^- 4^ (ft?" 'T'^«'*^ i:>» fclh \**if ^' .T- V*V.^ ;*-^ ^^■^•4"- :» , -4^$^^^,*? ■^„:^ .■^^'■^■J^ ■5\ .■'V i- di^ ■If/X- p^-t lÄ;äZ.--4öB>^' ^^.:: ^' itLUs. D« H. G. BRONN'S Klassen und Ordnungen des THIERREICHS, wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. Dritter Band. Supplement. Tunicata (Manteltliiere). Bearbeitet von Dr. Osw. Seeli^er, Professor in Rostock. Mit auf Stein gezeichneten Abbildungen. 31., 32., 33., 34., 35. u. 36. Lieferung. -<^^=MJ:^ Leipzig. C. F. Winter'sche Verlagshandlung. 1902. Der Enddarm. 465 liclikeit 7Air Anscliauimg bringen. Dass auch Drüsenzellen vorkommen, soll nicht in Abrede gestellt werden, doch dürfte wohl stets der Mittel- darm als secretorischer und verdauender Abschnitt neben dem Magen nur von ganz untergeordneter Bedeutimg sein. 4. Der Enddarm. Der Enddarm stellt stets ein schlauchförmiges Organ dar, das fast immer jeden anderen Darmabschnitt beträchtlich an Länge übertrifft und den aufsteigenden Schenkel der Darmschleife entweder in seiner ganzen Aus- dehnung oder doch zum grössten Theil bildet. Er verläuft entweder gerade nach vorn oder liegt mehr horizontal. In beiden Fällen, und ganz besonders in dem letzteren, kann er einen geschlängelten Verlauf zeigen und oft sehr umfangreiche Ein- und Ausbiegungen aufweisen. Aus der eingangs dieses Kapitels gegebenen allgemeinen Darstellung der Form der Darmschleife lässt sich das Wichtigste über den Verlauf des End- darmes bereits entnehmen. Wenngleich im Enddarm äusserlich scharf getrennte Abschnitte in der Eegel nicht vorkommen, so müssen doch drei verschiedene Regionen aus einander gehalten werden: der Anfangstheil , das Mittelstück und der Endtheil oder das Rectum.*) Der Anfangstheil geht entweder ohne scharfe Grenze ganz allmäh- lich in den Mitteldarm über, oder er ist kolbenförmig erweitert und um- greift mit seinem trichterförmig eingestülpten Vorderende das Endstück des Mitteldarms (siehe oben p. 464). Der Rand des Trichters ist dann häufig nicht glatt, sondern gelappt und selbst krausenartig gefaltet (Fig. 13, Taf. XXI). Bezüglich der Form der Krause resp. der Zahl der Lappen finden sich nicht unerhebliche individuelle Unterschiede. Das Mittel stück ist das weitaus umfangreichste und kann geradezu als Enddarm im engeren Sinne bezeichnet werden. Selten ist es an allen Stellen vollkommen gleich weit, zumeist verjüngt es sich ein wenig nach dem analen Ende zu. Es können aber in ihm auch blasenförmige Erweiterungen und blindsackförmige Ausstülpungen auftreten, die in Bezug auf ihre Zahl, Grösse und Stellung recht bedeutende Mannigfaltigkeiten aufweisen. Bei Cideolus Murrayi liegt ziemlich am Anfang des aufsteigenden Astes eine recht ansehnliche blindsack- förmige Ausstülpung, deren Bedeutung ganz unbekannt ist (Fig. 19, Taf. XXI). Herd man glaubt an die Möglichkeit, dass es sich hierbei nur um eine individuelle Abnormität handeln möchte, doch ist dem gegen- über zu bedenken, dass ähnliche Bildungen auch bei anderen Formen vorkommen. So findet sich z. B. in Herdman's (1886) Zeichnung des Darms der Goodsiria jjlacenta an einer ähnlichen Stelle ein ähnliches Coecum. Im Text ist allerdings davon nichts erwähnt, aber die Abbildung *) Es ist oben (p. 446) bereits darauf hingewiesen worden, dass von manchen Autoren (Maurice) der ganze Enddarm als Kectum bezeichnet wird. Bronn, Klassen des Thier - Eeichs. HI. Spplt. 30 23^^^ ^ßß Ascidion. ist «l«)cli so klar, dass das bctroirondo Organ Ivaum auf dio besonders (»rwälmte blascnlnnnigc^ Erwfütening des Canals der darmumspinnenden Drüse 1h'7.oo(«u ^Verden kaiui. Zu enormem Umfang schwillt bei Ascidia nnmlicuhiia Heller ein IJlindsack des Enddarmes an; er liegt da, wo die Intcslinalschleife nach vorn umbieg-t und zum Kectum wird (siehe Fig. 7, Taf. XXI). Doch ist /.u l»(>merken, dass diese liildung nur Sluiter (1898) erwähnt, während sie Hell er (1878) nicht gekannt zu haben scheint. Verscliii'-loichiiKissiu- iini^oordiiot {Lcptodinnm stmdum Gottschaldt), oder sie sind mir so weiÜL;- zalilrcich (Ikferotrcma), dass nur eine sehr unvollkommene oder einl'aclio Kosette gebildet erscheint. Zuweilen, besonders wenn der Anus schlitzförmig ist, ist sein Rand lippenförmig gestaltet {Stomatropa villusa); manchmal kommt aber dann nur auf einer Seite ein lippenartig vorspringender Wulst zur Entwickelung, während die andere glatt ab- geschnitten endigt {Molijula siphonalis). Bei Ctenkdla riujosa wird die Lippe von einem länglichrunden, zungenförmigen Fortsatz vertreten. Bei anderen Arten trägt der Anusrand statt der breiten Lappen schlankere Eranzen {Volycarpa pcdata), oder er erscheint gezähnt {Stijela rustica mit 10 Analzähnen). Complicirter gestaltet er sich, wenn gleichzeitig Zähne und Lappen auftreten; so finden sich z.B. am Rande des schlitzförmigen Anus bei Cyntliia ardi'ca aussen zwei grosse lappige Ausbuchtungen, innen 12 — 15 stumpfe Zähnchen (Hartmeyer). Der histologische Bau der Enddarmwandung ist sehr einfach. An allen Stellen findet sich ein durchaus einschichtiges Flimmerepithel. In der dem Mitteldarm benachbarten Region ist die Wand gewöhnlich dicker, und die Zellen sind hohe Cylinderzellen; gegen den Anus zu nimmt die Wanddicke allmählich ab, die Zellen werden cubisch oder bleiben cylindrisch, sind dann aber bedeutend kleiner als im Anfangstheil. Im Umkreise des Anus ändert sich, wie oben bereits für Fragaroides er- wähnt worden ist, manchmal plötzlich der histologische Charakter der Wand, indem hier die Flimmern fehlen, die Zellen überdies etwas niedriger werden können. Es ist vielleicht dieses Verhalten darauf zurück- zufüin'on, dass bei manchen Arten dem entodermalen Enddarm ^ne kurze Ausstülpung des ektodermalen Cloakenepithels entgegenwächst, um den ganzen inneren Anusrand auszukleiden. Doch könnte ein solcher Vor- gang nicht allgemein bei allen Ascidien auftreten, da mehrfach die ento- dermale Natur des gesammten Darmtractus bis zum Anusrand nachgewiesen worden ist. Ein ganz eigenartiges histologisches Verhalten findet sich nach den Beobachtungen von Pizon (1898) bei Stomatropa villosa. Aeusserlich erscheint das ganze Intestinum vollständig glatt, im Inneren aber soll die Intestinalwand in zahlreiche fahlgelb gefärbte Drüsenfalten vorspringen, die in der Längsrichtung verlaufen und an die Längsfalten des Magens erinnern; nur im Rectum fehlen diese Drüsen vollständig. Die physio- logische Bedeutung dieser drüsigen Differenziruugen im Intestinum ist unbekannt. 5. Die Leber. Die ersten Stadien zur Difterenzirung einer besonderen Leberdrüse haben wir bereits oben (p. 458) bei der Besdireibung der Magenwand kennen gelernt. Es handelte sich dort aber noch nicht um räumlich vom Magen scharf abgegrenzte, selbstständig hervortretende Organe. Während im einfachsten Fall der noch ganz einheitlich und gleichartig gestaltete Bau der Leber. 469 Magen in allen seinen Theilen die Functionen der Leber und des Magens gleichzeitig erfüllt, trat mit beginnender Faltung und Blindsackbildung eine Sonderung in der Art ein, dass die sich bildenden Ausstülpungen vornehmlich wie Leberdrüsen thätig waren. Zu einer höheren Vollkommen- heit gelangt die Bildung bei Cynthideen und Molguliden, und es entstehen hier bei zahlreichen Arten vom Magen und von den anderen Abschnitten des Darmes deutlich gesonderte selbstständige Drüsencomplexe. In beiden Familien tritt uns das Organ auf verschieden weit vor- geschrittenen Ausbilduugsstufen entgegen, und da es bei manchen Formen noch fehlt, ohne dass ein Grund zu einer etwaigen Rückbildung erkenn- bar wäre, erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass die Leber in beiden Familien unabhängig zu einem selbstständigen Organ sich entwickelt hätte. Das hier zu behandelnde Organ wurde schon zu Ende des 18. Jahr- hunderts von mehreren Forschern gesehen, aber in einer für den damaligen Stand der Wissenschaft befriedigenden Weise doch erst später von Sa- vigny für eine Anzahl Cynthien beschrieben und abgebildet. Seither ist die Leber der Cynthien und Molguliden zu wiederholten Malen untersucht worden, besonders von R. Hertwig, Lacaze-Duthiers, Delage und Pizon, aber nichtsdestoweniger sind noch immer die bis jetzt vorliegenden Angaben namentlich über den feineren Bau nicht ausreichend, um darnach eine befriedigende vergleichende Darstellung hier geben zu können. Im Besonderen lässt sich nicht entnehmen, ob durchgreifende Unterschiede im Bau der Leber bei Molguliden und Cynthien vorhanden sind, oder ob nach dem Princip der convergenten Züchtung in beiden Familien eine völlig übereinstimmende Endform erreicht wurde. a) Unter den drei grossen Gruppen der Cynthideen, die gewöhnlich die Systematiker unterscheiden, scheint nur den Styelinen ein beson- deres Leberorgan vollkommen zu fehlen*). Dagegen finden sich hier die oben (p. 456) beschriebenen tiefen Furchungen der Magenwand, die als der Beginn der Differenzirung einer Leber betrachtet und von manchen auch als Leberfalten bezeichnet werden. Im Oegeusatz und zwar, wie Lacaze-Duthiers und Delage betonen, im durchgreifenden Gegensatz dazu kommt bei den Cynthiinen stets eine am Magen äusserlich hervortretende Leber zur Entwicklung, während die Magenfalten ganz fehlen oder weniger vollkommen ausgebildet sind und bei der Ausdehnung des Magenlumens gänzlich schwinden können. Unter den Bolteniinen kann eine Leber vorkommen oder auch fehlen, und zwar verhalten sich selbst die verschiedenen Arten einer Gattung verschieden. Bei Culeolus Murrayi z. B. und C. recmnhens kommen besondere äussere Leberlappen vor, bei C. perlucidus fehlen sie. *) Bonnevie (1896) erwähnt allerdings, dass das Fehlen der Leber kein Merkmal selbst der Gattung Styela sei, denn bei der nordischen, aus grösserer Tiefe stammenden Styela uniplicata fände sich am Magen ein Leberanhang vor. Doch ergiebt die Be- trachtung der Abbildungen, dass die Verfasserin zweifellos das Pyloruscoecum für eine echte Leberdrüse gehalten hat. ro Ascidien. Aus (loiM Vciiiiilieii dvv Styelinen einerseits, der Cynthiiiien anderer- seits oruiel.t sich der Scliluss als naheliegend, dass die Leber aller Cviitiiidecn aus eigenartig umgewandelten Magenfaltcn hervorgegangen s,"m. In der That zeigt uns die vergleichend anatomische Betrachtung ii.idi /wischonstadicn. l?oi Ctdeolus remimhens beobachtet man drei lappen- Fig. 113. A f hh .."V Qucrscbüitto durch die Leber von CijntJna dura (?) Heller. A == Schnitt durch ein Stück des inneren Leberlappens. ^'^1^. B = die Kegion der Blindenden von drei Leber- scbläuchen stärker vergrössert. "Vi- ^= Stück aus derLebervvand stärker vergrössert. ^'^^i- a = äussere Wand des Peribranchialraums, Magen und Leber bedeckend; bb = Blut- bahnen; beh = Becherzellcn in der Leberwand; bg = Bindegewebszellen; bz = Blut- zellen; (Z = darmumspinnende Drüse; ep = Plattenepithel, Magen und Leber überziehend; g = Bindegewebsgallerte ; hz = Körnchcnzellen in der Loberwand; l = Leberschläuche; m = Magen; p = Poribranchialraum. oder tascheuförmige, mit weiter Oeffnung mit der Magenhöhle communi- cirende Ausstülpungen, die als umgebildete Magenfalten aufgefasst werden können. Sie tragen an ihren blinden Enden zahlreiche kleine, papillen- i'örmige Fortsätze und Erhebungen, ähnlich denen, die wir besonders bei manchen Synascidicn beobachteten und von ursprünglichen Längsfalten ableiteten (siehe oben p. 4G1). Auch bei Culcolus entwickeln sich diese kleinen Erhebungen an der Peripherie der Magenfalten im Zusammen- hang mit der bereits eingetretenen Umbildung der basalen Theile zu den Lebertaschen. Weiter vorgeschritten ist die Leberbildung bei Ouleolus Beschaffenheit der Cynthideen- Leber. 471 Murraiji. Die Zahl der unregelmässigen Lappen- und Taschenfortsätze ist beträchtlich grösser, und alle sind mit rundlichen Papillen besetzt. Die zahlreichen Leberläppchen stehen auch hier noch mit dem Magen in weiter Verbindung. Am vollkommensten entwickelt ist das Organ in den Gattungen CyntMa und Microcosmus ^ aber auch hier lassen sich noch verschiedene Ausbilduugsstufen erkennen. Häufig erinnern die einzelnen, die Leber zusammensetzenden Theile noch auffallend an die einfachen Darmlängsfaltungen, wie sie oben unter anderen auch für die Styelinen beschrieben worden sind, indem es noch nicht zur Ausbildung von echten Schläuchen kommt. Das ist z. B. bei Cyntlna dura (?) der Fall (Textfigur 113). Hier erheben sich zahlreiche sehr langgestreckte, aber ganz platt gedrückte Falten sehr hoch über die Magenoberfläche, in ähnlicher Weise, wie etwa die Tracheenlungen oder Fächertracheen der Spinnen den Stigmen aufsitzen. Nur spalten sich vielfach die freien Faltenenden der Länge nach, um 2 parallele Leber- tascheu zu bilden. Neben diesen langen, blattförmigen Lebertaschen können vereinzelte mehr oder minder schlauchähnliche Ausstülpungen auftreten. Andere Cynthien scheinen ausschliesslich typische Leberschläuche und nicht mehr blattähnliche Faltungen zu erzeugen. Bei CyntMa echinafa sind sehr zahlreiche Drüsen schlauche vor- handen, die gar nicht oder nm* sehr wenig verzweigt sind und alle ge- sondert in den Magen einmünden. Bei Microcosnuis (vulgaris?) sind immer eine Anzahl verzweigter Schläuche zu einer Gruppe vereinigt und münden durch einen gemeinsamen Ausführungsgang in den Magen (Hertwig), und ähnlich verhält es sich auch bei mehreren anderen Cynthien. Sind die Schläuche ansehnlich lang und die Ausführungsgänge verhältniss- mässig nur wenig zahlreich, so erscheint die Leber wie ein durchaus selbstständiges, dem Magen aufgelagei-tes Organ, das sich auf gTössereu Strecken leicht abpräpariren lässt. Zumeist liegen sämmtliche Leberschläuche dicht neben einander, so dass die ganze Leber einheitlich ungetheilt erscheint. Sie kann den Magen allseitig, öfters aber nur halbkreisförmig umgeben, oder sie ist ihm nur wie ein Streifen angelagert. In der Kegel ist sie vorn und hinten nicht gleich stark ausgebildet, zuweilen sitzt sie fast ausschliesslich am hinteren Magentheil. Häufig ist die Leber in zwei oder mehrere Lappen getheilt. Im einfachsten Fall ist die Theilung nur sehr unvollkommen, und die Abschnitte sind mit einander noch deutlich verbunden; so ist z. B. bei Cynthia arctica ein vorderer und hinterer Lappen der ansehnlichen Leber zu unterscheiden. Bei Microcosmus sjünosus sind die beiden Lappen bereits getrennt, liegen aber noch dicht neben einander; bei Cynthia mortis sind zwei vollständig getrennte, ziemlich weit von einander ent- fernte Leberstücke zu unterscheiden, von denen das kleinere vordere dicht beim Oesophagus liegi, das grössere hintere selbst wieder tief eingeschnitten und 4 — 5 fach gelappt erscheint. -.) Ascidicn. Die Grösse der Leber ist oft sehr bedeutoncl. Zumeist ist das ()r£?an, wo es überliaupt vorkommt, mit blossem Auge sofort zai sehen, (Icmi seine Dicke kann zuweilen den Durchmesser des Magens sogar üln'rtrciren. Sehr wechselnd ist die Länge. Oft beträgt sie, auch wenn das Organ eine sehr ansehnliche Dicke besitzt, nur einen kleinen Theil der Länge des Magens; zuw^eilen aber streckt sich die Leber schlauch- förmig sehr bedeutend in die Länge, bedeckt mehr als den dritten Theil des gesammten Darmcanals und wird 8 mm {Forlesella tesselata), ja selbst ül)or 20 mm gross {Ci/ntläa süjülata). Im lobenden Thier erscheint die Cynthienleber gewöhnlich gelbroth oder rothbraun. Das Drüsensecret, das sich in den Magen ergiesst, hat bei Cyntliia und Blicrocosmus nach Hertwig zumeist eine orange Farbe. b) Bei der Beschreibung zahlreicher neuen Molguliden sind zwar von den betreffenden Autoren die Leberdrüsen am Magen weder erwähnt noch abgebildet worden, allein es lässt sich daraus doch nicht immer schliessen, dass diese Organe thatsächlich fehlen, wenngleich das auch manchmal der Fall sein mag. Im Uebrigen lehrt uns die vergleichend anatomische Betrachtung der Molguliden eine ähnliche Eeihe kennen, wie wh' sie oben bei den Cynthideen angetroffen haben. Zunächst finden sich umfangreichere sackartige Ausstülpungen der Magenwand, die durch weite 0 Öffnungen mit der Magenhöhle im Zusammenhang stehen und selbst wieder vielfach gefurcht und gefaltet sind; eigentliche Leberschläuche, acinöse oder tubulöse Drüsenausstülpungen fehlen also noch zunächst. Bei Pera crystallina treten 4 solcher Lappen auf, die nur sehr unvollständig vom Magen gesondert erscheinen. Ein ähnliches Stadium weist auch Paramolgida patagonica Michaelsen auf, bei der ebenfalls noch grosse unregclmässige, häufig mit einander verwachsene Leberanhänge vorhanden sind, die mit weiten Oeffnungen mit dem Magen in Verbindung stehen. Bei Faramolgula guttula sind die Leberausstülpungen schlauchförmig in die Länge gestreckte Gebilde geworden, während sie bei Gamasfer nur als kleinere Blindsäckchen in grosser Zahl allseitig am Magen entspringen, in einer ähnlichen Weise wie bei vielen Synascidien (siehe oben p. 461). Am vollkommensten erscheint das Organ besonders bei mehreren Molgula und Ctenicella, bei denen die zahlreichen dicken Leberäste sich vielfach verzAveigen {Molgula georgiana Michaelsen), so dass mächtige, dem Magen aufliegende Polster und Streifen entstehen, die eine Dicke von 2 mm {Stomatropa villosa) oder 3 mm {Ctenicella rugosa) en-eichen können. Zuweilen sind die Leberschläuche nicht an allen Stellen gleichartig beschaffen, sondern an dem einen Ort ziemlich kurz, gar nicht oder nur wenig verzweigt, an dem anderen reicher dichotomisch verästelt {Molgula pulchra, Ctenicella rugosa). Häufiger vielleicht als bei den Cynthideen scheint mir die Leber der Molguliden längsgostreckt zu sein, sei es, dass sie — wenigstens auf bestimmten Stellen — den Magen allseitig umgiebt, sei es, dass sie ihm nur einseitig aufliegt. Das hintere Ende kann dann beträchtlich dünner Histologischer Bau der Leber. 473 sein als das vordere, zuweilen sogar nur aus vereinzelten Drüsensclüäuclien bestehen, während vorn eine compacte Lebermasse, die nur die Kegion der Magenrinne freilässt, den Magen umgiebt {CteniceUa rugosa). Zu- weilen ist das Hinterende längsgespalten und läuft dann in zwei schmale Streifen aus {Stomatropa villosa). Gewöhnlich erstreckt sich die Leber über einen beträchtlichen Theil des Magens, zuweilen bedeckt sie ihn ganz. Da, wo ein besonderer Magenabschnitt äusserlich nicht hervortritt, muss man die Leber mit der gesammten Darmschleife vergleichen und findet zuweilen auch dann, dass sie verhältnissmässig recht umfangreich ausgebildet ist. Bei CteniceUa rugosa z. B. dehnt sie sich über Ve ^^^ ganzen Darmlänge aus und erreicht eine Länge von mehr als 6 cm. So wie bei den Cynthien zeigt auch bei den Molguliden die Leber im lebenden Thier zumeist eine schmutzigbraune oder rothbraune Färbung (Stomatropa), zuweilen {CteniceUa rugosa) ist sie olivengrün gezeichnet. c) Ueber den feineren histologischen Bau der Leberschläuche ist zu bemerken, dass überall ein einschichtiges Epithel die Wandungen bildet. Die umfangreicheren, als weite Ausstülpungen der Magenwand auftretenden Lebersäcke, die bei manchen Molguliden und Cynthideen sich finden, scheinen im Wesentlichen die gleiche Beschaffenheit wie der Magen selbst zu besitzen, wenigstens habe ich bei den Autoren keine Bemerkungen angetroffen, aus denen auf eine besondere histologische Structur zu schliessen wäre. Nur scheinen, wenigstens bei gewissen Formen, die drüsigen Elemente in der Leber etwas zahlreicher zu sein. Die Drüsenzellen sind bei Cynthien mit gelben oder gelbbraunen, stark glänzenden Secretkörnchen, die zuweilen den Zellkern fast ganz verdecken können, erfüllt. Neben diesen Leberzellen finden sich nach N. Wagner (1885) bei Cyntliia echinata sehr eigenthümliche Amylum- zellen; sie fehlen auch nicht in der Magenwand selbst und wurden daher schon oben (p. 456) kurz erwähnt. Sie liegen mehr oder minder zahl- reich zwischen den eigentlichen Leberzellen eingebettet, sind fast vier- mal so gross als diese und fallen gegenüber den gelbbraunen Elementen durch ihr helles farbloses Aussehen auf. Li jeder Zelle liegt ein grosses Stärkekorn, das eine ziemlich regelmässige linsenartige Form besitzt und deutlich concentrische Schichtung zeigt. Gelegentlich trifft man auch „kleinere Stärkekörnchen von unregelmässiger Form, stark aus- gezogen oder stöckchenförmig". Nach Jodbehandlung erfolgt die charakte- ristische Blaufärbung. „Bei einigen Exemplaren von Cyntliia echinata kommen solche Kerne im Magen in grosser Anzahl vor, und ich hielt sie anfangs für die von der Ascidie verschlungenen Nahrungsstoffe. In der That fand ich manchmal im Magen Stückchen von Cellulose. Später aber, bei näherer Untersuchung der Gewebe der Magenwandungen über- zeugte ich mich, dass diese vermeintlichen Nahrungstheilchen oder Kerne von Stärkemehl sich in den Magenwandungen entwickeln." I 7 I Ascidion. D i i< ]• li V s i () 1 0 gi s c h e B 0 d e utu ng- clor Lober kann als hinroicliend crlorsclit nicht bozoichnot worden. Das hat nur zum Theil in der Schwierigkeit der Untersuchung seinen Grund, zum guten Theil liegt es daran, (his.s di(^ Thierphysiologcn, die sich mit dieser Frage beschäftigt liaben (Kruken borg), sehr ungeeignete Arten zu ihren Versuchen auswählten. Statt mit den grossen, ziemlich gut abgegrenzten Leber- orgaiuMi der Cynthien und Molgulen zu experimentiren, wurden vorwiegend Ascidia mcntula, PJiallusia manimillata und Ciona intestinalis verwendet, bei denen reines Lebersocret oder reine Lebermasse überhaupt nicht zu o-ewinnen sind. Die Angaben beziehen sich daher wohl nur auf die im Magen beziehungsweise im Litestinum vorkommende Substanz. Diese schmeckt fade, nicht bitter. Der Nachweis, dass in ihr Cholate vor- kommen, konnte nicht erbracht werden, und wenn es unter gewissen Bedingungen schien, dass Gallensäuren vorhanden seien, so wurden Fette oder eiweissartige Materien für Cholate gehalten. Der Auszug der Darm- drüsen von Ascidia mcntula ist tief orangefarben und nimmt durch Salpeter- säure zuerst eine grünlichgelbe Färbung an, darauf wird er dunkelroth und zuletzt bräunlich (Krukenberg). 6. Die darmumspinnende Drüse. Die darmumspinnende Drüse wurde schon zu Ende des 18. Jahr- hunderts von 0. F. Müller gesehen und in der Zoologia Danica ab- gebildet (vgl. oben p. 29); als ein bei den Ascidien allgemein vorkom- mendes Organ wurde sie aber nicht erkannt, und ebensowenig findet sich eine Bemerkung über ihren Bau und ihre physiologische Bedeutung. Auch Savigny kannte noch nicht die allgemeine Verbreitung dieses Organs, obwohl er es für Biasona ziemlich genau abbildete und als eine Drüse mit unbekannter Function (glandes diverses) deutete. Später hat besonders Milue-Edwards die darmumspinnende Drüse bei den zu- sammengesetzten Ascidien eingehend untersucht und „mit einiger Wahr- scheinlichkeit" als Leber, als „un organe hepatique" in Anspruch genommen. Seither hat sich eine grosse Zahl Forscher mit diesem Organ beschäftigt, und es war besonders eine von Chandelon (1875) auf Veranlassung Van Beneden 's unternommene Untersuchung, die jenem Organ das allgemeine zoologische Interesse zuwandte. Wenngleich der histologische Bau der Drüse jetzt genügend ein- gehend bekannt ist, fehlt bisher noch immer eine Untersuchung, die in einer überzeugenden und einwandsfreien Weise die physiologische Bedeu- tung des Organs klarlegt. Bei dieser Unsicherheit über die Function wird man alle die Namen, die eine ganz bestimmte Vorstellung von den Leistungen des botrolTenden Organs geben und geben sollen, vermeiden müssen. Es sind daher die mehrfach angewendeten Bezeichnungen „Leber- oder Nierendrüse" durchaus zu verwerfen, zumal durch sie leicht Verwechselungen mit der wahren Leber oder Niere entstehen können Entwickeluiij^ und Bau der darmum spinnenden Drüse. 475 und iii der That auch begangen worden sind. Ebenso sind Herd man 's Benennung als ,,liepatic gland on the intestine" und Della Valle's als Hepatopancreasdrüse unzutrefiend. Giard nennt das in Kede stehende Gebilde „organe ou appareil refringent", andere haben es auch als „organe hyalin" bezeichnet; Lacaze-Duthiers hat den Namen ,,glande pylorique" eingeführt, Maurice und andere wenden „glande intestinale" an. Ich habe, um gleichzeitig das anatomische Verhalten des Organs zum Darmtractus zu kennzeichnen und doch die Art der Function ganz unerörtert zu lassen, die Bezeich- nung „darm umspinnende Drüse" vorgeschlagen, die ich auch jetzt noch für durchaus passend und zweckmässig gewählt erachte. Eiitwickeliiiig-. Entwickelungsgeschichtlich entsteht die Drüse aus einer frühzeitig im Embryo auftretenden Ausstülpung des Darmrohrs, an der Stelle, an welcher der Magen in den Mitteldarm beziehungsweise in das Intestinum übergeht. Diese Ausstülpung wächst zu einer Röhre aus und bildet sich unter reichen dichotomischen Verästelungen der Blind- enden zu der das Intestinum umgebenden Drüse aus. Die Stelle, an der die Ausstülpung erfolgte, persistirt als die Einmündungssteile des Drüsencanals in den Darm. Der Ausführungscanal der Drüse stellt also den ältesten und ursprünglichsten Theil des Organs dar, aus dem die einzelnen Drüseuschläuche und Acini nachträglich erst gewissermassen hervorknospten. Da die Drüsenausstülpung zumeist sehr früh entsteht, bevor Magen und Mitteldarm vollständig von einander abgegrenzt sind und ihre endgültige Gestalt erlangt haben, kommt es vor, dass die Ein- mündungssteile entweder mehr nach dem Magen zu oder mehr nach hinten in den Bereich des Mitteldarmes verschoben erscheint, und es treten in dieser Beziehung Unterschiede nicht nur bei den verschiedenen Arten und Gattungen, sondern auch bei den Individuen derselben Art hervor {Peroplwra Listen). Bau. Bei der Darstellung des Baues der darmumspinnenden Drüse sind drei Theile des Organs auseinander zu halten: der ausführende Canal, die verzweigten Nebencanälchen nnd die blinden Endkolben. a. Der ausführende Canal öffnet sich stets nur durch einen einzigen kleinen Perus in den Darmcanal, wie sich das aus der eben gegebenen Darstellung der Entwickelung der Drüse ergiebt. Wo am Magen ein Pyloruscoecum auftritt, mündet der Canal in dieses, seitlich oder an der Basis, wohl nur sehr selten in das äusserste Blindende. Nur bei Goodsiria placenta treten in das blasenförmige, gestielte Magencoecum zwei getrennt verlaufende Sammelcanäle der darmumspinnenden Drüse ein (Herdman). Wenn sich das Canalende schräg in die Pyloruswand ein- senkt, ist es oft selbst an Schnittserien nicht ganz leicht, die Oeffnung nachzuweisen und den Zusammenhang der Drüse mit dem Darm zu er- kennen. Daraus erklären sich manche irrthümliche Deutungen, die die darmumspinnende Drüse von älteren Autoren erfahren hat, und namentlich die Versuche, die Drüsenschläuche als Theile des Gefässsystemes auf- ITC. Ascidien. ziifass.'n. Hcsondoro Sclnviorigkcitcn machte es, bei der Gattung Cijnthia iuni l'orus auf/iiliiulen; erst ^Lacaze-Duthiers und Belage (1889, is:)2) wi(>son ihn nacli. Bei Cijnthia morus ist die Oeffnung nur winzig klein, kaum 0,0035 mm gross, und überdies liegt sie soweit hinten in dt«'r Darnischleife, dass man sie an dieser Stelle kaum vermuthen möchte (Toxtfigur lUB). Der Canal hat bei den Ascidien, die eine weit offene Darmschleife besitzen, zumeist eine beträchtliche Länge, denn er durchsetzt quer den Zwischein-aum , um in verschiedener Höhe an das Intestinum heranzu- treten (s. rig. 20, Taf. XXI). Bei den meisten zusammengesetzten Fig. 114. dd' »17« Schcmatischc Darstellung der Darnischleife, im Besonderen des Verlaufs der darmura- spinnenden Drüse von drei Cynthideen. (Nach Lacaze-Duthiers und Delage.) A von Polycarpa varians. B von Cynthia morus. C von Styelopsis grossularia. a = Anus; de = Canal der darmumspinnenden Drüse; dd = darmumspinnende Drüse; i = Intestinum; l u. ?, = die beiden Lebertheile bei Cynthia; m = Magen; mr = Magen- rinnc ; 0 = Oeffnung der darmumspinnenden Drüse in den Darm ; oe = Oesophagus ; fc = Pyloruscoecum. Ascidien kann man ihn leicht unter dem Mikroskop verfolgen, sobald man einmal ein Thier aus dem Stock herauspräparirt und auf den Object- träger gebracht hat. Bei den grossen Monascidien ist der Canal oft von Blutbahuen begleitet und von Bindegewebe umhüllt, so dass eine ziemlich breite Brücke zwischen den Darmschenkeln gebildet wird, die Lacaze- Duthiers und Delage „bride pj^lorique" genannt haben (s. Text- figur 114 A und C). Im Innern dieses Bandes verläuft nicht immer nur ein einfacher Ausführungsgang, sondern häufig beginnt die Gabelung des Canals schon in mehr oder minder weiter Entfernung vom Intestinum, so dass auf bestimmten Strecken zwei, drei, vier und noch mehr dicht neben einander laufende Canäle angetroffen werden und nur in der Nähe , dos Magens eine Sammelröhre sich findet. Auch da, wo keine besondere Bindegewebshülle um den Canal vorkommt, kann dessen Gabelung ein beträchtliches Stück vor dem Intestinum eintreten. Weichen die Gabeläste 0 Haupt- und Nebencanäle der Drüse. 477 auseinander, so lässt sich das leicht feststellen (s. Fig. 13, Taf. XXI). Bei Circinalium concrescens z. B. vereinigen sich die 3—4 zu der darm- umspinneuden Drüse am Intestinum führenden Canäle erst ganz kurz vor dem Magen zu einem kleinen gemeinsamen Ausführungsgang, und bei Goodsiria placcnta sollen, wie oben schon bemerkt wurde, sogar zwei Canäle getrennt in das Magencoecum eintreten. Manchmal erfolgt aber die Spaltung des Canals so, dass beide Zweigröhren dicht nebeneinander liegen bleiben, und man ist dann überrascht, wenn man erst auf den Querschnitten die Theilung des Ausführungscanais bemerkt (z. B. zu- weilen bei Botryllus). üebrigens kommen nicht unerhebliche individuelle Verschieden- heiten im Verlauf und in der Art der Gabelung des ausführenden Canals vor. Bei Perophora Listeri z. B. erfolgt sehr häufig die erste Abspaltung eines Nebenastes nicht bereits in der Mitte zwischen den beiden Schleifenästen des Darmes, wie es die zuletzt erwähnte Abbildung zeigt, sondern der Canal verläuft direct bis zum Intestinum, um sich erst dort gleich in mehrere Zweige aufzulösen. Bei der Gattung Cynthia ist der ausführende Canal äusserst kurz, und er durchsetzt auch nicht, im Gegensatz zu dem oben beschriebenen Typus, die Darmschlinge, um an das Intestinum des aufsteigenden Astes heranzutreten, sondern unmittelbar an der Oeffnungsstelle in den Pylorus beginnt die dendritische Verästelung (Textfigur 114 B). Man kann hier also überhaupt kaum noch von einem besonderen Ausführungscanal sprechen. Der histologische Bau des Canals ist sehr einfach. Die Wand besteht aus einem durchaus einschichtigen, annähernd cubischen oder stärker abgeflachten Epithel (Fig. 12, Taf. XXI). Nur unmittelbar an der Mündungsstelle in den Magen finden sich höhere prismatische Zellen häufiger vor ; an den entfernteren Stellen des Canals sind sie seltener an- zutreöen. In mehreren Fällen {Perojjhora , Styelopsis) ist im lebenden Thier und auch auf den Querschnitten eine Flimmerauskleidung des Canallumens erkannt worden. Das Lumen ist annähernd so Aveit wie die Wand dick. Stellenweise, namentlich nahe der Mündung, kann es sich zwar etwas stärker erweitern, andererseits aber ist auch zuweilen der Lumendurchmesser geringer als die Wanddicke, so dass selbst der Aus- führungscanal wie ein feines Capillarrohr erscheint. b. Die verzweigten Nebencanälchen, die direct oder indirect vom ausführenden Sammelgang ausgehen und immer wieder sich ver- ästeln können, umwachsen vornehmlich das Intestinum. Zuweilen, be- sonders bei den kleinen Synascidien, sind verhältnissmässig nur wenig- zahlreiche Aeste vorhanden (Fig. 13 u. 20, Taf. XXI), die nur über einen kleinen Theil des Darmrohres sich ausbreiten, und gewöhnlich entspringt dann der die Darmschleife quer durchsetzende Ausführungscanal ungefähr in der Mitte des von der Drüse umsponnenen Feldes. Das letztere tritt sehr häufig auch bei den Monaseidien und den grösseren stockbildenden Formen ein, wenn eine sehr reiche Verzweigung der Canäle erfolgt und 47S Ascidien. rill hoträolitlidun- Thoil dos Intestinums umwachsen ist. Fig. 114 A zcift (>iii solclies Vcrlialton bei Folycarpa varians. Von der Stelle, an wolchor der ausführende Canal an das Intestinum herantritt, gehen die Nehonästo unter reichen Verzweigungen allseitig nach vorn und hinten aus, mit ilirtMi äussersten Enden auf der einen Seite his zum Magen, auf der anderen l»is in die Nähe des Anus sich vorschiebend. Doch findet sich manclimal auch ein anderer Verlauf der verzweigten Nebencanäle. Zuweilen wachsen nämlich, wenn auch nicht ausnahmslos alle, so doch weitaus die Mehrzahl der Nebencanäle nur gegen das anale Ende hin, um nur den hinteren Abschnitt des Intestinums zu umspinnen, während der vordere fast gänzlich frei bleibt (Textfigur 114 C), und der Endcanal entspringt dann natürlich niclit in der Mitte, sondern am HinteiTande des Drüsencanalfeldes. Selten breiten sich die reichen Verzweigungen so weit nach vorn aus, dass sie den ganzen Magen, die Leberlappen und sogar die hintere Oosophagealregion überziehen; nur die beiden äussersten Enden des Darmtractus lassen sie dann frei {Cpnfhia, Textfigur 114 J3). In Bezug auf die Art und Weise der Verästelung lassen sich zwei Typen \uiterscheiden, die allerdings durch Zwischenformen miteinander verbunden sind. Im einfachsten Fall erfolgt immer nur eine dichotomische Gabelung der Canäle. Häufig entspringen auch drei Stämmchen an einer Stelle, oder es können selbst 4 aus dem gewöhnlich etwas erweiterten Ende des Ausführungscanais hervortreten (z. B. Perophora nach Chan- delon), aber die einzelnen Zweige verbinden sich nicht wieder durch anastomosireude Querstämmchen miteinander, und so stellt die Drüse mit ihren Verzweigungen ein weit ausgebreitetes dendritisches Busch- werk dar. In anderen Fällen, und zwar gewöhnlich da, wo eine sehr reiche Verzweigung vorkommt, finden sich zwischen den einzelnen dichotomischen Aestchen mein* oder minder zahlreiche secundäre Verbindungsgänge ent- wickelt, und damit geht die dendritische Drüsenform in eine netz- förmige über, Avie sie besonders bei Salpen zur Entwickelung gelangt, aber auch bei Cynthideen, Clavclina und anderen nicht ganz fehlt. Je nach der grösseren oder geringeren Anzahl der anastomosirenden Gefässe nähert sich die Drüsenform mehr dem einen oder dem anderen Typus. So wie der ausführende Canal sind auch die verzweioten Neben- canälchen von einem durchaus einschichtigen Wandepithel gebildet, das gegenüber dem ersteren aiur selten {Stydopsis grossularia) durchgreifende bemerkenswerthe Unterschiede aufweist und ebenfalls stets bewimpert zu sein scheint. Nicht immer sind die Canälchen an allen Stellen von capillarer Feinheit, sondern in unregelmässiger Vertheilung, hier und dort, aber besonders, wie es scheint, an den Gabelungsstellen, treten sack- artige Erweiterungen auf. c. Die terminalen Blinden den der darmumspinnenden Drüse müssten, wenn die Deutung des Gebildes als excretorisches Organ zu- treffend ist, aller Wahrscheinlichkeit nach die wichtigsten Theile der Terminalanipullen der clarmiiraspinnenden Drüse. 479 Drüse darstellen. Die Terminaltheile sind fast immer ausgeprägt ampullen- förmig, stellen also typische Acini dar; doch kommen auch solche Endigungen vor, bei denen man kaum noch von einer ampullenförmigen Erweiterung reden kann, vielmehr gleichen sie ganz tubulösen Drüsen- schläuchen. Die Stellung der Ampullen gegenüber dem Epithel des Darm- canals ist eine verschiedene. Entweder liegen sie flach der Darmwand auf, oder sie stehen senkrecht zu ihr. Dieses letztere Verhalten hielt Roule (1885) als charakteristisch für die Gattung Polycarpa^ doch findet es sich auch bei anderen Styelinen, und bei Cyniliki kommt mehrfach eine Zwischenstellung vor (L acaze-Duthiers und Delage). Im Allgemeinen sind die Ampullenenden der Drüse bei einer Species ziemlich gleich gross, wenn auch immerhin gewisse individuelle Grössen- schwankungen vorkommen. So sind sie z. B. bei Sfydopsis grossularia beträclitlich grösser als bei Polycarpa varians; bei Cynthia morus sind sie 40 — 60 /n lang, 15 — 25 ft breit, während die sich ansetzenden Canälchen höchstens nur 12 /i im Durchmesser betragen (Lacaze und Delag,e). Der histologische Bau der Endkolben ist nicht überall der gleiche, obwohl stets an allen Stellen ein einschichtiges Epithel vorhanden ist. An der Aussenseite haben die Zellen hier, wie übrigens auch im ganzen Canalsystem, eine gewöhnlich ziemlich dicke Basalmembran (membrane anhyste der französischen Autoren) ausgeschieden. Die Zellen der Ampullenwand sind in der Regel beträchtlich flacher als in den Canäl- chen; zuweilen ist ein typisches Plattenepithel vorhanden, das an den Stellen, an denen die Zellkerne liegen, buckeiförmig gegen das Lumen zu vorspringt. Flimmern scheinen die flachen Z eilen nicht zu tragen, mit Sicherheit sind sie wenigstens nicht erkannt worden. Dagegen finden sich stärkere Wimpern an den Eingangsstellen zu den Ampullen, wo ein cubisches oder selbst cylindrisches Epithel zumeist ziemlich unvermittelt in die flachen Zellen übergeht. Auffallend ist es, dass zuweilen in der- selben Drüse neben diesen Ampullen noch andere vorkommen, deren Wand aus genau dem gleichen Elimmerepithel gebildet wird, das in den Canälen sich findet (z. B. PeropJiora). Ob diese letzteren Acini in der That weiterhin noch die Gestalt der ersteren annehmen, wie Chandelon meint, ist mir sehr zweifelhaft, da sie die gleiche Grösse besitzen, ja zuweilen sogar noch grösser sein können als die flachwandigen. *) Da, wo die Endigung der Canälchen tubulös ist, scheint eine be- sondere terminale histologische Differenzirung nicht zu erfolgen. Das Lumen der Ampullen glaubte Kupffer von Zellen erfüllt zu sehen, die weiterhin zu Blutzellen würden und in die eigentlichen Blut- bahnen überträten. Auch Giard erwähnt, dass nicht nur in den End- *) Herr Isert, der im Eostocker Zoologischen Institut mit der Untersuchung der Darmdrüsen der Ascidien beschäftigt ist, hat bei Cynthien nicht nur in den Ampullen, sondern auch weit verbreitet in den verzweigten Nebencanälchen Drüsenzellen beobachtet, die ein körniges Secret absondern. 4.S() Aficidion. säckchon soiidt'ni uuch in don Canälen eine gekörnte fettige Masse vor- handtMi sei, während andere Autoren nur eine homogene helle Flüssigkeit antraten. In dieser kann man aber allerdings häufig kleine Granulationen beobachten, die von denKörnclienzellen der Canalwaiidungen ausgeschieden worden sind. Chandelon sali in einigen, freilich nicht in allen Ampullen bei Fcrophom grössere sphärische oder etwas unregelmässige, stark licht- brechende Einschlüsse, die in der Flüssigkeit durch die Wimpern der Wandzellen in Bewegung gesetzt wurden. Mit den von Giard beob- achteten Einschlüssen scheinen diese Körperchen nichts gemeinsam zu haben, denn Chandelon betont ausdrücklich, dass jener Forscher offen- bar abnormale, in Auflösung begTiffene Endkolben untersucht hätte. Function. Die physiologische Bedeutung des Organs als eine Drüse lässt sich aus dem anatomischen und histologischen Verhalten mit Sicherheit entnehmen, ebenso, dass es sich um eine Drüse handeln muss, deren Secret bei der Verdauung eine bestimmte Leistung auszuführen hat, doch war bis jetzt die Art der Function mit Sicherheit nicht zu erkennen. Schon aus den Eingangs dieses Abschnittes mitgetheilten älteren Bezeichnungen, die für die darmumspinnende Drüse in Gebrauch waren, ergab sich die sehr verschiedene Beurtheilung, die die physiologische Bedeutung dieses Organs gefunden hatte. Eine der anerkanntesten Deu- tungen bezeichnete die darmumspinnende Drüse als Leber. Sie geht im Wesentlichen auf Milne Edwards zurück, der zuerst bei Botrylliden diese Auffassung vertrat, denn er beschrieb das Organ als „une masse glandulaire, qui parait etre un organe hepatique". Auch Hancock (1868), der zuerst für Monascidien {Styela tuberosa) eine zutreffende Beschreibung der Drüse gab, schloss sich dieser Ansicht an. Als sehr wichtige Gründe dagegen hat man schon längst angeführt, dass in der darmumspinnenden Drüse stets nur glasartig durchsichtige und niemals pigmentirte Zellen sich finden, wie sie sonst in den Leberorganen vorzukommen pflegen, dass das gesammte Canalsystem und oft auch die ganzen Ampullen bewimpert sind, und dass endlich bei den meisten Ascidien am Magen bereits ein anderes, mehr oder minder hoch differenzirtes Organ vorkommt, das unzweifelhaft eine Leber ist. Die Deutung der darmumspinnenden Drüse als eine Niere wird gewöhnlich K r o h n zugeschrieben (L a c az e-D u thi e r s und D el a ge 1892). Mit Unrecht, denn Krohn (1852) hielt in der Entwickelung der PAa??Msia mammillata die wahren Nierenbläschen und unsere Drüse wohl ausein- ander, indem er diese letztere vom Darm aus entstehen sah; über ihre Function aber konnte er keine bestimmten Angaben machen. Koule (1885) scheint allerdings bei Styelinen {Polycarpa varians) die Blind- enden der darmumspinnenden Drüse, deren verbindende Canäle und Aus- führungsgang in den Pylorus er übersah, für Niereubläschen gehalten zu haben, und ebenso leugnete er (1884) ganz ungerechtfertigter Weise bei den Ascidien {Ciona intestinalis) das Vorkommen jenes Drüsenorgans, indem er die Verzweigungen theils als Hodencanälchen, theils als Blut- Physiologische Bedeutung der darmumspinnenden Drüse. 481 bahnen deutete. Ohne jeden Vorbehalt betrachtet Lahille die darm- nmspinnende Drüse als eine Niere. Die Mündung der Drüse in den Darracanal und die Entstehung vom Entoderm aus erscheinen der Auf- fassung, dass die darmumspinneude Drüse ein Excretionsorgan sei, zwar sehr wenig günstig; aber am nächsten läge dann noch, wie schon mehrfach betont worden ist, der Vergleich mit den Malpighi'schen Schläuchen der Insecten, bei denen wenigstens die Lagebeziehungen gewisse Aehnlich- keiten aufweisen. So wie gegen die Deutung des Organs als Leber, erhebt sich auch gegen die als Niere das schwerwiegende Bedenken, dass bei den Ascidien weit verbreitet an anderer Stelle ein Organ vorkommt, das sicher wie eine Niere functionirt, aber freilich einen ganz anderen Bau zeigt als die darmumspinnende Drüse. Die Entwickelung zweier verschieden organisirten Gebilde zur Ausübung ein und derselben Leistung in einem Thierkörper hat von vornherein wenig Wahrscheinliclikeit für sich. Auf Grund falscher Vorstellungen von dem Bau der darmumspin- nenden Drüse haben sich früher natürlicher Weise auch irrthümliche An- sichten über die physiologische Bedeutung bilden müssen. So erkannte C. Vogt (1854) bei den Salpen, bei denen die Drüse in ganz ähnlicher Weise entwickelt ist wie bei den Ascidien. in den verzweigten Aesten überhaupt nicht die Lumina, sondern er fasst die Canäle als solide Stränge auf, die er dem Muskelsystem zurechnet. Huxley (1851), der die Drüse zuerst bei Salpen und Pyrosomen untersucht und als ,, tubulär System" bezeichnet hatte, glaubte, dass ihre Canäle mit den Blutgefässen im Zusammenhang ständen und nach Art der Lymphgefässe dazu dienten, Nährstoffe aus dem Darm ins Blut überzuführen. Er nennt die Drüse daher auch „a sort of rudimentary lacteal System". Kupffer (1872) glaubte sich bei Ciona canina durch Injectionen vom Herzen aus davon überzeugt zu haben, dass das Blutgefässsystem und die Canäle der darm- umspinnenden Drüse miteinander zusammenhängen. Er hält die letztere daher nur für einen besonders entwickelten Theil des Circulationsapparates, dem wohl neben der Kesorption des Chymus noch andere Fuctionen zu- kommen. Namentlich sei es wahrscheinlich, dass in der Drüse die Bildungsstätte für die der Form und Grösse nach ziemlich wechselnden geformten Elemente des Blutes liege. Er glaubte daher auch, die blinden Anhänge mit Zellen ganz oder theilweise erfüllt gesehen zu haben. Auch K. Hertwig (1872) rechnet die Drüse dem Blutgefässsystem zu und betrachtet sie als eine Art Lymphgefässsystem, das be- sonders dicht um den Oesophagus und Magen entwickelt sei, aber keine Einmündung in den Darm besitze. Dass er den Ausführungsgang in den Pylorus übersehen konnte, liegt daran, dass er seine Untersuchungen an einer Cyntlüa anstellte, bei der der Nachweis des Porus, wie oben (p. 476) hervorgehoben wurde, besondere Schwierigkeiten darbietet. Daraus, dass Hertwig den Zusammenhang zwischen Darm und Drüse nicht auf- fand, erklärt es sich auch, dass er diese nicht vom Entodermcanal aus Bionn, Klassen des Thier-Reichs. lU. Spplt. 31 482 Ascidien. sich Itildcii lässt, sonderii annimuit, dass sie durch Einstülpung des rüribranciiiale]>ithels sich entwickele. Endlich muss ich noch der Auffassung Giard's gedenken, der, wie oImmi bereits bemerkt wurde, das Organ bei zusammengesetzten Ascidien richtig beschrieben und als appareil refringent bezeichnet hatte. Wenn er zwar auch erklärt, dass es augenblicklich noch nicht an der Zeit sei, über die Function des Organs eine bestimmte Ansicht zu äussern, so thut er es doch und versucht sogar eine morphologische Deutung, indem er die darmumspinnende Drüse der Ascidien mit dem Magenblindsack resp. dem Krystallstiel der Lamellibranchiaten homologisirt. Mit Recht haben Lacaze-Duthiers und De'lage diese Ansicht scharf zurück- gewiesen. Insoweit der histologische Bau und die Lagebezielmngen der darm- umspinnenden Drüse auf deren Function zu schliessen gestatten, wird man sich der Auffassung Chandelon's und der früheren Autoren an- schliessen müssen und das Organ als eine von der Leber verschiedene Darmdrüse zu betrachten haben, vielleicht als eine Art Pancreasdrüse, wie denn auch Griffiths den Tunicaten ein Pancreas zuschreibt. Ob, wie Lacaze-Duthiers und Delage meinen, die Drüse ausser der Secretion eines Verdauungssaftes auch Merenfunctionen ausübt, ist vor- läutio- mindestens noch sehr zweifelhaft. 'o 7. Einige physiologische Bemerkungen über die Verdauung bei den Ascidien, Ueber die Functionsweise des Ascidiendarmes und über die Art der Verdauung bei den Tunicaten hat zuerst Krukenberg eingehendere Untersuchungen angestellt. Allerdings haben diese zu einem befriedigen- den Ergebniss nicht geführt, und namentlich über die Bedeutung der einzelnen Theile des Darmtractus wissen wir, was sich bereits aus den in den einzelnen Abschnitten dieses Kapitels mitgetheilten Thatsachen ergeben hat, bisher nur sehr wenig Zuverlässiges. Auffallend erscheinen die negativen Befunde bei Äscidia mentula und Microcosmus vulgaris, denn es gelang Krukenberg (1878) nicht, hier durch Extraction mit Glycerin, Wasser, Säuren (0,2 Proc. Salzsäure, 2 Proc. Essigsäure) und Alkalien (2 Proc. Soda) eine Uebereinstimmung irgend eines Theiles des Darmcanals mit den enzymbildenden Lebern der Evertebraten festzustellen. Es ent- standen bei den Versuchen mit einer grossen Anzahl von Därmen nur unwirksame Auszüge, und die Verdauung rohen Fibrins war nicht zu er- zielen. „Jedenfalls wird die Production eiweissverdauender Enzyme, wenn überhaupt vorhanden, bei diesen Ascidien eine sehr geringe sein. Im Darm der Ciona canina findet sich Diastase, die bei Äscidia mentula nur in Spuren vorkommt." Später (1881) fand Krukenberg, dass der Darminhalt von Ciona eine allerdings nur äusserst schwache tryptische Wirkung auf rohes Fibrin Physiologisches über die Verdauung. 483 zeige, die sich erst nach längerer Einwirkung von einem Tag und bei 30 — 40 ^ C. bemerkbar mache, bei niederen Temperaturen ganz ausbleibe. 'Da die Ascidien in so warmem Wasser überhaupt nie vorkommen, ist es allerdings kaum verständlich, wie jene Flüssigkeit in der lebenden Ascidie Eiweiss überhaupt verdauen könne. Ein tryptisches Enzym im Ciona- darm hatte Krukenberg schon früher (1878) beobachtet, er war aber zuerst der Ansicht, dass dieses nicht das Product lebender Darmdrüsen- zellen der Ascidie sei, sondern von der aufgenommenen Krebsnahrung stamme. Er glaubte daher, dass bei den Ascidien in einer ähnlichen Weise, wie er es bei vielen Coelenteraten gefunden zu haben meinte, die Eiweissverdauung vorzugsweise durch die Enzyme erfolge, welche die Beute mit sich führt. Auch die Salpen ergaben durchaus negative Befunde, denn das Glycerinextract von 50 Därmen der Salpa maxima erwies sich peptisch wie tryptisch durchaus unwirksam auf rohes Eibrin, und zwar sowohl bei 38— 40<> C, als auch bei 15— 20^ C. Krukenberg schliesst daraus, dass im Tunicatendarm wahrscheinlich vorwieo-end eine cellulare Verdauung stattfinde, und dass die Ernährungs Vorgänge der Ascidien gleichsam ein Verbindungsglied zwischen dem exclusiv cellulären und dem enzymatisch secretorischen darstellen. Weiteres Interesse erregten vor einigen Jahren die Angaben K. Schneider's (1895) über die Aufnahme von Eisen bei Ascidien {Bia- sona violacea, Ciona intestinalis, Clavelina Uissoand). Nach Behandlung mit Ferrocyankalium und ganz verdünnter Salzsäure zeigte sich nament- lich bei der zuletzt genannten Form eine glänzende ßläuung, die zunächst den Verdauungscanal, und zwar besonders den Magen und die darm- umspinnende Drüse, betraf, und, von diesen ausgehend, den Kiemendarm, Mesenchym, Peribranchialwände und äusseren Cellulosemantel ergi'iif. Die mikroskopische Untersuchung ergab eine Blaufärbung der Kerne, und zwar in der Kegel nicht der ganzen Kerne, sondern nur des Nucleolus und des achromatischen Gerüstes mit den darin suspendirten Chromo- somen. Zuweilen zeigten sich allerdings auch zwischen den Kernen im Zellplasma Eiseupartikelchen in feinen Körnchen, ,,ein Hinweis darauf, dass auch ein gleichzeitiger Austausch des betreffenden Stoffes durch alle Theile des Gesammtgewebes stattfindet*'. Prof. K. Kobert hat im Rostocker Pharmakologischen Institut Cla- velina lepadifonnis auf ihren Eisengehalt untersucht und Schneider's Angaben im Wesentlichen bestätigen können. Er verfuhr jedoch nach einer anderen Methode, die zuerst von Tirmann (Ueber den üebergang des Eisens in die Milch. In: Kobert's Görbersdorfer Veröffentlichungen, Bd. 2, 1889, p. 112) eingehend beschrieben und als TurnbuUsblaureaction bezeichnet wurde. Das in den Thieren durch Schwefelammonium gefällte Eisen wurde in einer mit Salzsäure schwach angesäuerten ca. 20 proc. Ferricyaukaliumlösung in Turnbullsblau verwandelt. Auf diesem Wege 31* 484 Asoidien. lassen sich lol)liai't blau oefürbte Dauerpniparate herstellen. Schneider ist daher nicht im \Wcht, wenn er die Zuverlässigkeit der Schwefel- ammonprobe für Tunicaten bezAveifelt. IX. J)er rcribraiicliialrauiii iiiitl die Cloake. Der o-esammte Peribrancliialraum und die Cloake (der „Wasser- raum" Kupffer's) entstehen, wie bereits (p. 162) angedeutet worden ist aus zwei ektodermalen Einstülpungen, die in der Kegel sehr früh- zeitig im Embryo auftreten (Textfigur 115 Ä) und den Kiemendarm zu umwachsen beginnen, indem sie sich zwischen diesem und der ektodermalen Loibeswand immer mehr ausbreiten. Die Basis der Peribranchialeinstül- pung verwächst auf jeder Seite an zwei hintereinander gelegenen Stellen Fig. 115. /■>■ ec W A. Querschnitt durch die linke Peribranchialeinstülpung eines Embryos von Clavelina lepadiformis. ''^Vi. B. Querschnitt durch eine junge festgesetzte Larve von Ciona intestinalis, die jederseits 2 primäre Kiemenspalten besitzt, '•^^"/i' c = Cellulosemantel; ec = Ektodermepithel ; es = Endostyl; M = Kiemeudarm; ks = Kiemenspalten; l = primäre Leibeshöhle; ms = Mesenchymzellen ; n = Nerven- strang; p = Peribranchialeinstülpungen. mit dem Entodermepithel, und dort bilden sich in der oben (p, 375) beschriebenen Weise die beiden ersten Kiemenspaltenpaare, die entweder zu den ersten bleibenden Spiraculis sich umgestalten {Clavelina) oder als sog. Protostigmata oder Urspiracula weiterhin noch vielfach sich theilen und ganze Reihen von Kiemenspalten aus sich hervorgehen lassen {Ciona und viele andere). Die beiden Einstülpungsstellen der Peribranchialsäckchen sind zumeist noch in der freischwimmenden Larve, oft auch noch auf dem ersten bereits festsitzenden Stadium von einander getrennt und dorsal von der PeribraachialräuniG und Cloabe. 485 Medianebene mehr oder minder weit entfernt (Textfigur 115 B). Weiter- hin nähern sie sich aber stets immer mehr, um endlich mit einander zur Egestionsöffnung zu verschmelzen (Fig. 5, Taf. VIT). Dabei vereinigen sich naturgemäss auch die dorsalen Abschnitte der beiden ursprünglich getrennten Peribranchialräume. Zunächst geschieht die Vereinigung nur im nächsten Umkreise der Egestionsöffnung, allmählich aber fliessen die Peribranchialräume längs der Dorsalseite auf immer weiteren Strecken ineinander zur Bildung der unpaaren Cloakal höhle (Fig. 6, Taf. VII, Fig. 1, Taf. XI, Textfigur 18, p. 158). Ausserhalb des Cloakenraums bleiben die rechte und linke Peribranchialhöhle von einander getrennt, wenngleich deren Wandungen an mehreren Stellen sich nähern, ja sogar an einander legen können, um in ganz bestimmter Weise verlaufende Septa(replis mesenteriques oder ligaments der französischen Autoren) zu bilden. Ausser diesen primären, die beiden ursprünglichen Theile des Peribranchialraumes trennenden Septen treten noch secun- däre auf, die ganz und gar entweder dem rechten oder linken Peri- branchialraum angehören und als langgezogene Faltenbildungen ent- standen sind, um die Eingeweide, und zwar besonders den Darmcanal, zu umhüllen. Verschieden von den Septen sind die Trab ekel, die balken- oder stabförmige, die Peribranchial- oder Cloakenhöhle durch- setzende Ausstülpungen der Peribranchialwandungen darstellen. Bei zahl- reichen Ascidien entwickeln sich an diesen letzteren sehr eigeuthümliche, in ihrer physiologischen Bedeutung noch nicht genügend erforschte Organe, die sog. Endocarps oder Parietalbläschen, In histologischer Beziehung stellen die Wandungen der Peribranchial- räume ein durchaus einschichtiges Epithel dar. Insoweit dieses dem entodermalen Theil des Kiemendarmes dicht anliegt und sich an der Bildung des Respirationsorganes betheiligt, wird es als inneres Peri- branchialepithel bezeichnet. Dieses ist bereits in einem früheren Kapitel (p. 399) besprochen worden. Das äussere Peribranchial- epithel ist fast an allen Stellen sehr flach, zumeist ein typisches Platten- epithel, und das Mesenchym und die Muskulatur der Leibeswandung können mit ihm sehr innig verwachsen sein, so dass es gleichsam wie die innere Grenzschicht der Leibeswand erscheint (s. Fig. 1, Taf. XXII) und von Milne - Edwards als „Tunica tertia", von E. Hertwig als „Tunica tertia parietalis", von Bronn als „dritte Schicht oder Brustsack" bezeichnet wurde (vgl. oben p. 167). Hin und wieder, nnd, wie es scheint, nicht einmal bei den verschiedenen Individuen ein und derselben Art immer an denselben fest bestimmten Stellen, ist das Plattenepithel mehr oder minder stark verdickt und aus kleinen cubischen oder höheren cylindrischen Zellen zusammengesetzt. Eine besondere Bedeutung dürfte diesen verdickten Epithelstellen nicht zukommen. 486 Ascidien. 1. Die Septen. a. Die Primär septen. a) Bei allen Ascidien bleiben die beiden Peribrancliialräume ventral in oder nahe der Medianobene im ganzen Bereich des Endostyls von einander getrennt. Zumeist dehnen sie sich auf der Bauchseite nicht ganz bis zur Mittelebene aus, sondern endigen rechts und links in einiger Entfernung vom Endostyl (siehe die halbschematischen Durchschnitte Fig. 5 u. 6, Tai". VlI ; Fig. 1, Taf. VIII). Zwischen den medialen Bändern der beiden Peribranchialräume liegt in diesem Fall in der primären Leibes- höhle eine verhältnissmäsig bedeutende Masse Mesenchymgewebes, und stets veriaufen hier parallel zum Endostyl eine oder mehrere umfangreichere Blutbahnen und häufig Muskelfaserzüge. Diese ganze ventral vom Endo- styl gelegene, die Peribranchialhöhlen trennende Längszone bildet das ventrale oder E ndostylseptum. In den eben erwähnten Fällen ..'■"" .-ks .^l '9 .ec Querschnitt durch die Endostylregion einer Ciona intestinalis, '^/j. a = Aeusseres Peribranchiaiepithel; hb = Blutbahnen; bg = Bindegewebe; c = Celhi- loseniantel; ec = Ektodermales Hautepithel; en = Entodermepithel des Kiemendarnis ; es = Endostyl; kd == Kiemendarm; ks == Kiemenspalten; Im = Längsmuskeln; mz = Muskelfaserzüge; p = Peribranchialraum ; rm = Kingmuskulatur. ist das Septum fast ausschliesslich vom Bindegewebe gebildet, und der Antheil des Peribranchialepithels tritt jenem gegenüber fast ganz zurück. So verhält es sich fast immer bei den Synascidien und Socialen {Clavelina) und vielen Monascidien (Ciona intestinalis, Textfigur 116; Fhallusia mam- millata etc.). Das Bindegewebsseptum ist einerseits, und zwar aussen, mit der Leibeswand, andererseits mit dem Endostyl mehr oder minder innig verwachsen, und dadurch wird der ventrale Theil des Kiemendarms in einer festen Lage erhalten. Endostylseptum und Dorsalseptum. 487 Schärfer ausgeprägt und von den benachbarten Organen und Ge- weben deutlicher gesondert erweist sich das Endostylseptum bei vielen Cynthien und anderen Monascidien. Es ist bereits oben (p. 348) darauf hingewiesen worden, dass das ventrale mediane Bindegewebsseptum eine ansehnliche Höhe erreichen und den Endostyl so weit dorsal zu verschieben kann, dass er gleichsam in den Kiemendarm hineingehängt erscheint. Der dorsale Theil des Septums wird daher vom entodermalen, von Spalten nicht durchbrochenen Kiemendarmepithel begrenzt, während an der Bildung des ventralen das Peribranchialepithel sich betheiligt. Dieser ventrale Abschnitt erreicht zuweilen, wenn die medialen ventralen Enden der Peribranchialräume umfangreicher entwickelt sind, eine verhältnissmässig bedeutende Grösse (vgl. Textfigur 72, p. 347), Auch in diesen Fällen besteht das Endostylseptum zum weitaus grössten Theil aus Bindegewebe, über dem die Epithelien nur wie ein feiner, dünnwandiger Ueberzug er- scheinen. Bei manchen Monascidien endlich legen sich die medialen ventralen Enden der Peribranchialräume dicht aneinander, und ihre epithelialen Wandungen sind an diesen Stellen durch kein Bindegewebe mehr getrennt. Das Endostylseptum besteht demnach lediglich aus zwei dicht an einander gepressten Plattenepithelien, die stellenweise so innig mit einander ver- wachsen können, dass sie als zwei gesonderte Schichten nicht mehr nachweisbar sind. Bei der ausserordentlichen Feinheit dieses Septums, findet man es in den in Schnitte zerlegten Thieren stellenweise durch- rissen, so dass eine ventrale Verbindung zwischen den beiden Peribran- chialräumen zu bestehen scheint. Ich möchte aber glauben, dass es sich in allen Fällen um künstliche Kupturen im Septum handelt, die entweder durch die Conservirung und Paraffineinbettung oder durch Verletzungen des lebenden Thieres hervorgerufen wurden. Uebrigens gleicht oft ein solches Septum nicht an allen Stellen seines Verlaufes einer membran- artigen Lamelle, sondern hin und wieder schiebt sich von der Leibeswand her spärliches Bindegewebe, zuweilen nur zellenfreie Gallertsubstanz zwischen die beiden Epithelien ein {Styelopsis grossularia, Fig. 1, Taf. XXII). b) Auf der Dorsalseite bildet sich bei vielen Ascidien ein ebenfalls median verlaufendes Septum aus, das als Dorsalseptum zu bezeichnen ist. Es entsteht dadurch, dass die beiden Peribranchialeinstülpungen, nachdem sie den Kiemendarm umwachsen haben, nicht auf der ganzen Kückenseite, sondern nur in einer bestimmten Kegion zur Cloake sich vereinigen, an gewissen Stellen aber, so wie ventral im Bereich des Endo- stylseptums, getrennt bleiben, während die medialen Peribranchialwände sich mehr oder minder dicht an einander lagern. Bei sehr vielen Syn- ascidien fehlt das Dorsalseptum durchaus, und die Cloakenhöhle breitet sich über die ganze Kückenseite des Kiemendarms aus. Es ist das fast immer da der Fall, wo der Verdauungstractus und die übrigen Ein- geweide hinter dem Kiemendarm gelegen sind und die Peribranchial- räume nur im Bereiche des Kespirationsorgans sich finden, ohne in den 488 Ascidien. nuttloron und l.interen Leibesabschnitt hinein zu reichen (verg 1. Text- liour 17 1. 158). Aber auch bei solchen Ascidien, bei denen die Em- croweido' neben dem Kiemendarm liegen, kann das Dorsalseptum selir kurz sein, fast vollkommen fehlen (Textfigur 18, p. 158). Das Dorsalseptum liegt stets im Bereich des hinteren Kiemendarm- tlieils, liinter der Cloake, und zeigt eine sehr verschiedene Lange. Im Alloemeinon lässt sich feststellen, dass es da eine ansehnliche Aus- delmuno- gewinnt, wo der Enddarm weit vorn in die Cloake mündet und eine wSte Strecke dorsal vom Kiemendarm, in der Medianebene hinzieht. Da der gesammte Verdauungstractus aus einer in die primäre Leibeshohle Fig. 117. ■*y f>9 Ä's M d Querschnitte durch die Kegion des Dorsalseptums von Perophora Listen. "Vr -^ = Schnitt unmittelbar hinter der Afteröffnung. B = Schnitt ein wenig weiter hinten geführt. o = Aeusseres Peribranchial- und Cloaken-Epithel ; h = inneres Peribranchialepithel ; II) = Blutbahnen; bg = Bindegewebe; c = Cellulosemantel; cl = Cloake; ec = Ekto- dermepithel; M ^ Kiemendarm; hs = Kiemcnspalten; m = Muskelzüge; p == Peri- branchialräumc ; r = Rectum ; s = Dorsalseptum ; d = Samenleiter. sich erstreckenden Ausstülpvmg des embryonalen Kiemendarms hervorgeht, verläuft in jenem Fall das Kectum zwischen den beiden ursprünglichen Peribrancliialeinstülpungen. Es kann, wenn es verhältnissmässig umfang- reich ist und der Zwischenraum ZAvischen der dorsalen Kiemenwand und der Leibeswand nicht besonders gross erscheint, in seinem Bereich die Cloaken- bildung vollkommen verhindern. Die beiden Peribranchialräume bleiben dann auf der Ilückenseite des Thieres von der Medianebene ziemlich entfernt und erscheinen durch den Enddarm und spärliches Bindegewebe, zumeist auch durch die Ausführungsgänge der Geschlechtsapparate, von Vorderes und hinteres Dorsalseptum. 489 einander gescliiedeii (Fig. 1, Taf. VIII). Ob es zweckmässig ist, in diesen Fällen diese mediane Kegion als ein echtes Dorsalseptum zu be- zeichnen, scheint mir fraglich zu sein. Ist der Enddarm nicht so umfangreich, um den Kaum zwischen der dorsalen Kiemenwand und der äusseren Leibeswand ganz auszufüllen, so können die medialen Peribranchialwände dorsalwärts vom Darm sich dicht an einander legen und ein lamellenartiges Septum darstellen. Ventral zu weichen dann die beiden Septenblätter aus einander, um ausser dem Enddarm und Bindegewebe häufig noch Vas deferens und Oviduct sowie Blutbahnen und Muskelfaserzüge zu umschliessen. Eine derartige Bildung beobachtet man z. B. bei Ciona (Fig. 8, Taf. XXII), während in anderen Fällen (Perophora, Textfigur 117 B) das Kectum nicht unmittelbar dem Kiemendarm sich anschmiegt, sondern weiter dorsal zu, ungefähr in der Mitte des Septums verläuft. Gewöhnlich reicht das vordere Ende des Septums bis in die nächste Nähe des Afters, und dieser ragt nur wenig über jenes hinaus, indem er sich zapfenförmig in den Cloakenraum erhebt und dabei von der hinteren Cloakenwand nach Art eines peritonealen üeberzuges umhüllt wird (Textfigur 117 Ä). Die an der Bildung des Dorsalseptums sich betheiligenden Peri- branchialwände stellen fast stets ein Plattenepithel dar. Nur hin und wieder, gewöhnlich in unmittbarer Nachbarschaft des Darms, werden die kleinen Zellen des Epithels etwas höher, nahezu cubisch. Eine Be- wimperung scheint niemals vorzukommen. Ausser diesem hinter der Cloake gelegenen Dorsalseptum gelangt bei vielen Formen noch ein zweites, als vorderes Dorsalseptum zu bezeichnendes zur Ausbildung. Es liegt, wie der Name andeutet, vor der Cloake, dorsal vom vordersten Kiemendarmabschnitt, und entsteht dadurch, dass die beiden Peribranchialeinstülpungen, nachdem sie zur Cloake dorsal sich vereinigt haben, nach vorn zu jederseits in einen selbstständigen Blindsack auslaufen. Das dorsale Septum, das die vor- dersten Enden der beiden Peribranchialräume trennt, ist in der Kegel nur sehr kurz und zeigt in mehrfacher Beziehung ähnliche Verschiedenheiten wie das hintere. In erster Linie werden die Unterschiede dadurch hervor- gerufen, dass mehr oder minder reiche oder spärliche Mengen Binde- gewebes, Blutbahnen und Muskelstränge sich zwischen die medialen Dorsalenden der Peribranchialräume einschieben. So findet man z. B. bei Fhallusia mammülata (siehe Textfigur 118) das Septum ansehnlich breit, während es bei Styelopsis grossularia fast gar kein Bindegewebe enthält und, ähnlich wie das Endostylseptum, nur aus den mit einander verklebten epithelialen Peribranchialwänden besteht. Zuweilen erscheint dieses vordere Dorsalseptum dadurch besonders hoch, leistenförmig aus- gebildet, dass es sich ventral zu direct in die Dorsalfalte hinein fortsetzt. Während zwischen dem entodermalen Epithel dieser letzteren und dem ektodermalen Peribranchialepithel des Septums an den Stellen, wo rechts 400 Ascidion. und links die ersten medialen Kiemenspalten durchbrochen, eine scharfe Grenze sich feststellen lässt, besteht eine solche im Bindegewebe nicht, und das Bindegewebe des Septums und der Dorsalfalte erscheinen als ein durchaus einheitliches Gebilde (Textfigur 118). c) Bei allen Ascidien, bei denen die Peribranchialräume und die Cloake auf den vorderen Leibesabschnitt beschränkt sind und nur den Kiemendarm gürtelförmig umgreifen, während der Verdauungstractus weiter hinten gelegen ist (z. B. unter den Syn ascidien die Meroso- mata; vgl. Textfigur 110^ u. B, p. 448), kommen mir ein dorsales und ventrales Septum vor. Wo aber die Peribranchialräume bis in den hintersten Körperabschuitt reichen und den Verdauungstractus, der zum Fisr. 118. Im Inj- Wo ^ ^' <7s -df ep Querschnitt durch die Kegion des vorderen Dorsalsepturas von Phallusia mammillata; äusserer CeUulosemantel und Zoochlorellen sind nicht eingezeichnet, ^^/j. a = Aeusseres Peribranchialepithel ; bb = Blutbahnen ; bg = Bindegewebe; de = Flimnier- grubencanal; df ^ Dorsalfalte; ds = Dorsalseptum ; ee = Ektodermales Hautepithel; en = Entodermepithel ; ep = Epibranchialrinne; fg = Fliramergruben; ks = Kiemen- spalten; Im = Längsmuskeln; nd = Neuraldrüse; p == Peribranchialräume; rm = King- muskulatur. Theil neben dem Kiemendarm liegt, umschliessen, entwickelt sich zumeist noch ein hinteres Septum, das Hinterwandseptum. Dieses erweist sich als eine directe Fortsetzung der beiden zuerst erwähnten medianen Septa und ist dadurch entstanden, dass die beiden nach hinten zu wachsenden Peribranchialräume in der Medianebene oder nahe dieser hinter dem Kiemendarm an einander stossen und sich mit ihren medialen Wänden an einander legen. In der Kegel bleiben aber die Epithelien durch spärliche oder reichere Bindegewebsmassen getrennt, und überdies verläuft in dem Hinterwandseptum der Oesophagus (Textfigur 119) und in manchen Fällen auch theilweise oder ganz der Magen (Textfigur 120), Hintcrwandseptura. 491 so dass an den betreffenden Stellen das Septum beträchtlich verdickt er- scheint und seine epithelialen Grenzschichten weit aus einander weichen. Fig. 119. -f-HL, .-■IS )r,-lS Querschnitte durch die hintere Körperregion von Styelopsis grossularia. ^"/,. A ist ein unmittelbar hinter dem Kiemendarmende geführter Schnitt ; B stammt aus dem hintersten Körperende. a= Ä eusseres Perihranchialepithel ; bg = Bindegewebe ; c = Celhilosemantel ; de = Endcanal der darmumspinnenden Drüse; dd = darmumspinnende Drüse; ec = ektodermales Haut- epithel ; el = Eileiter ; gis = Gastrointestinalseptum ; hs = Hinterwandseptum ; m = Magen ; ms = Magenseptum; oe = Oesophagus; pb = Parietalbläschen (Endocarps); j)C = Peri- cardium; jjI = linker; pr = rechter Peribranchialraum ; is = äusseres Intestinalseptum ; it = Intestinum ; r = Eectum ; rs = Eectalseptum. 492 Ascidion. Selbst wonii nur spärlicho Mengen Bindegewebe iin Septum sich linden, ist dieses fest und resistent genug, um auch in weniger gut conservirten Exemplaren leicht nachweisbar zu bleiben. Fehlt aber das Bindegewebe und besteht das Septum nur aus feinen Plattenepithelien, so reissen diese überaus leicht entzwei, und die Untersuchung giebt oft keine sichere Auskunft, ob ein vollkommenes Septum oder nur einzelne trabekelähnliche Stränge vorhanden waren. Ich möchte glauben, dass bei alten Thieren auch im lebenden, unverletzten Zustand zuweilen eine derartige Auflösung der Septa eintreten kann. Bei alten Individuen von Botryllus violaceus z. B. fand ich zumeist nur ein unvollständiges Septum, weil umfangreichere Perforationen eingetreten waren (vgl. Textfig. 120 Ä und B). Dadurch wird es unausführbar, den rechten und linken Peribran- chialraum überall im hinteren Leibesabschnitt scharf aus einander zu halten; und wie weiter vorn im dorsalen Cloakenraum, fliessen also auch weiter hinten stellenweise die beiden Peribranchialhöhlen in einander. h. Die Secimdärsepten. Die ganz von Faltungen der Peribranchialwände begrenzten Secun- därsepta entstehen dadurch, dass der Verdauungstractus , wenn er auf frühen embryonalen Stadien vom Kiemendarm durch Ausstülpung sich bildet, von der inneren Peribranchialwand nach Art eines peritonealen Ueberzugs umhüllt wird. Dabei legt sich der epitheliale Ueberzug nicht vollkommen dicht an das Darmepithel an, sondern zwischen beiden ruht trennendes Mesenchymgewebe, das von kleineren Blutbahnen durchsetzt ist. Gewöhnlich ist dieses Bindegewebe sowohl mit der Darmwand wie mit dem Peribranchialepithel so innig verwachsen, dass ein Freipräpariren der einzelnen Schichten gar nicht oder nur schwer ausführbar ist, und daher hat man vielfach in älteren, freilich auch noch in ganz neuen Schriften Mesenchym und epithelialen Ueberzug dem Darmcanal zu- gerechnet und diesen als dreischichtig bezeichnet (vgl. hier Textfiguren 119 und 120). Ausser diesen vom Peribranchialepithel stammenden Septen- bildungen kommen bei manchen Ascidien (Ciona) auf den ersten Anblick ganz ähnlich erscheinende, den Verdauungscanal umhüllende Epithel- faltungen und Septa vor, die aber einen ganz anderen Ursprung und daher eine andere Bedeutung haben. Sie sind im folgenden Kapitel in dem den Perivisceralraum behandelnden Abschnitt näher beschrieben, und es wird sich dort zeigen, dass die Höhlung, in der die Eingeweide grössten- theils liegen, von membran artigen Epithelien umgrenzt wird, die vom entodermalen Kiemendarm aus entstanden sind. Es lag zwar die An- nähme nahe, dass bei Botrylliden und gewissen Cynthideen {Styelopsis) die ähnlich erscheinenden Faltungen eines Plattenepithels auch in der gleichen Weise sich bilden möchten wie bei Ciona, bei der die Ontogenie genau untersucht ist, allein aus dem Bau der ganz entwickelten Thiere lässt sich das nicht feststellen, und die den Darm umhüllenden Epithelien gehören den Peribranchialwänden zu. Secundäre Septen um den Darmcanal. 49 o Diese secundären Septen verhalten sich in den verschiedenen Ascidien- gruppen sehr verschieden, und im Wesentlichen werden ihr Auftreten und Verlauf diu-ch die Lage und Beschaffenheit des Darms bedingt. In der vorliegenden Literatur finden sich über sie nur ausnahmsweise genauere Angaben, so dass ich ausser Stande bin, hier verschiedene Typen der Septenausbildung aufzustellen, und mich darauf beschränken muss, die wichtigsten Faltungen anzuführen. Da der Oesophagus zumeist in der Medianebene oder dieser nahe verläuft, liegt er in dem primären Hinterwandseptum eingeschlossen. Er kann dabei bald die eine, bald die andere Peribranchialwand stärker vor- wölben, ohne aber noch ein besonderes, von dem Primärseptum ent- springendes secundäres zu erzeugen. Nur sein hinterstes Ende tritt, je nach der Lage der Darmschlinge, rechts oder links aus dem Hinterwand- septum hervor und in das den Magen umschliessende Magen sep tum (mesogastre Julius') ein. Wenn der Magen der Medianebene noch sehr nahe liegt, ist ein be- sonderes Magenseptum noch gar nicht ausgebildet oder nur kaum an- ofedeutet als eine mehr oder minder weit in den Peribranchialraum vor- springende Ausbuchtung des Primärseptums (Textfigur 120). Ist aber der Magen stärker seitlich verschoben, so tritt auch das Magenseptum als eine besondere Bildung, durch die der Magen am Primärseptum be- festigt wird, immer mehr hervor (Textfigur 119 Ä). Seine Länge variirt; zuweilen erstreckt es sich nur über einen Theil der Mageulänge, zuweilen greift es auf den Mitteldarm, beziehungsweise das Intestinum über. Es bleibt ungewiss, ob ein kurzes Magenseptum immer nur aus eingetretenen Kesorptionsvorgängen zu erklären ist, oder überhaupt nur in geringer Ausdehnung angelegt worden und nicht gewachsen ist. So wie das Magenseptum den Magen, befestigt das Kectalseptum den Enddarm am primären Dorsal- oder Hinterwandseptum. Verläuft, wie es allerdings sehr häufig vorkommt, das Rectum ziemlich genau in der Medianebene, so gehört es ganz in den Bereich des Primärseptums, zuweilen in ähnlicher Weise, wie es der Oesophagus thut, unsymmetrische Hervorwölbungen hervorrufend. Oft aber liegt der ganze Endabschnitt des Darmes nur im Bereiche des einen — meist des linken — Peribran- chialraums. ganz von einer Falte der medialen Wand umhüllt und an dieser durch ein Septum befestigt (Textfigur 119 A). Dieses Eectal- septinn kann sich recht weit auf den vorderen Theil des Enddarms und Intestinums erstrecken und bei zunehmender Entfernung des Darm- schlauchs von der Medianebene eine immer ansehnlichere Breite ge- winnen (Textfigur 119 B). Zwischen dem Magen und dem Intestinalast der Darmschleife breitet sich das Gastrointestinalseptum aus (ligament intestino-pylorique von Lacaze-Duthiers und Delage). In ihm verläuft das Pylorus- coecum und der Canal der darmumspinnenden Drüse, der von Binde- gewebe und Blutbahnen umgeben Avird. Dieses Septum scheint überall 494 Ascidien. nur kurz zu sein und im Bereiche des vordem Magenabsclinitts zu fehlen (vgl. Textfiguren 120 Ä und B). Von grosser Wichtigkeit ist das Intestinalseptum (mesentere Julins'), das den ganzen aufsteigenden Ast der Darmschleife oder mindestens seinen grössten Theil an der Leibeswand befestigt. Sein oft nicht ganz leicht zu erkennender Verlauf hängt eng mit der Gestalt der Darmschlinge zusammen. Das Septum ist oft sehr zart, von nur sehr Fig. 120. '^^^Q7'" is ms Frontale Längsschnitte durch den hinteren Körperabschnitt von Botryllus molaceus. ^^i- a = Aeussere, h = innere Peribranchialwand ; bg = Bindegewebe ; de = Endcanal der darmumspinneuden Drüse; cid = darniumspinuende Drüse; ec = Ektodermales Haut- epithel ; ed = Enddarm ; gis = Gastrointestinalseptum ; hs = Hinterwandseptum ; is = Intestinalseptum; Jcs = Kiemenspalten; m = Magen; ms = Magenseptum; oe = Oesophagus ; j:>c = Pyloruscoecum ; pl == linker, pr = rechter Peribranchialraum. spärlichem Bindegewebe durchsetzt, gleichzeitig aber zuweilen ziemlich breit (Textfigur 119). Auch im lebenden Thiere scheinen sich im Alter häufiger Perforationen zu entwickeln, und bei der Conservirung reissen überdies leicht auch vollständige Ligamente ein. Möglicher Weise wird aber vielleicht auch bei manchen Formen das Intestinalseptum über- haupt nicht als eine vollkommen einheitliche, zusammenhängende Lamelle angelegt. Secundärsepten, Trabekel. 495 Ausser diesen mit dem Darmtractus zusammenhängenden Septen- bildungen treten noch andere Faltungen der Peribranchialwand auf, die sich septenähnlich gestalten. Ueberall, wo die Geschlechtsorgane im Bindegewebe der Leibeswand neben den Peribranchialräumen entstehen und deren Aussenwandungen, von denen sie umhüllt werden, vor sich hertreiben, entwickeln sich Bildungen, die als Genitalsepta bezeichnet werden können. Ihre Gestalt steht in vollster Abhänoiokeit von der 'o^o^ der Geschlechtsdrüsen und erweist sich daher überaus mannigfaltig. Sind zahlreiche isolirte Geschlechtsorgane vorhanden, so finden sich auch zahlreiche meist birnförmige Septa (Figur 5, Tafel VIII); sind die ersteren traubenförmig, so sind es auch die letzteren. Bei Stye- lopsis bildet sich ventral rechts aus der äusseren Peribranchialwand ein bandförmiges G enitalseptum, weil die Zwitterdrüse sehr lang cylinderförmig gestaltet ist und, umgeben von Bindegewebe und dem Epithelüberzug, sich tief in die rechte Peribranchialhöhle einsenkt (Fig. 1, Taf. XXII). Im Anschluss an die Darstellung der von den Peribranchialwänden gebildeten primären und secundären Septen muss an dieser Stelle auf eine eigenartige Septenbildung hingewiesen werden, die bei Ciona auf- tritt und mit der Entwickelung der Perivisceralhöhle im hinteren Körper- abschnitt im Zusammenhang steht. Die Vorderwand dieser aus einer paarigen Ausstülpung des Kiemendarms entstandenen Perivisceralhöhle legt sich ziemlich dicht an die Hinterwände der Peribranchialräume an, nur durch sehr spärliche Bindegewebsmasse von diesen getrennt. So entsteht das quer verlaufende Peritonealseptum oder die Peri- toneallamelle (lame peritoneale Koule's). Dieses Septum hat eine ganz bedeutende Ausdehnung (siehe Textfigur 123, p. 517) und setzt sich aus drei Schichten zusammen, von denen nur die vorderste vom ektodermalen Peribranchialepithel gebildet wird. Die Mittellage ist meso- dermalen Ursprungs, die hintere wird vom flachen Epithel der vorderen Perivisceralhöhlenwaudung dargestellt. 2. Die Trabekeh Die Trabekel wurden schon von Savigny beobachtet und richtig gedeutet als „ligamens servant ä fixer les branchies ä la tunique charnue". Sie stellen röhren- oder balkenförmige Gebilde dar, die die Peribranchial- räume und die Cloakenhöhle durchsetzen, indem sie sich zwischen der äusseren und inneren Wand dieser Höhlungen ausspannen. Sie ent- wickeln sich, worauf schon oben (p. 427) hingewiesen wurde, nicht nur von der äusseren ektodermalen Kiemenwand oder dem inneren Peribran- chialepithel aus, sondern auch die äussere Peribranchialwand betheiligt sich an ihrer Bilduno-. Wie weit der Antheil der einen und der anderen Schicht reicht, lässt sich nicht feststellen. Am äusseren und inneren 496 Ascidien. Ende des ausgebildeten Trabekels ist kein constanter Unterschied des Epithels wahrzAinehmen, der auf den Ursprung aus dieser oder jener Peribranchialwand hindeuten würde, und auch die Untersuchung der Embryonalentwickelung hat bisher keine sichere Entscheidung gebracht. Die vergleichend anatomische Betrachtung der verschiedenen Ascidien lehrt uns eine vollständige Reihe verschiedener Ausbildungs- stufen der Trabekel kennen, die mit ausserordentlich einfachen Stadien anhebt und mit ziemlich complicirten abschliesst. Im einfachsten Fall bildet der ganze Trabekel einen feinen Zellstrang, der die beiden Peribranchialwände verbindet. Gewöhnlich erstreckt er sich in einer geraden Linie, wenigstens im voll ausgestreckten Thier; wenn aber bei starker Contraction der Leibesmuskulatur das Yolumen des Peribranchialraumes sich verändert und seine Wände sich nähern, erhält er Ein- und Ausbuchtungen und erscheint geknickt und gebogen. Da, wo der Trabekel sich den Peribranchialwänden verbindet, erweitert sich der Strang trichterförmig 7a\ einer Röhre, die allmählich, ohne scharfe Grenzen in das Peribranchialepithel übergeht (Fig. 4, Taf. XXII). Am häufigsten, wenigstens bei den kleineren Arten, stellt der ganze Trabekel eine dünne Röhre dar, deren Wand von einem feinen Platten- epithel gebildet wird. Das Lumen ist nicht immer an allen Stellen gleich weit, stets aber sehr eng, oft nur so fein, dass die Blutzellen kaum hindurchtreten können. An beiden Enden des Trabekels erweitert es sich trichterartig, um in die Blutbahnen des Kiemendarms beziehungs- weise der Leibeswand überzugehen (Fig. 3, Taf. XXII). Oft erscheint der Trabekel, obwohl er noch im Wesentlichen auf der gleichen Ausbildungsstufe steht, beträchtlich grösser und stärker. Sein Epithel ist dicker, stellenweise cubisch und selbst cylindrisch, sein Lumen weiter, und überdies liegt an der Innenseite der Wand eine feinere oder dickere Gallertschicht, die die centrale Blutbahn umgrenzt (Fig. 5, Taf. XXII). Zunächst scheinen Bindegewebszellen in dieser Gallerte noch vollständig zu fehlen, und nur bei den Arten, bei denen die Gallert- masse verhältnissmässig reich entwickelt ist, gewinnt sie das Aussehen eines zellenhaltigen homogenen oder faserigen Bindegewebes. Bei den grösseren Monascidien {PJiallusia, Ascidia) erlangen die Trabekel einen viel complicirteren Bau. Die epitheliale Aussenwand wird stellenweise zu einem ansehnlich dicken Cylinderepithel, das aber bei aller Mächtigkeit stets seine Einschichtigkeit bewahrt, während sich an anderen Orten noch cubische und ziemlich flache Zellen finden. Vor allem ist es aber das Mesenchym, das eine reichere Diflferenzirung erkennen lässt. Neben meist nur spärlichen Bindegewebszellen treten Muskelstränge auf, deren Anordnung und Verlauf zahlreiche Modificationen zeigen. Oft beobachtet man nur längs verlaufende Muskelzüge, selten nur circuläre; in den besonders grossen Trabekeln treten beide Arten auf, häufig in ganz regelmässiger Gruppirung: eine äussere dickere, eine innere zartere Ringmuskelschicht, dazwischen regelmässig verlaufende, Bau, Form und Anordnung der Trabekel. 497 sehr mächtige Längsfaserzüge. Da, wo das Mesench}'!!! ein derartig complicirtes Aussehen zeigt, trifft man auch in der Eegel ausser einer grösseren centralen Blutbahn zahlreiche kleinere, die in unregelmässiger Vertheilung zwischen den Muskelsträngen verlaufen (Fig. 6, Tafel XXII, Textfigur 106 Ä, p. 435). Diese verschiedenen Typen der Trahekel sind durchaus nicht immer bestimmten Arten oder gar Gattungen eigenthümlich, sondern neben den grossen, höchst entwickelten trifft man in demselben Thier fast immer auch einfacher gebaute, die von den andern mehr oder minder weit verschieden sind, zuweilen sogar den primitivsten Typus aufweisen. Daraus ergiebt sich schon, dass diesen Gebilden für die Beurtheilung der verwandt- schaftlichen Beziehungen der Ascidien unter einander eine erheblichere Wichtigkeit nicht zukommt: Die Gestalt der Trabekel ist nicht immer einfach röhrenförmig oder an beiden Enden trichterförmig erweitert. Bei Pelonaca sind die Trabekel pyramidenälmlich, die breite Basis der Kiemenwand verbunden, das feine Ende mit der äusseren Peribranchialwaud verwachsen, und bei gewissen Contractionen der Muskeln der Kieme bilden sich eigenthümliche, von der Basis der Trabekel ausgehende, scharfkantige Faltungen an der Kiemenwand, die Forbes als beständige Gebilde betrachtet hat, während sie nach Kupffer (1874) im ausgestreckten Thier gänzlich fehlen. Zuweilen erscheint umgekehrt das äussere Trabekelende beträchtlich erweitert, an der Basis krausenartig gefaltet. Mitunter ist der Grund davon der, dass ein Trabekel aus einem Parietalbläschen so entspringt, dass dieses von dem ersteren nicht scharf abzugrenzen ist und wie sein erweiterter, umgeformter Aussentheil erscheint. Die Anordnung und Vertheilung der Trabekel im Peribran- chialraum sind häufig sehr regelmässig, indem die grösseren und stärkeren Organe ausnahmslos an den breiten Quergefässeu erster und manchmal auch zweiter Ordnung der Kiemen entspringen und daher in Querreihen stehen. Sind neben den grossen Trabekeln noch kleinere vorhanden, so können auch diese in denselben Querreihen angeordnet sein; zumeist aber verbinden sie sich mit den interspiracularen Transversalgefässen 3. Ordnung oder auch, ganz unregelmässig angeordnet, mit verschiedenen interspiracularen Läugsgefässen des primären Gitterwerks der Kieme. Zuweilen entspringen mehr oder minder regelmässig gTuppirte Trabekel unmittelbar am Anusrand, durchsetzen den Cloakenraum, um auf diese Weise das Eectalende besonders an der Leibeswand zu be- festigen {PolycarjM tuherosa). Die physiologische Bedeutung der Trabekel ist eine zwei- fache. Zunächst dienen sie, wie schon oben (p. 427) für die kleinen, nur die Leitfalten der Kieme durchsetzenden Balken angedeutet worden ist, als Stützorgane, die bestimmt sind, die Peribranchialräume klaffend zu erhalten, indem sie eine Annäherung ihrer Wände erschweren. Daher trifft man sie besonders häufig in den Theilen der Peribranchialräume Bronn, Klassen des Thier-Reichs. UI. Spplt. o2 498 Ascidien. und der Cloake, in welchen bei Synascidien und manchen Monascidien die Eier und Embryonen ihre Entwickelung durchlaufen, denn diese müssen vor dem Druck der umgebenden Organe, der bei den Contractionen der Leibesmuskulatur ausgeübt wird, nach Möglichkeit geschützt werden. In einer sehr anschaulichen Weise zeigen diese Verhältnisse die als Brut- räume functionirenden Peribranchialabschnitte der Clavelina und Styelopms, bei denen Embryonen, geschwänzte Larven und gelegentlich sogar kleine festsitzende Larvenstadien zwischen einem Trabekelgerüst gesichert ruhen. Während die soliden strangförmigen Trabekel lediglich diese Auf- gabe als Stützorgane zu erfüllen haben, tritt für die hohlen, röhren- förmigen als eine zweite Function die hinzu, dass sie als Blutleiter dienen. Die Blutbahnen, die sie enthalten, stellen auf den kürzesten Wegen Verbindungen zwischen den Gefässen der Leibeswand und denen der Kieme her und sind daher auch stets von einem bald in dieser, bald in jener Eichtung fliessenden Blutstrom durchsetzt. Französische Forscher haben daher die Trabekel auch „trabecules vasculaires" oder ,,sinus dermatö-branchiaux" (Roule) genannt. 3. Die Endocarpen oder Parietalbläschen. Bei Cynthideen und einigen Ascidiiden und Poly styeliden (z. B. Goodsiria pedunculata, G. coccinea, Synstyela incrustans) bilden sich an der äusseren Peribranchialwand sehr verschieden gestaltete, in die Peribranchialhöhle hineinragende Organe aus, die zuerst von Kupffer (1874) als En docarp en bezeichnet wurden. Gesehen hat sie zwar schon Savigny, denn er beobachtete, dass bei gewissen Cynthideen neben den die Geschlechtsproducte enthaltenden Bläschen zahlreiche andere vor- kämen, die gefaltete, schlaffe Wandungen zeigten und weder Eier noch Spermatozoon enthielten. Kupffer's Bezeichnung hat sich bald ein- gebürgert und wird von deutschen und englischen Autoren fast aus- nahmslos angewendet. Eoule nannte die in Frage stehenden Gebilde vesicules du dermo, Lacaze-Duthiers und Delage führten den sehr zutreffenden Namen Parietalbläschen, vesicules parietales, ein. D er Bau der Parietalbläschen ist im Wesentlichen überall der gleiche : eine Einstülpung der äusseren Peribranchialwand bildet die äussere epitheliale Begrenzung, eingewuchertes Bindegewebe und Blutbahnen er- füllen das Innere des Organs. Verschieden hohe Ausbildungsstufen werden demnach einmal durch das Verhalten des Epithels und zweitens durch die Beschaffenheit des Mesenchyms bedingt. Im einfachsten Fall sind die Endocarpen kleine, zapfenförmige Aus- stülpungen, die nahezu ganz glatte oder nur wenig gerunzelte Wandungen besitzen, nur sehr spärliches Bindegewebe enthalten und meist nur eine centrale Blutbahn führen. Diese letztere stellt einen Seitenzweig oder eine lacunäre Erweiterung einer Blutbahn der Leibeswand dar und ist im contrahirton Thier gewöhnlich mit Blutzellen und Flüssigkeit prall Bau und Gestalt der Endocarpen. 499 gefüllt {Ascidia mentula, Pliallusia). Die Epithelwand gloiclit histologisch durchaus dem übrigen Perihranchialepithel , nur dass sie gelegentlich aus ein wenig dickeren und etwas höheren Zellen zusammengesetzt erscheint. Diese winzigen Parietalbläschen sind oft kaum von solchen Einfaltunoen zu unterscheiden, die vorübergehend lediglich durch besonders starke Leibescontractionen hervorgerufen werden. Sie gleichen in hohem Maasse den Papillen, die bei Pliallusia und anderen Ascidien im vordersten Kiemendarmabschnitt auftreten und die oben (p. 327) beschrieben wurden. Complicii-ter gestalten sich die Endocarpen, wenn die Peribranchial- einstülpung umfangreicher wird und sich in einfachere oder krausenartig gewundene Falten legt. Das Aussehen des Epithels wechselt dann an den verschiedenen Stellen, indem die Zellen mehr oder minder flach, cubisch oder auch cylindrisch sein können. Vor allem aber zeigt das Verhalten des Mesoderms und der Gefässe in den Parietalbläschen grosse Verschiedenheiten, und zwar betreffen die Unterschiede meist auch die verschiedenen Gebilde eines Thieres. Die Menge des eingewucherten Bindegewebes ist je nach der wechselnden Grösse der Endocarpen sehr variabel, stets aber, und zwar besonders in den grossen Organen, erscheint die Masse locker, schwammartig, in Folge der zahlreichen Blutbahnen. Diese stellen ein lacunäres, nur stellenweise von einem Endothel be- grenztes, mehr oder minder reich verästeltes ßöhrensystem dar, das hin und wieder bläschenartige Erweiterungen aufweist (Fig. 7 u. 9, Taf. XXII). Man wird nicht leicht zwei Endocarpen auffinden, die in allen Details einander vollkommen gleichen. Die Gestalt der Parietalbläschen zeigt, wie schon aus der Dar- stellung des histologischen Baues hervorgeht, sehr beträchtliche Ver- schiedenheiten, selbst in ein und demselben Thiere. VorheiTschend ist die birnförmige; das Organ gleicht dann einer gestielten Blase, die auf dünnem Stiel der Leibeswaud aufsitzt. Das freie, kolbenförmige Ende weicht häufig von einer kugelähnlichen oder eiförmigen Grundform sehr erheblich ab; es gestaltet sich kammförraig geradgestreckt oder ziemlich erheblich gekrümmt, wurst- oder bolmenförmig und ist dann an der Basis meist nur wenig eingeschnürt. Zuweilen erhebt es sich auch keulen- förmig über die Peribranchialwand und erinnert dann an eine erst unvoll- kommen entwickelte Endocarpbildung (z. B. Folycarpa rustica). Hin und wieder platten sich die Orgaue mehr oder minder stark ab und erhalten fast blattähnliche Gestalt {Styela aggregata, Dcndrodoa lineaia). Manchmal zerfallen sie in eine Anzahl unvollkommen getrennter Lappen (vgl. für Cynthia painllosa Fig. 9, Taf. XXII) und erscheinen selbst traubenförmig. So wie die Gestalt variirt auch die Grösse der Parietalbläschen. Die kleinsten, am primitivsten gebauten messen nur geringe Bruchtheile eines Millimeters und sind mit dem blossen Auge kaum wahrzunehmen. Aber schon da, wo sie nur 0,5 — 1 mm gross sind, fallen sie sofort bei der Präparation auf {Cpnthia sigillafa, Forlesella tesselata, Styela varia- hilis, Folycarpa tuherosa, Stolonica aggregata, Heterocarpa glomerata), 09* 500 Ascidien. um so mehr natürlich, wo sie 1 mm überragen {Styela armatci) und 2 oder 3 mm {Folycarim varians, P, rustlcd) und selbst mehr als 4 mm {ßlicro- cosmus sjyinosus) messen. Die Parietalbläschon treten manchmal schon durch eine besondere Färbung hervor. Zumeist sind sie freilich wenig auffallend getönt, grau oder auch ziemlich hell, fast weiss {Polycarpa comata). Sind aber alle oder fast alle anderen Organe abweichend gefärbt, z. B. roth, wie bei Styela armata (Textfigur 121), so werden die grauen Endocarpen natürlich besonders hervortreten müssen. Zuweilen unterscheiden sich die Parietalbläschon nur wenig von den Greschlechtsorganen, so dass sie von älteren Autoren mit diesen verwechselt werden konnten, meist aber sind sie dem Kundigen leicht kenntlich. Fig. 121. en- jj^,.""^L^ om df m. Anatomie der Styda armata nach Entfernung des Kicmendarms. (Nach Lacaze- Dutlüers und Belage), ^/j. a = Anus; df = Hinterende der Dorsalfalte; e = Egestionsöifnung ; en = Endocarps; fb = Plimmerhogen ; fg = Flimmergrube; h = Hoden; i = Ingestionsöffnung; it = Intestinum; in = Magen; o = Ovarium; oe = Oesophagus; om = Eingang in den Oesophagus; t = Mundtentakel. Die Organe können überall im ganzen Bereich der Peribranchial- räume und der Cloake vorkommen; sie fehlen auch oft nicht in der un- mittelbaren Umgebung der Egestionsöffnung, manchmal sitzen sie gerade hier, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch besonders zahlreich {Den- drodoa glandaria, Styela rusticä). Manchmal finden sie sich allerdings auch wieder hauptsächlich im hintersten, hinter der Kieme gelegenen Abschnitt {Dendrodoa lineata) oder zwischen den Geschlechtsdrüsen {Styda Zahl und systematische Bedeutung der Endocarpcn. 501 aggregata). Oft scheineu sie annälireud gleiclimässig über die ganze äussere Peribranchialwand vertheilt zu sein (Textfigur 121); nur hin und wieder an diesen oder jenen, bei den verschiedenen Individuen einer Art wechselnden Stellen beobachtet man eine dichtere Gruppirung. Die Zahl der Parietalbläschen schwankt innerhalb sehr weiter Grenzen. Sehr selten ist sie so gering, dass sie nur ungefähr ein Dutzend beträgt oder sogar noch weniger {Forlesella tesselata). Zumeist steht die Anzahl der Organe in umgekehrtem Verhältniss zu ihrer relativen Grösse. Sind die Endocarpen im Vergleich zum Gesammtkörper gross, so sind sie fast immer nicht sehr zahlreich. Auch 50 — 60 Bläschen in einem Thier gelten nur als geringe Zahl {Microcosmus spinosus) , und auch etwa 100 {Stijcia arinafa, Styelopsls grossularia) wird man nicht gerade viel nennen dürfen. Bei Polycarpa varians steigi die Zahl auf über 200, bei Cynthia sigülata auf mehr als 300, und zuweilen finden sich 400 und noch mehr kleine Endocarpen in einem Thier {Styela variahilis). Die individuellen Unterschiede der Endocarpenzahl sind stets erheb- lich, am bedeutendsten natürlich da, wo normaler Weise besonders viel Bläschen zur 'Ausbildung gelangen. Mehrfach hat man den Parietalbläschen eine hohe systematische Bedeutung beigemessen, und auch Kupffer erklärt: „für die Syste- matik bieten die Endocarpen einen wichtigen Anhaltspunct." Indessen glaube ich doch, dass bei der ausserordentlichen Variabilität der Grösse und auch Gestalt der Organe in einem Thier, der Zahl bei den ver- schiedenen Individuen einer Species, dieses Merkmal nicht überschätzt werden darf. Sind die Unterschiede nicht sehr erheblich und durch- greifend, so wird man wohl fast immer mit individuellen Variationen zu rechnen haben; sind sie es, so wird man vielleicht nicht weiter gehen dürfen, als eine besondere Varietät aufzustellen, denn eine neue Art oder gar Gattung wird meines Erachtens den Nachweis noch anderer unterschei- denden Merkmale fordern. Berechtigt erschiene freilich die Einführung einer neuen Species, wenn die Endocarpen vollständig fehlten, während sie sonst bei der verwandten Art ausnahmslos sich finden; ich glaube aber nicht, dass in einem solchen Fall nicht auch noch andere Unter- schiede im Bau vorhanden sein werden. Als Gattunosmerkmale kommen die Parietalbläschen nicht in Betracht, denn bei verschiedenen Species eines Genus können sie vorhanden sein oder fehlen. Viele Cynthia {C. morus) haben keine Endocarpen, andere {C. sigillata) besitzen sie; in der Gattung Polycarpa finden sie sich fast immer, bei Polycarpa tenera, P. angiiinea Sluit. fehlen sie. Lange Zeit glaubte man das Vorkommen von Parietalbläschen auf die Familie der Cynthiidae beschränkt. Heller (1874) hat zuerst die gleichen Gebilde bei Ascidiideu {Ascidia mentula) nachgewiesen, und sie finden sich mehrfach in dieser Gruppe, allerdings immer nur auf sehr primitiver Ausbildungsstufe. Sie sind hier selbstständig und ganz un- 502 Asciclien. abhängig von den Cyntlüdeen aufgetreten. Das Gleiche gilt für die Polystyelidon. Die physiologische Bedeutung der Parietalbläschen ist sehr verschieden heurtheilt worden und bis auf den heutigen Tag in einer allgemein befriedigenden Weise nicht aufgeklärt. Von den älteren Autoron hat Savigny die Endocarpen bei Ci/nthia papillata und bei der Cyntliia jpomaria, die Heller nur für eine Varietät seiner Tolycarpa varians hält, von den Geschlechtsorganen wohl unterschieden und als „vesicules gelatineuses attachees aux parois internes de la tunique" be- zeichnet; bei der Stijela canopus aber hat er die Parietalbläschen von den Hodenfollikeln nicht abzugrenzen vermocht und beide als „excrois- sances diverses", deren Bedeutung unbekannt sei, zusammengefasst. Solche Verwechselungen scheinen bei Sti/cla und Polycarjta mehrfach begangen worden zu sein, und es lässt sich in der That auch nicht in Abrede stellen, dass zwischen Parietalbläschen und gewissen Geschlechts- drüsen (Polycarpen), die in Kückbildung begriffen sind und ihren Inhalt entleert haben, manche Aehulichkeiten bestehen. So konnten noch letzthin L acaze-Duthiers und Delage darüber im Zweifel sein, ob die von ihnen bei Forhesella tesselata beobachteten Körperchen abgelöste Hoden- läppchen oder Parietalbläschen seien. Diese letzteren sind zuweilen deshalb leicht zu verkennen, weil sie in alten Thieren von der Peri- branchialwand sich vollkommen abschnüren und frei in der Peribranchial- und Cloakenhöhle liegen können {Styclopsis grossularia nach Julin). Wenn nunmehr auch die Thatsache sicher steht, dass die Endo- carpen in ihrer Function sich von den Geschlechtsorganen ganz ver- schieden verhalten, da sie niemals Geschlechtszellen führen, so fehlt es doch nicht an Stimmen, die eine gewisse morphologische Gleichwerthig- keit beider Organe behaupten. Eine solche Auffassung stützt sich darauf, dass sehr oft die Hodenläppchen oder auch die kleineu Zwitterdrüsen, die sog. Polycarpen, aus dem bindegewebigen Mesoderm der Leibes- wand entstehen und, so wie die Endocarpen, von dem äusseren Peribran- chialepithel umschlossen, in die Peribranchialräume hineinragen. Lacaze- Duthiers und Delage sind der Ansicht, dass die Geschlechtsdrüsen und Parietalbläschen aus im Bau vollkommen übereinstimmenden, homo- logen embryonalen Anlagen hervorgehen, weiterhin aber nach zwei ver- schiedenen Eichtungen hin sich fortentwickeln. Auch Roule (1885) hält beiderlei Organe für homologe Gebilde. Nachdem man erkannt hatte, dass die Endocarpen keine Geschlechts- zellen produciren, musste man ihre physiologische Bedeutung in einer anderen Richtung suchen. Der histologische Bau schien es nahe zu legen, den Bluträumen in den Parietalbläschen die grösste Wichtigkeit beizumessen. Darauf beruht die Auffassung Kupffer's, dass die Endo- carpen bestimmt sind, dem durch die Contraction der Hautmuskeln nament- lich aus der Leibeswauduno- verdräno-ten Blut Abflussräume zu bieten. Daher beobachtet man beim Eröffnen einer lebenden, stark contrahirten Physiologische Bedeutung der Endocarpen; Cloakaldrüsen. 503 Cyntliidee die zwischen den grossen Körpermuskeln in der Leibeswand verlaufenden Blutgefässe ziemlich arm an Blutflüssigkeit, die Lacunen der Endocarpen dagegen erweitert und prall gefüllt. Damit verträgt sich sehr gut die Ansicht Heller's (1877), dass die Anwesenheit der Endo- carpen eine zu starke Stauung des Blutes in einzelnen Gefässbezirken verhindere und ein Ausweichen der Blutströme in diesen seitlichen Diver- tikeln ermögliche. Dass die Parietalbläschen als Bluträume führende Organe eine gewisse Bedeutung in dem von Kupffer angedeuteten Sinne haben dürften, ist sehr wahrscheinlich. Wichtiger scheinen sie mir aber aus einem anderen Grunde zu sein, wenn man freilich auch ihre physiologische Bedeutung, alles in allem genommen, nicht gerade sonderlich hoch anzuschlagen hat; das möchte sich schon daraus ergeben, das manchen Species bestimmter Gattungen die Organe durchaus fehlen, ohne dass daraus der geringste Nachtheil für sie zu erwachsen scheint. Wie schon Herdman (1882) für die Gattung Polycarpa ausführte, scheinen hier die Endocarpen haupt- sächlich zum Schutze für die Geschlechtsorgane zwischen diesen zur Ent- wickelung gelangt zu sein, und ähnlich äussern sich L acaze-Duthiers und Delage. Diese Forscher glauben, dass die Endocarpen als eine Art elastischer Polster dienen, die die Kiemenwand bei starken Con- tractionen der Muskulatur stützen und verhindern, sich fest an die Leibes- wand anzulegen. Auf diese Weise bleiben stets die Peribranchialhöhlen wenigstens als ein schmaler Spaltraum erhalten und die Athmungsthätig- keit ununterbrochen. Das scheint mir durchaus zutreffend zu sein, und ich möchte nur hinzufügen, dass die Parietalbläschen zum Theil die Stelle der Trabekel vertreten, wenngleich diese letzteren besser als jene die Aufgabe erfüllen können, den Kiemendarm zu stützen und die Peri- branchial- und Cloakenräume klaffend zu erhalten. Morphologisch ent- sprechen die Endocarpen nur den äusseren Abschnitten der Trabekel, da die Kiemenwand sich an ihrer Bildung in keinem Fall betheiligt und sie durchaus vom äusseren Peribranchialepithel umschlossen werden. 4. Die Cloakal- und Pharyngealdrüsen. Bei Styela aggregata var. americana (= Cyntliia partita Stimpson) hat Metcalf (1900) eigenartige Driisencanälcheu beschrieben, die regellos über die ganze Oberfläche des Cloakenraums und des vordersten Kiemen- darmabschnittes vertheilt sind. Die Drüsen stellen entweder einfache, schlauchförmige oder am blinden Ende gegabelte Ausstülpungen des Epithels dar, die in das Bindegewebe der Leibeswand hineinragen und mit kleinen Ostien in den Pharynx beziehungsweise in die Cloakenhöhle sich öfinen. Die Canalwand ist nicht an allen Stellen einschichtig, sondern über weite Strecken hin erfolgt oft einfe lebhafte Zellwuchorung und eine Auflösung der epithelialen Wandungen in vielschichtige, un- regelmässige, lockere Zellhaufen, deren Elemente so wie die an den 5Q4 Ascidien. anderen Stellen der Canälchen secretorische Bedeutung zu haben scheinen. Dieses Proliforiren der Canalwände erinnert lebhaft an die Bildung der Neuraldrüse aus der Wand des Flimmergrubencanals, wie sie in sehr primitiver Form Julinia zeigt (s. oben p. 311). So wie es häufig bei der Neuraldrüse zu beobachten ist, bilden auch die Wucherungen der Cloakaldrüsenwände eine spongiöse, drüsige Masse. In ihrem Bau stimmen die in die Cloakenhöhle und in den Pharynx einmündenden Schläuche durchaus überein. Die physiologische Bedeutung dieser Organe ist unsicher. Andeutungen über die Beschaffenheit des Secrets fehlen; ist ein solches überhaupt vorhanden, so dürfte es leichtflüssig und fast wasserhell klar sein, denn sonst hätte es wohl wahrgenommen werden müssen. Für die Verdauung könnte das Secret kaum von Wichtigkeit sein, denn die Einmündung von Drüsen, die Verdauungssecrete liefern, in die Cloaken- höhle wäre unverständlich, da sich hier nur noch die Kothballen, aber nicht mehr resorptionsfähige Stoffe finden. Metcalf glaubt, dass die Cloakendrüsen eine ähnliche Function ausüben, wie die Neuraldrüse, deren physiologische Bedeutung er aber für ganz unsicher hält. Wenn er das Auftreten der Drüsencanälchen in der Pharynx- und Cloakenwand aus der Mächtigkeit der Leibesmuskulatur dieser Styela zu erklären sucht, so ist daran zu erinnern, dass zahlreiche andere Monascidien einen nicht minder entAvickelten Hautmuskelschlauch tragen, ohne diese Drüsen zu besitzen. 5. Die morphologische Bedeutung der Peribranchialräume und der Cloakenhöhle. Die morphologische Bedeutung der Peribranchialräume ist sehr ver- schieden beurtheilt worden. So lange man mit Mets chnikof (1868/69) an eine entodermale Entstehung der Peribranchialräume glaubte und diese aus frühzeitig sich bildenden Divertikeln der Kiemendarmanlage hervor- gehen Hess, schien eine Uebereinstimmung mit der enterocölen Leibes- höhle der Echinodermen und Würmer nahe zu liegen. Mets chnikof selbst wies auf solche Beziehungen hin und betonte im Besonderen die morphologische Gleichwerthigkeit der Peribranchialräume der Ascidien und des Hydrocöls der Echinodermen. Auch das Verhalten des Peri- branchialraums und seiner Wandungen im voll entwickelten Thier, wie es oben für eine Anzahl Ascidien beschrieben worden ist, scheint öfters durchaus geeignet, die Ansicht zu imterstützen, dass die Peribranchial- höhlen die Stelle einer secundären Leibeshöhle vertreten. Ich erinnere hier an solche Fälle, in denen der ganze Darmcanal und die übrigen Eingeweide vom Peribranchialepithel wie von einem visceralen Blatt um- hüllt und von den Peribranchialräumen wie von einer enterocölen Höhle umgeben werden (s. oben p. 491 und 494 Textfig. 119 und 120). Allerdings ist es nur der hintere Abschnitt der Peribranchialräume, der derartige . Morphologische Bedeutung der Perihranchialräume. 505 Beziehungen zu den Eingeweiden zeigt, während der weitaus grössere vordere seine ursprüngliche Bedeutung bewahrt, den Kiemendarm umgicbt und mit diesem durch die Kiemenspalten in dauernder Verbindung steht. Auf Grund solcher anatomischen* Befunde hat auch Della Valle (1881/82) den Peribranchialraum mit einem Enterocöl identificirt und das äussere Epithel als „parietales", die innere Peribranchialwand als „viscerales" Blatt des Mesoderms bezeichnet. In der Knospenentwickelung entstehen thatsächlich, wie Mets chni- kof irrthümlich auch für die Embrj'onalentwickelung angenommen hatte, die Peribranchialräume aus paarigen seitlichen Ausstülpungen des inneren Knospenblattes, und damit erscheinen beim ersten Anblick recht auf- fallende Aehnlichkeiten zur Enterocölbildung. Es ist aber bereits, und zwar zuerst von Seeliger (1882), nachgewiesen worden, dass die Vorgänge bei der Ascidienknospung nicht ohne Weiteres auf die ursprüng- lichen phylogenetischen Entwickelungserscheinungen zu schliessen ge- statten, weil bei der ungeschlechtlichen Entwickelung sehr tief greifende cenogenetische Processe eingetreten sind. Dadurch, dass die Knospen- entwickelung gegenüber der Embryonalentwickelung wesentlich verkürzt ist, rücken solche Vorgänge, die zweifellos phylogenetisch erst spät auf- getreten sind, an den Anfang der gesammten Knospenbildung. Das gilt im Besonderen von der Bildung der Peribranchialräume, die in den Ascidienknospen Avenig ursprüngliche Züge mehr erhalten zeigt und daher eine Uebereinstimmung mit der Enterocölbildung nur vortäuscht. Die Thatsachen der Embryonalentwickelung der Ascidien und ver- gleichenden Anatomie der Tunicaten geben über die wahre Bedeutung der Peribranchialräume und Cloakenhöhle befriedigenden Aufschluss. Allerdings Avar es nicht ganz leicht, die eingangs dieses Kapitels (p. 484) kurz erwähnte Entstehungsweise festzustellen. Noch 1884 hatten Van Beneden und Julin behauptet, dass die Wände des Peribranchialraums grösstentheils entodermal seien, und dass nur ein verhältnissmässig kleiner Theil der Cloake aus den paarigen Ectodermeinstülpungen hervor- gehe. Diesse Angaben liesen sich bis zu einem gewissen Grade mit der Auffassung, dass die Peribranchialräume Cölomsäcken zu vergleichen seien, wohl in Uebereinstimmung bringen, und daraus erklärt es sich auch, dass Delage und Herouard (1898) jenen Autoren eine solche Ansicht zuschreiben, obwohl sie thatsächlich einen solchen Schluss nicht gezogen haben. Jedenfalls aber beurtheilt Selys-Longchamps (1900) die geschichtliche Entwickelung der Frage nach der morphologischen Bedeutung der Peribranchialräume nicht zutreffend, wenn er Van ßeneden und Julin das Verdienst zuschreibt, zuerst nachgewiesen zu haben, dass die Peribranchialhöhle einer enterocölen Leibeshöhle nicht homolog sein könne. Eine solche Auffassung ergab sich zwar schon aus den Untersuchungen Kowalevsky's (1876), doch wurde erst später von mir (1884, 1893) in einwandsfreier Weise an vollständigen Schnitt- serien die ectodermale Herkunft der Peribranchialwände festgestellt und 506 Ascidien. das Organ als oino phylogenotisch verliältnissmässig spät auftretende Bildung erkannt, die sich im engsten Zusammenhang mit dem Kiemen- darm allmählich umgestaltet. Es ist bereits oben (p. 374 u. fg.) ausgeführt worden, in welcher Weise die Vervollkommnung der Ascidienkieme erfolgt, und es ist ohne Weiteres klar, dass gleichzeitig die Peribranchialräume sich ausdehnen müssen, da ihre Innenwandungen sich an der Kiemenbildung betheiligen und das äussere Kiemenepithel darstellen. Eine so umfangreiche Aus- breitung der Peribranchialräume nach hinten, wie sie oben für Botryllus und Styeloims erwähnt wurde, lässt sich allerdings aus den Bedürfnissen des Kespirationsorgans nicht erklären und muss als eine Besonderheit aufgefasst werden, die in verschiedenen Gruppen bei einfachen und zu- sammengesetzten Ascidien selbstständig sich hervorgebildet und zur Ent- wickelung ähnlicher Endformen geführt hat. Diese convergente Ent- wickelung äussert sich eben darin, dass Darm und Eingeweide vom Peribranchialepithel ganz nach Art von enterocölen Leibeshöhlenepithelien umhüllt werden. lieber die complete Homologie der Peribranchialräume und der Cloake bei allen Ascidien wird ein Zweifel nicht bestehen können, gleich- gültig, ob diese Organe über grössere oder kleinere Abschnitte des Körpers sich ausdehnen. Der Vergleich mit den Spiracularhöhlen der Appendicularien aber wird erst durch die Embryonalentwickelung der Ascidien erwiesen. Denn bei den Ascidienembryonen treten zunächst zwei selbstständige Ectodermeinstülpnngen auf, die rechts und links in der Kegel zunächst nur durch zwei Kiemenspalten mit der Kiemendarm- höhle in Verbindung stehen. Diese beiden embryonalen Peribranchial- bläschen gleichen durchaus den Spiracularhöhlen der Copelaten, nur dass diese immer nur durch ein Spiraculum in den Kiemendarm sich öffnen. Der nnpaare Cloakenraum der Ascidien ist eine in dieser Gruppe erst entstandene Neubildung, die dadurch hervorgerufen wurde, dass die beiden Bläschen sich dorsal zu ausdehnten und median vereinigten, der Art, dass die beiden Einstülpungsstellen zur Bildung der unpaaren Egestionsöffnung zusammentraten (s. oben p. 162). X. Der Circulationsai)i)arat, Epicard und Perivisceralhöhle. Die verschiedenen Organe, die in diesem Kapitel behandelt sind, vereinigen sich nicht alle zur Bildung eines einheitlichen Organsystems höherer Ordnung, denn die Epicardial- und Perivisceralhöhle sind im ausgebildeten Thiere stets von den Höhlungen des centralen und peri- pheren Gefässsystems vollkommen abgetrennt. Bei einer grossen Zahl Ascidien ist das gleiche Verhalten auch auf allen Stadien der Entwicke- lung zu beobachten. Wenn ich trotzdem das Epicard an dieser Stelle bespreche, so geschieht das lediglich in Kücksicht auf die Angaben Van Beneden's und Julin's, denen zu Folge bei mehreren Gattungen Herz und Pericard. 507 dieses Gebilde mit dem Herzen und Pericardium aus einer gemeinsamen embryonalen Anlage hervorgehen und längere Zeit organisch verbunden sein soll. In dem die Embryonalentwickelung der Ascidien behandelnden XIV. Kapitel wird man das Nähere über die Entstehung des Herzens .nachlesen können. Das Centralorgan des Circulationsapparates und die sich anschliessen- den Gefässstämme haben zwar Heller (1874) und Koule (1884) als die beiden Abschnitte einer einheitlichen Embryonalanlage nachzuweisen ver- sucht, allein in Wirklichkeit besteht eine so innige Beziehung nicht. Herz und Pericardium entstehen vollkommen unabhängig von den Blut- gefässen imd stellen zuerst ein einfaches oder paariges Bläschen dar, dessen Herkunft aus dem inneren Keimblatt für viele Fälle sicher er- wiesen ist. Alle Blutbahnen treten dagegen zunächst als Lacunen im Bindegewebe beziehungsweise in der Gallerte der primären Leibeshöhle auf und erhalten, insofern sie nicht besonderer Wandungen überhaupt entbehren, erst nachträglich eine endotheliale Begrenzung. Es ist daher durchaus unzutreffend, das Herz nur als einen umgebildeten Theil des ventralen Blutgefässes aufzufassen. Da aber die Herzhölile in gleicher Weise wie die Blutbahnen von der in rhythmischer Bewegung begrift'enen Blutflüssigkeit erfüllt ist, wird sich kaum etwas dagegen einwenden lassen, dass diese Organe hier eine gemeinsame Besprechung gefunden haben. 1. Das Herz und Pericard. Auf frühen embryonalen Stadien stellen Herz und Pericard ein voll- ständig abgeschlossenes Zellbläschen dar, dessen innere, nach dem Darm- canal zu gekehrte Wand sich gegen die äussere, stark convex gekrümmte einzustülpen beginnt. Indem die Einstülpung immer tiefer wird und gleichzeitig die seitlichen Eiustülpungsränder sich einander nähern, um zuweilen ganz miteinander zu verwachsen, entsteht ein doppelwandiges Rohr, das nur an zwei Stellen, vorn und hinten, sich in die primäre Leibeshöhle öffnet. Bei vielen Molguliden schreitet die Herzeinstülpung nicht so weit vor, dass sich die Umschlagsränder aneinander legen, sondern diese bleiben weit von einander entfernt, und das ganze Organ gleicht dann einer doppelwandigen Kinne. Die äussere Wand bildet das Pericardium, die innere das Herz oder Myocard; zwischen beiden liegt die von der Leibeshöhle vollkommen gesonderte Pericardialhöhle, während die Herzhöhle vom Myocard umschlossen wird. Aus dieser Entstehung der Herzwand durch Einstülpung — ein etwas abweichender Bildungsmodus wird in dem die Ontogenie behandelnden Kapitel für Ciona mitgetheilt werden — erklärt es sich, dass Myocard und Pericard niemals vollkommen getrennt neben einander bestehen, sondern stets an bestimmten Stellen in einander übergehen (Fig. 2-5, Taf. XXIII). Man hat daher mit Recht das Herz als viscerales Blatt des Pericards bezeichnet (Van Beneden und Julin). Nichtsdestoweniger empfiehlt es sich, in Rücksicht auf 508 Ascidien. die verschiedeno pliysiologisclio Bedeutung und auf den verschiedenen histologisclion Bau, liier bei der Besprechung Herz und Pericardium in besonderen Abschnitten getrennt zu behandeln, a. Bas Hers. Das Herz im engeren Sinne wird nur durch die innere Wand des doppelwandigen Organs dargestellt. Entsprechend der oben erwähnten Entstehungsweise zeigt die Herz- wand eine in der Längsrichtung des Schlauches gewöhnlich ziemlich geradlinig verlaufende Sutur; hier geht das Myocard in das Pericard über. Französische Autoren haben die Sutur als „fente cardiaque" be- zeichnet, doch ist zu beachten, dass es sich wohl niemals um eine offene Spalte handelt*), sondern dass hier stets die Herzhöhle verschlossen erscheint. Der Verschluss wird in der Regel durch Bindegewebe (Fig. 12, Taf. XXIII) resp. durch eine Mesenchymzellplatte (Fig. 4, Taf. XXIII) bewirkt. Es mag vielleicht auch vorkommen, dass das Epicard direct an den Herzschlitz sich anlegt und diesen schliesst, aber das gewöhnliche Verhalten ist das nicht, wenigstens nicht im ausgebildeten Thier, obwohl Van Beneden und Julin das annehmen. Bei Molguliden scheint zuweilen der Nierensack die weite Herzspalte direct zu bedecken. Nur am vorderen und hinteren Ende des Herzschlauchs bleiben seine Umschlaosränder in -das Pericard mehr oder minder weit klaffend, ohne jemals mit einander zu verwachsen oder durch B-indegewebe verschlossen zu werden. Diese beiden Ostien führen in die beiden grossen, aus dem Herzen entspringenden Blutgefässe, beziehungsweise in die an das Herz sich anschliessenden Blutlacunen. Dass ausser diesen beiden Ostien bei manchen Ascidien noch mehrere andere, seitlich gelegene vorkommen, halte ich für sehr unwahrscheinlich, obwohl Heller (1875) dieses Ver- halten für Äscidia fumigata abbildet. Zuweilen scheinen allerdings sowohl am vorderen wie hinteren Herzende nicht nur ein, sondern zwei Gefäss- stämme entspringen zu können. So erwähnt Her dm an (1886), dass bei CoMla pedunciilata vorn 2, hinten sogar 3 Gefässe aus dem Herzen hervortreten, und auch bei Äscidia mentida (Textfigur 127, p. 539) soll sich nach Heller (1874) ein ähnlicher Gefässursprung finden. Ich möchte aber annehmen, dass auch hier ursprünglich an jedem Ende nur ein Ostium vorhanden war, das entweder nur scheinbar dadurch in mehrere sich zerlegt darstellt, dass 2 oder 3 Gefässwurzeln sich dicht an einander legen und die einheitliche Herzöffnung verdecken, oder dass in der That durch nachträgliche Einschnürungen des Ostiumrandes mehrere getrennte 0 Öffnungen geschaffen wurden. *) Meines Wissens behauptet mir Maurice, dass bei Fragaroides diese Herznaht offen bleibt, weil sie von dem Epicard nicht überdeckt werde, und dass die Herzhöhle in ihrer ganzen Länge, und nicht nur durch zwei endständige Ostien mit den Lacunen der primären Leibeshöhle in Verbindung steht. Gestalt des Herzens. 509 Bei den kleineren nnd dnrchsichtigeren Ascidien lässt sich das Herz sehr leicht im lebenden Zustand unter dem Mikroskop beobachten. In den grösseren Thieren kann man es gewöhnlich ohne besondere Mühe durch Präparation freilegen und dann nach verschiedenen Methoden genauer untersuchen; es ist auch hier, so lange es in Thätigkeit steht, an den rhythmischen Pulsationen zwischen den übrigen Eingeweiden leicht wahrzunehmen. In mangelhaft conservirten Thieren mancher Arten ist das Herz nicht immer ganz leicht aufzufinden; immerhin wurde das Organ mit seiner Pericardialhülle bereits 1777 von Dicquemare und später (1815) von Cuvier und Savigny bei einer ganzen Reihe einfacher Ascidien unzweideutig nachgewiesen. Bei den Synascidien, von denen zunächst vornehmlich in Alkohol aufbewahrte Exemplare untersucht wurden, gelang es anfänglich nicht, das Centralorgan des Gefässsystems zu erkennen. Savigny sah es nur bei Diazona, nimmt aber wohl an, dass es überall vorhanden sei, denn er betont ausdrücklich „le coeur de ces petits animaux est encore ä trouver". Später beobachtete es Li st er (1834) bei Ferophora, aber erst durch Mi Ine Edwards (1839) wurde das allgemeine Vorkommen des Herzens bei den Synascidien festgestellt. Zwar kannte man auch jetzt noch einige Ascidien, bei denen ein centrales Pulsationsorgan gänzlich zu fehlen schien. Das wird z. B. noch in der ersten Auflage dieses Werkes (1862) von Bronn ausdrücklich für die Gattung Pelonaca erwähnt, der dadurch allen andern Ascidien gegenüber eine Sonderstellung eingeräumt erscheint. Freilich hat später Kupffer (1874) bei Pelonaea cornigata das Herz als ein ansehnlich langes Gebilde zwischen der Darmschlinge nachgewiesen, und gegenwärtig kennen wir keine Species unter den Ascidien, der das Centralorgan des Gefässsystems bestimmt fehlen möchte. Die (xestalt des Herzens schwankt bei den verschiedenen Gattungen und Arten, wenngleich selbst individuelle Unterschiede auftreten, nur innerhalb gewisser Grenzen und lässt sich stets auf eine langgestreckte oder mehr oder minder stark verkürzte Schlauchform zurückführen. Die Verkürzung kann so weit gehen, dass der Durchmesser des Herzrohres der Länge nahe kommt, ja sie vielleicht gelegentlich noch überragt, während häufig, namentlich bei den grossen Monascidien {Äscidiiden), der Herzschlauch so gestreckt erscheint, dass seine Länge den Quer- durchmesser des Lumens um mehrere Dutzend Mal übertrifft und mehr als ein Drittel oder gar die Hälfte der gesammten Körperlänge er- reichen kann. Das Herz vieler Molguliden gleicht in Folge der ausser- ordentlichen Weite der Herzspalte nicht einem Rohr sondern einer weit offenen Rinne oder einer stark gebogenen Platte, und erinnert an das Myocard der Appendicularien (Textfigur 133). Die Axe des Herzschlauchs verläuft in der Regel nur dann in einer geraden Linie, wenn sie verhältnissmässig kurz ist. Zeigt das Herz eme lange Röhrenform, so ist es wohl stets mehr oder minder stark bogen- förmig gekrümmt. Häufig läuft dann der Herzbogen dem Aussencontur *o ö' 510 A seidien. des hinteren und ventralen Körperendes ungefähr parallel (Ascidia aspera, Ascidia fumigata). Zuweilen zeigt ei; bedeutendere winklige Knickungen, die bei Ciona intestinalis^ einigen Cynthien und anderen so ausgeprägt sind, dass eine enge V förmige Schleife entsteht, deren beide Schenkel dicht neben einander liegen (Fig. 1 und 6, Taf. XXIV) und gemeinsam vom Pericardium umschlossen werden (Fig. 7, Taf. XXIII). Bei den Poly- cliniden ist, wie schon Milne Edwards erkannte, das am hintersten Körperende gelegene Herz stets hufeisenförmig gekrümmt; die beiden Schenkel verlaufen entweder divergierend oder annähernd parallel von hinten nach vorn zu. Auf den Durchschnitten durch die hintere Herzregion findet man daher — abgesehen von dem später zu besprechenden Epi- card — beide Herzschenkel getroffen, die, ähnlich wie bei Ciona, Non einem gemeinsamen Pericard umhüllt werden (Textfigur 122). Auch bei Diasona, Rhopalaca etc. ist das Herz u-förmig gekrümmt. Die regelmässige Schlauchform des Herzens erfährt während der Contractionen der Herzmuskulatur in gesetzmässiger Weise auftretende Störungen. Da die Contractionswellen im Myocard von dem einen Herz- ende zum anderen vorschreiten und so rasch sich folgen können, dass Fig. 122. V D Querschnitt durcli das liintere Körperende von Fragaroides aurantiacum. (Nach Maurice.) ^7i- hg = Bindegewebe; ec = Ectodermepithel; ej) = Epicard; Jiz = Herz; j;c = Pericard; D = Dorsalseite; V = Ventralseite. an einem langen Herzschlauch zuweilen eine zweite und dritte Welle auftreten, bevor die erste noch vollständig abgelaufen ist, erscheint das Herzlumen an den verschie- denen Stellen enger oder weiter, enger an den Stellen der Systole, blasig erweitert, wo die Diastole eingetreten ist. Vielleicht lassen sich auf diese physiologischen Vor- gänge die Angaben mancher Autoren zurückführen, die das Herz aus mehreren hinter einander liegenden Abschnitten zusammen- gesetzt darstellen. Im Besonderen scheint mir das von Pelonaea corrugata zu gelten, bei der nach Kupffer der lange Herzschlauch aus drei nur durch enge Ostien mit einander verbundenen Theilen bestehen soll. Möglicherweise könnte aber immerhin bei der einen oder anderen Form in der That eine persistirende Sonderung des Herzens in zwei oder drei Abschnitte erfolgt sein, obwohl das in Kücksicht auf den stets statt- findenden Wechsel in der Kichtung des Blutkreislaufs nicht gerade sehr wahrscheinlich ist. Nach Heller (1875) befindet sich bei vereinzelten Individuen der Ascidia menüda und ziemlich allgemein bei Ascidia fumigata am dorsalen Hinterende des Herzens eine rundliche Anschwellung. lieber die Natur dieser letzteren siebt die leider nur wenio: verständliche Darstellung Gestalt und Grösse des Herzens. 511 Hell er 's keinen genügenden Aufscliluss, denn es heisst nur, dass die Anschwellung ,,iin Innern von einem ziemlich festen, runden schwarzen Körper ausgefüllt wird. Dieser Körper besteht aus lamellösen, con- centrischen Schichten, die wie die Häute einer Zwiebel über einander gelagert sind." Vorhöfe, seitliche Divertikel, Klappen oder ähnliche Bildungen sind am Ascidienherzen nicht vorhanden, und die Angaben älterer Autoren über derartige Organe haben sich durchweg als irrthümlich herausgestellt. Das gilt im Besonderen von der Beobachtung Delle Chiaje's, dass am Herzen der grossen Monascidien Klappenapparate vorkämen, die einer- seits den Eintritt des Blutes von der „Aorta" in das Herz verhindern und andererseits den Kückfluss des in das Herz bereits eingetretenen Blutes in die zuführenden „Venen" unmöglich machen. Es liegt auf der Hand, dass eine Umkehr des Blutstromes bei derartigen Einrichtungen vollkommen ausgeschlossen wäre, und es konnte daher schon Milne Edwards (1839) für Ciona intestinalis den Nachweis führen, dass Herz- klappen nicht vorhanden sind. Soweit ich sehe, ist in neuerer Zeit nur bei Larven von Tolycydus Renieri ein vorhofähnliches Gebilde am Herzen beschrieben worden, und zwar durch Lahille (1890). Die auf frühen Embryonalstadien einfach röhrenförmige Herzanlage gliedert sich bald in zwei ungleiche Abschnitte. Der grössere pulsirt wie ein gewöhn- liches Herz, der kleinere, der Vorhof, ist weniger stark contractu und liegt dem Theil des Gefässsystems zugekehrt, in dem ein geringerer Druck herrscht, d. h. visceral zu, weil die advisceralen Pulse zahlreicher sind als die abvisceralen. Eine Nachprüfung dieser Angaben scheint mir sehr wünschenswerth zu sein. Die Grrösse des Ascidienherzens zeigt sehr bedeutende Unterschiede, üeber die relativen Grössenverhältnisse gegenüber dem Gesammtkörper finden sich schon im vorhergehenden, die Gestalt behandelnden Abschnitt einio-e Bemerkuno-en, aus denen die auffallenden Grössenunterschiede sich ergaben. Da in den Schriften der früheren Autoren bestimmte Zahlen- und Maassangaben über die Grösse des Herzens fast gänzlich fehlen, ist man, wenn die ältere Literatur nicht unberücksichtigt bleiben soll, fast ausschliesslich auf die Abbildungen angewiesen, und diese gestatten sehr oft keine zuverlässigen, eindeutigen Schlussfolgerungen. Ganz abgesehen davon, dass die angewendeten Vergrösserungen häufig nicht erwähnt werden, sind mehrfach auch die Grenzen des Herzens gegen die aus- tretenden grossen Gefässe mit Sicherheit nicht festzustellen. Bei den kleinen Synascidien, besonders da, wo die Schlauch- oder Cylinderform erst wenig ausgeprägt ist, misst die Längsaxe des Herzens nur Bruchtheile eines Millimeters. Bei den grösseren Ascidien ist das Herzlumen stets bedeutender, und im grossen Ganzen stehen Körper- grösse und Herzgrösse in einem gewissen Zusammenhang, wenngleich Abweichungen und Schwankungen in dem wechselseitigen Verhalten selbst bei verschiedenen Individuen einer Species auftreten. Bei Clave- 512 Ascidien, lina lepadiformis und Clavelma Bissoana eiTeiclit der Herzschlauch in circa 3 cm grossen, alten Thieren eine Länge von etwa 5 — 6 mm. Da, so wie das Herz, auch die Gesammtkörperform dieser Ascidien ungefähr cylindrisch ist, lässt sich das Volumenverhältniss näherungswcise leicht feststellen. In der Voraussetzung, dass das ganze Herzrohr gleichmässig prall gefüllt sei, kann man sein Volumen etwa auf ^/^g — ^/^qq des ganzen Leibes bestimmen. Bedeutend länger wird der Herzschlauch bei den grossen Monascidien. Bei Ciona intestinalis misst die Sclileifenlänge 20, 25 und noch mehr Millimeter, und ähnliche Dimensionen finden sich bei Ascidia mentula, Folycarpa varians. Bei CyntJiia morus erreicht die Herzröhre, wie sich aus den von Lacaz e - Duthiers und Delage gegebenen Abbildungen entnehmen lässt, eine Länge von mehr als 4 cm. Die Lage des Herzens ist bei den verschiedenen Arten fest bestimmt, und erheblichere individuelle Variationen sind mir nicht bekannt geworden, wenigstens nicht solche Lageverschiebungen, die ausschliesslich das Herz betreffen. Dagegen muss ich annehmen, dass die bereits oben (p. 451) erwähnten individuollen Verschiedenheiten in der Lage des Darmtractus sich auch auf das Herz beziehen, da die Autoren von einer Verschiebung der ,, Eingeweide" (viscera) sprechen. Die Lagebeziehungen des Herzens zum Darmcanal und Kiemendarm scheinen daher keine erheblicheren Schwankungen aufzuweisen. Dies gilt nicht nur von den einzelnen Species, sondern auch von den Gattungen; und selbst innerhalb der meisten Familien ist die Lage des centralen Gefässorgans nur wenig verschieden, zuweilen fast unveränderlich die gleiche bei allen Arten. Für die Familien der Synascidien hat bereits Milne Edwards die Lage des Herzens als ein systematisch wichtiges Merkmal angeführt. Bei den Polycliniden findet sich das Centralorgan stets am hintersten Körperende, im Postabdomen, weit hinter dem Darm- canal und unmittelbar hinter den Geschlechtsorganen. Bei Didemnideu, und in ähnlicher Weise bei den Claveliniden, liegt es neben dem Ovarium und neben dem Verdauungstractus im sog. Abdomen, und bei den Botryl- liden, bei denen die Sonderung des Körpers in Thorax und Abdomen fehlt, trifft man es noch weiter vorn, dicht hinter dem Kiemendarm, während seitlich von diesem die Geschlechtsorgane liegen. Demnach zeigen, wie Milne Edwards betonte, die Sexualorgane ganz ähnliche Lageverschiedenheiten wie das centrale Pulsationsorgan. Bei den Mon- ascidien trifft man das Herz stets in der Nähe des Darmtrackis, ent- weder innerhalb der Darmschlingc, oder ihr anliegend, bald mehr dem Magen oder Oesophagus, bald dem Intestinum benachbart und den Ver- dauungstractus auf einer längeren oder kürzeren Strecke begleitend. Cuvier glaubte daher, dass die Lage des Herzens von der des Oeso- phaguseingangs abhängig sei, doch besteht eine solche Beziehung nur iudirect und in beschränktem Sinne. Von grosser Bedeutung ist die Lagebeziehung des Herzens gegen- über den gTossen Hauptblutstämmen des Körpers. Es wird weiter unten Histologischer Bau der Herzwand. 5J3 bei der Darstellung des peripheren Gefässsystems näher auseinander- gesetzt werden, dass besonders ein grosses ventrales und ein dorsales Sinussystem unterschieden werden müssen. Das Herz gehört dem ersteren an (vgl. Textfigur 125, p. 528), doch liegt es im Allgemeinen wohl nur sehr selten so weit vorn, als es im Schema gezeichnet ist. Fast immer rückt es näher an das hintere Körperende heran, und die Folge ist dann, dass der hintere Theil des ventralen Sinus nur kurz erscheint, oft gar nicht mehr in der Verlängerung des vorderen liegt, sondern gleich dorsal zu umbiegt. Liegt das Herz ganz am Hinterende des Körpers und ist sein hinterer Abschnitt überdies noch dorsal zu oder, wie bei den Poly- cliniden, sogar hufeisenförmig nach vorn zu gekrümmt, so verlaufen dann auch die aus dem Herzhinterende entspringenden Gefässe nicht mehr auf der Ventralseite nach hinten zu, sondern mehr oder minder dorsal und selbst nach vorn gerichtet (vgl. Textfigur 127). Der Mstologisclie Bau des Myocards. Die Herzwand wird stets von einem einschichtigen Epithel gebildet, das an der inneren, der Herz- höhle zugekehrten Seite Muskelfibrillen entwickelt. Die Fibrillen sind, wie schon ältere Autoren erkannten, quergestreift und liegen sämmtlich in einer Schicht zumeist parallel neben einander. Hin und wieder, wie z. B. bei Ascidia nientula, Ascidia fumigata am vorderen Herzende, bilden die Fibrillen ein zierliches Netz- oder Gitterwerk, indem sie auseinander weichen, sodass kleine Lücken entstehen, und dann wieder sich mit einander verbinden. Bei mehreren Arten habe ich, wie schon frühere Untersucher (Heller, Koule), feststellen können, dass die Fibrillen in der Richtung der Längsaxe des Herzschlauchs von einem Ostium gegen das andere zu verlaufen. Doch ist dieser Verlauf der Fibrillen nicht überall uaclizuweisen. Häufig sind die Fibrillen mehr oder minder schräg, zuweilen fast genau transversal zur Längsaxe des Herzschlauchs ge- richtet, oder sie umkreisen diese in Spirallinien. Diese Verschiedenheiten scheinen mir sehr bemerkenswerth zu sein, denn meines Erachtens müssten damit wahrscheinlich auch gewisse Unterschiede in der Art und Weise der Contraction des Myocards verbunden sein, die bisher nicht beachtet wurden. Ist das Organ nur klein, so sieht man zuweilen leicht, wie die Fasern durch die ganze Länge hindurch reichen, und das mag gelegentlich vielleicht auch in grossen Herzschläuchen der Fall sein, wo der ganze Fibrillenverlauf weniger leicht zu übersehen ist. Oefters sind aber die Fibrillen immer nur kurz und erstrecken sich nur durch eine spindel- förmige Zelle hindurch. Ich kann aber die gleiche Angabe von Van Be- neden für Clavelina nicht ganz bestätigen, denn viele Fibrillen be- sitzen eine recht ansehnliche Länge, und auswärts von ihnen liegen im Bereiche einer Faser häufig mehrere, und nicht nur ein Myocardzellkern. Ueber die feinere Structur der "Fibrillen findet man einzelne Angaben bei Beule (1884) und Van Beneden und Julin (1886), doch wären immerhin noch genauere Untersuchungen erwünscht. Bronn, Klassen des Tliier-Eeichs. lU. Spplt. OO 514 Ascidien. Nach der Seite der Pericardialliölilo zu liegt über der Fibrillen- schiclit das Sarcoplasma, das die Kerne führt. Van Beneden und Jiilin haben diese Schiclit vielleicht nicht sehr zweckmässio: Ectocard genannt und die Bezeichnung Myocard auf die Fibrillenschicht beschränkt. Es ist schon früher (Eoule) aufgefallen, dass die Herzwand je nach den verschiedenen Contractionszuständen ein verschiedenes Aussehen zeigt, dass sie da, wo die Systole eingetreten ist, beträchtlich dicker erscheint als an den Stellen, an denen sie sich in der Diastole befindet. Aus der Vergleichung der Figuren 7 — 9 und 12, Tafel XXIII lässt sich ent- nehmen, dass bei Ciona intestinalis die Unterschiede in der Dicke der Herzwand das 4 — ßfache, ja gelegentlich noch mehr, betragen können. Während in der uncontrahirten Herzwand die Kerne in einer Schicht in grösseren Entfernungen neben einander liegen und das Sarcoplasma nur eine flache Platte darstellt, die gelegentlich über den Kernen buckei- förmig verdickt erscheint, sieht man die contrahirte Muskelwand ihr Sarcoplasma in hohen, unregelmässigen Vorsprüngen gegen die Pericardial- höhle zu vorstülpen, indem die Kerne sich gegen einander zu mehr- schichtigen Lagen verschieben können. Im Sarcoplasma lassen sich bei Anwendung geeigneter Methoden zumeist die Grenzen der Muskelzellen deutlich nachweisen. Ich möchte nicht unterlassen, zu erwähnen, dass Methylenblaulösungen (0,1 g in 100 g Aq. dest.) hier sowie in zahl- reichen anderen Fällen ein überaus geeignetes und leicht anwendbares Mittel sind, um die Zellgrenzen zur Anschauung zu bringen. In den feinen Endothelien des Pericards, der grossen Gefässstämme, bei Echino- dermenlarven etc. treten die typischen polygonalen Zeichnungen ebenso klar und scharf hervor wie nach Silberimprägnationen. Häufig erscheinen die Muskelzellen des Myocards spindelförmig. Die feinere Structur der sarcoplasmatischen Zellkörper bietet Besonder- heiten, die hier ebenso wenig geschildert werden können, wie die der Muskelfibrillen ; auch treten Verschiedenheiten an verschiedenen Stellen eines Organes auf. Erwähnen möchte ich nur, dass häufig das Plasma in reticulärer oder besser wabiger Structur erscheint und oft um die Kerne in dichterer Anhäufung zu finden ist. Zuweilen liegen zwei Kerne in einem Zellkörper dicht neben einander, und ich habe Bilder gesehen, die daraufhindeuten, dass im Myocard alter Thiere gelegentlich directe Kerntheilungen eintreten (Fig. 10, 11, Taf. XXIII). An der inneren, die Herzhöhle begrenzenden Seite der Herzwand haben manche Autoren (Van Beneden und Julin) eine besondere „membrane anhyste" beschrieben. Wo eine solche vorkommt, handelt es sich nur um eine Art cuticularo Bildung, die von den Myocardzellen selbst ausgeschieden wird und die Fibrillenschicht überdeckt. In vielen Fällen ist es mir aber zweifelhaft, ob eine besondere cuticulare Membran überhaupt vorhanden ist und ob nicht vielmehr die protoplasmatische Zellwaud resp. die Fibrillen selbst den inneren Grenzcontur darstellen. Herzendothel. Pericardium. 5]^5 Die Untersucliung der Embryonalentwickelung der Ascidien liatte schon vor längerer Zeit ergeben (Kowalevsky, Seeliger), dass bei Embryonen und Larven ein besonderes, vom Myocard umschlossenes Endo Card nicht vorkommt, und wenn es daher bei gewissen ganz aus- gebildeten Formen in der That sich fände, könnte es sich nur um eine sehr spät aufgetretene Bildung handeln. Es hat dann auch Koule (1884) bei Clona intestinalis au der Innenseite der muskulösen Herzwand ein plattes Endothel, in dem die Zellgrenzen allerdings nur nach Silber- impräguationen nachweisbar seien, beschrieben und abgebildet. Dieses Endothel deutet er als eine Elastica interna, deren Aufgabe es sei, nachdem die Contractionen der Muscularis erfolgt sind, die Erweiterung der Herzhöhle wieder herbeizuführen. Ich habe es aber bei dieser Ascidie ebensowenig auffinden können (vergi. die Abbildungen auf Taf. XXIII) wie andere Untersucher (Herrmann), sondern habe nur gesehen, dass stellenweise die Mensenchym-Blutzellen in der Herzhöhle sich zu Ketten an einander legen und vereinzelt oder in Gruppen dem Myocard sich dicht anfügen, ohne aber ein vollkommenes geschlossenes Blatt darzustellen*). Die theoretische Möglichkeit, dass bei Ascidien ein Herz-Endothel vorkommen könnte, ist allerdings vorhanden, und ich habe mich bereits früher (Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen, 1889) in diesem Sinne ausgesprochen, als ich sagte: „es sollte mich gar nicht Wunder nehmen, wenn bei manchen grossen, ganz ausgebildeten Formen auch innerhalb der Herzhöhle eine solche (endotheliale Auskleidung der Blut- bahn) sich nachweisen Hesse." Zu dieser Auffassung berechtigt die That- sache, dass die Mesenchymzellen in den verschiedenen' Gruppen der Ascidien im Bereiche der grossen Gefässstämme, und bei Salpen auch innerhalb des Myocards, feine endotheliale Wandungen, wenigstens über gewisse Strecken hin, bilden. Van Beneden und Julin hatten da- g-eo-en das oänzliche Fehlen des Endocards bei sämmtlichen Tunicaten besonders betont, indem sie gleichzeitig irrthümlicher Weise annahmen, dass auch die Blutgefässe niemals endotheliale Wandungen besässen. "O' 1). Das Pencardium. Das Pericard unterscheidet sich in seiner Gestalt und Grösse nicht wesentlich vom Myocard. Da es das Herz umhüllt, ist sein Durch- messer natürlich etwas grösser. Befindet sich das Myocard im Zustand *) Zusatz bei der Correctnr. In einem soeben im Anat. Anz. erschienenen Aufsatz beschreibt G. W. Hunter bei Molgida {BostricJiobrancJius) ManJiattensis ebenfalls ein die Herzhöhle auskleidendes Endothel. Bemerkenswerther ist aber die Angabe, dass bei dieser Ascidie sowohl am vorderen wie hinteren Herzende ein Ganglion liegt, das die Herzthätigkeit regelt. Nach Herzganglien ist bereits zu wiederholten Malen, aber stets erfolglos, gesucht worden. 33* 516 Ascidien. der Systole, so ist der Unterschied allerdings ziemlich bedeutend, da die Weite des Pericardschlauchs hei den Horzcontractionen kaum merkbar sich verändert; wenn aber das Herz an der betreffenden Stelle sich wieder erweitert, verengt sich die Pericardialhühle immer mehr und wird vom Herzschlauch fast ganz ausgefüllt. In ihrer Länge stimmen Herz und Pericardium wohl immer nahezu überein. Die Gestalt des Pericards fand ich nur dann in bemerkenswerther Weise von der des Herzens verschieden, wenn dieses eine enge Schleifen- form zeigte, wie es z. B. bei Ciona der Fall ist. Denn hier werden die beiden dicht neben einander verlaufenden Schenkel der mittleren Herz- region gemeinsam vom Pericardepithel umhüllt und erscheinen nicht medial durch dieses septenartig getrennt (Fig. 7, Taf. XXIII, Fig. 6, Taf. XXIV). Das Pericard bildet daher eine umfangreiche, bruchsack- artige Ausstülpung, in welche die Herzschleife eintritt, und verläuft im übrigen nur in einem massig stark gekrümmten Bogen. Die Pericardialwand stellt stets ein mehr oder minder flaches, einschichtiges Epithel dar (Fig. 1 — 5, Taf. XXIIl), das zuweilen in alten Thieren wie eine feine Membran erscheint und dann die Kerne nicht immer ganz leicht erkennen lässt; doch gelingt es in der Eegel durch Methylenblaufärbung so wie durch Silberimprägnation die polygonalen Zellgrenzen und überdies die linsenförmigen Zellkerne hervortreten zu lassen (Fig. 6, Taf. XXIII). Gewöhnlich, und besonders in grösseren Thieren, ist die Pericardial- wand nicht an allen Stellen ganz gleich beschaffen, sondern die Zell- formen und dementsprechend die Dicke des Epithels können innerhalb ziemlich weiter Grenzen variiren. So findet man z. B. bei Ciona stellen- weise ein äusserst zartes Plattenepithel, in dem die Kerne in weiten Abständen von einander stehen (Fig. 14, Taf. XXIII), während in naher Nachbarschaft die Wand beträchtlich dicker, die Zellen wesentlich höher erscheinen und buckeiförmig oder mit zugespitzten Enden in die Peri- cardialhöhle hineinragen (Fig. 13, Taf. XXIII). Eine Gesetzmässigkeit im Wechsel der Epithelbeschaffenheit liess sich nirgend feststellen; viel- leicht sind die Contractionszustände der Herz- und möglicherweise auch der Leibesmuskulatur für das verschiedene Aussehen der Pericardialwand auch von einigem Einfluss. Muskelfasern habe ich in keinem Fall in der Pericardialwand sich entwickeln sehen; diese vermag daher auch nicht selbstständige Con- tractionen auszuführen. Trotzdem verharrt sie wohl selten ganz un- beweglich starr, sondern zeigt zumeist, vielleicht immer, ähnlich einer elastischen Platte, gewisse undulirende Bewegungen. Bei den Synascidien und kleineren Monascidien ist das Pericardium allseitig von dem die ganze primäre Leibeshöhle ziemlich gleichmässig erfüllenden Bindegewebe umschlossen, ohne dass dieses eine besondere Hüllschicht in der Nachbarschaft des Herzbeutels bildet. Zuweilen Bau der Pericardialwand. 517 Fig. 123. vr ^^^ B Ipr-' ^••# * A Frontaler Längsschnitt durch die hintere Körperregion einer jungen Ciona intesti- nalis. 7i- -B Die Verbindungsstelle der Perivisceralhöhlen mit dem Kiemendarm aus einem benachbarten Schnitt bei stärkerer Vergrösserung. -*/i. a = Aeusseres Peribrancbialepithel ; h = inneres Peribranchial- resp. äusseres Kiemen- epithel; hg = Bindegewebe; ec = Ectodermepithel ; en = Entoderm des Kieraendarms; es = Endostylfortsatz; li = Hodenfolhkel ; hz = Herz; it == Intestinum; M = Kiemen- darm; lit = Ligament des Intestinums; lov = Ligament des Ovariums; Ipc = Ligament des Pericärdiums ; Ipr = Peritonealseptum , zwischen Peribranchial- und Perivisceral- höhle ; m = Magen ; ov = Ovarium ; pc = Pericardium ; pl n. pr = linker und rechter Peribranchialraum ; pvl u. pir = linke imd rechte Perivisceralhöhle; r = Ketropharyn- gealrinne. 518 Ascidien. (Ciona) ist das letztere aber der Fall, und man bemerkt dann auswärts von der Pericardialwand eine scharf abgegrenzte BindegewebsscMclit (Fig. 7, Taf. XXIII), deren Dicke an den verschiedenen Stellen ziemlich erheblich variirt (Fig. 13 und 14, Taf. XXIII), Da und dort erkennt man in dieser Bindegewebslage feine capillare Blutbahnen, sternförmige oder spindlige Bindegewebszollen und eine schwach hbrilläre Intercellular- substanz und zuweilen auch Muskelfasern. Diese Schicht ist es, die die Herzspalte ganz verschliesst, indem sie sich in sie einsenkt (Fig. 12, Taf. XXIII). Bei Ciona ist diese Bindegewebslage von einem deutlichen, einschichtigen, ziemlich flachen Epithel umgrenzt, das gleichzeitig die medialen Wände der Perivisceralhöhlen bildet. Diese entstehen, wie weiter unten genauer beschrieben ist, durch Einsenkungen der hinteren Kiemendarmwand und bleiben zeitlebens durch zwei Oeffnungen mit der Kiemendarmhöhle im Zusammenhang (Textfigur 123 Ä und B). Die binde- gewebige Zwischenschicht verbindet diesen Theil des Perivisceralepithels recht innig mit der Pericardialwand, so dass bei flüchtiger Untersuchung alle drei Schichten zusammen zu gehören scheinen und nur als Theile der Pericardialwand aufgefasst werden konnten. Eine derartige irrthümliche Auffassung haben in der That Heller (1875) und später Koule (1884) vertreten, und dieser beschreibt die Pericardialwand als eine Bindegewebsschicht, die an der äusseren und inneren Seite von einer Endothellage begrenzt sei. Das Pericard der Ciona sei demnach viel complicirter gebaut als bei den kleineren Synascidien, und die Herzwand, die einen ganz anderen Bau aufweise, könne daher nicht durch einfache Einstülpung aus ihm hervorgegangen sein. Während er das Herz lediglich als einen umgewandelten Theil des grossen ventralen Gefässes betrachtet, erscheint ihm das Pericard als eine ,,lame mesenterique", die von jenem völlig unabhängig sich bilde. Die Pericardialh öhle ist in der Regel mit einer wasserklaren Flüssigkeit erfüllt, die sehr spärliche eiweisshaltige Substanzen gelöst zu enthalten scheint und daher nur sehr wenig Neigung zur Gerinnung zeigt. Zuweilen findet man auch zellige Einschlüsse, entweder ganze Zellen mit Kernen oder Zellbruchstücke; sie fehlen sehr häufig gänzlich und sind fast immer nur spärlich vorhanden. Die verschiedenen Individuen derselben Species verhalten sich in dieser Beziehung verschieden. Ich glaube, dass die in der Pericardialhöhle schwimmenden Elemente z. Th. vom Myocard abstammen und bei den lebhaften Contractionen des Herz- schlauchs sich abgelöst haben. Es ist schon oben (p. 514) darauf hin- gewiesen worden, dass in der contrahirten Herzwand das Sarcoplasma mit seinen Kernen sich unter zahlreichen buckeiförmigen Erhebungen weit in die Pericardialhöhle vorwölbt (Fig. 9 und 12, Taf. XXIII), und eine Lösung einzelner Zellen oder Zellbruchstücke aus dem Epithel- verband könnte dann leicht vor sich gehen. Dass Zellen oder Zellstücke, wie Roule annimmt, aus der Pericardwand austreten, weil sie durch die Bewegungen des Myocards gelockert und abgetrennt würden, halte ich Die Pericardialhöhle und ihr Iniaalt. 519 beim ganz ausgebildeten Tliier für weniger wahrscheinlich. Ebenso scheint mir auch die Annahme ferner zu liegen, dass embryonale Rest- zelleu, die bei der Bildung des Herzens nicht aufgebraucht würden, normaler Weise in der Pericardialhöhle zurück bleiben. Einer besonderen Erwähnung bedarf ein in der Pericardialhöhle der Ciona liegendes Gebilde (Textfigur 124), das zuerst Heller (1875) genauer beschrieben hat, ohne freilich seine wahre Bedeutung zu erkennen: „Fast reo-elmässio- findet man in dem Herzbeutel zwischen den beiden Schenkeln des Herzschlauchs einen eigenthümlichen Körper, welcher bei den Contractionen des Herzens in der Pericardialhöhle sich auf- und Fie. 124. B \,---/j/f %^ /i A. Querschnitt durch Pericard und Herz einer Ciona intestinalis. ^'Vi. B. (Nach Heine.) Elemente des Pericardialkörpers, stärker vergrössert. hz = Herz resp. Herzhöhle; pc = Pericardialwand; v^i = Pericardialhöhle; pÄ; = Peri- cardialkörper. a — e = Verschiedene Elemente aus dem Pericardialkörper; f = Zell- gruppe, in der eine Anzahl Elemente zu einer einheitlichen Masse verschmolzen sind; g u. h = Quer- und Längsschnitt durch Driisencauälchen. abwäi-ts bewegt. Er hat keine bestimmte Lage, sondern man sieht ihn bald mehr nach oben an der Stelle, wo die beiden Herzschenkol in einander übergehen, bald weiter abwärts, wo dieselben sich von einander entfernen. Auch lässt er sich beliebig mit einer Nadel in der Höhle des Pericardialraums hin- und herschieben, so dass er weder mit dem Herzschlauche noch mit der Wandung des Pericardiums in fester Ver- bindung zu stehen scheint. Er ist ziemlich fest, seine Farbe graulich- weiss oder gelblich, die Form verschieden. Er ist entweder ganz rund, oder auf einer Seite in einen spitzen, zapfenartigen Fortsatz ausgezogen. 520 Ascidien. oder es selien mehrere Fortsätze von ihm aus, wobei dann auch der Mittelliörper eine mehr kantige Form annimmt." Der fragliche Körper ist von allen Beobachtern, die die Ciona ein- gehender untersucht haben, gesehen worden, und Eoule konnte fest- stellen, wie er sich in der Pericardialhöhlo entsprechend den Pulsationen der Herzwand hin und her bewegt. Dieser Forscher meint, dass das Gebilde lediglich eine grössere Gruppe gleichartiger, frei flottirender Mesenchymzellen darstelle, wie sie sonst gewöhnlich nur vereinzelt in der Pericardialhöhlo vorkommen. Nach den Untersuchungen des Herrn Heine im Rostocker Zoologischen Institut ist der histologische Charakter der Elemente ein ausserordentlich verschiedener. Neben mehr oder minder deformirten Muskelzellen, die wohl nur vom Myocard abstammen können, finden sich abgerundete oder amöboide, grosskernige Zellen mit und ohne Vacuolen und Körncheneinlagerungen im Plasma. Zum Theil sind mehrere Zellen zu einem homogenen Ballen verbacken, in dem Zellgrenzen über- haupt nicht mehr nachweisbar sind und dessen Kerne in Auflösung begriffen erscheinen. Sehr bemerkenswerth sind kurze, wirr und regellos gelagerte Canälchen, denen eine secretorische Bedeutung zu- kommen dürfte (Textfigur 124 B). c. Physiologie des Hersens. Erst 10 Jahre nachdem Van Hasselt (Annal. d. Scienc. natur. Bd. 3. 1824) den Wechsel in der Eichtung des Blutkreislaufs bei Salpen entdeckt hatte, beobachtete Li st er (1834) einen ganz ähnlichen Vorgang bei einer kleinen, stockbildenden Ascidie {Peropliora)^ deren hohe Durch- sichtigkeit der Gewebe es leicht gestattet, mit genügend starken Ver- grösserungen die Bewegung des Blutes und die Contractionen des Herzens zu verfolgen. Eine befriedigendere Darstellung der Herzthätigkeit hat wenige Jahre später (1839) Milne Edwards gegeben. Bei einer Anzahl Synascidien und Ciona intestinalis beobachtete er ganz richtig, dass die ganze Herzwand nicht gleichzeitig sich zusammenziehe und wieder er- weitere, sondern dass, ähnlich wie bei den peristaltischen Bewegunge'n der Eingeweide höherer Thiere, die Contraction des Herzens an dem einen Ende beginne und, an eine Wellenbewegung erinnernd, bis zum anderen allmählich vorschreite. Eine Zeit lang folgen sich in rascher Aufeinanderfolge die Contractionen in dem gleichen Sinne, dann trete ein plötzlicher Stillstand ein, und wenn nachher die Bewegung des Herzens wieder einsetzte, so geschehe es in der umgekehrten Eichtung. Das Blut ströme also durch dasselbe Ostium abwechselnd längere oder kürzere Zeit ein und aus, indem es bei den Zusammenziehungen der muskulösen Herzwand aus der sich verkleinernden Herzhöhle heraus- gepresst, bei den in Folge der Elasticität der Wandungen wieder ein- tretenden Erweiterungen eingesaugt werde. *) Das Herz functionire dem- *) Eine befriedigende Erklärung für das Zustandelvomnien von entgegengesetzten Pulsations reihen vermoclite Milne Edwards nicht zu geben. Im Gegentheilc möchte Function des Herzens. 521 nach wie ein in peristaltisclier Contraction befindlicher Hohlmuskel, dessen Contractionswellen in ganz unregelmässigen Perioden nach der einen oder nach der anderen Richtung hin ablaufen. Seither ist das physiologische Verhalten des Ascidienherzens mehr- mals eingehender untersucht und auch experimentoll geprüft worden. Im Besonderen sind hier zu nennen die Arbeiten von Roule (1884) und Lahille (1890). Ein geeigneteres Object zur Untersuchung aber als das Herz der Ascidien, ist das der Salpen, an dem namentlich experimentelle, operative Eingriffe leichter auszuführen und die darauf hin eintretenden Veränderungen besser festzustellen sind, weil hier in der Regel das Centralorgan des Gefässsystems im lebenden Thier deutlicher sichtbar und näher der Oberfläche gelegen ist. Daher gründet sich die Physio- logie des Tunicatenherzens hauptsächlich auf die Beobachtungen an Salpen (Krukenberg, L. Schultz e), und besonders die jüngsten ein- gehenden Untersuchungen haben unsere Kenntnisse in dankenswerther Weise vertieft und erweitert. Ich werde daher auf diese experimentellen Untersuchungen und die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen wurden, erst in dem vierten Abschnitt dieses Werkes, in dem auch die Salpen behandelt sind, näher eingehen können, und möchte an dieser Stelle nur , die Fragen erörtern, die speciell das Ascidieuherz betreffen. Vorausschicken muss ich die Erklärung einiger Benennungen, deren Anwendung die Darstellung wesentlich vereinfacht. Die beiden an den ento-ea'eno-esetzten Herzenden liegenden Ostien münden einerseits in die grosse ventrale, neben dem Endostyl verlaufende Blutbahn, andererseits in das hauptsächlich die Eingeweide versorgende Gefäss; das Vorder- ende wird daher als hypobranchiales, das hintere als viscerales bezeichnet. Die Coutractioneu des Herzens, die von hinten nach vorn zu vorschreiten, nennt man abviscerale, die vom hypobranchialen Herzende ausgehen und zum visceralen sich hinbewegen: adviscerale. Die Summe der unmittelbar aufeinanderfolgenden in derselben Richtung vorschreitenden Contractionen stellt eine Pulsationsreihe dar; die Ruhe- zeit, die zwischen zwei entgegengesetzten Pulsationsreihen sich einschiebt, heisst Wechselpause, und endlich hat man als zusammengesetzte Herzperiode eine ab- und adviscerale Reihe nebst der einer jeden folgenden Wechselpause zusammengefasst. Beobachtet man den Verlauf des einzelnen Pulses der Herz- wand, o-leichgültig ob es sich um eine ad- oder abviscerale Contraction handelt, so bemerkt man zunächst eine nahe dem Herzende auftretende, quer verlaufende Einschnürung des Myocards. An der der Verbindungs- stelle des Herzens mit dem Pericardium gegenüber liegenden Seite schneidet die Einkerbung tief in die Herzhöhle ein; nach rechts und links hin verflacht sie allmählich und wird nahe der Herzsutur ganz un- man vielleicht eher erwarten, wenn man auf dem oben gekennzeichneten Standpunct steht, dass regelmässig abwechselnd immer nur eine Contraction in einer Eichtung erfolgt. 522 Ascidien. sichtbar, weil hier das Myocard sich am Pericard und Bindegewebe, be- ziehungsweise am Epicard befestigt und daher in seinen Contractionen behindert ist. Diese reifenförmige Einschnürung schiebt sich, während der Puls abläuft, bis zum entgegengesetzten Herzende vor, so dass die Herzwand eine wellenförmige Bewegung ausführt. Am Salpenherzen hat neuerdings Schultz e (1901) während des Ablaufens der Contractions- welle ein eigenartiges Verhalten der Herzenden festgestellt (sog. Con- tractionszipfel und antiperistaltische Zuckungen), das meines Wissens bei Ascidien noch nicht beobachtet wurde und daher erst später zu beschreiben sein wird. In der Regel tritt, noch bevor die erste Welle abgelaufen ist, eine zweite und in seltenen Fällen noch eine dritte gleich gerichtete auf; ob aber, wie es für manche Salpen beschrieben worden ist, gleich- zeitig an einem Herzen eine noch grössere Zahl hinter einander laufender Contractionswellen vorhanden sein könne, vermag ich nicht sicher an- zugeben, wenngleich ich es für nicht unwahrscheinlich halte. Nach Bronn (1862) sollen sich die Pulsationen bei PeropJiora in etwas abweichender Weise vollziehen, indem die Contractionswellen nicht von einem Ende zum anderen vorschreiten, sondern in der Mitte be- ginnen und dann zuerst nach dem einen, dann nach dem anderen Ende zu verlaufen, sodass diese beiden getrennt erfolgenden Contractionen der beiden Herzhälften zusammen einer gewöhnlichen Pulsation ent- sprechen. Ich kann mich nicht erinnern, derartige Contractionswellen bei PeropJwra bemerkt zu haben, und halte ihr Vorkommen auch für sehr unwahrscheinlich, insofern es sich vielleicht nicht um eine abnorme Form antiperistaltischer Zuckungen oder Absterbeerscheiuungen handelt. Die Wechselpausen, die verschiedene Pulsationsreihen trennen, sind bei normaler Herzthätigkeit frisch eingefangener, lebenskräftiger Thiere immer nur kurz und dürften wohl nur selten 4 — 5 Secunden über- treffen. Gelegentlich kann allerdings die gesammte Herzthätigkeit vorüber- gehend längere Zeit, auch mehrere Minuten lang, vollkommen stillstehen. Zumeist dürfte wohl diese Zeit der Euhe mit einer Wechselpause zu- sammenfallen, indessen treten auch Pausen zwischen den zu einer Pulsationsreihe gehörenden Contractionen ein. Gewöhnlich werden solche Pausen bei nicht mehr voll lebenskräftigen Thieren zu beobachten sein, die in ungenügend durchlüftetem oder durch Gifte verunreinigtem Wasser gehalten wurden und daher gewisse Erscheinungen des Absterbens bereits erkennen lassen, während freilich zunächst eine beginnende Athemnoth, die durch Verschlechterung des Athmungswassers hervorgerufen wird, eine Beschleunigung des Pulsschlags zur Folge zu haben scheint. Die Angaben der Autoren über die Anzahl der die ab- wechselnden Pulsationsreihen zusammensetzenden Con- tractionswellen, über die Zeitdauer, in der sowohl die Einzelwelle als die ganze Pulsreihe ablaufen, lauten für die verschiedeneu Individuen einer Species, und selbst für verschiedene Lebenszeiten desselben Indi- viduums so verschieden, dass es fast scheinen möchte, es fehle jede Ad- und abviscerale Pulsationsreihen. 523 Gesetzmässigkeit im Ablauf der Herztliätigkeit. Bei Pero})liora Listen schwankt nach den Angaben Li st er 's (1834) die Dauer der Pulsations- reihen zwischen 30 Secunden und 2 Minuten, und die einzelnen Piils- schläge folgen sich in Intervallen von IV2 — 2 Secunden. Daraus lässt sich entnehmen, dass die Zahl der gleichgerichteten Contractionen in den verschiedenen Pulsationsreihen etwa 20 — 80 betrug. Auch Gosse zählte ungefähr 30 — 60 Pulse in einer Eeihe und bestimmte die Zeit- dauer der Pulsationsreihen auf annähernd 1 Minute. Allerdinos bemerkte er auch Unregelmässigkeiten „wie sie im Pulse eines kranken Menschen vorkommen". Ganz andere Zahlen fand Van Beneden (1846) bei Molijula ampulloides. In ganz frischen, intacten Thieren zeigten die Herz- pulsationeu ziemliche Kegelmässigkeit. Die aufeinanderfolgenden Pul- sationsreihen bestanden aus 180 und 160 — 170 Contractionswellen, von denen ungefähr 70 in einer Minute abliefen; die Wechselpausen bean- spruchten die Zeit von zwei Einzelpulsen. Viel genauer sind die Untersuchungen von Roule an Clona in- testinalis. Ich stelle in der folgenden Tabelle die Ergebnisse seiner Beobachtung an zwei jungen, 2 und 4 cm langen, und an einem völlig erwachsenen, 7 cm grossen Thier zusammen: Adviscerale Pulsationen. Abviscerale Pulsationen. Zahl der Contractionen. Zeitdauer der Fulsationsreihe in Secunden. Zahl der Contractionen. Zeitdauer der Pulsationsreihe in Secunden. A. 2 cm langes Thier. 88 75 60 95 111 98 36 38 32 69 72 55 B. 4 cm langes Thier. 20 24 00 45 11 13 47 37 C. erwachsenes Thier. 24 26 28 78 71 75 17 18 17 57 53 65 Aus diesen angeführten Zahlen ergiebt sich in einer sehr auffälligen Weise einmal ein beträchtliches Ueberwiegen der Anzahl der advisceralen Pulsationen, sodann überdies eine raschere Aufeinanderfolge dieser Con- tractionen gegenüber den abvisceralen. Noch auffälliger als in den er- wähnten Pällen erwies sich ein ähnliches Verhalten bei einer kleineren, 2 cm langen Ciona intestinalis, bei der, wie Roule erwähnt, in einer Minute ungefähr 70 adviscerale Contractionen eintraten, während in der gleichen Zeit nur etwa 50 abviscerale sich vollzogen. Eine adviscerale Pulsationsreihe währte oft 2—4 Mal so lang als die vorhergehende oder nachfolgende ab viscerale, wie die nachfolgende Tabelle lehrt: 524 Aecidien. Zeitdauer der aufeinanderfolgenden Pulsationsreihen (in Secunden). Adviscerale Pulsationen : 128 100 80 121 112 105 Abviscerale Pulsationen : 50 36 43 25 42 In übereinstimmender Weise lehren alle diese Zahlen , dass bei Ciona intestinalis eine grössere, sauerstoffreichere Blutmenge in der ad- visceralen Richtung das Herz durchströmt, als in der umgekehrten, in der etwas sauerstoffärmeres Blut durchs Herz fliesst. Roule schätzt die advisceralen Strömungen auf das dreifache Quantum der abvisceralen. Ein ähnliches üeberwiegen der advisceralen Pulsationen tritt, wie Kruken her g und Schnitze gezeigt haben, bei Salpen nach Ein- wirkung gewisser Giftstoffe (Helleborein) ein, während umgekehrt im absterbenden Thier oft eine ununterbrochene Reihe abvisceraler Con- tractionen zu beobachten ist. Mit diesen Ergebnissen stimmen die Befunde Lahille's an Phal- lusia mammillata durchaus überein, nur soll sich das lange, sclilauch- förmige Herz langsamer contrahiren, denn die Pulse folgen sich mit der sehr geringen mittleren Geschwindigkeit von ungefähr 8 Secunden. In der folgenden Tabelle stelle ich Lahille's Angaben über die Anzahl der Herzcontractionen in den auf einander folgenden Pulsationsreihen von zwei lebenskräftigen erwachsenen Phallusia zusammen. Die Thiere wurdem zunächst des* Morgens frisch nach dem Fange in wohl durch- lüftetem Wasser und dann des Abends wieder beobachtet, nachdem eine Verschlechterung des Athmungswassers eingetreten war: Herzthätigkeit am Morgen. Herzthätigkeit am Abend. Individuum Ä. Zahl der advisceralen Pulsationen 44 53 51 61 68 60 Zahl der abvisceralen Pulsationen 25 42 36 54 11 29 Individuum B. Zahl der advisceralen Pulsationen 56 28 48 37 68 69 56 27 Zahl der abvisceralen Pulsationen 34 38 40 23 36 39 37 50 Eine Betrachtung dieser Tabelle zeigt in ziemlich auffallender Weise das Vorherrschen der advisceralen Pulsationen sowohl im frischen wie ermüdeten Thier. Bei der Vcrgleichung der Herzthätigkeit derselben Individuen im sauerstoffreichen und weniger frischen Wasser findet man, dass eine Verlängerung namentlich der advisceralen Pulsationsreihen ein- tritt, wenn das Athraungswasser sich verschlechtert. Allerdings erblickt Lahille die Ursache der veränderten Herzthätigkeit darin, dass die Pulsationsreihen. Ursachen der Umkehr des Blutkreislaufs. 525 Leibesniuskulatur bei ungünstiger Beschaffenheit des Wassers weniger zahlreiche Contractiouen ausführte und daher der Ueberdruck im arteriellen Sinussystem, der die Blutumkehr bedinge (siehe unten p. 528), lang- samer zu seinem Maxium anwachse. Ausdrücklich erwähnt Lahille, dass dabei eine Beschleunigung des Pulsschlages nicht erfolge. Das steht in Uebereinstimmung mit den Beobachtungen Krukenberg's an Salpen, widerspricht aber den Befunden Schultz e's, der besonders hervorhebt: „eine Verschlechterung des Athemwassers, wie sie sich in einem engen Gefäss sehr bald einstellt, hat unverkennbar neben einer Vergrösserung der einzelnen Pulsationsreihen eine beträchtliche Beschleunigung der Herzschläge zur Folge". Dass sonst im Thierreich die höheren Formen bei eintretender Athemnoth einen beschleunigten Puls zeigen, ist bekannt und erklärt sich aus der Innervation des circulatorischen Centralapparates ; bei Tunicaten aber, deren Herz ausschliesslich automatisch thätig sein und nervöser Elemente durchaus entbehren soll, ist eine solche Wechsel- beziehung nicht ohne Weiteres verständlich. Während einerseits bei alten Thieren nicht unbedeutende individuelle Unterschiede in der Länge der abwechselnden Pulsationsreihen und der Schnelligkeit der Aufeinanderfolge der Einzelpulse vorhanden sind, lassen sich andererseits gewisse Verschiedenheiten auch zwischen jungen und ganz erwachsenen Individuen derselben Species {Ciona intestinalis) fest- stellen. Roule schliesst aus den oben (p. 523) mitgetheilten Tabellen, dass die Differenzen zwischen den auf einander folgenden entgegen- gerichteten Pulsationsreihen bei jungen Thieren grösser seien, als bei vollständig erwachsenen, bei denen durchweg eine gi'össere Regelmässig- Iveit beobachtet werde. Auch schlägt in jugendlichen Individuen der Puls rascher; er wird gieichmässiger und langsamer, im Ganzen ge- nommen dem der alten Thiere ähnlicher, wenn nicht mehr volle Lebens- kraft vorhanden ist. Bei den freischwimmenden Larven der Ascidien dürfte vielleicht im Allgemeinen der Pulsschlag ein etwas rascherer sein, als bei den er- wachsenen festsitzenden Individuen, wenn freilich mir auch nicht bekannt ist, dass die Frequenz so bedeutend sein könne, wie bei manchen Appen- dicularien (vgl. oben p. 128). Aus der nachfolgenden kleinen Tabelle, die Lahille für eine 1,5 mm lange Larve eines Tolycydus Benieri gegeben hat, ist leicht zu entnehmen, dass die einzelnen Pulsationsreihen ziemlich lang sind und sich aus einer verhältnissmässig grossen Zahl Contractionswellen zusammensetzen. Genauere Zeitangaben fehlen. Adviscerale Pulsationen 119 107 115 121 126 104 113 111 120 Abviscerale Pulsationen 82 9 5 9 2 8 4 1( )3 75 IC )0 11 2 93 Die Ursachen der periodischen Umkehr des Blutkreis- laufs der Tunicaten sind bereits häufig erörtert worden, aber die Er- 526 Ascidien. gebnisso, zu denen die verschiedenen Forscher gelangton, weiclion weit von einander ab. Schon Hasselt versuchte eine Erklärung für die auf- fallende Art und Weise der Herzthätigkeit der Salpon zu geben, und er glaubte, dass die Blutkörperchen nach einer Reihe gleichgerichteter Pulsationon der weiteren Herzthätigkeit einen so erheblichen Widerstand entgegensetzen, dass, wenn das Herz überhaupt weiter arbeiten soll, eine Umkehr stattfinden müsse, Aveil am gegenüberliegenden, bisher venösen Herzende der Widerstand weit geringer sei. In derselben oder in ähnlicher Eichtung bewegen sich die Er- klärungsversuche von N. Wagner (18G6) und Todaro (1886). Der erstere glaubt, dass die nach einer gewissen Anzahl gleichgerichteter Pulsationen auftretende Ueberfüllung der capillaren Gefässe des einen Körpertheils eine Umkehr der Stromrichtung herbeiführen müsse, und Todaro ist der Ansicht, dass im Besondern die von ihm beschriebene „rete tendinea" eine periodische Stockung und nachherige Umkehrung des Blutstromes bewirke. Roule versucht das phylogenetische Auftreten der eigenartigen Herz- function der Tuuicaten aus dem Nutzen zu erklären, den die periodische Stromumkehr für die Respiration , beziehungsweise für die Versorgung aller Organe des Körpers mit möglichst sauerstoflreichem Blut gewähre. Strömt das Blut immer nur in einer Richtung, so erhalten gewisse, vom arteriellen Herzende besonders entfernt liegende Gewebe stets verhältniss- mässig sauerstoffarmes Blut, während bei einer Umkehr der Stromrichtung die Verhältnisse sich für sie günstiger gestalten können. Schnitze fügt hinzu, dass das Gleiche wie für den Sauerstoff auch für die vom Blute geführten Nährstoffe gelte, und entwirft die folgende Tabelle, die die Beziehungen verschiedener Organe des Salpeukörpers zu dem in ad- oder abvisceraler Richtung kreisenden Blut klarer veranschaulichen soll. Man wird aus dieser tabellarischen Uebersicht unschwer entnehmen, wie die Sauerstoff- und Nährsaftversorgung der verschiedenen Organe einer Salpe mit dem Stromwechsel sich ändert. Bei abvisceralen Pulsationen ist die Sauerstoif- versorgung die Nährsaft- versorgung 1) in der anterio- ventralen Mantelregion stark stark 2) in Gehirn-, Sinnes- und anterio - dorsaler Mantelregion schwach schwach 3) in der Kieme scliw^ach 4) im Nucleus und der liinteren Mantelregion stark — Bei advisceralen Pulsationen 1) in der anterio- ventralen Mantelregion schwach schwach 2) in Gehirn etc. stark mittelstark 3) in der Kieme — stark 4) im Nucleus und der hinteren Mantelregion schwach — Wenn auch das Gefässsystem bei allen höheren Tunicaten im All- gemeinen nach einem im Wesentlichen gleichen Bauplan eingerichtet ist, Nutzen der periodischen Stromumkehr. Lahille's H^-pothese. 527 SO gilt doch die vorstehende Tabelle mir für die Salpeii und nicht auch für die Ascidien. Der Unterschied ist darauf zurückzuführen, dass hei den Salpen einmal das respiratorische Organ auf das mediane dorsale Kiemenband reducirt erscheint, und zweitens das Dorsalgefäss die Haupt- masse seines Blutes bei advisceral gerichteten Pulsationen direct aus dem Herzen bezieht, bei abvisceralen Contractionen direct dem Herzen zuführt. Bei den Ascidien besteht nur selten ein solcher directer Zu- sammenhang zwischen den hinteren Enden des Herzens und des Dorsal- gefässes, weil fast immer ein Capillarsystem, das die ganze oder weitaus grösste Blutmenge des Visceralgefässes aufnimmt, sich hier einschiebt (Fig. 5 und 6, Taf. XXIV). Die Folge ist, dass bei advisceralen Pulsationen das Dorsalgeftäss der Ascidien vorwiegend venöses, aber reich mit Nährsäften versehenes Blut enthält, das Hypobranchialgefäss aber sauerstoffreiches, an Nährstoffen armes. Das Gehirn wird daher nur schwach mit Sauerstoff versorgt werden, die vordere ventrale Körper- region aber stark. Bei abvisceralen Contractionen führt das Hypo- branchialgefäss der Ascidien venöses, nährsaftreiches Blut, das Dorsal- gefäss dagegen sauerstoffreiches, nährsaftarmes ; in der vorderen Ventral- region ist daher die Sauerstoffversorgung schwach, in der Kegion des Gehirns stark. Wenn es demnach auch zweifellos ist, dass in Folge des Wechsels der Stromrichtung verschiedene Körpertheile besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden können, als bei einseitiger Blutcirculation, so gilt das doch nicht allein für die Tunicaten, sondern auch für viele andere Thiergruppen, bei denen das Blut stets nur in einer Kichtung circulirt. Eine physiologische Erklärung für die eigenartige Herzthätig- keit der Mantelthiere ist ja überhaupt dadurch nicht gegeben, dass gezeigt wird, dass aus ihr dem Thiere ein Vortheil erwächst, sondern es lässt sich aus dem Nutzen, den die wechselnden peristaltischen Herzbewegungen für das Individuum haben, nur verstehen, dass die bestimmte Herz- beschaffenheit, nachdem sie einmal aufgetreten war, sich erhalten und vielleicht vervollkommnet hat. So wie der oben erwähnte Erklärungsversuch von N. Wagner, geht auch die Theorie Lahille's, die übrigens viel eingehender be- gründet und durch eine Reihe Experimente gestützt erscheint, davon aus, dass periodische Blutdruckänderungen die Ursache der periodischen Umkehr der Kreislaufrichtung sein müssten. Die gesammten Blutlacunen stellen ein in sich geschlossenes Röhrensystem dar, das mit Flüssigkeit erfüllt ist. Da die Temperatur des Blutes in allen Theilen dieselbe bleibt, kann die Flüssigkeitsbewegung nur durch Druckverschieden- heiten hervorgerufen werden. Diese sind eine Folge der Herzthätigkeit, und die Contractionen des Myocards haben lediglich den Zweck, immer wieder Druckverschiedenheiten in der Flüssigkeit zu erzeugen, die bei der Blutbewegung rasch wieder sich ausgleichen. Nach Lahille lässt sich das gesammte Blutgefässsystem der Tunicaten durch das nachstehende 528 Ascidien. Fig. 125. K. ViV^-sv^A Sil SV I) Schema (Toxtfigur 125) sehr leicht und übersichtlich darstellen. Es sind zu unterscheiden ein ventrales und ein dorsales Sinussystem, in denen das Blut stets in entgegengesetzten Eichtungen sich bewegt. Vorn führen beide in die Lacunen des Kiemendarms, hinten in die die Ein- geweide umspülenden Sinus. Diese Lacunen und Sinus sind gegenüber den zu- und abführenden dorsalen und ventralen Gefässen soviel umfang- reicher, dass sie sich etwa Seen vergleichen lassen, die in einen Fluss- lauf eingeschaltet sind. Daher bewegt sich das Blut in ihnen nur sehr langsam, was für die Aufnahme des Sauerstoffs und der Nährstoffe durch das Blut von grosser Wichtigkeit ist. Das Herz liegt stets im Bereich der ventralen Blutbahnen, die übrigens ausser den Sinussystemen der Kiemen und Eingeweide noch durch engere Gefässe mit den dorsalen im Zu- sammenhang stehen. Doch sind diese dorso-ventral verlaufenden Verbindungscanäle für das Zustande- kommen des periodischen Wechsels der Strömungs- richtung nach Lahille's Meinung ohne Bedeutung. Eine nothwendige Voraussetzung aber für die periodische Stromumkehr ist es, dass die Summe aller ventralen Blutcanäle grösser ist, als die der dorsalen. Nach einer Keihe advisceral gerichteter Herzcontractionen müssen dann die die Eingeweide umgebenden Gefässe (D) prall mit Blut erfüllt sein, weil aus den ventralen Sinus {ßY) mehr Flüssigkeit in sie eingeströmt, als durch die engeren Dorsalsinus ($3) abgeflossen ist. Der Druck am visceralen Herzende muss sich also D = Summe aller die mit der längeren Dauer einer advisceralen Pul- Eingeweide umspülenden gationsreihe immer mehr vergrössern und kann Blutcanäle; h = Herz ^^^^Y\q\\ SO stark werden, dass die Herzthätigkeit in den Ventralsinus em- ., . ^ , , . . . , tt „i „i .j. geschaltet; K = Summe il^^^ 111^^^ "^^hr ZU überwinden vermag. Lmgekehi aUer Blutcanäle des wird in den Gefässen des Kiemendarms und Kiemendarms; s(?= Sinus am hypobranchialen Herzende der Druck ab- dorsalis ; SF = ventrale nehmen, und da, wie Lahille annimmt, die Blutsinus; 8'oä = dorso- Contractionsriclitung des Myocards immer nach dem Ende gerichtet sein müsse, an dem der Wider- stand geringer ist, folgen auf eine Anzahl advisceraler Pulse solche in abvisceraler Richtung. Aus diesen resultirt dann eine üeberfüllung der Kiemengefässe (D) bei geringem Druckwiderstand am visceralen Herz- ende, sodass nach einer längeren oder kürzeren abvisceraleu Pulsations- reihe abermals Stromumkehr erfolgt. Nimmt man aber auch als zutreffend an, dass am jeweiligen arteriellen Herzende der Blutdruck stetig wächst und füglich die Herzkraft über- steigt, dass lediglich nach den Gesetzen der Hydrodynamik dann eine Vj Scheraatisclie Darstellung des Blutkreislaufs der Tu- nicaten. (Nach Lahille.) Schultze's Theorie. Vitalität des Herzens. 529 rücldäufige Blutströmimg einsetzt, so ist doch damit, wie Schnitze zutreffend bemerkt, noch keineswegs ein Grund gegeben, dass die activen Contractionen des Herzens dann ebenfalls in entoeoen- gesetzter Kichtung vor sich gehen. Wenngleich gewisse Experimente beweisen, dass Verschiedenheiten in der Stärke des Blutdruckes sowie auch andere Factoren die Richtung des Blutlaufes in gewissem Sinne beeinflussen können, so folgt doch andererseits aus der Thatsache, dass ein völlig aus dem Körper herausgelöstes Herz regelmässig ab- und adviscerale Pulsationen ausführt, der Schluss, dass periodische Stromumkehrungen jedenfalls auch vom Herzen selbst ein- geleitet werden. Bei dem gänzlichen Fehlen jeglicher extra- und intra- cardialer nervöser Elemente (?) muss im Wesentlichen die Herzwand allein die ßegulirung der Muskelthätigkeit in einer solchen Weise vornehmen, dass die Aufgaben eines pulsatorischen Centralapparates erfüllt werden können (Schultze). Schnitze stellt sich vor, dass jedes Herzende an und für sich im Stande sei, eine viel grössere Zahl Pulsationen auszuführen, als es geschieht, wenn im lebenden, normalen Thier beide Herzenden sich gegen- seitio- beeinflussen. Wenn im intacten Herzen das eine Ende seine Thätigkeit einstellt, um der Antiperistaltik zu weichen, so ist seine Reiz- quelle noch nicht erloschen, sondern wird nur durch die Thätigkeit des entgegengesetzten Endes ganz oder zum Theil verhindert, sich zu äussern. Ausschlao:o:ebend für die Umkehr der Contractionsrichtung sind die Reizquellen an den beiden Herzenden. . Physiologisch verhalten sich die Enden gleichartig, aber nach einer bestimmten Arbeitszeit tritt eine Herabsetzung der Erregbarkeit und des Leitungsvermögens ein, und es nimmt daher am venösen Ende die Frequenz der erzeugten, an sich wirksamen, von Faser zu Faser fortpflanzungsfähigen Contractionsreize ab. Es wird aber die Zahl und Richtung der Pulse immer allein durch das- jenige Herzende bestimmt, dessen Reizfrequenz am wenigsten gesunken ist, während das entgegengesetzte arterielle in ünthätigkeit verharrt. Während der Zeit der Ruhe steigen jedoch wieder die EiTegbarkeit und das Leitungsvermögen, die vorher im thätigen venösen Herzende ab- nahmen. So tritt bald ein Zeitpunct ein, in welchem die wirksamen Reize am bisherigen arteriellen Ende so überwiegen, dass dieses zur Alleinherrschaft gelangt und venös wird, indem an ihm die Contractions- wellen anheben. — An dieser Stelle möchte ich nicht unterlassen, auf ein eigenthüm- liches Verhalten des Herzens bei Botrylliden und Distomiden {Distaplia) hinzuweisen, das zuerst Pizon (1899) genauer beobachtet hat. Das aus dem befruchteten Ei entstandene Thier (Oozoit) wird hier niemals selbst wieder geschlechtsreif, sondern pflanzt sich nur ungeschlechtlich durch Knospung fort. Gleichzeitig tritt es aber selbst in Rückbildung ein, und während alle anderen Organe degeneriren und functionslos werden, pulsirt Broun, Klassen des TUier-Reiehs. III. Spplt. o4 530 Ascidien. das Herz noch 3 — 4 Tage lang in normaler Weise weiter. In der Knospe ist das Herz das erste Organ, das in Thätigkeit tritt, bereits 24 Stunden nach Beginn der Knospenbildung contrahirt es sich, während erst 3 — 4 Tage später die In- und Egestionsöffnung zu vollständigem Durchbruch gelangen. Das erste Knospenthier lebt nur wenige Tage und wird dann rückgebildet, aber auch hier überdauert das Herz alle anderen Organe, indem es noch 3 — 4 Tage lang weiter schlägt. P i z o n führt diese lang anhaltende Herzthätigkeit auf Reflexe zurück, die durch die Blutzellen hervorgerufen werden: „qu'une teile vitalile n'est pas autre chose qu'un reflexe provoque par les globules eux memes, et com- parable ä celui que les physiologistes determinent sur un coeur isole de grenouille, en y faisant passer un courant sanguin". 2. Die Blutgefässe. a. Der Bau. Es ist bereits oben (p. 507) in den einleitenden Worten zum X. Kapitel bemerkt worden, dass die Blutgefässe selbstständig und unabhängig vom Herzen und Pericardium ihre Entstehung nehmen und nicht etwa in der Art sich bilden, dass das Herzepithel von den Ostien aus röhren- förmig weiterwächst und unter dendritischen Verzweigungen die ver- schiedenen Organe und Gewebe umspinnt. Das gesammte Gefässsystem stellt lediglich die Lückenräume der primären Leibeshöhle dar, die vom Bindegewebe und seiner gallertartigen Zwischensubstanz nicht erfüllt werden. Bei den Appeudicularien, bei denen das Bindegewebe in der Leibeshöhle fehlt, entbehren die Blutbahnen durchaus eine zellige Wandung, insoweit die Sinus nicht direct von den inneren Organen oder dem ektodermalen Hautepithel begrenzt werden. Bei den Ascidien ist stets die Leibeshöhle von Bindegewebe mehr oder minder reich erfüllt, und die Blutbahnen werden daher zumeist ganz von diesem umgeben, so dass der Ausdruck gerechtfertig-t ist: das Blut bewegt sich in den Zwischenräumen des Bindegewebes. In den Kiemen tritt allerdings, namentlich bei den kleineren Ascidien, die Masse des Bindegewebes beträchtlich zurück, weil die innere Peribrauchialwand sich dem Kiemen- darm nahe anlegt, und in den feineren und feinsten Gefässen finden sich daher nur äusserst spärliches, stellenweise gar kein Mesenchym- gewebe und Gallerte, die das Gefässlumen von den Epithelien der Kieme scheiden. a. Sieht man von diesen direct zwischen den Kiemendarmepithelien verlaufenden Blutgefässen und von gewissen einfachen Mantelgefässen, auf die schon früher (p. 242) hingewiesen worden ist, ab, so erweisen sich die ursprünglichsten und einfachsten Blutbahnen als besonderer eigener Wandungen entbehrende Lückenräume im Mesenchym resp. in der die primäre Leibeshöhle erfüllenden Gallerte. Van Beneden und Endotheliale Gefässwandungen. 53]^ Julin schienen nur diese Art wanduugsloser Blutbahnen bei Ascidien zu kennen, denn sie betonten ausdrücklich (1886) „que tous les vaisseaux sont depourvus, chez ces Tuniciers, de revetement endothelial". Trotz- dem in diesem Fall echte, isolirbare Blutgefässe nicht vorhanden sind, erscheinen doch die Blutbahnen, wenigstens die grösseren, als fest be- stimmte persistirende Lückenräume. Sie werden sich bei den Con- tractionen der Leibesmuskulatur zwar verengen und erweitern, vorüber- gehend, wenn sie klein sind, ganz schliessen können, später aber doch immer wieder zum Vorschein kommen. Im Laufe der Entwickelunc- ver- ändert sich der Yerlauf der feineren und kleinsten, die grösseren Sinus verbindenden Blutbahnen mehr oder minder erheblich. Da das Binde- gewebe, wie die stets nachweisbaren Kerntheilungen bestätigen, wohl während der ganzen Lebenszeit der Thiere wächst und sich verändert, können die Lückenräume in ihm nicht unwandelbar die gleichen bleiben, sondern auch in alten Lidividuen noch werden grössere Sinus sich ver- engen und neue sich bilden dürfen. Es bedarf keiner weiteren Er- örterung, dass bei diesem Verhalten der peripheren Gefässe der Gegensatz zu dem von epithelialen Schichten gebildeten centralen Pulsationsorgan besonders scharf hervortritt. b. Sehr häufig, und zwar besonders in den grösseren Blutgefässen der grösseren Monascidien, zuweilen aber auch in den kleineren Bahnen, ordnen sich die Zellen des das Lumen umgebenden Bindegewebes und der Gallerte zu einem sehr flachen Endothel an. Dieses erscheint an der inneren, vom Blut bespülten Seite entweder glatt und scharf ab- gegrenzt, oder springt an den Stellen, an welchen die Zellkerne in einer verhältnissmässig reicheren Plasmaansammlung liegen, buckeiförmig hervor (Fig. 7 und 10, Taf. XXV); an der äusseren, dem Bindegewebe zu- gekehrten Seite ist es, seiner Genese entsprechend, von diesem nicht immer scharf abgegrenzt. Es ist auch nicht immer ganz leicht, zu ent- scheiden, ob in der That ein besonderes Endothel die Blutbahn begrenzt, oder ob nur einzelne amöboide Blutzellen sich dicht an den Eand des Lumens angelegt haben. Eine Verwechselung wird wohl öfter vor- gekommen sein, und zumeist wird nur dann sofort eine sichere Deutung zu geben sein, wenn dem Endothel überdies noch Blutzellen ankleben, oder wenn es gelingt, Flächenansichten von den Sinuswandungen zu er- halten und dann durch geeignete Präparationsmethoden die polygonalen Zellgrenzen nachzuweisen (Fig. 9, Taf. XXV). Ich habe eben das die Blutbahnen auskleidende Endothel aus Zellen des Bindeo-ewebes abgeleitet, und sicher wird das in vielen Fällen zu- treifend sein. Andererseits muss aber allerdings auch zugegeben werden, dass amöboide Blutzellen zur Bildung feiner Endothellamellen zusammen- treten können, um auf kleineren oder grösseren Strecken die Blutsinus zu umgrenzen. c. Complicirter erscheint der Bau der Gefässwandungen in manchen grossen, vom Herzen ausgehenden Hauptstämmen grösserer Arten. Bereits 34* 532 Ascidien. Koule (1884) hat bei Ciona intestinalis heohadiiet, dass sich an manchen Stellen um grössere Sinus Muskelfasern gruppiren, ohne aber jemals eine vollkommene continuirliche Schicht zu bilden. Ich habe dagegen, so wie schon Heller (1874) bei Ascidia mentula, mehrfach bei Monascidien, und zwar auch bei Ciona, den vom Herzen entspringenden, von einem Endothel begrenzten grossen Ventralstamm von einer zwar zarten, aber doch über weitere Strecken zusammenhängenden, einheitlichen Muskellage um- schlossen gesehen (Fig. 10, Taf. XVIII). Zuweilen {Ascidia mentida) sollen die Fibrillen so wie im Herzen quergestreift sein. Stellenweise kann sich zwischen Muscularis und Grefässendothel ein sehr spärliches Bindegewebe einschieben, das aber wohl niemals eine vollkommene Mittelschicht bildet, sondern auf vereinzelte indifferente Mesencliymzellen beschränkt bleibt (Fig. 7, Taf. XXV). Fig. 126. pW' /ih 7h. eji Halbschematischer Längssclinitt durch den Vorderrand des abvisceralen Ostiums und die Ursprungsstelle des Hypobranchialgefässes einer Ciona intestinalis. ^^7i- hh = Blutbahn in dem das Pericard umgebenden Bindegewebe ; &^ = Bindegewebsschicht; en = Endothel des Ventralsinus ; ep = Epicard oder Wandung der Perivisceralhöhle ; Tih = Herzhöhle; hw = Herzwandung mit Fibrillen, Myocard; mz = Muskel- zellschicht um das Gefässendothel ; ^h = Pericardialhöhle ; iJw = Pericardialwand ; vs = Ventralsinus. Diese die grossen Gefässstämme umgebende Muskelschicht hat eine ganz andere morphologische Bedeutung, als die Herzmuskulatur. Denn während diese dadurch entsteht, dass quergestreifte Fibrillen an der Basis einer Epithelschicht, des Myocards, abgesondert werden, bildet sich jene aus der Aneinanderlagerung ursprünglich vereinzelter, bindegewebs- ähnlicher Mesenchymzellen , die sich zu Muskelfaserzellen verwandelt haben, und vielleicht sind die eben erwähnten Mesenchymzellen, die gelegentlich zwischen dem Gefässendothel und der Muskelschicht an- getroffen werden, solche Elemente, die ihre Differenzirung noch nicht vollendet haben. Es ist daher nicht zutreffend, wenn Koule (1884) den Unterschied zwischen gewissen Stellen der Hauptgefässstämme und dem Herzen nur darin sieht, dass in dem letzteren die Fasern zahlreicher sind und eine vollständige Lage bilden, an den Gelassen dagegen spär- licher sich finden und vereinzelt bleiben. Muskulatur der Gefässe. 533 Ebenso ergiebt sich aus dem geschilderten Bau der Gefässwaudungen, dass es durchaus unzulässig ist, wie Eoule und vor ihm besonders Heller (1874) angenommen haben, das Herz und Ventralgefäss „nur als Abschnitte eines grösseren zusammenhängenden Gefässstamms , der in seiner ganzen Länge contractu ist und die Fortbewegung des Blutes bald in der Richtung nach vorn, bald nach rückwärts vermittelt" anzusehen. Dass auch die die Hauptgefässe umgebenden Muskelfasern für die Fort- bewegung des Blutes nicht ganz ohne Bedeutung sein werden, möchte ich zwar ebenfalls annehmen, aber diese ihre Leistung wird doch vielleicht gegenüber der treibenden Kraft des Myocards so sehr in den Hinter- grund treten, dass man mit Recht, wie es oben (p. 520) geschehen ist, die Regulirung der wechselnden Strömungen überall als lediglicli vom Herzen veranlasst betrachten darf. In den Fällen, in denen die Musku- latur an der Wurzel des ventralen Hauptstamms besonders mächtig ent- wickelt ist, mag es vielleicht bei der Präparation des abgetödteten Thieres nicht immer ganz leicht sein, die Grenze gegen das Herz hin mit voller Sicherheit festzustellen, und es möchte dann vielleicht in der That bei weniger eingehender Untersuchung der Irrthum nahe liegen, Herz und Gefässstamm als zwei gleichwerthige Abschnitte eines grossen ventralen Sinussystems anzusehen. Jedoch lehrt jeder Längsschnitt durch die Reoion des Ostiums sofort den wesentlichen Unterschied zwischen dem centralen und peripheren Theil des Gefässapparates und zeigt, Avie diese beiden ursprünglich getrennten und verschiedenen Theile erst durch nach- trägliche Verwachsung inniger mit einander sich verbunden haben (Text- figur 126). Der Gegensatz und die Grenze zwischen der epithelialen Muskulatur des Herzens und den Muskelfaserzellen des Gefässes sind dann unverkennbar, d. Während in den zuletzt beschriebenen Fällen die in verschiedenen Richtungen verlaufenden Muskelfasern ein besonderes Gefässendothel um- geben, fehlt dieses in den kleineren Gefässen der Monascidien und bei den meisten Synascidien an allen oder doch den meisten Stellen; und wenn daher hier im Bereiche der Gefässe Muskelfaserzüge auftreten, so werden sie häufig direct vom Blut bespült (s. Fig. 9 und 10, Taf. XIX), oder sind nur durch eine zellenfreie, dünne Gallertschicht von der Flüssig- keit getrennt. In der Regel verlaufen dann die Blutbahnen in der Längsrichtung der sie begrenzenden Muskelstämme, wenngleich auch zahlreiche kürzere Verbindungscanäle vorkommen, die die Muskelstränge quer oder schräg durchsetzen. Dieses Verhalten, dass die Gefäss- waudungen zum Theil direct von Muskeln gebildet werden, ist in den muskelreichen Leibeswandungen der grösseren Ascidien sehr häufig zu beobachten, und das ursächliche Moment ist darin zu suchen, dass die verhältnissmässig mächtige Leibesmuskulatur der guten Ernährung wegen einer reichen Umspülung mit Blutflüssigkeit bedarf. Da ein geschlossenes capillares Endothel der Gefässe fehlt, muss das geschilderte Vorkommen zur Entwickelung gelangen. 534 Ascidien. Besonders auffallend erscheinen diese Beziehungen zwischen Blut- bahnen und Muskelsträngen im Kiemendarm vieler einfachen und zu- sammengesetzten Ascidien. Es ist bereits oben (p. 496) erwähnt worden, dass in den die Peribranchialräume durchsetzenden Trabekeln grosser Ascidien neben den Blutbahnen Muskelstränge vorkommen, die ringförmig oder in der Längsrichtung verlaufen. Zum Theil sind die Blutbahnen direct von den Muskeln begrenzt, und stellenweise kann die grosse centrale Blutbahn des Trabekels vollständig von einer Kingmuskelschicht umgeben sein, so dass das Gefäss wie ein Hohlmuskel erscheint (vgl. Fig. 6, Taf. XXII). Auch in dem primären Gitterwerk der Kieme in und an den feinen capillaren Blutbahnen treten oft sehr zahlreiche und regelmässig an- geordnete Muskelzellen auf, deren Bedeutung wohl auch vornehmlich darin bestehen dürfte, zur Fortbewegung des Blutes mit beizutragen. In den grösseren Quergefässen erster Ordnung der Monascidien {Ciona in- testinalis u. a.) sind diese quer verlaufenden Muskelstränge meist ziemlich ansehnlich und stark, aber auch bei vielen kleineren Synascidien kommen, worauf zuerst Lahille, Herdman und Maurice hingewiesen haben, in den Quergefässen Muskelfaserzügo vor, über deren Verlauf im folgenden XL Kapitel näher berichtet werden soll. Ebenso finden sich gelegentlich in den Längsgefässen Muskelstränge {Di2)losomoides molle, Tolycarpa viridis). Alle diese Muskelfaserzellen gehören dem die Blutbahnen um- gebenden Mesenchym an; da aber dieses zwischen den beiden Epithelien der Kiemenwand immer nur spärlich auftritt, bilden häufig die Muskel- züge die Gefässgrenzen, und bei stärkeren Contractionen der Thiere kommen dann die Faserzüge ganz innerhalb der Blutsinus zu liegen (Lahille). Abgesehen von den eben erwähnten Trabekelgefässen, ist auch an anderen Stellen zuweilen die ganze Blutbahn von einer zusammenhängenden Muskelfaserschicht umschlossen, und das Gefäss erscheint dann durchaus wie ein Hohlmuskel. Dieses Verhalten findet sich sehr scharf ausgeprägt in den röhrenförmigen Mantelgefässen vieler Synascidien und ist bereits oben (p. 243) geschildert worden; zweifelhaft blieb es dagegen, ob die sogenannten Spiralfasern, die die Blutbahnen in den Doppelgefässen des Cellulosemantels umschliessen, ebenfalls als muskulös angesehen werden dürfen (s. oben p. 245). — Nicht unerwähnt darf es an dieser Stelle bleiben, dass sich bei einer Anzahl Ascidien, bei denen im Mesenchym Kalkspicula zur Entwickelung gelangen, kalkige Bildungen auch in den Blutgefässen finden. Das gilt im Besonderen von den Gattungen Rliahdocijnthia und Cideohis, bei denen häufig auch grössere Blutbahnen von Spiculis gestützt und durchsetzt erscheinen, so dass die Lumina klaffend bleiben und nicht so leicht collabiren (Herdman). Gefässverzweigungen. Nomenclatur der Blutgefässe. 535 h. Der Verlauf der Bluthahnen. Während die Lage und der Verlauf der grossen Hauptblutbalinen bei allen Ascidien im Wesentlichen sich gleichen, treten im Verhalten der kleineren Gefässe und namentlich der capillaren Verzweigungen in der Leibeswand und an den Eingeweiden recht bedeutende Unterschiede auf. Solche Verschiedenheiten finden sich nicht nur zwischen den verschiedenen Arten und Gattungen, sondern auch innerhalb einer Species bei ver- schiedenen Individuen. Schon L acaze-Duthiers und Delage (1892) haben mit Eecht hervorgehoben, dass man unter den Cynthien kaum zwei Individuen einer Art auffinden dürfte, deren GefässverzAveiirunofen nach Injectionen das gleiche Aussehen darbieten würden. Zum Theil mag das allerdings, wie jene Autoren annehmen, daraus sich erklären, dass nicht alle Abschnitte des weit verzweigten Sinussystems gieichmässig sich mit der Injectionsmasse füllen, sondern je nach Zufall die Flüssigkeit vorwiegend in die einen oder anderen Canäle eingespritzt wird, so dass das Bild der dendritischen Gefässverästelungen immer anders erscheinen muss. Aber ich glaube nicht, dass das die einzige Ursache der Ver- schiedenheit ist, sondern ich nehme thatsächlich vorhandene individuelle Unterschiede im Verlauf der Gefässverzweigungen an, wie sie sich aus der Untersuchung von Schnittserien auch durch solche Thiere ergeben, die vorher nicht injicirt wurden. Auf eine genauere Darstellung des Verlaufs und Vorkommens dieser kleineren, fast immer wandungslosen Blutbahnen kann hier nicht ein- oeeanoen werden. Die verwickelten netzartigen Verzweigungen lassen sich ohne zahlreichere Illustrationen kaum anschaulich genug schildern, und überdies zeigt die grosse Variabilität, dass ein allgemein typisches Verhalten nicht nachweisbar ist. Bei der Beschreibung der grösseren Gefässstämme und Blutbahnen erhebt sich insofern eine Schwierigkeit, als in der Benennung der verschiedenen Gefässe eine grosse Unsicher- heit besteht und eine einheitliche Nomenclatur bisher nicht erreicht werden konnte. Manche Autoren (Lacaze-Duthiers) haben, wenn auch nicht alle Blutgefässe, so doch einen grossen Theil entweder als Arterien resp. Aorten oder als Venen bezeichnet. Ich glaube nicht, dass es zweckmässig sein möchte, bei Tunicaten überhaupt diese Bezeichnungen der Gefässe anzuwenden, denn da die Kichtung des Blutstroms periodisch sich ändert, wechselt gleichzeitig auch die Bedeutung der Arterien und Venen, indem die zuerst als Venen das Blut in das Herz führenden Stämme nunmehr als Arterien thätig sind, und umgekehrt die frühereu Arterien jetzt zu Venen geworden sind. Glaubt man aber, ohne die Namen Arterien und Venen nicht auskommen zu können, so muss dann wenigstens der Standpunct consequent eingehalten werden, dass alle Namen gleich- zeitig für eine ganz bestimmte Contractionsrichtung des Herzens zu- treffend gewählt erscheinen. Mau wird sich daher zunächst schlüssig 536 Ascidien. machen müssen, ob man bei abviscoralen Contractionen das hintere Herz- ende oder bei advisceralen das vordere als venös betracliten und dem- entsprechend entweder den vorderen ventralen Sinus, oder den hinteren, '/u den Eingeweiden ziehenden Gefässstamm als eine Aorta bezeichnen soll. Bei dem häufigen Ueberwiegen der advisceralen Pulsationen (vgl. oben p. 523) lässt sich die letztere Auffassung, die auch in den Ab- bildungen auf Taf. XXIV ilu'en Ausdruck gefunden hat, bis zu einem gewissen Grade rechtfertigen. Verfehlt aber ist es und nicht zu billigen, wenn sowohl vom vorderen, wie vom hinteren Herzende ausgehende Gefässe als Aorten oder Arterien bezeichnet werden. So nannte z. B, Lacaze-Duthiers den am Hinterende des Herzens entspringenden, die Eingeweide versorgenden Gefässstamm aorte viscerale resp. artere gastrique, und gleichzeitig den vom Vorderende ausgehenden Ventralsinus: aorte branchio-cardiaque, und er gründete diese Namen darauf, dass in den betreffenden Gefässen die Beschaffenheit des Blutes die gleiche sei. Wie die Abbildungen auf Taf. XXIV lehren, führen diese Blutbahnen bei advisceralen Contractionen des Herzens in der That alle mehr oder minder sauerstoffreiches, arterielles Blut. Kehrt sich die Stromrichtung um, so enthalten dann dieselben Gefässe venöses Blut. Darnach wird man trachten müssen, die Bezeichnungen der Blut- gefässe als Venen oder Arterien gänzlich zu vermeiden, und es lässt sich auch in der That ohne sie eine klare Darstellung des peripheren Gefäss- apparates geben. Die älteren Autoren, die allerdings nur wenige Gefässe kannten und besonders benannten, wählten die Namen derart, dass durch sie die Lagebeziehungen nur im Allgemeinen gekennzeichnet erschienen. So beschrieb Milne Edwards einen „grand sinus thoracique ou ventral" und einen „sinus dorsal", in denen das Blut immer in entgegengesetzten Eichtungen ströme, so dass immer der eine als Vene, der andere als Arterie functionire. Diese Bezeichnungen werden in der gleichen Form oder nur wenig verändert von vielen Autoren (Heller) bis auf den heutigen Tag angewendet. Da aber ausser diesen beiden Hauptstämmen noch zahlreiche andere zu unterscheiden und zu benennen sind, kann die Namengebung nicht lediglich nach den grossen Körperregiouen erfolgen, in denen das Gefäss verläuft, sondern es müssen noch andere Gesichts- puncte massgebend werden. Lacaze-Duthiers und Koule, die eine grössere Anzahl be- sonderer Gefässe bei den einfachen Ascidien unterschieden haben, sahen, wenigstens für die kleineren Canäle, von rein topographischen Namen wie „dorsal" und „ventral", „vorn" und „hinten" ab und benannten sie nach den Organen, die sie durch einen Blutstrom verbinden. Schultz e ist allerdings im Kecht, wenn er diese Nomenclatur als schwerfällig bezeichnet, ich glaube aber nicht, dass sie entbehrlich ist, wenn man auch die kleineren Gefässe durch einen sofort verständlichen Namen so kennzeichnen will, dass ihr Verlauf und ihre Lage ohne Weiteres klar werden. Denn es scheint mir nicht, dass das Vorgehen, das Vogt und Noraenclatur der Gefässe, 537 Yiing und neuerdings besonders Schnitze beobachtet haben, besser geeignet sei, die Namengebuug der Blutgefässe bei Ascidion und Salpen einheitlich und übersichtlich zu gestalten. Diese Autoren nennen ein jedes Gefäss nur nach dem einen Organ, an das es nach seinem Abgang vom Herzen unmittelbar herantritt. So heissen Milne -E dwards' Ventralsinus: Canalis hypobranchialis, der Dorsalsinus: Canalis branchialis. Ich finde nicht, dass diese neuen Namen einen wesentlichen Vorzug vor den alten aufzuweisen hätten. Denn wenn Schnitze den Ventralsiuus deshalb nicht mit R o u 1 e und L a c a z e - Duthiers als Sinus branchio-cardiaque bezeichnen will, weil dieser Name mit gleichem Eecht auf den Dorsalsinus der Salpen angewendet werden könnte, wenn die Herzcontractionen in abvisceraler Richtung er- folgen, so ist dagegen einzuwenden, dass Schultze's Bezeichnung Canalis branchialis für den Dorsalsinus der Salpen bei vielen Ascidien sehr viel zutreffender auf den Ventralsiuus passen würde, denn das direct aus dem Herzen entspringende und am nächsten zu den Kiemen führende Gefäss ist hier zumeist der Ventralsinus, und nicht die dorsale Blutbahn. Dazu kommt noch das andere Bedenken, dass das eben erwähnte Priucip der Namengebung für kleinere Gefässstämme als nicht ausreichend er- scheint. An ein und dasselbe innere Organ treten zuweilen von mehreren Seiten Gefässe heran, um sich an ihm capillar aufzulösen. So bemerkt man z. B. am Darmtractus in der Regel einen stärkeren Stamm, der aus dem hinteren Herzende entspringt und von französischen Autoren als artere gastrique bezeichnet wird (Fig. 8, Taf. XXIV); auf ihn würde auch Schultze's Bezeichnung: canalis intestinalis resp. visceralis an- wendbar sein. Daneben finden sich aber auch noch andere Gefäss- verzweigungen, die einen ganz anderen Ursprung haben : an das Intestinum tritt ein starker Gefässstamm, der aus dem Lacunensystem der Leibes- wandungen entspringt, und endlich umzieht ein Capillarnetz, das von den hintersten Verzweigungen des Dorsalsinus ausgeht, den Vordertheil des Verdauungstractus. Auf diese Gefässe sind doch, streng genommen, die Schnitze 'sehen Namen canalis intestinalis oder canalis branchialis nicht recht anwendbar, und es zeigt sich daher, dass es durchaus nicht immer am zweckmässigsten ist, in Nomenclaturfragen einen einseitigen principiellen Gesichtspunct in allen Consequenzen starr zur Durchführung zu bringen. Ich werde daher im Folgenden für die verschiedenen Blutgefässe sowohl rein topographische Namen anwenden, als auch ähnliche Doppelnamen, wie sie schon von früheren Autoren gebraucht wurden. Es ist bereits oben (p. 528) berichtet worden, dass der Verlauf des gesammten Blutgefässsystems sich auf ein sehr einfaches Schema zurück- führen lässt (vgl. Textfigur 125). Ein dorsales und ventrales Sinussystem stehen vorn im Bereich des Kiemendarms, hinten bei den Eingeweiden durch zahlreiche Canäle mit einander in Verbindung. Die Herzhöhle 538 Ascidien. gehört dem ventralen Sinus an, wenngleich sie vielleicht in weitaus der Mehrzahl der Fälle durchaus nicht so weit nach vorn zu liegt, als es die schematische Abbildung zeigt, und ihre Wand entwickelungsgeschichtlich eine vollkommen selbstständig und unabhängig von den Gefässen auf- getretene Bildung darstellt, die zeitlebens auch in histologischer Beziehung sich scharf von diesen unterscheidet. Der vordere Abschnitt des ventralen Sinus führt das Blut vom Herzen direct zu der Kieme, beziehungsweise von dieser zum Herzen zurück, der am hinteren Herzende entspringende versorgt die Eingeweide. Bei der nachfolgenden Beschreibung des Verlaufs der wichtigsten Blutbahnen werden zunächst die direct aus dem vorderen und hinteren Ende des Herzens entspringenden Gefässe scharf auseinander zu halten sein, ganz unabhängig davon, dass auch der hintere Stamm gelegentlich z. Th. ventral verlaufen kann. Dann werden die Blutgefässe und Sinus zu beachten sein, die nicht mehr durch einen einheitlichen Canal direct mit dem Herzen im Zusammenhang stehen, sondern mit diesem nur indirect durch ein capillares Sinussystem verbunden sind. Doch besteht zwischen diesen beiden Gefässarten nicht immer ein scharfer und durch- greifender Gegensatz, denn es kann neben der indirecten, capillaren Ver- bindung eines Gefässes mit dem Herzen noch eine mehr directe durch einen stärkeren, ungetheilten Canal gleichzeitig vorhanden sein. Das ist z. B. zuweilen am Hinterende des grossen Dorsalgefässes der Fall. Ich glaube, dass es leichter möglich sein wird, eine klare Vorstellung von dem complicirten Verlauf des Gefässsystems der Ascidien zu ge- gewinnen, wenn in der folgenden Darstellung die Blutbalmen nicht aus- schliesslich nach den eben angeführten Gesichtspuncten in verschiedene Gruppen gebracht werden, sondern wenn bei der Eintheilung auch darauf Rücksicht genommen wird, welche Organe die betreffenden Gefässe zu versorgen haben. Daher gliedert sich uns der Stoff in folgender Weise : 1. Das Hypobraneliialgefäss (Canalis hypobranchialis Schultze's, grand siuus thoracique ou ventral Milne-Edwards', Aorte branchio- cardiaque, Sinus de l'endostyl ou sinus ventral Lacaze - Duthiers', Sinus branchio-cardiaque ou sinus branchial inferieur ou ventral Eoule's; Ventralgefäss Hell er 's, Bauchcanal Vogt's, great dorsal branchial Channel Hancock's), Aus dem vorderen Herzende entspringt bei allen Ascidien das Hypobranchial- oder Ventralgefäss, Es verläuft dicht beim Endostyl in der Medianebene nach vorn, um sich am vordersten Ende des Kiemeudarms in die Flimmerbogencanäle und eine Anzahl feiner Aeste, die nach der Ingestionsöfifnung zu verstreichen, aufzulösen. Wohl nur bei den kleinsten Synascidien stellt dieses Ventralgefäss einen be- sonderer Endothelwandungen durchaus entbehrenden Sinus dar; bei den Monascidien dürfte es, wenn auch vielleicht nicht immer ganz, so doch wenigstens im hinteren Abschnitt von einem Endothel begrenzt und sehr liäufig überdies von einer zarten Muskellage umschlossen sein. Gewöhn- lich ist das Hypobranchialgefäss unter allen Blutbahnen am leichtesten Hypobranchialgefäss. 539 zu erkennen, einmal, weil es eine sehr ansolmliclie Weite besitzt, die so beträchtlich sein kann, dass im Querschnitt der Umfang des ganzen Endostyls vom Gefässlumen noch übertroffen wird (vgl. hier Text- figur 116, p. 486), und weil zweitens häufig Endothel und Muscularis gerade hier am schärfsten ent- wickelt erscheinen. Nicht immer verläuft aber ventral beim Endo styl nur ein einziger Längsstamm, sondern an Stelle eines einheitlichen Hypobranchialgefässes begegnet man zuweilen zwei oder mehreren kleineren Stämmen, welche neben oder übereinander liegen (vgl. Textfigur 72, p, 347) und meistens nicht vollkommen in ihrer Weite mit einander übereinstimmen (Fig. 7, Tat. XXIV). Auf allen Querschnitten durch die Ventralregion sieht man überdies noch eine meist grössere Zahl kleiner Lacunen getroffen, die schräg oder ringförmig verlaufen, auf kurzen Strecken das grosse Ventralgefäss, von dem aus sie ent- springen, begleiten, die aber nur kurz sind und niemals die ganze Länge des Endostyls erreichen. Es ist oft nicht ausführbar, diese Neben- ästchen von den Hauptlängsstämmen scharf zu unterscheiden, wenn nur Querschnitte zur Untersuchung vor- liegen. Zuweilen unterscheiden sich die ventralen Längsstämme, wenn meh- rere neben einander, vorkommen, ziemlich auffallend durch ihren Bau. Das soll z. B. nach Heller bei Äscidia mentula der Fall sein, wo im vorderen Körperabschnitt ventral Fig. 127. Halbschematische Darstelking des Verlaufs der Hauptgefässstämme von Äscidia men- tula. (Nach Heller, etwas verändert.) d = Dorsalgefäss ; d^ = dorsaler, fZ., = ven- traler Ast desselben; d^ = Verzweigungen des Dorsalgefcässes an den Eingeweidon; dg = rechtsseitiges Darnigefäss = rechter Ast dos Visceralgefässes , der linke ist nicht sichtbar; hs = Herz; i = Intestinum; lg = dorsaler Stamm für die Leibeswand; m = Magen; 7ng = Mantelgefäss ; mg^ u. mg^ = die beiden Wurzeln desselben; ov = Ovariura ; pc = Pericard ; s u. Sj = La- cunensysterae um die Eingeweide, durch drei Trabokelgefässe mit den Kiemen ver- bunden; s = Branchiointestinalgefässe; Sj = Branchiogeuitalgefäss; v = vorderes rechtes Ventralgefäss ; v^ u. v., = linker und hinterer Ventralstamm. vom Endostyl 2 grössere Gefäss- stämme dicht neben einander verlaufen (Textfigur 127). Das rechte Gefäss soll in seinem Bau mit dem Herzen im Wesentlichen übereinstimmen*) *) Da Heller den Bau der Herzwand selbst nicht richtig beurthoilt hat, ist es begreiflich, dass auch seine Darstellung des Baus der Gefässwände nicht ganz zutreffend 540 Ascidien. und quergestreifte Muskolfibrillen besitzen, während das linke ein etwas feineres Kolir darstellt, nur mit glatten Muskelfasern versehen ist und einen starken Ast nach hinten entsendet, der bis zum Hinterende des Endostyls hinzieht. Einen solchen hinteren Stamm des Hypobranchial- ofefässes wird man wohl überall da finden müssen, wo das Herz bis weit nach vorn reicht, so dass die Ventralstämme ungefähr in der Mitte des Thieres oder gar noch weiter vorn ihren Ursprung nehmen, während die Kiemen sich bis nahezu an das hintere Körperende ausdehnen. Dieser hintere Kiemenabschnitt kann daher nur von einem besonderen Neben- stamm des vorderen Hypobranchialgefässes aus versorgt werden (Fig. 7, Taf. XXIV). Die Ventralstämme sind deshalb von besonderer Wichtigkeit, w^eil sie — bei abvisceralen Contractionen des Herzens — das Blut in die Kiemen führen, denn es entspringen seitlich eine grosse Anzahl kleinerer Quergefässe, die zwischen den beiden Epithelien der Kiemen und in den Quer- und Längsfalten des Kiemendarms verlaufen. Diese Kiemen- gefässe werden weiter unten noch beschrieben werden. Im vorderen Ab- schnitt entspringen aus dem Hypobranchialgefäss, wie am Eingang dieses Abschnitts schon bemerkt wurde, die im Flimmerbogen und im ventralen Theil des Ingestionssiphos verlaufenden Gefässstämmchen, während seitlich auf der ganzen Strecke sehr zahlreiche kleine Aestchen ihren Ursprung nehmen, die rechts und links vom Endostyl sich oft so reich verzweigen, dass sie an der Ventralseite des Kiemendarms ein fein- maschiges Gefässnetz entstehen lassen. Ferner entspringen stets aus den Ventralgefässen ein oder mehrere Stämme, die mehr an der Aussenseite in die Leibeswand eintreten und sich in dieser verästeln; und wo be- sondere Gefässe im Cellulosemantel vorhanden sind, stammen diese mindestens mit einer Wurzel aus dem Hypobranchialgefäss (siehe weiter unten p. 551). 2. Das Dorsalgefäss (Sinus dorsal Milne-Edwards', veines du raphe posterieur Lacaze-Duthiers', Sinus viscero - branchial oder Sinus branchial superieur ou dorsal Koule's, Dorsalstämme Heller' s, Eingeweidekiemencanal Vogt und Yung's, great ventral branchial Channel Hancock 's). Der Bau des Dorsalgefässes zeigt ganz ähnliche Verschiedenheiten wie der des ventralen Stammes. Bei den kleinen Synascidien entbehrt der Dorsalsinus besonderer Wandungen; bei den meisten Monascidien findet sich eine besondere Endothelauskleidung, und zuweilen wird diese noch von einer zarten Muscularis umschlossen, die ist. Ich glaube nicht, dass in den grossen Ventralstämmon der Ascidia mentula das Endothel vollkommen fehlen und, wie Heller angiebt, die Muscularis direct das Lumen begrenzen wird. Eine Uebereinstimmung im feineren Bau der Herz- und Gefässwand wird sicher auch hier nicht bestehen, und daher erscheint auch die Schlussfolgerung hinfällig, die Heller aus seinen Beobachtungen gezogen hat, indem er behauptet: „Herz und Ventralstamm erscheinen mithin nur als Abschnitte eines grösseren, zusammenhängenden Gefässstamms, der in seiner ganzen Länge contractu ist." Dorsalgefäss. 54]^ sich aus glatten Muskelfasern zusammensetzt. In der Kegel verlaufen die Fasern mehr oder minder schräg zur Längsrichtung des Gefässes und liegen ziemlich parallel zu einander, in seltenen Fällen erscheint die Muscularis zweischichtig, indem ausserhalb einer aus quer gerichteten Fasern bestehenden Schicht eine Lage von Längsfasern zur Entwickelung gelaugt {Äscidia menfula nach Heller). So wie auf der Ventralseite findet man auch auf der dorsalen sehr häufig nicht nur einen, sondern zw^ei und auch mehrere Längsstämme. Zuweilen erscheint ein grosses Längsgefäss durch eingewuchertes Binde- gewebe auf gewissen Strecken in mehrere kleinere Blutbahnen aufgelöst. Sind zwei grössere Dorsalgefässe vorhanden, so liegen beide gewöhnlich ziemlich genau in der Medianebene übereinander, das eine mehr aus- wärts, das andere, das Heller „Epibranchialstamm" genannt hat, oft tief in die Dorsalfalte des Kiemendarms eingesenkt (Textfigur 67, p. 336, Fig. 7, Taf. XIX). Nach Heller unterscheiden sich die beiden Dorsalstämme bei Äscidia mentula recht auffallend von einander, indem der innere nur von einer einschichtigen Muscularis, der äussere von einer Quer- und Längsfaserschicht umschlossen wird. Nach vorn zu ver- laufen die beiden Dorsalgefässe wohl überall im Wesentlichen selbst- ständig neben einander und verästeln sich auch ein jedes selbstständig; doch können kleinere Verbindungscanäle zwischen beiden an verschiedenen Stellen auftreten. Am Hinterende scheinen sie sich dagegen zumeist zu einem unpaaren Medianstamm zu vereinigen. Das Hinterende des Dorsalsinus verhält sich sehr verschieden. Selten kann man, wie es nach den Untersuchungen Heller's bei der Gattung Äscidia der Fall sein soll, das Dorsalgefäss als einen grossen einheit- lichen Stamm nach hinten zu bis an das Hinterende des Herzeus ver- folgen (Textfigur 127, Textfigur 47, p. 249). Zumeist löst sich der hintere Abschnitt des Gefässes in kleinere Canäle und Blutsiuus auf (Dorsointestinal- oder D orso visceraläste), die die Eingeweide umgeben, so dass — bei advisceralen Herzcoutractionen — das Dorsal- gefäss nicht direct aus dem Herzen, sondern erst aus dem den Darm umgebenden Capillarsystem das theilweise bereits venös gewordene Blut erhält. (Molguliden nach Lacaze-Duthiers. Vgl. Fig. 5 und 6, Taf. XXIV). Neben dieser capillaren Verbindung mit dem hinteren Herz- ende kann gleichzeitig noch die directe durch einen gröberen Gefäss- stamm bestehen. — Bei den Cynthideen {TolycariM varians, Fig. 8, Taf. XXIV) spaltet sich nach Lacaze-Duthiers und Delage das Hinterende des Sinus dorsalis in drei Aeste: einen mittleren, einen stärkeren links und einen schwächeren rechts vom Oesophagus ver- laufenden; alle drei lösen sich am Verdauungstractus in ein capillares Sinussystem auf. Bei Molgida fand Lacaze-Duthiers, dass das Dorsalgefäss in zwei starke Aeste sich gabelt, die an den Vorder- abschnitt des Verdauungstractus herantreten und besonders im Bereich der Leber unter vielen Verzweigungen ein Capillarnetz bilden. Bei ad- ö 542 Ascidien. visceralen Pulsationen führen diese Capillaren venöses Blut, und Lacaze hat daher, vielleicht aber nicht sehr passend, die beiden Hinteräste des Dorsalsinus v eines hepatiques genannt. Besonders eingehend hat Roule das Verhalten der hinteren Dorsal- gefässendigungen bei Ciona intestinalis beschrieben. Auch hier lassen sich im Allgemeinen drei starke Aeste unterscheiden. Der eine Seitenast löst sich am Oesophagus inid Magen in ein reiches Capillarsystem auf, das mit dem in der Magenregion liegenden Sinussystem des Visceral- gcfässes im Zusammenhang steht; Roule hat diese Verzweigungen als branches stomaco-branchiales bezeichnet. Der Mittelast verzweigt sich am Ovarium (branches ovario-branchiales), und diese Ovariallacunen stehen auch mit denen des Magens in Verbindung (branches stomaco-ovariennes), so dass dieser Mittelast in 'seinem ganzen Verlaufe, bis er an die Endi- gungen des Visceralgefässes herantritt, gleichsam zwei aufeinander- folgende capillare Auflösungen erfährt. Der linke Seitenast breitet sich mit seinen zahlreichen Verzweigungen am Intestinum aus (sinus intestino- branchial). Am Vorderende löst sich der Dorsalsinus in ein feines Lacunen- system auf, das Ganglion, Neuraldrüse und Flimmergrube umspinnt und sich bis zur Spitze des Mundsiphos fortsetzt, während seitlich die den Flimmerbogen durchsetzenden Blutbahnen aus- resp. eintreten. Sind zwei Dorsalgefässe vorhanden, so scheint nur der innere Epibranchialstamm vorn mit den Flimmerbogengefässen direct im Zusammenhang zu stehen, der äussere dagegen den Sipho und die Mundtentakel zu versorgen (Heller). Während seines Verlaufs giebt der Dorsalstamm zahlreiche Seiten- zweige ab. Von der grössten Bedeutung sind die in die Kiemen führenden Canäle, die eine Verbindung mit dem Hypobranchialgefäss herstellen. Ferner entspringen namentlich im vorderen Abschnitt zahlreichere kleinere, zuweilen auch nur sehr wenige, manchmal nur eine, grössere, weit ver- zweigte Blutbahnen, die die Leibeswanduug versorgen (Fig. 5, Taf. XXIV). Da, wo zwei Dorsalgefässe nebeneinander verlaufen, finden sich überdies mehr oder minder zahlreiche kleine Verbindungscanäle, deren schon oben gedacht wurde. Die Kiemengefässe scheinen dann immer nur in den inneren Dorsalstamm zu münden, während die die Leibeswand ver- sorgenden Aeste hauptsächlich vom äusseren Stamm ihren Ursprung nehmen (Heller). 3. Die Greiasse des Kiemeiidarms. Die an den Kiemendarm heran- tretenden Gefässe haben in erster Linie respiratorische Bedeutung, Avenn- gleicli nicht alle für die Athmung von gleich grosser Wichtigkeit sind. Ein grosser Theil dieser Gefässe ist überdies dadurch bedeutungsvoll, dass durch ihn allein eine directe Verbindung zwischen den beiden bisher behandelten ventralen und dorsalen Gefässstämmen geschaffen und der Kreislauf des Blutes ermöglicht wird. Die im ganzen Bereich des Tentakelgefässe, Flimmerbogengefäss. 543 Kiemeiidarms auftretenden Gefässe und Blutbahnen sind recht ver- schiedenartig. Im vordersten Abschnitt werden wir zu unterscheiden haben die Tentakelgefässe und dicht dahinter die im Flimmerbogen ver- laufenden Canäle. Sehr verwickelt gestaltet sich der Gefässverlauf in den eigentlichen Kiemen, in denen stets in sehr verschiedenen Richtungen verlaufende, grössere und kleinere, oft netzförmig verästelte, mit ein- ander anastomosirende Canäle und Lacunen angetroffen werden. a. Die Tentakelgefässe. Die Art und Weise, wie die Mund- tentakel mit Blutgefässen versehen werden, ist nicht überall die gleiche. Es müssen auseinander gehalten werden die meist ringförmig verlaufenden Gefässe des Tentakelträgers und die in die einzelnen Tentakel selbst eintretenden und sich hier oft verzweigenden Tentakelgefässe im engeren Sinne. Am genauesten lautet die Darstellung, die Lacaze-Duthiers (1874) für 3Iölgula gegeben hat. Hier verlaufen im Inneren des ringförmigen Tentakelträgers, dem die verzweigten Tentakel aufsitzen, zwei geschlossene Ringsinus parallel neben einander. Der eine, das hypobranchiale Tentakelträgergefäss, das Lacaze-Duthiers cercle inferieur aux tentacules ou couronne arterielle nennt, entspringt als ein starkes, in der Medianebene ventral verlaufendes Gefäss dem Hypobranchial- stamm. Der andere, der dorsale Ringsinus des Tentakelträgers, die veine circulaire de la base de la couronne Lacaze-Duthiers', steht mit dem Dorsalgefäss, und zwar mit dem äusseren Stamm, wenn zwei vorhanden sind, durch einen starken Gefässast in Verbindung, der dorsal ziemlich genau in der Medianebene hinzieht. In einen jeden Tentakel tritt aus jedem der beiden Ringgefässe des Tentakelträgers ein Gefäss- stämmchen ein (hypobranchiales resp. dorsales Tentakelgefäss), um sich hier in einer typischen Weise zu verzweigen und capillar aufzulösen (Fig. 4, Taf. XXIV), so dass das Blut, das durch das eine Gefäss in den Tentakel eingeführt wird, durch das andere wieder abströmt, nachdem es sauerstoffreicher geworden ist. (Vgl. über die respiratorische Bedeutung der Mundtentakel oben p. 280). In so typischer Regelmässigkeit erscheint aber wohl nur sehr selten der Gefässapparat der Tentakelregion. So wie meist in jedem Tentakel nur ein einziges Blutgefäss nachweisbar ist, kann man häufig auch im Tentakelträger nur einen Ringsinus erkennen, in dem das Blut ab- wechselnd nach der einen oder anderen Richtung strömt. Selbst bei grossen Monascidien (Cynthien) kann ein scharf differenzirtes, circu- läres Tentakelträgergefäss fehlen, und in der Nähe der Tentakelbasen finden sich dann nur mehr oder minder unregelmässig vertheilto bmus, die nach hinten zu in die Blutbahnen des Flimmerbogens und der Kiemen sich fortsetzen, nach vorn zu aber in jeden Tentakel ein feines Gefäss entsenden (Lacaze-Duthiers und Delage). b. DasFlimmerbogengefäss (Sinus coronalLacaze-D uthiers'). Die Vorderenden des Dorsalgefässes und des Hpobranchialstammes stehen 544 Ascidicn. bei allen Ascidien durch einen circulären Blutcanal in Verbindung, dessen Verlauf durch den Flimmerbogen bestimmt wird. Dieses Flimmerbogen- gefäss liegt stets in der den Flimmerbogen bildenden Horizontalfalte des vorderen Kiemendarmopithels und kann, bei kleinen Ascidien wenigstens, zum Theil direct vom Entodermepithel nach innen zu begrenzt werden (Fig. 1, Taf. XVIII). Zumeist aber ist es ganz vom Bindegewebe, be- ziehungsweise von der 'die Leibeshöhle erfüllenden Gallerte umschlossen und besitzt, oft nur stellenweise, Endothelwandungen. Häufiger scheinen nicht ein einheitliches Einggefäss, sondern mehrere parallel verlaufende, vielfach miteinander commuuicirende Blutbahnen vorhanden zu sein, doch ist es nicht leicht, darüber ohne Ausführung von Injectioneu bei der Untersuchung der Schnittserien sichere Aufklärung zu gewinnen (vgl. Fig. 2 — 5, Taf. XVIII). Zuweilen ist ein besonders grosses Einggefäss in den Präparaten leicht zu verfolgen {Ciona, Phallusia)^ die Deutung der kleineren benachbarten Blutbahnen aber bleibt öfters unsicher (Text- figur 62, p. 326; Textfigur 63, p. 330). Während das Flimmerbogengefäss ventral und dorsal von den Hypo- branchial- und Dorsalgefässen abwechselnd das Blut erhält oder in sie abfliessen lässt, führen an verschiedenen Stellen eine Anzahl kleinere Längscanäle von hinten her aus dem Kiemendarm und von vorn aus der' Tentakelregion und dem Mundsipho die Blutflüssigkeit zum Flimmer- bogen hin oder auch von diesem nach jenen Eegionen ab. c. Die Kiemengefässe. Der Verlauf und die Anordnung der Blutbalmen der Kieme werden vollständig von der Beschaffenheit der Spiracula und Faltungen des äusseren und inneren Kiemenepithels be- stimmt. Es sind demnach zu unterscheiden die interspiracular im pri- mären Gitterwerk und die im secundären inneren oder äusseren Gerüst verlaufenden Bahnen. Da diese alle durchaus den bereits ausführlich im VII. Kapitel beschriebenen interspiracularen Längs- und Querzonen, den inneren Längs- und Quergefässen des Kiemeudarms entsprechen, kann hier von einer eingehenden Behandlung des Gefässverlaufs abgesehen werden. Die Gefässe im primären Gitterwerk der Kieme verlaufen, wenn die Spiracula schlitzförmig oder rundlich sind, transversal und longitudinal, sich annähernd senkrecht kreuzend, so dass an den Kreuzungsstellen ein Blutaustausch erfolgen kann. Sind die Kiemenspalten spiralförmig, so erscheinen auch die Gefässe zum grossen Theil spiralig aufgerollt, stehen aber auch dann noch durch Quer- und Längscanäle alle mit einander in Verbindung. Auch im secundären Gitterwerk unterscheidet man, ab- gesehen von den oben (p. 424) beschriebenen unregelmässigen Faltungen, fast immer nur Quer- und Längsgefässe, die miteinander und mit den interspiracularen Gefässen communiciren. An verschiedenen Stellen der Kieme können sowohl die längs- wie querverlaufenden Blutbahnen in ein System feinerer, capillarer Eöhren sich verzweigen. Quer- und Längsblutbahncn clor Kieme. 545 In den complicirter gebanten Kiemen der meisten Monascidien sind die Transversalgefässe von verschiedener Stärke, so dass wir oft sehr regelmässig angeordnete Bahnen erster, zweiter und dritter Ordnung unterscheiden konnten. Alle Quergefässe stellen circuläre Verhindimgon zwischen dem gTOSsen Dorsal- und dem Hypohranchialgefäss dar; sie ver- halten sich in dieser Beziehung genau so, wie das weiter vorn gelegene Flimmerhogengefäss, nur dass bei diesem die respiratorische Bedeutung vielleicht etwas mehr zurücktritt. Wie schon oben bemerkt wurde, werden die Transversalgefässe häufig von Muskelfaserzügen begleitet, gestützt und umschlossen oder durchsetzt. Sind zwei Dorsalgefässe vor- handen, so nimmt in der Eegel das innere alle transversalen Kiemen- gefässe auf; finden sich ventral zwei Hypobranchialstämme nebeneinander, so entspringen aus dem rechten die Kiomengefässe der rechten, aus dem linken die der linken Kiemenhälfte. Aus den grösseren Transversal- gefässen erster und auch zweiter Ordnung nehmen die Trabekulargefässe ihren Ursprung, die die Peribranchialräume durchsetzen imd in die Leibes- wand übertreten (s. unten p. 548). Die Längsgefässe der Kieme empfangen ihren Inhalt fast aus- schliesslich von den Quergefässen und geben ihn auch zum grössten Theil an diese wieder ab. Die hinteren Enden münden vielleicht nicht immer alle in die hintersten Transversalgefässe ein, sondern es mag vorkommen, dass ein oder das andere Längsgefäss direct mit dem Hypobranchial- oder Dorsalgefäss im Znsammenhang steht; auch schien es mir, dass zuweilen einzelne Längsblutbahncn sich nach hinten zu beträchtlich über das letzte Quergefäss der Kieme hinaus erstrecken und in dem die Ein- geweide umgebenden Lacunensysteme endigen. Die Vorderenden mancher Längsgefässe ragen ebenfalls über die vordersten Quergefässe hinaus und münden in den Flimmerbogensinus. Vereinzelte ziehen noch weiter in den Mundsipho hinein und verlieren sich endlich in diesem, indem sie sich immer mehr fadenförmig verjüngen oder unter dendritischen Ver- zweigungen allmählich auflösen. (Vgl. über den Verlauf der Kiomen- gefässe bei Ciona Fig. 1, 2, 6, Taf. XXIV). Etwas verschieden von diesem Verhalten, das man mit Keclit als das typische für die ganze Ascidienklasse wird ansehen dürfen, fand Lacaze- Duthiers die Kiemengefässe bei Molgula. Zum Theil hängen vielleicht die Besonderheiten bei dieser letzteren Form damit zusammen, dass hier wohl ausgebildete Infundibula auftreten, denen bis zu einem gewissen Grade eine gruppenweise Anordnung der Kiemengefässe entspricht, während sonst in der Regel die Gefässverzweigungen in allen Theilen der Kieme sich ziemlich gleichartig verhalten. Die bemerkens- wertheste Eigenart der Molgulidenkieme scheint mir aber nach L acaz e- Duthiers' Darstellung darin zu bestehen, dass in allen gröberen Quer- und Längsbahnen der Kieme, theilweise auch in den feineren und feinsten, nicht nur ein Gefäss, sondern zwei parallel nebeneinander, das eine mehr aussen, das andere dem Kiemendarmlumen genäherter, verlaufen und durch Bronn, Klassen des TWei- Reichs. lU. Spplt. 35 546 Ascidien. capillare Sinus miteinander verbunden sind. So bilden also hier die Kiemongefässe gewissermassen zwei parallel übereinander liegende, vielfach verbundene Netzwerke. Das äussere steht mit den Blutbahnen der Leibes- wandung und der Eingeweide in näherem Zusammenhang, undLacazo- Duthiers bezeichnete diese Gefässe als v ein es branchiales. Das innere Gefässnetz (arteres branchiales) geht in das Hypobranchial- gefäss über und führt das arteriell gewordene Blut bei advisceralen Pul- sationen dem Herzen zu (Fig. 3, Taf. XXIV). 4. Das Visceralgefäss (Canalis intestinalis Schultze's, Herz- eingeweidecanal Vogt's, Eingeweidegefässe Hell er 's, aorte viscerale, sinus cardio-visceral ou cardio-splanchnique, artere gastrique etc. Lacaze- Duthiers' und Eoule's). Aus dem hinteren Herzende entspringt bei allen Ascidien ein starkes, die Eingeweide versorgendes Gefäss: das Visceralgefäss. Bei den meisten Formen ist es die einzige Blutbahn, die sich hinten in das Herz öffnet, bei Äscidia thut dies, wie oben schon erwähnt wurde, auch der Dorsalsinus. Das Visceralgefäss tritt, in verschiedener Weise sich verzweigend, an verschiedene Abschnitte des Darms heran. Bei Folycarpa varians gelang-t der von Lacaze und Delage als artere gastrique bezeichnete Gefässstamm direct an den Magen, um sich hier und am Intestinum capillar aufzulösen (Fig. 8, Taf. XXIV). Bei Ascidin theilt sich das Visceralgefäss unmittelbar an seiner Ursprungsstelle in zwei Aeste, so dass diese selbstständig aus dem Herzen zu treten scheinen. Der kleinere, linke versorgt die linke Hälfte des Magens, Oesophagus und Intestinums, der grössere, rechte die rechte Seite. Die feineren Verzweigungen dieser Stämme stehen schliesslich mit Sinussystemen im Zusammenhang, die im Bereiche der Geschlechtsorgane und des hinteren Intestinalabschnittes sich ausbreiten (Textfigur 127). Auch bei Ciona spaltet sich das Visceral- gefäss, nachdem es die visceralen Herz gefässe oder Viscero- coronariae, kleinere Seitenäste für Herz und Pericard, abgegeben hat und in der Nähe des Magens angelangt ist, in zwei Stämme, die Beule branches terminales anterieures und posterieures genannt hat, weil sie sich unmittelbar an der Gabelungsstelle sofort dendritisch verzweigen. Die branches anterieures versorgen hauptsächlich den Magen (daher sie auch die Bezeichnung Magenarteri en, Magengefässe oder Stoma- covisceraläste führen), doch öffnen sie sich auch direct in die Lacunen, welche das Ovarium und den vorderen Darmtractus umgeben und auch den benachbarten Theil der Leibeswand (durch die Visceroder mal- äste) versorgen. Die branches posterieures vmischliessen besonders das Intestinum und werden daher auch sinus storaaco-intestinal oder Vi sc er o- intestinal gefässe genannt (Fig. 1 und 6, Taf. XXIV). Die beiden Aeste des Visceralgelässes finden sich in etwas veränderter Weise auch bei Molgula wieder (Fig. 7, Taf. XXIV). Das Visceralgefäss tritt, nachdem sich ein starker Seitenast nach den rechtsseitigen Geschlechts- Verzweigungen des Visceralgefässes. 547 Organen und dem äusseren Cellulosemantel abgezweigt hat, als aorte cardio-splanclmique an die Leberregion des Darmtractus heran und gabelt sich in zwei Stämme. Der eine (aorte viscerale posterieuro ou externe, vaisseau gastro-hepatique posterieur, superficiel ou externe) umzieht mit seinen Verzweigungen die Leber und senkt sich auch in die Leibeswand ein. Der andere Stamm (aorte viscerale anterieure ou interne, ramoau anterieur interne ou profond) verästelt sich selbst wieder in variabler Weise; doch lassen sich im typischen Fall drei Aeste unterscheiden. Der erste dieser Zweige (rameau inferieur) bildet rechts an der Leber ein Capillarnetz ; der Mittelast löst sich in ein gröberes Gefässnetz auf, aus welchem ein starkes Gefäss für jedes Geschlechtsorgan, der Viscero- genitalast (arteres genitales), hervorgeht, und der dritte Zweig (rameau superieur ou profond) versorgt hauptsächlich das Intestinum mit seinem als arteres intestinales bezeichneten Abschnitt (Lacaze-Duthiers). Aus dem Visceralgefäss geht, wie eben schon für Mohjiila angedeutet wurde, eine der beiden Wurzeln des Cellulosemantelgefässes hervor (vgl. das Nähere weiter unten p. 551). Das Visceralgefäss führt, wenn das Herz sich in advisceraler Kich- tuno; contrahirt, fast ausschliesslich arterielles Blut in allen seinen eben geschilderten feinsten Verzweigungen, durch die es die Eingeweide ver- sorgt. In diesem capillaren Sinussystem wird das Blut mehr oder minder stark venös, und es hat daher Lacaze-Duthiers alle die Gefässe, die sich an die Endverzweigungen des Visceralgefässes anschliessen, und — bei weiteren advisceralen Pulsationen — das venöse Blut vom Herzen noch mehr entfernen und den Kiemen zuführen, als Venen be- zeichnet. Nur zum Theil gehören die Gefässe, die das Blut von den capillaren Endbäumchen des Visceralgefässes aufnehmen, bereits direct dem grossen Dorsalgefäss an, indem sie dessen hinterste Aeste darstellen. So ist bereits oben (p. 541) erwähnt worden, dass hai Pohjcarpa, Ciona, Mohjida die vom Hinterende des Dorsalsinus ausgehenden Stämme (bei Mohjula als sog. veines hepatiques) das Blut aus dem besonders den vorderen Darmabschnitt umgebenden Sinussystem beziehen, eventuell zu ihm hin- leiten. Ein anderer grosser Theil des Blutes aber, das durch das Visceral- gefäss zu den Eingeweiden geleitet wird, fliesst nicht direct dem Dorsal- sinus zu, sondern wird durch besondere Gefässe und Bahnen direct oder auf Umwegen in die Kiemen geschafft. Eür 3folgula sind durch Lacaze- Duthiers eine ganze Eeihe solcher „Venen" beschrieben worden. Das von einem Ast des Visceralgefässes zu den Geschlechtsorganen gebrachte Blut wird durch zwei Genitobranchialgefässe (veines genitales) in zwei grössere Transversalgefässe des Kiemendarms geführt (vgl. das Schema in Fig. 5, Taf. XXIV), und ebenso strömt das Blut aus den das 35* 548 Ascidien. Intestinum umgebenden' Sinus durch ein oder mehrere (3 — 4) Intestino- hranchialge fasse (v eines intestinales) in die Quergefässe der Kieme ein. Die in die Leibeswand eingetretenen Verzweigungen des Visceral- gefässes stehen durch ein complicirtes Röhrensystem mit den anderen Gefässen der Leibeswand (veines palleales) im Zusammenhang, und auch ihr Blut gelangt füglich durch die Trab ekulargefässe zur Kieme. Auch bei Äscidia ,mrdi nach Heller das die Eingeweide umspülende Sinus- system nicht nur mit dem Dorsalgefäss, sondern gleichzeitig noch durch drei grosse Gefässstämme, die den linken Peribranchialraum als Trabekular- gefässe durchsetzen, mit der Kieme verbunden. Ein Stamm (Genito- branchial- oder Branchiogenitalgef äss) entspringt aus den Sinus, die die Geschlechtsorgane umgeben, zwei andere (Branchio- intestinal- oder Intestinobranchialgef ässe) gehen von den den hintersten Darmabschnitt versorgenden Capillaren aus (vgl. Textfigur 127). Etwas einfacher scheint sich dieser ganze Theil des Gefässapparatcs nach den Beobachtungen von Lacaze-Duthiers undDelage bei den Polycarpen zu verhalten. Hier nehmen die drei Endzweige des Dorsal- sinus einen guten Theil der terminalen Visceralgefässästchen in sich auf, während der Rest seinen Inhalt an die Gefässe der Leibeswand abgiebt. Unter diesen letzteren fällt besonders das Dermatointestinalgefäss (veine intestinale) als ein starker Stamm auf, der das Blut der den Intestinalabschnitt umgebenden Capillaren in die Leibeswand überführt (Figur 8, Tafel XXIV). 5. Die Trabekelgefässe (Verbindungsgefässe oder Commissuren Heller' s, sinus dermato-branchiaux Roule's, sinus parieto-branchiaux oder veines palleo - branchiales Lacaze-Duthiers'). Es ist bereits oben (p. 497) ausgeführt worden, dass die die Peribranchialräume und Cloake durchsetzenden Trabekel nicht nur als Stützapparate für die Kieme Bedeutung haben, sondern auch deshalb von Wichtigkeit sind, weil sie Blutgefässe führen, durch welche die Kiemen- und Leibeswandgefässe miteinander verbunden werden. In den kleinen Trabekeln verläuft nur eine einzige feine Blutbahn (Fig. 5, Taf. XXII); in den grossen findet man fast immer mehrere, die annähernd gleich stark sein oder auch sehr er- heblich voneinander sich unterscheiden können (Fig. 6, Taf. XXII). An der Innenseite münden die Trabekelgefässe in Transversalgefässe der Kieme, indem sie sich gleichzeitig in eine grosse Anzahl feinster capillarer Zweige zertheilen. Noch viel ausgeprägter ist dieses terminale Capillarnetz an den äusseren, in die Leibeswand mündenden Enden der Trabekelgefässe, denn hier lösen sich die stärkeren Stämme in ein eng- maschiges Netzwerk auf, das allmählich in die grösseren, zumeist längs- verlaufenden Gefässe der Leibeswandung übergeht (Fig. 9, Taf. XXIV). Die Trabekelgefässe verbinden übrigens nicht immer nur Gefässe der Leibeswand mit der Kieme, sondern häufig — wie soeben für Äscidia beschrieben wurde — treten auch die aus dem Sinussystem der Ein- geweide kommenden grösseren Blutgefässe in die Trabekel ein, um in Gefässe der Leibeswand. 549 diesen zu den Quergefässen der Kieme zu gelangen. Bei Ascidla mcntula (Textfig. 127) erscheinen zwei Brancliiointestiualgefässe und das Brancliio- genitalgefäss wie Trabekelgefässe. 6. Die Grefässe der Leibeswand (veines palleales L a c a z e - Dutliiers', lacunes dermales Koule's). Das Bindegewebe und die Muskulatur der Leibeswand, die auswärts vom ektodermalen Hautcpithel und an der inneren Seite von dem äusseren Peribranchial- resp. Cloaken- epithel begrenzt werden, sind von ausserordentlich zahlreichen grösseren und kleineren Blutbahueu dicht erfüllt, so dicht, dass bei sehr starken Injectionen des Gefässsystems die einzelnen Gefässe als isolirte Bahnen grösstentheils verschwinden und so innig ineinander fliessen, dass die Leibeswand über grössere Strecken hin fast gleichmässig durch die Injectionsmasse gefärbt erscheint (ßoule). Bedingt wird das allerdings in erster Linie durch den grossen Gefässreichthum dieser Körperschicht. Dazu kommt aber noch der Umstand, dass die meisten Dermalgefässe eigener Wandungen durchaus entbehren und lediglich vom Bindegewebe, stellenweise nur von dessen Zwischensubstanz begrenzt werden. Da diese immer sehr weich, oft nur zähflüssig ist, dringt die Injectionsmasse bei genügendem Druck auch in sie ein oder bewirkt wenigstens, dass sie sich theilweise färbt. Bei den Molguliden verläuft weitaus der grösste Theil der Dermal- gefässe in der Längsrichtung der Thiere, und die schräg und transversal gerichteten Verbindungsstämme treten diesen gegenüber sehr zurück. Die meisten Längsgefässe ziehen hier ziemlich genau parallel zu einander hin, so dass sie Lacaze - Duthiers vaisseaux paralleles bezeichnen konnte, im Gegensatz zu den mehr an der Innenseite sich ausbreitenden capillaren Gefässnetzen, die durch Auflösung der Trabekelgefässe entstanden sind (vgl. Fig. 9, Taf. XXIV). Wenn auch nicht in so hervoiTagendem Masse wie bei Molgula, so überwiegen doch auch bei vielen anderen Formen die Längsstämme in der Leibeswand. Es hat dies besonders darin seinen Grund, dass die Blutbahnen den Muskelsträngen folgen und theilweise selbst von diesen begrenzt werden; und Längsmuskelzüge fehlen keiner Ascidie, während transversal und ringförmig verlaufende Fasern oft nur sehr spärlich entwickelt sind. Wo die Leibesmuskulatur eine besonders regelmässige Anordnung zeigt und Längs- und Quer- stämme an ganz bestimmten Stellen sich kreuzen, wird daher auch das Gefässsystem in seinen Hauptbahnen einen ähnlichen Verlauf zeigen müssen. Bei dem grossen Gefässreichthum der Leibeswandungen ist das Gesammtvolumen aller Hautlacunen ein sehr bedeutendes. Daher strömt in ihnen das Blut im Allgemeinen etwas langsamer als in den Haupt- gefässen, besonders als in den grossen, direct vom Herzen ausgehenden Stämmen. Stellenweise bemerkt man, allerdings nur vorübergehend, ein vollständiges Stillstehen des Blutes, obwohl die Herztliätigkeit keine Unterbrechung erfahren hat (Eoule). 550 Ascidien. Da, Avo Parietalbläschen an der Innonseito der Leibeswand sich ent- wickeln, werden diese von den Dermalgefässen aus mit Blut versehen. Die Sinus der Leibeswandungen beziehen das Blut auf verschiedenen Wegen. Von Wichtigkeit sind zunächst die beiden grossen, vom Herzen vorn und hinten entspringenden Gefässe. Das Hypobranchialgefäss giebt eine Anzahl meist kleinerer Zweige ab , die in die Ventralregion der Leibeswand übertreten, und ein Theil der terminalen Enden des Visceral- - gefässes breitet sich, wie oben schon bemerkt wurde, ebenfalls u. z. dorsal im Bindegewebe aus. Ebenso sendet das Dorsalgefäss gewöhnlich mehrere Aeste aus, die vornehmlich auf der Dorsalseite unter dem ektodermalen Hautepithel im Bindegewebe sich vertheilen; und kleinere Blutbahnen verbinden seitlich die Flimmerbogengefässe mit den mehr auswärts liegenden Sinus der Haut. Die grösste Bedeutung für die Blutversorgung der Leibeswandungen haben aber in den meisten Fällen, wenigstens bei den grossen Monascidien, die Trabekelgefässe. Wo diese in grösserer Anzahl vorkommen, führen sie an den verschiedensten Stellen im ganzen Umkreise der Kiemen direct die Blutflüssigkeit zwischen der Leibeswand und dem Eespirationsorgan hin und her (vgl. Fig. 5, Taf. XXIV). Diese vielfachen Verbindungen der verschiedenen Hauptgefässstämme mit dem Sinussystem der Leibeswandungen bedingen es, dass in diesem jederzeit, sowohl bei ab- als auch bei advisceralen Pulsationen, venöses und arterielles Blut nebeneinander vorkommen und sich hier vermischen. Bei advisceralen Contractionen des Herzens wird besonders die hintere dorsale Kegion der Leibeswand, in der Endigungen des Visceralgefässes sich finden, durch arterielles Blut gespeist werden müssen (Fig. 5, Tafel XXIV), während bei abvisceralen Schlägen hauptsächlich die Trabekel- gefässe und zum Theil die vom Dorsalsinus ausgehenden Aeste arterielles Blut der Haut zuführen. 7. Die Mantelgefässe (vaisseaux de la tunique Lacaze-Duthiers', vessels in the test Herdman's, Gefässe des Cellulosemantels Heller's). Wie schon die älteren Beobachtungen von Hancock und 0. Hertwig ergeben hatten, sind die Mantelgefässe Fortsätze der primären Leibes- höhle enthaltendö Ausstülpungen des ektodermalen Hautepithels in die Cellulosehülle hinein. Als solche sind sie daher schon in einem be- sonderen Abschnitt des den Cellulosemantel behandelnden Kapitels be- sprochen worden (p. 242 fg.), und ich habe hier nur noch einiges über den Ursprung und Verlauf der vom Ektoderm umgrenzten Blutbahnen selbst hinzuzufügen. In den meisten Fällen erhebt sich nur eine röhrenförmige Aus- stülpung des Ektoderms an der Ventralseite des Thieres, die weiterhin unter dendritischen Verzweigungen das gesammte Gefässsystem des Mantels hervorgehen lässt. Doch scheint in Bezug auf die Zahl der Ausstülpungen mitunter selbst bei verschiedenen Individuen einer Species Verschiedenheit zu herrschen, denn während ich bei den Arten der Gattungen Botryllus und Botrylloides häufig nur eine Mantelgefässausstülpung beobachtete Gefässe des Celluloseniantels, 551 (Fig. 1, Tafel XI), haben andere Antoren zwei und mehr, später in wechselnder Weise miteinander in Verbindung tretende festgestellt, und Pizon (1892) unterscheidet stets bei jedem Individuum einer Botryllus- Colonie zwei besondere ventral gelegene Mantelgefässstämme, die er als tube vasculaire sous-endostylaire und tube vasculaire sous- intestinal bezeichnet. Da, wo die Mantelgefässe Doppelgefässe (s. oben p. 244) sind, ent- springen diese stets mit zwei getrennten Wurzeln aus den Blutbahnen des Thieres. Gewöhnlich tritt nur ein Doppelgefäss in den Cellulose- mantel ein, um oft mit seinen überaus zahlreichen Ramificationen die ganze Cellulosemasse gleichmässig zu durchsetzen (vgl. Textfigur 47, p. 249). Bei den Molguliden fand Lacaze-Duthiers auf jeder Seite einen sich verzweigenden Doppelgefässstamm. Der hintere rechte ist viel stärker entwickelt, zeigt viel reichere Verästelungen und lässt sich auch leichter injiciren als der vordere linke. Die nähere Vero-leichuns; ergiebt, dass der linke Stamm eine nur den Molguliden (?) eigen- thümliche Bildung darstellt, während der hintere rechte dem ventralen Mantelgefäss der Ascidiiden durchaus homolog ist, da in diesen beide Gefässwurzeln des Doppelstammes in ganz übereinstimmender Weise ent- springen: nämlich die eine Wurzel aus dem Hypobranchialgefäss , die andere aus dem Visceralgefäss. Der aus dem Visceralgefäss stammende Ast entspringt bei Molgida ziemlich nahe dem Herzen, wo das Gefäss noch ungetheilt ist und einen starken Stamm darstellt (Fig 5 u. 7, Taf. XXIV). Lacaze-Duthiers hat ihn artere gauche*) de la tunique genannt und darauf hin- gewiesen (s. oben p. 546), dass er sein Blut nicht ausschliesslich in den Cellulosemantel führt, sondern einige kleine Seitenzweige in das rechts- seitige Geschlechtsorgan entsendet. Bei Ascidia mentula entspringt da- gegen der Visceral ast des Mantelgefässe s in beträchtlicher Ent- fernung vom Herzen aus dem rechten Ast des Visceral- oder Darmgefässes (Textfigur 127). Bei Ciona beziehen ebenfalls die Mantelgefässe durcli einen Ast (Sinus stomaco-tunical Roule's), der dem hier be- schriebenen durchaus gleichwerthig ist, ihr Blut aus dem grossen Visceral- gefäss (Fig. 1 u. 6, Taf. XXIV). Der Hypobranchialast des Mantelgefässes (veine gauche de la tunique Lacaze-Duthiers') mündet in das Hypobranchial- gefäss in verschiedener Weise ein. Bei Molgida (Fig. 7, Taf. XXIV) vereinigen sich beide Stämme in der nächsten Nähe des Herzens, und nicht viel anders ist es bei Ciona (Fig. 1, Taf. XXIV), bei der Roule diese Wurzel des Mantelgefässes sinus tunico-cardiaque genannt *) Hier ist darauf zu achten, dass Lacaze-Duthiers' Bezeichnungen „gauche'* und „droite" sich nicht mit „links" und „rechts" hei der jetzt allgemein üblichen ürientirung des Ascidienkörpers decken, sondern dass „gauche" im Sinne Lacaze's die in Wirklichkeit rechte Körperseite bedeutet (vgl. oben p. 169). 552 Ascidien. hat. Bei Äscidia, bei der vom zwei Hypobranchialgofässe vorkommen, wurzelt der betroffende Ast des Mantelgefässes, nach Heller's Zeich- nungen zu urtheilen, im rochton Vontralstamm. Dieser verschiedene Ursprung der beiden Aesto des Doppelgefässes des CeUulosemantels erklärt ohne Weiteres die Erscheinung, dass in den beiden Thcilen des Mantelgefässes das Blut stets in verschiedenen Rich- tungen strömt. Bei advisceralen Pulsationen fliesst das Blut im Hypo- branchialast des Mantelgefässes von aussen nach innen, dem grossen Ventralgefäss und dem Herzen zu; im Visceralast aber bewegt es sich nach aussen zu, in den Cellulosemantel hinein. Wäre im Hypobranchial- ast das aus dem Mantel kommende Blut rein venös, so würde das Herz selbst bei andauernd advisceralen Contractionen immer nur gemischtes Blut führen können (vgl. das Schema in Fig. 5, Taf. XXIV). Haben aber die feinen Gefässendigungen an der Oberfläche des Mantels in der That respiratorische Bedeutung (s. oben p. 250), so führt auch der Hypo- branchialast dem Herzen arterielles Blut zu. Für die wenis^en kleinen aus der Leibeswand kommenden Dermalstämme, die vom Hypobranchial- gefäss aufgenommen werden, gilt das freilich nicht, und diese setzen daher den Sauerstoffgehalt des Blutes im Ventralgefäss etwas herab. Das vordere linke Mantelgefäss der Molguliden hat ebenfalls zwei Gefässwurzeln, doch entspringen diese in anderer Weise aus dem inneren Gefässsystem des Thieres, obwohl auch in ihnen das Blut stets in entgegengesetzten Eichtungen sich bewegt. Die eine Wurzel, der Dermalstamm des linken Mantelgefässes (artere droite de la tunique Lacaze-Duthiers') geht von dem Sinussystem der Leibeswand aus und schafft, bei advisceralen Herzcontractionen, das venöse Blut in den Cellulosemantel. Die zweite Wurzel, der Branchialast des linken Mantelgefässes (veine droite de la tunique Lacaze's) führt bei gleich- gerichteten Pulsationen das aus der linken Mantolregion nach innen zu strömende Blut in ein grösseres Transversalgefäss der Kieme. Wir sahen oben, dass auch bei Ciona intestinalis ein verzweigtes Mantelgefäss vorkommt, das in der gleichen Weise, wie bei Molguliden und Äsciclia, aus zwei weit voneinander entfernten Wurzeln entspringt: mit dem Visceralast aus einem Zweige des Visceralgefässes, mit dem Hypobranchialast aus dem Ventralsinus (Fig. 1 u. 6, Taf. XXIV). Beide vereinigen sich am hinteren ventralen Körperende und treten hier inner- halb der vom Ektoderm gebildeten Ausstülpung in den Cellulosemantel ein. In diesem verzweigt sich das zwei nebeneinander laufende Blutbahnen führende Gefäss in ähnlicher Weise, nur weniger zahlreich, wie die anderen Manteldoppelgefässe , und tritt mit je einem Doppelgefässast in jeden Mantelfortsatz, die sog. Villositäten oder Haftzotten, ein. Diese haben sich an der Festheftungsstelle in grösserer Zahl entwickelt und ermög- lichen eine besonders innige Verbindung des Thieres mit der Unterlage. Morphologische Bedeutung der Mautelgefässe. Blut. 553 Die morphologische üebereinstimmimg der Mautelgefässe der Mon- ascidien mit den Stolonen der Synascidien wurde bereits mehrfach, im Besonderen von 0. Hertwig (1872), behauptet, und schon der erste Anblick der in beiden Organen in gleicher Weise nach zwei entgegen- gesetzten Eichtungen fliessenden Blutströme legt eine Vergleichuug nahe, zumal über die morphologische Gleichwerthigkeit der Aussenwand der Mautelgefässe mit dem Ektodermepithel der Stolonen ein Zweifel kaum bestehen kann. Indessen bestehen doch gewisse Gegensätze, und zwar sowohl zwischen den verschiedenen Mantelgefässen, als auch zwischen den verschiedenen Stolonen, so dass eine ganz allgemeine Vergleichuug aller dieser Gebilde nicht möglich erscheint. lieber die Stolonen wird im XV. Kapitel Näheres mitgetheilt werden; hier nur das Eine, dass überall da, wo aus und an den Stolonen Knospen sich bilden können, die beiden nebeneinander verlaufenden Blutbahnen durch eine entodermale Scheidewand getrennt werden, die bei Clavelina auf einen Fortsatz entweder des Epicards oder des Pericards*) zurück- zuführen ist. Mit diesen Stolonen werden nur solche Mantelo:efässe ver- glichen werden dürfen, die ebenfalls eine Entodermlamelle führen. Ich will im Voraus zugeben, dass die bisherigen Untersuchungen vielleicht noch nicht genügend eingehend auf diesen Punct hin gerichtet waren, indessen scheint es mir aber doch nicht sehr wahrscheinlich zu sein, dass in allen Mantelgefässen der verschiedenen Ascidien ein entodermaler Antheil sich wird nachweisen lassen. Ich habe (p. 243 fg.) verschiedene Arten von Mantelgefässen angeführt, denen eine entodermale Scheide- wand nicht zukommt, und die Doppelgefässe, in denen, so wie in den Stolonen, das Blut auf den beiden Seiten immer in entgegengesetzten Richtungen strömt, bildeten sich in einer ganz eigenartigen Weise aus. Anders ist es freilich bei den eben erwähnten Mantelgefässen der Giona; denn hier Averden die ektodermalen , in den Cellulosemantel sich ein- senkenden Gefässausstülpungen in der That durch eine Entodermlamelle in zwei nebeneinander verlaufende Blutbahnen geschieden. Diese Ento- dermlamelle entspringt, wie weiter unten näher beschrieben ist, aus der Wand der linken Perivisceralhöhle, und es ist daher ganz gerecht- fertigt, wenn die von den Gefässen durchsetzten Haftzotten der Ciona mit den Stolonen der socialen Ascidien homologisirt werden (Roule, Herdma n, Damas). 3. Das Blut. Das Blut der Ascidien unterscheidet sich dadurch in auffallender Weise von dem der Appendicularien, dass es stets Blutzellen führt. *) Nach Van ßeneden und Julin (1886) sollen sich bei Clavelina die Stolonen der aus den befruchteten Eiern entstandenen Individuen und der durch Knospung ge- bildeten verschieden verhalten, indem nur in den ersteren die Scheidewand als lame epicardiquo vom Epicard entspringt. Doch kann ich meinen Zweifel an der Kichtigkeit dieser Angabe hier nicht unterdrücken. 554 Ascidien. 13oi den Copolaten finden sich gelogentlicli zwiir auch fest geformte, in der Bhitllüssigkeit suspendirto Körper, allein diese sind entweder para- sitäre Organismen, oder reife Geschlechtszellen (s. oben p. 134), während es sich bei Ascidien um Gewebzellen handelt, die einen ständigen und nothwendigen Bestandtheil des Blutes bilden. a. Die Blutsellen. I. Die Blutzellen der Ascidien sind Mesenchymzellen, die sich nicht zur Bildung einer festen Gewebsform fixirt haben, sondern frei in der Flüssigkeit der primären Leibeshöhle flottirend geblieben sind und amö- boide Bewegungsfähigkeit bewahrt haben. Ein principieller , durch- greifender Gegensatz zwischen bteiden Mesenchymzellarten besteht nicht, denn freie Blutzelleu können einmal an verschiedenen Stellen der La- cunenwandungen sich festsetzen und eine Endothelbildung herbeiführen und zweitens aus den Gefässen austreten, das Ektodermepithel durch- wandern und im Cellulosemantel, nachdem sie eine Zeit lang amöboide Bewegungen ausgeführt haben, zu fixirten Mantelzellen werden. Zuweilen bemerkt man auch nur eine vorübergehende Festsetzung von Blutzellen an der Wand des Gefässes unter gleichzeitigen Formveränderungen des Plasmakörpers. Während des unbeweglichen Zustandes lässt es sich nicht entscheiden, ob die betreffenden Elemente sich bereits dauernd fixirt haben und in Umbildung zu endothelialen Wandzellen begriffen sind, oder ob sie, wie es sich zur Ueberraschung des Beobachters manchmal zeigt, noch einmal zu flottiren beginnen werden. Die Blutzellen der Ascidien zeigen also, worauf schon frühere Autoren mehrfach hingewiesen haben, eine viel grössere Aehnlichkeit mit den weissen Lymphzellen der Vertebraten, als mit den rothen Blutkörperchen. Die Gestalt der mit dem Flüssigkeitsstrom schwimmenden Blut- zellen ist vorwiegend eine kugelähnliche oder ellipsoide, zuweilen scheiben- förmige {Äscidia fumigata). Jedoch bemerkt man mitunter auch solche Zellen in passiver Bewegung, die mehr oder minder scharfkantig er- scheinen und selbst mit längeren Fortsätzen versehen sind. Lmerhalb weniger Secunden können diese Zellen ganz erhebliche amöboide Form- veränderungen erfahren. In der Kegel aber finden sich unregelmässige amöboide Formen nur bei den Blutzellen, die sich an den Gefäss- wandungen oder anderen Blutzellen befestigt haben oder dies zu thun im Begriffe sind. Die Grösse der Blutzellen ist oft selbst in einem Thier recht ver- schieden, zumeist aber finden sich zwischen den Extremen alle ver- bindenden Zwischengrössen. Doch fehlt es auch nicht an Beispielen dafür, dass in einem Individuum mehrere durch die Grössemmterschiede scharf voneinander verschiedene Arten von Blutzellen vorhanden sind; zumeist kommen dann aber noch andere Verschiedenlieiten hinzu, durch welche die Gegensätze noch mehr hervortreten (Mohjula appendiculata). Grösse, Zahl und Bau der Blutzcllon. 555 Die wahren Grössen der Blutzellen verschiedener Ascidienformen sind namentlich aus den bei stärkeren Vergrösserungen gezeichneten Ab- bildungen auf vielen Tafeln zu entnehmen, wenn mau die Bildgrössen durch die Yergrösserungszahl, die angewendet wurde, dividirt. Nicht selten bemerkt man neben vereinzelten Blutzellen grössere, fest miteinander verklebte Gruppen flottiren, die aus einer sehr wechselnden Zahl von Einzelzellen sich zusammensetzen. Hin und wieder mögen solche Gruppen in der Weise entstanden sein, dass die durch Theilung hervorgegangenen Tochterzellen sich nicht von einander trennten, sondern miteinander verbunden blieben. Zumeist aber handelt es sich um eine nachträgliche Vereinigung ursprünglich getrennter Blutzellen, die an- einander geriethen und verbunden blieben, sei es in Folge ihrer eigenen klebrigen Oberfläche oder einer Zwischensubstanz, die sie zusammenhält, sei es, dass feine Zellfortsätze die Verbindung herstellen. Grössere Zell- flocken können sich bald wieder in kleinere und auch in die einzelnen Zellen auflösen, während an anderen Stellen neue Gruppen sich bilden. lieber die Zahl und Vertheilung der Blutzellen in der Flüssig- keit sind mir keine genaueren Angaben bekannt. Jedenfalls erhält man häufig den Eindruck, als ob die Zahl der Bliitzellen bei den verschiedenen Individuen einer Art ganz erheblichen Schwankungen unterliegen könnte. Davon, dass die Vertheilung der Zellen nicht im ganzen Gefässapparat gleichmässig erfolgt, kann man sich in den meisten Fällen leicht über- zeugen. Besonders in den terminalen Endigungen der Mantelgefässe findet man oft dichte Ansammlungen von Blutzellen, und in manchen Fällen erscheinen gewisse Gefässtheile buchstäblich vollgepfropft von Zellen {Polycarpa pedata, Äscidia cylinäracea nach Her dm an). Zuweilen beobachtet man solche Zellansammlungen in den Gefässen seitlich vom Endostyl {Fimgidus cinereus) oder auch an der FlimmergTube {Colella pedimcidata). Es dürfte sich in allen diesen Beispielen nur um mehr zufällige Anhäufungen von Blutzellen handeln, denen eine besondere Be- deutuno- nicht zukommt. Auszunehmen wären vielleicht nur die äussersten Mantelgefässenden, wenn hier wirklich eine Aufnahme von Sauerstofi' durch die Blutzellen erfolgen sollte. Der feinere Bau der Blutzellen zeigi ebensolche Verschieden- heiten, wie die Gestalt und Grösse. Die ruhenden Kerne sind gewöhnlich verhältnissmässig sehr gross und bläschenförmig. Häufig beobachtet man Kerntheilungen *), und dann erscheinen die Zellkörper fast immer allseitig ganz abgerundet. Das Zellplasma ist entweder homogen, gleichartig granulirt, oder es erscheint vacuolisirt und auch mit gröberen Einschlüssen aller Ai-t erfüllt. Koule betrachtet alle diese letzteren Zellen als in Degeneration begTiffen; das scheint mir zweifellos zu weit gegangen, wenngleich es sicher ist, dass die Blutzellen mit der Zeit verbraucht werden, sich zersetzen und der Auflösung verfallen. Bei aufmerksamer Betrach- *)1]^^ ist daher offenbar übertrieben, wenn Cucnot (1897) behauptet: „On ne sait rien de certain sur la filation des globales, non plus que sur leur reproduction." G 556 Ascidien. tiiiig dos Blutes mit starken VergTosseruiigeu tiiidet man stets grössere und kleinere Bruchstücke von Zellen und degenerirte Elemente mit un- regelmässigen Kernfragmenten in der Flüssigkeit schwebend. Es ist aber sehr schwer, mit Sicherheit die ersten Stadien der beginnenden Degeneration zu erkennen. Dass nicht jede Zelle, die eine Vacuole oder gröbere Einlagerungen enthält, bereits in die Kückbildung eingetreten ist, möchte wohl daraus zu entnehmen sein, dass solche Elemente noch sehr Avohl im Stande sind, in den Cellulosomantel überzutreten und zu Mantel- zellen zu werden. Es ist bereits oben (p. 221 fg.) bemerkt worden, dass die Mantelzellen ganz ähnliche Verschiedenheiten aufweisen, wie die Blutzellen, wenngleich diese letzteren gewisse Differenzirungen, die nur einem festen Bindegewebe eigenthümlich sind, nicht eingehen können. Wenn es allgemein für die Ascidien zutrifft, was Kruken b er g (1882) im Besonderen für PhaUusia mammiUata , Äscidia mentula und Ciona intestinalis behauptete, dass das organische Nährmaterial im Blut fast ausschliesslich an die Blutzellen gebunden ist und von diesen an die anderen Gewebszellen direct wieder abgegeben wird, so wird man er- warten dürfen, dieses von Zelle zu Zelle transportirte Nährmaterial gelegentlich auch thatsächlich nachweisen zu können, und es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass die an Dotterkörper erinnernden Einschlüsse der Blutzellen zum Theil als solche zu deuten sind. So wie bei den Zellen im Mantel beobachtet man auch bei denen im Blut Phagocytose. Die amöboiden Blutzellen nehmen nicht nur fremde Organismen, die in die Gefässe eingedrungen sind, wie z. B. Bacterien und Algen auf, sondern beladen sich auch mit den in Eückbildung begriffenen Blutzellen, und so, wie sie diese selbstständig zu verarbeiten befähigt sind, geschieht dies auch mit den anderen festen Nährkörperchen, die sie aufgenommen haben. Man findet daher alle Uebergänge von solchen Blutzellen, deren Plasma gleichartig fein granulirt erscheint, zu anderen, die entweder zahlreiche grobkörnige Einschlüsse albuminoider Natur besitzen, oder Nähr- und Reservestoffe in Form von Fetttropfen und dergleichen Gebilden enthalten. Die Pigmentzellen des Blutes gleichen, wie schon oben (p. 225) erwähnt wurde, fast immer genau denen im Mantel und erhalten, so wie diese, ihren Farbenton durch ins Zellplasma eingelagerte gefärbte Körner; niu* ganz ausnahmsweise scheint der ganze Zellkörper homogenfarben, ohne, selbst bei starken Vergrösserungen, nachweisbare Pigmentkörner zu zeigen (vgl. oben p. 201). Die Pigmentzellen unterscheiden sich häufig nicht nur durch die Anwesenheit der gefärbten Körner, sondern auch durch andere Besonder- heiten so scharf und durchgreifend von den anderen Blutzellen, dass es — zumal wenn Uebergangsformen fehlen — in der That fast scheinen möchte, es könnte die eine Zellart nicht in die andere übergehen, und es müssten beide von Anfang an nebeneinander bestehen als verschiedene Differenzirungen anfänglich noch embryonaler Elemente. So betont Pigmente der Blutzellen. 557 Heller (1875), cUiss bei Ascldia fumigata zwei Arten Blutzellen vor- kommen: grosse runde, grünliche, scheibenartige Körper, die die Haupt- masse bilden und die charakteristische Färbung des Blutes bedingen, und zweitens, in geringerer Zahl, kleine, blasse Zellen mit deutlich amö- boiden Bewegungen. Ein Aehnliches erwähnt er (1877) für Molxjula appendiculata^ bei der in gTösserer Zahl kleine, blasse Blutzellen vor- kommen und, in spärlicherer Vertheilung, grössere dunkle, die meist den Gefäss Wandungen angelagert sind und das dunkle, fleckige Aussehen des ganzen Innenkörpers bedingen. Die Pigmente in den Blutzellen weisen die gleichen Farbenverschieden- heiten auf, wie die Mantelzellen, so dass die früheren Bemerkungen auf p. 200 u. 225 zum Theil auch hierher gehören. Sehr häufig sind gelblich- rothe Blutzellen bei den Cynthien, zuweilen zeigen auch die Pigmente ein intensiveres Scharlach- oder Blutroth {Colclla puhlira^ Goodsiria coccinca, Leptodinum coccineum) ; doch sind die farbigen Zellen in der Eegel nicht zahlreich genug vorhanden, um die ausströmende Blut- flüssigkeit im Ganzen intensiver roth erscheinen zu lassen. „Eothes Blut" hat zuerst Milne -Edwards (1844) bei sicilianischen Ascidien beschrieben. Diese rothen Blutpigmente scheinen durchweg, so wie die im Mantel, sehr wenig resistent zu sein und sich nur unter besonders günstigen Lebensbedingungen zu bilden und zu erneuern. So, wie bereits Dräsche für Leptodinum cocdneum (vgl. oben p. 204) zutreffend bemerkte, kann man es auch für Styd.opsis grossularia feststellen, dass nur die frisch eingefangenen, lebenskräftigen Thiere die dunklere rothe Farbe zeigen, die sehr bald ganz erheblich verblasst, wenn die Thiere in den Aquarien gehalten werden. Es mag vielleicht sein, dass auf einen ähnlichen Farbenwechsel manche Angaben über individuelle Farben- unterschiede des Ascidienblutes zurückzuführen sein dürften. Wenn aber Van Beneden (1846) bei Molgida ampidloides das Blut zumeist ganz wasserhell, zuweilen, bei manchen Tliieren, gelblich gefärbt fand, so mochte das letztere wahrscheinlich auf besonders zahlreich auf- getretenen symbiotischen Algenzellen beruhen. Indessen kommen auch ^ w^ahre gelbliche Blutzellen vor. ^q\ Asddia fumigata nennt zwar Heller die scheibenförmigen Blutkörperchen grünlich, allein Kruke nberg und Giard betonen ausdrücklich, dass die Farbe ein reines Gelb sei. Indigo- blau sind die Blutzellen bei Asddia nigra (Herd man), und auch deutlich grün gefärbte Zellen fehlen nicht gänzlich im Blut der Ascidien {Poli/carpa viridis). Es ist bereits an einer anderen Stelle (oben p. 22G) darauf hin- gewiesen worden, dass manche Forscher dazu neigen, alle gelben Farb- stoffe der Ascidien auf parasitäre Algen zurückzuführen, dass dies aber unter anderen z. B. für Asddia fumigata nicht zutreffend sein könne. Neuerdings ist man noch weiter gegangen und hat nicht nur die gelb- lichen, sondern alle Pigmentkörner von verschieden gefärbten, parasitischen Algen abgeleitet. Brandes (1898) ist zwar nicht der Ansiclit, dass in 558 Ascidien. allen Fällen eine Algeninvasion während der Ontogenese stattfinde, glaubt aber, „dass sich durch geeignete Untersuchungen wahrscheinlich machen lassen wird, dass die Körper (Pigmentkörper), die jetzt vielleicht integrirende Bestandtheile der betreffenden Thierzellen geworden sind, stammesgeschichtlich auf einzellige Algen zurückgeführt werden können". Die Erfahrungen, die man an so vielen gelben und namentlich grünen, angeblich thierischen Pigmenten gemacht hatte, schienen in der That eine derartige Auffassung nahe zu legen. Indessen beweisen die zahlreichen, zum Theil grasgrünen Crinoiden der Tiefsee {Pentacrinus, Bathycrinus), das nicht alle grünen Pigmente der wirbellosen Thiere auf symbiotische, chlorophyllhaltige, pflanzliche Zellen zu schliessen gestatten. Denn in den abyssischen, bis zu 4500 Meter Tiefe reichenden Wohn- stätten jener Formen können assimilirende Pflanzen nicht mehr vor- kommen, und die Pigmentkörner müssen Bildungen der thierischen Gewebs- zellen sein. Der Ursprung und die Bildung der Pigmentstoffe im Ascidien- körper sind neuerdings besonders von Pizon (1899, 1901) eingehend untersucht worden, und das wichtigste Ergebniss scheint mir das zu sein, dass die kleinen, etwa 1—2 jli grossen, in lebhaften, rotirendeu Be- wegungen befinlichen Pigmentkörner bestimmte selbstständige Lebens- äusserungen zeigen, die bis zu einem gewissen Grade auf eine selbst- ständige Individualität zu schliessen erlauben. Das gilt im Besonderen von der Theilungsfähigkeit der Körner, und diese Vermehrung vollzieht sich auch dann, wenn die Pigmente auf Gelatine gezüchtet werden. Diese Theilungsfähigkeit erlischt in den gebräuchlichen Conservirungsflüssig- keiten wie Sublimat und Formol und bei höheren Temperaturen von 140"; auffallend erscheint es aber allerdings, dass in diesen Flüssigkeiten und bei einer Temperatur von selbst 170" die Bewegung der Pigmentkörner nicht ganz zum Stillstand gelangen soll. Jedes Pigmentkörperchen besteht aus einer farblosen organischen Grundsubstanz, die in Essig- säure, Alkohol etc. unlöslich ist, und aus einer diese umgebenden Farb- stoffmasse, die in den künstlichen Culturen von Generation zu Generation abnimmt. Darnach erscheinen die Pigmentkörner gewissermassen als selbst- ständige Zellorgane, ähnlich vielleicht wie die Kerne und Centrosomen. Pizon vergleicht sie mit den Bioblasten Altmann's, den morpho- logischen Einheiten aller lebenden organisirten Materie. Sie bilden sich nach Pizon in und aus solchen Geweben, die während der Embryonal- entwickelung rückgebildet werden, oder die, wie es das ganze aus dem Ei entstandene Thier oft thut, zu schwinden beginnen, wenn die Knospen- vermehrung auftritt. Bei der Pigmentkornbildung spielen die Zell- kerne der in die Histolyse eingetretenen Elemente eine hervorragende Rolle. Das neu entstandene Korn kann ganz frei in der Blutflüssigkeit liegen, bis es in eine Blutzelle eindringt, in der es sich selbstständig theilt. Chemismus der pigmcntirten Blutzellcn. 559 Der Chemismus der Blutzellcn, im Besonderen der Pigment- zellen, ist bisher nur sehr wenig erforscht. Fettstoffe sind mehrfach in den Zellen beobachtet worden ( Cuenot) und lassen sich auch verhältniss- mässig am leichtesten erkennen. Nur gelegentlich sollen sich Hämatien finden (Cuenot), doch konnte sie Knoll bei einer Anzahl im Mittelmeer am häufigsten vorkommender Monascidien nicht nachweisen. Griffiths erhielt aus dem Blute von Molgula-, Ascidia- und Cynthia- formen ein neues Globulin, das „y-achroglobine", das die folgende chemische Zusammensetzung aufweisen soll: C^gi ^\b ^'^\^i SOjgg. Bei der chemischen Untersuchung der Pigmente der Ascidien haben die Beobachter zumeist, besonders wenn es sich um kleinere Tliiere handelte, nicht die verschiedenen Organe gesondert geprüft, sondern sofort die ganzen Individuen und Stöcke mit entsprechenden Agentien zusammen- gebracht. Die oben (p. 206 fg.) mitgetheilten Ergebnisse beziehen sich daher auch zum grossen Theil mit auf das Blut; es lässt sich aber aus ihnen nicht entnehmen, inwieweit und ob überhaupt gewisse chemische Besonderheiten den Pigmenten der Blutzellen zukommen. Nur für Ascidia fumigata ist des Gegensatzes zwischen den schwarzen Mantel- pigmenten und den gelben Blutzellen bereits gedacht worden. Im Jahre 1847 veröffentlichte Harless die ersten Mittheilungen über das chemische Verhalten des Blutes der Ascidia mammillata. Das abgezogene helle Blut wurde nach einigen Minuten an der Luft tiefblau. Wird aber Sauerstoff hindurch geleitet, so bleibt das Blut hell; wenige Blasen Kohlensäure genügen jedoch, um die dunkle Blaufärbung hervor- zurufen. Wird in dieses blaue Blut Sauerstoff gebracht und die Mischung geschüttelt, so wird sie wieder farblos, wenn auch nicht so klar wie vorher. Alkohol und Aether erzeugen in diesem farblosen Blut wieder tiefes Blau. Krukenberg (1880) bestätigte diese Angaben auch für Ascidia mentida und Ascidia fumigata (nach Giard [1896] soll das hellgelbe Blut dieser letzteren Form an der Luft dunkelgrün werden) und erweiterte sie durch neue Versuche; nur die Wiederweissfärbung des blauen Blutes durch Sauerstoff konnte er nicht erzielen. Kohlenoxydgas und Schwefel- wasserstoffgas riefen im Blute keine Blaufärbung hervor. Wichtig war der Nachweis, dass das Chromogen, das sich durch Kohlensäure blau färbt, in den Blutzellen und nicht im Plasma sitzt, denn filtrirtes Blut bläut sich nicht, wohl aber der Niederschlag. Auffallend ist es, dass das Blut von Ciona intestinalis auch nach Kohlensäurezuleitung farblos bleibt; mit Schwefelwasserstoff gesättigt, wird es erst nach einiger Zeit etwas dunkler. Nach Säurezusatz sondert sich ein unbedeutendes Gerinnsel ab; wird Ammoniak in das frische Blut gebracht, so färbt es sich zeisig- grün, doch lässt sich diese Farbe durch Salzsäure wieder beseitigen. Auch das im Leben gelbe Blut von Botnßlus, das nach Harless nach dem Tode blau werden soll, konnte Krukenberg nicht zur Blaufärbung bringen, selbst nicht durch Kohlensäurezusatz. 560 Ascidion. Später hat Krukonberg (1882) den lilutfarbstoil" der Ascidia fumigata nochmals geprüft und einige weitere Einzelheiten seinen ersten Mittheilungen hinzugefügt. Der im Leben gelbe Farbstoff schwärzt sich bei Siedetemperatur augenblicklich, beim Absterben erst in einiger Zeit, ebenso erfolgt Schwärzung in Kali oder Ammoniak. Stärkerer Säurezusatz hebt die Schwärzung auf, und das saure Blut wird grüngelb. Der gelbe Farbstoff ist in Alkohol und Aether leicht löslich, schwerer in Wasser; die Lösungen fluoresciren nicht und lassen keine Absorptionsbänder im Spectrum erkennen. Darin besteht eine Aehnlichkeit mit „Aplysino- fulvin", dem Farbstoff einer Spongie {Aplysina aeroplioha), die häufig mit der Ascidia fumigata vergesellschaftet vorkommt, und Krukenberg glaubte daher zunächst, dass die Ascidie ihren Farbstoff von der orsteren beziehe. Doch überzeugte er sich, dass die beiden Farbstoffe nicht identisch sind. Zuweilen tritt Schwärzung des gelben Ascidienblutes auch nach Schütteln mit Sauerstoff ein. Beim Stehen des frischen gelben Blutes an der Luft beginnt die Melanose an der Oberfläche und schreitet nach dem Boden zu vor. Kruken berg glaubt daher, dass mit der Schwärzung des Ascidienblutes eine Sauerstoffaufnahme verbunden ist, und dass der schwärzende Einfluss der Kohlensäure nur auf einer zer- störenden Wirkung auf das Reductionsfermont berulit. Das schwarze Oxydationsproduct des gelben Blutfarbstoffs der Ascidia fumigata ist schwarzbraun; alkoholische Lösung des Pigments in Ammoniakwasser getropft, giebt einen schmutzigbraunen Niederschlag. Beim Verdünnen mit reinem Wasser färbt sich die alkoholische Lösung grüngelb. Dass das Blut mancher Ascidien im lebenden Thier stets hellfarben angetroffen wird, obwohl es sich nach dem Tode und auch nach Kohlen- säurezusatz rasch bläut, führt Kruken berg darauf zurück, dass die Kohlensäure, so lange das Thier lebt und athmet, immer sofort wieder vom Blute abgegeben wird. IL Ich habe bereits früher bemerkt, dass von den wahren Pigment- zelleu des Blutes die Elemente scharf unterschieden worden müssten, deren Färbung auf eingewanderte pflanzliche Parasiten zurückzuführen ist, und in einem früheren Kapitel (p. 202) findet man bereits dafür einige Beispiele erwähnt. Die Zahl dieser liesse sich beliebig vermehren, denn ich glaube, dass es nicht viel Ascidien geben dürfte, die sich gegen symbiotische Algenzellen durchaus abwehrend verhalten möchten, auch dann, wenn sie an solchen Orten und unter solchen Bedingungen leben, die für die Entwickelung besonders zahlreicher Algen geeignet sind. Auf diese äusseren Lebensbedingungen an den Wohnstätten der Ascidien scheint es mir, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch wesentlich an- zukommen, ob und in welchem Masse in den Thieren symbiotische Algen sich finden. Zu übersehen ist dabei allerdings nicht, dass auch schon während der freischwimmenden Larvenperiode eine Invasion von Parasiten eintreten kann, ja dass vielleicht schon dem Ei, wie man Erklärung von Tafel XXIII. Ascidien. III. Suppl. Fig. 1. Querschnitt durch den Vorderabschnitt des Abdomens einer 4 mm langen, aus dem Ei gezüchteten Clavellna lepadiformis. ^~. 2. Aus derselben Serie, 20 Schnitte weiter nach hinten ; nur die Ecgion des Herzens ist gezeichnet. -•^-. 3. Schnitt durch die Herzregion aus derselben Serie; 12 Schnitte weiter hinten als Fig. 2. J-f*. 4. Querschnitt durch das Herz einer jüngeren festgesetzten Clavelina -Lsirve. -y'. 5. Aus einem frontalen Längsschnitt durch einen Botnßhis violaceus, nur das hintere Kiemendarmende, Herz und Pericard sind gezeichnet worden, ^'f^. 6. Stück aus der Pericardialwand von Ciona intestinalis. ^^^. 7. Querschnitt durch die Mitte der Herzschleife einer Ciona intestinalis. Das Pericard ist vom Perivisceralepithel umhüllt, -l'-. 8. Schnitt durch die Herzwand einer Ciona; Herz im Stadium der Diastole, ^f. 9. Schnitt durch die contrahirte Herzwand desselben Thieres. ^\^. 10. Flächenansicht der Herzwand von Ciona; nur ein Theil der die sarcoiilasmatischen Zelltheilo nach der Herzhöhle zu überdeckenden Fibrillen ist eingezeichnet worden, ^f . 11. Eine andere Stelle der Herzwand desselben Thieres, an der keine Zellgrenzen wahr- nehmbar sind. -Sfl. 12. Querschnitt durch die Verbindungsstelle der Herz- und Pericardialwand einer Ciona. Herzwand auf der einen Seite contrahirt, auf der anderen gedehnt. ^^. 13. Schnitt durch die Pericardialwand einer Ciona mit der umgebenden Bindegewebs- hülle und dem Epithel der Perivisceralhöhle. ^\^. 14. Schnitt durch dieselben Organe an einer anderen Stolle des Herzens derselben Ciona. Bindegewebsschicht nur zart und zellenleer. ^f". In Fig. 7, 12, 13, 14 bedeutet: iw = Epithel der Perivisceralhöhle. Seeliger Timicaten. Tafel im. Züh, Gissecket&Desneizt. Erklärung von Tafel XXIV. Ascidien. 1. Si-Iiciiiatis(^ho Darstellung des Blutkruislaiii's einer Cioiia iiiteatinalis. \. (Nach li o u 1 e.) Das Intestinum ist nicht eingezeichnet worden; das Herz und das Visccralgefäss liegen in Wirklichkeit rechts vom Magen, nicht, wie in der Abbildung, links. 2. Ein zwischen den Kiemenspalten geführter Längsschnitt durch den Kiemendarm von Ciona; ein inneres Längsgefäss ist der Länge nach durchschnitten. -Y- (Nach Roule.) 3. Stück aus der Kieme von Molgula {Änurella) roscovita, von aussen gesehen. (Nach L a c a z e - D u t h i e r s .) 4. Gefässsystem der Tentakelregion einer 3Iolgula roscovita. (Nach Lacaze-Duthiers.) 5. Schematische Darstellung des Blutkreislaufs einer Molgulide. (Nach Lacaze- Duthiers, etwas verändert.) 6. Herz und Gefässe des hinteren Körperendes einer Ciona, von rechts gesehen, y. (Nach Eoule.) 7. Molgula roscovita nach Entfernung dos Cellulosemantels, von rechts gesehen. Das Herz und die grossen von ihm ausgehenden Gefässe sind roth iujicirt, nur das rück- führende Mantelgefäss ist blau. (Nach Lacaze-Duthiers). 8. Verdauungstractus und seine Blutgefässe von einer Polycarpa varians. \. (Nach Lacaze-Duthiers und Delage.) 9. Halbschematische Darstellung des Verlaufs eines Trabekulargefässes (veine palleo- branchiale) und seiner beiderseitigen capillaren Verzweigungen von einer Molgula roscovita. (Nach Lacaze-Duthiers.) In allen Abbildungen sind die Gefässe, welche arterielles Blut führen, roth, die venöses Blut enthaltenden blau gezeichnet. Dabei ist das Herz in advisceralen Con- tractionen begriffen gedacht, derart, dass das arterielle Blut aus den Kiemengefässen in das Hypobranchialgefäss und das Herz strömt. Das aus dem hinteren Herzende ent- springende grosse Visccralgefäss und seine ersten Verzweigungen enthalten dann ebenfalls noch arterielles Blut. dg Dorsalgefäss. dgf Dermalgefässe, Gefässe der Leibeswand. dgc capillare 1 dgl längsverlaufende / Dermalgefässe. dit Dermointestinalgefäss bei Polycarpa. dvg Dorsovisceral- oder Dorsointestinal- gefässe. g Geschlechtsorgane. hg Hypobranchialgefäss. hga vordere \ hgp hintere / Hypobranchialgefässe. hzt Haftzotten. if Infundibula der Kieme. il Innere Längsgefässe der Kieme. Tif Kiemenfalten, sog. Leitfalten. lg Längsgefässe in der primären Kiemenwand. Ipc Ligament des Pericards, von der Peri- visceralwand gebildet. lio Leibeswandung, zwischen Ektoderm und äusserer Peribranchialwand gelegen. mg Mantelgefässe. mgh Hypobranehialast \ ■CT- 1 , > des Mantelgeiässes. mgo Visceralast \ ^ ml linkes vorderes Mantelgefäss bei Molgula des linken Mantel- gefässes. entspringender Kingsinus des Tentakelträgers. und mlh Branchialstamm vüd Dermalstamm ( n Nieren sack. pv Periviseeralhöhle. rsd aus dem Dorsalgefäss rsli aus dem Hypobranchial- gefäss spr Septum zwischen Peribranchial- Perivisceralhöhle. sthr Stomacobranchialgefäss. stv Stomacovisceralgefäss. tbg Trabekelgefäss. tgd mit dem Dorsalgefäss | durch den Eing- tgh mit dem Hypobranchial-isinus verbundene gefäss J Tentakelgefässe. tr^ tr^ tr^ Transversalgefässe L, 2., 3. Ord- nung resp. Querfaltungen des Kiemendarms. vcr Viscerocoronaria, vom Visceralstamm aus- gehende Herzgefässe. vg Visccralgefäss. vgex Aussenast des Visceralgefässes bei Molgula. Vit Viscerointestinalgefäss. ^ci'ljcicr'luiuccikn. IV IIK, '//' Jqt' hv.l 2. '"!/ t ii--m hiii -rsd Im TalelXXIV. IIa fr, \^^f^ T/u/r mq 7. i vqejc- ''HP mqv \r/' TD il(ir 9. thq '¥ liäv.Giese£ke. s,,I)esrwru/ . Erklärung von Tafel XXV. Ascidien. FifT. 1. MiiskclfasorzoUen aus der Cloakenrcgion von Jiotnjllus violaceus. -'■fj"-". 2. Querschnitte durch zwei primitive Muskelbiindel von Cynthia papillata. In B ist nur ein Theil des Primitivbündels eingezeichnet worden, ^^p-^. 3. Stück aus der Kingmuskulatur von Clavelina lepadiformis. i^O-ü. 4. Querschnitte durch zwei primitive Längsmuskelbündel von Clavelina. J^-^P-O. 5. Querschnitt durch ein in einen Nervenstrang eingebettetes primitives Längsmuskel- bündel von Phallusia mammillata. Aus derselben Serie Avie Kg. 8, Tafel XVU. J-'^'ia. 6. Zwei Muskelfibrillen mit anliegenden Muskelkernen von Cynthia papillata. i-\°-'>-. 7. Querschnitt durch die Dorsalwand des ventralen Blutgefässes von Ciona intestinalis ; Theil des in Fig. 10, Taf. XVIE abgebildeten Schnittes, ^f^. 8. Mesenchymzellen aus der Leibeswand von Phallusia mammillata. ^^. 9. Stück aus der Endothel wand des ventralen Blutgefässes von Ciona intestinalis. ^\^. 10. Querschnitt durch das den Endostyl umschliessende Bindegewebe mit kleineren Blut- bahnen von Ciona intestinalis. -\^. 11. Querschnitt durch ein Nierenbläscheu von Microcosmus scrotum. Y''- (Nach Dahlgrün.) 12. Querschnitt durch das das Intestinum umgebende Bindegewebe mit Nierenzellen von Botryllus violaceus. ^|^. 13. Querschnitt durch ein Nierenbläschen und umgebendes Bindegewebe von Äscidiella cristata. ^^\ 14. Harnconcrementstab aus der Niere von Molgula occulta. -*. 15. Längsschnitt durch die Darmwand und das umgebende Bindegewebe mit Nieren- bläschen von Phallusia mammillata. Circa \"-. (Fig. 13 — 15 nach Dahlgrün.) bf = Bindegewebsfibrillen ; es = Krystallstäbchen in den Nierenbläschen; en = Endothel- wände der Blutbahnen; f = Muskelfibrillen; hc = Harnconcretionen ; mk = Muskel- kerne; nhl = Nierenbläschen; nz = Nieren zellen ; Ov = Ovarium resp. Eizellen; zo = ZoochloreUen. SeeligerTunicaten. Tafel XW. Liih,Oieseck£fis B iAl/yiAfr^i c hn ■ycjn. Stücke aus dem Kiemeukorb verschiedener Ascidieu zur Demonstration des Verlaufs der Kiemenmuskeln. (Nach Her dm an.) A von Sidnyum pallidum. ^"*/i. B von Morchellium Gianli. ^*'/i. C von Diplosomoides molle. -='°/i- -D von Folycarpa viridis. '*»yi. hs = Kiemenspalten ; Im = Längsmuskelzüge ; rpn = Quermuskelstränge ; gwi^ = Quer- muskeln in den Quergefässen zweiter Ordnung. die ganze Breite der Kieme und endigen dorsal an der Dorsallamelle und ventral beim Endostyl in verschiedener Weise. Entweder lösen sie sich pinselförmig in einzelne feine Fäserchen auf, die sich im Binde- gewebe allmählich verlieren, oder sie knicken an jenen Stellen, wie Maurice für Fragaroides aiirantiacu)» festgestellt hat, fast rechtwinklig um und setzen sich direct in die Längsmuskelzüge der Leibeswand fort. Endlich können die Enden je zweier benachbarten Quermuskeln in einander übergehen, und so entstehen Kingmuskel, die jede Kiemenspaltenreihe gQQ Ascidien. umoTeiizen {MorclidUum Giardi, Textlig. 131 B). Gewöhnlich liegt in jedem Quergefäss nur ein feinerer Muskelstrang oder ein breiteres Muskel- band (Textfig. 131 A u. C). Doch kann das letztere auch in zwei selbst- ständig nebeneinander verlaufende Stränge sich auflösen oder durch diese vertreten sein, wie es z. B. gewöhnlich da der Fall ist, wo die Kiemen- spaltenreihen von Muskelringen umgeben werden. Zuweilen können die verschiedenen Kiemenspaltenreihen eines Thieres entweder durch ein oder durch zwei Muskelstränge getrennt sein, und zumeist wechselt dann das Verhalten in einer ganz regelmässigen Weise, indem nur in den breiteren Quergefässen erster Ordnung zwei Quermuskeln verlaufen, in den schmäleren Querzonen dagegen nur ein Muskelband auftritt (Text- figur 131 D). Die Längsmuskeln der Kieme stehen an ihren hinteren Enden zumeist mit dem Hautmuskelschlauch in Verbindung, während sie vorn in der Kegel in feine Fasern sich auflösen und im Bindegewebe der Leibes- wand endigen. Häufig sieht man sie ziemlich regelmässig zwischen allen bereits w^ohl entwickelten Spalten jeder Reihe hindurchziehen, stellenweise sind sie weniger zahlreich und nicht neben jedem Spira- culum zu finden. Selten nur scheinen sie alle ganz gerade und un- getheilt zu verlaufen ; vielmehr erfolgt zumeist ein Faseraustausch zwischen den benachbarten Mnskelsträngen, der sich in mehr oder minder regel- mässiger Weise vollzieht (Textfig. 131 C und D). Indem jeder Strang, sowohl am vorderen als hinteren Ende jeder Kiemenspalte, sich in zwei Aeste theilt, die sofort wieder mit je einem benachbarten Ast zur Bildung- neuer Längsstränge zusammentreten, erscheint jedes einzelne Spiraculum wie von einem Muskelrahmen umgeben. Ueberdies finden sich gleich- zeitig auch Quormuskelstränge vor, und diese verlaufen nicht immer vollkommen unabhängig neben den Längssträngen, sondern an mehreren Stellen scheinen die Fasern des einen Systems in die des anderen sich fortzusetzen. So wie in dem von den Spalten durchbrochenen Theil des Kiemen- darms finden sich auch in der Präbranchialzone Muskeln, die von den mehr auswärts gelegenen Strängen des Hautmuskelschlauchs mehr oder minder deutlich gesondert erscheinen. Es sind das fast ausschliesslich Transversal- oder Ringmuskeln, die einmal im Tentakelträger sich finden und zweitens auch neben dem Flimmerbogen vorkommen. Die Muskeln des Tentakelträgers stellen häufig einen recht ansehnlichen Sphincter dar, der nicht nur den Eingang in den Kiemendarm verengen und ab- schliessen, sondern auch die Tentakel mit bewegen kann (Fig. 8 u. 10, Taf. XV). Die Flimmerbogenmuskeln, die in der vom Flimmer- epithel gebildeten Ringfalte selbst verlaufen, sind immer nur sehr fein und setzen sich aus wenigen Querfasern zusammen. Bei den kleineren Synascidien scheinen sie stets zu fehlen, und nur da, w^o reiches Binde- gewebe in die ansehnliche Flimmerbogenfalte einwuchert, entstehen hier auch Muskelfil)rillen. Dagegen treten häufiger etwas mehr auswärts an Kieraenmuskel ; Muskel in der Dorsalfalte. 601 der Basis des Flimmerbogeus stärkere Eingmuskelzüge auf, die aller- dings von der allgemeinen Muskulatur der Leibeswand kaum scharf ab- zugrenzen sind und daher wohl dieser zugerechnet werden müssen (Textfigur 63^, p. 330). Dem Vorkommen oder Fehlen der Kiemenmuskeln müsste natürlich eine gewisse systematische Bedeutung zukommen; und wenn bei sonst in allen wesentlichen Eigenthümlichkeiten übereinstimmenden Formen derartige Unterschiede auftreten, dass hier wohl entwickelte Kiemenmuskeln vorhanden sind, dort aber fehlen, so würde die Auflösung dieser Formengruppe in zwei verschiedene Arten, oder mindestens in Varietäten, wohl gerechtfertigt erscheinen. Das dürfte vielleicht innerhalb der Gattung MorcJiellioides der Fall sein. Die beiden Arten 31. affinis und M. Älderi) unterscheiden sich fast nur dadurch, dass bei der ersteren Muskelfasern in den Qnergefässen der Kieme auftreten, bei der letzteren aber nicht. Hinzu tritt allerdings noch der kleine Unterschied, dass dort die Lobi der Ingestionsööuung etwas stärker abgerundet, hier etwas mehr zugespitzt sind (Her dm an). e. Zuweilen lassen sich an manchen inneren Organen der Ascidien noch besondere Muskeln nachweisen, die den bisher behandelten nicht ohne Weiteres zugerechnet werden können, obwohl sie sich phylogenetisch ans einer dieser Gruppen entwickelt haben. Besonders von der Muskulatur der Leibeswand und der Kieme können sich gewisse Faserzüge abspalten, zu bestimmten Organen in nähere Beziehung treten und dann besondere Leistungen verrichten. Hierher rechne ich die Muskeln der Dorsalfalte, die zuweilen von den anderen Kiemenmuskeln weiter entfernt, oft tiefer in die Dorsal- lamelle eingesenkt liegen und überdies durch bedeutendere Stärke aus- gezeichnet sein können. Manchmal begrenzen sie den grossen dorsalen Blutsinus und dürften dann für die Fortbewegung des Blutes in dieser Region nicht ohne Bedeutung sein (Fig. 9 u. 10, Taf. XIX, Textfig. 117, p. 488). Bei manchen Monascidien (Ciona) haben diese ziemlich zahl- reich auftretenden Längsmuskelstränge, wenigstens zum Theil, noch eine andere Function. Da die Ausführungsgänge der Geschlechtsdrüsen in der Medianebene im Dorsalseptum sehr weit nach vorn aufsteigen, werden sie von einigen dieser Muskeln begleitet und umgeben. Es können daher deren rhythmische Contractionen sehr wohl dazu beitragen, die Fortbewegung der reifen Geschlechtszellen zu beschleunigen oder gar allein herbeizuführen (Fig. 8, Taf. XXII). Da, wo die ausführenden Canäle ganz oder grösstentheils der Leibeswand unmittelbar anliegen, scheinen die nächst benachbarten Längsstränge des Hautmuskelschlauchs diese Function zu übernehmen (Clavelina, Textfig. 136). Ganz ver- schieden von diesen durch Mesenchvmzellen gebildeten Muskeln sind natürlich die Fibrillen, die bei einigen Ascidien im Oviduct auftreten, und die von den Wandzellen dieses Canals selbst ausgeschieden werden (vgl. Fig. 7, Taf. XXVI). 602 Ascidien. Dpi- Dann entbehrt, wie oben ausgeführt worden ist, eines besonderen Muskolbelags, und im Wesentlichen ist es die Flimmerbekleidung der Darmepithelien, die die Fortschafifung der Nahrung und der Fäces bewirkt. Das hindert nicht, dass da und dort gelegentlich mesodermale Muskel- zcllen an den Verdauungstractus sich ansetzen und in demselben Sinne tluitig sind. Docli habe ich eine Eegelmässigkeit oder Gesetzmässigkeit im Auftreten und in der Vertheiluno- dieser Muskeln nirgend in den Be- Schreibungen betont gefunden und auch selbst nicht festgestellt. Häufiger dürfte aber vielleicht ein besonderer Eingmuskel in der nächsten Nähe des Afters A^orkommen, der entweder als vollkommener Sp hin et er ani den Enddarm an der betreifenden Stelle reifenförmig umgiebt, oder nur unvollständig halbkreisförmig oder bogenförmig ausgebildet ist. Zuweilen » Medianer Längsschnitt durcli die Afterregion einer Ciona intestinalis, ^^/j. A Aus demselben Schnitt der Sphincter und das benachbarte Cloakenepithel bei stärkerer Ver- grösserung. ''"Vi- a = Afteröffnung; d = Cloake; ec == Ektoderniales Epithel der Cloakenhöhle ; r = EectuiTi ; rm = Ringmuskelzüge, den Sphincter ani bildend. finden sich selbst bei kleinen Synascidien (Fragaroides aurantiacum), ähnlich wie in den Siphonen, mehrere Ringmuskelzüge vor, die aus einer ansehnlichen Zahl Fibrillen sich zusammensetzen. Andererseits ist der Sphincter ani oft auch bei muskelreichen, grossen Monascidien relativ schwach oder auch nur unvollständig entwickelt. (Textfig. 132). Die Herkunft der Analmuskeln dürfte wohl nicht überall dieselbe sein, denn je nach ihrer Lage scheinen sie entweder auf den Hautmuskelschlauch oder auf die Kieraenmuskeln zurückführbar zu sein. Hin und wieder habe ich bei einigen Molgula und anderen grossen Monascidien {Ciona) feine Muskelfaserstränge in dem Bindegewebe beob- achtet, das das Pericard umgiebt, wie das bereits oben (]>. 518) an- gedeutet worden ist. Diese Muskelzellen haben den gleichen Ursprung Die Niere; Gruppen von Nierenzcllen. 603 wie die contractileii Elemente, die sich an den grossen Blutgefässen entwickeln und bereits an früherer Stelle (p. 532) behandelt worden sind. Diese mit dem Blutgefässsystem im Zusammenhang stehenden Muskeln lassen sich kaum auf abgesprengte, dislocirte Theile der allgemeinen Leibesmuskulatur zurückführen, sondern es handelt sich um Neubildungen, die dadurch entstanden sind, dass bestimmte in der Tiefe liegende Mesenchymzellen und Zellengruppen selbstständig zu Muskelge^vebe sich differenzirt haben. XII. Die Niere. Die vergleichend anatomische Betrachtung des Excretionsorgans der Ascidien lehrt uns eine ganz continuirliche Reihe verschiedener Aus- l)ildungsstufe]i kennen; die Eeihe beginnt mit sehr einfachen, primitiven Stadien und schliesst mit einem complicirten, umfangreichen Nierenorgan ab, wie es die Molguliden entwickeln. Bei sehr zahlreichen Ascidien, namentlich bei den Synascidien, aber auch bei vielen Monascidien, sind Excretionsorgane bisher überhaupt noch nicht nachgewiesen worden. Es ist aber kaum sehr wahrscheinlich, dass sie in der That gänzlich fehlen möchten; viel eher dürfte es der Fall sein, dass die Organe hier erst auf der primitivsten Ausbildungsstufe stehen, auf der sie, weil schwer erkennbar, sich bisher der Beobachtung entzogen haben. a. Im einfachsten Fall besteht noch kein besonderes, scharf um- schriebenes Nierenorgan, sondern es finden sich nur in der primären Leibeshöhle, mehr oder minder zahlreich, einzelne Nierenzellen. Sie liegen, wo sie nachgewiesen werden konnten {Botnßlus, Botrylloides, Polycyclus), stets im Bereich der Darmschlinge, zumeist dem Entoderm dicht benachbart. Von den anderen Mesenchymzellen unterscheiden sie sich oewöhnlich ziemlich deutlich: sie sind fast immer allseitig ab- gerundet, zuw^ eilen fast kugelförmig und führen im Plasma bräunlich glänzende Körnchen, die als Harnconcremente gedeutet wurden und wahr- scheinlich aus kohlensauren und harnsauren Salzen bestehen dürften (D ahlgrün). Ist diese Ansicht zutreffend, so müssen die Nierenzellen als eigenartig differenzirte Mesenchymelemente angesehen werden, die „die Fähigkeit erlangt haben, die dem Organismus schädlichen Harn- salze zu eliminiren und in ihrem Protoplasmaleibe anzusammeln". Wenn wir uns erinnern, dass, wie oben (p. 556) mitgetheilt wurde, nach Krukenberg das organische Nährmaterial im Blut fast ausschliesslich von Zelle zu Zelle w^eitergegeben wird und nicht im Blutplasma gelöst ist, wird eine derartige Function gewisser, ursprünglich mit den Blut- zellen identischer Elemente kaum unwahrscheinlich sein. Auf der gleichen Ausbildungsstufe steht die Niere nach Da hl grün auch bei der Oiona, denn auch hier konnten nur einzelne, dem Darm benachbarte, frei in der primären Leibeshöhle liegende Nierenzellen beobachtet werden. Allerdings fand Eoule (1884) bei der gleichen Art 604 Ascidien. (las Excretioiisorgaii vollkommener ausgebildet, denn er beschreibt es als eine dichte Ansammlung zahlreicher, zum Theil in vielen Schichten über- einander liegenden, orangefarbenen Mesenchymzellen, die namentlich den Endabschnitt des Vas deferens umgeben und niemals einzeln, durch Bindegewebe voneinander getrennt, vorkommen. Wo die Zellen nur in einer Schicht nebeneinander liegen, sind sie ungefähr cubisch, wo sie zahlreicher sich finden, erscheinen sie durch den gegenseitigen Druck polyedrisch geformt. Alle Zellen enthalten sehr kleine Granulationen und sind aus Blutzellen hervorgegangen, die sich an den betreffenden Stellen festgesetzt haben. Diese Zellen sollen alle charakteristischen Keactionen der Harnsäure oder der harnsauren Salze, der Oxalate und Phosphate, aufweisen, und sie entnehmen diese Stoffe dem Blute, das in den den Nierenzellen benachbarten Sinus strömt. Andererseits scheiden die Nierenzellen diese Substanzen wieder aus, und Koule glaubt, dass dieser Vorgang einem einfachen osmotischen zu vergleichen sei, indem die zur Excretion bestimmten Stoffe durch die dünne Wand des Samenleiters hindurch diffundiren und durch die männlichen Geschlechtsöffnungen in die Cloake gelangen. „Les phenomenes de diffusion sont ainsi facile- ment effectues, et les corps excretes, qui passent du sang dans l'interieur des prolongements cylindriques, sortent dans la cavite peribranchiale par les pores de ces cylindres." Die Darstellungen, die die beiden Autoren von der Ciowa-Niere gegeben haben, unterscheiden sich viel tiefer, als es vielleicht auf den ersten Anblick scheint, und zwar ist besonders der Unterschied im physiologischen Ver- halten der Nierenzellen bemerkenswerth. Nach Eoule scheidet die Niere der Ciona die Harnsubstanzen thatsächlich aus; der Vorgang voll- zieht sich allerdings in etwas eigenartiger Weise, aber immerhin ver- lassen die betreffenden Stoffwechselproducte das Organ und füglich auch den ganzen Körper. Nach den Beobachtungen D ahlgrün's ist das nicht der Fall, denn die Harnconcremente bleiben in den Nierenzellen ab- gelagert und können aus diesen nicht nach aussen entfernt werden, weil die Zellen von Bindegewebe und Blut allseitig umgeben sind. b. Wenn auch bei den Botrylliden fast alle Nierenzellen einzeln und isolirt liegen, finden sich doch auch hin und wieder kleinere Gruppen von zwei und drei oder vielleicht auch mehr Elementen, die dicht an- einander gepresst erscheinen und durch keine bindegewebige Zwischen- substanz getrennt sind. Solche Gruppen leiten zu der zweiten Aus- bildungsstufe des Excretionsorgans hinüber, das nach Her dm an (1886) bei den Synascidien ziemlich häufig vorzukommen scheint. Dem Intestinum liegt hier oft eine einheitliche mesodermale Zellgruppe dicht an, die gewöhnlich durch eine gelblichgrüne Färbung von den benachbarten Zellen sich unterscheidet und aus Nierenzellen sich zusammensetzt. Allerdings stellt Herd man die Deutung dieser „mass of a glandulär nature" als Niere nur als sehr wahrscheinlich und nicht als unbedingt sicher hin, denn er betont ausdrücklich, dass das Organ „is in all Nierenbläschen, Vorkommen und Zahl. 605 probability of a renal nature , and corresponds to the renal vesicles found in raany simple Ascidians". Die Vervollkommnung eines solchen Organs gegenüber der ersten Ausbildungsstufe besteht, wie leicht einzusehen, darin, dass hier alle gleichartig functionirenden Zellen nicht mehr über weite Körperregionen zerstreut, sondern zur Bildung eines einheitlichen, von den Nachbar- geweben scharf abgegrenzten Körpers zusammengetreten sind. Wie oben erwähnt wurde, soll nach Koule das Gleiche auch bei Ciona bereits eingetreten sein, und dann müsste diese Gattung bezüglich des Ver- haltens ihres Excretionsorgans hierher gerechnet werden. Wahrscheinlich aber werden bei so manchen Synascidien nicht nur eine einzige Meren- zellmasse sondern mehrere getrennte grössere dem Darm benachbarte vor- handen sein. c. Auf der dritten Stufe besteht das Excretionsorgan aus einer grösseren oder geringeren Zahl wohl abgegrenzter, einzelner Bläschen, die alle zum Theil von Bindegewebe, zum Theil auch direct von Blut- balmen umgeben werden, wie denn überhaupt ein reiches Sinussystem zwischen den Nierenbläschen sich ausbreitet. Unter den Ascidiinen finden sich solche Organe ganz allgemein bei den Gattungen Phallusia, Ascidia, Äscidiella, aber auch den Cynthien fehlen sie nicht ganz, denn sie wurden neuerdings bei Cyntliia dura nachgewiesen (Dahlgrün) und dürften wohl noch bei manchen anderen vorhanden sein. Vermuthlich haben sich die Nierenorgane in diesen beiden Familien selbstständig und unabhängig voneinander von ähnlichen Anfangsstadien aus, wie wir sie bisher kennen gelernt haben, weitergebildet. Die Nieren der ver- schiedenen Ascidien, die diesen dritten Bautypus darstellen, zeigen selbst wieder untereinander gewisse Verschiedenheiten, die uns beweisen, dass eine allmähliche phylogenetische Weiterbildung stattgefunden hat, und dass nicht von allen Arten bislier das gleiche Endstadium erreicht worden ist. Die Excretionsorgane liegen fast immer in der nächsten Nachbar- schaft des Darmcanals, gewöhnlich in das Bindegewebe eingebettet, das sich zwischen den Darmschenkeln ausbreitet und das manche Autoren kaum mit Eecht als äussere Darmwand bezeichnet haben. In der Umgebung des Oesophagus und Rectums beobachtet man sie in der Regel nicht. Bei der Gattung Äscidiella finden sie sich dagegen auch auf der linken Körperseite in der Leibeswand, und gelegentlich, namentlich bei kleinen Formen, steigen sie hier weit nach vorn auf, bis in den Ingestionssipho hinein. Die linke Leibeswand wird dadurch beträchtlich dicker als die rechte. Bei Cyntliia dura fehlen die Nierenbläschen in der Umgebung des Darmes und liegen nur in den Leibeswandungen, links und rechts neben und zwischen den Geschlechtsorganen. Die Zahl der Nierenbläschen zeigt sehr erhebliche individuelle Schwankungen. In grossen und alten Thieren ist sie grösser als in kloinen jungen, denn zeitlebens erfolgt eine Neubildung von Bläschen (50(3 Ascidien. aus iiidifferentei) Zellen des Bindegewebes. In grossen Phallusien zählt man wohl viele Hundert, weniger l)ei Ascidia mentula, und noch geringer ist die Anzahl bei der Äscidiella cristata; ich bin aber ausser Stande, bestimmtere Zahlen anzugeben. Cynthia dura scheint nur einige Dutzend Nierenbläschen zu besitzen. Die Gestalt der einzelnen Bläschen ist recht verschieden, selbst in ein und demselben Thier. Im Allgemeinen herrschen allseitig ab- gerundete, eiförmige und selbst kugelähnliche Formen vor; zuweilen aber strecken sich die Bläschen in einer Richtung sehr erheblich, so dass sie fast schlauchartig werden (an einzelnen Stellen bei Cynthia, Phallusia etc.), und häufig erscheinen sie mehr oder minder unregel- mässig ein- und ausgebuchtet oder polyedrisch. Wo sie dicht neben- einander liegen, wird, bei dem zeitlebens vor sich gehenden Wachsthum des Organs, die Gestalt der Bläschen durch den gegenseitigen Druck in erheblicher Weise beeiuflusst. Auch die benachbarten Organe, so luimentlich die Geschlechtsorgane, verhindern zuweilen, dass eine gleich- massige Ausbildung der Merenblasen nach allen Seiten hin erfolgt {Phallusia, Fig. 15, Taf. XXV). Dazu kommt noch, dass bei der Con- servirung sehr leicht Schrumpfungen eintreten; bei AnAvendung un- geeigneter Reagentien sind diese so erheblich, dass die normale Gestalt gänzlich verzerrt erscheint. Auch die Grösse der Bläschen erweist sich in einem Organ recht verschieden: es folgt das schon daraus, dass neue Gebilde immer Avieder entstehen und erst allmählicli ihre volle Ausdehnung erlangen. Zuweilen liegen die jüngsten Bläschen immer nur vor den älteren, und dann beobachtet man von vorn nach hinten, d. h. vom Rectum nach dem Magen zu, eine regelmässige Alters- und Grössenfolge (Kupffer). Aber auch die ganz entwickelten und kaum noch weiter wachsenden Nierenbläschen zeigen beträchtliche Grössenunterschiede. Am kleinsten sind sie im Allgemeinen bei den kleinen Äscidiella, bei denen sie häufig nicht mehr als 0,2 mm messen; etwas grösser sind sie bei Äscidia mentula und noch bedeutender l)ei Phallusia mammillata, in der man viele findet, die 0,6 — 0,8 mm im Durchmesser zeigen. Bei Äscidia jnistulosa Aid. u. Haue. {= Äscidiella aspersa 0. F. M.?) werden manche Bläschen reichlich 1mm lang (Kupffer), und diese Dimension dürften auch die längsten Schläuche der Cynthia nicht viel übertreften, während sie bei Microcosmus über 2 mm betragen (Fig. 11, Taf. XXV). Der Bau der Nierenbläschen ist überall im Wesentlichen der gleiche, denn stets stellt die Wand ein einschichtiges, in der Regel nur massig dickes {Äscidia mentida), zuweilen {Äscidiella cristata) ziemlich dünnes und flaches Epithel dar. Im einfachsten Fall sind alle Wandzellen durchaus gleichartig, zuweilen aber erweisen sich die Zellen an den verschiedenen Stellen der Blase verschieden differenzirt. indem sie, wenn Avohl auch alle in der gleichen AVeise als Nierenzellen thätig, in Form und Grösse sich unterscheiden und namentlich in ihrer Dicke um melir Bau der Nierenbläschen. 607 als das Doppelte variiren {Äsckliella crisfata, Fig. 13, Taf. XXV). Die feineren Unterschiede im Bau der Nierenzellen der verschiedenen Arten liegen ansser dem Bereich dieser Darstellung, und nur auf das Eine sei hier hingewiesen, dass sich Verschiedenheiten in Bezug auf die Bildung von Concretionen finden. Die Nierenzellen der auf niederer Ausbildunos- stufe stehenden Excretionsorgane enthielten sämmtlich mehr oder minder zahlreiche Concrementkörner: bei den Elementen der Nierenbläschen ist das nicht mehr immer der Fall. Bei Cynthia und 3Ikrocosnms beobachtet man zwar noch dunkle und färbbare Körner im Zellplasma, sie bleiben aber hier nicht liegen, sondern werden nach und nach sämmtlich an die innere Wand gebracht, um liier feine Krystallstäbchen zu bilden, die sich ablösen und in das Lumen der Bläschen fallen. Bei Fhallnsia kommen nur noch in vereinzelten Zellen der Nierenbläschen solche Körner vor, die am inneren Rand zur Bildung von kurzen Stäbchen zusammentreten; die meisten Elemente bilden keine festen Einschlüsse mehr, und das Gleiche ist auch ill)erall bei Äscididla crtstata und Äscidia mentula der Fall. Das Lumen eines jeden Nierenbläschens enthält meistens einen grösseren Concr ementkörper, dessen Bildungswei se von der Beschaffenheit der Nierenzellen abhängig ist. Wo von diesen nur krystal- linische Stäbchen ausgeschieden werden, verwandeln sich diese im Lumen allmählich in eine amorphe Substanz, die sich in mehr oder minder regel- mässigen, concentrischen Schichten ansammelt, während peripher zeit- lebens immer neue Stäbchen sich anlegen.*) Bei Phallusia tritt die Bedeutung der festen Stäbchen für die Bil- dung der Harnconcremente im Blasenlumen bereits sehr zurück, und bei den oben erwähnten anderen Ascidiiden werden festgeformte Substanzen von den Zellen überhaupt nicht mehr ausgeschieden, sondern nur flüssige Excrete geliefert (D ahlgrün). Durch die chemische Umänderung dieser in den Blasenhöhlen sich ansammelnden Massen entstehen die festen Harnconcretionen, und da die Wandzellen zeitlebens secerniren, bilden sich um den alten, zuerst fest gewordenen Kern immer neue Schichten aus. So erklärt sich die fast überall mehr oder minder deutlich hervor- tretende concentrische Schichtung der festen Concretionen. Die in den Blasen liegenden Harnconcremente sind in Grösse, Form und Farbe sehr verschieden. Die G r ö s s e nu nt e r s c h i e d e der in einem Organ vorkommenden Harnsteine erklären sich zum grossen Theil aus Altersunterschieden. Auch dürften im Allgemeinen in grösseren Bläschen auch grössere Steine sich finden, und es lassen sich daher bei den ver- *) Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass hier, so wie in allen Fällen, in denen von der Bläschenwand sich ablösende Stäbchen beobachtet worden sind, gleichzeitig auch ein flüssiges Secret abgesondert wird , dass die Krystallstäbchen miteinander verkittet, nachdem sie ins Lumen gelangt sind und mit dem Aufbau des Harnsteins begonnen haben. {j0§ Ascidien. schiedeiion Arten und Gattungen ähnliche Grössenverschiedenheiten wie der Bläschen, so auch der Concretionen wahrnehmen. Ebenso wechselnd wie die Grösse, ist die Gestalt, Wenn auch fast immer eine concentrische Schichtung besteht, so sind dennoch die Steine nur in seltenen Fällen allseitig gleichmässig abgerundet, kugel- ähnlich oder eiförmig (Äscidiella scabra). Zumeist sind sie sehr unregel- mässig geformt, da und dort springen in der Kegel scharfe Ecken und Kanten vor. Manchmal, aber nicht constant an allen Stellen desselben Organs , erblickt man Concretionen, die an gewisse Schneckengehäuse erinnern, und mehrere dieser mikroskopisch kleinen Gebilde können sich zu unregelmässigen Ballen zusammenlegen und fest miteinander verkleben {Äscidiella cristata). Die in den verschiedenen Bläschen eines Organs abgelagerten Harnsteine können in ihrer Form zuweilen recht auffallend sich unterscheiden. Auch die Farbe der Concretionen ist recht verschieden. Selten sind die Steine farblos , weiss : in den meisten Fällen erscheinen sie braun, in verschiedenen helleren oder dunkleren Schattirungen. Manchmal beobachtet man ein ausgesprochenes Gelbbraun, seltener ein deutlicheres Gelb oder Koth. Nach Koule (1884) sollen bei Äscidiella scahra und As. lutaria gleichzeitig gelbe und rothe Concretionen vorkommen, die bei ganz schwachen Vergrösserungen als Avinzige, farbige Fleckchen hervortreten. Manchmal sind die Concretionen, wenn sie in der Zwei- oder Mehr- zahl in einem Bläschen auftreten, recht verschieden voneinander, und zwar unterscheiden sie sich dann oft nicht nur durch die Gestalt, sondern auch durch andere Merkmale. So kommen z. B. bei Ascidia nieridionalis neben der glänzenden gelbbraunen Concretion , die meist einen be- sonderen, dunkelbraunen Centraltheil erkennen lässt, in zahlreichen Nierenbläschen noch mehrere helle, rosettenförraige Krystalle vor, die Her dm an (1882), allerdings nicht ohne jeden Vorbehalt, als Harn- ablagerungen deutete, denn möglicherweise seien sie erst nach dem Tode entstandene Ausscheidungen oder Kunstproducte. d. Die vollendetste Ausbildung erfährt das Excretionsorgan der Ascidien bei den Molguliden. Statt der zahlreichen Bläschen findet sich hier ein grosser Nieren sack, der den Harn ausscheidet und in seinem Lumen in Form von festen Concrementen aufspeichert. Die Molguliden- niere wurde zuerst von P. J. Van Beneden (1846) hei MolgiUa amjnd- loides beobachtet und im Wesentlichen, soweit es sich um die gröberen anatomischen Verhältnisse handelte, richtig dargestellt. Die physiologische Bedeutung des Organs hat er aber nicht erkannt; er bezeichnet die Niere als ein „organe indetermine" oder „organe enigmatique". Nach- dem Kr 0 hu (1852) bei Embryonen der Ascidiiden {Phallusia mammillata) eine ähnliche Blase, in deren Nachbarschaft später noch viele andere entstehen, beobachtet und mit einiger Wahrscheinlichkeit als Niere in Anspruch genommen hatte, lag die gleiche Deutung für die Molguliden Nierensack der Molguliden. 609 nahe. In der Tliat wiesen auch Kupffer (1872), Lacaze-Duthiers (1874)*) und Giard (1872) diese Auffassung als zutreffend nach, und heute ist sie allgemein anerkannt, trotzdem der Mangel eines aus- führenden Canals, den man mit der Bedeutung des Organs als Niere früher unvereinbar fand, überall zweifellos festgestellt ist. Der Nierensack der Molguliden liegt stets auf der rechten Körperseite, zuweilen ist er allerdings mehr oder minder auffallend nach der Dorsalseite zu verschoben {Gamasfer, Eugyra). So weit ich sehe, kommen nur bei PJiizomolgula arenaria zwei Nierensäcke vor, auf jeder Seite einer. Die Säckchen sind liier verhältnissmässio- klein, läno-lich, aber ziemlich unregelmässig geformt und liegen der Leibeswand dicht an (Ritter). Die Lagebeziehungen des Excretionsorgans zu den benach- barten Geschlechtsorgauen und zum Herzen scheinen überall fest be- stimmt und nur wenig veränderlich zu sein, zum Geschlechtsorgan natürlich nur da, wo dieses, wie es ja zumeist der Fall ist, auch auf der rechten Körperseite und nicht nur einseitig links entwickelt ist (vgl. Fig. 8 u. 9, Taf. XXXVI). Besonders innig ist die Beziehung der Niere zum Herzen (Textfig. 133). Das hat bereits Van Beneden bei der Molgida ampul- loides beobachtet , bei der er eine ziemlich feste Verwachsung zwischen beiden Organen constatirte. Bei Lithonephria ist die Niere auf ihrer äusseren Seite zum Theil vom Herzen überdeckt, und der Herzspalt, die Umschlagsstelle des Pericards in das Myocard, liegt der äusseren Nieren- Avand so dicht an, dass diese nach Art eines Epicards den Verschluss besorgt (Julin). Die Gestalt des Nierensackes zeigt keine erheblichen Verschieden- heiten; sie ist im Allgemeinen eine bohnen- oder wurstförmige. Manch- mal ist das Organ nur sehr wenig gekrümmt, fast cylindrisch [Molgula ampuUoides, M. roscovita), zuweilen fast hufeisenförmig gestaltet (Stoma- tropa viUosa). Die concave Fläche scheint ioimer nach vorn gerichtet zu sein, meist gleichzeitig ein wenig ventral zu, seltener vielleicht {CteniccUa tumulus) stärker dorsal zu gekehrt. Im Querscluiitt erscheint der Nierensack gewöhnlich rundlich, manchmal fast kreisförmig; stärker unregelmässige Formen dürften wohl zumeist durch die Conservirung und Präparation hervorgerufen worden sein. Die Grösse ist stets eine verhältnissmässig bedeutende, so dass die Nierensäcke überall mit blossem Auge wahrgenommen werden können. Im Allgemeinen haben grössere Thiere auch einen grösseren Niereusack, obwohl ein bestimmtes Grössenverhältniss, das übrigens durch individuelle Variationen erheblich gestört werden kann, immer nur innerhalb einer Species besteht. Molgula pnlclüa Michaelsen wird nur 15 mm gross, ihr Nierensack Avächst bis auf 5 mm Länge und 1,5 mm Breite heran. *) Lacaze-Duthiers hebt in seiner grossen Molguliden -Arbeit (1874, p. 312) besonders hervor, dass er bereits in seinen Vorlesungen in den Jahren 1868 und 1869 die Nieron der Molgula ausführlich behandelt hätte. Brouu, Klassen des Thier-lJeichs. IIL Spplt. 39 010 Ascidion. Tu oiiier etwa 3 cm langen Ctcnicdla iumulus ist die Niere fast 1,5 cm gross, in einer kaum 2,5 cm grossen Ästropera sabiilosa misst sie über 1 cm. Bei den grossen Molguliden erreicht sie eine erhebliche Aus- dehnung. Eine Ctcnicella nigosa von 15 cm besass eine 8 cm lange, Fig. 133. A Stück aus einem frontalen Längsschnitt durch Molgula nana; der Nierensaclc, Herz und Pericard sind quer durchschnitten, ^^^/j. B Dieselbe Eegion von Molgula occulta; der selir weit nach hinten reichende Ilinter- abschnitt des hier stark collabirten Nieronsackos ist niclit eingezeichnet, und ebenso fehlt der diesen begleitende Theil der Herz- und Pericardialwand. ""Vi- a = Aussenwand der Peribranchialräume; b = Innenwand des Peribranchialrauras, Aussenepithel der Kieme; bb = Blutbahnen; hg = Bindegewebe; hz = Blutzellen in der Herzhöhle; er = Concretionsstab im Nierensack; ec = ektodernuxles Hautepithel; h = Hodenbläschen; hh = Herzhöhle; hs = Herzwand; ilg = innere Längsgefässe des Kiemendarms; M = Kiemendarmhöhle; Jcs = Kiemenspalten; If VI u. If VII = 6. u. 7. Leitfalte der Kieme; ns = Nierensack; pj» = Peribranchialräume; ^JC = Pericardialwand; 2'>h = Pericardialhöhle. Bau des Nierensacks. Q]\ 2 cm dicke Niere, und die StomatrojM villosa, die selbst 20 cm Länge erreicht, hat einen 12 cm langen, 2 cm dicken Nierensack (Pizon). In seinem Bau gleicht der Nierensack der Molguliden in hohem Masse den kleineren Bläschen der Cynthieii, Seine Wand besteht aus einem einschichtigen cylindrischen Epithel, dessen Elemente an allen Stellen im Wesentlichen die gleiche Beschaffenheit zeigen, wenngleich sie auch an den beiden Enden des Organs in der Regel an Höhe mehr oder minder abnehmen. Diese Wandzellen sind Nierenzellen, und in ihnen entstehen, zunächst in der Nachbarschaft und wahrscheinlich unter Betheiligung des Kernes, Vacuolen, die anlänglich eine klare Flüssigkeit enthalten. In dieser werden die runden oder stäbchenförmigen oder unregel- massig geformten, mikroskopisch kleinen, festen Concretionen aus- gefällt und dann nach den inneren Zellenden zu geschafft. Hier lösen sie sich in grösseren, zusammenhängenden Schichten gleichzeitig mit den Randpartien des Epithels ab und fallen in die Höhlung des Nieren- sackes hinein, um dann die festen Harnconcretionen allmählich zu bilden. An der Aussenseite dieses einschichtigen Drüsenzellsackes lieo-t häufio- eine besonders zähe und resistente Bindegewebsschicht, durch Avelche das ganze Organ umhüllt wird und erheblich an Festigkeit gewinnt. Im Inneren des Nierensackes findet sich häufig in der wasserklaren Flüssigkeit nur ein einziges, besonders grosses Concrement (Molgula ocadta, Liihoncpfiria eitgyrandn), oft aber sind sehr zahlreiche kleine vorhanden, die nur ganz lose im Harnsacke liegen, „und wenn man die Molgula hin und her senkt, so fallen auch die Concremente auf die ent- sprechende Seite, Avie Sand in einem mit Wasser gefüllten Gefässe". In Uebereinstimmung mit der eben geschilderten Genese sind die Harn- steine immer mehr oder weniger deutlich concentrisch geschichtet. Am deutlichsten ist das der Fall, wenn nur ein oder wenige grosse stäbchen- förmige Concremente den Sack erfüllen (Fig. 14, Taf. XXV), aber auch in den massigen und klumpigen, die am verbreitetsten vorkommen, be- steht diese Schichtung. Im Centrum findet sich ein festerer Kern, die peripheren, jüngeren Theile sind weiclier und zeigen ein körniges Gefüge. Im Einzelnen erweisen sich aber der Bau und die Zusammensetzung der Concremente, auch die der Stäbe, recht verwickelt und bei den ver- schiedenen Formen variabel. In einem Nierensack können verschieden grosse und verschieden gestaltete Harnsteine nebeneinander vorkommen. Die Farbe der Harnconcretionen ist fast immer ein helleres oder dunkleres Braun. Manclmial herrscht ein gelblicher Ton vor {Ctenkella rugosa, Molgula nana), oder ein grünlicher; zuweilen auch ein mehr oder minder ausgesprochen rother {Molgula macrosiplionka). Hin und wieder sind die Nierensteine eines Thieres verschieden gefärbt; so sind z. B. bei Ctenicclla Lchruni die einen grau, die andern schwarz, und bei 31. macrosiplionka wechselt die Farbe zwischen Gelb und Schwarzbraun in allen Tönen. Auch kann die Färbung derselben Concretionen zu ver- schiedenen Zeiten verscliieden sein. Bei 3Iolgula occnUa z. B. sind die 39- ß j 2 AscicUen. jungen Harnconcremontstäbe weich und In-aungell), die alter Tliiere hart und fast schwarz. Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass nach Koule bei Ascididla scahra die festen Harnablagerungen gelegentlich auch frei im Bindegewebe lieaend anoetroifen werden können. Es sei das, wie der französische Forscher meint, so zu erklären, dass die in den Nierenzellen gebildeten Harnconcretionen nach der äusseren Seite der Bläschen hin statt nach der inneren transportirt und abgeschieden werden. Man könnte vielleicht auch an einen Schwund älterer Nierenbläschen denken, während die Con- cretionen längere Zeit erhalten bleiben. IJebrigens scheinen andere Autoren solche freie Harnsteine nicht beobachtet zu haben. Wenn wir die Molgulidenniere als die vollkommenste Form des Excretionsorgans der Ascidien betrachten, so vergleichen wir ihre Leistung nicht nur der eines Nierenbläscheus der Ascidiiden, sondern der Gesammt- heit dieser. Damit ist nicht gesagt, dass der grosse Merensack phylo- genetisch aus der nachträglichen Verschmelzung zahlreicher ursprünglich getrennten kleineren Bläschen hervorgegangen sein müsse. Im Gegen- theil wird eine solche Annahme durch die Thatsachen der Ontogenie nicht gestützt oder nahe gelegt. Vielmehr dürfte es wahrscheinlicher sein, dass die phylogenetische Entwickelung des Merenorgans sowohl bei Ascidiiden und Cynthien als bei Molguliden einen selbstständigen Weg eingeschlagen hat. Dann müssten wir einerseits die sich aus zahl- reichen Bläschen zusammensetzenden Excretionsorgane andererseits die grossen Merensäcke von ähnlichen Bildungen ableiten, wie wir sie oben auf der zweiten oder vielleicht auch auf der ersten Ausbildungsstufe kennen gelernt haben. Es darf aber nicht verschwiegen werden, dass die neuesten Beobachtungen Julin's (1899) über die Embryonalentwickelung der Molgulidenniere sich nicht leicht mit der phylogenetischen Ent- stehung des Merensackes aus zahlreichen einzelnen oder Gruppen von mesodermalen Nierenzellen vereinbaren lassen. Denn bei LüJionepliria eugyranda soll sich das gesammte Excretionsorgan aus einer frühzeitig im Embryo auftretenden Entodermausstülpung bilden, die in der Nähe der Stelle sich zeigt, an welcher etwas später Herz und Pericard ent- stehen. e. Erst die Untersuchung des Chemismus des hier behandelten Organs hat seine physiologische Bedeutung als Niere klargestellt. Die älteren Beobachter stellten vornehmlich die Murexidprobe an. Bei Molgula macrosiphonica konnte Kupffer (1872) zuerst kein positives Ergebniss erhalten, wohl aber bei Ascklia complanata Fabr. In ver- dünnter Salpetersäure lösten sich die Concremente rasch vollständig auf. Der bei langsamer Verdampfung im lihrschälchen zurückbleibende Fleck war ziemlich farblos, röthete sich aber, wenn auch nicht sehr intensiv, so doch zweifellos über Ammoniak. Die Harnconcretionen der Ascklia meridionaUs lösen sich leicht in Salzsäure (Herdman). Später hat Function der Niere. Geschlechtsorgane. 613 Klip ff er (1874) gefunden, dass auch die Concretionen der Molijula macrosiphoyiica deutliche Miirexidreaction geben. Uebereinstimmende Er- gebnisse erhielten auch Lacaze-Duthiers, Giard und Roule. Viel befriedigender klärten die späteren Untersuchungen K o Ava- le vsky 's (1889) die Function und Bedeutung der Ascidienniere auf. Sie beziehen sich auf Ascidla mentula und eine nicht näher bestimmte Ilolgitla des Schwarzen Meeres. Wird der Ascidie „Indigocarmin ein- gespritzt, so higern sich in den Secretbläschen um die schon vorhandenen Concremente Krystalle des Indigocarmins ab, ganz in der Weise, wie sich dieselben bei den Mollusken um die Concremente des Bojanus'schen Organs ablagern". „Wird der Molgida Indigocarmin -+- Carmin ein- geführt, so wird der Indigocarmin von den Wandungen des Harnsackes aufgenommen und abgeschieden, in demselben Lumen, w^o die Con- cremente liegen. — Die Art der Carminabscheidimg konnte ich nicht bestimmen." Aus diesen Versuchen ergab sich der Schluss, dass die Ascidienniere den Harncanälchen der Wirbelthierniere physiologisch ent- spricht und sich nur aus alkalisch reagirenden Zellen zusammensetzt. Es ist ja vielleicht nicht unwahrscheinlich, dass auch die Ascidien, so wie viele andere Wirbellosen, noch eine zweite, sauer reagirende Meren- partie besitzen, die den Malpighi'schen Körperchen der Vertebratenniere zu vergleichen ist und die Ausscheidung des Carmins besorgen könnte. In- dessen ist dieses Gebilde bisher nicht aufgefunden worden, und im Be- sonderen die Ansicht Van Beneden 's, dass die Neuraldrüse ein zweites Merenorgan sei, hat sich nicht erweisen lassen, obwohl gerade Kowa- levsky's Augenmerk darauf gerichtet war. Ich habe bereits oben (p. 316) diese Frage erörtert. XIII. Die Oesclileehtsorgaiie. Kein anderes Organ des Ascidienkörpers zeigt bei den verschiedenen Arten, Gattungen und Familien ein so verschiedenes Verhalten, wie die Geschlechtsorgane. Entwickelungsgeschichtlich bildet sich stets der ganze Apparat aus Mesenchymzellen, und es ist bislier nicht gelungen, den Nachweis zu führen, dass es nur besonders prädestinirte Mesodermzellen sind, die zu Sexualorganen werden können. Im Gegentlieil scheinen gewisse Thatsachen darauf hinzudeuten, dass jede beliebige embryonale, noch nicht in eigenartiger Weise diiferenzirte Zelle im Mesenchym die Fähigkeit hat, sich an der Bildung dieses Organs zu betheiligen, wenn- gleich nur diejenigen in der That diese Veränderung erfahren, die an bestimmten Stellen des Körpers sich fixirt haben. Bei den durch Knospung sich vermehrenden Synascidien entwickelt zuweilen das erste aus dem befruchteten Ei entstandene Tliier, das Oozooit, überhaupt keine Ge- schlechtszellen, zeigt sogar nicht einmal die ersten Anlagen der Ge- schlechtsorgane, sondern bildet sich zurück, nachdem es nur ungeschlecht- {]\\ Ascidien. lieh Knospen erzeugt luit. Zuweilen kommen auch noch nicht einmal in dieser zweiten, sondern erst in einer späteren Generation die Ge- schlechtsorgane zur EntAvickelung, und zwar entstehen sie auch hier aus Zellen, die mit dem Blutstrom sich bewegten und von den anderen Elementen, die Blut- oder Bindegewebszellen bleiben, sich nicht unter- scheiden Hessen. So erklärt es sich, wenn allenthalben im Ascidien- körper, und gleichzeitig oft an den verschiedensten Stellen, Geschlechts- producte zur Ausbildung gelangen können und vielleicht nur die vordersten Körperenden stets von ihnen frei bleiben, Aveil hier zu ihrer Entfaltung keine günstigen Bedingungen gegeben sind. 1. Die Zwitterdrüsen. a. Der Bau der Zwlttergonaden und deren ÄuflösuiKj in Folyearps. Mit Ausnahme weniger Arten, die weiter unten (p. 626 fg.) ein- gehender besprochen sind, sind alle Ascidien Zwitter. In der liegel entwickeln sich Ovarien und Hoden in der nächsten Nachbarschaft von- einander, zumeist so nah und innig verbunden, dass sie wie ein einheit- liches Organ, als eine Zwitterdrüse erscheinen. Die genauere mikrosko- pische Untersuchung zeigt aber stets, dass in Wirklichkeit doch immer überall scharfe Grenzen zwischen dem männlichen und weiblichen Genitalorgan bestehen und dass auch jedes seinen besonderen Aus- führungsgang besitzt. Dieser kann allerdings in manchen Fällen schwinden, dann bleibt aber dennoch die Trennung des männlichen und weiblichen Theils des Zwitterorgans bestehen, und niemals entwickelt sich ein gemeinsamer Ausführungsgang für Eier und Spermatozoen. Diese scharfe Sonderung ist um so bemerkenswerther, als entwickelungsgeschichtlich die ganze Zwätterdrüse aus einer einheitlichen Anlage hervorgeht. Zu- nächst ist diese eine winzige Gruppe von Mesenchymzellen, die sich bald in ein einschichtiges Bläschen verwandelt. Dieses theilt sich in zwei Abschnitte, die lange miteinander zusammenhängen, füglich sich aber gänzlich trennen, wenn sie auch in unmittelbarer Nachbarschaft neben- einander liegen bleiben. In gewissen Gruppen, sowohl unter den einfachen wie zusammen- gesetzten Ascidien, liegen aber Hoden und Ovarien mehr oder minder weit voneinander getrennt, zuweilen, wie z. B. in der Michaelsen 'sehen Gattung J.Woeoca>79«, die einen links, die andern rechts, und niemals erscheinen sie dann zu Zwitterdrüsen verbunden. Die vergleichend anatomische Betrachtung lelu't uns aber eine ganz continuirliclie Keihe aller möglichen Zwischenstufen kennen, die einerseits zu typischen Zwitterdrüsen, zu eng miteinander verbundenen männlichen und weiblichen Fortpflanzungs- organen, andererseits zu weit auseinander liegenden Hoden und Ovarien hinüberleiten. Bau der Zwittordrüscn. (515 Sind männliche und weibliche Drüsen zu einer Zwittergonado vereint, so ist die Anordnung und Gruppirung beider Theile bei den verschiedenen Arten und Gattungen eine sehr verschiedene. Finden sich in einem Thier mehrere Zwitterdrüsen, so gleichen sich diese stets in allen wesent- lichen Zügen des Baues und im Besonderen in Bezug auf die Art und Weise, wie Hoden und Ovarien sich zum Zwitterorgaue zusammenlegen, und die Unterschiede, die stets auftreten, beziehen sich auf Grösse, Form der Gonaden u. dgl. Eigenschaften. Auch die Verschiedenheiten der .Geschlechtsdrüsen, die bei verschiedenen Individuen einer Art zu beobachten sind, dürften sich im Grossen und Ganzen nur in engeren Grenzen halten und sich auf die typische Form der Zusammensetzung der Zwittergonade aus Hoden- und Ovarialtheilen nicht erstrecken. Ganz ausnahmsweise mag das aber vielleicht doch der Fall sein, wenn- gleich ich geneigt sein möchte, die meisten derartigen Angaben früherer Autoren entweder auf irrthümliche Beobachtungen, oder darauf zurück- zuführen, dass die untersuchten Ascidien falsch bestimmt und zwei Species für eine gehalten wurden. Es Avird weiter unten auf einige solcher auffallenden, individuellen Verschiedenheiten der Geschlechtsorgane noch speciell verwiesen werden. Wenn aber auch der Bau der Zwitter- drüse für die Species recht constant und charakteristisch bleibt, so lässt sich doch andererseits leicht feststellen, dass innerhalb der grösseren Gruppen und häufig schon in den Gattungen sehr verschieden zusammen- gesetzte Zwittergouaden vorkommen können; und ebenso treten zuweilen ganz ähnliche T^^pen der Gruppirung von Hoden und Ovarien zum Zwitterorgan bei Arten auf, die im System weit voneinander entfernt stehen. Immerhin aber wird man in vielen Fällen die hohe systematische Bedeutung der Geschlechtsorgane uneingeschränkt anerkennen müssen. a. Als die einfachsten Zwitterdrüsen gelten die, deren beide Theile zwar dicht nebeneinander liegen, aber doch so scharf abgegrenzt sind, dass sie sich bei sorgfältiger Präparation noch voneinander trennen lassen. Am leichtesten geschieht das, wenn Hoden und Ovarien, oder doch wenigstens die letzteren, compactere, ziemlich glattwandige Massen bilden. Das ist häufig bei Molguliden (z. B. Molgula pyriformis, Fig. 16, Taf. XXVI, Ctenkella appendiculata, Ct. morgatae, Fig. 19, Taf. XXVI) und auch zuweilen bei Ascidiiden der Fall. Bei diesen letzteren ist aller- dings der Hoden oft sehr reich verzweigt, aber trotzdem gelingt es manchmal ganz leicht, den compacten Eierstock herauszuschälen {Ciona intestbmlis). Auch bei vielen Molguliden liegt neben dem schlauch- förmigen oder dichten traubenförmigen Ovarium ein mehr oder minder reich verzweigter Hoden {Molgida soleuota, Fig. 15, M. Bleizi, Fig. 18, Taf. XXVI, Eugijm arenosa etc.), der sich aber zuweilen so innig mit jenem verbinden kann, dass eine Trennung beider ohne jede Verletzung sich kaum ausführen lässt. Fester und inniger gestaltet sich die Vereinigung der Hoden und Ovarien zur Zwitterdrüse, wenn beide traubenförmig oder verzweigt, und (] l (\ Ascidien. alle Eiuzeltlioilc miteinander verwachsen sind. Das tritt liänfig l)ei Cyntliien ein, und das gegenseitige Verhalten der männlichen und weib- lichen Partien kann dann in den einzelnen Beeren der Geschlechtstraube ein recht verschiedenes sein. Die beiden Theile können entweder an- nähernd gleiche Ausdehnung haben und fest verbunden nebeneinander liegen, so dass die Hoden die eine, die Ovarien die andere Seite der Zwitterdrüse bilden (z. B. Cyntlüa monis), oder die Hodenläppchen breiten sich blattartig um die einzelnen Ovarialbläschen aus und beginnen, sie mehr oder minder vollständig zu umhüllen, so dass füglich nur. die Mitte jeder Beere einer Gonadentraube von Eimaterial erfüllt wird, während peripher fast allenthalben Hodenmasse liegt. Doch dürfte diese Um- wachsung wohl kaum jemals eine vollkommene sein, sondern stets scheint an bestimmten Stellen die weibliche Drüsensubstanz frei an die Ober- fläche zu treten (vgl. für Cyntlda haustor Textfig. 138, p. 641). Uebrigens verhalten sich in dieser Beziehung nicht alle Theile ein und derselben Zwittergonade ganz gleichartig, sondern es scheint die Menge des Hoden- materials zu wechseln und sich dementsprechend entweder nur auf einer Seite des Ovarialbläschens auszubreiten, oder kappenförmig weiter vor- zuschieben, so dass die Hodensubstanz auch auf die andere Seite hinüber- greift. Die Abbildungen, die Lacaze-D uthiers und Delage vom Geschlechtsapparat der Cyntliia morus gegeben haben, zeigen solche Verschiedenheiten. Eine derartige Umwachsung des weiblichen Materials durch das männ- liche, wie sie eben für die einzelnen Theile einer Geschlechtstraube be- schrieben wurde, tritt gelegentlich auch ein, wenn das Ovarium einen ziemlich glatten Schlauch darstellt; und die Folge ist dann, dass der ganze Eierstock central zu liegen kommt, während peripher die Hoden- raasse liegt. In der Regel bedeckt die Hodenschicht das Ovarium nur sehr unvollkommen, indem sie sich, wie oben erwähnt wurde, nur auf einer Seite desselben ausbreitet. Bei 31olgiäa occiiUa lagern die Hoden hauptsächlich an der Hinterwand des Eierstocks, erstrecken sich aber auch als eine dünnere, unvollkommene Schicht über seine äussere Wand und einen ganz kleinen Theil der inneren. Vielleicht noch etwas voll- kommener ist die Umhüllung bei Styda gyrosa und besonders bei St. canopoides, bei der, wie Heller (1877) beschreibt, die Ovarialschläuche von kurzen, meist gelappten Hodenschläuchen rings umgeben sind, be- sonders aber am Hinterende. Das Gleiche berichtet Dräsche (1884) für Styela dava, während die Abbildungen allerdings nur zwei das Eier- stocksband begleitende Hodenstreifen erkennen lassen. Auch bei Asci- diiden {Äscklia mentula, Ciona intestinalis) kann das Ovarium mehr oder minder tief in die Hodenmasse eingesenkt sein. Eine oft sehr weitgehende Ueberdeckung der Ovarien durch Hoden tritt bei manchen Molguliden ein, wenn in jeder Zwitterdrüse neben dem einheitlichen Eierstock zahlreiche getrennte oder zu einer Masse mit- einander verwachsene Hoden vorkommen. Es wird weiter unten in dem Verbindungsweisen der Hoden und Ovarien zu Zwitterdrüsen. 617 die Hodenzalil beliandeliideu Abschnitt noch näher ausgeführt werden, dass zuweilen am Ovarium eine umfangreiche männliche Drüsenmasse liegt, die zahlreichere Vasa deferentia entspringen lässt und wahrscheinlich ebenso vielen, ursprünglich gesonderten Hoden entspricht, als Aus- fülirungscanäle vorhanden sind. Bei Eugijriopsis Lacasel Eoule bildet diese Hodenmasse eine Platte, die mantelartig einen grossen Theil, und zwar namentlich die innere Seite, des Ovariums umhüllt (Fig. 17, Taf. XXVI), und ähnlich ist es bei Ctenicella rugosa und Molgula simplex, wie überhaupt vielfach bei den Molguliden die Ovarien mehr nach aussen, die Hoden mehr nach innen zu gelagert erscheinen. Viel vollständiger ist das Ovarium durch die zahlreichen, ziemlich scharf gesonderten Hoden bei Molgiila ociilata und M. roscovita umhüllt, wenngleich auch hier die männliche Substanz noch keinen vollständig geschlossenen, cylindrischen Mantel darstellt. Ganz ähnlich wie diese zuletzt genannten 21olgnla verhält sich unter den Styelinen die Stijelopsis grossularia. Die zahlreichen Hoden, die an dem einzigen, langen, schlauchförmigen Eierstock sitzen, umgeben, Avenigstens zur Zeit der vollsten männlichen Geschlechtsreife, die weib- liche Drüse an der Aussenseite, ventral und dorsal ziemlich vollständio- lassen aber stets an der inneren , dem Peribranchialraura zugekehrten Wand eine breite Zone frei, in der die Vasa deferentia verlaufen und die männlichen Geschlechtsöffnungen sich finden (Textfig. 141). Eine ganz ähnliche Reihe von verschiedenen Formen der Zwitter- drüsen, die eine immer innigere Vereinigung der männliclien und Aveib- lichen Theile aufweisen, lässt sich übrigens auch für die Ascidien zu- sammenstellen, die sehr zahlreiche Gonaden (sog. Polycarps) besitzen (Polystyelidae; Polymrpa und Verwandte). Diese Polycarps , die, wie weiter unten gezeigt werden soll, wahrscheinlich durch Auflösung grosser Gonadenschläuclie entstanden sind, bestehen gewöhnlich aus einem compacten, ziemlich glattAvandigen Ovarium, dem sehr verschieden geformte Hoden an- und aufliegen. Zuw^eilen sind die Hoden ebenfalls glatte Schläuche oder länglichrunde Körper, deren Läppchen so fest an- einander gepresst sind, dass die Oberfläche fast glatt erscheint {Polyzoa pktonis, Fig. 10, Taf. XXVI, und alle andern FoJyzoa Michaelsen's, Goodsiria coccinea Cunn.). Zumeist aber liegen an dem Eierstock mehr oder minder reich verzweigte Hoden, die nach den in Fig. 9, Taf, XXVI und Textfig. 143 abgebildeten Typen gebaut sind. - Vergrössern sich die Hoden, so liegen sie dann nicht nur einseitig der w^eiblichen Drüse auf, sondern sie umwachsen diese und dehnen sich auch auf die entgegen- gesetzte Seite aus. Der Eierstock erhält dadurch eine mehr centrale Lagerung {Polycarpa tiibcrosa, Fig. 13, Taf. XXVI, P. rustica). Uebrigens giebt es auch Polycarps mit verzweigten Ovarien (z. B. Synstyela [Gynan- drocarpa] monocmpa Sluiter, bei der allerdings die Gonadenzahl bis auf eine reducirt ist). b. Während die bisher angeführten Beispiele uns zeigten, wie die Aus- (31JJ Ascidien. bilduiig einor iiornialou Zwitterdrüse erfolgt, lehren uns andere Arten eine fortlaufende Keilie solcher Stadien kennen, die zu einer Auflösung der Zwittergonaden in gesonderte, selbstständige Hoden und Ovarien hinführen. Ein solcher Process hat sich phylogenetisch in mehreren Gruppen selbstständig und unabhängig vollzogen und zwar bei Cynthi- deen (Styelinen), Molguliden und unter den Synascidien besonders bei den Polystyeliden. Bei den Molguliden scheint die Auflösung am wenigsten weit vorgeschritten, und Hoden und Ovarien bleiben stets, auch wenn sie auseinander gerückt sind und sich nicht mehr berühren, in nächster Nachbarschaft liegen, so dass viele Autoren, allerdings, wie mir scheint, mit wenig Recht, die Bezeichnung als Zwitterdrüsen festhalten. Schon bei den oben angeführten Ctenicella appendiculata und Ct. morgatae war die Verbindung zwischen den Hoden und Eierstöcken gerade keine be- sonders innige (Fig. 19, Taf. XXVI). Bei Ctenicella tiimulus rücken beide Drüsen noch weiter ab, und bei Camaster dahirensis (Textfig. 145) be- rühren sich die hintersten Hodenschläuche nur noch eben mit dem End- abschnitt des Ovariums. Gleichzeitig erfolgte bei Gamaster eine Auf- lösung der Hodenmasse in zahlreiche (10 resp. 12) selbstständigo Hoden, über die weiter unten noch eingehender berichtet ist. Noch weiter rücken die männlichen luid weiblichen Drüsen bei Mol(jula siplwnalis auseinander, sie sind nach Hartmeyer (1899) „jederseits vollkommen getrennt". Der zweilappige Hoden besitzt mehrere gesonderte Vasa deferentia, aber eine Trennung der Drüsenmasse selbst in einzelne selbstständige Hoden ist nicht erfolgt. Ganz besonders lehrreich für die fortschreitende Auflösung der Zwitterdrüse in eine gesonderte männliche und weibliche Partie sind die Styelinen, bei denen die Geschlechtsapparate so überaus mannigfaltig gestaltet sind, wie vielleicht in keiner anderen Familie der Ascidien. Als ursprünglich typisch könnten wohl solche Zwittergonaden gelten, deren langes, schlauchförmiges Ovarium mit zahlreichen Hodenbläschen bedeckt ist, die aber alle durch einen gemeinsamen, neben dem Oviduct verlaufenden Samenleiter zu einem Hoden zusammengefasst werden. Die Auflösung dieser grossen Zwittergonaden betrifft entweder nur die Hoden oder beide Geschlechtsdrüsen. Das erstere findet sich nach den allerdings nicht unwidersprochen gebliebenen Angaben von Lacaze- Duthiers und De läge bei einigen Styela. In der St. armata (Text- tigur 121, p. 500) theilt sich jederseits die Hodenmasse in ungefähr ein halbes Dutzend ungleich grosser selbstständiger Stücke, bei St. variabilis erfolgt eine Zersplitterung des männlichen Keimmaterials in mehr als 80 kleine Hodenschläuche (Fig. 1 u. 20, Taf. XXVI), während die grossen Ovarialschläuche jederseits in der Ein- oder Zweizahl bestehen bleiben. Eine Trennung in zahlreiche kleine Gonaden, die aber alle aus einem männlichen und weiblichen Theil bestehen, tritt bei einigen anderen Styela ., vor allem aber bei der Gattung Tolijcarpa ein. Bei Auflösung grosser Drüsenschläuclie in Polycarps. (319 P, varians ist die Auflösung zum Theil noch nicht vollzogen, denn neben kleineren Zwitterpolycarps liegen noch sehr lange, miteinander durch Seitenäste verwachsene Zwitterschläuche, die eine grössere Zahl Geschlechtsötfnungen besitzen. P. coniata hat bereits normale Polycarps ausgebildet, deren jedes nur ein Vas deferens und einen Oviduct trägt, aber die Drüsen sind nur wenig zahlreich und verhältnissmässig gross. In der P. temra verhalten sich die Polycarps ebenso, sie liegen aber, wenigstens die reifen Gonaden, jederseits ventral nahe beim Endostyl in einer Reihe hintereinander, während zwischen ihnen, etwas mehr dorsal- wärts jüngere, in Bildung begriffene Zwitterdrüsen stehen. Stellt man sich vor, dass diese Polycarps sich vergrössern und miteinander verwachsen, so erhält man eine lange, schlauchförmige Zwitterdrüse jederseits, etwa von der Art, wie sie bei Styelo]:)sis vorkommt. Bei anderen Poli/catya (P. tuhcrosa, P. rustica u. s. w.) findet man sehr zahlreiche, ziemlich gleichartige Polycarps fast über die ganze Leibeswand vertheilt. Einen anderen Weg der Entwickelung haben die Gonaden zweier Ascidien eingeschlagen, die früher zur Gattung Folycarpa gestellt, von Lacaze -Duthiers und Delage aber als zwei neue Gattungen be- schrieben Avurden: IMerocarpa fjlomemta und Stolonica agorcgata. Bei Hetcrocarpa (jlomemta kommen keine grossen Gonadenschläuche mehr vor, sondern nur kleine Polycarps; diese sind aber durchweg rein einoeschlechtlich und auf die beiden Körperseiten so vertheilt, dass links die Hoden, rechts die Ovarien liegen, und zwar treten die Geschlechts- drüsen nur ventral, nahe beim Endostyl, im Mesoderm der Leibeswand auf. Es finden sich etwa 8—10 kugelige, zur Zeit der Geschlechtsreife blutrothe, 2/3 mm grosse Ovarien, die immer nur 1 oder 2 Eier gleich- zeitig reifen lassen. Links liegen ungefähr 10 eiförmige, gelblichrothe und mit langem Vas deferens versehene Hodenbläschen. Ganz eigenartig verhalten sich die Gonaden l)ei Stolonica agijmjuta. Sie sind in zwei Reihen angeordnet, die ventral rechts und links neben dem Endostyl verlaufen. Die rechte Reihe hört am Hinterende des Thieres auf, die linke dagegen setzt sich auf die Dorsalseite der Leibes- wand fort, au der man etwa V2 Dutzend rein männlicher Drüsen antrifft. Diese dorsale Gruppe ist als eine besondere dritte Gonadenreihe aufgefasst worden. Die ventrale linke Reihe enthält ungefähr 10, die rechte über ein Dutzend, 12—15 Drüsen. In allen links gelegenen Gonaden sind nur männ- liche Geschlechtsproducte nachgewiesen worden, ebenso in den vordersten der rechten Reihe. Die Hoden bestehen aus 4—10, in einer Rosette au- geordneten Follikeln, messen 0,5—1,2 mm und tragen einen 0,5—2 mm langen Samenleiter (Fig. 6, Taf. XXVI). Die hintersten Gonaden der rechten Reihe sind Zwitterdrüsen und haben einen Durchmesser von 1—1,5 mm. Ihr weiblicher Theil enthält nur wenige (1-3) reife oder nahezu reife Eier, die als rothe, kugelige Gebilde hervorspringen, und besitzt einen kurzen, aber breiten jagdhornförmigen Eileiter. Der mann- 620 Ascidicn. liehe Thoil fällt auf don ersten Anblick durch den besonders langen, am Endabschnitt rothgefärbten Samenleiter auf, während der ^drüsige Ab- schnitt auf vorgeschrittenen Stadien der Eückbiblunjo- dem Ovarium dicht anliegt oder auch schon gänzlich ¥vj. LS4. fehlt (Figur 5, Tafel XXVI). Die unmittelbar vor diesen ZAvittergonaden liegen- den Drüsen gleichen fast ganz den Hoden, nur kann man an ihnen be- reits einen allerdings nur kurzen, trichterförmigen Eileiter erkennen. La- caz e - Duthiers und De läge, die diesen Geschlechtsapparat eingehend beschrieben haben, sind der Ansicht, dass die Gonaden zuerst als Hoden thätig sind, dass später erst der weibliche Theil zur Aus- bildung gelangt, wäh- rend der männliche all- mählich schwindet. Das kann aber meines Er- achtens nicht für alle, sondern nur für die hintersten Gonaden der rechten Seite Geltung haben, denn alle andern wurden doch stets, auch in alten Thieren, immer nur als männliche Drüsen beobachtet. Wir hätten demnach hier die merkwürdige Erschei- nung, dass neben rein männlichen Gonaden nur Zwitterdrüsen, aber keine rein weiblichen Gonaden vorkommen. c. Auch bei den Synascidien und Socialen muss, so wie bei den bisher behandelten Monascidien, die Zwitterdrüse als die weitaus verbreitetste Form, in der die Geschlechtsorgane auftreten, angesehen werden. Bei Claveliniden , Perophoriden, Distomideu, Didemniden, />-| Geschlcchtsapparat und Darm der Stolonica acjcjreyata, nach Eröffnung des Thieres und Entfernung des Kiemendarms. (Nach La caze -Duthiers und Delage.) *j^. en = Endostyl; fb = Flimmerbogen; h = Hoden; i = Ingestionsöffnung; it = Intestinum; M = Kiemen- darm ; l = geschwänzte Larven im Peribranchialraum ; Ih =■■ Leibeshöhle um den Darmtractus; m = Magen; ph = Parietalbläschen ; zw = Zwitterdrüsen. Zwitterdrüsen der Synascidien. 621 Diplosomicieii und Polycliniden erscheint sie fast durchweg in typi- scher Gestalt und in der Einzahl. Die Drüsenabschnitte der Hoden und Ovarien liegen theils nebeneinander, so dass beide auf den Querschnitten, die durch die Region der Geschlechtsorgane aus- geführt werden, jederzeit nachzuweisen sind, oder sie liegen dicht hinter- einander. Im ersteren Fall lassen sich in ähnlicher Weise, wie wir es oben bei verschiedenen Monascidien beobachten konnten, Stadien einer immer innigeren Verwachsung von Hoden und Ovarien, beziehungsweise eine Umhüllung des einen Drüsentheils durch den anderen feststellen. Häutig verhalten sich aber nicht alle Abschnitte der Gonade in Bezug auf die gegenseitige Lage der beiden Drüsenarten vollkommen überein- stimmend, sondern es kommt vor, und zwar besonders dann, wenn die Geschlechtsorgane lange Schlauchform angenommen liaben, dass vorn oder hinten die Ovarien fast ganz im Hoden eingebettet sind, während sie an anderen Stellen ziemlich getrennt nebeneinander liegen. Das Letztere sieht man z. B. in Fig. 3, Taf, VIII für Clavelina abgebildet, l)ei der je nach dem Füllungszustand der Gonaden bei verschiedenen Thieren und zu verschiedenen Lebenszeiten die Hoden und Ovarien ganz scharf voneinander abgesetzt oder ziemlich fest miteinander ver- wachsen sind, so dass der Eierstock zuweilen nur die vordere dorsale Median- zone der einheitlichen Zwitterdrüse zu bilden scheint. In der gleichen Höhe nebeneinander liegen zumeist auch die Hoden und Ovarien der Distomiden, Didemniden und Diplosomiden, doch verschieben sich zii- Aveileu auch die männlichen und weiblichen Drüsen, sodass die eine — meist die weibliche — ihrer Hauptmasse nach oder auch ganz vor die andere zu liegen kommt. Die Zusammengehörigkeit zu einer Zwitter- drüse wird aber stets dadurch gewahrt, dass Vas deferens und Oviduct, wenn dieser nicht fehlt, dicht nebeneinander verlaufen, das erstere von letzterem zum Theil umhüllt. Bei den Polycliniden liegen Hoden und Eierstöcke in der Regel hintereinander, doch so, dass das Hinterende der vorderen Drüse mehr oder minder weit in den vorderen Bereich der hinteren hineinreicht. Dadurch bleibt der Charakter einer Zwitterdrüse gewahrt, und überdies verlaufen die beiden Ausführungsgäuge so dicht aneinander geschmiegt, das Vas deferens in der Regel in den Oviduct eingesenkt, dass sie lauge Zeit nur für einen einzigen Canal angesehen wurden. Zumeist findet sich die Hauptmasse des Hodens im Postabdomen hinter dem Eierstock; doch kommt bei manchen Arten auch eine umgekehrte Lagerung vor. So erwähnt z. B. Ritter (1899), dass bei Folydinwn pannosum das Ovarium hinter dem Hoden liege, und ebenso trifft man es bei P. are- iiosum, P. Insulimi nach Sluiter (1898); und auch bei P. globosum Ritter*), bei dem allerdings männliche Drüsen überhaupt nicht beobachtet *) Dieses von Eitter (1899) als eine neue, an der nordamcrikanisclien Küste des pacifisclien Oceans lebende Art bescbiiebene Po?i/c?/««?H ist mit der von Herd man unter 622 Ascidicn. ■wurden, liegt der Eierstoclv unmittelbar vor dem Herzen, am Hinterendo des Postabdomens. Bei anderen Fohjdinum reichen die Ovarien bis vor den Hoden, oder sie breiten sich nur neben diesem aus (P. fungosum Herd.), Das auffallendste aber ist, dass bei manchen Tolydimvm die gesammte Zwitterdrüse sich ]iach vorn verschieben, das Postabdomen ver- lassen und im Abdomen bis zur Darmschlinge vorrücken kann {Voly- clinum clava, P. gkjantcum, P. glohosum Her dm an, 1899). Männliche und weibliche Drüsentheile liegen dann entweder nebeneinander, oder der Hoden folgt dem Eierstock. Eine ähnliche Verschiebung der Gonade nach vorn erfolgt auch bei einigen Amaroiidum. Normaler Weise liegt bei dieser Gattung die Geschlechtsdrüse im Postabdomen, und zwar weiter vorn das Ovarium, die Hoden mehr hinten. Bei A. läncaidi be- ginnt das Ovar unmittelbar hinter der Darmschleife, bei A. pribilovensc ragt diese mit ihrem hintersten Ende noch in den Bereich des Eierstocks hinein (Kitt er). Bei einigen wenigen polyclinidenähnlichen Synascidien rücken Hoden und Ovarien etwas weiter voneinander ab, und die ersteren treten nach vorn vollständig in das Abdomen über und umgeben die Darm- schlinge, die letzteren bleiben im Postabdomen liegen, ohne dass es bisher gelungen wäre, einen ausführenden Oviduct nachzuweisen {ßigillma australis, Polpdinopsis Haeckdi). Auf Grund dieser eigenthümlichen Lage der Geschlechtsdrüsen haben Gottschaldt und später auch Caullery eine neue Synascidienfamilie ,,Poly clinopsidae " aufgestellt, in der diese beiden Ascidien untergebracht werden. Während in diesen zuletzt erwähnten Fällen die einzige Zwitter- drüse sich in ein gesondertes Ovarium und einen selbstständio-en Hoden zerlegt hat, erscheinen bei Botrylliden — SumpJcgma ausgenommen — und Polystyeliden paarige Gonaden, die sich selbst wieder in zahlreiche Polycarps oder in selbstständige getrennte Hoden und Eierstöcke auf- lösen können, in einer ganz ähnlichen Weise, wie wir es oben bei gewissen Styelinen beobachtet haben. Unter den Botrylliden fällt häufig eine Trennung der männlichen und weiblichen Drüsentheile auf. Zwar sprechen die Autoren fast ausnahmslos hier nur von Zwittergonaden, allein zumeist besteht doch schon auf jüngeren Stadien eine sehr scharfe Sonderung des Hodens und des Ovarialtheils (Fig. 11, Taf. XXVI). Auch dieser letztere löst sich in kleine Einzelovarien auf, deren jedes nur ein Ei besitzt, das durch einen eigenen kurzen Eileiter mit der Peribran- chialwand verbunden ist. Demnach glaube ich, dass es gerechtfertigter sein möchte , bei geschlechtsreifen Bofryllus und verwandten Formen (Fig. 1, Taf. XI) nicht nur eine Zwittergonade jederseits anzunehmen, sondern eine bestimmte Anzahl getrennter Ovarien und Hoden. dem gleichen Namen und gleiclizeitig als neu angeführten Form, die aus dem Museum von Sydney stammt, nicht identisch, denn hei dieser liegen die CJeschlechtsorgane in der Dannsehleife im Ahdoinen. Polycarps der Polystyeliden. Eeifiing der Geschleclitsorgane. 623 Unter den Polystyeliden finden sich ebenfalls an Stelle grosser Gonadenscliläuche kleinere Polycarps in wechselnder Zahl nnd Vertheilung vor. Ueber die Zahl der Geschlechtsdrüsen geben weiter nnten die beiden Abschnitte, die die Zahl der Ovarien nnd Hoden behandeln, genügenden Aufschlnss. Die Sonderung in die Polycarps erfolgt auf zwei verschiedene Weisen. Entweder bilden sich nnr kleine zwitterige Polycarps, oder es entstehen getrennt geschlechtliche Drüsen. Die Zwitterpolycarps zeigen ein sehr verschiedenes Anssehen, woranf schon oben (p. 617) hingewiesen worden ist: Hoden nnd Ovarien liegen aber stets in engster Nachbarschaft, häufig fest miteinander verbnnden. Loser ist ihre Verbinduno- o-ewöhn- lieh dort, wo die Hoden aus zwei ziemlicli scharf getrennten Abschnitten bestehen {Gynanäyocarim Michaelsen's, Diandrocarjxi, z. Th. Sijnstyela). Eingeschlechtliche Polycarps entwickeln sich bei Chorkocornms nnd AUococarim Mich., bei einigen Syyistyda und Goodsirki. Ob überall die Hoden nnd Ovarien, wo sie vollkommen voneinander getrennt sind, eine ganz bestimmte Stellung haben, ist ans den gegenwärtig vorliegenden Beschreibnngen der Autoren mit Sicherheit nicht zn entnehmen. Alle Arten der Gattung Älloeocarpa aber scheinen die Hoden stets nnr auf der linken, die Ovarien anf der rechten Seite zu tragen. h. Die lieifmig der GescMecJitsdrüsen. Dkliogamie. Es ist in dem vorhergehenden Abschnitt ausgeführt worden, wie die normale Zwitterdrüse der Ascidien bei verschiedenen Arten verschiedener Gruppen sich entweder in zahlreiche getrennte zwitterige Polycarps oder in gesonderte Hoden nnd Ovarien auflösen kann, und wie zuweilen die Sonderung der eingeschlechtlichen Drüsen so weit geht, dass die eine Körperseite ausschliesslich männliche, die andere nur weibliclie Gonaden führt. Als ein Aveiteres Vorschreiten dieser Diflferenzirung der Geschlechts- drüsen müsste es angesehen werden, wenn die Hoden und Ovarien nicht bloss auf verschiedene Seiten eines Thieres, sondern auf verschiedene Individuen vertheilt wären, und in der That sind mehrere Arten als ge- trennt geschlechtlich angeführt worden. Ja es giebt einige Species, von denen man bisher überhaupt nur männliche oder nur weibliche Indi- viduen kennt. Allerdings sind das solche Arten, die nur in sehr Avenigen Exemplaren, oder auch nur in einem einzigen beobachtet wurden. Die Möglichkeit, oder selbst die Wahrscheinlichkeit, dass bei einzelnen Arten in dieser oder jener Ascidiengruppe Gonochorismus aus ursprünglichem Hermaphroditismus sich entwickelt haben könnte, wird nicht zu bestreiten sein, und ebenso liesse es sich dann leicht verstehen, dass bei gewissen stockbildenden Ascidien, die bereits gonochoristisch sind, die Trennung der Geschlechter so weit geht, dass in jedem Stock entweder nur männ- liche oder weibliche Thiere vorhanden sind. Das Vorkommen solcher diöcischen Ascidienstöcke ist auch mehrmals behauptet worden , und ich bin weit entfernt, es in Abrede stellen zu wollen. Nur möchte ich 624 Ascidien. hier darauf aufmerksam machen, dass die vorliegenden Angaben über Gonochorismus und Diöcie doch immer noch eine andere Deutung zu- lassen. Fast immer entwickeln sich in jeder Ascidie männliche und weibliche Geschlechtsproducte gleichzeitig oder doch nur so wenig zeitlich ver- schieden, dass bei der Untersuchung geschlechtsreifer Thiere die Zwitter- natur der Gonaden sehr leicht festzustellen ist. Zuweilen aber reifen die Hoden und Ovarien zu recht erheblich verschiedenen Zeiten nach- einander, eine Erscheinung, die weit verbreitet im Thier- und Pflanzen- reich vorkommt und unter dem Namen Dichogamie allgemein bekannt ist. In diesen Fällen liegt die Gefahr sehr nahe, dass der erst un- vollkommen und sehr wenig umfangreich ausgebildete Theil des Zwitter- apparats völlig übersehen und das in AVirklichkeit hermaphroditische Individuum für ein gonochoristisches gehalten werden könne. Es werden daher nur solche Angaben der Autoren als beweisend gelten dürfen, die sich auf tadellos conservirtes Material und vollständige Schnittserien stützen. Die Dichogamie der Ascidien tritt bei verschiedenen Arten und Gattungen in verschiedener Weise in Erscheinung. Vielleicht in der Mehrzahl der Fälle kennzeichnet sie sich durch ein Vorauseilen der Keife der männlichen Geschlechtsorgane. So findet man z. B. in Perop/iora-Knospen, deren Zwitterapparat nngefähr dem in Fig. 3, Taf. XXVI abgebildeten Stadium gleicht, fast immer bereits reife Sper- matozoen, Avährend selbst die ältesten Eier des Eierstockes noch sehr klein und von dem Stadium der Kichtungskörperbildung weit entfernt sind. Aehnlich verhalten sich noch zahlreiche andere einfache und zusammen- gesetzte Ascidien z.B. Paramolgula (/if^^^tte (Micha eisen), Circinalium concrescens (Dräsche), Coelocormus (Her dm an). Die Pro duction reifer Spermatozoon erstreckt sich aber fast immer über einen längeren Zeit- raum und ist nicht auf die Jugendzeit beschränkt. Daher erscheinen später die anfänglich männlichen Thiere zumeist als normale Zwitter- formen. Häufig wird das umgekehrte Verhalten beobachtet, dass die Reife der Aveiblichen Zeugungsstoffe früher eintritt, als die der männlichen. Ein solches Vorkommen hatte bereits Krohn (1869) für manche Botrylliden festgestellt. Keife Eier finden sich hier schon früh- zeitig in noch jugendlichen Knosp enthieren, während die Hoden erst so spät sich entwickeln, dass eine Selbstbefruchtung ausgeschlossen er- scheint. Die mit Geschlechtsorganen oder mit den Anlagen zu Zwitter- organen ausgestatteten, durch Knospung entstandenen Thiere entwickeln aber gleichzeitig selbst wieder Knospen, und auch in diesen reifen zuerst die Eier und erst später die Hoden. So kann hier der Fall eintreten, dass die Zeit der Eireife d-es Tochterthieres mit der Production reifer Spermatozoon im Mutterthier zusammenfällt, und dann ist die Möglich- keit geboten, dass in der That die Befruchtung in einer solchen Weise Dichogamio. 625 erfolgt, dass das Elterntbier die Eier des Tochterthieres besamt. Wenn also aucb das Auftreten der Dicbogamie bei diesen stockbildenden Ascidieu die Selbstbefrucbtung der einzelnen Zwitteiiliiere unmöglich macht, so wird doch durchaus nicht strengste Inzucht vermieden; im Gregentheil wird diese durch die eben erwähnte Form der Dicbogamie geradezu begünstigi. Bei anderen Timicaten, namentlich bei Salpen, wird auch die Inzucht ausgeschlossen, und zwar dadurch, dass alle Individuen eines Stockes gleichzeitig in demselben Sinn ihre Zwitter- anlagen dichogam beeintlusst zeigen, d. h. also alle zu einer bestimmten Zeit entweder als $ oder cj functioniren. In Bestätigung der älteren Angaben Krohn's ist neuerdings für eine ganze Reihe Botrylliden und auch andere Synascidien ein Voraus- eilen der weiblichen Geschlechtsreife beobachtet worden. So z. B. bei JBotryUoides fulgurale, B. lephtni, Sarcohotrylloides Wyvilli, Polycydus Jeffreysi, Colella TJiO)nsoni, C. ramulosa, Tylobranclnon (Her dm an), Aplidium asperum (Dräsche), Polydhmm dava, Psanimaplidmm lohcitum, Ps. incnistans (Herd man), die Gattung Botryllus. Auch hier, wo Pro- togynie herrscht, dürften die meisten Thiere, wenigstens während einer kurzen Lebensperiode, einen in beiden Abschnitten thätigen Zwitter- apparat führen. Denn es wird wohl nur in sehr seltenen Fällen eintreten, dass bereits die letzten Eier des Eierstocks gereift und abgestossen sind, wenn die ersten Spermatzoen im Hoden zum Vorschein kommen. Zur Zeit der vollsten Hodenreife ist aber die des Ovariums in demselben Tbier sicher schon vorüber. Daher hat man in dem ursprünglich zwitterig angelegten Geschlechtsapparat dieser Formen häufig nur noch die Hoden angetroffen, sei es, dass die Ovarialreste übersehen wurden, sei es, dass sie überhaupt nicht mehr vorhanden, sondern bereits voll- ständig rückgebildet waren; dagegen bewiesen Embryonen und geschwänzte Larven in den Peribranchialräumen und in der Cloake, dass eine Periode weiblicher Geschlechtsreife bereits vorhergegangen sein musste {Psamm- aplidüim lolatum, Ps. incnistans). In den Stöcken, in denen alte und junge Thiere nebeneinander liegen, lehrt in der Regel eine einfache Ver- gleichung der verschiedenen Altersstadien den Entwickelungsverlauf des zwitterigen Geschlechtsapparates kennen. Schon aus den oben angeführten Beispielen geht hervor, dass die Dicbogamie nicht immer bei allen Arten einer Gattung in ganz gleicher Weise ausgebildet ist. Viele Species der oben erwähnten Gattungen sind stets oder doch sicher während der längsten Zeit ihres Lebens normale, typische Hermaphroditen, in denen reife Eier und Spermatozoen gleichzeitig producirt werden (Polycydus Lamarclci, Colella concreta, die meisten Aplid'mm, Polydinum und Psammaplidium). Uebrigens verhalten sich auch nicht immer alle Individuen einer Species ganz gleichartig, denn zuweilen reifen bei den einen Hoden und Ovarien gleichzeitig, während bei den anderen in Folge rascherer Entwickelung der Eier sich Dicbogamie ausbildet {Aplklium aspfrioit). Bio Uli, Klassen des Tliier-Reichs. UI. Siiplt. 4U g2f) Ascidien. Es ist eben ausgeführt worden, dass bei vielen Ascidien nur ein scheinbarer Gonochorisnuis besteht, denn in Wirklichkeit functionirt ein jedes Thier männlich und weiblich, und nur in Folge der dichogaraen Entwickelung des Zwitterapparates erscheint der Hermaphroditismus auf den ersten Anblick verdeckt. Eine genauere Beobachtung der Stöcke liess stets die wahren Verhältnisse erkennen. In zahlreichen anderen Fällen wurden aber bisher stets nur eingeschlechtliche Individuen beob- achtet, und zwar entweder nur weibliche Thiere {Molijula grapMca^ Foly- clinmn (jlobosum nach Ritter, Goodsiria pedunculata , Sarcobotrylloides 2)annosiim,, Psammaplidium exiguum nach Her dman), oder nur männliche {Heterotrenia Sarasinornm nach Fiedler, ColeUa Quoyi, C. Murrayi, Leptoclinum spedosum^ L. iwopinquwn, L. neglecfum^ L. Carpenteri, L. ja- ponicum, Sarcobotrylloides purpureum^ Polydinum nigrum nach Herdman). Es ist immerhin, wie schon oben angedeutet wurde, nicht unmöglich, dass, wenn auch nicht bei allen, so doch bei manchen dieser und bei anderen Arten in der That ein jedes Thier immer nur eingeschlechtliche, entweder männliche, oder weibliche Genitalorgane ausbildet. Wahrscheinlicher dürften sich aber auch die meisten dieser Fälle aus Dichogamie ursprünglicher Zwitterformen erklären. Es liegt sehr nahe, das gleiche auch für Lepdo- clinum alhidmn anzunehmen. Von diesem hat Herdman zAvei Varie- täten unterschieden; die eine, Var. hitcolum, ist in normaler Weise zwitterig ausgebildet, die andere, Var, grande, soll nur Hoden besitzen. In anderen Fällen dagegen ist nur die embrvonale Anlage zu einem Zwitterorgan vorhanden; zur vollen Ausbildung gelangt aber in jedem Individuum immer nur entweder der männliche, oder der weibliche Theil, und jedes Thier functionirt daher nur gonochoristisch. Die Verhältnisse liegen bei diesen Ascidien ganz ähnlich, wie bei gewissen Turbellarien; bei diesen war ebenfalls ursprünglich Hermaphroditismus vorhanden, durch partielle Kückbildung der männlichen oder weiblichen Keimanlagen ent- standen aber getrennt geschlechtliche Thiere. Caullery beschreibt diesen Vorgang auch für DistapUa magnüarva. Merkwürdig ist aber hier der Umstand, dass alle Individuen eines Stockes sich darin vollkommen gleichen, dass sie alle entweder nur die Ovarien, oder die Hoden zur Reife gelangen lassen. Die Folge ist, dass die Cormen diöcisch ent- wickelt sind, und dasselbe ist für manche ColeUa beobachtet worden (Herdman, Caullery). Bemerkenswerth erscheint es aber, dass nicht alle Stöcke derselben Species sich übereinstimmend verhalten, und dass Diöcie häufig, aber nicht immer, auftritt. So hat z. B. Uljanin bei DistapUa magnilarva festgestellt, dass gelegentlich auch zuerst die Hoden sich entwickeln und Spermatozoen produciren und dann erst die Ovarien sich ausbilden, während die männlichen Keimdrüsen schwinden. Dann herrscht also Dichogamie und nicht Diöcie der Stöcke. Andere Arten DistapUa verhalten sich wieder anders. DistapUa occidcntalis soll stets in der normalen Weise zwitterig ausgebildet sein (Bancroft), während von D. confusa überhaupt nur weibliche Stöcke bekannt sind (Ritter). Periodische Entwickelung der Geschlechtsorgane. 627 Vielleicht sind bei dieser letzteren Species die Geschlechtsorgane eben- falls immer nur streng diöcisch vertheilt, und es ist nur ein Zufall, dass männliche Stöcke bisher nicht beobachtet wurden; vielleicht aber liegt auch hier nur eine besondere Form der Dichoo-araie vor In ganz jungen Stöcken, die erst aus wenigen Einzelthieren be- stehen, sind häufig die Geschlechtsorgane bei flüchtiger Untersuchung mit schwachen Vergrösserungen gar nicht zu bemerken (Botrylliden, Diplosomiden, Distomiden). Die Organe können den ersten Individuen des Stockes thatsächlich zunächst fehlen, oder aus noch ganz indifferenten Mesenchymzellen bestehen, die den Blutzellen durchaus gleichen. Diese jungen Stöcke vergrössern sich ausschliesslich durch Knospung, und man findet daher in ihnen allenthalben Knospen, aber noch keine reifen oder befruchteten Eier oder Embryonen. Erst in älteren Stöcken kann man feststellen, wie die Geschlechtsorgane in den einzelnen Ascidiozooiden sich differenziren und reifen. Häufig lässt sich dann aber auch er- kennen, wie schon ganz junge Knospenanlagen, die in jungen Stöcken keine Spur des Zwitterapparates zeigten, durch verhältnissmässig grosse Eizellen ausgezeichnet sind {Bistaplia occidenfalis, die meisten Botryllus, Sarcobotrylloides^ Botrylloides, Folijcydus). Dieses frühzeitige Auftreten der Geschlechtszellen in den Knospen ist aber immer nur dann möglich, wenn die Jahreszeit für die Geschlechtsreife der betreffenden Art bereits eingetreten ist, oder wenigstens unmittelbar bevorsteht; in der Kegel ist es sogar ein Anzeichen dafür, dass die Species auf dem Höhepunct ihrer Fortpflanzungsthätigkeit angelangt ist. Freilich lösen sich oft auch Fort- pflanzung durch Knospung und durch befruchtete Eier ab, so dass gleich- zeitig junge Knospen und reife Geschlechtszellen nebeneinander in einem Stock nur spärlich und vorübergehend oder auch gar nicht angetroffen werden. Es herrscht also während der ersten Periode der Entwickelung der Cormen fast ausnahmslos ungeschlechtliche Vermehrung, und später erst, wenn der Stock eine bestimmte Grösse erlangt hat, beginnt die Art mit der geschleclitlichen Zeugung, während die Knospung entweder ganz ruht, oder nur noch selten stattfindet. Aber nicht nur in ganz jungen Stöcken, sondern zuweilen auch in grossen, alten ist bisher erfolglos nach Geschlechtsorganen gesucht worden, und es giebt eine Anzahl Arten, von denen man die Reproductionsorgane überhaupt nicht kennt. So fand Herdman (1899) Colella cyanea und Ämaroucium distomoides nur ohne Gesclilechtsapparate, und auch bei Goodsiria horealis, in der Gottschaldt nur ein einziges in der Leibes- wand sitzendes Ei sah, konnte Michaelsen keine Sexualorgane mehr nachweisen. Zuweilen finden sich nur in einer bestimmten Region des Stockes geschlechtsreife Thiere, während an anderen Stellen zwar leb- hafte Knospung, aber keine Sexualzellen zu beobachten sind {Synstyela MkhaeJseni Sluiter). Wo, wie es ja zumeist der Fall ist, die Ge- schlechtsreife immer nur zu einer bestimmten Jahreszeit eintritt, wird man die Sexualorgane vor und nacli der Propagationsperiode immer nur 40* 628 Ascidien. in mehr oder minder rudimentärer Form antreft'en und bei der Unter- suchung häufig völlig übersehen können. Vielleicht in den meisten Zooiden der Synascidien und mancher Monascidien, deren Lebensdauer nur so kurz ist, dass sie nicht länger als ein Jahr währt, reifen nur einmal die Geschlechtsorgane, und ist die Fortpflanzungszeit vorüber, so werden jene Organe vollständig rückgebildet, während sich die Tliiere zu- nächst noch lebensfähig erhalten. Bei den Botrylliden und Pcrophora findet man dann ziemlich regelmässig zwar noch die Embryonen und Larven in den Peribranchialräumen, aber die Eierstöcke sind bereits ausser Thätigkeit oder sogar gänzlich geschwunden. Das gleiche erwähnt Michaelsen für eine Styda Faesslcri. Zu wiederholten Malen sind auf den Expeditionen solche Lidividuen und Colouien gesammelt worden, deren Geschlechtsreife bereits vorüber und deren Zwitterorgane schon rückgebildet waren. Gleichzeitig mit der Rückbildung der Geschlechts- drüsen vollzieht sich auch häufig bei den stockbildenden Ascidien eine Rückbildung anderer Organe, die so weit geht, dass der Tunicatentypus verwischt und die Ascidie als solche auf den ersten Anblick nicht er- kennbar ist. So konnte 0. Schmidt (Spongien des adriatischen Meeres, 1862) gewisse Stöcke der BistapUa magnüarva als (Mluloplmna pikata beschreiben, als eine Form, deren systematische Stellung sehr unsicher sei, denn zweifelhaft schiene es, ob dieser Organismus eine Pflanze oder eine Spongie darstelle. 2. Die Ovarien. a. Der Bau. 1) Im einfachsten Fall stellt das gesammte Ovarium einen grösseren oder kleineren Zellhaufen dar, in dem die einzelnen Elemente regellos angeordnet sind. Eine besondere centrale Ovarialhöhle fehlt, und ebenso vermis.st man einen besonderen Ausführungsgang in die Cloake. Die älteren Autoren haben die Ovarien zahlreicher Synascidien in dieser primitiven Form angetroffen; wenigstens erwähnen sie nicht das Vorkommen eines Oviducts und bilden den gesammten weiblichen Geschlechtsapparat nur als eine Gruppe zuweilen verschieden grosser Eizellen ab. Da aber der feinere Bau der Ovarien der kleinen und kleinsten Ascidien nur an gut conservirten Exemplaren erkannt und im Besonderen das Fehlen des Ei- leiters mit Sicherheit nur an Schnittserien nachgewiesen werden kann, möchte ich mich hier nur auf die Beobachter stützen, die eine genauere Untersuchung der Sexualorgane vorgenommen zu haben scheinen. Nach diesen Angaben dürften Eileiter bei Diplosomiden und Didemniden ziem- lich allgemein fehlen. Ebenso giebt es unter den Polycliniden Formen, deren Ovarium auf dieser primitiven Ausbildungsstufe steht. So betont Ritter (1899) nachdrücklich, dass bei Synommi irreguläre kein Oviduct vorhanden ist. Der Eierstock stellt hier lediglich eine langgestreckte Zellgruppe im Postabdomen dar, die von ])indegewebsartigen Mesenchym- Bau der Ovarien. 629 Zellen umschlossen wird. Auch die Eier selbst sind hier viel einfacher gestaltet als bei den anderen Ascidien, denn sie entbehren des Follikels und der Testazelleu; sie bewegen sich nach amöboider Weise und er- nähren sich phagocytär, indem sie die benachbarten, in der Entwicke- lung zurückgebliebenen Eizellen und Mesenchymzellen aufnehmen und resorbiren. Etwas höher organisirt erweist sich das Ovarium bei Biplosoma Listen, wenngleich es im Wesentlichen doch den gleichen Typus des Baues wie die anderen Diplosomiden und Didemniden darstellt. Hier beobachtete Lahille (1890) eine strangartige Foi-tsetzung am Eierstock, die sich eine Strecke weit neben dem Vas deferens verfolgen liess; aber er be- merkt auch ausdrücklich, dass es sich dabei nicht um einen wahren Ei- leiter handelt. Insofern aber zeigt dieses Ovarium bereits eine etwas höhere Diiferenzirung , als es bläschenförmig gestaltet ist und die Eier nicht mehr regellos durcheinander liegen, sondern in einer ziemlich genauen Altersfolge angeordnet erscheinen, der Art, dass die jüngsten vorn, die grössten hinten ruhen. Wenn der Eileiter fehlt, können die reifen Eier nicht in die Cloake und in die Peribranchialhöhlen gelangen, um entw^eder hier ihre Entwicke- lung bis zur freischwimmenden Larve zu durchlaufen oder durch die Egestionsöffnung sofort weiter nach aussen befördert zu w^erden. Vielmehr fallen die Eier in die primäre Leibeshöhle, um hier befruchtet zu werden; es scheint aber, dass sie niemals hier ihre Entwickelung durchlaufen, sondern dass sie stets (Didemniden, Diplosomiden , Synoicum irreguläre) in den i>-emeinsamen äusseren Cellulosemantel gelano-en, wo man sie oft in grösserer Zahl antrifft. Dieses Austreten aus der Leibeshöhle ist nur dadurch möglich, dass eine Dehiscenz des ektodermalen Hautepithels er- folgt. Die Eier legen sich an die Leibeswand an und treiben diese buckeiförmig nach aussen, in den Cellulosemantel hinein; so entstehen gestielte, birnförmige Ausstülpungen des Ektoderms, in denen, wie schon Delhi V alle und Salensky beobachteten, die Eier eingeschlossen sind. Nach Abtrennung und Rückbildung der Ektodermhülle ruhen die in Entwickeluno- begriffenen Eier frei im Cellulosemantel. Der Eierstock der Didemniden und Diplosomiden besteht fast immer nur aus einer sehr geringen Zahl Eiern; mehr als etwa ein halbes Dutzend dürfte man wohl nur ausnahmsweise in einem Thier antreffen. Und auch diese w^enigen Eier reifen und entwickeln sich nicht gleichzeitig nebeneinander sondern nacheinander. In einigen Fällen sinkt die Zahl der Eier bis auf drei und zwei herab, und bei Didemnmn strangiilatum scheint nach Kitt er (1901) jedes Individuum überhaupt nur ein Ei zu produciren. 2) Bei allen anderen Ascidien lassen sich am Ovarium stets zwei Theile unterscheiden: der die Keimzellen enthaltende, das eigentliche Ovarium, und der ausführende Canal, der Oviduct. *) Wie in den *) Bei den meisten Synascidien ist dieser Oviduct von allen älteren Autoren völlig übersehen und für viele Arten zuerst durch Dräsche nachgewiesen worden. Wie ent- ß;^() Ascidicn. die Einbryoiialentwickelung und Knospuug bohandelndeh Kapiteln aus- o-eführt ist, entstehen diese beiden Abschnitte als zwei ursprünglich ganz o'leichwerthigo Theile eines durchaus einheitlichen Gebildes und diffe- renziren sich erst später in einer verschiedenen Weise. Der Eileiter erscheint daher als eine directe Fortsetzung des Eierstocks; das Keim- opithel geht in die Wand des Oviducts über, und die Ovarialhöhle setzt sich in das Lumen des Eileiters fort. Obwohl dieses Verhalten überall das gleiche ist, zeigen doch die weiblichen Geschlechtsorgane dieses Typus im Einzelnen sehr bedeutende Verschiedenheiten und einen mehr oder minder complicirteren Bau. Dieser erklärt sich eben daraus, dass die verschiedenen Arten und Gattungen in der phylogenetischen Umbildung ihres Genitalapparates verschieden weit vorgeschritten sind. Wir werden aber weiterhin zu dem bemerkenswerthen Ergebniss gelangen, dass weitgehende phylogenetische Umbildungen des Ovariums in den verschiedenen Familien der Ascidien bis zu einem hohen Grade selbst- ständig und unabhängig von den nächst verwandten Gruppen erfolgt sind. a) Die einfachste Form eines mit Eileiter versehenen Ovariums zeigen die Botrylliden. Tn jungen Knospen liegen jederseits in der primären Leibeshöhle nahe der Ectodermwand, zwischen dieser und dem äusseren Peribranchialepithel, eine Anzahl Mesenchymzellen, unter denen frühzeitig- einige durch ihren grossen, bläschenförmigen Kern und ihr Kernkörperchen als junge Eizellen erkennbar sind, während die kleineren, sie umgebenden Elemente zur Bildung eines Follikels zusammentreten. Dieser setzt sich in einen kurzen, trichterförmigen Eileiter fort, der mit seinem spitzen Ende sich der äusseren Peribranchialwand verbindet und in die Peri- branchialhöhle mündet. Ein jedes Ei hat also seinen besonderen Eileiter und stellt mit diesem zusammen ein höchst einfaches Ovarium dar (Fig. 11, Taf. XXVI). In der Eegel linden sich auf jeder Seite mehrere derartige eineiige Ovarien vor, doch stehen sie zumeist auf verschiedenen Ausbildungsstufen und gleichzeitig reifen immer nur sehr wenige, zu- weilen nur eines. Während das Ei sich furcht, verkürzt sich der Eileiter, und der junge Embryo kommt, nachdem er durch die nur sehr dünne äussere Peribranchialwand hindurch getreten ist, in den Peribranchial- raum zu liegen (Fig. 12, Taf. XXVI), den er erst als freischwimmende Larve verlässt. b) In allen anderen Fällen enthalten die durch einen Oviduct in die Cloake mündenden Ovarien mehrere oder viele Eier, und im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass derBau des Organs um so complicirterwird, je zahl- reicher die Geschlechtszellen producirt werden. Als die Grundform aller dieser Ovarien kann ein einfaches, gestieltes Zellbläschen gelten, dessen schuklbar ein solches Versehen ist, möchte dadurch bewiesen sein, dass selbst Dräsche (1883) in die Gattungsdiagnose von Distaplia das Merkmal aufgenommen hat: ,,kein Oviduct vorhanden", während doch ein solcher, und zwar wohlentwickelt, vorkommt und die Dorsalseitc des Vas deferens umschliesst (Bancroft 1899). Das Koiniepithel der Ovarien. ' (531 mehr oder minder stark verlängerter Stieltheil den Oviduct darstellt, während der kolbige Blasentheil das Keimepithel bildet, aus dem die Eier sich entwickeln. a. Bas Keimepithel des EierstocJcs. Das Keimepithel ist dort, avo die Eibilduug beginnt, zumeist einschichtig; vollkommen glatt ausgespannt dürfte es wohl in den voll entwickelten Ovarien alter Thiere niemals sein, aber die Faltungen werden um so zahlreicher, tiefer und complicirter, je grösser der Eierstock ist und je mehr Eier er bildet. Wo, wie z. B. bei Perophora, nur wenige Eier vom Eierstock sich ablösen, erscheint dieser unter dem Mikroskop traubenähnlich gestaltet. Die einzelnen, stark ver- grösserten Eizellen springen schon auf jungen Stadien an der Aussen- seite des Ovariums buckeiförmig hervor (Fig. 4, Tat". XXVI) und sitzen später, wenn sie einen Follikel erhalten haben, auf kurzen Stielen der Ovarialwand auf, in ganz ähnlicher Weise, wie bei Botryllus der eineiige Eierstock sich an der Peribranchialwand befestigt. Denkt man sich alle kleinen Einzelovarien einer Botryllide nicht selbstständig in die Peri- branchialräume geöffnet, sondern durch einen gemeinsamen Ausführungs- gang vereinigt, so erhält man einen Eierstock des hier behandelten Typus. Selbst bei den kleineren Synascidien zeigt der Keimstock oft im Quer- schnitt Tförmige Gestalt; sie prägt sich besonders in der Ovarialhöhle aus. Der quer von rechts nach links verlaufende Theil der Höhle ver- längert sich direct in den Eileiter, aber seine Wand producirt häufig auf der ganzen dem Ektodermepithel nahe liegenden Dorsalseite, oft auch nur im vorderen Theil dieser, überhaupt keine Geschlechtszellen. Ei- zellen entstehen dann im Bereich dieses Abschnitts des Ovariums nur seitlich und an der Ventralwand, und ebenso bilden sie sich im ge- sammten Epithel, das den medialen, in der dorsoventralen Eichtung sich ausdehnenden Theil der Tförmigen Ovarialhöhle bekleidet. So wie auf der oben für Peropliom beschriebenen Ausbildungsstufe, finden auch hier die reifenden und reifen Eier im Epithelverbande der Keimschicht keinen Platz mehr, sondern rücken in die primäre Leibeshöhle hinein und sitzen auf kurzen Follikelstielen dem Ovarialepithel auf (z. B. Fragaroides aurantiaciim). Füglich gelangen die Eier stets wieder in die Eierstocks- höhle und aus dieser in die Eileiter. Da, wo im ausgebildeten Zustand das Ovarialepithel durch eine reichere Faltung sich auszeichnet, erscheinen die Ausbildungsstufen, die den eben behandelten gleichen oder ähnlich sind, als transitorische Jugendstadien. So erkennt man z. B. in Fig. 4, Taf. XXVII den jungen Eierstock einer Clavelina im Querschnitt als einschichtiges Bläschen, in dem nur an der ventralen, nach innen zu gekehrten Wand Eizellen sich bilden, und ähnlich erscheint der Durchschnitt durch das Ovarium der Sfi/elopsis grossularia (Textfig. 141 B). Die grossen Eierstöcke der grossen Monaseiden, der geschlechtsreifen Clavelina und ähnlichen Formen machen bei der Betrachtung von der Aussenseite durchaus den Eindruck, als 632 Ascidien, seien sie solide, aus grösseren und kleineren dicht aneinander gepressten Eizellen zusammengesetzte Gebilde. Erst in den Querschnitten erkennt man, dass alle Eier mit einem oft vielfach gefalteten Keimepithel, von dem aus sie cutstanden sind, zusammenhängen; die jüngsten sitzen noch ganz im Epithelverbande, die älteren sind diesem durch kurze Follikel- stiele verbunden. Die vom Keimepithel umschlossene Eierstockshöhle Fig. 135. el ^9 /; Querschnitt durcli den Zwitterapparat einer entwickelten Clavelina lepadifonnis. Nur zwei von den benachbarten Hodenbläschen des Ovariums sind gezeichnet worden; alle anderen, im Besonderen die zahlreichen entfernteren, fehlen. ^"'Vi- hg = fixirte Bindegewebszellen; el = Eileiter; /' == Follikelepithel; f, = inneres Follikelepithel, zumeist noch unvollständig von den äusseren abgetrennt; h == Hoden- bläschen; kh = Keimbläschen; mz = freie Mesenchymzellen, in der Nachbarschaft der Eizellen gelegen; pz = Pigmentzellen; tz = Testazellen; vcl = Vas deferens. ist gewöhnlich nur an einer bestimmten Stelle, nämlich in der directen Verlängerung des Oviducts, etwas umfangreicher; sonst liegen zumeist die beiden Blätter der Falten ziemlich nahe nebeneinander (Textfig. 135). Häufig sind die Falten recht unregelmässig vertheilt, seichtere und tiefere beliebig abwechselnd; auch entspringen sie oft nicht allseitig aus der Ovarialhöhle, sondern vorwiegend an einer — gewöhnlich der der Leibes- wand abgekehrten — Seite. Zuweilen bilden sich aber auch die Faltungen Beschaffenheit des Keiniepithels im Eierstock. 633 ziemlicli regelmässig an allen Seiten in Form von breiten Lappen oder blasenförmigen Ansstülpnngen, die an den blinden Enden bald selbst wieder sich gabeln nnd verzAveigen, nnd der ganze Eierstock zeigt dann ein mehr oder minder deutlich ausgeprägtes traubenförmiges Aussehen (viele Molgula, Ascklia^ Äscidiella). Da, wo die Faltungen nur wenig zahlreich sind und besonders deutlich auf jungen Stadien, lässt sich häufig leicht feststellen, dass die grössten Eizellen in und an der medianen Partie des Keimepithels liegen, während seitlich die Umbildung der noch indiiferenten Elemente des Epi- thels zu Propagationszellen sich einleitet (vgl,, besonders für Styelopsis Textfig. 141). Das ist aber nicht überall ausnahmslos in der gleichen Weise der Fall, denn zuweilen beobachtet man, wie neue Eier mitten zwischen älteren sich bilden Qlolgnla, Textfig. 139), und zwar nicht nur seitlich und ventral im Keimstock, sondern manchmal auch dorsal, resp. an der Aussenwand. Nur da, wo ein Flimmerepithel die Ovarial- höhle begrenzt, entstehen sie nicht. Namentlich im hintersten Theil noch nicht vollkommen ausgebildeter Ovarien kann man feststellen, dass im ganzen Umkreis des Keimepithels Eier sprossen {Clamlina). Zuweilen lässt sich aber auch im Eierstock nur ein einziger Streifen feststellen, in dessen Bereich die Eizellen ausschliesslich entstehen {Disfcqüia occldentalis). Wenn zufälliger Weise in diesem Streifen zuerst seitlich und nicht in der Mitte die ersten Eizellen auftreten, hat es den Anschein, als ob auch hier zwei seitliche getrennte Keimzonen im Ovarium vorhanden wären. Doch wird in diesem Fall die Bilateralität nur vorgetäuscht (Bauer oft). Es scheint mir Avichtig, darauf, dass auch bei der Ckivelina durchaus nicht überall zwei völlig getrennte Keimstreifen rechts und links im Ovarium auftreten, schon hier hinzuweisen, weil Van Beneden und Julin und später auch Maurice und Floderus aus dem Vorkommen paariger Proliferationsstellen den Schluss gezogen haben, dass der einzige Eierstock der von ihnen untersuchten Formen {Clavelina, Fragaroides, Ferophora, Ciona, Äsddidla?) in Wirklichkeit zwei paarig rechts und links aufgetretenen Ovarien entspricht, die denen der Vertebraten zu vergleichen seien und die sich untereinander vereinigt hätten. Ich werde in dem die Ontogenie der Ascidien behandelnden Kapitel auf diese Auffassung zurück- kommen und sie einer eingehenderen Besprechung unterziehen müssen. Hier nur die Bemerkung, dass sie mir selbst für die Clavelina nicht zu- treffend zu sein scheint, obwohl bei dieser zuweilen das Hinterende des Eier- stocks in zwei kleine Zipfel sich auszieht, die auf den Querschnitten natürlich wie zwei selbstständige, nebeneinander liegende kleine Ovarien erscheinen können. Die Art, wie das Keimepithel auf embryonalen Stadien sich faltet, bestimmt in erster Linie den Bau und die Gestalt des ausgebildeten Ovariums. In der Regel bleiben alle Falten mit dem ursprünglichen centralen Lumen der Ovarialanlagen innig verbunden und in der nächsten Nachbarschaft des ältesten Ovarialabschnittes liegen, so dass der ganze 634 Ascidien. pjierstock wio ein gefalteter Sack zwar in der Form reclit versclüedcn sein kaini, jedoch einen einheitlichen, ungetheilten Körper, wenigstens dorn unbewaftneten Auge oder bei ganz schwachen Vergrösserungen, darzustellen scheint. Bildet aber die junge Eiröhre frühzeitig weit abstehende grosse Nebenäste oder gabelt sie sich in gleich starke, weit auseinanderlaufende ZAveige, so entstehen die Ovarien, die Aveiter unten als „verzweigte" besonders erwähnt sind. In histologischer Beziehung stellt die Ovararial wand ein ein- schichtiges Epithel dar, dessen Zellen an den verschiedenen Stellen ein sehr wechselndes Aussehen zeigen. Da, wo keine Eier sich bilden, sind die Elemente in der Regel sehr klein, zumeist ungefähr cubisch oder Fig. 136. ,,'€71 Aus einem Querschnitt durch das Abdomen von Clavelina lepadiformis die mediane Dorsal- region mit Eileiter und Vas deferens, •''^"/r hg = Bindegewebszellcn ; dd = darraumspinnende Drüse; ec ^ ektodermales Hautepithel ; cd = Enddarmepithel; el = Eileiter; ew = endothelartige Bildungen am Intestinum, aus Mesenchymzellen entstanden; Im = Längsmuskoln ; vd = Vas deferens. pflastersteinförmig, manchmal auch stärker abgeflacht, oder im Gegentheil ansehnlich hoch, prismatisch. Sicher häufiger, als es bisher beschrieben worden ist, erscheint dieses die Ovarialhöhle bekleidende Epithel be- wimpert oder mit Cilien versehen und gleicht dann durchaus der Wandung des Eileiters. Eine scharfe Abgrenzung zwischen Oviduct und Eierstock im engeren Sinne lässt sich dann kaum vornehmen , und es dürfte auch nicht viel zu einer besseren Vorstellung beitragen, wenn man sich etwa so ausdrücken wollte, dass in diesen Fällen das Eileiterepithel sich an bestimmten Stellen bis tief in die Ovarialhöhle hinein fortsetzt. Die Flimmern sind gewöhnlich recht fein und in Exemplaren, die nicht mit grosser Sorgfalt conservirt wurden, meist überhaupt nicht mehr nachweis- bar. Manchmal aber sind sie auch besonders kräftig entwickelt und sehr resistent (Molgula occiiUa in Textfig. 139, Chelyosoma jjrodtictum, Clotia, Styela rustica u. s. w.). Da, wo die Eier sich entwickeln, nehmen die geschilderten in- differenten oder bewimperten Zellen ein anderes Aussehen an. Sie runden Beschaffenheit des Eileiters. 635 sich mehr oder minder ab, erscheinen zum Thcil durch den gegenseitigen Druck polyedrisch gestaltet und zeigen vor allem einen grossen, bläschen- förmigen, mit einem mäclitigen Nucleolus versehenen Kern, der unver- kennbar ein junges Keimbläschen ist. In dem die Eibildung behandeln- den Abschnitt ist die Umbildung der Zellen des Keimepithels zu den mit Follikel und Testazellen versehenen Eizellen eingehend beschrieben. ß. Der Eileiter. Wie oben bereits erwähnt wurde, stellt der Eileiter die directe Fortsetzung der Ovarialwand dar und besteht wie diese aus einem einschichtigen Epithel (Textfig. 136). Gewöhnlich sind die Zellen ziemlich klein und würfelähnlich gestaltet, doch kommen auch sehr stark abgeflachte, platte Elemente vor, und andererseits begegnet man zuweilen ansehnlich hohen Cylinderzellen. Der histologische Charakter ist durch- aus nicht immer an allen Stellen der gleiche, und namentlich an der Mündungsstelle in den Peribranchialraum oder die Cloake kann das zuAveilen in besonderer Weise gefaltete Epithel merklich verdickt sein, ohne aber seine Einschichtigkeit zu verlieren. Andererseits scheint es zuweilen, dass bei strotzender Füllung mit Eiern die Eileiterwand sich nur unter aleichzeitio'er Abflachung ausdehnen und das Canallumen erweitern könnte. AVas oben über die Bewimperung der Ovarialwand bemerkt w^urde, gilt in oleicher Weise auch für den Eileiter, und dieser dürfte in den meisten Fällen, wenn nicht immer, ein Flimmerkleid tragen, selbst dann, wenn er ein Plattenepithel darstellt. Bemerkenswerth ist es, dass bei Ferophora Listeri die Oviductzellen an der dem Canallumen zugekehrten Seite eine Schicht sehr feiner circulär verlaufender Muskelfibrillen ausscheiden (Fig. 7, Taf. XXVI), die selbstständige Contractionen, Erweiterungen und Yer- ensuno-en des Eileiters hervorrufen können. Sie müssten für die Fort- bewegung der Eier von Wichtigkeit sein, um so mehr, als hier Flimmern gänzlich fehlen sollen (V a n B e n e d e n und J uli n). Dass sich in der Nähe des Oviducts im umgebenden Mesenchym sehr häufig Muskeln entwickeln, die sich in bestimmter Weise an die Wand des Eileiters anlegen, dessen Verlauf folgen oder in bestimmten Winkeln sich inseriren, ist oben (p. 601) bereits bemerkt worden; und sicher haben diese Muskelstränge eine gewisse Bedeutung für die Ueberführung der reifen Sexualzellen aus dem Ovarium in den Cloakenraum. h. Die Gestalt. Die Ovarien der verschiedenen Arten zeigen überaus verschiedene Formen. Da, wo die männlichen und weiblichen Geschlechtsdrüsen in allernächster Nachbarschaft nebeneinander liegen und wie zu einem ein- heitlichen Organ vereinigt erscheinen, ist es nicht immer ganz leicht, von den Hoden zu abstrahiren und nur die Gestalt des Eierstocks fest- zustellen. Die Angaben der früheren Autoren beziehen sich in solchen Fällen auch stets auf die gesammte Zwitterdrüse, und es ist hier in der That nur von untergeordneter Wichtigkeit, welche Formen die beiden G3G Ascidien. sie zusainmonsotzendeii Tlieilo im Einzelnen zeigen. So wie die Gestalt der ganzen Zwitterdrüse erweist sich auch die des Ovariums und des Hodens, nur wenige Ascidien ausgenommen, selbst bei ganz nahen Verwandten recht variabel, und andererseits kehren die gleichen oder doch sehr ähn- liche Formen der Zeugungsorgane bei im System sehr weit voneinander entfernten Arten wieder. Im Wesentlichen wird fast überall die Gestalt des Ovariums durch den die Eizellen producirenden Abschnitt, durch das Keimepithel bestimmt. Der Eileiter tritt an Volumen in der Regel so sehr zurück, dass er nur wie ein stielförmiger Anhang am eigentlichen Ovarium erscheint. a. Wie erwähnt, kann als die Grundform des Eierstocks eine ein- fache schlauch- oder sack ähnliche angesehen werden; sie ist bei Fig. 187. or/^~^ Ofl ä Geschlechtsapparat und Darmtractus zweier Stycla. (Nach Herd man.) A. Styela Gihhsii, schwach vergrössert. B. Styela Joannac, ^/j. a = After; c = Egestiousöffnung ; ed = Endocarps; h = Hoden; vi = Magen; od == Oviduct; oe = Oesophagus; ov = Ovarium. den kleineren einfachen Ascidien sehr weit verbreitet. Ganz glatt, wie auf jugendlichen Entwickelungsstadien, wird in vollständig entwickelten, geschlechtsreifen Thieren die Schlauchwand kaum jemals sein, aber wo nur wenig Eier producirt werden, erscheint doch zumeist die einfache Sackform nur wenig gestört (vgl. oben p. 630). Häufig ist das Ovarium nur kurz und gedrungen, und dann nimmt es mehr oder minder deutlich ausgeprägte Bläschengestalt an {Hypohyth'ms), oder es ist birnförmig, in- dem es sich an dem Ende, an welchem der Eileiter entspringt, verjüngt und stielförmig auszieht. Häufig, und zwar besonders dann, wenn zahlreiche Polycarpen vor- handen sind, erscheinen die Ovarien als kleinere rundliche, beerenförmige Gebilde. Diese besitzen öfters, wenn typische zwitterige Drüsen aus- Gestalt der Ovarien. 637 gebildet sind, an bestimmten Stellen dellenförmige Vertiefungen, in welche die Hodenfollikel sich einsenken. Dass die Gestalt dieser Poly- carpen und auch der Ovarien in einem Individuum recht verschieden sein kann, zeigt Fig. 13, Taf. XXVI, für Fohjcarpa tuberosa, bei der neben kugeligen Geschlechtsdrüsen längere oder kürzere wurst- oder bolmen- förmige angetroffen werden. Umgekehrt sieht man aber oft auch den Ovarialsack cylindrisch und schlauchförmig längsgestreckt, und es lassen sich bei manchen arten- reichen Gattungen alle möglichen Uebergangs- und Zwischenformen zwischen bläschenförmigen und kolbenförmigen und langgestreckten, fast fadenförmigen Eierstöcken nachweisen. Auf Tafel XXVI sind einige ver- schiedene Formen solcher Ovarien besonders für eine Anzahl Molguliden gezeichnet. Sind die Ovarien langgestreckte Schläuche, so verlaufen sie nur selten gerade; meist sind sie mehr oder minder stark gebogen und häufig auch geschlängelt {Cijntliia mauritiana Dräsche). Finden sich in einem Thiere mehrere Ovarien, so zeigen diese zu- weilen nicht unbedeutende Formverschiedenheiten (Textfig. 121, p. 500; Fig. 1, Taf. XXVI). Ganz besonders mannigfaltig sind die Polycarpen der Gattung Folijrarpa gestaltet, und zuweilen bemerkt man in einem Individuum ganz verschieden geformte Drüsen nebeneinander. So be- gegnet man bei Poli/carpa varians (Fig. 8, Taf. XXVI) ausser kürzeren beeren- und bohnenförmigen Gonaden noch langgestreckte, zuweilen mit- einander anastomosirende schlauchförmige Zwitterdrüsen, die auch zahl- reichere Geschlechtsöffnungen als die anderen tragen. Da, wo die Ovarien mit den Hoden zu Zwitterdrüsen innig verbunden sind, lässt es sich bei niu* äusserer Betrachtung häufig nicht genau fest- stellen, inwieweit die Unterschiede in der Gestalt durch den weiblichen oder männlichen Zeugungsapparat hervorgerufen werden. Immerhin kann man sich aber zumeist leicht davon überzeugen, dass Formunterschiede der Ovarien vorhanden sein müssen. So sieht man in Textfig. 1375, dass so wie die gesammten Zwitterdrüsen, auch die verschiedenen Eier- stöcke eines Individuums zwar alle schlauchförmig, aber bald mehr, bald weniger schlank gestreckt, bald mehr, bald weniger deutlich korkzieher- artig geschlängelt sind; und ähnliche Beispiele Hessen sich viele an- führen. Wo aber Hoden und Ovarien im Zwitterorgan scharf voneinander sich abheben, treten auch die Gestaltverschiedenheiten der Eierstöcke eines Thieres deutlicher hervor, wie z. B. Textfig. 137 J. für Sfi/cla Gibbsü erkennen lässt, und wie Fig. 13, Taf. XXVI, für Tolycarpa tiiberosa zeigt. Auch da, wo, wie bei vielen Molguliden und Cynthideeu, nur zwei Geschlechtsdrüsen, eine rechts und die andere links, sich ausbilden, können diese in der Gestalt recht erheblich voneinander verschieden sein, und zwar finden sich solche Verschiedenheiten nicht nur dann, wenn die Organe sack- oder schlauchähnlich geformt sind, sondern sie treten sogar besonders auffallend hervor, wenn die Drüsen etwas complicirter geformt und mannigfaltiger gegliedert sind. (538 Ascidien. Diese complicirter gestalteten Ovarien entstehen dadurcli, dass die Wandungen sich in verschiedener Weise ein- und ausbuchten. Am häufigsten treten allseitig mehr oder minder zahlreiche, grössere oder kleinere, verschieden geformte Erhebungen auf, so dass die Sclüauch- oder Sackform in eine traubenähnliche übergeht. Es fällt nicht schwer, selbst innerhalb kleinerer Gruppen bei nahe Verwandten alle möglichen Zwischenformen nachzuweisen, die in continuirlicher Reihe einerseits an einfache Ovarialsäcke, andererseits an typische Geschlechtstrauben an- schliessen. Typische Beispiele für solche Reihen findet man unter den Cjmthideen, deren Sexualapparate besonders eingehend von Lacaze- Duthiers undDelage beschrieben worden sind. Die hier anzuführen- den Arten besitzen zwar echte Zwitterdrüsen, in denen Hoden und Ovarien dicht nebeneinander lagern, aber die Eormunterscliiede dieser letzteren sind doch im Wesentlichen die gleichen wie die des Gesammtorgans. Bei Microcosmus spinosus sind im voll thätigen Ovar nur sehr undeutlich buckeiförmige Erhebungen zu erkennen, und das Organ erscheint daher noch durchaus sackartig, während es bei M. vulgaris und M. poly- moriilms nach Heller in eine Anzahl grosser Lappen sich spaltet. Die Drüse von Cynthia morus ist bereits ausgeprägt traubenförmig, aber die sehr zahlreichen Beeren liegen, besonders an den Enden, dicht gepresst nebeneinander. Bei Cynthia sigillata ist die Gonade schlanker längs- gestreckt und zeigt ihre einzelnen Follikel etwas mehr isolirt, und ähn- lich verhält sich Forhesella tesselata, nur dass vielleicht, wenigstens stellen- weise, die einzelnen Beeren der sehr langen Geschlechtstrauben noch selbstständiger, isolirter erscheinen. Weiter vorgeschritten ist die Auf- lösung der Geschlechtstrauben bei Cynthia discrepans nach Sluiter (1898). Die hinteren Abschnitte der paarigen Zwitterdrüsen sind traubenähnlich und werden durch einen gemeinsamen Ausführungsgang auf jeder Seite zusammengehalten; im vorderen Theil aber haben sich die einzelnen Beeren der Geschlechtstraube völlig voneinander oetrennt und erinnern an die Polycarps der Styelinen, nur dass ihnen die Ausführungsgänge fehlen sollen. Bei Cynthia corallina endlich erscheint nach Ron le (1885) die Zerstückelung der grossen Zwitterdrüse jederseits vollkommen durcli- geführt, denn es finden sich, ganz wie bei der Gattung Tolycarpa^ nur Gruppen zahlreicher, gar nicht mehr untereinander verbundener, kleiner Zwitterapparate, von denen jeder seine besonderen ausführenden Canäle be- sitzt. Zu diesen Verschiedenheiten kommt noch, dass die Ovarialform im Laufe der Lebenszeit desThieres in nicht unerheblicher Weise sich verändert, denn während der Geschlechtsreife ist sie eine andere als längere Zeit vorher und als später, wenn die Eier entleert worden sind und die Rück- bildung des Organs bereits eingetreten ist. Doch haben wir hier nur die in voller Thätigkeit stehenden Eierstöcke in Betracht zu ziehen. Dass die traubenförmigen Ovarien der linken und rechten Körperseite eines Thieres sich zuweilen recht auffallend in der Gestalt unterscheiden, ist oben bereits bemerkt worden: und ebenso fehlt es nicht an Beispielen Gestalt der Ovarien und Eileiter. 639 für individuelle YerscMedenheiten, die zumeist mit dem grösseren oder geringeren Eeichthum an erzeugten Geschlechtszellen im Zusammenhang zu stehen scheinen. Bilden sich auf frühen Entwickelungsstadien der Geschlechtsdrüsen einige Aussackungen, die selhststäudig weiter wachsen und eine relativ bedeutende Grösse erlangen, so entstehen verzweigte Ovarien, wie sie besonders für die Gattung Bendroüoa charakteristisch sind, gelegent- lich sich aber auch bei anderen Formen finden. Es scheint, dass in mehreren Gruppen selbstständig diese Ovarialform aufgetreten ist und sich vervollkommnet hat. Eine fortlaufende Reihe lässt sich innerhalb des Genus Bendroäoa feststellen, das rechtsseitig eine umfangreiche Zwitterdrüse trägt. Bei D. Knhentliali finden sich 2, zuweilen auch o Aeste, bei D. suhpedunctilafa'') und D. lineata normaler AVeise 4, aus- nahmsweise bei der zuletzt genannten Form auch 5, während D. glandaria stets 5 zu besitzen scheint. Noch reicher verzweigt zeichnet Ritter (1899) den Geschlechtsapparat der 7). fnho-cidafa. Auch in der Gattung Styela macht sich bei einigen Arten eine Verzweigung der Gonaden bemerkbar. Styela nisiotis hat nach Sluiter (1900) links 3 ., verästelte Drüsen- schläuche", rechts 2 oder 3: doch müssen die VerzAveigungen sehr un- bedeutend sein, da in den Abbildungen nur kleinere lappenförmige Er- hebungen zu sehen sind. Bei Styela cerea Sluit. liegt links eine kleine uförmige Gonade, während rechts zwei sehr lange Gabeläste zu beobachten sind, und bei St. Pfe/feri finden sich nach Michaelsen jederseits zwei verzweigte, in etwa ^'3 Dutzend Aeste auslaufende Ovarien. — In der Gattung Äscidia haben sich verzweigte Geschlechtsdrüsen bei Äse. tenera Herd, ausgebildet. Ausser den bisher erwähnten Foi'mtypen kommen hin und wieder bei einzelnen Arten etwas aberrant gestaltete Eierstöcke vor, die sich in der Regel aber leicht auf einen anderen Typus zurückbeziehen, resp. von diesem ableiten lassen. Besonders hervorheben möchte ich hier nur die ringförmigen Gonaden, die nach Her dman (1899) bei Molgida moUis jederseits in der Einzahl auftreten. Da die meisten Molguliden einfache sack- oder traubenartige Ovarien tragen, ist es vielleicht nicht unwahr- scheinlich, dass, wie ich glaube, die Ringform durch stärkere Krümmung und Verwachsung der freien Ränder einer ursprünglich wurstförmigen Zwitterdrüse sich gebildet hat. b. Die Gestalt des Eileiters ist vielleicht in der Mehrzahl der Fälle für das Aussehen des gesammten Eierstocks oder der Zwitterdrüse fast ohne jede Bedeutung, denn es erscheint der Oviduct zumeist nur wie ein dünner, fadenförmiger Anhang des massigen Keimstocks, oder wie ein feiner Stiel einer mächtigen Traube (vgl. ausser den Abbildungen auf *) Im Text erwähnt Eitter (1899) ausdrücklich, dass das Ovarium dieser Species aus einem Basalstamm bestehe, an dem vier Aeste sitzen, in der Abbildung ist dagegen die Verzweigung eine reichere. (j40 Ascidien. Taf. XXVI noch Textfig. 138^). Der Eileiter stellt eine Röhre dar, deren Lumen zuweilen an verschiedenen Stellen verschieden weit ist; und überdies verhalten sich gewöhnlich die äussersten Enden abweichend, während das Mittelstück, das freilich sich manchmal fast über die ge- sammte Länge erstreckt, im Wesentlichen unverändert einfache Schlauch- form behält. Die Eileiterröhre ist oft, namentlich bei kleinen Synascidien, im Ruhestadium, bevor die Eier in sie übergetreten sind, so fein, dass die Geschlechtszellen in ihr keinen Raum fänden, wenn nicht eine Erweiterung des Lumens einträte. In solchen Fällen ist der Oviduct, besonders wenn er in dichter Nachbarschaft des Samenleiters verläuft, sehr leicht zu über- sehen, wenn nicht gelungene Querschnittsserien zur Untersuchung vor- liegen. Die Erweiterung des Eileiterlumens geschieht wohl nur in selteneren Fällen dadurch , dass die Wandung selbst sich ausdehnt, sondern zumeist in der Weise, dass die einander genäherten oder dicht aneinander liegenden Theile des Eileiterepithols (vgl. für Clavelina Textfig. 136, für Sti/elojms Textfig. 141) dort, wo die Eier hindurch- gieiten , vorübergehend auseinanderweichen. Oft ist auch die Eileiter- wandung gefaltet, und nur wenn sich das Lumen mit Eiern füllt, glättet sich das Epithel. Bei Giona intestinalis (siehe Fig. 8, Taf. XXII) und bei manchen anderen Monascidien kann dann der Oviduct eine erstaun- lich grosse Zahl Eier gleichzeitig enthalten, doch verläuft die Ent- wickelung der Embryonen ausnahmslos ausserhalb des Eileiters. Das in das eigentliche Ovarialepithel sich fortsetzende Ende des Ei- leiters ist immer mehr oder minder stark trichterförmig erweitert, und zumeist, oder wenigstens sehr häufig, lässt sich, worauf bereits oben hin- gewiesen wurde, eine scharfe Grenze zwischen beiden Theilen des Ovariums gar nicht feststellen. Wie z. B. der in Textfig. 139 für Molgula occulta abgebildete Schnitt zeigt, setzt sich das Flimmerepithel des Ei- leiters an einer bestimmten Stelle bis weit in die Ovarialhöhle fort, um in dieser als ein ziemlich breiter Streifen von dem eigentlichen Keim- epithel histologisch scharf sich zu unterscheiden. Bei der Betrachtung der Geschlechtsdrüse in toto scheint der Eileiter viel kürzer zu sein, da eben sein hinteres Ende ganz in den Bereich des blasenförmig erweiterten, die Eier bildenden Ovarialab Schnitts fällt. Der in die Cloake oder in den Peribranchialraum mündende Theil des Eileiters zeigt sehr häufig eine ganz eigenartige Beschaffenheit. Zu- meist verläuft er ganz genau oder doch wenigstens ziemlich gerade nach vorn, und seine Oeünung liegt terminal am vordersten Ende ; doch kann sie auch seitlich und nach hinten verlagert sein und an der Dorsalwand des Canals auftreten (z. ß. Ciona intestinalis, Textfig. 142). Vielleicht häufiger, als es bisher beobachtet ist, bildet das Endstück des Oviducts eine nach hinten gekrümmte Schleife, so dass die Mündung weiter hinten liegt, als der Schleifenbogen nach vorn emporsteigt. Man kann dann zwar den Eileiter ziemlich weit vorn beim After nachweisen, seine ^Mün- Erldärimg von Tafel XXVI. Ascidien. in. sppit. Fig. 1. Anatomie doi' Styela variahiUs nach Entfermiiig des Kiemendarms. (Nach Lacaze- Duthiers und Dolage.) \. 2. Die Region der Einmündungsstellcn des Darms un-Il B A Die Zvvitterdrüse von Styelo'psis yrossularia (sociale Form), von innen gesehen. (Nach Lacaze-Duthiers und Delage). Circa '7 j. 7? Querschnitt durch die Gonade derselben Art (SoHtärform). '«7i. a = äussere ektodermale Peribranchialwand ; bg = Bindegewehe der Leibeswand: el = Eileiter; h = HodenfoUikel; oJt. ^ Ovarialhöhle; ov = Ovarinm; sl = Samenleiter; J = weibliche, J = männliche Geschlcchtsöffnungen. Während die letzteren sich mehr oder minder stark abflachen und lediglich eine Hüllschicht bilden, haben nur die ersteren weiterhin noch für die Bildung der männlichen Geschlechtszellen Bedeutung. Ich will zwar nicht durchaus in Abrede stellen, dass vielleicht da und dort gelegent- lich auch noch in der äusseren Hodenfollikelwand ganz entwickelter Organe vereinzelte Zellen vorkommen können, die die Fähigkeit haben, sich zu Ursamenzeilen umzuwandeln; allein die Eegel ist das sicher nicht, während umgekehrt in der Ovarialwand stets Keimzonen nach- weisbar bleiben, in denen die Eier sich bilden (vgl. Textfig. 141), und nur auf gewissen Strecken ein flacheres Epithel sich differenzirt, in dem die Zellen ihren embrj^onalen Charakter vollkommen verloren haben (vgl. Textfig. 135, p. 632). Bau des Hoden foUikels und des Vas deferens. 659 Ich habe aber bereits oben angedeutet, dass dieses äussere, flache Hodenfollikelepithel nicht immer an allen Stellen zeitlebens sich erhält; in alten Thieren geht der epitheliale Charakter zuweilen ganz verloren. Indem die Zellen sich immer stärker a])flachen und die Kerne in Eück- bildung eintreten, so dass sie zuweilen gar nicht mehr nachweisbar sind, wird das Plattenepithel zu einer feinen Membran. Aber auch diese kann stellenweise ganz resorbiii werden. Zur Zeit der vollsten männlichen Geschlechtsreife beobachtet man bei zahlreichen Arten der verschiedensten Familien, wie einige der mächtig sich vergrössernden Hodenfollikel an- einander stossen. verwachsen und unter Auflösung der sie trennenden Membranen ganz ineinander fliessen. Besonders auffallend ist das in den zwitterigen Polycarpen, die nach dem in Textfig. 143 oder in Fig. 9, Taf. XXYI, abgebildeten Typus gebaut sind, wenn hier alle oder die meisten Hodenfollikel sich vereinigen, so dass das Ovarium von einer breiten, einheitlichen Hodenmasse eingeschlossen oder bedeckt erscheint. Doch muss ich an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass nur eine o-enaue Untersuchuno- an Schnitten mit Sicherheit darüber Auskunft giebt, ob wirklich eine vollständige Verschmelzung von Hodenfollikeln stattgefunden hat, oder ob diese sich nur dicht aneinander gepresst haben und durch die Membranen geschieden bleiben. Die Zeichnungen und Beschreibungen, die frühere Autoren gegeben haben, stimmen zu- weilen in diesem Puncte nicht genau miteinander überein. So findet man z. B. bei L acaz e-Duthiers und Delage die strotzendreifen Hodenfollikel stellenweise zu einer einheitlichen Masse verschmolzen gezeichnet, während es im Texte heisst, dass die Follikel zwar aneinander gepresst und durch den gegenseitigen Druck in ihrer Gestalt beeinflusst sein können, stets aber getrennt bleiben. Im Geo-ensatz zur Wand der Hodenfollikel zeisi die des Samen- leiters stets ihren epithelialen Charakter deutlich ausgeprägt, und mehr- fach ist sie sogar ganz ansehnlich dick, aus cvlindrischen Zellen zu- sammengesetzt (z. B. Molgiüa occuUa in Textfig. 139B, p. 645). Gewöhn- lich aber wird der Samenleiter von einem feineren, flachen oder platten Epithel gebildet, in dem die Kerne in ziemlich weiten Entfernungen von- einander liegen (Textfig. 135, 136). Uebrigens scheint es, dass die Be- schaff'enheit des Samenleiters nicht während des ganzen Lebens die gleiche bleibt, sondern auch in erwachsenen Thieren sich noch verändern kann. Wenn zur Zeit der vollsten Hodenreife beträchtlichere Spermamengen aus den Follikeln in das Vas deferens abgestossen werden, erweitert sich dieses unter gleichzeitiger Verdünnung der Wand und Abflachung der einzelnen Zellen. Häufig ist der Charakter des Samenleiterepithels nicht an allen Stellen der gleiche, sondern flachere und cubische oder cylindrische Zellen wechseln in bestimmter Weise ab. Gewöhnlich er- weist sich das in die Cloake oder auch in die Peribranchialräume mün- dende Endstück in etwas eigenartiger Weise differenzirt, indem dieser Abschnitt nicht nur in seiner Gestalt von dem hinteren Canalstück sich 42* 660 Ascidien. unterscheidet, soiideni aiicli durch heträchtlich verdickte Wandungen und ansehnliche Cylinderzellen sofort auffällt (Textfig. 142). Nach der dem Lumen zugekehrten Seite trägt die Samenleiterwandung ein dichtes Flimmerkleid, und ich glaube, dass dies vielleicht bei sämmtlichen Ascidien der Fall sein wird. Sehr häufig haben allerdings die Autoren Flimmern oder Wimpern im Samenleiter weder erwähnt noch abgebildet, zuweilen sogar deren Abwesenheit besonders hervorgehoben. Indessen ist zu be- achten, dass Flimmern bei der Conservirung leicht verloren gehen, und dass überdies ihr Nachweis sehr erschwert wird, Avenn das Canallumen von Spermatozoen strotzend erfüllt ist. Fig- 142. Stets fand ich die Flimmern sehr fein, so dass sie mit Sicherheit nur bei Anwendung ^S'tn. starker Vergrösserungen erkennbar waren. ^.-sl ern Die Hoden liegen immer ganz %..x — ov .-el im M e s e n c h y m g e w e b e eingeb ettet , und dieses betheiligt sich zuweilen in gewissem Sinne an der Bildung ihrer Wandungen, ohne sich aber dabei in seinem histo- logischen Bau irgendwie wesentlich zu verändern. Die Bindegew^ebszellen legen sich zum Theil dicht an das Epithel des Hodenfollikels und des Samenleiters an (Textfig. 136, p. 634), verwachsen mit ihm, so dass beim Versuche, die männ- lichen Fortpflanzungsorgane freizulegen, stets Mesenchymgew^ebe an diesen haften bleibt. Da, wo die Hoden oder auch die ganze Zwitterdrüse weit in die Peri- branchialräume vorspringen, werden sie und gleichzeitig auch das spärliche Binde- gewebe, das sie umgiebt, vom platten äusseren Peribranchialepithel mehr oder minder unvollkommen umschlossen (vgl. Textfig. 141), und bei der makroskopischen Präparation einer Ascidie hat es dann den Anschein , als ob Bindegewebe und Peri- branchiahvand nur äussere Hüllschichten der Gonaden selbst seien. So erklären sich manche ältere Angaben über den complicirten Bau der Wandungen der Geschlechtsdrüsen. Besonders da, wo zahlreiche Ge- schlechtsdrüsen in Form von Polycarpen vorkommen, bei Styelinen und Polystyeliden , tritt diese Umhüllung durch das äussere Peribranchial- epithel oft sehr deutlich hervor. Im einfachsten Falle besteht der gesammte Hoden eines Thieres nur aus einem einzigen Follikel und einem Yas deferens. Das gilt als eines der wichtio-sten Merkmale der Familie der Didemniden, doch erweist sich Die in die Cloakc iiuindenden End- abschnitte des Ei- und Samenleiters einer geschlechtsreifen Ciona in- testinalis, von der Rückseite des Thieres gesehen, ca. -*/i- el = Eileiter ; em = Oeffnungsstelle des Eileiters; ov = Eier im Oviduct; sl = Samenleiter; sin = die in die Cloake sich öffnenden Endcanälchen des Vas deferens. Zahl und Anordnuug der Hodenfollikel. (561 hier der Samenleiter insofern nicht mehr ganz einfach gestaltet, als er sich mit seinem Aufangstheil spiralig um den Hodenfollikel herumlegt (siehe Textfig. 144). Neuerdings hat Van Name (1902) dieses letztere Merkmal mehr in den Vordergrund gerückt, und er rechnet den Didem- niden auch das von Nott (1891) aufgestellte Genus Folysijncraton zu, ob- wohl hier zahlreichere, zuweilen an zehn gesonderte Hodenfollikel vor- kommen, die aber alle durch einen spiralig aufgerollten Samenleiter ver- bunden werden. Ja selbst als Gattunos- und Artmerkmal scheint die Einzahl des Hodenfollikels innerhalb der Didemniden nicht immer aus- nahmslos Giltigkeit zu besitzen, denn Van Name bescln-eibt Varietäten <{&•$, Leptodinum speciosum Herd., bei denen der Hoden entweder einheit- lich oder in zwei glatte Theile getheilt erscheint (var. bermudense). oder stets in zwei die Spermatozoon bildende Drüsentheile zerfallen ist, die selbst wieder zweigelappt sein können (var. acutilobatum). Diese auffallende individuelle Variabilität dürfte vielleicht die Vermuthung nahelegen , dass zuweilen auch der vollkommen einheitlich und ungelappt erscheinende Hodenfollikel der Didemniden aus zwei oder mehreren eng verbundenen Theilen besteht, die gelegentlich nur weiter voneinander abrücken und dann als mehr selbstständige Abschnitte des Hodens erscheinen können. In der That finden sich solche Unterschiede in einer anderen Synascidien- familie, nämlich bei den verschiedenen Arten der Michaelsen'schen (j^iiimg Alloeocarpa, bei der allerdings in jedem Individuum zahlreichere, von einander gänzlich gesonderte Hoden vorhanden sind. Jeder Hoden von A. Emüionis besteht aus einer einzigen, einfachen Blase; bei A. intermedia ist diese Blase nicht mehr ganz einfach, sondern durch einen, häufiger durch zwei oder drei nur wenig tiefe Einschnitte in mehrere Partien unvollständig getheilt, bei A. Brülgesi bestehen zahlreiche Ver- ästelungen des schlauchförmigen Hodenfollikels. Auch bei vielen grösseren Ascidien erscheint der Hoden, makroskopisch betrachtet, wie ein homogener, solider Körper, bei der mikroskopischen Untersuchung aber, namentlich von Schnitten, treten sofort die einzelnen dicht aneinander gepressten, ver- wachsenen Follikel hervor. Dem gegenüber ist allerdings zu berück- sichtigen, dass selbst die grössten Didemniden stets einen sehr kleinen Hoden besitzen, der nur Bruchtheile eines Millimeters misst und als ein Organ der Fortpflanzung überhaupt nur unter dem Mikroskop erkannt w^erden konnte, ohne dass dabei eine Zusammensetzung aus einzelnen Lappen beobachtet wurde. Complicirter gestalten sich die Hoden, wenn stets, so wie es aus- nahmsweise bei Didemniden der Fall war, zwei und mehr Hodenfollikel an einem Vas deferens hängen. Sehr gering ist die Follikelzahl immer nur dann, wenn die Gesammtgrösse des Thieres eine unerhebliche ist: bei Diplosomiden und manchen Distomiden und auch Polycliniden ; und es hält nicht schwer, die verschiedenen Arten nach der Anzahl der Follikel in ihrem Hoden in einer ganz continuirlichen Keihe anzuordnen. Mehrere der hier erwähnten Species findet man als Textfiguren in dem die Syste- 662 Ascidien, matik der Ascidioii behandelndon Kapitel so abgebildet, dass aurli die einzelnen Hodenfollikel deutlich hervortreten. So sieht man nur zwei grosse, kugelige Follikel bei Brplosoma carnosum, und es scheint, dass dieses Merkmal für alle Arten dieser Gattung und für Dlplosomokles allgemein giltig sei. Einer Auflösung des Hodens in eine grössere Zahl Lappen die allerdings nicht so scharf voneinander getrennt sind, wie die beiden Follikel der Diplosomiden, begegnet man bei Peropliora Listeri, bei der die einzige männliche Keimdrüse häufig nur in drei bis vier Theile un- vollkommen gespalten erscheint (Fig. 4, Taf. XXVI). Nur wenig zahl- reichere, etwa fünf bis sechs Hodenfollikel findet man bei manchen Botryl- lidcn und bei Lahille's (1890) JJiplosonwldcs Lacam, die aber jedenfalls nicht in H er dm an' s Gattung Diplosomoides hineingehört, sondern viel- Vig. 143. -el Schematische Darstellung des Baues einer Zwittergonade gewisser Polycarpa. el = Eileiter und seine Mündung; ?i = Hodenfollikel; ov = Ovarium ; sl = Samenleiter, Vas deferens: ve = Vasa efferentia, Canälchen, die die einzelnen Hodenfollikel mit dem Samenleiter verbinden. leicht ein LcptocUmini ist. Uebrigens unterliegt bei diesen, sowie bei fast allen anderen Arten die Follikelzahl des Hodens ziemlich weitgehen- den individuellen Schwankungen, und vielfach scheint es, dass bei günstigen Ernährungsbedingungen der Thiere längere Zeit hindurch eine Neubildung und Vermehrung von HodenfoUikeln durch Spaltung der älteren erfolgen könne. So schwankt die Zahl der recht scharf gesondert daliegenden Follikel bei Folysyncraton amethysteum Van Name zwischen fünf und mehr als zehn, bei Heterotrema Sarasinoruni zwischen acht und sechzehn. Kaum ein Dutzend zählt man bei Cystodites cretaceiis Dräsche, wenig mehr bei Colella concreta Herd., etwa IV2 Dutzend bei Circinalium concrescens, Amaroiicium coMloides Herd., zwischen 20 und 30 bei Poly- clinum fungosum Herd., Distaplia Itihrica, 30 — 40 bei mehreren Distoma {D. crysiallinum Dräsche) u. s. w. In den grossen Hoden der grossen Ascidien steigt die Zahl auf Hunderte und Tausende, und die einzelnen Follikel sind oft so wenig scharf voneinander gesondert, dass sich eine Ausführende Canäle; Gestalt des Hodens. 663 genauere Zählung überhaupt nicht ausführen lässt, weil man oft im Un- sicheren bleibt, ob es sich nur um eine einfache Lappung eines Hoden- follikels handelt, oder ob man bereits zwei gesonderte zählen soll (vgl. hier auch Textfig. 139, p. 645). Wo sich zahlreichere, schärfer voneinander gesonderte Hodenfollikel finden, erfährt auch der Bau des Ausführungscanais eine Complication, indem sich zwischen das eigentliche Vas deferens und die Follikel Zwischenstücke einschieben, die als Vasa efferentia oder Follikel- canälchen zu bezeichnen sind. Diese letzteren vereinioen sich also erst zum Vas deferens oder Samenleiter (Textfig. 143). Die Verbindung und Vereinigung erfolgt bei den verschiedenen Arten in verschiedener Weise, und die Gestalt des ausführenden Canalsystems erweist sich daher, wie im folgenden Abschnitt näher ausgeführt ist, als recht mannigfaltig. Der histologische Bau der Vasa efterentia ist im Wesentlichen der gleiche wie der des Vas deferens. Die Wand besteht aus einem ein- schichtigen, innen bewimperten Epithel, dessen Zellen in der Regel nur massig hoch, oft annähernd cubiscli geformt sind und zumeist in der Grösse hinter den Elementen des Samenleiters ein wenio- zurück bleiben. h. Die Gestalt. a. Die Form des Hodens hängt in erster Linie von der Zahl und der Anordnimgsiveise der Hodenfollikel ab. Findet sich nur ein Follikel, so erscheint der Hoden so wie jener kugelähnlich. Sind die zahlreicheren Follikel voneinander wohl gesondert, so zeigt die Drüse meist eine traubenähnliche Gestalt, weil die Hodenbläschen mit kurzen oder längeren Canälchen allseitig dem Vas deferens sich ansetzen (Distonm cri/stallinum, BistaxMa luhrica). Sind die Vasa eiferentia verhältnissmässig lang und entspringen sie überdies alle ziemlich dicht nebeneinander am Hinterende des Samenleiters, so erinnert das Aussehen an eine Quaste, oder besser an eine gestielte vielriemige Peitsche, deren Enden mit Bleikugeln ver- sehen sind {Heterotrema Sarasinorum). Zuweilen sind aber auch alle Follikel einzeilig- nur an einer bestimmten Seite des Vas deferens an- geordnet und erscheinen dann wie eine Franze, deren einzelne Fäden geknöpfte Enden besitzen (Circinalium concrescens, Ämaroucium glohosum, Psammaplidmm subviride). Zwischen diesen drei Typen giebt es zahl- reiche Uebergangsformen, und namentlich bei manchen Polycliniden wird man im Zweifel sein können, ob man den Hoden nur als eine etwas un- regelmässigere Form des letzten Typus oder als eine besonders schlanke einfache Traubenform betrachten soll. Nicht immer verhalten sich auch alle Individuen völlig übereinstimmend , und bei den einen scheint dann die eine, bei den anderen die andere Hodenform stärker ausgeprägt zu sein. Sind die einzelnen Hodenfollikel nicht so scharf voneinander ab- getrennt, dass jeder sein eigenes, deutlich gesondertes Vas efferens er- (j(j4 Ascidien. kennen lässt, so bezeichnet man die Drüse als gelappt {Peropliora) oder, wenn die einzelnen Theile ziemlicli regelmässig um einen Mittelpunct angeordnet sind, als rosettenförmig [Cystodites crdaceus, Diplosomoidcs\?\ Lacazei). Es liegt auf der Hand, dass zwischen solchen weniger scharf gesonderten Hodenfollikeln und den deutlich gestielten kein principicller, sondern nur ein gradueller Unterschied besteht, und entwickelungs- o-eschichtlich erscheinen die letzteren auf frühen Stadien in der Gestalt der ersteren. Daher findet man denn auch bei den verschiedenen Arten einer Gattung, ja sogar bei verschiedenen Individuen derselben Species, die einen oder die anderen Follikelformen vorherrschend , und häufig genug sieht man beide nebeneinander in einem Hoden. So kann ein rosettenförmiger Hoden sich auch aus vorherrschend gestielten Follikeln zusammensetzen, deren kurze Vasa efterentia alle in das hinterste Ende des Samenleiters einmünden (Cystodites durus). In allen diesen angeführten Fällen ist jeder einzelne Follikel für die Gesammtform des Hodens von Wichtigkeit, denn es handelte sich um mikroskopisch kleine Geschlechtsdrüsen kleiner Synascidien, deren Gestalt nur unter Zuhilfenahme massig starker Vergrösserungen bestimmt werden konnte, wobei dann sofort auch die einzelnen Follikel hervortraten. Die Zahlen dieser letzteren hielten sich dann auch in verhältnissmässig engen Grenzen (vgl. p. 662). Es giebt aber auch solche kleine Hoden, deren Follikel so Avenig als selbstständige Gebilde hervortreten, dass das ganze Organ auch unter dem Mikrosko]» sack- oder schlauchförmig erscheint bei ziemlich glatter oder leicht gebuckelter Oberfläche. Auch wenn, wie es z. B. bei manchen Polycliniden (Ämaroucmm proUferuni M. Edw.) der Fall ist, die äusseren Hodenfollikel recht bemerkbar hervorragen, kann doch die Schlauchform im Wesentlichen gewahrt bleiben. Als mehr oder minder glattwandige Schläuche oder cylindrische Körper beobachtet man die Hoden öfters da, Avo sie sich in grösserer Zahl in einem Individuum vorfinden (Polystye- liden; Styela, Polycarpa). Fig. 10 und 20, Taf. XXVI, zeigen solche schlauch- und blasenförmige Hoden von einer Folysoa und Styela. Zu- Aveilen geht die Schlauchform bei Verdickung des einen und Verdünnung des anderen Endes in eine unregelmässige Flaschenform über. Vergrössert sich aber der Hoden bei gleichzeitiger sehr bedeutender Vermehrung der Follikel so beträchtlich, dass er auch dem unbewaffneten Auge bei der Section des Thieres deutlich als ein besonderes Organ sichtbar Avird, so wird ein einzelner und oft auch eine Gruppe Aveniger Follikel für die Gesammtform ziemlich bedeutunoslos , und nur relativ grössere, aus zahlreicheren Einzelfollikeln sich zusammensetzende Gruppen kommen dann in Betracht. Allerdings gestatten die Abbildungen und Beschreibungen, die frühere Autoren von gCAvissen Hodenformen gegeben haben, diesen Schluss nicht ohne Weiteres; im Gegentheil wird sogar häufig eine Gruppe von dicht benachbarten primären Follikeln einfach ,, Hodenfollikel" oder „Hodenbläschen" genannt und als ein durchaus ein- Verschiedene Hodenformen. 665 faches, nicht aus verschiedenen Thoilcn zusammengesetztes Gebilde ge- zeichnet. Es ist daher nicht immer ganz leicht und in vielen Fällen überhaupt nicht ausführbar, den wahren Aufbau des Hodens aus den älteren Publicationen zu erschliessen, und eine genauere Nachuntersuchung bei zahlreichen Species scheint mir daher sehr wünschenswerth zu sein, um über das Verhalten der kleinen primären Follikel vollen Aufschluss zu erhalten. So bestehen z. B. offenbar die einzelnen, wie gestielte Beeren am Vas deferens hängenden Hodenläppchen bei Molgiüa Bleisi (Fig. 18, Taf. XXVI) immer aus sehr zahlreichen primären Follikeln, während das in der gleichen Weise für die äussersten in der Zeichnung (Fig. 15, Taf. XXVI) zu sehenden Endzweige des Hodens der Molgula solenota kaum allgemein gelten dürfte; jedenfalls kann hier auch in den grössten Endzweigen nur eine viel geringere Zahl Follikel, in den kleinsten vielleicht nur ein einziger vorhanden sein. Auch die Terminalbläschen, die im Hoden zahlreicher durch Pol3^carpen ausgezeichneten Arten, be- sonders der Folycarjia, sich finden (vgl. Textfig. 143, Fig. 9, Taf. XXVI), dürften vielleicht nur auf frühen Ausbildungsstufen einen einzigen pri- mären Hodenfollikel darstellen (z. B. Polycarpa tuherosa), nach Erlangung der vollen Geschlechtsreife aber einer ganzen Follikelgruppe entsprechen, die durch Theilung und Lappung des ursprünglichen entstanden ist. Die Hoden, an denen man schon mit freiem Auge solche Follikel- gruppen unterscheiden kann, erweisen sich in ihrer Gestalt sehr mannig- faltig. Häufig erscheint die ganze Drüse in zahlreiche ganz bestimmt gelagerte Abschnitte zerfallen, die alle annähernd von gleicher Grösse und recht scharf voneinander gesondert sind; nur die verbindenden Canäle vereinigen alle Theile zu einem Ganzen. Sehr oft liegen dann die einzelnen Hodenpartien in zwei Reihen, die sich an einem Ende huf- eisenförmig aneinander schliessen können, regelmässig vertheilt, Avie es z. B. die zuletzt erwähnten Abbildungen für die Gattung Tolyccirpa zeigen , wie es aber auch bei Molguliden (Mol(jida Bldzi in Fig. 18, Taf. XXVI) vorkommt. In anderen Fällen sind die einzelnen Hoden- theile zahlreicher und unregelmässiger angeordnet; sie liegen oft noch annähernd einschichtig in einer Fläche {Molcjula solenota in Fig. 15, Taf. XXVI), zumeist aber sind sie in dem dem Eierstock oder Darmcanal benachbarten Raum so vertheilt, dass man sie auf jedem beliebig ge- führten Durchschnitt in mehreren oder zahlreichen Schichten nebeneinander gelagert sieht {Ciona, Ascidia). In diesen letzteren Fällen darf man die Hoden als traubenförmig bezeichnen , wenngleich die Anordnung der einzelnen Beeren eine sehr unregelmässige, die Grösse eine sehr ver- schiedene sein kann. Mehr oder minder traubenähnlich findet man auch die Hoden mancher Molguliden. Bei Molgula ecMnosiphonica sind die kugeligen FoUikelgruppen lang gestielt und wenig zahlreich ; und bei manchen Individuen erscheinen sie in Hufeisenform angeordnet, wie oben bereits für Molgula Bleisi angedeutet wurde. Dicht aneinander gepresst und kurz Gestielt liec-en alle Follikel nur am hintersten verzweigten (5(5G , Ascidien. Ende des Vas deferens bei CteniceUa Lanccplaini, während sio bei Eurjyra arenosa sich allseitig um den Ausführungsgang anordnen. Auch bei den Cynthien {Cynthia, Microcosmus) findet man häufig traubenförmige Hoden; im Gegensatz zu den Molguliden aber folgt hier zumeist die Anordnung der einzelnen Follikelgruppen mehr oder minder genau der Traubenform des Ovariums (vgl. Textfig. 138 J u. B). In sehr vielen grösseren Hoden der Monascidien treten aber derartige besondere Follikelgruppen und Hodenabschnitte gar nicht hervor, sondern das ganze Organ erscheint einheitlich, aber bei den verschiedenen Arten in sehr verschiedenen Formen. Oft bildet der Hoden eine rundliche, kugelähnliche oder eiförmige, oder in einer Richtung stärker abgeflachte, fast scheibenartige Masse, die in wechselnder Weise sich an das Ovarium anlegt (vgl. FigC 16, 17, 19, Taf. XXVI). Oft streckt er sich in einer Richtung besonders lang und wird schlauch- oder bandförmig, wie wir es als weit verbreitet bei den aus verhältnissmässig wenig zahlreichen Follikeln bestehenden Hoden der Polycliniden bereits oben beschrieben haben. Diese bandförmigen Testes sind wohl kaum jemals ganz eben ausgebreitet, sondern mehr oder minder stark gebogen, so dass sie oft die Ovarien zu umhüllen beginnen. Das Gleiche gilt von den etwas breiteren, blattförmigen Hoden, denen man zmveilen bei den Molguliden begegnet. Uebrigens variirt auch die Gestalt des Hodens bei den ver- schiedenen Individuen einer Species nicht unl)eträchtlich, zuweilen so be- deutend, dass bei den einen und anderen ganz verschiedene Formtypen zur Ausbildung gelangen können. So fand Lacaze-Duthiers (1877) den Hoden der 3Iolgula socialis zumeist etwa einem gefiederten Blatt ähnlich, das dem Ovarium dicht auflag, indem von einem langen Vas deferens in bise- rialer Anordnung zahlreiche Nebencanälchen ausgingen, die dicht mit an- einander gepressten Follikeln besetzt waren. Manchmal aber war der Samen- leiter nur kurz und allseitig von gelappten Follikeln und Follikelgruppen ganz dicht umschlossen, so dass der Hoden etwa einer beerenreichen Traube glich. Dass jeder Hoden im Laufe seiner Entwickelung seine Gestalt recht beträchtlich verändert und namentlich zur Zeit der vollsten Geschlechtsreife anders aussieht als vorher und nachher, bedarf keiner weiteren Erörterung. b. Im engsten Zusammenhang mit der eben beschriebenen Form des die Spermatozoen producirenden Hodenabschnitts steht die (restalt des alisleitenden Canalsystcms, an dem wir bereits oben (p. 663) ausser einem Vas deferens zahlreiche Vasa efferentia unterschieden haben. Diese letzteren bieten, ein jedes einzeln betrachtet, in ihrer Gestalt kaum bemerkenswerthere Besonderheiten; sie sind meist kurze, cylindrische Schläuche, die nach dem Follikel zu gewöhnlich sich ein wenig trichter- förmig erweitern. Von Wichtigkeit aber und recht verschieden ist die Art und Weise, in der diese Canälchen zu grösseren Sammelcanälen zusammentreten, die füglich alle in das Vas deferens einmünden. Das Vas deferens, das im einfachsten Fall das gesammte Canal- Form der Samenleiter. 667 System des Hodens bildet, zeigt bei den verschiedenen Ascidien ein recht wechselndes Aussehen. Als die ursprünglichste Form wird man wohl die einfache, gerad gestreckte Schlauchform auffassen dürfen, deren Quer- schnitt annähernd kreisähnlich oder längselliptisch erscheint und an allen Stellen des Canals ziemlich den gleichen Umfang besitzt. Ebensowenig wie die Wanddicke variirt in der Kegel die Weite des Lumens im Ver- laufe des Samenleiters in einer erheblicheren Weise. Weit verbreitet finden sich diese einfachen Samenleiter unter den Synascidien bei Disto- miden , Polycliniden, Diplosomiden; auch grössere Sociale und Mon- ascidien, wie z. B. Ciona, Clavelina, viele Molgula, Ctenicella, Stpela, Foly- carpn u. s. w., besitzen ein schlauchförmiges gestrecktes Vas deferens, das allerdings zuweilen eine bedeutende Länge erreichen kann und dann natürlich nicht schnurgerade verläuft, wenngleich es nicht erheblich von der Normalen abzuweichen braucht. Mehr oder minder stark gekrümmt oder geschlängelt verlaufen aber auch oft solche ^^' ^^' Samenleiter, die im Vergleich zur Gesammt- länge des Körpers nur kurz zu nennen sind, und es lassen sich selbst innerhalb einzelner Familien beliebige Keihen zusammenstellen, die continuirliche üebergangsformen von einem geradgestreckten zu einem complicirter gewundenen Samenleiter darstellen. Auf Taf. XXVI sind einige stärker oder schwächer gekrümmte Vasa deferentia aus verschiedenen Ascidienfamilien abgebildet worden. Erlangt der Samenleiter eine verhältnissmässig be- deutende Länge, so ist er meistens, auch wenn seine Lumenweite an allen Stellen fast die gleiche bleibt, S-förmig gestaltet oder noch mehr geschlängelt, indem er in seinem Verlauf dem Oviduct und häufig auch dem Intestinum folgt {Perophora in Textfig. HOC, p. 448; zahlreiche Distomiden und Polycliniden und unter den Monascidien besonders die Gattung Äscidia und deren Nächstverwandte). Besonderes Interesse beanspruchen die Samenleiter, deren aus den Follikeln entspringende Anfangstheile spiralig aufgerollt sind, während der in die Cloake mündende Endabschnitt sowie das Mittelstück ziemlich geradgestreckt oder nur wenig geschlängelt verlaufen (Textfig. 144). Charakteristisch ist diese Samenleiterform für die Didemniden. doch findet sie sich auch bei Coelocornms, bei Lahille's Biplosomoides Lacazei (= Leptodinum?). Die Zahl der Spiralwindungen zeigt, wenn sie grösser ist, wohl meistens auch innerhalb einer Species geringe individuelle Verschiedenheiten, und das Gleiche tritt zuweilen auch ein, wenn Scheniatische Darstellung eines spiralig gewundenen Vas deferens einer Didemnide. h = Hodenfollikel; sl = Samen- leiter. nur sehr wenige Windungen vorhanden sind. Die wenigen gesonderten (3(i3 Ascidien. Hodenfollikel von Biplosomoidcs Lacazei worden höchstens von zwei bis drei Spiraltouren umschlungen. Wieviel Touren das Samenleiterende um die wenig zahlreichen Hodenfollikel des Üoelocormus beschreibt, hat Herd- man nicht besonders erwähnt, doch scheinen es nicht gerade viele zu sein. Bei Didenmum und Leptoclinuni scheint das Vas deferens zumeist etwa ein Dutzend Umdrehungen zu bilden (D. cereum, D. fallax-, L. nia- cidatmn). Doch ist auch häufig der Verlauf ein weniger complicirter, und man zählt dann nur eine geringere Zahl Spiraldrehungen: nur drei bei einem von Della Valle (1882) abgebildeten, aber nicht näher be- stimmten Distoma, vier bis fünf bei D. Savignyi, sechs bis sieben oder sechs bis acht bei Lept. speciosum, L. japonimm^ acht bis zehn bei L. speciosum var. asperum (Her dm an). Zuweilen verändert sich die Weite des Lumens im Verlauf des Samenleiters ganz erheblich. Recht auffallend ist das bei Molgula pijriformis (Fig. 16, Taf. XXVI), bei der das knäuelförmig aufgewundene Vas deferens nahe seiner Ursprungsstelle aus dem Hoden und auch in der Mitte besonders umfangreich erscheint, während das Endstück stark verjüngt ist. Nach Michael sen ist dieser Samenleiter durchschnittlich 0,4 mm dick und verengt sich bis auf 0,15 mm; in der Zeichnung treten noch schärfere Gegensätze hervor. Auch da, wo der Samenleiter ziemlich geradgestreckt verläuft, können blasenförmige Erweiterungen auftreten, die als Samenblasen zu be- zeichnen sind und zur Zeit der männlichen Geschlechtsreife mit Sper- matozoon prall angefüllt erscheinen. Bei Biplosoma Listen kommen nach den Beobachtungen Lahille's (1890) zwei solcher Blasen vor. Die eine liegt am Hinterende des Vas deferens, dort, wo die beiden aus den zwei Hoden- follikeln kommenden Vasa efferentia in dieses einmünden ; sie wurde von ihrem Entdecker als „reservoir seminal" bezeichnet. Die andere Blase, ,,ampoule seminale" findet sich unmittelbar an der Einmündungssteile des Canals in die Cloake. Das Endstück des Samenleiters ragt sehr häufig schornstein- artig in die Cloakenhöhle hinein, indem es dabei das dünne Cloaken- epithel vor sich her treibt und sich mit ihm umhüllt (vgl. Textfig. 138). Bei Molgida pijriformis (Fig. 16, Taf. XXVI) erreicht dieses freie End- stück eine Länge von ca. 2 mm (Micha eisen), und bei manchen Ascidia und nächstverwandten Gattungen, besonders aber bei Ciona (Fig. 8, Taf. XXII), verläuft das Vas deferens dem Oviduct und .Intestinum dicht angeschmiegt manchmal mehrere Centimeter weit im dorsalen Septum vom Peribranchial- resp. Cloakenepithel umgeben. Das äusserste Endstück des Samenleiters zeigt häufiger ein von den übrigen Theilen abweichendes Aussehen, auch davon abgesehen, dass es stets eine Oeflfnung in die Cloakenhöhle besitzt. Diese Perforation ist fast immer nur sehr fein, in der Regel nur unter dem Mikroskop wahr- nehmbar oder mit dem freien Auge als ein winziges Loch eben erkenn- bar. Gewöhnlich ist die Oelfnung beträchtlich kleiner als die des Ei- Endstück des Vas deferens. Nebencanäle. 669 leiters, manchmal neben dieser kaum zu bemerken {Polijcarpa varians), 7Aiweilen aber allerdings sind beide so vollständig gleich in Form und Grösse, dass sich nur aus dem Verlaufe der Canäle feststellen lässt, welches die männliche und weibliche Geschlechtsöffnung ist (z. B. Cynthia sigiUata, Microcosmus spinosus , Forljcsella). Zumeist ist der Oeflnungs- rand glatt und annähernd kreisförmig, oft von etwas höheren Zellen gebildet, als die benachbarten Theile der Sameuleiterwand ; manchmal stellt auch die Oeffuung einen ganz feinen Querschlitz dar, der sich nur während der Ejaculation des Spermas etwas erweitert. Eine solche Erweite- rung dürfte übrigens häufig auch da eintreten, wo die Perforation kreisähn- lich gestaltet und besonders klein und schwer nachweisbar ist. Doch habe ich besondere Muskeln, von der Art, wie sie den Anus umgeben, nicht bemerkt. Ist die Oeffnung schlitzförmig, so erscheinen die Ränder zu- weilen lippenförmig verdickt und gewulstet; und die rundlich gestalteten Perforationen sind in manchen Fällen von kleinen zahn- oder lappen- förmigen Bildungen umstellt, die sich in die Cloakenhöhle hinein erheben (z. B. Ct/nthia Boret.di, Textfig. 138 C, p. 641). In seltenen Fällen sind die Lappen zahlreich und von etwas ansehnlicherer Grösse , so dass sie wie eine Kosette dem Endstück des Vas deferens aufsitzen. Bei Cynthia Jiaustor ist diese Rosette sehr regelmässig gestaltet und besteht aus sechs bis acht zierlichen Lappen (Textfig. 13SB). Sehr eigenartig verhält sich das Endstück bei Ciona. Heller hat die Mündungsstelle des Eileiters für die des Vas deferens gehalten, be- schreibt und zeichnet aber in der Nähe dieser die wahren Endcanälchen des Samenleiters als keine, schlauchförmige Drüsen. Zutreffend erkannt hat den Bau des Endstücks des Samenleiters erst Roule (1884). Wie oben bereits erwähnt wurde , verlaufen Ei- und Samenleiter der Ciona dicht nebeneinander. In der Höhe, in der der Oviduct sich in die Cloake öffnet, erweitert sich das Vas deferens zu einer recht ansehnlichen Blase. Besonders bei der Betrachtung eines medianen Längsschnittes durch diese Region wird diese Erweiterung auffallend, während sie bei der Rücken- ansicht (Textfig. 142, p. 660) Aveniger hervortritt. In geschlechtsreif en Thieren findet man diese Blase mit Spermatozoen prall erfüllt, und es ist vielleicht auch nicht unwahrscheinlich, dass sie lediglich eine vor- übergehende Erweiterung des Canallumens darstellt, die durch die Masse des Zeugungsmaterials hervorgerufen wurde, und nicht ein beständiges Organ. Nach vorn zu öffnet sich der Samenleiter nicht durch eine einzige Oeffnung, sondern durch zahlreichere Poren in die Cloakenhöhle, denn es erhebt sich hier seine Wand in etwa acht bis zwölf kurzen, cylindrischen Schläuchen, die alle an ihrer Spitze durchbohrt sind. Diese von Heller als Drüsen gedeuteten Gebilde erscheinen im Leben roth gefärbt, weil sich zahlreiche pigmentirte Mesenchymzellen in ihrer Umgebung ablagern, während die etwas verdickten Epithelwandungen selbst keine Pigmente zu führen scheinen (Roule). Ueberall, wo zahlreichere Hodenfollikel vorhanden sind , setzen sich (370 Ascidien. an floii Sainonleiter inehr oder mindei- deutlich gesonderte Vasa efferentia an. Bei reicherer Lappung und bedeutenderer Grösse des Hodens trägt der ausführende Hauptcanal nicht direct alle einzelnen Follikel, sondern es schiebt sich ein mehr oder minder reich verzweigtes Canalsystem da- zwischen ein, an dem man Nebencanäle erster, zweiter und dritter Ordnung unterscheiden kann. Es ist vielleicht nicht immer ganz leicht, das Vas deferens von den Nebencanälen erster Ordnuno- scharf abzugrenzen. So findet man z. B. in manchen Polycarpen der Gattung Folycarpa (P. viridis) die Hoden nach dem in Fig. 9 , Taf. XXVI ab- gebildeten Typus gebaut. Der Samenleiter spaltet sich in kurzer Ent- fernung von seiner Mündung in zwei Aeste, die divergirend bis an das Hinterende der Zwitterdrüse verlaufen und die Vasa efferentia der Hoden- follikel aufnehmen. Es lässt sich sowohl die Auffassuim- vertlieidio-en, dass nur das einheitliche Endstück als A^as deferens, die beiden Haupt- stänime aber als Nebencanäle erster Ordnung zu bezeichnen seien, als auch die Ansicht, dass diese letzteren dem Vas deferens zuoezählt werden müssten. Diese Meinung würde besonders der Veroleich mit anderen Polycarps nahe legen, deren Hoden, wie es Textfig. 143, p. 662, zeigt, nur einen langen mittleren Canal besitzt, der — ähnlich wie eine Blatt- rippe — durch die ganze Drüse reicht, biserial die Vasa efferentia trägt und zweifellos in seiner ganzen Ausdehnung als Vas deferens zu be- zeichnen ist. Der hintere Abschnitt dieses Samenleiters entspricht aber einem der beiden Nebencanäle erster Ordnung der vorher beschriebenen Drüsenform. Deutlicher vom Vas deferens gesondert treten zwei Nebencanäle erster Ordnung bei Ciona intestinalis auf. Aus den gelappten Hodenmassen sieht man zwei Ausführungsgänge entspringen, den einen vom Magen-, den anderen vom Darmtlieil der Zeugungsdrüse; sie treten in gerade ent- gegengesetzter Richtung aneinander und vereinigen sich zu einem un- paaren, viel umfangreicheren Samenleiter, der geradeaus nach vorn verläuft (Heller). Bei MolgiUa solenota entsteht das Vas deferens durch Ver- einigung von drei Nebencanälen; aber auch hier ist die Auffassung nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen , dass der eine von diesen, der ungefähr in der Richtung des Samenleiters verläuft und vielleicht auch ein wenig länger und stärker ist als die beiden anderen, nur als der Hinter- abschnitt des Vas deferens selbst zu betrachten sei (Fig. 15, Taf. XXVI). Die durch weitere Gabelung entstandenen Nebencanälchen zweiter und dritter 0 r d n u n g verhalten sich bei verschiedenen Individuen und selbst an verschiedenen Stellen in ein und demselben Hoden verschieden. Die Verzweigungen sind im Einzelnen so mannigfaltig und wechselnd, dass eine eingehendere Beschreibung, die mit wenigen Worten kaum zu geben ist, nicht der Mühe lohnt, zumal bislang typische Verschiedenheiten, denen eine grössere Bedeutung zukäme, nicht bekannt geworden sind und sich wahrscheinlich auch nicht vorfinden. Nur darauf möchte ich hier besonders hinweisen, dass zuweilen an den Verzw^eiounos- Grösse des Hodens. 671 stellen zumeist nur kleinere blasenfönnige Erweiterungen auftreten können. Gelegentlich können auch die Nebencanäle mitten in ihrem Verlauf in ähnlicher Weise sich erweitern, wie das Vas deferens 7ai den Samenblasen anscliwillt. Nach Heller (1874) finden sich solche ampulleiiförmige Er- weiterungen der Vasa efferentia bei Ascidia mentula. c. Die Grösse. lieber die Grösse der Hoden werden an dieser Stelle nur wenioe Angaben genügen. In allen den Fällen, in welchen beiderlei Geschlechts- producte zu Zwitterdrüsen eng verbunden sind, gelten im Grossen und Ganzen die Masse, die oben (p, 643) für die Ovarien angeführt wurden, auch für die Hoden. Freilich weichen beide Drüsen zumeist in ihrer Form so sehr voneinander ab, dass die Volumina sehr verschieden sein können, auch wenn die Längsausdehnungen die gleichen sind. Doch wird man immerhin auch über die Massen, wenigstens in manchen Fällen, bestimmtere Vorstellungen erlangen , wenn man die Mittheilungen zu Rathe zieht, die oben (p. 615 u. fg.) über die gegenseitigen Lage- beziehnngen und Gnippirungen der männlichen und weiblichen Theile in den Zwittergonaden niedergelegt sind. Uebersehen darf freilich nicht werden, dass bestimmte Angaben über die Grösse der Hoden von früheren Autoren fast gar nicht gemacht worden sind, mid dass sich oft nur aus den Abbildungen einiges erschliessen lässt. Am kleinsten sind die Hoden, die nur aus sehr wenigen oder aus einem einzigen primären Follikel bestehen; sie messen stets nur geringe Bruchtheile eines Millimeters in ihrer längsten Axe. Immerhin aber kann die relative Grösse gegenüber dem Volumen des ganzen Thieres hier eine sehr bedeutende sein. Zahlreiche Textfiguren, die dem die Ascidien- systematik behandelnden Kapitel eingefügt sind, geben über diese Grössen- verhältnisse deutlichen Aufschluss. Es dürfte hier genügen, nur einige Zahlen besonders hervorzuheben. Bei manchen Didemniden {Didemnoides macroopJiorum, Dräsche) beträg-t der Durchmesser des einzigen kugeligen Hodenfollikels Vg l^is Vö clei' gesammten Körperlänge und mehr als ^/g der Breite, bleibt aber freilich noch beträchtlich hinter der Grösse eines reifen Eies zurück. Die beiden Hodenfollikel von Diplosoma carnosiim erstrecken sich durch die ganze Breite der Ascidie und er- reichen in ihrer grössten Ausdehnung eine Länge, die nur wenig hinter der halben Körperlänge des Thieres zurücksteht. Bei den Distomiden tritt in der Eegel, obwohl die Zahl der Hodenfollikel eine grössere ist, doch die Masse der männlichen Zeugungsstoflfe ein wenig zurück. Bei Blstoma crystallhium beträgt die Hodenlänge etwa Ve? ^^^ Bistaplia luhrica \i^ der Körperlänge, sehr bedeutend wird sie bei manchen Poly- cliniden, bei denen der Hoden zumeist sehr stark in die Länge gezogen erscheint. Bei Pohjclinoides diaphanum z. B. ist der Hoden etwa nur ^/j, bei Psammaplidinm ohcsum ^j^, bei Amaroucimn proliferuni Vai ^^ßi Circi- i> g'72 Ascidien. naliuni concrescens, Aj'iUdium aspcriim nahezu ^j.^, bei Amaroucium simplcx etwas mehr als V21 ^^i Amaroucium flavo-Uneaküu Sluiter fast ^/g so lang als die Hauptaxe des Körpers. Da die Grösse der einzelnen HodenfoUikel bei den verschiedenen Species beträchtlich scliwanken kann und selbst individuelle Unterschiede zeigt, so ergiebt sich, dass die Gesammtgrösse der Hoden nicht immer proportional der Follikelzahl zunimmt. Es ist selbstverständlich, dass die Hodengrösse zu verschiedenen Lebenszeiten des Thieres variirt und zur Zeit der männlichen Geschlechtsreife am grössten ist. Alle hier angeführten und noch anzuführenden Zahlen beziehen sich auf diesen letzten Zeitpunct. Sind in einem Thiere zahlreiche Hoden vorhanden, so sind diese natürlich immer nur klein. Ist jeder dieser Hoden mit einem Eierstock zu einer Zwittergonade verbunden, so sind beide Drüsen von annähernd gleicher Grösse, wenigstens scheinen mir die Unterschiede nicht wichtig genug zu sein, um hier die Angaben, die ich oben (p. ()43 u. fg.) für gewisse Polycarps resp. Ovarien gemacht habe, nocJi zu ergänzen, und das Gleiche gilt, freilich nur ganz im Allgemeinen, wenn neben den zahlreichen Hoden auch viele gesonderte weibliche Polycarps bestehen. Das ist z. B. unter den Cynthideen (Styelinen) in der Gattung Heterocarpa der Fall, bei der rechts acht bis zehn isolirte Ovarien, links circa zehn Hoden liegen, die alle von eiförmiger oder kugelähnlicher Gestalt sind und un- gefähr 0,6 bis 0,8 mm im Durchmesser erreichen. Ebenso kommen zahl- reiche getrenntgeschlechtliche Polycarps in der Familie der Polystyeliden vor; die meisten dieser Arten hat neuerdings Micha eisen (1900) unter dem Gattungsnamen Älloeocarpa zusammengefasst, und überdies finden sich derartige Geschlechtsorgane bei Chorkocormus und Synstijela. Bei A. Zsclmui sind die grössten Hodenbläschen 1,2 mm lang, 0,5 mm dick, die Eierstöcke etwa 0,9 mm lang, 0,4 mm dick; bei A. Bridgesi schwankt die Grösse der Gonaden sehr bedeutend, die grössten männlichen sind 1,5 mm, die weiblichen nur 0,7 mm lang, und auch bei A. intermedia und A. Emilionis bestehen ähnliche Grössenunterschiede, während bei Synstyela incrustans Herd, die Ovarien etwas grösser zu sein scheinen. Bemerkenswerther sind aber die Grössenunterschiede bei den Arten, die zahlreiche Hoden aber nur wenige Ovarien besitzen, wie es bei manchen Styela, bei Styelopsls und verbreiteter unter den Molguliden \qx- kommt (zahlreiche Molgula, Gamaster, Eugyriopsis, Ctenicella rugosa), bei denen aber allerdings zuweilen die ursprünglich getrennten und mit je einem selbstständigen Vas deferens ausgestatteten Hoden mehr oder minder innig verwachsen und ineinander fliessen können. Während in diesen Fällen die Ovarien viele Millimeter und selbst mehrere Centimeter lange Körper darstellen, sind die Hoden viel kleiner, und zwar im All- gemeinen umso weniger umfangreich, in je bedeutenderer Zahl sie vorkommen. Bei Styela armata, bei der freilich die Zahl und Grösse der einzelnen Hoden recht erhebliche Verschiedenheiten darbieten können, beträgt das Grösse der Hodendrüse und des Samenleiters. 673 Volumen mancher männlichen Drüsen fast den vierten Theil des Ovariums, während andere wieder viel weniger als '/lo messen: die Hodenlängen schwanken etwa zwischen 1 und 4 mm (vgl. Textfig. 121, p. 500). Bei StyeJa variahilis sind die Hodenschläuche sehr zahlreich und sehr klein im Ver- gleich zu den langen, geschlängelten Ovarien: sie erreichen eine Länge, die l mm niemals viel iihertrilft (Fig. 1 u. 20, Taf. XXVI). Bei den Molguliden liegen beiderlei Geschlechtsdrüsen entweder unmittelbar aneinander gepresst oder doch wenigstens in naher Nachbarschaft, und die zahlreicheren Hoden finden sich stets an einer bestimmten Körperstelle sämmtlich nahe bei einander. Dadurch lassen sich die Massen der männlichen und weib- lichen Zeugungsstoffe leichter miteinander vergleichen, und man kann sich in den meisten Fällen unschwer davon überzeugen, dass beide an- nähernd gleich oder doch wenigstens nicht allzusehr verschieden sind. Die Grösse des Einzelhodens bestimmt sich also ungefähr nach der Anzahl der Drüsen. Bei Garnaster dakarensls erreicht jeder der zehn zu einer Rosettenfigur angeordneten verzweigten Hodenschläuche eine Länge von etwa 2 bis höchstens 3 mm, oder circa Ve ^is V.-, tler Ovariallänge; bei Molgula roscovifa, M. ampidloides. M. simplex, M. ocidata (Fig. 14, Taf. XXVI) u. s. w. verändert sich mit der wechselnden Zahl der Hoden bei verschiedenen Individuen und selbst rechts und links in ein und demselben Thier die relative Grösse gegenüber dem benachbarten Ovarium , und überdies treten bedeutende Verschiedenheiten in der Grösse selbst der nebeneinander liegenden Hoden auf. üni nur ein Beispiel besonders zu nennen, so schwankt die Grösse der einzelnen Hoden bei M. ocidata zwischen 5 und 10 mm, während das Ovarium, dem sie quer aufgelagert sind, über 4 cm misst. DieGrösse des Samenleiters zeigt ähnliche Verschiedenheiten wie die des Eileiters. Da das Vas deferens fast immer nur einen dünnen Canal darstellt, kommt hier nur seine Länge in Betracht, die sich frei- lich sehr variabel erweist. Nicht nur bei den verschiedenen Arten, son- dern auch bei verschiedenen Individuen einer Species und selbst an den verschiedenen Hoden ein und desselben Thieres beobachtet man erhebliche Längenunterschiede. So schwankt z. B. die Länge der schlauchförmigen, am Ende roth gefärbten Vasa deferentia bei Stolomca aggregata zwischen 0,5 mm und 2 mm; freilich variirt hier auch die Grösse der rosetten- förmigen Drüsentheile von 0,5 bis 1 mm Durchmesser. Bei Synascidien lässt sich sehr häufig leicht feststellen, dass die Länge des Samenleiters in vollster Abhängigkeit von der Lage der Hodenfollikel steht. Wo diese weit hinten im Abdomen oder Post- abdomen ruhen, muss nothwendiger Weise der ausführende Canal eine sehr ansehnliche Länge besitzen, um die Spermatozoon bis zur Cloake zu leiten (vgl. die Textfiguren im systematischen Theil). Wo aber, wie fast überall bei den Monascidien, die männlichen Drüsen den Peri- branchialräumen und der Cloakenhöhle ganz nahe liegen, würde sehr häufig ein viel kürzerer Canal, als er in Wirklichkeit vorhanden ist, aus- Bronn, Klassen des TLier-Reiehs. lU. Spplt. 43 g74 Ascidien. reichend sein. Freilich ist das Vas deferens oft auch nur gerade so lang, dass der Anschluss an die Peribranchialwand erreicht wird, andererseits aber ist bei manchen Arten derselben Gattung eine Streckung des Samen- leiters eingetreten , so dass dessen Mündung von den Hodenfollikeln weiter entfernt und in die Nähe der Oviductötfnung verschoben wird. Eine Vergleichung der Abbildungen auf Taf. XXVI erweist das für die Gattungen Molgula, Ctenicella und Eugyriopsis. Die bedeutendste Ver- längerung erfährt das Vas deferens bei Ciona, Ascidia und den ver- wandten Formen, und es erreicht liier die Länge des Eileiters, dem es auch in seinem Verlaufe folgt. Die oben (p. 644) für den Oviduct angeführten Zahlen gelten daher auch für das Vas deferens. Die Mündungen der Geschlechtsdrüsen rücken auf diese Weise in den vordersten Theil der Cloakenhöhle, in die nächste Nähe der f^gestionsöfFnung, so dass die Zeugungsstoffe sofort das Thier verlassen können, ohne im Cloakenraum länger verweilen oder diesen ganz durchwandern zu müssen. Wo bei ein- fachen Ascidien die Entwickelung der befruchteten Eier innerhalb des Mutterthieres im Peribranchialraum erfolgt, wird man in der Regel voraus- setzen dürfen, dass die Geschlechtsorgane in beträchtlicherer Entfernung von der Egestionsöffnung weiter hinten im Cloaken- oder Peribranchial- raum ausmünden. d. Die Farbe. Die Färbung der Hoden bietet nur wenig Bemerkenswerthes. Wenn zur Zeit der männlichen Geschlechtsreife die Drüse mit Spermatozoen erfüllt ist, erscheint sie häufig in etwas anderem Farbenton als vorher; sie hebt sich dann gewöhnlich durch ihr milchweisses Aussehen von den Nachbargeweben ab und tritt besonders bei vielen Cynthideen scharf her- vor, deren andere Organe, wie selbst auch die Eierstöcke, melir oder minder intensiv rotli gefärbt sind {ßtyelopsis, Polycarpa tuberosa). Bei Cyntliia mortis erscheinen die Hodenläppchen schmutzig weiss oder hell- grau und setzen sich deutlich von den ziegelrothen Ovarialtrauben ab. Oefters nehmen sie einen gelblichen Ton an, wälu-end die Ovarien roth oder violett sind {Cipithia sigillata, Stolonica aggregata). Mehr oder minder ausgesprochen roth ist übrigens bei Stolonica auch das etAvas erweiterte Ende des Samenleiters. EtAvas lebhafter orangegelb sind die Hoden des Microcosmus spinosus gezeichnet, während die Ovarien noch dunkler rosa- farben mit einem Stich ins Violette erscheinen. Dunkler orangeroth ge- färbt sind die Hodenbläschen der Heterocarpa glomerata, deren reife Ovarien bis auf die ungefärbten kurzen Eileiter mit fast blutrothen Pig- menten durchsetzt sind. in allen Fällen scheinen die verschiedenen Färbungen auf Pigmenten zu l)eruhen, die in den Wandungen des Hodens abgelagert sind, Avährend die Spermatozoen selbst ganz farblos erscheinen. Zahl der Hoden. 675 ('. Die Zahl. Die Allgaben, die oben (p. 649 u. fg.) über die Anzahl der Ovarien ge- macht worden sind , gelten znm grossen Theil anch für die Hoden, da die meisten Zwitterdrüsen sich immer nur aus einem männlichen und weiblichen Theil zusammensetzen. Eine Besprechung erfordern daher nur die Fälle, in denen entweder Hoden und Ovarien vollkommen von- einander getrennt sind, oder die Zwittergonaden aus einer verschiedenen Zahl männlicher und weiblicher Drüsen sich aufbauen. Das findet sich bei vielen Molguliden und Cynthideen (besonders bei Styelinen) und unter den Synascidien bei Botrylliden und Polystyeliden verwirklicht. Bei den Botrylliden scheint jederseits stets nur ein Hoden vor- handen zu sein, auch Avenn die Zahl der nur ein Ei führenden Ovarien beträchtlicher ist. In alten Thieren sind zuweilen nur diese paarigen Hoden vorhanden, weil die Eierstöcke bereits eine frühe Bückbildung erfahren haben {Botrylloides fiägurale, Folycydus Jcff'reysi, Sarcohotrylloidcs purpureum); manchmal konnten allerdings wieder keine Hoden nach- gewiesen werden {Sarcohotrylloidcs pannomm). Die Gattung Symplegma hat nur einen Hoden, der mit dem Ovarium zu einer unpaaren, in der Darmschleife liegenden Zwittergonade verbunden ist. Besondere, von den weiblichen Geschlechtsorganen getrennte Hoden finden sich unter den Polystyeliden bei Älloeocarpa^ Chorisocormus, einigen Synstyela. Ä. Zscliani besitzt links ca. 20 Hoden (rechts ca. 20 ? Polycarps), A. Emilionis ca. 12 männliche (ca. 18 weibliche), Ä. inter- media ca. 9 (ca. 12 weibliche) , A. Bridgcsi nur eine bis fünf männliche Gonaden (rechts zahlreiche Ovarien). Unter den Monascidien zeigt Heterocarpa glomerata eine ähnliche Vertheilung der Geschlechtsdrüsen: nur links liegen die kugeligen Hoden, circa zehn an der Zahl, rechts finden sich acht bis zehn Ovarien. Bei Stolonica aggregata zählt man links etwa IV2 Dutzend, rechts vorn etwa V2 Dutzend als Hoden functionirende Gonaden, während nur etwa sechs bis neun in weiblicher Thätigkeit begriffen sind, gleichwohl aber neben dem Oviduct einen langen Samenleiter tragen. Sehr verschieden ist die Zahl der Ovarien und Hoden bei manchen von den Styela, denen eigentliche Zwitterdrüsen fehlen, weil männliche und weibliche Drüsen ganz selbstständig und unabhängig bleiben. Bei Styela armata (Textfig. 121, p. 500) beobachteten La caze -Duthi er s und Delage jederseits etwa V2 Dutzend sehr verschieden grosser Hoden (jederseits nur ein Ovarium); hei Styela variahilis (Fig. 1, Taf. XXVI) steigt die Hodenzahl auf jeder Seite bis über 50 und 100, während sich nur zwei Eierstöcke finden. Auch unter den Molguliden sind nicht immer Hoden und Ovarien zu Zwitterdrüsen eng verbunden, sondern zuweilen liegen beide zwar ziemlich nahe aneinander gerückt, behalten aber ihre volle Selbstständigkeit, so dass sie sich bei aufmerksamer Präparation voneinander trennen lassen. 43* G7G Ascidien. In diesem Falle ist mitunter die Zahl der Hoden ganz erheblich viel oTösser als die der Ovarien. Bei Gamaster daharensis liegt rechts ein umfangreicher schlauchförmiger Eierstock, und vor ihm finden sich zehn verzweigte, um einen Mittelpunct radiär gestellte Hodenschläuche, die alle selbstständig am inneren Ende durch je einen kurzen Samenleiter in den Peribranchialraum münden. Pizon giebt freilich ausdrücklich an, dass bei Gamaster stets 12 Hodenschläuche vorhanden seien, von denen allerdings zwei Paare zu je einem gemeinsamen Vas deferens sich vereinigen. Dieser Gegensatz beweist, dass die Bestimmung der Anzahl der Hoden ebenso unsicher sein kann, wie wir es oben (p. 654) für die Ovarien gefunden Fig. 145. o,v h. \h. Geschlechtsapparat von Gamaster daharensis. (Nach Pizon.) '^/i- h = Hodenschläuche; h, = die beiden Schläuche, die angeblich aus Verschmelzung von je zwei gesonderten entstanden sind; ov = Ovariura, nur theilweise gezeichnet. Die Zeichnung ist so orientirt, dass das Yorderende des Organs nach reclits gekehrt erscheint. haben, obwohl meines Eraclitens die Zahl der selbstständigen Aus- führungsgänge von wesentlicher Bedeutung ist, wenigstens insofern, dass man niemals mehr selbstständige Hoden zählen darf, als Vasa deferentia vorhanden sind. Es giebt Hoden, die aus einer grösseren oder geringeren Anzahl ziemlich scharf abgegrenzter Gruppen bestehen, aus Follikel- gruppen, die gewiss noch schärfer gesondert erscheinen, als die beiden Theile eines Hodens bei Gamaster., die Pizon als zwei selbstständige Drüsen auffasst, und doch werden diese Hoden (vgl. z. B. Fig. 15 u, 18, Taf. XXVI) allgemein nur als ein Zeugungsorgan und nicht als mehrere betrachtet, weil ein einheitliches Canalsystem und ein Samenleiter sie verbindet. Bei Gamaster werden die zahlreicheren Hoden und das Ovarium zumeist unter der Bezeichnung einer Z witt ergo n ade zusammen- Verschicrlenlieit der Znlil der Hoden und Ovarien. 677 gefasst, und da bei fast allen anderen Molguliden die männlichen und weiblichen Drüsen so dicht und eng nebeneinander liegen und überdies durch Bindegewebe miteinander fester verbunden sind, dass sie ein wahres ZAvitterorgan bilden, lässt sich aus vergleichend anatomischen Gründen gegen diese Betrachtungsweise kaum ernstlich Widerspruch erheben. Auch bei Ctenicclla tmnulus, bei der die Drüsen auf beiden Seiten des Thieres und nicht nur rechts, wie bei Ganiaster, auftreten, sind nach Pizon die Lagebeziehungen der Hoden und Ovarien ganz ähnliche, nur scheinen die Organe noch etwas näher aneinander gerückt zu sein, so dass sie, vielleicht mit mehr Recht als bei Gamaster, als eine Zwittergonade be- zeichnet werden konnten. Bei Ctem'cella vereinigen sich aber alle radiär gestellten Hodenschläuche zu einem kurzen, gemeinsamen centralen Vas deferens, und man kann daher nur einen Hoden jederseits zählen. Zumeist aber liegen bei den Molguliden, wie oben erwähnt Avurde, Hoden und Ovarien eng verbunden nebeneinander, und während der Eier- stock einfach und ungetheilt bleibt, können neben ihm zahlreiche selbst- ständige Hoden, jeder mit einem eigenen Vas deferens, auftreten. Doch ist es dann nicht immer ohne Weiteres klar, wieviel Hoden eigentlich zu zählen sind, wenn man die Anzahl der Samenleiter nicht als das einzige den Ausschlag gebende Merkmal gelten lassen will. Bei CfeniceUu nigosa und Ct. Lebnmi zählt Pizon (1898) jederseits nur einen Hoden, obwohl bei der ersteren Art zwei, bei der letzteren sogar drei gesonderte Samenleiter neben dem Oviduct verlaufen und auf eigenen Papillen in den Peribranchialraum sich öffnen, und ebenso beurtheilt Roule (1885) die Verhältnisse bei Eiigyriopsis Lacazei (Fig. 17, Taf. XXVI), liei welcher die dem einzigen links gelegenen Ovarium dicht angeschmiegten Hoden- massen durch drei oder vier kurze, voneinander und vom Oviduct ver- hältnissmässig weit entfernte Samenleiter mit dem Peribranchialraum ver- bunden werden. Die Annahme, dass in diesen Fällen nur ein Hoden vorhanden sei, der mehrere Vasa deferentia zur Entwickelang gebracht hat, scheint in Rücksicht darauf, dass bestimmte zu den verschiedenen Samenleitern gehörende Regionen im Drüsentheil des Hodens sich nicht nachweisen lassen, sondern dass dieser ganz einheitlich erscheint, gewiss in hohem Masse gerechtfertigt. Ganz ähnlich verhalten sich Molgula siplw- nalis und M. amiyulloUles^ deren Hoden den Ovarien dicht aufliegen und jederseits als eine zusammenhängende, ungetheilte Masse mit zwei oder drei, zuweilen mit noch zahlreicheren Samenleitern in die Peribranchial- räume münden. Allerdings hat in Bezug auf M. ampuUoides Heller (1877) dieser übereinstimmenden Darstellung Van Beneden's (1847) und Lacaz e-D uthiers' (1877) widersprochen, denn er behauptet, dass jederseits nur ein neben dem Oviduct verlaufendes Vas deferens vor- handen sei, und dass die von den früheren Autoren für mehrere selbst- ständige Samenleiter angesehenen Gebilde lediglich ,. einfache Gefäss- stränge sind, welche von der Geschlechtsdrüse nach innen zur Kieme verlaufen". Es erklärt sich aber dieser Gegensatz daraus, dass Heller's (J7g Ascidion. „Gipitnocijstis ampuUoidefi^'' mit Van Bon e de n 's Form nicht identisch ist, und es hat daher bereits Dräsche (1S84) jene in Molguhi. Helleri um- getauft. Bei mehreren 3IolguIa-'F ormen ist die Auflösung der Hodenmassen auf jeder Seite noch weiter vorgeschritten als bei Mohjula amimlloidcs, und es liegen dann zahlreiche gesonderte, mit je einem Samenleiter versehene Hoden am und um den Eierstock. Zur Zeit der Geschlechtsreife wachsen und vermehren sich die Follikel uiul legen sich dann immer dichter an- einander, so dass die einzelnen Hoden nicht mehr scharf voneinander gesondert sind, und es mag dann auch in der That stellenweise zu einer vollkommenen Verwachsung und zur Vereinigung von zwei oder mehreren Hoden einer Seite kommen.- Bei Molgula roscovita und 31. oculata (Fig. 14, Taf. XXVI) beträgt die Zahl der selbstständigen Hoden jeder- seits oft ein Dutzend und sogar noch etwas mehr, aber sie schwankt rechts und links in ein und demselben Thier und auch bei verschiedenen Individuen einer Art. Bei M. siniplcx scheinen die Hoden viel weniger zahlreich, aber auch nur so wenig scharf voneinander getrennt zu sein, dass die Zeichnungen Lacaze - Duthiers' eine fast einheitliche Hodenmasse erkennen lassen, aus der sich zwei oder drei Samenleiter erheben. Auch bei Styelopsis grossularia unter den Styelinen zeigt die einzige Zwitterdrüse, die auf der rechten Körperseite ventral gelegen ist, einen ähnlichen Bau wie bei diesen Molguliden, d. h. neben dem Ovarium zahl- zeiche Hoden. Die Zahl der Hodenbläschen, die vorwiegend an den beiden Seiten des bandförmigen Ovariums gelagert sind, variirt bei den verschiedenen Thieren sehr bedeutend: bei grossen, zu Aggregationen ver- bundenen Thieren finden sich bis zu 100 und mehr, ungefähr 50 jeder- seits; bei den kleineren, solitären nur etwa 80, 35 — 40 auf jeder Seite. An jedes Hodenbläschen schliesst sich ein verhältnissmässig langer Aus- führungscanal , und je etwa 6 — 12 dieser münden durch einen gemein- samen Perus in den Peribranchialraum. Im Ganzen zählt man bei den verschiedenen Individuen circa 15 oder auch nur 8 — 12 männliche Ge- schlechtsöff'nungen, die alle in einer über der Mitte des Ovarialschlauchs verlaufenden Linie angeordnet sind (Textfig. 141, p. 658). Da die ver- schiedenen Hodenbläschengruppen, die an den verschiedenen Poren münden, untereinander keinerlei Verbindungen besitzen, müsste man mindestens soviel gesonderte Hoden zählen, als Geschlechtsöffnungen vorhanden sind, also 8 — 15. Nur ganz ausnahmsweise beobachtet man, dass zwei Geschlechtsöffnungen durch einen kurzen Längscanal miteinander verbunden sind, dass also dann zwei ursprünglich getrennte Hoden sich zu einem vereinigen. Stellt man sich vor, dass ein vollständiger Längs- canal über die Mitte des ganzen Ovarialschlauchs hinwegzöge und alle männlichen Geschlechtsöffnungen in sich aufnähme, so wäre mit einem einheitlichen Vas deferens für alle die zahlreichen Hodenbläschen eine solche Form der Zwitterdrüse gewonnen , wie sie bei Cynthia und ver- Umbildung der Atrialräuiue zum Brutraum. t)79 waiulteii Gattungen vorkommt. Es mag aber dahingestellt bleiben, ob der männliche Geschlechtsapparat der Stijdops/s in der That aus einer derartigen Auflösung einer ursprünglichen cynthienälmlichen Zwitterdrüse entstanden ist, oder nicht. 4. Die Bruträume und der Brut sack. Bei den Synascidien und einer ganzen Anzahl Monascidien uelanoen die Eier unmittelbar nach ihrer Befruchtung nicht nach aussen, sondern bleiben im Mutterthier zurück, um hier die Entwickeluno- bis zur frei- schwimmenden Larve zu durchlaufen. Es ist schon oben (p. 629) er- wähnt worden, dass bei den Didemniden und Diplosomiden, denen ein Oviduct fehlt, die reifen Eier in die Leibeshöhle fallen und von da nach Durchsetzung der Leibeswand in den gemeinsamen Cellulosemantel ge- langen, um in diesem zu Larven sich zu entwickeln. Wahrscheinlich dürften dabei die Eier, wie schon Della Valle (1882) beobachtete, zunächst in eine bruchsackartige Ausstülpung des Ektodermepithels hineingelangen, die später zu einer gestielten Blase wird und sich entweder abschnürt, oder einreisst. Besondere Yomchtungen und neue Gebilde, die etwa dem Embryo den Aufenthalt im Mutterthier oder im Stock ermöglichten, treten aber hier nicht auf. Das Gleiche ist auch bei den meisten anderen Ascidien der Fall, bei denen die Eier durch einen Oviduct in die Cloake oder in die Peri- branchialräume gleiten, um, geschützt in diesen, zu Larven sich aus- zubilden. Der Raum, in welchem die Entwickeluno- vor sich geht, wird als Brutraum bezeichnet, doch ist dieser zumeist keine Neubildung, die nur deshalb auftritt, um die Embryonen in der Ascidie festzuhalten, sondern er stellt lediglich einen durchaus unverändert gebliebenen Ab- schnitt des Peribranchial- oder Cloakenraums dar.*) Bei besonders reicher Eiproduction und Fertilität können diese Höhlungen zum grossen Theil von Embryonen und Larven erfüllt sein. Meist aber trifft man diese vor- herrschend entweder in der Cloake {Distoma crystallimmi, vgl. Textfig. im XVI. Kapitel), oder in einer oder in beiden Peribranchialhöhlen an {Clavelina Fig. 1, Taf. VIII). Es erscheint selbstverständlich, dass diese Räume sich dann, wenn die Erabryonenzahl besonders gross ist, mehr oder minder weit ausdehnen und erweitern müssen. Ist der Kiemendarm weit und gross, so wird seine Wand durch die heranwachsenden Embry- onen sehr häufio- o-anz beträchtlich tief eingefaltet, weil sie nur einen erheblich geringeren Widerstand darbietet, als die LeibesAvand. Es kann aber auch diese an den Stellen, wo die Embryonen liegen, mehr oder *) Es ist wohl ein Irrthuiii , wenn Gottschaldt (1894) angiebt. dass bei Foly- clinapsis Haeckeli die reifen Eier, die am oberen Ende des Postabdomens sich an- gesammelt haben, in den Kiemendarm eindringen und diesen als Brutranm benutzen, wenn- gleich die Möglichkeit vorhanden ist, dass bei Erweiterung der Kiemenspalten ein Durch- tritt durch die Kiemen wand erfolgen könnte. (jgQ Ascidion. minder weit nach aussen vorgohuchict werden, und dann entwickeln sicli oft besondere Brutsäcke. Peribranchialräume und Cloakenhölile sind, wie oben (p. 495) aus- geführt Avurde, von Trabekeln durchsetzt, und zuweilen sind diese gerade in den Abschnitten, in denen die Embryonen sich finden, besonders zahl- reich und kräftig {Stt/elo2)sis) -, das sind aber dann auch die einzigen Eigenthümlichkeiten, die den sogenannten Brutraum auszeichnen. Durch die Trabekel werden die an und zwischen ihnen liegenden Embrj'oneu gegen den Druck geschützt, der von der Leibeswand und der Kiemen- wand auf sie ausgeübt werden müsste, wenn bei starken Contractionen des Thieres das Volumen der Peribranchialräume sich verringert. In diesem Brutraum schlüpfen die freischwimmenden Larven aus, und ge- legentlich treten sie sogar hier, ohne das Mutterthier zu verlassen, in die Metamorphose ein, indem sie sich an den Trabekeln oder der Kiemen- Avand festsetzen. Soweit ich sehe, sind die Bruträume, die bei einer Anzahl Mou- ascidien bekannt geworden sind, durchAveg nur solche fast unveränderte oder etwas stärker erweiteiie Abschnitte der Atrialräume. Hartmeyer (1899) ist ganz im Keclit, Avenn er annimmt, dass Bruträume unter den arktischen Monascidien viel verbreiteter vorkommen dürften, als es bis dahin bekannt geworden Avar. Seither hat Michaelsen (1900) Brutpflege bei einigen antarktischen Formen (Sti/ela Faessleri, Molgula piriformis) be- schrieben, und auch einige Molgula nana von der skandinavischen Küste, die ich der Freundlichkeit HeiTn Dr. Appelöf s verdanke, Avaren mit zahlreichen Embryonen und Larven erfüllt. Bei diesen Monascidien und bei Ctenicella {Litlionepliria) eiujijranda (Giard 1881) liegen die Embryonen in den Peribranchialräumen , und ebenso finden sie sich bei Stolonica aggregata im hinteren ventralen Theil des rechten Peribranchialraums, wo die Ovarien münden. Ganz ähnlich verhält sich Styelopsis grossularia, deren Eileiter hinter dem Bereich des Kiemendarms in den rechten Peribranchialraum sich öffnet (vgl. Text- figur 119, p. 491). Da hier das HinterAvandseptum beide Peribranchial- höhlungen noch trennt, erscheint also die rechte zum Brutraum, „cavite incubatrice" der französischen Autoren, erweitert. Nicht anders kann es meines Erachtens bei Heterocarpa (Poli/carpa) glomerata sein, bei der allerdings die letzten Autoren Lacaze-Duthiers und Delage keine Brutpflege beobachtet zu haben scheinen, Avährend Heller „am hinteren Ende des Peribranchialraumes einen erweiterten Brutbehälter, in Avelchem sich Eier in verschiedenen Stadien der Entwickelung, soAvie auch bereits ausgeschlüpfte, geschwänzte Larven vorfinden", beschreibt. Bei den drei Arten der Gattung Z)ewc7rotZoa fand Ha rtm ey er (1899) sehr verschiedene Verhältnisse. D. Kukenthali Hess weder einen Brut- sack, noch Eier und Embryonen im Peribranchialraum erkennen; D. glan- daria zeigte den ganzen Peribranchialraum mit geschAvänzten Larven an- gefüllt, Avährend B. lincata constant mit einem länglichen, nierenförmigen Bruträume der Stycliiirii. 681 „Brutsack" versehen war. üeber den Bau dieses letzteren giebt die Be- schreibung Hartmeyer 's Iveinen genügenden Aufschhiss; es scheint aber, dass der Autor in ihm nicht nur eine Erweiterung des Peribranchial- raums, sondern ein besonderes Organ erkannt zu haben glaubt, das „theils unterhalb der Basis des Kiemensackes, theils der rechten Seite desselben angelagert im Peribranchialraum" liegt und ,,mit seinem hinteren Ende unmittelbar an die Oeffnung des basalen Gonadenastes" grenzt. Im Brutsack fanden sich nur Eier und Embryonen, aber keine geschwänzten Larven. Hartmeyer ist der Ansicht, dass der Brutsack der Dendrodoa nur ein temporäres Gebilde sei, ,, dessen Entstehung von dem Vorhanden- sein befruchteter Eier abhängig ist. Die Eier entwickeln sich in dem- selben bis zur ausgebildeten, geschwänzten Larvenform. Letztere sprengt dann durch active Bewegung die Umhüllung und verbleibt noch geraume Zeit im Peribranchialraum des Mutterthieres , um sich dann unmittelbar nach Verlassen des letzteren festzusetzen. Der Brutsack fällt während dieser Zeit einem Resorptionsprocess anheim". Ueber den Ursprung und die Bedeutung der „Umhüllung", die den Brutsack umgrenzt und gegen den Peribranchialraum zu abgrenzen soll, hat sich unser Autor nicht ausgesproclien, und ich vermag nicht zu erkennen, in welcher Weise sie sich bilden könnte. Dass hier in einer ähnlichen Weise, wie es bei manchen Synascidien der Fall sein soll, der Endabschnitt des Oviducts sich sack- artig erweitert und einen Brutsack bildet, scheint mir in allerhöchstem Masse unwahrscheinlich zu sein. Vielmehr möchte ich glauben, dass die Verhältnisse bei Dendrodoa so liegen wie bei Stijelopsis, d. h. , dass der sogenannte Brutsack lediglich der hinterste erweiterte Theil des rechten Peribranchialraumes ist, der durch das Hinterwandseptum vom linken ge- schieden erscheint. Ob er von dem vorderen Abschnitt der Peribranchial- höhle vielleiclit durch stärkere Trabekel oder ein Secundärseptum schärfer, als es sonst der Fall ist, abgegrenzt ist, vermag ich nicht zu entscheiden, obwohl ich kaum annehmen möchte, dass nur bei dieser Gattung eine vollständio-e horizontale Scheidewand im hinteren rechten Peribranchial- 'ö' räum auftritt, die einen allseitig gänzlich abgeschlossenen Brutraum schafft. Wahrscheinlich werden auch hier, wie sonst überall, die Larven dadurch ihren Weg in die Cloake nehmen, dass sie zwischen den viel- leicht nur dichter stehenden Trabekeln hindurch nach vorn wandern. Ich glaube also, dass der ,, Brutsack" allseitig vom Peribranchialepithel selbst direct umgrenzt Avird, und es mag vielleicht sein, dass dieses im Bereiche dieser Region etwas anders als an den übrigen Stellen difterenzirt sein möchte. Vielleicht erscheint auch dieser hintere Abschnitt des Peri- branchialraumes bei einigen Ascidien deshalb verschieden und schärfer abgegrenzt, weil das umgebende Mesenchym und die Muskulatur der Leibeswand hier ihr Aussehen verändern. Bei den meisten Synascidien erfolgt die Entwickelung der Eier im Peribranchialraum oder in der Cloakenhöhle; entweder functioniren diese, ohne sich wesentlich zu verändern, als Brut räume, oder es ßg2 Ascidien. treten besondere Brutsäcke auf. In weitaus den meisten Fällen ist das erstere zu beobachten (die meisten Polycliniden, Claveliniden, Pero- phoriden, Botrylliden, Polystyeliden), und man bemerkt zunächst die Eier, wenn erst wenige ausgetreten sind , nur in der Nachbarschaft der Ei- leitermündung, wenn aber sehr zahlreiche Embryonen vorhanden sind, so schieben sie sich immer weiter in die Cloako und Peribranchialräume vor, um diese in seltenen Fällen fast ganz zu erfüllen oder auch stellenweise auszuweiten. Solche Erweiterungen sind im einfachsten Fall nur ganz vorübergehender Natur; sie bilden sich nur dann, wenn hier Embryonen vorhanden sind, und passen sich in der Form diesen ganz an, d. h. sie nehmen mit dem Wachsthum der Embryonen an Umfang zu. Sind nur Avenige Embryonen vorhanden, so lässt sich oft deutlich erkennen, wie diese im Cloakenraum in einer ganz bestimmten Weise angeordnet sind, der Art, dass zu unterst die jüngsten , weiter vorn die ältesten Stadien liegen. Bei Fragaroides aurantiactim findet man zuweilen nur einen oder zwei, zumeist drei oder auch vier Embryonen gleichzeitig im rechten Cloakentheil. Die Embryonen sind in einer Längsreihe angeordnet, und jeder hat eine besondere Erweiterung des Cloakenraumes hervorgerufen. Diese Anordnung in einer Altersreihe würde nichts Auffallendes bieten, wenn, wie es ja in der That auch bei manchen Ascidien vorkommt, der Oviduct sich am hintersten Cloakenende, da, wo der jüngste Embryo liegt, öffnete. Allein bei Fragaroides sieht man den Canal, dem Rectum angeschmiegt, bis viel weiter nach vorn reichen, etwa bis über die Mitte des Cloakenraumes hinaus, während der jüngste Embryo im hintersten Cloakenabschnitt liegt. Wie aber oben (p. 642) schon bemerkt wurde, soll nach Maurice die Oviductöfifnung einen langen Schlitz bilden, der vom Vorderende des Eileiters bis zum Grunde der Cloakenhöhle reicht, so dass hier immer noch Eier austreten und befruchtet werden können, auch wenn weiter vorn bereits ältere Embryonen vorhanden sind. Etwas höher differenzirt erweisen sich die Brutapparate bei manchen anderen Polycliniden, und in der vollendetsten Ausbildung treten sie bei Distomiden auf. Doch oft verhalten sich nicht alle Species einer Gattung in dieser Beziehung gleichartig, sondern die einen bewahren ihre Atrial- räume stets unverändert, auch wenn sie mit Embryonen und Larven er- füllt sind, die anderen entwickeln einfache oder complicirtere Brutsäcke. Dieses Vorkommen beweist, dass diese letzteren mehrmals selbstständig in verschiedenen Gruppen phylogenetisch entstanden sind. So besitzt z. B. Ämaroucium simplex noch keinen besonders differenzirten Brutraum, sondern Eier und Embryonen liegen im unveränderten Peribranchialraum (Sluiter, 1898). Bei A. rosemu liegen sie im dorsalen, als Bruthöhle functionirenden Abschnitt des Cloakenraumes hintereinander, und dieser erscheint bereits durch eine in frontaler Richtung, also parallel zur Rücken- seite, verlaufende Falte unvollkommen von dem ventralen, die Fäces ent- haltenden abgegrenzt. Salensky (1892) hat diese Falte vielleicht nicht sehr passend als Place ntaf alte bezeichnet; sie verläuft nicht conti- Brutsäcke als Ausstiilpungon ilor A(ri;ilraiinie. 683 miirlicli und ganz gerade, sondern legt sich um jeden einzelnen Embiyo ringförmig herum, erfährt also Unterbrechungen. Ganz ähnlich verhalten sich nach Salensky auch Fmgarium areolatum und Circincdium con- crescens, während bei Amaroucium fusciim nach Dräsche (1883) besondere Brutsäcke ausgestülpt werden, die bei verschiedenen Individuen eine wechselnde Länge besitzen und, wie bei vielen Distoraiden, mit zahl- reichen PJmbryonen erfüllt sind. Meines Erachtens stellen uns die von Salensky beschriebenen Formen der Bruthöhlen durchaus nicht ganz eigenartige und den anderen Synascidien fremde Verhältnisse dar, sondern es handelt sich bei ihnen lediglich um schärfer differenzirte, durch besondere Falten des Cloakenepithels deutlicher abgegrenzte Ausbuchtungen des Atrialraums. Auch in der Gattung Polydinum erscheinen die Bruträume auf verschiedenen Stadien der Ausbildung, oder sie fehlen auch noch gänzlich. Bei manchen Polycliniden {Amaroucium fuscum) und Claveliniden {Edcinascidia diligens S Unter, PododaveUa meridionalis Herd.) und vor allem in der Familie der Distomiden {Colella, Distajdia, Jidinia) ent- wickeln sich aus den seichten Ausbuchtungen des Peribranchial- und Cloakenraums umfangreiche Brut sacke, die mit Eiern und Embryonen erfüllt sind und nur durch eine kleine Oeffnung mit der Atrialhöhle im Zusammenhang stehen. Offenbar haben diese Brutsäcke, wie oben schon bemerkt Avorden ist, erst innerhalb der verschiedenen Gattungen ihre Ausbildung erlangt. So sind sie meines Wissens nur bei den oben ge- nannten Edeinascidia und PododaveUa als umfangreiche Bildungen be- schrieben worden, während sie anderen Arten dieser Gattungen noch fehlen. Ebenso wird ausdrücklich betont, dass manche CoJdla (z. ß. C. Kükenthali nach Gottschaldt) keine Bruttaschen besitzen, obwohl sie bei den meisten anderen selir gross werden und über ein Dutzend Embryonen führen, und dass sie bei manchen Distaplia nur sehr wenig umfangreich sind und nur zwei, höchstens drei Embryonen enthalten (Z). ocddentalis Ritter), während sie bei anderen vier oder vielleicht auch fünf (D. luhrlca Dräsche) oder auch acht und vielleicht noch mehr (D. magnüarva) Embryonen einschliessen. Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass die wahren Brut- säcke in der Regel sich nur in voll geschlechtsreifen Thieren ausbilden und daher sicher bei zahlreichen Arten vorhanden sein dürften, bei denen sie bisher nicht aufgefunden worden sind, weil nur jugendlichere Stöcke untersucht werden konnten. Andererseits sind aber doch auch voll geschlechtsreife Distomiden beobachtet worden, die bestimmt keine echten Brutsäcke entwickeln, weil Embryonen aller Stadien und Larven frei in den Peribranchialräumen und in der Cloake lagen, und zwar entweder ohne diese Höhlungen irgendwie merklich zu verändern (Bistoma crystaUinum), oder indem sie in diesen grössere oder kleinere Er- weiterungen hervorriefen {Bistoma circumvallatum Sluiter, B. mucosum Dräsche). Die wahren Brutsäcke erAveisen sich als zumeist umfangreiche, am 681 Ascidien. vorderen Ende in der Regel durch einen verjüngten Stielabschnitt mit dem Ascidienlvörper zusammenhängende schlauch- oder sackförmige Aus- stülpungen der gesammten Leibeswand in die Masse des gemeinsamen Cellulosemantels hinein. Bei der socialen Edcmascidia diligens fehlt ein solcher, allen Individuen des Stockes gemeinsamer Mantel , und daher ragt der Brutsack als ein mächtiger Fortsatz, der auch von einer Cellu- losemantelschicht überdeckt ist, weit über die Oberfläche des Thieres Fig. 146. A l^i^ ee A Brutsack von Distaplia magnilarva (nach Delhi Valle), circa '''/j,- B von Colella jicdtmctdata (nach Her dm an), "7i; C schematische Darstellung des Baus eines jungen Brutsackes von Distaplia. a = Aussen wand des rechten Perihranchialraums; af = After; hs = Brutsack; ec = ektodermales Hautepithel; ed = Enddarm; ov = Oviduct; jj6r = rechter Peribranchial- raum ; pbr, = seine Ausstülpung zum Brutsack ; vd = Vas deferens ; (5 = seine Oeffnung in die Cloake; $ = Oeffnung des Eileiters in die Brutsackausstülpung des rechten Peri- hranchialraums. frei empor. Stets inserirt sich der Brutsack an der Dorsalseite entweder ganz im Bereiche der Cloake, oder, wie es bei Distaplia der Fall ist, etwas weiter hinten, wo noch die beiden Peribranchialräume durch das Dorsalseptum und den Enddarm getrennt sind. Ist er klein, so erscheint er zumeist birnförmig mit kolbigem Blindende und auf jüngeren Stadien zeigen auch die grossen Brutsäcke häufig eine älmliche Form (Textfig. 146 C). Die grossen Säcke mancher Bisiaplia und Colella und der Ecteinascidia erreichen eine Länge, die die des ganzen Thieres selbst er- heblich übertreffen kann, und dann bleiben sie nicht immer ganz gerade gestreckte Schläuche, sondern rollen sich mit dem verjüngten Blindende spiralig ein (Textfig. 146^1 und B). Gerade umgekehrt, als auf den Brntsack der Distaplia. 685 Jugendstadieii, erscheinen nämlich die grossen voll entwickelten Brutsäcke zumeist am Hinterende wieder verjüngt, w^enn auch gewöhnlich nicht so stark wie am stielförmigen Vorderabschnitt. Bei der genannten Ectein- ascidta ist das aber nicht der Fall, und das Hinterende ist hier sehr an- sehnlich gross, wie auch vorn der enge Stieltlieil fehlt, weil der Brutsack mit weiter Oeffnung sich den Atrialräumen verbindet. Uebrigens erstreckt sich der Brutsack bei dieser Ascidie, nach der Abbildung von Sluiter (1900) zu urtheilen, nicht nach hinten zu, sondern er verläuft fast horizontal, senkrecht zur Längsaxe und zum Endostyl, nimmt aber, wie überall, hinten dorsal* seinen Ursprung. Die Verjüngung des Hinterendes steht im Zusammenhang mit der oben schon angedeuteten Anordnung der Embryonen in einer bestimmten Altersreihe, so dass die jüngsten und kleinsten hinten, die grössten vorn liegen. Bei Ecte'mascidia ist eine derartige Gruppirung nicht beobachtet Avorden, und in dem ausserordentlich umfangreichen Brutsack liegen, so- Avie auch in den Atrialräumen, die Embryonen regellos durcheinander. Jene regelmässige, dem Alter der Embryonen entsprechende Lagerung hat dem Verständniss lange Zeit Schwierigkeit bereitet, denn es Hess sich nicht verstehen, wie gerade die jüngsten Embryonen, die doch aus den Eiern stammen müssen, die zuletzt den Eileiter verlassen haben, an das hintere Blindende gelangen können. Entweder, so nahm man an, wandern diese jüngsten Eier zwischen den in Entwickelung begriffenen Embryonen hindurch, um erst dann, wenn sie am Hinterende des Brutsackes ange- langt sind, mit der Furchung zu beginnen, oder es enthält schon der jugendliche Brutraum von Anfang an eine bestimmte Zahl Eier, die erst nachträglich nach und nach befruchtet werden und zw^ar zuerst die vordersten, später erst die hintersten Durch die Beobachtungen liess sich aber keine dieser Annahmen in einer einwandfreien Weise thatsäch- lich begründen. Erst die Untersuchungen von Bau er oft (1899) haben den wahren Sachverhalt bei Distaplia aufgeklärt. Da der Brutsack überall zunächst als eine hernienartige Ausstülpung der Leibeswand entsteht, ist er aussen und innen von je einem besonderen Epithel begrenzt: aussen vom ektodermalen Hautepithel, innen vom äusseren Cloaken- oder Peribranchialepithel. Bei Distaplia occichntalis, und wahrscheinlich werden sich viele andere Arten ebenso verhalten, entspringt die innere Schicht des Brutsackes aus der Aussenw^and des rechten Peribranchialraums, da an der Ursprungs- stelle des Brutraums die mediane Cloakenvereinigung der beiden Peri- branchialhöhlen noch nicht erfolgt ist. Zwischen den beiden Epithelien der Leibeswand liegt stets Mesenchymgewebe, und dieses wuchert mit in die Brutsackausstülpung hinein. Zumeist ist allerdings dieses Binde- gewebe nur in äusserst spärlicher Menge vorhanden, und es kann im Brutsack bis auf wenige Zellen, ja vielleicht auch gänzlich schwinden. Andererseits aber erscheint es auch in seltenen Fällen verhältnissmässig stark entwickelt und bildet eine dickere Mittelschicht, die nicht nur 686 Ascidien. Bindegewebe , sondern gelegentlicli auch Muskulatur führt. So erwähnt z. B. Sluiter (1895), dass die grössten Bruttaschen der Pododavella meridionalis kräftige Kingniuskeln besässen. Die Brutsäcke der Clavelinidcn dürften lediglich als Ausstülpungen der Atrialräume sich bilden und daher nur aus diesen eben erwähnten Theilon bestehen. Bei Bistaplui und wohl auch bei Coldla tritt als ein weiterer Antheil das Endstück des Eileiters hinzu, das in die bruchsack- artige Ausstülpung des Ektodernis hineinwächst und erst am entgegen- gesetzten blinden Ende sich in die Peribranchialausstülpung öftiiet (Text- figur 146 C). Diese letztere nimmt also nach und nach an ihrem Hinter- ende die reifen Eier auf, und die sich entwickelnden Embryonen schieben sich in ihr allmählich nach vorn zu vor, während am Hintertheile nur jüngere Stadien und Eier vorhanden sein können. So erklärt sich die Anordnung der Embryonen in einer bestimmten Altersreihe. Es scheint, dass da, wo solche echte Brutsäcke auftreten, die Embryonen und Larven überhaupt nicht mehr in die Cloakenhöhlen der Einzelthiere hineingelangen, wenigstens nicht nothwendiger Weise dorthin gelangen müssen. Denn bei DisfapUa occidentaUs hat Bancroft eine völlige Abschnürung der Säcke von dem übrigen Körper beobachtet und festgestellt, dass, bei gleichzeitig eintretender Rückbildung der Zooide des Stockes, die Brutsäcke im gemeinsamen Cellulosemantel sich nach der Oberfläche zu verschieben, füglich in die gemeinsamen Cloakenhöhlen der Systeme oder der ganzen Colonie sich öffnen, so dass die Larven von hier aus ins Freie gelangen können. Schon He rdman hatte betont, dass die vordere Oeffnung der Brutsäcke in das Atrium so klein sei, dass die Larven hier nicht hindurch könnten, falls keine spätere Erweiterung einträte. Kaum jemals ist an jedem Thiere des Stockes eine Bruttasche ent- wickelt, und da häufig die Geschlechtsreife nur zu einer ganz bestimmten Jahreszeit und dann bei allen erwachsenen Thieren eines Stockes ziem- lich gleichzeitig eintritt, so möchte vielleicht der Schluss nicht ungerecht- fertigt erscheinen, dass viele Zooide überhaupt keine Brutapparate zur Ausbildung gelangen lassen. lieber die Ursachen dieser Erscheinung hier Vermuthungen zu äussern, möchte ich mich enthalten. Im Gegensatz zu diesem Fehlen von Brutsäcken bei manchen Indi- viduen steht die Thatsache, dass zuweilen mehrere Säcke von einem Thiere ausgebildet werden. Das scheint, wenigstens nach den Angaben von Sluiter (1895), bei Pododavella meridionalis regelmässig der Fall zu sein. Hier soll sich die Leibeswand an verschiedenen Stellen zu grösseren oder kleineren Bruttaschen ausstülpen können, die 10 — IG Embryonen und auch freischwimmende Larven enthalten. Die grössten, mit kräftigen Ringmuskeln versehenen Säcke liegen im Abdomen, nur wenige, und oft gar keine, treten am Thorax auf; alle finden sich fast ausschliesslich auf der rechten Seite des Thieres und werden schon in ganz jungen Individuen angelegt. Eine Betheiligung des Oviducts scheint Sog. Placentahildungen bei Synascidien. (587 nach diesen Befunden Sluiter's so gut wie ausgeschlossen, und es kann sich nur um Aussackungen der Leibeswand handeln. — Wohl in den meisten Fällen liegen die Embryonen frei in den Brut- räumen, oder sie sind deren Wänden dicht angesclimiegt, vielleicht auch mit ihnen leicht verklebt, aber nicht organisch fest verbunden und innig verwachsen. Doch tritt auch das Letztere 7Aiweilen ein, wie zuerst Sdil ensk j (1892) fm Fragarium areoJatum, Circinalium concrescens und Amaroudum roseum nachgewiesen hat, und dann bilden sich gewebliche Veränderungen an den Verwachsungsstellen aus, die sowohl das Ei und seinen Follikel als auch die äusseren Atrialwandungen betreffen können. Salensky hat diese veränderten Theile als Placentarbildungen bezeichnet und eine Placenta materjia und eine fötale Placenta unterschieden. Die erstere wird durch einen verdickten Wulst dargestellt, der überall dort auftritt, wo das Ei der Wand des Brutraums aufsitzt. Die histo- logische Veränderung scheint lediglich darin zu bestehen, dass das flachere Epithel der Oloaken- oder Peribranchialhöhle vielleicht bei gleich- zeitiger Wucherung des Bindegewebes sich verdickt, was auch lediglich als eine Folge des durch die Berührung mit dem Ei hervorgerufenen Eeizes auf- gefasst werden könnte. Die fötale Placenta wird durch den verdickten Theil des Eifollikels und die unmittelbar unter ihm liegenden Testa- zellen dargestellt, die im Bereiche der Festheftungsregion eine mehr- schichtige Zellplatte bilden sollen. Ueberdies unterscheidet Salensky noch eine besondere Placentafalte (p. 682), die aber nichts Anderes ist, als die bei den verschiedenen Formen sehr verschieden gestaltete Falte des äusseren Cloakenepithels, die mehr oder minder unvollkommen den Brutraum abgrenzt. (Weitere Angaben folgen im dritten Abschnitt des XIV. Kapitels.) üebrigens treten kleinere oder grössere Falten des äusseren Peri- branchialepithels auch bei den Botrylliden und vielleicht auch nocli bei manchen anderen Formen auf, bei denen sie bisher noch nicht beobachtet worden sind. Im Botn/lhis umgiebt die Falte glockenförmig den der Leibeswand zugekehrten Theil des Embryos und trägt so in der That zu dessen Befestigung am Mutterthier bei (Fig. 12, Taf. XXVI), ohne dass aber an dieser Stelle eine bemerkenswerthe Veränderung der Gewebe eintreten möchte. Ob es daher zweckmässig ist, von einem besonderen Placentarorgan zu sprechen, dürfte mindestens fraglich sein. 5. Die systematische Bedeutung der 04 eschlechtsorgane. Bereits an verschiedenen anderen Stellen dieses Kapitels habe ich darauf hinweisen müssen, dass der Bau der Geschlechtsorgane für die Beurtheilung der systematischen Stellung einer Species von weitgehender Bedeutung ist. Wenn ich hier diese Frage noch einmal im Zusammen- hange erörtere, kann ich es nicht vermeiden, Thatsachen, die bereits in den früheren Abschnitten mitgetheilt wurden, zu wiederholen oder wenigstens nochmals anzudeuten. Es lässt sich nicht verkennen, dass ß38 Ascidien. bei den neueren Versuchen , die Gattungen der einzelnen Familien in einer den stammesverwandtscliaftlichen Beziehungen entsprechenden Weise abzugrenzen, die Genitalorgane mehr berücksichtigt werden als früher, ja zuweilen sind sie als das wichtigste Merkmal betrachtet worden, das die Aufstellung einer neuen Gattung und nicht mir einer Species recht- fertigt. Das gilt z. B. für manclie Cynthideen und zwar besonders für Gewisse Stvelinen. Lacaze-Duthiers und Delage kamen zu dem Ergebniss, dass für die Diagnose der Cynthideen der Geschlechtsapparat von allen Organen weitaus die grösste Bedeutung besitze, denn seine Verschiedenheiten seien so charakteristisch, dass sie beim ersten Anblick eine Bestimmung nicht nur der Subfamilie und Gattung, sondern aucli der Species gestatten. Wenigstens erwiesen sich die 14 von den fran- zösischen Forschern beschriebenen Arten in Bezug auf die Geschlechts- organe so wesentlich verschieden, dass diese Eigenthümlichkeiten in die Speciesdiagnosen aufgenommen werden konnten. Schon Heller (1(S77) hatte eine Auflösung der alten Sa vi gny' sehen Gruppe der Cynthiae Styelae {SUjdd) in die zwei Untergattungen Fohjcarpa und Styiia vorgenommen, weil ,,bei den einen die Geschlechts- organe zahlreiche, mehr oder weniger regelmässig angeordnete, rundliche oder längliche Säckchen im Peribranchialraum bilden, während bei anderen die Geschlechtsdrüsen in Form einfacher oder gelappter länglicher Schläuche erscheinen". Als ein weiteres unterscheidendes Merkmal der beiden Gattungen wurde noch das Verhalten des Darmcanals angeführt, der bei Styda eine enge Schlinge, bei Folycarpa eine weite, nach innen offene bilden sollte. Es ist aber bereits oben (p. 450) darauf hingewiesen Avorden, dass die beiden auf die Beschaffenheit der Geschlechtsorgane und des Darms sich gründenden Gattungsmerkmale nieiit immer zu- sammentreffen, und manche Forscher (Sluiter) erkennen diese beiden Gattungen überhaupt nicht als scharf gesonderte natürliche Gruppen an. In der That sind auch die beiden Typen der Geschlechtsorgane keines- wegs so scharf geschieden, wie Heller und Lacaze-Duthiers und Delage nach Untersuchung von einer Anzahl Mittelmeer- und atlantischer Formen angenommen haben, vielmehr erscheinen sie durch zahlreiche Zwischenformen miteinander verbunden , so dass bei vielen Styolinen Gonaden vorkommen, die bald mehr, bald weniger den typischen Poly- carps der Folycarpa oder den langen Geschlechtsschläuchen der Styela ähnlich sind. Dazu kommt, dass auch die Zahl der Gonaden kein durch- greifendes, die beiden Gattungen scharf trennendes Merkmal darstellt, denn wie die oben (p. 651 u. fg.) angeführten Beispiele erweisen, lassen sich die verschiedenen Arten Styela und Polycarpa nach der Zahl der Gonaden in eine ganz continuirliche Reihe bringen, und es bleibt dem subjectiven Ermessen ein weiter Spielraum, wohin dann die Grenze zu verlegen sei, die die zahlreichen Polycarps der Polycarpa und die wenigen Gonaden der Styela scheidet. Uebrigens wird der Gonadenbau einiger als typisch geltenden Styela von den verschiedenen Forschern verschieden Erklärung von Tafel XXVII. Ascidien. Fig. 1. u. 2. Zwei Querschnitte durch die Auhige der Zwittcrdriise einer jungen, 5 mm langen Clavelina lepadiformis. ^\^. 3. Querschnitt durch ein jüngeres Stadium des Zwitterorgans einer 4 nmi langen Clave- lina. i^i*. 4. Querschnitt durch das Ovarium einer jungen, durch Knospung entstandenen Clave- lina; der Hoden ist bereits abgetrennt und stellt eine vielfach gelappte Drüse dar. ^.^x. 5. Stück aus dem Keiniepithel einer geschlechtsreifen Clavelina. ^^^. 6. Querschnitt durch den peripheren Theil einer jungen Eizelle von Clavelina. Einwan- derung der Testazellen. ^°-^. 7. Schnitt durcli ein etwas älteres Ei. J-^-^. 8. Aus einem Schnitt durch ein Clavelina -'EÄ, das auf einem noch vorgerückteren Stadium der Entwickelung steht, ^f-^. 9. A u. B Zwei Testazellen aus einem Clavelina-Ei , das sich zur Bildung der Eich- tungskörper anschickt. ^'\°-^. 10. Schnitt durch die Follikelhüllen einer jungen Eizelle von C/ona intestinalis, -^s^. 11. Schnitt durch die Follikelhüllen eines fast reifen CVona-Eies aus dem Eileiter. -^|^. 12. Gastrulastadium von Clavelina lepadiformis. Es sind die Conturen von drei aufein- ander folgenden Stadien des allmählich sich schliessenden Blastoporus (bl^ , liL u. bl^) ein und desselben Embryos eingetragen worden, ^j^. Eig. 13 — 20 beziehen sieh auf Clavelina lepadiformis ; Fig. 21 u. 22 (nach Van Beneden und Julin) auf Clavelina Bissoana. 13. Vierzelliges Stadium. J-p. 14. Sechszelliges Stadium. J-A^. 15. Achtzelliges Stadium in seitlicher Ansicht. '-{'>. 16. Achtzelliges Stadium, von der Ventralseite aus gesehen. ^{^. 17. Sechzehnzelliges Stadium, von der Dorsalseite aus gesehen, ijfl. 18. Gastrulastadium (Plakula) im optischen Querschnitt. ^\^. 19. Vorgerückteres Gastrulastadium im optischen Querschnitt. -s-Afi. 20. Dasselbe Stadium im optischen Medianschnitt, von rechts gesehen. ^{^. 21. Optischer Medianschnitt durch einen älteren Embryo. 22. Optischer Medianschnitt durch einen noch älteren Embryo. Bildung des Nervenrohres im hinteren Körperabschnitt. (Schwächere Vergrösserung als in der vorhergehenden Figur.) 6?, = Blastoporus; fa = äusseres plattes Follikelepithel; fch = Chorionmembran des Follikels; ni = Neurointestinalcanal; t2f == Follikel aus ursprünglichen Testazellen ge- bildet; tzm = Membran an der Basis des Testazcllenfollikels. Seeliaer/runifcilcu. Tafel XX\1I. Ziih. Giesecke SrDevrierd. Erklärung von Tafel XXVIII. Ascidien. Fig. 1. Embryo mit gekrümmter Euderscliwanzanlage ; das Nervcnrubr ist vorn nocli Avcit offen, die die Chorda überlagernden Schwanzmaskelzellen haben die Form von cin- wenig hinggestrockten Sechsecken. '-}^. 2. Optischer Trontalschnitt durch einen etwas älteren Embryo. J-ffl. 3. Ausgebildeter Embryo, unmittelbar vor Sprengung des Follikels, von links gesehen, -^y^. In Fig. 1 — 3 ist der den Embryo umhüllende Follikel nicht eingezeichnet worden. 4. Aeltere freischwimmende Larve. Der Euderschwanz ist um 90" gedreht worden, so dass er seine Breitseite dem Beschauer zukehrt und die das Nervenrohr führende, an der linken Seite der Larve verlaufende Kante nach der Dorsalseite verschoben ist. Die Mitte des Schwanzes zeigt bei hoher Einstellung die Muskelbänder; vorn und hinten optischer Durchschnitt durch die Medianebene, Chorda und Nervenrohr sicht- bar. Circa Y"- 5. Querschnitt durch den Euderschwanz einer eben frei gcM'ordenen Larve. ^|^. 6. Junges Thier einige Tage nach der Festheftung, von der linken Seite gesehen. -\''. 7. Larve, die sich im Peribranchialraum des Mutterthieres festsetzte, ohne eine frei- schwimmende Periode durchzumachen. Die Eückbildung des Euderschwanzes ist beträchtlich verzögert; Haftfortsätze, Kiemendarm und Verdauungstractus sind in der Entwickelung weit vorgeschritten. \^-. 8. Larve unmittelbar nach der Festheftung; der Larvenschwanz beginnt, sich aus dem Cellulosemantel herauszuziclien, Chorda und Schwanzmuskulatur in spiraliger Ein- rollung. -j°-. Sämmtliche Abbildungen stellen Entwickelungsstadicn der Clavclina lepadiformis dar. CO = Streifenförmige Verdickungen im Hinterende des Cellulosemantels des Euderschwanzes; ed = Enddarm; en = Eutodermaler Zellstrang im Euderschwanz der Larve; hs = Ekto- dermale Haftfortsätze, zur Festheftung dienend, mit Haftpapillen versehen; rg = Eumpf- ganglien; seh = rudimentärer Euderschwanz, zu einem Zellbaufen rückgcbildet; tz = Zellen im Cellulosemantel. Sceliqer.TumcalerL. Tafel XXAllI. ifh.. Giesecke gDevrierLt. Systematische Bedeutung der Gonaden. ()89 beiirtlieilt. Uebereiiistinimung herrscht nur darüber, dass die wenig zahl- reichen Ovarien lange Schläuche bilden, die Hoden aber sollen bei St varialnlis und armata nach Lacaze-Duthiers und Delage als zahlreiche, von den Eierstöcken völlig unabhängige Gebilde auftreten, während andere Forscher bei allen Sfyela stets typisclie Zwitterdrüsen beobachteten (vgl. oben, p. 656). Die beiden französisclien Autoren haben die Hodenform, die sie bei jenen beiden Arten antrafen, als für die ganze Gattung characteristisch angesehen: „Mais toujours, et c'est lä, par rapport aux Cynthinees un caractere distinctif que les auteurs n'ont pas mis en relief: la partie male est nettement distincte de la partie femelle. Les follicules testiculaires peuvent etre accoles ä l'ovaire, mais cette Union est toujours superficielle, et l'independance des deux giandes est facile ä constater sans dissection. En outre, autant que nous avons pu en juger, les affirmations de quelques zoologistes, qui disent avoir vu les canaux male et femelle s'accompagner jusqu' ä leur terminaison et s'ouvrir aupres Fun de l'autre, demandent ä etre confirmees, et nous pensons que la Separation des orilices des deux sexes est un caractere du genre Sti/ela.'-'' Dass alle früheren Autoren, die eingehender die Ge- schlechtsapparate der Stijela beschrieben haben, ein nicht vorhandenes gemeinsames Vas deferens für alle Hodenfollikel, die an einem Ovarium liegen, irrthümlicher Weise angenommen haben könnten, scheint mir nicht sehr wahrscheinlich zu sein. In der Voraussetzung, dass auch Lacaze- Duthiers und Delage sich nicht getäuscht haben, halte ich vielmehr die Annahme für berechtigter, dass die Hoden der verschiedenen Arten der Gattung Styela einen verschiedenen Bau aufweisen möchten, und dann liegt für den, der den Geschlechtsorganen eine sehr w^eitgehende Be- deutung für die Ascidiensystematik zuerkennt, die Erörterung der Frage nahe, ob nicht vielleicht eine W' eitere Auflösung der Gattung in zwei neue oder in Untergattungen auf Grund der Verschiedenheiten der Hoden vorgenommen werden müsse. Li einer ganz anderen Weise als seine Vorgänger hat Roule (1885) die beiden Gattungen Styela und Polycarpa voneinander abzugrenzen versucht. Zwar legt auch er auf die Unterschiede des Geschlechts- apparates den besonderen Nachdruck, aber es sind für ihn nicht zahl- reiche gesonderte Polycarps, die die letztgenannte Gattung auszeichnen, sondern er fasst den Gattungsbegriff viel enger und rechnet zu Polycarpa nur solche Formen, die, wie P. varians, Zwittergonaden besitzen, deren tief in die Leibeswand eingebettete Basaltheile mehr oder minder voll- ständig mit einander verwachsen sind (siehe oben, p. 637, und Tafel XXVI, Fig. 8). Infolge dieser engen Definition der Gattung Polycarpa muss Roule gerade eine Anzahl solcher Arten, die fast allgemein als die typischsten Pohjcarpa angesehen werden, zum Genus Styela stellen. Es scheint mir auf der Hand zu liegen, dass bei einem solchen Verfahren für eine naturgemässe Abgrenzung der beiden Gattungen nichts ge- wonnen ist. Bronn, Klassen des Thiev- Ifeielis. iU. Spiilt, 44 (;j)() Ascidien. Aus diesen Erörteniiigün crgieht sicli der Scliluss, dass die sehr zahlreichen Arten, die gegenwärtig in den l)eiden Gattungen FolijcarjKi und Sti/ela untergebracht sind, sich lediglich auf Grund von Verschieden- heiten der Geschlechtsorgane in zwei natürliche, scharf getrennte Gruppen nicht eintheilen lassen. Vielmehr hat es den Anschein, als ob alle diese Species nur einem grossen Formenkreis angehören möchten, in welchem mehrere Arten selbstständig und unabhängig voneinander ihre Geschlechts- organe zum Theil in einem ganz ähnlichen Sinne phylogenetisch umge- bildet haben oder noch umzuwandeln im Begriffe stehen. Ich glaube also, dass die Auflösung der zwei oder w^enigen zwitterigen Gonaden- schlauche der typischen Styela in die zahlreichen Polycarps des Poly- car^ja- Typus innerhalb der Gruppe mehrmals sich vollzogen hat, und demnach könnte die Gattung Polycarpa keine einheitliche, den natür- lichen Verwandtschaftsbeziehungen entsprechende sein. Anders liegen Avohl die Verhältnisse bei zwei anderen Styelinen, die in neuerer Zeit von L acaze-Duthiers und Delage als besondere Gattungen betrachtet wurden, bei Stolonica und Hetcrocarpa. Beide Formen sind schon längst bekannt und wurden früher den Gattungen Cpnthia, Polijcarpa und selbst Ascidia zugezählt, doch unterscheiden sie sich von allen anderen nächstverwandten Styelinen ganz scharf und bestimmt durch den Bau der Geschlechtsorgane. Wie bereits oben (p. 619 und fg.) be- schrieben wurde, finden sich bei Hetcrocarpa nur getrenntgeschlechtliche Gonaden, und zwar liegen die Hoden und Ovarien auf verschiedenen Körperseiten rechts und links; bei Stolonica dagegen kommen neben rein männlichen Geschlechtsdrüsen Zwittergonaden vor, die zuerst als Hoden, dann als Ovarien functioniren. Die anderen anatomischen Eigenthümlich- keiten kommen diesen Unterschieden gegenüber erst in zweiter Linie als Gattungsmerkmale in Betracht. Auch die Gattung Stydopsis ist leicht an den Geschlechtsorganen von allen anderen Styelinen zu unterscheiden; sie besitzt nur eine Zwittergonade, die sich aus einem einheitlichen Ovarium und zahlreichen Hoden zusammensetzt (vgl. p. 617 u. 658). Uebrigens hat schon 1824 MacLeay den Bau der Geschlechtsorgane als das wichtigste Gattungsmerkmal angesehen, das zur Aufstellung einer neuen Gattung berechtige, wenn luu- die Unterschiede hinreichend scharf hervortreten. Das von ihm unter dem Namen Dcndrodoa beschriebene neue Genus kennzeichnet sich in erster Linie durch die nur in der Einzahl auf der rechten Körperseite auftretende Gonade, die — im Gegen- satz zu Styelopsis — eine verzweigte Masse bildet. MacLeay kannte nur eine Species; neuerdings haben Hartmeyer (1899) und Ritter (1899) ein jeder noch zwei andere Arten beschrieben, bei deren Bestimmung sie kleinere Unterschiede in der Gonadenform mit verwertheten. Letzthin hat Michaelsen versucht, die auch durch Knospung sich vermehrenden stockbildenden Polystyelidae, die vielfach als die nächsten Verwandten der Styelinen betrachtet werden, auf Grund der Geschlechts- organe in neue Gattungen einzutheilen. Die Gattungen AUococarpa unieY angetroft'en habe, zu einer feinen Membran ab, in der nur noch an vereinzelten Stellen die ursprünglichen FoUikelkerne nachweisbar sind. Andererseits kann sich aber auch das Follikelepithel mehr oder minder stark verdicken, indem die einzelnen Zellen zunächst linsenförmig (Textfig. 148 jB), cubisch, prismatisch und endlich sogar zu sehr hohen Pyramiden werden, deren Hauptaxe den Eadius der Eizelle an Länge sogar übertrifft und dem Durchmesser nahekommt. Am bekanntesten ist diese Umbilduno- der Follikelzellen bei Ciona intestinalis, bei der diese Elemente unter dem Namen Schaum- oder Papille nz eilen (cellules spumeuses oder cellules papillaires Fol's) beschrieben worden sind (Textfig. 148 Ä; Fig. 11, Taf. XXVII). In der That erheben sich hier die einzelnen Follikelzellen zu ansehnlichen Papillen, die von grossen wasserhellen Vacuolen so reich durchsetzt sind, dass das Protoplasma im optischen Durchschnitt Avie ein sehr weitmaschiges Netzwerk erscheint. Nur in der Umgebung des Kerns und an dem zugespitzten äusseren Zellende erhalten sich gewöhnlich dichtere Ansammlungen der protoplasmatischeu Substanz. Derartige Papillen beobachtete bereits Krohn (1852) hei Plialhtsia mam- millata, hielt aber jede Follikelzelle für eine Gruppe kernloser Elemente. In Wirklichkeit aber kommt jeder Schaumzelle ein Kern zu, der auf jüngeren Stadien der Eieutwickelung sehr leicht nachweisbar ist, im reifen Ei jedoch häufig bereits eine bedeutende Veränderung erfahren hat, die Floderus (1896) als eine Degenerationserscheinung auffasst. In gleicher Weise, aber vielleicht kaum mit Kecht, deutet er auch die Umbildung der Follikelzellen selbst zu Papillen als Degenerationsprocess. Die FoUikelkerne sind oft schon in älteren Ovarialeiern stark licht- brechende, fettglänzende, sphärische Körper, die durch Eosin schwach gefärbt werden, und zwar erscheinen sie dann entweder homogen oder aus mehreren eosinophilen Körnchen zusammengesetzt. Im lebenden Ciona-Ei fand sie Kupffer gelb gefärbt, und das gleiche sah ich in Alkohol-Exemplaren, während Kowalevsky und Floderus die FoUikel- kerne stets farblos antrafen. Häufig fehlt den Follikelzellkernen der reifen Ascidieneier eine Kernmembran vollkommen, und die einheitliche oder in mehrere Körnchen autgelöste Chromatinsubstanz liegt frei im Plasma. Leider sind die bisher vorliegenden Angaben nur so spärlich, dass sich nicht genau übersehen lässt, wo überall solche Papillenbildungen (3<)(; Aacidien. des Follikels vorkominon. Sicher ist es, dass sie sich niii- dort tindeii, wo die Eier vom Thier aiisgestossen werden und ihre ersten Entwicke- lungsvorgänge freisclnvebend im Wasser durchlaufen; aber es ist durch- aus nicht zutreft'end , dass, wie man angenommen hat, alle pelagisch lebenden Ascidieneier Papillenzellen ausbilden. Dass solche Papillen in hohem Masse geeignet sind, die Eier im Wasser schwebend zu erhalten, bedarf keiner weiteren Begründung. Allerdings verharren die in den Ziinmeraquarien abgelegten Ciona-Kier nur sehr kurze Zeit freischwimmend im Wasser; bald fallen sie auf den Boden des Gefässes und bleiben dort liegen, bis die Eutwickelung zur geschwänzten Larve vollendet ist. Im bewegten Wasser des freien Meeres scheinen aber die durch die Papillar- zellen bedingten grösseren ßeibungswiderstände hinzureichen, um ein Niedersinken auf den Meeresboden auszuschliessen. Aelmliche Erschei- nungen trifft man auch in anderen Thierklassen an, und ich möchte nur daran erinnern, dass auch die AmpJiioxus-FAev in den Glasgefässen regel- mässig zu Boden sinken, während sie im Pantano bei Messina gleich nach ihrer Ablage und auch später, wenn sie sich während der ersten Nacht furchen, stets pelagisch flottirend angetroffen werden. Mit Sicher- heit nachgewiesen sind typische Papillenzellen meines Wissens nur bei Ciona und etwas kleinere bei Phallusia; wahrscheinlich dürften sie sich aber auch bei einigen Äscidia und Ascidiella (V) finden. Bei vielen anderen Ascidiiden erreichen die Follikelzellen nicht die vollendete Papillenform wie bei Ciona. Bei Ascidiella venosa verschmälern sich die äusseren Enden der Follikelzellen nur wenig und erreichen nur Ve — ^4 ^^6S Eidurchmessers. Die Vacuolen des Plasmas sollen nach Floderus mit Luft (V) oder vielleicht mit Flüssigkeit erfüllt sein. Wäre das erstere der Fall , so Hessen sich die Follikelzellen etwa mit Gas- drüsenzellen vergleichen, die in ihrem Inneren Gasblasen abscheiden, und diese dürften vielleicht mit der im Wasser suspendirten Luft nicht iden- tisch sein. Bei Ascidia mentula liegen die Follikelzellen inniger an- einandergefügt, denn sie sind prismatisch oder mehr cylindrisch gestaltet und berühren sich mit breiten Flächen ; ihre Höhe beträgt etwa ein Drittel der Eiradius, und ihr Plasma erscheint als feines Netzwerk. Bei Sttjclu rustica sind die Zellen des Follikels ziemlich gross und halbkugelähnlich geformt, und viele, vielleicht die meisten anderen Ascidieneier zeigen ebenfalls ansehnlich hohe Follikelzellen, wenn sie ausserhalb des mütter- lichen Körpers sich entwickeln. Andererseits sind die reifen Eier der Molguliden in der Kegel von einem flacheren Follikelepithel umgeben; die einzelnen Zellen springen nur etwa uhrglasförmig vor und sind zu- meist frei von Vacuolen (vgl. Textfig. 148 B). Es scheint, dass sich in dieser Beziehung alle Molgula ziemlich übereinstimmend verhalten, sowohl diejenigen, deren Eier sich in Bruträumen des Elternthiers entwickeln {Molgida nana) , als auch die , Avelche die Eier nach aussen ablegen und entweder durch Metamorphose, oder ohne freischwimmende geschwänzte Larve (M. macrosiphonica) sich entwickeln. Follikel und Gliorioniiiembran der entwickelten Eizelle. 697 Die Ascidieneier, die ihre Eiitwickelimg innerhalb des Mutterkörpers durchlaufen, werden meist von einem flachen Follikel umhüllt; wenigstens Fig. 148. —eil -f Ol) ix. A = reifes Ei aus dem Eileiter einer Ciona intestinalis ^""/j ; B = halbschematiscbe Dar- stellung eines reifen Eies der Molgiila nana, circa ^'^^j^; ch = Chorionmenibran; /"= Follikel- epitbel, vorber inneres Follikelepitbel des sog. secundären Follikels, während der Embryo- nalentwickelung persistirend ; ov = Eizelle; tz = Testazellen. lässt sich das an den älteren Eiern feststellen, die den Eierstock verlassen haben und bereits entweder in den Peribranchialräumen und deren Aus- stülpungen, oder im gemeinsamen Cellulosemantel der Colonie liegen. Längere Zeit nacli dem Austritt aus dem Ovarium erscheint allerdings zuweilen der Follikel der in den Peribranchialräumen sich entwickelnden Eier mehr oder minder erheblich verändert und au manchen Stellen beträchtlich verdickt. Diese Umbildungen des Follikelepithels hängen damit zusammen, dass der Embryo sich an den Wänden der zu Bruträumen werdenden Körperhöhlen befestigt. Im dritten Abschnitt sind weiter unten (p. 733 u. fg.) diese Verhältnisse näher erörtert. An ihrer inneren Seite sondern die FoUikelzellen eine Basal- membran ab, die als Chorionmembran zu bezeichnen ist (Floderus), irrthümlicher Weise aber häufig Dotter- oder Eimembran genannt wurde, als ob sie vom Eiplasma und nicht vom Follikel abgeschieden worden wäre. Diese Verwechselung erklärt sich daraus, dass die Chorionmembran des Ascidieneies, soviel ich sehe, stets sehr fein und homogen structurlos erscheint. Nur zuweilen fand ich in ihr bei Ciona flache, linsenförmige Verdickungen, die an ganz stark abgeflachte Kerne eines Plattenepithels erinnern, obwohl sie als solche kaum zu deuten sein dürften. Vielleicht in den meisten Ascidieneiern bildet sich diese Membran sehr frühzeitig im Eierstocksei an der Basis des secundären Follikels, bevor noch dieser in eine innere und äussere Schicht sich gespalten hat; ja in manchen Fällen {Styela rusüca) ist sie bereits am primären Follikel vor Auswan- derung der Testazellen deutlich nachweisbar. Zwischen dem Chorion und der in Reifung begriffenen oder bereits reifen Eizelle lieoen die Testazellen. Sie haben ihren Namen erhalten, {][)^ A.sddion. weil sie, wie man irrtluimlicher Weiso aiiiiahm, tlcii äusseren Celliilose- mantel oder die Testa der Ascidie bilden sollten. In den Eiern, die den Eierstock bereits verlassen haben, sah ich die Testazellen immer in einer Schicht angeordnet, aber es mag da nnd dort vorkommen, dass die Hülle stellenweise, wie Floderus erwähnt, mehrschichtig erscheint. Bei Ciona, Äscidiella paf/ida und wahrscheinlich noch manchen andern Ascidien bilden die Testazellen eine continuirliche epitheliale Lage, die schon in älteren Eierstockseiern sehr deutlich erkennbar ist (Fig. 10, Taf. XXVII), und Kowalevsky (1871) vermochte hier auch die Grenzen der etwa cubischen, in die Dotterzellen des Eies leicht vorgebuchteten Testazellen nachzuweisen. Auch im reifen Ei des Eileiters besteht die einschichtige Testazellenlage (Fig. 11, Taf. XXVII, Textfig. 148.4), und gelegentlich konnte ich auch hier noch die Zellgrenzen feststellen. Jeden- falls war Kupffer (1870) im Irrthum, wenn er das Ei der Ciona von 3 — 4 Testazellenlagen umhüllt zeichnete. Später scheinen aber stets die Zellkörper der Testazellen mehr oder minder vollständig ineinander zu tiiessen, während die Kerne zu den „gelben" oder „grünen Körpern" sich umgestalten. Diese Veränderung der Testazellenkerne vollzieht sich in einer ähnlichen Weise wie bei den Follikelkernen und wird von Floderus ebenfalls als eine Kerndegeneration aufgefasst. Bei Ciona treten wahre Kerndegenerationen in den Testazellen nur selten auf, aber die Kerne sind in der Regel nur schwach färbbar und wurden daher von früheren Autoren häutig als solche gar nicht erkannt. An der Anssenseite der Testazellenschicht hat Chabry (1887) eine besondere structurlose, hyaline Membran als „membrane du testa" beschrieben. Ich habe sie eben- sowenig wie Floderns aufzufinden vermocht und sehe an dieser Stelle nur die Chorionmembran. Wohl aber fand ich an der Innenseite eine Art Basalmembran (Fig. 11, Taf. XXVII), die ich als T estaz eilen - membran bezeichnen möchte, und die die Testaschicht scharf vom Ei- dotter abtrennt. Sie ist verschieden von der Dottermembran, die nach Ausstossung der Richtungskörper das völlig reife Ei umhüllt. Eine solche Testazellen membran wird wohl nur in den Eiern sich bilden können, in denen die Testazellen eine vollständige epitheliale Schicht darstellen. Das ist aber in weitaus der Mehrzahl der Ascidieneier nicht der Fall. Schon Kowalevsky (1866 u. 1871) erwähnt, dass bei Phallusia mammillata und Ascidia mcntula die gelben Testazellen viel weniger zahlreich vorhanden sind und zwischen sich sehr frühzeitig eine Gallertschicht ausscheiden, und ähnlich verhalten sich fast alle Syn- ascidien, Socialen, Molguliden u. s. w. In den Testazellen solcher reifen Eier erfahren die Kerne häufig eine weitgehende Rückbildung. Die Kern- membran soll schwinden, die Chromatinsubstanz einen homogenen, stark färbbaren Körper oder mehrere kleinere Körner bilden, die „bei Doppel- färbung mit Safranin-Gentianaviolett von letzterem lebhaft gefärbt werden, bei Färbung mit Hämatoxylin-Eosin aber den rothen Farbstoif begieriger in sich aufnehmen" (Floderus). Die Gallertschicht Kowalevsky 's Grosso der Eizellen. 6*J9 wurde schon von früheren Beobachtern festgestellt; Krohn (1852) nannte sie „glashelle Schicht", Milne-Edwards „couche gelatineuso" oder „masse subgelatineiise". Sie quillt, nachdem die Eier nach aussen oder in die Peribranchialränme abgestossen worden sind, durch Wasserauf- nahme oft sehr beträchtlich auf, vertiüssigt sich dabei immer mehr und hebt Follikel und Chorionmembran von dem sich furchenden Eidotter zumeist ziemlich weit ab. Während die Gallertschicht aufquillt, sondern sich die Testazellen, die häufig noch in ganz alten Ovarialeiern in das Eiplasma vollkommen eingesenkt und eingebettet sein können, von diesem gänzlich ab, und die Eizelle bildet die schon vorhin erwähnte Dottermembran aus. Das Plasma des reifen Eies ist stets mit grösseren oder kleineren Dotterkugeln oder Dotterkörpern dicht erfüllt. 2. Grösse. Wie überall im Thierreich, so sind auch bei den As- cidien die Eier die grössten Zellen des ganzen Körpers. Ein be- stimmtes Grössenverhältniss zwischen Eizelle und Gesammtkörper, der Art, dass grössere Individuen oder grössere Species auch grössere Eier produciren, scheint nirgends zu bestehen, und häufig sind die weiblichen Propagationszellen grosser Monascidien beträchtlich kleiner als die ganz kleiner Synascidien. Die absoluten Grössen der Eier schwanken inner- halb nicht sehr weiter Grenzen, jedenfalls sind die Unterschiede nicht entfernt so bedeutend, wie bei den oben (p. 195) behandelten Körper- grössen; und daraus ergiebt sich ohne Weiteres der Schluss, dass die grossen Ascidien durchweg relativ kleinere Eier besitzen, als die kleinen Arten. Bei diesen letzteren ist die relative Eigrösse manchmal sehr bedeutend. Bei Vldemnum stramjulatum erreicht das Ei die Grösse des gesammten Hodens (Kitt er), und ähnlich verhalten sich auch manche Botrylliden (vgl. Fig. 5, Taf. VIII). Bei Didcmnoides macroopliomm übertrifft das reife Ei das Volumen des Hodens um das Vier- bis Fünffache, und sein Durchmesser beträgt mehr als ein Viertel der gesammten Körperlänge des Thieres. Ich lasse einige Angaben über die Grössen der Eidurchmesser einer Anzahl Ascidien folgen, aus denen eine nicht unbedeutende Grössen- differenz bei ganz nahe verwandten Formen ohne Weiteres zu entnehmen ist. Die kleinsten Eier haben einen Durchmesser von etwa 0,1 mm (Goodsirki coccima), und nicht viel grösser — 0,15—0,16 mm — sind die Eier sehr zahlreicher einfachen und zusammengesetzten Ascidien {Molgida pulchra, Colella pedimcidcda, Boltenia georgiana, Fohjzoa lemioxensis). Am verbreitetsten vielleicht sind Eier, die mit dem Follikel V^ "i^i oder nur wenig mehr, etwa 0,27—0,28 mm, im Durchmesser betragen (Clavelina, Molgida nana, Ciona intestmalis); 0,3 mm messen die von Cijnthia Paessleri, Molgida pijrlformis, Diplosoma Listen. Noch grösser (0,35 mm) werden die Eier von Tolyzoa gordlana, F. pktonis, 0,4 mm die von Sfijelopsis grossularia. Etwa V2 ^^^ "^^ Durchmesser misst das Ei der Distaplia 700 AscicUea. )nagmlarva, und noch otwas mehr (0,57 mm) das der Dendrodoa suh- pedunculata. Das Ei des Uypohytlihis calycodcs soll nach Moseley die bedeutende Grösse von 1,5 mm erreichen. 3. Individuelle Unterschiede. Geringere Unterschiede in der Grösse und Färbung der Eier einer Ascidienart oder sogar auch der Eier eines Thieres treten häufiger auf. Selten sind sie aber so auffallend, wie sie Lahille (1890) bei Biplosomoides (Leptoclinum) Lacanei ange- troifen hat. Hier finden sich grosse, dotterreiche und bedeutend kleinere, dotterarme Eier, und entsprechend diesen Unterschieden sind aucli die Embryonen und Larven von zweierlei Grösse. Aus den von Lahille gegebenen Abbildungen lässt sicli entnehmen, dass eine bereits festsitzende Larve, die sich aus einem kleinen Ei gebildet hatte, kaum zwei Drittel des* Volumens des Kumpfabschnittes einer noch freischwimmenden Larve besass, die aus einem grossen Ei stammte. Dabei ist zu beachten, dass die Grösse des Kumpfes nach der Festsetzung normaler Weise sofort zu- nimmt. Auch bei Clavelina leijadiformis fand ich hellere kleinere und dotterreichere grössere und gelblich gefärbte Eier. Aehnliche Ver- schiedenheiten sah auch Van Beneden bei Clavelina Fässoana. h. Die Eihilduuy (Entstehung der Ovocyten^clle mit ihren Hüllen). Kein Vorgang in der aesammten Entwickelunusu'eschichte der Tuni- caten ist so häufig untersucht worden, wie die Bildung des Ascidieneies und seiner Hüllen, und auch die neueren Autoren weichen in wesentlichen Puncten so weit voneinander ab, dass ihre Angaben durchaus unvereinbar sind und sich nur durch Beobachtungsfehler auf der einen oder andern Seite erklären lassen. Immerhin glaube ich doch, dass es jetzt bereits möglich ist, aus dem Wust widersprechender Angaben das Zutreffende herauszulesen. Ich beabsichtige, in diesem Abschnitt nur die Entwickelung des reifen Eierstockeies aus dem indifferenten Keimepitliel des Ovariums zu schildern. Die Entstehung des jungen Ovariums selbst soll erst in dem siebenten Abschnitt, der die Organogenie in der jungen Ascidie behandelt, besprochen werden. 1. Primärf oUikel und Eizelle. Schon auf sehr frühen Stadien der Eierstockbildung treten zwischen den indifferenten Zellen des Keim- epithels die jungen Eizellen hervor. Sie unterscheiden sich durch ihren hellen, bläschenförmigen Kern, der einen grossen Nucleolus führt, von den Nachbarzellen. Während diese immer wieder gelegentlich zu Theilungen sich vorbereiten, verharrt der Kern der jungen Eizellen als Keimbläschen, von einer deutlichen Kernmembran scharf umgrenzt, auf dem Ruhestadium, bis die Richtungskörperbildung eintritt (Fig. 1—5, Taf. XXVII). In ganz jungen Eierstöcken ist die Zahl der Eizellen nur sehr gering, je mehr aber das Keimepithel sich ausdehnt, um so mehr Kerne verwandeln sich zu Keimbläschen und verlieren zunächst ihre Theilungsfähigkeit. Dagegen wachsen die Keimbläschen und die sie umgebenden Zellkörper Sonderunir in Ovocvten- iiiul Fnllikclzellen. 701 selir msch und übertreft'en bald die andern Zellen des Keimstocks um ein Mehrfaches an Volumen. Dieses mächtige Wachsthum der jungen Ei- zellen geschieht zum Theil auf Kosten der nächstbenachbarten Zellen, die stets an Grösse weit zurückbleiben und jene in einer für die verschiede- nen Arten characteristischen Weise umgeben, indem sie zu Follikelzellen werden. Anfänglich kann die junge Eizelle noch vollständig in der Wand des Ovariums eingebettet sein, wenn sie damit beginnt, sich mit einem Follikelepithel zu umkleiden (Fig. 5, Taf. XXVII), später aber erhebt sie sich stets über die Oberfläche der Ovarialwand, indem sie mehr oder minder weit buckeiförmig in die umgebende primäre Leibeshöhle vor- Fiir. 149. B .f fx ov Eireifung der Clavelina lepadtformis. J. = Junges El im Keimepitliel, circa *°7r -B= Etwas älteres Stadium, Ei vom PrimärfoUikel umhüllt, circa *^''j^. C = Stück aus einem älteren Ei mit centralwärts gewanderten Testazellen, circa ^""j^. B == Halbschematische Darstellung des ältesten Eierstockseies unmittelbar vor dessen Austritt in den Oviduct, circa ^^''/i- f= Primär- foUikel und Secundärfollikel nach Auswanderung der Testazellen; fj = AussenfoUikel ; /;, = persistirender Innenfollikel ; fs = Follikelstiel ; he == Keimepithel; ov = Eizelle; iz = Testazellen. springt, um füglich vollständig in diese hineinzutreten und nur durch den Follikelstiel mit dem Keimepithel verbunden zu bleiben (Textfig. 149). Nur auf sehr jugendlichen Stadien der Eibildung stellt der Follikel eine noch unvollständige Hülle dar, die aus vereinzelten Follikelzellen besteht. Hat die Eizelle eine nur etwas bedeutendere Grösse erreicht, so sind auch die Follikelzellen *) bereits verhältnissmässig zahlreich genug aufgetreten, um eine vollkommene, zusammenhängende, einschichtige Lage bilden zu können. Absolut betrachtet, ist auch dann häufig noch die Follikelzellenzahl recht gering, denn man wird zuweilen ein Ei bereits von kaum einem Dutzend Follikelelementen allseitig umschlossen finden. *) Die Zollnatur der Follikelelemente ist jetzt allgemein anerkannt und wurde auch friilier nur ganz vereinzelt von wenigen Beobachtern geleugnet oder nicht erkannt. So fand z. B. Lacaze- D uthiers (1874) bei ^folgnla um die ganz jungen Eier nur kernlose „petits corpuscules" zu einer geschlossenen Schicht angeordnet. Erst im weiteren Verlauf der Eientwickelung sollten in diesen Körperchen deutliche Kerne auftreten, womit der Form- werth von Zellen erreicht sei. 702 Ascidien. Welche der dichtbenaclibarteu Zellen des Keimepitliels 7ai Eizellen, ■welche zu Follikelzellen werden, lässt sich, solange die Bildung des Keimbläschens noch nicht begonnen hat, nicht erkennen. Dass lediglich der Zufall entscheidet, ist kaum anzunehmen; viel näher liegt es, daran zu denken, dass immer nur die am besten ausgestattete Zelle einer Gruppe, gleichsam im Kampf ums Dasein mit den Nachbarzellen obsiegend, in die Entwickelung zum Ei eintritt, während die andern neben ihr ausser Stande sind, eine fortschreitende Entwickelung zu durchlaufen, und ledig- lich zu Follikelelementen sich umformen können. Nach Julin (1893), der sich eingehend mit der Entwickelung der Geschlechtszellen bei Styclopsis beschäftigt hat, würde bei dieser Ascidie eine ganz bestimmte Beziehung zwischen den zu Eizellen und den zu primären Follikelzellen werdenden p]lementen des Keimepithels bestehen. Je eine Gruppe von 4 Zellen würde hier einen primären Eierstocksfollikel (jeune follicule Ovarien) bilden, in w^elchem eine centrale Eizelle, oder besser junge Ovocytenzelle (ovogonie) und nur 3 primäre Follikelzellen (cellules folliculeuses primordiales) zu unterscheiden sind. Beide Zell- arten entstehen, wie oben auseinandergesetzt wurde, durch Dift'erenzirung der noch embryonalen Elemente des Keimepithels, die als „ovules primor- diaux" bezeichnet werden. Jede Yierergiuppe entsteht nicht direct durch zweimal aufeinanderfolgende Zelltheilungen aus einem „Primordialei", in der Art, dass eine der vier Zellen der Enkelgeneration zur Eizelle, die drei andern zu primären Follikelzellen werden. Obwohl das hin und wieder, wie ich wohl glauben möchte, vorkommen mag, so lässt sich doch aus der p. 703 abgedruckten Tabelle, die Julin für diese ersten Ent- wickelungsvorgänge gegeben hat, entnehmen, dass nur die Schwesterzelle des Eies ausnahmslos in eine von dessen 3 primären Follikelzellen sich direct verwandelt, während die beiden andern zwar auch auf die gleiche indifferente Urzelle des Keimepithels zurückzuführen sind, aber doch nicht die gleiche Generationsstufe, sondern eine jüngere Zellgeneration darstellen: ,,parmi les trois cellules folliculeuses primordiales, Tune, est la soeur de l'ovogonie, et les deux autres sont les deux produits de division d'une cellule germinative cousine de l'ovogonie". Gelegentlich, und zwar bei Clavelina gar nicht so selten, finden sich in einer F ollikelhülle zwei Eizellen. Diese sind häufig ver- schiedenen Alters, zuw^eilen aber auch ganz gleich gross und berühren sich mit breiten, abgeflachten Seiten, während der Follikel selbst immer nur mit einem Stiel der Ovarialwand verbunden ist. Diese zweizeiligen Eier erklären sich in sehr einfacher Weise daraus, dass zufällig zwei dicht benachbarte Zellen des Keimepithels keimbläschenartige Kerne ent- wickeln und von einer gemeinsamen FoUikellage umhüllt werden, w^eil zwischen ihnen keine indifferenten Keimzellen mehr Platz finden, die zu Follikelzellen sich umgestalten könnten. Ich habe in einem Follikel immer nur jüngere Eier in der Zweizahl angetroffen und glaube daher, dass weiterhin in der Regel eine der beiden Zellen eine Rückltildung Primärfnllikel und Chorionmombran. 703 wird erfahren müssen, wenn die andere ihre volle Reife und die Be- )11. fruchtungsfäliigkeit erlangen soll. 1. Tlioiliiii"'. 2. Theilung. 3. Theilnncr. 4. Tlioiluno". 5. Theilun der späteren Medianebene des Embryos, und aus dem Material der beiden ersten Blastomeren baut sich ziemlich genau je eine Körperhälfte der Larve auf. Bedeutender er- scheinen allerdings die Differenzen im Volumen der beiden Zellen nach der Darstellung Lacaze-Duthiers' bei Molgula roscovita, indessen sind auf dem folgenden vierzelligen Stadium die Grössenunterschiede bereits wieder bis zu einem gewissen Grade, wenn auch freilich noch nicht voll- ständig, ausgeglichen. Die zweite Furche kreuzt die erste senkrecht und lässt 4 Blasto- meren entstehen : ein vorderes und ein hinteres Paar. Diese sind zumeist mehr oder minder ungleich gross, aber in einigen Fällen scheinen Grössen- diiferenzen überhaupt nicht vorzukommen. Die Verschiedenheiten der Blastomeren dürften damit im Zusammenhang stehen, dass aus den beiden Zellpaaren ganz verschiedene Körperregionen hervorgehen, nämlich der vordere und hintere Leibesabschnitt. Obwohl ich sehr wohl wusste, dass schon in ganz jungen Embryonen der vordere Körpertheil viel umfang- reicher erscheint als der hintere, glaubte ich doch, mich überzeugt zu haben, dass die kleinen Zellen dem vorderen, die beiden grösseren dem hinteren Theil entsprechen. Das scheint vielleicht ein Irrthum gewesen zu sein, denn sowohl Van Beneden und Julin als Samassa Orientiren das vierzellige Stadium umgekehrt*). Wenn die beiden ersten sich senkrecht kreuzenden Furchen meridio- nal verlaufen, ist die dritte, die zu ihnen senkrecht steht, als äquatorial zu bezeichnen. Die Blastomeren, die durch sie gesondert werden, scheinen selbst bei den verschiedenen Eiern einer Art nicht unbedeutende, indivi- duell variirende Grössenverschiedenheiten zu zeigen, die hier nicht näher erörtert werden können. Im Allgemeinen werden durch die Aequatorial- von Maurice und Schulgin, dass das bei Ämaroucium proliferum der Fall sei, scheint mir in Eücksicht auf die wenig befriedigenden Abbildungen und die nicht genug ein- gehende Beschreibung bis jetzt unerwiesen. *) Auch bei Ciona liegen nach Castle's ersten Mittheilungen (1894) die beiden kleinen Zellen vorn. In der späteren, ausführlichen Darstellung (1896) tritt das weniger klar hervor, und mehrere Figuren sind entweder so orientirt, dass die beiden kleinen Blastomeren der einen, die grossen der andei-ea Körperliälfte angehören, oder in der von mir angegebenen Weise, dass die grossen Zellen hinten liegen. Es ist nicht sehr wahr- scheinlich, dass bei der stark ausgeprägten bilateralen Symmetrie der Embryonen das die beiden Körperhälften aufbauende Zellmaterial bedeutende Grössenverschiedenheiten zeigen möchte, und andererseits bildet auch Castle das spätere achtzellige Stadium gelegen thch so ab, wie ich es gefunden habe, dass nämlich die beiden grössten Zellen ventral und hinten (nicht vorn) liegen. Aus alledem bin ich geneigt, zu schliessen , dass die ersten Furchungsstadien der Ascidien noch immer nicht in völlig einwandfreier Weise klar- gelegt sind. Die ersten Furchungsstadien. 737 fiirclie 4 kleinere und 4 grössere Zellen getrennt. Bei Molgula roscovita sind die Unterschiede ausserordentlich bedeutend. Die vier grossen Zellen enthalten die Dotterkörper, sind ganz undurchsichtig und gelbgrün ge- färbt; die anderen betragen im Durchmesser kaum Ve ^^^ ersteren, sind durchsichtig, hell und vermehren sich rascher als die grossen, einmal durch Theilung der vier zuerst gebildeten , sodann auch, wie es scheint, durch neue Knospung von den grossen dotterreichen aus. Diese dritte Furche scheidet die Bauch- und ßückenseite des Embryos, verläuft also frontal. Sie sondert ziemlich genau das Blastomerenmaterial , aus dem sich die beiden primären Keimblätter aufbauen, und zwar liefern die dorsalen Zellen das innere, die ventralen das äussere Blatt. Seeliger hatte zuerst nachgewiesen, dass es die vier grossen Zellen sind, die ven- tral liegen und zum Ektoderm werden, während Van Beneden und Julin in herkömmlicher Weise aus den grossen Blastomeren das Ento- derm ableiteten*). Obwohl Van Beneden's Auffassung mit den An- gaben Davidoff's für Distaplia magnüarva, Salensky's für Diplosonfa Listen und auch mit den älteren Befunden Lacaze-Duthiers' bei Molgula übereinstimmt, hat sie sich doch bei Clavelina und Ciona nicht bewahr- heitet, denn hier sind es unzAveifelhaft die vier kleinen, in der Nähe der Kichtungskörper dorsal gelegenen Zellen, die das Entoderm liefern. Aus den vier kleinen Zellen geht zwar weiterhin nicht nur der Darm- tractus hervor, sondern zum Theil auch Chorda und Mesoderm, aber es sind das doch nur solche Organe, die in der Tiefe liegen, und es scheint niemals ein Zellabkömmling dieser dorsalen Blastomeren an der Ober- fläche zu verbleiben und in den Epithelverband des Ektoderms hinein- zugelangen. Ebensowenig betheiligt sich umgekehrt eine von den vier ventralen Blastomeren abstammende Zelle an der Bildung des Darmes, wennoleich viele von ihnen während der Gastrulation in die Tiefe rücken, um das Nervensystem und, wie es scheint, zum Theil auch Mesenchym und Musculatur entstehen zu lassen. Aus dieser Darstellung der ersten Furchungsvorgänge geht hervor, dass die Axe, in der sich die beiden ersten Furchungsebenen schneiden, in Rücksicht auf den späteren Embryo genau dorso-ventral verläuft, und zwar derart, dass der Eipol, in dessen Nähe die Kichtungskörper liegen, ungefähr die Mitte des Kückens bestimmt, wo die Entodermzellen sich einstülpen. Gewöhnlich bezeichnet man den Pol, an dem die kleineren Blastomeren auftreten und an dem oft auch die Kichtungskörper aus- gestossen werden, als den animalen, weil hier häufig zunächst das äussere Blatt und gelegentlich auch das Nervensystem sich sondern. In Rück- sicht auf die spätere Bedeutung der hier liegenden Blastomeren als ento- dermbildende Elemente wäre die Benennung ,,animaler Pol" für diese Kegion des Ascidieneies unzutreffend. *) Meine jetzt durchaus als zutreffend erkannte Angabe scheint damals als so un- glaubwürdig gegolten zu haben, dass sie Korscheit und Hei der in ihrem ausgezeich- neten Lehrbuch gar nicht erwähnten. Bronn, Klassen des Thier-Keichs. HI. Spplt. 47 738 Ascidien. Die auf dem Szelliq'en Stadium in der Anordnung? der Blastomeren deutlich sich ausprägende Bilateralität des Keims hat Castle veranlasst, nachzuforschen, ob nicht bereits im Ei selbst die späteren Hauptaxen des Körpers nachweisbar seien. Schon früher glaubten Van Beneden und Julin in dem noch ungefurchten Ei aus der Stellung der ersten Furchungs- spindel „vorn und hinten" sowie die Seitenregionen der späteren Gastrula erkennen zu können. Castle führt die polare Differenzirung des Cü'ona-Eies auf ein beträchtlich früheres Stadium zurück und erklärte sie aus den Vorgängen der Reifimg und Befruchtung. Die Austrittsstelle der Richtungs- körper bestimmt den Eipol, an dem die kleinen Entodermzellen sich bilden, also den „vegetativen", ziemlich genau. An der gegenüber- liegenden Eiseite dringt das Spermatozoon ein, und hier bildet sich eine reichere Protoplasmaansammlung im Dotter aus. Sie lässt eine ganz feste Lagebeziehung zu den späteren Blastomeren erkennen, denn sie bezeich- net den späteren ventralen und hinteren Theil des Embryos. Da also bereits im befruchteten Ei ventral und dorsal, vorn und hinten unter- scheidbar sind, ist auch rechts und links bekannt: das Ei erscheint bilateral- symmetrisch gebaut. (Fig. 13 — 16 auf Taf. XXVII zeigen einige der ersten Furchungsstadien bis zum 8 zelligen Embryo einer Clavelina). Die folgenden Furclmngen verlaufen bei den verschiedenen Species verschieden. Sie sind am genauesten für Clavelina und namentlich Ciona bekannt, aber es liegt nicht im Bereich dieses Werkes, die Einzelheiten dieses Processes darzustellen und auf alle Controversen hinzuweisen. Nur darauf möchte ich an dieser Stelle aufmerksam machen, dass sowohl zwischen den wenigen ersten Blastomeren als auch noch später auf dem Gastrulastadium die einzelnen Elemente durch Zellbrücken verbunden sein können (Hammar). Die ersten 8 Blastomeren theilen sich entweder fast gleichzeitig oder in zwei Etappen, so dass ein nur sehr kurz währendes 12 zelliges Stadium dem 16 zelligeu vorangeht. Noch schärfer als auf dem 8 zelligen scheinen in diesem letzteren die Blastomeren in zwei übereinander liegenden Schichten angeordnet, und mit vollem Recht wird man dieses Stadium als eine in der späteren dorso-ventralen Richtung des Embryos zu- sammengedrückte Blastula oder als eine Placula bezeichnen dürfen, in der die beiden primären Keimblätter wie in einer Gastrula bereits gesondert sind, nur dass noch die ürdarmhöhle fehlt. Bei Clavelina fallen die beiden Schichten schon durch Farbenunterschiede auf (Fig. 17, Taf. XXVII); die 8 dor- salen Zellen sind gelblich gefärbt, die 8 ventralen sind durch ihre hellere Färbung leicht kenntlich. Aehnliche Unterschiede bemerkte auch Lacaze- Duthiers bei seiner Jfo?(/M?a roscovita bereits auf dem 8 zelligen Stadium. Auch während der folgenden Zelltheilungen erhält sich die Placula- form, ja sie kann sich sogar noch typischer ausprägen, während die Blas- tomerenzahl zunimmt. Bei Clavelina (Fig. 18, Taf. XXVII) ist sie etwa auf dem 48 zelligen Stadium sehr gut ausgebildet, und bei Ciona zählt der Embryo bereits mehr als 70 Zellen, wenn er noch annähernd gerade ausgebreitet und zweischichtig ist. Wie aber besonders Castle nach- Die späteren Furchungsstadien. 739 gewiesen hat, setzt sich keine der beiden Placulascliichten aus gleich- artigen Elementen zusammen. In der dorsalen Platte sind schon auf dem 32 zelligen Stadium fast alle Zellen gesondert , die später die Chorda und den Darm bilden, und wenig später lassen sich in der ursprünglich ventralen Schicht neben den die ektodermale Leibeswand zusammen- setzenden Zellen andere unterscheiden, die weiterhin in das Nervenrohr, beziehungsweise in die Musculatur übergehen. Da die ventrale Zellplatte Fig. 153. Placula von 76 Zellen einer Ciona intestinalis in Dorsalansicht. (Nach Castle.) "Vi- Die Zellen, die durch Theilung einer Mutterzelle entstanden, sind durch Pfeile verbunden. A, B und C drei Querschnitte durch ein gleichaltes Stadium; die Eegionen, aus denen die Schnitte stammen, sind in der ersten Figur durch die entsprechenden Buchstaben bezeichnet. grösser ist als die dorsale, ragt sie schon auf jüngeren Stadien, und in älteren ist das in noch viel erheblicherem Masse der Fall, an der ganzen Peripherie über diese hervor (Textfig. 153). Nicht immer ist die Placulaform so ausgeprägt wie bei Clavdina oder Ciona, sondern häufig erhält sich der Keim längere Zeit nahezu kugelförmig, und die Elastomeren bilden dann bald nicht nur zwei, son- dern mehrere übereinander liegende Schichten. Bei Bistaplia magnilarva resultirt aus der Eifurchung ein ungefähr kugeliges Stadium, in dem, so wie bei Clavelina, die Blastomeren für jedes der beiden primären Keimblätter in je einer Schicht angeordnet sind, und Davidoff nennt den Embryo trotz seiner Kugelform Placula. Sehr bald aber wird das Entoderm zwei- und mehrschichtig, und ganz ebenso ist es bei Biplosoma Listen der Fall (Salenskv). Nach Maurice und Schulgin würde bei 47* 740 Ascidien. Aniaroucium ein Placulastadium fehlen, da infolge der meroblastischen Furchung- (?) ein unregelmässig angeordnetes, mehrschichtiges Blastomeren- material dem ungetheilten Dotter aufliegen soll. Die ersten Blastomeren reichen nicht immer bis in die Mitte des Keimes, sondern häufig bleibt hier ein centraler oder auch mehr oder minder excentrisch gelagerter Hohlraum bestehen, der bei sämmtlichen Ascidien immer nur sehr wenig umfangreich zu sein scheint und die Furchungs höhle darstellt. Ihre Gestalt ist ziemlich unregelmässig, und häufig ist die Höhle lediglich auf die Lückenräume beschränkt, die zwischen den Berührungsstellen der inneren convex gekrümmten Blasto- merenwände frei bleiben müssen. Zuweilen lieoen in der Furchunos- höhle Testazellen in grösserer oder geringerer Zahl eingeschlossen {Dista- plia magnilarva nach David off). Sie sind während der allerersten Furchungen zwischen den ersten Blastomeren central zu gewandert und blieben in der Mitte des Keimes liegen, während die Furchungszellen an der Peripherie zu lückenlosen Epithelien sich zusammenschlössen. Auf dem Placulastadium können die beiden Zellschichten sich so innig und fest aneinanderlegen, dass die Furchungshöhle vollkommen schwindet. Der in Fig. 18, Taf. XXVII, abgebildete CZave?ma-Embryo zeigt nur noch ganz geringe Spuren einer Furchungshöhle, und auf einem wenig älteren Stadium ist von dieser nichts mehr zu sehen. Die geringe Ausdehnung der Furchungshöhle bedingt es, dass bei den Ascidien eine typische Blastulaform, wie sie von Haeckel als Archi- blastula bezeichnet wurde, nicht zur Ausbildung gelangt, obwohl doch häufig die Placula eine durchaus einschichtige Umgrenzung der centralen Höhlung erkennen lässt. Auch wo, wie bei Dlstaplia^ die Placula Kugel- form zeigt, bleibt die Furchungshöhle winzig klein, und die an gegen- überliegenden Eipolen liegenden Zellen stossen zum Theil in der Mitte aneinander. Die die Furchungshöhle bildenden Lückenräume zwischen den Blastomeren sind wohl nicht nur von reinem Seewasser erfüllt, son- dern es scheint, dass sie häufig auch eiweisshaltige Substanzen enthalten. Zum Theil siiul diese sicher dadurch entstanden, dass einzelne Testa- zellen rückgebildet und in eine flüssige, homogene Substanz ganz all- mählich übergeführt wurden. Andererseits aber scheint es auch, dass die Blastomeren selbst sich an ihrer Bildung betheiligen, sei es, dass sich kleine Stücke des Zellkörpers abschnüren und dann allmählich zerfallen und sich verflüssigen, sei es, dass die Zellen die Masse einfach aus- scheiden, ganz ähnlich wie das Secret von Drüsenzellen. &. Die Bildung der Gastrula. Schon auf dein im vorigen Abschnitt beschriebenen Placulastadium fanden wir das Zellmaterial, das die beiden primären Keimblätter liefert, gesondert, und wer auf dieses Moment das Hauptgewicht legt, wird ohne Bedenken bereits diesen jugendlichen Embryo als eine Gastrula bezeichnen. Gastrulation der Clavdina und Cioim. 741 Da aber eine Urdarmhöhle und ein Blastoporus erst später, und zwar in einer typischen Form, zur Ausbildung gelangen können, wird man erst auf diesem entwickelteren Stadium die Gastrulabildung als vollzogen be- trachten dürfen. 1. Am genauesten untersucht ist dieser Gastrulationsvorgang bei Clavelina und Ciona, und bei beiden Ascidien stellt er sich weder als eine reine Invagination , wie Kowalevsky und Metschnikoff ange- nommen hatten, noch als typische Epibolie dar, sondern hält gleichsam die Mitte zwischen beiden (Pseuderabolie Davidoff's). Den Beginn der Umwachsung des Entoderms durch das äussere Keimblatt sieht man bereits auf dem zuletzt beschriebenen Placulastadium (Textfig. 153), indem im ganzen Umkreise des Entoderms auf der Dorsalseite Zellen der ursprünglich ventralen Schicht sichtbar werden. Ich hatte bei Clavelina beobachtet, dass dieses Hinüberwachsen nach der Rückenseite nicht an allen Stellen gieichmässig schnell erfolgt, sondern dass vorn die Um- wachsung am raschesten, hinten nur sehr langsam vorschreitet, und an den Seiten Hess sich dann von vorn nach hinten zu eine allmähliche Ab- nahme des Vorschreitens feststellen. Damit konnte ich die Form des Blastoporus auf verschiedenen Stadien der Gastrulaausbildung in Zu- sammenhang bringen, denn es zeigte sich der Urmund zuerst weit aus- gedehnt über die ganze Rückenseite des Embryos, dann herzförmig, später unregelmässig spaltförmig und endlich als rundliche, kleine Oeff- nung am dorsalen Hinterende (vergl. Fig. 12, Taf. XXVII). Während der Verschluss rechts und links im Allgemeinen ganz gieichmässig vor- schreitet, so dass auf allen Querschnitten die Symmetrie gewahrt bleibt (Fig. 19, Taf. XXVII), ist vorn und hinten ein wesentlicher Unterschied vorhanden (Fig. 20). Ganz anders stellt sich, wenigstens auf vielen Stadien, der Gastrulationsprocess nach den Befunden von Van Beneden und Julin dar. Diesen zufolge sollen die 4 dorsalen Blastomeren des 8 zelligen Stadiums nicht nur das Entoderm, sondern auch einen Theil des äusseren Keimblatts bilden. Schon während der Furchung und dann auf dem Placulastadium rücken einzelne Derivate der dorsalen Blastomeren auf die Ventralseite, und diese sowohl wie eine Anzahl dorsal, an der Peri- pherie der Entodermschicht gelegene Elemente sind es hauptsächlich, die später im vollkommen entwickelten Gastrulastadium das Ektoderm der Dorsalseite darstellen. Diesen Unterschied gegenüber meinen Angaben erklärte zuerst Samassa (1894) dadurch, dass die belgischen Forscher in allen frühen Stadien ventral und dorsal verwechselt „und infolgedessen einen Theil des Ektoderms für das gesammte Entoderm, den Rest des Ektoderms aber und das Entoderm für das Ektoderm gehalten haben". Weitaus am eingehendsten ist die Darstellung, die Castle vom Gastrulationsvorgang der Ciona gegeben hat. So wie ich es bei Clavelina, gefunden hatte, schreitet auch hier der Verschluss des anfänglich mäch- tigen, die ganze Dorsalseite einnehmenden Blastoporus vorn viel rascher 742 Ascidien. vor als hinten (vergl. Textfig. 154, A u. C). Erst später, wenn der Ur- mund bereits eine kleine, dreieckige, am hinteren Dorsalende gelegene Oeffniing geworden ist, verwachsen seine Ränder zuerst hinten und dann erst vorn. Wenn aber auch der liintere Blastoporus zunächst nur sehr wenig sich nach vorn verschiebt, so erfolgt doch an dieser Stelle in stärkerem Masse als vorn eine Einstülpung solcher Zellen, die von den Fig. 154. B 7nes A Dorsalansicht einer jungen Gastrula vun Ciona intestinalis. B Querschnitt durch dieses Stadium, an der in A mit B bezeichneten Stelle geführt. C Dorsalansicht durch ein vor- geschritteneres Gastrulastadium. D Querschnitt einer ähnlichen Gastrula (durch die Mitte des Blastoporus geführt), (Nach Castle). *^7i- ^^^ = Chordabildende Zellen; mn = Blastomeren, die sich weiterhin in Muskel- und Nervenzellen sondern; mes = Meseuchjm. vier ventralen Blastomeren des 8 zelligen Stadiums abstammen. So sieht man in Textfig. 154, B, die auf der Dorsalseite der Gastrula am weitesten gegen die Medianebene vorgerückten Ektodermzellen vorn noch ziemlich weit voneinander entfernt, während in der hintersten Blastoporusregion einzelne Ektodermzellen fast bis zur Mittellinie gelangt sind und sich gleichzeitig in die Tiefe gesenkt haben, so dass sie von den mehr seit- lich o-eleoenen Zellen zum grossen Theil bereits überdeckt werden. In einer älteren Gastrula ist die Zahl der in die Tiefe gerückten Zellen der •ursprünglich ventralen Schicht nicht nur am Hinterende grösser geworden, Gastrulation der Ciona und Distaplia. 743 sondern auch weiter vorn haben sich solche Zellen eingestülpt, so dass sie ihrer allgemeinen Lage nach sich ganz so wie Entodermzelleu zu verhalten scheinen (Textfig. 154, D). Doch können sie in Rücksicht auf ihr weiteres Schicksal nicht ohne Weiteres dem inneren Keimblatt zu- gezählt werden, denn zum Theil bilden sie das spätere Nervenrohr des Embryos, zum andern Theil freilich auch die Musculatur und selbst Partien des Mesenchyms. Auffallend erscheint allerdings in der von Castle gegebenen Darstellung, dass an einer bestimmten Stelle eine Verlagerung der Zellen eintreten muss, denn in der zuletzt erwähnten Abbildung sieht man Derivate der ventralen Blastoraeren, die das Meso- derm bilden helfen (nies), tiefer in die Urdarmhöhle eingestülpt als ge- wisse, die Chorda bildende Elemente, die von allem Anfang an dorsal lagen (di). Von weittragender Bedeutung ist aber gerade das Ergebniss von Castle 's Untersuchung, dass solche Zellen, die den ursprünglichen Lagebeziehungen und auch dem histologischen Verhalten nach eine nähere Verwandtschaft mit dem äusseren Blatt zeigen, in die Tiefe rücken und den grössten Theil des Mesoderms liefern. Dadurch erscheint der em- bolische Process gegenüber dem epibolischen viel mehr in den Vorder- grund gerückt, als es bei Clavelina der Fall ist, bei welcher die das innere Blatt umwachsenden Zellen der ventralen Placulaplatte nur zur Bildung des Nervenrohres sich einsenken und im üebrigen ganz an der Oberfläche des jungen Embryos liegen bleiben (Seeliger, Van Beneden und Julin). 2. Während sowohl bei Clavelina als auch bei Ciona die dorsal sich einstülpenden und vom Ektoderm umwachsenen Entodermzelleu eine ver- hältnissmässig umfangreiche Urdarmhöhle umschliessen, die auch in der vollkommen entwickelten Gastrula nachweisbar bleibt, tritt bei anderen Ascidieu die Embolie des Entoderms und daher auch die frühzeitige Aus- bildung einer Urdarmhöhle fast ganz zurück, und die Gastrulabildung erfolgt vornehmlich durch Epibolie. David off hat zuerst auf ein der- artiges Verhalten bei Distaplia magnilarva hingewiesen. Bei dieser As- cidie erfolgt im gesammten vorderen Theile des Embryos eine typische Umwachsung des Entoderms durch das dorsalwärts and von vorn nach hinten zu sich vorschiebende Ektoderm. Dieses stellt allenthalben ein einschichtiges Epithel dar, während die Entodermzellen sich rasch theilen, unsymmetrisch gegeneinander verschieben und eine solide, jedes Binnen- raumes entbehrende Masse bilden (Textfig. 155). Im hinteren Embryonal- abschnitt tritt der epibolische Process nicht in der gleichen Weise als alleinherrschend hervor, denn hier buchtet sich gleichzeitig das Entoderm an einer beschränkten Stelle nach innen zu ein und lässt eine kleine, nach aussen geöffnete G-rube, die ,,Pseudogastralhöhle" entstehen, die von David off als die rudimentäre Urdarmhöhle aufgefasst wird. Die Pseudo- gastralhöhle hat aber nur transitorische Bedeutung, denn sie verschwindet bald wieder, indem die Zellen ihrer Wand zusammenrücken und das Lumen vollständig ausfüllen. Eine wahre Urdarmhöhle fehlt daher bei 744 Ascidien. Distaplia, und nach Vollendung der Gastmlation bleibt der Embryo eine Zeit lang als ein ganz solides Gebilde ohne centralen Hohlraum be- stehen (Sterrogastr ula). Immerhin aber glaubt Davidoff, den vor- deren und hinteren Theil der Gastrula als „epibolische" und „pseud- embolische" Hälfte unterscheiden zu müssen. Bei anderen Synascidien scheint im Verlaufe der Gastrulabildung gar keine Andeutung eines embolischen Processes mehr vorhanden zu sein, die „Pseudogastralhöhle" fehlt, die Gastrula ist eine typische Sterro- gastrala und entsteht durch Epibolie (Didemnum niveuni , Biplosoma Listen). Fig. 155. np // en Zwei Querschnitte durch eine junge Gastrula der Dz'staj)Z/a ??m^m7artJa. (Nach David off.) "■^Z^. In A ist der Schnitt etwas hinter der Mitte, in B noch weiter hinten geführt. ec = Ektoderra; en = Entoderm, solid und mehrschichtig; wis = Mesenchymzellen ; np = Nervenplatte; ns = Nervenzellen, später die Platte bildend. Bei Biplosoma deutet Salensky eine kleine, von Testazellen erfüllte Grube im Entoderm nicht als Pseudogastralhöhle im Sinne Davidoff's, sondern als eine zufällige, durch den Druck der Testazellen entstandene Bildung. Alle Gastrulaformen der Ascidien, die jüngeren sowohl als auch ganz besonders die älteren, sind dadurch ausgezeichnet, dass sich in ihnen bereits sehr verchieden differenzirte Zellen vorfinden, aus denen weiterhin verschiedene Organe und Gewebe ihren Ursprung nehmen. Dorsal liegt im Ektoderm in der Umgebung des Blastoporus eine huf- eisenförmige Zellplatte (Textfig. 154, Ä u. C), die schon ältere Beob- achter bemerkt und von dem übrigen Ektodermepithel histologisch ver- schieden gefunden haben. Es ist gewiss, dass aus diesen Zellen die Nervenplatte und später das Nervenrohr hervorgeht, vielleicht aber doch noch zweifelhaft, ob — wie Castle behauptet — auch die Schwanz- musculatur. Im eingestülpten inneren Blatt, das als primäres Ento- derm bezeichnet wird, ist die histologische Dift'erenzirung noch reicher. Die meisten Zellen, namentlich im vorderen Abschnitt, zeigen das nor- male Aussehen dotterreicher Entodermzellen, die später den Darm zu Bildung des Mesodenns. 745 bilden haben; gewisse Elemente unterscheiden sich von diesen durch die Form und Lage und erweisen sich als die Anlage zur Chorda (Fig. 21, Taf. XXVII), und an bestimmten Stellen endlich liegen im Entoderm die Mutterzellen für das» Mesenchym , die allerdings auf jungen Stadien zu- meist von den benachbarten Elementen histologisch sich kaum unter- scheiden lassen (Textfig. 154). In dieser Beziehung kennzeichnet sich also die Entwickelung der Ascidien durch ein Vorauseilen der histolo- gischen Sonderung gegenüber der anatomischen Gliederung des Embryos. Die Unterschiede im histologischen Verhalten der Gastrula einer Ascidie und des Ampliioxus sind unverkennbar, denn in dieser herrscht eine auf- fallende Gleichförmigkeit in beiden Keimblättern. Die frühzeitige histo- logische Differenzirung im Ascidienkeim ermöglicht es, mit grösserer Sicherheit als anderswo die verschiedenen Organe des ausgebildeten Thieres bis in sehr frühe Embryonalstadien zurückzuverfolgen und von bestimmten Blastomeren und Blastomerengruppen abzuleiten. c. Die Bildung des Mesoderms. Die ersten ausführlicheren, freilich nicht zutreffenden Angaben über die Entstehung des Mesoderms im Ascidienembryo rühren von Kupffer (1870) her. Nach ihm stellt der Keim der Ciona canina nach Ablauf des Furchungsprocesses eine mehrschichtige Zellenmasse mit sehr kleiner Furchungshölile dar. Somit liegen gleich von allem Anfang an, nachdem die Gastrulaeinstülpung erfolgt ist, zwischen dem äusseren und inneren Epithel Blastomeren, die weiterhin mesodermales Gewebe hervorgehen lassen. Ausserdem aber lösen sich später noch aus der äusseren Schicht des inzwischen mehrschichtig gewordenen ,, Darmsackes" Zellen ab, um das Material für Herz und Blutelemente zu liefern. Ganz anders stellt sich die Bildung des mittleren Blattet nach den Befunden Kowalevsky's (1871), Metschnikoffs*) (1872, 1882) und Seeliger's (1884) bei PhaUusia und Clavelina dar. Darnach ist das Mesoderm entodermalen Ursprungs und besteht aus zwei symmetrisch gelegenen Zellstreifen, die im vorderen Körpertheil des Embryos mehrschichtig, im hinteren nur einschichtig und hier in der Regel drei Zellen breit sind. Die vorderen Mesodermzellen lösen sich bald aus ihrem Zusammenhang, runden sich ab und werden zu Blut- und Bindegev,^ebszellen ; die hinteren bilden die Schwanzmusculatur. Allgemeine Aufmerksamkeit erregte es, als Van Beueden und Julin (1884, 1886) das Mesoderm der ClnucUna auf paarige Ausstülpungen des Entoderms zurückführten, die durchaus den echten Cölomdivertikeln der *) Es erpclieint mir nicht überflüssig, an dieser Stelle darauf aufmerksam zu machen, dass Metsclinikoff zuerst (1869) das Nervenrohr und die Schwanzmusculatur des Em- bryos aus einer gemeinsamen Anlage ableitete, die sich in zwei Partien spaltet. Er hat später diese Ansicht fallen lassen, und es ist daher um so bemerkcnswerther, dass im Jahre 1896 Castle die alte Metschnikoff'sche Auffassung im Wesentlichen bestätigte, 746 Ascidion. Hertwig' sehen Cölomaten gleichwerthig sein sollten. Wenn noch der Blastoporus als eine kleine Oeffnung am Hinterende besteht (Fig. 21, Taf. XXVII), treten weiter vorn die beiden Urdarmdivertikel, und zwar dorsal und seitlich neben der Chordaanlage auf -(Fig. 9, Taf. XXIX). Die Zellen, die die Ausstülpungen bilden, sind kleiner als die anderen Entodermzellen, haben also bereits mehr Theilungen durchgemacht als diese, und der von ihnen umschlossene Kaum ist als eine enterocöle Leibeshöhle zu betrachten , die allerdings später wieder vollständig schwindet. Damit schienen die nahen verwandtschaftlichen Beziehunsfen der Ascidien zu Vertebraten und im Besonderen zu Amphioociis noch fester begründet und sicherer erwiesen zu sein. Leider hat aber kein späterer Beobachter, trotz aller darauf verwendeten Müiie und Sorgfalt, diese Cölomdivertikel wiederfinden können, weder bei der Clavelina, noch auch bei irgend einer anderen einfachen oder zusammengesetzten Ascidie. Es liegt daher die Vermuthung nahe, dass die belgischen Autoren beim Suchen nach Cölomdivertikeln im Ascidienembryo durch künstlich auftretende Rupturen und Lückenräume zwischen den Zellen sich haben täuschen lassen. Fig. 156. ms, A Querschnitt durch eine Clavelina-ijiSi&trüla, mit kleinem Blastoporus. "^^"/i- -^ Querschnitt ungefähr durch die Mitte eines älteren Stadiums; Blastoporus bereits geschlossen, Hinter- theil der MeduUarrinne bereits zum Nervenrohr umgebildet. Ca. -^7i- (Nach David off.) ch = Chorda; ec = Ektoderm; en == Entoderm; ms = Mesenchym; m- = Nervenrinne, weiter hinten bereits zum Eohr geschlossen. Davidoff, der wenige Jahre später ebenfalls Clavelina Eissoana untersuchte, fand die Mesodermbildung ganz anders verlaufend. Um die Unterschiede klar hervortreten zu lassen, habe ich zwei Copien von Davidoff's Zeichnungen, die alle ein vorzüglich conservirtes Material bezeugen, als Textfig. 156 hier eingefügt. In Ä sieht man ein sehr frühes Stadium; dorsal, rechts und links von der Chorda, liegen an der Mesodermbildiing bei Clavelina und Synascidien. 747 Aiisseuseite des Entoderms, dem Ektoderm dicht angeschmiegt, einige wenige Mesodermzellen, die ihren Ursprung aus dem inneren Blatt deut- lich erkennen lassen. Dieses Stadium ist jünger als das oben erwähnte, auf dem Van Beneden und Julin die Cölomdivertikel zu erkennen meinten, und beweist, dass die ersten Mesodermzellen zweifellos nicht aus Entodermdivertikeln hervorgehen können. Vielmehr entsteht das Mesoderm nach den Beobachtungen von Davidoff jederseits in der ganzen Länge des Embryos durch Theilung der Entodermzellen als eine einschichtige Lage von wenigen Zellen. Durch rasche Vermehrung wird das Mesenchym in der vorderen Eegion bald mehrschichtig. Der einzige Unterschied gegenüber den älteren Angaben Seeliger's besteht darin, dass niemals Entodermzellen, die sich an der Begrenzung des Urdarm- lumens betheiligt haben, aus dem Epithelverbande austreten und ganz zu Mesodermelementen sich auftheilen sollen. Doch fällt dieser Gegen- satz in den Befunden im Vergleich zu der hohen Uebereinstimmung in allen wesentlichen Puncten kaum ins Gewicht. Auch Salensky schildert die Mesodermbildung bei einigen Syn- ascidien (Diplosoma Listen, Didemnum niveuni) im Wesentlichen in der gleichen Weise. Befremdend erscheint bloss das Eine, dass jeder Meso- dermstreifen bei Diplosoma in letzter Instanz aus einer einzigen Ur- mesodermzelle seinen Ursprung nehmen soll. Schon auf sehr frühen Embryonalstadien sollen die beiden Urmesodermzellen am Hinterende des Keimes, noch im epithelialen Verband des Entoderms ruhend, erkennbar sein. Etwas Aehnliches ist bei keiner anderen Tunicate bekannt, und überall nimmt das mittlere Blatt aus zahlreichen, über eine grössere Strecke vertheilten Entodermzellen seine Entstehung. Die Darstellung, die Davidoff von der Mesodermbildung bei Di- staplia magnilarva gegeben hat, lässt sich ebenfalls mit den Befunden bei Clavelina sehr gut in Uebereinstimmung bringen, und nur auf den ersten Anblick scheint es, als ob die Vorgänge sehr eigenartig verlaufen möchten. Die Besonderheiten erklären sich aus dem Verhalten des Entoderms, das wir schon zu Beginn des Gastrulationsvorgangs als eine solide, vielzellige Masse beobachten konnten (vergl. oben p. 743). Ungefähr in der Mitte dieser tritt später eine zunächst nur kleine Darmhöhle auf (Textfig. 159, J5), während im vordersten Embryonaltheil, in dem sich nach Davidoff die Gastrula vorher durch reine Epibolie gebildet hatte, eine solide Entodermmasse bestehen bleibt. Im hinteren, sogenannten pseudembolischen Theil des Keimes entsteht das „gastrale oder axiale" Mesoderm aus paarigen, bilateralen Anlagen von Entodermzellen (Textfig. 155), die unter der Nervenplatte liegen. Diese functioniren gewissermassen als Mutterzellen für das Mesoderm, sie produciren nur Mesodermelemente, bleiben aber selbst als wahre Entodermzellen (?) bestehen. Später scheidet sich das gastrale Mesoderm in einen hinteren, caudalen, und einen vorderen Abschnitt, das sogenannte somatische Mesoderm. Im vorderen, epibolischen Gastrulaabschnitt bildet sich das ,,p rag astrale 748 Ascidien. oder secuiidäre" Me so denn erst etwas später aus, und zwar ent- steht es unsymmetrisch und nicht bilateral aus den vorderen, solid und mehrschichtig angeordneten Entodermzellen (sogenanntes prägastrales Entoderm), die nach und nach unter mehrfachen Theilungen sich voll- ständig in Mesenchym auflösen. Dieses Mesenchym stimmt durchaus mit dem vorderen gastralen Mesoderm, dem somatischen, überein, und beide vereinigen sich auch zur Bildung des einheitlichen Körpermesen- chyms. In einer übersichtlichen Weise lässt sich der Vorgang der Mesodermbildung bei Bistaplia durch folgendes Schema darstellen: Erabrvo epibolische Eegion (vorn) psciulcmbolische Kegion (hinten) prägastrales Mesoderm gastrales Mesoderm somatisches Mesoderm caudales Mesoderm Körpermesenchym Schwanzmusculatiir. Es ist oben schon betont worden, dass die Entstehung des Meso- derms bei Distaplia nur scheinbar zu dem für Clavelina festgestellten Bildungsmodus in Widerspruch steht; im Wesentlichen stimmen beide Vorgänge übereiu. Das Mesoderm bildet sich in allen Fällen auf jeder Seite aus dem inneren Keimblatt, und bei Distaplia besteht nur im vordersten Körperabschnitt die erwähnte Unregelmässigkeit, die als eine Eolge secundärer cenogenetischer Vorgänge unschwer zu erkennen ist. Sie wird bedingt durch das Verhalten des inneren Blattes an den betreifen- den Stellen. Würde sich hier, wie bei anderen Ascidien, eine umfang- reiche Urdarmhöhle ausbreiten, so würden jederseits die Mesoderm- streifen als einheitliche, durch den ganzen Embryo sich hindurch er- streckende Gebilde deutlicher hervortreten, und die Anlage des mittleren Blattes wäre dann durchaus symmetrisch. Symmetrisch bildet sich zwar auch das Mesoderm der Ciona^ aber nach der letzten ausführlichen Darstellimg Castle's unterscheidet sich doch der Vorgang von allen andern bisher bekannt gewordenen dadurch, dass die Mesodermanlage weder rechts noch links einheitlich ist, sondern sich aus ganz verschiedenen Zellen zusamimensetzt. Genetisch verschieden sollen sich das Mesoderm des Hinterabschnitts , das die Schwanzmuscu- latur liefert, und das Mesenchym des vorderen Abschnitts verhalten. Das Auffallendste liegt, wie mir scheint, darin, dass — worauf schon oben (p. 745) in einer Anmerkung kurz hingewiesen wurde — die meso- derm ale Schwanzmusculatur und das Nervenrohr des hinteren Embryonal- körpers aus einer gemeinsamen, am Blastoporus gelegenen Zellgruppe hervorgehen. Schon auf jungen Gastrulastadien (Textfig. 154, A u. 6^) erscheinen diese Mutterzellen für das Nervensystem und die Schwanz- musculatur in hufeisenförmiger Anordnung um den Blastoporus und von den übrigen Ektodermzellen histologisch ziemlich deutlich verschieden. Während die vorderen wahrscheinlich weiterhin nur in die Nervenplatte Mesodermbildung bei Ciona. 749 übergehen, enthalten die jederseits weiter hinten gelegenen (mn) die An- lagen für Musculatur und Nervenrohr noch vereinigt und ungetheilt. Erst weit später (Textfig. 157, A u. D), nachdem mehrere Zellth eilungen eingetreten sind, erscheinen Muskelzellen und Nervenzellen gesondert; aber trotz ihrer später so verschiedenen Functionen gleichen sie sich doch anfänglich histologisch in sehr hohem Grade. Alle diese Elemente jip Ficr. 157. ,-e/i. \,^}lli -^-''"P ms eil eil ma :,.^--Cll '}na raiv --ms. \-nnu cli^' e?i Vier Querschnitte durch Embryonen von Ciona intestinalis. (Nach Castle.) ^•"'/i- A Schnitt durch den Blastoporus, B Schnitt ungefähr dur(th die Mitte, C Schnitt durch den Vordertheil eines Stadiums, das etwa dem in Textfig. 158, 1, im Längsschnitt abgebildeten entspricht. D Schnitt durch das Hinterende eines beträchtlich älteren Embrj'os. bl = Blastoporus; ch = Cbordazellen; dh = Darmhöhle; en = Entoderm oder darm- bildende Zellen; ?H.s = Mesenchym ; jhs, = Mesenchymzellen im späteren Schwanzabschnitt; mu = Schwanzmusculatur; np = Nerven platte resp. die sie bildenden Nervenzellen; nr = Nervenrohr. stammen in letzter Instanz aus den beiden hinteren ventralen Blastomeren des 8 zelligen Furchungsstadiums, die dem äusseren Keimblatt zu- gehören, und daraus ergiebt sich der überraschende Schluss, dass nach Castle die Schwanzmusculatur der Ascidienlarve vom Ektoderm aus gebildet wird. Auch das Mesenchym des Vorderkörpers soll nach Castle nicht aus einer ganz einheitlichen Anlage hervorgehen. Auffallend erscheint es, dass die das Mesenchym bildenden Zellen bei Ciona sich sehr frühzeitig 750 Ascidien. (lifferenziron und bei den folgenden Theilungen keine Zellen mehr hervor- oelien lassen, die noch zu anderen Geweben als nicht mesenchymatösen werden könnten. Schon auf dem 48 zelligen Furchungsstadium sind die meisten Mesenchymmuttorzellen gesondert, und auf den ersten Gastrula- stadien scheinen es sämmtliche zu sein. In den Textfiguren 153, 154 und 157 sind die Mesenchymzellen durch den dunkleren Ton von allen anderen Elementen leicht unterscheidbar dargestellt. Die in Fig. 153 abgebildete Placula scheint nur noch ein Zellpaar (die dorsalen Seiten- zellen in Fig. B) zu besitzen, in welchem die Anlagen für Mesenchym- und Ektodermelementen noch vereinigt sind. Aus der Abbildung, die Castle gegeben hat, lässt sich ohne Weiteres entnehmen, dass Abkömm- linge sowohl der vier ventralen wie der vier dorsalen Blastomeren des 8 zelligen Stadiums zu Mesenchymzellen werden, dass also die einen dieser letzteren dem Ektoderm, die anderen, weniger zahlreichen, dem Entoderm näher verwandt sind. Doch prägt sich dieser Unterschied in der Herkunft der Mesenchymzellen in ihrer histologischen Beschaffenheit nicht aus, wie sich namentlich aus Textfig. 157 entnehmen lässt. Im Gegensatz ferner zu dem, was aus der Entwickelung von anderen Ascidien bekannt geworden ist, sollen bei Ciona auch noch im hintersten Em- bryoualabschnitt neben der Schwanzmusculatur Mesenchymzellen in grösserer oder geringerer Zahl vorkommen (Textfig. 157, Ä u. D). Es würde sich das daraus erklären, dass bei Ciona das Mesenchym nicht einfach den vordersten, die Schwanzmusculatur den hintersten Abschnitt einer ursprünglich einheitlichen Mesodermanlage darstellen, sondern dass diese beiden Theile sich aus ganz verschiedenen embryonalen Zellgruppen herleiten, die im Hinterende der Gastrula nebeneinander liegen können. Diese Eigenthümlichkeiten , die die Mesodermbildung der Ciona auszeichnen sollen, lassen vielleicht den Wunsch nach einer erneuerten Prüfung dieser Eutwickelungsvorgänge, die von anderer Seite bisher keine Bestätigung erfahren haben, nicht ungerechtfertigt erscheinen. 4. Die Umbildung der Gastrula zum jungen geschwänzten Embryo. Zuweilen erweist sich das Hinterende schon älterer Gastrulastadien mehr oder minder deutlich verjüngt, so dass der Embryo etwa ein birn- förmiges Aussehen zeigt. Nach Verschluss des Blastoporus prägt sich der Gegensatz zwischen dem Vorder- und Hinterabschnitt immer schärfer aus, und bald erscheint dieser wie ein gebogener, hornähnlicher Anhang an dem umfangreicheren Vorderkörper. Die Organisation beider Abschnitte ist eine völlig verschiedene, denn der hintere stellt lediglich die Anlage des Kuderschwanzes dar und enthält kein Darmlumen, sondern ausser dem Stützorgan nur die die Locomotion besorgende Musculatur und einen Theil des Nervensystems. Die Grenze zwischen Kumpf und Schwanz ist insofern keine ganz scharfe, als Chorda und Musculatur sich häufig Differenzirung in Kumpf und Schwanz. Blastoporusverschluss. 751 ziemlich weit nach vom in den vorderen, das Darmrohr beherbergenden Theil hinein erstrecken. Anfänglich krümmt sich der Schwanzanhang ziemlich regelmässig in der Art, dass er, ohne aus der Medianebene in auffallender Weise herauszutreten, seine Ventralseite der Bauchseite des Kumpfabschnittes anschmiegt (Fig. 1 u. 2, Taf. XXVIII). Wenn er später eine ansehnlichere Länge erreicht hat, treten in der Regel mehr oder minder auffallende Störungen des symmetrischen Verhaltens ein, und häufig (Clavelina) wächst das Schwanzende nach der rechten Körper- seite hinüber, um eine unregelmässige Spiraltour auszuführen. Gleich- zeitig erfolgt eine Drehung des Schwanzes um die eigene Axe, eine Drehung, die aber höchstens 90*^ beträgt und die ursprünglich dorsal gelegene Region nach links, die ventrale nach rechts hinüberrücken lässt. Im Querschnitt erscheint die Schwanzanlage zumeist ausgesprochen drehrund , im entwickelten Zustand allerdings , nach Ausbildung des Cellulosemantels, ist die Gestalt des Ruderorgans eine andere. Die Entwickelungsperiode, die in diesem Abschnitt geschildert werden soll, wird demnach in erster Linie durch die Sonderung des anfänglich einheitlichen Embryonalkörpers in zwei Abschnitte gekennzeichnet, und diese wird bedingt durch die Entwickelung der Chorda und Musculatur im hinteren, durch das Auftreten der Entodermhöhle im vorderen Theil. Von wesentlicher Bedeutung für die Embryonen dieser Stadien ist das Auftreten des primären Nervenrohres auf der Dorsalseite, und zwar er- folgt die Bildung auf der ganzen Länge des Keimes im Bereiche beider Leibesabschnitte. a. Der VerscMiiss des Blasfoporus und die Entstehung des Nervenrolires. Den Blastoporus vorgerückterer Gastrulastadien fanden wir oben als eine kleine Oeffnung auf der hinteren Dorsalseite des Keimes. Schon in jüngeren Embryonen (vergi. Textfig. 154, C, p. 742) erscheint der ganze Blastoporus von den das Nervensystem bildenden Zellen umgeben, und vor dem Urmund stellen diese eine besondere, noch ganz im Verband des Ekto- derras gelegene Zellplatte dar, die sich bis ins Vorderende erstreckt. Die Art und Weise, wie der Blastoporus sich schliesst, hängt eng zusammen mit der Bildung der Nervenplatte und deren Umgestaltung zum Neural- rohr, und es ist das Verdienst von Kowalevsky (1871), zuerst nach- gewiesen zu haben, dass bei Phallnsia während einer bestimmten Periode der alte Blastoporus bestehen bleibt und eine Verbindung zwischen der ür- darmhöhle und dem hinteren Ende des im Endstehen begriffenen Nerven- rohres darstellt. Diese Communication, der Neurointestinalcanal, findet sich in durchaus der gleichen Weise beim Ämphioxus, nur erhält sie sich hier längere Zeit offen. Noch in seiner ersten Arbeit nahm Kowalevsky (1866) an, dass der Gastrulamund sich schliesst, dass aber an derselben Stelle die Analöffnung entstehe, während Metschnikoff die Ascidiengastrula für eine orale hielt. Kupffer hat, wie Metschni- 752 Ascidien. koff, vorn und hinten im Embryo verwoclisolt und den Blastoporus an das Vorderende verlegt, dem gegenüber hinten der Schwanz hervorwachsen sollte. Metschnikoff hat sich später (1872) vollständig der richtigen Darstellung Kowalevsky's angeschlossen, und diese wird jetzt, insoweit sie die Lagebeziehungen des Blastoporusrestes betrifft, von keiner Seite mehr bestritten. Nur insofern lauten die Angaben der Autoren über die verschiedenen Ascidienarten verschieden, als bei manchen Formen der Blastoporus sich sehr frühzeitig vollständig schliesst, bevor noch ein wirkliches Nervenrohr entwickelt ist, und dann kann ein wahrer Neuro- intestinalcanal nicht zur Ausbildung gelangen. Bei der Bildung des primären Nervenrohrs des Embryos lassen sich zwei Entwickelungsphasen unterscheiden: erstens die Entstehung der Nervenplatte und zweitens die Umbildung der Platte zur Röhre. Wenn auch beide Vorgänge ganz allmählich und ohne scharfe Trennung in- einander übergehen, wird es sich doch empfehlen, im Interesse einer leichteren Verständlichkeit des ziemlich verwickelten Entwickelungsver- laufs sie hier möglichst auseinanderzuhalten. 1. In genau der gleichen Weise, in welcher der über die ganze Eückenseite ausgebreitete Blastoporus der jungen Embryonen sich schliesst, schreitet die Ausbildung der Ne uralplatte von den Seiten nach der Medianebene zu und vor allem von vorn nach hinten zu vor, denn es ist, wie erwähnt, der Urmundrand von den später das Nervensystem bildenden Zellen umgeben. Diese schliessen sich daher zuerst vorn, vor dem Blastoporus, in der Medianebene zur Bildung einer einschichtigen Nervenplatte zusammen, w^ährend sie weiter hinten, rechts und links vom medianen Urmund, jederseits als ein seitlicher Streifen zu erkennen sind. Die Nervenanlage hat daher auf diesem Stadium etwa Hufeisenform. In jüngeren Embryonen scheinen zuweilen die beiden Schenkel des Huf- eisens hinten frei zu endigen, später aber finden sich auch hinter dem Blastoporus Nervenzellen, und die ganze Anlage hat damit eine voll- kommene Ringform gewonnen. Allerdings ist der Zellring vorn am breitesten, hinten und seitlich viel schmäler. Ist der Blastoporus zu einer winzigen Perforation am dorsalen Hinterende des Embryos geworden, so haben sich auch die seitlichen Theile des Zellrings zur Nervenplatte median verbunden, und schliesslich folgen auch die hintersten Nerven- zellen nach, so dass die mediane Platte vollständig ausgebildet erscheint. Darin, dass diese Zellen durchaus dem äusseren Keimblatt zuzurechnen sind, stimmen alle Autoren überein. Nach David off besteht bei Bistaplia magnilarva dieser den Blasto- porus von allem Anfang an vollkommen umschliessende Nervenzellring zunächst nur aus einer einzigen Zellreihe, und die Elemente stimmen in Grösse und Configuration noch mit den benachbarten Ektodermzellen überein. „Später aber, noch vor der vollkommenen Ausbildung der Nervenplatte, theilen sich diese Zellen, und so entstehen jederseits zwei Reihen von Nervenzellen, so dass auf dem Querschnitte die Nervenplatte Erklärung von Tafel XXIX. Ascidien. III. SpiJlt. Vig. 1. Sperniatozoun verschiedener Ascidien. -^fü. A. Zwei Sperniatozoen von Foli/carpa variuns. (Nach Eoulc.) B. Spermatozoon von Slycla plicata. (Nach Roule) C. Sperniatozoen \<.>\\ Cynthia papulosa. (Nach lioule.) ü. Sperniatozoen von Molgula roscovita. (Nach Lacaze-Duthicrs.) 2. Sperniatozoen von Ciona intestinalis. (Nach Ballowitz.) Winkel homog. Iniiners. 7^4- A. Sperniatosoin (Ko])f in Flächenansicht) nach Beliandhnig mit Osniiiimsänrodämpfon. B. Spermatosom nach gleicher Fixiriing, Kopf in Kantenansicht. C. Vorderstück eines Spermatozoons nach Gentianafärhung ; nach einem Canada- balsampräparat gezeichnet. D. Fibrillärer Zerfall des Axenfadens der Geissei, nach Maceration in 3 7u Chlor- natriunilosung. e = Endstück des Axenfadens; ek = Endknopf des Axenfadens. s = Spitzenstlick des Kopfes. 3. Ei der FJiallasia inamuiillata mit Richtiingskörpern. (Nach Hill.) la u. Ib. Die Ijeidcn TochterzcUen des ersten Eichtungskörpers. II. Zweites Eichtungs- körpcrchen in Bildung. 5 = wciblicber Vorkern. 4. Copulation der beiden Vorkerne im Phallus ia-E\. (Nach Hill.) 5. Ei- und Sperniakern der Ciona intestinalis in Contact; beide in der Knäuelphase. (Nach Boveri.) Zeiss Immers. K. r;. Schematische Darstellung der Befestigung eines Fragarium-Emhryos an der Wand des Brutraumes. Placentabildung Sälen sky 's. de = Cloakenepithol ; chv = Cloakenwand (Epithel -|- Mesenchym ?) ; em = Embryo ; emec = Ektoderni des Embryos; /' = FoUikel; /-(j = FoUikelplatte, verdickte Eegion der Festheftung; p/'=sog. Placentafalte ; ?£• = Testazellen ; f^jj = Testazellenplatte. Diese und die Follikclplatte bilden die sog. Placenta foetalis. 7. Fhallusia-Ei 10 Minuten nach der künstlichen Befruchtung. (Nach Hill.) 5 c? = weildicber mid männlicher Vorkern; c = Centrosom des Spermatosonis. 8. Phalhisia-Ei wenige Minuten nach der Besamung. (Nach Hill.) /" = Follikelzollen ; sp = Spermakopf; tz = Testazellen. 8A. Der eingedrungene Spermakopf stärker vergrössert. c = Centrosom (?); m = Mittelstück. 9. Querschnitt durch eine ältere Gastrula der Clavelina Rissoana (Fig 21, Taf. XXVIl zeigt das gleiche Stadium in Längsansicht). (Nach Van Beneden und Julin.) Zeiss Obj. B. 10. Querschnitt durch ein älteres Entwickelungsstadium der Clavelina (Fig. 22, Taf. XXVII zeigt dasselbe Stadium in Längsansicht). (Nach Van Beneden und Julin.) Hartn. Obj. 5. c/j= Chorda; coe = Cöloni sacke; r?/« ^ Urdarnihöhle ; en = Entoderm ; ms = Meso- derm; np = Nervenplatte. Seelifjer.Tunicateii . Taf.XXIX. 1. c D 6. \ emer ^:,£nv A\ B C D\ e— H^^ ■^ .9. (?-- .9. Tip cce yns^ SA. d/i/'^-^ "'I 9r nr a ^/^ T- P ,9, 7/;^^ --^>// Z kd % $3 -Ö 7zr feS)v,'/i/:-y),r:/ JO. ßr-F t JÜ'ljJ fl> ee k-5??^^ \ .^' :.P i' ^m- y[-,v ^ — OD :^ ^i s ^ Uli - _ '^ c? sc c O ^ bJD' CD ?S bestellt nur darin, dass bei diesen letzteren der vom Eumpf ganz scharf abgesetzte Euder- schwanz in allen seinen Theileu, vom vordersten bis zum hin- tersten Ende , ganz gleich- massig um 90*^ sich dreht, während bei den Ascidienlarven im vorderen Schwanzabschnitt erst o'anz allmählich durch Torsion um die Axe die end- giltige asymmetrische Lage ge- wonnen wird. Im Bereiche des vordersten Chordaendes liegt im Kumpf jüngerer Embryonen das Nervenrohr noch ziemlich genau median und dorsal über den Chordazellen (vergl, Text- fig. 161, p. 770), und erst weiter hinten verschiebt es sich asym- metrisch. Wie in einem folgenden, die Bildung des Cellulosemau- tels behandelnden Theil dieses Abschnitts (p. 789 u. fg.) ge- nauer dargelegt ist, bildet sich in der ursprünglichen Median- ebene des Schwanzes über dem Nervenrohr und dem Caudal- entoderm in älteren Embryonen ein flossenförmiger Saum der äusseren Cellulosemantelsub- stanz aus ; und damit hängt es zusammen , dass das Euder- organ, so lange der Embryo vom Follikel umschlossen wird, eine ganz bestimmte Lage zu diesem letzteren einnimmt. Die eine Seite des Schwanzes (bei Clavelina die rechte) schmiegt sich der Innenseite des Follikels, die andere dem Rumpfabschnitt dicht an, während in der Medianebene dorsal und ventral über dem Ekto- dermepithel genügend Raum frei bleibt, damit der Flossenkamm sich aus- bilden könne. Dieser letztere liegt also ziemlich dicht dem Follikel an und wird auch von ihm häufig in seiner Form beeinflusst, so dass erst US I' > o ü 05 ü; <» 5 CD a £ © od O o m CS CO o C a CO r3 C CS u c3 CO Ph O O ^ O &D g :0 770 Ascidien. nach dem Froiwerdon der Larve die normale, regelmässige Gestalt des Kuderscliwanzes gewonnen erscheint. Schon während der letzten Embryonalpcriode, nachdem die Fibrillen der Schwanzmusculatur sich entwickelt haben, bemerkt man lebhaft zuckende Bewegungen des Schwanzabschnitts, die dahin zielen, den Follikel zu sprengen, indem bald dieser, bald jener Theil der bereits recht fein und membranartig gewordenen Hülle von innen her einem starken Druck aus- gesetzt wird, lieisst der Follikel anch nur an einer beschränkten Stelle entzwei, so befreit sich die Larve {Clavelina) in wenigen Secunden und schlüpft aus. Der Schwanz, der, von dem Follikel umschlossen, vorher den Vorderleib umkreist hatte, streckt sich augenblicklich gerade und bewegt die Larve durch seine Schläge zumeist recht rasch und gewandt schwimmend umher. Der Uebergang vom Embryonalleben zum freien Larvenstadium ist also in jedem einzelnen Fall ein sehr plötzlicher und scharf markirter. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass selbst die verschiedenen Larven einer Species nicht immer im Momente des Ausschlüpfens alle ihre Organe auf genau dem gleichen Entwickelungs- stadium stehend zeigen. BeiClavelina habe ich das häutiger beobachtet und bereits vor zwanzig Jahren erwähnt, dass zuweilen die Larven erst so spät ausschlüpfen, dass manche Organe bereits auf einem vorgerückteren Entwickelungsstadium stehen, als es andere Larven zeigen, die sich schon festgesetzt haben. Ich führe dieses verspätete Freiwerden in erster Linie darauf zurück, dass in manchen Fällen der Follikel besonders fest und widerstandsfähig und die Schwanzmusculatur vielleicht gleichzeitig auch weniger kräftig entwickelt sein möchten, so dass es besonders langer und angestrengter Arbeit bedarf, bis die Sprengung der Hülle erzielt wird. Im folgenden, 6. Abschnitt werde ich darauf aufmerksam machen, dass es dem Embryo zuweilen überhaupt nicht gelingt, sich aus dem Follikel zu befreien. Wenn derartige weitgehende individuelle Verschiedenheiten in Bezug auf die Höhe der Ausbildungsstufe der Oroane bei der freischwimmen- den Larve vorkommen, wird es als selbstverständlich erscheinen müssen, dass noch bedeutendere Unterschiede sich bei den Larven der verschie- denen Species finden. Auf solche Verschiedenheiten , die z. B. auf eine sehr frülie oder etwas später auftretende Knospenbildung mancher Embryonen und Larven der Synascidien zurückzuführen sind, soll hier nicht eingegangen werden. Sie fallen zwar schon bei flüchtiger Betrach- tung der äusseren Larvenform sehr merklich ins Auge, finden aber doch erst in dem die Knospung behandelnden Capitel später ihre hinreichende Erklärung. Bei der ausserordentlich geringen Zahl der Ascidienarten, deren Larven bisher eingehender untersucht worden sind, muss ich mich auf wenige Beispiele beschränken, um die bedeutenden Verschiedenheiten der Organisation der freischwimmenden Larven darzuthun. In erster Linie werden wir uns an die Unterschiede zu halten haben, die die Aus- Verschiedene Ausbildimgsstufcn der freischwimmenden Larven. 777 bildung des Kiemenkorbs und des Verdauungstractus aufweist, denn hierin bestehen die grössten Mannigfaltigkeiten. Am einfachsten und wenig umfangreichsten entwickelt erweist sich der Kiemen- und Darmapparat bei den Larven der Ciotia, Äscidia mentula, FhaUusia und einigen anderen. Kupffer hatte weder bei Clotm (1870) noch bei Äscidia (1872) auf dem freischwimmenden Larvenstadium eine Andeutung von Kiemenspalten beobachtet. Spätere Untersucher aber, die die C/ona-Larveu in Schnitte zerlegten, fanden sie vor. Julin (1899) konnte jederseits einen deutlichen Spaltraum erkennen, der die Peri- branchialeinstülpung mit der Kiemendarmhölile verband, Selys-Long- champs (1900) fand aber allerdings noch keine wahren Kiemenspalten, sondern sah jederseits nur zwei entodermale Ausstülpungen, die primären Kiemengänge, die noch nicht in die Peribranchialräume durchgebrochen waren. Es scheinen also bei Ciona in dieser Beziehuno- individuelle Verschiedenheiten vorzukommen. Etwas höher orgauisirt ist der Kiemen- darm bei PhaUusia-L&VYen. Bei diesen sah Kowalevsky die beiden Peribranchialbläschen zwar noch getrennt links und rechts nach aussen münden, andererseits aber durch deutliche schlitzförmige Spalten nach innen zu in die Kiemendarmhölile geöffnet. Die Larven der Styelopsis grossularia tragen jederseits nur eine Spalte, die der meisten anderen Mon- ascidien aber zwei. Beträchtlich höher entwickelt ist der Kiemendarmapparat in Cluvelina- Larven. Im Gegensatz zu den Angaben älterer Autoren fand Seeliger jederseits bereits zwei Reihen von je vier bis fünf Kiemenspalten und die beiden Peribranchialräume bei vielen Larven, freilich nicht bei allen, bereits dorsal zu einem unpaaren Cloakenraum verbunden. Der Ver- dauungstractus erwies sich in Oesophagus, Magen, Mittel- und Enddarm gegliedert, Herz, Pericard und Epicard waren gesondert (Textfig. 162; Fig. 4, Taf. XXVIII). Noch vollkommener ausgebildet ist der Kiemen- darm der Cysiodi/fes-, Leptoclinum-, Diplosoma- und Distop?«« -Larven, denn bei diesen sind bereits die vier Kiemenspaltenreiheu , die die entwickelte Ascidie auszeichnen, vorhanden (vergl. Textfig. 163), und ähnlich erweist sich auch die /'ero^/iom-Larve. Vier Kiemenspalt- reihen, von denen eine jede eine recht ansehnliche Zahl Perforationen aufweisen kann, zeigen auch die freischwimmenden Larven mancher anderen Syuascidien, die im ausgebildeten Zustand eine beträchtlich gTössere Zahl Spaltenreihen besitzen. Lahille zeichnet ein solches Verhalten bei den Larven von Fragarium elegans (Textfig. 163 (r) und Amaroucium Nordmanni (Textfig. 163i), und es ist nicht auf diese hier besonders angeführten Arten beschränkt (z. B. Colella). Diese eben angedeuteten Verschiedenheiten in der Organisation der freischwimmenden Larve lassen errathen, dass für die Darstellung der Entwickelungsvorgänge, die in diesem Abschnitt zu behandeln sind, eine gewisse Schwierigkeit besteht. Bis zu welchem Stadium soll hier die Entwickelung der Organe verfolgt werden, wenn die Larven verschiedener 778 . Ascidien. Spocies sich so sehr verschieden verhalten, und wenn die Entwickelungs- vorgänge, die sich bei den einen schon während der freischwimmende Periode vollziehen, bei den andern erst nach der Festsetzung in Erscheinung treten? Ich werde im Allgemeinen versuchen, in diesem Abschnitt auch noch die vorgerückteren, wenn auch nur bei vereinzelten Larvenarten auftretenden Entwickelungsstadien der verschiedenen Organe zu besprechen, die Beschreibung also bis zu einem möglichst hohen Endstadium zu führen. Es wird im Einzelnen besonders darauf liinzuweisen sein, wenn die be- schriebene Entwickelungsstufe eines Organs bei gewissen Ascidien erst auf dem späteren, festsitzenden Stadium erreicht wird. Trotz dieser Verschiedenheiten in der Organisation zeigen die frei- schwimmenden Larven der Ascidien eine gewisse Uebereinstimmung in ihrer äusseren Gestalt. Diese ist in erster Linie durch die Sonderung des Körpers in die beiden Abschnitte bestimmt. Wenn auch der Rumpf schon in Folge der erwähnten Verschiedenheiten seines Baues eine ge- wisse Variabilität der Form zeigt, so kann doch seine Gestalt als eine vorherrschend kugelähnliche oder auch eiförmige bezeichnet werden. Hat der Cellulosemantel, wie es häufig der Fall ist, schon während des freien Larvenlebens eine ansehnliche Dicke im Rumpfabschnitt erlangt, so be- stimmt er in ganz erheblicher Weise die äussere Form. Gleichartiger als der Vorderkörper erweist sich die Gestalt des Ruderschwanzes. Stets ist dieser in seitlicher Richtung mehr oder minder auffallend comprimirt, da in der Medianebene der äussere Cellulosemantel sich in der vorhin schon angedeuteten Weise fiossenartig erhebt; hinten endigt er lanzettförmig zugespitzt. Schwanz und Rumpf erscheinen nicht immer äusserlich gleich scharf voneinander abgegrenzt und geschieden, sondern zuweilen ist gerade an dieser Uebergangsstelle der Cellulosemantel be- sonders mächtig, so dass das Hinterende des Rumpfes ganz allmählich in das flache Ruderorgan ausläuft. Ueber die Zeitdauer der Embry onalentwickolung liegen nur wenige ganz zuverlässige Angaben vor. Sie beziehen sich alle auf solche Ascidien, deren Eier in uiigefurchtem Zustand abgelegt werden und ihre Entwickelung frei im Meerwasser durchlaufen. Zumeist lässt sich bei diesen sehr leicht die künstliche Befruchtung mit Erfolg aus- führen, und damit ist eine vollständig genaue Altersbestimmung eines jeden Stadiums möglich. Allerdings bestehen auffallend grosse indi- viduelle Verschiedenheiten in Bezug auf die Entwickelungsdauer. Das erweisen besonders die zahlreichen Angaben über die Giona intestinalis. Ich hatte in Triest häufig die Eier dieser Ascidie künstlich befruchtet und nachher in verschiedene Gläser vertheilt. Geschah die Entwickelung in den kalten Kellerräumen des Aquariums, so fand ich erst nach 24 Stunden oder noch später die ersten freischwimmenden Larven. In Parallelzuchten, die sich tagsüber in dem bis auf 25" C. erwärmten Dauer der Embryonalentwickelung, Hautepitbel der Larven. 779 Lab Oratorium sraum befanden, traten diese Larven schon nach 11 — 12 Stunden auf. In übereinstimmender Weise fand Castle, dass die Ciona an der amerikanischen Küste der Atlantis (über die regelmässige Laich- zeit siehe oben, p. 724) in 12 Stunden die Entwickelung vom befruch- teten Ei bis zum völlig ausgebildeten Embryo durchläuft, und dass in der ersten Nacht, 12—24 Stunden nach dem Beginn der Furchung, die Larven frei würden. Auffallend langsam entwickelt sich nach Kupffer (1870) die Ciona canina in der Ostsee. Die Larve schlüpft erst zwischen der 48. und 60. Stunde aus, „nachdem sie vorher durch einige Stunden Streckbewegungen gezeigt hatte, wobei sie die urspüngliche Eihaut in die Länge dehnte. Sobald sie frei geworden, beginnt sie nicht gleich leb- haft zu schwimmen, sondern liegt erst ziemlich ruhig da". Vollzieht sich die Embryonalentwickelung innerhalb des Mutter- thieres, so ist die Feststellung der Entwickelungsdauer der einzelnen Stadien beträchtlich schwieriger, und genauere und zuverlässige Angaben sind mir überhaupt nicht bekannt geworden. Wenn die Entwickelung des Ciowa-Embryos gelegentlich in einem Dutzend Stunden sich vollen- den kann, so erklärt sich das daraus, dass die freischwimmende Larve dieser Ascidie, wie wir oben sahen, auf einem verhältnissmässig noch wenig hohen Stadium der Ausbildung steht und Herz und Kiemendarm in der Entwickelung noch Avenig vorgeschritten zeigt. Wo diese Organe, wie bei den meisten Synascidienlarven , viel vollkommener ausgebildet sind, wird sicher auch die Dauer der Embryonalentwickelung, die in be- stimmten Bruträumen der Elternthiere geschieht, eine wesentlich längere sein. a. Das ektodermdle Hanteintlid. Nachdem das Nervenrohr sich geschlossen hat, geht allmählich das äussere Epithel des jungen Embryos fast gänzlich in das Hautepithel der Larve über; nur die Wandungen der Peribranchialräume und Cloake und die Mundbucht entstehen noch während der späteren Embryonalzeit aus dem Ektodermepithel durch Einstülpungen. Die ektodermale Leibes- wand bleibt während dieser Entwickelungsperiode an allen Stellen durch- aus einschichtig. Die Zellen werden fast allenthalben erheblich kleiner, indem sie sich zu wiederholten Malen theilen und dabei die im Plasma aufgespeicherten Dotterschollen verbrauchen. Am einfachsten bleibt das Hautepithel während der Embryonal- entwickelung im Schwanzabschnitt. Es flacht sich hier namentlich an den Seiten des Ruderorgans sehr bedeutend ab und wird zu einem feinen Plattenepithel, in dem die Kerne in weiten Abständen voneinander stehen. Nur in der Medianebene, in einer schmalen Zone ventral und dorsal, bleibt es etwas dicker, und hier liegen die Kerne auch dichter nebeneinander (Fig. 5, Taf. XXVIII). Zuweilen {Molgida nana) nehmen diese Kerne eine ziemlich unregelmässige, lappenförmige Gestalt an, ein 780 Ascidieii. Beweis dafür, dass das Epithel des Ruderschwanzes zu weiteren histo- logischen Umbildungen nicht mehr befähigt ist (Textfig. 173). Das flache Ektodermepithel im Schwanz wurde von den meisten älteren Autoren (Keichert) vollkommen übersehen. Während das Hautepithel des Schwanzes einen einfachen, glatten, straff ausgespannten Schlauch darstellt, der die Muskelbänder, Nerven- rohr, Caudalentoderm und Chorda umhüllt, faltet sich die ektodermale Leibeswand des Rumpfes in eigenartiger Weise ein und aus, so dass Haftfortsätze und Haftpapillen entstehen, in deren Bereich zum Theil auch die Zelleu in histologisch besonderer Art differenzirt sind. Am besten bekannt ist die Entwickelung des Haftapparats bei Clave- lina. In der vorderen Ektodermwand älterer Embryonen dieser Ascidie bemerkt man gewöhnlich drei verdickte Stellen, an denen grössere Cylinderzellen liegen, während im ganzen übrigen Bereich das Ektoderm bei zunehmender Grösse des Rumpfes immer mehr sich verdünnt hatte und aus kleinen Zellen besteht. Bald erheben sich an diesen Stellen drei kleine Papillen, die als Haftpapillen zu bezeichnen sind. Gleichzeitig vergrössert sich auch die ganze ektodermale Vorderwand, an der die Haftpapillen sitzen , und entfernt sich immer mehr von dem den Endostyl bildenden Theil des Kiemendarms, dem sie vorher ziemlich dicht anlag. So wird im vordersten Embryonalabschnitt die primäre Leibeshöhle ausserordentlich umfangreich und erfüllt den sogenannten Präorallobus oder Kopflappen (praeoral lobe, mamolon cephalique), der die Haftpapillen trägt. Dicht hinter der eben entstandenen Mund- bucht tritt nun im Ectoderm eine Furche auf, die parallel zum Endostyl an der Ventralseite allmählich nach hinten zu vorschreitet und den Kopf- lappen von dem Rumpf abzuschnüren beginnt. Bei Clavelina-hMVQw ist diese Abtrennung in der Regel ziemlich weit fortgeschritten, so dass beide Theile nur noch an einer wenig umfangreichen Stelle ventral und hinten miteinander im Zusammenhang stehen. Der auf diese Weise abgeschnürte Kopflappen des Embryos wird weiterhin zu dem von mir als Haftfort- satz oder Haftstolo bezeichneten Gebilde. Die drei Papillenanlagen desselben grenzen sich schärfer voneinander ab und können sich zu ganz ansehnlichen Zapfen erheben, zwischen denen das Schwanzende hindurch- zieht (Fig. 3, Taf. XXVIII). Häufig bleiben die Papillen nur sehr klein und niedrig, stets aber finden sich in ihrem Epithel Drüsenzellen ein- gelagert. Uebrigens zeigen die Art und Weise der Ausbildung des Haft- stolos und der Papillen bei Clavdina eine bedeutende Variabilität (vergl. Fig. 4, Taf. XXVIII; Textfig. 162, p. 775). Bei vielen einfachen Ascidien {Phalliisla mammillata nach Kowa- levsky und Krohn, Ciona canina, Ascidia mentula nach Kupffer) steht der gesammte Haftapparat der freischwimmenden Larve erst auf der Ausbildungsstufe, die die Clavelina-^mhry onen schon geraume Zeit vor dem Ausschlüpfen erreicht haben. Zwar finden sich auch dort drei mehr oder minder weit vorspringende Haftpapillen, aber der Präorallobus wölbt Kopflappen und Haftpapillen der Larven. 781 sich noch, und zwar bei Ciona ganz besonders weit, als ein einheitlicher Lappen über das ganze Vorderende der Larve, ohne noch durch eine Furche zu einem besonderen Haftstolo abgetrennt zu sein. An den drei kegelförmigen Haftpapillen der Ciona ccmina fand Kupffer je einen ,,auf leichter Einschnürung aufsitzenden Knopf, der mehrere kurze, starre, spitze Borsten trägt", während Kowalevsky's Abbildungen von Ciona intestinalis von diesen Einzelheiten nichts erkennen lassen. Die kürzeren Papillen der FJiallusia sollen nach Krohn am freien Ende eine kleine, saugnapfartige Vertiefung aufweisen. Die meisten Synascidienlarven zeigen das Ektodermepithel der ur- sprünglich vorderen Embryonalregion beträchtlich complicirter gestaltet, wenn es sich in den Haftapparat umbildet. Besonders Lahille (1890) hat eine Keihe Abbildungen von vorgerückteren Embryonalstadien und freischwimmenden Larven veröffentlicht, die den Haftapparat mit aller Deutlichkeit erkennen lassen (Textiig. 163) und weitgehendere Schluss- folgerungen gestatten. Auch die Untersuchungen Sälen sky's über Bistaplia, Biplosoma und Didenmum liefern in dieser Frage werthvolles Material. Zumeist sind es die Haftpapillen, die eine vollkommenere Aus- bildungsstufe erreichen, indem sie sich zu länger oder kürzer gestielten Gebilden umw^andeln, die an ihren äusseren Enden je ein saug napf- artig es Organ tragen. Der Band des Saugnapfes ist gewöhnlich glatt, in manchen Fällen aber mehr oder minder regelmässig, seichter oder tiefer, in eine Anzahl Lappen gespalten {Diplosoma Listen). Manchmal erhebt sich in der Mitte des Saugnapfes ein frei empon-agender conischer oder zungenförmiger Zapfen {Bidemnum, Bistaplia und andere; vergl. Text- fig. 163). Bei manchen Larven sitzen die Saugnäpfe nicht an der Spitze schlauchförmiger schlanker Stiele, sondern an sehr umfangreichen, blasen- förmig aufgetriebenen Fortsätzen die mit dem ursprünglichen Präorallappen nur durch ganz enge Halstheile verbunden sind {Bistaplia). Bei vielen Synascidienlarven sind freilich auch wieder die Papillen, sowie in der Regel bei den Monascidien, klein und nur wenig vollkommen aus- gebildet (Botryllidae). Im Bereiche der Papillen verändert sich die histologische Beschaffen- heit des Ektodermepithels. Die Einschichtigkeit wird zwar überall ge- wahrt, aber die Zellen, die die Sauggrube oder die Papille bilden, sind gewöhnlich viel höher cylindrisch oder prismatisch als die übrigen Ele- mente des Haftapparates. Zumeist finden sich an diesen Stellen auch Drüsenzellen in grösserer oder geringerer Anzahl vor; ihre secretorische Thätigkeit scheint aber erst dann einzutreten, wenn die Festheftung der Larve erfolgen soll (vergl. weiter unten Textfig. 175). Bei Bistaplia magni- larra liegen die Drflsenzellen, wie es nach den Angaben Salensky's scheint, nur im Zapfen, der in der Mitte der Sauggrube sich erhebt. Der ursprüngliche Präorallappen des Embryos, der bei der Larve, als Haftfortsatz oder Haftstolo im engeren Sinne, die drei 782 Ascidien. Papillen trägt, ist bei vielen Synascidienlarven nur sehr wenig umfang- reich (Textfig. 163). Das scheint z. B. bei manchen Botrylliden der Fall zu sein, bei denen gleichzeitig auch die Papillen klein sind, so dass hier der gesammte Haftapparat nur wenig hervortritt. Auch bei den Larven des Dlplosonia Listen ist der eigentliche Haftforts atz nur sehr klein, denn der embryonale Präorallappen ist hier grösstentheils bei der Bildung der drei Haftpapillen aufgebraucht worden, die lange, an den Enden mächtige Saugscheiben tragende Schläuche darstellen. Uebrigens bedingt die Ausbildung der Haftpapillen zu langen, umfangreichen Schläuchen durchaus nicht immer ein Zurückbleiben in der Entfaltung des Haftfortsatzes; bei Leptoclimmi (Diplosomoides) Lacazci z. B. besitzt die Larve einen sehr umfangreichen Haftfortsatz und lange Haftpapillen. Die Larven der Distaplia magnüarva und des Distomum cereiim schliessen sich mehr an den Clavelina-Tj^us an, nur dass bei ihnen die drei Pa- pillen viel grösser sind. Am complicirtesten wird aber die Festheftungsregion im Ektoderm der Synascidienlarven dadurch, dass eine Anzahl neuer Fortsätze des Hautepithels sich ausstülpen. Es ist allerdings häufig aus den An- gaben der Autoren nicht sicher zu entnehmen, ob diese Fortsätze dem Bereiche des ursprünglichen embryonalen Präorallappens angehören oder selbstständig aus dem weiter hinten sich ausbreitenden Leibesepithel hervorgehen, und daher kann ich hier manche Beispiele nur mit einem gewissen Vorbehalt anführen. Auch bei den Monascidien treten ausser den Haftpapillen noch andere Fortsätze am Ektodermepithel des ursprünglichen Präorallappens auf, aber sie bilden sich beträchtlich später, erst nach der Festsetzung der Larve, und dann sind die Haft- papillen bereits geschwunden. So berichtete schon Krohn (1852), dass die drei Papillen an der Vorderwand der Phallusia-liRvve nach der Fest- heftung verschwinden , während an der Bauchseite drei neue Fortsätze hervorwüchsen, die sich dichotomisch verästeln und zu den Mantel- gefässen werden. Bei den Synascidienlarven aber bestehen vielfach neben den Haftpapillen gleichzeitig noch andere Ektodermfortsätze, die, zum Theil wenigstens, als den Mantelgefässen der Monascidien homolog be- trachtet werden können. Schon Keichert hatte an der Larve von Botryllus violaceus neben den drei Haftpapillen eine grössere Anzahl lappenförmiger Ausstülpungen unterschieden. Pizon (1900) fand bei Botrylloides rubrum und Lahille (1890) bei Vohjcydus Rcm'cri acht solcher Lappen, und sie konnten deren allmähliche Umbildung zu den acht ersten ampullenförmigen Mantel- gefässanhängen des festgesetzten Oozooits beobachten. Ganz ähnlicli müsste sich nach Lahille' s Darstellung die Larve der Hdcrocarpa (jlomerafa verhalten, nur dass die Zahl der peripheren Lappen grösser ist und mehr als zwei Dutzend beträgt. Bei DipJosoma- und Didcmnuni- Larven hat Salensky die neben den die Saugnäpfe tragenden Haft- papillen auftretenden schlauchförmigen Fortsätze als „pelottenförmige 783 Fig. 163. 5I^?^I|S^ '^'o^l|:^§ii h- 1 II lg ^ •- Ö G "'-' • .s 5» a c: o^ ~- ngen n caiei. }1 gezei Knospe dermgr m befr orgeher bildu aplia würze der Ekto s de herv -^ ~ -" N O „ S O S] C :c3 & ü oü II i g II •^ ,2 in ^ 'S 0 'S 'S <1 CO 1 II et ^^ 32 G Ascidien. oTiindsubstanz sehr äliulicli ist, mag daliingestcllt bleiben. Krohii und Metsclinik off nehmen au, dass die Chordaschoide mit Flüssigkeit er- füllt sei, und ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass zuweilen der helle Axialstraug ziemlich weich, gallertartig oder zähflüssig sein könnte. h. Die Sdnvanzmusculatur. Schon auf dem vorhergehenden Stadium fanden wir in jüngeren Embryonen (p. 771 fg.) die Schwanzmusculatur als zwei seitliche Zell- bänder oder -streifen angelegt, die rechts und links von der Chorda im hinteren Leibesabschnitt verliefen. Die Zellplatten erwiesen sich als ein- schichtig; m\x \)Qi Bistaplia (vgl. Textfig. 161, p. 770) lagen die Elemente in zwei und stellenweise in drei Schichten übereinander. Später, w^ährend der letzten Embrjonalzeit, müssen sie sich aber auch hier zur Bildung eines einschichtigen Epithels verschieben, denn Della Valle fand bei der freischwimmenden Larve die Schwanzmuskelzellen in einer Schicht angeordnet. Im Allgemeinen sind also die Veränderungen, die die Anlage der Schwanzmusculatur während der letzten Embryonalperiode und in der freischwimmenden Larve erfährt, nur unbedeutend und im Wesentlichen histologischer Art. Die Verschiebung der Zellen erfolgt fast überall so, dass in jedem Muskelband drei nebeneinander laufende Zellreihen vor- handen sind. Dass gelegentlich eine grössere Zahl vorkommt, ist oben (p. 772) bereits erwähnt worden. Hier sei nochmals darauf hingewiesen, dass Lahille bei Parascidium (Fragarimn) elegans jedes Muskelband acht Zellen breit fand, während Della Valle bei Disfaplki-LdiYYen so- gar gelegentlich mehr als drei Dutzend Zellen auf einem Querschnitt durch das Schwanzmuskelband zählte. Diese grosse Zahl erklärt sich aus den vielen, in mehreren Schichten angehäuften Zellen der jüngeren, embryonalen Stadien, so dass auch hier, wie überall, während der letzten Embryonalzeit kaum noch Theilungen und Vermehrungen der Schwanz- muskelzellen in erheblichem Masse eintreten werden. Dagegen verändern sich die Form und der feinere histo- logische Bau der Zellen in erheblicher Weise. Es scheint, dass in der freischwimmenden Larve überall die Elemente der Muskelplatten eine mehr oder minder ausgeprägt spindelförmige Gestalt angenommen und mit ihren Läugsaxen sich parallel zur Hauptaxe des Ruderschwanzes ein- gestellt haben. Die verjüngten Enden schieben sich zwischen einander ein, so dass das Hinterende jeder Zelle von den Vorderenden der hinteren Zellen, das Vorderende von den Hinterenden der beiden vorderen um- fasst wird. Doch erfährt dieses Verhalten an verschiedenen Stellen ge- legentliche Störungen. Häufig erscheinen die Spindelzellen vorn und hinten nicht spitz endigend, sondern scharf abgeschnitten, so dass bei Flächenansicht sehr lang ausgezogene sechseckige Figuren zu sehen sind. Die zu jeder Reihe gehörenden Zellen berühren sich mit den kleinsten Bau der Schwanzmuskelbänder. 827 Flächen, die Zellen der benachbarten Reihe mit den breiten Seiten. Daraus ergiebt sich die in Textfigur 174 gezeichnete Anordnung der Ele- mente in den drei Zellen breiten Muskelplatten. Die Abbildung ist ohne Weiteres verständlich und bedarf keiner weiteren Erläuterunu'. Doch wird man auch bei ClaveUna-LnYxen, bei denen diese Zellgruppirung vielleicht ganz besonders hervortritt, niemals grössere oder kleinere Störungen vermissen, weil die benachbarten Zellen nicht immer in der Form und Grösse sich vollständig gleichen. Ganz anders sah Reichert die Muskelzellen im Larvenschwanz des Botnjllus violaceus geformt und angeordnet. Die einzelnen Elemente sollten nahezu würfelförmig oder pflastersteinförmig gestaltet und ziem- lich genau und regelmässig in Längs- und Querreihen gestellt sein. Man wird aber auf diese Angaben umso weniger Werth legen dürfen, als sie mit den späteren Untersuchungen Pizon's nicht übereinstimmen. Fig. 174. '■ec Schwanzmusculatur einer freischwimmenden Clavelina-Jjarve in Flächen- ansicht. Circa *"%. Die Abbildung ist durch einen Strich in zwei Theile getheilt. Die rechte Hälfte zeigt bei hoher Einstellung des Tubus den Fibrillenverlauf an der äusseren Seite des Muskelbandes. die linke bei tiefer Einstellung die der Chorda benachbarten Fibrillen. ec = Ektodermepithel ; mz = Muskelzellen. Wenn auch die Zellen der Schwanzmuskelplatten schon ziemlich früh gegenüber den benachbarten Gewebselementen auffallen, so scheinen doch die Muskelfibrillen, die ihre Function bedingen, erst ziemlich spät aus- geschieden zu werden. Darüber, dass die Fibrillen in der Längsrichtung des Muskelbandes verlaufen, stimmen alle Angaben überein. Doch herrschen im Einzelnen Controversen, die mir wichtig genug zu sein scheinen, um hier bemerkt zu werden. Ich fand, dass bei Clavelina-'Embvyonen die Fibrillen nur an der Oberfläche des gesammten Muskelstreifens jeder Seite ausgeschieden werden, so dass gleichsam ein Fibrillenschlauch ent- steht, der die sarkoplasmatischen Theile aller drei Zellreihen umschliesst (Fig. 5, Taf. XX VIII); zwischen den Zellen der mittleren und denen der dorsalen und ventralen Reihe habe ich, solange das Muskelband noch völlig intact war, keine Fibrillen angetroffen. Van Beneden und Julin sahen dagegen jede einzelne Muskelzelle an ihrem ganzen Längs- umfang von Fibrillen bedeckt, und in einer ähnlichen Weise zeichnen es Lahille und Della Valle bei den Larven mehrerer anderen Synascidien. Dieses letztere Verhalten sah ich auf einem späteren Stadium dann ein- g28 Ascidien. treten, wenn die Muskelzellen, in Vorbereitung auf den nach der Fest- setzung der Larve erfolgenden Zerfall der Muskelplatten, sich mehr zu isoliren beginnen. Solange das noch nicht der Fall ist, bilden die Fibrillen auf jeder Seite des Kuderschwanzes im Wesentlichen zwei über- einander liegende Schichten, die dorsal und ventral in einander über- gehen. Interessant ist, dass, wie zuerst Seeliger nachgewiesen und Herr Heinemann im Eostocker Zool. Institut neuerdings bestätigt hat, die Fibrillen der äusseren und die der tieferen Schicht nicht genau parallel verlaufen, sondern sich unter spitzem Winkel kreuzen. Die oberen Fibrillen sind im Allgemeinen der einen, die unteren Fibrillen der anderen dorsalen oder ventralen Seite der sechseckig erscheinenden Muskelzellen parallel gerichtet. Bei allen freischwimmenden Larven sind die Muskelfibrillen in mehr oder minder deutlich hervortretender Weise quergestreift (Textfig. 174). Sehr merkwürdig verhalten sich die Muskelbänder der Embryonen und Larven von Mölgula nana. Bei dieser nordischen Ascidie entwickeln sich die Embryonen in einem als Brutraum functionirenden Abschnitt der Peribranchialräurae, in dem man auch zu bestimmten Zeiten freischwim- mende Larven antreffen kann. Die Muskelbänder setzen sich aus drei Zellreihen zusammen, von denen die mittlere sicli dadurch auffallend unterscheidet, dass sie nur an der inneren Seite neben der Chorda quergestreifte Fibrillen bildet; die dorsalen und ventralen Muskelzellen aber scheiden allseitig die contractilen Fäserchen aus (Textfig. 173). In jungen Embryonen besitzen die Zellen der mittleren Reihe sowie die der beiden andern noch einen ansehnlichen sarkoplasmatischen Zellkörper, der einen grossen Kern führt und die Fibrillenschicht bedeckt. In ganz alten Embryonen und Larven sind die Kerne und sarkoplasmatische Substanz in der mittleren Zellreihe stark rückgebildet, und über den Fibrillen liegt hier nur noch eine dünne Protoplasmaschicht (Textfig. 173^). Man wird nicht fehl gehen, wenn man diese unvollkommene Ausbildung der Schwanzmuskelplatten als eine beginnende Rückbildung des larvalen Ruderorgans deutet. In der Entwickelung anderer Molgula-kYiQn tritt bekanntlich eine geschwänzte Larve überhaupt nicht mehr auf, weil bei ihnen die Rückbildung viel weiter vorgeschritten ist und sich nicht nur auf die zwei äusseren Fibrillenschichten zweier bestimmten Muskelzell- reihen, sondern auf das gesammte Ruderorgan erstreckt. i. Bas Mesenchym, Während das Mesoderm im hinteren Embryonalabschnitt völlig bei der Bildung der beiden Schwanzmuskelbänder aufgebraucht wird und daher hier durchaus epithelialen Charakter zeigt, stellt es im vorderen Theil ein typisches Mesenchym dar, dessen Zellen sich nirgends zu Epi- thelien zusammenfügen. Wie im vorhergehenden Abschnitt beschrieben wurde, entsteht das Mesenchym aus den Vorderabschnitten der beiden Mesenchym der Larve. Die regressive Metamorphose. 829 seitlichen Mesodermstreifen und aus dem prägastralen Entoderm, wo dieses überhaupt vorhanden ist (vergl. p. 770). Während der letzten Embryonalzeit und in der freischwimmenden Larve hat das Mesenchym nur wenig Bedeutung. Es bildet ein spär- liches Bindegewebe und rundliche und amöboide Zellen, die man als Blutzellen in und mit dem Flüssigkeitsstrom sich fortbewegen sieht, na- türlich nur in solchen Larven, deren Herz ein vorgeschrittenes Stadium der Ausbildung zeigt. In den freischwimmenden Larven mancher Asci- dien (ClaveUna) haben sich bereits eine Anzahl Mesenchymzellen zu Muskelzellen differenzirt. Diese bilden Keihen, die in der Längsrichtung des Kumpfabschnitts verlaufen und die ersten Andeutungen der Längs- stränge der Leibesmusculatur darstellen. Zunäclist sind die Muskelzüge sehr zart und dünn und bestehen nur aus einer Reihe hintereinander ge- legenen Zellen. Wohl nur ganz ausnahmsweise entwickelt sich die Musculatur schon in freischwimmenden Larven über dieses Stadium hinaus. So be- steht z. B. bei J)ista2)lki-LM\en die Musculatur bereits aus sehr zahl- reichen, in verschiedenen Richtungen hinziehenden Faserzügen. 6. Die Festsetzung der Larve und Rückbildung des Ruder Schwanzes. (Die regressive Metamorphose.) Nachdem der Embryo den Follikel gesprengt hat, führt er eine Zeit lang als geschwänzte Larve eine freischwimmende Lebensweise. Es scheint, dass Darwin zuerst diese Larven beobachtet hat, wenngleich seine Veröffentlichung erst aus viel späterer Zeit stammt. Im ersten Band „Die Abstammung des Menschen" (übersetzt von Carus 1875, p. 208) schreibt Darwin: „Ich habe die Genugthuung gehabt, auf den Falkland-Inseln im April 1833 und daher mehrere Jahre vor irgend einem anderen Naturforscher die locomotiven Larven einer zusammengesetzten Ascidie gesehen zu haben, welche mit Synoicum nahe verwandt, aber, wie es scheint, doch generisch von ihm verschieden war." „Auf einer früheren Entwickelungsstufe war der Schwanz dicht um den Kopf der Larve gewickelt." Diese letzten bereits geschwänzten Embryonalstadien hatte allerdings früher bereits Savigny (1816) bei Clavelina und Bo- tryllus aufgefunden und recht gut abgebildet. Die ersten Beschreibungen der geschwänzten Ascidienlarven lieferte aber erst Milne-Edwards (1842), und seine Darstellungen sind von zahlreichen Abbildungen be- gleitet. Bei den damalioen Untersuchungsmethoden sind ihm aber selbst die gröberen anatomischen Verhältnisse entgangen. So konnten erst fast ein Viertel Jahrhundert später Kowalewsky's Entdeckungen am Embryo und an der Larve der Ascidien das allgemeinste zoologische Interesse erregen, und alle neueren Untersuchungen der Ascidienentwickelung nehmen die Arbeiten Ko walcAvsky 's zum Ausgangspunct. 330 Ascidien. Die geschwänzte Larve erhält sich bald längere, hald kürzere Zeit freischwimmend, und diese Unterschiede beziehen sich nicht nur auf ver- schiedene Arten und Gattungen, sondern in genau dem gleichen Masse auch auf die Larven einer Species und selbst ein und derselben Zucht. Aehnlich wie Castle liabo auch ich bei Ciona beobachtet, dass die Larven zuweilen schon am ersten Tage, meist am Beginn des zweiten und manch- mal erst nach mehreren sich festsetzten. Allerdings ist es mir zweifel- haft, ob die Thiere, die solange Zeit freischwärmten, überhaupt noch zu einer normalen Weiterentwickelung befähigt sind. Jedenfalls kommt es häufig vor, dass die gesclnvänzten Larven nach mehreren Tagen erschöpft auf den Boden des Gefässes sinken, hier zu Grunde gehen und allmählich zerfallen. Die Larven die sich in Bruträumen des Elternthieres ent- wickelt und eine vollkommenere Ausbildungsstufe namentlich des Kiemen- darms und Herzens erreicht haben, scheinen durchweg nur eine sehr kurze Zeit frei umherzuschwimmen. Wiederholt habe ich bemerkt, dass z. B. Clavdina -JjUVYQn, die aus dem Peribranchialraum herauspräparirt worden waren, nur wenige Centimeter weit schwammen und dann sofort sich dauernd festhefteten. Andere freilich schwärmten vor der Befestigung- Stunden lang umher. Die wohlausgebildeten Sinnesorgane und Schwanz- musculatur beweisen, dass die Larven ursprünglich sicher an eine längere Zeit währende freischwimmende Lebensweise angepasst waren, und dass diese da und dort erst nachträglich eine Verkürzung erfahren hat. Diese Tendenz, die Periode des freien Larvenlebens zu verkürzen, führt in manchen Fällen zu dessen vollständiger Unterdrückung. Schon im Jahre 1882 hatte ich beobachtet, dass hin und wieder in den Peribranchial- räumen der Clavdina neben alten J]mbryonen von normalem Aussehen andere Larven sassen, die sich ganz abweichend gestaltet erwiesen. Im bedeutend vergrösserten, von einem verhältnissmässig dicken Cellulose- mantel umhüllten Kumpfabschnitt waren, wie normaler Weise bei fest- sitzenden Larven, Sinnesblase und Sinnesorgane rückgebildet, im Kiemen- darm jederseits zwei Spaltenreihen zum Durchbruch gelangt; der Schwanz- abschnitt war aber noch nicht eingezogen oder gar rückgebildet, sondern ragte noch aus dem dorsalen Hinterende weit hervor (Fig. 7, Taf. XXVIII). Andererseits fanden sich auch Larven noch in den Follikeln einge- schlossen, obwohl der Schwanzabschnitt bereits in Rückbildung eingetreten war. Es konnte in diesen Fällen kein Zweifel sein, dass hier das Ruder- oro^an niemals in Thätigkeit trat und eine freischwimmende Lebensweise auf keinem Stadium der Entwickelung bestand. Bei zunehmender Ver- grösserung des Larvenkörpers wird schliesslich freilich die Follikelhülle gesprengt werden müssen, aber die Larve Avird nach Schwund des Schwanz- organs nicht im Stande sein, selbstständig die Peribranchialräume zu verlassen und wird sich an deren Wandungen festheften müssen. Wahr- scheinlich dürfte auch die in Fig. 7 (Taf. XXVIII) abgebildete Larve aus einem solchen Embryo hervorgegangen sein, der sich nicht rechtzeitig aus dem Follikel zu befreien vermocht hatte. Als dieser endlich bei der Verbreitung der Ascidien durcli Larven und flottirende Eier. 831 weiteren Vergrösserimg des Rumpfes gesprengt wurde, reichte die Kraft des Euderschwanzes , der auffallender Weise sich erhalten hatte, nicht mehr aus, um das Ausschwärmen des jungen Thieres zu ermöglichen, und daher erfolgte die Festsetzung an der Peribranchialwand resp. an einem Trabekel. Auch bei Eiern, die sich im freien Wasser furchen und entwickeln, kommt es zuweilen vor, dass der geschwänzte Embryo den Follikel nicht durchreissen kann, und dass dennoch die Metamorphose sich vollzieht. Es fällt daher das freischwimmende Larvenstadium hier völlig aus. Das hat auch Castle gelegentlich bei Ciona intestinalis beobachtet, und bei Molgiila Manhattensis soll das die Regel sein, denn nur ausnahmsweise schlüpfen freischwimmende Larven bei dieser Ascidie aus (Castle). Für die Ausbreitung der Art kommt aber das Fehlen eines freibeweg- lichen Larvenstadiums hier weniger in Betracht, weil schon die im Meere flottirenden Eier und Embryoneu durch Strömungen und Wellen nach den verschiedensten Richtungen hingetragen werden. Allerdings ge- schieht in diesen Fällen die Ausbreitung der Keime völlig plan- und ziellos, und wo die Eier zufällig gerade niederfallen, bildet sich dann die Ascidie aus, wenn die äusseren Bedingungen an dieser Stelle günstig sind. Die freischwimmende und zwar willkürlich sich bewegende, mit Sinnesorganen ausgestattete Larve wird dagegen in der Lage sein, gewisse für die Festsetzung ungeeignete Orte zu vermeiden. Ich denke natürlich nicht daran, der Larve die Fähigkeit zuzuschreiben, zu über- legen, ob diese oder jene Stelle für die Befestigung vortheilhafter ist oder nicht, aber es lässt sich auch so ganz leicht verstehen, dass die Larve gerade die Orte zur Festsetzung findet, die besonders geeignet sind. Von gTOSser Bedeutung ist dabei sicher die hohe Lichtempfind- lichkeit der Larve, die durch das Vorhandensein des Larvenauges be- dingt ist. Castle unterscheidet positiv {Botryllus) und negativ photo- tactische {Ciona, Amaroncium) Larven, die entweder das Tageslicht auf- suchen oder fliehen. Obwohl bisher rationelle, darauf gerichtete Unter- suchungen an Ascidien so gut wie ganz fehlen, dürfen wir doch als wahrscheinlich annehmen, dass die Larven bestimmter Spezies eine be- stimmte Lichtstärke bevorzugen und dieser zustreben. Die auf ein helles Licht abgestimmten Larven werden daher im ganz seichten Wasser sich aufhalten und auch festsetzen, während die Larven, die ,, negativ photo- tactisch" sind, die tieferen Schichten aufsuchen müssen. Individuelle Verschiedenheiten werden hierbei einen weiten Spielraum bieten, und dass sie in der That vorhanden sind ergiebt ein Vergleich meiner Beob- achtungen mit denen Castle's. Dieser Forscher fand, dass an der amerikanischen Küste des Atlantis (Narragansett Bucht) die Cioijalarven als „negativ phototactisch" in der Tiefe, die Botryllus\^x\Q\\ als „positiv phototactisch" im seichten Wasser sich aufhalten. Ich hatte vor Jahren im Triester Hafen lange vergeblich nach winzigen Botryllus -^iöckcXiQw gesucht, bis ich sie — natürlich nur während und unmittelbar nach der 332 Ascidien. Zeit der Gescliloclitsreifo — am Celluloseinaiitel der Ciona festgelieftet überall antraf. Es besteht also bei Triest kein Gegensatz im Verhalten der beiden Larvenarten zum Licht. Nur diejenigen Larven, die mehrere Tage freischwimmend verharren, werden im Stande sein, weitere Strecken 7a\ durchmessen nnd an weit entfernten Orten sich festzusetzen. Dabei wird die passive Fortbewegung durcli Strömungen von grösserer Bedeutung sein als die active Eigen- bewegung. Denn diese fand ich stets nur ziemlich unerheblich. Wie schon die älteren Autoren (Milne-Edwards) bemerkt haben, schwimmen die Ascidienlarven in einer an die Kaulquappen erinnernden Art und Weise. Aehnlich wie die Appendicularien , durchmessen sie in einem Zuge nur kleine Strecken, um alsbald zu pausiren und dann wieder die Bewegung aufzunehmen. Die Larven verschiedener Ascidienarten unter- scheiden sich zuweilen ziemlich auffällig in der Art des Schwimmens. Diese ist abhängig von der Länge und Breite des ßuderschwanzes und nicht minder von der Grösse und der Gestalt des Kumpfes. Wo dieser an Volumen ganz besonders überwiegt erfolgt die Bewegung mehr stoss- oder ruckweise und kann im Ganzen genommen nur als eine langsame bezeichnet werden. Ziemlich gewandt, an Amphioxiis-LürYen erinnernd, schwimmt die C«owa-Larve; rascher noch bewegt sich die völlig intacte Larve der Clavelina. Die Larven, die sehr bald nach dem Verlassen des Follikels sich festsetzen, werden grössere Strecken nicht zu durchwandern vermögen. Im Allgemeinen gilt das für die Synascidien, deren Larven in der Kegel auf einer sehr hohen Ausbildungsstufe die Follikelhiille sprengen. Da bei diesen Ascidien die Entwickelung des Embryos im Mutterthiere vor sich geht und daher eine Ausstreuung der Eier nicht stattfindet (vergl. oben p. (>79 u. fg.), entwickeln sich die Tochtertliiere fast immer in der nächsten Nähe der elterlichen. Das hat den Vortheil, dass ein günstiger Platz, an dem sich einmal einige Synascidien angesiedelt haben, nach Möglichkeit ausgenutzt und reich bevölkert werden kann. Im Gegen- satz dazu werden die mit dem Plankton treibenden Eier der meisten Monascidien weithin ausgestreut und laufen leichter Gefahr, an so un- günstige Stellen zu gelangen, dass ihre Weiterentwickelung unmög- lich wird. Ich habe schon oben (p. 830) bemerkt, dass gelegentlich manche Larven der Clavelina die Peribranchialräume des Mutterthieres überhaupt nicht verlassen, sondern in diesen sich festsetzen und Aveiter bilden, und das wird gewiss" bei Synascidien viel häufiger vorkommen, als es bisher beobachtet oder wenigstens beschrieben worden ist. So bemerkte ich ausnahmsweise festsitzende Larven in der gemeinsamen Cloakenhöhle eines Stockes der Biplosoma Listcri, und Lahille (1890) fand junge Larven, die ihre Metamorpliose vollendet hatten, im Cellulosemantel der Diplosomoides {Lcptodimmi) Lacazei stecken. Auch bei DidemnumüxiQw scheint ein ähnliches Verhalten gelegentlicli vorzukommen. In allen Erkläniug von Tafel XXXI. Ascidien. Fig. 1. Schematisclic Uarstellung der stoloiiialen Knospung (CVafeZmrt) ; aus dem befruchteten Ei entstandenes Thier (Oozooit) mit Stulo und Knospen verscliiedenen Alters. 2. Schematischer Durchschnitt durch ein in TheiUing begriffenes Postabdomen einer Poly- clinide oder durch einen Stolo. 8. Schematische Darstelhing einer Polyclinide, die sich zur Theilung resp. Knospung anschickt. 4. Schematischer Durchschnitt durch ein die erste Knospe ßn) bihlondes Oozooit von einer Botryllide. (Im Gegensatz zu Pizon ist angenommen, dass die Perihranchial- wände ektodermal sind.) 5. Schematisclier Durchschnitt durch ein vorgerücktes Stadium der ersten Knospe. 6. Scliematische Darstellung einer folgenden, durch Knospung entstandenen Botrylliden- generation mit zwei paarig auftretenden Knospen (kn). 7. Schematischer Durchschnitt durch eine ältere Knospe, die stolonial oder aus dem Oozooit einer Polyclinide entstaiulen ist. 8. Schematische Totaldarstellung einer ähnlichen Knospe, von der Dorsalseite aus gesehen. In allen Figuren sind die drei Keimblätter mit verschiedenen Farbentönen gedeckt; gelb: das Ektoderm, blau: das Entoderm, roth: das Mesoderm. Die ßuchstabenbezeichnungen sind aus der der Tafel VII vorgedruckten Erklärung zu ersehen. Seeliget'Tiiriicaten. Tafel XXXI. 'l 'i ■ t 1^/^ "1 \ ■ oe -III --^ -cp Lith. Glesecke & DetnenL Erklärung Aon Tafel XXXIT. Ascidien. Fig. 1. Sclieniatische Darstellung einer geschwänzten Distomirten- {DistapUa-) Larve mit ven- tralen Knospen, die sich am Stolo prolifor (Epicard) ablösen. 2. Schematische Darstellung einer sog. Zwillingslarve einer Diplosomide. Das noch ge- schwänzte Oozooit trägt eine Sinnesblase; die Primärknospe ist sonst fast gleich weit entwickelt. Magen und Recta der beiden Thiere stehen durch je einen Verbindungs- gang (einfach blau contourirt angedeutet) im Zusammenhang. (Unter Zugrundelegung der Darstellung Gau 11 er y 's gezeichnet.) 3. Schematische Darstellung der Knospenbildung am Stolo prolifer einer FeropJiora. 4. Theilung einer dreiblätterigen , frei im Celhüosemantel liegenden Knospe aus einem geschlechtsreifem DistapliaStock. (Halbschematisch.) 5. Eine jüngere Distaplia-Knoai^e aus demselben Stock. (Halbschematisch.) 6. Eine von der geschwänzten Larve abgeschnürte Distcq)lia-KnosT^/ = riim- mergrube; g = Gehiruganglion ; / = Insrestionsöffnung; ms == Mesen- chymzellen; ml = Neuraldrüse; 7i/- = Altes Neuralrohr, resp. Flim- raergrubencanal. bildet sich das Ganglion aus dem hin- teren Abschnitt des Flimmergrubencanals (Xeurohypophysialcanal W i 1 1 e y ' s) , etwa dort, wo sich dieser auf früheren Stadien in die Sinnesblase öffnete und noch etwas weiter hinten in das MeduUarrohr fortsetzte (Textfigur 165 B u. C, p. 793, entsprechend). Nachdem sich die Sinnesblase abgetrennt und aufgelöst hat, findet sich hier ein sehr enger, aber ziemlich dickwandiger Canal, der bald weiter hinten sein Lumen ganz verliert und in den Ganglienzellstrang sich fortsetzt. In dieser Eegion, bei der einen Species etwas mehr vorn, bei der anderen weiter hinten, beginnt die Canalwand lebhaft zu proliferiren. Bei regen Kerntheilungen verdickt sich die Wand, ohne dass überall auch Zelltheilungen den Halbirungen der Kerne folgen würden. Liegt bei der ausgebildeten Ascidie das Ganglion dorsal von der Flimmergrabe und deren Canal, so entsteht die Wucherung auch dorsal (Textfigur 176 B, p. 835) ; liegt es ventral, so proliferirt die ventrale Canalwand. Bei Clavelina wuchert nur eine ziemlich beschränkte Stelle, und von hier aus schieben sich die Bronn, Klassen des Thiei-Keichs. HI. Spplt. 54 §50 Ascidien. neu gebildeten Kerne mit der sie einschliesseliden Plasmamasse nicht nur dorsal zu, sondern gerade besonders weit nach vorn zu vor (Textfig. 180). Auch seitlich und hinten scheint die wachsende Ganglienmasse von der Proliferationsstelle aus sich auszubreiten, so dass sie schliesslich mit breiter Fläche dem Flimmorgrubencanal dicht aufliegt, mit diesem aber nur an einer weniger umfangreichen Stelle wirklich innig verwachsen ist. Wenn Van Beneden und Julin im Gegensatz zu dieser Dar- stellung angenommen haben, dass das definitive Ganglion von den Zellen der Sinnesblase aus entsteht, so ist das für Clavdina nicht zutreffend. Auch an der Verbindungsstelle des Flimmergrubencanals mit der Sinnes- blase sind die Zellen, die zu diesen beiden Organen gehören, sehr scharf und deutlich zu unterscheiden (Textfigur 165), und überdies entsteht das Ganglion erst dann, wenn der Flimmergrubencanal sich bereits abgetrennt hat, wie Textfigur 1761» klar erweist. Es ist freilich nicht unmöglich, dass in vereinzelten Fällen die Gangiionbildung etwas verfrüht auftritt, wenn der Canal noch mit der Sinnesblase im Zusammenhang steht und die Lumina beider noch communiciren. Aber auch dann muss es sich erweisen lassen, dass die Epithelstelle, an welcher die Proliferation statt- findet, später zum Bereich des Flimmergrubencanals und nicht zur Wand der der Rückbildung anheimfallenden Siunesblase gehört. Während in der Gehirnanlage die Kerne zu Ganglienzellkernen werden, um die herum das Plasma zu Zellkörpern sich differenzirt, entstehen, hauptsächlich in der Mitte des Gebildes , die vornehmlich längs verlau- fenden Nervenfibrillen. Diese scheinen zuerst am Vorderende aus dem Gehirn hervorzutreten und periphere Nerven zu bilden; im Ganglienzell- strang waren sie allerdings bereits früher vorhanden. Aus der Genese des Gehirns und des Ganglienzellstrangs würde sich als das einfachste und ursprünglichste Verhalten das ergeben, dass beide Organe nicht direct miteinander verbunden sind, sondern dass das Vorder- ende des Zellstrangs sich in den Flimmergrubencanal fortsetzt. Bei einer Reihe Ascidien ist dieses Vorkommen in der That beobachtet worden (siehe oben, p. 295). Aber auch das zweite Vorkommen, das dadurch ge- kennzeichnet ist, dass der Gauglienzellstrang aus dem Hinterende des Gehirns direct seinen Ursprung nimmt, lässt sich da leicht verstehen, wo die Gehirnanlage weiter hinten, unmittelbar vor dem Ganglienstrang gebildet wird. Dann kann das Vorderende dieses Strangs leicht in die Wucherungszone mit einbezogen werden und sich ebenfalls vorn vom Flimmergrubencanal abschnüren, wenn die Gangiionanlage sich abtrennt. Schwieriger verständlich und nicht vollkommen aufgeklärt ist der Ursprung des Ganglienzellstrangs aus dem Gehirn, wenn dieses weiter vorn aus dem Flimmergrubencanal entsteht (Textfig. 180). Ich muss es als zweifelhaft hinstellen, ob das Gehirn zuerst vollkommen von der Canalwand sich abschnürt und dann erst nachträglich sich mit seinem Hinterende dem Vordertheil des Ganglienzellstrangs innig verbindet, oder ob — und das ist mir wahrscheinlicher — die ursprüngliche Proliferations- Bildung der Neuraldrüse. 851 stelle am Canal allmählich so weit nach hinten sich verschiebt, bis sie zum Vorderende des Ganglienzellstrangs gelangt und diesen mit dem Gehirn verwachsen lässt, während gleichzeitig die ursprüngliche Verbindung mit dem Flimmergrubencanal selbst sich löst. üeber die Bildung der Neuraldrüse genügen hier wenige Worte. Das Organ entsteht ebenfalls aus der Wand des Flimmergrubencanals, und zwar wohl meistens ungefähr gegenüber der Gehirnanlage (Textfig. 180), also entweder an der Ventral- oder Dorsalwand. Die Einzelheiten des Vorgangs sind bisher nicht untersucht worden, doch wird man wohl an- nehmen dürfen, dass das gesammte Zellmaterial, das die Drüse aufbaut, durch Wucherung und Ausstülpung des Flimmergrubencanals entstanden ist. Auszunehmen sind natürlich einmal die bindegewebige Hülle, die die Drüse umhüllt, und sodann auch die Bindegewebsbalken, die sich zwischen die einzelnen Lappen der Drüse einschieben. Mit den hier mitoetheilten Thatsachen lassen sich die Befunde von Selys-Longchamps und Damas an Mölgula ampulloides nicht ganz leicht in Einklang bringen. AVie bereits an einer anderen Stelle (p. 836) bem_erkt wurde, fanden diese Forscher noch im ausgebildeten Thiere den pigmentirten Statolithenkörper vor, und zwar unverändert in der larvalen Gestalt und Grösse. Der Statolith liegt in der Wand der Neuraldrüse (glande hypophysaire) eingebettet, wie es scheint an beliebigen Stellen dieses oder jenes Drüsenläppchens, aber nicht im Bindegewebe. Es läge nahe, daraus zu schliessen, dass an der Bildung der Neuraldrüse wenig- stens ein Theil des Epithels der Sinnesblase mit Antheil nehmen müsste. Indessen scheint es mir doch zweifelhaft, ob ein solcher Schluss berechtigt ist. Aus den Angaben der französischen Autoren scheint mir hervorzu- gehen, dass nicht die ganze Statolithenzelle, sondern nur ihr pigmentirter Theil im Drüsenepithel nachgewiesen werden kann, und ich stelle mir vor, dass — so wie bei allen anderen Ascidienlarven — aucli hier eine vollständige Auflösung der Sinnesblase in Zellen und Zellstücke erfolgte, und dass der Statolith eine Zeit lang neben der sich entwickelnden Neuraldrüse liegen blieb. Dass das sehr häufig vorkommt, ist oben be- merkt worden (vergl. Taf. XXVIII, Textfig. 176, p. 835). Es scheint mir nun sehr gut denkbar, dass das Pigment von einem sich bildenden Drftsenlappen umwachsen und aufgenommen wird, ohne sich weiterhin zu verändern. Ein solches Zellstück im fremden Gewebe wird man aber dann kaum als ein sich dauernd erhaltendes „Larvenorgan" bezeichnen dürfen, und es ist sicher im höchsten Masse zweifelhaft, ob ihm eine bestimmte Function überhaupt noch zukommen kann. Auch das vorderste Stück des gesammten nervösen Apparates, die Flimmergrube, hat nach der Festsetzung noch mancherlei Verände- rungen zu durchlaufen. Sie sind einmal histologischer Natur, indem die Zellen zu cylindrischen Geisseizellen werden und das aus der Darstellung des fertigen Baues bekannte Aussehen gewinnen. Dort, wo die Flimmer- grube auch im ausgebildeten Thier einen einfachen Trichter darstellt, 54* g52 Ascidien. nimmt sie während der späteren Lebenszeit nur einfach an Grösse zu, ohne sich sonstwie merklich zu verändern. Wo sie aber ein com- plicirteres Endstadium erreicht, geschieht dies immer erst in der letzten Entwickelungsperiode, nachdem die Metamorphose vollendet ist. c. Der Kiemendarm. Bei der grossen Bedeutung der voll entwickelten Kieme für die Systematik und die Verwandtschaftsbeziehungen nicht nur der Ascidien, sondern der Tunicaten überhaupt, wird es gerechtfertigt erscheinen, wenn wir an dieser Stelle die Entwickelung des Kiemendarms nicht allzu flüchtig beliandeln. Einer eingehenden Besprechung werden aber nur die Seitenwände, die das respiratorische Organ bilden, bedürfen, während die übrigen Theile, ausgenommen den Endostyl, hier nicht weiter erörtert werden sollen, hauptsächlich deshalb, weil über ihre Entwickelung ge- nauere Angaben, die ein besonderes Interesse beanspruchen dürfen, nicht vorliegen. Der Endostyl bildet sich, wie wir oben (p. 813) gefunden haben, bereits während der späteren Embryonalzeit aus und erscheint zuerst als eine rinnenförmige Verdickung der vorderen Kiemendarmwand. Bei Clavelina., Clona, l-hallusia und anderen Arten wird er vorn von dem Präorallappen bedeckt und ist bei der Schwimmbewegung der Larve nach vorn gerichtet. Die oben (p. 844) beschriebene Drehung des Larven- körpers um etwa 180 *^ erkennt man am besten gerade am Endostyl, dessen Verlauf sich jederzeit leicht und genau feststellen lässt. Die rinnen- förmige Verdickung zerfällt in eine rechte und linke Hälfte , die in der Medianebene durch einen schmalen Zellstreifen verbunden werden. Bevor noch in diesem letzteren die Geisseizellen sich entwickelt haben, sondert sich das verdickte Endostylepitliel jeder Seite abermals in zwei Streifen, einen dorsalen und einen ventralen. Auf diesem Stadium soll der Endostyl der 3Iol(jida yigantea nach Herd- man zeitlebens verharren (Textfig. 70, p. 342). Bei allen anderen Ascidien aber sondert sich der ventrale Streifen jeder Seite abermals in zwei Längs- bänder, die durch einen Zwischenstreifen miteinander verbunden bleiben, und die ich oben (p. 343) als mittleren und ventralen Drüsenstreifen be- zeichnet habe. Die Function des Endostyls beginnt erst geraume Zeit nach der Festsetzung der Larve, wenn die Mundöffnung durch den Cellu- losemantel durchgebrochen ist und die ersten festen Nahrungsstoffe auf- genommen werden. Der Endostyl entstellt daher von allem Anfang an als eine mediane, unpaare Bildung. Ganz ähnlieh , wie das dorsale Nervenrohr aus zwei Entstellung und Bedeutung des Endostyls. 853 symmetrisch gelagerten Hälften sich zusammensetzt, geschieht das auch bei der Endostylbildung, luu- dass hier die beiden Theile zeitlebens viel schärfer gesondert bleiben als dort. Do hm (1887) hat bekanntlich den Endostyl der Tunicaten, sowie die Thyreoidea der Vertebraten auf ein ursprüngliches Kiemenspaltenpaar zurückgeführt, das als das zweite in der Reihe bei den alten Vorfahrenformen functionirt hätte und allmählich unpaar geworden und ventral gerückt sei. Schon früher hatte Do hm (1886) angedeutet, dass die Kiemenspalte, aus der der Endostyl hervor- gegangen sei, zwischen Spritzloch und Hyoidspalte gelegen haben müsse. Weder die vergleichend anatomischen, noch die entwickelungsge- schichtlichen Thatsachen lassen Dohrn's Auffassung als wahrscheinlich erscheinen. Die vergleicliend anatomische Betrachtung des Endostyls lehrte uns eine ganz continuirliche Reihe kennen; den einfachsten Bau zeigte das Organ bei den Appendicularien, wo wir es als einen kurzen, zwei oder vier Zellen breiten Drüsenstreifen beobachteten. Es liegt nicht der o-erino-ste Grund vor, diesen als aus einem entodermalen, seitlichen Kiemen- spaltenpaar phylogenetisch entstanden zu betrachten. Und ebensowenig findet sich im Verlaufe der Entwickelung der complicirteren Endostyl- formen der Ascidien irgend ein Stadium, das für Dohrn's Ansicht spräche. Wäre die mehrfach vertretene Hypothese erweisbar, dass die vorderste Kiemenspalte der Vertebraten, das Spritzloch der Selachier, dem ersten Protostigma oder auch der Summe aller Kiemenspalten der Ascidien gleichwerthig zu setzen ist, so fielen sofort Dohrn's Argumentationen in sich zusammen. Aber wenn man auch diese Homologie nicht aner- kennt, wird man sich D ohrn's Auffassung nicht anschliessen können. Dass die bedeutende Ausdehnung des Endostyls über die gesammte mediane Ventralseite des Kiemendarms mit dem Ursprung aus einem seitlichen Spaltenpaar unvereinbar ist, hat Dohrn selbst gefühlt; denn er sagt ganz richtig: wäre die Thyreoidea ursprünglich von der Länge o-ewesen, die sie bei den Tunicaten besitzt, „dann müsste natürlich der Versuch, den ich gemacht, die Thyreoidea als eine unpaar gewordene Kiemenbildung zu betrachten, aufgegeben werden". Die grosse Ausdeh- nung des Endostyls sei aber wahrscheinlich erst bei Tunicaten secundär erreicht worden. Das letztere wird im Hinblick auf die Appendicularien wohl zugegeben werden müssen; nur wird daran zu erinnern sein, dass der noch kleine, kurze Endostyl einen sehr einfachen Bau zeigte, der deutlich erkennen lässt, dass der Ursprung des Organs ein ganz anderer ist, als ihn Dohrn annimmt. IL In der Präbranchialzone des Kiemendarms entsteht links und rechts je eine horizontal verlaufende, halbbogenförmige Einstülpung des Entoderm- epithels, die beide dorsal, dicht hinter der Mündung der Flimmergrube 354 Ascidien. sich zusammenfügen und den einheitlichen Flim.merbogen darstellen. Das Epithel im Bereiche des Flimmerbogens unterscheidet sich sehr früh dadurch von der benachbarten flachen Wand des Kicmondarms und der Muüdbucht, dass es zwar aus kleinen, aber etwas höhereu Zellen besteht als diese. Die etwa cubischen Elemente , die auf frühen Embryonal- stadien den ganzen Kiemendarm und die Mundbucht ziemlich gleich- massig auskleiden, flachen sich in der vorderen und hinteren Eegion sehr stark ab, während sie im Bereich des Flimmerbogens ein dickeres, aber einschichtiges Epithel bilden, das auch sehr bald an seiner convexen Seite, nach der Kiemendarmhöhle zu, Wimpern entwickelt. Auf diesem primitiven Stadium verharren die Wimperbogen sehr vieler zusammenge- setzten Ascidien zeitlebens, und die vergleichend anatomische Betrachtung hat uns oben (p. 328 u. fg.) eine continuirliche Reihe bis zu den com- plicirtesten Endformen des Flimmerbogens kennen gelehrt. Es ist nicht sicher bekannt, ob in diesen letzteren Fällen die beiden parallel ver- laufenden Eingfalten, die den Flimmerbogen zusammensetzen, durch Auf- lösung einer ursprünglich einheitlichen Bogenanlage in einen vorderen und hinteren Abschnitt entstanden sind, oder ob einer von diesen beiden letzteren eine Neubildung darstellt, die zu der ursprünglichen Anlage noch hinzugetreten ist. Die Abbildungen, die Selys-Longchamps und Damas von den jungen festsitzenden Thieren der Molgida ampulloides veröffentlicht liaben, lassen die erstere Annahme als die wahrscheinlichere erkennen. So wie den Endostyl hat Do hm auch den Flimmerbogen der Ascidien auf ein ursprüngliches Kiemenspaltenpaar zurückzuführen versucht, und er vergleicht ihn mit der Pseudobranchialrinne resp. mit dem Spritzloch der Fische, das ist das vorderste Kiemenspaltenpaar. Auch hier erhebt sich der Einwand, der eben bei der Besprechung der Endostylbildung hervorgehoben wurde: Avenn der vordersten Kiemenspalte der Fische die persistirenden Spiracula der Tunicaten entsprechen (Van Beneden und Julin), kann der weiter vorn gelegene Flimmerbogen der Ascidien nie- mals die Bedeutung einer Kiemenspalte besessen haben. Die vergleichend anatomischen Thatsachen sind in keiner Weise geeignet, Dohrn's An- sicht zu stützen, denn sie zeigen, dass die primitivste und einfachste Form des Flimmerbogens ein einfacher, in das Kiemendarmlumen vor- springender Flimmerzellstreif war, und es liegt nicht die geringste Ver- anlassung vor, diesen als ein umgebildetes Kiemenspaltenpaar zu betrachten. Auch im Verlaufe der Entwickelung der complicirter gebauten Flimmer- bogen der Ascidien findet sich niemals ein Stadium, das auf eine ur- sprüngliche Kiemenspalte hinwiese. Daher vermag ich keine der folgen- den Argumentationen Dohrn's, die die Homologie des Flimmerbogens der Tunicaten und der Spritzlochtasche der Fische zur Voraussetzung haben, als zutreffend anzuerkennen. Da die Schlundwimperrinne (Flim- merbogen) dazu dient, den Schleim des Endostyls in den Oesophagus zu befördern, konnte, wie Do hm annimmt, der Schleim nicht abgesondert Bedeutung des Flimmerbogens. Entstehung der Quergefässe. 855 werden, solange noch eine offene Spritzlochspalte bestand: „So kann man diese Function des Endostyls als eine wahrscheinlich erst zu der Zeit entstandene betrachten, in welcher auch diese Wimperrimien zustande gekommen sind ; sie kann also schwerlich existirt haben zur Zeit, da statt der Pseudobranchialrinne eine offene Spritzlochspalte bei den Vorfahren des Ammocoetes bestand. Wenn also der Endostyl rechtmässiger Weise mit der Thyreoidea der Selachier etc. homologisirt wird, so dürfte nicht die Schleim seceruirende Function und entsprechende Structur des Hypo- branchialsackes des Ammocoetes, sondern die sich in Follikel auflösende, als Thyreoidea bekannte ventrale Ausstülpung des Darms als das Prius betrachtet werden. Die Ableitung der Thyreoidea vom Endostyl und damit die Ableitung der Vertebraten von den Tunicaten würde dadurch nicht glücken, soweit diese Organe dabei in Frage treten. Dann müsste also für die Thyreoidea eine andere Herkunft ausfindig gemacht werden, und diese suchte und suche ich in einer unpaar gewordenen, ventral ge- rückten entodermalen Kiemensackbildung" (1887, p. 310). III. 1. Entstehung der Quergefässe. Bei sehr vielen Synascidieu, deren Kiemendarm ziemlich einfach gebaut ist und keine inneren Längs- gefässe besitzt, verlaufen zwischen den Kiemenspaltenreihen die Flim- merreifen oder inneren Quergefässe als ringförmige Querfaltungen des Kiemendarmepithels (siehe oben, p. 403). Diese Reifen entstehen stets später als der vordere Flimmerbogen, im Uebrigen aber in fast genau der gleichen Weise. Nur habe ich bei Clavelina gefunden, dass die Bildung der Reifen an der Dorsalseite beginnt und dann allmählich an den beiden Seiten ventral zu fortschreitet. Die entstehende Ringfalte ist also dorsal am tiefsten eingesenkt und flacht in der Nähe des Endostyls vollkommen ab ; sehr bald zeigt sich auf ihrem freien Rande die Bewimperung (Fig. 5, Taf. XXX). Wo im ausgebildeten Thier eine grössere Zahl Flimmer- reifen vorhanden ist, entstehen diese nicht alle gleichzeitig, sondern nach- einander, genau entsprechend dem Auftreten der Kiemenspaltenreihen, und zwar stets in der Art, dass jede neu aufgetretene Reihe von der benach- barten durch einen Flimmerreifen sich scheidet. Bei den Ascidien {Clavelina), die auf dem Jugendstadium nur zwei Spaltenreihen jederseits besitzen, findet sich daher auch nur ein Reifen, der ungefähr die Mitte des Kiemendarms umgürtet (Fig. 6 — 8, Taf. XXVIII). Es ist nicht ganz sicher bekannt, in welcher Weise die Kiemenspaltenreihen bei allen hier in Frage kommenden Synascidieu zunehmen, und daher ist auch die zeitliche Reihenfolge des Auftretens der hintereinander liegenden Flimmerreifen nicht überall ermittelt. Da es aber ziemlich gewiss ist, dass neue Spalten- reihen sowohl vor, wie hinter den beiden zuerst gebildeten (ja vielleicht auch zwischen diesen?) entstehen, Avird dementsprechend auch die Bildung 856 Ascidien. der Flimmcrreifou nicht in der Weise vor sich gehen können, dass iln-e metamere Anordnung von vorn nach hinten zu einer einfachen zu- oder abnehmenden Altersreihe genau entspricht, sondern der älteste Keifen wird ungefähr in der Mitte des Kiemenkorbes liegen. Bei Clavdina liabe ich, allerdings nur bei den durch Knospung ent- standenen Thieren, die Vermehrung der Spaltenreihen bis auf zehn unter- sucht, und daraus liess sich erkennen, dass noch auf dem Stadium von sechs Reihen der zuerst entstandene Flimmerreifen als der dritte in der Mitte steht; vor und hinter ihm liegen je zwei jüngere. Da die folgenden beiden Spaltenreihen nacheinander oder auch fast ganz gleichzeitig, die eine am vorderen, die andere am hinteren Ende des Kiemendarms sich bilden, entstehen auch der 6. und 7. Flimmerreifen vorn und hinten, während die älteren in der Mitte liegen bleiben. In einer ganz ähnlichen Weise treten auch die 9. und 10. Kiemenspaltenreihe an den beiden äussersten Enden des Kiemenkorbes vorn und hinten auf, und dement- sprechend entwickeln sich die neuen Reifen (der 8. und 9.) peripher und niemals zwischen den bereits vorhandenen älteren. Alter und Stellung der Flimmerrreifen ergeben sich daher aus folgender Tabelle: Lage der Flimmerreifen von vorn aus 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Eeihenfolge des zeit- lichen Auftretens IX VII V III I II IV VI VIII Die zeitliche und räumliche Reihenfolge der Reifen entsprechen sich also nicht, sondern der älteste steht in der Mitte. In dem vorstehenden Schema habe ich es so dargestellt, als ob der hintere Theil des Kiemen- darms dem vorderen in der Entwickelung ein wenig vorauseilte. Das ist aber nicht immer der Fall, sondern zuw^oilen bilden sich auch die Flim- merreifen vorn und hinten fast genau gleichzeitig oder sogar in der vorderen Kiemonhälfte etwas früher aus, so dass z. B. der Zweitälteste (II) vor, und nicht hinter dem ältesten (I) liegt (vergl. auch weiter unten den die Vermehrung der Spaltenreihen betreffenden Abschnitt, p. 879 fg.). Als das bemerkenswertheste Ergebniss ist aber anzusehen, dass, wie es scheint, niemals (?) eine Intercalation von neuen Flimmerreifen zwischen die älteren, zuerst gebildeten stattfindet, sondern dass die Kieme nur an der Peripherie, besonders vorn und hinten, wächst und sich weiter- entwickelt. Die Mittelzone erreicht verhältnissmässig früh ihre definitive Ausbildung. — Während die Flimmerreifen der Clavdina und vieler anderen Syn- ascidien sämmtlich als einheitliche und continuirliche Querfalten des entodermalen Kiemendarmepithels entstehen, ist das nur bei einem Theil der inneren Quergefässe der Monascidien und Polystyeliden der Fall. Wie in einem folgenden Abschnitt (p. 883 fg.) ausgeführt ist, Primäre und soeuiidarc Quergefässc. 857 treten bei den meisten Monascidien auf einem Jugendstadium jederseits sechs hintereinander liegende Kiemenspalten (secundäre Protostigmata) auf.*) Diese Spalten werden durch fünf primäre Quersinus oder Querge fasse getrennt, die vollständig im primären Gitterwerk der Kieme (p. 397^ verlaufen und aussen vom ektodermalen inneren Peri- branchialepithcl, innen vom entodermalen Kiemendarraepithel begrenzt werden. Solche Gefässe Avurden von mir als transversale Interspira- culargefässe oder Interspiracularzonen bezeichnet (p. 398). Wenn von diesen Quersinus aus innere Quergefässe entstehen, faltet sich die Entodermwand nach innen ein, uud es besteht jedenfalls die Möglich- keit, dass, ähnlich wie bei den C?«i;c?ma- Flimmerreifen, die Einfaltung einheitlich und continuirlich erfolgt. Wenn vielleicht auch bei der Bil- dung dieser fünf primären inneren Quergefässe bald die eine oder andere Region sich rascher einbuchtet, so dass an Stelle eines glatten Kammes einzelne buckeiförmige Erhebungen sich vorschieben, die nachträglich erst zusammenfliessen, so entsteht doch niemals ein Gefäss aus mehreren völlig getrennten Stücken. Wohl aber geschieht das bei der Bildung aller (?) folgenden inneren Quergefässe, die man auf Grund dieses Gegensatzes als secundäre zusammenfassen und den fünf primären entgegensetzen könnte. Ich habe in dem die Anatomie der Kieme behandelnden Capitel (p. 405 fg.) ausgeführt, dass parastigmatische Gefässe, d. h. die die Kiemen- spalten quer überbrückenden Blutbahnen, zu normalen, zwischen den Kiemenspaltenreihen verlaufenden inneren Quergefässeu werden können, nachdem die Sonderung und Halbirung einer Spaltenreihe in zwei neue eiugetreten ist So wie die parastigmatischen Gefässe, aus denen sie entstanden sind, setzen sich daher auch diese inneren Quergefässe aus einer Keihe ursprünglich getrennter Faltenbildungen zusammen. Meine Ansicht ging früher dahin, dass diese zweite Entstehungsweise der Quer- gefässe bei Monascidien nicht ganz allgemein verbreitet sein möchte. Neuere Untersuchungen, die inzwischen erschienen sind, namentlich die von Selys und Damas, haben aber gelehrt, dass alle Quergefässe eines Thieres, ausgenommen die füuf primären, auf diese zweite Weise ent- stehen können. Ob sie alle bei den Monascidien so entstehen müssen, scheint mir immerhin noch sehr fraglich; jedenfalls aber ist die Umbildung parastigraatischer Gefässe zu zwischen den Spaltenreihen verlaufenden inneren Quergefässen sehr weit verbreitet, und sie hängt mit der Art und Weise zusammen, wie die Zahl der Kiemenspaltenreihen über sechs hin- aus sich vergrössert. Wenn wirklich bei den Monascidien alle folgenden Spaltenreihen im Zusammenhang mit neu auftretenden parastigmatischen Quergefässen durch Halbirung der sechs zuerst entstandenen Reihen sich bilden, müssen alle secundären Quergefässe von den fünf primären ihrer *) Wo, wie z. B. bei Styelopsis^ eine grössere Zahl secundärer Protostigmata auftritt, niuss dementsprechend aucli die Zahl der primären Quergefässe wachsen. g58 Ascidicn. Entstehung nach verschieden sein. Im vollständig entwickelten Thier sind aber solche Unterschiede des Baues nicht mehr nachweisbar, und die Verschiedenheiten beschränken sich auf gewisse Grössendifferenzen. Auf den frühesten Stadien sind die fünf primären Quergefässe bedeutend stärker als alle anderen später entstandenen secundären. Bei Ciona in- tesünalis soll sich nach Damas (1901) auch noch das ausgebildete Thier ähnlich verhalten, und daher zerlegen die fünf Primärgefässe, die deutlich hervortreten, die Kieme in sechs hintereinander liegende Abschnitte (series), deren jeder aus einem Protostigma hervorgegangen ist. Bei Ascidiella scahroides und anderen Monascidien gleichen sich weiterhin die Grössen- unterschiede der primären und der bald darauf entstandenen ältesten secundären Gefässe vollständig oder Avenigstens nahezu vollkommen aus, so dass man sie ohne Kenntniss der Genese der gleichen Ordnung zu- zählen würde. Ich habe oben (p. 407) in der entwickelten Kieme lediglich nach der Grösse Quergefässe verschiedener Ordnungen unterschieden. Durch die neueren Untersuchungen besonders von Selys-Longchamps und Damas haben die verschiedenartigen Gefässe dadurch eine erhöhte Bedeutung gewonnen, dass sie auf die Entstehungszeit der benachbarten Kiemen- spaltenreihen einen Eückschluss gestatten. Wenn wir nunmehr alle Quergefässe in verschiedene Ordnungen gruppiren und Gefässe 1., 2., 3., 4. u. s, f. Ordnung unterscheiden, soll nicht allein die Grösse massgebend sein, sondern auch der Ort und der Zeitpunkt der Entstehung. Im All- gemeinen wird es aber auch zutreffen, dass die älteren Gefässe die grösseren sind, da sie nur äusserst selten von den jüngeren im Wachs- thum überholt werden. Wenn wir auch auf die oben erwähnte Verschieden- heit in der Faltenbildung bei den primären und secundären Gefässen kein Gewicht legen, so beanspruchen doch die fünf ersten infolge der ganzen Art ihres Auftretens eine besondere Stellung, so dass sie als Gefässe erster Ordnung (1) zu bezeichnen sind. Im Gegensatze zu ihnen treten alle folgenden in der Sechszalil oder in einem Multiplum von 6 auf, da die 5 Gefässe 1. Ordnung jederseits VI Kiemenzonen zur Sonderung bringen. Die an zweiter Stelle mitten zwischen den Gefässen (1) auftretenden und die VI Zonen halbirenden Gefässe werden als Quergefässe zweiter Ord- nung (2) bezeichnet. Sie erscheinen aber wohl niemals alle 6 ganz gleichzeitig, sondern bald das vorderste, bald das hinterste zuerst. Bei Ciona schreitet die Entwickelung des Kiemenkorbes von vorn nach hinten zu weiter, und daher sind die vorderen Keihen bereits getheilt und dort die Sinus 2. Ordnung entwickelt, während hinten noch die primären Eeihen ohne parastigmatische Quergefässe bestehen. Bei Ascidiella scahroides da- gegen entwickelt sich das hintere Kiemeneude rascher, und daher er- scheint zuerst der hinterste, sechste Quersinus zweiter Ordnung, dann der erste, im Bereiche der ersten Primärreihe gelegene, hierauf der vierte, fünfte und zuletzt der dritte und zweite. Eeihenfolge im Auftreten der Quergefässe. 859 Die Quergefässe dritter Ordnung (3) führen zur Verdoppelung der 12 Kiemenspaltenreihen, die durch die Gefässe (2) zur Sonderung gelangt waren, und finden sich daher in der Zahl 12. Die Quergefässe 4. Ord- nung (4) sondern 48 Spaltenreihen und treten in der Zahl 24 auf, während es 48 Grefässe 5. Ordnung, 96 6. Ordnung giebt u. s. w. Mit grösserer oder geringerer Regelraässigkeit wiederholen sich diese Zerlegungen und das Auftreten der Quergefässe im Bereiche jeder der 6 ersten primären Spaltenreihen. Wäre die ßegelmässigkeit eine vollständige, so liesse sich in sehr einfacher Weise eine tabellarische Darstellung der Zahl und An- ordnung der Quergefässe für alle aufeinanderfolgenden Entwickelungs- stadien in der Ascidienkieme geben. Auf dem 1. Stadium trifft man nur die 5 Gefässe 1. Ordnung, auf dem folgenden treten 6 Gefässe 2. Ordnung hinzu. In der tabellarischen Uebersicht müsste es aber genügen, voraus- gesetzt, dass volle Gleichmässigkeit besteht, nur den Bereich einer Primär- spaltenreihe zur Anschauung zu bringen; denn in jeder dieser VI Zonen liegen die Quergefässe verschiedener Ordnungen genau an den gleichen Stellen. Jedes folgende Stadium ist durch das Auftreten einer nächst höheren Ordnung von Quergefässen bestimmt: 1. Stadium: (1) (1) (1) (1) (1) 2. Stadium: (1) (2) (1) S Stadium: (1) (3) (2) (3) (1) 4. Stadium: (1) (4) (3) (4) (2) (4) (3) (4) (1) 5. Stadium: (1) (5) (4) (5) (3) (5) (4) (5) (2) (5) (4) (5) (3) (5) (4) (5) (1) Im Bereiche jeder der 6 primären Spaltenreihen oder Kiemenzonen (series) können auftreten 1 Quergefäss 2. Ordnung, 2 (3), 4 (4), 8 (5), 16 (6) u. s. w. Da es sich in vielen Fällen als wünschenswerth gezeigt hat, für jedes Quergefäss an jeder Stelle der Kieme eine prägnante Be- zeichnung zu haben, hat Selys-Longchamps folgende Formel einge- führt. Die Ordnungszahl der Quergefässe wird, wie es oben geschehen ist, durch eine arabische Ziffer in Klammern angegeben. Die VI Zonen werden mit den römischen Ziffern I bis VI bezeichnet und die Zahl der Zone, der das Gefäss angehört, hinter die Ordnungszahl des Gefässes wie der Zähler eines Bruches in hoher Stellung hinzugefügt. Die 5 Primär- gefässe werden also ihrer Stellung nach von vorn nach hinten zu in folgender Weise zu bezeichnen sein: (1)1, (1)", (ir, (i)iv (i)v, die 6 Quergefässe 2. Ordnung: (2)1, (2)n, (2)1", (2)l^ (2)v, (2)vi. Da die Gefässe höherer Ordnung in jeder Zone (Serie) in der Mehr- zahl vorhanden sind, wird für sie eine zweite arabische Ziffer als Nenner hinzugefügt, um zu bezeichnen, das wievielste Gefäss der be- treffenden Ordnung in der Zone gemeint ist. So bedeutet z. B. (4)™ das 3. Quergefäss 4. Ordnung in der III. Zone. 860 Ascidieii. Es ist oben erwähnt worden, dass die Gefässe zweiter Ordnung nicht in allen VI Zonen gleichzeitig auftreten, und hei den Gefässen höherer Ordnungen können die Verschiedenheiten bedeutender werden, so dass die eine oder die andere Zone in der Entwickelung soweit vorauseilt, dass sie bereits die Gefässe einer oder zweier höheren Ordnungen besitzt. Damas fand in einer 21 mm langen, noch nicht ganz entwickelten Ciona nur die Gefässe (1), (2) und (3) überall gieichmässig wohl entwickelt: die Gefässe (4) waren nur in den vier ersten Zonen vollständig ausgebildet; in V und VI traten sie eben erst auf. Die Sinus (5) sind nur in der vordersten Region fertig gebildet, und von den Gefässen (6), von denen in jeder Zone 16 möglich sind, im Ganzen also 96, sind erst 3 entwickelt, (6)}, (ß)l und (6)5- Das Stadium ist also durch ein ganz ausgeprägtes Vorauseilen des vorderen Kiemenabschnitts gekennzeichnet. Ganz anders verhält sich, wie oben (p. 858) für das Auftreten der Sinus 2. Ordnung an- gedeutet wurde, ÄscidieUa scahroidcs. Die für die Gefässe 2. Ordnung angegebene Reihe (2)^^^, (2)i, (2)iv (2)v, (2)ni, (2)" scheint aber durch- aus nicht constant zu sein, sondern variiren zu können, da die Ver- doppelung zahlreicher Spaltenreilien, besonders aber die der späteren, Un- regelmässigkeiten aufweist. Jedenfalls aber treten die Gefässe der höheren Ordnung immer zuerst am hinteren Kiemenende auf, und daher entsteht als erster Quersinus der 3. Ordnung: (3)^. Etwas rascher als alle vier mittleren Zonen (II — V) entwickelt sich auch die L, ohne aber die Höhe der Ausbildungsstufe der Zone VI zu erreichen. In der ältesten Äscidldla, die Sely s-Longchamps auffand, standen die vier Zonen II, III, IV und V in Bezug auf die Ausbildung der Quer- gefässe genau auf dem Stadium, das ich oben als das 4. bezeichnet habe. Mit grosser Regelmässigkeit erwies sich jede Zone aus 8 Kiemeuspalten- reihen zusammengesetzt, zwischen denen die Quersinus in folgender An- ordnung verliefen: (1) (4) (3) (4) (2) (4) (3) (4)(1). In der etwas reicher differenzirten I. Zone waren ferner bereits auf- getreten die beiden vordersten Gefässe 5. und das vorderste 6. Ordnung. Um diese neu hinzugetretenen Quergefässe in der folgenden Tabelle deutlicher hervortreten zu lassen, habe ich die sie darstellenden Zeichen unterstrichen: Vorn ^ (5)J (4)1 (5)1 {3)\ (4)| (2)^ (4)^ (3)^ (4)1 (1)^ Hinten. Beträchtlich breiter und reicher an Gefässen war die hinterste VI. Zone, denn hier waren bereits alle Sinus 5. Ordnung und überdies die beiden letzten 6. und sogar der letzte 7. Ordnung gebildet. Um Platz zu sparen, lasse ich die aus der Reihenstellung sich von selbst er- gebenden Indices weg: [if (5) (4) (5) (3) (5^ (4) (5) (2) (5) (4) ([5) (3) (5) (4) (6)^' (5) (6)],? (7)g Die Vergleichung dieser 3 Tabellen ergiebt sofort die ausserordent- liche Zunahme der Gefässe und das mächtige Wachsthum im hinteren Entstehung der inneren Längsgefässe. 861 Kiemenabscbnitt. "Während sich in allen 4 mittleren Zonen immer nur 7 secundäre Quergefässe zwischen zwei primäre eingeschoben haben, zählt man in der vordersten 10, in der hintersten sogar 18 (vgl. p. 906). Trotzdem ÄscidieUa und Ciona die eben klargestellten bedeutenden Unterschiede in der Art und Weise des Auftretens der Quergefässe er- kennen lassen, zeigen doch beide Arten wieder gewisse gemeinsame Züge gegenüber dem für Clavdina geschilderten Entwickelungsmodus. Der Avichtige Gegensatz besteht darin, dass die Ascidiidae die grösste Zahl ihrer Quergefässe intercalar zwischen den 5 zuerst gebildeten primären auftreten lassen, während sie bei Clavdma immer nur peripher entstehen. Zwar entwickeln sich auch bei den Ascidiiden in der I, und VI. Zone, vor und hinter den primären Quergefässen zahlreichere Sinus als in jeder der vier mittleren Zonen, aber diese vergrössern sich doch in allen Fällen ebenfalls in sehr erheblicher Weise, und auch hier schieben sich zahl- reiche Gefässe zweiter und höherer Ordnung ein. Bei Styelopsis scheinen auf früheren Entwickelungsstadien im hinteren Kiementheil vorwiegend peripher, immer nur hinter den älteren Quergefässen neue in grösserer Anzalil aufzutreten, während im vorderen bereits die Halbirung der Spalten- reihen und die Intercalation der Gefässe zu beobachten ist (vergl. Text- figur 187, p. 892). 2. Entstehung der inneren L ängsgefässe. Im Anschluss an diese Darstellung von der Entwickelung der inneren Quergefässe der Monascidien und der Flimmerreifen der Clavelina möchte ich einige Be- merkungen über die Entstehung der inneren Längsgefässe vor- tragen, ohne allerdings eine eingehende und erschöpfende Behandlung dieser Frage oeben zu wollen. Ich habe bereits in einem früheren Ab- schnitt dieses Werkes (p. 408, 414 u. fg.) beschrieben, dass die inneren Längsgefässe, ganz ähnlich wie die Quergefässe, auf zwei verschiedene Weisen entstehen können: einmal als einfache, die ganze Kiemenlänge continuirlich durchziehende Längsfaltungen der longitudinalen Inter- spiracularzonen des Entodermepithels und zweitens durch Zusammen- fliessen einer Reihe getrennt voneinander entstehenden T förmigen Ento- dermerhebungeu. Neuere Untersuchungen haben, wie ich selbst schon seit langer Zeit betont hatte, den Nachweis erbracht, dass ein scharfer Gegensatz zwischen beiden Bilduugsarten nicht besteht; ja es ist überhaupt zweifelhaft ge- worden, ob irgendwo ein inneres Längsgefäss, das sich durch den ganzen Kiemendarm oder über einen erheblichen Theil seiner Länge erstreckt, aus einer einzigen continuirlichen Faltung des entodermalen Kiemendarm- epithels hervorgeht. Dass dies sehr wohl möglich ist, wird sich nicht bestreiten lassen, und ich möchte vielleicht auch jetzt noch, solange das Gegentheil nicht erwiesen ist, als ein Beispiel für die innere Läugsgefäss- bildung aus einer einheitlichen Längsfalte auf die Botrylliden hinweisen (vergl. Fig. 961? p. 409). Bei den durch Knospung entstandenen Thieren bilden sich die einzelnen Kiemenspalten als kleine, selbstständige Perfo- 862 Ascidien, rationen, und da ist die Möglichkeit für das Auftreten langer Falten zwischen den Spalten sehr wohl gegeben. Bei dem aus dem befruchteten Ei entstandenen Oozooid treten aber lange, durch die ganze Kiemenbreite reichende Spaltenschlitze auf, und die inneren Längsgefässe, die diese überbrücken, können dann nicht mehr als continuirliche Falten entstehen, sondern müssen sich auf die zweite Art bilden (Fig. 2, Taf. XI). Sclion daraus würde sich ergeben, dass auf die eine oder andere Bildungsweise eines Gefässes nicht allzu grosses Gewicht gelegt werden kann. Besonders wichtig sind die Untersuchungen von Solys-Long- champs und Damas an Blolgula ampuUoides. Hier beginnt die Bil- dung der Längsgefässe (barres longitudinales) sehr früh, wenn die pri- mären Protostigmata sich in die secundäron theilen. Diese ersten Ge- fässe entstellen mindestens aus zwei gesonderten, hintereinander gelegenen Einfaltungen des Kiemenentoderms, die stets von dem Quersinus ent- springen, zunächst frei über die Querspalten hinwegwachsen und nach- träglich zu einem Gefäss sich vereinigen. Nach einiger Zeit sind 6 pri- märe Längsgefässe entstanden, deren Lage ganz fest bestimmt erscheint: jedes Gefäss zieht über die Mitte aller in einer Längsreihe hintereinander liegenden Sichelspalten oder der aus diesen entstandenen Doppelspiralen hinweg, und nur die dorsalen Spalten werden von keinem Längsgefäss überdeckt (Textfig. 188, p. 895). Diese sechs ersten Gefässe treten nach- einander in gesetzmässiger Keihenfolge auf. Die räumliche und zeitliche Aufeinanderfolge decken sich nicht, denn die ältesten Gefässe liegen mehr in der Mitte, dorsal und ventral von jüngeren eingeschlossen, wie die folgende kleine Tabelle ergiebt: Keihenfolge der Lage der Gefässe von der Dorsalseite aus 1 2 3 4 5 6 Reihenfolge des zeitlichen Auftretens. Altersreihe V IV II III I VI Die zahlreichen später auftretenden Längsgefässe entstehen im engsten Zusammenhange mit den 6 primären und bilden sich alle aus vielen T förmigen hintereinander liegenden Stücken, deren längsverlaufende Köhren- theile miteinander verwachsen und die Kiemenspalten überbrücken. So entsteht an den Stellen, an welchen anfänglich immer nur ein Längs- gefäss lag, ein ganzes Bündel (cötes longitudinales von Selys und Da- mas). An den gleichen Stellen faltet sich schliesslich auch noch die gesaramte Kiemenwandung in regelmässiger Weise ein, so dass die be- kannten Längsfalten der Kieme (p. 436) zu Stande kommen. Ebenso wie bei den Molguliden entstehen bei den Ascidiiden die einzelnen inneren Längsgefässe aus zahlreichen hintereinander liegenden T förmigen Einzelstücken, die an verschiedenen Quersinus entspringen und erst nachträglich sich vereinigen. Eine bestimmte Altersfolge der durch die ganze Kiemenlänge hinziehenden, parallel verlaufenden Gefässe ist Systematische Bedeutung der Bildungsweise der Längsgefässe. 863 nicht constatirt worden. Die neuen und jüngsten Gefässe bilden sich vorwiegend am ventralen und vielleicht in noch reicherer Zahl am dor- salen Kiemenrand; aber auch in der Mitte, zwischen den alten Längs- gefässen, entstehen gelegentlich neue. Für eine Species wird wohl auch die Art und Weise, wie und wo die inneren Längsgefässe auftreten, ab- gesehen von unwesentlichen individuellen Verschiedenheiten, ziemlich constant sein. Aber es scheinen allgemein gültige Gesetzmässigkeiten nicht zu bestehen. Lahille hatte versucht, die beiden oben erwähnten Modi der Längs- gefässbildung als ein oberstes Eintheilungsprincip zu verwerthen. Nach seiner Ansicht sollten auf die erste Art und Weise die „cotes longitudi- nales" der Stolidobranchiaten (Botryllidae, Polystyelidae , Molgulidae, Cynthiidae) entstehen, auf die zweite aber die als „sinus anastomotiques lougitudinaux" bezeichneten Längsgefässe derPhlebohranchiata (Ascidiidae). Da niemals beide Arten Gefässe in der Kieme eines Thieres nebenein- ander vorkommen und nah verwandte Ascidien stets dieselben Gefässe tragen, ergäbe sich die hohe systematische Bedeutung dieser Organe. Gegen diese Auffassung habe ich mich an den oben angeführten Stellen dieses Buches mit Nachdruck gewendet und meines Erachtens den Nachweis geführt, dass es ungerechtfertigt ist, die beiden Gruppen der Phlebobranchiata und Stolidobranchiata lediglich auf Grund von bestimmten Verschiedenheiten der Längsgefässe aufzustellen. In dem soeben er- schienenen wichtigen Werk „Die Tunicaten der Siboga- Expedition" hat ein so erfahrener Systematiker wie Sluiter meine Argumentation be- kämpft und als unzutreffend dargestellt, und ich halte es daher für ge- boten, auf diese Frage hier noch einmal einzugehen. In den vier Jahren, die seit der Niederschrift meiner früheren Darlegungen verflossen sind, habe ich Thatsachen kennen gelernt, die nur geeignet sein können, meine alte Auffassung zu bekräftigen, dass nämlich zwischen den beiden von Lahille unterschiedenen Arten Längsgefässen ein durchgreifender Unter- schied nicht besteht, und dass daher daraufhin nicht Gruppen gegründet werden können, die über den Familien stehen und zum Theil mehrere solche vereinigen. Sluiter giebt das erstere unumwunden zu, denn er sagt nunmehr: „Ich kann jedenfalls Seeliger nur beistimmen, wenn er hervorliebt, dass eine scharfe Grenze zwischen den beiden Entstehungs- weisen der Längsgefässe nicht zu ziehen ist". Andererseits lässt sich auch im voll entwickelten Thier nicht erkennen, ob das ausgebildete Längsgefäss auf die eine oder andere Weise entstanden ist. Die Gefässe der Molgula galten als typische Beispiele für die oben als erste erwähnte Entstehungs- art aus continuirlichen Längsfalten des Entoderms, also als typisch für die Kieme der Stolidobranchiaten. Die bereits oben genannten sorgfältigen und zweifellos zuverlässigen Beobachtungen von Selys-Longchamps und Damas haben aber überzeugend gelehrt, dass schon die ersten Längsgefässe und auch die späteren bei Molgula ampulloides genau so g(34. Ascidien. entstehen wie bei den Ascidiiden , nämlich nach dem oben an zweiter Stelle beschriebenen Typus. Die Gefässe bilden sich aus einer grösseren oder geringeren Zahl ganz getrennt, aber an bestimmten Stellen der Quer- gefässe auftretenden T förmigen Erhebungen, die sich miteinander ver- binden, und die beiden Autoren kommen zu dem Schluss ,,que les barres longitudinales groupees ou non des Molgulides sont homologues aux for- mations de meme iiom de la branchie des Phallusiades". Danach muss ich es für unzutreffend halten, wenn Sluiter behauptet, dass, wenn auch keine scharfe Grenze zwischen den beiden Entstehungsweisen der Längs- gefässe zu ziehen sei, der eine oder der andere Bildungsmodus doch wenißfstens im Grossen und Ganzen für die Phlebobranchiaten und Sto- CT lidobranchiaten so ziemlich allgemein gültige Merkmale sind, wenn auch mehrere Ausnahmen vorkommen. Solcher Ausnahmen giebt es nicht nur mehrere, sondern sie sind ganz allgemein, und bei den Molguliden hat es sich gezeigt, dass die Längsgefässe ganz anders entstehen, als man früher angenommen hat. Für Botrylliden und Polystyeliden sind mir ge- nauere neue Angaben über das Auftreten und die Entwickelung der inneren Längsgefässe nicht bekannt, aber vielleicht erweist es sich auch hier so wie bei Molgiüa^ dass nämlich die meisten oder alle Längsgefässe nach dem Typus der Phlebobranchiaten sich bilden. Die Ascidien, denen die Längsgefässe völlig fehlen, hatte Lahille als Ordnung der Aplusobranchiata bezeichnet. Sluiter's Ordnung oder Unterordnung der Merosomata stimmt mit dieser fast ganz überein, nur dass alle socialen Ascidien entfernt und in einer besonderen Unterordnung angeführt werden. Ich hatte oben (p. 416) erklärt, dass es mir zweifel- haft erscheine, ob die merosomen und holosomen Ascidien Sluiter's in der That zwei natürliche, auf Blutsverwandtschaft der betreifenden Gattungen begründete Ordnungen sind, und hatte mich ferner dagegen erklärt, dass nach Lahille 's Vorgang lediglich das Fehlen oder Vor- handensein von Längsgefässen als oberstes Eintheilungsprincip gelten möchte. Einer ganzen Anzahl allgemein und mit Kecht zu den Ascidiiden (Holosomata, Phlebobranchiata) gestellten Species fehlen die inneren Längsgefässe vollkommen, und hätten die inneren Längsgefässe wirklich die Bedeutung, die ihnen von gewisser Seite zugesprochen wird, so müsste, wie ich bemerkte, z. B. die Ascidiella lutaria nicht nur aus der Gattung Ascidiella und aus der Familie der Ascidiidae entfernt werden, sondern sie wäre auch aus der Ordnung der Phlebobranchiaten zu streichen und zu den Aplusobranchiaten (Merosomata) zu stellen. Sluiter lässt diesen meinen Standpunkt nicht gelten. Er hält den Mangel der inneren Längsgefässe bei gewissen zu den Ascidiiden gestellten Formen für das Ergebniss einer nachträglich aufgetretenen Kückbilduug und knüpft daran die folgenden Bemerkungen: „Diese Ausnahmen sind aber wohl ohne Zweifel grösstentheils so aufzufassen, dass secundär die Längsgefässe {Ascidiella lutaria, HypohytMus \?\ etc.) rückgebildet sind, und dann kann ein derartiges Fehlen bei ganz vereinzelten erwachsenen Formen Bedeutung' der Länald ist Tachygoncsc und Ncotenic der Appondicularicu. 917 es nur eines; hat sich der Geschlechtsapparat früh entwickelt, so liegt Neotenie vor. Die Synascidienlarven sind zumeist dadurch ausgezeichnet, dass ihr Kiemendarm und Verdauungstractus, sowie das Herz eine viel höhere Aus- bildungsstufe erreicht haben, als bei freischwimmenden Larven der Mon- ascidien, und überdies beginnen zuweilen bereits die Embrj^onen der zu- sammengesetzten Ascidien mit der Knospenbildung (vgl. Textfig. 163. p. 783). Die Tachygenese der jetzt lebenden Larven äussert sich also in einer ganz andern Weise, als sie sich angeblich bei den Appendicularien aus- gebildet haben müsste, denn sie betrifft niemals die Geschlechtsorgane. Würde aber jemals eine geschwänzte Monascidienlarve geschlechtsreif werden, so würde sie, wie ich bereits oben hervorgehoben habe, niemand für eine Appendicularie halten können, sondern jeder Kundige müsste sofort sehen, dass es sich um eine Larve handelt. Nur wer alle derartigen Erwägungen völlig unbeachtet lässt, wird sich zu dem Standpunkt bekennen können, dass die Appendicularien ge- schlechtsreif gewordene Ascidienlarven sind und daher für die Beurtheiluug der Verwandtschaftsbeziehungen der Tunicaten eine ganz untergeordnete Bedeutuno- haben. In diesem Urtheil werden wir uns dadurch nicht irre machen lassen dürfen, dass diejenigen, die die Entstehung der Appendi- culariengruppe durch Neotenie oder Tachygenese erklären, in der nach- drücklichsten Form das Gegentheil behaupten: in den pelagisch lebenden Appendicularien mehr oder minder ursprüngliche Tunicaten erkennen zu Avollen, sei „absolument inexact'-. Perrier und Gravier fassen ihr Ur- theil über die hier vertretene Auffassung der Stellung der Appendicularien im Tunicatenstamm dahin zusammen: „C'est un renversement complet de l'arbre genealogique des Tuniciers, dont les modifications deviennent alors inintelligibles, tandis que dans l'hypothese inverse tout est clair, precis et facile ä expliquer par les considerations les plus simples." Unsere Untersuchungen haben uns zu einem genau entgegengesetzten Ergebniss geführt, und wir erkannten die Appendicularien als eine ursprüng- liche, den Tunicatenstammformen am nächsten stehende Gruppe. Daraus er- giebt sich der weitere Schluss, dass die drei oder zwei primären Protostigmen- paare der Ascidien als eine neue Erwerbung der festsitzenden Formen auf- zufassen sind, und dass nur ein Spaltenpaar als allen Tunicaten ursprüng- lich eigenthümlich anzusehen ist. Auch Julin (1904) nimmt eine der- artige mit einem Spaltenpaar versehene Stammform für säramtliche Tunicaten an und nennt sie Prototunicata. Diese besass noch keine einheitliche Cloakenhöhle, sondern, so Avie es noch jetzt bei den Appendicularien der Fall ist, beide Spalten öffneten sich getrennt nach aussen. Auch bei den Salpen bestehen noch die beiden riesig erweiterten primären Protostig- mata ungetheilt, jedoch erfolgte bereits eine Vereinigung der äusseren Kiemenspaltenöffuungen durch die Bildung einer Cloakenhöhle. Bei Pyrosomen und, wie Julin glaubt, auch bei den Dolioliden hat sich das Primärproto Stigma jeder Seite in eine Spaltenreihe zerlegt. Dass ich die (jj^g AscicUcn. Pyroöomenkieine anders beurtlieile, liabe ich oben bereits angedeutet; aber ich möchte an dieser Stelle diese Frage ebenso unerörtert lassen, wie die vorhin ebenfalls berührte, ob in der That, wie Julin meint, die Entwickelung des Kiemenkorbes in zwei Etappen weiterschritt, in der Art, dass zunächst ein zweites und dann ein drittes Protostigmenpaar auftrat. Im Allgemeinen bin ich allerdings geneigt anzunehmen, dass eine Steigerung der Zahl der Spaltenreihen in den verschiedenen Ascidien- gruppen mehrmals selbstständig eingetreten sein könnte. Das oft ausser- ordentlich variable Verhalten der Keihenzahl bei ganz nahe Verwandten lässt eine solche Annahme nicht ganz unwahrscheinlich, wenn freilich auch nicht nothwendig erscheinen. Unter diesen Voraussetzungen kann von einer Homologisirung der definitiven Spiracula oder der verschiedenen Spaltenreihen der Ascidien mit mehreren bestimmten Kiemenspalten des Ampliioxus keine Kede sein. So haben auch Van Beneden und Julin (1886) jede Homologie der Kiemenspalten bei Tunicaten und ÄmpJiioxus in Abrede gestellt, während Julin neuerdings (1904) das erste primäre Protostigmenpaar oder die aus diesem hervorgehenden Spaltenreihen bei Salpen und Ascidien einer Kiemenspalte der Vertebraten, allerdings ist nicht gesagt welcher, gleich- werthig setzt. Auch Willey hat versucht, das vorderste primäre Proto- stigmenpaar der Ascidien mit einer Kiemenspalte der Vertebraten zu homologisiren, und zwar sollte es bei Anipliioxiis eine erste, später wieder verschwindende Spalte sein, der diese phylogenetisch wichtige Bedeutung zukäme. Als eine solche rudimentäre Kiemenspalte deutet er nämlich die kolbenförmige Drüse des ÄmpJiioxus, eine Auffassung, gegen die sich jedenfalls sehr gewichtige Bedenken erheben lassen. Die Gleich- setzung solcher in ihrer gesammten Entwickelung so völlig abAveichenden Gebilde, wie sie die später atrophirende kolbenförmige Drüse und das in Spaltenreihen sich auflösende erste Primärprotostigma der Ascidien sind, halte ich für durchaus verfehlt. d. Der Verdauungstractus. Die Umbildungen, die der Verdauungstractus nach der Festsetzung der Larve erfährt, sind im Vergleich zu den Veränderungen, die den Kiemendarm betreffen, unbedeutend. Da häufig schon in der freischwim- menden Larve die Gliederung der Darmschleife in Oesophagus, Magen, Mittel- und Enddarm eingetreten ist (p. 814), beschränkt sich die weitere Entwickelung auf eine Grössenzunahme der einzelnen, immer schärfer sich sondernden Abschnitte und auf gewisse, in der Regel nur unbedeutende Lageverschiebungen des Tractus. Die Drehung der Darmschleife erfolgt gewöhnlich in dem- selben Sinne wie die Verschiebung des Endostyls, den wir bei den frei- schwimmenden Larven zumeist noch nach vorn gekehrt fanden, während Ausbildung des Verdauungstractus. 919 er später ganz ventral liegt. Bei Clavelina liegt die Darmsclileife, und zwar besonders der aufsteigende Intestinalast, in älteren Embryonen un- gefähr parallel zum Endostyl, Avie das auch im ausgebildeten Thier der Fall ist. Da aber der Endostyl seine definitive Lage früher erreicht, finden sich auf den Zwischenstadien der jüngsten festsitzenden Thiere Darm und Endostyl in Winkelstellung zueinander (vergl, Fig. 3, 8, 6, Taf. XXVIII mit Fig. 1, Taf. XXXI). Bei Ascidia mentula (Textfig. 167, p. 804) scheint die ^rschiebung der Darmschleife ebenfalls nicht sehr bedeutend zu sein, dagegen wird in jungen Thieren die Schleifenform complicirter. Die mit dem Verdauungstractus im Zusammenhang stehenden Drüsen entstehen fast immer erst nach der Festsetzung der Larve; vielleicht nur in manchen Synascidienlarven, deren gesammte Organisation eine sehr weit vorgeschrittene Ausbildungsstufe aufweist, hat bereits die Ent- wickelung der Darmdrüsen ihren Anfang genommen. Ueber die Entstehung der d arm um spinn en d en Drüse habe ich bereits an früherer Stelle berichtet (p. -ITö). Im Gegensatz zu älteren Angaben darf als durchaus feststehend anerkannt werden, dass das Organ in allen seinen Theilen aus einer Ausstülpung des Darmcanals selbst hervorgeht und daher eutodermalen und nicht mesodermalen Ursprungs ist. Dass da und dort Mesodermzellen sich an die eutodermalen Röhren anlegen, hat keine wesentliche Bedeutung. Alle genaueren Beobachtungen stimmen darin überein, dass die gesammte Drüse aus einer einzigen Ento- dermausstülpung hervorgeht, die sich am blinden Ende dichotomisch \^i'- ästelt und vergrössert, während die ursprüngliche Ausstülpungsstelle zur definitiven Mündung des ausführenden Drüsencanals in den Darm wird. Ob in den wenigen Fällen, in denen zwei gesonderte Canäle in die Darm- schleife eintreten, auch zwei getrennte Entodermausstülpungen von allem Anfang an die Drüse bilden, ist nicht sichergestellt. Wahrscheinlicher dürfte es sein, dass erst eine nachträgliche Spaltung der ursprünglich einheitlichen Bildung eintrat. Gewöhnlich etwas später als die darmumspinnende Drüse bildet sich die Leber. Aus dem Bau des fertigen Organs ergiebt sich, dass es stets mehrere Ausstülpungen des Magens oder eines bestimmten Abschnitts der Darmschleife sind, die zur Leber werden. Die Zahl und Anordnung sowie die Art der Verzweigungen der primären Leberaussackungen variiren ausserordentlich und stehen mit den Verschiedenheiten im Zusammenhang, die wir oben (p. 469 fg.) im Organ der ausgebildeten Ascidie kennen ge- lernt haben. c. Das Herz, Pencanl und Eplcard {PeriviscercdhöJile der Cioiia). Die in einem vorhergehenden Abschnitt (p. 817 fg.) beschriebene Sonderung des primären Herzbläschens in Herz- und Pericardialwand und die Ausbildung des Epicards oder des diesem homologen Organs erfolgen 920 Ascidieii. sehr häufig erst in einer späteren Lebensperiode, nachdem die Larve sich festgesetzt und ihren Euderschwanz verloren hat {Ciona und die Monas- cidien). Wo aber alle diese Gebilde bereits in der freischwimmenden Larve wohl differenzirt vorhanden sind, erscheinen die Umbildungen des centralen Gefässapparates und der benachbarten Organe im festsitzenden Tliier nur unbedeutend. Das von der Herz- und Pericar dialwand gebildete Doppelrohr nimmt nach der Festsetzung der freischwimmenden Larve in allen Fällen noch bedeutend an Grösse zu und verändert oft noch erheblich seine Gestalt, wenn die Form im ausgebildeten Thier eine complicirtere ist. Dazu treten Lageveränderungen und Verschiebungen, die sich ohne Weiteres aus dem oben geschilderten Bau der entwickelten Ascidie er- oeben. In histologischer Beziehung erfährt nun die Herzwand dadurch eine erhebliche Veränderung, dass an der der Herzhöhle zugekehrten Seite quergestreifte Muskelfibrillen zur Ausscheidung gelangen. Aller- dings konnten Herzcontractionen gelegentlich bereits bei freischwimmen- den Larven beobachtet werden. Die Pericardialwand behält das Aussehen eines immer mehr sich abflachenden feinen Epithels und verwächst mit dem umgebenden Bindegewebe und dessen Intercellularsubstanz, so dass sie trotz aller Feinheit ziemlich straff ausgespannt bleibt, während das Herz pulsirt. Bei der Ausscheidung der die Pericardialhöhle erfüllenden Flüssigkeit dürften wahrscheinlich die plasmareicheren Zellen der Herz- wand eine erheblichere Bedeutung haben. Das Epicard fanden wir in der freischwimmenden Larve als zwei symmetrisch gelagerte, der Medianebene dicht benachbarte Röhren, die vorn mit dem Kiemendarm im Zusammenhang standen, hinten blind endigten und zum Theil die Dorsalwand des Pericardiums bedeckten (p. 823). Bei manchen Ascidien können die beiden vorderen Verbindungen mit der Kiemendarmhöhle zeitlebens bestehen, bei anderen aber schliessen sie sich vollständig, und es scheint sogar das Epicard von der hinteren Kiemendarmwand sich völlig loslösen und als ein selbstständiges Gebilde bestehen zu können; wenigstens vermochte Kowalevsky bei Ämarou- cium proUferum keinen Zusammenhang mehr in alten Thieren nachzu- weisen (p. 565). Im ganzen mittleren Bereich, oft bis weit nach hinten und vorn hin, vereinigen sich die beiden Epicardialröhren zu einem einheitlichen, medianen Epicar dialsack, der zwar der Pericardialwand dicht an- liegen kann, aber niemals mit ihr innig verwächst und verschmilzt. Auch bei Didemnum niveum finden sich nach Salensky (vgl. oben, p. 762) auf einem bestimmten Stadium zwei Epicardialröhren vor, die vom Ent- decker als Kiemenschläuche bezeichnet und den Procardialröhren Van Beneden's verglichen wurden. Von den vereinigten Blindenden der beiden Schläuche sollte sich das primäre Herzbläschen abschnüren, während die basalen Theile des paarigen Epicards eine allmähliche Eück- bildung erfahren. Eine solche Degeneration des Epicards ist aber bei Das Epicard imd der Ursprung des Knospenentoderras. 921 keiner andern knospenbildenden Ascidie beobachtet worden, und es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass gerade bei Didemnum die Aufgabe des paarigen Epicards nur darin bestehen sollte, das primäre Herzbläschen zu bilden, das bei allen Ascidien, über die bisher genaue Untersuchungen vorliegen, völlig unabhängig vom Epicard entsteht. Bei Diplosoma soll der Epicardialsack von allem Anfang an als eine einheitliche, unpaarige Ansstülpung der Anlage des späteren Kiemendarms entstehen; wenigstens erwähnt Salensky ausdrücklich, dass in jedem der beiden ersten aus dem Ei entstandenen Individuen (d. h. das Oozooid und das erste Blasto- zooid) nur ein „Kiemenschlauch" auftrete. Trifft das zu, so erwiese sich die Z)/2^?osama-Entwickelung in dieser Beziehung verkürzt; doch fanden spätere Beobachter auch bei Diplosoma paarige Epicardialanlagen. Dem Epicard kommt eine hohe Bedeutung bei der Bildung der Knospen zu. Die Vorgänge, die dazu führen, dass das Knospenentoderm ganz oder zum Theil aus den Epicardialwänden entspringt, sind so com- plicirt, dass sie erst in dem folgenden, die Ascidienknospung behandeln- den Capitel erörtert werden können. Hier möchte ich nur die Bemerkung vorausschicken, dass die Betheiligung des Epicards bei der Knospung durchaus nicht allen stockbildenden Ascidien eigentliümlich ist. Abge- sehen davon, dass bei zahlreichen Synascidien ein Epicard überhaupt nicht nachgewiesen worden ist (Botryllidae, Polystyelidae), geht auch bei Clavelina die Entodermbildung der Knospen nicht von dem typischen Epicard, sondern wahrscheinlich vom Pericard aus. Van Beneden und Julin (1886) haben zwar nachdrücklich be- hauptet, dass das Epicard der ClaveUna-'La.rYe nach der Festsetzung des geschwänzten Stadiums an Volumen sehr bedeutend zunehme, nach hinten hin über das Herzende hinauswachse und die Scheidewand in den Stolo- nen bilde, aus der das Knospenentoderm entsteht. Indessen haben die Autoren keine beweisenden Abbildungen vorgelegt, und ich selbst habe schon vor mehreren Jahren über 5 mm lange, aus dem Ei entwickelte Oozooide der Clavelina beobachtet, die bereits die Anlagen der Geschlechts- organe besassen, deren Epicard aber noch immer ein Stück vor dem Pericard endete. Den Angaben Van Beneden 's zufolge hätte ich er- warten müssen, dass ein Fortsatz des Epicards bereits in das hinterste Ende des Thieres eingetreten sei, um in die Stolonen als deren Scheide- wand hineinzuwachsen. Davon war aber nichts zu bemerken, wohl aber zog sich das hinterste Ende des Pericards in einen langen Zipfel aus, der als eine zweischichtige Lamelle noch weit hinten in der primären Leibeshöhle zuerkennen war. Neuerdings hat Kuhn (1903) eine Anzahl Schnitte durch ein derartiges Stadium abgebildet, in denen das Pericard- ende deutlich zu erkennen ist. Daher scheint es am wahrscheinlichsten, dass dieser Pericardialfortsatz und nicht das Epicard zum Stoloentoderm wird. Allerdings darf ich nicht unterlassen, darauf aufmerksam zu machen, dass bisher, wie ich wenigstens annehmen muss, niemand das Auftreten der ersten Knospe am Oozooid der Clavelina beobachtet hat, und daher 922 Ascidien. sind meine eben vorgetragenen Bemerkungen durch die directe Beobach- tung noch nicht bestätigt worden. Es ist oben (p. 569 fg.) ausgeführt worden, dass die Peri visceral- höhle der Ciona dem Epicard zu homologisiren ist, und die bereits mit- getheilten Entwickelungsvorgänge bestätigen diese Deutung. Für die morphologische Gleichwerthigkeit dieser beiden Organe hat sich auch Julin (1899) mit besonderem Nachdruck erklärt, und er versucht seine Auflassung ebenfalls durch die embryologischen Thatsacheu zu stützen, die er selbst bei Ciona und Clavelina festgestellt zu haben glaubte. Seine Beobachtungen haben sich aber als irrthümlich erwiesen, und weder bei Ciona noch bei Clavelina entstehen Herzbläschen und Epicard aus einer gemeinsamen Anlage, die als Procardialröhre bezeichnet werden darf (vgl. p. 819 fg.). Würden daher bei (^iona, wie Julin erwiesen zu haben glaubte, thatsächlich das Herzbläschen und die Perivisceralhöhle aus einem gemeinsamen Procard entstehen, so könnte dieser Bildungs- modus mit besserem Kecht gegen als für die Homologisirung jener Höhlung mit dem Epicard angeführt werden. Die Thatsache, dass das Stoloentoderm der Clavelina vom Pericard, und nicht vom Epicard des Oozooids entspringt, während die Mantelgefässe der Ciona eine ento- dermale Scheidewand besitzen, die vom Epithel der linken Perivisceral- höhle ausgeht (p. 573), legt andererseits wieder den Schluss nahe, dass die morphologische Uebereinstimmung zwischen den Stolonen der Clave- lina und den Gefässe führenden Haftfortsätzen der Ciona keine so voll- kommene ist, wie gewöhnlich angenommen wird. Auch bei Styelopsis grossularia und Lithonephria eugyranda glaubt Julin (1899) ein Epicard nachgewiesen zu haben. Die Eier der letzt- genannten Ascidie sind sehr dotterreich, und der Embryo verlässt daher auf einem sehr hohen Stadium der Ausbildung das Mutterthier, während bei Styelopsis erst nach der Festsetzung der im Brutraum entwickelten geschwänzten Larve die Herzbildung ein vorgeschritteneres Stadium er- reicht. Bei Styelopsis soll jederseits von der Ketropharyngealrinne , bei Lithonephria aber (Textfig. 190, p. 926) nur rechts eine Procardialausstülpung des Kiemendarms auftreten. Das rechte Procard theilt sich in das primäre Herzbläschen (sac pericardique) und das rechte Epicard, während die linke Ausstülpung der Styelopsis als linkes Procard stets ungetheilt ver- harrt. Von diesen Bildungen stellt aber nur das primäre Herzbläschen die Anlage perennirender Organe dar, indem es, so wie bei allen Ascidien, Herz und Pericard hervorgehen lässt. Das rechte Epicard und das linke Procard sollen aber im weiteren Verlaufe der Entwickelung wieder voll- ständig rückgebildet werden. Es ist ohne Weiteres ersichtlich, dass Julin 's Deutung der embryo- nalen Kiemendarmfaltungen als Procard resp. als Epicard lediglich darauf beruht, dass das primäre Herzbläschen in der angegebenen Weise sich abtrennt. Nachdem aber jetzt der Nachweis geführt ist, dass das primäre Herzbläschen sich ganz unabhängig vom Epicard bildet und ein Epicard der Molgulidcn. Paarige Entstehung des Herzens. 923 Procard in der von Vau Beneden und Julin angenommeneu Form und Bedeutung bei Monascidien und Socialen überhaupt nicht vorkommt, fehlt jeuer Deutung jede Grundlage. Aber selbst, wenn Julin 's Voraus- setzung richtig wäre, müsste die Deutung der linken Kiemendarmaus- stülpung als linkes Procard im höchsten Masse unsicher erscheinen, da ja gerade das nach Julin charakteristische Merkmal des Procards, näm- lich Betheiligung an der Bildung des primären Herzbläschens, auf diese Darmfaltung nicht zutrifft. Meines Erachtens fehlen also bei diesen Mon- ascidien alle Anzeichen für das Vorkommen von epicardialen Bildungen. Dass übrioens Julin 's Angaben für die Molguliden nicht zutreffend sind, hat kürzlich erst D am as (1902) dargethan. Besonders im Molgida ecliinosiplionica hat er ausgeführt, dass das primäre Herzbläschen aus einem unpaaren, aber ein wenig rechtsseitig, neben dem Merensack gelegenen soliden Zellhaufeu entsteht. Der Ursprung dieser Zellgruppe konnte nicht festgestellt werden ; wahrscheinlich handelt es sich um Mesodermelemente. Dieses Ergebniss ist im Hinblick auf die zahlreichen genauen Unter- suchungen an anderen Ascidien, bei denen zweifellos eine entodermale Entstehung der Herzblase nachgewiesen wurde, immerhin auffallend und fordert eine Nachuntersuchung. Merkwürdig ist auch der weitere Ent- wickelungsgang insofern, als der solide Zellhaufe sich erst verhältniss- massig sehr spät aushöhlen und in ein Bläschen verwandeln soll. Voll- ständig zutreffend ist es aber, wenn Damas die von Julin gegebene Deutung der rechten Kiemeudarmfalte bei Litlionephria als rechtes Procard oder Epicard durchaus zurückweist. Diese Falte hat mit der Bildung eines Epicards sicher nichts zu schaffen, sondern ist die Eutodermaus- stülpuug, die das hintere rechte Protostigma entstehen lässt. Es ist oben (p. 820) bemerkt worden, dass manche Beobachter das primäre Herzbläschen durch Verschmelzung zweier ursprünglichen, paarig oelao-erten Bläschen entstehen lassen. Wenn auch diese Herkunft des Herzens in dem einen oder andern Fall sich als zutreffend erweisen sollte, so ist sie doch zweifellos für manche Ascidien bereits als unmöglich dar- gethan, und jedenfalls handelt es sich dabei nicht um ein allgemein gültiges und ursprüngliches Vorkommen. Es ist daher nicht zutreffend, wenn Lang (1902, 1903) die folgende Darstellung von der Herzbildung bei Tunicaten giebt: „Der Ventralseite des Darmepithelrohres liegen zwei pericardiale Cölomblasen an. die, aneinander stossend, durch eine aus zwei Lamellen bestehende Scheidewand getrennt sind. Diese beiden Lamellen weichen jedoch an der dem Darme zugekehrten Seite ausein- ander, so dass zwischen ihnen und dem Darme ein ventraler Darmblut- sinus, das primitive Tunicatenherz, entsteht. Die doppellamellige Scheide- wand unter diesem Herzen (das ventrale Mesocardium) verschwindet frühzeitig, so dass das Kardio-Pericard einen Trog mit doppelter Wand darstellt, dessen Oeffnung dem Darm zugekehrt ist." Gegenüber dieser Darstellung erwies sich uns die Bildung des Herzens in Wirklichkeit beträchtlich einfacher und verkürzt, vor allem 924 Ascidien. dadurch, dass die Bildung eines „Mesocardiums" ganz unterbleibt und daher die spätere theilweise Rückbildung dieses Organs gar nicht erst zu erfolgen hat. Wenn auch nach beiden Darstellungen die Herzhöhle ledig- lich als ein Theil der primären Leibeshöhle, und die Pericardialhöhle als ein von allem Anfang an von dieser gesonderter Raum erscheinen, so be- stehen doch noch gewisse Gegensätze. Namentlich in dem Fall treten diese besonders hervor, wenn die beiden Blätter der die zwei pericardialen Cölombläschen trennenden Scheidewand nicht dorsal, dicht unter dem Darm, sondern in der Mitte auseinanderweichen und zwischen sich die Herz- höhle auftreten lassen, die dann im Moment ihrer Entstehung vollkommen abgeschlossen erscheint. Die schmale dorsale Scheidewand des Meso- cards bleibt als Raphe erhalten, die ventrale wird resorbirt, während vorn und hinten die Herzhöhle durch je ein Ostium in die primäre Leibes- höhle durchbricht. Der von mir beobachtete Bildungsmodus zeigt da- gegen die Herzhöhle zu keiner Zeit allseitig geschlossen, sondern gleich von allem Anfang an mit der Leibeshöhle im Zusammenhang; die Ostien sind keine späten Neubildungen, sondern lediglich aus dem medianen Spalt- raum hervorgegangen, der bei der Umwandlung des primären Herzbläschens in den doppelwandigen Schlauch nothwendigerweise auftreten musste. Nach alledem kann ich es auch für nicht gerechtfertigi halten, wenn Lang die von mir und anderen festgestellte Art und Weise der Herzbildung auf einen Beobachtungsfehler zurückführen will und sagt: „Ich vermuthe, dass diese Befunde so zu deuten sind, dass die aus zwei Lamellen bestehende Scheidewand zwischen zwei anfänglich getrennten Cölombläschen sehr rasch verschwindet, mit Ausnahme der darmwärts gerichteten Theile, die durch Auseinanderweichen — die vermeintliche Einstülpung — den Herztrog bilden." Würde sich eine solche Scheide- wand überhaupt bilden, so müsste sie auch nachweisbar sein, und jeden- falls beweisen die sehr sorgfältigen Abbildungen, die manche Autoren von dem von mir bei CJavelina festgestellten Entwickelungsgang auch für andere Ascidien gegeben haben, dass die Annahme eines Irrthums nicht gerechtfertigt ist. Näher möchte es vielleicht im Gegentheil liegen, die paarigen Herzbläschen aus einem Beobachtungsfehler zu erklären. Doch bin ich entfernt davon, diese Erklärung der Controverse zu geben, und mehr geneigt, anzunehmen, dass so weitgehende Verschiedenheiten in der ontogenetischen EntAvickelung thatsächlich vorkommen können. Lang nennt die beiden embryonalen, paarig auftretenden Bläschen, die sich zum primären Herzbläschen vereinigen sollen, „pericardi ale Cölomblasen" und deutet damit die Hohlräume, die sie umschliessen, als Theile der enterocölen Leibeshöhle. Die gleiche Deutung müsste dann auch auf die Pericardialhöhle zutreffen, und diese wäre demnach als Cölom aufzufassen. VanBeneden und Julin (1886) betrachteten dagegen sowohl die Pericardial-, als Epicardialhöhle, obwohl sie deren Zusammenhang mit dem Kiemendarm erkannt hatten, als eine den Tuni- caten allein eigenthümliche Bildung, die bei anderen Stämmen kein Bedeutung der Epicard- und Herzhöhle. Die Niere. 925 Homologon besässe : „Nous ne connaissons ni chez rAmpliioxus, ni chez les Vertebres, aiicuii orgaiie horaologue ni ä l'une, ni a l'autre de ces formations." Daraus ergiebt sich, dass die Verfasser jeden Vergleich der Pericardialhöhle mit einem Enterocöl zurückweisen. Für sie lag freilich eigentlich gar kein Bedürfniss vor, nach einem Homologon des Cöloms in der entwickelten Ascidie zu suchen, da sie das wahre Enterocöl bereits auf ganz jungen Embryonalstadien in Form von paarigen Entodermdiver- tikeln gefunden zu haben meinten und den Nachweis führen konnten, dass diese Divertikel in Mesenchym sich auflösen und die Höhlungen verloren gehen, resp. in der primären Leibeshöhle wieder aufgehen. Zwar erwiesen sich, wie oben (p. 745 fg.) berichtet wurde, diese Angaben der belgischen Autoren als unzutreffend, immerhin aber wird man die Bildung des Cöloms und Mesoblasts, insofern es sich um das früheste Auftreten handelt, bei jüngeren Embryonalstadien suchen müssen, und nicht erst bei freischwimmenden oder gar festsitzenden Larven, wie es für die Peri- cardbildung bei vielen Monascidien {Ciona, Styelopsis) beobachtet wurde. Wenn das primäre Herzbläschen und Epicard auftreten, sind die drei Keimblätter bereits vollständig gesondert. Wer allerdings, wie Van Beneden und Julin, daran denkt, die auf noch viel späteren Ent- wickelungsstadien auftretenden Hohlräume in den Geschlechtsorganen der Ascidien als Cölomräume zu deuten, verführe meines Erachtens besser und consequenter, zunächst in den Pericardial- und Epicardialhöhlen Homologa einer enterocölen Leibeshöhle erweisen zu wollen. f. Die JSiere. Die vergleichend anatomische und histologische Betrachtung des aus- gebildeten Excretionsorgans (p. 603 fg.) hat uns eine continuirliche Eeihe verschiedener Ausbildungsstufen kennen gelehrt, die mit sehr einfachen Stadien beginnt und mit dem complicirten Molgulidenorgan abschliesst. Daraus hätte sich als sehr wahrscheinlich der Schluss ergeben, dass auch die Embryonalentwickelung des Nierenorgans bei allen Ascidien nach einem gemeinsamen Typus verlaufen müsse und dass die Unterschiede im Wesentlichen sich darauf beschränken, dass die Entwickelung ent- weder auf einer niederen Stufe stehen bleibt, oder ein vollkommeneres Stadium erreicht. Prüft man aber daraufhin die bisher vorliegende Litteratur, so findet man diese Erwartung nicht verwirklicht. Vielmehr werden zwei ganz verschiedene Entwickelungstypen beschrieben. 1) Da, wo lediglich einzelne mesodermale Excretionszellen oder Zell- gruppen die Niere bilden, kann von einer eigentlichen Entwickelung eines Organs nicht die Rede sein. Es beschränken sicJi die Verände- rungen auf bestimmte histologische Einzelheiten, die in und an den einzelnen Zellen in gleicher Weise auftreten. Die zahlreichen grösseren oder kleineren Nierenbläschen der Ascidia, AscidicUa, PhaUusia, Cynthia entstehen durch Zusammentreten von Mesen- 926 Ascidicn. chynr/c'lleii /u meist selir kleinen Gruppen, die sehr bald eine centrale Höhlung erhalten, während die peripheren Zellen einschichtig sich an- ordnen und in bestimmter Weise difterenziren. Zunächst enthält das Bläschenlumen nur eine helle Flüssigkeit; später erst treten in dieser Harnconcremente auf. Die Bildung der ersten Bläschen beginnt in der Kegel sehr bald nach der FestsetzAing der Larve, und es scheint mir, dass, wenigstens da, wo die Bläschenzahl eine sehr grosse ist, zeitlebens eine Neubildung aus noch indifferenten Bindegewebszellen erfolgen kann. Ob nicht auch Tlieilungen bereits gebildeter Nierenbläschen gelegentlich eintreten, habe ich nicht sicher entscheiden können. Die neuen Nieren- bläschen entstehen vorwiegend weiter vorn, vor den alten. Querschnitte durch Embryonen der Litltonepliria eugyranda, zur Demonstration der Ent- stehung des Nierensackes und des primären Herzbläschens. (Nach Julin). ^^7i- A = Jüngerer Embryo; B = Aelteres Stadium ; C = Zum Ausschwärmen bereite Larve. ec = Ektodermales Hautopithel ; epr = AngebUch rechtes Epicard; it = Intestinum; M = Kiemendarni; m =^ Magen; n = Nierensack; oe = Oesophagus; ph = Primäres Herzbhischen ; pr = Angeblich rechtes Procard, das sich in das primäre Herzbläschen und Epicard theilen soll; rr = Eetropharyngealrinne ; sh = Sinnesblase; si = Statolith. Schon Krolm (1852) hat bei der festgesetzten Larve der Phnlhisia mammillata das Auftreten der winzigen Nierenbläschen beobachtet, ver- mochte aber den Ursprung und die Herkunft der Wandzellen niclit fest- zustellen. Eine befriedigendere Darstellung haben erst Van Beneden und Julin (1885) gegeben. 2) lieber die Bildung des grossen Nierensackes der Molguliden liegen neuere Beobachtungen von Julin (1899) an LitJionepJiria eugyranda vor. Zwar hat schon Kupffer (1872) den Nierensack der Molgiila 7)iacrosi- plwnica bei jungen, noch im Follikel ruhenden Thierchen als ein kleines, dünnwandiges Bläschen bemerkt; über die Herkunft der Zellen aber giebt er keine bestimmte Auskunft, wenngleich es ihm sehr wahrscheinlich ist, dass sie mesodermal entstehen. Bei LifJionejihria bemerkt man das Organ ziemlich früh in Embryonen, deren Intestiualschleife als kurzer Bogen bereits angelegt, aber in die einzelnen Abschnitte noch ganz unvollkommen ge- sondert ist. Etwa dort, wo später der Oesophagus in den Magen über- geht, l)ildet sicli auf der rechten Seite die Niere als eine kleine, sack- Entstehung der Molguliden-Niere. 927 artige Ausstülpung des Entodermepithels. Weiter vorn, rechts im Kiemen- darm liegt eine andere winzige Ausbuchtung, die Julin als rechtes Procard auffasst (Textfig. 190^). Auf einem späteren Stadium hat sich der Nierensack vom Darm abgeschnürt und beträchtlich vergrössert. An seiner Aussenwand liegt, dicht angeschmiegt, das primäre Herzbläschen, das sich inzwischen vom rechten Procard aus gebildet hat und ein ab- geschlossenes Zellbläschen darstellt (Textfig. 190 0). Das Auffallende in dieser Darstellung ist der entodermale Ursprung des Nierensackes. Während die Excretionsorgane in den anderen Asci- dienfamilien aus Mesenchymzellen hervorgehen, die sich, wenn Nieren- bläschen gebildet werden sollen, nachträglich epithelial anordnen können, entsteht die Molgulidenniere von allem Anfang an als ein einschichtiges Epithel, und zwar vom Verdauungstractus aus. Diese Beobachtung hat Julin veranlasst, das Excretionsorgan der Molguliden dem Leberblind- sack des Ampliioxus zu homologisiren. Selbst unter der Voraussetzung der Richtigkeit der Julin 'sehen Darstellung vermag ich aber nur eine sehr oberflächliche Uebereinstimmung und Aehnlichkeit zwischen diesen beiden Organen zu erblicken. Die Aehnlichkeit erstreckt sich lediglich darauf, dass der Nierensack so ungefähr in einer ähnlichen Darraregion des Ascidienembryos durch Ausstülpung entstellt, in der beim Amphioxus dauernd die Leber sich öftnet, während alle späteren Entwickelungsvor- gänge sich unterscheiden und zu einer verschiedenen definitiven Lagerung und zu einer völlig anderen Functionsweise der Organe führen. Neuerdings hat auch Damas (1902) die Entwickelung des Nieren- sackes der Molguliden untersucht. Wenn er auch Molgida ednnof^iplio- nica Lac.-Duth. in erster Linie berücksichtigt, so erwähnt er doch aus- drücklich, dass der Entwickelungsvorgang bei Anurella Bleid und Litho- nejihria ciujyranda der nämliche sei, dass er aber in einer völlig anderen Weise verlaufe, als Julin ihn geschildert hat. Ebensowenig wie am Kiemendarm Procardausstülpungen auftreten, die sich in Epicard und primäres Herzbläschen sondern (vgl. p. 818 fg.), bildet sich zwischen Oesophagus und Magen eine entodermale Ausstülpung, die zum Nieren- sack sich umgestaltet (vgl. Textfig. 190, p. 926). Vielmehr entsteht der Nierensack in der folgenden Weise: Auf voroerückteren Embrvonalstadien erscheint median am ventralen Hinterende des Kiemendarms ein solider, aus lauter gleichartigen Ele- menten sich zusammensetzender Zellhaufen. Obwohl der Kiemendarm- wand dicht benachbart, ist er doch von ihr scharf abgesetzt; aber die Zellen sollen den Entodermzellen durchaus gleichen und vom Mesoderm sich leicht und sicher unterscheiden lassen. In der Abbildung (Text- figur 19U-) tritt diese Aehnlichkeit mit dem Entoderm weniger scharf hervor, doch lässt sich andererseits nicht die Wahrscheinlichkeit des ento- dermalen Ursprungs der fraglichen Zellgruppe bestreiten. Bald treten, wie es scheint durch Auseinanderweichen der Zellen, im soliden Gebilde zwei dicht benachbarte, aber scharf voneinander getrennte Höhlungen auf, 928 Ascidien. die eine rechts, die andere links, und neben der rechten Höhlung, nach rechts aussen und ein wenig dorsal 7ai, erscheint ein neuer solider Zell- haufon, der wahrscheinlich von Mesodermzellen gebildet wird (Text- figur 1911^). Das zuerst entstandene, zwei Höhlungen uraschliessende Organ besitzt eine einschichtige Epithelwand und stellt die Anlage der Niere dar; aus dem benachbarten mesodermalen Zellhaufen soll sich das primäre Herzbläschen in der oben (p. 821) geschilderten Weise entwickeln. Erst in älteren Embryonen, nachdem sich die Nierenanlage weit nach rechts hin verschoben hat, vereinigen sich die beiden Lumina zu einem gemeinsamen Hohlraum, und damit ist das definitive Nierenbläschen ent- Fig. 191. c Querschnitte durch drei verschiedene Embryonalstadien der Molgula echinosiphonica. (Nach Damas). Circa '^^"/j. In A ist nur der ventrale Theil des Schnittes gezeichnet worden. cm = Aeusserer Celluloscmantel ; ec = Ektodermepithel; M = Kieniendann; vis = Mescnchymzellen ; ns = Nierensack; 2^h = Primäres Herzbläschen ; sh = Sinnesblaso; st = Statolith. standen, das weiterhin nur an Grösse zuzunehmen und sich in besonderer Weise histologisch zu differenziren hat (Textfig. 191 C). Herz und Niere entstehen also von allem Anfang an in dichter Nachbarschaft und zeigen sofort die gleichen Lagebeziehungen zueinander, die sie im entwickelten Thier auszeichnen. Beide verschieben sich in der gleichen Weise aus der medianen Lage zu einer vollkommen unsymmetrischen rechtsseitigen. Ueberblickt man die von Damas gegebenen Abbildungen, so fällt am meisten auf, dass die beiden zuerst in der Medianebene erscheinen- den Lumina der Nierenanlage nicht identisch sein sollen mit den beiden späteren Hohlräumen des Nierensacks und des primären Herzbläschens (vgl. Textfig. 191 i» mit C). Das „Kenopericardialorgan" der Molguliden soll sich vielmehr aus zwei ganz verschiedenen Theilen zusammensetzen: dem entodermalcn Nierensack und dem mesodermalen Herz])läschen. Erklärung von Tafel XXXIII. Ascidien. ni. SuppiL Fig. 1. Cimia intestinalis Linn., von rechts gesehen. Circa ^/g. 2. Phallusia mammülata Cuv., von rechts gesellen. Circa "/s- 3. Bhodosoma callense Lac.-Dutli., mit geöffneten Schalenklappen. (Nach Lacaze- Duthiers.) Circa 7j- V = Verdickter Eand der vorderen Schalenklappe. 4. Ahyssascidia Wyvillii Herd., von der Eückenseite gesehen. (Nach Herdman.) ",'3. 5. Bhopalaea neapoUtana Philippi, nach theilweiser Entfernung des äusseren Cellulose- mantels. Dem Thier sitzt eine Cynthia auf. (Nach Philippi.) Circa ^/j, 6. Hypohythius ealycodes Moseley, ventral gesehen. (Nach Moseley.) Vi- <* = Ver- dickungen des Cellulosemantels; hv = Blutgefäss für den Stiel; fs == Fussscheihe des Stiels. 7. Junges Thier einer Ascidia Challengeri Herd., von rechts gesehen. (Nach Herd- man.) Vi- 8. Ciona Flemingi Herd., von rechts gesehen. (Nach Herdman.) Vi- 9. Ascidiella minuta Kiaer. (Nach Kiaer.) Circa ^/j. See! ige P.Tumcaten. Tafel 33. Liih. GuseiAe & Deon£nt. Erklärung von Tafel XXXIV. Ascidien. 4 k '*.- Fig. 1. Clielyosoma Macleayanum Brod. u. Sow., von der Seite der Körperöifnungen aus ge- sehen. (Nach N. Wagner.) Schwach vergrössert. mp = Mittelplatte; rp = die sieben Randplatten; sp = die sechs Siphonalplatten an jedem Sipho. 2. Clielyosoma Macleayanum, einem Steine aufsitzend, in seitlicher Ansicht. (Nach N. Wagner.) Vi- Bezeichnung wie in Fig. 1. 3. Corynascidia Suhmi Herd., von rechts gesehen. (Nach Her dm an.) ^Z,. 4. Corella japonica Herd., von links gesehen. (Nach Herd man.) Vi- 5. Citleolus Moseleyi Herd., von rechts gesehen. (Nach Herdman.) Vi- 6. Culeolns perlucidus Herd., von rechts gesehen. (Nach Herdman.) Vi- 7. Boltenia elegans Herd. {^= B. oviferaLin.), von rechts gesehen. (Nach Herdman.) '/g, 8. Fungulus ctnereus Herd., von rechts gesehen. (Nach Herdman.) Vi- 9. Cystitujia Griff itlisi Mac-Leay, von rechts gesehen. (Nach Mac-Leay.) 7i- Seel iger Tunicalen. Tafel 34. Lüh. Qi£sed{£. iLDeorieni.. Morphologische Bedeutung der Molgnliden -Niere. 929 Das Auftreten von paarigen Hohlräumen in der Nierenanlage und das erst viel später erfolgende Zusammenfliessen zu einer grossen, ein- heitlichen Nierenhöhle , das allerdings auf den ersten Blick sehr seltsam erscheinen muss, veranlasst Damas zu folgenden Schlüssen über die morphologische Bedeutung des Merensacks, die mir allerdings nichts weniger als zwingend zu sein scheinen. Das Epicard der Ascidien ent- steht an der Stelle, wo auch die Molgulidenniere sich bildet. Bei vielen Formen [Ciona) treten zwei paarige Aussackungen des Kiemendarms auf, die zeitlebens getrennt bleiben und durch je einen besonderen Porus mit der Kiemendarmhöhle communiciren können. In anderen Fällen ver- einigen sich die beiden Epicardialtuben auf weiteren oder engeren Strecken zu einem Epicardialsack. Dieser steht häufig noch durch zwei Oeflfnungen mit dem Kiemendarm im Zusammenhang. Es können sich aber auch die Oeffnungen schliessen, und der Epicardialsack, der allerdings dann immer median liegen bleibt und seinen paarigen Ursprung an der einen oder anderen Stelle in der Eegel noch verräth, wird dadurch ein selbst- ständigeres Organ. Nur gewisse Beziehungen zum Herzen erhalten sich, denn die Herzhöhle wird mehr oder minder unvollständig durch die Epi- cardialwand verschlossen. Der Nierensack der Molgnliden zeigt das End- glied der ganzen Entwickelungsreihe des Epicards. Seine Lagebeziehung zum Herzen ist die gleiche wie die des Epicards bei anderen Ascidien, denn er verschliesst die Herzhöhle, die bei Molgnliden geAvöhnlich nur durch eine flache, muldenförmige Vertiefung der Herzwand gebildet wird. Die ursprünglich paarige Entstehung des Epicards verräth sich im Nieren- sack dadurch, dass auf frühen Stadien zwei getrennte Lumina in symme- trischer Anordnung auftreten. Der Zusammenhang der Nierenanlage mit dem Kiemendarm ist niemals mehr so innig wie bei der typischen Epi- cardbildung; die Ablösung und Sonderung vom Entoderm ist so weit vorgeschritten, dass auch auf frühesten Stadien die Höhlungen beider Organe keine Verbindung mehr aufweisen. Der Nierensack giebt seine mediane Lage auf, und indem er nach rechts hin rückt, wird er zu einem unpaaren und so einheitlich geformten Organ, dass im ausgebildeten Thier die ursprünglich paarige Zusammensetzung in nichts mehr sich verräth. Damas hält demnach den Nierensack der Molgnliden für homo- log dem Epicard der übrigen Ascidien. — Wollte ich nach bekannten Mustern verfahren, so wäre es aber immer- hin noch durchführbar, die beiden so fundamental verschiedenen Ent- stehungsarten der Excretionsorgane bei Molgnliden und den übrigen As- cidien aufeinander zurückzubeziehen. Man könnte annehmen, dass die Mesenchymzellen, die bei den niederen Typen zu Excretionszellen werden und die Nieren bilden, bei den Molgnliden im Entodermverband, aus dem sie bei den anderen Ascidien auf den frühesten Embryonalstadien sich lösten, liegen bleiben, um erst viel später alle zusammen als entodermale Ausbuchtung des Darms hervorzutreten. Und ebenso Hesse sich füglich auch der umgekehrte Entwickelungsgang begreifen, dass die ursprünglicli ßronu, Klassen des Thier- Keiclis. KI. Spplt. 59 930 Ascidion. als Darniausstülpung gebildete Nierenanlage der Molgula sich allmählich in frühzeitig aus dem Entoderm vereinzelt austretende Mesenchymzellen verwandelt hätte, die später erst wieder zu Nierenzellen werden. g. Die GescJdccJdsorgane. Am spätesten von allen Organen der Ascidie bilden sich die Ge- schlechtsorgane, und überdies ist ihr Auftreten und vor allem der Ein- tritt ihrer Reifung häufig an eine ganz bestimmte Jahreszeit gebunden. Daher begegnet man gar nicht so selten scheinbar vollständig entwickelten Thieren, die keine Geschlechtsorgane erkennen lassen (p. 627), weil die Dift'erenzirung der Mesodermzellen zu deutlich liervortretenden Propa- gationszellen noch nicht eingetreten ist. Es giebt aber auch Individuen, die thatsächlich niemals den Genitalapparat zur Ausbildung bringen. Ganin (1870) war der Ansicht, dass bei Synascidien die ersten aus dem befruchteten Ei entstandenen, den Stock gründenden Thiere (Oozooide) niemals Geschlechtsorgane zur Entwickelung bringen, sondern ausschliess- lich ungeschlechtlich durch Knospung sich vermehren. Das hat sich als ein Irrthum erwiesen, denn ich fand bei Clavelina lepadiformis ältere Solitärtliiere (Oozooide), die noch keine Knospen entwickelt hatten, mit der deutlichen Anlage eines Zwitterapparates versehen, und ebenso sah Michaelsen mehrere noch solitäre Oozooide ^qiwqx AUoeocarpa Emilio- nis, einer stockbildenden Polystyelide, mit wohl ausgebildeten Geschlechts- organen und geschwänzten Larven in den Bruträumen versehen. Van Beneden und Julin (1886) sind daher im Irrthum, wenn sie das Oozooid der Clavelina als ,,individu agame" bezeichnen und angeben, dass bei allen knospenbildenden Ascidien die aus den Eiern stammen- den Individuen völlig steril bleiben. Wenn die Geschlechtliche Natur der Oozooide der stockbildenden Ascidien nur verhältnissmässig selten fest- gestellt werden konnte, so liegt das vielleicht nur daran, dass die Geni- talorgane fast immer erst in alten Oozooiden deutlicher hervortreten und solche Thiere bisher überhaupt nur in sehr spärlicher Anzahl beobachtet wurden. Es giebt aber auch Ascidien, deren Oozooide in der That niemals reife Geschlechtsorgane produciren, und zwar deshalb nicht, weil der früh- zeitig eintretenden Knospung sehr bald eine Rückbildung des ersten In- dividuums folgt, und dieses daher nicht so lange lebt, um die Geschlechts- reife zu erlangen. Solche Erscheinungen sind z. B. bei den Botrylliden beobachtet worden, und gelegentlich trifft es sich bei diesen, dass nicht nur das Oozooid, sondern auch die erste und selbst noch folgende Knospen- generationen ungeschlechtlich bleiben, weil sie sich vor Eintritt der Ge- schlechtsreife völlig rückbilden. Sieht man von diesen Fällen, in denen die Oozooide von Synascidien nicht geschlechtsreif werden können, ab, so lässt sich wohl behaupten, Geschlechtliche und ungeschlechtliche Individuen. Zeit der Geschlechtsreife. 931 dass normaler Weise alle Individuell, wenn sie ein bestimmtes Alter er- reicht haben, die Geschlechtsorgane zur Entwickelung bringen. Dass dieses Alter auch bei den verschiedenen Individuen einer Art durchaus nicht immer das gleiche ist, habe ich oben (p. 627) schon angedeutet. Namentlich bei vielen Synascidien (Botryllidae) treten die Unterschiede im Alter der geschlechtsreif werdenden Thiere sehr bemerkbar hervor. Untersucht man kleine Stöcke, zumal vor Eintritt der Jahreszeit, in die der Höhei)unkt des Geschlechtslebens fällt, so findet man selbst in den grössten und ältesten Thieren die Genitalorgane zumeist noch recht un- entwickelt. Prüft man alte grosse Colonien zur Zeit der Geschlechtsreife, so zeigen selbst junge Knospen oft grössere und besser ausgebildete Ei- zellen, als alte Thiere in jungen Stöcken sie besitzen. Auch bei den verschiedenen Individuen einer Monascidienart kann die Geschlechtsreife zum ersten Male in verschiedenen Lebensaltern ein- treten. Allerdings hängt das mit gewissen äusseren Umständen zu- sammen, die zum Theil auch eine verschiedene Dauer des Lebens be- dingen. Im Triester Hafen brauchen die Ciona und auch die meisten andern Monascidien ungefähr ein Jahr, um geschlechtsreif zu werden. Dann sterben die Thiere fast alle ab, und wenn das eine oder andere {Phallusia) eine längere Lebensdauer ])esitzt, währt es abermals ein Jahr, bis die folgende Geschlechtsreife wieder eintritt. In den Aquarien der Neapeler Zoologischen Station sollen in einem Jahr drei Generationen einander folgen können, und die Geschlechtsreife tritt schon in etwa vier bis fünf Monate alten Thieren ein (Weismann, Uebor die Dauer des Lebens. 1882. p. 81). . Nachdem die Bildung der Geschlechtszellen bereits an einer früheren Stelle (p. 69ofg.) behandelt wurde, werde ich mich in diesem Abschnitt darauf zu beschränken haben, die früher auftretenden Vorgänge zu schildern, die sich bei der ersten Entwickelung der Geschlechtsorgane abspielen, in denen die specielle Ditterenzirung der Sexualzellen sicli später erst zu vollziehen hat. Insoweit ich mich bei dieser Darstellung auf stockbildende Ascidien werde beziehen müssen, w^erde ich mich nicht darauf beschränken, nur die Entstehung der Geschlechtsorgane in Oozoo- iden zu beschreiben, sondern ich werde in gleicher Weise die Vorgänge in den Knospenthieren berücksichtigen, da in diesen die Geschlechts- bildung in genau der gleichen Weise vor sich geht und bei vielen Syn- ascidien bisher überhaupt nur allein am Blastozooid untersucht worden ist. Wo die Geschlechtsorgane die primitivste Form der Ausbildung zeigen (p. 628 fg. u. 656 fg.), beschränken sich die Entwickelungsvorgänge im Wesentlichen auf histologische Umbildungen der zu Gruppen zusammen- getretenen Zellen. Nur die Entstehung der Organe soll hier erörtert werden, die besondere Leitungswege besitzen, und deren geschlechtlich differenzirte Zellen Epithelien bilden oder aus solchen stammen. I. Die Bildung des primären Geschlechtsbläschens. Kowalevsky (1874), der zuerst etwas eingehendere Angaben über die 932 Ascidien. Fig. 192. .VI ed--' M 'ms ^inÄ ms ov Bildung des Geschleclitsapparates von GlaveUna lepadiformis. Alle Abbildungen, . ausgenommen die beiden letzten (J, K), beziehen sich auf Knospenthiere. A = Die Region der Darmschleife einer älteren Knospe in Dorsalansicht. '*'*/i. B = Schnitt durch die primäre Geschlechtsblase eines jungen Stadiums, '^^"/i- ^ = Schnitt durch die Mitte der Blase eines älteren Stadiums. ^^7i- ^ = Schnitt durch die Aus- führungsgänge eines jungen Zwitterorgans, ^■'^"/i- -^ = ^^^' 1'5- Schnitt weiter nach lüntcn zu. ^^7i- -^ ^= Schnitt durch das Ovarialbläschen desselben Thieres. ''^"/i- ^ = Aus einem benachbarten Schnitt das Vorderende der Hodenanlage. ^^%. H = Schnitt durch die beiden hinteren Gabelenden des Ovariums desselben Thieres. *^Vi- J u. K = Zwei Schnitte durch die primäre Geschlechtsblase eines 5 mm langen Oozooids. ^^"/i- bg = Bindegewebszellen; dd = Darmumspinnende Drüse; ec Ektoderm; e(^ = Enddarm; gc = Canal des Primärbläschens; hh = Hodenbläschen; Jth = Hodenhülle; m == Magen; ms = Mesencliymzellen ; od = Oviduct; oe = Oesophagus; ov = Ovarialbläschen; pg ^ Primäres Geschlechtsbläschen; vs = Vas deferens. Entstehung der Geschlechtsorgane in den Knospen der Perophora gemacht hat, leitet sowohl den Hoden als das Ovarium von je einem kleinen soliden Zellhaufen ah. Zuerst zeigt sich eine Zellgruppe dicht neben dem Magen Uilduiig dus [iriniaren Geschlcclitsbläschcns aus McsciR'l)yiiiZL'lk'n. y,']3 als Anlage des Hodens; woher aber die Zellen stammen, ist nicht er- mittelt worden. Der Zellhanfen verwandelt sich in ein Bläschen, in dessen Inneren zwei oder drei freie Zellen auftreten; dann verlängert sich das eine Bläschenende zu einem sehr feinen, langen Strang, der sich bis zur Cloake fortsetzt und weiterhin das Vas deferens bildet. Neben der Hoden- anlage entsteht später ein zweiter Zellhaufen, über dessen Ursprung eben- falls jede Angabe fehlt. Die Zellgruppe wird, so wie die andere, zu einer lang gestielten Blase und entwickelt sich weiterhin zum Ovarium und zum Eileiter. Dass das langgestielte Bläschen, das verhältnissmässig spät in Clavclina-Knoü])eii auftritt (Textlig. 192 J.) und den Geschlechtsapparat bildet, aus Mesenchymzellen entsteht, hat zuerst Seel ig er (1882) nach- gewiesen. Ich war aber der Ansicht, dass die freien Mesodermzellen nach und nach in sehr grosser Zahl sich zur Bildung des Geschlechts- organs zusammenfinden, Avährend in Wirklichkeit die Zahl der ursprüng- lich das Bläschen zusammensetzenden Zellen sehr gering ist und die weitere Grössenzunahme der Anlage zum grössten Theil durch Theilungen der wenigen ersten, das noch winzige Bläschen bildenden Elemente er- folgt. Es ist aber durchaus nicht ganz ausgeschlossen, dass benachbarte Mesenchymzellen während der ersten Zeit immer noch in die Anlage neu eintreten. Das geht aus den Abbildungen hervor, die Lefevre (1898) für Pcrophora viridis veröffentlicht hat, und im Besonderen der lange Stieltheil scheint dadurch gebildet zu werden, dass zum Theil weit von- einander entfernte, vereinzelte Mesenchymzellen zu einem Strang sich an- einander reihen. Ist das zutrelfend, so erscheint es allerdings immer weniger wahrscheinlich, dass der Zwitterapparat aus wenigen oder am Ende gar nur aus einer einzigen, besonders prädisponirten ürgeschlechtszelle hervorgehen möchte, sondern es scheint die Lage der ursprünglich ganz gleichartigen Zellen zu entscheiden, welche von den Elementen in die Bildung des Geschlechtsorgans einbezogen werden sollen. Dass in letzter Instanz das gesammte Mesenchym aus nur wenigen Stammzellen hervor- geht, hat sich in den vorhergehenden Abschnitten ergeben, aber solche specifischen Unterschiede zwischen diesen Zellen, die eine Zurückführung der Geschlechtsanlage bis auf dieses Stadium gestatten möchten, sind bisher nicht beobachtet worden. Bei den späteren Theilungen der Mesodermzellen beobachtet man freilich Verschiedenheiten der Kernspindeln, die sich mir lediglich aus einer wechselnden Menge des Chromatins zu erklären scheinen. Ich habe neuerdings diese Besonderheiten der Mesenchymzellen nicht mehr genauer prüfen können, glaubte aber früher, mich davon überzeugt zu haben, dass die zur Zwitterorganbildung zusammentretenden Zellen aus Theilungen resultiren, die durch besonders deutliche, chromatinreiche Spindeln ge- kennzeichnet sind. Zweifellos aber ist es, dass nicht alle Mesenchym- zellen, die verhältnissmässig scharf hervortretende Spindeln besitzen, sondern nur ein kleiner Theil dieser Elemente zum primären Geschlechts- 934 Ascidicii. l)läscli(?n sicli vereinigGii köiuiLMi. Demi iuicli später noch , luiclulciii das Bliischüii sich gebildet hat, findet man in weiter Entfernung von diesem die gleichen Zellen. Im Widerspruch scheint freilich 7a\ stehen, dass mehrere Beobachter (Damas und Selys) gerade in dem sich so rasch vergrössernden primären Bläschen keine Kernspindeln und Theilungs- figuren zu entdecken vermochten, Aveil die Kerne auffallend chromatin- arm seien. Jedenfalls sind die hier berührten Fragen einer erneuten, ein- gehenden Prüfung werth, und es müsste sich dann entscheiden, ob die Geschlechtsorgane aus besonderen Mesenchymzellen hervorgehen, die von allem Anfang an dazu prädestinirt sind, oder aus solchen Elementen, die, wie ich schon früher (1882) angenommen hatte, erst durch die Lagebe- ziehungen, die sie zufällig erreicht haben, zur Bildung des Zwitterorgans befähigt erscheinen. Ebensowenig wie ich hatten auch Van Beneden und Julin(188G) zu erkennen vermocht, dass es besonders prädisponirte Mesenchymzellen sind, die zur Bildung des Zwitterorgans zusammentreten. Sie fanden vielmehr, dass die wenigen ersten das Geschlechtsorgan bildenden Zellen mit den übrigen benachbarten bindegewebsartigen Elementen oder mit den Blutzellen vollkommen übereinstimmten. Bei Ferophora Listen aieichen die Zellen des Primärbläschens durchaus den Blutzellen: „Ces cellules sont identiques aux giobules sanguins qui remplissent les espaces vasculaires voisins". Bei Ascidiella scabroides gleichen sie dagegen amö- boiden oder sternförmigen Bindegewebszellen: „Les cellules de l'ebauche sexuelle sont identiques aux cellules mesoblastiques voisines; aucun caractere ne les differentie: elles sont pourvues les unes et les autres de prolongements protoplasmiques et ceci est vrai ponr les cellules du cor- don aussi bien que pour Celles de l'organe terminal." Erst später ver- lieren sie ihren Bindegewebszellcharakter und ordnen sich zu einer epi- thelialen Bläschenwand an. Auch manche der oben (p. 613 fg.) mitgetheilten Thatsachen über die Zahl, Anordnung und Vertheilung der Geschlechtsorgane legen den Schluss nahe, dass ursprünglich überall in der primären Leibeshöhle embryonale, noch nicht in besonderer Weise differenzirte Mesenchymzellen sich finden müssten, denen die Fähigkeit zukommt, an der Bildung des Geschlechts- apparates sich betheiligen zu können. Als ein weiteres Beispiel, das erst ganz kürzlich durch Hartmeyer (1903) bekannt geworden ist, sei auf die von Gottschaldt (1894) als Goodsiria horealis beschriebene Synascidie hingewiesen, die nunmehr als besondere Gattung KüJcentJialiu angeführt wird. Hoden sind zwar bei dieser Art nicht beobachtet worden, auch fehlt ein scharf abgegrenztes Ovarium, wohl aber finden sich grössere und kleinere Eizellen überall im Mesenchym der Leibeswandungen, in den Blutbahnen nahe beim Darmtractus und in den jungen Knospen. Auch bei Botrylliden beobachtet man zur Zeit der vollsten Geschlechts- reife gelegentlich Eizellen überall in der Leibeshöhle ; doch sollen bei diesen Ascidien eigenartige Vorgänge bei der Bildung der Geschlechts- Zahl luul Suuderuiig der Primärliläschun. 935 Organe sich abspielen (siehe weiter unten p. 936 sowie den die palleale Knospung behandelnden Abschnitt des XV. Capitels). Im Gegensatz zu allen anderen neueren Beobachtungen steht die Angabe von Lefevre (1897), dass in den Knospen dev Ecteinascidia die Anlage der Geschlechtsorgane sich aus dem Entoderm entwickelt. An einer bestimmten Stelle, in der Nähe der ürsprungsstelle des Ver- dauungstractus , treten die Zellen des inneren Knospenblatts in lebhafte Wucherung ein und bilden einen kleinen, länglichen, nach links und hinten gerichteten Zellhaufen, der sich bald in das primäre Geschlechts- bläschen verwandelt. Es scheint, dass sich an der Bildung dieses Bläschens auch einzelne Mesenchymzellen betheiligen. Bei Fcrophora fand aber Lefevre später (1898) das Geschlechtsbläschen ausschliesslich aus ursprünglich freien Mesenchymzellen zusammengesetzt. Die Entstehung des Hodens hatte ich seinerzeit bei Clavel'ma nicht untersucht und glaubte daher, dass das kleine, gestielte Bläschen, das ich beobachtet hatte, ganz in der Bildung des Ovariums aufgehe. Es ist das Verdienst von Vau Beneden und .Julin, zuerst nachgewiesen zu haben, dass das primäre Geschlechtsbläschen die Anlage des gesammten Zwitterapparates darstellt, und dass Hoden und Ovarium nicht aus zwei verschiedenen, räumlich getrennten Anlagen hervorgehen. Ein einziges Primärbläschen entsteht aber nur da, wo auch im ausgebildeten Thier nur ein unpaares Zwitterorgan vorhanden ist. Finden sich deren mehrere oder viele, so bildet sich jedes selbstständig und unabhängig von den andern. So entsteht zum Beispiel das linke Geschlechtsorgan der 3Iol- (jula ampuUoldes aus einem winzigen Zellhaufen, der Aveit hinten, hinter dem dritten primären Protostigma, liegt (vgl. Textfig. 185.4, p. 882), während die Anlage des rechten Zwitterapparats weiter vorn, ventral dicht neben dem ersten Primärstigma auftritt. Bei Sfi/ela 3Iontereyensis liegen auf jeder Seite zwei Zwitterdrüsen, und die beiden Ovarien gleichen in Bezug auf die Lage und Beschaffenheit des Keimepithels dem einzigen der Sti/elopsis; jedes Zwitterorgan scheint sich aber an Ort und Stelle aus einer besonderen Anlage zu entwickeln (Bau er oft). Für die zahlreichen Polycarps anderer Styelinen ist das zwar noch nicht direct erwiesen, aber doch im höchsten Masse wahrscheinlich. Ich habe bereits an einem früheren Orte darauf hingcAviesen, dass es nicht immer ganz leicht ist, im geschlechtsreifen Thier die Zahl der Gonaden festzustellen (p. 654fg.), und diese Schwierigkeit betrifft in be- sonderem Masse die Hoden (p. 676 fg.). Kennte man überall die Ent- wickelung der Geschlechtsdrüsen, so würde in den meisten Fällen Klar- heit zu erlangen sein, denn es müsste sich dann zeigen, ob die Gonaden im ausgebildeten Thier sämmtlich aus besonderen Embryonalanlagen her- vorgehen, oder ob, wie ich oben für manche Hoden mit Recht ange- nommen habe, eine nachträgliche Auflösung einer ursprünglich einheit- lichen Anlage in mehrere Partien stattgefunden hat. Dass mehrere ur- sprünglich gesonderte, bereits vielzellige Anlagen von Primärbläschen zur 936 Ascidicn, Bildung eines Zwitterorgans zusamnientrcten, scheint nicht vorzu- konunen, iibgesehon von manchen Botryllidcn, bei denen die Geschlechts- organe in sehr eigenartiger Weise entstehen sollen. Untersucht man zur Zeit der vollsten Geschlechtsreife einen Grösseren Botryllidenstock, so findet man schon in sehr jungen Knospen jedcrseits in der primären Leibeshöhle, zwischen der äusseren Peribranchialwand und dem Hautepithel, eine verhältnissmässig umfangreiche mesodermale Zellgruppe als die Anlage des gesammten Geschlechtsapparates. Jede Gruppe setzt sich aus zwei mehr oder minder scharf gesonderten Partien zusammen. In der einen Partie erkennt man unschwer eine geringe An- zahl ziemlich grosser Eizellen, die bereits ein FoUikelepithel besitzen, und zwischen und neben diesen eine wechselnde Zahl kleinerer Eizellen, die einen continuirlichen Uebergang zu gewöhnlichen freien Mesoderm- zellen aufweisen. Die andere Partie stellt einen Haufen sehr kleiner, dicht gedrängter Zellen dar, deren Grenzen häufig nicht scharf zu er- kennen sind, deren Kerne aber alle annähernd gleich gross nnd gleich- artig erscheinen; sie bildet die Hodenanlage. Ueber die Herkunft aller dieser Zellen habe ich eingehendere Untersuchungen nicht angestellt und verweise daher hier auf die Ansführungen Pizon's (1892). Jedenfalls ist dieser Forscher gegenüber De IIa Valle darin im Recht, dass die Geschlechtsanlage nicht aus der äusseren Peribranchialwand hervorgeht, und damit ist der Auffassung, dass die Peribranchialhöhlen einer entero- cölen Leibeshöhle und die Peribranchialwände den Peritonealblättern ent- sprechen, eine wichtige Stütze genommen. Zutreffend ist auch, dass jede Knospe vom Mutterthier her eine Anzahl freier Mesodermzellen über- nimmt, und unter diesen sind bereits einige grössere Eizellen deutlich erkennbar. Diese allein kommen in der Tochterknospe zur Reife und Entwickelung und werden zu den oben erwähnten grössten Eizellen der hermaphroditischen Geschlechtsanlage. Das Schicksal der übrigen in die Knospe eingewanderten Mesodermzellen konnte nicht sicher ermittelt werden; sie werden vielleicht w^eiterhin zu FoUikelzellen oder auch zu den kleinen Eizellen, die in der Ovarialanlage vorhanden sind. Die grössere Zahl der Zellen in der hermaphroditischen Anlage soll aber einen ganz andern Ursprung haben, und zwar einen ektodermalen. In der Medianebene dorsal bildet sich nach Pizon in der Knospenanlage eine Ektodermverdickung, die er ,, plaque mesodermique" nennt. Diese soll das vornehmste Organ der Knospe sein, aus dem die Mesodermzellen sich ablösen; aber nicht nur solche Zellen, die weiterhin Blut, Bindegewebe und Musculatur bilden, trennen sich ab, sondern auch solche, die am Aufbau des Zwitterorgans sich betheiligen. Aus diesen ausgewanderten Zellen soll sich ganz und gar die Hodenanlage zusammensetzen, und überdies bildet sich ein Theil von ihnen zu FoUikelzellen und auch zu kleinen Eizellen um. Doch erreichen diese letzteren niemals in der Knospe, in der sie aus der „Mesodermplatte" ausgetreten sind, ihre Reife, sondern erst in einer folgenden Knospengeneration. Vcrschicdeiiheitcii der |)riiiuirt'ii Gesdileclitsbläschen. 937 Wäre diese Darstellung zutreffend, so setzte sich die Zwitteraulage in jeder Knospe aus zwei ganz verschiedenen Theilen zusammen. Erstens aus einem vom Mutterthier stammenden Ovarium, und zweitens aus einer von der Knospe selbst producirteu Zellgruppe, die einmal den Hoden der Knospe und sodann auch Eizellen bildet, die aber erst in der folgenden Knospengeneration reifen. Gegen die Eichtigkeit der Beschreibung P i z 0 n 's spricht aber, dass weder H j o r t (1893, 1896), noch auch ich selbst die Geschlechtszellen und Bindegewebe producirende „Mesodermplatte" gesehen haben. Daher halte ich es für wahrscheinlicher, dass der ganze Zwitterapparat in den Knospen, wie schon frühere Autoren erkannt haben, aus den Mesenchymzellen entsteht, die vom Mutterthier aus in die Tochterknospe eingewandert sind, und die häufig schon vor ihrem Ueber- tritt in das Tochterthier in der Leibeshöhle der Mutter zum Theil als Eizellen kenntlich waren. Nicht immer erscheint das primäre Geschlechtsbläschen langgestielt, wie es bei Peropliora oder Clavdina der Fall ist, sondern häufig tritt der Stiel nur kaum merklich oder auch gar nicht hervor, so dass die Anlage birn- oder selbst eiförmig wird. Auf diesen Unterschied hin hat man zwei Typen der Entwickelung der Geschlechtsorgaue unterschieden; jedoch besteht ein scharfer Gegensatz nicht, sondern die langgestielten Bläschen der Socialen und die eiförmigen Bläschen vieler Molgida stellen nur die extremen Glieder einer langen, continuirlichen Reihe dar, in der alle Zwischenformen vorkommen. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass bereits die Form des Primärbläschens auf längere oder kürzere Aus- führungsgänge der Zwitterdrüse hinweist. Wo, wie z. B. bei Sti/elopsis, Molgida anqndloides u. s. w. , im ausgebildeten Thier nur ein äusserst kurzer Oviduct vorhanden ist, fehlt auch in der primären Geschlechts- blase ein besonderer Stielabschnitt, und umgekehrt treten die enorm ver- längerten Canäle bei PeropJiora, PhaUusia, Ascidiella u. s. w, schon ausser- ordentlich frühzeitig in Erscheinung. Form, Lage und Bau des primären Geschlechtsbläschens können sich während der ersten Entwickelungszeit ausserordentlich rasch beträchtlich verändern, und überdies finden sich nicht unbedeutende individuelle Verschiedenheiten, die, wie mir schien, zum Theil wenigstens, mit der grösseren oder geringeren Menge Mesodermzellen zusammenhängen, die für die Bildung der Geschlechtsanlage disponibel ist*). So fand ich einmal bei spärlichem Mesenchym das Primärbläschen ganz nahe dem Hautepithel gelegen, als einen winzigen, dünnwandigen Schlauch, an dem sich einige Bindegewebszellen befestigten (Textfig. 192 J5). Auf einem etwas älteren Stadium ist die Dorsalwand bedeutend dünner als die ven- trale, die verdickt und mehrschichtig sein kann. In dem in Textfig. 192 C *) Ueber die Ursache der wechselnden Mesenchymmenge in den Knospen der Clave- lina, sowie anderer reclit auffallenden individuellen Verschiedenheiten findet man nähere Angaben weiter unten im 1. Abschnitt des folgenden (XV.) Capitels. ()'}g Ascidien. abgebildotoii Fall sind die Zellgrenzen zwar nicht gut sichtbar, aber die Kerne erscheinen fast vollkommen gleichartig, während andere gleich- grosse Primärbläschen bereits einzelne deutliche Keiml)läschen erkennen lassen. In einem etwa 5 mm langen Oozooid sah ich die Bläschenwand fast überall einschichtig und dorsal sehr dünn. Die Gesammtzahl der Zellen war im Verhältniss zur Grösse der Anlage eine geringe. An einzelnen Stellen, und zwar medial sowohl wie seitlich, traten einige be- sonders grosse Zellen hervor, deren Kerne durchaus keimbläschenartig gestaltet waren. Im Hintertheil des Bläschens begann die Abschnürung der Hodenanlage (Texttig. 192 7, K). II. Die Spaltung des primären Geschlechtsbläschens in Ovarium nnd Hoden. Wenn auch die Theilung des Primär- bläschens in Hoden- und Ovarialanlage im Einzelnen nicht überall in genau der gleichen Weise verläuft, so scheint doch in den meisten Fällen die Spaltung hinten, an dem späteren Blindende der Drüsen, zu be- ginnen und allmählich nach vorn zu vorzuschreiten. Bei Äscididla sca- broicles dürfte dagegen der Hoden Aveiter vorn in der Nähe der Ursprungs- stelle des Stiels der Primärblase entspringen, und zwar gewöhnlich als eine sehr dickwandige, zunächst nur ein sehr kleines Lumen um- schliessende Aussackung oder Wucherung. Bei der Untersuchung von Schnittserien findet man daher zumeist hinten Hoden- und Ovarialbläschen bereits ganz getrennt, während vorn noch das einheitliche Primärbläschen durchschnitten ist, dessen Wand gewöhnlich an der Stelle, die erst später sich abspalten und in die Hodenanlage einbezogen werden soll, beträcht- lich verdickt ist. Der vordere Abschnitt der Hodenaulage erscheint häufig während und unmittelbar nach seiner Abtrennung vom Primärbläschen solid, zuweilen selbst dann, wenn der hintere Theil von allem Anfang au als ein einschichtiges Bläschen zur Sonderung gelangt war. Hoden und Ovarium bleiben oft sehr lange Zeit vorn miteinander verbunden; endlich aber löst sich stets der Zusammenhang, und das Vorderende der Hoden- anlage wächst selbstständig zum Vas deferens aus. Die Lagebeziehungen der beiden aus der Spaltung des Primärbläs- chens resultirenden Geschlechtsbläschen zeigen zwar kleinere individuelle Verschiedenheiten (Clavelina), sind aber im Wesentlichen bei einer Art constant. In der überwiegenden Zahl der Fälle, die genauer untersucht wurden, liegt das Ovarialbläschen mehr auswärts, dem Hautepithel näher als die Hodenanlage. Doch bedeckt das Ovarium nicht immer genau die letztere, sondern bald ist die Hoden-, bald die Ovarialanlage ein wenig nach rechts oder links hin gerückt. Auf frühen Stadien entspricht auch die Lage der beiden ausführenden Canäle ziemlich genau der der beiden bläschenförmigen Endtheile (Textfig. 1921) u. E), während später Ver- lagerungen eintreten können. Bei vielen Formen {Clavelina, Ferophora, Molgiila) reicht schon sehr bald nach der Sonderung der beiden Ge- schlechtsbläschen das hintere Hodenende über die Ovarialanlage hinaus. Entwickuliiiig des Hodeubläscliens. f)3i) während häufig bei Beginn der Abspaltung das umgekehrte Verhalten zu beobachten ist. 1. Während und nach der Abschnürung nimmt das Hodenbläschen an Grösse bedeutend zu, indem es sich gewöhnlich schlauchartig in die Länge streckt. Die beiden oben erwähnten Typen der Primärbläschen wiederholen sich im Allgemeinen auch in den Hodenanlagen, denn auch diese sind entweder birnförmig und langgestielt, oder einfach schlauch- förmig, und diesen Unterschieden entsprechend verläuft die weitere Ent- wickelung auch verschieden. Doch gilt auch hier das oben für die Pri- märbläschen Gesagte, dass nämlich die beiden Typen durch eine Keihe üebergangsformen verbunden werden. Ist die Hodenanlage ein langgestieltes Bläsclien, an dem die beiden Abschnitte scharf gesondert sind, so entwickeln sich diese in ganz ver- schiedener Weise. Der Stiel wächst zum Vas deferens aus, öffnet sich vorn in die Cloake, und aus seiner einschichtigen Wandung bilden sich an keiner Stelle Sexualzellen. Das kolbenförmig erweiterte Hinterende dagegen stellt den die Spermatozoon producirenden Hodenabschnitt dar; es faltet und läppt sich bei den verschiedenen Arten in einer sehr wech- selnden Art und Weise, so dass die bekannten Follikel entstehen, in denen die Geschlechtszellen zur Entwickelung gelangen. In diesem ganzen hinteren Bereich der Hodenanlage bleibt nicht mehr die einfache, ein- schichtige epitheliale Wandung bestehen, sondern sehr frühzeitig lassen sich zwei Schichten unterscheiden: eine äussere, immer mehr sich ab- flachende Epithelhülle und eine innere Schicht, deren Dicke und Aus- dehnung sehr variabel ist (Textfig. 192 G). In dieser Innenlage sind häufig zunächst gar keine Zellgrenzen nachweisbar, und man findet nur ziemlich gleichartige Kerne, oft mehrschichtig übereinander gelagert und häufig in lebhafter Theilung begriffen. Diese Schicht bildet weiterhin die Ursamenzellen, Spermatocyten und Spermatiden. Nach Julin soll bereits das primäre Geschlechtsbläschen der Styelopsis eine besondere feine Endothelhülle besitzen, und diese müsste daher auch der Hoden- anlage von allem Anfang an zukommen und könnte nicht erst nach der Spaltung des Primärbläschens im Hoden entstehen. Doch ist ein so frühes Auftreten einer äusseren, endothelartigen Schicht weder von mir, noch — soviel mir wenigstens erinnerlich — von einem anderen Be- obachter bemerkt worden. In den Fällen, in welchen die Hodenanlage einen einfachen Schlauch darstellt, tritt gewöhnlich der eben erwähnte Gegensatz zwischen einem vorderen und hinteren Hodenabschnitt nicht auf (Molgula), und die Weiter- bildung erfolgt an allen Stellen in ziemlich gleicher Weise. Allerdings beginnen die Umbildungen am hinteren Ende und schreiten allmählich nach vorn zu vor. Es entstehen nämlich au dem Schlauch, und zwar später auch an seinem Vorderende, grössere und kleinere lappenförmige Aussackungen, die sich selbst wieder dichotomisch verästeln und trauben- förmige Gestalt annehmen. So bilden sich schliesslich reich verzweigte f)4^(j Ascidien. solide Hodeiifollikel, die alle au längeren oder kürzeren Stielen sitzen und in den ältesten, ursprünglichen Schlauchabsclmitt der Hodenanlage einmünden. Dieser stellt also den gemeinsamen Sammelcanal, gleichsam ein Vas deferens, dar, ist aber zunächst bis zu einem hochentwickelten Stadium allseitig blind geschlossen. Schliesslich aber erhält er Be- wimperung und bricht bei MolguJa amptilloides an zwei oder drei Stellen in den Peribranchialraum durch (Selys und Damas). Aus dieser Ent- wickelungsweise des Hodens lässt sich schliessen, dass die gesammte Hodenmasse der Molgula, die auf jeder Seite das Ovarium begleitet, aus je einer einheitlichen Anlage entsteht und daher auch als ein Hoden zu zählen ist, obwohl mehrere gesonderte Ausführungsgänge vorhanden sind (vgl. p. 677). Wir haben es daher zweifellos mit einer erst nachträglich erfolgenden Auflösung eines einheitlichen ursprünglichen Hodens in mehrere Abschnitte zu thun. Während bei M. anipuUoides die Trennung in mehrere Abschnitte sich nur einleitet und noch ganz unvollkommen bleibt, schreitet sie, wie es scheint, bei andern Molguliden und bei Sti/- ehpsis viel weiter fort, so dass im ausgebildeten Tliier eine grössere Zahl fast gänzlich gesonderter Hodentheile zu zählen ist, die alle ihre be- sonderen Vasa deferentia besitzen. Wenn ich oben (p. 938) beschrieben habe, dass Hoden und Ovarium aus einem einheitlichen Primärbläschen durch Theilung entstehen, so scheint es doch auch davon vereinzelte Ausnahmen zu geben, wenigstens in Bezug auf die Bildung der Hodenfollikel. Ich habe nämlich zuweilen in ClaveUna-KnoiiY)Qn neben dem Primärbläschen eine zweite, winzige, allseitig abgeschlossene Blase angetrott'en, die sich ebenfalls ganz selbst- ständig aus Mesenchymzellen gebildet haben muss und weiterhin, wie ich annehme, mit der Hodenanlage verbindet. Es schien mir, dass solche accessorisch auftretende Hodenbläschen nur dann entstehen, wenn die Mesenchymzellen zwischen der Darmschleife besonders zahlreich sich an- gesammelt haben. Im Gegensatz zu der oben (p. 935) ausgesprochenen Behauptung würde sich in diesen Fällen ausnahmsweise ein Zwitterorgan aus mehreren, ursprünglich getrennten Anlagen zusammensetzen. Die Entstehung des Hodens und Ovariums aus einer Primärblase, in deren Wand zuweilen schon keimbläschenhaltige Zellen unterschieden werden können, erklärt eine Erscheinung, die wohl schon öfters beobachtet worden und mir nicht unbekannt gewesen ist, die aber erst Kedikor- zew (1902) genauer im Fragarium elegans beschrieben hat. Hier liegen zuweilen in den sonst wohlentwickelten Hodenfollikeln unreife Eizellen mitten zwischen den ürsamenzellen und Spermatocyten, Um parasitäre Eizellen kann es sich hierbei kaum handeln, da die fras-lichen Elemente durchaus den jungen Ovocyten im benachbarten Ovarium gleichen. Die p]rscheinung erklärt sich so, dass bei der Abspaltung des Hodenbläschens einzelne für die Ovarialanlage bestimmte Zellen in den männlichen Ge- schlechtsapparat hinüberrückten und in diesem sich vergrösserten. Bei Entwiclcelnns' des Ovarialbläscliens. 941 Pyrosoma habe ich schon früher (1888) verirrte Ovocyten in verschiedenen Organen eingeschlossen angetroffen. 2. Ganz ähnliche Verschiedenheiten wie die Hodenbildung zeigt auch die Entwickelung des Ovariums, denn die Ovarialanlage ist ent- weder ein gestieltes Bläschen oder ein überall annähernd gleich weiter Schlauch, und zwischen beiden Extremen finden sich die gleichen Ueber- oänoe wie dort. Der Uebergang von dem zum Oviduct werdenden Stiel- abschnitt zum erweiterten, die Ovocyten producirenden Bläschentheil ist ein ganz allmählicher (Textfig. 1927), E, F), und die Grenze wechselt l)ei zunehmendem Alter und bei verschiedenen Individuen nicht unerheb- lich. In den schlauchförmigen Ovarialanlagen {Molgula) proliferiren die Sexualzellen nicht nur hinten, sondern auch weit vorn, und nur ein kleines vorderstes Stück, das lange Zeit blind geschlossen ist und erst später als Oviduct in den Peribranchialraum oder in die Cloake sich öffnet, enthält einfache Epithelwandungen, die keine Eizellen produciren. Der das Keim- epithel enthaltende Ovarialabschnitt bleibt bei den grossen Monascidien zumeist nicht ganz einfach bläschenförmig, sondern faltet sich zur Zeit der Geschlechtsreife in verschiedener Weise ein und aus, um eine mög- lichst grosse Zahl Eier entstehen lassen zu können. In jüngeren Stadien scheint aber stets das Ovarialbläschen ziemlich glattwandig und sehr häufig taschenförmig comprimirt zu sein, so dass die Ovarialhöhle im Quer- schnitt ungefähr schlitzförmig erscheint. Während der rasch zunehmen- den Grösse verändert sich die Gestalt des Ovarialbläschens mehr oder minder erheblich und in einer für die verschiedenen Arten und Gattungen charakteristischen Art und Weise. Auf diese Gestaltveränderungen kann hier im Einzelnen nicht eingegangen werden, zumal es sich im Ganzen nur um unwesentliche Unterschiede handelt. Nur darauf möchte ich hin- weisen, dass das Hinterende des Ovarialsackes manchmal in zwei Zipfel ausläuft (Textfig. 192 Tf). Diese beobachtet man zuweilen, aber nicht immer, auch noch im entwickelten Organ (z. B. bei manchen Individuen der Clavelina); manchmal können sie im Verlaufe der Entwickelung auf- treten, dann wieder verschwinden und durch einen zungenförmigen Fort- satz vertreten werden. In älteren Ovarien, die eine ausgeprägte Lappen- bildung aufweisen, kann dann wieder der hinterste Abschnitt in zwei oder drei Ausbuchtungen endigen. Untersucht man eine Ovarialanlage auf einem etwas vorgeschrittenen Stadium der Ausbildung, so zeigt es sich, dass die Ovocyten nicht gleich- massig im ganzen Umfang des Bläschens auftreten, sondern nur an be- stimmten Stellen sich bilden. Sowie schon das Primärbläschen an der äusseren, dem Ektoderm benachbarten Seite in der Regel nur eine flachere Wandung besass, scheint auch stets, oder wenigstens zumeist, das Ovarial- bläschen an der betreffenden Stelle ein flaches Epithel zu führen, das zwar späterhin Wimpern entwickelt, aber keine Eizellen producirt (Text- figur 192^, F; Fig. 1—4, Taf. XXVII). An der entgegengesetzten, der Hodenanlage nahe liegenden Wand erscheint aber das Epithel gewöimlich ()^2 Ascidien. sehr frühzeitig verdickt, und hier treten dann auch sehr bald deutliche Ovocytenzelleu auf. Der Uebergang des eigentlichen hinteren Keim- epithels in das einfache Epithel des Oviducts ist ein ganz allmählicher, und es scheint, dass während der Geschlechtsreife die Keimzone sich nach und nach immer weiter nach vorn zu verschiebt. III. Die paarigen Keim streifen im Ovarium. Ich habe schon an früheren Stellen dieses Buches (p. 633, 650 und besonders 705) die Frage erörtert, ob in den Ovarien der Ascidien paarige Keimzonen vorlianden sind, und welche Bedeutung diesen zukommt. Nachdem wir nunmehr die Bildung des Zwitterorgans kennen gelernt haben, sind wir in den Stand gesetzt, die Verhältnisse besser zu überblicken, und bei der liehen Bedeutung, die in neuerer Zeit diese Frage gewonnen hat, wird ein nochmaliges Eingehen auf sie nicht überflüssig erscheinen. Bei der Prüfung der Thatsachen werden wir die Befunde am geschlechtsreifen Thier und die Vorgänge bei der embryonalen Bildung der Zwitterorgane aus- einander zu halten haben. 1. Wenn im geschlechtsreifen Ovarium in der That auch, wie mehrfacli behauptet worden ist, zwei gesonderte, rechts und links symmetrisch gelagerte Keimzonen vorkämen, so könnte dieses Verhalten doch ohne Weiteres nicht massgebend sein, auf zwei ursprünglich ge- trennte Ovarien zu schliessen, wenigstens nicht, solange noch unbekannt ist, ob die beiden angeblichen Keimzonen wirklich von Anfang an selbst- ständig und unabhängig voneinander im jungen Ovarium auftreten, oder ob es sich nicht um eine nachträgliche, Avirkliche oder vielleicht auch nur scheinbare Theilung eines ursprünglich einheitlichen Keimstreifens handelt. In dieser Beziehung kann also erst die Untersuchung der Ent- wickelung des Ovariums vollen Aufschluss bringen. Aber in mehreren Fällen ergiebt doch auch schon die genauere Beobachtung des geschlechts- reifen Organs, dass in Wirklichkeit getrennte, paarige Keimzonen gar nicht vorhanden sind, obwohl das von den Autoren behauptet wurde. Ich war früher geneigt, diesen älteren Angaben ohne Weiteres Glauben zu schenken, habe mich aber doch jetzt in mehreren Fällen davon über- zeugt, dass sie lediglich auf eine irrthümliche Deutung, zum Tlieil auch auf ungenaue Beobachtung zurückzuführen sind. Das gilt in erster Linie für die Darstellung, die Van Beneden und Julin (1886) vom Bau des geschlechtsreifen Ovariums der Clavelina Rissoana gegeben haben. Aus dem Querschnitt durch das Organ, den die belgischen Autoren in Fig. 14, Taf. XV ihrer Arbeit, allerdings in verkehrter Orientirung, abgebildet haben (vgl. dagegen Textfig. 135, p. 632), schliessen sie auf das Vorhandensein von zwei besonderen, seit- lichen Keimstreifen, die durch ein flaches Epithel allseitig voneinander getrennt sind. In Wirklichkeit ist aber auch die innere ventrale Ovarial- wand ein typisches Keimepithel, das in der Entwickelung den Seiten- theilen vorauseilte. Während daher auf späteren Stadien nur seitlich neue Ovocyten sich bilden, sind in der Medianzone ventral bereits grosse, zum Auftreten von Keiinzoiien im reifen Ovarium. 943 Tlieil langgestielte Eizellen entstanden, genau so, wie es Van Beneden und Julin gezeichnet haben. Bei Clavelina le^Mcliformis findet man auch noch im geschlechtsreifen Organ an der Yentralwand zwischen älteren Ovocyten einzelne jüngere in Bildung begriffen. Bei Cl. Pässoana soll das nicht der Fall sein, da hier, wie Van Ben e den annimmt, die ganze Ventralwand im Alter sich abflacht, während die in dieser Kegion am frühesten entstandenen Geschlechtszellen an Grösse ausserordentlich zu- nehmen. Einen guten Durchschnitt durch ein geschlechtsreifes Clavelina- Ovarium bildet auchFloderus ab; aber seine Schlussweise und Art der Deutung sind ebenso irrthümlich wie bei Van Beneden. Obwohl Flüderus beobachtet hat, dass an der ventralen Ovarialwand gerade die grössten, bereits langgestielten Ovocyten sitzen, rechnet er doch diese ganze breite Mittelzone nicht zum Keimepithel, sondern fasst als ein solches nur die beiden seitlichen Streifen auf, an denen junge Ge- schlechtszellen sitzen. Daher zählt er im Ovarium nicht nur ein, sondern zwei Keimepithelien und behauptet, dass diese ,, ihrer ganzen Ausdehnung nach getrennt" sind. Die richtig beobachtete Anordnung der Geschlechts- zellen erklärt Fl od er us daraus, dass „die Entwickeliuig innerhalb der beiden Partien der Keimschicht in der Richtung von der dorsalen Seite an gegen die ventrale vor sich geht, denn in der Nähe der ersten Seite findet man immer die jüngsten, am wenigsten differenzirten Entwickelungs- stadien, während man an der ventralen Seite stets die ältesten Eier und die am längsten gestielten Follikel zu suchen hat". Es liegt auf der Hand, dass sich Floderus verkehrt ausgedrückt hat. Denn da sich im Keimepithel zuerst die auf späteren Stadien grösseren ventralen Eizellen und dann erst die kleineren dorsalen gebildet haben müssen, beginnt die Differenzirung des indifferenten Keimepithels zu Ovocyten ventral und ergreift erst später die seitlichen und etwas mehr dorsal gelegenen Partien der Ovarialwand. Die Untersuchung junger, in Bildung begriffener Eier- stöcke bestätigt das. Genau das gleiche Verhalten wie bei Clavelina findet sich bei Stp- dopsis grosmJaria und Fragaroides aurantiacuru. Dass bei Fragaroides nur ein Keimstreifen vorhanden ist, habe ich bereits oben (p. 705) angeführt, obwohl Floderus und Maurice gerade das Ovarium dieser Ascidie als ein typisches Beispiel für paarige Keimstreifen bezeichnen. Prüft man aber die Abbildungen der Schnittserie, so findet man in ihnen, so klar als man es überhaupt nur wünschen kann, den Beweis für die Gegenwart eines einzigen zusammenhängenden Keimepithels, das die ganze Ventralwand des Ovariums einnimmt. Eine solche Verkennung des thatsächlichen Verhaltens beweist, dass Maurice völlig imter dem Einfluss seines Lehrers Van Beneden stand. Ueberzeugt von der Piichtigkeit der Van Beneden'schen Auffassung, glaubte Maurice an die allgemeine Verbreitung paariger Keimstreifen im Ovarium, und so wird er ausser Stande, die doch sehr einfachen Verhältnisse im Eierstock des Fragarium riclitig zu beurtheilen: statt einer grossen, nach den 1)44 Ascidien. beiden vSeiten hin sich ausdehnenden Keiinzone sieht er wie seine Vor- o-ängor zwei ganz getrennte Keimstreifen, von denen jeder einem be- sonderen Ovarium entsprechen soll. Das Gleiche gilt für Stydopsis (Textfig. 141, p. 658), bei der, wie ich mich nunmehr überzeugt habe, ebenfalls die ganze Innenwand des Ovariums als eine Keimzone func- tionirt. Wenn das in alten, geschlechtsreifen Thieren auf den ersten Blick niclit immer ganz klar hervortritt, so hat das darin seinen Grund, dass die sehr grossen Eier mit verhältnissmässig feinen Stielen der nach innen zu gekehrten Ovarialwand aufsitzen, und dass diese letztere zwischen den Ursprungsstellen der Follikelstiele sich sehr bedeutend abflachen kann. Fig. 193. A = Zwitterapparat einer jungen Ascidiella scabroides. Nur das Anfangsstück der Aus- fiihrungsgänge ist gezeichnet. B = Junger Zwitterapparat einer Feropliora Listeri. (Nach Van Beneden und Julin.) h =^ Hoden und HodenfoUikel ; he = Aeusseres Hodenfollikelepithel; od = Ovichict; ov = Ovarium ; vd = Vas deferens. Bei einer Reihe anderer Ascidien haben schon frühere Autoren ver- geblich nach zwei getrennten Keimstreifen im ausgebildeten Ovarium gesucht. Nicht vorhanden sind sie bei Äscidia menüila, Ascidiella venosa, Corclla parollelogramma nach Floderus, bei Distaplia occidentalis nach B an er oft, obwohl alle diese Ascidien nur ein einziges unpaares Ovarium besitzen, in welchem stets zwei Keimzonen vorkommen sollen. Wo zwei oder mehrere vollständig getrennte Ovarien in der ge- schlechtsreifen Ascidie auftreten, sollen, den älteren Angaben zufolge, die Keimstreifen sieh verschieden verlialten. Bei Sfi/rla rustira (Lin.) Traust. Entstellung der Keimzonen im jugendlichen Ovarium. 945 beschreibt Ploderus in jedem der beiden Ovarien, von denen eines rechts, das andere links liegt, zwei getrennte Keimzonen, und ähnlich sollen alle vier Ovarien der Styela Montereyensis, die paarweise links und rechts angeordnet sind, gebaut sein (Bauer oft). Dass dagegen die beiden Ovarien der Molcjida occulta (Textfig. 139, p. 645) keine besonderen paarigen Keim Zonen besitzen, sondern allenthalben Eier produciren, ist oben bereits bemerkt und auch von Selys-Longchamps und Damas für M. am- puUoidcs nachgewiesen worden. Ebensowenig fand Floderus ein zwei- getheiltes Keimepithel in den zahlreichen Polycarpen der Polycarpa pomaria. Aus dem hier gegebenen Ueberblick über die in der Litteratur vor- liegenden älteren Angaben geht zur Genüge hervor, dass paarige Keim- streifen nicht nur in den Ovarien angenommen wurden, die sich in jedem Thier in der Einzahl finden, sei es in symmetrisch medianer Lage, sei es asymmetrisch nach links oder rechts verschoben, sondern auch in den Eierstöcken, die in mehrfacher Zahl und symmetrischer Yertheilung vor- kommen. Selys-Longchamps und Damas (1900) sind daher nicht im Recht, wenn sie glauben, dass alle Ovarien, die nur in der Einzahl auftreten, paarige Keimzonen entwickeln. Aus der Hypothese Van Beneden's und Julin's würde sicli das allerdings ergeben müssen (siehe weiter unten, p. 948). 2. Von viel grösserer Bedeutung aber als der Bau des geschlechts- reifen Ovariums sind die frühesten Entwick eluno-s voro-äns-e, die sich in der Ovarialblase abspielen, wenn es gilt, die Frage zu beant- worten, ob im Ascidieneierstock zwei getrennte Keimepithelien bestehen und daher zwei ursprünglich verschiedene Ovarien sich vereinigt haben. Dass der Eierstock im jungen und im geschlechtsreifen Thier ein ganz verschiedenes Aussehen zeigen kann, hat schon Bancroft bemerkt. Bei ganz jungen Bistaplia occidentalis fand er stets nur einen einzigen breiten Keimstreifen im Ovarium, während zur Zeit der Geschlechtsreife aus- nahmsweise in manchen Fällen zwei getrennte Zonen vorgetäuscht wurden, wie ich glaube dadurch, dass einzelne grosse Eier von der mittleren Ventralwand sich abgelöst hatten. Auch bei Styela Montereyensis zeigen sich die beiden Keimzonen, die oben erwähnt wurden, nur im Alter; in jungen Ovarien besteht nur ein einziger breiter, die ganze Ventralwand einnehmender Keimstreifen. Nur in den Fällen, in welchen zwei getrennte Keimstreifen bereits im jugendlichen Eierstocksbläschen angelegt werden, könnte der paarigen Bildung eine grössere Bedeutung beigemessen werden, nicht aber auch dann, wenn sie im Alter nur scheinbar auftreten, da- durch, dass an gewissen Stellen die bereits gebildeten Eier abgestossen wurden. Um diese Frage womöglich zur endgültigen Entscheidung zu bringen, habe ich neuerdings die Entwickekmg des Zwitterapparates noch einmal untersucht. Eine genauere Durchsicht der Litteratur gestattete, eine ganze Reihe beschriebener Fälle sofort auszuscheiden, da die Autoren Uro IUI, Klassen des Tliier-Reichs. II[. Spplt. ßO 946 Ascidien. genau den gleichen Fehler in der Deutung der thatsächlichen Befunde begangen hatten, den ich oben (p. 942) bei der Darstellung des geschlechts- reifen Ovariums richtiggestellt habe: auch im jugendlichen Eierstock beobachteten und zeichneten sie nur ein Keimepithel, beschreiben aber zwei. Das gilt z. B. für Fragarium, Styelopsis und ganz besonders für Clavelina. Dass bei dieser Ascidie zuweilen sehr früh, bereits in dem Primärbläschen, einzelne grosse weibliche Geschlechtszellen auftreten können, ist oben erwähnt worden (Textfig. 192 -7, p. 932). Wenn auch hin und wieder diese Zellen seitlich entstehen, so fehlen sie aber doch auch nicht median an der Ventralwand gänzlich, und jedenfalls kann auf diesem frühen Stadium von zwei besonderen Keimstreifen keine Kede sein. Erst nach der Sonderung in Hoden- und Ovarialbläschen differenziren sich in diesem die Geschlechtszellen, und zwar in einem einheitlichen Streifen an der Ventralwand. Wenn auch nicht in ganz scliarfer Grössen- reihe angeordnet, so findet man doch die ältesten und grössten Sexual- zellen der Medianebene nahe gelegen; nach rechts und links hin folgen die jüngeren Zellen. Es erklärt sich das daraus, dass die Mittelzone des Eierstockbläschens die älteste Kegion ist, in der die Difterenzirung be- gann, während gleichzeitig das Organ an der Peripherie besonders stark wuchs. Daher liegen an den Kändern kleinere, in lebhafter Vermehrung begriffene Zellen, aber es ist natürlich durchaus unstatthaft, nur diese Seitenzonen und nicht auch die ganze mittlere als Keimstreifen zu be- zeichnen. Vielmehr giebt es nur ein einziges Keimepithel in jedem Eierstock (vgl. Textfig. 192jP). Das haben auch Bauer oft, Selys und Damas bei den von ihnen untersuchten Ascidien ganz richtig erkannt und gedeutet, und es besteht für mich kein Zweifel, dass sie auch im Ovarium der Clavelina nicht länger mehr zwei Keimstreifen zählen würden, wenn sie Jugendformen untersucht hätten. Dass auch bei Ascidiella scahroides von zwei besonderen Keimstreifen keine Kede sein kann, beweisen die Abbildungen, die Van Beneden und Julin gegeben haben. Eine davon habe ich als Textfig. 193 J, her- setzen lassen. Das Ovarium ist reich gelappt, und zmveilen sieht man in jedem Lappen entweder zwei, auf diesem jugendlichen Stadium noch getrennte, verdickte Zonen oder nur eine breite Keimzone, die den ganzen Lappengrund erfüllt. Genau so verhält sich auch das junge Ovarium der Chelyosoma productuni, nur dass bei diesem die Lappen und Verzweigungen später reicher und in ihren Stellungen variabler sind (Bau er oft). Ebenso- wenig bestehen bei Perophora Listeri zwei gesonderte Keimzonen. Zum Beweise lege ich hier die Copie einer Zeichnung Van Beneden 's vor, in der das ganze Blindende des Ovarialbläschens in lebhafter Zellver- mehrung zu sehen ist (Textfig. 193 i?). Die Abbildung stimmt vollständig mit meinen Befunden überein (vgl. Fig. 3, Taf. XXVI); doch sah ich das Keimepithel nicht immer ganz regelmässig an dieser Stelle, sondern zu- weilen auch mehr oder weniger da- oder dorthin verschoben auftreten. Wenn Van Beneden auf etwas älteren Stadien regelmässig die Ovocyten Paarige und unpaare Keimzonen im Ovarium. 947 in zwei Längsstreif eii angeordnet fand, so kann ich das nicht bestätigen und möchte auch besonders hervorheben, dass die in jüngeren Ovarien beobachteten Verhältnisse dem widersprechen. Zwei deutlich und scharf voneinander getrennte Keimzonen beschreibt und zeichnet aber Floderus im jungen Eierstock der Ciona intestinalis. Mir fehlt es an Material, um eine Nachuntersuchung vorzunehmen, und ich will auch gar nicht bestreiten, dass die Abbildung richtig wieder- gegeben ist. Wünschenswerth schiene es mir aber, zu wissen, ob alle Querschnitte der Serie die gleiche Halbirung des Ovarialbläschens und Trennung der Keimzonen zeigen, oder ob nicht vielleicht in der nächst- benachbarten Eegion die beiden Keimstreifen wieder in einen zusammen- fliessen. Eine derartige Lücke in der breiten und dicken Keimzone habe ich in einigen Fällen auch bei Clavdina beobachtet. Allerdings war der Eierstock entwickelter als hier bei Ciona, und dicht vor und hinter der verdünnten Wandstelle, die nur auf zwei bis drei Schnitten sichtbar wurde, Sassen gerade besonders grosse Eizellen. Bei der Weiterentwickelung dehnt sich das Keimepithel immer mehr aus und kann sich endlich auch auf die Dorsalwand mehr oder minder weit hinüberschlagen. In den mittleren, ältesten Theilen des Keimepithels reifen allmählich unter riesigen Grössenzunahmen und Follikelbildungen die zuerst entstandenen Geschlechtszellen. In vielen, vielleicht weitaus den meisten Fällen scheinen zwischen diesen grossen Elementen später keine neuen Sexualzellen mehr sich zu differenziren, und auch bei Clavelina lepadiformis treten sie hier nur noch spärlich auf. Der Ort unmittelbar neben den in ausserordentlicher Grössenzunahme begriffenen jungen Ovo- cyten wäre in der That auch für neu sich differenzirende Sexualzellen sehr ungeeignet. An den Kändern aber erfolgt immer wieder die Neu- bildung der Ureier und Ovocyten. Uebersieht man, die medianen grossen Eier bei der Deutung der Befunde mit in Rücksicht zu ziehen, oder sind vielleicht die Zellen von der Wand abgelöst, so gelangt man zu der irrigen Vorstellung, es bestünden im Ovarium zwei verschiedene Keim- zonen; es handelt sich aber nur um die in lebhafter Thätigkeit stehenden Randpartien des einheitlichen Keimepithels. Wo der Eierstock sich theilt oder läppt, wiederholt sich in jedem Abschnitt das Bild, das wir im Haupttheil des Organs angetroffen haben (Textfig. 192 fi). 3. Die vorhergehenden Betrachtungen haben uns zu dem Ergebniss geführt, dass fast nirgends im jungen Ascidieneierstock zwei getrennte Keimepithelien auftreten. Wenn vielleicht auch die wenigen Fälle {Ciona), in denen das Vorkommen nur einer Keimzone bisher nicht erwiesen worden ist, später noch einmal in der gleichen Weise wie die andern werden gedeutet werden können, so muss doch andererseits zur Stunde mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass gelegentlich in einem Ovarium zwei Keimstreifen vorhanden sind. Es handelt sich aber dann immer nur um eine Ausnahme und keinesfalls um eine Eigenthümlichkeit, die, wie irrthümlicher Weise behauptet wurde, allen in der Einzahl auftretenden 60* 948 Ascidicn. Ovarien zukommt. Ist es nun statthaft, auf eine solche Besonderheit einer oder der anderen Jugendforra hin so weitgehende Schlussfolgerungen aufzubauen, wie es Van Beneden und Julin thuenV Wie bereits oben (p. 705) bemerkt ist, haben die beiden belgischen Autoren die Behauptung aufgestellt, dass jeder gesonderte Keimstreifen im unpaaren Ascidienovarium einem ursprünglich selbstständigen Eier- stock der Tunicatenstammform entspreche. Im Besonderen werden die Vertebraten zum Vergleich herangezogen, und deren paarige Ovarien zu- sammengenommen werden dem einzigen unpaaren Eierstock vollkommen gleichgesetzt. Jeder Keimstreifen des Ascidienorgans ist homolog einem completen Ovarium der Vertebraten; das die beiden Keimzonen ver- bindende flache Ovarialepithel entspricht dem Peritonealepithel der Wirbel- thiere, die Ovarialhöhle der Ascidien ist ei]ie enterocöle Leibeshöhle. Dass gerade Van Beneden und Julin sich versucht fühlten, noch in der ausgebildeten Ascidie nach einem Enterocöl zu suchen, darf immer- hin als auftauend bezeichnet werden. Glaubten sie doch, bereits auf sehr frühen Embryonalstadien paarige Cölomdivertikel des Archenterons, die allerdings sehr bald wieder verloren gehen sollten, nachgewiesen zu haben (p. 746). Was soll also eine zweite Cölomhöhle bedeuten, die völlig un- abhängig von den ursprünglichen „Cölomdivertikeln" auftritt und über- dies so spät in der postlarvalen Zeit, dass bereits sämmtliche anderen Organe wohl ausgebildet sind, wenn sie erscheint? Das primäre Ge- schlechtsbläschen bildet sich aus Mesenchymzellen, die den übrigen Binde- gewebs- oder auch Blutzellen durchaus gleichen, nur dass diese vereinzelt bleiben und zu keinem Bläschen zusammentreten. Es giebt aber doch auch bestimmte Mesodermzellen, die neben der Primärblase ebenfalls zui- Bildung kleiner und zumeist sehr zahlreicher Bläschen sich zusammen- finden. Diese sehen anfangs der Geschlechtsanlage durchaus ähnlich, werden später aber zu Merenbläschen; sie bleiben verhältnissmässig klein und theilen sich auch nicht, wie es das Primärbläschen thut, in zwei qualitativ verschiedene Abschnitte. Bei Phallusia, Ascidia und Ascidiella entstehen die ersten Merenbläschen ungefähr gleichzeitig mit den Ge- schlechtsorganen, und wenn daher der Hohlraum in dem primären Ge- schlechtsbläschen als Enterocöl aufgefasst wird, ist kein Grund vor- handen, das Nierenlumen anders zu deuten, da in morphologischer und entwickelungsgeschichtlicher Beziehung vollkommene Uebereinstimmung herrscht. Auch noch einen Schritt weiter müsste man gehen und ebenso wie die Geschlechts- und Nierenhöhlen auch die wenigen von einem Endothel umschlossenen Blutbahnen dem Enterocöl zurechnen. Denn die Gefässwandungen entstehen ebenfalls aus bindegewebsartigen Mesen- chymzellen, vielleicht auch aus Blutzellen, die sich testgesetzt und flach ausgebreitet haben. Zu diesen Consequenzen müssten sich meines Er- achtens gerade Van Beneden und Julin verstehen, die besonders prä- disponirte Geschlechtszellen im Mesenchym nicht kennen und nachdrück- licli die Identität der die Primärblase zusammensetzenden Elemente mit Morphologische Bedeutung der Ovarialhühle und der Keimstreifen. 949 dem übrigen Mesenchym betonen (vgl. j). 934). Anders könnte man sich freilich zu dieser Frage stellen, wenn die das primäre Geschlechtsbläschen aufbauenden Mesenchymzellen ganz besonderer Art wären und in einer bestimmten, isolirt laufenden Generationsreihe von einer Urmesodermzelle auf jeder Seite sich ableiten Hessen. Diese beiden Stammzellen müssten den beiden Van Beneden'schen Cölomdivertikeln ano-ehören. Ergiebt sich somit, dass die Auffassung, die im Ovarialbläschen der Ascidien ein Peritonealepithel und Enterocöl zu erkennen glaubt, weit davon entfernt ist, bewiesen zu sein oder auch nur als sehr Avahrschein- lich gelten zu dürfen, so schwebt Van Beneden's und Julin's Hypo- these, dass die beiden Vertebratenovarien im Ascidieneierstock durch je ein besonders Keimepithel vertreten werden, vollends in der Luft. Die Revision des Thatsachenmaterials hat uns gelehrt, dass zwei getrennte Keimepithelien in einem weiblichen Geschlechtsbläschen vielleicht nirgends vorhanden sind, jedenfalls aber ein ganz ausnahmsweises Ver- halten bedeuten. Zumeist wurde der symmetrische Bau des Eierstocks falsch beurtheilt, und die seitlichen Ränder eines einheitlichen Keim- epithels Avurden mit besonderen selbstständigen Keimstreifen verwechselt. Es ist aber natürlich durchaus nicht unmöglich, dass die Ovocyten auch wirklich gelegentlich in einem Ovarium zuerst an den beiden Seiten des Geschlechtsbläschens sich differenziren und so zwei Keim streifen dar- stellen. Dann aber liegt es meines Erachtens viel näher, dafür be- sondere Ernährungs- und Wachsthumsbedingungen, die lediglich die be- treffende Species angehen, verantwortlich zu machen, als den Versuch zu unternehmen, diese Erscheinungen als lu-alte Erbstücke, die von verte- bratenähnlichen Vorfahren übernommen worden sind, zu erweisen. Das lässt sich nur dann ausführen, wenn man neue, unbewiesene und uner- weisbare Voraussetzungen macht. Es darf nicht vergessen werden, dass der Bau der noch jugendlichen Eierstöcke im Wesentlichen überall der gleiche ist, und dass ein durch- greifender Unterschied im Verhalten des Keimepithels in den Ovarien, die in der Einzahl oder in der Mehrzahl auftreten, nicht besteht. Die zwei angeblich getrennten Keimstreifen kommen nicht nur da vor, wo nur ein unpaarer Eierstock vorhanden ist, sondern sie wiederholen sich zuweilen in jedem der in der Zwei- oder Mehrzahl entwickelten Ovarien. In solchen Fällen (Styela rustica) müsste sowohl der rechte wie der linke Ovarialschlauch ein Aequivalent beider Vertebratenovarien besitzen, da ja jeder Keimstreifen immer dem Eierstock einer Seite eines Wirbelthieres homolog sein soll. Soll diese Schlussfolgerung, zu der man nothwendiger- weise geführt wird, nicht direct widersinnig und sinnlos erscheinen, so müsste man voraussetzen, dass die paarigen Geschlechtsorgane der As- cidien gar nicht ursprünglich homotype, symmetrisch gelagerte Organe waren, sondern aus einem unpaaren medianen Gebilde dadurch entstanden seien, dass dieses in eine Reihe metamer hintereinander gelegener Stücke zerfallen, und jeder einzelne homodyname Theil später abwechselnd nach ggQ Ascidicn. rechts und links hinübergerückt wäre, so dass eine homotypo Lagerung gewonnen wurde. Gegen die Van Beneden-J ul in 'sehe Auflassung, dass der einzelne Eierstock der Ascidien in Wirklichkeit eigentlich ein verschmolzenes Doppelovarium sei, sprechen aber auch noch andere Erwägungen, auf die hier schliesslich noch hingewiesen sei. Hoden und Eierstock entstehen, wie wir sahen, aus einem gemeinsamen primären Geschlechtsbläschen. Wenn im Eierstock wirklich die beiden ursprünglich ganz getrennten Ovarien der rechten und linken Körperhälfte vereinigt sind, müsste das Gleiche doch auch für den Hoden gelten, und besonders auf den frühen Embryonalstadien, im Primärbläschen schon, müsste sich die alte Dupli- cität der Geschlechtsanlagen verrathen. Davon ist aber keine Eede. Das Primärbläschen bildet sich als ein vollkommen einheitliches Gebilde und zeigt keine Spur der Zusammensetzung aus zwei getrennten Hälften. Im Hoden ist ein doppeltes Keimepithel nicht nachgewiesen worden; nur Julin (1893) deutet an einer Stelle an, dass bei 6'^«/e?opsis in der Hoden- anlage zwei streifenähnliche, verdickte Regionen in der Wandung auf- treten sollen. Ich möchte aber dieser Angabe nicht übermässige Be- deutung beimessen, weil auch im Ovarium dieser Ascidie zwei getrennte Keimepithelien beschrieben wurden, obwohl sie hier gar nicht vor- handen sind. So fallen denn alle Stützen der Van Beneden 'sehen Hypothese in sich zusammen, und es fehlt jeder Grund, die Ovarialhöhle der Ascidien für eine enterocöle Leibeshöhle anzusehen, an deren Wandung zwei ge- trennte Eierstöcke sich noch jetzt anlegen und entwickeln. Fände sich bei allen Ascidien nur ein einziges Zwitterorgan, so läge es vielleicht noch näher, eine andere Auffassung zu vertreten und die überall vor- kommende Zweitheilung des primären Geschlechtsbläschens in Hoden- und Ovarialbläschen auf die beiden ursprünglichen Hälften der enterocölen Leibeshöhle einer vertebratenähnlichen Vorfahrenform zurückzubeziehen und anzunehmen, dass der linke und rechte Cölomtheil sich sexuell diver- girend weiter entwickelten. Das unpaare Ascidienovarium entspräche dann nicht beiden, sondern nur dem Eierstock einer Seite der Verte- braten, der Ascidienhoden dem Vertebratenhoden der anderen Seite. Je- doch auch derartige Speculationen müssen sich bald als verfehlt und hinfällig erweisen, da sie den thatsächlichen Befunden des anatomischen Baues der Ascidien direct widersprechen, und so müssen wir wohl end- gültig die Hoffnung aufgeben, im Zwitterapparat der Ascidien die paarigen Geschlechtsorgane und die enterocöle Leibeshöhle der Wirbelthiere deut- lich erhalten wiederzufinden. 951 8. Die abgekürzte Entwickelung ohne freischwimmende L a r V e n f 0 r m bei einigen M o 1 g u 1 i d e n. Im Jahre 1870 machte Lacaze-Duthiers die überraschende Mit- theilnng, dass die Entwickelung des befruchteten Eies der Molgula tuhii- losa, die er später als Anurella roscovita bezeichnete, in einer von allen anderen Ascidien völlig abweichenden Weise verlaufe; das charakteri- stische freischwimmende, geschwänzte Larvenstadium sollte fehlen und aus dem Follikel ein schwanzloses Thierchen hervorkriechen, das nach einigen amöboiden Bewegungen sich festsetzt. Wenn La caze's Angaben auch nicht direct bezweifelt werden konnten, so verhielt man sich doch ihnen gegenüber ziemlich zurückhaltend (Hancock), und erst die etwas eingehendere Untersuchung Kupffer's (1872), die sich auf Molgula ma- crosiphonica und M. Simplex erstreckte, schien Gewissheit zu schaffen. Lacaze-Duthiers selbst hat dann später (1874) noch eine zweite, mit einigen Tafeln versehene Arbeit über die verkürzte Entwickelung der Molgula folgen lassen, ohne indessen über die Ergebnisse Kupffer's, insoweit sie sich wenigstens auf die Organogenie beziehen, erheblich hinauszukommen. Das Fehlen eines geschwänzten Larvenstadiums zeichnet, wie man von allem Anfang an wusste, nur einige Species der Gattung Molgula aus. P, J. Van Beneden hatte bereits 1846 bei Molgula ampuUoides eine typische geschwänzte Larvenform nachgewiesen, und das Gleiche fand Hancock (1870) bei seiner M. complanata. Dass so bedeutende Unterschiede in der Embryonalentwickelung einer Gattung vorkommen könnten, hielt Lacaze-Duthiers für unwahrscheinlich, und daher ver- einigte er alle Arten mit verkürztem Entwickelungsgang unter dem neuen Gattungsnamen Anurella. Früher schon hatte Giard versucht, die (j2i\X\mg Molgula unter Ver- werthung von gewissen Verschiedenheiten in der Embryonalentwickelung in drei Gruppen aufzulösen. Diejenigen Species, die er als Molgula gelten lässt, entwickeln sich direct, ohne eine freischwimmende, geschwänzte Larvenform. Die Gattung Gijmnocystis bildet Larven, die einen wohlaus- gebildeten, langen Euderschwanz tragen, während die Larven der Litho- nephria nur kurze Ruderorgane besitzen und daher weniger beweglich sind. Heller hat später diese drei Gattungen festgehalten, die unter- scheidenden Merkmale aber, die sich auf ontogenetische Verschieden- heiten beziehen, fallen lassen und durch anatomische Criterien ersetzt. Damit sind die Definitionen der Gattungen ganz andere geworden, und die Abgrenzung im Sinne Giard's verlor ihre Bedeutung. Giard war sich freilich von Anfang an bewusst, dass eine gute, scharf abzugrenzende Gattung auch durch andere Eigenthümlichkeiten ausgezeichnet sein müsse, als eben solche, die lediglich in der ontogenetischen Entwickelung hervortreten, und daher versuchte er den Nachweis, dass seine Molgula- arten durch eine besondere Lebensweise ausgezeichnet seien. Sie sollten 952 Ascidicn. iiii Saude eingoscliarrt leben, und damit hänge es zusammen, dass frei- schwimmende Larven gar nicht mehr auftreten und die ganze Entwickolung Q'eschützt im Mutterthier verläuft. Nur die frei sich erhebenden fest- sitzenden Molguliden sollten geschwänzte Larven erzeugen. Theoretisch würde eine solche Beziehung sehr wohl verständlich erscheinen können, allein die Natur arbeitet nicht nach solchen vorgefassten Principien, und es zeigte sich daher auch bald, dass Giard's Ansicht in Wirklichkeit nicht zutrifft. Lacaze-Duthiers (1877) führt fünf Species seiner Gattung ÄnurcUa an; sie weichen aber in ihrer Lebensweise weit voneinander ab und leben durchaus nicht alle im Sande verscharrt. Es ist schon von mehreren anderen Autoren bezweifelt worden, dass eine solche Auflösung der Gattung Molgida in zwei oder drei völlig ge- trennte Gruppen gerechtfertigt erscheint, weil die Unterschiede im anato- mischen Bau der ausgebildeten Ascidie mit den Verschiedenheiten, die die ontogenetische Entwickelung betreffen, nicht in einer übereinstimmen- den Weise auftreten. Die Systematik hätte sich, so meinte man, in erster Linie, wenn vielleicht auch nicht ausschliesslich, auf anatomische Merkmale zu gründen. 1. Die B e f r u c h t u n g der E i e r der hier z u behandelnden Molguliden erfolgt entweder noch im Peribranchialraum resp. in der Cloake, oder erst im freien Wasser, nachdem die reifen Eizellen durch die Egestionsöffhung ausgestossen worden sind (Lacaze-Duthiers*). Nach Kupffer legt die Molgula umcrosiphonka die Eier nicht immer einzeln ab, sondern auch in zusammenhängenden Klumpen, ,,in denen die Eier durch ein ziemlich festes, structurloses hyalines Bindemittel vereint werden, wie bei dem Laich von Gastropoden, nur consistenter als es bei einer mir bekannten Gastropodenart angetroffen wird. Diese Eier stehen etwa um ihren halben bis ganzen Durchmesser in der Bindemasse voneinander entfernt". Ich glaube, dass Lacaze im ßecht ist, wenn er die Existenz einer beson- deren, die einzelnen Eier verbindenden Kittsubstanz in Zweifel zieht. Meines Erachtens erklärt sich die Erscheinung in einer ähnlichen Weise, wie ich es oben (p. 732 fg.) für Clavelina beschrieben habe: die Klumpen entstehen dadurch, dass die Follikel der Eier unter Betheiligung der Testazellen miteinander verkleben, aber nicht etwa vollständig schwinden. Das über weite Strecken abgeflachte Follikelepithel wurde von Kupffer übersehen ; nicht unbeobachtet aber blieben die verdickten Epithelstränge, die zwischen den einzelnen Eiern hinziehen, und als „ein platter Kuchen von Zellen" am Ei beschrieben werden. Bei Molgula roscovita scheint *) Lacaze-Duthiers erwähnt, dass die in Gefangenschaft gehaltenen Molgula roscovita ziemlich Iciclit zur Eiablage gebracdit werden könnten. Doch beginnen die ge- schlochtsreifcn Thiero in der Eegel erst ein oder zwei Tage, nachdem sie in die Gefässe übergeführt worden sind, manchmal noch sjjätor, die Geschlechtszellen auszuwerfen. Aeltere Angaben über die ersten Entwickelungsvorgängc bei Molijula. 953 eine deraiiige partielle Abflachung des Follikelepitliels nicht einzutreten, und während der ganzen Embryonalentwickelung behalten alle Follikel- zellen ihre ziemlich ansehnliche Grösse. Es besteht also kein wesent- licher Unterschied im Verhalten der EihüUeii bei den verschiedenen Eiern der 3Iolgula-kYiQ\\. Nicht immer erfolgt, wie zuweilen irrthümlich angegeben wird, die directe Entwickelung im freien Wasser, sondern mehrfach entstehen die ungeschwänzten Embryonen oder Larven in den Peribranchialräumen des Elterntliieres , das sie erst auf sehr vorgerückter Ausbildungsstufe ver- lassen. Das erwähnt bereits Lacaze-Duthiers (1877) für seine An- urella solcnota, für A. simplex"') und A. Bleisi, und für die letztgenannte Art hat das neuerdings Damas bestätigt. Meines Erachtens wird man das erste phylogenetische Auftreten der abgekürzten Entwickelung nur bei solchen Ascidien annehmen dürfen, die sich bis zu einem sehr weit vor- geschrittenen Stadium im Innern des Elternthieres ausbilden. Für .,die Gattung Anurella'-'- wird man also geradezu die Larvenausbildung im Peri- branchialraum als das iirsf»rüngliche Verhalten bezeichnen dürfen. Die Furchung verläuft bei Molgida roscovita nach der Darstellung Lacaze-Duthiers' sehr auffallend inäqual, und gleichzeitig unter- scheiden sich die Zellen bedeutend durch ihre Färbung (p. 736 fg.). Die kleinen Blastomeren sind hell und durchsichtig, die grossen ganz un- durchsichtig, trüb grünlichgelb. Das Ergebniss des Furchungsprocesses scheint ein solider kugeliger Zellhaufen zu sein, der als Morula be- zeichnet Avurde. Die Art der Furchung und der Vorgang der Gastrulation sind bisher durchaus ungenügend erforscht worden, und überdies widersprechen sich die Angaben der Autoreu. Denn im Gegensatz zu Lacaze findet Kupffer, dass sicli die Furchung der M. macrosiphonica ,, regelmässig" vollziehe, wenngleich die Kerne der Blastomeren nicht sichtbar seien. Die Gastrulation müsste nach Kupffer in ziemlich ähnlicher Weise vor sich gehen wie bei PhaUusia, nur plattet sich bei dieser die Blastula stärker ab, als es dort der Fall ist. Bei Molgula soll weiterhin die Abtiachung bald wieder sich ausgleichen und der Keim abermals kugelig werden (Textfig. 194 J.). Lacaze-Duthiers spricht zwar auch von einer Invagination. und an den bei nur sehr massig starken Ver- grösserungen hergestellten Abbildungen erkennt man eine Oeffnung, die als Blastoporus zu deuten sein dürfte. Indessen scheint das Gastrula- stadium. der Beschreibung zufolge, mehr durch einen UmAvachsungs- process zu Stande zu kommen, bei dem eine erhebliche Abflachung der *) Da nach Kupffer die Eier der Molgula simplex Hancock ausgeworfen werden und sich ausserhalb des mütterlichen Körpers entwickeln sollen, wird man nicht ohne Vorbehalt beide gleich benannten Ascidienarten identificiren dürfen. Thut man das, so ergiebt sich die Annahme, dass die verschiedenen Individuen nicht an allen Orten sich in der gleichen Weise verhalten. 954 Ascidien. laicelähnlichen Gestalt nicht eintritt. Ganz unbekannt ist auch beiden Autoren die Bildungsart des Mesoderms geblieben. Kupffer erwähnt nur, dass der Keim nach vollzogener Gastrulation dreiblätterig erscheint. Da er aber die entodermalo Anlage des Kiemendarmsackes ,,das dritte Keimblatt" nennt, liesse sich vielleicht schliessen, dass er der Ansicht ist, es bilde sich das Mesoderm früher aus als das Entoderm. In diesem cm cm Ä und B = Zwei Entwickelungsstadien der Molgula ynacrosiphonica. (Nach Kupffer.) C, B, E = Drei junge Änurella, die eben den Follikel gesprengt haben, in amöboiden Be- wegungen kriechend. (Nach Lacaze-Duthiers.) ^'^/,. cm = Aeusserer Cellulosemantel ; ec = Hautepithel; en = Entoderm; f = Follikel; hf = Haftfortsätze; ig = Ingestionsöffnung; ä = Anlage der Intestinalschleifc ; M = Kiemendarm; ms = Mesodermale (?) Zellgruppe; n = Dorsaler Nervenstrang; tz ■= Testazellen. Fall könnte das der Gastrula vorhergehende Stadium kaum eine Blastula sein, sondern müsste vielleicht, so wie es auch Lacaze-Duthiers thut, als eine typische Morula gedeutet werden, deren innere Blastomeren zu Mesodermzellen werden. Das dreiblätterige Stadium, das nach vollendeter Gastrulation ent- standen ist, schildert Kupffer als ein sehr einfach gebautes. Das Ekto- derm setzt sich aus einer durchaus einschichtigen Lage ganz gleichartiger Lacaze's und Kupffer's Darstellung der Mohjula -Eniwickühm^. 955 Zellen 7Aisaramen. Auch das Entoderm bildet ein einschichtiges Epithel grosser, abgestumpft pyramidaler Zellen, die ganz undurchsichtig sind, so dass der centrale Hohlraum, den der Entodermschlauch umschliesst, nur schwer zu sehen ist. Als Mesoderm muss eine compacte Ansammlung- dunkler rundlicher „Körper'' betrachtet werden, die neben dem Entoderm- sack liegt und ungefähr so gross ist wie dieser. Die Mesodermzellen sind etwa doppelt so gross wie die des Ektoderms, aber bedeutend kleiner als die Entodermelemente (Textfig. 194^). Kupffer betrachtet diese Mesodermgruppe als eine den betreffenden Molgula-¥ ormen eigenartige Bildung, als „eine besondere Anlage, von der im Ei der bisher beobach- teten Ascidien kein Analogen beschrieben ist." Der wichtigste Gegensatz zu den entsprechenden Embryonalstadien der anderen Ascidien besteht darin, dass die reiche histologische Diffe- renzirung, die alle drei Blätter sonst zeigen, bei Molgida fehlen soll. Auf diesem Stadium müsste sich die Chordaanlage bereits aus dem Ento- dermverband gelöst haben; aber weder Kupffer noch Lacaze sahen in der Leibeshöhle eine besondere Zellgruppe, die sich mit der Chorda hätte vergleicheu lassen können. Ebenso wird ein Homologen der beiden seit- lichen Muskelbänder vermisst, die die Chorda begleiten und in den Schwanzabschnitt eintreten. Bei der kugelähnlichen Gestalt des Molgula- Keimes fehlt überhaupt jede äussere Andeutung eines besonderen Schwanz- theiles, und so stellte sich das Ergebniss jener älteren Untersuchungen kurz dahin, dass in der Embryonalentwickelung gewisser Molguliden vom Larvenschwanz und allen seinen Organen keine Spur mehr zu er- weisen sei. Ein Zweifel, ob diese durchaus negativen Befunde wirklich zutreffend sind, hätte meines Erachtens schon bei einer raschen Durchsicht der Kupffer 'sehen Abbildungen auftauchen müssen. Der oben erwähnte Haufen kugeliger Mesodermzellen, die Kupffer als „Reservekugeln" bezeichnet, zeigt eine unverkennbare Aehnlichkeit mit der Zellmasse, die bei anderen Ascidien aus den rückgebildeten Geweben des Larven- schwanzes entsteht, und so lag die Annahme nicht fern, dass das jüngste Stadium, das Kupffer beobachtet hatte (vgl. Textfig. 194 J.), in Wirk- lichkeit bereits ein ziemlich altes war, und dass alle früheren Vorgänge, die sich mit der Bildung der geschwänzten Larve vergleichen lassen, überhaupt unbekannt geblieben sind. Kupffer hat zwar selbst derartige Bedenken gehegt, trotzdem aber war er nicht im Stande, die in Wirklichkeit vorhandenen früheren Entwickelungsstadien zu erkennen. Bei der Knospuug der Ascidien fehlen thatsächlich alle diese ersten, in der Embryonalent- wickelung so stark hervortretenden Processe vollständig; bei der directen Entwickelung der Molguliden sind sie aber durchaus nicht so vollkommen geschwunden, wie früher angenommen wurde. i)5G Ascidion. n. Ks ist (las Verdienst von Damas (1902), den Beweis erbracht zu haben, dass die in der Embryonalentwickelung der Anurella auftretenden Stadion durchaus mit den jungen Embryonen übereinstimmen, die eine Schwanzanlage mit noch unausgebildetor Chorda und Musculatur aufweisen. In der folgenden Darstelluno- werde ich mich vorzugsweise an die Be- Schreibung von Damas halten. Den Furchungsprocess hat auch Dam as nicht beobachtet; er nimmt aber an, dass die Segmentation eine totale ist und, wie bei den meisten Ascidien, durchweg bilateral -symmetrisch gebaute Stadien entstehen lässt. Das Kesultat der Furchung ist ein kugelähnlicher, solider Zellhaufen, in dem zwei verschiedene Elemente unterscheidbar sind: eine periphere, über % der Kugeloberfläche ein- nehmende Schicht heller, mit grossen Kernen ausgestatteter Zellen, und die die Höhlung ausfüllenden grossen, dotterähnlichen p]lemente. a. Die Gastrulation erfolgt in einer ganz ähnlichen Weise wie bei Clavelina, gleichzeitig durch Epibolie und Embolie. Während die dotterreichen Zellen eine deutlich einschichtige Anordnung gewinnen und zum inneren, eine kleine Urdarmhöhle umgebenden Entoderm sich ein- stülpen, wächst das Ektoderm auf der dorsalen Seite allmählich über das Entoderm hinweg, so dass der ursprünglich ausserordentlich weite Blasto- porus immer mehr sich verengt. Während ferner im vorderen Gastrulaab- schnitt das Ektoderm zunächst ganz oberflächlich liegen bleibt, stülpt es sich hinter dem Blastoporus und seitlich von diesem bereits in die Tiefe. Noch auf dem Gastrulastadium, wenn der Blastoporus deutlich erkennbar ist, sind die Zellen in jedem der beiden Keimblätter nicht mehr ganz gleichartig, sondern bereits in einer solchen Weise dift'erenzirt oder ab- gegrenzt, dass sie sich als Mutterzellen verschiedener Organe nachweisen lassen. Der grösste Theil der Ektodermz eilen wird bei der Bildung des Hautepithels aufgebraucht; es sind das alle ventral und seitlich gelegenen Elemente, die sehr häufig in Theilung begriffen erscheinen. Auf der Dorsalseite dift'erenziren sich die Ektodermzellen in zwei verschiedenen Weisen. Am Hinterende und an den Seiten des Blastoporus, wo sich, wie oben erwähnt, das Ektoderm in die Tiefe einsenkte, trift't man helle, dotterarme Zellen mit grossen ruhenden Kernen, während in der Median- ebene vor dem Urmund ein schmaler Streifen von vorn nach hinten zu wächst. Diese medianen Zellen halten in ihrem Aussehen ungefähr die Mitte zwischen denen des äusseren und inneren Keimblattes, wie sie ja auch in der That räumlich den üebergang beider Keimblätter ineinander an der vorderen Urmundlippe herstellen (Textfig. 195 J. und i?). Aus diesen beiden Arten Ektodermzellen bildet sich das embryonale Nervensystem. Im Entoderm sind zwar alle Zellen in gleicher Weise mit Dotterelementen erfüllt, aber an der vorderen Blastoporuslippe, median erscheint doch eine Gruppe kleinerer Elemente, die weiterhin die Chordaanlage darstellen. Entstehung des Nervenrohrcs und der Darnianlage bei Molguliden. 957 Die ürdarmhöhle ist nur massig umfaiigTeich und erstreckt sich von hinten dorsal nach vorn ventral. b. Wenn nach vollendeter Gastrulation der Blastoporus zu einer kleinen Oeffnung am dorsalen Hinterende des Keimes geworden ist, haben sich auch die Anlagen der Chorda und des Nervensystems weiter entwickelt, und überdies beginnt das Mesoderm sich zu sondern. Besondere Eigenthümlichkeiten bietet die Entstehung des Neu- ralr obres. Im Gegensatz zu andern Ascidien sahen wir bei AnureUa die später das Nervenrohr bildenden Zellen sehr frühzeitig gesondert, wenn noch der Blastoporus weit offen ist, und es communiciren daher durch diesen letzteren die ürdarmhöhle und das Lumen des späteren Neu- ralrohrs. Die Nervenanlage stellte schon während der Gastrulation einen den Blastoporus umgebenden Zellkranz dar, der hinten und an den Seiten sich tief einsenkte, vorn aber noch ziemlich oberflächlich lag (Textfigur 195^ und B). Die oben erwähnte Verschiedenheit der hinten und seit- lich gelegenen Zellen gegenüber den vorderen medianen bleibt auch später noch bestehen, wenn bei weit vorgeschrittener Verengerung des Blastoporus die ringförmige Nervenanlage sich ventral geschlossen hat und zu einer typischen Nervenrinne geworden ist. Von vorn an bis ziem- lich weit nach hinten finden sich im medianen Einnenboden beträchtlich kleinere Zellen als seitlich (Textfig. 195(7 und D), und dieser Median- streifen soll nach Damas ganz und gar aus jenen medianen Ektoderm- zellen hervorgehen, die die vordere Blastoporuslippe bedeckten {nz in Textfig. 195^1). Auch wenn die Nervenrinne zum Rohr geworden ist, indem die seitlichen Rinnenränder, die sog. Medullarwülste, von vorn nach hinten zu sich aneinanderschliessen und verwachsen, ist dieser kleinzellige Mittelstreifen noch nachweisbar. So gelangt Damas zu dem Schluss, dass das durchaus einheitlich erscheinende Nervenrohr aus drei ursprüng- lich getrennten Theilen sich zusammensetzt: aus zwei seitlichen Nerven- zellstreifen und einem medianen. Die medianen Zellen nennt er „cellules commissurales" und vergleicht sie „der Commissuralpartie der Verte- braten", die die beiden Medullarwulsttheile zur Verbindung bringen soll. Während des Gastrulationsprocesses liegt das Entoderm an allen Stellen dem äusseren Blatt dicht an, so dass nirgends ein bemerkens- werther Lückenraum einer primären Leibeshöhle auftritt. Das entspricht durchaus dem Fehlen der Furchungshöhle auf früheren Stadien. Die ürdarmhöhle, die bei beginnender Invagination des Entoderms entstand, bleibt auf allen folgenden Stadien deutlich nachweisbar und öffnet sich lange Zeit am hinteren Ende durch den Blastoporus in die Neuralrinne und vermittelst dieser nach aussen. Genau so wie bei den meisten anderen Ascidien betheiligt sich auch in J.w2M-eZ?a-Embrvonen die Chorda- anläge an der Begrenzung des Archenterons. Wenn der Blastoporus resp. der Neurointestinalcanal am Hinterende noch als ein feiner Schlitz be- steht, sollen im Vordertheil des Embryos die Chordazellen zum grossen Tlieil direct der ürdarmliöhle aufliegen (Textfig. 195 C), während Aveiter 958 Aacidien, hinton, aber ebenfalls noch vor dem Blastoporus, das Dorsaldach des Archenterons bereits von einer besonderen Lage von Entodermzellen ge- bildet wird (Textfig. 195 D). Ich habe sonst immer gefnnden, dass die Fi«;. I9r). A = Medianer Längsschnitt durch eine Gastrula von Anurella Bleizi. ^^7i- -B = Qi^er- schnitt durch ein gleichalteriges Stadium, -^"/i- ^ = Querschnitt durch den Vorder- abschnitt eines etwas älteren Embryos, '-^^"/i- -^ = Etwas schräg geführter Querschnitt durch ein ähnliches Stadium. Der Schnitt stammt aus der hinteren Körperhälfte, "■'^"/i- E und F = Zwei Querschnitte durch einen älteren Embryo nach Verschluss des Neuro- porus. ^^7i- ^ = Schnitt durch die Neuralblase eines gleichalterigen Embryos. ^^^I^. (Alle Abbildungen nach Damas.) c = Celliüosemantelschicht; ch = Chorda; ec = Ektoderm; en =• Entoderm; hä = Kiemendarm; ms = Mesoderm; nb = Neuralblase ; nr = Die die Medullarwülste resp. Seitenwände der Neuralrinne bildenden Zellen; ns = Nervenzellstrang; nz = Nerven- zellen des Medianstreifens; vt = Verdauungstractus. Bildung einer eigenen dorsalen Darmwandung und das Ausscheiden der Chorda von der Begrenzung des Archenterons vorn beginnt und nach hinten zu fortschreitet. Hat die Darmhöhle nach dem Verschluss des Verhalten dos Urniunds zur Chordaanlago. 959 Blastoporus an allen Stellen ihre eigenen, besonderen Wandungen er- halten, so lassen sich im Entoderni zwei Abschnitte unterscheiden: ein vor der Chorda gelegener, die „vesicule prechordale" und ein hinterer, ventral von der Chorda verlaufender (Textfig. 195 jE', J^). Gewisse La^everänderungen, die die Chor da anläge erfährt, habe ich eben im Zusammenhang mit der Entodermbildung bereits erwähnen müssen. Während vorn die Chordazellen sich schon früh ziemlich scharf von den den Darm bildenden Eutodermzellen abgrenzen (Textfig. 195 J.), vermochte Damas im hinteren Embryonaltheil keine scharfe Trennung zu erkennen. Das ist durchaus nicht verwunderlich, da in histologischer Beziehung ein Unterschied zwischen beiden Zellarten nicht besteht, und alle Elemente in gleicher Weise sich mit Dotterkörperchen erfüllt zeigen. Im Vorderab schnitt des Embryos, vor dem Blastoporus, erscheint die Chordaanlage als eine ein- oder zweischichtige, mediane und unpaare Zellplatte, weiter nach hinten zu läuft sie in zwei durch den Blastoporus getrennte Stränge aus, einen rechts und einen links gelegenen. Die Umbildungen in diesem hinteren, paarigen Chordaabschnitt konnten nicht in allen Einzelheiten in einer völlig befriedigenden Weise verfolgt werden. Im Anschluss an Van Beneden glaubt Damas, dass die hier bei Änurella nur ganz vorübergehend im hinteren Embryonalabschnitt auf- tretenden Erscheinungen auf sehr alte und ursprüngliche Verhältnisse zurückweisen. Bei den Vorfahrenformen der Tunicaten hätte eine paarige Chorda bestanden, die sich aus zwei symmetrisch gelagerten Theilen zu- sammensetzte. Beide Hälften seien durch den Urmund getrennt gewesen, der sich jetzt in der Embryonalentwickelung fast überall sehr früh schliesst. Bei Änurella hätte sich das Homologon dieses alten phylo- genetischen Vorfahrenstadiums in der ontogenetischen Entwickelung gerade deshalb besser und getreuer erhalten, weil diese gegenüber den anderen Ascidien verkürzt ist! Meines Erachtens ist eine derartige Schlussweise vollkommen verfehlt. Eine Vorfahrenform, die dem in Rede stehenden Embryonalstadium auch nur in den gröbsten wesentlichen Zügen des Baues geglichen hat, hat es nie gegeben. Was sollte einem solchen Thier ein paariges Chordaorgan neben der schlitzförmigen Urdarmöifnung bedeuten ? Die ersten Embryonalstadien aller Ascidien zeigen sich von dem gleichen Princip beherrscht, d. h. sie erweisen sich alle in einer be- stimmten übereinstimmenden Weise cänogenetisch verändert, und zwar in der Art, dass die histologischen Veränderungen und die Organe, die bei den Vorfahrenformen erst bei einer viel späteren, complicirter gebauten End- form auftraten, jetzt in der Ontogenie bereits auf einem viel früheren Stadium in Erscheinung treten. Dass eine Vorfahrenform der Tunicaten gelebt haben könnte, die in ihrem Schichtenbau den Formweiih einer Gastrula besass, sich aus einer verhältnissmässig geringen Zahl Zellen zusammensetzte, aber trotzdem, wie gegenwärtig alle Embryonen, bereits eine Nervenplatte und ein chordaähnliches Stützorgan führte, erscheint 9(30 Ascidion. mir völlig ausgesclilosson. Erst auf einem späteren zellenreicheren Stadium haben sich diese Organe phylogenetisch zu bilden und zu differenziren be- gonnen, und wenn sie jetzt schon bei beginnender Gastrulation als mehr oder minder deutlich abgegrenzte Theile der beiden primären Keimblätter sicli zeigen, beruht das auf einem ganz ausgeprägt cänogenetischen Vorgang, auf einer Verschiebung ursprünglich späterer Processe in ein früheres Embryonalstadium. Daraus ergiebt sich für mich der Schluss, dass Van Beneden 's und Damas' Anschauung unhaltbar ist, und dass das früh- zeitige paarige Auftreten von Chordazellen zu beiden Seiten des Urmunds nicht gestattet, anzunehmen, dass ursprünglich einmal zwei symmetrisch und paarig gelagerte Chordagebilde vorhanden gewesen wären, zwischen denen die Darmhöhle nach aussen durchbrach. Endlich beginnt auch, nachdem die Gastrula sich gebildet hat, das Mesoderm aufzutreten. Damas fand bei Änurdla die Mesodermbildung genau so, wie ich sie seinerzeit (1884) im Kumpfabschnitt der Clavdina beobachtet hatte. Links und rechts lösen sich, namentlich mehr dorsal zu, einzelne Zellen aus dem Epithelverband des inneren Blattes und stellen, nachdem sie in die primäre Leibeshöhle ausgetreten sind, die Mutterzellen des Mesenchyms dar (Textfig. 195 C, D). Bemerkenswerth scheint mir die Beobachtung, dass diese auswandernden Zellen ursprüng- lich vollkommen im Entodermepithel eingefügt waren und mit ihren inneren, allerdings zugespitzten Enden an der Begrenzung des Archen- terons sich betheiligten. Dasselbe hatte ich für ClaveUna beschrieben, während Davidoff mir gegenüber bestimmt behauptete, dass nur solche Zellen zum Mesoderm werden, die nicht durch die ganze Dicke des Epithels hindurchreichen, sondern die nur im äusseren Theil des Ento- derms stecken und dort auch durch Theilung von anderen Entodermzellen aus entstanden sind (vgl, p. 747), Diese neuesten Beobachtungen von Damas zeigen also eine mir sehr erfreuliche Bestätigung meiner Angaben über den Ursprung des mittleren Blattes, und ich hätte lieber gewünscht, dass der Verfasser auf diese Uebereinstimmung hingewiesen hätte, statt den Versuch zu unter- nehmen, seine Befunde mit den völlig abweichenden und durchaus irr- thümlichen Angaben Van Beneden's und Julin's (vgl. oben, p, 746) in Uebereinstimmung zu setzen. Das von diesen Forschern beschriebene Auftreten paariger Cölomdivertikel hält Damas für den ursprünglichen und palingenetischen Vorgang der Mesodermbildung bei den Ascidien, Bei Anurella sei dieser Process cänogenetisch verändert, weil der Beginn der Bildung des mittleren Blattes in ein früheres Stadium zurückverlegt erscheine, wenn die Entodermzellen noch so gross und dotterreich sind, dass für eine Faltenbildung des Epithels kein Raum vorhanden ist. Da- her würden die Divertikel durch einzelne grosse Zellen vertreten. Die Frage, ob eine derartige cänogenetische Veränderung in der Ontogenie der Ascidien eingetreten ist, hatte ich mir natürlich schon längst selbst vorgelegt, und man weiss, dass ganz ähnliche Auffassungen auch über Aeltere Embryonalstadien der Anurella. 961 die Mesodermbildungeii in anderen Thierstämmen geäussert und mehrfach erörtert wurden. Bei Danias aber erscheint es geradezu als ein Wider- spruch, wenn er bei Anurella einerseits gewisse Eigenthümlichkeiten, die die z. Th. noch im Entodermverband steckende Chordaanlage betreffen, auf sein* alte und ursprüngliche phylogenetische Vorgänge zuriickbezieht, andererseits in der Mesodermbildung keinen palingenetischen Zug mehr findet und doch für beide entgegengesetzten Erscheinungen die gleiche Erklärung darin sucht, dass die Anurella-Yiwt^ickQlxmg stärker abgekürzt ist als die der andern Ascidien. Man wird zwar wohl verstehen können, dass eine weitere Verkürzung der Embryonalentwickelung die bis dahin noch vorhandenen palingenetischen Stadien stärker cänogenetisch um- wandelt, nicht aber ohne Weiteres zugeben dürfen, dass dann wieder ur- sprüngliche palingenetische Vorgänge, die bereits ganz verwischt waren, plötzlich auftreten. Wie man sich indessen zu solchen theore- tischen Erörterungen auch stellen mag, so lehren doch die thatsächlichen Beobachtungen in einer völlig überzeugenden Weise, dass bei Molguliden ebensowenig wie bei den anderen Ascidien Cölomdivertikel auftreten, und dass daher auf keinem Stadium der Entwickelung paarige Enterocölräume vorhanden sind, die mit der Urdarmhöhle in Verbindung stehen. c. Bis zu dem Stadium der vollendeten Gastrula und auch noch kurze Zeit später, wenn sich der Blastoporus bereits ganz geschlossen hat, stimmt der Embryo der Anurella mit den jugendlichen Embryonen aller anderen Ascidien, die eine geschwänzte Larve ausbilden, in hohem Masse überein. Weiterhin aber weichen die Entwickelungswege nach zwei Eichtungen auseinander. Während bei der Ausbildung zur frei- schwimmenden, geschwänzten Larve ein zapfenförmiger Fortsatz hervor- wächst, der in seinem Innern den grössten Theil der Chordaanlage aufnimmt, sowie die seitlichen Muskelbänder und die Fortsätze des Nervenrohres und des Entodermsackes, bleibt der Anurdla-KQim nahezu kugelig und entbehrt eines Schwanzfortsatzes. Daher bleiben die Chordaanlage stets klein, das Nervenrohr kurz, und die Muskelplatten reduciren sich auf wenige Mesodermzellen, die zu den Seiten der Chorda liegen, aber niemals mehr contractile Fibrillen ausscheiden. So sehen diese Organe auf der Höhe ihrer Ausbildung im Embryo der Anurella aus, denn dann treten sie sofort in die Rückbildung ein. Unter Mithilfe von mesodermalen Phagocytenzellen, wie es scheint, erfahren die Chordaanlage und die ,, Schwanzmuskelplatten" eine Auflösung, und es entsteht ein lockerer Haufen rundlicher Zellen, der den Kupffer- schen „Reservekugeln" entsprechen dürfte. Eine weitere Bedeutung für den Aufbau des Larvenkörpers haben jene Zellen nicht, während Kupffer die Vermuthung aussprach, dass aus den Reservekugeln die Blutzellen, Herz mit Pericardium und Nierenbläschen hervorgehen. Während und nach der Rückbildung dieser spärlichen provisorischen Organe und Gewebe läuft die Entwickelung der definitiven Organe weiter, und zwar im Grossen und Ganzen in derselben Weise, wie es dort ge- Bionu, Klassen des Thier-Keicbs. lU. Spplt. (Jl 962 Asoidien. schieilt, wo typische Metamorpliose vorkommt. Tch werde mich daher liier darauf bescliränken können, die J.nHrcWa-Entwickeliing- nur so weit zu verfolgen, als sie gegenüber der oben ausführlich behandelten Meta- morphose Eigenartiges darbietet. Im Ektoderm beginnt die Ausscheidung des äusseren Cellulo seman tels etwa zur Zeit, wenn die Chorda sich rückl)ild(^t, und wenn später der Follikel gesprengt wird, hat der Mantel immer schon eine bedeutende Dicke erreicht. Das fanden wir auch sehr häufis: bei den Larven der Synascidien, aber nur selten, abgesehen von den Molguliden, unter den Monascidien. Sehr auffallend sind Papille n- fortsätze, sog. Zotten oder Villositäten, zu denen sich das Ektodermepithel mit dem äusseren Cellulosemantel erhebt. Diese Ge- bilde entstehen auf frühen Stadien und erreichen gewöhnlich ihre höchste Entwickelung zur Zeit der Sprengung des Follikels; sie sind in der Regel so umfangreich, dass sie dem Embryo ein ganz charakteristisches Aussehen verleihen und die äussere Form häufig wesentlich bestimmen. Es scheint, dass solche mächtige Fortsätze allen oder vielleicht doch den meisten Molgulidenembryonen eigenthümlich sind, auch solchen, die sich weiterhin zu einer geschwänzten Larve ausbilden. Li diesem letzteren Fall aber dürften die Erhebungen zumeist erst etwas später, in den Larven, zu ansehnlicher Grösse heranwachsen. Kupffer und Lacaze- Duthiers beobachteten häufig fünf Fortsätze, zwei seitliche Paare und einen medianen, der zumeist durch bedeutendere Länge auffällt. Kupffer fand sich durch diese regelmässige Stellung der Zotten ,,im höchsten Grade überrascht" und meinte, „eine Larve mit vier Extremitäten" vor sich zu haben. ,,Als nun andere Eier je einen langen Fortsatz auf- wiesen, schien zu den vier Extremitäten der Schwanz gegeben zu sein, und man wird es natürlich finden, dass ich mit einiger Zähigkeit nach Stützen für diese Deutung suchte. Indessen Weiteres ergab sich in diesem Sinne nicht. Es trat nirgends auch nur eine Spur eines Axeugebildes auf, sämmtliche Fortsätze verharrten als hohle Epidermiszotten, der Mehrzahl der Embryonen fehlte der lange Fortsatz und, wo er auftrat, war seine Stellung am Körper keine regelmässige. Ich wies die lockende Ver- suchung ab, nach weiteren Parallelen mit höheren Kreisen auszuschauen." Bei Änurella Blcizi findet sich stets ein Fortsatz vorn median, andere liegen in variabler Zahl seitlich, mehr oder minder symmetrisch ange- ordnet. Wie schon Kupffer erkannt hat, schwinden diese Fortsätze später wieder, und die definitiven Haftapparate sind Neubildungen. Der Bau dieser embryonalen Zotten ist ein sehr einfacher. Sie ent- stehen als hohle Fortsätze des Hautepithels und besitzen daher eine ein- schichtige Epithelwand, die sich aus ziemlich gleichartigen Zellen zu- sammensetzt. Da auf diesem Stadium bereits allenthalben das Ektoderm- epithel den Cellulosemantel ausscheidet und Mesenchymzellen als Mantel- zellen liindurchtreten lässt, sind die Zotten von einer peripheren Mantel- schicht allseitig bedeckt. Diese kann als ein ganz äusserlich und lose Bildung von Haftzotten; Entwickelung des Nervenrohres. OQi der Larve aufsitzender Anhang lange Zeit bestehen, nachdem der ekto- dermale Zottenfortsatz sich rückgebildet und aus der Cellulosescheide zurückgezogen hat. Einen ganz älinlichen Vorgang konnten wir be- obachten, wenn der Ruderschwanz einer freischwimmenden Larve dege- nerirt (p. 839). Das Lumen der Zotten ist mit der hellen Blutflüssigkeit erfüllt und enthält keine Scheidewand, die zwei getrennte Blutbahnen in jeder Zotte schaffen könnte. Die Beobachtung des lebenden Embryos ergab eine erhebliche Be- weglichkeit dieser Zotten; sie sind, wie Kupffer hervorhebt, contractu und expansionsfähig. ,,Man sieht sie langsam sich der Länge und Breite nach dehnen, sich partiell einschnüren und vor oder hinter der Ein- schnüruno- sich aufblähen. Wenn bereits freie Zellen in der Leibeshöhle aufgetreten sind, gelangen diese in den Zottenraum, werden hin und her bewegt, und so wird auch die Flüssigkeit der Leibeshöhle in langsame Fluctuation versetzt," Kupffer glaubt, dass diese Contractionen durch die Ektodermzellen der Leibeswand veranlasst werden, und dass die Epi- dermiszellen sich dabei selbstständig strecken mid contrahiren. Es scheint mir aber unmöglich, dass so complicirte Bewegungen eines Organs ledig- lich durcli die allgemeine Contractilität der plasmatischen Zellkörper ent- stehen könnten, und ich nehme als nothwendig an, dass besondere Muskelzellen vorhanden sein müssen, die aber noch nicht beobachtet wurden. Am wahrscheinlichsten ist es mir, dass feine mesodermale Muskelfaserzellen der Innenseite der Epithelwand dicht anliegen; nicht unmöglich ist es freilich auch, dass die Epithelzellen an ihrer Basis con- tractile Fibrillen ausgeschieden haben. Nach allen diesen Befunden wird man die wichtigste physiologische Bedeutung dieser mächtigen Zottenbildungen darin erblicken dürfen, dass die Organe wie wahre Mantelgefässe functioniren, und es mag sein, dass gerade hier, wie Damas meint, die respiratorische Bedeutung ganz be- sonders in den Vordergrund tritt. Damit würde es jedenfalls überein- stimmen, dass die Fortsätze dann erst zu schwinden beginnen, wenn die Kiemenspalten durchbrechen und eine andere Athmungsweise möglich wird. Uebrigens scheinen die Zotten auch bei den trägen Kriechbe- wegungen, die das Thier nach Sprengung des Follikels ausführt, eine wichtige Rolle zu spielen. Die Weiterbildung des Nervenrohres der Änurella unterscheidet sich in erheblicher Weise von den Vorgängen, die bei der Entwickelung zur Geschwänzten Larve auftreten. Der Vorderabschnitt des Neuralrohres erweitert sich unter fast gleichzeitig eintretender Verdickung namentlich der rechtsseitigen ventralen Wandung zur Ne uralblase (vesicule cere- brale), und diese legt sich mit ihrem vordersten, in die Länge gestreckten Theil der inzwischen entstandenen ektodermalen Mundbucht an. Während sich in der geschwänzten Larve diese embrvonale Neuralblase in die Sinnesblase und in die „Hypophysisanlage" gespalten hat, unterbleibt bei Änurella diese Theilung; es kommt nicht zur Ausbildung einer eigent- 61* Ö 9(34 Ascidien. liehen Sinnesblase, und daher fehlen auch die Sinnesorgane, Auge und Statolith (Textfig. 195 jE^, G). Die geschwänzte Molgiüidenlarve ent- wickelte aber stets das statische Organ. Die Hypopliysis, d. h. Flimmer- grube und Flimniergrubencanal, soll nach Damas mindestens zum grossen Theil, wenn nicht, wie sich aus den Abbildungen zu ergeben scheint, ganz, durch eine zapfenförmige Ausstülpung der ektodermalen Wand der Mundbucht gebildet werden. Das Blindende dieser Ausstülpung verwächst mit der Neuralblase so innig, dass bald die Grenzen zwischen beiden Abschnitten nicht mehr erkennbar sind. Erst nachdem die Flimmergrube gebildet ist, verbindet sich die Mundbucht mit dem Kiemendarm. So wie sich aus den Lagebeziehungen der Organe in der ausgebildeten An- urella ergiebt, entsteht die Neuraldrüse von der Dorsalwand des Flimmer- grubencanals aus, während das Ganglion aus der Ventralwand des Nerven- rohres, dicht hinter dem vorderen Blasenabschnitt seinen Ursprung nimmt. Auf die Neuralblase folgt der Mittelabschnitt des Nerven- röhr es, der allerdings weder nach vorn, noch nach hinten ganz scharf abgegrenzt ist. Dorsal von ihm bildet sich die Cloakeneinstülpung. Das Eumpfgangiion, das sich in dieser entsprechenden Region bei geschwänzten Larven aus der Ventralwand des primären Nervenrohres entwickelt hat, fehlt bei Änurella. Wohl aber ist auch hier die Ventralwand verdickt und mehrschichtig; das excentrisch dorsalwärts verlagerte Röhrenlumen ist sehr fein. Im hintersten Abschnitt, den Damas dem caudalen Nerven- rolir der geschwänzten Larven vergleicht, findet sich nur ein solider Nervenzellstrang. Er liegt dorsal von der freilich nur kurzen Chorda- anlage (Textfig. 195 i^). Vom Ektodermepithel bildet sich, und zwar dorsal vom Mittelab- schnitt des Nervenrohrs, eine unpaare mediane Einstülpung: die Anlage der Cloake und der Peribranchialräume, Die Einfaltung er- scheint anfangs und auch noch auf den ersten folgenden Stadien solid, da beide Faltenblätter dicht aneinander gepresst sind und erst später weiter auseinander weichen. Andere bemerkenswerthe Besonderheiten gegenüber der geschwänzten Larve dürften nicht vorhanden sein. Am vordersten Körperende stülpt sich das Ektodermepithel zur Mundbucht ein, und in die Basis dieser bricht, wie schon oben an- gedeutet wurde, ein Fortsatz der Kiemendarmhöhle durch. Die Verbindung dieser beiden Theile des späteren Ingestionscanais erfolgt insofern in etwas eigenthümlicher Weise, als die kleine Mundbucht zunächst iij^ch längere Zeit hinten blind geschlossen bleibt, während die vorderste Kiemendarmausstülpung bereits eine Perforation erhalten hat, in die die Mundbucht sich einsenkt. Der Durchbruch des Mundbuchtepithels tritt erst beträchtlich später ein, nachdem dieses die Flimmergrubenausstülpung gebildet hat. Das Entod er mblä sehen, das nach Abschnürung der Chorda- anlage aus dem Archenteron hervorging, wird im Wesentlichen zum Darnibildung. Ausschlüpfen der Larve. 965 Kiemeiidarm. Nach Kupffer soll dieses Bläschen durch eine Qnerfurche in zwei an der Dorsalseite verbundene Abschnitte unvollkommen getrennt Averden. Der vordere Theil bildet den Kiemendarm, der hintere die Darmschleife (Textfig. 1945, p. 954). Nach Damas giebt es eine so deutliche Furche nicht, sondern der vordere Entodermabschnitt (vesicule prechordale) geht allmählich in den hinteren subchordalen Theil über. Während der vordere zum Kiemendarm wird, krümmt sich der hintere allmählich zum Verdauungstractus. Bevor das junge Thier sich festsetzen kann, muss der Follikel, inner- halb dessen sich der Keim entwickelt hat, gesprengt werden. Die Sprengung des Follikels und das Herauskriechen der Larve wurde von Lacaze-Duthiers bei Anurella roscovita direct beobachtet. Hier besteht der Follikel aus verhältnissmässig grossen Zellen, und Lacaze nimmt an, dass er sich aus zwei concentrischen Zelllagen zusammensetzt. Meines Erachtens könnte die innere Schicht nur durch die Testazellen gebildet sein. Infolge amöboider Bewegungen gelingt es dem Embryo, an einer kleinen Stelle die Follikelhülle zu durchbrechen und hervorzu- kriecheu. Während dieses Vorgangs streckt sich die Hülle, die Lacaze als „coque" bezeichnet, und verändert in auffallender Weise ihre Gestalt. Sobald aber die Larve sich befreit hat, erlangt die Hülle infolge der ihr eigenthflmlichen Elasticität wiederum die alte Kugelgestalt. Solche leere Follikel bleiben längere Zeit unverändert am Boden der Zuchtgefässe liegen, bis sie allmählich zerfallen. Die befreite Jugendform darf als Larve bezeichnet werden. Sie besitzt bereits einen äusseren Cellulose- mantel und führt, hauptsächlich mit Hilfe der oben beschriebenen Zotten, unter amöboiden Formveränderungen langsame Bewegungen aus, bis sie sich festheftet (vgl. Textfig. 194 C, D, E, p. 954). III. Ueberblicken wir die auf den vorhergehenden Seiten mitgetheilten Befunde über die Entwickelung der Anurella- Avten, so erhalten wir das bemerkenswerthe Ergebniss, dass dieser Entwickelungsmodus zwar viel Eio-enartiues darbietet, sicli aber doch nicht so fundamental von der nor- malen Metamorphose der übrigen Ascidien unterscheidet, wie früher all- o-eraein anu-enommen wurde. Auf den ersten Blick musste allerdings der Gegensatz sehr auffallen, dass in dem einen Fall aus dem Follikel eine langgeschwänzte Larve hervorkommt, die ein axiales Stützorgan, epithe- liale Schwanzmuskelbänder und ein dorsales Nervenrohr besitzt, in dem andern Fall dagegen eine Jugendform geboren wird, die fast keine Andeutung besonderer Larvenorgane mehr zeigt und weder eine Chorda, noch ül)er- haupt einen Schwanzanhang aufweist. Es ist aber wohl etwas übertrieben, wenn Kupffer füv Anurella behauptet: „Der Embryo erlangt noch inner- halb der Eihaut die sämmtlichen Charaktere des geschlechtsreifen Thieres." Der Hauptirrthum der älteren Autoren liegt aber darin, dass sie das \){^(] Ascidien. freilich rasch vorübergohonde Aiiftroton provisorischer Organe und Orgaii- aukigen während der Embryonaleiitwiclvelung der Anurella nicht erlvannt hatten und der Ansiclit waren, der Entwickelungsgang sei ein vollkommen directer, und besondere Organe, ,,die sich später rückbildeten, treten im Inneren überhaupt nicht auf". Niemals sei ein „Rudiment weder der Chorda, noch des Schwanzes sichtbar" (Kupffer). Die Beobachtungen von Damas haben erwiesen, dass auf frühen Embryonalstadien der Anurella die Anlagen für die larvalen Organe, die einer geschwänzten, freischwimmenden Jugendform zukommen müssen, vorhanden sind. Der Gegensatz in den beiden Entwickelungsarten be- schränkt sich demnach darauf, dass bei gewissen Molguliden diese An- lagen sehr frühzeitig wieder eine Rückbildung erfahren, ohne sich zu functionirenden Organen ausgebildet zu haben, und die Folge ist, dass eine freischwimmende Larve dann überhaupt nicht mehr entstehen kann. Wenn der Embryo sich aus dem Follikel befreit, ist die Rückbildung der provisorischen Organanlagen bereits vollendet. Darnach erweist sich die Änurella-'EniwiGlieiimg gegenüber der Ascidienmetamorphose nicht typisch und fundamental verschieden, sondern nur recht erheblich ver- kürzt, und zwar sind es mehrere Organe, deren Entwickelung auf einem kürzeren, directeren Wege erfolgt. Dieses nur rudimentäre Auftreten be- stimmter inneren Organe hat andererseits wieder eine sehr bemerkens- werthe Veränderung der äusseren K ö r p e r f o r m zur Folge. Wenn die Chorda, Sclnvanzmusculatur, caudales Nervensystem und caudaler Entodermstrang nicht zur Ausbildung gelangen, hätte das Auftreten eines besonderen äusseren Schwanzanlianges keinerlei Bedeutung. Daher bleibt auch der ÄnureUa-YjmhYyo allseitig abgerundet, fast kugelähnlich, ohne jemals deutlich birnförmig zu werden und einen Schwanzabschnitt zur Sonderung zu bringen. Es ist selbstverständlich, dass dieser Unterschied der Gestalt allen Beobachtern sofort als ganz besonders auffallend ent- gegengetreten ist. Ganz allmählich geht die kugelähnliche Embryonal- form in die auch äusserlich sofort als bilateral kenntliche Körperform der jungen Ascidie über. Es erweist sich also auch die Entwickelung der äusseren Körperform bei Anurella auffallend verkürzt, denn das in zwei verschiedene Abschnitte scharf gesonderte Stadium wird übersprungen. Eine Vergieichung der Bildung des Nervensy stem§ bei Anurella und den übrigen Ascidien führt zu dem gleichen Ergebniss und lehrt, dass die meisten larvalen Theile des nervösen Apparates dort nicht mehr auftreten. Es unterbleibt bei Anurella nicht nur die Bildung beider Sinnesorgane, des Auges und des statischen Organs, sondern auch die einer besonderen Sinnesblase. Nach meinen oben (p. 792 fg.) mitgetheilten Befunden über die Entwickelung der Flimmergrube und des Flimmer- grubencanals bei Clavelina kann ich den vorderen, erweiterten Abschnitt des primären Nervenrohres, die Neuralblase, nicht ohne Weiteres der Sinnesblase gleichsetzen, sondern diese letztere entspricht nur einem Theil der ersteren, der sich eigenartig differenzirt hat. Eine solche Souderung Vergleichung der bcideii embryonalen Entwickelungstypen. *J(37 in zwei Abschnitte scheint bei Aniirella zu fehlen, wenn Damas' An- gaben über die Entstehung der „Hypophysis" zutreffend sind. Das ner- vöse Centralorgan der geschwänzten Larven ist das sog. Kumpfganglion, das Ganglienzellen und Nervenfasern enthält, aber nur transitorischo Be- deutung hat, da es nach der Festsetzung schwindet. Dem Anurella-Yim- bryo fehlt dieses Organ, und an seiner Stelle findet sich nur eine Ver- dickung der Wand des primären Nervenrohres. Endlich ist auch der hinterste Abschnitt, der caudale Nervenstrang der geschwänzten Larven, beim J.mwc?k- Embryo nur durch einen viel kürzeren Strang vertreten, und es ist mir noch zweifelhaft, ob in diesem hinteren Theil des primären Nervenrohres überhaupt weiterhin Rückbildungen eintreten, die mit der Auflösung des nervösen Caudalstrangs während der Metamorphose zu ver- gleichen sind. Damas erwähnt zwar, dass der grösste Theil des pri- mären Nervenrohrs weiterhin der Auflösung verfalle, ist aber ausser Stande, mit Sicherheit anzugeben, welche Theile persistiren, welche degeneriren. Entsteht der Ganglienzellstrang auch hier, wie sonst überall, aus dem an das definitive Gehirn sich ansetzenden Abschnitt des primären Nerven- rohres, so können meines Erachteus umfangreiche Rückbildungen nur im Bereiche der vorderen Neuralblase eintreten. Immerhin würde auch das zur Genüge beweisen, dass bei der Bildung des Nervensystems der An- urdla nicht alle Theile, die embryonal auftreten, erhalten bleiben und in die definitiven nervösen Gewebe übergehen, sondern dass auch die Nervenanlage eine beschränkte Rückbildung erfährt. So wie nach der Festsetzung der geschwänzten Ascidienlarve die Chorda endlich vollständig resorbirt wird, scheint das auch \)Q\ Anurella der Fall zu sein. Hier aber schwindet die Chordaanlage auf einem sehr frühen Stadium, bevor sie nocli die charakteristische histologische Diffe- renzirung und eine bedeutendere Länge erreicht hat. Wenn die Auf- lösuno- beo-innt, haben die Chordazellen noch Aehnlichkeit mit den Ento- dermzellen. Es kommt nirgends zur Ausscheidung der homogenen ela- stischen Chordasubstanz und zu einer einreihigen Anordnung der Zellen oder zu einer epithelialen, einer Cliordascheide ähnlichen Grnppirung, wie sie sonst häufig das Axialorgan der Molgulidenlarve auszeichnet. In- folge der sehr frühen Rückbildung ist die physiologische Bedeutung der Chorda nur eine äusserst geringe. Das Organ kommt als Stützapparat kaum in Betracht; es geht zu Grunde, bevor es dazu gelangt, in Thätig- keit zu treten. Im Zusammenhang mit dieser geringen Entfaltung der Chordaanlage steht die äusserst geringe Ausbildung des S c h w a n z m e s o d e r m s. Rechts und links legen sich der Chorda einige Mesodermzellen dichter an, und diese sind es, die den mächtigen mesodermalen Muskelplatten der geschwänzten Larve homologisirt werden müssen. Im Anurdlo-Yiiw- bryo werden diese Zellen resorbirt, ohne je zu wirklichen epithelähnlichen Platten sich angeordnet und zu contractilen Elementen sich differenzirt zu haben. Ihr Schicksal ist zwar das gleiche wie das der Muskelplatten Dßv; Ascidien. im Kuderscliwanz , ubor sie streben diesem Ende zu iiuf directem Wege, ohne erst zu eigenartig functionirenden Zellen zu werden; die Fibrillen- bildung unterbleibt bei ihnen vollständig, ihre Entwickelung ist verkürzt. Vollkommen zu fehlen scheint im Änurdla- Emhryo vin subchordaler Entodermzellstrang, der nur transitorische Bedeutung hat und später zer- fällt. Das kurze unter der Chorda verlaufende Entodermrohr (Textfigur 195 -F), das eine Fortsetzung des vorderen, den Kiemendarm bildenden Entodermsackes ist, wird zum Verdauungstractus und kann daher nicht dem larvalen Entodermstrang im Ruderschwanz gleichgesetzt werden, der neben der Darmanlage vorübergehend besteht. Aus alledem ergiebt sich der Schluss, dass die larvale Änurella, die den Follikel sprengt und eine kurze Zeit frei umherkriecht, der frei- schAvimmenden, geschwänzten Ascidienlarve morphologisch in keiner Weise gleichwerthig zu setzen ist, denn jene hat bereits alle provisorischen Larvenorgane, die diese in höchster Ausbildung aufweist, vollständig rückgebildet. In dieser Beziehung gleicht also das fragliche Anurdla- Stadium einer jungen, bereits festsitzenden Ascidie, die die Metamorphose schon durchlaufen hat. Das hindert natürlich nicht, dass bei den fest- sitzenden Jugendformen zumeist schon mehrere Organe weiter und besser entwickelt sind als in der Anurella-LaxYe. Die Embryonalentwickelung der AnureUa kennzeichnet sich damit so klar, wie es nur möglich ist, gegenüber der typischen Metamorphose der Ascidien als ein stark verkürzter Vorgang, und die Veränderungen be- ziehen sich fast ausschliesslich nur auf provisorische Larvenorgane. Es mag sein, dass ein äluilicher Entwickelungsprocess nicht nur bei solchen Ascidien vorkommt, die man unter dem Gattungsnamen AnureUa ver- einigen oder dem Genus Molgula zuzählen darf. Bis jetzt aber möchte es scheinen, dass nur in dieser einen Gruppe dieser eigenartige Ent- wickelungsprocess entstanden ist. Er steht nicht völlig unvermittelt und isolirt, sondern andere Molguliden weisen Uebergaugsformen auf zin- nor- malen metamorphotischen Entwickelung hin. Wenn auch die Uebergangs- reihe keine ganz continuirliche und geschlossene ist, so erscheint sie doch immerhin lehrreich. Dass es Uebergangsformen giebt, hat bereits Giard betont, und er hat diesen dadurch eine ganz besondere Bedeutung geben wollen, dass er sie als neue Gattung Lithoncpliria zusammenfasste. Diese Gattung ist, wie oben (p. 951) schon bemerkt wurde, unter anderem dadurch ausgezeichnet, dass der Ruderschwanz ihrer Larven nicht mehr die volle Länge und Beweglichkeit erreicht, wie bei den andern durch Metamor- phose sich entwickelnden Molguliden {Gymnocystis). Aber nicht nur die Grösse des Schwanzanhanges erweist sich variabel, auch mehrere Larvenorgane können bei den verschiedenen Molguliden eine verschieden hohe Ausbildungsstufe erlangen. Bei den meisten, viel- leicht bei allen Molgulidenlarven zeigt sich bereits die Sinnesblase weniger hoch entwickelt als in andern Ascidiengruppen, denn es fehlt das Auge, und das statische Organ besteht allein. Bei dem Anurdla-YAm.- I Unterschiede tier metamorphotisclien iiml tlirectcn Eutwickehmg der Ascidicn. 969 bryo ist, wie wir sahen, die Verkürzung noch bedeutender, und auch der Statolith bleibt unausgebildet. Die Chorda entwiclvelt sich bei den ver- schiedenen Arten zu sehr verschiedener Länge, und auch individuelle GrössenschAvankungen bei den Larven einer Species kommen vor. Aller- dings ist die Reihe keine continuirliche, sondern hei ÄnurcUa erfolgt die Ab- nahme ziemlich unvermittelt und sprungweise, da selbst die geringste Chorda- länge einer L^Y/tonc/j/tna-Larve die im Änurella-EmhYjo bedeutend über- trifft. Auch die elastische homogene Chordasubstanz wird bei den Larven in etwas verschiedener Menge ausgeschieden ; ob sie aber bei einer geschwänzten Larve, so wie bei Änurella, gar nicht mehr zur Sonderung gelangt, ist mir nicht bekannt. Endlich erweist sich auch die Schwanz musculatur bei den verschiedenen Larvenarten verschieden ausgebildet. Zumeist findet sich um die ganze Muskelzellplatte eine continuirliche periphere Lage von quergestreiften Fibrillen ausgeschieden, so dass eine äussere und innere Fibrillenschicht zu unterscheiden ist. Bei manchen Blolgula- Larven erlanot die Schwanzmusculatur nicht mehr diese Ausbilduno-sstufe, da die Mittelzellen der dreireihigen Muskelplatten wohl an der inneren, aber nicht mehr an der äusseren Seite Fibrillen bilden. Die äussere Fibrillenschicht ist also nicht mehr vollständig, sondern in der Mitte unterbrochen (Textfig. 173, p. 825). Obwohl diese Larven freischwimmend sich bewegen, zeigen sie doch bereits an, dass eine Rückbildung sich eingeleitet hat. Weitere Uebergangsglieder zu dem Verhalten bei Än- i(rel?a-Embryonen, die wahre, deutlich functionirende Muskelplatten gar nicht mehr ausbilden, fehlen, und die Reihe zeigt auch hier wieder eine Lücke. Trotz alledem wird man nicht verkennen dürfen, dass die Än- MreZ?a-Entwickelung nicht völlig fremd und isolirt der Metamorphose der xiscidien gegenüber steht, sondern dass zwischen beiden unzweifelhafte Beziehungen bestehen. Wie haben wir uns nun diese Beziehungen zu denken, und wie mag wohl der phylogenetische Entwickelungsgang verlaufen sein, der zu solchen Verschiedenheiten in der ontogenetisclien Ausbildung geführt hat? Kupffer, der das Auftreten von larvalen, provisorischen Organen und Geweben im Änurella- Embryo nicht gekannt hat, betrachtet diese Entwickelungsart als eine normale, directe, wie sie sich in allen den Thiergruppen findet, avo keine Metamorphose vorkommt, und daraus er- giebt sich ihm, „dass hier eine continuirliche, progressive Entwickelung vorliegt, die als die typisch ursprüngliche der Ascidiengruppe innerhalb der Klasse der Tunicaten aufgefasst werden kann". Diese directe Ent- wickelung erfuhr später dadurch eine cänogenetische Veränderung, dass sich in die continuirliche Folge der Stadien ein freischwimmendes, ge- schwänztes Larvenstadium einschob. Dadurch wurde einerseits die Asci- dienentwickelung zu einer typischen Metamoi^hose, denn nothwendiger- weise mussten die neu aufgetretenen Larvenorgane, die der fertigen Ascidienform später überflüssig sind, wieder rückgebildet werden. Anderer- seits aber wurde die geschwänzte Larvenform zur Ausgangs- und Stamm- 970 Ascidien. form dos gesammtoii Vertebratüiitypiis: „An oma aus- schwärmen. Ein Theil bleibt im Stock zurück und fügt sich zwischen 1)7(3 Ascidien. die alten Blastozooide ein, um auf diese Weise zur Vergrössemng des Cormus beizutragen. Ebenso fand Pizon, dass Larven des Botrylloides nibrum in den Stöcken, in denen sie entstanden waren, sich festgeheftet und weiterge))ildet hatten: sie glichen 3—4 Tage alten in normaler AVcise festsitzenden Oozooiden und trugen rechts eine kleine Knospe. Auch für DistapUa glaubt üljanin (1884) ein Wachsthum der Stöcke durch Einfügung von Larven annehmen zu können, und die jungen Knospenaulagen in alten Cormen betrachtet er sogar sämmtlich als Knospen von solchen Larven und Embryonen, die diesen Stock nicht verlassen haben. In dem „Die Knospung der Distomidae" betitelten Abschnitt linden sich weiter unten nähere Angaben darüber. In allen diesen Fällen kann es oft ganz unmöglich werden, mit Sicherheit zu entscheiden, ob ein be- stimmtes Individuum eines Stockes durch Knospung entstanden ist, oder ob es sich um ein Oozooid handelt, das sich zufällig an einem Cormus festgesetzt und hier weiter entwickelt hat {Clavelina). Die Grenzen zwischen Cormus und Aggregation lassen sich bei der Untersuchung der ausgebildeten Colonie nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Auch zwei ganz jugendliche Ascidienstöcke scheinen sich zuweilen, wie oben bereits beschrieben wurde, so innig vereinigen zu können, dass sie wie ein einheitlicher Cormus erscheinen {Botryllus). Vorausgesetzt ist allerdings, dass es Stöcke derselben Species sind. Während die geschlechtliche Zeugung stets mit dem einzelligen Stadium des befruchteten Eies anhebt und die verschiedenen Formen, unter denen die Embryonalentwickelung der Ascidien verläuft, sich leicht als Modificationen eines und desselben Entwickelungstypus erweisen lassen, erscheinen die Knospenanlagen bei verschiedenen Ascidiengruppen in einer so verschiedenen Art und Weise, dass eine Zurückführung aller Knospungsformen auf einen gemeinsamen Typus unmöglich wird. Schon die ersten, zum Theil mehr als 30 Jahre zurückliegenden Untersuchungen über die Ascidienknospung von Metschnikoff, Ganin und besonders von Kowalewsky machten uns mit sehr mannigfachen und im Wesent- lichen voneinander verschiedenen Knospungsarten bekannt. Die neueren Beobachtungen führten aber nicht zu dem auch von mir anfangs erwarteten Ergebniss, dass die älteren Beobachter Irrthümer begangen hätten, und dass in Wirklichkeit überall nur Modificationen desselben Grundtypus der Knospenbildung vorkämen. Im Gegentheil traten die wichtigen Unter- schiede zwischen den verschiedenen Arten der Knospung durch die jüngsten Untersuchungen immer schärfer hervor. Zwar hat Garstang (1895) noch vor wenigen Jahren versucht, die verschiedenen Formen, unter denen sich gegenwärtig die Knospung der Ascidien vollzieht, als Modificationen eines ursprünglichen Längstheilungsvorgangs am Em'bryo zu erweisen; indessen scheint es mir doch, dass den wesentlichen Unter- schieden nicht genügend Rechnung getragen sein möchte, und ich halte es Erklärung a on Tafel XXXY. Ascidien. ni. Suppit Fig. 1. Cyntlda cer ebri formt s Herd., von rechts gesehen. (Nach Her dm an.) 2. Cyntliia formosa Herd., von rechts gesehen. (Nach Herd man.) '/j. 3. Cynthia fissa Herd., von rechts gesehen. (Nach Herdman.) Vi • 4. RliciMocynihia cowplanata Herd., von rechts gesehen. (Nach Herdman.) Circ. ^j. 5. Bhubdocyntliia papietensis Herd., von rechts gesehen. (Nach Herdman.) Vi- A. Kleines Individium. B. Grosses Thier. 6. Microcosmus spinosus Lac. u. Del., von rechts gesehen. (Nach Lacaze.) Circ. ^4- 7. Bathyonciis mirabilis Herd., von links gesehen. (Nach Herdman.) Vi • 8. Pelonaia corrugata {nigosa) Good. und Forh. (Aus Bronn, nach Goodsir und Forbes.) Vi- 9. Styela radicosa Herd., von rechts gesehen. (Nach Herdman.) Vi ■ 10. Dendrodoa aggreyata Eathke (= D. glandaria M. L.), in seitlicher Ansicht. (Nach Mac-Leay). Vi. '1- 11. Polycarpa viridis Herd., von rechts gesellen. (Nach Herdman.) 12. Polycarpa longisiplionica Herd., von links gesehen. (Nach Herdman). Vi' Seel igerjTunicaten . Tafel 35. 0} 0 %i^ B C^ A 10. VI. L 6. i Y y2. Zii'i, öiesecke. & D^zrient. I Erklärung von Tafel XXXVI. Ascidien. Fig. 1. Molgula nana Kupffer, in soitliclior Ansicht. (Nach Kiaer.) Vi- 2. Molgula iminira Hell. (Nach Hol 1er.) Vi- 3. Ascopcra pedunculata Herd., seitlich gesehen. (Nach Her dm au.) ^Z,. 4. Caesiria peUudda Macd. (Nach Macdonald.) ^/j. A. Vollständiges Thier, von links gesehen. B. Dasselbe nach Entfernung des Cellulosemautels. l = Leberlappen. 5. Ctem'cella appendiculata Hell., von links gesehen. (Nach Heller.) ^j^. 6. Molgula Heller/' Dräsche, von links gesehen. (Nach Heller.) Vi- 7. Eugi/ra Jcerguelenensis Herd., von rechts gesehen. (Nach Her dm an.) Vi- 8. Molgula (Anurella) roscovita Lac, nach Entfernung des Cellulosemantels von rechts gesehen. (Nach Lacaze-Duthiers.) h = Nierensack. 9. Peru crystallina Moll., von rechts gesehen. (Nach N. Wagner.) B = Nierensack. T^ = Leber. .'^eeliger.Turiicafen . TaFel 36. 5. O -'} tn^ 4 T 8. :a /4 /( »"^ /IZ -^ 9. M TP* n»^^^^ ^ ^ ^ \\: \i ^•). Da in jeder folgenden Generation die Zahl der Individuen zunimmt, wenn nicht ausnahmsweise frühzeitige Eückbildungen von Blastozooiden, die noch keine Knospen gebildet haben, eintreten, finden die Thiere bald in einem System nicht alle Platz, und es entsteht ein zweites System. Pizon (1899) hat vor einigen Jahren die Entwickelung eines Stockes von Bo- trylloides riibrum sehr eingehend verfolgt. In den Aquarien halten die auf Algen festsitzenden Botryllidenstöckchen nur kurze Zeit gut aus. Nach Uebertragung des abgelösten Stöckchens auf eine Glasplatte gelang es Pizon, die Colonie über V4 Jahr am Leben zu erhalten und die Ver- mehrung der Blastozooide, das Wachsthum des Stockes und die Bildung der Systeme festzustellen. Seine Ergebnisse und im Besonderen die die Vermehrung betreffenden Zahlen werden nicht ohne weiteres verall- gemeinert werden dürfen, denn es erwies die Beobachtung an einem zweiten Stock, dass sehr weitgehende individuelle Verschiedenheiten vor- kommen. Immerhin sind die Befunde von grossem Interesse, so dass ich hier wenigstens auf einige Punkte noch speciell hinweisen möchte. Ein Botri/lloides -iiiock bestand am 1, Februar aus 12 erwachsenen Blastozooiden, die wahrscheinlich der sechsten oder vielleicht einer der nächstfolgenden Generation angehörten. Die 12 Individuen waren in einem Kreise angeordnet, bildeten aber nicht ein einziges System, sondern, da zwei gemeinsame Cloakenliöhlen vorhanden waren, zwei dicht neben- einander gelagerte halbkreisförmige Systeme. Am 8. Mai betrug die Zahl der entwickelten Blastozooide 182, und inzwischen war siebenmal Ver- mehrung durch Knospung erfolgt; die Zahl der Individuen stieg aber in den aufeinander folgenden Generationen ganz unregelmässig. Schon bei der ersten Vermehruno' der 12 ältesten Blastozooide bilden sich nicht o nur 24, sondern 31 Knospen. Von diesen wird eine sehr früh rück- gebildet, so dass nur 30 das ausgebildete Stadium erreichen. Sieben von den 12 ältesten Thieren müssen daher nicht nur das normale Knospen- paar, sondern drei Knospen zur Entwickelung gebracht haben. Die 30 Blasto- zooide des zweiten Stadiums, die sich später sämmtlich, so wie die 12 des ersten, gänzlich rückbilden, erzeugen aber nur 44 statt der normaler- weise zu erwartenden 60 Knospen, und von diesen 44 erreichen nur 33 das erwachsene Stadium, während 11 sich sehr früh rückbilden, so dass also in dieser neuen Generation nur eine sehr geringe Vermehrung der Individuen erzielt wird. Um in meiner Darstellung nicht zu breit zu werden, beschränke ich mich hier darauf, die folgende kleine Tabelle zu geben, aus der der allgemeine Verlauf der Bildung des Stockes zur Ge- nüge ersichtlich sein dürfte: 1. Stadium : 12 erwachsene Blastozooide. 2. Stadium : 30 entwickelte Blastozooide (-f- 1 Knospe auf Jugend- stadium rückgebildet). ßroiiu, Klassen des Thiei-Efichs. IH. Spplt. (54 2010 Ascidion. 3. Stiuliimi: 33 Blastozooide (-j- 11 irülizeitig rückgebildete Knospen), 4. Stadium : 46 Blastozooide (+ 6 frülizeitig rückgebildete Knospen). 5. Stadium: 54 Blastozooide (+ circa 15 rückgebildete Knospen- anlagen). G. Stadium: 83 Blastozooide (+ 11 rückgebildete Knospen). 7. Stadium: 130 Blastozooide (-h 12 rückgebildete Knospen). 8. Stadium: 182 Blastozooide. Ein zweiter grösserer Stock, besass am 1. Februar 82 Individuen und zählte am 1. April 610, nachdem viermal nngeschlechtliche Fortpflanzung eingetreten war und die Blastozooide der vier vorhergehenden Gene- rationen sich sämmtlich rückgebildet hatten. Während dieser Vermehrungen wächst die Zahl der Systeme, aber es ist bemerkenswerth, dass auf gewissen Zwischenstadien, wie im Poly- styelidenstock, alle Individuen fast ganz ungeordnet nebeneinander zu liegen scheinen und deutliche Systeme dann überhaupt nicht nachzuweisen sind. Erst später treten sie wieder auf, aber in anderer Zahl und Ver- theilung wie auf früheren Stadien. Wie schon Krohn richtig erkannt hatte, verbinden sich gelegentlich auch zwei anfänglich getrennte Systeme später zu einem einheitlichen grösseren. Obwohl die ältesten von Pizon im Frühjahr beobachteten Stöcke bereits eine ziemlich ansehnliche Grösse erreicht hatten und aus Blasto- zooiden bestanden, die um mehr als ein Dutzend Generationen vom Oo- zooid entfernt waren, fanden sich doch niemals bereits reife Sexualzellen. Erst im Juli beginnt die Geschlechtsreife dieses BofnjUoidcs, und dann tragen bereits jüngere Generationen in kleineren Stöcken reife Eier und Spermatozoen. Obwohl kloine, unreife weibliche Geschlechtszellen schon im Oozooid auftreten können (p. 1004) und diese in die erste und in die folgenden Knospengenerationen hinüberwandern, dauert es selbst in den Sommermonaten längere Zeit, bis die Geschlechtszellen ihre volle Eeife in einer späteren Generation erlangen. Noch in der vierten und fünften Generation des Stockes (^3 und B^) sind die paarigen Zwitterdrüsen rudimentär und stellen kleine Zellliaufen dar, in denen nur weibliche Sexualzellen als solche mit Sicherheit zu unterscheiden sind. Von diesen Zellgruppen treten, so wie bei allen Knospungen, Elemente in die folgende, sechste Generation {Br,) hinüber, und in dieser sah Pizon bei Botryllus aurolineatus zum ersten Male reife Geschlechtszellen, und zwar jederseits einen reifen Hoden, aber noch keine Vollreifen Eizellen, sondern nur kleinere weibliche Sexualzellen, Diese letzteren erlangen erst in der folgenden, siebenten Generation ihre Befruclitungsfähigkeit, und von da an findet man in den Blastozooiden Embryonen und reife Hoden, kurz voll entwickelte Zwitterorgane. Stets aber scheinen in jedem dieser zuerst die Eier und dann erst die Hoden zu reifen. Wenn Krohn bereits in der vierten Generation \o\\Botryllus reife Eier antraf, so ist es mir doch zweifel- haft, ob wir berechtigt sind, diese Angabe mit Pizon lediglich auf einen Beobachtungsfehler zurückzuführen. Es scheint mir sehr wohl glaublich, Wanderang der Sexualzellen. Kreuz- und Selbstbefruchtung. 1011 dass an anderen Orten und zu besonders günstigen Zeiten die Eireifung bereits in jüngeren Stöcken eintreten könnte. AuchPizon erwähnt, dass in alten Stöcken die jungen Sexualzellen durch höchstens drei oder vier Generationen hiudurchtreten, bis sie geschlechtsreif werden, während sie vom Oozooid an in jungen Colonien sechs bis sieben Knospeugenerationeu durchwandern sollen. Da bei den Botrylliden, abgesehen von der ersten, nur Hoden ent- wickelnden geschlechtlichen Generation B^,, die Zwitterorgane stets dicho- gam sich entwickeln und Protogynie besteht (p. 624 fg.), glaubte Kr ohn, dass normalerweise die Eier eines Blastozooids vom Sperma der vorher- gehenden Generation befruchtet würden. Gegen diese Auffassung wendet sich Pizou mit der Behauptung, dass Selbstbefruchtung der gewöhnliche Vorgang sei, obgleich zur Zeit der vollsten Hodenreife in demselben Thier nur Embryonen und keine befruchtungsfähigen Eier melir vorhanden seien. Wenn aber die ersten Spermatozoen aus der Mitte des in Reifung be- griffenen Hodens in den Peribranchialraum übertreten, sind die Eier, wie Pizon behauptet, noch nicht befruchtet, und daher tritt auch Selbst- befruchtung ein. Die Hauptmasse der Spermatozoen aber, die erst später producirt wird, sowie alle Samenzellen der früheren rein männlichen Generation sind völlig bedeutungslos; sie werden durch die Egestions- öffnung mit dem abströmenden Athmungswasser nach aussen befördert und gehen bald zugrunde. Die Reifezeit aller dieser späteren männ- lichen Sexualzellen fällt thatsächlich noch zusammen mit der Reife der Eizellen in der nächst jüngeren Generation: Pizon hält es jedoch für unmöglich, dass diese Geschlechtszellen der beiden Generationen zur Vereinigung gelangen könnten. Pizon 's Argumentation halte ich aber nicht für überzeugend; denn es scheint mir sehr wohl möglich, dass die von der älteren Generation nach aussen oder, genauer ausgedrückt, in die gemeinsame Cloake ejaculirten Spermatozoen neuerdings wieder in ein Blastozooid der jüngeren Generation desselben Systems eintreten können. Es mag sein, dass die Egestionsöfifnung häufig in die gemeinsame Cloake noch nicht durchgebrochen ist; aber auch dann hätten die Spermatozoen nur eine dünne Schicht des weichen Cellulosemantels zu durchdringen. In vielen Fällen scheint mir aber die Befruchtung doch erst dann zu erfolgen, wenn die Ingestionsöffnung nicht mehr geschlossen ist. So muss ich wohl annehmen, dass die Möglichkeit der Befruchtung für die Eier eines Tochterblastozooids eine leichtere ist, als Pizon annimmt. Selbst wenn die Selbstbefruchtung unterbleibt, besteht noch immer die Wahr- scheinlichkeit, dass die Spermatozoen der Thiere der vorhergehenden Generation zu den reifen Eiern gelangen. Pizon, der die Wanderung der weiblichen Sexualzellen durch mehrere Generationen hindurch verfolgt hat, vertritt allerdings die Auffassung, dass die Eier nicht den Thieren zuzurechnen seien, in denen sie zur Reife ge- langen, sondern den um drei oder mehr Generationen älteren, in denen sie sich zuerst differenzirten. Die männlichen Geschlechtszellen dagegen reifen 64* 1012 Ascidion. in demselben Individuum, dem sie angehören. Zwar nimmt Pizon selbst an, dass wenigstens ein Theil der die Hoden aufbauenden Zellen von dem Mutterthier in die Knospe einwandert; dann sind sie aber noch nicht speciell als Geschlechtszellen kenntlich und haben noch zahlreiche Thei- luiigen durchzumachen, bis die Spermatocyten und endlich die Sperma- tosomen erscheinen. Die wandernden weiblichen Zellen scheinen sich aber nicht mehr zu theilen bis zum Stadium der Polzellenbildung; sie müsston daher als Ovocyten bezeichnet werden. Unter diesem Gesichts- punkt findet Pizon keine wahre Selbstbefruchtung, sondern im stricten Gegensatz zu Krohn nimmt er an, dass die Spermatozoon eines Blasto- zooids zwar die in diesem befindlichen, in Wahrheit aber einer viel älteren Generation zugehörenden Eizellen befruchten. Meines Erachtens darf man sich zu einer solchen Schlussfolgerung nicht verstehen. Jedenfalls bilden sich die Eierstöcke, Follikel, Eileiter und Testazellen erst in demselben Individuum definitiv aus, in dem die Eier reifen und Polzellen bilden; und in ß-anz ähnlicher Weise entwickelt der Haufe männlicher Zellen in dem gleichen Blastozooid sich zum Hoden mit Hüllschicht und Vas deferens, nur dass die Innenzellen sich viel häufiger theilen, bis sie zu Spermato- zoon werden. So wie also der gesammte Hoden, muss auch das gesammte Ovarium deniThier zugezählt werden, in dem es sich ausbildet. Viele andere Zellen des Mesenchyms wandern auch vielleicht durch mehrere und sicher durch eine Generation hindurch; soll man auch diese zu Blut-,Bindegewebs- oder Muskelzellen sich differenzirenden Elemente nicht dem Thier als zu- gehörig betrachten, in dem sie schliesslich sich finden und dessen Geweben sie sich einfügen, und soll man sie einer vorhergegangenen, vielleicht schon abgestorbenen Generation zurechnen? Wo Fortpflanzung durch Knospung eintritt, sind die aufeinanderfolgenden Generationen eben durch mehrere verschiedenartige Gewebsstücke und sehr zahlreiche Zellen und nicht bloss durch eine männliche und weibliche verbunden. Daher kann Zweifel entstehen, ob die eine oder andere Zellgruppe dem Mutter- oder Tochterthier zugehörig zu betrachten sei. Neuerdings hat Bancroft (1903) gewisse Vorgänge bei der Bildung des Botryllidenstockes (Botrylloides Gascoi) beschrieben, die mir wichtig genug zu sein scheinen, um schon hier ganz kurz erwähnt zu werden. Eine etwas eingehendere Besprechung der Frage wird der die „Hiber- nation" und ,,Aestivation" der Ascidienstöcke behandelnde Abschnitt bringen. Bancroft fand etwa ^'^ Jahr nach dem Fang einer Bofrylloides- Colonie alle Individuen dieses Stockes degenerirt; dagegen war an einer bestimmten Stelle ein neuer Lappen hervorgewachsen, in dem nach und nach immer zahlreichere Knospen auftraten. Dieser neu gebildete Theil stellt den in „Verjüngung'^ begriffenen Ascidienstock dar, während der \n-sprüngiiche Abschnitt allmählich schwindet. Der ursprüngliche Cormus und der verjüngte unterscheiden sich sehr auffallend durch die Färbung. Der orstere ist violett und roth, der letztere mehr oder minder gleich- massig gelb und gleicht der von Dräsche als eine besondere Species Zwei Formen der epicardialen Knospimg. 1013 {BotnjUoides luteum) bescliriebeiien Form so vollkommen, dass Bancroft zum Sehliiss kommt, es sei das Botr. luteum nur die verjüngte Sommer- form des Botr. Gascoi Della Valle. 3. Die epicardiale Knospung. Unter der Bezeichnung „epicardiale Knospung" vereinige ich hier zwei Knospungsarten, die darin übereinstimmen, dass das gesammte Ento- derm aus dem Epicard des Mutterthieres hervorgeht. Würde die Scheide- wand des Stolos der nach dem stolonialen Typus sich fortpflanzenden Ascidien aus dem Epicard entspringen, was aber bisher nicht nachgewiesen werden konnte, so bestünden zwischen epicardialer und stolonialer Knospung die innigen Beziehungen, die ich bereits früher (1896) auseinandergesetzt habe. Da es aber bisher zweifelhaft ist, ob das Entoderm der stolonialen Knospe in der That aus dem Epicard des Oozooids stammt, erscheinen auch die Beziehungen zur epicardialen Knospung nicht hinlänglich auf- geklärt. Eine sehr bedeutende üebereinstimmung bietet namentlich die oben (p. 981 fg.) kurz erörterte Frustelbildung am Stolo der Clavelina mit dem Modus der epicardialen Knospung, der im Folgenden als „postabdo- minale Theilung" bezeichnet ist, und ich habe früher beide Vorgänge nur als Modificationen eines und desselben Processes aufgefasst. Diesen Vor- gängen gegenüber bietet der zweite Modus der epicardialen Knospung mancherlei Besonderheiten. Er findet sich bei Distomiden, und bei rein äusserlicher Betrachtung treten die Unterschiede so bedeutend hervor, dass es auf den ersten Blick scheinen muss, die Processe hätten nichts Wesent- liches miteinander gemeinsam. Und doch erweist die nähere Unter- suchung, dass die Knospen anlagen in allen Fällen aus dem gleichen entodermalen Organ des Embryozooids den Ursprung nehmen, wenngleich zuweilen in einer sehr versteckten Weise. a. Die postcibdominale Tlieilung der Polyclinidae. (Tafel XXXI, Fig. 2, 3, 7, 8.) Unsere Kenntnisse über diese ungeschlechtliche Vermehrungsweise der Polycliniden verdanken wir fast ausschliesslich Kowalevsky (1874). Zwar hatte bereits Milne Edwards (1841) bei Amaroucium proliferum Knospung beobachtet, aber es fehlt jede nähere Angabe über den Vor- gang selbst, und es ist daher auch nicht zu entnehmen, dass die Knospen- bildung bei den Polycliniden in einer anderen Weise verläuft als z. B. bei Clavelina. Erst Giard (1872) hat erkannt, dass gewisse Besonder- heiten vorhanden sein müssten und dem dadurch Ausdruck gegeben, dass er diese Vermehrungsweise der Polyclinidae als bourgeonnement Ovarien bezeichnete. Freilich ist mit dieser besonderen Namengebung auch fast alles erschöpft, was Giard über den Vorgang ermittelt hat; die völlige Undurchsichtigkeit des Objects verhinderte jede nähere Ein- 1014 Ascidien. sieht in dmi Process. Auch diu späteren Untersuchungen von Pizon, Hjort, Gaulle ry (1805) u. a. haben nicht viel Neues mehr gebraclit. So wie die palleal knospenden Ascidien schienen auch die Poly- clinidon nur im jugendliclion Alter sich ungeschlechtlich zu vermehren, denn bei geschlechtsroifen alten Blastozooiden konnnte Kowalevsky keine Theilungserscheinungen beobachten. Indessen bildet Hjort (1896) eine ganz junge Glosso2)lioruni-Knos^Q ab, in deren Hinterabschnitt zwei mächtige Ovarien liegen, und daraus lässt sich schliessen, dass das Mutter- tliier zur Zeit der Theilung des Postabdomens geschlechtsreif gewesen sein muss. Dagegen gelang es Kowalevsky, die erste Knospung des Oozooids und die Bildung des Stockes festzustellen, was bei den stolo- nialen Ascidien bisher nicht geglückt ist. Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass die jungen Blastozooide des Stockes in genau der gleichen Weise sich ungeschlechtlich vermehren, wie das noch soli- täre Embryozooid, Nach der Festsetzung wächst das Hinterende der Amarouciwn-Jja.WQ rasch zum ausserordentlich langgestreckten Postabdomen aus, an dessen äusserstem Ende das Herz liegt (Textfig. 202 J.). Durcb Zucht in den Aquarien gelang es nicht, die Thiere bis zur Knospung zu führen, denn spätestens IV2 Wochen nach der Festsetzung starben die jungen Oozooide ab. Daher mussten die knospenden Solitärthiere und jüngsten Stöckchen auf Steinen und Pflanzen, besonders auf Ulven, gesucht werden, die stets dem freien Meer frisch entnommen wurden. Wenn die Knospung be- ginnt, hat das Postabdomen stets bereits eine ansehnliche Länge erreicht, und sein Bau zeigt alle Eigenthümlichkeiten, die das ausgebildete Thier aufweist, nur sind die Sexualzellen noch nicht entwickelt. Am hintersten Ende liegt das hufeisenförmige Herz, die ganze Axe durchzieht das in dorsoventraler Richtung stark comprimirte, stellenweise einem Septum ähnliche Epicard, die Leibeshöhle ist von grossen, ziemlich verschieden- artigen Mesenchymzellen fast ganz erfüllt, und dicht am Ektoderm- epithel liegen zahlreiche Längsmuskelstränge (Textfig. 202J5'). Unter den Mesodermzellen fallen besonders die Fettzellen auf, die sich bei den ver- schiedenen Individuen in sehr wechselnder Zahl und Vertheilung finden. Sie erscheinen bald als sternförmige Bindegewebszellen, bald wieder bilden sie ziemlich gedrängte Zellstränge, die „auf dem Querschnitte wie pflaster- förmiges Epithel aussehen". Durch bindegewebige Scheidewände sind die Fettzellenmassen in mehrere Fächer getheilt. In jungen Thieren ist die Verbindung zwischen Kiemendarm und Epicard leicht nachweisbar, und zwar fand Kowalewsky nur eine, Hjort aber bei Ämaroucium rosenm zwei rechts und links symmetrisch gelegene Oeffnungen. Später aber scheint sich das Vorderende des Epicards ganz abzuschnüren, wenigstens besteht nach Kowalevsky keine Communication mehr zwischen beiden Höhlungen. Das Postabdomen stellt also ein schlauchförmiges, an allen Stollen dreischichtiges, vom äusseren Cellulosemantel gleichraässig über- zogenes Gebilde dar. Zerfall des Pustabdomeus in einzelne Segmente. 1015 Die ungesclilechtlichü Vormolinmg leitet sich damit ein, dass das Postabdoineu vom Abdomen sicli abtrennt und durch eine lieihe hinter- einander gelegener Eingfurchen in einzelne Abschnitte zu zerfallen be- ginnt (Textfig. 2021?). Je nach der Länge des Postabdomens im Momente seiner Abschnürung schwankt die Zahl der Theilstücke, Zuweilen beträgt -.-ep §f Knospung des Amaroucium proliferum. (Nach Kowalevsky. B = Ein älteres 7/ C = Jim jre Ä = Junges Enibryozooid , einige Tage nach der Festsetzung, '^/j. Thicr mit abgeschnürtem und in Theilung begriffenem Postabdomen. Colonie, aus einem Oozooid und vier Blastozooiden bestehend. D = Junge Colonie aus vier Individuen. E = Querschnitt durch das Postabdomen eines Oozooids. '**/i. F = Knospe bei der Betrachtung von links. ^Vi- hl = Blastozooid; c = Cellulosemantel; d = Cloake; e = Egestionsötfnung; ec = Ekto- dermepithel; cd = Euddarm; en = Entoderm; ep, ep^ = Epicard des Oozooids oder der Knospe; es = Endostyl; liz = Herz; i = lugestiousöffnung; M = Kieraendarm; Im = Längsmuskeln; m = Magen; ms = MesenchymzcUen; h = dorsaler Nervenstrang der Knospe; oo = Oozooid; x = Stelle, an der sich ein Seitenast des Cormus bilden soll. sie nur drei oder vier, häufig 10 oder auch 12 und gelegentlich sogar 18, so dass dann das Wachsthum des Stockes ein sehr rasches ist. Jedes Segment des Postabdomens stellt eine Knospe dar und wird zu einem neuen Thier. Entsprechend ihrer Entstehung liegen alle Knospen anfangs in einer Eeihe hintereinander ; bald verschieben sie sich, legen sich schräg zur Längsaxe und schwellen an ihren nach vorn gerichteten Enden mehr oder weniger merklich an. Dann wandern alle Knospen nach vorn und ]^Q](^; Ascidicn. la"orii sich no1)on und iiin das Muttcriliior. Dieses hat bei der Knospung sein rostabdomon und Herz eingebüsst, aber beide Organe regenoriren sich bald Avioder, so dass das Oozooid seine Lebensfähigkeit bewalu-t und zwischen den Blastozooiden im jungen Cormus sich erhält (Toxtfig. 202C'). AVährond dieser Tlieilung des Postabdomens hat sich der äussere Cellu- losemantel sehr beträchtlich verkürzt, und Kowalevsky glaubt, dass darauf die Verschiebung der Knospen nach vorn zurückzuführen sei. Nachdem die Knospen an die Oberfläche gerückt sind, wachsen die Post- abdomen aller Tliiere rasch in die Länge (Textfig. 202 1)) und theilen sich später genau so, wie vorher das noch solitäre Embryozooid. Auf diese Weise erfährt die Colonie durch Zunahme der Individuen eine gleichmässige Vergrösserung auf der ganzen Oberfläche. Zuweilen aber w^andern die Knospen nicht nach dem Mutterthier, sondern nach der ent- gegengesetzten Seite hin, und dann entstehen mehr oder minder scharf abgetrennte Nebenäste und Seitenzweige des Cormus, wie sie schon Mi Ine Edwards beschrieben hat. Die Bildung eines Seitenzweiges am Stock leitet sich dadurch ein, dass die Abdomina einiger Blastozooide bei ihrem Wachsthum nicht eine gerade Linie einhalten, sondern hinten nach aussen zu ausbiegen (Textfig. 2021), bei x.). Wenn nun auch w^eiterhin die neuen Knospen sich nach dieser Richtung hin verschieben, so erfährt die flächenförmige Ausbreitung des Stockes eine Störung, und es tritt eine unvollkommene Spaltung in zwei Abschnitte ein, indem das neu entstandene Stück selbststäudig auswächst. Die Umwandlung des dreiblätterigen Theilstückes des Postabdomens zur Ascidie erfolgt in einer ganz ähnlichen Weise, wie die der dreischichtigen Knospenanlage bei den bisher beschriebenen Typen. Während sich das Ektoderm fast ganz passiv verhält und ledig- lich die epitheliale Leibeswand der Knospe mit Mundbucht und Egestions- canal bildet, entstehen aus dem Epicardepithel alle inneren aus Epithelien sich zusammensetzenden oder aus diesen proliferirenden Organe der Ascidie. Am Entodermrohr der Knospen lassen sich bald zwei Abschnitte unterscheiden : ein kolbenförmig erweiterter vorderer, die Kiemendarm- anlage, und ein langgestreckter hinterer, das Epicard. Beide stehen an- fangs durch eine weite Oeftnung miteinander im Zusammenhang. Durch eine median auftretende Brücke wird die Verbindungsstelle später in zwei getrennte, links und rechts gelegene Oeftnungen zerlegt, so dass Kiemen- darm und Epicard der Knospe, Avie bei den meisten Ascidien, eine doppelte Communication besitzen. Nach Hjort scheinen diese Verbindungen bei Ämaroucium und Glossophomm sehr lange Zeit zu bestehen. An der Kiemen- darmanlage bilden sich die beiden Peribrauchialräume als zwei seitliche Ausstülpungen. So wie es Kowalevsky bereits im Feropliora behauptet, Lefevre und Bitter aber bestritten liatten (p. 989), bleiben die beiden Peribranchialausstülpungen zunächst voneinander gesondert; dann erfolgt ihre dorsale Vereinigung zur Cloake, und gleichzeitig trennt sich eine jede selbstständig von dem Kiemoudarm ab. Der Verdauungstractus ent- Umbildung des Knospenentoderms. 1017 steht am dorsalen Hiiiterencle des Kiemendarms als eine hakenförmige Ansstülpnng des einschichtigen Entoderms. Eutodermal entsteht auch das Nervensystem, aher die Angaben der verschiedenen Autoren gehen im Einzelnen auseinander. Kowalevsky fand anfangs zwei paramedian und dorsal verlaufende entodermale Längs- wülste, die an die ektodermalen Medullarwülste der Ascidienembryonen erinnerten. Später schnürte sich ein Entodermrohr ab, das vorn in die Kiemendarmhöhle sich öfl'nete (Flimmergrube) und das primäre Nerven- rohr oder den Dorsaltubus darstellte. Das Hinterende Hess sich bis weit hinter die Darmschlinge verfolgen und verlor sich schliesslich zwischen den Fettzellen des Mesenchyms (Textlig. 202 F). Auch Hjort und Caullery sahen bei Glossophorum und Circinalium ein primäres Dorsal- rohr vom Entoderm sich abschnüren, nicht aber, wie es scheint, von der eigentlichen mittleren Kiemendarmanlage, sondern vom entodermalen linken Peribranchialraum, wenigstens öffnet sich das Hinterende des Nervenrohrs lange Zeit in diesen Raum, während vorn die Flimmergrube erst später in den Kiemendarm durchbricht. Endlich aber trennt sich das Hinterende des Dorsalrohres von der Peribranchialwand ab und verlängert sich selbst- ständig weiter nach hinten zu, indem es sich zum dorsalen Nervenstrang (Ganglienzellstrang) ausbildet. Das definitive Ganglion entsteht durch Wucherung einer bestimmten Eegion der Dorsalwand des Neuralrohres, die Neuraldrüse durch Zellwucherung an der ventralen Wand. Pizon (1892) fand bei Circinalnmi und Ämaroucium das Dorsalrohr ganz ähn- lich, wie es später Caullery beschrieben hatte: als eine entodermale Bildung entstehend, anfangs vorn blind endigend, später als Flimmer- grube in den Kiemendarm geöffnet. Aber Pizon hält das Dorsalrohr nicht für ein nervöses Organ, sondern glaubt, dass der eigentliche Nerven- strang mit dem Ganglion hier, wie vielleicht in allen anderen Ascidien- knospen, dorsal vom „tube dorsal", zwischen diesem und dem Ektoderm- epithel als ein selbstständiger Zellstraug seinen Ursprung nimmt. Das Herz der Polycliniden-Blastozooide soll, wie Hjort für Glosso- pliorum angiebt, durch einfache Abschnürung vom Hinterende des Epi- cards aus entstehen. Zu gedenken habe ich schliesslich noch einer an der Ventralwand der Knospe auftretenden quer verlaufenden Verdickung, die nach vorn zu in einen medianen Ast sich fortsetzt. Dieser endigt seinerseits „an seinem vorderen Ende in Form eines Ringes". Kowalevsky vermochte diese Bildung nicht zu deuten. Sie wurde später nicht wieder gesehen. Die eben gegebene Darstellung der postabdominalen Theilung hat ergeben, dass eine unverkennbare Aehnlichkeit im Verhalten des Post- abdomens der Polycliniden und des Stolo prolifer der Clavelina besteht. 1018 Ascidiun. (lonau so wie von diesem letzteren die dreibUitterigen Frustein sich ab- schnüren, sogmentirt sich das Postabdomon in die dreischichtigen Knospon- anlagcn. Bei manchen Polyclinidon besteht auch eine sehr auffallende äussere Aehnlichkeit ihres Postabdomens mit einem Stolo. Das zeigen besonders die Abbildungen, die Giard (1872) von CircinaUum concres- cens gegeben hat, und auch manche anderen Polj^cliniden verhalten sich so, dass ihr hinterstes Postabdomen einem horizontal kriechenden Stolo gleicht. Einen wichtigen Unterschied bedingt aber die Lage des Herzens. Bei Amaroiicimu und wohl bei den meisten Polycliniden liegt das Herz ganz hinter dem in die Knospen zerfallenden Postabdomen, bei den socialen Ascidien dagegen vor dem die Knospen bildenden Stolo. Daher verliert das sich ungeschlechtlich fortpflanzende Amaroucmm sein Herz und muss dieses wieder neu bilden, während die knospende Clavelina und Pcropliora völlig intact bestehen bleiben kann. Schliesslich möchte ich nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass zwischen dem Oozooid und den Blastozooiden gewisse Unterschiede im Verhalten der Kiemen zu bestehen scheinen. Allerdings sind sie nicht so bedeutend, wie wdr sie oben bei den Botrylliden angetroffen haben, immerhin aber glaube ich auf sie schliessen zu dürfen, wenn Kowalevsky's Abbildungen wirklich zutreft'end sind. In den Blasto- zooiden ist nämlich die Zahl der Kiemenspalten und Spaltenreihen auf frühen Stadien eine grössere als in Oozooiden. Während diese, wenn sie zu knospen beginnen, bei Amaroucium proliferum nur etwa 5 — 6 Spalten- reihen tragen (Textfig. 202 J., JB), besitzen weit jüngere und kleinere Knospen schon fast ein Dutzend. Aufgefallen sind mir auch in Kowa- levsky's Zeichnung (Textfig. 202 C) die querschlitzförmigen Kiemen- spalten in den älteren Oozooiden nach vollzogener Theilung des Post- abdomens, während die geschlechtsreifen Blastozooide langgezogene Spiracula besitzen. Allerdings scheinen die Abbildungen in dieser Be- ziehung nicht ganz einwandfrei zu sein, da auch in einer älteren Knospe manche Spiracula als Querspalten gezeichnet wurden. h. Die Knospimg der Distomidae. (Tafel XXXII, Fig. 1, Fig. 4—7.) Die ersten genaueren Angaben über die Bildung der Knospen bei Distomiden verdanken wir hauptsächlich Kowalevs ky. Seine Unter- suchungen beziehen sich auf Distaplia niagnilarva, die er irrtliümlich für eine neue Art Lidemnum (D. sfi/liferiim) gehalten hatte. Während er die Umbildung der frei im Cellulosemantel liegenden dreiblätterigen Knospenanlage zur Ascidie Schritt für Schritt verfolgen konnte, gelang es ihm nicht, die Herkunft der freien Knospe aus einem Mutterthier festzustellen, denn er fand auch die jüngsten Knospenstadien im ge- meinsamen Cellulosemantel des Stockes bereits völlio- isolirt. Erst De IIa Valle (1881) sah junge Knospen im Zusammenhang mit den Mutter- Kuospung des Eiubryozooi\), die sich, ebenso Avie alle späteren, nach dem pylorischen Knospungstypus bildet, d. h. durch Vereinigung der thoracalen und ab- dominalen Knospe entstellt. Nur führt Pizon neue Namen ein: Die Bildung der thoracalen Knospe bezeichnet er als „bourgeonnement epicardo-rectal", die der abdominalen als ,,hourgeonnemen t epicar do-o esophagien". Beide Knospen entstehen nicht immer gleichzeitig nebeneinander, sondern gelegentlich ganz unabhängig von- einander. So fand z. B. Pizon in einem Falle bei einem jungen, aus zwei Individuen bestehenden Stöckchen nur „epicardo-rectale" Knospung, die stets von der Kückbildung des alten Thorax begleitet war, Avährend die beiden alten ursprünglichen Abdomen unverändert bestehen blieben. Die Ausbildung immer nur einer Halbknospe (der thoracalen) führte also hier zu einer abwechselnden Degeneration und Regeneration der Thoracalabschnitte beider Thiere. Die oben erwähnte Larve ist drei Tage nach der Festsetzung (14. August) zu einem flachen Stöckchen geworden, in welchem das Oozooid durch vier ampullenförmige Mantelgefässe und einen durch Eückbildung der larvalen Sinnesblase entstandenen Pigmentfleck kenntlich ist (Texttig. 206 ^4). Blastozooid (Bj) und Oozooid (OJ besitzen sehrbald die Anlagen zu Tochter- knospen, zunächst aber nur zu Thoracal knospen (ll^ und (X). Bildung des DiplosomaStockes. 1043 Das Oozooid O^ wird dadurch , dass seine Tiioracalknospe 0^ sich zu einem vollkommenen Thorax (Kiemendarm, Oesophagus und Kectum) ausbildet, während die alten Eingeweide im Abdominalabschnitt nuver- ändert bestehen bleiben, zu einem bithoracalen Individuum, Ascidiozooide l)ithoracique, (19. August). Dieses verwandelt sich in ein monothoracales B, B, E, A = Junges Stückchen eines Dtplosoma gelatinosum ; aus einer am 9. August geborenen Larve entstanden, gezeichnet am 14. August. B = Dieselbe Colonie, gezeichnet am 24. August. C = Dieselbe Colonie am 29. August. (Nach Pizon.) i'i, B.,, B.^, B^, Br,, B,., B,, Bg, Die aufeinanderfolgenden Generationen i:?). Weiterhin verbinden sicli aber 0^ mit der alten Darmschleife iv'j und der Thorax 0.^ mit der jungen Abdominal- knospe iai ^"1*^^ "1 diesem Sinne erfolgt auch weiterhin die Sonderung in zwei getrennte Individuen O-^E^ und O.jE.2 (27, August). Im letzt- genannten Ascidiozooid entwickelt sich frühzeitig eine neue Thoracal- knospe O4, im ersteren die Knospe O5 (Texttig. 206 C). Während O^ allmählich die volle Grösse erlangt, erfolgt die vollständige liückbildung o von O2 und dessen Ergänzung durch O4. Es hat also eine Regeneration des zum Abdomen E.2 gehörenden Thorax stattgefunden (31. August). Dieser Regenerationsprocess wiederholt sich, denn am 2. September hat sich neben O^ bereits ein neuer Thorax 0^^ ausgebildet, der mit dem unveränderten Abdomen E.^ verbunden ist. Im Ascidiozooid O-^E^ voll- ziehen sich während dieser Zeit bedeutendere Veränderungen, denn es entstehen zunächst eine Thoracalknospe Or, (Textfig. 20G C) und bald darauf eine Abdominalknospe E.^, Diese beiden verbinden sich aber nicht zu einem neuen Ascidiozooid, sondern der neue Thorax 0^ ver- wächst wahrscheinlich mit dem ursprünglichen Abdomen Ej^ des ersten Oozooids, Avährend das neue Abdomen E^ vermuthlich sich dem Thorax O3 anschliesst. In beiden Thieren machen sich bereits (2. September) Regenerationserscheinungen am Thorax O3 und 0,^ bemerklich. Ziemlich ähnliche Vorgänge wie am Oozooid vollziehen sich auch am ersten Blastozooid (E^) des Stockes. Dieses bildet (18. August) gleich- zeitig eine Thoracal- (i'^) und eine Abdominalknospe (E.^). Der Thorax Bi verbindet sich mit dem Abdomen E.^, Thorax B.^ mit der alten Darm- schleife 7i\, und so entstehen (21. August) zwei gesonderte Individuen, B^E^ und B.2E1. Der Thorax B^ Avird rückgebildet und durch die neu auftretende Thoracalknospe B^ ersetzt, während das benachbarte Thier B2E1 sowohl eine Thoracalknospe jB^, als auch eine Abdominalknospe i/g zur Entwickelung bringt (Texttig. 20(i B). Die neue Abdominalknospe E^ verbindet sich mit dem alten Thorax B^ , der neue Thorax B^ mit dem alten Abdomen E^, so dass zwei gesonderte Ascidiozooide B^E^ und B^^Ei geschaft'en sind (27. August). Die beiden Blastozooide B.2 und B.^ werden später durch neue Thoracalknospen B^. und B^, ersetzt (Text- figur 206 C) , während das dritte Blastozooid B^^E^ zunächst eine neue Thoracalknospe (B^) und später auch Abdominalknospe (E^) treibt (2. September). Nicht in allen Fällen verläuft aber die Bildung des Stockes des Biplosoma in übereinstimmender Weise , sondern es treten gelegentlich sehr erhebliche individuelle Verschiedenheiten auf. Bemerkenswerth ist auch, dass genau so wie bei Botryllus und BotryUoides auch bei Diplosoma Verwachsungen von zwei in der nächsten Nähe festgehefteten Larven zu einem einheitlichen Stock vorkommen (concrescence des larves: vergl. p. 973 fg.). Fortfall der ersten Embryonalstadien in der Knospnng. 1045 5. Embryonaleiitw icke lung und Knospung. Die in den vorhergehenden Abschnitten mitgetheilten Thatsachen haben uns gelehrt, dass die Knospungsvorgänge bei den Ascidien in einer ganz anderen Weise ablaufen, als die Embryonalentwickelung\ Auf den ersten Blick ergeben sich sehr bedeutungsvolle Verschiedenheiten, die beweisen, dass die ungeschlechtliche Entwickelung einen viel kürzeren, directeren Weg einschlägt, so dass gerade die Stadien fehlen, auf welche die Wirbelthierverwandtschaft der Tuuicaten begründet wurde. Die Knospung setzt bei allen Ascidien mit einem dreiscliichtigen Stadium ein. Das äussere und innere epitheliale Blatt zeigen die Lage- beziehungen, die in der Embryonalentwickelung die beiden primären Keimblätter darbieten, und in der That lassen sie sich auch in den meisten Fällen, allerdings nicht in allen, von diesen direct ableiten. Die mittlere Schicht verhält sich wie das Mesenchym der Embryonen und stammt auch von diesem her. Da also das früheste Stadium einer Knospe bereits eine ziemlich hohe Organisation aufweist, fehlen im Ver- laufe der Knospenentwickelung alle die ersten Vorgänge . die sich am befruchteten Ei vollziehen: es fehlt ein der Furchung zu vergleichender Vorgang, und ebenso unterbleibt der Gastrulationsprocess und die Differenzirung in die drei Keimblätter. Dieses Fehlen der frühesten, die Embrvonalentwickeluno- be- herrschenden Vorgänge bedingt es , dass in der Knospung solche Ent- wickelungserscheinungen an den Anfang rücken, die in Wirklichkeit erst phylogenetisch spät aufgetretenen Bildungen entsprechen und daher auch im Embryo erst viel später sich zeigen als in den Knospen. Dass dieses wichtige Verhalten nicht immer beachtet wurde, hat zu einer ganz irr- thümlichen Auffassung von gewissen Knospungsvorgängen und zu einer falschen Deutung bestimmter Organe der Ascidie führen können. Lehr- reich ist in dieser Beziehung die Beurtheilung, die die Peribranchial- räume der Ascidien erfahren haben. Diese Gebilde entstehen in den Knospen sehr früh als paarige, seitliche Divertikel des inneren Blattes und zeioen auf diesen ersten Stadien eine unverkennbare äussere Aehn- lichkeit mit echten embryonalen Cölomdivertikeln. Tn der That sind denn auch auf Grund der Knospungsvorgänge die Peribranchialräume mit einer enterocölen Leibeshöhle homologisirt worden. Schon Metsch- nikoff (1868) hatte die Bildungsweise des den Kiemendarm umgebenden Perithoracalraums und der Cloake mit der des Hydrocöls und Cöloms der Echinodermen verglichen, und De IIa Valle nannte das Organ kurzweg „sacco peritoneale*', um die Uebereinstimmung mit dem Cölom und Mesoblast darzuthun. Oka (1892) kam zu demselben Ergebniss: „Fasst man die ganze Geschichte der Knospenentwickelung zusammen, so wird man meines Erachtens ohne weiteres zu der Annahme der meso- dermalen Natur des Peribranchialsacke s geführt. Die Art und Weise, in welcher die beiden seitlichen Anlagen dieses Organs aus Aus- ]()X(\ Asoidien stülpuiiooii des Darmsnckos hervorgehen, erinnert uns an die Bildung des Cöloms bei Aniphioxus, welche in allen wesentlichen Punkten mit der ersteren übereinstimmt." Die Homologisirung der Peribranchialräume mit einer enterocölen Leibeshöhle bestellt aber nicht zu Recht; denn aus der Embryonal- entwickelung der Ascidien lässt sich unschwer der Beweis erbringen, dass die Peribranchialräume als eine phylogenetisch junge Bildung erst spät im Embryo entstehen. Auf einem sehr frühen Stadium dagegen bilden sich zwei seitliche Mesoblaststreifen , die allerdings niemals eine enterocöle Leibeshöhle umschliessen, sondern ganz in der primären liegen. Ein Homologon dieser Mesoblastbildung giebt es in der Knospung über- haupt nicht, da das mittlere Blatt gleich in der Form, in der es im aus- gebildeten Ascidienleib vorkommt, nämlich als Mesenchym, in die Knospenanlage übergeht. Durch den Ausfall all dieser Entwickelungs- vorgänge in den Knospen rückt die späte Peribranchialbildung an den Anfang der Umbildung. Daraus folgt, dass die Knospungsvorgänge nicht gestatten, ohne weiteres auf phylogenetische Vorgänge zu schliessen : vielmehr erscheint es geboten, zuvor die entsprechenden Processe in der p]mbryonalentwickelung vergleichend zu prüfen. Der gleiche Schluss wird sich auch aus den folgenden Erörterungen ergeben. Nicht nur durch den Fortfall dieser ersten die Embryonal- entwickelung bestimmenden Processe erscheint die Knospung verkürzt, sondern auch dadurch , dass ein geschwänztes Larvenstadium nicht zur Ausbildung gelangt, und daher verwandelt sich die dreiblätterige Knospen- anlage direct in eine junge festsitzende Ascidie. Es fehlen demnach den Knospen alle die provisorischen Larvenorgane, deren morphologische Bedeutung zum Tlieil ganz besonders hoch bewerthet Avird. Es fehlt der gesammte Euderschwanz, und daraus folgt, dass die Knospenanlage, auch wenn sie sich früh vom Mutterthier abtrennt, niemals weitere Wanderungen ausführen kann, sondern auf Bewegungen innerhalb der gemeinsamen Cellulosemantelsubstanz des Stockes beschränkt ist und in der nächsten Nähe ihres Ursprungsortes die Entwickelung vollenden muss. Während die Embryonen und Larven infolge ihrer Beweglichkeit zur Ausbreitung der Ali und Gründung neuer Stöcke führen, tragen die Knospen in erster Linie zur Vergrösserung und zum Wachsthum der Cormen bei, und nur ausnahmsweise spalten sie sich vom Mutterstock ab und gründen in dessen unmittelbarer Nachbarschaft einen neuen Cormus. Mit dem Ruderschwanz fehlt natürlich den Knospen auch die Chorda und der dorsale Schwanznervenstrang. Bemerkenswerth ist es. dass ein Homologon für den larvalen Schwanzabschnitt bei den Ascidienknospen bisher mit Sicherheit nicht nachgewiesen werden konnte, während bei den Salpen der Eläoblast dem rückgebildeten Ruderorgan der Vorfahren- form gleichwerthig zu sein scheint. So wie das Ruderorgan fehlen den Knospen auch die Sinnesblase und die Sinnesorgane, Auge imd Stato- Erstes Auftroton der Knosjiennnlagon. 1047 lith. P]s tritt also im Laufe der Knospenentwickelung Iveines von den provisorischen Organen mehr auf, die die Ascidienlarve auszeichnen, und die zum Theil zweifellos auf alte phylogenetische Bildung zurück- zubeziehen sind. So wie das Unterbleiben der Keimblätterbildung, be- weist auch der Ausfall eines der freischwimmenden Larve entsprechenden Knospeustadiums, dass die Knospenentwickelung so stark verkürzt und cänogenetisch verändert ist, dass sie nur in sehr beschränktem Sinne einen Rückschluss auf die Phylogenie der Ascidien gestattet. Andererseits scheinen mir aber das Fehlen aller provisorischen Larven- organe und die Thatsache, dass selbst ein so stark reducirtes Aequivalent des Larvenschwanzes, wie es der Eläoblast der Salpen darstellt, den Ascidienknospen nicht mehr zukommt, darauf hinzudeuten, dass die un- geschlechtliche Vermehrung phylogenetisch erst spät im Ascidienstamm aufgetreten ist, nachdem die freischwimmende Lebensweise der appendi- cularienähnlichen Vorfahrenformen längst aufgegeben und die fest- sitzenden, den typischen Ascidienbau zeigenden Stammformen eiTeicht worden waren. Zumeist treten denn auch in der ontogenetischen Ent- wickelung die Knospen erst nach Festsetzung der Larve an der zunächst noch solitären Ascidie auf, und wenn in so manchen Fällen bereits die Embryonen knospen, wird dies als eine cänogenetische Erscheinung, als eine Rückwärtsverschiebung des Processes auf ein früheres Stadium zurück, anzusehen sein (p. 1034). Auch die Betrachtung der Appendi- cularien unterstützt diesen Schluss, denn in dieser Tunicatengruppe, die ich nach wie vor als eine phylogenetisch alte und ursprüngliche betrachte (p. 914 fg.), fehlt jede Andeutung von Knospenbildung. Wenn auch bei allen Ascidien die erste Knospenanlage dreiblätterig ist, so scheint doch aus den oben wiedergegebenen Tliatsachen über die ver- schiedenen Bildungsweisen der Anlage hervorzugehen, und die nach- folgenden Erörterungen werden es als noch wahrscheinlicher erscheinen lassen, dass die Knospung nicht nur einmal, sondern mehrmals in den verschiedenen Ascidiengruppen selbstständig und unabhängig aufgetreten ist, überall aber erst spät an bereits festsitzenden Ascidienformen. Auf einen polyphyletischen Ursprung der Ascidienknospung weisen auch die späteren Entwickelungsvorgänge in den Knospen, die Bildung der Organe, hin. Wie aber das erste phylogenetische Auftreten der dreiblätterigen, ausschliesslich zum Zwecke der Fortpflanzung hervorwachsenden Knospen- anlage zu verstehen und zu erklären sei, ist bis jetzt in befriedigender Weise nicht beantwortet worden, und es lässt sich eine klare Vorstellung nicht gewinnen, wie in die Entwickelung einer rein hypogenetisch sich fortpflanzenden Ascidie eine typische Knospung sich einschieben konnte. An Erkläruno^sversuchen fehlt es zwar nicht, und namentlich in der Richtung bewegen sie sich, dass zu zeigen versucht wird, es hätte sich die Tunicatenknospung ganz allmählich und schrittweise aus einfachen Anfängen heraus entwickelt. Die einen lassen die dreiblätterige Knospen- anlage aus den Manteloefässanhängen entstehen, aber es bleilit dann ]^()48 Asoidien. mierldävt, wie ein solcher erweiterter ampullenf'önnioer Gefässanliang all- mählich in eine Ascidie sich verwandeln konnte, wie es doch die Knospen alle thun. Die andern führen die Knospung auf Eegeneration verloren gegangener Körpertheile /Airiick. Diese Erklärung kann aber um so weniger befriedigen, da bei der typischen Tunicatenknospung das Mutter- thier überhaupt keinen zu seinem eigenen Leben nothwendigen Körper- theil verliert, sondern in den meisten Fällen ein besonderes, das Knospen- entoderm producirendes Organ erst heranwächst. Das Mutterthier hat also gar nichts zu regeneriren, und es kann daher die reine Knospung der Ascidien gar nicht aus der Eegeneration sich direct herausgebildet haben, sondern höchstens auf dem Umwege der Theilung. Auch die Erklärung Balfour's und Uljanin's, dass das Knospungsmaterial frühzeitig durch unvollständige Theilung aus der Em- bryonalentwickelung ausgeschieden worden sei, steht mit den thatsäch- lichen Vorgängen nicht recht in Uebereinstimmung. Niemals ist eine solche Abspaltung und Keservirung von embryonalem Keimmaterial für spätere Knospungszwecke beobachtet worden; im Gegentheil, der für die Knospung wichtige Entodermfortsatz oder das Epicard bildet sich vom Kiemendarm aus erst verhältnissmässig spät im Embryo, und bei den Botrylliden und Polystyeliden entsteht das Knospenentoderm sogar von der spät entwickelten ektodermalen Peribranchialwand aus. Wäre die dreiblätterige Knospenanlage lediglich durch ungleichmässige Theilung und Abspaltung eines Stückes des Embryonalmaterials entstanden, so raüsste man erwarten, dass die Organe in den Knospen in genau der gleichen Weise sich entwickeln wie im Embryo und in der Larve. In Wirklichkeit ist das aber nicht der Fall, sondern die Organogenie voll- zieht sich da und dort in einer ganz verschiedenen Weise. Ganz anders aber verhalten sich die Pyrosomen, denn bei diesen schiebt sich auf einem bestimmten Stadium thatsächlich eine Theilung des embryonalen Materi- als in den normalen Entwickelungsgang ein. Nachdem die Versuche missglückt waren, die Ascidienknospung und die ungeschlechtliche Vermehrung der Tunicaten überhaupt dadurch zu erklären, dass entweder ein bestimmtes Tunicatenorgan allmählich die Fähigkeit erlangt hätte, sich in ein neues Thier zu verwandeln, oder dass frühzeitig embryonales Keimmaterial sich abgespalten hätte, um erst auf einem späteren Stadium in Thätigkeit zu treten, blieb nur die Annahme übrig, dass die Knospung spontan, als sprungweise aufgetretene Neu- bildung am ausgebildeten Ascidienorganismus erschienen sei. Schon bei früheren Gelegenheiten (1882, 1896) hatte ich diesen Gedanken aus- geführt, und auch in diesem Buch habe ich weiter oben (p. 1044) zu be- gründen versucht, dass die Knospung auf einem späten phylogenetischen Stadium nach Rückbildung des ruderschwanzähulichen Organs entstanden ist. Vielleicht war es gerade die Rückbildung des Schwanzabschnittes, dessen Zellenmaterial in der ontogenetischen Entwickelung überall weiter- hin als Nährmaterial verwerthet wird, die das Auftreten der Knospen Polypliyletischer Ursprung der Kiiospiiiig. 1049 begünstigte, während der Vorderkijrper zur ascidienähnlichen Stammform sich umbildete. Als ein wichtiger, die Knospenbildung begünstigender Factor tritt hinzu, dass die Vorfahrenform bei der Rückbildung des Kuderschwanzes ihre freischwimmende Lebensweise aufgeben und sich festheften musste. Nach der Festsetzung der Stammformen schlug die phylogenetische Entwickelung verschiedene Wege ein. Auf der einen Seite wurde alles Material zur Vervollkommnung des eigenen Organis- mus verwendet, der gewöhnlich eine bedeutende Grösse und einen compli- cirteren Bau erreicht: es sind das die grossen solitären Ascidien. Auf der anderen Seite bleibt das individuelle (Irössenmass zumeist ein be- schränktes und der Bau ein einfacherer, dafür aber entwickeln sich Knospen : das sind die stockbildenden Ascidien. Ich hatte früher (1882, 1885) die Auffassung vertreten, dass alle stockbildenden Ascidien gegenüber den einfachen eine besondere einheit- liche Gruppe bilden und von einer gemeinsamen Vorfahrenform ab- stammen, die die Fähigkeit der Knospenbildung erlangt hätte. Ich nahm daher einen monophyletischen Ursprung der Knospung an, Aveil ich von der nunmehr als irrthümlich erkannten Voraussetzung ausging, dass bei allen Ascidien die dreiblätterige Knospenanlage in einer völlig überein- stimmenden Weise ihren Ursprung nähme. „Die Art nun, wie durch die Faltenbildungen und Ausstülpungen des inneren Blattes vornehmlich die ausgebildete Form zustande kommt, ist überall eine so ausserordentlich ähnliche, zum Theil vollständig gleiche, dass daraus schon ohne weiteres auf eine gemeinsame Herkunft der Ascidienknospung wird geschlossen werden können. Und gerade das eine, mit der Homologie der Keim^ blätter so schwer vereinbare Moment, dass, im Gegensatze zur Embryo- nalentwickelung, bei der Knospenentwickelung überall der Peribranchial- raum aus entodermalen , Ausstülpungen entsteht, spricht deutlich dafür" (1885, p. 73). Die in diesem ganzen XV. Capitel mitgetheilten That- sachen der Knospenbildung haben uns aber bewiesen, dass die drei- blätterige Knospenanlage bei den zu verschiedenen Gruppen gehörenden Ascidien in verschiedener Weise entsteht. Wir haben vier verschiedene Knospungstypen unterschieden, und es könnte sehr wohl der Fall sein, dass jeder Typus völlig selbstständig und unabhängig von dem anderen phylogenetisch entstanden ist, so dass in vier Ascidiengruppen, also vier- mal, die ungeschlechtliche Fortpflanzung aufgetreten wäre. Doch möchte ich in eine speciellere Behandlung der Frage nach dem polyphyletischen Ursprung der Ascidienknospung hier nicht eingehen ; es bieten sich auch andere Möglichkeiten , eine grössere oder geringere Zahl selbstständiger Wurzeln anzunehmen. Nur auf einen bestimmten Gegensatz in der Ent- stehung der Knospenblätter sei hier nochmals nachdrücklich hingewiesen, weil er lehrt, dass ein monophyletischer Ursprung der Knospung bei allen Ascidien mindestens im allerhöchsten Masse umvahrscheinlich , um nicht zu sagen undenkbar ist. Ich meine die Herkunft des inneren Blattes der dreiscliichtigen Knospenanlage. !();')() Ascidioii. Während ktodermal, bald entodermal. Nicht aufgeklärt fanden wir die Herkunft des Knospenentoderms in der stolonialen Knospung, da der Zusammenhang der inneren Scheidewand der Stolonen mit einem bestimmten Gewebe oder Organ des Oozooids bisher nicht sicher nachgewiesen werden konnte (p. 981 fg.); am wahrscheinlichsten aber ist es, dass es sich um einen entodermalen Ursprung handeln dürfte. i']ine solche Entstehung steht ausser Frage bei den sehr zahlreichen Syn- ascidien, die nach dem epicardialen Typus (p. 1013 fg.) die Knospen bilden, und dann ist es das Epicard, aus dem sich das gesammte innere Blatt der Blastozooide als eine einheitliche Bildung entwickelt. Auch die pylorischen Knospen der Didemnidae und Diplosomidae empfangen ihr Entoderm ganz und gar aus entodermalen Organen des Mutterthieres, aber es bildet sich bei ihnen kein einheitliches Knospenentoderm, sondern es entstehen mehrere, anfangs ganz gesonderte, später erst sich ver- einigende Ausstülpungen von verschiedenen entodermalen Organen aus. So kommt es (p. 1028 fg.), dass der Darm der Blastozooide aus drei ge- trennten Anlagen sich zusammensetzt, die den Kiemendarm, die Darm- schleife und das Kectum bilden. Es muss sehr zweifelhaft erscheinen , ob wir berechtigt sind , diese drei Modi der Bildung des inneren Blattes der Knospen aus dem Ento- derm des Mutterthieres auf ein und denselben ursprünglichen Typus zurückzuführen, oder ob jede Knospungsweise ein selbstständiges und unabhängiges phylogenetisches Auftreten der ungeschlechtlichen Fort- pflanzung in drei verschiedenen Oruppen bedeutet. Zur Annahme einer selbstständigen Entstehung wird man sich aber meines Erachtens wohl verstehen müssen, wenn es sich um die palleale Knospung der Botrylliden und Polystyeliden handelt, bei denen das Knospenentoderm aus einer Ausstülpung der ektodormalen Peribranchialwand entsteht. Ich habe schon oben (p. 1042) ausgeführt, dass die Peribranchialwandungen ver- hältnissmässig junge, erst im Tunicatenstamm aufgetretene Bildungen sind, deren ursprüngliche Bedeutung sicher nicht die eines Knospen pro- ducirenden Organs sein konnte. Auf welchem Wege sie diese Fähigkeit erlangt haben, vermag ich auch nicht einmal anzudeuten , ebensowenig wie ich es wahrscheinlich zu machen wüsste, wie bei anderen Ascidien das Epicard zu dem das Knospenentoderm bildenden Organ wurde. Kaum wird es aber als eine Erklärung gelten dürfen , wenn man die palleale Knospenbildung als einen cänogenetischen Vorgang betrachtet und an- nimmt, dass die ursprünglich vom Entoderm ausgeübte Leistung der Bildung des Knospenentoderms plötzlich vom ektodormalen Peribranchial- opithel übernommen worden sei. Für mindestens ebenso wahrscheinlich halte ich die Annahme eines spontanen, selbstständigen Auftretens der jtallcalcn Knospung in einer bestimmten Ascidiengruppe. Yoro-leichiiiifr der Knospung und posthirvaloii P^ntwickeluii«;'. lOöl Ich hatte früher, als ich die Verschiedenheiten im Entwickelungs- verlauf der Knospen in verschiedenen Ascidiengruppen unterschätzte, an- genommen, dass die dreiblätterige Knospenanlage direct mit einem solchen Stadium /.u veroieichen ist, das unmittelbar aus der geschwänzten Larve hervorging. Zwar fehlt in der Knospenanlage noch jede An- deutung der Peribranchialräume, und das Entoderm stellt eine einfache Blase dar, ohne sich noch in Kiemendarm und Verdauungstractus ge- sondert zu haben; aber andererseits zeigt doch die weitere Entwiclveluno- der Knospenanlage gewisse üebereinstimmungen mit der postlarvalen Entwickelung der Ascidien. Die auffallendsten Aehnlichkeiten habe icli bereits oben hervorgehoben : sie bestehen darin, dass im ganzen Verlauf der Knospenentwickelung ein der geschwänzten Larve vergleichbares Stadium gar nicht mehr auftritt (p. 1043) und dass das Mesoderm sich ganz ähnlich verhält w4e während der postlarvalen Zeit, da es niemals einen Mesoblast, sondern lediglich ein lockeres Mesenchym darstellt (p. 1042). Als eine weitere Uebereinstimmung tritt hinzu das Verhalten des ektodermalen Hautepithels. Während das äussere embryonale Blatt für die Organbildung von grosser Wichtigkeit ist und das gesammte larvale Nervensystem mit den Sinnesorganen, Sinnesblase, Flimmergrube, ferner die Peribranchialwandungen hervorgehen lässt, steht das Knospenektoderm auf der gleichen Stufe der Leistungsfähigkeit wie das ektodermale Haut- epithel der festsitzenden Larve, d. h. es bildet keine neuen Organe mehr, sondern stellt lediglich die äussere epitheliale Leibeswand dar und be- theiligi sich nur an der inneren Auskleidung der In- und Egestions- öflfnungen oder der beiden Siphonen. In allen übrigen Entwickelungsvorgängen unterscheidet sich aber die Knospung mehr oder minder scharf und auffallend von den post- larvalen Erscheinungen, und die Unterschiede bestehen im Wesentlichen darin, dass bestimmte Organe, die im Embryo ektodermal entstehen, in den Knospen entodermal sich bilden. Es entwickelt sich also die drei- blätterige Knospenanlage durchaus nicht so , wie ein abgelöstes Stück einer festsitzenden Larvenform sich regeneriren müsste, wenn es Derivate aller drei Keimblätter des Mutterthieres enthielte. Wenn auch die frühen und frühesten Stadien der Embryonalentwickelung in der Knospung nicht wiederkehren, so folgt also daraus durchaus nicht, dass die Knospungsvorgänge sich so vollziehen wie die Umbildung der metamorpho- sirten Larve zur fertigen Ascidie. Die Gröberen und leicht auffallenden Unterschiede im Verlaufe der Knospung und Embryonalentwickelung wurden sofort allgemein bemerkt und anerkannt, nachdem einmal auf sie hingewiesen worden war; das Unterbleiben der Frocesse der Furchung, Gastrulation und Keimblätter- bildung, das gänzliche Fehlen eines der geschwänzten Larve ent- sprechenden Knospenstadiums konnte Niemandem unbemerkt bleiben, der die Knospungsvorgänge nur einigermassen aufmerksam verfolgte. Dass aber die Organe der ausgebildeten Ascidien in der geschlechtlichen und U)')2 Ascidien. uimesclilechtlichen Entwickelung aus verscliiedenen Keimblättern, da aus dem Entoderm, dort aus dem Ektoderm entstellen könnten, schien gerade- zu unglaublich. Zwar hätten die Untersuchungen Kowalevsky's schon zu Anfang der siebziger Jahre lehren müssen, dass z. B. in Bezug auf die Entstehung der Peribranchialräume in Knospen und Embryonen Ueberein- stimmung nicht herrscht, allein man dachte eher an einen Beobachtungs- fehler, oder begnügte sich auch, Kowalevsky's Befunde als Curiosa zu registriren. Bald aber mehrten sich die Fälle, in denen Embryonal- entwickelung und Knospung nicht übereinstimmten, und selbst die ver- schiedenen Knospungsmodi verschiedener Ascidiengruppen erwiesen sich in Bezug auf das Verhalten der Keimblätter verschieden. So konnte Heider (1897), seinen Ueberblick über die Tunicatenknospung zusammen- fassend, sagen: ,,Aus dem Gesagten geht hervor, dass wir bei den Tuni- caten, wenn wir den bisher vorliegenden Angaben Vertrauen schenken, das Bild einer förmlichen Anarchie vor uns sehen." Wenn auch zweifel- los manche Vorgänge der Knospung bisher nicht zutreffend beschrieben sind, so finden sich doch noch immer, auch nach Ausschaltung aller nicht ganz überzeugenden Beobachtungen, so zahlreiche und wichtige Unter- schiede, dass Hei der von seinem früheren vStandpunkt aus zu jener Aeusserung ganz berechtigt war. Es erschien also bald ganz unmöglich, in der Organogenie bei Embryonen und Knospen nur Modificationen ein und desselben Entwickelungsvorgangs zu erweisen, der da und dort in o-leicher Weise die drei Keimblätter betrifft. An eine feste Continuität der Keimblätter durch die verschiedenen Generationen hindurch war weiterhin ebensowenig zu denken, wie daran, dass in den Knospen und im Embryo alle Organe aus denselben Keimschichten ihren Ursprung nehmen. Diesen neu erkannten Thatsachen ist denn auch bald die Theorie nach- gehinkt, und was früher unerklärlich und deshalb kaum glaublich er- schien, sollte auf einmal als logische Nothwendigkeit gelten. Das Stärkste in dieser Richtung hat sich Hjort (1894, 1896) geleistet. Knospung und Embryonalentwickelung sind zwei in keiner Weise auf- einander beziehbare Processe. Die Knospung muss ihre eigenen Gesetze haben , nach denen sie die Organe der Ascidie ,, durch Neubildung aus einer sehr primitiven Anlage" entstehen lässt. Da der Ausgangspunkt der Entwickelung zum Embryo und zum Blastozooid ein verschiedener ist, hier die dreischichtige Knospenanlage, dort das Ei, müssen die Ent- wickelungsvorgänge verschieden verlaufen. Wenn dann das Innenblatt der Knospe einmal aus dem Entoderm, ein anderes Mal aus dem Ekto- derm des Mutterthieres entspringt, so kann Hjort darin nichts finden, was der Keimblätterlehre widerspricht. Anders denkt freilich Hei der (1897), denn er giebt zu, dass die Keimblättertheorie in dem weiten Sinne, wie sie durch Ha e ekel und die meisten Embryologen verstanden wird, auf die Ascidienknospung keine Anwendung mehr finden kann: „Wir waren vielleicht zu voreilig, wenn wir die Voraussetzungen der Verhalten der Keimblätter in Embryonen und Knospen. 1053 Keimblätterlehre, welche in dem Bereiche der embryonalen Entwickelung (der directen oder typischen, wie Roux sie nennt) gewonnen wurden, ohne weiteres auch für die atypische oder indirecte Entwickelung (Knospung, Theilung, Kegeneration etc.) anwenden zu können glaubten. Beschränken wir die Geltung der Keimblätterlehre auf das Gebiet, für welches sie zuerst aufgestellt Avurde, das der Entwickelung aus dem Eiel" Schaltet man aber die Keimblätterlehre für alle die mannigfachen Vor- gänge, die sich an die ungeschlechtliche Zeugung anschliessen, aus, so klafft eine breite Lücke, und es bleibt die Frage zu beantworten, welche Gesetze die Organogenie in den Knospen beherrschen und regeln, wenn keinerlei Beziehung zur Embryonalentwickelung besteht. Es ist also mit jener Beschränkung, wie mir scheint, kaum etwas gewonnen oder aufgeklärt. Einen völlig anderen Standpunkt als Hei der nahmen bei der Be- urtheilung dieser Frage Yan Beneden und Julin (1885) ein. Sie halten es mit der Lehre von der Homologie der Keimblätter für durch- aus unvereinbar, dass ein bestimmtes Organ in Knospen und Embryonen aus verschiedeneu Keimblättern entstehen könnte. Im Besonderen ver- anlassen sie die Angaben über eine ektodermale und entodermale Her- kunft der Peribranchialräume hier und dort zu dem Ausspruch: „Car, si les observations de Kowalevsky etaient exactes, les bases meme de la theorie des feuillets en seraieut fortement ebranlees." Da sie an die Richtigkeit der thatsächlichen Befunde Kowalevsky 's nicht glaubten, unternahmen sie eine Nachuntersuchung der Bildung des Peribranchial- raums im Ascidienembryo und kamen zu der Ueberzeugung, dass hier die Peribranchialwände nicht rein ektodermal seien, sondern theilweise auch vom Entoderm gebildet würden. Wäre das zutreffend, so wäre eine befiiedigende Erklärung der Verschiedenheiten wohl möglich. Es liesse sich dann sehr wohl verstehen, wenn in der ungeschlechtlich entstehenden Generation die Bedeutung des äusseren Keimblatts im Verhältniss zu der des inneren bei der Peribranchialbildung zurückträte und nur noch die unmittelbare Umgebung der Egestionsöft'nung vom Ektoderm geliefert würde. Wenn ursprünglich auch in den Knospen, so wie in den Embry- onen, die Peribranchialwände rein ektodermal entstanden, konnte später durch die zuerst auftretenden Kiemenspalten ein entodermaler Antheil hervorwachsen, der nicht nur den Spaltenrahraen bekleidete, sondern nach und nach immer weiter sich ausdehnte, bis er die gesammte ur- sprüngliche Peribranchialwaud verdrängte. Die beiden ersten Kiemen- spalten, aus denen das Entoderm hervorgetreten sein müsste, würden da- her den Stellen entsprechen, an welchen in den Knospen die entodermalen Peribranchialdivertikel ontogenetisch hervortreten. Auf diese Weise Hessen sich imschwer die beiden extremen Fälle, wie sie die gegenwärtige Em- bryonalentwickelung und Knospuug der Ascidien aufweisen, durch eine continuirliche Reihe hypothetischer Uebergangsstadien verbinden. 1054 Asfidien. Da sich aber ein ciitoderinaler Antheil im »Mnl)ryoiiiileii Peribraiichial- raiiiii nicht hiidot, besteht in der That die Alternative, die Van Beneden als undenkbar hinstellte : Entweder sind die Peribranehialräunie in den durch Kiiospunii' und aus befruchteten Eiern entstandenen Individuen einander nicht homolog, oder es kann ein Organ entodermalen Ursprungs einem solchen homolog sein, das aus dem Ektoderm sich bildet. Genau (his Gleiclie gilt auch für das Nervensystem, das da und dort verschieden entsteht, entweder aus dem inneren Knospenblatt, oder aus dem äusseren Keimblatt des Embryos. Der Gegensatz des Ursprungs tritt im Nerven- system vielleicht noch bemerkenswerther hervor als in den Peribranchial- wänden, denn, nicht so einfach wie hier, lässt sich dort eine continuir- liche Ueberoangsreihe zwischen einem rein entodermal und rein ektu- dermal gebildeten nervösen Apparat construiren. Die erste Möglichkeit, dass das Nervensystem und die Peribranehialräunie aller Ascidien und im Besonderen der Oozooide und der von ihnen abstammenden Blastozooide derselben Species nicht homolog sein könnten, wird meines Erachtens kaum ernstlich erwogen werden können. Denn beide Gebilde stimmen in ihrem gesammten histologischen und anatomischen Verhalten bei den geschlechtlich und ungeschlechtlich entstandenen Generationen bis in alle Einzelheiten überein . und wollte man ihre Homologie in Abrede stellen, so wüsste ich in der That nicht, wie man den Begriff „homolog" detiniren sollte, wenn er dann noch anwendbar bleiben soll. Darnach muss man sich also wohl dazu verstehen, Homologien anzu- nehmen, auch wenn in der outogenetischen Entwickelung das betreffende Organ nicht immer und überall auf die gleiche Weise entsteht, sondern, wie das Nervensystem und die Peribranchialwände, in den Knospen ento- dermal, im Embrvo ektodermal sich bilden. Um diese Schwierigkeit kommt man auch dann nicht herum, wenn man, wie z. B. Hjort, er- klärt, die Knospenanlage besitze überhaupt keine Keimblätter; das Innen- blatt sei weder Entoderm, noch (bei Botrylliden) Ektoderm, die Mittel- schicht sei nicht dem Mesoderm, die Aussenschicht nicht dem Ektoderm des Embryos homolog. Es kann nicht schwer fallen, die Ausdrücke ,, Keimblatt" und „Ektoderm, Mesoderm, Entoderm" bei Beschreibung der Knospenanlage zu vermeiden und lediglich ,, Blatt" oder ,, Schicht" zu sagen. Dann wird man freilich nicht mehr durch die Behauptung gestört werden, dass das Knospenentoderm der Botrylliden ektodermal entsteht, oder dass das Nervensystem der Blastozooide entodermal sich bildet, aber im Wesentlichen bleibt doch alles beim Alten, und die Disconti- nuität der Keimblätter hat keine Erklärung oefunden. Will man das Innenblatt der Knospenanlage deshalb nicht Entoderm nennen, weil es, im Gegensatz zum embryonalen I]ntoderm, Anlagen zu solchen Organen enthält, die im Embryo ektodermal entstehen, so wird man, weiter zurückblickend, fragen müssen, ob es denn dann überhaupt noch ge- stattet ist, von einem Entoderm des Mutterthieres zu sprechen, wenn aus einem zweifellos entodermalen Organ jenes fragliche innere Knospenblatt Embrjonale Keimblätter und Kiiosjionscliichtou. Das System. 1055 sich ausstülpt. Es raiiss doch dann auch das mütterliche Entoderm bereits die Anlagen für die ektodermalen Organe der Knospe enthalten und dürfte daher, nach dem vorhergehenden Raisonnem e nt, ebensowenig als entodermal bezeichnet werden. Avie das innere Knospen- blatt selbst. Ich theile freilich einen solchen Standpunkt nicht. Denn ebensowenig wie das Entoderm eines Embryos dadiu-ch aufhört, Ento- derm zu sein, dass sich in ihm häufig die Eizellen, die doch die Fähig- keit zur Erzeugung eines ganzen Oruanismus haben, entwickeln, während sie bei anderen Thiereu im Ektoderm entstehen, ebenso- Avenig verliert auch das p]ntoderm einer knospenden Ascidie dadurch seine Bedeutung als inneres Blatt, dass sich mittelbar aus ihm nebfn anderen Organen aucli das Nervensystem und die Peribranchialwände des Tochter^ thieres hervorbilden. Daher fasse ich nach wie vor das innere Blatt des sich bildenden Oozooids als Entoderm auf, das äussere als Ektoderm. Aber ich scheue mich auch nicht, die gleichen Bezeichnungen auf die junge Kcospenanlage zu übertragen und vergleiche das innere Knospen- blatt dem Entoderm des Embryos, obw-ohl dieses nicht alle Organe bildet, die jenes zu produciren im stände ist. Allerdings gilt dann nicht mehr die ältere, engere Fassung der Keimblätterlehre, die die Keim- blätter nur dann als homolog zulässt, wenn gleiche Organe aus ihnen entstehen, und nur dann Organe zu homologisiren gestattet, wenn diese aus dem gleichen Keimblatt entstehen. Zu diesem Ergebniss muss aber o meines Erachtens auch der kommen, der die Keimblätterlehre nur auf die Embryonalentwickelung beschränkt und auf ihre Anwendung auf die Vorgänge der ungeschlechtlichen Fortpflanzung verzichtet. Wer sich zu einer solchen Erweiterung der Lehre von den Keimblättern nicht ver- stehen will, kann nicht einfach dabei Halt machen, dass er die Knospung ihre eigenen Wege einschlagen und unbeeinflusst von den Keimblättern sich vollziehen lässt, sondern füglich wird auch er sich entschliessen müssen, nicht nur zum Verzicht darauf, die Keimblätterlehre in jener engeren Bedeutung auf die Knospung anzuwenden, sondern zu einem vollen Verzicht auf die Keimblätterlehre schlechthin. XVI. Das System. 1. Die Systematik der As ci dien bei früheren Autoren. Im ersten, historischen Abschnitt dieses Werkes haben die Er- örterungen über die älteren systematischen Bestrebungen einen breiteren Raum beansprucht, und auch einiger neueren Classificationen der Tuni- caten wurde bereits gedacht (p. 67 u. fg.), so im Besonderen der La- hille's (1890) und Herd man 's (1891). Ich habe mich oben (p. 75 u. 77) darauf beschränkt, von dem Tunicateusystem beider Forscher nur die Hauptgruppen bis herab zu den Familien, beziehungsweise den Sub- familien, anzuführen ; da ich selbst in diesem Capitel aber eine Ueber- sicht der Gattimgen der Ascidien gebe, muss ich an dieser Stelle auch o 1056 As.-,idicn. (las Ascidieusystem Herdman's und La hü le 's ausführlicher mit- thoiloii, um den Unterschied in der systematischen Stellung einer ganzen Reihe von Gattungen klar zur Anschauung zu bringen. Im engen Anschluss an die älteren systematischen Anschauungen berücksichtigt Herdiuaii in erster Linie das Vorhandensein oder Fehlen der Knospung, dann die Art und Weise der ungeschlechtlichen Fort- pflanzung, sowie die Form des Stockes, und kommt so dazu, die Ord- nung der Ascidien in drei Unterordnungen einzutheilen. Ich habe aber bereits oben (p. 77) erwähnt, dass meines Erachtens die 3. Unterordnunt der Pyrosomen zu den Ascidien eine so innige verwandtschaftliche Be- ziehung nicht besitzt, dass alle diese Formen in ein und dieselbe Ord- nung zusammengestellt werden könnten. Her dm an 's Ascidiensystem stellt sich in folgender Weise dar: Order 1. Ascidiacea, Blainville. Suborder I. .iscidiae simpliccs, Savigny. Familie 1. Molgulidae, Lac.-Duth. Gattung 1. Parumolgula Traustedt. ,, 2. Eiujyra Alder u. Hancock. ,, 3. BostrkJiohranclms Traust. „ 4. Ascopera Herd. ,, 5. Fem Stimpson. „ 6. Ctenicella Lac.-Duth. „ 7. 3Iolgula Forbes. „ 8. Eugijriopsis Roule. Familie 2. Cynthiidae, Lac.-Duth. Subfamilie 1. Bolteniinae, Herd. Gattung 1. BoUenia Sav. „ 2. Cystingia Mac Leay. ,, 3. Funytdus Herd. ,, 4. Culeolus Herd. Subfamilie 2. Cynthiinae, Herd. iiattung 1. 3Iicrocosmus Heller. ,, 2. FJiabdocyntliia Herd. ,. 3. Cynthia Sav. ,, , 4. Forhesdla Herd. Subfamilie 3. Styelinae, Herd. Gattung 1. Styehides Sluiter. „ 2. Pelonaia Forb. u. Good. „ 3. Bathyoncus Herd, ,, 4. Styela Mac-Leay. ,, 5. Styelopsis Traustedt. „ 6. Demlrodoa Mac-Leay. 7. Glandula Stimpson. ,, 8. Polycarßa Heller. Her (l m a n ' s System . 1057 Familie 3. A s c i d i i d a e , Herdmaii, Subfamilie 1. Corelliuae, Herdm, Gattung 1. CJichjosoma Brod. u. Sow. „ 2. Corynascidia Herd. „ 3. Corella Aid. u. Hanc, Subfamilie 2. Hypobythiiuae, Herdm, Gattung 1. Hypobytliius Moseley. Subfamilie 3. Ascidiiuae, Herdm. Gattung 1. Phallusia Sav. „ 2. Äscidiella Roule. „ 3. Ascidia L. „ 4. Pacliychlaena Herd. „ 5. Äbyssascidia Herd. Subfamilie 4. Cioniuae, Koule. Gattung 1. TiJiodosoma Ehrenberg. 2. Ciona Fleminu'. ^O' Familie 4. Ol avelinidae, Forbes. Gattung 1. Dia^mia Sav. ,, 2. Filiopalaea Philippi. ,, 3. Piliopalopsis Herdm. ,, 4. Sluiteria Van Bened. -' :-■■.■ ,, 5. Edeinascidia Herd. „ 6. PeropJwra Wiegm. ,, 7. Perojihorojisis Lahille. ,, 8. Podoclavella Herd. „ 9. Stereodavella Herd. „ 10. Clavelina Sav. Sil border II. Ascidiae conipositae, Savigny. Familie 1. Botryllidae, Giard. Gattung 1. Sympleijma Herd. ,, 2. Botryllus Gärtner u. Pallas. „ 3. Polycydus Lamarck. 4. Botrylloides M.-Edw. „ ,5. Sarcobotrylloides Dräsche. F a m i 1 i e 2. I) i s t o m i d a e , Giard. Gattung 1. Colella Herd. ,, 2. Oxycorynia Dräsche. ,, 3. Chondrostadiys Macdonald. „ 4. Bistaplia Della Valle. „ 5. Distoma Gärtner. „ 6. Heterotrema Fiedler. ., 7. Cystodytes Dräsche. Bronn, Klassen des Tliiei--Beii;hs. Ul. .Spplt. bi IDÖS Ascidien. Familie 3. Polyclinidae , Giavd. Gattung 1. Fhart/mjodictyon Herd. ,, 2. Tylöbrandiion Herd. o. Glossoplioriim Lahille. 4. Aplidiopsis Lahille. ., 5. Aurantium Giard. ,, 6. Polyclinum Sav. 7. PsaniHiapUdmm Herd. ,, 8. Tolydinoidcs Dräsche. !). Äplidium Sav. 10. Amaroucium M.-Edw. 11. Atopoyaster Herd, 12. Sigillina Sav. ,, 13. Synoicum Phipps. ,, 14. Sidnyutn Sav. ,, 15. Morchelliunt Giard. „ 16. Morchelloides Herd. „ 17. Taraseidia M.-Edw. ,, 18. Fragarium Giard. ,, 19. Frayaröides Maurice. ,, 20. Circinaliuni Giard. Familie 4. Didemuidae, Giard. Gattung 1. Dideninum Sav. ,, 2, Didemnoides Dräsche. ,, 3. Leptoclinum M.-Edw. ,, 4. Eiicoelimu Sav. Familie 5. Diplosomidae, Giard. Gattung 1. Diplosotnoides Herd. „ 2. Biplosoma Macdonald. Familie 6. C o e 1 o c o r ra i d a e , Herdni. Gattung 1. Coelocornms Herd. amilie 7. Poly sty elidae, Herdn Gattung 1. Thylaciimi Carus. 1? 2. Polystyela Giard. 11 3. Chorizocormiis Herdm. 11 4. Synstyela Giard. n 5. Goodsiria Cunningham n 0. Ocidinaria Gray. Sul)order III. Ascidiae luciae, Savigny. Familie 1. Pyrosomidae, Jones. Gattung J. Pyrosonui Peroii. Lahille's System. 1059 Ein ganz anderes Eintheilungspriucip alsHerdman bringt Laliille (1887) zur Anwendung. Er versucht, die theoretischen Erwägungen früherer Autoren (Giard, L acaze-Duthiers, Dräsche), dass in einem natürlichen System die einfachen und zusammengesetzten Ascidien nicht länger getrennt werden dürften , praktisch auszugestalten. Die grossen Gruppen der einfachen, zusammengesetzten und socialen Ascidien werden eingezogen, und die Ascidien, die er als Classe derEutremata bezeichnet, und zu denen er auch die Dolioliden und Pyrosomen rechnet,' Averden in drei Ordnungen gebracht: Aplousobranchiata , Phlebo- branchiata und Stoli dobr anchiata. Bestimmend für die Ein- theilung in die drei Gruppen ist die Beschaffenheit des Kiemendarms. Die Aplousobranchiata entbehren vollständig aller innerer Längsgefässe der Kiemen. In dieser Gruppe vereinigt Lahille eine Anzahl socialer und zusammengesetzter Ascidien , die Dolioliden und Pyrosomen. Die Phlebobranchiata führen in ihren Kiemen nur eine besondere Art von inneren Längsgefässen , die ,,sinus anastomotiques longitudinaux", und umfassen eine Anzahl socialer und einfacher Ascidien. Die Stolido- branchiata endlich haben Kiemendarmwandungen mit mehreren inneren Längsgefässen und Längsrippen (c(3tes longitudinales) und enthalten ein- fache und zusammengesetzte Ascidien. Die Vertheilung der Gattungen auf die grösseren Gruppen ergiebt sich aus der folgenden tabellarischen Ueb ersieht: III. Classe der Tiiiiicata: Eutremata. 1. Ordnung. Aplousobranchiata. 1. Familie. Doliolidae. Gattungen: Anchinia Eschscholtz. JDoliolum Qu. u. Gaim. 2. Familie. Pyrosomidae. Gattung: Pyrosoma Lesueiir. 3. Familie. Didemnidae. Gattungen: Didemnoides Dräsche. Didemnmn Sav. Leptodinum M.-Edw. Diplosoma Macdonald. Biplosomoides Dräsche. Eucoelium Sav. Coelocormus Herd. 4. Familie. Distomidae. Gattungen: Distaplia Della Valle. Distoma Gärtner. Cystodites Dräsche. Colella Herd. Glamlina Sav, 67* 1060 Asci.lien. ,j. Faiuilic. Pol y cli iii d ae. Uattiuigüii: (xlossophorum Lahille. Pohjdintim Sav. G. Faiuilio. Aplididae. Gattungen: Fhavyngodktyon Herd. Fleurolophium Giard. SynoiciDu Phipprf. Äplidium Sav. Amarouckmi M . - E d w . SiffüUna Sav. Chxinalmm Giard. Parascidia M.-Edw. •2. Oidiiiin!;. Phk'bobiaiieliiiita. 1. Familie. Oionidae. Gattungen: Tylohranchlon Herd. Clona Fleming. Bhopcdona Philippi. Dia Sana Sav. 2. Fauülio. Ascidiidae. Gattungen: Fefopliora Wiegmann. Fefophofopsis Lahille. Äscidiella Koule. Ascidia Linne. Fhalla^ia Sav. 0. Familie. Corellidae. Gattungen: Corella Hanc. Rhodosoma Ehrenb. Ahyssascidia Herd. 4. Familie. Co ry nascidiidae. Gattungen: Corynascidia Herd. Uypobythius Moseley. 'i. Ordnung. Stoiidobraneliiata. 1. Familie. Polystyelidae. Gattungen: Goodsiria Cunningham. BotryUus Gärtner. Folycydus Lamarck. Symplegyna Herd. 2. Familie. Styelidae. Gattungen: Bathyoncus Herd. Alderia Lahille. Styclff Sav. Folycarpa Hellei'. Styelopsis Tyü u ste d t. Systeme Lahillc's und (iavstang-'s. lOGI Pandocla Sav. Glandula Traust, 3. Familie. Cynthidae. G attungen : Culeolus Herd. Fimgulus Herd. Boltenia Sav. Cynthia Sav. Herdmania Lah. Microcosmus Heller. 4. Familie. Eugyridae. Gattungen: Chelyosoma Eschr. Paramolgula Traust. Eugyra Aid. u. Haue. '). F a m il i e. M 0 1 g u 1 i d a e. Gattungen : Ascopera Herd. AnureUa Lac.-Dutli. Molgula Fori). Ctem'cella Lac.-Duth. Eugyriopsis Roule. Die wesentlichen Unterschiede dieses Svstems von Lahille oeo-en- über dem von Her dm an treten auf den ersten Blick sofort hervor. Es ist nur eine ganz äusserliche und zufällige Uebereinstimmung, wenn beide Forscher die gesammten Ascidien in drei Gruppen zerlegen: Herd- man in die Unterordnungen der Ascidiae simplices, Asc. com- po sitae und Asc. luciae; Lahille in die Ordnungen der Aplouso- ])ranchiata, Phleb obranchiata und Stolidobranchiata. Man kann sich leicht überzeugen, dass die drei Gruppen in dem einen und anderen System ganz verschiedene Gattungen enthalten und sich in keiner Weise aufeinander beziehen lassen. Lahille's System hat in neuester Zeit viel Anklang gefunden, und es gehen die Versuche, ein neues und natürliches System der Ascidien aufzustellen, die Garstang (1895), Sluiter (1895) und andere unter- nommen haben, im Wesentlichen von Lahille's Anschauungen aus. Grarstang' theilt, so wie Lahille, die Ascidien in die drei Gruppen der Aplousobranchia, Phlebobranchia und Stolidobranchia , unterscheidet sich aber insofern von seinem Vorgänger, als er in richtigerer Beur- theilung der Thatsachen die Pyrosomen und Dolioliden von den Aplouso- branchiern und von den Ascidien überhaupt abtrennt und zu den Salpen in nähere Beziehung bringt. Sein Tunicatensystem ergiebt sich aus folgender tabellarischen Uebersicht: A. Pereniiieliordata. I. Endostylophora. Schlund mit Endostyl. Gattungen : Oüoploura^ FritiUarla. 1062 Ascidien. IL Polystylopliora. Schlund ohne Endostyl. Gattung : Kowalevsklu. H. Cailucichordata. I . T h a 1 i a c e a. Pelagisch e Formen mit ungetheilten Proto Stigmata . 1. Myosomata. Musculatur bandförmig. Gattungen: Doh'olum, Salpa^ Änchinia. 2. Pyrosomata. Musculatur in zerstreuten Faserzügen. Gattung: Pyrosoma. IL Ascidiacea, Festsitzende Formen. Protostigmata in secun- däre Spalten getheilt. 1. Stolidobranchia. Gattungen : Botryllus, Cynthia, Goodsiria. 2. Phlebobranchia. Gattungen: Perophora, Ascidia, Diasona. 3. Aplousobranchia. Gattungen ; Clavelina^Distaplia^ Ämaroucium,Didemnu7n. Auch das Acidiensystem Sliiiter's weist auf die Anschauungen zurück, die zuerst Lahille ausgesprochen und in seinem System ver- treten hat. So wie Lahille betrachtet auch Sluiter einfache und zu- sammengesetzte Ascidien nicht mehr als zwei völlig getrennte Gruppen, sondern versucht, sie gemeinsam, ohne Kücksicht auf das Vorkommen oder Fehlen der Knospung in Unterordnungen und Familien zu bringen. Im Laufe der Zeit hat Sluiter im Einzelnen einen Wechsel in seinen Anschauungen eintreten lassen und den Umfang der Gesammtgruppe der Ascidien enger gefasst als Lahille. Zuerst (1895) hatte er nur die Dolioliden aus der Classe der Ascidien entfernt, die Pyrosomen aber in dieser belassen; später jedoch (1898) fehlen auch diese letzteren in der systematischen Uebersicht der Ascidienfamilien, da sie zu den Thaliacea gestellt werden. In demselben Umfang erscheinen die Ascidien auch in der letzten systematischen Uebersicht, die Sluiter erst kürzlich (1904) gegeben hat: 1. Unterordnung. Ascidiacea socialia. Familien: Clavelinidae. Perophoridae. Diazonidae. IL Unterordnung. Ascidiacea merosomata. (= Aplousobranchia Garstang's exclus. Socialia oder Clave- linidae.) Familien : Distomidae. Polyclinidae. Didemnidae. Diplosomidae. Coelocormidae. Ascidiensysteni Bluitpr's. 1068 111. Unterordnung. Ascidiacea liolosomata. 1. Abtheiliing. Phlebobranchiata. (== Phlebobranchiata La hille 's exclus. Perophoridae und Diazonidae.) Familien: Corellidae. Hypobythiidae. Ascidiidae. Cionidae. 2. Abtheilung. Stolido branchiata. (== Stolidobranchiata La hille 's.) Familien: Cynthiidae (Halocynthiidae). Styelidae. Polystyelidae (Polyzoidae), Botryllidae. Bölteniidae. Moloulidae. '»' In Sluiter's System erscheinen, wie bei Her dm an und La hille, die Ascidien in 3 Gruppen getheilt, denen der Werth von Unterordnungen zuerkannt wird. Aber die Gruppen haben bei den verschiedenen Autoren eine ganz andere Bedeutung, denn sie enthalten ganz andere Gattungen. Als erste Unterordnung behält Sluiter die alte Milne-Ed- wards'sche Gruppe der „Ascidiacea socialia". Das gemeinsame Merkmal der Socialia liegt in der Stockform und der stolonialen Knos- pung. Wenn man aber das Vorhandensein oder Fehlen und die Art der Knospung überhaupt nicht mehr als Eintheilungsprincip verwerthen will, sondern lediglich die Form und den Bau der Einzelthiere als mass- gebend betrachtet, hätte meines Erachtens auch die Gruppe der socialen Ascidien nicht aufrecht erhalten werden dürfen, sondern aufgelöst werden müssen, wie es auch La hille durchgeführt hat. Unter den Socialia Sluiter's finden sich solche Gattungen vereinigt, auf welche vollkommen entweder die Diagnose der zweiten oder der dritten Unterordnung (As- cidia merosomata oder holosomata) passt. Daher haben die verschiedenen Gattungen der socialen Ascidien Sluiter's im Systeme Lahille's an ganz verschiedenen Stellen ihren Platz gefunden. Die Clavelina ordnet Lahille in die Familie der Distomidae und die Ordnung der Aplouso- branchiata ein; die Gattungen Edeinascidia und Biasona stellt er in die Familie der Cionidae, die FeroiiJiora in die Familie der Ascidi- idae, und diese beiden Familien bringt er in die Ordnung der Phlebo- branchiata. Die zweite Unterordnung Sluiter's, die „Ascidiacea mero- somata", deckt sich im Wesentlichen mit den Aplousobranchia Lahille's oder Garstang's und ist dadurch gekennzeichnet, dass der Verdauungstractus hinter dem Kiemendarm liegt, und dass die Kieme der inneren Längsgefässe entbehrt, wohl aber meist durch innere Quer- KMM Ascidion. rrefiisse oder Horizo)italm('inl)i-anen aiisgozniclinet ist. Der Köv]jer ist fast immer in Thorax und Abdomen gesondert, zuweilen findet sicli über- dies noch ein besonderes Postabdomen. Die Merosomata umfassen den o-rössten Theil der alten Synaseidien, und anfänglich rechnete ihnen Sluiter auch die Pyrosomen zu, obwolil diese doch ebensodeutliche iiniere Längsgefässe tragen, wie die zu den Ascidiacea holosomata ge- zählten Botryllidae. Die dritte Unterordnung wird durch die „Ascidiacea holoso- mata" gebildet: sie umfasst alle Monascidien und von den Synaseidien die Botryllidae und Polystyelidae. Die Gruppe kennzeichnet sich durch deutliche innere Längsgefässe der Kiemenwand und ferner dadurch, dass sich der Leib niemals in scharf gesonderte, hintereinander liegende Ab- schnitte (Thorax und Abdomen) gegliedert zeigt. Sluiter theilt die Holo- somata in zwei Gruppen, die bereits Labil le aufgestellt und abgegrenzt hatte, in die Phlebobranchiata und Stolidobranchiata. Die Unterschiede sollten darin bestehen, dass die inneren Längsgefässe in den beiden Gruppen Verschiedenheiten darböten, die freilich nicht näher fest- gestellt wurden, und dass wahrscheinlich die Neuraldrüse in der ersten Gruppe ventral, in der zweiten dorsal vom Ganglion läge. Schon an anderen Stellen dieses Buches habe ich mich gegen die Berechtigung der Eintheilung der Holosomen in die beiden Gruppen der Phlebobranchiata und Stolido- branchiata, oder, besser ausgedrückt, gegen die Zusammenfassung dieser beiden letztgenannten Gruppen zur Unterordnung Holosomata erklären müssen. Es hat sich gezeigt (p. 861 fg.), dass der von Lahille an- genommene principielle Unterschied zwischen den cötes longitudinales der Stolidobranchier und den sinus anastomotiques longitudinaux der Phlebo- branchier nicht besteht, und dass alle inneren Längsgefässe der Kieme im Wesentlichen übereinstimmen. Trotzdem entsprechen die .Phlebo- branchia und Stolidobranchia im Wesentlichen zwei Ascidienfamilien, die in früherer Zeit weit verbreitet anerkannt waren, später aber eine jede in mehrere zerlegt wurden. Die Phlebobranchia decken sich nahezu mit der Familie Ascidiidae im System Herdman's: die Stolidobranchia nthalten nahezu dieselben Gattungen wie die Gruppe der Cynthiae noch bei Heller (1877). Auch ich werde weiter unten z. Th. diese Gruppen festhalten, indem ich ihnen den Werth von Ordnungen zuerkenne. Eben- sowenig wie die Socialia eine einheitliche Gruppe darstellen, bilden die Holosomen und Merosomen zwei natürliche, dem Grad der Bluts- verwandtschaft entsprechende Ascidieugruppen. Meine früheren Aus- führungen (p. 416, 863 fg.) scheinen mir ausreichend genug zu sein, so dass ich hier auf sie verweisen kann und es für überflüssig halten darf, auf diese Frage nochmals zurückzukommen. Nur darauf möchte ich noch an dieser Stelle besonders hinweisen, dass auch Herd man gelegentlich die Bezeichnungen Merosomata und Holosomata anwendet, aber es geschieht das in einem anderen Sinne als es Sluiter tliat. Obwohl Herd man der Ansicht ist. dass die Synasr Systeme von Sliiitor und Jnlin. 1065 cidien polyphyletischen Ursprungs sind, hält er es doch für zweckmässiger, wie früher (p.77), diese Gruppe im alten Umfang als 2,Unterordnung(Asci- diae compositae) aufrecht zu erhalten ; nur M i 1 n e - E d w a r d s' sociale Ascidien zählt er als Familie der Clavelinidae der 1. Unterordnung der A sc i- diae simplices zu. Die compositen Ascidien bringt er in die zwei Gruppen (sections) der Merosomata oder Chalarosomata und Holosomata oder Pecto- somata, je nachdem eine Gliederung des Körpers in Thorax und Abdomen event. in Postabdomen vorhanden ist oder fehlt. Die Gruppe der Mero- somata deckt sich also mit der gleichbenannten im Sluit er 'sehen System, da auch diese nur Synascidien enthält. Sluiter's Holosomata dagegen bilden eine viel umfangreichere Gruppe, da sie ausser, wie bei Herd- man, Botrylliden und Polystyeliden noch sämmtliche Monascidien um- fasst. Uebrigens scheint es mir ungerechtfertigt, wenn sich Sluit er (1904) über die Einengung des Begriffs Holosomata durch Her dm an beschwert fühlt. Abgesehen davon, dass vielfach die Bezeichnungen grösserer Thier- gruppen die gleichen geblieben sind, auch wenn einzelne Familien an anderen Stellen des Systems untergebracht wurden, hat überdies Herd- man noch die neuen Gruppenbezeichnungen Chalarosomata und Pecto- somata in Vorschlag gebracht. Die Eintheilung der Synascidien nach dem Vorhandensein oder Fehlen einer Gliederung des Körpers in hintereinander liegende Abschnitte wird man vielleicht als begründet ansehen können. Um so auffallender aber ist es, dass Her dm an dieses Eintheilungsprincip nicht consequent durchführt, sondern in seiner Familie der Clavelinidae (Ascidia socialia) viele Gattungen zusammenfasst, obwohl diese ganz gleiche Verschiedenheiten zeigen wie die Holosomata und Merosomata. Nach den neuesten Untersuchungen von Julin über die Entstehung des Kiemenkorbes der Ascidien und über den Bau der Archiascidia (1904) müsste man nach ganz anderen Principien verfahren, um zu einem natür- lichen System der Ascidien zu gelangen. In erster Linie massgebend ist die Zahl der primären Kiemenspalten oder Protostigmata (fentes bran- chiales), von denen sich alle definitiven Spiracula der ausgebildeten Kieme ableiten (vgl. p. 882 fg.). Während bei Appendicularien, Salpen, Pyrosomen und Dolioliden nach Julin zeitlebens nur ein einziges Paar Protostigmata bestehen bleibt, oder sich doch wenigstens die zahlreicheren Spiracula der Pyrosomen und Dolioliden von einem solchen Paar ableiten, besass bereits die Stammform der Ascidien, die Protoascidia, zwei Paar Primärprotostigmata. Bei keiner jetzt lebenden Ascidie finden sich diese beiden Spaltenpaare noch unverändert und ungetheilt vor. Am nächsten steht der Stammform die Archiascidia ncapolitana Julin, beider jederseits nur 2 Spaltenreihen vorkommen. Jedes Protostigma ist in eine Spaltenreihe aufgelöst, aber eine weitere Vermehrung der Reihen ist noch nicht eingetreten. Julin bildet für diese einzige Species die besondere Familie der Archiascidiidae. Bei allen anderen Ascidien finden sich mindestens jederseits 3 Spaltenreihen, und bei manchen grossen Mon- ascidien steigt die Reihenzahl auf viele Hunderte. Nichtsdestoweniger \(\{y{i Asciclien. slammon alle Spiraciila immer nur von 2 oder d Paaren Primärprotostig- mata ab, und dadurch ergiebt sich als die einzig natürliche Eintheilung der Ascidien die in 2 Gruppen oder Ordnungen (Julin). In der ersten Gruppe sind alle die Formen zu vereinigen, deren Kiemensäcke nur 2 Paar Protostigmata entwickeln (ArcJiiascidia, Clavelina, Perophora, Di- staplia). In der zweiten Gruppe bilden sich 3 Paar Protostigmata (alle Monascidien). Da die Entwickelung des Kiemenkorbes und namentlich der Kiemenspalten erst bei sehr wenigen Species genauer untersucht worden ist, begegnet die Einordnung der Ascidien in diese beiden Gruppen grossen Schwierigkeiten und ist zum Theil auch noch völlig- unsicher. Das gilt ganz besonders für die meisten Synascidien. Indessen glaubt Julin, dass alle Aplousobranchiata Lahille's (nach Ausschluss der Pyrosomen und Dolioliden) und überdies die oben genannten Socialen, wahrscheinlich also die beiden ersten Unterordnungen (Socialia und Mero- somata) Sluiter's, zur ersten Gruppe mit nur 2 ursprünglichen Proto- stigma-Paaren gehören dürften. Unsicher ist die Stellung der Botryllidae und Polystyelidae, bei denen bislang nicht festgestellt ist, wieviel selbst- ständige Protostigmata embryonal auftreten. Die Uebereinstimmung im Bau des ausgebildeten Kiemensackes mit gewissen Monascidien deutet auf 3 Paar Primärspalten hin. Ich verkenne nicht, dass die von Julin hervorgehobenen Gesichts- punkte alle Beachtung verdienen ; indessen halte ich es nicht für richtig, die systematische Eintheilung der Ascidien darnach vorzunehmen, ob in der Embryonalentwickelung 2 oder 3 primäre Protostigmata im Kiemendarm auftreten. Ganz abgesehen davon, dass wir, wie schon oben betont wurde, die Entwickelung der Kieme erst bei sehr wenigen Formen kennen und über die Vorgänge in zahlreichen Familien völlig im Ungewissen sind, scheint es mir durchaus nicht über jeden Zweifel erhaben zu sein, dass die im Embryo in der Zwei- oder Dreizahl jederseits hintereinander auf- tretenden Protostigmata nur auf ebensoviele Spalten (fentes branchiales) der Stammform hinweisen. Dazu kommt ferner, dass, wie in einem früheren Abschnitt nachgewiesen wurde (p. 869 fg.), bei vielen Ascidien die Zahl der selbständig auftretenden Durchbrechungen eine viel grössere ist und wahre Protostigmata überhaupt nicht vorkommen. Die syste- matische Einordnung dieser Formen in ein System, das nach Julin- 'schem Princip aufgestellt worden ist, würde kaum durchführbar sein, — Ungefähr gleichzeitig mit Julin, aber von diesem vollständig un- abhängig, hat auch I)amas (1904) versucht, die Systematik nicht nur der Ascidien, sondern der Tunicaten überhaupt auf Verschiedenheiten in der Entwickelungsweise des Kiemendarms, und zwar im Besonderen der Kiemenspalten, zu gründen. Wenn auch beide Forscher ihre Unter- suchungen merkwürdigerweise grösstentheils an denselben Objecten an- gestellt haben (Clavelina, Distaplia, Ferophora) und in vielen Punkten übereinstimmen, bestehen andererseits doch auch Controversen, auf die hier hingewiesen werden muss. Für Damas erscheint in erster Linie System von Damas. 1067 massgebend die Zahl der Frotostigmata. Während aber Juli n von den primären Spalten ausgeht, zählt Damas die secundären Frotostigmata (vgl. p. 883), was vielleicht in Rücksicht darauf zweckmässiger sein möchte, dass vielfach Spalten, die durchaus wie secundäre Frotostigmata aussehen, nicht durch Theilung einer ursprünglichen Frimärspalte ent- stehen, sondern sich als völlig selbstständige Ferforationen bilden. Erhebt man die Zahl der Frotostigmata zum obersten Eintheilungs- princip im gesammten Tunicatenstamm , so kann man mit Damas, unter der Voraussetzung, dass sich die Entwickelung der Kieme wirklich über- all so vollzieht, wie angenommen wurde, 5 Tunicatengruppen unter- scheiden. Allerdings glaube ich nicht, dass diese 5 Gruppen durchweg den wahren, natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen entsprechen, denn wie schon im Systeme Lahille's (vgl. oben p. 1059) werden auch hier Fyro- somen und Dolioliden mit gewissen Ascidien zusammengestellt und zu einer Gruppe verbunden. Damas unterscheidet die folgenden 5 Gruppen: 1. Foly pro Stigmata (Fyrosomidae, Doliolidae, Culeolus und Bol- tenia, Cynthiidae, Botryllidae, Folystyelidae). Die Frotostigmata bilden sich nach und nach von vorn nach hinten zu als selbstständige Ferfora- tionen, und zwar, wie es scheint, in unbeschränkter Anzahl. Sie bleiben entweder als umfangreiche Querschlitze bestehen (z.B. Fyrosoma, Culeolus und Fungulus), oder lösen sich in eine Spaltenreihe in verschiedener Weise auf (Cynthideen , Boltenia, Botrylliden und Folystyeliden). Dass jede Kiemenspalte des Fyrosoma einem Frotostigma der Ascidien im Sinne Damas' entspricht, habe ich schon vor vielen Jahren erwiesen, während erst ganz kürzlich Julin (1904) den meines Erachtens miss- giückten Versuch unternommen hat (vgl. oben, p. 1065), die Fyrosoma- kieme als eine einzige Spaltenreihe darzustellen. Auch in Bezug auf die Stellung der Cynthiidae resp. Styelidae weichen Julin und Damas weit voneinander ab, und zwar deshalb, weil ihre Beobachtungen über die p]ntwickelung der Kieme der Styelopsis grossularia zu ganz ver- schiedenen Eroebnissen geführt haben. Julin fand bei dieser Ascidie nur 3 Faar selbstständig auftretende Ferforationen (primäre Frotostigmata), die sich wahrscheinlich in sechs secundäre Frotostigmata jederseits zerlegen. Dann aber entstehen noch sechs oder mehr folgende überzählige Froto- stigmata (protostigmates surnumeraires) am hinteren Kiemendarmende: sie entstehen nach Julin nicht, wie Damas behauptet, als unabhängige und selbstständige Durchbrechungen, sondern immer nur durch Abschnürung von der hinteren Wand des nächstvorhergehenden Frotostigmas. 2. Hexaprostigmata (Molgulidae , Corellidae, Corellascidiidae. Cionidae). üeberall entstehen jederseits sechs secundäre Frotostigmata durch Theilung von drei primären. Aber diese Theilung voll- zieht sich nach zAvei verschiedenen Weisen. Bei den Molguliden sind alle drei hufeisenförmigen Frimärprotostigmata in gleichem Sinne an- geordnet und so gekrümmt . dass die drei sich neu abspaltenden Secun- därprotostigmata stets hinter jede zuerst auftretende Frimärspalte zu 1()(),S Ascidion. liegen kommen. Die drei rrimärprotostigmata liegen also dort, wo später das erste, dritte und fünfte secundäre Protostigma liegt. Bei Ciona^ As- cidia und Corella ist aber der Bogen des zweiten Primärstigmas dem ersten gegenüber spiegelbildlich orientirt, und daher entspricht die Lage dieser drei ersten Perforationen der späteren des ersten, vierten und fünften Secundärprotostigmas (vgl. die Tabelle auf p. 887). Die Auflösung der sechs Paar Protostigmata in Spaltenreihen vollzieht sich wieder bei Cionidae, Ascidiidae und Corellidae in dreierlei verschiedenen Weisen und auch anders als bei den Molguliden, so dass innerhalb der Gruppe der Hexaprostigmata mindestens vier verschiedene Typen der Spalten- bildung zu unterscheiden sind, die ebensovielen Gruppen im System entsprechen. 3. Tetraprostigmata (Perophoridae). Obwohl bei PeropJiora nur zwei Paar primäre Perforationen auftreten, deren Lage der ersten und vierten Spaltenreihe des ausgebildeten Thieres entspricht, rechnet Damas doch diese Ascidie nicht der folgenden Gruppe zu , sondern bildet für sie die besondere Abtheilung der Tetraprostigmata. Die Gründe für dieses Vorgehen scheinen mir nicht überzeugend. Nach vollzogener Zweitheilung jeder Spalte sind vier Spaltenpaare gebildet, und nachdem bestimmte Lageveränderungen eingetreten sind, findet man jederseits die vier Spalten an den Stellen, an welchen später die vier ausgebildeten Spaltenreihen liegen. Nach einer weiteren Theilung der ersten und vierten Spalte sind sechs Spaltenpaare entstanden, aber infolge nachträglicher Verschiebung der neu entstandenen Perforationen nach der Mitte zu liegen bald in der ersten und vierten Reihe nur je eine Spalte, in der zweiten und dritten Reihe aber je zwei. Die beiden Mittelreihen bauen sich also nach und nach von der ersten und vierten Reihe aus auf. Alle folgenden Spiracula in jeder Reihe entstehen durch Theilungen dieser zunächst vorhandenen. 4. Di pro Stigmata (Clavelinidae — Clavelina, Disfaplia — Diploso- midae, Polyclinidae , Didemnidae). Jederseits entstehen zwei Proto- stigmata, die sich in eine wechselnde Zahl Kiemenspaltenreihen auflösen können. Allerdings ist sowohl bei Clavelina, als auch bei Distaplia nach- gewiesen, dass von diesen primären Perforationen nur wenige definitive Stigmata direct durch Theilung entstanden sind, weitaus die meisten dagegen als neue, selbstständige Durchbrechungen sich bilden. 5. M 0 n 0 p r 0 s ti g m a t a (Appendicularien, Salpen). Jederseits bleibt nur ein Protostigma zeitlebens ungetheilt bestehen. Die hierher gehörigen Formen stehen der Stammform aller Tunicaten am nächsten und finden im System der A sei dien keinen Platz. Einen völlig abweichenden Standpunkt nimmt Perrier (1898) bei der Beurtheilung der Systematik der Ascidien ein. Er geht von der irrthümlichen Ansicht aus, dass die am complicirtesten gebauten Ascidien als die ursprünglichsten Tunicaten anzusehen seien, die der Stammform am nächsten ständen. Als eine solche Stammform betrachtet er einen Perrier's System der Ascidien. 1069 aiiipliioxiiriähnlicheii Organismus, der sich, mit seinem Hinterende fest- geheftet hätte. Die Appendicuhirien hält er für ganz abweichend gebaiite Formen, die keine ursprünglichen Verhältnisse mehr aufweisen und; sieh in keiner Weise auf die Stammform der Tunicaten beziehen lassen. Die Ascidien sondert Perrier in drei Gruppen, für die er neue Namen wählt: I. Plourogona. Sie enthalten die ursprünglichsten, aber keines- wegs am einfachsten gebauten Ascidien. Hierher gehören die Gynthi(?n und Boltenien , die Molgulidae , Styelidae und Botryllidae. Die , Oe-- schlechtsorgane liegen wandständig. Wo sich Knospen entwickelny , 1)G- theiligt sich an deren Bildung die Peribranchialvvandung. -j: II. Hemi- oder Enterogona. Sie umfassen die Ascidiidae, Cionidae, Distomidae, Clavelinidae. Die Geschlechtsorgane liegen in der Darmschlinge. Die Knospen entstehen, wo sie überhaupt auftreten, im Zusammenhang mit dem Epicardium. III. Hypogona. Sie sind die am einfachsten gebauten Ascidien und daher wahrscheinlich die phylogenetisch jüngsten Formen. Ueberall tritt Knospung, und zwar sehr früh auf. Hierher gehören die Polyclini- dae und Didemnidae. 2. Specielle Darstellung des Systems bis auf die Gattungen herab. Bei der Aufstellung eines natürlichen Systems begegnen uns die ersten Schwierigkeiten bei der Zusammenfassung der Species zu Gattungen und bei der Abgrenzung der verschiedenen Gattungen gegeneinander. Indessen sind diese Schwierigkeiten bei den Ascidien kaum erheblich grösser als in anderen Thierclassen, sobald man sich einmal damit ver- traut gemacht hat, dass die äussere Körperform der Ascidien innerhalb einer Gattung, wie es ja auch innerhalb einer Species der Fall sein kann, sehr weiten Schwankungen unterliegt. Immerhin wird man aber im Folgenden eine ganze Eeihe von Gattungen angeführt finden, deren Existenz von den einen Forschern behauptet, von den anderen be- zweifelt wird. Von principiell grösserer Bedeutung sind die Schwierigkeiten, die auftreten, wenn man darangeht, die Gattungen zu Familien zu gruppiren. lieber die zweckmässigste Eintheilung und Abgrenzung der Familien und Subfamilien wird wohl niemals eine völlige Uebereinstimmung zu erzielen sein,, aber eine besondere Bedeutung wird dem Unterschied kaum beigemessen werden können . ob eine bestimmte Gruppe als Familie oder nur als Subfamilie angeführt ist. Bedeutungsvoller ist es, wenn eine bestimmte Gattung, deren Organisation klar erkannt ist, von den einen in diese, von den andern in jene Familie gestellt wird, weil die Dia- gnosen der Familien nicht hinreichend scharf gegeben sind. Im Verlaufe der folgenden Darstellung findet sich bei mehreren Gattungen die Be- 10 7() Asi'idien. inerkuiiü'. dass ihre systematische Einordnung- 'zweifelhaft ist oder ver- schieden beurtheilt wird. Das gilt z.B. von Tylohranchion, das Herd- man zu den Tolyclinidae , Lahille zu den Cionidae stellt, von PJiodo- soma, das die einen zu den Cionidae, die anderen zu den Corellidae zählen. Die grössten Schwierigkeiten aber bietet die Zusammenfassung der verschiedenen Familien zu grösseren Gruppen, seien sie Ordnungen oder Unterordnungen genannt. Das früher ziemlich allgemein geübte Ver- fahren, die Eintheilung vorzunehmen auf Grund des Vorhandenseins oder Fehlens der Knospung und auf Grund von gewissen Verschiedenheiten der Stockformen ist jetzt längst aufgegeben worden. Es hat sich nun- mehr gezeigt, dass die Knospung nicht nur einmal, sondern mehrmals selbstständig und unabhängig im Laufe der phylogenetischen Entwickelung der Ascidien aufgetreten ist, und dass es daher unstatthaft ist, einerseits alle Knospen bildenden Formen als Synascidien beziehungsweise als Ascidia socialia zusammenzufassen und diesen alle lediglich ge- schlechtlich sich fortpflanzenden Arten als Monaseidia entgegenzu- stellen. Ein solches Eintheilungsprincip hat vielleicht noch seine volle Berechtigung bei der Abgrenzung von Familien, obwohl neuerdings von bemerkenswerther Seite (Hartmeyer, Micha eisen) in ein und der- selben Familie zusammengesetzte und einfache Ascidien vereinigt wurden (Styelidae). Immerhin wird man aber danach trachten müssen, eine solche Vereinigung nach Möglichkeit zu vermeiden. Bei der Schaffung von Familien lässt sich das auch meiner Meinung nach ganz gut durch- führen, bei der Aufstellung von höheren Gruppen aber nicht, denn in mehreren verschiedenen Ordnungen ist die Knospenvermehrung selbst- ständig und unabhängig zur Ausbildung gelangt. So ist z. B. die pal- leale Knospung der Polystyelidae und Botryllidae in diesen von den übrigen Synascidien ganz entfernt stehenden Gruppen spontan aufgetreten, und ein Aehnliches gilt vielleicht von der Perop/^oya-Knospung. Die anderen Knospungsweisen lassen sich zwar ebenfalls nicht als Modifi- cation eines gemeinsamen, ursprünglichen Knospungsvorganges erkennen, aber die Gruppen, bei denen sie vorkommen, sind doch zweifellos ein- ander näher verwandt, so dass ihre Zusammenfassung zu einer Ordnung geboten erscheint, auch wenn in dieser die Knospenfortpflanzung sich mehrmals herausgebildet hat. Es ist bisher nicht geglückt, die Familien der Ascidien in natür- liche und scharf voneinander abgegrenzte Ordnungen oder Unterordnungen unterzubringen, und die Aussichten, dass dies demnächst geschehen könnte, scheinen so gering, dass neuerdings manche Forscher (Hart- meyer) sich damit begnügt haben, in der systematischen Uebersicht der Ascidien einfach die Familien aneinanderzureihen und eine Zu- sammenfassung dieser in höhere Gruppen nicht mehr zu versuchen. Zweifellos umgeht man damit eine bedeutende Schwierigkeit, die die Systematik der Ascidien darbietet, aber andererseits macht sich doch der Uebersicht über die Ordnungen und Familien. 1071 Mangel von Gruppen höherer Ordnung recht deutlich bemerkbar, wenn jeder gemeinsame Name für eine Mehrheit von Familien fehlt. Ich werde daher dem Vorgang Hartmeyer's hier nicht folgen und die 17 Fa- milien, die im Folgenden unterschieden werden, in vier Ordnungen bringen. Bei der Feststellung dieser höheren Gruppen greife ich auf ältere Systeme zurück , die nur einen viel geringeren Formenreichthum kannten und viel mannigfachere Gattungen unter einem gemeinsamen Familiennamen zu- sammenfassten, als es jetzt der Fall ist. Vielfach kommt jenen alten Ascidienfamilien jetzt etwa der Werth von Ordnungen zu: doch sind diese durch eine Besonderheit ausgezeichnet. Es scheint nämlich, dass manche Ordnungen einen polyphyletischen Ursprung genommen haben : jedenfalls lassen sich die ihnen zugehörigen Gattungen nicht in einer Reihe immer vollkommener organisirter Formen anordnen, und manche 'S' ähnliche Eigenthümlichkeiten haben sich selbstständig und unabhängig voneinander in den verschiedenen Ordnungen ausgebildet. In jeder Ordnung kann man von ziemlich einfach organisirten Formen ausgehen, die sich nach verschiedenen Richtungen hin weiter entwickelten. Zum Tbeil führte die phylogenetische Entwickelnng zur Schaffung grosser und complicirt gebauter solitärer Ascidien, nach einer anderen Richtung hin bildeten sich durch das Auftreten der Knospenfortptianzung Ascidien- stöcke aus, deren Zooide im allgemeinen einen nur wenig hoch ent- wickelten Bau aufweisen, zum Theil sogar Rückbildungen gewisser Or- gane erkennen lassen. In einer Ordnung (Aspiraculata), die freilich nur eine Species enthält, haben wir es allerdings nicht mit einer nach vielen Richtungen hin erfolgten phylogenetischen Umbildung zu schaffen, sondern die Umbildmm- einer vielleicht zu den Molguliden uehörenden Vorfahren- form hat einen so eigenartigen Weg eingeschlagen , dass gewisse typische Eiorenthümlichkeiten des Tunicatenstammes bei der ausgebildeten Form vollständig verwischt Averden konnten. Aus der folgenden tabellarischen Uebersicht ergiebt sich leicht das System der Ascidien, das weiter unten bei der Besprechung der Gattungen eingehalten ist: Ordnungen. Familien. Öubfaniilien. r,. . , (1. Cioninae. 1. Cionidae. ; ^ ^, , I. Diktyobranchia. II. Ptvchobranchiii. 1^ 2. Rhodosominae. 2. Perophoridae. 3. Ascidiidae. 4. Corellidae. 5. Corellascidiidae. 6. Hypobythiidae. -i tu r 1 i 1- Styelinae. 1. btyelidae. < ^ ^^ , [^ 2. relonaunac. 2. Botryllidae. 8. Polystyelidae. , ,, ,, .. , M. Cvnthiinae. 4. Cvntlnidae. < ^ " ,^ .. (^ 2. Boltenunae. 5. Molgulidae. 101-2 Ascidien. 0 nl IUI iii,'!' II. 111. A.spiraoulata. Familien. S u bt anii 1 ic ii. 1 . Hexacrobilidae. IV. Krikol)ranchia. 1. Clavelinidae. 1 . Claveliniiiae. 2. Diazoninao. 2. Distomidae. 3. Coelocormidac. 4. Didemnidac. j 1. Polyclininac. 5. Polyclinidae. j 2. Pharyngodiotyoninao. I 3. Euherdmaninae. /. 0 r d n II ny : JMkt yohr a n c h i rt .*) Als die l. Ordnung- bezeichne ich eine Gruppe, die von mehreren älteren Autoren bereits als eine natürliche und ziemlich scharf abge- o-renzte betrachtet wurde. Zumeist wurde ihr nur der Werth einer Fa- milie zuerkannt, und auch Her dm an hat fast alle in dieser Ordnung- angeführte Arten als Familie Ascidiidae (p. 1057) zusammengefasst. Er hat diese Familie in 4 Subfamilien getheilt, und diese erscheinen hier als ebensoviele selbstständige Familien: Cionidae, Ascidiidae, Corellidae und Hypoby t hii dae. Einige damals noch gar nicht oder nur ungenügend bekannte Arten sind hier als eine weitere fünfte Familie (Cor eil a sei dii dae) in die I. Ordnung gestellt worden, und ferner hat hier auch ihren Platz gefunden die Familie Perophoridae, die Her dm an als Gattung wohl kannte, die er aber nicht zu seinen Ascidiidae stellte, sondern an einer ganz anderen Stelle im System unter- brachte. Die Einordnung- der Perophoridae bedingt einen wichtigen Unterschied der Ordnung Diktyobranchia gegenüber der Herdman- * sehen Familie Ascidiidae. Ein gemeinsames anatomisches Merkmal, das alle Species und Gattungen dieser Ordnung kennzeichnen und von allen anderen Ord- nungen scharf unterscheiden möchte, lässt sich nicht feststellen, und es kommt hier, wie auch in manchen anderen grossen Gruppen, auf die Summe der Merkmale an , auf die Art und Weise , wie die verschiedenen Eigenschaften combinirt sind. Eine scharfe Sonderung des Körpers in Thorax und Abdomen kommt nie zur Entwickelung, wenngleich auch zu- weilen der Körper deutlich gestielt erscheinen kann und manchmal die Eingeweide zum grossen Theil hinter den Kiemendarm (Oiona) rücken können. Im Kiemendarm fehlen die regelmässigen Längsfaltungen der Gesammtwandungen, die viele, aber nicht alle Gattungen der folgenden, zweiten Ordnung auszeichnen. Innere Längs- und Quergefässe hatte schon die Stammform besessen: im weiteren Verlaufe der Entwickelung- treten bald die einen, bald die anderen stärker hervor. Nm- in einer Familie (Hypobythiidae) erfuhr der Verlauf der inneren Gefässe an alleji Stellen eine so bedeutende Störung-, dass ein sehr eigenthümliches Gitter- *) ihxTVüjTüi:, gittertönnig. Familio Cionidae. 1073 werk entstand, in dem deutliche innere Quer- und Längsgefässe nirgend mehr zu unterscheiden sind. Nur in einer Gruppe scheint einmal Knospenfortpflanzung aufgetreten zu sein, bei Formen, die noch einen ziemlich einfachen Bau bewahrt hatten (Perophoridae). Diese stockbildenden Ascidien stellen nur einen kleinen Seitenzweig im phylogenetischen Entwickelungsgang der Ordnung dar und haben weiterhin keine wesentlichen Umbildungen mehr erfahren. Complicirter organisirte Formen treten nur unter den aus- schliesslich geschlechtlich sich fortpflanzenden Ascidien auf, und unter diesen erscheint zuweilen der Kiemenbau sehr verwickelt. 1. Familie. Cionidae, Lahille, 1887. Eine besondere Gruppe der Cionen ist schon seit längerer Zeit all- gemein anerkannt, aber über den Umfang und die Bedeutung dieser Gruppe gehen die Ansichten weit auseinander, Lahille, Sluiter und an- dere sprechen ihr den Werth einer Familie zu. Während aber Lahille (1890) die Familie Cionidae in ziemlich weitem Sinne fasst und ausser Ciona noch die Gattungen TylohrancMon, Ectchmscidia, Biazona und üho- palona in sie hineinstellt, enthalten die Cioniden bei Sluiter (1904) nur zwei Gattungen, nsimlich Ctojta und Rhodosoma, und bei Hartmeyer (1903) sogar nur die einzige Gattung Ciona, da dieser Forscher die Gattung RJwdosoma, wie es Lahille thut, zu den Corelli dae stellt. Andererseits kennt Herd man, wie vor ihm schon Roule (1884), nur eine Sub- familie der Cionina e, die aber genau den gleichen Umfang hat, wie die Familie Cionidae bei Sluiter. Ich kann der Auff'assung Lahille' s nicht folgen und eine Familie der Cionidae in jenem weiten Umfang nicht anerkennen. Insbesondere sehe ich keinen hinreichenden Grund, hier in einer Gruppe stockbildende und einfache, niemals knospende Ascidien zusammenzufassen. Die Ueber- einstimmungen im Bau der (h'ona einerseits und Tylobrancliion oder Ec- teinascidia oder Diazona andererseits scheinen mir so gross nicht zu sein, dass sie die Aufstellung einer gemeinsamen Familie für gerechtfertigt er- scheinen Hessen. Verwandtschaftliche Beziehungen dürften allerdings zwischen Ciona und Illioimlaea bestehen, und es liesse sich auch recht- fertigen, wenn man diese letztere Gattung zu den Cioniden stellte, denen sie darin gleicht, dass der Darm hinter der Kieme gelegen ist. und dass eine Knospenfortpflanzung wahrscheinlich nicht vorkommt. Jedenfalls ver- mittelt die B,liop(daea den Zusammenhang zwischen Cionidae und Cla- velinidae, resp. sogenannten socialen Ascidien. Wenn ich die Bhopcdaea nicht hier, sondern an anderer Stelle behandele, so geschieht es besonders aus dem Grunde, um in diesem Werke von den gebräuchlichsten Asci- diensystemen nicht allzusehr abzuweichen und dem Leser die Uebersicht und das Nachschlagen nicht zu erschweren, solange wenigstens ein Eegister noch fehlt. Bronn, Klassen des Thier-Keichs. UI. Spplt. 68 1074 Ascidion. Ausser Ciona rechne ich in die Familie der Cionidae die Gattung L'Jiodosonia. Ich folge hierin dem Vorgehen H er dm an' s, obwohl ich die Verwandtschaft ZAvischen diesen beiden Gattungen für weniger innig halte als dieser; aber ich glaube allerdings, dass die eigenartigen Ver- hältnisse bei Bhodosoma sich erst verhältnissmässig spät entwickelt haben, von einer Vorfahrenform aus, die der Ciona nicht sehr unähnlich war. Die Entwickelungsreihe ist jetzt nicht mehr vollständig erhalten, und Ciona und Bhodosoma zeigen in ihrem fertigen Bau so bedeutende Unter- schiede, dass es am zweckmässigsten erscheint, beide als Vertreter von zwei besonderen Subfamilien im System anzuführen. Die geraeinsame Familiendiagnose der Cionidae würde sich dann etwa in folgender Weise geben lassen: Körper mehr oder minder cylindrisch, zuweilen, als individuelle Variation, gestielt, gewöhnlich am Hinterende festsitzend. Cellulosemantel meist gelatinös und nur massig dick, bei Bhodo- soma knorpelig, und zu einem gedeckelten Apparat umgeformt. Beide Körper Öffnungen gelappt. Mundtentakel einfach, fadenförmig. Kiemendarm meist mit wohlentwickelten inneren Längsgefässen, mit oder ohne Papillenbesatz. Kiemenspalten in der Kegel längsgestreckt. Dorsalfalte mit Kückenzapfen versehen. Verdauungstractus hinter oder rechts neben dem Kiemendarm gelegen. Geschlechtsorgane in unmittelbarer Nachbarschaft des Darmes gelagert. Zu unterscheiden sind folgende 2 Subfamilien, die sich äusserlich in folgender Weise kennzeichnen: Cellulosomantel überzieht gleichartig und continuirlich die ganze Körperoberfläche 1. Subfam. Cionina e. Cellulosemantel in Abschnitte getheilt, die gegeneinander articuliren 2. Subfam. Ehodosominae. 1. Subfamilie. Cioninae, Koule, 1884. (Savigny, 1816.) Die ünterfamilie der Cioninae fällt zusammen mit der Gattung Ciona. Zwar hat Koule (1886) noch eine zweite, der Ciona nahestehende Gattung als Pleurociona unterscheiden, aber es scheint, dass die angebliche Pkii- rociona Edwnrdsi nicht einmal eine besondere neue Species, sondern durchaus identisch ist mit der altbekannten Ciona intestinalis. Koule hatte bereits 1884 die Gattung Ciona als „Tribu des Cionidees" allen andern Ascidiiden gegenübergestellt, namentlich auf Grund der geringeren Ausdehnung des Kiemendarms nach hinten hin. Herz, Geschlechtsor- gane und ein grosser Theil des Verdauungstractus liegen daher hinter der Kieme und nicht neben ihr, zum Theil in einem besonders umgrenzten Abschnitt der primären Leibeshöhle. Subfamilic Cioninae, Gattung Ciona. 1075 Koule's Gruppe, die den Wertli einer Subfamilic luit, deckt sich ge-- nau mit einem Theil des umfangreichen alten Genus FluiUiisia, und zwar mit Savigny's dritter Tribus dieser Gattung, die er als Phallusia Cionae bezeichnet hat. Die Subfamilie Cioninae Hesse sich etwa in folgender AVeise de- tiniren : Körper cylindrisch gestielt oder ungestielt, am Hinterende fest- geheftet, Cellu losem an tel gelatinös, nur höchstens am Hinterende ansehn- lich dick. Ingestionsöffnung mit 8, Egestionsöf fnung mit 6 Lappen. Ki e m e n d ar m nicht bis an das hinterste Körperende reichend. Innere Längsgefässe stets vorhanden, mit oder ohne Papillen. Innere Querge- fässe gewöhnlich vorhanden; parastigmatischo Quorgefässe vorhanden oder fehlend. Verdau ungstr actus zum grössten Theil hinter der Kieme ge- gelegen, ebenso Herz und Geschlechtsorgane. Nur 1 Gattung, Ciona, mit Sicherheit unterschieden. Gattung Ciona, Fleming, 1828. (Savigny, 1816.) (Taf. XXXIII, Fig. 1 u. 2; Taf. XL, Fig. (5.) Obwohl der Gattungsname Ciona erst von Fleming eingeführt wurde, ist doch bereits von Savigny die hierher gehörende Formengruppe scharf abgegrenzt worden. Bei dem weiten Umfang des Gattungsbegriftes zur da- maligen Zeit erschien das gegenwärtige Genus Ciona nur als eine be- sondere Gruppe von Species innerhalb des Aveiten Genus Pliallusia. Es stimmt vollständig überein mit Savigny's dritter Tribus „Phallu- siae Cionae", die in folgender Weise charakterisirt wird : „Sac branchial droit, plus court que la tunique, et depasse par les visceres de l'abdomen." Savigny rechnet zwei Formen in diese Gruppe: die Ph. intestinalis und Ph. canina, denen man jetzt allerdings zumeist nur den Werth von Varie- täten beimisst. Ob die Gattungsbezeichnung Ciona gerechtfertigt ist, kann zweifel- haft erscheinen. Bohadsch (1761) führt die Ciona intestinalis als Te- thi/um fasciculatuui (nieintjranaceuni) an. Unter demselben Gattungsnamen Tetliymn beschreibt er auch einige andere Monascidien, die jetzt als Cyn- tJiia oder Halocyntliia {C. papillata) und Ascidia {A. gehitinosum L., die möglicherweise mit der Ascidia »icntula Müll, identisch ist) bekannt sind. Der alte Gattungsname Tethynm wurde später wieder eingezogen. und im Jahre 1767 stellte Linne die jetzt als Ciona bekannte Form in die Gattung Ascidia, unter welchem Namen er alle ihm bekannten Mo- nascidien vereinigte. Nachdem es sich gezeigt hatte, dass die von Linne als Ascidia bezeichneten Arten unmöglich alle in einer Gattung vereinigt bleiben können, Avurde auch die Ascidia intestinalis als eine besondere Gattung abgetrennt. Dieser gab Fleming den Namen Ciona, den bereits 68* 1076 Ascidien. Savi<4nv in etwas anderem Sinne verwerthet hatte. Den jetzt zumeist oebräuchlichen Nomenclaturregeln zufolge hätte statt des Namens Ciona besser die ältere Gattungsbezeichnung Tethjum wieder angewendet werden sollen; es wäre aber liöchst unzweckmässig, jetzt auf die alte Bezeichung von Bohadsch zurückzugreifen für eine Form, die seit 80 Jahren all- o-emein unter einem andern Namen bekannt ist. Körper cylindrisch langgestreckt, ca. 3— 5 mal so lang als breit, zu- weilen deutlich gestielt {C. intestinalis var.longisswiaRsii't.). Festheftung ent- weder durchFortsätze des Cellulosemantels am hintersten Körperende (C.m- tcstinalis), oder ohne Fortsätze mit glatterer Fläche weiter vorn, der Körpermitte nahe {C. Savigmji). Ingestions- und Egestionsöffnung an der Spitze mehr oder minder längsgestreckter Siphonen, nebeneinander am vorder- sten Körperende gelegen. 8 Mund-, 6 Egestions-Lobi; Mundtentakel stets einfach fadenförmig. CeUulosemantel weich und biegsam, ohne Hohlzellen; dünn, nuram hintersten Ende zuweilen stärker verdickt. Gang- lion und Subneuraldrüse dicht hinter dem Flimmerbogen, der Basis beider Siphonen nahe. Kiemendarm nicht bis in das hinterste Körper- ende reichend; niemals ausgeprägte Gesammtlängsfaltungen der Kieme, doch zuweilen unregelmässige, kleine buckeiförmige Erhebungen und tellerförmige Vertiefungen. Kiemenspalten längsgestreckt ; i n n e r e L ä n g s- gefässe Seitenzapfen (Papillen) tragend, oder ohne Papillen. P ara stig- matische Quergefässe vorhanden oder fehlend. Dorsallamina mit langen Rückenzapfen. Verdauungstractus zum grössten Theil hinter dem Kiemendarm gelegen, ebenso Herz und Geschlechtsorgane. Ova- rium unpaar innerhalb der Darmschlinge; Hoden am Instestinum, aus zahlreichen dicht gedrängten Schläuchen zusammengesetzt. Oviduct und Vas deferens begleiten den Enddarm und münden vor dem After in die Cloake. Musculatur rechts und links gleichmässig entwickelt, nament- lich Längsmuskelzüge kräftig ausgebildet. Als Niere sind orangefarbene Mesenchymzellhaufen am Vas deferens gedeutet worden, obwohl Concre- tionen in ihnen sich nicht haben nachweisen lassen. Im hintersten Körper- absclinitt liegt die Perivisceralhöhle, die von besonderen epithelialen Wandungen begrenzt und durch Ausstülpungen vom Kiemendarm aus eustanden ist. Sie gilt den Epicardialhöhlen homolog. Nur wenige Species sicher bekannt, von denen manche (C. intestinalis) eine sehr erhebliche Variabilität zeigen, so dass mehrere, ziemlich scharf abgegrenzte Varietäten unterschieden werden können. Die Gattung ist kosmopolitisch: vorwiegend findet sie sich in den gemässigten Zonen, fehlt aber weder im hohen Norden und südlich von Südamerika, noch auch in der tropischen Region des indischen Oceans Lebt vorwiegend im seichteren Wasser, findet sich aber auch in Tiefen bis zu 300 m (z. B. Ciona indica im niederländisch -ostindischen Archipel 69—274 m). Subfamilie Khodosominiie, Gattung Bhodosoma. 1077 2. Subfamilie. Rlio dosoniinae. Die einzige Gattung, die in die Subfamilie der Rlio dosominae gehört, wird von mehreren Forschern an einer ganz anderen Stelle im Ascidiensystem untergebracht. L a h i 1 1 e , und Hart m e y e r ist im hierin gefolgt, stellen lUwdosoma in die Familie der Corellidae, beziehungs- weise in die Subfamilie Cor ellasci diinae. Obwohl gewisse Aelm- lichkeiten mit dieser Gruppe bestehen, schliesse ich mich doch lieber Her dm an und Sluiter an und stelle das Bhodosoma in die Nähe von Ciona^ indem ich für beide Gattungen besondere Subfami- lien bilde, resp. beibehalte. Die Unterschiede zwischen den beiden Unter- familien sind namentlich bei äusserer Betrachtung sehr erheblich, wie sich aus der folgenden Diagnose der Gruppe ergiebt. Körper cylindrisch oder unregelmässig. Cellulosemantel ziemlich hart, knorpelig, keine einheitliche con- tinuirliche Schicht bildend, sondern in gesonderte Abschnitte getheilt, die miteinander articuliren. Inge stions Öffnung mit 7 — 8, Egestions Öffnung mit 6 Lappen. Kiemen da rm mit inneren Längsgefässen, die auf Papillen sitzen. Längsgefässe zuweilen rückgebildet und durchgegabelte Papillen vertreten. Darmtr actus rechts neben der Kieme gelegen. Geschlechtsorgane beim Darmcanal gelagert. Nur eine Gattung {RJwdosoma) bekannt. G diu iing Bhodosoma, Ehren her g, 1828. (Taf. XXXIII, Fig. 3.) Das Genus Bhodosoma wurde 1828 von Ehrenberg für eine neue, aus dem rothen Meere stammende Form (Bh. verecundiim) aufgestellt und kurz durch folgende Diagnose charakterisirt : ,,Quoad formam anima- lium novam attulimus Ascidias bivalvibus Molluscis externa etiam forma adnectentem, Ascidiam scilicet tunica cartilaginea bivalvi indutam (1828, p. 6). Eine ausführlichere Beschreibung einer offenbar sehr nahe verwandten Ascidie von der algerischen Küste gab später Lacaze- Duthiers (1865). Ohne von den älteren Darstellungen Kenntniss zu haben, glaubte er, dass seine Ascidie mindestens einem neuen Genus, vielleicht einer neuen Familie angehöre und nannte sie Chevreulius callensis. Hierher gehören ferner zwei von Stimpson (1855) unter dem Gattungsnamen Schimscus (Seh. pelliicidus u. Seh. papillosus) beschriebene Formen aus dem chinesischen Meer und Macdonald' s (1862) Pera Uuxleyi, die später in Peroides umgenannt wurde, aus den Gewässern der tropischen Zone. Ob aber, wie Heller, Her dm an und andere als erwiesen annehmen, alle diese Formen wirklich nur eine Gattung bilden, scheint mir bis zu einem gewissen Grade zweifelhaft zu sein. Auch die Identität der Art von Lacaze's Chevreidius callensis und Hellers Bhod. callense muss durch Nachuntersuchung der Original- exemplare noch geprüft werden, da die Angaben beider Autoren über den JOyg Ascidien. Biui (los Kicinoiidarines in selir Ijeinorkenswerther Weise sich unterscheiden. (Vgl. Texttigiiren 97 yl ii. i>, p. 414). Während Lacaze nur quer ver- laufende Flimmerreifen zwischen den Reihen der elliptischen oder kreis- ähnlichen Kiemenspalten kennt, findet Heller mit Papillen besetzte innere Längsgefässe und lange, schlitzförmige Kiemenspalten. Beständen in der That diese Verschiedenheiten, so könnte natürlich an der Identität der Formen nicjit länger festgehalten werden. Die Gegensätze würden meines Erachtens vollkommen ausreichen, um die Aufstellung nicht nur verschiedener Species, sondern auch Gattungen zu rechtfertigen. Dann würde es sich um so zweckmässiger erweisen, diese von allen anderen Ascidien leicht und scharf zu unterscheidenden Gattungen von der Ciona weiter zu trennen und in einer besonderen ünterfamilie als Rhodoso- mi na e zusammenzufassen. Das wichtigste, schon bei äusserer Betrachtung sofort auffallende Merkmal besteht in der Umbildung eines Theils des äusseren Cellu- losemantels zu einem einer zweiklappigen Muschelschale ähnlichen Gebilde. Die Sciialen stellen ziemlich harte, hörn- oder knorpelartige Verdickungen des Cellulosemantels dar. Mit der hinteren, die den grössten Theil des Körpers umhüllt, ist das Thier festgewachsen: die vordere, kleinere liegt ihr wie ein Deckel auf und ist beweglich um ein vorn auf der rechten Körpersoite horizontal (llh. callense) verlaufendes Charnier, an Avelchem beide Schalen ineinander übergehen. Im weiten Umkreis um die Siphoneu bleibt der Cellulosemantel weich und biegsam, so dass diese vorderste Körperregion zurückgezogen werden kann, wenn der Deckel über ihr sich schliesst.^ (Vgl. Taf. XXXIII, Fig. 3, Textfig. 38, p.217.) DerVerschluss des Deckels erfolgt durch besonders umgestaltete, nahe beim Charnier sich inserirende Muskeln der Leibeswandung, die Oeffnung bei Längsstreckung des Thieres infolge der Elasticität der Leibeswandung nach Erschlaffung der Muskelcontraction. Nach Heller soll ein besonderer, an der Innenseite der ]\Iitte des Deckels sich be- festigender Muskel die Oeffnung der Schalen bewirken; es ist aber nicht einzusehen, Avie das möglich sein könnte. Inge stion soff nun g mit 7 — 8, Egestions Öffnung mit 6 Lobis und ebensovielen Ocellen. Zahlreiche fingerförmige Mundtentakel. Angaben über den Bau des Kiemen korb es controvers (vgl. Textfig. S)1A\\.B). Nach Hartmeyer finden sich auf zungenförmigen Zapfen oder Papillen innere Längsgefässe, die freilich stellenweise ziemlich weite Rückbildungen erfahren können, so dass dann nur noch verzweigte Papillen übrig bleiben. Dorsallamina mit Zapfen besetzt. Ver- dauungstrac tus rechts vom Kiemendarm gelegen, Magen innen längs- gefaltet. Geschlechtsorgane unpaar , dem Magen und Intestinum anliegend. Ovarium aus ziemlich regelmässig verzweigten Läppchen zusammengesetzt; Hoden eine unregelraässig gelappte Masse bildend. Sechs bis sieben Species beschrieben aus Mittelmeer, wärmeren und tropischen Zonen; einige davon allerdings ziemlich unsicher definirt. Familie Perophoridae. 1079 3. Familie. Perophoridae, Giard, 1872. Die Familie der Perophoridae wurde zuerst von Giard aufgestellt, und zwar für die beiden Gattungen Fcroplwra und Chondrostuchi/s. Dräsche (1883) hat diese Familie aufrecht erhalten, aber auf die Gattung Perophora beschränkt , denn Chondrostachijs und < 'xyconjnia hat er als eine neue Familie Chondrostachydae zusammengefasst. Die üebereinstim- mung zwischen den beiden Gattungen der Giard 'sehen Perophoridae bezieht sich in erster Linie auf die Stockform , denn diese entspricht durchaus typischen „socialen Ascidien", d. h. die einzelnen Zooide bleiben nahezu vollkommen gesondert und selbstständig und sind nur durch stolo- artige Fortsätze oder einen gemeinsamen Stielabschnitt lose mit einander verbunden. In Bezug auf den anatomischen Bau der Einzelthiere bestehen aber sehr weitgehende Verschiedenheiten, die eine Zusammenfassung der beiden Gattungen in derselben Familie unmöglich erscheinen lassen. Bei FeropJiora ist der Gesammtkörper einheitlich, ungegliedert, bei Chon- drostachijs ist er in Thorax und Abdomen gesondert. Der Darmtractus liegt bei den ersteren Formen neben dem Kiemendarm, bei den letzteren im Abdomen, ganz hinter der Kieme. Es entspricht wohl den natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen, wenn zu den Perophoridae nur solche Formen gerechnet werden, die, wie Perophora, einen ungetheilten Körper besitzen und die Eingeweide neben dem Kiemendarm gelagert haben. Der Kiemen- darm selbst unterscheidet sich dadurch von Chondrostachys , dass innere Längsgefässe entweder bereits wohl entwickelt sind, oder durch gegabelte innere Papillen angedeutet werden. Während Chondrostachys von Perophora entfernt werden musste, sei es, da«s es mit Oxycorynia in eine besondere Familie gestellt (Dräsche), sei es, dass es zu den Distomidae gerechnet Wurde (Her dm an), sehen wir andererseits eine Anzahl anderer Gattungen bei den Perophoridae auf- tauchen. Es sind das neben Peroj9/«ora: Pcrop)horopsis,Ecteinascidia,Shiiteria. Im Gegensatz zu Giard und Dräsche haben Her dm an und Lahille eine besondere Familie der Perophoridae nicht anerkannt, ob- wohl sie die Berechtigung aller Gattungen, die hier als den Perophoridae eigenthümlich angeführt werden, zugeben. Her dm an führt die vier genannten Gattungen in der Familie der Clavelinidae auf, so dass diese Gruppe eine ganz andere und viel w^eitere Bedeutung erhält, als es hier der Fall ist. Lahille dagegen vertheilt die Gattungen der Perophoridae auf zwei ganz verschiedene Familien. Die Gattung Fc- teinascidia stellt er zu den Cionidae; Perophora, Perop>horopsis, Sluiteria dao-eoen in die Familie der Ascidiidae. Meines Erachtens wird da- durch eine natürliche Gruppe auseinander gerissen. Die Familie der Perophoridae, in dem hier angeführten Sinne, lässt sich etwa durch die folgende Diagnose genügend scharf charakterisiren : Colonie nach socialem Typus gebaut; Einzelthiere frei und nur durch feine Stolonen oder an der Basis verbunden. 1080 Ascidien. Celliilosemantel dünn und durchsichtig, mässighart oder ganz weich. Zooide einheitlich, nicht in Thorax und Abdomen gesondert. Am Hinterende entspringt ein Stolo. Körp eröffn ungen mit wechselnder Anzahl von Lappen oder ohne Loh i. Mundtentakel einfach, in verschiedener Zahl und Grösse. Kieraendarm sehr gross, bis an das Hinterende des Körpers reichend. Spalten länglichrund, in 4 bis über 1 Dutzend Querreihen angeordnet. I n n (M- e L ä n g s g e fä s s e wohlausgebildet oder durch gegabelte Papillen vertreten. D o r s a 1 f a 1 1 e mit Rückenzapfen. Verdauungstractus links neben dem hinteren Kiemendarm ge- legen; oft mit besonderem Nachmagen und rundlichem Mitteldarm- abschnitt zwischen Magen und Intestinum. Geschlechtsorgane in und neben der Darmschleife. Knospung erfolgt an und aus dem Stolo. Zooicle fast immer ganz frei. Sociale Stöcke. Keine vollständigen Längsgefässe , nur innere Papillen vorhanden. Innere Längsgefässe vorhanden. 4 Kiemenspaltenreihen ; Ingesti- onsöffnung mit 6, Egestions- öffnung mit 4 — 6 Lobis Perophora. 15—16 Spaltenreihen. Ingosti- onsöffnung 12, Egestions- öffnung 6 Lappen . . . Zahli'eiche (ca. 18) Spaltenreihen. Körperöffnungen ohne deut- liche Lappen . . , . . Zahlreiche Spaltenreihen. Beide Körperöffnungen m.7 Lappen Sluiteria. Perophoropsis. Ecteinascidia. 1. Gattung. PeropJiora, (List er, 1834.) Wieg mann, 1835. (Taf. XXXVII, Fig. 9.) Die Gattung Theropliora wurde zuerst von List er (1834) beschrieben, erhielt aber erst ein Jahr später (1835) von Wiegmann ihren Namen. Sie galt früher mit Clavel'ma als ein typischer Vertreter der „socialen Ascidien". Colonie bis auf die Einzelthiere gespalten, traubenförmig. Cellu- losemantel fast immer dünn und durchsichtig, jedes Zooecium selbst- ständig umhüllend und ebenso die Stolonen bedeckend, die die Einzelthiere miteinander verbinden. In manchen Fällen (Perophora annectens Ritter) sprossen die Zoöcien dicht nebeneinander, und die Celluloseschicht ver- dickt sich so bedeutend, dass sie die Basis aller Einzelthiere des Stockes und gelegentlich die ganzen Tliiere umhüllt und dem Cormus ein krusten- förmiges, synascidienähnliches Aussehen verleiht. Niemals kommt es aber zur Bildung von Systemen, sondern die Egestionsöffnungen aller As- eidiozooide des Stockes münden selbstständig und getrennt direct nach aussen. Z o o i d e mit einheitlichem, nicht in Thorax und Abdomen ge- sondertem Körper. Stolofortsatz entspringt am ventralen Hinterende. Ingestionsöffnung gewöhnlich mit 6 Lobis, Egestionsöffnung (individuell verschieden) 4 — 6 lappig. Mundtentakel in wechselnder Gattungen PeropJwra und Perophoropsis. 1081 Zahl, bis gegen 40, zuweilen nach der Grösse in 2 oder 3 Kränzen an- geordnet. Kiemendarm sehr gross, bis an das Hinterende des Körpers reichend, in der Regel aber nur von 4 Spaltenreihen durchbrochen. Zwischen den Reihen ziemlich breite Quergefässe, die sich zuweilen {Pr- ropJiora annedens) zu Horizontalmembranen (innere Quergefässe) einsenken. Aus den Quergefässen entspringen innere Papillen, die gegabelt sind und sich als innere Längsgefässe fortsetzen können. Dorsal falte mit Rückenzapfen. V er d auu n g s tr a c t u s links neben dem hinteren Kiemen- darmabschnitt gelegen, nur der Oesophagus findet sich grösstentheils hinter der Kieme. Die Darmschlinge bildet eine einfach gebogene Schleife, doch schieben sich gewöhnlich zwischen Magen und Intestinum zwei besondere kleine Abschnitte ein. Geschlechtsorgane linksseitig, innerhalb der Darmschleife. Hoden traubenförmig, resp. aus mehreren Lappen bestehend, am Ende des bogenförmigen Vas deferens. Ovarium mit nur wenig- zahlreichen reifen Eiern, die sich im Peribranchialraum zu geschwänzten Larven entwickeln. Kaum 7-2 Dutzend Species bekannt. Mittelmeer und nördlicher atlan- tischer! Ocean; westliche nordamerikanische Küste, australisches Meer. Im seichteren Wasser. 2. Gattung. PeropJwropsis, Lahille, 1887 (?). Die Gattung Peroplioropsis wurde von Lahille für eine Perophora nahe stehende Form aufgestellt, die sich von dieser durch bedeutendere Grösse, eine cylindrische Körpergestalt, zahlreichere Lappen, besonders an der Ingestionsöffnung, und Besonderheiten der Kieme unterscheidet. Die Einzelthiere scheinen nur in der Jugend durch Stolonen miteinander verbunden zu sein, im Alter schwinden meist die Verbindungen, und die Zooide erscheinen ganz isolirt. Sehr auffallend ist es, dass Lahille die Geschlechtsorgane nicht erwähnt. Es ist mir daher sehr fraglich, ob es sich überhaupt um eine ausgebildete Form einer neuen Gattung handelt, oder ob die Peroplioropsis nicht vielleicht nur ein unausgebildetes Jugend- stadium einer Ascidiide ist. In diesem Falle wäre das den Darm zum Theil überdeckende „Gefässnetz" Lahille's die jugendliche Anlage der Zwitterdrüse, wie auch Herd man anzunehmen scheint. Colonie vollständig in die Einzelthiere aufgelöst, diese nur in der .lugend durch Stolonen verbunden. Cellulo semantel membranartig dünn und durchsichtig, überzieht jedes Zooecium gesondert. Einzel- thiere massig lang, cylindrisch, mit einheitlichem, nicht in Thorax und Abdomen gegliedertem Körper. Ingestions Öffnung mit 12 Lappen; Egestionsöffnung mit 6, ziemlich weit nach hinten verschoben. Kiemendarm sehr gross, bis an das hintere Körperende reichend, von 15 oder 16 Reihen rundlicher Spalten durchsetzt. Innere Längsge- fässe vorhanden; die Dorsallamelle wird nur durch eine Reihe Rücken- zapfen gebildet, eine besondere, diese tragende mediane Längsfalte des 1082 Ascidien. Kieiiieiularms soll fehlen. Verdauungstractus gäiii Pherophora ähn- lich. Zwischen klagen und Intestinum liegen ein besonderer Nachmagen und rundlicher iVIitteldavni. 0 e s c hl oclits Organe ein den Darm be- deckendes Netzwerk (V). Nur eine Species {Peroplioropsis Herdmani Lahille) aus dem seichten Wasser des westlichen Mittelmeeres (Banyuls) bekannt. 3. G a 1 1 u n g. Ecfeinascidia, H e r d m a n , 1 880. (Taf. XXXVII, Fig. 7) Unter dem neuen Gattungsnamen Edeinascidla beschrieb Herdman ZAierst 3 vom Challenger erbeutete sociale Ascidien, denen er selbst sowie Sluiter später eine Anzahl neuer Arten hinzufügten. Es hat sich aber gezeigt, dass der Gattungsbegriff in diesem Umfange nicht haltbar ist, und es erfolgte eine Auflösung in die drei (iattungen Wioxmlopsis, Sluiteria und Edeinascidia. Sociale, durch stoloniale Knospung Stöcke bildende Ascidien. Z o o i d e durch wurzeiförmige Stolonen verbunden, längsgestreckt, oft keulen- förmig, am Hinterende zugespitzt, mit kurzem Stiel den Stolonen auf- sitzend; niemals in TJiorax und Abdomen gegliedert. Cell u lose mantel membranartig dünn und glatt, ohne Mantelgefässe, oft glasartig durch- sichtig. Körperöffnungen am vorderen Leibesende, ohne deutliche Lobi und ohne merklich emporragende Siphonen. Einfache Mundten- takel zuweilen zahlreich, bis 80 und mehr. Kiemenwandung glatt, ohne ündulationen; zahlreiche Spaltenreihen. Innere Längsge fasse ohne Papillen; Quergefässe alle gleichweit, ohne Flimmerreifen. Kiemen- spalten längsgestreckt, in regelmässigen Querreihen angeordnet. Dorsal- lamina durch eine Keihe fingerförmiger Kückenzapfen gebildet, die durch eine median verlaufende Membran an ihren Wurzeln verbunden sein können, Verdauungstractus links vom Kiemendarm, zuweilen auch ein wenig hinter ihm. Herz reclits vom Magen gelegen, kurz. Ge- schlechtsorgane in der Darmschleife; Hodenfollikel umgeben das Ovarium. Ungefähr 10 Species bekannt aus Mittolmeer und wärmeren Meeren (indisches, malayisches Meer, Bermudas, Westindien). Seichteres Wasser ; doch zuweilen in bedeutendere Tiefe eindringend, ohne irgendwelche Veränderung zu zeigen (z. B. Ecfeinascidia diaphanis Sluiter 9 — 564 m). 4. Gattung. Sluiter ia, Ed. Van Beneden, 1887. Sluiter hatte 1886 im malayischen Archipel an der Insel Billiton eine neue sociale Ascidie entdeckt und unter dem Namen Ecfeinascidia ruhricollis beschrieben. Dass diese Form aber dem Genus Ecfeinascidia nicht zugezählt werden kann und am besten in einer besonderen Gattung untergebracht wird, ist von Van Beneden zuerst nachgewiesen worden. Van Beneden nannte diese neue Gattuno- SJit/frria. Gattung Sluitena. Familie Ascidiidae. 1083 Sociale Ascidie, die durcli stoloniale Knospung perophoraälinliche Stöcke erzeiiot. Zooide durcli kurze Stiele den kriechenden Stolonen verbunden, eiförmig ohne Sonderung in Thorax und Abdomen. Cellu- losemantel durchsichtig, von Gefässen durchsetzt, die in conischen, pa- pillenartigen Mantelfortsätzen endigen. Körperöffnungen auf Siphoiieu mit 7 Lobis; Mund terminal, Egestionsöffnung dorsal, in ziemlich weiter Entfernung nach Muten. Tentakel einfach fadenförmig, in 2— 3 Kreisen angeordnet. Kiemen w an düng glatt, ohne Ondulationen. Innere Längsgefässe mit rudimentären Papillen; Quergefässe alle gleich- weit, ohne anhaftende Flimmerreifen. K i e m e n s p a It e n längsgestreckt, in deutlichen, zahlreichen Querreihen angeordnet. D o r s a 11 a m i n a balken- förmig, mit langen, den Quergefässen entsprechenden Randfortsätzen. Ver- d au ungstr actus links vom Kiemendarm. Herz hinter dem Kiemen- darm, dem Magen anliegend. Geschlechtsorgane unpaarig, in der Darmschlinge; zahlreiche Hodenfollikel das Ovarium umgebend. EineSpecies, Slmteria nihricollis Sluit., aus dem malayischen Arcliipel. 8. Familie. Ascidiidae, Heidmaii, 1880. Die Familie der Ascidiidae ist hervorgegangen aus einem Theil der Savigny' sehen Gatinng Phallusia. Savigny hatte bei der Aufstellung des ersten brauchbaren Ascidiensystems die alte Gattungsbezeichnung Ascidia Linne eingezogen und durch die beiden Namen Cijnthia und Thalliisia ersetzt. Der letztere I^ame fand aber keine allgemeine An- erkennung. Während er von den französischen Forschern adoptirt wurde, und zwar nicht nur einfach als Gattungsbezeichnung, sondern auch inso- fern, als die höhere Gruppenbezeichnuug .,Phallusiadae" von ihm ab- geleitet wurde, kam, namentlich durch englische Autoren, der Name ^s- cidia wieder zu Ehren. Forbes und Hanley (1853) unterschieden nur 4 Familien bei den Ascidien: 1. Botryllidae, 2. Clavelinidae, 3. Ascidiadae, 4. Pelonaiadae. Die Familie der Ascidiadae ent- hält die Gattungen Ascklla, Mohjula und Cynthia, also solclie Formen, die jetzt bei ganz verschiedenen Familien untergebracht worden sind. Auch beiHerdman (1891) ist die Familie Ascidii dae viel zu weit gefasst, denn sie wird in 4 Subfamilien getheilt (Corellinae, Hypoby- t h i i n a e , A s c i d i i n a e . C i o n i n a e) und enthält 12 Gattungen. Wohl aber entspricht der Umfang der He rdm an' sehen Subfamilie Ascidii na e der hier als Familie bezeichneten Gruppe der Ascidiidae, denn beide enthalten fast genau dieselben 5 Gattungen. Auch die Familie der As- cidiidae im Systeme Lahille's bildet eine wesentlich weitere Gruppe, als es hier der Fall ist, denn sie enthält ausser Ascidia, Ascidiella, Phal- hisia noch PcropJiora, PcrojjJwropsis und Shtiteria. Nur insofern erscheint sie etwas eingeengt, als Her dm an 's Gattung Abyssascülia, (die übrigens jetzt in 2 aufgelöst worden ist) nicht zu den Ascidiidae, sondern zu den Corellidae gestellt wird. Hartmover daa'egen fasst die Familie ]^0g4. Ascidien. Ascidiidae enger als es hier geschehen ist, denn er stellt die Abyssas- cidüi, wie Lahille, zu den Corellidae, beziehungsweise zu den Co- rellascidiinae, während Sluiter im Anschluss an Herdman die Abi/ssascidm zu den Ascidiidae zählt. Meines Erachtens sind die beiden Gattungen Ähf/ssascidia und Bathijascidia , in die Hartmeyer die ur- sprüngliche Herd man' sehe Gattung Ahyssascidia zerlegt bat, nicht so nahe verwandt, wie zumeist angenommen wird, und ich gebe dieser Auf- fassung dadurch Ausdruck, dass ich hier nur Batliyascidia in die Familie der Ascidiidae einordne. Die Bathyascidm-KiQme und die linksseitige Lage der Eingeweide stimmen ganz mit den andern Ascidiidae ttberein. Bei Ahyssascidia unterscheiden sieb diese Organe stärker vom Ascidiiden- typus, so dass ich diese Gattung, die zweifellos den Ascidiidae nahe steht, in einer anderen Gruppe unterbringe. Als die allgemein gültige Familiendiagnose für die Ascidiidae in dieser Fassung würde etwa die folgende zu gelten haben: Körper variabel geformt, meist rundlich, selten deutlich gestielt. Mit dem hinteren Ende, häufig auch linksseitig, festgesetzt. Cell u los emantel gelatinös oder knorpelig. Ingestiousöffnung fast immer mit 8, Egestio nsöffnung fast immer mit 6 Lobis. Kiemendarm glatt ausgespannt oder mit dellenförmigen Einbuch- tungen (ündulationen). Fast stets innere Quer- und Längsgefässe wohl ausgebildet. Papillen mindestens an den Kreuzungsstellen der Quer- und Längsgefässe, überdies zumeist noch Intermediärpapillen an diesen letzteren. Kiemen spalten schlitzförmig , geradgestreckt. Dorsal- lamina bandartig, gerippt, gezähnt oder glatt. Darm und G e s c hl e c bt s o rg an e links neben dem Kiemendarm gelegen. In die Familie der Ascidiidae gehören folgende 5 Gattungen : Ascidia, Ascidiella, Phcdlusia, Facliychlacna, Batliyascidia. Von diesen werden nicht alle allgemein als gut abzugrenzende Gruppen anerkannt; das gilt im Be- sonderen von Ascidiella und Pachycldaena, die manche höchstens als Sub- gattungen, manche überhaupt nicht gelten lassen wollen. Eingezogen liabe ich auch hier die Gattung Ascidiopsis Verrill, die zweifellos von Ascidia nicht verschieden ist {Ascidiopsis conqdanata Yen. ^ Ascidiapru- num Müller). lieber die Gattungen der Ascidiidae lässt sich folgende Uebersicht geben: Kiemensack am Hinterende ( Ganglion und Flimmergrube nach vorn umgeschlagen. Kiemendarm ein gerade ver- laufender Sack. voneinander weit entfernt . Phallusia. Ganglion weit entfernt . . . Ascidia. Ganglion unmittelbar hinter der Flimmergrube .... Ascidiella. Cellulosemantel sehr dick und knorpelig Pachychlaena Papillen nur an den Endpunk- ten der Maschenräume ... Bathyascidia. Gattung Äscidia. 1085 1 . G a 1 1 II 11 g. Aseidia, L i n n c , 1 7 6 7 . (Taf. XXXIII, Fig. 7.) In der 12. Ausgabe des Systeraa natiirae vereinigte Linne alle ihm bekannten Monascidien in der Gattung „Ascidia^'. Nachdem bereits 1760 Baster die Bezeichnung Ascidium eingeführt hatte, muss es zweifel- haft erscheinen, ob Linne zu der Namensänderung, die jetzt freilich all- gemein anerkannt ist, berechtigt Avar. Bei der Auflösung der Gattung Ascidia in eine ganze Keihe neuer Genera, die jetzt zu verschiedenen Familien gehören, hat später Savigny (1816) den Namen Ascidia als Gattungsbezeichnung ganz fallen lassen und einige der Linne' sehen Ascidia als neue Gattung PJmllusia zusammengefasst, die aber jetzt nicht mehr in dem gleichen Umfang besteht, sondern in mehrere Gattungen aufgelöst worden ist. So kam es, dass einige bis in die neueste Zeit hinein, indem sie Savigny folgten, die Gattung Phcdlusia als eine sehr umfangreiche auffassten und ihr alle die Species unterord- neten, die andere, auf Linne (1767) zurückgehend, als Ascidia an- führten. Aeussere Körperform, wie bei allen artenreichen Gattungen, sehr variabel; selten nur sitzt am Hinterende ein längerer Stiel. Aeusserer Cellulosemantel sehr häufig von reichen Mantelgefässen durchsetzt, zeigt alle möglichen Verschiedenheiten in Bezug auf Consistenz, Dicke und Farbe. Zuweilen weich, zart und glashell, mitunter fast knorpelig hart, sehr voluminös und ganz dunkel pigmentirt. Ingestionsöffnung am vordersten Körperende fast stets deutlich 8 lappig; 9 lappig: A. U- sulca Sl. ; 10 lappig : A. perfluxa Sl. ; 7 lappig : A. aperta. Egestions- öffnung 6 lappig, selten 7 lappig [A. spmosa, A. hisiäca Sluiter), zu- meist in ansehnlicher Entfernung weiter hinten und dorsal gelegen. Ganglion und Neural drüse liegen in einiger Entfernung hinter der Flimmergrube, niemals dieser unmittelbar benachbart. Kiemen- darm sehr variabel, so dass es leicht durchführbar wäre, auf Grund der Verschiedenheiten die Gattung Ascidia in mehrere aufzulösen. Die Kieme reicht bis an das hinterste Körperende und ist entweder glatt ausgespannt, oder (die grösseren Species) mit Undulationen, dellenförmigen Ein- und Ausbuchtungen, versehen (p. 434 fg.). Quergefässe nur selten alle von gleicher Grösse, zumeist sind Gefässe verschiedener Ordnungen in regelmässiger Anordnung zu unterscheiden. Die schlitzförmigen Kiemen- spalten erscheinen häufig von parastigmatischen Quergefässen überbrückt. Innere Längsgefässe stets vorhanden, fast immer alle gleichstark. Papillen sitzen stets an den Kreuzungsstellen der Längs- und Quer- gefässe und überdies zumeist noch an den inneren Längsgefässen zwischen diesen Hauptpapillen (sog. Intermediärpapillen). Dorsalfalte setzt sich hinten auf die Hinterwand des Kiemendarms fort und verläuft auf dieser häufig über den Oesophaguseingang hinaus ventralwärts ; fast immer ge- rippt, häufig mit mehr oder minder stark gesägtem Rand ; zuweilen ganz 108G Ascidieii. n-latt. Darmtractus links*) vom Kiemeiidann gelegen, bildet eine inelu- oder minder complicirte Schleife, die sehr auffallende individuelle Varia- tionen zeigen kann. Das Gleiche gilt von der Flimmergrube, und daher bietet die Speciesbestimmung oft sehr erhebliche Schwierigkeit. Zu- weilen ist die Darmschleife nur äusserst wenig umfangreich, und der Darmtractus macht dann den Eindruck eines rudimentären Organs {Äse. <)ranosa, A. mikrenterka Sluiter). In und neben der Darmschleife liegt die Z Avitterdrü s e. Die zahlreichen Nierenbläschen ebenfalls in der nächsten Nachbarschaft des Darms gelegen. Ascidia ist eine ausserordentlich umfangreiche Gattung. Bereits 1891 führte Herdman etwa 100 Speciesnamen an, von denen er allerdings mehr als 40 für ganz unsicher erklärte. Seither hat allein Sluiter etwa 2 Dutzend neue Ascidia beschrieben, so dass die Zahl der Species eine sehr bedeutende geworden ist. Eine genaue Kevision Avird aber zweifel- los zu einer erheblichen Streichung der Speciesnamen führen und zahl- reiche Synonymien erweisen, die zum Theil darin ihren Grund haben, dass manche Species eine bedeutende Variabilität zeigen, und dass individuelle Variationen für verschiedene Speciesmerkmale gehalten wurden. Als eine solche stark variirende Art erkannte z.B. Hartmey er (1904) ÖlIQ Ascidia prmium Müll., die ungefähr unter 10 verschiedenen Speciesnamen be- schrieben wurde. Die Gattung Ascidia ist kosmopolitisch, findet sich noch in sehr hohen Breiten (zwischen 77 und 78^ n. Br.) und fehlt auch in den tro- pischen Theilen des indischen und stillen Oceans nicht ganz. Lange Zeit war sie im nördlichsten Theil des pacifischen Oceans unbekannt. Ritter (1901) fand sie an der Küste von Alaska {Ascidia adhacrens). Die Mehrzahl lebt in seichterem Wasser ; einige steigen in nicht un- bedeutende Tiefe hinab. Verschiedene Individuen derselben Species ver- halten sich in Bezug auf die verticale Verbreitung zuweilen sehr ver- schieden. Unter den nordischen Formen lebt Asc. oUiqua zwischen 20 und 600 m Tiefe. Auf der südlichen Halbkugel, zwischen dem 30. und 55." s. Br., finden sich Äse. meridionalis in Tiefen von 55—600 Faden, Asc. tencra 245 — 600 Faden. Im niederländisch -ostindischen Archipel leben zahlreiche Ascidia in 13 — 15 m Tiefe, viele in noch geringerer Tiefe, an Stellen, die zur Ebbe nur nothdürftig noch vom Meere bedeckt sind; manche Arten finden sich nur in tieferem AVasser: Asc. spinosa, Asc. (jranosa 73 m; Asc. mikrentcrica 240 m; Asc. xjertluxa 274 m; Asc. linipida 310 m; Asc. trlcuspis 560 m. Bestimmte Unterschiede, die mit der grösseren oder geringeren Meerestiefe, in der die be- treffenden Thiere leben, im Zusammenhang stehen, sind nicht beobachtet worden. Nach der Darstcllmij;- von Sluiter (1904) iiiilsstü dessen Ascidia luiiidosa deji Harm und das Zwittcrorgan rechtsseitig tragen. Gattung Ascidiella. 1087 2, Gattung. Ascidiella, Koule, 1884. (Taf. XXXIII, Fig. 9.) Körperform variabel, vorwiegend längsgestreckt, Hinterende zu- weilen {Ä. lutaria) in einen kurzen, breiten Stiel ausgezogen. Festhef- tungsstelle im hinteren Körpertheil gelegen, meist terminal, doch aucli seitlich {A. scabra). Mund- und Atrialsipho im vorderen Körperab- schnitt einander nahe liegend, Avennglcicli nicht so dicht benachbart wie bei Ciona. Mundtentakel einfach fadenförmig. Cellulose- mantel ziemlich dick und fest, von fast knorpeliger Consistenz, doch meist durchsichtig und nur zart gefärbt. Ganolion vmd Subneural- drüse im Gegensatze zu Ascidia wie bei Ciona unmittelbar hinter der FlimmergTube gelegen. Kiemendarm erstreckt sich bis in das hintere Körperende und daher die Eingeweide seitlich, und zwar links gelagert. Kiemen geradgestreckt, in ihrem Bau mit Ciona übereinstimmend, nur dass niemals kleine Quergefässe dritter Ordnung, die übrigens auch Ciona Savignyi regelmässig fehlen, vorkommen; nur breitere Quergefässe erster und schmälere zweiter Ordnung miteinander abwechselnd. Kiemenspalten mehr oder minder längsgestreckt; papillenförmige Seitenzapfen fehlen meist gänzlich oder liegen nur an den Kreuzungsstellen der Längs- und Quergefässe, niemals intermediär. Dorsallamelle trägt nur kleinere papillenförmige Rückenzapfen und ist niemals gänzlich in Dorsalzungen aufgelöst; stets am Oesophaguseingang endigt sie. Ebenso reicht der Flimmerkamm der hinteren Kiemenwand wie hei Ciona nurbis zum Oesopha- gus, und daher fehlt das besondere postösophageale Dorsalband der übrigen Ascidiidae. Häufig sehr weitgehende individuelle Vereinfachungen des Kiemenbaues. Bei Asc. lutaria scheinen stets die inneren Längsgefässe zu fehlen. Verdau ungstractus links vom Kiemensack ; Geschlechts- organe unpaarig in der Darmschlinge gelagert. Musculatur oft un- symmetrisch, rechts beträchtlich stärker als links ausgebildet. Zahlreiche dicht gedrängte Nierenbläschen mit Concretionen von kohlensauren und harnsauren Salzen am Magen und Mitteldarm, daneben noch Nieren- bläschen am Hautepithel der linken Körperseite, selbst noch im vorderen Körperende vorhanden. Ob sich Ascidiella als gute Gattung Avird aufrecht erhalten lassen, kann zweifelhaft erscheinen; jedenfalls ist sie durch zahlreiche Ueber- gangsformen mit Ascidia verbunden und daher nur schwer von dieser scharf zu trennen. Manche betrachten sie daher lediglich als Subgenus der letzteren oder lassen sie überhaupt nicht als eine besondere Gruppe gelten. Etwas über \'., Dutzend Species sind beschrieben worden, darunter finden sich mehrere Synonyma. Vorwiegend seichtes Wasser kaum bis 300 m Tiefe; besonders im Mittelmeor und nordöstlichen athmtischen Ocean. Vereinzelt im nnilayischen Archipel. IQgg Ascidien. 3. Gattung. Phalhisiu, (Savigny, 181().) Koule, 1884. (Taf. XXXI 11,^ Fig. 2.) Savigny 's Gattung Phallusia hat jetzt eine ganz andere Definition erhalten und daher einen ganz anderen Umfang angenommen. Jene alte Gattung wurde allmählich zur Familie der Ascidiidae oder Phallusiadae erweitert und das Genus Phallusia in mehrere zerlegt. Den alten Gattungs- namen heliess Keule einer schon den Zoologen der Eenaissance be- kannten Art {Ph. mammiUata). Her dm an ist der Ansicht, dass diese die einzige Form ist, die mit Sicherheit der Gattung Phallusia zugezählt Averden könne, während Roule z. B. auch die Ph. monachus Cuv. und Äscidia funiigata Grube hierher rechnete. Das wichtigste Gattungsmerkmal besteht darin, dass das hinterste Ende des Kiemendarms sich umknickt und nach vorn zu wächst, so dass es den vorderen Theil der Kieme seitlich bedeckt. Die Um- biegung erfolgt nach links ; bei Ph. fumigata soll eine rechtsseitige Krüm- mung eintreten. Der Kiemendarm hat also eine so bedeutende Länge erhalten, dass er, obwohl er bis zum hintersten Körperende reicht, zu einem geradgestreckten Verlauf selbst in der Längsaxe keinen genügenden Eaum findet. Kieme complicirt gebaut, mit zahlreichen Undulationen versehen. Das hinterste Ende der Dorsalfalte läuft über die Region des Oesophaguseingangs hinweg. Ganglion und Flimmergrube, so wie bei Äscidia, in ziemlich beträchtlicher Entfernung voneinander gelegen. Zahlreiche Nierenbläschen mit Concretionen liegen in der nächsten Nachbarschaft der Darmschleife im Bindegewebe eingebettet. Wegen der Ungewissheit, welche Species hierher zu stellen sind, besteht leicht die Gefahr, dass auf Grund der Phallusia mammiUata be- stimmte Speciesmerkmale in die Gattungsdefinition aufgenommen werden könnten. 4. Gattung. Pachijchlaena, Her dm an (1880), 1882. Für eine Anzahl auf der Challengerexpedition gesammelte Ascidiidae, die zweifellos der Gattung Äscidia nahe stehen, hatte Her dm an die Bezeichnung Pachychlacna geschaffen. Es sind Bedenken geäussert worden, ob diese Gruppe hinreichend scharf abgegrenzt ist, und ob es vollkommen gerechtfertigt war, einen neuen Gattungsbegriff einzuführen. In der That hatte auch Her dm an die betreffenden Species zuerst als ein besonderes Subgenus zu Äscidia gestellt. Das am schärfsten hervortretende Merkmal besteht darin , dass der äussere Cellulosemantel sehr dick und fest, fast knorpelig, hart und ganz undurchsichtig, dunkel erscheint. Stellenweise erreicht er eine Mächtig- keit von 4 cm. Eine bedeutejide Festigkeit und Stärke zeichnet auch den Kiemendarm aus. Im Uebrigen gelten folgende Merkmale. Körper mehr oder minder unregelmässig langgestreckt, hinten festgeheftet, un- gestielt. Ingestionsöffnung achtlappig, Egestions Öffnung sechs- Gattungen Pachycldaena und Bathyascidia. \ 089 lappig, ausnahmsweise (P. oblonga) vierlappig. Tentakel einfach. Kiem en- darm, wie bei den grossen ^.sc/d/rt, mit längsverlaufenden Undulationen versehen. An den Kreuzungsstellen der Quer- und Längsgefässe stehen grosse, löffeiförmig endigende Papillen; Intermediärpapillen scheinen zu fehlen. Kiemenspalten schlitzförmig, längsgestreckt. Dorsal membran bandförmig, gerippt: der freie Rand mehr oder minder stark hervortretend gesägt oder gezähnt. Eingeweide ziemlich umfangreich ausgebildet^ links neben dem Kiemendarm gelegen. Sicher bekannt nur wenige (drei) Arten in wenigen Exemplaren aus dem südatlantischen Ocean und den australischen Meeren , aus geringen. Wassertiefen von 10 — 40 Faden. Alle Species erlangen die verhältniss- mässig bedeutendere Grösse von 8 — 12 cm. 5. Gattung. Bathyascidia (Herdmania), Hartmeyer, 1900. (Taf. XLI, Fig. 6 u. 15.) Dass die beiden Species, die Herdman in die Gattung Ahyss- ascidia gestellt hatte, in dieser nicht vereinigt bleiben konnten, war voraus- zusehen. Die zweite, erst später unter dem Challenger-Material in einem Exemplar von Herdman (1888) aufgefundene Art {Abijssascidia vascidosa) erhob zuerst Hartmeyer zu einer besonderen Gattung, die qy Herdmania nannte. Da aber dieser Gattungsname bereits 1887 durch Lahille für eine Cynthideengattung vergeben worden war, änderte Hartmeyer die ge- wählte Bezeichnung in Batlujascidia um. Das wichtigste Gattungsmerkmal bietet die Beschaffenheit des Kiemendarms und die linksseitige Lage der Darmschleife. Auf die Gegensätze zu der Ahyssascidia Wt/villii, deren Darm rechts liegt, hat bereits Herdman hingewiesen; er ist aber der Meinung, dass es sich um kein allgemein gültiges Gattungs- oder Species- merkmal handele, sondern um ein Individuum, dessen Darmschleife eine zufällige Verlagerung erfahren habe, gleichsam um ein aberrant gestaltetes Thier. Herdman erwähnt ausdrücklich, dass er sich nicht dazu ent- schliessen könne, für seine Ab. vascidosa ein besonderes neues Genus auf- zustellen, das etwa die Mitte hält zwischen den Gattungen Ahyssascidia und Ascidia. Körper ungefähr 3 cm lang, eiförmig, am Hinterende festgeheftet. Cellulosemantel dünn und ganz durchsichtig, mit reich verzweigten Mantelgefässen versehen, die am hinteren Ende ein- und austreten. In- ge sti ous ö ff n un g am Vorderende gelegen, gross und achtlappig. Egestions Öffnung weit hinten, etwa ein Viertel vom Hinterende ent- fernt, sechslappig. Mundtentakel sehr gross (kleinere und grössere regel- mässig abwechselnd) und zahlreich, Kiemendarm sehr fein und zart, be- sonders deshalb, weil die grossen, längsschlitzförmigei} Kiemenspalten dicht nebeneinander liegen, so dass sich zwischen ihnen nur weniges resi- stentesGewebe ausbreiten kann. Innere Längsgefässe fein, sitzen auf dreilappigen, sich über die Quergefässe erhebenden Stützen. Zwischen Bronn, Klassen des Thier-Reiclis. III. Spplt. ()9 j()90 Ascidien. je zwei Längsgefässen liegen gewöhnlich in jeder Masche vier Kiemen- spalten. Alle Quergefässe von gleicher Breite. Unregelmässig geformte Papillen sitzen an den vier Eckpunkten jeder Masche. Intermediäre Papillen fehlen durchaus (Taf. XLI, Fig. 15). Dorsalfalte mit tief gezähntem liand, stellenweise erheben sich längere, tentakelähnliche Lappen. Darm links gelegen, eine einfache, ziemlich kurze, dorsal zu offene Schlinge bildend. Magen nur wenig umfangreich. Zwitter- drüse innerhalb der Darmschleife, dem Magen dicht benachbart. Nur eine Species (BatJiyascidia vasculosa) aus dem antarctischen Meer (53055' s. Br., 108« 35' ö. L.). Tiefseeascidie aus 1950 Faden Tiefe. 4. Familie. Corellidae, Lahille, 1887. (Herdmaii, 1882.) Eine Familie der Corellidae wurde zuerst von Lahille aufgestellt, aber es fällt diese Gruppe durchaus nicht mit der zusammen, die hier unter dem gleichen Namen angeführt ist. Von den drei Gattungen L ahille ' s Corella, Wiodosoma, Ahjssascidia) findet man hier nur die erstgenannte in derselben Familie wieder, während die beiden letzten in ganz andern Familien untergebracht sind. Von den übrigen, hier als Corellidae be- zeichneten Gattungen kannte Lahille damals nur noch die Corynascidia; «r stellt sie aber nicht zu den Corellidae, sondern vereinigt sie mit Hy- pohythms zu einer besonderen Familie C orynascidiidae, die aber kaum als eine natürliche Gruppe gelten kann. Kichtiger hat Her dm an die Verwandtschaftsbeziehungen beurtheilt, der zwar nur eine zu denAs- cidiidae gehörende Subfamilie ,,Corellin ae" kennt, in dieser aber ganz zutreffend alle drei damals bekannten Gattungen Chelyosoma, Corella und Corynascidia zusammenstellt. Die Her dm an 'sehe Subfamilie w^urde später von Sluiter zu einer Familie erhoben; in dieser sind aber auch eine Anzahl neuerdings erst bekannt gewordener Gattunoen untergebracht ■worden, die hier zu einer besonderen Familie ,,Corellascidiidae" zusammen- gefasst erscheinen. Die verschiedenen in die Familie der Corellidae gehörenden Gattungen weichen in ihrem Bau sehr erheblich voneinander ab, und daher erscheint die Diagnose zum Theil nicht sehr scharf bestimmt. Das wichtigste Familienmerkmal liegt darin, dass der Kiemenkorb, so wie es zumeist bei Molguliden der Fall ist, von gebogenen oder spiraligen Spalten durchbrochen ist; stets fehlen aber die regelmässigen Längsfaltungen der gesammten Kiemenwand, die die Molguliden auszeichnen. Nichtsdestoweniger gleichen •sich stellenweise in hohem Masse die Respirationsorgane in beiden Familien, obwohl es sich zweifellos um eine nur äussere Aehnlichkeit handelt, die sich selbstständig in beiden Gruppen herausgebildet hat, und nicht um -eine auf Stammesverwandtschaft beruhende Uebereinstimmung des Baues. Die allgemein gültige Familiendiagnose lässt sich etwa in folgender Weise geben: Familie Corellidae, Gattung Chelyosoma. 1091 Körper sehr variabel geformt; imregelmässig rundlich oder längs- gestreckt, häufig deutlich gestielt, seitlich oder mit dem Hinterende fest- geheftet. Cellulosemantel gelatinös oder knorpelig, zuweilen mit Horn- platten versehen. K ör p e rö ff nu n g e n mehr oder minder regelmässig gelappt, zuweilen rund und ungelappt oder ganz unregelmässig geformt. Kiemendarm mit gebogenen oder ziemlich geraden Einzelspalten, die stets in einfachen oder doppelten Spiraltouren angeordnet sind. Innere Längsge fasse wohlentwickelt, rudimentär, d. h. durch gegabelte Pa- pillen vertreten, oder fehlend. Papillen auf den inneren Längsgefässen sollen nach Hartmeyer stets fehlen, finden sich aber in den Abbil- dungen, die ältere Autoren von Chelyosoma gegeben haben. Dorsal- falte mit Rückenzapfen; zuweilen stehen diese ganz frei, ohne an der Basis durch eine besondere Längsfalte miteinander verbunden zu sein. Verdauungstr actus in der Lage sehr variabel, zuweilen (CM^ö- sonia) auch individuell verschieden. Gewöhnlich rechts und gleichzeitig auch dorsalwärts vom Kiemendarm gelegen, gelegentlich auch links oder hinter der Kieme. Geschlechtsorgane in der Nachbarschaft des Darmes befindlich. In die Familie der C orelli da e gehören die folgenden 5 Gattungen: Chelyosoma^ Corella^ Corynascidia, Agnesia, Corellopsis. Eine Uebersicht über sie lässt sich in foloender Weise o-eben: ( zuweilen mit besonderen Papillen besetzt (?) Chelyosoma. Innere Längsgefässe fast stets wohlentwickelt ] ^^^^^^^ ^^^. PapiUen besetzt { ^'''■^^^"- .^. durch gegabelte Papillen vertreten .... Corellopsis. Innere Längsgefässe fehlen. Nur zungenförmige Zapfen sitzen an den scharf hervortretenden Quergefässen , . Agnesia. 1. Gattung. Chelyosoma., Broderip und Sowerby, 1829. (Taf. XXXIV, Fig. 1 u. 2.) Körper in der Eichtung der Hauptaxe mehr oder minder schild- förmig flachgedrückt, mit breiter Basis hinten festgeheftet. Bei stärkerer Verkürzung der Längsaxe erhalten Kiemendarm, Verdauungstractus und Geschlechtsorgane eine mehr horizontale Ausbreitung. Cellulosemantel mit umfangreichen Hornplatten*) auf der freien Oberfläche, besonders in der Umgebung der beiden Körperöö"nungen {Ch. Macleayanum Brod. u. Sow. mit 8, Ch. produetum Stimps. mit 14 oder zahlreicheren [Textfig. 56, p. 216], Ch. sihogae Sluit. mit 15 Tafeln; ausserdem um jede der *) Nach S weder US (1887) sollen die Platten des Chelyosoma Macleyanum „leder- artig" sein; bei Cli. productum bestehen sie aus einer cellulosefreien Substanz, die nicht Hörn ist. 69* 2092 Ascidien. beiden Ocffniingen 6 dreieckige Hornplättchen [Siphonalplatten], die den Verschluss der Siphonen bewirken.) Unter dem Cellulosemantel zahlreiche dünne und kurze Muskeln der Leib es wand ung zwischen den ein- zelnen Hornplatten so ausgespannt, dass diese wie zusammengenäht er- scheinen (Textfig. 37, p. 217). In- und Egestionsöff nung voii 6 Lappen umgeben. Mundtentakel einfach, sehr zahlreich. Kiemen- sack mit gebogenen Spiraculis, die mehr oder minder deutlich, stellen- weise allerdings auch gar nicht erkennbar, zu einfachen Spiraltouren an- geordnet sind. Continuirlich verlaufende Quergefässe sind zuweilen gar nicht mehr nachweisbar, stets aber finden sich innere Längsgefässe, die meist mit Papillen*) besetzt sind, oder auch dieser vollkommen ent- behren {Ch. sihogae). Wer dem Vorkommen oder Fehlen der Papillen eine hohe systematische Bedeutung beimisst, könnte versucht sein, auf diese Unterschiede hin eine Auflösung der Gattung vorzunehmen. Dorsal- falte ans einer Keihe langer, zungenförmiger Kückenzapfen zusammen gesetzt. Verdau ungstractus eine weite Schlinge bildend, hinter dem Kiemendarm ventral gelegen und linksseitig verschoben. Bei Ch. produc- tum soll dagegen der Darm in der Mehrzahl der Fälle auf der rechten Seite liegen. Magen complizirt gefaltet, beziehungsweise gekammert. Geschlechtsorgane im hinteren Körperabschnitt zwischen und hinter der Darmschleife gelegen. Ovarium ein System dendritisch verzweigter Aeste, in einen gemeinsamen Oviduct übergehend; ebenso Hoden baum- förmig verzweigt mit gemeinsamem Vas deferens. Nur drei Arten sicher bekannt. Nachdem neuerdings eine rein tro- pische Form aus dem niederländisch-ostindischen Archipel bekannt ge- worden ist {Ch. sihogae)., scheint die Gattung als kosmopolitisch be- trachtet werden zu dürfen. Ch. Macleayanmn ist eine hocharctisclie Art, die sich im atlantischen und westlichen pacifischen Ocean bis weit in die subarctischen und gemässigten Eegionen hinein ausgebreitet hat. In den nordischen Meeren scheint Chelyosoma., im allgemeinen frei- lich nur selten, ausschliesslich im seichteren Wasser bis etwa 100 m Tiefe zu leben; die tropische Ch. sihogae wurde in 272 m Tiefe gedredscht. 2. Gattung. Corella, AI der und Hancock, 1870. (Taf. XXXIV, Fig. 4.) Körperform sehr variabel. Thiere bald mit breiter Fläche der Unterlage aufsitzend {C. aequahüis Sluiter liegt mit dem grössten Theil der rechten Körperseite fest, während die beiden Oeffnungen nach links hinüber rücken), bald wieder länger oder kürzer gestielt. Cellulose- mantel von verschiedener Consistenz, gallertartig oder knorpelig; ge- *) Nach Hartmeyer sollen niemals anf den inneren Längsgefässen Papillen sitzen. Es widersprechen dem aber ältere Abbildungen, die den Eindruck grosser Naturtreue machen. Gattungen Corella und Corynascidia. 1093 wölinlicli glatt und durchscheinend. Meist reich verzweigte Mantelgefässe vorhanden. Ingestionsöffnung achtlappig, Egestionsöffnung sechslappig. Tentakel einfach fadenförmig, oft sehr zahlreich. Kiemen- darm häufig sehr zart und leicht zerreissbar. Kiemenspalten bilden ein- fache Spiralen, gewöhnlich von bedeutender Grösse. Rechts und links gewundene Spiralen regelmässig alternirend. Jede Spirale besteht aus zahlreichen bogenförmigen Einzelstücken, die durch weitere oder engere Zwischenstücke getrennt werden. Innere Längsgefässe stets vor- handen, aber in verschiedener Zahl und Vertheilung. Zuweilen (C. aeqiia- hili.s) zwischen je zwei Spiralen ein Längsgefäss, zuweilen laufen die Längsgefässe über die Spiralcentra hinweg (C. japonica). An manchen Stellen der Kiemen sind die Längsgefässe nur rudimentär entwickelt, und an den Quergefässen sitzen nur T-förmige Anhänge {C. japonica). Accesso- rische innere Gefässe können hinzutreten {Corella novarae Dräsche), so dass die Corella-Kieme verschiedene Stadien eines immer mehr sich ver- vollkommnenden Baus aufweist. Es Hesse sich dalier eine weitere Auflösung der Gattung in mehrere Gruppen durchführen. Dorsal falte mit einer Eeihe Zungen oder auch längerer Tentakel. Darmschlinge rechts gelegen; Magen längsgefaltet. Geschlechtsdrüse in der näch- sten Nachbarschaft der Darmschleife. Etwa neun Arten sicher bekannt, aus verschiedenen Meeren stammend, so dass die Gattung wohl als kosmopolitisch angesehen werden darf. Doch scheinen alle Species nur eine viel beschränktere Verbreitung zu besitzen. Ausser einer typisch hochnordischen Form, C. horcah's Traust., sind andere bekannt, die selbst innerhalb der Tropen nur eine wenig grosse Verbreitung gefunden haben (C. aeqiiahilis im niederländisch-ostindischen Archipel). Die Gattung scheint nirgends besonders häufig vorzukommen. In grosse Tiefen steigt sie nicht herab ; immerhin ist die verticale Ver- breitung mancher Arten ziemlich ausgedehnt: Corella aequahüis 13 — 397 m, C. horealis^ 66—450 m. 3. Gattung. Corynascidia, Her dm an, 1882. (Taf. XXXIV, Fig. 3.) Körper der beiden Species Corynascidia sehr verschieden geformt: langgestielt, mit am hinteren Ventralende entspringendem Stiel, oder läng- lichrund, seitlich comprimirt, mit dem linken Hinterende festgewachsen. Cellulosemantel dünn und halb durchsichtig, von reich verästelten Mantelgefässen durchsetzt. Ingestionsöffnung ansehnlich gross, un- gelappt, im lebenden Thier wahrscheinlich kreisförmig. Egestions- öffnung bei der gestielten Form imgelappt, an der äussersteu Spitze ge- legen, bei der ungestielten siebenlappig, auf der Mitte der Dorsalseite gelegen, stets gross. Tentakel lang, fadenförmig und zahlreich. Der überaus zarte Kiemensack bildet das charakteristischste Gattungs- merkmal. Die in einfachen Spiraltouren angeordneten Kiemenspalten er- 2094 Ascidien. langen eine so bedeutende Grösse, dass von dem primären Gitterwerk der Kieme nur äusserst feine, einem Spinngewebe vergleichbare Reste er- halten bleiben (Taf. XX, Fig. 9). Nur die Quergefässe sind etwas stärker entwickelt. Auf ihnen erheben sich, dicht benachbart, lange, zugespitzte Lappen, gewöhnlich zwei oder nur einer im Bereich einer Spirale, und diese tragen sehr feine innere Längsgefässe. Dorsalfalte mit ziemlich langen, zungenförmigen Fortsätzen, Darmschleife fast ganz ausserhalb des Bereichs der Kieme gelegen, im hintersten Körperende, das bei der gestielten Form ganz nach oben gekehrt ist. Geschlechts- ors^ane in der nächsten Nachbarschaft des Darms. Nur zwei Species bekannt. Die eine {Corynascidia Suhmi) auf der Challenger-Expedition in zwei Exemplaren erbeutet (im Südpacific in 2160 Faden Tiefe, im antarctischen Ocean in 1375 Faden Tiefe); die andere (C sedens Sluiter) nur in einem Exemplar bekannt aus dem niederländisch-ostindischen Archipel in 694 m Tiefe. Typische Tief- seeascidien. 4. Gattung. Corellopsis, H a r t m e y e r , 1 903. (Taf. XL, Fig. 1.) Körper länglichrund, mit einem feinen, mehr als doppelt so langen Stiel versehen (bei dem einzigen bisher bekannten Exemplar beträgt die Rumpflänge 19 mm, die Stiellänge 46 mm). Cellulosemantel sehr Fior. 207. Kieme der Corellopsis pedunculata, von innen gesehen. (Nach Hartmeyer.) "^/j. ag = Accessorisches Gitterwerk; iq^ u. iq.^ = innere Quer- gefässe 1. Ordnung und interspiraculare Quergefässe 2. Ordnung; ü = Eudimente der inneren Längsgefässe; ks = Kiemenspalten. dünn, gallertartig und durchscheinend. I n g e s t i o n s ö f f n u n g sechslappig, der Ansatzstelle des Stieles nahegelegen; Egestionsöffnung ebenfalls sechslappig, dem freien Körperende nahe (ähnlich wie bei BoUenia^ Fimgulus u. s. yf.). Siphonen treten nicht merklich hervor. Tentakel Gattungen Corellopsis und Agnesia. 1095 von zweierlei Grösse, in zwei Kreisen angeordnet*); im Ganzen etwa 1 V2 Dutzend. F 1 i m m e r g ru b e einfach becherförmig. Kiemenspalten einfach spiralig, mit höchstens fünf Umgängen, aus zahlreichen sichel- oder bogenförmigen Stücken zusammengesetzt. Die in einer Querreihe neben- oder in einer Längsreihe hintereinander liegenden Spiralen sind abwechselnd links oder rechts gewunden. Je zwei Spaltenreihen durch zwei Quergefässe erster Ordnung abgegrenzt. Auf diesen sitzen in nicht ganz gleichmässigen Entfernungen T-förmige Köh renstücke, die Hartmeyer als die Rudimente von inneren Längsgefässen betrachtet. Bei dieser Rückbildung der LängsRefässe muss es besonders auffallend erscheinen, dass sich an der Innenwand des Kieraendarms ein reiches accessorisches Gitterwerk zwischen je zwei inneren Quergefässen erster Ordnung entwickelt hat. Dieses Gitter besteht aus zahlreichen, ungefähr senkrecht zueinander verlaufenden Röhren ; die Kreuzungsstellen liegen unter den Mittelpunkten der Spiralspalten oder dort, wo in den Quer- gefässen 2. Ordnung vier benachbarte Spaltenspiralen aneinanderstossen. Die Dorsalfalte besteht aus einer Reihe getrennter Zungen. Darm rechts neben dem Kiemendarm, eine einfache, grosse Schlinge bildend. Magen länglichrund mit Längsfalten. Afteröffnung mit zwölf Analzähnchen. Zwitterdrüse in der Darmschleife gelegen. Ovarium traubenförmig. Hoden bogenförmig, das Hinterende des Eierstocks umgebend. Nur eine Species in einem Exemplar aus dem hohen Norden (König- Karls-Land auf Spitzbergen) bekannt. Tiefe: 105 m. 5. Gattung. Agnesia, Michaelsen, 1898. Körper länglichrund. Cellulosemantel dünn, aber ziemlich hart, knorpelähnlich und durchscheinend. Ingestionsöffnung dem vorderen Körperende dicht benachbart, undeutlich gelappt; Egestions Öffnung ein wenig weiter nach hinten gelegen, mit jener durch eine breite, tiefe Rinne verbunden, ebenfalls undeutlich gelappt. Tentakel einfach faden- förmig, in unregelmässiger Anordnung. Kiem endarm glatt ausgespannt, ohne Längsfalten. Kiemenspalten einfache Spiralen, aber mit zahl- reichen Umdrehungen. Die scharf hervortretenden Quergefässe tragen breite, zungenförmige Papillen, Innere Längsgefässe fehlen voll- kommen. Eine einheitliche Dorsal falte ist nicht vorhanden; sie wird vertreten durch eine Reihe langer, tentakelförmiger Rückenzapfen, die auf den Quergefässen in einer links neben der Medianebene verlaufenden Linie angeordnet sind. Darm eine einfache Schleife hinter dem Kiemen- darm, nach links zu gerichtet. Magenwand flach gefaltet. Geschlechts- organe links in und an der Darmschleife. Nur eine Species {Agnesia glaciata) aus dem seichten Wasser an Süd- feuerland. *) Diese von Hartmeyer (1903) im Text (p. 273) erwähnte Anordnung der Ten- takel finde ich in der Abbildung (^Taf. XII, Fig. 8) nicht wieder. l()(]{] Ascidien. 5. Familie. ( oiollaseidiidao, llartmeyer, 1900. Hartmeyer hat vier Gattungen {Bathijascidia , Ahyssascidia , Corell- ascidia und Bhodosoma) als Subfamilie Corellascidiinae zusammen- gefasst und im System in die Familie der Corellidae eingeordnet. Er ist der Ansicht, dass die vier Gattungen in der nächsten verwandtschaft- lichen Beziehung zueinander stehen und eine feste, natürliche Gruppe bilden, die in ihrer Organisation ein Uebergangsstadium darstellt einer- seits zwischen den Ascidiiden, andererseits zwischen den Corellinen, und glaubt, dass sie den letzteren noch etwas näher steht als den ersteren. Daher wird die Gruppe von Hartmeyer nur als Subfamilie betrachtet, während es mir zweckmässiger zu sein scheint, ihr den Werth einer Fa- milie zuzuerkennen. Von den vier genannten Gattungen sind in diesem Werk zwei an anderen Stellen des Systems untergebracht. Die Batlnjascidia habe ich bei den Ascidiidae belassen, die Bhodosoma im Anschluss an Herdman und Sluiter zu den Cionidae gestellt. Dagegen glaube ich, dass zwei ganz neuerdings von Sluiter beschriebene Gattungen aus dem malayischen Meer, deren Bau mehrfache Eigenthümlichkeiten aufweist, am besten in der Familie der Corellascidiidae eingeordnet werden. Die eine dieser Gattungen {PterygascüUa) hat Sluiter zu den Corellidae gestellt; über die systematische Stellung der anderen (Dicojjia) hat er sich nur unbe- stimmt geäussert. Das wichtigste Merkmal, in welchem alle Gattungen der Corell- ascidiidae übereinstimmen, besteht im Bau des Kiemenkorbes. Mehr oder minder deutlich ausgebildet findet sich stets eine Vereinfachung des Kiemenbaues, die zur Schaffung eines ziemlich einfachen Gerüstwerkes führen kann, wie es sich häufig bei Tiefseeascidien beobachten lässt. Von den Corellidae unterscheidet sich die Kieme leicht und scharf da- durch, dass die Kieraenspalten mehr oder minder rechteckig oder schlitz- förmig, aber niemals typisch spiralig erscheinen. Als Familiendiagnose kann die folgende gelten: Körper sehr verschieden geformt; länglichrund, lang gestielt oder scheibenförmig, in der Längsaxe comprimirt. Aeusserer Cellulosemantel gallertartig oder ziemlich hart; mem- branartig dünn oder ansehnlich dick. Körperöffnungen in regelmässiger Weise von 6, 8, 12 Lappen umstellt, oder schlitzförmig, oder ganz unregelmässig von Duplicaturen der Leibeswand umschlossen. Mundtentakel vorhanden oder fehlend. Kieme sehr variabel ; ein ziemlich einfaches primäres Gitterwerk mit deutlichen inneren Längsgefässen, oder es fehlen diese und werden nm* durch einfache Zapfen an den Quergefässen vertreten. Papillen an den inneren Längsgefässen fehlen. Dorsallamina glattrandig oder mit Zungen besetzt, soll bei Dicopia gänzlich fehlen. Familie Corcllascicliidae, Gattung Ahyssascidia. 1097 Darm in der Regel rechts (bei Dicopia links) gelegen. Geschlechtsorgane stets in der unmittelbaren IS^achbarschaft des Darms befindlich. lieber die vier Gattungen der Corellas cid iidae lässt sich folgende IJebersicht »-eben: Körper länglichrund (Kiemenspaltea längsgestreckt; innere Längsge- fässe wohl entwickelt Ahyssascidia. event. zugespitzt. Spalten rechteckig, aber länglich; innere Längs- ' gefässe fehlen, statt dieser finden sich Papillen Corellascidia. Jvorper gestKut oder Primäres Gitterwerk ein unregelmässiges Gerüst scheibenförmig, mit flügelförmigen Fort- mit inneren Längsgefässen Fterygascidia. Sätzen bei der Inge- I Kieme ein unregelmässiges Gerüstwerk ; innere stionsöffnung. Längsgefässe nicht scharf hervortretend . . . Dicopia. 1. Gattung. Äbyssascidia, Herd man, 1880. (Taf. XXXIIl, Fig. 4. Taf. XLI, Fig. 9.) Herd man (1880) hatte die neue Gattung für ein einziges Exemplar einer Tiefseeascidie aufgestellt, die auf der Challenger-Expedition aufge- funden worden war. Später (1888) fügte Her dm an in diese Gattung noch eine zweite Species {Ah. vascidosa) ein, obwohl diese sich von der ersten, die Gattung begründenden Art in sehr wichtigen Beziehungen unterscheidet. Hartmeyer hat dann wieder beide Arten voneinander getrennt und jede in eine besondere Gattuno- o-estellt. Der Körper ist länglichrund (ca. 3—6 cm lang), an der Ventral- seite festgeheftet oder lang gestielt. AeussererCellulosemantel ziemlich fest und dick, aber durchsichtig. Mantelgefässe sollen gänzlich fehlen. I n g e s t i o n s ö f f n u n g ungelappt oder mit 12 Lappen ; Egestions- öffnung weit hinten gelegen, mit 8 Lappen. Mundtentakel faden- förmig, in ziemlich weiten Abständen stehend und daher nur in verhält- nissmässig geringer Anzalil vorhanden. Die Musculatur der Leibeswand ist nur schwach ausoebildet und bei Ä. vascidosa sehr anfallend asvmme- frisch (links und dorsal stärker) entwickelt. Der Kiem endarm ist zart, weder länosoefaltet, noch mit Undulationen versehen, ziemlich straff aus- gespannt. Kiemenspalten längsgestreckt, schlitzförmig, I n n e r e L ä n g s- gefässe ziemlich dicht (ungefähr durch drei bis vier oder auch nur eine Spalte getrennt) und gleichmässig; innere Quergefässe von ver- schiedener Ordnung, stellenweise parastigmatische Quergefässe. Papillen fehlen durchaus. Dorsalfalte am freien Rande in ansehnliche, zungen- förmige Fortsätze erhoben. Eingeweide rechts vom Kiemendarm ge- legen. Darm eine verhältnissmässig kleine, einfache Schleife: an dem überall gleich weiten Darmrohr tritt nur der etwas umfangreichere, mit unoefähr 12 Länosfalten versehene Magen scharf hervor. Rechts neben der Biegungsstelle der Darmschleife, dem hinteren Yentralende des Thieres 1098 Ascidien. nahe, die rundliche Zwitter drüse; Ovarium central, Hoden peripher gelegen. Nur zwei Species bekannt; Äbyssascidkt Wyvilli aus dem südaustra- lischen Meere (42« 42' s. Br., 134" 10' östl. L.) und M. pediculata Sluiter aus dem malayischen Archipel. Tiefe: 2600 Faden resp. 304 m. 2. Gattung. Corellascidia, Hartmeyer, 1900. Die Gattung wurde von Hartmeyer für eine nur in einem Exemplar erbeutete Monascidie aufgestellt, die typische Merkmale der beiden Gattungen Ascidia und Corella vereinigt zeigte. Körper etwa eiförmig, am hinteren, etwas zugespitzen Ende festgeheftet. Cellulosemantel dünn, aber ziemlich hart, ganz farblos und durchsichtig- vielfach verzweigt, aber Vis. 208. A Mantelgefässe nur rechtsseitig ausoebildet. Ingestionsöff nuns; m-oss und achtlappig, am vordersten Körperende gelegen; E g est ions Öffnung dicht be- nachbart, sechslappig. Siphonen nur wenig hervorragen d. L e i b e s m u s c u 1 a t u r wenio- entwickelt, fast ganz auf die Siphonen und das vorderste Viertel der linken Körperhälfte beschränkt. Tentakel ein- fach, fadenförmig, lang, aber in sehr spär- licher Anzahl (ungefähr acht) und in weiten Abständen voneinander stehend. F 1 i m m er- grübe mit W-förmigerOeffnung. Kiemen nicht gefaltet, sondern ziemlich glatt aus- gespannt, äusserst zart und dünnwandig; Bau vereinfacht. Im primären Gitterwerk des Kiemendarmes fallen die mächtigen, wie es scheint durchaus gleichartigen Quer- gefässe auf, die in nicht ganz gleich- massigen Abständen verschieden geformte Papillen tragen. Innere Längsgefässe fehlen völlig, und da die grossen, rechteckigen Spalten nur durch äusserst feine interstig- matische Längsgefässe getrennt sind, ergiebt sich die äusserst leichte Zerreissbarkeit des Kiemendarms. Hartmey er be- trachtet die Papillen als die letzten Beste der geschwundenen inneren Längsge- fässe. Zwischen zwei Papillen liegen gewöhnlich zwei bis drei feine in- terstigmatische Längsgefässe. Ein ähnlicher Bau des Kiemendarms findet sich bei manchen Tiefseeascidien und nach Traustedt an bestimmten Stellen des Kiemendarms hei BJiodosoma pyxis. Dorsalfalte sehr kurz, mit einer Reihe sichelförmiger Zungen. Darm rechts gelegen; Oesopha- geknickt, Magen fast kugelig. Mittel- und Zwei Stücke aus der Kieme der Corellascidia Herdmani. (Nach Hartmeyer.) Circa ^^!^. il = Interspiraculare Längsge- fässe; p u. j3j = verschiedene Papillenarten ; qg = Quergetässe. gus rechtwinkelig Gattungen Corellascidia und Fterygascidia. 1099 Enddarm bilden eine sehr grosse, fast kreisförmige Schleife. Die Ge- schlechtsorgane umspinnen einen Theil des Mitteldarms. Nur eine Species {Corellascidia Herdmani) aus dem indischen Archipel (Molukkenstrasse bei Ternate) aus dem seichten Wasser bekannt. 3. Gattung, Fterygascidia, Sluiter, 1904. (Taf. XLI, Fig. 10.) Körper ziemlich lang gestielt ; äusserer Cellu losem an tel gallert- artig, durchscheinend. Beide Körperöffnungen am Vorderende, nahe neben- einander liegend, sehr eigenartig geformt. Ingestionsöffnung mit grosser, löflfelförmiger, dorsal gelegener Oberlippe und kleiner, ventraler Unterlippe. Egestions Öffnung an der Dorsalseite, mit zwei grossen flossenartigen Anhängen, welche sich ein Stück auf die Rückenfläche des Fig. 209. Ol J. = Vorderer Körperabschnitt einer Fterygascidia mirahilis. ^!^. B = Stück aus dem Kiemensack. a = After; e = Egestionsöffnung; es = Endostyl; fl = Fliigel- anhänge an der Egestionsöffnung; i = Ingestionsöffnung; il = innere Längsgefässe; ol = Oberlippe; j)g = primäres Gitterwerk der Kieme. Körpers fortsetzen. Mundtentakel einfach, fadenförmig. Der Kiemen- darm soll nach Sluiter ausschliesslich aus dem secundären Gitterwerk der inneren Quer- und Längsgefässe bestehen und keine eigentlichen Kiemenspalten besitzen, während ich aus der vom Entdecker gegebenen Abbildung (Textfig. 209 B) entnehmen zu müssen glaube, dass neben den inneren Längsgefässen das primäre Gitterwerk wohl erhalten, aber nur von besonders grossen, rechteckigen Perforationen durchbrochen ist. Dorsalfalte glattrandig. Darm eine einfache, langgestreckte Schlinge, fast ganz dorsal verlaufend; Magen klein, After glattrandig. Zwitter- drüse seitlich neben dem Magen, länglichrund: Ovarium central gelegen, peripher der gelappte Hoden. 1100 Ascidien. Nur eine Species {Tt. mirabilis) in 13 Exemplaren aus dem nieder- läudiscli-ostindisclien Arcliipel bekannt. 216 m Tiefe. 4. Gattung. Dicopia, Sluiter, 1905. Körper in der Längsaxe comprimirt, so dass die Gestalt fast sclieiben- artig (2 1/2 cm lang, 2 cm breit) erscheint. Zahlreiche, bis 14 mm lange Mantelfortsätze oder Filamente entspringen peripher an der Unterseite der Scheibe und sind zu einem breiten Kranz angeordnet; aber auch an fast Fig. 210. -ks A ■= Dicopia fimhriata, von der unteren Seite gesehen. '/,. JS = Schematiseher Längsschnitt durch das Thier. C = Stück aus dem Kiemenkorb bei massig starker Vergrösserung. (Nacli Sluiter.) d = Darmcanal; dl = Dorsallappen ; e = Egestionsöffnung; en = Endostyl; fb = Flimmerbogen; fg = Flimmergrube; jfo = Gonaden, Zwitterdrüse; «" = In- gestionsöffnung; Jid = Kiemendarm; Ä:s = Kiemenspalten; vi = Ventrallappen. » allen anderen Stellen der Körperoberfläche können kleine, etwa 1 — IV2 ^^^^^ lange Fortsätze auftreten. Das auffallendste äussere Merkmal bilden zwei mächtige, SVa — 4 cm lange, lappenförmige Duplicaturen der Leibes- wand, die Ausstülpungen der Peribranchialräume enthalten sollen. Der ventrale Lappen ist etwas grösser als der dorsale, und zwischen beiden liegt die grosse, schlitzförmige Ingestionsöffnung. Beide Lappen führen eine reiche Musculatur. Aeusserer Cellulosemantel dünn, glasig durchscheinend. Egestionsöffnung viereckig, vom Dorsallappen überdeckt. Mundtentakel fehlen. Der Kiemendarm besteht aus einem ganz unregelmässigen Netzwerk verschieden starker Balken, gleicht Familie Hypobythiidae, Gattung Hypobythius. 1101 also dem mancher anderen Tiefseeascidien (z. B. BatJiy oticus^ Cideoliis, Funguhis). Die Praebranchialzone trägt kleine, kolbenförmige Papillen. Dorsalfalte soll gänzlich fehlen. Flimmergrube mit kleiner, kreis- runder Oeffnung; Neuraldrüse ventral und theilweise seitlich vom Gang- lion gelegen. Verdauungstractus zu einem Nucleus zusammengeknäuelt. Zwitterdrüse links neben und zwischen dem Darm gelegen. Im niederländisch-ostindischen Archipel in 1788 m Tiefe gedredscht. Nur eine Species {Dicopia fmihriata) in sechs Exemplaren bekannt. 6. Familie. Hypobythiidae (Hoidmaii, 1882), Sluiter, 1900. Die Tiefseegattung Hypohythius, die auf der Challenger-Expedition in zwei Exemplaren und zwei Species aufgefunden worden war, wurde von Herdman von allem Anfang an zu einer besonderen Subfamilie {Hypo- hythünae) erhoben. Sluiter und Hartmeyer haben dieser Gruppe den Werth einer Familie zuerkannt, ohne ihren Umfang zu ändern. Andere Forscher dagegen haben den Hijpolnjthms mit anderen Gattungen zu neuen Familien vereinigt; so stellte Lahille (1887) für die Gattungen Hypo- hythius und Corynascidia die Familie Corynascidiidae auf; zweifellos aber besteht zwischen beiden Gattungen keine so innige Beziehung, dass es gerechtfertigt wäre, beide Formen in dieselbe Familie zu bringen. Die Familiendiagnose der Hypobythiidae lässt sich in folgender Weise darstellen: Körper in einen becherförmigen Vorderleib und einen längeren oder kürzeren Stiel gesondert. Cellulosemantel mit schildförmigen Verdickungen in der Ein- oder Mehrzahl. . Körperöffnungen beide kreisrund, ungelappt. Kiemendarm von unregelmässigen Spalten durchbrochen, gerade verlaufende Quer- und Längsgefässe fehlen. Dorsalfalte eine glatte Membran. Darm an der Dorsalseite der Kieme gelegen. Geschlechtsorgane in der Darmschleife. Nur eine Gattung, Hypobytlüus, aus grossen Tiefen bekannt. Gattung. Hypobytliius, Moseley, 1876. (Taf. XXXIII, Fig. 6.) Körper aus zwei ziemlich scharf gesonderten Abschnitten zusammen- gesetzt. Vorderleib becherförmig oder länglichrund, Hinterleib zu einem längeren oder kürzeren Stiel ausgezogen, dessen Ende sich zu einer Festheftungsscheibe erweitert. Cellulosemantel dünn und weich, ziem- lich durchsichtig, bei Hypobytltius calycodes mit zahlreichen (bei H. 3Ioseleyi mit einer) plattenartigen Verdickungen versehen, die in regelmässiger Weise angeordnet sind. Ingestions- und Egestions Öffnung kreisrund, 2^202 Ascidien. ungelappt. Kiem endarm oline Längsfalten, ohne innere Längs- und Quergefässe. Nur an manchen Stellen scheinen seichte Undulationen der Kiemenwand angedeutet zu s,em (11. cali/codes); im Wesentlichen aber ver- läuft die Kieme glatt. Kiemenspalten rundlich, schlitzförmig, zum Tlieil auch bogenförmig, in Form und Grösse sehr variabel, ohne regel- mässige Vertheilimg, ohne Anordnung in Querreihen. Dorsalfalte eine glatte Membran, ohne Rippen und Zähne. Darm eine lange Schleife an der Dorsalseite der Kieme. Geschlechtsorgane in der Darmschleife gelegen. Nur zwei Species (H. calycoäcs Mos., H. Moseleyi Herd.) in je einem Exemplar von der Challenger-Expedition aufgefunden, im Nordpacific in 2900 Faden Tiefe, im Südatlantic in 600 Faden Tiefe. IJ. Ordnung: Ptychohranchia.*) (Cynthiae, Heller.) Auch die zweite Ordnung findet sich bereits in älteren Systemen als eine besondere Gruppe erwähnt. So hat Heller (1877), der die Ver- schiedenheit im Bau der Cynthien und Molguliden noch nicht so hoch anschlug, um eine Sonderung in zwei Familien vorzunehmen, alle die Formen, die hier in der zweiten Ordnung untergebracht sind, unter dem Namen Cynthiae zusammengefasst. Nur die Botrylliden hat er nicht in diese Gruppe gestellt, da ihm die hohe Uebereinstimmung des Baues mit seinen „Polycynthiae" entgangen war. Vollkommen entspricht aber die Ordnung Ptychobranchia der von Lahille „Stolidobranchiata" ge- nannten Gruppe, besonders in dem Sinne, Avie sie Sluiter definirt hat, denn beide umfassen dieselben fünf Familien: Styelidae, Botrylli- dae, Polystyelidae, Cynthiidae, Molgulidae. Es hätte also in dieser Beziehung der Name Stolidobranchia der Gruppe verbleiben können, um so mehr, als er ursprünglich als Ordnungsname von Lahille eingeführt worden war. Garstang und besonders Sluiter haben ihn aber, wie es auch jetzt zumeist üblich ist, nur im engeren Sinne, für eine besondere Abtheilung einer Unterordnung, angewendet, und dann wollte ich diesen Ordnungsnamen vermeiden, weil mit ihm die falsche Vor- stellung verbunden ist, dass die inneren Längsgefässe der Stolidobränchier ganz andere Bildungen sind, als die der Phlebobranchier oder meiner ersten Ordnung, der Diktyobranchia. Das ist aber nicht der Fall, und die inneren Längsgefässe entstehen überall im Wesentlichen in der gleichen Weise. Ein Unterschied im Bau der Kiemen der beiden Ordnungen kann bei vielen Gattungen, aber durchaus nicht bei allen, auftreten, so dass da- mit kein allgemein gültiger principieller Gegensatz erscheint. Bei den höher organisirten und verwickelter gebauten Ptychobranchiern äussert sich *) Ttzv'/cüötjg faltenreich. Ordnung Ptychobranchia; Familie Styelidae. 1103 nämlich die Complication im Kiemenbaii dadurch, dass meist sehr regel- mässig angeordnete Längsfaltungen der gesammten Kiemenwandung auf- treten, wodurch die athmende Oberfläche sehr erheblich vergrössert wird. Den niederen, an der Wurzel der Ordnung stehenden Formen fehlen solche Faltungen. Es scheint, dass diese Kiemenlängsfalten nicht nur einmal, sondern mehrmals selbstständig in den verschiedenen Familien aufgetreten sind. Durch Knospung sind die Familien Botryllidae und Polystyelidae ausgezeichnet. Es handelt sich um palleale Knospung, die auf diese beiden Ascidiengruppen beschränkt ist und hier selbstständig entstanden sein dürfte. 1. Familie. Styelidae. (Herdmaii, 1881.) Sluiter, 1895. Die Familie der Styelidae ist hervorgegangen aus Savigny's dritter Tribus der Gattung Cynthia, aus den Cynthiae styelae (vgl, p. 1151). Erst Her dm an (1881) hat die hier in Rede stehenden Species und Gattungen zu einer einheitlichen höheren Gruppe zusammengefasst, der er freilich nur den Werth einer Subfamilie (Styelinae) beimass und die Stellung innerhalb der Familie der Cynthiidae anwies. Später hat dann Sluiter (1895) die Styelinae Her dm an 's, ohne den Umfang dieser Gruppe irgendwie zu ändern, zu einer besonderen Familie (Styelidae) er- hoben und von den Cynthiidae ganz getrennt. In seinem System stellt er (1895) die beiden Familien der Styelidae und Cynthiidae nicht un- mittelbar nebeneinander, sondern fügt zwischen sie die Familie der Po- lystyelidae ein, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass zwischen dieser letzteren Gruppe und den Styelidae eine innigere verwandtschaftliche Be- ziehung besteht, als zwischen diesen und den Cynthiidae.*) Ich behalte hier die Familie der Styelidae in dem von Sluiter definirten Umfang bei, während ganz neuerdings sowohl Hartmeyer als auch Michaelsen dem Familienbegriff eine weitere Fassung gegeben haben, so dass er auch alle Polystyelidae umgreift. Diese Forscher theilen dann die Familie Styelidae in zwei Subfamilien : Styelinae und Polysty elinae (Poly- zoinae); sie behalten also H er dm an' s Unterfamilie der Styelinae un- verändert bei, trennen sie aber von den Cynthideen, um sie mit den Poly- styelidae zur Familie der Styelidae zu vereinigen. Ich schlage hier insofern ein ähnliches Verfahren ein, als ich eben- falls die Styelidae in zwei Subfamilien eintheile. Diese beiden Unter- familien decken sich aber durchaus nicht mit denen von Hartmeyer, sondern entsprechen beide zusammen nur dessen Subfamilie der Styelinae, Zu der Auflösung dieser zu einer Familie erhobenen Gruppe veranlasst *) In seiner neueston Bearbeitung der Siboga-Ascidien behält Sluiter (1904) diese Reihenfolge der Familien nicht bei, sondern lässt auf die Halocynthiidae sofort folgen die Styelidae, dann erst die Polyzoidae, Botryllidae, Bolteniidae, und schliesslich Molgulidae. 2104 Ascidien. mich der eigenartige Bau der Gattung Felonaia. Schon die ersten Unter- sucher der Felonaia erkannten die wichtigsten Eigenthümlichkeiten dieser Ascidie, massen ihnen aber eine so hohe Bedeutung bei, dass sie diese Gattung als eine ganz selbstständige, im System isolirt stehende Gruppe betrachteten. Andererseits aber wurden meines Erachtens neuerdings die Be- sonderheiten im Bau der Felonaia gegenüber den andern Styelidae unterschätzt, und die Uebereinstimmung ist keine so grosse, dass es mir gerechtfertigt erscheinen könnte, wie es seit Her dm an (1891) allgemein üblich ist, die Felonaia ohne weiteres als eine den andern Gattungen gleichwerthige Gruppe zu den Styelinae zu stellen. Daraus ergiebt sich für mich der Schluss, für die Gattung Pcfowam eine besondere Unterfamilie der Pelo- naiinae zu gründen und dieser alle anderen Gattungen, die Herd man als Styelinae zusammengefasst hatte, unter Beibehaltung dieses Namens oegenüberzustellen. Der wichtigste Unterschied der beiden Unterfamilien wird sich aus den folgenden Diagnosen klar ergeben. An dieser Stelle möchte ich nur kurz daraufhinweisen, dass bei den Pelonaiinen der Verdauungstractus nicht links neben dem Kiemendarm, sondern völlig hinter diesem ge- legen ist. Von diesem Gesichtspunkte aus besteht zwischen den beiden Unterfamilien der Styelidae ein ähnlicher Unterschied, wie etwa zwischen Äscidia und Ciona, oder wie innerhalb der Synascidien zwischen den Gruppen der Holoso m ata und M e r o s o m a t a bei der H e r d m a n'schen Fassung dieser Begriffe. Dazu kommt ferner, dass der Kiemendarm der Felonaia völlig glatt und faltenlos ist und nur regelmässig gestellte innere Längs- und Quergefässe führt. Die Zahl der Gattungen, die zu den Styeliden in der hier beibe- haltenen Sluit er' sehen Fassung der Familie gehört, ist ziemlich be- deutend. Beschrieben wurden ungefähr l^o Dutzend Genera; freilich lassen sich manche davon nicht aufrecht erhalten und können auch hier von der weiteren Betrachtung ohne weiteres ausgeschieden werden. Es sind das die folgenden: 1. Styeloides. Unter diesem Gattungsnamen hatte Sluit er (1885) eine neue Styelide aus dem malayischen Archipel (Insel Billiton, 6 Faden Tiefe) beschrieben, die, im Uebrigen Styela oder Polycarpa ähnlich, sich dadurch eigenartig erwies, dass der gesammte Kiemendarm fehlte (daher die Speciesbezeichnung: ahrancJiiafa) und überdies auch der Darmtractus rückgebildet war. Später fand Sluit er (1895) nur die älteren Thiere seiner Styela solvens stets kiemendarmlos, während die jüngeren noch Bruchstücke der Kiemenwandung besitzen, die erst später gänzlich rück- gebildet werden. Sluit er äusserte daher selbst die zweifellos richtige Ansicht, dass das Genus Styeloides als eine gut definirte Gruppe nicht weiter aufrecht erhalten werden könne, und dass es sich auch hier um eine secundäre, aus nicht näher bekannten Gründen erfolgte Rückbildung des ursprünglich vorhandenen Respirations- und Darmapparates einer echten Styela handelt. Familie Styelidae. 1105 2. Alderia Lahille 1887. Die von Lahille gegebene Diagnose dieser Gattung ist nur äusserst kurz gehalten, und das charakteristische Merkmal bezieht sich lediglich auf das Verhalten der Geschlechtsorgane: „organes reproducteurs pairs, polycarpes unisexues, ? et (? sans ordre." Mit dieser Beschreibung lässt sich um so weniger anfangen, als Lahille mit der Bezeichnung Polycarpen nicht nur die kleinen, rundlichen, säck- chenförraigen Geschlechtsdrüsen belegt, sondern ebenso auch die langen, hermaphroditischen oder unisexuellen Drüsenschläuche nennt. Dazu kommt, dass nach Lahille auch die Gattung Shjela „polycarpes unisexues" be- sitzen soll, und ich glaube daher, dass Herd man vollkommen im Recht ist, wenn er behauptet, dass Alderia von Styela nicht getrennt werden könnte. 3. Clavelinopsis Fewkes 1889. Für eine an der californischen Küste vorkommende Ascidie führte Fewkes den neuen Gattungsnamen Clave- linopsis {rubra) ein, durch den die systematische Stellung in der Nähe der Clavelina ano-edeutet wurde. Mit Recht hob aber bald darauf Herd- man (1881) hervor, dass es sich um eine Clavelinide nicht handeln könne, er glaubte vielmehr aus der ungenügenden Beschreibung auf eine Boltcnia schliessen zu dürfen. Ritter (1893) nahm eine Nachunter- suchung vor und gelangte bald zu der Ueberzeugung, dass die fragliche Clavelinopsis zweifellos zu den Styeliden gehöre und eine vielleicht noch unbeschriebene Styela sei. Bau er oft (1899) erkannte, dass die Few- kes'sche Form identisch ist mit der bereits von Dali (1871) als Cyn- tliia montereyensis beschriebenen Species, die aber zweifellos eine Styela ist. Damit verschwindet der Gattungsname Clavelinopsis aus den Listen. Nach Ausscheidung der eben genannten Gattungen verbleiben noch mindestens zwölf, die sich auf die beiden Subfamilien, freilich ganz un- gieichmässig, vertheilen. Die Diagnose für die Familie der Styelidae deckt sich mit der Definition, die Her dm an von der Subfamilie der Styelinae gegeben hat, und lässt sich etwa in folgender Weise geben: Körper sehr verschieden geformt, meist ungestielt und mit dem Hinterende festgeheftet. Beide Körperöffnungen fast immer mehr oder minder deutlich viergelappt, am oberen Körperende gelegen. Cellusosemantel in der Regel lederartig und frei von Fremd- körpern. Mundtentakel stets einfach und unverzweigt. Zuweilen ein Kranz feiner Cloakaltentakel vorhanden. Flimmergrube sehr verschieden gestaltet. Kiemendarm gewöhnlich jederseits mit vier Längsfalten versehen; sehr selten tritt noch eine fünfte rudimentäre Falte hinzu. Bei mehreren Species verschiedener Gattungen bleibt die Zahl der wahren Faltenpaare hinter vier zurück, und oft Averden dann die wahren Falten durch „rudi- mentäre" Falten ersetzt. Sehr selten ist der Kiemensack völlig glatt und Bronn, Klassen des Thiei-Reichs. III. Spplt. 70 jjQi; Aseitlicn. auch mit riulimentären Falten nicht mehr versehen {Pelonaia). Kiemen- spalten zumeist schlitzförmig oder rundlich längsgestreckt. Selten grosse Querschlitzspalten (Bathysti/doides) oder umfangreiche, durch enge Quer- gefässe getrennte, recliteckige Spalten {Bathyoncns) oder endlich gebogene Spiracula {Glandula). Verdauungstractus liegt entweder ganz links vom Kiemendarm (Styelinae) oder hinter diesem im hintersten Körperabschnitt (Pelonaia) und bildet eine sehr verschieden geformte Schleife. Geschlechtsdrüsen ausserordentlich mannigfaltig in Zahl, Grösse und Vertheilung, bilden ein sehr werthvolles Merkmal für die Beurtheiluno- der systematischen Stellung. Zumeist Zwitterdrüsen, doch gelegentlich auch Hoden und Ovarien ganz getrennt. Endocarpen finden sich zumeist vor. Die zahlreichen Gattungen, die in die Familie der Styelidae gehören, bringe ich in zwei, in Bezug auf ihren Umfang allerdings sehr ungleiche Subfamilien, die sich in folgender Weise kurz charakterisiren lassen: Verdauungstractus links vom Kiemendarm gelegen . . 1. Subfam. Styelinae. Verdauungstractus ganz hinter dem Kieniendarm gelegen 2. Subfam. Pelonaiinae. 1. Subfamilie. Styelinae, Herdman, 1881. Die erste Subfamilie der Styelinae umfasst alle Styelidengattungen mit Ausnahme der Pelonaia, also gerade besonders die typischesten Gattungen der Familie. Die Diagnose dieser bedarf also nur einer kleinen Ein- schränkung, um für die Subfamilie zu gelten. Es scheiden aus die Thiere, bei denen der Verdauungstractus ganz hinter dem Kiemendarm gelegen ist, und deren Kiemensack gleichzeitig glatt und faltenlos ist. Körper ausserordentlich verschieden gestaltet, gestielt oder ungestielt, 7Aiweilen mit Sand und Fremdkörpern bedeckt. Aeusserer C ellulosemantel vorherrschend nur massig dick und lederartig, zuweilen knorpelig und mächtig. Beide Körperöffnungen in der Kegel vierlappig, zuweilen aber auch mit zahlreicheren Lobis versehen oder unregelmässio- umorenzt. Mundtentakel stets einfach, unverzweigt. Kiem endarm mit höchstens vier deutlichen Längsfalten jederseits, zuweilen noch eine fünfte rudimentäre Falte augedeutet. In mehreren Fällen sind nur weniger als vier Faltenpaare wohl aus- gebildet, die anderen rudimentär. Die Kiemenspalten sind fast immer längsschlitzförmig und stehen in regelmässigen Querreihen angeordnet. Selten erhalten sich die Spalten auf primitiverer Ausbildungsstufe in Form von langen Querschlitzen nach Art der Protostigmata {Bath_//sti/eloides); bei einigen anderen Tiefseestyelinen {Bathyoncus) werden die Spalten sehr gross und bleiben nur noch durch sein- dünne Querbalken des primären Gitterwerkes der Kieme voneinander getrennt. Gebogene Spalten bei Glandula? Dorsal falte eine glattrandige, glatte Membran oder gezähnt, gelegentlich auch gerippt. Subfamilie Stvelinae. 1107 Verdaiiungstractus fast immer ganz links vom Kiemendarm ge- legen; zuweilen {Styela cylindrica) reicht der Kiemendarm nicht bis an das Hinterende des Körpers, und dann rückt ein Theil des Darmes hinter die Kieme (üebergangsform zu Pdonaia). Form der üarmschleife sehr verschieden, bald weit offen (Po??/ca>-j9a-Typus), bald sehr eng und fast ganz geschlossen {Styela-Typii?,). Magen gewöhnlich scharf abgegrenzt, häufig mit Längsfalten, oft auch mit deutlich hervoi-tretendem Pylorus- blindsack. Afterrand glatt oder gezähnt. Geschlechtsdrüsen in der Eegel auf beiden Körperseiten vor- handen, jederseits in der Einzahl, oder auch mehrere und selbst sehr viele. Entweder lange, schlanke Schläuche, oder rundliche Polycarpen. Vorherrschend Zwitterdrüsen, doch zuweilen auch männliche und weib- liche Organe völlig voneinander getrennt. In manchen Fällen findet sich nur asymmetrisch auf der rechten Körperseite eine verzweigte Zwitter- drüse {Dendrodoa). Endocarpen sehr häufig in geringerer oder grösserer Zahl und wechselnder Vertheilung vorhanden, zuweilen aber auch gänzlich fehlend. Selten Kalkspicula im Bindegewebe vorhanden. Ich führe im Folgenden 11 Gattungen als gut gekennzeichnete an, möchte aber freilich nicht unterlassen, darauf aufmerksam zu machen, dass meines Erachtens eine Auflösung oder Umgruppirung der sehr um- fangTeichen Gattungen Sti/ela und Pohfcarpa sich als nothwendig er- weisen dürfte. Kiemenspalten längsgestreckt, schlitzförmig. Kiemen- spalten nicht längs- schlitz- förmig. Gonaden langgestreckt, paarig, nicht sehr zahl- reich Zahlreiche rnndliche Zwitterdrüsen (Polycarpen) Jederseits 5 Polycarpen und 3 — 4 Kiemenfalten Eechts eine dendritisch verzweigte Drüse . . . Eechts langes, sackartiges Ovarium : zahlreiche HodenfoUikel mit mehreren Ausführungsgängen Links ca. 14 in einem Bogen angeordnete Säckchen Gonaden getrenntgeschlechtlich. Links (^, rechts ^ Styela. Polycarpa. Monandroearpa . Dendrodoa. Styelopsis. Skaiostyela. Heterocarpa. Gonaden nur z. Th. getrenntgeschlechtlich. Links und rechts vorn $. Eechts hinten Zwitterdrüsen Stolonica. Spalten spiralförmig (?) Eechts 5, links 3 Zwitter- drüsen Spalten sehr gross rechtwin- Gewöhnlich jederseits 1 Go- kelig, Gerüstwerk reducirt . nade Spalten sehr lang schlitzför- mig, aber quer gestellt . . Jederseits 1 Zwitterdrüse Glandula. Bathyoncus. Bathy styeloides. 70^ 1108 Ascidien. 1. Gattung. Styela, Mac Leay, 1824. (Taf. XXVI, Fig. 1; Taf. XXXV, Fig. 9; Taf. XL, Fig. 13; Taf. XLI, Fig. 1, Fig. 5.) Die Gattung Styela in ihrer jetzigen Fassung ist entstanden aus einem Theil von Savigny's dritter Tribus Cynthia, aus den Cynthiae styelae, und wurde zuerst von Mac Leay aufgestellt. Später erfuhr sie durch Heller (1877) eine wesentliche Einengung, indem nur die Species in ihr verblieben, deren Geschlechtsorgane in Form einfacher oder gelappter länoflicher Schläuche erscheinen, die mit Polvcarpen versehenen Arten aber als eine neue Gattung oder Subgattung Polycarpa abgetrennt wurden. Ein weiteres Polycarpa und Styda unterscheidendes Merkmal sollte darin bestehen, dass bei der letztgenannten Gattung der Darm eine enge, bei Polycarpa aber eine weite, offene Schlinge bildet. Dass dieses Merkmal nicht immer zutrifft, haben bereits Lacaze-Duthiers und Delage (1892) betont, haben aber trotzdem die von Heller vorgeschlagene Auflösung der alten Gruppe in die zwei Gattungen beibehalten. Sluiter dagegen fasst die Gattung Styela noch in dem alten , weiten Umfang und erkennt nicht die Abtrennung einer besonderen Gattung Polycarpa an. Es muss allerdings zugegeben werden, dass eine scharfe Abgrenzung der beiden Gattungen sich nur schwer ausführen lässt, nicht nur deshalb, Aveil die beiden obengenannten Merkmale, eine enge Darmschleife und längliche Geschlechtsschläuche, nicht immer zusammenfallen, sondern auch aus dem Grunde, weil sowohl zwischen einer weiten und typisch engen Schleife, als auch zwischen typisch schlauchförmigen Gonaden und rundlichen Polv- carpen alle möglichen Zwischenformen vorkommen. Es giebt daher Styelidenspecies, bei deren Einordnung in die eine oder andere Gattung- Zweifel auftauchen können. Körper ausserordentlich variabel geformt, gewöhnlich mit dem Hinterende festgeheftet; dieses häufig in einen kürzeren oder längeren Stielabschnitt ausgezogen. Der Stiel tritt zuweilen nur als individuelle Variation auf {Styela pinguis Herd.) und wechselt bei den verschiedenen Individuen einer Species zuweilen sehr erheblich in Bezug auf seine Länge {Styela Greeleyi Elfter = St. clavata Fall. [?]). Die grösste Varia- bilität der Körperform zeigt vielleicht Styela Loveni Srys, von der Hart- meyer sechs verschiedene Formtypen unterschied und unter diesen neben ventral breit abgeflachten schildförmigen Individuen andere langgestreckte, am Hinterende gestielte Exemplare. Beide Körperöffnungen in an- sehnlicher Entfernung von der Urspruugsstelle des Stiels, am oberen Ende gelegen, in der Regel vierlappig. Ausnahmsweise treten noch ein oder zwei accessorische Lappen hinzu [St. convexa Herd., p. 272). St. grandis Herd, hat acht Mundlappen und sechs Egestionslappen. Aeusserer Cellulosemantel gewöhnlich nur massig dick und lederartig, doch zu- weilen auchmassigerund knorpelig. Oberflächegewöhnlich, aber nicht immer, von Sand und Fremdkörpern frei, zuweilen {St. pustulosa Sluiter, St. pro- Gattung Sttjela. 1109 fmida Sl.) allseitig mit Haftfortsätzen bedeckt. An der Festheftungs- stelle entspringen zuweilen starke Wurzelausläufer {St. fadicosa Herd.) oder lange, fadenartige Fortsätze (St. vülosa). Mundtentakel einfach, unverzweigt, in wechselnder Zahl und Grösse. Selten (>S^. reducta Sl.) im Ingestionscanal kleine Tuberkel oder dreikantige Läppchen. Flimmergrube sehr verschieden, zuweilen com- plicirte Faltungen. Kiemendarm zumeist jederseits mit vier typischen Längsfalten, zuweilen noch eine rudimentäre fünfte {St. hathyhm); häufiger aber eine geringere Zahl wahrer, wohlausgebildeter Falten: jederseits zwei oder drei {St. sqiiamosa, St. pusilla Herd.). St. reducta Sluiter hat jederseits nur eine wohlausgebildete und drei rudimentäre Falten. Kiemen- spalten längsschlitzförmig, in Querreihen stehend. Dorsalfalte meist eine glattrandige Membran, doch zuweilen auch mit gezähntem Eand ver- sehen und gerippt. Darm schleife in der Mehrzahl der Fälle eine ziem- lich enge, geschlossene Schleife, doch gilt dieses von Heller (1877) als charakteristisch hervorgehobene Merkmal durchaus nicht immer. So be- sitzen z. B. eine ganz weit offene, bogenförmige Darmschleife : St. psam- modes Sl. , St. telyphanes Sl. , St. macandria. Fast ausnahmslos liegt die ganze Darmsclilinge links neben dem Kiemendarm. Bei St. cylindrica Sluit. reicht dagegen die Kieme nicht bis an das hinterste Körperende, und der Oesophagus, Magen und der ganze hintere Intestinalbogen liegen hinter dem Kiemendarm, nur der Enddarm seitlich links und zum Theil dorsal von ihm. Der Magen stellt in der Regel eine deutlich hervor- tretende Erweiterung der Darmröhre dar und besitzt Längsfalten, zuweilen, auch einen besonderen Pylorusblindsack, aber keine besonderen Leber- lappen. Zuweilen aber ist der Magenabschnitt glatt, und selten tritt er als ein selbstständiger Intestinalabschnitt überhaupt nicht hervor. After- rand sehr häufig gezähnt, öfters aber auch ganz glatt. Endocarpen meist vorhanden, in sehr wechselnder Zahl und Vertheilung; zuweilen fehlend. Selten Spicula im Bindegewebe {Styela oder J'olycarpa [?J alhomargi- nata SL). Verhalten der Gonaden ausserordentlich mannigfach; als charakte- ristisch für die Gattung gelten paarige, langgestreckte, schlauchförmige Drüsen in mehr oder minder symmetrischer Anordnung links und rechts. Im einfachsten Fall jederseits eine Zwitterdrüse; daran schliessen sich an die Formen mit nur wenigen, rechts und links in gleicher oder ver- schiedener Anzahl vorkommenden Zwitterschläuchen, und den Beschluss machen die Styela mit relativ zahlreichen Gonadenschläuchen (etwa acht und mehr jederseits; vergl. oben, p. 618, 651 fg.). Zuweilen auch nur eine einzige Zwittergonade unsymmetrisch rechts entwickelt {St. imiplkata Bonnevie, Styela riistica = Ascidia aggregata Eathke, vergl. p. 647). Beide Species werden jetzt freilich von Hartmeyer (1903) zur Gattung Dendrodoa gerechnet, und ist das zutreffend, so wäre die Gattung Styela stets durch das Vorkommen von Gonadenschläuchen auf beiden Körper- seiten ofekennzeichnet. Zuweilen sind die Hoden und Ovarien nur sehr lose 1110 Ascidien. ZU einer Zwitterdrüse miteinander verbunden und bis zu einem gewissen Masse unabhängig voneinander {Styela Loveni, St. rustica L.). Die Zahl der Species, die unter dem Gattungsnamen Styela beschrieben sind, beträgt viele Dutzende; darunter befinden sich allerdings sehr viele Synonyma. Hartmeyer nennt acht nordische Species, die bisher als ca. 14 verschiedene Styela-kxiQw gezählt wurden. Sluiter, der freilich die Gattung Polycarjxi nicht als eine gute anerkennt und zu Styela rechnet, fand unter dem Siboga-Material , das aus dem niederländisch- ostindischen Archipel stammt, nicht weniger als 40 verschiedene Species, und unter diesen beschreibt er 23 als neu; bis auf 5 sind alle der ge- nannten 40 Arten von ihm selbst zum Theil früher schon aufgestellt worden. Ein Beweis für den erstaunlichen Formenreichthum dieser Styela- Polycarpa- Gruppe I In Bezug auf die geographische Verbreitung kann die Gattung un- bedenklich als kosmopolitisch bezeichnet werden. Ebenso findet sie sich von der Oberfläche des Meeres an bis in sehr bedeutende Tiefen. Im arctischen Meer kommen mehrere Species in allen Tiefen von 0—500 und selbst 1000 m vor. Styela hathyhia fand sich nur in 2195 m Tiefe, Styela [Denclrodoa] miijMcata nur in 761 m. Auch im antarctischen Meer kennt man einige Styela nur. aus sehr bedeutenden Tiefen (St. hytliia, St. squamosa Herd. 2600 Faden = 4750 m). Ebenso fand man auf der Challenger-Expedition im Südatlantic (37n7' s. Br.) in 600 Faden Tiefe (1090 m) St. oblonga, St. flava, St. glans, im Nordpacific St. pusilla in 3700 m Tiefe, freilich nur in je einem Exemplar, so dass damit das aus- schliessliche Vorkommen dieser Arten in grossen Tiefen nicht als be- wiesen angesehen werden kann. Jedenfalls bieten die bisher nur im Tiefseewasser gefmidenen Styela keinerlei Organisationseigenthümlichkeiten gegenüber den Flachwasserformen dar. Dasselbe gilt auch von den in den tropischen Meeren gefundenen Tiefseespecies (St. Brauen Mich, in 750 m, St. lyrofumla Sluit. 959 m). 2. Gattung. Polycarpa, Heller, 1877. (Taf. XXVI, Fig. 13; Taf. XXXV, Fig. 11, 12; Taf. XL, Fig. 15.) Heller vereinigte 1877 eine Anzahl Species, die bis dahin zu Styela gestellt worden waren, unter dem neuen Gattungsnamen Polycarpa. Als typische Art dieser Gruppe bezeichnet er die Cynthia polycarpa Savigny, die den Namen Polycarpa varians erhält. Die Gründung der neuen Gattung lässt sich also im Wesentlichen darauf zurückführen, dass eine der alten Species von Savigny (1816) zu einer Gattung erhoben und erweitert wird. Als charakteristische Merkmale von Polyearp)a gegenüber 5YyeZa werden zwei hervorgehoben : 1) Die Geschlechtsorgane bilden zahl- reiche, mehr oder weniger regelmässig angeordnete, rundliche oder läng- liche Säckchen; 2) der Darm stellt eine weite, nach innen offene Schlinge dar. Dass dieses Verhalten der Darmschleife kein allgemein gültiges ist. Gattung Polyc-arpa. . 1111 haben bereits Lacaze-Duthiers und Delage (1892) l)emerkt, denn ihre Polycarpa comata besitzt eine genau ebenso geschlossene Darm- schlinge, wie sie nur die Gattung Styela auszeichnen sollte, und so bleibt als das einzige durchgreifende Merkmal nur der Bau der Geschlechts- organe (Polycarpen) übrig. Es lässt sich aber wohl denken, dass bei der ausserordentlichen Mannigfaltigkeit der Form , Grösse und Zahl der Ge- schlechtsdrüsen zwischen den beiden verschiedenen Typen der Organe, zwischen länglichen Gonadenschläuchen und rundlichen Polycarpen, alle möglichen Uebergangsformen vorkommen, so dass die Einordnung einer fraglichen Species in diese oder die andere Gattung lediglich auf Grund der Beschafi'enheit der Gonaden in verschiedener Weise vorgenommen werden könnte. Das bestimmte denn auch Sluiter dazu, die Gattung Polijcarpa als eine gute nicht anzuerkennen. Körperform sehr mannigfach. Das festgeheftete Hinterende häufig in einen längeren oder kürzeren Stielabschnitt ausgezogen. Sehr auf- fallende individuelle Unterschiede der Körperform (P. viridis Herd., P. tenera Textfig. 23, p. 173). PoZ^car^ja ^ww^ana Sav. hält Hartmeyer für so ausserordentlich variabel, dass er dieser Species auch die P. varians Heller und P. tiiberosa Mac Gillivray zurechnet. Beide Körperöffnungen am oberen, freien Ende gelegen, gegenüber dem Stielursprung, fast immer yierlappig (Ingestionsöffnung achtlappig, vier grosse und vier kleine Lobi, beiP. irregidaris). Aeusserer Cellulosemantel zeigt die gleichen Verschiedenheiten wie Stycla ; ebenso M u n d t e n t a k e 1 , F 1 i m m e r g r u b e und Kiemensack. Die Zahl der Längsfalten der Kieme beträgt zwar in der Regel jederseits vier, zuweilen aber (P. spongiabilis Traust., P. ob- teda Tr.) entwickelt sich rechts eine fünfte Falte, oder es treten jederseits nur zwei oder drei auf, oder alle Falten werden rudimentär (P. Sim- plex Herd., P. minuta Herd.). Darm schleife links neben dem Kiemen- darm gelegen, zumeist ziemlich weit offen, doch zuweilen auch eng oder geschlossen, ganz so wie der typische Styela-J) diXm. NachHeller's Diagnose sollte der Magen nur innen gefaltet, an der Aussenfläche aber glatt sein, doch trifft dieses Merkmal häufig ebensowenig zu, Avie bei Styela, indem auch äussere Längsfalten auftreten und gelegentlich ein besonderer Magenabschnitt überhaupt nicht abgegrenzt erscheint. After- rand olatt oder gezähnt. Endocarpen scheinen zuweilen zu fehlen; selten Spicula im Bindegewebe (P. minuta Herd.). Gonaden in Form von zwitterigen, rundlichen Polycarpen bilden das charakteristischste Gattungsmerkmal; in grösserer Zahl jederseits vorhanden. Bei P. varians wachsen die Polycarpen zu ansehnlich langen, verzweigten Schläuchen aus, die sich stellenweise untereinander verbinden. Zuweilen geschwänzte Larven im Peribranchialraum (tropische P. nutrix Sl.). Die Zahl der Species ist eine sehr bedeutende; schon 1891 führte Herdma n ungefähr 60 gute Arten der Gattung Polycarpa auf, und seither hat diese Zahl noch wesentliche Bereicherung erfahren. Andererseits hat es sich allerdings auch herausgestellt, dass viele Speciesnamen synonym 1112 Asciilion. sind, und Hartmeyer erkennt nur zwei gute arctisclie Pohjcarpa- Arten an, obwohl diese unter mehr als einem Dutzend verschiedener Namen beschrieben worden waren. Die Gattung Folycarpa ist in allen Meeren verbreitet, bevorzugt aber das seichte Wasser. Von den beiden nordischen Arten findet sich die eine bereits in den oberflächlichen Schichten, steigt aber bis zu 250 Faden herab {P. pomaria) , während die andere (P. libera) erst unterhalb 65 m Tiefe vorzukommen scheint und noch in 836 m Tiefe gefunden wurde. P. aspera Herd, wurde bisher allerdings nur in der bedeutenden Tiefe von 600 Faden (= ca. 1100 m) an der Ostküste von Südamerika (zwischen 37« und 38** s. Br.) gedredscht, zeigt aber den Flachwasserformen gegen- über keinerlei Besonderheiten des Baues. 3. G a 1 1 u n g. Monandrocarpa, Michaelsen, 1903. Wenn ich diese Gattung zu den Styelinen stelle, fällt es mir schwer, die Berechtigung des neuen Namens zuzugeben. Ich sehe in der That kein einziges Merkmal, das eine scharfe Trennung von der Gattung Polycarpa gestatten möchte. Wenn auch Michaelsen hervorhebt, dass Monandrocarpa einen P3^1orusblindsack besitzt, der PolycarjM stets fehlt, so könnte ich, selbst wenn diese Voraussetzung richtig wäre, diesem Ge- bilde eine solche Bedeutung nicht beimessen, um daraufhin eine neue Gattung aufzustellen. Dazu kommt, dass Lacaz e-Duthiers und Delage ausdrücklich die Gegenwart eines „caecum pylorique" im Poly- carpa varians, P. rustica und P. fuherosa festgestellt haben. Es scheint mir aber gerade der Aufgabe, die diesem Werke gestellt ist, zu ent- sprechen, wenn ich auch diese Gattungsdiagnose hier anführe. Körperform flach oval, das Thier mit der ganzen Ventralseite festgewachsen. Knospvmg nicht beobachtet; daher stellt Michaelsen die Gattung nicht ohne allen Vorbehalt zu den Polystyelidae (Polyzoinae). Körperlänge ca. 8 mm. Cellulose mantel knorpelig hart, vollständig mit Sand incrustirt. Siphonen fehlen; Körperöftnungen unscheinbar, In- gestions Öffnung vierlappig (?), Egestionsö ffnung einfach loch- förmig (V). Mundtentakel einfach, verschieden lang, ca. 48 an Zahl: fadenförmige Atrialtentakel vorhanden, ca. 20. Flimmergrube einfach becherförmig. Kiemensack jederseits mit drei oder vier (V) Längs- falten, deren jede vier bis sieben innere Längsgefässe trägt. Die zwischen den Falten gelegenen Kiemenzonen ohne innere Längsgefässe. Parastigmatische Quergefässe fehlen (deutet wohl darauf hin, dass das Thier sein Wachsthum vollendet hat). Dorsalfalte glatt und glatt- randig. Darm links gelegen, eine einfache, geschlossene Schlinge. Magen längsgefaltet, mit Pylorusblindsack und Magenrinne. After zweilippig, mit umgeschlagenem Rand und nur zwei Einkerbungen. Jederseits circa fünf zwitterige Polycarpen, von denen j edes annähernd kugelförmig ist und aus einer halbellipsoiden Hodenblase und einem compacten Ovariuni besteht. Gattungen Dendrodoa und Styelopsis. 1113 Nur eine Species {Monandrocarpa fn'tonis) in einem Exemplar aus dem Capmeer bekannt. 100 m Tiefe. 4. Gattung. Dendrodoa, Mac Leay, 1824. (Taf. XXXV, Fig. 10; Taf. XL, Fig. 3, 14; faf. XLI, Fig. 2.) Mac Leay hatte im Jahre 1824 diese neue Gattuns: für eine nor- dische Monascidie aufgestellt, die nur ein einziges, dendritisch verzweigtes Geschlechtsorgan auf der rechten Körperseite trug. Die Gattung gerieth bald in Vergessenheit und wurde zumeist als gültig nicht anerkannt; die fraglichen Arten wurden gewöhnlich der Gattung Sfycla zugezählt, und erst in den letzten Jahren führten Hartmeyer und Ritter den Nachweis, dass Dendrodoa eine gute Gattung ist. Körper variabel geformt, kugelig bis deutlich cylindrisch; zuweilen {Dendrodoa arctica) deutlich gestielt, häufiger nur an der Basis ein wenig stielartig verschmälert. Die Individuen sind öfter zu umfangreichen Aggregationen verbunden, und dadurch erscheint die Körperform be- einflusst. Cellulosemantel von wechselnder Dicke, häufig gefurcht und gerunzelt, zuweilen mit buckeiförmigen Erhebungen (Z). tuhercidata), mehr oder minder undurchsichtig. In- und Egestionsöffnung meist am Vorderende nahe nebeneinander gelegen, vierlappig. Kiemendarm mit vier Längsfalten jederseits; diese können aber alle, mit Ausnahme der ersten dorsalen Falte rechts oder links, rudimentär werden, d. h. durch eine Anzahl dichter nebeneinander liegenden inneren Längsgefässe vertreten sein. Kiemenspalten längsschlitzförmig. Dorsalfalte glatt- randig. Darm schlinge links gelegen, Magen mit Längsfalten. Magenrinne und Pylorusblindsack. Aften-and zweilippig. Geschlechts- organe eine mehr oder minder reich verzweigte, rechts gelegene Zwitter- drüse. Eechnet man mit Hartmeyer StyeJa iinij^licafa Bomiex'iQ hierher, so muss die Diagnose in Bezug auf das Geschlechtsorgan dahin erweitert werden, dass dieses auch ein langes, unverzweigtes Gebilde darstellen kann, das durch Einschnürungen in eine Eeihe hintereinander gelegener Abschnitte gegliedert ist. Bekannt sind acht Arten, die alle in den arctischen oder den nördlich- gemässigten Meeren vorkommen. Sie leben hier vorwiegend in massigen Tiefen , steigen aber auch von 10 m Tiefe bis zu 500 hinab {Dendrodoa aggregata Eathke). Dendrodoa tiniplieata ist bei Westspitzbergen nur in 761 m Tiefe gefunden worden. » o^ 5. Gattung. Stijelopsis, Traustedt, 1882. (Taf. IX, Fig. 5 u. 6.) Das charakteristischste Gattungsmerkmal, das eine scharfe Sonderung von allen andern Styelidae ermöglicht, lieg-t im Geschlechtsapparat. Dieser ist nur einseitig rechts entwickelt, au der der Darmschleife gegenüber- liegenden Seite, und besteht bei Styelopsis grossidaria aus einem einheit- \\14^ Ascidien. liehen grossen Ovarium und sehr zahlreichen, dieses umgebenden Hoden- lappen, die durch mehrere getrennte Ausführungsöffnungen in den Peribranchialraum münden. Die Auflösung des einheitlichen Zwitter- apparates in mehrere gesonderte erstreckt sich demnach nur auf den männ- lichen Drüsentheil Neuerdings hat Sluiter eine zweite Species {St. scaevola) aus dem indischen Archipel beschrieben, deren Geschlechtsapparat nicht unerhebliche Verschiedenheiten darbietet, so dass die Gattungsdia- ofnose verändert werden muss, wenn die Zusammenfassung beider Arten in derselben Gattung aufrecht erhalten werden soll. Die Auflösung des ein- heitlichen Zwitterapparates in zahlreiche getrennte Drüsen ist hier voll- zogen, denn es finden sich 14 gesonderte Geschlechtssäckchen, welche — dem Laufe des Darmes folgend — in einem Bogen angeordnet sind und ausschliesslich auf der linken Seite liegen. Jede Drüse dieser Sti/clopsis besteht aus einem centralen Ovarium und dem peripheren Hoden. Auch in anderer Beziehung unterscheiden sich die beiden Arten recht erheblich voneinander. Cellulosemantel stets dünn, bei der ersteren, glatt mit Mantelgefässen versehen, bei der letzteren ganz mit Sand und Muschelfragmenten incrustirt. I n g e s t i o n s ö f f n u n g bei St. grossidaria vierlappig, bei St. scaevola achtlappig (vier grosse und vier kleine Lappen). Egestionsöffnung vierlappig. Kiemendarm mit in Querreihen angeordneten schlitzförmigen Spalten; innere Längsgefässe ohne Papillen. Nur eine sogen. Längsfalte rudimentär erhalten, ent- weder dorsal rechts {St. grossidaria), oder dorsal links {St. scaevola). An- dere Falten können ganz unvollständig angedeutet sein. Dorsalfalte ohne Zungen und Kippen, ganz glatt und straff oder leicht gewellt, nimm ergrübe einfach länglichrund {St. gross.) oder hufeisenförmig {St. scaev.). Darm schleife einfach, links gelagert. Styelopsis grossu- laria mit Brutraum, in welchem die EntAvickelung bis zur geschwänzten Larve erfolgt. Die hervorgehobenen Unterschiede scheinen mir bedeutend genug zu sein, um für die Styelopsis scaevola die Aufstellung einer besonderen Gattung zu rechtfertigen und sie von Styelopsis abzutrennen. Bereits Sluiter äusserte sich dahin: „Es ist nur mit grossem Zweifel, dass ich diese Art zu der'Traustedt'schen Gattung ASY^e?o/;s2S bringe, da hiermit die Gattuugs- diagnose beträchtlich geändert Averden muss." Nach Ausscheidung dieser neuen Form stellen sich die Avesentlichsten Merkmale der Gattung Styelopsis in folgender Weise dar: Körper zeigt ausserordentlich reiche individuelle Varationen der Gestalt; kugelig oder lang cylinderisch und dann am Hinterende festge- heftet. Cellulosemantel dünn, aber undurchsichtig, mehr oder minder ausgesprochen roth gefärbt; spärlich verzweigte Mantelgefässe. In- und Egestionsöffnung vierlappig. Mundtentakel von verschiedener Länge, fadenförmig. Kiemensack ohne wahre Längsfalten. Nur dorsal rechts liegen die drei bis sechs ersten inneren Längsgefässe dichter neben- einander und werden als eine unvollkommen ausgebildete Längsfalte Gattungen Styelopsis und Skawstyela. 1115 gedeutet. Zuweilen scheinen nocli an andern Stellen (drei auf der rechten, vier auf der linken Seite) die inneren Längsgefässe dichter nebeneinander liegen zu können, so dass man eine ursprünglich mit vier Längsfalten jederseits ausgezeichnete Stammform angenommen hat. Innere Längs- gefässe stets ohne Papillen. D o r s al f a 1 1 e ganz glatt und straff ausge- spannt oder leicht gewellt. Darm schlinge links gelegen. Magen mit tiefen Längsfalten, Mageurinne und Pylorusblindsack. Zwitterdrüse langgestreckt rechts gelegen, dem Darm gegenüber. Embryonen und Lar- ven im Brutraum. Die Gattung ist Dendrodoa zweifellos nah verwandt. Ich möchte mich aber an dieser Stelle noch nicht dazu entschliessen, wie es von anderer Seite bereits geschehen ist, den Namen Styelopsis zu streichen und die Art als Dendrodoa grossularia zu bezeichnen. Nur eine Species {Styelopsis grossidaria P. J. Van Beneden) aus den nordwesteuropäischen Meeren. Unmittelbar an der Oberfläche geAvöhnlich nur spärlich , am häufigsten zwischen 10 — 50 m : scheint unterhalb 80 — 100 m nicht mehr vorzukommen. 6. Gattung. Skaiostyela, Sluiter, 1904. Nach der Einschränkung, die die Gattung Styelo2)sis erfahren hat, erscheint es nothwendig für Sluiter's Styelopsis scaevola eine neue Gattung bilden. In der Voraussicht, dass eine solche zu Fig. 211. Sonderung werde eintreten müssen, hat Sluiter bereits den Namen SJcaiostyela in Vorschlag gebracht. Aller- dings sollte es sich dabei nur um ein Subgenus handeln, denn Sluiter wünschte dieses, sowie auch Styelopsis und Dendrodoa^ als drei Untergattungen der Gattung Styela anzureihen. Körper kugelähnlich. C e 1 1 u 1 o s e m a n t e 1 sehr dünn, mit Fremdkörpern, Sand und Muschelschalen- fragmenten incrustirt. Ingestions Öffnung acht- lappig, vier grosse und vier kleine Lobi abwechselnd. Egestionsöffnung vierlappig. Musculatur der Leibeswandung asymmetrisch, rechts viel stärker ent- wickelt als links. Kiemen sack mit einer Längs- falte dorsal links. Innere Längsgefässe stark hervor- tretend, ohne Papillen. Dorsal falte schmal und glattrandig. Fl imm ergrübe klein und hufeisen- förmig. Darm links gelegen, eine einfache Schleife. Geschlechtsorgane nur links ausgebildet als 14 o-esonderte Säckchen, die, dem Laufe des Darms folgend, im Bogen angeordnet sind. Jedes Säckchen eine Zwitterdrüse: Ovarium central, Hoden peripher. Nur eine Species {Skaiostyela seaevoU) in einem Exemplar aus deni aiiederländisch-ostindischen Archipel bekannt. Tiefe 32 m. Skaiostyela scaevola, von links gesehen. (Nach Sluiter.) d = Darmschlinge; e = Egestionsöffnung; es = Endostyl; g == Geschlechtssäck- chen; i = Ingestions- öffnung ; m = Muskel- band. \ll{j Ascidien. 7. Gattung. Heterocarpa, Lacaze-Diitliiers und Delage, 1892. (Taf. IX, Fig. 7.) L acaze-Duthiers und Delage haben den neuen Gattungsnamen für eine schon AI der (1863) bekannte Species eingeführt, die anfangs zur Gattung Ci/nthia, dann zu Stijela oder Folycarpa gerechnet wurde. Das bestimmende Merkmal, das sie zur Aufstellung einer neuen Gattung ver- anlasst hat, besteht in einer Eigenthümlichkeit des Geschlechtsapparates: die zahlreichen Geschlechtsorgane (Polycarpen) sind im Gegensatz zu denen der Gattung Folycarpa getrenntgeschlechtlich, und zwar liegen die Hoden auf der einen, die Ovarien auf der andern Seite. Unter den zu Pohjcarpa gezählten Formen besitzt P. Sluiteri Herdm. getrenntgeschlechtliche Polycarpen, aber die weiblichen Bläschen und die gelappten Hoden liegen immer nahe beieinander, so dass ein jederzeit leicht nachweisbarer Unter- schied zu Heterocarpa besteht. Die Individuen bilden ausgedehnte Aggregationen und können im Bereiche der ganzen hinteren Körperhälfte mit ihren äusseren Cellulose- mänteln verwachsen sein, sodass dicke krustenförmige Colonien vorge- täuscht werden. Einzelthiere mehr oder minder ausgeprägt cylindrisch, Hinterende gewöhnlich auf steiniger Unterlage festgewachsen; vorn, dicht benachbart, die beiden Siphonen mit viereckiger In- und Egestions- öffnung. Farbe zumeist dunkelroth, blutroth, bei manchen Thieren orange. Grösse stets gering, 5 — 7 mm lang. Tentakel einfach, von zweierlei Grösse, 28 — 30 an Zahl. Kiem endarm jederseits mit drei rudimentären Längsfalten, d. h. an sechs Stellen liegen die inneren Längsgefässe dichter nebeneinander, als in den Zwischenzonen. Quergefässe sehr deutlich ; Kiemenspalten längs- schlitzförmig. Dorsalfalte eine hohe, glatte Membran, leicht gewellt. D ar m t r a c tu s eine kurze, aber dicke, weit offene Schleife. Magen längs- gefaltet, mit Magenrinne und Pylorusblindsack; Anusrand trompetenförmig erweitert, glatt. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane ge- trennt, in grösserer Zahl rechts und links als unregelmässige Gruppen gelegen. Rechts 8 — 10 Ovarien, links ungefähr gleichviele Hoden. Hoden sind ovale, orangefarbene Körper mit langem, fadenförmigem Vas deferens; Ovarien kugelig, intensiv roth, mit breitem Oviduct, dessen Mündung sich trompetenförmig erweitert. Zahlreiche Parietalbläschen. Nur eine Species {Heterocarpa glomerafa Alder) an der Westküste Europas, Mittelmeer bei Marseille, vorwiegend in 25 — 60 m Tiefe. 8. Gattung. Stolonica, Lacaze-Duthiers und Delage, 1892. {Ihylackmi, Carus, 18 50.) (Taf. IX, Fig. 4 ) Nicht ohne jedes Bedenken setze ich die Gattung Sfolonica an diese Stelle des Systems. Es scheint mir, trotz der bestimmten Versicherung von Lacaze-Duthiers und Delage, durchaus nicht ganz sicher zu Gattung Stolonica. 1117 sein, dass es sich wirklich um eine knospende, coloniebildende Ascidie handelt. Wäre das der Fall, so müsste die Stolonica besser zu den Foly- styelidae gestellt werden. Ascidienaggregationen sind bereits so oft für echte Stöcke gehalten worden, dass Vorsicht stets geboten erscheint. Es sei hier nur daran erinnert, dass Carus auch die Styelopsis für eine stock- bildende Ascidie angesehen und mit der Stolonica zu einem neuen Genus .^Thijlacium"- vereinigt hat. Die Knospung der Stolonica müsste, wenn es sich wirklich um eine Polystyelide handelte, palleal sein, aber gewöhn- lich bilden sich die pallealen Knospen unmittelbar neben und an dem Mutterthier und nicht in weiterer Entfernung an den Enden langer Sto- lonen. Völlig ausgeschlossen erscheint freilich eine solche Bildungsweise nicht, denn auch bei Botrylliden entwickeln sich gelegentlich, wie Bancroft nachgewiesen hat (p. 1012), die Knospen weit ab vom Mutter- thiere an stoloartigen Auswüchsen. Die orangefarbenen Einzelthiere bilden Cormen, die an sociale As- cidien (Fcrophora) erinnern. Die Knospen (?) entstehen an langen, wurzeiförmigen Stolonen, doch ist der Knospungsmodus bislang nicht genau untersucht. Einzelthiere länglichrund bis cylindrisch, 15 — 20mm lang, Stolonen entspringen am Hinterende; vorn, dicht nebeneinander, die beiden kurzen Siphonen. In- und Egestions Öffnung vierlappig im vollständig geöffneten Zustand nahezu kreisförmig und glattrandig. Cellulosemantel glatt und sehr dünn, nur im hinteren Abschnitt häufig mit Sand und andern Fremdkörpern bedeckt. Mundtentakel einfach zapfenförmig (25 — 30 an Zahl). Kiemendarm meist mit fünf Längsfalten (links zwei, rechts drei), selten symmetrisch mit vier oder sechs (jederseits zwei oder drei). Spalten und Gefässe wie bei der Gattung Styela. Darm schleife nicht ganz geschlossen, ansehnlich lang, fast ganz quer gelagert: nur das lange Kectum verläuft vertical. Magen eiförmig, mit Längsfalten, Magenrinne und Pylorusblindsack. Anusrand trichterförmig erweitert. Das charakteristischste Merkmal sind die Ge- schlechtsorgane. Links und rechts je eine Reihe kleiner, getrennter Drüsen. Links vom Eudostyl circa 1 — 1 7« Dutzend sternförmige Hoden mit je einem langen Vas deferens. Diese Reihe setzt sich auf die Dorsal- seite fort und begleitet dort das Intestinum. Rechts vorn, so wie auf der ganzen linken Seite sternförmige männliche Polycarps, hinten eine An- zahl zwitteriger Drüsen, die aus gelapptem Hoden und einem kugeligen Ovarium mit kurzem, aber sehr weitem, trompetenartigem Oviduct be- stehen. In den Zwitterdrüsen reifen zuerst die Hoden, später erst die Avenigen (1 — 3) Eier. Die Entwickelung bis zur freischwimmenden Larve erfolst im Brutraum des Mutterthieres. An der Innenseite der Leibes- wand ovale Parietalbläschen. Nur eine Species an der englischen und nordwestfranzösischen Küste,. 20 — 60 m Tiefe. Carus (1850) hat die Art als Thylacium aggrcgatimi kurz beschrieben. Wenn er vielleicht auch den Speciesnamen aggregatum auf Grund einer nicht ganz zutreffenden Voraussetzung gewählt haben 1118 Ascidion. mag, so sehe ich doch keine triftige Veranlassung, den Namen zu streichen und, wie Hartmeyer (1903) vorgeschlagen und Michaelsen (1904) be- reits beigestimmt hat, die neue Speciesbezeichnung socialis anzuwenden. Die Priorität als Gattungsname besitzt zweifellos Thylacium Carus vor Stolonica Lac. und Del. 9. Gattung. Glandula, Stimpson, 1852. Die Gattung Glandula, die Stimpson für einige an der Ostküste Nordamerikas vorkommende Arten aufgestellt hatte, sollte gewisse Merk- male, die sonst die Molgulidenkieme auszeichnen, mit einem vorherrschenden Styelinentypus vereinigt zeigen. Daher hat auch Herd man (1880) zu- erst noch diese Gattung zu den Molguliden und erst später (1882) zu den Styelinen gestellt, indem er anfangs der Beschaffenheit und An- ordnung der Riemenspalten die grösste Wichtigkeit beimass. Verwechse- lungen mit anderen Gattungen sind mehrfach vorgekommen, und es wurden als Glandula solche Arten beschrieben, die zu ganz anderen Gattungen und zum Theil auch zu anderen Familien gehörten. So sind die von Sars (1858) als Glandula glacialis und Gl. tubularis angeführten Arten in Wirklichkeit der Microcosmus glackdis und die Polycarpa lihera Kjaer. Die Eugyra glutinans hielt Packard für eine Glandula, und N. Wagner die später von Hartmeyer (1903) 3Iolgida Wagneri benannte Form für die Glandida fibrosa Stimps. Bei der nachfolgenden Gattungsdiagnose halte ich mich ganz an Her dm an (1891), da ich in die betreffenden Abhandlungen von Stimpson und Verrill jetzt keine Einsicht nehmen konnte. Körper kugelähnlich, mit Sand bedeckt und lose im Untergrund steckend. Beide Körperöffnungen vierlappig. Mundtentakel ein- fach. Kiemen sack jederseits mit vier Längsfalten. Kiemenspalten gebogen und in länglichen Spiralen (?) stehend (arranged in elliptic groups round centres), deren Centra in Längsreihen angeordnet sind {Eu- (7«/ra-ähnliche Kiemenspalten?). Dorsal falte eine glattrandige Mem- bran. Darmcanal links neben der Kieme gelegen. Geschlechts- drüsen an beiden Körperseiten gelegen, längliche Schläuche darstellend. Eechts fünf, links drei Gonaden vorhanden. Die wenigen (3) Species, die von Verrill und Stimpson an der Ostküste Nordamerikas aufgefunden und unter verschiedenen Species- namen beschrieben worden sind, gehören vielleicht nach Herdman nur ein und derselben Art an. Möglicher Weise beruhen aber auch alle An- gaben über das Vorkommen von Glandida auf irrthümlichen Deutungen, und es giebt überhaupt keine Styelinengattung mit gebogenen und spi- raligen Kiemenspalten. 10. Gattung. Bathyoncus, Herdman, 1882. (Taf. XXXV, Fig. 7; Taf. XLI, Fig. 3.) Die Gattung Bathyoncus wurde von Herdman für ein einziges Styelidenexemi)lar aufgestellt, das auf der Challenger-Expedition in be- Gattung Bathyoncus. 1119 deutender IMeerestiefe gedredsclit worden war. Später fanden sich noch im Challenger-Material zwei weitere Species, auch nur in je einem Exemplar, und neuerdings hat Micha eisen (1904) zwei neue, auf der deutschen Tiefsee-Expedition wiederum nur in je einem Exemplar erbeutete Species unter demselben Gattungsnamen beschrieben. Die Unterschiede im Bau dieser fünf Formen sind so bedeutend, dass - unter der Voraussetzung, dass sich die bisher vorliegenden Angaben der Autoren bestätigen — eine Zusammenfassung der fraglichen Arten zu einer Gattung meines Er- achtens nicht recht statthaft erscheint. Ich glaube vielmehr, dass diese Gruppe keine einheitliche und natürliche ist, und dass mehrere ihrer Species in einer selbstständigen und unabhängigen Weise in Anpassung an die Lebensweise in der Tiefsee von ganz verschiedenen Vorfahren- formen aus entstanden sind. Bathyoncus mirahilis Herd, unterscheidet sich im Bau des Darmtractus von allen anderen, und die Unterschiede sind so gross, dass sie in allen anderen Ascidiengruppen zur Aufstellung verschiedener Gattungen Veranlassung sein würden. Auch die beiden von Michaelsen beschriebenen Bathyoncus zeigen Besonderheiten des Darmcanals. Andererseits steht wieder der B. enderhyamis in Bezug auf den Kiemenbau so isolirt da, dass ich, vorläufig wenigstens, diese Art ab- trenne und als eine besondere Gattung im folgenden Abschnitt behandle. Wahrscheinlich werden auch die vier übrigen Species auf die Dauer in einer Gattung nicht vereinigt bleiben können. Körper ungefähr eiförmig, zuweilen fast scheibenförmig comprimirt, mit dem hinteren Ventralende festsitzend; dieses entweder breit sohlen- förmig ausgedehnt, oder in einen massig langen, aber deutlich abgesetzten, nach hinten gerichteten Stiel auslaufend. Beide Körperöffnungen stets auf der oberen, freien Fläche gelegen, ziemlich weit voneinander entfernt, vierlappig oder nur ganz undeutlich gelappt. Aeussere Siphonen immer nur klein, zuweilen gar nicht nachweisbar. Aeusserer Cellulose- mantel dünn, aber meist sehr fest und hart, knorpelartig oder lederartig. Mundtentakel gewöhnlich nur wenig, zahlreich, selten bis über 30 Stück, stets alle einfach und unverzweigt. Cloakaltentakel nicht überall nachgewiesen, bei B. Herdmani sehr zahlreich, ungefähr 100, sehr fein und fadenförmig. Flimmergrube einfach becherförmig oder gefaltet, mit bogenförmiger Oeft'nung. Dorsalfalte eine breite Mem- bran mit glattem oder ein wenig wellenförmig gebogenem freiem Rande. Bei B. Herdmani steht die glatte Membran auf einem dicken, mit Quer- wülsten versehenen Längssaum. Kiemen d a r m glatt, ohne wahre Längs- falten, oder mit einem dorsalen Faltenpaar, oder mit nur einer einzigen wahren Länosfalte am linken Dorsalrand des Kiemensackes. Ueberdies nur „rudimentäre Falten", die gewöhnlich durch Gruppen von je drei, doch auch nur zwei oder durch mehrere innere Längsgefässe dargestellt werden. (Bei B. Herdmani ein wahres und drei rudimentäre Faltenpaare.) Die Quergefässe alle fast ganz gleichartig. (Bei B. mirahilis liegen zwischen diesen starken Quergefässen kurze Quergefässe zweiter Ordnung, die die 1120 Ascidien. drei Längsgefässe miteinander verbinden.) . So werden nur rechtwinkelige und sehr grosse Kiemenspalten gebildet (wie bei ChIcoIus), und das pri- märe Gitterwerk der Kieme ist auf schmale Längs- und Querbalken be- schränkt, (lieber den abweichenden Kiemenbau von B. enderhyanus Mi- chaelsen siehe die folgende Gattungsdiagnose.) Kalkspicula nur aus- nahmsweise (B. discoideus) im Kiemendarm. Darmtractus eine einfache, von vorn nach hinten verlaufende Schleife, auf der linken Körperseite, nahe dem hinteren Dorsalrand des Körpers gelegen. Ohne hervortretenden ]\Iagenabschnitt {B. minihilis)^ oder mit deutlichem, aber glattwandigem Magensack {B. minutus, B. discoideus) oder mit längsgefaltetem und mit Pylorusblindsack versehenem Magen {B. Herdmani). Jederseits eine Zwitterdrüse (bei B. discoideus scheinen jederseits mehrere kleine, ge- trennte polycarpähnliche Drüsen vorhanden zu sein). Bei B. minutus fand Herd man nur eine einzige weibliche Geschlechtsdrüse. Jederseits ein sehr grosses Endo carp nur bei B. Herdmani nachgewiesen. Nur vier Species in je einem einzigen Exemplar beobachtet. Antarc- tisches Meer (46*^ und 63^ s. Br.), Nordpacific (35« und 38" n. Br.). Aus- schliesslich Bewohner der Tiefsee, zwischen 2900 und 5700 m Tiefe. 11. Gattung. Bathystyeloides nov. nom. Unter dem Gattungsnamen Bathystyeloides führe ich hier die von Michaelsen als Bathyoncus enderhyanus beschriebene Monascidie an, Fiff. 212. Stück aus der Kieme von Bathystyeloides enderhyanus, von innen gesehen. Circa "o/j. (Nach Michaelsen.) ilg = Innere Längsgefässe; ks = Kiemenspalten; qg = Qiiergefässe. die auf der deutschen Tiefsee-Expedition aus bedeutender Meerestiefe ge- hoben wurde. Im Besonderen ist der Bau des Kiemenkorbes so eigen- artig, dass mir eine Zusammenstellung mit anderen Species einer bereits bekannten Gattung nicht gerechtfertigt erscheint. Körper eiförmig, mit der hinteren Ventralseite breit festsitzend. Siphonen nur sehr klein, in weiter Entfernung voneinander gelegen. ErklSrun^- von Tafel Ascidien. III. Spplt. Fig. 1. SiyiUina australis Sav. (Nach Savigny.) Yi- 2. Pharijnyodictyon mirahüe Herd. (Nach Herclinan.) ^\. 3. Theil einer Colonie von Psammaplidium retiforme Herd. (Nach Herd man.) Vi« 4. Psammaplidium rüde Herd. (Nach Herdman.) 1 / o. Synoicum turgens Phipps. (Nach Gilt seh u. Gottschaldt.) '/i. 6. (Joelocormus Hiixleyi Herd., seitlich gesehen. (Nach Herdman.) \'j. 7. Synstyela incrustans (Alloeoearpa incrustans) Herd. (Nach Herdman.) Circa 74- 8. Goodsiria {Kükenthalia) horealis Gottsch. (.Nach Gilt seh u. Gottschaldt.) \'^. 9. Goodsiria placenta {Gynanärocarpa placenta) Herd. (Nach Herdman.) \'.,. 10. Kleine Colonie von Chorizoeormus reticulatus [Goodsiria oder Polyzoa reticulata) Herd. (Nach Herdman.) 7j. Öeeliger'rLinicaton. Tafel 39. 10. -d^Sw P^ o. ^Vi^ 6. ä. 9. 8. o. *<- ^icrs^S^/^ ^ \ V^..- / /..■fA 3: £sede& Dement. Erklänms tou Tafel XL. Hochnordische Ascidien. Fifr. 1. Corellopsis pedunciilata Hartmeyer. Vi- 2. Boltenia Thompsoni Hartmeyer. 78- 3. Beväroäoa (Sttjela) aygregata Rathke. 74- 4. Molgula retortiformis Verrill, von links gesehen. -Vi- 5. Podoclavella {ClaveUna) horealis Savigny. Va- 6. Ciona intestinalis var. longissima Hartmeyer. V-2- 7. Molgula Eömeri Hartm. Circa '^/^. 8. Cynthia arctica Hartm., von oben gesehen, ^s' 9. Synoicum {Polycliiiop)sis) Haeckeli Gottsch. ^'l^. 10. Amarouciimi prihilovense Ritter. "|^. 11. Distomum (Colella) Käkenthali, Gottsch. '/i- 12. Leptoclinum roseuni Sars. "/g. 13. Styela cylindriformis Bonnevie. ^Z^. 14. Styela (Dendrodoa) uniplicata var. minuta Bonnevie. ^/j. 15. Polycarpa liheru Kiaer. \'j. 16. Bhizomolgula Mitteri Hartm. ^ j. Fig. 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8, 10, 12 u. 16 nach Hartmeyer. Fig. 5 nach Savigny. Fig. 9 u. 11 nach Gottschaldt. Fig. 13 u. 14 nach Bonnevie. Fig. 15 nach Kiaer. Seeligerlijnicatcn. Tafel XL. :?3, :?4. lii'h.Giesecke iSevrienf. _ Ju (lor V, l'\ Wiiiler'schon Vcrlajjsliandliing in Leipzig ist ersnhienon : Dp. H. G. Bronn's Klassen nnd Ordnungen des Tier-Reichs. In kompleten Bänden ros/tm Abteilungen : Erstcaplio- pocla. Preis 32 Mk. 50 Pf. Vierter Band. IVürnier (Yermes). Yon Prof. Dr. M. Braun. Abtheilung I. a. Trematodes. Preis 47 Mk. Vierter Band. Würmer (Yermes). Yon Prof. Dr. M. Braun. 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Tafeln (darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk. Sechster Band. III. Abteilung. Reptilien. Von Dr. C. K. Iloffrnann , Professor in Leiden. Kpit. in 3 Unter- Abtlgn. I. 28 Mk. — n. 40 Mk. — IIL 42 Mk. Sechster Band. IV. Abteilung. Tögel: Aves. VonDr. Ilansfiadow in Cambridge. I. Anatomischer Teil. Mit 59 lithographierten Tafeln und mehreren Holzschnitten. Preis 63 Mark. II. Syste- matischer TeiL Preis 12 Mark. Sechster Band. V. Abteilung. Säugetiere: Mammalia. Von Dr. C. fi. (iiebel. Fortgesetzt von Prof. Dr. W. Leche. Band I. 1. Hälfte. Preis 45 Mark. 2. Hälfte. Preis 48 Mark. Ferner in Lieferungen ä 1 Marie SO i*fms Zweiter Band. IL Abteilung. Coeleiiterata (Hohltiere). Von Prof. Dr. Carl Chun und Prof. Dr. L. Will. Lfg. 1—21. Antliozoa. Von Dr. 0. Carl«*reu in Stockholm. Lfg. 1. Zweiter Band. III. Abteilung. £cIiiiiodermen (Stachelhäuter). Begonnen von Dr. 11. Ludwi|r. Prof. in Bonn. Fortgesetzt von Dr. 0. Hamann, Prof. in Berlin. Zweites Buch. Die See- steriie. Drittes Buch. DieSclilaiigeiisterne. Lfg. 17 — 6G. Dritter Band. Mollusca (Weichtiere). Von Dr. II. Siniroth, Prof. in Leipzig. Zweite Abteilung. Lfg. 22 — 74. Britter Band. Su|>))lenient. Tiinicata (Manteltiere). Von Dr. Osw. Seeliffer, Prof. in Rostock. Lfg. 1 — 52. Vierter Band. Supplement. 2S"emertiiii (Schnurwürmer). Von Dr. 0. Bür»'er. Professor in Santiago. Lfg. 1 — 22. Fünfter Band. Oliederfüssler (Arthropoda). Zweite Ab- teilung. Von Prof. Dr. A. «erstaecker. Fortges. von Prof. Dr. Ä. E. Ortniann und Dr. C. Verhoetf. Lfg. 1 — 71. Sechster Band. I. Abteilung. Fische. Von Dr. E. Lönnherg, Prof. in Stockholm. Lfg. 1—15. Sechster Band. V. Abteilung, !§iäugetiere : Mammalia. Von Dr. C. €1. fiiebel. Fortgesetzt v^_m^^ 1905. lü der C. F. Wiiiter'schen Verlagshandlung in Leipzig ist erschienen: Dr. H. G. Bronn's Klassen und Ordnungen des Tier-Reichs. tn kompleten Bänden respm Abteilungen: Erster Itaiid. Protoxoa. Von Dr. 0. Bütsclili, Professor in Heidelberg. Kplt. in 3 Abtlgn. Abtlg. I. 30 Mk. — Abtlg. II. 25 Mk. - - Abtlg. III. 45 Mk. Zweiter Band. Porifera. Yon Dr. G. C. J. Vosmaer. Mit 34 Tafeln (darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark. Zweiter Band. III. Abteilung. Ecliiiio«leriiieii (Stachelhäuter). Yon Dr. H. lAidwig', Professor in Bonn. Erstes Buch, öie {§lee walzen. Mit 17 lithographierten Tafeln, sowie 25 Figuren und 12 Karten im Text. Preis 25 Mark. Dritter Band. Mollusca (Weichtiere). Yon Dr. H. Simroth, Prof. in Leipzig. Erste Abteilung. Aiupliiiienra u. l§ieaplio- po<1a. Preis 32 Mk. 50 Pf. Vierter Band. Würmer (Yermes). Yon Prof. Dr. M. Braun. Abteilung 1. a, Trematodes. Preis 47 Mk. Abteilung I. b. Cestodes. Preis 50 Mark. Fünfter Band. Oliederlussler (Arthropoda). Erste Abteilung. Yon Prof. Dr. A. GerstaeeKer. Mit 50 lithogr.Taf. Preis 43 Mk. 50 Pf. Sechster Band. II. Abteilung. Wirbeltiere. Amphibien. Yon Dr. C. K. Ilolfmann, Prof. in Leiden. Mit 53 lithogr. Tafeln (darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk. Sechster Band. IIL Abteilung. Reptilien. Yon Dr. C. li. Holfniann, Professor in Leiden. Kplt, in 3 Unter- Abtlgn. I. 28 Mk. — II. 40 Mk. — III. 42 Mk. Sechster Band, lY. Abteilung. Vögel: Aves. YonDr.HansGadow in Cambridge. I. Anatomischer Teil. Mit 59 lithographierten Tafeln und mehreren Holzschnitten. Preis 63 Mark. II. Syste- matischer Teil. Preis 12 Mark. Sechster Band. Y, Abteilung. Säugetiere: Mammalia. Yon Dr. C. G. Giebel. Fortgesetzt von Prof. Dr. W. Leche. Band L 1. Hälfte. Preis 45 Mark. 2. Hälfte. Preis 48 Mark. Ferner in Lieferungen a / IWark SO PfmS Zweiter Band. IL Abteilung. Coelenterata (Hohltiere). Yon Prof. Dr. Carl Chun und Prof. Dr. L. Will. Lfg. 1—21. Antkozoa. Yon Dr. 0. CarlgTcn in Stockholm. Lfg. 1. Zweiter Band. III. Abteilung. EcliinoclerineM (Stachelhäuter). Begonnen von Dr. H. Ludwi«:, Prof. in Bonn. Fortgesetzt von Dr. 0. Hamann, Prof. in Berhn. Zweites Buch. l>ie See- sterne. Drittes Buch. Die Sclilangensterne. Yiertes Buch. Die Seeigel. Lfg. 17-70. Dritter Band. Mollusca (Weichtiere). Yon Dr. II. Simroth, Prof. in Leipzig. Zweite Abteilung. Lfg. 22 — 74. Dritter Band. Sup])lenient. Tunicata (Manteltiere). Yon Dr. Osw. Seeli«'er, Prof. in Rostock. Lfg. 1 — 62. Vierter Band. Würmer (Yermes). Yon Prof. Dr. M. Braun. Turbellaria. Bearbeitet von Prof. Dr. L. v. Graff. Lfg. 63—74. Vierter Band. Supplement. ETeniertini (Schnurwürmer). Yon Dr. 0. Bürg'er, Professor in Santiago. Lfg. 1 — 22. Fünfter Band. Olieclerfiissler (Arthropoda). Zweite Ab- teilung. Yon Prof. Dr. A. Gerstaecker. Fortges. von Prof. Dr. A. E. Ortmann und Dr. C. Verhoeff. Lfg. 1 — 74. Sechster Band. I. Abteilung. Fii^clie. Yon Dr. E. Lönnberg', Prof. in Stockholm. Lfg. 1—15. Sechster Band. Y. Abteilung. Säugetiere: Mammalia. Yon Dr. CG. Giebel. Fortgesetzt von Prof. Dr. E. Göppert. Lfg. 61— 70. ^= D" H. G. BRONN'S Klassen und Ordnungen des TIER-REICHS, wissenschaftlich daro'estellt in Wort und Bild. Dritter Band. Supplement. Tuiiicata (Manteltiere). Bearbeitet von Dr. Osw. Seeli^er, Professor in Rostook. Mit auf S t ^ i n gezeichneten Abbildungen, 6-.S'., 69., 70., 71. u. 73. Lieferung. <^^SjGOS^^ Leipzig. C. F. Winter'sche Verlagshandlun 1907. S- In der V, F. WInler'schen Veiiagshandlung in Leipzig ist erschienen: Dr. H. G. Bronns Klassen und Ordnungen des Tier-Reichs. in kompleten Bänden resp, Abteilungen: Erster Kaiid. Protoxoa. Von Dr. 0. Bütschli, Professor in Heidelberg. Kplt. in 3 Abtlgn. Abtlg. I. 30 Mk. — Abtlg. II. 25 Mk. -- Abtlg. III. 45 Mk. Zweiter Baiirt. Porilera. Ton Dr. (J. €. .1. Vosmaer. Mit 34 Tafeln (darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark. Zweiter Band. III. Abteilung. Ecliinoilermeii (Stachelhäuter). Von Dr. II. Ludwig, Professor in Bonn. Erstes Buch. Die ISeewalzen. Mit 17 lithographierten Tafeln, sowie 25 Figuren und 12 Karten im Text. Preis 25 Mark. Dritter Band. IWollusea (Weichtiere). Von Dr. II. Siniroth. Prof. in Leipzig. Erste Abteilung. Ampliiiieiira u. Scaplio- poda. Preis 32 Mk. 50 Pf. Vierter Band. Würmer (Vermes). Von Prof. Dr. M. Braun. Abteilung I. a. Trematodes. Preis 47 Mk. Abteilung I. b. Cestodes. Preis 50 Mark. Fünfter Band. Olieclerfüssler (Arthropoda). Erste Abteilung. Von Prof. Dr. A. «erstaecker. Mit 50 lithogr. Taf. Preis 43 Mk. 50 Pf. Sechster Band, II. Abteilung. Wirbeltiere. Amphibien. Von Dr. C. K. Iloffinann, Prof. in Leiden. Mit 53 Hthogr. Tafeln (darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk. Sechster Band. IIL Abteilung. Reptilien. Von Dr. C. R. Iloffniann, Professor in Leiden. Kplt. in 3 Unter-Abtlgn. I. 28 Mk. — IL 40 Mk. — HI. 42 Mk. Sechster Band. IV.Abteilung. Tögel:Aves. VonDr.IlansGadow in Cambridge. I. Anatomischer Teil. Mit 59 lithographierten Tafeln und mehreren Holzschnitten. Preis 63 Mark. IL Syste- matischer Teil. Preis 12 Mark. Sechster Band. V. Abteilung. Säugetiere: Mammalia. Von Dr. C. 0. Giebef. Fortgesetzt von Prof. Dr. W. Leche. Band I. 1. Hälfte. Preis 45 Mark. 2. Hälfte. Preis 48 Mark. Ferner in Lieferungen ä 1 Mari€ SO f*fms Zweiter Band. II. Abteilung. Coeleiiterata (Hohltiere). Von Prof. Dr. Carl Chun und Prof. Dr. L. Will. Lfg. 1—21. Aiitliozoa. Von Dr. 0. Carlo-ren in Stockholm. Lfg. 1. Zweiter Band. III. Abteilung. Ecliiiioderinen (Stachelhäuter). Begonnen von Dr. II. Ludwi«:, Prof. in Bonn. Fortgesetzt von Dr. 0. Ilannum, Prof. in Berlin. Zweites Buch. Die See- sterne. Drittes Buch. l>ie Schlangen sterne. Viertes Buch, »ie Seeigel. Lfg. 17-70. Dritter Band. Mollusca (Weichtiere). Von Dr. II. Siniroth, Prof. in Leipzig. Zweite Abteilung. Lfg. 22 — 79. IM-itter Band. 8u|)])lement. Tunicata (Manteltiere). Von Dr. Osw. Sceliffer, Prof. in Rostock. Lfg. 1—67. Vierter Band. W^ürmer (Vermes). Von Prof. Dr. M. Braun. Turbellaria. Bearbeitet von Prof. Dr. L. v. Gralf. Lfg. 63—74. Vierter Band. Snpplement. M^eiuertini (Schnurwürmer), Von Dr. 0. Bür«'er. Professor in Santiago. Lfg. 1 — 22. Fünfter Band. Glieder fiissler (Arthropoda). Zweite Ab- teilung. Von Prof. Dr. A, Gerstaecker. Fortges. von Prof. Dr. A. E. Ortniann und Dr. C. Verhoetf. Lfg. 1 — 74. Sechster Band. I. Abteilung. Fisclie. Von Dr. E. Lonnberff, Prof. in Stockholm. Lfg. 1—20. Sechster Band. V. Abteilung. Säugetiere: Mammalia. Von Dr. C, (l fJieliel, Fortgesetzt von Prof. Dr. E. Göppert. Lfg. 61—70. i w '^■«v- .-.<.'-'.-.v4 KV :^ ■' •*,% .»A^: ti*j '^ »■.. ;:./<1v.V i-'is:-^'^ W^ ,.^v^ ^.'6?- Ife^^^J r%-^'' 'Si.Iv v-it- ii*,v; i V „ •»-. Ji'^'i.s*:»'-'-^ v■-.|^:♦V.- ■■■■ ■ ••/^i^i" ''-l^-y ... >V ■'.'>:..t: