ſondern, daß auch ſeine Mahlereyen ſelbſt ungemein ſchoͤn, ja zuletzt rechte Meiſterſtuͤcke wurden. Und vermuthlich wird er es mir noch ifo danken, daß ich unvermerkt den Grund zu feinem Gluͤcke geleget, indem er durch meine Mahlereyen nach der Natur, es ſo weit gebracht, daß er nunmehro einen ſehr geſchickten Portraitmahler abgeben kann, und dermalen zu Berlin ſelbſt am Koͤniglichen Hofe ſehr viel zu thun hat. Allein, eben die Abreiſe dieſes Herrn Peezens, vor einigen Jahren, ſetzte mich in eine neue Verlegenheit. Zum Gluͤcke hatte er feine juͤngſte Schweſter, die etwan 17. Jahre alt war, noch vor feiner Abreiſe im Mahlen etwas unterwieſen. Ich nahm fie ſtatt ihres Bru— vers zu Huͤlfe. Und weil ich mir damals den Plan gemacht hatte, alle Schwämme hieſiger Gegend abmahlen zu laſſen; fo verſuchte ich es, in wie ferne ich fie dazu würde gebrauchen koͤnnen. So wenig dieſe neue Mahlerin noch irgend etwas nach der Natur gemahlet hatte; ſo gut fand ſie ſich gleichwohl alſobald darein. Es gieng mit jedem Tage zu meiner Verwunderung und zu meinem Vergnuͤgen immer beſſer, dergeſtalt, daß ich nach einigen Wochen auch von ihr die beſten Mahlereyen und rechte Meiſterſtuͤcke, nach der Natur, erhielte. Allein, das Schickſal goͤnnte ſie mir zu meinem Vorhaben nicht lange. Kaum, daß ſie gegen hundert Schwammarten gemahlet hatte, legte fie ſich, und ſtarb. Man kann ſich leicht vorſtellen, wie empfindlich mir dieſer Verluſt ſeyn mußte, ins dem durch dieſen Todesfall es zugleich mit meinem ganzen vorgedachten Plane ſchien gethan zu ſeyn. Jedoch, ich ließ den Muth nicht ſinken. Ich wagte es mit dem Dritten; und die Noth zwang mich, es dies malen mit einem ordentlichen ſogenannten Bildermahler zu verſuchen. Allein, wie ſchwer und muͤhſam gieng es wieder mit dieſem eine lange Zeit her! Indem Vorrede. XVII Indem ich aber ſahe, daß dieſer Menſch die ſeltene Eigenſchaft hatte, daß er ſich gerne ſagen lies, und, ohne die geringſte Ungedult, eine Sache ſo oft und willig abaͤnderte, als ich es verlangte; er ſelbſt auch immer beſſer darein kam; ſo harrete ich aus. Freylich koſtete es mir viel Geld, weil dieſes Mannes Ulmſtaͤnde erforderten, daß ich ihn, um ih, Frau und Kinder zu ernaͤhren, Tagweiſe bezahlen, auch oft ziemlichen Vor— ſchuß thun mußte. Und wie mancher Tag gieng, wegen der beſtaͤndigen Fehler, und daher entſtandenen Abaͤnderungen, nicht vorbey, ohne daß zu meinem Nutzen und Gebrauche, etwas Taugliches heraus kam; und dennoch mußte ich ihm den Tag eben ſo gut bezahlen, als wenn die Ar— beit aufs beſte ausgefallen waͤre. Indeſſen gereuet mich nunmehro auch dieſe meine Nachſicht und dieſer mein Aufwand nicht. Denn anitzo kann ich ihn, nicht nur zum Abmahlen, ſondern, wie gleich folgen wird, zu allem, und zwar allein, brauchen, wozu ich vorhero mich mehrerer und verſchiedener Perſonen bedienen mußte. Bishero habe ich von dem geredet, wie es mir, in Anſehung des Mablens, ergangen iſt. Ich muß nun auch erzaͤhlen, was ſich, in Anſehen des KRupferſtechens, und endlich in Anſehung des Ausmah— lens, oder Illuminirens, zugetragen hat. So lange ein geſchickter Friederich lebte, hatte ich an ihm zum Kupferſtechen alles, was ich brauchte und wuͤnſchen konnte. Allein, ehe ich es vermuthete, und da er kaum einige Platten mir geliefert hatte, fiel er in eine gefaͤhrliche Krankheit, die ſich zuletzt mit ſeinem Tode endigte. Nun war in ganz Regensburg niemand mehr, welcher auch nur im min— deſten dergleichen Arbeit verſtand. Ich ſahe mich alſo gezwungen, mir ein paarmal in Nuͤrnberg und Augsburg aushelfen zu laſſen. Indem mir aber, aus verſchiedenen Urſachen, dieſe auswärtige Huͤlfe in die Lan (d) 2 ge xıvıa Votrede. ge nicht anſtehen wollte; ſo dachte ich darauf, alles zu verſuchen, und daran zu wenden, um einen Kupferſtecher wieder in unſern Mauern zu haben. Mir fiel bey, ob ſich nicht mein bisheriger Bildermahler hiezu moͤchte abrichten laſſen. Ich ſtellte ihm die Sache vor, und gad ihm die Anſchlaͤge, wie und bey wem er von einem und dem andern, ſo hie⸗ bey einſchlage, einige Anweifung und einigen Unterricht erhalten koͤnnte— Er willigte ein; jedoch nicht anders, als alles, ſelbſt die Zeit gerechnet, die er auf den Berfuch verwenden wuͤrde, auf meine Rechnung. Ich gieng die Bedingung ein, und ließ ihn einige Wochen die Probe machen. Anfangs konnte die Arbeit freylich nicht anders, als ſchlecht ausfallen, weil er nie einen Griffel in die Hand genommen, und alles vor ſich ſelbſt durch die Uebung, und nach andern Kupferſtichen, lernen mußte. Je, doch, es gieng immer beſſer, und die Luſt und Begierde, die er auch zu dem Kupferſtechen hatte, brachte ihn nach und nach ſo weit, daß ich ihn iso wirklich nutzen kann, und er mir ſchon einige Platten ziemlich gut geliefert hat. Ich zweifle auch gar nicht, daß er je laͤnger, je geſchickter und fünflicher ſtechen wird; und daß auf die Art, wie ich ihn zum Mah⸗ len und Stechen nach der Natur abgerichtet habe, er einmal, wenn ich ihn auch nicht mehr brauchen ſollte, der Churfuͤrſtlich⸗Bayeriſchen Academie zu München erwünſchte Dienſte würde leiſten koͤnnen. Auf die Weiſe hatte ich mir nun auch einen Kupferſtecher ſelbſt gezogen, und ans geſchaft. Nun kam es noch auf die Ausmahlung, oder das Illuminiren, an. Ich ſahe leicht ein, daß ſich die obgedachten Bilder mahler anı bes ſten zu dieſer Arbeit ſchicken wurden; ob ich gleich auch vorher muthmaſ— ſen konnte, daß es Gedult und Geld brauchen werde, bis ich dieſe, zum Theile eben nicht hoͤfliche, Leute in die Ordnung bringen wuͤrde. Ich verſuchte es auf Hoffnung, und fieng es mit mehrern zugleich an, in der Ab⸗ Vorrede. ve Abſicht, daß es mir doch wohl mit einem und dem andern von ihnen ges lingen moͤgte. Und es iſt in Warheit beſſer gegangen, als ich mir ſelbſt verfprochen habe. Gegenwärtig habe ich dieſe Leute zum Ilumtniren nach der Wahl, und ſo, daß ſie froh ſeyn, und es mir, ſonderlich bey itzigen harten und theuren Zeiten, gar ſehr danken, wenn ich ihnen etwas zu verdienen geben wil. Freylich hat es mir anfangs nicht darauf ans kommen muͤſſen, dieſe Leute übertheuer zu bezahlen; und dabey es dennoch nicht zu achten, wenn ich oft von hundert ausgemahlten Blaͤttern kaum die Hälfte nutzen koͤnnen, folglich Papier und Geld verlohren war. Nach⸗ dem ich aber meinen Zweck erreichet; ſo bin ich dennoch nunmehro gar wohl zufrieden, um ſo mehr, da nun auch der Preis gefallen, und der Ausſchuß gar felten mehr vorkommt. Was folget aus dieſer meiner Erzaͤhlung und beygebrachten Er fah⸗ rung? Iſt es nicht dieſes, was ich oben anzuzeigen und zu erweiſen vers ſprach ? Es iſt nämlich keine unmögliche, ſondern gar wohl thun⸗ liche Sache, ſich aller Orten ſolche Leute zu ziehen, abzutich⸗ ten, und geſchickt zu machen, die zum Zeichnen und Mahlen zum Kupferſtechen und zum Ausmahlen nach der Natur, koͤn⸗ nen geb rauchet werden, wenn man nur an Geld, Gedult und muͤhe nichts erwinden laſſen will. Ich fehe wenigſtens nicht ein, warum an andern Orten nicht eben das fol möglich ſeyn, und beiwirfee werden koͤnnen, was mir in Regensburg moͤglich geweſen, und von mir zu Stande gebracht worden iſt? Wenigſtens kann der vieleicht anfaͤng⸗ liche Mangel geſchickter Mahler, Kupferſtecher und Illuminiſten, keinem Gelehrten und Naturkuͤndiger eine unuͤberwindliche Hinderniß ſeyn, Uns terſuchungen und Entdeckungen im Naturreiche zu machen, ſie zu be— ſchreiben, und die Beſchreibungen zugleich mit ausgemahlten Abbildun⸗ gen ſinnlich, klar und entſcheidend zu liefern. (d) 3 Se xxx Vorrede. Jedoch geſetzt, daß alles das, was ich bishero zur Verbeſſerung und Foͤrderung der Naturgeſchichte vorgeſchlagen habe, an ſich betrachtet, nach meinem Entwurfe und Beyſpiele, moͤglich und wirklich zu machen ſey; ſo wird doch noch die groͤßte Frage dieſe ſeyn: Wie wird es mit den hiezu noͤthigen Roſten und den unvermeidlichen Aufwande ausſehen? Welcher Gelehrte, und ſonſtige Freund der Naturkunde, wird und kann fo etwas Muͤhſames, Koſtbares und Mißliches, wie erſt gemeldet iſt, allezeit über ſich nehmen ? Wo wird der Verleger, wo der Kaͤufer zu einem ſolche Werke ſeyn? Auch darauf laͤßt ſich antworten. Und es iſt dieſes das Letzte, dar⸗ über ich mich zu erflären oben verſprochen habe. Foͤrderſamſt muß ich den mir gemachten Einwurf, wegen der Ro⸗ ſten, eines Verlegers, und der Kaͤufer, an ſich betrachtet, als voll, kommen gegruͤndet zugeben. Vieleicht koͤnnte auch hievon Niemand mehr, als ich, aus eigener Erfahrung reden. Und es wuͤrde ganz gewis die Anzahl meiner Inſectenbeſchreibungen, und anderer phyſicaliſchen Ab- handlungen, ſchon drey und viermal ſtaͤrker angewachſen ſeyn, wenn nicht eben Roſten, Verleger und Käufer mir zur Hinderung gewor⸗ den wären, und Einhalt gethan hätten. Wie viele Mahlereyen, auch wirklich ſchon geſtochene Kupferplatten, liegen nicht bey mir fertig, ohne daß ich aus jenen Lirfachen zur Ausgabe habe ſchreiten koͤnnen. Ja, ich werde es gewis nicht leicht jemand ſagen, wie wunderlich durcheinander, und wie ſehr unglücklich es mir in dieſem Stücke von Zeit zu Zeit ergans gen iſt; zweifele auch ſehr, ob irgend ein Anderer mit ſeinem Schaden, und unter einer Menge der unerwarteſten Unannehmlichkeiten, ſo lange, als ich, ausgehalten haben würde. Allein dieſes mein Schickſaal, die⸗ ſer erlittene Schade und andere vorgefundenen Hinderniſſe, haben mich eben Vorrede. XXxI eben aufmerkſamer gemacht, und angereitzet, zu uͤberlegen, wie dieſem vielfachen Uebel bey andern moͤge und koͤnne abgeholfen werden. Es iſt wahr, wenn die Sache auf dem Fuße bleibet, wie ſie itzo iſt; ſo werden meine Vorſchlaͤge nie zu Stande kommen koͤnnen. Der Ge— lehrte, der Verleger, der Käufer, jeder vor ſich, und alle drey zu gleich, werden dabey unmoͤglich beſtehen koͤnnen. Dem Gelehrten koſtet, wie aus obigem leicht abzunehmen iſt, es ſchon ein Nahmhaftes, wenn er ſelbſt und durch andere die Naturſchaͤtze ſeines Orts, und deſſen Gegenden, ausfindig machen / ſammeln, beobach⸗ ten, beſchreiben und beſtimmen ſoll. Was koſten ihm nicht diejenigen Bücher, die er zum Nachſchlagen, zur Vergleichung und Anfuͤhrung noͤ⸗ thig hat? Was nicht die Leute, die er zu Huͤlfe nehmen muß? Wie ſtarken Vorſchuß und Auslage wird er ſchon durch dieſe Dinge in kurzer Zeit zu thun haben! Soll er aber, wie es ſich leicht zutragen kann, zu— gleich auch die Mahlereyen, den Kupferſtich, und das Ausmahlen, auf ſeine anfaͤngliche Koſten beſorgen, ſo wird es um ſo mehr, und gar bald, eine ziemliche Summe ausmachen. Wer kann es aber dem Gelehrten zu— muthen, daß er alles dieſes blos aus Liebe zur Naturgeſchichte, und zur Befoͤrderung derſelben, aus ſeinem Beutel thun ſoll, ohne ſich jemalen ſchadlos zu ſehen? Wer kann von ihm begehren, daß er feine Befchreis bungen, die ebenfalls Zeit und Buͤcher fordern, ganz umſonſt liefern ſoll? Iſt es nicht immer genug, wenn er Letzteres fo maͤßig und bidig machet, daß er blos ſeine Sammlungen dadurch koſtenfrey zu erhalten ſuchet. Und wenn auch manchem Gelehrten es nicht an gutem Willen fehlte, mit ſei— nem Schaden der Naturgeſchichte foͤrderlich zu ſeyn; iſt er es denn auch allezeit im Stande? Wuͤrde er nicht pflichtwiedrig handeln, wenn er ſich auf dieſe Weiſe ſelbſt arm machen, und ſeine Umſtaͤnde verſchlimmern wollte? RR Vorrede. wollte? Wer ſiehet alſo nicht, daß ein Werk von der Art ſchon aus der erſten Hand, nämlich von dem Gelehrten, auf den Verleger, aus ger meldten Urſachen, theurer, als andere gemeine Werke, kommen muß. Dieſer Preis fälle bey dem Verleger nicht; er ſteigt ungleich Höher, und kann, nach der gegenwaͤrtigen Verfaſſung der Buchhandlungen, nicht anders als doppelt, drey und vierfach theurer angeſchrieben werden. Man hoͤre nur von einem billigen, und von den Betruͤgereyen anderer Buch⸗ führer gaͤnzlich entfernten, Buchhaͤndler'die Urſachen des von ihm erhoͤ⸗ heten Preiſes an; ſo wird man ihm nicht unrecht geben koͤnnen. Die meiſten Bücher werden durch Vertauſchung gegen andere Bücher um⸗ geſetzet. Dieſes macht einen Verleger behutſam. Er ſoll dem Ges lehrten feine Auslage mit baarem Gelde erſetzen, und er bekommt nicht nur anfänglich ſtatt Geldes nichts, als andere Bücher vor die ſeintgen; ſondern er hat nicht ſelten das Ungluͤck, daß viele von den eingetauſchten Büchern Jahr und Tag im Laden todt liegen bleiben, vielmals gar Mas culatur werden Geſetzt, er bekommt auch davor manchmal Geld, fo folgt die Bezahlung bey Buchhaͤndlern, wenn fie auch am geſchwindeſten und richtigſten gehet, nur Meßweiſe; hin und wieder bleibet ſie gar aus. Setzt er bey Gelehrten etwas ab, ſo iſt es auch hier nichts Seltenes, daß er lange, oft Jahr und Tag, warten muß; und wie mancher bleibt ein ewiger Schuldner. Kann es einem Buchführer und Verleger verdacht werden, wenn er, da er davon leben ſol, alles dieſes wohl überleger, in Rechnung und Anſchlag bringet? Und muͤſſen hierdurch nicht Bücher von den verlangten Eigenſchaften, aus der zweyten Hand, naͤmlich von dem Verleger und Buchfuͤhrer auf den Kaͤufer, ſehr theuer zu ſtehen kommen? BZ Vorrede. XXII Jedoch bey dem Kaͤufer aͤuſſern ſich allererſt die Hinderniſſe am meiſten. Mancher hat Luſt und Liebe, auch natürliche Geſchicklichkeit, zur Natur wiſſenſchaft; allein, es fehlt ihn das Vermögen. Da es nun ſchon der Gebrauch iſt, daß man ein Buch im Kaufen insgemein mehr nach der Anzal der Blaͤtter, als nach feinem innern Werthe und aus ans dern Gruͤnden, zu überfchlagen und zu ſchaͤtzen pfleget; fo wird ein Kaͤu⸗ fer nicht ſelten ſogleich abgeſchrecket, wenn er hoͤret, daß er vor wenige Bogen, mit illuminirten Kupfern, oft ſo viel, oder gar mehr geben ſoll, als ihm ſonſt ein ganzes Alphabet einer andern Schrift nicht zu ſtehen kommt. Warum? weil er nicht weis, und glauben will, was Kupfer ſtiche und Ausmahlen ordentlicher Weiſe koſten. Nebſt dem giebt es noch immer ſelbſt unter den Gelehrten derer genug, in deren Augen die Na— turwiſſenſchaft fogar etwas Beſonderes, Angenehmes und Nutzbares nicht iſt; fie ſehen ſie als eine ihnen gar wohl entbehrliche Nebenſache an (*). Folglich iſt uͤberhaupt dermalen noch die Zahl der Liebhaber und Kaͤufer ſolcher Abhandlungen fo gar groß nicht. Es kann dahero auch nur eine kleine Auflage beſorget werden; und wer weis nicht, daß auch dieſer Im, fand zum Vertheuren das Seinige beytraͤget. Ja über alles, es iſt und muß dem beſten und willigſten Kaͤufer unangenehm, laͤſtig und zu koſtbar ſeyn, wenn er gewahr wird, daß mit Erkaufung dieſes und jenes Werkes er doch nichts Ganſes, und nur einigermaſſen ihm Genugthuendes, ers (e) haͤlt. (0 So urtheilte ein gewiſſer Herr Praͤlat von meiner Ausgabe der Schwaͤmme, als ich ihm die gedruckte Ankuͤndigung derſelben zuſendete. Er ſchickte mir alles zu⸗ ruͤck, mit der Entſchuldigung: Er wiſſe nicht, was er und ſeine Conventualen mit Pfifferlingen machen ſollte? Da dieſes Wort Pfifferling in hieſigen Gegenden zweydeutig iſt; und es theils in einem unfchuldigen Verſtande von allen Schwaͤm⸗ men, auch den esbaren, gebraucht wird, theils in einen veraͤchtlichen Verſtande von nichtswuͤrdigen Dingen geſagt wird: es ſind Pfifferlinge; fo kam mir diefe Antwort unverdient und etwas empfindlich vor. Ich ließ alſo dieſem Herrn eine eben fo zweydeutige Gegenantwort willen, die er nach Gefallen auslegen konnte. XXXIV" Votrede. haͤlt. Er ſoll ſich dieſer koſtbaren Werke mehrere anſchaffen. Ueberkommt er gleich auf dieſe Weiſe manches doppelt und vielfach, was ihm einfach genug waͤre; ſo kann er es doch nicht vermeiden, weil in dem einen nicht anzutreffen iſt, was in dem andern ſtehet. Wen darf es wundern, wenn dieſes dem Kaͤufer nicht anſtehet, und er um deswillen lieber aller Anſchaf, fung ſolcher Werker ſich entſchlaͤget? Daß ſich aber die Sache wirklich, wie ich angefuͤhret, in unſern Tagen fo, und nicht anders verhalte, und die wahre Urſache der Koſt⸗— barkeit, und mithin des ſo ſchlechten Abganges, dieſer Werke iſt; kann ich ebenfals aus meiner eigenen Erfahrung wiſſen. Und man wird mir glauben, wenn ich zur Erlaͤuterung und einigem Beweiſe des folgenden, hievon eines und das andere beyzubringen vor gut finde. Ich bin vor einigen Jahren beydes, der Verfaſſer und auch der Vers leger, meiner Schriften geweſen, oder ich habe es vielmehr wider Wil— len und nothgedrungener Weiſe ſeyn muͤſſen. Mahlerey, Kupferſtich, Illuminiren, Papier, Druckerlohn, Fracht, n. ſ. w. mußte von mir bes ſorgt und bezahlet werden. Da meine Abſicht dabey ſo rein war, daß ich nichts, als hoͤchſtens fo viel zu erübrigen vermeynte, daß meine Natura— lien Sammlung mir umſonſt zu ſtehen kommen ſollte; ſo machte ich den Preis anfaͤnglich ganz leidentlich. Ich rechnete bey jeder Abhandlung meine Auslage vor erſt erwaͤhnte Stuͤcke zuſammen; und ſchrieb mir vor alle meine Bemuͤhungen und Arbeit nicht mehr als vor den Bogen einen Ducaten an. Und ich glaubte, daß ich auf dieſe Weiſe eine Auflage von fuͤnfhundert Stücken bald, und ohne weitere Einbuße, würde abſe— tzen koͤnnen. Allein, wie ſehr fand ich mich betrogen. Ich kann noch ttzo, nach fo vielen Jahren, ſeit dem ich von natürlichen Dingen zu ſchrei— ben angefangen habe, von einigen Abhandlungen eine gewiſſe. Anzal auf, weils Votrede. f Fee weiſen. Jedoch, dieſes wäre noch erträglich geweſen. Allein die Her⸗ ren Buchfuͤhrer verruckten am meiſten meinen Plan, und mißbrauchten meinen guten Willen. nm und Ausländifche verfchrichen ſich zwar hin und wieder eine ziemliche Anzal von allen meinen Schriften; und ich war ſo gutherzig, daß ich oft die Helfte der Fracht und des Poſtgeldes auslegs te. Allein, von vielen habe ich bis itzo die Zahlung noch zu erwarten; andere, ſo bald ſie die Sachen hatten, ſchrieben keine Zeile mehr, ſie meldeten nicht einmal den Empfang, und ich mochte anfangen, was ich wollte, nicht einmal eine Antwort konnte ich auf alle Briefe erhalten; bey noch andern habe ich mich glücklich ſchaͤtzen dürfen, daß ich nach vier Jah⸗ ren meine auf Verlangen uͤberſandte Bücher wieder zurück erhalten, und welche man mir gar abzulaͤugnen Mine machte, wenn ich nicht auf eine ohngefaͤhre Weiſe waͤre im Stande geweſen, den richtigen Empfang ins Klare und auſſer allen Widerſpruch zu ſetzen. Indeſſen hatten die Schrif— ten, die einige hundert Gulden ausmachten, vier Jahre todt gelegen; die doppelte Fracht gieng auf meine Rechnung; und dieſes war der Nu, ßen. So gieng es mir unter andern mit einem Hollaͤndiſchen Buchfuͤh— rer, und der es wohl verdiente, daß ich ihn, andern zur Warnung, mit Namen nennete. Nun habe ich zwar auch redliche Buchfuͤhrer gefunden, und denen ich es noch zuzuſchreiben, daß ich nicht gar allen Schaden er— litten. Allein, ihre Anzal war gleichwohl fo groß nicht, daß ich dabey der Uebrigen Hintergehungen haͤtte mit unterlauffen laſſen koͤnnen. Es war alſo kein anderes Mittel vor mich uͤbrig, als ich mußte entweder mit dem Anfange auch ſogleich wieder aufhoͤren, dergleichen Schriften zu ſchrei— ben, und zu verlegen; oder ich mußte, ſo hart es mich auch ankam, den Preis von darum erhöhen, damit jener unvermeidliche Verluſt und Scha⸗ den wieder erſetzet werden moͤge. Und in ſo weit rechtfertiget meine ei— gene Erfahrung, und nothgedrungener Aufſchlag, einen jeden Verleger und Buchfuͤhrer, wenn er dergleichen Werke nicht anders, als um einen ae (e) 2 ziem⸗ xxxvĩ | Vortede. ziemlich theuern Preis abgeben kann. Indeſſen bleibt dieſer Aufſchlag allezeit ein Schaden und eine Hinderniß vor die Ausbreitung und Foͤrderung der Naturwiſſenſchaft; und es leidet niemand darunter mehr, als die Her— ren Gelehrten und Naturkuͤndiger. Jedoch, wie es zu gehen pfleget, mein Verluſt und Schaden hat mir auch etwas gelernet; nämlich die Möglichkeit einzuſehen, auf welche Weiſe die Ausgabe ſolcher Schriften in allen Ruͤckſichten wohlfeiler ge⸗ macht, und der Abgang derſelben vermehret werden koͤnne. Naͤmlich: Es muͤſſen ſich groſſe Herren, und fonderlich die Aeade⸗ mien der Wiſſenſchaften, und die gelehrten Geſellſchaften, die itzo ſo zalreich ſind, und immer zalreicher werden, diefer Sache unterziehen, und Verleger ſolcher Schriften, um des gemeinen Nugens willen, zu werden, ſich zu einer Pflicht anrechnen. Ich wil mich darüber näher erklären, und meine Gedanken in kurze Saͤtze abfaſſen: Es muͤſſen mehrere Academien und gelehrte Geſellſchaften ſich miteinander dahin verſtehen, daß jede nur eine gewiſſe Claſſe aus den drey Naturreichen zur obbeſchriebenen Ausga— be zu bringen ſich waͤhlen und anheiſchig machen. Jede Academie und Geſellſchaft muß ihren Mitgliedern und andern Gelehrten, ſonderlich ihres Landes, auftragen, nach obiger Vorſchrift zu ſammeln, zu beſchreiben, und ein⸗ zuſchicken; und ſie bezahlet ihnen, auf eingeſandte Rechnung, die diesfalſigen Auslagen, Eine Vorrede. NXXVn Eine Academie und Geſellſchaft muß der andern dasjenige aus ihren Laͤndern, zur Ergänzung und Verbeſſerung derje— nigen Claſſe, einſenden, welche ſie ſich eigen gemacht hat. Anfangs liefert jede Academie und gelehrte Geſellſchaft blos die ausgemahlten Kupferſtiche ohne Beſchreibung, und zwar ſogleich eine nur immer moͤglich betraͤchtliche Anzal; da— mit die andern Geſellſchaften und Academien wiſſen koͤnnen, was etwan von ihnen aus ihren Laͤndern und Sammlungen beyzutragen ſeyn moͤgte. Die Beſchreibungen folgen alsdenn, wenn man verſichert iſt, daß man von allen Innlaͤndiſchen die Abbildungen beyeinander habe. Weil die auslaͤndiſchen und fremden Sachen, aus ganz begreiflichen Urſachen, einer immerwaͤhrenden Vermehrung unterworfen ſeyn; ſo wird es noͤthig ſeyn, daß alſo auch die Ausgabe der Abbildungen in zween beſondere Bande abge— theilet werde; deren einer die innlaͤndiſchen, der andere die auslaͤndiſchen, Sachen in ſich faſſe. Damit alles in einem Lande zum vorgeſetzten Zwecke mit; arbeiten, und ſolchen foͤrdern helfe; ſo haben es die Acade⸗ mien und gelehrten Geſellſchaften, durch Oberherrliche Ver; ordnungen, dahin einzuleiten, daß jeder Jaͤger, Vogelſteller, Fiſcher, u. ſ. w., an dazu beſtimmte Perfonen dasjenige uns geſaͤumt und unverhalten, auch um einen billigen Preis, ab⸗ (e) 3 geber XXXVII Vorrede. gebe, und liefere, was ihnen von Zeit zu Zeit aufſtoſſen und unter Handen kommen ſollte. Damit inſonderheit die Jugend, und vorzuͤglich die, ſo ſich den hohen Wiſſenſchaften widmen wollen, in Zeiten angewoͤhnt werden moͤgen, auf alles in der Natur acht zu geben; ſo wuͤr⸗ den die Academien und Geſellſchaften es bey dem Landesherrn dahin einzuleiten haben, daß in den hohen und niedern Schu— len, ja ſelbſt in den deutſchen Schulen, in gehörigen und da: zu ausgeſetzten Stunden, von demjenigen Unterricht und An⸗ weiſung ertheilet werde, was jeden in feiner Art tuͤchtig ma: chen kann, voritzo und kuͤnftig das Seine, zur ee der Naturwiſſenſchaft, beyzutragen. Die Academien und gelehrten Geſellſchaften wuͤrden auch zu gewiſſen Zeiten es an außerordentlichen oͤffentlichen Beloh— nungen nicht fehlen laſſen muͤſſen, wenn ſich einige beſonders zeigen und hervor thun ſollten. Und damit es an gelehrten Naturkuͤndigern, an Mahlern, Kupferſtechern, u. ſ. w., nie fehlen moͤge; ſo werden von Zeit zu Zeit junge Leute dazu eigentlich aufgenommen, und abge: richtet werden muͤſſen. Daß endlich auch Buchfuͤhrer von dem Verlage der Aca⸗ demien und gelehrten Geſellſchaften keinen Schaden haben mögen; fo wuͤrde jede zu 9 e einen eigenen Buch⸗ 8 führer Votrede. XXXIX führer annehmen, ſolchem blos um die Koften die Erempla: ria einliefern, und ihm zum Verkaufe einen billigen und veſt⸗ geſetzten Nutzen erlauben, mit der ausdruͤcklichen Bedingung, ſie uͤber dieſen Preis, bey Verluſt der weitern Verſchlieſſung, an Niemanden abzugeben. Auf dieſe Weiſe, glaubte ich, würden wir in kurzer Zeit eine ſolche Vollkommenheit der Naturwiſſenſchaft erlangen, deren Nutzen uͤber als les ſich ausbreiten würde. f Damit aber Niemand mir die Einwendung mache, als ob meine Vorſchlaͤge bloße Gedanken ſeyn und bleiben wuͤrden; fo will ich zu eini⸗ ger Rechtfertigung nur zweyerley anfügen. Von Schweden aus werden wir zu ſeiner Zeit das Linnaͤiſche Lehr⸗ gebaͤude der Natur, durch und durch mit ausgemahlten Abbildungen, ers halten. Der weltberuͤhmte Herr Ritter Linnaͤus ſchrieb mir ſchon vor 4 Jahren- daß Ihro Majeſtaͤt die Königin entſchloſſen wären, eine ders gleichen Ausgabe auf Hoͤchſtdero Koſten zu veranſtalten, und erſuchte mich, Ihm dazu gute Mahler und Illuminiſten zu verſchaffen. Auf Veranlaſſung und Koſten der Churfuͤrſtlich-Bayeriſchen Academie zu Muͤuchen habe ich eine, nach dieſen meinen Vorſchlaͤgen eins gerichtete, Schwammgeſchichte auszugeben, vor 2 Jahren oͤffentlich ange⸗ kuͤndiget (“). Im Anfange des abgewichenen Jahres wurde mit Ausgabe der⸗ () Icones & defcriptio fungorum quorundam f fingularium & memorabilium; fimul fungorum Bauariae icones, natiuis coloribus expreſſae, editioni iam paratae propediem euulgandae denunciantur. 1761. Abbildung und Beſchrei⸗ bung einiger ſonderbaren und merkwuͤrdigen Schwaͤmme; womit zugleich von der Ausgabe oder natuͤrlich ausgemahlten es Bayeriſcher Schwaͤmme Nach⸗ richt ertheilet wird. 1761. XL Vorrede. derſelben wirklich der Anfaug gemacht. Und da ſich gewiſſe unerwartete und che Veränderungen geaͤuſſert, daß man dieß Werk abzukuͤrzen, und je eher je lieber zu ſchlieſſen ſich genoͤthiget geſehen hat, ſo iſt auch der Schluß deſſelbenin dieſem Jahre erfolget (). Ich kann nicht ſagen, daß die, ſes Werk mit dem anfänglich gemachten Plane voͤllig uͤbereinſtimmet. Es zeiget ſich indeſſen dochdie Moͤglichkeit meiner Vorſchlaͤge; und es wird Niemand ſo unbillig ſeyn, die Abkuͤrzung auf meine Rechnung zu ſchreiben. Ich habe ja ſelbſt, in dieſen meinen Vorſchlaͤgen, ſonderlich auch dieſes, als eine Grund und Hauptbedingung angegeben: Daß ſolche Werke nicht von Privat⸗Perſonen, ſondern von groſſen Herren, Acade⸗ mien und gelehrten Geſellſchaften, auf die von mir angegebene Art, koͤnne und muͤſſe beſorget werden. Haͤtte dieſe Ausgabe der Schwaͤmme ſich im Fortgange eben das zu verſprechen gehabt, weſſen ſie ſich im Anfange zu erfreuen hatte; fo wuͤrde nicht erfolget feyn, was zu meinem eigenen Schmerze erfolget iſt. Jedoch ich habe hievon in der Vorrede des zweyten Theils der Schwaͤmme das Naͤhere erinnert. (*) Fungorum Bauariae & Palatinatus, qui circa Ratisbonam nafcuntur, icones natiuis eoloribus expreſſae. Tom. I. II. Tab. ICC. 1762. 1763. Natürlich ausgemahlte Abbildungen Bayeriſcher und Pfaͤlziſcher Schwaͤmme, wel— che um Regensburg wachſen. Theil J. 1I. Tab. 1 bis 200. 1762. 1763. Die Egelſchnecken in den Lebern der Schaafe und die von dieſen Wuͤrmern entſtehende Schaafkrankheit. 2 2 e e e e er 8 N 5 N \ 4 1 ä — Eh . * A * 7 l 4 . 8 N F N I . + . " -. 8 3 N k 21% * 7 = * Fa ie 7 9 5 5 : 2 = + ’ „ x ; 3 „ „ Ss * f N * = S - A > | 7 5 1 1 2 X * N * > x 5 Ä Pe ö 8 „ 2 Fu 8 EZ 8 1 u = 5 8 — » * 1 * * 8 e Pr ‘ \ — = - — 2 1 N * * 1 * 0 > wir 5 3 0 s - 7 = 7 5 21% 9 1 f 8 4 9 . * Ar es N 5 0 . = E a 5 > 4 N * * 1 x 5 u * AR — | 7 5 * * bi 5 x £ N * x 1 N 7 > n 4,108 Nat RN RN 7) s iſt unſtreitig, daß die Landwirthſchaft vieles Veran gen, und viele Vortheile, mit ſich fuͤhre. Allein, de— rer Ungluͤcksfaͤlle, welchen dieſelbe zugleich ausgeſetzet - iſt, find nicht weniger viele, und zum Theile fo man cherley, daß alle jene Vorzuͤge dadurch ſehr oft uͤberwogen werden. Hier⸗ unter hat man wohl vor andern die Seuchen zu zaͤhlen, welche das Vieh betreffen, und die vielmals in gar kurzer Zeit den reichſten Sandmann in die groͤßte Armuth verſetzen, ja ganz allein ſeinen Untergang verurſachen koͤnnen. Man ſahe es alſo mit allem Rechte für ein groſſes Unglück an, als im Herbſte und Winter des 1753. Jahres, wie an vielen andern Orten, fo auch in hieſiger Nachbarſchaft, eine Krankheit unter den Schaafen eins rieß, welche die zahlreicheſten Heerden aufrieb, oder doch ſehr verringerte. Meine Freyheit wird daher leicht zu entſchuldigen ſeyn, wenn ich in dieſen Blättern meine geringe Gedanken von dieſer Krankheit zu entdecken A 2 mich 6 ae 2 $. 7. Mir 110 vielen Leuten ich wegen dieſer Schaafkrankheit redete, fo viele ſtimmten in dieſen beyden Stuͤcken einmuͤthig überein, daß nämlich erſt⸗ lich, der naſſe vorhergegangene Sommer Schuld daran ſey; und daß man zweytens, beym Aufſchneiden kranker Schagfe in ihren Leben Wuͤrmer faͤnde, die ſie er nannten. Die Sache ſelbſt, daß in den Lebern der Schaafe ſich Würmer ber finden, iſt nichts Neues, noch Unerhoͤrtes. Man weis, wie ſchon vor⸗ laͤngſt von verſchiedenen Schriftſtellern bemerket, und zum Theile weit laͤuftig ausgefuͤhret iſt, daß es uberhaupt nicht nur in Menſchen, ſondern auch in ſehr vielen Thieren, und zwar wieder in verſchiedenen Theilen, ja faſt an allen Orten, ihres Koͤrpers, Würmer giebt (*.) Sodann iſt auch inſonderhett von Würmern der Schaafe, in manchen aͤltern und neuern Schriften, Erwaͤhnung geſchehen; und man erſiehet aus den daſelbſt bey⸗ gebrachten Beobachtungen, und Anmerkungen, daß es ſo gar mehr, als eine Art ſolcher Schaafleberwuͤrmer, giebt (9); wie dann ich ſelbſt mehr als eine Sorte derſelben kenne. Doch ich halte mich bey allem dieſen nicht auf. Ich will nur etli⸗ cher Schriften gedenken, in welchen ich, Ai Nachſchlagen, auch von denen (*) Velfchius Vena Medinenſis; Sachs Gammarologia; Cyprianus ad Fran- zii hiſtoriam animalium; Ephemerides naturae curioforum; u. a. ni. (0 So wird z. E. in den Breßlauiſchen Sammlungen Verſuch 37. Seit. 57. ange ſuͤhret, daß 1726. die Schaaſe in Muͤhlhauſiſchen die Blattern, und dabey in den Gallengaͤngen kleine gelbliche, roͤthliche, und braͤunliche Wuͤrmergen in ziem⸗ licher Menge gehabt hätten; dabey ſey die Leber angegangen, der Sommer aber trocken und duͤrre geweſen. Beeren 5 denen Wuͤrmern, welche jetzo eigentlich in Betrachtung kommen, einige Nachricht gefunden habe. Hleher gehören erſtlich, die Schriften eines Geſners, Aldro⸗ Bands, Jonſtons, Leſſers, von Sohbergs, Sanovs, Derhams und Kratzenſteins. Allein, außer dem, daß alle dieſe Schriftſteller nur bloß anfuͤhren, daß dergleichen Wuͤrmer in den Lebern der Schaafe ge— funden wuͤrden, ſo nennen auch die beyden Letztern dieſe Wuͤrmer, ganz wieder den eigentlichen Verſtand des Wortes, und zu einem Beweiſe, daß fie dieſelbe nie recht gekannt, wenigſtens nie recht unterſuchet haben, Kuͤr— biswuͤrmer. Die eigentlich fo genannten Kuͤrbiswuͤrmer (vermes eucurbitini) find bekanntermaßen einzelne Glieder und Theile des Bands wurmes; wie es Herr CLinnäus (“) ſo ſchoͤn und vollſtaͤndig erwieſen hat, daß ich mich nur bloß auf ihn beruffen kann. Hingegen ſind die Schaafleberwuͤrmer nichts weniger, als einzelne Abſaͤte und Glieder eines ganzen Wurmes. Sie ſtecken nicht, wie jene, in einander; ſon— dern ſind je und allezeit von einander abgeſondert, ohne mit einem andern, oder mit mehrern, die geringſte Gemeinſchaft und Verbindung zu haben. Es geſchiehet auch ihre Fortpflanzung und Vermehrung auf eine ganz an— dere Weiſe, als bey den Abfägen des Bandwurmes. Folglich verdienen fie auch den Namen der Kuͤrbiswuͤrmer nicht. Es müßte dann ſeyn, daß man ihnen dieſe Benennung in einer andern, nemlich in der Abſicht, beylegen wollte, weil ſie, dem erſten Anſehen nach, ſonderlich wann ſie todt find, wie Ruͤrbiskoͤrner ausſehen; welches aͤußerliche Anſehen, allem Vermuthen nach, auch jene Schriftſteler zu dieſer ungewöhnlichen und uneigentlichen Benennung mag veranlaſſet haben. ( Differt, de Taenia. Fer 8 n Ferner fand ich in den Abhandlungen der Academie der Wiſ⸗ ſenſchaften zu Paris vom Jahr 1701. eine Nachricht, die allhier al lerdings einen Platz zu verdienen ſcheinet. Es wird daſelbſt die Krank— heit einer Frauensperſon erzaͤhlet, nach deren Tode man in der Galle al⸗ lerhand Stuͤcken Haͤute gefunden haͤtte, dergleichen auch ſchon bey ihr rem Leben von ihr gegangen waͤren; und bey ſolcher Gelegenheit berufet man ſich auf eine Krankheit der Schaafe, in deren Gallgaͤngen gleiche Stücken Haute öfters angetroffen wuͤrden; wobey sugleich die Merk⸗ maale dieſer Schaafkrantheit ausführlich angezeiget werden. Da die Beſchreibung dieſer Schaafkrankheit mit der erſt angefuͤhrten, auch in den geringſten Nebenſtuͤcken, auf das genaueſte uͤbereinſtimmet: ſo muß ich geſtehen, daß mir, gleich bey der erſten Durchleſung dieſer Nach, richt, der Gedanke beygieng, es moͤgten wohl gar die gegenwaͤrtigen Schaafwuͤrme für die, daſelbſt fo genannten, Stuͤcken Haͤute der Waſ⸗ ſerblaͤsgen Chydatides) ſeyn angeſehen worden. Ich konnte dieſes um ſo mehr muthmaſſen, je leichter dieſe Würmer, wann man ſie nie lebendig, ſondern nur allezeit todt, geſehen hat, für Stuͤcken Haͤute gehalten wer— den koͤnnen. Denn ſie haben alsdann gar keine eigentliche und beſtimm⸗ te Figur, und ſind daher mehr lebloſen, als lebendigen, Koͤrpern ahn, lich. Eben ſo findet man in den Stockholmiſchen Sammlungen vom Jahre 1748. daß daſelbſt der Bandwurm für einen Anwuchs des langen Darmes Gleum) iſt angeſehen worden; an ee ee > wohl heut zu Tage Niemand mehr zweifeln wird. Weiters las ich it in den Breßlauiſchen Sammlungen, Darfız, 2. Art. 8. des Monates Febr. etwas von unſern Würmern. Die daſelbſt gemach⸗ nu Ne 9 gemachten Anmerkungen, ſind meiſtens gut und gründlich ausgefallen, naͤmlich: daß dieſe Würmer nur in den Gallengaͤngen, und in der Gallenblaſe, ſeyn gefunden worden; daß die Ausbreitun⸗ gen (ramificatimes) der Pfort = und Sohlader gaͤnzlich davon frey gewefen ſeyn; und daß es ſich zu verwundern ſey, wie dieſe Würmer von der bittern Galle leben koͤnnen.,, Dem uns geachtet iſt die Beſchreibung dieſer Wuͤrmer ſelbſt mangelhaft genug. Aus dem Kupfer laͤßt ſich zwar vermuthen, daß dieſe die naͤmlichen ſeyn, von welchen ich hier rede; allein das Auge, welches ſie auf einer Seite ha— ben ſollen, und der Schnabel auf dem Bauche, ſind, wie ich bald zeigen werde, Dinge, die ganz etwas anders bedeuten, als wofuͤr ſie daſelbſt angeſehen und ausgegeben werden. Lind auf gleiche unvollkommene Are iſt auch im zehenden Verſuche, Art. 10. des Monates Noveinbers, die Beſchreibung dergleichen Würmer in Schweinen gerarhen. Endlich gedenket auch Herr von Buffon (*), daß man dieſe Wir, mer, als deren Abbildungen den unſerigen vollkommen gleich kommen, in einem Eſel gefunden habe. Das iſt es aber faſt ales, was von ihnen daſelbſt geſaget wird. Bey fo wenigen, und, wie aus angefuͤhrten erhellet, noch dazu fo gar ſeichten, und unzulaͤnglichen Nachrichten, von dieſen Schaafleber— wuͤrmern, darf es mich hoffentlich nicht gereuen, auf derſelben Unterſu— chung, und Zergliederung, einige Zeit und einigen Fleiß verwendet zu haben. Die Egelſchnecken. V Da C Hit. Naturell. Tom. VIII. p. 61. Pl. II. Fig. II. Fig. 2. 3. 4. f. 10 un = Da es, bey meinen Unterſuchungen, mir hauprfächlich auf die Wuͤrmer ſchien anzukommen: fo hatte ich dazu der ganzen Schaafe eben nicht allezeit noͤthig. Ich bediente mich daher meiſtens nur der Lebern, ſo bald ſie ausgeſchnitten, und alſo noch warm, waren. Auf dieſe Wei⸗ ſe konnte ich die Wuͤrmer jedesmal lebendig beobachten. Und damit ich dieſelben ſo lang am Leben erhalten moͤgte, als moͤglich waͤre, und alſo Zeit genug gewoͤnne, mit Bedachte allerhand noͤthige Verſuche anzuſtel— len; ſo legte ich die Lebern in lauliches Waſſer. Hiedurch, und da ich, ſo viel ſich thun ließ, durch oͤſteres Nachgießen einerley Grad der Hitze zu unterhalten ſuchte, blieb die Leber in einer beffändigen natuͤrlichen Waͤrme. Ich fand, auf dieſe Weiſe, die Wuͤrmer noch lebendig, und konnte ſie zu meinem Zwecke nutzen, wann ich auch erſt nach Verlauf einiger Stunden die Gallengaͤnge oͤffnete. Die, auf erſt beſchriebene Art, in gleicher Waͤrme erhaltenen Wuͤr— mer, fo ſehr man fie auch ſonſt für lebloſe Stuͤckgen Haͤute hätte halten moͤgen, verriethen gar bald ihr Leben. Man ſahe ſogleich, wie fie ſich willkuͤhrlich ausdehnten und zuſammenzogen; verkuͤrzten und vergroͤßer⸗ ten; verdickten und verduͤnnten; ſchmal und breit machten; ſich hin und her, vor- und hinterwaͤrts wenden konnten. Und dieſe freye Be, wegungen ließen wohl nicht mehr zweifeln, daß es lebendige Geſchoͤpfe, und keine zerriſſene Haͤute, ſeyn muͤßten. Sie hatten einen Hals (*), den fie‘, wie alle Theile ihres Leibes, kurz und lang machen, und nach allen Seiten bewegen, konnten. Dieſer Hals war uͤberhaupt ſehr ſchmal. Er hatte, in ſeiner ordentlichen Aus, dehnung, kaum den fünften Theil, als das Obere des Leibes breit war. = Wann ( Fig. J. I. II. IV. V. II. b. il air un 11 Wann er in die Laͤnge auf das hoͤchſte ausgeſtrecket war, erreichte er taum den dritten Theil der Länge des ganzen Wurmes. Oben, an dem aͤußerſten Ende, war er am ſchmaͤlſten; je mehr er ſich aber dem Leibe näherte, deſto breiter wurde er. Er ſpitzte ſich oben nie zu, ſondern fas he wie ein Kegel aus, dem die oberſte Spitze abgeſchnitten iſt. Da, wo man ſich etwan den Durchſchnitt eines abgeſtutzten Kegels einbilden kann, hatte er eine gar ſichtbare Oeffnung, die rund, und mit einem zarten, ſchmalen, ringfoͤrmigen Rande eingefaßt war. Aus dieſer Oeffnung ließ der Wurm gar oft von freyen Stuͤcken im Kriechen, und ſonderlich wenn man ihn anrührte, oder drückte, einen ſchwaͤrzlichen, oder caffebraunen, Saft von ſich, welcher der, in den Gallengaͤngen angetroffenen, Galle vollkommen gleich ſahe. En Wann der Wurm auf dem Bauche lag (), und entweder zuſam⸗ mengezogen, oder todt, war, erblickte man da, wo der Hals mit dem Leibe ſich vereinigte, und zwar gerade in der Mitten des Ruͤcken, auch mit bloßen Augen, einen weißen Slecken **) durch die Haut ſchim— mern. Der Leib war unmittelbar mit dem Halſe verbunden. Oben, gleich bey feinem Anfange, war er am ſchmaͤlſten; lief aber gar bald in die größs te Breite aus; nahm aldann je mehr und mehr wieder ab, und endigte ſich zuletzt in eine rundliche Spitze. Er ſchien ganz platt und gedruckt zu ſeyn; hatte, an den Seiten des Leibes, kaum die Dicke einer viertel Linie; je— doch, gegen die Mitte zu, erhöhete er ſich etwas, und war alſo, genau zu reden, mehr gewoͤlbt, als ganz platt. B 2 Man (Y Fig I. VI. VII. 69 Fig. I. e. 12 i n N Man beobachtete durch die Haut am ganzen Leibe verſchiedene aͤſtige, oder zweigfoͤrmige und geſchlaͤngelte, Gange, oder Gefaͤße, die ſchwarz⸗ blau, und wie Adern, ausſahen. Doch hatten dieſelben bey einigen eine gelbliche Farbe; und bey noch andern war ihre Farbe kaum mit bloßen Au⸗ gen zu erkennen, und von dem Leibe ſelbſt faſt gar nicht zu unterſcheiden. Wohl aber waren dieſe aderfoͤrmigen Gefäße ihrem Baue, Rich⸗ tung und Lage nach, von einander gar ſehr unterſchieden. In der Mit⸗ te ſahe man zween groͤſſere und dickere Zauptäſte, welche, wie Puls⸗ und Blutadern, in einer ziemlich geraden Linie den ganzen Leib hinunter liefen. Sie ſtunden etwas von einander ab; und weil ſie, an ihrer ins nern Seite, meiſtens von allen Nebenaͤſten, oder Ausbreitungen, frey waren; ließen fie in der Mitte, laͤngſt dem Leibe hinunter, einen leeren Raum. Die aͤußere Seite dieſer beyden Hauptaͤſte aber breitete ſich über, al in eine Menge anderer kleinerer Aeſte aus, die ſich dann wieder in am dere, noch kleinere und zärtere Aeſte, abtheilten. Alle dieſe Aeſte liefen ſchlangenweiſe; und der meiſten ihre Richtung war nach unten zu. Legte ich einen Wurm auf den Rücken (/); fo fand ich zuerſt auf der Mitte des Bauches, ganz oben wo der Hals anſaß, und gerade ums ter demſelben, bey einigen eine weiße, faſt walzenfoͤrmige Erhö⸗ hung, wie einen kleinen Anfang eines Darms, heraus ſtehen (); bey andern aber war dieſe Erhoͤhung nicht zu ſehen, ſondern es ſchien nur an dieſem Orte durch die Haut ein hellweißer Flecken. So dann ward ich unter dieſer Erhoͤhung, oder unter dieſen weißen Flecken, einer zweyten Oeffnung (***) gewahr, die der obern Halsoͤffnung voͤllg ähnlich ſahe; nur daß fie manchmal mehr eyfoͤrmig, als rund, ſchien; jedoch hatte ſie eben⸗ O Fig. I. III. IV. V. VI. C) Fig. III. VII. XI. XIV. XV. d. (44 Fig. II. III. IV. V. VII. X. XIV. e. ML ce: Be 13 ebenfalls einen ſchmalen Rand, oder eine ringfoͤrmige Einfaffung. Ends lich zeigten ſich ſowohl die zween aderfoͤrmigen ſchwarzblauen Hauptaͤſte, als auch der weiße Flecken, hier auf dem Bauche viel deutlicher und fchös ner; ja man ſahe unter der Oeffnung am Bauche allerhand andere brau⸗ ne Flecken, die, wie Klumpen, unordentlich, übers und neben einan— der lagen (). Ueberhaupt ſchien der ganze Wurm durchſichtig; jedoch mehr und weniger, je nachdem einer wenig oder mehr Nahrung und Unrath bey ſich haben mogte. Die Grundfarbe der meiſten, wann ſie vol Nahrung waren, ſchien braun - und blauſchwarz; jedoch ebenfalls bey einigen mehr und weniger; ja ich fand zu Zeiten, ſonderlich im Grunde der Gallenblafe, verſchiedene, die ganz milchfoͤrmig und weißlich ausſahen; und die alſo keinen gefaͤrbten Saft in ſich hatten. Das Kriechen dieſer Würmer iſt von beſonderer Art (**). Sie koͤn⸗ nen, wie ſchon gemeldet iſt, nicht nur vor und hinterwaͤrts kriechen; ſon⸗ dern es iſt ihnen bey dieſem ihren Vor-und Ruͤckwaͤrtskriechen auch ganz einerley, ob ſie auf dem Bauche, oder auf dem Ruͤcken, liegen. Ins⸗ gemein ſtrecken ſie zuerſt ihren Hals ſo lang aus und vor ſich hin, als es ihnen moͤglich iſt; fahren mit demſelben eine kurze Zeit nach allen Seiten hin und her, um gleichſam einen Ort zu ſuchen, wo ſie ihn bequem auf— ſetzen koͤnnen; laſſen ihn alsdann wieder fallen und ruhen; und ziehen end⸗ lich den Leib in lauter breitblaͤtterigen und wellenfoͤrmigen Falten zuſam— men und hinter ſich her. Hierauf laſſen fie den Leib ruhen; drücken ihn durch ihre Maͤußlein, oder Zaͤſergen, ſo ſich an den Seiten befinden, feſt an; ſtrecken ſodann den Hals zum zweytenmale lang und vor ſich hin; B 3 und Fig. III. IV. V. VII. XI. e. G Fig. V. VI. VII. VIII. 14 e und ziehen endlich den Leib, wie vorher, zuſammen und an ſich. Wieder⸗ holen ſie nun alle dieſe Bewegungen mehrmalen hintereinander; ſo iſt hier⸗ aus die ganze Art begreiflich, wie fie ordentlicher Weiſe vorwärts Fries chen, und wie fie ſolchergeſtalt ganz leicht von einem Orte zum andern kommen. Man ſiehet freylich hieraus von ſelbſt, daß das Kriechen dies ſer Wuͤrmer ſehr langſam ſey, und daß es Zeit erfordern muͤſſe, wann ſie auch nur einen kleinen Raum durchwandern ſollen. Inde en erhellet hier— aus noch fo viel, wie ſich dieſe Würmer neben über unter- und Durchs einander zugleich bewegen koͤnnen; ohne daß einer dem andern hindere und ſchade. Und, weil dieſe Würmer, wie vorher gemeldet iſt, ſich verlaͤn— gern und verduͤnnen koͤnnen; ſo iſt auch hieraus begreifflich, wie ſie im Stande ſind, ſich nach allem vorſeyenden Raume zu bequemen, in alle Gattungen groſſer und kleiner, auch der allerzarteſten, Gallengaͤnge zu dringen und darinnen zu wohnen. Manchesmal biegen dieſe Würmer im Kriechen ihren Hals fo krumm, daß es ſcheinet, als ob ihn der, daruͤber hinaufgehende Leib, gar zuſam— mendruͤcken werde; welches mich glauben machet, daß ihnen der Hals / und die obere Oeffnung deſſelben, in gewiſſen Faͤllen, ſonderlich wann fie vorwaͤrts kriechen, zum Anhalten und Feſtſetzen mit dienen muͤſſe; ob fit gleich ſonſt, in ihrem Kriechen, durch die erſtgemeldte wellenfoͤrmige Bes wegung des Leibes, vollkommen den Schnecken gleich kommen. Ferner beobachtete ich, doch ſelten, daß ſich die obengedachte walzenfoͤrmige Er⸗ hoͤhung in der Mitte des Bauchs, im Kriechen von ſelbſt etwas heraus und hineinbegab. Siehet man dieſe Wuͤrmer einzeln kriechen, ſo haben ſie eine vollkommene Aehnlichkeit, ſowohl der Geſtalt, als der Farbe, nach, mit einem abgeſtorbenen Baumblatte, davon der Hals den Stiel vorſtellet; oder noch beſſer, mit dem Kraute, fo von den Kraͤuterkennern Glied— kraut, oder Beſchreykraut (fideritis glabra aruenfis) genennet wird. - Ich n 15 Ich warf dieſe Würmer in verſchtedene Feuchtigkeiten, um zu erfah— ren, in welcher ſie ihr Leben am meiſten, oder am wenigſten, behalten wuͤrden. In ſehr kaltem, und ſehr heiſſem, Waſſer lebten ſie 2. oder 3. Minuten. In laulichem Waſſer erhielten ſich manche wohl 1 Stunde; und ihre Bewegung mit dem Dalfe, dem Leibe und der Schwanzſpitze, war in ſolchem laulichen Waſſer die naͤmliche ſchlangenartige, der man ſonſt an allen Egeln gewohnt if. Im Waſſer, mit Salze vermiſchet, lebten ſie kaum 1. Minute. Am allergeſchwindeſten kamen fie um, und fielen gleichſam augenblicklich todt zu Boden, wann ich fie in laulichen ſtarken Wein oder Biereßig warf, und zwar in ſolchen, den ich vorher mit Salze verſetzet hatte. Gleiche Wirkung ſahe ich, wann ich ſie in ſtarken Brands wein fallen ließ. Im Oele lebten fie am laͤngſten; wie ſolches auch bey den Egeln geſchiehet. Dieſes iſt ohngefaͤhr dasjenige, was ich an dieſen Schaafwuͤrmern äußerlich, und mit bloßen Augen, bemerket habe. Allein, ich ließ mir daran nicht genügen, Ich war begierig, auch das Maaßverhaͤltniß ihrer Theile zu wiſſen; und ſonderlich durch Huͤlfe des Vergroͤßerungs⸗ glaſes, und der Zergliederung, ſowohl die Bildung, als auch den End— zweck, ſolcher ihrer innern und äußern Theile genauer kennen zu lernen, In einer Leber, wo ich Wuͤrmer fand, waren zwar die meiſten, doch nicht alle, von einerley Groͤße. Es gab einige, die 1 Zoll und daruͤber lang waren (“); aber auch andere, die kaum eine Linte hatten; und, zwi⸗ ſchen dieſen beyden Maaßen / waren wieder andere bald größer, bald kleiner. Die Urſache dieſes Unterſcheides iſt leicht zu begreiffen. Dann es iſt nicht nur die Verſchiedenheit des Alters daran Schuld; ſondern auch, je nach⸗ . ig | dem ©) Fig. II. # 16 n N dem ein Wurm geſund oder krank iſt, je nachdem er Ueberfluß oder Man⸗ gel an Nahrung hat, deſtomehr wird er groß, oder bleibet klein. Ich erwaͤhlte zu meiner Ausmeſſung einen, der mir der größte unter den übrigen ſchien; indem ich von einem ſolchen vermuthen konnte, daß er ausgewachſen und zu feiner beſtimmten Groͤße gediehen ſeyn wurde. Ein ſolcher Wurm (*) hatte, wann er ohne alle Bewegung ſtill lag, oder wann er nur erſt geſtorben war, vom oberſten Ende des Halſes bis an das aͤußerſte feiner Schwanzſpitze, 1 Zoll a Linien. Dem Halſe was ren davon nicht ganz 3 Linien, und dem Leibe die übrigen eigen. Die Breite des Halſes war oben 1 Linie; unten aber, wo er mit dem Leibe zu⸗ ſammenhieng, und am breiteſten war, hatte er 2 nien. Der Leib, wo er ſich oben am breiteſten zeigte, machte etwas uͤber 8 Knien; unten aber an der Schwanzſpitze, wo er am ſchmaͤlſten war, 11 Linie. Wann ich den Wurm am laͤngſten auseinander zog, konnte ich ihn über 2 Zoll lang, und bis auf 2 Linien ſchmal, machen. Legte ich dieſe Wuͤrmer in Waſ⸗ ſer, und ließ ſie uͤber Nacht darinnen, ſo vergroͤßerten ſie ſich, und zwar ſowohl in die Länge, als in die Breite. Im Brandweine giengen ſie et— was zuſammen. Die Dicke des Leibes war an dem aͤußerſten Rande & Linie, in der Mitte aber faſt 2 Linie. Die oberſte Oeffnung des Halſes (*) hatte 2; und die Oeffnung am Bauche (***) 2 Linie. Die weiße walzen⸗ foͤrmige Erhöhung (7) machte, wann ſie voͤllig herausſtand, in der Laͤn⸗ ge 5 Linien: in der Breite am oberſten ſchmaͤlſten Ende etwas über & Li⸗ nie, und an dem unterſten breiteften Ende etwas über 1 Linie. Als ich, nach der Ausmeſſung, einige Wuͤrmer unter das Englifche zuſammengeſetzte Vergroͤßerungsglas mit dem Neflerfpiegel brachte; fo 8 8 c entdeck () Fig. II. (0) Fig. I. II. III. V. V. VII. a. (*%) Fig. II. III. IV. V. VII c. (J) Fig. III. VII. XV. d. 1 n . 17 entdeckte ich theils viel Neues, ſo ich vorher gar nicht geſehen; theils vie, les ganz anders, als ich es mir vor der Vergrößerung eingebildet harte: Ich ſahe, daß die ganze obere, und die ganze untere Flaͤche, der Wir mer keineswegs ſo glatt und glaͤnzend war, als es den bloßen Augen vor— kam; ſondern, daß fie mit lauter übereinander ſtehenden, hervorragen— den, ſchuppigen, ſcharfen, kegelfoͤrmigen, Spitzen uͤberzogen war, und daß dieſe Spitzen mehr lang, als breit waren (5). Doch getraue ich mir nicht, zu beſtimmen, ob dieſe ſchuppigen Spitzen auch die gewöhnliche Haͤrte der Schuppen haben. Da die Haut ſehr geſchwind auf dem Glaſe trocknete, worauf ich ſie geleget hatte, ſo kam es mir ſo vor. Ich glaube aber eher, und mit beſſerm Rechte „ diefe Schuppen mit denenjenigen druͤſ⸗ ſigen Huͤgelgen vergleichen zu koͤnnen, deren Swammerdam in der Bes ſchreibung feiner Schnecke (**) fo umſtaͤndlich erwaͤhnet. Ich vermuthe dieß um ſo mehr; da dieſe Schuppen ganz wahrſcheinlich zu gleichem End⸗ zwecke, wie bey den gemeinen Schnecken, namlich zum An, und Feſthal— ten dienen, und die Stelle der Fuͤße vertretten koͤnnen. Unter dieſen Schuppen ſchienen die beyden aderfoͤrmigen Hauptaͤſte, mit ihren Seiten⸗ gusbreitungen, gar ſchoͤn ſchwarzblau durch. Die obere Oeffnung des Halſes (***) war ungemein deutlich zu erken⸗ nen, und man konnte insbeſondere den ringfoͤrmigen Rand, der Structur und der Farbe nach, von den uͤbrigen durchſichtigen fleiſchicheren Theilen des Wurmes unterſcheiden. Er war roͤther, und aus dichtern undurch— ſichtigen Theilen zuſammengeſetzet. Man beobachtete, wie ſich dieſe Oeff⸗ nung durch Huͤlfe ſolches Randes bald erweiterte, bald zuſammenzog, ſchloß und öffnete; woraus wohl ſicher zu ſchlieſſen iſt, daß dieſer Rand feine Die Egelſchnecken. C beſon⸗ CH Fig. XVII. C”) Vibel der Nat. Cap. 4. () Eig. XI. XV. a. 18 m N beſondern Maͤußlein und Zaͤſergen haben muͤſſe. Weil ich auch an kei⸗ nem Orte des Leibes, weder einen Saft, noch Unreinigkeit habe ſehen herausgehen, oder dergleichen herausdruͤcken koͤnnen, als allein aus dieſer Oeffnung, ja ſich beydes zugleich hier gezeiget hat; ſo ſcheinet es, daß dieſe Oeffnung der Mund, und zugleich auch der Ausgang des Unrathes, ſey; dergleichen von vielen andern Thieren, ſonderlich von Waſſer / und Seewuͤrmern, auch Schnecken, ſchon vorlaͤngſt bekannt und erwieſen iſt. Dieleicht dienet die eine der beyden aderfoͤrmigen Hauptaͤſte, den Saft durch den Mund einzufuͤhren; und die andere, denſelben durch eben dieſe Oeffnung wieder auszuſchuͤtten. Die Walzenfoͤrmige weiße Erhoͤhung, oder das Haͤckgen, ent deckte ich an den wenigſten Wuͤrmern. Wann dieſes Haͤckgen nicht heraus⸗ gedruͤcket wurde; fo konnte man auch durch eine mehr, als dreyßigmalige Vergroͤßerung, da, wo es ſich nachmals zeigte, deſſelben nicht gewahr werden. Man ſahe nicht einmal an dieſem Orte die geringſte Oeffnung, oder Vertiefung. Vielmehr ſchien auf der Flaͤche des Halſes alles ganz glatt zu ſeyn; außer, daß man durch die Haut eines ſtarken weißen Fle⸗ ckens anſichtig wurde. Dieſes duͤrfte ein Zeichen ſeyn, daß ſich der obere Theil dieſes Haͤckgens über die Oeffnung feſt anſchließe, und daß dieß vers urſachen muͤſſe, daß dadurch die Oeffnung zwar gänzlich bedecket, aber auch zugleich der weiße Flecken um ſo ſtaͤrker und unſichtbarer werde. Ich war ſehr aufmerkſam, ob dieſes Haͤckgen wirklich bey allen waͤre; ob es einen weſentlichen Theil dieſer Wuͤrmer ausmache, und was es damit vor eine eigentliche Beſchaffenheit, und vor einen Endzweck, haben moͤgte? Ein kleiner und geringer Handgriff entdeckte mir dieſes. Wann ich einen Wurm auf den Mittelfinger legte, mit dem Zeigefinger und Dau— men aber die Seitenlappen abwärts, und zugleich gegen den Hals zu drück, 5 te; dd 19 te; brachte ich es dahin, daß das verborgene Haͤckgen ſich heraus, und in die Hoͤhe, gab. Und da ich es auf dieſe Weiſe bey allen fand, und es bey allen ſichtbar wurde, fo ſchloß ich, daß es alen eigen ſeyn, und defs fen Dafeyn zu den Weſen dieſer Würmer, gehören muͤſſe. Wann man dieſes Haͤckgen voͤllig herausgedruͤcket hatte, blieb es gar nicht lang, vor ſich gerad, oder in der Hoͤhe, ſtehen; es legte und rollte fich vielmehr alfos bald, wie ein Hoͤrngen, oder ſchneckenfoͤrmig, zuſammen (). Die Far⸗ be dieſes Haͤckgen war durchaus weiß; das Haͤckgen ſelbſt aber war mit lau⸗ ter vertieften Puncten uͤberzogen. Ich geſtehe, daß ich anfänglich, mit andern oben angefuͤhrten Schrift⸗ ſtellern, ſelbſt der Meynung war, es moͤgte dieſes Haͤckgen entweder den Würmern zum Anhalten dienen, um fo mehr, da es ſich angezeigtermaſ— ſen ſo krum rollen konnte; oder es muͤſſe wenigſtens von ihnen dazu genutzet werden, daß fie damit in den Gallengaͤngen eine ſolche Empfindung mach» ten, die fie noͤthigte, ihren Saft deſto geſchwinder und häufiger von ſich zu geben; und vieleicht moͤgte dieſes Haͤckgen beyde Dienſte zugleich leiften ı Man weiß ja von dem bekannten Bandwurme ſo wohl, als von einer Menge anderer Wuͤrmer, die in den Gedaͤrmen der Menſchen und Thiere gefunden werden, dieſen gedoppelten Gebrauch ihrer Haͤckgen und ihrer Stacheln. Jedoch die Zergliederung der innern Theile half mir von dieſem Vor— urtheile auf die rechte Spur, und brachte mich von der Ungewißheit zur Gewißheit. Ich konnte aus der, unter dieſem Haͤckgen ſich befindenden, anderweitigen Oeffnung (**), von der ich ſogleich umſtaͤndlicher reden e nie einen gefaͤrbten Saft herausdruͤcken, und es war alſo gar nicht C 2 a ö moͤg⸗ (0 Fig. Il. XI. XV. d. (0) Fig. IE III. IV. V. VII: XI XIV. e. 20 ö e e möglich, dieſelbe für den Ausgang des Unrathes zu halten. Ich mußte vielmehr denken, daß fie etwa gar das weibliche Geburtsglied ſeyn moͤgte⸗ Und da ich in meiner Muthmaſſung einmal fo wett gekommen war; ſo führte mich die übrige Aehnlichkeit, fo diefe Würmer mit den Schnecken hatten, bald weiter. Dieſes Haͤckgen iſt fo geſtaltet und gebauet, daß es bey ſeiner Umwickelung mit einem andern ſeines gleichen in jene Bauch⸗ öffnung bequem kommen kann. Dieſes brachte mich darauf, daß es wohl gar die männliche Ruthe ſeyn dürfte! Und nach dieſer Vermuthung würs de ein jeder dieſer Wuͤrmer, wie die Schnecken, männlichen und weibli⸗ chen Geſchlechts zugleich ſeyn, deren einer den andern befruchten, und von ihm hinwieder ſelbſt befruchtet werden, jeder zengen und gebähren koͤnne⸗ Eine genauere Unterſuchung überführte mich davon noch mehr. Es hatte dieſes Haͤckgen, oder Hoͤrngen, wie das männliche Glied bey den Schnecken, oben einen Einſchnitt. Sodann, obgleich dieſe beyden Zeu⸗ gungsglieder bey den Erdſchnecken, durch eine einige Oeffnung, am Kopfe herausgehen; ſo fand ich doch / daß Swammerdam an einer Waſ⸗ ſerſchnecke auch zwo unterſchiedene Oeffnungen beobachtet hatte; dergleis chen dieſen Würmern auch eher zukommen, da fie zu den Waſſerthieren gehören. Ja ich traff einigemal ſelbſt ein paar Wuͤrmer an, deren Haͤck⸗ gen wirklich in einander geſchlungen waren; ob ich gleich nicht genau ſe⸗ hen konnte, ob ein jedes mit des andern Oeffnung auch eine Verbindung habe. Dieſer Augenſchein benahm mir allen Zweifel. Ich glaube auch, daß dieſe Zuſammenhaͤngung die Urſache iſt, daß manche Wuͤrmer eher zerreiſſen, als daß fie ſich ganz aus den Gallengaͤngen herausziehen laſſen. Unter dieſem Haͤckgen, oder der maͤnnlichen Ruthe, erſchien nun diejenige Oeffnung (), von welcher ich allererſt Eines und das Andere 5 i a C0 Tig U. III. IV. V. VII. XI. NV. e, erwa hy 7 N n 21 erwaͤhnet, und fie für das weibliche Glied angegeben, habe. Sie war, wie die obere Halsoͤffnung, mit einem ringfoͤrmigen muſeuloͤſen Rande eingefaſſet. Man ſahe gar deutlich, wie fie von innen mit dreyen, eins ander entgegenſtehenden, groͤſſern Maͤußlein verſehen war, wovon wie— der ein jedes inſonderheit ein Dreyeck vorſtellete (). Dieſe Maͤußlein, wann ſie einander beruͤhrten, verſchloſſen die Oeffnung vou innen heraus; wann fie aber von auſſen hineingedruckt wurden, öffneren fie dieſelbe. Sie waren alſo gleichſam Fallthuͤrgen, oder Ventile, Cvaluule); und ich wuͤß— te ſie, ihrer Structur und Geſtalt nach, mit nichts Beſſerem zu verglet— chen, als mit denenjenigen Fallthuͤrgen des menſchlichen Herzens, welche die dreyſpitzigen Fallthuͤrgen (valuulæ tricuſpidales) genannt werden, Ob nicht auch aus dieſer Oeffnung zugleich die Eyer, von welchen ich gleich reden werde, herausgehen? kan ich weder bejahen, noch ver— neinen. Mir iſt es jedoch ſehr wahrſcheinlich; ohnerachtet ich mit aller Mühe, fe ich mir gegeben habe, außer einigen Luftblaͤsgen, nicht ein einzigesmal auch ein Ey habe herausdruͤcken koͤnnen. Allein nach der erſtgemachten Beſchreibung der Theile dieſes weiblichen Gliedes, moͤgte die Urſache leicht zu finden ſeyn, warum ich mit allem meinen Druͤ— cken nie ein Ey habe herausbringen koͤnnen; denn ich verſchloß offenbar damit die Oeffnung nur deſto feſter. Vieleicht aber koͤnnen die Würmer dieſen dreyſpitzigen Fallthuͤrgen ſelbſt einen andern und ſolchen Druck oder Zug, geben, wodurch die Eyer einen freyen Durchgang erhalten, den ich, durch aͤußerliches Druͤcken, zu verſchaffen nicht im Stande war. Endlich ſahe ich noch / unter dieſem weiblichen Gliede, die ſchon mehr, malen gedachten braunen Klumpen gar deutlich liegen. Allein die dar⸗ C 3 uͤber ©) Fig. XIV. e. 92 n N uͤbergehende Haut ließ, auch in der Vergroͤßerung, weiter nichts eigentliches erkennen, noch unterſcheiden. Ich mußte alſo, um dieſe, und noch an⸗ dere, Stuͤcke beſſer einzuſehen, meine Zuflucht zur Zergliederung nehmen. Ich machte naͤmlich mehrmalen zween Queerſchnitte durch einige Wuͤr⸗ mer (). An dem erſten Durchſchnitt (“) ſahe ich ſodann die abgeſchnit⸗ tenen aderfoͤrmigen Hauptaͤſte an den Seiten, wie ſchwarze Puncte, ſte, hen. Sie waren, wie Knoͤpfgen, erhaben, und ragten etwas hervor. Solches kam daher, daß, im Zerſchneiden, die Gaͤnge zuſammengedruckt, und folglich weiter oben waren abgeſchnitten worden, als der Durchſchnitt am Wurme ſelbſt geſchehen war; daher fie ſich dann auch, nach dem Schnitte, wieder in ihre alte Hoͤhe und Laͤnge begeben hatten, und alſo ganz natuͤrlich uͤber den Schnitt hinausgehen mußten. Sonſt war alles in dem Innern weiß, und von einem ganz klebrichen und koͤrnigem Weſen. Den zweyten Schnitt (***) nahm ich mitten durch das weibliche Glied vor, damit ich die darunter liegenden braunen Klumpen deſto leich— ter herausdruͤcken und ſehen koͤnnte, was fie wären. Das Innere war A hier, wie bey dem erſten Querſchnitte, weiß, klebrich und koͤrnig. Die beyden Hauptaͤſte (T) waren itzo um ein merkliches größer; hatten eine Randeinfaſſung, und in der Mitten eine Oeffnung. Die braunen Klum— pen (Ti) lagen etwas herauſſen; und, als ich fie voͤllig herausdruͤckte, hiengen fie an zwey Fäden zuſammen, und waren, bey verſchiedenen Würs mern, von verſchiedener Anzahl und Groͤße; auch an einem jeden Wur⸗ me waren fie nicht ade gleich groß, ſondern einige groͤſſer, die andern Eleis ner, alle aber von ungleicher Bildung. Die meiſten hatten eine Anzahl von (9 Fig. XV. () Fig. . e, ( Fig. XV. e. e f. g. S e Gori. Nr ce 2 23 von ungefehr 8 bis 10 ſolcher Klumpen. Einige hatten in der Länge 1 Linie, und in der Breite 1 Linie; andere aber bald mehr, bald weniger. Jeder einzelner Klumpen war in einer Haut eingeſchloſſen, aus deren je— dem ich eine Anzahl von mehr als 1000. Eyern herauspreßte; woraus ich erkennen konnte, daß dieſe braune Klumpen nichts anders, als die Ey— erſtoͤcke waren. Die Eyer ſelbſt waren laͤnglich rund (*), weiß und durchſichtig; fie lagen in ihren Eyerſtoͤcken ziemlich ordentlich, und ſchicht— wetſe, neben und uͤbereinander; auſſer dem Waſſer aber zerfielen fie in Falten zuſammen (**). Ob es gleich gar nicht wahrſcheinlich iſt, daß unſere Leberwuͤrmer außer denen 2. aderfoͤrmigen Hauptaͤſten, ihren Ausbreitungen und denen übrigen, von mir befchriebenen, Theilen, nicht noch andere Gefaͤße, ſo wohl zum Athemholen, als zu andern thieriſchen Eigenſchaften, haben ſollten; ſo habe ich doch, alles vielen und fleißigen Suchens ohnerachtet, nichts weiters an ihnen entdecken koͤnnen. Eben ſo iſt es mir ergangen, da ich mir Muͤhe gab, in dem, zwiſchen den 2. Hauptaͤſten befindlichen, langen leeren Raume, und zwiſchen dem weißen Striche, ein Gefaͤß zu finden, ſo die Bewegung des Herzens vertrete, dergleichen bey den Egeln zu ſeyn ſcheinet. Vieleicht ſind die Theile dieſes Gefaͤßes gar zu klein; oder ich habe ihren rechten Ort, und die rechte Lage, nicht ausfindig mas chen koͤnnen. Dieſes iſt dasjenige, was ich an den Wuͤrmern, mit dem Vergroͤſ— ſerungsglaſe, und durch die Zergliederung, wahrgenommen habe. Nunmehro werde ich meine unvorgreifliche Gedanken eröffnen, ob die— fe Würmer den Lebern der Schaafe weſentlich, oder zufällig, eigen ſeyn? Es ) Fig. X. C9 Fig. XII. 24 n Es iſt nicht zu laͤugnen, daß man dieſe Wuͤrmer ſehr oft in den Schaafen, und zwar nirgends, als in ihren Lebern, finde; und dieſes duͤrfte dem Weſentlichen das Wort zu ſprechen ſcheinen. Allein man kan dennoch nur die Erfahrung ſprechen laſſen, um von dem Gegentheile und davon uͤberzeuget zu werden, daß dieſe Würmer in den Schaaflebern bloß zufaͤllig ſind. Es giebt Jahrgaͤnge, wo man ſelbige fo wenig in den Schaafen, als in irgend einem andern Thiere, findet. An manchen Gegenden ſind zwar ſolche Jahr aus Jahr ein bekannt; allein man trift auch andere Oerter an, die niemalen davon etwas zu erfahren haben. Ja man ſiehet biswei⸗ len Schaafe, die ſelbſt zu der Zeit davon frey bleiben, wann andere dar an umkommen. 5 Ich habe oben angefuͤhret, wie man 1726. im Muͤhlhauſiſchen in den Schaaflebern ein ganz anderes Geſchlechte von Würmern angerrofs fen habe, als dasjenige iſt, welches ich hier beſchreibe. Unten werde ich Gelegenheit finden einer Art Wuͤrmer zu gedenken, deren ich nur erſt kuͤrz⸗ lich in Ungariſchen Schaaflebern, und in einer Hirſchleber, gewahr wor⸗ den bin, die zwar ebenfalls von gegenwaͤrtigen unterſchieden iſt, doch aber mit ihnen zu einerley Geſchlechte gehoͤren. Vieleicht faͤnde man dieſen Un⸗ terſcheid auch an andern Orten, und in andern Thieren, wann man der Sache genauer nachforſchte. Ich mache daraus nur dieſen Schluß, daß, wenn es allerhand Geſchlechte, und von jedem Geſchlechte wieder beſondere Arten und Gattungen, Würmer in den Schaaflebern giebet; wenigſtens nicht ein, oder das andere Geſchlechte, noch eine oder die andere Art, die⸗ fer Würmer den Schaafen weſentlich oder naturlich ſeyn koͤnne. Die n e 25 Die Pariſiſchen Abhandlungen gedenken, angezelgtermaßen (), einer Frauensperſon, die vermuthlich eben dieſe Wuͤrmer hatte, welche hier beſchrieben werden. Ich habe zugleich, aus den Breßlauiſchen Sammlungen, erwähner (*, daß es dieſe Wuͤrmer auch in Schwei⸗ nen gegeben habe. Zanos (***) führer an, daß man dieſe Würmer in Kuͤhen gefunden hätte, und dieſelben, wie die Schaafe, daran umgekom⸗ men waͤren. Mir iſt ſelbſt vor einigen Tagen eine Ochſenleber gebracht worden, die voll ſolcher Schaafwuͤrmer war. Glaubwuͤrdige Perſonen haben mich verſichert, daß dieſelben, im vorigen Winter, in Ochſen- und Kuͤhlebern ganz etwas Gewoͤhnliches geweſen waͤren. Und ein guter Freund zeigte mir ohnlaͤngſt die Leber eines Damhirſchens aus dem hieſi⸗ gen Stadtgraben, die dieſer Würmer voll war. Hieher gehoͤret noch dies ſer beſondere Umſtand, daß, in verſchiedenen Forſten hieſiger Nachbar— ſchaft, vergangenes Jahr auch die Haaſen ſehr haͤufig gefallen waͤren; und beym Aufſchneiden habe man gefunden, daß ihre Lebern gleichfalls voll von ſolchen Wuͤrmern geweſen, die denen gleich gekommen, welche man in den Lebern der Schaafe entdecket haͤtte. Ein gleiches hat man mir von dem uͤbri— gen Wilde verſichern wolen, davon ich aber nichts Zuverlaͤßiges habe er fahren koͤnnen. Genug, man ſiehet hieraus, daß dieſe Wuͤrmer in den Schaafen ſich nicht allein befinden, mithin auch uberhaupt bey ihnen nichts Weſentliches ſeyn koͤnnen. Daß aber die Natur und Eigenſchaft dieſer Würmer nothwendig er; fordern ſollte, nur allein in den Schaaflebern ſich aufzuhalten; daran feh— let ſo viel, daß vielmehr der Aufenthalt in den Gallengaͤngen ihrer Natur und Eigenſchaft entgegen zu ſeyn ſcheinet. Ich habe gezeiget CH), daß dieſe Würmer theils wie Schnecken cheils wie Egeln, kriechen; daß fie in laulichem Waſſer, wie die Egeln, Die Egelſchnecken. D ſchlan⸗ (0) Seit. . () Ebendaſelbſt. (*) Seltenh. der Nat. und Dee. Seit. 203. (r) Seit. 13. { 25 u a nn ſchlanzenartig ſchwimmen; daß fie, wie eben dieſelben, wann man ſie ins Oel wirft, am laͤngſten fortleben; und daß, fie in ihren Zeugungsgliedern, und nach der Art, wie fie ſich fortpflanzen, den Waſſerſchnecken gleich kommen. Hieraus duͤrfte ſich ſchließen laſſen, daß alſo dieſe Wuͤrmer auch urſpruͤnglich denenjenigen Oertern muͤßten beſtimmt ſeyn, wo ſie, wie Egeln und Schnecken, kriechen und ſchwimmen, und wo ſie ſo leben und handeln koͤnnen, als ihnen nach ihrem Baue, und nach ihren Eigenfchafs sen, zukommt. Die Gallengaͤnge in den Schaaflebern wird man ſchwer⸗— lich für den Ort ihres ürfprünglichen und natuͤrlichen Aufenthaltes halten koͤnnen und wollen; indem fie von ihrem Baue und von ihren Eigenſchaf— ten in ſelbigen, theils nur einen ungewoͤhnlichen, theils aber gar keinen Gebrauch machen koͤnnten. Will ich auch eingeſtehen, daß dieſe Wuͤrmer, wann ſie ſich in den Schaafen zeigen, allezeit, und zwar nur ganz allein in ihren Lebern, und in den Gallengaͤngen gefunden werden; gleichwie man ſie auch in andern Thieren nirgends, als in ihren Lebern angetroffen hat; ſo folget doch dar— aus noch lange nicht, daß fie den Schaafen, und ihren Lebern, weſent— lich und natuͤrlich zugehoͤren muͤßten. Es giebt eine Art Fliegeln, die ihren Wurm, oder ihr Ey, in die Naſen der Schaafe, leget (“); eine andere Art, die ihren Wurm, oder ihr Ey, in den Schlund der Hirſche abſetzet (“); wieder eine andere Art, die ihr Ey in den Affterbarm der Pferde zu bringen weis (*); und zwar ſo, daß jede von dieſen Fliegenarten ſolches ihr Ey, oder ihren Wurm, nur ganz allein an dieſen, zu des Wurmes Nahrung beſtimmten Ort, hin leget, De Reaumur Hift. des Infet. Tom. IV. Mem. VII. (**) Tom. V. Mem. II. G) Tom. IV. Mem. XII. wen 27 feget, und von welchen Würmern und Fliegen, ich ſelbſt einige im Brands weine habe. Ich will dererjenigen Fliegen jetzo nicht gedenken, die ihr Ey, und ihren Wurm, unter die Haut der Kuͤhe, und der Ochſen, zu legen pflegen, und von denen die bekannten Beulen auf ihren Ruͤcken ent— ſtehen. Niemand wird aber fo ſchwach denken, daß dieſe Würmer allen jenen Thieren, und ihren Theilen, weſentlich und natuͤrlich darum zukaͤ— men, weil man ſie manchmal da antrifft; oder, daß man darum dieſe Wuͤrmer uͤberall und allezeit daſelbſt finden und antreffen muͤſſe. Sind aber dieſe Würmer für etwas Zufaͤlliges und Widernatuͤr⸗ liches in den Schaafen, und ihren Lebern, zu halten; ſo lieget mir nun— mehro ob, zu unterſuchen, wie ſie, der ſtaͤrkſten Vermuthung nach, in ſolche kommen mögen- Daß dieſe Würmer, bey den Schaafen, und andern Thieren, ine nerlich und von ſich ſelbſt, entſtehen ſolten, wäre, nach einiger Neu— ern, und ſonderlich nach denen, von dem Herrn von Buffon angenom— menen, Grundſaͤtzen nicht unmoͤglich, noch unwahrſcheinlich. Denn die— fer behauptet im ganzen Ernſte (*), daß die Würmer in den Kindern das her entſtuͤnden, und wuͤchſen, weil die Kinder viel Milch aͤßen, die Be⸗ ſtandtheile der Milch aber geſchickt wären, dergleichen Würmer hervor, zubringen. Er folgert dieſes aus denenjenigen Erfahrungen, die er, und Herr Nedham, mit viel tauſend Dingen aus dem Thier und Pflanzen— reiche angeſtellet hatten; da naͤmlich, durch eine Art der Verweſung, oh— ne Ey und ohne Daſeyn etwas Lebendigen, viele hundert, ja tauſend Gat— tungen lebendiger Weſen entſtanden ſind, die ſie durch die Vergroͤſſerungs, gläfer entdecket haben; obgleich etwas lebendiges, von außen, unmöglich habe koͤnnen hinein gebracht werden. D 2 Ich CH) Hiſt. Naturell. Tom. II. p. 469: 28 ic >> Ich begehre dieſe Erfahrung nicht zu laͤugnen. Vielmehr habe ich ſelbſt ſehr viele dergleichen lebendige Weſen durch eine gewiſſe Art Infu⸗ ſion hervorgebracht. Ich habe, durch Huͤlfe des Sonnenvergroͤßerungs⸗ glaſes, geſehen, wie fie gefreſſen haben, wenigſtens, wie andere kleine Weſen in die groͤßern gegangen find. Ich habe dabey noch dieſes beobach⸗ tet, wie, durch ihr Zerplatzen, oder Verſchwinden, wieder tauſend andere, zum Theil ganz neue Weſen ſichtbar geworden ſind. Allein, dem allen ohnerachtet muß ich geſtehen, daß, wenn man dieſe vergroͤßerte le⸗ bendige Weſen auch Thiere (animalia mierofcopica) nennen wollte, fie dennoch eine ganz andere Claſſe von Thieren ausmachen würden, als wir jetzo noch unter ſolchen, nach dem gewoͤhnlichen Begriffe, uns vorzuſtel⸗ len pflegen. Jene lebendige Weſen ſind viel einfachere Koͤrper, und ſind lang nicht fo zuſammengeſetzt, als alle Thiere, die wir ohne die Vergroͤß ſerung ſehen, und derer wir ſonſt gewahr werden. Da, nebſt dieſem Herr Linnaͤus alle Gattungen von Würmern, die in den Menſchen gefun, den werden, auch außer den Menſchen entdecket hat; ſo kan ich meines Orts, dieſer Meynung des Herrn v. Buffons nicht beytreten, daß naͤm⸗ lich das Entſtehen der Kinderwuͤrmer der Milch zuzuſchreiben ſeye. Ha⸗ ben nun aber die Schaafwuͤrmer ebenfalls viel zuſehr zuſammengeſetzte Theis le; werden fie, wie ich gleich zu erweiſen gedenke, auch außer den Schaa⸗ fen, und andern Thieren gefunden, fo kan ich aus dem naͤmlichen Grun⸗ de mich nimmermehr uͤberreden, daß ſie in den Lebern der Schaafe in⸗ nerlich und von fich ſelbſt, entſpringen follsen, Nach meinem unmaßgeblichen Dofuͤrhaſten, kommen dieſe Wuͤrmer in die Schaafe von außen. Man hat, wie Heer Hanov berichtet (5 in den Lebern der Schaafe ſogar Schnecken mit ihren Haͤuſern ange⸗ troffen. () Seltenh. der Natur und Des. S. 20 dn e 29 troffen. Niemand wird jedoch behaupten wollen, daß dieſe Schnecken innerlich, und in den Lebern, ſich erzeuget hätten, ſondern gar gern ein; raͤumen, daß ſie von außen hineingekommen ſeyn. Eben dieſes gilt alſo auch von dieſen Schaafwuͤrmern, die man, wie die Schnecken, obgleich, vieleicht aus Unachtſamkeit, ſeltener, gleichfals außer den Schaafen fin⸗ det (*) Ich kan mich hier auch ſchon auf das allgemeine Vorgeben berufen, daß die Schaafe öfters Würmer, oder Egeln, mit dem Graſe freſſen; welchem alle alte Schriftſteller, und nebſt dieſen, Geſner, Aldrovand, Jonſton, und andere mehrere, beytreten. Es iſt wahr, daß manchma— len die Erzählungen der Landleute ziemlich fabelhaft lauten; insgemein aber, fo fern fie ſich auf Erfahrungen gründen, iſt doch etwas Wahres dabey, und dieſes laͤßt ſich gar leicht von dem Falſchen abſondern, und zeigen, worinnen der Irrthum, und worinnen die Warheit, beſtehe. So erzaͤhlet, zum Exempel, Gefner, von einem Franzoſen gehoͤrt zu haben: daß, wann die Schaafe Krant fraͤßen, fo man in der Nor— mandie Duve heißet, ſie von demſelben Wuͤrmer in den Lebern bekaͤmen; daher fogar dieſe Würmer, und die, von ihnen herruͤhrende Krankheit der Schaafe, mit eben dem Namen dieſes Krautes beleget wurde (D). Geſ—⸗ ner muthmaſſet dabey, daß, nach der, ihm von dieſem Kraute gemach— ten, Beſchreibung, daſſelbige eine Art des Waſſerampffers, Clapathum aquaticum) oder des Waſſerwegerichs Cplantago aquatica), ſey. Und D 3 Herr (0) Ein gleiches behaupten die Pariſer Metzger (Journal des Seavans Tom. II. an. 1668.) von dem (Seit. 1.) gedachten Beſchreykraute; uud der gemeine kann in hieſiger Gegend giebt das Egel- des Pfenningkraut (numularia) da für an. ( Pan Sueeicus, 30 D n Herr Linnzus fuͤhret beyde Geſchlechter dieſer Pflanzen als eine, den Schaafen gar angenehme, Speiſe an. Da nun aber erſtgedachte Kraͤuter nur am Waſſer, und an ſumpfigen Oertern, wachſen, die Egeln und Waſſerſchnecken aber nicht weniger, als die Schaafe, ſolche lieben und fich hauffenweiſe daranſetzen; fo iſt ſehr natuͤrlich, daß dieſe Würs mer von den Schaafen, unter dem begierigen Freſſen dieſer Kraͤuter, ſelbſt mit verſchlucket werden. Und in ſo weit iſt jenes allgemeine Vorgeben allerdings gegruͤndet. Hiemit ſtimmt die, oben angefuͤhrte, einmuͤthige Verſicherung des Landmannes, auch alter und neuer Schriftſteller, vollkommen uͤberein, nach welcher der naſſe Sommer an dieſer Wurmkrankheit Schuld iſt. Es läßt ſich hievon kein anderer Grund angeben, als weil ſich dieſe Wuͤr⸗ mer außer den Schaafen, naͤmlich in Gewaͤſſern, urſpruͤnglich befinden. Bey vielem Gewaͤſſer, werden auch viele dergleichen Würmer angetroffen. Und wann die Schaafe, in einem ſolchen naſſen Sommer, zur Fuͤtterung, oder zur Traͤnke, getrieben werden; ſo iſt, bey durchgaͤngiger Naͤſſe und uberall befindlichem Gewaͤſſer, nichts natuͤrlicher, als, daß fie ſelbige, mit dem Graſe, und der Traͤnke, hauffenweiſe in ſich ſchlucken. Ich werde unten Gelegenheit nehmen, von allen dieſen Beweiſen noch einen andern, hieher gehörigen, Gebrauch zu machen. f Finden ſich nun aber dieſe Wuͤrmer ordentlicher Weiſe außer den Schaafen; ſind ſie in ihnen, und in ihrem Lebern, zufaͤllig und wider⸗ naturlich; fo iſt ferner die Frage, wie fie in die Leber kommen, und warum man ſie nur allein an dieſem Orte antreffe? Die⸗ Oe N 31 Dieſe Frage iſt fo kitzlich und ſchwer nicht, als fie ſcheinen moͤgte. Ich habe gezeiget, wie dieſe Wuͤrmer in den Magen der Schaafe kommenz und, meines Erachtens, koͤnnen fie nur durch zwöeen Wege von da in die Leber gelangen. Entweder geſchiehet es alsdann durch das Gebluͤtez oder es muß durch den ordentlichen allgemeinen Lebergang (ductus choledochus) geſchehen. Exſteres ſcheinet mir ganz unmöglich zu ſeyn. Leeuwenhoͤck hat dieſen Weg durchs Blut dergeſtalt widerleget (*), daß Jedermann ſei— nen Beweis wird gelten laſſen muͤſſen. Wann man ſich ein Ey, oder ein ausgekrochenes Wuͤrmgen, auch ſo klein vorſtellen wollte, als der zwey⸗ hunderſte Theil eines Blutkuͤgelgens iſt; ſo wuͤrde es doch noch viel zu groß ſeyn, als daß es durch die Druͤſen gehen koͤnnte, wo das Blut ab— geſondert wird. Dieſes aber hat nicht einmal bey dieſen Wuͤrmern ſtatt. Ihre Eyer koͤnnen, wie oben erinnert iſt, mit bloſſen Augen geſehen wer— den, und man hat ſie alſo wohl fuͤr tauſendmal groͤſſer zu achten, als ein Blutkuͤgelgen iſt. Ulm fo viel unmoͤglicher iſt es alſo auch, daß fie, oder die Wuͤrmer, in das Blut, und, durch den Umlauf deſſelben, in die Gal— lengaͤnge, kommen ſollten. Viel natürlicher ſcheinet mir der andere Weg, daß dieſe Würmer durch den allgemeinen Lebergang in die Leber gebracht werden, und ſich zum Theile ſelbſt dahin begeben. Ich werde erzaͤhlen, was ich mir davon vor eine Vorſtellung mache, die ich zur Pruͤfung und Verbeſſerung denen anheimgeben will, welche die innern Theile des Koͤrpers beſſer, als ich / verſtehen. Ich () Tom.]. Epiſt. de ortu & defluuio eapillorum. p. 39. 32 e N Ich ſetze voraus, und werde nachher erweiſen, daß dieſe Wuͤrmer ordentlicher Weiſe im Waſſer wohnen. In naſſen Sommer wird ihre Fortpflanzung ſtaͤrker erfolgen, mithin auch ihre Anzal an ſehr vielen Orten ungleich groͤßer ſeyn, als in duͤrren Jahrgaͤngen. Es iſt daher auch, wie nur erſt erwaͤhnet iſt, ganz und gar nicht zu vermeiden, daß nicht die Schaafe uͤberall, ſowohl durch Saufen, als durch Freſſen, gewiſſer und ſonderlich dererjenigen Waſſerkraͤuter, die ich oben angefuͤhret has be, und welchen ſich dieſe Wuͤrmer zugleich gern anſetzen, auch wohl ihre Eyer da anlegen, dieſelben in ſich, und zwar in groſſer Menge, ſchlu— cken ſollten. Dieſe Eyer, oder wie es mir wahrſcheinlicher vorkommt, dieſe kleinen und großen Waſſerwuͤrmer, kommen durch den Schlund zu— erſt in den Magen; fie gehen hierauf aus demſelben mit den verdauten Speiſen in den woͤlffingerdarm uͤber; und fie würden mit ihnen zwei⸗ felsohne noch weiter gehen, wann ſie ſich vermoͤge ihrer Maͤußlein, und ſchuppigen Druͤsgen, nicht anhaͤngen koͤnnten. Sie finden aber hier im Anfange des Zwoͤlffingerdarmes wirklich Etwas, welches ſie, ſich anzuhaͤngen, beſtimmet. Da dieſe Wuͤrmer auf Kraͤutern ſitzen, die bitterlich ſind; ſo iſt zu vermuthen, daß ſie die Bitterkeit vor allen andern Saͤften lieben müffen, wie ſolches wenigſtens von dem Bandwur⸗ me außer allen Widerſpruch geſetzet iſt (). Sie werden ſich alſo die— jenige Bitterkeit zu Nutze machen, die fie in dem Anfange des Zwoͤlffin— gerdarms ſpuͤren. Selbige, wie bekannt iſt, hat von dem allgemeinen Gallengange ihren Urſprung, als welcher die Galle, ſo in der Leber be— reitet worden iſt, allhier in den Zwoͤlffingerdarm ausgießet. Es iſt nas tuͤrlich / daß dieſe Wuͤrmer dieſer Spur folgen. Sie ſuchen durch dieſen allgemeineu Gallengang, ſich zur Quelle der, ihnen fo angenehmen, Bits terkeit durchzuzwingen. Sind fie aber einmal hier durch, fo wird es ih⸗ 2 es (*) Linn. Differt. de Taenia. n N. 33 nen alsdann deſto weniger Muͤhe koſten, ſich von da nach und nach in alle Gallengaͤnge auszubreiten. Es iſt zwar wahr, daß der allgemeine Gallengang etwas enge iſt; allein er laͤßt ſich ausdehnen; und es duͤrfen eben nicht Wuͤrmer von der größten Art ſeyn, die hier zuerſt durchkriechen; über dem, habe ich ſchon gezeiget, daß ſich dieſe Wuͤrmer insgeſammt ungemein ſchmal und lang machen koͤnnen. Sind die Wuͤrmer einmal in der Leber; gewohnen ſie ihr neues Quartier und ihre neue Nahrung: fo werden fie wohl des natürlichen Triebes der Fortpflanzung nicht vergeſſen. Ein jeder, wann er nicht gar ſchon befruchtet in die Leber gekommen iſt, wird doch in derſelben befruch— tet werden, er wird andere befruchten, zugleich auch ſelbſt gebaͤhren. Es werden alſo aus einem jeglichen in kurzer Zeit gar viele Tauſende ent— ſtehen. Dieſe werden ſich vieleicht aufs neue vermehren; und wer kann wiſſen, wie wenige Zeit dazu gehoͤren mag, wann ein ſolcher Wurm fein Geſchlecht in viele Tauſende, und in wie viele Glieder ausbreiten ſoll? Je mehrere der Wuͤrmer werden, deſto groͤßern Raum muͤſſen ſie haben; die Gallengaͤnge werden nachgeben muͤſſen; und, weil fie nicht mit Ges walt und auf einmal, ſondern ganz allmaͤhlich, ausgedehnet werden, ſo werden ſie nicht zerreiſſen „ſondern nur nach und nach weiter auseinan— der gehen. Dieſes iſt die Vorſtellung, welche ich mir von dem Wege mache, den die Wuͤrmer in die Lebern der Schaafe nehmen. Es kommt mir hiebey nicht nur der Beyfal eines großen Mannes, des oftgeda chten Le— euwenhoͤcks (), zu ſtatten, der eben dieſe Meynung behauptet; ſon— Die Egelſchnecken. E dern (Tom. II. epiſt. 122. 84 n dern ich bin in ſolcher auch dadurch beſtaͤrket worden, da ich gefunden habe, daß in denenjenigen Gallengaͤngen, wo ein Wurm nicht Platz hat, ſich umzuwenden, auch nicht ein einziger mit feinem Halſe auswärts, fons dern allezeit einwaͤrts geſtecket hat; welches, meines Erachtens, lehret, daß wenigſtens die erſtern dieſer Würmer von auſſen in die Gallengaͤnge eingetreten ſeyn muͤſſen. Ich komme auf den Beweis, daß dieſe Wuͤrmer wirklich Maſſer⸗ Würmer ſind; welches ich oben unbewleſen vorausgeſetzt habe. Es iſt von mir gezeiget, daß dieſe Wuͤrmer wie Egeln kriechen; daß fie wie Waſſerſchnecken ſich fortpflanzen ; daß fie, ſonderlich in naſſen Sommern, in die Lebern der Schaafe, und andere Thiere, kommen. Ales dieſes beſtaͤttiget ſchon, daß fie Waſſerwuͤrmer ſeyn. Doch eine eigene Erfahrung ſetzet die Sache völlig auſſer Zweifel. Ich habe nicht nur vorlaͤngſt ähnliche Egelſchnecken in den hiefigen Suͤm— pfen, und ſtehenden Gewaͤſſern, angetroffen, ſondern ich habe auch eben diejenigen darinn gefunden, die ich in den Schaafen angetroffen habe. Etliche wurden mir einsmalen aus einem, unter Domſtauff liegenden Altwaſſer, oder blinden Arm, der Donau mit der Badiaga nach Hauſe gebracht. Noch öfter aber habe ich dieſelben bey der Gelegenheit mit mei nem Netze gefangen, und mit den Blaͤttern der kleinern Seeblume her— ausgezogen, als ich vor einigen Jahren mir Muͤhe gab, die Polypen in unſern und den ſuͤßen Waſſern unſerer Nachbarſchaft aufzuſuchen (). Ich 60 Ich bin fo glücklich geweſen, ſowohl alle diejenige Sorten Polypen dier anzu⸗ treffen, die Herr Trembley in einem eigenen franzoͤſiſchen Tractate beſchrieben hat; als auch noch 3 andere Gattungen zu entdecken, davon 2 noch vollig unbe⸗ kannt zu ſeyn ſcheinen. Und ich habe dieſelben in drey beſondern Abhandlungen die bald folgen werden, beſchrieben. EEE 35 Ich zweifele ganz und gar nicht, daß man dieſe Wuͤrmer aller Orten in Waſſern finden werde, wann man ſich nur nach ihnen umſehen wollte. Dieſes ihr Daſeyn im Waſſer aber wird alsdann ein uͤberzeugendes Merk— maal abgeben, daß ſie natuͤrlich und eigentlich zum Waſſer beſtimmt ſeyen. Denn hoffentlich wird Niemand ſo leicht denken, daß die Wuͤrmer in die— ſe Waſſer nur von ohngefaͤhr, oder gar erſt von den Schaafen, und aus ihren Lebern, hineingekommen waͤren. Dieſem ſtehet nicht entgegen, daß diejenigen Schaafwuͤrmer, die aus Lebern genommen, und ins Waſſer geworfen, werden, darinnen nicht lang leben; ob es gleich ſcheinet, daß, wenn ſie von Natur Waſ— ſerwuͤrmer wären, dieſes natuͤrlicher Weiſe fo erfolgen muͤßte. Denn, man darf nur überlegen, daß, da ſich dieſe Würmer vermuthlich ſehr ge— ſchwind fortpflanzen, diejenigen, ſo bey kranken Schaafen gefunden wer— den, wohl das zweyte und dritte Geſchlechte ſeyn koͤnnen. Mithin koͤn— nen auch dieſe Abkoͤmmlinge, wie es ſelbſt den Menſchen in ihren Nach— kommen wiederfaͤhret, durch das veraͤnderte Quartier, und durch die neue Nahrung, in den Lebern vieles von der Natur derer, von denen ſie ihren Urſprung genommen haben, und die allein in Waſſer lebten, verloren haben. Dazu kommt noch, daß die Wuͤrmer ſowohl bey dem Eintritte in die Leber, als bey dem Herausnehmen aus derſelben, auf ein⸗ mal eine gar zu große und ploͤtzliche Veraͤnderung leiden. Eben ſo wenig hat ein anderer ſcheinbarer Einwurf im Grunde et— was zu bedeuten. Man koͤnnte ſagen, daß, wenn dieſe Würmer alles zeit, als Waſſerwuͤrmer, ſich in Waſſern aufhielten, die Schaafe ſolche Jahr aus Jahr ein haben muͤßten, welches aber nur in naſſen Jahrgaͤn— gen zu geſchehen pflege; und daß wenigſtens diejenigen Schaafe, fo eins E 2 mal 36 dn mal auch nur zween und drey bekommen haͤtten, um ihrer großen Ver— mehrung willen in kurzer Zeit daran ſterben muͤßten. Ich begehre nicht in Abrede zu ſtellen, daß nicht zu allen Zeiten in einzeln Schaafen einzelne Wuͤrmer gefunden werden ſollten. Allein, nie, als in naſſen Sommern, , fönnen fie fo häufig ſeyn, daß fie den Schaafen ſchnell ſchaden ſollten. Man weis ja, daß die Waſſerinſecten zu ihrer ſtarken Fortpflanzung eben einer naſſen und feuchten Witterung beduͤr— fen, und daß hingegen eine trockene und kaͤltere derſelben Abbruch und Einhalt thut. Wer kann beſtimmen, wie viele Würmer aus dem Mar gen den Zwoͤlffingerdarm vorbey und durch die übrigen Gedaͤrme fortgehen koͤnnen, ehe einer und der andere den Weg des allgemeinen Gallengan— ges in die Leber findet; oder wie viele jedesmal darauf gehen, ehe einer das ſo verſchiedene Quartier, und die neue Nahrung gewohnt wird? Selbſt ein gutes Futter kan vieles beytragen, daß dieſe Wuͤrmer weder ſich im Leben erhalten, noch ſich fo gar fehr vermehren, noch daß fie: fo gar ſchaͤdlich werden koͤnnen, als bey naſſer, verfaulter, und e miger Fuͤtterung moͤglich iſt. Man nehme an, daß, bey ordentlicher, oder duͤrrer, Witterung in einem ſumpfigen Graben, aus welchem eine Heerde Schaafe von 100. Stuͤcken zu ſaufen pflegt, 1000. ſolcher Würmer ſich befinden. Man ſetze, ob es ſich wohl ſchwerlich jemahlen ſo zutragen moͤgte, daß ein jedes Schaaf, von dieſen 1000. Wuͤrmern, zehn durch das Freſſen und Saufen in ſich zoͤge. Von dieſen werden einige, gleich im Freſſen, zerquetſchet werdenz andere werden im Magen umkommen; wieder andere den Weg zum allge⸗ meinen Lebergang nicht finden; mithin kaum zween, oder drey, in die Le⸗ der uͤbergehen; und auch von dieſen gewohnet vieleicht kaum einer das neue Quar⸗ n N Se Quartier und die neue Nahrung. Ein einzeler Wurm aber, der unbe, fruchtet in die Leber gekommen, wenn er auch darinnen lebendig bleibet, kann den Schaafen nie ſchaden, weniger den Tod verurſachen. Man nehme aber einen naſſen Sommer an. Die Graͤben werden alsdann uͤberall voll Waſſers ſeyn; ſie werden austreten; ſie werden die niedrigen Wieſen und Felder uͤberſchwemmen; die Waſſerwuͤrmer, folg— lich auch die Egelſchnecken, werden aller Orten hinkommen; und weil ſie allenthalben ſumpfige Oerter, mithin Aufenthalt und Nahrung, finden; fo werden fie auch Überall wohnen und ſich fortpflanzen. Die Schaafe werden auf allen Weyden, und in allen Waſſern, Wuͤrmer finden; und fie in weit größerer Menge in fich ſchlucken, als es bey dürrer Witterung moͤglich war, da ſich dieſe Wuͤrmer nur allein in einem, oder dem andern, Graben aufhielten; Uberlegt man hiebey noch dieſes, daß ſich die Waffers wuͤrmer, in naſſer Witterung weit eher und ſtaͤrker vermehren, als bey duͤrrer; ſo wird die Sache noch begreiflicher. Eine Anzal von 1000 Egelſchnecken, die ſich zu Anfang des Fruͤhlings in einem einigen Graben befunden hatten, werden ſich am Ende des Herbſts, in eine Menge von 250 0000000000000 diefer Würmer vermehret, und, mit dem augges trettenen Waſſer, an alle ſumpfige Oerter ausgebreitet haben (. Wors aus abermalen erhellet, daß die Schaafe von einer fo großen Anzal Würs mer in naſſer Witterung eine ganze Menge derſelben, ſtatt des einen * 83 Wurms () Man rechne namlich auf jeden Wurm nur 5. Eyerſtoͤcke, und auſ jeden Eyerſtock 1000. Eyer; obgleich mancher Wurm wohl 10. Eyerſtoͤcke, und jeder Eyerſtock weit über 1000. Eyer hat. Man ſetze, daß ſich die Egelſchnecken in der naſſen Wittes rung des Jahrs zweymal paaren; und daß die erſte junge Brut von ihnen, auch noch daſſelbe Jahr, ſich zu paaren und fortzupflanzen tuͤchtig werde; fo wird obige Sum⸗ me heraus kommen. 33 un me nr Wurms in duͤrrer Witterung, in ihre Lebern bekommen muͤſſen; und die, wenn man, nach obiger Anmerkung, auch noch ſo viele umkommen, und den Lebergang vorbey gehen laͤſſet, gleichwol hinreichend ſeyn werden, den Tod zu verurſachen. Aus dieſer Anzeige laſſen ſich auch Gruͤnde herleiten, warum manche Schaafe an dieſen Würmern ſpaͤter, manche erſt in 2 oder 3 Jahren nach dem naſſen Sommer, und manche gar nicht, daran umkommen. Ich will der mancherleyen Fälle itzo nicht erwähnen, wo die Krankheit ſelbſt bey dieſem Schaafe] ſchneller, bey jenem langſamer, überhand nehmen kann. Ich will nur ein einziges Exempel anfuͤhren. Man nehme; gleich geſunde Schaafe. Man laſſe fie zu einerley Zeit aus einem ſumpftgen Graben, wo Egelſchnecken ſind, ſaufen, und zwar ſo, daß jedes einen Wurm aus demſelben bekomme, doch mit dem Unterſcheide, daß das eine Schaaf einen ſolchen Wurm erhalte, der ſchon befruchtet iſt; von den ans dern zwey Schaafen aber jedes einen ſolchen Wurm erhalte, der noch nicht befruchtet iſt. Den beyden letzten Schaafen kann dieſer einzelne Wurm nicht das geringſte ſchaden; daher werden ſie auch in den dar— auf folgenden Winter nicht falen. Jenes erſte Schaaf aber, daß alſo— bald einen ſchon befruchteten Wurm bekam, kann ſich von demſelben, nach⸗ dem er ſeine befruchtete Eyer in der Leber ausgeſchuͤttet hat, gar bald mit einer Anzal von ungefehr 500000. Würmern beſchweret fühlen, die ihm noch daſſelbe Jahr ganz gewiß das Leben rauben werden; es kan gleich im Anfange des Winters umkommen. Man nehme hierauf weiters an, daß jene zwey, im vorigen Jahre uͤbrig gebliebenen, Schaafe das folgende Jahr wieder an einem ſumpfigen Orte zu gleicher Zeit einen zweyten Wurm zu dem bekommen, den ſie ſchon vom vorigen Jahre her bey ſich has * 39 haben; welches fo unmoͤglich nicht iſt, da alle Jahre dieſe Würmer, obs gleich in geringer Anzal, in ſumpfigen Gegenden ſind. Man ſetze, daß auch unter dieſen zween Wuͤrmern einer wieder befruchtet, der andere aber nicht befruchtet ſey; ſo wird ſich dasjenige Schaaf, ſo den befruchteten hat, gar bald mit einer Anzal von viel tauſend Wuͤrmern belaͤſtiget finden; das andere aber, fo den unbefruchteten bekommen hat, wird erſt einige Zeit ſpaͤter, nachdem ſich ſeine Wuͤrmer zuvor in der Leber begattet haben, von einer noch groͤßern Menge Wuͤrmer beſchweret werden. Kurz, beyde 5 Schaafe werden nunmehro eben fo, wie jenes vor dem Jahre, um der Wuͤrmer willen, das Leben verlieren, nur mit dem Ulnterſcheide, das auch hier das eine früher, das andere ſpaͤter umkommen wird. Dieſes Exem— pel duͤnket mich, zeiget uͤberfluͤßig die Moͤglichkett, wie fo gar ein und zwey Jahre nach naſſen Sommern die Schaafe noch an denen, damals in ſich bekommenen, Wuͤrmern fallen koͤnnen. Ich komme zur Benennung dieſer Wuͤrmer. Unter den Namen der Egeln uͤberhaupt ſind ſolche am bekannteſten. Die Metzger haben ſie ſchon zu Geſners Zeiten alſo geheißen; und ſie nennen dieſelben, wenig⸗ ſtens hieſigen Ortes, und in der Nachbarſchaft, noch heutigen Tages alſo. Doch muß man eine andere Krankheit von Egeln, die unter den Schaa⸗ fen öfters gemein iſt, und wovon in Wirthſchaftsbuͤchern fo vieles vors kommt, nicht mit den gegenwaͤrtigen Leberwuͤrmern vermengen; ob es gleich zu weitlaͤufttg falen wurde, auch von dieſen hier umſtaͤndlich zu handeln. In Holland heißen die Schaafleberwuͤrmer, nach dem Zeugniß Leeuwenhoͤcks, Boten; und in der Normandie Duves, Vieleicht ha⸗ ben fie an andern Orten noch andere Namen. Ich will hier blos unter ſuchen, was ihnen vor ein eigentlicher Name in der Naturlehre zu geben ſeyn möge, der naͤmlich ihr Weſen und ihre Sigenſchaften andente. Herr 40 n Herr Linnaͤus () giebt den Namen eines Egels einer Waſſerſchne⸗ cke, die mit dieſen Wuͤrmern ſo genau uͤberein zu kommen ſcheinet, daß ich glaube, fie gehöre wenigſtens zu dem naͤmlichen Geſchlechte, zu wels chem dieſe zu zaͤhlen ſind; er meldet auch von ihr, daß ſie ſich auf der Waſſerſchaafgarbe (ſtratiotes) Häufig aufhalte, ein Kraut, welches wie oben angefuͤhret iſt, einen bittern Geſchmack hat. Allein, man wird ſich erinnern, daß ich ſchon gezeiget habe, wie den gegenwärtigen Les berwuͤrmern von Egeln und Schnecken zuſammengeſetzte Eigenſchaf⸗ ten zukommen. Ich glaubte alſo auch, daß man, zu ihrer nähern Beſtim⸗ mung, ihnen den Namen der Egelſchnecken mit vorzuͤglichen Rechte bey⸗ legen koͤnne. Dieſer Name iſt nicht neu. Herr Linnaͤus gedenket nicht nur (9) einer Egelſchnecke (hirudo-limax ;) ſondern auch der Herr von Reaumur leget dieſen Namen (ſangſus-limace) einem Wurme bey (%, deffen Bes ſchreibung mit gegenwaͤrtigen Leberwuͤrmern gar ſehr uͤbereinkommt. Ich weis zwar wohl, daß einigen die zuſammengeſetzten Namen nicht gefallen wollen, und daß ſie dafuͤr halten, als ob ſolche nicht nach dem heutigen Geſchmacke ſeyen. Allein, wenn ich auch nichts von dem Bey ſpiele ſo groſſer Maͤnner ſagen will, als die ſind, deren ich erſt gedacht habe; fo iſt, meines geringen Ermeſſens, in der Naturlehre, und fonder, lich bey Benennung der Inſecten, beſſer wider eine uͤbertriebene Zaͤrtlich⸗ keit des Geſchmackes einiger Leſer anzuſtoſſen, als daß man undeutlich ſey, oder, daß man einem Inſecte einen Namen beylege, der nichts, oder doch ſo viel, als nichts, von ſeinem Weſen und von ſeinen Eigenſchaften in ſich enthalte. So viel iſt gewiß, daß, da die gegenwärtigen Würmer N Dies (*) FaunaSuecica. (“ Faun. Suec. (***) Hift. des Inf. Tom. VI. Pref. wa 41 Wieles mit Sgeln, das Meiſte aber mit Schnecken, gemein haben, die⸗ ſelben gleichſam in der Mitte zwiſchen den beyden Claſſen der Egeln und der wachen 1 5 Es giebt auch uͤberhaupt, wie mich air! in der Natur willig mehrere ſolche Inſecten, welche zu zwo miteinander verwandten, und aufe einander folgenden, Claſſen zugleich gehören. Diejenige Art der Fliegenkaͤ⸗ fer oder Afterholzboͤcke (muſca· cerambyx) von welchen am Ende dieſes Bandes die Beſchreibung folgen wird, iſt davon ein Zeugniß; indem dieſe Fliegenkaͤfer offenbar Manches mit Fliegen, das Meiſte aber mit Kaͤfern, gemein haben, und alſo gleichſam Mittelinſecten zwiſchen der Fliegen und Kaͤferclaſſe find. Sin anderer Zufall hat mir dieſen Gedanken von Mittels infecren noch wahrſcheinlicher gemacht. Ich traf einsmalen an dem Ufer des⸗ jenigen Baches, der von puͤrkelseck, bey St Nicolaus vorb bey in die Do⸗ nau fließet, ein Inſect an, welches alles mir einer Weſpe gemein, nur keine Fluͤgel, hatte; ſogar, welches manchem Inſectenkenner ganz fremd vorkom— men totrd, fand ich an ihm einen ſtarken Stachel. Scheinet dieſes Inſeet nicht ein abermaliges Mittelinſect zu ſeyn? Wenigſtens weis ich noch zur Zeit kein Inſect, das ohne Fluͤgel wäre und doch einen Stachel haͤtte; das einer Weſpe gleichete, ob ihm gleich ein Hauptſtuͤck derſelben, naͤm⸗ lich das Kennzeichen des Fliegengeſchlechtes, die Flügel, mangelte. Soll te es etwa unter den geſelligen Weſpen eine Art geben, da die Arbeitſa⸗ men, wie bey den Ameißen, keine Fluͤgel haben? Genug, ich glaube, daß die Zeit noch ſattſam bewähren wird, daß es Mittelinſecten giebt; und alsdann duͤrfte man geusthiget ſeyn, die zu⸗ ſammengeſetzten Namen fo gar, als unentbehrlich, gelten zu laſſen. Die Egelſchnecken. . F . 42 un er er Bis hieher habe ich von den Wuͤrmern gehandelt, welche man in den Lebern der Schaafe gefunden hat. Nunmehro will ich, nach meiner geringen Einſicht, das Verhaͤltniß anzeigen, welches ſich zwiſchen ihnen und der Krankheit befinden moͤgte, an welcher die Schaafe umkommen, wann dieſe Würmer in ihren Lebern gefunden werden. Es wird in der Bauchhoͤhle kranker, und gefallener Schaafe, alle⸗ zeit eine Menge Waſſers gefunden. Wann dieſes ſich bey Menſchen zeis get, nennen die Aerzte ſolchen widernatuͤrlichen Zuſtand die Bauchwaſ— ſerſucht Cafeites;) und man dürfte nicht unrecht thun, wenn man auf gleiche Weiſe jene Schaafkrankheit mit eben dieſem Namen einer Bauch⸗ waſſerſucht belegte. Man wird gruͤndlich zeigen koͤnnen, ſowohl wie eine ſolche Bauchwaſſerſucht von den Würmern, die ich beſchrieben has be, entſtehen koͤnne; als auch wie, nebſt allen andern Folgen derſelben, endlich der Tod ſelbſt ſich eraͤugen müffe. Ich will hier davon keine Erwähnung machen, daß überhaupt kei⸗ nem Viehe ſo ſehr, als den Schaafen, eine naſſe Witterung ſchaͤdlich ſey; und daß ſich unter denſelben nie oͤfter, als zu naſſen Zeiten, aller, hand Krankheiten zu äußern pflegen. Ich muthmaſſe nur fo viel, daß die naſſe Witterung überhaupt etwas zu einer Veraͤnderung nicht nur der feſtern, ſondern auch der fluͤßigern Theile eines Thieres, inſonderheit des Blutes, und der davon abgeſonderten Galle, beyrragen koͤnne. Jedoch die beſchriebenen Wuͤrmer machen allerdings die Hauptſache bey dieſer Schaafkrantheit aus. Ich habe oben gezeiget, wie ſelbige Würmer zur naſſen Sommerszeit haͤufig in den Lebern der Schaafe, und anderer Thiere, eindringen; woraus weiters ganz natuͤrlich und unwiderſprechlich folgen 0 ©) Seit. 27. 31. 32. a . 13 folger, daß die Gallengaͤnge ausgedehnet und erweitert, die Blut und Waſſergefaͤſſe der Leber hingegen gedruckt und verengert, beyde Feuchtig⸗ keiten aber in ihrem Umlaufe gehindert werden muͤſſen. Durch ſolche Zus ſammenpreſſung derer, in der Leber ſich ausbreitenden, Zweige der Pfort— ader, wird theils weniger Blut zur Leber gefuͤhret, und folglich auch nicht fo viel Galle ubgeſondert, als zum geſunden Zuſtande noͤthig iſt; theils muͤſ⸗ fen viele gallige Theile in der Blut -und Pfortader zuruͤckbleiben; kurz, die Abſonderung der Galle kann nicht mehr gehoͤrig von ſtatten gehen und das wenige, was noch als Galle abgeſondert werden moͤgte, wird ſogleich von den vielen Wuͤrmern ſowohl eingeſogen, als auch von ihrem Unrathe alſo verunreiniget, veraͤndert und dergeſtalt untuͤchtig gemacht, daß weder ein guter Nahrungsſaft Cchylus), noch auch ein geſundes Blut, in den Eingeweiden kann zubereitet werden. Ein ſchlechter Nah⸗ rungsſaft aber, und ein uͤbles Gebluͤte, find ſchon vorlaͤngſt als die Mur ter der Waſſerſucht von den Aerzten angeſehen worden. Zu dieſem kommt noch, daß der Umlauf in den Waſſergefaͤſſen der Leber verhindert wird. Dann da dieſes von den ſehr ausgedehnten Gallengaͤngen geſchiehet, ſo muß die Feuchtigkeit (Iympha) in ihren Behaͤltniſſen zu ſtocken anfan— gen, und allerhand Waſſergeſchwuͤlſte Chytadides) hervorbringen; ders gleichen Waſſerblaſen, von verſchiedener Groͤße, auch auf den Schaaf⸗ iebern wirklich gefunden worden find. Endlich geſchiehet es, daß die, ſe, ohnedem ſehr zarten Waſſergefaͤße zerreißen; und daß ihre Feuch⸗ tigkeit in die Hoͤhle des Unterleibes ſich ergieſſet, welches dann nach und nach die Bauchwaſſerſucht verurſachet. Mit dieſer aber ſtehet ein ſchwerer Athem, truͤbe und mattweiße Augen, geringen Fraß Mattigkeit, und zuletzt der Tod in bekanntem Verhaͤltniſſe. F 2 Wenn 44 e e Wenn aber richtig iſt, daß dieſe Krankheit nur allein von den Wuͤr⸗ mern in' der Leber entſtehet; fo folget hieraus weiter, daß dieſe Krankheit der Schaafe keine anſteckende Seuche ſey. Es iſt daher eine ſchier unnsthige Vorſorge, ſolche kranke Schaafe von den übrigen abzuſondernz und noch unnoͤthiger wuͤrde es gethan ſeyn, wann man ſie gar, um an— dere nicht anzuſtecken, lebendig einſcharren wollte. So wenig eine un— zulaͤngliche und verdorbene Galle, oder eine Waſſerſucht, bey dem Mens ſchen anſteckend iſt; fo wenig iſt ſolche auch bey den Schaafen anſteckend. Die Urſache der Krankheit iſt kein Gift, das durch Ausdünſtung und An⸗ haͤngen ſich auf andere fortpflanzen läffes, fondern es kommt ſolche Krank⸗ heit von Wuͤrmern her. Welches Schaaf aber keine Wuͤrmer in ſich geſchlucket hat, wird dieſelben auch nimmermehr von andern erben. Ich weiß zwar wohl, daß voriges Jahrtan manchen Orten ganze Heerden an dieſen Würmern umgekommen find. Allein dieſes iſt nicht vom Anſte— cken, fondern daher gekommen, weil jene Schaafe auf einerley naſſen Wey— de ungluͤcklicher Weiſe insgeſammt fo viele Würmer in ſich bekommen haben, die ihnen ſchnell, und hintereinander den Tod bringen mußten. Hiebey ließe ſich noch eine andere Frage entſcheiden, ob nämlich das Sleiſch ſolcher kranken Schaafe ſchade, wann es von Menſchen ges noſſen werde? Es bedarf dieſe Frage einiger Einſchraͤnkung, und einer naͤhern Unterſuchung, als mir zukommt. Ich will alſo nur mit wenigem einige Gruͤnde anzeigen, die mich muthmaſſen laſſen, daß dergleichen Schaaffleiſch ohne alles Bedenken, und ohne ale Gefahr, koͤnne genoſſen werden. 7 * S Die ce . 435 Die Krankheit dieſer Schaafe, hat, wie gemeldet iſt, kein anſtecken— des Gift, ſondern allein die Wuͤrmer, und deren Menge, zum Grunde; und dieſe Wuͤrmer ſind noch weniger von einer giftigen Art. Alle Ein— geweide außer der Leber, werden allezeit geſund angetroffen; und obgleich das Fett etwas gelblich iſt, ſo kommt doch dieſes aus einer, dem Men— ſchen unſchaͤdlichen Urſache, nämlich davon her, daß die Galle nicht ge— hörig hat koͤnnen abgeſondert werden. Zwiſchen dem Fleiſche eines Schaas fes, das eine wurmige Leber hat, und zwiſchen einem, das eine geſunde Leber hat, iſt weder am Geruche, noch Geſchmacke, noch aͤußerlichem Anſehen, der geringſte Unterſcheid zu bemerken. In der Erfahrung hat ſolches Fleiſch auch wirklich noch niemanden geſchadet. Geſner rathet, an obangefuͤhrtem Orte, ſchon ſeiner Zeit, daß man ſolche Schaafe ſchlachten und eſſen ſolle. Ich weis ſelbſt, daß man auf einem ges wiſſen Gute in hieſiger Nachbarſchaft, da man eine groſſe Menge ſolcher kranken Schaafe hatte, dieſelben, ehe man ſie umkommen laſſen wollte, alle nach einander abſtechen ließ; und daß allen denen, die von dieſem Fleiſche gegeſſen haben, es nicht, auch nicht einem, geſchadet hat. Man hat mich verſichert, daß man nicht ein mal im Geſchmacke den geringſten Unterſcheid gefunden haͤtte. Ich kenne Leute, die ſelbſt diejenigen Le— bern, die ich zu meinen Verſuchen gebraucht habe, und die voll Wuͤr— mer waren, ohne Schaden verzehret haben. Doch ich kehre zu der Krantheit der Schaafe zuruck, und will noch etwas Weniges von den Mitteln gedenken, die mir gegen ſolche am behuffigſten zu ſeyn ſchienen. 53 um 48 W 20 Um die Krankheit ſelbſt zu verbüren, iſt natuͤrlicher Weife das Beſte, wenn man zu allen Zeiten zu vermeiden ſuchet, daß die Schaa⸗ fe aus aderley ſtehendem und fließendem Waſſer nicht ſaufen mögen. Man wird dieſe Sorgfalt doppelt zu beobachten, und dieſelbe den Hirten einzu⸗ ſchaͤrfen haben, wann es naſſe Jahreszeiten giebt. Man treibe alsdann, wo es moͤglich iſt, die Schaafe in die Waͤlder und auf die Berge; oder behalte ſie lieber gar zu Hauſe, als daß man Gefahr laufe, um ſeine gan⸗ ze Heerde zu kommen. Nebſt dem gebe man auf das Futter Achtung, daß ſie kein naſſes, und ſolches, bekommen, wo etwan die Egeln noch le⸗ bendig anſitzen. Alles Gras alſo, das aus Waſſern, und ſumpftgen Oertern abgeſchnitten iſt, und den Schaafen, oder anderm Viehe friſch vorgeworfen wird, iſt gefaͤhrlich. Soll und muß es ja mit Kraͤutern und Graſe aus Waſſer gefuͤttert werden; fo laſſe man es wenigſtens zuvor recht trocknen und dürre werden. Man gebe endlich den Schaafen oft, wenigſtens wöchentlich einmal, gemeines Salz zu lecken. Auf diefe Weir fe wird man, wie ich glaube, gar vielmalen dieſe Wurmkrankheiten von den Schaafen abwenden koͤnnen. Merket man dann aber aus den angeführten Kennzeichen (*), daß eini— ge Schaaf wirklich ſchon Wuͤrmer haben; ſo brauche man dasjenige Mittel, von welchem oben die Erfahrung gelehret hat, daß ſie darinn am wenigſten ihr Leben behalten haben (*). Man gieße ihnen taͤglich ein Noͤßel, oder Seidel, warmgemachten Bier / oder Weineßig ein, in welchem man vor, her ohngefehr eine Hand voll gemeines Salz aufgelöfer hat. Sanov vers ſichert (*), daß durch dieſes Mittel es eine Frau dahin gebracht habe, daß V 2 diefe () Seit. 4. Seit. 15. (09 Seltenh. der Nat. und Dec. Seit. zor. a 2 47 diefe Egeln den Schaafen und Kuͤhen zum Maule und zur Naſen heraus— gegangen wären. So viel iſt gewiß, daß Eßig und Salz ſchon in den alleraͤlteſten Schriften, als ein bewaͤhrtes Mittel wider die Egel angepries ſen wird. Jedoch ſcheinet auch bloſſes Salz guten Nutzen zu ſchaffen. Es kann vieleicht dasjenige erſetzen nnd gutmachen, was die Würmer vers zehren und ſchaden. Wird durch die Leberwuͤrmer die hoͤchſtnoͤthige Abs ſonderung der Galle aufgehalten, und der Umlauf des Blutes und der lymphatiſchen Feuchtigkeit in der Leber gehindert; ſo iſt das Salz, wegen ſeiner Beſtandtheile, ſchon allein vermoͤgend, nicht nur die Verrichtung der mangelnden Galle zu vertretten, die Verdauung, und den Nahrungs ſaft, zu befoͤrdern; ſondern auch den verhinderten Umlauf der Säfte in der Leber zu verbeſſern, und die ausgetrettene Feuchtigkeit, durch den Urin, und durch den andern natuͤrlichen Weg, auszufuͤhren. Ich will hievon einige neuere Erfahrungen beybringen. Vor menis gen Tagen erzaͤhlten mir gewiſſe Standesperſonen, wie ein alter Hirt in Sachſen ſeine zahlreichen Heerden uͤber 20. Jahre vor aller Krankheit, davon viele in der Nachbarſchaft die ihrigen eingebuͤßet haͤtten, dadurch ſicher geſtellet habe, daß er die ſeinigen je und allezeit wenig, auf dem Felde aber nie, habe ſaufen laſſen; dagegen aber ihnen taͤglich deſto mehr Salz zu lecken gegeben habe. Ich bin benachrichtiget worden, daß die Damhirſche, fo in hieſigen Stadtgraben jährlich gefchoffen werden, alles zeit folche Würmer in ihren Lebern haben; daß aber dieſelben im Winter nicht nur mit dem beſten Futter unterhalten, ſondern ihnen auch woͤchentlich einigemal Brod, mit Salz vermiſcht, gegeben werde. Welches letz tere 43 un a tere, wie mich duͤnkt, die Urſache iſt, daß erſtgedachtermaſſen die Wuͤr⸗ mer dieſen Hirſchen nie toͤdtlich werden. Sollte man bey den Schaafen von gleichem Gebrauche des Salzes nicht gleich gute Wirkung hoffen koͤn⸗ nen? Von dem obigen vorgeſchlagenen Mittel des Eßigs mit Salze vers miſchet, habe ich auch eine Probe machen laſſen. Da ich die Leber eines Schaafes voll Wuͤrmer gefunden hatte, ſo ließ ich mit einem andern auf obige vorgeſchriebene Art handeln. Es hatte dieſes Schaaf, mit jenem, das vorhergegangene Jahr an einem Orte geweydet, es hatte in den Au⸗ gen die gewöhnlichen Zeichen der Krankheit; und es war alſo auch zu ver⸗ muthen, daß es, wie jenes, viele Würmer haben muͤſſe. Ohnerachtet aber mit diefem Mittel nicht lange fortgefahren wurde, fo verſicherte mir doch derjenige, dem ich dieſen Rath gegeben hatte, daß er, als er nachher die Leber dieſes Schaafes unterſuchet hätte, in ſolcher gar wenige Würs mer angetroffen haͤtte. Ich weis zwar, daß einige auch bittere Sachen, und Oel, vorzuſchla— gen pflegen. Allein, wie oben beygebracht iſt, dienet erſteres eben den Wuͤr⸗ mern zur Nahrung; und letzteres moͤgte wohl auch nicht die ſchleunigſte Wirkung thun, weil dieſe Würmer angezeigtermaſſen im Oele am laͤng⸗ ſten leben. Sollte jemand mit dieſen, itzt vorgeſchlagenen, Mitteln noch nicht zufrieden ſeyn, dem will ich dasjenige hier mittheilen, was mein Bruder, Herr Johann Gottlieb Schäffer, Medic. Doct. allhier, auf mein Erſu⸗ chen, mir davon eingehändiger hat. „Man muß, iſt feine Meynung, zwi⸗ 5 ſchen D 49 ſchen denenjenigen Schaafen, welche wirklich ſchon angefangen dicke Waſ⸗ ſerbaͤuche zu kommen, und zwiſchen denen, wo man noch nichts ſonderli— ches von der Waſſerſucht merkt, obgleich deren Lebern ſchon Egeln haben moͤgen, einen kleinen Unterſcheid machen. Den erſten gebe man woͤchent— lich mit ihrem Futter dreymal, 11 Pfund Salz; letztern aber woͤchentlich einmal ein Pfund Salz, jedes mal auf 20. Stuck Schaafe gerechnet. Sind die Baͤuche der Schaafe ſchon allzuſehr mit Waſſer angefuͤllet, folglich alles auf das hoͤchſte gekommen; ſo koͤnnte den Schaafen noch auf dieſe Weiſe geholfen werden. Man laſſe mit einem ſpitzigen Inſtrumente, das einer Pfriemen gleichet, und welches in einem Roͤhrgen verdecket iſt, in die eine untere Seite des Bauchs ſtechen, ziehe die Pfrieme heraus, das Roͤhrgen aber laſſe man darinnen ſtecken, und dadurch das Waſſer heraus laufen. Iſt das Waſſer abgezapfet, ſo ſchmiere man die Oeffnung mit Theere zu; und gebe dem Schaafe, wie erſt gemeldet iſt, woͤchentlich noͤ— thiges Salz. Woßte jemand auſſer dem Salze noch ein anderes Mittel gebrauchen, der bediene ſich folgenden Pulvers. Er nehme Kuͤchenſalt 1 Pfund, Camin- oder Ofenrus, Salpeter, Wachholder oder Kramet— beere, und zwar von jedem 1 Pfund; miſche es untereinander zu einem Pulver; und gebe einem jeden kranken Schaafe hievon taͤglich 4 Loth mit friſchem Waſſer oder Eßig befeuchtet. Ueberhaupt wäre zu wuͤnſchen, daß die, fo auf dem Lande leben, Verſuche machten, wie dem Uebel abzuhelfen ſeyn dürfte; und daß fie Die Egelſchnecken. 6 alle 50 n Me alle ſolche Erfahrungen einem oder dem andern Naturkuͤndiger bekannt- machen moͤgten. Daraus koͤnnte, durch naͤhere Unterſuchung, in der Folge ein allgemeiner Nutzen zum Beſten der Haushaltung, und des Landes, entſtehen. Ich wuͤrde mich gluͤcklich ſchaͤtzen, wenn ich zu Letzterm auch in dieſen Blaͤttern etwas beygetragen haben ſollte. | Erklaͤ⸗ e gt Erklärung der Kupfertafel. Fig. I. Eine todte, und auf dem Bauche liegende Egelſchnecke, von ders jenigen Groͤße, von welcher die meiſten in den Schaflebern gefun⸗ den worden ſind. a, die Halsoͤffnung, welche der Mund und der Ausgang des Un⸗ rathes zugleich iſt. b, der zuſammengezogene Hals. © der weiße Flecken von der männlichen Ruthe, welche unter der Haut verborgen lieget. Fig. II. Die naͤmliche Egelſchnecke der erſten Figur, nur daß ſie mehr zuſammengezogen iſt, und auf dem Ruͤcken lieget. a, die obere Halsoͤffnung. b, der Hals. © die Bauchoͤffnung, oder das weibliche Geburtsglied. Fig. III. Eine Egelſchnecke von der groͤßten Gattung, nach der das Maaß in der Beſchreibung genommen iſt, und die, wie die vorige, auf dem Ruͤcken liegt. f a, die Halsoͤffnung. b, der Hals. G 2 e die 33 e l e, die Bauchoͤffnung, oder das weibliche Geburtsglied. d, das halbausgedruckte, und etwas zuſammengerollte, Haͤckgen, oder die männliche Ruthe. e) die braunen Klumpen, oder Eyerſtoͤcke. Fig. IV. Eine Egelſchnecke, wie fie in die Länge ausgedehnet, und ders geſtalt ausgeleeret iſt, daß man an ihrem Bauche k. weder die blauen aderfoͤrmigen Hauptaͤſte, noch derſelben Seitenausbreitungen, ge wahr wird. 2, die Halsoͤffnung. b, der Hals. e, das weibliche Geburtsglied. e, die Eyerſtoͤcke. Fig. V. VI. VII. VIII. Vier Egelſchnecken, wie fie auf verſchtedene Art zu kriechen pflegen. Die in der fuͤnften und ſiebenden Figur, wie fie auf dem Ruͤcken; und die in der ſechsten und achten Fi⸗ gur, wie fie auf dem Bauche kriechen. Die Buchſtaben bedeuten an dieſen Figuren eben das, was ſie bey der vorhergehenden anges zeigt haben. Fig. X. Ein ganzer vergroͤßerter Eyerſtock, in welchem die laͤnglichrun⸗ den Eyer in ziemlicher Ordnung ſchichtweiſe, Über und nebeneinan⸗ der, liegen. \ Fig. XI. * 2 N a 33 Fig. XI. Der Hals, und ein Theil des Oberleibes, einer Egelſchnecke, nach einer ſehr ſtarken Vergroͤßerung. a, die Halsoͤffnung. b, der Hals. e, das weibliche Geburtsglied. d, die voͤllig herausgedruͤckte, und wie ein Hoͤrngen zuſammen⸗ gerollte männliche Ruthe, an welcher in hl der obere Einſchnitt zu ſehen iſt. ©, die braunen Klumpen oder Eyerſtoͤcke. Fig. XII. Eyer aus dem Eyerſtocke vergroͤßert, und wie fie außer dem Waſſer in Falten zuſammen fallen. Fig. XIV. Die beyden Zeugungsglieder der Egelſchnecken noch mehr vers groͤßert. © das weibliche Geburtsglied, in deſſen Mitte die dreyeckigen Maͤußlein, oder die dreyſpitzigen Fallthuͤrgen, ſehr ſichtbar find, d, die männliche Ruthe, die in f. einen Einſchnitt har, Fig. XV. Der Hals, und ein Stuͤck des Oberleibes vergroͤßert, und in 3. Theile zerſchnitten. b, der erſte Theil, an welchem die Halsoͤffnung a. geſehen wird. ©, der zweyte Theil, da man nicht nur in dem Innern des obern Durchſchnitts die 2 blauen Hauptaͤſte, als Punete, ſiehet; fons dern da guch in S 3 d, die 54 n d, die ſchneckenfoͤrmig Wem ecke männliche . ſich zei⸗ get. ; e e, f, iſt der dritte Theil, da in e ©, die aderfoͤrmigen Hauptaͤſte ſich vergrößert darſtellen; und in f die braunen Klumpen, oder Eyerſtoͤcke, heraußen liegen. Man kann aus der Art, wie hier dieſe Hauptaͤſte nicht in die Bauch⸗ oͤffnung hinein, fondern neben derſelben vorbeygehen, ſich voll⸗ kommen uͤberzeugen, daß dieſe Bauchoͤffnung unmoͤglich der Ausgang des Unrates ſeyn koͤnne. Denn es muͤßten, wenn dieſes letztere ſeyn ſollte, dieſe Gaͤnge, oder doch wenigſtens ei⸗ ner, nothwendig in die Oeffnung ſelbſt gehen, und darinnen ſich endigen; ſo aber haben ſie Fu gar keine Verwandt⸗ ſchaft mit ihr. Fig. XIII. IX. XVI. Diejenigen Wuͤrmer, die ich theils in den Lebern der Ungariſchen Schaafe, da deren eine Menge einsmalen vor unſerer Stadt vorbey getrieben, und von denſelben einige hunderte von hie— ſigen Metzgern gekaufet wurden; theils in einer Hirſchleber, wie oben gemeldet iſt, gefunden habe. f Dieſe Art Wuͤrmer waren denen andern, fo ich in dieſen Blaͤt⸗ tern beſchrieben habe, in den Hauptſtuͤcken vollkommen gleich. Sie hatten eben die Weiſe im Kriechen, und ſich zu bewegen, und jeder die naͤmlichen doppelten Zeugungsglieder, als jene; nur giengen ſie von ihnen in Folgendem ab. Sie waren alle ſehr klein, und kein eine n 55 einziger war größer, als derjenige, fo in der neunten Figur abgebil⸗ det iſt; obgleich deren in einer einigen Ungariſchen Schaafleber et, liche 1000. beyeinander waren. Sie konnten den Hals ſehr lang machen, und ſtreckten ihn oft ſo lang aus, daß er die Länge des gan⸗ sen Leibes übertraf. Sie machten ſich auch im Kriechen viel ſchmaͤ— ler, als die ordentlichen; ſie wurden oft, wie ein Bindfaden, duͤnne; und alsdann hatten ſie die ordentliche Geſtalt eines Waſſeregels. In. ſonderheit war der Unterſcheid an den aderfoͤrmigen Gaͤngen, oder Aeſten, ſehr merklich. Dieſe giengen bey dieſen Wuͤrmern nicht den Leib herunter, ſondern lagen alle ſchlangenweiſe hintereinander. Sie waren von dreyerley Farbe. Die erſteren, gleich unter dem weiblichen Geburtsgliede, waren ſchwaͤrzlich die; darauf folgenden hochgelb; und die an den Seiten weißlich. Da ich dieſe Egelſchnecken anfangs nur in Ungariſchen Schaaſle, bern fand, fo dachte ich, es möchte dieſe Gattung auch nur in dafis gen Lande ſich befinden; nachdem mir aber auch einige von eben dieſer Art, wie ſchon erwaͤhnet iſt, in der Leber eines Damhirſchens aus hieſigem Stadtgraben gezeiget wurde, ſo mußte ich daraus ſchließen, daß es dieſe Art von Egelfchnecfen auch hier, obgleich viel ſeltener, gebe. Und da ſich eben dieſe in der Leber des Damhir— ſchens mit den gemeinen zugleich befunden haben, ſo beſtaͤttiget es das, was ich oben zu erweiſen geſucht habe. Fig. IX. 56 D N Fig. IX. iſt eine ſolche Egelſchnecke in der naturlichen Große; Fig. XIII. Eben dieſelbe nach der Vergrößerung. Fig. XIV. Eben dieſelbe, wie fie ſich etwas ausgedehnet hat. II. Reu⸗ Heuentdeckte heile Raupen und Zweyfaltern nebſt der Verwandlung der Hauswurzraupe zum ſchoͤ⸗ nen Tagvogel mit rothen Augenſpiegeln. Neuentd. Theile, U © N N UT / 1 Je mehr wir uns beſchaͤfftigen, die Werke der Natur genau und ſorgfaͤltig zu betrachten; deſto mehr Seltenheiten ha— ben wir das Vergnügen zu entdecken. Wir finden nicht nur taͤglich neue, und unſern Vorfahren voͤllig unbekannt gebliebene, Thiere, Kraͤuter, Metalle und Steine; ſondern wir bemerken auch an den uns ſchon bekannten immer mehrere und ber wundernswuͤrdigere Eigenfchaften. Gegenwaͤrtige Blaͤtter werden davon einen neuen Beweis in Anfes hung der Inſecten geben koͤnnen; ein Vorwurf, dem ich einige Jahre her meine Nebenſtunden zu widmen pflege. Was iſt unter Inſecten bekannter, als eine Raupe, und ein aus derſelben entſtehender Sweyfalter? Haben ſich nicht von langen Zei⸗ ten her ſelbſt die gelehrteſten Männer mit ihnen ſehr viel zu thun ge— macht, fie zergliedert, und von ihnen ganze Bücher geſchrieben? H 2 Wem 60 n N Wem iſt des Malpighius Abhandlung vom Seidenwurme nicht bekannt? Wer weis nicht, was die beyden ſcharfſinnigen Maͤnner Swammerdam und Leeuwenhoeck von allerhand Raupen und Zweyfaltern der Welt mitgetheilet haben? Und was ſoll ich von dem un⸗ vergleichlichen, und in ſeiner Art ganz unnachahmlichen, Herrn von Reaumur ſagen? Scheinet es nicht, als habe derſelbe in denen zween erſten Theilen ſeiner Inſectenabhandlungen bey nahe alles erſchoͤpfet, was ſich von Raupen und Zweyfaltern nur anmerken laſſen moͤgte? Zu welchen allen der Herr v. Geer in den Schwediſchen Abhandlungen noch eines und das andere beygetragen hat. 8 Und dennoch wird die Geſchichte der Raupen und Zweyfalter noch immer mit Zufägen bereichert. Selbſt des Herrn von Geer neueres Werk von Raupen kann, ſo viel ich aus den gelehrten Blättern habe abnehmen koͤnnen, hievon ein Beyſpiel geben. Für mein Theil bin ich bisher noch des Vergnuͤgens beraubet, dieſes Werk ſelbſt zu kennen, weil ich, aller angewandten Nach⸗ frage ungeachtet, ſelbiges weder hier, noch auswaͤrts, habe bekommen koͤnnen (). Und es iſt nicht zu zweifeln, daß die Raupengeſchichte einen noch groͤßern Zuwachs durch die Zergliederung erhalten werde, mit wel— cher ſich der Herr Lyonnet im Haag beſchaͤftigen fol (**), und von wel⸗ cher uns der unlängft alzufruͤhzeitig verſtorbene Herr Mylius fo viel Schoͤnes prophezeyet hat. Vieleicht () Da gegenwärtige Bogen im Jahr 1754. das erſtemal abgedrucket worden find; ſo habe ich nachher dieſes Werk des Herrn v. Geer erhalten. Es hat folgende Ueberſchrift: Memoires pour fervir à Thiſtoire des Inſectes, par Charles de Geer. Tom. I. 1752. à Stockholm. Nur Schade, daß die Figuren fo gar natuͤrlich nicht ſeyn, und daß ihnen die Ausmahlung fehlet! (%) Im Jahre 1760. ift dieſe vortrefliche Zergliederung des Herrn Lyonnet un ter ſolgender Ucberſchriſt bekannt geworden; Traite anatomique de la chenille qui ronge le bois de faule, Ic u 6 Vieleicht iſt den Freunden der Naturgeſchichte nicht unangenehm, die Erzählung auch derjenigen Beobachtung zu leſen, welche die Natut mir gegoͤnnet hat. Im April des vorigen Jahres fand ich einsmals eine ſehr artige kleine Dornenraupe, und unter ihrem Halſe einen Theil, der mir ſon— derbar und ungewoͤhnlich ſchien, und den ich mich nicht erinnerte jemals an einer Raupe wahrgenommen, oder auch von ihm in anderer Schrifs ten etwas geleſen, zu haben. Ich eroͤffnete dieſe meine neue Entdeckung ungeſaͤumt einem großen Inſectenkenner allhier und ihm war dieſer neue Naupentheil eben ſo ſonderbar, als unbekannt. Da ich zu der Zeit dem Herrn von Reaumur eben zu antwor— ten hatte: fo bediente ich mich dieſer Gelegenheit, dieſem berühmten Naturkündiger, davon einige Nachricht zu geben. Dieſer blieb mir nach ſeiner Gewohnheit die Antwort nicht lang ſchuldig, und wuͤnſchte in ei— nem, unter dem 16 Merz dieſes Jahres an mich erlaſſenen, Schreiben mir foͤrderſamſt zu dieſer neuen Entdeckung in ſehr freundſchaftlichen Ausdrücken Gluck; meldete mir aber dabey zugleich, daß Herr Bonnet mir hierinn vorgekommen ſey, welcher ſchon vor einiger Zeit ein ganzes Verzeichnis von Raupen eingeſendet habe, denen der von mir bemerkte neue Theil ei— gen ſey, welches auch dem zweyten Theile der Abhandlungen der Bönigl. Academie der Wiſſenſchaften auswärtiger Gelehrten ſey einverleiber worden, und der naͤchſtens die Preſſe verlaſſen werde (Y. 9 3 Auf () Seine Worte lauten unter andern: Vous n' avez pas moins le merite d' a- voir decouvert cette nouvelle partie, qu' on trouve à plufieurs efpeces de chenilles & que beaucoup d' autres n’ont pas: quoique vous ayez &t€ . prevenu dans cette decouverte par Mr. Bonnet, qui a fait imprimer une liſte nombreuſe des chenilles aux quelles il Pa vu; elle fe trouve dans le feconde volume des memoires des fgavants ẽtrangers, qui eſt bientot pret de fortir de deſſous preſſe. II ya deja bien des annees, qu il m’avoit fait part de cette obfervation = =» = - . 62 n e Auf dieſe erhaltene Nachricht unterließ ich eine geraume Zeit diesen neuen Theil der Raupen weiter zu beobachten. Doch, ein neuer Zufall brachte mich wieder auf andere Geſinnungen. Ich hatte ſchon vor langer Zeit eine gewiſſe Raupe ſehr haͤufig in einer unſerer Gegenden angetroffen, von welcher ich muthmaßete, daß ſie ſich in den ſchoͤnen Zweyfalter mit rothen Augenſpiegeln verwandele, indem ich von letztern jährlich fo gar viele allhier geſehen und gefangen hatte. Die— ſe Raupe wurde mir nun gegenwaͤrtig aus einer andern Urſache aufs neue, und mehr als jemalen, betrachtungswuͤrdig. Ich erinnerte mich, daß Dies ſelbe, ſo bald ſie von außen die geringſte Bewegung geſpuͤret hatte, oder ſonſt beruͤhret worden war, oben am Kopfe ein paar ſchneckenartige gelbe Hoͤr⸗ ner habe hervorſchieſſen laſſen, dieſelben aber auch bald wieder in ſich zu— rück gezogen. Und hiebey kam mir nun heuer, da ich dieſe Raupen wieder häufig antraf, auch derjenige Theil von neuem ins Gedaͤchtnis, den ich voriges Jahr, wie ich erſt gedacht habe, an einer Dornenraupe unter dem Halſe bemerket hatte. Es ſiel mir ferner ein, wie es eine andere Raupe gebe, die auch hinten am Schwanze gewiſſe hoͤrnerartige Theile habe, die ſie beym Anruͤhren von ſich gaͤbe. Und endlich erin— nerte ich mich, dergleichen etwas fo gar an einigen Würmern und Kaͤ⸗ fernoͤfters geſehenzu haben. Dieſe verſchiedenen Beobachtungen vereinigte ich, und dachte, was ſich bey Sr Zuſammenhaltung und Verglei⸗— chung aller dieſer verſchiedenen Theile an ſo verſchiedenen Inſecten, zu beſſerer Einſicht und Erklaͤrung dieſer Theile, etwa naͤher entwickeln und angeben laſſen moͤgte? Ich nahm mir alſo vor, auf jenen neuentdeckten Halstheil der Raupen in dieſem Sommer mehr, als im vorigen, ſorgfaͤltig Acht zu haben? zu ſehen, ob ſolcher Theil allen, oder nur einigen, und wel— chen, eigen ſeyn moͤgte? und alsdenn zu verſuchen, ob ich ſo gluͤcklich ſeyn wuͤrde, etwas Ganzes heraus zu bringen? Wie⸗ e a 63 Wiewohl, auch diefes mein Vorhaben wurde durch verſchiedene Vorfallenheiten, und ſonderlich durch eine Reiſe zu derjenigen Zeit des Jahres unterbrochen, wo es die meiſten Raupen giebt; und ich mußte mir bey meiner Zuruͤckkunft genügen laſſen, meine Verſuche noch mit denenjenigen wenigen vorzunehmen, die ich in dieſer ſpaͤten Jahres- zeit auftreiben konnte; und dieſe Verſuche ſind eben dasjenige, was ich nunmehr beſchreiben werde. Vieleicht kan ich künftig einmal aus eige— ner Erfahrung, oder aus dem Werke des Herrn Bonnet, dasjenige erſetzen, was itzo noch daran Mangelhaftes ſeyn moͤgte. Ehe ich aber von einem jeden dererjenigen neuen Theile, die ich unter dem Halſe der Raupen gefunden habe, ſelbſt rede; ſo muß ich zuvor er— innern, daß ſich ſolche bey allen Raupen nicht finden. Nach meinen bigs herigen Verſuchen haben diejenigen Raupen, welche mit einem der neuen Halstheile nicht verſehen ſind, ſtatt deſſelben andere und ſchon bekannte Theile. Dies war meine erſte Beobachtung. Hierauf kam ich auf die Gedanken, daß die bekannten Theile an einigen Raupen vieleicht den nämlichen Endzweck haben moͤgten, den die neuentdeckten Halstheile dit andern zu haben ſchienen. Und dies war meine zweyte Anmerkung⸗ Ich werde nunmehr über beyde mich näher erklaͤren, Es iſt bekannt, daß viele Raupen hinten oberhalb der Schwanz klappe, oder des Nachſchiebers, ein Horn haben. Dieſer Raupen giebt es fo viele Arten, daß fie ſowohl bey dem berühmten Herrn von Reau— mur, als in des Herrn Koͤſels Inſectenbeluſtigung, eine eigene Claſſe ausmachen, und mit dem allgemeinen Namen der geſchwaͤnzten Rau⸗ pen bezeichnet werden. Jiedoch es iſt dieſes Horn nicht bey allen von einerley Beſchaffen— heit. Bey einigen, als bey der dicken Weidenraupe (*), und derjenigen, ſo auf der Faͤrberroͤthe lebet (* *),ift ſolches faſt gerade; bey andern aber, als bey ( Roeſ. Inſ. Bel. Nacht. Cl. I. Tab. I. Seit. 1. (**) Ib. Tab. VIII. S. 57. Reaumur hiſt. des ins, T. J. p. 1. Mem. VII. Pl, XII., 64 eu e bey der Fichten / (*) Linden» (**) und Windigraupe CH), iſt es gekruͤm⸗ met; und am ſonderbarſten iſt ſolches an der Jaſmin oder Todtenvogels raupe (T) gebogen und geſtaltet. Sodann hat dieſes Horn niemals durchaus einerley Farbe. Der unterſte und dickſte Theil hat allezeit eine andere, als der obere duͤnnere und ſpitzige Theil. Welche doppelte Fars be dieſe Hoͤrner gleichſam in eben ein ſolches doppeltes Glied abtheilet, als ich von den neuentdeckten Halstheilen einiger Raupen unten ange— ben werde. Endlich laſſen zwar die eigentlichen geſchwaͤnzten Raupen weder von ſelbſt, noch wenn fie beruͤhret, oder zwiſchen den Fingern ge— druͤcket werden, etwas aus ihrem Horne herausgehen; es giebt aber doch eine andere hieher gehoͤrige Raupe, und warum ſollte es deren in der Natur nicht mehrere geben, ob ſie uns gleich noch nicht bekannt ſind? die ſtatt des obern einfachen Hornes, nicht nur hinten zween hoͤrnerartige Schwaͤnze hat, ſondern aus deren jeden auch ſo bald gewiſſe haͤutige Theile herausſchieſſen und ſichtbar werden, als fie angeruͤhret, oder ſonſt von etwas beunruhiget wird. Dieſe Raupe iſt die bekannte Weidenraupe ohne hintere Bauchfuͤße (TI). Die haͤutigen Theile, ſo aus dieſen Hoͤrnern oder Schwanzroͤhren hervorkommen, ſind übrigens von eben dem Baue, der Farbe und Ge— ſtalt, wie die, ſo wir an dem Kopfe gewiſſer anderer Raupen bald an⸗ treffen werden. Nur gehen ſie bey jener Raupe laͤnger heraus, als bey dieſen letztern; rollen ſich in einen vielfachen Kreis zuſammen; ſind je, doch ebenfalls doppelt gegliedert. Von allen dieſen kann man bey Herrn von Keaumur das Weitere nachſehen. Nun iſt zwar wahr, daß man außer einigen Vermuthungen, die ich unten anbringen werde, von dem Nutzen und Enzwecke dieſer Schwanz⸗ hoͤrner () Roeſ. Inſ. Bel. Nachtv. Cl. I. Tab. VI. S. 41. (**) Ib. Tab. II. S. 9. Friſch. Th. VII. S. z. (T) Roeſ. Tab. IV. S. 25. Friſch. Th. XII. S. 1. T. I. (TT) Roef. Th. III. S. 5. T. I. II. (Tr) Noel. Th. I. Tab. XIX. S. 121. Friſch. Th. VI. ic. S. 18. T. VIII. 8 a: zur» > 65 hoͤrner noch zur Zeit nichts gewiſſes anzugeben weis. Jedoch iſt es etwas Sonderbares, und wird zu meiner dermaligen Abſicht hinreichen, daft ich an allen geſchwaͤnzten Raupen, bey welchen ich gegenwaͤrtig noch ha— be nachſehen koͤnnen, keinen dererjenigen Theile gefunden habe, deren ich bey andern unter dem Halſe anſichtig geworden bin, ſo wie hinge— gen dieſen das Schwanzhorn, und die Schwanzroͤhren, allezeit gefchs let haben. Ich komme von dieſen geſchwaͤnzten Raupen auf die zweyte Art derer, ſo hieher gehoͤren. Es ſind ſolches diejenigen, die hinten we⸗ der ein einfaches Horn, noch eine doppelte Schwanzroͤhre, ſondern die ihre Soͤrner auf dem Kopfe haben. Bisher hat man ſolche Ropf hoͤrner nur an einer einzigen Raupe, naͤmlich an der fo genannten Fenchelraupe (*) bemerket (); mit wel⸗ cher es dieſe Bewandtnis hat. Wenn dieſe Raupe in der Ruhe iſt; ſo ſiehet man zwar an ihr außer einem gelblichen Flecken zwiſchen dem Kopfe und dem erſten Abſchnitte des Leibes, in welchem ſich eine Qverſpalte zeiget, weiter nichts, fo fie vor andern gemeinen Raupen Beſonderes haben ſollte. Ruͤhret man ſie aber an, oder empfindet ſie ſonſt eine Bewegung von außen; ſo verwan— delt (*) Roel. Tagv. Cl. II. S. r. Tab. 1. (+) Man muß dieſe Art Kopfhoͤrner, die nur beym Anruͤhren ſich zeigen, ſonſt aber allezeit unſichtbar find, von einer andern Art Hörner unterſcheiden, die an eini— gen Raupen bis nach einigen Verwandlungen beſtaͤndig auf dem Kopfe ſtehen. So hat dergleichen Hörner nicht nur Diegenige Weidenraupe ohne Hinter füße, von welcher ich ſchon geredet habe; fordern es wird auch einer fol» chen in den Schwevifchen Abhandlungen Th. XI. S. 135. gedacht. Es ſind aber dieſe Art Hoͤrner mehr Dornenſpitzen, als Hoͤrner; und ſonderlich halte ich die letzte für eben die, welche in dem Noefel. Nachtrage Tab. LXX. Fig. 4. 5. vorgeſtellet ift. Neuentd. Theile, J 66 en delt fich jener gelbe Kopfflecken augenblicklich dergeſtalt in ein Paar gelbe Hörner, daß man das erſtemal ſich nicht wenig darüber verwundern wird; zumal, da man zur naͤmlichen Zeit einen ungewoͤhnlich ſtarken und hoͤchſt⸗ unangenehmen Geruch verſpuͤhret. 0 Herr von Keaumur hat dieſe Theile der Fenchelraupe fo umſtaͤnd⸗ lich beſchrieben (*), daß ich von ihnen allhier nur ſo viel erwaͤhnen will. Es ſind dieſe Hoͤrner auf einem gemeinſchaftlichen Aſte eingegliedert; ſie find ſehr dünn , rund, und laufen ganz ſpitzig aus; die Raupe kann ſie, wie die Schnecken, nach Willkuͤhr wenig oder viel ausſtrecken, und wenn ſie ſtart gedruͤcket werden, ſo werden ſie ſo ſchmal und lang, daß ſie der gemeinſchaftliche Aſt gerade aufwaͤrts nicht tragen kann, ſon⸗ dern ſich nach außen zu etwas zuſammen rollen. Und hieraus laͤßt ſich eines Theils ſchon abnehmen, daß dieſe Kopf⸗ hoͤrner mit jenen hoͤrnerartigen Theilen, die aus den Schwanzroͤhren der Weidenraupe hervorkommen, eine große Aehnlichkeit haben; andern Theils wird ſich unten zeigen, daß fie auch den neuentdeckten Hals— theilen anderer Raupen ſehr gleich ſind. Außer dieſer jetztgemeldten Fenchelraupe, iſt mir nun, wie ich ſchon oben gemeldet habe, noch eine zweyte Kaupe bekannt worden, an welcher man ebenfalls die erſtbeſchriebenen Ropf hoͤrner gewahr wird. Und es iſt mehr, als wahrſcheinlich, daß es deren noch mehrere geben werde. Da dieſe Raupe auf einer Gattung Hauswurz lebet, ſo will ich ihr den vorläufigen Namen der Hauswurzraupe beylegen. Doch blei⸗ be ich iso nur bey ihren Hoͤrnern ſtehen. Es kommen die Kopfhoͤrner dieſer Raupe in vielen Stuͤcken mit den Hoͤrnern der erſtgedachten Fenchelraupe überein ; ich habe aber auch vie, les an ihnen beobachtet, darinn ſie von jenen abgehen. 5 Wenn (0 T. I. P. II. Mem. XI. p. 151. 178. 8. XXIX. XXX. un m 67 Wenn diefe Hauewurzraupe in der Ruhe iſt, und ihren Kopf, wie ſie insgemein zu thun pflegt, ſehr eingezogen hat, ſo ſiehet man auch an ihr, wie an der Fenchelraupe, nichts Beſonderes. Dehnet ſie ſich aber freywillig aus, und ſtrecket den Kopf, ſonderlich beym Freſſen, oder im Kriechen, etwas von ſich; ſo erblicket man, vornaͤmlich durch die Vergroͤßerung, oben nach dem Kopfe und Halſe zu, gleich wo ſich der erſte Ring anfaͤngt, oder noch eigentlicher zu reden, gleich mit dem An⸗ fange deſſelben, einen ſchmalen gelblichen Qverflecken, der in der Mitten, wie geſpalten und mit lauter zarten Falten, die alle nach ihnen zuſam⸗ menlaufen, umgeben iſt (*). Und eben dieſes fand ſich oben an der Fenchelraupe. Beruͤhret man die HZauswurzraupe, oder fie empfindet ſonſt eine fremde, und ihr nicht eigene, Bewegung, fo verwandelt ſich jener Fle⸗ cken augenblicklich in ein Paar gelbe ſchmale, ſchnell hervorſchießende, Hörner (**). Sie zeigen ſich, ſonderlich nach der Vergrößerung, beyde faſt durchaus gleich dick, ſind rund, walzenfoͤrmig, und halbdurchſichtig. Sie ſtehen auf einem gemeinſchaftlichen Afte, oder vielmehr Hügel (*), als welchem fie durch ein beſonderes Gelenke eingegliedert find (T); und laufen dermaßen von einander auf die Seite, daß fie der Geſtalt eines V ziemlich gleich kommen (FF). Und auch dieſe Stuͤcke haben fie mit der Fenchelraupe gemein. Es haͤnget meiſtens von der Willkuͤhr dieſer Hauswurzraupe ab, ob ſie ihre Hoͤrner nur halb, oder ſehr weit, oder auch ganz und gar nicht, von ſich ſtrecken will. Wann ſie dieſelben nur halb ausſtrecket, oder durch zartes Druͤcken dahin gebracht wird; ſo behaͤlt jedes Horn oben eine faltige runde Vertiefung, wie eine Oeffnung (Tr); und fo fies het man es auch an den Fenchelraupen. 2 In Tab. I Pig eee Fig IVA Va d Eig. VI. a. ae (1) Fig. VII. b. (Tt) Fig. V. a. a. VI. c. c. (tip Fig. V. b. b. VI. b. b. — 5 68 e e In folgenden Stuͤcken aber find die Hörner dieſer Hauswurz⸗ raupe von den Hoͤrnern der Fenchelraupe unterſchieden. Wenn die letztere ihre Hoͤrner ausſtrecket, ſo giebt ſie zugleich einen fehr ſtarken Geruch von ſich; welchen man an der Hauswurzraupe nicht verſpuͤhret. Die Fenchelraupe kann ihre Hoͤrner ſehr lang ausſtrecken; ſolches kann die Hauswurzraupe in Vergleichung kaum den dritten Theil ſo ſtark thun. Die Hoͤrner der Fenchelraupe ſind ſehr ſchmal und laufen immer ſpitziger zu; die Dörner der Hauswurzraupe hingegen, wenn fie nicht auf das ſtaͤrkſte gedruckt, oder feſt unterbunden werden, ſind faſt durchaus gleich dick und walzenfoͤrmig. Und inſonderheit nimmt jedes Horn dieſer Hauswurzraupe, wenn man ſie aufs allerhoͤchſte zuſammen— druͤcket, oder unterbindet, eine Geſtalt an, die ich an den Hoͤrnern der Fenchelraupe nicht geſehen habe. Man ſiehet naͤmlich alsdenn, auf jedem Horne in der Mitte nach dem Rücken zu, und unter der Vergroͤßerung, anfänglich einen dunkel— braunen und voͤllig runden Flecken, der etwas vertieft, und mit lauter erhoͤheten zarten Puncten uͤberſtreuet zu ſeyn ſcheinet (“). Sodann laͤuft jedes Horn an der obern aͤußerſten Seite bis faſt auf die Haͤlfte ſchraͤg herunter, und nimmt hier uͤberhaupt die Geſtalt eines auf beyden Seiten ſcharfzulaufenden Keils an. Endlich zeigen ſich auf der ſchraͤgen Schneide fünf runde erhabene Knoͤpfgen von brauner Farbe (*). Hiebey muß ich noch dieſes anfuͤhren, daß ich mir zwar alle Muͤhe gegeben, oben an dieſen Theilen, wo die Knoͤpfgen ſtehen, durch Drücken einen Saft auszupreſſen, oder unter der Vergrößerung Oeff— nungen zu entdecken; aber weder das eine, noch das andere, habe ich be— wirken koͤnnen. Wenn ich aber dieſe Hoͤrner oͤffnete, ſo ſahe ich nicht ſowohl () T. I. Fig. VI. e. e. VII. e. e, (%) Fig. VII. d. d. d. d. l 2 69 ſowohl Luft, als vielmehr einen gelblichen Saft, ohne allen uͤblen Geruch, herausgehen. Da uͤbrigens diefe Hauswurzraupe, und ihre Verwandelung, bis— her noch unbekannt geweſen iſt; ich auch ſowohl bey ihrer Verwandelung viel Seltenes, als an ihrem ſchon bekannten Zweyfalter, einen ganz außerordentlichen neuen Theil bemerket habe; ſo will ich die naͤhere Be— ſchreibung, und ganze Geſchichte, dieſer Raupe gegenwaͤrtigen Blaͤttern einverleiben, fie jedoch bis zuletzt verfpahren. So viel habe ich nur noch allhier von dieſer Hauswurzraupe zu ge— denken, daß auch ihr, wie der Fenchelraupe, derjenige Theil unter dem Halſe abgehe, deſſen ich ſegleich bey andern Raupen erwähnen werde. Und daher glaube ich, daß hierdurch die Vermuthung, die man von den Hoͤrnern der geſchwaͤnzten Raupen anfaͤnglich hatte, nun ſchon um ein großes ſtaͤrker wird. Naͤmlich, daß, wie bey jenen geſchwaͤnzten Raupen die Hörner auf und an dem Schwanze, fo bey dieſen Hauswurz— und Fenchelraupen die Hoͤrner auf dem Kopfe, eben dazu nutzen, wozu andern die Theile unter dem Halſe taugen moͤgen. Ich komme zu dieſen letztgedachten Theilen ſelbſt. Dieſe neuen Theile unterſcheiden ſich zuerſt uͤberhaupt dadurch von den vorigen, daß fie nicht oben auf dem Kopfe, oder an dem erſten Ringe, ſondern un, ter dem Halſe zwiſchen dem Kopfe, und dem erſten Paar Vorderfuͤßen fisen. Und dasjenige, was allen Raupen, an denen ſolcher neue Theil ſich befindet, gemein iſt, beſteht darinn, daß ſie weder ein Horn auf dem Kopfe, noch dergleichen etwas auf oder an der Schwanzklappe ha— ben. Außer dem aber ſind ſie in Abſicht ihrer Halstheile ſelbſt ſehr von— einander unterſchieden. 33 An 79 un une 5 An einigen habe ich nur eine bloße einfache Oeffnung unter dem Halſe gefunden (*); andere ſchienen ſolcher Oeffungen zwo zu haben (). Bey einigen, die eine einfache Oeffnung hatten, ließ ſich ein einfacher kegelartiger Koͤrper herausdruͤcken (*), und bey denen, die eine doppelte Oeffnung hatten, ein gedoppelter (); bey andern aber erſchien, auch nach dem ſtaͤrkſten Druͤcken, nichts dergleichen. Und endlich ſo waren dieſe kegelartigen Koͤrper bey einigen doppelt gegliedert (Tr), bey eint. gen aber beſtunden dieſelben nur aus einem einfachen Gliede (Tr). Und dieſemnach hätte ich einen vierfachen Hauptunterſcheid dies fer neuen Raupeutheile unter dem Halſe entdeckt, die ich denn nun ein; zeln näher anzeigen und beſchreiben will. Zur erſten Gattung rechne ich diejenigen Raupen, die unter dem Halſe nur eine einfache Oeffnung haben, und zwar eine ſolche, aus welcher weder beym Anruͤhren der Raupe von felbft , noch auch durch Drücken mit Gewalt, ein kegelfoͤrmi⸗ ger Rörper zum Vorſchein koͤmmt. Man ſiehet an ſolchen Raupen anfangs ganz und gar nichts, als einen einfachen etwas erhabenen eyfoͤrmigen Rand (J), der in der Mitte einen faltigen Qverſchnitt oder Oeffnung hat, und die ſich an eben dem Orte befindet, auch eben die aͤußerliche Bildung hat, als ſich im folgen⸗ den bey denenjenigen Raupen zeigen wird, an deren Oeffnung ein kegel⸗ artiger Körper hervorkoͤmmt. Folglich iſt dieſe Art Raupen blos dadurch von den andern unterſchieden, die auch eine einfache Oeffnung haben, daß ſich hier durch Drucken nur die Falte etwas erweitert. Dieſe () Tab. I. Fig. XVI. a. (**) Fig. XVI. a. (7) Fig. X. XI. XII. a. XIII. XIX. a. b. c. (r) Fig. XV. a. a. (T) Fig. XI. a. XIV. b. c. (ff) Fig. XV. a. (1) Tab. I. Fig. XVI. a. a u N 7i Dieſe einfache und beftändig bleibende Oeffnung fand ich zuerſt an derjenigen Krautraupe, die in der Roeſeliſchen Inſectenbeluſtigung unter dem Namen der ſchaͤdlichen glatten und braunen abgebildet und beſchrieben iſt (*). Ich fand fie aber auch bald darauf an der ans dern, eben daſelbſt ſich befindenden, glatten, mattgruͤnen, geſchupp⸗ ten Raupe (%). Und es iſt kein Zweifel, daß ich fie an noch weit mehrern wuͤrde entdecket haben, wenn ich bey jetziger meiſt verfloſſenen Jahreszeit mehrere haͤtte haben koͤnnen. Mit dieſer erſtern Art Raupen verknuͤpfe ich ſogleich die zweyte Gattung, nämlich diejenigen, die, ſtatt der erſtetwaͤhnten ein⸗ fachen Halsoͤffnung, eine doppelte zu haben ſcheinen, aus wel⸗ cher aber eben ſo wenig, als bey den vorigen, etwas weiters hervor gehet (***). Ich fage mit gutem Bedachte, die eine ſolche doppelte Oeffnung zu haben ſcheinen. Denn ich kann nicht bergen, daß ich dergleichen doppelte Oeffnung nur an einer einigen Raupe, naͤm— lich an dem ſogenannten Vielfraße () zu ſehen geglaubet habe; und daß ich auch hier nicht einmal ganz gewiß entſcheiden koͤnnen, ob es wirkliche Oeffnungen geweſen ſeyen. Die Geſtalt hatten ſie ordentlich, wie die vorbeſchriebene einfache Oeffnung an den Krautraupen; nur daß ſich dieſe Oeffnungen hier manchmal als bloße Flecken zeigeten, und daß ich bey dieſen nicht ſo, wie bey jenen, mit einer zarten Borſte in die Oeffnung kommen konnte. Da es aber dem ohngeachtet moͤglich iſt, daß es ganz zarte unmerkliche Oeffnungen ſeyen, und daß ſich dergleichen Oeffnungen wohl auch an mehrern Raupen finden, auch an ſolchen deut licher geſehen werden moͤgten; ſo habe ich ſie, um der Aehnlichkeit der folgenden Gattungen wegen, nicht ganz mit Stillſchweigen übergehen wollen, damit Andere wenigſtens dadurch moͤgen angetrieben werden, darauf inskuͤuftige mit Acht zu haben, und alſo dieſe noch ungewiſſe Sa— che ins Licht zu ſetzen. Mit cu. Nachtv. T. XXIX. S. 169. (**) Eben daſelbſt T. XXX. S. 174. () Tab. I. Fig. XVII. a. a. () Roeſ. Nachtr. T. XLIX. S. 283. 72 dn Mit groͤßerer Gewisheit kann ich von der dritten Gattung der hieher gehoͤrigen Raupen handeln. Es ſind ſolches diejenigen, welche unter dem Halle zwar auch wie die von der erſten Gattung, eine einfache Oeffnung haben, aus welcher aber zugleich ſo⸗ wohl beym Anruͤhren von ſelbſt, als ſonderlich durch Drücken, ein walzenfoͤrmiger Rörper zum Vorſcheine koͤmmt (*). Dieſer Koͤrper war, wie ich oben erinnert habe, der erſte, deſſen ich an einer kleinen Dornenraupe im vorigen Jahre gewahr ward (*). Man findet fie, nebſt ihrer Verwandelung zum Tagfalter, in dem Nachtrage zur ns ſectenbeluſtizung des Herrn Roͤſels unter dem Namen: die kleine hell- braune ſchwarzgefleckte Dornenraupe mit dem weißen Rucken⸗ ſtreife (). | Ich traf damal diefer Raupen etliche zugleich an, und weil fie mir in ihrer Geſtalt und Zeichnung eines und das andere zu haben ſchienen, welches mich ungewis machte, ob ſie auch wirklich eine Art von der erſt— genannten Raupe ſeyn moͤgten; fo ließ ich deren fo viele nach Hauſe tra— gen, als vorhanden waren. Nun ſahen zwar auch die bald darauf aus dieſen Raupen entſtandene Datteln den Roͤſeliſchen noch ziemlich unaͤhn⸗ lich; es kam aber doch nach ohngefaͤhr vierzehen Tagen wirklich aus allen kein anderer Zweyfalter an das Licht, als jener. Ich ſahe alſo zwar, daß ich des eigentlichen Zweckes, warum ich dieſe Raupen eine Zeitlang hats te fuͤttern und abmahlen laſſen, in dieſem Falle verfehlet hatte; allein es wurde mir dieſes in einer andern Betrachtung reichlich und uͤberfluͤßig ers ſetzet. Denn, als ich eine von dieſen kleinen Raupen kurz vor ihrer Ver— wandlung ſehr lang in der Hand hatte, und fie, um alles an ihr genau zu bemerken, auf mancherley Weiſe kehrete und wendete; ſo erblickte ich einsmals, da ich eben den Bau und die Geſtalt ihrer ſpitzigen Fuͤße beſchaute, zwiſchen dem erſten Paare und dem Kopfe, etwas gelbes und (0) Tab. I. Fig. X. a. XI. a. XIII. XIV. a. b. c. (“) Fig. X. a. (***) Tagb. Cl. II. T. X. p. 62. N „ W N. 73 und haͤutiges, wie ein ungleiches Knoͤpfen oder Knoͤtgen (0). Ich hielt ſolches anfangs fuͤr eine Luftblaſe, die ſich vieleicht bey dem Druͤcken von dem aus dem Munde hervorgeifernden Safte angeſetzt haben moͤgte. Ich nahm daher ein wenig Loͤſchpapier, und ſuchte damit dieſen vermeintli⸗ chen Saft oder Luftblaſe abzutrocknen. Allein eben bey dieſen Bemuͤ— hungen ward ich uͤberzeuget, daß dieſe anſcheinende zufaͤllige Luftblaſe ein beſtaͤndiger, angewachſener, und mithin eigener, Theil der Raupe ſey. Ich konnte bey weiterm Verſuche, je nachdem ich ſtark oder wenig druͤck— te, dieſen Koͤrper groß und klein machen; und wenn ich im Druͤcken ganz und gar aufhoͤrte, ſo ſahe ich ihn, wie in eine Hoͤhlung, ganz ge— faltert zuruͤcke fallen; doch blieb da, wo er herausgetreten war, ein gels ber haͤutiger Flecken, welcher in der Mitte eine faltige Spalte oder ei— nen ſchmalen Qverſchnitt hatte ((*. Wiederholte ich das Drücken, fo erhob ſich auch dieſer Koͤrper wieder aus ſeiner Oeffnung empor, und dehnete ſich ſowohl in die Sänge, als in die Rundung, mehr und mehr aus. Bey mittelmaͤßigem Drücken ſahe derſelbe meiſtens walzenfoͤrmig aus; bey ſtaͤrkerm Zuſammenpreſſen aber hatte er oben etwas weniger im Durchſchnitte, als an feiner Grundflaͤche, und ſtellte folglich alsdenn einen kleinen oben rundlich zulaufenden Kegel vor. Seine Farbe war blaßgelb, etwas hell und halbdurchſichtig. Er ſchien nichts als ein zars tes Haͤutgen zu ſeyn, welches etwa ein fluͤßiges Weſen oder einen Saft in ſich halten moͤgte. Wenn dieſer kegelartige Theil voͤllig heraus war, fo hatte er oben einen zarten dunkeln Qverſtrich oder Einſchnitt. Es iſt aber mehr, als waͤhrſcheinlich, daß wenn ich, wie ich es hernach bey ans dern dergleichen Raupen gethan habe, mich damals getrauet haͤtte, recht ſcharf zu drücken, ich vieleicht auch dieſen faltigen Qverſtrich noch wei— ters wurde heraus und in die Höhe getrieben haben, und daß dadurch zweifelsohne auch bey dieſer Raupe dasjenige zweyte Glied dieſes Körpers würde ſichtbar geworden ſeyn, welches ſich bey andern Raupen befindet. Neuentd. Theile. K Uebri⸗ Fig. X. a. (d. 74 n u > Uebrigens glaubte ich damals gewis, bey ſcharfem Drücken aus der Oberflache dieſes Körpers einigen Saft herauskommen zu ſehen. Allein ich mag mich wohl geirret, und bey dieſem erſten Verſuche, wie es ind gemein zu gehen pfleget, der aus dem Munde ohne Unterlaß hervorgei— fernde Saft mich geblendet haben. Wenigſtens habe ich bey allen ans dern Raupen, die dieſen Theil hatten, nichts dergleichen bemerket. Und jener Irrthum hat um ſo leichter vorgehen koͤnnen, da der Raum zwiſchen dem Kopfe und dem erſten Gliede des Leibes, wo dieſer Koͤrper mitten inne ſtehet, bey dieſer kleinen Raupe gar ſchmal und eng iſt. Da die Raupe, an welcher ich dieſen hier beſchriebenen Halstheil zuerſt fand, angezeigtermaßen eine Dornenraupe war; ſo brachte mich dieſes ganz natuͤrlich auf den Gedanken, es moͤgte dieſer Halstheil, wo nicht allen, doch mehrern Dornenraupen, und vieleicht dieſen ganz allein, eigen ſeyn. Es hat ſich aber das Letztere bey weiterm Naͤchſehen in der Erfahrung anders gefunden. Ich habe dieſen Theil auch an einer haarigten Raupe, deren Ders wandelung mir noch nicht bekannt iſt, angetroffen. Jedoch mit dem Unterſcheide, daß er hier nicht gelb, ſondern weiß; darneben ſehr lang und doppelt gegliedert war, auch oben ſcharf und ſpitzig zulief. Es brauchte keines ſolchen Drucken, wie bey der vorigen Dornenraupe, dieſen Halstheil zum Vorſcheine zu bringen; ſondern er ſchoß, wie es mir wenigſtens vorkam, jedesmal ſo bald von ſelbſt hervor, als die Rau— pe nur im mindeſten beruͤhret wurde. Ja ich vermuthe gar, daß vieleicht das erſte Glied dieſes Körpers bey dieſer Raupe nie zurück gehen, ſon— dern beftändig außen ſtehen bleiben, möge. Jedoch ich habe dieſen Um— ſtand nicht ganz zur Gewißheit bringen koͤnnen, weil das geſchwinde Zus ſammenrollen dieſer Art Raupen auf der einen Seite, und das augen— blicklich ſchnelle Heraustreten dieſes Koͤrpers auf der andern Seite, mich unbeſtimmt gelaſſen hat. Sollte ſich indeſſen itzterwaͤhnte Eigenſchaft des beſtaͤn⸗ 7 M Du 95 ſtaͤndigen Herausbleibens dieſes Theils an dieſen, oder andern, Raupen bey kuͤnftigen mehrern Verſuchen wirklich finden; ſo wuͤrde es in meiner Abtheilung eine neue Gattung der hieher gehoͤrigen Raupen ausmachen, naͤmlich ſolcher, die einen einfachen nie ganz zuruͤckgehenden, ſondern dem erſten Gliede nach beſtaͤndig herausbleibenden, kegelartigen Theil unter dem Halſe haben. Mit mehrerer Gewißheit kann ich ſagen, daß ich einen ganz zuruͤck⸗ tretenden, und nur allein durch Druͤcken hervorſchießenden, Theil noch an einer andern Dornenraupe angetroffen habe. Es war ſolches diejenige, ſo beym Swammerdam, und dem Herrn von Keaumur die ſchwarze Neſſelraupe; in der Röfelie ſchen Inſectenbeluſtigung aber die geſellige, gelb und ſchwarz⸗ geſtreifte Dornenraupe heißt (5). Da ich dieſe Raupe noch bey ges genwaͤrtiger Jahreszeit in großer Menge haben konnte, ſo war ich auch um ſo getroſter einige derſelben auf mancherley Art zu behandeln, und ich kam dadurch in den Stand, manches von ihrem fegelartigen Hals— theile näher zu betrachten, und die eigentliche Geſtalt, und das verfchies dene Beſondere deſſelben, abbilden zu laſſen; welches mir bey der obges dachten kleinen Dornenraupe noch entgangen war. In den Hauptſtuͤcken koͤmmt dieſer Theil mit dem vorigen uͤberein. Er erſcheinet nicht eher, als wenn man die Raupe nach vornen zu druͤ— cket, und faͤllt auf nachgelaſſenes Drücken wieder in feine Hoͤhlung gänss lich zuruck („*). Da ich ihn aber unter der Vergrößerung mehrmalen und recht genau anſahe; ſo entdeckte ich noch folgendes an ihm. Wenn ich dieſe Raupe gar nicht drückte, fo fahe ich unter dem Hals ſe weiter nichts, als einen eyfoͤrmigen erhabenen Rand, und in der Mit⸗ i f K 2 te () Cl. I. Tab. IV. S. 17. Reaum. T. I. P. II. Mem. X. p. 108. Pl. XXVI. Linn. F. 5. n. 774. Friſch Th. VI. S. 4. Fig. 2. (**) Tab. I. Fig. XII. a. XIII. a. 76 Doc e te deſſelben einige zarte runzlige Falten, die alle von außen nach innen zu liefen, und da, wo ſie zuſammenſtießen, eine dunkele Querlinie, oder vielmehr eine Querſpalte, verurſachten (*). Fieng ich hierauf an, die Raupe bey den erſten Ringen nach dem Kopfe zu ganz gelind zu drücken; fo erhob ſich die anfänglich faltige Qver⸗ oͤffnung mit ihren Runzeln nach und nach in die Höhe, und nahm die Ge— ſtalt eines abgeſtutzten Kegels an (). Dieſer abgeſtutzte Kegel, den ich kuͤnftig das erſte Glied dieſes Halstheils nennen will, iſt gruͤnlich, ganz glatt und etwas glaͤnzend; doch ſiehet man oben rundumher in zwo oder drey Reihen ganze zarte erhabene Knoͤpfgen, die in einer ziemlichen Ord— nung untereinander ſtehen. Sonderlich aber bemerket man alsdenn an dieſem erſten Gliede oben, und zwar in der Mitte, eine faltige Vertie— fung oder Oeffnung (*); welche aber, fo bald man das Drücken vers doppelt, ſich in ein zweytes ſchnell hervorſchießendes Glied verwandelt, und in der Höhe ſtehen bleibet (T). Es hat daſſelbe im Durchſchnitte etwas weniger, als das erſte; iſt von demſelben ſtark abgeſetzt, und mit lauter ſolchen erhabenen kleinen Knoͤpfgen uͤberſtreuet, welche ſich bey dem ers ſten Gliede oben nur in wenigen Reihen herum befanden. Und hier habe ich, ſelbſt mit der ſtaͤrkſten Vergroͤßerung, weder Falten, noch Vertie— fungen oder Oeffnungen mehr geſehen; auch durch Drücken keinen ans dern Koͤper oder Saft herauspreſſen koͤnnen. Ich muthmaße indeſſen nicht unwahrſcheinlich, daß noch mehrern, oder wohl auch allen, Dornenraupen ein ſolcher einfacher Halstheil eigen ſeyn moͤge; und wird es kuͤnftig nur darauf ankommen, anzumerken, in welchen Stuͤcken einige dieſer Theile miteinander uͤbereinkommen, und in welchen andere von einander verſchieden ſind. 0 b End⸗ (0 Tab. I. Fig. XII. a. XIII. a. 29 Fig. XIII B. * Fig. XII. c. cr) Fig. XI. a. Fig. XIV. e. de N 77 Endlich muß ich die vierte, als die letzte, Gattung dererjenigen Raupen anzeigen, welchen die neuentdeckten und bisher beſchriebenen Halstheile eigen ſind. Ich meyne diejenigen, welche zwar anf aͤng⸗ lich auch nur eine doppelte faltige Oeffnung haben; die ſich aber beym Druͤcken in einen doppelten hervortretenden Regel verwandelt (*). Doch iſt dieſe doppelte Oeffnung ſowohl, als ihr aus ſelbiger hervorgehender Kegel, von der erſten einfachen Oeffnung, und deſſen Kegel, in einigen Stuͤcken unterſchieden. Sie ſtehen uͤberhaupt nicht, wie jene, in der Mitte des Halſes, ſon⸗ dern ganz nahe an dem Kopfe, und ſchließen ſich auf den Seiten genau an die zwo Warzen des Spinngehaͤußes. Die Oeffnungen ſind weder ſo eyfoͤrmig, noch ſo platt, als jene; ſondern rundlich und etwas erha⸗ ben. Was aber die kegelartigen Koͤrper ſelbſt betrifft, ſo haben dieſelben nur ein einziges Glied, welches oben gewoͤlbet und mit lauter erhabenen Knoͤpfgen uͤberſaͤet iſt. Ein zweytes Glied habe ich auch durch das ſchaͤrf⸗ ſte Druͤcken nicht ſichtbar machen koͤnnen. Es erfolgte darauf weiter nichts, als, daß die obere Rundung etwas durchſichtiger und heller ward. Und ſo bald ich im Druͤcken wieder nachließ, ſo fielen dieſe Kegel wieder in ihre Oeffnungen zuruͤck, und ließen nichts uͤbrig, als die vorigen run— den Erhoͤhungen, welche in der Mitte eine faltige Vertiefung hatten. Von dieſer Gattung ſind mir zweyerley Raupen unter die Haͤnde gekommen. Die erſte war die mattgruͤne Kohlraupe (); und die zwey— te diejenige ſchaͤdliche gelbe und graue Krautraupe (), deren es gegen den Herbſt überall bey Tauſenden giebt, und die wegen ihrer großen Mens ge, und dabey noch wegen des an ſich habenden Fraßes, jaͤhrlich fo Dies les in den Krautgaͤrten verdirbt. Bey dieſen beyden Raupen iſt der dop— K 3 pelte () Tab. I. Fig. XV. a. a. (“) T. I. Fig. XV. Reaum. T. I. Mem. XI. Pl. XXIX. Roͤſ. Tage. Cl. II. P. V. () Reaum. ib. Roͤſ. ib. Tab. IV. 78 n e pelte kegelartige Theil von gruͤner Farbe. Ich ſehe uͤbrigens ganz und gar keine Urſache, warum nicht auch von dieſer Gattung ſich mehrere finden ſollten, wenn man nur kuͤnftig darauf Acht haben wird. Ja wer weis, wie viel neue Gattungen und Arten dieſem meinen vorlaͤufigen Entwurfe kuͤnftig noch moͤgten zugeſetzet, und wie derſelbe durch mehrere Verſuche und Beobachtungen ganz zu veraͤndern und zu verbeſſern ſeyn werde? Da indeſſen Manche, dieſen meinen hier angezeigten und befchries benen neuen Raupentheilen ſelbſt nachzuſehen, Luſt haben moͤgten; fo will ich, ehe ich weiter gehe, noch mit Wenigem einige Handgriffe und Vortheile angeben, vermoͤge deren man dieſe Theile am geſchwindeſten und beqvemſten zu Geſichte bringen kann. Da faſt alle, ſonderlich die Krautraupen, wenn man ſie anruͤhrt, und noch mehr, wenn man ſie druͤcket, aus dem Munde einen, meiſt von dem Futter gefaͤrbten, Saft von ſich geben; fo muß man ein Blaͤtt— gen Loͤſchpapier beſtaͤndig bey der Hand haben, und dieſen Saft ſo lang abtrocknen, bis ſich die Raupe deſſen voͤllig entlediget hat. Weil aber dieſer Saft bey manchen Raupen eckelhaft, auch, wie bey den Kraut— raupen, garſtigen und ſtinkenden Geruches iſt; ſo kann man demſelben auf eine zweyfache Art vorbeugen. Erſtlich durch Unterbinden. Man nehme einen zarten Seidenfaden, mache eine Schleife, und ziehe dieſel— be nahe bey dem zweyten Abſchnitte feſt zuſammen. Auf dieſe Weiſe werden nicht nur die kegelartigen Koͤrper herausgetrieben; ſondern es iſt auch der aus dem Maule heraustretende Saft auf ein oder zweymal weggewiſcht, ohne daß etwas mehrers nachfolget. Oder man erwaͤhle zweytens ſolche Raupen zu ſeinen Verſuchen, die man entweder einige Tage vorher ausgehungert hat, oder die ihrer Verwandelung ſehr nahe find. Denn da auch in diefen Fällen fich die Raupen ihres Unrathes meis. ſtens entledigt haben, und ihr Nahrungsſaft gar ſehr verringert iſt; ſo wird a n 2 79 wird man mit dieſen Raupen hierauf umgehen koͤnnen, wie man will, oh⸗ ne daß ſie Saft ausſpeyen und damit verunreinigen ſollten. Ehe ich weiter gehe, und von dem Zwecke, Gebrauche und Nutzen dieſer Theile etwas ſagen kann, ob es gleich vieleicht nur bloße Muthmaſ⸗ ſungen ſind, muß ich zuvor noch eines und das andere anmerken. Ich habe wahrgenommen, ſo wie es, in einigen Stuͤcken, ſchon von andern vor mir geſchehen iſt, daß nicht nur die Raupen, ſondern zugleich viele andere Inſecten beym Anruͤhren gewiſſe, vorher unſichtbar und ver⸗ borgen geweſene, Theile von ſich ſtoßen, und hierauf wieder in ſich zu— ruͤck nehmen. Mit ſolchen hat es dieſe Beſchaffenheit. Gleichwie die Theile an den Raupen gedachtermaßen nicht von ei— nerley Bau und Bildung ſind, und darneben an verſchiedenen Orten ſich befinden, auch der Zahl nach ſich von einander unterſcheiden; alſo habe ich ein Gleiches an dieſen Inſecten, und ihren beſondern Theilen, bemer— ket. Sie ſind ebenfalls bey ihnen nicht nur der Geſtalt, der Anzahl und dem Orte, wo ſie ſitzen, ſondern auch der Zeit nach, wenn dieſelben an ihnen ſichtbar werden, verſchieden. Einigen Inſecten ſchießen dergleichen Theile aus dem Leibe, zu der Zeit, wenn ſie noch Wuͤrmer ſind; und nach ihrer letzten Verwan— delung ſiehet man dergleichen nichts mehr an ihnen. Von der Art habe ich in dem abgewichenen Sommer einen Kaͤferwurm gefunden. Er iſt in ſeinen erſten Haͤutungen, in welchen ich ihn hier auch habe abbilden laſſen (5), ganz ſchwaͤrzlich, wird aber der Grundfarbe nach immer grauer, und zuletzt ganz weißlich, ſo daß er endlich nur auf dem Ruͤcken, an den Seiten und unter dem Bauche, auf jedem Ringe, und an dem Kopfe, einige ſchwarze Flecken behält. Deſſen genauere Beſchreibung, und ganze Verwandelung zu einem ſehr großen flahlgrünen Blatkaͤfer Cchy- ) T. II. Fig. XIII. 80 ka e Cehryfomela) mit rothen Fluͤgeldecken bin ich Willens zu einer andern Zeit bekanntzumachen. Ich gedenke von ihm itzo nur ſo viel, daß er an allen ſeinen Einſchnitten, und zwar auf beyden Seiten mit gewiſſen ſchwarzen erhabenen Huͤgelgen verſehen iſt, die, ſonderlich an den erſten Vorderringen ſpitzig, wie ſtumpfe Stacheln, zulaufen. Und eben aus jeder dieſer Seitenſpitzen und Stacheln ſchießet ein weißes rundes Knoͤpf⸗ gen hervor (*), ſo bald als dieſer Kaͤferwurm im mindeſten beruͤhret wird. Dieſe weiße Knoͤpfgen ſehen wie Milchtropfen aus, und geben zugleich einen ganz ungemein ſtarken, doch nicht unangenehmen, Geruch von ſich. Dieſe anſcheinenden Milchtroͤpfgen bleiben jedoch nicht lang ſtehen, ſondern verlieren ſich gar bald wieder in ihre ſtachelaͤhnlichen Ges faͤße. Und dieſes Herausſchießen und Zuruͤcktreten erfolgt ſo oft, als man es haben will, je nachdem man den Kaͤferwurm beruͤhret, oder ihn wieder in der Ruhe laͤßt. Siehet man dieſe weißen Theilgen mit der Vergroͤßerung an, fo er kennet man ſehr deutlich, daß es eben ſolche Gefaͤße ſind, als bey denen Raupen mit Hoͤrnern; und daß ſie faſt in nichts als der Farbe, der Ge— ſtalt und der Groͤße nach von ihnen abgehen. Das Artigſte aber hiebey iſt, daß, ſo bald dieſer Kaͤferwurm ſich in eine Dattel, und nachher in den Käfer ſelbſt verwandelt, man weder hier, noch dort, etwas von dies ſen vorigen Theilgen gewahr wird. f Bey andern Inſecten ſcheinet dieſes Letztere gerade umgekehret zu ſeyn Ich erinnere mich nicht, daß ich an dieſen, fo lang fie die Wurmgeſtalt gehabt haben, diejenigen Theile bemerket haͤtte, die ſich an ihnen, als Kaͤfern, zeigen. Mir find von ſolcher Art drey Hauptgeſchlech⸗ ter bekannt, nämlich das Geſchlecht der Kaubkaͤfer mit kurzen Flügels decken (ſtaphylini); einige aus dem Geſchlechte der Springkaͤfer (ela- teres); und gewiſſe Sorten von demjenigen Kaͤfergeſchlechte, das 15 dur () T. II. Fig. XIII. a. a. a. 2. a. n 8r durch die weichen §luͤgeldecken von allen andern unterſcheidet, Ccan- tharides). Alle diefe haben mit jenen Raupen, und den erſtgedachten Blatkaͤ— ferwürmern, dieſes gemein, daß fie bey dem mindeſten Anruͤhren, gewiſſe meiſtens walzen⸗ oder kegelartige Körper von fich ſchießen, die fie in kur⸗ zer Zeit wieder in ſich zurückziehen. Die Körper ſelbſt aber find der Ges ſtalt, und dem Orte ihres Anſitzens, auch der Anzahl nach, von einau— der verſchieden. Bey den Kaubkaͤfern mit kurzen Fluͤgelſcheiden, und zwar bey allen Arten derſelben, die mir bekannt ſind, liegen ſolche Theile hinten in dem letzten Ringe, oder in dem Schwanzabſatze, und zwar auf beyden Seiten deſſelben, verborgen. Sie ſchießen augenblicklich hervor, ſo bald dieſe Käfer beruͤhret werden (*); find walzenfoͤrmig; und indem der Kaͤfer zu eben der Zeit ſich mit den hintern Ringen krumm und in die Hoͤhe beuget, fo erhalten dieſe Körper die ordentliche Geſtalt zweyer nach vorwaͤrts krummgebogener Hörner. Wenn der Kaͤfer nur eine geringe Bewegung fuͤhlet, ſo erheben ſich ſolche Hoͤrnergen nur halb heraus, und man ſiehet alsdenn oben eine fol che runde und faltige Vertiefung oder Oeffnung, wie bey den halbher— ausgedruͤckten Naupentheilen am Kopfe, und unter dem Halſe, bemer— fer iſt. Wird aber ein ſolcher Raubkaͤfer ſtark gedruͤcket oder ſonſt gereitzet; ſo erhebt ſich auch dieſe faltige Vertiefung, und verwandelt ſich in ein zweytes laͤngliches Knoͤpfgen; und koͤmmt alſo auch hierinn mit jenen doppelt gegliederten Raupentheilen vollkommen uͤberein. Ich ha— be dieſes, um der Schoͤnheit willen, an einem groͤßern rauhen und bun— ten Raubkaͤfer vorftellen laſſen; an den ſchwarzen aber, deren es verſchie⸗ Neuentd. Theile. C dene (*) Tab. II. Fig. XII. E R 82 W dene Gattungen giebt, ſind dieſe Theile am beſten zu ſehen. Denn wie bey jenen und den meiſten dieſer Kaͤfer ſolche Schwanzhoͤrnergen gelblich ſind, fo find fie hingegen bey dieſen ſchwarzen ſchoͤn weiß, und folglich um ſo kenntlicher. Eben ſolche, und faſt in nichts, als nur in der Groͤße und Farbe, verſchiedene Theile, habe ich auch an einigen Arten der Springkaͤfer be⸗ merket, wenn ſie beruͤhret oder in die Finger genommen werden. Ich habe ſolches an einem gar ſchoͤnen von dieſer Eigenſchaft vorſtellen laſſen (). Es find ihrer aber mehrere damit begabt, und man kann deſ— fen am eheſten an den an häufigen braungrauen Springkaͤfern ae wahr werden, deren Fluͤgeldecken mit nebel s und wolkenartigen Flecken gezieret ſind. Von dieſem und dem vorigen Kaͤfergeſchlechte gehet die dritte Gat⸗ tung ab, naͤmlich die Kaͤfer mit weichen Fluͤgeldecken. Zwar er⸗ innere ich mich nicht, dieſe Theile an allen weichgefluͤgelten Kaͤfern beobs achtet zu haben; fo viel aber kann ich mit Gewißheit ſagen, daß fie mehr rern von derjenigen Gattung eigen ſind, an welcher ſie Herr Linnaͤus vor mir bemerket und beſchrieben hat (**). Ich kenne noch fünf andere Arten ſolcher grünen weichgefluͤgelten Kaͤfer, die ſich bloß durch die Groͤße, und durch die Farbe des Bruſt⸗ ſchildes, von jener Art unterſcheiden; übrigens aber die eine, wie die andere, wenn ſie angeruͤhret werden, entweder an dem Bruſtſchilde allein, oder an dem Bruſtſchilde und Leibe zugleich, gewiſſe vorher daſelbſt verborgen gelegene Theile von ſich ſchießen. i Jedoch ich bleibe jetzo nur bey derjenigen Gattung ſtehen, deren Herr Einnaͤus gedenket, und die ich zum Beyſpiele habe abbilden laſſen (*). Die (*) Tab. II. Fig. IX. a. a. (') Faun. Suec. No. 588. () Tab. II. Fig. X. XI. ; N EN Die Theile, fo dieſe Käfer von ſich geben, haben ihren Sitz auf beyden Seiten ſowohl des Bruſtſchildes, als des Leibes (*). Sie ſind rother Farbe, und ſo viel ich an denen todten, ſo ich in Weingeiſt aufbehalte, nach welchen auch die Vergroͤßerung geſtochen iſt, abnehmen kann, ſo iſt jedes aus dreyen Blaͤsgen zuſammengeſetzt, davon das mittlere das kleine— ſte iſt, und die vermuthlich alle drey auf einem gemeinſchaͤftlichen Affe ruhen. Ich wuͤßte dieſe Theile mit nichts beſſerm zu vergleichen, als mit dreyen Fiſchblaſen, deren laͤngere und ſpitzigen Theile unten zuſammen— gebunden waͤren. Es erſcheinen dieſe Theile allezeit beym Anruͤhren, und verſchwinden auch wieder auf die naͤmliche Art, wie es bey den Raupen gemeldet iſt. Und nun werde ich verſuchen, in wie weit aus Vergleichung und Zuſammenhaltung aller dieſer verſchiedenen, ſowohl bekannten, als auch bisher noch unbekanntgeweſenen, Theile an Raupen, Wuͤrmern und Kaͤfern, ſich einige wahrſcheinliche Muthmaßungen von der Abſicht, dem Gebrauche, und dem Nutzen derſelben angeben laſſen. Das erſte, was ſich am allergemeineſten und begreiflichſten davon gedenken laͤßt, iſt, meines geringen Erachtens, wohl dieſes, daß ſich alle die hier gemeldeten Inſecten, ſolcher ihrer beſondern Theile zum Schreckbilde bedienen; um damit ſowohl die ihnen ſo ſchaͤdlichen ans dern Inſecten, als Schlupfweſpen, Voͤgel, u. d. von ſich abzuhalten und wegzuſcheuchen, als auch dem Menſchen ſelbſt, der nach ihnen greift, oder ſie in die Hand nimmt, Furcht und Eckel zu verurſachen. Von den herausſpringenden hoͤrnerartigen Theilen am Kopfe und Schwanze der Raupen; von den milchartigen Tropfen an dem Blatkaͤ⸗ ferwurm; und von den übrigen Theilen an den Raub, Spring » und weichſchaaligen Käfern iſt wohl 1 „daß ſolches eine der Pur 2 4 (Fig. X. a. b. XI. a. a. b. b. * 84 a d ten und Urſachen ſeyn muͤſſe, warum fie die Natur mit ſolchen Theilen verſehen habe. Der Herr von Reaumur hat, fo viel jene hoͤrnerartige Raupen betrifft, dieſe Meynung als die wahrſcheinlichſte vorlaͤngſt angegeben. Und es beſtaͤttiget ſolche auch theils der ſtarke Geruch, mit welchem bey eini⸗ gen das Hervorſchießen dieſer Theile begleitet wird; theils, weil uͤber— haupt von gar vielen Raupen und Inſecten bekannt iſt, daß fie auf manch⸗ faltige Art, bald durch Entlaſſung eines blutaͤrtigen, oder andern ſtinken— den und unreinen Saftes aus dem Munde, oder aus dem After, und die— ſes entweder aus jenem und dieſem allein, oder aus beyden zugleich; bald durch waffenartige Gegenwehr; bald durch mancherley angenommene beſondere Stellungen und 5 „ihre Feinde von ſich zu entfer⸗ nen ſuchen. Allein, dem allen ungeachtet, iſt es noch immer eine ſchwer zu bes antwortende Frage, ob dieſer itzterwaͤhnte Endzweck und Gebrauch der einige ſey, warum die Natur einigen Inſecten ſolche Theile verliehen ha— be? Mir, meines geringen Orts, koͤmmt aus verſchiedenen Betrach⸗ tungen diefes gar nicht wahrſcheinlich vor. Denn, obgleich nicht zu laͤugnen iſt, daß auf einer Seite alle jene Theile, von welchen ich hier rede, wenn man ſie mit einander vergleichet, in den Hauptſtuͤcken einander aͤhnlich ſind; ſo iſt doch auf der andern Seite nicht weniger gewiß, daß bey Raupen, wenn ſie einen von den neuentdeckten Theilen haben, ihnen die übrigen Theile fehlen, damit ans dere begabet ſind, welches muthmaßen laͤßt, daß ein Theil des andern Stelle vertrete. Iſt aber dem ſo, ſo koͤnnen, wenigſtens die Oeffnun— gen, und fegelartigen Theile unter dem Halſe der Raupen, unmöglich zum Schrecken da ſeyn; indem fie, anderer vielen Urſachen nicht zu ges denken, bisher nicht einmal noch von allen denenjenigen geſehen und an— gemerket, weniger dadurch geſchrecket worden ſind, die ſich ſo viele Jahre mie D n 85 mit ihnen beſchaͤfftigt haben. Mich duͤnkt alſo, daß wenn ja einige dieſer Theile von gewiſſen Inſecten zu einem Schreckmittel gebraucht werden, dieſes doch bey ihnen nur ein Nebengebrauch ſeyn muͤſſe; bey andern aber, ſonderlich bey den erſtgedachten Raupentheilen unter dem Halſe, findet dies ſes ganz und gar nicht ſtatt. Als ich dahero einen dieſer Theile, wie oben gedacht iſt, vor dem Jahre das erſtemal an einer kleinen Dornenraupe beobachtete, ſo war ich der Meynung, ob nicht vieleicht dieſer dasjenige noch unbekannte Luft— gefaͤß ſeyn moͤgte, durch welches die Luft ihren Ruͤckweg aus den Raupen naͤhme. Ich fand keinen Anſtand, ſolchen meinen Einfall dem Herrn von Keaumur zu melden. Allein er trat meiner Muthmaßung nicht bey, ſondern erklaͤrte ſich vielmehr dahin, daß er zwar uͤberhaupt et⸗ was Gewiſſes noch nicht angeben koͤnne, doch geneigter ſey, dieſen Halstheil für ein Abſonderungsgefaͤße eines beſondern Saftes, als vor ein Luftgefäße, zu halten. Und ich muß geſtehen, daß ich heuer durch allerhand gemachte Ver— ſuche gefunden habe, daß der Herr von KReaumur wohl Recht haben moͤgte. Denn ich habe mit allen Proben, wodurch ich erfahren wollte, ob dieſe Theile wirklich Luftgefaͤße waͤren, von Luft an und in ihnen nichts finden koͤnnen. Ich habe fie mit Oele beſchmieret; ich habe die Raupe an ihren Bor, dergliedern ſowohl unterbunden, als ununterbunden, in Weingeiſt gehalten, ohne daß ich jemalen ein Luftblaͤsgen, oder dergleichen etwas, hätte ſehen herausgehen. Und fo habe ich auch ſchon oben erinnert, daß ich weder durch die Vergroͤßerung eine Oeffnung ſichtbar machen, noch durch Druͤcken einen Saft habe auspreſſen koͤnnen. Dieſes aber habe ich wohl gefunden, daß in dieſen Theilen ein beſonderes fluͤßiges Weſen enthalten ſey. Da [3 92 86 n Da mir alſo des Herrn von Reaumur Meynung, daß dieſe Theile Abſonderungsgefaͤße eines gewiſſen Saftes ſeyn moͤgten, nicht uneben dünket; fo wuͤrde ich geneigt ſeyn, fie für die Gefaͤße einer ſolchen Feuch, tigkeit anzugeben, durch deren Ausbreitung zwiſchen der obern und un⸗ tern Haut der Raupe, oder zwiſchen der obern Raupenhaut und der Haut der Puppe, die Theile ſchluͤpfrig gemacht werden, und alſo die Haͤutung oder Verwandelung, befoͤrdert wird. Es koͤmmt mir dieſes um fo wahrs ſcheinlicher vor, weil dieſe Theile nur an den Raupen, nie aber an Puppen und Schmetterlingen, befindlich ſind, und folglich nur bey den Raupen einen beſtimmten Endzweck zu haben ſcheinen. Ich vermuthe ſolches auch darum, weil ich bey ſehr vielen Waſſerinſecten, als dem zackigen Waſſerflohe, und ſonderlich bey den mancherley Arten von Kiefen⸗ füßen, von welchen in eigenen Abhandlungen von mir gehandelt worden iſt, ſolche Zubereitungsgefaͤße, oder Saftbeutelgen, gefunden habe, denen ich wenigſtens keine andere, als dieſe Beſtimmung, zu geben weiß. Allein dieſes wuͤrde doch nur hoͤchſtens von Raupen und Wuͤrmern gelten. Warum finden ſich aber ſolche Theile auch an Kaͤfern, die bekanntermaßen keiner Haͤutung mehr bedürfen? Ich habe geſuchet hinter dieß Geheimnis auf eine andere Art zu kom⸗ men. Ich habe jenen Raupen ihre hoͤrnerartigen Kopftheile, und dies fen ihre kegelartigen Halstheile, abgeſchnitten, um zu ſehen ob und was vor ein Theil ihren Zweyfaltern fehlen moͤgte? Allein von jenen hat ſich nie eine bey mir verwandeln wollen, ſondern ſie ſind alle nach und nach umgekommen; ob ich gleich nicht beſtimmen will, ob ſolches von ohnges faͤhr, oder wegen Verletzung dieſer Theile, geſchehen ſey. Und von letz⸗ tern haben ſich zwar einige verwandelt, ſie ſind aber, bis auf eine, in ihren Datteln verdorben. Einen einzigen Zweyfalter erhielt ich aus der ſchwarzen Neſſelraupe; und dieſem fehlte die obere Hälfte des Fuͤhlhornes. Ich kann aber kaum glauben, daß dieſe Verſtuͤmmelung des Fuͤhlhor⸗ nes we me 87 nes von dem abgeſchnittenen Halstheile ſollte hergekommen feyn. Ich ſchreibe ſie vielmehr einem andern Zufalle zu. Mit einem Worte, da ich aus dem oben angefuͤhrten Schreiben des Herrn von Keaumur ſchließe, daß auch Herr Bonnet in ſeinem Ver⸗ zeichniſſe den eigentlichen Gebrauch feiner neuentdeckten Raupentheile nicht muͤſſe angegeben haben; ſo iſt wohl dermalen das Gewiſſeſte, ſo man von dem Zwecke und dem Nutzen dieſer, und anderer, ihnen aͤhnlichen, Theile bey andern Inſecten, ſagen kann, dieſes: daß man ihn nicht wiſſe. Ich laſſe es alſo auch dabey bewenden; und beſchließe, meinem obis gen Verſprechen gemaͤß, dieſe meine Abhandlung mit der Geſchichte der bisher noch unbekannten Raupe, aus welcher der bekannte ſchoͤne Zwey⸗ falter mit rothen Augenſpiegeln entſtehet. Es lebet dieſe Raupe auf der kleinen Hauswurt mit weißen Blu men (*), von deren ſaftigen wurſtartigen Blaͤttern fie ſich naͤhret. Und gleichwie dieſes Kraut bewußtermaßen, an ſteinigten Orten, auf Felſen, und ſonderlich auf den alten Mauern und Waͤnden haͤufig gefunden würd, alſo muß man auch dieſe Raupen an ſolchen Oertern ſuchen. Als etwas Beſonderes muß ich anmerken, daß ich dieſe Raupe kein einziges mal diſſeits der Donau gegen Mittag angetroffen habe, obgleich ihr £*) Tab. Fig. I. Es giebt bekanntermaßen ſehr viel Arten Hauswurz. Die gegenwaͤrtige unterſcheidet ſich von andern, theils durch ihre wurſtartigen Blaͤt⸗ ter, theils durch ihre weißen Blumen. Bey dem Herrn Linnaͤus heißet fie, La- xifraga foliis radicatis aggregatis lingulatis cartilagineo- ſerratis, caule pa- niculato, und gehöret zu der Claſſe derer, die decandria digynia genennet wer den. Spec. Plant. Tom. I. p. 398. Bey dem Tournefort hat fie den Na⸗ men: ſaxifraga, ſedi folio, flore albo. Inſt. 252; und gehört nach feiner Eins theilung zu den floribus polypetalis regularibus rofaceis. conf. de Bergen, flor. francof p. 147. Boehm. flor. lipſ. p. 171. In dem Weinmannifchen Werke findet man fie im IVten Band. Seit. 318. Tab. 914, und heißt, ſedum minus teretifolium album. 88 un e ihr Nahtungskraut in allen Gegenden zu wachſen pflegt; ſondern daß ihr Aufenthalt allezeit auf dem Mauerwerke, auf Felſen, und ſteinigten Ber— gen, jenſeits der Donau gegen Mitternacht geweſen iſt. Und auch hier habe ich beobachtet, daß ein gewiſſer Strich von ohngefaͤhr zwey Stun— den lang iſt, wo fie ſich am häuffgften aufhalten. Ob aber dieſer be— ſtimmter, und, wie es ſcheinet, ſehr eingeſchraͤnkter, Aufenthalt alle Jahre nur zufaͤliger Weiſe erfolget, oder ob er auch, wie ich faſt glau— ben ſollte, feinen zureichenden Grund habe, laſſe ich dahin geſtellt ſeyn. So bald im Monate Maͤrz oder April der Schnee weg iſt, und es etwas gelinde Witterung und Sonuenſchein giebet; fo kommen die, indeß aus ihren Eyern gekrochenen, jungen und zarten Raupen auf obgedach⸗ ter kleinen Hauswurz zum Vorſcheine. Alle, die man anfangs findet, haben einerley naturliche Größe; welches die Vermuthung giebt, daß fie zu einer Zeit, und zwar erſt kurz vorher muͤſſen ausgekrochen, und mit hin insgeſamt in ihren Eyern uͤber Winter verſchloſſen geblieben ſeyn. Vom April bis gegen die Mitte des Julius iſt die gewoͤhnliche Zeit des Anwachſens und Auswachſens dieſer Raupen. Binnen dieſen vier Monaten haͤutet ſich jede fo oft, und auf eben diejenige Art, wie es von andern Raupen ſchon dergeſtalt bekannt iſt, daß ich mich dabey nicht aufs zuhalten habe. Iſt die Raupe ausgewachſen, ſo haben die meiſten, wenn fie ſich im Kriechen etwas ausdehnen, insgemein zween Zoll in der Laͤn— ge, und gegen vier Linien im Durchſchnitte. Doch find einige, aus den bekannten Urſachen des mehrern oder wenigern Futters und des Ge— ſundheitszuſtandes, bald kuͤrzer und ſchmaͤler, bald laͤnger und dicker. Sie ſcheinen eben nicht unter die Geſelligen zu gehoͤren. Denn man trifft gar häufig iusgemein einzelne zerſtreuet und abgeſondert an; ob man gleich ihrer auch in einem kleinen Bezirke hin und wieder mehr, als hun— dert, bey und nebeneinander findet. Ich l 89 In Kriechen, ſonderlich wenn es gegen ihre Ausleerungs und Ders wandelungszeit gehet, find fie ziemlich geſchwind. Außer dem aber, we ſie Futter genug fuͤr ſich haben, findet man ſie viel Tage hintereinander faſt immer auf einem Flecke. Und da ſie ſo gar gefraͤßig eben nicht ſind; haben ſie nach der Art, wie ihr Nahrungskraut zu wachſen pflegt, eine ziemliche Zeit Vorraths genug für ſich, ohne daß fie eben uoͤthig haben um deswillen den Ort zu veraͤndern. Was ihre Geſtalt und Farbe uͤberhaupt betrifft; ſo gehören fie ums ter die Claſſe der ſchwarzhaarigen Raupen, und zwar unter die Gattung derer, die uͤberall mit ſtumpfen und kurzen Haaren uͤberſaͤet ſind, wovon fie das Anſehen und den Namen der Sammetraupen haben. Sie gehören weiters nach der Reaumuriſchen Eintheilung unter die erſte allge⸗ meine Kaupenclaſſe, das iſt, zu derjenigen, welche ihre vier Paar Fun pfen Füße, oder Mittelfuͤße, am Gen, Iten, 8ten und ten Ringe haben. Nach den einzelnen Theilen findet man folgendes an ihnen. Sie haben, wie alle Raupen, außer dem Kopfe, zwoͤlf ringartige Einſchnitte oder Kerben. Die Grundfarbe iſt überall ſchoͤn ſchwarz, und an jedem Ringe zeigen ſich theils gelbe Flecken, theils ſtahlblaue Knoͤpfgen. Der Kopf beſtehet aus ſchwarzem Hornbeine, und iſt nicht gar haus fig mit kurzen Borſtenhaaren beſetzet. Zu beyden Seiten deſſelben ſiehet man die gewoͤhnlichen ſechs Augen, auf ſo viel ſchwarzen Warzen oder Erhöhungen. Fuͤnf von dieſen Augen nehmen unter den Fuͤhlhoͤrnern ihren Anfang, und ſtehen im Bogen; das ſechſte aber ſtehet unter dieſen fünf Augen faſt mitten innen (*). Die () Tab. I. Fig. III. IV. Ich weiß zwar, daß auch heutiges Tages noch einige, ſonſt gelehrte Männer, und große Naturkuͤndiger die Augen der Raupen in Zwei— fel ziehen „ und diejenigen „ fo dieſer Meynung mit Recht zugethan ſind, eines Neuentd. Theile, M Vor⸗ 50 n Die Fuͤhlhoͤrner befinden ſich uͤber dieſen Augen; ſie haben drey Glie⸗ der; und ſind wie an allen Raupen dergeſtalt beweglich, daß ſie ſowohl vor ſich hinausgeſtreckt, als auch, wie die Schneckenhoͤrner, faſt bis zum Verſchwinden eingezogen werden koͤnnen. An dem Munde ſiehet man die ſonſt gewoͤhnlichen Theile, die Ober— lippe, die Zaͤhne, und die Unterlippe mit ihren beyden Seitenwarzen, und der Spinnwarze. Die Farbe aller dieſer Theile iſt ſchwarzbraun, und meiſt hornbeinig. Der Kopf haͤnget durch einen ſehr kurzen graulichen und haͤutigen Hals mit dem erſten Ringe zuſammen, unter welchem ſie dieſen ihren Kopf dergeſtalt einziehen und verbergen koͤnnen, daß man von demſelben kaum etwas gewahr wird. { An den Ringen und Einſchnitten ſtehen die ſchon gedachten gelben ungleichen Flecken, nebſt den andern ſtahlblauen warzenartigen Knoͤpfgen, welche letztern nach der Vergrößerung mit Haaren beſetzt find. Es find. aber dieſe gelben Flecken, und ſtahlblauen Knoͤpfe, weder der Farbe, noch : der Vorurtheils, Irrthums und der Unwiſſenheit beſchuldigen. (Siehe Schwedi— ſche Abhandlungen Th. VII. Seit. 262. ). Allein es wäre zu wuͤnſchen, daß ſich felbige gefallen laſſen mögten die Sache theils ſelbſt beſſer zu unterſuchen, theils die Gründe und Verſuche zuvor zu widerlegen und über den Haufen zu ſtoßen, vo» mit ſo viele mehr, als wahrſcheinlich, das Daſeyn der Raupenaugen dargethan haben. Und wem dieſes noch nicht zureichen ſollte, von der Warheit und Gruͤnd— lichkeit jener Beweiſe uͤberzeuget zu werden; den erſuche ich, nur auf folgendes Acht zu haben. Er nehme zu der Zeit, wann ſich eine Raupe eben gehaͤutet hat, den abgeſtreiften Balg des Kopfes, und halte den Theil deſſelben, wo man ſagt, daß die Augen ſich befinden, gegen das Licht oder in die Helle. Er wird alsdenn ſechs durchſichtige / und mit einer Hornhaut uͤberwoͤlbte Oeffnungen deutlich ſe— hen; und bey weiterer genauern Betrachtung wird er gewiß allen Zweiſel fahren laſſen, daß dieſe uͤberwoͤlbte Oeffnungen nicht den Raupen ſtatt der Augen die nen, oder vielmehr ihre wahren und eigentlichen Augen, ſeyn ſollten. un ne 91 der Geſtalt, Lage und Anzahl nach, auf allen Ringen von einerley Bes ſchaffenheit, ſondern fie halten folgenden Unterſcheid. Der erſte Ring hat auf beyden Seiten oben zween hintereinander ſte⸗ hende pomeranzengelbe Flecken, davon der erſte ziemlich eyfoͤrmig, der an⸗ dere aber ungleich groͤßer und eckig iſt. Zwiſchen jenem eyfoͤrmigen iſt die obgedachte Qveroͤffnung, aus welcher die Hoͤrner hervorkommen; über demſelben aber, etwas nach dem groͤßern Flecken zu, zeigen ſich die erſten zwey untereinander ſtehenden ſtahlblauen Knoͤpfgen, und gerade unter denſelben noch drey andere ſolche ſtahlblaue untereinander ſtehende Knoͤpfgen. Endlich ſiehet man auch unten zwiſchen den beyden gel— ben Flecken, etwas über dem voͤrderſten Paar Fuͤße, das erſte gelbli— che Luftloch. Der zweyte und dritte Ring hat, ſtatt zween, drey ſehr ſichtbare gelbe Seitenflecken. Die zween erſten und vorderſten ſind faſt gleich groß, rund, und um ein merkliches kleiner, als der dritte hinterſte Fle— cken. Dieſer letztere iſt, wie auf dem vorigen Ringe, eyfoͤrmig, und liegt etwas ſchraͤg. Bey dem gelben Mittelflecken wird man in einer g&s raden Linie vier ſtahlblaue mit Haaren beſetzte Knoͤpfgen gewahr. Zwey, davon das Aeußere groͤßer, als das Innere iſt, ſtehen an der innern Seite des Fleckgens ganz nahe beyeinander; die zwey andern aber bes finden ſich unter demſelben, und zwar der eine ganz nahe, der andere aber etwas weiter herunter. Hiezu koͤnnte man noch ein anderes der— gleichen ſtahlblaues Knoͤpfgen gerade über der Fußwurzel, als das fünf te, rechnen. Dieſen beyden Ringen gehen, aus bekannten Urſachen, die Luftloͤ— cher ab; hingegen befinden ſich an ihnen, und dem vorigen Ringe, die drey Paar ſpitzigen Fuͤße oder die Vorderfuͤße. Sie ſind, wie bey allen Raupen, aus einigen Roͤhren zuſammengeſetzt, an deren letztern, als dem eigent— M 2 lichen 92 A e lichen Fuße, die ſpitzig hellbraune Klaue nur einfach iſt, und keine ſolche zweyte kleine Nebenſpitze hat, wie man es von andern Raupen weis. Der vierte Ring, und ſo alle uͤbrigen, den letzten ausgenommen, haben auf jeder Seite nur zween gelbe Flecken; einen kleinen vorne, und einen ungleich größern hinten. Jener iſt faſt rund, dieſer aber mehr ey, foͤrmig. Doch ſcheinen ſie auch auf einigen Ringen manchmal mehr eckig, und einem Vierecke gleich zu ſeyn. Wenn man durch ein Ber groͤßerungsglas ſiehet, fo erblicket man noch einige, doch ſehr geringe, Spuhr von dem Mittelflecken des zweyten und dritten Ringes; bey den übrigen aber iſt auch unter der ſtaͤrkſten Vergroͤßerung nichts mehr da⸗ von zu finden. Ueber oder neben dieſen zween gelben Flecken, nach in— nen zu, ſtehen jene ſtahlblauen mit Haaren beſetzte Knoͤpfgen, deren wir ſchon bey den vorigen Ringen gedacht haben; nur daß ſie auf allen dieſen Ringen mehr ſchraͤg, als gerade, hintereinander ſtehen. Unter den gels ben Flecken aber ſtehen noch fünf andere ſolche Knoͤpfgen. Das erfte iſt das groͤßte, welches gerad unter dem voͤrderſten gelben Flecken ſich be; findet; die uͤbrigen vier aber ſtehen unter dem Luftloche, ſo auf dieſen und allen übrigen Ringen mitten innen if. An dem öten, ten, Sten, und gren Ringe ſſtzen die vier Paar ſtumpfen Füße oder die Mittelfuͤße, die, nach der Reaumuriſchen Einthei— lung und Benennung, zu den halbgecrönten gehören. Auf dem letzten Ringe, oder dem Nachſchieber, iſt nicht mehr als ein einziger gelber Flecken, und gerade uͤber der Schwanzoͤffnung, oder Klappe, ſtehen einige mehr ſchwarze, als blaue, Knoͤpfgen oder Huͤgelgen, welche wie die vorigen, mit ſtumpfen Haaren beſetzt find, Ich komme auf die Verwandlung dieſer Raupe. Daß ich von uhr den Zweyfalter mit rothen Augenſpiegeln gleich anfangs vermuthet habe; * N 93 habe; iſt ſchon oben gemeldet worden. Und je gegruͤndetere Urſachen und Beweisgruͤnde ich vor mir hatte, daß dieſer Zweyfalter kein fremder, ſondern ein innlaͤndiſcher, ſeyn muͤſſe; deſto begieriger war ich, feine Raupe mit Gewißheit zu erfahren. Allein, ich kam zu ſolcher Gewißheit ſo geſchwind nicht, als ich mir anfangs einbildete. Ich hatte ſchon im vergangenen Jahre einen ganzen Haufen dieſer Raupen geſammlet, und lange Zeit muͤhſam gefuͤttert, ohne daß ich meinen Zweck mit ihnen er— reichet hatte. Sie kamen aus mir unbekannten Urſachen, nach und nach alle um, ohne daß ſich davon auch nur eine einzige zur Verwandlung ange— ſchicket haͤtte. Und ſo unangenehm mir dieſes war, mußte ich mich doch auf ein anderes Jahr gedulten. Gleich im Anfange des 17754. Jahres aber wurde ich in meiner vo— rigen Vermuthung beſtaͤrket. Ein gewiſſer auswaͤrtiger Freund der In— ſecten erzaͤhlte mir, wie er in dem abgewichenen Jahre eine große Men— ge Raupen anf einem gewiſſen Kraute, fo auf den alten Mauern und Gebaͤnden wachſe, angetroffen, und aus ihnen denjenigen Zweyfalter er— halten habe, der in der Boͤſeliſchen Inſectenbeluſtigung der Ita⸗ lieniſche heiße. Ich merkte ſogleich aus der Beſchreibung, fo mir ders ſelbe von dieſen Raupen machte, daß es die meinigen waͤren, und da ich ihm die Abbildungen, fo ich von ihnen hatte nehmen laſſen, vorzeigte / verſicherte er mich, daß fie feinen Raupen vollkommen aͤhnlich wären, Nur konnte er ſich nicht erinnern, jemalen Hoͤrner an ihnen wahrgenom— men zu haben. Je angenehmer mir dieſe Nachricht nothwendig ſeyn mußte; deſto begieriger machte ſie mich, davon ſelbſt ein Augenzeuge zu werden. So bald alſo im April der Schnee weg war, und es gelinde Witterung und einigen Sonnenſchein gab, ſahe und ſchickte ich nach dieſen Raupen; und ich fand fie in dieſem Monate, und in den folgenden, wirklich in großer Menge wieder an den Oertern, wo ſich derſelben im vorigen M 3 Jahre 94 n M Jahre ſo viele aufgehalten hatten. Ich ließ ihrer abermalen eine große Anzahl nach Hauſe bringen, und ſie taͤglich mit friſchem Futter verſehen. Allein, nachdem fie ſich einigemal gehaͤutet hatten, und ich fie der Ders wandlung nahe zu ſeyn glaubte; fiengen dieſe von neuem an umzukom, men, und ſetzten mich in die Beſorgniß, auch dieſes Jahr ihrer Ver⸗ wandlung und Zweyfalter verluſtig zu gehen. Ich konnte nicht anders denken, als, es muͤſſe das Glas oder die Schachtel, wo ich fie bisher verſchieden gefuͤttert hatte, zu ihrer Vers wandlung nicht taugen; ſondern fie wuͤrden einen beſondern Ort dazu haben wollen. Ich that in dieſer Abſicht, was mir zu thun nur moͤg⸗ lich war. Ich brachte einen ganzen Haufen friſcher Raupen in ein klei⸗ nes Kaͤmmergen, in welchem ich an verſchiedenen Orten theils bloße Er⸗ de hinſtreuen, theils einen Theil ſolcher Erde mit Raſen bedecken ließ. An einem andern Orte ließ ich Steine übereinander legen; überall aber ſteckte ich Straͤuche und Reiſer; und glaubte, daß wo nicht das eine, doch das andere meinen Raupen der zu ihrer Verwandlung erforderliche Ort ſeyn werde. Vor allem aber haͤufte ich die Anzahl der Raupen. Ich ließ nicht nur gleich anfangs etliche hundert, und meiſtens ausge⸗ wachſene, nach Hauſe tragen, ſondern ich ſorgte noch über di, daß taͤg⸗ lich neue und friſche dazu geholet wurden, ſo, daß ich ihrer am Ende weit über tauſend gehabt habe. Und nachher fand ich, daß mir zu mei, nem groͤßten Gluͤcke dieſer Gedanke eingefallen war, indem von dieſer großen Menge ſich gleichwohl kaum zwanzig in Datteln verwandelten; und auch von dieſen erhielte ich nicht mehr als ohngefaͤhr 8 oder 10 voll⸗ kommene Zweyfalter. Was die Urſache davon ſey, weis ich nicht; fo viel aber iſt leicht abzunehmen, daß dieſen Raupen eine gewiſſe Art von Freyheit zu ihrer Verwandlung vortheilhaft, ja faſt nothwen⸗ dig ſeyn muͤſſe. Als n N 95 Als es gegen die Mitte des Junius kam, merkte ich an einigen meis ner Raupen, daß ihre Verwandlungszeit nahe ſeyn moͤgte. Sie ſien⸗ gen an ſich von demjenigen Orte zu entfernen, wo ſie ſich bisher bey ih⸗ rem Futter und beyeinander ganz ruhig gehalten hatten, ſie liefen einige Tage in der Kammer ſehr ſchnel hin und her, trochen die Waͤnde und Straͤuche auf und nieder; und endlich ſahe ich, daß hie und da verſchie⸗ dene drey und vier Tage an einem Flecke unbeweglich ſitzen blieben. Sie zogen die drey Paar ſpitzigen Füße und den Kopf ſehr ſtark an den Seib, und weil ich erwartete, daß ſie nach dieſer Vorbereitung den Balg ehe⸗ ſtens abſtreifen würden, ſahe ich alle Tage etlichemal nach ihnen. Da die meiſten ſich an den Wänden und Brettern ſenkrecht anges ſetzet hatten; ließ es mich nicht zweifeln, daß ich aus ihnen, nach Art derer Dornenraupen, die ſich auch ſenkrecht anzuhaͤngen und zu verwan— deln pflegen, einen Tagfalter erhalten wuͤrde. Nur kam mir eines ſehr fremd vor. Da man bisher bey nahe zur Hauptregel angegeben hat, daß ſich alle Raupen, aus welchen Tagfalter entſtehen, entweder an den Hinterfuͤßen ſenkrecht aufhaͤngen, oder mit einem Faden um den Leib befeſtigen müßten; fo konnte ich bey keiner meiner Raupen, die ſchon zween und drey Tage nicht von der Stelle gekommen waren, weder Ge— webe bey den Hinterfuͤßen, noch einen Faden um den Leib, bemerken. Und auf dieſe Weiſe, naͤmlich ohne auf eine, oder die andere, Art ſich durch Gewebe vorzuſehen und zu verwahren, konnte ich mir doch auch keine Ders wandlung vorſtellen. Jedoch das Raͤthſel wurde bald aufgeloͤſet. Alle diejenigen, fo ſich, ohne einiges Gewebe zu machen, an den Wänden, oder anderwärts, angeklammert hatten, fielen nach und nach ab und zu Boden, ſchrumpften zuſammen, und verdarben. Wie ſehr war ich durch dieſen neuen unerwarteten Zufall eine lange Zeit beſorget! Und ich gab ſchon alle Hoffnung auf, aus meiner großen Raupenheerde auch nur einen einzigen Zweyfalter zu erhalten. Jedoch 96 n 2 Jedoch meine Hoffnung ſchien wieder etwas aufzuleben; da ich hier und da von neuem einzelne gewahr ward, die ſich ein Geſpinnſte zu mes ben anfiengen. Aber anſtatt daß ich, nach der bisherigen Regel, und dem gemeinen Vorurtheile, erwartete, daß fie ſich ein Geſpinnſte entwe⸗ der hinten allein, oder zugleich auch einen Faden um den Leib herumzie— hen wuͤrden; ſahe ich vielmehr, daß ſich viele eben ein ſolches Geſpinnſte zubereiteten, wie man es an den meiſten, ſonderlich haarigen Raupen, aus welchen Nachtfalter hervorkommen, gewohnt iſt. Und da ich diefe Art zu verfahren auch bey andern ſahe; konnte ich nicht mehr zweifeln, daß ein ſolches Geſpinnſte ihnen allen eigen ſeyn muͤſſe. Ich geſtehe es gerne, daß ich bey dieſem erſten Anblicke in meiner anfänglichen Vermu— thung mehr, als jemalen, irre ward; indem ich, vermoͤge dieſes Geſpinn⸗ ſtes, nicht ſowohl einen Tagfalter, als einen Nachfalter, zu erwarten hatte. Wiewohl, da die Natur ſich an unſere vermeintliche Grundſaͤtze nicht bindet, und ich mich erinnerte in der Inſectenbeluſtigung des Herrn Roͤſels ſchon von einer Raupe geleſen zu haben, die ſich in einem ordent— lichen Nachtfaltergeſpinnſte zu einem Tagfalter verwandelt hatte; fo ent, nahm mir dieſes nicht alle Hoffnung, vieleicht doch noch aus meiner Rau⸗ pe den beſtimmten Tagfalter zu ſehen. * Was das Geſpinnſte ſelbſt anlanget; ſo habe ich weder dem Orte, noch der Zurichtung und Geſtalt nach, bey allen eine vollkommene Gleichheit wahrgenommen. Einige machten ſolches Geſpinnſte in den Ecken der Fenſter und Waͤnde; andere verfertigten ſolches an jedem andern flachen und platten Orte frey in die duft; doch fand ich die meiſten Geſpinnſte in Winkeln, wo fie wenigſtens von zwey Seiten bedecket waren, wel— ches, außer andern Urſachen, vieleicht daher kommen mag, weil ſie we— nig Spinnvorrath zu haben ſcheinen. Die meiſten machten ſich ein ganz zartes durchſichtiges Geſpinnſte, welches wieder bey einigen nur aus ſehr weitſchichtigen angeſpannten Faͤden beſtand (), bey andern aber ein : \ engeres (0 Tab. I. Fig. VIII. n ce 97 engeres Netzgen vorſtellte. Doch machten ſich auch einzelne ein völlig undurchſichtiges Gewebe; das aber dabey zart und ungemein dünn war. Alle dieſe Geſpinnſte waren ſchoͤn weiß, und man ſahe nicht das gering— ſte Merkmaal, daß von den Haaren etwas darunter gewebet oder eini— ger Saft von innen darüber gezogen wäre, Als ſich meine Raupen alle eingeſponnen hatten, oder ſonſt umgekommen waren, und ich eben im Begriffe ſtand, das gehaͤufte Futter wegraͤumen zu laſſen, ſo fand ich auch unter demſelben ziemlich tief etliche Geſpinnſte, in welchen ſich eini⸗ ge Raupen verwandelt hatten. Es waren dieſelben ein ordentlich rund— liches Gewoͤlbe, welches ſich dieſe Raupen aus Zuſammenheftung der Stengel von der Hauswurz zubereitet hatten. Und ich habe auch wirk— lich aus dieſen Geſpinnſten zween vollkommene Zweyfalter erhalten. Es ſcheinet alſo, daß ſich dieſe Raupen auf verſchiedene Art einſpinnen; je nachdem es ihnen die Zeit, der Ort und andere Umſtaͤnde erlauben, oder wie es ihnen ſonſt gefaͤllig ſeyn mag. Nachdem die Raupen mit ihrem Geſpinnſte fertig waren; blieben fie in demſelben ſtille liegen, zogen Kopf und Füße an ſich, wurden ims mer kuͤrzer, und ſonderlich gegen die Mitte des Leibes dicker, bis ſie nach fünf oder ſechs Tagen endlich ihren Balg abſtreiften. Die Dattel ſahe anfangs, ſonderlich an dem obern Theile, wo die Fluͤgelſcheiden, Füße, Fuͤhlhoͤrner u. f. w. ſich befinden, gruͤnlich, an den übrigen Ringen des Leibes aber gelblich aus. Dieſe grün und gelbe Farbe ward nach und nach immer dunkler und unkenntlicher, und ver— wandelte ſich, nach nicht gar vier und zwanzig Stunden, in eine dunkel⸗ braune Farbe. Und wie ſehr befremdete es mich, als ich nach einigen Tagen auf allen Datteln einen anſcheinenden weißen Schimmel fand, mit welchem fie dergeſtalt überzogen waren, daß man faſt nicht das ges ringſte von ihrer braunen Farbe mehr ſahe (5). Es war eben, als wenn Neuentd. Theile. N ſie () T. I. Fig. VIII. IX. 98 m 2 fie an einem feuchten Orte gelegen haͤtten, zu verſchimmeln und zu vers modern anfiengen. Ich wußte nicht, was ich daraus machen ſollte, und ſahe es fiir einen neuen üblen Zufall an, und daß meine Datteln wohl gar verdorben ſeyn moͤgten. Ich nahm eine in die Hand, und nachdem ich den aufſitzenden ſcheinbaren Schimmel abgemifcher hatte, fo kam zwar die braune Farbe wieder zum Vorſcheine; allein ich mußte nun bey nahe ganz gewiß glauben, daß meine Datteln verdorben waͤren. Denn da man bisher als das ſicherſte Merkmaal von einer friſchen und geſunden Dattel angegeben hat, wenn fie ſich mit ihrem Hintertheile bey dem Ans rühren bewege; fo konnte ich hingegen bey meiner Dattel durch alles Ber handeln, Druͤcken, und ſonſtige Handgriffe, nicht die geringſte Bewe⸗ gung, oder das mindeſte Merkmaal eines Lebens, verſpuͤhren. Und dies ſe Bemerkung haͤtte mich bey nahe bewogen, alle meine Datteln wegzu⸗ werfen. Jedoch, ich entſchloß mich einige Wochen zuzuſehen. Nachdem ich gegen vierzehn Tage gewartet hatte, und ſich noch nichts zeigen wollte; ſo nahm ich eine Dattel in die Hand; ſpuͤhrte nach dem Leben, fand aber kein Merkmaal deſſelben; und endlich wagte ich es, dieſelbe behutſam zu öffnen. Kaum aber daß ich durch vorſichti— ge Abloͤſung der Fluͤgelſchaalen Luft gemacht hatte, ſprangen die uͤbrigen Theile voneinander, und ich erhielt einen lebendigen Zweyfalter. Wie groß war meine Freude daruͤber, am meiſten aber deswegen, weil ich aus der Bildung ſeiner, obgleich noch gar kleinen, Fluͤgel abnehmen konnte, daß es der warhafte ſchoͤne Zweyfalter ſey (5). Ich half indeſſen dies ſem neuen Ankoͤmmlinge nach und nach aus ſeiner Schaale, da er in kurzer Zeit zu einem großen und volkommenen Zweyfalter anwuchs (**). Nachdem ſeine Fluͤgel die voͤllige Groͤße und Steiffe erhalten hat— ten, ließ er einen fleiſchfarbenen, unrein ſcheinenden, Tropfen Feuchtigkeit von ſich, auf welchen gar bald ein andrer heller und durchſichtiger, gleich g 5 einem () Tab. II. Fig. I. (.*) Fig. II. III. zu 9 einem Waſſertropfen, folgte. Und hierauf bekam ich bis gegen den Ans fang des Julius ſolcher Zweyfalter mehrere, deren die wenigften aber voll kommen auswuchſen. Man ſieht aus dieſer Beſchreibung, daß die Verwandlung die⸗ fee Raupe in verfchiedenen Stuͤcken ungewoͤhnlich iſt, und zum Theile noch bisher unbekannte Eigenſchaften hat. Ihre Art des Geſpinſtes macht eine dritte Abtheilung der Tagfalter aus. Die wie wie mit Schimmel, oder Mehl, uͤberſtreute Dattel; die Unempfind⸗ lichkeit, und das ganz lebloſe Bezeigen derſelben, iſt auch etwas Selte— nes. Und man koͤnnte noch dieſes, als das dritte Sonderbare, anſehen, daß von keiner Dattel der Raupenbalg ganz abgeſtreift wird, ſondern daß derſelbe allezeit an den drey letzten Gliedern ſitzen bleibet, und uͤber denſelben verhaͤrtet (). Und da alle Biefe Datteln, ohne ein einzigesmal eine andere, als die erſte Sage, anzunehmen, oder ſich, wie die Datteln der Nachtfalter zu thun pflegen, umzuwenden, ganz unbeweglich auf ei— nem Flecke liegen, oder haͤngen bleiben; ſo ſchließe ich daraus, daß der unten haͤngend bleibende Balg etwas zu ihrer Befeſtigung an dem Ge— ſpinnſte beytragen muͤſſe; ob ich gleich den Grund, und die Art und Weis ſe, davon nicht habe entdecken Fönnen, Ich komme zu der Beſchreibung des Zweyfalters ſelbſt. Es iſt ſol— cher (**) von ziemlicher Groͤße, und von ungemein ſchoͤner Farbe und Zeichnung, und heißt daher mit Recht vorzüglich der ſchoͤne Zwey— falter. Und weil ihm, außer den ſchwarzen Flecken, auf den Oberfluͤ— geln, ſonderlich die purpurrothen, ſchwarz eingefaßten, Flecken auf den Unterfluͤgeln ein ſonderliches Anſehen geben; fo hat man ihn den Swey— falter mit den rothen Augenſpiegeln genennet. Da ich glaube, daß man aus der Abbildung am beſten im Stande ſeyn wird, dieſen Zweyfalter von andern zu unterſcheiden; ſo werde ich N 2 es () Fig. VIII. a. () Tab. II. Fig. I. II. 100 l e es bey einer ganz kurzen Anzeige ſeiner Farbe, und ſeiner e 3 Flecken, bewenden laſſen koͤnnen. Die Grundfarbe der Ober- und Unterfluͤgel iſt bey den meiſten blaßs gelb, doch auch bey einigen ſchoͤn hochgelb. Es reicher aber dieſe gelbe Farbe nicht bis ganz an das untere Ende der Oberfluͤgel, ſondern es iſt daſelbſt ein ziemlich breiter Strich weiß und durchſichtig. Die hin und wieder laufenden Adern ſind dunkelgelb. Wenn der Zweyfalter ſeine Flügel ausgebreitet hat (*), und auf der obern Seite angeſehen wird, ſo ſind die Oberfluͤgel zwiſchen den erſten beyden Adern uͤberall, alsdenn aber auch noch hier und da, und ſonderlich an den innern Seiten, wo die Ober- und Unterfluͤgel an dem Bruſtſchilde anſitzen und die Unter— flügel ſich an den Leib ſchließen, fehr zart, doch haͤufig, ſchwarzpunctirt. Die beſtaͤndigen Flecken der 77 find zween große ſchwarze viers eckigte Flecken, und in der Mitte unter denſelben ein kleiner ziemlich run— der Flecken von gleicher ſchwarzer Farbe. Außer dieſen dreyen, die bey einigen Zweyfaltern bald klein, bald groͤßer ſind, werden noch zween an— dere ſchwarze Flecken bemerket, die aber ſehr unbeſtaͤndig ſind, ſo, daß ſie kaum einem ſchwarzen etwas breiten Striche aͤhnlich ſehen; ja bey eini— gen voͤllig unſichtbar ſind. Die Unterfluͤgel fallen, wegen der auf ſelbigen ſich befindenden rothen Spiegelpuncten, ſehr ſchoͤn in die Augen. Es ſind derſelben auf jedem Flügel zween, ein kleinerer oben, und ein größerer weiter unten. Beyde haben von außen einen ſchwarzen Umkreis; alsdenn koͤmmt der rothe breitere Flecken; und endlich iſt in demſelben noch ein weißer Mic telpunct. Der Geſtalt nach ſind ſie bald mehr, bald weniger eyfoͤrmig, auch hie und da eckig. Wo die beyden Unterfluͤgel ſich unter dem Leibe zuſammenſchließen, ſiehet man auf jedem Fluͤgel einen breiten ſchwarzen Qverſtrich, die zu— ſam⸗ 4˙0 Tab. I. Fig. III. d N 101 ſammen einen einzigen auszumachen ſcheinen. Allein dieſer Strich iſt faſt bey jedem Zweyfalter anders. Bey einigen iſt er in drey aneinan— derſtoßende ungleiche Flecken abgetheilet; und dieſe drey ſind wieder bey einigen ganz ſchwarz, bey andern aber haben ſie, ſonderlich in Anſehung des mittlern Flecken, einen andern rothen in der Mitte. Der Bruſtſchild und Kopf find meiſtens mit gelben, doch auch mit ſchwarz untermengten, langen Haͤrgen uͤberſtreuet; der Unter— leib aber hat weiße und ſchwarze Haare durcheinander, die ihm eine graue Geſtalt geben; doch befinden ſich am Ende jedes Abſatzes allezeit lange gelbliche Haare; und das letztere Glied hat unten ſchwarze. Leget man den Zweyfalter auf den Ruͤcken, oder betrachtet ihn, wenn er feine Flügel ſenkrecht aneinanderſchließet (*); fo ſiehet man an der Unterflaͤche der Oberfluͤgel diejenigen ſchwarzen Flecken auf eben die Art, und mit denen Veraͤnderungen, deren ich auf der obern Fläche ers waͤhnet habe. Nur mit dem einzigen Ulnterſcheide, daß der runde Fle— cken unter den zween groͤßern faſt bey allen, einen bald mehr, bald weni— ger, ſtarken rothen Mittelpunct hat; und dieſen hat auch manchmal der unbeſtaͤndige größere ſchwarze Flecken, der aber auch bey einigen ganz und gar nicht zugegen iſt. Die Unterfluͤgel haben auf dieſer ihrer Unterflaͤche zuerſt eben die— jenigen Augenſpiegel, deren ich bey ihrer Oberflaͤche gedacht habe, nur mit dem Unterſcheide, daß der weiße Mittelpunct hier allezeit ſehr groß iſt. Sodann ſiehet man allhier den oben gemeldten ſchwarzen Strich alle— zeit in kleine verſchiedene, und voneinander abgeſetzte, Flecken abgerheis let: aber auch bey jedem Zweyfalter faſt anders geſtalt. Bald iſt der obere Flecken nur ein kleiner ſchwarzer Punct, bald iſt er völlig unſicht— bar, bald iſt er ein ſehr ſchoͤner runder Flecken, ſchwarz eingefaßt. Der N 3 mittle⸗ () Tab. I. Fig. II. 102 d e mittlere Flecken iſt manchmal voͤlig ſchwarz, manchmal iſt er roth und nur ſchwarz eingefaßt; und wieder ein andermal hat er in dem rothen auch einen weißen Mittelpunct. Der dritte letzte Flecken iſt am allerun⸗ beſtaͤndigſten, bey einigen iſt er ganz ſchwarz und rundlich; bey andern iſt er unten lang und ſpitzig; bald ſchwarz, bald roth und ſchwarz einge⸗ faßt; und bey noch andern iſt er ein ordentlich runder, rother, ſchwar; ein⸗ gefaßter Flecken, mit einem kleinen weißen Mittelpuncte. Der Btuſtſchild und Unterleib find hier voͤlig gelb, und an je, nem ſitzen die drey Paar ebenfalls gelben Fuͤße. Wenn diefer Ziweyfalter in der Ruhe iſt; fo ſchließet er feine Fluͤgel feſt aneinander, und hält fie allezeit dergeſtalt in die Hoͤhe, daß fie mit dem Orte, wo er ſitzt, ſenkrecht ſtehen (*). Man ſiehet alsdenn noch an⸗ dere vier rothe Flecken an dem Ende der Unterflügel , gerad über dem Bruſtſchilde und der vordern Haͤlfte des Leibes. Und weil bey dieſen Zweyfaltern die innere Seite der Unterfluͤgel niemals den Leib bedecket, ſondern derſelbe völlig frey und bloß gelaſſen wird; fo gehören fie unter die vierte Claſſe der Keaumuriſchen Tagfalter, die naͤmlich, außer ihren knopfartigen Fuͤhlhoͤrnern, wie ich bald erzaͤhlen werde, ihre Fluͤgel in Anſehung des Ortes, wo ſie ſitzen, ſenkrecht tragen, und an denen der innere Rand der Unterfluͤgel ſich alſo kruͤmmet, daß der ganze Leib bloß und unbedeckt bleibet. Der Herr von Keaumur hat von dieſer Claſſe nur die Schwanzfalter (papillon a queue) gekennet (**); daß alſo der gegenwaͤrtige der zweyte von dieſer Claſſe, und der erſte ohne Schwanz iſt. Die Fuͤhlhoͤrner (***) find, wie erſt gedacht iſt, knopfartig, das heißt, ihr Stengel iſt faſt durchaus gleich dick, oder walzenfoͤrmig, und endigt ſich oben in einen ſolchen Knopf (F), wie vor Alters die Streitkol⸗ ben (*) Tab. II. Fig. II. (0 T. I. P. I. Mem. VI. p. 744. 345. (***) Tab. II. Fig. IV. (T). wo 103 ben hatten, und die eben daher auch kolben- oder knopfartige Kuͤhl⸗ börner heißen; (antennae clauatae, des antennes à maſſes, ou a boutons); Sie machen bey Herrn von Reaumue die erſte Claſſe derſelben aus; und find, wie alle ihres gleichen, aus verſchiedenen Gelenken, oder Glie⸗ dern, zuſammengeſetzt, von welchen die untern am Stengel am ſchmaͤl, ſten, laͤngſten, und ſtaͤrkſten abgeſchnitten oder eingekerbet ſind; die obern aber immer dicker, und kuͤrzer werden; und ſonderlich ſchließen ſich die Ringe des Knopfes am engſten aneinander. Der Knopf ſelbſt lauft rund— lich zu (*), und hat oben in der Mitte ein zartes und ſpitzig zulaufendes Kegelgen (*), dergleichen mehrgedachter Herr von Reaumur ſchon an andern bemerket hat. Die Maͤnngen und Weibgen unterſcheiden ſich durch zwey Stücke. Einmal durch die ſchon bekannte Geſtalt des Leibes, als der bey denen Maͤnngen länger und dünner, als bey den Weibgen iſt; zum andern aber, welches hier beſonders merkwuͤrdig iſt, durch einen gewiſſen ganz außerordentlichen Cheil, der dem Weibgen hinten am Leibe an— ſitzet (***). Da letzterer eben der Theil iſt, den meines Willens noch fein Naturkuͤndiger an irgend einem andern Zweyfalter bemerket hat; fo glaube ich um ſo mehr verbunden zu ſeyn, davon hier eine genauere Nachricht und Auskunft zu geben. Als ich dieſen Theil zum erſtenmal erblickte, ſo hielt ich diejenigen Zweyfalter, welchen ſolcher anſaß, fuͤr lauter Maͤnngen, und vermuthe— te, daß ihnen ſolcher beym Begatten etwan nuͤtzen moͤgte. Dieſe meine Vermuthung ſchien um ſo mehr Grund zu haben, weil ich in der innern Hoͤhlung deſſelben ein kleines Staͤngelgen, wie die Ruthe des Geſchlechts— gliedes, gewahr ward (). Als ich aber genauer nachſahe, ſo fand ich, daß alle Zweyfalter, die ſolchen Theil hatten, lauter Weibgen waren. Die bloße oben gemeldete dickere Leibesgeſtalt zeigte mir davon ſchon einis germaßen die Gewißheit; ich wollte aber dieſem Merkmaale allein nicht trauen, C) Tab. II. Fig. IV. b. (%a. ( Fig. II. a. (F) Fig. VI. d. VII. a. 104 + 2 > trauen, und ſuchte mich alſo deſſen noch auf eine andere, und auf die un: truͤglichſte, Art zu verſichern. Ich ließ eine große Menge dieſer Zweyfalter auf den Bergen fangen, und nahm zu Hauſe meine Verſuche zuerſt mit lauter ſolchen vor, wel— che dieſen Theil nicht hatten. Ich druͤckte einem nach dem andern das verborgene Geſchlechtsglied heraus, und dieſes war bey allen dieſen alle⸗ zeit das Männliche Glied (*). Ich fand an demſelben alle diejenigen Haupttheile, die Herr von Keaumur bey einem Tagfalter gefunden und benenner hat (*). Naͤmlich die beyden krummen Platten (***), die ziem⸗ lich ſpitzig suliefen, und oben einen Nagel zu haben ſchienen; die horni— gen bogenweiſe gegeneinander ſtehenden Haken (T); das zwiſchen den Plat- ten und Haken, in der Mitte emporſtehende Staͤngelgen (TI), welches, genau zu reden, nur die Scheide des eigentlichen Geſchlechtsgliedes iſt. Denn wenn man recht ſcharf druͤcket, koͤmmt aus demſelben an der Seis te, nach oben zu, ein anderer haͤutiger Koͤrper zum Vorſcheine, welches das rechte Zeugungsglied iſt. Hinter dieſem liegt der After (Tr), und weiter hinter demſelben ſtehen ein Paar kleine krumme Haͤkgen (I). Da nun angezeigtermaßen dieſes Glied unlaͤugbar das männliche Ge; ſchlechtsglied iſt, und ſolches ausſchließungsweiſe nur allein denenjenigen Zweyfaltern eigen war, denen der andere neue Theil fehlte; ſo durfte ich wohl nicht mehr anſtehen, dieſes zur Grundregel anzunehmen: daß die naturliche Abweſenheit des neuen Theils ein ficheres Merkmaal der Männs gen ſey. Und daher habe ich auch in ſolchen Zweyfaltern beym Aufſchnei— den keine Eyer gefunden. Nach dieſen Verſuchen nahm ich die andern Zweyfalter vor die Hand, welche jenen neuen Theil hatten. Als ich verſchiedene von ihnen aufſchnitte, fand ich alſobald den Leib voll gelblicher, etwas ins Rothe fallen⸗ () Fig. VIII. ( T. II. P. II. Mem. II. Pl. 3. p. 99. () Fig. VIII. b.b. (c) Tab. II. Fig. VIII. d. d. (Tt) c. (Ar) e. DE n O ro fallender, Eyer; und wenn ich die hintern Ringe des Leibes zuſammen— preßte, fo zeigte ſich bey allen das weibliche Geſchlechtsglied in feinen bes ſondern Theilen. Doch mußte ich, ſolches ſichtbar zu machen, den Anſatz zuvor abbrechen. Ich will mich bey der Beſchreibung der Theile des Geburthsgliedes nicht aufhalten, da man theils aus der Abbildung ſich davon einen deutlichen Begriff machen kann (*), theils auch Herr von Reaumur davon fchon hinlaͤngliche Auskunft gegeben hat. Vielmehr wende ich mich zu dem Haupttheile, der dieſen Weibgen eigen iſt. Es ſitzet derſelbe den zweyen letztern Gliedern des Unterleibes (**), und zwar ſo feſt an, daß man ihn nicht leicht, ohne ihn zu zerbrechen, da— von abſondern kann. Ich wuͤßte ihn uͤberhaupt mit nichts Beſſerm im Kleinen, als mit dem Sintertheile eines Schiffes, zu vergleichen, an welchem unten der Kiel zu ſehen iſt. Er iſt hornartig und ungemein hart, dabey aber doch ſehr duͤnn, innwendig hohl, halbdurchſichtig, und meiſtens von dunkelbrauner Farbe. Doch habe ich einige gefunden, die ganz ſchwarz; und wieder andere, die weißgrau waren. Der Spiegel (*), um bey dem Gleichniſſe eines Schiffes zu bleiben, iſt an einigen ganz gerade in die Hoͤhe geſchwun— gen, an andern aber iſt das oberſte Ende deſſelben auswaͤrts gebogen; und hat in der Mitte einen Einſchnitt, welcher ihn in zween gleiche Thei— le theilet, die bey einigen in zwo ſtumpfe Erhoͤhungen, bey andern in eine einfache ſcharfe Spitze, auslaufen. Jeder dieſer zween Theile iſt an dem Rande auf das ſtaͤrkſte verduͤnnet, und gehet in eine ſcharfe Schneide aus. Wo der Einſchnitt unten aufhoͤrt, gehet der Riel an (1), welcher vom erſtgedachten Orte, bis er ſich unter den Ringen des Leibes verliehret, einen halben Bogen macht, und ebenfalls hornartig, duͤnn, und c*) Fig. V. (% Tab. II. Fig. II. a. (% Fig. VI. z. VII. a. (1) Fig. e l Neuentd. Theile. O 206 e e e und an ſeinem Umfange geſchaͤrft iſt. Der ganze Theil aber verlichrer ſich unter den Haaren der Ringe, ſo daß man nicht ſiehet, wie und wo er eigentlich mit ihnen zuſammenhange. Junwendig zeiget ſich vom Kiele bis an das aͤußerſte Ende des Spie⸗ gels eine Rippe, fo unten am ſtaͤrtſten iſt, gegen die oberſte Schärfe aber ebenfalls duͤnn zulaͤuft, und den vorgedachten Einſchnitt macht, der bey einigen nicht einmal ſichtbar iſt. An ihrer ſtatt zeiget ſich bloß ein ſchwarzer Strich, oder es ſcheint vielmehr die erſtgemeldte Rippe durch. Der ganze innere Boden iſt mit langen Haaren ausgefuͤllt, die von dem letzten Gliede des Leibes ihren Urſprung haben. Vor allen aber iſt an— merkungswuͤrdig, daß ſich aus der Mitte dieſes hohlen Bodens gegen das oberſte Ende des Spiegels ein Stängelgen, wie eine durchſich⸗ tige Borſte, ſo ganz gerade iſt, ſchraͤg emporhebet (). Es ſcheinet zwar keine Glieder oder Abſaͤtze zu haben; laͤßt ſich aber doch, wie eine Fiſch— graͤte, biegen, und ſpringt allezeit wieder in feine vorige Richtung zuruͤcke. Dieſen itzt beſchriebenen neuen Theil hatten alle diejenigen Zweyfal— ger ganz und unverſtuͤmmelt, die bey mir auskrochen. Bey denen aber, die ich auf den Bergen fangen ließ, war er ſelten unverletzt; ſondern bey denen, fo, nach Anzeige ihrer zerriſſenen, und vom Federſtaub oder Schups pen entbloͤßten, Fluͤgel, ſchon lange herumgeflogen waren, fand ſich dieſer Theil ſehr zerſtuͤmmelt, fo gar, daß ich bey manchem recht muͤhſam nach» ſuchen mußte, um nur ſeiner Ueberbleibſel unter den Haaren der letzten Glieder anſichtig zu werden. > Da der größte und eigentlichſte Endzweck der weiblichen Zweyfalter iſt, ſich zu begatten, und Eyer zu legen; fo ſcheinet dieſer itztbeſchriebene neue Theil ein Werkzeug dazu, und zu einem von dieſen beyden Endzwe— cken geſchaffen zu ſeyn. Zum Begatten und Paaren kann er wohl nicht dienen, weil, wie ich angezeigt habe, nicht nur bey den Maͤnngen und Weibgen die Zeugungsglieder vollkommen, wie bey andern find; ſondern weil 4°) Tab. II. Fig. VI. d. VII. d. * n 107 weil auch dieſer Theil dem Begatten mehr hinderlich, als foͤrderlich zu ſeyn ſcheinet. Ich würde alſo ſehr geneigt ſeyn, es vor ein Huͤlfsmittel und Werkzeug des Eyerlegens anzugeben, wenn ich nur hievon ein Aus genzeuge werden und einen einzigen Zweyfalter hätte ſehen koͤnnen Eyer legen. Allein ich bin, aller angewandten Mühe ungeachtet, fo gluͤck— lich nicht geweſen, eben fo, wie ich auch gepaarer niemals einen ans getroffen habe. Ich muß alſo, um von dem anſcheinenden Nutzen nur etwas zu ſagen, es dermalen bey bloßen Muthmaßungen bewen— den laſſen. Mich duͤnket, man konnte diefen Theil einem Pfluge vergleichen. Die Pflugſcharre iſt ein etwas gewoͤlbtes und vorne ſpitzig zulau— fendes Eiſen. Dieſem ſcheinet der ſogenannte Spiegel dieſes neuen Zweyfaltertheiles ahnlich zu ſeyn. Die Pflugſcharre hat hinter ſich ein langes unten mit Eiſen beſchlagenes Bret. Mich duͤnket, daß bey jenem Theile der Kiel dieſe Stelle vertrete. Und vieleicht iſt hier auch das Strängelgen dasjenige, was bey dem Pfluge das Meſſer iſt. Sollten ſich alſo die Weibgen nicht etwa dieſes Werkzeuges eben ſo, wie wir uns unſers Pfluges, bedienen? Sollten nicht diejenigen, an welchen dieſer Theil zerſtuͤmmelt und zerbrochen iſt, ſolchen beym Eßerlegen e und verdorben haben? Da dieſer Theil ſehr feſt am Leibe ſitzet, fo kaun das Weibgen ihre ganze Gewalt anwenden. Da er an ſich fo hart und ſeſt, daß man ihn mit dem ſpitzigſten Meſſer kaum durchſtechen kann, und nebſt dem auf allen Seiten ſcharf und ſchneidig iſt; ſo ſcheinet er allerdings geſchickt ge— nug zu ſeyn, die Erde damit aufzuwuͤhlen. Erinnern wir uns hiebey, daß die Raupen dieſer Zweyfalter bloß auf der Hauswurz leben, dieſe aber auf alten Gemaͤuern und Felſen in weniger Erde waͤchſet, welche Erde noch dazu faſt beſtaͤndig auf das haͤrteſte ausgetrocknet iſt; ſo moͤgte wohl allerdings der Zweyfalter eines beſondern Werkzeuges brauchen, dieſe O 2 Erde 103 nn ee e Erde aufzuarbeiten, wenn er feine Eyer an die Wurzeln oder wohl gar unter die Erde nahe an dieſelben legen will. Es iſt zwar wahr, daß ich mich nicht erinnere, jemals geleſen zu ha— ben, daß Zweyfalter ihre Eyer unter die Erde legen; ich weiß auch daß die Meynung des Herrn von Reaumur bey einigen Tagfaltern gegrüns det genug iſt, daß fie den ganzen Winter bis in Fruͤhling lebendig bleiben, und alsdenn erſt ihre Eyer legen; allein es will gleichwohl Letzteres bey dieſen Zweyfaltern mir nicht wahrſcheinlich vorkommen. Denn ich habe weder im Fruͤhlinge noch gegen den Herbſt jemalen auch nur einen einjis gen Zweyfalter fliegen geſehenz und nebſt dem habe ich auch nie ein Merk maal angetroffen, daß des Jahres mehr, als eine Zeugung ſeyn ſollte. Mithin duͤnket mich nichts anders übrig zu ſeyn, als zu glauben, daß, da, nach der Aehnlichkeit zu ſchließen, die Zweyfalter ihre Eyer nahe bey der Haus wurz legen muͤſſen, hiezu kein begvemerer Ort, als unter der Erde, die nicht gar tief iſt, ſeyn koͤnne. Wollte man ſagen, daß ſie die Eyer vieleicht an die Stengel klebten; fo wuͤrde ich, da ich nur erſt kurzlich an denen Oertern, wo ſich die meiſten Zweyfalter aufgehalten haben, das Kraut, und die ausgeriſſene Stengel ſorgfaͤltig beſchauet habe, doch we— nigſtens einmal ein Ey daran gefunden haben, welches doch nie gefches hen iſt. Jedoch, ich habe gleich anfangs geſagt, daß dieſes lauter Muth⸗ maßungen find; und ich werde demjenigen verbunden ſeyn, der mir einen naͤhern und beſſern Endzweck dieſes Theils angeben wird. Erklaͤ⸗ Fig. Fig. Fig. e e 109 Erklaͤrung der Kupferplatten. Die erſte Tafel. I. Die Hauswurzraupe in natürlicher Größe und auf ihrem Nah⸗ rungskraute. a. bezeichnet den Ort, wo die Hoͤrner dieſer Raupe beym Anruͤh— ren und Druͤcken derſelben ſichtbar werden. II. Die naͤmliche Raupe klein und ausgewachſen. „ III. Ein vergrößerter Kopf dieſer Raupe, an welchem die gelben Flecken, ſtahlblauen Knoͤpfgen, und Augen, ſehr deutlich zu ſehen ſind. a. der gelbe Qverſchnitt, der ſich beym Anruͤhren und Druͤcken der Raupe in Hoͤrner verwandelt. . IV. Eben derfelbe Kopf in natuͤrlicher Größe. a. die herausgetretenen Hoͤrner. . V. Der vortge Kopf vergrößert. a. a. die halbherausſtehenden Hoͤrner. b. b. die obere Vertiefung oder anſcheinende Oeffnung. c. das erſte Luftloch. VI. Die halbherausgedruͤckten Kopfhoͤrner nach einer mittelmaͤßi— gen Vergroͤßerung. a. der gemeinſchaftliche Aſt. b. b. die obere Vertiefung. c. c. die braunen vertieften Seitenflecken. VII. Die völlig und auf das ſtaͤrkſte herausgedrückten, oder unter⸗ bundenen, Kopfhoͤrner. a. der gemeinſchaftliche Aſt. b. der Ort ihrer Eingliederung. c. c. die braunen vertieften Flecken. d. d. d. d. d. die fünf braunen Knoͤpfen auf der kaͤulenfoͤrmigen Schneide. VIII. Die Dattel der Hauswurzraupe in ihrem Geſpinnſte und wie fie ſich von vorne zeiget. a. der abgeſtreifte und uͤber den letzten Ringen erhaͤrtete Raupenbalg. b. b. b. b. b. b. b. die Luftloͤcher. e. die Fluͤgelſcheiden. d. die Fuͤße, Fuͤhlhoͤrner, u. ſ. w. IX. Die naͤmliche Dattel, wie fie vom Ruͤcken anzuſehen it. O 3 Fig. J. 110 Fig. Fig. no X. Der Kopf, der Hals und das erſte Glied der kleinen braunen ſchwarzgefleckten Dornenraupe mit dem weißen Ruͤckenſtreife. a. der neuentdeckte kegelartige Halstheil. b. die Augen. XI. Der Kopf, der Hals und das erſte Glied der ſchwarzen Neſſelraupe. a. der völlig herausgedruͤckte Halstheil. b. das Luftloch. c. die Augen. Fig. XII. Der Pals, und das erſte Glied der vorigen Raupe, ſehr ſtark Fig. Fig. vergroͤßert. a. die Oeffnung des darinn verborgen liegenden Halstheiles. b. das Luftloch. XIII. Das vergrößerte Halsſtuͤck, mit feinem halbherausgedruͤckten Halstheile. a. der erhabene Rand. b. das erſte Glied. c. die obere Oeffnung. XIV. Eben daſſelbe Halsſtuͤck, mit feinem voͤllig herausgedruͤckten Halstheile. Fig. Fig. a. der Rand. b. das erſte Glied. c. das zweyte Glied, mit ſeinen Knoͤpfgen. XV. Der Kopf, der Hals und das erſte Glied der kleinen matt⸗ gruͤnen Kohlraupe. N el a. a. die beyden kegelartigen Halstheile. b. die Luftoͤffnung. c. die Augen. 0 XVI. Der Kopf, der Hals und das erſte Glied der ſchaͤdlichen, glat⸗ ten, braunen Krautraupe. a. die bloße Oeffnung, ohne daß ſich ein kegelartiger Körper her— ausdruͤcken laͤßt. ö b. das Luftloch. c. die Augen. XVIII. Der Kopf, der Hals und das erſte Glied des ſogenannten Vielfraßes. 4. a. die zwo anſcheinenden Halsoͤffnungen. b. das och eee c. die Augen. Die d = 111 Die zweyte Kupfertafel. Fig. I. Der aus der Hauswurz entſtehende ſchoͤne Zweyfalter mit rothen Augenſpiegeln, wie er aus feiner Dattel hervorkoͤmmt. Fig. II. Eben derſelbe Zweyfalter, ein Weibgen, mit voͤlig ausgedehn⸗ ten und ſenkrecht zuſammengeſchloſſenen Fluͤgeln. Fig. III. Eben derſelbe Zweyfalter, ein Maͤnngen, im Fluge. Fig. IV. Ein vergroͤßertes Fuͤhlhorn dieſer Zweyfalter, a. das kleine Kegelgen. b. der Knopf oder die Kolbe. c. der gegliederte Stengel. V. Das weibliche herausgedruͤckte und vergroͤßerte Geburthsglied— a. der letzte Ring. b. das Innere dieſes letzten Ringes, welchem die eigentlichen Theis le des Geſchlechtsgliedes aufſitzen. c. ein gewiſſer weißer und baͤutiger Theil, fo ſich bey ſtaͤrkerm Druͤcken allezeit gezeiget, und hierauf wieder verlohren hat. d. die bekannte Oeffnung zwiſchen zween fleiſchigen kiſſenartigen Theilen e. e. ' f. f. die zwo loͤffelartigen Platten, die oben nicht fpikig , wie bey dem maͤnnlichen Geſchlechtsgliede, ſondern rund zulaufen. g. der After. Fig. VI. Der neue beſondere Theil an dem letzten Ringe der weiblichen Zweyfalter, vergroͤßert, und wie er auf der Seite geſehen wird. Ich habe ihn mit einem Schiffe verglichen. a. der Spiegel. b. die Gegend, wo ſich dieſer Theil unter den Haaren der letzten Ringe verliehret. c. der Kiel. d. das ſchraͤg emporſtehende Staͤngelgen. Fig. VII. Eben dieſer Theil, wie er von oben her ſich zeiger. a. der Spiegel. b. die Gegend, wo er mit den letzten Ringen verbunden iſt. c. der Kiel. d. das Staͤngelgen. Fi — 0 Fig. VII. 112 n Fig. VIII. Das maͤnnliche Geſchlechtsglied herausgedruͤckt, und vers groͤßert. a. ber letzte Ring. b. b. die beyden krummgebogenen und ſpitzig zulaufenden loͤffelar⸗ tigen Platten. c. die Scheide des eigentlichen Geſchlechtsgliedes, welches bey ſtarkem Druͤcken auf der Seite heraustritt. d. d. die zween krumme Hacken, mit welchen das Weibgen vom Maͤnngen gefaſſet wird. e. der After. f. zween andere kleine und krumme Haͤkgen hinter dem After. g-g- die Theile, wo die loͤffelartigen Platten auſſitzen. Fig. IX. Ein ſchoͤner hellrother Springfäfer. a. a. die zween aus feinem Hinterleibe hervorſchießenden kegelar— tigen Theile. Fig. X. und XI. Der roth und grüne Käfer mit weichen Fluͤgeldecken, in natuͤrlicher und vergroͤßerter Geſtalt. a. a. die fiſchblaſenaͤhnliche hervorſchießenden Theile auf beyden = une dem Bruſtſchilde; und unter den Flügeldes en b. b. Fig. XII. Ein rauher halbgefluͤgelter Raubkaͤfer. a. a. die aus den letzten Ringen feines Leibes ſich zeigenden kegel⸗ artigen Theile. Fig. XIII. Ein junger ſchwaͤrzlicher Blattkaͤferwurm, an welchem beym Anrühren, aus einem jeden Ringe a.a.a.a.a. weiße, milchartige, und mit einem ſtarken Geruch begleitete, runde Theile, wie Waſſer— tropfen, hervorſchießen, und ſich hierauf wieder verliehren. III. Verſchiedene Swiefalter und Naͤfer mit Woͤrnern. 8 * Pre RT A} Wee ; 2 Vorbericht. Als vor einigen Jahren ein Aſiatiſches Naſehorn Crhinoceros); 8 wie faſt durch ganz Europa, ſo auch durch unſere Stadt, 9 gefuͤhret und oͤffentlich gezeiget wurde; fo bewunderte Yes dermann mit Rechte deſſen ſonderbaren Bau, ſeltene Geſtalt und ſonderbare Eigenſchaften nicht nur uͤberhaupt, ſondern dasjenige Horn inſonderheit, welches dem vordern Theile feiner Naſe, oder feines Riſſels, Auffaß. Was ſoll man aber dazu ſagen, daß es auch ſo gar in dem Inſecten⸗ reiche Geſchoͤpfe giebt, weiche mit dergleichen Hoͤrnern prangen? Sollte deren Anblick diejenigen, welche ſich von dem Vorurtheile, nur allein das— jenige zu bewundern, was groß iſt, und ſtark in die Augen faͤllet, losgemacht haben, nicht in eine eben ſo billige Verwunderung ſetzen, in welche man bey dem Anblicke und der Betrachtung jenes Naſehorns geraͤth? Mich duͤnket, daß man aus guten Gruͤnden Urſache und Befugniß habe gehoͤrn⸗ te Inſecten mehr, als jenes gehoͤrnte vierfuͤßige Thier, zu bewundern. Wer uͤberzeuget iſt, daß der Schoͤpfer ſich in ſeinen Geſchoͤpfen ſicht⸗ bar gemacht hat, und daß er, durch die Mannigfaltigkeiten der Bildung, Nahrung und Eigenſchaften derſelben, dem ſinnlichen Menſchen Zeugs P 2 niſſe/ 116 ce + e niſſe, Bilder und Abdrücke feiner unſichtbaren Macht, Weisheit und Herrlichkeit ertheilen wollen; der wird dieſen Zweck und Abſicht bey dem Naſehorne, als vollkommen erreichet, finden und zugeben. Denn es iſt, was den aͤußerlichen Bau betrift, alles an dieſem wunderbaren Thiere ſo groß und ſo ſichtbar, daß ein bloſes Auge zureichet, das Sonderbare an demſelben ſogleich und ohne Muͤhe zu entdecken und zu bemerken. Allein bey den meiſten Inſecten unſeres Welttheiles, wenigſtens bey denenjenigen gehoͤrnten unſerer Gegend, von welchen ich in dieſen Blaͤt— tern zu handeln mir vorgenommen habe, findet es ſich ganz anders; und moͤgte die Frage anfaͤnglich ſo leicht nicht zu beantworten ſeyn: Warum ſie der Schoͤpfer ſo wunderbar gebauet und gemacht habe? Ihre Kleinigkeit im Ganzen, und das Kleine ihrer Soͤrner insbe⸗ ſondere, macht diesfalls ſchon eine große Schwierigkeit und Anſtand. Ich darf mich hiebey getroſt auf den Augenſchein, auf meine und An⸗ derer Erfahrung, berufen. Wie oft hatte ich manche dieſer naͤmlichen Juſecten ſchon vorher geſehen, in Haͤnden gehabt, und ſelbſt meiner Sammlung einverleibet, ohne bemerket, ja auch nur gemuthmaſſet zu has ben, daß es Thiergen mit Hoͤrnern waͤren? Nachdem mir einsmalen von ohngefaͤhr dieſes Sonderbare zu Geſichte gekommen war; fo gieng es bey Andern eben ſo ſchwer her, ihre Hoͤrner zu beobachten. Ich zeigte ver— ſchiedene mal einigen Perſonen dieſe gehoͤrnten Inſecten, ſogar mit der Bitte, mir zu ſagen, was fie an denſelben Beſonders antraͤfen ? Allein, ſie vermeynten bey aller Beſichtigung nichts Sonderbares oder Seltenes an denſelben ſehen und entdecken zu koͤnnen. Sie bemerkten ſolches wirk⸗ lich nicht eher, als bis ich es ihnen ſelbſt zeigte und bekannt machte. Die Urſache iſt, daß die Hörner an den meiſten dieſer Thiergen ders geſtalt klein ſind, daß ſie dem bloßen Auge ſchwerlich, und zum Theil gar nicht, ſichtbar ſeyn. Man muß ſie vorher ſtark vergroͤßern, wenn man ſie ſehen will. Und wenn man ſie auch einmal unter der Vergroͤßerung bemerket hat, und mithin ein ſcharfes und geuͤbtes Auge von da an, zur Noth auch cu ee 117 auch ohne Bergröfferung, das Daſeyn derſelben dunkel errathen kann; fo iſt und bleibt das Eigentliche und Schoͤne dieſer Hoͤrner doch allezeit dem bloſen Auge ohne Vergroͤſſerung verdeckt und unſichtbar. Moͤgte man daher nicht billig fragen: Wie ſoll ſich der Schoͤp⸗ fer in dieſen Kleinigkeiten ſichtbar gemacht haben, da ſelbige dem ſchaͤrfſten naturlichen und bloſen Auge unſichtbar find, und mithin von den wenigſten Menſchen beobachtet, weniger be⸗ wundert werden Fönnen? Zu dieſer erſtgedachten Schwuͤrigkeit kommt bey einigen dleſer ge— hoͤrnten Inſekten noch eine andere und bebenklichere. Es haben naͤmlich dieſelben dieſes Eigene und Beſondere, daß fie Feinde des Tageslichteg, folglich desjenigen ſind, was ſie uns Menſchen ordentlicher Weiſe ſichtbar machen, ihr Daſeyn und ihre Beſchaffenheit offenbaren muß. Sie kom— men ihrem Triebe und ihrer Natur nach nur in der Daͤmmerung und Fin— ſterniß zum Vorſcheine; da ſie hingegen den ganzen Tag, oder doch die meiſte Zeit deſſelben, im Dunkeln wohnen. Sie gehen nur bey Nachre ihrer Nahrung und ihrem Gatten nach, und entziehen ſich eben damit der Entdeckung und dem Anblicke der Menſchen; es ſey denn, daß ſie ohn— gefaͤhr und mit Gewalt aus ihren dunkeln Wohnungen heraus getrieben, und damit wider ihren Willen und Gewohnheit ſichtbar gemacht werden. Und was das meiſte! Viele dieſer gehoͤrnten Inſecten haben und lies ben nicht nur dunkele, ſondern, nebſt dem, auch zugleich ſolche unreine und eckelhafte Wohnungen, ſolche ſchmutzige Orte des Aufenthalts, der Nahrung und Fortpflanzung, daß man daſelbſt nichts weniger, als leben, dige Geſchoͤpfe, und am wenigfien Geſchoͤpfe von ſeltenem Baue, und von fonderbarer Bildung, vermuthen ſollte. Was eckelt uns mehr an, und was entfernen wir mehr von unſerm Anblicke und Beobachtung, als den Unrath der Menſchen und der Thiere? Und gleichwohl iſt derſelbe vielen gehoͤrnten Inſecten das Angenehme und das Einzige, wo fie wohnen, davon leben, und darinnen ſich fortpflans zen. Es iſt auch meiſtentheils kein anderes Mittel, dieſe Thiergen zu Ge— P 3 ſichte 118 d Y ſichte zu bekommen, und ihrer habhaft zu werden, als man ſuche ſelbſt, oder durch Andere, in ſolchen Unreinigkeiten ihnen nach, und bringe ſie aus denſelben an das Tageslicht. Wer hat nun hiezu allezeit Gelegenheit, Luſt, Muth und Ueberwindung genug? Es iſt wahr, wenn dieſe Inſecten auſſer ihrem unſaubern Anfenthal— te, und nachdem ſie auf das Beſte gereiniget worden, vorgezeiget werden, ſo wird Jedermann ihren artigen Bau und Geſtalt bewundern, und mit Vergnuͤgen bemerken. Warum hat ihnen aber der Schöpfer eben ſolche Orte des Aufenthalts angewieſen, da es den meiſten mMenſchen ſchwer und unmöglich wird, fie zu ſehen und zu be⸗ obachten: Scheinet es nicht, daß der Schöpfer dieſe Thiergen bey nahe umſonſt fo ſchoͤn und artig gemacht, ja bey nahe ſelbſt darauf angetragen habe, daß ſie den Menſchen unſichtbar und verdeckt bleiben ſollen. Iſt hier die Frage ſchwer oder leicht zu beantworten: Ob der Schoͤpfer in allen Geſchoͤpfen ſich ſichtbar gemacht habe, um von dem Menſchen in ihnen erkannt, bewundert und verehret zu werden:? Muͤſſen uns dahero, auch blos in dieſer einzigen Rück ſicht, die gehoͤrnten Inſecten nicht in eine weit groͤſſere Verwunderung ſetzen, als es bey dem NWaſehorne immer geſchehen mag? Sollte dieſer erſtgedachte Umſtand uns nicht ſchon ſattſam berechtigen, und reitzen, die— ſe ſonſt verborgen und unbekannt bleibenden Thiergen in ihrem verwunde— rungswuͤrdigen Baue naͤher, und damit zugleich in ihnen die Hand und das Daſeyn des Schoͤpfers, kennen zu lernen? Ich würde mich von meinem gegenwaͤrtigen Zwecke viel zu ſehr ent, fernen, wenn ich mich in eine weitlaͤuftige Entwickelung und Aufklaͤrung desjenigen einlaſſen wollte, in wie weit ſich der Schöpfer, obiger Einwuͤr— fe ohnerachtet, auch in dieſen Kleinigkeiten nur allzuſichtbar gemacht habe. Es iſt auch vor itzo meiſtentheils noch zu fruͤhzeitig, von dem Zwecke die⸗ fer kleinen Geſchoͤpfe etwas Anſtaͤndiges und Eigentliches beſtimmen zu koͤn⸗ nen; da es uns dermalen ſelbſt an der volkommenen Kenntniß und natuͤr— lichen Gechichte derſelben noch gar zu ſehr fehler. Ein ſolches wird der fol; gende en ee 119 gende Tag erſt lehren muͤſſen; da wir uns indeſſen zu einiger Vorbereitung annoch mit Entdeckungen und Beſchreibungen zu beſchaͤftigen haben. Damit ich jedoch nur eines und das Andere anfuͤge; ſo duͤnket mich, der Schöpfer habe uns in dieſen kleinen Thiergen lehren wollen, wie feiz ne Hand im Kleinen eben ſo kuͤnſtlich und ſchoͤn arbeite und baue, als es ihr im Groſſen zu thun eigen iſt, von uns taͤg⸗ lich geſehen, und von Jedermann gern eingeräumer wird. Er hat, wie ich mir weiters vorſtelle, uns auf dieſe Weiſe den groſſen Un— terſcheid ſinnlich machen wollen, der zwiſchen ſeinen Werken und den Werken der Menſchen iſt; der ſich zwiſchen den groͤßten uud fuͤrtreflichſten Meiſterſtuͤcken menſchlicher Geſchicklichkeit, und zwiſchen ſeinen kleinen und veraͤcht⸗ lichſten Geſchoͤpfen zͤuſſert und zu Tage leget. Man mache eine Probe, um ſich der Wahrheit dieſer Saͤtze zu ver, ſichern. Man nehme das beſte, ſchoͤnſte und kuͤnſtlichſte Meifterftüch, fo Mens ſchenhaͤnde zierlich, zart, glatt und fuͤrtreflich genug ausgearbeitet haben und bringe daſſelbe unter ein Vergroͤſſerunglas. Wie ſehr werden wir nicht augenblicklich alles, als unbearbeitet, grob, rauh und haͤßlich fin— den, was wir vorher, dem bloſen Auge nach, zierlich, zart, glatt und vortreflich nannten? Wir werden nichts meiſterhaftes, nichts kuͤnſtliches, nichts ſchoͤnes mehr gewahr werden. Es werden ſich ganze Berge der Un— gleichhetten, ganze Reihen der Tiefen und Thaͤler, ja nicht ſelten ein rech⸗ ter Miſchmaſch der widrigſten Unordnung unſerm Auge darſtellen. Mit einem Worte: Die Vergroͤſſerung vetunſtaltet allezeit das beſte Kunſt⸗ und Meiſterſtuͤck der Menſchen. Man kehre es um. Man nehme das kleineſte und geringſchei— neſte Werk des Schoͤpfers; eines der kleineſten Thiergen, welches ſeine Hand gemacht hat; an dem das bloſe Auge nichts ſchoͤnes, nichts regel— maͤßiges, nichts ſonderbares zu ſehen glaubet; und welches eben daher von dem 120 r N dem ſinnlichen Menſchen kaum des Anſehens gewuͤrdiget, oft wohl gar an⸗ geſpien wird; und bringe daſſelbe unter die Vergroͤſſerung. Itzt wird ſich alles zu unſerm Erſtaunen, und zur Verehrung des Schoͤpfers dieſer klei— nen Thiergen, abaͤndern. Man wird nunmehro die groͤßten Schoͤnhei— ten, die hoͤchſte Ordnung und unwiderſprechliche Spuren ganz unnach⸗ ahmlicher Meiſterſtuͤcke gewahr werden. Man wird unzählige ſehenswuͤr⸗ dige Proben uͤbernatuͤrlicher und unbegreiflicher Weisheit, Macht und Hoheit antreffeu. Der Schöpfer wird allenthalben an dieſen klei⸗ nen Thiergen ſichtbar und kennbar ſeyn. Geſetzt alſo, wir wuͤßten vor ifo auch weiter nichts, als dieſe erffges meldte Abſichten des Schoͤpfers, die er bey Hervorbringung der kleinen und veraͤchtlichſcheinenden Geſchoͤpfe gehabt habe; iſt es denn nicht der Muͤhe werth, und Pflichtes genug vor uns, dieſem Zwecke des Schoͤpfers gemaͤß zu handeln, und den kleineſten Geſchoͤpfen deswegen unſere Beobachtun, gen zu wiedmen, um den groſſen und weiſen Schoͤpfer auch in dieſen klei⸗ nen Werken, als den uͤberall gleich groſſen, gleich weiſen, und gleich mächtigen, kennen und verehren zu lernen? Sollten eben daher die Bes muͤhungen derjenigen mohl mit Rechte getadelt oder verſchrien werden koͤn— nen, welche durch Entdeckungen, Beſchreibungen und Abbildungen der tleineſten Thiergen ſich und andern den Schöpfer ſichtbar und kennbar zu machen ſuchen, welcher auſſer dieſer Beyhuͤlfe in ſolchen Geſchoͤpfen nie würde geſucht, gefuͤhlet und erkannt, am wenigſten bewundert und ver ehret werden. Ich glaube das Gegentheil, und es iſt daſſelbe auch die Abſicht der ge genwaͤrtigen Blätter. Ich werde darinnen von ſolchen Inſecten hieſiger Gegend um Regensburg Nachricht geben, die im Kleinen mit eben ſo ſchoͤ— nen und verwunderungswuͤrdigen Hoͤrnern prangen; als es ſich bey dem Naſehorn im Groſſen befindet. Es werden dieſe gehoͤrnte Inſecten aus der Claſſe der Swiefalter und Käfer ſeyn. So glücklich ich von erſtern zugleich auch die Verwandelungen beobachtet habe; fo unglücklich bin ich hingegen mit den letztern diesfalls geweſen, und muß deren Ent⸗ deckung andern uͤberlaſſen. Erſter a 2 121 Erſter Abſchnitt. Von den gehoͤrnten Zwiefaltern. Di jeder Zwiefalter aus einer Raupe feinen Urſprung hat; iſt in unſern Tagen ſo bekannt und ausgemacht, daß es keines weitern Beweiſes bedarf. Ich werde dahero auch von denenjenigen gehoͤrnten Swiefaltern, welche ich in dieſem Abſchnitte beſchreiben will, foͤrderſamſt die Raupen, und die Art, wie ſie aus denſelben in Zwiefalter uͤbergehen, anzugeben haben. Der etſte gehoͤrnte Zwiefalter, und den ich, zum Unterſcheide, den Zwiefalter mit glatten und auf Federpolſtern ſtehenden Federhoͤr⸗ nern nennen will, entſtehet von einer kleinen, mehr und weniger rothen Raupe. *) Dieſelbe wohnet auf dem Wollkraute (verbaſcum); und naͤhret ſich von den Blaͤttern, dem Marke des Stengels und den Blumen deſſel— ben. Gleich im Anfange des Fruͤhlings, und ſo bald nur dieſe Pflanze aus der Erde hervorſticht, findet man ſchon dieſe Raupen, theils eins zeln, theils mehrere bey einander, in den noch geſchloſſenen Blaͤtter— knoſpen eingenifter. ft dieſe Pflanze in einem Stängel oder Bluͤthe er; wachſen; ſo ſiehet man hin und wieder wollige Knollen, oder aufgeriebene weiſene Knoten, anſitzen, (**) die, wenn man fie von einander reiſſet, oder aufſchneidet, ausgehoͤhlet find, und ſich als die Wohnung dieſer Raupen— art darſtellen. Verfolget man den Stengel mit Aufſchneiden, ſo wird man denſelben nicht ſelten auf und niederwaͤrts ausgehoͤhlet und ausge— freſſen, und darinnen zugleich mehr und wenigere dieſer Raupen wohnen, antreffen. Das artigſte iſt, daß man allezeit das Innwendige dieſer hoh— len Wohnungen mit einem glatten wolligen Ueberzuge belegt, und gleich» ſam austapezieret, findet. Wenn dieſe Raupen ausgewachſen ſind, iſt ihre Laͤnge ohngefehr 6. Kt, nien; der Durchſchnitt aber in der Mitte des Leibes, wo fie am dickeſten iſt, bes Swiefalter u. Kaͤfer. Q traͤgt (0) Tab. I. Fig. I. e. ) 2. a. 132 a e ee trägt nicht viel über eine nie. Der Kopf und die erſten Ringe haben nebſt den hinterſten Ringen und der Schwanzklappe allezeit einen kleinern Durchſchnitt, als die mittleren Ringe; fo daß der Kopf und die Schwanz klappe bey nahe in ſtumpfe Spitzen auslaufen. Die ganze Raupe iſt von rother Farbe, welche jedoch nach der Vers ſchiedenheit des Alters, der Haͤutung und Annaͤherung der Verwande— lung, bey eiuigen mehr lebhaft, bey andern mehr abgeſchoſſen iſt. Nur allein der Kopf, der Nackenſchild und die Schwanzklappe ſind bey den mei⸗ ſten ſchoͤn glaͤnzend ſchwarz, und bey einigen mehr braunſchwarz. Zwar bemerket das bloſe Auge auf den Ringen Jdiefer Raupe auch einige ſchwarze Puncte; es find aber dieſelben ohne Vergroͤſſerung nicht deutlich zu erken— nen, noch auseinander zu ſetzen, und am wenigſten ihre Lage und Anzahl zu beſtimmen. Allein unter der Vergroͤſſerung ſiehet man gar ſchoͤn, daß jeder Ring ſeine beſondern Puncte hat. Auf dem erſten Ringe befinden ſich gleich unter dem Nackenſchilde, welcher mit zarten Haͤrgen beſetzt iſt, auf jeder Seite 3 ſchwarze Puncte. Zween davon ſtehen ſchraͤg untereinander, und ſind groͤſſer als der dritte, welcher dem erſten ſehr nahe iſt, und ſiehet man, bey genauer Beobach— tung, mitten in demſelben das erſte Luftloch. Auf dem aten und Zten Ringe ſtehen in allen 16 Puncte. Vier find auf den Ruͤcken, neben und nicht weit von einander; unter denſelben auf jeder Seite 2 andere dergleichen; noch weiter unten 3 hintereinander, davon die 2 vorderſten eins ander faſt beruͤhren, und gleichſam einen Punct vorſtellen; und endlich bemerket man ganz unten einen einfachen, gerad uͤber den 2 hinterſten Vorderfuͤſſen. b Der ate und Fte Ring hat 20 ſchwarze Puncte. Auf dem Ruͤcken befinden ſich zwar auch 4, aber nicht, wie bey den vorigen, in einer ge— raden Linie neben einander; fondern ſchief nach auſſen zu hintereinander, Die 2 darauf folgenden auf jeder Seite, ſtehen untereinander, davon das unterſte das Luftloch iſt. Zween ſind noch weiter herunter, und ſte— hen ſo nahe bey einander, daß ſie, ob gleich der oberſte kleiner, als der unterſte iſt, dennoch faſt in einem Puncte zuſammenlaufen. Endlich wird man . . 123 man ganz unten noch 4 Puncte gewahr, davon der eine etwas hoͤher, als die übrigen 3; dieſe aber ganz unten, faſt am Bauche, in einem Dreyecke ſehr nahe bey einander geſehen werden. Von eben dieſer Zeichnung iſt auch der öte bis zum loten Ringe; nur mit dem Unterſcheide, daß die unterſten 3 Puncte, fo bey den vort— gen in einem Dreyecke ſtunden, hier über den ſtumpfen Fuͤſſen einen hal, ben Bogen ausmachen, deſſen hohle Seite auswaͤrts ſtehet. Am ııten und ızten Ringe find dieſe Puncte der Stellung und An, zahl noch wieder verſchieden. Bey jenem bemerket man nur g, nämlich 4 auf den Ruͤcken, wie vorher; und 2 auf jeder Seite unter einauder, davon der erſte das Luftloch iſt; die unterſten 3 aber fehlen hier gar. Bey dieſem, als dem letzten Ringe, find ihrer 1d. Oben auf dem Ruͤ— cken 4 neben einander; 2 auf jeder Seite hart bey einander und 1 ganz unten. Noch iſt von allen dieſen Puncten anzumerken, daß aus jedem ein zartes Haar heraus gehet, in welches der ſchwarze Punet ſich gleichſam erhebet und auslaͤuft. Wenn man eine dieſer Raupen anruͤhret, fo ſchlaͤget fie mit dem Kop— fe und Vorderleibe ſtark um ſich, lauft hinter und vorwaͤrts, und auf bey— de Arten ſehr ſchnell; laͤßt auch zu gleicher Zeit einen gelbgruͤnen Saft von ſich. Was die Fuͤſſe dieſer Raupen betrift, ſo ſind die ſpitzigen Vorder— fuͤſſe mehr und weniger ſchwarzbraun; die ſtumpfen Fuͤſſe aber find unter der Vergroͤßerung graulich, und die Haaken an denſelben machen eine gan— ze Crone aus. Je naͤher dieſe Raupen der Verwandelung kommen, je mehr ſchießt ihre Farbe ab, und wird zuletzt ganz lederhaft und fahlbraun. Der Ort, wo ihre Verwandelung vor ſich gehet, iſt eben derſelbe, wo ſie ſich bis da— hin der Nahrung wegen aufgehalten haben, nämlich die ſich ſelbſt austape— 2 zierte 124 O n 2 zierte Hoͤhle. () In derſelben legen fie auf die gewöhnliche und bekannte Art ihren Raupenbalg ab. Sie werden zu einer helbraunen Dattel (5). Ich habe an der Dattel eben nichts ſonderbares beobachtet, auſſer daß oben, in der Gegend, wo der Saugruͤſſel zu liegen pfleget, ſich eine uns gewöhnliche Hoͤhe zeigte, wo vermutlich die Hörner verborgen ſeyn moͤ— gen, welche hernach an dem Zwiefalter zum Vorſcheine kommen. Uebri— gens erhielte ich nach 14. Tagen aus einigen dieſer Datteln die erſten ge⸗ hoͤrnten Zwiefalter (*). Der zwoeyte gehoͤrnte Zwiefalter, und welcher der Zwiefalter mit oben glatten, und unten ſtrobeligen Federhoͤrnern heiſſen ſoll, ent⸗ ſpringt aus einer mattgruͤnen Raug (T). Ich habe dieſelben zwar am meiſten auf den Wildenmoͤhren angetroffen; jedoch aber auch faſt auf allen Ar, ten des Storchſchnabels, auf den Eichen, und ſelbſt auf den Obſt⸗ baͤumen. Sie wohnen meiſtens in zuſammengezogenen Blättern, welche ſie mit einem mehr und weniger ſtarken Geſpinnſte zuſammenhaͤngen (T). Man findet in einem ſolchen Geſpinnſte insgemein mehrere, und zwar von verſchiedener Groͤße bey einander. So lang ſie noch klein ſind, ſcheinen ſie ganz ſchwarz zu ſeyn; je aͤlter ſie aber werden, je mehr verwandelt ſich das Schwarze ins Gruͤnliche. Die Groͤßten von ihnen, ſo ich geſehen habe, waren faſt einen Zoll lang; und an den Mittelringen, wo ſie allezeit am dickſten ſind, hatten ſie im Durchſchnitte faſt 2 Linien. Dem bloßen Auge nach iſt der Kopf, Nackenſchild und Schwanz— klappe ſchwarz; die Ringe mehr und weniger gruͤnlich, und nebſt dem mit ſchwarzen Puncten und Haaren verſehen. Unter der Vergroͤßerung aber entdeckt man folgende Unterſcheidungsſtuͤcke an ihnen. Der Nackenſchild auf dem erſten Ringe iſt vorn gegen den Kopf zu etwas weiß eingefaßt, und wird in der Mitte durch einen zarten weißli— chen Tab, I. Fig I. 2 . ( Rig. II. b. ( Fi III IV. Na l e e e 50 dn 125 chen Strich der Laͤnge nach in 2 gleiche Theile zerſchnitten. Unter dem— ſelben auf jeder Seite ſiehet man ein Paar ſchwarze Flecken; davon der vordere ziemlich groß, laͤnglich, und ſchraͤg; der hintere aber kleiner, mehr rund, und mit dem Luftloche verſehen iſt. Und uͤber den Fuͤßen ſtehet noch ein einzelnes ſchwarzes erhabenes Püncrgen oder Knoͤpfgen. Was die uͤbrigen Ringe betrift; ſo ſtehen die ſchwarzen erhabenen Puncte oder Knoͤpfgen auf denſelben in folgender Anzahl. Der are und zre Ring hat 12 ſolcher Knoͤpfgen. Oben auf dem Ruͤ— cken ſiehet man deren 6, in einem nach vorn zu hohlen Bogen, ſo, daß links und rechts 3 ſtehen, und in der Mitten einen Zwiſchenraum laſſen. Das innerſte von dieſen 3 Knoͤpfen iſt kleiner, und das aͤußere iſt groͤßer, als das mittlere. Sodann folgen auf jeder Seite 2 andere dergleichen ſchwarze Knoͤpfgen der Laͤnge nach hintereinander; und endlich gang unten am Bauche noch eines. . Eben fo find auch ale folgende Ringe gezeichnet; nur allein den letz ten ausgenommen. Dieſer hat links und rechts auf dem Ruͤcken 3 in einem Dreyecke ſtehende Knoͤpfgen; und nach dem darzwiſchen ſtehenden Luft⸗ lochknoͤpfgen noch 2 unter einander, Die ſpitzigen Vorderfuͤße find ſchwarz; die ſtumpfen Füße aber matt— gruͤn. Letztere ſind von außen : mit einem ſchwarzen Flecken gezeichnet, und ganz gecroͤnet. Uebrigens haben dieſe Raupen die vorige Eigenſchaft, daß ſie bey dem Anruͤhren um ſich ſchlagen, und ſowohl vor als ruͤckwaͤrts, ungemein ſchnell, laufen koͤnnen. Die Verwandelung dieſer Raupen gehet in dem naͤmlichen Befpinns ſte vor, in welchem ſie bis dahin ihre Nahrung und Sicherheit gefunden haben. Sie legen in demſelben ihren Raupenbalg a und werden zu eis ner dunkelbraunen Dattel, (*) aus welcher nach 14 Tagen der Zwiefalter hervor kommt (“). Q 3 a Der (*) Tab. II. Fig. II. (7) Fig. I. IV. 126 d N Der dritte gehoͤrnte Zwiefalter, welchen ich mit dem Beynamen be⸗ legen will, der Swiefalter mit durchaus ſtrobeligen Federhoͤrnern, enthaͤlt ebenfalls ſeinen Urſprung aus einer kleinen und zwar braunen Raupe (). Es haͤlt ſich dieſelbe auf dem Schortenweiderich (cha- maeflerion) auf, und zwar in einem daſelbſt ſich verfertigten zarten Bes ſpinnſte; als in welchem ſie von den Blaͤttern ihre Nahrung und zugleich darinnen ihre Sicherheit findet. Wann dieſe Raupe ausgewachſen iſt, hat fie in der Laͤnge nicht fiber 6 Linien; und in der Mitte des Leibes, wo fie, wie die vorigen am dicke— ſten iſt, macht der Durchſchnitt nicht uͤber ı Linie aus. Von der Mitte des Leibes an wird ſie, ſowohl vorn nach dem Kopfe, als hinten nach der Schwanzklappe zu, immer ſchmaͤler, ſo, daß der Kopf den kleineſten Durchſchnitt hat. Dem bloſen Auge iſt dieſe Raupe, auſſer dem ſchwarzen Kopfe und Nackenſchilde, durchaus von einerley braunen Farbe. Wenn man ſie aber unter der Vergroͤßerung betrachtet, ſo entdecket man folgendes Eigne an ihr. Alle Ringe haben eine hellbraune Grundfarbe, in welcher oben auf dem Ruͤcken, an den Seiten und am Bauche, ſehr zart gedippelte braune Streifen der Laͤnge nach hinab laufen. Sodann ſiehet man auf jedem Ringe einige ſchwarze Knoͤpfe, in deren jedem einige Haͤrgen ſtehen; die ich aber bey allen Beobachtungen nicht recht habe auseinander ſetzen koͤn— nen; ſondern am beſten aus der Abbildung abzunehmen iſt ( 2. Die ſpitzigen Fuͤße ſind ſchwarzbraun; die ſtumpfen aber mehr licht— braun, mit einer ganzen Haakencrone, und uͤber derſelben mit einem ſchwarzen Ringe eingefaßt Wird dieſe Raupe im geringſten beruͤhret; ſo hat ſie, wie die vorigen, die Geſchicklichkeit, nicht nur um ſich zu ſchlagen; ſondern auch ſehr ſchnell vor / und hinterwaͤrts zu laufen; und entziehet ſich dadurch, wenn man nicht wohl acht giebet, augenblicklich dem Geſichte. Wenn () Tab. II. Fig. VI. a. (7) Tab. II. Fig. IX. > 127 Wenn die Verwandlungszeit da iſt; bleibet dieſe Raupe entweder in dem vorigen Geſpinnſte; oder macht ſich ein neues auf einem der Blaͤt— ter. In demſelben leget ſie nach 2 oder 3 Tagen den Raupenbalg ab, wird zur braunen Dattel (), und aus derſelben nach 14 Tagen ein ganz ſchwarzer Zwiefalter (**). b Dieſes ſind die 3 Raupenarten, welche ich dermalen kenne, woraus gehoͤrnte Swiefalter entſtehen; die ich nun näher zu befchreiben habe. Ehe ich einen jeden dieſer Zwiefalter inſonderheit beſchreibe, will ich zu⸗ vor dasjenige anzeigen, fo dieſelben uberhaupt mit einander gemein haben, Sie find alle Nachtfalter. Sie haben borſtenartige Fuͤhlhoͤrner (*, welche ſie im Sitzen dergeſtalt hinter ſich den Fluͤgeln anſchlieſſen, daß man fie faſt gar nicht gewahr wird (). Die Zunge oder der Saugriſſel iſt zuſammengerollt (FT), und theilet ſich bey dem Gebrauche vorn in 2 Theis le, davon die untere und innere Seite mit Saͤgenzaͤhnigen Blaͤttern be— ſetzet iſt (Tr). Die 3 Paar Füße find bey allen von einerley Baue; unter ſich ſelbſt aber von verſchiedener Größe und Bildung. Das erſte Paar (1) iſt das kleineſte, und es mangeln denſelben diejenigen Gelenkſpi— Ken, womit die übrigen verſehen find. Das ate Paar (1.1) ift größer als das erſte; und kleiner als das folgende dritte Paar; und iſt mit 2 Gelenfs ſpitzen verſehen (II). Das dritte und letzte Paar (*) iſt das größte uns ter allen, und mit 4 Gelenkſpitzen verſehen. Endlich ſind bey allen die Federſchuppen an dem Rande der Fluͤgel, wo ſie wie ausgefranzet ſich zeigen, theils laͤnglichrund (**), theils ſchmal, lang, und oben 4 und Smal eingeſchnitten („*). Was nun einem jeden Zwiefalter inſonderheit, und zwar den erſten mit glatten Sederhoͤrnern (****) betrifft; fo ind die Oberfluͤgel def en (*) Fig. VII. () Fig. VIII. IX. (,) Tab. J. Fig. IV. Tab. II. Fig. IV. Pig. IX. () Tab. I. Fig. III. Tab. II. Fig. III. VIII. (IT) Tab. I. Fig. VI. f. Tab. II. Fig. X. d. e. (Tr) Tab. I. Fig. W ee (d Tab. I. Fig. X. (11) Fig. XI. (III) d. d. () Fig. XII. d. d. f. f. (0) Fig. Vill, A nn (nr) Fig, V. 128 a N ben von blaßgelber oder lederhaften Grundfarbe, und man bemerket nur auf jedem einige wenige kleine ſchwarze Flecken, mit welchen dieſelben befprens get ſeyn. Die Unterfluͤgel find blaſſer, faſt weiß und gleichſam durch» ſichtig. Der aͤuſſere Rand der Oberfluͤgel, und ſonderlich der untere Rand der Unterfluͤgel, iſt mit lauter langen Federſchuppen beſetzt, ſo, daß fie daſelbſt ausgefranzet zu ſeyn ſcheinen. Im Sitzen (*) legt dieſer Zwiefalter feine Flügel hinten etwas übereinander, und traͤgt fie uͤbrigens ganz platt und nach einer faſt gleichen Oberflaͤche. Der Kopf iſt (**) das Vornehmſte an dieſem Zwiefalter. Das bloße Auge merket ſchon, daß derſelbe vorne einen ungewoͤhlichen, in eine ſtumpfe Spitze auslaufenden, Anſatz hat; und daß demſelben oben Etwas, wie ein paar Haare aufſtehen (**); unter der Vergroͤßerung aber zeiget es ſich allermeiſt, wovor man beydes zu halten hat. Der Anſatz () iſt nichts anders, als ein Fortgang der Baͤrt⸗ gen, die in der Vergroͤßerung wie gefederte Kuͤſſen oder Polſter ausſe— hen, und oben roͤthlich gelb, unten aber ſchwarz ſind. Zwiſchen ihnen liegt der zuſammengerollte Saugruͤſſel innen (FF), welchem fie gleichſam zur Bedeckung dienen. Gleichwie nun bekanntermaßen die Baͤrtgen bey verſchiedenen Zwiefaltern verſchieden gebildet, kleiner oder groͤßer ſind; al— ſo machen ſie bey dieſem einen ſtarken Vorſchuß, und laufen in eine ſolche ſtumpfe Spitze aus, die einem Vogelſchnabel ſehr gleich kommt. Dieſe ſind in der Ruhe des Zwiefalters ſo feſt zuſammengeſchloſſen, daß ſie vollkommen einfach ausſehen. Beruͤhret man fie aber mit einer Steck— nadel, oder der Zwiefaͤlter gebrauchet von freyen Stuͤcken den Saugruͤſ— ſel, ſo entdeckt man gar deutlich, daß dieſes einfach ſcheinende Baͤrtgen doppelt iſt. Auf jedem dieſer Baͤrtgen ſitzet hinten das ſcheinbare Haar; es iſt aber unter der Vergroͤßerung ein ordentliches Horn (TFT), zwiſchen dem und einem Widderhorne wenig oder kein Unterſcheid iſt. Jedes iſt unten, wo Ce) Fig. III. (9 Tab. I. Fig. VI. () Fig. III. a. (4) Fig. VI. a. a. (T) f. (rr) b. b. dn M 129 wo es auſſitzt, am dickeſten, erhebet ſich nach und nach ſchraͤg, und unter einem immer kleinern Durchſchnitte in die Hoͤhe, und ſpitzt ſich endlich oben ziemlich ſcharf zu. Dieſe Hoͤrner find zwar beyderſeits, wenn man den Federſtaub abſchabet, gegliedert; ich habe fie aber nie von ſich ſebſt bewe— gen geſehen. Sie ſcheinen vielmehr allezeit der Richtung und Bewe— gung der Baͤrtgen, denen ſie aufſitzen, zu folgen. Da die Federſchuppen bey den Hoͤrnern dieſer Zwiefalter ganz glatt anliegen, und wie auf Polſtern ſtehen; ſo habe ich geglaubet, von daher ihnen den beſten Unterſcheidungsnamen geben zu koͤnnen. Herr von Keaumur hat dieſes Zwiefalters zwar ſchon gedacht; (*) allein ſo ſehr die Hoͤrner bey ſeiner Abbildung im Kleinen der Natur ge— maͤß find; (**) fo offenbar iſt die Vergroͤſſerung des Kopfes falſch (***)5 und muß bey dem Mahler oder Kupferſtecher eine Verwechſelung mit ei⸗ nem andern Zwiefalter geſchehen ſeyn. Ich komme zu den zweyten Zwiefalter mit unten ſtrobligen und oben glatten $ederbörnern (1). Dieſer hat auf feinen Oberfluͤgeln eine ſolche aus roth und ſchwarz durcheinander gemiſchte Zeichnung, daß dieſelbe ſchwer zu beſchreiben, und am beſten aus der Abbildung zu erken— nen iſt. Die Unrerflügel find, wie bey den vorigen, weißlich und faſt durch— ſichtig. Es iſt auch der aͤuſſere Rand der Oberfluͤgel, und der untere Rand der Unterfluͤgel, eben ſo ſtark mit langen federſchuppigen Franzen beſetzt, als bey dem vorigen. Darinnen aber gehet er in Anſehung des Kopfes und ſeiner Hoͤrner von den vorigen ab. Er hat keinen ſolchen polſterigen Vorſchuß und Anſatz der Baͤrtgen, wie der erſtere (TT). Man wird an ihm auch nicht eine Spur davon gewahr. Es erheben ſich ſogleich unter den Augen (TTT) die Hörner in die Hoͤhe (*). Es muͤßte denn ſeyn, daß man den untern ſtrobligen Theil (**) dieſer Hörner, mit Herrn von Reaumue , vor die Baͤrtgen R ſelbſt * ag: pour V’hiftoire des Infetes Tom. I. Part. I. Mem. VII. p. 402. c**) Planche XVIII. Fig. 11. 12. (*7*) Fig. 15. () Tab. . Fig. III. IV. (11) Tab. II. Fig. V. (TT) d. (“) a. a. b. b. (““) 4. a · 130 n. ſelbſt halten wollte. Was die Richtung dieſer Hörner anlangt, fo find dies ſelben ſehr krumm gebogen, und machen bey nahe einen halben Cirkel aus. Am meiſten aber unterſcheiden ſie ſich darinnen von den vorigen, daß ſie einen doppelten Bau haben, indem der untere Theil federbuſchiſch, oder, wie es bey Huͤnern, deren Federn in die Hoͤhe ſtehen, zu 5 pfleget, ſtrobelig (*); der obere aber ganz glatt iſt (“*). Der untere Federbuſch kommt, wie es der Augenſchein giebt, davon her, daß die ſich hier befindenden Federſchuppen ſtark von einander abſte⸗ hen, uͤber einander auswaͤrts laufen, und wie an dem hintern Theile rund herum gehen, fo vorn eine Rinne machen, in welche man hinein ſehen kann. Der obere glatte Theil, ſo dieſem Federbuſche aufſitzt, laͤuft in ein ordentliches ſpitziges Horn aus. Uebrigens find die Federſchuppen an dieſem ſo wohl ſtrobligen, als glatteu, Theile des Horns eben ſo, wie an dem ganzen Zwiefalter, roth und ſchwarz unter einander gemiſchet. Der dritte gehoͤrnte Zwiefalter mit durchaus ſtrobligen Seder⸗ hoͤrnern (***) iſt feiner Farbe nach ganz und gar ſchwarz, und faſt in allen Stuͤcken von den beyden vorigen unterſchieden. Seine Flügel trägt er im Sitzen (r) nicht nur voͤllig über einander geſchlagen, und gleichſam einen in den andern gerollt; ſondern fie erhe, ben ſich auch hinten etwas in die Hoͤhe, und geben ihm die Geſtalt eines Hüuͤnerſchwanzes. Faſt die Haͤlfte der Ober- und Unterfluͤgel CHF) ber ſtehet aus lauter langen Federſchuppen, oder Franzen, durch welche man vollkommen hindurch ſehen kann. Ordentlich fliegen, habe ich dieſen Zwie⸗ falter nie geſehen; ſondern es kam ſeine ganze Bewegung und Entfliehen jedesmal mehr einem Huͤpfen, als Fliegen, gleich. Und was vornaͤmlich ſei— ne Hörner (FT) betrift; fo find dieſelben theils nicht fo ſtark, wie bey dem zweyten, krumm gebogen; theils haben ſie, wenigſtens ſo lange der Zwiefalter lebet, keinen ſolchen verſchiedenen ſtrobligen und glatten Theil; ſondern es gehet bey ihnen alles gleich aus, jedoch fo, daß die Federſchup⸗ pen (0 Tab. II. Fig. V. a. a. (“e) b. b. () Fig. VIII. IX. (1) Fig. VIII. (TT) Fig. IX. (T7) Fig. X. a. a. b. b. 5 un MN ; 131 pen hier auch nicht fo glatt anliegen, als bey dem Erſtern, ſondern etwas weniges abſtehen. Wie denn auch dieſe Hoͤrner in eine mehr ſtumpfe, als ſcharfe, Spitze auslaufen. Dieſen dreyen itzt beſchriebenen gehoͤrnten Zwiefaltern will ich zum Beſchluſſe noch einen ten (*) beyfügen, der mir einmalen von unge— faͤhr unter die Haͤnde gekommen iſt; ob ich gleich von ſeiner Raupe und Verwandelung nichts ſagen kann. Er träger feine Flügel etwas dachfoͤrmig. Die Grundfarbe der Oberfluͤgel iſt gelb, und mit ſehr artigen geſchlaͤngelten rothen Strichen gezeichnet. Vor allen aber iſt die Geſtalt ſeiner Baͤrtgen beſonders. Wenn fie der Zwiefalter in der Ruhe zuſammen gelegt hat (*); fo kommen fie dem Kopfe des Karernentrögers ziemlich bey. Sie ſind platt gedruckt, ganz deutlich doppelt gegliedert (**), und das untere Glied iſt faſt noch einmal ſo groß, als das obere. Wollte man dieſe Baͤrtgen mit einem Horne vergleichen, fo koͤnnte man dieſen Zwiefalter den Zwiefalter mit ges gliederten Federhoͤtnern nennen; oder den Laternenfalter. Und wer weis, wie viele Zwiefalter es noch geben mag, die mit Hoͤr— nern oder hoͤrnerartigen Theilen verſehen find; durch deren Beobachtung und Beſchreibung der Abtheilung der Zwieſalter ein neues Licht und neue weſentliche Unterſcheidungsſtuͤcke zuwachſen moͤgten? * R M N N X N * XK X K X * X K „ X X & X X K K K * X R X * Zweyter Abſchnitt. Von den gehoͤrnten Kaͤfern. lle diejenigen Käfer, deren ich in dieſem Abſchnitte gedenken werde, wohnen, wie ich in dem Vorberichte ſchon angezeiget habe, in dem Unrathe der Menſchen und der Thiere, und graben unter demſeben R 2 in ) Tab. II. Fig., XII. (Na. (9 Fig. XIII. d. e. e. 132 D N in die Erde. Sie ſcheinen zwar hierinnen keine eigentliche Auswahl zu halten; doch habe ich ſie am haͤufigſten in dem Unrathe der Kuͤhe und der Ochſen, in dem Pferdemiſte aber nie gefunden. Ob ſie blos um der Nahrung, oder auch um der Fortpflanzung, willen ſich an dieſen uns reinen Orten aufhalten, will ich nicht beſtimmen. So viel kann ich als gewiß angeben, daß ich verſchiedenemal nicht nur ordentliche Rus geln, fo aus dem Unrathe gemacht waren, in den Löchern unter demſelben angetroffen; ſondern, daß ich auch einigemal beobachtet habe, wie von eis nigen Kaͤfern dergleichen Kugeln eine ziemliche Weite fortgerollet, und endlich in ein dazu gemachtes Loch in die Erde vergraben worden ſind. Nach der Kinnäifchen Abtheilung gehören fie zu der erſten Ord— nung der Inſecten, naͤmlich zu denenjenigen, die mit harten Fluͤgeldecken verſehen find (coleoptera). Weil aber dieſe Fluͤgeldecken an verſchiede⸗ nen Inſecten wieder von verſchiedenem Baue und Bildung ſind; ſo ent— ſtehen von daher verſchiedene Geſchlechter dieſer erſten Ordnung. Da die Fluͤgeldecken mehr und weniger laͤnglich oder rund, platt gedruckt oder gewoͤlbt, ſteif oder biegſam ſind, den Leib ganz oder nur zum Theile de— cken; fo gehoͤren die gegenwärtigen Käfer zu denenjenigen, die laͤngliche, ſteife, gewoͤlbte und den Leib voͤllig deckende Fluͤgelſcheiden haben. Man pfleget im Deutſchen dieſes Inſectengeſchlecht mit dem allge— meinen Namen der Käfer zu belegen. Allein, die Warheit zu ſagen, fo iſt dieſe Benennung von viel zu weitem Umfange, als daß ſie dasjenige eigentliche Geſchlecht beſtimmen ſollte, fo im lateiniſchen Jcarabaeus heißt. Sind denn die Solzboͤcke, Schild-, Baum⸗, Blarrkäfer u. ſ. w. nicht auch Kaͤfer? Wollte man ſich des Namens der Miſtkaͤfer bedienen, fo wurde es bey verſchiedenen Gattungen gar gut angehen; allein bey dem Schröder, Mayenkaͤfer, und einer Menge anderer, würde er aber— malen untauglich ſeyn, als welche mit dem Miſte nichts zu thun haben. Beſſer waͤre der Name Billenkaͤfer, weil ſie in einem ſelbſt verfertigten billenartigen hohlen Erdklumpen ſich zu verwandeln pflegen; oder, nach anderer Meynung, weil fie aus dem Kothe eine billenaͤhnliche Kugel machen, und felbige, nachdem fie ein Ey hineingeleget, unter die Erde ver⸗ * un e 133 vergraben. Allein, iſt es denn ausgemacht, daß alle Käfer dieſes Ges ſchlechtes Billen machen? Der Ausdruck Erdkaͤfer moͤgte noch am mei⸗ ſten taugen. Zwar nicht in dem Verſtande, weil diefe Käfer ihre meiſte Lebenszeit in der Erde zubringen; denn dieſes gilt auch von vielen andern Kaͤfern; ſondern, weil ſie auf mancherley Weiſe und aus mancherley Urſachen in die Erde graben. jedoch mir fälle ein Ausdruck bey, der ſich vieleicht am beſten dieſen Kaͤfern, als ein weſentliches Unterſchei— dungsſtuͤck, beylegen ließ. Er iſt nicht von der Linnͤͤiſchen Bes ſchreibung der Fuͤhlhoͤrner; ſondern von der unten anzufuͤhrenden Beſchaf⸗ fenheit des Schienbeins hergenommen. Dieſes iſt bey allen Kaͤfern dies ſes Geſchlechtes zum Scharren in die Erde gemacht, und wird auch dazu wirklich gebraucht. Sollte daher fearabaeus nicht auf deutſch durch Schere, oder Scharrkaͤfer zu uͤberſetzen ſeyn? fo wie der Maulwurf auch die Scherrmaus, fo ohne Zweifel vom Scharren herkommt, pflegt genannt zu werden? Heißt ja von dergleichen Eigenſchaften auch earabus der Kaubkaͤfer, elater der Springkaͤfer, und ſtaphylinus der Aaskaͤfer. Wem indeſſen auch dieſe erſt angegebene Ueberſetzung nicht gefallen ſollte; der muß ſich an dasjenige Unterſcheidungszeichen halten, welches, theils der berühmte Herr Kinnäus dieſem Kaͤfergeſchlechte ertheilet hat, theils ſonſt noch anzugeben ſeyn wird. Es ſind naͤmlich die Fuͤhlhoͤrner dieſer Kaͤfer kolben- oder kaͤulen⸗ artig (clauatae), das iſt, alſo gebauet, daß dieſelben, wenn fie unbe— weglich find, eine Kolbe, Kaͤule oder Schlaͤgel vorftelen. Weil aber mehrere Käfer dergleichen kolbenartige Fuͤhlhoͤrner haben, fo gehörer noch weiters dazu, daß die Kolbe an dieſen Kaͤfern nicht ganz iſt, noch aus einem Stucke, wie bey den Blattlauskaͤfern (coccinella), ſondern zertheilt, und aus mehrern Stücken beſtehet; und zwar fo, daß dieſe Zertheilungen und Einſchnitte nicht, wie bey dem Speckkaͤfer (dermeſtes) der Quere, ſondern der Laͤnge nach gehen. Jedoch mich duͤnket, daß man dieſem Merkmaale ſogleich ein zweytes, und mehr ſinnliches, beyfuͤgen koͤnnte, nämlich die Beſchaffenheit der erſten Paar Füße, Dieſe find bey allen R 3 Kaͤfern 134 e e Kaͤfern dieſes Geſchlechts an ihrem mittlern Theile, oder dem Schien⸗ beine, jedesmal ziemlich breit, und nebſt dem noch mit 3 und 4 ſaͤgenar⸗ tigen Einſchnitten, oder Saͤgezaͤhnen, verſehen. Welchen auch wohl noch, als ein drittes Merkmaal, dieſes hinzugeſetzet werden moͤgte, daß der Leib dieſer Käfer allezeit in eine ſchiefe Spitze auslaͤuft. Was nun aber die gegenwärtigen Käferarten betrifft, fo find fie von andern ihres Geſchlechts darinnen unterſchieden, daß ſie entweder mit ganz augenſcheinlichen und ordentlichen Hoͤrnern, oder doch mir hörners artigen Erhöhungen und Knoͤpfgen verfehen ſind. Jedoch den Letzten aus⸗ genommen, als den ich um anderer Urſachen willen beygefuͤget habe. Ich werde jeder Art dieſer Kaͤfer foͤrderſamſt einen eigenen Namen ertheilen. Die erſte Art ſol das fliegende ſchwarze Naſehorn heiſſen (*); die zweyte der fliegende Ochſe (*); die dritte das fliegende Einhorn (); die vierte das fliegende ſtumpfe Dreyhorn (1); und das fünfte das. Langbein, oder der Stelzenkaͤfer (Ff). Ich mache den Anfang mit dem Waſchorne (TFT), und will alle Theile dieſes Kaͤfers auf das genaueſte beſchreiben; fo werde ich mich als⸗ denn bey den uͤbrigen Arten deſto kuͤrzer faſſen koͤnnen, und nur blos die Abweichungsſtuͤcke anzugeben haben. Auſſer dem, was Herr Röfel(L) von ihm anfuͤhret, erinnere ich mich nicht von dieſem Käfer etwas geleſen haben. Ich nenne ihn das Na— ſehorn, weil fein Horn (11) ganz eigentlich der Mitte des Kopfes aufs ſitzt, ſo, wie bey andern Thieren die Naſe in der Mitte des Kopfes ſtehet, und auch daſelbſt bey dem vierfuͤßigen Naſehorne das Horn ſich befindet. Er iſt ganz und gar von glaͤnzendſchwarzer Farbe, und faſt in allen ſeinen Theilen beſonders gebildet. Und weil es auch ein Naſehorn von brau— ner Farbe giebt; fo habe ich dieſes, zum Unterſcheide, das ſchwarze Naſehorn genennet. Der ( Tab. III. Fig. I. II. III. (“) Fig. VII. (“) Fig. IX. XI. XIII. XIV. (J) Fig. XVI. XVII. (4) Fig. XX. (Tf) Fig. I- VI. (J) Inſecten⸗ beluſtigung Th. II. Vorbericht p. 21. (++) Fig. I. II. b. IV. c. l ce 135 Der Groͤßte, ſo mir unter die Haͤnde gekommen, war 10 Linien lang, davon der Kopf 14; das Bruſtſchild 24 5 und der Leib 6 Linien hatte. Der Augenſchein giebt es ſogleich, daß an ihm, wie an allen ſei— nes gleichen, 3 Haupttheile vorkommen, der Kopf (“), das Brufts ſchild (%, und der Leib (***), Der Kopf (1) iſt, nach Maasgabe der übrigen Theile am Eleineften, ungemein platt gedruckt, dünn, beinhart, vorn cirkelrund, an den Sei— ten ſchraͤg einlaufend, und hat zuletzt hinten einen ſchmalen Nacken, oder Halsanſatz. Wo die Rundung aufhoͤret, macht er a Seitenſpitzen, und iſt hier, von der einen Spitze zu der andern gerechnet, am breiteſten, naͤm— lich ohngefehr 3 Linien. Die vordere Rundung gehet jedoch nicht in eis nem fort, ſondern hat in der Mitte, gerade dem Horne gegen uͤber, ei— nen kleinen Ausſchnitt; dergleichen faſt unmerklicher auch noch auf jeder Seite ſich zeiget. Die ganze vordere Randeinfaſſung iſt aufgeworfen, die ihm die Geſtalt einer Schaufel giebet; und unter welcher die unten anſi⸗ tenden gelbbraunen Haaren vorſtehen. Die Oberfläche dieſes Kopfes iſt über und über mit vertieften Puncten uͤberſaͤet, welches ihm etwas matt glaͤnzend machet. In der Mitten iſt er etwas erhoͤhet, oder gewoͤlbet, und läuft endlich in ein ordentliches Horn aus. Man fieher an den Seiten der Rundung einen etwas ſchraͤg einlaufenden erhabenen Strich, der aber bey genauerer Betrachtung davon herkommt, daß der vordere und mittlere Theil der Oberflaͤche dem Horne zu (If) höher, als an den Seiten (Tr) iſt, und gleichſam eine Staffel oder Stufe machet. Hinten, gleich neben dem erſtgedachten erhabenen Striche, und wo der ſchmale Halsanſatz it, ſtehen die Augen (FIT), die aber weniger, als um die Hälfte ihrer ganzen Groͤſſe, hier oben ſichtbar und glänzend ſchwarz find. Das Hinterſte des Kopfes, wo er mit dem Bruſtſchilde verbunden iſt, macht einen nach innen zu gehenden hohlen Ausſchnitt. Das ab. III. Fig. I. II. a. IV. (% Fig. I. e. II. e. Fig. V. (Fig. Ef. (H Fig. I. II. a. IV (It) Fig. IV. b. b. (Tr) a. a. (Ftrr) Tab. III. Fig. IV. e. e. 136 nn e Das Horn (*) dieſer Kaͤfer ſtehet bey allen, nach der Breite des Kopfes gerechnet, ganz eigentlich in der Mitten; in Anſehung der Laͤnge aber mehr hinten. Es iſt ſo wohl der Groͤſſe, als dem Baue, nach bey den Maͤnngen anders, als bey den Weibgen. Bey Jenen (**) iſt es allezeit hoch, und ſpitzig auslaufend; ob es gleich bey einigen der Hoͤhe nach auch ungleich groß iſt. Ich habe verſchiedene geſehen, deren Horn bey 3 Linien hoch war; da es bey andern nicht viel über 1 Linie ausmach⸗ te. Es nimmt unten einen dicken bergigen Anfang, und läuft unter eis nem immer geringern Durchſchnitte endlich in eine mehr und weniger ſcharfe oder ſtumpfe Spitze aus. Es ſtehet jedoch nicht ganz gerad, ſon⸗ dern hat eine dem Ruͤcken zu etwas gebogene Richtung. Es iſt faſt drey⸗ eckig, oder pyramidenfoͤrmig, nur mit dem Unterſcheide, daß die vordere Seite rundlich, und die 2 andern Seiten ſich hinten faſt uͤber die Haͤlfte einander nicht beruͤhren. Es iſt auch nicht gleich dicke, ſondern hat un⸗ ten einen breiten Anſatz, worinn die furche iſt, und der ſich in ein Paar Ecken oder Spitzen endiget. Dieſen Anſatze ſtehet der uͤbrige ſchmaͤlere Theil des Hornes auf; an dem die beyden Seitenwände ſich hinten beruͤh— ren, und eine ſcharfe Schneide machen. Wiewohl bey einigen dieſe Schneide erſt oben ſichtbar wird; da das Untere, wie der Anſatz, mehr hohl iſt. Das ganze Horn iſt überall mit vertieften Puncten uͤberdecket; aufs ſer ganz oben, wo ſich ſolche verlieren. Schneidet man das Horn durch oder ab, ſo iſt, wie bey den Hoͤrnern des Schroͤders, ſein Inneres mit einem haͤutigen Weſen ausgefuͤllet; und, wenn ſolches eingetrucknet iſt, zeiget es ſich völlig hohl. Von dieſem Horne der Maͤnngen gehet das Horn der Weibgen (***) in 2 Stuͤcken ab. Es iſt allezeit kleiner, als das Kleineſte eines Maͤnngen, und nie 1 Linie hoch. Es iſt nie ſpitzig, ſondern allezeit ſtumpf, doch nicht gerad, ſondern hohl, ausgeſchnitten oder abgeſtutzet, ſo, daß daher nicht nur die 2 Seitenſpitzen ſich wie ein paar Hoͤrngen zeigen, ſondern daß auch, wenn man gerad von oben herab ſiehet, eine ordentliche Vertie⸗ fung⸗ () Fig. II. b. IV. c. VI. () Fig. I. a. IV. e. (% Tab. III. Fig. VI. e. un M 137 fung beobachtet wird. Auſſer dieſem verſchiedenen Horne, und dem bald folgenden Bruſtſchilde, iſt ubrigens das Weibgen, feinen aͤuſſern Theilen nach, dem Maͤnngen vollkommen gleich; und gielt alſo von ihm das alles, was ich weiters von den Männgen anführen werde. Kehret man den Kopf um, ſo werden an demſelben diejenigen Theile ſichtbar, welche ihm anſitzen. Im ganzen betrachtet, iſt ſeine Unterflaͤche an der vordern Rundung und dem hintern ſchraͤgen Abſchnitte etwas ge— woͤlbet, und mit gelbbraunen Haaren eingefaßt; an den Seiten des Mun— des aber eine ſtarke Vertiefung, in welche ſich, wenn man den Käfer ans ruͤhret, die Fuͤhlhoͤrner, Freßſpitzen, und das dicke Theil der Vorderfuͤſ⸗ fe, zuſammenlegen (*). Der Mund, mit ſeinen Theilen, liegt in der Mitten laͤngs herab, und macht bey nahe die Haͤlfte der ganzen Unter— flaͤche aus. Beym Anfange deſſelben iſt eine kleine Erhoͤhung, die ihm ſtatt eines Daches zur Beſchuͤtzung dienet. Er ſelbſt iſt mit einer ſtarken ſchwarzbraunen Oberlippe bedecket, unter welcher die doppeltblaͤttigerigen Zungen, ſtatt der Zähne, liegen und ſich aus und einwaͤrts bewegen. Jede dieſer Blaͤtterzungen iſt mit einer Amal gegliederten und mit Haaren beſetzten Kreßſpitze verſehen, davon die an den obern Zungenblättern groͤſſer, und auch aͤuſſerlich ſichtbar (**); die an den untern Zungen— blaͤttern aber kleiner, und von auſſen nie zu erkennen ſind. Unter dem Munde zeiget ſich ein halbmondfoͤrmiger mit gelbraunen Haaren ganz und gar uͤberſtreuter Flecken; dem eine laͤngliche, glatte und ungemein glaͤn— zende ſchwarze Erhöhung folget, welche vermuthlich zn deſto beſſerer Auf nnd Niederbewegung des Kopfes dienet. Die Luͤhlhoͤrner (***) ſtehen ganz in der Tiefe, neben dem Munde, über den Augen, auf einem kleinen Knopfe, fo dem Kopfe einverleibet iſt. Sie haben 3 Hauptheile, oder Gelenke. Das unterſte (I) iſt das längs ſte, beſtehet aus einem ganzen Stuͤcke, und iſt da, wo es dem Kopfknoͤpf— gen anſitzt, duͤnner, als an ſeinem Fort-und Ausgange. Der zwepte Zwiefalter u. Kaͤfer. S Theil Fig. II 2. () Bag. Id. d, () Tab, III. Fig. I. e. e. Fig. en en ee 138 Du e Theil (*) iſt S oder mal gegliedert; davon das unterſte Glied walzen, artig, das zweyte ein Knoͤpfgen iſt, das dritte, und alle uͤbrige, herzfoͤrmig oder kelchartig ſind, jedoch von verſchtedener Größe. Alle dieſe Theile ſind hellbraun, glaͤnzend, halb durchſichtig, und mit einigen Haaren be⸗ ſetzt. Der dritte Theil (**) beſtehet in der fo genannten ſchiefen Keule, oder Kolbe, die dreyfach der Lange nach zerſchnitten iſt, oder aus drey unten dicken und oben ſpitzigen Blaͤttern beſtehet. Die ganze Kolbe iſt undurch— ſichtig und lichtbraun, und wenn man ſie unter der Vergroͤſſerung anfies het, fiber und über mit ſtumpfen kleinen Haͤrgen, fo ganz eng an einans der ſtehen, uͤberdecket; und noch auſſerdem, wie die vorigen, mit einzeln längern Haaren hie und da verſehen. Die Augen ſind hier unten faſt dop— pelt gröffer, als oben, kugelrund und glaͤnzend ſchwarz. Sie ſcheinen zwar dem bloßen Auge einfach zu ſeyn. Bringet man ſie aber unter die Ver⸗ groͤſſerung, und ſonderlich alsdenn, wenn man ſie zuvor abgeſchnitten, und ihr inneres dunkeles Weſen ſauber ausgewaſchen hat; ſo findet man fie eben fo netzfoͤrmig, das iſt, aus einer unzähligen Menge ſehr kleiner Au— gen, oder inwendig hohl, und auswendig erhabenen, halbrunden Glaͤß— gen, zuſammen geſetzt, wie es an den Fliegen und mehr andern Inſecten bekannt iſt. Das Bruſtſchild (***), welches durch einen kurzen ſchmalen Hals dem Kopfe anſitzet, iſt doppelt laͤnger, und mehr als doppelt breiter, denn der Kopf. Es iſt auch dieſes an den Weibgen (T) anders, als an den Maͤnngen; jedoch nur in dem einzigen Stuͤcke, daß ihm die ſpitzigen Er— hoͤhungen und ſtarken Vertiefungen fehlen, mit welchen der Bruſtſchild der Maͤnngen (I) verſehen iſt. Ich werde dahero auch nur das Letz— tere zu beſchreiben haben. Es hat folgenden Bau. Es iſt ſtark gewoͤlbet; und vorn, im ganzen genommen, breiter, als hinten. Vorn hat es in der Mitten einen Ausſchnitt, in welchen der Anfagtoder Nacken des Kops fes einpaſſet, neben welchem die Seitentheile vorſtehen, die rundlich find, faſt gerad herunter laufen, und hinten in der Mitten nach einer gehabten Run⸗ nne Tab. III. Fig, I. e. V. (f) Fig. II. (T1) Fig. V. wu e 139 Rundung, in eine kleine und merkliche Spitze ſich endigen. Von dieſer Spitze an laͤuft über die ganze Oberfläche des Bruſtſchildes ein tiefer Strich oder Furche die Laͤnge hinauf, ſo ihn gleichſam in zwey Theile durchſchnei— det; und iſt der ganze Umfang des Bruſtſchildes mit einem erhabenen. Rande eingefaßt. Wie aber dieſes Bruſtſchild hinten rundlich iſt (5) 5 fo findet es ſich hingegen vorn ſchreg abgeſchnitten, und zwar auf folgende. Art. In der Mitten ſiehet man einen ganz platten, und, von der Ru— ckenſeite betrachtet, faſt wapenfoͤrmigen Schild (**), durch welchen der erſtgedachte tiefe Strich oder Furche laͤuft; im ganzen aber bey den Maͤnn— gen groͤſſer, als bey den Weibgen iſt. Dieſem platten Theile folget auf jeder Seite eine ſtarke Vertiefung oder Hoͤhlung; welche ſodann in eine ſpitzige Erhöhung empor ſteiget, und die ihm die Geſtalt anderer kleiner Seitenhoͤrner giebt (***). Hinter dieſen Seitenhoͤrnen oder Spitzen bes merket man einen kleinen laͤnglichen Strich, und neben demſelben eine Vertiefung, die zwar offen und ein Luftloch zu ſeyn ſcheinet, ich habe aber nie eine wahre Oefnung entdecken koͤnnen. Uebrigens iſt die ganze Ober— flaͤche dieſes Bruſtſchildes mit lauter vertieften Puncten uͤberſaͤet, die an manchen Orten haͤufiger, an andern ſeltener ſind; und davon die bald matte, bald glänzende Farbe herkommt. Was die Unrerfläche des Bruſtſchildes betrift, fo iſt fie beynahe um die Hälfte kuͤrzer, als die Oberflaͤche. Oben iſt auch hier der vorhin gedachte Ausſchnitt ſichtbar; und in den hervorragenden Seitentheilen, nach innen zu, eine Vertiefung, in welche ſich die untere Spitze des Schienbeins einlegen kann. Unten iſt er nach vorne zu etwas hohl ausgeſchnitten, doch ſo, daß er in der Mitten in eine kleine Spitze auslaͤuft. Der ganze obere und untere Rand aber iſt mit Sammethaaren ſehr dick und ſtark verſehen. Die erſten Paar Süße () find demſelben einverleibet. Jeder beſtehet aus dreyen, oder, wenn man alles zuſammen nimmt, aus 4 Haupttheilen. Zuerſt kommt das Hauptgelenke vor. Es ſtecket ſolches dem groͤßten Theile nach unter dem Bruſtſchilde, und gehet tief in das Innwendige hinein. Wo es von auſſen nicht ſichtbar iſt, findet man es ſchraͤg abgeſchnitten; unten aber iſt S 2 es () a. a. ( e. () b. b. (T) Tab. III. Fig. I. g. 140 n N es rund. Was davon auſſen beſtaͤndig geſehen wird, iſt unten glatt und glaͤnzend; oben aber ſtark mit gelbbraunen Haaren gezieret. Dieſes Gelens ke kann ſich nach oben und unten bewegen; und wenn man daſſelbe aus⸗ reiſſet oder abloͤſet; fo bleibet in dem Bruſtſchilde eine ſchraͤg einwaͤrts ges hende rundliche Hohlung. Mit dieſem Gelenke iſt der erſte Theil des Fußes, welchen ich das Dickbein nenne, unmittelbar verbunden. Es hat einen kolbigen Anfang, und an ſeinem Ende einen kleinen Durchſchnitt. Die Unterflaͤche iſt gewoͤlbet, und von den vertieften Puncten matt; die Obers fläche aber platt und glaͤnzend. Beyde Raͤnder find mit Haaren beſetzt; und gleichwie ſich auf der Oberflaͤche, der dieſen Kaͤfern eigene hellbrau— ne haarige Flecken zeiget; alſo ſiehet man auch hier eine untere Vertie— fung, in welche ſich der folgende obere Theil des Schienbeins einlegen kann. Dieſes iſt faſt fo groß, als das Dickbein, und ganz und gar platt gedruckt. Es hat einen ſehr ſchmalen Anfang, wird aber immer breiter, ſo, daß es am Ende faſt 1 Linie breit iſt. Seine Oberflaͤche iſt etwas gewoͤlbet und glaͤnzend; die Unterflaͤche aber etwas ausgehohlet und matt, allwo noch eine erhabene Linie laͤngs durchlaͤuft, als bis dahin es ſich über das Dickbein auſleget. Der innere Rand iſt ganz und ſcharf; der aͤuſſere Rand aber eingekerbet, oder mit 3 und 4 fägenartigen Zähnen verſehen, davon der hinterſte am kleineſten, der vorderſte aber am groͤß⸗ ten iſt. Endlich beobachtet man noch oben auf der andern und innern Sei— te dieſes Schienbeins einen ziemlich langen, etwas krummen Nagel, der ſich in eine ſtumpfe Spitze endiget. Zwiſchen dieſem Nagel und dem ober— ſten Saͤgezahne ſtehet zuletzt der eigentliche Fuß oder der Vorfuß mitten inne. Er iſt an dieſem erſten Paare ungemein zart, kaum halb fo lang, als an den übrigen, und leicht zu uͤberſeben. Er iſt aus 4 herzfoͤrmigen Ges lenken oder Gliedern zuſammengeſetzet, davon das erſte und letzte die groͤß— ten find; und endiget ſich in ein Paar krumme Nägel oder Hacken, zwi, ſchen welchen man einen Buͤſchel Haare antrift. Der dritte Haupttheil des Kaͤfers machet den eigentlichen Leib aus (*); an dem wieder Verſchiedenes zu betrachten vorkommt. Das erſte ſind die Fluͤ (0 Tab. III. Fig. I. f. . n N 141 Fluͤgeldecken oder Fluͤgelſcheiden (5). Sie ſind hornig, glänzend ſchwarz, oben gewoͤlbt, unten ausgeholet, ungemein duͤnn und halb durchſichtig. Jeder, wo er an dem andern anſchließt, iſt die Laͤnge herunter gerad, oben etwas hohl abgeſchnitten; und gleichwie er oben am breiten iſt, alſo wird er nach unten zu immer ſchmaͤler, und läuft in eine Spitze aus. Auf je— dem zaͤhlet man 7 oder 8 vertiefte Striche oder Furchen, welche oben et— was von einander abſtehen, unten aber alle gleichſam in einem Puncte, oder in die erſtgedachte Spitze, zuſammenlaufen. Wozu noch oben und an der aͤuſſern Seite die aufgeworfene ſchmale Randeinfaſſung kommt. Betrach— tet man die Oberflaͤche mit einem Vergroͤſſerungsglaſe, ſo erkennet man uͤberall ſehr zarte vertifte Puncte, nebſt einigen ungemein dünnen und kur— zen Haͤrgen. . Die untere hohle Fläche iſt ganz glatt, und wenn man genau acht giebt, mit einem glaͤnzend hellbraunen Haͤutgen, wie mit einem Goldblaͤt— gen, belegt. Oben befindet ſich nach innen zu ein duͤnner dachfoͤrmiger Ans ſatz, welcher ſtark mit Haaren beſetzt iſt, und welcher, wenn die Fluͤgel— decken geſchloſſen ſind, den oben erhabenen Theil des Leibes bedecket. Die— ſer Anſatz hat ganz hinten, wo er an dem andern Fluͤgel ſchließt, einen zwey— ten Anſatz, welcher in die Hoͤhe ſtehet, dem Ruͤckenſchilde angegliedert, und der einzige geringe Theil iſt, mit welchem dieſe Fluͤgelſcheiden dem Lei— be feſt, jedoch beweglich, anſitzen. Wenn dieſe Fluͤgelſchelden geſchloſſen ſind, gehoͤret eine ziemliche Gewalt dazu, ſie von einander zu bringen, und noch eine groͤſſere Gewalt braucht es, eine ſolche Fluͤgeldecke abzureiſſen. Unter dieſen harten Fluͤgeldecken liegen die 2 eigentlichen Fluͤgel. Sie ſind ordentlicher Weiſe, und wenn ſie nicht gebraucht werden, dreyfach, und zwar alſo zuſammengeleget, daß der mittlere Theil unter dem erſten, und der letztere uͤber beyde zu liegen kommt; wie denn auch noch uͤberdieß der mittlere und der letzte Theil der Laͤnge nach uͤber einander gefaltet ſind. Wenn dieſe Flügel ausgebreitet find, findet man fie länger als der ganze Leib iſt. Sie ſind haͤutig, weiß, durchſichtig und pergamentartig, hin und S 3 wieder (0) Fig. III. 142 ae e wieder mit ziemlich ſtarken und ſichtbaren braunen Adern verſehen; und oben durch ſtarke Muskeln, die einen braunen Knopf vorſtellen, der aͤuſ— ſern Seite des Leibes einverleibet. Leget man dieſe Fluͤgel auf die Seite; ſo kommen 2 ganz eigentliche Theile zum Vorſcheine. Der obere iſt ſehr ſchmal, und machet den Ober⸗ leib aus, ſo weit er hier auf dem Ruͤcken geſehen werden kann. Oben ſitzen ihm 3 hornige Theile an, davon der mittlere der dreyeckige Ruͤcken— ſchild iſt, welcher in eine ſtarke Spitze auslaͤuft; die auf den Seiten aber find rundlich. Unter dieſen liegen ein Paar andere polſterartige Theile nach der Quere, zwiſchen welchen ein laͤnglicher vertiefter Dreyangel intt— ten inne ſtehet. An den aͤuſſern Seiten bemerket man den Ort, wo die Fluͤgel angegliedert ſind. Auf dieſen ſchmalen Oberleib folget der wohl ſiebenmal längere Unterleib. Er iſt haͤutig, faſt durchſichtig, gewoͤlbet, in der Mitten in eine ſcharfe Linie erhaben, und beſtehet aus 6 ſchuppen— artigen Halbringen oder Abſaͤtzen. An den Seiten iſt er mit einer ſtarken und nach innen zu hohlen Randeinfaſſung verſehen, wo auf beyden Sei⸗ ten nach der Zahl der Abſaͤtze ein Luftloch ſtehet. Wendet man den Käfer wieder um, und betrachtet die Unterflaͤche, fo findet man die Groͤſſe des Ober -und Unterleibes juſt in einem gegen, ſeitigen Verhaͤltniſſe, als ſie oben gegeneinander waren. Der Oberleib (fe hier unten mehr als doppelt groͤſſer, denn der Unterleib. Er beſtehet aus einem ganzen Hornſtuͤcke, und ſtellet ganz eigentlich eine Art eines Panzers vor. Er iſt ſtark gewoͤlbet, und in der Mitten theilet ein ſehr zart vertiefter Strich denſelben gleichſam in 2 Theile. Um und um, wo das zweyte Paar Fuͤſſe einverleibet iſt, ſiehet man eine erhabene ſchmale Randeinfaffung ; ſo ihm, nebſt einigen mit unterlaufenden andern erha— benen Strichen und Vertiefungen, eine ſchoͤne Geſtalt und Zierde giebet. Und gleichwie er in der Mitte glatt und glaͤnzend iſt; alſo erſcheinet er da, wo ſich die Fuͤſſe anreiben, oder ſonſt eine Bewegung vorgehet, ganz matt, und iſt zugleich mit deer uͤberdecket. Das Vornehmſte an dieſem Ober— leibe ſind die 2 Paar Fuͤſſe, ſo ihm anſitzen. Das zweyte Paar der Fuͤſſe (Y) befindet ſich ziemlich in der Mitten. hr () Tab. III. Fig. I. h. II. d. d. = Zu 143 Ihr ſtartes Gelenke lieget der Laͤnge nach in einer geraden Linie abwärts, und wie ſich jenes bey dem erſten Paar Fuͤſſe auf und nieder bewegen konnte, alſo hat dieſes feine Bewegung nach auſſen und nach innen zu; iſt aber uͤbrigens wie jenes gebildet. Eben ſo iſt auch zwiſchen dem Dickbeine, in Vergleichung mit den vorigen, kein anderer Unterſcheid, als daß ihm der dortige gelbbraun haarige Flecken fehlet. Das Schienbein aber iſt anders geſtaltet. Es nimmt einen ſehr ſchmalen Anfang, wird am Ende breit, und trichterfoͤrmig. Die untere Randeinfaſſung iſt rund ausgezacket, und ihr ſitzet an der innern Seite eine groſſe und eine lange Stachel oder 2 ſpitzige Naͤgel an. Unter der Vergroͤſſerung entdecket man, daß ſo wohl die Flaͤche, als der Rand dieſes Schienbeins mit einzeln zarten Haaren beſetzt iſt. Der eigentliche Fuß oder Vorfuß iſt hier doppelt ſo groß, als bey dem erſten Paare. Das dritte Paar Fuͤſſe (*) iſt dem erſtgedachten vollkommen gleich, und gehet nur darinn von ihm ab, daß es dem Unterleibe ganz am Ende ans ſitzet; daß das Gelenke ſchraͤg eingeſetzet iſt, folglich auch eine auf - und niederwaͤrts ſchraͤge Bewegung hat; und daß endlich an der Seite nur ein fpigiger Nagel oder Stachel beobachtet wird. Welchem noch beyzufuͤ— gen, daß die 2 Paar Fuͤſſe unten, wo ſie dem Gelenke anſitzen, einen kleinen ſpitzigen Anſatz haben; der zwar mit dem Dickbeine ein Stuͤck ausma— chet; wenn man aber mit einem gewiſſen Handgriffe das Dickbein abzu— brechen ſuchet, fo bleibet dieſer ſtachelaͤhnliche Theil an den Gelenken haf⸗ ten, iſt jedoch beweglich. Was endlich den Unterleib betrift; ſo iſt derſelbe durch eine zarte weiße Haut, wie durch ein Zwergfell, von dem Oberleibe abgeſondert. Er hat in der Mitten eine ſtarke dreyeckige Spitze, und beſtehet aus Coder ſehr ſchmalen und ſtark über einander geſchobenen ſchuppenartigen Halb— ringen. Zwiſchen dem letzten Ringe liegt der After (**), welcher ſich mit einer hornartigen Klappe verſchlieſſen kann. Wenn () Tab. III. Fig. I. i. i. II. e. e. () Fig. II. f. 144 oe un Wenn dieſe Käfer kriegen, tragen fie den Kopf allezeit niederwaͤrts gebogen, gleich als wenn ſie mit dem Kopfe aufgraben wollten; und iſt ihr Gang ſehr langſam. Beruͤhret man ſie im geringſten, ſo ziehen ſie ih— re Fuͤſſe auf eine ungemein artige Art augenblicklich zuſammen; und legen fie dem Kopfe und Leibe dergeſtalt hart übereinander an, daß man von ih— nen kaum etwas gewahr wird. Und hierdurch unterſcheiden ſich diefe ges hoͤrnten Käfer von den ordentlichen gemeinen Roß -oder Miſtkaͤfern, als die im Beruͤhren ihre Fuͤſſe ausgeſtreckt haben und behalten. Uebrigens find dieſe Käfer weder ſelten, noch häufig in unſern Bes genden anzutreffen; und es giebt manche Zeiten, ſonderlich im Julius und Auguſt, da fie faſt gar nicht zu finden ſeyn. Dieß ſey genug vom flie- genden Naſehorne. Ich wende mich zu dem fliegenden Ochſen (*), als der oben an⸗ gezeigten zweyten Art gehoͤrnter Kaͤfer hieſiger Gegenden. Es hat dieſer Kaͤferart, ſo viel mir bewußt iſt, noch kein Schriftſteller gedacht. Sie iſt auch hieſiger Gegend eine der ſeltenſten; und man hat Muͤhe, jaͤhrlich deren nur einige habhbft zu werden. Ich habe fie fo gar jedesmal nur an einem kleinen eingeſchraͤnkten Orte ausſchlieſſungsweiſe, naͤmlich auf der Viehtrift vor Donauſtauf, angetroffen, da die vorigen Naſehoͤrner noch an mehreren Orten zu finden find. Ich nenne dieſe Kaͤferart den fliegenden Ochſen, weil die Richtung und Geſtalt der Hoͤrner bey den Maͤnngen denen Ochſenhoͤrnern ziemlich gleich kommen. Es gehören dieſe Käfer, der Groͤſſe nach, unter die mittelmäßig groß ſen Kaͤfer; indem die groͤßten, deren ich habhaft geworden bin, im gan— zen genommen, nie uͤber 63 Linien lang geweſen ſind, davon der Kopf 1, das Bruſtſchild 2, und der Leib 33 Linien ausmachte. Die Farbe dieſes fliegenden Ochſen iſt einfach, naͤmlich am ganzen Kaͤfer mehr und weniger ſchwarzgrau. Einige haben eine ganz matte Far⸗ be; €) Tab. III. Fig. VII. ce 2 145 be; andere aber find mehr glänzend; wie es denn auch zu Zeiten welche giebt, die ins blauliche, roͤthliche und goldfarbige ſpielen. Weil dieſe Kaͤfer, wie, ich gleich melden werde, wenn ſie beruͤhret werden, ihre Hoͤrner hart an das Bruſtſchild ſchlieſſen; ſo muß man wohl acht haben, um ſie nicht vor eine Gattung des fliegenden Einhornes zu halten. Man biege allezeit den Kopf unterwaͤrts, ſo wird man am ſicherſten und geſchwindeſten hinter das Eigentliche kommen, Das Horn dieſer Käfer (*) hat foͤrderſamſt dieſes Beſondere, daß es doppelt iſt, und daß es nicht auf der Oberflaͤche und in der Mitte des Kopfes, wie bey dem Naſehorne, ſtehet, ſondern dem hintern ſchmalen Halsanſatze aufſtehet. Nebſt dieſem hat es folgende Bildung und Rich— tung. Es iſt bey verſchiedenen von verſchiedener Groͤſſe. Bey denen, wo ich es am kleineſten gefunden, war es gegen 13 Linie; und bey den Groͤßten nicht ganz 3 Linien. Es iſt wie der ganze Kaͤfer ſchwarz. Auf jeder Seite des Halsanſatzes ſtehet ein Horn. Jedes hat eine nach innen zu hohle, und nach auſſen zu gewoͤlbte, Richtung; ſo, daß beyde zuſam— men betrachtet, ein paar halbe Monde vorſtellen, deren Hoͤrner nach in— nen zu gegen einander ſehen. Sie gehen nicht, wie bey dem Naſehorne, gerad in die Hoͤhe, ſondern liegen ſchraͤg gegen das Bruſtſchild zu; wel— chem ſie der Kaͤfer, wenn er ſich zuſammen ziehet, auch auf das ſtaͤrkſte anſchlieſſet. Sie ſind ziemlich platt gedruckt, doch an der gewoͤlbten aͤuſ⸗ ſern Seite mehr rundlich, und an der innern hohlen Seite mehr ſcharf. Einige laufen ſcharf, andere ſtumpf ſpitzig aus, je nachem ſie vermuthlich mehr und weniger abgenutzet find. Sicher man fie genauer unter der Vergroͤßerung und nach einer gewiſſen Seite an, ſo ſcheinen ſie oben eine Wendung zu machen, und alſo gleichſam einfach gewunden zu ſeyn. Zwi⸗ ſcheu ihnen iſt eine etwas erhabene Woͤlbung, welche dieſe beyde Hoͤrner mit einander verbindet. Der Kopf (**), dem dieſe Hoͤrner anſitzen, iſt einem der vordern Spitze nach abgeſchnittenen Dreyangel gleich (***), ungemein platt ges druckt, mit lauter vertieften Puncten überfäet, an der Randeinfaſſung wenig aufgeworfen, hat an den Mittelſpitzen eine kleine Grube, und un— mittelbar vor den Hoͤrnern befindet ſich die obere Haͤlfte der Augen, ſo laͤng⸗ lich rund ſind, und ſchief liegen. T Das () Tab. III. Fig. VIII. d. d. (%) Fig. VIII. a. a. (7) c. 146 „ 2; Das Bruſtſchild iſt ohne alle Seitenſpizen. Vorn iſt es fchräg abs geſchnitten, hinten aber laͤuft es rundlich zu, und zuletzt in eine kleine Spitze aus. An den Seiten hat es eine erhabene Randeinfaſſung, und über ders ſelben ein Paar laͤngliche Vertiefungen, in welche ſich die Hörner einlegen koͤnnen. f Die Fluͤgeldecken ſind tiefpunctirt, und auf jedem ſiehet man 7 oder 8 die Laͤnge hinablaufende vertiefte Striche, wie bey dem Naſehorne. So ſiehet das Maͤnngen aus. Was das Weibgen betrift, ſo gehet es darinn von dem Maͤnngen ab, daß es 2 kleinere Hoͤrner hat, die oben keine mondfoͤrmige, ſondern gerad laufende Richtung haben. Das fliegende Einhorn (*) iſt, in Anſehung feines Horns, gleich⸗ ſam eine Mittelgattung des Naſehornes, und des fltegenden Ochſens. Mit dem erſten kommt es darinn uͤberein, daß ſein Horn einfach iſt; mit dem letztern aber, daß ſein Horn auf dem hintern Halsanſatze ſtehet. Der Kopf iſt wie bey dem fliegenden Ochſen gebildet, jedoch mit dem Unterſcheide, daß, ſtatt jener 2 Seitengruben, hier eine Quergrube ſich befindet. Von da fänger das Horn (“*) an ſich zu erheben, doch fo, daß es auf der Ober— flaͤche des Kopfes nur eine erhabene Platte ausmachet, dis dahin, wo un— ten der Halsanſatz ſich befindet; von wannen die Platte in 2 Seitenecken auslaͤuft, die bey einigen 2ſtumpfe Hoͤrnergen vorſtellen. Nach dieſen Seis tenecken macht die Platte einen Dreyangel, und wo die aͤuſſerſte Spitze ſitzen ſollte, da nimmt endlich das eigentliche Horn ſeinen Anfang. Es iſt ſehr ſchmal, und bey einigen mehr und weniger als ı Linie lang. Seine Richtung iſt beym Anfange etwas nach dem Kopfe zu gebogen, jedoch an ſich gerad laufend; und bald ſcharf, bald ſtumpf ſpitzig. Auch bemerket man, daß die Randeinfaſſung an dem Kopfe mehr, als bey dem fliegen— den Ochſen aufgeworfen iſt. Das Bruſtſchild und die Fluͤdeldecken ſind, dem Baue nach, wie bey dem fliegenden Ochſen; mit dem einigen Unter; ſcheide, daß das Bruſtſchild vorn, wo es ſchief abgeſchnitten iſt, in der Mitten eine Vertiefung hat, da ſich das Horn einlegen kann. Der Far— be nach ſind dieſe Kaͤfer eben ſo von dem fliegenden Ochſen, als unter ſich ſelbſt, verſchieden. Einige haben ein grünes (***), andere ein brau⸗ nes (1), andere ein mehr roͤthliches, noch andere ein blauliges, und man— che (*) Tab. III. Fig. XIII. XIV. () Fig. XV. a. () Tab. III. Fig. XIV. (T) Fig. XIIl. Xv. un e 147 che ein ſchwaͤrzliches Bruſtſchild; und jeder iſt wieder bald matt, bald glaͤn⸗ zend, bald goldfarbig. Was die Fluͤgeldecken anlanger, fo find fie bey den meiſten lichtbraun, mit ſchwarzen kleinen und groſſen Puncten gezieret es doch iſt auch dieſes bey allen nichts beſtaͤndiges; indem bey einigen die Fluͤgeldecken braun (Y, bey andern ſchwaͤrzlich, mehr und weniger matt und glaͤnzend ſeyn. Ob dieſe verſchiedene Farbe ſo viel beſondere und eigene Gattungen dieſer Käfer ausmachet, oder ob ſie nur von Laͤnge der Zeit eine Abänderung leidet; getraue ich mir nicht zu beſtinmmen. So viel weis ich gewiß, daß alle dieſe der Farbe nach verſchiedenen Käfer lauter Maͤnn— gen ſind, wenn man an ihnen das erſt beſchriebene einfache Horn gewahr wird. Was aber die Weibgen betrift (%, fo find zwar auch dieſe, wie die Maͤnngen, dem Bruſtſchilde und Fluͤgeldecken uach von abwechſelnder Farbe; allein darinnen ſind ſie allezeit von den Maͤnngen unterſchieden. Es mangelt ihnen das eigentliche Horn, ſtatt deſſen aber find die Seitens ecken des Kopfes insgemein mehr ſichtbar und groͤſſer (***); wiewohl auch dieſe bey einigen faſt gar nicht zugegen (T), und aller Vermuthung nach abgenutzet ſeyn. Man ſiehet auf der Oberflaͤche des Kopfes, ſtatt der Quergrube bey den Maͤnngen, einen Querſtrich, und hinter demſel— ben erſt eine Vertiefung. Vornaͤmlich aber hat das Bruſtſchild, wo es vorn abgefchnirten iſt, in der Mitten einen vorſtehenden Anſatz; neben welchem ſich die Seiteneeken des Kopfes genau anſchlieſſen koͤnnen. Das Uebrige iſt, der Daupifache nach, wie bey dem Naſehorne. Das ſtumpfe Dreyhorn gehoͤret unter die laͤnglichen Kaͤfer, indem es mehr als doppelt länger, denn breit iſt. Es giebt eine groſſe (TFT) und kleine Art (TT). Jene Art iſt der Farbe nach wieder zweyerley; einige ſind ganz und gar ſchwarz; andere aber haben mehr und wentger rothe Fluͤgeldecken. Das, was an dieſer Art beſonders iſt, betrift den Kopf, und die drey ſtumpfen Hoͤrner auf demſelben. Der Kopf (“) iſt vorn ſehr breit, in der Mitten etwas hohl, und an der Seite ſchraͤg ab— geſchnitten, alsdenn hat er einen laͤnglichen Fortgang, und iſt hinten rund— lich. An der Oberfläche ganz in der Mitten ſtehen die drey ſtumpfen Hoͤr— ner (*) der Quere neben einander, wovon das mittlere allezeit etwas groͤſſer iſt, als die an den Seiten. Manchmal kann auch das bloße Au— ge ſie bemerken, am deutlichſten aber macht ſie die Vergroͤſſerung. Das T 2 Bruſt⸗ (5) Fig. XIII. (.) Fig. IX. XI. () Fig. X. d. d (5) Fig. XII. (++) Fig. XVI. XVII. (T4) Fig. XIX. (“) Fig. XVIII. (“) A. d. à. 143 ee e Bruſtſchild iſt auch an diefer Kaͤferart anders, als an den bisher beſchrie⸗ benen. Es iſt hinten, und auch an den Seiten, faſt gerad abgeſchnitten, und die Oberfläche durchaus gewoͤlbet. Die Fluͤgeldecken aber find, wie bey den vorigen, mit vertieften Strichen gezeichnet. Unter den Maͤnn⸗ gen und Weibgen habe ich keinen Unterſcheid gefunden. Sie weichen alſo auch in dieſem Stuͤcke von den vorigen Arten ab. Dieſen gehoͤrnten Kaͤferarten fuͤge ich nun noch ſchluͤßlich eine unge⸗ hoͤrnte Art bey. Ich nenne dieſen Käfer Langbein, oder Stelzenkäs fer (*), weil feine Hinterfuͤſſe bey nahe dreymal fo lang, als feine Vor⸗ derfuͤſſe ſind, und aus welcher Urſache dieſe Kaͤfer, wenn ſie kriechen, wie auf Stelzen zu gehen, das Anſehen haben. Auſſer dem iſt der gan— ze Käfer von ſchwarzgrauer Farbe. Seine plattgedruckter und mit einer aufgeworfenen Randeinfaſſung verſehener Kopf, hat vorn einen ſtarken hohlen Ansſchnitt, uud iſt überall tiefpunctirt. Das Bruſtſchild iſt ges woͤlbet. Die Fluͤgeldecken zart geſtreift und punctirt, und jeder hat gegen die Mitten einen, nach innen zu ſchraͤg laufenden, vertieften Streif, der, wenn die Fluͤgeldecken geſchloſſen find, einen Dreyangel vorſtellet. Uns ter Maͤnngen und Weibgen habe ich keinen Unterſcheid gefunden. Wenn man dieſe Käfer anrührer, machen fie durch ihr Zuſammenziehen der Fuͤſſe eine der ſeltenſten Vorſtellungen. Und eben dieſe Kaͤfer habe ich gar oft angetroffen, wie jedesmal ein Paar von ihnen, eine aus dem Unrathe ge⸗ machte Kugel eine ziemliche Weite mit ihren Fuͤſſen fortrollten, und als— denn in ein Loch, ſo in die Erde gemacht war, verſcharreten. Wer iſt aber wohl im Stande, die wahre Abſicht anzuzeigen, warum jene 4 Kaͤferarten mit Hoͤrnern verſehen ſind? Sollte man nicht vermu— then, ſie muͤßten ihnen im Aufgraben der Erde mehr eine Hinderung, als Förderung ſeyn. Können fie aber wohl ganz umſonſt da ſeyn? Ich ges ſtehe es gerne, daß ich darauf nichts entſcheidendes zu ſagen weis. Viel leicht dienen ſie dem trocknen Miſt unter dem Fladen, worein ſie ſich Gaͤnge machen, aufzuheben, und in die Hoͤhe zu halten! Vielleicht auch zu etwas andern! (0) Tab. III. Fig. XX. Erklaͤ. Fig. Ko Eu e 149 Erklaͤrung der Kupfertafeln. Die erſte Tafel. 1. Die Raupe des erſten gehoͤrnten Zwiefalters mit glatten Leder⸗ hoͤrnern, wie ſie auf dem Wollkraute und in deſſen hohlen Knollen wohnet. a. a. Der aufgetriebene wollige und inwendig hohle Knol— len. b. Die Dattel, ſo insgemein der ſich entwickelnde Zwiefalter in der gemachten Oeffnung liegen läßt. c. Die Raupe ſelbſt in ih⸗ rer natuͤrlichen Groͤße und Farbe. d. Die gelbe Bluͤthe des Woll⸗ Fig. Fig. krautes. II. Die braune Dattel, wie fie auf dem Rücken und an den Fluͤ— gelſcheiden gebildet iſt. III. Der Zwiefalter mit glatten Federhoͤrnern, in feiner natuͤrli— chen Größe, und ſitzend. a. Die Febderhoͤrner. IV. Der naͤmliche Zwiefalter fliegend. V. Ein Stüuͤck des Saugriſſels, wie er an feinem aͤußerſten Ende geſpalten iſt, nach der Vergroͤßerung. a. Der Ort, wo er ahge⸗ ſchnitten und noch ganz iſt. b. b. Das aͤußerſte geſpaltene Ende mit feinen ſaͤgenzaͤhnigen Blaͤtgen. VI. Der Kopf dieſes Zwiefalters, nach der Vergrößerung. a. a. Die Federbaͤrtgen. b. b. Die glatten Hoͤrner. o. c. Die abgeſchnitte— nen Fuͤhlhoͤrner. d. Der eigentliche Kopf. e. Das Auge. k. Der zuſammengerollte Saugriſſel. VI. VIII. IX. Dreyerley Arten der Federſchuppen. X. Das erſte Paar Füße. a. Das dicke Gelenke, womit es dem Bruſtſchilde anſitzt. d. Das Dickbein, oder der Schenkel. e. Das Schienbein. d. Der eigentliche Fuß, oder Vorſuß. e. Die beyden Naͤgel, oder Hacken. ig. XI. Das zweyte Paar Füße. a. Das dicke Gelenke, womit es dem Leibe angegliedert iſt. b. Der Schenkel. c. Das Schienbein. d. d. Die zwey Gelenkſpitzen. e. Der eigentliche Fuß, oder Dors fuß. k. Die zwey Nägel, oder Hacken. T 3 Fig. XII. 150 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. . XII. Das dritte Paar Fuͤße. a. Das dicke Gelenke. b. Der Schen⸗ kel. c. c. Das Schienbein, ſo doppelt gegliedert zu ſeyn ſcheinet. d. d. Das erſte Paar Gelenkſpitzen. k. f. Das zweyte Paar Gelenk— ſpitzen. g. h. Der eigentliche Fuß. i. Die beyden Nägel, oder Hacken. Die zweyte Tafel. . 1. Die Raupe des zweyten gehoͤrnten Zwiefalters, mit halb glatten, halb ſtrobeligen Federhoͤrnern; auf der Pflanze und in derſelben Blättern eingeſponnen. 2. a. Ein Neſt dieſer Raupen, wie ſie ſolches aus den mit zarten Faͤden zuſammengehefteten Blaͤttern gebauet. b. Eine dieſer Raupen, wie ſie durch das zarte Geſpinn— ſte etwas ſichtbar iſt. e. Die Raupe auf dem Kraute figend, in na⸗ türlicher Größe und Farbe. d. d. Ein Bluͤthenknopf, in dem man einige zarte Raͤupgen zu Zeiten eingeniſtet findet. II. Die Dattel dieſer Raupe, wie ſie auf dem Ruͤcken lieget. III. Der Zwiefalter, wie er ſich im Sitzen und in der Ruhe zeiget. IV. Eben derſelbe fliegend. V. Der vergrößerte Kopf dieſes Zwiefalters. a. a. Der untere ffro- belige und furchige Theil der Federhoͤrner. b. b. Der obere glatte und ſpitzige Theil derſelben. c. c. Die abgeſchnittenen Fuͤhlhoͤrner. d. Das Auge. e. Der Ort, wo der Saugriſſel liegt. VI. Die Raupe des dritten gehoͤrnten Swiefalters, mit durch⸗ aus ſtrobeligen Federhoͤrnern; auf der Pflanze und auf deſſen Blaͤttern eingefponnen. a. Die Raupe in ihrer natuͤrlichen Größe und Farbe. b. Die Blume der Pflanze. c. Der oben zertheilte Griffel derſelben. VII. Die Dattel dieſer Raupe. VIII. Der Zwiefalter, wie er ſitzet, in der natuͤrlichen Größe, a. Die Hoͤrner. IX. Eben derſelbe, wie er flieget. a. Die Hoͤrner. W., Der vergrößerte Kopf dieſes Zwiefalters. a. a. Die ſtrobeligen Hörner. b. b. Der obere ſtumpfſpitzige Theil derſelben. c.c. Die 9 abge⸗ Fig. Fig. Fig. Fig. W n M 151 abgeſchnittenen Fuͤhlhoͤrner. d. Das Auge. c. Der zuſammenge⸗ rollte Saugriſſel. XI. Ein Ring der vorigen Raupe vergroͤßert. IXI. Der Laternenfalter; in natuͤrlicher Groͤße. a. Die befons ders gebildeten Baͤrtgen. XIII. Die erſtgedachten Baͤrtgen, nach der Vergroͤßerung. a. Der Kopf. d. Das Auge. c. Die abgeſchnittenen Fuͤhlhoͤrner. d. e. e. Die Baͤrtgen. Die dritte Tafel. 1. Das fliegende ſchwarze Naſehorn, ein Maͤnngen, kriechend, und in der natuͤrlichen Groͤße. 4. a. Der Kopf. d. Das Horn. c. c. Die Fuͤhlhoͤrner. d. d. Die größern Freßſpitzen. e. Das Bruſtſchild. f. Die Fluͤgeldecken; unter welchen der Leib verbor— gen iſt. g. Das erſte Paar Füße. h. Das zweyte Paar. 1. i. Das dritte Paar. 5 II. Eben dieſes Maͤnngen, wie es auf dem Ruͤcken lieget, und beym Anruͤhren die Fuͤße an ſich ziehet. a. Der Kopf. b. Das Horn. c. Das Bruſtſchild, und das an ſelbigem ſtark angeſchloſſene und zuſammengelegte erſte Paar Fuͤße. d. e. Der Oberleib, und das an ſelbigem angeſchloſſene und zuſammengelegte zweyte und dritte Paar Fuͤße. f. Der Unterleib, und die an ſelbigem befindende After oͤffnung. II. Das fliegende Weibgen dieſes ſchwarzen Naſehornes. IV. Der vergroͤßerte Kopf des Maͤnngen. a2. a. Der hintere nie— dere Theil des Kopfes. b. b. Der vordere höhere Theil deſſelben. c. Das Horn. e. e. Die obere Hälfte der Augen. k. Das erſte und ganze Gelenke der Fuͤhlhoͤrner. g. Das zweyte gegliederte Ge— lenke derſelben. h. h. h. Die 3 auseinander gebreiteten Kolbenblaͤt— ter, in welche ſich die Fuͤhlhoͤrner endigen. . V. Das vergrößerte Bruſtſchild des Maͤnngen. a. a. Die hintere Rundung bd. b. Die beyden Seitenhoͤrnergen. e. Der vordere wapenfoͤrmige platte Abſchnitt. Fig. VI. 152 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig, Fig. Fig. e e VI. Der vergrößerte Kopf des Weibgens. 2. a. Der hintere nie⸗ dere Theil deſſelben. b. b. Der vordere höhere Theil. e. c. Die abgeſchnittenen Fuͤhlhoͤrner. e. Das abgeſtutzte kleine Horn. VII. Der fliegende Ochſe, in feiner natürlichen Größe, und krie⸗ chend. VIII., Der vergroͤßerte Kopf deſſelben. u. a. Der Kopf ſelbſt. b. b. Die Fuͤhlhoͤrner. e. Die groͤßern Freßſpitzen. d. Die eigent⸗ lichen ochſenaͤhnlichen Hoͤrner. i \ IX. Das erfte Weibgen des fliegenden Einhornes, in narürs licher Groͤße. b 2 X. Der vergroͤßerte Kopf deſſelben. a. a. Der mittlere erhoͤhete Querſtrich. b. b. Die Fuͤhlhoͤrner. e. Die Freſſpitzen. d. d. Die abgeſtutzten Hoͤrner. XI. Das zwoeyte Weibgen des fliegenden Einhornes, dem die Hoͤrner voͤllig zu fehlen ſcheinen. XII. Der vergrößerte Kopf deſſelben. a. Der Kopf ſelbſt. b. Die Fuͤhlhoͤrner. XIII. XIV. Ein Paar Maͤnngen des fliegenden Einhorns. XV. Der vergrößerte Kopf deſſelben. a. Das Horn. b. Die Fuͤhlhoͤrner. e. Die Freßſpitzen. XVI. XVII. Das größere ſtumpfe Dreyhorn, mit ſchwarz und rothen Fluͤgeldecken. XVIII. Der vergrößerte Kopf deſſelben. a. a. a. Die drey ſtumpfen Hörner , oder hoͤrnerartigen Erhöhungen. b. b. Die Fuͤhlhoͤtner. c. Die Freßſpitzen. XIX. Das kleinere ſtumpfe Dreyhorn. XX. Das Langbein, oder der Stelzenkaͤfer. Die Armpolypen in den ſuͤßen Waſſern | um Regensburg. er Satz, daß die Natur keinen Sprung thue, iſt niemals beſſer, als heutigen Tages, ins Licht geſetzet worden. Wer ſich die Muͤhe giebt, die mannigfaltigen, ja faſt unzaͤhlbaren, Arten der Geſchoͤpfe in gewiſſe Geſchlechter einzutheilen, und fie dadurch in ihrer regelmaͤßtgen Ordnung zu zeigen (*), wird von der Warheit deſſelben leicht uͤberzeuget werden. Nicht nur ein jedes Naturreich hat Mitteldinge, die ſeine Claſſen mit einander verbinden, wie ſolcher, in Anſehung der Inſecten, meine Schrift von Egelſchnecken mit etlichen Worten zufaͤllig gedenket; ſondern die Naturreiche ſelbſt ſtehen unter ſich in genauer Verwandt— ſchaft. Das Pflanzenreich und das Thierreich haben die neuern Ent— deckungen in faſt nicht zu unterſcheidende Stufen mit einander dergeſtalt vereiniget, daß am Tage liegt, wie beyde gleichſam in einer unzertrenn— lichen Kette aneinanderhangen. Die Polyparen, die Thierpflanzen, und die Pflanzenthiere (**), find lauter Glieder dieſer Kette, unter welchen jene dem Pflanzenreiche, dieſe aber dem Thierreiche, am naͤch— ſten kommen. Als Herr Trembley, welchem wir bey nahe alles, was wir derma— len noch von den Polypen der ſuͤßen Waſſer fonderbares und zuver⸗ laͤßiges wiſſen, zu danken haben, die von ihm zuerſt entdeckten Polypen genau betrachtete, war er lange Zeit zweifelhaft, was er aus ihnen EN u 2 en () Buffon Hiſtoire naturelle Tom. I. p. 12. ( Della ſtoria naturale ma- rina dell’ Adriatico faggio del Signor Dottore Vitaliano Donati &c. 156 c= chen ſollte. Er war eine gute Weile mehr geneigt ſie fuͤr Pflanzen, als für Thiere, zu halten; und er geſtehet, daß er ſich nicht geringe Gewalt habe anthun muͤſſen, um es nur einſt fuͤr möglich zu halten, daß fie keine Pflanzen, ſondern Thiere, ſeyen. Man kann dieſe Zweifel des Herrn Trembley, und deren gründliche Auflöfung, nicht ohne ſonderbares Ver⸗ gnuͤgen in demjenigen ſchoͤnen Buche leſen, in welchem dieſer große und geſchickte Naturkuͤndiger die Polypengeſchichte mitgetheilet hat (*). Kaum aber war ſelbige im Drucke erſchienen, ſo fanden ſich die Freunde der Natur angetrieben, von den darinn verkuͤndigten Neuigkei— ten ſich ſelbſt zu Überzeugen. Man fieng daher faſt aller Orten an Polys pen aufzuſuchen. So gieng es auch mir meines Ortes. Ich hatte jene Polypennach⸗ richt nicht fo bald gelefen, als ich mich ſogleich in allen Gewaͤſſern hiefts ger Gegend nach dieſen beſondern Thieren umſahe. Wiewohl, ich ſuchte ſie viele Jahre hintereinander, ohne auch nur eines einzigen anfichtig zu werden. Als ich fie aber mit Anfange des 175 Zſten Jahres abermal zum Gegenſtande meiner Aufmerkſamkeit machte, fand ich endlich, was ich fo lange vergeblich gewunſchen hatte. An einem Tage hatte ich auf einmal das Gluͤck nicht nur alle diejenigen Polypenarten ganz nahe bey hieſiger Stadt anzutreffen, die Herr Trembley beſchrieben hat; ſondern ich ent, deckte auch noch außer dieſen manche andere, und deren einige, die, wie ich glaube, noch ganz und gar unbekannt ſeyn. Die Armpolypen, wie Herr Trembley eine gewiſſe Art derſelben gar wohl nennet, waren die erſten, die mir zu Geſichte kamen; und mit welchen ich auch die vor mir gemachten zahlreichen und ſeltenen Verſuche zuerſt, und auf eine Zeitlang ganz allein, vornahm. Sie ſollen daher auch die erſten ſeyn, welchen ich dieſe Blaͤtter widmen will. Ich muß geſtehen, daß, als ich meine Armpolypen das erſtemal un⸗ ter die Haͤnde nahm, ich mir ſchmeichelte, an ihnen außer dem, was Herr Trem⸗ (*) Memoires pour fervir A P’hiftoire d’un genre des Polypes d eau douce ä bras en forme de cornes &c. oc 23 157 Teermbley ſchon bemerket hatte, vieleicht noch manches Neues zu entde⸗ cken. Allein ich ſchaͤme mich nicht zu bekennen, daß der Erfolg mit meis ner Hoffnung nicht vollkommen uͤbereingeſtimmet hat. Ob ich gleich mehr, als ein halbes Jahr, auf ſie gewendet, und allerhand Verſuche mit ihnen vorgenommen habe; ſo iſt mir dennoch wenig Neues und Mehreres bekannt geworden, was der ſcharfſinnige Herr Trembley mit ſeinem dreyjaͤhrigen, ihnen gewidmeten, Fleiße nicht ſchon ſollte bemerket haben. Dieſes aber iſt wahr; ich habe alles dasjenige, was er beſchrieben N und alles eben ſo, wie er, auf das genaueſte angetroffen. Werde ich alſo gleich in dieſen Blättern zu erſtgedachter Polypen⸗ geſchichte des Herrn Trembley keine betraͤchtliche Zuſaͤtze liefern; ſo werden ſie doch zu einer Beſtaͤttigung derſelben dienen koͤnnen. Es giebt in unſerm Deutſchlande viele Inſectenfreunde, die, weil fie der Franzoͤ— ſiſchen Sprache nicht maͤchtig ſind, in welcher Herr Trembley geſchrie— ben hat, oder weil ihnen ſein Werk zu koſtbar iſt, die Polypen weiter nicht, als dem Namen nach, kennen. Dieſen meinen Landslenten hoffe ich wenigſtens einen Gefallen zu erweiſen, wenn ich ihnen in unſerer Sprache, und in wenigen Bogen, eine ausfuͤhrliche Nachricht von dem ertheile, wie auch ich hieſigen Ortes dieſe wunderbaren Geſchoͤpfe, nach der Anweiſung des Herrn Trembley geſucht, gefunden und behandelt habe. Ich werde ſolches, wie Herr Trembley, in einigen beſondern Abs ſchnitten ausfuͤhren. In dem erſten Abſchnitte will ich alles dasjenige zu— ſammenfaſſen, was einen jeden in Stand ſetzen kann, ſich von den Arms polypen, von ihrer Geſtalt, Baue und Bewegung einen gehoͤrigen Be— griff zu machen. Der zweßyte ſoll ihre Nahrung, und wie fonderbar ſie dieſelbe zu ſuchen, und zu ihrem Nutzen anzuwenden, wiſſen, zum Vor— wurfe haben. Der dritte wird von ihrer ſeltenen Fortpflanzung Nach— richt geben. In dem vierten ſollen diejenigen Verſuche vorkommen, die ich mit ihnen angeſtellt habe. Ich werde endlich im fuͤnften Abſchnitte noch meine zufaͤllige Gedanken von dem innern Baue derſelben eroͤfnen, 113 fo, 153 N e ſo, wie ſie mir unter den, mit ihnen gemachten, Verſuchen beygefallen ſind, und wie ich mir die an ihnen wahrgenommene Erſcheinungen da— durch begreiflich zu machen geſuchet habe. * * * „ N N N N N * N N * * * „ * * „ N X K „ N * „ * K K HF Erſter Abſchnitt. Von der Geſtalt, dem Baue und der Bewegung der Armpolypen. De Name Polvype iſt an ſich ſelbſt nicht neu, ſondern ſehr alt. Er war aber bekanntermaſſen bis auf unſere Zeiten nur einem gewiſſem Meerthiere eigen, welches viel Fuͤſſe, oder Arme, hat. Herr von KReaumur war der erſte, der dieſen Namen mit guter Wahl auch denens jenigen Würmern beylegte, die man neuerlich in ſuͤßen Waſſern entdecket , und allerhand Koͤrpern anſitzend gefunden hatte; und die, wie in mehr andern Stuͤcken, ſo auch wegen ihrer vielen, an einem ihrer Enden be— findlichen, Fuͤße, oder Arme, jener Meerpolype gar ſehr gleich kommen. Nachdem man einmal dergleichen Wuͤrmer entdecket hatte, ſo fand man hierauf gar bald mehrere, und verſchiedene Gattungen derſelben in ſuͤßen Waſſern. Die Verſtaͤndlichkeit erforderte alſo, daß man ſie, wie andere Wuͤrmer, unter gewiſſe Claſſen und Geſchlechter brachte, und daß man jeder Art beſondere Unterſcheidungsnamen beylegte. Herr Tremblen fand Gruͤnde, denenjenigen, von welchen ich in dieſen Blaͤttern rede, den Namen der Armpolppen zu geben. Ich habe dieſe Benennung ihnen allerdings ſo eigen, und ſie ſo ſchicklich gefunden, daß ich auch in unſerer Sprache fie nicht habe abändern wollen. Es iſt mir zwar bekannt, daß einige den urſpruͤnglich griechiſchen Namen Polype im Deutſchen durch Vielarm, oder Vielfuß, zu überſetzen pflegen. Allein da das Wort Polype ſchon laͤngſtens auch in unſerer Sprache eingefuͤhret und ganz gangbar geworden iſt; fo habe ich aus überwiegenden Urſachen denſelben lieber unuͤberſetzt beybehalten wollen. SE ei) 5 de ce 159 Ich verſtehe aber durch Armpolypen diejenige Gattung von Poly⸗ pen, die von einem Orte zum anderu ſich bewegen koͤnnen, die ein⸗ zeln wohnen, blos und unbedeckt, dabey aber mit vier, ſechs oder mehrern Armen, welche wie Halbmeſſer aus einem Mittelpuncte geben, und die ſie, wie Soͤrner / von ſich ſtrecken und wieder zu⸗ ſammen ziehen koͤnnen, verſehen ſind. Ich unterſcheide ſie mit dieſer Beſchreibung von den feſtſitzenden, neſterweiſe beyeinander, und bedeckt in ihren Huͤlſen, wohnenden Ramm⸗ ( ) und Glockenpolypen (**), Einer jeden Armpolype kann man drey Haupttheile beylegen. Einen Fordertheil (***), welchen man auch den Ropf f nennen koͤnnte. Einen Mitteltheil (T), welcher den Leib ausmachet. Und einen Sinter— theil (TI), mit welchem fie ſich insgemein anzuhaͤngen und aufzuſetzen pflegen; und welcher der Schwanz heißen koͤnnte. So ſehr allen Armpolypen dieſe drey Hauptheile eigen ſind; ſo ſehr unterſcheiden ſie ſich doch wieder durch eben dieſe Theile von einander. Bey einigen ſiehet man, wie ſie ihre Arme, und ihren Leib, auch bey der ſtaͤrkſten Aus— dehnung, gleichwohl gar wenig vergroͤſſern und verlaͤngern koͤnnen ( 179849 da andere ſolches auſ eine ausnehmende, und faſt unglaublich ſtarke, Art thun (*). Weiters gehet bey einigen der Leib und der Schwanz ohne merklichen Abſatz, und Verduͤnnung, faſt in einem fort (**); da bey andern zwiſchen dem Leibe und dem Schwanze ein augenſcheinlicher Abſatz, letzterer auch viel ſchmaͤler und durchſichtiger, als jener, iſt (***), > Dieſer merkliche Unterſcheid unter den, noch zur Zeit bekannten, Armpolypen hat dem Herrn Trembley Anlaß gegeben, ſie vor der Hand in dieſe drey ungekuͤnſtelte Claſſen einzuheilen. Zur erſten Claſſe rech— net er die, ſo den Leib und die Arme am wenigſten ausdehnen und verlaͤn— gern koͤnnen, und dieſe nennet er kurzarmige (). In die zweyte Claſſe ſetzet er diejenigen, ſo zwar ihren Leib und Arme mehr mehr, als die von () Tab. I. Fig. 1. 2. () Fig. 3. 4. () Tab. III. Fig. 1. a. (T) b. (toe. (T) Tab. I. Fig. 5. 6. () Fig. 7. () Fig. f. 5. d. 6**") Fig. 7. d. () Fig. 5. ) b. e. 160 n N von der erſtern Claſſe, vergrößern, von denen es aber doch nicht fo ſtark geſchiehet, als man es bey andern gewahr wird. Man moͤgte ſie mittlere Armpolypen, oder halblangarmige, nennen (*). In die dritte Claſ⸗ fe verweiſet er endlich diejenigen, welche ihre Arme ganz ungemein lang ausdehnen, und deren Hintertheil noch uͤber dieſes ſtark abgeſetzt und un— gleich dünner, als der Leib, iſt, fo daß er hier ganz eigentlich einem Schwan⸗ ze aͤhnlich ſiehet. Vieleicht koͤnnte man ſie die langarmigen Schwanz⸗ polypen heißen (**). ö Ich bin, wie ſchon gedacht, ſo gluͤcklich geweſen, alle dieſe drey Gattungen von Armpotypen auch in hieſigen Waſſern zu finden; und ich habe mit ihnen alle noͤthige Verſuche gemacht. Gleich wie aber Herr Trembley unter ihnen in den Hauptſtuͤcken, aufs ſer den erſtangezeigten, weiter gar keinen, ſondern nur in Nebendingen noch einigen, doch ſehr geringen, Unterſcheid gefunden hat; alſo habe auch ich dieſes wahrgenommen. Ich werde alſo nicht noͤthig haben von jeder Art dieſer Armpolypen inſonderheit zu handeln. Es wird genug ſeyn, wen ich nur bey einer Gattung in meiner Beſchreibung bleibe, und man wird von den uͤbrigen Gattungen eben das zu verſtehen haben, was ich von dieſer ſagen werde. Ich will zu dieſem meinem Zwecke die ſonderbarſte unter dieſen dreyen, die langarmige Schwanzpolype, erwaͤhlen. Dieſes einzige muß ich noch erinnern. Herr Trembley nennet die kurzarmigen auch ſchlechtweg die gruͤnen Polypen, und verſichert, daß ihnen dieſe Farbe weſentlich eigen ſey. Er hat alſo eine ganz andere kurz armige Polype gehabt, als ich noch zur Zeit gefunden habe (**). Dieje⸗ nigen, ſo ich hier angetroffen habe, und die ſonſt mit ſeinen gruͤnen in allen Stuͤcken uͤbereingekommen find, haben dieſe grüne Farbe nie fo al, gemein und beſtaͤndig gehabt, daß ich fie ihnen hätte, als weſentlich, zu⸗ ſchreiben koͤnnen. Sie hatten vielmehr am meiſten diejenige braunrothe, oder () Fig. 6. a, b, c. () Fig. 7. a, b, c. (“) Auch dieſe gruͤne n Armpolypen habe ich nachher angetroffen, und in einer eigenen Abhand- lung, welche dieſer folget, beſchrieben. 9 > un 161 oder dunkelbraune, Farbe, die ich an allen uͤbrigen bemerket habe. Es iſt wahr, ich traf manchmal einige an, welche ganz grün ausſahen; al, lein es verlohr ſich, aus Urſachen, welche hernoch ſollen angefuͤhret wer— den, dieſe gruͤne Farbe in kurzem, und ſie nahmen bald dieſe, bald eine andere, Farbe an Der Ort, wo ich dieſe Armpolypen in hieſiger Gegend zuerſt gefuns den habe, iſt derjenige Waſſergraben, der von Puͤrkelseck unweit Res gensburg bey St. Nicolaus vorbey um die dortige Krautfelder, und durch den ſogenannten Bruderwoͤrth, in die Donau gehet. Ich ſahe einſt in dieſem Graben mit Anfange des Frühlings nach gewiſſen Waffers inſecten. Ich hatte mit meinem kleinen Netze (*) einige gefangen; mit demſelben aber zugleich auch eine ganze Menge der daſelbſt herumgeſtan— denen Meerlinſen herausgezogen. Da ich nun eben im Begriffe war, von ſolchem, und von andern aufgefangenenen, Unrathe mein Netz zu reis nigen; ſo erblickte ich auf einigen ſolcher Meerlinſen, und zwar auf der Unterſeite ihrer Blaͤtter, verſchiedene einzelne, ſchleimige, braune und erhabene Flecken oder Kluͤmpgen (**). Da ich nie leicht aus der Stadt gehe, ohne immer einige Glaͤſer bey mir zu haben, um die aufſtoſſenden Inſecten verwahren zu koͤnnen, ſo ſaͤumte ich nicht, alſobald eines hervorzunehmen. Ich fuͤllte es mit Waſ⸗ ſer und ſteckte einige Meerlinſen, auf welchen ſolche braune Flecken oder Kluͤmpgen waren, in daſſelbe. Kaum hatten die Kluͤmpgen das Waſſer erreicht, ſo ſahe ich, zu meinem groſſen Vergnuͤgen, dieſelben auseinan— dergehen, immer laͤnger werden, und an ihrem Fordertheile kleine weiße lange Faͤſergen zum Vorſcheine kommen, die ſich nach verſchiedenen Sci ten bald fo, bald anders, bewegten: kurz, ich fahe, daß es lebendige Ges ſchoͤpfe und die laͤngſt gewuͤnſchten Polypen waren. Ich warf mein Netz ſogleich wieder aus, und ich brachte binnen einer Viertelſtunde ſo viele zuſammen, daß ich gleich das erſtemal eine ganze Menge nach Hauſe tra— gen konnte. Die Armpolypen. X Von () Deffen Beſchreibung fol im vierten Abſchnitt folgen. (**) Tab. I. Fig. 8. 162 ee M Von der Zeit an hat es mir gar keine Muͤhe mehr geföfter, derſelben in dieſem Graben ſo oft und ſo viele zu haben, und durch einen Jungen, den ich dazu abgerichtet hatte, holen zu laſſen, als ich neuer und friſcher zu meinen Verſuchen benoͤthigt war. ch habe fie nachher auch in ans dern Gewaͤſſern, als in den Seen ohnweit Demling, in den Weyhern zu Hautzenſtein, und am letzten Orte ſogar in einem kleinen Teiche auf einem ſehr hohen Berge, angetroffen. Da ich des andern Tages nach meinen Polypen ſahe, 0 hatten ſie ſich theils an die Stengel der Meerlinſen, theils an das Glas geſetzet; und weil es ihnen an Futter gefehlet hatte, ſo waren ſie ſo ausgeleeret, und mithin fo blaß und weiß geworden, daß ich zwiſchen ihnen, und den weiſ— ſen Stengeln der Meerlinſen, eben keinen groſſen Unterſcheid fand. Ja je mehrere dieſer Polypen ſich auf einem Haufen befanden, und ihre Ars me auf mancherley Art, und nach verſchiedenen Gegenden, ausgeſtrecket hatten; deſtomehr ſahen ſie einer Menge unordentlich durcheinander laufender weißer Wuͤrzelgen ähnlich, die um und um mit andern kleinern zarten Faͤſergen, oder Faͤden, behaͤngt zu ſeyn ſchienen (*). Sie hatten hier in der That mehr das Anſehen der Pflanzen, als der Thiere. Jedoch, wenn ich auch noch nicht gewußt haͤtte, daß dieſe anfcheis nende Würzelgen, oder Pflaͤnzgen, lebendige Geſchoͤpfe wären; ſo wurde. ich doch ſolches nach und nach, wie Herr Trembley, aus Ben obachtungen nothwendig haben ſchlieſſen muͤſſen. Ich ſahe gar bald, wie dieſe ſcheinbaren Wurzeln, nebſt ihren Faͤ— ſergen, theils von ſelbſt, theils wann ſie, oder das Glas, angeruͤhret wurden, oder wann auch nur ſonſt in dem Waſſer die allergeringſte Bewer gung vorgieng, ſich augenblicklich zuſammenzogen, und um ein gar merk, liches bald verkuͤrzten bald verdickten, ja wie die Faͤſergen an ihnen, das iſt, ihre Arme, oft ganz und gar verſchwanden und unſichtbar wurden, wie aber auch letztere bald darauf wieder zum Vorſcheine kamen, und wie ſodann nach und nach alles andere die vorige Geſtalt und Größe erhielte. (0 Tab. II. Fig. 3. » D n c 183 Ich fand, wie dieſe eingebildeten Wurzeln mit ihren Faͤſergen die Veraͤn— derung des Ortes liebten, wie ſie bald an dieſer, bald an jener Seite des Glaſes, bald an dieſem, bald an einem andern, Stengel der Meerlinſen, bald unten, bald oben waren. Manchmal hiengen viele nahe bey einan— der; ein andermal waren ſie einzeln hin und her zerſtreuet; und wann ich einige Zeit auf ſie achthatte, ſo ward ich deutlich gewahr, wie itzt dieſe, itzt eine andere, durch verſchiedene ſeltſame Bewegungen, von einem Orte zum andern fortruͤckte; und wie dieſes Fortwandern fo regelmäßig geſchahe, daß ich es unmoͤglich einer fremden zufaͤligen Bewegung außer ihnen, beymeſſen konnte. Endlich mußten mir dieſe Wurzeln, oder Plans zen, am allermeiſten dadurch verdaͤchtig werden, da ich ſahe, wie der Waſſerfloͤhe, und anderer kleine Waſſerinſecten, fo manchmal in großer Menge mit in das Glas waren geſchoͤpfet worden, von Stunde zu Stun— de immer wenigere wurden; und aus welcher Verringerung ich unmoͤg— lich etwas anders muthmaßen konnte, als daß es noch andere Wuͤrmer in dieſem Glaße geben muͤſſe, von welchen jene aufgefreſſen wuͤrden. Nach, dem ich auch einsweilen einige Viertelſtunden theils ohne, theils mit dem Vergroͤßerungsglaſſe, die Polypen betrachtet hatte, ſahe ich ſehr deutlich, wie an denen zarten Faͤſergen, mit welchen dieſe vermeyntlichen Wur— zeln bewachſen zu ſeyn ſchienen, bald hie, bald da, Waſſerfloͤhe, Trau— bentraͤger, und andere kleine Waſſerinſecten, hangen blieben; und wie dieſe ſich aller ihrer Bewegung, und ihres Fortſchieſſens, ohngeachtet, ſo wenig davon losmachen konnten, daß ſie vielmehr der Wurzel immer naͤ— her kamen, und endlich in dieſelbe dergeſtalt eingiengen, daß ſie nicht nur eine Zeitlang völlig unſichtbar blieben, ſondern hierauf auch wieder todt, blaß, ausgeſogen, und gleichſam ausgeſpien, wurden. Hatte ich nun gleich alles dieſes ſchon lange vorher vom Herrn Trembley vernommen, ſo war es mir doch ungemein angenehm, daß ich nunmehro das Vergnügen hatte, alles ſelbſt mit Augen zu feben. Ich vermuthe kaum, daß Jemand in unſern Tagen noch daran zwei— feln werde, daß Polypen Thiere ſeyen. Waͤre aber ja noch Jemand dieß, X 2 falls 164 e falls unglaubig, der beliebe nur auf ſelbige etwas genau acht zu haben, da er ſelbſt gar bald alle erſterwaͤhnten Bewegungen und Eigenſchaften an ihnen fehen, und worauf fein Zweifel, ob es Thiere ſeyen, ſich auf eins mal in Warheit und Gewisheit verwandeln wird. Ich habe oben gemeldet, wie ich meine erſten Polypen auf den Meerlinſen gefunden habe. Man muß aber dieſes nicht dahin deuten, als wenn ſie ſich nur allein auf dieſer Waſſerpflanze befaͤnden. Nein, man trift ſie auf allen feſten Koͤrpern an, die ſich im Waſſer befinden, von welcher Beſchaffenheit ſie ſonſt auch immer ſeyn moͤgen. Es ſcheinet ih⸗ nen ein jedes Stuͤckgen Holz (J), eine jede Wurzel (T, ein jedes Blatt (TI), ja ſelbſt Steine ), und dergleichen, dazu gut und einerley zu ſeyn. Doch tann ich nicht verhehlen, daß ich ſie auf Meerlinſen, auf den Blaͤttern der kleinſten Seeblume (**), auf den Haͤuſern der Waſſerſchnecken (*), und auf den Roͤhren der Waſſerraupen (), am haͤufigſten gefunden habe. Man ſuche ſie nur an einem hellen Tage, und an Orten, die der ſtaͤrkſten Helle ausgeſetzet find, in ſachtflieſſenden Waſſergraͤben; fo wird man ſie gewiß in groſſer Menge auf erſterzehlten Stuͤcken antreffeu. Die Art, wie die Armpolypen ſich an andere Koͤrper ſetzen, iſt ſo verſchieden, daß ſich nichts Gewiſſes angeben laͤßt. Insgemein und am meiſten pflegen ſie ſich mit dem Aeußerſten ihres Hintertheils, oder ihres Schwanzes, an andere Körper feſt an- und aufzudruͤcken (J), fo daß der Leib und die Arme bald ſenkrecht (T), bald waſſerrecht (TI), bald nach allen Arten und Gattungen der Winkel (TTTT), gerade vor ſich (J), oder gekruͤmmt, herunter hängen (11), oder in die Hoͤhe ſtehen (EI). Außer dem koͤnnen fie ſich auch mit ihren Armen (TI II), oder auch nur mit eis nem einigen derſelben (Y, anhängen. Alles übrige der Polype haͤnget als— denn im Waſſer frey; und ſie ſind in dieſer Stellung eben ſowohl, als in einer andern, im Stande, mit ihren uͤbrigen freyen und leeren Armen ihre () Tab. I. Fig. 9. (T) Fig. ro. (ff) Fig. 11. (*) Tab. I. Fig. 12. ab. II. Fig. 2. (% Tab. I. Fig. 13. () Tab. II. Fig. r. (1) Tab. III. Fig. 1. m. (FT) Tab. I. Fig. 9. a. (Tr) b. (TH) e. (+)b (1) Fig. 10. e. (II) Fig. 9. a. b. (JJ) Fig. 11. a. (0) b. D n 185 ihre Nahrung zu fangen, ſie an ſich und in ſich zu ziehen, auch uͤbrigens alle andere Bewegungen zu machen, die ihnen ſonſt eigen ſind. Dieſe Arme (“), die, wie erſt gemeldet iſt, ſich an dem Vorder, theile, oder um den Kopf herum (**), befinden, find auf alle nur mögliche Arten, und nach allen Seiten, beweglich. Die Polypen koͤnnen dieſelben in gerader Linie vor ſich hinaus (“*), unter ſich (J), und über ſich ſtre⸗ cken (Ti); ſie können aber auch dieſelbe fo unzaͤhlichemal krumm und fehlans genartig, biegen (Tr), oder auch in lauter an einander fortlaufende Rin— ge (J.) zuſammenrollen, daß man ſich beym erſten Anblicke daruͤber nicht genug verwundern kann. Mit einem Worte, alle Armpolypen, ſonder— lich die von der dritten Gattung, koͤnnen ihren Armen eine Geſtalt, Lage, Stellung und Richtung geben, wie ſie nur wollen, und wie ſie derglei⸗ chen immer noͤthig haben moͤgen. Das Sonderbarſte hiebey iſt, daß dieſe Polypen vermoͤgend ſind, je⸗ den ihrer Arme zu gleicher Zeit auf ganz verſchiedene Art, und nach ver— ſchiedenen Gegenden, auf einmal auszuſtrecken, und zu gleicher Zeit dem einen dieſe, dem andern eine andere Geſtalt, Bewegung und Richtung zu geben. So ſind, zum Exempel, manchmal alle Arme zuſammen und einge— zogen (TI); ein andermal ſind einige von ihnen kurz, und die andern lang, und einer immer wieder laͤnger und anders geſtaltet, als die uͤbrigen find (LLL); wieder zu einer andern Zeit ſind alle Arme auf das ſtaͤrkſte zugleich verlaͤn, gert, doch oft ſo, daß ſich der eine Fuß in einer geraden Linie, der an— dere in Ringen, der dritte ſchlangenfoͤrmig, der vierte nach unten, der fünfs te nach oben zu, und der ſechſte ſich wieder in einer andern Geſtalt und Richtung ſehen laͤßt. Vielmal ſind die Arme ſo ausgeſtreckt und gebo— gen, daß fie ſich an ihren Enden, wie in einem Puncte vereinigen (Y. Schwimmt eine Polype im Waſſer (**), oder ſitzt ſonſt fo auf, daß fie ihre Arme anfangs gerade uͤber ſich, und alsdeñ im Bogen herabhaͤngen laͤßt (***); 5 2 ſo e Tab III. Fig 1. e. f. g. h. i. k. ( (Tab I. Fig 9. U. () Fig. re. e. (Tr) Fig. 9, a. (Fr) Fig. 10. a. b. (4) Fig. 1a. a (II) Tab. I. Fig. 12. b. (TTT) Fig. 13. a. () Fig. 12. e. (0 Fig. 14. (7 Tab. III. Fig. 1. 166 . N S fo hat es das ordentliche Anſehen eines Springbrunnen von etlichen, an⸗ fangs gerad in die Hoͤhe ſteigenden, hierauf aber im Bogen herabfallen⸗ den, Stroͤmen oder Waſſertropfen. Damit man ſich aber ohngefaͤhr einen allgemeinen Begriff machen koͤnne, wie ſehr die Polypen der dritten Art im Falle der Noth ihre Arme verlängern koͤnnen, fo mag man es aus dieſem einzigen Exempel abneh— men. Als ich einſtmal einige Tage vergeſſen hatte, eines von denen Glaͤſern, worinnen Polypen waren, mit hinlaͤnglichem Futter zu verſehen; ſo fand ich hierauf daſſelbe Glas, ſo doch die Hoͤhe von einem Schuhe hatte, gleichſam mit lauter langen Faͤden, deren manche von oben bis auf den Boden her— abhiengen, durchwebet. Ja ich ſahe etliche, wie die, welche ſich einem Blatte gleich unter der Oberflaͤche des Waſſers, angehangen hatten, ihre Arme nicht nur gerad faſt bis auf den Boden herabfallen ließen, ſondern fie von da wieder, bald nach oben, bald nach unten zu, und ſo oft hin und her gekrümmet hatten, daß ich mich nicht irre, wenn ich ſage, es wuͤrde ein ſolcher Arm in einer geraden Linie weit uͤber einen Schuh ausgemacht haben (). Was die Anzahl der Arme betrift, fo iſt ebenfalls hier nichts eigent⸗ liches, und fuͤr allezeit, zu beſtimmen. Einige haben deren mehrere, an— dere wenigere. Herr Trembley hat welche von 1 bis 16 und 18 Armen ges habt. Ich, meines Ortes, habe noch zur Zeit keine geſehen, die mehr, als aufs hoͤchſte, 6 bis 8 Arme gehabt haͤtte. Auch ſelbſt an den Jungen, ſo bey mir aus den Alten hervorgemachſen ſind, haben ſich die Arme nie Aber 6 oder 8 vermehren wollen. Daß aber manche Polypen oft auch weniger als 6 Arme haben, ja daß ihrer Arme nicht allezeit gleich viele ſeyn; das iſt meiſtens, nicht fos wohl für etwas ordentliches und natuͤrliches, als für etwas zufaͤlliges und widernatuͤrliches anzuſehen. Es kommt dieſes aus verſchiedenen, ſonder⸗ lich aus folgenden, Urſachen her. Die (0 Tab. III. Fig. 9. n e 167 Die Arme der Polypen wachſen und zeigen ſich nicht, wie ſonſt die Arme und Füße bey andern Thieren, auf einmal. Es kommt immer eis ner nach dem andern zum Vorſcheine. Die Polype, die heute gar kei, nen (5), oder nur einen einzigen, Arm hat (**), die wird morgen 2, 3, und fo mit der Zeit deren immer mehrere, haben (***), Ich werde unten zeigen, daß die Polyen unter die Raubthiere gehoͤ— ren, die vom Fangen und Freſſen anderer Waſſerinſecten ihre Nahrung haben, und deren Arme die einzige Mittel find, welcher fie ſich zum Fans gen bedienen. Sind ihnen nun ſolche Inſecten manchmal zu groß und zu ſtark, ſo werden ihn von denſelben, indem ſie ſich loß zu machen ſu— chen, nicht ſelten ein oder mehr Arme, weggeriſſen. . Auch habe ich vielmals geſehen, wie es geſchehen koͤnne, daß ſie ſich ſelbſt einander um ihre Arme bringen. Wann eine Polype zu Zeiten ein Waſſerinſect mit ihren Armen ſchon angehaͤckelt hat (4); ‚fo traͤgt es ſich gar oft zu, daß eine andere Polype eben daſſelbe mit ihren Armen umwi— kelt (T). Man ſiehet hierauf, wie die eine ihre Beute nach ſich zu zie— hen ſuchet, da ſolche zu gleicher Zeit die andere an ſich zu bringen bemuͤ— het iſt. Sie fangen alſo an, ſich um dieſelbe ſo lange zu zerren, und hin und herzureißen, bis dieſer Streit dadurch ſeine Endſchaft erreicht, daß die ſtaͤrkere der andern diejenigen Arme wegreißet, mit welchen fie das Waſ⸗ ſerinſect verſtricket hatte. Die Polypen haben endlich, wie ſeines Ortes erwieſen werden wird, eben ſo, wie alle andere Geſchoͤpfe, ihre eigenen Feinde oder Raͤuber. Es find dieſe eine Art Laͤuſe (Tr), mit welchen fie geplaget werden, und denen ſonderlich die Arme eine ſehr angenehme Speiſe ſeyn muͤſſen, ins dem ſie dieſelben vorzuͤglich wegzufreſſen pflegen. Der Leib der Polypen hat eben die Eigenſchaft, die erſt von ihren Armen gemeldet iſt. Er kann ſich sufammenztehen und ausdehnen, vers kuͤrzen (Di und verlängern (LI), dick CL) und dünne (II) EN Die () Tab. II. Fig. 1. b. (% c. (%) d. e. (T) Tab. I. Fig. 9. d. (r) Fig. 10. d. (T) Fig. 10. (J) Fig. 12. b. 13. a. b. c. (IT) Fig. 10. a. b. (IT Fig. 12. b. (4141) Tab. II. Fig. 4. 268 „ W Die Zuſammenziehung, Verkuͤrzung und Verdickung erfolget, wie bey den Armen, ſo oft, als ſie beruͤhret werden, oder das Waſſer, in welchem fle find, die mindeſte Bewegung erleidet. Sie nehmen waͤhrend dieſer Zuſammenziehung ebenfalls ſo verſchiedene Geſtalten an, daß man ſie kanm fuͤr die vorigen Polepen halten ſollte. Einige ſehen alsdenn wie ein Kegel aus, deſſen Spitze dem Körper auſitzet (*), andere find faſt durchaus gleich dick (*); und noch andere haben zwiſchen ihrem Leibe und ihrem Hintertheile oder Schwanze, einen merklichen Abſatz oder Eins ſchnitt (***); noch andere ſehen wie eine in die Hoͤhe ſtehende Ruͤbe, oder wie ein Rettig aus (****), und was dergleichen veränderte Geſtalten mehr ſind. f Was aber ihre Verlaͤngerung anlanget, fo fönnen fie dieſelbe ſehr weit treiben (T). Sie thun ſolches am meiſten und ſtaͤrkſten, wenn ſie lang ohne Futter geweſen find. In dieſer Hungers noth haben manche meiner Polyen von der dritten Art ihre ordentliche Leibeslaͤnge 8 bis 12 Linien gar vielmal bis auf 2 Zoll und daruͤber gebracht. Der Leib dieſer Polypen iſt ferner ſo gebauet, daß ſie ihn, außer der Verlaͤngerung und Verkuͤrzung, auch auf unzaͤhliche andere Arten, wie die Arme, biegen, drehen und wenden koͤnnen. Sie find nicht nnr im Stande, ihn in eine ganz gerade Linie zu bringen, und lanze Zeit fo zu erhalten CHF); fondern fie koͤnnen ihn auch im Bogen (TTT), fehlans genartig (I), und wie ein Dörngen (II), biegen. Was aber eigentlich verurſachen moͤge, daß dieſe Polypen ihren Leib und ihre Arme ſo gar verſchieden biegen, zuſammenziehen und ausdehnen koͤnnen; das iſt noch unausgemacht. Das Natuͤrlichſie, was man ſich vorſtellen kann, iſt dieſes, daß es gewiſſe Maͤuslein, oder wenigſtens, ges wiſſe die Maͤuslein vertretende Theile, ſeyn muͤſſen. Jedoch koͤnnen dies fe an keinen Ringen, Abſaͤtzen und Einſchnitten befeſtiget ſeyn, wie ſie es ; bey Fig. 13. a, C.) Tab, I. Fig. 13 b. () Fig 12, h. ( Fig. 13: &- (F) Tab II. Pe 4, eri Fig. 952, b, e. d., Er a I. Fig f. (r Eig. 6 OH) To, Fig. ir, &. . n 3 169 bey andern Inſecten und Thieren find. So wenig Herr Trembley ohne und mit dem Vergroͤßerungsglaſe, Einſchnitte und Ringe an dem Leibe, und an den Armen, der Polypen finden koͤnnen; ſo wenig habe ich der— gleichen an ihnen bemerket; ob ich mich gleich mehrmals mit der groͤßten Aufmerkſamkeit darnach umgeſehen habe. Es iſt oben gedacht worden, daß die Polypen ihren Ort veraͤn— dern, und ſelten gar lang auf einer Stelle bleiben. Sie thun ſolches auf mehr , als eine Art. Ich will nur die gewoͤhnlichſten Arten beſchrei— ben. Erſtlich und insgemein verrichten ſie es auf eben die Weiſe, als es die ſogenannten Sdannenraupen thun. Wann ſie mit dem Hinter— theile, oder dem Schwanze, an einem Orte ſitzen (5), und ſich von dannen wo andershin begeben, fo biegen fie die Arme und den Leib in einem Bo⸗ gen gegen die Seite und den Ort, wohin fie wollen (*); und nachdem fie ſich mit einem Arme, oder mit mehrern Armen, daſelbſt angehaͤnget und feſtgeſetzet haben (*), machen fie den Schwanz, oder den Hintertheil, los, und ziehen ihn, ebenfalls in einer Krümme und in einem Bogen nach ſich, und ganz nahe an ihre Arme und an ihren Kopf (). Haben ſie allhier ihren Schwanz wieder feſt aufgedruͤckt; ſo machen ſie die Arme von neuem los, und nach mehrmaliger, und wechſelsweiſer, Wiederho— lung der vorigen und letztern Bewegungen und Stellungen, kommen ſie auf dieſe Art immer weiter, und von einem Orte zum andern. Die. zweyte Art ihres Kriechens kommt dem von Kindern und Seiltaͤnzern ſogenannten Radſchlagen gleich; — naͤmlich der Leib dergeſtalt im Kreife ſenkrecht beweget wird, daß die Arme und die Fuͤße wechſelswelſe auf den Boden, und in die Hoͤhe, zu ſtehen kommen. Eben ſo pflegen ſich die Polypen zu uͤberſchlagen, daß ihr Hintheil bald unten (7), bald oben (Tr), zu ſtehen kommt. Die dritte Gewohnheit iſt dieſe. Sie ſtrecken einen, oder mehrere von ihren Armen nach Gefallen aus, und wann ſie ſich mit denſelben irgendwo angehaͤnget haben, fo ziehen fie den Leib und Schwanz durch verſchiedene Stufen, und nach mannigfaltigen Ausraſtungen, allge⸗ mach hinter ſich her. Die Ar mpolypen. 9 Man We I. Pig. 7. 4, Cen Ke) e. (d. (HH) Fig. 8. a. b. E) c. d. 170 d Man brgreift gar leicht, daß alle dieſe Arten des Kriechens Zeit und Weile gebrauchen. Um aber geſchwinder fortzukommen, bedienen fie ſich auch fremder Huͤlfe. Sie ſetzen ſich auf die Gehaͤuſe, und Roͤh⸗ ren, anderer, ſonderlich ſchnell fortſchwimmender, Waſſerinſecten. So habe ich auf manchem Schneckenhauſe, und auf verſchiedenen Waſ— ſerraupenroͤhren, sehen, und mehrere, Polypen zugleich gefunden. Es iſt dabey nur zu verwundern, wie ſie ſich auf dieſem Fuhrwerke erhalten, und wie fie fo gar, des oft ungemein ſchnellen Fortſchieſſens deſſelben oh geachtet, ſich ſolches alſo zu Nutzen zu machen wiſſen, daß ſie, waͤhrend aller dieſer Bewegungen, noch andere ihnen aufſtoßende Waſſerinſecten mit den Armen fangen, und fie ans nach- und in fich ziehen koͤnnen (). Herr Trembley gedenket einer beſondern Geſchicklichkeit, durch wel⸗ che ſich die Polypen ſo gar auch auf der Oberflache des Waſſers zu erhaß ten vermögen. Sie pflegen namlich das Aeußerſte ihres Schwanzes, oder ihres Hintertheils, uͤber die Oberflache des Waſſers hinauszuſtrecken, und wann derſelbe, wie es in einem Augenblicke geſchiehet, trocken geworden iſt, fo machen fie nach und nach die Arme, die irgendwo unter dem Waſ— ſer angeſeſſen waren, los, und laſſen ſelbige, ſamt dem Leibe, ins Waſ— ſer fallen; da denn, nach bekannten Gruͤnden der Naturlehre, eine ſolche Polype nicht untergehet, ſondern über der Oberflaͤche des Waſſers aufge hangen bleiber, und von derſelben getragen wird (*). Herr Trembley zeiget bey dieſer Gelegenheit den Handgrif, wie man durch Kunſt, und nach Willkuͤhre, die Polypen auf dieſe Weiſe aufhaͤngen und ſchwimmen machen koͤnne. Allein, ich fuͤr mein Theil, habe ſeines Handgriffes nie noͤthig gehabt. Wann man dieſer Polypen mehrere langſam aus einem Waſſer ins andere uͤbertraͤget, ſo geſchiehet gar oft, daß einige von ſelbſt hie und da auf dem Waſſer haͤngen bleiben. Dieſes kann inzwiſchen die zweyte Art ſeyn, durch fremde Suͤlfe fortzukommen. Denn nach Maaßgabe, daß das Waſſer vom Winde ſtark beweget wird, oder ſonſt feinen Abfluß hat, muß nothwendig auch eine ſolche, mit dem Schwanze auf (*) Tab. II. Fig. *) Tab. I. Fig. 15. ce 227 171 auf der Oberflaͤche des Waſſers haͤngende „ und ganz frey ſchwebende, Polype fortgeſchwemmet werden. Ich muß noch eines dritten fremden Huͤlfsmittels erwaͤhnen, deſſen ſich die Polypen, wie ich muthmaſſe, ſtatt des Gehens und Kriechens bes dienen. Sie pflegen nicht ſelten mitten im Waſſer ganz frey von einem Orte zum andern zu ſchwimmen, und zwar, ſo oft ich es geſehen habe, alſo, daß allezeit die Arme im Bogen, und als ein Springbrunnen, ſte— hen (). Zwar verſichert Herr Trembley, niemals eine Polype ſchwim— men geſehen zu haben, mit dem Beyſatze, daß er, durch allerhand Ver— ſuche, auch nie eine habe dazu bringen koͤnnen. Allein, ich habe deren doch wirklich hin und wieder im Schwimmen angetroffen; ob ich gleich eben— falls durch Kunſt ſie nie dazu zu zwingen vermogt habe. Ich komme auf die Farbe der Armpolypen. Dieſelbe iſt gar unbe— ſtaͤndig an ihnen, und es iſt ſchwer mit Gewisheit zu ſagen, welches ihre natürliche und eigentliche ſeyʃ. Wann man aus einem Graben mehrere zugleich nimmt; fo wird man finden, daß einige mehr, andere weniger roth (*), gelb (*), braun (J), gruͤn (T), ſchwarz (T), und fo weis ter, find; und daß immer eine mehr, als die andere, durchfichtig iſt. Man wird ferner gewahr werden, wie manche Polype hintereinander ver— ſchiedene Farben annehme, und in einer Stunde roth, und in der folgen— den anders, ausſehe. Ja man wird ſo gar Polypen antreffen, die gleich— ſam aus allerhand Farben zuſammengeſetzt, und ganz buntſcheckig, ſchei— nen (Tt). Wenn ich indeſſen ja eine Farbe, als die gewoͤhnlichſte, und die man am meiſten an ihnen bemerket, angeben ſollte; fo würde ich ge— neigt ſeyn, mich fuͤr die braunrothe, oder dunkelbraune, zu erklaͤren. Es haben dieſe abwechſelnde Farben mehr, als eine Urſache, zum Grunde. Es kommt dieſer Unterſcheid, und dieſe Abwechſelung, theils daher, je nachdem eine Polype mehr, oder weniger, zuſammengezogen Y 2 oder ff e bar Cr) FIg.o: ab.c, (TH Fig. 17. c. (ff) k. (tr) Tab. M. Fig: re, 172 un oder ausgedehnet iſt; theils von der verſchiedenen Nahrung, und von den Farben, der verſchlungenen Inſecten, als welche durch die zarte Haut der Pelype ſcheinen, und ſie bald ſo, bald anders, faͤrben. Wann man die Armpolypen unter das Vergroͤßerungsglas bringet, ſo ſiehet man, wie ſie, und ihre Arme, keineswegs ſo glatt ſind, als ſie ſcheinen; ſondern daß ihre Oberflaͤche mit lauter kleinen Koͤrnern, oder Knöpfen, als wie mit Chagrin, uͤberzogen iſt (*). Man beobachtet fers ner, welches ſich auch zum Theile mit bloßen Augen bemerken laͤßt, daß ihre eigentliche Farbe nicht bis an die aͤuſſere Haut des Leibes hinausgehet, ſondern daß dieſelbe ſich nur in dem Innern deſſelben beſindet, dahinge— gen die aͤußere Hautflaͤche rund umher hell, und wie mit einem Glasglan— ze umgeben iſt, ja daß die Farbe ihren eigentlichen Sitz in dem ebenge— nannten, ſonderlich innern, Koͤrnern habe. Allerhand Veraͤnderungen und Abwechſelungen ſind auch von demje— nigen Theile zu bemerken, den man insgemein, als den Mund, anſie— het. Er befindet ſich an dem Fordertheile, oder an dem Kopfe, und zwar dergeſtalt in der Mitte, daß die Arme da, wo ſie ihren Anfang nehmen, im Kreiſe um ihn ſtehen („*). Dieſer Mund kann ſich, wie 2 Kippen, nicht nur willkuͤhrlich auf- und zuthun; ſondern es nimmt derſelbe auch noch verſchiedene und mannigfaltige andere Geſtalten an. Manchmal ſie— het er wie ein Kegel aus, der bald kuͤrzer (***), bald laͤnger (***) bald gar abgeſtutzt zu ſeyn ſcheinet (T). Manchmal iſt er ganz rund, und wie ein kleiner Cirkelſchnitt (JT); und wieder zu einer andern Zeit ſiehet man ihn gar nicht vorſtehen, ſondern zwiſchen den Armen ganz platt auf— liegen (Tr). In dieſem letzten Falle erblicket man alsdenn in der Mitte eine innwendig runde, nach außen zu aber eckig, eingeſchnittene Oeffnung durch welche man etwas in den Leib der Polype ſehen kann. Es iſt ſehr leicht, ſich zu uͤberzeugen, daß dieſer Leib der Armpolypen hohl, und einer gleichdurchbohrten Roͤhre aͤhnlich ſey]. Man kann dieſes bey (Tap. III. Fig. 2. (% Fig e ( Tab. I. Fig rz d, ab. III. Fig. 1. I. (+) Tab. II. Fig. F. . (T) Fig. 6. a. (Tf) Tab. J. Fig. 14. a. Fig. 10. e. l N 173 bey hellem Tage auch mit bloßen Augen ſehen; am beſten aber, wann man den Leib einigemal, ſowohl in die Quere, als in die Lange, von eins ander ſchneidet (*) Imerſten Falle wird man fo viele Stuͤcken hohle Roͤh— ren vor ſich haben, als vielmal man den Polypenleib in die Quere zer— ſchuitten hat; und im andern Falle, wird der Keb eine ordentliche in der Mitten, nach der Lange, zertheilte Röhre ſeyn (**). Ich habe an feis nem Orte angefuͤhret, wie ſich die Polypen manchmal ſelbſt ſo umkehren, daß das Innere heraus, und das Aeuſſere hineinkommt; und unten wer— de ich zeigen, wie man fie auch durch Kunſt umkehren koͤnne (***). Auch hier kann man deutlich ſehen, daß der Leib wie ein Sack, oder Strumpf, hohl iſt (T). Herr Trembley hat dieſer Hoͤhlung des Leibes den Namen und die Verrichtung des Magens beygeleget. Man ſiehet auch wirklich in dies ſelbe nicht nur die Nahrung gehen, ſondern fie wird auch daſelbſt ausge⸗ ſogen, und hierauf aus demſelben wieder aus geſtoſſen. Nur wundert ſich hierbey Herr Trembley, daß, da man ſonſt an andern Thieren und In— ſecten auch noch allerhand anderer innerer Gefaͤße gewahr werde, er an dieſen Polypen dergleichen umfonft geſuchet habe. Er meynet daher, daß man dieſe Polypen für nichts anders, ais eine ſolche Art Thiere zu halten habe, die nur eine Haut haͤtten, welche über den Magen geſpannet, oder deren Hoͤhlung der Magen ſelbſt ſey. Ich muß geſtehen, daß ich in dieſem Stucke dem Herrn Trembley nicht beytreten kann; und es wird mir erlaubt ſeyn, meine Gedanken hier anzufuͤgen. Die Hoͤhle des Leibes, glaube ich, iſt ſo eigentlich der Magen nicht, ſondern nur ein Behaͤltniß der Speiſe; die aͤußern und ſonderlich die innern, Koͤrnergen und Knoͤpgen aber, halte ich für fo viel tauſend Oeff— nungen und Saugröhren, welche die Stelle des eigentlichen Magens vers treten, und die Verdauung bewerkſtelligen. Ich ſtehe eben daher an, zu ſagen, daß die Polypen keine innere Gefaͤße, und nur eine Haut haben Y 3 ſoll⸗ II. Fig: 10. b. e I ) Fig. au (7 Tab. II. Fig. 10. 11 12. 13. 14. (1) Fig. ın 13. . won ſollten. Vielmehr vermuthe ich, daß die ganze Haut mit lauter aneinans derhangenden kleinen Saugroͤhren, und mit noch kleinern zu denſelben ge— hoͤrigen Gefäßen, bedecket ſey , auch daß jede Saugroͤhre ſich ſelbſt zu er⸗ naͤhren, mithin auch zu wachſen und zuzunehmen vermoͤge; wovon je⸗ doch in dem fuͤnften Abſchnitte das Weitere vorkommen wird. Ich habe erinnert, daß die aͤußere Flaͤche der Polype mit lauter kleinen Koͤrnern, oder Knoͤpfen, beſaͤet ſey; und dieſe ſind auch in dem Innern der Haut zu finden. Man darf nur eine Scheere, deren vordere Arme ſchmal und lang find, in das Innere einer Polype bringen, und fie alsdenn der Laͤnge nach aufſchneiden, oder nur achthaben, wann ſich eine Polype von ſelbſt umkehret; fo wird man alsdenn durch Huͤlfe eines Ders groͤßerungsglaſes gar ſchoͤn ſehen, daß die kleinen Körner der aͤußern Oberflache, eben wie die inwendigen, find; ja man wird fie hier in noch größerer Anzahl, und mit dem einigen Unterſcheide finden, daß dieſe viel von der Farbe der Polypen haben und ganz undurchſichtig ſind; da jene aͤußern Koͤrnergen fahler, und faſt durchſichtig, ſcheinen. Es ſind dieſe Koͤrnergen von der Art, daß ſie ſich mit einem Pinſel, mit einer Feder, oder mit einem andern dergleichen Werkzeuge, ganz leicht abſondern laſſen. Man ſiehet fo gar Polypen, von denen ſolche von ſelbſt weg⸗ fallen. (). Letzteres erfolget insgemein alsdenn, wenn fie anfangen ſich umzukehren. Herr Trembley meynet, es ſey dieſes eine gemeine Krank— heit bey ihnen, auf welche ſie allezeit zu ſterben pflegten. Nun gedenke ich zwar nicht zu leugnen, daß manchmal einige meiner Polypen, wann fie ſich umgekehret haben, erkranket find, und ſtch nach und nach in ein weißes, woͤlkiches, oder ſchleimiges, Weſen verwandelt, und zuletzt gar verloren haben; allein meiſtentheils haben diejenigen Polypen, die ſich bey mir lange Zeit umgekehret, und eine ganze Menge Körner fallen laſſen, nachher wieder fortgelebet und ſind geſund geblieben. Dieſe Koͤrnergen und Knoͤpfgen befinden ſich übrigens an dem Leibe der Polypen nicht allein. Ihre Arme ſind ebenfalls damit beſetzet, und je nachdem eine Polype mehr zuſammengezogen und verkuͤrzet iſt, deſtomehr und weniger ſcheinen die Arme mit ſolchen uͤberzogen zu ſeyn. Es ſind () Tab. II. Fig. 12. aber > SE Zu" = 571¹ aber dieſe Koͤrnergen und Knoͤpfgen an den Armen nie aneinander, ſon— dern allezeit etwas von einander abgeſondert. Man ſiehet dieſes zu der Zeit deutlich, wann ein Arm ſehr lang ausgedehnet iſt; indem alsdenn von einem Knoͤpfgen zum andern ein ziemlicher Zwiſchenraum bemerket wird (). Herr Trembley hat zwiſchen dieſen Knoͤpfen auch einzelne Haͤrgen beobachtet; ich muß es aber zweifelsohne meiner Ungeſchicklichkeit zuſchreiben, daß ich dergleichen, auch ſo gar durch das Sonnenvergroͤſſe— rungsglas, nie habe ſichtbar machen koͤnnen; ob ich gleich dieſe Haͤrgen gar gerne, als wahr glaube und annehme. Die Polypen lieben, wie mehr andere Inſecten, vorzuͤglich die Helle, und ſind in hellen Gegenden, und an hellen Orten, am liebſten und häus figſten. Wenn man daher einen Theil des Glaſes, wo ſie ſich befinden, verdunkelt, und den entgegen ſtehenden helle laͤßt, fo wird man einige Zeit darauf, die Polypen jenen dunkeln Ort verlaſſen ſehen, und ſie an dieſer hellen Seite finden. Man kann alſo von dieſer ihrer Neigung und Liebe zu der Helle manchen Vortheil ziehen. Ich habe ſie durch dieſes Mittel genoͤthiget, ſich in großer Menge an einen Stengel zu ſetzen, damit ich an ihnen dasjenige Sonderbare ſehen moͤgte, welches die dritte Figur der zweyten Tabelle zeiget, und ich im Waſſer lange vergebens geſucht habe. Indeſſen beſtaͤttiget meinen gegenwaͤrtigen Satz auch dasjenige, was ich oben geſagt habe, daß naͤmlich, wenn man Polypen fangen wolle, man dazu einen hellen Tag, und einen Ort im Waſſer ausſehen muͤſſe, auf den das helle Tageslicht falle. Bey ſchlechtem und dunklem Wetter ha— be ich ſie oft an denen Orten, wo ſie ſonſt auch noch ſo haͤufig waren, nicht finden koͤnnen. 5 * K * * M * K X & X X X N N N N N N X X N NN NN N K K X K Zweyter Abſchnitt. Von der Nahrung und dem Unterhalte der Armpolypen. N ich bisher bemerket habe, was uͤberhaupt zum Begriffe von den Armpolypen erforderlich ſeyn dürfte; fo wende ich mich nuns mehr zu ihrer Nahrung und zu ihrem Unterhalte. Ich (*) Tab. III. Fig. 2. 176 we Ich habe oben geſagt, daß die Polypen unter die Raubthiere gehoͤ— ren; und ſie haben auch wirklich ihre gewoͤhnliche Nahrung von nichts, als andern Waſſerthiergen, die ſie zu fangen, und zu verzehren, wiſſen. Herr Trembley fand anfaͤnglich, daß es eine Art von Taufend- fuͤßen (*) wäre, die ihnen zur Nahrung dieneten. Als er fie mit denfels ben lange Zeit fuͤtterte; fahe er, wie ſie dieſelben mit ihren Armen auf eine ſehr kuͤnſtliche Art fiengen, und hernach dergeſtalt feſt hielten, daß es ins— gemein eine vergebliche Bemuͤhung war, wenn jene ſich von ihnen wieder zu entwickeln und loszureiſſen ſuchten. Es ward aber dieſer aufmerkſame Naturforſcher bald darauf gewahr, daß es dieſe Tauſendfuͤße nicht allein waͤ— ren, denen die Polypen nachſtellten; ſondern daß es noch viel andere Sor— ten von kleinen Waſſerthiergen gäbe, die fie, wie jene, für eine gute Beute hielten, und die ſie daher auf gleiche geſchickte Art zu fangen und zu gleichem Zwecke zu nutzen pflegten. Sie verhielten ſich eben ſo gegen die zackigen Waſſerfloͤhe (**), gegen die Traubentraͤger (**), gegen die rothen Schnackenwuͤrmer (7), gegen das Uferaas (FT), und dergleichen Waſſerthiergen mehr; als ſie gegen die Tauſendfuͤße gethan hatten. Ich habe eben dieſes bemerket. Und man kan ſich dabey nicht leicht etwas artigers vorſtellen, als den Anblick vieler Polypen an einem Orte; ſonderlich, wann man ſie, lange Zeit vorher, dazu ausgehungert hat. Ihre Arme, die fie alsdenn fo lang, als es ihnen nur möglich iſt, nach Beute ausſtrecken; derſelben beſondere Geſtalten und Beugungen; und die mans cherley Abwechslungen, die ihr Leib alsdenn annimmt; machen ein ſehr ſelt⸗ ſames Schauſpiel. Dieſer Anblick iſt um ſo ſchoͤner und verwunderns— wuͤrdiger, wenn man Polypen von der dritten Art dazu gebrauchet (TIP). Anfangs ſiehet man, wie ich oben gemeldet habe, das ganze Glas von ihren Armen, als wie mit lauter weißen unordentlich durcheinander laufenden Faͤden, die unzaͤhlige Arten von Beugungen und Winkeln ha— ben, von oben bis unten, und von einer Seite bis zur andern, angefuͤllet. Wirft (0 Tab. II. Fig. 4. a. (&) Fig. 16. a. C.) Fig. 9. a. (f) Fig. 18. 2. (FT) Tab. I. Fig. 13. d. (Tr) Tab. II. Fig. 3. n 2 vum Wirft man aber zu diefen ausgehungerten Polypen, und auf ihre, wie lau⸗ ter Netze ausgeſpannten, Arme eine Anzahl Waſſerwuͤrmer; ſo erblicket man augenblicklich in dem Glaſe allgemeine ſonderbare Bewegungen. Die Traubentraͤger, die Schnackenwuͤrmer ꝛc. find nicht fo bald unter das Waſſer gekommen, als ſte ganz natuͤrlich hin und wieder auf die ausgeſtreckten Arme der Polypen fallen, oder dieſelben ſonſt im Vorbeyrudern hie und da anruͤhren muͤſſen. Kaum aber daß dieſes ge— ſchiehet, fo ſiehet man auch die Waſſerwuͤrmer an ſolchen beruͤhrten Ars men haͤngen bleiben. Dieſes muß um fo unvermeidlicher erfolgen, da die Arme der Poly⸗ pen theils ganz ungemein empfindlich, theils fo beſchaffen find, daß fie als les, was ihnen zu nahe kommt, faſſen, anhaͤckeln und feſthalten koͤnnen; und, da dieſe Empfindlichkeit und anhaltende Kraft, nicht etwa nur den aͤußerſten Spitzen, oder einigen Theilen der Arme eigen iſt, ſondern da die ganzen Arme, auch den geringſten Theil derſelben nicht ausgenom— men, überall dieſe doppelte Eigenſchaft haben. Der Wurm, wann er ſich gefangen und gehalten fuͤhlet, wendet alsdann freylich alles ſein Vermoͤgen und alle ſeine Geſchicklichkeit an, ſich wieder ab- und auszuwinden. Allein insgemein vergebens. Er wird viel— mehr von den Armen der Polype mehr und mehr verſtricket und verwi— ckelt. Die Arme werden unter allerhand ſeltſamen und haͤufigen Beu— gungen und Kruͤmmungen immer kuͤrzer und dicker; und die Beute koͤmmt auf dieſe Weiſe, alles ihres Widerſtrebens ohnerachtet, der Poly— pe ſelbſt, und ihrem Vordertheile, immer naͤher. Merket die Polype, daß ihr Raub ſtaͤrker iſt, als daß ſie ihn mit einem Arme halten koͤnnte; ſo nimmt ſie alſobald noch einen Arm, oder mehrere, zu Huͤlfe (0, und umwickelt mit denſelben gemeinſchaftlich den Wurm derge— ſtalt, daß er ſich gar bald weder ruͤhren noch bewegen kann. Iſt aber der Wurm bis zum Vordertheile, oder bis zum Kopfe, der Polype ſicher und gluͤcklich gebracht worden; fo ſiehet man alsdann dieſen Die Ar mpolypen. 3 Vor⸗ (0 Tab. II. Fig. 15. 16. 178 n c Vordertheil auseinandergehen (Y); er eroͤffnet ſich; und der Wurm wird durch dieſe Oeffnung nach und nach dergeſtalt in den Leib gezogen, daß man endlich gar nichts mehr von ihm gewahr wird (()). Ich habe allererſt erwaͤhnet, daß der ganze Arm einer Polype überall empfindlich · ſey / und daß er eine anziehende, anhaltende oder anhaͤckelnde Kraft habe. Daraus folget, daß von den Armen der Polype die Wuͤr⸗ mer dem ſogenannten Munde auf gar verſchiedene Arten, und nach ver⸗ ſchiedenen Stellungen und Richtungen, muͤſſen zugebracht werden; je an welchem Theile nämlich ſowohl des Armes, als des Wurmes, die Anhaͤ— ckelung und Umwickelung geſchehen iſt. Man ſiehet daher, daß mancher Wurm nach der Länge (***), ein anderer nach der Qveere (1) und ein dritter wieder in einer andern Lage, vor den Mund zu ſtehen koͤmmt. Indeſſen iſt der Polype ſolches ganz einerley. Wie ihr der Wurm vor das Maul koͤmmt, fo faſſet fie ihn auch mit demſelben, und fauger ihn in ſich. Iſt es ein Waſſerfloh, ein T Traubentraͤger, oder ein dergleichen kurzes und breites Inſect, und es gelanget ſenkrecht bey dem Munde an; ſo hat ſie denſelben um ſo weniger zu öffnen , und das Inſect gehet deſto leichter in fie (TI); koͤmmt aber ein dergleichen Inſect ſchief, oder gar voͤllig nach der Qveere, vor den Mund, ſo muß ſie zwar den Mund und den Leib ungemein erweitern; ſie ſcheinet aber dieſes doch lieber zu thun, als daß ſie erſt den Wurm umkehren, und ihn in eine beſſere Sage bringen ſollte. Iſt es ein langer Wurm, als z. E. der rothe Schnackenwurm, ſo haͤlt ſie es mit ihm eben ſo, daß, wie er ankoͤmmt, ſie ihn in ſich ziehet. Iſt der Kopf, oder Schwanz, zuerſt vor dem Maule; ſo noͤthiget ſie den Wurm ganz gerade einzugehen, oder fie verlaͤngert ihren Leib vielmehr nach und nach dergeſtalt über den ganzen Wurm her, daß derſelbe wie in einem langen Sacke, oder Beutel, zu liegen koͤnmt. Wirdaber ein ſol— cher langer Wurm ihr völlig nach der Qveere vor den Mund gebracht; ſo erweitert ſie entweder den Mund und den Leib auf eine erſtaunliche Weiſe in die Breite CD; oder wenn dieſes alles nicht zureichen will, den Wurm zu ( Tab. II. Fig. 17 4˙%) Pig. 1 Fig. 17. CH) Fig. 15 (TT) Tab, I. Fix- 127. (t) Fig. 15. 15 Fig. 18 a 2 179 zu überdecken, fo buͤget ſie denſelben zuſammen, und bringet ihn auf dieſe Weiſe alſo in ſich, daß der Wurm, wie ein zuſammengelegtes Taſchenmeſſer, in ihrem Leibe verſchloſſen wird. Es hat alſo mit dieſer Mund- oder Lei⸗ besoͤffnung eben die Beſchaffenheit, als mit der Oeffnung eines Sackes oder Beutels, der ſich weit und enge machen laͤßt. Es iſt fich hiebey nicht wenig zu verwundern, wie die Polypen im Stande ſeyn Würmer, die wohl acht- und zehenmal dicker, als fie ſelbſt, ſind, ganz, und ohne ſie erſt in Stuͤcken zu zertheilen, in ſich zu bringen. Es traͤzet hiezu zweifelsohne der beſondere Bau ihrer Mundoͤffnung, oder ihrer Lippen, das Meiſte bey. Dieſe ſind, nach aller Wahrſcheinlichkeit, wie mit einer ſtark druckenden, ſo zugleich auch mit einer anziehenden und ſaugenden Kraft verſehen; durch welche gemeinſchaftliche Kraft es dann begreiflich iſt, wie zwiſchen dieſen Lippen der Wurm beydes feſtgehalten, und doch auch zu eben der Zeit aufwaͤrts in den Leib gepreſſet werden koͤnne. Eben ſo ſonderbar iſt es, daß ſich die Polypen an einem, oder dem andern Wurme, gar ſelten begnügen laſſen. Eben zu der Zeit, da fie dies jenigen Würnter, fo fie an einigen Armen angehaͤckelt haben, nach ihrem Munde bringen, ſind die uͤbrigen Arme fort und fort geſchaͤftig, ſich noch anderer Wuͤrmer zu bemaͤchtigen. Man ſiehet daher gar vielmal faſt an allen Füßen zugleich eine Menge Würmer haͤngen. Dieſe alle werden nach und nach an den Mund, und von da in den Leib, gebracht; einer macht daſelbſt dem andern Platz; und ich habe gar oft in einer einzigen Polype, acht und zehen Waſſerfloͤhe gezaͤhlet, da noch immer einige Arme andere fiengen, und fie dem Munde zubrachten (). Kurz, unſere Polypen ſind Vielfraße. 5 Wann die Beute in den Leib aufgenommen, und deſſen Hoͤhlung mit einem oder mit mehrern Würmern angefuͤllet iſt; fo erhaͤlt derſelbe davon allerhand Veraͤnderungen und Erſcheinungen. Einmal, entſtehen das von die ſo gar verſchiedenen und abwechſelnden Farben deſſelben. Denn, da der Leib durchſichtig iſt, fo muß nothwendig diejenige Farbe durchſchei— nen, die den verſchluckten Wuͤrmern eigen iſt. Sodann, erhaͤlt die Po⸗ 3 2 J Ee (rab IE Fig. 15. 16. £ 11 (115 180 n N. lype ſelbſt davon allerhand Geſtalten und Stellungen. Der Leib iſt als dann bald mehr, bald weniger kurz (*), oder lang (*); wenig, oder viel ausgeſpannt; ganz glatt, oder knotig (“* ); und ſonſt verſtellt. Dahin noch drittens gehoͤret, daß, wenn die Wuͤrmer im Leibe nicht alle Platz haben, der Schwanz, ſonderlich bey der langarmigen Polype, ſich wis der feine ſonſtige Gewohnheit, gefallen laſſen muß, einen oder mehr Würs mer aufzunehmen. Wann ſich die Polype voͤllig angefuͤllet und ausgeſtopfet empfindet; ſo pflegt ſie das Aeußerſte ihres Vordertheils uͤber ihren Nahrungsvorrath, wie einen Beutel, zuzuziehen, und damit ihre Beute ſo lange einzuſper⸗ ren, bis die Ausſaugung voruͤber iſt. Ja, es ſcheinet alsdann ſo gar zwi— ſchen dem Leibe, und dem Kopfe, eine Gattung des Halſes zu ſeyn, oder als wenn Kopf und Leib unterbunden wäre (F). Was aber die Arme betrifft, fo find fie bey einer ſolchen angefuͤllten Polype insgemein ſehr zuſammengezogen, und ins Kleine gebracht. Auch haͤngen ſie ſowohl, als die ganze Polype, zu der Zeit ganz unbeweglich da, daß man fie für krank, oder gar leblos, halten ſollte (TI). Wiewohl dieſer Schein der Unempfindlichkeit dauert nur ſo lang, als die Ausfangung vorgehet. Iſt dieſelbe nur in etwas vorbey, fo ſiehet man auch die Polype, und ihre Arme, in der vorigen Geſchaͤftigkeit. Beyde fangen aufs neue an, ſich auszudehnen, und letztere ſtrecken ſich wieder nach Beute aus. Da die obgenannten Waſſerwuͤrmer, welche die Polypen vorzuͤglich lieben, und von welchen ſie ordentlich zu leben pflegen, nicht allezeit zu haben find; fo kann man ſie auch mit andern befriedtgen. Kleine Inſecten, als Fiſche und Fliegen; auch groͤßere Thiere, als Waſſerſchnecken, und der— gleichen; allerhand Erdwuͤrmer; ja ſelbſt Fleiſch, dienet insgeſamt, im Falle der Noth, zu ihrer Fuͤtterung. Doch mit dem Unterſcheide, daß da man ihnen kleine und lebendige Würmer ganz geben kann; größere Wuͤr⸗ mer, und lebloſe Dinge zuvor in Stuͤcken zerſchnitten, und ſonderlich letz 114 0e tere () Tab. II. Fig. 17. (“) Figo. () Fig. 16. (4) Fig. a0. (17) Fig. 19. n 181 tere in einige Bewegung gebracht werden muͤſſen, wenn ſie von der Po⸗ lype ſollen angefaßt, und eingezogen werden. Denn, ich habe bemerket, daß die Polypen Dinge, die ſich nicht bewegen, oder wenigſtens ſich nicht zu bewegen ſcheinen, ſehr ſelten anhaͤckeln, ſondern fie insgemein ganz gleichgültig vorbeylaſſen. Indeſſeu iſt es doch auch nicht allezeit eine richtige Folge, daß, was ſich beweget, und auf die Arme der Polyppe faͤllt, oder fie ſonſt berührer, auch jedesmal hängen bieiben mußte. Iſt die Polype eben nicht hungrigz iſt fie krank; bietet man ihr etwas an, daß fie überhaupt ungern frißt, oder das ganz und gar ihre Speiſe nicht iſt; ſo laſſe man etwas mehr, als zehnmal, auf ſie und ihre Arme, fallen, es wird doch allezeit abglitſchen, und den Weg nehmen, den es, nach den Geſetzen der Schwere, zu neh— men hat. Dieſe Erfahrung lehrer ſchon, daß das Anhängen der Würmer an den Armen der Polypen von keinem klebrigen Weſen herkommen muͤſſe, mit welcher etwan die obere Fläche der Armen moͤgte umgeben ſeyn. E“s wird aber dieſes ferner dadurch außer allen Zweifel geſetzt, daß man hin und wieder beobachtet, wie ſich die Arme ſowohl ſelbſt untereinander, als auch mit den Armen anderer Polypen, oft ſo verſchlingen und verwickeln, daß fie nothwendig zuſammenkleben müßten, und nie, ohne zum Theil zerriſſen zu werden, wieder auseinander gewickelt werden koͤnnten; ſoferne die Arme mit einem klebrigen Weſen uͤberzogen waͤren. Allein man ſiehet gerade das Gegentheil. Die Arme einer Polype mögen mit ſich ſelbſt, oder mit den Armen einer andern Polype noch fo ſehr umwunden und vers ſchlungen ſeyn; ſo erfordert es zwar Zeit und Weile, oft mehr als ein und zweymal 24 Stunden, ehe ſie wieder auseinander kommen, es ge— ſchiehet aber doch gleichwol; und laͤßt ſich wenigſtens daraus ſo viel abneh⸗ men, daß es hauptſaͤchlich von der Willkuͤhr der Polypen abhange, ob ein Wurm von ihren Armen ſolle angehalten und damit verwickelt werden, oder ob er vorbey gehen ſolle. 0 Da die Polypen, wie aus dem Bisherigen ſattſam erhellet, ihren Raub und ihre Nahrung blos ihren Armen zu danken haben; ſo fraͤgt es 8 3 Sich, 232 dn ſich, wie denn die Polypen von ihrer Nahrung Wiſſenſchaft haben koͤnnen, daß ſie dieſelbe aufzuſuchen und ſich nach ihr auszuſtrecken wiſſen? Man ſollte, nach der Weiſe anderer Thiere, meynen, fie muͤßten Augen haben, mit denen ſie gewahr werden koͤnnten, wo und was vor Wuͤrmer ſich hie und da befinden. Allein, ich weis nicht, ob mich das Vorurtheil vom Herrn Trembley verblende, oder ob ich wirklich recht geſehen habe. Ich muß geſtehen, daß ich noch zur Zeit ſo wenig, als er, das Geringſte an den Armpolypen ha⸗ be erblicken koͤnnen, daß mich hätte auch nur vermuthen laſſen, daß fie Augen haben ſollten. Vielleicht muͤſſen alſo die Polypen, wie die in ihren Geweben fisens den und laurenden Spinnen, ſich allezeit ſo lang gedulten, bis ihnen von ohngefaͤhr was zulaͤuft oder zuſchwimmt? Allein auch dieſes ſtimmt mit der Erfahrung nicht uͤberein. Warum ſind da die meiſten Polypen, wo in einem Graben die meiſten ihnen dienlichen Wuͤrmer ſind? Warum ſind ſie an hellen Orten, und an hellen Tagen, am lebhafteſten und haͤufigſten zu finden? Und warum haͤnget oft an dem Arme einer Polypen ein Wurm, nach welchen ſich die Arme einer andern Polype ausſtrecket (*), ob letztere gleich von der erſtern ziemlich weit, und dergeſtalt entfernet iſt, daß wer der ſie, noch ihre Arme, von den Wurm haben beruͤhret werden koͤnnen? Dieſes zeiget wohl offenbar, daß die Polypen ihre Beute und Futter von weiten verfpühren muͤſſen. Man iſt alſo genoͤthiget, den Polypen eine beſondere Art der Em⸗ pfindung beyzulegen, wodurch ſie, obgleich nicht ſo genau, und ſo weit, als es ſonſt mit den Augen geſchiehet, doch einigermaßen, ihr Futter aus⸗ kundſchaften, und merken, koͤnnen; es mag nun dieſe Empfindung von Lichtſtrahlen ſelbſt, oder von der Bewegung des Waſſers, oder ſonſt ir⸗ gend woher ihren Urſprung haben. Es iſt mehr ein guter Gedanke, als eine in der Erfahrung durchgaͤn⸗ gig gegruͤndete Wahrheit, wenn Plinius, zur Beſchaͤmung der neidiſchen und feindſeligen Wensch verſichert, 10 keines der unvernuͤnftigen Ge⸗ (*) Tab. I. Fig. 12. ſchoͤpfe, un . E183 ſchoͤpfe, ein anderes feines gleichen anzufallen oder zu verzehren pflege (). Inzwiſchen trift gleichwol dieſes vollkommen bey den Polypen ein. So vielfraͤßig und raubgierig fie ſonſt auch immer find; fo freſſen fie doch nie ihres gleichen. Geſchiehet es aber ja manchmal, daß fie eine andere Pos lype anfaſfen, und fie zum Theile, oder ganz, in ſich ſchlucken; ſo laſſen ſie ſelbige doch ſo bald wieder fahren, oder geben ſie wenigſtens ſogleich unverletzt wieder von ſich, alsbald ſie ſolchen Irrthum merken. Wenn ich die Polypen oben vor vielfraͤßig angegeben habe; fo muß man dieſes mit Ulnterſcheide annehmen. Es giebt Zeiten, wo ſie alerdings ſehr viel freſſen, es giebt aber auch Zeiten, wo fie wentg freſſen; und fie haben gar, wie man an einigen Orten ſpruͤchwortsweiſe von den Raben ſagt, ihre Hungermonate. * Sommer, und überhaupt wann es warm iſt, freſſen fie am mei⸗ ſten. Es giebt aber auch alsdann die meiſten Würmer zu ihrer Nahrung; und die Verdauung gehet auch zu der Zeit bey ihnen geſchwinder, als ſonſt von ſtatten; indem ſie binnen 12 Stunden insgemein vorbey iſt. Im Winter und bey kalter Witterung aber, freſſen ſie am wenigſten. Wo wollten ſie auch alsdann Wuͤrmer genug finden? Jedoch, ſie koͤnnen mit wenigem beſtehen, well die Verdauung hier langſamer, und vielmal erſt nach 2 und 3 Tagen erfolget. Erreichet die Kaͤlte im Winter einen gewiſ— fen hohen Grad, fo bringet fie zwar auch die größte Kälte nicht leicht um; ſie ſind aber doch in dieſem Zufalle ſo ſtarr und leblos, daß ſie eine voll— kommene und ſehr ſtrenge Faſten halten, oder alsdann ihre Hungermonate haben. Ja, ſelbſt im Sommer, und in den heißeſten Taͤgen, kann man ſie mehr, als einen Monat, faſten laſſen; ohne daß ſie daruͤber ſterben ſollten. Von der Verdauung, und 14 75 der Art, wie das Verdauete zu allen wie es ihren Wachsthum befänden ; davon läßt die bisherige Erfahrung noch nichts Gewiſſes ſagen. Ich habe zwar oben davon etwas erwähnen, und ich werde im letzten Abſchnitte davon noch ausfuͤhrlicher handeln; al⸗ lein, (*) Hiſtor. Natur. Libr, VII. proœm. * * 184 Eu" lein, das iſt es auch alles, was ich mir dießfalls mit einiger Wahrſchein, lichkeit zu ſagen getraue. Doch iſt ſo viel uͤberhaupt unlaͤugbar, daß die Polypen mehr von dem Safte der Würmer, den fie ausſagen, als von den feſten Theilen derſelben, ihre Nahrung haben. Dieſes zeigen die Waſ— ſerfloͤhe, die Schnackenwuͤrmer, und andere Waſſerinſecten an, welche alle; mal unzertheilt und ganz, nur ausgeſaugt, von ihnen gehen. Daher koͤmmt es auch, daß die Polypen nach der Verdauung, und wann die fes, ſten Theile des Wurms ſchon wieder ausgeſpieen ſind, gleichwol noch eine gute Weile diejenige Farbe behalten, welche die fluͤßigen Theile des Wurms, der in ihren Leib eingegangen iſt, gehabt haben. Und man darf, um ſich vollkommen zu uͤberzeugen, daß die Polypen nur von dem Safte der Wuͤr— mer ſich nähren, weiter nichts thun, als nur dasjenige recht genau befes hen, was die Polypen nach der Verdauung durch den Mund, als durch welchen ſie jedesmal den Unrath von ſich geben, ausſpeyen. Man wird dann die feſten Theile der Wuͤrmer, die Schaalen, die Haͤute, und derglei⸗ chen, noch ganz und unverzehrt, allen Saft aber völlig ausgeſaugt, finden. Wie hoch eine Polype ihr Leben bringen möge, kann ich aus Erfahs rung nicht ſagen. Nach Herrn Trembley koͤnnen fie 2 Jahre und laͤn⸗ ger leben. Die Urſache aber, warum ſich ihr Lebensalter ſo genau eben nicht beſtimmen laͤßt, iſt ſonderlich dieſe: weil ſie in der Gefangenſchaft mehr zufaͤlliger Weiſe, und vor der Zeit, umkommen, als daß man glau⸗ ben ſollte, ihre beſtimmte Lebenszeit gehe zu Ende. So werden ſie, zum Beyſpiele, gar häufig und, fruͤhzeitig von denenjenigen Laͤuſen verdorben und aufgefreſſen, von welchen ich ſchon gedacht habe. Dieſe Laͤuſe ſind ohne das Vergroͤſſerungsglas nicht zu ſehen. Unter demſelben aber find fie weiß und durchſichtig; am Bauche platt gedrückt, und auf dem Ruͤcken gewoͤlbt. Sie koͤnnen ſo geſchwind laufen, daß einem die Augen vergehen. Woihrer einmal nur etliche ſind, da vermehren fie ſich gar bald in ſolcher Menge, daß alle Polypen, ſo ſich mit ihnen an einem Orte befinden, davon angeſteckt und verdorben werden. Sie laſſen ſich jedoch mit einem Pinſel wegwaſchen und wegſtreichen. Das beſte Mittel aber die Polypen gegen ſie ſicher zu ſtellen, iſt dieſes, daß man ihnen oft friſches wen ae 185 friſches Waſſer gebe. Ich habe ſolches des Tages 2 und Zmal gethan, und damit meine Polypen für dieſem Ungeziefer ziemlich bewahret. N Es ſcheinen im übrigen dieſe Laͤuſe diejenizen Thiere allein zu ſeyn, die unter den Waſſerwuͤrmern den Polypen nachſtellen und gefaͤhrlich ſeyn. Wenigſtens hat Herr Trembley weder ausgehungerte Fiſche, noch Waſ⸗ ſerkaͤfer, ꝛc. dahin bringen koͤnnen, daß ſie vorgeworfene Polypen angegrifs fen, oder in ſich behalten haͤtten. N K N N XM X N X & N N N N N X N N & ( „X M X A * Dritter Abſchnitt. Von der Fortpflanzung der Armpolypen. Mou wird nicht leicht aus einem Waſſergraben einige Polypen mit einander fangen, daß nicht immer etliche darunter ſeyn ſollten, an deren Leibe man eine oder mehrere Erhoͤhungen, wie kleine Knoͤtgen, oder Kegelgen, hervorragen ſiehet (“). Ja man wird an ſehr vielen andere kleinere Polypen gewahr werden, die ſich jenen eben ſo, wie man ſie ſonſt an andern Körpern findet, angeſetzt zu haben ſcheinen (**). Da Herr Trembley dieſe Erhöhungen an feinen Polypen zum ers ſtenmal ſahe, und ihm damals noch nicht bekannt war, wofuͤr dieſelben Leeurbenhoͤck ſchon angegeben hatte; fo hielt er fie noch nicht für das, weſſen ihn nach der Hand allerley Beobachtungen und Verſuche uͤberzeug— ten, naͤmlich, daß ſie eben ſo viele Anſaͤtze, und Anfaͤnge, junger Polypen waͤren; und daß diejenigen ſchon ein gewiſſes Alter und Groͤße erreichet hätten, an denen man ordentliche Polypenarme gewahr werde, Es iſt alſo dieſe Vermehrung und Fortpflanzung der Polypen von ganz ſonderer Art; und verdienet, daß ſie umſtaͤndlich und ausfuͤhrlich beſchrieben werde. Sie iſt bey allen Armpolypen, und bey allen Arten derſelben, von ei— nerley Beſchaffenheit. Es ſey denn, daß man dieſes für einen Unterſcheid Die Armpolypen. A a anſe⸗ (“) Tab. II. Fig. 1. a. b. e. (0 Tab. II. Fig. 1. d. e. f. a 186 W ON anſehen wollte, daß bey einigen die Jungen eher zum Vorſcheine kommen, geſchwinder auswachſen, ſich zeitiger von der Stammpolype losmachen, auch auf einmal mehrere zugleich ſich zeigen, als man es bey andern ſiehet. Um nun aber zu wiſſen, wie dieſe Jungen eigentlich entſtehen; und nach was vor Zeitpuncten ihr Wachsthum erfolge, ſo wird man ſich aus der erſten Sigur der zweyten Tabelle, und aus dem, was ich zu deren Erlaͤuterung anfuͤhren werde, den leichteſten und beſten Begriff machen konnen. | 2 5 Ich habe hier auf der Roͤhre einer Waſſerraupe, auf welchen Rohr ren ich die Polypen gar häufig gefunden habe, 7 Polypen etwas vergröfe ſert vorgeſtellet, damit man auf dieſe Weiſe an ihnen das Wachsthum der Jungen auf einmal uͤberſehen koͤnne. Wann eine junge Polype anfaͤnget auf der Oberflaͤche des Leibes ih⸗ rer Mutter ſichtbar zu werden, ſo hat ſie zuerſt das Anſehen eines kleinen faſt runden Huͤgelgens, oder Knoͤpfgens (*). Bald darauf verwandelt ſich dieſes in einen länglichen Kegel, deſſen Grundflaͤche noch ſehr breit iſt (**). Dieſer Kegel wird immer länger, feine Grundfläche aber deſto kleiner, fo daß derſelbe in der Folge gar wie eine Spindel wird, die an ihren Außer ſten Enden faſt gleiche Spitzen hat (“*). Man ſiehet aus ihrem voͤrder⸗ ſten Ende nach und nach einige weiße, anfangs oben runde, hierauf aber immer ſpitziger werdende, Faden hervorwachſen (P). Dieſe Spitzen, oder Hörner, werden von Zeit zu Zeit größer, und mehr an der Zahl (FT). Sie fangen an ſich zu bewegen und auszudehnen, und man erkennet gar bald, daß es eben ſolche Arme ſind, wie die Stammpolype hat. Iſt die junge Polype fo weit herangewachſen, fo bleibet fie einige Zeit ohne große Veraͤnderung an der Mutter. Sie faͤnget mit ihren Armen Wuͤrmer, wie die Mutter, und ziehet fie, wie jene, in ſich (FTD. Iſt es ihr aber nicht mehr angenehm, mit ihrer Mutter in Verbindung zu ſtehen, oder iſt auch die Mutter ihrer überdrüßig ; fo ſondern ſie ſich von einander ab. Wird dieſe Abſonderung von der jungen Polype unternommen, ſo wird zuletzt das Aeußerſte ihres Hinterleibes, oder Schwan⸗ €*) Tab. II. Fig. 1. a. (*) b. c. (%) d. e. (7) d. e. f. (H) f. g. (Ff) f. n . 187 Schwanzes, wo es dem Leibe der Stammpolype noch anſtehet, ſo ſpitzig, daß es ſich, wie eine Nadelſpitze, nur in einen Punct endet (Y. Die Zeit, innerhalb welcher dieſes Wachsthum der jungen Polypen erfolget, iſt fo verſchieden, daß ſich davon nichts Gewiſſes beſtimmen laͤßt. Es koͤmmt hiebey auf die Waͤrme und Kaͤlte; auf die Geſundheit der Stammpolype; auf den Mangel, oder Uleberfluß, der Nahrung, fo die Jungen und Alten haben; und auf noch viel andere Vorfaͤlle an. Uleberhaupt kann man ſagen, daß im Sommer, und wann alles gut gehet, binnen weniger, als zween Tagen, ales vorbey ſey. Im Winter aber, oder wann ſonſt eine Hinderung darzwiſchen koͤmmt, braucht es wohl eis nige Wochen, bis ſich die Jungen von der Alten abſondern. Diejeni— gen, fo die erſte Figur der zweyten Tabelle vorſtellet, wachſen fo geſchwind, daß mein Mahler ſich nicht ſaͤumen durfte, um die ſchnellen Veraͤnderun— gen recht nach dem Leben abzubilden. Es war den 1. Jun. fruͤh um 6 Uhr, als ich das erſte Knoͤpfgen (**) ſahe. Bis Mittags um 12 Uhr hatte es ſchon feine 6 Arme (*; und um 4 Uhr Nachmittags ſahe man, wie die nunmehr ausgewachſene junge Polype im Begriffe war, ſich von der Mutter los zu machen CT). Gleich wie aber dieſe Zeit des Fortwachſens verſchieden iſt; fo iſt es auch die Art und Weiſe, und die Veranlaſſung, ihrer Abſonderung. Ins— gemein haͤnget dieſelbe von den jungen Polypen ab. Sie pflegen ſich mit ihren Armen an etwas feſt anzuhalten, und, wenn hierauf die Stamm— polype entweder mit Fleiß, um die Abſonderung zu befoͤrdern, oder auch von ohngefaͤhr, eine ſolche Beugung annimmt, und dem Leibe ein ſolche Richtung giebt, die der Richtung und Stellung der jungen Polype ent— gegen geſetzt ift (FF), fo kann es nicht anders ſeyn, als daß der ohnedem nur noch in einem Puncte anſitzende Hintertheil der jungen Polype alsdann losgehen, und die Junge von der Alten abgeſondert werden muß. Manchmal ſcheinet die Stammpolype ihre Jungen zu noͤthigen, daß ſie ſich abſondern muͤſſen. Es ſetzet ſich, zum Beyſpiele, die Mutter an ei— A a 2 nem (0 Tab. II. Fig. 1. g. (0) Fig. 1. a. () f () 8. (Ff) 8b. 358 n nem Orte mit ihren Armen fo an, daß die Junge in eine Stellung gu bracht wird, wo ſie genoͤthiget iſt, ihre Arme irgendwo auch aufzuſetzen; ſo bald die Mutter dieſes merket, laͤſſet fie ſchnell ihre Arme los, und beu— get ihren Leib dergeſtalt geſchwind auf die Gegenſeite, daß die junge Polype eher abgeſondert wird, als fie ſich mit ihren Armen haͤtte losmachen koͤnnen. Ich habe ferner hin und wieder wahrgenommen, daß auch die her⸗ vorkommenden neuen jungen Polypen, die andern aͤltern, und ausges wachſenen, gleichſam fortgeſchoben und verdraͤnget haben. Ich ſahe eins malen eine junge Polype noch an der Mutter ſitzen, und zu gleicher Zeit, ganz nahe bey dem Schwanze der Jungen, wieder ein ander Knoͤpfgen ſichtbar werden; und bald darauf fiel die aͤltere ab, ohne daß ich einige vorhergegange freywillige Zubereitungen, oder Anſtalten, dazu an ihr bes merket haͤtte. f ’ Zu diefen kommen noch viele andere Zufaͤlle, welche, wie ich oben geſagt habe, die Abſonderung der Jungen von den Alten befördern Fün« nen. Eine ſtarke Erſchuͤtterung und Bewegung des Waſſers; ein ſtark vorbey ſchießendes und anſtoſſendes Waſſerinſect; die eigene zufaͤllige ſehr ſchnelle Zuſammenziehung, und Ausdehnung, der alten, oder jungen, Po— lype; der Mangel an Nahrung, und dergleichen, tragen alle das ihrige das zu bey, und beſchleunigen die Abſonderung. So bald eine junge Polype von ihrer Mutter frey und ſich allein uͤberlaſſen iſt, findet man zwiſchen ihr, und jener, keinen Unterſcheid. Sie beweget ſich, fie kriechet, Re ſuchet andere Waſſerwuͤrmer, ſie bes mächtiger ſich ihrer, fie verzehret und verdauet dieſelben, fie pflanzet ſich fort und vermehret ih; kurz, fie thut und handelt überall fo, wie man es an allen andern Polypen gewohnet iſt. Und man hat ſich deſſen um fo weni⸗ ger zu verwundern, da die jungen Polypen das Meiſte von den itzt erzaͤhlten Stuͤcken ſchon alsdann thun, wann ſie auch noch an der Mutter ſitzen. Es entſtehen nun allerhand wichtige Fragen. Wie kommen die juns gen Polypen an den Leib der Mutter? Sollte ihr anſcheinendes Hervor— wachſen aus dem Leibe wohl gegruͤndet, oder nicht vielmehr ein Betrug der Augen ſeyn? Muß denn nicht alles, nach dem alten Grundſatze, aus einem n N 189 einem Eye ſeinen Urſprung nehmen, und wo werden wir dieſelben an den Polypen zu ſuchen haben? Werden nicht zur Fortpflanzung feines gleis chen wenigſtens zwey von verſchiedenem Geſchlechte erfordert, und welche werden bey den Polypen die vom männlichen, und welche die vom weiblis chen, Geſchlechte ſeyn? Man hat hier nur die erſte Frage in eine genaue Ueberlegung zu nehmen und zu beantworten. Es braucht eine geringe Aufmerkſamkeit, um zu ſehen, daß der erſte Anſatz einer jungen Polype nichts anders, als ein ſich beſonders bildender Theil der Mutter ſey, welcher mehr und mehr kegelfoͤrmig wird, endlich aber eine ordentliche hohle Roͤhre vorſtellet, die mit der Hoͤhlung des Leibes der alten Polype eben ſo eine Gemeinſchaft hat, als ohngefehr das kleine Waſſerrohr an einer Plumpe. Wiewohl, wenn man ſeinen Augen allein nicht trauen will, ſo gehe man noch ſicherer, und auf folgende Art zu Werke. Man ſchneide eine junge Polype, wenn ſie noch die Geſtalt eines Kegels hat, in der Mitten nach der Qveere in zwey Stucke, da man dann ſowohl an dem noch anfigenden (*), als an dem abgeſchnittenen, Theile (0 ganz deutlich eine Oeffnung (***) ſehen wird, dergleichen man ſonſt ſiehet, wenn man den Leib einer andern Polype nach der Dveere in ein oder mehr Theile zerſtuͤckelt. Um zu erfahren, ob dieſe Oeffnung auch weit, und zwar in einem fort, in den Leib der Stammpolype, gehe; ſo ſchneide man auch den Leib der Mutter nach der Laͤnge entzwey, da dann das Stuͤck vom Leibe der Mutter, wo das Stuͤck von der Jungen noch anſttzet, ein förmlich durchbohrtes Brett vorftellen (7), und mithin allen noch übrigen Zweifel, als ob die jungen Polypen etwas anders, als ein auswachfender Theil von dem Leibe der Mutter waͤren, benehmen wird. Woher ſollte es auch kommen, daß der Leib der jungen Polype, fo oft ſich die Mutter ſtark angefreſſen hat, alsdann eben ſo, als der Leib der Mutter, aufgetrieben wuͤrde, obgleich die Junge noch keine Arme hat, we— nigſtens zu der Zeit nicht einen einzigen Wurm fuͤr ſich gefangen, und in ſich gezogen hat? Was ſollte nur immer die Urſache ſeyn, daß die junge A a 3 Polype €) Tab, III. Fig. 16. 27. (**) Fig. 27. () Fig. 26. a. (7) Fig. 27. 190 u + E Polype die Farbe bekoͤmmt, welche der Leib der Mutter nach der Ausſau— gung der verſchluckten Wuͤrmer annimmt, und ſo auch umgekehrt; ja, daß fo gar die Farben der Mutter und der Jungen ſich mit einander vers miſchen, und eine dritte zuſammengeſetzte Farbe machen, ſo oft dieſe einen Wurm von der Farbe, und die andere einen Wurm von einer andern Farbe, ausgeſogen hat? Würden dieſe Stücke wohl erfolgen koͤnnen, wenn die junge und alte Polype nicht eine gewiſſe Oeffnung haͤtten, vermoͤge welcher fie mit einander Gemeinſchaft haben, und durch welche der Nah—⸗ rungsſaft der Jungen in den Leib der Mutter, und aus dem Leibe der Mut— ter in den Leib der Jungen, kommen und uͤbertreten koͤnnte? Wenigſtens ſind dieß die Erfahrungen und Gruͤnde, welche anfangs Herrn Trembley, und nunmehr auch mich, nachdem ich alles geprüfer, nachgemacht, und in der Erfahrung uͤberall richtig befunden habe, uͤber— zeuget haben, daß die junge Polype aus dem Leibe der Mutter allerdings, als ein Sproß oder Zweig aus dem Stamme eines Baumes, auggerries ben werde, und zum Vorſcheine komme. Ulnd wenn ja jemand noch daran zweifeln wollte, dem wird nicht beſſer zu rathen ſeyn, als daß er ſelbſt die erſterwaͤhnten Verſuche nachmache; und daß er alsdenn nach dem urtheile, was ſeine Augen ſelbſt geſehen haben. Hat aber dieſer Satz feine Richtlakeit; fo hat man ſich, wenigſtens bey dieſer Fortpflanzungsart, weder nach Eyern, noch um ein verſchiede— nes Geſchlecht bey den Polypen umzuſehen. Sie ſind ſo gebauet, daß ſie jene Eyer nicht allezeit, und ein verſchiedenes Geſchlecht ganz und gar nicht, zu ihrer Fortpflanzung noͤthig haben. Freylich ſtreitet dieſes zwar mit dem alten Satze, daß alles aus einem Eye, und aus der Vermiſchung zweyer von verſchiedenem Geſchlechte ſeinen Urſprung habe. Allein, was kann die Natur dafuͤr, daß man ſie bey Annehmung und Feſtſetzung jener willkuͤhrlichen Saͤtze nicht zuvor zu Rathe gezogen hat. Genug, daß ſie uns, wie an den Baumläaͤuſen das eine (), fo an den Polypen das zweyte Exem— pel giebt, daß ſie die Erhaltung und Fortpflanzung ihrer Geſchoͤpfe auch ohne Eyer und ohne Verſchiedenheit des Geſchlechts, zu verſchaffen wiſſe. ( De Reaum. Mem. pour fervir à “ hiſtoire des infe&tes. Tom. III. Mem. 3. Tom. IV. Mem. 13. cu N 191 Ich habe bisher immer von jungen Polypen, in der mehreren Zahl, geredet, die an dem Leibe einer einzeln Mutter hervorwuͤchſen. Es iſt fo ches mit Fleiſſe, und mit gutem Bedachte, geſchehen. Denn, es koͤmmt in der That aus einer einzigen Polype nicht nur nach und nach ein ganzer Haufe anderer Jungen hervor; ſondern es ſind auch zu einerley Zeit, zu— gleich und auf einmal, viel Junge an dem Leibe derſelben anzutreffen. Man darf nur, wann man Polypen aus einem Graben nimt, etwas acht haben, um zu finden, daß 3, 4, 6, und mehr junge, zugleich, und unter dieſen die einen immer mehr, als die andere, groß und ausgewachſen, an dem Leibe einer alten Polype ſitzen. Herr Trembley hat fo gar Polypen gehabt, an deren Jungen wieder 3. und 4. Junge, und an dieſen letzteren wieder andere Junge zu gleicher Zeit geſeſſen ſind, und die alle an einer Stammpolype ſich befunden haben. Ich muß aber geſtehen, daß mir fuͤr mein Theil von der letzten Art noch nie einige zu Geſichte gekommen ſeyn, und daß ich daher die 28te Figur der Zten Tabelle, vom Herrn Trembley entlehnen muͤſſen. Von der erſtern Gattung aber habe ich deren beſtaͤn, dig welche von 8. und 9. Jungen zugleich gehabt (*). Was anlanget, wie viel wohl eine Polype nach und nach Junge zeu— gen koͤnne, ſo hat Herr Trembley, vermoͤge eines daruͤber gehaltenen Tagregiſters, in Zeit von 2. Monaten von einer einzigen Mütter 45. Jun— ge erhalten. Da ſich aber dieß nur von denen auf einander gefolgten Jun— gen, oder, ſo zu reden, von den eigentlichen Kindern verſtehet; ſo wird die Anzahl der Jungen noch größer, wenn man auch die Jungen von den Jungen, oder Enkel, Urenkel, Ururenkelꝛc. zu Huͤlfe nimt. Denn, da jede junge Polype binnen 4 und 5 Tagen wieder Junge von ſich zu geben im Stande iſt, fo wird ſich eine Polype ſchon in F. Monaten bis ins Zote Glied vermehren, und, nach einer am Ende dieſes Abſchnittes angefuͤg, ten Ausrechnung, mit Ausgange des Ften Monates eine Mutter von 25467. Nachkommen ſeyn. Welch eine große Fruchtbarkeit! Jedoch, ich kann mich nicht ruͤhmen, daß ich dieſe Fortpflanzung fo weit, als Herr Trembley, getrieben habe. Ich ließ mir genügen, fie bis (*) Tab. III. Fig. 3. 192 un bis ins are Glied zu ſehen. Da ich bis dahin alles fo fand, wie es Herr Trembley angegeben hat; fo konnte ich es von dem übrigen auch vermuthen / und es fuͤr eine unnoͤthige Mühe achten, mich weiter damit aufzuhalten. Dieſes aber kann ich hiebey nicht unerinnert laſſen. Ich habe oben geſagt, daß die Polypen nur einen Feind, naͤmlich die bekannten Laͤuſe, zu haben ſcheinen. Nun hat dieſes zwar allerdings in ſo fern ſeine gute Richtigkeit, als man, wie dabey gemeldet worden iſt, noch kein anderes Inſect entdecket hat, welches fie ordentlicher Weiſe, oder auch aus Hun— ger und Noth, angreifen und bey ſich behalten wollen. Wenn man aber nach der Aehnlichkeit ſchlieſſen ſoll, ſo muß es gleichwohl entweder noch viele andere Feinde geben, welche die Anzahl der Polypen verringern; oder es muͤſſen die Polypen in ihrer Freyheit nicht ſo lang leben bleiben, und ſich nicht fo ſtark vervielfaͤltigen, als es geſchiehet, wann man fie in der Gefangenſchaft ſorgfaͤltig wartet und pfleget. Denn, da es eine faſt allgemeine Gewohnheit der Natur iſt, daß ſie nur diejenigen Geſchoͤpfe ſtark vervielfaͤltiget, die entweder viel Feinde haben, oder die ſonſt haͤufigen Ungluͤcksfaͤlen unterworfen find; fo ſollte man wohl billig eines von bey— den, um der erſt angezeigten ſo ausnehmend ſtarken Fortpflanzung wegen, auch von den Polypen vermuthen. Es koͤmmt aber noch hiezu, daß man wirklich eine weit geringere Menge von Polypen in einem Graben findet, als man doch, nach Maaßgabe ihrer Fortpflanzung, in einem einzigen Sommer antreffen ſollte. Jedoch das find nur meine zufällige Gedanken! Wollte indeſſen jemand ſelbſt einen Verſuch machen, wie ſtark ſich eine Polype in einer gewiſſen Zeit vermehre; der wird vor allen eine ſolche ausſuchen muͤſſen, von weicher er gewiß weis, daß fie ſowohl von Laͤuſen frey, als uͤberhaupt geſund iſt. Dieſelbe thue man in ein beſonderes Glas allein, und verſehe ſie mit noͤthigem Futter. So bald man eine junge Polype an ihr ausgewachſen, und von ihr abgeſondert findet, verſetze man dieſelbe in ein anderes gezeichnetes Glas; und wenn man ſie auch da mit noͤthigem Futter verfehen hat, laſſe man fie ebenfalls in ſolchem allein fort⸗ leben. So halte man es mit allen; ſowohl mit denen, die von der Stamm— mutter kommen, als mit denen, die ſich nach und nach wieder von den Jungen abſondern. Auf n 193 Auf dieſe Weiſe kann man verſichert ſeyn, daß alle die Polypen, die man in ſeinen Glaͤſern hat, lauter Abkoͤmmlinge von einer einzigen Mut⸗ ter ſind; ja man wird ſo gar wiſſen, welches ihre Kinder, Enkel, Uren— kel ꝛc. ſind, oder wo das erſte, zweyte, dritte ꝛc. Glied iſt. Und da man alle dieſe Polypen fo bald, als fie ſich abgeloͤſet haben, beſonders und eins zeln verwahret hat, folglich keine von allen mit einer andern die geringſte Gemeinſchaft hat haben koͤnnen; ſo wird dieſes eine neue Beſtaͤrkung ge— ben, daß die Polypen die Jungen aus ſich ſelbſt hervorbringen, ohne da— bey eines andern Geſchlechts zu bedürfen; und daß fie dieſe innere Fort— pflanzungskraft zu der Zeit ſchon haben muͤſſen, wann ſie noch an der Mutter ſitzen. Damit man aber in dieſen Verſuchen recht glücklich fortkomme, fo muß man ſie theils in einer warmen Witterung anſtellen, theils ja dar— auf ſehen, daß keine von dieſen Polypen je Mangel an Nahrung habe. Denn durch den geringſten Nahrungsmangel, oder durch eine fühle Wit— terung, wird ihre Fortpflanzung und Vermehrung gehindert. Ob nun gleich die bisherige Fortpflanzungsart, die man nicht uneben die knoſpenartige nennen koͤnnte, die gewoͤhnlichſte bey den Polypen iſt; ſo wuͤrde man ſich doch ungemein irren, wenn man ſie fuͤr die einzige halten wollte. Sie haben deren noch andere. Dahin gehoͤret diejenige Vermehrungsart, die man die erzwunge— ne, oder gekuͤnſtelte, heißen koͤnnte, da namlich, wenn man eine Por lype nach Willkuͤhr zerſchneidet, aus einem jeden Stuͤcke wieder eine an— dere ganz neue und vollkommene Polype hervorkoͤmmt. Von dieſer werde ich in dem folgenden Abſchnitte handeln. Herr Trembley verſichert verſchiedenemal wahrgenommen zu haben, daß ſich Polypen ſelbſt freywillig in ein, zwey, drey und mehr Stuͤcke zer⸗ theilet haͤtten, und daß aus dieſen Stuͤcken ebenfalls wieder ganz neue Polys pen geworden waͤren. Er geſtehet auch dabey, daß unter der großen Mens ge Polypen, die er beobachtet habe, ſolche eigene Zerſtuͤckelung nicht mehr als etwa ramal wahrzunehmen geweſen ſey; und zweifelt daher mit Rechte, Die Armpolypen. V b ob 194 oc un ob man fie als eine ordentliche und gewöhnliche Vermehrungsart anſehen toͤnne; vielmehr muthmaßet er, daß fie hoͤchſtens nur zu den ſeltenen und außerordentlichen müffe gerechnet werden. Man wuͤrde fie alſo die ſelte⸗ ne und außerordentliche Vermehrungsarr nennen müßen. Wiewohl, ich kann nicht bergen, daß es mir etwas ſchwer ankoͤmmt zu glauben, daß die Polypen fich ſelbſt zertheilen ſollen, ohne daß fie etwas außer ihnen in dieſe Umſtaͤnde ſollte geſetzet haben. Denn, ob ich gleich ſelbſt oft genug unter den gefiſchten Polyven, bey Auseinanderſonderung und genauer Beobachtung derſelben, getheilte Polypen, ja nur Stucke von ihnen, gefunden habe; die auch, da fie von mir ſogleich beſonders gethan worden, nach und nach wieder fort- und ausgewachſen ſind; fo ſollte ich doch faſt denken, daß ſie eher von andern groͤßern Waſſerthieren, es ſey nun von ohngefaͤhr, oder mit Vorſatz, ſo zugerichtet, oder auch wohl von einem andern Zufalle im Waſſer ſo zerſtuͤckelt worden waͤren; als daß ſie es ſich ſelbſt in der Abſicht gethan haͤtten, um ſich auf dieſe Weiſe fortzu— pflanzen. f Dieſe Muthmaßung iſt mir um fo wahrſcheinlicher geworden, da ich außer jenen voͤllig zertheilten Polypen zu Zeiten auch ſolche angetroffen habe, die an einem oder mehr Orten zerquetſchet und gleichſam wie ange— hauen oder angefreſſen, geweſen ſind, und an welchen, nachdem ich ſie einzeln in ein Glas gethan habe, dieſe Einſchnitte, oder Oeffnungen, nicht weiter gegangen, und noch weniger die Stücke gar abgefalen find, daß vielmehr in kurzer Zeit die Oeffnungen und Wunden ſich wieder ausgeheilet haben. Woraus ich ſchließe, daß dieſe angefangene Zertheilung nicht muͤſſe weſentlich geweſen, ſondern von etwas anderm verurſachet worden ſeyn. Ich habe ferner Polypen mit 2 und mehr Schwaͤnzen, und eben ſo viel Köpfen ſchan aus den Waſſergraͤben gezogen. Sollte aber dieſes Ungeſtaltete nicht eben ſowohl durch etwas außer den Polypen befindliches ſeyn veranlaſſet worden, als es, wie ich bald zeigen werde, Lunch ande griffe ſo gemacht werden kann. Zu den Vermehrungsarten ſollte ich billig noch diejenige 1 die vu Eyer geſchiehet. Allein, ich bin außer dem, was ich im dane S. A e te e ra ce e 295 Abſchnitte davon anführen werde, durch alle Verſuche, die ich in dieſer einzigen Abſicht, ſehr haͤufig, und auf manche Art, vorgenommen habe, zu keiner völligen Gewishett, noch in Stand gekommen, von eigenclichen Eyern etwas Zuverlaͤßiges zu fagen. Bisher habe ich die Polypen fo beſchrieben, wie ſie ordentlich gebils det ſind; ich muß aber noch erinnern, daß es unter ihnen auch ungeſtal— tete Polypen, und allerhand Mißgeburten gebe. Außer denen, die ich erſt angefuͤhret habe, gedenket Herr Trembley einiger , die bald einen ihrer Arme, bald eines ihrer Jungen nicht an dem gehoͤrigen Orte haben ſitzen gehabt; mancher Arm ſey in 2 beſondere zertheilet geweſen; manches Junge ſey ein beſtaͤndiger Kegel ohne Arme geblieben; und was dergleichen Abweichungen von der ordentlichen Geſtalt mehr ſeyn moͤgen. Weil es im uͤbrigen unglaublich vorkommen moͤgte, daß eine Polype in einigen Monaten ſich ſo ſtark, wie ich geſagt habe, vermehren koͤn— ne; fo will ich, nach meinem gethanen Verſprechen, nun die Rechnungs art näher anzeigen, durch welche ein jeder die Wahrheit und Richtigkeit dieſer Vermehrungsliſte wird einſehen und finden koͤnnen. Ich nehme zuerſt, aus eigener Erfahrung, als bekannt an, daß eine Polype jeden Monat ohngefaͤhr 20 Junge hecke; daß jede junge Polype binnen 4 und 5 Taͤgen wieder zu hecken anfange; daß dieſes durch alle Glieder ſo gehe; und daß endlich in warmen Taͤgen, und zu der Zeit, wo es Wuͤrmer in Menge giebt, die Polypen ſich faſt gleich geſchwind und gleich ſtark vermehren. Ich will alſo nur 5 Monate, den Monat zu 30 Tagen gerechnet, und auf jeden Monat nur 15 Polypen, als Kinder einer einzigen Stamm— mutter, annehmen. Da nun ohngefaͤhr alle 2 Tage von der Mutter ein neues Kind hervorgebracht wird, fo iſt eine Polype in § Monaten eine Mutter von 73 Kindern. Jedes dieſer Kinder faͤnget den sten Tag nach feiner Geburt wieder an Kinder zu bekommen, und jedes dieſer Kinder über 5 Tage wieder andere, und das fo weiter fort. Folglich hat eine 5 Bh 2 Polypens 196 cu Polypenmutter den Sten Tag ihr erſtes Kind; den ten Tag ihr zweytes Kind, den gten ihr drittes Kind ce. Von ihrem erſten Kinde empfaͤngt ſie den loten Tag ihren erſten Enkel ꝛc.; von ihrem erſten Entel erhaͤlt fie den 15ten Tag ihren erſten Urenkel ꝛc; Und ſo erlebet fie am letzten Tage des ten Monats den Anfang des Zoten Gliedes. Rechnet man nun alle Kinder, Enkel, Urenkel ꝛc. in dieſer Zeit von 5 Monaten zuſammen, und bringet dieſe Vervielfältigung in gewiſſe Ab+ theilungen und endlich unter eine Summe; ſo wird man finden, daß dieſe Stam̃mutter von 71 Kindern erlebt 2556 Enkel; 2356 Urenkel; 2211 Ururenkel; 2016 im 5ten Gliede; 1891 im ten Gliede; 1711 im 7ten Gliede: 1596 im sten Gliede; 1431 im gren Gliede; 1326 im Toten Gliede; 1176 im Iıten Gliede; 1081 im 1aten Gliede; 946 im 13ten Gliede; 861 im 14ten Gliede; 731 im ızten Gliede; 666 im toten Glie⸗ de; 561 im 17ten Gliede; 496 im 18ten Gliede; 406 im 19 ten Gliede; 35 1 im aoten Gliede; 276 im 21ten Glied; 231 im arten Gliede; 171 im a3ten Gliede; 136 im 24ten Gliede; 91 im aßten Gliede; 66 im 26ten Gliede; 36 im 27ten Gliede; 21 im 28ten Gliede; 6 im agren Gliede; 1 im Zoten Gliede. Dieſe machen zuſammen mit Einrechnung der 73 Kinder, 254% Polypen. Abſtaͤmmlinge genug von einer einzigen Mut⸗ ter in Zeit 5 Monaten! / EEK Vierter Abſchnitt. Von denen, mit den Armpolypen, angeſtellten N Verſuchen. f Sch werde jetzt die Verſuche beſchreiben, die ich mit den Armpolypen 33 angeſtellt habe, damit ein jeder, dem meine Erzählungen etwa uns glaublich vorkommen, im Stande feyn möge , durch eigene Erfahrungen zur Ueberzeugung zu gelangen. Zuerſt werde ich hier etwas umſtaͤndlicher anzeigen muͤſſen, wie man Ach zu verhalten habe, wenn man Polypen finden und fangen will. Ich habe we N 197 habe ſchon oben erwaͤhnet, daß man fie in ſachtfließenden Waffergräben, an heitern Tagen, an hellen Orten, und auf allerhand im Waſſer ſich be⸗ findenden Pflanpen und Körpern zu ſuchen habe. Anfangs ſuche man die Polypen auf grünen Waſſerpflanzen (), weil ſie an denſelben, als braune Kluͤmpgen, am erſten ſichtbar und zu unterſcheiden ſind. Wenn man dergleichen aus dem Waſſer gezogen hat; fo laſſe man das Waſſer ablaufen, und ſehe alsdann die Blaͤtter, und die: Stengel, genau an, ob man nicht hie und da erhabene Huͤgelgen, wie Stecknadelknoͤpfgen, von allerhand, ſonderlich brauner, Farbe gewahr wer— de. Siehet man ſolche, ſo werfe man nur ein ſolches Blatt, oder eine ſolche Pflanze, in ein Glas, welches mit Waller angefuͤllet iſt; fo wird man bald inne werden, ob es Polypen ſeyen, oder nicht. Da es aber im Anfange etwas ſchwer iſt, die braunen Kluͤmpgen ken⸗ nen zu lernen, es auch ſonſt aus andern Urſachen oft nicht angehen will, daß man lange Zeit bey einem Waſſergraben ſtehen bleibe, ſo koͤmmt man am beſten zurecht, wenn man ſich zu verſchiedenen Zeiten aus einem Waſ⸗ ſergraben allerhand Pflanzen in einem Glaſe nach Hauſe bringen laͤßt. Man darf alsdann das Glas mit den Pflanzen nur an einen hellen Ort, und ſo ſtellen, daß man, ohne es bewegen zu duͤrfen, durch daſſelbe gegen den Himmel ſehen kann; ſo wird man, nachdem das Glas wenige Zeit ſtil geſtanden iſt, gar bald erkennen koͤnnen, ob ſich Polypen in ſel⸗ bigen befinden. Jedoch, wenn man die Polypen nur erſt auf Pflanzen hat fennen, lernen, fo wird es hernach die leichteſte Sache ſeyn, fie uͤberall zu erblicken, wo ſie ſich nur befinden. Ich habe es nach und nach durch Uebung da⸗ hin gebracht, daß ich auch im Waſſer dieſelbe habe an Körpern ſitzen fer hen, und ſie daſelbſt ganz deutlich unterſcheiden koͤnnen. Alsdann habe ich weiters nichts zu thun gehabt, als mein, zum Fangen der Waſſerin⸗ ſecten, beſonders zubereitetes, Netz ins Waſſer zu laſſen, und damit den 8 b 3 Koͤr⸗ Y Tab. I. Fig. 8. a. b. e. 198 n e Koͤrper, an welchem fie ſaßen, herauszuziehen, um mit einem Zuge el⸗ ne ganze Menge zugleich zu erhalten. Dieſes mein Netz iſt ein kleines aus mittelmaͤßiger Leinwand verfer⸗ tigtes Saͤcklein, ſo in der Laͤnge 7 Zoll, und im Durchſchnitte 4 Zoll hat. Oben hat daſſelbe iin Umkreiſe 5 runde Loͤcher, welche wie runde Knopf loͤcher, ausgenehet ſind. Mit denſelben kann ich dieſes Saͤckgen an einen meßingenen Reif knuͤpfen, an deſſen aͤußerem Umkreiſe 3 Knoͤpfe, in eben der Weite, wie die Loͤcher am Saͤckgen, angeloͤtet ſind. Der meßingene Reif iſt wieder an einem 9 Linien langen, und 5 Linien breiten, andern kleinen meßingenen Ring, der inwendig eine Schraube hat, feſtgemacht. Dieſe innwendige Schraube gehet endlich auf diejenige aͤußere Schraube, ſo ich unten an meinem Spaniſchenrohre, uͤber dem Stachel, habe anma⸗ chen laſſen. Auf dieſe Weiſe kann ich das Netz ganz bequem in der Taſche tragen. Brauche ich ſolches, ſo darf ich es nur an meinen Stock anſchrau⸗ ben. Habe ich es im Waſſex gebraucht, und iſt es naß geworden, fo darf ich nur das Saͤckgen aus den Knoͤpgen loͤſen, und es rein ausdruͤcken; um es wieder, ohne die geringſte Unbequemlichkeit, zu mir zu ſtecken. Nimmt man nun im Ausgehen allezeit einige dicke Glaͤſer, die mit Gor— kenſtoͤpſeln verſehen find, mit ſich; ſo iſt man immer im Stande Waſſer⸗ inſecten zu ſuchen, und mit ſi . zu nehmen, ohne daß man ſi ch eben da⸗ mit belaͤſtiget. Ich komme nun auf die Verſuche ebf. Man e eine Er lype nach der Quere (*), oder nach der Laͤnge (**), und in fo viele Stuͤcke, als man will (***); fo werden alle Stucke ihr Leben behalten, nnd jedes Stuͤck wird nach einiger Zeit eine andere vollkommene Polype ſeyn (). Man ſchneide fie hie und da halb entzwey (T); die Einſchnitte werden ſich entweder von ſelbſt wieder zuheilen, oder es werden aus dieſen Oef— nungen, und Wunden, andere Polypen herauswachſen. Man ſetze die Stuͤcke einer völlig ae Polype genau wieder aneinander (F}}) 5 fo werden ſich dieſe 05 Tab. III. Fig. ro. 11. (**) Ad (% Fig. 18. () Fig. 12. 17. 20.22. (fr) Fig. 23. (ftir) Fig. 24. ü n 199 diefe Stucke miteinander verbinden und zuſammenwachſen. Man zer⸗ ſchneide den Kopf einer Polype nach der Laͤnge in verſchiedene Stücke (*), nur daß alle Stuͤcke noch an dem Leibe ſitzen bleiben; ſo wird aus einem jeden Kopfſtuͤcke wieder ein ganz vollkommener Kopf, folglich die Polype fo vielkoͤpfig werden, als in fo viele Stuͤeke man den Kopf zertheilet hat. Man thue ein gleiches mit dem Schwanze (**); fo wird die Polype fo viele Schwänze bekommen, als vielmal der Schwanz iſt zerſtuͤckelt wor⸗ den. Man zerhacke die Polype in die kleineſten Stuͤcke; fo wird man auch aus denſelben eine ungemeine Menge Polypen empfangen. Man kehre endlich die Polypen um, dergeſtalt, daß das Aeußere hinein, und das In⸗ nere herauskoͤmmt; oder man ſtecke eine Polype gar in die andere und ſuche ſie im Waſſer zu erhalten; ſo werden ſie auch auf dieſe Weiſe fortleben, Junge hecken, und im letztern Falle wird man lauter Ungeſtaltete erhalten. Bey allen dieſen Verſuchen kommt das Meiſte auf ein geſchicktes und ‚glückliches Zerſchneiden an. Um nun dieſe Zerſchneidung bey fo klet— nen Thiergen, und die außer dem Waſſer alſobald in Kluͤmpgen zuſammen— fallen, thunlich und leicht zu machen, ſo iſt folgendes zu merken. Wenn man ſich eine Polype zu gewiſſen Verſuchen auserſehen hat; ſo laſſe man zuerſt einen Tropfen Waſſer in das Hohle der linten Hand fallen; und ſuche alsdann die Polype mit einem zarten Pinſel von ihrem Orte abzulöfen, und in dieſen Waſſertropfen zu bringen. Die Polype wird, wie ſonſt auf eine jede Berührung, fo noch mehr nach einer erlittenen ſo ſtarken Bewegung auf der Hand ſich ganz kurz und dick zuſammenzie⸗ hen, und einige Augenblicke, wie leblos, da liegen. Iſt man nun eben nicht geſonnen, die Polype mehr als einmal, oder an einem gewiſſen Orte, zu zerſchneiden, fo kann mit ihr der Schnitt in dieſem Zuſtande ſo gleich vorgenommen werden. Sonderlich aber iſt ſolches in dem Falle noͤthig, wenn man ſie nach der Laͤnge zertheilen will. Denn je dicker und kuͤrzer ſie iſt; je leichter koͤmmt man zurechte. | Ne Vat (0 Tab. III. Fig. 4. 5. 6. 7. (% Fig. 25. 200 e e ee Hat man ſich aber vorgenommen den Schnitt mehr als einmal, oder an einem beſondern Orte, ſonderlich nach der Qveere, anzubringen; fo laſſe man der Polype nur einige Augenblicke im Waſſertropfen Zeit, um ſich wieder auszudehnen. Man wird ſodann das Febermeſſer, oder die Scheere, ganz leicht nn und den Schnitt nach Willkuͤhr anbringen koͤnnen. Wenn der Schnitt gefchehen iſt, entferne man die Theile etwas von einander, und gebe genau acht, ob auch wohl jeder von neuem anfangen werde ſich zu bewegen und auszudehnen. Geſchiehet es nicht, ſo iſt es meiſtens ein Merkmaal, daß die Polype im Zerſchneiden zerdruͤcket wor⸗ den iſt. Sicher man aber an den zerſchnittenen Stuͤcken auch nur die ges ringſte Bewegung, ſo iſt der Schnitt gluͤcklich geſchehen. Man muß ſich alſo nicht vorſtellen, als ob die Polypen gar nicht koͤnnten getoͤdtet wer⸗ den. Ein ungluͤcklicher Druck bringt ſie augenblicklich um. Um daher iſt dasjenige, was wir von ihrer Fortdauer und von ihrer Wiederergemans ſagen, nur von einem reinen Schnitte zu verſtehen. Nach gluͤcklich vollbrachtem Schnitte bringe man die einzeln Theile entweder jeden beſonders, oder alle zugleich, wie es der Zweck des Ver⸗ ſuches jedesmal erfordert, in ein Glas, und erwarte, was nach und nach mit dieſen Stuͤcken ſich eraͤugen wird. gel Wenn man Glaͤſer haben kann, die nicht über 8 Linien in ihrem Durchſchnitte haben, und nicht über a und 3 Linien hoch ſind; ſo ſind die, ſelben vor andern gut, die zerſchittenen Polypen in ſelbigen zu beobachten. Und wenn man mit mehrern zerſchnittenen Polypen die Verſuche zu glei cher Zeit anſtellet, ſo verſtehet es ſich von ſelbſt, daß man die Glaͤſer durch gewiſſe Numern, oder Merkmaale, zu bezeichnen, und von einander zu unterſcheiden habe; weil man ſonſt in kurzer Zeit, nicht wiſſen wuͤrde, wo eines und das andere von den zerſchnittenen Stücken hingehoͤre. Dieſe Anweiſungen, ſo meiſtens Herr Trembley giebt, ſind von der Beſchaffenheit, daß man fie, wie ich anfänglich ſelbſt erfahren habe, RR. 1 f mit Il 2 201 mit gutem Erfolge üben kann. Ich habe aber doch mit der Zeit aus eige— ner Erfahrung eines und das andere dabey bemerket, welches ich hier an; fuͤgen will. Ich habe gefunden, daß, wenn man Polypen mit einem Pinſel ab, loͤſet, es manchmal nicht nur ſehr muͤhſam ſey, fie anfänglich auf denſel⸗ ben, und hernach wieder von demfelben, zu bringen, ja daß fie oft gar zwiſchen die Haare kommen, und voͤllig unſichtbar werden; ſondern, daß ſie auch durch das gar zu ſtarke und oͤftere Drehen und Wenden, vielmals ſchon eher zerdruͤcket werden, als man die noͤthigen Schnitte vornehmen kann. Und wenn auch dieſes alles noch gut gehet, ſo iſt es doch doppelt hart, die zerſchnittene Theile, weil ſie ſich, um ihrer klebrigen Eigenſchaft willen, gar ſehr anhaͤngen, unverletzt weg, und in ein anders Glas zubringen. Ich habe daher zu den meiſten Verſuchen lieber ſolche Polypen aus⸗ geſucht, die an dem Stengel, oder an dem Blatte, einer Meerlinſe (Y, oder an einem andern kleinen Körper, ſaßen (*). Ich durfte alsdann nur dieſelben Stengel, oder Koͤrper, aus dem Waſſer nehmen, ohne daß die Polype ſebſt das Geringſte dabey auszuſtehen hatte. War es mir eben ufcht um viele oder gewiſſe Schnitte zu thun, ſo hatte ich nur den Stem gel, oder das Blatt, ſamt der Polype zu zerſchneiden, und ſodann die Scheere, und die daran haͤngen gebliebenen Stuͤcke, ins Waſſer zu haltenz ſo gieng alles um ſo geſchwinder und ſicherer von ſtatten. Wollte ich aber ja die Polype in einige und gewiſſe Theile zerlegen, fo gieng ich damit alſo zu Werke. Manchmal legte ich die Polype zwar in einen Tropfen Waſſer, oder, an einem Koͤrper ſitzend, frey auf die linke Hand; allein die Hoͤhlung der Hand wollte mir ſelten gut thun. Man ſticht ſich eher in die Haut, und faßt wohl gar dieſelbe mit der Scheere, als daß man die Polype eben da zertheilen koͤnnte, wo man es im Sinne hat. Ich brauchte daher lieber den Ballen des Daumes, oder einen Finger, dazu. Der Waſſertropfen, wenn er behutſam aufgetragen wird, hat noch immer Platz genug, ſich Die Armpolopen. Ce darauf C) Tab. III. Fig. ro. 13. Fig. 18. 30 * darauf zu erhalten, und kann man alsdann mit der Scheere, oder Feder, meſſer, um ſo ungehinderter und geſchwinder verfahren. Manchmal, und am mehreſten, nahm ich Polypen, die ſich an dem Blatte, oder Stengel, einer Meerlinſe angeſetzt hatten; ich brachte die Meerlinſe ſamt der Por lope in das Glas, wo fie kuͤnftighin bleiben ſollte; und nachdem fie ſich daſelbſt ausgedehnet hatte, konnte ich ſie gar leicht mit der Scheere unter dem Waſſer faſſen und zerſchneiden. War die Polype nur einmal zu zer⸗ theilen, ſo ließ ich beyde Theile gleich in demſelbigen Glaſe, indem das eine Stuͤck zu Boden fiel, das andere aber an dem Blatte haͤngen blieb. Ich hatte alsdann noch dieſen Vortheil, daß ich den an dem Blatte ſitzenden Hintertheil um ſo bequemer in ſeinen Veraͤnderungen wahrnehmen konnte. Wollte ich aber die Polype in mehr Theile zerſchneiden, fo übererug ich die Meerlinſe ſamt der daran ſitzenden Polype nach und nach von ei— nem Glaſe in das andere; und fo oft ich in einem Glaſe ein Stuͤck abges ſchnitten hatte, ließ ich den Reſt in dem andern Glaſe wieder Zeit, ſich auszudehnen; dann ſchnitte ich wieder ein Stuͤck ab, und das ſo fort, bis ich die Polype genug ſam zertheilet hatte. — Es iſt wahr, daß dieſe Art zu verfahren etwas muͤhſamer, als die andere, iſt; allein ich habe mich ihrer doch lieber, als jener, bedienet, weil dieſe mich allezeit der Beſorgniß uͤberhoben hat, die Polype ſelbſt im Zer⸗ ſchneiden zu zerdruͤcken. Ich habe ferner bemerket, daß es aus erſtangefuͤhrten Urſachen beſſer iſt, ſich, ſtatt des Pinſels, eines Federkiels zu bedienen, den man ohngefaͤhr wie einen Zahnſtocher zerſchneidet. Und zu denen Glaͤſern, in welche ich die zerſchnittene Polypen thue, bediene ich mich ſolcher, welche ſonſt die Zuckerbacker gebrauchen. Sie haben ſelten über 10. und 12. Sie nien im Durchſchnitte, und find nicht über 5 oder 6 Knien hoch. Ich kann auf dieſe Weiſe mit einem Vergroͤſſerungsglaſe von 7 und g Linien, welches gefaßt und mit einem Stiele verſehen iſt, alles auf das genaueſte beobach— ten. Je duͤnner und weißer dieſe Glaͤſer ſind, deſto beſſer taugen ſie zu dieſen Verſuchen. Ich un u m 203 Ich komme unn auf die verſchiedenen Zertheilungsarten der Polypen ſelbſt, und werde eine nach der andern beſchreiben. Wenn man eine Polype in zween Theile nach der Queere zerſchntt— ten hat (*), fo bleibt entweder der eine Theil, mit welchem fie etwa uns ter dem Schnitte noch anſaß, an dem Körper hängen (**), und der ars dere Theil fällt nur allein zu Boden (***); oder es fallen, ſonderlich wenn die Polype auf der Hand frey zertheilet wird, beyde Stuͤcke zugleich zu Boden. Ein Theil, wie der andere, ziehet ſich anfangs etwas zuſam— men, und nimmt dabey, bald dieſe, bald eine andere Geſtalt an. Es dauert aber dieſes nicht gar lang. Jeder Theil faͤnget von neuem an ſich auszu— dehnen und zu bewegen (J). Dieſes letztere geſchiehet oft ſelbſt während der Zeit, als die Stuͤcke noch im Glaſe zu Boden ſinken. Iſt der Schnitt an dem Leibe der Polypen geſchehen, ſo ſiehet man alsdann an beyden Theilen die Oeffnungen von deſſen Hoͤhlung FF). Iſt aber der Schnitt da angebracht, wo der Schwanz mit dem Leibe verbun— den iſt (TI); fo ſcheinet der Leib, oder ganze Fordertheil (1), faſt eis ner ganzen Polype zu gleichen, nur daß er anfangs hinten breit, und nach und nach immer runder wird. Der Hintertheil oder Schwanz aber (J) fies het nicht anders aus, als wie ein Stuͤckgen von dem Stengel einer Meerlinſe. Hat man die Polype ohnweit dem Kopfe zerſchnitten, ſo bewegen ſich die Fuͤſſe an demſelben bey nahe ſo bald, als ſie den Boden erreichen. Koͤmmt die ſes abgeſchnittene Kopfſtuͤck ſenkrecht, und fo auf den Boden zu ſtehen, daß die Arme oben find (TA); fo zeiget ſich innerhalb den Armen diejenige Oeff— nung gar ſchoͤn, der ich den uneigentlichen Namen des Mundes gelaſſen habe (*). Fälle aber das Kopfſtuͤck ſenkrecht auf die Arme (**), fo wird diejenige Oeffnung ſichtbar, die von der Hoͤhlung des Leibes herruͤhret (***). Wiewohl, es ſey der Fordertheil der Polype zerſchnitten, wie und wo er wolle; und er komme auch anfangs ſo, oder anders, zu liegen; ſo bleibt er 1 u ' niche () Tab. III. Fig. 10. 13. (7) d., () Fig. 14. 18. (F) Fig. 14. 17. r kt) Fig 13. (r (11) b. (III) Fig. 15. () a. ( Fig. 14. (“) 2. 204 n nicht lange in feiner erſten Sage und Stellung. Die Arme, die ſich ſogleich an allen Orten hin ausſtrecken, ziehen ihn gar bald auf die Seite. Er bleiber auch uberhaupt nicht lange an einem Orte, ſondern waͤlzet ſich bald da, bald dort hin. Findet er ſeine Nahrung vor fich, ſo faͤnget er ſie mit feinen Armen, ünd in warmen Tagen faͤnget er oft ſchon an dem naͤmlichen Tage, da er zerſchnitten wird, wieder an zu freſſen. f Mit dem Hintertheile hat es eine andere Bewandniß. Dieſer bleibt ordentlicher Weiſe da haͤngen, oder liegen, wo er unter dem Schnitte an⸗ ſaß, oder wo er nach dem Schnitte hinfiel. Außer einigen abwechſelnden Bewegungen, Zuſammenziehungen und Ausdehnungen, fiehet man ſo lang faſt gar keine merkliche Veraͤnderung an ihm, bis ihm wenigſtens eis nige Arme wieder angewachſen ſind. Es kommen diefe Arme auf die nämliche Art ſtufenweiſe zum Bor ſcheine, als bey den jungen Polypen; und ſobald fie nur etwas herausge⸗ kommen ſind, ſobald faͤnget auch die alsdann ſchon ziemlich ausgewachſene Polype an, mit denſelben ihre Nahrungswuͤrmer zu verwickeln und in ſich zu ſchlucken. Man muß es ſich bey dieſer Wiederergaͤnzung der zerſchnittenen Po⸗ lypen nicht befremden laſſen, wenn dieſelbe manchmal geſchwinder, manch⸗ mal langſamer, von ſtatten gehet. Außer andern Urſachen iſt daran, wie ich ſchon geſaget habe, ſonderlich die kalte und warme Witterung ſchuld. Im Sommer iſt dieſelbe meiſtens in 24 Stunden geſchehen; da im Winter oft fo viel Tage dazu erfordert werden. Auch habe ich allerdings, wie Herr Trembley, angemerket, daß diejenigen Polyen, die ich vorher recht gut gefuttert hatte, ſonderlich aber ihr Hintertheil, in weit kuͤrzerer Zeit wie— der hergeſtellet worden ſind, als von denenjenigen geſchahe, die lange Zeit vorher Mangel an Nahrung gelitten hatten. ; Wenn der Forder oder Hintertheil einer zerſchnittenen Polype völlig wiederhergeſtellet iſt; fo ſiehet man glsdann an dieſen zwey, aus einer eis nigen re 205 nigen Polype entſtandenen, keinen Unterſcheid (*), in Anſehung derer— jenigen, die ganz geblieben ſind. Jede hat alle Eigenſchaften, die dieſen Waſſerthiergen ſonſt zugehoͤren. Sie leben, wachſen, naͤhren und ver— mehren ſich, wie alle andere ihres Geſchlechtes. Schneidet man eine Polype zu der Zeit nach der Qveere entzwey, da eine oder mehr Junge ſchon anſitzen (**), oder doch im Antriebe ſeyn (***); fo wachſen die Jungen ungehindert fort und aus. Ja der zerſtuͤmmelte Hintertheil ſchiebt fo gar Junge aus, während er auch noch unausgewach— ſen und unergaͤnzet iſt. Dieſe Jungen fangen hierauf mit ihren Armen die gewöhnlichen Würmer und verzehren fie nach Wilkuͤhr, bis ihre Ab— ſonderungszeit koͤmmt, da ſie für fich allein leben. Etwas Sonderbares iſt, daß ſo gar auch die zerſchnittenen Theile einer Polype ſich allezeit nach der helen Seite hinwenden. Sie muͤſſen alſo von dem Lichte und der Helle eben die Empfindung haben, als ich oben von den Polypen uͤberhaupt bemerket habe, Die Polype mag nach der Qveere zertheilet werden, an welchem Or— te fie wil, fo erfolget uberall die Ergaͤnzung. Iſt der Schnitt in der Mitte des Leibes angebracht (Ti); fo waͤchſet theils dem Hintertheile die vordere Hälfte des Leibes, der Kopf und die Arme an; theils dem Vordertheile die hintere Haͤlfte des Leibes und der Schwanz an. Hat man die Polype nur an dem Schwanze zertheilet (rk), fo ergaͤnzet ſich dort der Reſt des Schwan⸗ es in eine völlige Polype, und hier ſetzet ſich das geſtutzte Schwanzſtuͤck wieder an. Schneidet man nur den Kopf ab, ſo erhaͤlt der eine Theil ei— nen neuen Kopf mit Armen; und der andere Theil einen neuen Leib mit dem Schwanze, u. ſ. w. Es iſt alſo an der ganzen Polype kein Theil zu finden, wo nicht der Schnitt angebracht werden koͤnnte, und die Stucke alsdann wieder aus— wachſen ſollten. Die Arme ſcheinen allein hievon ausgenommen zu ſeyn. ee Wenig⸗ (”) Tab. III. Fig. 12. 17. 20. (**) Fig. 11. a. (09 Fig. 10. a. (T) Fig. 11 b. (FI) Fig. 10, () Fig. 13. 206 d u Wenigſtens bat es Herrn Trembley mit denſelben nie glücfen wollen. Ich geſtehe, daß ich dieſen Verſuch bis daher außer Acht gelaſſen und uͤberſehen habe. Jedoch moͤgte ich gleichwohl denenjenigen Theilen der Ar⸗ me die Wiederergaͤnzung nicht abſprechen, welche die innere Farbe der Poly⸗ pen anzunehmen fähig, auch wirklich allezeit mit derſelben verſehen find (*). Indeſſen kann man den Polypen nicht nur einen, ſondern auch zween, drey und mehr Qveerſchnitte anbringen (**); und jeder Theil ergaͤnzet ſich nach feiner Art. Dem Vorder-und Hintertheile (** *) wird das Verlohr⸗ ne eben ſo erſetzet, wie bey den Polypen, die in zween Theile zerſchnitten werden. Das Mittelſtuͤcke aber (), gleichwie es am meiſten gelitten und eingebuͤßet hat, alſo muß ihm auch das Meiſte wieder anwachſen. Nach dem Schnitte find die beyden Ende dieſes Mittelſtuͤckes breit (T1); ziehen ſich aber gar bald ein, und werden rundlich. Nach einigen Tagen wird das voͤrdere Ende kegelartig, und aus dem hintern Ende ſiehet man ein Spitzgen hervorſtechen (T), welches nach und nach ein voͤliger Schwanz wird (J). Mit einem Worte, dem Mittelſtuͤcke waͤchſet zuerſt hinten und vornen dasjenige vom Leibe an, was an beyden Enden abgeſchnitten war; fodann erhält das Vorderende den Kopf und die Arme; dem Hin⸗ terende aber wird der Schwanz zu Theile. Herr Trembley hat fo gar, mit gutem Erfolge die Probe gemacht, die Polypen nach der Qveere 40 und Somal zu zertheilen, und alle 50 Stücke find zu neuen ganzen Polypen geworden Und damit es Niemand befremden moͤge, daß ſo kleine Thiergen, als die Polypen ſind, in ſo viele Stuͤcke zertheilet werden koͤnnten, ſo meldet er zugleich, auf was vor eine Weiſe er es bewerkſtelliget habe. Er hat naͤmlich eine Polype anfangs nur in wenig Theile zerleget, und hierauf jeden Theil ſich wieder etwas ergänzen laſſen. Alsdann hat er diefe ziemlich wieder hergeſtellten Stücke aufs neue zerſchnitten; und dieſes ſo oft wiederholet, bis er aus einer ein— zigen Polype 40 und Fo andere erhalten hat. 360 (0) Tab. III. Fig. 1. e. f. g. h. i. k. (e) Kig. 18. (75) Fig. 18. a. e. 19. a. e. (1) Fig. 18. b. 19. b. (fr) Fig. 18. b. (TFT) Fig. 19. b. (+) Fig. 20. b. N 207 Ich habe dieſe Zergliederung ſo weit nicht getrieben, ſondern es ſchon bey dem achtenmal bewenden laſſen; indem, da ich einmal fo weit gekom— men war, ich mir das uͤbrige leicht vorſtellen konnte. Es laͤſſet ſich auch dieſe vielfache Zergliederung in die Qveere mit den jungen, noch unausgewachſenen, Polypen vornehmen, und es erfolget bey dieſen eben diejenige Wiederergaͤnzung, die in Anſehung der Alten erſt bes ſchrieben iſt. Man zerſchneide alſo entweder die Jungen, die der Mutter anſitzen, ganz allein, und laſſe die Mutter ganz; oder man zerſchneide die Jungen und die Mutter zu gleicher Zeit in gewiſſe Theile; ſo werden jede Theile der Mutter ſowohl, als der Jungen, auswachſen und ſich ergaͤnzen. Das ſey genug davon, wenn man Polypen in die Qveere zerſchnei— det. Ich komme nun auf das Zerſchneiden der Polypen nach der Laͤnge. Es iſt doch auch mit dieſem, mittels meines oben angefuͤhrten Handgriffes, ganz leicht und gut zurecht gekommen. Ich ſahe mir naͤmlich auch zu dieſen Verſuchen eine Polype aus, die dem Blatte oder Stengel einer Meerlinſe, oder einer andern kleinen Waſſer⸗ pflanze, anſaß. Wann ſie noch in dem Waſſer war, ſo berührte ich ſie zuerſt einigemal hintereinander, um ſie auf dieſe Weise zu noͤthigen, ſich auf das ſtaͤrkſte zuſammenzuziehen uud zu verkuͤrzen. Endlich nahm ich ſie aus dem Waſſer, hielte die Pflanze etwas ſchief, damit das noch uͤberfluͤßi— ge Waſſer abtropfen koͤnnte; richtete alsdann die Scheere nach der Laͤnge uͤber die ganze Polype, und ſchnitte die Polype, ſamt dem Blatte, oder Stengel, durch und von einander; und brachte hierauf jedes Sluͤck in ein befonderes Glas (*). Man darf auch nur eine Polype ausſuchen, die ſich ſtark angefreſſen hat, und folglich ſehr aufgetrieben iſt; fie aus dem Waſſer nehmen; auf. das Hohle, oder auf den Ballen, der linken Hand legen, und alsdenn den einen Theil der Scheere unter die Polype bringen; ſo wird auch auf dieſe Weiſe der Schnitt ziemlich leicht vollzogen werden. a8 ( Tab. III. Fig. ar. 208 1 wu M Iſt der Schnitt nach der Länge geſchehen, fo roller fich jede Hälfte der Polype anfangs auf verſchiedene Art zuſammen; und zwar faſt allezeit ſo, daß das Aeußere der Haut innwendig hineinkommt. Sie wickelt ſich aber bald wieder auseinander, und dehnet ſich von neuem nach der Lange ans. Man ſiehet alsdann gar deutlich, daß die Polype vom Anfange bis zum Ende hohl iſt. Ich habe dieſes Hohle an jeder Haͤlfte der Polype alsdann am beſten ſehen und andern zeigen koͤnnen, wann es mir je zu⸗ weilen bey meiner Art gluͤckte, daß die Polypenhaͤlften mit ihrem Schwau⸗ ze dem Blatte anſitzen blieben. Verwundernswuͤrdig iſt, daß dieſe Wiederergaͤnzung einer jeden Pos lypenhaͤlfte meiſtens in weniger als einer Stunde geſchehen iſt; und daß hierauf jede Hälfte wieder einer ganzen Polype gleicher (*). Jedoch die Arme find von dieſer ſchnellen Wiederherſtellung ausge⸗ nommen. Es behaͤlt jede Hälfte einige Tage hintereinander diejenigen Ars me, die ihr bey dem Schnitte zu Theil geworden ſind. Mit denſelben, es moͤgen derer zween oder mehrere ſeyn, faͤnget jede Haͤlfte einige Stunden nach der Zerſchneidung alſobald wieder an, Wuͤrmer zu fangen und ſie zu verzehren. Nach einigen Tagen aber wachſen denn auch auf der andern Seite diejenigen Arme wieder, die jeder Haͤlfte mangeln. Und wanu die neuen Arme ſo lang geworden ſind, als die andern; ſo ſiehet man es kei— ner von dieſen Polypen an, daß jede nur die Haͤlfte von einer Polype ge⸗ weſen iſt. Ich habe bey den Queerſchnitten gemeldet, daß ſolche vielmal, und zwar an den Jungen und Alten, mit gleichem Erfolge der Ergänzung, koͤnnten angebracht werden. Dieſes gielt auch von den Schnitten nach der Laͤnge. Denn anch auf dieſe Weiſe laͤßt ſich eine Polype, und zwar die Alten, wie die Jungen, jede allein, und alle zugleich, in drey und mehr lange Stuͤcke zertheilen. Ein jedes Stuͤck erwaͤchſet nach feiner Art wies der zu einer vollſtaͤndigen Polype, die fortlebet, frißt, und ſich fortpflan⸗ jet, gleich als ob fie je und allezeit ganz geweſen wäre (**). Haben (*) Tab. III. Fig. 22. (“) Fig. 7. n ee 209 Haben zu der Zeit, da man eine Polype in gleichlange Stücken zer— ſchneidet, die Jungen erſt angefangen, ſich hie und da zu zeigen; ſo hin⸗ dert auch die Zerſchneidung ihr Fortwachſen nicht. Sie fahren an dem Stuͤcke, wo fie anſitzen, ungehindert fort, fo lang zuzunehmen, bis fie zu der Vollkommenheit gediehen ſind, daß ſie ſich abſondern, und daß ſie in der Freyheit leben koͤnnen. Aus demjenigen, was ich bisher angefuͤhret habe, leget ſich ſchon zu Tage, daß man die Polypen auch ganz und gar willkuͤhrlich und unordent— lich durcheinander werde zerſtuͤmmeln und zerhacken koͤnnen. Herr Trembs ley har dieſes auch wirklich verſucht. Er hat fie unordentlich und in uns zaͤhlige Stuͤcke zerfchnitten; dadurch aber einen ganzen Haufen neuer Pos lypen erhalten. Giebt man einer Polype einen oder mehr Queerſchnitte, doch ſo, daß keiner völlig durchgehet, fondern daß allemal die Stücke noch an gewiſſen Theilen miteinander verbunden blejben (*); ſo ſcheinet die Polype dieſe Art von Schnitten bey nahe gar nicht zu achten, und binnen wenig Stun— den find die Schnitte wieder fo zugeheilet, daß man ihr nicht das Ges ringſte davon anſiehet. Herr Trembley bekennet, dieſe Ausheilung nie geſehen zu haben. Bey mir aber iſt dieſelbe allezeit erfolget. Hingegen iſt mir diejenige Veraͤnderung der halbzerſchnittenen Polypen nie zu Ger fichte gekommen, die erſtgedachter Naturkuͤndiger an den feinigen beobach— tet hat, da naͤmlich aus den angeſchnittenen Theilen, oder den Wunden, neue Koͤpfe und Schwaͤnze, wenn gleich der Schnitt, weder am Kopfe, noch am Schwanze, geſchehen war, herausgewachſen ſind. Es vereinigen fich ſogar die völlig von einander geſchnittenen Theile in wenig Tagen wieder miteinander, wenn fie nur, fo bald der Durchs ſchnitt geſchehen iſt, mit moͤglichſter Vorſicht ganz genau wieder zuſam— mengeſetzt werden. Man bemerket auch an dergleichen , wieder aueinan— der geſchobenen, Theilen nicht die geringſte Narbe ). Die Armpolypen. Dod Eine () Tab. III. Fig. 23. (0 Fig. 24. > ee 2 Eine andere beſondere Erſcheinung iſt dieſe: daß, wann man an dem Kopfe einen kleinen Schnitt machet, die Polype hierauf 2 Köpfe (*) bekoͤmmt; und wenn man jedem dieſer Koͤpfe wieder einen ſolchen Schnitt giebt, die Polype 2 neue andere, und alſo 4 Köpfe, kriegt. Und fo kann man eine Polype ſo vielkoͤpfig machen, als man will. Bringet man den langen Schnitt am Kopfe ſo an, daß zugleich auch der Leib halb, oder ganz, aufgeſchnitten wird; fo bekoͤmmt man nach der Anzahl und Wiederholung der Schnitte, Polypen, die viel Koͤpfe und viel Leiber an einem Leibesſtuͤcke, oder an einem einzigen Schwanze, ha⸗ ben (5). Schneidet man aber den Schwanz in ein oder mehr Stuͤcke nach der Laͤnge durch; ſo wird eine ſolche Polype ſo vielſchwaͤnzig, als man ihren Schwanz nach und nach zertheilet hat (“*). Und ich habe ſchon oben ers innert, daß man ſolche vielſchwaͤnzige Polypen gar oft auch ſchon im Waſ— ſer findet. Doch verſtehet ſich dieſes und das vorhergehende nur in dem Falle, wenn man das Zuſammenwachſen der Theile verhindert, oder wenn der Schnitt uͤberhaupt ſo angebracht wird, daß die „ nicht leicht geſchehen kann. Ich habe noch zween Verſuche anzufuͤhren, die Herr Trembley mit den Polypen vorgenommen hat. Der eine iſt, daß er ſie volkommen, wie einen Handſchuh oder Sack, umgewendet; der andere, daß er eine Po— lype in die andere hineingeſtecket hat. Von beyden habe ich zwar ſchon Erwaͤhnung gethan; ich muß aber geſtehen ; daß ich weder den einen, noch den andern, nachgemacht habe. Das Umkehren habe ich darum für uns noͤthig gehalten, weil gemeldter maſſen, viele Polypen bey mir von ſelbſt ſich ſo, wie es Herr Trembley durch Kunſt gethan hat, umgewandt und darauf fortgelebet haben. Polypen aber in einander zu ſtecken, bin ich wider Willen gehindert worden. Die Polypen, welche ich den Winter zu () Tab. III. Fig. 7. () Fig. 4. 5. 6. () Fig. 25. n e 211 zu erhalten gedachte, ſind in der Mitte des Chriſtmonats durch einen mir unbekannten Zufall in wenig Tagen hintereinander umgekommen. Ich will jedoch die vornehmſten Handgriffe, wie man bey dieſen letz— ten Verſuchen zu verfahren habe ſowohl, als die daher entſtehenden Er— ſcheinungen, noch zum Beſchluſſe dieſes Abſchnittes anfügen. Um Polypen umzukehren, erwaͤhlet man ſolche, die ſich durch ſtar⸗ kes Anfreſſen ſehr erweitert und ausgedehnet haben. Sonderlich gehet dieſes Umwenden gut von ſtatten, wann man einer Polype einen langen Wurm kurz zuvor zu freſſen gegeben hat. Iſt der Wurm in dem Leibe der Polype, ſo nimmt man ſie aus dem Waſſer auf die Hand; druͤckt den Hintertheil mit einem Pinſel ſo lang nach dem Kopfe zu, bis man den Wurm in etwas wieder herausgepreſſet, und dadurch der Leib hinten eini— gen leeren Raum erhalten hat. Hierauf nimmt man eine Borſte, die aber nicht ſpitzig iſt; ſetzet dieſelbe an das Ende des Schwanzes der Polype und druͤckt auf dieſe Weiſe die Borſte, uud mit derſelben zugleich den Schwanz, in das Leere des Leibes. Druͤckt man nun mehr und mehr die Borſte dem Kopfe zu, und endlich gar heraus; ſo wird dadurch die Polype völlig umgewendet, fo, daß das Aeußere hinein und das Innere heraus— koͤmmt. Iſt die Polype umgewendet, ſo giebet ſich ihr Mund und ihre Lippen anfangs ganz nahe zuſammen, und die Arme haͤngen gerade unter ſich; nicht lang darauf aber bewegen ſich die Lippen des Mundes wieder heraus, und ſchlagen ſich nach oben zu um; und es iſt, als wenn ſie ſich wieder von ſelbſt umwenden, und In ihren ordentlichen Stand verſetzen wollte. Sie thut es auch wirklich und insgemein ſo bald, daß ſie binnen 24. Stunden wieder umgewendet iſt; ja es iſt ſehr ſelten, daß dieſes nicht geſchehen ſollte. Nur iſt zu verwundern, daß, wann ſie ſich umgekehrt hat, ſie hierauf, wie zuvor, frißt und fortlebt. Um aber zu verhindern, daß ſich die Polypen nicht wieder umwen— den, und alfo fie umgekehrt zu erhalten; fo darf man fie nur mit einer dz zarten 212 . R zarten Borſte nahe bey einer ihrer Lippen durchſtechen; und die Borſte alsdann dergeſtalt in ein Glas zu liegen bringen, daß die Polype weder mit den Armen, noch mit dem Schwanze, ſich wo anſtuͤtzen kann. In dieſem Zuſtande wird man auch die umgekehrte Polype koͤnnen freſſen, ſich vermehren und fortleben ſehen, gleich als ob ſie nicht umgekehrt waͤre. Wendet man eine Mutterpolype zu der Zeit um, wann fchon Jun— ge anſitzen; ſo erfolgt zweyerley. Sind die Jungen ſchon ausgewachſen, ſo wachſen ſie innerhalb der Mutter fort, ſondern ſich daſelbſt ab, und kriechen der Mutter aus dem Munde heraus. Haben aber die Jungen damals, als man die Mutter umkehrte, nur erſt angefangen, auszuſchie— ben; fo find dieſe Jungen ſo kuͤnſtlich, ſich ſelbſt innerhalb umzuwendenz und ſie kommen wieder von außen zum Vorſcheine, und wachſen aufge woͤhnliche Art fort. Jedoch, wann ſich die umgekehrten Polypen von ſelbſt wieder ums wenden; ſo erfolget ſolches ſelten ganz, ſondern nur zum Theile; woraus allerhand ſeltſame und wunderbare Geſtalten entſtehen. Wenn man zween Polr pen in einander ſtecken will, laͤßt man beyde ſich recht ſtark anfreſſen, damit fie dadurch recht weit ausgedehnt werden mögen. Man preſſet hierauf derjenigen, fo in die andere kommen ſoll, die Nahrung aus, und bringet ihr hierauf ſtatt derſelben auf die vorbe— ſchriebene Art eine Borſte durch das Maul in den Leib. Man druͤcket auf gleiche Art auch aus der andern die Nahrung, und faͤhret endlich mit der Polype, in welcher die Borſte ſteckt, dieſer durch das Maul in den Leib. Weil aber die Polypen ſich, wie bey dem Umkebren, aus dieſen mis dernatuͤrlichen Zuſtand zu ziehen wiſſen; fo iſt noͤthig, daß man, wann eine Polype in der andern ſteckt, ſogleich durch beyde eine andere Borſte ſteche. Jedoch auch dieſes Zuſammenſpieſſen hilft nicht allezeit. Die in— nere Polype weis die aͤußere von hinten an bis uͤber den Kopf hinaus ſo zu durchbohren und aufzuſchlitzen, daß fie voͤllig von ihr los wird, und ſich endlich wieder außer ihr, befindet. Man cd D N 213 Man kan leicht denken, daß aus dieſem Einſtecken der Polypen allet, ley neue Erſcheinungen erfolgen muͤſſen, und die man bey Herrn Trem— blev uinſtaͤndlich angefuͤhret findet. Da ich aber davon gedachtermaßen noch kein Augenzeuge bin; ſo laſſe ich es hiebey bewenden, und wird ſich feiner Zeit bey Herausgabe der übrigen Polypenarten ſchon Gelegenheit finden, auch dieſe Verſuche, wo es noͤthig ſeyn ſollte, aus eigener Erfah⸗ rung zu ergaͤnzen. * W d 2. . i i, „ f. „ i K f * N K Fuͤnfter Abſchnitt. Zufällige Gedanken von dem innern Gebaͤude ü der Armpolype. Won ich bisher von den Polypen geſchrieben habe, gehet meiſtens 5 das Aeußerliche derſelben. Von ihrem innern Baue und von ih— rer Structur, wuͤrde gewiß eben ſo viel Beſonderes geſagt werden koͤnnen, wenn das Kleine, und das Zarte, nebſt der Schleimigkeit, ihrer Theile, nicht lauter Hinderniſſe waͤren, das innere Wunderbare zu beobachten. Jedoch es hat die Erfahrung gegeben, daß man oft auch durch blos angenommene wahrſcheinliche Saͤtze Gelegenheit bekommen hat, mancher Sache beſſer auf den Grund zu ſehen, und nach und nach die Warheit wirklich zu entdecken. In dieſer einzigen Abſicht habe ich meine geringe Gedanken von dem innern Baue der Polypen ganz kuͤrzlich anzuhaͤngen nicht undienlich erachtet. Alles, was die obigen Erfahrungen entdecket haben, beruhet darauf, daß die Polypen innerlich, wie ein Sack, oder Beutel, hohl ſind, der ſich bey feiner obern Oeffnung auf und zuziehen läßt; daß, wenn fie mit ffars ken Vergroͤßerungsglaͤſern aufmerkſam betrachtet werden, ihre ganze aͤuſ⸗ Dd 3 ſere 214 n fere und innere Fläche in gewiſſen Zwiſchenraͤumen der Haut, aus lauter kleinen Koͤrnern, Knoͤpfen, oder Druͤſen, zuſammengeſetzt iſt; und daß endlich aus zerſchnittenen Polypen wieder neue und vollkommene entſtehen. Dadurch erhaͤlt alſo die Vermuthung, daß ihr innerer Bau ſehr einfach und auf einerley Art zuſammengeſetzt ſeyn muͤſſe, ſchon einen großen Grad der Wahrſcheinlichkeit. Im Eingange iſt erinnert worden, daß in der Kette des Pflanzen, und Thierreiches die Polypen ein Verbindungsglied und eine Stufe abs geben. Die hin und wieder angefuͤhrten Erfahrungen haben auch wirk— lich die nahe Verwandtſchaft dieſer Thiere mit den Pflanzen außer allem Zweifel geſetzt. Sollte alſo aus dem innern Baue der Pflanzen der innere Bau der Polypen nicht wahrſcheinlich zu erklaͤren ſeyn? Es iſt bekannt, was vor Meynungen einige neuere Naturforſcher von den Augen der Pflanzen haben, und wie ſie daraus den ganzen Bau derſelben erklaͤren wollen. Ein jedes Pflanzenauge hat, nach ihrer Mey— nung ſeine Wurzeln oder Saftroͤhren, feinen Keim, und in der Mitten ſeinen Knoten. Dieſer letztere iſt geſchickt, daß ſich daſelbſt andere neue Augen anſetzen und hervorwachſen koͤnnen. Sollten die Koͤrngen und Knoͤpfgen, welche ſich an den Polypen befinden, nicht eine Gleichheit mit den Augen der Pflanzen haben? Sollten ſich dieſe Pflanzenaugen nicht auf die Knoͤtgen der Polypen anwenden, und dieſe letztern Augen, oder Koͤrngen, ſich nicht auf eine gleiche, obwohl mehr thieriſche, Art ertlaͤren laſſen? Ich will einen Verſuch machen. f Da die Koͤrngen und Knoͤpfgen der Polypen von einerley Art zu ſeyn ſcheinen; fo iſt wohl nicht zu zweifeln, daß fie alle aus Ähnlichen Theilen beſtehen. Ich bilde mir dieſe Koͤrngen, und, wenn ich ſo ſagen darf, die, ſe Augen oder Knoſpen der Polypen ſo ein, daß ſte auf eine beſondere Art gebaute Druͤſen oder Blaͤsgen ſind, die an ihrem aͤußerſten Ende eine kleine Oeffnung haben, innwendig hohl find, und unten an ihrer Hoͤh— 927 9 lung n 2 215 lung einen Knoten, oder ein demſelben ähnliches Gefaͤße, haben, an mel chem die Saftroͤhren, und andere organiſche Theile, weiter in die Haut der Polypen gehen, und durch welche dieſe Koͤrngen mit einander zuſam⸗ menhaͤngen und vereiniget ſind. Die kleinen Oeffnungen dieſer Knoſpen ſtelle ich mir als fo viel Saugloͤcher, Muͤndungen und Maͤuler vor, ders gleichen man an den Armen der Seepolypen unſtreitig wahrnimmt, und dergleichen Einrichtung auch Herr Trembley den Polypenkoͤrngen nicht undeutlich zuſchreibet. Ich halte ſie alſo fuͤr den wahren Ort, durch wel— chen die Polype ihre Nahrung an ſich ziehet. Die innere Höhle einer je— den Knoſpe iſt ſodann der Magen, wo die Zubereitung des eingeſogenen Safts zur wahren Nahrung der Polype vor ſich gehet. Dieſer Saft wird durch gewiſſe Gefaͤße in den Knoten uͤbergebracht; daſelbſt zu unterſchie— denem Gebrauche und Zwecke zubereitet; und von dannen erſt den Saft— roͤhren, oder Adern, mitgetheilet. Und gleichwie endlich der Knoten bey den Pflanzenaugen geſchickt iſt, andere Augen hervorzubringen; ſo glaube ich, daß auch der Knoten an Polypenknoſpen das naͤmliche Werk— zeug ſey, andere junge Polypenknoſpen anzuſetzen. Dieſes ſind die Saͤtze, die ich zu meinem Lehrgebaͤude annehme; und aus welchen ſich alle an den Polypen 1 Erſcheinungen ſehr wahrſcheinlich werden erlaͤutern laſſen. Wenn eine Polype freſſen will, ſo macht ſie die obere Oeffnung der ganzen Hoͤhlung ihres innern Sackes auf, und fuͤllet, wenn fie Waſſer— thiere genug hat, ihr Innwendiges, auch mit ihrer groͤßten Ausdehnung, ganz voll an. Iſt dieſes geſchehen, fo ziehet fie die Oeffnung ihres unei— gentlichen Mundes, ich meyne die Muͤndung des Leibes, zwiſchen ihren Armen fo ſtark zuſammen, daß man wirklich zwiſchen ihrem Leibe, und dem ſogenannten Kopfe, da, wo die Arme anſitzen, einen Zwiſchenraum entdecket. Es werden alſo alle Koͤrngen und Knoͤtgen, welche ihre in— nere Flaͤche bedecken, durch die Ausdehnung auseinandergeſetzt; durch ihr ſtarkes Zuſammenziehen aber, und nach angefuͤlltem Leibe, werden die darinnen befindlichen Waſſerwuͤrmer ſehr ſtark an die ſodann ſich öffnen, den 216 n 2 den Saugloͤcher der Koͤrngen angedruͤckt, und die Saugung dadurch ber foͤrdert. Die angenommene Farbe der innern und aͤnßern Koͤrngen cv; weiſet unſtreitig den Uebergang des gefärbten Saftes ſowohl in das In⸗ nere aller innwendigen Koͤrngen, als auch in die aͤußere Koͤrngen, ent weder durch ein unmittelbares Gefaͤße, welches am wahrſcheinlichſten iſt, oder erſt durch die Knoten und Saftroͤhren. Iſt die Saugung vorben, und aller zur Nahrung der Polypen dienlicher Saft aus dieſen verſchluck⸗ ten Würmern ausgeſogen; ſo oͤffnet fich der Leib wiederum alſo, daß die Schalen und Haͤute der Waſſerinſecten herausfallen. Nun kehre man die Polype um. Die auf der aͤußern Fläche bisher geſtandene Koͤrngen kommen alsdann in die Hoͤhlung des Leibes, und die innern Koͤrngen heraus. Man laſſe die umgekehrte Polype wieder freſſen, ſo wird die naͤmliche Erſcheinung Platz greifen, ohne daß man weiter et was Außerordentliches dabey zum Grunde zu legen haͤtte. „ Hier moͤgte man den Einwurf machen, wozu dann die aͤußern Koͤrn⸗ gen, oder Knoſpen, der Polypen dienten, wenn nach den bisherigen Saͤ— Ken nur die innern zum Freſſen, oder vielmehr zum Aus und Anſaugen, beſtimmt wären? Es iſt aber darauf leicht zn antworten. Die Erfahrung lehret, daß, wie ich oben angezeigt habe, bey ge— wiſſen Borfatenheiren die Polypen ſich von ſelbſt umkehren, wovon ich unten Gelegenheit finden werde, eine und andere Müh mäßliche Urſache anzugeben. Gehoͤret aber dieſes freywillige Umkehren zu der Natur der Polype; ſo wuͤrde ihnen uͤbel gerathen ſeyn, wenn die aͤußere Flaͤche die ſodann zur innern wird, nicht den naͤmlichen Bau haͤtte, den die innere hat. Und wie wuͤrde ihr Leben, ie Fortpflanzung und Vermehrung, in dieſem Sale beſtehen koͤnnen? Jedoch man weis nicht einmal mit Zu⸗ verläßigfeit, daß die aͤußere Fläche und die an ſelbiger befindlichen Koͤrngen, gar nicht freſſen und ſaugen ſollten. Vieleicht find die in einem Waſſer, wo Polypen find, ſich aufhaltenden dergeſtalt kleinen Thiergen, daß fie nicht an oe 217 nicht anders, als unter den beſten Vergroͤßerungglaͤſern, ſichtbar werden, oder gewiſſe erſte organiſche Theile, eine unſichtbare Beute dieſer aͤußern Koͤrngen; obgleich dieſe kleinen Thiergen nicht hinreichen moͤgen, die gan, ze Nahrung, ſonderlich die geſchwinde Fortpflanzung, der Polypen zu un— terhalten. Wer weis, ob nicht das, uns ſo vorkommende, lange Faften derſelben aus dieſem Grunde nur ein ſcheinbares Faſten ſey? Sind aber die Koͤrngen der Polypen fo viel Maͤgen und Saugloͤcher, fo läßt ſich eben daher leicht begreifen, warum fie andere größere Waſſerthiere nicht leicht verſchlucken und zu ihrer Speiſe anwenden koͤnnen; ja warum, wann ſie manchmal ſich einander ſelbſt verſchlucken, fie ſich doch unbeſchaͤdiget wieder von einander laffen. So viel Koͤrngen der eingeſchluckten Polypen die innwendige Flaͤche der Gefaͤße dererjenigen Thiere, die ſie eingeſchluckt ha— ben, berühren; fo viel Saugloͤcher öffnen ſich, welche dieſelbigen angreifen und ihnen dadurch beſchwehrlich werden. Schluckt eine Polype aber die andere ein, ſo ſaugt vermuthlich eine die andere zu gleicher Zeit und mit gleichen Kraͤften, ſo, daß ſich eine jede, um ihrer Erhaltung willen, gar gerne von der andern abſondert, wenn ſie nicht durch eine unuͤberwind— liche Hinderniß davon abgehalten wird. Gleichwie nun aber die erſtbeſchriebenen Koͤrngen und Knoſpen bey den Polypen das ganze Nahrungsgeſchaͤfte zu verrichten ſcheinen; fo lafs fen ſich auch ihre Vermehrungs und Fortpflanzungsarten daraus eini— germaßen begreiflich machen. Ich will mit der natuͤrlichen den Anfang machen. Dieſe iſt bekann⸗ termaßen zweyerley. Die eine geſchiehet durch Ausſproßen, die andere durch die ſogenannten Eyer, oder beſſer durch Koͤrper, die Eyern aͤhn— lich ſind. . Die erſte Fortpflanzungsart war die Urſache, welche Herrn Trems bley ſo lange Zeit veranlaſſete, die Polypen fuͤr Pflanzen zu halten, indem er ſie durch herauskeimende Augen, oder Knoſpen, wachſen und ſich ver⸗ mehren ſahe. Meine Meynung davon iſt dieſe. Die Armpolypen. Ee Hat 418 W En; a Hat eine Polype Ueberfluß an Nahrung, ſo treibt ſie eben auf die Art Junge aus, als wie ein genugſamer Nahrungsſaft bey den Pflanzen mehrere und fruchtbare Augen wirket. Die Erfahrung giebt, daß, wenn eine Polype ein Junges ausſproſſen will, ſich an demſelben Orte ein Ke⸗ gel zeiget, der anfaͤnglich ganz klein, doch aber ſchon von ſeinem erſten Anfange an, und ſo bald man ihn unterſcheiden kann, innwendig hohl iſt, und mit dem hohlen Leibe der Polype zuſammen haͤnget; daß dieſer Kegel nach und nach groͤßer wird; daß er die Farbe der Polype, welche fie von dem eingeſchluckten und ausgeſaugten Nahrungsſafte erhalten hat, annimmt, und daß er ſich endlich, wenn er ausgewachſen iſt, von der Mutter abſondert. Daß aber auch die wachſende junge Polype bald von ihrem erſten Wachsthume an, fo bald fie nämlich unſern Augen ſichtbar wird, aus lauter ſolchen, mehrmals gedachten, Koͤrnern, oder Knoſpen, dergleichen an der Mutter ſich befinden, beſtehe: ſolches erweiſet das Vers groͤßerungsglas, und die von dem Nahrungsſafte angenommene Farbe derſelben; indem letztere einzig und allein in den Koͤrngen Platz greifet, und auch ſchon bey den jungen Ausſproͤßlingen der Polypen ſichtbar iſt. Ihren allererſten Grund aber giebt vieleicht nur ein einziges, inneres und aͤußeres, miteinander zuſammenhaͤngendes, Koͤrngen der alten Polype. Je, nachdem nun einem ſolchen Koͤrngen vor andern mehr Nahrungsſaft zukoͤmmt; je mehr wird auch daſſelbe vorzuͤglich geſchickt gemacht auszu— ſproſſen. Es gehet ihm, wie einem Pflanzenauge, welches ſich nach und nach ausdehnen, entwickeln, und einen neuen Aſt, oder Sproffen; an eis nem Baume hervorbringen fol. Dieſes geſchiehet freylich nicht auf eins mal, und vieleicht gehoͤret eine ſo lange, oder wohl gar laͤngere Zeit da— zu, bis ein Koͤrngen an unſern Polypen geſchickt gemacht wird auszu— ſproſſen, als hernach zur ganzen Hervorbringung der jungen Polype ſelbſt erfordert wird. 5 £ Ich habe oben erinnert, wie der Knoten eines Pflanzenauges nur allein geſchickt ſey, Augen anzuſetzen. Eben ſo bilde ich mir es auch bey den Koͤrngen, oder Knoſpen, der Polypen und deren Knoten ein. Man ſtelle ſich eine Zwiebel vor, welche gewiſſer maßen die größte Aehnlichkeit mit wen Ne 219 mit dem Auge einer Pflanze hat, z. B. eine Tulbenzwiebel, an deſſen Kno— ten ringsumher die jungen Zwiebeln, als ſo viel herausgeſproſſene Augen auch unter der Haut der aͤußern Schale ſtehen; und man wende dieſes alles auf die Polypen an. Ein zur Ausſproſſung geſchicktes Koͤrngen, an der aͤnßern Flaͤche der Polype, darf nur mit einem innern Koͤrngen ſo zuſammenhaͤngen, daß die beyderfeitigen Knoten deſſelben, durch die Saftroͤhren, eine gerade Oeffnung machen; die Knoten duͤrfen nur ringsumher neue Koͤrngen an— geſetzet haben; das innere Saugloch darf ſich oͤffnen, und das Äußere zu ſchließen; ſo haben wir den Anfang einer jungen Polype. Daß aber die aͤußern Koͤrngen eben fo, wie die innern, gebauet ſeyen, laͤſſet ſich aus ihrer Aehnlichkeit, und aus ihrem Endzwecke bey dem eigenen Umkehren, ſchließen. Und was den Zuſammenhang, und die genaue Vereinbarung der aͤußern und innern Koͤrngen der Polype anlanget, ſo habe ich ſolche nur erſt bey dem, von dem innern zu dem aͤußern Koͤrngen übergehens den Nahrungsſafte, und durch die daher augenommene Farbe, aus der Erfahrung erwieſen. Es fehlet alſo nichts, als daß die Oeffnung zwiſchen ihnen erweitert werde; ſo gehet die Entwickelung eben ſo vor, wie die Ent— wickelung eines auskeimenden Auges. Iſt dieſe Oeffnung da, und haben ſich einmal, um den Knoten ringsumher, neue Koͤrngen angeſetzet; ſo wird, wie die Erfahrung giebt, die von der Polypenmutter eingeſchluckte Nahrung, auch in dieſes wachſende Koͤrngen, durch die innere Oeffnung hineingepreſſet; fie wird vor die kleinen Saugloͤcher der in dem Knoten des wachſenden Koͤrngen anſtehenden kleinern Koͤrngen kommen, und ſie nicht nur ernaͤhren, ſondern auch geſchickt machen, um den erſten Ring immer neue dergleichen Koͤrngen riugsumher auszutreiben, bis endlich ei⸗ ne ganze Polype daraus wird. Niemand frage, wie eben die aͤußere Geſtalt einer Polype, mit ihren Armen und mit ihrem Schwanze, aus einen ſolchen anfaͤnglich einzeln Koͤrngen erwachſen koͤnne? Es iſt wahr, aus dem bisher angebrachten folget dieſes eben nicht, ſondern nur ſo viel, wie es ohngefaͤhr mit dem Ee 2 Wachs⸗ 220 r N Wachsthume der hohlen Roͤhre gehe, die der Polypenmutter, wie der Finger an einem Handſchuhe anſitzet. Allein reichet doch auch die Lehre der Augen in dem Pflanzenreiche noch lange nicht zu, um begreiflich zu machen, wie dieſer und jener Baum eben ſo, und nicht anders, wachſe, und befondere Blätter und Früchte bringe. Können indeſſen doch gleich, wohl die Augen im Pflanzenreiche zu Knoſpen oder Wurzeln, zu Blaͤt⸗ tern, Holz, Fruͤchten und zu andern Theilen werden, je nachdem ſie ge⸗ wiſſen Oertern angeſetzet, und je nachdem fie ernaͤhret werden, uͤber oder unter die Erde kommen; ſo kann ich ja auch einſtweilen eben daſſelbe von unſern Koͤrngen annehmen. Ich komme auf die zweyte Fortpflanzung der Polypen durch Eper. Herr Juſſſeu hat ganze Trauben von Eyern an denen Polypen hängen ſehen (). Ich habe aber ſchon oben bekennet, daß ich bey allen fo viel, faͤltig gemachten Verſuchen nicht fo gluͤcklich geweſen ſey, auch nur das geringſte von dergleichen wahren Eyern an den Armpolypen zu entdecken; ob fie gleich bey einigen Buͤſchelpolypen außer Streite find. Im Gegen, theile habe ich daſelbſt angefuͤhret, daß ich ſebr oft geſehen habe, wie meine Polypen, wann ſie ſich von ſelbſt umgekehret haben, viele, vermuthlich zur Ausſproſſung ſchon geſchickt gemachte, und auch wohl ſchon in etwas entwickelte Koͤrngen, aus ihrem Innern heraus haben fallen laſſen. Ich will hiebey nicht unterſuchen, ob nicht vieleicht dieſe Koͤrngen ſonſt auch noch auf andere Weiſe von den Polypen herausgebracht werden, oder ob vieleicht nur die von ihrer aͤußern Flaͤche ſich abſondernden Koͤrngen ſich in gewiſſen Fällen von außen wie Trauben anhängen koͤnnen. Genug, daß wenigſtens die innern Koͤrngen von den Polypen allein durch Umkehren ſcheinen ausgeſchuͤttet und dem Waſſer anvertrauet zu werden, welches letztere ich nur geſehen habe. Indeſſen iſt ſo viel gewiß, daß ich durch das genaueſte Beſchauen mit dem Vergroͤſſerungsglaſe, zwiſchen denen, an der innern und aͤußern Flaͤche der Polypen ſo haͤufig ſich findenden, Koͤrngen, und zwiſchen denenjenigen Koͤrpern, welche die Polypen beym Umkehren von ſich gelaſſen, nicht den geringſten merklichen Unterſcheid gefun, () Abhandl. der Schwed. Akad. der Wiſſenſchaften. Tom. VIII. n N 221 gefunden habe. Mithin werde ich ſie einſtweilen fuͤr eben ſolche, wiewohl etwas entwickelte und zum Fortwachſen ſchon geſchickt gemachte, Körns gen, als ich ſie bisher beſchrieben habe, halten duͤrfen. Sollte dieſes gegruͤndet ſeyn, fo würde man dieſen ausgeſchuͤtteten Koͤrpern zwar freylich den Namen der Eyer nicht wohl beylegen koͤnnen; indeſſen würden doch dieſe von ſich ſelbſt abloͤſenden, und beſonders dib reiteten Koͤrngen der alten Polype, ihre nahe Verwantſchaft mit dem Pflanzenreiche auf ein neues erweiſen. Ja es lieſſe ſich aus dieſen nun auch eine nicht unwahrſcheinliche Erlaͤuterung angeben, wie es mit dieſer zweyten Vermehrung der Polypen etwa hergehen moͤgte. Es iſt bekannt, daß eine Art Knoblauch keinen Saamen traͤgt; daß hingegen in ſeinem Saamenkopfe, ſtatt der Koͤrner, eine Menge junger Zwiebeln vorſchießet, woraus dieſes Gewaͤchſe eben fo, wie aus dem Saas men, oder auch aus denen Beyſaͤtzen, fo dieſer Knoblauch noch uͤberdem auch mitten in der Erde gewinnet, ſich vermehren laͤßt (). Wir haben ferner einige Pflanzen in verſchiedenen Claſſen des Reichs der Gewaͤchſe, welche gewiſſe Knoſpen von ſich geben, die keine Saamen ſind, die aber in die Erde fallen, wachſen und derglichen Pflanzen von neuem brin— gen (. Sollten die von den Polypen heraus und herabfallenden Koͤrn⸗ gen nicht eine Aehnlichkeit mit dieſen Zwiebelgen oder Knoſpen haben? Sollten dieſe Koͤrngen, wenn fie von dem zuflieſſenden Nahrungsſafte der Polypen fo geartet worden find, daß fie an ihren Knoten dergleichen juns ge Koͤrngen ringsumher anſetzen, mithin eben die Beſchaffenheit haben, als diejenigen, von welchen ich erſt oben zu erweiſen geſucht habe, daß daraus neue Junge an der Polypenmutter entſtehen koͤnnen, ſolten dieſe Ee 3 Koͤr⸗ () Moͤllers Bau der pflanzen. () Dergleichen ift des Herrn Linn aͤus Diofcorea unter den Smilacibus; Lilium bulboſum unter den Lilien; Dentaria baccifera unter den Kreutzfoͤrmigen; und andere mehrere, auch fo gar unter den Grafen und Vin Siehe die Abhandlungen der Schwed. Akad. der Wiſſenſchaſten Tom. 222 e e Koͤrngen, ſage ich, nicht von ſich ſelbſt im Stand ſeyn, zu ganzen Poly⸗ pen zu werden, und alſo die Stelle der Eyer bey ihnen zu vertreten? Es iſt, meines Ermeſſens, kein anderer Unterſcheid, als daß jenen jungen Polypen von den alten durch die innere Hoͤhlung des Leibes die Wuͤrmer und andere Speiſen zugefuͤhret, und daß ſie alſo von der Mutter ernaͤhret werden; da hingegen dieſe ihre Speiſe ſelbſt ſuchen muͤſſen. Wenigſtens enthält es keinen Widerſpruch, wenn ich dieſes von ihnen vermuthe, im dem ſie alle zu ihrer Nahrung und Fortpflanzung dienliche Werkzeuge haben. Nur dieſe einzige Folgerung muß ich hier noch machen. Mich duͤn⸗ ket, daß es manchmal eine Nothwendigkeit fuͤr die Polypen ſeyn muͤſſe, ſich ſelbſt umzukehren, und zwar entweder ihre verſchluckten Würmer wies“ der von ſich zu laſſen; oder die Laͤuſe von ſich abzuſtreiffen; oder auch, und dieß wohl hauptſaͤchlich, die abgeloͤſeten, und beſonders zubereiteten, Koͤrngen auszuſchuͤtten. Vieleicht muͤſſen dieſelben bey gewiſſen Gelegen- heiten, ſonderlich den Winter über, da fie etwa die Stelle der Eyer vers treten, ihr vornehmſtes und beſtes Vermehrungsmittel ſeyn. Ich bin dahero Herrn Trembleys Meynung gar nicht, welcher, wie ich oben angefuͤhret habe, dieſes Ausſchuͤtten der Koͤrngen für eine Art der Krankheiten der Polypen gehalten hat; und ich habe daſelbſt durch die Er— fahrung erwieſen, daß auf dieſes Ausſchitten der Polypen nicht allezett und nothwendig ihr Tod und Vergehen erfolge. Geſetzt aber, es geſchehe auch allezeit, ſo verliert meine Meynung hiebey nichts. Die Stengel und andere Theile der Pflanzen, welche herabfallende und ſich ſelbſt aboͤſende Knoſpen tragen, verderben und vergehen auch nach dieſer Abſonderung. Die Schmetterlige, Kaͤfer und andere Inſeeten ſterben, ſo bald ſie ihr Zeugungsgeſchaͤfte und Eyerlegen vollbracht haben. Diejenigen Polypen alfo, wie ich mir die Sache vorſtelle, deren Koͤengen groͤßtentheils fo ge— artet worden ſind, daß ſie ausſproſſen und ſich entwickeln koͤnnen, und ſich ſodann auf einmal losmachen und ins Waſſer fallen, werden hierdurch, da ſie ihre Nahrungsgefaͤße verlieren, dergeſtalt geſchwaͤchet, daß ſie nicht ſowohl ſterben, als vergehen und gleichſam in eine lebendige Brut aufges loſet wur ne 223 loſet werden, wie ſolches auch die Beſchreibung des Herrn Teembley und die Erfahrung giebt; dahingegen diejenigen Polypen, von welchen nur wenige ſolche Koͤrngen ſich abſondern, und die alſo noch viel andere uͤbrig behalten, die fie fernerhin ernähren koͤnnen, nichts weniger als durch ihr Umkehren und Ausſchuͤtten umkommen, ſondern nach, wie vor, geſund bleiben, fortleben und ſich auch auf andere Art weiter vermehren. Es iſt noch die gezwungene, als die dritte, Vermehrungsart der Polypen uͤbrig, welche durch das Zerſchneiden derſelben erfolget. Die genaue Verwandtſchaft unſerer Polypen mit dem Pflanzeureiche auch in dieſen ſonderbaren Erſcheinungen zu zeigen, darf ich nur wieder in Erin— nerung bringen, was oben geſagt worden iſt. Herr Trembley wollte naͤmlich durch das Zerſchneiden der Polypen hinter die Warheit kommen, ob es Thiere, oder Pflanzen, waͤren; und er meldet, wie er geſonnen geweſen ſey, wenn dieſe zerſchnittenen Theile wieder wachſen wuͤrden, ſie fuͤr Pflanzen zu halten. In der That iſt auch nichts geſchickter, ihre beſondere den Pflanzen aͤhnliche Kraft, aus ihren Theilen ein ganzes wieder hervorzubringen, erweislich zu machen. Sollten wohl die ſo oft genannten Koͤrngen der Polypen auch in dieſem Stuͤcke den Pflanzeuaugen gleichen, und die Urſache einer ſo wunderbaren Erſcheinung ſeyn? Man zerſchneide eine Pflanze ſo, daß die Augen an den getrunten Stuͤcken verdorben werden, oder daß fie wenigſtens nicht mehr im Stans de ſind, neue auszutreiben; ſo wird ſie wohl nimmermehr wachſen. Nun habe ich von den Polypen geſagt, daß nicht alle zerſchnittene Stücke je derzeit fortwachſen. Nicht, als ob ſie an ſich nicht fortwachſen koͤnnten; ſondern weil ſie im Zerſchneiden verdorben worden ſind. Der geringſte Druck der Scheere, oder des Meſſers, auf die zaͤrtlichen Koͤrngen oder Knoſpen der Polype, und das daher entſtehende Verderben nicht nur der naͤchſten Koͤrngen an dem Schnitte, ſondern der meiſten andern, iſt eine hinlaͤngliche Urſache, daß die Erſcheinungen nicht Platz greifen. Der Schnitt muß fo rein ſeyn, daß die naͤchſten, wenigſtens noch einige, Kerns gen an der Wunde unverſehrr bleiben; fol anders das Wachsthum vor ſich gehen. Sollte es folglich wohl ein verwegener Schluß ſeyn, Ian i 224 n . ich ſage, daß die Koͤrngen und Knoſpen an dem zerſchnittenen Rande der Polype die naͤchſte Urſache ihres Fortwachſens ſeyen? i Denn man ſtelle ſich nur vor, was ich oben von den Anſetzlingen fri⸗ ſcher Koͤrngen an die Knoten geſagt habe; wie ein jedes Koͤrngen im Stande ſey, ſeine eigene Nahrung einzunehmen, auch ſeines gleichen wie— der hervorzubringen; ja, daß eine zerſchnittene Polype, die einen Kopf und ihre Arme hat, wenige Zeit nach dem Zerſchneiden ihren Raub fan⸗ ge, freſſe, und ſich den noͤthigen Nahrungsſaft zu Hervorbringung neuer Augen und Koͤrngen zu verſchaffen wiſſe, und daß auch ein dergleichen Stück viel geſchwinder wieder wachſe und ſich ergaͤnze, als ein anders, welches keine Arme hat, und alſo ſeinen Raub nicht ſo gleich fangen kann, folglich nur auf kleine und unſichtbare Wuͤrmer und Speiſe warten muß; ſo wird man ſich, wie ich glaube, ganz leicht vorſtellen koͤnnen, daß eine zerſchnittene Polype vermoͤge ihrer Koͤrngen wieder wachſen, und aus ci nem jeden ihrer Stuͤcke eine andere ganze und vollkommene enſtehen koͤnne. Ich ſchlieſſe dieſe Abhandlung, und will blos dieſes wiederholen, daß ich mir nicht beyfallen laſſe, dasjenige, was ich von dem innerlichen Baue der Polypen in dieſem Abſchnitte geſaget habe, fuͤr eine ausgemachte Wars heit anzugeben. Es ſind dieſes blos meine zufaͤllige Gedanken, wodurch ich, mir die Sache begreiflich zu machen, geſuchet habe. Gebe ich aber hiedurch Anlaß, daß größere Männer bey genauerer Pruͤfung derſelben, zu welcher ich ſie allein habe vorlegen wollen, auf eine beſſere, und die rechte Spur kommen; ſo wird mir daran genug ſeyn, und wenn auch dadurch alle meine eigene Saͤtze über den Haufen fallen ſollten. „88 b Ler- Erklaͤ n > 225 Erklaͤrung der Kupfertafeln. Erſte Tafel. Fig. I. Ul. II. Eine Gattung von Kammpolppen, die man, zum Urt terſcheide anderer, die corallenartige nennen koͤnnte. Die ers ſte Figur ſtellet ſolche an dem Stuͤcke eines Stengels von der groͤſ⸗ fern Seeblume in natuͤrlicher Größe vor. Das Braune iſt die cos rallenartige Roͤhre, in deren Nebenzweigen einzelne Polypen woh— nen, und aus denſelben ihre Kaͤmme ſtrecken. Dieſe Röhren win⸗ den ſich meiſtens ſchlangen -oder ſchraubengleich um den Stengel, oder ſitzen auf dieſe Art an den Blättern. Die zwoeyte Figur bil det ein Stück ſolcher Röhre ſehr vergroͤſſert ab. ., zeiget, wie die Polype aus ihrem Neſte mit ihren Kaͤmmen her⸗ vorkoͤmmt. b. wie fie ausſiehet, wenn ihr Kamm völlig heraus iſt, und man ſie von vornen betrachtet. c. wie fie manchmal und in gewiſſen Umſtaͤnden geſehen wird. d. find dunkelbraune Körner, die ſich in der ganzen Roͤhre häufig finden, und die wohl unlaͤugbar ihre Eyer find. „ III. u. IV. Eine Gattung von Buͤſchelpolypen, die, zum Unter ſcheide anderer, die Glockenpolypen heiſſen. Die drirte Figur zet⸗ get ſolche an dem Stengel einer Meerlinſe, nach der natuͤrlichen Groͤße, naͤmlich a. wenn fie Buͤſchelweiſe an einem einzigen Stiele ſitzen, und voͤl lig auseinander gegangen ſind. b, wenn ſie ſich etwas zuſammen gezogen haben. © wenn fie fich völlig, bis auf den Hauptſtiel, zuſammengezogen haben. d, wie ſie einzeln, ehe ſie in Buͤſchel zuſammengehen, anſitzen. . IV. Stellet Glockenpolypen vor, wie ſie einzeln an ihrem Stiele figen, nach der Vergroͤßerung. f V. VI. u. VII. Sind die drey Arten der Armpolypen in ihrer na— tuͤrlichen Groͤße abgebild Die Armpolypen. Ff In 226 Fig, Fig. Fig. artig. e e In der fuͤnften Figur die kurzarmigen, als die erſte Art. In der ſechſten Figur die halbarmigen, als die zweyte Art. In der ſiebenden Figur die langatmigen Swanzpolypen, als die dritte Art. VII. Laͤſſet auf einem Blatte und Stengel der groͤßern Seeblume a, b, e, diejenigen braunen Kluͤmpgen ſehen, in welche die Polypen außer dem Waſſer zuſammenfallen. a IX. Sind auf einem Stuͤckgen Holze vier Polypen, davon die eine a ſenkrecht, und die andere b waſſerrecht, anſitzt; die dritte e macht mit dem Holze einen Winkel, und hat mit einem ihrer Arme einen kleinen Waſſermurm d angehaͤckelt. X. Zeiget auf dem Stengel einer Waſſerpflanze vier andere Poly⸗ pen, auch vergroͤßert. Die eine a hat ihren Leib in die Hoͤhe und und krummgebogen, ihre Arme aber laͤſſet fie unter allerhand Kruͤm⸗ mungen herunter haͤngen, und man kann an ihr durch die Mund— oͤffnung e in den Leib ſehen. Die andere b hat ihren Leib und ihre Arme krummgebogen in der Höhe. Die dritte c hänger unterwaͤrts, und läffer auf gleiche Art ihre Arme gerade unter ſich Hängen. In⸗ ſonderheit aber zeigen an dieſer die meiſten Knoͤpgen die Laͤuſe an, mit welchen die Polypen häufig geplaget find. Die vierte d iſt eine Polype, die mit ihren Armen eben den Waſſerwurm angehaͤckelt hat, der ſich ſchon in der vorigen Figur mit dem Arme einer andern ver⸗ wickelt befindet, und welchen Waſſerwurm jede mit ihren Armen zu ſich zu reißen ſucht. XI. Bildet auf einem Bachweidenblatte drey Polypen ab. Die eis ne a hat ſich mit zween, und die andere b mit einem Arme angehaͤn⸗ get; die dritte aber e zeigt, wie die Polypen ihren Leib oft wie ein Hoͤrngen zuſammenrollen koͤnnen. XII. Sitzen an einem Bachſteine drey Polypen. Davon die eine a ihre Arme in Ringe herabwaͤrts fallen laͤßt; die andere b hat ihren Leib und Arme ſehr ſtark, und zwar erſtern fo zuſammengezogen, daß man zwiſchen ihm und dem Schwanze einen Abſatz ſiehet. Die dritte aber eſtreckt ihre Arme nach einem ziemlich weit von ihr entfernten Uferaafe oder Haftwurme fo aus, daß dieſelben vorne wie in einem Puncte zuſammenlaufen. Die Kppen dieſer Polype d find kegel— Fig Fig. Fig. Fig. Fig. n 227 XIII. Laͤſſet auf einer platten Waſſerſchnecke drey zuſammengezogene Polypen ſehen. Die eine a hat ihren Leib wie einen Kegel, deſſen Spitze an dem Schueckenhauſe ſtehet, zuſammengezogen; fie hat auch mit einem ihrer Arme ein Uferaas angefaſſet. Die andere b hat ſich ſo zuſammengezogen, daß ihr Leib faſt durchaus gleich dick iſt. Und die dritte hat in ihrer Zuſammenziehung die Geſtalt eines Rettigs, oder einer Ruͤbe. 5 5 XIV. Iſt eine Polype, wie fie im Waſſer ſchwimmet; und XV. Iſt eine ſolche, die ſich an der Oberfläche des Waſſers mit dem Hinterthetle ihres Schwanzes aufgehaͤnget hat, und welche auf dies ſe Weiſe frey im Waſſer ſchwebet. ö Zweyte Tafel. 1. Stellet eine Waſſerraupe von der groͤßern Art vor, anf welcher eine Polypenmutter mit einem Jungen etwas vergroͤßert, und auf ſiebenfache Art vorgeſtellet iſt, damit man an ihr diejenigen Veraͤn⸗ derung ſehen moͤge, nach welchen ihr Junges an ihr zum Vorſcheine koͤmmt, nach und nach anwaͤchſet, und ſich endlich von ihr abſondert. a., Der Anfang des Jungen, ſo bald es ſichtbar wird. Es ſiehet alsdann blos wie ein Knoͤpgen aus. b. Das Junge, wann es die Geſtalt eines kleinen Kegels hat. c. Das Junge, mit einem Arme. : d. Das Junge, mit drey Armen. e. Das Junge, mit vier Armen. J. Das Junge, wie es ſelbſt Waſſerwuͤrmer faͤnget und in ſich sicher. g. Das Junge, wie es ſich von der Mutter loszumachen ſuchet. ig. II. Die kleinſte Seeblume, deren Blättern, Stengeln und Wur— zeln ſich die Polypen gerne anſetzen. s III. Stellt das Artige vor, welches man alsdann gewahr wird, wann viele Polypen an einem Orte beyſammen ſind. . IV. Iſt eine Polype, die ihren Leib und Schwanz ſehr ſtark ausge dehnet, und mit einem ihrer Arme einen Tauſendfuß angehaͤnget hat. . V. Eine Polype, die ihren Leib im Bogen beuget, und deren Kip— pen a wie ein aͤbgeſtutzter Kegel ausſeheu. Ff 2 Fig. 223 Be ‚Fig. ‚Fig. IX Fig. Flg. Fig. Fig. eu u VI. Eine Bolnye, deren Leib ſchlangenartig gebogen iſt, und deren Lippen a die Geſtalt eines kleinen Cirkelſchnitts haben. 6 VII. Zeiget diejenige Art des Kriechens der Polypen an, * ſie mit den Spanenraupen gemein haben. VIII. Stellet die andere Art des Kriechens vor, da ſie ein ordent⸗ liches Raͤdgen ſchlagen, ſo, daß Arm und Schwanz wechſelsweiſe bald oben, bald unten, zu ſtehen kommen. Iſt eine Waſſerraupe von der kleinern Art. An ihrer Roͤhre 7 9 75 eine Polype die einen Traubentraͤger, waͤhrend daß die Rau, pe fortſchwimmet, angehaͤckelt hat und nach ſich ziehet. X. XI. XII. XIII. u. XIV. Steller die verſchiedenen Arten vor, wie ſich die Polypen bey mir von ſelbſt umgekehret „ihre Koͤrgen ausge⸗ ſchuͤttet, und von welehen ſich einige zuletzt in ein een Bu fen verwandelt und aufgeloͤſet haben. a XV. Eine Polype, die einen 5 nach der Quee⸗ re in ſich ziehet, und mit einem . Arme einen kleinen Muſchel⸗ wurm augehaͤckelt hat. ö g XVI. Zeiget eine Polype, die ſich ſtark Anderen hat, und deren Leib die verſchiedenen Farben der verſchluckten Waſſerwuͤrmer alfo durchſcheinen, daß ſolcher ganz bundſcheckig ansſiehet. XVII. Eine Polype, die einen Traubentraͤger nach der Lange in ſich ziehet, und an welcher man ſehen kann, wie ſich alsdann die Lippen, oder der uneigentliche Mund oͤfnet. XVIII. Eine Polype, die einen Tauſendfuß Ange, um ihn auf dieſe Art deſto leichter in ſich zu bringen. XIX. Eine Polype, die ſich ſtark angefreſſen hat, und deren Mund, i wenn fie zu verdauen anfänger, vorne zugeſchloſſen iſt. g. W. Eine Polype, die ſich zwar auch ſtark angefreſſen hat, an wel, cher man aber vornen einen Abſatz, oder eine Art des Halſes ſiehet. Die Fig. Fig. e 229 > Die dritte Tafel. I. Eine langarmige Schwanzpolype nach einer ſehr ſtarken Vergroͤſ, ſerung, wie fie mit ihrem Hintertheile oder Schwanze einem Stuͤcke Holze anſitzet, und mit einem ihrer Arme einen zaͤckigen Waſſerſloh angehaͤckelt hat. a, der Fordertheil. b, det Leib. a e) der Hintertheil oder Schwanz. d, der zackige Waſſerfloh. es f. 8⁵ h. i) k, die ſechs Arme. 1, die kegelartig vervorſtehenden Lippen. II. Ein ſehr vergroͤßertes Stuck von einem Polypenarme, an wel chem fo wohl die Koͤrngen, mit denen die Arme und Leib uͤberſaͤet iſt; als auch die Haare und Haͤckgen, die dazwiſchen ſtehen, geſehen werden. „III. Eine Polypenmutter, mit 5 Jungen von verſchiedenem Alter, und wie ſie zu gleicher Zeit auf einmal derſelben anſitzen. IV. V. VI. u. VII. Eine Polype, in verſchiedenen Zeitpuncten, nach der Laͤnge zerſchnitten. Die vierte Figur ſtellet vor, wie ſich die beyden Haͤlften gleich nach dem Schnitte, zuſammenrollen; die fuͤnfte, wie ſich die heyden Haͤlften einige Zeit nach dem Schnitte, wieder ausdehnen, und an deren einer ein Junges hervorkoͤmmt; die ſechſte wie die zerſchnittenen Haͤlften wieder völlig zuſammengewach⸗ fen find; und endlich die fiebende, wie ich ſowohl jeder Hälfte zum zweytenmal, als auch dem Jungen den Kopf, nach der Laͤnge zer— ſchnitten, und mithin eine ſechskoͤpfige Polype gemacht habe. VIII. Zwo Polypen, deren eine in die andere geſteckt iſt, und wel— che beyde an ihren Lippen mit einer Borſte durchſtochen ſind. Iſt ein Verſuch des Herrn Ttembley. a Fig. Fig. IX. Eine Polype, die ihre Arme ungemein lang ausgedehnet hat. X. XI. u. XII. Eine Polype, wie ſie in der Queere mitten durch den Leib zerſchnitten iſt, und wie jeder Theil, nebſt den anſitzenden Jungen, nach und nach wieder auswaͤchſet, Ff 3 Fig, 230 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. N XIII. XVI u. WWII. Eine Polype, wie fie nahe an ihrem Hinter⸗ theile in die Queere zerſchnitten iſt, und wie fie ſich nach und 20 wieder ergaͤnzet. XIV. Ein Kopfſtück einer in die Queere zerſchnittenen Polype, wie es nach dem Schnitte ſenkrecht auf die Arme fällt, und an dem man oben die Hoͤhlung des Leibes a ſiehet. XV. Ein dergleichen Kopfftück, wie es ſenkrecht A den Durchs ſchnitt falt, und an dem man in a die Oefnung des uneigentlichen Mundes ſiehet. XVIII. u. XX. Eine Polype in drey Queerſtuͤcke zerſchnitten, und wie ſich jedes Stuͤck nach gewiſſen Zeitpuncten wieder ergaͤnzet, und zu einer ganzen Polype wird. XXI. u. XXII. Eine Polype, ganz nach der Länge serfehnissen, und wie ſich beyde Haͤlften wieder ergaͤnzen. XXIII. Eine Polype welcher zween Queerſchnitte a, b, doch ſo an⸗ gebracht worden ſind, daß ſie nicht ganz durchgehen; und die Rain gar kurzer Zeit wieder ausheilen. XXIV. Eine Polype, welche in der Mitte entzwey geſchnitten wor⸗ den, und deren zuſammengeſchobenen Theile wieder zuſammen wachſen. ig. XXV. Eine Polype, deren Schwanz beschnitten und alſo zweh⸗ ſchwaͤnzig geworden iſt. Fig. Fig. XXVI. Ein Stücf von dem Leibe einer Polyopenmutter, von des ren anſitzenden Jungen das Stuͤck der vorigen Figur Ahe worden iſt. XXVIII. Eine Poſppentune k 5 deren Junge wieder andere Bunge zu gleicher Zeit haben. XXIX. Ein ſehr vergroͤßerter Tauſendfuß, der wegen ae beſon⸗ dero Mundſpitze, im Deutſchen, der Storchſchnübel heißen koͤnnte. Herr Trembley nennet . Tauſendfuͤße mille - pieds a dard. 2 Da n 231 Nachtrag. Da ich vorgeſtern den letzten Bogen aus der Preſſe erhielt, hatte ich das Vergnuͤgen, in meinem Glaſe, in welchem im Chriſtmonate vorigen Jahres, wie ich erinnert habe, alle meine Polypen umgekommen ſind, wieder neue Polypen in großer Menge zu ſehen. Es iſt dieſes Glas die ganze Zeit in meiner eingeheitzten Studierſtube ſtehen geblieben; und; bedaure ich nichts mehr, als daß ich, in Meynung, aus dieſem Glaſe nichts mehr zu hoffen zu haben, mit Anfange des vorigen Monats eine Menge Blaͤtter, Reifer, und allerhand grüne Waſſerpflanzen, ſo ich uns ter dem aufgehauenen Eiſe herausziehen ließ, in eben dieſes Glas gewor⸗ fen habe. Denn hiedurch bin ich nun zweifelhaft, ob dieſe Polypen aus jenen umgekommenen, und vielleicht aus denen von ihnen ausgeſchuͤtte⸗ ten Koͤrngen entſtanden, oder ob fie mit dieſen Blaͤttern ꝛc. hineingefoms men ſeyn. So viel iſt gewiß, daß ich dieſe ganze Zeit uͤber alle Tage nachgeſehen habe, ohne daß ich bis itzo hätte Polypen entdecken koͤnnen. Ich habe indeſſen ſogleich mit dem Abdrucke dieſes letzten Blattes eis nige Tage innehalten laſſen, um mit dieſen neuen Polypen noch einige Verſuche und Beobachtungen zu machen; die ich denn auch hier noch kuͤrzlich anfuͤhren will. Ich habe von dieſen Polypen einige umgekehrt; andere habe ich in einander geſteckt; und fie leben alle noch itzo. Ich habe unter den gegen— waͤrtigen Polypen viele, die zwar von der erſten Gattung zu ſeyn ſchei— nen; ſie haben aber das Beſondere, daß in der Mitte des Leibes allezeit, ſie moͤgen angefreſſen, oder ausgeleeret, zuſammengezogen, oder ausge— dehnet ſeyn, rings um fie herum ein erhabner Knoten iſt. Vieleicht iſt dieß eine neue Art von Armpolypen? Nachdem ich die Tage her einigemal Polypenarme unter dem Sonnenvergroͤßerungsglaſe von neuem betrachtet habe; fo habe ich endlich auch diejenigen Haͤckgen, oder Haͤrgen, geſe— hen, die ich, wie ich oben bekennet habe, vorher nicht habe ſichtbar ma— chen fönnen, Ferner habe ich heute bey einer halben Stunde einer Pos lype 232 a e lype zugeſehen, die, weil fie an dem Boden ſaß, und alſo die Schalen der vielen verſchluckten Waſſerfloͤhe nicht konnte aus dem Leibe fallen laſ— ſen, ſich ſo lange umwendete, und hin und her drehete, bis ſie ſich der⸗ ſelben entlediget hatte; worauf fie ſich wieder in den vorigen Zuſtand vers ſetzet hat, und noch lebet. Ich finde auch unter den gegenwärtigen Pos lypen einige die ro und 12 Arme haben. Gruͤne Polypen treffe ich auch unter dieſen nicht eine an. ) Da ich im Übrigen in der ganzen Abhandlung davon nichts gedacht habe, daß ſich auſſer denen Polypen auch andere Inſecten durch Zerfchneis den viervielfaͤltigen und ergaͤnzen; ſo will ich dieß falls meine Leſer auf den VI. Theil der Reaumuriſchen Inſectengeſchichte, und deſſen Vorrede, vers wieſen haben; wo man ein ganzes Regiſter von Waſſer, und Erdwuͤrmern finden wird, die gleiche Eigenſchaft beſitzen. Ich habe ſelbſt mit ei⸗ nigen glückliche Verſuche gemacht. Davon zu einer andern Zeit. i Die | grünen Armpolypen; die geſchwaͤnzten und ungeſchwaͤnz⸗ ten zackigen Waſſerfloͤhe; und eine beſondere Art kleiner Waſſeraale. G9 e ER . \ { N ni x in * Ich = . Zar * — R 7 er‘ 3 4 0 = 1 8 2 RR 2 \ x y * * De 3 zen g D/. Oe. De x ERLITT ZEN LOL IK LLC TC eee Erſter Abſchnitt. Von den gruͤnen Armpolypen. ch habe mir vorgenommen, in dieſen Blaͤttern von dreyerley Waſſerinſecten Nachricht zu ertheilen. Naͤmlich, von den grünen Armpolypen; von den geſchwaͤnzten und unge⸗ ſchwaͤnzten zackigen Waſſerfloͤhen; und von einer be ſon⸗ dern Art kleiner Waſſeraale. Ich mache von erſtern den Anfang. Als ich meine Schrift von den Armpolypen in Druck gab, war mir die gruͤne Gattung derſelben noch nie in hieſigen Gegenden zu Geſichte gekommen; und ich zweifelte bey nahe, ob es wirklich eine grüne Polypenart gaͤbe; wenigſtens glanbte ich, daß ſie in unſern Gewaͤſſern ſich nicht aufhalten muͤſſe. Ich hatte kein Bedenken, ſolches in meiner erſtgedachten Abhandlung frey zu geſtehen; indem allerdings, nach Swammerdams hoͤchſtbilliger Erin⸗ nerung, Warheit und Gewiſſenhaftigkeit auch in der natuͤtli⸗ chen Ge ſchichte ſtatt haben muß. In dem darauf folgenden Sommer wurde ich jedoch eines andern be— lehret; und ich fand zugleich die Urſache, warum dieſe gruͤnen Polypen ſo lange Zeit meiner Entdeckung entgangen waren. Ich hatte ſie bishero nie an dem rechten Orte geſuchet. Da ich die andern Polypen noch alles zeit in flieſſenden Waſſern angetroffen hatte; dieſer Umſtand auch insge— mein als nothwendig angegeben wird: fo ſahe ich mich nach dieſen grünen n nur an Orten um, wo ein beſtaͤndig ab -und zufließendes Waſ— G 2 fer a36 n ſer war. Hingegen gieng ich bey alen Graͤben und Suͤmpfen vorbey, die entweder gar keinen, oder doch keinen beſtaͤndig friſchen Ab und Zufluß hatten. Und dabey geſchahe es, daß ich auch diejenigen beyden Gewaͤſ⸗ fer uͤberſahe, wo um unſere Stadt herum, fo viel mir noch jetzo bewußt iſt, ganz allein dieſe grünen Polypen ſich aufhalten. Dieſe zwey Gewaͤſſer befinden ſich ohnweit hieſiger Stadt, unmittel⸗ bar vor dem ſogenannten Pruͤfeninger Walde. Das eine iſt oben in der Anhoͤhe neben der Aabacherſtraße; das andere unten im Grunde, Roͤnigswieſen gegenüber. Letzteres hat zwar zu Zeiten einen abwech⸗ ſelnden Zufluß von einigen in der Naͤhe liegenden Quellen; erſteres aber ſcheinet unmittelbar vom Regen feinen Urſprung zu haben; indem das häufig fallende Regenwaſſer durch die, um dieſe ganze Gegend befindliche, Thonſchichte nicht leicht durchdringen kann, und mithin ſich auf der Ans höhe in kleine Suͤmpfe ſammlet, auch nur da, wo es durch ſelbige Oeffnun— gen oder Spalten, findet, ſich in einigen kleinen Quellen unten im Grunde zeiget. Daher iſt auch erſtgedachter Sumpf den ganzen Sommer über bes ſtaͤndigen und ſehr ſchnellen Abwechſelungen unterworfen; indem man bald wenig, bald viel, und die meiſte Zeit gar kein, Waſſer darinnen antrifft. Da ich einsmals, in einer andern Abſicht, aus dieſen beyden Suͤmp— fen Graß und Waſſer nach Hauſe tragen ließ; ſo fand ich den andern Tag, zu meiner nicht geringen Verwunderung und Freude, ſowohl die Graß— ſtaͤngel und Blätter, als auch die Glaßwaͤnde, voll ſolcher grünen Poly, pen haͤngen. Und von dieſer Zeit an habe ich dergleichen unausgeſetzt an dieſen Orten angetroffen; ſo oft nur einiges Waſſer in ſelbigen vorhanden war. Hiebey kann ich ſogleich nicht unangemerket laſſen, daß es mir noch iso ganz unbegreiflich vorkoͤmmt, warum ich an allen denen Orten wo ſich ſonſt die andern Armpolypen in hieſigen Gegenden haͤufig aufhal, ten, nie eine gruͤne; und warumich hingegen da, wo die gruͤnen ihren Auf, fenthalt haben, nie eine von den andern Gattungen gefunden habe. Koͤmmt dieſes von einem bloßen Zufalle her; oder hat etwann daſſelbe anch feinen zureichenden Grund 2 Lieben etwa die gruͤnen Polypen, wo nicht ganz faules, doch ſtillſtehendes, wenigſtens nur dann und wann langſam abs 1 lau⸗ ce 2 239 laufendes und durchfeigendes Waſſer; da hingegen die andern Armpoly⸗ pen wehr reines, oder doch in größerer Bewegung ſtehendes, haben wol⸗ len? Oder finden vielleicht jene, welches wohl am natuͤrlichſten zu folgen ſcheinet, in fließenden Waſſern zur Nahrung diejenigen kieinern Inſecten nicht, die ſie in dieſen Suͤmpfen antreffen? Es kommen uͤbrigens die grünen Armpolypen in den Haupteigenſchaf⸗ ten mit denen andern überein, die ich ſchon beſchrieben habe; und betrift das, worinnen fie von letztern abgehen, nur einige, zum Theile ſehr ge— ringe, Nebenumſtaͤnde. Ich glaube, daß ſich alles, was man von ihnen zu wiſſen verlangen kann, ſich wird anbringen laſſen, wenn ſie ſo wohl nach ihren gemeinſchaftlichen, als Unterſcheidungseigenſchaften beſchrieben werden. Sie ſind, wie andere ihres Geſchlechtes, mit beweglichen Armen verſehen; die aber auch, wie bey jenen, nicht uͤberall von gleicher Anzahl find. Einige haben derſelben mehr (“), einige weniger (**), Bey Ausgewachſenen habe ich deren nie unter 6, wohl aber 9, 12, und bey ei, nigen fo gar 18 Arme gezaͤhlet. Manche konnten ſolche ihre Arme ziem⸗ lich lang, und mehr als uͤber die Haͤlfte des Leibes, ausſtrecken (e andern aber ſchien ſolches unmöglich zu ſeyn, indem fie dieſelben nicht eins mal zur Haͤlfte des Leibes verlängerten (T). Und man koͤnnte daher dieſe grünen Polypen fo, wie die andern, in kurz- und langar mige eintheilen. Dieſe Arme ſind ihnen, wie den uͤbrigen, zugleich Arme und Fuͤße. Sie halten ſich mit denſelben nicht nur an andere Körper feſt an (T); fie fangen mit denſelben nicht nur ihre Beute (TFT), bringen fie damit zur Mundoͤffnung, und von da nach und nach in ſich; ſondern ſie begeben ſich auch vermittelſt derſelben nach Willkuͤhr von einem Orte zum andern. Es verſtehet ſich hiebey von ſelbſt, daß dieſe Arme bey dem verſchiedenen f — ˖ G4 3 ſchuel⸗ (D Fig. XI. XIV. Tab I. Fig. X. XI. XII. () Tab. I. Fig. X. XII. XIII. XV. (79 Vab. I. Fig. XIV. () Tab. I. Fig. XI. XII. XIII. XV. Tab. II. Fig. XII. Tab. III. Pig. IV, (TI) Tab. II. Fig. XI. (TTD Tab. I. Fig. XIV, 240 cc ſchnellen, oder langſamen, Ausdehnen und Zuſammenziehen, ebenfalls ſo, wie es bey den andern Armpolypen geſchiehet, bald dieſe, bald eine andere Geſtalt annehmen. Manchmal ſehen fie ſtern⸗ ( (*) manchmal blaͤtter- (**), manchmal fadenartig (***) aus. Bald find fie alle sus fammen , bald nur einer und der andere von ihnen, ausgedehnet (*); und nehmen uͤberdieß allerhand eckige (), bogen ⸗ſchlangen oder ringar⸗ tige (Ir) Kruͤmmungen an ſich; und was dergleichen alle e ſich veraͤndernde Stellungen mehr ſind. Der Leib dieſer grünen Polypen ift faſt allein in der beſtaͤndig grüs nen Farbe, von andern ihres Geſchlechtes, unterſchieden. Oben be fin⸗ det ſich der Mund, der, wie bey andern, aus einer meiſt rundlichen Deffs nung (“) beſtehet, und den fie auch, wie ein paar Lippen, ziemlich lang, und unter mancherley, Geſtalten, ausdehnen koͤnnen (1*). Der Seib ſelbſt iſt, wie bey jenen, aus lauter kleinen Kuͤgelgen, oder. Körnergen, zuſammengeſetzet. Die innwendigen ſind von unveraͤnderlicher gruͤner Farbe; die aͤußern aber ſind ganz weis, hell und durchſichtig; wovon die ganze Polype, wie mit einem hellen Wiederſeheine umgeben iſt. Wenn ſich der Leib dieſer grünen Polypen in die Laͤnge ausdehnet, ſo iſt derſelbe ordentlicher Weiſe durchaus gleich dick, ohne daß man an ihm, wie bey einer gewiſſen Art der uͤbrigen Armpolypen „einen ſchwanzaͤhnlichen Ab⸗ ſatz merkte 6 wie deun auch die gruͤne Farbe vom Anfange bis zum Ende durch den ganzen Leib fortlaͤuft. Doch bleibt der Leib unten, wo— mit dieſe Polypen an andern Koͤrpern aufſitzen, allezeit etwas dicker, es mag das Uebrige des Leibes ausgedehnet, oder zuſammengezogen, ſeyn. Haaraͤhnliche Faͤſergen aber, welche dieſem unterſten Theile, nach Ande— rer Meynung, anſitzen ſollen; habe ich bey dieſen grünen Polypen ſo we— nig, als bey den Übrigen, Armpolypen, auch unter den ſtaͤrkſten Vergroͤſ⸗ ſerung, wahrnehmen koͤnnen. Wenigſtens muͤſſen dieſe haarigen Ans fäge ſich nicht an allen befinden, und mithin nichts Weſentliches an ih, nen ſeyn. Da C Fab III. Fig. IV. WII) Tab. I. Fig K. i Ig XIV. CH Fig. XV. (TT) Fig. XII. (TTT) Tab. II. Fig. X. XI. (0 Tab. I. Fig. X. () Tab. I. Fig. XIV. Tab. II. Fig: X. Tab. III. Fig. IV. (41) Tab. II. Fig. XI. ID 45 e 24 Dia uͤbrigens der Leib, wie die Arme, ſehr beweglich iſt, fo läßt ſich abermalen von ſelbſt leicht muthmaßen, daß derſelbige unzaͤhligen Veraͤn⸗ derungen, und ſeltſamen Geſtalten, unterworfen ſeyn muͤſſe. Ziehet ſich die Polype ſchnell und ſtark zuſammen, ſo muß ganz natuͤrlicher Weiſe der Leib kleiner, und mithin dicker, werden, da er denn bald walzen-, bald kegel /, bald ſpindel⸗, bald knopf-, bald keulenartig, bald oben, bald un? ten, bald in der Mitte, mehr und weniger dick iſt (*). Dehnet ſich der Laib. in die Lange aus, fo ſtehet er entweder gerad vor ſich hin (**), oder er beuget ſich ein und mehrmalen links und rechts auf die Seite und im Bogen, oder er nimmt ſonſt eine andere ihm beliebige Stellung an (***), Dazu ikoͤmmt noch, daß auch die verſchluckten Inſecten, und ihre ver⸗ ſchiedene Lage, den Leib auf mannigfaltige Art auseinander treiben und verunſtalten. Wie denn, wenn z oder 4 kleine rundliche Inſecten ſchnell aufs und hintereinander in den Leib zn liegen kommen, derſelbe hoͤckerig⸗ und als fo vielmal abgeſetzt, oder unterbunden, ausſiehet (). Ueber⸗ haupt aber habe ich an dem Leibe dieſer Polypen als was beſonderes und regelmaͤßiges angemerket, daß diejenigen unter ihnen, die ihre Arme we— nig verlaͤngern konnten, ſolches deſto mehr mit ihrem Leibe thaten; und zwar geſchahe dieſes von manchen fo ſtark, daß fie anderhalb Zoll lang wur den (TT); hingegen war dieſes bey denen andern, die ihre Arme ſtarkaus— dehnen konnten, umgekehrt, indem ſie ihren Leib ſehr wenig, und kaum den dritten Theil ſo ſehr, als die vorigen, zu verlaͤngern vermogten. Was die Nahrung und den Unterhalt dieſer grünen Armpolypen anlanget, ſo habe ich ſie zwar mit eben ſolchen Waſſerthiergen ernaͤhret, als die andern Armpolypen zu freſſen pflegen. Deswegen moͤgte ich aber gleichwohl nicht behaupten, daß dergleichen ihre ordentliche Nahrung waͤ, ren. Zudem, ſo habe ich auch ſelbſt bey deneu Traubentraͤgern, Wafı ſerfloͤhen ꝛc. von welchen dieſe grunen Polypen ſich naͤhren, einen Unter⸗ ſchied gefunden, der die Urſache ſeyn mag, daß dieſe gruͤnen Polypen oft von gar nichts zu leben ſcheinen. Wovon ich jedoch hernach reden werde. In (%) Tab. I. Fig. X. XI. Tab. III. Fig. V. VI. IX. ( Tab. II. Fig. NI. PabIII. Füge eo Tab. I. Fig XII. XIV. Tab. II. Fig. r °CTT) Tab. II. Fig. XII. 242 e In Abſicht ihrer Zeugung, Fortpflanzung und Vermehrung, iſt dieſelbe, wie bey den andern, theils eine ordentliche und natůrliche / theils eine außerordentliche und gekuͤnſtelte. Jene beſtehet darinn, daß auch bey dieſen gruͤnen Polypen ihre 5 gen von ſelbſt aus und an dem Leibe zum Vorſcheine kommen (*). Es ſind derſelben der Anzahl nach bald viele, bald wenige, oft auch nur eine und die andere zugleich bey einander. Ich habe Polypenmuͤtter angerrofs fen, an welcher 6 und 7 Jungen zugleich waren, und von denen natuͤr⸗ licher Weiſe eines immer groͤßer, vollkommener und ausgewachſeuer, als das andere, war. Sonſt gehet es mit dem Ausſproſſen, Heranwachſen und Abloͤſen dieſer jungen gruͤnen Polypen eben ſo, wie hey den andern her. Anfangs ſiehet man an der Polypenmutter (**), nichts als eine Erhoͤhnng, wie ein Huͤgelgen (*); dieſes erhebet ſich immer mehr und mehr, und wird in weniger, als einer Stunde, zu einem kleinen walzen⸗ artigen Staͤbgen, welches ſich oben und in der Mitten nach und nach zu⸗ ſpitzet, und um welches oben in dem Umereiſe andere Spitzen wie Sterne— cken, oder Schneckenhoͤrner, zu ſtehen kommen (), aus welchen letzte⸗ ren die Armen werden. Auf ſolche Weiſe habe ich mehrmalen, ſelbſt dies ſen Winter uͤber, binnen weniger, als einem Tage, eine junge Polype entſtehen, auswachſen und ſich abloͤſen, geſehen. Wenigſtens, weis ich fein einziges Exempel, daß eine junge Polype bey mir mehr, als einen Tag, oder hoͤchſtens anderthalb Taͤge, zu ihrem völligen Auswachſen ge braucht haͤtte. Jedoch koͤmmt uͤberhaupt bey diefen grünen eben fo, wie bey den andern, Polypen die häufige Anzahl, und das ſchnelle Auswach⸗ ſen der Jungen, freylich auf ihren und der Mutter Geſundheitszuſtand, auf die Waͤrme, und auf den Vorrath der Nahrung an. Daher kann man ſagen, daß ſich dieſe, und alle andere, Polypen im Sommer mehr und ſchneller, als im Winter, vermehren. Wenn man aber den Mans gel der Sommerwaͤrme im Winter durch eine beſtaͤndige Stubenhitze er; ſetzet; und daneben ſeine Polypen nur mit noͤthigem Unterhalte verſehen kann, Tap. I Fig. X. XI. XIV. XV. Tab. III. Fig. IV. a. (7) Tab. J. EigrXV a. UCHHFYTBRAICT) "Cd, e. Fig. NMWIa. b. 1 kann, fo wird faſt alles fo, wie im Sommer, ſich zeigen. Wenigſtens habe ich dieſen Winter nicht die geringſte Veraͤnderung, oder Vermin— derung, in der Anzahl und in der Zeit ihrer Fortpflanzung bemerket; und ich kann davon noch itzo einen Jeden durch den Augenſchein uͤberfuͤhren. Die außerordentliche und gekuͤnſtelte Fortpflanzung dieſer grüs nen Polypen geſchiehet ebenfalls, wie bey den uͤbrigen, durch willkuͤhrli⸗ ches Zerſchneiden und Zertheilen derſelben. Und hier laſſen ſich alle die— jenigen ganzen und halben, einfachen und vielmahligen, Zerſtuͤmmelungen unter gewiſſen Vorſichtigkeiten und Handgriffen anbringen, die ich bey den Armyolypen fo umſtaͤndlich gezeiget habe, daß ich es vor übers fluͤßig halte, dießfalls an dieſen grünen neue, und beſondere, Abbildun— gen und Beſchreibungen zu ertheilen. Zumal, da dieſe Zerſtuͤmmelun⸗ gen, und die daraus erwachſende Geſtalten und Unformen, auf ſo mannigfaltige Arten ſich ſelbſt abaͤndern, und abgeaͤndert werden koͤnnen, daß durch alle Abbildungen doch der wenigſte Theil derſelben kann vorge, ſtellet werden. Ich will dahero nur noch eines einzigen Umſtandes gedenken, den dieſe gruͤne Polypenart mit andern gemein hat. Man findet naͤmlich auch unter dieſen Misgeburten, und verunſtaltete Polypen. So bin ich eins— mals einer Polypenmutter anſichtig geworden (*), welcher, außer eis nem Jungen an dem gewöhnlichen Orte (“*), noch ein anderes ganz oben, nicht weit von den Armen, anſaß ( ***). An einer andern Polype hatte fich ein jeder ihrer Arme oben in einen runden Knopf verwandelt (7). Es blieb dieſe Polype in der Stellung, wie ſie die Abbildung zeiget, bey ſechs Wochen unbeweglich auf einem Flecke. Sie ſchien todt zu ſeyn. So oft ich ſie aber mit etwas beruͤhrte, offenbarte ſie durch eine ſehr ſchwache Bewegung des Leibes ihre Empfindung und ihr Leben. Zum Ungluͤcke aber entkam ſie meinen weitern Beobachtungen. Da ich ſie einsmals wie— der angerührer hatte, fiel fie ab, und wurde in dem unreinen Bodenſatze Die gruͤnen Armpolypen. Hh unſicht⸗ (09 Tab. III. Fig. IV. a. (9 b. ( e. (4) Tab. III. Fig: IX. 244 wur N unſichtbar. Ferner habe ich eine Polype geſehen, der ſowol ſelbſt, als dem anſitzenden Jungen, der obere Theil des Leibes mit den Armen fehl te (*); die ſich aber beyde dem ohnerachtet ausdehnten und zuſammenzo⸗ gen. Und endlich iſt mir auch eine ſolche unter die Haͤnde gekommen, da die Mutter zwar die ganze obere Haͤlfte des Leibes verlohren hatte, der aber gleichwohl ein Junges anſaß, und munter fortlebte (**). Dieſes ſey genug von dem, was dieſe gruͤnen Polypen mit andern gemein haben. Ich komme nun auf diejenigen Unterſcheidungsſtuͤcke, darinn ſie von andern ihres gleichen abgehen; und, um welcher beſondern Eigenſchaften willen, man ſie vor eine eigene Warane der Armpolypen . hat. Das erſte Unterſcheidungszeichen iſt ihre beſtaͤndige, und zu allen Zeiten unveraͤnderliche, Farbe. Die Farbe der andern Armpolypen iſt ſehr veraͤnderlich, und richtet ſich insgemein nach der Farbe der verſchluckten und ausgeſogenen Inſecten; ja wenn fie lange ohne Nahrung find, fo verlieren fie alle Farbe, und werden fo durchſichtig und hell, als ein Glaß. Wee ich benn auch bey alle dem, was einige von braunen und ſtrohgelben Polypen angeben, noch keine gegruͤndete Urſache gefunden habe, gewiſſen Polypen eine von dieſen beyden Farben, als weſentlich, zuzueignen; daß ich vielmehr noch immer der Meynung des Herrn Trembley bin, daß die verſchiedenen Farben keine beſondere Gattungen der Armpolypen verurfa, chen. Nur allein bey den grünen hat dieſer Satz ſeine Ausnahme. Denn dieſen iſt die gruͤne Farbe allerdings weſentlich eigen. Es erhellet ſolches daher; theils, weil die grüne Farbe bey ihnen, der Leib mag von was für Inſecten angefuͤllet ſeyn, als er immer wolle, allezeit die Oberhand behalt; theils, weil dieſelbe ſich nicht verlieret, wenn man fie auch noch fo lang aushungert, und ohne alle Nahrung läßt; und endlich, weil, wenn man ſie in Weingeiſt „Salzwaſſer, oder Lauge wirft, ſie auch hier lange Zeit ihre gruͤne Farbe behalten. N Das zweyte Unterſcheidungszeichen findet ſich an den Armen. Bey andern Armpolypen gehet die angenommene Farbe des Leibes nur bis zu einem (* Tab. II. Fig. VII. (“*) Fig. VIII. n . s 245 einem kleinen Theile ihrer Arme hinauf; das Uebrige und Meiſte derſel— ben iſt allezeit hell und durchſichtig. Bey dieſen gruͤnen Polypen aber, erſtre⸗ cket ſich die gruͤne Farbe des Leibes durch die ganzen und völligen Arme, fo, daß auch ſelbſt bey dem ſtaͤrkſten Ausdehnen derſelben noch in der aͤußer— ſten Spitze grüne Knoͤpgen oder Koͤrnergen angetroffen werden. Der Ort, wo bey dieſen grünen Polypen die Jungen ordentlicher Weis ſe ausgeſchoben werden, giebt ihnen eine neue, und die dritte Unterſchei— dungseigenſchaft. Bey den uͤbrigen Armpolypen iſt dieſer Ort insgemein die Haͤlfte des Leibes ;bey dieſen aber mehr, als noch halb fo weit unten (*). Sie moͤgen einzelne, wenige oder viele, Jungen zugleich ausſchieben, ſo wird man ſie ordentlicher Weiſe allezeit ganz weit unten antreffen. Die Art ſich zu ernähren, koͤnnte als das vierte Unterſcheidungs⸗ merkmal angenommen werden. Andere Polypen naͤhren ſich nicht nur von kleinen, ſondern auch von ziemlich großen, Waſſerinſecten. Sie ſind im Stande die groͤßten Traubentraͤger, Waſſerfloͤhe, Schlangenwuͤrmer, Muͤſchelgen, und dergleichen, mit ihren Armen an und in ſich zu bringen. Dieſes koͤnnen dieſe gruͤnen Polypen nicht bewerkſtelligen. Sie muͤſſen ſich nur an die allerkleineſten von erſtgedachten Waſſerthiergen halten. Dies jenigen von die ſen grünen Polypen, die nur fehr kurze Arme haben, find genöthiger ſich fo gar an ſolchen beznuͤgen zu laſſen, die erſt aus thren Eyern gekommen find; und daher kommt es, daß, da man dieſe ſo klei— nen Waſſerthiergen mit bloßen Augen kaum ſiehet, es lange Zeit ſcheinen kann, als ob dieſe Polypen von gar nichts lebten. Vielleicht finden ſie in gewiſſen Waſſern lauter ſolche kleine Gattungen von Inſecten, die ihr nen am tauglichſten, und alſo ihre gewoͤhnliche und ordentliche Speiſe, ſind. Die andere Gattung dieſer gruͤnen Polypen, die längere Arme haben, kön, nen zwar auch etwas erwachſene Traubentraͤger, Waſſerfloͤhe u. d. mit ihren Armen faſſen und feſthalten; fie muͤſſen aber aber doch allezeit noch ſehr klein und unausgewachſen ſeyn. Haben fie aber nur eine mittelmaͤßt— ge Groͤße erlanget, ſo ſtrecken dieſe gruͤnen Polypen nicht ul ihre Ars Hh 2 me ( Tab. I. Fig. XIV. XV. Tab. IV. b. 246 n 2 me nach ihnen aus, geſchweige, daß fie dieſelben anhaͤkeln und an ſich zie⸗ hen ſollten. Ueberhaupt ſcheinen die Arme dieſer gruͤnen Polypen viel ungeſchickter, als die Arme der uͤbrigen, zu ſeyn. Denn ich habe bemer⸗ ket, wie manche dieſer Polypen von ſechs und ſieben Muͤſchelgen, die ſie hintereinander mit ihren Armen gefangen hatte, kaum eines, oder zwey, ſo lang feſt halten konnte, bis ſie es naͤher zum Munde, und in ihren Leib, zu bringen im Stande war. Vieleicht ſind dieſe Arme nicht ſo ſtark, oder wohl auch gar nicht, mit ſolchen Haͤkgen verſehen, dergleichen man ben den andern Armpolypen gewahr wird. Zu dieſen vier Hauptſtuͤcken moͤgten noch folgende zu zaͤhlen ſeyn. Da die andern Polypen gar bald umkommen, wo ihnen nicht immer friſches Waſſer gegeben wird; ſo ſcheinet hingegen bey dieſen gruͤnen ganz und gar nichts darauf anzukommen, wenn man ſie auch ganze Monate in einem und eben demſelben Waſſer, ohne es mit andern zu verwechſeln, oder aufzufriſchen, fortleben laͤſſet. Ich habe wirklich eine Menge gruͤner Polypen noch in eben demſelben Waſſer, ohne einen Tropfen friſches hin zugegoſſen zu haben, mit welchen fie mir vor fünf Monaten gebracht wors den find. Dieſe machen mir alſo weiter keine Mühe, als daß ich fie woͤ⸗ chentlich einmal mit noͤthigem Unterhalte verſehe. Da ich in verfchiedes nen Glaͤſern Traubentraͤger, Waſſerfloͤhe, Muͤſchelgen, die Menge ha⸗ be, ſo ſeihe ich vermittelſt einer zarten Leinwand das Waſſer aus dieſen Glaͤßern, ſondere die groͤßten von den uͤbrigen ab, und halte alsdenn die Leinwand mit den darauf liegengebliebenen kleineſten Waſſerthiergen in das Glaß, wo die Polypen ſind. Es beſtaͤttiget aber überhaupt dieſe Anmerkung, was ich oben von dem Unterſcheide des Waſſers, in welchem dieſe gruͤnen Polypen hieſigen Ortes allein zu leben ſcheinen, angefuͤhret habe. Vieleicht finden ſie in dieſem ſtehenden Waſſer mehrere kleine Inſecten vor ſich, als in andern fließenden Baͤchen. Dieſe gruͤne Polypen ſcheinen endlich viel lebhafter und unruhiger zu ſeyn; koͤnnen ſich auch geſchwinder hie und dahin begeben, als die andern. Letztere m Ben 247 Letztere bleiben oft Tage und Wochen immer auf einem Flecke, zumal wenn ſie Vorrath genug fuͤr ſich haben. Verfuͤgen ſie ſich auch von einem Or— te zum andern, fo geht es doch ſehr langſam her. Bey den grünen aber finder es ſich anders. Sie koͤnnen ungemein geſchwind fortwandern, und es ſcheinet ihnen faſt unmoͤglich zu ſeyn, auch nur eine kurze Zeit auf ei— ner Stelle zu bleiben. Ich habe ſie faſt alle viertel oder halbe Stunden an einem andern Orte angetroffen. Und wenn ich unter den uͤbrigen ei— ne gewiſſe beſonders zu Beobachtungen auserſehen hatte, ſo mußte ich ſie bald hie und da, bald oben bald unten, aufſuchen. Bey diefer Beſchreibung laſſe ich es bewenden; indem ich glaube dass jenige ziemlich beygebracht zu haben, was dieſe gruͤne Polypen ſowohl mit andern Polypen gemein haben, als was ihnen vor jenen beſonders eigen iſt. Doch will ich zum Beſchluſſe noch einige Anmerkungen beyfuͤgen. Es iſt oben erinnert worden, daß ich dieſe gruͤne Polypen in einem ſumpfigten Grunde gefunden habe, der unmittelbar vom Regenwaſſer ent— ſtehet, und welcher daher oft voͤllig austrocknet. Da iſt es mir nun als was ſeltenes vorgekommen, daß, wenn dieſer Sumpf oft vierzehn Tage, oder drey Wochen, voͤllig ohne Waſſer geweſen war, und das Vieh die Erde darinnen durcheinander gewuͤhlet hatte, derſelbe aber hierauf von ei— nem Ungewitter und Platzregen ſchnell mit Waſſer wieder angefuͤllet wur— de, ich ſogleich den andern Tag darauf die gruͤnen Polypen in demſelben antraf. Ich habe dieſen Verſuch im vergangenen Sommer mehr als ſechs⸗ mal machen laſſen, ohne daß er einziges mal fehlgeſchlagen wäre. Wo bleiben alſo dieſe Polyven, wenn das Waſſer vertrocknet iſt? Koͤnnen ſie ſich im Schlamme etliche Wochen verbergen und beym Leben erhalten? Wo kommen ſie hin, wenn auch der Schlamm trocken wird, und von der Hitze zerſpringt? Können fie ſich noch in Zeiten tiefer hin— unter laſſen; und alsdenn, wenn es regnet, in etlichen Stunden wieder herauf und zum Vorſcheine kommen 2 Oder haben dieſe Polypen Eyer, die ſich im trockenen Schlamme erhalten, und wenn es regnet, ſogleich auskriechen, und in kurzer Zeit zu vollkommenen Polypen werden? Und 6 3 was 243 | n was will man darauf antworten, daß ich gleich nach entſtandenem Regen nicht nur kleine und unausgewachſene angetroffen, ſondern ſogar auch fol che Polypenmuͤtter gefunden habe, an welchen ſchon vier und mehr Jun“ ge anſaßen. Koͤnnen dieſelben in weniger als zwoͤlf Stunden entſtanden ſeyn? So wenig wiſſen wir noch von natürlichen Dingen! Dieſer erſtgemeldten ſeltnen Beobachtung iſt folgende zweyte ziemlich ahnlich. Da wir im Anfange dieſes Jahres den ten Hornung eine ſolche große Kälte hatten, daß fie den funfzehenden Grad unter der Eißkaͤlte ers reichte; ſo war ich begierig zu ſehen, wie es dabey den gruͤnen Polypen in einem derjenigen Suͤmpfe, wo ich ſie am Ende des vorigen Jahres, und alſo zu Anfang der Kaͤlte, gelaſſen hatte, ergangen ſeyn moͤgte. Ich ſchickte alſo nach ihnen, ließ das Eyß aufhauen, und eine ziemliche Men⸗ ge Graßes, und anderes Geſtraͤuche, unter dem Eyße hervorziehen, und nach Hauſe tragen. Da dieſer Sumpf eine gute halbe Stunde von unſe— rerer Stadt lieget; fo war natuͤrlicher Weiſe bey der ſo großen Kälte alles Graß und Waſſer im nach Hauſe tragen von neuem zuſammengefroren. Als ich nun dieſes Waſſer in einem großen Glaße in der warmen Stuben hatte aufthauen, und zween Tage ſtehen laſſen; fo fahe ich hierauf in mei nem Glaße alles voll gruͤner Polypen, die ganz munter lebten, und die ſich nach und nach auch fortpflanzten. Wie ſonderbar aus der Bau und die Lebenskraft dieſer Thiergen ſeyn! Sollte es indeſſen erlaubt ſeyn, eine Muthmaßung beybringen zu duͤr— fen, fo halte ich dafür, daß dieſe die vernuͤnftigſte ſeyn moͤgte. Es ſchei— net mit den Inſecten, ſonderlich mit denen, die in veraͤnderlichem Waſ— ſer leben ſo, wie mit dem Saamen im Pflanzenreiche, herzugehen. Der allmaͤchtige Schöpfer mag gleich im Anfange gewiſſe Arten von Thier— gen erſchaffen haben, deren Leben kann zuruͤck gehalten werden, und wel— ches, wenn durch die Ausduͤnſtung des Fluͤßigen der Umlauf der Saͤfte aufhoͤret, und die Gefaͤße, ſamt dem innern Baue derſelben, vertrocknet find, gänzlich zerſtoͤret zu ſeyn ſcheinet: die aber ſolches, und ihre Übrigen thieriſchen Bewegungen ſogleich wieder annehmen, fo bald ihre Werkzeu— ge n Me 249 ge und Gefäße, wenn nur der innere Bau ſelbſt nicht zerriſſen worden iſt, mit einer friſchen Erſetzung des Fluͤßigen erfuͤllet werden. a Herr Nedham hat durch unwiderſprechllche Proben und Erfahrun— gen, die auch von unterſchiedenen ſeiner Freunde in Engeland nachge— macht und wahr befunden worden find, erwieſen, daß in einer Art Brans des am Weisen, deſſen Körner auswendig ſchwarz ſind, die innwendi gen weichen und kleinen Faͤſergen zu lauter lebendigen Aalen werden, ſo bald man ſie ins Waſſer leget; ja daß dieſe Wuͤrkung erfolget, wenn auch die Körner gleich mehrere Jahre alt, und dieſe nur etwas laͤnger in Was fer gelegen find. Ferner hat Herr Baker (“) von feinem Kadfoͤrmi— gen Waſſerthiere bekannt gemacht, daß es viele Monathe außer Waſ—⸗ ſer lebe. Es koͤnne daſſelbe ſo duͤrr, als Staub werden, ſaͤhe alsdenn ku— gelrund aus, und gebe nicht das geringſte Zeichen des Lebens von ſichz fo bald man es aber ins Waſſer werfe, lebe es in Zeit von einer halben Stun- de wieder auf. Es zeige alsdenn ſeine Raͤder wie zuvor, und fange von neuem an andere Inſecten zu fangen und zu freſſen. Nun iſt zwar wahr, daß in vorigen Zeiten Leute, die dergleichen im Ernſte behauptet haben würden, zweifelsohne, wie ſich Herr Baker ſelbſt ausdruͤcket, moͤg— ten ins Tollhaus verwieſen worden ſeyn; allein heut zu Tage, da man auf die Werke GOttes mehr aufmerket, ſetzen uns dergleichen Beobach⸗ tungen nur in ein heiliges Stillſchweigen, und in ein demuthvolles En ſtaunen. Sind aber diefe Erfahrungen wahr, fo fehe ich nicht, warum unſere Polypen nicht auch hieher gehoͤren ſollten? Und vieleicht, mache ich ſelbſt in dem folgenden Abſchnitte eine eigene und neue Erfahrung be— kannt? Wer erkennet aber hieraus nicht abermals die genaue Verwandt⸗ ſchaft des Pflanzenreiches mit dem Thierreiche! Nachdem ſich angeführte zwo ſeltene Erfahrungen an dieſen gruͤnen Polypen in der Natur, als richtig, gezeiget hatten, ſo verſuchte ich der Na⸗ tur durch Kunſt nachzuahmen. Ich ließ etliche Polypen in einem kleinen Glaͤßgen zuſammenfrieren, und einige Stunden in und unter dem nr () Beytraͤge zu nuͤßlichen und vergnuͤgtem Gebrauche und Verbeſſerung des Mi⸗ rofeopii, Theil II. Cap. IV. 250 ne ar Als fie wieder aufgethauet waren, fo ſchienen fie, dem Aeußerlichen nach, keine große Veraͤnderung erlitten zu haben. Sie hatten noch ihre gruͤne Farbe; der Leib war ausgedehnet geblieben; und nur die Arme ſahe man etwas verkürzt und zuſammengezogen. Allein ob ich gleich drey Tage wars tete, daß ſie wieder aufleben ſollten; ſo wartete ich doch vergebens. Sie blieben ohne alle Bewegung, und ohne das allergeringſte Merkmal eines neuen Lebens. Die Natur muß alſo dieſen, und andern dergleichen, Thier— gen eine Geſchicklichkeit und Vermoͤgen ertheilet haben, ſich in der groͤß⸗ ten Kaͤlte und im Eyße beym Leben zu erhalten; welches wir ihr mit aller Kunſt und Muͤhe nicht nachmachen koͤnnen. Mißlunge es mir bey dieſem erſten Kunſtgriffe; ſo war ich bey dem zweyten Verſuche deſto glücklicher. Ich legte eine Polype in ein weites Glaßroͤhrgen, und nachdem ſie ſich angeſetzet und ausgedehnet hatte, ließ ich das Waſſer ablaufen. Nachdem alles Waſſer und Feuchtigkeit weg⸗ gedunſtet war; fo zog ſich die Polype mit ihren Armen, und mit ihrem Leibe, ziemlich zuſammen und ins kleine; um ſich herum aber ließ ſie ei— nen hellen weißen durchſichtigen Schaum, der dem Schaume der Schaum⸗ wuͤrmer vollkommen gleich ſahe, nur daß er hier erhaͤrtet war (*). In dieſem trockenen Zuſtande ließ ich fie zwo Stunden lang. Hierauf fuͤllte ich mein Glaßroͤhrgen wieder mit Brunnenwaſſer. Ohngefaͤhr nach einer halben Stunde fiel die Polype auf den Boden. Als ich aber nach zween Tagen wieder nachſahe, fand ich fie lebendig, doch mit dem beſondern Uln— terſcheide, daß ihre Arme wie von neuem zu wachſen anfiengen; und die alſo bey dem austrocknen zweifelsohne mogten Schaden gelitten haben. Ich habe nicht nur oben angefuͤhret, daß die gruͤnen Polypen ſehr lang ohne alle Nahrung fortzuleben ſcheinen ſondern ich habe auch bey den Armpolypen, als ſehr wahrſcheinlich, angegeben, daß fie übers haupt vermittelſt ihrer Koͤrnergen, und derſelben Saugen, einigen Le— bensunterhalt ſich muͤßten zu verſchaffen wiſſen. Beydes ſcheinet durch folgende anderweitige neue Erfahrung beſtaͤttigt zu werden. Ich habe zu verſchiedenenmalen einige dieſer grunen Polypen, ſowohl ganz, als zerſtuͤ⸗ (*) Tab. III. Fig. V. N n N 25 zerſtuͤckelt, in Brunnenwaſſer geworfen, und fie darinn „ ohne ihnen andere Inſecten, oder friſches Waſſer, zu geben, liegen laſſen. Ich brachs te von Zeit zu Zeit einige Tropfen von dieſem Waſſer unter meine ſtaͤrkſte Vergroͤßerung, um zu ſehen, ob ich nicht in demſelben kleine Inſecten entdecken koͤnnte. Allein, fo wenig ich dergleichen auch jemalen gewahr wurde; ſo lebten doch meine Polypen munter fort. Die ganzen ſchoben Junge aus; und die zerſtuͤckelten ergaͤnzten ſich, und wurden nach und nach zu andern ganzen und vollkommenen Polypen. Kan etwas neue Theile erhalten, ohne von außen einen Zuſatz zu bekommen? Und wenn dieſes, wie koͤnnen gedachte Polypen dieſen Zuſatz im Brunnenwaſſer anders, als vermittelſt der Koͤrnergen, empfangen ha— ben? Oder braucht vieleicht der vorhandene Urſtoff bey den Armpolypen im Falle der Noth weiter nichts als Feuchtigkeit, um aufzuſchwellen, ſich zu entwickeln, an- und auszuwachſen? Ich geſtehe gerne, daß meine Eins ſicht zu klein iſt, dieſe Fragen aufzuloͤſen. * E * M * * * „ * N „ „ „ X * N N R XR N X * * Zweyter Abſchnitt. Von den geſchwaͤnzten zackigen Waſſerfloͤhen. a diejenigen Waſſerthiergen, denen gegenmwärtiger und folgender Abſchnitt gewiedmet iſt, eine von den gewoͤhnlichſten Speiſen und Nahrungen der Armpolypen find; fo habe ich nicht uneben erach— tet, auch dieſe auf das genaueſte und ſorgfaͤltigſte zu unterſuchen. Und es ſcheinet, als hätte ich meine Bemuͤhungen nicht umſonſt auf fie verwen⸗ det. Es iſt mir unter meinen Beobachtungen nicht nur eine ganz neue und ſeltſame Gattung derſelben bekannt worden (5); ſondern ich habe auch an denenjenigen, die ſchon von andern vor mir bekannt gemacht, und Die gruͤnen Armpolypen. Ji in 252 un oe in etwas beſchrieben, worden find, noch gar vieles entdecket, ſo jene theils gar uͤberſehen, theils nicht natuͤrlich genug angegeben und abgebildet haben. Das Geſchlechte dieſer Waſſerthiergen hat, aus Urſachen, die ich un⸗ ten anführen werde, den Namen der zackigen Waſſerfloͤhe erhalten. Dieſe Benennung will auch ich ungeaͤndert beybehalten. Nicht, als ob es mir würde ſchwer gefallen ſeyn, einen andern, vieleicht ſchicklichern, Namen ausfindig zu machen; ſondern, weil ich aus der Erfahrung weis, daß die beſtaͤndigen neuen Namenerfindungen die Inſectenkenntniß unnös thiger Weiſe nur erſchweren. Doch wird man mir erlauben, den vers ſchiedenen Gattungen dieſer zackigen Waſſerfloͤhe eigene, und mithin neue, Beynamen zu geben; damit dieſelben, wie ſie an ſich ſelbſt verſchieden find, ſogleich auch in der Benennung ſich unterſcheiden mögen. Letzteres wird bey denen zwo Hauptgattungen, von welchen id) ders malen nur handeln werde, um ſo ungekuͤnſtelter geſchehen koͤnnen, da der äußerliche Bau ihres Leibes das natürlichfte und ſichtbarſte Unterſchei⸗ dungszeichen iſt. An der einen Gattung endiget ſich die Muſchelſchale in eine ſehr kennbare Schwanzſpitze (**); bey der andern Art aber wird man davon ganz und gar nichts gewahr (***). Mithin wird es, wie mich duͤnket, eine mit dem natuͤrlichen Baue dieſer Thiergen gar wohl uͤbereinkommende Benennung ſeyn, wenn ich jene Gattung die ge= ſchwaͤnzten heiße; und dieſe, durch den Beyſatz der ungeſchwaͤnzten, von jenen unterſcheide. f Die geſchwaͤnzten find die ſchon bekannte Gattung derſelben. Swam⸗ merdam (1), Derham (TT), Baker (177), und Herr Lin⸗ naͤus (7), haben uns davon einige Nachricht ertheilet. Allein außer dem, x daß C*) Tab. I. Fig. IX. (**) Tab. I. Fig. VI. f. VII. e. VIII. I. (0 Fig. IX. f. (T) Bibel der Natur. (T) Phyficotheologie p. m. 368. 817. (TT) Beytraͤge zur Verbeſſerung des Microſcopii Theil II. Cap. IX. CH) Faun. Suec n. 1182. en a 253 daß Letzterer ihr er nur mit wenigen Worten gedenket, fo find die Beſchreibun— gen und Abbildungen der drey erſtern fo unvollkommen ausgefallen, daß mir nicht wenige Verbeſſerungen und Zuſaͤtze übrig geblieben find. Ich geſchwei⸗ ge, daß dieſe Art Waſſerthiergen manchem Naturkenner noch itzo ganz und gar unbekannt ſeyn muͤſſen, weil man fie auch in öffentlichen Schriften immer mit andern Inſecten verwechſelt findet (*). Dieſe geſchwaͤnzten waren die erſtern, welche ich in Unterſuchung nahm; und ich will ſie da— her auch in dieſem Abſchnitte zuerſt, und am umſtaͤndlichſten, beſchreiben. Ich werde damit zugleich dieſes gewinnen, daß ich mich bey der andern und neuen Gattung, in dem folgenden Abſchnitte, werde um ſo kuͤrzer faſſen koͤnnen, und nur bloß ihre Abweichungen und Ulnterſcheidungsmerckmagle anzeigen duͤrfen. i Was die aͤußerliche Geſtalt dieſer zackigen Waſſerfloͤhe anlanget; fo kann ſie von dem bloßen Auge ſo genau eben nicht entdecket und bemerket werden. Wenn man auch die Groͤßeſten unter ihnen ausſuchet; ſo ſind fie doch noch immer viel zu klein, als daß ſich ihr aͤußeres, geſchweige denn ihr inneres, Gebaͤude mit unbewaffneten Augen deutlich und gehörig ers kennen und auseinander ſetzen ließe. Mau muß alſo feine Zuflucht zu eis nem Vergroͤßerungsglaſe nehmen; und zwar, nach erforderlichen Umftäns den, ſich dabey bald eines einfachen, bald eines zuſammengeſetzten, bedienen. Bleibt man unter der Vergroͤßerung anfaͤnglich nur bey der aͤußer— lichen Geſtalt dieſer Thiergen ſtehen, ſo gehet die Beobachtung derſelben Ji 2 noch Man findet davon in der Note zu den deutſchen ſchwediſchen Abhandlungen, Theil IX. Seit 229. eine Probe. Der Herr von Geer redet daſelbſt von dem Traubentraͤger, und auf der Kupfertafel iſt auch ein ſolcher abgebildet. Gleich— wohl erfläret die Note die Traubentraͤger fir die naͤmlichen, die bey dem ange— führten Swammerdam, bey Herrn Linnaͤo und Herrn Trembley Waſſer⸗ floͤhe find. Dieſem unbeſtimmten Ausdrucke in Ertheilung der Namen iſt derjenis ge ziemlich Ähnlich, da in eben dieſen Schwediſchen Abhandlungen, Theil XII. Seit 298. einer Schußfliege gedacht wird; da doch dieſelbe wegen ihrer harten Fluͤgeldecken offenbar unter das Geſchlecht der Käfer gehoͤret; und alſo den Nas men eines Schußkaͤfers mit mehrerem Rechte verdiente. 254 n 2 noch fo ziemlich leicht von ſtatten. Man darf nur in ein rund und hohl⸗ geſchliffenes Beobachtungsglaͤßgen einige Tropfen Waſſer fallen laſſen, und ſolches, nachdem man einen von dieſen zackigen Wafferflöhen hinein⸗ geleget hat, unter die zuſammengeſetzte Vergroͤßerung bringen; ſo laͤßt ſich alles Aeußere an ihnen, ohne große Mühe, und ohne dem Auge fons derlich wehe zu thun, bemerken. Durch dieſes Huͤlfsmittel habe ich die Ausgewachſenen dieſer Thiergen jedesmal ſo gebauet und geſtaltet gefun⸗ den, wie ich ſie abbilden laſſen, und ſie nun beſchreiben werde. Der Ropf mit feinem langen Fortgange; die Arme; die Mu⸗ ſchelſchale mit ihrer hintern Schwanzſpitze, find diejenigen Haupt⸗ theile, deren man von außen gewahr wird, und deren jedes insbeſondere zu beleuchten iſt. Der Kopf (*) ſahe an allen denenjenigen, mit welchen ich meine Beobachtungen angeſtellet habe, im Ganzen betrachtet, einem Fiſch— kopfe Ähnlich. Er war laͤuglich, breit und an den Seiten plattgedruckt. Das Aeußerſte und Voͤrderſte deſſelben war fo wenig ſpitzig, oder einem Vogelſchnabel aͤhnlich, daß es vielmehr eine ziemliche Breite, und feine eigene verſchiedene und beſondere Theile hatte. Dieſe Bildung machte mich ziemlich verlegen, indem Swoammer— dam, Baker, und ſelbſt die Abbildung bey Herrn Trembley, dieſen Kopf und deſſen aͤußerſtes Ende fpisig vorſtellen. Ich konnte mir nicht einbilden, daß dieſe ſonſt ſcharfſichtige Maͤnner ſollten unrecht geſehen, oder daß einer dem andern ſollte nachgebetet haben; und wußte alſo nicht, wie ich jene Abbildungen und Beſchreibungen mit demjentgen vereinigen ſollte, was gleichwohl meine eigene Augen an allen ſahen und bemerkten. Doch ich werde unten melden, wie mein Zweifel und Anſtand dießfalls iſt gehoben worden. In meiner gegenwaͤrtigen Beſchreibung bleibe ich bey denen ſtehen, die ſich mir anfänglich mit einem Fiſchkopfe gezeiget haben. Da das aͤußerſte Ende an einem Fiſchkopfe das Maul iſt, fo ſollte man £*) Tab. I. Fig. VIII. b. II. a. ur ae 255 man dieſes an den zackigen Waſſerfloͤhen ebenfalls dafuͤr annehmen; und ſolches um ſo mehr, als es mit einem offenen und aufgeſperrten Karpfen— maule die größte Aehnlichkeit hat. Beſtehet das Karpfenmaul aus einer Ober- und Unterlippe; fo hat das anſcheinende Maul bey dieſen Waſſer— thiergen ebenfalls feine zween beſondere Theile. Der obere (*) iſt ſehr breit, laͤuft ſchreg nach vorne zu, und endiget ſich in eine breite Schaͤrfe, die bey einigen mehr, bey einigen weniger (**), krumm und in die Hoͤ⸗ he gebogen iſt. Der untere Theil iſt ſehr ſchmal, kurz, und laͤuft ganz ſpitzig aus. Zwiſchen dieſen beyden Theilen, und fo, wie bey einem Karp— fen, der etwas im Maule hat, lieget hinten ein dicker halbrunder Theil, dem ein Paar kegelartige Roͤhren anſitzen, an deren jeden ſich noch ein anderes ſchmaͤleres Roͤhrgen befindet, und welches letztere manchmal wie mehrere beyeinander ſtehende Borſtenhaͤrgen ausſiehet (“**) Man koͤnnte dieſe Röhren mit denenjenigen Theilen vergleichen, die an den Fi— ſchen unter dem Namen der Satte bekannt find. Es gehet alſo in Wahrheit dieſem anſcheinenden Fiſch - und Karpfen, maule nichts ab, als daß es nur beweglich ſeyn, ſich auf und zuſchließen ſollte. Doch eben das fehler ihm. Dieſes Maul bleibt dieſem Waſſer— thiergen je und zu allen Zeiten wie aufgeſperret und offen; und nimt auf keine Weiſe die allergeringſte Veraͤnderung oder Bewegung an ſich. Und eben aus dieſem Grunde konnte ich mir gleich anfangs nicht einbilden, daß dieſe Theile der wahre Mund, der Ort und die Werkzeuge des Freſſens, ſeyn ſolten. Zwar hat Swammerdam wirklich dafuͤr gehalten, daß dieſe Thiergen an dieſem Orte und mit dieſen Theilen, als wie durch Roͤh— ren, die Nahrung in ſich zoͤgen; und beruft er ſich hiebey auf andere In— ſecten, von denen dieſe Art des Freſſens ausgemacht ſey. Allein ob ich gleich ſelbſt eine lange Zeit, nach der Aehnlichkeit und der Geſtalt, meyn⸗ te, daß hier das Maul, und die Werkzeuge deſſelben, ſitzen muͤßten, und ich mir mithin nicht wenig Muͤhe gab die Moͤglichkeit, wie dadurch die Nahrung in den Leib gebracht werden konnte, ausfindig zu machen; ſo Ji 3 habe (0 Tab. II. Fig. II. d. (% b. () Tab. 1 Fig. VI., (I) Tab. Fig. II. e. (TT) ce. 256 e e habe ich doch endlich gefunden, was vor eine ſchluͤpfrige Sache es iſt, wenn man mit Vorurtheilen des Anfebens und der Aehn⸗ lichkeit eine Sache betrachtet. Nachdem ich die Zaͤhne dieſes Thiergen, wie ich bald melden werde, an einem ganz andern, und ganz ungewoͤhn⸗ lichen ſcheinenden, Orte entdecket hatte; fo mußte ich nothwendig den Ges danken, daß das Maul hier am Kopfe ſitzen ſollte, fahren laſſen. Das Wahrſcheinlichſte iſt wohl, daß dieſe kegelartigen Roͤhrgen, und fonders lich der aͤußerſte duͤnnere und ſpitzige Theil derſelben, eine Art von Freß⸗ ſpitzen ſeyen, wodurch das Thiergen diejenigen Koͤrper, und kleine ns ſecten, ſogleich befuͤhlen und unterſcheiden kann, die ihm tauglich oder un⸗ tauglich ſind. Dieſe Muthmaſſung wird dadurch um ſo mehr beſtaͤrkt, da es mir nicht nur manchmal wirklich geſchienen hat, als ob ſich dieſe Theile herunterwaͤrts in die Oeffnung der Muſchelſchale bewegten; ſondern weil auch alles, was in die Muſchelſchale koͤmmt und gebracht wird, unter und ganz nahe an dieſen Roͤhrgen, oder Freßſpitzen, vorbey gehet. Von da, wo ſich das anſcheinende Maul endiget, nimt der Ropf, oder das Naſentheil, merklich an Breite zu; und gleichwie er ſich oben gewoͤlbet hinunter ſchlaͤgt, alſo verlieret er ſich unten, nach einer kleinen Hoͤhlung, in der geöfneren Muſchelſchale. Inſonderheit aber iſt an den— ſelben der lange Fortgang zu bemerken, womit er oben, und ein gutes Theil der hintern Muſchelſchale, als wie mit einem Schilde bedecket iſt (Y). Wenn man das Thiergen ſowohl nach der Quere (**), als von dem Bauche (***), und von der Ruͤckenſeite (T) anſiehet, fo hat dieſer Kopf- und Halsſchild die ordentliche Geſtalt eines Nonnen -oder Trauer⸗ ſchleyers. Und ich will ihn daher auch den Schleyerſchild nennen. Er nimt feinen Anfang gleich über und hinter der Oberlippe des anfcheinens, den Fiſchmaules, und iſt bis zum Auge ein duͤnner, einfacher, erhabe— ner und oben ſcharfzuſammenlaufender Streif, welcher, da er gerad uͤber das Auge (TT) weglaͤuft, ſolches gleichſam in zween Theile abſchneidet, und (*) Tab. I. Fig. VI. a. VII. a. b. b. VIII. d. e. f. Tab. II. Fig. II. h. (0 Tab I. Fig. VIII. (Y Fig. VI. (H Fig. VII. (II Tab. II. Fig. II. f. VII. a. 5 cu + 2» 257 und daher zu der unten anzuführenden Meynung mag Anlaß gegeben has ben, daß dieſes Auge zwey zuſammengekleiſterte Augen waͤren. Unmit⸗ telbar unter dem Auge nimt der Schleyerſchild eine dreyeckige Geſtalt an, welches der Stirnſchneppe eines Schleyers aͤhnlich ſiehet. Dieſes ſchneppenartige Dreyeck ſchlaͤgt ſich alsdenn nicht nur uͤber den Kopf hin, über wo es eine gewoͤlbte Erhöhung macht; ſondern es verlängert ſich auch uͤber die Arme auf die Seiten hinaus, wo es denen Seitenecken eines Schleyers ziemlich beykoͤmt. Das Mittlere dieſes Schleyers (*) iſt ers was erhaben, und mit dreyen beſondern Streifen gezieret. Sie entſte— hen vorne über der Stirnſchneppe aus dem gedachten einfachen Streife; die zween aͤußern entfernen ſich alsdenn, nach außen zu, voneinander ab und gegen die Seite; kommen aber hinten am Ende des Schleyers wie— der zuſammen. Der mittlere Streif gehet gerade uͤber den Kopf und Schleyer weg, und nachdem ſich die beyden Seitenſtreifen am Ende des Schleyers mit ihm vereiniget haben, laͤuft er den ganzen Ruͤcken, und bis zur Schwanzſpitze hinunter, oder endiget ſich vielmehr in der Schwanz ſpitze ſelbſt. Und von dieſem Streife hat eben der Ruͤcken und die Schwanz ſpitze die ſcharfe Schneide. Der hintere Theil des Schleyerſchildes (** hat eine ziemliche Breite, iſt oben und an den Seiten rundlich, unten aber bogenweiſe abgeſchnitten. Er ſcheinet noch uͤberdieß mit einem Paare rund— licher Koͤrper, wie mit einem Paar Kuͤſſen, unterlegt oder gefuͤttert zu ſeyn (***). Da man dieſe Thiergen beſtaͤndig mit dem Kopfe auf dem Boden, und an andere in dem Waſſer liegenden Koͤrper auffahren und anſtoßen ſiehet, um damit zweifelsohne die ihnen zur Erhaltung noͤthigen Inſecten, oder andere Naͤhrungstheile, in Bewegung zu ſetzen; fo muthmaße ich, daß ihnen dieſer ſtarke Kopf und Schulterſchild, darum muͤſſe gegeben ſeyn, damit die innern und ſehr zarten Theile des Kopfes von dem Anf— ſtoßen keinen Schaden leiden. Man ſiehet dieſe Theile gar ſchoͤn ſo— wohl durch den Kopf, als durch den Schleyerſchild, ſcheinen; und ich werde Tab. J. Fig. VI. a. VI. a. ( Tab. I. Fig. VII. b. c. C Tab. II. Fig. II. i. * * 258 d e werde ihrer hernach in der Ordnung gedenken. Dieſes muß ich noch an⸗ merken, daß der Kopf und Schleyer zwar eben ſo, wie alles Aeußere die⸗ ſer Thiergen, ſchalenartig iſt; doch bemerket man hier die rautenartige Schuppen nicht, wie an der Muſchelſchale; ſondern er ſcheinet ſtatt der⸗ ſelben nur wie mit hart aneinanderſtehenden Knoͤpfgen uͤberſaͤet zu ſeyn, dergleichen die Haut an einer Art Rocher iſt, womit die Meſſerſchalen, und andere Gefaͤße, pflegen uͤberzogen zu werden. Unter den erſtgemeldten Seitenecken des Schleyers liegen und bes wegen ſich die zwween Arme (*), von welchen dieſe Thiergen den Mas men der baumartigen oder gezackten Waſſerfloͤhe erhalten haben. Sie ſind mit zween oder drey ringfoͤrmigen Abſaͤtzen dem Leibe angeglie— dert, und dieſe ſcheinen eines weit zaͤrtern und weichlichern Gemaͤchtes zu ſeyn, als die uͤbrigen Theile der Arme. Es mag auch ſolches die Abſicht ihrer oͤftern Bewegung ſo erfordern; und laͤßt ſich hieraus zugleich die Ur⸗ ſache angeben, warum dieſer Anfang der Arme mit einem Theile des hart ſchaligten Schildes uͤberdecket iſt. Denn, welcher Gefahr wuͤrden dieſe weichen und zarten Theile, ohne eine ſolche Bedeckung, ausgeſetzet ſeyn? Und wie koͤnnte das Thiergen feiner Nahrung nachgehen, wenn durch die Beſchaͤdigung und den Verluſt dieſer Theile die Arme ihre Bewegung verlieren ſollten? Die Arme ſelbſt betreffend, fo folget auf die ringfoͤrmigen Abſaͤtze zuerſt ein ziemlich dicker und langer einzelner Stammaſt (**), aus wels chem oben zween andere längere, oder duͤnnere, entſpringen, welche letz tere wie zween Zweige an einem Baume ausſehen (***). Jeder Zweig hat wieder feine beſondern Glieder, feine Haarroͤhrgen, und Seiten⸗ fpigen; darinnen fie aber beyderſeits keinesweges, wie es andere dafuͤr gehalten und ausgegeben haben, einander volig gleich ſehen. Der untere, oder innere von dieſen Zweigen, der, wenn das Thier gen ſchwimmet, dem Kopfe zu ſtehet, hat drey Gelenke, oder Abſaͤtze (5); da⸗ 9 Tah. J. Fig. gg. C n eg. (TI VI. 2. VIII. 3. 3. 4. Tab. H. Fig. VI. A. B. g. „ 239 davon das unterſte Gelenke länger, und das oberſte kürzer, als das mitt lere, iſt. Jedes von dieſen Gelenken, hat ſowohl oben, als an der innern Seite, feine Ruͤthgen, oder Haarroͤhrgen, mit ſo genannten Federbaͤrt— gen. Das erſte und zweyte Gelenke hat nur ein einziges ſolcher Ruͤth— gen (5), welches an der innern Seite der Muſchelſchale zu ſtehet; und gegen ihm über auf der andern Seite ſiehet man, ſtatt dieſes Ruͤthgen, allezeit eine kurze dreyeckige Spitze (**). Das dritte und oberſte Gelen⸗ ke hat, ſtatt eines einzeln, drey nebeneinanderſtehende, ſolche braun oder ruthenaͤhnliche Daarröhrgen („*). Und zwar find dieſe Haarroͤhrgen nicht nur, wie Swammerdam ſeiner Zeit bloß gemuthmaſſet hat, al lerdings dreymal abgeſetzt und gegliedert; ſondern ihre Federbaͤrtgen ſind auch von verſchiedener Länge. Wo das Haarroͤhrgen, oder Ruͤthgen ans ſitzt, findet man ſie auf beyden Seiten ſehr klein; ſie werden aber gegen die Mitte immer laͤnger und groͤßer; und alsdenn verkuͤrzen ſie ſich wieder nach und nach bis in die Spitze. Und weil ſie darinnen den Baumzwei⸗ gen, oder Federbaͤrtgen, gleich kommen; ſo werden ſie baumartige oder federbartaͤhnliche Haarroͤhrgen genennet. Von dieſem untern und innern Zweige gehet der obere, oder aͤußere, der dem Leibe zu ſtehet (T), in zwey Stuͤcken ab. Erſtlich, hat er, auf, ſer den vorigen drey Gelenken, unten noch ein viertes kleines, das aber ſehr merklich iſt. Zweytens, fehlt dem darauf folgenden Gliede allezeit das Seitenruͤthgen, oder das Haarroͤhrgen. Die übrigen Stücfe find wie bey den vorigen, und folglich iſt unnoͤthig ſie zu wiederholen. Die Arme ſind, ſowohl in Anſehung des Stammaſtes, als der bey⸗ den Zweige und ihrer Gelenke, mit einer knopperigen rauhen und durch— ſichtigen Haut umgeben, durch welche die Maͤußlein, ſo jedes Glied und Seitenroͤhrgen bewegen, gar ſchoͤn durchſcheinen. Die knopperige Haut giebt vermuthlich den Armen eine dauerhafte Staͤrke; welche ihnen um ſo noͤthiger ſeyn mag, da ſie dieſen Thiergen nicht nur das ſind, was einem Die grünen Armpolypen. Kk Schiffe (0 Tab. I. Fig. VI. e. f. (9 d. d. () g. h. i. () Tab. I. Fig. VI. I. 4 N 260 e e e Schiffe das Ruder iſt, als vermittelst welcher ſie ſich hin und her begeben; ſondern weil auch ihre beſtaͤndige Bewegung zu ihrer Nahrung, und zu ihrem Unterhalte, kein geringes beytragen mag; indem ſie dadurch die kleinen Inſecten, und andere Nahrungstheile, gegen die Mufchelöfnung treiben, und von da in das Innere peefehban und fo nach und en in ihren Leib, zu bringen wiſſen. Nach dem nunmehro beſchriebenen Kopfe, und eg dieſer ge ge⸗ ſchwaͤnzten Waſſerſloͤhe, iſt der größte äußere Theil zu betrachten. Es iſt dieſes eine, in Anſehung des Kopfes, ſehr lange und breite Muſchel⸗ febale; die, wenn man fie ganz allein nimt, etwas länger, als breiter, folglich mehr eyfoͤrmig, als voͤllig rund iſt. Sie beſtehet aus zweyen be— ſondern Schalen, die vorn vom Kopfe bis an die Schwanzſpitze, nach Willkuͤhr wenig oder viel geoͤfnet (*), und wieder zugeſchloſſen, werden toͤnnen. Hinten aber auf dem Ruͤcken laufen ſie zuſammen, oder ſind vielmehr daſelbſt aneinander gewachſen (). Jede diefer Halbſchalen iſt von außen in der Mitte ſtark gewoͤlbet; gehet aber, ſowohl dem Bau— che und Rücken, als dem Kopfe und der Schwanzſpitze zu, in eine ſchar⸗ fe Rundung aus. Der Rand dieſer Schneide iſt um und um, den Kopf und Schleyerſchild ausgenommen, mit ſtark aneinander ſtehenden zaͤhnen⸗ artigen kurzen Borſtenhaͤrgen eingefaßt. Die Schroanzſpitze, als das eigentlichſte Unterſcheidungszeichen dieſer Art von Waſſerfloͤhen, befindet ſich unten am Ende der Mufchel ſchale (**). Sie iſt ein bloßer Fortgang derſelben, folglich auch von eben demſelben Zeuge und Gemaͤchte. An den Seiten ſcheinet fie rund, lich, oben und unten aber ſcharf, wie eine Degenklinge, zu ſeyn. Auch iſt die obere und untere Schneide mit eben folchen zahnartigen kurzen Bor ſtenhaaren beſetzt, als der Rand der ganzen Muſchelſchale hat. Von ſechs Reihen kurzer Stacheln, die auf dieſer Schwanzſpitze, wie Herr Baker meldet, ſich e ſollen, habe ich ale wahrnehmen koͤnnen. Es muͤßte (0 Tab. I. Fig. VI. (**) Fig. VII. VIIL () Tab. I. Fig. WI. £ VII. e., VIII. 1 wre 261 müßte denn ſeyn, daß er eine ganz andere Gattung, als ich, vor fich ges habt haͤtte, welches ſich doch aber aus ſeiner uͤbrigen Beſchreibung nicht marhmaſsen laſſet. Dieſes aber iſt gegruͤndeter, daß dieſe Schwanzſpike manchmal ver⸗ loren gehet. Und bey nahe ſollte ich glauben, daß zu einer gewiſſen Zeit dieſelbe von dieſen Waſſerfloͤhen eben fo abgeleget würde, wie es die Hir⸗ ſche mit ihren Geweyhen zu thun pflegen. Wenigſtens habe ich noch itzo in einem Glaße mehr, als etliche hundert folcher Thiergen, die dieſe Schwanz ſpitze anfänglich gehabt haben, deren Junge auch jedesmal mit derſelben verſehen find , denen fie aber dermalen insgeſamt, und ohne Aus— nahme, mangelt. Wenigſtens laͤßt ſich hieraus dieſes abnehmen, daß die Gegenwart und die Abweſenheit der Schwanzſpitze dieſer Art von Wafı ſerfloͤhen zum Leben nicht nothwendig, und alſo keines von ihren edlern Werkzeugen ſeyn muͤſſe. Jedoch es mag dieſe Spitze ſo ſtark abgebrochen ſeyn, als ſie immer will; ſo iſt doch allezeit noch ſo viel davon uͤbrig, daß man daraus das ehemalige Daſeyn derſelben abnehmen kann. Noch muß ich von dieſer Muſchelſchale gedenken, daß ſie uͤber und über mit gewürfelten Schuppen ſcheinet bedecket zu ſeyn (*); und daß wenn dieſe Thiergen im Waſſer fortrudern, die Muſchelſchale vorn alle⸗ zeit offen iſt. Man ſiehet alsdann einen gewiſſen klauenaͤhnlichen Fuß, den ich bald näher beſchreiben werde, beſtaͤndig aus und einſchlagen (9). Und es wird ſich an ſeinem Orte weiſen, d aß die Muſcheloͤfnung ſowohl, als das Aus und Einſchlagen des Klauenfußes feinen hinreichenden Grund, und ſeine nothwendige Urſache, habe. Ich komme nunmehr von den aͤußern auf die innern Theile dieſer zackigen Waſſerfloͤhe. Sie liegen theils oben im Kopfe, und unter dem Schleyerſchilde, theils, und am meiſten, innerhalb der Muſchelſchale. Die ſelben aber zu entdecken „auseinander zu ſetzen, und ganz eigentlich Kt 2 8 zu () Tab. I. Fig. H. C**) Tab. I. Fig. VI. d. VIII. q. 262 n zu beſtimmen, koſtet unglaubliche Gedult, Muͤhe und Vorſicht. Ja ich habe diejenigen, welche ſonderlich im Kopfe, unter dem Schleyerſchilde, und im Ruͤcken der Muſchelſchale ſich befinden, nur bloß ſo, wie ſie durch⸗ ſcheinen, beobachten koͤnnen; indem es mir bey keinem Kunſtgriffe gelin⸗ gen wollen, die obere Decke dergeſtalt abzuloͤſen, daß die darunter liegen⸗ den Theile nicht auch zugleich ſollten zerriſſen worden und zerfloſſen ſeyn. Mit denen meiſten Theilen aber, die vorn in der Muſchelſchale gefunden werden, habe ich beſſer zurechte kommen koͤnnen; ſintemal ich ſolche auf folgende Weiſe nach und nach gelernet habe unverletzt von der Schale abs zuſondern und herauszunehmen. ; Ich tödtere einen ganzen Haufen diefer Thiergen zugleich miteinan⸗ der im Weingeiſte; und ließ ſie hierauf vier und zwanzig Stunden, auch langer in friſchem Waſſer liegen. Nachdem dadurch die Schale ganz weich und ſchlapp geworden war; ſo konnte ich mit ein Paar Stecknadeln, mit deren Spitzen ich in die Oefnung zu kommen ſuchte, gar leicht die beyden Halbſchalen auseinander legen, und von den anſitzenden Theilen abſchaͤlen. Endlich nahm ich einen zarten Pinſel, tunkte ihn ins Waſ— ſer, und beruͤhrte mit einigen Tropfen die abgeſonderten, und frey dalie⸗ genden, Theile ſo lang, bis ſie ſich auseinander, und aus ihrer ordent— lichen Lage, begaben. Ich habe dieſen Handgriff denenjenigen zu Gefal— len hier melden wollen, die etwa Luſt haben moͤgten, meiner Beſchreibung auf den Grund zu ſehen. f Was die innern Theile ſelbſt anlanget, ſo ſollte ich zwar billig von den edlern den Anfang machen; allein ich werde dießmal nach einer ans dern Ordnung verfahren. Ich werde zuerſt diejenigen genau beſtimmen, die ſich gleich beym erſten Anblicke zeigen, und auch ohne Vergroͤßerung geſehen werden. Und da iſt denn gleich das erſte, ſo am Kopfe von in⸗ nen durchſcheinet, das einzelne ſchwarze, und ziemlich große zuſammen⸗ geſetzte Auge (5). Es befindet ſich ganz oben, gleich unter dem Ans fange des Schleyerſchildes, es iſt ziemlich rund, und aus einer Menge ande⸗ Tab. % Fig. VIII. c. Tab. II. Fig. II. f. u e 263 anderer kleinen linſenfoͤrmigen Angen zuſammengeſetzet. Die innern ſind allezeit ſchwarz und undurchſichtig; die aͤußerſten aber find rund umher weiß, klar und ſo durchſichtig, als kleine Waſſerkuͤgelgen. Jedes dieſer linſenfoͤrmigen Augen hat. feine beſondere Sehenerven, die in einem al gemeinen trichteraͤhnlichen Buͤſchel zuſammengehen, und ſich unten in ei⸗ nem Puncte vereinigen. Laͤngſt dieſen trichteraͤhnlichen Sehenerven lie— get zur rechten und linken Seite ein ſehr ſichtbares Maͤußlein, vermoͤge deſſen das Thiergen ſein Auge bald nach der linken, bald nach der rechten, Seite ſtark herunterwaͤrts ziehen, und bey nahe ganz umkehren kann, je nachdem es das rechte oder linke Maͤußlein mehr und weniger anziehet— Wie denn überhaupt dieſes Auge in einer beſtaͤndigen Bewegung iſt, wel— ches meines Erachtens, unter andern auch von dem unausgeſetzten Auf— und Niederſchlagen der Arme herkoͤmmt, als unter deren Anfange und Eingliederung ſich der allgemeine Buͤſchel Sehenerven verlieret. Ich weis zwar, daß Swammerdam, Baker, und andere mit ih⸗ nen, nicht glauben wollen, daß dieſes zuſammengeſetzte Auge einſchichtig fey, und daß fie für gewiß glauben, daß es zween beſondere größere Au— gen ſeyen, die aber ſo ſehr und genau aneinander geklebt waͤren, daß ſie ein einzelnes zu ſeyn ſchtenen. Allein ich bin durch gar zu viele Beobach⸗ tungen des Gegentheils uͤberfuͤhret worden; und kann man ſich von der Warheit meiner Meynung dadurch am erſten uͤberzeugen, wenn man bey ſolchen Waſſerfloͤhen nachſehen will, die nur erſt aus dem Eye gekommen ſind. An dieſen zeiget es ſich gar offenbar, daß ſie nur ein einziges zu⸗ ſammengeſetztes Auge haben, und daß ſie alſo vom Herrn Linnaus mit Recht Einaugen genennet werden. Unter dieſem groͤßern Auge, faſt in der Mitte des Kopfes oder auf dem Backen, ſiehet man einen zweyten, aber ſehr kleinen, ſchwarzen und beſtaͤndigen Flecken („*). Bey einigen zeiget ſich derſelbe rundlich, bey andern eckig, und noch bey andern wie drey ordentliche, in einem Dreyecke bey einander ſtehende, ſchwarze Puͤnctgen. Sollten dieſe ſchwarze Knoͤpf— Kk 3 gen (*) Tab. I. Fig. VIII. e. Tab. II. Fig. II. () Tab II. Fig. II. g. 264 e > gen vieleicht eine Art kleiner einfachen Augen ſeyn, dergleichen an andern, ſonderlich Erdinſecten, zuverlaͤßig bekannt find. Wenigſtens werde ich bey Beſchreibung des fiſchfoͤrmigen Riefenfußes ebenfalls ſolcher kleinen und ſchwarzen Flecken gedenken, die ſich an demſelben oben am Kopfe zwi⸗ ſchen den groͤßern Augen befinden. Und bey dem krebsfoͤrmigen Ries fenfuße, (Monoculus cauda biſeta Linnæi) werde ich kuͤnftig ebenfalls ders gleichen etwas zeigen koͤnnen. Doch muß ich geſtehen, daß ich auf keine Weiſe habe gewiß entſcheiden koͤnnen, ob diefe anſcheinenden kleinen Aus gen doppelt, oder nur einfach ſeyen; indem fie ſich auf einer Seite, wie auf der andern, gezeiget haben. Nach deim groͤßern zuſammengeſetzten, und dem anſcheinenden ein⸗ fachen, Auge, wird man weiter hinter denſelben, eines dunkeln Hauptge⸗ faͤßes gewahr (*). Es laͤuft vom Kopfe durch das ganze Thiergen unaus⸗ geſetzt fort, und gleicher, nach Swammerdams Ausdrucke, einem roͤmi⸗ ſchen 8, oder noch eigentlicher, einer verkehrten deutſchen Dreye (8). Die ſes Hauptgefaͤße nimt gleich unter dem Halſe des Thieres, innerhalb der Muſchelſchale, und unmittelbar über den Zähnen (*), feinen Anfang. Wenn es ein wenig in gerader Linie in den Kopf hinauf geſtiegen iſt; ſo machet es unter dem Schleyerſchilde ein hohlen Bogen, deſſen hohler Theil dem Bauche, der gewoͤlbte Theil aber dem Rücken, zu lieget; hierauf wendet es ſich laͤngſt dem Rücken, in einer Schlangenlinie, abwärts; und nachdem es unten wieder einen etwas ſeigten Bogenſchnitt gemacht hat, nimt es am Klauenfuße feinen Ausgang (*). Man koͤnnte dieſes Ge— faͤße, von den Zähnen bis oben an den Kopf, mit einen aufwaͤrtsſteigen⸗ den, und von da bis zum Ausgange mit einen abwaͤrts ſteigenden, Ges faͤße vergleichen; ſo wie etwa in der Zergliederungskunſt ab und aufſtei⸗ gende Gaͤnge, Schlag- und Blutadern, vorkommen. Es iſt dieſes Hauptgefaͤße in Anſehung des ganzen Thiergens ziem⸗ lich weit und groß, und mit einem meiſt braunrothen und gruͤnlichen Safte () Tab. I. Fig. VI. VII. VII. Tab. II. Fig. II. m. n. o. p. t. () J. (*) Tab. LFig. VIII. o. Tab. II. Fig. V. k. edel 4 d 205 Safte und Unrathe angefuͤllet (*). Dieſer ziehet ſich, ſonderlich in dem obern Theile beſtaͤndig auf und nieder, bis er endlich unten ruckweiſe aus— geworfen wird, ins Waſſer faͤllt, und darinn zerfaͤhret. Aus den angeführten erhellet ſchon, daß dieſes, dem erſten Anſehen nach ganz einfach ſcheinende, Gefaͤße aus denenjenigen Werkzeugen und Theilen zuſammengeſetzt ſeye, mit welchen das Thiergen ſeine Nahrung einnehmen, verdauen, und endlich den uͤberfluͤßigen und ausgeſogenen Unrath von ſich laſſen koͤnne. Eine genauere Unterſuchung wird davon naͤhere Erlaͤuterung geben. b Die natuͤrlichſte Vermuthung iſt, daß die obere Oefnung dieſes Ge, faͤßes, oder Ganges, der Mund ſey (*); und daß die untere Oefnung den After ausmache (***), Jene Mundoͤfnung befindet ſich alſo, erſt angezeigtermaßen, inn— wendig zwiſchen und innerhalb den beyden Schalen, gleich oberhalb den Kiefenfuͤßen und den Zaͤhnen. Wie ſeltſam und außerordentlich iſt alſs die Lage und der Bau dieſes Mundes! Iſts moͤglich, daß ein Thier ſei— nen Mund tief im Leibe, wenigſtens ſehr weit unter den Schaldeckeln, ver— borgen habe ? Sollte man ihn nicht vielmehr, und natuͤrlicher Weiſe vorn am Kopfe ſuchen? f Ich habe mich daruͤber ſchon oben erklaͤret und bezeuget, wieviel es mir gekoſtet hat, bis ich dieſes Vorurtheil uͤberſtiegen habe, daß der Mund eines Thieres allezeit vorn am Kopfe ſitzen muͤſſe. Und wer weis, ob ich je die Warheit wuͤrde gefunden haben, wenn nicht der beſondere Bau und die ſeltene Sage des Mundes der fiſch⸗ und krebsfoͤrmigen Riefen- fuͤße, aus den mit dieſen Thiergen einige Sommer her fo häufig gemach⸗ en Verſuchen und Beobachtungen, mir bekannt geweſen wäre. Da ich aber an diefen, ſonderlich an den letztern, Thiergen über ihren erſten Kie⸗ fen allezeit ein Paar bewegliche Zaͤhne angetroffen hatte; ſo fiel mir Sr ma c) Tab. II. Fig. H. o. p. Tab. I. Fig. V. m. C**) Tab. II. Fig. II. m. () Tab. I. Fig. VIII. o. Tab. I. Fig. V. k. 266 * n M mals bey, ob fich bey dieſen zackigen Waſſerfloͤhen, die ſonſt mit erſtge⸗ f dachten Kiefenfuͤßen fo viele Aehnlichkeit haben, nicht auch um die naͤm⸗ liche Gegend etwas dergleichen, als Zaͤhne, finden moͤgte. a Mit dieſen Gedanken nahm ich dann meine Waſſerfloͤhe aufs neue in Betrachtung, und ich ſahe nunmehro wirklich an einem ſehr durchſich⸗ tigen dieſer Thiergen unter dem erſten Paar Kiefenfuͤßen ſich etwas, nach einer beſondern Art, auf und niederbewegen. Und was das Meiſte, ſo ward ich gewahr, daß faſt auf eine jede Bewegung der neuentdeckten Koͤr⸗ per der braͤunliche Unrath in dem Hauptgefaͤße weiter in den Kopf hin aufruͤckte, und ſich auf dieſe Weiſe augenſcheinlich vermehrte. Ich konn⸗ te nicht anders denken, als daß dieſe Koͤrper die Zaͤhne ſeyn muͤßten. Da ich fie aber in ihrer eigenen Geſtalt, und ihrem Baue, unter der Mu⸗ ſchelſchale nicht ſo, wie ich wuͤnſchte, zu Geſichte bekommen konnte; ſo mußte ich mich dieſes Handgriffes bedienen. Ich nahm etliche Waſſerſl, he, die ſchon einige Tage im Waſſer todt gelegen und ganz weichlich ges worden waren; und nachdem ich ohne viele Muͤhe die Schale abgeloͤſet hatte, ſo zeigten ſich jene Koͤrper ganz unverſehrt, und in ihrer eigentli— chen Lage; und da ſahe ich erſt recht, daß ſie Zaͤhne waren. Sie ſind kegelartig (*). Der hintere Theil, oder die Wurzel, laͤuft in eine Spis tze aus (**); der mittere Theil iſt rund und etwas gebogen, unten ge⸗ woͤlbt (***), oben abgeſchnitten, und innwendig entweder hohl, oder, wie ich vielmehr nach der Aehnlichkeit mit dem krebefoͤrmigen Kiefen— fuße vermuthe, mit einem weißen Weſen angefuͤllet (T); und was den vordern Theil, oder die Krone (11), betrift, ſo iſt dieſelbe ziemlich groß und ſtark; fie hat unten einen Knorpel, oder hügelähnlichen Anſatz (Tr, und iſt vorn ſenkrecht abgeſchnitten, auch ſcheint ihre vordere Platte nicht glatt zu ſeyn, ſondern, wo nicht uͤberhaupt, wie die Backenzaͤhne bey an— dern Thieren, eine ungleiche Fläche zu haben, doch wenigſtens aus einer äuffern erhabenen Randeinfaſſung, und einer innern Vertiefung, zu bes eh en f a Diefer ( Tab. I. Fig. H. () a. a. Shi b. b. em Ke ES d. d. (TTT Tab. II. Fig. III. e. e. (I)) f. we 267 Dieſer Zähne find zween, auf jeder Seite einer. Mit ihrer Wur— zel ſind ſie hinten angegliedert; mit ihrer Krone aber, und deren vorderm Flaͤche, ſtoßen ſie, oder reiben ſich vielmehr, beſtaͤndig auf und aneinan— der. Und eben dieſes ihr Zuſammenreiben verurſachet, daß es manch— mal das Anſehen hat, als ob fie ſich beſtaͤndig auf und niederbewegten. Ihre Farbe iſt weiß und halbdurchſichtig: nur allein die Krone iſt braun und voͤllig undurchſichtig. Aus dieſem iſt leicht zu begreifen, daß dieſe Koͤrper nichts anders, als die Werkzeuge ſeyen, durch deren Bewegung und Zuſammenreiben die, durch die Kiefenfuͤße bis dahin gebrachte, Speiſe zermalmet, und hierauf zu dem Munde gebracht werde. Verrichten nun dieſes bey Menſchen und Thieren die Zähne; fo werde ich keinen Anſtand nehmen dürfen, auch dies fe Körper für die wahren und eigentlichen Zähne der Waſſerfloͤhe anzu—⸗ ſehen und zu erklaͤren. Und damit fiele freylich die obengedachte Meynung des Swammerdams auf allezeit über den Haufen, als ob dieſe Thiers gen durch die Roͤhrgen am Kopfe ihre Nahrung einſaugten. Allein, man moͤgte mir einwenden, wie denn die Speiſe dieſer Thier⸗ gen innwendig zwiſchen die Muſchelſchalen, zwiſchen die Kiefenfuͤße, und fo dann in den Mund gebracht werde? Nun werde ich zwar folches bey dem fiſchfoͤrmigen Kiefenfuße ziemlich begreiflich zu machen ſuchen, und am deutlichſten wird es Zeit an dem krebsfoͤrmigen Kiefenfuße zei⸗ gen laſſen; ich will es aber doch auch bey dieſen Waſſerfloͤhenſo erzaͤhlen und vorſtellen, wie ich es an ihnen ſehr oft, und nie ohne Verguuͤgen und Verwunderung, bemerket habe. Man wird ſich aus dem vorhergehenden erinnern, daß die Waſſer— floͤhe im Hin ⸗und Herrudern die Muſchelſchale offen haben, und ihre Kies fenfüße in derſelben beſtaͤndig theils auf- und unterwaͤrts, theils von eins ander ab, und gegeneinander, bewegen. Dieſe innere, und beſtaͤndige Des wegung der Kiefenfuͤße giebt alſo dem vor der Muſchelſchale ſtehenden Waſſer, und den darinn ſich befindenden Inſekten, und andern Körpern, Die gruͤnen Armpolypen. | a einen 268 un einen ſolchen Zug, daß alles mit einiger Gewalt und Heftigkeit indie Mus ſchelſchale geleitet wird. Und gleichwie es ſcheint, daß die obere Gegend der Muſchelſchale, gleich unter den Kopfroͤhren, oder Freßſpitzen (5), ders jenige Ort ganz allein ſeye, wo das Waſſer in das Innwendige der Mu ſchelſchale einſchießet; alſo moͤgen die uͤbrigen Gegenden der Oeffnung wohl bloß dem Ausfluſſe des eingetretenen Waſſers, einer deſto freyeren Bewegung der Kiefenfuͤße, und ſonderlich dem ſtaͤrkerm Ein, und Aus⸗ ſchlagen des Klauenfußes, beſtimmt ſeyn. Wenigſtens habe ich nie, als an der gedachten obern Gegend der Muſchelſchale Waſſer, und was ſich in demſelben befand, in das Innwendige eindringen geſehen. Es kann auch ſolches nach dem Baue und der Lage der Kiefenfuͤße nicht anders ers folgen. Denn da das erſte Paar Kiefenfuͤß (**) ungleich kleiner iſt / als die folgenden (*); fo muß nothwendig, ſo oft dieſe Kiefen⸗ fuͤße, ſonderlich die groͤßern, ſich unterwaͤrts bewegen, oben bey dem erſten kleinen Paare, der groͤßte waſſerleere Raum entſtehen, und alſo auch das aͤußere Waſſer um dieſe Gegend einſchießen, weil es hier den wenigſten Widerſtand findet. Schlagen ſich nun hierauf die Kiefen— füße auf jeder Seite auseinander, fo muß das oben eingetretene Waſſer zwiſchen dieſelben kommen, und ſich hierauf von einem Kiefenfuße zum andern herabſenken. So bald das Waſſer bis zu dem letzten Kiefenfuße (1) herabgekommen iſt; fo werden die in dem Waſſer ſich befindenden Inſecten, und andere zaͤhe und feſte Koͤrper, genoͤthigt einen andern Weg zu nehmen. Der letzte Kiefenfuß ſchlaͤget alsdann ſtark aufwärts, und ſchleudert damit jene Inſecten und alles, was feſt und zaͤh iſt, augen— blicklich hinterwaͤrts, und zwar in diejenige Furche, die von dem Anfange der Kiefenfuͤße entſtehet, und die von dem Auf- und Zuthun derſelben bald weit, bald eng, iſt. In diefer Furche ſteigen die Inſecten und andere Körper bis gegen das zweyte Paar Kiefenfuͤße in einer geraden Linie aufs waͤrts; ändern aber daſelbſt zum zweytenmal ihre Richtung. Sie wenden ſich um dieſe Gegend von der Furche wieder ab, und ſteigen in einer ſchraͤ— gen Linie gegen die Muſchelſchale bis an die Zähne hinauf (TT). x er () Tab. I. Fig. VIII. a. Tab. II. Fig. II. v. () Tab. II. Fig. IV. I. (%) 2. 3. 4. 5. CH Tab. I. Fig VIII. r. (T T) Tab J. Fig. I. Tab. II. Fig. II. u. un nr 269 »Wer ſich von dem, was ich itzt angegeben habe, überzeugen, und alles ſelbſt mit anſehen will, der darf nur alſo zu Werke gehen. Er lege auf die oben beſchriebene Art einen lebendigen Waſſerfloh mit etwas weni— gem Waſſer unter die zuſammengeſetzte Vergroͤßerung; und bringe zu— gleich in ſolches Waſſer dunkeln Staub, oder andern ſehr kleinen und zaͤ— hen Unrath. Er wird ſehen, wie dieſer Staub und Unrath gar bald in Bewegung geſetzt, und auf erſtgemeldte Weiſe, an der obern Gegend der Muſchelſchale in dieſelbe, zwiſchen die Kiefenfuͤße, in die Furche, und endlich oben in einer ſchraͤgen Linie vor die Zaͤhne gebracht wird. Kommen dann aber Inſecten, oder andere Koͤrper, vor die Zaͤhne; fo ift es ganz begreiflich, daß dieſelben ſolche faſſen, und durch ihr aneins anderdruͤcken zerreiben, theilen, und kleiner machen muͤſſen. Und ich zweifle gar nicht, daß auch um dieſe Gegend eine Ober- und Unterlippe ſich befinden werde, die alles ſo lang an der Mundoͤffnung erhalten, bis das Thiergen die Speiſe in den Anfang des Mundes gebracht habe. Ich ſchlieſſe ſolches nicht nur aus der kuͤnftig anzuzeigenden Aehnlichkeit mit dem ſchon mehrmals gedachten krebsfoͤrmigen Kiefenfuße; ſondern auch daher, weil, wenn man genau Achtung giebt, bey dem Rühren der Zaͤh— ne, noch einige andere dunkele Koͤrpergen um die Gegend der Mundoͤff— nung bemerket werden; ob ich fie gleich, wegen ihrer kleinen Beſchaffen— heit, und da ſie von der Muſchelſchale voͤllig bedecket werden, nie deulich habe auseinander ſetzen und beſtimmen koͤnnen. Gleich hinter dem Munde gehet der Schlund an (*). Er unten ſcheidet ſich von dem folgenden Gefaͤße gar deutlich durch ſeinen kleinern Durchſchnitt; iſt auch ungleich kuͤrzer. Mit dieſem Schlunde vereiniget ſich der magen Gi 7: Hitnehn als doppelt dicker, und länger, als der Schlund; und koͤmmt der Geſtalt nach einem andern Magen ziemlich bey, nur daß er hier nicht der Quere, ſondern ſenkrecht, lieget. Wie weit aber dieſer reicher, und ob er nicht vies leicht bis an den After in einem fortgehet; das getraue ich mir ſo "nr L 2 nicht (%) Tab. II. Fig. II. m. Fig. I. (5) Fig. II. n. Fig. I. d. 270 e e nicht zu beſtimmen. Duͤrfte man nach dem aͤußerlichen Anſehen, und nach der Aehnlichkeit, ſchließen; ſo moͤgte vieleicht der Magen bis dahin gehen, wo das Hauptgefaͤße an die obern hoͤrnerarttgen Anſaͤtze ſtoͤßet. Denn bis dahin iſt dieß Gefaͤße am dickſten; wird aber alsdenn, nach Art der Eingeweide, wieder dünner. Es ſcheinet auch das beſtaͤndige Auf, und Niederſteigen der Speiſe, und des Unrathes, davon ich unten die wahr— ſcheinlichſte Urſache anzugeben ſuchen werde, faſt nothwendig zu machen, daß das Hauptgefaͤße nicht in einem fortlaufen, ſondern feine verſchiede⸗ ne Abſaͤtze haben, muͤſſe. So groß und weit ubrigens dieſer Magen, und der übrige Theil des Hauptgefaͤßes iſt; fo erfuͤllet doch der darinn befindliche Fraß und Un⸗ rath, daſſelbe nicht gaͤnzlich. Es hat vielmehr das Anſehen, als ob die Hohlung des Gefaͤßes eng, in ſeinem ubrigen Baue und Weſen aber ſehr dick; jedoch vollkommen durchſichtig ſeyhe. Man kann ſich bie Sache nicht beffer vorſtellen, als wenn man ſich eine dicke Glaßroͤhre einbildet, deren innere enge Hohlung mit Queckſilber angefuͤllet iſt. Das Queck— ſilber ſtellet den Fraß und Unrath oder das dunkele Hauptgefaͤße; die Glaß— waͤnde aber die Dicke des Gefaͤßes vor; und welches manchmal ganz hell und durchſichtig iſt, manchmal aber gruͤnlich ausſiehet. Daß dieſes Gefaͤße wirklich ſo dick ſeyn ſollte, wie es ſcheinet; iſt nicht glaublich. Wozu nutzte dieſe erſtaunliche Dicke bey der ſonſtigen Feine aller uͤbrigen Theile dieſer Thiergen? Oder, wenn es mit lauter Mäußlein, Sehnen und Nerven uͤberzogen wäre, wie koͤnnte es fo volls kommen durchſichtig ſeyn. Es iſt alſo hoͤchſt wahrſcheinlich, daß, neben dem Magen und den Eingeweiden, zween andere Gefaͤße der Laͤnge nach mit fortlaufen, in welchen der Umlauf eines durchſichtigen ſehr feinen Saftes, fo dem Thiergen ſtatt des Blutes dienet, vor ſich gehen mag. Hievon werde ich bey Anzeige der weniger ſichtbaren Theile genauer und weitlaͤuftiger handeln. Ich nenne die nunmehr vorkommenden Theile weniger ſichtbar, weil fie ſchon ein geuͤbtes Auge, und eine ſehr ſtarke Vergroͤßerung, erfordern, f i wenn oc e 271 wenn man ſich davon auch nur einigen Begriff machen will. Und auch bey allen dieſen Huͤlfsmitteln bleibet gleichwohl die Kenntniß dieſer Theile noch unvollkommen genug. Ja, wie viele Theile und Gefaͤße moͤgen gar uͤberſehen, oder doch ihnen ganz andere Beſtimmungen, und ein ganz ans derer Nutzen, als ſie wirklich haben, beygeleget werden. Und eben aus dieſem Grunde wird man es mir nicht zur Laſt legen, wenn ich viefe we— niger ſichtbaren Theile ſo vollkommen nicht, wie ich haͤtte wuͤnſchen moͤ— gen, angeben kann. Man wird mit mir zufrieden ſeyn, wenn ich ſie ſo anzeige und beſchreibe, wie ſie mir am meiſten vorgekommen ſind; und wenn ich jeder Anzeige und Beſchreibung einige Muthmaßungen von ihs rem Endzwecke beyfuͤge. Es ſitzen dieſe edlern, und zum Leben der Thiergen nothwendigen, Theile und Werkzeuge an dem von mir erſt beſchriebenen, und in einer Schlangenlinie durch den Kopf den ganzen Leib heruntergehenden dun— keln Hauptgefaͤße („), dem Magen und den Gedaͤrmen; mit denen die ans dern, oben und unten ſich anſchlieſſenden, durchſichtigen Gefaͤße zweifels— ohne durch ganz kleine und unſichtbare Gaͤnge, Maͤußlein und Flechſen, eine Verbindung haben mögen. Ich will fie in derjenigen Ordnung ans fuͤhren, in welcher ſie mir zu Geſichte gekommen ſind. Unter dem Munde, unmittelbar vor dem Magen nach außen zu, fies het man das innere gelbgruͤne und durchſichtige Gefaͤße ſich in drey Huͤ— gelgen abtheilen (**). Sie find meiſtens eben fo gelbgruͤn und durchſich⸗ tig, wie das Gefaͤße; jedoch auch manchmal ganz weiß und helle; und ſcheinen wie mit lauter kleinen Falten, oder Knoͤpfgen, uͤberſaͤet zu ſeyn. Das unterſte Huͤgelgen (***) lieget gleich bey dem Anfange des Magens, und ſtehet mit ſeinem obern Theile dem anſcheinenden Fiſch— maule zu. Es hat die kleineſte und kuͤrzeſte Erhöhung; und man ſiehet von ſelbigem ſehr zarte Nerven zu Ye zwo Kopfroͤhren, oder Freßſpitzen, 3 hin⸗ ( Tab. II. Fig. I. K K o. P. 9 f. s. t. ( 1.2. f. . 272 d hinlaufen. Der mittelſte Zügel (*) iſt der laͤngſte und dickſte. Auf demſelben ſtehen ebenfalls einige, doch ſehr kurze, Nerven, die zu demjes nigen kleinen ſchwarzen Punkte gehen, der mit den einfachen Augen an— derer Inſecten eine große Aehnlichkeit hat. Dieſe Nerven gehen noch etwas uͤber dieſen ſchwarzen Punct hinaus, und vereinigen ſich endlich in eine Spitze. Der dritte und oberſte Huͤgel (**) iſt kuͤrzer, als der mitt— lere, jedoch groͤßer, als der unterſte. Er iſt oben ganz rund, wo man einen ganzen Buͤſchel Nerven gewahr wird, die insgeſammt nach dem zu— ſammengeſetzten groͤßern Auge laufen. Vermuthlich ruhet ein jedes lin— ſenfoͤrmiges Kuͤgelgen auf einer ſolchen Nerve; und da ihr ganzer Um— fang oben einen groͤßern Durchſchnitt, als ihr Grund unten, hat; ſo nehmen ſie die Geſtalt eines Trichters an. Ich halte dieſe in drey Huͤgel abgetheilten Gefaͤße vor ein Art des Gehirnes. Der Buͤſchel Nerven, der von dem groͤßern Auge auf dem oberſten Dügel ſtehet, kann wohl nichts anders, als die Sehenerven dieſes groͤßern Auges enthalten, welche ſich hier mit dem Gehirne vers binden, und das voͤllige Sehen des Thiergens ausmachen. Und was die obgemeldte beſtaͤndige Bewegung dieſes Auges betrift; fo mag wohl dies ſelbe von denenjenigen ſehr zarten Maͤußlein und Flechſen abhaͤngen, die an dem Buͤſchel Nerven auf beyden Seiten geſehen werden. Was der mittlere Huͤgel vor einen Zweck habe, getraue ich mir nicht anzugeben. Waͤre es als ausgemacht anzunehmen, daß der kleinere ſchwarze Punct, nach welchem die daran ſich befindenden Nerven hinlaufen, die einfachen Augen waͤre; ſo wuͤrde ich geneigt ſeyn, dieſe Nerven fuͤr die Sehener⸗ ven der einfachen Augen zu erklaͤren, die ſich denn ebenfalls mit dieſem mittlern Huͤgel, als mit dem Gehirne, vereinigten. Mir muͤßte dieſes um fo vielmehr einleuchten, weil ich zu Zeiten dieſe Nerven ſich wirklich bes wegen, und darauf den ſchwarzen Punct etwas von ſeiner Stelle ſich ha⸗ be begeben ſehen. Die aus dem letzten und unterſten Huͤgelgen, nach dem anſcheinenden offenen Fiſchmaule zulaufende, Nerven machen mir wahr; ſcheinlich, daß die zween daſelbſt ſtehende Roͤhrgen allerdings Freßſpitzen, und dieſe Nerven die Gefühl: und Geſchmacksnerven, ſeyen. C*) Tab. I. Fig. N. 4 () 3. r 2735 Es moͤgte zwar der Ort und die Lage dieſer Gefuͤhl / und Geſchmacks— nerven, mit ihren Freßſpitzen, ganz widernatuͤrlich zu ſeyn ſcheinen, indem ſie ſo gar weit von dem wahren Munde entfernet ſind. Allein, man er— innere ſich nur deſſen, was ich oben geſagt habe; ſo wird aller dießfalſiger Anſtand ſich von ſelbſt geben. Muß nicht alles, was in die Mufchels ſchale zum eigentlichen Munde gebracht wird, bey dieſen Roͤhren vorbey— gehen? Und warum ſtoßen dieſe Thiergen beſtaͤndig mit dem Kopfe auf und an andere Koͤrper ? Sollten ſie nicht eben dadurch mit ihren Freß— ſpitzen die vorliegenden Koͤrper befuͤhlen, und daraus abnehmen wollen, ob fie ihnen anſtaͤndig oder nicht? Man haͤtte alſo hier abermals Urfas che, die weiſe Einrichtung eines hoͤchſten Weſens bey ſeinen Geſchoͤpfen zu bewundern, als welches dieſen unnuͤtz- und geringſcheinenden Waſſer— thiergen die Gefuͤhl- und Geſchmacksnerven, oder Freßſpitzen, eben da ans geſetzet hat, wo fie ihnen am noͤthigſten find; fo, wie den Schnepfen, Enten, und andern Vögeln, weil fie ihre Nahrung von allerhand klei— nem Gewuͤrme haben, welches tief in der Erden und unter ſich ihrer dem Schlamme ſtecket, und zu deſſen Aufſuchung und Unterſcheidung ſie Augen nicht bedienen koͤnnen, die Gefuͤhl -und Geſchmacksnerven am haͤufigſten vorn an der Spitze des Schnabels eingeleget find. Wär ren die Waſſerfloͤhe dieſer Freßſpitzen und Geſchmacksnerven entweder voͤl⸗ lig beraubet, oder ſie befaͤnden ſich an einem andern Orte; wer weis, ob nach der innern Lage und Beſchaffenheit des wahren Mundes, ſie dass jenige eben fo gut empfinden und unterſcheiden koͤnnten, was ihnen taug— lich oder untauglich iſt. j Nach dem Gehirne hinter dem größern Auge, etwas nach und un— ter dem Anfange des Schleyerſchildes, ſiehet man zween ziemlich große hoͤrnerartige Gefaͤße (“); deren Bogenkruͤmmung gegen das Auge, die Hohlung aber dem Schleyerſchilde, zugekehret iſt. Sie ſcheinen ihren Urſprung von denjenigen durchſichtigen und gruͤnlichen Hauptgefaͤßen zu haben, welche an den Seiten des Magens und der Eingeweide ſich befin / den. Sie haben die naͤmliche grüne Farbe, uud man ſiehet auch zu Zeis ten (*) Tab. I. Fig. VIII. d. Tab. II. Fig. II. K. k. | 274 ic e ten den in gedachten langen Dauprgefäfen befindlichen grünen Saft in dieſe hoͤrnerartigen Gefaͤße uͤbergehen. Ich halte deswegen dieſe letztern für Abſonderungs und Zubereitungsbehaͤltniſſe, in welchen der zur Nahrung des Thieres im Magen und in den Gedaͤrmen vorbereitete Saft voͤllig geſchieden, und entweder zum Umlaufe in den feinern Gefaͤßen geſchickt gemacht, oder zu andern dergleichen weſentlichen Lebensſaͤften verbrauchet wird. Und in eben der Abſicht ſteiget wohl, wie ich muthmaße, auch der in dem Magen und in den Gedaͤrmen ſich befindende Fraß und Unrath beſtaͤndig auf und nieder. Es werden dadurch die brauchbaren und naͤh— renden Theile öfter durcheinander geworfen, und an die innere Fläche ges bracht. Die an dieſer innern Fläche ſich befindenden Mundoͤffnungen ans derer unzaͤhlicher, kleiner und unſichtbarer Gefaͤße ziehen, wie die Milch⸗ adern (vaſa lactea) bey den Menſchen und Thieren, zweifelsohne den duͤnneſten Saft aus und an ſich; und fuͤhren ihn durch andere Gaͤnge in die beyden durchſichtigen Nebengefaͤße, und von da in die obern hörners artigen Anſaͤtze; allwo ſie denn zu weitern Nothwendigkeiten des thieri⸗ ſchen Lebens zubereitet werden. Vieleicht koͤnnte man die hoͤrnerarti⸗ gen Gefaͤße für den Sammelkaſten des Nahrungſaftes (receptacu- jum chyli); und die andern damit verbundenen beyden Nebengefaͤße vor eine Art der Milchbruſtader (ductus thoracicus) anfehen. Hinter den hoͤrnerartigen Gefaͤßen, da, wo nach der obern Kruͤm— mung, das große ſichtbare Hauptgefaͤße ſich wieder einwaͤrts lenket, und eine kleine Hohlung machet, gehet ein kleiner Gang herab (*), der in der Hohlung zu einem laͤnglich runden Beutel wird (**), ſodann aber wieder an dem durchſichtigen Hauptgefaͤße fortlaͤuft (**). Das bes ſtaͤndige Erweitern und Zuſammenziehen dieſes Beutels giebt genugſame Anzeige, daß derſelbe das Herz dieſes Thieres ſeye. Ja bey recht genauer Beobachtung deſſelben findet man ſo gar, daß dieſes Herz querdurch wie in zwo Kammern abgetheilet iſt (T); und daß die eine immer zuſammen⸗ gezo⸗ Tab. II. Fig. H. F. ( g. (*7 9 5. (o n 275 gezogen iſt, wenn die andere voll und ausgedehnet wird. Dieſe wech, ſelsweiſe Bewegung gehet ſo lang unaufhoͤrlich fort, als das Thiergen le— bet. Veeleicht iſt das kleinere Gefäße, gleich über dem Dersbeurel, dass jenige, fo den blüͤtvertretenden Saft dem Herzen zufuͤhret; und das klei— nere, unter dem Herzbeutel dasjenige, ſo dieſen blutvertretenden Saft wieder von dem Herzen abfuͤhret, und denſelben endlich, nachdem er ſet, nen Umlauf gehalten hat, durch unkennbare Gaͤnge in das obere kleinere Gefäße wieder zuruͤckbringet. Nun folgen diejenigen Theile, die dieſen itztbeſchriebenen Haupt und Nebengefaͤßen anſitzen. Vorn, wo die Muſchelſchaale ſich oͤffnet, ſiehet man die Kiefenfuͤße (“); hinten, dem Ruͤcken zu, den Eyerſtock mit Eyern oder Jungen (**); und unten einen befondern Koͤrper, der ſich in ein Paar vogelaͤhnliche Klauen endiget, und den ich, wegen fols cher feiner Geſtalt, den Klauenfuß nennen will (***). Da ſich dieſe Theile, auf oben angezeigte Weiſe, leicht und unver— letzt aus der Schaalen haben nehmen laſſen; ſo bin ich auch im Stande von jedem eine umſtaͤndliche Auskunft zu geben. Der Riefenfüße (7) find auf jeder Seite vier, oder, wenn mans recht genan nimt, fuͤnfe. Sie ſind alle, fo viel ich habe entdecken koͤn⸗ nen, hinten ſowohl ſelbſt mit einander verbunden, als auch dem Haupt— gefaͤße (T) angegliedert. Das erſte Paar Kiefenfuͤße (T) iſt das kleineſte unter allen. Jeder Kiefenfuß fuͤr ſich beſtehet aus einem einzeln laͤnglichrunden duͤn— nen Blaͤttgen (J.), welches vorn eine helle Randeinfaſſung hat; inner— halb welcher kleine Knoͤpgen, oder Faͤltgen, geſehen werden An dieſer Randeinfaſſung zaͤhlet man über zwanzig baumartige Haarroͤhrgen mit Die gruͤnen Armpolypen. . M m Feder⸗ 0 Tab. I. Fig. VI. Fig. VIII. Fig. IV. () ig. VIII. i. C Fig: WI. d VII- g. VIH ol p. n Tab. II. Fig. V. (i) Tab. II. Fig. IV. I. 2. 3. 4, 5. () a. (Hf) Tab. U. Fig. IV. q. (db. 275 n Federbaͤrtgen (5). Die mittelſten Haarroͤhrgen find die laͤngſten, je; des aber iſt dreymal gegliedert. Das zweyte Paar Kiefenfuͤße gehet ſowohl von dem vorigen, als den nachfolgenden, gänzlich ab. Es hat drey befondere Haupttheile (**), die ſaͤmtlich auf einer gemeinſchaſtlichen Grundflaͤche ruhen. Der oberſte Theil (**) iſt der laͤngſte, und meiſt walzenfoͤrmig; und endiget ſich in zwey lange faſt gleich große, und dreymal gegliederte, Haarroͤhrgen mis Federbaͤrtgen (T). Unter dieſem iſt der zweyte Theil (FT). Man fies het ihn ungleich kleiner als den vorigen, und iſt kegelartig. Dieſer hat auf der aͤußerſten Spitze drey (TFT), und an der untern Seite zwey, Haarroͤhrgen mit Federbaͤrtgen; die ebenfalls alle fünfe lang, und faſt gleich groß And (1). Der dritte Theil (LI) haͤnget an dem erſt bes ſchriebenen kegelartigen Theile. Er iſt ein faſt rundes Blaͤttgen, mit ei⸗ ner hellen Randeinfaſſung verſehen, in welcher eben fo viele Knoͤpfgen, oder Faͤltgen, innen ſtehen, als ſich im Umcreiſe Haarroͤhrgen mit Fe— derbaͤrtgen befinden. Es find der letztern über zwoͤlfe, die, wie die vori— gen, dreymal gegliedert ſind, und herunterwaͤrts haͤngen. Das dritte und vierte Paar Kiefenfuͤße (II), iſt zwar wieder an, ders, als die vorigen, und das folgende letzte, gebauet; unter ſich ſelbſt aber ſind ſie einander vollkommen gleich und aͤhnlich. Es hat jedes, wie das zweyte Paar, feine drey beſondern Theile. Das erſte („) iſt ein laͤnglich rundes ziemlich großes Blaͤttgen, welches eben mit einer hellen Randeinfaſſung, mit ſolchen Knoͤpfgen, und Haarroͤhrgen, als die vos rigen zwey Blaͤttgen, verfehen iſt; nur daß der Daarröhrgen hier ſehr vie⸗ le, nämlich über dreyßig, find. Die Blaͤttgen hängen hier mit ihren Haar, roͤhrgen, wie Fliegennetze der Pferde, mit denen fie uberhaupt eine groſ— ſe Aehnlichkeit haben, uͤber den mittlern Theil des Fußes. Und gleichwie der hintere und mittlere Theil des Fußes durch dieſes Blaͤttgen, und def f ſen () Tab. II. Fig. V. c. (*) d. e. f. (9 d. () g. g. 85 (tt) h. h. b. (4) ü. (I) f. (44) 3, 4. en 152 wre 277 fen Haarroͤhrgen, bedecket wird, alſo ſiehet man nur den vordern Theil deſſelben. Dieſes iſt auch ein duͤnnes Blaͤttgen, das hinten etwas ſchmaͤ— ler, vorn aber breit und rund iſt (“) Das mittlere deſſelben iſt braun gedippelt, und folglich halb durchſichtig; um und um aber iſt eine helle durchſichtige Randeinfaſſung, an welcher vorn vier, und an der untern Seite zwey, ungleich lange Haarroͤhrgen, von der naͤmlich ſchon beſchrie⸗ benen Eigenſchaft, ſich befinden. Endlich erſcheinet hinter dieſem eigent— lichen Fuße noch ein drittes dunkelbraunes und laͤnglich rundes Blaͤttgen, oder vielmehr Beutelgen (**). Letzteres halte ich, nach der Aehnlich— keit, fuͤr dasjenige Gefaͤße, darinnen ein zur Haͤutung dienlicher Saft bereitet und aufbehalten wird; von dem fich feiner Zeit bey dem krebsfoͤr— migen Kiefenfuß das mehrere, wird beybringen laſſen. Es iſt dermalen genug, wenn wir dieſes Saftbeutelgen bloß, als vorhanden bemerken. Das fuͤnfte und letzte Paar Kiefenfuͤße (***) hat nicht weniger, als die vorigen, ſeine eigene Geſtalt und ſeine beſondern Theile. Zuerſt ſiehet man einen langen kegelaͤhnlichen Koͤrper, der vorn drey beſondere Einſchnitte hat, und an deren jedem ein gewoͤhnlich dreymal gegliedertes Haarroͤhrgen ſitzt (7); davon das mittlere am längften, und das obere am kuͤrzeſten iſt. Sodann koͤmmt unter dieſem kegelartigen Koͤrper ein anderer ſpitzig zulaufender und im Bogen gekruͤmmter zum Vorſcheine, der ebenfalls mit einem gewöhnlichen Haarroͤhrgen verſehen iſt (f). Und endlich ſiehet man auch hinter dieſem ein ſolches braunes Blaͤttgen, oder Saftbeutelgen (ff), wie ich es allererſt bey dem vorigen dritten und vierten Paar der Kiefenfuͤße beſchrieben habe. Dieſes iſt der Bau und die Anzahl der Kiefenfuͤße. So habe ich ſie wenigſtens am oͤfterſten geſehen und bemerket; ob es gleich bey alle dem ſeyn koͤnnte, daß ich mich hie und da moͤgte geirret, oder mich ſonſt etwas koͤnnte geblendet haben. Indeß werden billige Gemuͤther, und Ken— ner dieſer Art von Unterſuchungen, ſich ſo lang an dieſer Beſchreibung Mm 2 be⸗ () Tab. Il. Fig. IV. I. ( m. p. (95. (1) d. (th) r. (1) Tab. II. Fig. IV. s. 278 n begnügen laſſen, bis ein anderer koͤmmt, der es beſſer zu machen Gluͤck und Geſchicklichkeit haben wird. Deſſen bin ich mir bewußt, daß ich es an keiner Muͤhe, an keinem Fleiße, und an keiner Aufmerkſamkeit habe fehlen laſſen, um etwas volſtaͤndiges zu liefern; und daß ich nichts ge⸗ ſetzt, was ich nicht wirklich ſelbſt geſehen, oder doch zu ſehen geglaubet has be. Dieſes muß ich noch melden, daß alle Haarroͤhrgen an dieſen Kies fenfüßen etwas anders beſchaffen find, als die, fo ſich an den Armen bes finden. Letztere find dünn und ſcheinen rundlich zu ſeyn; jene aber find plattgedruͤckt, und haben, ſonderlich wo fie anſitzen, eine ziemliche Breite, bis ſie nach und nach immer ſpitziger werden. Uebrigens ſind dieſe Kiefenfuͤße in einer beſtaͤndigen wellenfoͤrmigen, oder, wie ſie Swammerdam nennet, zitternden Bewegung. Und alsdenn ſcheinen ſie freylich durch die Muſchelſchaale ganz anders hindurch, als ſie ſich außer derſelben, und von einander gebreitet, zeigen (*). Und wer diefe Kiefenfuͤße und ihre Haarroͤhrgen mit demjenigen vergleichet, was ich bey dem fiſchfoͤrmigen Kiefenfuße, und deſſen Kiefen, ſagen wers de, der wird aus der großen Aehnlichkeit, die beyde mit einander haben, leicht abnehmen koͤnnen, daß dieſe mit jenen gleichen Zweck und gleiche Beſtimmung haben muͤſſen. Sie ſind naͤmlich auch bey dieſen, wie bey jenen Thiergen, theils Cungengefäße, theils die Werkzeuge, womit fie andere Inſecten zu ſich in die Muſchelſchaale, zwiſchen dieſe Kiefen ſelbſt, und von da weiter hinauf in die Mundoͤffnung, den Schlund und Ma— gen bringen; von welchen letztern ſchon oben das Mehrere vorgekommen iſt. Wo das letztere Paar Kiefenfuͤße aufhörer, befindet ſich unmittel, bar unter demſelben derjenige beſondere Theil, den ich um feiner Aehnlich⸗ keit willen, die er mit einer Vogelklaue hat, den Klauenfuß nenne (**), Er iſt ganz und gar haͤutig, und innwendig zum Theil hohl und durchſich⸗ tig. Man erkennet gar leicht, daß er nichts, als ein Fortgang des ob⸗ beſchriebenen Hauptgefaͤßes iſt, welches da, wo ſich dieſer Klauen fuß ans fäher, €*) Tab. I. Fig. VI. VIII. C**) Tab. I. Fig. VI. d. VILg.VIIE o. P. q. Tab. II. Fig. II. 52 Sur une 179: faͤhet, ziemlich breit wird, hinten einen Bogen macht, und alsdenn uns ter verſchiedenen Ein-und Auslenkungen immer ſchmaͤler und ſpitziger zu- laͤnft. An der innern Seite (*) iſt nichts beſonders zu bemerken, als daß die obere Fußesflaͤche einen Bogen macht. An der hintern und uns tern Seite aber kommen verſchiedene Stuͤcke vor. Hinten, wo dieſer Klauenfuß feinen Anfang nimmt, und einen Bos gen macht, ſiehet hat man fünf Anhänge oder Fortſaͤtze (**). Sie find alle, wie der Klauenfuß ſelbſt, haͤutig und durchſichtig. Jedes ſcheinet ſeine eigene Bewegung zu haben, wenigſtens fahren dieſe Theile vielmals noch lang fort zu zittern, wenn auch gleich alle ſichtbare Bewegung am ganzen Thiergen aufgehoͤret hat. Die zween oberſten Fortſaͤtze find die. laͤngſten, die, wie alle übrigen, breitgedruͤckt, und ganz ſpitzig find (*.). Das erſte, als das allerlaͤngſte (5), beuget ſich in die Höhe nach dem, Kopfe zu; das zweyte (If) kruͤmmet ſich herunterwaͤrts gegen die Schwangs ſpitze; und alle beyde ſtehen auf einem gemeinſchaftlichen Grunde. Der dritte und vierte (Tr) Anſatz find kleine bergartige Erhöhungen, die etwas ſchief liegen. Der fünfte und letzte (J.) iſt ebenfalls ein berg und huͤgelartige Erhöhung, welche aber noch dieſes vor den andern zuvor hat, daß auf ihrer Spitze zwo gleich große Borſten ſtehen. 5 Dieſe Borſten (11) find unter der Dergrößerung zwey Haarroͤhr— gen, die zweymal, oder wie es mir zu Zeiten auch geſchienen hat, drey— mal gegliedert ſind. Man ſiehet an jeder auf beyden Seiten Federbaͤrt— gen, die aber nur bis auf das unterſte Glied gehen, als welches derſelben völlig beraubet iſt; und durch welchen letztern Umſtand dieſe Haarroͤhrgen von allen andern, die man ſo haͤufig an dieſem Thiergen findet, abgehen. Uebrigens ſiehet man dieſe zwey Haarroͤhrgen ſelten ganz nahe bey einan— der, ſondern fie ſtehen allezeit, wie die Arme eines mittelmaͤßigen Cirkels, alſo voneinander ab, daß ſie oben, wo ſie anſitzen, nahe bey einander ſind, alsdenn aber eines von dem andern ſich immer mehr und mehr ent, Mm 3 ferner. ( Tab. II. Fig. V. n. () Tab. II. Fig. V. e. d. e. f. g. () e. d. (T) e. (TI) d. (THD e. H 8. AD Tab. II. Fig. V. h. l. 280 dn e fernet. Zwiſchen dieſen beyden borſtigen Haarroͤhrgen ſcheinet der berg⸗ artige Huͤgel, dem fie aufſitzen, eine Oeffnung zu haben (*). Nach dieſen fünf hintern Fortſaͤtzen oder Anhängen, die an ihren Raͤndgen mit lauter kleinen ſtumpfen Borſtenhaaren eingefaffer find, woͤl— ber fich der Klauenfuß etwas, macht aber bald wieder eine Hohlung (9. Dieſer Theil, welcher offen iſt, zeigt ſich von vorn und hinten mit lau— ter krummen Stacheln beſetzet, deren ohngefaͤhr in allem vier und zwan— zig ſeyn moͤgen. Hier iſt der Ausgang des Maſtdarms oder After, mit feinen Auf und Zuſchließungsmaͤuslein. Endlich laͤuft dieſer Klauenfuß in eine ordentliche Vogelklaue aus; an welcher ein Paar lange Nägel ſitzen (**), und vor welchen unten noch ein Ballen iſt (), der, wie der vorige erſte, vorn und hinten mit Stacheln beſetzet iſt. Was die Bewegung dieſes Klauenfußes anbetrift; fo kann ſich der⸗ ſelbe aufs und niederwaͤrts beugen, vorwärts ausſtrecken, und ſich auch an die Kiefenfuͤße anſchließen, und zuſammenlegen. Wenn das Thiergen im Waſſer iſt, oder ſonſt wo auflieget, fo ſchlaͤget es mit dem⸗ ſelben beſtaͤndig aus und ein. Dieſes ſcheinet nicht nur darum zu gefches hen, damit die Afteroͤffnung, und folglich der Unrath, aus der Muſchel— ſchale koͤnne gebracht werden; ſondern es mag auch dieſe beſtaͤndige Bewe⸗ gung vieles beytragen, die kleinen Waſſerthiergen aufzuruͤhren, und fie ſowohl in die Muſchelſchale, als zwiſchen die Kiefenfuͤße, deſto gefchwins der zu bringen. Wer weis, ob nicht auch das Rudern, das Umwen— den und Umkehren des Thiergens dadurch befoͤrdert werde. Am allers meiſten aber ſcheinet dem Thiergen dieſer Klauenfuß darum gegeben zu ſeyn, damit es ſich durch Huͤlfe deſſelben nicht nur für andere Inſecten, die ſich, wie an ihre äußern Theile, fo auch an ihre innere Kiefen zu fes zen pflegen, wehren koͤnne; ſondern daß es ſich auch des Unrathes entle— digen moͤge, der oft mit dem Waſſer, nebſt der Speiſe, zwiſchen die Kie⸗ ’ fens () Tab. IL Fig: Fig. V. i. ( k. ( m. (T) l. CT un 281 fenfüße geſchwemmet wird; wodurch aber die fo noͤthige Bewegung der Kiefenfuͤße ſelbſt gehemmet werden wuͤrde. Ich habe wenigſtens gar oft geſehen, daß, wenn viel Staub, oder ſonſt breite und zaͤhe Koͤrper auf dem Waſſer ſchwommen, und zwiſchen die Kiefenfuͤße mit hineingebracht wurden, das Thiergen den Augenblick den Klauenfuß zuſammenlegte, und mit demſelben von unten zwiſchen die Kiefenfuͤße aufwaͤrts fuhr, und ſel— bige aus der Muſchelſchale ins Waſſer ſchleuderte. Daß an dieſem Klau— enfuße auch die Werkzeuge der Sortpflanzung ſich befinden muͤſſen, werde ich bald mit mehrerm wahrſcheinlich zu machen ſuchen. Hier iſt noch des Eyerſtocks zu gedenken übrig. Er liegt im Rücken hinter dem Hauptgefaͤße (*); und nimmt den ganzen Raum ein, der ſich oben, vom Ende des Schleyerſchildes an, bis an die Schwanzſpitze, befindet. Er kann alſo eine ziemliche Anzahl Eyer, oder Junge, zu— gleich in ſich faſſen, wie ich denn in manchem über vierzig gezaͤhlet habe. Die beſtaͤndige Bewegung des Klauenfußes wirft die Eyer und Jungen in dieſem Eyerſtocke beſtaͤndig durcheinander, welches auch noͤthig ſeyn mag. Das Uebrige von deu Eyern und Jungen ſoll bey der Geſchichte von der Fortpflanzung vorkommen. Dieſe Nachricht ſowohl von den innerlichen, als von den aͤußerli— chen Theilen dieſer Waſſerfloͤhe wird hoffentlich fo hinlaͤnglich ſeyn, als man fie von fo kleinen Thiergen vermuthen kann. Ich werde nunmehro von ihrem Aufenthalte, von ihrer Lebensart, Nahrung und Fort⸗ pflanzung das Noͤthige anzuzeigen haben. Da ſonſt andere Waſſerinſecten insgemein ein eigenes und beſonde— res Waſſer lieben; ſo iſt dieſen Waſſerfloͤhen hingegen jedes recht und ei— nerley. Es iſt genug, wenn es nur Waſſer iſt, es ſey hernach ſtehend oder fließend, faul oder friſch, hell oder truͤbe. Sie haben ſich ſogar bey mir mit bloßem Brunnenwaſſer erhalten laſſen; ſie haben in ſolchem mun— ter fortgelebet, ſich auch darinnen forgepflanzet und vermehren. Und 10 ö ic (*) Tab. I. Eig. VIII. i. 282 ce e 2 ich gleich ſelbſt keine Erfahrung davon habe, fo iſt es mir doch gar glaub— lich, daß fie nah Swammerdams, Bakers und Derhams Ausſage, auch in Waſſertroͤgen und andern Waſſerbehaͤltniſſen ſowohl in Gaͤrten und Feldern, als ſelbſt auf Haͤuſern und Daͤchern, gefunden werden. Man wird fie alſo im Sommer nicht leicht in irgend einem freyen Wafs fer vergeblich ſuchen. Doch iſt mir vorgekommen, als ob ſich die gegens waͤrtige Gattung der geſchwaͤnzten Waſſerfloͤhe, von denen ich hier rede, in ſtehenden Waſſern lieber und haͤufiger aufzuhalten pflege. s In diefen Waſſern ſiehet man fie auf verſchiedene Art und Weiſe ohne Unterlaß, und ohne auch nur eine kleine Zeit ruhig zu ſeyn, ſich hin und her begeben (*). Swammerdam ſchraͤnket ihre Bewegungen in drey Arten ein. In eine ſchnurgerade (*), die er mit dem Fluge der Voͤgel vergleichet; in eine ungleich ſteigende und fallende (***), die dem Huͤpfen der Floͤhe beykoͤmmt, und davon ſie Wafferflöhe heißen; und in eine raumelnde, oder ſolche, da das Thiergen den Kopf nies der / und unterwaͤrts, die Schwanzſpitze aber in die Hoͤhe hält, und fich alsdenn im Kreiße herumdrehet. Allein, außer dem, daß bey dieſen an ſich wahren Bewegungsarten vieles unrichtig angegeben iſt; ſo moͤgte ich alle Bewegungen dieſer Thiergen in dieſe drey Arten allein eben nicht eins ſchraͤnken. So iſt, zum Beyſpiele, bey der zweyten, als der huͤpfenden, Bewegungsart des Swammerdams offenbar falſch vorgebracht, daß zu der Zeit der Kopf allezeit oben, und die Schwanzſpitze unten ſeyn ſoll— te; indem man ſie auf die naͤmlich huͤpfende Weiſe auch nach der Quere, wagrecht, und gerad hinunter, durch das Waſſer ſich bewegen ſiehet, und wo der Kopf bald oben, bald unten, bald auf eine andere Seite, und ab— wechſelnd nach alen Gegenden, hingerichtet iſt. So iſt es ferner eine dieſen Waſſerfloͤhen gar gewoͤhnliche Bewegung, daß ſie ſich ungemein ſchnell hintereinander, ſonderlich auf dem Boden uͤberſchlagen, welche Bewegungsart dem Raͤderſchlagen der Knaben gleich koͤmmt, und daher die rathſchlagende heißen koͤnnte. Weiter ſiehet man fie gar oft mit dem N wie oben ſchon gemeldet iſt, auf dem Boden, und an das Glaße, mehr⸗ CH) Tab: . Fig. I. () b. e. dJ. Ka | » n e 283 mehrmalen hintereinander anfahren und wieder zuruckpralen, welches die prallende und ſtoßende Bewegung zu nennen wäre. Endlich pfle— gen ſie ſich vielmals eine geraume Zeit ganz nahe bey der Oberflaͤche des Waſſers aufzuhalten, und zwar dergeſtalt, daß fie mit dem Nücfen an die Glaßwand anfahren, die Arme hinter ſich ausſchlagen, und zu gleicher Zeit vorwärts, zuruͤck -auf, und niederſteigen. Mit einem Worte, wer dieſen Thiergen nur etwas aufmerkſam zuſiehet, wird an ihnen von ſelbſt ſo vielerley ſeltene Bewegungen, Stellungen und Richtungen gewahr werden, daß ich ſorge, man moͤgte es mir verdenken, wenn ich mich bey ſolchen Kleinigkeiten laͤnger aufhalten wollte, Es ſind aber alle dieſe Bewegungsarten wohl hauptſaͤchlich eine Wir⸗ kung des beſtaͤndigen Auf und Niederſchlagens der Arme, und mag der Klauenfuß dazu nur ein weniges beytragen. Dieſes erhellet daraus, weil, wenn man dem Thiergen einen Arm mit ſeinen Zweigen abſchneidet, es nicht mehr im Stande iſt, ſich auch nur etwas weniges in die Hoͤhe zu begeben. Es bleibt auf dem Boden, und macht daſelbſt insgemein die taumelnde Bewegung. Schneidet man beyde Arme weg, fo kann es gar keine Bewegung mehr machen, ſondern es bleibt da liegen, wo es hinge— fallen iſt, bewegt nur allein ſeine Kiefenfuͤße innerhalb der Muſchelſchale, und ſchlaͤgt mit ſeinem Klauenfuße bald aus⸗bald einwaͤrts. Dieſe Waſſerfloͤhe ſcheinen übrigens, wie die Polypen, und mehr andere Waſſerthiergen, die Helle vorzüglich zu lieben. Wenigſtens habe ich ſie bey Tage allezeit in groͤßerer Menge an derjenigen Glaßſeite auf— und niederſteigen geſehen, welche an dem Fenſter ſtund, und wo alſo die meiſte Helle war. Kam aber des Abends ein Licht in die Stube, ſo ſahe ich ſie gar bald die Fenſterſeite verlaſſen, und ſich nach der innern Seite der Stube hinwenden. Sie folgen zweifelsohne denenjenigen kleinern In— ſecten, die ihnen vorzüglich zur Nahrung dienen; und welche die beſon— dere Eigenfchaft haben moͤgen, daß fie der Helle nachgehen, oder ſich in der Gegend aufhalten, wo das Licht am ſtaͤrkſten einfaͤlt. Und eben Die gruͤnen Armpolypen. Nn daher 284 wen ea daher mag es auch kommen, warum man fie zu manchen Zeiten, ſonder— tich im Sommer, fehr häufig gleich unter der Oberflaͤche des Waſſers ans trift; wiewohl auch die zunehmende Hitze ſolches mit verurſachen kann. Letzteres muthmaße ich daher, weil ich den Winter über allezeit bemer— ket habe, daß nachdem diefe Thiergen ſich den Tag über meiſtens in der obern Gegend des Waſſers aufgehalten hatten, ſie gegen den Abend zu immer tiefer herunterſunken, je nachdem die Waͤrme ſich nach und nach verminderte. Und wenn ich des Nachts, da es in der Stube ſchon ſehr kalt geworden war, nachſahe; ſo war auch kein einziger Waſſerfloh in der Hoͤhe, ſoudern ſie bewegten ſich alle ganz nahe auf dem Boden, bald da, bald dorthin. Je nachdem aber mit dem Tage die Stubenhitze wieder zunahm, kamen ſie auch wieder mehr und mehr in die Hoͤhe Und ſo muß ich auch geſtehen, daß ich dieſe Art der geſchwaͤnzten Waſſerfloͤhe keinen Augenblick ruhig geſehen habe, auch ſelbſt des Nachts nicht; viel⸗ weniger, daß ich ſie einmal ſich irgendwo anſitzend gefunden haͤtte. Die— ſer Umſtand wird ſich hingegen bey der bald zu beſchreibenden zweyten Art umgekehrt finden, als die wenig unruhig ſind, fondern ſich beſtaͤndig ans ſetzen, und lange Zeit an einem Orte ſtill bleiben. Spammer dam und Baker ſchreiben es dieſen Thiergen und ihrer Menge unter der Oberflaͤche des Waſſers zu, wenn daſſelbe zu Zeiten ganz roth ausſiehet, und woraus die unwiſſende Einfalt, und der dumme Aber— glaube, wer weis was für ein Uebel vorherſagen will. Es hat auch die, ſes ſeine gute Richtigkeit. Doch hat man ſich zu huͤten, daß man die roͤthliche Farbe dieſer und jener Gewaͤſſer im Sommer nicht allezeit von den Wafferflöhen herleite. Es koͤnnen ſolche auch andere kleine roͤthliche Waſſerwuͤrmergen, ja ſelbſt gewiſſe mineraliſche Theile, und allerhand daraus entſtehende Gaͤhrungen in dem Waſſer, verurſachen; wiewohl letz— tere nur bloß die obere Flaͤche des Waſſers zu faͤrben pflegen. Dasjenige, wovon dieſe Thiergen leben, ſind wohl vornaͤmlich, und ordentlicher Weiſe, allerhand kleine Waſſerinſecten, die ſie auf oben 5 . beſchrie⸗ Wr a N 285 beſchriebene Art zu und in ſich zu bringen wiſſen. Was es aber für ns ſecten eigentlich ſeyn mögen, kann ich fo genau nicht angeben: Dieſes aber weis ich, daß ſie auch ohne alle anſcheinende Nahrung bey mir fort— gelebet haben Ich habe ihnen oft ganze Wochen, ja zwey und drey Mo— nate hintereinander, nichts als lauter Brunnenwaſſer gegeben; und doch war ihr Magen und Hauptdarm immer mit einer dunkel gefaͤrbten und dickeu Materie angeſuͤllet. Iſts glaublich, daß auch in friſchem Bruns nenwaſſer ſich lebendige Thiere aufhalten? Oder ſollten vieleicht bey dem Ausſchoͤpfen einige in der Holzroͤhre ſich aufgehaltene Inſecten, oder an— dere vegetabiliſche Theile, mit ins Waſſer gekommen ſeyn 2 Zumal da man von letztern weis, daß ſie darinnen, wenn ſie ſich in ihre erſtere Grund— theile aufloͤſen, eine Art des Lebens bekommen. Oder leben etwann dieſe Thiergen von den im Waſſer ſich befindenden unſichtbaren erdigen Thei— len? Oder koͤnnen ſie vieleicht ganze Monate ohne Nahrung leben, ſich haͤuten, auswachſen und fortpflanzen? Ich geſtehe, daß ich mich nicht unterfange, darauf zu antworten. Vieleicht, weis ein Anderer dieſe Fra— gen gruͤndlich zu entſcheiden! Di Fortpflanzung und Vermehrung betreffend, ſo iſt zuforderſt als eine, ſchon von andern Waſſerinſecten (*) bekannte und richtige Sa— che vorauszuſetzen, daß jeder dieſer Waſſerfloͤhe männlichen nnd weiblichen Geſchlechts zugleich ſeyn muͤſſe. Daß ſie alle weiblichen Geſchlechtes ſind, iſt darum unwiderſprech— lich, weil man in allen einzeln zu gewiſſen Zeiten Eyer und Junge antrift. Und daß ſie insgeſammt auch zugleich maͤnnlichen Geſchlechtes ſeyn muͤſ— ſen, iſt darum mehr als wahrſcheinlich, weil man gar oft zween auf eine ſolche Art aneinander haͤngen, und im Waſſer ſich hin und her bewegen ſiehet, als andere Thiergen zu der Zeit zu thun pflegen, wenn ſie ſich bes garten (**). Daraus folget aber weiter, daß die ordentliche Fortpflan— Nu 2 zung (% Siehe die Abhandlung von den Egelſchnecken in den Lebern der Schafe. (**) Tab. I. Fig. V. 286 Da ee zung diefer Waſſerfloͤhe durch gewoͤhnliches Begatten geſchehe, und daß ſich daher auch in jedem Waſſerflohe die zwey zu dieſem Zwecke gehoͤrige ver⸗ ſchiedene Werkzeuge finden muͤſſen. Nun habe ich zwar um letztere, und die Art, wie die Begattung eigentlich vorgehet, zu entdecken, einige aufeinander⸗ ſitzende und zuſammenhaͤngende Waſſerfloͤhe mehrmalen unter die Ders größerung gebracht; allein, fie haben jedesmal eher einander verlaſſen, als ich fertig werden konnte, die Beſchaffenheit, Lage und Verbindung ihrer Begattungswerkzeuge zu erkennen. Ich bin alſo nicht ſo gluͤcklich geworden, daß ich dießfalls eine gehörige und vollkommene Auskunft ges ben koͤnnte. Soll ich aber meine Meynung, wie es mir am wahrſchein⸗ lichſten vorkommt, entdecken, ſo beſteht ſie darinn. So viel ich habe wahrnehmen koͤnnen, ſo legt ſich der Klauenfuß des einen Waſſerflohes verkehrt und ganz nahe an dem Klauenfuß des andern, und zwar fo, daß ſich die Muſchelſchaalen, da, wo die unters fie Oeffnung iſt, etwas übereinander ſchieben. Die vorderfte mit Zacken beſetzte Oeffnung (“) reicher alsdenn eben dahin, wo die zwey untern Haarroͤhrgen (**), die ich, wie bey den Waſſerjuͤngferchen, beym Begatten vor eine Art Anhalter halte, ſich befinden. Ich vermuthe alſo, daß zwiſchen dieſen beyden Anhaltern innerhalb der daſelbſtigen Oeff— nung (***) die maͤnnlichen Werkzeuge verborgen liegen; und daß die vorderſte Oeffnung an der Klaue das weibliche Werkzeug ſeyn möge, Vieleicht ſind die hintern verſchiedenen Anſaͤtze dieſes Klauenfußes (T) die Gefäße, worinnen der zum Behufe noͤthige, ſowohl maͤnn- als weibe liche, Saame bereitet wird. Jedoch, wie geſagt, das iſt nur die Vor⸗ ſtellung, die ich mir von der Begattung dieſer Waſſerfloͤhe, als der ordent, lichen Art ihrer Fortpflanzung, mache; und ich werde mit Niemand ſtreiten, der fo gluͤcklich ſeyn ſollte, ein Beſſeres anzugeben, oder deſſen in der Natur einmal gewahr zu werden. Daß aber dieſe Waſſerfloͤhe ſich auch ohne alle Begattung fortpflanzen, und darinn das ſeltene Verzeich⸗ nis anderer hieher gehoͤrigen Thiere vermehren, davon werde ich am Ende dieſes Abſchnittes den Beweis beybringen. CH Tab. I. Fig V. I. (*) h. h. () i, CH e. d. e. E ce 287 Die Eyer (*) findet man in dieſen Waſſerfloͤhen faſt zu allen Zet— ten; und zwar ſowohl in kleinen, und die noch nicht ausgewachſen ſind; als auch in groͤßern, und völlig ausgewachſenen. Woraus ſogleich dieſes abzunehmen iſt, daß ſich jeder Waſſerfloh in ſeiner Lebenszeit durch verſchiedene und vielmalige Geſchlechte fortpflanze. Die Anzahl der Eyer iſt ſehr ungleich; in einigen habe ich nur zwey, drey, ſechs und zehen gezaͤhlet, in andern aber habe ich, nach der aufſteigenden Zahl, der— ſelben Über vierzig angetroffen. Es koͤmmt dieſes daher, weil die Eyer in keinem Waſſerflohe auf einmal, ſondern nach und nach, zum Vor— ſcheine kommen. Ich habe mehrmalen bemerket, daß, wenn mancher Waſſerfloh heute nur zwey Tyer hatte, und ich, auch unter der ſtaͤrkſten Vergroͤßerung, keine weitere Anlage zu mehrern anſichtig werden konnte, gleichwohl den andern Tag darauf ihre Anzahl um zwey, viere, und ſo Tag vor Tag immer weiter fort, zugenommen hatte. Anfangs find dieſe Tyer grün und vollig kugelrund (*). Ihr Inn— wendiges iſt mit lauter andern kleinen Kügelgen, die wieder in der Größe verſchieden find, angefuͤllet; welche innere Kügelgen, wie Waſſer -und Luftblaſen, durchſcheinen. Nach einiger Zeit nehmen die Eyer eine laͤng— lichrunde oder eyfoͤrmige Geſtalt an ( “**); die Farbe aber bleibet grün, und der groͤßern innern Kuͤgelgen werden immer mehr. Einige Tage darauf ſiehet man an jedem Eye einen ſchwarzen Punct CH), welcher das groͤßere Auge iſt. Zu der Zeit wird die gruͤne Farbe immer blaſſer, und man kann ſchon etwas von den Armen, die aber noch ſtark anlies gen, und von der Oeffnung der Muſchelſchaale, ſehen. Wartet man hierauf noch einige Tage, fo ſiehet man dieſe Waſſerfloͤhe ſich gar deut— lich innerhalb der Muſchelſchaale, doch noch ſehr ſchwach, ruͤhren und bewegen. Bringet man einen ſolchen noch unzeitigen jungen Waſſer— floh unter die Vergroͤßerung, fo findet man feinen innwendigen Leib, und die ganze Muſchelſchaale, voller kleinen runden und hellen Kuͤgel— Nn 3 gen (*) Tab. J. Fig. H. (*) a, b. c. () d. (10 e. 288 e gen (). Und der Theil, woraus in der Folge die Schwanzſpitze wird, liegt, wie der bewegliche Schwanz an einem Hunde, um die Muſchel— ſchaale nach vorn zu herumgebogen, er iſt von faſt gleichrunder Dicke, und vorn, wie ſtumpf, abgeſchnitten. Der Waſſerfloh ſtrecket ihn auch wohl zu Zeiten ein wenig, doch ganz matt von ſich (*) und ziehet ihn alsdann wieder an die Muſchelſchaale zuruͤck. Was die Arme dieſer Jungen betrifft, ſo ſind auch dieſelben noch ganz unfoͤrmlich. Doch kann man nicht nur die Zweige und deren Glieder, ſondern auch die kleinen Seitenroͤhrgen, erkennen; davon aber alles ſehr kurz, ſtumpf und unvollkommen iſt. Da dieſe Jungen nicht alle auf einmal, ſondern nach und nach, auch nicht eher ausgeſchuͤttet werden, oder ſich ſelbſt zu befreyen ſuchen, als bis alle ihre Theile eine gewiſſe Staͤrke erhalten haben; ſo hat es mir oft gegluͤcket, daß ich eben einen ſolchen Waſſerfloh unter die Vergroͤße— rung bekam, in welchem nur noch zwey oder drey Junge vorhanden, die andern aber ſchon entkommen waren. Dieſen habe ich denn aufangs lang zugeſehen. Sie ſchoßen in dem hintern leeren Eyerbehaͤltniſſe auf und nieder, wendeten ſich nach allen Seiten um und um, und ſchlugen mit ihren Armen beſtaͤndig uͤber ſich und unter ſich. Sie ſuchten zwei— felsohne auf dieſe Weiſe die Oeffnung und den Ausweg zu ihrer Freyheit. Allein ich habe es nie abwarten koͤnnen, um zu erfahren, wo ſich dieſer Ausweg finden mag, und wie ſie etwan ſolchen zu nehmen pflegen. Wenn ich aber einem ſolchen jungen Waſſerfloh durch Zerreiſſung der Muſchelſchaale Luft machte, fo konnte ich mit Vergnuͤgen gewahr wer— den, wie geſchwind und artig feine Theile alsdann an, und zur Vollkom⸗ menheit auswuchſen (***). Er war blaßgelber Farbe, und gleichwie ſich das Herz CH), und die Kiefenfuͤße, an ihm damals ſchon bewegten, da er noch in dem Eyerbe⸗ haͤlt⸗ ; (0) Tab. I. Fig. III. (*) e. C***) Tab. I. Fig. IV. . 8 8 ID W 289 haͤltniſſe verſchloſſen war, ſo konnte ich alles nun außerhalb um ſo deut— licher gewahr werden. Anfangs war er nach unten zu ganz rund, und die Schaalen ſchienen geſchloſſen zu ſeyn. Nachdem er aber einen Augen— blick ohne alle Bewegung ſtill gelegen hatte, giengen die Schaalen unge— mein weit auseinander, und oͤffneten ſich ſo gar einen ziemlichen Theil in den Ruͤcken hinauf, wo ſie fich doch hernach völlig ſchließen oder zuſam— menwachſen. Zwiſchen dieſer untern Oeffnung der Muſchelſchaale ſtreck— te ſich der zarte und bewegliche Schwanz heraus, und die Arme fiengen an auszuſchlagen. Nach einer jeden ſolchen Bewegung ſahe ich augen— blicklich die Arme, den Schwanz, und die Schaale ſelbſt, größer wer— den, und ſo nahmen auch die Seitenroͤhrgen an den Armen auaenfcheins lich an Laͤnge zu. Das Artigſte aber war, daß der nachmalige runde Schleyerſchild hier an den Seiten ganz ſpitzig wurde. Hatte ſich der junge Waſſerfloh ausgedehnet, fo ruderte er hierauf etlichemal ſchnell hin und her; blieb aber gleich wieder liegen, zog ſich abermalen zuſam— men, und dehnte ſich auf die erſt beſchriebene Weiſe wieder aus, da als— denn der Schleyerſchild immer rundlicher, der Schwanz aber ſehr lang und ſpitzig wurde (*). Und durch ſolche wiederholte Bewegungen wur— de der junge Waſſerfloh nach und nach vollkommen, und ſchwamm end— lich munter auf und nieder. Die Schwanzſpitze bleibt indeß von da bis nach einigen Haͤutungen immer größer, als fie hernach iſt; und fo iſts auch was beſonders, daß dieſe anfaͤnglich ſo bewegliche Schwanzſpitze, zu⸗ letzt ſteif wird und voͤlig erhaͤrtet. Aus dieſer Beſchreibung folget denn zweyerley. Einmal, daß der erſte Anwachs der Theile dieſer Jungen eben ſo geſchiehet, wie bey den Zweyfaltern, Fliegen, und dergleichen, wenn ſie aus ihrer Puppe kom⸗ men. Zum andern, daß dieſe Waſſerfloͤhe nach der Swammerdami⸗ ſchen Claſſeneintheilung, und ſeinen ganz richtigen Beobachtungen, zu denenjenigen gehören, die ihre Jungen lebendig ausſchuͤtten. Noch eh Tab. I. Fig. IV. e 390 u Noch iſt ihrer Haͤutung zu gedenken. Daß dieſelbe dieſen Thiergen eigen iſt, hat ſchon Swammer dam beobachtet. Und man kann da— von gar leicht ein Augenzeuge werden, wenn man ſich gefallen laſſen will, einen Haufen dieſer Thiergen, ſonderlich ſolche, die noch unausgewach⸗ ſen ſind, in ein friſches und helles Brunnenwaſſer zu legen. Man wird nach einigen Tagen lauter ſolche Haͤute finden, die dem ganzen Thiergen in allen Stuͤcken vollkommen aͤhnlich find. Und daraus ergiebet ſich, daß das ganze Thiergen mit allen ſeinen innern und aͤußern Theilen, ſelbſt die kleinſten Haarroͤhrgen und Baͤrte an den Kiefenfuͤßen und Armen nicht gusgenommen, ſich in der Haͤutung abſchaͤlet. Man kann auch an der abgelegten Hant alle dieſe Theile ganz eigentlich gewahr werden und fie. unterſcheiden. Daß dieſe ihre Haͤutung einigemal, ja ungemein oft ge— ſchiehet, deſſen bin jch auch gewiß. Wie vielmal es aber geſchehe, kann ich ſo eigentlich nicht angeben. So viel habe ich bemerket, daß, bey den Jungen, faſt aller zween Tage die Haͤutung erfolge; je öfter aber die Haͤu⸗ tung geſchiehet, deſtomehr Tage gehen auch von einer zu der andern vor— bey; und bey denen, die voͤllig ausgewachſen zu ſeyn ſcheinen, gehen wohl acht Tage vorbey, ehe eine andere erfolget. Zu etwas weiterm habe ich es bey allen angeſtellten Verſuchen nicht bringen koͤnnen, ſo wenig ich das eigentliche Alter, das Ende des Wachsthums und die Lebensdauer dieſer Waſſerfloͤhe beſtimmen kann. Und bey dieſer Beſchreibung koͤnnnte ich es denn bewenden laſſen, Ich will jedoch derſelben zum Beſchluſſe noch eines und das andere bey⸗ fügen. Das erſte betrift diejenige Gattung der geſchwaͤnzten zackigen Waſ⸗ ſerfloͤhe, die vermöge ihrer Kopfsgeſtalt von derjenigen, fo ich bis daher beſchrieben habe, abgehet, und die, wie ich ſchon oben erinnert habe, mir allerdings eine beſondere Art zu ſeyn ſcheinen. Damit we 291 Damit man fi von der Geſtalt dieſes Kopfes einen deſto beſſern Begriff machen koͤnne; fo habe ich denfelben auch beſonders abbilden Lafs fen (5). Man ſiehet, daß derſelbe nicht fo breit, als an der bisher be⸗ ſchriebenen Art, iſt; er hat vorn keine ſo breite und aufgeworfene Ober— lippe, die vielmehr ganz ſpitzig zulaͤuft; er iſt mehr abwaͤrts gebogen; und der ganze Kopf mit den beyden ſpitzigen Appen hat die ordentliche Ges ſtalt eines Vogelkopfs oder Vogelſchnabels. Und dieſes iſt zweifelsohne die Gattung geweſen, die Smammerdam, Baker und Herr Tremb—⸗ ley geſehen haben. Denn beyde Erſtere beſchreiben ausdruͤcklich den Kopf vorn ſpitzig, und vergleichen ihn mit einem Vogelſchnabel. Und die Ab— bildung des Letztern hat ebenfalls einen fpikigen Kopf und Schnabel. Da auch dieſe Gattung durchgehends roͤthlicher Farbe iſt; ſo ſcheinet von ihr das Waſſer um ſo mehr eine rothe Farbe erhalten zu koͤnnen. Was mich aber vornaͤmlich veranlaſſet, dieſe und die vorige Art von einander abzu— ſondern, iſt, daß alle Jungen, ſo von einer jeden Art entſtanden ſind, den ihnen eigenen, ſpitzigen oder breiten Kopf gehabt haben. So habe ich auch jede in beſondern Waſſern nur allein gefunden. Man koͤnnte al fo die eine Gattung, die mit dem Fiſchkopfe; und die andere, die mit dem Vogelkopfe, heißen. Das Zweyte, deſſen ich noch zu gedenken habe, betrift diejenigen Thier gen, die dieſen Waſſerfloͤhen ſtark anzuſitzen pflegen. Baker erklaͤ— ret zwar dergleichen Inſecten ſuͤr Feinde der Waſſerfloͤhe, von welchen letztere geplaget wuͤrden. Allein, dieſes moͤgte ſich eben ſo wenig erweiſen laſſen, als wenig man ſagen kann, daß eine Auſter, oder andere Seemuſchel, die Meereicheln, und dergleichen, zu Feinden habe, weil ſich dieſe an jenen ans bauen und feſtſetzen. Es thun dieſes ſolche, und dergleichen andere Thier⸗ Die gruͤnen Armpolypen. Oo gen (0 Tab. I. Fig. I. 292 n gen nicht ſowohl den Muſcheln und Waſſerfloͤhen zu ſchaden, oder ſie zu freſſen; als vielmehr durch fie von einem Orte zum andern gebracht, und auf dieſe Weiſe ihrer Nahrung um fo leichter entgegen geführer zu wer⸗ den. Ich habe ſonderlich zwo Arten ſolcher kleinen Inſecten beobachtet, die den Waſſerfloͤhen, fo ich unterſuchet habe, allezeit in Menge ans ſaßen. Die einen find eine Art Polypen (*), die mit den Glockenpolypen viel ähnliches haben, nur daß ihr oberer Theil Spitzen zu haben ſcheinet, und der Leib einem Nelkenkelche gleichkommet. So habe ich auch ihren Stengel oder Stiel, mit welchem ſie anſitzen, im Zuſammenziehen und Ausdehnen, nie fo ſchraubenartig geſtaltet gefunden, als bey den ordent— lichen Glockenpolypen. Sie kamen denenjenigen ziemlich bey, die Baker unter dem Namen der zuſammenklebenden Polypen bekannt gemacht und beſchrieben hat (**). Sie machen ſich, wie die Glockenpolypen, gar leicht von ihren Stielen loß, und man kann fie alsdann bey hunders ten hin und herſchwimmen ſehen. Die andere Sorte derer Thiergen, die ich an den Waſſerfloͤhen gefun⸗ den habe, nennet mehrgedachter Baker die ſchaligen Kaͤderthiere (***). Sie ſind von ihm ſo weitlaͤuftig beſchrieben, daß ich nur eines und des an⸗ dern gedenken will. Die Schaale dieſer Thiergen iſt laͤnglich rund: Oben laͤuft ſie in ſechs Spitzen aus, wovon zwo vorn, zwo hinten, und zwo auf den Seiten ſtehen (J). Unten hat dieſelbe einen viereckigen Einſchnitt (TI). Dieſe (*) Tab. I. Fig. VIII. h. (5) Theil II. Cap. XV. Seit. 433. Tab. XIII. No. IV. VI. X. u. XIII. ( Tab. I. Fig. VIII k. k. Tab II. Fig. VII. VIII. IX. (T) VII. a. (TT) Fig. VOL o. * n . 293 Dieſe obern Stacheln, und der untere Einſchnitt, zeigen ſich zu der Zeit am deutlichſten, wenn das Thiergen todt iſt, oder ſich ganz in die Schaale eingezogen hat. Da dieſe Schaale ungemein durchſichtig iſt, ſo ſiehet man zu der Zeit, wenn das Thiergen ohne alle Bewegung ruhig iſt, inn— wendig drey Haupttheile. Oben einige haͤutige Theile, die der Mund und Hals dieſes Thiergen ſind. Unter denſelben liegen ein Paar dunkele Koͤr— per, die ſich beſtaͤndig gegeneinander bewegen, und ohne Zweifel das Herz find (“). Noch weiter unter dieſem Herzen ſiehet man zwey andere braune Kluͤmpgen, welche ich fiir die Eingeweide halte („*). Wenn das Thiergen freſſen, oder ſich ſonſt wohin begeben will, ſo koͤmmt zuerſt oben zwiſchen den Spitzen ein rundliches Blaͤttgen zum Vorſcheine, welches ſich gar bald in zwey vertheilet, auf deren ganzen Einfaffung lauter kleine Spitzgen ſtehen, die ſich wie Fuͤßgen bewegen, und die ihm wegen ihrer Geſchwindigkeit das Anſehen geben, als wenn es Raͤder waͤren, die ſchnell um ihre Axe laufen (***). Zwiſchen dieſen zwey raͤderaͤhnlichen Blaͤttgen ſtehet in der Mitten ein zartes Züngelgen CT), fo zweifelsohne der Saug— ruͤſſel, oder eine Art des Mundes, oder der Fuͤhlhoͤrner, iſt. Unten fies het man aus dem eckigen Einſchnitte den Schwanz aus und eingehen (FF). Dieſen kann das Thiergen nach allen Seiten bewegen, und ihn, wie die Hunde, fo, oder anders, beugen. Das aͤußerſte des Schwanzes iſt ge⸗ theilet, und mit demſelben ſetzt es ſich an allerhand Koͤrper, und ſonder— lich an die Waſſerfloͤhe, ſehr feſt an. Zu Zeiten haͤnget dem Schwanze außen und da, wo die eckige Oeffnung iſt, ein ſchwarzbraunes eyfoͤrmi— geslKluͤmpgen an, welches der Eyerſtock des Thiergens ſeyn mag (FIT). Manchesmalſiehet man auch zween ſolche Eyerſtoͤcke an ihnen. Da Herr Baker von einem andern radfoͤrmigen Thiere, welches er den Radmacher nennet (J.), das Beſondere, und zum Theile erſtaunen⸗ . Oo 2 de (0 Tab. II. Fig. VII. b. () c. ( e. Fig. VIII. IX. b. b. (TD a. a. (TT) Fig. VII. IX. d. d. (Tr) e. CO Th. II. Cap. VIII. &c. 384. ſeq. 294 N a de, meldet, daß daſſelbe, wenn man es gedoͤrret, und in dieſem ausge. trockneten Zuſtand lange Zeit habe liegen gelaſſen, bald, und in Zeit von einer halben Stunde, wieder lebendig werde, wenn man Waſſer auf daß ſelbe gieße; fo vermuthete ich, daß es auch mit der erſtgedachten Sorte der ſchaaligen Raͤderthiergen, um fo eher angehen moͤgte, je mehr dieſelben ein⸗ ander gleich ſehen. Allein, ob ich gleich manche nur eine halbe Stunde ausgetrocknet habe; ſo hat mir gleichwohl kein einziges, wenn ich wie⸗ der Waſſer aufgegoſſen, von neuem lebendig werden wollen. Weil ich mich indeſſen gar wohl erinnere, auch jenen Radmacher vor dem Jahre oft geſehen zu haben; ſo bin ich ſehr begierig, ſo bald mir ſolcher wieder zu Geſichte kommen wird, mit ihm ſelbſt die Probe zu machen, und von jener feiner ſeltnen Erfahrung ein Augenzeuge zu werden. Welte es mir nun gleich mit den ſchaaligen Raͤderthieren, in Anfes hung ihres Wiederauflebens, nicht gelingen; fo brachte mich doch die Bakeriſche Anmerkung, auf einen andern artigen Verſuch mit denen Waſſerfloͤhen. Ich nahm etliche derſelben, und zwar lauter ſolche, die theils Eyer, theils Junge, in ſich hatten, aus dem Waſſer, und ließ fie auf dem Glaße austrocknen. Nach ſechs Stunden brachte ich ſie wieder in friſches Brunnenwaſſer, in der Hoffnung, daß auch vieleicht dieſe, wie der Radmacher, von neuem aufleben moͤgten. Nun geſchahe ſolches zwar in Anſehung der Alten nicht, welche todt, und ohne alles Zeichen eines neuen Lebens, blieben. Allein nach Verlauf vier Tagen ſahe ich einen Hau— fen junger Waſſerfloͤhe in meinem Glaͤßgen munter auf -und niederhuͤp— fen. Und als ich hierauf die Alten herausnahm, fand ich, daß ſie aller ihrer vorigen Eyer und Jungen entlediget waren. Dieſe Erfahrung kann alſo bey dieſen Waſſerfloͤhen das Raͤthſel eis nigermaßen aufloͤſen, wie dieſelben in Waſſertroͤge und in diejenigen Waſ. ſer⸗ R e 295 ſerbehaͤltniſſe kommen, die fogar auf Dächern und hohen Haͤuſern n befinden. 0 Ich will annehmen, daß man ein ganz neues Gefaͤße mit friſchem Brunnenwaſſer angefuͤllet habe, und folglich gewiß wiſſe, daß in dem Ge— fäße vorhero weder Eyer von Waſſerfloͤhen geweſen, noch mit dem Bruns nenwaſſer dergleichen hineingekommen ſind. Findet man nun gleichwohl nach einiger Zeit in dieſen Gefaͤßen Waſſerfloͤhe, ſo kann man wohl nicht anders denken, als daß ſie im Sommer durch Wind und Regen von an— dern Orten muͤſſen hineingefuͤhret worden ſeyn. Und wird nach mei» ner erſt gemachten Anmerkung ſolches wohl ſchwer zu begreifen ſeyn? Sind nicht dieſe Thiergen, wenn ſie ausgetrocknet ſeyn, ganz ungemein leicht? Kann ſie alſo nicht der allergeringſte Wind heben, und mit ſich weg fuͤh— ren? Die Eyer bleiben, wie ich erwieſen habe, im Vertrocknen unver— dorben; und es braucht weiter nichts, als Waſſer, wenn die Jungen aus denſelben hervorkommen ſollen. Folget nun, zum Beyſpiele, im Som— mer nach einem ſtarken Sturmwinde ein ſchneller Platzregen, was iſt na⸗ tuͤrlicher, als daß dergleichen mit dem Staube fortgeführer , und in der Luft ſchwebende, trockene Thiergen mit den Regentropfen heruntergeſchla⸗ gen, folglich auch an Orte, und Behaͤltniß in Gaͤrten, auf Feldern und Daͤchern, gebracht werden, wo man ſie nie vermuthet haͤtte. So ſtelle ich mir die Sach vor; und es koͤmmt einmal auf eine Probe an, ob die Erfahrung in der Natur mit dieſer meiner Meynung uͤbereinſtimmen moͤgte. Man dürfte, davon eine Probe zu machen, im Sommer bey ent ſtehendem Sturmwinde, und darauf erfolgenden Regen, ohnweit ſolcher Oerter, wo ausgetrocknete Suͤmpfe find, und in welchen ſich ſolche Waſ⸗ ſerfloͤhe in Menge aufgehalten haben, einige reine Glaͤßer ins Freye ſetzen und den Regen aufſammlen. Man muͤßte hierauf ſowohl gleich, als ei⸗ no Zeit darnach, unter der Vergrößerung nachſehen. Ich zweifele ganz Oo 3 und 296 b N und gar nicht, man wuͤrde Eyer, und mit der Zeit dieſe Waſſerfloͤhe, und andere junge Waſſerinſecten, in dieſem aufgeſammleten Regenwaſſer ans treffen. Und dadurch würde mein Gedanke feine vollkommene Stärke ers halten. 8 Schluͤßlich habe ich, nach meinem obigen Verſprechen, noch den Be⸗ weis von derjenigen beſondern Eigenſchaft dieſer zackigen Waſſerfloͤhe bey⸗ zubringen, vermöge welcher fie, außer der ordentlichen Art durch Bes fruchtung, ſich auch ohne Befruchtung, und ohne Gemeinſchaft mit ei— nem andern ihres gleichen zu haben, fortpflanzen und Junge zeugen koͤn— nen. Von Erdinſecten iſt dieſe, ganz widernatuͤrlich ſcheinende, Art der Fortpflanzung vom Keaumur und andern, vorlaͤngſt außer allen Zweifel geſetzet worden. Daß es aber auch Waſſerinſekten von ſolcher Art gebe, erinnere ich mich nicht geleſen zu haben. Indeſſen brachtemich doch jene Erfahrung auf die Gedanken, mit dieſen Waſſerfloͤhen einen Verſuchlzu machen. Ich nahm den dritten Jenner einen ſtark mit Eyern angefuͤllten Waſ⸗ ſer floh, und that ihn ein eigenes beſonderes Glaͤßgen allein. Den ſechſten fieng er an ſich feiner Jungen zu entſchuͤtten. So bald ein Junger im Waſſer zum Vorſcheine kam, ſo bald nahm ich denſelben, und brachte ihn ebenfalls in ein eigenes Glaͤßgen allein; und machte dadurch, eine Befruchtung von einem andern zu erhalten, vollkommen unmoͤglich. Dieſer Jungen waren in allen zwoͤlfe, von welchen ich achte zu meinen Verſuchen erwaͤhlte. Jedoch dieſe kamen nach und nach alle, bis auf zween, um. In dieſen letztern ſahe ich den aten Jenner Eyer; und den aten Hor⸗ Hornung fand ich in der Frühe, zu meiner nicht geringen Freude, in beyden Glaͤßgen auch von dieſen Junge. Letztere huͤpften munter auf und nieder; der Eyerſtock der alten Waſſerfloͤhe aber war nunmehro voͤllig leer und durchſichtig. Damit hatte ich alſo die erſte Probe, daß ſich dieſe Waſſerthiergen im Falle der Noth auch ohne Befruchtung vermehren koͤnnen. Jedoch ich blieb dabey nicht ſtehen. Mich verlangte zu wiſſen ob auch dieſes, ohne Befruchtung entſtandene, erſte Geſchlechte junger Waſ— ferflöhe auf eben die Art ſich fortpflanzen würde, Ich ſaͤumte nicht, for gleich auch dieſe jungen Waſſerfloͤhe von einander abzuſondern, und jeden in ein eigenes Glaͤßgen zu thun. Allein, ob ich gleich itzo die Anzahl der Jungen verdoppelt hatte; ſo kamen doch auch dieſe, bis auf einen einzi— gen, nach und nach alle um. Und ich ſahe taͤglich mit Furcht nach die⸗ ſem letzten, indem ich ſorgte, ihn ebenfalls vor der Zeit einmal todt zu finden. Dieſe Beſorgniß wurde um fo lebhafter, da ich den ıaten des Monates Merz wirklich Eyer in ihm gewahr wurde; ſo daß es nur noch auf einige Tage ankam, um zu erfahren, ob auch aus dieſen unbe— fruchteten Eyern Junge entſtehen wuͤrden. Jedoch dieſer einzige blieb zum Gluͤcke beym Leben, und den 22ten, habe ich wirklich auch von dies ſem, ohne Befruchtung gezeugten, Waſſerflohe das zweyte unbefruchteg geborne Geſchlechte in meinem Glaͤßgen angetroffen. Es iſt alſo dieſe die zweyte Erfahrung, daß ſich dieſe Thiergen von ſelbſt, ohne Gemein— ſchaft mit einem andern zu haben, fortpflanzen koͤnnen. Ich habe indeſſen auch dieſes zweyte Geſchlechte, an der Zahl zwoͤlfe, ſogleich wieder abgeſondert, und will ſehen, auf das wievielſte Geſchlechte ich es mit ihrer ſeltſamen Fortpflanzung werde bringen koͤnnen. Kom— men 298 un men fie nicht vor der Zeit ale um, fo zweifele ich gar nicht, ich werde auch von dieſen Junge erhalten, bis endlich diejenige Reyhe der Geſchlechter gar aufhoͤren moͤgte, welche ohne Befruchtung, und ohne Gemeinſchaft mit andern zu haben, hervorgebracht werden koͤnnen. Wer haͤtte ſich in den aͤltern Zeiten fo etwas träumen laſſen! Und muͤſſen wir hier nicht abermal die unumſchraͤnkte Macht des Schoͤpfers bewundern, der, wie er ſelbſt keine Schranken und Grenzen hat, alſo auch in feiner weiſen Einrichtung der Natur von keinen Schranken, Gren— zen und Geſetzen weis; der zwar dieſen und jenen ſeiner Geſchoͤpfe gewiſſe Schranken und eigene Geſetze vorſchreibet, dieſelbe auch an ſolche nothwendig bindet; bey andern Geſchoͤpfen aber jene Schranken und Geſetze, wenigſtens auf eine gewiſſe Reyhe und Fortpflanzungen, will kuͤhrlich gemacht hat; dieſelbe bey einigen ſtatt haben laͤſſet, bey ans dern aber wieder aufhebet, und letztere nach ganz andern Einrichtun— gen und Vorſchriften handeln laͤſſet: Wie viele der wichtigſten geoffen, barten Wahrheiten aus der Gottesgelahrheit, und Chriſtl. Sittenlehre, hätte ich bey dieſen geringſcheinenden Umſtande beyzubringen und zu ers weiſen Gelegenheit; wenn mich der Zweck dieſer Abhandlung nicht nd, thigte in den Schranken eines bloßen Naturkuͤndigers zu bleiben. Mir kommen indeſſen bey dergleichen Verſuchen und Beobachtungen der Na⸗ tur gar oft jene Worte ruͤhrend und uͤberzeugend ins Gemuͤthe: Der SEE RR iſt unausſprechlich groß, und feine Macht iſt wunder barlich. Wir ſehen feiner Werke das wenigſte, dann viel groͤſ⸗ fere find uns noch verborgen (*). si Drit⸗ (*) Sir. XIII. 31. 36. wa 299 Dritter Abſchnitt. Von den ungeſchwaͤnzten zackigen Waſſerfloͤhen. Nachdem ich in dem vorigen Abſchnitte die bekannte, und bey uns ge⸗ 8) meinfte, Gattung der zackigen Waſſerfloͤhe umſtaͤndlich, und, wo ich mir nicht zu viel ſchmeichele, zureichend beſchrieben habe; ſo komme ich nun zu einer andern Gattung derſelben, und von der ich, ſo viel ich mich erinnern kann, noch nirgends etwas geleſen habe. Ich nenne fie die ungeſchwaͤnzten (), weil, wie ſchon erinnert iſt, dieſe Gattung je und allezeit derjenigen Schwanzſpitze beraubet iſt, die ſich an der gemeinen Gattung befindet. Außer dem aber kommen dieſe un— geſchwaͤnzren in den meiſten, ſonderlich innerlichen, Theilen mit denen Schon. beſchriebenen geſchwaͤnzten überein. Der Unterſchied betrift haupt— ſaͤchlich nur die aͤußere Geſtalt und die Art, wie fie ſich bewegen. Ich werde alſo, um durch unnoͤthige Wiederholungen deſſen, was ſchon ge— ſagt iſt, nicht zu weitlaͤuftig zu ſeyn, bloß, wie bey den gruͤnen Armpo— lypen, anzeigen, worinnen dieſe ungeſchwaͤnzten Waſſerfloͤhe mit den ge— ſchwaͤnzten uͤbereinkommen, und worinnen ſie von einander abgehen. In Anſehung der aͤußern Theile find es ganz allein die Arme, wel: che dieſe ungeſchwaͤnzten Waſſerfloͤhe mit den geſchwaͤnzten gemein haben. Sie beſtehen, wie jene, anfangs nur aus einem Hauptaſte, auf welchem zween Zweige mit den gemeldten Gelenken, Haarroͤhrgen, Federbaͤrtgen und Seitenſpitzen, geſehen werden. Sie befinden ſich an dem naͤmlichen Orte; ſind durch eben ſolche ringartige Glieder mit dem Leibe verbunden; und werden auch ſo mit einem Theile des Schildes bedecket, als ich es bey Die gruͤnen Armpolypen. Pp n () Tab. I. Fig. IX. 30⁰ l den geſchwaͤnzten Waſſerfloͤhen gemeldet habe. Die übrigen aͤußern Thei⸗ le gehen alle von jenen ab; wie ich ſolches bey den Unterſcheidungsſtuͤcken melden werde. Hingegen kommen alle innere Theile, die Anſaͤtze am Klauenfuße ausgenommen, mit jenen uͤberein. 8 Oben im Kopfe ſtehet eben ein ſolcher, groͤßerer, zuſammengeſetzter, trichteraͤhnlicher Buͤſchel Sehenerven, als bey jenen. Unter demſelben iſt auch hier ein ſchwarzes Fleckgen, ſo ich für eine Art einfacher Augen angegeben habe. Pinter dieſen Augen liegen diejenigen gemeldten drey Huͤgelgen, die fuͤr das Gehirne von mir erklaͤret worden ſind. Dieſes Ge⸗ hirne ſtoͤßet an den Schlund und Magen, wie bey den übrigen. Ueber dieſem Gehirne liegen oben im Kopfe die zween hoͤrnerartigen Körper, die ich den Saamelkaſten des Nahrungsſaftes, oder dergleichen Zubereitungs⸗ gefaͤße, genennet habe. In der Mitte der durch den Leib laufenden frums men, und mit gruͤnlichem Safte angefüllten, Hauptgefaͤße, ſiehet man auch hier denjenigen dunkeln Gang liegen, der die Stelle der Gedaͤrme vertritt und der Maſtdarm iſt, und der auch hier ſeinen Ausgang durch eine Oeffnung am Klauenfuße hat. Der Kiefenfuͤße find, fo viel ich ſehen koͤnnen, nicht mehr noch we⸗ niger, als bey den geſchwaͤnzten Waſſerfloͤhen. Es ſind ihrer vier oder fünf Paar, die mir in allen Kleinigkeiten vollkommen fo geſtaltet vorge⸗ kommen find, wie ich fie bey der vorigen Gatrung angezeiger habe. Hin⸗ ter denſelben lieget im Ruͤcken der Eyerſtock, in welchem ich aber an de⸗ nen, ſo ich vor mir gehabt habe, und die noch ſehr klein waren, und un— ausgewachſen ſchienen, keine Eyer gefunden habe. Ueber dem Eyerſtocke iſt das Herz ſo, wie jenes, gebildet (*), welches feine gewohnliche zus ſammen⸗ (*) Tab. J. Fig. IX. e. D - Zur > 301 ſammenziehende und ansdehnende Bewegung hat. Und was endlich den Klauenfuß anlanget, ſo iſt auch dieſer der Hauptſache nach, wie der ſchon beſchriebene, beſchaffen. Er iſt hinten breit und gebogen, und laͤuft vorn in eine vogelaͤhnliche Klaue mit zween langen Nägeln aus (“). Auch ber finden ſich an ihm unten die zwey borſtenartige Haarroͤhrgen, die anfangs, wie die Arme eines geoͤffneten Cirkels, bey einander ſtehen. Dieß ſind die Stuͤcke, worinn dieſe ungeſchwaͤnzten Waſſerfloͤhe mit den geſchwaͤnzten uͤbereinſtimmen. Was die Unter ſcheidungoſtuͤcke anlanget, fo ſind an dieſen unge— ſchwaͤnzten Waſſerfloͤhen der Kopf, der ſchleyeraͤhnliche Schild, die MNuſchelſchaale, und die oben gemeldten inneren Theile völlig anders, als an den vorigen gebauet und geſtaltet. Wohin denn auch die Art ih- res Schwimmens, und wie fie ſich im Waſſer von einem Orte zum ans dern bewegen, gerechnet werden muß. Ich will ein jedes dieſer Unter⸗ ſcheidungsſtuͤcke inſonderheit beſchreiben. Der Kopf (**) iſt bey dieſen ungeſchwaͤnzten kein ſolcher langer hervorragender Theil wie bey den geſchwaͤnzten. Er iſt hier ſehr kurz, und toͤmmt, ſtatt einem Fifch oder Vogelkopfe, vielmehr einem Larvengeſich— te bey. An dem Vordertheile deſſelben iſt oben eine lange und runde Stirne, in welcher das größere Auge ſich befindet (***). In der Mir, ten ſiehet man elne kegelartige Naſe, die vorn etwas zugzeſpitzet iſt, und auf welcher, wie es mich manchmal geduͤnket hat, ein oder zwey Haͤrgen ſtehen (T). Dieſe anſcheinende Naſe iſt die Oberlippe; und hinter ders ſelben ſiehet man den kleinern ſchwarzen Flecken, als den Ort der einfa— chen Augen. Die Unterlippe ifi ſehr kurz, und der ganze angebliche Mund Pp 2 ſchei⸗ ( Tab. I. Fig. IX. h. () a. b. c. () e. (I) d. 302 De l ſcheinet ebenfalls offen zu ſtehen, und hat in demfelben die mehrgedachten zwo kegelartigen, und zweymal gegliederten Roͤhren, die ich Freß oder Füͤhlſpitzen genennet habe. Sie ſcheinen an dieſen Waſſerfloͤhen länger zu ſeyn, ſtehen auch viel gerader herunter, und reichen mehr in die Mu⸗ ſchelſchaale hinein; als bey denen von der vorigen Gattung. Der Hintertheil des Larvenkopſes, iſt zwar auch mit einem Schil⸗ de bedecket (5), es hat aber derſelbe hier eine ganz verſchiedene und bes ſondere Geſtalt. Er nimmt oben uͤber der Stirne einen ſehr ſchmalen Ans fang; laͤuft auf den Seiten nach und nach etwas breit herunter, und wird unten und auf dem Ruͤcken rund. Man ſiehet an ihm diejenigen rings artigen Streifen und Furchen nicht, die ich bey dem Schleyerſchilde der andern Waſſerſloͤhe bemerket habe. Auch ſiehet man da, wo unten die Arme liegen, keine ſolche ſtarken Seitenfortgaͤnge, als dort mit den Ecken eines Schleyers verglichen ſind; mithin werden die Arme nur ſehr wenig von dieſem Schilde bedecket. Ich wuͤßte dieſen Kopf und Halsſchild mit nichts beſſerm zu vergleichen, als mit dem Kopftuche der Rauchfangtehrer. Die Muſchelſchaale hat hier, ſonderlich oben, eine weit ſtaͤrkere Oeffnung, als die Muſchelſchaale der vorigen. Sie iſt darneben vorn, hinten und unten, völig rund, und etwas weniger laͤnger, als fie breit iſt. Hinten im Ruͤcken macht fie einen ſehr ſtarten Buckel, der jedoch bey allen durchgehends nicht gleich groß und ſichtbar iſt. Nachdem von dieſem Aus wuchſe die Schaale etwas ſchraͤg vorwärts läuft, fo. macht fie unten wieder ein kleines Huͤgelgen, eben in der Gegend, wo bey andern die mehrgedachte Schwanzſpitze iſt (“*) Uebrigens iſt die ganze Mir ſchelſchaale weiß, und durchſichtig, und mit etwas ſtaͤrkern Schuppen, gls die Schaale der geſchwaͤnzten Waſſerfloͤhe, überlegt. 9 Der (7) Tab. I. Fig. IX. d. (5) Tab. I. Fig. IX. f. e e 303 Der Klauenfuß ſcheinet zwar, wie ich anfangs erinnert habe, nichts eigenes zu haben. Siehet man ihn aber recht genau an; fo finder man allerdings auch an ihm verſchiedenes beſondere. Es fehlen ihm ſowohl die hintern Anſaͤtze und Fortgaͤnge, von denen ich gemeldet habe, daß ſie vie, leicht bey den geſchwaͤnzten Waſſerfloͤhen Zubereitungsgefaͤſſe und Behaͤlt, niſſe des Saamens ſeyn moͤchten; ſondern es iſt auch die Oeffnung, wo der Maſtdarm ſeinen Ausgang hat, nicht ſo ſtark ausgeſchnitten; ſo wie auch die vordere und hintere Randeinfaſfung deſſelben mit keinen ſolchen fpigis gen Zacken oder Stacheln, wie bey den andern, beſetzt iſt (H. Zu dieſen itztangefuͤhrten Unterſcheidungsmerkmalen gehoͤret endlich, und vornaͤmlich, die Lebens- und Bewegungsart dieſer ungeſchwaͤnz⸗ ten Waſſerfloͤhe. Ich habe fie Ausſchlieſſungsweiſe, nur ganz allein, in einem derjenigen Gewaͤſſer angetroffen, darinnen ich die grünen Polypen gefunden habe. Da eines meiner Glaͤſer den Winter über noch mit ſolchem Waſſer angefuͤllet geblieben war, fo kam mir nach ein Paar Monaten dieſe beſondere Art Waſſerfloͤhe zu Geſichte. Sie find bey mir nicht viel groͤßer geworden, als die ungeſchwaͤnzten nach der zweyten und dritten Haͤutung zu ſeyn pflegen. Und da die anfaͤnglich große Anzahl derſelben, zweifelsohne aus Mangel der Nahrung, von Zeit zu Zeit ab⸗ genommen hat, ſo habe ich ihre Beſchreibung bloß nach einer ſtarken Ver⸗ groͤſſerung machen muͤſſen. Daher will ich auch zum voraus um Verzei— hung bitten, wenn Manches nicht ſo gar umſtaͤndlich und genau gerathen ſollte. Ich erinnere mich jedoch, daß ich ſie vor dem Jahre in eben dem Gewaͤſſer, ſo mir mit jenen gruͤnen Polypen mehrmalen nach Hauſe ge— bracht worden iſt, auch ſehr groß geſehen habe. Mir kam es ſchon damals ſeltſam vor, daß dieſe Waſſerfloͤhe nicht ſo, wie die andern, im Waſſer Pp 3 s auf () Tab. I. Fig. IX. g. 304 D n > aufs und niederhuͤpften; ſondern häufig an den Glaßwaͤnden, wie ange⸗ heftet, ſaſſen. Da ich fie aber für die gewoͤhnliche Gattung der geſchwaͤnz⸗ ten hielte; ſo achtete ich es nach dieſem Vorurtheile nie der Mühe werth⸗ fie in eine weitere Unterſuchung zu nehmen. Es iſt aber die Bewegung diefer ungeſchwaͤnzten Waſſerfloͤhe in allem der Bewegung der geſchwaͤnzten entgegen geſetzt. Man ſiehet ſie kein einzigesmal fo langſam und abgeſetzt auf- und niederſteigen, als die ge— ſchwaͤnzten; ſondern ihr Fortrudern iſt ungemein geſchwind, und koͤmmt demjenigen vollkommen gleich, welches man an den rothen Waſſerſpin⸗ nen gewahr wird. Die geſchwaͤnzten laſſen ſich in ihrem Auf- und Nies derhuͤpfen nicht leicht etwas hindern, man ſetze auch das Waſſer, wo ſie ſind, in eine ziemliche Bewegung; und am wenigſten verbergen ſie ſich m Schlamme, oder unter die Blaͤtter, Geſtraͤuche, und andere Unrei— nigkeiten, ſo im Waſſer find. Dieſe hingegen, die ungeſchwaͤnzten, vers ſchwinden den Augenblik im Waſſer, wenn ſie auch nur die geringſte Be— wegung deſſelben empfinden, oder ſonſt beruͤhret werden. Sie verlaſſen ſogleich den Ort, wo ſie angeſeſſen ſind; werfen ſich, welches das Be⸗ ſonderſte an ihnen iſt, auf den Ruͤcken; und ſchießen auf dieſe ruͤcklings ſchmimmende Art, wie der fiſchfoͤrmige Kiefenfuß, doch viel ſchneller und geſchwinder, im Waſſer unterwaͤrts und auf den Boden, und ver, bergen ſich dafelbft unter diejenigen Dinge, die fie antreffen. Ja ſie hal ten ſich auch von ſelbſt lange Zeit unter dem Geſtraͤuche auf, ſo daß ich manchmal daſſelbe, und den Vodenſat, zuvor etwas aufrühren und in ſtarke Bewegung bringen muͤſſen; ehe ich auch nur eines einzigen anfichs tig werden konnte. Auf ſolche Bewegung aber kamen ſie jedesmal auf dem Ruͤcken ſchwimmend ſchnell in die Hoͤhe, nahmen beſtaͤndig den kuͤr⸗ zeſten Weg in einer geraden Linie, ohne im mindeſten durch hin, und her— fahren N 305 fahren von ihr abzuweichen, und ſchoſſen alſo der Glaßwand zu. Hier, auf kehrten fie ſogleich im Anfallen der Glaßwand den Ruͤcken zu, ſchlu— gen ihre Arme hinter ſich, und hielten ſich entweder mit einem allein, oder auch mit beyden zugleich, daſelbſt feſt und unbeweglich an. Ja ich habe manchmal bemerket, daß es nur eines von den Haarroͤhrgen war, mit welchem fie die Glaßwand beruͤhrten; und ob gleich alles Uebrige im Waſ— ſer hieng, ſo konnten ſie ſich doch auf dieſe Art dergeſtalt feſt anhalten, daß alles an ihnen wie ſteif und unbeweglich war. Die Oeffuung der Muſchelſchaale ſahe man alsdenn einwaͤrts dem Waſſer zugekehret, und ich habe ſehr deutlich wahrnehmen koͤnnen, wie fie daſſelbe durch die Bewe⸗ gung der Kiefenfuͤße in ſich ruderten. Hatten ſie ſich auf einem hellen Flecke des Bodens angeſchlagen, fo war die Oeffnung der Muſchelſchale der Oberfläche des Waſſers zugekehret; und wenn fiefich an ein Blaͤttgen, oder an einen andern Koͤrper, ſo im Waſſer lag oder ſchwamm, ange— klammert hatten, ſo war auch da ihre Stellung und Lage alezeit fo, daß ſie mit dem Ruͤcken dem Blatte und Körper, und mit dem Bauche dem Waſſer, zugekehret blieben. Und dieſes mag denn von dieſer neuen Art der ungeſchwaͤnzten zackig⸗ nen Waſſerfloͤhe genug ſeyn. Um aber die Kuͤrze dieſes Abſchnittes in etwas zu erſetzen; fo will ich noch mit Wenigen die Handgriffe und Vor— theile beyfügen, wie man die Bewegungen dieſer und der vorigen Waſſer⸗ floͤhe, ſonderlich die innern, am beſten zu Geſichte bringen koͤnne. Man wird finden, daß ſolches, fo lang der Waſſerfloh Waſſers genug hat und lebendig iſt, wegen des beſtaͤndigen Hin und Herſchießens, faſt unmoͤg⸗ lich wenigſtens ſehr zeitverderblich und verdrießlich iſt. Dieſem habe ich, auf folgende Weiſe abzuhelfen geſucht. Da ich bemertet hatte, daß ein nicht gar ſtarker Weingeiſt ihnen alle äußerliche Bewegung bes ; nahm 306 n nahm, und ſie, wie voͤllig ertoͤdtet, darſtellte; ſo ließ ich in das Waſſer, in welchem ſich der Waſſerfloh auf einem hohlgeſchliffenen Beobachtungs⸗ glaͤßgen befand, einen oder zween Tropfen Weingeiſt fallen. Das Thier⸗ gen wurde gar bald ſtil und unbeweglich, ohne das allergeringſte Zeichen des Lebens mehr von ſich zu geben. Das Herz allein bewegte ſich noch, jedoch ganz matt und langſam. Hierauf ließ ich das mit Weingeiſt vers mengte Waſſer voͤllig abflieſſen; und erſetzte es mit reinem und friſchem Brunnenwaſſer. Das Herz ſieng wieder an ſtaͤrker zu ſchlagen, die Ries fen ſahe man nach und nach ſich von neuem rühren, und wenn es einige Zeit anſtand, fo lebte der Waſſerfloh völlig wieder auf, und nahm ſein vos riges Hin- und Herſchießen an ſich. Ehe aber ſolches erfolgte, erhielt ich uͤberfluͤßige Zeit, alle innere Bewegungen, und was ich ſonſt an ih⸗ nen ſehen wollte, anzumerken und abbilden zu laſſen. i art Da, nach der itzigen Anmerkung / ſchwacher Weingeiſt dieſe Waſſer, thiergen nicht ſogleich toͤtet, ſondern nur in einen unbeweglichen Zus ſtand ſetzet; fo haben diejenigen, die an aͤußerlichen Blendwerken einen Ge fallen haben, hier ein artiges Mittel ſich bey Unwiſſenden und Einfaͤlti— gen, die nur nach den aͤußern Sinnen zu urtheilen pflegen, den Ruhm kleiner Wunderthaͤter, oder einer geheimen Kunſt, zu erwerben. Sie werden vorgeben duͤrfen, und durch den Augenſchein erweiſen koͤnnen, daß ſie todten Thiergen, wenn ſie ſolche eine Zeitlang in ihrer Hand gehalten, durch bloßes friſches Brunnenwaſſer, das Leben wiedergeben; ja nach Willkuͤhr ſolche mehrmals hintereinander toͤdten, und wieder zum Leben bringen koͤnnen. Die gleiche weiſſe Farbe des Weingeiſtes und des Waſſers wird den Betrug nicht verrathen; und der Einfaͤltige wird ſchwoͤren, es ſey lauter Waſſer, und es habe folglich der Tod und das Leben dieſer Thier— gen von einer geheimen Kraft der Hand und des Willens dieſer oder je⸗ nes Menſchen abgehangen. Man wird dieſes um ſo ſinnlicher zu machen im un e 309 im Stande ſeyn; da ich oft laͤnger, als eine Viertelſtunde dieſe Thiergen im Weingeiſte habe liegen laſſen; und die, wenn ich ſie wieder in friſches Waſſer gebracht, gleichwohl von neuem auf und fortgelebet haben. * * * N * N * N N N * N N N N N XR X * X „ * Vierter Abſchnitt. Von einer beſondern Art kleiner Waſſeraale. D im vorigen Jahre mit Anfange des Winters alle diejenigen Suͤmp— fe und Laken zufroren, aus welchen ich bishero allerhand Inſecten für meine Armpolypen hatte holen laſſen; fo ſahe ich mich genös thiget auf ein Mittel zu denken, wie es mir am noͤthigen Vorrathe, die— fe Waſſerthiergen auch im Winter zu erhalten, nicht fehlen moͤge. Ich folgte dem Vorſchlage, den Herr Trembley gethan hat; und ließ aus einer Lake, worinn ich den ganzen Sommer zackige Waſſerfloͤhe, Traubentraͤger, und dergleichen, am haͤufigſten geſehen hatte, eine Men— ge Schlammes ausgraben, und nach Hauſe bringen. Dieſe Lake war zu— gleich eine von denenjenigen, worinn ſich auch die fiſch- und krebs— foͤrmigen Kiefenfuͤße jahrlich aufzuhalten pflegen. Daher verfprach ich mir davon zugleich den Vortheil, daß ich vieleicht aus den, in dieſem Schlamme verborgen liegenden, Eyern, auch junge krebsfoͤrmige Rie⸗ fenfuͤße erhalten, und alſo Gelegenheit bekommen wuͤrde, die Beobach— tungen und Verſuche mit ihnen, auch den Winter uͤber, fortzuſetzen. Bis gegen den Chriſtmonat des abgewichenen Jahres pflanzten ſich die kleinen Inſecten in einigen meiner großen Waſſerglaͤßer noch immer Die gruͤnen Armpolypen. Qq in 308 u 2 in ſolcher Anzahl fort, daß ich mit ihnen meine Armpolypen reichlich verſehen konnte. Daher ließ ich auch bis dahin den aufbehaltenen Schlamm unbekuͤmmert in der freyen Luft zuſommenfrieren und uͤber⸗ ſchneyen. Da ich aber ſahe, daß wegen der täglichen Vermehrung der Armpolypen es mir doch wohl endlich an Nahrung für fie mangeln kön te; fo nahm ich etwas von dieſem gefrornen Schlamme , füllte damit eis nes meiner größten Glaͤßer Über die Haͤlfte an, und nachdem ich drey Zins ger hoch Brunnenwaſſer darauf gegoſſen hatte, brachte ich das Glaß in die warme Stube, und ließ den Schlamm nach und nach gufthauen und weich werden. Als ich nach ungefehr vierzehn Taͤgen nachſahe, fo zeigten ſich zwar die kleinern Waſſerinſecten ſchon in genie enges allein ich entdeckte nebſt denſelben noch andere kleine, lange, und ſchmale Thiergen, die ſich über der Oberfläche des Schlammes und im Waſſer auf allerhand ſeltſa— me Arten, und mit mannigfaltigen wunderbaren Stellungen, Lagen und Richtungen, hin und her bewegten (*). Und je mehr ich ihnen zuſahe; je wunderbarer kamen fie mir in ihrem Baue, in ihrer Lebens und Bewe— gungsart vor. Ich entſchloß mich alſo, fie in eine eigene und genauere Bes trachtung zu nehmen; allerhand Verſuche mit ihnen anzuſtellen; und zu ſehen, ob ich etwas Neues, HR und Anmerkungswuͤrdiges an ihnen finden würde. Der Erfolg beſtaͤttigte gar bald meine anfaͤngliche Vermuthung. Ich fand, daß dieſe Thiergen allerdings von beſonderer Art waͤren, und daß ſie gar wohl verdienten, den Freunden der Naturkunde angezeiget und be— kannt gemacht zu werden. Ich will zuerſt dasjenige von ihnen melden, was C*) Tab. II. Fig. I. a le 309 was das bloße Auge entdecket; hernach will ich fie nach der Vergrößerung beſchreiben; und endlich will ich meine Gedanken von ihren innern Haupt⸗ gefaͤßen eröffnen, und anzeigen, theils was dieſen Thiergen mit und vor andern eigen iſt, theils was ich vor Verſuche mit ihnen angeſtellet habe. Sahe ich den, in einem reinen und hellen Glaße ſich befindenden, Schlamm etwas genau an, ſo fand ich ſogleich mit bloßen Augen nicht nur denſelben an den Glaßwaͤnden durchwuͤhlet und durchgraben; ſondern ich ward auch auf feiner Oberflaͤche einer unbeſchreiblichen Menge längs lichrunder scher und Gruben gewahr (*); deren Durchſchnitt oben am ſtaͤrkſten war, alsdenn aber in den Schlamm hinein mehr und mehr abs nahm, und die folglich in der Laͤnge trichteraͤhnlich waren (“*). Ich ſahe ferner auf der Oberflaͤche dieſes Schlammes, ſonderlich nahe bey de— nen erſtgedachten Löchern, allerhand erhabene und unordentlich übereinans derliegende lange und runde Wuͤrſtgen liegen (1), welche die naͤmli⸗ che Farbe, wie der Schlamm hatten. Vornaͤmlich aber ſtunden in den laͤnglichrunden Loͤchern, ſehr viele blaßrothe ſchmale und lange Koͤrper, wie Faden, die ſich im Waſſer auf verſchiedene Art hin und her bewe— gen (T). In einigen Loͤchern waren deren einzelne (Ir), in andern aber deren mehrere zugleich (ff). Ich fand, wie allezeit ein Theil von dieſen anſcheinenden Faͤden in dem Schlamme ſteckte, wenn ſich der andere uͤber dem Schlamme im Waſſer bewegte; jedoch mit dem Unterſcheide, daß bald das Meiſte von ihnen im Schlamme verborgen war, und daſeldſt ſeine Bewegung hatte; bald aber das Meiſte ſich im Waſſer bewegte, und nur etwas Weniges in der Grube und in dem Schlamme ſich befand. N Qq 2 „ses () Tab. HI. Fig. I. 4. a. a. a. (9 e. e. e. (9 d. (I) fg. h. i. I. m. n. p. q. r. (TT) e. f. I. n. g. 0. s. (TTT) g. h. i. m. p. q. r. 310 n Jedoch, es brauchte keines großen und langen Aufmerkens, um mich zu uͤberzeugen, daß dieſe blaßrothen anſcheinenden Faͤden lebendige Ges ſchoͤpfe waͤren; und ich will ihnen vorläufig den Namen kleiner Waſ⸗ ſeraale beylegen. Was zuerſt die Bewegung dieſer Waſſeraale anlanget, ſo habe ich bemerket, daß ſie theils eine einfache und beſtaͤndige, theils eine zu⸗ ſammengeſetzte, unbeſtaͤndige, und alle Augenblicke ſich abändern» de, Bewegung haben. Die einfache und beftändige beſtehet darinn, daß fie ſich ſowohl mit demjenigen Theile, der außerhalb den Löchern im Waſſer iſt, als auch mit einem Stuͤcke desjenigen Theiles, der innerhalb den Löchern ſtecket, nach der linken und rechten Seite abwechſelnd, und fo wie der Perpendi— cul an einer Uhr, hin und her bewegen. Hierdurch werden zugleich die Locher ſowohl laͤnglichrund, als in der Tiefe trichteraͤhnlich, gemacht. In Anſehung des erſtern muß ganz natuͤrlich der Schlamm da am meiſten auf die Seite geſchoben, und folglich das Loch weiter werden, wo der Waſ— ſeraal hin und her faͤhret; und in Abſicht des letztern findet das Thiergen, je tiefer es im Schlamme ſtecket, daſelbſt auch einen immer ſtaͤrtern Wis derſtand; mithin muß zugleich die Bewegung mehr und mehr abnehmen, und alſo auch das Loch einen immer kleinern Durchſchnitt erhalten, das iſt, trichteraͤhnlich werden. Die zuſammengeſetzte, unbeſtaͤndige, und alle Augenblicke ſich abaͤndernde Bewegung iſt dieſe, daß man dieſe Thiergen entweder mit ihrem ganzen Koͤrper, oder nur mit einem Theile deſſelben, bald in die Hoͤhe (), bald unterwaͤrts (**), bald nach allen Gegenden, zugekeh⸗ ret ( Tab. III. Fig. I. g. h. i. I. r. (* e. 8. un mn 311 ret ſiehet. Und hier kann ein jedes Thiergen fo mannigfaltige und ſelt— ſame Stellungen annehmen, daß es faſt unmoͤglich iſt, auch nur die vor— nehmſten abbilden und anzeigen zu koͤnnen. Bald find fie in dem Waſ—⸗ ſer, und zwar am meiſten, aufwaͤrts gerichtet (*), bald bewegen ſie ſich waſſerrecht (*), und unter allerhand Winkeln, die fie mit dem Schlam— me machen; bald hängen fie im Waſſer abwärts (***) Manchmal machen fie lauter große oder kleine Schlangenkrümmungen (f), Wel— len und Bogen (If), und zwar, bald mit dem ganzen Leibe, bald nur mit dem obern, oder mittlern , oder untern Theile allein. Manch— mal erhebet ſich der Leib ohne alle Kruͤmmungen in die Hoͤhe, und bald darauf macht der obere Theil einen, Bogen oder ſchlaͤget ſich ein und mehrs malen in einem großen oder kleinen Ringe uͤber den Leib hinuͤber und her— über (4). Und was dergleichen abwechſelnde Stellungen und Bewe— gungen mehr ſind, davon man ſich aus der Abbildung die beſte Vorſtellung wird machen koͤnnen. Die Farbe dieſer Thiergen iſt dem bloßen Auge insgemein blaßroth. Doch ſiehet man auch zu Zeiten an einigen eine dunkle ſchmale und faden⸗ ahnliche Linie in der Mitten. Dieſe laͤuft entweder den ganzen Leib uns ausgeſetzt hinauf (44), oder fie wird nur oben (III), oder unten (),. oder in der Mitten (zu), ſichtbar, da indeſſen das Uebrige darzwiſchen leer und blaßroth if. Ja bey einigen iſt zu Zeiten dieſe dunkele Mittelli— nie ganz und gar unſichtbar. Wo aber auch dieſe dunkele Linie geſehen wird, iſt ſie doch nie von einerley, oder von einer beſtaͤndigen Richtung. Manchmal iſt fie ziemlich gerade, und ohne ſonderliche Kruͤmmungen; Da 3 manch⸗ (% Tab. III. Fig. I. h. . r. () o. () e. s. () i. m. o. (T7) m. n. (I) f. p. (TIN o. (TTT) l. m. f ( m. p. r. 312 n N manchmal aber, und dieß faſt meiſtentheils, läuft fie in einer mehr oder we— niger gekruͤmmeten Schlangenlinie fort. Oben, wo dieſe dunkle Linie ſich endiger, ſiehet man dieſelbe gar oft gleichſam aus dem Thiergen hers ausgehen, ſich in laͤngliche Kluͤmpgen zertheilen, und ins Waſſer auf den Schlamm fallen (*). Iſt dieſe dunkele Linie in einem Aale abgeſetzet; fo ſiehet man die Stucke davon unter der Bewegung immer höher und hör her hinauf ruͤcken; ja endlich durch die obere Oeffnung, und, durch ihr re allhier ausgeſtoßene Theile, fich ganz und gar verlieren und unſicht⸗ bar werden. Manchmal kriechet ein und der andere Waſſeraal unmittelbar aus dem Schlamme, oder aus einem Loche, und ſchleichet, ohne ſich in die Hoͤhe zu heben, ganz nahe an der Oberfläche fort. Auch das bloße Aus ge kann es alsdann erkennen, daß der hier zum Vorſcheine kommende vors dere Theil ein anderer iſt, als der, ſo oben in der Hoͤhe geſehen wird, wenn das Thiergen ſich im Waſſer beweget. Es laͤuft dieſer vordere Theil ſehr ſpitzig zu (5); und ein wenig hinter demſelben iſt die obere Haut ganz weiß und undurchſichtig (***). Kaum aber iſt das Thiergen mit dies ſem Theile aus dem Loche herausgekommen, und hat ſich auf dem Schlams me etwas fortgeſchoben, ſo bohrt es mit demſelben wieder in den Schlamm, und wenn es einige Tiefe erreichet hat, fo ziehet es das Uebrige des Lei⸗ bes in einen Bogen ſchnell aus dem vorigen Loche, wirft ſelbiges in das Waſſer aufwaͤrts, und das Thiergen faͤngt alsdenn an, ſich auf die oben beſchriebene beſtaͤndige und veraͤnderliche Art zu bewegen; das anfänglich enge und runde Gruͤbgen aber wird laͤnglichrund, und immer groͤßer und weiter. Man (73 Tab, I. Fig. I. Fig. 1 . () Fig. H. 2, H, 2 („ e.. e 313 Man kann auch die Jungen von den alten mit dem bloßen Auge unterſcheiden. Jene find ſehr klein und ſchmal (5); dieſe aber breiter und laͤnger; und wenn ſich jene ſelten einen Zoll lang uͤber den Schlamm herausbegeben, ſo thun es hingegen dieſe zu Zeiten drey, vier und fünf Zoll lang. Wenn der Schlamm in einem reinen und ſaubern Glaße ſich befindet, ſo wird man ſehr viele dieſer Thiergen auch ganz nahe an der Glaßwand finden. Und alsdenn kann man gar ſchoͤn ſehen, wie ein Theil ihres Leibes in dem Schlamme verborgen liegt, und ſich viel oder wenig auf— waͤrts und hinunter ſchiebet. Ja man wird unter dem Schlamme hie und da allerhand zuſammengedruckte Luftblaſen antreffen (**), die, wenn mehrere bey dem Durchwuͤhlen des Schlammes zuſammenſtoßen, und da— durch ihre Schnellkraft größer gemacht wird, als die Schwere des darauf liegenden Schlammes iſt, mit einer ſtarken Gewalt dergeſtalt in die Hoͤ— he dringen, daß fie auf einmal den, wegen ſeiner Zaͤhigkeit feſt aneinan, der hängenden, Schlamm, der über und um ihnen iſt, mit einem Gepraſ— ſele uͤber ſich ins Waſſer werfen. Dieſe Art eines kleinen Erdbebens hat mich anfangs nicht wenig erſchrecket, nach der Zeit aber hat es mir jedes⸗ mal einen artigen Anblick verurſachet. So viel entdecket das bloße Auge an und bey dieſen Thiergen. Brin— get man ſie aber unter die Vergroͤßerung; ſo wird freylich an ihnen Man— ches deutlicher und kenntlicher. Jedoch, es iſt ſehr ſchwer, dieſe kleine Aale aus dem Schlamme und Waſſer unverſehrt, und ſo oft, als man will, herauszubringen. So bald fie nur im geringſten beruͤhret werden, oder auch nur die mindeſte Bewe— gung 99 Tab. III. Fig. 1. K. K. 9 b. b. 314 n M gung des Waſſers verfpüren, ziehen fie ſich augenblicklich tief in ihre Loͤ— cher, und in den Schlamm, zuruck. Ich habe daher allerhand verſuchet, ihrer auf eine leichte Art habhaft zu werden, und endlich habe ich dieſes noch vor das beſte Huͤlfsmittel gefunden. Ich pflege einen großen und tiefen Schoͤpfloͤffel zu nehmen, und fahre mit ſolchem da, wo ſich dieſer Thiergen viele an der Glaßwand und im Waſſer zeigen, ſchnell und ſehr tief in den Schlamm. Was ich vom Schlamme mit dem Löffel heraus bringe, das lege ich auf einen hoͤlzernen Teller, oder auf ein Bret, und laſſe das Waſſer, ſo viel moͤglich iſt, ablaufen. Hierauf nehme ich einen zarten Pinſel, und ſtreiche den Schlamm ganz duͤnn auf dem Teller, oder Brete, hin und her. Hierauf ſuche ich durch friſch aufgegoſſenes Waſ⸗ ſer den Schlamm ſo lange zu verduͤnnen, bis ich derer darinn liegenden Thiergen anſichtig werde. Sie find alsdenn meiſt in einem Klumpen zit ſammengerollet; ſobald man ſie aber in ein klares Waſſer bringet, wickeln ſie ſich von ſelbſt auseinander, und bewegen ſich auf dem Boden hie und dahin; doch, ohne ſich im mindeſten, wie fie im Waſſer thun, in die Hoͤ— he zu richten. Wenn ich auf dieſe Weiſe mehrere zugleich in ein Glaß mit reinem Brunnenwaſſer geſammlet habe; ſo nehme ich nach und nach einen und den andern heraus, bringe ihn mit einem Tropfen Waſſer auf die hohle Hand, und befahre ihn fo lang mit einem naſſen Pinſel, bis al ler Schlamm und Unreinigkeit voͤllig von ihm abgewiſchet iſt. Bringet man nun einen ſolchen zubereiteten Aal in ein hohl ge ſchliffenes Beobachtungsglaͤßgen mit einem Tropfen Waſſer unter die Vergroͤßerung, ſo entdecket man folgendes. Es ſcheinet jedes diefer Thiergen drey Haupttheile zu haben; einen kleinen Ropf (*); einen, aus mehr als 100. ringartigen abgeſetzten Gliedern beſtehenden Leib (*); und einen etwas langen Schwanz (***). g Der (% Tab. III. Fig. II. a. III. a,. (9 Fig. II. b. b. b. Fig. III. c. d. e. Fig e —— un 315 Der Kopf lauft vorn in eine ſtumpfe, etwas gewoͤlbte, Spitze aus, alsdenn aber wird er nach und nach breiter. Auf den Seiten ſtehen ein paar runde Kuͤgelgen, die wie Augen ausſehen (*). Der ganze Kopf iſt ziemlich durchſichtig, an Farbe gelblich, in der Mitten aber wegen der vielen, daſelbſt ſich befindenden, kleinen Aedergen roͤthlich. Nach dem Kopfe folget ſogleich der Leib (*). Er iſt auf beyden Seiten mit einem, laͤngs dem Leibe hinunter laufenden, ſehr durchſichti— gen knopfigen und faltigen Rande, oder Saume, eingefaſſet; oben iſt er etwas gewoͤlbet, und wie mit einer glaͤnzenden Haut ſtark uͤberſpannet. Er beſtehet, wie ich erſt gemeldet habe, aus mehr als hundert ringartigen Einſchnitten oder Abſaͤtzen; davon jeder ein erhabenes warzenartiges Knoͤpf— gen auf den Seiten hat, auf welchem wieder verſchiedene ziemlich lange Borſtenhaare geſehen werden. Der erſte Abſatz iſt etwas weniges breiter, als der Kopf; die folgens den Abſaͤtze aber nehmen bis zum zehenden, oder eilften, an Breite zu (***). Von dieſem fangen die folgenden wieder dergeſtalt an nach und nach an Breite abzunehmen, daß die letzten gegen den Schwanz zu, und am al— lermeiſten der Schwanz ſelbſt (), kaum noch den dritten Theil fo breit ſind, als der erſte Abſatz am Kopfe war. Der Boſtenhaare, die an den Seiten auf den Warzen ſtehen, ſind an den erſten acht oder zehen Abſaͤtzen fünf oder ſechs. Von dem zehnden bis über die Hälfte des Leibes ſcheinen ihrer nur vier zu ſeyn; weiter his unter ſind ihrer drey; und noch weiter hinten ſiehet man deren zwo; ja an dem letzten Abſatze iſt gar nur ein einziges. Doch laͤßt ſich dieſes ſo Die gruͤnen Armpolypen. Rr genaik C*) Tab. III. Fig. III. b. (**) Fig. II. b. b. b. Fig. III. e. d. e. ( Fig. II. e. e. e. (d. & d. d. e. e. f. 316 e e genau nicht beſtimmen, weil manchmal dieſe Borſtenhaare hin und mies ner fehlen; und daneben oft ſo zuſammenkleben und aneinander liegen, daß fie auch da einfach ſcheinen, wo ihrer wirklich mehrere find, Der Schwanz (*) iſt am Ende rundlich und oben eingeſchnit⸗ ten; und die beyden, durch den Einſchnitt entſtandenen, Theile thun ſich beſtaͤndig auf und zu (**). Was die innwendigen Theile anlanget; fo kann man dreyerley Hanpt— gefäße durch die durchſichtige Haut entdecken. Sie laufen alle unaus— geſetzt laͤngs den Leib hinunter. Das erſte lieget in der Mitten, und iſt ein großes, meiſt durchſichtiges, und braunes Gefäße. Neben demfels ben liegt auf beyden Seiten ein anderes, etwas kleineres und hellrothes. Und unter dieſem ſiehet man an den Seiten noch zween ganz enge und blaßrothe Bänge, die, unter allerhand Kruͤmmungen, uͤbereinander hin— laufen. Ale dieſe Gefaͤße machen, ſowohl bey der Bewegung des Thiergens, als auch, wann es ſtille lieget, unzaͤhlige ſeltſame Kruͤmmungen, Lagen und Richtungen. Oft ſchiebet ſich das mittlere dunkle Gefäße ganz eng zuſammen und aneinander; manchmal gehet es in einer Schlangenlinie auseinander. Die zwey rothen Nebengefaͤße thun ein gleiches, und lie— gen bald unter, bald uͤber, bald neben dem dunkeln Mittelgefaͤße. Vor— naͤmlich aber ſiehet man den rothen Saft in den Nebengefaͤßen eben eine ſolche Bewegung haben, wie die Reihe Herzen einer Raupe: da naͤmlich der Saft immer von einem Beutel zum andern fortgepreſſet wird, ſo, daß wenn der eine Beutel ſich zuſammenziehet, der folgende erweitert wird. An den beyden kleinen rothen Gefaͤßen iſt dieſe letztere Bewegung nicht zu ſehen. Von ( Tab. II. Fig. II. c. Eig. VIII. f. (5) Fig. II. d. III. g. O En 317 Von dem dritten Abſatze bis gegen den zehenden iſt die obere Haut ganz weiß, und nicht ſo durchſichtig, als bey den uͤbrigen Ringen. Sie ſcheinet hier dick zu ſeyn, und man erkennet unter derſelben eine unbe— ſchreibliche Anzahl ganz kleiner zarten und rother Aedergen, die auf den an— dern Ringen nicht geſehen werden. Wenn das mittlere Gefäße ausgeleeret iſt, ſo iſt es ganz durchſich⸗ tig, ja man ſiehet es alsdenn kaum. Und ſo ſind auch manchmal die ro— then Nebengefaͤße ſo hell und weiß, daß man meynen ſollte, es waͤre der ganze innere Leib des Thiergens völlig leer, und ohne alle Gefaͤße. Da ſich dieſes Thiergen, fo lange es lebet, beſtaͤndig ausdehnet und zuſammenziehet, auch mit ſeinem Kopfe alle Augenblicke hie und daßin faͤhret; fo iſt in dieſem Zuſtande fein Bau ſchlecht zu erkennen. Man muß es alſo jedesmal vor den Beobachtungen mit ſchwachem Weingeiſte ein wenig kraftloß machen, ſo, wie ich es bey dem vorigen Abſchnitte, in Anſehung der Waſſerfloͤhe, angegeben habe. Dieß iſt die aͤußerliche und innerliche Geſtalt dieſer Thiergen, ſo viel ich unter der Vergroͤßerung habe bemerken koͤnnen. Nun will ich meine Gedanken beyſetzen, wofür ich jeden der erſtbeſchriebenen Theile dieſer Waſſeraale halte. Da man aus dem hintern Theile, wenn ſich die Thiergen über dem Schlamme im Waſſer bewegen, von Zeit zu Zeit eine ſchwaͤrzliche kothige Unreinigkeit fallen ſiehet; ſo iſt wohl kein Zweifel, daß dieſes die After— oͤffnung fen (*). Und eben aus dieſem Grunde wird man ohne alles Bedenken den ihm entgegen ſtehenden Vordertheil für den Kopf anneh— Rr 2 men C) Tab. UI. Fig. I. I. I. I. d. II. g. 318 n men dürfen (5). Ob die an den Seiten ſich befindende Huͤgelgen, oder Knoͤpfgen, Augen ſeyen, getraue ich mir nicht anzugeben; zumal, da dieſe Thiergen, nach der Art, wie fie leben und ihre Nahrung ſuchen ders ſelben wohl moͤgten entbehren koͤnnen. Von dem Kopfe gehet bis an die Afteroͤffnung durch den ganzen Leib ein dunkels, und auf mannigfaltige Weiſe, wie die Gedaͤrme in andern Thieren, ſich wurmartig kruͤmmendes und bewegendes Gefaͤße; und was kann dieſer Gang anders, als der Magen und die Gedärme ſeyn? Auf beyden Seiten dieſes Hauptganges liegen ein Paar rothe halb durchſichtige Gefaͤße, die ſich den ganzen Leib hinunter in gewiſſen Abſaͤtzen erweitern und zuſammenziehen; und wodurch der innere rothe Saft von einen Abs ſatze zum andern nach und nach, und zwar in dem einen Gefäße unters waͤrts getrieben, in dem andern aber, wie es ſcheinet, aufwaͤrts wieder zuruͤckgefuͤhret wird. Dieſe doppelten Gaͤnge ſind wohl nichts anders, als das Herz dieſer kleinen Aale. Die zwey übrigen kleinern roͤthlichen Gefaͤße aber moͤgen, aller Vermuthung nach, ſolche ſeyn, darinn alers hand zum Leben der Thiergen noͤthige Saͤfte zubereitet und abgeſondert werden. Die oben beſchriebenen Borſten dienen wahrſcheinlich den Thiergen ſich in dem Schlamme und in der Tiefe, oder in einer gewiſſen Stellung, nach Willkuͤhr zu erhalten. Und da deſſen vorderer Theil, oder Kopf, das zu gemacht iſt, daß er meiſtens im Schlamme, der hintere Theil, oder Schwanz, aber außer dem Schlamme im Waſſer ſeyn fon; fo haben auch an jenem die Borſten haͤufiger ſeyn, und nach hinten zu immer mehr und mehr abnehmen muͤſſen. Da ( Tab. III. Fig. II. a. II. a. Da diefe Thiergen, wie ich bald melden werde, fich ſehr ſtark fort⸗ pflanzen, ſo muͤſſen ſie ordentlicher Weiſe, und nach der Aehnlichkeit zu ſchließen, freylich die dazu noͤthigen Werkzeuge haben. Jedoch ich bin nie fo gluͤcklich geweſen, davon etwas zu entdecken. Daß fie aber zwi— ſchen dem dritten und zwanzigſten Abſatze ſeyn, wo die obere Haut weiß und undurchſichtig iſt; koͤmmt mir aus zweyerley Urſachen ſehr wahrſchein⸗ lich vor. Einmal, weil die allhier mehr, als einem Orte des Leibes, be— findliche große Anzahl ſehr kleiner roͤthlichen Gefaͤße von einem in dieſer Gegend ganz beſondern innerlichen Baue zeigen. Sodann, weill ſich von den Regenwuͤrmern, an welchen auch um dieſe Gegend die Zeugungs— glieder angetroffen werden, gar wohl auf dieſe Waſſeraale ſchießen laͤſſet. Doch kann ich hievon mit voller Gewißheit eben ſo wenig, als von den andern innern Theilen etwas ſagen; deren ſich, aller Wahrſcheinlichkeit nach, noch verſchiedene an dieſen Thiergen finden moͤgen. Wovon dieſe Waſſeraale ihre Nahrung haben, und wie fie folche in fich bringen, davon kann ich ebenfalls nur bloß muthmaßlich reden; in⸗ dem ich an dem vordern Theile, oder Kopfe, niemals einer Oeffnung, oder auch nur einer ſolchen Bewegung gewahr worden bin, daß ich eine Mundoͤffnung hätte vermuthen koͤnnen. Vieleicht wäre beſſer zum Zwecke zu kommen, wenn man dieſe Thiergen koͤnnte freſſen ſehen. Allein, dieß geſchiehet nie anders, als wenn eben dieſer ihr Kopf tief im Schlamme ſtecket. Und wer iſt da im Stande, etwas zu entdecken? Ich bilde mir daher ein, daß dieſe Thiergen eben ſo vom Schlamme leben, wie die Re— genwürmer Erde freſſen. Es werden zweifelsohne die, in dem Schlamme haͤuftg vorhandene, fettige und oͤlige Theile erſt im Leibe ſelbſt zur Nah⸗ rung abgeſondert. Denn wenn fie die noͤthigen Nahrungstheile ſogleich aus dem Schlamme aus und in ſich zoͤgen; wie koͤnnten fie fo vielen Uns rath auswerfen, und wie wäre es möglich alles fo geſchwind zu verdauen a | Rr 3 Es 320 n 2 Es ſcheint auch meine Meynung durch ihr öfters Verändern der Löcher beſtaͤttiget zu werden. Sie ſuchen, wie mir vorkoͤmmt, nur alsdenn fris ſchen Schlamm, und erwaͤhlen ſich zu dieſer Abſicht ein neues Loch, wenn ſie in dem alten Loche nichts mehr, als den ſchon ausgeſogenen, und wieder von ſich gelaſſenen, Unrath vor ſich finden. Wie aber der aus— geſogene Nahrungsſaft veraͤndert, und durch welche Wege und Gefaͤße er an die noͤthigen Orte hingebracht wird; dieß muß ich andern zur Unter, ſuchung und zur Beſtimmung uͤberlaſſen. Das Beſonderſte iſt hiebey, daß, indem dieſe Thiergen den Kopf und einen guten Theil des Leibes bes ſtaͤndig im Schlamme haben, das Übrige des Leibes aber ſich über dem Schlamme im Waſſer beweget, auf dieſe Weiſe die invendigen Nahrungs— cheile durch die Gedaͤrme aufwärts getrieben, und, wenn fie ausgeſogen ſind, oben bey dem After ausgeworfen werden. Wenn man dieſe Thiergen in viele Stücken zerſchneidet, fo verlie— ren ſie dieſerhalb keineswegs ihr Leben und ihre Bewegung. Es lebet, und beweget ſich, auch nachher, ein jedes Stuͤcke vor fi) fort. Lͤͤſſet man die zerſchnittenen Stücke in lauterm Waſſer liegen, fo ſterben fie nach eis nigen Tagen ab, das eine eher oder ſpaͤter, als das andere. Leget man ſie aber auf einen Schlamm, uͤber welchen Waſſer gegoſſen iſt, ſo bege— ben ſie ſich ſogleich in denſelben, und man wird auf dieſe Weiſe viele von dieſen Stuͤcken beym Leben erhalten. Ja es find mir auf dieſe Art mans che Stuͤcke voͤllig wieder ausgewachſen. Es haben folglich dieſe Thiergen eben die beſondere Eigenſchaft an ſich, als die Polypen, die Kegenwürs mer und andere mehr, die durch Zerſchneiden nicht allezeit getoͤdtet werden, ſondern auch nach demſelben fortleben, und ſich wieder ergänzen, Da es mir indeß nicht mit allen, ſondern nur mit wenigen, Zers ſtuͤckelungen gelingen wolle, daß fie in dem, ihnen beſonders gegebenen, Schlam⸗ ce u 321 Schlamme fortgelebet und ſich ergaͤnzet haben: fo konnte ich nicht anders denken, als daß ich ſie ſelbſt daran muͤſſe gehindert haben. Ich verſuchte es daher auf eine andere Art. Ich nahm eine ſehr ſcharfe Scheer, und fieng mit denenjenigen, die in meinem Glaße waren, eine Zerſtuͤckelung an. Ich zerſchnitte unzaͤhlige, wenn ſie ſich eben aus den Löchern her— ausbegeben hatten, ſogleich unter dem Waſſer, und uͤberließ fie alsdenn ihrem Schickſale. Die Theile, fo im Waſſer geweſen waren, fielen auf den Schlamm, und wurden in demſelben unſichtbar; der uͤbrige Theil aber zog ſich ganz ſchnell in feine Grube und unterirrdiſche Hoͤhlung zurück. Nach einigen Wochen fand ich viele meiner Waſſerthiergen ganz veraͤu— dert. An einigen ſahe ich hie und da groſſe Knoten und Anſaͤtze (Y, ders gleichen ich ſonſt vorhero an keinem bemerket hatte; andere hatten einige lange Fortgaͤnge, wie abgeſchnittene Fleiſchſtuͤcke; am allerartigſten aber war derjenige Waſſeraal anzuſehen, welchem am ſeinem mittlern Theile des Leibes ein anderer halber Waſſeraal angewachſen war (**); und der alſo wie einige Armpolypen zween Leiber und zween Schwaͤnze hatte. Der angewachſene Waſſeraal bewegte ſich ohne Unterlaß uͤber dem Waſſer zu— gleich mit dem andern; doch habe ich nie in ihn die Nahrung uͤbergehen, auch das mittlere Gefaͤße mit derſelben nie ſichtbar angefuͤllet, noch auch aus der Afteroͤffnung Unrath gehen ſehen. Welcher Umſtand das Leben und die Bewegung dieſes Halbthiergen um fo wunderbarer machte. Ich habe vorher geſagt, daß dieſe Thiergen ſich ſtark fortpflan⸗ zen. Solches ſchlieſſe ich daher, weil ich in einem Monathe we— nigſtens zu drey und vier verſchiedenemalen Junge in meinem Glaße angetroffen habe; und wodurch freylich die Anzahl dieſer Thiergen ſich von Zeit zu Zeit ganz ungemein vermehret haben muß. Ob aber ihre Fort— pflan⸗ () Tab. Ul. Fig. I. g. C) Fig. I. h. 322 un pflanzung durch Eyer, oder durch lebendige Thiergen, geſchiehet, kann ich nicht beſtimmen, weil ich beym Zerſchneiden derfelben weder die einen / noch die andern, habe entdecken koͤnnen. ’ Dieſes aber weis ich, daß dieſe Waſſerthiergen, wie die Waſſerfloͤhe, des Nachts, und wenn das Waſſer kalt wird, wenig über dem Schlam— me im Waſſer, ſondern zu der Zeit meiſtens ganz und gar im Schlamme verborgen, ſind; bey Tage aber, und wenn das Waſſer waͤrmer wird, ſind ſie faſt ganz und gar in der Hoͤhe, und verlaͤngern ſich alsdenn oft, wie ſchon geſagt iſt, gegen zwey, drey und vier Zoll. Endlich habe ich auch bemerket, daß eine nicht allzugroße Kälte ihnen eben nicht toͤdtlich ſey. Es find einige von ihnen in meiner Kammer mehrmalen eingefros ren; ſobald ich aber das Waſſer im Glaße wieder aufthauen ließ; kamen auch dieſe aus dem etwas gefrornen Schlamme hervor, und lagen alsdenn eine Zeitlang zuſammen gerollet, und wie todt, auf der Oberfläche des Schlammes. Sollten nicht etwa einige derjenigen Würmer von dieſen Wafferaalen ihren Urſprung haben, die man ſo oft in den Eingeweiden und Leibern der Menſchen, und des Viehes, antrift? Mir koͤmmt es ſehr wahrſchein— lich vor. Wenigſtens giebt es einen vorläufigen neuen Beweis ab, wie vorſichtig das Vieh aus allerhand Suͤmpfen, und ſtehenden Waſſern, zu traͤnken ſey. Erklaͤ⸗ . e e Erklaͤrung der Kupfertafeln. Die erſte Tafel. . I. a. b. c. d. e. f. g. Verſchiedene geſchwaͤnzte zackige Waſſerfloͤhe, in natuͤrlicher Groͤße, und wie ſie auf mannigfaltige Weiſe, und nach allerhand Stellungen, im Waſſer auf und nieder hüpfen. h. ein beſonderer vergroͤßerter Waſſerfloh, an welchem hinten über der Schwanzſpitze ſich nach jedesmaliger Haͤutung ein ſchwar— zer großer Fleck gezeiget hat. u) 1 2 08 Fig. II. a. Die Eyer dieſer zackigen geſchwaͤnzten Waſſerfloͤhe in natuͤr— licher Groͤße. b. c. eben dieſelben vergroͤßert, in welchen die innern runden Kuͤ— gelgen zum Vorſcheine kommen. d. zwey vergrößerte Eyer, wie fie anfangen laͤnglichrund zu werden. e. eines dergleichen, in welchem oben ein ſchwarzer Punct, als der Anfang des groͤßern Auges, geſehen wird. — Q ig. I. Drey aus der Muſchelſchaale lebendig herausgekommene, uns ausgewachſene, junge Waſſerfloͤhe. a. ein folcher junger Waſſerfloh, deſſen Arme und Schwanzſpitze ſtark an die Muſchelſchaale geſchloſſen find. b. eben derſelbe, aus deſſen zerriſſenen Muſchelſchaale lauter kleine runde helle Kuͤgelgen hervorkommen. c. eben derſelbe, wie er anfängt feine Arme, und fine hintere Schwanzſpitze, zu bewegen und von ſich zu ſtrecken. Fig. IV. Ein junger Waſſerfloh, wie er ſich zeiget, wenn er allererſt ausgeſchuͤttet worden, und ſich hierauf voͤlig ausgedehnet hat. das Herz. die hoͤrnerartigen Gefaͤße im Kopfe. die lange und erhaͤrtete Schwanzſpitze. die zwey Haarroͤhrgen an dem Klauenfuße. der Klauenfuß ſelbſt. d Y Die gruͤnen Armpolypen. Ss Pig. V. 324 ec en; Fig. V. Ein paar vergroͤßerte Waſſerfloͤhe, wie ich dergleichen mehrma— len geſehen habe aneinander haͤngen, und auf dieſe Art lange Zeit im Waſſer hin und herfahren. Fig. VI. Ein geſchwaͤnzter zackiger Waſſerfloh, nach einer ſehr ſtarken Vergroͤßerung; wie er ſich zeiget, wenn man ihn von der vordern Seite im Waſſer anficher, die Muſchelſchaale offen hat, und mit dem Klauenfuße aus und einſchlaͤget. a. der Schleyeraͤhnliche Schild, mit feiner obern Erhoͤhung, de— ren Streifen und Seitenecken. . Die Eyer, wie ſie durch die Muſchelſchaale ſich zeigen. der Klauenfuß. die zween Naͤgel, in welche ſich der Klauenfuß endet. die zwey Haarroͤhrgen, die ſich unten an demſelben befinden. die Schwanjſpitze. g. die Arme. der obere und Äußere Zweig derſelben, welcher viermal geglie— dert it, in allem aber nur vier baumartige Harroͤhrgen hat. 2. der untere oder innere Zweig, der nur dreymal gegliedert, in allem aber mit fünf baumartigen Haarroͤhrgen verſehen if. Fig. VII. Eben derſelbe geſchwaͤnzte und vergroͤßerte Waſſerfloh, wie er von der Ruͤckenſeite im Waſſer geſehen wird. a. der obere Theil des Schleyerſchildes, wo die drey erhoͤheten Streifen ſich uͤber den Kopf ſchlagen. b. b. der untere Theil des Schleyerſchildes. die Anſaͤtze deſſelben, mit welchen er gleichſam gefuͤttert, oder unterlegt zu ſeyn, ſcheinet. k die ſcharfe Ruͤckenſchneide, in welche die beyden Muſchelſchaalen hinten zuſammenlaufen, oder allhier zuſammengewachſen ſind die Schwanzſpitze. ; die untern Anſaͤtze und Fortgaͤnge am Klauenfuße. der in der Muſchelſchaale zuſammengelegte Klauenfuß ſelbſt. Fig. VIII. dee e d . ei o 2 85 6 Eig. VII. 4 N. O. 2 Fig. IX. o D M 32 Ein noch ſtaͤrker vergroͤßerter geſchwaͤuzter Wafſerfloh. die in dem anſcheinende offenen Munde ſich befindenden zwei Roͤhrgen, die ich für Freß⸗ oder Fuͤhlſpitzen halte. der fiſch oder karpfenaͤhnliche Kopf mit feiner Ober- und Unter— lippe, und in deſſen Mitte hinten der kleinere ſchwarze Punct, als eine Art einfacher Augen geſehen wird. . dag größere zuſammengeſetzte Auge. die zwey hoͤrnerartigen Gefäße. f. der Schleyerſchild. das Herz. die nelkenartige Gattung der, dieſer Thiergen ſtark anſitzenden, Polypen. das Eyerbehaͤltniß, wie es ſtark mit Eyern angefüller iſt. ein paar Raͤderthiergen, die ſich ebenfalls dieſen Waſſerfloͤhen ſtark anzuſetzen pflegen. die Schwanzſpttze. M. das innere dunkele Gefäße, fo in dieſer Gegend zum Maſt— darme wird. die zwey Haarroͤhrgen, ſo dem Klauenfuße unten anſitzen. die hintere größere, und mit ſtachelaͤhnlichen Spitzen beſetzte, Oeffnung des Klauenfußes, wo der Maſtdarm ſeinen Ausgang hat, und alſo der After iſt. die vordere kleinere Oeffnung des Klauenfußes, fo zweifelsohne — der Ort iſt, wo die weiblichen Zeugungswerkzeuge verborgen liegen. > die zween Nägel, welche ſich an dem Klauenfuße vorne befin den. das letzte paar Kiefenfuͤße, als welche die bis dahin gebrachten Speiſen nicht weiter gehen laͤßt, ſondern dieſelben dem Ruͤcken zu, in die daſelbſtige ringenartige Furche, zu bringen weis. der Hauptaſt der Arme. 3. 4. das erſte, zweyte und dritte Glied des innern Zweiges. Ein vergroͤßerter ungeſchwaͤnzter zackiger Waſſerfloh. der anſcheinende offene Mund mit ſeinen zwey innern Roͤhren, oder Freßſpitzen. die naſenaͤhnlich Oberlippe des Mundes; hinter welcher der ſchwarze kleine Punct, als eine Art einfacher Augen ſtehet. Ss 2 c. das 326 ee u dag größere zuſammengeſetzte Auge, fo hier in der ſtark erhoͤhe⸗ ten Stirne ſich befindet. d. der beſondere Schleyerſchild. das Herz. die Gegend, wo bey den geſchwaͤnzten Waſſerfloͤhen die Schwanz ſpitze ſtehet, die aber dieſer Art Waſſerfloͤhen gänzlich fehlet. g. der untere Theil des Klauenfußes, dem diejenigen Anſaͤtze feh— len, die ſich bey der andern Gattung befinden. h. der Klauenfuß, und deſſen vordere Naͤgel. Fig. X. XI. XII. XIII. XIV. XV. Sechſerley grüne Armpolypen, vers groͤßert, mit und ohne Jungen; und wie ſie nach verſchiedenen Aus— dehnungen, Zuſammenziehungen, Richtungen, und nach andern Geſtalten, geſehen werden. Die zweyte Tafel. Fig. I. Ein Theil von einem geſchwaͤnzten zackigen Waſſerflohe mit dem ſpitzigen oder vogelaͤhnlichen Kopfe, nach der Vergroͤßerung. a. der anſcheinende offene Mund, mit ſeinen innern Roͤhren, oder Freßſpitzen. die ſpitzige Oberlippe. der kleinere ſchwarze Punct, als eine Art einfacher Augen. der Schlund und Magen. a das groͤßere zuſammengeſetzte Auge. die zwey hoͤrnerartigen Gefaͤße. der Schleyerſchild. das krumme Hauptgefaͤße. die Zaͤhne. der Ort, wo die Arme abgeriſſen ſind. Fig. II. Ein Theil von einem geſchwaͤnzten zackigen Waſſerflohe mit dem fiſch oder karpfenaͤhnlichen Kopfe. der Kopf. 5 die aufgeworfene Oberlippe. c. die zwey Röhren, oder Freßſpitzen, innerhalb dem anfcheis nenden offenen Munde. . der größere Huͤgel, auf welchem die Freßſpitzen ſtehen. : die Unterlippe. das größere zuſammengeſetzte Auge mit dem trichteraͤhnlichen Buͤ— ſchel Sehenerven. © ho mekemhagnın S . ei 21 8. der n 327 g. der kleine ſchwarze Punct, als anfcheinende einfache Augen. h. der Schleyerſchild. i. die Unterlage deſſelben. kk. die zwo hoͤrnerartigen Gefaͤße. J. die Zähne, m. der Schlund, n. der Magen. Lind, wo dieſe beyden Buchſtaben innen ſtehen, daſelbſt iſt der Ort, wo ſonſt die Arme angegliedert, und hier abgeriſſen ſind. 0. das dunkele mittlere Hauptgefaͤße, fo die Stelle der Gedaͤrme vertritt, und der Maſtdarm iſt; an welchem auf beyden Seiten die durchſichtigen Nebengefaͤße hinlaufen, ſo ich fuͤr eine Art Milchadern, oder Milchbruſtader, erklaͤret habe. p. der obere ſchmale Gang, der hernach zu einem Beutel wird, und welcher das Herz g. iſt. r. der Ort, wo dieſes Herz getheilet zu ſeyn ſcheinet, und woſelbſt das Ausdehnen und Zuſammenziehen am ſtaͤrkſten ſich zeiget. s. der untere Gang des Herzens, da zweifelsohne der blutvertre— tende Saft, vom Herzen ab- und den uͤbrigen Theilen zugefuͤh— ret wird. t. das innere durchſichtige Nebengefaͤße. u. die Speiſe, wie ſie, von dem zweyten oder dritten paar Kie— fenfüßen an, ihre Richtung verändert, und nach den Zähnen zu aufwaͤrts ſteiget. v. der Ort, wo allezeit das aͤußere Waſſer, und was ſich in ſel— bigem befindet, nahe bey den Freßſpitzen vorbey in die innere Mus ſchelſchaale einſchießet. I. der untere Huͤgel des Gehirnes, deſſen darauf ſtehende Nerven den Fuͤhlſpitzen zulaufen. N 2. der mittlere Huͤgel des Gehirnes, deſſen darauf ſtehende Ner— ven den einfachen Augen zu, und noch etwas über dieſelben hin⸗ aus, laufen. 4 3. der obere Huͤgel des Gehirnes, welchem der trichteraͤhnliche Bis ſchel Sehenerven aufſitzet. Fig. III. Die Zaͤhne. a. derſelben Wurzel. b. derſelben Koͤrper. e. die innere Hohlung. Ss 3 J. der 228 h d. der Kopf. e. deſſen unterer Huͤgel oder Anſatz. £. derſelben vordere Platte, mit ihrem Rande und ihrer innern Vertiefung. f Fig. IV. Die Kiefenfuͤße, wie ſie hinten mit einander verbunden ſind, und wie ſich jeder insbeſondere auseinander geleget zeiget. a. ein Stück von dem krummen Hauptgefaͤße, welchem die Kie fenfuͤße angegliedert ſind. . 1. das erſte Paar Kiefenfuͤße. . b. deſſen Haarroͤhrgen. 2 das zweyte Paar Kiefenfuͤße. d. der erſte walzenaͤhnliche Theil, mit feinen zwey langen Haar⸗ roͤhrgen g. g. f e. der zweyte kegelartige Theil, mit feinen drey obern hh h, und zwey untern Haarroͤhrgen i. i. f. der dritte Theil, mit feinem laͤnglichrunden Blaͤttgen, feinen Knoͤpfgen oder Faͤltgen, und ſeinen Haarroͤhrgen. 3. 4. das dritte und vierte Paar Kiefenfuͤße. k. n. das obere laͤnglichrunde Hauptblaͤttgen, mit feinen Faͤltgen, und Haarroͤhrgen. I. o. der vordere Theil des eigentlichen Fußes, mit feinen Haar- roͤhrgen. m. p. das dunkele Blaͤttgen, fo ich fur ein Saftbeutelgen halte. 5. das fünfte Paar Kiefenfuͤße, mit feinen Haarroͤhren q wor, der krummgebogene Theil iſt, dem ein einzelnes Haarroͤhrgen anſitzt. 8. 10 dunkele Blaͤttgen oder Saftbeutelgen. Fig. V. Der vergroͤßerte Klauenfuß. a a. das mittlere dunkele Hauptgefaͤße, oder der Maſtdarm. b. b. die beyden durchſichtigen Nebengefaͤße. c. d. die zween erſtern krummen und groͤßern Anſaͤtze. e. f. die zween folgenden kleinen Anſaͤtze. g. der letzte hügelige Anſatz; wo k. h. die auf ſelbigem ſich befinden⸗ de Haarroͤhrgen, als Anhalter ſind; und i, die Oeffnung zwis ſchen denſelben iſt. k. die groͤßere Oeffnung, als der Ausgang des Maſtdarmes. 1. die kleinere Oeffnung, als der Ort des weiblichen Werkzeuges. m. die oc 2 229 m. die zween Nägel. n. der obere gewoͤlbte Theil des Klauenfußes. . VI. Ein vergroͤßerter innerer Zweig der Arme. a. das erſte Glied, mit feinem Haarroͤhrgen e, und ſeiner Seiten— ſpitze d. b. das zweyte Glied, ebenfalls mit feinem Haarroͤhrgen t, und mit ſeiner Seitenſpitze d. N 1 c. das dritte Glied mit feinen obern drey Haarroͤhrgen g. h. i. Fig. VII. Ein vergroͤßertes ſchaaliges Raͤderthiergen, wenn es feine obern Theile eingezogen, und den Schwanz ausgeſtrecket, hat. 2. obern ungleichen Spitzen, in welche die Schaale aus— läuft. b. der innere eingezogene Mund und Hals des Thiergens. c. die zween Körper, fo ſich beffändig gegeneinander bewegen, und zweifelsohne das Herz ſind. d. der Schwanz. e. ein innerer dunkeler Körper, fo die Stelle des Magens, der Gedaͤrme ꝛc. vertreten mag. VIII. Eben daſſelbe, wenn es feine obern innern Theile ausgeleger den Schwanz aber eingezogen hat. 5 a. das Zuͤgelgen. b. b. diejenigen zwey Blaͤttgen, an welchen ſich eine Art Fuͤße beftändig bewegen, und woher es ſcheinet, als ob fie Räder waͤren, die ſich in einem beſtaͤndigen Umlauf befaͤnden. e. das untere ausgeſchnittene Loch der Schaale. IN. Eben daſſelbe, mit allen feinen innern und aͤußern Theilen, und an deſſen Schwanze ein Eyerkluͤmpgen ſich befindet. a. das Züngelgen. b. b. die räderähnlichen Blaͤtgen. c. der Eyerklumpen. d. der krummgebogene Schwanz. Fig. X. XI. XII. Drey grüne Armpolypen, nach verſchiedenen Vergroͤſ. ſerungen, Stellungen, und Wendungen. Die dritte Tafel. I. Ein Schlamm, wie er ſich im Glaße gezeiget hat, in welchem ſich die neuentdeckten Waſſeraale bewegen, und in natuͤrlicher Größe vorgeſtellet ſind. Fi 00 Fi — 00 Fi — 0 Fi — 99 2.24% 330 Fig. a e a. à. à. a. die laͤnglichrunden Löcher oder Gruben, in welchen die Waſſeraale geſrhen werden. N b. b. zwo Luftblaſen innerhalb dem Schlamme. c. e. e. die trichteraͤhnlichen Gruben. d. ein Haufe uͤbereinander liegender Faden, oder Wuͤrſtgen, die der ausgeworfene Unrath der Thiergen find. e. f. i. i. m. m. n. o. p. g. r. s. allerhand Waſſeraale nach vers ſchiedenen Stellungen und Wendungen, Richtungen und Ge— ſtalten, die fie außerhalb den Loͤchern im Waſſer unter der Des wegung annehmen. g. ein Waſſeraal mit einem knotigen Anſatze. h. ein doppelt geſchwaͤnzter Waſſeraal. L I. zween Waſſeraale, wie fie oben Unrath ausſtoſſen, und ins Waſſer fallen laſſen. 5 II. Ein vergroͤßerter Waſſeraal, in welchem nur das dunfele mitt⸗ lere Gefaͤße ſichtbar iſt, die andern rothen Gefaͤße aber ganz unkenn⸗ bar ſind. a. der Kopf. f b. b. b. b. der aus mehr als hundert ringartigen Gliedern beſte— hende Leib. c. der Schwanz. d. der obere Einſchnitt, oder die Oeffnung, deſſelben, als der Aus⸗ gang des Unrathes. ig. III. Ein anderer noch ffärfer vergroͤßerter Waſſeraal, mit allen fers nen innern, ſowohl ſeinem dunkeln, als deuen zwey großen, und zwey kleinern, rothen durchſichtigen Gefaͤßen. a. der Kopf. b. b. die zwey Huͤgelgen, als zwey Augen. c. c. c. der erſtere Theil des Leibes, welcher vorn mit lauter zar— ten Blutgefaͤßen durchwebet, und hinten mit einer ſtarken weiſ— fen undurchſichtigen Haut uͤberdecket iſt. d. d. d. d. e. e. e. der übrige Theil des Leibes; an welchem die knop⸗ fige Randeinfaßung, und an jedem Ringe links und rechts eine Seitenwarze mit Borſtenhaaren, geſehen wird. f. der Schwanz, als der Theil, der ſich, wenn das Thiergen auſ— ſerhalb dem Schlamme ſich beweget, allezeit im Waſſer befindet. g. der Einſchnitt, oder die Afteroͤffnung dieſes Schwanzes. dn l VI. Blumenpolypen der ſuͤßen Waſſer mit den Blumenpolypen der ſalzigen Waſſer verglichen. un won 333 ig e N eee eee 8922 70 = Es Bo: € 2255 5 > 9 6085 > 205 855 BO 2 905 9090 BR ces 2 90 3 as ae ee an Tiefer heutiges Tages in den Schriften der bewaͤhrteſten Naturlehrer ſehr vieles und ſeltenes von Polypen. Die Naturkuͤndiger bemuͤhen ſich einige Jahre her bey nahe al— ler Orten, und gleichſam um die Wette, die noch gar zu großen Lücken der Polypengeſchichte, durch Entdeckungen und Bekannt⸗ machungen neuer Arten derſelben, moͤglichſt auszufuͤllen. Ja, es iſt nun ſchon wie zur Gewohnheit geworden, daß ein jedes Waſſerthiergen, fo nan neuerdings gefunden zu haben vermeynet, ſogleich auch eine Polype ſeyn, oder wenigſtens ſo heißen, muß. Allein, es iſt bey alle dem gleichwol nicht zu laͤugnen, daß man einſt noch nicht einmal ausgemacht, und durch an» gegebene Unterſcheidungszeichen genau beſtimmet hat, welchen Thiergen, ausſchließungsweiſe, der fo viel bedeutende, und in fo weitlaͤuftigem Ders ſtande genommene, Name, Polype, eigentlich zukomme. Man har viel mehr dieſe Benennung bis daher gar zu unbeſtimmt und uneingeſchraͤnkt gebraucht; und man kann es nur allein aus dieſem bisherigen Gebrauche einigermaßen errathen, was vor Merkmaale einer Polype zu zueignen ſeyen. Ich habe mit den Armpolypen den Anfang gemacht, die Po— lypen der füßen Waſſer in hieſigen Gegenden zu beſchreiben. Da ich nun damit nicht nur fortzufahren gedenke; ſondern vornaͤmlich anißo das Vergnuͤgen haben werde von einer ſonderbaren Art derſelben zu handeln; ſo wird mir, um mehrerer Verſtaͤndlichkeit und Deutlichkeit willen, erlaubet ſeyn, zuvor nur mit wenigen Worten etwas von den Poly⸗ pen uͤberhaupt, und von dem anzufuͤhren, was, nach dem bisherigen Ge⸗ brauche, wenigſtens meinem Begriffe und meiner Meynung nach, ein Thier⸗ gen, um eine Polype mit 9 0 zu heißen, vor Eigenſchaften an ſich haben muͤſſe. b Tt 2 Wenn 334 n Wenn ich nicht irre, ſo laͤſſet ſich die Haupteigenſchaft der wahren und aͤchten Polypen dahin beſtimmen, daß dieſelben ſolche Thiergen ſeyen, deren inneres Gebaͤude und Weſen ſehr einfach zu ſeyn ſcheiner, und die durch eine ganz beſondere, und uns bis igo ungewohn⸗ te, Art des Hervorſproſſens, und einer darauf erfolgenden ſelbſt⸗ beliebigen, oder willkuͤhrlichen, Zertheilung, ſich bey nahe eben ſo fortpflanzen und vermehren, als ordentlicher Weiſe im Pflan⸗ zenreiche gewoͤhnlich iſt. 5 Ich ſpreche hie mit den Polypen keinesweges ab, daß fie ſich nicht auch durch Eper fortpflanzen ſollten; vielmehr iſt dieſes nicht nur von einigen Sorten derſelben ſchon als gewiß und zuverlaͤßig dargethan und erwieſen worden; fondern es wird vermuthlich ſolches auch von allen andern Polys penarten mit der Zeit noch entdecket werden. Nur iſt und bleibet allezeit jene Art des Ausſproſſens, und die gemeiniglich darauf folgende Zertheilung, diejenige ganz beſondere Eigenſchaft, welche ſolche Thiergen, denen man den Namen der Polypen beyleget, von allen andern unterſcheidet. Man moͤgte zwar denken, und mir einwenden, ob denn nicht zur Haupteigenſchaft der Polypen vorzuͤglich dieſes gehoͤre, daß ſie, wenn ſie in Stücken zerſchnitten werden, nicht nur fortleben, ſondern daß ſelbſt dieſe Stuͤcken wieder anwachſen, ſich ergänzen und zu vollkommenen Thiergen werden? Allein, einestheils glaube ich, daß dieſe gekuͤnſtelte, wider natuͤrli⸗ che, und gezwungene, Vermehrung ſchon in obigem Begriffe enthalten, und, wenn man die Sache genau anſiehet, eine natürliche Folge davon ſeye. Denn, fo weit man dermalen in die, den meiſten Stuͤcken nach uns noch unbekannte, Natur der Polypen eindringen kaun, wuͤrde denn wohl das Wiederwachſen und Ergaͤnzen derſelben je erfolgen koͤnnen, wenn ſie nicht ſchon an ſich einfacher, als andere Thiere, und wenn ſie nicht uͤberall mit Ausſproſſungsaugen verſehen wären? Anderntheils aber macht dieſe Et⸗ genſchaft des Wiederwachſens und Ergaͤnzens fie nicht von allen Thieren unterſchieden; indem wir nicht laͤugnen koͤnnen, daß auch andere Thiere, wo nicht die naͤmliche, doch eine Ähnliche, Eigenſchaft haben. So iſt, zum 2. 2 Exem⸗ DE zu 335 Exempel, don den Krebſen bekannt, daß ihnen einige ihrer Theile, wenn fie ſelbige verlohren haben, wieder wachſen, und ergaͤnzet werden; ja daß ſie die beſchaͤdigten von ſelbſt abwerfen, und an deren ſtatt neue hervorbringen. Und von den Meerneſſeln, Meerſternen, Tauſendfuͤßen, und denen Waſſeraalen, ſo ich zuvor beſchrieben habe, iſt als Waſſerthieren ſo, wie von den Regen wuͤrmern, als Landinſecten, heut zu Tage ohnedem ganz und gar kein Zweifel mehr, daß ihre zerſchnittenen Stuͤcken fortleben, wies der vollkommen anwachſen, und aus jeden einzelnen Theilgen ein ganzes eigenes Thiergen entſtehet. Wer wird aber alle dieſe Geſchoͤpfe unter dem Namen der Polypen begreifen? Sollte, moͤgte man mir ferner entgegenſetzen, die Gegenwart gewiſſer, und ſonderlich ſehr vieler, Arme und Fuͤße nicht eine Haupteigenſchaft der Polypen ausmachen; und dieſes um ſo mehr, da ihnen, bey ihrer erſten Entdeckung, die Gleichheit, welche ſie in Anſehung ihrer Arme oder Fuͤße mit denen in der See befindlichen, und auch den Alten ſchon bekannt gewe— ſenen, Polypen haben, dieſen Namen insbeſondere zuwege gebracht hat? Allein, ich antworte hierauf, daß dieſes damals wohl angehen konnte, da man von jenen Armpolypen nur noch allein wußte. Heut zu Tage aber kann die Gegenwart gewiſſer oder vieler Arme und Fuͤße zu einer Haupteigenſchaft der Polypen nicht mehr genommen werden. so kennen wir noch gar viel andere wahre und aͤchte Polypen, die jedoch ganz und gar keine Arme oder Fuͤße, wenigſtens keine Theile haben, denen dieſer Name eigentlich beyzule— gen wäre. Denn was die Haͤkgen oder zahnartigen Einſchnitte anbelanget, womit verſchiedene Polypenſorten verſehen ſind, ſo wuͤrde man dieſelben ſehr uneigentlich Arme oder Fuͤße heiſſen, weil ſich der Begriff des Zugrei⸗ fens und Anhaltens, des Ruhens und Wandelns, der ſonſt mit dem Worte Arm oder Fuß verbunden iſt / gar nicht für jene zahnartigen Haͤtgen ſchi⸗ cket. Mithin gehoͤret, wie ich mir einbilde, dieſe Sigenſchaft der Arme und Füße nur blos zu denen Eintheilungsſtüͤcken, und zu den befondern Unter, ſcheidungszeichen, wodurch ſich die Polypen unter ſich ſelbſt wieder abthei⸗ len. Und ich will verſuchen ob ſich nicht auch hierinn einige allgemeine Satze vorläufig moͤgten ausfindig machen und angeben laſſen. Te 3 Die 336 ne Ne Die erſte Entdeckung der Polypen in füßen Waſſern, fo vom Herrn Trembley geſchehen iſt, zeiget uns Thiere, die keine Wohnungen ader Zellen haben, ſondern die, ob fie gleich ganz ungemein zart find, gleichwol blos ohne Gehaͤuße, Scheiden, oder dergleichen Bedeckung, im Waſſer le⸗ ben. Herr von Jußieu hat eine Menge anderer Polypen in der See ent decket, die Haͤuſer und Wohnungen, und dieſe zwar auf eine ganz unge, mein ſchoͤne Art und Weiſe, haben; und nicht lange hernach hat ein fleißi⸗ ges Nachſuchen dergleichen auch in den ſuͤßen Waſſern gefunden. Hieraus entſtehet, wie mich duͤnket, die ganz natuͤrlichſte und ungekuͤnſtelte Eins theilung der Polypen in zwo Hauptclaſſen; davon die eine die Polypen ohne, und die andere die Polypen mit Wohnungen, Gehaͤuſen, oder Zellen, in ſich faßt. Zu jener gehören die Armpolypen, Glockenpoly⸗ pen u. ſ. w.; zu dieſer aber muͤſſen alle Corallenpolypen des Meers und der füßen Waſſer, alle Sterncorallen, Punktcorallen, e pen, und dergl. gerechnet werden. Wir finden weiter Polypen, ſo einzeln ſind, und die, wenn ſie auch durch Ausſproſſung Junge haben, ſelbige doch nach einer gewiſſen Zeit ab— ſetzen. Wir finden aber auch Polypen, die in faſt unzaͤhlichen Heeren bey, ſammen wohnen; auch in ſolcher Gemeinſchaft beſtaͤndig mit, unter und beyeinander bleiben; und wenn ſie ſich ja endlich voneinander abſondern, doch ſolches allezeit in groſſer Menge miteinander thun, wenigſtens einzeln noch nicht gefunden worden. Dieſer Umſtand koͤnnte zu einer weitern Abs theilung jener zwo Hauptclaſſen, und alſo zu zwo Seſchlechtern, Anlaß geben. Unter das erſte Geſchlechte würden alle Armpoldpen; und unter das zweyte Geſchlechte die Feder / Glocken ⸗Corallen- und die von mir Üit zu beſchreibende Blumenpolypen, zu ſetzen ſeyn. RR Endlich koͤnnte folgendes, zu denen Abtheilungen der Claſſen und Ge, ſchlechter in Arten und Gattungen, verſchiedenen Stoff geben. Das erſte wäre die mannigfaltige Structur und der verſchiedene Bau der Polypen, Einige haben Arme und Füße, und wiſſen vermittelſt derſelben ihren Raub kuͤnſilich zu fangen und ſich deſſen zu bemaͤchtigen; andere aber find ſolcher a und Füße beraubet / ſtatt deren aber mit gewiſſen entweder langen, oder 2 . e 337 oder ganz kurzen, Däfgen verſehen, durch welche fie dem Waffer einen ge— wiſſen Kreislauf mitzutheilen, und eben damit, ihre Nahrung an und in ſich zu bringen, die Geſchicklichteit haben. Oder, man koͤnnte bey denen, die Schaalen und Zellen haben, die Art und Weiſe erwaͤhlen, wie ſolche be, ſchaffen find; indem einige in harten, andere aber in weichen, Haͤuſern und Behaͤltniſſen wohnen. Oder, man wuͤrde auf die Veraͤnderungen des Ortes ſein Augenmerk haben muͤſſen; da einige an den Koͤrpern, wo ſie ſich einmal feſtgeſetzet, und angebaner haben, ohne alle Veränderung und Abwechſelung beſtaͤndig verbleiben; andere aber die Veraͤnderung und Abs wechſelung des Ortes lieben, und ſich bald da, bald dorthin, nach Willkuͤhr, und nach ihren jedesmaligen beſondern Abſichten, zu begeben pflegen. Auf dieſe Weiſe wuͤrden dann die Polypen ohngefaͤhr nach folgender Tabelle zu ordnen ſeyn. b Polypen a) ohne Haͤuſer und ohne Zellen. Erſte Claſſe. 5) mit Haͤuſern und Zellen. Zweyte Claſſe. a) Die einzeln vor ſich allein wohnen, oder doch ihre Jungen nach einiger Zeit abſetzen. Erſtes Geſchlecht. f 5) Die vor allezeit heerweiſe, und, ohne ſich einzeln abzuſon, dern, beyeinander bleiben. Zweytes Geſchlecht. Die, nach ihren beſondern Gattungen, a) theils Arme und Fuͤße haben, theils derſelben beraubt ſind. b) theils mit harten, theils mit weichen Wohnungen vers ſehen ſind. c) theils den Ort veraͤndern, theils beſtaͤndig an einem Orte bleiben. 8 8 Jedoch ich geſtehe gerne / daß dieſes nur eine einſtweilige und unvol⸗ kommene Entwerfung der Claſſification iſt, und die ihre Ausbeſſerung in der Folge der Zeit, wo nicht von mir, doch von andern geſchicktern, gr 338 n . ten wird. Und dieſes moͤgte fonderlich der Abtheilung in Arten und Gat⸗— tungen wiederfahren; indem dieſelbe von Stuͤcken abhaͤnget, die wir noch zur Zeit in Anſehung der Polypen viel zu mangelhaft einſehen, als daß ſich ſchon was Ganzes ſollte angeben und ſetzen laſſen. Mir genuͤget, wenig⸗ ſtens die Haupteigenſchaften und Hauptmerkmaale derer, fo ich fir wahre und aͤchte Polypen halte, gemeldet zu haben; und daß man mich alſo, ſo⸗ wohl in den gegenwaͤrtigen Bogen, als in den künftigen Abhandlungen wird verſtehen, und die Urſache einſehen koͤnnen, wenn und warum ich dies ſes oder jenes Waſſerthiergen fuͤr eine Polype ausgebe, und unter was fuͤr eine Claſſe ich die ſelbe rechne. Ich wende mich zu meinem gegenwaͤrtigem Hauptzwecke, naͤmlich von einer beſondern Polypenart Nachricht und Auskunft zu geben. Ich muß jedoch ſogleich erinnern, daß ich zwar anfangs, und eine lange Zeit nachher, dieſelbe fuͤr eine neuentdeckte Gattung von Polypen angeſehen habe; daß ich aber kuͤrzlich eines andern uͤberzeuget worden bin. Ich fand ihrer vor einigen Tagen, gleichſam von ohngefaͤhr, ſchon vom Herrn Baker gedacht *, der auch eine Abbildung davon ertheilet hat *. Ja Herr Baker berufet fich fo gar ſchon auf den Ceeuwenhoek; wie ich denn auch wirklich in dieſes gelehrten Mannes Schriften einige Nachricht davon gefunden has be***, Es hat aber gleichwol dieſer Umſtand, in Anſehung meiner auf fie verwandten Unterſuchungen, keine Reue bey mir erwecken koͤnnen. Eis nestheils ſahe ich, wie Herr Baker dieſer wunderbaren Thiergen in der Beſchreibung gleichſam nur mit einem Worte gedacht; Ceeuwenhoek aber die Geſchichte derſelben noch lange nicht erſchoͤpfet, ob er gleich davon ſehr ſchoͤne allgemeine Anmerkungen gemacht habe. Anderntheils ſind die Abbildungen des Herrn Bakers gar zu ſparſam und unvollkommen aus⸗ gefallen. Und meine Leſer moͤgen am Ende ſelbſt urtheilen, ob ich Grund gehabt habe deſſen ohnerachtet, was jene Maͤnner vor mir gethan haben, dieſe Thiergen noch naͤher und umſtaͤndlicher zu beſchreiben und abzubilden. Ich () Das zum Gebrauch leicht gemachte Microſcopium. Kap. V. Seit. 94. (% Tab. Fig. II. III. IV. v. (“) Epiſt. VII. wur ae 339 Ich nenne dieſe Thiergen Blumenpolypen; und ich werde unten von dieſer Benennung Grund und Rechenſchaft zu geben wiſſen. Ich ward derſelben vor einigen Jahren zum erſtenmal gewahr. Ich be⸗ ſchaͤftigte mich eben damals, mit der Unterſuchung und Beobachtung der ſchon beſchriebenen gruͤnen Armpolypen, und hatte mir zu dieſer Abſicht, aus denenjenigen beyden Suͤmpfen, worinn ſich die, ſelben, angezeigtermaßen, hieſigen Ortes allein befinden, Waſſer, und allerhand in demſelben ſich befindende Pflanzen, Geſtraͤuche, und derglei— chen nach Hauſe bringen, und, wie gewohnlich, in ein groſſes und weites Glas ſchuͤtten laſſen. Als ich nun nach einiger Zeit meinen grünen Po, lypen nachſahe; ſo erblickte ich zugleich mit denſelben, zu meiner Befrem— dung, nicht nur auf allerhand Blaͤttern, und ſonderlich auf den etwas verfaulten Schilfſtaͤngeln, ſo weit ſie vorher im Waſſer geſtanden waren, eine Menge kleiner, kurzer, haardicker, und kegelfoͤrmiger brauner Stäns gelgen (9; fondern es war auch die ganze innere Wand des Glaſes mit dergleichen um und um beſetzt. Einige waren nur einfach (**);, andere aber mit zween (“*), drey (), und mehrern (FF) Nebenſtaͤngelgen verſe— hen. Einige waren etwas weniger, andere aber etwas mehr, als einer Linie lang; dabey aber alle ſo duͤnn, als das feinſte Roßhaar. Obenhin ans geſehen, ſchienen ſie durchaus gleich dick zu ſeyn, doch wenn man ſie genau betrachtete, fo konnte man gar wohl abnehmen, daß ſie au ihrem Anfange, wo ſie aufſaſſen, im Durchſchnitte weniger, als an ihrem obern Ende hatten, und daß fie alſo einem umgekehrten Kegel ähnlich waren (rr). Ihre Farbe war meiſt braͤunlich (11), doch einige fielen auch ins gelbgruͤne, ja verſchiedenewaren ganz weiß, und halbdurchſichtig (EE). Wenn ich das Glas etwas ruͤttelte, oder das Waſſer auf eine andere Art in Bewegung brachte; ſo bewegten ſich auch dieſe anſcheinenden Staͤngelgen hin und her, und zwar die, ſo ſenkrecht aufſaſſen, nach der Seite; und die, ſo eine waſſerrechte oder ſchraͤge Stellung harten, wie der Perpendikel an einer Uhr, auf und niederwaͤrts. Jedoch kein einiges wollte oder konnte, auch Blumenpolypen. Un durch ( Tab. I. Fig. I. ( a G e. f d. f Fig. I. II. (4) Fig. II. a. b. e. Tab. II. Fig. VI. (J) Tab. I. Fig. III. a. b. c. (H) Fig. VI. e. (111) Fig. III. k. 340 en N durch die allerſtaͤrteſte Bewegung, ſich von feinem Orte, wo es einmal an⸗ ſaß, im geringſten entfernen. u 52 Ich wußte lange Zeit nicht, was ich aus dieſen kegelartigen Staͤn⸗ gelgen machen ſollte. Ihrer aͤuſſerlichen Geſtalt nach haͤtte ich fie gerne fir die Faßern kleiner abgebrochener Holzſtuͤcken, für zarte Reiſergen, und für uͤberſchleimte, oder verfaulte, Grastruͤmmergen, gehalten, die etwan hie und da moͤgten aufgefallen, oder hängen geblieben, ſeyn. Als lein ihre große Anzahl, ihr Feſtſitzen, ihre bey allen ziemlich gleich. ich zei⸗ gende Geſtalt, auch, daß an einigen ſich Seitenſtaͤngelgen befanden, und endlich, daß alle in der Mitte meiſt dunkler, als oben und unten, warenz alles dieſes ließ jenen Gedanken bey mir nicht Platz greifen. Zumal, da hin und wieder an dem obern Ende dieſer anſcheinenden Holz und Örasfäs ſergen etwas weißes, wie eine kleine Stecknadelſpitze, zum Vorſcheine kam, welches ein Knoͤpfgen machte, ja ſich ſo gar auszubreiten, zu ver, laͤngern und zu verkuͤrzen, bald hie und dahin zu bewegen, mit einem Wors te, zu leben ſchien. Jedoch, da dieſe weiße Koͤrpergen bald zugegen und ſichtbar waren, bald aber auch, und wie in einem Augenblicke, wieder verſchwanden, und unſichtbar wurden, ohne doch, daß ich mit bloßen Au⸗ gen wahrnehmen konnte, wo ſie hergetommen waͤren, oder wohin ſie ſich verlohren haͤtten; ſo blieb ich in einer, nur um ſo groͤßern, Verlegenheit und Ungewißheit. So viel konnte ich jedoch aus dem, was auch nur das bloße Auge ſahe, ſicher muthmaſſen, daß dieſe ſcheinbaren Holz - und Grasſtuͤckgen etwas ſonderbares ſeyn müßten; daß fie unmoͤglich ein blinder Zufall koͤn⸗ ne ſo hingeworfen haben; ſondern daß ſie vielmehr von etwas, was es auch immer ſeyn moͤgte, mit Fleiße an das Glas, und auf die Blaͤtter, muͤßten hingeſetzet und angebauet worden ſeyn. Es war alſo nichts anders zu thun, als daß ich meinem Auge mit einem guten Vergroͤßerungsglaſe zu Huͤlfe zu kommen, und zu verſuchen hatte, ob ſich auf dieſe Art das Ge— heimniß werde naͤher aufdecken, und aus ſeiner Dunkelheit entwickeln, laſſen. Ich IE M 341 Ich bewaffnete alfo, nach meiner Gewohnheit, zuerſt mein Auge mit einer einfachen Vergroͤſſerung von fünf Linien, und betrachtete mit ders ſelben meine Staͤngelgen da, wo ich ſie vor mir fand, ohne ſie noch zur Zeit von der Stelle zu verruͤcken oder abzunehmen. Hier merkte ich gar bald, daß meine Staͤngelgen ordentlich gebauete, runde, kegelartige, hohle Roͤhrgen wären (). Ich konnte bey vielen, die ſich eben von oben her zeigten, durch die obere Oeffnung ein gut Theil einwaͤrts ſehen (*). Die meiſten ſaßen entweder einzeln (***), oder nach ihrem Hauptſtaͤngel ſo an, daß fie mit der Fläche, worauf fie ſich befan— den, einen faſt rechten Winkel machten (J); doch gab es auch hie und da ſolche, die ſchraͤg aufſaßen (T), und die ſich bald mehr gegen die Fläche, bald mehr von ihr hinweg, neigten; und folglich mit ihr bald einen mehr ſtumpfen, bald einen mehr ſpitzigen, Winkel machten. Die Roͤhrgen ſelbſt waren insgemein gegen die Mitte etwas einwaͤrtt gebogen (FT), fo, daß fie ein abgeſchnittenes Stück von einem ſehr grofs ſen Bogen zu ſeyn ſchienen wiewohl auch einige ganz gerad, ohne eine merkliche Kruͤmme, ausliefen (1). Keines war einfach, und aus einem Stuͤcke gebauet; ſondern ich ſahe gar deutlich, wie jenes Roͤhrgen aus lauter, und faſt unzaͤhlbaren, runden Koͤrpergen zuſammengeſetzt war. Sie fahen wie Körner aus, und eines war immer mit andern umgeben, und an dieſelben, ohne einen Zwiſchenraum zu laſſen, angeſchloſſen oder vielmehr angebauet; fo, wie auch Leeuwenhoeck ſelbige geſehen hat. In⸗ ſonderheit aber ſchienen alle Roͤhrgen noch unausgebauet zu ſeyn, indem ich deren einige nicht nur fo klein antraff, daß fie, als erſt angelegt, aus⸗ ſahen (ID, ſondern auch die größten unter ihnen waren oben ſelten ganz rund, oder nach einer gleichen Fläche, abgeſchnitten. Sie hatten viel— mehr lauter erſt angeſetzte ungleiche Hervorragungen, an welche zweifels⸗ Un 2 ohne (T. I. Fig. I. ( Tab. II. Fig. II Fig. IV. Gi) Fig. VI. c. d. e. (I) Tab. I. Fig. II. III. a. b. e. (H) e. f. g. h. i. k. (TTT) Tab. II. Fig. VI. c. d. e. (I) Tab. I. Fig. III. g. i. K. () f. 34% un. ge ae ohne noch andere und mehrere Koͤrnergen angeſetzt, und dadurch die Roͤhr⸗ gen ſelbſt immer größer, und vollkommener ausgebauet, werden ſollten. Dieſe Hervorragungen und Ungleichheiten kamen von eben dieſen rund— ſcheinenden Koͤrnergen her, je nachdem ſie in einer unordentlichen, und noch nicht ganz ausgebaueten, Reihe ſtunden, und alſo ihre Lücken dazwi⸗ ſchen noch ſichtbar waren. . 140 bl Beh Die größte Anzahl dieſer Roͤhrgen war, wie geſagt iſt, einzeln; es gab aber auch welche, an deren Hauptröhre viele andere Nebenroͤhrgen ſaßen. Manche von jenen hatten, wie ich nun deutlicher ſehen konnte, nur ein Seitenroͤhrgen; andere aber deren zwey, drey, und ſo mehrere; ja ich habe einige angetroffen, an deren Stammroͤhre man fünf bis ſechs Seitenroͤhrgen zehlen konnte (1). Dieſe Neben- und Settenroͤhrgen waren indeſſen den Hauptroͤhren eben auf die Art und Weiſe angebauet, als ſie auf einer jeden andern Flaͤche ſich befanden. Sie machten mit der, ſelben, gemeldtermaßen, insgemein einen rechten, doch aber auch hin und wieder einen mehr, und weniger, ſpitzigen oder ſtumpfen Winkel. ns ſonderheit ſahe ich, daß allezeit ein Nebenroͤhrgen dem andern gegen uͤber anſaß; doch ſo, daß ſich das eine immer etwas tiefer unten fand, als das andere, fo ihm gegenüber ſtund (**). Sonſt aber hatten fie, an ſich ſelbſt betrachtet, keine gewiſſe und beſtimmte Stele. Manche ſaßen ganz unten, manche mehr nach der Mitten zu, und manche hingegen ganz oben. Endlich beobachtete ich, wie auch dieſen Nebenroͤhrgen wieder andere der— gleichen von verſchiedener Groͤße, und auf erſtbeſchriebene Art, anhien— gen; da denn dieſen zweyten Seitenroͤhrgen, die vortgen erſteren wieder zu einer Haupt- oder Stammroͤhre dieneten (7). Auf dieſe Weiſe befan— den ſich an mancher Hauptroͤhre oft zwölf und ſechzehn andere Roͤhrgen zugleich und auf einmal. Wer die XXXVII. Figur der III. Tabelle von den Armpolypen nachſehen, und ſich ſtatt der dortigen Polypen lau⸗ ter Roͤhrgen vorſtellen will, der wird ſich davon den beſten Begriff mas chen koͤnnen, zugleich aber auch zwiſchen beyden die größte Aehnlichkeit ges wahr werden. W f 5 er T Die © Tab. I. Fig: II. III. CH) e. f. d. h. (h) Le. * Die Farbe dieſer Roͤhrgen war auch hier unter der Vergroͤßerung, wie dem bloßen Auge, bey den meiſten braͤunlich, und gelbgruͤn; jedoch die Roͤhrgen ſelbſt bey manchen mehr oder weniger, ganz oder nur zum Theile, durchſichtig. Und dieſe Veraͤnderung und Verſchiedenheit kam nicht etwan blos von der Unreinigkeit, die ſich bey manchen mehr oder weniger, als bey andern, angeſetzet hatte, ſondern vornaͤmlich da her, je nachdem ein Roͤhrgen, oder ein Stück deſſelben, vorlaͤngſt oder nur erſt kurzlich war angeſetzt worden. Die ältern Stuͤcken waren alsdann ganz naturlich dunkeler und brauner; die friſchen neuen Theile aber um fo heller und gelbgruͤn (), oder auch ganz weiß. Dieſes wurde dadurch beſtaͤttiget, da ich ſo gar einzelne und zuſammengeſetzte Roͤhrgen fand, die halb oder zwey Drittheil, nämlich unten und in der Mitte dunkel (**); halb aber, oder ein Drittheil, nämlich oben, helle waren (f). Wie man denn auch einige antraff, die da, wo die Farbe und Durchſichtigkeit ſich verſchieden zeigte, ordentliche Knoten, Ringe, oder Abſaͤtze hatten (Tr). Und wos her konnte dieſes wohl entſtanden ſeyn, ohne von der neuern oder aͤltern Anlage und Ausbauung der Roͤhrgen ſelbſt? Jedoch, fo ſonderbar mir auch dieſer Bau der Roͤhrgen ſchien; ſo war er doch noch nichts gegen dem, was ſich aus dieſen Roͤhrgen bald aus, bald wieder hinein, bewegte. Es geſchahe nicht nur dieſes letztere bey der geringſten Bewegung des Waſſers, und auf eine jede den Thiers gen auch noch fo gering beygebrachte Empfindung, mit einer ganz un, glaublichen Geſchwindigkeit; ſondern auch das Herauskommen und Sicht— bar werden derſelben war allezeit dergeſtalt verſchieden, und erfolgte jedes⸗ mal auf eine ſolche ganz neue und ſeltſame Art, daß ich oft nicht wußte, ob mich meine Augen blendeten, oder, wie ich ſonſt mit dieſem anſchei— nenden Naturſpiele daran waͤre. Wenigſtens muß ich geſtehen, daß mir kein Thiergen in der Natur noch zur Zeit bekannt worden iſt, welches ſich, wie dieſe Art, ſo gar oft veraͤndern, und alle Augenblicke eine andere Ge— Un 3 ſtalt (*) Tab. II. Fig. VI. e. d. (% Fig. VII. c. d. x. (Y) a. b. (x5) Fig - VI. d. III. c. d. i 344 won ſtalt annehmen, und unter derſelben ſich zeigen kann. Man mag davon aus folgender Beobachtung ſelbſt urtheilen. Manchmal ſahe man nur allein das Waſſer, welches ſich oben an der Oeffnung der Roͤhre und in dieſer Gegend befand, nebſt dem daſelbſt ſchwimmenden Unrathe, ſich ſchneckenfoͤrmig bewegen und nach dem ns nern der Röhre sufchießen, welches Leeuwenhoeck ebenfalls ſchon beobach⸗ tet hat; ohne jedoch, daß man noch das geringfte erblicken konnte, welches dieſe Bewegung verurfachte (. Manchmal kam auf dieſe erſtgedachte Bewegung des Waſſers nach und nach ganz unmerklich, nicht ſelten aber auch ohne ſolchen vorhergegangenen Waſſerumkreis, gleich auf einmal et⸗ was weißliches zum Vorſcheine (*); und dieſes zwar unter lauter ſolchen abwechſelnden und wunderbaren Geſtalten, daß man alle Augenblicke et⸗ was neues, und einen andern, von den vorigen gang verſchiedenen, Koͤr⸗ per vor ſich ſahe. Bald erblickte man blos eine oder zwo kleine ſcharfzulaufende Spitzen, die aus der Roͤhre hervorſtachen, und welche entweder ganz nahe neben, hinter, oder auch voneinander; entweder eines allein, oder beyde zugleichz an der rechten, und linken Seite, oder in der Mitte; entweder gerad in die Hoͤhe, oder ſchraͤg, oder etwas gebogen, ſtunden (**). Bald wur⸗ den, ſtatt dieſer Spitzen, ein oder zwey walzenartige, oben gleichſam ab⸗ geſchnittene Staͤbgen, als Schneckenhoͤrner, ſichtbar (7), welche dann wieder ihre eigene Veraͤnderungeen, Stellungen und Lagen hatten, und die, wie erſtgedachte Spitzen, jedesmal anders, als vorher, zu Geſichte kamen. st ſahe man nur ein einziges ſolches Staͤbgen oder Hoͤrngen; welches ſich einmal an der rechten oder linken Seite, ein andermal mehr oder weniger in der Mitte, der Roͤhre ſehen ließ. Zu einer andern Zeit kamen zwey Staͤbgen, entweder eines nach dem andern, oder beyde auf einmal, aus der Roͤhre hervor; und auch diefe ſtunden entweder ganz na⸗ he, und oft ſo genau neben oder hintereinander, daß man ſie nur fuͤr ein ein⸗ Br Tab. I. Fig. X. b. b. (“) Tab. I. Fig. II HII. IV. V. V. () Fig. *. b. b. (J) Fig. III. vv. x. J. einziges hätte halten ſollen (“); oder fie entfernten ſich, theils gänzlich und gleich weit, theils nur oben und ſo von einander, daß ſie ein halb ſichtbares lateiniſches V. vorſtellten; und jedes ſtund gerad uͤber und vor ſich, oder es beugte ſich nach verſchiedenen Richtungen ſo und anders auf die Seite, auch wohl in die Kruͤmme. Noch ein andermal kamen Spitz— gen und Staͤbgen zu gleicher Zeit und auf einmal mit einander hervor, und das wieder auf erſtbeſchriebene Art, unter unzähligen Abwechſelun— gen, Stelungen und Geſtalten. Dieſe Spitzgen und Staͤbgen waren bey einer anderweitigen Be— trachtung voͤlig unſichtbar, und man ſahe an deren ſtatt einen durchſich— tigen, gallerigen, und in einem fortlaufenden, unfoͤrmlichen, weißen Koͤrper. Bisweilen war derſelbe oben ganz platt und gerad abgeſchnitten, und ſtellte ein zimliches Viereck, bald von gleichen, bald von ungleichen, Seiten vor; bisweilen war derſelbe oben rund, und behielt auch dieſe runde und kugelfoͤrmige Geſtalt, es mogte ſich das Uebrige unter ihm noch ſehr ausdehnen und verlaͤngern, oder irgend eine andere und gebogene Ge— ſtalt annehmen. Ja bisweilen erſchien diefer runde Körper in der Mitte etwas getheilet, und ſahe, wie der obere Theil des Herzens, oder fo aus, als wenn unſere Gartenſchnecke in Hineinziehung ihres Kopfes ge— wiſſe, nicht zu beſchreibende, Einſchnitte und Abtheilungen macht (**). Dieſen runden herzfoͤrmigen Theil ſahe man gar oft ganz allein aus der Roͤhre hervortretten; er war aber auch manchmal mit einem, oder bey— den, der erſterwaͤhnten Spitzgen und Staͤbgen, und zwar entweder nur mit dieſen und jenen allein, oder auch mit beyden zugleich, vergeſellſchaf— tet (. Zeigten ſich die Staͤbgen oder Spitzen allein, fo ſtunden die, ſelben dieſem unfoͤrmlichen Koͤrper ebenfalls links, rechts, in der Mitten, gerad oder nach andern Stelungen, aufoder neben demſelben. Waren aber bey den Staͤbgen auch Spitzgen da, ſo befanden ſich bald dieſe, bald jene in der Mitte, oder an den Seiten, neben oder hintereinander, u. ſ. w. Ends (Y Tab. Lig. VI. VI. () Fig: III. u. vv. () 1. I. m. m. n. n. ꝗ. r. r. 8. S. t. t. Uu. u v. v. IV. V. 346 u e Endlich kamen ſehr oft ſtatt jener Spitzgen und Staͤbgen, und ſtatt des erſtgedachten unfoͤrmlichen gallerigen Koͤrpers, etwas haͤutiges und durchſichtiges zum Vorſcheine, welches bald wie eine ordentliche Kugel; bald wie ein zugeſpitztes (*), oder wie ein mehr und weniger rundes, aus gebreitetes, oder gefaltenes und übereinander geſchlagenes, Blumenblatt ausſahe (%. Und auch dieſe Kugel, oder dieſes Blat, ſtund nicht nur links, oder rechts, oder in der Mitte; ſondern man ſahe auch hin und wieder zugleich mit ihnen die mehrgedachten Spitzgen oder Staͤbgen, jede allein oder beyde zugleich, einzeln oder doppelt. Und manchmal kamen ſo gar zwey, drey und auch vieler folcher anſcheinenden ſpitzigen, oder runs den, Blumenblaͤtter nach und nach aus der Roͤhre hervor (). Bald liefen dieſelben alle oben, wie in einen Punkt zuſammen, und hatten als, dann die Geſtalt einer Knoſpe, oder noch zugeſchloſſenen Blume (5). Bald ſtunden die Blaͤtter etwas von einander, und gaben ihnen das An— ſehen einer Knoſpe, die eben im Aufſpringen und Aufbluͤhen war (II). Bald zeigten ſich alle Blätter völlig ausgebreitet, und ſtellten alsdann nichts narürlicher vor, als eine aufgebluͤhete, und volkommene, Blume von drey oder vier Blaͤttern (TT), deren jedes dann bald dieſe, bald eine andere Richtung, Lage und Geſtalt hatte, oder abwechſelnd anuahm. Lind da man endlich hin und wieder, ſtatt vier, nur ein, zwey, oder drey vollig ausgebreitete Blaͤttgen gewahr wurde (J) fo gab es den Anblick, als, wenn eine verbluͤhende, und zum Verwelken, oder Abſterben, ſich neigende, vierblaͤtterige Blume, eines, zwey, oder drey, von ihren ſonſtigen Blu— menblaͤttern verlohren haͤtte. Am allerartigſten aber ſahe es aus, wenn obiger unfoͤrmliche, runde, eckige, oder hersförmige, Körper anfangs ganz allein aus der Roͤhre her— vorruͤckte. Denn derſelbe zerfiel insgemein ſchneller, als in einem Aus gen⸗ (Tab. I. Fig. IX. (III. s. s. t. t. Fig. IV. V. () pig. III. I. I. m. m. n. n. u. u. v. v. Fig. IV. a. a. b. b. d. V. a. a. b. b. (I) Fig. III. q. r. r. (n. u. F. 7. u d l m. m. p. P. P... . IV. Tab. II. Fig. I. II. V. CD Tab. I. Fig. III. u. u. v. v. p. p. Tab. II. Fig. III. IV. we 347 genblicke, in ordentliche Blumenblaͤtter; eben fo, als wenn eine noch zu⸗ geſchloſſene Blume auf einmal ſchnell aufbluͤhen und ſich ausbreiten woll— te. Und wenn es mir eben fo gluͤckte, daß ich mehrere anſitzende Roͤhr⸗ gen unter dieſer Vergroͤßerung zugleich uͤberſehen konnte; ſo war dieſer Anblick, und dieſes Schauſpiel um ſo vortreflicher, indem ſich an einer jeden Röhre alles unter einer abwechſelnden und verſchiedenen Geſtalt zeig— te. Wobey ich nur noch dieſes einzigen gedenken will, daß dieſe itztbeſchrie⸗ benen fo gar wunderbaren Veraͤnderungen zweifelsohne den ſonſt ſcharfſich— tigen Leeuwenhoeck mögen verfuͤhret haben, da er geglaubet hat, das Thiergen lege ſeine Blaͤtter ab, und baue von denſelben ſeine Roͤhre. War es nun aber bey dieſen, auch nur noch mit der einfachen Ber groͤßerung gemachten, Entdeckungen möglich, länger zu zweifeln, daß jene Roͤhrgen müßten Zellen, Wohnungen und Behaͤltniſſe, lebendiger Kreaturen; erſtgedachte, fo gar veraͤnderliche, weiße Koͤrpergen aber vers ſchiedene und weſentliche Theile gewiſſer, in dieſen Zellen wohnenden, Thiergen und Geſchoͤpfe ſeyn? Allein, was vor Thiergen waren es dann eigentlich, und was ſollte man ſich aus dem Bisherigen vor einen Begriff und Vorſtellung von ihnen machen? Ich geſtehe es gerne, daß ich anfangs gar ſehr zweifelte, jemals etwas eigentliches dießfalls entdecken und bes ſtimmen zu koͤnnen. Es war mir an ihnen alles gar zu klein und zart, und dabey das Thiergen ſelbſt, wie auch Leeuwenhoeck bezeuget, gar zu erſtaunlich abwechſenld und veraͤnderlich. Jedoch ich ließ darum nicht alle Hoffnung fahren. Ich ſchmeichelte mir unter einem zuſammengeſetzten Vergroͤßerungsglaſe, und vieleicht auch durch Huͤlfe der Sonnenvergroͤſ— ſerung, wo nicht alles umſtaͤndlich, doch wenigſtens fo viel zu entdecken, als zu einer kuͤnftigen naͤheren Kenntniß dieſer Thiergen, und ihrer ſelte— nen Eigenſchaften, andern geſchicktern Maͤnnern den Weg bahnen, und die Haͤnde biethen, koͤnnte. Und ich ließ es mir nicht verdrießen, ſo bald ich Zeit gewann, auch dieſes Mittel der Unterſuchung vor die Hanb zu nehmen, Ich loͤſete in dieſer Abſicht nunmehro theils einzelne, theils zuſam⸗ mengeſetzte, Roͤhrgen von der innern Wand des Glaſes und von den Pan ; zen Blumenpolypen. Er 348 CE O zen ab. Nachdem ich auf ein etwas hohlgeſchliffenes Glaͤsgen ein paar Tropfen reines und helles Brunnenwaſſer hatte ſallen laſſen, legte ich ih⸗ rer mehrere miteinander in dieſe Waſſertropfen, und brachte ſie unter meine, nach der Engliſchen Art verfertigte, zuſammengefetzte Vergroͤße, rung. Und ich werde nun das Vergnuͤgen haben, dasjenige in der Ord— nung weiter zu erzaͤhlen, was mir, außer dem ſchon gemeldeten, auf die— fen Wege noch deutlicher zu entdecken und zu beobachten gegluͤcket hat. Ich mache abermals von den Roͤhren, und ihrer Bildung, den An— fang. Unter der einfachen Vergroͤßerung hatten dieſelben aus lauter run⸗ den Koͤrngen zuſammengeſetzt geſchienen; wie ſie denn auch Leeuwen— hoeck, gemeldtermaßen, ſo angegeben hat. Itzo aber, da dieſe Koͤrngen ungleich größer ſich darſtellten, fande ich dieſelben fo wenig rund, daß vielmehr jedes in feinem Umfange ein vollkommenes gleichſeitiges Sechs eck war (). Das Mittere ſchien etwas erhaben zu ſeyn, und ganz in der Mitte zeigte ſich allezeit ein etwas dunkeler Punct; ſo, wie ſich etwan ein vieleckiges Salz -oder Sandkoͤrngen darſtellet, wenn man es unter die Vergroͤßerung bringt, indem alsdann ebenfalls da, wo in der Mitten die Ecken zuſammenlaufen, und ſich zerſchneiden, ein dunkler Punct wahrge⸗ nommen wird. Und wer weis, ob nicht wirklich dieſe Koͤrngen, gleich wie da, wo ſie mit andern ſich anſchließen, alſo auch an ihrem obern, oder mittern, erhabenen Theilen mehr als eine Fläche, und alſo auch verſchie⸗ dene Scken, haben. Jedoch ich habe dieſes durch keinen Verſuch eigent⸗ lich und völlig ausmachen, oder zur Richtigkeit bringen koͤnnen. Dieſes aber ſahe ich deſto zuverlaͤßiger und deutlicher, daß an jeder Seite, oder Wand, der Koͤrngen allezeit eine von den ſechs Seiten, oder Waͤnden, der andern Koͤrngen angeſchloßen, und folglich ein jedes Koͤrngen mit ſechs andern genau, und, ohne das geringſte Zwiſchenraͤumgen zu laſſen, auf das engſte verbunden war. Da nun Herr von Reaumur uns von der Urſache, warum die Bienen ihre Zellen ſechseckig anlegen, fo viel ſchoͤ— nes und wunderbares angezeiget hat; fo dürfen wir mit allem Rechte daſ— ſelbe auch unſern Waſſerthiergen zueignen und beymeſſen (**). Ste ſetzen damit, C) Tab. II. Fig. I. e. e. e. ( Mem. des Inſect. Tom, V. Mem VIII. p. 3. 4. RE 349 damit, ohne die Meßkunſt zu verſtehen, durch eine blos nariirliche Ges ſchicklichkeit, die ſonſt vieleicht ſchwere Aufgabe werkthaͤtig in Erfüllung, wie man aus kleinen Rörpern Röbten, und dergleichen, am vortheilhafteſten, und zwar alſo bauen koͤnne, daß man dazu die wenigſte Seit, und den wenigſten Zeug, gebrauche; das Gebaͤue ſelbſt aber gleichwol am dauerhafteſten und feſteſten werde? Es iſt in Anſehung dieſer Bedingungen klar, daß die Körper ſich alſo anſchließen muͤſſen, daß zwiſchen ihnen kein Winkel oder leerer Raum bleibe. Ich werde hernach anfuͤhren, daß, ſo oft ich die Roͤhrgen entweder unten, wo ſie aufſaßen, und folglich vorhin zugeſchloßen waren, oder auf den Seiten, oͤffnete, die Thiergen niemals in ſelbigen lange blieben, ſon— dern ſich durch die obere Oeffnung nach und nach aus der Roͤhre ſelbſt her— aus begaben, und ſolche gaͤnzlich verließen. Und es iſt dieſes, wie mich duͤnket, wohl ganz unlaͤugbar ein Merkmal, daß es dieſen Thiergen uns leidentlich, und ihrem natuͤrlichen Zuſtande entgegen, ſeyn muß, wenn in ihre Roͤhrgen anderswo, als oben, Luft, oder Waſſer, eindringen kann. Und wenn die ſechseckigen Fenſterſcheiben diejenigen find, welche man am geſchwindeſten, und mit dem wenigſten Glaſe, ohne Zwickel, wie bey den runden Scheiben geſchehen muß, verfertigen kan; die, da ſich jede zugleich an ſechs Seiten mit andern beruͤhret, um ſo feſter zuſammenſchlieſſen, und eben dadurch allen Eingang der groben Luft, und anderer Feuchtigkeiten, verhindern: ſo kann man ja wohl den Fleiß und die Geſchicklichkeit dieſer Thiergen nicht genug bewundern, die eben zu Erreichung einer ſolchen vielfachen Abſicht, nicht mit runden, ſondern ſechseckigen, Koͤrngen ihre Zellen zu verferttgen wiſſen. Ben der Farbe der Koͤrngen, ſowohl an ſich ſelbſt, als in Anſehung ihrer Zuſammenfuͤgung, habe ich, außer dem, was ſchon gemeldet wor— den iſt, weiter nichts beſonders wahrgenommen. Dieſes aber zeigte ſich iso an allen Roͤhreu, daß fie allezeit ganz unten, wo fie anſaßen, weit 250 D Zn durchſichtiger waren, als an den übrigen Theilen; und es kam mir vor, als wenn das Thiergen ſelbſt hier durchſchiene, und ſich innerhalb der Roͤh⸗ re, ganz unten feſtgeſetzet hätte (“). Es waren aber die meiſten Roͤhrgen an die ſem hellen durchſichtigen Theile etwas breiter, da derſelbe ſonſt bey andern ganz ſpitzig zulief. Ich komme von den Roͤhrgen auf die mancherley Arten, wie die Thiergen aus denſelben hervortreten. Unter der einfachen Vergroͤßerung hatte ich zwey Spitzgen, und zwey runde Staͤbgen, an ihnen wahrgenom— men. Dieſe wollten ſich auch unter der zuſammengeſetzten Vergroͤßerung nicht anders zeigen. Sie waren und blieben allezeit völig weiß und durch⸗ ſichtig, und nur allein die Staͤbgen kamen itzo denen Schneckenhoͤrnern noch mehr gleich, als vorhero. Ich konnte weder Nerven, noch Adern, noch einen Saft, oder dergleichen etwas, an, oder innerhalb, denſelben bemerken; ſondern ſie ſchienen ganz von einerley Gemaͤchte zu ſeyn. Ganz anders aber ſtellten ſich nunmehro die anſcheinenden Blumen, blaͤtter dar. Zuerſt entdeckte ich an dem aͤußern Umfange derſelben ge⸗ wiſſe Einſchnitte (%. Sie waren ſaͤmtlich beweglich, und fo bald, als ein ſolcher zahnartiger Einſchnitt ſich zu bewegen anfieng, ſo bewegten ſich zugleich auch alle andere, und machten eine ſolche wellenfoͤrmige Kreisbe⸗ wegung, daß es, um mich eines Gleichniſſes zu bedienen, eben fo ausfas he, als wenn ſich ein Stirnrad ſchnell um feine Achfe beweget. Dieſe Ges ſtalt zeigte ſich alsdenn am deutlichſten, wenn die hernachmaligen Blaͤt— ter, anfangs, wie oben erinnert worden iſt, als ein ordentlich Rad zum Vorſcheine kamen (***). Ich haͤtte dieſe Einſchnitte, die ich dermalen noch Zaͤhne nennen will, gerne genauer kennen, auch ihre Anzahl beſtim— men, mögen; allein beydes wurde mir unmöglich, weil jie ſich nicht eher ſehen ließen, als bis fie in Bewegung waren; dieſe aber alsdenn fo ſtark und geſchwind erfolgte, daß das Geſichte daruͤber vergieng, und mithin eine genauere Betrachtung verhinderte. Hinter (Y Tab. II. Fig. VI. e. (% Tab. II. Fig. I. f. f f. f. f. f. (*%) Tab. I. Fig. VIII. b. Ta n 351 Hinter dieſen Einſchnitten, oder Zähnen, erſcheinet ein heller ganz durchſichtiger Saum, welchem dieſe zahnartigen Einſchnitte anfigen. Er hat mit dem aͤußern Saume der Kiefen, die ich an den fiſchfoͤrmigen Riefenfüßen, und den zackigen Waſſerfloͤhen, gefunden, und in eigenen Abhandlungen, gemeldet und] abgebildet habe, eine ſehr große Aehnlichkeit. Das Uebrige diefer ſcheinbaren Blumenblaͤtter iſt halb⸗ durchſichtig, und man ſiehet weiter nichts, als lauter hart aneinander ſtehende zarte Puͤnetgen, die von einer Menge, ſchmaler Linien, Fal, ten, und Runzeln, begleitet werden, und welche alle theils ſchraͤg in die Qvere, theils gerad in die Laͤnge herunter, gegen den Mittelpunct, wo die Blaͤtter an einander ſtoſſen, zulaufen. Die obengemeldten fo gar häufigen Abaͤnderungen der Blätter fand ich auch unter dieſer zuſammengeſetzten Vergroͤßerung; und ich konnte ihre genaue Ulebereinſtimmung mit den Blumenblaͤttern nicht genug bewun⸗ dern. Ich ſahe gegenwaͤrtig mehr, als jemals, faſt alle natürliche, und zufaͤlige, Eigenſchaften und Verſchiedenheiten der Blumenblaͤtter an ih— nen. Einige zeigten ſich ganz und unverletzt, andere ſchienen an den Sets ten zernagt, und angefreſſen, oder ſonſt verletzt zu ſeyn (). Verſchiede— ne hatten ſich ſchoͤn ausgebreitet (**), andere hingegen waren wie zuſam⸗ men gerollet, oder uͤberſchlagen, oder ließen ſich nur auf einer Seite und halb ſehen (*). Jedoch ich wil mich hiebey nicht aufhalten, indem, wenn ich auch noch fo viel davon ſagte, doch das wenigſte von ihren Ber, änderungen und Abwechſelungen vorgebracht ſeyn wuͤrde; und wer fie ſelbſt anzuſehen Gelegenheit hat, wird allezeit mehr finden, als ſich mit Worten vorbringen und vorſtellen laͤßt. Ich will dahero blos bey einer, und zwar der vollſtaͤndigſten, Geſtalt der Thiergen ſtehen bleiben, und da— bey umſtaͤndlich anführen, wie fie ausſehen, und was Beſonderes ſich an ihnen beobachten läßt, wenn fie ordentlicher Weiſe auf das hoͤchſte aus der Röhre hervorgetreten find, und dabey ihre vier Blaͤtter voͤllig ausge⸗ breitet haben. | Br 3 Man () Tab. I. Fig. II. u. u. IV. (**) Tab. I. Fig. III. Tab. I. Fig. I. II. II. V. GN Fab. II. Fig. vl. ö 352 n 2° Man ſtehet alsdenn vor allen, wie dieſe vermeintlichen Blaͤtter nur halb eingeſchnitten (), und nach Art der glockenfoͤrmigen, oder trichter ahnlichen, Blumen zuſammengewachſen find, und in einem fortlaufen. Zwey dieſer Blaͤtter, die insgemein unterhalb ſtehen, zeigen ſich zwar faſt allezeit kleiner, als die andern; ich halte aber ſolches mehr vor einen Be⸗ trug der Augen, und vor eine Wirkung ihrer ſchiefen Lage, als vor die wahre und eigentliche Geſtalt derſelben. Dann, wann ſich das Thiergen umwandte, ſo ſahe ich die, vormals kleiner geſchienenen, Blaͤtter in der Groͤße der andern; da hingegen dieſe jetzt, da ſie in der naͤmlichen Lage waren, kleiner ſchienen (). Und wenn das Thiergen ſich wie mit zus ſammengefaltenen Blaͤttern darſtellte, fo waren fie alle gleich groß (*). Mithin fan ich wohl mit gutem Grunde ſagen, daß dieſe Blumen gleich» blaͤtterich ſeyÿn. In der Mitte, wo ſonſt das Auge der Blumen iſt, zeig te ſich eine Vertiefung, oder Hoͤhlung, eben fo, wie dergleichen erfiges dachte glocken und trichteraͤhnlichen Blumen zu haben pflegen (f). Die ſe Hoͤhlung, und Oeffnung, wird von demjenigen walzenaͤhnlichen, haͤu⸗ tigen, weißen und durchſichtigen, Fortgange verurſachet, welchem die Blaͤtter aufſitzen (Tr). Er ſtehet ordentlicher Weiſe, wenn das Thiergen am ſtaͤrkſten ausgedehnet iſt, ein Drittheil außer der Roͤhre; und ich wuͤß⸗ te ihn mit nichts fo ſehr, als mit einer trichteraͤhnlichen Blumenroͤhre zu vergleichen, indem er nach unten zu immer enger wird. An und in dem obern Theile dieſer trichteraͤhnlichen Röhre find alsdenn allezeit zween an⸗ dere Haupttheile ſichtbar. Von außen ſiehet man die zwey mehrgedachten wagen ihulkcheg Staͤbgen, oder ſchneckenaͤhnlichen Hoͤrnergen (Tr), die unten in einer kleinen Entfernung angewachſen ſcheinen. Sie ſtehen, ſo oft die zahn— artigen Einſchnitte ſich bewegen, entweder oben, wie zween ausgeſpannte Finger, ſchraͤg von einander ab (Y); oder fie hängen unterwaͤrts (JI). Je- CD Tab. II. Fig. I. g. g. (% Tab. II. Fig. IV. b. b. () Tab. II. Fig. VI. a. a. (J) Fig. II. c. (TT) Tab. I. Fig. III. Tab. II. Fig. T (FFT) Tab. I. Fig. III. n. n. Tab. II. Fig. I. d. d. III. b. b. (I Tab. I. Fig. a n. n. Tab. II. Fig. I. d. d. (II) Tab. II. Fig. III. IV. b. b. d 353 Jenes geſchiehet, wenn ſich die Blume voͤllig ausgebreitet hat; dieſes aber, wenn die Blume auf der Seite und nur halb geſehen wird. Merkwuͤrdig iſt hiebey, daß in dieſen Ausdehnungen des Thiergens diejenigen zwey Spitz⸗ gen, deren ich ſchon mehrmals gedacht habe, insgemein unſichtbar ſind. Sie ſtecken alsdenn vermuthlich in oder nahe bey der trichterfoͤrmigen Roͤhre. Wie ich ſie denn auch wirklich daſelbſt manchmal, doch ſehr ſelten, geſehen zu haben glaube (). 10 „ Von innen wird man, dermalen noch, auch nur eines einziges Thei— les, nämlich eines großen und dunkeln Fleckens, gewahr. Er ſiehet braͤunlich aus, und bleibet, ſo lange das Thiergen mit zuſammengeſchloße⸗ ner Blume ſich darſtellet, immer auf einer Stelle und ganz unbeweglich. Alsdann moͤgte man ihn beynahe vor dasjenige halten, fo bey den Blumen das Samenbehaͤltniß heißt. Sobald aber das Thiergen ſeine Blaͤtter aus— einander fallen läßt, und jene zahnartigen Einſchnitte fich zu bewegen ans fangen; ſobald nimt auch dieſer Flecken ſeine Bewegung und eine andere Geſtalt an. War er vorher einfach; ſo wird er nun doppelt, und zwar ſo, daß die nunmehrigen zween Flecken zwar oben beyſammen bleiben, und daſelbſt einander berühren; unten aber einigen durchſichtigen Raum zwiſchen ſich laſſen (“). War der anfangs einfache Flecken unbeweglichz ſo ſind nun die daraus entſtandenen zween Flecken in einer beſtaͤndigen Be⸗ wegung. Letztere beſtehet hauptſaͤchlich darinn, daß beyde Flecken unten, wo ſonſt der Zwiſchenraum iſt, aufeinander zu ſtoßen, ſich beruͤhren, und zu gleicher Zeit auch auf und niederwaͤrts fahren. Ich wuͤrde diefen eins fachen und doppelten Flecken gar leicht, und ganz natuͤrlich, vor das Herz des Thiergens gehalten haben; allein ich werde bald melden, aus was vor Gruͤnden ich dieſen Gedanken, und dieſe Meynung, habe abaͤndern muͤſſen. So ſahe das Thiergen aus, wenn und ſo weit es ordentlicher Weiſe, und in ſeinem vollkommenſten Zuſtande, von ſelbſt auſſerhalb der Roͤhre ſichtbar wurde. Alein ich war begierig auch die übrigen Theile deſſelben, und alſo das ganze Thiergen, kennen zu lernen. Nun (0 Tab. L. Tit. M. d. Tab II. Fig. VI. b. (90) Tab. I. ig. I. e. I. a. IV. e. 354 n 2 Nun geſchahe es zwar manchmal von ohngefaͤhr, daß wenn ich meh⸗ rere Roͤhrgen abgeloͤſet, und unter die Vergroͤßerung gebracht hatte, ſich auch eines und das andere Thiergen laͤnger, als ſonſt gewoͤhnlich, aus der Röhre heraus begab; ja ich fand alsdenn zu Zeiten einzelne ſchon voͤl⸗ lig aus der Röhre, und frey im Waſſer ſich ausdehnen und ſchwimmen. Allein, insgemein war eben zu der Zeit keines in dieſer Freyheit, wenn ich es zu meinen Unterſuchungen am alernoͤthigſten hatte. Ich mußte alſo auf ein Mittel, und auf einen Kunſtgriff, denken, dieſe Thiergen ſo oft aus den Roͤhren herauszutreiben, als ich es haben wollte, und brauch⸗ te. Hatte ich nun wahrgenommen, daß aus den, ſonderlich unterhalb, zerſtuͤmmelten Röhren dieſe Thiergen allezeit länger herausruͤckten, als ſie es in ganzen Rohren thaten, ja daß fie ſehr oft ſolche verletzte Roͤhrgen gar verließen; fo brachte mich dieſes auf den Gedanken, ob nicht viel, leicht das beſte Mittel, ſie aus ihren Roͤhrgen nach Willkuͤhr herauszu⸗ treiben, dieſes ſeyn moͤgte, wenn man letztere irgend wo, ſonderlich unten, ein wentg verletzte oder oͤffnete. Ich verſuchte es, und ward gewahr, daß ich in meiner Muthmaſſung nicht gefehlet hatte. Ich brachte auf dieſe Weiſe meine Thiergen, nach ihrer völigen aͤußerlichen und innerli⸗ chen Geſtalt, wie folget, zur Kenntniß. Der ſchon beſchriebene Anfang des haͤutigen Theils, welchem die vier Blätter angewachſen waren, und den ich einer glocken oder trichteraͤhn⸗ lichen Blumenroͤhre verglichen habe, war über doppelt fo lang, als vors hero (5). Er wurde nach unten zu immer enger, und lief endlich ziemlich ſpitzig aus. In demſelben ward ich, außer dem ſchon befchriebenen ein, fachen, oder doppelt anſcheinenden Flecken (**), noch ein paar andere Koͤrper oder Gefaͤße gewahr. Gleich unter den erſten Flecken nahm ein gelbgruͤner, laͤnglicher, und halb durchſichtiger, Koͤrper den groͤßten Raum dieſer trichteraͤhnlichen Hohlung ein (***). Manchmal war derſelbe wie doppelt, und jeder ſchien ſich zu Zeiten abzuſondern, und für ſich auf und niederzuſteigen. Auf denſelben folgte ein dritter ganz dunklerbrauner Koͤr⸗ C*) Tab. IT. Fig. III. h. h. VII. a. g. VIII. e. c. c. IX. c. c. (0 Fig. III. c. VIII. d. (%) Tab. II. Fig. III. d. Vile Med en N. 355° Körper (*), welcher bald eyfoͤrmig, bald rund, bald ebenfalls als zween beſondere, und fuͤr ſich beſtehende, Theile ausſahe. Nach dieſen dreyen Haupttheilen wird man einiger weißlichen, und durchſichtigen, Gefaͤße gewahr, die in ihrem Anfange durcheinander lau— fen, alsdenn aber ſich in zwey einzelne ausbreiten, und von da gerad ne, beneinander fortgehen. Zwiſchen denſelbigen habe ich noch uͤber dem faſt allezeit ein drittes einzelnes ſehr ſchoͤn durchſichtiges Gefaͤßgen bemerket, welches ohne Unterlaß auf und nieder zuſteigen mir vorkam. Dieſe drey Gefaͤße waren bald bey einander, bald von einander entfernet; je nachdem das Thiergen ſeinen, alſobald zu beſchreibenden, Schwanz bewegte oder zuſammenzog. | Endlich folger auf den trichrerähnlichen Haupttheil des Thiergens, ein ſehr langer und ungemein duͤnner Theil **). Das Thiergen kann ihn ſechs und mehrmal länger machen, als er an ſich ſelbſt iſt; es kann ihn aber auch ungemein ſtark und ins Kleine zuſammenziehen; und, ohne ſich ſelbſt im mindeſten zu bewegen, ſolchen ſehr weit und ſtark von ſich fihnel, len. Naͤchſtdem iſt das Thiergen im Stande, dieſen feinen langen Theil auf alle nur moͤgliche Art zu kruͤmmen und zu bewegen. Bald rollt es ſolchen völlig in die Rundung zuſammen; bald laͤßt es ihn ſchlangenartig fortlaufen; bald legt es ihn zwey, drey und viermal der Laͤnge nach uͤber, oder nebeneinander, und was dergleichen veraͤnderte Geſtalten, Stellun, gen und Lagen mehr ſind. Wenn das Thiergen ruhig lag, ſo bemerkte ich mehrmalen folgende verſchiedene Stuͤcke an demſelben. Anfangs hatte dieſer lange Theil eine ſehr ſchmale doch faſt durchgehends gleiche Dicke. Hierauf erweiterte er ſich in einen etwas weiten, laͤnglichen, und ſpin— delfoͤrmigen Schlauch. Alsdenn ward er, wie vorhin, wieder ſchmal und eng; nahm aber gleich darauf abermalen im Durchſchnitte, doch nur ſehr wenig, zu. Daneben hatte dieſer, und der darauf folgende wieder ſchma⸗ le, und bis zum Ende fortlaufende, Theil lauter Kerben und Einſchnitte, Blumenpolypen. Yy und (Y Tab. II. Fig. III. e. VIII. f. ( Fig. V. d. e. VIII. g. g. h. IX. e. e. f. 356 dn Ne und ſchien aus unzaͤhlichen ringarrigen Gliedern zu beſtehen (). Worauf ſich denn zuletzt dieſer ganze Theil mit ein paar Spitzen oder Naͤgeln en⸗ digte (**); mit welchen ſich das Thiergen insgemein anſetzte, und als denn mit feinen Übrigen Theilen in die Hoͤhe, auf die Seite, und gegen andere Orte zu, beugte. Diß iſt die ganze Geſtalt des Thiergens außer ſeiner Roͤhre. Da⸗ bey ich nur noch dieſes zu melden habe, daß ſich dieſe Thiergen in erſtge⸗ meldtem ausgeſchaͤlten Zuſtande ſo bezeigen, daß man daraus eben nicht muthmaßen ſollte, als ob ihnen ſolcher widernatuͤrlich oder toͤdtlich ſey. Ich habe fie in dieſer entbloͤßten Freyheit munter hin und herſchwimmen geſe⸗ hen; und zwar ſonderlich, was die obern Haupttheile betrifft, unter eben ſolchen haͤufigen veraͤnderten Geſtalten, als ſchon gemeldet iſt. Es waren bey ihrem Schwimmen nicht nur alle ihre beſondern Theile (***) ganz deutlich zu ſehen; fie lieſſen nicht nur ihre vier Blaͤtter völlig, und ſehr ſchoͤn, auseinander fallen, und ſetzten die daran ſich befindenden zahnar⸗ tigen Einſchnitte in die gewöhnliche Bewegung (); fondern fie nahmen auch hier ganz neue und ſolche Stellungen und Geſtalten an, 0 ich vorher an ihnen noch nie bemerket hatte. Manchmal verwandelte ſich das ganze Thiergen in einen laͤnglichrun⸗ den Schlauch (FT), und man ſahe an demſelben weiter nichts, als einen ungemein langen Theil ſowohl vorn (Tr), als hinten (J). Ein anders mal war dieſer Schlauch vorn herzfoͤrmig getheilet, und zwiſchen dieſer Theilung lief jener ſchmale Theil hervor. Und noch ein andermal vers wandelte ſich dieſer herzfoͤrmige Theil in ein paar hohle mondaͤhnliche Ab ſchnitte (II), an welchem ſich auch die Zähne bewegten; in der Mitten aber ein laͤnglicher kegelartiger Theil geſehen wurde (III). Daß ich die übrigen Veraͤnderungen mit Stillſchweigen vorbeygehe. Nach (*) Tab. II. Fig. V. d. d. (9 Fig. VIII. h. IX. f. Cc Fig: III. CH En (r Fig. X. a. (Tri) b. che II) Fig. X. b. b C. ; a ee 357 Nach dieſer Beſchreibung des Thiergens werde ich nun mit wenigem meine Gedanken anzugeben haben, wofuͤr ich die gemeldten Theile halte, und zu was für einem Gebrauche und Zwecke jedes derſelben wahrſchein, lich beſtimmet ſeyn moͤge. Ich ſage mit Fleiß wahrſcheinlich. Denn, zwey und drey Stuͤcke ausgenommen, von denen man mit einiger Ge— wißheit reden kann, beruhet freylich alles auf lauter ſolchen Muthmaßun— gen, die von der Aehnlichkeit anderer Thiere hergenommen ſind; wer weis aber nicht, daß alle dergleichen Analogie in der Natur, und nach der Er fahrung, betruͤglicher, als irgend etwas iſt. Was zuerſt die Staͤbgen anlanget (0), fo halte ich fie für eine Art der Küblbörner; und dabey zugleich für die Wertzeuge, deren ſich die Thiergen beym Bauen der Roͤhren bedienen. Die Spitzgen (**) ſcheinen mir Lippen, oder Freßſpitzen, zu ſeyn. Ich halte dafuͤr, daß dieſe Thiergen, wenn ſie in ihren Mund, oder die Oberoͤffnung der trichterfoͤrmigen Roͤhre, geſchloßen und zuſam⸗ men gezogen, oder wohl gar, nach Art der Polypen, in etwas umgekeh— ret haben, dieſelben ſichtbar machen, herausſtrecken, und damit fuͤhlen koͤnnen. Wenn ſie ſich aber ausgedehnet haben, und die Zaͤhne an den Blaͤttgen ſpielen laſſen, und mithin die trichter foͤrmige Oeffnung da zu ſeyn ſcheinet, wo der Mund befindlich iſt, ſo kommen wahrſcheinlich dieſe Spitzgen an dem Rande, derſelben zu ſtehen; um, wie ich weiter unten eis gen werde, die durch den Kreislauf des Waſſers in dieſe Hohlung fallen— de Thiergen zu pruͤfen, das Nuͤtzliche in den Mund zu laſſen, das Un— nuͤtze aber auszuwerfen. Die vier Blumenblaͤttern ähnlichen Theile, mit denen daran befindlichen zahnartigen Einſchnitten, ſind, meinem Beduͤnken nach, die Huͤlfsmittel, wodurch das Thiergen feine Nahrung an und in ſich zu bringen weis. Die, wie eine umgekehrte Glocke, oder Trichter, oder auf Yy 2 eine (Y Tab. I. Fig. III. n. n. Tab. II. Fig. I. d. d. III. b. b. IV. b. b. (% Tab. I. Fig. III. y. Fig. VI. a. a. VII. Tab. II. Fig. VIII. a. # 358 a EZ eine ſonſtige andere hohle Art ausgebreiteten Blätter, machen gleichſam das ausgeſpannte Netz, ober die ausgebreitete Falle, fuͤr andere kleine Inſekten aus, die durch Bewegung des Waſſers, dem die zahnartigen Einſchnitte, welche nichts anders, als eine Menge kleiner Haͤkzen find, einen wirbelhaften Umlauff ertheilen, mit fortgeriſſen, in die trichteraͤhn⸗ lichen Blumenroͤhre geſchwemmet, und alſo dieſen Waſſerthiergen, in ganz eigentlichem Verſtande, gerad vor den Mund gebracht werden. Zwar habe ich in dem Innern dieſer Thiergen nie etwas entdecken koͤnnen, daß einem eigentlichen Munde ähnlich waͤre. Es iſt aber, wenn man ſonder⸗ lich hiebey das, was ich oben von den Spisgen geſagt habe, zu Huͤlfe nimmt, mehr als wahrſcheinlich, daß dergleichen vorhanden fen; fo, wie ich von dem zackigen Waſſerflohe gemeldet habe, daß er ſeinen Mund auch auf eine ungewoͤhnliche Weiſe zwiſchen den Schalen inwendig habe. Und damit haͤtte ich denn auch zugleich die Art und Weiſe angezeigt, wie dieſe Thiergen freffen, ihre Nahrung ſuchen und erlangen. Wobey denn abers mals der beſondere Kunſtgriff dieſer Thiergen zu bewundern iſt, als welche andere kleine Thiergen, davon ſie leben, vermittelſt der erſtgemeldten trich⸗ terähnlichen und vertiefften hohlen Ausbreitung ihrer Blaͤtter eben fo im Waſſer zu beruͤcken, ihnen gleichſam eine Grube zu graben, und ſelbige in ſolche zu locken wiſſen; wie es der Ameiſenloͤwe auf dem Lande (*) bekanntermaßen im Gebrauche und in der Gewohnheit hat. Ich wil uͤbrigens verſuchen, ob ich nicht, erſtgemeldte Meynung von der Art und Weiſe, wie dieſe Thiergen ihre Nahrung ſuchen, empfahen, und verzehren, noch wahrſcheinlicher zu machen, im Stande ſeyn moͤgte. Von dem erſten Flecken C**) habe ich ſchon gedacht, daß ich felbigen anfangs gerne fuͤr eine Art des Herzens gehalten haͤtte. Allein, ich habe nach und nach von dieſer Meynung aus folgenden zween Gruͤnden voͤllig abſtehen muͤſſen. Erſtlich beweget ſich dieſer Flecken nie beſtaͤndig; ſon⸗ dern, ſo oft das Thiergen mit unausgebreiteten Blaͤttern erſcheinet, ſo oft De Reaumur Mem. des Inſect. Tom. VI. Part. H. Mem. X. Tab. 32. 33. 34. ( Tab. I. Fig. III. o. Tab. II. Fig. I. II. d. III. c. IV. e. VIII. d. — n N. 350 oft iſt auch dieſer Flecken ganz und gar in Ruhe und in Unwirkſamkeit. Da es nun bey allen geſunden Herzen eine ihnen ganz unumgaͤnglich noͤ— thige Eigenſchaft iſt, daß ſie ſich in einer beſtaͤndigen unausgeſetzten Ba wegung befinden; fo macht dieſer erſte Umſtand dieſen Flecken, in Anſe⸗ hung eines Herzens, ſchon ziemlich verdaͤchtig. Zweytens, ſo bald das Thiergen ſeine Blaͤtter auch nur in etwas auszubreiten anfaͤngt, und da⸗ neben die Spitzgen an denſelben geſchaͤftig ſeyn laͤſſet; ſo bald ſiehet man auch dieſen Flecken in eine Bewegung kommen, ſich in zween Flecken abs theilen, und obangezeigtermaßen ein regelmäßiges Zuſammenreiben anneh⸗ men. Nun habe ich erwieſen, daß das Thiergen, wann es ſeine Blaͤtter entwickelt, zu freffen pflegt; bewegt ſich denn aber zu eben der Zeit, und zwar außer dem nie, dieſer doppelte Flecken: fo glaube ich berechtiget ges nug zu ſeyn, denſelben für zween eigentliche Zähne diefer Thiergen ans zugeben, als mit welchen fie die, um dieſe Gegend einſchießenden, klei⸗ nen Wuͤrmergen, und andere Nahrungstheile, nachdem ſie von den Fuͤhl— ſpitzen vorher gepruͤfet worden ſind, durch das Zuſammenreiben derſelben, noch kleiner und zum Verdauen tauglicher machen. Wenigſtens habe ich in ihrer Geſtalt, in! der Art ihrer Bewegung, auch in Anſehung ihrer Lage und Stelle, mit den Zähnen der zackigen Waſſerfloͤhe die größte Aehn— lichkeit gefunden. Und wer ſich erinnert, was es mir für Mühe gekoſtet hat, bis ich jene Theile, vor Zaͤhne gehalten habe, wird leicht erachten, daß ich bey dieſen, mehr als etlich hundertmal kleinern, Thiergen ſchwerlich auf Zaͤhne wuͤrde gefallen ſeyn, wenn ich nicht ſchon von jenen Waſſer⸗ flohen ein Licht erhalten hätte. So erklaͤret und entwickelt ſich die Natur immer durch ſich ſelbſt! So viel von dem Orte des Mundes, und dem Nutzen der zwey Spitzgen, die ſich zugleich um dieſe Gegend befinden. Ich komme auf die zween laͤnglichrunden und grünen Theile, die wir unmittelbar unter den Zähnen angetroffen haben (*). Sie find ohnlaͤugbar weſentliche Lebensgefaͤße dieſer Thiergen Vteeleicht dienet ein nes davon den Thiergen ſtatt des Magens; welches mir um fo wahr— Ny 3 ſchein⸗ (0 Tab. II. Fig. II. d. VIII. d. IX. a. 350 n ſcheinlicher vorkommt, da ich dieſe zween Theile ſich nicht nur manchmal ſtark bewegen, auch auf und niederſteigen geſehen habe; ſondern weil auch an denſelben die obengedachten zwey fadenaͤhnlichen , durch das ganze Thier⸗ gen hinunterlaufenden, Gefaͤße angeſchloßen find, und die ich für die Ge⸗ daͤrme des Thiergens halte. Die Bewegung, die ich an dieſen Gefaͤßen bemerket habe, iſt die ſogenannte wurmfoͤrmige ne ticus) vermittelſt welcher die in Nahrungsſaft verwandelten Theile von dem Unrathe abgeſondert werden. In denen zwo laͤngern Roͤhren geſchiehet, dieſe Abſonderung in kleinern unſichtbaren Gefaͤßen. Da es mir denn ſehr wahrſcheinlich vorkoͤmmt, daß der Unrath in den zweyten, bey dem Mas gen befindlichen, Beutel zuruͤckgefuͤhret und daſelbſt ausgeleeret werde; der ſich aber wieder durch den Mund ſeines Unrathes entlediget. Wenig⸗ ſtens habe ich nirgends eine n ene oder einen Wee des nee finden koͤnnen. ; | Dien dritten Snnbilbränmeh glecken betreffend 05 ſo shape ich, daß er das Behaͤltniß desjenigen Zeuges ſey, aus welchem diefe Thiers gen ihre Koͤrner zum Bau der Roͤhren 1 und hernehmen, wos von bald ein Mehreres. Dasjenige dritte fadenaͤhnliche Gefäße, welches, wie ich ans gezeiget habe, zwiſchen den zwey andern, als den Gedaͤrmen, hinläufe und an die Adern ſtoͤßet, iſt wohl nichts anders, als das eigentliche Serz, worinnen das Blut, oder ein anderer deſſen Stelle vertretender Saft um— laͤuft; welches die darinn ſtets ſchlagende Bewegung zu beſtaͤttigen ſcheinet. Endlich iſt der hintere lange Theil eine Art des Schwanzes (**). Die daran zu findenden ringartigen Glieder (**), find die Maͤußlein, die nach Art einer Schnellfeder zuſammengerollet find, und dem Thiergen, ſo wie bey den Regenwürmern und andern dergleichen Inſecten, die Schnell⸗ } kraft, (0 Tab. II. Fig. III. e. VIII. f. 9 Fig. VIII. g. g. g. IX. e. e. ( Fig. V. d. d. 9. un oe 361 kraft, und alle uͤbrigen ſeltſamen Bewegungen, nicht nur des Schwan⸗ zes, ſondern auch des ganzen übrigen Koͤrpers, zuwege bringen. Dieſes find meine unvorgreiffichen Gedanken von den innern, und aͤußern, Theilen dieſer Thiergen. Vieleicht haͤtte ich deren mehrere erbli— cken koͤnnen, wenn, wie ich anfangs vermuthete, das Sonnenvergroͤße— rungsglas mir zu dieſen Beobachtungen haͤtte Dienſte thun koͤnnen. Al— lein es war daſſelbe dießmal ganz und gar nicht brauchbar; indem ſich meine Thiergen unter demſelben allezeit ſo unfoͤrmlich zuſammengezogen und rollten, daß ich nicht das geringſte an ihnen zu entdecken vermogte. Wuͤßte indeß jemand mehrere dieſer Theile, auch jedem eine beſſere Be— ſtimmung zu geben, ſo werde ich mich mit Freuden eines mehrern und andern belehren laſſen. Denn ich achte es fuͤr meine Schuldigkeit, auch in geringſcheinenden Dingen, meine Meynung der Wahrhelt, und der gruͤndlichen Einſicht eines andern, aufznopfern. Ehe ich weiter gehe, ſollte ich nun noch diejenigen Versuchen a anzei⸗ gen, die ich mit dieſen Thiergen fuͤrgenommen habe. 9 ſie werden nichts betraͤchtliches ausmachen, weil mir es mit dieſen Waſſerthiergen weniger, als noch irgend mit einem andern, aller gebrauchten Muͤhe, Kunſtgriffe und Gedult ohnerachtet, gluͤcken wollen. Ich will jedoch, ohne allen Zuſatz, kuͤrzlich erzaͤhlen, was ich mit ihnen verfidier, und was ich ohngefaͤhr an ihnen gefunden habe. Daß dieſe Thiergen ſich durch Ausſproſſen vermehren, daran läßt die Menge der Roͤhrgen, die an einer einzigen Hauptroͤhre zugleich anſitzen, keinen Zweifel; vielmehr iſt dieſes eben das Hauptmerkmaal, warum ih— nen der Polypenname zukoͤmmt. Wie es aber damit hergehe, iſt mir vers deckt und ein Geheimniß geblieben; und es ſollte mir zu einem ſonderba— ren Vergnuͤgen gereichen, wenn dieſe Entdeckung einem andern vorbe— halten wäre. Ich vermuthe, daß ſie ſeltſam genug ſeyn werde. Indeſ— ſen verſuchte ich, ob nicht auch dieſe Thiergen nach dem Zerſchneiden fort, leben, ſich ergänzen, und auf dieſe Weiſe vervielfaͤltigen und vermehren wurden. Ich zerſchnitte in dieſer Abſicht zu verſchiedenen Zeiten, und i . ſo 362 a l fo nach und nach mehr als zwanzigmal einzelne, und zuſammengeſetzte, Roͤhrgen mit ihren innwohnenden Thiergen, und brachte ſie ſowohl mit⸗ einander, als auch einzelne Stuͤcke derſelben, in beſondere Glaͤsgen; als iein ich habe niemals auch nur die geringſte Spur finden fönnen, daß aus dieſen zerſchnittenen Stuͤcken der Roͤhrgen und Thiergen neue und ganze entſtanden waͤren. Die Thiergen lebten zwar eine kurze Zeit fort, aber allezeit in einer unfoͤrmlichen Geſtalt; und zuletzt verſchwanden ſie alſo, daß ich von ihnenfnichts mehr gewahr ward. Wobey ich doch keinesweges behaupten wil, als ob dieſe Art der Fortpflanzung dieſen Thiergen ganz und gar nicht eigen waͤre. Ich ſage damit weiter nichts, als daß ſie bey mir nie erfolget iſt. Judeſſen bemerkte ich, unter und nach dem Zerſchnei⸗ den, folgende Kleinigkeiten an ihnen. Als ich einsmals ein Roͤhrgen dreymal zerſchnitten hatte, ſo war, zu meiner Verwunderung, das Thier⸗ gen doch nicht verletzt worden, es war mit ſeinem Schwanze in dem letz, ten Stuͤcke der Roͤhre ſtecken geblieben es bewegte ſich munter hin und her, und kroch endlich ſo gar mit ſeinem obern Theile voͤlig in das, nahe dabey liegende, zweyte Stück feiner Roͤhre; und ich bedauerte, daß ich eben damals keine Zeit hatte abzuwarten, was weiter daraus werden mögte, Ein andermal, da ich eine Roͤhre oben zerſchnitten hatte, ſtreckte das Thiergen ſeinen Schwanz nur aus dem untern Theile hervor (*); ſchlug mit demſelben beſtaͤndig nach allen Seiten hin und her; und ſchnell⸗ te ſolchen manchmal ungemein weit von ſich. Noch ein andermal hatte ſich ein Thiergen nach dem gerſchneiden ſeiner Roͤhre von ſelbſt ans derſelben begeben, und an deren obern Theile fo feſt angeſetzet (*), daß ich es manchen Tag mehr, als zwoͤlf und funf⸗ zehnmal, aus dem Glaſe unter die Vergroͤßerung, und von da wieder in das Glas bringen konnte, ohne daß es im mindeſten losgegangen waͤre. Es lebte jedoch in dieſem Zuſtande, dem Anſehen nach, ganz traurig, in⸗ dem es feine zahnartigen Einſchnitte nie ſpielen ließ, und alfo kein einzi— gesmal freſſen wollte. Ich ſahe über vierzehn Tage vonzeit zu Zeit nach ihm, in (*) Tab IL. Fig. VII. k. K. () e. f. g. h. in Hoffnung es moͤgte fich vieleicht daſelbſt eine Röhre bauen; allein, es erfolgte nichts dergleichen, es verdatb vielmehr, und verſchwand endlich ganz und gar. Dieſes ſey genug von der Beſchreibung dieſer Thiergen. Wem ich darinn kein völiges Genuͤge gethan, dem verſichere ich, daß ich es mir ſelbſt nicht geleiſtet habe. Doch troͤſte ich mich damit, daß vieleicht eben der ſelbe ſich wird anreitzen laſſen, meine Fehler und Unvollkommenheiten durch feine tiefere Einſicht, und weitern Verſuche, zu verbeſſern und zu ergaͤnzen. Ich ſchreite ohne weitern Anſtand zu einer der vorzüglichſten Abſich⸗ ten, warum ich dieſe Thiergen ſo umſtaͤndlich beſchrieben habe. Mich duͤnket, es laſſe ſich an ihnen, und ſonderlich an ihren Roͤhren oder Zellen, eine noch immer zweifelhafte und unausgemachte Frage in der Naturkun— de, wo nicht völlig entſcheiden, doch um ein fehr großes erläutern, und in ein ſtaͤrkeres Licht ſetzen. Wobey auch der Grund ihrer Benennung, da ich fie Blumen polypen heiße, ſich wird einſehen und rechtfertigen laſſen. Es if bekannt, wofür n man in vorigen Zeiten eine ſehr große Menge Seegewaͤchſe angeſehen und gehalten habe. Man machte lauter See⸗ pflanzen aus ihnen. Der beruͤhmte Italtaͤniſche Graf, von Marſigli, hat nach dieſem Grundſatze und in ſolcher Meynung, ein ganzes Buch von Seepflanzen geſchrieben (*), und, zu mehrerer Erläuterung und Bes ſtaͤttigung⸗ ſo gar auch dererjenigen Blumen erwaͤhnet, und ſie abgebil— det, mit welchen er ſolche vermeintlichen Seepflanzen nach ihren verſchie— denen Arten verſchiedentlich zu prangen glaubte. Nicht lange darnach behauptete zwar Herr Peyſſonel, daß dieſe Blumen wirkliche Thiere waren (%). Allein feine Meynung, weil fie neu war, und dem Anſehen der aͤltern Meynung entgegen ſtund, fo wurde fie, nach dem Schickſale Blumenpolypen. 3ů aller (%) Hiſtoire phyſique de la Mer. ( De Reaum. Mem. des inſect Tom. VI. Pref. p. LXXXVII. 364 n aller neuentdeckten Warheiten, ſo lang „ bis man endlich durch neuere und haͤufigere Verſuche in unſern Tagen, fondertich bey den Ent⸗ deckungen der Polypen, die meiſten dieſer Seegewaͤchſe völlig aus dem Pflanzenreiche verbannete, in das Thierreich verſetzte, und ſie zu lauter Wohnungen lebendiger Geſchoͤpfe machte. Was bis daher Corallen, Punctcorallen, Sterniorallen, Seeſchwaͤmme, Seegewaͤchſe, geheißen hatte, hieß nunmehro Zellen, Wohnungen, Sehaͤuße; und was vorhero Blumen genennet worden war, erhielt itzo den Namen der Polypen. Große und betrachtliche Veränderungen! Dieſer doppelte Lehrbegriff hat in der Naturgeſchichte um ſo mehr zu bedeuten, da jeder ſeine Freunde und Vertheidiger auch noch heutigen Tages hat. Sie berufen ſich alle auf die Gründe derer, die, nach ihrem angenommenen Satze, geſchrieben haben. Und da jede, ſowohl die alte als neue, Parthey ihren Satz, von Pflanzen oder Thieren, mit allerdings mehr, als blos wahrſcheinlichen, Gründen zu behaupten ſuchet; fo ſind wir, die wir ſo weit von der See entlegen ſeyn, und folglich mit den an⸗ gegebenen Seepflanzen ſelbſt keine eigene Verſuche machen, und Augen— zeugen deſſen, was wahr iſt, werden koͤnnen, um ſo uͤbler und ungluͤck⸗ licher daran. Wir muͤſſen die Meynung jeder Parthey ſtehen laſſen, und blos nach dem urtheilen, was uns von ihren Erzaͤhlungen und Gruͤnden, nach dem Maaße unſerer Erkenntniß und Einſicht, am glaublichſten vor⸗ koͤmmt. Daher befremdet mich auch ganz und gar nicht, wenn, bey ſo bewandten Sachen, einige der groͤßten Naturkenner noch bis auf dieſen Tag vor die alte Meynung eingenommen ſind, und wenn ſie, ſonderlich nach den Beſchreibungen und Abbildungen des Herrn von Marſigli, nicht anders denken koͤnnen, als daß dasjenige, woran dem Anſehen nach ganz augenſcheinlich Blumen hervorwachſen und ausgeſchoben werden, nothwendig eine Pflanze ſeyn muͤſſe, und mithin unmoͤglich zum Thier⸗ reiche gehoͤren koͤnne. Sollten alſo wohl, in Anſehung dieſes ſtrittigen Satzes von Seege, waͤchſen, unſere itztbeſchriehenen Thiergen nicht einer beſondern Achtung wuͤr⸗ n 365 würdig ſeyn? Wie, wenn man an ihnen aus den ſuͤßen Waſſern das klar machen koͤnnte, was man bisher an andern in Meerwaſſern nicht voͤllig entſcheiden koͤnnen? Wie, wenn ein jeder Freund der Natur nunmehro an dieſen Thiergen, zu Hauſe, und ohne an die See zu gehen, ſich gewiß Überzeugen koͤnnte, zu welchem Reiche jene Seepflanzen nach der War— heit zu rechnen ſeyn? Wie, wenn wir an dieſen Blumenpolypen gang eigentlich die Urſache, und die Art und Weiſe, entdecken koͤnnten, war— um jene Seegewaͤchſe anfangs Pflanzen mit ordentlichen Blumen geweſen ſind, und wie ſich dieſe Pflanzen und Blumen nachher, in den neuern Zeiten, in Zellen, und in lebendige Geſchoͤpfe, verwandelt haben; und daß es demnach zwar jenen mit Anfang gegenwaͤrtigen Jahrhunderts nicht zur Laſt zu legen iſt, wenn ſie Pflanzen und Blumen geſehen; daß aber gleichwohl in der That nichts gewiſſers, als daß ſie fich geirret, und Wohs nungen lebendiger Thiere fuͤr Pflanzen und Blumen gehalten haben? Dieſes zu pruͤfen, und den Irrthum ſowohl, als die Warheit, recht lebhaft und ſinnlich vorzuſtellen, fo wollen wir zuerſt die Abhandlung des Grafen von Marſigli ſelbſt nachſehen, und aufmerkſam anhoͤren, was uns daſelbſt von den Blumen gewiſſer Seepflanzen vor Nachricht und Aus kunft gegeben wird. Hernach wollen wir unſere Thiergen mit eben dem Vorurtheile, als ob ſie wahre Waſſerblumen waͤren, betrachten; und ich ſtehe dafür, es wird uns wie dem Herrn von Marſigli gehen, wir wer— den ſteif und feſte glauben, nichts, als Blumen, zu ſehen! Werden wir uns dann ſchmeicheln, dieſer letztern Meynung untruͤglich gewiß zu ſeyn; ſo wollen wir es hierauf gerad umkehren, des Herrn Marſigli Seepflan— gen zum zweytenmal vor aus nehmen, und fie mit dem Auge der neuen Naturkuͤndigern anſehen. Ich darf hoffen, es werde die vorgefaßte Pflan— zen- und Blumenmeynung zu wanken anfangen, und es uns wenigſtens nicht mehr unmoͤglich ſcheinen, daß dieſe Pflanzen Polypenzellen, und die Blumen die Polypen ſelbſt, ſeyn moͤgten. Und wenn wir endlich in fol chen wankenden Gedanken auch unſere Waſſerblumen zum zweytenmal beobachten, und ſie mit den anfaͤnglich dafuͤrgehaltenen Seeblumen verglei— chen werden; fo bin ich verſichert, die Warheit wird ſich unſerer bemei— 312 form 366 n ee ſtern, Vorurtheil und Irrthum verſchwinden, und in unſerm eigenen Exempel uns begreiflich werden, wie ſich Blumen i in 10 verwan⸗ deln können. Der aufmerkſame Herr Graf von marſigli hatte ſich vorgeſetzet, die Seegewaͤchſe zu rechten Pflanzen zu machen. Nachdem er nun den or⸗ dentlichen Bau derſelben richtig entdecket und beſchrieben zu haben ſich ſchmeichelte; ſo fehlten ihm nur noch die Blumen, die Fruͤchte und der Saamen. Dieſe ſuchte er; und ob er ſie gleich lange Zeit nicht finden konnte, entdeckte ihm doch ſolche, ſeiner Meynung nach, ein gluͤckliches Ohngefaͤhr. Er wollte einsmals die weiche Rinde der Corallen zu Hauſe weiter unterſuchen, und warf in dieſer Abſicht die ausgefiſchten Corallen, gleich auf der See, in glaͤſerne, mit Seewaſſer angefüllte, Gefäße, um ſie auf dieſe Weiſe friſch und unverſehrt zu erhalten. Als er nun zu Hauſe nachſahe, fand er dieſe Corallen voller weißen Blumen. Sie waren ans derthalb Knien lang; ſaßen auf einem weißen Becher; einige hatten viele, andere aber wenigere, Blumenblaͤtter. Er wollte den Staͤngel dieſer Bliss men genauer anſehen, und nahm den Corallenzweig aus dem Waſſer; allein, ob er gleich ein Vergroͤßerungsglas bey der Hand hatte, und mit demſelben nachſahe, waren doch alle Blumen augenblicklich und auf eins mal verſchwunden. So bald er aber den Zweig wieder ins Waſſer warf, kamen auch die vorigen Blumen wieder zum Vorſcheine und zu Geſichte. Sie bluͤheten zwoͤlf Tage, und fielen ab. Nach dieſer erſten Erfahrung fand der Herr Graf an allen dreyen Claſſen feiner Seegewächfe Blumen, nur daß fie bey jeder Art anders gebauet und gebildet waren. Inſonder⸗ heit gedenket er, Seite 164. ſolcher Seeblumen, die mit denen in füßen Waſſern, ſo ich eben beſchrieben habe, die groͤßte Aehnlichkeit haben, und die ich, um mehrerer Deutlichkeit willen, nachſtechen, und nach ſeiner Be⸗ ſchreibung in Farben bringen, laſſen (). Sie befanden ſich an einer weichen Seepflanze, fo Meerhand (Main de Mer oder Main de Larron) genennet wird. Der Fuß dieſer Pflanze war weiß, der uͤbrige Stamm und die Aeſte aber waren bald hochroth, bald gelbroth, bald purpurfarbig. 60 Tab. II. nr | 3 n N 367 Die Blumen hatten ſechs gefackte Blätter, fo innwendig fleiſchfarbig wa— ren, auswendig aber hochrothe Adern hatten (). Und da der Here: Graf ordentliche Blumenblaͤtter, mit ihren Blumenbechern und Blumen— ſtaͤngeln, gewahr wurde; ſo hatte er kein Bedenken, aus dieſen vorhan— denen weſentlichen Theilen der Blumen auf das Daſeyn der Blumen ſelbſt zu ſchlieſſen. Seine Folgerung ſchien auch wirklich alle Wahrſcheinlichkeit vor ſich zu haben, indem fie bey dem gelehrteſten Männern feiner Zeit for gleich Eingang und Glauben fand. Niemand hatte von da an den gering— 33 3 ; ſten (0 Es hat dem Herrn Doctor und Proſeſſor Bohadſch zu Prag gefallen, in feinem 1761. zu Dreßden herausgekommenen Buche: De quibusdam animalibus mari« nis Co. Cap. VI. §. 6. fih mit einigen von Ihm unerwarteten und ganz unvers. dienten Ausdruͤcken über mich aufzuhalten. Ich bedaure aber, daß dem Herrn Doctor, ich weis nicht welches Vorurtheil, nicht erlaubt hat, meine Worte recht' zu verſtehen, noch meine Abbildung mit des Marſigli Urbilde unpartheyiſch zu vergleichen. Nimmermehr wuͤrde er zu dieſem, einem Naturforſcher ſchimpflichen, Vorwurfe ſich haben verleiten laſſen: Nemo erit, /pero, qui non perſpiciet; quo CH, Schafferus eandem ad proprium placitum delineauerit, Ich bitte jeden, der geſunde Augen hat, und der nicht mit Fleiß falſch ſehen will, meine Abbildung der drit— ten Kupfertafel mit des Marſigli Urbilde zu vergleichen, und alsdenn den Aus— ſpruch zu thun, ob ich, oder Herr D. Bohadſch, zu erroͤthen Urſache hat!“ Und was die Farbe anbelanget, ſo kann es gar wohl ſeyn, daß ich unter der von Marſigli angegebenen rothen Farbe juft die rechte der Natur gemaͤße, nicht getroffen habe; allein, iſt mir denn dieſes ſo gar ſehr, wie Herr Bohadſch thut, zur Laſt zu legen? Freylich wuͤrde ich es beſſer haben treffen koͤnnen, wenn ich das Ungluͤck, wie Er, gehabt, daß ich wegen des Krieges hätte fluͤchten, und indeſſen mich an dem Meer mit Unterſuchungen beſchaͤftigen muͤſſen. (p. 364.) Und, warum ſaget denn der Herr Doctor nicht, wie die Farbe eigentlich hätte ſeyn ſollen; ſo haͤtte ich es bey dieſer neuen Auflage mit Dankerkenntlichkeit verbeſſern koͤnnen 7 Nebſt dem ſcheinet dem Herrn Doctor noch nicht aus Erfahrung bekannt zu ſeyn, was das Illuminixen fagen will. Er werſuche es und laſſe feine Kupfertafeln aus⸗ mahlen, ſo wird Er gewis ſein hartes Urtheil uͤber mich eben ſo zuruͤck zu nehmen, wie Er dergleichen in ſeiner Vorrede gethan; wenigſtens mir erlauben, daß ich mich hiebey ſeiner eigenen daſelbſt gebrauchten Worte bedienen und Ihm nachſa⸗ gen darf: a» Precor omnes, quicunque in hiſtoria naturali litteris orbi innoteſcere cue 2 Piunt, ne praecipites ſint = s 368 a e ſten Anſtand, das, was Marſigli geſehen hatte, vor wahrhafte Blumen anzunehmen und oͤffentlich zu erklaͤren. Die Pflanzenthiere wurden zu ordentlichen Blumen, und fie blieben es eine geraume Zeit ohne den mins deſten Widerſpruch. Weir laſſen ſie noch zur Zeit ſelbſt dafuͤr gelten; und dieß um fo mehr, da wir nun mit eben ſolchen Augen zu unſern Blumenpolypen gehen, und ſie gleichfalls vor ere annehmen, und ſolches erweißlich zu machen ſuchen wollen. Und in Warheit, man ſehe nur die Abbildungen, fo ich davon migs getheilet habe, unpartheyiſch an; man biete feine Augen und feine Auf merkſamkeit ſo ſtark auf, als man will; was erblicken wir anders, als wahre und eigentliche Blumen? Sehen wir ſie anfänglich im Ganzen und uberhaupt an, fo finden wir alles das ungemein deutlich an ihnen, was wir ſonſt an ordentlichen Blumen antreffen. Hier zeiget ſich eine in der Knoſpe (Y; dort iſt eine andere eben im Aufſpringen (*); und anderswo ſehen wir verſchiedene (**), die voͤllig aufgeblüher find. Wir koͤnnen fo gar die Blumenblaͤtter, oder blaͤtteraͤhnlichen Einſchnitte, zaͤhlen, es find deren vier (T). Zwar ſehen wir auch hie und da einige, die nur drey (T), und zwey (f) Blaͤt— ter (1), ja gar nur ein einziges Blatt, haben (4). Allein dieß befrem— det uns nicht, dieſe haben ſchon verbluͤhet, und mithin eines und das an— dere ihrer Blaͤtter verloren. Zwar ſehen wir an manchen gar keine Blu— men, ſondern nur ein laͤnglichrundes Knoͤpfgen; allein, was wird das anders ſeyn, als das Saamenbehaͤltniß, welches nunmehro, nachs dem die Blumenblaͤtter abgefallen find, erſt recht ſichtbar wird, auch wohl 10 von dem immer groͤßer werdenden Saamen mehr und mehr aufſchwil— let. 95 00 Tab. I. Fig. III. q. r. r. VI. VII. () u. u. v. v. vv. x. y. Fig. IV. V. +) Fig. III. I. I. m. m. p. p. P. s. s. t. t. IV. Tab. II. Fig. I. II. V. (I) Tcb. U rig. Ul. l m. w. (t) 5. 5. p. em 1 Tab II. is. II. IV, CD Tab, 1. Fig. III. u. uv. e n 369 let. Zwar finden wir an manchen gar nichts, als die bloſe dunkle Röhre, welche jene Blumen in ſich faßte; allein es iſt leicht zu errathen, woher dieß koͤmmt. Dieſes iſt der uͤbriggebliebene Blumenbecher von einer ver— bluͤhten, oder zufaͤliger Weiſe verdorbenen, Blume. Und wie, man ſoll bey alle dem zweifeln, ob dieſes Blumen ſind, ohnerachtet auch ein blos fluͤchtiger Anblick, und eine ganz algemeine Betrachtung, uns an ihnen alles das klar vor Augen leget, was an Biumen noch je bemerket worden iſt? In Wahrheit, moͤgte mancher ſagen, ich muͤßte am hellen Mittage blind ſeyn, oder ganz und gar meinen Sinnen nicht mehr trauen duͤr fen, wenn ich dieſes vor etwas anders, als Blumen anſehen und ausgeben wollte. Wie wohl es ſey alſo. Wir wollen wirklich unſern Augen nicht trauenz wir wollen es bey einem allgemeinen Anblicke unſerer Blumen nicht bewen— den laſſen; wir wollen tiefer in die Sache hineingehen; wir wollen ſelbſt die Kraͤuterlehre zu Huͤlfe nehmen, und, nach derſelben Anweiſung, un— ſere Blumen zergliedern, und ſtuͤckweiſe betrachten, um nichts vorbey zu laſſen, was uns zur Warheit verhelfen und darinn beſtaͤrken kann. Aber auch auf dieſem Wege treffen wir bey unſern Blumen alle weſentlichen Stuͤcke an, die uns die Kraͤuterkunde in der Natur, und nach der Kunſt, angiebt. Ja wir werden ſo gar in Stand geſetzet, dieſe neue Blumen, nach den bekannteſten Lehrgebaͤuden, zu ihrem Geſchlechte und zu ihrer Gattung anzuweiſen. Einer jeden Blume werden in der Kraͤuterwiſſenſchaft bekanntermaſ⸗ fen, folgende Haupttheile zugeſchrieben. 1) Ein Kelch oder Blumen becher (calix). 2) Ein Blumenkranz (corolla); welcher entweder aus einem einzigen Stuͤcke, oder aus mehrern Stuͤcken, welche Blumen— blͤtter (petala) heißen, gebauet iſt, und welcher macht, daß die Blume entweder einblaͤtterig, oder vielblaͤtterig (monopetalos feu polypetalos) genennet wird. 3) Blumenfaͤden, oder Zuͤngelgen, mit ihren Koͤlb⸗ gen (ſtamina cum apieibus); und 4) ein Griffel oder Stempel (pittil- lum). Alle dieſe weſentlichen und eigentlichen Theile einer Blume finden wir auch an unferer Waſſerblame. N Sie 870 n Sie hat einen Becher, der, nach Art anderer Blumen, trichter⸗ aͤhnlich iſt, und feine Einſchnitte hat. Sie hat einen Blumenkranz, welcher einblaͤtterig, trichter foͤrmig und viermal eingeſchnitten iſt (). Sie hat vier Blumenfäden, davon die zween obern laͤnger, als die zween untern, ſind. Und zweifelsohne hat ſie ordentlicher Weiſe auch einen Griffel, indem wir oben des Saamenbehaͤltniſſes, als des gewoͤhn⸗ lichen Fußes des Griffels, gedacht haben; ob er gleich ſo klein ſeyn mag, daß man ihn ſo genau nicht zu Geſichte bekoͤmmt. Was fehlet alſo unſe— rer Blume, um nicht eine ordentliche, eigentliche, und wahrhafte, Blu me zu ſeyn? Nichts, als daß wir ſie nach den verſchiedenen Lehrbegriffen der Kraͤuterwiſſenſchaft, in ihre Claſſe anweiſen. Und auch dieſes kann uns nach angefuͤhrten nicht ſchwer fallen. Nach dem Lehrgebaͤude der Caliciſten, welches ſich auf den Blumenbecher beziehet, gehoͤret unfere Blume unter die Claſſe derer, die einen einblaͤtterigen, trichteraͤhn⸗ lichen, Blumenbecher ohne Einſchnitt haben (calyx monophylius infundibuliformis integer). Nach dem Lehrgebaͤude der Corolliſten, fo von dem Blumenkranze hergenommen wird, iſt ſie eine regulaire, ein⸗ blaͤtterige, glockenfoͤrmige Blume, (los regularis monopetalos, cam- paniformis). Nach dem Lehrgebaͤude der Sexualiſten, welches von der Befruchtung entlehnet iſt, gehoͤret fie unter die Claſſe derer, welche Di- dynamia heißen. 12 70 s Bis hieher ſehen, meine Leſer, daß ich nichts vorbeygelaſſen habe, was unſere anſcheinenden Blumen im Ernſte zu Blumen machen kann; und vieleicht bin ich hierinn etwas gar zu genau, und umſtaͤndlich, zu Werke gegangen. Was ſollen wir aber hiezu ſagen? Iſts moͤglich, daß der Au⸗ f f - gen. () Ich muß bey dieſer Gelegenheit erinnern, daß ich zwar oben unſerer Blume vier Blätter beygelegt, und fie alſo zu den vielblätterigen gerechnet habe, da fie doch wie ich hier ſelbſt zugebe, nur einblaͤtterig iſt. Allein man wird mich deswegen weder eines Widerſpruchs, noch einer Unwiſſenheit, beſchuldigen. Ich nahm an⸗ ſaͤnglich jene Benennung nur ſo an, weil ſie mehr ſinnlichwar. Sonſt aber iſt mir gar wohl bekannt, daß alle glocken- und trichteraͤhnlichen Blumen unter die Claſſe der einblaͤtterigen gehören, und bey ihnen das, was bey andern Blumen Blas „ - menblaͤtter heißen, nur bloße Einſchnitte genennet werden. . genſchein, die Zergliederung, und die ſtrengſten Geſetze der Naturlehre, uns noch trugen koͤnnen? Gewis, man ſollte nicht anders denken, als daß unſere Blumen aͤchte Blu men ſeyn muͤßten, und daß, da des Herrn von Marſigli obengedachte Seeblumen den unſern ſo gar aͤhnlich ſind, eben damit auch ſein Lehrgebaͤude von Seeblumen um ein ſehr großes ge— rechtfertiget und beſtaͤrket werde. . $7: Doch wir wollen es noch zur Zeit nicht gänzlich entſcheiden; ſondern zuvor auf einige Augenblicke den Gedanken einer Blume fahren laſſen- Wir wollen uns anſtellen, als wenn alles erſtgemeldte gleichwol uns vers fuͤhren und blenden, und mithin es wenigſtens moͤglich ſeyn koͤnnte, und daß die neuern Naturkuͤndiger recht hätten, wenn fie von den meiſten Seeblu— men nichts wiſſen wollen, ſondern fie für lebendige Thiere erflären. Es wird ſich am Ende zeigen, wo hiebey unſere Waſſerblumen bleiben, oder in was ſie ſich verwandeln, werden. * Wenn wir genau auf dasjenige merken, was der Herr Graf Mar— ſigli von den meiſten ſeiner vermeintlichen Seeblumen hin und wieder angiebt; fo liegen ſelbſt in feiner Beſchreibung die Gründe, daß und wars um ſein Lehrgebaͤude nicht beſtehen kann, ſondern lauter Widerſpruͤche der Natur, und der Erfahrung, in ſich enthalt. Ich wil dieſelben, fo viel hieher gehoͤret, in der Ordnung anfuͤhren. Der Herr Graf geſtehet, daß ſeine vermeintlichen Blumen bald ſichtbar, und in ihrer Schönheit da gewoeſen; bald, und in ei⸗ nem Augenblicke, wieder verſchwunden und unſichtbar grwor⸗ den wären; und eines, wie das andere, habe ſich von ihm ſo oft wiederholen und moͤglich machen laſſen, als es ihm gefaͤllig gewefen ſey. Wer hat aber dergleichen ſchnelle, und faſt wil kuͤhrliche Veranderungen, Erſcheinungen und Verſchwindungen, an Blumen je— mals wahrgenommen; und wer erkennet nicht, daß dieſes Eigenſchaften lebendiger Geſchoͤpfe ſind? Blumenpolypen. Aa a Er 372 ce 2 Er erzaͤhlet ferner, daß ſich dieſe Blumen ſchnell hintereinan⸗ der aufgethan und zugeſchloſſen, ſehr ſtark beweget, und wie geruͤhret hatten. Sind das aber nicht abermals Geſchaͤftigkeiten, die wir nur allein an ſolchen Dingen bemerken, die ein thierifches Leben has ben? Wer hat je in der Natur eine Blume kennen lernen, die mit einer beſtaͤndigen, oder auch nur lang anhaltenden, Abwechſelung des Auf e und Zuthuns, mit einer ſteten Bewegung, und mit einem ordentlichen Ruͤh⸗ ren, begabt geweſen waͤre? Er beſchreibet uns das Weſen dieſer Blu me gallerich und zaͤhe. Und auch dieſes ſchickt ſich weit natuͤrlicher für Thiere, als für Blumen. Er verſichert uns, dieſe Blume das ganze Jahr hindurch an den angegebenen Seepflanzen gefunden zu haben. So viel ich aber weis, ſoll eine dergleichen Pflanze noch erſt gefunden werden, die das ganze Jahr durch lauter Blumen, und zwar immer an einerley Orte, und an eben derſelben Stelle, hat und behaͤlt. Dieß iſt wahr, es giebt Pflanzen, die den ganzen Sommer durch blühen; allein die Bluͤthen kom— men immer wieder an andern Orten hervor, als wo die vorigen ſtunden; und alsdenn ſiehet man an ſolcher Art Pflanzen beſtaͤndig Knoſpen, Blu— men, Saamen und Früchte zugleich, jedes an verfchiedenen Orten. Von welchen letztern doch Marfigli ſelbſt eingeſtehet, daß er fie niemals ges funden, ſondern vergeblich geſucht habe. Mithin iſt hieraus von neuem mehr ein Schluß auf Thiere, als auf Blumen, zu machen. Letztere koͤn— nen freylich das ganze Jahr fortleben, und in ihrer Art immer auf einers ley Stellen ſeyn und bleiben. Der Herr Graf berichtet uns endlich, daß ſeine Blumen, wenn fie abgeſtotben, nicht, wie andere Blumen, obenauf geſchwom⸗ men / ſondern umgeſunken wären. Und dieſes Geſtaͤndniß feheiner mir ſtaͤrker, als ale andere zu erweiſen, und uns zu uͤberzeugen, daß die— ſes unmöglich toͤnnen wahre und aͤchte Blumen geweſen ſeyn. Wem iſt der Bau der Blumen fo wenig bekannt, der nicht willen ſollte, daß aus zebreitete Blumen, oder Blumenblaͤtter, nie im Waſſer unterſinken, fon | | dern ce NN 372 dern allezeit obenauf ſchwimmen. Man bemerfer dieſes ſo gar in füßen Waſſern, die doch ziemlich leicht ſind; wie unmoͤglich muß es nicht erſt in Seewaſſern ſeyn, die ungleich ſchwerer ſind. Und doch ſind ſie eben da— ſelbſt untergeſunken. Daß aber Thiere und lebendige Geſchoͤpfe, wenn nicht andere gewiſſe natuͤrliche, oder widernatuͤrliche, Luftblaſen, von in— nen oder außen, ſolches hindern, im Waſſer untergehen; dieß iſt eine ſo bekannte Sache, daß es keines Beweiſes noͤthig hat. Gewis, wer dieſe itztangefuͤhrte Worte des Herrn Marſigli zuſam— mennimt, der wird wohl eingeſtehen muͤſſen, daß es kaum zu begreifen ſey, wie derſelbe bey allen dieſen Widerſpruͤchen gleichwol habe darauf 0 koͤnnen, wahre und aͤchte Blumen vor ſich zu haben. Fügen wir dieſem allen noch denjenigen Grund bey, den uns von ders gleichen vermeintlichen Seeblumen die neuern Naturkuͤndiger angebenz fo faͤlet Marſigli Gebäude folgends gar und voͤllig über den Haufen. Dieſe verſichern uns alle einmuͤthig, daß dieſe Blumen freſſen, und fie beſchreiben uns fo gar die Art und Weiſe, wie ſolches bey verſchiedenen Gattungen verfchieden zugehe. Iſt aber dieſes richtig, fo wird ſich wohl Niemand eine Blume vorſtellen koͤnnen, die ordentlicher Weiſe freſſe, und ihre Nahrung durch gewiſſe eigentliche thieriſche Werkzeuge ſuche, und in ſich nehme. Dergleichen wird wohl auf allezeit, und ausſchließungs— weiſe, eine Eigenſchaft lebendiger Geſchoͤpfe ſeyn und bleiben; und man wird getroſt ſo ſchlieſſen koͤnnen: was in eigentlichem Verſtande frißt, das iſt ein lebendiges Geſchoͤpfe, und keine Blume, oder dergleichen pflanzen arliges Weſen. Ich muß zum Beſchluſſe dieſer Erweiſe noch desjenigen gedenken, der von dem berühmten Herrn Linnaͤus („) entlehnet iſt. Dieſer große Naturkenner hat angemerket, daß alle Pflanzen, ſo unter dem Waſſer leben, ihre Blumen, wenn ſie bluͤhen, uͤber die Flaͤche des Waſſers trei— ben, erſt daſelbſt aufbluͤhen, und folglich wegen ihrer Beſchwaͤngerung Aa a 2 der Y Diſſ. de ſponſ. plant. 5. 25. 374 oe der freyen Luft noͤthig haben; nach diefem erreichten Entzwecke aber wies der unter das Waſſer gehen. Wer ſiehet nicht, daß auch dieſe Eigen— ſehaft der Waſſerpflanzen der Erzaͤhlung des Herrn von Marſigli entge⸗ gen ſtehet. Wenn dieſe, wie er uns berichtet, aus dem Waſſer kamen, verſchwanden ſie; da fie doch, nach der Erfahrung des Herrn Linnaͤus, ſich eben da am meiſten haͤtten ausbreiten ſollen, wo ſie anders ihres Haupt, zweckes, naͤmlich der Befruchtung, nicht haͤtten verfehlen wollen. Wie denn auch wirklich die Befruchtung, gedachtermaßen, vom Herrn von Marſigli in ſeinen Blumen vergeblich geſucht worden iſt. Sind nun aber ale dieſe gehaͤuften Gründe fo beſchaffen, daß wir nicht zweifeln dürfen, es wuͤrde der Herr Graf von Marſigli, wenn er dieſelben feiner Zeit recht hätte erwägen koͤnnen, und ſein Gemuͤth, nicht gar zu ſehr von Pflanzen und Blumen waͤre eingenommen geweſen, gewis feine anfänglichen Blumen am Ende für Thiere erklaͤret haben; fo wer⸗ den dieſelben wenigſtens wider unſere Waſſerblumen dergeſtalt ſtark übers zengend- ſeyn, daß ich nur blos in einem kurzen Auszuge dasjenige von ihnen wiederholen darf, was von ihnen in dieſer ganzen Abhandlung vor— gekommen und erwieſen worden iſt. Marſigli Seeblumen waren oft ſichtbar, oft unſichtbar; die unſe— rigen auch. Jene hatten ein galleriges und zaͤhes Weſen; die unſerigen eben dergleichen. Jene bluͤhten das ganze Jahr durch; und die unſerigen finder man auch von Zeit zu Zeit in anſcheinender beſtaͤndigen Bluͤthe. Jene ſturben ab, und fielen alsdenn im Waſſer zu Boden; und bey den unſerigen erfolget ein gleiches, fie mögen noch in der Bluͤthe, oder abge⸗ ſtorben, zu ſeyn ſcheinen. Jene freſſen; und mich duͤnket, ich habe von den unſerigen dieſes Stücke ihrer Geſchaͤftigkeit genug beſchrieben. Was folgt aber hieraus? Dieſes, daß wir nunmehro auch unſere Waſſerblumen, wie des Marſigli Seeblumen, in das Thierreich uͤberſetzen muͤſſen, und es 9 0 nicht hindern koͤnne, daß ſich Blumen in lebendige Thiere ver; wandeln. Bis n > 375 Bis daher habe ich von des Marſigli Seeblumen auf unſere Blu— menpolypen geſchloſſen; nunmehro will ich es umkehren, und verſuchen, ob ſich nicht mit gleichem Grunde, und mit gleicher Natuͤrlichkeit, von dieſen auf jene ſchlieſſen laſſe; und ob nicht gegenwaͤrtige Blumenpolypen— nach dem Sage der Aehnlichkeit, auch jene Seeblumen zu eigentlichen Thieren machen moͤgten. Ihre vollkommene Gleichheit und Uebereinſtim— mung unter und miteinander laͤßt mich ſolches nicht anders, als hoͤchſt⸗ wahrſcheinlich, vermuthen. Der Herr Graf von Marſigli ſtellet uns in einem Gefaͤße vol Waſſers zuerſt feine Blumen in natuͤrlicher Größe dar (). Und welch eine ganz offenbare Aehnlichkeit haben nicht dieſelben mit unſern Blumenpo— lypen, wie ich ſie nach einer fehr geringen Vergrößerung abgebildet habe (**), Der Herr Graf laͤſſet uns hierauf dieſelben nach einer theils maͤßi— gen, theils ſtarken Vergroͤßerung in ihren mannigfaltigen Verſchieden— heiten ſehen. Wir fehen eine Knoſpe (***), eine aufbluͤhende (f), eine halb (TI), und eine völlig (Ter) aufgebluͤhte Blume. Und haben wir nicht auch unſere Blumen in den naͤmlichen Geſtalten und page ſolchen Bil dern gefunden ? \ Jedoch wir wollen, um nicht allzuweitlaͤuftig zu ſeyn, nur allein bey den vollig aufgebluͤhten Seeblumen ſtehen bleiben, fie nach ihren Haupt— theilen anſehen, und mit unſern Thiergen, wenn fie ihre vollkommene Geſtalt haben, vergleichen. Jene anſcheinende Blumen kommen aus einer Röhre und deren Oef— nung oder Hohlung hervor (1); und unſere Thiergen wohnen in hoh— len Roͤhrgen, und werden aus denſelben ſichtbar. Jene Seeblumen ha— ben einen trichteraͤhnlichen Blumenſtiel; unſern Thiergen iſt ein trichter— aͤhnlicher Leib eigen. Jene Blumen haben verſchiedene Blumenblaͤtter, f Aa a 3 oder (Y Tab. II. No. I. A. A. () Tab. II. Fig. I. II. II. C***) Tab. II. C. No. 3. E. No. C. M. (I) No. 4. I. H. (TI) F. No. 5. G. (ID No. 2. L. O. (I) No. 3. 376 n oder Einſchnitte; unſere Thiergen haben halbeingeſchnittene Blaͤttgen, nur daß beyde in der Anzahl der anſcheinenden Blumenblaͤtter verſchieden ſind, indem jene ſechſe, die unſerigen aber nur vier, haben. Jene Blumen- blaͤtter find am Rande ſtark eingekerbet oder zackig; und wir finden an un— fern Thiergen auf gleiche Art gewiſſe zahnartige Kerben oder Einſchnitte. Jene Seeblumen haben in der Mitte eine tiefe Grube oder Hohlung; und wir haben bey unſern Thiergen ein gleiches bemerket. Was kan aͤhnlicher ſeyn, als jene Seeblumen unſern Blumenpoly— pen 2 Und folte es daher wohl eine widernatuͤrliche, oder uͤbertriebene, Folge ſeyn, wenn wir behaupten, daß ſich von unſern Thiergen, und ih» ren thieriſchen Theilen alles, was wir davon angegeben haben, mit dem größten Rechte auf Marſigli Seeblumen, oder vielmehr Seepolypen, anwenden laſſe? Ich beſorgte wenigſtens von meinen Leſern wirklich eis nen Vorwurf, wenn ich nur das geringſte weiters hinzuſetzen wollte, um fie zu überführen, daß Marſſgli angegebene Seeblumen eben fo wenig wahre Blumen, ſondern Seepolypen, ſeyn; als wenig unſere beſchriebene Thiergen vor Blumen, ſondern vor Polypen, gelten muͤſſen. Dieſes aber wird mir noch obliegen, in und mit unſern Blumen—⸗ polypen erweißlich zu machen, daß jene Seepolypen die Corallen, als ihre Zellen und Wohnungen, nicht nur ſelber bauen, ſondern daß fie auch den Zeug dazu fich ſelbſt zubereiten und aus fich herneh⸗ men; und daß folglich die Corallen nicht nur die wahren Wohnungen Dies ſer Polypen, ſondern auch ſolche Gebaͤude ſeyn, die von ihnen ſelbſt, und aus ihrem eigenen Zeuge, verfertigt werden. Von unſern Blumenpolypen iſt, nach dem, was ich angefuͤhret habe, außer allem Zweifel, daß fie ihre Roͤhren ſelbſt bauen. Nun fols get zwar daraus noch nicht, was ich beweiſen will, nämlich, daß fie ſol— ches aus ſolchen Theilen und Koͤrpern bewerkſtelligen, die ſie in ſich ſelbſt zubereiten, verfertigen, und aus ihnen hernehmen. Denn wer weis nicht, daß es eine große Menge Land und Waſſerinſecten, ſonderlich Land, und Waſſerraupen giebt, die ſich zwar ihre Zellen ſelbſt bauen; aber dazu alle⸗ zeit e = 377 zeit Dinge außer ihnen, als Blätter, Holz, Grasſtaͤngel, Sandkoͤrner, Waſſerſteine, Muſcheln, und dergleichen, erwaͤhlen und gebrauchen. Und vieleicht laͤßt ſich dieſes auch von unſern Blumenpolypen ſagen; vieleicht entlehnen ſie den Zeug zu ihren Zellen ebenfals von etwas außer ihnen, und den ſie im Waſſer um ſo eher finden koͤnnen. Allein man darf nur zweyerley thun, um ſich des Gegentheils zu verſichern. Man betrachte zu— erſt die Theilgen ſelbſt, woraus die Zellen, oder Röhren, unſerer Blu— menpolpen beſtehen; und man bemerke alsdenn die Art und Weiſe, wie ſie aus jenen Theilen zuſammengefuͤget ſind. Dieſe Röhren beſtehen aus lauter gleichgroßen, gleichfarbigen, ſechseckigen, und in der Mitte mit einem anſcheinenden dunkeln Puncte bezeichneten Koͤrngen. In welchem Waſſer aber hat man je noch dergleichen Sand und Erdkoͤrner, und zwar in einer ſolchen Mens ge gefunden, als nur zu einem einzigen ſolchen Roͤhrgen noͤthig ſind? Wo ſind lauter gleichgroße, gleichfaͤrbige, ſechseckige, und noch dazu platte oder zuſammengedruckte Sand, und Erdkoͤrnergen ? Mich duͤnket, es ſollte ſchwer fallen, auch nur ein Dutzend ſolcher Koͤrngen, geſchweige denn einen ganzen Haufen derſelben, ausfindig zu machen. Mithin iſt wohl nichts übrig, als zu vermuthen, daß dieſe fogar beſondere, und durchge— hends gleichgeſtalte, Koͤrngen durch gewiſſe Werkzeuge der Thiergen ſelöſt gleichgroß, gleichfaͤrbig, und nach beſondern Scken, gebauet werden. Und was ſoll man erſt von der Art und Weiſe ſagen, wie dieſe Koͤrngen zuſammengefuͤget find? Sie ſchließen mit ihren Seiten und Ecken ſo feſt aneinander, und eines paſſet dergeſtalt auf das andere, als der geſchickteſte Glaſer ſeine eckigen Fenſterſcheiben einzupaſſen je vermag. Man ſiehet keines, auch nur im geringſten, weiter hervor, oder ungleicher, als das andere ſtehen. Die ganze Röhre iſt um und um dergeſtalt gleich und rund, als wenn fie auf einer Drehbank uͤberdrehet ware. Wo fin⸗ det fich dieſes bey den Waſſerraupen und andern Jaſecten, die ihre Zellen von etwas fremdem außer ihnen bauen? Ihre Zellen ſind ſowohl jede an ſich als ale andere unter ſich, ungleich, hoͤckerig, voller Fee ru⸗ 373 dn N Gruben, wenigſtens kann man ſelten, oder gar nie, etwas volkommen gleiches, regelmäßiges und ordentliches an denſelben gewahr werden. Viel— mehr ſiehet man, daß alles nach dem vorhandenen fremde Zeuge bald ſo, bald anders, wiewol allezeit kuͤnſtlich genug, zuſammengeſetzt ſey, und daß jedes Thiergen ſich bey dem Baue ſelbſt darnach habe richten muͤſſen. Gewis, der davon gaͤnzlich abgehende Bau unſerer Blumenpolypen muß ihnen mehr, als ales andere, die beſondere Eigenſchaft zuſprechen, daß fie ihre Koͤrngen ſchlechterdings nicht von etwas außer ihnen entleh— nen, ſondern wie von ihnen ſelbſt nehmen, alſo auch regelmaͤßiger und durchgehends auf gleiche Art und Weiſe zuſammenfuͤgen koͤnnen, als an— dere, dießfalls von ihnen verſchiedene, Inſecten zu thun vermoͤgend ſind. Es iſt wahr, daß ich nicht im Stande bin zu ſagen, wie dieſe Koͤrn⸗ gen in unſern Thiergen entſtehen, und wie ſie ſolche aus ſich hernehmen, anſetzen und damit bauen. Ich habe aber doch ein gewiſſes Gefäße in dies fen Thiergen angezeiget, welches mir ſehr wahrſcheinlich, als dazu beſtimmt, vorkoͤmmt; und die uns noch abgehende Erfahrung hebt die Sache ſelbſt nicht auf. Genug, wir ſehen einen Bau, der nicht nach einem vorhan, denen fremden Zeuge eingerichtet iſt; einen Bau, deſſen Zeug wir in der ganzen Natur nicht antreffen; und glauben daraus, wie mich duͤnket, mit gutem Grunde ſchließen zu koͤnnen, daß das Thiergen ſolchen ſelbſt zube— reite und aus ſich hervorbringe. f Ich habe, um der Sache ein größeres Gewichte zu geben, die Pros be mit Scheidewaſſer gemacht. Nun braußte zwar etwas wirklich auf, da ich auf einige Roͤhren einen Tropfen Scheidewaſſer fallen ließ, und vers rieth damit ſein thieriſches Weſen; allein ich habe die Verſuche ſo oft nicht wiederholen koͤnnen, als zu einer gaͤnzlichen Gewisheit erfors dert wird; und muß es alſo dahin geſtellet ſeyn laſſen, ob dieſer Verſuch durch Scheidewaſſer die Probe allezeit halten moͤgte. Iſt aber, erſtgezeigtermaaßen, wenigſtens ſoviel gewiß, daß unſere Blumenpolypen ihre Roͤhrgen aus nichts fremdem außer ihnen, ſondern von — un N 379 von ihren eigenen Koͤrngen bauen; ſo bekommt gewiß die Meynung der neuern Naturkuͤndiger, daß es mit den Corallen eben dieſe Bewandtniß habe eine große Staͤrke. Denn wenn es bey unfern Blumenpolypen ſchlechterdings nicht möglich iſt, daß ſie die Koͤrngen zu ihren Röhren auf fer ſich finden koͤnnen; fo hebt dieſes zugleich den größten Zweifel bey den Corallen, vermoͤge deſſen man ſich bisher nicht hat vorſtellen koͤnnen, wie ſo kleine Thiergen einen ſolchen harten Koͤrper aus einem Zeuge, von ſich ſelbſt hergenommen, ſollten verfertigen koͤnnen. Man wird wohl ſchlieſ— fen dürfen, was unſern Blumenpolypen in füßen Waſſern nach ihrer Art möglich iſt, das wird jenen Seepolypen in ihrer Art nicht unmoͤglich ſeyn. Und haben es denn nicht verſchiedene Naturkuͤndiger laͤugſt vor uns fern Blumenpolypen, als hoͤchſtwahrſcheinlich angegeben, daß die Coral— len auf eben ſolche Art von jenen Seepolypen entſtuͤnden, wie ich es von den Zellen unſerer Polypen gemeldet habe? Haben ſie nicht ebenfalls ders gleichen plattrunde, und an den rothen Corallen ſogar auch hochrothe, Koͤrngen wahrgenommen; haben ſie nicht den Ort angezeiget, wo dieſel— ben an ihnen zu finden; ja haben ſie nicht ſogar durch die Aufloͤſung der harten Corallen bemerket, daß fie aus lauter ſolchen kleinen plattrunden Koͤrngen zuſammengeſetzt ſind, an denen das Feuer nicht einmal an ihrem Baue, ſondern nur lediglich an ihrer Farbe, einige Veraͤnderung verur— ſache (). Je mehr Zufäge von Wahrſcheinlichkeiten zu einem Satze kom⸗ men, deſto naͤher tritt derſelbe der Warheit ſelber. Eines iſt noch zu beantworten übrig. Viele große Gelehrten geſtehen zwar ein, daß an und in den Corallen lebendige Thiere und Polypen zu Zeiten, auch wohl allezeit, wohnen koͤnnten. „Allein, ſprechen ſie, dar⸗ „aus folget noch lange nicht, daß die Corallen ſelbſt aus und von ſolchen „Thiergen oder Polypen gebauet werden. Man wiſſe ja, daß faſt kein „Koͤrper in der Natur ſey, der nicht hie und da beſondern Inſecten zu „einer Wohuung oder Nahrung diene. Wie ungereimt aber würde die Blumenpolypen. B bb „Folge ) Della ſtoria naturale marina dell' Adriatico faggio del Dottore Vita⸗ liano Donati. p. 46. 380 a un „Folge ſeyn, zu fagen: ich finde einen Wurm in einem Stuͤcke Holze, eis „ne Raupe in einem Apfel, eine Made im Fleiſche; folglich iſt dieß Stuͤck „Holz, dieſer Apfel, dieſes Stuͤck Fleiſch, von ſenem Wurme, von je— „ner Raupe, von jener Made, und zwar aus ihnen ſelbſt, von ihren eis „genen Theilen, verfertigt. So lächerlich das ſeyn wuͤrde; eben ſo laͤ— „cherlich und übereilt ſey es geſchloſſen: man findet allerhand Thiergen „und Polypen an und in Corallen, folglich find die Corallen von und aus »ihrem eigenen Zeuge gebauet. Allein es wird mir erlaubet ſeyn, darauf nur ſoviel zu antworten. Ich bin völlig verſtanden, daß die angebrachte Folge an ſich betrachtet, laͤ⸗ cherlich, ungereimt und widerſinniſch genug ſeyn wuͤrde. Nur ſchade, daß fie bey unſerm Satze eine augenſcheinliche Ausnahme leidet; ja fo mes nig wider denſelben iſt, daß ſie ihn vielmehr beſtaͤrket, und faſt gaͤnzlich außer Zweifel ſetzet. Was hat es mit denjenigen Körpern für eine Bes ſchaffenheit, und Bewandtniß in welchen Würmer, Raupen, Maden, und dergleichen, wohnen? Niemand kan in Abrede ſeyn, und der Augens ſchein lehret es, daß durch fie die ordentliche und eigentliche Structur, Ges ſtalt und der Zuſammenhang, der weſentlichen Theile jener Körper vers ändert, zernaget und getrennet werde; daß die Hoͤhlen und Wohnungen dieſer Inſecten bey einem jeden in ſeiner Art anders und beſonders ſeynz und daß es gleich der erſte Anblick ausweiſet, daß ſich hier etwas widerna⸗ tuͤrliches und fremdes finde. Ich will bey den Coralen ſelbſt ſtehen blei— ben. Ich kann und will nicht verneinen, daß auch dieſe manchmalen ei— ne Wohnung fremder Wuͤrmer ſind, die ſie auf das aͤrgſte zernagen und verderben. Angefuͤhrter Herr Donati hat dieſes ſelbſt mit angemerket, Allein man halte nur die von fremden Wuͤrmern zerfreſſenen Corallen, und diejenigen, die noch friſch und von ihren eigenen Thiergen bewohnet wer— den, gegeneinander, fo wird ſich der Unterſcheid leicht finden. Jene zer— freſſen das Harte der Corallen; die Gaͤnge, ſo ſie darinnen machen, ſind denen Gaͤngen gleich, fo die Holz- und andere Würmer oder Raupen in andern fremden Koͤrper machen, ſie gehen unordentlich „bald da, bald dorthin, und haben ganz und gar nichts regelmaͤßiges. Ganz anders aber ſieher d . 381 ſiehetſes mit den wahren Einwohnern der Corallen, den Polypen, aus. Dies ſe wohnen in der weichen aͤußern Rinde, von welcher, was die rothen Co— rallen betrift, das harte ſteinerne Weſen derſelben erſt abgeſondert wird; und bey ihnen, wie bey andern, beſtehet der ganze innere Bau ſo wenig aus ungleichen und ſtets abwechſelnden Hoͤhlungen und Gaͤngen, daß vielmehr lauter Gleichheit und regelmaͤßige Zellen, und jede nach ihrem Geſchlechte, und nach der Gattung der Thiergen, die ſie bewohnen bey ihnen angetroffen werden. Ja man nimmt wahr, daß hier jedesmal der Bau des Ganzen blos zur Bewohnung dieſer ihnen eigenen Thiergen gefuͤhret, und allein vor ſie angeordnet und zuberettet worden iſt. Es iſt nichts mehr übrig, als daß ich noch die verſprochene Rechen— ſchaft gebe, warum ich meine eben itzo befchriebenen Thiergen Blumen— polypen nenne. Sie heißen Blumen, weil ſie nicht nur ſolche zu ſeyn ſcheinen, ſon, dern auch nach der Aehnlichkeit mit ſo genannten Seeblumen, und nach dem Anſehen und Vorurtheile des Alterthums, Blumen ſeyn ſollten. Sie heißen aber Polypen, weil ſie wirkliche Thiere ſind, welche freſſen; und zwar ſolche Thiergen, welche die beſondere Eigenſchaft haben, daß ihre Jungen, nach Art der Pflanzen, von ihnen ausſproßen. Ich gebe ih» nen eine zuſammengeſetzte Benennung der Blumenpolypen, damit man ſich das Alte und Neue, das Irrige und Wahre zugleich an ihnen in Erinnerung bringen, und durch ſie an jenen viel lehrenden Ausſpruch ge— denten moͤge. Bbb 2 Nicht 352 en Uicht alles, was alt iſt, iſt Wahrheit; und nicht alles, was neu iſt, iſt verwerflich. Ich beſchließe dieſe meine Abhandlung mit den Worten des Herrn Mylius , die er in der Beſchreibung einer groͤnlaͤndiſchen Thier pflanze, angebracht hat, und ſich ungemein wohl hieher ſchicken. Auch bey dieſem Exempel, ſpricht er, da einerley Sache auf verſchiedene Arten betrachtet worden , habe ich mit eis nem moraliſchen Vergnuͤgen, und phyſtcaliſchen Mißvergnuͤgen wahrgenommen, was für einen Einfluß in gewiſſen Fallen die Urtheilungskraft in unfere Empfindung hat, und wie leicht ein Naturforſcher dasjenige in der Natur ſo findet, wie er vorher glaubt, daß es da iſt == Zu Gvids Zeiten verwandelten ſich Thiere gemeiniglich in Pflanzen, « = in unſern Tagen die Pflanzen in Thiere. Erklaͤ⸗ n e 383 Erklaͤrung der Kupfertafeln. Die erſte Tafel. Fig. I. Eine Menge theils einfacher, theils zuſammengeſetzter, Röhren mit ihren Blu— menpolypen, nach der Vergrößerung von 5. Linien, und wie ſie ſich auf einem Blatte im Waſſer ſelbſt angebauet haben. a. a. a einfache Röhren, in welchen die Blumenpolypen verborgen ind. b. b. b. b. b. dergleichen, aus welchen ſich die Blus menpolypen herausbegeben haben. c. drey hart aneinander gebauete leere Roͤh— ren. d. d. d. d. e. e. zwey⸗ und dreyfache Roͤhren, mit und ohne Blumenpolypen. Fig. II. Eine zuſammengeſetzte, und nach 5. Linien vergroͤßerte Röhre, mit ihren ſicht, baren Blumenpolypen. Fig. III. Eben dieſelbe nach einer ſehr ſtarken Vergrößerung. a. b. c. die erſte Haupt oder Stammroͤhre, an welcher vier und fuͤnf andere angebauet, oder vielmehr aus⸗ geſproſſen find. 4. der Anfange der Roͤhre, wo fie auf einem Stuͤcke Schilfrohr augeſetzet, und um dieſe Gegend etwas breiter, als vorher iſt. e. die zweyte Sei⸗ tenroͤhre. f. ein noch ſehr kleiner Anſatz, zu einer neuen Nebenroͤhre. g. die dritte Seitenroͤhre. h. eine Nebenroͤhre, wie fie wieder aus der vorhergehenden ausgeſproſſen iſt. i. k. die vierte und fünfte Nebenroͤhre, ohne ſonderliche Kruͤm— me. I. I. m. m. n. n. o. eine völlig ausgebreitete und freſſende Blumenpolype, wie ſie ſich aus der erſten Hauptroͤhre herausbegeben hat. 1.1. die zwey obern runden Blaͤttgen. m. m. die zwey unten etwas kleiner ſcheinenden und ſpitzigen Blaͤttgen. n. n. vie walzenaͤhnlichen Staͤbgen, oder Fuͤhlſpitzen. o. der erſte dunkelbraune Flecken innerhalb dem trichterähnlichen Leibe, und den ich für eine Gattung der Zaͤh⸗ ne angegeben habe. pep. p. eine Blumenpolype mit drey ausgebreiteten Blaͤttgen. r. r. r. eine Blumenpolype mit zuſammengeſchloſſenen Blättgen, und ausgeſtreckten Fuͤhlſpitzgen. s. s. eine Blumenpolype mit vier ſpitzig zulaufenden Blaͤttgen. u. u. v. v. eine Blumenpolype mit herzfoͤrmig geſtalteten Blaͤttgen, und feinen auf die Seite auswaͤrts ſtehenden Fuͤhlſpitzen. vv. x. eine Blumenpolype mit unförme lich zuſammengelegten Blaͤttgen und Fuͤhlſpitzen und wo in y, die zwey Spitzgen, als eine Art der Freßſpitzen, geſehen werden. Fig. IV. a. a. b. b. d. eine Blumenpolype mit vier Blaͤttgen, davon die untern größer, als die zwey obern ſcheinen: c. die Roͤhre. d. die, wie ich muthmaße, etwas dervorrggenden Freßſpitzen. Bbb 3 Fig. 384 n e Fig V. a. a. b. h. eine Blumenpolype mit zwey kurzen oder vielmehr vier, aber dop— pelt zuſammengelegten, Blaͤttgen, und ſeinen zwey Ae ſtehenden Staͤbgen oder Fuͤhlſpitzen. Fig. VI. a. a b. Eine unausgebreitete Blumenpolype, an welcher nichts als drey Spi⸗ tzen geſehen werden, deren zwo an den Seiten ich fuͤr die Fuͤhl- und bie in der Mitte für die aneinanderſtehenden Freßſpitzen halte. e. das obere Stuͤck der Roͤhre. fig. VII. a. b. Eine ausgebreitete, aber ſehr lang aus der Röhre hervorgetretene Blu menpolype, mit den zwo Fuͤhl⸗ a, und zwo Freßſpitzen, b Fig. VIII. a. Eine Roͤhre, auf welcher nichts, als ein rundes Blaͤttgen, mit zahnar⸗ tigen und ſich bewegenden Haͤkgen, b. geſehen wird. Fig. IX. a. Eine Roͤhre, aus welcher zwey laͤngliche Blaͤttgen mit ihren beweglichen zahnartigen Einſchnitten ſich zeigen. Fig. X. a. Eine Stammroͤhre, an deren obern Oeffnung das Waſſer b. b. einen Wir— bel macht, und einwaͤrts ſchießet, ohne daß man etwas entdecken kann. e. eine Sei⸗ tenroͤhre, an deren beyden Seiten zwey Haͤkgen, fo die Freß⸗ oder Fuͤhlſpitzen ſeyn, geſehen werden. Die zweyte Tafel. Fig. I. Eine Blumenpolype nach einer ganz ungemein ſtarken Vergroͤßerung, mit vier ausgebreiteten Blaͤttgen, ober wie fie frißt. a. a. die zwey obern ſpitzig zulaufen⸗ den Blaͤttgen. b. b. die zwey untern rundlich und kleiner ſcheinenden Blaͤttgen. c. der ſonſt einfache, ſich hier doppelt zeigenden, dunkelbraune Flecken, oder die zween Zähne. J. d. die zwey walzenaͤhnlichen Staͤbgen oder Fuͤhlſpitzen. e. e.e. das obere Stuͤck der Roͤhre, ſo aus lauter ſechseckigen feſt in einander gepaßten Koͤrngen zuſammengeſetzt iſt, und davon jedes in der Mitte einen ſchwarzen Fle—⸗ cken hat. f. f. f. f. die zahnartigen Einſchnitte an den Blaͤttgen. g. g. g. g. die blumenblaͤtterigen Einſchnitte, wo die Blaͤttgen zuſammenſtoßen. Fig. II. Eine Blumenpolppe mit vier Blaͤttgen a. a. b. b. wie ſie ſich zeiget, wenn man ſie oberwaͤrts ſiehet. c. die Hohlung oder Vertiefung in der Mitte der vier Blaͤtt⸗ gen. n 333: gen. d. der dunkelbraune Flecken oder die Zähne. e. der trichteraͤhuliche Leib. der Polype. Fig. III. Eine Blumenpolype, die ſich mit ihrem trichteraͤhnlichen Leibe h. h. und eis nem Theile des Schwanzes k. völlig aus der Roͤhre begeben hat. a. a. zwey ſicht⸗ bare Blaͤttgen. b. b. die zwo auswärts ſtehenden Fuͤhlſpitzen. c. der erſte dun⸗ kelbraune Flecken. d. der zweyte einfache oder doppelte groͤßereigruͤnliche Flecken, als eine Art des Magens. e. der dritte dunkelbraune Flecken, als das Zubereis tungsgefaͤße und Behaͤltniß der Koͤrngen, aus welchen die Roͤhren gebauet werden— Fig. IV. Eine Blumenpolype, die von der vorigen nur blos darinn unterſchieden iſt, daß ſie weniger aus der Roͤhre hervorgeruͤcket iſt, und nach einer andern Seite ge— ſehen wird. a. a. zwey ſichtbare Blaͤttgen. d. b. die zwo Fuͤhlſpitzen. e. der erſte Flecken. d. der zweyte gruͤnliche Flecken. e. das obere Stück der droͤhre. f. ein Theil des Leibes. Fig. V. Eine Blumenpolppe außer ihrer Roͤhre, und wie ich fie oft fren im Waſſer habe ſchwimmen und freßen ſehen. a. a. b. b. die vier ausgebreiteten Blaͤttgen. c. der trichteraͤhnliche Leib. d. d. der Schwanz, mit feinen ringartigen Einſchnitten. e. die zwey Haͤkgen, in welche ih der Schwanz endiget. Fig. VI. Eine Röhre, die ganz ſichtbar aus zwey beſondern Hauptſtuͤcken c. d. zuſam— ſammengeſetzet; und deſſen unterer Theil e. heller, als die ganze Roͤhre iſt. Man ſiehet oberhalb die Blumenpolype mit beſonders geſtalteten Blättgen a. a. und in des ren Mitte ein Huͤgelgen, fo nichts anders, als die Freßſpitzen, find. Fig. VII. a. b. c. d. Eine aus drey Hauptſtuͤken beſtehende,, und unten geöffnete, Roͤhre, aus welcher die Polype ihren Schwanz k. K. I. ſtrecket. e. f. cine Polype, wie fie ſich einer Röhre außerhalbrangeſetzt hatte und an derſelben lange Zeit ſortlebte und hängen blieb. 2. eben dieſelbe, nach einer andern Stellung h. h. i. i. Fig. VIII. Eine ſtark vergrößerte, unſoͤrmliche, aber lang ausgedehnte, Blumenvo⸗ lype, an welcher alle ihre inneren Theile um fo ſichtharer und kenntlicher find. a. die zwo Freßſpitzen. b. b. die zwo Fuͤhlſpitzen. o. c. c. der lange Leib. d. der erſte, dunkelbraune, Flecken. e. der zweyte gruͤngelbe. f. der dritte, ganz dunkelbraune Flecken. g. Z. Z. der lange Schwanz. h. bie zwo Spitzen oder Haͤkgen des Schwanzes. Fig. 386 n > Fig. IX. Eine unfoörmliche und ausgedehnte Blumenpolpype nach einer geringen Ver, groͤſſerung, und in einer andern Stellung. a. die Freßſpitzen. b. b. die Füͤhlſpi⸗ Gen. c. c. der Leib. d. das gruͤngelbe Gefäße. e,. e. der Schwanz. k. die Spi⸗ tzen deſſelben. N Fig. X. Eine unfoͤrmliche Polype. a. der Leib. b. b. die rundſoͤrmigen Blaͤttgen. en ein langer halsaͤhnlicher Theil. d. der Schwanz. Fig. XI. Eine unfoͤrmliche Blumenpolype. a. der Leib. b. der andere lange Hals. «+ der hintere Schwanz. Die dritte Tafel. No. 1. Des Marſiglt Seepflanze, mit ihren vermeintlichen Blumen, in etwas ver⸗ kleinerter, als natuͤrlich. A. A. Ein Glas mit Seewaſſer, in welchem die ſchein— baren Blumen allzeit ſichtbar geworden find. B. Die Seepflanze oder Coralle ſelbſt, C. Eine Blume noch in ihrer Knoſpe. D. D. Roͤhren, aus welchen die Blumen hervorkommen. No. 3. E. Eben dieſelbe, nach einer ſtarken Vergrößerung. Hr Eine aufbluͤhende Blume. No. 4. I. Eben dieſelbe vergrößert. F. Eine halb auſge⸗ bluͤhte Blume. No. 5. G. Eben dieſelbe vergroͤßert. No. 6. L. M. N. Ein Stuͤck Coralle mit einer Kuofpe und völlig aufgebluͤhten Blume. No. 2. Eben dieſelbe ſehr ſtark vergrößert. No. 7. Eine Roͤhre, aus welcher die Blumen herporkom— men, vergroͤßert. VII Der Afterholzbock nebſt einer Nachricht von der Fruͤhlingsfliege mit kurzen Oberfluͤgeln. Zeil Halt, eee 00 na 900605 ee 10065 as hochgeehrteſte Schreiben, welches Eu. se. an mich zu erlaſſen bes lieber haben, hat in mir ein ungemeines Vergnuͤgen erwecket; bes ſonders da ich ſelbiges voller Merkmalel derjenigen ausnehmenden Guͤtigkeit fand, die Jedermann an Denenſelben bewundert. Eu. sc. haben nicht nur meine geringe Blaͤtter von dem fiſchfoͤr⸗ migen Kiefenfuße geneigteſt aufgenommen; ſondern auch dieſelben nicht unwerth geachtet, fie der daſigen koͤniglichen Akademie der Wiſſenſchaften vorzulegen. Eu. ꝛc. wollen daher erlauben, daß ich dafür in ſchuldigſter Hochachtung, unter den eyfrigen Wuͤnſchen fuͤr Dero unverruͤcktes Wohl— ergehen, öffentlich Dank abſtatte. Ich kann nicht leugnen, daß Dero Ausſpruche ich das ganze Schick ſal meiner Schrift unterworfen hatte, und daß von Denenſelben, als dem rechtmäßigen Richter, und den ganz Europa gar gern fuͤr den ober⸗ ſten in dieſem Stücke erkennet, ich ſelbigen deſto begieriger erwartete; je feſter ich beſchloſſen hatte, von meinen zur Inſectengeſchichte gehoͤrigen Beobachtungen nichts mehr an das Licht zu ſtellen, als was Eu. ze. deſ⸗ ſelben wuͤrdig erklaͤret haͤtten. Nachdem nun aber Eu. 2c. mich hiezu ges neigteſt ermahner haben, fo laſſe ich mir den ertheilten Rath, an ſtatt eis nes Befehls dienen, und werde ich Anſehung deſſen alle Kräfte anwen⸗ den, damit es Dieſelben nie gerenen möge, mir Ders guͤtigen Rath gegeben zu haben. Mit meiner Beſchreibung des fiſchfoͤrmigen Riefenfußes has be Eu. ꝛc. ich kein unbekanntes, ſondern nur ein meines Wiſſen noch unbeſchriebenes Inſect vor Augen legen wollen. Und wenn mir dazumal der Name Waſſerkuͤhgen (vaccula aquatica), den Dieſelben dieſem Ce c 2 Thier⸗ 390 e e Thiergen nach der Aehnlichkeit mit dem Wallroſſe (vacca marina ſ. phoca dentibus exſertis Linni) gegeben haben, bekannt geweſen wäre, fo würs de ich keinen Anſtand genommen haben, denſelben beyzubehalten. Es ſchi—⸗ cket ſich zwar dieſe Benennung mehr fuͤr das Maͤnngen, als das Weib— gen, fie iſt aber doch der meinigen deßwegen weit vorzuziehen, weil dieſe viel allgemeiner iſt, jene aber in einem fo kurzgefaßten Ausdrucke bey na he einen ganzen Begriff von dem Thiergen ſelbſt ertheilet. Ich Härte Bedenken getragen, Eu. ze. wichtige Bemuhungen durch dieſes neue Schreiben zu unterbrechen; wenn ich nicht eines Theils fuͤr meine Schuldigkeit gehalten hätte, Dero geneigte Zuſchrift zu beantwor⸗ ten; und ich andern Theils von Denenſelben eines Rathes in einer etwas zweifelhaften Sache benoͤthiget waͤre. Die Gegenden um Regensburg, und das umliegende Churfuͤrſten⸗ hum Bayern, haben zwar, wie an den meiſten naturlichen Dingen, alſo inſonderheit an unzähligen Inſecten, einen großen Vorrath. Niemand aber, ſo viel ich weis, hat noch zur Zeit ſich die Muͤhe genommen, da— von etwas oͤffentlich bekannt zu machen. Damit nun die Wunder der Natur, ſo auch in hieſigen Gegenden anzutreffen ſind, nicht immer im Finſtern verborgen liegen, und geuͤbtere Männer Anlaß bekommen moͤgen, ein ſolches Werk endlich einmal zu übernehmen und zu volführen, hab ich mir vorgenommen nach dem Maaße meiner Kräfte den Weg zu bahnen, und ein Verzeichniß der hieſigen Inſecten mit kurzen Beſchreibungen hers aus zu geben. Als ich mit Einrichtung der Ordnung, welche ich unter den Tlüs geln halten wollte, beſchaͤftiget war, wurde mir von dem Herrn Harrer, Rathsherrn in hieſiger Reichsſtadt, mit dem mich, wie das Band der Schwaͤgerſchaft, alſo auch die nunmehrigen gleichen Studien, vereiniget haben, von ungefaͤhr ein Zweifel gemacht; indem er mir aus ſeinem Naturalienkabinete ein ſeltenes Inſect zeigte, und mich fragte, in welche Ordnung ich glaubte, daß daſlelbe, nach des beruͤhmten Herrn Lin⸗ n a2 301. Linnaͤus Lehrgebaͤude, gehoͤrte? Ob es zu denen zweyfluͤgigen Inſectenz oder zu denen mit haͤutigen Fluͤgeln; oder zu denen mir halben Iluͤgeldecken; oder zu denen mit ganzen Sluͤgeldecken zu rechnen ſey? Ich geſtehe, daß ich dadurch in große Verlegenheit geſetzet wurde, da, dem erſten Anblicke nach, dieſes Thiergen zwar die aͤußerliche Geſtalt einer Schlupfweſpe (Ichneumon), aber nur zween haͤutlge Flügel, und ſtatt der andern beyden Oberfluͤgel, zwo ganz kleine ſchalige Fluͤgeldecken hatte. Es kam mir alſo nicht anders vor, als wenn ich eine Misgeburt von einem Inſecte fähe; und fiel ich auf die Gedanken, ob nicht vieleicht dieſer, aus ſeiner Puppe hervorgekrochene, Holzbock durch einen unges faͤhren Zufall die harten Fluͤgeldecken moͤgte beſchaͤdiget haben, alſo, daß ſie nicht zu ihrer gewoͤhnlichen und beſtimmten Größe und Lange hätten auswachſen koͤnnen; dergleichen man öfters an ausſchliefenden Schmet⸗ terlingen gewahr wird. Allein dieſer Gedanke konnte nicht ſtatt finden, da meines Wiſſens die Käferarten ihre harten, auch oͤfters ungeſtalteten, Fluͤgeldecken, wenn fie noch im Stande der Puppe ind, nicht zuſammengefaltet haben, noch ſelbige erſt beym ausſchliefen, vermittelſt des Drucks der Luft, oder ihrer eigenen Schwere, ausdehnen; ſondern dieſelbe meiſt voͤllig und erhaͤrtet aus der Erde und dem faulen Holze, aus welchem ſie hervorkommen, mit ſich bringen. Dazu kam noch, daß mir obgedachter Herr Harrer zugleich ein anderes ganz Ähnliches jedoch kleineres Inſect vorwies; und zeigte, daß an beyden die kleinen harten Fluͤgeldecken vollkommen, und gar nicht verſtümmelt, noch verunſtaltet, obgleich von einem ganz beſondern Baue wären. Und fo konnte ich auch an den zween haͤutigen Fluͤgeln nichts von den, bey den Kaͤferarten gewoͤhnlichen, Einbiegungen, oder Falten, finden; vielmehr ſchienen ſie, wie bey den Weſpen, nur etwas weniges der Länge nach zuſammengeleget zu ſeyn. Aus dieſen Urſachen mußte ich dann endlich geſtehen, daß dieſe bey⸗ den Thiergen, Inſecten einer ganz beſondern Art wären, und daß fie we— der mit den zweyflügeligen, noch vierfluͤgeligen, weder mit den halb, noch Cc 3 mit 392 e e mit den ganz fluͤgelſchaligen Inſecten des Herrn Linnaͤus uͤbereinkom— men; und daß fie ein neuer Beweis jenes Satzes wären, daß ſich die Pas tur keines weges unſern Claſſenordnungen und Lehrgebaͤuden unterwerfe. 5 Ob ich nun gleich ganz und gar nicht zwetfele, daß auch dieſe Gat⸗ tung von Inſecten Eu. ꝛc. zur Gnuͤge bekannt ſeyn wird; ſo wird es mir doch erlaubet ſeyn, davon eine kurze Beſchreibung und Abſchilderung zu machen, und mir Dero Gedanken darüber auszubitten. Ich achte dies ſes um fo mehr der Mühe werth, da ich weder in Eu. ꝛc. vortreflichen Schriften derſelben gedacht finde, zweifelsohne weil Dieſelben ſolche der Abhandlung von Kaͤfern, welcher die gelehrte Welt begierig entgegen fies het, vorbehalten haben; noch auch in andern Schrifeftetern , fo viel ich deren nachgeſchlagen habe, etwas davon vorkoͤmmt. Zwar ſcheinet es, als ob der beruͤhmte Herr Linnäus derſelben unter dem Namen Necyda- lis gedacht habe. Allein ich getraue es mir ſo ſchlechterdings nicht zu behaupten, weil es weder aus der Beſchreibung, die er ſelbſt davon gegeben hat, deutlich abzunehmen iſt; noch auch die beyden Arten deſſelben, de— ren er unter dem Namen Necydalis erwaͤhnet, mit meinen Inſecten übers einkommen. Die Lipfalifchen Abhandlungen aber, auf die er ſich beru— fet, ſind hieſigen Ortes zum Nachſehen nicht aufzutreiben geweſen. Von der Geſchichte dieſer Inſecten iſt mir weiter nichts bekannt, als daß mehrgedachter mein Herr Schwager Harrer das groͤßere (*) von ohn⸗ gefaͤhr in ſeinem Drechſelzimmer gefunden hat. Er haͤlt dafuͤr, daß es aus einem ganz friſch zerſchnittenen Stuͤcke Pflaumenholz, deſſen Kern hie und da verfaulet war, ausgekrochen ſey. Gewiſſe damalige Verrich— tungen hatten ihn genoͤthiget, es ſogleich lebendig in Weingeiſt zu werfen, zumal da er daſſelbe für das Maͤnnlein der großen Blatweſpe gehalten hatte. Da er aber nach einigen Tagen wieder nachſahe, fand er, jedoch nunmeh— ro zu ſpaͤte, daß es ein Inſect von ganz beſonderer Art war. N Das kleinere Inſect C**) hatte er in dem bey hieſiger Stadt liegenden Obernwoͤrth angetroffen, und ebenfalls ſogleich im Weingeiſte, aufgehoben. Es CH) Fig. I. II. C) Fig. IV. VII. n N 393 Es iſt nicht zu leugnen, daß das groͤßere Inſect, wovon ich zuerſt reden will, wenn man es nur obenhin anſiehet, ſeiner aͤußern Geſtalt und Größe nach, mit dem Maͤnngen der großen Blaͤtweſpe, welche Eu. zc. unter dem Namen der Lapplaͤndiſchen Schlupfweſpe vortreflich beſchrieben haben (5). In der Boͤſeliſchen Inſectenbeluſtigung iſt fie unter dem Namen der großen Holzweſpe (“ ſehr natürlich abgebildet. Beym Herrn Linnäus (***) heißt fie tenthredo nigra, artubus ferrugineis, ani corniculo eylindrico; und iſt bey uns jaͤhrlich ſehr haͤufig anzutreffen. Al— lein, da ich dieſes Inſect recht genau unterſuchte, fand ich es von einer ganz andern Art. f Der Kopf iſt nicht, wie bey gemeldter Blatweſpe, rundlich gedruckt, und, nach Maßgabe der Leibesgroͤße, ſchicklich groß. Er iſt vielmehr klein, herzfoͤrmig, gaͤnzlich ſchwarz, hart wie Horn, rauch, und mit fahlen Haaren, beſonders gegen den Hals uͤberſtreuet, welche Haare man aber, ohne Huͤlfe einer Vergroͤßerung, nicht wohl ſehen kann. Oben hat er zween Knoten, auf welchen die Augen und Fuͤhlhoͤrner eingeglie— dert ſind. Zwiſchen dieſen beyden Erhöhungen gehet mitten durch die Stirn eis ne tiefe Rinne oder Furche herab, welche ſich unten in eine quer ficherts de mondfoͤrmige endiget, wovon die Hoͤhlung gegen den Mund ſiehet. Die zwey Augen ſind aus ſehr vielen andern linſenfoͤrmigen zuſammengeſetzt, glaͤnzendſchwarz, und wie Nieren geſtaltet. Einfacher Augen bin ich nirgends anſichtig geworden. Da, wo die Augen eine Höhlung machen, erhebt ſich ein umgekehr⸗ ter abgekuͤrzter Kegel, welcher hohl und die Wurzel der Fuͤhlhoͤrner iſt. Dieſe Fuͤhlhoͤrner ſtehen vorwaͤrts; fie find roͤthlich, ein Drittheil fo lang als das ganze Thiergen, und neunmal gegliedert. Das erſte Glied, oder Gelenke, ſitzet durch ein bewegliches rundes Kuͤgelgen in dem abge— kuͤrzten Kegel feſt, und unterſcheidet ſich, ſowohl durch ein doppeltes Hits gelgen an ſeinem Anfange und Ende, als durch ſeine Laͤnge von den uͤb— rigen Gliedern und Gelenken. Das zweyte Glied iſt das kuͤrzeſte. Das i dritte ( Memöires pour ſervir à Thiſtoire des Inſedes Tom. VI. Part. II. Mem. IX. p. 84. | | Cal. Sammlung der Hummeln und Welpen Tab. VIII. IV. S. 37. m f. %% Faun. Suec, p. 282. n. 925» 394 n le dritte iſt bey nahe dem erſlen gleich; die ubrigen aber werden gegen das Ende immer kurzer; und ſie find hin und wieder mit ſehr zarten einzeln Haa⸗ ren bewachſen. Das letzte Glied endiget ſich in eine ſtumpfe Spitze. Der Mund dieſes Inſectes iſt, wie an den Holzboͤcken gebauet. Die Oberlippe iſt platt, abgeſchnitten, gegliedert und an den Enden dicht mit fuchsrothen Haaren beſetzt. Unter der Oberlippe ſiehet man auf beyden Seiten in der Quere ein ſcharfes, gewoͤlbtes, überaus hartes, und glaͤn⸗ zendſchwarzes Zangengebiß, deren ſich dieſe Thiergen ſtatt der Fänge bes dienen. Hierauf folgen vier glatte Freßſpitzen von gelbrother Farbe. Die zwo obern ſtehen an den Winkeln des Mundes; die beyden untern aber, welche ſich gegeneinander neigen, machen die Unterlippe aus. Jede von dieſen Freßſpitzen hat drey Gelenke. Das aͤußerſte iſt dicker, als die ans dern; das unterſte iſt an den obern das laͤngſte, wie denn die obern übers haupt groͤßer und laͤnger, als die untern, ſind. Uebrigens hat mich ge⸗ daͤucht, hinten im Munde zween haarige, gelbrothe, und zungenaͤhnliche Theile, wie an andern Holzboͤcken, wahrzunehmen. Allein, da ich das einzige Inſect beſaß, welches ich itzt beſchreibe, fo durfte ich es weder zer⸗ trümmern, noch weitere Beobachtungen mit ihm vornehmen. Ich muß alſo die Unterſuchung der innern Theile dieſer Thiergen, geſchicktern Nas turkuͤndigern uͤberlaſſen. Auf den Kopf folget ein kurzer Hals, welchem jener angewachſen iſt; nach dem Halſe aber ein doppeltes Bruſtſchild (J. g Das erſtere Bruſtſchild, dem Kopfe zu, hat einen etwas erhabenen Rand, ſo daß das Thiergen eine Moͤnchskappe zu haben ſcheinet. Denn, wenn es den Kopf in die Hoͤhe richtet, ſo ziehet es den Hals voͤllig unter dieſe Moͤnchskappe. Uebrigens iſt dieſer Bruſtſchild laͤnglich, dem Ruͤ— cken zu gewoͤlbet, hornbeinig, ſchwarz, und hat in der Mitte zwo runde glatte Erhöhungen. An den Seiten ſiehet man zwey kleine Knoͤpgen, wel— che eben ſo, wie der untere Theil dieſes Bruſtſchildes, mit kurzen Haͤrgen beſetzt find. An dieſem erſten Bruſtſchilde befindet ſich das erſte Paar Fuͤſ⸗ ſe, welche ich bald naͤher beſchreiben werde. f Das zweyte Bruſtſchild ſiehet, wie an andern Kaͤfern, aus. Auf dem Bauche hat es eine hohe Ruͤndung, und iſt, wie an mehrern gemeld⸗ 5 ten ( Fig. IV. er mn 395 ten Orten, mir fuchsrothen Haaren bedecket. Und dieſem zweyten Bruſt⸗ ſchilde ſind diejenigen beſondern Theile angegliedert, welche dieſes Inſect von andern Arten und Gattungen unterſcheiden. Man ſiehet nämlich oben in der Mitte einen kleinen ſchwarzen dreyes ckigen und haarigen Schild, welchem zwo ſehr kleine, und kaum eines Canartenſamens große, Fluͤgelſchaalen angegliedert find. Dieſe ſtehen ſchreg von einander, und find zwar unbeugſam, haben aber doch eine fol che Lage, daß ſie dem Thiergen im Fliegen keine Hinderung machen. Sie find vollkommen geſtaltet, und, wie oben ſchon geſaget iſt, nicht im ges ringſten verletzet. Da, wo fie angewachſen find, ſiehet man fie abge, ſchnitten und etwas eckig, und an dem aͤußern Theile haben fie eine merks liche Erhoͤhung. Der untere Theil, oder die Spitze, iſt rund; und es gehet rings umher eine Vertiefung, welche gleichſam eine Randeinfaſſung ausmachet. Das uͤbrige dieſer Fluͤgelſchaalen iſt mit dicht aneinanderſte⸗ henden vertieften Puncten uͤberdecket, die man aber nur unter der Ders groͤßerung gewahr wird. Jedoch ſiehet man mit bloßen Augen zwo andere groͤßere, und mit ungemein kleinen Haaren beſetzte, Vertiefungen. Ich muß ihrer darum gedenken, weil fie die eigentliche Farbe dieſer Flügels ſchaalen veraͤndern. Denn obſchon ihre Grundfarbe gelbroth iſt, ſo ſehen fie dennoch, je nachdem man fie gegen das Licht hält, von dieſen Naar ren goldfarbig und ungemein glänzend aus, faſt wie unter den Edelgeſtei⸗ nen die Katzenaugen, welche bekanntermaßen eine Art Opals find. Unter dieſen beſondern harten Fluͤgeldecken haben die zween haͤutigen und eigentlichen Fluͤgel ihren Urſprung. Sie ſind voller Nerven, von braͤunlicher Farbe, und faſt ſo lang als der Leib, den ſie auch beynahe „gänzlich bedecken. Der äußern Geſtalt nach, kommen ſte mit den Flügeln der Holzboͤcke überein; außer, daß fie der Laͤnge nach zuſammengelegt ſchei⸗ nen, und ſich in eine ſtumpfe Spitze endigen. Gleichwie dem erſtern Bruſtſchilde das erſte Paar Füße angegliedert iſt; alſo ſitzen an dem zweyten Bruſtſchilde die übrigen zwey Paare. Das erſte oder die Vorderfuͤße find kurzer, als die mittlern; das dritte aber oder die Hinterfuͤße find zweymal fo lang, als die vorhergehenden; und jeder Fuß beſteht aus drey beſondern Theilen. Der fogenannte eigentliche Fuß oder Vorfuß endiget ſich in ein Paar kleine Haͤkgen, deren krumme Spi⸗ Der vfterholzbock. Dod | tzen 396 nee sen vorn von einander abſtehen, hinten aber zuſammenlaufen; fie find dunkelroth und hornbeinig, und dienen dem Thiergen, ſich vermittelſt ders ſelben rauhen Körpern anzuhaͤngen. Auf dieſe Haͤckgen folgen drey herz⸗ foͤrmige Abſaͤtze oder Einſchnitte, welche oben hie und da einzelne Haare has ben, unten aber einer Buͤrſte aͤhnlich ſind. Sie vertreten die Stelle der Fußſohle, und dienen dem Thiergen, meiner Meynung nach, ſich mit, selft derſelben auch an die glatten Körper feſt zu halten. Der dritte herz förmige Abſatz iſt an den Vorderfuͤßen den uͤbrigen faſt gleich; an den Mit⸗ telfuͤßen aber länger; und an den Hinterfuͤßen zweymal fo lang; an allen aber fuchsroth und dem Schienbeine zu etwas geſchmeidiger. Da, wo das Schienbein mit dem Vorfuße zuſammenhaͤngt, hat es innen zwo braune Dornſpitzen; das Schienbein ſelbſt aber iſt fuchsroth. Der Schenkel hat da, wo er dem Leibe anſitzet, die naͤmliche fuchsrothe Farbe, laͤuft auch daſelbſt ganz duͤnn aus; gegen die Knieſcheibe aber iſt er ſchwarzbraun, ſehr dick, oder keulenfoͤrmig, und mit lauter zarten Haͤrgen uͤberzogen. Der eigentliche Leib, oder Bauch, dieſes Thiergens iſt oben, wo er dem Bruſtſchilde anſitzet, ganz duͤnn, wird aber abwaͤrts immer dicker, bis er gegen die Mitte wieder duͤnner wird, und endlich in eine ſtumpfe Spitze fich endiget. Er beſtehet aus fünf Ringen, iſt plattgedruͤckt, voll kleiner vertieften Puncte, und von ſchwarzer, jedoch dem Bruſtſchilde zu von etwas hellerer, Farbe. Die Ringe liegen mit ihren Enden übereins ander, und auf dem Ruͤcken gehet auf beyden Seiten uber alle Ringe laͤngsherunter eine Vertiefung, wie zwo Falten; von welchen jedoch mehr rere Verſuche erſt darthun muͤſſen, ob dieſes Inſect von Natur derglei— chen habe, oder ob nicht dieſe Ruͤndung erſt durch die im Glaße und Wein; geiſte erfolgte Zuſammendruͤckung entſtanden ſey. Auf der Bauchfeire hat jeder Ring einen ſehr glatten, glaͤnzendſchwarzen Guͤrtel, welchen man auch mit bloßen Augen ſehen kann. a Der letzte Ring hat eine Oeffnung, aus welcher bey demjenigen Thier, gen, welches ich vor mir habe, und welches ein Maͤnngen iſt, das Zeu⸗ gungsglied ſehr weit heraus ſtehet (5). Es ſiehet dem Zeugungsgliede anderer Holzboͤcke vollkommen gleich; doch habe ich mit dieſem todten Thier⸗ gen keine volkommene Unterſuchung vornehmen, und es alſo nur bloß nach feiner aͤußern Geſtalt vorſtellen koͤnnen (*). 59 30 Ich tommie zu dem zweyten kleinern Inſecte (***). Selbſt das . 2 4 N =. Außer O Fig I. II. (9 Fig. V. @ Fig. V. VIiI. 4 a e 397 äußere Anſehen zeiget, daß daſſelbe zu eben dieſer Art Käfer gehöre. Es koͤmmt auch wirklich in den meiſten Stuͤcken mit dem bisher beſchriebenen größern uͤberein; und es wuͤrde alſo uͤberfluͤßig ſeyn, wenn ich eine eigene Beſchreibung davon machen wollte. Ich will alfo nur dasjenige anmers ken, worinnen es von dem vorigen unterſchieden iſt. Auf dem Kopfe hat dieſes Thiergen keine nierenfoͤrmige, ſondern längliche Augen; die Fuͤhlhoͤrner aber find länger, als der ganze Leib, iſt auch mit längern einzeln Haͤrgen bewachſen. Das Bruſtſchild ge bet hier mehr in die Laͤnge, iſt haariger und ohne Erhöhungen. Die har— ten Fluͤgeldecken find, in Vergleichung mit denen an der erſtern Art, zwar etwas größer, machen aber doch kaum das Drittheil von der Leibes groͤße aus, ſie ſind daneben mit kleinen vertieften Puncten uͤberſtreuet, aus welchen Borſtenhaare hervorſtehen, die gegen die Spitze etwas länglicher ſind. Die eigentlichen Fluͤgel find auch etwas länger, indem fie bey dies ſem Thiergen uͤber den Leib hinausgehen. Die Fuͤße ſind faſt wie an dem groͤßern; außer, daß das Knie an jedem Fuße noch mehr keulenfoͤrmig und faſt rund, auch mit ſchwarzen Borſtenhaaren beſetzt iſt. Der Leib gehet bey dieſem Inſecte in eine ſehr ſtumpfe Spitze aus, und macht, daß ich es fuͤr ein Weiblein halte. Auf der untern Seite iſt zwar die ganze Oberflaͤche ſchwarzbraun; je nachdem man fie aber gegen das Licht haͤlt, ſcheinet ſie weißlich zu ſeyn, welches, wie ſchon oben erinnert iſt, von den kleinen und durchſichtigen Haͤrgen herkoͤmmt, welche das Licht zuruͤck wers fen, und durch Huͤlfe der Vergroͤßerung ſichtbar werden. Dieſes iſt es, was ich von dieſen beynden, meiner Meynung nach ganz beſondern, Inſecten kuͤrzlich habe gedenken wollen. Aus der Beſchrei— bung erhellet, daß ſie wohl am naͤchſten zu dem Geſchlechte der Holzboͤcke gehören. Allein die Kennzeichen, die der berühmte Herr Linnäus von den Inſecten mit harten Fluͤgeldecken angiebt, wenn ich es mit Erlaubniß dieſes großen Gelehrten ſagen darf, wollen ſich ihnen nicht recht zueignen laſſen, indem die Fluͤgelſchaalen die Fluͤgel im geringſten nicht decken; ſo wenig deſſen Necydalis, fo unfern Inſecten noch am naͤchſten koͤmmt, und die Ohrenhoͤhler, die doch beyde zu den Keferarten von ihm gerechnet werden, ihre Fluͤgel unter die Fluͤgelſchaalen gaͤnzlich verbergen koͤnnen. Man wird fie auch nicht zu den halbgeflügelten zählen dürfen, weil ſich ihre Fluͤgel nicht kreutzen, ſondern nebeneinander aufliegen; auch ihr Mund keinen unter dem Bruſtſchilde gebogenen e hat. Eben ſo wenig Mi d 2 ie 398 ce e fie dem Geſchlechte derer, fo haͤutige Flügel haben, beygerechnet werden; weil fie nicht viere, ſondern nur zween dergleichen Fluͤgel haben. Und zu denen zweyfluͤglichen gehoͤren ſie am allerwenigſten, weil ihnen nicht nur die Fluͤgelkoͤlbgen fehlen, ſondern weil ſie auch wenigſtens mit einer Art von harten Fluͤgelſchaalen verſehen find. Man wird ſie alſo wohl zu den Afterholsböcken zaͤhlen, und ſagen muͤſſen, daß dieſe Inſecten eine Ausnahme von derjenigen Claſſe find, zu welcher die hartſchaaligen In⸗ ſecten pflegen gerechnet zu werden. f J Haben aber Eu. ꝛc. dieſen Inſecten einen zweifelsohne eigentlichern und beſſern Namen ſchon beſtimmet; fo werde ich aufs kuͤnftige Dero Ausſpruche willigſt folgen. Indeſſen werden Eu ꝛe. die Freyheit entſchuldigen, daß Denenſel⸗ ben durch dieſe geringe Anmerkungen beſchwerlich zu fallen, und die, be— traͤchtlichern Dingen gewidmete, Zeit zu rauben mich unterſtanden habe. Eu 2c. geruhen im übrigen mich fernerhin Dero beſondern Gewogenheie zu würdigen, der ich Dero großen Verdienſte um das Reich der Gelehr⸗ ten allezeit mit der erfinnlichen Hochachtung verehren werde. Ges ſchrieben Regenſpurg den 14. Maͤrz 1753. e e 399 Nachricht von der rüͤhlingsfliege mit kurzen Oberfluͤgeln. ls ich im Anfange dieſes Monates März bey noch ſehr ſtarkliegen— dem Schnee einsmals an der Donau auf und niedergteng, ſahe ich auf demſelben allerhand Thiergen, und zwar in ſehr großer Menge, hin und herkriechen. Ich nahm einige derſelben in die Hand, und fand, daß fie eine Art dererjenigen Inſecten waren, die beym Herrn Kinnäus Phryganeae heißen. Die meiſten waren mir bekannt; und ich hatte fie ſchon in vorigen Zeiten häufig geſehen und geſammlet. Sie waren diejenige Gattung von Inſecten, die dunkelbraun ausſe⸗ hen, deren vier Flügel ſich gewoͤlbet creutzen und uͤbereinander liegen, und welche bey nahe um ein Drittheil über den Leib hinaus gehen. Unter die— ſen traf ich aber auch einige von einem beſondern Baue an, dergleichen ich noch nie geſehen, noch auch in andern Schriftſtellern etwas von ihnen gefunden hatte. Sie unterſchieden ſich von den andern durch ihre ſeltenen Fluͤgel; indem nicht nur die Unterfluͤgel, ſondern auch und vornaͤmlich die Oberfluͤgel eine ganz ungewoͤhnliche Geſtalt hatten (). Letztere waren ganz ungewöhnlich kurz, und hatten daneben noch eine ſolche Richtung, die mich nicht anders als ſehr befremden konnte. Weil indeſſen dieſe kur— zen haͤutigen Oberfluͤgel mit denen kurzen Fluͤgelſchaalen der erſtbeſchriebe⸗ nen Afterholzboͤcke eine große Aehnlichkeit haben; ſo habe ich geglaubet, daß es viele nicht ungleich aufnehmen und anſehen wuͤrden, wenn ich, der gegenwaͤrtigen Abhandlung vom Afterholzbocke, einige Nachricht von die— ſen beſondern Inſecten beyfuͤge. Die aͤußerliche Geſtalt dieſer Thiergen zeiget ſogleich beym erſten Arts blicke, daß fie zu denen Phryganaeis des Herrn Linnaͤus gehören. Und weil ich von dieſer lateiniſchen Benennung nirgends einen deutſchen Mas men gefunden habe; ſo werde ich = die Fruͤhlingsfliegen um fo mehr d d 3 nen⸗ (0 Fig. Vin. N. X, 8 400 BE e nennen koͤnnen; da fie noch eher als der Frühling vorhanden ſeyn. Sie haben die langen borſtenaͤhnlichen Fuͤhlhoͤrner; die über den Leib hinausge⸗ henden Fluͤgel; die hintern zween Anſaͤtze oder Fortgaͤnge an dem letzten Gliede des Leibes („); und endlich auch einen ſtark hervorgehenden Mund mit zwo Fangſpitzen (tentacula) auf beyden Seiten; die ſonſt bie eigentlichen Merkmale dieſes Inſectengeſchlechtes ſind. Auch in der Farbe kommen ſie mit den erſtgedachten gemeinen und dunkelbraunen uͤberein. Ich bleibe jedoch dermalen ganz allein bey dem beſondern Baue ihrer Fluͤgel ſtehen. Sie haben dieſer Flügel vier- Zween Ober- und zween Unterfluͤgel (%. Beyde kommen darinnen uͤberein, daß fie mit ſtarken Sennadern durchwebet ſind, daß ſie alle vier ganz ſpitzig zulaufen, und vornaͤmlich, daß ſie insgeſamt mit ihrem ſpitzigen Ende nach oben zu krumm gebogen find, und wie der Hintertheil eines Schiffes in die Höhe ſtehen. Die Unterfluͤgel (* ſtehen ein Drittheil über den Leib hinaus. Oben, wo fie dem Bruſtſchilde anſitzen, find fie fehr ſchmal, und ſtehen ganz weit von einander ab; alsdenn werden ſie nach innen zu immer breiter, bis ſie endlich um die Gegend des dritten Ringes des Leibes aneinander ſtoßen. Von dieſer anfänglichen Entfernung dieſer Unterfluͤgel koͤmmt es, daß zwiſchen denſelben ein Theil des Leibes in der Geſtalt eines Dreyeckes, deſ— ſen Spitze nach unten zu ſtehet, bloß geſehen wird. Nachdem dieſe Unter⸗ fluͤgel etwas weniges neben einander fortgelaufen ſind, ſo werden ſie wie— der ſchmaͤler, worauf ſie ſich von neuem mehr und mehr von einander nach außen zu entfernen. Am merkwuͤrdigſten aber find die Oberfluͤgel (7). Dieſe find nicht einmal ein Drittheil ſo lang als die Unterfluͤgel. Sie ſitzen ganz oben am Anfange des Bruſtſchildes und zwar faſt an den Seiten deſſelben, und find daſelbſt ganz ungemein ſchmal. Ihr Anfang iſt ein ſehr ſtarkes längs lichrundes Knoͤpfgen (TI); alsdann werden fie nach innen zu immer breiter, machen eine Hohlung, und laufen gegen die Haͤlfte in eine ordentliche Ecke aus, mit welcher jeder Fluͤgel an den andern ſtoͤßet. Alsdann wird jeder Flügel wieder nach außen zu ſchmaͤler, er woͤlbet ſich in einem Bo— gen in die Hoͤhe, und endiget ſich in eine lange ſchmale und in die Hoͤhe ſtehende Spitze. Die Abbildung wird dasjenige deutlicher machen, was ſich durch eine buchſtaͤbliche Beſchreibung ſo genau nicht angeben laͤßt. Aus dem Baue und der Beſchaffenheit dieſer Flügel laͤßt ſich von ſelbſt abnehmen, daß ſie zum Fliegeln wenig oder gar nicht gebraucht i wer⸗ (Y Fig. VIII. c. e. IX. b. b. () Fig. VIII. a. a. b. b. J. a. a. b. b. ( Fig. VIII. b. b. IX. a. a. X. b. b. (D Fig. X. a. a. (HI) Ce. de e 401 werden koͤnnen. Und fo oft ich auch die andern mit gehörigen langen Fluͤ— geln ſowohl ſelbſt fliegen geſehen, als auch wenn ich fie in die Hoͤhe gewor— fen zum Fliegen habe noͤthigen koͤnnen; fo habe ich doch an dieſen kurzgeflügel— ten nichts dergleichen geſehen noch zu bewerkſtelligen vermogt. Ja ich habe nicht einmal die geringſte Bewegung ihrer Fluͤgel wahrgenommen. Davon aber bin ich uͤberzeugt worden, daß es die Männgen von den andern Fruͤh— lingsfliegen waren, mit welchen fie zu gleicher Zeit fo häufig auf dem Schnee hin, und herkrochen. Und ich darf zum Beweiſe deſſen nur fo viel ſagen, daß ich fie unzähligemal fo mit einander gepaarer gefunden 11 5 es von dem Männgen und Weibgen der Art Inſecten bes annt iſt. f Es laͤßt ſich auch hieraus die Urſache einigermaßen angeben, warum dieſe Thiergen fo ſtark auf dem Schnee hin- und herlauffen, weil ſie naͤm— lich auf dieſe Weiſe einander am beſten zu Geſichte kommen, eines das andere aufſuchen und ſich alsdenn paaren koͤnnen. Da ich dieſe Fruͤhlingsfliegen, die maͤnnlichen und weiblichen, nahe an der Donau am häuftaften gefunden habe, fo iſt kein Zweifel, daß fie ih— ren Urſprung einem Waſſerwurme, wie die Waſſerjuͤngfergen, die Schnas ken, das Ufergas, und mehr andere, haben muͤſſen. Jedoch ich kenne dermalen dieſen Wurm nicht. Ihre Puppe aber, oder zweyte Verwan— delung, iſt mir auf dem Schnee haͤufig zu Geſichte gekommen, und ich habe deren viele in Weingeiſt aufbehalten. Dieſe Puppe ſiehet beynahe der Fliege ſelbſt Ähnlich, fie kriechet auch, wie dieſelbe, auf dem Schnee eine Zeitlang hin und her. Jedoch unterſcheidet fie ſich von der nachma— ligen Fliege durch zwey Stuͤcke. Einmal, durch die zwo langen borftens artigen Afterſpitzen, die ordentlich, wie bie Fuͤhlhoͤrner am Kopfe, ausſe— hen. Und ſodann, durch die vier kurzen hornbeinigen und hellbraunen Fluͤgeldecken, in welchen die eigentlichen haͤutigen Fluͤgel zu der Zeit ver— ſchloſſen liegen. Wenn dieſe Puppen einige Zeit ſo hin und hergekrochen, ſo legen ſie dieſen Balg ab, und es kommt aus demſelben die Fliege ſelbſt zum Vorſcheine. Der abgeſtreifte Balg aber behält noch feine ordentliche Geſtalt mit den Fuͤhlhoͤrnern und Afterborſten, fo daß, wenn er noch nicht zuſammengeduͤrret iſt, man ihn für das Thiergen ſelbſt halten ſollte. Man ſiehet alſo aus dieſer Beſchreibung, daß es nicht nur kurzgefluͤ⸗ gelte Kefer, ſondern auch kurzgeflügelte Fliegen giebt; und erweiſet, wie reich die Natur in ihren Veraͤnderungen iſt. Erklaͤ 403 Fig. I Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. ee e Erklärung der Kupfertafel. Der größere Afterholzbock, vorwärts liegend und in natuͤrlicher Groͤße. II. Eben derſelbe auf dem Ruͤcken. III. Der Kopf des größern Afterholzbockes mit den Fuͤhlhoͤrnern, dem doppelten Bruſtſchilde, und den kurzen harten Fluͤgelſchalen, nach der Vergroͤßerung. IV. Der doppelte Bruſtſchild, mit den harten Fluͤgelſchaalen, nach einer ſehr ſtarken Vergroͤßerung. V. Das vergrößerte Zeugungsglied. VI. Der zweyte kleinere Holzbock, in natuͤrlicher Größe vorwärts liegend. VII. Eben derſelbe auf dem Ruͤcken. i VIII. Die Fruͤhlingsſliege mit kurzen Oberfluͤgeln, kriechend und in natuͤrlicher Groͤße. 8, a. De beyden krumm und aufwärts gebogenen kleinen Oberflů⸗ ge b. b. die beyden laͤngern Unterfluͤgel, fo ebenfalls krumm und aufs waͤrts gebogen ſind. c. c. die beyden hintern Anſaͤtze und Fortgaͤnge. IX. Eben dieſelbe Fruͤhlingsfliege in natuͤrlicher Groͤße auf dem Ruͤ⸗ cken liegend. a. a. die beyden laͤngern Unterfluͤgel. b. b. die hintern Anſaͤtze. X. Die kurzen Ober und langen Unterflügel vergroͤßert. a. a. die Oberfluͤgel. b. b. die Unterfluͤgel. c. c. die laͤnglichen Knoͤpfe, als der Anfang der Dberflügel, Ende des erſten Bandes. „ l S ne pr Ra f G gelſehn 2 ce 5 ö B.G.Irdrich. sculps. Ratısb — 5 8 IR 05 4 . f D 5 8 dee r Cheile 8 Heuen d Hu n- 2 Bon " nd RZ > . B.G.Frıdrich sculps. Ratisbonz 3 Iteitendeckte Theile e. 1 5 e wir — — neee I.G.B 2 . 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