/ TERN ERDIT 2 ’ RE hr ORONID SABRARY £ : Be er ann er ‚ı J34AT = ® 2 & ML -t10I) Jusmesid .& (siintsbie) nistesd mi Insmeid S ‚(nsiliesıd) nistesd mi dae me idgqgse ST ‚(nsilildeesg) niduA .3 ‚(Usteviil) niduA .c ‚dsaodısA) Insmeil 2 ‚lissidsA) Hsniqd .0r ‚(UstevıX ‚idırıasisd) Ilsaiga.e ‚(astlildsesg) idqgee .8 ‚(lese (soflildoesg) nodıiN ‚Ei .(lsasdl ai) dtniogyH .£t ‚(Ustexıdl) diniosyH ‚tt ‚(les 1. Siamant im Gestein (Brasilien). 2. Diamant im Gestein (Südafrika). 3. Diamant (Bort- kugel). 4. Diamant (Karbonat). 5. Rubin (Krystall). 6. Rubin (geschliffen). 7. Sapphi‘ (Cystall). 8. Sapphir (geschliffen). 9. Spinell (Balasrubin, Krystall). 10. Spirell (Rubice Kıystall),. 11. Hyaeinth (Krystall). 12. Hyacinth (im Basalt). 13. Zirkon (geschliff« EDELSTEINKUNDE EINE ALLGEMEIN VERSTÄNDLICHE DARSTELLUNG | DER EIGENSCHAFTEN, DES VORKOMMENS UND DER VERWENDUNG DER EDELSTEINE, NEBST EINER ANLEITUNG ZUR BESTIMMUNG DERSELBEN, FÜR MINERALOGEN, EDELSTEINLIEBHABER, STEINSCHLEIFER, JUWELIERE VON D&. MAX BAUER, GEHEIMEM REGIERUNGSRAT PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT MARBURG. ZWEITE, VOLLKOMMEN DURCHGESEHENE UND TEILWEISE NEUBEARBEITETE AUFLAGE. MIT 21 TAFELN IN FARBENDRUCK, LITHOGRAPHIE UND AUTOTYPIE, SOWIE 115 ABBILDUNGEN IM TEXT. LEIPZIG 1909 CHR: BERMZTAUCHNITZ TAFEL 1. 13. 12. 1 Bauer, Edelsteinkunde. 2. Auflage. E. Ohmann lee. EDELSTEINKUNDE EINE ALLGEMEIN VERSTÄNDLICHE DARSTELLUNG DER EIGENSCHAFTEN, DES VORKOMMENS UND DER VERWENDUNG DER EDELSTEINE, NEBST EINER ANLEITUNG ZUR BESTIMMUNG DERSELBEN, FÜR MINERALOGEN, EDELSTEINLIEBHABER, STEINSCHLEIFER, JUWELIERE voN D&. MAX BAUER, GEHEIMEM REGIERUNGSRAT PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT MARBURG. ZWEITE, VOLLKOMMEN DURCHGESEHENE UND TEILWEISE NEUBEARBEITETE AUFLAGE. MIT 21 TAFELN IN FARBENDRUCK, LITHOGRAPHIE UND AUTOTYPIE, SOWIE 115 ABBILDUNGEN IM TEXT. LEIPZIG 1909 CHR. HERM. TAUCHNITZ Das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen ist vorbehalten. a ER oa Die Verlagshandlung L. > SEINER MAJESTÄT WILHELM Il. KÖNIG von WÜRTTEMBERG IN TIEFSTER EHRFURCHT UNTERTHÄNIGST GEWIDMET VOM VERFASSER. VORWORT. Der Wunsch des Herrn Verlegers, dem deutschen Publikum ein Werk über Edel- steine in ähnlicher Ausstattung darzubieten, wie es die amerikanische Literatur in so ausgezeichneter Weise ın: George Frederik Kunz, „Gems and precious stones of North America“ besitzt, gab die Anregung zur Abfassung des vorliegenden Buches. Selbst- verständlich mußte aber hier die Gesamtheit der Edelsteine dargestellt und sollte auch eine Anleitung zur Bestimmung unbekannter Steine mit aufgenommen werden. In letzterer Be- ziehung konnten die vortrefflichen und umfassenden Anweisungen, die ©. Dölter in seiner Edelsteinkunde gibt, zum Muster dienen. Sie sind aber hier etwas modifiziert und ver- einfacht. Namentlich wurde auf die Anwendung des konvergenten polarisierten Lichtes verzichtet, weil Edelsteinhändler und Juweliere, die meistens eingehende theoretische Studien nieht unternommen haben, hiervon doch wohl schwerlich einen zweckentsprechen- den Gebrauch machen können und für wissenschaftlich gebildete Mineralogen Angaben hierüber überflüssig sind. Jedenfalls war es aber nötig, der Beschreibung der einzelnen Edelsteine eine allgemeine Einleitung vorauszuschicken, in der die einschlägigen Lehren, namentlich der Physik und der Mineralogie, soweit sie für die Kenntnis der Natur der Edelsteine erforderlich sind, zur Darstellung gelangten. Es wurde dabei kein gelehrtes Publikum vorausgesetzt, aber ein solches, das doch nicht ganz ohne naturwissenschaftliche Vorkenntnisse ist. Die Darstellung wurde so zu geben versucht, daß ein mit guten Schulkenntnissen ausgestatteter Leser zu folgen ver- mag. Es ıst daher zu hoffen, daß das Buch nicht nur denen genügen wird, die sich aus allgemeinem naturwissenschaftlichem Interesse mit Edelsteinen beschäftigen wollen, sondern daß es besonders allen, die in dem Kauf und Verkauf, sowie in der Verwendung von Edelsteinen zu Schmuckgegenständen aller Art ihren Lebensberuf haben, also Edel- steinhändlern und Juwelieren, in ausgedehnter Weise nützlich sein wird. Anfänglich war beabsichtigt gewesen, die Perlen und Korallen, die keine Mineralien, sondern Produkte des Tierreiches sind, hier nicht zu behandeln. Wünsche aus dem Kreise der Leser der einzelnen Lieferungen dieses Buches waren die Veranlassung, dieses Vorhaben aufzugeben, und so sind nachträglich noch diese beiden wichtigen Abschnitte in einem Anhang bearbeitet worden. Für die Perlen wurden neben anderen hauptsächlich die Werke von Möbius und v. Martens, für die Korallen dievon Lacaze Duthiers und von Canestrini benutzt. Der Verfasser hat sich besonders bemüht, die Art des Vorkommens und die Fund- orte der einzelnen Steine so eingehend, als es der Umfang des Bandes erlaubte, mit- zuteilen und ihre Verbreitung in den wichtigsten Heimatsländern auf kleinen Übersichts- kärtchen im Text bildlich darzustellen. Auf diesem Gebiete werden auch Fachgenossen des Verfassers manches Neue erfahren, denn auch die neueste mineralogische Literatur zeigt, daß hier vielfach unrichtige Vorstellungeu herrschen. Dies ist auch leicht erklärlich, denn nur wer sich in diesem Zweige der Mineralogie selbst versucht und die umfassen- den, aber weit zerstreuten, vielfach unsicheren und unklaren und nicht selten geradezu VI VORWORT. unrichtigen Literaturangaben über das Vorkommen von Edelsteinen kennen gelernt hat, kann die mit solchen Studien verbundenen Schwierigkeiten ermessen. Namentlich war es vielfach unmöglich, für die Herstellung der Übersichtskärtchen die erforderlichen sicheren Unterlagen zu bekommen; ihre Zabl ist daher beschränkter geblieben, als es ursprünglich geplant gewesen war. Zahlreiche Fachgenossen haben durch Mitteilung ihrer persönlichen Erfahrungen und mancher einschlägigen Publikationen ihre Unterstüzung gewährt; ihnen allen aufrichtigen Dank! Die Art und Weise der Verarbeitung und der Verwendung der Edelsteine gelangt eingehend zur ‚Darstellung, um so mehr, als auch sie im engsten Zusammenhange mit den natürlichen Eigenschaften stehen. Dem allgemeinen Teile sind daher auch Abschnitte über die Schliffformen, den Sebleifprozeß usw. eingefügt, und entsprechende Mitteilungen sind der Beschreibung jedes einzelnen Edelsteins beigefügt. In der Ausstattung des Werkes hat die Verlagsbuchhandlung den Wünschen des Verfassers nach Möglichkeit Rechnung getragen. Die Originalbilder zu den farbigen Tafeln sind von der kunstfertigen Hand des Herrn E. Ohmann in Berlin gemalt. Die abgebildeten Stücke entstammen zum größten Teile den mineralogischen Sammlungen des Museums für Naturkunde in Berlin. Dem Direktor derselben, Herrn Geheimen Bergrat und Professor C. Klein, sei für die Erlaubnis zur Benutzung der verbindlichste Dank ausgesprochen, ebenso dem Kustos, Herrn Professor C. Tenne für das rege Interesse und die viele Zeit und Mühe, die er der Herstellung der Aquarelle stets gewidmet hat. Eın nicht geringer Teil des Gelingens dieser farbigen Tafeln ist seiner tätigen Mitwirkung bei ihrer Herstellung zuzuschreiben. Dank sei auch Herrn Direktor A. Brezina in Wien, der die Genehmigung zur Reproduktion des bekannten Gemäldes im mineralogischen Hofmuseum gewährt hat, das die berühmteste und reichste der Diamantgruben am Kap, die Kimberleygrube, darstellt und das hier zum ersten Male zur Veröffentlichung gelangt. Literaturangaben sind nur in beschränkter Zahl gemacht worden. Sie schienen ın . einem Werke, das sich in erster Linie an ein größeres Publikum wendet, nicht am Platze zu sein. Dem engeren Kreise der Mineralogen hofft der Verfasser über manche speziellen Punkte noch eingehendere wissenschaftliche Mitteilungen machen zu können. Für die meisten Leser wird es zweckmäßig sein, daß alle Abschnitte möglichst selbständig und in sich abgeschlossen gestaltet wurden, so daß auf Hinweise nach vorn und hinten möglichst verzichtet werden konnte. Allerdings war damit die Notwendigkeit verbunden, manche Angaben an, mehreren Stellen zu wiederholen, was aber hoffentlich nicht ın störender Weise geschehen ist. Das alphabetische Register wurde möglichst vollständig gemacht und darin noch manche Ausdrücke aufgenommen und kurz erklärt, die im Texte keinen Raum gefunden hatten, immer unter Hinweis auf die betreffende Stelle, auf die sie sich beziehen. Der Verfasser würde glauben, das Ziel, das er sich gesetzt, erreicht zu haben, wenn es ihm gelungen sein sollte, nicht nur Liebhabern und Besitzern von Edelsteinen, sondern auch besonders Edelsteinhändlern und Juwelieren ein klares Bild von deren natürlicher Beschaffenheit, ihrem Vorkommen sowie ihren verschiedenen Verarbeitungs- und Ver- wendungsarten gegeben zu haben. Noch mehr würde er aber erfreut sein und seine Mühe belohnt sehen, wenn durch die vorliegende Darstellung einer Anzahl von zum Teil besonders merkwürdigen Mineralien regeres Interesse für das Gesamtgebiet der Minera- logie, von dem die Edelsteinkunde ein Zweig ist, auch in weiteren Kreisen ‘geweckt werden würde. MARBURG (MINERALOGISCHES INSTITUT DER UNIVERSITÄT), Herbst 1896. Max Bauer. Vorrede zur zweiten Auflage. Wie die erste, so beschäftigt sich auch die vorliegende ‚neue Auflage vorzugsweise mit den natürlichen Verhältnissen der Edelsteine. Namentlich dem Vorkommen wurde auch jetzt wieder besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Überall habe ich eine Dar- stellung nach dem neuesten Stande unserer Kenntnisse angestrebt und daher die Fort- schritte der Wissenschaft bis zum Abschluß der Korrektur nach Möglichkeit verfolgt und berücksichtigt. Bei der regen Tätigkeit auf manchem dieser Gebiete ist es aber nicht zu verwundern, daß in manchen Punkten der Inhalt des Buches doch von noch neueren Beobachtungen mehr oder weniger überholt ist, und daß manche neue Tatsache nicht mehr, oder doch nieht mehr an ihrer eigentlichen, richtigen Stelle, sondern weiter hinten an einem einigermaßen geeigneten Platz aufgeführt wurde. Mehreres konnte sogar nur noch im Register Berücksichtigung finden. Neu aufgenommen oder ausführlicher behandelt wurde vor allem die künstliche Darstellung der Edelsteine, namentlich des Rubins, das Verhalten der Edelsteine und namentlich der Edelsteinfarben gegen Röntgen- und gegen Radiumstrahlen und anderes. Daß manche Abschnitte, namentlich die über die südafrikanischen Diamanten, eine völlige Umarbeitung erfahren haben, zeigt der Vergleich mit der ersten Auflage ohne weiteres. Von der einschlägigen Literatur waren mir besonders nützlich die bekannten Jjähr- liehen Übersichten von George F. Kunz in New York bis zum Jahre 1906 und die- jenige für 1907 von seinem Nachfolger, Douglas B. Sterret, welche letztere aber nur noch bei der Korrektur benutzt werden konnte. An manchen Punkten ergab auch dıe englische Übersetzung der ersten Auflage von L. J. Spencer in London (1904) wichtige Hinweise und Verbesserungen. Leider waren die von mir benutzten Nachrichten nicht alle gleichwertig. So standen z. B. bei der Abfassung des Abschnitts über die südwestafrikanischen Diamanten nur mehr oder weniger unsichere Zeitungsartikel zur Verfügung, und erst bei der Korrektur konnten die zuverlässigeren Mitteilungen von Dernburg, Kaiser und Lotz noch herangezogen werden. Ich habe mich aber nicht mit der Verwertung der Literatur begnügt, sondern mich bestrebt, daneben nach Möglichkeit Nachrichten von Sachverständigen auf dem Gebiet der Edelsteinkunde direkt einzuziehen. Mitteilungen allgemeiner Art verdanke ich vor- zugsweise den Herren G. F. Kunz in New York, R. Brauns in Bonn, G. Seligmann in Coblenz, C. W. Keßler und Hermann Wild in Idar, A. Dieseldorff ın Hamburg, A. Houdelet in Berlin, May und Palma in Turnau (Böhmen), A. Miethe in Char- lottenburg. Über einzelne spezielle Punkte habe ich wertvolle Aufklärung erhalten von den Herren A. Macco, s. Z. in Johannesburg, über südafrikanische Diamanten, E. Hussak in Rio de Janeiro über die Diamanten und namentlich über die farbigen Edelsteine von Brasilien, R. L. Codazzi in Bogotä über das Vorkommen des Smaragds in Kolumbien, K. Zimanyi in Pesth über das der ungarischen Opale, J. E. Hibsch in Tetschen über die böhmischen Granate, August Leyser in Idar über die Bergkristalle und Citrine von VII VORREDE ZUR ZWEITEN ÄUFLAGE. Goyaz (Brasilien), R. Klebs und A. Tornquist in Königsberg über den ostpreußischen Bernstein, Hugo Wild und Julius Caesar in Idar über Perlen und J. Meisenheimer in Marburg über Perlen und Korallen. Ihnen allen sage ich auch hier den besten Dank, ebenso Herrn Dr. A. Schwantke, der mir bei der Korrektur wertvolle Hilfe geleistet hat. Den Hauptsitz der deutschen Edelsteinindustrie in Idar und Öberstein habe ich zu meiner Information mehrere Male besucht und wichtige Nachrichten daselbst ge- sammelt. Auch in dem dritten Abschnitt über Erkennung und Unterscheidung der Edelsteine wurden selbstverständlich die neuen Forschungsresultate nach Möglichkeit verwertet. Von großer Bedeutung war hier: Henry A. Miers, Cantor lectures on precious stones, delivered before the society for the encouragement of arts, manufactures and commerce, 1896. Als neues Hilfsmittel wurden neben der Pyroelektrizität namentlich die Brechungs- koeffizienten eingeführt und zu deren Bestimmung das kleine Leißsche Refraktometer benützt, das bei seiner zu dem vorliegenden Zweck bequemen Einrichtung auch von theoretisch minder Kundigen mit genügender Sicherheit gehandhabt werden kann. Auch dieses Mal habe ich jedoch die Erscheinungen im konvergenten polarisierten Licht nicht heran- gezogen. Sie sind ja an sich von hervorragender Wichtigkeit, aber Erkundigungen bei Juwelieren haben mich zu der Überzeugung gebracht, daß, abgesehen von einzelnen be- sonders einfachen Fällen, die Methoden für den allgemeinen praktischen Gebrauch doch zu schwierig und zu kompliziert sind. Zudem glaube ich, daß es in fast allen Fällen möglich ist, ohne sie auszukommen. An alle sachverständigen Leser richte ich zum Schluß die Bitte, mich auf etwaige Lücken, Unrichtigkeiten usw. aufmerksam machen zu wollen, damit bei einer vielleicht nötig werdenden weiteren Auflage Abhilfe geschaffen werden Kann. MARBURG (Hessen) im Herbst 1909. Max Bauer. Inhaltsübersicht. Einleitung, ERSTER TEIL Allgemeine Verhältnisse der Edelsteine. Seite | Seite 1. Natürliche Eigenschaften und Vorkommen. | 1. Thermische Eigenschaften . . . 81 A. Chemische Zusammensetzung a. = Plekirı.che ElizjEnneleritaup ae B. Kristallformen . . . | > en e na ie 25 C. Physikalische Denen A 9 D., Vorkonnmen, dergEdelsiemay psp a) Spezifisches Gewicht . . ». .... 2 II. Verwendung der Edelsteine. B)/Spaltbarkeib 2 ANNE 2 29 A. Verwendung in der Technik . . . .. 8 OrHärte. 2 2. EEE DD B. Verwendung zum Schmuck. . . . 2.8 d) Optische Bieenthälten PISTEN ENT IR SA 38, | a): Schliffformen. . MEPV HE 30 1° Burehsichtigkeit = "7 12. 2-88 b): Schleifpreozeß: zn me 7 2 ra 99 2.Glanz... ... TE a 1 c) Bohren . . aA 3. nen. I ar AB | d) Bearbeitung an der Deehban ll: 4. Doppelbrechung . . » » ....59 e) Gravieren 104. Ätzen . . ... . 106 5. Brechungskoeffizienten. . . . . 62 färben KöBrennem, m... ESS Basel. a a g) Fassen. Aufbringen . . . . . . 108 7. Diehroismus'.! ı. .. 13 | h) Fehler der Edelsteine . . . .» . . 110 8. Besondere Licht- und Fisbenkrschei. | i) Künstliche Nachbildungen. . . . . 113 nuneen „u... a1 k) Verfälschungen, . . EA e) Thermische, elektrische a Bereisihe l) Wert und Preis der Edelsteine BE 3. Eigenschaften: I u. VW EM Edelsteingewichte . . . ..... . 124 ZWEITER TEIL. Beschreibung der einzelnen Edelsteine. Seite | Seite Einleitung. Einteilung. . -» .... 131 | b) Vorkommen des Diamants . . . . 164 Diamant. oo. . RI) Kafndienssn sm tt. Mir. tb a) Eigenschaften de ana PSBTASIhene Be OR A ae 1. Chemisches Verhalten. . . . . 136 SI CHayana ee Po 2Kenıstallformen . . 1... 2uea0,148 Be SudalKalı u ver an ee 3. Spezifisches Gewicht . . . . . 151 EB arHe0 ee) ET 4=Spaltbarkeit |. . 2 ©... „192 BR Ssmalien 27 0. 400. Rz Harte) 72 92 .. ee 7 Nordamerika . . ... 2 er 2281 6. Optische Breenschafien et it: 8. Ural und Sibirien . . . .» . . 29 7. Elektrische und thermische Eigen- gEapplandar NK 2 2294 BOHAELEN An en Be ic us POLE 10% Meteoriten & N. "ren a 220.298 INHALTSÜBERSICHT. X Seite c) Entstehung u. Nachbildung d. Diamants 296 d) Verwendung des Diamants . 302 1. Verwendung zu Schmucksteinen . 302 2. Diamantschleiferei 306 3. Verwendung in der Technik 310 4. Große und berühmte Diamanten 312 5. Wert der Diamanten . 322 6. Nachahmung und Verfälichune 328 Korund . 329 Rubin . 334 Sapphir ; 354 * Andere Varietäten De len Kommnke 369 Spinell. ST Chrysoberyll . 377 Chrysoberyll . 379 Alexandrit 382 Beryli 384 Smaragd ; NEE Pe alelt! Edler Beryll Aa Aquamarin- chrysolith, Goldberyll) 401 Euklas. : 408 Phenakit. 410 Topas 411 Zirkon (mit Hy ah 426 Granat. ; 432 Hessonit (Kanselstein) 437 Spessartin . 439 Almandin . ? 439 Pyrop (böhmischer een. Bprubin usw. 443 Demantoid mit Grossular, Melanit usw. . 450 Turmalin. 452 ‚Opal. 5 464 Edler Opal 466 Feueropal . BR 450 Andere Opalvarietäten Veoh al Halbopal usw.) 482 Türkis . 486 Zahntürkis . 501 Variseit (Utahlith, Wardit) 502 Kallainit (Kallais) 503 Lazulith . 503 Ölivin (Chrysolith, Peridot) 504 Cordierit > 509 Vesuvian (Idokras) 511 Kalifornit. 513 Axinit. ; : 513 Cyanit fDiäthen, Sanpard) { 514 Andalusit (mit Chiastolith) 516 Staurolith 517 Epidot (Pistazit) 518 Mananepidate . 05.0 0% zeuan ga dein ZOLL SU 2. er Me 1 Dioptas Kurfaranen) 520 Kieselkupfer 521 Garnierit (Numeait) . hy Litanit (Sphen) ar wa u 521 Benitoit e 522 Prehnit (mit Chlorastnohik ar Zoneahlant) 523 Thomsonit (mit Lintonit) Natrolith Kieselzinkerz. Zinkspat (Galmei, ee Gruppe des Feldspats . Amazonenstein i 2 Sonnenstein Aa ß Mondstein. : Labrador nee Fa Labradorit Eläolith Cancrinit . Lasurstein (lapis al) Hauyn Sodalith . Obsidian . Moldawit (Bonteillenstein). R Gruppe des Pyroxens und des heile Hypersthen (mit Bronzit, Schillerspat und Diallag) . NEN Diopsid. Spodumen. Hiddenit (ilhionmarard) Kunzit Rhodonit 561, end Nephrit.. Jadeit (mit Chloranieanlie Familie des Quarzes. A. Kristallisierter Quarz Bergkristali Rauchtopas. Amethyst Citrin Rosenquarz Prasem 2 Sapphirquarz. i Quarz mit Einsehlnsken { Katzenauge 5 Tigerauge (mit te) B. Dichter Quarz . Hornstein (m. nt Holastein) Jaspis . Avanturin . C. Chalcedon 5 Gemeiner Olaleedan Karneol Plasma und Eee 3 Achat (mit Onyx). Malachit . e Kupferlasur und Be reach Faserkalk. Fasergips. Flußspat.. kVrslanı 7a, Aa MEreIaEeE VE Apabik. er ansnten on DR ar Mer ee Schwefelkies . r Hämatit (mit Iserin) . Rutil. Bernstein Gagat (Jet) - a or [1 a ot oO oo SD m nn — >» 5 &@& w 607 607 611 615 617 620 623 626 627 646 649 649 650 653 654 655 656 657 683 INHALTSÜBERSICHT. DEILTTEER TEIL Erkennung und Unterscheidung der Edelsteine. Allgemeines über die Methode a) Durchsichtige Edelsteine 1. Tabelle. Farblose Edelsteine 2. R pp * $ je) Bienlene: en and) Ba den Beilen Grünlichblaue u. bläulichgrüine (meergrüne) Edelsteine Hellblaue Edelsteine . Blaue Edelsteine Violette Edelsteine £ Lila- und rosafarbige Edelcteime Rote Edelsteine . ; Rotbraune und braunrote Edel- steine. - Rauchgraue und nee Edelsteine Rotgelbe und Selma "Edel- steine . Gelbbraune Edelsteine Gelbe Edelsteine { Gelblichgrüne Edelsteine Grüne Edelsteine und eek Verwendung der Perlen Perlenfischerei . Süßwasserperlen Falsche Perlen. Imitationen . m I Seite 689 694 695 696 697 697 698 699 699 b) Durchscheinende und undurchsich- tige Edelsteine 1. Tabelle. Weiße und lichtgefärbte, sowie Be 8. m ” „ ce) Steine, erscheinung zeigen 1: (3%) [3)| Anhang. Seite 715 7115 724 726 730 102 Korallen . graue Edelsteine Blaue Edelsteine Grüne Edelsteine Schwarze Edelsteine . Gelbe und braune Basen Rosenrote, rote und lila Edel- steine . Mehrfarbige Edelsteine i Metallglänzende Edelsteine die eine besondere Licht- Edelsteine mit einem Lichtstern (Stern: steine) . . Edelsteine mit ogeden ee . Edelsteine mit metallischem Schiller . Edelsteine mit metallisch schillernden Punkten. =. 0n . Edelsteine mit en el, Der Korallensfock, Die lebende Koralle . Vorkommen der Korallen . Korallenfischerei. Verwendung der Kal len. Handel . XI Fig. Fig. ” Er Fig. Tafelerklärung. Tafel I. (Titeltafel.) 1. Diamant im Gestein, Brasilien . 2. Diamant im Gestein, Südafrika 3. Diamant, Bortkugel. 4. Diamant, Karbonat . 5. Rubin, Kristall 6. Rubin, geschliffen 7. Sapphir, Kristall . 8. Sapphir, geschliffen . ß 9. Spinell (Balasrubin), Kristall 10. Spinell (Rubinspinell), Kristall . 11. Hyaecinth, Kristall 12. Hyacinth im Basalt. 13. Zirkon, geschliffen Tafel II--IV. Schliffformen Tafel 1. (Zwischen S. 91 u. 92.) 1—8 Brillantformen i 1. Brillant, zweifaches Gut . 2. Englischer zweifacher Brillant, zweifaches Gut mit Stern 3. Brillant,dreifaches Gut, ältere Form 4. Brillant, dreifaches Gut, neuere Form, rund ß 5. Brillant, dreitacheren ER oval A 6. Brillant, dreifache @ut, nee birnförmig . R 7 Brillant, reisen! ee se 2 8. Halbbrillant . Tafel 111. (Zwischen S. 96 u. 97.) 1. Sternschnitt von Caire 2—4. Treppenschnitt. 2. Treppenschnitt vierseitig 3. Treppenschnitt sechsseitig. 4. Treppenschnitt achtseitig . 5. Gemischter Schnitt 6. Schrittmit doppelten Balekien j 7. Schnitt mit verlängerten Bril- lantfacetten 8. Maltheserkreuz. 149. Seite 190 225 149 202 334 334 354 355 375 374 427 427 427 Tafel IV. (Zwischen S. 98 u. 99.) A 1—8. Rosette (Rose) . 1. Rose, rund Rose, birnförmig . Holländer Rose. Brabanter Rose. » ww | Rosen von anderer Form . ao ot Rose recoup&e „ 8 Kreuzrosette . 9. Doppelrosette (Bendeinane „ 10. Brillolette . NEE „ 11—14. Tafelsteine . „ 11. Tafelstein | Dünnsteine 14. Tafelstein, oben brillantiert 4 Dieksteine. 16: „ 17—19. Mugeliger Schliff (Cabochon) „ 17. Einfacher Cabochon (ausgeschlä- gelt) „ 18. Einfacher Onbochen as Fa- eetten „. 19.--Doppelter Cannon Tafel V. (Zwischen S. 178 u. 179.) Diamantgrube bei Panna in Indien Tafel VI. (Zwischen S. 196 u. 197.) Diamantwäscherei (Lavra) in Brasilien . Tafel VII. (Zwischen S. 238 u. 239.) Kimberley-Grube (am Kap), 1872 . Tafel VII. (Zwischen S. 242 u. 243.) Oben: Kimberley-Grube, 1874 . .. . Unten: Kimberley-Grube (Westseite), 1885 Tafel IX. (Zwischen S. 306 u. 307.) Natürliche Größe der Brillanten von !/a bis 100 Karat 98 196 TAFELERKLÄRUNG. Seite Tafel X, XI-und XIa. Große Diamanten in natürlicher Größe . 312 Tafel X. (Zwischen S. 314 u. 315.) Meier Orloweih ho. te Ze en a1 Lu 2 en EISEDSCHAÄN,. reales ta 2 Bee ee Bil FEAR ohın ur, alte- Korn Se be Kohinur, neuer Rorm rr Fe olk, or Stewart... i 319 es Diamanmıtdes Her E. Dresden 318 Tafel X1. (Zwischen S. 318 u. 319.) a Hesentee EEE „ 9. Südstern (&temm de Südens) es ellsslliorentinerzr re 7.202 2.316 Sl Baneyr 2: 2 a see „ 12... Pascha won er Den. u, al Klara Nassake nen. Se ln 142 Sternsvon Sudsfika rt a Rolarsterngge se 2. 2.» .819 Tafel XIa. . (Zwischen S. 322 u. 323.) Cullinan, natürliche Form und Größe . . 321 Tafel XL. (Zwischen S. 402 u. 403.) Fig. 1. Smaragd, Kristall im Kalkspat, Muzogstuberı 0 %..0 040, .381..393 „ 2. Smaragd, Kristall im Chlorit- schiefer, Habachtal . . . . 387. 399 Smaragd, geschliffen . . . 387. 389 Beryll (Goldberyll), Kristall . 402. 407 „ 5. Aquamarin, Kristall, Adun-Tschi- NONWeeh ee a ae 4025405 ö "Aquamarin, geschliffen . . . . 402 „ 8. Chrysoberyll(Alexandrit), Kristall, Tokowaja . . as #318, 382 = . Alexandrit, seschlitfen bei Tages- lichte 7a... =: 1882 9%, Derselbe Stein bei npenlehe ur 382 10. Chrysoberyll, Kristall, Brasilien 378 „ 11. Chrysoberylil oa od. orient. Katzenauge), geschliffen . . . . 379 Tafel XIIL. (Zwischen S. 424 u. 425.) Fig. 1. Topas;, blau, Mursinka 412. 415. 417 »„ 2. Topas, dunkelgelb, Brasilien 412. 413 415. 417. 421. 597. 3. Topas, hellgelb, Sachsen 412. 415. 417.418 „ 4. Rosatopas, Brasilien 412. 416. 417. 421 5 Euklas, Kristall, Brasilien. . . . 409 Tafel XIV. (Zwischen S. 448 u. 449.) Fig. 1. Epidot,Kristall, Unter-Sulzbachtal . 519 2. Bridot, geschliffen . .. = . - 22919 Fig. 3. Almandin, Kristall im Glimmer- schiefer ; 4. Almandin, geschliffen ’ - 3 „ 5. Pyrop (böhmischer Granat) im Ser- Dentnmr re Ara). 443: », 6. Pyrop (Baprabin), Beschhflen 443. „ 7. Hessonit (Kaneelstein), Kristalle, Alatal in Piemont . . .404. 457 „ 8. Hessonit (Kaneelstein), geschliffen, Beylom. Ser 2 re ART „ 9 Demantoid, roh, Ural . „10. Demantoid, geschliffen „ 11. Chrysolith, Kristall „ 12. Chrysolith, geschliffen Tafel XV. (Zwischen S. 464 u. 465.) Fig. 1. Vesuvian, Kristall, Alatal in Pie- mont : „ 2. Vesuvian, von Seschkinfen 3. Vesuvian, vom Vesuv, geschlitfen 4. Dioptas, Kristalle 5—9. Turmalin, Kristalle. „ 5 Turmalin, rosenrot und grün, Elba „ 6. Turmalin, rot, Sibirien »„ 7. Turmalin, grün, Brasilien - „ 8.) Turmalin,grünm.rot.Kern, Chester- „ 9. field in Massachusetts 455. 459. 460. „ 10 u. 11. Turmalin, geschliffen. „ 10. Turmalin, braun, Ceylon. 11. Turmalin, blau, Brasilien Tafel XVI. (Zwischen S. 454 u. 485.) Fig. 1. Amazonenstein, Kristalle. „ 2. Labradorit, angeschliffen „ 3 Labradorisierender Feldspat, angeschliffen „ 4. Adular (Mondstein), zo a „ 5. Adular (Mondstein), geschliffen »„ 6. Edler Opal, roh, Australien 467. »„ 7. Edler Opal, geschliffen, Australien 4617. Ss. Edier Opal, roh, Ungarn . 467. y. EdlerOpal, geschliffen, Ungarn 467. 10. Feueropal, roh . : 11. Feueropal, geschliffen Tafel XVII. (Zwischen S. 586 u. 587.) Bergkristalldruse, Dauphine in Frank- reich Tafel XVIH. (Zwischen S. 61V u. 611.) Fig. 1. Amethyst, Kristall (a) und ge- SEHNEIEH WON S .u..00 ae. „ 2. Bergkristall mit Einschlüssen (Nadelstein) 1) S. die Erklärung zu Taf. XVIII, Fig. 7. or nn (SD) XIV TAFELERKLÄRUNG. Seite Seite Fig. 3. Rauchtopas, Kristalle (a), geschlif- Tafel XX tens (drundze)r. ı. nm: 589 8 4. Katzenauge, braun (a) hd sin (bj (Zwischen 8. 656 u. 657.) geschliffen . . . . 4. eo Fig. 1. Lasurstein, angeschliffen. . . . 539 „ 5. Tigerauge, angeschliffen . . . . 605 | „ 2. Türkis, blau, geschliffen . . . . 489 „ 6. Heliotrop, angeschliffen . . . . 626 „ 3. Türkis, grün, im Gestein. . . 490 » 7. Almandin, geschliffen. . . . . 440 „ 4. Malachit, (a) roh, (b) afeschlikfen 646 Die Fig. 7 ist durch ein Versehen auf diese Tafel 5. Onyaı LARGE gekommen; sie war für Tafel XIV. bestimmt.) | „6. Karneol mit a iertem Buch- Tafel XIX. BtabenN. >. %. 623 (Zwischen S. 630 u. 631.) 7. Kamee aus Karn el ee Fig. a. Festungsachat, Oberstein . . . 628 8. Chrysopras, geschliffen . . . . 610 „ b. Achatmit horizont. Lagen, Brasilien 629 9. Bernstein, angeschliffen . . . . 660 — nn —— Verzeichnis der Textfiguren. Seite Pyknometer . . . ne Sl ee Zum Körbchen Ener zur Bestimmung des On Ge- WIcHts u. 9 2 15 3. Bänkeben, um eine gew öhnliche Waße als hydrostatische zur Bestimmung d. spezifischen Gewichts zu benutzen 15 4. Gewöhnliche Wage, mittelst des Bänk- chens und des zum Körbchen ge- bogenen Platindrahts als hydrosta- tische Wage zur Bestimmung des spezifischen Gewichts eingerichtet 16 Westphalsche Wage zur Bestimmung des spezifischen Gewichts fester Kör- DO ee a td 6. Jollysche Federwage zur Bestim- mung des spezifischen Gewichts . 21 Westphalsche Wage zur Bestim- mung des spezifischen Gewichts von Flüssigkeiten . . - 24 »„ 8. Spaltbarkeit eines email: 30 »„ 9. Brechung des Lichs beim Eintritt in Fig. DD ma or — einen Edelstein. . . 43 „ 10. Brechung des Lichts an nt aus einem Edelstein. . . »... 45 „ 11. Totalreflexion . . 45 „ 12. Totalreflexion im Diana an be: 47 „ 13. Totalreflexion im Diamant an wi lenjodid. (75... °.... 47 „ 14. Durchgang des Lichts dusche eine von zwei paralellen ebenen Flächen be- grenzte Platte .-. . 48 1a: Duscheunede Lichts durcheis Prums 48 Verschieden starke Ablenkung ver- schiedenfarbiger Lichtstrahlen (Dis- persion) . . rt) „ 17. Dispersion des Te in einer a parallelen Platte . . . “4 80 18. Dispersion des Lichts in einem FB ma; Bildung eines Spektrums durch prismatische Zerlegung des weißen Biehis.. ., - se 19. Perspektivische ea de ee: der Lichtstrahlen durch ein Prisma 51 „ 20. Gang der Lichtstrahlen in einem Brillant 0. 02000 0 0 0 Fig. 21. Doppelte Brechung eines Lichtstrahls ” 22. Gang der Lichtstrahlen in einer dop- peltbrechenden planparallelen Platte 23. Doppelte Lichtbrechung in einem Spaltungsstück von ae EI pelspat) E 24. Gang der Daran in einem don! peltbrechenden Prisma . 25. Perspektivische Ansicht des Band der Lichtstrahlen durch ein ne brechendes Prisma 262. Bilder einer Lichtflamme de einen doppeltbrechenden Edelstein . 26b. Bilder einer Lichtflamme durch einen einfachbrechenden Edelstein . 27. Polarisationsinstrument für paralleles Licht (!/s natürl. Größe) 5 28 u. 29. Gang der Lichtstrahlen im Re- fraktometer . E 30. Refraktometer Rasch e 31. Refraktometer (vert. Durchschnitt) . 32. Dichroskop : 3 33. Brillant, (dreifacher, a Fo A sichten von oben, von der Sr und von unten) - 34. Amerikanischer Brillantschliff 35. Schliff des 20. Jahrhunderts (Jubi- läumsschhff) . E 36. Biseauschliff von v een Form 37. Rosette (Ansicht von oben) 38. Rose recoupee von anderer Form 39, a—s. Kristallformen des Diamants 144. 40. Natürliche Größe oktaödrischer Dia- mantkristalle von 1—1000 Karat 41. Diamantfelder in Ostindien . 42. Diamantfelder in Brasilien . i 43. DiamantfelderdesBezirksDiamantina 44. Diamantfelder der Serra da Cincora in Bahia BUT &} 45. Diamantvorkommen in Südafrika (westlicher Teil) : 46. Diamantgruben bei Kimberley 47. Schematischer Durchschnitt durch die Kimberley-Grube . : 48. Bergbauliche Anlagen in der tee ley-Grube . xXVI Fig.s9. „ 56. ak 60 61. 202. 622. 63, 68. 69. 6, N; 12, Benla: VERZEICHNIS DER TEXTFIGUREN. Bergbauliche Anlagen in der De Beers-Grube Diamantgruben d. Oranjefluß- Bolero Diamantgruben in Transvaal Diamantfelder der Insel Borneo . Diamantfelder von Australien . Natürliche Größe der Rosetten aus Diamant von 1—50 Karat. : Richtungen geringster Härte auf den Facetten eines Brillants 5 Diamantoktaöder mit Tafel und Ba. lette als Vorbereitung für den Bril- lantschliff . Große Diamanttafel von Taver nier Südstern, Gestalt des rohen Steins in natürl. Größe RR Vietoria-Diamant von 457! Karat vom Kap in natürl. Form und Größe De Beers-Diamant von 428'/a Karat vom Kap; schematische Form in natürl. Größe Tiffany-Brillant von 125% Kar in natürl. Größe ’ Excelsior von 971?/4 Kan aus al Jagersfontein-Grube; natürl. Form und Größe h Die drei größten aus dem Calkaan an schliffenen Steine (nat. Größe) a—i. Kristallformen des Korunds (Rubin, Sapphir usw.) Vorkommen des Rubins und ne in Birma und Siam Rubinfelder in Birma . Rubin- und Sapphirgruben von ee Klung in Siam . E am Rubingruben in Badakschan oberen Oxus. 2 Künstlich dargestellter Röbin nach Fremy Vorkommen des Sit und - Edelsteine auf der Insel Ceylon a—d. Kristallformen des Spinells a—c. Kristallformen des Chryso- berylis . 5 A 1 RE a—e. Kristalllormen des Berylis (Smaragds, Aquamarins usw.) Smaragd des Herzogs von Devon- shire in natürl. Größe e Smaragdgruben im Besitz der Re- gierung von Colombia . E Smaragdgruben bei Muzo (slombia) Teil einer Smaragdgrube bei Muzo (Colombia) Seite ° 309 309 315 318 319 (X) pe De} Fig.77. Vorkommen des Berylls bei Mursinka am Ural $ N; „ 78. Kıristallform des Eulchises ER 79, a—c. Kristaliformen des Phenakits sv, a—d. Kristallformen des Topases $1. Vorkommen der gelben Topase in Brasilien „ 82, a—d. Kiristallforkten dan Zirkonn „ 83. a—-d. Kristallformen des Granats $4. Karte der Verbreitung des böhmischen Granats : „ 85, a—e. Kurstallfornen der N: 86. Kristallform des Olivins (Chrysoliths) ‚ ST. Kristallform des Cordierits „ 88, a—b. Kristallformen des Vesuvians „ 89. Kristallform des Axinits „ 90. Kristallform des Cyanits. „ 91. Kristallform des Andalusits „ 92. Chiastolith . 2 „ 93, a—c. Kristallformen He Be „ 94. Kristallform des Dioptases A „ 95, a—c. Kristallformen des Feldspats . „ 96. Kristallform des Amazonensteins „ 97. Fundorte des Lasursteins in Badak- schan »„ 98. Deere in er Gern ds Baikalsees . : „ 99. Vorkommen des Ta an ger Talaja (Baikalsee) . „100, a&—d. Kristallformen des Quarzes „101. Scepterquarz . : ‚102. Amethystgruben bei ah im Tal „103. Liebespfeile von der Wolfsinsel im Onegasee . „104. Baumstein Mokasten „105. Moderner Edelsteinschleifer (Bapidärt Idar . ‚106. Innere Ansicht einer none Edel. steinschleiferei in Idar . er „107. Äußere Ansicht einer alten Achat- schleife im Idartale F „108. Achatschleiferei in Oberstein (che matisch) De : „109. Achatschleiferei von Ans: Venom mantel in Waldkirch (Baden) . „110. Zerschneiden von Edelsteinen . „111. Edelsteinbohrer . „112. Edelsteingraveur ‚113. Antike Intaglie . „114. 115. Antike Kameen . Die Figuren 113, 114 u. 115 hatten Anfäng- lich die Nummern 107, 108 u. 109, s® z.B. auf Seite 105. I or a u or or ot EINLEITUNG. Unter den in der Erdkruste vorkommenden Mineralien gibt es eine gewisse Anzahl, die sich durch besondere Schönheit vor den anderen auszeichnen und die daher seit den ältesten Zeiten zum Schmuck des menschliehen Körpers und zur Verzierung von Gegenständen aller Art benutzt worden sind. Ihr schönes Aussehen beruht auf ihrer Durchsichtigkeit und Klarheit, auf dem Glanz, der Farbe oder einem Farbenspiel, das durch die an der Oberfläche der Steine reflektierten oder in ihrem Innern sich bewegenden Lichtstrahlen hervorgerufen wird. Diese Eigenschaften, die meist erst nach der Bearbeitung der Steine durch Schleifen in ihrer ganzen Pracht hervortreten, sind zuweilen alle vereinigt, wie in dem so seltenen schön und lebhaft, z. B. rot oder blau gefärbten Diamant, oder es fehlt namentlich das Farbenspiel und es wirken nur Durehsichtigkeit, Glanz und Farbe, wie beim Rubin, oder auch diese sind nicht besonders ausgeprägt, und es ist nur ein lebhafter, von der Färbung des Steines unabhängiger Farbenschiller vorhanden, wie beim edlen Opal, oder nur eine schöne Farbe an einer undurchsichtigen und wenig glänzenden Substanz, wie beim Türkis, oder endlich die Farbe tritt gänzlich zurück und die Schönheit beruht auf Glanz, Durch- sichtigkeit und Farbenspiel, wie bei den reinsten farblosen Diamanten. Es ist aber nicht die Schönheit des Aussehens allein, die für die Verwendbarkeit eines Minerals zum Schmuckstein maßgebend ist. Diese darf natürlich nicht fehlen, sie ist durchaus unerläßlich, aber es müssen noch andere Eigenschaften hinzutreten, und zwar vor allem ein gewisser, nicht zu geringer Grad von Härte und Unangreifbarkeit durch äußere Einflüsse und Einwirkungen überhaupt. Ein Stein, der im vollkommen frischen Zustande den schönsten Anblick gewährt, verliert diesen rasch, wenn er nicht die erforderliche Härte besitzt. Die beim Gebrauch unvermeidliche Berührung mit der Hand nimmt ıhm in kurzer Zeit Glanz und Durchsichtigkeit und die Farbe wird unansehnlich. Auch wenn er etwas härter ist, so daß ihm die Berührung mit der Hand nicht mehr schadet, greift ihn doch der alles überziehende Staub an, der zu einem großen Teil aus kleinen Partikelchen des harten Minerals Quarz besteht. Ein Mineral, das nicht mindestens die Härte des Quarzes hat, wird also im allgemeinen zum Schmuckstein wenig geeignet sein; als das beste erweist sich eine noch größere Härte, die darnach so genannte Edelsteinhärte. Indessen ist hier auch die Verwendung des betreffenden Steines von Einfluß. Zu einer Brosche z. B. wird sich auch ein weicheres Mineral noch eignen, während ein Ringstein, der, namentlich an der rechten Hand getragen, viel weniger geschont werden kann, eine größere Härte beansprucht. Ebensowenig darf aber ein solches Mineral in anderer Weise Angriffen von außen unterliegen, namentlich darf es nicht von der Luft verändert werden; auch dadurch schwindet die ursprüngliche Schönheit mancher Mineralsubstanzen rasch dahin. Demnach werden zu Schmucksteinen zweckmäßigerweise nur solche Mineralien verwendet, die mit der Schönheit des Aussehens eine große Härte verbinden und die Bauer, Edelsteinkunde, 2. Aufl. 1 2 EINLEITUNG. überhaupt durch äußere Einflüsse keine Veränderung erleiden. Solehe durch Schönheit hervorragende und daher zum Schmuck benützte Mineralsubstanzen, die vermöge der ihnen ınnewohnenden Eigenschaften der Härte und Unveränderlichkeit imstande sind, ihr Aussehen auch auf die Dauer zu bewahren, werden Edelsteine (Juwelen) genannt. Nicht allzu oft hat die Natur alle diese ausgezeichneten Eigenschaften miteinander vereinigt; daher ist die Zahl der zu Schmucksteinen verwendbaren Mineralien gering im Verhältnis zu den vielen, die überhaupt bekannt sind, und ebenso finden sich auch im allgemeinen die wenigen hierher gehörigen Mineralspezies in der Erdkruste nur in geringer Menge als Seltenheiten vor, namentlich in etwas größeren Stücken und in einer Beschaffenheit, wie es für die Verwendung zum Schmuck erforderlich ist. So kommt es, daß diese Edelsteine einen sehr hohen Wert besitzen, daß sie mit zum Kostbarsten gehören, das die Erde trägt, und daß sie daher nur den mit Glücksgütern reich Gesegneten in größerem Umfange zugänglich sind. Hiermit ist aber nicht gesagt, dal nicht auch sehr schöne Schmucksteine aus reichlich vorkommenden und daher billigen Mineralien gewonnen werden können. Aber wären diese auch noch so prächtig, sie würden doch höchstens vom großen Haufen zum Schmuck verwendet werden. Der Reiche verlangt zu diesem Zwecke etwas, wodurch er sich vor der Menge auszeichnen kann, etwas Kostbares, nur ihm Zugängliches, also etwas Seltenes. Für einen Edelstein ist also die Seltenheit bis zu einem gewissen Grade eine wesentlich notwendige Eigenschaft. Die Natur steht aber hierin vollkommen ım Einklang mit den Anforderungen der Menschen, denn die nach dem allgemeinen Urteil schönsten Edelsteine, wie Rubin, Smaragd, Diamant u.s.w., sind auch gleichzeitig die seltensten und kostbarsten. Nicht alle als Edelsteine benutzten Mineralien haben die hierzu nötigen Eigenschaften in gleichem Maße. Je höher die Schönheit, die Härte und die Unveränderlichkeit steigt und je sparsamer das Vorkommen schöner Stücke ist, desto geschätzter ist der Stein ; solche, bei denen alle diese Eigenschaften den höchsten Grad erreichen — Diamant, Rubin, Sapphir, Smaragd und andere —, gelten ganz allgemein und ausnahmslos als die -kostbarsten und edelsten. Je mehr sich die anderen Steine hierin von den obengenannten entfernen, namentlich auch bezüglich der Härte, desto weniger edel sind sie. Nach dieser Beschaffenheit unterscheidet man mehrere Gruppen in der Wertschätzung der verschie- denen Edelsteine, vor allem die beiden Hauptabteilungen der kostbaren „Edelsteine“ und die der weniger kostbaren „Halbedelsteine“, welche letztere bei manchmal noch hoher Schönheit namentlich nur verhältnismäßig geringe Härte zeigen und häufiger in der Natur vorkommen. Bei dıeser Einteilung, die übrigens keineswegs ganz fest ist, so daß mancher Stein von dem einen noch zu den echten Edelsteinen, von dem andern schon zu den Halbedel- steinen gerechnet wird, handelt es sich aber nieht um eine oder die andere Eigenschaft für sich allein, sondern um alle miteinander in ihrer Gesamtheit und in ihrem Zusammen- wirken. Glanz, Durehsichtigkeit, Farbe und Farbenspiel, sowie Unveränderliehkeit und Härte werden bei der Beurteilung des Wertes gegeneinander abgewogen, und daneben wird auch das mehr oder weniger häufige oder sparsame Vorkommen mit in Betracht gezogen. Daher ıst der verhältnismäßig nicht sehr harte Smaragd doch einer der Kost- barsten Edelsteine wegen seiner wundervollen grünen Farbe und der großen Seltenheit tadelloser Stücke, und die weichen und undurchsichtigen edlen Opale und Türkise stehen als echte Edelsteine höher im Werte als der härtere und durehsichtige, aber auch in schönen Stücken häufige Amethyst, der nur den Rang eines Halbedelsteines einnimmt. Wie die Eigenschaften, auf denen die edle Beschaffenheit beruht, in den verschiedenen als Edelsteine benützten Mineralien nicht überall in gleichem Grade ausgebildet sind, so gilt dies auch von den verschiedenen Stücken jeder einzelnen der hierher zu rechnenden EINLEITUNG. 3 Mineralspezies. Zwar die Härte ist bei allen solchen gleich, aber Durchsichtigkeit, Färbung usw. können sehr verschieden sein, so daß manche Exemplare eines Minerals dıe schönsten Edelsteine liefern, während andere unscheinbar und trübe und daher zum Schmuck völlig ungeeignet oder doch weniger schön und daher weniger wertvoll sınd als jene. So gibt es in der Mineralspezies Beryll außer dem hierher gehörigen kostbaren Smaragd, von dem eben die Rede war, noch den gelben Goldberyll und den blaßgrünlich- blauen Aquamarin, die im Aussehen hinter dem Smaragd zurückstehen, und die zwar ebenfalls noch als Edelsteine verwendet werden, aber doch erheblieh geringeren Wert haben als dieser, und endlich den trüben und unschön gefärbten gemeinen Beryll, der wegen seines unscheinbaren Aussehens keine Verwendung zum Schmuck mehr finden kann und der daher nicht zu den Edelsteinen und nicht einmal zu den Halbedelsteinen zählt. Ganz allgemein pflegt man darnach bei vielen Mineralien die durchsichtigen Abarten als „edle“ von den trüben, undurchsichtigen „gemeinen“ zu unterscheiden. Wir haben soeben die natürlichen Eigenschaften besprochen, die ein Mineral haben muß, damit es zu den Edelsteinen gezählt werden kann. Außer der Beschaffenheit der Steine ist aber hierbei noch etwas anderes in Betracht zu ziehen, was zu den Gaben der Natur gar keine direkte Beziehung hat, aber doch für die Verwendung als Edelstein von größtem Einfluß ist; dies ist die Mode. Oft ohne daß Gründe erkennbar wären, wird ein heute kostbarer Stein morgen trotz seiner vorzüglichen Eigenschaften auf dem Markte zurückgewiesen und fast ganz von der Liste der Edelsteine gestrichen, so daß er auch um billigen Preis keine Käufer mehr findet. Andererseits begünstigt der wechselnde Geschmack des Publikums heute ein Mineral, von dessen Vorhandensein gestern die Edelsteinhändler kaum eine Vorstellung hatten, und das daher neu in der Reihe der Edelsteine erscheint. Namentlich bevorzugt die Mode vielfach abwechselnd, das eine Mal Diamanten, das andere Mal farbige Steine Es ist nicht gar zu lange her, daß die Juweliere keine anderen Edelsteine als Diamanten, Rubine, Sapphire, Smaragde, Granaten und gelegentlich vielleicht einen Topas oder Aquamarin in ihren Läden vor- rätig hielten. Seitdem ist eine große Anderung eingetreten, und fast alle in diesem Buche, beschriebenen (im Inhaltsverzeichnis übersichtlich zusammengestellten), meist farbigen Steine haben größere oder geringere Bedeutung für den Edelsteinhandel erlangt. Man schleift jetzt alle Mineralien, die sich vermöge ihrer natürlichen Beschaffenheit nur einigermaben zu Schmucksteinen eignen, und namentlich werden in einzelnen Ländern einheimische, anderwärts gar nicht beachtete Steine vielfach bevorzugt und als Produkte des vater- ländischen Bodens ganz besonders geschätzt. Wir werden hierfür weiterhin manche Bei- spiele kennen zu lernen haben. So ist also die Zahl der zu den Edelsteinen zu rechnenden Mineralien nicht zu allen Zeiten dieselbe gewesen, und es sind auch nicht immer dieselben Mineralien, die dabei in Frage kommen. Aber die wichtigsten, schönsten und kostbarsten, die heute im Edel- steinhandel die größte Bedeutung haben, waren auch schon im Altertum die beliebtesten. Die besonders hervorragenden Eigenschaften, durch die sie ausgezeichnet sind, haben sich doch mächtiger erwiesen als die veränderliehen Anforderungen des Geschmackes und der Mode. Es sind die obengenannten Steine, zu denen nur noch wenige, vor allem der edle Opal und einige Halbedelsteine aus der Reihe der Quarzmineralien (Bergkrystall, Amethyst, Achat mit Onyx usw.) zu zählen sind. Es gibt noch einige andere Substanzen, die in ganz ähnlicher Weise wie die Edel- steine zum Schmuck verwendet werden, wie vor allem die Perlen und die Korallen. Sıe sind aber keine Edelsteine, sie gehören’nicht dem Mineralreich an, sondern sind Produkte des tierischen Lebens und werden daher hier nur anhangsweise betrachtet werden. Dagegen 1* 4 EINLEITUNG wird der Bernstein seine Stelle finden, obwohl auch erals ein Harz vorweltlicher Bäume eigentlich nicht zu den Mineralkörpern gehört. Er wird aber wie diese aus der Erde ge- graben und daher einer allgemeinen Gewohnheit entsprechend mit anderen ähnlichen Substanzen zusammen auch mit zu den Edelsteinen gerechnet, und in der Mineralogie abgehandelt. Da die Edelsteine Mineralien sind, so ist die Edelsteinkunde ein Zweig der Mineralogie. Es handelt sich bei der Kenntnis der Edelsteine zunächst um die Erforschung ihrer natürlichen Eigenschaften, der chemischen Zusammensetzung, der Kristallformen, des physikalischen Verhaltens in Beziehung auf das spezifische Gewicht, die Härte und Spaltbarkeit, die Wirkung der Lichtstrahlen usw., ebenso aber auch um die Ermittelung des Vorkommens in der Erdkruste, der Art und Weise, wie sie in dieser eingelagert sind, und der Orte, wo sie sich finden. Da aber bei den Edelsteinen die praktische Verwen- dung von wesentlichster Bedeutung ist, so hat sich die Edelsteinkunde auch mit dieser zu beschäftigen, mit der Art der Gewinnung und der Bearbeitung der Edelsteine und der Benützung derselben zu Schmuckgegenständen der verschiedensten Art. Dadurch gewinnt die Edelsteinkunde auch die engste Beziehung zur Technologie. Ein sehr wichtiger Zweig der Edelsteinkunde ist endlich noch die Erkennung der einzelnen Edelsteine und ihre sichere Unterscheidung von anderen ähnlich aussehenden, sowie von betrügerischen Nachbildungen in Glas und anderen wertlosen Materialien. Große und langjährige Übung wird einen mineralogische Kenntnisse entbehrenden Händler oder Liebhaber in den Stand setzen, einen vorliegenden Stein gewissermaßen durch ein unbewußtes Gefühl nach den unbestimmten, genauerer Beschreibung und Feststellung unzugänglichen Eigentümlichkeiten des Glanzes, der Farbennuance usw. meistens rasch und mit Sicherheit zu erkennen. Aber in nicht seltenen Fällen werden dabei Zweifel übrig bleiben und sogar Irrtümer begangen werden, die ein wissenschaftlich gebildeter Mineraloge leicht vermeiden könnte durch die zweckentsprechende Anwendung der strengen auf Maß und Zahl gegründeten Untersuchungsmethoden seiner Wissenschaft auf die Edelsteine. ‚Es ist daher jedem, der sich mit diesen kostbaren Körpern beschäftigen will, bei deren Bestimmung ein einziger Mißgriff die allerunangenehmsten pekuniären Folgen haben kann, nicht genug anzuraten, sich wenigstens mit den hier einschlägigen Lehren der Mineralogie einigermaßen vertraut zu machen, um so mehr als diese auch wichtige Fingerzeige zu geben imstande ist für die geeignetste und zweckmäßigste Bearbeitung der rohen Steine, wodurch deren Schönheit erst zur vollen Entfaltung kommt. Daher werden im folgenden in einem ersten Teil die für die Kenntnis der Edelsteine besonders wichtigen Eigenschaften der Mineralien im allgemeinen auseinandergesetzt und hieran die allgemeinen Verhältnisse des Vorkommens, der Bearbeitung und der Verwen- dung angeschlossen. Sodann folgt in einem zweiten Teil die spezielle Beschreibung der als Edelsteine dienenden Mineralien mit besonderer Berücksichtigung der hierbei in Be- tracht kommenden Punkte, und endlich wird in einem dritten Teil eine spezielle An- weisung gegeben werden, Edelsteine der Art nach richtig zu bestimmen und von anderen Edelsteinen und sonstigen Substanzen, namentlich von Imitationen durch Glasflüsse ete., zu unterscheiden. ERSIER TEIE. Allgemeine Verhältnisse der Edelsteine. I. Natürliche Eigenschaften und Vorkommen. A. Chemische Zusammensetzung. Die Edelsteine unterscheiden sich in Beziehung auf die allgemeinen Verhältnisse ihrer chemischen Zusammensetzung in nichts wesentlichem von den anderen Mineralien. Sie bestehen aus denselben chemischen Elementen, wie diese, und die Elemente sind auch nach denselben Gesetzen miteinander verbunden. Man hat wohl früher einmal geglaubt, daß die durch ihre besonders hervorragenden Eigenschaften ausgezeichneten edlen Steine auch aus besonders edlen Grundsubstanzen aufgebaut seien und nahm eine sogenannte Edelerde als Hauptbestandteil aller Edelsteine an. Es hat sich aber bei deren genauer chemischer Untersuchung herausgestellt, daß es im Gegenteil die allergemeinsten, an sich in kleinen Mengen ganz wertlosen Stoffe, wie Kohlenstoff, Thonerde und andere sind, von denen gerade die kostbarsten Steine gebildet werden. Die edlen Metalle, Gold, Platın u. s. w., fehlen ın der Zusammensetzung der Edelsteine vollkommen und auch die selteneren der nicht zu den edeln zu rechnenden Elemente gehören zu den auberge- wöhnlichen Vorkommnissen. Von ihnen sind eigentlich nur zwei von einer gewissen Bedeutung: das Zirkonium im Hyaeinth und das Beryllium im Smaragd und Aquamarin und in einigen anderen seltener angewendeten Edelsteinen. Im übrigen ist die Zusammensetzung bei den einzelnen hierhergehörigen Steinen sehr verschieden. Bald ist sie sehr einfach, bald kompliziert durch das Zusammentreten sehr zahlreicher Grundbestandteile. Der wichtigste Edelstein, der Diamant, ist zugleich auch der chemisch einfachste. Er ist ein Element, und zwar der allgemein und massen- haft verbreitete Kohlenstoff, allerdings hier in einer durch ganz besondere Eigenschaften ausgezeichneten Ausbildungsform, die sich von dem ebenfalls nur aus Kohlenstoff bestehenden Graphit und von der gewöhnlichen Kohle u. s. w. sehr wesentlich durch seine Kristallisation und die anderen damit zusammenhängenden Eigenschaften unterscheidet. Der Diamant ist der einzige Edelstein, zu dessen chemischem Bestande nur ein einziges Element gehört, in allen anderen finden sich deren mindestens zwei, und manche entbalten sogar eine ziemlich große Zahl von diesen chemischen Grundsubstanzen. Aus zwei Elementen zusammengesetzt und daher ebenfalls noch eine sehr einfache Verbindung darstellend, ist der seltenste und kostbarste aller Edelsteine, der rote Rubin, und ebenso der von diesem chemisch nicht verschiedene blaue Sapphir. Beide, nur in der Farbe voneinander abweichend, bestehen aus dem in neuerer Zeit zu so großer Be- deutung gelangten und so viel verwendeten, den Hauptbestandteil des Thons und vieler anderer der gemeinsten und verbreitesten Mineralien bildenden Metall Aluminium und aus Sauerstoff: sie sind Aluminiumoxyd oder Thonerde, die auch in zahlreichen anderen wertvollen Edelsteinen als wesentlicher Bestandteil neben anderen vorkommt. Ein ähnlich einfaches Oxyd, und zwar des Elements Silicium, stellen alle von der in der Erdkruste so weit verbreiteten Kieselsäure, dem Silieiumdioxyd, gebildeten Edelsteine dar, wie Berg- ) ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. kristall, Amethyst, Achat, Opal und andere, und nicht viel komplizierter ist auch der Zirkon, der Spinell und der Chrysoberyll. Während so die Mineralklasse der Oxyde von größerer Bedeutung ist, gibt es in der Abteilung der Schwefelmetalle und in der der Haloidverbin- dungen, der Verbindungen der Metalle mit Chlor, Brom, Jod und Fluor, kein Glied, das die für einen Edelstein erforderlichen Eigenschaften in hervorragendem Maße besitzt, und dasselbe gilt für die im Mineralreiche sonst so wichtige Gruppe der Sulfate, der Verbindungen der Schwefelsäure. Zwar werden einzelne Mineralien aus allen diesen Abteilungen gelegentlich als Schmucksteine benützt, aber keines hat eine nennenswerte Bedeutung. Besonders wich- tig ıst dagegen die Klasse der Silikate, zu der der Smaragd, der Granat, Chrysolith, Topas und manche andere gehören und von denen einzelne, vor allem der Turmalin, sich durch ganz besonders komplizierte Zusammensetzung aus sehr zahlreichen Elementen auszeich- nen. Von den anderen Abteilungen des Mineralreiches ist schließlich noch die der Phosphate zu nennen. Diese enthält fast nur einen einzigen, aber einen sehr wichtigen und wertvollen Edelstein, den Türkis, in dem die Phosphorsäure mit Thonerde und Wasser verbunden ist. Der Türkis ist zugleich auch der einzige der kostbaren Edelsteine, zu dessen notwendigen Bestandteilen eine erhebliche Menge Wasser gehört, alle anderen sind wasserfrei. Von den weniger wichtigen ist auch der Malachit wasserhaltig, der zugleich den Hauptrepräsentanten aus der Abteilung der Karbonate, der Verbindungen der Kohlen- säure, darstellt. Im allgemeinen ist zur Bestimmung eines vorliegenden Steines und zur Erkennung seiner Zugehörigkeit zu einer Mineralspezies die chemische Analyse ein vortreffliches und in manchen Fällen das einzige sichere Mittel. Für die Untersuchung der Edelsteine ist aber diese Methode nur in sehr beschränktem Maße brauchbar, weil ihre Anwendung die vollkommene Zerstörung der Substanz zur Folge hat, und dies muss natürlich bei solehen Kostbarkeiten durchaus vermieden werden. Zwar kann man zuweilen von rohen ‚Stücken kleine Teile abnehmen und chemische Versuche damit anstellen, aber bei ge- schliffenen Steinen ist dies untunlich, und so ist die Chemie für die Bestimmung der Edelsteine von beschränkter Bedeutung. Am wichtigsten ist in dieser Beziehung noch die Einwirkung von Säuren. Ver- dünnte Salzsäure, Salpetersäure und Schwefelsäure, auch Natronlauge greifen die besseren Edelsteine ım allgemeinen nicht an, vielleieht mıt Ausnahme des Chrysoliths und Türkises. Im konzentrierten Zustand, und namentlich in der Wärme wirken sie viel stärker und es ist gut, die Steine dem nicht auszusetzen. Der Diamant, Korund usw. widerstehen ailen derartigen Eingriffen vollkommen. Zur Unterscheidung verschiedener Arten von Edel- steinen benutzt man gegenwärtig zuweilen mehr oder weniger konzentrierte Flußsäure unter dem Namen Glasätztinte oder kurz Ätztinte. Diese wirkt lösend auf alle aus reiner Kieselsäure bestehenden Steine, wie Opal, Bergkrystall, Amethyst, Citrin, Rauchtopas, aber auch auf Mondstein, Chrysolith, Türkis und andere, läßt aber namentlich die Kost- bareren, wie Diamant, die Korundarten wie Rubin (natürliche und künstliche), Sapphır usw., Smaragd und die übrigen Berylle, ferner Spinell, Turmalin, Granat, Kunzit und Hiddenit usw. gänzlich unverändert. Die sehr stark ätzende Flüssigkeit, die daher in einer Platin- oder Kautschukflasche aufbewahrt werden muß, wird über die in einem kleinen Platin-, Blei- oder Oelluloidgefäß liegenden Steine gegossen und diese werden nach etwa einer Minute vorsichtig mit einer Zange herausgenommen, abgewaschen und getrocknet. Gehören sie zu der ersteren Gruppe, dann sind sie oberflächlich angeätzt und matt, was namentlich bei geschliffenen Exemplaren deutlich hervortritt. Die Steine der letzteren Gruppe bleiben unverändert glänzend. Bei der Manipulation muß mit großer Sorgfalt darauf gesehen werden, daß nieht ein Tropfen der scharfen Säure auf die Haut kommt, wo sie unan- genehme Geschwüre hervorbringen würde. KRISTALLISATION. 08 B. Kristallformen. Die meisten chemischen Verbindungen und so auch der größte Teil der Mineralien erscheinen in ihrem ursprünglichen natürlichen Zustande vielfach als Kristalle, d. h. in regelmäßig ebenflächig begrenzten Formen, die sich gleich anfänglich bei der Festwerdung dieser Körper ohne alles äußere Zutun lediglich durch die inneren Kräfte der betreffenden Substanz gebildet haben. Diese regelmäßigen Formen nennt man Kristallformen und die Verbindungen, an denen sie vorkommen, kristallisiert. Die Edelsteine sind mit ganz geringen Ausnahmen alle kristallisiert; Diamant, Rubin, Sapphir, Smaragd, Topas usw. finden sich als Kristalle und zeigen Kristallformen in schönster Ausbildung. Nur wenige vor allem der Opal, erscheinen niemals in solcher ebenflächiger Begrenzung, sondern stets in unregelmäßig gestalteten Stücken; sie sind ohne bestimmte regelmäßige Form oder, wie man zu sagen pflegt, amorph. Krystallisierte Körper unterscheiden sich also von den amorphen dadurch, daß nur sie, nicht aber die letzteren die Fähigkeit haben, bei ihrer Festwerdung durch die ihnen innewohnenden Kräfte regelmäßig und ebenflächig begrenzte Gestalten auszubilden. Diese inneren Kräfte bedingen aber in den kristallisierten Körpern außerdem noch ge- wisse Besonderheiten der physikalischen Beschaffenheit, die bei den amorphen Körpern sich nicht finden, und aus denen ein wesentlicher innerer Unterschied dieser beiden Gruppen von Substanzen hervorgeht. Man kann sie daran voneinander unterscheiden und nebeneinander erkennen, selbst wenn ein kristallisierter Körper einmal zufällig aus irgend einem Grunde keine regelmäßige Begrenzung besitzen sollte. Diese kann fehlen, wenn die äußeren Umstände ihrer Ausbildung hinderlich waren, wenn z. B. ein der Kristallisation fähıger Körper sich in einem engen Raume ausbildete, in dem sich die Kristalle nicht frei und ungehindert nach allen Riehtungen entwickeln konnten, oder wenn die ursprünglich vorhanden gewesenen ebenen Begrenzungsflächen durch Abschlagen mit dem Hammer oder dureh Abschleifen entfernt worden sind. In beiden Fällen hat die Substanz zwar keine regelmäßige ursprüngliche Gestalt, aber doch die inneren Eigenschaften eines kristallisierten Körpers, und diese sind es, auf die es an- kommt, die äußere Form ist nur der sichtbare Ausdruck jener inneren Beschaffenheit, die das Wesen der Kristallisation im Gegensatz zur amorphen Beschaffenheit ausmacht. Man bezeichnet einen kristallisierten Körper, dem die regelmäßige äußere Begrenzung fehlt, als kristallinisch oder derb, während ein solcher mit der ihm zukommenden regel- mäßig ebenflächigen Form ein Kristall genannt wird. Kristallinische oder derbe Massen unterscheiden sich von amorphen nicht mehr durch die Form, aber immer noch sehr wesentlich durch ihre physikalischen Eigenschaften, wie wir unten für einzelne Fälle noch weiter sehen werden. Kristalle sind dagegen an ihrer ebenflächigen Begren- zung ohne weiteres auf den ersten Blick als kristallisiert zu erkennen. Die genaue Kenntnis der Kristalle und der Gesetzmäßigkeiten, die in deren äuberer ebenflächiger Begrenzung herrschen, bilden den Gegenstand einer besonderen Wissenschaft, der Kristallographie. Diese ist eine unerläßliche Hilfswissenschaft für alle, die sich mit den natürlichen Verhältnissen der Mineralien und speziell der Edelsteine bekannt machen wollen. Bei der Untersuchung der Formen der einzelnen durch ihre chemische Zusammen- setzung charakterisierten und von anderen unterschiedenen kristallisierten Körpern hat sich herausgestellt, daß jedem von ihnen und somit auch jedem Edelstein eine ganz besondere, bestimmte Kristallform zukommt, oder, besser gesagt, eine Reihe von Kristallformen, die in einem gesetzmäßigen Zusammenhang miteinander stehen und die daher aus einander abgeleitet werden können. Anders zusammengesetzte Körper haben im allgemeinen andere 10 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Kristallformen oder Reihen von Kristallformen, die zwar wieder unter sich, aber nicht mit den Formen jener anderen Verbindungen in gesetzmäßigem Zusammenhange sich be- finden und die sich daher zwar auseinander, aber nicht aus den letzteren nach den Ge- setzen der Kristallographie ableiten lassen. Verschieden zusammengesetzte Körper sind also nieht nur durch ihre Zusammen- setzung, sondern auch durch die ihnen eigentümlichen Kristallformen gekennzeichnet. Man kann daher die verschiedenen Körper an ihrer Kristallform erkennen und voneinander unterscheiden und so namentlich auch die verschiedenen Arten von Edelsteinen, wenn sie deutlich auskristallisiert sind. Es leuchtet somit ein, daß die Kenntnis der kristallo- graphischen Verhältnisse der Edelsteine nieht nur theoretisch von Wichtigkeit ist, sondern dass sie auch praktisch für den Käufer roher Steine die allergrößte Bedeutung haben kann, da der Kundige die Echtheit oder Unechtheit eines solchen an seiner Form auf den ersten Blick zu erkennen imstande ist. Dies ist um so wichtiger, als bei der Unter- suchung der Kristallformen der Stein nicht die mindeste Beschädigung erleidet. Aller- dings ist dabei vorausgesetzt, daß die regelmäßige Kristallform an den zur Untersuchung vorliegenden Stücken ausgebildet ist. Ist dies nicht der Fall, liegen sie, wie es häufig vorkommt, nur in Form unregelmäßiger derber Fragmente oder abgerollter Brocken vor, dann ıst man ausschließlich auf die unten zu besprechenden physikalischen Eigenschaften angewiesen, um die Natur des betreffenden Stückes wissenschaftlich zu bestimmen. Leider ist es nicht möglich, eine kurze allgemein verständliche Darstellung der gesetz- mässigen Beziehungen zu geben, die in der Kristallwelt herrschen. Ebensowenig ist es im Plan dieses Buches gelegen und in Anbetracht seines beschränkten Umfanges gestattet, auf eine ausführliche Auseinandersetzung der Sätze der Kristallographie einzugehen. Sie mul also hier ebensogut, wie manche andere notwendige Hilfswisssenschaft, wenigstens in ihren Elementen als bekannt vorausgesetzt werden, was um so eher tunlich ist, als zahlreiche Spezialwerke über sie vollständige Auskunft geben und auch fast in jedem Lehrbuch der Mineralogie eine genügende Darstellung derselben zu finden ist. Es sei hier nur in Kürze erwähnt, daß man die allermeisten Kristallformen durch Ebenen in je zwei einander vollkommen gleiche Hälften zerschnitten denken kann, von denen die eine genau das Spiegelbild der anderen ist. Solche Ebenen, Symmetrieebenen, sind in verschiedener Zahl vorhanden. Je mehr Symmetrieebenen an einer Kristallform möglich sind, desto symmetrischer ist diese, desto höher ist der Grad der Symmetrie. Man faßt alle Kristallformen, die sich durch’ gleichviele Ebenen symmetrisch teilen lassen, zusammen und nennt den Inbegegriff aller dieser Formen von gleicher Symmetrie ein Kristallsystem. Solcher gibt es im ganzen sechs; einem von ihnen muß jedes Mineral und speziell jeder kristallisierte Edelstein notwendig angehören. Sie sind mit besonderen Namen belegt worden, und zwar sind es die folgenden: . das reguläre System mit 9 Symmetrieebenen; das hexagonale System mit 7 Symmetrieebenen ; . das quadratische System mit 5 Symmetrieebenen; . das rhombische System mit 3 Symmetrieebenen; 5. das monokline System mit 1 Symmetrieebene; 6. das trikline System mit 0 Symmetrieebenen. =» Deo Zuweilen kommt es vor, daß die von der Symmetrie erforderten Flächen der Kristall- formen nur zur Hälfte ausgebildet sind. Es entstehen dann neue, abgeleitetete Formen, die man als hemiödrische oder halbflächige von den mit allen durch die Symmetrie gegebenen Flächen versehenen holoödrischen oder vollflächigen unterscheidet. An den hemiödrischen Formen ist zuweilen wieder nur die Hälfte der Flächen ausgebildet, die KRISTALLISATION. AMORPH. 11 eigentlich vorhanden sein müßten; dann erhält man tetartoödrische oder viertelflächige Gestalten. Wie alle die vollflächigen Abteilungen der Kristallformen, so kommen auch an den verschiedenen Edelsteinen manche halb- und viertelflächige Gestalten vor. Stets gehören sämtliche an einer Art von Edelsteinen, z. B. an allen Diamanten, allen Sma- ragden usw. sich findenden Formen demselben Kristallsystem an, sie haben alle dieselbe Symmetrie oder sie zeigen eventuell dieselbe Art der halb- oder viertelflächigen Aus- bildung. Auch diese Hemiödrien und Tetartoödrien sind mit besonderen Namen belegt worden, auf die aber hier nicht weiter eingegangen werden soll. Nicht selten ist es, daß zwei gleichgebildete Krystalle eines und desselben Minerals mit einer Fläche so aneinander gewachsen sind, dass sie nach dieser symmetrisch zueinander liegen, daß also gewissermaßen der eine Krystall das Spiegelbild des anderen bildet, wie es z. B. Figur 70, d für den Spinell darstellt. Eine derartige Gruppe zweier Kristalle nennt man einen Zwilling. Er ist meist daran kenntlich, daß die an der gemeinsamen Fläche liegenden Kristallflächen zum Teil einspringende Winkel bilden, die bei einfachen Kristallindividuen nieht vorkommen. Zuweilen wächst an das zweite In- dividuum in dersselben Weise ein drittes an, dann hat man einen Drilling; ähnlich ent- stehen Vierlinge usw., im allgemeinen Viellinge. Diese Verwachsungen sind oft sehr kompliziert und es ist dann nicht leicht und nur durch genaue Untersuchung zu erkennen, in welcher Weise eine solche Gruppe aus den verschiedenen Einzelkristallen aufgebaut ist. Bei der Beschreibung der einzelnen Edelsteine werden auch deren wichtigste Kristall- formen angegeben und abgebildet werden. Sie sind zu wichtig, als daß es erlaubt wäre, sie mit Stillsehweigen zu übergehen. Sie werden denen leicht verständlich sein, die sich, wenn auch nur einigermaßen, mit den Gesetzen der Kristallographie und mit den dabei vorkommenden Bezeichnungen bekannt gemacht haben. Solche Leser, bei denen dies nicht der Fall ist, werden in dem Verständnis der einzelnen Formen eines Edelsteines und des zwischen diesen bestehenden Zusammenhangs Schwierigkeiten finden. Da aber alle kristallographischen Angaben auf kleinem Raume beisammenstehen, so können sie leicht überschlagen werden. Die Vorstellung von dem betreffenden Edelsteine in seinem rohen Zustande wird allerdings dann unvollständig sein und nicht vollkommen genügen, doch werden die der Beschreibung beigefügten Abbildungen jedermann wenigstens eine ungefähre Vorstellung von dem Aussehen der ungeschliffenen kristallisierten Edelsteine ın ihren Kristallgestalten geben. Amorphe Substanzen, wie der Opal, die aus eigner Kraft keine regelmäßig eben- flächige Begrenzung bilden können, zeigen zuweilen rundlige, kugelige, traubige, nieren- förmige, knollige usw. Oberflächen,- meist ist aber in ihrer Begrenzung keine irgendwie geartete Regelmäßigkeit vorhanden. Vielfach sind kristallisierte Körper und so auch manche Edelsteine nicht durchweg einheitlich gebaut; sie bestehen nicht aus einem einzigen Kristallindividuum, sondern aus mehreren solehen in unregelmäßiger Verwachsung. Eine derartige Vereinigung mehrerer oder vieler kristallisierter Individuen zu einem fest zusammenhaftenden Ganzen wird ein kristallinisches oder derbes Aggregat genannt. Die einzelnen Zusammensetzungsstücke dieser Aggregate sind verschieden gestaltet, bald nach allen Richtungen ziemlich gleich- mäßig ausdehnt, bald in einer Richtung stark verlängert oder verkürzt. Darnach unter- scheidet man körnige, stenglige, faserige, schalige, schuppige usw. Aggregate Auch die Größe der Zusammensetzungsstücke ist verschieden, worauf die Bezeichnung grob- körnig, feinkörnig usw. beruht. Manchmal sind sie so klein, daß man sie mit bloßem Auge oder mit der Lupe gar nicht mehr erkennen kann. Die Masse sieht dann aus, wie wenn sie vollkommen einheitlich gebaut wäre, aber die Betrachtung unter dem Mikro- skop läßt leicht erkennen, daß sie aus zahlreichen winzigen Körnchen, Fäserchen, 12 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Schüppehen usw. zusammengesetzt ist, während ein wirklich einheitlicher Körper stets auch unter dem Mikroskop einen vollkommen einheitlichen Bau zeigt. Solche Aggregate werden dicht genannt. Sie besitzen zuweilen ebenfalls die rundlichen Oberflächen- gestalten, die bei amorphen Körpern vorkommen, regelmäßige Kristallflächen fehlen stets; einzelne Individuen, die an dem Aufbau des Aggregats teilnehmen, können wohl solche haben, nicht aber das Aggregat als solches. Bei derartigen Are kopiskhen Untersuchungen ist es vielfach notwendig, aus dem in diekeren Stücken häufig undurchsiehtigen Stein eine so dünne Platte herzustellen, daß das Licht ungehindert bindurchgehen kann. Man schleift zu diesem Zwecke einen Splitter desselben von zwei entgegengesetzten Seiten her an und versieht ihn so mit zwei paral- lelen Flächen. Von diesen wird die eine poliert und mit Kanadabalsam auf eine kleine ebene Glastafel geklebt. Dann wird die andere Fläche immer weiter abgeschliffen, das Plättehen wird dadurch immer dünner und endlich so dünn, daß es durchsichtig ist. Man kann, wenn auch diese zweite Fläche poliert ist, durch das Plättchen hindurch lesen, das in diesem Falle oft nur noch einige Hundertstel Millimeter diek ist. Es wird schlieb- lieh noch zum Schutze mittelst Kanadabalsam mit einem dünnen Deckgläschen überklebt, und nun ist das Präparat, der Dünnschliff. für die mikroskopische Untersuchung fertig. Diese hat schon viele der wichtigsten und interessantesten Aufschlüsse über die Beschaffen- heit der Mineralkörper und insbesondere auch mancher Edelsteine gegeben; speziell hat man in dieser Weise die Natur des Türkis, des Chaleedons und Achats und anderer kennen gelernt, was auf anderem Wege nicht möglich gewesen wäre. C. Physikalische Eigenschaften. a) Spezifisches Gewicht. Eine der für die Kenntnis der Edelsteine wichtigsten Eigenschaften ist die Dichte, - die Erscheinung, dafs ein Stück einer Substanz, also z. B. eines Edelsteines, mehr wiegt als ein gleich großes Stück einer anderen Substanz. Man erkennt diese Verschiedenheit u. a. leicht, wenn man sich zwei gleich große Würfel zweier verschiedener Substanzen herstellt, z. B. je einen Würfel mit 10 cm langen Kanten von Schmiedeeisen und von Lindenholz. Der Eisenwürfel erweist sich schon beım Heben mit der Hand schwerer als der gleich große von Holz, das Eisen ist also, wie man sagt, dichter als Holz. Bestimm man das Gewicht der beiden Würfel mit der Wage, so findet man, daß der Eisenwürfel 73/a kg, der Holzwürfel 1a kg wiegt. Der Eisenwürfel ist also 7°: !a = 151 mal schwerer als der gleich große Holzwürfel, oder das Eisen ist 15" mal dichter oder schwerer als Holz. Ein Holzwürfel muß also 15'/a mal größer sein als der Eisenwürfel, wenn er dasselbe Gewicht haben soll. Auch zwei Edelsteine vom gleichen Gewicht sind daher nicht immer gleich groß. Ein Diamant von 1 Karat ist größer als ein Rubin von dem- selben Gewicht, da der letztere dichter ist, und aus demselben Grund ist ein 2-karätiger Sapphir- stein kaum größer als ein Karatstein des viel leichteren Aquamarin. Um die Diehte der verschiedenen Körper übersichtlich anzugeben, hat man es zweck- mäßig gefunden, diese für einen bestimmten Körper als Einheit anzunehmen und die aller anderen Körper damit zu vergleichen. Dieser Körper ist das destillierte Wasser von 4% C bei einem Barometerstand von 760 mm. Man setzt die Dichte solchen Wassers gleich 1 und ermittelt, wievielmal diehter der betreffende Körper ist, d. h. wievielmal schwerer als ein gleichgroßes Volumen dieses selben Wassers. Die Zahl, welche angibt, wievielmal schwere? ein Körper ıst als das gleiche Volumen reinen Wassers, nennt man sein spezifisches Gewicht. Für Wasser ist dies demnach —= 1; je höher es bei einem anderen Körper ist, desto dichter ist er. Man erhält das spezifische Gewicht irgend einer SPEZIFISCHES GEWICHT. 13 Substanz, wenn man deren wirkliches, mit Wage und Gewichten auf die gewöhnliche Art zu bestimmendes und in Gramm oder einer anderen Einheit ausgedrücktes absolutes Ge- wicht durch das absolute Gewicht des gleichen Volumens Wasser dividiert. Will man wissen, wievielmal dichter eine Substanz ist als eine andere, so hat man ihr spezifisches Gewicht durch das der letzteren zu dividieren. Die Erfahrung hat gelehrt, daß jede chemische Verbindung, jedes Mineral und also auch jeder Edelstein stets in allen Exemplaren dasselbe spezifische Gewicht hat, das im allgemeinen von dem aller anderen Substanzen mehr oder weniger abweicht. Das spezi- fische Gewicht ist a]so oft ein geeignetes Mittel, um ähnlich aussehende Mineralien mit Sicherheit voneinander zu unterscheiden. Für Edelsteine ist dieses Hilfsmittel um so wert- voller, als bei seiner Bestimmung der Stein nicht verletzt wird, so daß man auch die kostbarsten geschliffenen Juwelen in dieser Weise ohne jede Gefahr untersuchen kann. Aus dem letzteren Grunde ist kaum ein anderes Mittel zur Erkennung und Unter- scheidung von Edelsteinen so wichtig als eben dieses, vielleicht mit Ausnahme der später zu betrachtenden optischen Kennzeichen. Dazu kommt, daß man das spezifische Gewicht ohne grosse Schwierigkeit mit für praktische Zwecke genügender Genauigkeit rasch und sicher ermitteln kann. Daher sollte kein Juwelenhändler versäumen, sich für alle Fälle mit derartigen Untersuchungen vertraut zu machen. Eine einzige Prüfung eines zweifelhaften Steines kann die darauf verwendete Mühe und die geringen Kosten für die nötigen Appa- rate reichlich lohnen. Die empfehlenswertesten Methoden mögen daher hier etwas ausführlicher mitgeteilt werden, nicht nur diejenigen, die sich wegen ihrer besonderen Schärfe zur Ausführung von mög- lichst exakten Bestimmungen eignen, sondern vor allem auch die- Fig. 1. Pyknometer jenigen, die bei rascherer und bequemerer Handhabung zwar etwas Matürl. Größe) weniger genaue, indessen für dieZwecke der Praxis noch genügend sichere Resultate ergeben. Es muß aber noch darauf aufmerksam gemacht werden, dab die spezifischen Ge- wichte aller Mineralien nach den vorhandenen Bestimmungen innerhalb gewisser enger Grenzen schwanken, einmal weil jede solche Wägung ohne Ausnahme mit unvermeid- lichen kleinen Messungsfehlern behaftet ist, und sodann, weil nicht leicht zwei Stücke eines und desselben Minerals einander absolut gleich, sondern fast immer durch wenn auch nur geringe Mengen fremder Beimengungen und Beimischungen verunreinigt sind, kleine Hohlräume einschließen etc. Solche kleine Schwankungen trifft man also auch bei den Edelsteinen, sie sind aber nur ın den seltensten Fällen von Einfluß- auf dıe Brauch- barkeit des spezifischen Gewichtes zur Unterscheidung der einzelnen Arten. Wie weit sie gehen, ergibt sich aus der Zusammenstellung der spezifischen Gewichte der wichtigsten Edelsteine am Schlusse dieses Abschnittes. bestimmungsmethoden. 1. Methode mit dem Pyknometer. Vielleicht die genaueste aller der vielen Methoden zur Bestimmung des spezifischen Gewichts ist die mit dem Pyknometer. Dies ist ein kleines, möglichst leichtes Glasgefäß mit weitem Halse (Fig. 1), der mittels eines in seiner Mitte durch einen sehr feinen Kanal der Länge nach durehbohrten eingeriebenen Glasstöpsels verschlossen werden kann. Mit Hilfe eines solchen Fläschehens und einer guten Wage läßt sich das spezifische Gewicht eines Steines auf folgende Weise bestimmen: Man ermittelt durch einfache Wägung zunächst das absolute Gewicht des Steines, es sei im allgemeinen 9; für einen ‘bestimmten Stein wurde im speziellen 4,382 g gefunden. Sodann wird das mit destilliertem Wasser gefüllte Fläschehen gewogen, sein Gewicht sei p, 14 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. was ein für allemal gilt, wenn man mit demselben Flächehen mehrere Bestimmungen ausführt, so daß diese Wägung nicht wiederholt zu werden braucht. Für unseren be- sonderen Fall ergab sich ein Gewicht von 15,53 8. Es muß hierbei darauf gesehen werden, daß das Wasser die Durchbohrung des Glasstöpsels bis an deren oberen Rand füllt, was meist beim Aufsetzen des Stöpsels auf das gefüllte Fläschehen sich von selber macht, und daß das Fläschehen gut abgetrocknet wird. Nun wird der Stein in das Fläschehen geworfen. Er verdrängt daraus etwas Wasser, und zwar genau ein dem seinigen gleiches Volumen. Man setzt den Glasstöpsel wieder auf, wobei sich dessen Durchbohrung wieder von selbst bis oben mit Wasser füllt, und wiegt nun das wie vorhin sorgfältig abgetrocknete Fläschehen mit dem jetzt im Wasser hefindlichen Steine. Das Gewicht sei g oder im vorliegenden speziellen Falle = 18,60 g. Das Gewicht des Fläsch- chens mit Wasser und dem außerhalb befindlichen Steine ist g + p oder 4,382 + 15,54 —= 19,9% g, demnach das Gewicht des durch den Stein vertriebenen Wassers, also einer Menge Wasser wie der Stein, = 9+ p — q oder = 19,925 — 18,90 —= 1,25g. Da nun der Stein selber g oder 4,552 & wiegt, so ist das spezifische Gewicht des Steines: d= J 3,52, was dem spezifischen Gewicht des Topases entspricht, gap —qa As und zum Topas gehört auch in der Tat das untersuchte Stück. Unter der Voraussetzung, daß alle im vorstehenden erwähnten Punkte sorgfältig be- rücksichtigt sind, wird die Bestimmung um so genauer, je empfindlicher die Wage ist. Noch ıst dabei aber ein wichtiger Punkt zu beachten, dessen Vernachlässigung schwere Irrtümer veranlassen könnte. Es sind dies die Luftblasen, die in dem bei der Wägung benutzten Wasser aufsteigen und die namentlich, oft mit großer Hartnäckigkeit, an den in das Wasser geworfenenen Steinen hängen. Man löst sie entweder mit einem reinen Platin- draht ab oder entfernt sie durch Auskochen des Wassers. Die Methode mit dem Pykno- meter hat neben der bei sorgfältiger Arbeit mit guten Instrumenten zu erreichenden Ge- nauigkeit bis zur dritten Dezimalstelle noch den Vorteil, daß man besonders leicht und bequem auch das spezifische Gewicht mehrerer kleiner Steine zusammen bestimmen kann, wogegen allerdings zu große Stücke, die nicht durch den Hals der Flasche geben, ausgeschlossen sind. Zu klein und leicht darf das der Untersuchung unterworfene Stück oder die Gesamtheit der kleineren Stücke nicht sein, sonst ist die Bestimmung auch unter den günstigsten Umständen nieht mehr genau genug. 2. Methode mit der hydrostatischen Wage. Häufiger angewandt und vielleicht bei sorgfältiger Handhabung ebenso genau wie die Methode mit dem Pyknometer ist die mit der hydrostatischen Wage. Diese Methode beruht darauf, daß ein Körper nach dem Eintauchen in Wasser leichter ist, als in Luft. Er verliert dabei nach dem bekannten Satze des Archimedes so viel an Gewicht, als das von ihm verdrängte Wasser, d. h. ein dem seinigen gleiches Volumen Wasser wiegt. Man wiegt den Körper erst in der Luft und ermittelt so sein absolutes Gewicht 9; sodann wiegt man ihn, an einem feinen Draht aufgehängt, im Wasser und findet das Gewicht /. Dann ist offenbar der Gewichtsverlust, den der Körper im Wasser erlitten hat, — 9 —f, und dies ist nach jenem Satze das Gewicht des von dem Körper verdrängten, also im Volumen ihm gleichen Wassers. Das spezifische Gewicht d ist somit: I a OD * Die zu solehen Zwecken bestimmte hydrostatische Wage unterscheidet sich in keinem wesentlichen Punkte von einer gewöhnlichen Wage. Sie ist aber meistens so eingerichtet, daß die eine Schale an viel kürzeren Fäden aufgehängt ist, als die andere. Gewöhnlich SPEZIFISCHES GEWICHT. 15 ist die Vorrichtung so, daß man an einer Wage von der gewöhnlichen Einrichtung die eine Wagschale entfernen und durch eine andere, kurz aufgehängte ersetzen kann. Wir nehmen an, die rechte Wagschale sei durch eine von der letzteren Beschaffenheit ersetzt. An ihrer Unterseite ist in der Mitte ein kleiner Haken angebracht, in den man einen feinen Platindraht hängt, mit Hilfe dessen der Körper, hier der Edelstein, in das Wasser eingetaucht wird. Zu diesem Behufe läuft der Draht am unteren Ende zweckmäßig ın ein kleines Zängchen aus, wie bei dem in Fig. 5 abgebildet Instrument. Der Stein Fig. 2. Zum Körbehen gebogener Platindraht für die Bestimmung des,spezifischen Gewichts. kann durch Einklemmen in dieses Zängehen sehr bequem an dem Draht befestigt werden, anderenfalls muß man ihn mit dem Draht umwickeln, oder aus aus diesem durch geeignete Biegung eine Art kleinen Körbehens herstellen (Fig. 2), in das der Stein hineingelegt wird. Das Wasser befindet sich in einem Glasgefäß unter der kurz aufgehängten Wagschale rechts, und der Draht taucht eventuell mit dem Zängehen usw. während des ganzen Ver- suches in das Wasser ein, auch schon ehe der Stein daran befestigt ist, um im Wasser gewogen zu werden. Es ist dann nicht nötig, das Gewicht des Drahtes usw. und seinen Gewichtsverlust beim Eintauchen besonders zu berücksichtigen, sie heben sich dann bei den verschiedenen Wägungen gegenseitig von selber auf. Fig. 3. Bänkchen, um eine gewöhnliche Wage zur Bestimmung des spezifischen Gewichts zu benützen. Es ist aber nicht durchaus notwendig, eine solehe zur Bestimmung des spezifischen Gewichts besonders eingerichtete Wage zu benutzen. Jeder Juwelier hat eine gute Wage von der gewöhnlichen Einrichtung mit zwei gleich lang aufgehängten Schalen, die leicht als hydrostatische Wage benutzt werden kann. Man versieht zu diesem Zwecke den Draht an dem einen Ende mit einer Schleife, bringt diese in den Haken, an dem auch die Schale rechts an dem Wagbalken befestigt ist, und läßt das andere Ende mit dem Zängchen oder Körbehen usw. herunterhängen. Das Wassergefäß stellt man auf ein kleines Bänkchen etwa von der in Fig. 3 oder 4 dargestellten oder irgend einer anderen passenden Form, das so über die Wagschale gestellt wird, daß diese darunter zwischen dessen Beinen frei spielen kann. Selbstverständlich muß das Gefäß so schmal sein, dab es die Be- wegung der Wage nicht stört, und der Draht muß so lang sein, daß der an seinem unteren Ende befestigte Stein weder auf den Boden des Gefäßes stößt, noch aus dem Wasser auch nur teilweise herausragt, wenn der Wagbalken sich bewegt. Eine derartige Wage ist in Fig. 4 abgebildet. 16 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Wenn man nun eine Gewichtsbestimmung mit einer solchen Wage ausführen will, verfährt man am besten in folgender Weise: Auf die Schale links wird irgend ein Gegen- stand, ein Stück Mineral oder Metall usw. gelegt, die sogenannte Tara, die bei der ganzen Operation unverändert liegen bleibt. Sie muß etwas schwerer sein, als der Stein, dessen spezifisches Gewieht bestimmt werden soll. Auf die Wagschale rechts kommen dann so viel Gewichte, daß der Zeiger der Wage gerade einspielt. Die Gewichte werden notiert; es seien m oder für ein bestimmtes Beispiel 10,7% g. Nun werden sie wieder entfernt, Fig. 4. Gewöhnliche Wage, zur Bestimmnng des spezifischen Gewichts eingerichtet. der Stein wird auf die rechte Wagschale gelegt und dazu so viele Gewichte gefügt, dab der Zeiger der Wage wieder einspielt. Es seien hierzu ! oder in dem Beispiel 4,sı3 g er- forderlich. Dann ist das absolute Gewicht des Steines g = m — I = 10,751 — 4,503 = 5,981 &. Hierauf wird der Stein, mit dem Draht umwiekelt oder in das Zängehen eingeklemmt oder in das Körbchen gelegt und so in das Wasser eingetaucht, daß er darin ohne die Wand des Gefäßes zu berühren, ganz frei schwebt; durch Auflegen von Gewichten auf die rechte Schale wird die Wage wieder zum Einspielen gebracht. Diese Gewichte be- tragen t oder in dem Beispiel 7,060 g. Der Gewichtsverlust des Steines im Wasser oder, was dasselbe ist, das Gewicht eines dem seinigen gleichen Volumens Wasser beträgt dann: t — I oder 7,060 — 4,508 = 2,57 g. Hieraus folgt dann endlich das spezifische Gewicht: d= er E oder in dem Beispiel: d = nn = 2,65, das genau mit dem des Bergkristalls el übereinstimmt. SPEZIFISCHES GEWICHT. 17 Je feiner und empfindlicher die Wage ist, desto genauer findet man unter sonst gleichen Verhältnissen das spezifische Gewicht, das im günstigsten Falle und bei sehr sorgfältiger Wägung noch in der dritten Dezimale richtig bestimmt werden kann, doch darf der Stein nicht gar zu klein sein, da mit abnehmender Größe die Messungs- fehler wachsen. Es ist aber stets nötig, daß man gewisse Vorsichtsmaßregeln nicht auber acht läßt, namentlich müssen hier ebenfalls alle an dem eingetauchten Stücke und an dem Drahte hängenden Luftblasen durch Loslösem mit einem Platindrahte sorgfältig entfernt werden. Zur Vermeidung einer größeren Menge von solchen ist es am besten, das an- gewandte Wasser vorher durch Auskochen luftfrei zu machen. Ebenso muß darauf gesehen werden, daß der Stein und die eingetauchten Teile des Apparates vollständig vom Wasser benetzt werden, was unter Umständen durch eine feine Fettschicht infolge häufigen Berührens mit den Fingern usw. verhindert wird. Diese muß dann durch vorheriges Waschen jener Stücke mit Alkohol oder Äther, oder mit einer Sodalösung, und im letzteren Falle durch nachheriges Abspülen in reinem Wasser entfernt werden. Auch hier taucht der Draht bei der ganzen Wägung von Anfang an in das Wasser ein. Hat man der Reihe nach für eine größere Anzahl von Stücken die spezifischen Ge- wichte zu bestimmen, dann wählt man eine Tara, die etwas schwerer ıst als das schwerste von ihnen. Diese Tara bleibt für alle Steine unverändert liegen, man braucht dann nur ein einziges Mal das Gewicht m zu ermitteln, das nötig ist, um die Wage mit der Tara allein zum Einspielen zu bringen. Für jeden einzelnen Stein sind hierauf nur noch zwei Wägungen vorzunehmen, welche die Werte von / und £ ergeben, und aus diesen in Ver- bindung mit dem ein für allemal festgestellten Wert von m folgen endlich die spezifischen Gewichte in der oben angegebenen Weise. Soll von mehreren kleineren Steinen zusammen das spezifische Gewicht nach dieser Methode ermittelt werden, dann muß der Draht unten die Form des erwähnten Körbehens haben. Auf diesem läßt man alle Steine gemeinsam in das Wasser eintauchen, nachdem man ihr absolutes Gewicht vorher gemeinsam bestimmt hatte, und verfährt sonst wie bei einem einzigen Steine. Die bisher angewendete Tara hat den Zweck, gewisse Fehler der Wagen auszu- gleichen. Man kann sie aber bei einer guten und genauen Wage, wenn es sich nicht um besondere Genauigkeit handelt, auch entbehren. Der Stein wird dann auf die ganz gewöhnliche Weise erst in der Luft gewogen, indem man ihn auf die eine, die ent- sprechenden Gewichte auf die andere Wagenschale legt; das so ermittelte absolute Gewicht sei p. Hierauf wird in derselben Weise das Gewicht des Steines im Wasser bestimmt; es sei q. Dann beträgt der Gewichtsverlust p—q, und das spezifische Gewicht ist: a Hierbei sind unter allen Umständen nur zwei Wägungen erforderlich, das Verfahren ist also etwas einfacher als das mit der Tara, wobei im allgemeinen drei gemacht werden müssen, die sıch allerdings gleichfalls auf zwei reduzieren lassen, wenn man immer dieselbe Tara benutzt. Dann gehen beide Methoden gleich rasch. Jedenfalls wird in den meisten Fällen der Praxis die Tara nieht notwendig sein, der Juwelier wırd also, wenn er sich hierzu der hydrostatischen Wage bedienen will, gewöhnlich ohne Tara arbeiten. Beispiel: Ein Granat (Kaneelstein) wog in der Luft 4,75 g (=p), im Wasser 3,168 & (= g); der Gewichtsverlust im Wasser ist also: p — q = 4,315 — 3,168 — 1,207 8 4,375 re Da die Bestimmung des spezifischen Gewichts selten bei 4° C. und bei einem Baro- meterstande von 760 mm erfolgt, so müßte man eigentlich die unter anderen Umständen erhaltenen Zahlen auf diese Temperatur und diesen Barometerstand durch Rechnung Bauer, Kdelsteinkunde. 2. Aufl. 2 und das spezifische Gewicht: d — 3,68. 18 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. zurückführen. Erst dadurch erhält man das spezifische Gewicht eines Körpers ganz ge- nau, aber einer solchen Genauigkeit bedarf es für unsere praktische Zwecke nicht, und jene Rechnungen sind daher für uns überflüssig. 3. Methode mit der Westphalsehen Wage. Die hydrostatische Wage wie das Pyknometer gibt das spezifische Gewicht der Steine mit sehr großer Genauigkeit, die Wägungen sind aber um so umständlicher und zeitraubender, je feiner die Wage und damit je genauer die Resultate. Diese große Genauigkeit ist aber für die praktische Untersuchug der Edelsteine zum Zwecke ihrer sicheren Erkennung und Unterscheidung nur höchst selten nötig. Dagegen ist es wünschenswert, spezifische Gewichte mit vielleicht etwas geringerer, aber für den praktischen Gebrauch ausreichender Genauigkeit möglichst rasch und bequem bestimmen zu können. Ein Instrument, das sehr leicht und mit ge- ringstem Zeitaufwande die gesuchte Zahl jedenfalls in der ersten, unter einigermaßen günstigen Umständen auch noch in der zweiten Dezimalstelle richtig gibt, was für die praktischen Bedürfnisse des Juweliers meist völlig ausreicht, ist die nach dem Verfertiger, Mechanikus Westphal in Celle, benannte Westphalsche Wage. Sie hat außerdem vor der hydrostatischen Wage den Vorzug großer Billigkeit und kann auch zu anderen nützlichen Zwecken gebraucht werden, von denen unten noch weiter die Rede sein soll. Die Westphalsche Wage ist in der Zusammenstellung, in der sie zur Bestimmung der spezifischen Gewichte fester Körper, also auch von Edelsteinen, dienen kann, in Fig. 5 n. S. abgebildet. Bei dieser Einriehtung entspricht sie genau der hydrostatischen Wage mit der Tara, sie ist nur eine Vereinfachung derselben, die darauf beruht, daß auf der linken Seite die fest mit dem Wagbalken verbundene Tara a die Wagschale ersetzt. Sie besteht aus einem Wagbalken abe, der bei b eine nach unten gekehrte Schneide aus gehärtetem Stahl trägt. Diese ruht auf einem etwas eingekerbten Plättchen, ebenfalls aus hartem Stahl. Um diese Schneide dreht sich der Wagbalken. Die eingekerbte Stahlplatte ist auf einer umgebogenen Messingplatte de befestigt, die ihrerseits auf einem langen zylindrischen vertikalen Messingstabe f sitzt, der sich in einer hohlen Messingröhre hh nach Bedarf verschieben und mittels der Schraube g in der erforderlichen Höhe festklemmen läßt. Die hohle Messing- röhre kann mit einem breiten Fuß % so auf eine dreibeinige Messingscheibe / gestellt werden, daß das eine Ende des Wegbalkens gerade über die Schraube m zu liegen kommt, mittels der sich die Scheibe auf der einen Seite etwas heben und so der Messingstab f vertikal stellen läßt. Der Wagbalken ist so eingerichtet, daß er auf der linken Seite ein schweres Messing- gewicht a trägt; dieses ist es, das ın der erwähnten Weise die linke Wagschale mit der Tara ersetzt. An dessen hinterer Seite befindet sich eine Spitze, welche auf der bei e an dem Messingstück de befestigten Teilung auf Null zeigt, wenn die Wage einspielt. Auf der rechten Seite des Wagbalkens bei ce ruht auf einer nach oben gerichteten Schneide ein Haken, in den mit kurzen Platindrähten die kleine Wagschale n gehängt werden kann, die in einem Häkchen an der Unterseite einen feinen Platindraht mit dem Messingzängcchen p trägt. Dieser bei e hängende Teil entspricht ganz der Schale rechts bei der hydro- statischen Wage mit dem daran hängenden Platindraht usw. Der Wagbalken ist zwischen den Schneiden bei db und ce in 10 gleiche Teile geteilt und mit gleichweit voneinander abstehenden, von b nach ce hin mit 1, 2, 3 usw. numerierten Teilstrichen versehen. An allen Teilstrichen sind oben kleine Kerben eingeschnitten. Die zu diesem Apparat besonders konstruierten Gewichte sind zum Teil zum An- hängen an den Haken unter ce und zum Teil zum Aufsetzen als Reiter auf die Kerben des Wagbalkens bestimmt, wie es die Figur zeigt. Sie folgen nicht dem Gramm- oder einem anderen sonst gebräuchlichen Gewichtssystem; ihre Größe ist an sich vollständig SPEZIFISCHES GEWICHT. 19 gleichgültig, sie sind aber für einen anderen unten zu besprechenden Zweck des Instruments in besonderer Weise gewählt. Man hat ein Normalgewicht N, das am Ende des Wag- balkens in dem Haken bei e aufgehängt die Gewichtseinheit darstellt, auf dem Wag- balken aufgesetzt aber bei Teilstrich 1, 2, 3... den Wert = N > N, = er ee 8 10. 10° 10 f _a Ad Veren\ |\o ] 7 n Ns7 14 7 n ’ 17 We =-7—T8 h\ : 1 1 N yme! ak nr: i 1 N ee er k Zi Fig. 5. Westphalsche Wage zur Bestimmung_des spezifischen_Gewichts fester Körper (‘/» natürl. Größe). Br 19.10.10 - handen, das nur den zehnten Teil von N beträgt, also n — N. Bei c hängend, hat der Gewichtseinheit besitzt. Außerdem ist ein zweites Gewicht n vor- es den Wert von n N, beim Teilstrich 1, 2, 3..., auf dem Wagbalken reitend die Werte IE 0 5,3 1 a al LET LT oder 00 100 100 N.... Endlich ist der Wage noch ein I% 20 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. drittes Gewicht nı = rn n= m N beigegeben. Dieses entspricht, bei c hängend, den 3 1 2 eben genannten Werten, bei 1, 2, 3... reitend den Werten ra n Ra. oder 3 1 2 3 N 100% 100” 700 7” oder endlich 5,7000 1000 nur zum Reiten bestimmt, von den Normalgewichten N muß mindestens eines zum Reiten, die andern müssen zum Anhängen bei e eingerichtet sein. Zur Bequemlichkeit sind’ zu- weilen noch größere Gewichte im Werte von 2 N und 3 N, also gleich dem doppelten und dreifachen Normalgewichte, zum Aufhängen bei e zur Verfügung. Spielt nun die Wage ein, wenn eine Anzahl Normalgewichte N bei ce hängen, wenn ein Normalgewicht N und gleichzeitig die kleineren Gewichte » und nı auf dem Wag- balken ın gewissen Kerben reiten, so gibt offenbar die Zahl der bei ce hängenden Gewichte N die Ganzen des zu suchenden Gewichts des betreffenden Körpers, und die Nummern der Kerben, in denen die Gewichte N, n und nı reiten, die erste, zweite und dritte Dezi- male dieses Gewichtes, ausgedrückt in der Einheit N. Weitere Dezimalen können’ so nicht bestimmt werden, sind aber auch überflüssig für die hier vorliegenden praktischen Be- dürfnisse. Durch Aufsetzen des kleinsten Gewichtes »ı zwischen zwei Kerben kann in- dessen zuweilen noch eine vierte Dezimale schätzungsweise bestimmt werden. Hängen beispielsweise bei ce 3 Gewichte N (oder das Gewicht 3 N) und reiten N, n und nı bei Teilstriceh 7, 2 und 9, so ist das zu suchende Gewicht gleich 3,7290 der Einheit N; ritten die letzteren beiden n und nı bei 3 und 5, wäre N als Reitgewicht überhaupt nicht vor- handen, dann hätte man 3,055 N usw. Spielt die Wage ein, wenn die Gewichte die ın Fig. 5 ll Lage haben, so entspricht das dem Gewicht: 3,725; bei der in Fig. 7 angegebenen Stellung, wo n gar nicht auftritt, wäre es gleich 2,7, jedesmal bezogen auf N als Einheit, also 3,5 N und 2,07 N. N.... Die Gewichten» und nı sınd Die Bestimmung des spezifischen Gewichtes selbst besteht nun aus 3 Teilen: 1) Am Wagbalken werden rechts so viel Gewichte angehängt, daß die Wage mit der Tara einspielt, d. h. die Spitze an ihrem hinteren Ende bei a auf Null steht. Dabei wird zuerst das Gewicht N, dann 2 N, 3 N, 4 N usw., wenn nötig durch Kom- bınation mehrerer Gewichtsstücke, bei e aufgehängt. Bei ar bestimmten Wägung war 4 N noch zu wenig, 5 N zu viel; 4 N bleibt also hängen. Hierauf wird ein Reiter- gewicht N zuerst auf den 9., dann auf den 8., 7. usw. Teilstrich gesetzt; auf dem 3. war es schon zu schwer, Auf dem 2. reichte es noch nicht ganz aus; hier bleibt es also sitzen. In derselben Weise erhält das Gewicht n seinen Platz auf dem 5. Teilstrich und nı ebenfalls auf demselben, indem man es an den Haken von n anhängt, wie z. B. in Fig. 7 nı an N hängt. Das dem Taragewicht « entsprechende Gewicht wäre dann 4,25, ausgedrückt in der Einheit N, oder kurz 4,85 N. Wäre das kleinste Gewicht nı bei 5 noch zu leicht, bei 6 schon zu schwer, dann müßte man es zwischen dem 5. und 6. Teil- strich auf den Wagbalken aufsetzen und könnte dann noch eine vierte Dezimalstelle schätzen. Säße es beim Einspielen der Wage genau in der Mitte zwischen der fünften und sechsten Kerbe, dann hätte man: 4,355 N; säße es von 6 noch einmal so weit ent- fernt als von 5, a wäre das Bricht: 4,2555 N usw. 2) Nunmehr wird der Stein auf die kleine Wagschale » rechts gelegt und wieder Gewichte in derselben Weise angebracht, bis die Wage von neuem einspielt. Es sei hierzu z. B. das in derselben Weise bestimmte Gewicht 3,sı2 erforderlich. Dann ist das absolute Gewicht des Steines, ausgedrückt in dem Normalgewicht N als Einheit gleich (4,55 — 3,512) N — (0,43 N. SPEZIFISCHES GEWICHT. - 21 3) Endlich wird der Stein in die Zange geklemmt und in das Wasser gehängt, wobei er einen dem Gewicht des verdrängten Wassers gleichen Gewichtsverlust erleidet, der durch angehängte Gewichtsstücke wieder eısetzt werden muß. Beim Anbringen von Ge- wichten in dem also nun wieder größeren Betrage von 3,9755 spielt die Wage ein. Dann ist der Gewichtsverlust, den der Stein im Wasser erleidet, gleich (3,9735 — 3,512) N = 0,1665 N, ya F 0,44: i und das spezifische Gewicht d — u —= 2,6. Der Stein hat also h) #707 wieder das spezifische Gewicht des Bergkristalls, es ist Bergkristall. Werden wieder alle Luftblasen sorgfältig vermieden in der Weise, wie es schon oben angegeben wurde, verschiebt man das kleinste Gewicht n1ı, bis die Wage genau einspielt, werden die ein- getauchten Teile vollkommen benetzt, reibt der Stein nicht an der Wand des Wassergefäßes und ist derselbe nicht zu klein, dann kann man den Wert für das spezifische Gewicht auf diese Weise ohne große Mühe in den beiden ersten Dezimalstellen richtig er halten. Dies ist noch der Fall, wenn der Stein nur !/ıo oder 0,100 g also etwa !/» Karat schwer ist. Ist er kleiner und wiegt nur etwa !/ı bis !; Karat, dann wird die zweite Dezimale unsicher die Bestimmung ist aber für praktische Zwecke fast immer noch brauchbar. Erst bei noch kleineren und leichteren Steinen beginnt die Methode zu versagen, sie gibt dann keine genügend genauen Resultate mehr. Für mehrere kleine Steine zusammen kann man auch hier den zu einem Körbchen umgebogenen Platindraht (Fig. 2) oder ein an Platindrähten aufgehängtes Netz aus feinem Platin- geflecht anwenden; beide werden in das Zängchen eingeklemmt. Bei der Wägung taucht auch hier die kleine Zange usw. mit einem Teile des Aufhängedrahtes fortdauernd in das Wasser ein. Der Messingstab f wird in der hohlen Röhre h h so weit aus gezogen, daß bei den Schwingungen des Wagbalkens das Zängchen, eventuell mit dem Stein, weder auf den Boden des Gefäßes stößt noch über die Oberfläche des Wassers hervortaucht, sondern stets En mitten im Wasser schwimmt. \ Man kann hier ebenfalls die zur Einstellung der Tara nötigen Gewichte, also im vorliegenden Fall den obigen Wert 4,55 N, ein für allemal bestimmen, später sind dann nur noch zwei Wägungen nötig, zu denen viel weniger Zeit erforderlich ıst als bei der An- wendung der hydrostatischen Wage oder des Pyknometers. Selbst- verständlich darf der Stein nicht so schwer sein, daß er schon für sich allein die Tara in die Höhe zieht; in diesem Falle könnte man die letztere durch ein aufgelegtes Gewicht noch etwas ver- mehren, die Wage würde aber dadurch an Empfindlichkeit ver- lieren. Die Tara reicht aber so, wie sie an dem Instrumente an- gebracht ist, für die allermeisten Untersuchungen von Edelsteinen, Fig. 6. die die Praxis erfordert, aus. Jollysche Federwage. 4. Methode mit der Jollyschen Federwage. Manche Vorteile bietet die von dem früheren Münchener Physiker Jolly erfundene und nach ihm benannte Federwage (Fig. 6), die keine Gewichte erfordert, und die bei sehr einfacher Handhabung noch ge- nügend genaue Werte gibt, wenn nur die Steine nicht zu klein sind. Auf einer horizon- talen Platte 5 steht ein etwa 1'/ m langer viereckiger Stab, den man mittels der die 22 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Fußplatte d durchbohrenden Schrauben und eines Senkels genau vertikal stellen kann. Von e bis d ist an der Vorderseite eine in Millimeter geteilte Skala auf einem schmalen Glasspiegel angebracht. Am oberen Ende ist ein dünner, spiralförmig gedrehter Stahldraht aufgehängt, der unten an dünnen Platindrähten bei m und m‘ (Fig. 6, A) zwei kleine Tellerchen aus Glas oder aus feindrahtigem, aber nicht zu engmaschigem Platin- geflechte trägt und ferner zwei Marken bei o und 0‘. Der untere Teller taucht in Wasser, das sich in einem bei g (Fig. 6) stehenden Glase befindet und das man mit seinem Stativ h an dem vertikalen Stabe auf- und abwärts schieben und in jeder Stellung festklemmen kann. Beim Wägen beobachtet man zunächst, ohne daß die Wage belastet ist und für den Fall, daß der untere Teller bis zur Marke 0’ in das Wasser taucht, den Stand der Marke o, eines spitzen Dreieckes, indem man von der Seite her dessen obere Eeke und ihr Spiegelbild auf der Skala anvisiert. Ecke und Spiegelbild sollen sich, z. B. bei Marke 45, decken. Nun kommt der Stein auf den oberen Teller m; die Spirale dehnt sich aus und man folgt dieser Ausdehnung durch Abwärtsschieben des Stativs A mit dem Wasser- glase, bis Ruhe eingetreten ist und bis in dieser neuen Gleichgewichtslage die Marke o’ wieder im Wasserspiegel steht. Die Ecke jenes Dreieckes o habe dann ihre Stellung bei dem 75. Teilstriche. Das Gewicht des Steines entspricht dann 75—45 oder 30 Teil- strichen. Legt man nun den Stein auf den im Wasser befindlichen Teller »‘, dann ver- mindert sich sein Gewicht wieder um das Gewicht des dem seinigen gleichen Volumens Wasser. Die Spirale verkürzt sich, und man folgt mit dem Stativ A nach oben, wie vor- hin nach unten. Die Marke o fällt beim Teilstriche 65 mit ihrem Spiegelbilde zusammen. Der Gewichtsverlust im Wasser entspricht also 75—65 = 10 Teilstrichen, und das spezi- fische Gewicht ist gleich nr — 3,0, entsprechend dem des wasserhellen, farblosen Turmalins. 5. Methode mit den schweren Flüssigkeiten. In neuerer Zeit wird eine Methode zur Bestimmung der Dichte sehr häufig benutzt, die darauf beruht, daß ein Stein oben auf einer Flüssigkeit schwimmt, wenn er leichter, daß er darin untersinkt, wenn er schwerer, und daß er endlich in ihr an jedem beliebigen Punkte schwebt, wenn er gerade ebenso schwer ist wie sie selber. Ist der Stein nur unbedeutend schwerer als die Flüssigkeit, so sinkt er sehr langsam unter; ist er nur unbedeutend leichter, so steigt er, auf den Grund der Flüssigkeit gebracht, ebenso langsam in die Höhe; je größer die Unterschiede, desto rascher sind die Bewegungen. Zur Ausführung dieser Methode wird eine möglichst schwere Flüssigkeit benutzt. Je schwerer diese ist, von um so (spezifisch) schwereren Steinen kann die Dichte bestimmt werden, denn die schwersten Steine, die in einer solchen Flüssigkeit sich noch uuter- suchen lassen, sind selbstverständlich solche, die mit ihr gerade gleiches spezifisches Ge- wicht haben und die daher in ihr an jedem Punkte im Innern schweben können. Alle Steine, die ihres höheren spezifischen Gewichts wegen in der Flüssigkeit zu Boden sinken, sind ausgeschlossen. Diese Flüssigkeit muß außerdem möglichst farblos, durchsichtig und klar sein, wenigstens ist das sehr zweckmäßig, damit man die Bewegung der Steine verfolgen kann. Sie muß eine leicht bewegliche und nicht etwa eine zähe oder dick- flüssige Beschaffenheit haben, sonst sind die Bewegungen der Steine in ihr mehr oder weniger gehemmt. Endlich muß sie sich mit einer anderen leichteren Flüssigkeit in allen Verhältnissen rasch und vollkommen mischen, damit man durch Zusammengießen beider in bequemer Weise Flüssigkeiten von geringerem Gewichte herstellen kann. Eine Flüssigkeit, die allen diesen Bedingungen in vorzüglicher Weise entspricht, ist das Methylenjodid (Jodmethylen), das aus Kohlenstoff, ‚Wasserstoff und Jod nach der SPEZIFISCHES GEWICHT. 233 chemischen Formel CHz J2 zusammengesetzt ist. Es ist eine der schwersten Flüssigkeiten, die man kennt; bei mittlerer Zimmerwärme beträgt ihr spezifisches Gewicht ungefähr 3,3, nimmt aber allerdings mit steigender Temperatur nicht unbedeutend ab, bei abnehmender entsprechend zu. In genauen Zahlen ist das spezifische Gewicht dieser Flüssigkeit 3,335 bei 10° C., 3,3%5 bei 15° C. und 3,3155 bei 20° C. Man kann also damit Steine unter- suchen, deren spezifische Gewichte bis zu diesen Zahlen gehen. Die Farbe ist hellgelblich, die Durchsichtigkeit vollkommen und die Beweglichkeit sehr leicht. Mit Benzol läßt sich das Methylenjodid in jedem Verhältnisse leicht mischen; man kann dadurch Mischungen erhalten, deren Dichte unter die des Wassers heruntersinkt, da das spezifische Gewicht des Benzols bei gewöhnlicher Temperatur gleich 0,ss ist, und kann überhaupt durch Zu- sammengießen von Methylenjodid und Benzol in verschiedenen Verhältnissen Flüssig- keiten herstellen, deren spezifisches Gewicht von 0,ss bis zu 3,3 ansteigt. Die Methode der Bestimmung des spezifischen Gewichtes ist nun die, daß man den zu untersuchenden Stein zunächst in reines Methylenjodid wirft, das sich in einem engen und hohen Standglase befindet, wie es in Fig. 5 u. 7 rechts, in ungefähr halber natürlicher Größe dargestellt ist. Sinkt er darin unter, so ist er schwerer als die Flüssigkeit und kann in dieser nicht untersucht werden. Schwebt er in ihr an jedem Punkte der Höhe oder Tiefe, wenn man ihn mit einem reinen Glasstabe in der Flüssigkeit an verschiedene Stellen bringt, so hat der Stein genau dasselbe spezifische Gewicht wie diese und wie es für sie oben angegeben ist. Dabei ist nur dafür zu sorgen, daß der Stein nicht an die Glaswand anstößt und daß ihm keine Luftblasen anhängen, die eventuell mit einem Platindrahte entfernt werden müssen. Bleibt der Stein endlich in dem Methylenjodid an der Oberfläche und kommt an diese wieder empor, wenn er mit dem Glasstabe hinuntergestoßen wird, so ist er leichter als das Methylenjodid. Nunmehr wird allmählich und langsam, Tropfen um Tropfen, Benzol zugesetzt und jedesmal gut umgerührt, wodurch immer leichtere Mischungen entstehen. Fährt man damit stetig und vorsichtig fort, so werden die Bewegungen des Steines in der Flüssigkeit immer langsamer, und schließlich kommt ein Moment, wo der Stein nicht mehr die Oberfläche und auch nicht mehr den Boden der Flüssigkeit sucht, sondern in ihr an jedem Punkte schwebt; dann haben beide dasselbe spezifische Gewicht. Damit ist der erste Teil der Aufgabe erledigt, die Her- stellung einer mit dem Steine gleich dichten Flüssigkeit. Schon bei geringer Übung ist es leicht, diese ın kurzer Zeit herzustellen. Sehr einfach und bequem ist es auch, das spezifische Gewicht der Flüssigkeit und damit das des Steines zu bestimmen. Man kann hierzu das Pyknometer verwenden, das man erst mit Wasser, dann mit der Flüssigkeit gefüllt wiegt. Indem man das letztere Gewicht dureh das erstere dividiert, beide vermindert um das Gewicht des Pyknometers selbst, erhält man das gesuchte spezifische Gewicht. Vielleicht etwas weniger, aber für die Praxis doch noch genügend genau und viel bequemer ist aber die Benutzung der oben beschriebenen, jedoch zu dem vorliegenden Zwecke etwas modifizierten West- phalschen Wage, deren neue Einrichtung die Fig. 7, pag. 24 darstellt. Man ersetzt die kleine Wagschale rechts (Fig. 5 S. 19) durch einen zylindrischen, innen mit einem Thermometer versehenen Schwimmer q aus Glas. Dieser hängt an einem feinen Drahte in dem Haken unter ce und ist gerade so schwer, daß die Spitze links auf Null der Teilung bei e einspielt. Ist dies nicht genau der Fall, dann kann es durch eine Drehung der Schraube »n leicht bewerkstelligt werden. Taucht jetzt der Schwimmer in destilliertes Wasser ein, das man in einem Gefäße darunterstellt, dann verliert er an Gewicht, und zwar ist der Gewichtsverlust gleich dem Gewichte des von ihm verdrängten Wassers. Der Zeiger links bei « sinkt also herab, kann jedoch durch Aufhängen des Normalgewichts N bei c wieder zum Einspielen auf Null gebracht werden, denn dieses ist genau so groß gemacht, 24 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. daß es den Gewichtsverlust des Schwimmers im Wasse r, also den Gewichtsverlust in einer Flüssigkeit vom spezifischen Gewichte 1, gerade wieder aufhebt. Umgekehrt erkennt man, daß eine Flüssigkeit das spezifische Gewicht 1 des destil- lierten Wassers hat, wenn das bei ce hängende Normalge wicht N die Spitze bei a genau zum Einspielen auf Null bringt. Ist dazu das doppelte Normalgewicht 2 N oder das drei- fache 3 N usw. nötig, dann hat die Flüssigkeit das spezifische Gewicht 2 oder 3 usw., sie ist zweimal, resp. dreimal usw. so schwer (oder dicht) als Wasser. Fig.{7. Westphalsche Wage zur Bestimmung des spezifischen’Gewichts von Flüssigkeiten (!/a natürl. Größe). 8 I oO” Es o I = ="Ist das spezifische Gewicht der Flüssigkeit nicht genau gleich 1, 2 oder 3 usw., so muß man die Reitergewichte auf den Wagbalken setzen. Spielt die Spitze ein, wenn vorn bei c das dreifache Normalgewicht 3 N hängt und wenn das Normalgewieht N bei Teil- strich 2, das Gewicht n — n N bei Teilstrieh 5 und das Gewicht nı — 20 N bei Teil- strich 9 aufgesetzt ist, so geben die 3 letzten Zahlen unmittelbar die Dezimalstellen des gesuchten spezifischen Gewichtes der Flüssigkeit, das unter diesen Umständen — 3,29 ist. Bei der in Fig. 7 abgebildeten Stellung der Gewichte hat die Flüssigkeit das spezifische Gewicht 2,707. Jedenfalls kann man an der Lage der Gewichte die gesuchte Zahl stets auf das bequemste und unter Vermeidung jeglicher Rechnung unmittelbar ablesen. Bei einiger Übung sind stets die beiden ersten Dezimalstellen sicher richtig, und die ganze Operation kann in wenigen Minuten vollendet werden, indem man den Schwimmer in die SPEZIFISCHES GEWICHT. 25 in dem oben erwähnten hohen und engen Standglase befindliche Flüssigkeit, in der der Stein schwebte, so eintaucht, daß er sich darin frei bewegen kann und die zum Ein- spielen der Spitze « nötigen Gewichte rechts anbringt. Noch rascher kommt man mit den sogenannten Indikatoren zum Ziele, die aber nicht das genaue spezifische Gewicht, sondern nur eine allerdings für praktische Zwecke meist genügende Annäherung geben. Indikatoren nennt man kleine, teilweise mit Queck- silber gefüllte Glasröhrehen oder kleine Mineralstückchen, deren verschiedene spezifische Gewichte um ganz geringe Beträge vom leichtesten an aufsteigen und bis zu dem Ge- wichte der schwersten Flüssigkeit fortschreiten. Eine Reihe solcher Indikatoren enthält u. a. die Mineralien Chalcedon (G. = 2,560), Mikroklin (G. = 2,91), Petalit (G. = 2,648), Labradorit (G. = 2,66), Kalkspat (G. = 2,723) usw. Man wendet sie in der Weise an, dab man in die Flüssigkeit, in welcher der zu bestimmende Stein schwebt, zuerst den leichtesten, den Chalcedon, wirft. Wenn er schwimmt, ist die Flüssigkeit, resp. der Stein, schwerer als dieses Mineral. Man nimmt es heraus, spült es in Benzol ab und wirft das nächstfolgende der Reihe, den Mikroklin, hinein. Schwimmt auch er, so verfährt man wie oben und geht zum Petalit fort, der gleichfalls oben bleiben soll, während das nächstfolgende, der Labradorit, sinkt. Das spezifische Gewicht des zu untersuchenden Steins liegt dann zwischen 2,54 und 2,sss, und es ergibt sich daraus die Wahrscheinlichkeit oder doch die Möglichkeit, dab der zu untersuchende Stein Quarz (Bergkristall, Amethyst usw.) ıst, bei dem G. — 2,65, aber sicherlich kein Topas mit dem spezifischen Gewicht G. = 3,50—3,56, was nach dem Aussehen möglich wäre. Für den praktischen Gebrauch hält man eine genügende Anzahl solcher Indikatoren von genau bestimmtem spezifischen Gewichte ein für allemal vorrätig und hat sich nur zu hüten, dab keine Verwechslung derselben eintritt. Die Methode mit den schweren Flüssigkeiten, speziell mit dem Methylenjodid, hat also die Vorteile, daß man die gesuchte Zahl sehr rasch und leicht mit einer für prak- tische Zwecke stets genügenden Genauigkeit erhält und außerdem vor allem noch den besonders wichtigen, daß man auch das kleinste Steinchen oder Splitterchen zur Bestim- mung benutzen kann, für das keine andere Methode sichere Resultate geben würde. Sie hat aber neben anderen geringeren namentlich den einen Mißstand, daß sie für Steine mit einem größeren spezifischen Gewichte als 3,3 nicht mehr ganz bequem anwendbar ist. Man kennt wohl schwerere Flüssigkeiten als das Methylenjodid, aber diese haben alle gewisse Nachteile. Sie sind zum Teile erst bei höherer Temperatur flüssig, oder sie sind diekflüssig oder undurchsichtig oder giftig und aus jedem dieser Gründe weniger brauchbar oder doch weniger angenehm. Um aber trotzdem noch schwerere Steine nach dieser so bequemen Methode unter- suchen zu können, hat man zunächst noch weiter vom Methylenjodid Gebrauch gemacht, das man durch Auflösen von Jod und Jodoform bis zur Sättigung auf die Dichte von 3,6 bringen kann. Steine mit einem spezifischen Gewichte von 3,5 schweben darin, und solche, die schwimmen, können durch Verdünnen mit reinem Methylenjodid oder Benzol zum Schweben gebracht werden, worauf man wie vorhin das spezifische Gewicht mit der Westphalschen Wage etc. bestimmt. Die auf die angegebene Weise erhaltene Flüssigkeit hat nur den Übelstand, daß sie sehr dunkel gefärbt, fast undurchsichtig ist, so daß sich die Bewegungen des eingetauchten Steines nicht so bequem verfolgen lassen und daß sein jeweiliger Stand nicht immer auf den ersten Blick erkannt werden kann. Dem ungeachtet ist sie aber in manchen Fällen noch gut zu verwerten, namentlich zu der im folgenden zu erläuternden raschen Bestimmung des annähernden Wertes für das spezifische Gewicht, und man muß um so mehr von ihr Gebrauch machen, als es etwas Besseres zur Zeit kaum gıbt. 26 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Doch hat man ein Mittel gefunden, um nach dieser Methode selbst noch solche Edelsteine in Beziehung auf ihr spezifisches Gewicht zu untersuchen, die schwerer sind als das mit Jod und Jodoform gesättigte Methylenjodid. Man bedient sich dabei des Thalliumsilbernitrats von der chemischen Zusammensetzung TlAgN:0s, das zwar bei gewöhnlicher Temperatur fest ist, bei 75° ©. (gleich 60° R.) aber zu einer leicht wie Wasser beweglichen, vollkommen farblosen und klaren Flüssigkeit schmilzt. Diese Schmelze hat ein spezifisches Gewicht von ungefähr 4,s.. Auf ihr schwimmt also noch der schwerste der durchsichtigen Edelsteine, der Zirkon (Hyacinth). Man kann auch hier durch Verdünnen, und zwar mit kleinen Mengen Wasser, Flüssigkeiten herstellen, in denen die schwereren Edelsteine schweben, und dann deren Gewicht ganz in der oben für das Methylenjodid auseinandergesetzten Weise mittels der Westphalschen Wage oder, was hier vielleicht besonders vorteilhaft ist, mittels hierzu eingerichteter Indikatoren ermitteln. Diese Bestimmung ist nur deshalb etwas weniger bequem als die entsprechende mit Hilfe des Methylenjodids, weil sie in der Wärme vorgenommen werden muß. Man bringt zu diesem Zwecke das Thalliumsilbernitrat in ein schlankes, hohes, dünnwandiges Becher- glas etwa von der Größe des in Fig. 5 und 7 abgebildeten Gefäßes und erhitzt, am besten im Wasserbad, bis das Nitrat schmilzt. Der Schmelze wird dann ein wenig Wasser zugesetzt, was die Dichte vermindert und gleichzeitig die Schmelzbarkeit sehr erheblich befördert, so daß der Schmelzpunkt dadurch auf 60° und sogar auf 50°C. sinkt, ein Um- stand, der für die Benutzung des Tballiumsilbernitrats zu dem vorliegenden Zwecke sehr vorteilhaft ist. Man gibt so lange Wasser zu, bis der zu untersuchende Stein eben schwebt, muß aber dabei mit großer Vorsicht verfahren, damit nicht zu viel Wasser beigefügt wird, denn schon eine sehr kleine Menge erniedrigt das spezifische Gewicht der Schmelze recht er- heblich. Man verfährt daher zweckmäßig so, daß man absichtlich etwas zu viel Wasser verwendet und den Überschuß durch Verdampfen vertreibt, wobei die Erwärmung so lange fortgesetzt werden muß, bis der anfänglich auf dem Boden des Gefäßes liegende Stein nach dem Umrübren nicht mehr zu Boden sinkt, auch nicht an die Oberfläche steigt. Es ist dann nur darauf zu sehen, daß die Temperatur bei der Bestimmung des spezifischen Gewichtes mittelst der Westphalschen Wage oder der Indikatoren dieselbe bleibt wie bei dem Schweben des Steines, da mit ihr sich auch die Diehte nicht unbeträchtlich ändert. Man hat hierdurch ein Mittel, das spezifische Gewicht aller, auch der schwersten Edelsteine mit einziger Ausnahme der beiden metallisch glänzenden, des Schwefelkieses und des Hämatits, also vor allem der sämtlichen durchsichtigen, die weitaus die wichtigsten sind, auch in den kleinsten Stückchen mit Leichtigkeit und mit aller wünschenswerten (Genauigkeit festzustellen. Für den praktischen Edelsteinkenner ist die Ermittelung des spezifischen Gewichtes nicht Selbstzweck, sondern lediglich Hilfsmittel zur Erkennung seiner Steine und zu ihrer Unterscheidung von ähnlich aussehenden. Dabei genügt es oft, festzustellen, ob das Ge- wicht des zweifelhaften Körpers über einen Betrag, z. B. über den des Methylenjodids hinausgeht oder hinter ihm zurückbleibt. Hat man z.B. einen farblosen Stein, von dem es unsicher ist, ob er zum Bergkristall (G. = 2,5) oder zum Topas (G. = 3,) gehört, dann hat man sofort die Entscheidung, wenn man ihn in Methylenjodid (G. = 3,3) wirft. Schwimmt er darin, dann ist es Bergkristall, jedenfalls nicht Topas; sinkt er unter, ist es Topas und sicher nicht Bergkristall. Diese Annäherungsmethode kann man neben anderen Mitteln zur Unterscheidung aller Edelsteine mit großem Vorteile anwenden, da sie außerordentlich rasch zum Ziele führt. Man benutzt aber zweckmäßigerweise nicht nur eine einzige Flüssigkeit, sondern mehrere von verschiedenem spezifischen Gewichte, in die man den betreffenden Stein er- forderlichenfalls der Reihe nach hineinbringt. Es ergibt sich dann durch Schwimmen oder SPEZIFISCHES GEWICHT. 37 Sinken leicht, zwischen welchen beiden Flüssigkeiten der Stein bezüglich des spezifischen Gewichtes liegt oder welcher er auch wohl genau entspricht. In der Praxis kann man mit vier solchen Flüssigkeiten auskommen: 1. Methylenjodid mit Jod und Jodoform gesättigt (G. = 3,6); 2. reines Methylenjodid (G. = 3,); 3. Methylenjodid mit Benzol verdünnt bis G. = 3,0 und endlich 4. dieselbe Mischung, aber stärker verdünnt bis G. = 2,65, genau wie der Berg- kristall. Im folgenden werden diese vier Flüssigkeiten, von der schwersten bis zur leich- testen. als die erste, zweite, dritte und vierte bezeichnet werden. Die dritte Flüssigkeit kann zweckmäßig durch das symmetrische A cetylentetrabromid CHBr>-Br,HC ersetzt werden. Das spezifische Gewicht ist hier 2,97— 3,001. Diese Flüssigkeit, die sich beim Stehen nicht ver- ändert, wird, wie das Methylenjodid in den chemischen Fabriken für den hier in Rede stehenden Zweck hergestellt, und beide können sehr leicht beschafft werden, ebenso wie alle die anderen hier genannten Substanzen. Das Acetylentetrabromid ist sehr viel billiger als das sehr teure Methylenjodid, von dem 10 Gramm ungefähr 1 Mark kosten. Alle diese Vorteile hat auch das Bromoform CHBr; mit dem spezifischen Gewicht 2,ss bei 15° C;; es könnte, zweckmäßig mit Benzol gemischt, statt des verdünnten Methylenjodids als vierte Flüssigkeit dienen und kann auch sonst vielfach statt Methylenjodid zur Beur- teilung des spezifischen Gewichts von leichteren Edelsteinen benützt werden. Mit Hilfe dieser 4 Flüssigkeiten läßt sich die für praktische Zwecke sehr wertvolle an- nähernde Bestimmung des spezifischen Gewichtes der Edelsteine mit derallergrößten Leichtigkeit und Raschheit durchführen. Man bringt den Stein zu diesem Zwecke in die erste Flüssigkeit. Sinkt er darin, was man trotz ihrer dunklen Farbe deutlich wahrnehmen kann, dann ist er schwerer als 3,6. Schwimmt er, so wird er in die zweite Flüssigkeit gebracht, nachdem er mit der Pinzetteaus der ersten herausgenommen, in Benzol abgewaschen und getrocknet worden ist. Sınkt er in dieser, dann liegt sein spezifisches Gewicht zwischen 3,3 und 3,6. Schwebt er darin, dann ist es genau gleich 3,3. Schwimmt er dagegen auch in der zweiten Flüssigkeit, dann bringt man ihn mit denselben Vorsichtsmaßregeln in die dritte. Sinkt er in dieser, dann ist sein spezifisches Gewicht größer als 3,0 und kleiner als 3,3 usw., wobei wie vorhin unter Umständen das rasche oder langsame Sinken oder Emporsteigen des Steines vom Boden des Gefäßes noch andeuten kann, ob eine größere Annäherung an den einen oder den anderen Grenzwert vorhanden ist, denn ein Stein, der nur sehr wenig schwerer ist, als 3,0, bei dem also etwa G. = 3,02, wird in der dritten Flüssigkeit sehr langsam sinken und entsprechend in anderen Fällen. In der gleichen Weise wird schließlich auch von der vierten Flüssigkeit Gebrauch gemacht. Bei solchen Untersuchungen hat man natürlich die vier Flüssigkeiten fertig zubereitet vorrätig zur Hand. Man stellt sie beim Gebrauche in vier engen, aber weitmündigen Stand- gläsern, die mit der betreffenden Nummer versehen sind, und in der Reihenfolge dieser Nummern vor sich auf, so daß man die Steine bequem von der einen in die andere bringen kann. Nach dem Gebrauche müssen die Gläser sehr gut verschlossen werden, um Verluste durch Verdunsten zu verhindern. Es ıst natürlich von großer Bedeutung, stets zu wissen, ob eine solche Flüssigkeit auch immer genau das betreffende spezifische Gewicht noch besitzt, oder ob sich dieses nicht vielleicht durch Verunreinigung beim Gebrauche und vor allem durch Verdunstung des sehr flüchtigen Benzols verändert hat, was sehr leicht geschehen kann. Dies muß daher stets kontrolliert werden. Man kann dazu u. a. die Westphalsche Wage ver- wenden. Einfacher und zweckmäßiger ıst es aber, sich ähnlich wie oben der Indıka- toren zu bedienen, die man aber hier stets in der betretfenden Flüssigkeit beläßt. Man wählt dazu Mineralien, die den vier Flüssigkeiten entweder im spezifischen Gewichte ge- 28 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. nau entsprechen oder ihnen doch sehr nahe kommen. Zur Kontrolle der vierten Flüssigkeit wirft man einen Bergkristall hinein ; dieser muß darin gerade schweben, sonst ist sie nicht richtig. Die dritte Flüssigkeit ist in Ordnung, wenn darin ein Phenakit (G. — 2,5) noch schwimmt, dagegen ein weißer oder rosenroter Turmalin (G. = 3,02) langsam sinkt. In der zweiten muß ein Dioptaskristall (G.— 3,25?) noch schwimmen, ein Olivin (Chrysolith) (G. = 3,33) langsam sinken. Endlich muß in der ersten Flüssigkeit ein Topas (G. — 3,55) noch schwimmen. Man korrigiert die Flüssigkeiten durch die nötigen Zusätze von Benzol, Methylenjodid oder auch von Jod und Jodoform, wenn sie nicht mehr ganz den genannten Anforderungen entsprechen. Bei reinem Methylenjodid und beim Acetylentetrabromid ist, eine solehe ständige Kontrolle überflüssig. Da sie keine Gemische sind, ändert sich ihr spezifisches Gewicht durch Verdunstung nicht. Mittelst dieser vier Flüssigkeiten lassen sich die sämtlichen Edelsteine zum Zwecke ihrer Bestimmung nach dem spezifischen Gewichte in fünf Gruppen einteilen: I. Steine mit G. = 3,60 oder schwerer; II. solche, bei denen das spezifische Gewicht zwischen 3,3 und 3,5; III. zwischen 3, und 3,3; IV. zwischen 2,5 und 3,3; und V. solehe mit G. = 2,6 und darunter. Die Steine der I. Gruppe sinken oder schweben in der ersten Flüssigkeit, die der II. schwimmen in der ersten, schwersten, sinken aber in der zweiten zu Boden u. s. f. Bestimmungen mit Hilfe solcher Flüssigkeiten werden u. a. durch folgende Beispiele klar gemacht. Man hat einen wasserhellen, klaren und farblosen Stein, von dem man nicht weiß, ob er Bergkristall (G. = 2,65) oder Phenakit (G. — 2,5) oder weißer Turmalin (G. = 3,02) ist. Wirft man ihn in die vierte Flüssigkeit und er schwebt, so ist er Berg- kristall. Sinkt er hier, schwimmt aber in der dritten Flüssigkeit, so ist es Phenakit. Sinkt er auch in dieser, so ist es weißer Turmalin. Oder man hat einen farblosen Stein von dem es nicht sicher ist, ob es Diamant (G. = 3,5) oder farbloser Hyaeinth (G. — 4,55, ist. Schwimmt er in der ersten Flüssigkeit, so ist es Diamant, sinkt er darin, Hyaeinth. Man muß bei allen diesen Versuchen nur zusehen, daß die Temperatur möglichst nahe der gewöhnlichen Zimmertemperatur (15—20° C.) ist und daß sie sich während der Ver- suche möglichst gleich bleibt, weil mit ihr die spezifischen Gewichte aller dieser Flüssig- keiten sich nicht unwesentlich ändern, wie wir oben für das reine Methylenjodid gesehen haben. Die Berücksichtigung der Temperatur ist namentlich dann nötig, wenn der Stein einer der Flüssigkeiten im spez. Gewichte sehr nahe steht. In dem der Bestimmung der Edelsteine speziell gewidmeten dritten Abschnitte wird von diesen vier Flüssigkeiten und den auf ibnen beruhenden fünf Abteilungen ein um- fassender Gebrauch gemacht werden. Aber auch bei der Beschreibung der einzelnen Edelsteine soll schon angegeben werden, wie sie sich zu jenen Flüssigkeiten verhalten. Im folgenden sind die wichtigsten Edelsteine nach ihren spezifischen Gewichten, beginnend mit den schwersten und abnehmend bis zu den leichtesten, zusammengestellt und in die durch die vier Normalflüssigkeiten bestimmen fünf Gruppen, wie sie oben erwähnt wurden, eingeteilt. Die Werte für das spezifische Gewicht jedes Edelsteines sind, wie schon oben angegeben, etwas schwankend. Der Betrag dieser Schwankungen ist aber gering. Er folgt aus den in der folgenden Tabelle mitgeteilten Zahlen. SPEZIFISCHES GEWICHT. SPALTBARKEIT. 29 Tabelle der spezifischen Gewichte: I. Gruppe (G. = 3,6 oder höher). Roter Turmalin . 3,08 Zirkon (Hyaeinth) 4, 3, auch 4,6 —4,7 Euklas 3,05 Almandin 4,11—4,23 Flußspat 3,02—3,19 Rubin 4,08 Rosa Turmalin 3,02 Sapphir . 4,06 Farbloser Turmalin ee. 3,02 Kaprubin 3,56 IV. Gruppe (G. = 2,65—3,0). Demantoid 3,83 Nephrit . . x 3,0 Staurolith . 3,73 3.74 | Phenakit 2,95 Pyrop 3,69- 3,78 ı Türkis 8 Chrysoberyli . 3,68—3,75 | Labradorfeldspat 2,69— 2,70 Cyanit 3,60—3,68 | Aquamarin 2,68—2,:5 Kaneelstein 3,60— 3,65 | Beryll 2,68— 2,75 Spinell Be Pac en ee NE RSS N EN. EINE 2,67 II. Gruppe (G = 3,3— 3,6). V. Gruppe (G. = 2,65 und kleiner). Topas ee el narz Diamant 3,50 - 3,52 | Rauchtopas | 2,65 Epidot 3,39—- 3,50 | Amethyst | Vesuvian 3,35—3,45 | Citrin Titanit (Sphen) 3a sa Jaspis Chrysolith . EN ER EEE DUNERE N BER SBER DI EN IH. Gruppe (G. = 3,0-3,3). Chrysopras | BER a RAR AND FIR 3,3 Cordierit Gb: 2,60—2,69 FASSTE ER Fa ne 35290 | Chalcedon usw. | 2.60 Diopsid 32 —3,3 | Achat ao Dioptas ie 3,29 ' Obsidıan en 2,59 —2,6 Brauner Turmalin . De IE Namlareı ee er. Sara eg 2,59 Andalusit \ 3,17—3,19 | Hauyn 2,4 — 2,5 BEE Pe, Sr as 21632 Baustein DE use) lern 2,4 Spodumen (Hiddenit od. Lithionsmaragd ı JMoldawiıt: „alas m dee 2,36 u. Kunazit) . : Sina sassldi= 3,20 | Opaliaua 2 a ee u Eiuser Darmalın,, „u%, 5.0.0 ls0000...48 3,1 ER ee IE bis 1,35 Eimer Turmalm u. u u. ee 3,1 Bernstein 1,0 —1,1 b) Spaltbarkeit. Die kristallisierten Mineralien — und zu diesen gehören, wie wir gesehen haben, die allermeisten Edelsteine — haben die Eigenschaft, nach verschiedenen Richtungen einen verschieden festen Zusammenhang der kleinsten Teilchen zu zeigen, aus denen sie aufgebaut sind. Bei manchen von ihnen ist in gewissen Richtungen dieser Zusammen- halt, die Kohärenz, so schwach, daß sie schon bei einem leichten Schlag nach vollkommen ebenen Flächen auseinanderbrechen, die als Flächen geringster Kohärenz anzusehen sind. In ausgezeichneter Weise zeigt dies unter anderen der Kalkspat, der allerdings nicht zu den Edelsteinen zähit. Schon wenn ein Kalkspatkristall auf den Boden fällt, zerspringt er nicht selten nach ebenen Flächen, in denen der Zusammenhalt der kleinsten Teilchen sehr schwach und geringer ist als in allen umliegenden Flächenriehtungen. Am leichtesten und vollkommensten läßt sich diese ebenflächige Trennung in der Weise bewirken, daß man einen scharfen Meißel in der geeigneten Richtung auf den Kristall aufsetzt (Fig. 8 $.30) und ihn durch einen Hammerschag in diesen hineintreibt, also durch ein Verfahren, das man als Spalten zu bezeichnen pflegt. Daher heißen diese Richtungen geringster Kohärenz Spaltungsrichtungen, die ebenen Trennungsflächen Spaltungsflächen, auch Blätterbrüche oder Blätterdurchgänge. Diese sind beı allen Exemplaren eines und desselben Minerals stets in derselben Weise ausgebildet, entweder nur nach einer Richtung oder naelı mehreren, die dann für jede einzelne Mineral- 30 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. spezies eine ganz bestimmte gegenseitige Lage haben. Bei manchen Mineralien fehlen sie allerdings auch ganz oder sind doch sehr wenig deutlich bemerkbar. Läßt sich auch die Spaltung nicht bei allen Mineralien gleich leicht ausführen, so be- werkstelligt sie sich doch bei allen Exemplaren eines und desselben Minerals nicht nur nach denselben Richtungen, sondern auch stets mit dem nämliechen Grad von Leichtigkeit und Vollkommenheit. Bei vielen, wie z. B. beim Kalkspat, ist die Spaltung stets ohne jede Mühe auszuführen, und die Trennungsflächen sind vollkommen glatt und eben, ohne Unterbrechung durch unregelmäßig krumme Partien. Von den Edelsteinen sind neben anderen besonders leicht spaltbar der Topas und Euklas nach einer Richtung und der Diamant nach vier Richtungen. Bei anderen, wie z. B. beim Smaragd, ist die Spaltung viel schwieriger zu bewerkstelligen, und auf den Spaltungsflächen wechseln ebene und krumme Partien unregelmäßig miteinander ab. Wieder bei anderen Edelsteinen läßt sich Spaltbarkeit überhaupt nicht mehr feststellen, so beim Quarz, Granat, Turmalin. Die Unterschiede der Kohärenz sind bei ihnen so gering, daß sie sich nicht mehr leicht in ebenen Trennungsflächen äußern können. Diese entstehen bei solehen Steinen kaum mehr, wenn man sie absichtlich herzustellen versucht, wohl aber zuweilen unbeabsichtigt durch Zufall. Bei amorphen Körpern endlich, wie z. B. beim Opal, ist die Kohärenz wie das ganze physikalische Verhalten überhaupt nach allen Richtungen genau dasselbe; bei diesen sind also ebene Spaltungsflächen völlig unmöglieh und auch tatsächlich nie vorhanden. Wo man daher auch nur Andeutungen von Spaltbarkeit sicher erkennen kann, weiß man bestimmt, daß ein kristallisierter und nicht ein amorpher Körper vorliest. Man kann durch dieses Hülfsmittel zuweilen feststellen, daß man es mit einem echten kristallisierten Edelstein zu tun hat und nicht etwa mit einer Nachbildung aus Glas, das stets amorph ıst und daher keine Blätterbrüche haben kann. Sind an einem Kristall mehrere, zum mindesten drei Blätter- brüche in geeigneter Richtung vorhanden, so läßt sich aus dem- selben durch Spalten ein Körper herstellen, der rıngs von Spal- tungsflächen begrenzt ist. Solche Körper nennt man Spaltungs- stücke. So kann man z. B. den oben erwähnten Kalkspat nach drei Flächen spalten, die drei gleiche, aber schiefe Winkel mit- Fig. 8. einander machen (Fig. 8). Man ist daher imstande, aus einem Kalk- Spaltbarkeit eines Kalk- Spatstück eine Spaltungsform von der Gestalt eines sog. Rhombo- spatkristalls. &ders herzustellen, also etwa von der Gestalt eines von zwei gegenüberliegenden Ecken aus etwas zusammengedrückten Würfels. Ebenso erlauben die vier Blätterdurehgänge des Diamants die Herstellung einer Spaltungs- form, die ganz einem regulären Oktaeder (Fig. 40) entspricht. Solche Spaltungsstücke sehen gerade aus wie natürliche Kristalle, ihre Begrenzungs- flächen sind ebenso regelmäßig und eben wie bei diesen, aber sie sind nicht gleich anfangs bei der Entstehung des betreffenden Kristalls durch die inneren Kräfte der Substanz auf rein natürlichem Wege, sondern später künstlich gebildet worden. Für die Kenntnis, sowie für die Verarbeitung und Benutzung der Edelsteine sind die Blätterbrüche in mannigfacher Hinsicht von der größten Bedeutung; bei der Beschreibung der einzelnen Steine werden daher die Verhältnisse der Spaltbarkeit stets eingehend dargelegt werden. Zunächst bietet die Spaltbarkeit häufig ein sehr bequemes Mittel, um rohe Steine zu erkennen und von anderen ähnlichen zu unterscheiden. Jeder Art von Edelsteinen kommt, wie wir gesehen haben, eine ganz besondere Spaltbarkeit zu, die durch die Zahl, die gegenseitige Lage und die Beschaffenheit der Blätterbrüche gegeben ist und sich im all- gemeinen von der Spaltbarkeit der anderen Arten von Edelsteinen unterscheidet. Diese SPALTBARKEIT. 31 sind also durch ihre Spaltbarkeit vielfach in bestimmter Weise charakterisiert. So gibt es z. B. zwei bläulichgrüne (meergrüne) Steine, den Aquamarin und eine gewisse Varietät des Topases, die sich beide durch die Farbe und die äußerlich erkennbare Beschaffenheit oft nur schwer voneinander unterscheiden lassen. Der erstere zeigt eine nur wenig deut- liche Spaltbarkeit in einer Richtung, der zweite ist, ebenfalls in einer Richtung, sehr voll- kommen blättrig. Ist man im Zweifel, welcher von beiden Steinen vorliegt, so entscheidet eine etwa vorhandene deutliche Spaltungsfläche ohne alles weitere für Topas. Ist keine deutliche Spaltung zu bemerken, dann ist die Sache allerdings zweifelhaft, da selbstver- ständlich auch bei sehr leicht spaltbaren Mineralien die Blätterbrüche nicht notwendig immer ausgebildet und äußerlich sichtbar zu sein brauchen. Zur Erkennung der Spaltbarkeit eines Minerales ist es aber zuweilen gar nicht nötig, daß diese in Form von Blätterbrüchen auch wirklich zum Ausdrucke gelangt. Wenn sie ziemlich vollkommen ist, dann macht sie sich nieht selten durch geradlinige Risse ın den betreffenden Richtungen bemerkbar. Auf diesen dringt häufig etwas Luft ein, die dann in der Spalte eine ganz dünne Schicht bildet, so dab die glänzenden Regenbogen- farben dünner Plättchen entstehen, das sogenannte Irisieren. Bei farblosen und durehsich- tigen Kristallen tritt dies oft als Merkmal der Spaltbarkeit sehr schön hervor. In den Richtungen, denen deutliche Blätterbrüche parallel gehen, bemerkt man auch, wie wir später noch eingehender sehen werden, eine eigentümliche Art von Glanz, den sog. Perlmutterglanz, der durchaus auf die Blätterbrüche leicht spaltbarer Mineralien beschränkt ist und der daher ebenfalls zum Nachweis der in Rede stehenden Beschaffenheit dienen kann. Selbst an geschliffenen Steinen läßt sich zuweilen durch die geradlinigen Risse, das Irisieren und den Perlmutterglanz deutlich die Spaltbarkeit noch feststellen. So wertvoll aber diese kleinen Spaltungsrisse geschliffener Edelsteine auch für deren Erkennung sein mögen, so sind sie doch an ihnen höchst unerwünscht. Sie verursachen Unregelmäßigkeiten in der Bewegung des Lichtes und können dadurch die Schönheit des Steines auf das empfindlichste beeinträchtigen und seinen Wert bedeutend herab- mindern. Solche Risse, die sogenannten „Federn“, stellen also einen sehr bedenklichen Fehler, namentlich für die durchsichtigen Edelsteine dar. Sie sind um so unangenehmer, als anfänglich ganz kleine und kaum bemerkbare Spältehen nicht selten im Laufe der Zeit größer werden und deutlicher hervortreten. Zuweilen wird dadurch sogar allmählich ein vollkommenes Zerbrechen des Steines veranlaßt. Rohe Steine, die solche Risse ın einigermaßen bemerkbarer Weise enthalten, können daher vielfach nicht zu Schmucksteinen verschliffen werden, wenn sie gleich sonst hierzu durchaus geeignet wären; sie würden auch vielfach die Operation des Schleifens nicht aushalten, sondern dabei zerbrechen. Die leichte Spaltbarkeit bedingt überhaupt, selbst wenn nicht schon kleine Risse vor- handen sind, große Vorsicht beim Schleifen, sie erfordert auch eine besonders sorgfältige Be- handlung derartiger Steine beim Tragen in irgendeinem Schmuckstücke. Das An- stoßen an einen harten Gegenstand, Fallen auf den Boden oder eine ähnliche Erschütterung, sogar eine unvorsichtige Temperaturerhöhung, z. B durch Eintauchen in warmes Wasser kann leicht die Entstehung oder Vergrößerung von solchen schädlichen Spaltungsrissen, Ja sogar das Zerbrechen veranlassen, wenn der Stein sonst auch noch so hart und fest ist. Wenn so die Spaltbarkeit unter Umständen von schädlichem Einflusse sein wird, so kann man doch in anderen Fällen, namentlich bei der Bearbeitung der Edelsteine durch Schleifen, von ihr mit Vorteil Gebrauch machen. Steine mit deutlichen Blätter- brüchen, z. B. Topas, die für einen einzigen Schmuckstein zu groß sind, lassen sich durch einfaches Spalten mit Leichtigkeit und ohne den geringsten Materialverlust in einzelne Stücke von geeigneter Größe zerlegen, während solche ohne Spaltbarkeit mit eroßem Aufwande von Zeit, Mühe und Kosten zersägt werden müssen. Wieder ın 32 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. anderen Fällen lassen sich vom rohen Steine leicht und rasch einzelne Teile durch Spalten wegnehmen, die sonst weggeschliffen werden müßten, was ebenfalls eine müh- same, zeitraubende und kostspielige Operation ist, und außerdem kann man die abge- spaltenen Stücke noch zu kleineren Schmucksteinen herrichten, so daß viel weniger von dem großen Steine verloren geht, als wenn er durchaus vermittelst Schleifen bearbeitet werden müßte. In dieser Hinsicht ist besonders beim Diamant die leichte Spaltbarkeit mit größtem Nutzen zu verwerten. Der Diamant gibt, wie wir gesehen haben, leicht ein Spaltungs- stück von der Form des regulären Oktaöders (Fig. 56), die der Schiffform, die man dem Diamant meist zu geben pflegt, der Brillantform, sehr nahe steht. Man stellt also beim Schleifen eines Diamants zuerst und mit großer Leichtigkeit und Raschheit ein okta- edrisches Spaltungsstück dar, und man braucht dann nur noch wenig wegzuschleifen, um die gewünschte Brillantfform zu erhalten. Wäre der Diamant nicht nach den Flächen eines Oktaeders spaltbar, so wäre die Herstellung der Brillantform eine Sache von sehr viel größerer Schwierigkeit und sehr viel mühevoller und teurer. Durch die Spaltbarkeit wird aber die Bearbeitung ganz bedeutend vereinfacht und abgekürzt, und die weg- gespaltenen Stücke behalten ihren Wert, während sie beim Wegschleifen vollkommen ver- loren gehen würden. Wir werden bei der Betrachtung des Diamants hierauf noch eınmal ausführlicher zurückkommen. Bruch. Wenn an einem Mineral keine deutlichen Blätterbrüche vorhanden sind, so zerspringt es beim Zerschlagen nach unregelmäßigen Flächen, die bei verschiedenen Mineralien verschiedene Gestalt und Beschaffenheit haben. Die Form dieser unregel- mäßigen, unebenen Bruchflächen wird kurz als der Bruch dieser Mineralien bezeichnet. Er ist für sie bis zu einem gewissen Grade ebenfalls charakteristisch, und es ist daher bei der Untersuchung roher Steine gut, die vorkommenden Formen der unregelmäßigen Bruchflächen zu kennen. Häufig haben diese Flächen die rundliche Form der Innenseite glatter Muschel- schalen. Ein solcher Bruch heißt daher der muschlige. Der vertieften Bruchfläche ent- spricht eine ebensolehe, aber erhabene des anderen weggeschlagenen Bruchstückes. Auf ihr, wie auch auf der vertieften Fläche, laufen um die Ansatzstelle des Hammers herum zahlreiche, regelmäßig ringförmige Runzeln, die an die sogenannten Anwachsstreifen auf der Auljenfläche glatter Muschelschalen erinnern. Ausgezeichneten muschligen Bruch zeigen u. a. die natürlichen (und künstlichen) Gläser, wie z. B. Obsidian. Die Flächen des muschligen Bruches sind bald flacher, bald tiefer, bald ist der Umfang der Vertiefung größer, bald kleiner und zuweilen sogar sehr klein. Man spricht darnach von flach- und tief- muschligem, groß- und kleinmuschligem Bruch; den letzten nennt man, wenn die Vertiefungen sehr klein sind, den unebenen Bruch. Manchmal nähert sich die Bruchfläche sehr der Ebene, ohne aber irgendwo wirklich vollkommen eben zu sein. Das ist der ebene Bruch, wie er z. B. beim Jaspis vielfach in ausgezeichneter Weise vorkommt; er entwickelt sich durch allmähliche Übergänge aus dem groß- und flachmuschligen und dem unebenen. Manchmal geschieht die Trennung der Bruchstücke beim Zerschlagen so, dab auf den Bruchflächen halb losgerissene dünne Splitter hängen bleiben, die sıch ın hellerer Farbe auf dem dunkleren Hintergrunde des Steines scharf abheben. Ein solcher Bruch heißt der splittrige; er findet sich u. a. beim Chrysopras. Splittrig kann jede der vorhin ge- nannten Bruchflächen sein; wenn dies nicht der Fall ist, heißt der Bruch glatt. Auch Sprünge von soleher unregelmäßigen Form dringen oft wie dıe Biatterbrüche eine Strecke weit in die Edelsteine hinein, ohne daß diese ganz auseinander brechen. Sie vermindern meist die Durehsichtigkeit und Schönheit des betreffenden Stückes sehr erheblich und BrucH. HÄRTE. 33 sind daher ebenso gefüchtet wie jene. In manchen Edelsteinen sind sie nur sparsam vorhanden, in anderen, wie z. B. im Smaragd, erscheinen sie gewöhnlich in größerer Zahl. Auf ihnen dringt ebenfalls zuweilen Luft ein und bringt in farblosen und durchsichtigen Mineralien auch ohne Spaltbarkeit die Erscheinung des Irisierens hervor, wie z. B. im Bergkristall. Hier sind aber die Spalten und die auf ihnen liegenden Farbenschichten mehr oder weniger stark gekrümmt, bei vollkommen spaltbaren Steinen dagegen scharf geradlinig und eben. Auch das Farbenspiel des edlen Opals beruht wahrscheinlich auf zahlreichen unregelmäßigen feinen Sprüngen, die also hier nicht nur nichts schaden, sondern geradezu die Schönheit und den Wert der Steine bedingen. e) Härte. Eine besonders wichtige Eigenschaft der als Edelsteine benutzten Mineralien ist die Härte. Man versteht darunter den Widerstand, den sie dem Ritzen durch eın anderes Mineral oder überhaupt durch einen anderen Körper entgegensetzen. Je größer dieser Widerstand ist, desto härter ist der Stein. Die Härte ist deshalb so wichtig, weil nur harte Mineralien die auf der Durchsichtigkeit, dem Glanz, der Farbe und dem Farben- spiel beruhende Schönheit dauernd bewahren. Weichere Steine können ım vollkommen frischen Zustande, wenn sie eben aus der Hand des Schleifers kommen, gleichfalls einen hohen Grad von Schönheit zeigen, sie werden aber beim Gebrauch aus einem sofort näher zu erörternden Grunde an ihrer Oberfläche bald abgegriffen und sogar zerkratzt und sind dann zum Schmuck nicht mehr verwendbar. Namentlich für durchsichtige Steine ist große Härte wichtig, da an ihnen ein kleiner Ritz selbst auf der hinteren, vom Beschauer abgekehrten Seite vielfach gespiegelt in dessen Auge gelangen und so die Schönheit erheblich beeinträchtigen kann. An einem undurchsichtigen Steine schadet eine solche kleine Verletzung weniger, ist aber hier gleichfalls unerwünscht. Die Härte kann auch dazu dienen, Edelsteine von verschiedener Art voneinander zu unterscheiden, und die Edelsteinhändler machen davon einen vielfachen und ausgedehnten Gebrauch. Man sieht hieraus, wie wichtig es ist, diese Eigenschaft der einzelnen Steine genau festzustellen. Wir werden hier also die allgemeinen Methoden kennen zu lernen haben, mittelst deren die Mineralien nach dieser Richtung hin untersucht werden, und daran die spezielle An- wendung auf die Edelsteine anschließen. Zunächst kann man leicht ermitteln, welches von zwei vorliegenden Mineralien das härtere ist. Es ist klar, daß es dasjenige sein muß, mit dem man das andere ritzen kann, wenn man mit einer scharfen Eeke desselben über eine möglichst glatte Fläche des zweiten unter einem gewissen Drucke hinstreicht. Dasjenige, das dabei geritzt wird, ist das weichere, und wenn keines das andere ritzt, sind sie beide gleich hart. Man kann auf diese Weise erkennen, daß alle Exemplare eines jeden Minerals in Beziehung auf die Härte vollkommen miteinander übereinstimmen, daß aber verschiedene Mineralien hierin im allgemeinen mehr oder weniger von einander abweichen und oft sogar sehr bedeutende Unterschiede zeigen. Hierin liegt der Grund für die erwähnte Möglichkeit, verschiedene Edelsteine nach ihrer Härte zu unterscheiden. Untersucht man in der angegebenen Weise durch gegenseitiges Ritzen die sämtlichen bekannten Mineralkörper, so kann man sie in eine Reihe ordnen, in der die Härte vom weichsten bis zum härtesten stetig zunimmt. Aus dieser Reihe hat der frühere Wiener Mineraloge Mohs zehn Mineralien herausgegriffen, das weichste, das härteste und acht zwischenliegende, deren Härte in gewissen Zwischenräumen fortschreitet. Diese zehn Mineralien wurden von Mohs als die Härteskala bezeichnet. Ihre Härten wurden ge- wissermaßen als die Normalhärten angenommen und die der anderen Mineralien damit Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 3 34 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VFRHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. verglichen. Jedes einzelne Glied der Skala repräsentiert einen Härtegrad, und zwar das weichste den ersten und so weiter bis zum härtesten, dem der zehnte entspricht. Die Glieder der Härteskala sind die folgenden Mineralien: 1. Talk 6. Feldspat 2. Gips 7. Quarz 3. Kalkspat s. Topas 4. Flußspat 9. Korund 5. Apatit 10. Diamant. Man darf sich aber nicht vorstellen, daß diese zehn Mineralien in bezug auf die Härte gleichweit voneinander abstehen. Diamant ist von Korund sehr viel weiter entfernt, als dieser vom Topas, ja sogar weiter als der Korund vom Talk. Die Wahl der Mineralien für die Härteskala ist lediglich nach den praktischen Zweeken der Mineralogie getroffen, die darin bestehen, durch Vergleichung mit den Gliedern der Härteskala die Härte der anderen Mineralien rasch und genügend genau zu bestimmen. Dies wird in der Weise bewerkstelligt, daß man angibt, welehem Mineral der Härte- skala sie entspricht oder zwischen welchen Gliedern derselben sie steht. Dadurch ist dann für jedes Mineral der Härtegrad bestimmt, den man kurz mit seiner Nummer in der Skala zu schreiben und auch auszusprechen pflegt, also z.B. H.= 8, d. h. das Mineral hat den achten Härtegrad, mit anderen Worten, es ist ebenso hart wie der Topas, oder H. =7—8, d. h. dıe Härte des Minerals liegt zwischen der des Quarzes und des Topases, wobei man zuweilen noch angeben kann, welchem von diesen beiden es näher steht. Ist es näher dem Quarz, so sagt man H. = 7'!/ı; es ritzt dann nicht sehr leicht Quarz, wird aber leicht vom Topas geritzt. Ist es dagegen näher dem Topas, so ist H. = 73/1; es ritzt dann leicht Quarz, wird aber schwer von Topas angegriffen. Steht es endlich ziemlich in der Mitte dann sagt man: H. = 7!p. Die Ermittelung der Härte eines Minerals mit Hilfe der Skala geschieht in der schon oben angedeuteten Weise, durch Ritzen. Man hat die Glieder der Härteskala in passenden Stücken, mit Kristallflächen oder glatten Bruchflächen oder, wenn erforderlich mit angeschliffenen und polierten Flächen von genügender Größe, sowie mit scharfen Ecken zum Gebrauch bereit vor sich liegen. Nun nimmt man meist zuerst das weichste Glied der Skala, den Talk und sucht mit diesem das Mineral zu ritzen. Er bringt keinen Ein- druck hervor, wenn letzteres härter ist. Man nimmt dann den Gips, der, wie wir annehmen, wieder keinen Eindruck hinterläßt, und so ein Glied der Skala nach dem anderen. Dabei entfernt man jedesmal das von dem weicheren ritzenden Mineral auf dem härteren hängen gebliebene Stricehpulver durch Abreiben und sieht nach, ob auf der geritzten Fläche wirk- lich ein Eindruck, ein Ritz, entstanden ist. Je größer die Härte, desto feiner pflegen die Ritze zu sein; daher ist, namentlich bei höheren Härtegraden, wie sie besonders bei den Edelsteinen meist vorkommen, die Betrachtung mit der Lupe sehr zu em- pfehlen, mittels der man auch den feinsten Ritz leicht entdeckt. Endlich wird das Material geritzt werden. Dies geschehe beispielsweise durch den Topas. Dann hat das zu untersuchende Mineral entweder genau die Härte 7, oder es steht zwischen 7 und 8. Um zu sehen, welcher dieser beiden Fälle vorliegt, sucht man nun umgekehrt mit dem zu untersuchenden Mineral den den 7. Grad der Skala repräsentierenden Quarz zu ritzen. Wird dabei auf dem Quarz kein Eindruck hervorgebracht, so daß sich also beide, das Mineral und der Quarz, gegenseitig nicht ritzen, dann sind sie beide gleich hart; man hat dann: H.= 7. Wird dagegen der Quarz geritzt, dann ist das Mineral härter als Quarz; da es aber, wie wir eben gesehen haben, weicher ist als Topas, so ist H. = 7—8, Man kann dabei zuweilen aus dem mehr oder weniger leichten Ritzen des einen durch HÄRTE. 95 das andere noch schließen, ob vielleicht H. = 7'!/ı, 7!/2 oder 7°/4 ist, nicht immer läßt sich aber eine bestimmte Ansıcht bierüber erlangen. Diesen Gang kann man durch Beobachtung einiger besonderer Merkmale oder durch einige einfache Versuche oft erheblich abkürzen. Die weichsten Mineralien, die vom ersten Härtegrade, fühlen sich eigentümlich fettig an; die vom zweiten Grade werden leicht mit dem Fingernagel geritzt; bei denen vom dritten ist dies nicht mehr möglich, sie lassen sieh aber mittels eines Messers sehr leicht ritzen. Dies geht schwieriger bei den Mineralien vom vierten, kaum mehr bei denen des fünften und sechsten, und gar nicht mehr bei denen des siebenten Grades. Die härteren vom siebenten Grade ab geben am Stahl mehr oder weniger starke Funken, was bei denen vom sechsten Grade nur in Spuren, bei den noch weicheren gar nicht mehr der Fall ist. Größere Härten als die des Apatıts kann man daran erkennen, daß die betreffenden Mineralien gewöhnliches Fensterglas ritzen, das bei- nahe genau den fünften Härtegrad hat; je höher die Härte geht, desto stärker wird das Glas angegriffen. In der angegebenen Weise geht man bei der Bestimmung der Härte von Mineralien vor, weil dadurch die Härteskala möglichst geschont wird, und so kann man auch bei rohen Edelsteinen verfahren. Geschliffene Steine erfordern jedoch besondere Rücksicht, da sie durch einen Ritz leicht entstellt und entwertet werden können. Man kehrt daher bei ihnen die Methode um und fährt mit einer Ecke des Steins oder dem Rande über die glatten Flächen der Mineralien der Härteskala. Dabei werden zwar diese stark beansprucht, aber die Steine werden geschont, und man erhält auch so leicht den gesuchten Härtegrad. In- dessen ist auch hierbei trotz der beträchtlichen Härte der meisten und kostbarsten Edel- steine die größte Vorsicht geboten. Da das Ritzen mit einem gewissen, nicht zu geringen Druck geschehen muß, so kann die betreffende Eeke, mit der geritzt wird, unter Um- ständen leicht ausbrechen, namentlich, wenn, wie z. B. beim Diamant und Topas, leichte Spaltbarkeit vorhanden ist. Härteuntersuchungen sind demnach bei geschliffenen Steinen in ihrer Anwendung zur Erkennung und Unterseheidung immerhin nicht unerbeblich be- schränkt, und in manchen Fällen muß man auf die Anwendung dieser an sich so wert- vollen Methode verzichten, während sie bei rohen Steinen stets unbedenklich ist, und daher ein wichtiges Hilfsmittel bildet. Bei den als Edelsteine verwendeten Mineralien kommen im allgemeinen nur die höchsten Härtegrade vor. Die kostbarsten zeigen den zehnten, neunten oder achten Grad, nur wenige der wertvolleren gehören dem siebenten oder gar einem noch niedrigeren an. Die Härte über der des Quarzes wird daher auch Edelsteinhärte genannt. Ein Stein, der weicher ist, ist auch wenig zum Schmuckstein geeignet, da er schon vom Staub angegriffen wird. Dieser enthält stets neben anderen Bestandteilen kleine Quarzpartikelchen, die sich selbst beim besten Verschluß überall ablagern. Beim Reinigen durch Abreiben mit einem Tuche werden die Steine von den kleinen Quarzteilehen immer etwas geritzt, wenn sie weicher sind als diese, wenn sie also nicht mindestens den siebenten Härtegrad haben. Sie verlieren dadureh im Laufe der Zeit allmählich ihren Glanz und werden trübe, matt und unansehnlich, während die härteren Edelsteine unverletzt bleiben und ihre Schön- heit dauernd behalten. Bei Edelsteinen handelt es sich also, seltene Ausnahmen abgerechnet, immer um hohe Härtegrade. Nur sehr wenige werden von einem Messer angegriffen. Die allermeisten ritzen Glas, das man, eventuell eine Fensterscheibe, stets bequem zur Hand hat. Dies tun natürlich die so häufigen Nachahmungen der guten Edelsteine in Glas nicht; sie können an diesem Verhalten oft leicht erkannt werden. Will man behufs sicherer Be- stimmung eines Edelsteines dessen Härte nach der Skala genauer ermitteln, dann kann man sich der oben erwähnten Methoden bedienen, wobei es aber nicht nötig ist, die ganze 3* 36 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Härteskala vor sich zu haben; die niedersten Härtegrade können ganz wegfallen. Es ge- nügt eine kleine Glastafel, die in hinreichender Weise den fünften Härtegrad repräsentiert und die leichter zu beschaffen ist als ein gutes Stück Apatit; ferner je ein Stück Feld- spat, Quarz (am besten in der farblosen und durchsichtigen Abart des Bergkristalls) und Topas, die wie schon hervorgehoben, mit möglichst glatten und glänzenden Flächen ver- sehen sein müssen, auf denen man auch den kleinsten Ritz eventuell mit der Lupe leicht und sicher erkennt. Auch eine Korund-(Sapphir-)Platte, sowie ein am Ende eines Stiftes befestigter Diamantsplitter, ein ‘sog. Schreibdiamant, sind zuweilen noch von Nutzen. Die ganz wenigen weichen Edelsteine, deren Härte unter der des Apatits liegt, werden daran erkannt, daß sie Glas nicht ritzen, und dies genügt neben den unmittelbar sichtbaren Eigenschaften zu ihrer Erkennung meist vollkommen; wenn ein Stein Glas nicht ritzt, so ist er schwerlich ein wertvoller Edelstein. Steine von größerer Härte als Topas gibt es ebenfalls nur sehr wenige; es ist, wie die unten folgende Tabelle zeigt, der Korund, wohin u. a. der Rubin und Sapphir gehören, und der Chrysoberyll, sowie der härteste von allen, der allein auch den Korund noch übertrifft, der Diamant. Diese ergeben sich daraus, daß sie allein den Topas ritzen, nicht aber, Diamant ausgenommen, den Korund. Sie können, wie übrigens auch die weicheren als Glas, durch das spezifische Gewicht und andere noch zu besprechende Hilfsmittel unterschieden werden. Daher sind auch die beiden höchsten Glieder der Härteskala nicht unbedingt erforderlich. Die Edelsteinhändler benutzen statt der Härteskala, die in der oben angegebenen Form und Beschränkung für ihre Zwecke am geeignetsten wäre, vielfach lieber einige andere Instrumente, vor allem eine harte Stahlfeile. Diese greift Mineralien vom fünften Härte- grad noch stark, solche vom sechsten nur noch schwach an und erzeugt je nach der größeren oder geringeren Härte mehr oder weniger Pulver. Quarz hat ungefähr dieselbe Härte wie der bestgehärtete Stahl, aus dem die Feile hergestellt ist; Steine vom siebenten Härtegrad werden daher von der letzteren nicht mehr leicht angegriffen, und härtere greifen ihrerseits die Feile an und polieren sie. Dabei hinterbleibt auf dem Stein ein vom abgeriebenen Stahl herrührender grauer metallischer Schimmer. Eine ungefähre Schätzung der Härte erlaubt auch der Ton, der beim Streichen des Steines auf der Feile entsteht. Je härter der Stein ist, desto höher ist dieser Ton, wobei aber zur Vergleichung möglichst gleich große Stücke gewählt werden müssen. Für geschliffene Steine ist aber eine solche Feile nicht mehr geeignet. Bei diesen wird in der Praxis vielfach ein möglichst stark gehärteter Stahlstift mit einer scharfen Spitze benutzt. Diese ritzt Feldspat, noch leichter Glas, greift aber Quarz kaum und härtere Steine gar nicht mehr an. Man kann an einem geschliffenen Steine nieht selten eine Stelle finden, wo ein so feiner und kleiner Ritz, wie ihn die Stahlspitze macht, nıcht viel schadet, namentlich wenn sie bei der Fassung vom Metall bedeckt wird; aus dem eingangs angegebenen Grunde ist aber doch bei durchsichtigen Steinen immer große Vorsicht geboten, so daß also auch diese schonende Methode nicht unbeschränkt ange- wendet werden kann. Der Stahlstift ist besonders wertvoll, um Glasimitationen von echten harten Edelsteinen zu unterscheiden. Nur erstere werden geritzt, über die letzteren gleitet die Spitze weg, ohne einen Eindruck zu hinterlassen. Von allergrößtem Einfluß ist selbstverständlich die Härte auf das Schleifen der Steine. Nach ibr muss in der Weise, wie es unten bei der näheren Betrachtung des Schleif- prozesses erläutert werden wird, die Schleifscheibe und auch das Schleifpulver aus ver- schiedenem Materiale gewählt werden. Je härter der Stein, desto schwerer und langsamer schleift er sich, gleiches Schleifmittel vorausgesetzt, aber im allgemeinen wird auch der durch die Politur erzeugte Glanz um so schöner und kräftiger und die Kanten und Ecken der Schliffform um so schärfer, je größer die Härte. Bei weicheren Steinen sind diese HÄRTE. ZERSPRENGBARKEIT. 37 Kanten und Ecken überhaupt nieht scharf, sondern mehr oder weniger stark gerundet, und der Stein hat dann ein weniger vorteilhaftes Aussehen. Man sieht daraus, dass die Härte nicht nur die Dauer der Schönheit, sondern einen Teil der Schönheit selbst bedingt. Aus der zum Anschleifen einer Fläche nötigen Zeit kann man mit großer Sicherheit auf die in dieser Fläche herrschende Härte schließen. Dabei erkennt man nicht selten, daß sich die Steine in gewissen Richtungen viel leichter und rascher schleifen lassen als in gewissen anderen. Es müssen also in einem und demselben Stück von der Richtung abhängige Härteunterschiede vorhanden sein. Daß dies in der Tat oft, wenn nicht immer, der Fall ist, daß z. B. nicht alle Flächen eines natürlichen Kristalls und auch nicht alle Richtungen innerhalb einer und derselben Fläche die gleiche Härte zeigen, dass also die Härte eines solchen Kristalls sich im allgemeinen mit der Richtung ändert, ist auch durch andere Versuche rein wissenschaftlicher Art nachgewiesen und wir werden, namentlich bei der Betrachtung des Diamants noch einmal darauf zurückkommen. Meist sind diese Unterschiede nur klein, und es bedarf besonderer Instrumente, der Härtemesser oder Sklerometer, um siezu erkennen; mit Hilfe der verhältnismäßig rohen Methode des Ritzens in der oben angegebenen Weise lassen sie sich meist nicht konstatieren. Nur bei einem einzigen der als Edelsteine verwendeten Materialien, dem Cyanit, ist dies möglich; bei diesem schwankt die Härte in verschiedenen Richtungen zwischen der des Apatits und des Quarzes, also zwischen dem fünften und siebenten Grade. Jedenfalls zeigen aber diese an einem und demselben Steine auftretenden Härtedifferenzen, daß man aus kleinen Ver- schiedenheiten an zwei Stücken nicht ohne weiteres auf deren Zugehörigkeit zu verschie- denen Arten schließen darf; sie können auch daher rühren, daß die Härte bei beiden nicht in derselben Richtung untersucht worden ist. Übrigens ist dieser Wechsel in der Härte von einer Richtung zur anderen durchaus auf kristallisierte Edelsteine beschränkt, die überhaupt, wie wir eingangs gesehen haben, sich nach verschiedenen Richtungen physikalisch verschieden verhalten. Amorphe Steine, wie Opal, ebenso alles Glas, sind in der Härte überall durchaus gleich, da sie ihrer Natur nach überhaupt nach allen Rich- tungen hin dieselben physikalischen Eigenschaften besitzen. Schließlich sei noch bemerkt, daß die Härte der Mineralien nicht dasselbe ist wie die Zersprengbarkeit, die größere oder geringere Leichtigkeit des Zerschlagens mit dem Hammer. Diese hängt ja mit von der Härte ab, aber nicht von ihr allein. Sie wird u. a. stark erleichtert durch deutliche Blätterbrüche; daher ist, der Ansicht der Laien entgegen, der Diamant trotz seiner enormen Härte doch verhältnismäßig leicht zerspreng- bar, er läßt sich leicht in Stücke zerschlagen. Umgekehrt verringern manche Struktur- formen der Mineralien die Zersprengbarkeit sehr bedeutend, erhöhen also deren Festigkeit in entsprechendem Maße. Besonders solche Substanzen, die aus kreuz und quer durch- einander geflochtenen feinen, am besten mikroskopisch kleinen Fäserchen aufgebaut sind, zeichnen sich durch außergewöhnliche Festigkeit aus. Hierher gehört vor allem der Nephrit, der kaum die Feldspathärte hat, der aber dem Hammer den allerenergischsten Widerstand entgegensetzt und von dem selbst kleine Stücke kaum zerschlagen werden können. Solehe schwer zersprengbare Mineralien werden wohl auch zähe, die leicht zer- sprengbaren als spröde bezeichnet. Zu große Sprödigkeit ist für die Benutzung eines Edelsteines nicht günstig; er zerbricht leicht beim Gebrauch, oder wird doch beschädigt, wenn man nicht die größte Vorsicht anwendet. Im folgenden sind die wichtigsten als Schmucksteine verwendeten Mineralien nach ihrer Härte in aufsteigender Reihe angeordnet. Die jedem einzelnen Namen beigefügte Zahl gibt den Härtegrad an: 33 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Bernstein il, | "Vesuwian,, 7.7 PETE 6!/a Gagat . 3l/a Demantoid . 61a Malachit 31/2 Chrysolith . L 61a Flußspat . 4 Chalcedon (Achat, ac) 61/a Dioptas 5 Axinit 63/4 Cyanit 5—7 Jadeit 6°,4 Hauyn 5l | Quarz en A "Citrin, a Lasurstein 5a Chrysopras usw.) 7 Titanit (Sphen) . 5a | Turmalin 7'/a Hämatit 5Y/a | Cordierit TYa Obsıdian . 5lle Roter Granat . T'/a Moldawit Bla Andalusit Ta Opal 5'/’a—6!/2 | Staurolith ee a: T! Nephrit 3>/4 4 „Euklas... . von Dem a Ti Diopsid 6 Ziıkon (Hyaecinth) . s 71/a Türkis 6 Beryll (Smaragd. Aquamarin _ ß Ta Adular 6 Phenakit Tala Amazonenstein . 6 Spinell 8 Labradorit 56 Topas a re ee ee FE Schwefelkies rn EN 3; 6—6%Ya | Chrysoberyll . . . . a Erehnut wen 222°... 980 RE 25 ee NE BEE Run Korund (Rubin, a a) 2 re Epidot 622°) Diamant mer. % en a a hen. IN) d) Optische Eigenschaften. Die optischen Eigenschaften der Edelsteine, ihr Verhalten gegen das Licht, sind aus zwei Gründen von besonders großer Wichtigkeit und Bedeutung. Einmal beruht auf ihnen, auf der Durchsichtigkeit, dem Glanze, der Farbe, dem Farbenspiele usw. die Schön- heit des Aussehens; sodann können sie, namentlich die Verhältnisse der Lichtbrechung, vielfach mit besonderem Vorteil zur Erkennung und zur Unterscheidung ähnlich aus- sehender Steine benutzt werden. Die hierher gehörigen Erscheinungen sind dazu um so wertvoller, als die Steine durch deren Beobachtung in keiner Weise verletzt werden, was, wie wir gesehen haben, bei der Untersuchung der Härte unter Umständen möglich ist. Es ist aber hierbei, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, die Kenntnis einiger Gesetze der Optik und einiger Instrumente nötig, die daher, soweit es erforderlich und möglich ist, hier auseinandergesetzt und beschrieben werden sollen. I. Durehsichtigkeit. Die meisten Edelsteine sind durchsichtig, allerdings vielfach nicht schon im rohen Zustande, da sie in diesem nicht selten eine rauhe Oberfläche haben, die den Durchgang des Lichtes mehr oder weniger hindert. Entfernt man die äußere Schicht durch Ab- schleifen, dann zeigen viele scheinbar ganz trübe Stücke die schönste Klarheit und Durch- siehtigkeit. Besonders vollkommen ist diese Eigenschaft namentlich bei all den wert- vollsten und kostbarsten, beim Diamant, Rubin, Sapphbir und anderen, aber auch bei manchen von geringerem Wert, dem Bergkristall, Amethyst usw. Je durchsichtiger die Stücke jeder einzelnen Art von Edelsteinen sind, desto höher werden sie geschätzt. Nur wenige der Juwelen ersten Ranges sind nicht vollkommen durchsichtig, so der edle Opal und der Türkis. Unter den minder kostbaren ist dies häufiger der Fall; nieht durchsichtig ist von ihnen der Achat, der Chrysopras, Malachit und noch viele sonst. Sie sind Verwachsungen vieler winzinger Kristallteilchen, während die durchsichtigen Edelsteine einheitlich gebaute Kristalle darstellen. Durehsiehtig nennt man solche Körper, die dem Licht einen ungestörten Durch- gang gestatten, so daß man durch sie hindurch irgend einen Gegenstand mit ganz scharfen DURCHSICHTIGKEIT. 39 Umrissen sieht. Ist mit der vollkommensten Durchsichtigkeit vollständige Farblosigkeit ver- bunden, wie bei vielen Diamanten, dem Bergkristall usw., dann bezeichnet man sie als wasserhell. Hierauf beruht das, was die Juweliere unter Wasser verstehen. Solche Edelsteine, die vollkommen wasserhell, also im höchsten Grade durchsichtig und ohne jede Spur einer Färbung sind, namentlich Diamanten von dieser Beschaffenheit, werden als Steine vom ersten oder reinsten Wasser besonders geschätzt. Sind sie, wenn auch nament- lich dem ungeübten Beobachter kaum bemerkbar, getrübt oder gefärbt, dann spricht man vom zweiten und bei noch stärkerer Abweichung vom Wasserhellen vom dritten Wasser, wie wir bei der Betrachtung des Diamants noch näher sehen werden. Geht auch durch dickere Stücke noch viel Licht hindurch, ist aber doch eine merkliche Trübung vorhanden, so daß man z. B. von einer Lichtflamme nicht mehr ein bestimmt umrissenes Bild, sondern ein solches mit verschwommenen Grenzen durch den Stein hindurch wahrnimmt, dann nennt man diesen halbdurchsichtig. Gibt dabei die Flamme nur noch einen unbestimmten Lichtschein, dann heißt er durchscheinend. Halbdurchsichtig ist gewöhnlich der eigentliche Chaleedon, durchscheinend der meiste Opal. Kantendurchscheinend sind Steine, die nur noch in ganz dünnen Schichten Licht hindurchscheinen lassen; dies ist besonders der Fall an den scharfen Kanten der Bruchstücke mancher sonst ganz undurchsichtigen Mineralien, wie Chrysopras u. a. die daher mit einem schmalen hellen Saum versehen sind, wenn man sie gegen das Licht hält. Undurchsichtigeoder opake Steine endlich lassen auch durch ganz dünne Lagen kein Licht mehr hindurch, selbst nicht an den schärfsten Rändern, ihnen fehlt also der helle Saum der zuletzt genannten. Steine dieser Art, wie z. B. der Hämatit, können nur noch durch die Stärke ihres Glanzes und die Schönheit ihrer Farbe wirken. Manche an sich und in den besten Exemplaren vollkommen durchsichtige Edelsteine sind in zahlreichen Stücken trübe und undurchsichtig. Diese sind dann nur noch bedingt, und wenn die Trübung zu weit geht, gar nicht mehr zum Schmuck zu verwerten. In allen Fällen ist ihr Wert erheblich geringer als der der tadellos klaren Exemplare. Die Ursache dieser Trübungen liegt vielfach in Rissen und Spalten, welche die Steine durch- setzen, oder in ihrer Struktur, oder in Einsehlüssen fremder Körper verschiedener Art; der Durchgang des Lichts kann dadurch gestört und sogar unter Umständen vollständig ver- hindert werden. Risse sind besonders häufig die Ursache der Trübung bei leicht spaltbaren Edelsteinen, wie beim Topas usw., kommen aber auch manchmal in großer Zahl bei solchen vor, die nur undeutliche Blatterbrüche besitzen. Dies ist z. B. bei dem schön grünen Smaragd der Fall, bei dem fast stets mehr oder weniger zahlreiche Risse die Klarheit beeinträchtigen; voll- kommen tadellos klare Exemplare gehören zu den großen Ausnahmen. Von Einschlüssen fremder Körper findet man nicht selten solche anderer fester Substanzen. So sind ın dem Diamant vielfach schwarze und sonstwie gefärbte Körnchen eingewachsen, und der Smaragd beherbergt häufig Glimmerplättehen in größerer Zahl. Manchmal sind diese Fremdkörper so klein, dass sie erst unter dem Mikroskop bei starker Vergrößerung einzeln deutlich hervortreten. Diese sind dann gewöhnlich durch den ganzen Stein gleichmässig verteilt und bewirken eine vollständige Trübung desselben, während einzelne größere Einschlüsse zwischen sich durchsichtige Substanz zu lassen pflegen, so daß trübe Stellen zwischen klaren auftreten. Manche Edelsteine findet man durchsetzt von äußerst zahlreichen, mikroskopisch kleinen hohlen Poren, die, oft scharen- oder streifenweise angeordnet, einen eigentümlichen, häufig seidenartigen, trüben Schimmer verursachen, unter dem die Durch- sichtigkeit und Schönheit empfindlich leidet. Trübungen dieser Art bilden einen der un- angenehmsten Fehler sonst durchsichtiger Edelsteine, den die Juweliere als „Fahnen“ bezeichnen. 40 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Von der Struktur ist die Durchsichtigkeit in hohem Grade abhängig. Einheitlich ge- baute Kristalle sind, wenigstens soweit Edelsteine in Betracht kommen, meist durchsichtig. Hat man es aber mit einem aus zahllosen Kriställchen desselben Minerals verwachsenen dichten Aggregat zu tun, dann ist dieses höchstens durchbscheinend oder auch fast ganz undurehsichtig, weil an der Grenze der vielen Körnehen, Fäserchen usw. stets viel Licht beim Durehgange verloren geht und nicht in das Auge gelangt. Aus diesem Grunde sind der Chaleedon, der Chrysopras usw. nicht durchsichtig, obwohl sie aus an sich durch- sichtigen Körnchen des Minerals Quarz bestehen, der in seinem reinsten durchsichtigsten Zustande den vollkommen wasserhellen Bergkristall bildet. Röntgenstrahlen. Von größtem Interesse ist die Durchlässigkeit der Edelsteine für Röntgenstrahlen. Manche lassen diese Strahlen ganz ungehemmt hindurch, manche an- dere absorbieren sie mehr oder weniger vollständig. Um dies Verhalten festzustellen, muß man das Verfahren mit der photographischen Platte wählen; bei der direkten Beobachtung auf dem Fluoreszensschirm treten die Unterschiede nicht immer deutlich genug hervor. Um diese noch besser bemerkbar zu machen und gewisse Fehlerquellen zu vermeiden, ist es zweckmäßig, mehrere eventuell mit einander verwechselbare Steine gleichzeitig auf einer Platte zu photographieren. Dabei geben durchlässige Substanzen kein deutlich erkennbares Bild, sondern höchstens einen schwachen Schatten. Je weniger Strahlen hindurchgelassen werden, desto dunkler werden die Bilder und desto schärfer die Umrisse der betr. Steine. Man erkennt so, daß der Diamant vollkommen durchlässig für Röntgenstrahlen ist. Er gibt kein Bild, im Gegensatz zu dem äußerlich ähnlichen Bergkristall, dem farblosen Topas und Hyaeinth und namentlich zum Glas (Straß), die sich durch ıhre dunklen, scharf umrissenen Bilder auf das bestimmteste vom Diamant unterscheiden. Gerade für die Erkennung des Diamants ist diese Methode besonders wichtig, um so mehr als eine Aufnahme nur 10—15 Minuten in Anspruch nimmt und man gleichzeitig eine große Anzahl von Steinen unter- suchen kann, häufig selbst dann, wenn sie gefaßt sind. Aber auch für andere Edelsteine ist dieses Unterscheidungsmittel anwendbar, so für den Korund in seinen verschiedenen Varietäten. Diese sind alle zwar nicht so vollkommen durchlässig wie der Diamant, sie lassen aber noch viele Röntgenstrahlen passieren und geben daher matte Bilder mit nicht sehr scharfen Umrissen, indessen deutlicher als der Diamant. Man unterscheidet sie so leicht von den ganz undurchlässigen ähnlich gefärbten Steinen und Glasflüssen, also Rubin von den roten Spinellen, Granaten, Topasen, Turmalinen usw., Sapphir von Cordierit, Cyanit, blauem Turmalin usw., gelben Sapphir von Goldberyll, Topas, Citrin usw. Die Untersuchung mit Röntgenstrahlen setzt uns danach vielfach in den Stand, kostbare Edelsteine von minderwertigen und von Imitationen zu unterscheiden. Außerdem läßt sie auch manchmal Fehler, besonders Einschlüsse deutlich erkennen, die bei der gewöhnlichen Beobachtung mit der Lupe usw. nicht leicht wahrgenommen werden könnten. Bei der Untersuchung einer großen Zahl von Mineralien bezüglich ihres Verhaltens gegen Röntgenstrahlen hat ©. Doelter, der dieses Verfahren zuerst systematisch verwertete, gefunden, daß sie nach ihrer Durchlässigkeit in verschiedene Klassen geteilt werden können. Die als Edelsteine benützten seien hier angeführt: 1. Vollkommen durchlässige: Diamant, Phenakit, Bernstein, Gagat. 2. Starkdurchlässige: Korund in seinen verschiedenen Abarten. 3. Durchlässige: Opal, Cyanit Chrysoberyli; 4. Halbdurchsiehtige: Quarz, (Bergkristall usw.), Labradorit, Adular (Mondstein) und andere Feldspate, Topas, Diopsid, Spodumen (Kunzit und Hiddenit); 6. Fast undurchlässige: Türkis, Turmalin, Apatit, Olivin, Titanit. 7. Undurchlässige: Almandin, Beryll, Epidot, ‘Hyaeinth und daneben Straß und alle anderen Glaspasten. Geringe Unterschiede können natürlich praktisch nicht verwertet GLANZ. 41 werden. Das Verfahren ist aber noch weiterer Ausbildung fähig. Bei der Beschreibung der einzelnen Edelsteinarten soll jedesmal das spezielle Verhalten gegen Röntgenstrahlen angegeben werden. 2. Glanz. Fällt auf einen Körper Licht auf, so wird von diesem stets ein größerer oder kleinerer Teil an der Oberfläche zurückgeworfen oder reflektiert, während ein anderer Teil in den Körper eindringt und sich in ihm fortpflanzt. Das von der Oberfläche des Körpers aus- in das Auge gelangende Licht bedingt den Glanz desselben. Dieser ist um so stärker, je mehr Licht in das Auge gelangt; danach unter- scheidet man verschiedene Grade des Glanzes, die man als stark glänzend oder spiegelnd, glänzend, wenig glänzend, schimmernd und matt zu bezeichnen pflegt. Ist eine stark glänzende oder spiegelnde Fläche eines Körpers eben, wie z. B. eine an einen Edel- stein angeschliffene Facette, oder eine regelmäßige Kristallfläche, so entwirft sie ein voll- kommen scharfes Spiegelbild jedes vor ihm befindlichen Gegenstandes. Auf einer glän- zenden Fläche ist das Spiegelbild noch deutlich, aber nicht mehr so scharf, und auf einer wenig glänzenden Fläche entstehen nur noch matte und verschwommene Bilder. Wird auf einer Fläche nur noch ein schwacher Schein zurückgeworfen, so heißt sie schimmernd, und matt, wenn sie gar kein Licht mehr reflektiert. Die meisten und namentlich auch die wertvollsten Edelsteine sind sehr stark glänzend, zum Teil schon auf ihren natürlich gebildeten Kristalloberflächen, zum Teil erst nach dem Schliff. Starker Glanz erhöht die Schönheit eines Steines ganz ungemein, man sucht daher beim Schleifen die Oberfläche durch Polieren so glänzend als nur irgend möglıch zu machen. Ein Teil der Aufgabe des Edelsteinschleifers besteht gerade darin, den Glanz eines Steines so hoch zu steigern, als es irgend angeht. Auf dem Glanze beruht das, was man z. T. das Feuer der Edelsteine nennt; man versteht darunter vielfach einen besonders hohen Grad von Glanz; eine andere Bedeutung des Wortes werden wir noch unten bei der Betrachtung der Dispersion kennen lernen. Nur wenige-der geschätzteren Edelsteine entbehren im geschliffenen Zustande eines starken und lebhaften Glanzes, so vor allem der Türkis, der auch bei der vollkommensten Politur eine gewisse Mattigkeit auf der Oberfläche behält. Es hängt das wohl, wenigstens zum Teil, mit der geringen Härte zusammen. Im allgemeinen nehmen härtere Steine, also die wertvollsten Edelsteine, wie Diamant, Rubin und andere, leichter eine sehr gute Politur an als weichere, wie der Türkis, doch sind dabei allerdings auch noch andere Verhältnisse von Einfluß. Jedem Steine kommt ein seiner Beschaffenheit entsprechender höchster Grad von Glanz zu. Der Glanz kann zwar unter Umständen schwächer sein, aber auch durch die feinste Polıtur läßt er sich nieht über dieses Maximum hinaus steigern. Dies hängt z. T. mit der Stärke der Lichtbreehung zusammen. Steine mit starker Lichtbrechung können im allgemeinen glänzender werden als solche mit schwacher; so wird z. B. Diamant glänzender als Berg- kristall usw. Jedoch nicht nur der Grad des Glanzes, seine mehr oder minder bedeutende Stärke, sondern auch die Art desselben ist bei den Steinen verschieden und für sie oft in hohem Grade charakteristisch. Daher kann man nicht selten Steine von sonst ähnlichem Aus- sehen leicht an der Art ihres Glanzes von einander unterscheiden. Niemand, der sein Auge hierin nur ein wenig geübt hat, wird z. B. einen echten Diamant mit einer Imi- tation aus Bergkristall verwechseln. Beide sehen sich in vielem sehr ähnlich, der Glanz unterscheidet sie auf den ersten Blick. Es ist nicht möglich, durch Beschreibung diejenigen besonderen Eindrücke auf die Sehnerven festzustellen und mitzuteilen, die wir als Arten des Glanzes oder auch wohl 42 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. schlechtweg als Glanz bezeichnen; man kann aber leicht die Unterschiede erkennen, wenn man verschiedene Gegenstände daraufhin aufmerksam betrachtet und miteinander ver- gleicht. Ein Stück blankes Metall, eine Glasfläche, ein geschliffener Diamant, eine Perl- mutterschale, eine Schicht fetten Öles oder ein Stück Atlas erscheinen alle lebhaft glänzend, aber doch in sehr verschiedener Weise; die Arten des Glanzes auf diesen verschiedenen Körpern sind von einander wesentlich abweichend. Der Glanz der Mineralien und so auch der Edelsteine wird angegeben, indem man sagt, mit welchem der genannten typischen Körper sie in dieser Hinsicht übereinstimmen. Man erhält dureh eın einziges Wort eine ziemlich genaue Vorstellung von dieser Erscheinung, wenn man ausspricht, daß der be- treffende Körper Metallglanz, Glasglanz, Diamantglanz (Demantglanz), Perlmutterglanz, Seiden- oder Atlasglanz oder endlich Fettglanz besitzt. Unter diesen verschiedenen Ab- teilungen lassen sich alle an Mineralien beobachteten Hauptarten des Glanzes unterbringen, andere kommen nicht vor. Um aber auch geringere Unterschiede angeben zu können, hat man noch Bezeichnungen für Zwischenstufen, wie z. B. metallischer Demantglanz, feuchter Glasglanz usw. in leicht verständlicher Weise eingeführt. Diese verschiedenen Arten des Glanzes, die man den Bedürfnissen der Mineral- beschreibung entsprechend festgestellt und unterschieden hat, kommen alle in den sämt- liehen oben genannten Graden vor; es gibt schwachen und starken Glasglanz, Diamant- glanz usw. Sie hängen ab von der Beschaffenheit des betreffenden Minerals, so daß mit gewissen sonstigen Eigenschaften desselben auch stets ein ganz bestimmter Glanz ver- bunden ıst, der das Mineral erkennen und von sonst ähnlichen zu unterscheiden gestattet. Namentlich sind die Struktur der Mineralien und die z. T. dadurch bedingten, speziellen Verhältnisse der Liehtbrechung hierbei von größtem Einfluß, weil die Art des Glanzes nicht bloß auf den an der Oberfläche reflektierten Strahlen, sondern auch zum Teil auf einer gewissen Liehtmenge beruht, die eine Strecke weit in das Innere des Körpers ein- gedrungen und von hier aus wieder nach außen zurückgeworfen worden ist. Daß die Art und Weise, wie dies geschieht und in welchem Verhältnis außen reflektiertes und von innen kommendes Lieht miteinander gemischt sind, also das, wovon eben die Art des Glanzes abhängt, sehr wesentlich durch die Struktur und die ganze innere Beschaffenheit des Körpers bedingt wird, ist selbstverständlich. Der Metallglanz, der mit völliger Undurehsichtigkeit selbst der feinsten Schichten des betreffenden Minerals verbunden ist, findet sich nur bei wenigen Edelsteinen von geringer Bedeutung, z.B. beim Hämatit. Ihm gegenüber steht der sehr verbreitete Glas- glanz, der bei vollkommen durchsichtigen Mineralien sich am ausgezeichnetsten findet. Die meisten durchsichtigen Edelsteine zeigen ihn mehr oder weniger ausgesprochen und kräftig: Bergkristall, Topas, Rubin, Sapphir, Smaragd und andere. Er wird zuweilen durch besondere Eigenschaften des betreffenden Körpers modifiziert. Hat dieser ein sehr starkes Lichtbrechungs- und Farbenzerstreuungsvermögen, so geht der Glasglanz über in den Diamantglanz, der manchmal wieder eine entschiedene Annäherung an das Metallische zeigt. Der eigentliche Diamantglanz findet sich kaum bei einem anderen Edelsteine, als bei dem, der ihm den Namen gegeben hat, annähernd auch beim Zirkon, besonders dem farblosen. Feinfaserige Mineralien, wie z. B. der zuweilen als Schmuckstein geschliffene Faserkalk (Atlasspat), oder der schön grüne Malachit, oder das goldig glänzende Tiger- auge zeigen Seiden- oder Atlasglanz. Auf Flächen vollkommener Spaltbarkeit ist der Perlmutterglanz vorhanden, aber nur, wenn der Stein nach diesen Richtungen schon eine gewisse Aufblätterung erlitten hat. So sieht man ihn z. B. an manchen Topasen, Feldspaten (Mondstein) usw., aber nur auf den Flächen, die mit der vollkommenen Spalt- barkeit parallel gehen; auf allen anderen Flächen ist gewöhnlicher Glasglanz. Fett- glanz ist, wie es scheint, stets mit massenhaften mikroskopisch kleinen Einschlüssen ver- LICHTBRECHUNG. 43 knüpft, die in manchen Mineralien ganz konstant sich finden und von denen eines oder das andere, z. B. der Eläolith, zuweilen als Schmuckstein geschliffen wird. Dies ist der eigentliche Fettglanz, der auch bei manchen mehr glasglänzenden Mineralien, wie z. B. beim Olivin, angedeutet ist. Gewisse andere Steine gleichen im Glanze mehr einem Stück Wachs, sie haben Wachsglanz, wie der Türkis; oder einem Brocken Harz, wie manche Granaten, z. B. der Hessonit, der, namentlich in derben, nicht abgerollten Stücken, damit unter Umständen verwechselt werden könnte (Harzglanz). 3. Lichtbrechung. Von höchster Wichtigkeit für die Kenntnis der Edelsteine ist die Lichtbrechung oder Refraktion und die damit verbundenen und davon abhängigen sonstigen Erschei- nungen. Wir haben gesehen, daß von dem Lichte, das auf die Oberfläche eines durchsichtigen Körpers, also auf die eines Edelsteines fällt, ein Teil zurückgeworfen wird, während ein anderer in den Körper eindringt und sich in diesem fortpflanzt. Diese Fortpflanzung geschieht nur dann in der Richtung, welche die ankommenden Lichtstrahlen haben, wenn diese auf der — im folgenden immer eben vorausgesetzten — Begrenzungsfläche des Körpers senkrecht stehen. Ist dies nicht der Fall, machen die ankommenden Strahlen einen schiefen Winkel mit dieser Fläche, dann werden die in den Körper eintretenden Licht- strahlen aus ihrer vorherigen Richtung abgelenkt und pflanzen sich in diesem in einer anderen Richtung fort als die ankommenden; sie werden, wie man sagt, gebrochen. Ist ın Fig. 9 MN die Grenze des durchsichtigen Körpers (Edelsteines) $ gegen die Luft Z, aus der die © Lichtstrahlen unter gewöhnlichen Umständen stets ein- a fallen, dann setzt sich ein an dieser Grenze unter einem schiefen Winkel ankommender Lichtstrahl AC in dem We Steine nicht geradlinig nach CX fort, sondern in der ab- weichenden Richtung CB. CB ist in diesem Falle der Br ; zu AC gehörige gebrochene Strahl. Die Richtung OB liegt BROT g mit AC in einer zu MN senkrechten Ebene, der Einfalls- a , ebene, zugleich der Ebene der Zeichnung, in der also auch die in Cauf MN errichtete Senkrechte, das Einfallslot DE, Fis-9. Lichtbrechung beim Eintritt liegt. Beim Übergange des Lichtes aus Luft in einen Ge a Edelstein liegt der eıinfallende Lichtstrahl AC stets von dem Einfallslot weiter ab als der gebrochene Strahl CB, der Einfallswinkel AUD ist größer als der Brechungswinkel BCE; der gebrochene Strahl nähert sich bei dieser Brechung dem Einfallslot, das Licht wird. dem Einfallslot zu gebrochen. Fällt der ankommende Lichtstrahl in derselben Einfallsebene in einer anderen Rich- tung, z. B. nach AıC auf die Grenzfläche MN ein, so ist der zu AıÜ gehörige ge- brochene Strahl CBı. Ist der neue Einfallswinkel Aı CD größer geworden, so ist es auch der Brechungswinkel Bı CE. Überhaupt wächst mit zunehmendem Einfallswinkel immer auch der Brechungswinkel, und zwar nach einem ganz bestimmten Gesetz, dem Brechungs- gesetz. Denkt man sich nämlich in der Einfallsebene um © einen Kreis mit einem be- liebigen Halbmesser beschrieben, und von den Schnittpunkten A,Aı, B,Bı dieses Kreises mit den einfallenden und gebrochenen Strahlen die Senkrechten A@, Aı@ı, BF, Bı Fi, auf das Einfallslot DE gefällt, dann haben die zu einem und demselben Strahl ACB, AıCBı usw. gehörigen Senkrechten A@ und BF,AıGı und BıFı usw. für jeden ein- zelnen Körper stets genau dasselbe Verhältnis zu einander, die Einfallswinkel mögen so 44 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDEISTEINE. groß oder so klein sein, als sie wollen. Es ist also beim Eintritte von Lichtstrahlen aus der Luft in einen bestimmten Körper stets für jeden beliebigen Strahl: Alena BI WBIRD TI wo n eine für jeden Körper konstante, aber von einem zum andern wechselnde Zahl ist. Diese Zahl wird das Berechnungsverhältnis, oder der Brechungskoeffizient, oder auch der Brechungsindex dieses Körpers genannt. Er ist nach dem Obigen von dem Einfallswinkel ganz unabhängig und hat für jeden Edelstein einen bestimmten Wert, den man an allen Exemplaren desselben wiederfindet, während andere Edelsteine andere Zahlen ergeben. Da der Einfallswinkel beim Übergange des Lichtes in einen Edelstein aus der Luft, wie wir es im folgenden, wenn nicht etwas anderes besonders bemerkt ist, immer voraus- setzen, stets größer ıst als der Brechungswinkel, so müssen auch AG und Aı@Gi stets größer sein als die zugehörigen BF und BıF\, woraus folgt, daß die Brechungskoeffi- zienten gegen Luft für alle Edelsteine größer sind als 1. Man kann die Brechungsverhältnisse nach verschiedenen Methoden sehr genau und auf mehrere Dezimalstellen richtig bestimmen, worauf aber an dieser Stelle nicht eingegangen zu werden braucht, weil es zunächst für unsere Zwecke keine praktische Bedeutung hat. Wir werden einige solche Methoden, soweit sie für die Unterscheidung der Edelsteine nach ihren Lichtbrechungsverhältnissen wichtig sind, unten (pag. 62) kennen lernen. Es wurden da- bei folgende hier beispielsweise und auf nur wenige Dezimalen angegebene Zahlen gefunden, die für einige Edelsteine und für einige zum Vergleich hinzugefügte sonstige Körper gelten: m N, Wassers... eye se ls Flußspat- . „% .. . n—1,44 Spinell! % 2... er mit Granath ne Del Diamant een NAD: Die Ablenkung eines Lichtstrahles beim Übergange aus der Luft in irgend einen Körper, das Liehtbrechungsvermögen dieses letzteren, ist um so größer, je höher der Brechungs- koeffizient, und umgekehrt. Dieser ist für viele Edelsteine sehr hoch, weitaus am höchsten für den Diamant. Die betreffenden Zahlen werden bei der speziellen Beschreibung der Edelsteine stets angegeben werden. Daß der entsprechende Wert für die Luft = 1 ist, ist nach dem Obigen leicht einzusehen. Man nennt einen Körper, der einen größeren Brechungskoeffizienten hat als ein zweiter, „optisch diehter“, den anderen „optisch dünner“. Danach ist die Luft optisch dünner als alle Edelsteine, diese sind optisch dichter als das Wasser, Diamant optisch diehter als Granat usw. Nicht immer fällt das Licht aus der Luft auf den Körper ein; manchmal geschieht dies aus einer Flüssigkeit, z. B. wenn män einen Edelstein in einem Gefäß mit einer solchen übergießt. Ein ankommender Lichtstrahl muß dann erst diese passieren, ehe er auf den Edelstein trifft. Auch beim Übergange des Lichtes von der Flüssigkeit in den Stein erleidet der Strahl eine Brechung, und zwar wieder nach dem oben erwähnten Gesetze, aber der Betrag der Ablenkung ist ein anderer, als wenn das Lieht direkt aus der Luft auf den Edelstein fiele. Sie ist um so größer, je mehr das Brechungsverhältnis des letzteren sich von dem der Flüssigkeit unterscheidet, und um so geringer, je kleiner dieser Unterschied ist. Sind die Brechungsverhältnisse beider gleich, dann findet beim Eintritt des Lichtes aus der Flüssigkeit in den Edelstein gar keine Ablenkung mehr statt; die ankommenden Lichtstrahlen bewegen sich an der Grenze in der ursprünglichen Ein- fallsrichtung weiter fort. Da ein Edelstein in seinen Lichtbrechungsverhältnissen einer Flüssigkeit jederzeit viel näher steht als der Luft, so ist die Lichtbrechung stets viel ge- LICHTBRECHUNG. 45 ringer, wenn das Licht aus einer Flüssigkeit auf den Stein einfällt, als wenn dies unter demselben Winkel aus der Luft geschieht. Eine Flüssigkeit, die denselben Brechungsko£ffizienten hat, wie z. B. ein Stück Glas, kann man unter anderm erhalten, wenn man das sehr stark lichtbrechende Methylenjodid, die Flüssigkeit, die wir bei der Bestimmung des spezifischen Gewichts kennen gelernt haben, mit Benzol in geeigneten Verhältnissen mischt. Haben beide gleich breehbare Substanzen auch dieselbe Farbe, sind sie wie in diesem Falle beide farblos, so ist es nicht möglich, den festen Körper, also das Glas, in der Flüssigkeit deutlich zu sehen, eben weil beide dieselbe Brechbarkeit besitzen und daher an ihrer Grenze keine Ablenkung der Lichtstrahlen stattfindet. Wird das Brechungsvermögen der Flüssigkeit geändert, indem man von dem einen oder anderen Bestandteile eine größere Menge zugibt, dann tritt der feste Körper in seinen Umrissen hervor, und zwar werden seine Grenzen um so schärfer und bestimmter, je größer der Unterschied der Brechbarkeit zwischen ihm und der Flüssigkeit wird, indem man letztere durch weiteres Zugießen immer mehr in ihrer Mischung ändert. Man ge- braucht dieses Verhalten zuweilen, um versteckte Fehler, Einschlüsse, Risse und Spalten und ähnliches in einem Edelsteine nachzuweisen, indem man ihn in eine stark brechende D G BN 5 1% { : 4, y a / 2.2 a 4, / 1% = u { : #7 Be Sm; ya M rn N Ar = "N B, 24 c Z(uft) F Br : Fig. 10. Lichtbrechung beim Austritt Fig. 11. Totalreflexion. des Lichts aus einem Edelstein. Flüssigkeit, also z. B. in Methylenjodid, legt. Dadurch werden die Grenzen des Edelsteines der annähernden Gleichheit des Brechungsverhältnisses mit der Flüssigkeit wegen unbe- stimmt, der Stein verschwindet gewissermaßen, aber seine Fehler bleiben dabei sichtbar und treten viel schärfer hervor. Benützt man verschiedene Flüssigkeiten von bekannter Liehtbreehung, so kann man nach der Methode von Schroeder van der Kolk auch die Liehtbrechungsverhältnisse mancher Edelsteine angenähert bestimmen. Lichtbreehung findet nicht bloß statt, wenn, wie in dem obigen Falle, die Strahlen aus einem optisch dünneren Medium (z. B. Luft) auf ein dichteres (z. B. einen Edelstein) einfallen. Dasselbe geschieht auch im umgekehrten Falle, wenn z. B. das Licht einen Edelstein durchstrahlt hat und aus ihm wieder in die Luft austritt. Das Gesetz der Brechung ist auch hier wieder dasselbe wie vorhin, aber der im Edelstein an der Grenze ankommende Lichtstrahl macht nun mit dem Einfallslot einen kleineren Winkel als der gebrochene Strahl in der Luft; das Licht entfernt sich in diesem Falle bei der Brechung vom Einfallslot, es wird vom Einfallslot weg gebrochen. Dies zeigt Fig. 10, wo der in dem Edelsteine S sich bewegende Lichtstrahl AC mit dem Einfallslot DE den Einfallswinkel ACD einschließt, der kleiner ist als der Brechungswinkel BCE, den der gebrochene Strahl CB in der Luft ZL mit jenem Lote macht. Auch in diesem Falle ist die Ablenkung um so bedeutender, je größer der Brechungskoöffizient des Edelsteines. Sie ist aber dieselbe, ob das Licht von der Luft in den Edelstein übergeht oder umgekehrt. Das eine Mal wäre der Gang des Lichtstrahles BCA, das andere Mal ACB. 46 ERSTER TEIL ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Auch beim Übergange des Lichtes in ein dünneres Mittel, also beim Austritte aus einem Edelsteine in Luft nimmt, der Brechungswinkel gleichzeitig mit dem Einfallswinkel zu wie im umgekehrten Falle. In Fıg. 11 (S. 45), wo wieder MN die ebene Grenzfläche zwischen dem Edelsteine S und der luft Z darstellt, wird der ankommende Strahl AC nach CB, AıC nach CB, usw. gebrochen. Wird der Einfallswinkel allmählich immer größer und größer, so geschieht dies auch mit dem Brechungswinkel. Dieser wird endlich gleich einem Rechten, während der Einfallswinkel noch kleiner ist als ein solcher. So wird der ein- fallende Strahl A2C nach CB2 gebrochen, und dem Einfallswinkel A2CD entspricht der Brechungswinkel BCE = 90”; der gebrochene Strahl OB2 verläuft dann genauin der Grenzfläche MN. Mit 90° hat offenbar der Brechungswinkel den größten Wert erreicht, den er über- haupt erlangen kann. Noch größer kann er nicht werden, während der Einfallswinkel noch weiter zu wachsen imstande ist. Geschieht dies, nimmt der Einfallswinkel A2CD noch mehr zu, seı es auch um einen noch so kleinen Betrag, dann findet überhaupt keine Breehung mehr statt, sondern das einfallende Licht wird an der Grenzfläche MN in den Edelstein, aus dem es kommt, wieder zurückgeworfen, es kann gar nicht aus dem Steine in die Luft austreten. So ist es z. B. mit dem Strahle A3C, der in der Richtung von CB; reflektiert wird, und zwar in der Einfallsebene und nach dem gewöhnlichen Gesetz, wonach die Winkel AsCD und DOB; einander gleich sind. In derselben Weise werden auch alle anderen schiefer als 42C auffallenden Lichtstrahlen reflektiert, ohne daß sie in die Luft austreten könnten, so AıC nach CBı usw. Bei dieser Reflexion, die in einem optisch diehteren Medium, also etwa in einem Edelsteine, an der Grenze gegen ein dünneres, also z. B. Luft, stattfindet, tritt nicht, wie in dem oben erwähnten umgekehrten Falle, wenigstens ein Teil des ankommenden Lichtes an der Grenze durch Brechung aus, sondern dieses wird in seiner Gesamtheit ohne jeden Verlust zurückgeworfen. Man nennt deshalb diese spezielle Art von Reflexion die Total- reflexion. Sie kann nur stattfinden an der Grenze einer diehteren Substanz gegen eine dünnere, wenn das Licht unter einem genügend schiefen Winkel aus der ersteren auf dıe Grenze trifft, niemals in dem zuerst betrachteten umgekehrten Falle, wo ‘das Licht aus der optisch dünneren in die dichtere Substanz, also z. B. aus der Luft in einen Edelstein übergeht. Hier ist, auch wenn der Einfallswinkel seinen größten Wert von 90° erreicht hat, der Brechungswinkel noch kleiner als ein Rechter, es kann also stets Brechung stattfinden. Aus einer dünneren Substanz in eine dichtere, also aus der Luft in einen Edelstein, kann demnach das Licht jederzeit und bei jedem beliebig schiefen Einfallen und bei jeder denkbaren Größe des Einfallswinkels eindringen. Totalreflexion kann nicht stattfinden, wenn Lichtstrahlen aus der Luft auf einen Edelstein auffallen, sondern nur dann, wenn sie ihn wieder verlassen wollen. Der Einfallswinkel, der bei der eben betrachteten Art von Lichtbrechung nicht um das allergeringste überschritten werden darf, wenn nicht statt der Brechung Totalreflexion eintreten soll, also in Fig. 11 der Winkel A2CD, heißt der Grenzwinkel der Total- reflexion. Er ist sehr verschieden, je nach der Brechbarkeit der beiden Substanzen, an deren Grenze die Brechung oder Reflexion stattfindet. Je größer der Unterschied ihrer Brechungskoöffizienten ist, desto früher, d. h. bei um so steilerem Einfallen oder, was dasselbe ist, bei um so kleinerem Grenzwinkel A»CD fängt die Totalreflexion an. Wenn dieser Unterschied sehr klein ist, können sogar sehr schief auffallende Strahlen mit einem sehr großen Einfallswinkel noch austreten, ohne Totalreflexion zu erleiden. Bewegt sich ein Lichtstrahl z. B. in einem Diamant (Fig. 12 $. 47), dessen Brechungs- koöffizient = 2,43 ist, so kann er aus ihm schon bei einem sehr steilen Einfallen nicht mehr austreten. Dies ist bereits nicht mehr möglich, wenn der Einfallswinkel Aı CD 24° 24° LiCHTBRECHUNG. TOTALREFLEXION. 47 beträgt. Kommt also ein Strahl AıC mit einem nur etwas größeren Einfallswinkel an der Grenze MN zwischen Diamant und Luft in dem ersteren an, dann tritt er nicht in die letztere aus, sondern wird nach OBı‘ reflektiert. Ebenso geschieht dies mit dem noch weniger steilen, d. h. mit noch größerem Einfallswinkel ankommenden Strahl A3C; dieser wird nach CB; zurückgeworfen. Ein steiler als AıC einfallender Strahl A2C, der also einen kleineren Einfallswinkel hat als AıC, erleidet dagegen bei © keine Totalreflexion, sondern er tritt hier, nachdem er eine den Brechungsverhältnissen von Diamant und Luft entsprechende Ablenkung erfahren hat, nach UB2 aus dem Edelsteine in die Luft aus. Ist der optisch diehtere Körper nicht Diamant, sondern Glas mit dem Brechungs- koöffizienten 1,5ss, dann ist der Grenzwinkel AıCD nicht 24° 24‘, sondern der geringeren Brechbarkeit des Glases, seiner größeren Annäherung an die der Luft entsprechend, größer, und zwar gleich 40% 30% Aus solehem Glase können also auch sehr viel weniger steil einfallende Lichtstrahlen nach erfolgter Breehung in die Luft austreten, nämlich alle solchen, die mit dem Einfallslot Winkel machen, die kleiner sind als 40 ° 30°; alle anderen werden auch hier durch Totalreflexion in das Glas zurückgeworfen. Der Grenzwinkel muß sich auch ändern, wenn das Licht nicht in Luft, sondern ın eine Flüssigkeit austreten soll, die stets optisch dichter ist als Luft. Legt man den Diamant in ein Gefäß z. B. mit Methylenjodid, das den Brechungskoöffizienten 1,75 hat, dann ıst N 2 A, | ö ze nn Z Ze ud E \ “ / = Be %% u I Diumantıy M_____N Diamant ” B “98 Zuft x 2, MHethylenjodid ’ an B/ BURN 2/7 E B E Fig. 12. Fig. 13. Totalreflexion im Diamant an Luft. Totalreflexion im Diamant an Methylenjodid. der Grenzwinkel nieht mehr wie für Luft gleich 24° 24‘, sondern der geringeren Differenz in der Brechbarkeit zwischen Diamant und Methylenjodid entsprechend, erheblich größer, nämlich gleich 46° 19°, wie es Fig. 13 darstellt. In diese stark liehtbreehende Flüssigkeit treten also Strahlen unter Einfallswinkeln noch aus, bei welchen sie ın Luft nicht mehr austreten könnten, sondern durch Totalreflexion in den Diamant zurückgeworfen werden würden. Man kann also manchen Lichtstrahlen, die zu schief auf die Grenzfiäche von Diamant gegen die Luft auffallen und daher nicht aus jenem austreten können, den Aus- tritt ermöglichen, wenn man den Stein mit Methylenjodid übergießt. Wir werden davon unten noch Gebrauch zu machen haben. Es wird sich herausstellen, daß die Totalreflexion von größter Bedeutung ist für den Gang der Lichtstrahlen in einem geschliffenen durchsichtigen Edelsteine. Dessen Schön- heit beruht zum guten Teile darauf, daß die von vorn auf ihn einfallenden Lichtstrahlen nicht nach hinten aus ihm austreten können, sondern daß sie durch Totalreflexion an der Hinterseite wieder nach vorn zurückgeworfen werden, um hier erst den Stein zu verlassen und in das Auge des Beschauers zu gelangen. Könnte das eintretende Licht den Stein nach hinten verlassen, dann würde dieser einen matten und toten Anblick gewähren. Erst dadurch, daß die Strahlen durch Totalreflexion an der hinteren Seite wieder nach vorn und in das Auge des Beschauers kommen, erfüllt sich der Stein gewissermaßen mit Licht und erhält sein vorteilhaftes Aussehen, das um so schöner wirkt, je weniger Licht durch Austritt nach hinten verloren geht und je mehr infolgedessen seinen Weg wieder nach 48 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. vorn nehmen muß. Ehe wir aber den Gang der Lichtstrahlen in einem Edelsteine genauer verfolgen, haben wir noch einige andere optische Erscheinungen kennen zu lernen, die für die Liehtwirkung der Edelsteine gleichfalls von Wichtigkeit sind. Bisher haben wir hier nur die Art und Weise betrachtet, wie sich ein Lichtstrahl ver- hält beim Übergange an der Grenze zweier verschieden brechbarer Körper, wenn er also aus der Luft oder einer Flüssigkeit in einen Edelstein eintritt, oder wenn er umgekehrt sich in einem Edelsteine bewegt und diesen verläßt, um in Luft oder eine Flüssigkeit über- zugehen. Aus der Kombination dieser beiden Erscheinungen folgt aber leicht, wie der Gang der Lichtstrahlen sein muß, wenn sie einen Edelstein von einem bis zum anderen Ende durchziehen. Bildet der durchstrahlte Körper eine von zwei parallelen ebenen Flächen MN und PQ begrenzte sog. planparallele Platte, wie in Fig. 14, so wird der von einer Lichtquelle bei 4, etwa einer kleinen hellen Flamme kommende und schief auf MN einfallende Strahl AD ge- brochen, und zwar gegen das Einfallslot DE hin nach BC. Dieser zum erstenmal ge- brochene Strahl trifft dann die zweite Grenzfläche PQ in C, und zwar kommt er unter einem Einfallswinkel BCDı an, der wegen der Parallelität von MN und PQ gleich dem Brechungswinkel C5BE ist. In € wird der Strahl zum zweitenmal gebrochen, und zwar Di D aM 2 NY W/A / AN ER H P y% 16 N ® BR BR ER a PH | Fig. 14. Durchgang des Lichts durch eine von Fig. 15. Durchgang zwei parallelen ebenen Flächen begrenzte Platte. des Lichts durch ein Prisma. nun beim Austritt in Luft vom Einfallslot Di Eı weg nach UF. Man sieht nun nach früheren Mitteilungen leicht, daß der letzte Brechungswinkel FCEi gleich dem ersten Einfallswinkel ABD und daher der austretende Strahl CF dem ankommenden AB parallel sein mul; der erstere ist gegen den letzteren nicht abgelenkt, sondern nur um die kleine Strecke B’F' zur Seite geschoben. Man erblickt daher durch eine solche planparallele Platte hindurch einen Gegenstand, also die Flamme bei A in der Richtung, in der sie sich wirklich befindet, in der man sie sieht, auch wenn die Platte nicht vorhanden ist, da die austretenden Lichtstrahlen beim Durchgange keine Änderung ihrer ursprünglichen Richtung erfahren haben. Ist dagegen die eine Begrenzungsfläche MN gegen die andere NP unter einem Winkel MNP geneigt (Fig. 15), dann bildet MNP ein sogenanntes Prisma. Fällt wieder von einer kleinen Lichtflamme A aus ein Lichtstrahl AB auf MN, so erleidet er hier eine Brechung nach BD gegen das zur Fläche MN gehörige Einfallslot GH zu und in D beim Austritte aus dem Prisma eine zweite Brechung nach DE von dem zur Fläche NP gehörigen Einfallslot XZ weg. Hier ist nun, da die Flächen MN und. NP nicht parallel sınd, auch der austretende Strahl DE nieht mehr parallel mit dem eintretenden AB; letzterer hat eine Ablenkung von AB nach DE, also um den Winkel AUF erlitten. Man sieht daber das Bild der Flamme A durch das Prisma hindurch nicht mehr in der Richtung von dem bei E befindlichen Auge nach der Flamme A, sondern in der ab- FARBENZERSTREUUNG. 49 weichenden Richtung EDF, die mit der Einfallsrichtung AB den Winkel der Ablenkung AOF einschließt. Dieser ist unter verschiedenen Umständen von verschiedener Größe. Er wird um so grösser, je grösser der brechende Winkel MNP des Prismas und der Brechungskoöffizient der Substanz ist, aus der das Prisma besteht. Außerdem ist er auch von dem Einfallswinkel AB@ abhängig; er erhält für eine gewisse Größe desselben einen kleinsten Wert, unter den er nicht heruntersinken kann, der Einfallswinkel mag so groß oder so klein sein, als er will. Beim Durchgange des Lichtes durch ein Prisma, also durch einen von zwei sich schneidenden ebenen Flächen begrenzten Körper, wird nun eine Erscheinung sichtbar, die von höchster Bedeutung für das schöne Aussehen mancher Edelsteine, besonders des Diamants ist, nämlich die Dispersion oder Farbenzerstreuung. Wir haben bisher nur von einem einzigen Brechungskoöffizienten eines Körpers ge- sprochen. Dies ist aber nur richtig, wenn man sogenanntes homogenes Licht von einer ganz bestimmten Farbe, rotes, gelbes, grünes, blaues usw. anwendet, wie man es z. B. durch Dämpfe der Metalle Lithium, Natrium, Thallium und Indium in der Flamme des Bunsenschen Gasbrenners oder in einer Weingeistlampe erhält. Bestimmt man die Brechungsko£fficienten eines Körpers für diese verschiedenen Lichtsorten, so erhält man nicht immer dieselben, sondern D jedesmal etwas von einander abweichende Werte. Diese sind ; ve bei jedem Prisma stets für rotes Licht am kleinsten, sie werden Kaber für gelbes, grünes nnd blaues Licht immer größer und sind Bi am größten für violettes. Rote Lichtstrahlen werden also .7 B v immer am wenigsten, violette am stärksten abgelenkt oder | gebrochen, die zwischenliegenden Lichtsorten von rot aus immer mehr, und zwar in der genannten Reihenfolge. Fällt Licht ein, das gleichzeitig alle diese verschieden- / // ® farbigen und verschieden brechbaren Strahlen enthält, wie es a /h, beim Sonnenlicht oder beim Lampenlicht oder überhaupt 6, Bl beim weißen Licht der Fall ist, dann werden diese Strahlen Fig. 16. Verschieden starke bei der Brechung verschieden stark abgelenkt und dadurch an Sa yerzelnedenfapzzr 3 S » i { ichtstrahlen (Dispersion). voneinander getrennt. Sie gehen, wie es Figur 16 zeigt, von dem Punkte B aus, wo der einfallende weiße Strahl AB die Grenzfläche MN trifft, in etwas abweichender Richtung auseinander: nach R geht ein roter, nach @G, Gr, Bl ein gelber, grüner und blauer und endlich nach V ein violetter Strahl, und dazwischen sind in ununterbrochener Reihe Strahlen von etwas anderen dazwischenliesenden Farben- nüancen. Diese Erscheinung der Zerlegung des weißen Lichtes in seine farbigen Teilstrahlen bezeichnet man als die Farbenzerstreuung oder Dispersion; sie hat für verschiedene Substanzen abweichende Werte und ist um so bedeutender, je größer der Winkel RBV des äußersten roten mit dem äußersten violetten Strahl. Nunmehr haben wir zu sehen, wie sich solche farbige Teilstrahlen, die beim Eintritte eines weißen Lichtstrahles in einen Edelstein durch die Breehung aus jenem entstanden sind, verhalten, wenn sie an der entgegengesetzten Seite den Stein wieder verlassen. Wir betrachten zuerst den Fall einer planparallelen Platte, wo die Austrittsfläche der Eintritts- fläche parallel gegenüber liegt, und dann den, wo diese beiden Flächen einen gewissen Winkel miteinander einschließen, also ein Prisma bilden. Die erste Möglichkeit ist in Fig. 17 dargestellt. Der Strahl AB fällt schief auf die eine Fläche MN des Edelsteines und wird hier bei der Brechung in seine farbigen Teilstrahlen BER bis BV zerlegt. Diese treten aus der mit MN parallen zweiten Grenzfläche PQ aus, und zwar, wie wir oben pag. 48 gesehen haben, in Richtungen RR’ bis VV’, die alle der Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 4 50 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Einfallsrichtung AB und damit auch untereinander parallel sind. (Fig. 14.) Sie kommen also alle gleichzeitig und in gleicher Richtung in das Auge, das sich bei AR’V’ befindet; hier vereinigen sie sich wieder und bringen dadurch die Mischfarbe weiß hervor, dieselbe Farbe wie vor der Zerlegung bei B. In einer solchen planparallelen Platte ist also zwar Farbenzerstreuung vorhanden, sie tritt aber nieht in die Erscheinung, weil die an der ersten Grenzfläche zerstreuten Farben an der zweiten wieder miteinander vereinigt werden. Unmittelbar augenfällig wird die Farbenzerstreuung erst im zweiten Falle, wenn das Licht dureh eine Prisma hindurchgegangen und dadurch aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt worden ist. Ein solehes Prisma ist in Fig. 18 mit seinen beiden Begrenzungs- flächen MN und NP abgebildet. Fällt nun ein Strahl weißen Lichtes AB auf MN, so wird er gebrochen und zugleich in seine farbigen Teilstrahlen zerlegt. Der äußerste rote geht nach BR, der äußerste violette nach AV, und dazwischen liegen die gelben, grünen und blauen, sowie alle die anderen. Diese Teilstrahlen werden beim Wiederaustritt in die Luft an der zweiten Grenzfläche NP abermals gebrochen, und zwar dieses Mal von dem Einfallslote weg. Der rote Strahl PR pflanzt sich nach %,, der violette BV nach V, fort, und alle die andersfarbigen Strahlen, die dazwischen liegen, haben auch A D 2 on 1% M BY V R6GBLV | P LH 0 RR R 2 VEEA ILS zZ Y Fig. 17. Dispersion des Lichts in einer plan- Fig. 18. Dispersion des Lichts in einem Prisma; parallelen Platte. Bildung eines Spektrums durch prismatische Zer- legung des weißen Lichts. jetzt ihren Platz zwischen den Grenzen R, und V,. Da die Flächen MN und NP hier nicht parallel sind, so sind es auch nicht die aus dem Prisma austretenden Strahlen Zr, bis V,; sie gehen nun noch weiter auseinander und machen miteinander den Winkel R,CV,. Dieser Winkel ist u. a. von der Substanz des Edelsteines abhängig; er ist bei dem einen größer, bei dem anderen kleiner, und kann um so größer werden, je gröber die Dispersion oder Farbenzerstreuung des Steines ist, er gibt uns ein Maß für die Dis- persion. Trifft das nun scheinbar von © ausgehende Strahlenbüschel R,CV, das bei R,V, befindliche Auge, so sieht dieses alle die verschieden gefärbten Teilstrahlen desselben nebeneinander in verschiedenen Richtungen. Sie treten daher im Auge einzeln deutlich hervor und aus dem einfallenden weißen Strahle entsteht ein in die Länge gezogener Farbenstreifen, ein sogenanntes Spektrum. Dieses hat stets ein rotes Ende, das am wenigsten, und ein violettes, das am stärksten von der Richtung des einfallenden Strahles AB abgelenkt ist, und dazwischen folgen sich die Hauptfarben ohne Unterbrechung in der unabänderlich gleichbleibenden Ordnung der Farben des Regenbogens; nach rot kommt orange, gelb, grün, blau, indigo (dunkelblau), und daran schließt sich endlich violett. Man kann diese Lichtstrahlen auch auf einen weißen Schirm fallen lassen, dann entsteht auf diesem ein für viele gleichzeitig sichtbares Bild des Spektrums, dessen rotes Ende %, (Fig. 18) der brechenden Kante N des Prismas am nächsten liegt. - FARBENZERSTREUUNG. ol In Fig. 19 ist der Gang der von einer Lichtflamme ausgehenden Strahlen durch ein Prisma MNPM’N’P' hindurch perspektivisch dargestellt, und zwar speziell der von der Mitte der Flamme A ausgehende Strahl AB. Dieser fällt bei B auf die erste, hintere Fläche MNM’N’ des Prismas; er wird hier gebrochen und prismatisch zerlegt. Der rote Teilstrahl geht nach BR, der violette nach BV, und dazwischen liegen die übrigen. Bei R und V verlassen diese beiden Strahlen das Prisma an der zweiten Fläche NPN’P’ und werden weiter gebrochen nach RR’ und VV’. Von den beiden austretenden Strahlen ist der rote RR’ der am wenigsten, der violette VV’ der am stärksten abgelenkte. Aber nicht nur die Mitte der Flamme A, sondern alle Punkte derselben senden Strahlen aus, die für ein bei R’V’ befindliches Auge ein Bild A’ der Flamme A entwerfen, das bei v» in der Richtung V’V, also der breehenden Kante NN’ genähert, einen vıoletten, bei r in der Richtung A’R, also von der brechenden Kante weg, einen roten Rand hat. Das farbig gesäumte Flammenbild 4/ wird von dem bei R’V’ befindlichen Auge ae in der Richtung nach der Flamme A gesehen, sondern näher der breehenden Kante NN’ des Prismas, bei der in der Zeichnung angenommenen Stellung der Flamme zum Prisma links von der Flamme, so daß diese rechts von der Seh- richtung liegt. Das Spektrum, das durch ein Prisma gebildet wird, ist bald länger bald kürzer, je nach den Umständen. Seine beiden Enden sind um so weiter von einander entfernt, je größer der Winkel (Z’V’), und dieser ist außer von dem brechenden Winkel des Prismas in der Kante NN’ vor allem abhängig von der Substanz des Prismas, von dessen farben- zerstreuender Kraft, denn zwei Prismen von verschiedenen Substanzen geben unter sonst ganz denselben Verhältnissen Spektren von sehr verschiedener Länge. Die farbenzer- streuende Kraft eines Prismas ist bedingt durch den Unter- schied der Ablenkung der roten und violetten Strahlen; sie ist um so grösser, je stärker die letzteren im Vergleiche Fig. 19. Perspektivische Ansicht mit den ersteren abgelenkt werden, und das ist bei ver- d® Ganges der Lichtstrahlen durch schiedenen Substanzen sehr verschieden. Sie wird be- en stimmt durch die Differenz der Brechungskoöffizienten für rotes und violettes Licht, die man auch als das Maß der Dispersion betrachtet und die man speziell die Dispersion des betreffenden Körpers nennt. Die Dispersion ist unter allen Edelsteinen und beinahe unter allen bekannten Sub- stanzen am größten beim Diamant. Bei ihm sind die Brechungskoeffizienten für rotes Licht = 2,0, violettes Lieht = 2,15, also die Dispersion — 2,65, — 2,07 = 0,058: Dagegen sind beim Fensterglase die Brechungkozffizienten für rotes Licht — 1,524, violettes Licht = 1,515, also die Dispersion — 1,55 — 154 = 0,2. Die Dispersion ist also für einen Diamant mehr als noch einmal so groß, als für Fensterglas. Die Folge davon ist, daß bei einem Diamantprisma das Spektrum viel länger, mehr als noch einmal so lang ist, als bei einem Glasprisma mit demselben Winkel, und daß beim ersteren die einzelnen Farbenstrahlen viel größere Winkel miteinander machen als im zweiten Falle. Die verschiedenen Farben treten demnach beim Diamant viel weiter aus- 4* 52 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. einander als beim Glase und ebenso bei den übrigen Edelsteinen, die sich hierin ähnlich wie Glas verhalten. Beim Diamant kommen also die Spektralfarben im Auge mehr ge- trennt und einzeln zur Geltung und bringen daher eine sehr viel schönere Wirkung hervor als beim Glase usw., wo sie sehr nahe beisammen liegen, so daß sie sich im Auge leicht zu unansehnlichen Mischfarben vereinigen. Auf der starken Dispersion beruht also das schöne Farbenspiel, das manche Edel- steine und vor allem die Diamanten ganz unabhängig von ihrer eigentlichen Körperfarbe zeigen, wenn sie in zweckmäßiger Form geschliffen und durch günstiges Licht beleuchtet werden. Dieses Farbenspiel ist nichts anderes als die prismatische Zerlegung des ein- fallenden weißen Lichtes in seine verschiedenen Farben, die um so schöner wirkt, je stärker die Dispersion ist. Daher ist bei dem ganz besonders stark farbenzerstreuenden Diamant dieses Farbenspiel auch schöner als bei irgendeinem anderen Edelsteine. Je zwei nicht miteinander parallele Facetten des geschliffenen Steines bilden in dem oben erwähnten Sinne ein Prisma, das einen Lichtstrahl farbig zu zerlegen imstande ist, und man geht beim Schleifen absichtlich darauf aus, die Facetten so anzubringen, daß sie an der Vorder- und Hinterseite nicht miteinander parallel laufen, daß also die Zerlegung des Lichtes in die einzelnen farbigen Teilstrahlen möglichst begünstigt und gefördert wird. | Die hinteren Facetten müssen dabei, wie wir schon gesehen haben, so schief liegen, daß sie das durch den Eintritt in den Stein an dessen Vorderseite farbig zerlegte Lieht durch Totalreflexion wieder nach vorn führen und hier austreten lassen. Auch dieses Spiel der pris- matischen Farben wird wohl zuweilen als das „Feuer“ eines Edel- steins bezeichnet also mit demselben Ausdruck, der wie wir oben gesehen haben, auch für den starken Glanz angewendet wird. Beim Diamant wirkt beides zusammen, um den geschliffenen Steinen ein ausgezeichnetes Feuer zu verleihen. Fig. 20. Je vollständiger eine Schliffform die beiden genannten An- Gang der Lichtstrahlen forderungen, die möglichst ausgiebige farbige Zerlegung des in einem Brillant. infallenden weißen Lichtes und die Reflexion desselben an den hinteren Facetten, befriedigt, desto günstiger wird sie für den betreffenden Stein sein. Für den Diamant hat sich unter allen jetzt bekannten Formen die des Brillants als die vorteilhafteste erwiesen. Sie ist u.a. in Fig. 33 und Taf. II in verschiedenen Ansichten und in Fig. 20 im Durchschnitte abgebildet. Wir werden unten noch wiederholt eingehend auf die Form des Brillants zu sprechen kommen; hier sei nur erwähnt, daß es in der Haupt- sache eine durch zahlreiche Facetten etwas abgeänderte vierseitige Doppelpyramide ist, deren eine Spitze sehr stark, die andere gegenüberliegende sehr schwach durch eine ange- schliffene Fläche abgestumpft wird. Ein soleher Brillant wird in den verschiedenen Schmuckstücken stets so gefaßt, daß die breite Abstumpfungsfläche Im (Fig. 20) nach vorn und dem Beschauer zu-, die entgegengesetzte schmale hi nach hinten und von ihm abgekehrt ist. Auf Im und die anstoßenden Facetten fällt somit das Licht und auf sie blickt auch der Beschauer. Das im Steine sich bewegende Licht muß also auf dieser Fläche und den benachbarten wieder austreten, nachdem es den Stein durchlaufen und in ihm seine farbige Zerstreuung erfahren hat, wenn der Stein die vorteilhafteste Wirkung hervorrufen und den schönsten Anblick gewähren soll. Der Weg, den der Lichtstrahl in dem Steine unter diesen Umständen zurücklegen muß, ist nun der folgende: Einer der von vorn aus der Luft ankommenden Strahlen ab fällt z. B. auf die schiefe Facette kl (Fig. 20) und wird hier nach be gebrochen. Der gebrochene Strahl be fällt sehr schief auf die Facette ki und wird daher nach cd total reflektiert, ebenso der Strahl cd an der Facette ih nach de und der Strahl de an der GANG DER LICHTSTRAHLEN IM BRILLANT. 53 Facette An nach ef. Dieser letztere fällt ziemlich steil, fast senkrecht, auf die breite Fläche /m und tritt aus dieser in der Richtung fg aus, die im allgemeinen eine andere ist als die Einfallsrichtung ab. Das im der Richtung ab ankommende weiße Licht wird also durch die beiden Flächen %kl und Im, allerdings erst nach mehrmaligen zwischen- liegenden Totalreflexionen, aus seiner Richtung durch zweimalige Brechung abgelenkt und dabei prismatisch in die Regenbogenfarben zerlegt, die nun in dem Auge des Beschauers das schöne Farbenspiel hervorbringen. Die anderen neben ab von vorn und der Seite ankommenden Lichtstrahlen nehmen, wenigstens zu einem sehr erheblichen Teile, einen ähnlichen Weg; sie werden, ebenfalls prismatisch zerlegt, von hinten wieder nach vorn geführt und treten hier aus. Dadurch erscheint der ganz Stein hell, und er erglänzt nach allen Seiten in den lebhaftesten Regenbogenfarben, wenn das Auge auf die Fläche mi blickt, während er, bei unveränderter Stellung der Lichtquelle vor ml, von hinten (auf hi) gesehen, einen trüben, glanz- und lichtlosen, toten Eindruck macht. Daß die beiden genannten Eigenschaften die starke Lichtbrechung und die dadurch bedingte starke Totalreflexion, sowie die starke Farbenzerstreuung die Schönheit des Diamants zu einem wesentlichen Teile hervorrufen, sieht man, wenn man einen ge- schliffenen Diamant mit einem ebenso geschliffenen anderen farblosen Steine, z. B. Berg- kristall, vergleicht, der weder starke Lichtbrechung, noch bedeutende Farbenzerstreuung hat. Der Bergkristall sieht neben dem Diamant ganz kalt und tot aus, während andererseits ein Brillant aus Straß, einer Glassorte mit der starken Lichtbrechung und Farbenzerstreuung des Diamants, auch genau dasselbe Aussehen gewährt wie dieser. Man kann sich aber auch leicht überzeugen, daß die Form die optischen Eigenschaften der Steine unterstützen muß, um eine günstige Wirkung derselben hervorzurufen. Vergleicht man einen Diamant in einer guten Brillantform mit einem irgendwie anders, z. B. als Rosette (Fig. 37) geschliffenen, so sieht man sofort, daß die Rossete nicht entfernt das schöne Farben- spiel gibt, das den Brillant auszeichnet. Die Form der Rosette und die Anordnung ihrer Facetten hat in dem Steine einen anderen und viel weniger günstigen Gang der Licht- strahlen zur Folge, der namentlich das Farbenspiel nur wenig entwickelt. 4. Doppelbrechung. Bisher ist nur von solehen Körpern die Rede gewesen, in denen aus einem an- kommenden Lichtstrahle beim Übergange aus der Luft auch nur ein einziger gebrochener Strahl entsteht. Viele Körper und darunter auch die meisten Edel- steine haben aber die Eigenschaft, den einfallenden Lichtstrahl bei L 2 4 der Brechurg in zwei gebrochene Strahlen zu spalten, die sich in | allerdings nur wenig voneinander verschiedenen Richtungen n | av dem Körper getrennt fortpflanzen. In Fig. 21 kommt der Strahl AB B aus der Luft Z an der Grenze MN gegen den Stein $ an und tritt AI sr in diesen ein. Er zerfällt dabei in die zwei gebrochenen Strahlen Be = BO und BE, die miteinander den stets nur kleinen, höchstens E einige Grade betragenden Winkel OBE einschließen. Körper, ge die sich bei der Lichtbrechung in dieser Weise verhalten, heißen EuERT doppeltbrechend (anisotrop), den bisher betrachteten ein- sans K fachbrechenden (isotropen) gegenüber. Die Erscheinung selbst heißt Doppelbrechung im Gegensatz zur einfachen Lichtbrechung. Für das Aussehen, die Durchsichtigkeit, den Glanz, dıe Farbe, das Farbenspiel usw. eines Edelsteines, also für diejenigen Eigenschaften, die seine Schönheit bedingen, ist es gleich- gültig, ob er das Licht einfach oder doppelt bricht; die beiden Strahlen, die durch die Doppelbrechung entstehen, laufen so nahe nebeneinander her, daß ihre Anwesenheit dem 54 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Auge meist nur durch besondere Hilfsmittel bemerkbar gemacht werden kann. Um so wichtiger ist dagegen der Unterschied der einfachen und doppelten Liehtbrechung häufig, wenn es sich um die Unterscheidung und Bestimmung der Edelsteine, namentlich im ge- schliffenen Zustande, handelt. Die erwähnten Hilfsmittel sind so einfach, daß es meist leicht ist, einen einfachbrechenden oder doppeltbrechenden Körper mit ihrer Hilfe zu erkennen. Man kann so u. a. sehr leicht feststellen, ob ein vorliegender roter Stein zu dem kost- baren doppeltbrechenden Rubin oder zu dem weniger wertvollen, aber oft sehr ähnlichen einfachbreebenden Spinell gehört, und ist dadurch unter Umständen in der Lage, sich vor em- pfindlichem Schaden zu bewahren. Namentlich ist man aber imstande, die stets einfachbrechen- den Glasimitationen von den zum größten Teil doppeltbrechenden echten Edelsteinen in vielen Fällen mit Sicherheit auf den ersten Blick zu unterscheiden. Diese Möglichkeit beruht darauf, daß die Art der Lichtbrechung in notwendigem, gesetzmäßigem Zusammenhange mit der Kristallisation steht. Alle Körper, die gar nicht kristallisiert (amorph) sind, oder die, wenn kristallisiert, dem regulärem Kristallsystem angehören, brechen das Licht einfach; bei allen anderen Kristallen ohne Ausnahme, also bei denen des hexagonalen, quadratischen, rhombischen, monoklinen und triklinen Systems, ist die Lichtbrechung doppelt. Man kann demnach an dem Verhalten eines Steines in Beziehung auf Lichtbrechung, und zwar an jedem noch so kleinen und noch so unregelmäßig begrenzten Bruchstücke er- D re kennen, ob er einerseits amorph oder regulär kristallisiert ist, oder ob er andererseits einem der fünf übrigen Kristallsysteme ” angehört. Dieser Unterschied zeigt sich auch in dem obigen Bei- spiele: der doppeltbreehende Rubin ist hexagonal, der einfach- brechende Spinell regulär kristallisiert. Der Nachweis der Art der Lichtbrechung ist also wenigstens bis zu einem gewissen P 7 ' 9 Grade der Nachweis der Kristallisation, und damit ist schon | ein bedeutender, häufig ein entscheidender Schritt in der Er- 0’ kennung eines noch zweifelhaften Steines geschehen. Es ist Fig. 22. Gang der Lichtstrahlen also vor allem wichtig, die Mittel kennen zu lernen, durch ieinerdoppeltbrechenden plan- welche ein Stein als einfach- oder doppeltbrechend erkannt Paralsı Z werden kann. Im dritten Abschnitte, welcher der Bestimmung unbekannter Edelsteine speziell gewidmet ıst, sowie schon vorher bei der Beschreibung der einzelnen Edelsteine sollen sie dann umfangreiche Anwendung finden. M NV 7 Bei manchen Substanzen macht sich die Doppelbrechung leicht direkt bemerkbar, indem man durch eine Platte derselben hindurch irgendeinen Gegenstand nicht einfach sieht, wie z. B. beim Hindurchsehen durch eine einfachbrechende Glasplatte, sondern doppelt. Jeder der beiden gebrochenen Strahlen BO und BE gibt ein Bild des Gegen- standes; die beiden Bilder liegen sich zwar stets sehr nahe, haben aber, wenn schon nicht bei allen, so doch bei verschiedenen Mineralien eine genügende Entfernung, daß sıe nebeneinander deutlich erkennbar werden können. Ist (Fig. 22) MNPQ zuächst eine von den beiden parallelen Flächen MN und PQ begrenzte Platte des doppeltbrechenden Körpers und A ein leuchtender Punkt, z. B. eine kleine Lichtflamme, dann geht von dieser neben anderen der Strahl AB aus. Dieser trifft in B auf die Fläche MN, tritt in die Platte ein und wird dabei durch dıe Doppel- brechung in die beiden gebrochenen Strahlen BO und BE zerlegt, dienach O0’ und EE’ in Richtungen parallel AB wieder in die Luft austreten. Jeder dieser zwei Strahlen O0’ und ZE’ entwirft ein Bild der Liehtflamme, und die beiden Bilder werden einem bei O’E’ befindlichen Auge längs O0’ und EE’ nebeneinander sichtbar. Unter sonst gleichen Um- DOPPELBRECHUNG. 55 ständen sind natürlich die beiden durch die Doppelbrechung erzeugten Bilder des Gegen- standes A bei einer dieken Platte weiter voneinander entfernt als bei einer dünnen. In ausgezeichnetster Weise erkennt man so die doppelte Liehtbrechung durch einen Kristall oder besser ein Spaltungsstück von durchsichtigem Kalkspat, den man deshalb auch Doppelspat nennt. Legt man ein solches auf eine Schrift (Fig. 23), dann erscheint diese überall doppelt, soweit sie von dem Kalkspat bedeckt ist. Bei dem Doppelspat machen die beiden gebrochenen Strahlen einen verhältnismäßig großen Winkel miteinander, einen viel größeren als bei den meisten anderen Mineralien. Je größer dieser Winkel OBE (Fig. 22) bei einem Mineral ist, desto größer ist seine Doppel- brechung. Die verschiedenen Substanzen lassen in dieser Hinsicht bedeutende Unterschiede erkennen. Bei der größten Zahl der Edelsteine, ist die Doppelbrechung nicht sehr stark. Da man es bei ihnen außerdem meist mit dünnen Stücken zu tun hat, so liegen die beiden Bilder stets einander sehr nahe und überdecken sich sogar meist teilweise, so dab man oft scheinbar nur ein einziges Bild vor sich hat. Der Stein erscheint dann, auch wenn er tatsächlich doppeltbrechend ist, als einfachbrechend. - BER Fig. 23. Doppelte Lichtbrechung in einem Spaltungsstück von Kalkspat (Doppelspat). Man kann aber in einem solchen Falle die beiden Bilder weiter auseinander treten lassen, wenn man nicht, wie in Fig. 22 und 23, durch zwei parallele Flächen hindurch- sieht, sondern durch zwei, die sich unter irgendeinem Winkel schneiden, die also mit- einander ein Prisma bilden. In diesem Falle, den Fig. 24 S. 56 darstellt, erhält man aber auch gleichzeitig wie bei der einfachen Lichtbrechung (Fig. 18) und wie überhaupt immer in einem Prisma eine farbige Zerlegung des einfallenden weißen Lichtes. Ist z. B. bei A wieder eine kleine, möglichst schmale Lichtflamme, von der der Strahl AD ausgeht, so zer- spaltet sich dieser durch die Doppelbrechung in die beiden gebrochenen Strahlen BO und BE, deren jeder aber infolge der Dispersion in seine farbigen Elementarstrahlen BO, bis BO, und BE, bis BE, zerlegt ist. Diese werden an der zweiten Begrenzungsfläche NP des Prismas noch einmal abgelenkt, treten noch weiter auseinander und geben zwei dicht nebeneinander liegende oder sich auch zum Teil überdeckende Bilder 0,0, und E,E, der Flamme. Jedes der beiden Bilder erglänzt in den Spektralfarben wie das eine Bild, das bei der einfachen Lichtbrechung entsteht, und zwar so, daß die roten Enden der beiden hier- bei entstehenden Spektren bei 0, und E;, die violetten bei ©, und E, liegen. In Fig. 25 S. 56 ist die Doppelbrechung in einem prismatisch geschliffenen Kristall per. spektivisch dargestellt. MUNMN und NPN’P sind die beiden Flächen des Prismas, die den brechenden Winkel MNP und die brechende Kante NN’ miteinander machen. Von der Mitte der Flamme A fällt der Strahl AB auf die erste, hintere Fläche UNM'N'’; dieser 56 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE, wird hier doppelt gebrochen und in die zwei Strahlen BO und BE gespalten, die pris- matisch zerlegt nach O0’ und EE’ aus dem Prisma an seiner zweiten Fläche NPNP austreten. Mit allen den anderen von der Lichtflamme und der Kerze ausgehenden Strahlen erhält man dann zwei Bilder jener, die ein bei O'E’ befindliches Auge in[der Richtung 0'04° und EEA° sieht. Auch diese beiden Bilder 4° und 4° liegen bei den meisten Edel- steinen dicht nebeneinander und überdecken sieh oft sogar teilweise, und zwar je nach den Um- ständen, bald mehr, bald weniger. Jedes einzelne Bild hat einen roten Rand » und einen violetten Rand v, deren Lage aus der vorliegenden Figur, sowie aus der Fig. 19 ersichtlich ist, wo in dem einfachbrechenden Prisma jeder der beiden Ränder für sich konstruiert wurde. Dies ist hier nicht geschehen, sondern für jedes Bild nur die Mitte gezeichnet damit nicht durch allzuviele Linien Unklarkeit entsteht. OEE, Fig. 24. Gang der Lichtstrahlen in einem doppelt- Fig. 25. Perspektivische Ansicht des Gangs der brechenden Prisma. Lichtstrahlen durch ein doppeltbreehendes Prisma. An einem geschliffenen durchsichtigen Edelsteine bildet nun jede Facette der Vorder- seite mit einer ihr nicht parallelen Facette der Hinterseite ein Prisma, und jedes Paar solcher Facetten erzeugt beim geeigneten Anvisieren einer Lichtflamme durch den Stein hindurch ein Bild von dieser. Solche Bilder werden dabei in größerer Zahl entstehen, da einer vorn befindlichen Fläche zahlreiche Facetten hinten gegenüberliegen, deren jede mit der ersteren ein Flammenbild entstehen läßt. Diese Flammenbilder sind bei einfach- brechenden Steinen einfach, wie in Fig. 19, bei doppeltbrechenden doppelt, zwei Bilder dicht nebeneinander, wie in Fig. 25. Darin liegt ein Mittel, die Art der Lichtbreehung zu erkennen. Am besten bringt man dabei den Stein mit der großen Facette der Vorderseite dicht an das Auge und blickt durch diese hindurch nach einer Flamme. Beim Drehen des Steines wird man bald zahlreiche farbig gesäumte Flammenbilder erblicken, die durch ihre einfache oder doppelte Gestalt die gewünschte Auskunft geben. Ist der Stein doppelt- brechend, dann entsteht eine Erscheinung, wie die in Fig. 26a dargestellte, wo jedes der kleinen Flammenbilder, das durch eine hintenliegende Facette in Verbindung mit der großen vorderen entsteht, doppelt ist; ist der Stein einfachbrechend, dann ist auch jedes dieser Bildehen nur einfach, wie in Fig. 26b. Am besten sieht man diese Erscheinung in einem verdunkelten Zimmer, in das kein anderes Licht eindringen kann als das der kleinen Flamme. Statt einer Lichtflamme kann man jeden beliebigen Körper durch den Stein hindurch DOPPELBRECHUNG. 57 beobachten und sehen, ob dieser einfache oder doppelte Bilder liefert. Häufig wird hierzu eine Nadel benutzt. Man erblickt dann bei einfachbrechenden Edelsteinen viele einzelne, bei doppeltbrechenden Steinen dagegen Gruppen von je zwei dicht nebeneinander liegen- den rot und blau umsäumten Bildern der Nadel, die bei einer passenden Neigung der letzteren sich einander nähern und bei einer gewissen Lage derselben übereinander fallen. Selbstverständlich müssen diese letzteren Beobachtungen in einem hellen Zimmer vorgenommen werden. Man kann auf diese Weise durch direkte Beobachtung nicht selten rasch und sicher feststellen, ob einem vorliegenden Edelsteine die einfache oder die doppelte Lichtbrechung zukommt. Nur die Erkennung doppelter Bilder ist aber dabei entscheidend, da scheinbar einfache auch durch sehr große Nähe und teilweises Überdeeken der beiden durch schwache Doppelbrechung entstandenen Bilder möglich sind. In vielen Fällen ist die Unterscheidung jedoch nicht so leicht und sicher, wie es auf den ersten Blick erscheinen könnte. Es ist hierzu doch immer eine gewisse Geschicklichkeit erforderlich, die sich nur durch einige Übung erwerben läßt. Daher ist oft die indirekte Beobachtung der Fig.‘26a. Bilder einer Lichtflamme durch einen Fig. 26b. Bilder einer Lichtflamme durch einen doppelt brechenden Stein. einfach brechenden Stein. Lichtbrechung mittelst gewisser Instrumente vorzuziehen, die noch dazu den Vorteil hat, daß sie auch noch zum Ziele führt an Steinen mit rundlichen Flächen und an ganz unregelmäßig begrenzten Bruchstücken, die beim Hindurchsehen nach einer Flamme oder einer Nadel gar keine regelmäßigen Bilder mehr liefern und bei denen demnach die direkte Beobachtung nicht mehr anwendbar ist. Ebenso können auch sehr kleine ge- schliffene Steine auf dem indirekten Wege noch leicht untersucht werden, bei denen die erwähnte direkte Beobachtung gleichfalls Schwierigkeiten bietet. Das Instrument, das bei dieser indirekten Methode nötig ist, um einen Stein als ein- fach- oder doppeltlichtbrechend zu erkennen, ist das Polarisationsinstrument. Ein solches von sehr einfacher Form, das aber den vorliegenden Zwecken vollständig genügt, ist in etwa ein Drittel der natürlichen Größe in Fig. 27 S.58 abgebildet. Es besteht aus einem Holzkasten 7, dessen Deckplatte pp vorn eine runde Durchbohrung hat, in der sich der gleichfalls runde Objektträger o, eine in Messing gefaßte runde Glasplatte, leicht herumdrehen läßt. Hinten erhebt sich die senkrechte Messingsäule mm, die einen hori- zontalen Arm A trägt, in dessen runder Durchbohrung, genau senkrecht über der Mitte von o, sich ein aus Doppelspat gefertigtes Nieolsches Prisma » gleichfalls beliebig drehen läßt. In dem Holzkasten 4 befindet sich ein fester Glasspiegel s ohne Metallbelag oder 58 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. besser ein sogenannter Glassatz, eine möglichst große Anzahl sehr dünner, übereinander- geschichteter Glastafeln, an die ein gewöhnlicher Spiegel t anstößt, der mittels des Holz- keiles ÄX etwas flacher oder steiler gestellt werden kann. Die vom hellen Himmel kom- menden Lichtstrahlen, deren Richtung durch die gestrichelte Linie angegeben ist, fallen zu- erst auf den nur zur Beleuchtung dienenden Spiegel tt und von diesem auf den anderen Spiegel ss, der mit der Vertikalen einen Winkel von nahezu 330 macht. Auf diesen treffen dann die von {kommenden Lichtstrahlen unter einem Einfallswinkel von 57°, werden unter demselben Winkel zurückgeworfen und gelangen in senkrechter Richtung durch das Nicol- sche Prisma % hindurch, in das unmittelbar über diesem befindliche Auge des Beobachters. Bei der Reflexion an dem Spiegel ss wird Bi! das einfallende gewöhnliche Tageslicht in , n einen besonderen Zustand versetzt, den man als polarisiert bezeichnet; die als gewöhnliche auf ss ankommenden Strahlen gehen dann als polarisierte weiter und gelangen so auf das Nieolsche Prisma n. Dreht man dieses, so kann in gewissen Stellungen das von unten, von dem Spiegel ss kommende polarisierte | Licht nicht durch dasselbe hindurch, und das Sehfeld erscheint dunkel. In anderen m Stellungen durchstrahlt aber das Licht unge- hindert das Prisma n, und das Sehfeld ist dann hell. Bei einer vollständigen Drehung des Nicolschen Prismas um 360° hat man so in regelmäßigen Intervallen von je 900 einen viermaligen Wechsel von hell und | / dunkel. Stellt man das Niıcolsche Prisma # so, daß das Sehfeld vollkommen dunkel ist, dann hat man in dem Polarisationsinstru- mente ein vortreffliches Mittel zur leichten und sicheren Unterscheidung einfach- und doppeltbrechender Edelsteine. Die Erscheinungen, mit deren Hilfe dies möglich ist, sind die folgenden: Legt man auf den Objekttisch o einen ein- fachbreehenden Körper, etwa einen Dia- mant, so bleibt dieser, wie das ganze Seh- feld, andauernd dunkel, während man ihn mit dem Objekttische o um 360° herumdreht. Es ist dabei wie bei den sämtlichen im folgen- den aufgeführten Beobachtungen zweckmäßig, durch Vorhalten der Hand oder besser durch Aufsetzen einer längeren, innen geschwärzten Papierröhre über den Objekttisch alles Seitenlicht möglichst abzuhalten, damit nicht durch Reflexe an der Oberfläche des Steines der Schein einer Aufhellung durch hindurchgegangenes Licht hervor- gebracht wird. 3 2 Bringt man nun einen doppeltbreehenden Körper an die Stelle des einfach- brechenden und dreht auch diesen mittels des Objekttisches o um 360° herum, so wird dieser doppeltbrechende Körper, und zwar in regelmäßig wiederkehrenden Intervallen von 450, viermal aufgehellt und ebenso oft wieder verdunkelt, während das Sehfeld außer- Fig. 27. Polarisationsinstrument für paralleles Licht. !/s der natürlichen Größe. DOPPELBRECHUNG. POLARISATIONSINSTRUMENT. 59 halb der Umrißlinie des Körpers stets unverändert dunkel bleibt, da ja das Nicolsche Prisma seine Stellung auf dunkel unverändert beibehält. Dies ist also der wesentliche Unterschied, den einfach und doppelbrechende Steine in ihrem Verhalten im Polarisationsinstrumente zeigen, ein Unterschied, der auf der Gesamtheit ihres optischen Verhaltens beruht: die einfachbrechenden bleiben im dunklen Sehfelde des Polarisationsinstrumentes dunkel, die doppeltbrechenden werden je viermal abwechselnd hell und dunkel, wenn sie auf dem Objekttische jedesmal um 360° herum- gedreht werden. Es ist aber dabei zur Vermeidung von Irrtümern noch einiges zu bemerken. Was zunächst die doppeltbreehenden Steine anbelangt, so ist bei ihnen die Doppel- breehung nicht nach allen Richtungen gleich stark. Nach gewissen Richtungen hindurch- gesehen, treten die beiden Bilder einer Lichtflamme oder einer Nadel, die durch die Doppel- brechung entstehen, näher zusammen als in anderen, und nach gewissen Richtungen sieht man überhaupt bloß noch ein einziges Bild; in ihnen findet in dem sonst doppeltbrechen- den Körper gar keine doppelte, sondern einfache Lichtbrechung statt. Solehe Richtungen in doppeltbreehenden Körpern, in denen trotz der im allgemeinen vorhandenen Doppelbreehung das Lieht doch nur einfach gebrochen wird, nennt man optische Axen. In manchen doppeltbrechenden Steinen ist nur eine einzige solche vorhanden, in manchen anderen sind es deren zwei, und man unterscheidet danach optisch einaxige und zweiaxige Körper. Es sei hier im Vorbeigehen erwähnt, daß auch die optischen Axen nach Zahl und Lage mit der Kristallisation auf das engste zusammen- hängen: alle hexagonalen und quadratischen Kristalle sind einaxig, und die optische Axe ist ihrer kristallographischen Hauptaxe parallel; alle rhombischen, monoklinen und trıklinen Kristalle sind zweiaxig. Für die folgenden Betrachtungen ist dieser Unterschied aber von keinem weiteren Interesse. Die optischen Axen haben nun bei der eben in Rede stehenden Beobachtung im Polarisationsinstrumente eine hervorragende Bedeutung. Legt man nämlich einen doppelt- brechenden Stein so in das Instrument, daß eine optische Axe dessen Sehrichtung parallel ist, daß man also in der Richtung der optischen Axe durch den Stein hindurchsieht, dann verhält sich dieser ähnlich wie ein einfachbrechender Körper und zeigt Dunkelheit oder jedenfalls nicht die oben erwähnte abwechselnde Aufhellung und Verdunkelung. Hieraus folgt, daß ein Stein, der im Polarisationsinstrumente bei einer gewissen Lage dunkel bleibt, deshalb noch nicht notwendig einfachbrechend sein muß. So wenig wahrscheinlich es im allgemeinen ist, so kann es doch sein, daß man den Stein zufällig in einer solchen Stellung in das Instrument gelegt hat, daß das Licht in der Richtung einer optischen Axe hindurchgeht. Man wird also für alle Fälle gut tun, einen Stein, der dunkel bleibt, in einer anderen Lage auf dem Objektträger, d. h. nachdem er auf eine andere, aber nicht etwa auf die der ersten parallele Facette gelegt ist, nochmals in der- selben Weise zu untersuchen. Bleibt er auch dann bei einer Drehung um 360° dunkel, dann ist kaum mehr ein Zweifel möglich, daß er wirklich einfachbrechend ist. Um aber ganz sicher zu sein, muß man den Stein erst noch auf einer dritten Facette liegend beobachten, da das Licht möglicherweise in der zweiten Stellung in der Richtung der zweiten optischen Axe hindurchgegangen sein könnte. Dies ist aber so wenig wahrschein- lich, daß man sich mit der Untersuchung in den beiden ersten Lagen meist zufrieden geben kann. Wenn der Stein in diesen beiden Lagen dunkel bleibt, so ist er mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit einfachbrechend. Zeigt der Stein bei irgendeiner Lage abwechselnde Aufhellung und Verdunkelung, so ist er mit völliger Sicherheit und Bestimmtheit doppelt- brechend; eine weitere Beobachtung ist dann vollkommen überflüssig. Bleibt ein Stein in drei oder auch nur in zwei Lagen im Polarisationsinstrumente » 60 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. bei einer vollen Umdrehung um 360° dunkel, so ist er, wie wir eben gesehen haben, für einfachbrechend zu halten; es ist dabei aber doch auch hier noch die Möglichkeit einer Täuschung ins Auge zu fassen. Wenn man irgendeinen geschliffenen Stein’ auf eine Facette legt, so ist die gegen- überliegende, nach oben gekehrte Facette der unteren meist nicht parallel, und alle am Rande herumliegenden Facetten sind sogar ziemlich steil gegen jene geneigt. Kommt » nun Licht in senkrechter Riebtung von unten, so wird es zwar stets in den Stein ein- treten, es wird aber auf die nach oben gekehrten Facetten so schief auffallen, daß es in vielen Fällen nieht austreten kann, sondern durch Totalreflexion nach der Seite abgelenkt wird. Es gelangt dann nicht in das Auge, und der Stein bleibt unter diesen Umständen bei einer Drehung um 3600 dunkel, auch wenn er doppeltbrechend ist und das Sehfeld eigentlich aufhellen müßte. Die Ursache der Dunkelheit ist dann aber nicht die ein- fache Lichtbrechung, sondern die Totalreflexion. Man sieht leicht, daß hierin eine Quelle von Irrtümern liegt, die unter allen Umständen beseitigt werden muß. Dies kann auf verschiedene Weise gesehen. Die meisten geschliffenen Steine haben, wie die Figuren auf Taf. II—IV zeigen, eine große Facette, die sogen. Tafel, der häufig eine zweite kleine, die Kalette, parallel gegen- überliegt. Die Möglichkeit der Totalreflexion wird beseitigt, wenn man den zu unter- suchenden Stein mit der kleinen Fläche, oder doch so auf den Objektträger legt, daß die große Fläche gerade nach oben gekehrt ist, was man, wenn nötig, durch geeignetes Fest- kleben des Steines auf den Objekttisch mit Wachs leicht bewerkstelligen kann. Das von unten kommende Licht tritt dann ungehindert in den Stein ein, fällt genau oder sehr nahe senkrecht auf die große Fläche und tritt daher aus dieser auch ebenso ungehindert aus. Im ganzen Gebiet dieser großen Fläche kann man dann sichere und ungestörte Beobachtungen machen. Weniger zweckmäßig ist es, umgekehrt den Stein mit der großen Fläche auf den Objektträger zu legen, so daß die kleine nach oben sieht; in diesem Falle könnten häufig nur die Strahlen im Bereiche der kleinen Fläche senkrecht zu dieser aus- treten, und nur in ihrem oft sehr beschränkten Umkreise wäre die Beobachtung ungestört und sicher; ringsum könnte Totalreflexion stattfinden. Beobachtet man nun auf der nach oben gekehrten Fläche abwechselnd Aufhellung und Verdunkelung, dann ist der Stein sicher doppeltbrechend. Bleibt er aber dunkel, dann muß er noch in anderen Lagen beobachtet werden. Legt man ihn aber auf eine andere Facette, dann tritt leicht an der dieser gegenüberliegenden Totalreflexion ein. Diese bis zu einem gewissen Grade zu beseitigen, gibt es aber ein sehr einfaches Mittel. Man umgibt den Stein mit einer stark lichtbrechenden Flüssigkeit, indem man ihn in ein kleines Glasschälchen bringt, das: mit dieser bis etwas über den Stein hinaus angefüllt ist. Das Brechungsverhältnis des Steines ist dann der Umgebung meist sehr nahe gleich, jedenfalls sehr viel näher, als wenn dieser von Luft umgeben wäre. Die Folge davon ist, wie wir oben S. 47 gesehen haben, daß sehr schief auf die nach oben gekehrten Facetten auffallende Lichtstrahlen, die in der Luft nicht austreten könnten, von dem Steine in die Flüssigkeit übergehen, ohne Totalreflexion zu erleiden. In der Flüssigkeit pflanzt sich das Licht ziemlich nahe senkrecht nach oben fort, fällt hier auf deren wagerechte Ober- fläche und tritt aus dieser in die Luft aus, ebenfalls ohne daß Totalreflexion eintritt. Die Flüssigkeit beseitigt also die Totalreflexion, wenn nur der Breehungskoeffizient des Steines nicht gar zu groß ist und sich nicht gar zu weit von dem der Flüssigkeit ent- fernt, was aber kaum anderswo als beim Diamant der Fall ist. Flüssigkeiten, die sich hierzu eignen, müssen durchsichtig und klar, nicht stark gefärbt und möglichst stark lichtbrechend sein. Vor allem ist auch zu diesem Zwecke das schon mehrfach genannte Methylenjodid zu empfehlen, eine der am stärksten licht- DOPPELBRECHUNG. POLARISATIONSINSTRUMENT. 61 brechenden Flüssigkeiten, die man kennt, und von der wir schon gesehen haben, dab sie bei Zimmerwärme zwischen 15 und 20°C. für mittlere Strahlen einen Brechungsindex — 1,5 hat. Diese Zahl ist größer als für die meisten Edelsteine, nur wenige derselben brechen das Licht noch stärker, wie namentlich der Diamant mit dem Brechungsverhältnisse 2,13. Während an den oberen Facetten jener schwächer lichtbrechenden Steine überhaupt keine Totalreflexion mehr stattfinden kann, wenn sie in Methylenjodid liegen, da dann alles eintretende Licht auch stets wieder austreten muß, wird nach den Auseinander- setzungen auf $S. 47 beim Diamant nur an solchen Facetten noch Ablenkung der Licht- strahlen durch Totalreflexion stattfinden, die mit der Fläche, auf der der Stein liegt, also mit der horizontalen Fläche des Öbjekttisches, einen größeren Winkel als 46° 19° ein- schließen, auf die also die von unten kommenden Lichtstrahlen unter einem kleineren Winkel als 430 41’ auffallen. Hier ist also die Totalreflexion durch die Flüssigkeit aller- dings nicht ganz aufgehoben, aber doch wesentlich eingeschränkt, da in der Luft schon an Facetten, die nur einen Winkel von 24° 24° mit jener Fläche machen, auf die also die Strahlen unter 65° 36° auffallen, das Lieht nicht mehr austreten kann. Beinahe ebenso stark lichtbrechend wie das Methylenjodid ist das viel billigere Monobromnaphtalın, das daher ebenfalls zu dem angegebenen Zwecke Verwendung finden kann, leider nicht auch zur Bestimmung des spezifischen Gewichts, da es sehr viel leichter ist als Methylenjodid. Fassen wir das bisher über die Verwendung des Polarisationsinstruments zur Unter- scheidung einfach- und doppeltbrechender Edelsteine Gesagte kurz zusammen, so hat man den Stein auf den Öbjekttisch zu legen und mit diesem herumzudrehen. Bemerkt man bei dieser Gelegenheit, wenn das Seitenlicht gut ausgeschlossen ist, so daß nur die von unten kommenden Lichtstrahlen, die durch den Stein hindurchgegangen sind, Zutritt zum Auge haben, abwechselnde Aufhellung und Verdunkelung, so ist er zweifellos doppeltbrechend. Bleibt er dunkel, dann bringt man ihn in einer anderen Lage auf den Objekttisch und dreht wieder. Zeigt er nunmehr Aufhellung, so ist er mit Sicherheit doppeltbrechend. Der Stein kann aber nun auch bei der zweiten Lage wieder dunkel bleiben, dann ist er einfachbrechend, wenn nicht die Totalreflexion die Dunkelheit ver- ursacht hat. Um dies zu entscheiden, bringt man ihn in eine solche Lage, daß die große Fläche gerade nach oben gekehrt ist; dann kann keine Totalreflexion stattfinden, oder man legt ihn in eine der genannten stark lichtbrechenden Flüssigkeiten, die gleichfalls die Totalreflexion vollständig oder doch nahezu beseitigen. Bleibt in einer solchen der Stein in mehreren Lagen dunkel, dann kann er als einfachbrechend angesehen werden, namentlich, wenn man dafür sorgt, daß wenigstens eine Facette des Steines dabei in einer nahezu horizontalen Lage sich befindet. Vielleicht ist es zweckmäßig, bei diesen Be- obachtungen den Stein zur Beseitigung der Totalreflexion gleich von vornherem in eine solche Flüssigkeit zu legen, namentlich dann, wenn er vollkommen roh und unregelmäßig begrenzt oder rundlich geschliffen ist. Alle diese Versuche lassen die Steine vollkommen unbeschädigt, auch erfordern sie keine besondere Geschicklichkeit und geben nach kurzer Übung unter Anwendung der nötigen Vorsicht auch dem in physikalischen Beobachtungen sonst nicht Geübten ein sicheres Resultat. Vollständig entscheidend ist dieses namentlich, wenn durch Beobachtung von abwechselnder Aufhellung und Verdunkelung zweifellos Doppebrechung konstatiert werden kann. Es ist aber doch noch etwas zu erwähnen, was unter Umständen zu Täuschungen Veranlassung geben kann. Manche einfachbrechende Körper, wie z. B. der Diamant und andere zeigen zuweilen Erscheinungen der Doppelbrechung, die ihnen nach den Verhält- nissen ihrer Kristallisation eigentlich nicht zukommen. Diese sogenannte anomale Doppelbrechung wird meistens hervorgebracht durch innere Spannungen, die in den 62 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. betreffenden Körpern bei ihrer Festwerdung durch irgendwelche Ursachen entstehen und die so weit gehen können, daß manche Kristalle, wie z. B. gerade manche Dia- manten, oft ohne erkennbare äußere Ursache, ganz von selber in Stücke zerspringen. Es sind dies die sogenannten „smoky stones“, von denen unten noch weiter die Rede sein wird. Die anomale Doppelbrechung ist meist nur schwach und die durch sie hervor- gebrachte Aufhellung im Polarisationsinstrumente ist weit geringer als bei wirklich doppelt- brechenden Kristallen. Die Aufhellung geht auch häufig nicht wie bei den letzteren gleichmäßig über den ganzen Körper weg, sondern sie tritt streifen- oder bänderartig, oder in abwechselnden Feldern oder rings um Einschlüsse fremder Körper auf, während die zwischenliegenden Partieen bei der Drehung dunkel bleiben. Danach ist es bei einiger Übung selten schwierig, anomale von wirklicher Doppelbrechung zu unterscheiden. Bei Gläsern, wie sie häufig zur Nachahmung von Edelsteinen verwendet werden, tritt zuweilen noch eine andere hierher gehörige Erscheinung auf. Wenn man eine nicht zu dünne Glasplatte stark erhitzt und dann rasch abkühlt, so sieht man auf ihr oft im Polarisationsinstrumente, trotzdem dal) alles Glas amorph, also eigentlich einfach brechend (isotrop) ist, eine besondere Art von Aufhellung, nämlich z. B. ein mehr oder weniger regelmäßiges schwarzes Kreuz mit zwei aufeinander senkrechten Balken, zuweilen umgeben von hellen farbigen Kreisen. Genau dieselbe Erscheinung oder etwas Ähnliches erblickt man zuweilen in Glasimitationen von Edelsteinen. Man erkennt daraus mit Sicherheit, daß man es mit Glas und nicht mit einem echten Edelsteine zu tun hat. 5. Brechungskoeffizienten. Die Verhältnisse der Liehtbreehung werden für jeden Edelstein gegeben durch die brechungskoeffizienten. Bei einfachbrechenden Substanzen ist nur ein einziger Brechungskoeffizient » vorhanden, der für jede Richtung in ihnen in gleicher Weise gilt und der nur mit der Farbe etwas schwankt. Die Lichtbreehung ist hier nach allen Richtungen hin dieselbe. Bei doppeltbreehenden Körpern, wo die Stärke der Doppel- brechung von der Richtung in denselben abhängig ist und sich mit dieser ändert, gilt nicht für alle Richtungen derselbe Brechungskoeffizient; auch er ändert sich mit der Richtung und ist für Liehtschwingungen, die in einem gewissen Sinne vor sich gehen, am größten (n,) und für andere stets auf den vorigen senkrechte Schwingungen am kleinsten (n,), beide Werte ebenfalls mit der Farbe etwas schwankend. Je größer der Unterschied des größten und kleinsten Breehungskoeffizenten eines Edelsteines, desto größer ist seine Doppelbrechung; diese wird durch die Differenz jener beiden Brechungskoeffi- zienten ausgedrückt. Für.dıe Erkennung und Unterscheidung der Edelsteine ist die mehr oder weniger genaue Kenntnis der Größe der Brechungsindices von großer Bedeutung. Die Be- stimmung dieser für die einzelnen Mineralien charakteristischen Zahlen in einer für unsere Zwecke am besten angepaßten Weise haben wir daher jetzt kennen zu lernen. Am be- quemsten hierzu ist wohl das Refraktometer etwa in der Leißschen Konstruktion, wie sie in der optisch-mechanischen Werkstätte von R. Fueß in Steglitz-Berlin ausgeführt wird. Das Instrument beruht auf der Anwendung der Totalreflexion (S. 46). Es besteht in der Hauptsache aus einer Halbkugel von sehr stark lichtbrechendem Glase mit einem Brechungskoeffizienten n — 1,9 ungefähr. Damit kann man Steine mit einem wenn auch nur wenig geringeren Berechnungskoeffizienten untersuchen, ebenso stark oder stärker liehtbrechende dagegen nieht, weil dann unter den nun zu beschreibenden Umständen keine Totalreflexion eintritt. BRECHUNGSKOEFFIZIENTEN. REFRAKTOMETER. 63 Die ebene Grenzfläche PQ (Fig. 28 und 29) der Halbkugel H ist nach oben gekehrt. Auf sie legt man den schwächer lichtbreehenden Edelstein $ und läßt von der Seite oder von unten her Liehtstrahlen von einer passend aufgestellten Flamme in verschiedenen Richtungen durch die Halbkugel eintreten, die dann an der Unterfläche des Steins zum Teil Total- reflexion erleiden müssen. Es ist dabei notwendig, daß der letztere die Halbkugel mit einer ebenen Fläche, wie sie ja bei Facettenschliff stets vorhanden ist, vollkommen be- rührt, was aber nicht ohne Weiteres leicht zu erreichen ist. Man kann aber dieselbe Wirkung erzielen, wenn man zwischen beide einen Tropfen einer Flüssigkeit bringt, die sich beim Andrücken des Steines an die Halbkugel zu einer dünnen, planparallelen Schicht ausbreitet. Diese Flüssigkeit muß aber die Bedingungen erfüllen, daß ihr Brechungs- koeffizient N größer ist als der des zu untersuchenden Steins, auf den genauen Wert von N kommt es aber nicht an; am besten ist er auch größer als der des Glases der Halb- kugel. Eine Flüssigkeit mit einem möglichst hohen Brechnungskoeffizienten ist also be- sonders vorteilhaft, etwa Methylenjodid (N = 1,7), oder Methylenjodid in der Wärme mit Schwefel gesättigt (N = 1,1s—1,79), oder auch Arsenbromür AsBr (N = 1,7), oder eine Lösung von Phosphor in Schwefelkohlenstoff (N = 1,5) usw. Immer sind von dieser Flüssigkeit nur ganz minimale Mengen erforderlich. Fig. 28. Fig. 29. Gang der Lichtstrahlen im Refraktometer. Wir verfolgen nun den Gang der Lichtstrahlen, zunächst in Fig. 28, in der, wie übrigens auch in Fig. 29, © der Mittelpunkt der Halbkugel 7, und RT eine Senkrechte in O auf der Grenzfläche PQ zwischen dem Stein und der Halbkugel bedeutet, indem wir von der zwischen beiden befindlichen Flüssigkeitsschicht absehen, die ja nur die voll- ständige Berührung beider vermittelt, wegen ihrer planparallelen Form aber den Gang der Strahlen nicht weiter beeinflußt. Der aus einer rechter Hand liegenden Lichtquelle an- kommende Strahl AO soll der Grenzstrahl sein, bei dem eben Totalreflexion eintritt und der daher vollständig nach OA’ zurückgeworfen wird. AO tritt als Radius der Halbkugel ohne Brechung in diese ein und ebenso verläßt 04’ die Halbkugel ohne Brechung, I ca —= AOT= TOA ist der Grenzwinkel. Jeder unter einem größeren Winkel, also flacher einfallende Strahl wird an an der Grenzfläche PQ@ ebenfalls total reflektiert, z. B. BO nach OB’, und so jeder andere, der rechts von AO gegen P hin liegt. Dagegen wird jeder steilere Strahl CO mit einem Einfallswinkel kleiner als « nicht mehr total reflektiert, sondern tritt gebrochen in der Riehtung OC’ aus der Halbkugel in den Edelstein über, und ebenso jeder andere links von AO. Ein vor A’ befindliches Auge, das nach O blickt, wird also die linke Hälfte des Sehfeldes wegen der dort ankommenden, total reflektierten Lichtstrahlen OB’ usw. hell sehen, während die rechte Hälfte dunkel erscheint, weil von dort kein Licht in das Auge gelangt. Der Grenze zwischen beiden Hälften entspricht der Grenzstrahl OA’. Betrachtet man nun diese Grenze durch ein ständig auf O gerichtete, um eine durch © gehende horizontale Achse drehbares Fernrohr, das vorher die Position 64 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. TO hatte, und liest an dem Teilkreis des Instruments diese beiden Stellungen TO und A4’O ab, so erhält man den Grenzwinkel «, und dieser gibt in Verbindung mit dem durch vorher- gehende Untersuchung bekannten Brechungskoeffizienten des Glases der Halbkugel ver- mittelst einer einfachen Rechnung die gesuchte Zahl für den Edelstein. Je kleiner «, desto größer ist der Brechungsindex des Steins, und umgekehrt. Aber man kann noch auf eine zweite Art mit demselben Instrument verfahren (Fig. 29). Fällt der Lichtstrahl A’O unter dem Grenzwinkel A’07T' = « der totalen Reflexion im Mittelpunkte O auf die Grenzfläche PQ, so wird er in der Richtung dieser Grenzfläche mit einem Brechungswinkel = 90° nach OA austreten. Tritt umgekehrt von einer rechts von A befindlichen Lichtquelle ein Strabl AO parallel mit der Grenzfläche PQ, wie man sagt streifend, ein, so wird er seinen Weg in der Richtung des Grenzstrahls 0A’ ın der Halbkugel fortsetzen. Jeder von oben kommende Strahl BO wird nicht total reflektiert, sondern tritt nach OB’ in die Halbkugel ein, so daß die Seite rechts von OA’ hell ist. In dem Instrument ist durch eine Metallhülse um die Halbkugel dafür gesorgt, daß von unten her keine Strahlen auf diese einfallen können. Der Teil des Sehfeldes links von OA’ erhält also gar kein Licht und erscheint daher dunkel, und zwar ist die Dunkelheit Fig. 30. Refraktometer (Ansicht.) Refraktometer (vert. Durchschnitt.) hier,;vollständiger als im vorigen Fall, wo doch noch etwas Licht in den dunkeln Teil des Sehfeldes eindringt. Richtet man nun wieder das Fernrohr auf die Grenze O4’, nach- dem es vorher die Stellung TO gehabt hatte, so erhält man abermals den Grenzwinkel «. Das Instrument selbst ist nun in Fig. 30 in der äußeren Ansicht, in Fig. 31 im Durchschnitt dargestellt. 4 ist wieder die gläserne Halbkugel, die von unten gestützt und mittelst der Scheibe 4 in sich drehbar ist. Der Messingmantel M umgibt sie ringsum und läßt nur die obere ebene Grenzfläche frei. Das der bequemeren Beobachtung wegen bei P gebrochene’Fernröhrehen B ist auf den Mittelpunkt der Halbkugel gerichtet. Das Instrument kann mittels eines Stativs auf den Tisch gestellt werden, wie in Fig. 30, oder man kann es an dem daneben abgebildeten Handgriff vor das Auge halten. Beobachtet kann nun nach den beiden oben angedeuteten Methoden werden, nachdem der Edelstein oben {auf die Halbkugel aufgesetzt ist. Wir betrachten zuerst die durch Fig. 29 erläuterte Methode. BRECHUNGSINDICES. REFRAKTOMETER. 65 1. Man stellt die Flamme in die Höhe der Grenzflächen PQ. Von ihr gehen Licht- strahlen nach allen Richtungen aus, also u. a. auch in der Richtung AO dieser Grenz- fläche. Im Fernrohr sieht man dann die Grenze zwischen dem hellen und dunkeln Teil des Sehfelds, und man erkennt daran die Richtung OA’. Durch Drehen an der Scheibe h kann die Grenze möglichst deutlich eingestellt werden. Wir haben uns oben das Fernrohr drehbar gedacht. Diese Einrichtung ist hier jedoch durch eine andere bequemere ersetzt. Das Fernrohr steht fest, enthält aber bei $ (Fig. 30, 31) eine von oben nach unten gerichtete Skala, die man beim Hineinblieken in das Fernrohr deutlich sieht. Jenach der Stärke der Lichtbrechung des Edelsteins fällt nun die Grenze auf diesen oder jenen Strich der Skala und diese Striche sind mit Zahlen versehen, die den betreffenden Brechungskoeffizienten ohne weiteres angeben, so daß gar keine Rechnung nötig ist. Die Skala geht von 1,1, der kleinsten, etwa vorkommenden Zahl, bis 1,5%; man kann die zweite Dezimalstelle unmittelbar ablesen, die dritte noch schätzen. Fällt z. B. die Grenze auf den mit 1,65 bezeichneten Strich, so ist der Brechungskoeffizient des Steins — 1,550, fällt sie zwischen 1,65 und 1,6 in die Mitte, so ist der gesuchte Wert = 1,655 usw. Man hat so ein Mittel leicht und ohne besonders zu erwerbende Geschicklichkeit mit minimalem Zeitverlust die Brechungs- Koeffizienten mit einer für die vorliegenden Bedürfnisse genügenden Genauigkeit zu ermitteln. Ueber 1,» geht die Teilung der Skala nicht hinaus, doch kann man noch etwas größere Werte schätzen, bis etwa 1,5. Ist der Brechungskoeffizient noch höher, so fällt die Grenze über das Sehfeld hinaus oder es tritt überhaupt keine Totalreflexion mehr ein. In dıesen Fällen ist dann das Instrument nieht mehr ausreichend. 2. Zur Anwendung der zuerst erwähnten, in Fig. 28 dargestellten Methode ist in dem die Halbkugel umgebenden Messingmantel M (Fig.30, 31) ein schmaler vertikaler Schlitz m ein- geschnitten, der mittelst eines Knopfes t geöffnet und geschlossen werden kann. Bisher war er geschlossen, nunmehr wird der Verschluß weggeschoben. Es kann sodann anstatt des streifenden Lichts, indem man die Flamme niedriger stellt, solehes von unten her durch den jetzt offenen Schlitz eintreten, das an der Grenzfläche von Stein und Gias zum Teil Totalreflexion erleidet. Im Fernrohr ist wieder eine Grenze zu sehen, und zwar, wenn man denselben Stein benutzt an derselben Stelle der Skala wie vorher, nur ist hell und dunkel in beiden Fällen vertauscht. Die Skala gibt uns wieder den Werth des-gesuchten Brechungs- koeffizienten, und es gelten dieselben Beschränkungen wie oben bei der ersten Methode. In dieser Weise geht man bei einfachbrechenden Edelsteinen vor. Man erhält eine einzige Grenze, die den einzigen Brechungskoeffizienten n liefert. Genau ebenso ist aber auch das Verfahren bei doppeltbreehenden Steinen, nur erblickt man in diesem Fall zwei Grenzen übereinander, diese geben dann zwei Brechungskoeffizienten, die ent- weder = n, und n, sind, oder zwischen ıhnen liegen. Von diesen beiden Grenzen wird je die eine durch Drehen eines bei d (Fig. 30, 31) auf das Beobachtungsfernrohr aufgesetzten Nicol’schen Prismas zum Verschwinden gebracht, so daß blos die andere sichtbar bleibt, was die Bestimmung der beiden Brechungskoeffizienten erleichtert, resp. ermöglicht. Man kann auf diese Weise nicht nur an den beiden Grenzen erkennen, daß Doppelbrechung vorliegt, sondern auch deren Größe als Differenz der deu beiden Grenzen entsprechenden Brechungskoeffizienten bestimmen. Diese Differenz ist bei den schwach doppeltbrechenden Edelsteinen stets klein, bei den stark doppeltbrechenden kann sie ziem- lich groß werden; d—=n,—n, geht beim Zirkon bis 0,05, beim Bergkristall höchstens bis 0,01, so daß darin ebenfalls ein Merkmal zur Erkennung und Unterscheidung von Edel- steinen liegt, das sich zuweilen mit Erfolg anwenden läßt. Kann man mit diesem Instrument auch, wie wir gesehen haben, die höchsten Brechungskoeffizienten, die bei Edelsteinen vorkommen, z. B. den des Diamants (n—=2,43) nicht mehr zahlenmäßig bestimmen, so ist es doch immerhin von hohem praktischem Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 9 66 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Wert, festzustellen, daß der betreffende Stein ein sehr starkes Lichtbrechungsvermögen besitzt. Er kann unter Umständen schon daran erkannt werden, denn derartige Brechungs- indicees kommen doch nicht zu häufig vor. Es handelt sich bei vielen solehen Bestim- mungen überhaupt nur darum, ob der Brechungsindex groß oder klein ist, nicht selten genügt dies für die Bestimmung. Soll aber in Fällen, wo man von dem Refraktometer im Stich gelassen wird, der Brechungskoeffizient doch noch genau ermittelt werden, so muß man zu der bekannten Prismenmethode greifen, die in jedem Lehrbuch der Physik auseinandergesetzt wird und daher hier nicht weiter erörtert zu werden braucht. Sie ist fast stets leicht anzuwenden, da man an mit Facetten geschliffenen Steinen wohl immer zwei passende Flächen findet, die miteinander ein brauchbares Prisma bilden. Allerdings darf dabei der Stein im all- gemeinen nicht gefaßt sein, während mit dem Refraktometer auch Steine in der Fassung untersucht werden können, wenn auch nur eine einzige Facette genügend freiliegt. Es sollen nun hier die Brechungskoeffizienten einiger der wichtigsten Edelsteine zu- sammengestellt werden, für einfachbrechende der eine », für doppeltbrechende der größte n, und der kleinste n, und zwar für Lichtstrahlen, die zwischen dem roten und dem violetten Ende des Spektrums in der Mitte liegen, also die sogenannten mittleren Brechungs- koeffizienten oder die für mittlere Strahlen. Ebenso ist für jeden doppeltbrechenden Stein die Größe d der Doppelbrechung als die Differenz der beiden letztgenannten Zahlen », und n, für den größten und kleinsten Brechungskoeffizienten angegeben, also diejenige Zahl, bis zu der der Unterschied der Brechungskoeffizienten allerhöchstens steigen kann. a) Einfachbrechende Edelsteine. Diamant I. Su N aa. nn =2As | Hessonit Uhr. ee ee Demantoid . . I 90 |" Spinell#"..17.0 2 PR Pytop su. Las, wu Ben rn EB OBRLLI N IT ER IEUR Almandınd. Asa mia el ee 2) (EluBspat. 7 ee Ser ee er b) Doppeltbreehende Edelsteine, Titanit: 0... in, =2,06; ee Zirkon. 7. nl: NN ER Babin Sr aussi ” Br Sapphir N loc re ns ee ii! Epidob 2. 2 rg IT: 5 ler aaa Benttonk. rn, un ns — lo ar zur Chrysoberyll . 2, = 1,16; n% = 1,15; d = 0,01 Vesuvianıı # . ra = N 22 an IE N Diopiidi „un. ae Rn ed —= ON Chrysoith . . ng =1/710; nr =1,66; d= 0,04 Axinit .. - „020 1,69; na — 4.68; Ad 0,08 Phenakıa 2 Sen, eo 002 Spodumen . . ng = 1,68; nz = 1,65; d —= 0,03 Andalusit . .. 129 = 164; = 1,635 d=0,01 Turmaln! „nr rnr=RlbArrin: 62002 TOPA8 %.., 5,29 = AR 3eryli (Smaragd) n, = 1,58; mr = 157; d= 0,01 Bergkristall. . n, =156; n, = 155; d= 01 Gordieit : ne 1 er] Eine merkwürdige Beziehung zwischen der Größe der Brechungskoeffizienten und dem spezifischen Gewicht der durchsichtigen Edelsteine hat Henry A. Miers festgestellt. Er hat gezeigt, daß der leichteste, der Opal, das Licht auch am schwächsten bricht, der FARBE. 67 schwerste, der Zirkon am stärksten, und daß bei allen zwischenliegenden das Licht- brechungsvermögen fast genau in demselben Maße wächst wie das spezifische Gewicht, Eine Ausnahme macht nur der Diamant, der Titanit und in geringerem Grade der Topas. Weniger durchgreifend zeigt auch die Härte ein ähnliches Verhältnis. 6. Farbe. Neben der Durchsichtigkeit und dem Glanze ist nichts von so großer Bedeutung für die Schönheit eines Edelsteines als ‚seine Farbe. Mancher ist nur wenig glänzend und undurehsichtig und wirkt einzig und allein durch seine schöne Färbung, wie z. B. der Türkis. Alle möglichen Farben kommen bei den Mineralien vor, die als Edelsteine zum Schmuck verwendet werden, aber auch völlige Farblosigkeit verhindert dıese Anwendung nicht. Ist diese mit vollkommener Durehsichtigkeit verbunden, so nennt man den Stein, wie schon erwähnt, wasserhell oder vom reinsten Wasser. Die farbigen Edelsteine, Rubin, Sapphire, Smaragde usw. werden im Gegensatz zu den farblosen, besonders zum Diamant, im Handel kurz „Farbsteine“ genannt. Unter „Phantasiesteinen“ (fancy stones) versteht man häufig seltenere Farbennuancen von an sich ungefärbten oder anders gefärbten Edelsteinen, also z. B. gefärbte Diamanten, Korunde von anderen als den gewöhnlichen Farben Rot und Blau des Rubins und Sapphirs usw. Diese Phantasiesteine gelten vielfach nicht für ganz voll und sind daher billiger als die verbreiteteren Farben, wie dies z. B. beim Korund der Fall ist, doch kommt auch das Umgekehrte vor, wie bei manchen schön gefärbten Diamanten. In Beziehung auf die Farbe verhalten sich die Edelsteine verschieden. Manche von ihnen zeigen unabänderlich stets in allen Exemplaren dieselbe Färbung, die auch bei dem kleinsten Stückchen, ja beim feinsten Pulver noch deutlich hervortritt. Bei solchen Steinen ist die Farbe eine wesentliche Eigenschaft der Substanz, sie heißen daher farbig. Ein Beispiel hierfür liefert u. a. der Malachit. Jedes Stück Malachit ıst ausnahmlos grün, auch das feine Pulver ist grün, wenngleich etwas blasser als das ganze Stück. Andere Edelsteine dagegen, und zwar die weitaus überwiegende Menge, sind an sich, d. h. in ihrem reinsten Zustande, vollkommen farblos, die eigentliche Substanz des Steines hat keine Färbung. Es sind ihr aber häufig, oder sogar in den meisten Fällen, mehr oder weniger große Mengen fremder farbiger Substanzen beigemengt oder beigemischt, die ihr dann die betreffende Färbung verleihen. Hier kann die Farbe von einem zum andern Stein wechseln; sie ist eine unwesentliche, zufällige, schwankende Eigenschaft. Derartige Mineralien nennt man gefärbt, die fremde Substanz, die die Färbung hervorrufen, das Pigment; von ihrer Beschaffenheit hängt die Farbe des Stückes ab. Die verschiedenen gefärbten Exemplare einer Mineralspezies enthalten nicht immer dasselbe Pigment, daher zeigen sie auch nicht immer dieselbe Farbe, ja ein und dasselbe Stück ist nicht selten an verschiedenen Stellen verschieden gefärbt. Bei solehen gefärbten Mineralien tritt die Fär- bung gewöhnlich nur in diekeren Stücken deutlich hervor; sehr dünne Plättchen erscheinen sehr blaß oder ganz farblos, und ebenso verhält sich feines Pulver. Ein Beispiel für einen derartigen Edelstein ist der Quarz. Er ist im reinsten Zustand ganz farblos, vollkommen klar und durchsichtig, wasserhell und heißt dann Bergkristall. Ist er braun gefärbt, so bildet er den Rauchtopas, violett gefärbter Quarz wird Amethyst, gelber Citrin genannt, grüner und blauer Quarz hat den Namen Plasma und Sapphirquarz erhalten, und so gibt es noch eine oder die andere sonstige nach der Farbe unterschiedene und besonders benannte Abart dieses Minerals. Ähnlich ist es mit dem Mineral Korund, das nicht selten farblos und zuweilen sogar wasserhell vorkommt, das aber doch meist gefärbt ist. Der rote Korund ist der kostbare Rubin, der blaue der Sapphir, und so kommen noch zahlreiche andere Farben vor, die bei der Beschreibung des Korunds eingehender 5* 68 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. betrachtet werden sollen. Ebenso zeigt der im reinsten Zustande vollkommen wasserhelle Diamant in zahlreichen Exemplaren alle erdenklichen Farben. Die Gesamtheit aller bei einem gefärbten Mineral vorkommenden Färbungen heißt dessen Farbenreihe. Die Farbenreihe des Quarzes ist also nach dem Obigen außer dem farblosen braun, violett, gelb, grün, blau; die des Korunds rot, blau, und bei beiden kommen noch einige andere Farbentöne dazu; die des Diamants enthält alle Farben. Nicht jedes gefärbte Mineral zeigt dieselbe Farbenreihe, bei manchen kommen nur diese, bei manchen anderen nur jene Farben vor; in der Farbenreihe mancher Mineralien fehlt die eine, in der mancher anderen die andere Farbe. Dem Bedürfnis der beschreibenden Mineralogie entsprechend unterscheidet man an den niehtmetallischen Mineralien, zu denen, wenige Ausnahmen abgerechnet, alle Edel- steine gehören, acht Hauptfarben: weiß, grau, schwarz, blau, grün, gelb, rot, braun. Innerhalb jeder dieser Hauptabteilungen treten aber wieder Unterabteilungen, Nuancen, hervor, die entweder durch die völlige Reinheit einer Farbe oder durch Mischen von zwei oder mehreren Hauptfarben entstehen. Diese werden teils durch ihre Annäherung an eine andere Hauptfarbe, z. B. als rötlich-weiß, grünlich-blau, bläulich-schwarz, teils durch Vergleich mit einem allgemein bekannten Gegenstande, z. B. als schwefelgelb, grasgrün, rauchgrau, indigoblau, karminrot usw., in meist leicht verständlicher, unzwei- deutiger Weise benannt. Um die Farbe eines Steines richtig zu beurteilen, wird geraten, denselben dicht an das Auge zu bringen; auf diese Weise werden kleine Unterschiede am besten erkannt. Mehrere Bezeichnungen des Charakters der Farbe durch die Ausdrücke lebhaft, brennend, frisch, matt, zart, sanft, verwaschen, schmutzig, düster usw. ergeben sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Dieser Charakter hängt wesentlich mit von dem Glanze und der Durchsichtigkeit des betreffenden Stückes ab. Auch die Intensität ist bei jeder Farbe an verschiedenen Stücken eine andere. Man spricht in dieser Beziehung von tiefen oder dunkeln (d. h. dem Schwarz sich nähernden), hohen oder gesättigten (d. h. reinen und intensiven), lichten oder hellen (d. h. dem Weiß sich nähernden), endlich von blassen (d. h. stark ins Weiß fallenden) Farbentönen. Bei manchen Edelsteinen, z. B. beim Rubin, nannte man früher Exemplare mit tiefer und gesättigter Färbung „männlich“, solche mit lichteren Farben „weiblich“; heutzutage ist aber diese Bezeichnung nur noch wenig ge- bräuchlich. Die Intensität der Färbung hängt ab von der größeren oder geringen Menge der färbenden Substanz; je größer diese ist, desto tiefer ist der Stein gefärbt. Wenn das Pigment durch die Masse des Steines ganz gleichmäßig verteilt ist, dann ist dieser auch überall ganz gleich gefärbt. Ist es dagegen nur an einzelnen Stellen vorhanden, an anderen nicht, oder an verschiedenen Stellen in verschiedener Menge angehäuft, dann hat man an demselben Stück abwechselnd farblose und gefärbte oder hellere und dunklere Stellen, dıe in den meisten Fällen ohne scharfe Grenze allmählich ineinander übergehen. Ist an einer Stelle ein anderer Farbstoff beigemischt als an anderen, so können an einem und demselben Stücke ganz verschiedene Farben auftreten. Blaue Flecken auf farblosem Hintergrunde zeigt häufig der Sapphir, violette in der farblosen Hauptmasse der Amethyst usw. Die ungleichmäßige Verteilung der Farbe ist bei diesen Steinen für die Schönheit sehr nachteilig, daher sind ganz einheitlich und namentlich zugleich auch tief gefärbte Exemplare der Edelsteine, also beispielsweise der ebengenannten, Sapphir und Amethyst, besonders wertvoll. Zuweilen ist die Art der Farbenverteilung eine an vielen Stücken ganz regelmäßig wiederkehrende. So findet man die zuweilen als Edelsteine geschliffenen vierseitigen Säulen des Diopsids vom Zillertale in Tirol am einen Ende farblos, am anderen Ende schön dunkel bouteillengrün, ebenso zeigen die sechsseitigen Säulen des roten und FARBE. 6% grünen oder beinahe ganz farblosen Turmalins von Elba häufig ein kurzes schwarzes Ende (sogen. Mohrenköpfe). Beim Turmalin findet man nicht selten noch eine andere gesetzmäßige Anordnung verschiedener Farben an demselben Stück; ein roter Kern ist z. B. von einer grünen Hülle umgeben, wie es Taf. XV, Fig. 8 und 9 darstellt. Hier schneiden die beiden Farben mit einer scharfen Grenze gegeneinander ab. Dasselbe ist auch meist der Fall bei dem buntesten der zu Schmucksteinen verwendeten Mineralien, dem Achat, bei dem die Sehönheit gerade auf dem reichen Farbenwechsel beruht. Dabei bilden oft nicht bloß zwei, sondern mehr verschiedene Farben alle möglichen Zeichnungen, die mit ähnlich aussehenden Gegenständen verglichen und danach benannt werden. Ausdrücke, wie punktiert, gefleckt, wolkig, geflammt, geadert, marmoriert, gestreift, gebändert usw. sind danach leicht verständlich. Hier sind vielleicht auch am besten die baumartigen Zeichnungen von brauner oder schwarzer Farbe zu erwähnen, die man sehr vielfach auf Gesteinsstücken, unter anderem auch in gewissen Chaleedonen nicht selten sieht und die man Dendriten nennt. Steine, die solehe enthalten, werden in geschickter Weise so geschliffen, daß diese Zeichnungen deutlich hervortreten (Fig. 104). Sie haben den Namen Baumsteine erhalten. Bei der Betrachtung des Opals, des Chalcedons usw. wird davon nochmals die Rede sein, ebenso von dem Moosachat, bei dem eine eigentümliche Anhäufung grünen Farbstoffs den Anschein erweckt, als hätte man es mit einem Einschluß von Moos in dem Steine zu tun. Die Substanzen, die die Färbung der Edelsteine hervorrufen, die Pigmente, sind von sehr verschiedener Beschaffenheit, bald, wie man glaubt, von organischer, bald von anorganischer Natur. Ihre Menge ist in manchen Steinen nicht unbeträchtlich, häufig aber auch so gering, daß sehr genaue chemische Analysen dazu gehören, ihre Anwesenheit festzustellen. In diesem Falle müssen die Pigmente eine ganz besonders intensive fär- bende Kraft besitzen; es ist ja aber bekannt, daß es Stoffe gibt, die, wie z. B. der Karmin, schon in den minimalsten Mengen große Quantitäten farbloser Körper merklich zu färben imstande sind. Wegen der vielfach so geringen Menge der Farbstoffe ist es bei manchen Edelsteinen noch nicht gelungen, deren Natur mit Sicherheit aufzuklären. Es ist leicht begreiflich, daß derartige Untersuchungen mit großen Schwierigkeiten verknüpft sind. Bei der geringen Menge der färbenden Substanz sind große Quantitäten des betreffenden Edelsteins nötig, die sich aber des hohen Preises wegen nicht leicht beschaffen lassen. Trotzdem hat man aber in manchen Fällen mit Bestimmtheit erkannt, welchen Sub- stanzen sie ihre Färbung verdanken. Bei der Beschreibung ist dies auch für jeden einzelnen Edelstein angegeben. So ist es bei dem Smaragd eine kleine Menge einer Verbindung des Metalls Chrom, bei dem hell apfelgrünen Chrysopras spielt eine Ver- bindung des Metalls Nickel in geringer Menge dieselbe Rolle; andere Steine werden durch Eisen- oder Kupferverbindungen gefärbt, bei weiteren, wie z. B. bei dem braunen Quarz, dem Rauchtopas, geschieht dies vielleicht durch eine organische Substanz, die sich als ein dunkelbraunes, brenzlich riechendes Öl abdestillieren und weiter unter- suchen läßt. Die Art der Verteilung des Pigments ist in den einzelnen Edelsteinen ebenfalls eine sehr verschiedene. Manchmal ist der Farbstoff durch die ganze Masse so gleichmäßig ausgebreitet, daß man auch bei der stärksten Vergrößerung keine einzelnen farbigen Par- tikelchen eingestreut findet, die dem Ganzen ihre Farbe mitgeteilt haben. Der Farbstoff ist gewissermaßen in der Masse vollständig aufgelöst (dilute Färbung) und in jedem noch so kleinen Teilchen in derselben Weise vorhanden wie in jedem anderen. Man erkennt dann nur daran, daß es auch ganz farblose Exemplare desselben Minerals und solche von anderer Färbung gibt, daß man es mit einer gefärbten und nicht mit einer ihrer Natur 70 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. nach farbigen Substanz zu tun hat. So ist es mit dem oben schon erwähnten, schön grünen Smaragd, mit dem blauen undurchsichtigen, durch Kupfer und Eisenverbindungen gefärbten Türkis, mit dem gleichfalls schon erwähnten, durch eine Eisenoxydulverbindung grün gefärbten Diopsid und anderen. In den meisten dieser Fälle handelt es sich nicht um eine mechanische Beimengung eines Farbstoffes zu der farblosen Grundsubstanz, sondern um die Beimischung einer gefärbten, mit der Hauptmasse des Edelsteines isomorphen Verbindung zu dieser. Die Mischung ist hier eine chemische und daher eine so innige. So ist es zweifelsohne bei dem Diopsid, bei dem eine kleine Menge einer eisenoxydulhaltigen Verbindung von ganz bestimmter und bekannter Zusammensetzung einer eisenfreien und daher farblosen iso- morphen Verbindung beigemischt ist, und wahrscheinlich ist es ähnlich beim Smaragd, welcher zu der zuweilen auch farblos vorkommenden Mineralspezies Beryll gehört; beim Türkis und bei manchen anderen beruht die Färbung auf demselben Grunde. In anderen Fällen sind es dagegen einzelne bestimmt umgrenzte, farbige Körperchen, die einer farblosen Grundmasse so reichlich mechanisch eingelagert sind, daß das Ganze ihre Farbe annimmt. Diese Körperchen sind meist klein, so daß sie selten dem bloßen Auge deutlich erscheinen; dann treten sie nur bei der Betrachtung mit der Lupe oder gar erst unter dem Mikroskop bei einer gewissen Vergrößerung als einzelne getrennte Teilehen deutlich hervor. Sie haben die Formen von Körnchen, Schüppcehen, Fäserchen oder dickeren Nädelchen. Kleine blaue Körnchen, die der farblosen Grundmasse des Lasursteines in großer Zahl beigemengt sind, bedingen die prachtvolle Farbe dieses Edel- steines; grüne Nädelehen und Fäserchen des Minerals Strahlstein färben die farblose Masse des Quarzes grün und erzeugen so die unter dem Namen Prasem als Schmuckstein nicht ganz unwichtige Abart desselben; der Feldspat wird zuweilen durch rote Schüppchen des Minerals Eisenglanz gefärbt und bildet dann das, was man ab und zu unter dem Namen Sonnenstein als Schmuckstein verwendet, und Chalcedon mit einem ähnlichen roten Pigment gibt den vielbenutzten Karneol. Fast alle in dieser Weise durch mechanische Beimengung größerer Quantitäten ein- zelner Pigmentkörperchen gefärbte Steine sind mehr oder weniger trübe und manche sogar ganz undurchsichtig, während diejenigen, die durch chemische Beimischung einer isomorphen farbigen Substanz oder durch Beimengung äußerst fein verteilter Substanzen dılut gefärbt sind, auch in größeren homogenen Kristallen klar und durchsichtig erscheinen. Bemerkenswert ist eine scheinbare Veränderung, welche die Farbe mancher Edelsteine bei verschiedener Beleuchtung erleidet. Am schönsten ist die Farbe bei fast allen Steinen im hellen Tageslicht, im künstlichen Licht wird sie bei manchen unansehnlich. Der Amethyst ist bei Tage schön violett, beim Kerzenschein unschön graulich; im Gegen- satz dazu behält der orientalische Amethyst, der violette Korund, seine schöne Farbe auch im künstlichen Lichte. Eigentümlich verhält sich die als Alexandrit bekannte Abart des Chrysoberylis; sie ist, wie wir unten noch eingehender sehen werden, bei Tage grün, bei Nacht in künstlicher Beleuchtung rot. Gelbe Diamanten erscheinen bei Kerzenlicht farblos; elektrische Beleuchtung bringt aber die gelbe Farbe nicht zum Verschwinden. Ähnliebe Beispiele der Änderung, namentlich der Verschlechterung der Farbe im künst- lichen Lichte, gibt es noch manche; es ist klar, daß die letztere Eigenschaft den Wert und die Brauchbarkeit mancher Steine nicht unerheblich beeinträchtigt. Von einer scheinbaren Veränderung der Farbe gelblicher Diamanten ist in der letzten Zeit mehrfach in betrügerischer Weise Gebrauch gemacht worden. Gelbliche Diamanten sind seit Entdeckung der südafrikanischen Lagerstätten sehr häufig und daher verhältnis- mäßig billig geworden, während vollkommen farblose höhere Preise erzielen. Die schein- bare Farblosigkeit soleher gelblichen Steine kann man erreichen, wenn man sie mit einem FARBENVERÄNDERUNG. 71 ganz leichten Überzug eines blauen Farbstoffes versieht. Das Blau und das Gelb wirken da zusammen und bringen im Auge den Eindruck von weiß hervor, der so lange anhält, bis die dünne blaue Schicht wieder abgerieben wird, worauf der Käufer merkt, dab er betrogen ist. Nicht unwichtig ist die wirkliche Veränderung der Farbe. Im allgemeinen ist die Farbe der Edelsteine recht dauerhaft. Sie bleibt bei den meisten unter allen Um- ständen bestehen und verschwindet erst, wenn der Stein selbst zerstört wird. So ist es mit der gelben Farbe vieler Diamanten, mit der Farbe des Rubins und anderer. Bei manchen ıst aber die Farbe unter Umständen weniger konstant und kann sogar, ohne daß die Substanz des Steines eine wesentliche Veränderung erleidet, vollkommen zerstört werden. Dies geschieht bei gewissen Edelsteinen leicht durch starkes Erhitzen, besonders durch Glühen, weshalb man wohl die betreffenden Pigmente für organische Substanzen hält. Diese werden dabei vernichtet und mit ibnen die durch sie hervorgebrachten Farben. So verhält sich u. a. der braune Rauchtopas und der rötlichgelbe Hyaecinth, die beide durch Glühen farblos werden. Bei gewissen Steinen geht in der Hitze die Farbe in eine andere über: der violette Amethyst wird dabei gelb, der dunkelgelbe Topas rosarot usw. Diese Veränderungen werden zuweilen absichtlich herbeigeführt, um gelben Quarz (gebrannten Amethyst) und rosenroten Topas (Rosatopas) herzustellen, die beide als Schmucksteine geschätzt sind, aber sich in der Natur nicht in genügender Menge finden. Eigentümlich ist die vorübergehende Farbenänderung einzelner Edelsteine beim Wechsel der Temperatur. So wird der rote Rubin in der Glühhitze farblos, beim Ab- kühlen sodann erst grün und endlich wieder ebenso schön rot wie vorher. Er unter- scheidet sich dadurch von dem gleichfalls roten Spinell, der, wie der Rubin, beim Glühen farblos, beim Abkühlen dagegen violett und ohne die grüne Zwischenstufe wieder rot wird. Manchmal bedarf es zur Veränderung der Farbe gar keiner höheren Temperatur, sie verschwindet bei gewissen Steinen oder blaßt schon ab, wenn diese dem Licht und der Luft ausgesetzt sind; sie bleichen aus. Solches Verhalten zeigen zwar nicht alle, aber manche Topase, die schon nach wenigen Monaten merklich heller werden; dasselbe wird beim grünen Chrysopras und beim Rosenquarz beobachtet, sowie bei manchen blauen Türkisen, von denen viele auch allmählich grün werden. Selbstverständlich wird der Wert solcher Steine durch diese üble Eigenschaft stark vermindert; es ist aber oft sehr schwer, sich dabei vor Schaden zu schützen, da die Erscheinung, der Verlust der schönen Farbe, erst in einiger Zeit eintritt. Zuweilen wird die Farbe, wenigstens vorübergehend, wieder hergestellt, wenn man den Stein in der Dunkelheit oder in feuchter Erde aufbewahrt oder mit gewissen Chemikalien behandelt. Alles dies wird nicht selten zur Täuschung des Publikums benutzt. Im Gegensatze zum Ausbleichen dieser genannten Steine steht das Verhalten des Bernsteins, dessen gelbe Farbe an der Luft allmählich immer dunkler rotbraun wird, und der dabei ebenfalls seine Schönheit einbüßt. Merkwürdig ist die dauernde Veränderung der Farbe auffallend vieler Edelsteine durch Bestrahlung mit stark radioaktiven Präparaten, was wir zuerst durch A. Miethe kennen gelernt haben. Irgendwelche gesetzmäßige Beziehungen und gemeinsame Gesichts- punkte konnten dabei zunächst allerdıngs noch nicht ermittelt werden, doch geht aus den Beobachtungen soviel hervor, dab stark gefärbte Mineralien geringen oder gar keinen Wechsel in der Farbe zeigen, während bei hellen Edelsteinen vielfach leicht eine auffällige Farbenänderung eintritt. Diese erfolgt, von außen nach innen fortschreitend, mehr oder weniger rasch, und ist oft schon nach wenigen Stunden deutlich zu erkennen. Sie nimmt 2 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. mit der dauernden Einwirkung zu und erreicht nach einer gewissen Zeit ihren höchsten Grad, worauf dann die neue Farbe unverändert stationär bleibt. Durch Erhitzen wird die erworbene Farbe vielfach etwas verändert, aber selten wieder ganz zerstört. Umgekehrt wird die beim Erhitzen verschwundene Farbe mancher Edelsteine durch Radiumbestrahlung wieder hergestellt. Überraschend ist, daß Steine von gewissen Fundorten von den Radium- strahlen stark beeinflußt werden, während dies bei Exemplaren derselben Art von einem anderen Fundort nicht, oder nur wenig, oder in anderer Art der Fall ist. Bei der Be- trachtung der einzelnen Edelsteine werden wir diese Verhältnisse berücksichtigen, hier sollen zunächst nur einzelne charakteristische Beispiele mitgeteilt werden. Diamant. Ein farbloser Stein von Borneo wurde zitrongelb; bei 250° wurde er heller, aber nicht mehr ganz farblos. Eın farbloser brasilianischer Stein blieb unverändert. Korund. Hellblauer Sapphir aus Ceylon wurde in kurzer Zeit grün, dann hell- zuletzt, nach 14 Tagen, dunkelgelb mit einem Stich ins Kastanienbraun; beim Erhitzen auf die Temperatur, wo der Sapphir seine blaue Farbe verliert, wird der veränderte Stein farblos, sodann beim Abkühlen hellblau, endlich hellgelb, und diese Farbe verliert sich auch bei Rotglut nieht. Der geglühte Stein wird nach Bestrahlung von einigen Stunden wieder dunkelgelb. Auch andere hellblaue und farblose Sapphire von dort nehmen eine sehr gleichmäßige schöne gelbe Färbung an, doch brauchen sie dazu sehr verschieden lange Zeit. In einzelnen Fällen bleiben bei den blauen Steinen kleine Flecken von der ursprüng- lichen Farbe. Im Gegensatz zu denen von Ceylon bleiben die Sapphire von Siam, Australien, Kaschmir und der Iserwiese ganz unverändert. Ebenso zeigen natürliche und künstliche Rubine keine oder nur sehr schwache Einwirkung, auch ein schön grasgrüner Stein von Ceylon nur eine schwache Trübung; dagegen wurde ein heller Violettrubin von dort nach 20 Tagen schmutzig graublau, und diese Farbe blieb beim Erhitzen bestehen. Beryll. Dunkelgrüner Smaragd von Colombia wird sehr hellgrün, wobei die Absorptionsstreifen keine sonstige Veränderung als eine gewisse Schwächung erleiden. - Hellgelber Beryll von Mursinka und hellblauer Aquamarin von Brasilien bleiben un- verändert. Topas. Farbloser von Brasilien wird rasch hellgelb und bleibt so auch nach mehrwöchentlicher Bestrahlung. Bei 150° tritt dann eine prachtvolle Lumineszenz ein; der Stein leuchtet zuerst grau, dann in raschem Wechsel violett, rubinrot, orangegelb und graublau. Rosatopas von Mursinka (? Sanarka), wird in wenigen Stunden orange- gelb, auch durch Glühen rot gewordene Topase nehmen eine gelblichrote bis orange- braune Farbe an. Gelber Topas vom Schneckenstein wird schwach rötlichgelb, gelbbrauner T. aus Brasilien wird etwas dunkler, aber blauer T. aus Brasilien behält seine Farbe wie sie war. Chrysoberyll bleibt in allen seinen Varietäten unverändert. Turmalin. Dunkel gefärbte Steine lassen keine Einwirkung erkennen, helle zeigen merkwürdige Erscheinungen. Untersucht wurden zwei farblose Stücke aus Brasilien, eines mit einem hellgrünen, eines mit einem rosa Ende. Der farblose Teil des ersteren wurde prächtig dunkelgrün, der des zweiten rein rosa, beide sehr langsam. Quarz. Bergkristall wird sehr allmählich schwarzgrau oder blaugrau, Steine ver- schiedener Fundorte verhalten sich verschieden. Goldgelber Citrin aus Spanien wird langsam rauchgrau, Amethyst von ÖOberstein wird langsam rötlichviolett und solcher von Brasilien bleibt unverändert. Das Rauchgrau des Rauchtopas vom St. Gotthard verändert sich schwach und langsam in gelblichbraun. Bei allen Quarzen wird durch Erwärmen die ursprüngliche Farbe wieder hergestellt, doch wird sie beim Citrin nicht mehr so schön leuchtend wie ursprünglich. KüsstLiche FÄRBUNG. STRicH. DiIcHRoIsMUs. 13 Durch hohe Temperatur entfärbte Mineralien nehmen durch Radiumbestrahlung eine Farbe an, die ihrer früheren ähnlich ist: Zirkon wird wieder braun Amethyst violett, Rosa- topas orangerot und roter Turmalin wieder rot. Wiehtig ist für manche Edelsteine die Möglichkeit der künstlichen Färbung und Umfärbung, die zum Teil schon im Altertum bekannt war und viel ausgeübt wurde. Heutzutage findet sie hauptsächlich beim Achat und ähnlichen Steinen statt, bei deren Beschreibung die betreffenden Methoden angegeben werden sollen. Sie beruhen auf der porösen Beschaffenheit der Substanz, vermöge deren die Steine färbende Flüssigkeiten in sich aufzunehmen imstande sind. Die in diesen enthaltenen Farbstoffe teilen sich dann dem Steine mit und färben ihn oft bis ins Innerste hinein. Strich. Wir haben oben bei der Betrachtung der farbigen und gefärbten Steine gesehen, daß zuweilen die Farbe des feinen Pulvers eine gewisse Bedeutung besitzt. Auch bei anderen Gelegenheiten ist dies der Fall. Man hat daher ein Mittel ausgesonnen, das feine Pulver möglichst rasch und mühelos darzustellen, um seine Farbe zu untersuchen- Dieses Mittel besteht darin, daß man mit dem betreffenden Mineral über eine rauhe unglasierte Porzellanplatte, eine sogenannte Biskuitplatte, hinstreieht. Auf dieser bleibt etwas von dem Mineral als feines Pulver hängen, dessen Farbe sich dann auf dem Weiß der Platte deut- lich abhebt. Danach nennt man die Farbe des Pulvers auch wohl den Strich des Minerals. Er ist manchmal charakteristisch und kann mit zur Erkennung dienen. Selbst- verständlich darf das Mineral nicht wesentlich härter sein als die Biskuitplatte. Dies ist bei den meisten Edelsteinen der Fall, aber bei einigen ist der Strich doch zur Unter- scheidung von einer gewissen Wichtigkeit. 7. Dichroismus. Eine wichtige optische Erscheinung an vielen Edelsteinen ist diejenige, die man als Diehroismus oder Pleochroismus bezeichnet. Sie besteht darin, daß die Steine beim Hindurehsehen nach verschiedenen Richtungen verschiedene Farben oder Farbennüancen zeigen, die einander manchmal ziemlich nahe stehen, oft aber auch stark voneinander abweichen. Es gibt ein Mineral, das zuweilen unter dem Namen Luchs- oder Wasser- sapphir als Edelstein verschliffen wird, das diese Erscheinung in so ausgezeichneter Weise zeigt, daß es danach auch den Namen Dichroit erhalten hat; sonst nennen es die Mineralogen meist Cordierit. Dieses Mineral erweist sich beim Hindurchsehen nach drei aufeinander senkrechten Richtungen, die sich kristallographisch in ganz bestimmter Weise bezeichnen lassen — es sind die drei Axen der dem rhombischen System angehörigen Kristalle —, schön dunkelblau, hellblau und graulichgelb. In den intermediären Richtungen erhält man zwischen diesen drei Hauptfarben liegende Nüancen, die der einen oder andern nahe liegen, wenn dies auch mit der Sehrichtung der Fall ist. Beim Cordierit sind die Farbenunterschiede sehr groß; vielleicht noch größer sind sie bei manchen Turmalinen, wo die Farbe je nach der Richtung zwischen gelblichbraun und spargelgrün, oder bei anderen Kristallen desselben Minerals zwischen dunkel violett- braun und grünlich-blau, bei wieder anderen zwischen pupurrot und blau usw. wechselt. Dem stehen aber auch sehr geringe Farbendifferenzen bei anderen Edelsteinen gegenüber. So erweist sich z. B. der gelblichgrüne Chrysolith nach allen Seiten hin nahezu gleich in der Farbe und mit ihm die Mehrzahl der sehr hell gefärbten Steine, während starker Dichroismus, also weit auseinanderliegende Farbentöne, nur an dunkleren Mineralien vor- kommt. Endlich gibt es weitere Mineralien, wie Granat, Spinell und andere, die auch bei der allersorgfältigsten Untersuchung keine Spur von Verschiedenheit der Färbung ın verschiedenen Richtungen erkennen lassen, und wie diese verhalten sich auch die zur Nachbildung echter Edelsteine verwendeten farbigen Glasflüsse. 74 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Wie die einfache und doppelte Lichtbrechung, so steht auch die Ab- oder Anwesen- heit von Dichroismus im engsten Zusammenhange mit der Kristallisation der betreffenden Snbstanzen, und zwar in genau derselben Weise wie jene. Alle amorphen oder im regulären System kristallisierten Mineralien zeigen keinen Dichroismus, er ist ausschließ- lich beschränkt auf die farbigen Kristalle der anderen fünf Kristallsysteme, bei denen er allerdings zum Teil in so schwachem Grade auftritt, daß er kaum bemerkbar ist. Ein- fachbrechende Körper sind demnach nie dichroitisch, sondern nur doppeltbrechende, so daß man also im Dichroismus ein weiteres bequemes Mittel hat, doppeltbreehende Steine zu erkennen und von einfachbrechenden zu unterscheiden. Zeigt sich bei einem Körper auch nur eine Spur dieser Eigenschaft, dann gehört er sicher nicht zu den einfach- breehenden amorphen oder regulär kristallisierten Substanzen. Ist kein Farbenunterschied zu bemerken, dann ist die Beobachtung weniger beweisend, da geringe Grade sich unter Umständen der Wahrnehmung auch entziehen können. Durch die Beobachtung des Dichroismus kann man ebensogut wie durch die der Doppelbrechung die beiden oben schon beispielsweise genannten roten Steine Rubin und Spinell voneinander unterscheiden. Bemerkt man Dichroismus, so hat man es sicher mit dem hexagonalen und dichroitischen Rubin zu tun, und nicht mit dem regulären und daher nicht dichroitischen Spinell. Der Diehroismus ist auch ein sicheres Mittel, einen echten Rubin von einem roten Glasflusse zu unterscheiden und so als echt zu erkennen. Der Glasfluß ist amorph und zeigt daher, wie schon erwähnt, ebenfalls keine Verschieden- heit der Farbe beim Hindurchsehen nach verschiedenen Richtungen. Bei stark dichroitischen Mineralien erkennt man diese Eigenschaft meist ohne weiteres. Bei sehr schwach dichroitischen dagegen genügt das Hindurchsehen mit bloßem Auge nicht mehr; die Unterschiede der Färbung sind hier zu gering. Man hat daher Methoden gesucht und auch gefunden, um selbst geringe Spuren des Dichroismus noch nachzuweisen, bei denen nur sehr unbedeutende Farbendifferenzen auftreten. Solche können vielfach noch deutlich sichtbar gemacht werden durch Beobachtung ‘der Edelsteine mittels eines kleinen, von dem früheren Wiener Mineralogen Haidinger erfundenen Instrumentchens, das man Diehrolupe oder Dichroskop, oder auch nach dem Erfinder Haidingersche Lupe nennt. Dieser kleine Apparat ist äußerst handlich und leicht zu benutzen und vermag sehr gute Dienste zu leisten; er sollte sich daher in der Hand eines jeden befinden, der sich mit dem Kauf und Verkauf von Edelsteinen be- schäftigt, um so mehr, als sein Preis sehr gering ist. Ein einziger Blick in das kleine Instrument kann unter Umständen verhängnisvolle Irrtümer beseitigen. Dasselbe ist Fig. 32 in ungefähr natürlicher Größe schematisch im Durchschnitt abgebildet, so daß man die innere Einrichtung sehen kann. Es besteht in der Haupt- sache aus einem rhomboedrischen Spaltungsstück von Kalkspat C, das nach der einen Kante stark in die Länge gezogen ist. Auf dessen beiden schief ange- setzten schmalen Seiten sind zwei Glaskeile k,%k auf- gekittet, deren äußere Flächen auf den langen Kanten von Ü senkrecht stehen. Eine runde Messinghülse } um- gibt das Ganze. Sie hat links bei b eine kleine quadratische Öffnung und rechts bei a ein rundes Loch, unter welchem auf der Außenfläche des Keils k eine Linse Z von solcher Brennweite angebracht ist, daß beim Hindurchsehen in der Richtung ab die quadratische Öffnung b scharf und deutlich erscheint. Da man dabei aber durch den doppeltbreehenden Kalkspat bliekt, so erhält man nicht bloß ein Bild dieser Öffnung, sondern deren zwei, o und e, die bei gehöriger Größe und passender Stellung des Quadrates gegen die Begrenzung des Kalkspates un- Fig. 32. Dichroskop. DicHroismus. DiIicHRoSKOP. 75 mittelbar nebeneinander liegen. Das eine, o, ist nur wenig abgelenkt und ganz farblos, das andere, stärker abgelenkte, e, hat schmale farbige Ränder, rot nach innen und blau nach außen, wie die Schraffierung von e andeutet, und ist im übrigen ebenfalls farblos. Um die Bilder in jene Stellung bringen zu können, in der sie sich genau nach einer Quadrat- seite berühren, ist die quadratische Öffnung in einer runden Scheibe angebracht, die sich am Ende der runden Messinghülse beliebig in dieser drehen läßt; durch eine kleine Drehung dieser Scheibe, während man gleichzeitig in der Richtung «ab nach dem hellen Himmel sieht, wird die richtige Stellung leicht erreicht. Man bringt nun einen Edelstein s so vor die quadratische Öffnung b, daß diese ganz oder doch teilweise von ihm bedeckt wird. Um dies bequem ausführen zu können, ist das Instrument zuweilen mit einem ÖObjektträger in der Form einer zweiten Messing- hülse # versehen, die über die Röhre h lose aufgesteckt werden kann, so daß sie sich um diese beliebig und leicht drehen läßt. Diese zweite Messinghülse 7 hat in ihrer Schlußplatte eine eben so große oder auch vielleicht etwas größere Öffnung als die qua- dratische b, die gerade vor dieser letzteren liegt. Über dieser Öffnung wird der Stein s mit Wachs aufgeklebt, wie es die Figur zeigt. Dann läßt er sich mit der Hülse 7 beliebig gegen den Kalkspatkristall des Instrumentes drehen. Fehlt die Hülse 7, dann wird der Stein am besten auf ein Wachsstäbehen geklebt und vor die quadratische Öffnung ge- halten, indem man das Instrument gleichzeitig langsam zwischen den Fingern dreht. In beiden Fällen teilt der Stein natürlich den beiden Bildern o und e seine Farbe mit, wenn man wieder gegen den hellen Himmel sieht. Ist nun ein Stein nicht dichroitisch, so haben stets beide Bilder o und e dieselbe Farbe und behalten diese auch, wenn man ihn vor dem Instrument oder dieses vor jenem um 360° herumdreht. Ist der Stein z. B. der nicht dichroitische Granat, so bleiben die Farben von o und e unter diesen Umständen stets einander gleich und haben bei der ganzen Drehung stets dieselbe rote Farbe, wie sie der Granat auch bei der gewöhnlichen Betrachtung zeigt. Ist dagegen der Stein dichroitisch, dann sind zwar die Farben von o und e ebenfalls noch in vier zueinander senkrechten Stellungen der Hülse 7 gleich, beim Drehen werden die beiden Bilder aber verschieden und erlangen bis zu 450 gegen die Stellung der Gleich- heit allmählich ihren größten Unterschied. Von da ab nähern sich die Farben von o und e wieder einander, bis sie nach weiteren 45° abermals gleich geworden sind. Bei einer vollen Drehung um 360° hat man also einen achtmalıgen Wechsel zwischen Gleichheit und Verschiedenheit. Da die beiden Bilder o und e unmittelbar nebeneinander liegen, so kann man sehr kleine Farbenunterschiede erkennen und hierdurch sehr geringe Grade von Dichroismus konstatieren. Auch bei derartigen Beobachtungen kann Totalreflexion unter Umständen störend sein. Wie aber in doppeltbrechenden Kristallen eine oder zwei Richtungen einfacher Lichtbreehung vorhanden sind, die optischen Axen, so gibt es in jedem pleochroitischen Kristall eine oder zwei Richtungen, in denen kein Pleochroismus stattfindet, und diese Richtungen fallen mit denen der optischen Axen zusammen. Es genügt daher nicht, die Abwesenheit von Dichroismus in einer Richtung festgestellt zu haben, man muß dasselbe auch mindestens noch in einer zweiten und auch, streng genommen, noch in einer dritten je von der ersten verschiedenen Richtung tun, indem man den Stein in immer neuen Lagen auf die Metallhülse 7 aufklebt und in jeder neuen Lage herumdreht. Erst dann kann man sagen, daß dem Steine der Dichroismus wirklich fehlt, wenn in mindestens drei verschiedenen Lagen keine Farbenunterschiede aufgetreten sind. Aller- dings ist auch hier zu beachten, daß diese unter Umständen so gering sein können, daß sie auch durch die Dichrolupe nicht bemerkbar werden. Unmittelbar und direkt 76 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. entscheidend ist dagegen stets das Auftreten von Farbendifferenzen, die jederzeit mit Be. stimmtheit auf Dichroismus und damit auf doppelte Lichtbrechung hinweisen, auch wenn sie noch so gering sind. In sämtlichen Richtungen, außer in denen der optischen Axen, ist, wie wir gesehen haben, Diehroismus zu beobachten, aber nicht in allen in gleichem Grade. Die Stärke des Dichroismus ist von der Richtung in dem Kristall abhängig und ändert sich mit dieser. Die beiden Bilder sind bei allen dichroitischen Steinen einander in der Färbung sehr ähnlich, wenn man nahe einer optischen Axe hindurchsieht; sie zeigen um so größere Unterschiede, je weiter sich die Sehrichtung von jenen entfernt. Bei gewissen Richtungen weichen die beiden Bilder so weit voneinander ab, als es in dem betreffenden Steine überhaupt möglich ist. Die in diesem Falle auftretenden Farben sind die Hauptfarben, von denen schon oben bei der Erwähnung des Dichroits und Turmalins beispielsweise die Rede war. Durch deren Mischung in verschiedenen Verhältnissen entstehen dann die beim Hindurchsehen in anderen Richtungen sich ergebenden weiteren Farbentöne. Solcher Hauptfarben gibt es bei einaxigen Kristallen, wie beim Turmalin, zwei, bei zweiaxigen, wie beim Cordierit, drei. Sie sind ähnlich, aber nicht vollkommen gleich denen, die man beim Hindurch- sehen durch dichroitische Edelsteine direkt sieht. Bei der Beschreibung der einzelnen Steine werden die Hauptfarben zur Feststellung der Verhältnisse des Diehroismus mit- geteilt werden; aus ihnen folgen dann die anderen noch möglichen Farben als Zwischen- farben. Der Pleochroismus ist bei farbigen Steinen oft angenehmer und leichter zu beobachten als die Doppelbrechung, daher wird das Dichroskop auch seines geringen Preises wegen mindestens ebenso häufig angewendet als das Polarisationsinstrument. Es gibt aber auch eine Methode, dieses letztere zur Beobachtung des Dichroismus in sehr zweckmäßiger Weise zu benutzen. Man hat zu diesem Ende nur das Nicolsche Prisma n (Fig. 27) zu entfernen und im übrigen den auf dem Öbjekttisch o herumgedrehten Kristall ganz wie bei der Beobachtung der Doppelbrechung zu betrachten. Ist der Stein nicht pleochro- itisch, z. B. ein Spinell, so bleibt seine Farbe bei einer ganzen Umdrehung genau dieselbe. Hat er jedoch diese Eigenschaft, wie z. B. ein Rubin, so ändert sich die Farbe und wechselt zwischen zwei Extremen, die bei einer vollen Drehung um 360° viermal all- mählich ineinander übergehen. Es sind dieselben Farben, die man mit der dichro- skopischen Lupe beobachtet; man erhält sie hier aber nieht gleichzeitig nebeneinander, sondern nacheinander, so daß sehr geringe Farbenunterschiede auf diese Weise nicht ganz so leicht erkannt werden. Wie beim Dichroskop muß man auch hier, wenn in einer Lage des Steines kein Farbenwechsel eintritt, diesen ein- oder zweimal herumdrehen und in der neuen Lage wieder beobachten, ehe man ihn für wirklich nicht pleochroitisch erklären kann. Wie bei der gewöhnlichen Anwendung des Polarisationssapparates, kann ein Stein auch bei dieser besonderen durch Totalreflexion dunkel aussehen. Durch Beob- achtung des Steines in geeigneten Lagen oder durch Übergießen mit einer stark licht- breehenden Flüssigkeit wird dieser Übelstand hier ganz ebenso, wie oben (p. 60) bei Betrach- tung der Polarisation gezeigt wurde, gehoben. Zur Beseitigung störenden Seitenlichtes muB auch hier bei der Beobachtung die Hand vor den Stein gehalten oder eine Papperöhre aufgesetzt werden. Wir haben im vorhergehenden gesehen, daß die Beobachtung des Dichroismus zur Erkennung der Edelsteine und zur Unterscheidung voneinander und von Glasflüssen von größter Bedeutung sein kann. Sogar gefaßte Steine lassen sich zuweilen mit der Dichro- lupe prüfen, was oft durch keine andere optische Methode möglich ist. Die Erscheinung mub aber auch noch von einem anderen Gesichtspunkte aus berücksichtigt werden, nämlich beim Schleifen solcher Steine, bei denen sie sich sehr stark bemerkbar macht, so daß das ÄBSORPTIONSSPEKTRA. BESONDERE LICHT- UND FARBENERSCHEINUNGEN. 71 Auge beim Hindurchsehen in verschiedenen Richtungen sehr verschiedene Farben erhält. Ein derartiger Stein muß so geschliffen werden, daß die aus ihm in das Auge gelangenden Lichtstrahlen in derjenigen Rıchtung hindurchgegangen sind, daß sie die bestmöglichste Färbung angenommen haben. Ein Dichroit z. B., wie er oben erwähnt worden ist, muß so geschliffen werden, daß die dunkelblaue Farbe erscheint; nur dann ist er schön, wäh- rend er unansehnlich aussieht, wenn die hindurchgegangenen Lichtstrahlen die hellblaue oder gelblichgraue Färbung annehmen. Die Schönheit und damit der Wert zweier solcher Steine derselben Art und vom nämlichen Gewicht und der gleichen Beschaffenheit kann also je nach der mehr oder weniger geschiekten Anordnung der Schliffflächen nieht un- beträchtlich verschieden sein. Es ist daher auch für den Steinschleifer nicht ohne Nutzen, sich mit den Verhältnissen des Dichroismus bekannt zu machen. Zuweilen werden pleochroitische Steine gerade so geschliffen und gefaßt, daß diese Erscheinung recht deutlich sichtbar wird. Man stellt würfelförmige Stücke her, deren Flächen senkrecht zu den Richtungen sind, nach welehen beim Hindurchsehen die größten Farbenunterschiede auftreten. Diese Würfel werden meist mit einer Ecke auf Nadeln be- festigt; sie geben dann beim Herumdrehen jedesmal eine andere Farbe. Cordierit, Anda- lusit und andere werden in dieser Weise benutzt, wie wir später noch weiter sehen werden. Wie der Pleochorismus, so beruhen auch die charakteristischen Absorptionsspektra die einige Edelsteine, namentlich der Almandin und der Zirkon zeigen, auf der Absorption des Lichts. Läßtman die Strahlen, die aus diesen beiden Steinen austreten, noch durch ein Spektroskop — es genügt dazu ein kleines sog. Taschenspektroskop mit gerader Durchsicht — hin- durchgehen, so bemerkt man beim Almandin in dem dabei entstehenden Spektrum charak- teristische schwarze Streifen im Grün, beim Zirkon im Rot, Grün und Blau. Man kann beide mittels dieser sehr bezeichnenden Erscheinungen leicht erkennen und von anderen ähnlichen Edelsteinen unterscheiden. Dabei ist es nicht einmal nötig, durch den Stein von einem Ende zum andern hindurchzusehen. Es genügt, mit einem Spektroskop das von dem Stein an der Oberfläche reflektierte Licht zu beobachten, das immer eine gewisse Menge Strahlen enthält, die aus dem Innern kommen. In dem letzteren Fall darf die Lichtquelle nur nicht zu schwach sein. Jedenfalls kann diese Beobachtung in genügender Weise auch an gefaßten Steinen gemacht werden. 8. Besondere Licht- und Farbenerscheinungen. Die Struktur und andere Eigenschaften veranlassen bei manchen Mineralien Licht-, sowie von der eigentlichen Körperfarbe und oft überhaupt von färbenden Substanzen unabhän- gige Farbenerscheinungen besonderer Art, die ihnen zuweilen ein so schönes Aussehen verleihen, daß sie zu geschätzten Edelsteinen werden. Meistens sind es nur einzelne Stücke der betreffenden Mineralien, die sich in dieser Weise verhalten, während andere Exemplare derselben Species gar nichts davon erkennen lassen. Diese Erscheinungen beruhen auf den Gesetzen der Reflexion und Brechung des Lichtes, die wir oben kennen gelernt haben und die zu ihrer Erklärung nur auf die eigentümlichen Verhältnisse jener Mineralien angewendet zu werden brauchen, was allerdings bisher noch nicht in allen Fällen in nach jeder Hinsicht genügender Weise möglich gewesen ist. Da diese speziellen Verhältnisse erst bei der Beschreibung der einzelnen Edelsteine dargelegt werden können, so lassen sich die zugehörigen Erscheinungen ebenfalls erst dort eingehender besprechen; hier müssen wir uns zunächst nur mit allgemeineren Andeutungen begnügen. Von dem Farbenspiele des Diamantes ist schon im vorhergehenden ($. 52) die Rede gewesen; es ist eine Erscheinung der Lichtbreehung und Farbenzerstreuung eıinfachster Art. Das Irisieren ıst das Auftreten leuchtender Farben in bunter Abwechslung auf kleinen Rissen durchsichtiger und am besten farbloser Mineralien. Dies geschieht vielfach 78 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. auf unregelmäßigen Sprüngen, besonders häufig zeigen sie sich aber in der Richtung von Blätter- durchgängen, die daran nicht selten erkannt werden können. Auf diesen Rissen, seien es unregelmäßig gestaltete Sprünge oder ebene Spaltungsflächen, dringt leicht etwas Luft.in den Stein. Diese bildet dann äußerst feine Schichten, welche, wie es bei allen solchen dünnen Lagen durchsichtiger Körper der Fall ist, in den lebhaftesten Farben, den sog. Farben dünner Plättchen oder den Newtonianischen Farben, erglänzen. Es sind dieselben Farben, die man u. a. in großer Schönheit auf Seifenblasen sieht. Hier liegt diesen Farben ebensowenig wie bei irisierenden Steinen etwas Körperliches, also etwa eingemengter Farbstoff zugrunde; sie beruhen auf der Veränderung, die das einfallende weiße Licht erleidet infolge eines Vorganges, den die Physiker als Interferenz der Lichtstrahlen bezeichnen. Zuweilen werden irisierende Steine, z. B. Bergkristalle, mit dieser Farbenerscheinung so geschliffen, daß recht lebhaft schillernde Stellen von einigem Umfange möglichst nahe an die Ober- fläche kommen, wodurch sie besonders vorteilhaft in die Erscheinung treten; doch ist diese Verwendung nicht gerade häufig. Besonders schöne Farben derselben Art zeigen sich in einzelnen meist kleinen, aber häufig dicht gedrängten Flecken auf der Oberfläche mancher Stücke des an sich farblosen, trüben Opals, des danach so genannten edeln Opals, und bedingen dessen prächtigen bunten Farbenglanz (vgl. Taf. XVI, Fig. 6 bis 9). Sicher- lich ist die Erscheinung beim Opal nichts anderes als eine Art Irisieren, wenn auch das Zustandekommen desselben nicht von allen Beobachtern im einzelnen in ganz über- einstimmender Weise erklärt wird. Auf gewissen kristallographisch bestimmbaren Flächen, nieht aber auf der ganzen Oberfläche mancher Stücke des farblosen und stark durchscheinenden bis durchsichtigen Kalıfeldspates, des Adulars, sieht man einen bläulichen, milchigen Liechtschein, der beson- ders bei rundlichem Schliff schön hervortritt und der sich beim Drehen des Steines über dessen Oberfläche hin bewegt. Ein derart beim Drehen eines Steines über dessen Ober- fläche hinweg wandernder Lichtschein wird ein wogender genannt. Die Erscheinung speziell beim Adular wird als Adularisieren bezeichnet. Man hat sie mit dem milden Lichte des Mondes verglichen; Stücke, die sie schön zeigen, werden daher Mondsteine genannt und vielfach zu Schmucksteinen verarbeitet. Ein ganz ähnliches Licht entsteht auch auf manchen Stücken des Chrysoberylis, die gleichfalls als Edelsteine geschätzt sind und die den Namen Cymophan oder auch Katzenauge führen, da der Schimmer dieses meist grünen oder gelblichgrünen bis braunen Steines in der Tat an das Aussehen eines Katzenauges erinnert. Wir werden übrigens sehen, daß noch ein anderer Stein aus dem- selben Grunde den letzteren Namen führt; der schillernde Chrysoberyll wird dann als echtes oder orientalisches Katzenauge unterschieden. Beim Adular wird die Erscheinung hervorgebracht dureh Lichtreflexe auf inneren Blätterdurehgängen oder Absonderungs- flächen in Verbindung mit nach diesen Flächen eingewachsenen mikroskopisch kleinen Kristalltäfelchen (vgl. Taf. XVI, Fig. 4 und 5 und Taf. XII, Fig. 11). Eine ähnliche Erscheinung zeigen auch manche Turmaline und Berylle von Kalifornien, aber nur solche, die wie der Cymophan trüb sind (Turmalin- und Berylikatzenauge). In der Hauptsache ebenso und gleichfalls unterstützt durch kleine eingewachsene Kristallplättchen entstehen sehr lebhafte Farben auf einigen ganz bestimmten Flächen mancher Stücke des Labradorfeldspates, sowie eines Kalifeldspates von Frederiksvärn im südlichen Norwegen, der danach als farbenspielender oder labradorisierender Feldspat bezeichnet wird. Die Erscheinung wird hier Farbenwandlung oder Labradori- sieren genannt. An diesen unscheinbar grauen Mineralien treten auf den betreffenden Flächen, und nur auf diesen, die lebhaftesten grünen, blauen, violetten, roten, gelben usw. Farbenreflexe auf, entweder über die ganze Fläche einheitlich oder stellenweise bunt ab- wechselnd, in der Weise, daß das Farbenspiel, wie man unter dem Mikroskope sehen BESONDERE LICHT- UND FARBENERSCHEINUNGEN. 79 kann, von jenen eingewachsenen Plättchen ausgeht, die aus einer unbekannten, aber wahr- scheinlich sehr schwach lichtbrechenden Substanz bestehen und die vielleicht sogar z. T. Hohlräume darstellen. Dieser prächtige Farbenschiller veranlaßt die häufige Verwendung des Labradorfeldspates zu Schmucksteinen, weniger die des labradorisierenden Feldspates von Frederiksvärn, da bei diesem das Farbenspiel erheblich matter und schwächer ist (vgl. Tafel XVI, Fig. 2 und 3). Auf gewissen Flächen der Mineralien Hypersthen, Bronzit und Diallag bemerkt man, und zwar ganz einheitlich über die ganze Fläche weg, einen metallischen Schiller der diese nichtmetallischen Substanzen, wenigstens in den betreffenden Richtungen erscheinen läßt, als seien sie mit Metallglanz begabt. Dieser Schiller rührt ebenfalls von mikroskopisch kleinen metallglänzenden Plättchen her, die nach jenen Flächen dem Minerale in großer Zahl eingewachsen sind. In dieser Richtung eben oder etwas rundlich geschlif- fene Stücke jener Mineralien werden zuweilen als Schmucksteine benützt, namentlich solche des Hypersthen, dessen Schiller durch eine dunkelkupferrote Farbe ausgezeichnet ist, während bei den anderen genannten Mineralien graue, gelbe, grüne und braune Farben vorkommen. Metallischen Schiller von roter Farbe, jedoch nur an einzelnen kleinen, aber zahlreichen Stellen, nicht gleichmäßig über die ganze Fläche weg, zeigt auch der Avan- turınquarz durch eingewachsene kleine, aber mit bloßem Auge noch deutlich sichtbare Glimmerblättehen, sowie der Avanturinfeldspat oder Sonnenstein durch kleine Täfelehen von Eisenglanz. Schöne Lichteffekte beruhen zuweilen auf der mehr oder weniger ausgesprochenen faserigen Beschaffenheit mancher Mineralien. Ein heller, milchiger, wogender Licht- schein tritt namentlich auf in der Faserriehtung rundlich geschliffenen Flächen soleher Steine hervor und wandert beim Dreben über deren Oberfläche hin. Das Katzenauge, im Gegensatze zu dem oben erwähnten orientalischen auch Quarzkatzenauge genannt, ist ein Quarz, der durch zahlreiche, in einer Richtung eingewachsene Fäden des Minerals Asbest oder nach deren Verwitterung durch die zurückgebliebenen hohlen Kanälchen faserige Beschaffenheit erlangt; es zeigt die genannte Erscheinung, die man nebst der ganz ähnlichen des Adulars und des Cymophans auch wohl als Opalisieren oder Chatoyıeren bezeichnet, in ausgezeichneter Weise. Auch hier wird auf den grünen, braunen und gelben, meist bohnenförmig geschliffenen Steinen der Eindruck eines wirklichen Katzenauges hervorgebracht. Die Ursachen der Erscheinung sind jedoch beim Quarzkatzenauge andere als bei den anderen genannten Mineralien. Man hat es hier mit nichts anderem als mit einem ausgezeichneten, aber durch die Natur des Steines etwas modifizierten Seidenglanz zu tun, wie er faserigen Substanzen überhaupt eigen zu sein pflegt. Einen solchen mit einer starken Annäherung an den Metallglanz bewundert man an dem schön goldig schimmernden Tigerauge, einem jetzt bei uns massenhaft zu billigen Schmucksachen verwendeten Faserquarz (vgl. Taf. XVIII, Fig. 4° und 4° und Fig. 5). Hier schließt sich wohl auch der Asterismus an, der unter den Edelsteinen nament- lich, aber nicht ausschließlich, beim Sapphir eine gewisse Rolle spielt. Wenn man die sechsflächigen Pyramiden dieses Minerals (Fig. 63 e bis i), das wir unten noch näher kennen lernen werden, an ihren Endecken eben oder rundlich abschleift, so erblickt man zuweilen beim Hindurchsehen nach einer Lichtflamme oder beim Spiegeln einer solchen auf der Schliffläche einen ın dem milchigen Lichte der zuletzt genannten Steine schimmernden sechsstrahligen Stern. Steine, an denen er auftritt, heißen darnach Sternsapphire oder allgemein Sternsteine oder Asterien. Er soll hervorgebracht werden durch Beugung des Lichtes an einer Unzahl langer, äußerst dünner, hohler Kanälchen, die in drei unter 1200 gegeneinander geneigten Richtungen parallel jener angeschliffenen Fläche dem Steine 80 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. eingelagert sind und auf denen die Strahlen des Sternes senkrecht stehen, oder auch durch mikroskopisch feine Nädelchen, die in denselben Richtungen liegen wie jene Kanälchen. Nach einer anderen Annahme entsteht der Stern durch eine große Zahl von nach drei Richtungen eingewachsenen Zwillingslamellen. Eine ähnliche Erscheinung beobachtet man auch bei Zirkonen und Granaten, die solche Nädelchen enthalten, und bei manchen Rosen- quarzen ist dergleichen ebenfalls zu sehen. Endlich folgen dann noch zwei Erscheinungen, die nur kurz erwähnt zu werden brauchen, da sie für die Verwendung der Mineralien zu Schmucksteinen von geringer Bedeutung sind. Es sind dies die Lumineszenzerscheinungen die Fluoreszenz und die Phosphoreszenz. Die Fluoreszenz erscheint in ausgezeichneter Weise bei dem Flußspat aus den Bleierzgängen von Cumberland. Von diesem Mineral, dem von den Mineralogen zuweilen so genannten Fluorit, hat sie auch ihren Namen. Eine fluoreszierende Substanz zeigt beim Hindurchsehen eine andere Farbe, als wenn das Licht an der Oberfläche reflektiert wird. Bei jenem Flußspat z. B. sind diese beiden Farben grün und blau; bei der ge- wöhnlichen Betrachtung treten sie beide abwechselnd auf. Der Flußspat hat als Edelstein keine große Wiehtigkeit. Unter den wirklichen und häufig verwendeten Schmucksteinen ist es wohl bloß der Bernstein, bei dem die Fluoreszenz in bemerkbarer Weise erscheint, und auch bei diesem nur an Stücken von gewissen Fundorten, so namentlich an solchen von Sizilien und von Birma. Derartige Bernsteinstücke sind beim Hindurchsehen gelb bis braun und reflektieren ein grünes bis blaues, meist sehr düsteres Licht. Dieses erzeugt auf rundlichen Flächen einen eigentümlichen Schiller, der aber nach dem jetzigen Ge- schmack die Schönheit des Steines und damit seinen Wert wesentlich verringert. Unter Phosphoreszenz versteht man die Eigenschaft einer Substanz, auf gewisse äußere Einwirkungen hin schon bei niederer Temperatur ein weißes oder farbiges mildes Licht auszustrahlen, das vielfach erst im Dunkeln deutlich erkannt wird. Dieser Lichtschein hält im Gegensatz zur Fluoreszenz, die beim Aufhören der äußeren Einwirkung sofort ver- schwindet, mehr oder weniger lange an; bei manchen Substanzen dauert er stundenlang, bei anderen verschwindet er allerdings schon nach kurzer Zeit, oft nach wenigen Augenblicken. Manche Edelsteine zeigen die Erscheinung und können dann daran unter Umständen er- kannt und von anderen ähnlichen unterschieden werden. Der Bergkristall phosphoresziert, wenn er mit einem anderen Bergkristall gerieben wird; der Diamant tut es in ausge- zeichneter Weise, wenn dasselbe mit Tuch geschieht, schon beim leichten Überstreichen über ein Tuchkleid phosphoresziert er im Dunkeln lebhaft. Auch durch Bestrahlen mit direktem Sonnenlicht werden einzelne wenige Diamanten leuchtend; sie schlucken gewisser- maßen das Sonnenlicht ein, um es im Dunkeln wieder von sich zu geben. Beim Er- wärmen phosphoresziert u. a. der Lasurstein von Chile; er leuchtet noch weit unter der Glühhitze, und ebenso verhalten sich weiße Topase (vgl. auch Seite 72) usw. und viel- leicht manche Diamanten. Von großem Interesse sind die Phosphoreszenzerscheinungen, die gewisse Edelsteine unter der Einwirkung von Radiumstrahlen zeigen. Mit am ausgezeichnetsten verhält sich auch hier der Diamant. Er leuchtet rasch und glänzend, und die Erscheinung dauert nach Aufhören der Bestrahlung noch mehrere Stunden an. Allerdings ıst dieses Verhalten nicht bei allen Diamanten gleich. Am lebhaftesten ist die Phosphoreszenz bei den sog. „blauweißen“ Steinen, die man mit dem besonderen Namen Tiffanyit von den übrigen Diamanten unterschieden hat. In ihnen wird daher eine besondere und zwar eine dem Anthracen ähnliche, stark phosphoreszierende Substanz vermutet, die das Leuch- ten vermittelt. Bergkristall, Topas, Glas und andere Substanzen, die ähnlich wie Diamant aussehen können, werden durch Radiumbestrahlung nieht zum Leuchten gebracht und THERMISCHE EIGENSCHAFTEN. 81 lassen sich auch dadurch von jenem unterscheiden. Topas luminesziert prächtig unter der Einwirkung von Radiumstrahlen, wenn er vorher geglüht ist. Röntgenstrahlen und ultra- violettes Licht bringen beim Diamant ebenfalls Phosphoreszenzerscheinungen hervor. Be- sonders bemerkenswert und dem des Diamants am nächsten stehend ist bezüglich der Lumineszenz das Verhalten des Kunzit. Bei der Betrachtung dieses Edelsteins wird davon noch eingehender die Rede sein. e) Thermische, elektrische und magnetische Eigenschaften, Das Verhalten der Edelsteine gegen Wärme, Elektrizität und Magnetismus ist für ihre Verwendung von nur geringer Wichtigkeit. 1. Thermische Eigenschaften. Von einer gewissen Bedeutung für die Unterscheidung mancher Körper ist ihre Wärmeleitungsfähigkeit. Die Mineralien verhalten sich in dieser Beziehung sehr verschieden. Es gibt unter ihnen gute und schlechte Wärmeleiter; mit zu den besten ge- hören die meisten Edelsteine. Daher kommt es, daß diese sich bei der Berührung kalt anfühlen, weil die Wärme der Hand rasch von ihnen abgeleitet und so der letzteren ent- zogen wird. Im Gegensatze dazu sind unechte, in Glas nachgemachte Edelsteine schlechte Wärmeleiter. Das Glas leitet die Wärme der Hand nicht rasch fort und die Imitationen fühlen sich daher im Vergleich mit den echten Steinen warm an. Diese Erscheinung des kalten und warmen Anfühlens kann so unter Umständen leicht zur Unterscheidung echter Steine von Glasflüssen führen, nur dürfen die betreffenden Stücke nicht schon längere Zeit mit der Hand berührt oder sonst erwärmt und auch nicht zu klein sein. Es wird erzählt, daß es einem Mineralogen mit Leichtigkeit gelungen ist, aus einer größeren Zahl von in Edelsteinform geschliffenen Glasstücken einen echten Diamant herauszufühlen, der mit jenen in einem Sacke verborgen war. Einer der schlechtesten Wärmeleiter, ein noch viel schlechterer als Glas, ist der Bern- stein, der sich daher durch noch wärmeres Anfühlen selbst vom Glase leicht und sicher unterscheiden läßt. Da gewissen Bernsteinsorten zuweilen gelbes Glas untergeschoben wird, so ist dieses Verhalten manchmal von einiger Bedeutung. Ähnlich ist es mit dem Gagat, einer Art Steinkohle, die nicht selten zu Trauerschmuck verarbeitet wird. Zu dem- selben Zwecke wird vielfach ein schwarzes undurchsichtiges Glas verwendet. Eine flüchtige Berührung mit der Fingerspitze zeigt dem Kundigen, ob er es mit dem schlechtleitenden, warm sich anfühlenden Gagat oder dem besser leitenden, bei der Berührung kalt erscheinenden Glas zu tun hat. Die Juweliere wenden zuweilen zur Unterscheidung echter Steine von Glasflüssen eine auf dem Wärmeleitungsvermögen beruhende besondere Methode an, indem sie die Stücke anhauchen. Dabei beschlagen sich echte Steine schwerer mit Feuchtigkeit und verlieren den Beschlag auch leichter und rascher wieder als Gläser, weil sie leichter und rascher sich erwärmen als die letzteren. Zur Unterscheidung roher Steine kann manchmal die Schmelzbarkeit vor dem Lötrohr benutzt werden. Nur wenige der als Edelsteine viel benutzten Mineralien sind schmelzbar, so z. B. der rote Granat, der sich dadurch leicht von dem gleichfalls roten, aber unschmelzbaren Rubin und dem Spinell unterscheidet. Leicht schmelzbar sind nament- lich alle Glasimitationen. Bei geschliffenen Steinen ist diese Methode natürlich aus- geschlossen, dagegen kann man von den rohen Stücken häufig leicht ein Splitterchen ab- nehmen, das zur Untersuchung genügt. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 6 82 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Manche Edelsteine verändern, wie wir gesehen haben, in der Wärme ihre Farbe oder leiden sonst bei starkem Erhitzen, weshalb hierbei unter allen Umständen Vorsicht zu üben ist. Starke Glut können Rubin, Spinell und Granaten ertragen, im allgemeinen muß diese auch bei Diamanten vermieden werden. 2. Elektrische Eigenschaften. Manche Edelsteine werden durch äußere Einwirkungen mehr, manche andere weniger stark elektrisch erregt. Sie verhalten sich dabei dann auch weiter darin verschieden, daß einige die erworbene Elektrizität lange behalten, während sie bei den übrigen schon nach _ kurzer Zeit, manchmal nach wenigen Minuten, wieder vollständig verschwunden ist. Diese Unterschiede hat Haüy, einer der Begründer der modernen wissenschaftlichen Mineralogie, der um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts in Paris lebte, in ganz hervor- ragender Weise zur Erkennung und Unterscheidung von Edelsteinen zu benützen gesucht, sehr viel ausgiebiger als die heute hierzu besonders wichtigen optischen Eigenschaften. In seinem 1817 erschienenen Werke: Traite des caracteres physiques des pierres pr&cieuses nimmt die Betrachtung des elektrischen Verhaltens 72 von 253 Seiten ein, während den optischen Erscheinungen nur 32 Seiten gewidmet sind. Ein Vergleich mit den ent- sprechenden Zahlen des vorliegenden Buches wird den Unterschied zwischen einst und jetzt klar machen. Die Untersuchung des elektrischen Verhaltens hat wie die des optischen den großen Vorzug, dab dabei die Steine nicht die geringste Beschädigung erleiden. Sie hat aber letzterem gegenüber den Nachteil, daß die schwachen Grade von elektrischer Erregung, wie sie die meisten Edelsteine nur entwickeln, schwierig nachzuweisen sind, und daß die Beobachtung eine gewisse Übung und Geschicklichkeit und vor allem ein vollkommen trockenes Lokal erfordert, das nieht immer in genügender Beschaffenheit zur Verfügung steht. Durch die Feuchtigkeit der Luft wird die an der Oberfläche der Steine entwickelte Elektrizität rasch abgeleitet, und ein Stein, der diese in trockenem Raume lange behält, verliert sie in einem feuchten in kurzem. Dadurch wird ein Merkmal, auf das Haüy besonderen Wert legt, nämlich die Länge der Zeit, während der ein Stein die an seiner Oberfläche erregte elek- trische Spannung zurückhält, mehr oder weniger illusorisch. Der Grund, warum Haüy bei der Bestimmung der Edelsteine die elektrischen Eigenschaften den optischen gegenüber so stark bevorzugte, liegt, wie schon angedeutet, in dem Stande der Wissenschaft zur Zeit, als er seine Beobachtungen anstellte. Die Methoden der elektrischen Untersuchungen waren wenigstens für die vorliegenden Zwecke damals schon sehr entwickelt, und außerdem gelang es Haüy, ein für diese Beobachtungen bequemes Hilfsinstrumentehen zu erfinden, die elektrische Nadel. Dem gegenüber standen die optischen Methoden weit zurück. Man kannte zwar den Unterschied der einfachen und doppelten Lichtbrechung, aber es gab noch kein Polarisationsinstrument für die bequeme und sichere Beobachtung, und der Dichroismus war überhaupt noch nicht entdeckt. Mit der Erfindung eines bequemen Polarisationsinstrumentes und der dichrosko- pischen Lupe mußte notwendig die optische Untersuchung in den Vordergrund treten, wie es heutzutage der Fall ist, wo die elektrischen Methoden zur Prüfung von Edelsteinen kaum noch benutzt werden. Daher soll von diesen auch nur kurz die Rede sein. Zum Nachweis einer an der Oberfläche eines Steines vorhandenen elektrischen Erregung verwendet man jetzt Elektroskope und Elektrometer von zum Teil recht kom- plizierter Einrichtung, die aber sehr schwache Spuren von Elektrizität noch nachzuweisen erlauben. Haüy benutzte seine schon erwähnte elektrische Nadel, ein mit einem Messing- kügelchen an beiden Enden versehenes Messingstäbehen, das sich wie eine Magnetnadel ELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN. 83 in der Mitte auf einer feinen Stahlspitze leicht herumdrehen kann. Bringt man einen elektrisch erregten Körper in die Nähe eines der Kügelchen, so wird dieses angezogen. Noch empfindlicher wird der Apparat, wenn man die Kugel elektrisch macht; sie wird dann von dem elektrischen Körper je nach der Art seiner Ladung angezogen oder abgestoßen. Denselben Dienst leistet in ganz entsprechender Weise das elektrische Pendel, ein an einem feinen Kokonfaden aufgehängtes Hollundermarkkügelchen. Mit Hilfe eines dieser Instrumente läßt sich nachweisen, daß an der Oberfläche der Mineralien, speziell der Edelsteine, auf verschiedene Weise Elektrizität hervorgerufen werden kann, was aber nur bei wenigen von einigem Interesse ist. Durch Reibung mit Tuch werden alle Edelsteine positiv elektrisch wie Glas, und zwar in gleicher Weise über die ganze Oberfläche hin. Besonders stark werden Topas und Turmalin erregt, weniger stark der Diamant; die meisten werden es nur schwach. Vorzugsweise günstig für die Stärke der Erregung sind glatte Flächen, daher eignen sich geschliffene Steine ausgezeichnet zu solchen Versuchen. Einzelne Edelsteine behalten, wenigstens in ganz trockener Luft, die Elektrizität lange, am längsten wohl der Topas, bei dem man 32 Stunden nach dem Reiben die Erregung noch nachweisen konnte; 5 bis 6 Stunden bleibt der Sapphir, eine halbe Stunde lang der Diamant erregt. Man kann mit Hilfe dieses Verhaltens die drei Steine: weißen Topas, farblosen Sapphir und Diamant, voneinander unterscheiden, indem man sie mit Tuch stark reibt und in einem trockenen Raume auf eine Metallplatte legt. Die meisten anderen Edelsteine verlieren die Elektrizität sehr rasch wieder, einzelne nach wenigen Augenblicken. Bernstein wird beim Reiben wie andere Harze negativ elektrisch, und zwar so stark, daß er leichte Körper, wie z.B. kleine Stückchen Papier, kräftig anzieht, um sie nachher wieder abzustoßen Bei ıhm ist das elektrische Verhalten wertvoll, um ihn von gewissen Substanzen zu unter- scheiden, dıe ihm vielfach untergeschoben werden, wie bei seiner speziellen Beschreibung eingehender gezeigt werden soll. Manche Edelsteine werden auch durch Temperaturveränderung, bei dem Erwärmen oder bei der Abkühlung nach dem Erwärmen, elektrisch. Diese Art Elektrizität wird Pyro- elektrizität genannt. Dabei wechseln auf der Oberfläche eines und desselben Steines positive und negative Stellen miteinander ab, und die bei der Erwärmung positiven Punkte werden bei der Abkühlung negativ und umgekehrt. Besonders stark pyroelektrisch erregt werden namentlich der Turmalın und der Topas, die sich dadurch von anderen Steinen, die sonst fast alle nur geringe Entwickelung von Pyroelektrizität zeigen, unterscheiden lassen. Der Turmalin zieht sogar, wenn er erhitzt ist und sich allmählich abkühlt, infolge der dabei entwickelten Elektrizität, ähnlich wie der geriebene Bernstein, kleine leichte Körper an. Er und der Topas wirken auch stark auf die obengenannten Instrumente. Man kann so z. B. roten Turmalin von Rubin unterscheiden, welcher letztere nicht bemerkbar pyro- elektrisch wird, und ebenso den hell grünlichblauen Topas von dem ebenso gefärbten nicht pyroelektrischen Aquamarin. Der Turmalın hat noch die besondere Eigenschaft, daß er polar erregt wird, d. h. so, daß das eine Ende eines Kristalls positiv, das andere negativ ist. Dies kann in ausgezeichneter Weise für das Auge sichtbar gemacht werden durch das Verfahren von Kundt. Bestäubt man einen erhitzten in der Abkühlung begriffenen Turmalin mit einem durch Schütteln innig vereinigten Gemenge feinsten Schwefel- und Mennigepulvers, so tritt eine Sonderung ein. Das positive Ende des Steins zieht den elektronegativen Schwefel an und färbt sich da- durch gelb; das negative Ende des Steins wird ebenso durch die elektropositive Mennige rot. Dadurch kann man einen Turmalin stets leicht und sicher erkennen und unterscheiden, und dieselbe Methode läßt sich natürlich auch sonst anwenden. An einer solchen elek- trısch erregten Oberfläche haftet das Pulver ziemlich fest und ist nicht leicht von dem 6* 84 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. . Stein zu entfernen. War der Stein nicht elektrisch geworden, so findet keine Verteilung der beiden Pulver statt und sie haften nicht an der Oberfläche, von der sie sich leicht weg- blasen lassen. Dies ist ein in manchen Fällen charakteristisches Verhalten. 3. Magnetismus. Einige Mineralien sind magnetisch, sie werden vom Magnet angezogen, wie z. B. das Magneteisen. Eine gewisse titanhaltige Abart desselben, der schwarze metallische Iserin nimmt beim Sehleifen einen sehr lebhaften Glanz an und wird daher zuweilen als Schmuck- stein verwendet, ohne aber irgendwelche Bedeutung zu haben. Der geschliffene Iserin kann an seinem starken Magnetismus von anderen schwarzen Steinen unterschieden werden, die alle nur sehr schwach auf einen Magnet einwirken. D. Vorkommen der Edelsteine. Zur vollständigen Kenntnis eines Edelsteins gehört auch, zu wissen, an welchen Orten und unter welchen Umständen er vorkommt. Letzteres ist für das Aufsuchen von Edelsteinen von großer Bedeutung. Bei der speziellen Beschreibung der einzelnen Edel. steine wird davon genauer die Rede sein, hier handelt es sich zunächst nur um einige allgemeine Mitteilungen über die Art und Weise, wie sie sich in der Natur finden. Wie bei allen anderen Mineralien beobachtet man hierbei eine zweifache Verschieden- heit. Vielfach findet man die Edelsteine noch auf ihrer ursprünglichen, primären Lager- stätte, d. h. an der Stelle der Erdkruste und ın dem Gestein, wo sie entstanden sind; oder sie sind durch Verwitterung und Zerstörung des ursprünglichen Gesteins aus diesem losge- löst und oft durch das Wasser fortgeschwemmt. Sie finden sich nun, vielfach fern von dem Ursprungsort, auf einer neuen, sekundären Lagerstätte. Auf ihrer ursprünglichen Lagerstätte bilden die Edelsteine häufig Bestandteile der die Erdkruste zusammensetzenden Gesteine. Sie sind in diesen von der Gesteinsmasse, dem sogenannten Muttergestein, ringsum dicht umschlossen und gleichzeitig mit deren übrigen Bestandteilen gebildet worden. Meist sind solche Gesteinsgemengteile unregel- mäßig begrenzt, nicht selten bilden sie aber auch vollkommen regelmäßig gestaltete Kristalle, die dann ringsum auf ihrer ganzen Außenseite mit Kristallflächen versehen sind, so daß sie, vorsichtig aus dem Muttergestein herausgenommen, ın idealer Voll- ständigkeit vorliegen. Ein Beispiel eines solchen eingewachsenen Kristalls bietet der Taf. XIV. Fig. 3 abgebildete rote Granat (Almandin), der im Gneis liegt ; die Formen solcher aus dem Muttergestein losgelöster Granaten in ihrer ringsum vollständigen Umgrenzung sind in Fig. 83 dargestellt. Häufig sind aber die Mineralien und darunter auch manche Edelsteine nicht gleich- zeitig mit den Bestandteilen des umgebenden Gesteins, sondern später als dieses entstanden. Sie sind dann nicht ringsum von der Gesteinsmasse umschlossen, sondern sie haben sich auf den in dieser vielfach vorhandenen Hohlräumen angesiedelt. Dies sind zum Teil ringsum geschlossene Höhlungen von verschiedener Form und Größe, zum Teil mehr oder weniger lang sich hinziehende Klüfte und Spalten von beträchtlicher Weite bis herab zu den feinsten Äderchen. Die später gebildeten Mineralien füllen vielfach diese Hohlräume voll- ständig aus, häufig bedecken sie aber nur in mehr oder weniger dicken Schichten deren Wände. Wenn sie kristallisiert sind, sitzen die Kristalle mit ihren unteren Enden auf diesen Wänden auf, meist zu mehreren oder vielen vereinigt, sogenannte Drusen bildend, und ihre Spitzen ragen frei in den leeren Raum hinein. Derartige aufgewachsene Kristalle sind selbstverständlich an der sogenannten Ansatzstelle, mit der sie auf der Unterlage befestigt sind, nicht mit regelmäßigen Flächen versehen, sie sind nicht ringsum - VORKOMMEN DER EDELSTEINE. SEIFEN. s5 vollständig auskristallisiertt wie die oben betrachteten eingewachsenen Kristalle, und können daran, auch wenn sie von dem Gestein weggebrochen sind, von jenen unter- schieden und so nach ihrem ursprünglichen Vorkommen beurteilt werden. Beispiele soleher Formen von der Unterlage abgebrochener, ursprünglich aufgewachsen gewesener Kristalle, und zwar von Quarz. geben die Fig. 100 b bis d, während Fig. 100 a im Gegensatz dazu die vollständige Form eines eingewachsen gewesenen Quarzkristalls darstellt. Die unregelmäßigen Ansatzstellen sind bei jenen nach unten gekehrt und ziemlich ausge- dehnt, manchmal sind sie auch klein und zuweilen kaum bemerkbar. Eine Druse solcher Quarzkrystalle, und zwar der besonderen Abart, die man Bergkristall nennt, wie sie sich vielfach auf Klüften und Spalten im Gneise der Hochalpen finden, ist auf Taf. XVII abgebildet. Wichtiger als das primäre Vorkommen in den festen Gesteinen ist an vielen Orten und für manche Edelsteine das sekundäre in den lockeren, durch Verwitterung aus diesen entstandenen Massen, den Edelsteinseifen. Die Gesteine, die die Edelsteine beherbergen, zersetzen sich vielfach an der Erdober- fläche durch die Verwitterung infolge der Einwirkung der Atmosphärilien, der Luft, des Regens usw. Dadurch wird der Zusammenhalt der ursprünglich festen Masse zerstört, indem einzelne Bestandteile vom Wasser aus dem Gestein aufgelöst und fortgeführt werden. Es bleibt dann ein mehr oder weniger lockerer, toniger oder sandıger widerstandsfähiger Überrest als Verwitterungsprodukt zurück. In diesem stecken nun auch alle die in dem ursprünglichen Gestein vorhanden gewesenen Edelsteine, denn diese werden durchgängig von der Verwitterung nicht ergriffen; sie widerstehen ihr hartnäckig, während die meisten anderen Gesteinsbestandteile allmählich zersetzt und aufgelöst werden. Dadurch findet eine nicht unbedeutende Anreicherung der Masse statt. Die Edelsteine bleiben unver- ändert zurück, das umgebende Gesteinsmaterial wird zum Teil zerstört und fortgeführt, und der verwitterte Überrest muß infolgedessen verhältnismäßig mehr Edelsteine enthalten, als das ursprüngliche feste Gestein. Während also unter Umständen und sogar meistens Edelsteine aus dem festen Gestein nicht mit Nutzen gewonnen werden können, weil es zu arm daran ist, so ist dies aus demselben Gestein im verwitterten Zustande möglich, aber nicht nur der größeren Reichhaltigkeit des Verwitterungsprodukts wegen, sondern auch aus dem Grunde, weil die Steine in diesem lose liegen, so daß sie ohne erhebliche Mühe gesammelt werden können. Aus dem festen Gestein dagegen müßten die Edelsteine mühsam herausgearbeitet werden, was bedeutende Kosten verursachen und wobei, trotz aller Vorsicht, manches wertvolle Stück zerbrechen würde. Ein solcher durch Verwitterung entstandener loser und lockerer Gesteinsschutt, der ein technisch nutzbares Mineral in für die Gewinnung genügender Menge enthält, wird allge- mein eine Seife, wenn er Edelsteine führt, eine Edelsteinseife genannt. Man spricht so speziell von Diamantseifen usw. Solche Seifen, die überall, wo sie vorkommen, die festen Gesteine bedecken und die äußerste Oberfläche der Erde bilden, liefern uns gerade die wertvollsten und kostbarsten aller Edelsteine, Diamanten, Rubine, Sapphire und andere. Diese werden aus der Schuttmasse meist gewonnen, indem man die feineren und leichteren, meist tonigen oder lehmigen Bestandteile derselben durch Fortschwemmen mit Wasser ent- fernt und die Steine dann aus den gröberen Rückständen ausliest. Man spricht daher auch von Edelsteinwäschereien. Wenn das verwitterte Gestein noch an der Stelle liegt, wo früher das frische, unver- witterte Gestein gelegen hatte, dann sind die einzelnen, die Schuttmasse zusammensetzenden Mineralkörner und vor allem die darunter befindlichen Edelsteine scharfkantig und eckig und ihre etwaigen Kristallformen sind ebenso wohl erhalten, wie bei den noch im festen Gestein 56 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. steckenden Mineralien. Meist wird die ganze Masse aber vom fließenden Wasser ergriffen, von den Bächen und Flüssen fortgeführt, weitergeschwemmt und endlich an einer passen- den Stelle talabwärts, oft erst in großer Entfernung, wieder abgelagert. Dies sind die Sande und Kiese usw., die man im allgemeinen als die Flußalluvionen zu bezeichnen pflegt. In Seifen dieser Art sind die Mineralkörner, auch die der Edelsteine, trotz ihrer großen Härte, durch das gegenseitige Abschleifen und Abwetzen bei der fortgesetzten langan- dauernden Bewegung nicht mehr eckig, sondern mehr oder weniger abgerollt und abge- rieben, rundlich und glatt; sie bilden Gerölle oder Geschiebe. Zeigt sich diese Beschaffen- heit, so kann und muß geschlossen werden, daß die Masse im Wasser geschwemmt worden ist, ganz wie aus den scharfen Kanten und Eeken umgekehrt folgt, daß dies nicht der Fall war. Die härtesten Edelsteine werden auf diese Weise stark abgerundet, mit Aus- nahme des Diamants; aber sogar dieser zeigt häufig wenigstens Spuren von Abrollung, zum Zeichen, daß auch härtere Steine von weicheren endlich bezwungen werden können, wenn die Einwirkung nur lange genug andauert. Die abgerollten Stücke der Seifen sind nicht selten von besserer Beschaffenheit als die nicht abgerollten und die noch in dem Gestein befindlichen Edelsteine. Diese sind vielfach von Rissen durchsetzt, die man oft kaum sieht, nach denen sie aber doch leicht zerbrechen. Anders ist es bei vom Wasser geschwemmten Stücken in den Seifen. Bei der Bewegung in den Flußalluvionen haben sie so viele Stöße aushalten müssen, daß sie sicher nach allen Richtungen schon zerbrochen sind, nach denen dies mit größerer Leichtig- keit möglich ist. Man kann also aus dem Vorkommen in Seifen, aus der abgerollten Form bis zu einem gewissen Grade schließen, daß in solchen Steinen schädliche Risse und leicht brechende Stellen nicht mehr existieren, daß sie, wie man zu sagen pflegt, gesund sind, da sie schon starke Proben ihrer Festigkeit und Dauerhaftigkeit haben bestehen müssen. Was die geographische Verbreitung der Edelsteine anbelangt, so kamen die kostbarsten in früherer Zeit hauptsächlich aus Indien und anderen heißen Ländern des „Orients“ zu uns. Man glaubte daher auch im Mittelalter, daß die glühende Sonne tropischer Gegenden dazu gehöre, die wertvollen Eigenschaften der kostbaren Edelsteine zur Entwicklung zu bringen, so daß wohl gemeine Exemplare der betreffenden Mineralien sich auch in kälteren Gegenden bilden, nicht aber die prächtigen Stücke von der edelsten Beschaffenheit. Deswegen wurde von allen guten Steinen, deren Fundorte teilweise früher nur sehr oberflächlich be- kannt waren, angenommen, daß sie aus dem „Orient“ stammen. Aus diesem Grunde werden noch heute die kostbarsten Edelsteine „orientalische“ genannt im Gegensatz zu den weniger wertvollen „oceidentalischen“. Heutzutage weiß man aber, daß die Edelsteine, auch die wert- vollsten, nicht auf den „Orient“, nicht auf heiße Klimate beschränkt sind, daß sie sich nicht bloß ın Indien, Ceylon, Birma, Siam, Brasilien, Kolumbien usw. finden, sondern in ebenso vortrefflicher Beschaffenheit in Nordamerika, im Ural und in anderen Gegenden des Nordens. Die Bezeichnung ‚orientalisch“ soll demnach heutzutage nicht mehr die Heimat des be- treffenden Steines, sondern nur dessen besondere Kostbarkeit angeben; es ist kein geo- graphischer Begriff mehr, sondern ein Qualitätsbegriff, der außer in dem obigen Sinne manchmal auch in der Art angewendet wird, daß die schönsten und besten Exemplare eines Edelsteines als „orientalische“ vor den minder vorzüglichen „oceidentalischen“ aus- gezeichnet werden. Wir haben später zahlreiche Beispiele hierfür kennen zu lernen, be- sonders bei der Betrachtung des Korunds. Im zweiten Teil sollen für alle Edelsteine die wichtigeren Fundorte, namentlich soweit sie für den Handel von Interesse sind, ausführlich beschrieben werden. VERWENDUNG DER EDELSTEINE IN DER TECHNIK UND ZUM SCHMUCK. 87 II. Verwendung der Edelsteine. Die Verwendung der Edelsteine beruht entweder auf ihrem schönen Aussehen und ihrer Härte zusammen oder auf ihrer Härte allein. Im ersten Fall dienen sie zum Schmuck, im anderen zu gewissen technischen Zwecken, die ein besonders hartes Material erfordern. A. Verwendung in der Technik. Die Verwendung in der Technik ist die weitaus untergeordnetere, wir werden sie da- her nur im Vorbeigehen betrachten. Seit 1700 verwendet man zu Zapfenlagern feiner Uhren harte Edelsteine, weil diese von den aus Stahl bestehenden Axen der Räder bei deren andauernder Bewegung nicht angegriffen werden. Man pflegt diese Steine als „Rubis“ zu bezeichnen, es sind aber keineswegs lauter Rubine, obwohl diese wegen ihrer ganz besonders großen Härte vor allem hierzu tauglich wären, sondern ebenso gut und wohl noch häufiger Granat, Chryso- beryll, Topas, Spinell und andere. Es kommt dabei nur darauf an, daß diese Steine eine größere Härte als die des Stahls besitzen, sie können aber dabei trüb, undurchsichtig und unrein sein, und in der Tat verwendet man zu dem angegebenen Zwecke vorzugs- weise solche Exemplare, die ihrer Beschaffenheit wegen nicht zum Schmuck geeignet und daher billiger sind. In ähnlicher Weise wie bei den Uhren werden auch bei anderen feinen Instrumenten, wie Elektrizitätszählern, Wagen usw., Zapfenlager aus harten Steinen, hier namentlich aus Achat, hergestellt, um die Abnutzung auf ein möglichst geringes Maß zurückzuführen. Die feinen Öffnungen zum Ziehen der äußerst dünnen Gold- und Silberdrähte bringt man in Edel- steinen an, damit sie nicht beim Gebrauch zu bald ausgeweitet und dadurch unbrauchbar werden. Instrumente zum Polieren von Metallen usw. werden gleichfalls aus harten Steinen, und zwar vorzugsweise wieder aus Achat hergestellt, und ebenso manches andere zu ähnlichen Zwecken dienende Gerät. Die Edelsteine, die in der Technik die größte Bedeutung haben, sind zugleich die härtesten, der Diamant und der Korund, letzterer allerdings vorzugsweise in seiner unreinsten Abart, dem sogenannten Schmirgel. Die vielfältige technische Verwendung des ersteren werden wir bei dessen spezieller Beschreibung kennen lernen. Mıt dem Korund und allen anderen harten Steinen hat er aber eine besonders wichtige Verwendung gemein, nämlich die als feines Pulver zum Schleifen von Diamanten und anderen Edelsteinen sowie son- stiger harter Gegenstände. Auch hierauf werden wir unten bei der Betrachtung der Edel- steinschleiferei noch einmal eingehender zurückzukommen haben. B. Verwendung zum Schmuck. Viel wichtiger ist die Benutzung der Edelsteine zum Schmuck. Weitaus die meisten und namentlich die schönsten und kostbarsten Edelsteine in ihren wertvollsten Exemplaren werden als Schmucksteine verwendet. Zu diesem Zweck sind sie aber in ihrem natürlichen, dem sogenannten rohen Zustande, als sogenanntes „brut“ des Edelsteinhandels, wenig ge- eignet, weil sie in diesem meist ein unansehnliches Äußeres haben. Erst nach ihrer Be- arbeitung durch das Schleifen und Polieren tritt ihre ganze Schönheit hervor, erst im ge- schliffenen Zustande sind sie zum Schmuck tauglich. ss ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Der Schleifprozeß zielt also darauf ab, die Schönheit der Edelsteine möglichst zu heben und ihnen zu diesem Zwecke eine ihren Eigenschaften und ihrer speziellen Be- nützung entsprechende regelmäßige Form zu geben, die entweder stetig gerundet, mugelig, ist, oder aus einzelnen kleinen Flächen, den sogenannten Facetten, sich zusammensetzt. Formen dieser letzteren Art werden besonders häufig hergestellt. Die künstlichen Formen, die man so den Edelsteinen zu geben pflegt, die sogenannten Schlifformen, sind durch die im Laufe der Jahrhunderte gemachten Erfabrungen der Steinschleifer festgestellt. Es hat sich dabei ergeben, daß zur Erlangung der vorteilhaftesten Wirkung Steine verschiedener Beschaffenheit auch ım allgemeinen voneinander ab- weichende Sehlifformen erhalten müssen. Durchsichtige Steine werden anders geschliffen als undurchsichtige, tiefgefärbte anders als helle oder ganz farblose. Ein farbloser Stein in der Form der dunkelgefärbten würde ebensowenig zur vollen Geltung kommen, als um- gekehrt ein sehr dunkel gefärbter Stein in der Gestalt, die sich für farblose als zweck- mäßig und passend herausgestellt hat. Für durchsichtige Steine ist dabei von wesentlicher Bedeutung die Stärke der Licht- breehung und Farbenzerstreuung, die beide zusammen die Wirkung der Edelsteine, nament- lich der Diamanten, beeinflussen. Von ihnen hängt der Gang der Lichtstrahlen ab, die, wie wir oben (8.52) gesehen haben, möglichst alle nach vorn aus dem Edelstein austreten müssen, nachdem sie in ıhn eingedrungen und an den hinteren Flächen wieder nach vorn zurück- geworfen worden sind. Hierzu ist aber vor allem erforderlich, daß die äußere Form den optischen Verhältnissen des Steines so vollkommen wie möglich angepaßt ist, weil ohne diesen Einklang die Wirkung des Steines mehr oder weniger zu wünschen übrig läßt. Es ist demnach die Aufgabe des Steinschleifers, jedem Stein dıe Form zu geben, die seine Schönheit am meisten hebt, selbstverständlich unter möglichster Schonung des kostbaren Materials. Die langjährige Erfahrung hat den Steinschleifern gewisse allgemeine Regeln gelehrt, die hierbei immer angewendet werden, und die nach der speziellen Beschaffenheit des zu schleifenden Steines wieder gewisse Modifikationen erleiden. Bei allen Steinen muß die Breite und die Dicke ein bestimmtes Verhältnis haben, ebenso die Vorderseite zur Hinterseite. Die farblosen dürfen nicht zu dick, aber auch nicht zu dünn sein, beides beein- trächtigt die Wirkung bedeutend. Zu dicke Steine werden klumpig, zu dünne ge- streekt genannt; klumpig sind meist die z. B. von indischen Schleifereien herge- stellten Formen. Von zwei gut geschliffenen Steinen der nämlichen Art von gleicher Form und Größe heißt der leichtere ebenfalls gestreckt, der schwerere gedrungen. Die ersten werden meist vorgezogen. Die hinteren Facetten müssen eine bestimmte Lage zu den vorderen haben, weil sie sonst die von diesen kommenden Lichtstrahlen’ nicht in vollkommener Weise nach vorn zurückwerfen können. Bei farbigen Steinen gelten die- selben Regeln, die Dicke ist hier aber vielleicht von noch größerer Bedeutung. Ein dunkelgefärbter Stein darf nicht zu diek sein, weil sonst die Farbe trübe und matt, fast schwarz erscheint, umgekehrt ein hellgefärbter nicht zu dünn, weil sonst die Farbe nur unvollkommen zur Geltung kommt. Die Dicke kann daher nicht für alle Steine derselben Art die nämliche sein, sondern sie muß sich nach der Tiefe der Färbung des einzelnen Exemplars richten. Im allgemeinen ist es gleichgültig, wie die Facetten zu den durch die Kristallisation gegebenen Richtungen in den einzelnen Edelsteinen liegen, wenn sie nur gegeneinander die richtige Anordnung haben. Doch ist in einzelnen Fällen eine bestimmte Orientierung nach diesen Richtungen vorteilhaft oder sogar notwendig, weil manche Steine, z. B. der Labradorit, der Mondstein und andere, nur in ganz bestimmten Richtungen die Licht- und Farbenerscheinungen zeigen, die sie als Edelsteine verwendbar erscheinen lassen, in anderen EDELSTEINSCHLEIFEREI. 39 aber durchaus nicht (S. 78). Auch starker Dichroismus ist hierbei zu berücksichtigen (S. 73). Diese Fälle werden bei der Betrachtung der einzelnen Steine noch besonders hervorgehoben werden. Weiter wird man selbstverständlich an einem vorliegenden rohen Steine die Facetten so legen, daß die gewünschte Form mit möglichst geringem Materialverlust erhalten wird und der geschliffene Stein neben der günstigsten Gestalt noch eine möglichst be- deutende Größe behält. Manchmal sind aber bei der Anlage der Facetten noch weitere Rücksichten zu nehmen, besonders wenn der rohe Stein Fehler besitzt, die dessen Wirkung im geschliffenen Zustande stören würden. Die Facetten werden dann zweckmäßig so an- geordnet, daß gerade diese fehlerhaften Stellen beim Schleifen wegfallen, und nach dem Schliff nur der reine Stein zurückbleibt, oder man richtet es, wenn die vollständige Ent- fernung unmöglich ist, so ein, daß die Fehler im geschliffenen Steine eine die Schönheit möglichst wenig beeinträchtigende Lage erhalten. Unter Umständen kann sich die Frage erheben, ob man einen vorliegenden rohen Stein unter Verzicht auf eine seinen Eigenschaften möglichst vollkommen angepaßte Form so schleifen soll, daß möglichst wenig Material dabei verloren geht, oder ob man nicht lieber eine etwas größere Gewichtseinbuße erleiden will, um eine die Schönheit auf den höchsten Grad erhebende Form zu erhalten. Bei einem solehen Konflikt geht wenigstens in Europa ein geschickter Steinschleifer stets darauf aus, einem Steine die für ihn günstigste Form zu geben und verliert dabei lieber einen etwas größeren Teil desselben, als dab er, um dies zu vermeiden, eine weniger vorteilhafte Form wählt. Etwas kleinere Steine von vollkommener Form und daher mit schönster Wirkung sind viel geschätzter und wert- voller als etwas größere derselben Art, die infolge ungünstigen Schliffes ihre volle Schön- heit nicht entfalten können. Der größere Materialverlust wird also durch die bessere Form reichlich wieder ersetzt. Für jeden einzelnen rohen Stein wird natürlich gesucht, bei der Bearbeitung möglichst wenig wegzuschleifen und das Gewicht möglichst hoch zu erhalten, da der Preis unter sonst ganz gleichen Verhältnissen lediglich vom Gewicht abhängt, aber man tut das nicht auf Kosten der Vollkommenheit der Form. Man verliert oft die Hälfte und noch mehr von dem rohen Steine, um eine gute Form zu erzielen, und der Besitzer desselben macht so ein besseres Geschäft, als wenn er diesen Verlust vermeidet, indem er eine minder günstige Form wählt. Der mehr oder weniger große Geschäftsgewinn eines Edelsteinschleifers hängt wesentlich von der Kunst ab, jedem einzelnen rohen Steine unter möglichster Erhaltung des Gewichts die vollkommenste Form zu geben. In früheren Zeiten herrschten hierüber gerade entgegengesetzte Grundsätze, und im Orient, in Indien etc. ist es noch jetzt so. Man suchte beim Schleifen die Größe und das Ge- wicht möglichst wenig zu vermindern und brachte oft ganz unregelmäßig gegeneinander gelegene Facetten an, die eine möglichst geringe Menge Material wegnahmen, die aber auch die Schönheit des Steines kaum erhöhten. Daher findet man viele aus alten Zeiten stammende Edelsteine von sehr unvorteilhafter Form, die jetzt häufig nach den modernen Grundsätzen von neuem geschliffen werden. Sie erhalten dadurch trotz des damit ver- bundenen Gewichtsverlustes neben dem schöneren Aussehen einen höheren Wert. Das- selbe geschieht meistens mit den Steinen, die im angeschliffenen Zustande aus den Fund- orten in fernen Weltgegenden zu uns kommen, und die in den unzweckmäßigen Formen, die sie von dort mitzubringen pflegen, in Europa als Schmucksteine überhaupt keine Ver- wendung finden könnten. Wir werden nunmehr die einzelnen bei der Benutzung der Edelsteine als Schmuck- steine in Betracht kommenden Punkte der Reihe nach eingehender betrachten. 90 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. a. Sehliffformen Die Schliffformen, die nach den jetzigen Erfahrungen in dem oben auseinanderge- setzten Sinne als am geeignetsten für die Edelsteine sich erwiesen haben, und die daher gegenwärtig wenigstens für die wertvolleren derselben so gut wie ausschließlich an- sewendet werden, können nach dem Vorhandensein von Facetten im einen und einer runden Form im anderen Falle, und weiter nach der Zahl und Anordnung jener Facetten in fünf Typen eingeteilt werden, die aber durch Übergänge vielfach miteinander ver- bunden sind. Den Formen mit Facetten stehen die runden, die mugeligen Formen gegenüber, welche letztere zusammen den ersten Typus bilden. Sind Facetten vorhanden, so sind sie entweder rings um den Stein mehr oder weniger gleichmäßig verteilt, oder sie liegen alle auf einer Seite desselben, während auf der anderen Seite nur eine einzige große Fläche angebracht ist. Wir haben dann die Form einer einfachen Pyramide mit der großen Fläche als Grundfläche Ist letzteres der Fall, so hat man einen zweiten Typus, den der Rosette oder Rose. Ist der Stein ringsum facettiert, wie z. B. der in Fig. 33 dargestellte, wo a und c die Ansichten von oben und unten und b von der Seite gibt, so kann man ihn als aus zwei Teilen bestehend betrachten. Der eine Teil liegt bei der gewöhnlichen Art und Weise der Fassung in einem Schmuckstück nach außen oder vorn, dem Beschauer zugekehrt; dies ist der Oberteil (Oberkörper, Krone, Pavillon), Fig. 33° und OO in Fig.33”. Der andere Teil, Fig. 33° und U U in Fig. 33”, liegt nach innen oder hinten, vom Beschauer abgekehrt und in der Fassung verborgen; man nennt ihn Unterteil (Unter- körper, Külasse, in England und Amerika Pavillon). Die Facetten dieser beiden Teile stoßen in der Mitte in einem Rande & R (Fig. 33°) zusammen, der die Rundiste (Einfassung, Gürtel, auch Rand) heißt, und mit dem die Steine in ihrer Fassung befestigt werden. Das Ganze bildet so gewissermaßen eine Doppelpyramide mit meist abgestumpften Spitzen. Die beiden Hälften haben die Rundiste zur gemeinsamen Grundfläche, so daß in dieser die Facetten und Kanten der einen mit denen der anderen zusammenstoßen. In den drei letzten Typen, dem Brillant und dem Treppenschnitt, sowie dem Tafelstein mit dem Biseauschliff, sind die drei genannten Teile vorhanden, Oberteil, Unterteil und Rundiste, dıe Facetten sind in ihnen aber in verschiedener Zahl und in verschiedener Gruppierung angeordnet, und darauf beruht die Unterscheidung dieser letzteren drei Formenreihen. Wir werden nunmehr diese verschiedenen Schlifformen einzeln betrachten. Sie sind auf Tafel II-IV und Fig. 33—38 in Ansichten von verschiedenen Seiten dargestellt. Die zu einem und demselben Steine gehörigen Bilder sind auf den Tafeln stets mit derselben Nummer, die Ansicht von der Seite ist dabei mit a, die vom Oberteil her mit b, die von unten mit c bezeichnet. Dieselben Buchstaben sind auch festgehalten, wenn nur eine oder die andere jener drei Ansichten gezeichnet ist. Die Taf. II gibt die Formenreihe des Brillant; dazu gehört noch Fig. 1 von Taf. III. Die übrigen Figuren dieser letzteren Tafel stellen die verschiedenen Formen des Treppenschnittes dar, und auf Taf. IV sind die Rosetten, die Tafelsteine und die mugeligen Gestalten abgebildet. Aus Fig. 36 ist der zum Typus des Tafelsteins gehörige Biseauschliff zu ersehen. Selbstverständlich ist es nur bei kostbaren und wertvollen Steinen lohnend, kompli- zierte Schlifformen mit zahlreichen ganz regelmäßig und genau nach den Gesetzen der Erfahrung gerichteten Facetten anzubringen. Die Kosten eines so vollkommenen Schliffes sind sehr beträchtlich und viel zu hoch, als daß sie auch bei billigen Steinen aufgewendet werden könnten. Im allgemeinen findet man allerdings bei ihnen dieselben Formen, aber man reduziert vielfach die Anzahl der Facetten und gibt sielı viel weniger Mühe, eine ganz regelmäßige und gesetzmäßige Gruppierung derselben zustande zu bringen. Dadurch SCHLIFFFORMEN. BRILLANT. 91 werden die Ausgaben für das Schleifen wesentlich vermindert, aber freilich auch die Schön- heit des Steines erheblich beeinträchtigt. 1. Brillant. Als Erfinder dieser Form wird der Kardinal Mazarın genannt. Sie ist zum erstenmale, etwa 1650, hergestellt worden bei Gelegenheit der Anstrengungen, die dieser Minister machte, um die Diamantschleiferei in Paris wieder zu heben. Zuerst erschien sie an Diamanten; Mazarin ließ zwölf der größten Steine dieser Art aus dem damaligen fran- zösischen Kronschatz in der genannten Form schleifen. Das sind die zwölf sogenannten „Mazarins“, die aber jetzt bis auf einen verschwunden sind, und auch von diesem ist die Zugehörigkeit zu dieser vielgenannten Zwölfzahl nicht über jeden Zweifel erhaben. In der Folge hat sich die Überlegenheit des Brillantschliffes über alle anderen Formen beim Dia- mant und anderen farblosen und durchsichtigen, sowie auch bei manchen farbigen Steinen so deutlich herausgestellt, daß er jetzt für die durchsichtigen Edelsteine die Hauptform geworden ist. Nur aus ganz besonderen Gründen wird ein Diamant anders wie als Brillant geschliffen, und die wertvollen durchsichtigen, gefärbten Steine erhalten eben- falls sehr häufig und am besten diese auch bei ihnen sehr wirkungsvolle Gestalt, wenn- gleich nicht so ausschließlich wie die Diamanten. Wie sehr der Brillant die eigentliche Schlifform gerade des Diamants ist, geht daraus hervor, daß man unter einem Brillant schlechtweg immer einen in dieser Weise geschliffenen Diamant zu verstehen pflegt. Fig. 33. Brillant (dreifacher, alte Form, @ Ansicht von oben, b von der Seite, c von unten). Jeder Brillant (Fig. 33) hat am Oberteil O (Fig. 33° und 33°) eine breite Facette D, die Tafel, der am Unterteil U (Fig. 33° und 33°) eine viel kleinere, die Kalette, B gegen- überliegt; beide gehen der Rundiste RZ (Fig.33”) parallel. Von den ringsum liegenden Facetten stoßen einige mit einer Seite an die Tafel an, die Sternfacetten d; sie erscheinen nur am Oberteil. Andere liegen ebenso mit einer Seite an der Rundiste, und zwar oben so- wohl als unten; das sind die Querfacetten, f und g, sowie D und E. Die Stern- und Querfacetten sind dreieckig; zwischen ihnen liegen noch größere vier- und fünfseitige Facetten, « und c am Oberteil, A und © am Unterteil, die aber in einzelnen Fällen zum Teil auch fehlen können. Die Rundiste AR bildet stets eine Ebene, ihre Form gibt der Umriß der Fig. 33° und 33°. Nach der Zahl der Facetten unterscheidet man eine Anzahl verschiedener spezieller Brillantformen. Der zweifache Brillant (zweifaches Gut) (Taf. II, Fig. 1°, ’, °) hat am Oberteil um die Tafel vier dreiseitige Sternfacetten, an der Rundiste in den Ecken vier gleichschenklig dreieckige und rechts und links von diesen je zwei, also im ganzen acht ungleichschenklig dreieckige Querfacetten. Es sind also am Oberteil außer der Tafei im ganzen sechzehn Facetten vorhanden, die in zwei Reihen übereinander liegen, daher der Name „zweifacher Brillant,. Am Unterteil sind auch (neben der Kalette) sechzehn Facetten: dreiseitige Querfacetten in derselben Zahl und Anordnung wie oben, zwischen ihnen vier fünfseitige Facetten, die an die kleine Kalette mit kurzen Kanten anstoßen. Eine besondere Art dieser Form ist der englische zweifache Brillant (zwei- faches Gut mit Stern) (Taf. II, Fig. 2°, ”, °). Hier liegen acht dreieckige Sternfacetten, 92 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. einen achtstrahligen Stern bildend, um die Tafel herum, und zwischen diesen acht gleich- falls dreieckige Querfacetten; der Unterteil ist wie der des gewöhnlichen zweifachen Brillants (Fig. 1°), doch können die an den Ecken der Rundiste liegenden gleichschenklig dreieckigen Querfacetten auch fehlen, so daß die Form Fig. 2° entsteht. Diese mit wenigen Facetten versehene Form des zweifachen Brillants trifft man meist nur bei ganz kleinen Diamanten. Sie ist nicht imstande, das Feuer und namentlich das Farbenspiel eines solchen Steines auf das höchste erreichbare Maß zu steigern. Hierzu ist eine größere Anzahl von Facetten nötig, wie sie der am Ende des 18. Jahrhunderts von Peruzzi erfundene dreifache Brillant (das dreifache Gut) hat. Drei Reihen von Facetten liegen hier am Oberteil übereinander, im ganzen 32 ohne die Tafel, und zwar acht dreieckige Sternfacetten, sechzehn ebensolche Querfacetten und dazwischen noch weitere acht Facetten von vierseitiger Form. Die Anordnung ergibt sich aus dem obigen, so- wie aus Taf. II, Fig. 3°, ? und Fig. 4°, ’. Am Unterteil sind sechzehn Querfacetten wie am Oberteil, darunter acht fünfseitige größere Facetten, die an die kleine Kalette anstoßen. Im ganzen haben wir hier außer der Tafel und der Kalette oben 32, unten 24, also im sanzen 56 Facetten; manchmal erhöht sich diese Zahl, indem die Querfacetten noch einmal halbiert werden, oder auf andere Weise. Dies ge- a schieht namentlich bei sehr großen Diamanten, wie dies z. B. der Regent zeigt. (Taf. XI, Fig. 8° und 8°). Taf. II, Fig. 3 gibt eine ältere Form, bei der die Rundiste einen nahezu quadratischen Umriß hat; es ist dieselbe, wie die in Fig. 33 abgebildete. Sie ist zugunsten der in Taf. II, Fig. 4 abgebildeten verlassen worden. Bei dieser zeigen die Facetten dieselbe Zahl und Anordnung, sie sind aber hier ringsum mehr ins Gleichgewicht getreten, so dab der Umriß der Rundiste sich sehr der Kreisgestalt nähert. Die Form der Rundiste ist überhaupt nicht immer dieselbe, was meist mit der ursprünglichen Form des rohen Steines zusammenhängt. In dem Taf. II, Fig. 5’, ° von oben und unten abgebildeten Brillanten ist sie mehr oval (Mar- quise), in Taf. II, Fig. 6°, ° birnförmig, endlich in Taf. II, Fig. 7”, ° dreiseitig. Im letzteren Falle ist dann auch die Zahl der Facetten eine andere als sonst; sie sind nicht mehr nach der Vierzahl, sondern nach der Dreizahl an- einander gereiht. iR Diese Formen können als die Normalformen des Brillants BR ER angesehen werden, und genau so werden sie auch sehr j ee “ häufig, ja wohl in den allermeisten Fällen hergestellt. Doch hindert dies nicht, daß man zuweilen gewisse, aber stets nur kleine Modifikationen an- bringt, die sich zum Teil auf die Anordnung der Facetten, zum Teil aber auch auf deren Zahl beziehen, indem manchmal noch einzelne Gruppen kleiner Facetten in regelmäßig symmetrischer Lage zugefügt werden. Eine solche etwas stärkere Modifikation ist auch die Form, die neuerdings in Amerika patentiert worden ist. (Fig. 34° und ’ von der Seite und von oben). Es ist im wesentlichen die in Taf. II, Fig. 4 dargestellte Form, aber die Tafel ist sehr klein und die großen viereckigen Flächen des Oberteils sind in der Mitte horizontal gebrochen; hieraus ergeben sich dann die anderen kleinen Abänderungen von selbst. Der Unterteil hat dieselbe Form wie in Fig. 33. Man hat hier oben 48, unten 24, dem- nach zusammen 72 Facetten außer der Tafel und der Kalette, somit 16 mehr als bei dem neuen dreifachen Brillant (Taf. Il, Fig. 4). Die meisten der auf Taf. X u. XI in natürlicher Schliffformen. TafellI Brillantformen. 1a, b, c. Brillant, zweifaches Gut. 2a, b, ce, englischer zweifacher Brillant (zweif. Br. mitStern). 3a, b, c. Brillant, dreifaches Gut, ältere Form. 4a, b, c. ditto, neuere Form, rund. 5b, e. ditto, oval. 6b, e. ditto, birnförmig. 7a, b, ce. ditto, dreiseitig. 8a. Halbbrillant. SCHLIFFFORMEN. BRILLANT. 93 Größe und Form abgebildeten großen Diamanten sind als Brillanten geschliffen. Ihre Vergleichung mit den Normalformen auf Taf. II wird die Übereinstimmung der geschliffe- nen Steine mit diesen, aber auch mehrfach kleine Abweichungen erkennen lassen. Übrigens können Steine von allen möglichen Formen mit brillantartig angeordneten Facetten ver- sehen werden, so z. B. Steine mit den sämtlichen in Fig. 36 abgebildeten Umrissen. Man spricht dann z. B. von Navettebrillantschliff ete. Es ist durchaus nötig, daß die Facetten eines guten Brillants sehr regelmäßig und symmetrisch gruppiert sind, und daß die nach ihrer Anordnung gleichartigen und zusammen- gehörigen auch gleich groß sind. Nur wenn dies der Fall ist, hat der Stein die denk- bar vorteilhafteste Wirkung. Ist jedoch der Brillant ungenau geschliffen, sind die Facetten minder regelmäßig angeordnet, dann ist die Schönheit des Steines bei sonst gleicher Be- schaffenheit weit geringer. Ebenso sind aber auch die relativen Größenverhältnisse der einzelnen Teile von höchster Bedeutung, weil erfahrungsgemäß nur bei Innehaltung der- selben der Brillant seine höchste Schönheit entfaltet. Es gibt in dieser Hinsicht gewisse all- gemeine Regeln, die man stets beobachtet, wenn nicht ganz besondere Gründe kleine Ab- weichungen erforderlich machen. Danach ist die Höhe des Oberteils über der Rundiste !/;, die des Unterteils 2/; der Gesamthöhe des Steines von der Tafel bis zur Kalette; der Durchmesser der Tafel beträgt 5/s, der der Kalette !/; des Durchmessers der Rundiste, also der Kalette !; von dem der Tafel. Kaum ein schöner Brillant zeigt wesentliche Ab- weichungen von diesen Dimensionen; solche werden nur dann zugelassen, wenn die Gestalt des rohen Steines bei genauer Innehaltung der richtigen Form allzu große Verluste beim Schleifen bedingen würde, oder bei farbigen Steinen, um die Dieke der mehr oder weniger tiefen Färbung nach Möglichkeit anzupassen. So weicht aus dem ersteren Grunde der „Kohinur“, der berühmte große Brillant der englischen Krone (Taf. X, Fig. 5), stark von der Normalform ab; er ist viel zu niedrig, während der „Regent“, der größte Brillant des französischen Kronschatzes und einer der vollkommensten und schönsten existierenden Brillanten (Taf. XI, Fig. 8), die obigen Verhältnisse in größter Genauigkeit innehält. Der letztere hat daher auch ein ganz anderes Feuer und Farbenspiel als der erstere, bei gleicher Qualität der Steine an sich. Es bleibt noch zu erwähnen übrig, daß die Rundiste der Brillanten zuweilen scharf- kantig ist (Taf. X, Fig. 5), wie das die englischen Steinschleifer zu machen pflegen, daß sie aber auch vielfach etwas abgeschliffen wird (Taf. XI, Fig. 8 u. 9), wie in Hol- land. Die erstere Anordnung begünstigt die Wirkung des Steines, die Fassung ist aber weniger fest, da die scharfen Kanten leicht ausbrechen. Es sei hier noch der Halbbrillanten (Brilloneten) gedacht, die manchmal, jedoch als im ganzen seltene Erscheinungen vorkommen. Es sind Brillanten ohne Unterteil (Taf. Il, Fig. 8°), bei denen sich der Oberteil über einer breiten Fläche erhebt, die den Stein nach unten für sich allein begrenzt, wie bei der Rosette. Die Form wird zuweilen bei sehr flachen rohen Steinen angewendet, ihre Wirkung steht aber weit unter der des voll- ständigen Brillants. An die PBrillantform schließt sich der von dem Pariser Juwelier Caire am Anfang des 19. Jahrhunderts erfundene Sternschnitt an, der Taf. III, Fig. 1°, ’,° abgebildet ist. Caire suchte in dieser Form die Vorteile des Brillants mit denen der später zu beschreiben- den Rosette zu vereinigen. Die Facetten sind in der aus den Figuren zu ersehenden Weise nach der Sechszahl angeordnet. Die Form gewährt namentlich bei Diamanten, für die sie hauptsächlich ersonnen wurde, einen sehr schönen strahlenden Anblick und steht dem eigentlichen Brillant vielfach nicht nach, sie erfordert aber die äußerste Regelmäßig- keit in der Anordnung der Facetten. Für manche rohe Steine bedingt sie auch einen erheb- lich geringeren Materialverlust beim Schleifen, im ganzen ist sie aber doch wenig im Gebrauch. 94 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Endlich ist noch eine letzte hier sich anschließende Form zu erwähnen, die um den Anfang des 20. Jahrhunderts in Amerika aufgekommen ist und die daher als Schliff des 20. Jahrhunderts, oder nach dem in dieselbe Zeit fallenden Regierungsjubiläum der Königin Viktoria von England auch als Jubiläumsschliff bezeichnet wird. Sie ist ın Fig. 35°, ® und ° von der Seite, von oben und von unten dar- gestellt. Begrenzt ist sie an der Ober- und an der Unterseite von je 40, also im ganzen von 80 Facetten, von denen die vier- seitigen Facetten des Oberteils, die mit einer Ecke an die Run- diste anstoßen, zuweilen noch einmal durch eine stumpfe Kante nach der Höhenlinie halbiert werden, wie es die Figur zeigt. Tafel und Kalette fehlen. Dieser Schliff wird für farblose Edel- steine, z. B. Topas, vor allem aber für Diamant, angewendet und ist so namentlich in Amerika beliebt. Er bringt besonders an diesem Stein eine sehr schöne Wirkung hervor, führt aber be- trächtlichen Materialverlust herbei und verlangt recht große Sorg- falt in der Herstellung, die daher zeitraubend und folglich teuer ist. Übrigens werden für gewisse Steine und zu beson- deren Zwecken vielfach neue Formen ähnlicher Art erfunden, 5 die wir aber hier nicht weiter betrachten können. 2. Treppenschnitt. Die verschiedenen Formen des eigent- lichen und modifizierten Treppenschnittes sind in Taf. III, Fig, 2 bis S dargestellt. Den eigentlichen Treppenschnitt geben die Figuren 2 bis 4. Auf einer Rundiste von vierseitigem (Fig. 2”), sechsseitigem (Fig. 3”), achtseitigem (Fig. 4”, °), oder auch wohl zwölfseitigem, zuweilen ringsum gleichmäßig ausgedehn- tem, zuweilen auch in einer Richtung etwas verlängertem, oblongem e Umriß erhebt sich ein Oberteil mit einer breiten Tafel von der Form der Rundiste (Fig. 2”, 3” 4,") und ein Unterteil meist mit Fig. 35. Schliff des 20 Jahr- einer kleinen ebenso gestalteten Kalette (Fig. 2% 4°), die ge- hunderts. (Jubiläumsschlift,) legentlich auch fehlt, so daß der Unterteil ganz spitz ausläuft (Fig. 7°, °). An beiden Teilen liegt eine Anzahl von Facetten in der Weise übereinander, daß sie sich in lauter der Rundiste parallelen Kanten schneiden (z.B. Fig. 4”, °). Die Facetten neigen sich von der Rundiste ab und immer mehr und mehr gegen die Tafel und die Kalette zu, sie liegen also von jener aus immer flacher (Fig. 2°, ” usw.). Am Oberteil sind zwei, auch wohl drei solcher Facettenreihen, die in ihrer Neigung gegen die Tafel nur wenig voneinander abweichen. Alle sind entweder gleich breit (Fig. 2”, 3”), oder die unteren breiter, die oberen an der Tafel liegenden schmäler (Fig. 4°). Am Unter- teil schwankt die Zahl meist zwischen vier (Fig 8°, °) und fünf in jeder Reihe (Fig. 2°, 4° usw.); sie sind hier immer alle gleich breit. Der Treppenschnitt ist die Form der farbigen Steine, soweit sie nicht als Brillanten geschliffen werden, also namentlich der wenig tief gefärbten. Er hebt Farbe und Glanz bedeutend, muß aber besonders am Unterteil den speziellen Verhält- nissen des Steines angepaßt werden. Zu wenig Facetten lassen das Feuer und die Farbe nicht recht zur Geltung kommen, daher geht man unter vier bis fünf Reihen kaum herunter, bei schwachgefärbten Steinen wird deren Zahl auch wohl noch vermehrt. Meist hat der Oberteil ein, der Unterteil zwei Drittel der Gesamthöhe. Bei schwach- gefärbten Steinen wird letzterer höher gehalten, bis zu dreiviertel der Gesamthöhe, bei leb- haft gefärbten entsprechend niedriger. Während der Unterteil als besonders geeignet für die Entfaltung der Schönheit farbiger SCHLIFFFORMEN. TREPPENSCHNITT. TAFELSTEIN. 95 Steine nur im einzelnen gewissen unbedeutenden Modifikationen unterliegt, wird der Ober- teil beim Treppenschnitt vielfach erheblich abgeändert; es entstehen dadurch Nebenformen, von denen einige auf Taf. III, Fig. 5 bis 8 abgebildet sind. Bei ihnen allen sind die treppenförmig angeordneten Facetten des Oberteils durch solche ersetzt, die ungefähr ähn- lich wie beim Brillant gruppiert sind. Es sind also bis zu einem gewissen Grade Kombi- nationen von Treppen- und Brillantschnitt, die im allgemeinen für schwachgefärbte Steine besonders geeignet sind. Eine sehr häufig angewandte Form ist der gemischte Schnitt (Fig. 5°, b), wo am Oberteil je eine Reihe dreieckiger Stern- und Querfacetten vorhanden ist, zwischen denen eine Reihe vierseitiger Facetten liegt. Lichtgefärbte Steine erhalten durch diese Form höheres Feuer und stärkeren Glanz als durch den eigentlichen Treppen- schnitt, doch ist diese Form auch für lebhaft gefärbte und schön durchsichtige Steine von genügender Dicke recht vorteilbaft. Der Umriß der Rundiste ist nicht immer wie in der Figur 5; er kann auch quadratisch, sechsseitig usw. sein. Dieser Form sehr nahe steht der Sehliff mit doppelten Facetten (Fig. 6°, ®). Manche Facetten, die an der vor- hergehenden Form einfach auftreten, sind hier gewissermaßen halbiert, so daß zwei Reihen derselben entstehen, in der Weise, wie es die Figur ohne weiteres zeigt. Diese große Zahl der Facetten wird häufig angewendet, um Fehler des Steines zu entfernen oder möglichst unschädlich zu machen, im übrigen wirkt diese Form ähnlich wie der gemischte Sehnitt. Beim Sehnitt mit verlängerten Brillantfacetten ist die Anordnung am Oberteil wieder sehr ähnlich wie beim vorhergehenden, die Facettenreihen sind aber ab- wechselnd stark verlängert und verkürzt (Fig. 7°,’,°). Der Umriß der Rundiste ist ent- weder dem quadratischen genähert, wie in der Figur, oder auch in einer Richtung ins oblonge verlängert. Besonders beı solchen länglichen Steinen kommt dieser Schliff zur Verwendung, der den Glanz stark hebt. Auch wenn der Unterteil keine große Dicke hat, wirken die verlängerten Brillantfacetten günstig. Daher ist diese Form für rohe Steine von geringer Dicke sehr geeignet. Eine weitere ähnliche Form, das Maltheser- kreuz, zeigt Fig. 8°, ®, ° aus der die Anordnung der Facetten im einzelnen zu ersehen ist. Es gibt noch mehrere solche Formen, die sich aber alle den beschriebenen nahe an- schließen, so daß ein weiteres Eingehen darauf überflüssig ist. 3. Tafelsteine. Unter diesem Namen ist eine Anzahl von Formen zusammenge- faßt, die sich alle mehr oder weniger ungezwungen auf eine vierseitige Doppelpyramide, ein sogenanntes reguläres Oktaöder beziehen und von diesem ableiten lassen. Diese letztere Form selbst ıst an manchen Diamanten alter Schmuckstücke zu beobachten; es ist die natürliche Kristallform vieler Diamanten, die man in jenen Zeiten noch nicht durch Schleifen zu ändern, höchstens auf den vorhandenen natürlichen Flächen etwas zu polieren verstand. Solche durchaus der Vergangenheit angehörige Diamanten werden als Spitz- steine bezeichnet. Der Tafelschnitt und die daran sich anschließenden Formen entstehen aus dem Okta@der durch mehr oder weniger starkes Abschleifen zweier gegenüberliegender Ecken (Taf. IV, Fig. 11 bis 16), wobei am Oberteil zuweilen noch einige weitere Facetten angebracht werden (Fig. 11, 13, 14, 16). Der eigentliche Tafelstein entsteht, wenn zwei gegenüberliegende Ecken eines Ok- ta@ders gleichweit abgeschliffen werden. Der Oberteil ist dann ebenso groß wie der Unter- teil, und die Tafel gleich der Kalette. Der Umriß der Rundiste ist bald quadratisch, bald oblong. Die Ansicht eines quadratischen Tafelsteines von oben zeigt Fig. 15”, die eines oblongen der geschliffene Epidot auf Taf. XIV, Fig. 2. Die Wirkung, die der Tafelstein hervorbringt, ist im allgemeinen gering, doch werden manche farbige Steine, wie unter anderen der Smaragd, vorteilhaft in dieser Weise geschliffen. Einige weitere Facetten am Oberteil vermögen den Glanz und das Feuer zu erhöhen. So werden zuweilen die vier Kanten an der Tafel durch schmale Facetten ersetzt (Taf. IV, Fig. 11°, ”), oder die vier Kanten, 96 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. in denen die Pyramidenflächen zusammenstoßon, werden mehr oder weniger abgestumpft, so daß die Rundiste und die Tafel achtseitig werden (Fig. 16®); oder der Oberteil wird brillantiert (Fig. 14°, ®), wobei aber die Anordnung nicht genau wie bei einem Brillant zu sein braucht. Die Abstumpfung der beiden Oktaöderecken ist mehr oder weniger stark, oft so stark, daß nur eine dünne Tafel übrig bleibt. Eine solche heißt Dünnstein; sie kann in derselben Weise mit weiteren Facetten versehen sein, wie der Tafelstein (Fig. 12° u. 13°). Diekstein ist ein Spitzstein, bei dem zwei gegenüberliegende Ecken etwas abge- stumpft sind. (Fig. 15°, ®). Dies ist der sogenannte indische Schnitt; in solcher Form kommen zahlreiche Edelsteine aus dem Orient, besonders Diamanten aus Indien, die dann in Europa vielfach durch Umschleifen ın bessere Formen gebracht werden, denn die Wirkung der Dicksteine ist meist sehr gering. Es ist gewissermaßen die Grundform des Brillants. Alle Modifikationen, die wir am Tafelsteın kennen gelernt haben, kommen auch beim Dick- stein vor. Steine von der Form 14°, ” und 15° werden zuweilen auch als Kappgut bezeichnet. An den Tafelstein schließt sich der Biseauschliff an. Man versteht darunter Formen mit einer breiten Tafel oben, an die sich bis zur Rundiste stets nur eine Reihe schmaler Facetten anschließt, wie es Tafel IV, Fig. 12° oder 15° und 15” zeigt. Der Unterteil kann Lang stumpf Oval Wappen Einelisch Carro L ang Treve IS Carre Sechseck Herz Wappen Fig. 36. Biseauschliff von verschiedener Form, von oben gesehen. verschieden sein. Er hat entweder dieselbe Ausbildung wie der Unterteil (Fig. 12° oder 15°), dann ist es der eigentliche Tafel-, resp. Dünn- oder Dickstein; oder der Unterteil ist mit brillantartig oder treppenartig angeordneten Facetten versehen, letzteres mehrfach so, daß sich eine Reihe schmaler Facetten wie oben an die Rundiste anlegt, auf welche dann eine zweite Reihe von breiteren folgt, die in einer Spitze zusammenlaufen. Auch andere Formen der Unterseite kommen gelegentlich noch vor, namentlich ist sie nicht selten mugelig. Der Umriß in der Rundiste kann sehr verschieden sein, wie Fig. 36 von oben gesehen in den wichtigsten Beispielen mit beigefügter Bezeichnung darstellt. Es sind in der Hauptsache Ringsteine aus nieht zu edlem Material, Amethyst, Citrin ete. Die rand- lichen Facetten des Oberteils sind, wie erwähnt, stets schmal, manchmal sehr schmal. Zu- weilen fallen sie ganz weg; der Oberteil fehlt dann vollständig, der Stein besteht nur aus dem Unterteil und ist nach oben ausschließlich begrenzt von der großen Tafel, die bei der Fassung genau mit dem Metall abschneidet, ohne im geringsten darüber hervorzuragen Dies ist der Spiegelschliff, gewissermaßen eine umgekehrte Rosette. 4. Rosette (Rose, Raute). Der Stein ist nach unten von einer einzigen groben und breiten Fläche, der Grundfläche, begrenzt, über der er sich pyramidenförmig Schliffformen. OR = WIN NA \ Era sa I \ Tafellll 1a, b, e. Sternschnitt von Caire. 2-4. Treppenschnitt. 2a, b. vierseitig. 3b. sechsseitig 4b, e. achtseitig. 5a, b. Gemischter Schnitt. 6a, b. Schliff mit doppelten Facetten. 7a, b, ec. Schliff mit verlängerten Brillantfacetten. 8a, b, c. Maltheserkreuz. SCHLIFFFORMEN. RosETTE. 97 erhebt, so daß die obersten Facetten in einer mehr oder weniger scharfen Eeke zusammen- laufen. Die Form besteht eigentlich nur aus einem Oberteil, ein Unterteil fehlt vollständig. In Fig. 37 ist eine Rose der gewöhnlichen Art von oben gesehen dargestellt. Die nach der Sechszahl angeordneten Facetten liegen in zwei Reihen übereinander, | von denen die obere, bestehend aus den Facetten a, die Krone oder der Stern, die untere, gebildet von den Facetten b und c, die Spitze (den- telle) genannt wird. Die stets dreiseitigen Facetten « sind die Stern- facetten, die Facetten b und c der unteren Reihe heißen die Querfacetten; sie sind wie in der Figur meist ebenfalls dreiseitig, in einzelnen Fällen (Taf. IV, Fig. 5°) auch vierseitig. Der Stein wurde nach dieser An- ordnung der Facetten mit einer aufbrechenden Rosenknospe ver- glichen und danach benannt. Die Form ist etwa seit 1520 im Gebrauch, und zwar hauptsächlich für flache, niedrige Diamanten, aus denen sich nur mit großem Materialverlust verhältnismäßig kleine Brillanten gewinnen lassen. Es ist die zweite Hauptform des Diamants, und man versteht unter Rose oder Rosette kurzweg stets einen in dieser Weise geschliffenen Diamant. Sie verleiht dem Steine großen Glanz, aber nicht so vollkommen wie der Brillant das schöne Farbenspiel. Farbige Steine erhalten wohl auch zuweilen, aber seltener, diese Form, z. B. der böhmische Granat. Die Zahl und Anordnung der Facetten wird bei den Rosen mehrfach modifiziert, und es entstehen dadurch gewisse Unterformen, die zum Teil mit besonderen Namen be- zeichnet worden sind. Sie sind auf Taf. IV, Fig. 1 bis 7 abgebildet. Die oben beispiels- weise erwähnte Rose (Fig. 37) ist die eigentliche oder holländische oder Amster- damer (gekrönte) Rose (Taf. IV, Fig. 1’ und 3°) mit sechs Stern- und achtzehn Quer- facetten. Das Charakteristische bei ihr, den anderen Rosettenformen gegenüber, ist die Höhe der Pyramide über der Grundfläche; diese soll der Regel nach die Hälfte des Durch- messers der Grundfläche betragen, ferner soll die Entfernung der Grundfläche der Krone von der des ganzen Steines ®; der Gesamthöhe und der Durchmesser der Grundfläche der Krone ®/ı des Durchmessers des Steines ausmachen. Dies ist die gewöhnliche Form der Rose; ihre Grundfläche ist meist rundlich, selten oval oder birnförmig (Taf. IV. Fig. 2’), aber auch alle in Fig. 36 angegebenen Formen können gelegentlich vorkommen. Viel weniger im Gebrauch sind andere Arten von Rosen. Unter diesen unterscheidet sich die brabanter (Antwerpener) A. Rose von der holländischen nur dadurch, daß die Sternfacetten viel flacher liegen und eine viel niedrigere Pyramide bilden, während die Querfacetten etwas steiler stehen (Taf. IV. Fig. 4°); die Zahl und Anordnung der Facetten ist aber sonst genau dieselbe wie dort. Einige besondere Abarten der brabanter Rose mit dem niedrigen Stern sind dann ferner in Taf. IV. Fig.5° und 6° abgebildet, von denen die erstere sechs Stern- und sechs vierseitige Quer- facetten hat, während an der zweiten neben den sechs Stern- facetten zwölf Querfacetten vorhanden sind. Eine Form mit einer größeren Anzahl von Facetten ist die Rose recoup6e (Taf. IV, Fig. 7°,°). Sie hat 12 Stern- und 24 dreiseitige Querfacetten, welche letztere ihre Spitzen abwechselnd nach unten und nach Fig. 3%. Rose recoupde oben kehren. Eine andere Form der Rose recoupee ist in Fig. 38 sin Man 3 Mer da dargestellt. en An diese eigentlichen Rosen schließen sich einige Formen an, die Taf. IV, Fig. 8 bis 10 abgebildet sind. Fig. 8°,” stellt die sehr seltene, an einem vor mehr als 100 Jahren geschliffenen Kaneelstein von Schrauf wieder aufgefundene und beschriebene Kreuz- Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. T Fig. 37. Rosette (Ansicht von oben). 98 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. rosette (Strahlenrose) dar, an der die Facetten nach der Achtzahl angeordnet sind. Fig. 9° zeigt einen Stein, an welchem gewissermaßen zwei Rosen mit ihren Grundflächen aneinander gewachsen sind, eine Doppelrosette oder Brillantrosette, für die man auch zuweilen den Namen Briolette oder auch Pendeloque angewendet findet, der aber häufiger die sogleich zu erwähnenden birnförmigen Steine bezeichnet. Die Doppelrosen sind namentlich in früheren Zeiten für Ohren- und Uhrgehänge benutzt worden. Es ist auch die Form, die L. von Berquen, der Gründer der modernen Diamantschleiferei, den ersten von ihm geschliffenen Diamanten gab, so unter anderen dem „Florentiner“ und dem „Sancy“, die beide auf Taf. XI (Fig. 10 u. 11) abgebildet sind. Als eine Modifikation der Doppelrose kann man auch den oben (pag. 94) erwähnten „Schliff des 20. Jahrhunderts“ mit 80 Facetten, je 40 oben und unten, auffassen. Hieran schließen sich die Brillolettes, Brioletts oder Pendeloques, die wie in Taf. IV, Fig. 10, oder auch ringsum bis zur Spitze von lauter kleinen dreieckigen Facetten begrenzt, in einer Richtung mehr oder weniger verlängert und an einem Ende zugespitzt, am anderen abgerundet sind, so daß sie eine birnförmige oder eine mehr flache Gestalt erhalten. In dieser Richtung sind sie vielfach behufs bequemerer Fassung, besonders als Ohrgehänge, oder zum Aufreihen auf eine Schnur durchbohrt. Der Name Briolett und Pendeloque wird übrigens, wie erwähnt, vielfach auch gleichbedeutend mit Doppelrose gebraucht. Die Anwendung dieser Namen auf birnförmig verlängerte Bril- lanten, Doppelrosen und ähnliche Formen ist außerordentlich schwankend. Kleine, zum Auffassen auf Schnüre in der Mitte durchborte Steine, die ringsum von mehr oder weniger regelmäßig verteilten Facetten versehen, aber nicht nach der einen Seite birnförmig ver- längert sınd, werden wohl Perlen genannt. Die birnförmig verlängerten Steine stehen im Gegensatz zu den der Kreisform sich nähernden Rundsteinen. 5. Mugelige Formen. Mit ebenen Facetten werden in der Hauptsache nur durchsichtige Edelsteine versehen, undurchsichtige wie Türkise usw. niemals, durch- scheinende wie Chalcedon selten. Sie, aber auch manche durchsichtige tiefgefärbte Steine, wie Granat, ebenso solche, die eine eigentümliche Lichterseheinung zeigen, wie Katzenauge, Edelopal und andere, erhalten meist eine runde, mugelige Form, einen Schliff en cabochon, wie er auf Taf. IV, Fig. 17 bis 19 dargestellt ist. Auf einer ebenen Grundfläche von kreisförmigem oder elliptischem Umriß erhebt sich eine runde Wölbung (Fig. 17°), die bei manchen Steinen, z. B. dem Edelopal, ziemlich flach, bei anderen, z. B. den Katzenaugen und den Sternsteinen beträchtlich höher gehalten wird. Durchsichtige Steine, z. B. Granaten von dunkler Farbe werden zur Erhöhung der Durch- sichtigkeit und Helligkeit und zur Entfernung fehlerhafter Stellen im Innern von der Grund- fläche aus häufig mit einer der Oberfläche entsprechenden Rundung ausgehöhlt, aus- geschlägelt, wie es die punktierte Linie in Fig. 17” andeutet. Ein derartiger Stein heißt eine Schale, speziell Granatschale. Vielfach ist statt der ebenen Grundfläche eine zweite, der ersten entgegengesetzte Wölbung angebracht; die Fig. 19” stellt dies von der Seite gesehen dar. Es ist dann ein Ober- und ein Unterteil vorhanden, die in einer ebenen Rundiste ebenfalls von kreisrundem oder elliptischem Umriß zusammenstoßen. Wenn dieser Schliff nur die eine der zwei gewölbten Flächen hat, heißt er einfach, wenn beide, doppelt. Auch en cabochon geschliffene Steine, namentlich „doppelte Cabochons“, werden zuweilen auf einer Seite spitz zulaufend verlängert, nicht selten sehr stark (pen- deloquesen cabochon). Hier schließen sich runde Formen ohne ausgesprochene Rundiste an, die ebenfalls Perlen genannt werden, entweder kugelig oder eiförmig, spitz an einem, stumpf am andern Ende, oder oval, beiderseits gleich gekrümmt, letztere nach der Achse teilweise verlängert, teilweise verkürzt und dann auch wohl beiderseits facettiert (Rondell). Steine dieser Art werden nicht selten in der Mitte durchbohrt und auf Schnüre aufgereiht. Vielfach werden bei durchsichtigen oder durchscheinenden Steinen am Rande noch kleine Schhffformen. Wera I EN 1—8. Rosette (Rose). 1b. Rose, rund. 2b. ditto, birnförmig (von oben). 3a. Holländer Rose. 4a. Bra- banter Rose. 5a, 6a. Rosen anderer Form (von oben). 7a,b. Rose recoupee. 8a, b. Kreuz- rosette. 9a. Doppelrosette (Pendeloque). 10. Brillolette. 11—14. Tafelstein. 11a, b. Tafel- stein. 12a, 13b. Dünnstein. 14a, b. Tafelstein, oben brillantirt. 15a, b, 16b. Dickstein. 17—19. Mugeliger Schliff. 17b. einfach (ausgeschlägelt). 18b. ditto mit Facetten. 19b. doppelt. SCHLEIFPROZESS. 99 ebene Facetten in einer oder mehreren Reihen übereinander angebracht (Fig. 18”). Auch kommt es nicht selten, namentlich bei billigeren Steinen und Glasflüssen, vor, daß die Tafel von Brillanten, Treppen- und Tafelsteinen mugelig geschliffen wird. Eine geringe Wölbung heißt goutte de suif. Unregelmäßig rundliche Formen werden baroques genannt. Damit treten wir in das Gebiet der Bastardformen ein, die aus einzelnen Teilen der im vorhergehenden beschriebenen typischen Schlifformen beliebig kombiniert sind. Sie werden nie an wirklich edeln und kostbaren Steinen angebracht, sondern nur an weniger wertvollen, sowie an Glasflüssen. Ebenso verhält es sich mit den ganz unregel- mäßigen Formen, die von jenen vollkommen abweichen. Ihre Gestalt unterliegt keinem bestimmten Gesetze, sie entspringt lediglich der Phantasie des Schleifers. Es ist daher weder möglich noch .erforderlich, hierüber besondere Angaben zu machen. Die Facetten sind bei ihnen vielfach immer noch regelmäßig symmetrisch angeordnet, vielfach ıst dies jedoch nicht der Fall. Auch Steine mit solchen ganz regellos liegenden Facetten werden vielfach Kappgut genannt. Von allen den erwähnten Formen wird bei Gelegenheit der Betrachtung der ein- zelnen Edelsteine noch weiter die Rede sein, soweit es sich um ihre Anwendung bei dem einen oder anderen Steine handelt. Sie sind aber keineswegs die einzigen, die bei Edel- steinen vorkommen; es giebt noch viele andere, die sich aber wohl sämtlich an jene mehr oder weniger anschließen und häufig treten neue auf, wie wir es oben an einigen Beispielen gesehen haben. b) Schleifprozess. Das Schleifen der Edelsteine beruht darauf, daß die Stellen, an denen Facetten angebracht werden sollen, mit einem . härteren Stein in dem erforderlichen Maße ab- gerieben werden. Der härtere Stein reißt dabei von dem weicheren kleine Teile ab; hervorragende Stellen des zu bearbeitenden Stückes können auf diese Weise allmählich entfernt werden, und an ihrer Stelle entstehen bei geeigneter Leitung der Arbeit, des Schleifprozesses, ebene Flächen, ‘die sogenannten Facetten. Indem man auf diese Weise den Stein ringsum an den passenden Stellen mit Facetten versieht, erhält man die ge- wünschte Schliffform. Ganz entsprechend verfährt man, wenn diese eine rundliche Gestalt besitzt. Es ist hier nicht der Ort, auf alle technischen Einzelheiten der Edelsteinschleiferei einzugehen. Nur die Grundzüge dieser Industrie sollen auseinandergesetzt werden, soweit das Verfahren allen Edelsteinen gemeinschaftlich ist. Besondere Verhältnisse, wie sie bei gewissen Steinen, namentlich beim Diamant und beim Achat in Betracht kommen, werden bei deren spezieller Beschreibung erwähnt werden. Der härtere Stein, der den zu bearbeitenden Edelstein angreift, das Schleifmittel, wird ast stets in Form eines feinen Pulvers angewendet, das man durch sorgfältiges Zerkleinern größerer Stücke erhält. Dieses Pulver, das Schleifpulver, wird mit Olivenöl (Diamant- pulver) oder Wasser (Schmirgel usw.) zu einem Brei angemacht und so auf die ebene Fläche einer meist metallenen kreisförmigen Scheibe von etwa einem Fuß Durchmesser und einem Zoll Dicke, der Schleifscheibe, nahe deren Rand aufgestrieben. Die Scheibe dreht sich am zweckmäßigsten in horizontaler Richtung, also um eine vertikale Achse mit großer Geschwindigkeit. Auf die Oberfläche, auf der sich das Schleifmittel befindet, wird der Edelstein mit der Stelle, die eine Facette erhalten soll, beim Schleifen angedrückt; in einer je nach seiner Härte und der des Schleifmittels verschieden langen Zeit wird dann die Facette durch allmähliches Abschleifen sich bilden. Die Scheibe wirkt dabei, indem das harte Pulver in das weichere Metall hineingepreßt wird, ähnlich wie eine Feile ı* 100 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. von der Härte des Schleifpulvers. Bei der Arbeit hat der Schleifer in kurzen Intervallen nachzusehen, ob die Facette schon ihre richtige Größe erhalten hat. Wird zuviel weg- geschliffen und die Facette dadurch zu groß, so nennt man sieüberschliffen. Der Stein wird dadurch unregelmäßig und sein Wert nicht unerheblich verringert. Ebenso ist sorg- fältig darauf zu achten, daß der Stein nicht zu heiß wird, weil er dadurch leicht matte, sogenannte eisige Flecken bekommt, die seine Schönheit beeinträchtigen. Ist eine Facette fertig, so wird eine andere Stelle des Steines ın derselben Weise der Wirkung der Schleif- scheibe ausgesetzt, und so nach und nach die ganze Form vollendet. Selbstverständlich muß diese von vornherein genau bestimmt und für die vorteilhafteste Anlage an dem Steine ein fester Plan aufgestellt sein, der sich nach dessen spezieller Beschaffenheit richtet. Damit der Edelstein beim Schleifen seine richtige Lage unverändert beibehält, wird er in eine Fassung gebracht. Man benutzt dazu die sogenannten Doppen oder Docken, kleine kupferne, halbkugelförmig hohle Hülsen, die hinten, der Öffnung gerade gegenüber, einen starken kupfernen Stiel haben. Die Hülse wird mit Schnellot, einer Legierung von gleich viel Zinn und Blei, gefüllt, dieses geschmolzen und in die sich abkühlende Schmelze der Stein unmittelbar vor dem Erstarren ın der richtigen Lage so eingesetzt, dal) seine eine Hälfte von dem Lot umgeben ist, während die andere aus diesem heraussieht. Der Stein hat dann in der Doppe eine unveränderlich feste Lage. Vielfach werden die Steine, namentlich weniger kostbare, auf Kittstöcken befestigt, hölzernen und metallenen Griffeln oder Stäbchen, auf deren Ende man sie mittels eines aus Pech, Bernstein oder Schellack und feinstem Ziegelmehl bestehenden Kittes, sog. Zement, aufklebt. Neuerdings hat man in Amerika namentlich für die Diamantenschleiferei Doppen hergestellt, in denen die Steine mittels Schrauben festgehalten sind und auch herumgedreht werden können. Die Doppen mit ihren Stielen, resp. die Kittstöcke werden in eine an dem Ende eines Brettehens befindliche Stahlzange eingeklemmt; am anderen Ende des Brettehens sitzen zwei kurze Beine. Man kann dann diesen Apparat so aufstellen, dal die zwei Beine auf einem festen Tisch und der Edelstein in der Doppe oder dem Kittstock auf der ın geringer Entfernung über der Tischfläche und parallel mit ihr sich drehenden Schleifscheibe ruht, die nun auf den Stein einwirkt. Zur Vermehrung des Druckes wird das Brettehen mit Bleigewichten beschwert, die je nach der Härte des zu schleifenden Steines größer oder kleiner sind. Damit das Holzgestell von der rotierenden Scheibe nicht mitgerissen wird, stellt man es zwischen zwei fest in die Tischplatte eingelassene eiserne Stifte, und damit die Scheibe nicht ungleichmäßig belastet wird, stellt man dem ersten Steine gegenüber in derselben Weise einen zweiten auf. Bei Steinen von geringerem Wert wird der Kittstoek mit der Hand gehalten, bis die Facette fertig geschliffen ist, was natürlich schlechtere und wenig regelmäßige Formen gibt. Ist eine Facette vollendet, so wird die Doppe mit dem Stein in der Zange gelockert und dann von neuem, und zwar in der Lage festgeschraubt, daß eine zweite Stelle, wo eine Facette entstehen soll, auf der Schleifscheibe aufruht. Diese wird nun genau in derselben Weise fertiggestellt wie die erste. Im weiteren Verlauf der Arbeit erhält so allmäblieh die ganze freiliegende Hälfte des Steines die erforderlichen Facetten, indem man diesen durch fortgesetztes Drehen und Neigen der Doppe resp. des Kittstockes in immer neue Lagen bringt. Dieses Drehen und Neigen wurde früher nach dem Augenmaß bewerkstelligt, wes- halb sich die wünschenswerte Genauigkeit in der gegenseitigen Anordnung der Facetten oft nur unvollkommen erreichen ließ. Später hat man besondere Hılfsapparate, sogenannte Gradbogen oder Quadranten, angebracht, die eine Neigung und Drehung des Kittstocks um sanz bestimmte Winkel ermöglichen. Mit ihrer Hilfe können die Facetten vollkommen exakt in der richtigen Lage aneinander gereiht werden. Noch zweckmäßiger und be- SCHLEIFPROZESS. 101 sonders in Idar üblich sind fest auf den Schleiftisch aufgesetzte hölzerne Stäbe und Bretter mit Löchern in verschiedenen Höhen. In diese werden die Kittstöeke mit ihren hinteren Enden eingesteckt und erhalten so ohne weiteres rasch die für die verschiedenen Facetten richtige Lage. Diese Vorriehtung wird „Stock“ genannt. Ist die eine Seite des Steines so weit als möglich geschliffen, so wird er durch Schmelzen des Lotes oder Kittes aus seiner Fassung genommen und in umgekehrter Lage wieder eingesetzt, so daß nun ein anderer Teil der Oberfläche frei liegt; diese erhält dann ihre Facetten genau ebenso wie die zuerst bearbeitete, die nun im Lot eingebettet ist. Zuletzt wird der Stein durch abermaliges Schmelzen aus der Fassung herausgelöst und gereinigt. Der auf diese Weise vollständig geschliffene Stein ist nun noch nicht fertig. Seine Facetten sind matt und rauh, und die Betrachtung mit der Lupe zeigt, daß sie überall mit kleinen Vertiefungen und Ritzen bedeckt sind, entsprechend den von dem harten Schleifpulfer losgerissenen kleinen Teilchen. Diese Rauhigkeit muß noch entfernt und dıe Oberfläche des Steines glatt und damit auch glänzend gemacht werden. Man bewerk- stelligt dies durch einen besonderen, dem Schleifen des ganzen Steines folgenden Prozeß, das Polieren. Das Polieren geschieht in derselben Weise wie das Schleifen, mit denselben Maschinen und Apparaten, nur ist das Schleifpulver, das jetzt Poliermittel heißt, weicher, so daß es in der Härte dem zu bearbeitenden Edelstein ziemlich gleich steht, es kann sogar u. U. etwas weicher sein als dieser. Der Stein wird selbstverständlich wieder in fester Fassung mit seinen rauhen, soeben angeschliffenen Facetten auf eine mit dem Poliermittel ver- sehene Schleifscheibe, die Polierscheibe, gesetzt. Er wird nun, anders wie beim Schleifen, sehr wenig angegriffen, die die Rauhigkeit bewirkenden kleinen Vertiefungen und Risse verschwinden allmählich, und die Facette wird immer glänzender. Endlich bemerkt man, daß der Glanz bei der Fortsetzung der Arbeit nicht weiter zunimmt; dann ist die Facette fertig, sie hat den höchsten Grad der Vollkommenheit erreicht, die sie an dem betreffenden Stein erlangen kann. Es ist von der größten Wichtigkeit, die Politur so gut wie irgend möglıch auszuführen, denn nur dadurch wird die Schönheit des Steines vollkommen ent- wickelt. Würde man gleich von vornherein das weichere Poliermittel schon zum Anschleifen der Facetten benutzen, so würden diese sofort vollkommen glatt in ihrem höchsten Glanz erscheinen. Dies ist, wie wir sehen werden, beim Schleifen der Diamanten der Fall, für die es kein härteres Schleifmittel gibt als ihr eigenes Pulver. Die Arbeit würde dann aber äußerst langsam vorrücken und dadurch sehr erhebliche Kosten verursachen. Daher benutzt man zuerst das härtere, also rascher und energischer wirkende Schleifmittel zur Vorbereitung der Facetten und dann erst das weichere Poliermittel zur schließlichen Vollendung. Meist geht dem Schleifen und Polieren der einzelnen Facetten eine andere Operation voraus, die den Zweck hat, die gewünschte Schlifform an dem Stein erst ganz im roben anzulegen. Man nennt dies das Rundieren. Der Arbeiter hält dabei den Kittstock in der Hand und drückt ihn so in der ungefähren Lage der einzelnen Facetten auf die Sehleifscheibe. Beim Diamant geschieht die Vorbereitung der Facetten durch das Grauen, das wir unten näher kennen lernen werden. Beim eigentlichen Schleifen braucht dann die ım groben schon vorhandene Form nur noch weiter in der oben besehriebenen Weise ausgeführt zu werden. In derselben Weise wıe beim Rundieren, durch Festhalten des Kiıttstockes mit freier Hand und fortwährendes Herumdrehen derselben auf der rotierenden Scheibe, werden auch die mugeligen und überhaupt die runden Formen der Steine ber- 102 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. gestellt. Selbstverständlich wird hier ebenfalls zuerst das rascher wirkende Schleifpulver angewendet und erst zur letzten Vollendung das geeignete Poliermittel benutzt. Zur Her- stellung solcher rundlicher Formen ist eine ganz besondere Geschicklichkeit des Arbeiters erforderlich. Die Schleifscheiben sind für härtere Steine aus härterem, für weichere aus weicherem Metall. Sie bestehen aus Eisen oder Stahl, oder aus Kupfer, Messing, Zinn und Blei; auch Holzscheiben werden zuweilen angewendet. Sie müssen an ihrer oberen Fläche, wenigstens in der Nähe des Randes, wo das Schleifen stattfindet, vollkommen eben, aber etwas rauh sein. Die Drehung geschieht meist durch Wasser- oder Dampfkraft oder durch Elektrizität. Man gibt den Scheiben eine Geschwindigkeit bis zu 2000 und sogar 3000 Touren in der Minute, und geht in einzelnen Fällen sogar noch höher. Je härter der zu schleifende Stein, desto geschwinder läßt man die Scheibe laufen, da die rasche Be- wegung die Wirkung des Schleifpulvers kräftig unterstützt, so daß sogar Pulver derselben Substanz, wie beim Diamant, zum Schleifen von Edelsteinen verwendet werden kann. Zum Polieren werden Scheiben von denselben Materialien benutzt, doch nimmt man sie im allgemeinen weicher als zum Schleifen des betreffenden Steines.. Hier finden auch mit Leder, Tuch, Filz oder Papier überzogene Holzscheiben vielfach Anwendung. Zum Schleifen weicher Steine, besonders der zum Quarz gehörigen, dienen zuweilen Sandsteinscheiben ohne besonderes Schleifmittel, so daß also die Substanz des Sand- steines allein wirkt; wir werden bei der Betrachtung der Achatschleiferei dieses Verfahren näher kennen zu lernen haben. Das wichtigste Schleifmittel ist der Korund, das härteste Mineral nach dem Diamant, das zweithärteste in der ganzen Reihe, dessen durchsichtige Varietäten den Rubin, Sapphir und andere kostbare Edelsteine liefern. Dieses Mineral findet sich als undurchsichtiger gemeiner Korund sehr reichlich in der Natur, namentlich in einer feinkörnigen aller- dings durch fremde, weichere Mineralien stark verunreinigten und dadurch in ihrer Härte nicht unerheblich beeinträchtigten Varietät, die man Schmirgel nennt. Es kommt so in großen Blöcken von schwarzer Farbe besonders ın Kleinasien und auf der Insel Naxos, auch bei Chester im Staate Massachusetts in Nordamerika und an anderen Orten vor. Namentlich auf Naxos und in Kleinasien wird es in großen Massen gewonnen, je nach Bedarf mehr oder weniger fein gemahlen und so in den Handel gebracht. In derselben Weise benutzt man nicht selten den ebenfalls stellenweise in großen Quantitäten vor- kommenden kristallisierten gemeinen Korund, der reiner und namentlich nicht mit weicheren Mineralien gemengt ist und daher größere Härte besitzt als der Schmirgel. Auch andere harte Mineralien, wie Topas, -Granat usw., sogar zuweilen der Quarz, werden gelegentlich zu Schleifpulver verarbeitet. Vielfach angewendet wird jetzt auch das Pulver des Öarborundum, des durch Zusammenschmelzen von Kohle und Quarz im elektrischen Ofen hergestellten Silieiumkarbids, SiC; dessen Härte (H. = 91/2) übertrifft noch die des Korunds und nähert sich der des Diamants. Als Ersatz für Schmirgel wird wohl auch das Korubın benutzt, die bei dem Thermitverfahren erhaltene korundhaltige Schlacke. Ein besonders wichtiges Schleifmittel ist endlich der Diamant. Viele Diamanten sind zu unrein, als daß sie als Schmucksteine verwendet werden können; sie bilden den sogenannten Bort. Dieser und der undurchsichtige schwarze feinkörnige Diamant, der sogenannte Karbonat, werden gepulvert und so als Schleifmittel benutzt. Wenn dieses auch einen sehr hohen Preis hat, so wird doch durch seine enorme Härte, welche die aller anderen Edelsteine weit überragt, der Schleifprozeß außerordentlich abgekürzt und dadurch billiger gemacht. Daher hat sich gegenwärtig für viele Edelsteine die Anwendung des teuren Diamantpulvers als Schleifmittel vorteilhafter erwiesen, als die des ungleich wohlfeileren, aber weniger harten Schmirgels usw., namentlich seit durch die Entdeckung SCHLEIFPROZESS. 103 der südafrikanischen Diamanten dessen Preis beträchtlich gesunken ist. Für den Diamant selbst gibt es gar kein anderes Schleifmittel als sein eigenes Puiver, alles andere ist für ihn viel zu weich. Als Poliermittel werden meist Tripel, Englischrot, Bimstein, Zinnasche usw., sämtlich in Form allerfeinsten Pulvers, benutzt, zuweilen auch Bolus und ähnliches, je nach der Natur des zu polierenden Edelsteines. Sie werden, wie die Schleifpulver, ebenfalls mit Wasser, Tripel, zuweilen auch mit Schwefelsäure zu einem Brei angerührt und wie jene auf die Scheibe aufgestrichen. Das Poliermittel kann etwas weicher sein als der zu polierende Stein und in manchen Fällen ist dies sogar notwendig. Es wurde schon oben angedeutet, daß je nach ihrer Beschaffenheit, besonders je nach ihrer Härte, die Edelsteine mit verschiedenen Schleifmitteln und auf Scheiben von ver- schiedenem Material bearbeitet werden. Die Auswahl der Scheiben ihrem Stoffe nach, sowie der Schleif- und Poliermittel ist dabei zwar innerhalb gewisser Grenzen willkürlich, d. h. für eine gewisse Art von Edelsteinen wird nicht stets streng nur ein ganz bestimmtes Material angewendet, aber man kann doch die Gesamtheit der Steinarten ziemlich gut nach Abstufungen der Härte in einige Gruppen teilen, deren jede im ganzen auf gleiche Weise behandelt wird. Wir können aber hier auf diese technischen Einzelheiten nicht näher eingehen. Nicht selten bedarf es einer besonderen Vorbereitung der Steine zum Schleifen. Manche, so vor allem die kostbarsten Edelsteine, wie Diamant, Rubin u. a., finden sich in der Natur meist nur in verhältnismäßig kleinen und vielfach ganz reinen Stücken. In diesem Falle ist eine besondere Vorrichtung der Steine vor dem Schleifen nicht nötig. Die gewünschte Schlifform kann an ihnen sofort und ohne weiteres in der oben ange- gebenen Weise hergestellt werden. Sind aber, wie es bei anderen Edelsteinen, z. B. beim Aquamarin, häufig der Fall ist, die in der Natur vorkommenden Stücke für einen ein- zigen Schmuckstein zu groß, oder sind, wie oft beim edlen Opal usw., nur einzelne Stellen eines größeren Stückes von genügender Klarheit und Reinheit und diese von trüben, fehler- haften und daher unbrauchbaren Partien umgeben, so muß der rohe Stein vor dem Schleifen in geeigneter Weise zugerüstet werden, indem man ihn in mehrere Teile von passender Größe zerlegt, oder indem man die unbrauchbaren Teile durch eine minder zeitraubende und kostspielige Operation als das Schleifen entfernt. Dies geschieht meist durch Sägen, durch Zerschneiden mittels einer am besten vertikalen, wie eine Kreissäge um eine horizontale Axe sich rasch drehenden dünnen Metallscheibe, die man an ihrem scharfen Rande mit Diamantpulver oder einem anderen harten Schleifpulver bestreicht, oder in deren Rand man kleine Diamantsplitter fest ein- preßt. Drückt man nun den Stein an die Schneide dieser Scheibe fest an, so wird er allmählich von dieser durchgeschnitten. Auch durch Sägen mittelst eines in einen Bogen eingespannten und mit Schleifpulver bestrichenen Drahtes kann eine solche Zerteilung bewerkstelligt werden. Dies geht aber viel langsamer und wird daher in der Praxis jetzt wohl selten mehr ausgeführt. Bei billigen, in großen Stücken vorkommenden Steinen wird das Überflüssige und Unbrauchbare nieht weggeschnitten, sondern einfach mit dem Hammer abgeschlagen, eine Prozedur, die sich begreiflicherweise bei wertvolleren Steinen von selbst verbietet, wenn nicht wie beim Diamant, Topas und anderen nach gewissen Richtungen leichte Spaltbarkeit vorhanden ist. Solche leicht spaltbare Steine können, wie wir gesehen haben, mit dem Meißel nach den betreffenden Richtungen rasch, sicher und ohne jeden Materialverlust in Stücke zerlegt werden, wodurch sich die Bearbeitung sehr wesentlich abkürzt. Bei der Betrachtung dieser Steine, besonders des Diamantes, wird davon noch spezieller die Rede sein. Bei kostbarem Material sammelt man die bei diesen Operationen abfallenden Stücke sorgfältig, weil sie sich noch zu kleineren Schmucksachen 104 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. verschleifen lassen, oder weil man sie, wenn es sich um harte Steine handelt, als Schleif- mittel verwenden kann. Da die spezielle Behandlung der Edelsteine wesentlich von deren verschiedener Natur abhängig ist, die verschiedene Einrichtungen bedingt, so hat sieh in der hiermit beschäf- tigten Industrie eine Arbeitsteilung in der Art herausgebildet, daß in den einzelnen Schleifereien nur bestimmte Steine mit Ausschluß der anderen bearbeitet werden. In den Diamantschleifereien werden außschließlich Diamanten geschliffen, in den Edel- stein- oder Feinschleifereien dagegen, mit einziger Ausnahme des Diamantes, alle anderen Edelsteine und Halbedelsteine, die zu Schmucksachen (zur Bijouterie) dienen. Die Großsteinschleiferei stellt auch noch eigentliche Schmucksachen, besonders von größerem Umfange und von glatter Form, oder mit wenig Facetten her, wie Ringsteine, Nadelsteine, Kreuze, Petschafte und ähnliches. Sie verwendet aber nur weniger kostbare Steinarten, wie Achat, Chalcedon, Jaspis usw. Andererseits verfertigt sie aus diesem Material, aber auch aus Granit, Marmor, Serpentin usw. solche Gegenstände, die nicht mehr unter den Begriff der ‚Schmuckwaren fallen, wie Briefbeschwerer, Schalen, Vasen, Dosen, Etuis, Schreibzeuge, Stockknöpfe, Messerhefte, Plättchen zu eingelegter Arbeit und ähnliches. Die Groß- und Feinschleiferei sind jetzt wohl manchmal wenigstens bis zu einem gewissen Grade in einer Anstalt vereinigt, die Diamantschleiferei dagegen wird stets getrennt und für sich allein betrieben. e. Bohren. Nicht selten werden Edelsteine, z. B. Granaten, auf Schnüre aufgereiht und so als Sehmuek getragen. Sie müssen zu diesem Behufe in der Mitte durchbohrt werden. Auch zu technischen Zwecken werden die Edelsteine zuweilen durchbohrt, namentlich zur Her- stellung der Zapfenlager für Uhren, der feinen Öffnungen zum Ziehen von sehr dünnem Gold- und Silberdraht usw. Dieses Durchhohren geschieht mittels einer feinen Diamantspitze, die in einer eisernen Fassung durch eine in einen Bogen gespannte Schnur eine rasche Um- drehung erhält, des sogenannten Drillers. Dieser besteht auch vielfach aus einer Stahl- spitze, die mit feinem, ölbefeuchtetem Diamantpulver bestrichen wird. Zur Erleichterung des Verfahrens hat man auch eigene Maschinen konstruiert, mittels deren das Durchbohren harter Steine besonders bequem und rasch ausgeführt werden kann; auch sie beruhen auf der Anwendung des Drillers oder eines ähnlichen Instruments. Namentlich im Orient (Indien usw.) ist das Durchbohren sehr verbreitet. d. Bearbeitung auf der Drehbank. Manche Steine, besonders die in größeren Stücken vorkommenden und weicheren, werden auch zur Herstellung von Kugeln und anderen runden Formen auf der Drehbank abgedreht. Es ist dies aber doch mehr eine in der Großsteinschleiferei vorkommende Art der Arbeit, die bei eigentlichen Edelsteinen wohl selten zur Anwendung kommt. Aller- dings kann man sogar die härteren unter ihnen auf diese Weise formen, wenn man statt der gewöhnlichen Stahlwerkzeuge der Dreherei solche mit Diamantspitzen verwendet; es ist jedoch überflüssig, hierauf näher einzugehen. e. Gravieren. 4 Die Edelsteine werden nicht nur in gewissen Formen geschliffen, sondern es werden auch in verschiedener Weise Figuren, Inschriften, Wappen usw. eingraviert. Diese beiden Operationen haben aber verschiedene Zwecke. Der Steinschleifer sucht durch die von ihm erzeugte Form die natürlichen Eigenschaften der Steine möglichst zur Geltung zu GRAVIEREN. INTAGLIEN. KAMEEN. 105 bringen und so deren Schönheit auf die höchste erreichbare Höhe zu heben; es handelt sich also hierbei wesentlich um den Stein selbst, die Form ist nur das Mittel zum Zweck. Der Graveur dagegen sucht ein Kunstwerk von selbständigem Wert zu erzeugen, das für sich wirkt. Hier ist das Kunstwerk die Hauptsache; der Stein, das Material für letzteres, - ist von nebensächlicher Bedeutung, da der Künstler im allgemeinen zu seiner Arbeit ganz ebensogut irgendeinen anderen Stein hätte verwenden können. Die Kunst, Edelsteine zu gravieren oder zu schneiden, ist sehr alt, viel älter als das Schleifen. Die Schriftsteller berichten hierüber aus den frühesten historisch bekannten Zeiten, und unsere Museen zeigen uns herrliche Kunstwerke dieser Art aus dem Altertum. Auch in der Jetztzeit wird das Gravieren noch getrieben, besonders in Italien, die Schleiferei hat aber ihm gegenüber eine viel größere und allmählich weit überwiegende Bedeutung gewonnen. Man bezeichnet das Gravieren als die Steinschneiderei oder Glyptik (Lithoglyptik), versteht aber unter dem ersten Wort zuweilen auch die Bearbei- tung der Edelsteine nicht nur durch Gravieren, sondern auch die durch Schleifen. Die geschnittenen (gravierten) Schmucksteine werden im allgemeinen Gemmen genannt. Sie sind in zweierlei verschiedener Weise gearbeitet. Einmal zeigen sie ver- tiefte Figuren, dies sind die Intaglien. Sie werden vielfach zur Herstellung von Sıegel- ringen benutzt, zu welchem Zwecke man statt der früher mehr üblichen Figuren jetzt meist Wappen, Buchstaben usw. eingraviert. Steine dieser Art werden daher wohl auch Siegelsteine genannt. Sodann findet man mit erhabenen Figuren versehene Steine, die als Kameen bezeichnet werden; diese dienen nur zum Schmuck. Die Kunst, vertieft zu gravieren, heißt die Skulptur, die Herstellung erhabener Figuren die Tornatur. Die erstere geht der letzteren zeitlich voran, wie alt aber auch diese ist, sieht man unter anderem aus den zahlreiehen Kameen ın Käferform, die man in den ägyptischen Gräbern findet, den sogenannten Skarabäen. Zur Herstellung von Intaglien wurden und werden alle möglichen Steine ver- wendet, durchsichtige und undurchsichtige, harte und weiche. Je größer dıe Härte des Steines, desto schärfer die eingravierten Figuren, desto mühevoller aber allerdings auch die Arbeit. Trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten ist man sogar vor dem Gravieren in Diamant nicht zurückgeschreckt, auch Rubin und Sapphir hat man auf diese Weise bearbeitet; doch wurden diese allerhärtesten Edelsteine seltener verwendet als die minder harten und sogar vielfach die ganz weichen. So findet man aus früheren Zeiten gra- vierten Smaragd, Aquamarin, Topas, Chrysolith, Türkis, Bergkristall, Amethyst, Plasma, Chaleedon, Karneol, Achat, Heliotrop, Opal, Lasurstein, Nephrit, Obsidian, Magneteisen, Hämatit und manche andere. Heutzutage bildet das hauptsächlichste Material der Quarz und der Chalcedon mit seinen verschiedenen Abarter (Achat, Onyx usw.), der Hämatıt oder Blutstein und noch einige wenige der übrigen. Einen vertieft geschnittenen Karneol zeigt Taf. XX, Fig. 6; eine andere Intaglie die Textfigur 107. Zu Kameen sieht man nur selten durchsichtige Steine verwendet, meistens undurch- sichtige, aber schön gefärbte, namentlich solche, dıe aus mehreren verschiedenfarbigen dünnen Lagen bestehen, wie die Abarten des Achats, die man als Onyx, Sardonyx usw. bezeichnet. Diese werden zur Herstellung von Figuren, nicht nur von vertieften, sondern auch von erhabenen, z. B. in der Weise benutzt, dal man in einer weißen Lage Gesicht und Hände, in einer schwarzen Haar und Gewandung ausarbeitet. Eine solche aus einer roten und einer weißen Lage geschnittene Kamee, bei der die rote Lage als Hintergrund für die weiße Figur dient, ist Taf. XX, Fig. 7 abgebildet; andere Kameen siehe Fig. 108 u. 109. Indessen werden Kameen auch häufig aus einfarbigen Steinen, wie Türkis, Malachit und anderen, geschnitten, das Material der ägyptischen Skarabäen ist sehr häufig der kaum zu den Edelsteinen zu rechnende Serpentin und ähnliches. Statt der genannten Steine 106 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. werden heutzutage in Italien, wo diese Industrie besonders blüht, Kameen auch aus den dicken Schalen gewisser Seeschnecken geschnitten, bei denen wie in manchen Achaten rote und weiße Lagen regelmäßig miteinander abwechseln. Die meisten Kameen, die man z. B. in Neapel feilgeboten sieht, sind aus solchem Material hergestellt, sie lassen sich aber leicht mit dem Messer ritzen und daran von den viel härteren Kameen aus Achat (Onyx usw.) unterscheiden, ebenso dadurch, daß sie mit einem Tropfen Salzsäure leb- haftes Aufbrausen zeigen. Die Edelsteinschneiderei wird mit Hilfe kleiner eiserner Rädchen ausgeführt, die am Ende einer in einer Drehbank rasch rotierenden Achse befestigt sind. Diese Apparate heißen Zeiger. Die Rädchen haben oft keine Linie im Durchmesser und vorn eine ver- schiedene, konische, kugelige, ebene usw. Fläche. Diese wird mit angefeuchtetem Diamant- pulver bestrichen und der zu bearbeitende Stein in einer zweckmäßigen Fassung mit seiner vorher in der gewünschten Form geschliffenen und gut polierten Oberfläche da- gegen gedrückt. Durch geschickte Bewegung des Steines entsteht die Zeichnung und durch mehr oder weniger lange Einwirkung die größere oder geringere Vertiefung. Eine nachherige Politur findet meist nicht statt oder muß mit der Hand bewirkt werden; die letzten Feinheiten werden mittels eines Grabstichels angebracht, der mit einer Diamant- spitze versehen ist. Ätzen. Das schwierige, zeitraubende und kostspielige Gravieren kann bei manchen Steinen durch das einfachere, rascher fördernde und daher wohlfeilere, allerdings auch keine so scharfen und schönen Bilder liefernde Ätzen ersetzt werden. Dies erfordert, daß der Stein von Säuren angegriffen wird, was bei den meisten, namentlich den wert- volleren Edelsteinen, allerdings nicht der Fall ist. Aber eine Gruppe von Schmucksteinen, nämlich die, welche ganz aus Kieselsäure bestehen, wie Bergkristall, Chaleedon, Achat usw., lassen sich ebenso wie Glas leicht in dieser Weise bearbeiten und mit vertieften Figuren versehen. Man überzieht die vorher polierte Fläche, die man verzieren will, mit einer dünnen Schicht Wachs, dem Ätzgrund, und graviert in diesen die gewünschten Figuren ein, so daß an ihrer Stelle der Grund vollständig entfernt und die Oberfläche des Steines freigelegt ist. Dann setzt man diesen der Wirkung wässriger oder gasförmiger Flußsäure aus, welche den Stein an der Stelle, wo er frei liegt, ist, stark angreift, während der Ätzgrund da, wo er stehen geblieben ist, die Auflösung verhindert. Es entsteht so bald eine vertiefte Zeichnung, und zwar um so tiefer, je länger man die Säure einwirken läßt. Nach vollständiger Entfernung des Ätzgrundes zeigt dann der Stein die entstandene Figur (Buchstaben, Wappen usw.), rauh bei Ätzen mit gasförmiger, glänzend bei Anwendung von flüssiger, in Wasser gelöster Flußsäure. f. Färben. Brennen. Zu der Bearbeitung der Edelsteine gehört auch in manchen Fällen die Veränderung und Verbesserung ihrer ursprünglichen Farbe, die, wie wir bei der Betrachtung der allgemeinen Verhältnisse der Färbung schon in Kürze gesehen haben (S. 71), zuweilen vor- genommen werden kann. Man weiß dies auf verschiedenem Wege zu bewerkstelligen, es ist aber hier nicht von dem oberflächlichen Aufstreichen von Farbstoff die Rede, wie es wohl beim Fassen und Aufbringen der Edelsteine zuweilen angewendet wird, sondern von der Änderung der Körperfarbe des Steines bis möglichst weit in das Innere hinein, Es gibt einige Edelsteine von poröser Beschaffenheit, deren ganze Masse sich durch Einführung eines Farbstoffes künstlich färben läßt, und bei denen dies auch in der Praxis nicht selten geschieht. Namentlich manche Achate zeichnen sich in dieser Hinsicht aus. Das Verfahren bei der Färbung beruht im wesentlichen darauf, daß man vermittels FÄRBEN. BRENNEN. 107 Flüssigkeiten, die eine färbende Substanz gelöst enthalten, den porösen Stein durchtränkt, der dann nach dem Trocknen die Farbe jener Substanz annimmt. Nicht selten wird auch das Färbemittel erst im Steine selbst erzeugt, indem man diesen mit zwei Flüssig- keiten nacheinander imprägniert, die in seinem Innern einen chemischen Niederschlag von der gewünschten Farbe. hervorbringen. Dieser Niederschlag erfüllt den Stein in ganz gleichmäßiger Verteilung, soweit er porös ist und sich mit den Flüssigkeiten vollsaugen konnte, und teilt ihm seine Farbe mit. Bei der Besprechung der Achate sollen diese Manipulationen eingehender erörtert werden. Die Farben, um die es sich dabei vorzugsweise handelt, sind schwarz, gelb, blau, grün und braun. Nicht von ihnen allen ist die Art der Herstellung überall und allgemein bekannt, bei manchen ist es ängstlich gehütetes Geschäftsgeheimnis. Schon das Altertum war nach den Berichten des Plınius mit derartigen Künsten vertraut. Man verstand offenbar schon damals, Achat in derselben Weise zu färben wie jetzt. Man war aber auch, wie berichtet wird, imstande, dem Bergkristall gewisse Farben, namentlich die schön grüne des Smaragds, mitzuteilen, was man heutzutage nicht mehr versteht. Man kann wohl den Bergkristall, der nicht porös ist und daher keine Flüssigkeit aufsaugt, dadurch färben, daß man ihn stark erhitzt und dann rasch in eine kalte farbige Flüssigkeit taucht. Dabei erhält er zahllose Sprünge, in die die Flüssigkeit eindringt, deren Farbe dann der Stein annimmt. Aber infolge der Sprünge ist ein so behandelter Bergkristall brüchig und oft nicht mehr recht zum Schleifen tauglich; diese Methode ist also praktisch von keiner Bedeutuug, während die Färbung der Achate große Wichtigkeit besitzt. In dieser Weise, stets ziemlich ungleichmäßig, gefärbte Bergkristalle werden Craquel&es genannt. Eine Umfärbung oder eine Entfärbung mancher Edelsteine kann bewirkt werden durch Veränderung oder Zerstörung ihrer ursprünglichen Farbe ın der Hitze, durch das sogenannte Brennen. Diese Methode wird vielfach angewandt, da sie bei zahlreichen ' Steinen die natürliche Farbe erhöht und ihr mehr Haltbarkeit gibt, und da man mittels ihrer auch neue Farben hervorzurufen und unschöne Flecken zu beseitigen vermag. Das Erhitzen muß dabei recht langsam und vorsichtig erfolgen, unter sorgfältiger Vermeidung aller raschen Temperaturänderungen, und in derselben Weise muß dann nachher auch die Abkühlung geleitet werden, weil sonst die Steine leicht springen und die Änderung der ursprünglichen Farbe oft nicht ganz gleichmäßig geschieht. Bei diesem Prozeß werden die Stücke meist in einem Tiegel in irgend einen pulverförmigen Körper, wie Kohlenstaub, feinen Sand, Eisenfeilspäne, auch in Ton, ungelöschten Kalk, Holzasche usw. eingebettet, die wohl den Hauptzweck haben, Erwärmung und Abkühlung recht gleichmäßig zu ge- stalten. Die für die einzelnen Edelsteine erforderliche Temperatur ist verschieden. Manch- mal genügt schon eine ziemlich unbedeutende Erwärmung, manchmal ist jedoch auch starke Glühhitze erforderlich, um die Farbe zu zerstören oder umzuändern. Durch das Brennen wird das in der Hitze nicht haltbare Pigment der Steine, auf dem ihre Farbe beruht, zerstört oder verändert und in ein anderes umgewandelt, das die neue Farbe bewirkt. Umfärben oder entfärben lassen sich demnach auf diese Weise nur solche Edelsteine, die einem derartig in der Wärme veränderlichen Stoffe ihre Farbe ver- danken. So wird der dunkelgelbe brasilianische Topas beim Erhitzen rosenrot, Amethyst verliert beim gelinden und kurzen Glühen in einem Gemenge von Sand und Eisenfeil- spänen dunkle Flecken, beim starken und andauernden Glühen wird die violette Farbe in eine gelbe verwandelt (gebrannter Topas und Amethyst). Mancher von Natur braune Karneol wird beim Glühen lebhaft rot, indem dabei das braun färbende Eisenhydroxyd durch Wasserverlust in das lebhaft rote Eisenoxyd übergeht. Der gelbrote Hyaeinth wird farblos und gleichzeitig erhöht sich sein Glanz bedeutend; auch der blaue Sapphir verliert beim Glühen seine Farbe vollständig. Solche und ähnliche Fälle gibt es noch mehr; sie sollen 108 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. bei der Betrachtung der einzelnen Edelsteinarten noch besonders erwähnt werden, da die Farbenänderung durch Brennen zum Teil technisch von Wichtigkeit ist. Die meisten Edelsteine verändern indessen ihre Farbe auch bei den höchsten Temperaturen nicht. Wie weit die Farbenänderung durch Bestrahlen mit Radium technische Verwendung finden kann, wird die Zukunft lehren (vgl. S. 71). g. Fassen. Aufbringen. Die meisten Edelsteine werden, nachdem sie geschliffen sind, in irgendeiner Weise zur Herstellung von Schmucksachen oder anderen Luxusgegenständen verwendet. Selten und meist nur bei weniger wertvollen Steinen kommt es vor, daß man sie durehbohrt und auf Schnüre aufzieht, hauptsächlich zur Herstellung von Arm- und Halsbändern. Ebenso selten ist es, daß sich ganze Schmuckstücke, z. B. ganze Ringe, aus einem Stück Edelstein anfertigen lassen, und dies sind dann fast stets solehe Steine, die in größeren Massen vorkommen und zugleich die erforderliche Festigkeit besitzen, wie z. B. der Nephrit. Häufiger geschieht es, daß die Steine in dem Metall, aus dem der mit ihnen zu ver- zierende Gegenstand in den meisten Fällen besteht, möglichst dauerhaft befestigt oder, wie es die Juweliere nennen, gefaßt werden. ı Die Steine bleiben dabei, namentlich wenn sie groß und schön sind, einzeln. oder sie werden von ganz kleinen einer anderen Art umgeben, also z. B. ein großer Opal von vielen kleinen Diamanten. Die Wirkung des großen trüben Steines wird durch die der vielen durchsichtigen und glänzenden kleinen wesentlich gehoben; man nennt diese Art der Fassung karmoisieren. Häufig aber werden mehrere Steine derselben oder von verschiedener Art und Farbe zu geschmaekvollen Gruppen, die oft Ornamente, Schmetterlinge, Blumen usw. darstellen, vereinigt, damit sie gegenseitig ihre Sehönheit dureh die Kontraste in ihrem Aussehen erhöhen. Solche Zusammenstellungen sind selbstverständlich im höchsten Grade der Mode unterworfen und ändern sich im Laufe der Zeiten beträchtlich. Die Befestigung der Steine in Schmucksachen, von denen hier vorzugsweise die Rede sein soll, weil die Verwendung zu solchen am häufigsten ist, geschieht bei kostbaren Arten ın Gold oder Silber, bei geringeren sehr häufig in entsprechend billigerem Metall, Messing usw., das manchmal vergoldet wird. Es ist für die Wirkung eines Steines durch- aus nicht gleichgültig, in welches Metall er gefaßt wird. Für Diamanten z. B. ist Silber, für Rubine und andere Gold am vorteilhaftesten usw. Stets kommt dabei der Stein an der Rundiste, oder wenn eine solche wie bei Rosetten nicht vorhanden ist, am unteren Rande mit dem Metall in Berührung, im übrigen kann aber die Fassung auf verschiedene Weise geschehen. Die eine Art ist die, daß man den Stein nur an einzelnen Stellen des Randes mit der Metallfassung in Zusammenhang bringt, so daß er hinten und vorn vollkommen frei liegt. Man kann dann völlig ungehindert durch ihn hindurchsehen. Dies ist die Fassung a jour. Bei der anderen Art wird für den Stein ein seiner Größe entsprechendes Kästehen in dem Metall der Fassung hergestellt und in diesem der Stein so befestigt, daß er nur von vorn sichtbar, nach hinten aber rings von Metall umgeben ist. Dies ist die Fassung im Kasten. Das Hindurchsehen ist in diesem Falle unmöglich, und die Hinterseite des Steines ist der Betrachtung entzogen, doch ist zuweilen, um dieses beides zu ermöglichen, die hintere Wand des Kastens mittels eines Scharniers zum Auf- und Zuklappen eingerichtet. Bei der Fassung ä jour ist der Stein von einem Metallring umgeben, von dem mehrere kleine Metallstäbehen, die Krappen oder Krappeln ausgehen. Diese sind vorn etwas gespalten und bilden so eine Art kleiner Zängchen, die den zu fassenden Stein am FASSEN. AUFBRINGEN. 109 Rande gewissermaßen schwebend festhalten. Diese Art der Befestigung wird vorzugsweise bei durchsichtigen farblosen oder schön gefärbten fehlerlosen Steinen gewählt, die in ihrer natürlichen Beschaffenheit schon ıhre höchste Schönheit entfalten und keiner künstlichen Verbesserung bedürfen. Auch die Schlifform ist bei der Wahl der Fassung nicht gleielı- gültig. A jour werden namentlich die Steine mit Ober- und Unterteil, wie Brillanten usw., gefaßt, und zwar mit der breiten Tafel nach vorn. Nur fehlerhafte Steine werden zu- weilen mit der Tafel nach hinten gekehrt; dies ıst die sogenannte indische Fassung Im Gegensatze dazu findet man Steine ohne Unterteil selten, Rosetten niemals a jour gefaßt, sie wirken besser, wenn sie in Kasten gesetzt werden. Diese Art der Fassung hat den Vorteil, daß die Verbindung des Steines mit dem Metall haltbarer und dauerhafter ist. Ein Stein fällt aus seinem Kasten, in dem er durch . Umbiegen des oberen Randes und oft mit einem besonderen Kitt befestigt wird, nicht leicht heraus, während er sich bei der Fassung & jour viel eher aus den Krappen löst und dabei Gefahr läuft, verloren zu gehen. Gut gefärbte, fehlerlose Steine werden einfach ın den Kasten eingelassen; solche, bei denen in Färbung oder Glanz oder auch in anderer Beziehung zu wünschen übrig bleibt, können aber in dem Kasten besonders leicht durch gewisse Hilfsmittel in ihrer Wirkung wesentlich gehoben und Fehler können mehr oder weniger vollständig verborgen und verdeckt werden. Operationen beim Fassen, dıe auf diese Zwecke hinzielen, werden von den Juwelieren als das Aufbringen der Edelsteine bezeichnet. Dies kann in verschiedener Weise geschehen. Die am längsten geübte Art des Auf- bringens ist die Fassung auf Moor, einer schwarzen Farbe, die aus gebranntem Elfenbein und Mastix gemischt wird. Diese wird bei der Fassung von Edelsteinen mit dunkeln Flecken angewendet, indem man die Stellen im Innern des Kastens, wo die helleren Stellen zu liegen kommen, mit der Farbe bestreicht, während die übrigen davon frei bleiben. Der Stein sieht dann auch in seinen helleren Partien dunkler aus, und die Färbung wird gleichmäßiger, so daß oft die fleckige Beschaffenheit an dem gefaßten Stein gar nicht mehr deutlich wahrgenommen werden kann. Viel wichtiger und verbreiteter ist jedoch das Aufbringen mit Hilfe von Folien. Dies sind dünne Plättchen von Metall: Gold, Silber, Kupfer, Zinn usw., die man in ihrer natürlichen Farbe und mit dem ihnen eigentümlichen starken Glanz dem Steine unterlegt. Statt dieser eigentlichen Folien werden auch zuweilen Stückchen buntschillernder Seide oder Abschnitte von Pfauenfedern oder ähnliche Dinge benutzt. Diese natürlichen Folien schicken ihren Glanz und ihre Körperfarbe durch den darauf liegenden Stein hindurch und lassen ıhn glänzender und besser gefärbt erscheinen. Ein hellgelber Stein auf tiefgelber Folie (von Gold) wird dann selbst dunkler gelb, ein dunkler oder matter auf einem hellen glänzenden Hintergrunde durchsichtiger und glänzender aussehen. Wenn ein Stein, z. B. ein Diamant, eine ganz lichte Farbe hat, kann man ihn durch eine Folie von der Komplementärfarbe vollkommen farblos erscheinen lassen. Eine eigentümliche Abänderung der Folie wird zuweilen im Orient mit Rubinen angewendet, deren Hinterseite man ausschlägelt und mit Gold ausfüllt, das die Wirkung des Steines bezüglich des Glanzes und der Farbe ungemein erhöht. Es ist bei der Foliierung meistens wünschenswert, daß der Stein und die Folie in der Farbe einander entsprechen. Da nicht alle hierzu nötigen Farben an den von- der Natur dargebotenen Metallen vorhanden sind, so werden die Folien, aber nur solche aus weißem Metall, zuweilen gefärbt, besonders blau, rot und gelb, auch grün. Hierzu dient Karmin, Safran, Lackmus usw.; durch Mischen können auch Zwischenfarben erzeugt werden. Die Farbstoffe werden mit reiner Hausenblase in Wasser gelöst und so auf die Metallplättchen aufgestrichen. 110 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Statt eine Folie einzulegen, kann man den Grund des Kastens oder die Hinter- seite des Steines selbst mit der Folienfarbe überziehen; auch dadurch wird dieser in seiner Farbenwirkung sehr gehoben. Ja man kann einen farblosen durchsichtigen Stein durch geeigneten Farbüberzug auf seiner Hinterseite wie einen farbigen oder, wenn der Überzug bunt ist, wie einen farbenspielenden erscheinen lassen. Letzteres wird gegen- wärtig viel angewandt, um Bergkristall oder weißes Glas ähnlich wie Diamant in bunten Farben spielen zu lassen. Steine dieser Art von zum Teil recht hübscher Wirkung sieht man nicht selten unter dem Namen Iris an billigen Schmucksachen aller Art. Namentlich im Orient ist die Verwendung von Farbe außerordentlich entwickelt. Die dortigen Juweliere haben darin eine sehr große Geschicklichkeit, die sie auch nicht selten zum Betrug des Publikums anzuwenden wissen. Durch mehr oder weniger tiefe Nuancen der einzelnen Farben kann man verschiedenen helleren und dunkleren Exemplaren derselben Art, z. B. mehreren gelben Topasen usw., eine ganz gleichmäßige Färbung verleihen, was nicht selten wünschenswert ist bei der Vereinigung zahlreicher Steine, die schwer von der Natur ganz gleich gefärbt zu haben sind, in einem und demselben Schmuckstück. Eine sehr wirksame Methode des Aufbringens ist das Unterlegen eines Steines mit einem zweiten von derselben Art und Schlifform. Sie wird besonders bei größeren Rosetten angewendet, unter denen man oft eine kleinere mit Folie in dem Kasten anbringt. Der Glanz und das Feuer der ersteren wird dadurch auf das Wirksamste erhöht. Auf ähnliche Manipulationen werden wir bei der Betrachtung der Verfälschung der Edelsteine noch einmal zurückkommen. Die Anwendung aller dieser Hilfsmittel zur Hebung der Schönheit ist natürlich am leichtesten bei der Fassung in einem Kasten, wo die ganze Hinterseite ver- deckt ist. Schwieriger ist sie bei & jour gefaßten Steinen, aber auch hier kann man bis zu einem gewissen Grade Gebrauch davon machen. Dies geschieht, indem man die dem Steine zugekehrte Innenseite der Fassung längs der Rundiste mit der betreffenden Farbe versieht, oder an dieser Stelle einen dünnen Streifen einer glänzenden Folie anbringt. Der Stein gewinnt dadurch ebenfalls an Glanz und Farbe. So werden helle Rubine zuweilen in der Art ä jour gefaßt, daß man an dem Innenrande der Fassung ein karminrotes Email anbringt, dessen Färbung sich dem Steine in der schönsten Weise mitteilt, und bei anderen Edelsteinen verfährt man in entsprechender Weise. h. Fehler der Edelsteine. Von höchstem Einflusse für die Schönheit und den Wert der Edelsteine ist die Abwesenheit aller störenden Fehler. Jeder gute Edelstein muß frei sein von Rissen und Spalten im Innern, der Glanz muß über die ganze Oberfläche hin gleichmäßig und un- unterbrochen sein. Durchsichtige Edelsteine müssen vollkommen klar sein, ohne trübe Stellen, und dürfen vor allem keine Einschlüsse, namentlich keine undurchsichtigen von fremden festen Substanzen enthalten; farblose dürfen nirgends wenn auch nur ganz leichte farbige Flecken haben. Bei farbigen Edelsteinen muß die Farbe vollkommen gleichmäßig überall dieselbe sein, nirgends dürfen sich hellere oder dunklere oder gar anders gefärbte Partien zeigen, vorausgesetzt, dab die Wirkung nicht gerade auf der bunten Abwechslung der Farbe beruht, wie z. B. beim’Achat. Jede Störung in dem angedeuteten Sinne, jeder fremde Einschluß, jeder Riß, jede matte oder trübe oder andersfarbige Stelle usw. ist ein Fehler des Steines. Ihre Abwesenheit ist namentlich bei durchsichtigen Edelsteinen wichtig, weil sie in diesen klar hervortreten, und weil sie, nach dem Schliff an zahlreichen Facetten gespiegelt, manchmal in scheinbar großer Zahl sichtbar werden. Kleine und unbedeutende Fehler lassen, wenn sie wenig zahlreich sind, einen Stein allerdings noch nicht als zum Sehmuckstein unbrauchbar erscheinen, vermindern aber FEHLER DER EDELSTEINE. 111 doch seinen Wert, und zwar unter Umständen sehr bedeutend. Die Größe und die Häufung derselben beeinträchtigen aber die Schönheit des Aussehens nicht selten derart, daß ein Stein von solcher Beschaffenheit zum Schmuckstein völlig ungeeignet und daher oft so gut wie wertlos ist, wenn er nicht wegen seiner Härte in der Technik noch irgend eine Verwendung finden kann. Das Erkennen solcher Fehler, wie z. B. hellerer oder dunklerer oder anders gefärbter Flecken, ıst häufig nicht schwierig und oft schon auf den ersten Blick durch einfaches genaues Betrachten möglich. Häufig liegen sie aber auch so versteckt im Innern, daß eine scharfe Lupe oder ein Mikroskop oder auch das geübte Auge des Juweliers dazu gehört, sie wahrzunehmen, um so mehr, als ein gewandter Schleifer es versteht, die Facetten so zu legen, dab die Fehler für den unerfahrenen Beobachter wenig oder gar nicht hervortreten. Schon oben bei der Betrachtung der Verhältnisse der Lichtbrechung (S. 45) wurde erwähnt, daß die Fehler in durchsichtigen Steinen oft deutlicher sichtbar gemacht werden können, indem man sie in eine stark lichtbrechende Flüssigkeit, wie Methylen- jodid, Monobromnaphthalin, oder auch Öl, Benzol usw. legt. Der englische Physiker Brewster, dem man diese Methode verdankt, hat zu demselben Zwecke zuerst Kanada- balsam, Anisöl oder Sassafrasöl vorgeschlagen. Sehr leicht lassen sich die Fehler oft verbergen beim Fassen der Steine durch die verschiedenen Arten des Aufbringens, daher gilt die Regel, kostbare und wert- volle Steine von hohem Preise niemals in einer Fassung, sondern nur lose und un- gefaßt zu kaufen, damit die Möglichkeit einer allseitigen und ungehinderten Untersuchung vorhanden ist. Eine solche wird man zweckmäßigerweise bei jedem geschliffenen Steine vornehmen, den man kauft, ebenso aber auch bei jedem rohen. Hier ist die Unter- suchung besonders schwierig, da die rauhe Oberfläche die Durchsichtigkeit häufig stark beeinträchtigt und dadurch die Fehler oft fast unbemerkbar macht. Auch in diesem Falle ist es anzuraten, den Stein in einer der genannten Flüssigkeiten liegend zu be- obachten, da hierdurch die Wirkung der Rauhigkeit bis zu einem gewissen Grade auf- gehoben und die Durchsichtigkeit bedeutend erhöht wird. Schon im Wasser wird ein solcher Stein viel klarer als in der Luft. Bei rohen Steinen ist es auch wichtig, fest- zustellen, ob etwaige Fehler ganz im Innern oder nahe der Oberfläche liegen. Im letzteren Falle kann man sie häufig durch das Schleifen entfernen und auf diese Weise aus einem nicht ganz fehlerfreien Rohprodukte noch einen völlig tadellosen Schmuck- stein erhalten. Die Natur der Fehler, die bei den Edelsteinen am meisten vorkommen, ergibt sich aus dem Vorhergehenden schon von selbst. Einige von ihnen, die häufig und in be- sonders charakteristischer Weise wiederkehren, sind von den Juwelieren mit besonderen Namen belegt worden. Diese sollen im folgenden etwas spezieller betrachtet werden, während über andere, wie farbige Flecken, größere Einschlüsse fremder Körper usw., weitere allgemeine Bemerkungen nicht erforderlich sind. Diese häufigeren und wichtigeren Fehler der Edelsteine sind nun die folgenden: 1. Sand. Einzelne kleine Körnehen meist von weißer, brauner oder rötlicher Farbe, die irgendeiner fremden Substanz angehören, sind in den Steinen eingeschlossen. 2. Staub. Die Körnchen sind sehr klein und wenigstens an einzelnen Stellen in äußerst feiner Verteilung in Menge zusammengehäuft. 3. Wolken. Verschieden gefärbte, weiße, graue, braune, rötliche, auch grünliche, wolkenähnliche, trübe Flecken, die, wenn sie beim Schleifen an die Oberfläche kommen, trotz aller Mühe niemals eine glänzende Politur annehmen und daher matte Facetten veranlassen. Sie sind am häufigsten beim Diamant und beim blassen Rubin. 112 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Diese drei Arten von Fehlern beruhen auf Unreinigkeiten, auf der Anwesenheit kleiner fremder Mineralkörner in den Edelsteinen. Sie können, wenn sie nicht gar zu klein sind, zuweilen schon mit bloßem Auge oder doch mit einer guten Lupe erkannt werden, oft ist dazu aber auch die stärkere Vergrößerung des Mikroskopes nötig. Namentlich bei Anwendung polarisierten Lichtes treten solehe kleine Einschlüsse oft sehr ‚deutlich hervor, indem sie bei der Dunkelstellung des ganzen Steines zwischen gekreuzten Polarisationsebenen hell erscheinen und sogar oft in lebhaften Farben erglänzen. 4. Fahnen. Weißlich, häufig seidenartig schimmernde Streifen, die zuweilen in verschiedenen Richtungen durch manche Edelsteine hindurchgehen und so die Gleich- mäßigkeit des Anblicks stören. Sie beruhen ebenfalls auf Einschlüssen, aber nicht von festen Körpern, sondern von winzigen, ganz leeren oder mit einer Flüssigkeit erfüllten Poren. Derartige Hohlräume finden sich in manchen Edelsteinen ın großer Zahl und auch oft von bedeutender Größe, wie z. B. im Topas, Sapphir usw., wo sie manchmal schon mit bloßem Auge oder doch mit der Lupe erkannt werden können. Die Fahnen entstehen aber durch Zusammenhäufung sehr zahlreicher mikroskopisch kleiner Einschlüsse dieser Art, die erst bei starker Vergrößerung einzeln deutlich hervortreten, und die sich oft in bestimmten Schichten oder Streifen anordnen. Durch die Reflexion des hindurch- gehenden Lichtes an diesen vielen kleinen Hohlräumen wird der störende, matte Schimmer hervorgebracht, auch haben sie wie die Wolken die Wirkung, daß sie an der Stelle, wo sıe an die Oberfläche treten, eine vollkommene Politur verhindern. 5. Federn. Risse und Spalten, oft sehr klein, fast mikroskopisch, oft größer, die in allen Arten von Edelsteinen teils einzeln, teils in größerer Menge nebeneinander vor- kommen und den Gang der Lichtstrahlen stören. Sie sind besonders häufig bei Steinen, die eine sehr vollkommene Spaltbarkeit besitzen, wie beim Diamant, Topas und anderen; bei diesen verlaufen sie meist den Spaltungsflächen entsprechend regelmäßig und eben. Aber auch bei nicht spaltbaren Steinen, wie beim Bergkristall, Granat usw., fehlen sie nicht, sind aber bei diesen unregelmäßig gekrümmt und gebogen. Längs solcher Spalten bemerkt man sehr häufig die lebhafte Farbenerscheinung des Irisierens (S. 77), dann treten sie besonders deutlich hervor. Weniger bemerkbar sind die Federn, wenn auf ihnen keine Farben erscheinen; dann sind sie auch mit der Lupe oft schwer zu erkennen. Sie sind ganz besonders gefürchtet, mehr als alle anderen Fehler, weil in der Richtung dieser kleinen Spältchen die Steine leicht weiterspringen und so entweder immer unan- sehnlicher werden oder auch ganz zerbrechen. Dies geschieht besonders leicht beim Schleifen, infolge der damit verbundenen Erschütterungen, oder auch noch nachher bei unvorsichtiger Behandlung und sogar oft ohne irgendwelche erkennbare äußere Ursache. Es ist daher sehr wünschenswert, sich vor dem Schleifen von der Abwesenheit solcher Fehler zu überzeugen, was außer durch Einlegen in eine der stark breehenden Flüssig- keiten und Beobachten bei mehr oder weniger starker Vergrößerung zuweilen dadurch geschieht, daß die Steine erhitzt und rasch im Wasser abgekühlt werden. Sind Risse vorhanden, so erweitern sich diese und werden deutlicher sichtbar; oft springt dabei sogar der ganze Stein nach den vorhandenen Rissen in Stücke. Die Operation ist etwas roh und wird daher wohl bei wertvollen Steinen selten oder nie angewendet werden. 6. Eısige Flecken. Das sind Fehler, die nicht von Natur vorhanden sind, sondern die an manchen Edelsteinen entstehen, wenn sie beim Schleifen infolge. der starken Reibung zu sehr erhitzt werden. Es sind Stellen an der Oberfläche, an denen die Steine sich dann nicht mehr gut polieren lassen und keinen schönen Glanz mehr an- nehmen, sondern matt und trübe bleiben. Sie können vermieden werden, wenn man beim Schleifen zu starke Erhitzung des Steines vermeidet. 7. Moosig heißen Steine, die kleine moosähnliche Einschlüsse haben, wie sie beim KünxstLishE NACHBILDUNG. 113 Moosachat in Menge vorkommen und bei diesem die Schönheit bedingen. Aber auch Steine mit Trübung ohne einen bestimmten Fehler der genannten Arten, bei denen also die Ursache der Trübung nicht deutlich zu erkennen ist, werden öfters ebenso genannt. i. Künstliche Nachbildungen. Wie viele andere Mineralien, so hat man auch schon die meisten Edelsteine künstlich nachzubilden versucht, d. h. man hat sich bestrebt, Kunstprodukte herzustellen, die in jeder Hinsicht, also namentlich in bezug auf die Kristallisation, die chemische Zusammen- setzung und die sämtlichen physikalischen Eigenschaften mit den natürlich vorkommenden Edelsteinen vollständig übereinstimmen. Gelingt es außerdem, solche künstliche Mineralien in ebenso klaren und durchsichtigen Stücken mit dem starken Glanz und Feuer und mit der schönen Farbe der natürlichen zu produzieren, so sind diese künstlichen den ent- sprechenden natürlichen vollkommen gleichwertig; sie sind als Schmucksteine ebenso ver- wendbar wie die letzteren, bringen dieselbe Wirkung hervor und sind wegen der gleichen großen Härte ebenso dauerhaft. Es wäre bei gleicher Qualität ein unbegründetes Vor- urteil, das Kunstprodukt für schlechter zu halten als das natürliche, denn die künstlichen Steine würden sich eben vor den natürlichen durch keine wesentliche Eigenschaft, sondern nur durch die Entstehung unterscheiden; der künstliche Stein wäre keine Verfälschung, sondern nur eine Nachbildung des natürlichen. Solche synthetischen Nachbildungen sind nun auch in der Tat bei vielen als Edel- steine benützten Mineralien schon geglückt. Aber die erhaltenen Produkte haben, wenn sie gleich hohes wissenschaftliches Interesse besitzen, doch bisher meist noch keine grobe praktische Bedeutung erlangt, da man gewöhnlich entweder nur ganz kleine, sogar mikro- skopisch kleine Körnchen, oder Steine von solcher Beschaffenheit erhalten hat, dab sie aus anderen Gründen keine Verwendung als Schmucksteine finden konnten. Ersteres ist z. B. der Fall beim Diamant, letzteres bei sehr vielen anderen. Indessen sind doch auch bei einzelnen Edelsteinen schon ganz befriedigende Resultate erzielt worden, die sogar für den Handel zum Teil nicht ohne Bedeutung sind. So ist es beim Türkis, sodann auch beim Alexandrit und beim roten und blauen Spinell. Von allen diesen lassen sich Steine von Edelsteinqualität und von genügender Größe künstlich herstellen. Ganz besonders wichtig ist aber die Reproduktion des kostbarsten aller Edelsteine, des Rubins und, an diesen sich anschließend, jedoch von geringerer praktischer Bedeutung, des farblosen, gelben und violetten Edelkorundes. Die Herstellung des künstlichen Rubins war bis vor kurzem vornehmlich in Paris zu Hause, von wo er in prächtigen Exemplaren in den Handel gebracht wurde. In neuerer Zeit stellt ihn die „Deutsche Edelsteingesellschaft“ zu Idar bei Oberstein an der Nahe und deren Direktor Hermann Wild in Verbindung mit dem Professor A. Miethe in Charlottenburg in mindestens ebenso vorzüglicher Qualität her, daneben alle die anderen genannten durchsichtigen Edelsteine, deren Reproduktion anderwärts zum Teil noch nicht gelungen sein soll. Die Darstellungsmethoden werden selbstverständlich überall geheim gehalten, doch wird davon bei der Betrachtung des Rubins noch weiter die Rede sein. Diese künstlichen Steine sind den natürlichen in der chemischen Zusammensetzung vollkommen gleich, die Härte ist dieselbe, ja zuweilen wegen der Reinheit der Substanz und des regelmäßigen kristallinischen Aufbaus sogar noch etwas höher als bei dem Naturprodukt, Feuer, Glanz und Klarheit sind wie bei den besten natürlichen Exemplaren, in der Haltbarkeit ist kein Unterschied und in den optischen Eigenschaften, Licht- und Doppelbrechung, Farbe und Dichroismus besteht völlige Übereinstimmung. Kenntlich sind die Kunststeine zuweilen an mikroskopisch kleinen rundlichen Luftbläschen, die indessen Bauer, Edelsteinkunde 2. Aufl. S 114 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. der Schönheit keinen Eintrag tun. Bei guten Stücken fehlen sie, die Vervollkommnung der Fabrikation hat sie vermeiden gelehrt. Die Produkte dieser Industrie kommen sorgfältig geschliffen in verschiedenen Quali- täten in den Handel, die sich lediglich durch schönere oder weniger schöne Farbe, voll- kommenere oder weniger vollkommene Durchsichtigkeit und durch das Fehlen oder Vor- handensein kleiner Schönheitsfehler unterscheiden und darnach im Preis bewertet werden. In Anbetracht der Schwierigkeiten, die besonders bei absolut fehlerfreien Steinen mit der Größe schnell wachsen, sind die großen Exemplare verhältnismäßig etwas, aber nicht sehr viel teurer als die kleinen; der Preis pro Karat wächst mit der Größe, aber nicht annähernd so rasch wie bei den Natursteinen, namentlich bei dem Rubin. Ganz besonders schöne und vollkommene Stücke stehen auch hier höher ım Preis, weil bei ihnen wie in der Natur das Zusammentreffen aller zu ihrer Entstehung notwendigen Be- dingungen immerhin ungewöhnlich ist und sie daher in dieser erstklassigen Beschaffenheit nur selten vorkommen. Welche Edelsteine man schon jetzt herzustellen imstande ist, wurde schon oben erwähnt. Die Untersuchungen auf diesem Gebiete werden aber dauernd weiterge- führt und der Kreis der synthetisch dargestellten Steine wird sich im Lauf der Zeit mehr und mehr erweitern. Man wird wohl jetzt schon sagen können, daß wir in Zukunft imstande sein werden, die sämtlichen jetzt als Edelsteine benutzten Mineralien in zum Schmuck brauchbaren Exemplaren künstlich zu erzeugen, bei denen sich die immerhin umständliche, äußerst subtile, mühsame und kostspielige Operation wegen des Preises der Natursteine noch lohnt. Es steht sogar zu erwarten, daß sich der Kreis der als Schmuck- steine verwendbaren Mineralien durch diese Bestrebungen noch erweitern wird. Eine Folge dieser Reproduktion kostbarer Edelsteine auf verhältuismäßig billigem Weg ist die Gefahr, daß dıe teuern natürlichen Steine entwertet werden. Die Juwelen- händler haben daher Maißregeln ergriffen, um dies tunlickst zu verhindern, namentlich beim Rubin, der unter den künstlichen Edelsteinen heutzutage weitaus der wichtigste ist und bei dem eine besonders große Preisdifferenz den Natursteinen gegenüber besteht. Wieweit sie dazu auf die Dauer imstande seın werden, muß die Zukunft lehren. Zu- nächst sind die Gewinnungskosten und somit auch die Preise schöner künstlicher Steine aus dem oben erwähnten Grunde immer noch ziemlich beträchtlich, es ist aber natürlich nicht ausgeschlossen, daß eine Verbesserung der Fabrikationsmethoden usw. die Her- stellung guter Exemplare auf weniger kostspieligem Wege ermöglicht. Der betreffende Stein, also z. B. der Rubin, würde dann wohl trotz seiner Schönheit aus dem Schmuck der Reichen ausscheiden und in die billigen Zierate der ärmeren Volksklassen eintreten. Er wäre dann ja jedermann zugänglich und hätte den Hauptreiz verloren, der für den Reichen vielfach nur darin besteht, daß er allein imstande ist, einen solchen Stein zu besitzen. k. Verfälschungen. Es ist leicht begreiflich, daß bei Gegenständen von so hohem Wert, wie die Edel- steine, häufig der Versuch gemacht wird, statt der kostbaren echten Substanz ähnlich aus- sehende, minder wertvolle Dinge unterzuschieben und unerfahrene Käufer damit zu betrügen. Statt hoch im Preise stehender feiner Steine sucht man diesen andere billigere und ge- meinere, oder auch Glasflüsse von derselben Farbe anzuhängen, oder statt fehlerfreier, tadelloser Exemplare solche mit allen möglichen Mängeln, die man tunlichst zu verbergen bestrebt ist. Vielfach werden zwei kleinere Steine aneinander gekittet, sodaß der Anschein eines größeren entsteht, oder es wird sogar ein Oberteil von echtem Material mit einem Unterteil aus unechtem vereinigt, um diese Täuschung hervorzurufen. VERFÄLSCHUNGEN. 115 Der erfinderische Geist unredlicher Edelsteinhändler weiß noch manches andere Mittel zum Betrügen der Abnehmer ausfindig zu machen und diese Mittel den speziell vorliegenden Steinen auf das Geschickteste anzupassen. Dem Käufer eines wertvollen und teuren Edelsteines kann daher die äußerste Vorsicht nicht dringend genug angeraten werden, wenn er es nicht mit einem allgemein als absolut zuverlässig bekannten Manne zu tun hat, dessen gesamte Geschäftsverhältnisse die Vornahme solcher betrügerischer Manipulationen ausschließen. Diese Vorsicht ist um so notwendiger, je kostbarer die Steine, bei denen im Falle der Gelingens besonders reicher Gewinn in Aussicht steht. Bei ihnen werden die Merkmale des Betrugs mit größter Gewandtheit verborgen, so dab zu ihrer Erkennung oft ein sehr scharfes Auge, große Sachkenntnis und langjährige Erfahrung nötig ist, wie sie meist nur ein in solchen Geschäften bewanderter Händler besitzt. Solehe Künste des Betruges sind namentlich im Orient zu hoher Blüte gelangt. Mancher Reisende kauft in Indien, Birma, auf Ceylon usw. von einem eingeborenen Edel- steinsucher einen Vorrat seiner Ware, deren schönes Aussehen jeden Gedanken an Ver- dacht verscheucht, und erfährt später von einem Sachverständigen, daß er ganz wertlose Dinge, gemeine Steine, geschickt hergerichtete Stücke von Bouteillenglas und anderes ähn- liches erhandelt hat. Am schlimmsten ist es mit gefaßten Steinen, bei denen die Fassung alle möglichen Betrügereien verdecken kann. Es sei daher hier die Regel wiederholt, wertvolle und kostbare Steine nicht in gefaßtem Zustande zu kaufen. Es ist nicht zu leugnen, daß die Operationen, die wir als das Aufbringen (pag. 109) kennen gelernt haben, eigentlich schon auf eine Täuschung hinauslaufen, sofern sie die Steine besser erscheinen lassen als sie in Wirklichkeit sind. Da diese Verbesserung aber offen und unter allgemeiner Kenntnis geschieht, so kann man das Verfahren doch nicht als Betrug auffassen, um so weniger, als im reellen Edelsteinhandel für den durch das Auf- bringen verbesserten Stein nicht der hohe Preis des an sich schon guten verlangt wird der keiner künstlichen Verbesserung bedarf. Allerdings gibt es manche Hilfsmittel zur Verschönerung und Verbesserung von Edelsteinen, die den beim Aufbringen angewendeten sehr ähnlich sind und die doch eine absichtliche Täuschung bedeuten. Wenn ein farbiger Stein zu seiner Verbesserung mit Folie gefaßt oder hinten mit Folienfarbe bestrichen wird, so gehört das zu den erlaubten, bekannten und anerkannten Manipulationen des Aufbringens. Jeder reelle Juwelier verfährt in dieser Weise, aber er verschweigt den Sachverhalt dem Kunden nicht und verlangt auch keinen höheren Preis, als der Qualität des Steines wirklich entspricht. Wenn da- gegen z. B. ein gelblicher Diamant mit einer dünnen Schicht einer bläulichen Farbe überzogen wird, damit er durch die Kontrastwirkung der beiden Farben weiß aussieht, und wenn er dann als farbloser Diamant zu einem dieser seiner scheinbar besseren Qualität entsprechenden hohen Preise verkauft wird, dann ist das eine betrügerische Handlung. Man sieht, wie handwerksmäßige Kunstgriffe sich unter Umständen von betrügerischen Kniffen nur wenig unterscheiden. Ob das eine oder das andere vorliegt, hängt in letzter Linie wesentlich nur davon ab, ob dem Käufer offene ehrliche Mitteilung gemacht und ihm nur der dem wirklichen Wert entsprechende Preis abverlangt wird, oder ob er, ohne den Sachverhalt zu erfahren, eine der scheinbaren Qualität entsprechende Summe zu bezahlen hat, die den wirklichen Wert übersteigt. Betrug im Edelsteinhandel kann, wie wir gesehen haben, in der verschiedenartigsten Weise begangen werden. Es ist untunlich, jede einzelne Möglichkeit zu besprechen, um so mehr, als zu den altbekannten Fällen immer neue von anderer Art hinzutreten. Einige Methoden kehren aber mit besonderer Häufigkeit immer wieder, und diese sollen im fol- genden etwas eingehender mitgeteilt werden. 8*# 116 ERSTER TEıL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. I. Unterschieben weniger wertvoller Steine für kostbarere. Man kann das natürlich mit Aussicht auf Erfolg nur, indem man solche billigere Steine wählt, die den teureren in Farbe, Glanz und überhaupt dem ganzen äußeren Ansehen, ebenso aber auch womöglich in Beziehung auf innere Eigenschaften, wie spezifisches Gewicht, Härte usw. ähnlich sind. Nur dann wird es gelingen auch solche zu hintergehen, die wenigstens einige Sachkenntnis besitzen, und nicht selten sogar handwerksmäßige Juwe- liere. So wird dem Diamant der farblose Topas untergeschoben, der ihm in der Farb- losigkeit ganz gleich ist und im Glanz sehr nahe steht und der auch dasselbe spezifische Gewicht hat. Dasselbe geschieht mit dem weißen Hyacinth und dem weißen Sapphir. Diese Steine sollen früher, nach dem Zeugnis von Mawe, einem bekannten Londoner Juwelier aus dem Anfange des 19. Jahrhunderts, höhere Preise gehabt haben, als sie eigentlich verdienten, nur weil sie sehr geeignet sind, betrügerischer Weise als Diamanten noch viel teurer verkauft zu werden. Dem gelben Topas wird der gelbe Quarz oder Citrin, dem Rubin der rote Rubinspinell usw. untergesehoben, und soleher Möglichkeiten gibt es noch viele. Manche Steine lassen sich nicht in ihrem natürlichen Zustande für andere wertvollere ausgeben. So ist es mit dem schon erwähnten Zirkon, der nicht von Natur weiß, sondern erst durch Erhitzen des gelbroten Hyacinths farblos und damit auch stärker glänzend geworden ist. In ähnlicher Weise läßt sich blauer Sapphir in den ebenfalls schon oben erwähnten farblosen umwandeln. Aber nicht nur Entfärbungen, sondern auch Färbungen kommen vor. So lassen sich manche Chalcedone schön blau färben und gleichen dann bis zu einem gewissen Grade dem gleichfalls blauen Lasursteine, dem sie bei der Her- stellung billiger Schmucksaehen und anderer kleiner Luxusgegenstände untergeschoben werden. Ein geschickter Juwelier wird solche und andere ähnliche Betrugsversuche meist leicht und auf den ersten Blick erkennen. Es können aber doch auch Fälle eintreten, wo dies nicht so ohne weiteres möglieh ist. Dann bleibt nichts übrig, als die Steine, selbstverständlich ohne sie zu zertrümmern oder auch nur an ihrer Oberfläche zu be- schädigen, einer Untersuchung nach den Methoden der wissenschaftlichen Mineralogie zu unterwerfen, die unter allen Umständen zu dem Ziele der Erkennung der vorliegenden Substanz führen. Eine Anleitung dazu wird im dritten Abschnitte gegeben und auch bei der Beschreibung jedes einzelnen Edelsteines wird das Verfahren erwähnt werden, das ge- eignet ist, ihn von ähnlich aussehenden zu unterscheiden. 2. Dubletten. (Dublierte Edelsteine) Man versteht unter Dubletten Schmucksteine, bei denen zwei Teile, ein Unterteil und ein Oberteil, in den meisten Fällen durch Zu- sammenkitten mit Mastix, zu einem scheinbar einheitlichen Ganzen vereinigt sind. Sie ge- hören mit zu den häufigsten Täuschungen, die im Edelsteinhandel vorkommen. Am wenigsten weit geht die Verfälschung, wenn beide Teile aus echtem Material bestehen, z. B. aus Diamant, und man nur aus zwei kleineren Stücken ein größeres her- stellt, das, wenn es wirklich ein Ganzes wäre, wie es nur scheint, einen weit höheren Wert hätte, als die beiden Stücke zusammen. Derartige Dubletten könnte man als echte bezeichnen. Sehr häufig ist jedoch nur der Oberteil ein echter Stein, z.B. Diamant, Rubin, Sapphir usw. Der Unterteil besteht aus irgendeinem geringeren Stoff, z. B. Bergkristall oder auch Glas von der Farbe des echten Steines. Dies sind die sog. Mixte. Wenn das geschickt ge- macht ıst, sieht es aus, als wenn das Ganze aus dem wertvollen Material des Oberteils bestünde, und auf den ersten Blick zeigt eine solehe Dublette die volle Schönheit des echten Steines, auch wenn von diesem nur eine ganz dünne Schicht vorhanden ist. Man spricht so von Diamant-, Rubin-, Sapphir- usw. Dubletten. Aus Antwerpen wird be- VERFÄLSCHUNGEN. DUBLETTEN. 117 richtet, daß vielfach Diamant und weißer Sapphir in der angegebenen Weise miteinander verbunden werden. Rubin wird nachgemacht, indem man Glaspasten mit einem Plättchen von Almandin bedeckt. Manchmal wird auch eine dünne Zwischenschicht eines schön- farbigen Steines, z. B. von Smaragd der aus Bergkristall, oder Glas bestehenden wertlosen Imitation eingefügt. Es ist klar, daß der Verfertiger derartiger Fälschungen seinen Vor- teil darin hat, einen scheinbar großen Stein mit einer kleinen Menge des echten Materials herzustellen. Derarige Dubletten heißen halbechte. Wenn der eine Teil Glas ist, wird er zuweilen an den anderen Teil nicht mit Mastix angekittet, sondern angeschmolzen und auf diese Weise eine innigere und festere Vereinigung erzielt. In einer Fassung, namentlich im Kasten, sind derartige Falsifikate schwer zu er- kennen; wenn sie nicht gefaßt sind, ist es leichter. Auf der Berührungsfläche beider Teile sieht man zuweilen mit einer scharfen Lupe die Verbindungsnaht, oder man bemerkt am Rande auf der Grenze beider Teile Farben dünner Plättchen, von eingedrungener Luft herrührend. Bringt man eine Dublette in heißes Wasser, so zerfällt sie, wenn sie mit Mastix gekittet, selbstverständlich aber nicht, wenn der Oberteil an den Unterteil an- geschmolzen ist. Wenn Glas und ein doppeltbrechender Stein, wie z. B. Rubin, mitein- ander verbunden sind, kann man die Zusammensetzung an dem verschiedenen Verhalten beider Teile im polarisierten Lichte erkennen. Auch die verschiedene Lichtbrechung beider kann benutzt werden, namentlich bei farblosen Steinen, wenn etwa Diamant mit Berg- kristall dubliert ist. Man legt die Dublette in eine stark lichtbrechende Flüssigkeit, etwa Methylenjodid oder Monobromnaphthalin und verdünnt diese so lange, bis man den einen Teil, der aus Bergkristall besteht, nicht mehr sieht, er also mit der Flüssigkeit genau das- selbe Liehtbrechungsverhältnis hat. Der stärker liehtbrechende Diamant ist dann immer noch deutlich mit scharfem Umriß zu unterscheiden. Auch das spezifische Gewicht kann zur Erkennung dienen. Alle diese Hilfsmittel sind aber nur nötig, wenn die Dublette sehr geschiekt und mit sehr gut zueinander passenden Materialien gemacht ıst. Namentlich die indischen Juwe- liere sind sehr bewandert in der Anfertigung guter Dubletten. Sind solche weniger sorg- fältıg gemacht, so genügt vielfach schon der Kontrast des Aussehens der beiden sich dicht berührenden Teile, um sie mit Sicherheit nebeneinander zu erkennen und voneinander zu unterscheiden. Bei unechten Dubletten besteht der Oberteil aus Bergkristall oder farblosem Glase, der Unterteil aus farbigem Glase. Letzteres teilt dann dem Oberteil seine Farbe mit. Dieser Zweck kann auch erreicht werden, wenn man zwischen Ober- und Unterteil von farblosem Material eine dünne Schicht der Folienfarbe anbringt, oder ein Metallplättchen oder auch ein Stückchen gefärbtes Gelatinepapier einschiebt. Sind beide Teile verschieden gefärbt, so erkennt man die Dublette sofort, wenn man nicht senkrecht zur Tafel des ÖOberteils, sondern in deren Richtung seitlich hindurchsieht. Man empfiehlt, den Stein zu diesem Zwecke auf den Fingernagel zu setzen und gegen das Licht zu halten. Mit der Lupe erkennt man dann auch eine zwischen zwei farblose Steine gelegte Farbsehicht. Hierbei und überhaupt immer bei der Untersuchung der Dubletten ist es aber, wie erwähnt, durchaus erforderlich, daß der Stein nicht gefaßt ist. Eigentümlich sind die Hohldubletten. In einen Bergkristall oder in farbloses Glas, die als Oberteil geschliffen sind, wird von hinten eine Höhlung gegraben und deren Wand fein poliert. Hierauf wird die Höhlung mit einer farbigen Flüssigkeit erfüllt und mit einem Plättchen aus Bergkristall oder Glas, oder mit einem vollständigen Unterteil aus diesem Material verschlossen. Die Farbe der Flüssigkeit teilt sich ebenfalls dem ganzen Steine mit, wenn man von der Tafel her auf ihn sieht. Man erkennt aber auch in diesem Falle wie ım vorigen dessen Farblosigkeit, wenn man ihn von der Seite her betrachtet. 118 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. 3. Glasflüsse. Zu einer hohen Vollkommenheit ist die Kunst gediehen, Glasflüsse mit den wesentlich die Schönheit bedingenden Eigenschaften der echten Edelsteine herzu- stellen und sie in geschliffenem Zustande diesen unterzuschieben. Solche zur Nachahmung. von Edelsteinen geeignete Glasflüsse, aber ebenso die Imitationen selbst werden auch Pasten (Glaspasten) genannt. Sie dienen zum Ersatz kostbarer Edelsteine in billigen Schmuck- stücken, doch werden sie auch vielfach mißbraucht; der mit ihrer Hilfe geübte Betrug ist wohl der häufigste, der im Edelsteinhandel vorkommt; er ist schon im Altertum gut be- kannt gewesen und häufig vorgekommen, so daß die alten Schriftsteller, wie Plinius, bereits ausführlich davon sprechen und eindringlich davor warnen. Der Fabrikation solcher Gläser liegt also das Bestreben zugrumde, ein Kunstprodukt zu erzeugen, das so vollständig wie möglich die wertvollen und schätzbaren Eigenschaften der echten, natürlichen Edelsteine besitzt, dessen Preis aber möglichst weit unter dem der letzteren steht. Der einzige Weg, den man hierzu kennt, ist die Herstellung einer möglichst klaren und zunächst farblosen Glasmasse; diese wird dann entweder nach Bedarf farblos verwendet, oder es wird ihr, wenn es sich um gefärbte Steine handelt, durch Umschmelzen unter Zusatz geeigneter Metallverbindungen die gewünschte Farbe mitgeteilt. Hauptsächlich in Paris und in Böhmen werden solehe Imitationen fabriziert. Die meisten Edelsteine können auf diese Weise bezüglich ihres Aussehens so täuschend in Glas nachgeahmt werden, daß oft sehr große Übung dazu gehört, um das Falsifikat vom echten Steine durch Betrachten mit dem bloßen Auge allein und ohne eingehende Untersuchung aller Eigenschaften zu unterscheiden. Es gibt solebe Gläser, welche nicht nur die Farblosigkeit und Klarheit, sondern auch das durch starke Lichtbreehung und Farbenzer- streuung bedingte Farbenspiel, sowie den eigentümlichen hohen Glanz der Diamanten vom reinsten Wasser besitzen; ebenso gibt es solche mit der prächtigen Farbe der schönsten Rubine, Sapphire, Smaragde, Topase usw. Was man einem solchen Kunstprodukte aber niemals mitteilen kann, das ist die Härte. Alle solche „künstlichen Edelsteine“ haben nur die Härte des Glases (H.—=5), sind sogar meist noch etwas weicher als gewöhnliches Fensterglas. Indessen nehmen sie doch beim Schleifen eine ganz schöne Politur an, aber sie können diese und auch die Schärfe der Kanten und Ecken beim Gebrauch nicht dauernd erhalten. Wenn sie auch ganz neu dem echten Steine täuschend ähnlich sind, so werden sie doch nach kurzem Gebrauche matt und unscheinbar. Könnte man den Glasflüssen auch die große Härte der Edelsteine geben, so wären sie zum Schmucke mindestens eben- So geeignet wie diese; die erwähnten Übelstände würden dann wegfallen. Zur Ver- deekung der geringen Härte wird nicht selten ein Plättchen oder ein Oberteil des echten oder doch eines harten Steines aufgelegt, wie wir es bei der Betrachtung der halbechten Dubletten gesehen haben. Die geringe Härte läßt in fast allen Fällen ein solches Glas von dem echten Steine unterscheiden. Das Glas wird von der harten Stahlspitze leicht geritzt, aber nur sehr wenige echte Edelsteine. Neuester Zeit empfiehlt man zur Unterscheidung von Glasflüssen und echten Edelsteinen einen Aluminiumstift, dessen Spitze beim Streichen auf Glas eine silberig glänzende Linie hinterlassen soll, nieht aber auf einem echten Edelstein mit seiner größeren Härte. Es gibt jedoch auch noch andere Merkmale. Das Glas ıst wie alle amorphen Substanzen einfach lichtbrechend, im Gegensatz zu den meist doppeltbrechenden Edelsteinen, welchen Unterschied man in der oben beschriebenen Weise mit Hilfe des Polarisationsinstrumentes (p. 57) oder unter Umständen auch mittelst der diehroskopischen Lupe (p. 74) feststellen kann. Von den Edelsteinen bricht aber der Diamant ebenfalls das Licht nur einfach, dieser kann also vom Glase mit Hilfe des Polarisations- instrumentes nicht unterschieden werden. Hier hilft nur die Härte, wenn nicht das auf Seite 62 beschriebene schwarze Kreuz für Glas entscheidet. Auch im spezifischen Gewicht VERFÄLSCHUNGEN. GLASFLÜSSE. PASTEN. 119 ist wohl meist eine Differenz zwischen dem Glase und dem echten Edelsteine. Wenn gleich sehr schwere Gläser mit einem Gewichte, das bis 3,6 und 3,8 geht, dargestellt werden können, so stimmt doch die für das Glas gefundene Zahl im speziellen Falle sehr selten genau mit dem Edelsteine, der nachgeahmt werden soll. Endlich ist auch der Glasfluß sehr schwer ganz frei von kleinen Luftbläschen und anderen Unregelmäßigkeiten, sogenannten Schlieren, zu erhalten, die in dieser Weise in den Edelsteinen nicht vor- kommen. Die Betrachtung mit der Lupe, oder wenn nötig auch mit dem Mikroskop, läßt nicht selten diese Bläschen usw. und damit die Glasimitation erkennen und ebenso den ausgezeichneten muschligen Bruch des Glases, der sogar an den Rändern geschliffener Stücke noch häufig in sehr charakteristischer Weise und ganz anders als an echten Edel- steinen auftritt. Ein chemisches Kennzeichen des Glases dem Diamant und den meisten echten Edelsteinen gegenüber ist die leichte Angreifbarkeit durch die Glasätztinte, von der oben S. 8 die Rede war. Die Masse, von der man bei der Herstellung aller dieser „künstlichen Edelsteine“ ausgeht, ist in den meisten Fällen ein leicht schmelzbares, farbloses, bleihaltiges Glas, das den Namen Straß oder Mainzer Fluß, zuweilen auch Amause (siehe unten) führt. Dieses muß vor allem die höchste Durchsichtigkeit und Klarheit und vollkommene Farblosigkeit zeigen, es ist daher von der größten Wichtigkeit, daß nur Materialien von möglichster Reinheit verwendet werden. Im allgemeinen sind es dieselben Stoffe, die auch sonst zur Bereitung des Glases dienen, zu denen aber hier noch einige weitere, besonders die blei- haltıge Mennige, hinzutreten. Es ist vor allem der Quarz, der durchaus eisenfrei sein muß, und den man am besten in der reinen Form des Bergkristalls anwendet. Der Kaligehalt des Glases wird meist durch das kohlensaure Kalı (Pottasche) geliefert, das möglichst frei von fremden Bestand- teilen sein soll. Da der Kalisalpeter leichter rein erhalten werden kann, so wird er nicht selten statt des kohlensauren Kali zugesetzt, oder auch manchmal aus demselben Grunde weinsaures Kali. Als Ersatz des Kalium dient zuweilen eine gleichwertige Menge Thallium, die in Gestalt irgendeines Thalliumsalzes den anderen Gemengteilen beigegeben wird. Man erhält dann das sogenannte Thalliumglas (Thalliumpaste. Die das Blei liefernde Mennige wird aus chemisch reinem Blei dargestellt. Etwas weißer Arsenik wird zuweilen beigefügt, der aber unwesentlich ist und daher seiner Giftigkeit wegen auch vielfach fortbleibt. Zur Beförderung der Schmelzbarkeit dient eine kleine Menge Borax oder der reineren Borsäure; sie geht nicht in die Substanz des Glases ein, sondern ver- flüchtigt sich in der Glut des Glasofens. Diese Stoffe werden möglichst fein pulverisiert, möglichst innig gemengt und ın hessischen Tiegeln zusammengeschmolzen bei einer möglichst konstanten Temperatur, die nicht höber sein soll, als gerade zur Schmelzung erforderlich ist. Damit die Masse gleich- mäßig und möglichst blasenfrei wird, bleibt sie lange (bis 24 Stunden) im Ofen, und die Erkaltung muß sehr langsam und stetig geschehen. Jegliches Umrühren der Schmelze ist zu vermeiden, weil dadurch Luftblasen erzeugt werden, die sich nicht mehr vertreiben lassen und die das Produkt unbrauchbar machen. Dabei sind die Mischungsverhältnisse der genannten Bestandteile nicht immer die- selben; namentlich der Zusatz von Mennige ist ein sehr verschiedener, und manchmal fehlt er sogar besser ganz, so daß ein vollkommen bleifreies Glas entsteht; dies ist dann kein eigentlicher Straß mehr. Rezepte zur Herstellung von Gläsern, die sich für Edel- steinimitation eignen, sind viele angegeben worden. Einige Mischungen, die gute Sorten liefern, sind die folgenden: 3 Teile feiner Quarzsand, 2 Salpeter, 1 Borax, !/» Arsenik; oder 9 Teile Quarz, 3 kohlensaures Kali, 3 gebrannter Borax, 2 reine Mennige, !/2 Ar- senik; oder 8 Teile weißes bleifreies Glas, 3 Bergkristall, 3 Mennige, 3 gebrannter 120 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Borax, 2/s Salpeter, '/; Arsenik; oder 7!/ Teile Quarz, 10 Mennige, 1!/. Salpeter. Eine häufig angewendete Mischung besteht aus 32°) Bergkristall, 50° Mennige, 17/0 kohlensaurem Kali, 1°/ Borax und !/s %/o Arsenik. Je nach dem größeren oder geringeren Mennigezusatz wird das beim Schmelzen er-' haltene Glas mehr oder weniger bleihaltig, und auch die anderen Bestandteile wechseln etwas. Der Kieselsäuregehalt in solehen Gläsern schwankt zwischen 38 und 59, der Kali- gehalt zwischen 8 und 14 und der Bleioxdygehalt zwischen 28 und 53 Prozent. Ein zur Imitation von Diamant benutztes Glas (Straß) ergab z. B. bei der Analyse: 41,2 °/o Kiesel- säure, 8,4% Kalı und 50,1%/o Bleioxyd. Mit den Bestandteilen schwanken nun auch die Eigenschaften dieser Gläser sehr be- deutend, namentlich ist hier der Bleigehalt vom großem Einfluß. Ist dieser niedrig, dann ist die Härte des Glases etwas größer, aber das spezifische Gewicht sowie die Licht- brechung und Farbenzerstreuung geringer als bei einem bleireichen. Mit dem Bleigehalt steigern sich namentlich diese letzteren beiden Eigenschaften erheblich, und ein sehr blei- reiches Glas, also z. B. das, dessen Zusammensetzung oben angegeben wurde, hat die starke Lichtbrechung und Farbenzerstreuung des Diamantes und damit auch dessen schönes Feuer und Farbenspiel. Dies ist der Zweck des Bleizusatzes. Zugleich mit diesem steigt auch das spezifsche Gewicht auf 3, bis 3,. also noch über das des Diamantes hinaus. Noch schöner ist aber das Farbenspiel solcher Gläser, wenn sie Thhallıium statt Kalıum ent- halten. Der Thalliumgehalt vermehrt die Lichtbrechung und Farbenzerstreuung sehr be- deutend; solche Thalliumbleigläser stehen daher in dieser Beziehung noch hoch über ge- wöhnlichem Straß von der angeführten Zusammensetzung, sind aber auch erheblich teurer und daher nur zu feineren Sachen verwendbar. Auch ihr spezifisches Gewicht ist höher und beträgt 4,1ıs bis 5,6, steigend mit zunehmendem Thalliumgehalt. Bei einem solchen vom spezifschen Gewicht 4,ıs, das also nicht sehr viel Thallıum enthält, ıst die Dispersion — (,01, während sie bei gewöhnlichem bleihaltigem Glase (Flintglas von Fraunhofer) nur 0,037, aber beim Diamant 0,057 beträgt. Mit den wechselnden Eigenschaften dieser verschieden zusammengesetzten Gläser ist nun auch ihre Verwendung schon angedeutet. Edelsteine mit sehr starker Lichtbrechung und Farbenzerstreuung und daher schönem Farbenspiel, wie z. B. Diamant, werden mit sehr bleireichen, eventuell auch Thallıum enthaltenden Gläsern nachgeahmt, solehe mit schwacher Lichtbrechung durch bleiarme oder selbst ganz bleifreie. Auch bei der Färbung des Glases ist es zuweilen nicht gleichgültig, ob es Blei enthält oder nicht. Die oben angegebenen Mischungen liefern nämlich, wenn die Materialien ganz rein waren, ein vollkommen farbloses Glas. Sollen gefärbte Edelsteine nachgeahmt werden, so muß man dem Straß, der stets die Grundlage der gefärbten Edelsteinimitationen bildet, noch einen färbenden Bestandteil beifügen. Dies ist meistens ein Oxyd eines Metalls oder mehrerer, bei denen für die Herstellung tadelloser Farben vollständige Reinheit ebenso notwendiges Erfordernis ist, wie bei den anderen Bestandteilen. Das vorher voll- kommen fertig hergestellte farblose Glas wird möglichst fein gepulvert und so mit gleich feinem Pulver der Metalloxyde durch Zusammensieben aufs innigste gemischt. Dieses Gemenge wird dann bei nicht zu hoher Temperatur geschmolzen, etwa 30 Stunden im Flusse gelassen und sehr langsam abgekühlt. Schon ganz kleine Quantitäten Metalloxyd, wenige Prozente, übrigens von den verschiedenen Metallen verschieden große Mengen, genügen, um dem Glase die gewünschte Farbe zu geben, bei der größere oder geringere Intensität durch Abstufungen in dem Quantum der färbenden Zusätze erzielt werden kann. Ganz geringe Mengen geben eine ganz lichte Färbung, sehr große können bewirken, daß diekere Schichten ganz undurchsichtig, beinahe schwarz aussehen; dazwischen sind alle Übergänge möglich. Welche intensiv färbende Kraft manche Metalle haben, sieht man VERFÄLSCHUNGEN. GLASFLÜSSE. EMAIL. 121 u. a. beispielsweise daraus, daß ein Teil Gold 10000 Teile Straß intensiv rubinrot zu färben imstande ist, und daß 20000 Teile Straß dadurch immer noch merklich rosa ge- färbt erscheinen. Zur Herstellung der verschiedenen, bei den Schmucksteinen vorkommenden Farben werden die folgenden Zusätze gemacht: blau wird der Straß durch Kobaltoxyd oder Smalte; ein Zusatz von etwas Braunstein zieht die Farbe ins Violette. Gelb färbt Silber- oxyd oder auch Chlorsilber, ebenso Antimonoxyd oder statt dessen rotes Spießglanzglas, in welchem dem Antimonoxyd etwas Schwefelantimon beigemengt ist. Gelb färbt auch ein geringer Zusatz von Kohle, und zwar je nach der Menge licht honiggelb bis gelb- braun. Ein schönes Goldgelb gibt eine weiter noch hinzugefügte kleine Beimischung von Braunstein. Zum Gelbfärben mit Kohle eignen sich aber nur bleifreie Gläser. Grün liefert ein Zusatz von Chromoxyd oder Kupferoxyd; durch etwas Kobaltoxyd geht die Farbe ins Bläuliche, durch etwas Spießglanzglas ins Gelbliche. Auch ein Gemenge von Kobaltoxyd und Spießglanzglas gibt Grün durch Mischung von Blau und Gelb. Rot kann auf verschiedenem Wege hergestellt werden: durch Kupferoxydul, durch Goldoxyd, Goldehlorid oder Goldpurpur (hierdurch entsteht das sogenannte Rubinglas mit einer dem Rubin ähnlichen Farbe), oder durch (möglichst eisenfreien) Braunstein. Die Farbe, die der letztere gibt, ist mehr violett; durch Zusatz von etwas Kobaltoxyd zum Braunstein wird sie ausgesprochen violett. Noch größere Beimengung von Kobaltoxyd macht die Farbe rotbraun. Schwarz, auch in den dünnsten Schichten, wird unter anderem durch Zusatz einer größeren Menge von Zinnoxyd und nachheriges Einschmelzen einer Mischung von Eisenhammerschlag und Braunstein erzeugt. Bleiben die letzteren beiden färbenden Bestandteile weg, und ist die Menge des Zinn- oxydes nicht zu groß, so erhält man ein weißes, trübes und undurchsichtiges Glas, ein Email (Schmelz, Smalte oder im engeren Sinne Amause), ebenso auch durch Einschmelzen von phosphorsaurem Kalk oder Knochenasche in das durchsichtige Glas. Solche Massen können durch Metalloxyde gleichfalls gefärbt und dadurch undurchsichtige Edelsteine, wie Türkis usw., nachgeahmt werden. Die blaue Farbe des letzteren erhält man z. B. durch etwas Kupferoxyd mit einem Zusatz von wenig Kobaltoxyd. Auch das Aussehen des Opals, des Chalcedons und anderer undurchsichtiger Edelsteine und sogar bis zu einem gewissen Grade die bunte Färbung des Achats, namentlich des Onyx mit seinen verschiedenfarbigen Lagen, lassen sich in ähnlicher Weise in Glas ziemlich täuschend dar- stellen. Bei diesen Gläsern darf man sich aber nicht vorstellen, daß die Kosten ihrer Her- stellung gering seien. Die Gewinnung guter und wirklich ähnlicher Edelsteinimitationen ist im Gegenteil mit ganz erheblichen Ausgaben verknüpft. Die Materialien stehen wegen der erforderlichen Reinheit hoch im Preise und die Vorrichtungen und die Apparate aller Art, sowie deren richtiger Betrieb, beanspruchen erhebliche Mitte. Man kann daher der hohen Kosten wegen nur wertvolle Steine in dieser vollkommenen Weise nachahmen. Rohe Imitationen, die jedermann, manchmal an der besonders prächtigen Farbe, wie sie bei echten Steinen kaum vorkommt, auf den ersten Blick als Glas erkennt, die aus ge- meinem Material ohne besondere Vorsicht angefertigt werden, und die nur zum aller- billigsten Schmuck Verwendung finden, lassen sich allerdings sehr wohlfeil herstellen. Mit Hilfe der erwähnten Schmelzprozesse erhält man das Rohmaterial für die „künst- lichen Edelsteine“. Dieses wird dann in derselben Weise geschliffen, gefaßt und, wenn erforderlich, aufgebracht wie die echten Steine; es ist nicht nötig, hierüber noch weiteres hinzuzufügen. Wie es scheint, sucht man in jüngster Zeit zur Verfälschung der Edelsteine Gläser herzustellen, die außer den allgemeinen Bestandteilen noch die charakteristischen Bestand- 122 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. teile des betreffenden Steines besitzen, so daß eine oberflächliche chemische Untersuchung den Anschein der Echtheit ergeben kann. So kommen neuestens grüne, offenbar aus Glas hergestellte Steine als Smaragd in den Handel, die 7—8 Prozent der für den Smaragd charakteristischen Beryllerde enthalten, welche sonst im Glase fehlt. Alle physikalischen Eigenschaften zeigen aber sofort, daß kein Smaragd, sondern, wie gesagt, ein künstliches Glas vorliegt, über dessen Herstellung jedoch noch nichts näheres bekannt ist. Wie Glas so vermag man jetzt auch Quarz (Bergkristall) im elektrischen Ofen mit Leichtigkeit zu schmelzen. Durch Zusatz derselben Metalle, die wir oben kennen gelernt haben, nimmt auch das durch Schmelzen erhaltene Quarzglas (oder Kieselglas) eine rote, blaue, grüne ete. Farbe an, was benutzt wird, um auch auf diesem Wege Rubin, Sap- phir, Smaragd, Aquamarin ete. nachzuahmen. Solche Imitationen unterscheiden sich von den echten Steinen sowie von den eigentlichen künstlichen Rubinen ete. ım Poları- sationsinstrument durch ihre amorphe Beschaffenheit und einfache Lichtbrechung, durch ihr geringes spezifisches Gewicht (G. = 2,2), ihre geringe Härte (H.=6) und ihren niederen Brechungskoeffizienten (n = 1,44), auch werden sie im Gegensatz zu jenen von der Ätztinte leicht angegriffen, so daß bei einiger Aufmerksamkeit Verwechselungen aus- geschlossen sind. 1. Wert und Preis. Die Wertschätzung der verschiedenen Arten von Edelsteinen ist außer von den die Schönheit und Dauerhaftigkeit bedingenden inneren Eigenschaften, wie sie oben im all- gemeinen geschildert worden sind, noch von vielen anderen Umständen abhängig und wechselt oft sehr stark. Damit ist auch der Preis veränderlich, der sich hier wie bei jeder anderen Ware in der Hauptsache nach Angebot und Nachfrage reguliert. Ist das Angebot groß und der Bedarf gering, so wird der Preis sinken, im umgekehrten Falle steigen. Ändert sich aber Angebot und Nachfrage in gleichem Sinne, fallen sie beide oder steigen sie beide, dann wird der Preis ebenso unverändert bleiben, wie wenn in jenen beiden Verhältnissen gar kein Wechsel eintritt. Das Angebot wird bei jedem Edelstein im wesentlichen bedingt durch die Häufigkeit des Vorkommens und die Größe der Produktion. Sehr reichlich sich findende Edelsteine stehen nie hoch im Wert, auch wenn sie von großer Schönheit sınd, so daß oft der Preis eines bearbeiteten Steines den Schleiferlohn kaum übersteigt. Seltene sind immer mehr oder weniger wertvoll und teuer. Die in den Handel gebrachte Menge der einzelnen Arten von Edelsteinen ist nicht jederzeit dieselbe, und damit ändern sich entsprechend die Preise. Das Erschöpfen alter, früher reich gewesener Fundorte muß die Preise notwendig allmählich in die Höhe treiben; das Auffinden neuer ergiebiger Quellen sie rasch sinken lassen. Unter anderem gibt hierfür die Geschichte der Diamantenproduktion mehrfache Beispiele. Im siebzehnten Jahrhundert stieg der Preis dieses Steines wegen der fortdauernden Erschöpfung der damals allein bekannten indischen Gruben allmählich immer höher, bis im Jahre 1728 die Ent- deckung der reichen brasilianischen Gruben einen bedeutenden und raschen Rückgang bewirkte. Allmählich erschöpften sich auch die Lagerstätten in Brasilien und die Preise stiegen wieder, aber die etwa seit 1870 in immer größerer Zahl in dem Handel vorkom- menden südafrikanischen Diamanten haben ihrer ganz ungeahnten Menge und Größe wegen die Preise wenigstens für die mittlere Marktware auf einen tiefern Stand gebracht wie irgend früher. Während des Burenkrieges stieg dann der Preis der Kapdiamanten auf das Doppelte, weil während der Belagerung von Kimberley keine Ausfuhr möglich war. Um Preis- drückerei zu verhüten, bringt die dortige De Beers Company jedes Jahr nur soviel WERT UND PReIs. 123 Diamanten auf den Markt, als nach den vorhandenen Erfahrungen vom Publikum auf- genommen werden. Sie hält dadurch künstlich die Preise auf einer ihrem Interesse ent- sprechenden Höhe. Hier wird also der Preis durch den Willen des ım Besitz des Mono- pols befindlichen Produzenten bestimmt. Übrigens ist die Produktion nieht der einzige Umstand, der das Angebot beeinflußt; größere angesammelte Vorräte, die gleichzeitig auf den Markt geworfen werden, können die Preise ebenfalls bedeutend erniedrigen. Interessant ist in dieser Beziehung die Mitteilung von Kluge aus dem Jahre 1860, daß der Diamantpreis wenige Jahre vorher, während der Leipziger Ostermesse, plötzlich um 50 Prozent gefallen war, weil die brasilianische Regierung die Zinsen ihrer Staatsschuld, statt in barem Gelde, in Diamanten bezahlt hatte. Von der entgegengesetzten Wirkung wie das Angebot ist die Nachfrage. Diese hängt vor allem ab von den allgemeinen Erwerbsverhältnissen und dem dadurch bedingten größeren oder geringeren Wohlstand auch in den breiten Schichten der niederen Volks- klassen, ferner von der allgemeinen Lage der Weltereignisse und endlich in hohem Grade von der Mode. In neuerer Zeit hat namentlich durch Käufer aus dem kapitalkräftigen Amerika die Nachfrage nach den bessern Edelsteinen, Diamanten, Rubinen, Sapphiren und Smaragden, aber auch nach Perlen so stark zugenommen, daß die Preise sehr erheblich, zum Teil um früher gestiegen sind. Als reine Luxusartikel, die nicht irgendein wirkliches Bedürfnis befriedigen und die daher für das Leben vollkommen entbehrlich sind, können die Edelsteine nur in Zeiten des Wohlstandes und des Gedeihens der Völker in ausgedehnterem Maßstabe Verwendung finden. In langen Friedensjahren, wenn sich der Erwerb günstig gestaltet, werden daher die Preise steigen. Namentlich pflegt dies zu geschehen unter dem Einflusse verschiedener Ereignisse, die die Entfaltung eines besonderen Pompes verlangen, wie Krönungs- festlichkeiten und ähnliches. Sinkt aber die Kaufkraft infolge von Krieg oder von Krisen im Handel und in der Industrie, dann sinkt auch die Zahl derer, die sich mit Juwelen zu schmücken in der Lage sind. Der Ankauf namentlich der teueren Arten läßt nach, vielfach wird sogar alter Familienbesitz wieder auf den Markt geworfen; die Preise sinken. Dies geschah z. B. in ganz erheblichem Maße infolge der großen französischen Revo- lution und der nachfolgenden langwierigen Kriege, nachdem der bis dahin an allen euro- päischen Höfen getriebene Luxus den Wert der Edelsteine, speziell der Diamanten auf ziemlicher Höhe gehalten hatte. Der große Edelsteinbedarf namentlich des französischen Hofes und vor allem die ruhige Entwicklung in den langen Friedensjahren nach Napoleons Sturz ließen die Preise wieder steigen, bis die Ereignisse des Jahres 1848 einen aller- dings nicht lange andauernden plötzlichen Rückgang um 75 Prozent bewirkten. Wie stark Handelskrisen wirken können, sieht man u. a. daran, daß nach den Be- richten des Reisenden von Tschudi dıe Diamanten in Brasilien, als 1857 und 1858 Handel und Verkehr in verderblicher Weise stockten, auf die Hälfte ihres Wertes heruntergingen. In solehen Krisen pflegen besonders große und wertvolle Steine im Preise verhältnismäßig stärker zu sinken als kleinere, weil die Nachfrage nach ihnen sich beträchtlicher ver- mindert. So war es u. A. in der allerjüngsten Vergangenheit besonders in Nordamerika der Fall, wo auch vielfach Kaufleute, die sich in Zahlungssehwierigkeiten befanden, ihren Besitz an Edelsteinen zu verkaufen gezwungen waren. Im Gegensatz dazu steigen die Edelsteinpreise während eines bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwunges. Dies geschah z. B. ın bemerkenswertem Maße, als infolge der reichen Ausbeute der südamerika- nischen Silbererzlagerstätten im 16. und 17. Jahrhundert große Schätze nach Europa kamen, und wieder nach der Entdeckung der reichen Goldvorkommen in Kalıfornien und Australien im Jahre 1848 und später. 124 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. Von großem Einfluß ist die Mode, die zeitweise den Verbrauch von Edelsteinen überhaupt begünstigt oder beschränkt, die bald den einen, bald den andern Edelstein mehr bevorzugt und solche, die bis dahin hochgeschätzt waren, fast ganz in Vergessenheit geraten, andere stark vernachlässigte dagegen wıeder in den Vordergrund treten läßt. Allerdings die schönsten und kostbarsten, wie Diamant, Rubin, Sapphir, Smaragd und Perlen werden wohl nie ganz außer Gebrauch kommen, wohl aber andere. Ein bezeiehnendes Beispiel für den Einfluß der Mode gibt das echte Katzenauge, der schillernde Chrysoberyll. Dieser aus Ceylon stammende Stein fand sich ım keinem Juwelierladen vorrätig, da ihn niemand achtete und sein Preis war daher gering, bis der englische Herzog von Connaught seiner Braut, der Prinzessin Margarete von Preußen, einen Verlobungsring mit einem Chrysoberyll schenkte. Nun war der Stein in der Mode, zunächst in England, dann auch anderwärts. Die Verwendung nahm so stark zu, dab Ceylon kaum genug Material schaffen konnte, und die Preise stiegen bedeutend. Auf solche Änderungen des Geschmacks hin werden auch wohl Spekulationen unternommen. Topas, der früher sehr viel getragen und daher teuer bezahlt wurde, ist jetzt wenig ge- schätzt und mit ıhm die anderen gelben Steine; sein Preis ist niedrig. In der Hoff- nung jedoch, daß im Laufe der Zeit die Gunst des Publikums sich diesen Steinen wieder zuwenden werde, hatte sich eine französische Gesellschaft gebildet, um auf die spanischen sogenannten Topasgruben die Hand zu legen. Diese geben allerdings keinen echten Topas, sondern gelben Quarz von schöner Farbe, der vielfach statt des echten Edelsteins verkauft wird. Wenn durch die Ungunst der Mode oder anderer Verhältnisse ein Edelstein im Preise sinkt, wird nicht selten das im Handel befindliche Material ganz aus dem Verkehr ge- zogen um in besseren Zeiten mit höheren Preisen wieder auf den Markt gebracht zu werden. Nach dem bisher Gesagten kann es uns nicht wundern, zu erfahren, daß zwar die kostbarsten Edelsteine überall und immer hochgeschätzt wurden und noch werden, daß aber diese Wertschätzung zu verschiedenen Zeiten eine verschiedene und daher auch die Reihenfolge vom geschätztesten und teuersten ab nicht immer dieselbe war. Nach den Mitteilungen von ©. W. King, dem wir sehr viele wichtige historische Nachrichten über die Edelsteine verdanken, war bei den alten Römern, wie bei den alten Indern der Diamant der wertvollste Edelstein, bei den alten Persern stand er dagegen erst an fünfter Stelle hinter Perlen, Rubin, Smaragd und Chrysolith. Benvenuto Cellini berichtet in seinem Trattato del oreficeria, daß ın der Mitte des 16. Jahrhunderts der Diamant hinter Rubin und Smaragd zurückstand und dab er achtmal weniger wert war als der erstere, der als der wertvollste Edelstein galt. Die dritte Stelle des Diamants in der Reihe der dem Werte nach geordneten Edelsteine bestätigt aus derselben Zeit (1565) auch der portugiesische Schriftsteller Garcias ab Horto, der aber den Smaragd an die erste Stelle setzt und an die zweite den Rubin, wenn dieser klar ist. Auch gegenwärtig steht der Diamant nicht als der kostbarste an der Spitze der Edelsteine; er wird im Preise auch heute noch vom Rubin weit übertroffen und ebenso vom Smaragd. Alle diese Vergleiche gelten natürlich nur bei gleicher Größe, gleicher Beschaffenheit und bei geschliffenen Steinen für gleiche Vollkommenheit des Schliffes. | In sehr erheblichem Maße ist Wert und Preis der Edelsteine von der individuellen Beschaffenheit der einzelnen Stücke abhängig. Zunächst ist von großer Wichtigkeit deren Größe. Diese wird fast stets nach dem Gewicht bestimmt, und es ist hierfür beinahe überall eine besondere Einheit in Anwen- dung, die das Karat heißt. Es soll das Gewicht der Bohne eines afrikanischen Schoten- gewächses Kuara sein, einer Spezies von Erythrina (E. abyssinica), deren Früchte sich im WERT UND PREIS. EDELSTEINGEWICHT. KARAT. 125 trockenen Zustande durch ein sehr konstantes Gewicht auszeichnen und die daher in Afrika zum Wiegen des Goldes benutzt worden sein sollen. Von dort hat sich dann die ent- sprechende Verwendung für Edelsteine zunächst nach Indien ausgebreitet. Nach anderen ist es das Gewicht einer Bohne der Schoten des Johannisbrotbaumes (Keratonia). Der Name Karat käme dann nicht von Kuara, sondern von der alten griechischen Bezeichnung Keratia her. Diesem Ursprung entsprechend ist das Gewicht des Karats nicht überall dasselbe. Wie die alten Pfunde, Lote usw. schwankt es in der Größe nicht unbedeutend von einem Ort zum andern, ist aber durchweg von dem fünften Teil eines Gramms (200 Milli- gramm) nicht sehr verschieden. Im Speziellen beträgt es in Milligramm ausgedrückt ın: Amihöamant.s 402 ln... 19500» mE Paris Ars 13:0 2 40205, onen 2 OT, Amsterdam mr 205, Baar a ran 2 2000, Tızsabonee 2 ze 02 2.207 7209,.150% ;, Bomen’ =. . 20... 2.209000, Braukfurt an Mam . . . 205,1W „ TERIDAIEe ER, 500020000 5 Wien. Eee ZT, SIADIOHHELIOE A EEE; Madrast IE ITEM IR Bondons. Ber str 200g, Livornoyns..jah 204 222997, BeHli En 0A. Im Edelsteinhandel wird das Karat in zwei Hälften geteilt, dieses wieder in zwei gleiche Teile und so weiter durch fortgesetztes Halbieren bis zu Vierundsechzigsteln. Diese werden noch berücksichtigt, kleinere Beträge dagegen oft vernachlässigt, doch werden zuweilen auch noch Bruchteile von Vierundsechzigsteln (1/2 Vierundsechzigstel ete.) ange- geben. Man drückt oft alle Bruchteile eines Karats in Vierundsechzigstel aus; ein solches wiegt bei einem Karat von 205,000 mg deren 3,203. Der vierte Teil eines Karats heibt ein Gran oder Grän; auch dieses Gewicht wird nicht selten angegeben und ist namentlich bei Perlen gebräuchlich. 144 Karat bilden in Frankreich eine Unze. Trotz der aus obigen Zahlen hervorgehenden unpraktischen Verschiedenheit seiner Werte ist doch keine Aussicht vorhanden, daß das Karat durch das zweckmäßigere Gramm- gewicht verdrängt wird, das außer im Edelsteinhandel in fast allen zivilisierten Ländern allgemein im Verkehr angewendet wird. Der Ersatz durch das Grammgewicht ließe sich ohne große Änderung leicht bewerkstelligen, da die Hälfte eines Karats überall sehr nahe 100 mg beträgt. Es ist aber hierzu in den beteiligten Kreisen sehr wenig Neigung vor- handen, trotzdem seit 1872 in Deutschland und seit 1876 in Österreich das Gramm die gesetzliche Gewichtseinheit auch für Edelsteine ist, wie seit längerer Zeit schon in Holland. Dagegen hatten die im Jahre 1871 begonnenen und 1877 erneuerten Be- strebungen des Syndikats der Pariser Juweliere auf eine Einigung mehr Erfolg. Diese singen dahin, das Karat, das ın Frankreich gesetzliches Edelsteingewicht ist, überall gleich, und zwar auf 205,000 mg festzustellen, wie es schon immer in Leipzig und in Nieder- ländisch Indien gewesen ist (metrisches Karat). Es ist zu erwarten, daß in nicht zu ferner Zeit das Karat auf der ganzen Erde ohne Ausnahme den obigen Wert haben wird und dab alle anderen Karate außer Gebrauch kommen. Jedenfalls haben die Juwelenhändler in London und Amsterdam und den anderen Hauptpunkten des Edelsteinhandels in Europa und Amerika sich bereits ihren Pariser Kollegen angeschlossen. Gleichzeitig ist das Be- streben darauf gerichtet, statt der Einteilung in Vierundsechzigstel die Dezimalteilung des Karats einzuführen, was ebenfalls manche Bequemlichkeiten zur Folge haben würde; ein- zelne größere Geschäfte sind damit schon vorangegangen. In England ist beim Edelsteinhandel, besonders für die billigeren, sog. Halbedelsteine noch vielfach ein anderes Gewicht im Gebrauch, das auch für Edelmetalle, in den Apotheken und bei wissenschaftlichen Untersuchungen angewendet wird. Die Einheit des- 126 ERSTER TEIL. ALLGEMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. selben ist das Pfund Troy (Pound troy), das !#1/ırs eines gewöhnlichen Handelspfundes (Avoirdupois-Pfundes) und 373,212 g wiegt. Es zerfällt in 12 Unzen (ounces, abgekürzt: 0z.); eine Unze ist gleich 20 Pfenniggewichten (pennyweights, abgekürzt: dwts.), und ein solches ist gleich 24 Gran oder Grän (grains, abgekürzt: grs.), so daß also 5760 Grän Troy ein Pfund Troy geben. Eine Unze oder 480 Grän Troy ist = 31,108 g oder — 151,722 Karat zu 205 mg. Hieraus folgt, daß ein solches Karat = 3,164 Grän Troy ist und umgekehrt ein Grän Troy = 0,515 Karat. Ferner ist ein Grän Troy = 1,1: Grän des Karatgewichts und umgekehrt ein solches = 0,1971 Grän Troy. Die Anwendung des gleichen Wortes Gran oder Grän für die beiden genannten Ge- wichte, das Karat- und das Troygewicht, führt selbstverständlich vielfach zu Verwirrung und Irrtümern, und es bleibt bei vielen Gewichtsangaben von Edelsteinen zweifelhaft, auf welehe Einheit sich das Gran bezieht. Dies gilt aber nur für die englischen Ver- hältnisse; in irgendeinem andern Lande als England kommt das Gran Troy als Edelstein- gewicht nicht vor. Nur lokal und von geringer Bedeutung sind einige Gewichte, die namentlich an ge- wissen Fundstellen von Edelsteinen für diese manchmal gebraucht werden oder vielmehr wohl besser wurden. Sie sind hier kurz erwähnt, weil sie zuweilen in Reisebeschreibungen und in älteren Schilderungen von Edelsteinen vorkommen, sogar noch in Berichten über die Edelsteinvorkommnisse mancher Länder aus der neueren Zeit, und weil es z. T. schwer ist, nähere Auskunft über sie zu erhalten. In Brasilien werden das Gold und dıe Edelsteine nach Oitavas (Oktaven) berechnet. Eine Oitava ist der achte Teil einer Unze und 128 Oitavas geben ein Pfund. Die Oitava zerfällt in 32 Vintems und entspricht 17'!/2 Karat des gewöhnlichen Edelsteingewichts (zu- weilen werden auch 18 angegeben). Manchmal wird auch das Grän des Karatgewichts als Unterabteilung der Oitava benutzt. Da vier davon ein Karat geben, so ist eine Oitava = 70 (resp. 72) Grän. Während dieses brasilianische Gewicht ganz auf dem Karatgewicht beruht, sind die in Indien namentlich in früheren Zeiten im Edelsteinhandel verwendeten Gewichte davon vollständig unabhängig. Sie sind an verschiedenen Orten verschieden und auch mit der Zeit wechselnd. Das u. a. hauptsächlich in Sumelpur benutzte Gewicht ist die Mascha; sie zerfällt ın 8 Ratis oder Rutten, die hauptsächlich zur Gewichtsbestimmung für Diamanten dienen. Ein Rati, das Gewicht eines roten Samenkorns mit einem schwarzen Punkt von Abrus preca- torius, zerfällt in 4 Dhans. Es wechselt mit Zeit und Ort von 1,s6 bis 2,5 Grän Troy. Im Mittel wäre also 1 Rati etwa — 2 Grän Troy oder 2!/ Grän des Karatgewichts oder etwa 2?/; Karat. 1827 war in Nagpur in der Tat 1 Rati = 2,14 Grän Troy; heutzutage wird es gewöhnlich = 1?/s oder 1,s Grän Troy oder = 2,7 Grän des Karatgewichts gesetzt. Tavernier bemißt 1 Ratı auf sieben Achtel Karat. Das Gewicht von Goleonda (Raoleonda, Kollur und Visapur) ist das Mangelin; es ist nach Tavernier = 1?) Karat.? Der Mischkäl ist ein persisches Gewicht. Er ist = 40 Ratis und wird gewöhnlich zu 741) Grän Troy, also etwa zu 23'/; Karat angenommen. 2 Mischkäl geben einen Dirhem. | Der Preis der Edelsteine jeder Art wächst natürlich mit der Größe, aber in ver- schiedener Weise je nach der Art ihres Vorkommens. Manche, wie Topas, Aquamarin und andere, finden sich in zahlreichen größeren Stücken, so daß die Schleifer sich ohne Mühe auch zu größeren Schmucksteinen Material in beliebiger Menge verschaffen können. Bei solehen Steinen wächst der Preis dem Gewicht entsprechend, so daß ein doppelt so großes Stück das Doppelte usw. kostet. Bei manchen andern Steinen, wie Diamant, PREIS. PREISREGELN, 127 Rubin usw. ist dagegen das Vorkommen größerer Exemplare im Vergleich mit den kleineren beschränkt. Man fördert zwar eine genügende Anzahl kleiner, aber verhältnis- mäßig wenig größere Stücke, und zwar ist deren Zahl um so geringer, je beträchtlicher die Größe ist, so daß solche von noch nicht einmal sehr hohem Gewicht zu den Selten- heiten gehören. Derartige Steine stehen also dem Käufer nicht jeden Augenblick in beliebiger Menge zur Verfügung, sondern dieser muß warten, bis sie gelegentlich einmal vorkommen. Bei solehen Edelsteinen wächst daher der Preis in höherem Maße als das Gewicht, so daß also ein doppelt so schwerer Stein nicht das Doppelte, sondern mehr als das Doppelte usw. kostet. Für die kostbaren Juwelen, besonders für den Diamant, und in erster Linie für den geschliffenen, wurde früher eine Regel zur Bestimmung des Preises größerer Exemplare aus dem Gewicht aufgestellt, die ursprünglich aus Indien stammt. Man nannte sie dar- nach die indische oder auch die Taverniersche Regel, weil sie dieser französ i che Reisende, der in den sechziger Jahren des siebzehnten Jahrhunderts den Orient und namentlich auch Indien als Edelsteinhändler bereiste, in seiner 1676 erschienenen Reisebeschreibung nach der allgemeinen Ansicht zuerst in Europa mitgeteilt hatte. Schrauf hat aber gezeigt, daß dies schon beinahe 100 Jahre früher (1598) durch den englischen Reisenden Lincotius geschehen ist, von dem sie in eines der ältesten und berühmtesten Edelsteinbücher, die „Gemmarum historia“ von Anselm Boöthius de Boodt (Hannover 1609), übergegangen war. Nach dieser Regel erhält man den Preis eines Steines von höherem Gewicht als ein Karat, indem man die Zahl der Karate durch Multiplizieren mit sich selbst ins Quadrat erhebt und die so erhaltene Zahl dann mit dem Preis des Steines von einem Karat mul- tipliziert. Ist also z. B. der Preis eines solchen sog. Karatsteines 200 Mark, so ergibt sich der Preis eines Steines von 5 Karat zu: 5X 5x 200 = 5000 Mark. Allgemein: ist der Preis des Karatsteines = p Mark und das Gewicht des andern Steines = m Karat; so ist dessen Preis = mx mxp = m?p Mark. Diese Regel hat gewiß nie und nirgends unbedingte Geltung gehabt, sie hat wohl bloß dazu gedient, allgemeine und ungefähre Anhaltspunkte für die Preisbestimmung na- mentlich von größeren Diamanten zu gewinnen. Sie gab früher die Preise der kleineren Diamanten ziemlich richtig den wirklich bezahlten Marktpreisen entsprechend an, genügte aber schon bei solehen von wenigen Karaten nicht mehr, indem sie höhere Zahlen als die tatsächlich bezahlten Preise lieferte. Dieses Mißverhältnis steigerte sich bei schwereren Steinen noch bedeutend. Man hat daher die ursprüngliche Regel nach dem Vorgange der brasilianischen Diamantenhändler in der Art abgeändert, daß man statt des Wertes eines Karats von derselben Qualität wie der schwerere Stein den Preis eines Karats von Aus- schußdiamanten zugrunde legte, aber auch so entspricht sie den wirklichen Verhältnissen nicht völlig. Schrauf gab daher später (1869) eine andere Anweisung, der zufolge die halbe Zahl der Karate mit der um 2 vermehrten Zahl derselben und mit dem Preise eines Karatsteines multipliziert werden soll. Ist dieser letztere beispielsweise bei einem Diamant wieder 200 Mark, so ist der eines Steines von 5 Karat = 21/2 X 7 x 200 = 3500 Mark oder allgemein, wenn die Buchstaben die oben angegebenen Werte haben: 2 — . xm+2) Xp= = rn m) p. Diese Regel gab wohl früher für Diamanten von höherem Gewicht den Marktpreisen sehr nahe entsprechende Werte, seit aber durch die Entdeckung der südafrikanischen Diamantfelder große Steine in sehr viel bedeu- tenderer Menge in den Verkehr kommen als früher, ist auch sie, wenigstens für die ge- ” 128 ERSTER TEIL. ALL&EMEINE VERHÄLTNISSE DER EDELSTEINE. wöhnliche Handelsware, nieht mehr zutreffend. Bei der Betrachtung des Diamants und der anderen Edelsteine wird hiervon noch weiter die Rede sein. Daß ein geschliffener Stein teurer’sein muß als ein gleich großer roher von der- selben Qualität ist selbstverständlich. Zu dem Preise des rohen Steines kommen dis na- mentlich bei harten Steinen und vor allem beim Diamant recht beträchtlichen Kosten des Schleifens hinzu. Außerdem muß ein geschliffener Stein im rohen Zustande mehr gewogen haben, da beim Schleifen ein erheblicher Teil davon verloren geht, unter Umständen die Hälfte und noch mehr. Ein geschliffener Stein hatte also im ursprünglichen rohen Zustande häufig etwa das doppelte Gewieht wie später nach der Bearbeitung, und dieses ganze Ge- wieht mußte beim Ankaufe bezahlt werden. Ein geschliffener Stein kostet demnach mindestens das Doppelte, häufig das Mehrfache eines rohen von derselben Größe und Beschaffenheit. Aber nicht allein das Schleifen an sich bedingt einen höheren Preis, auch die Art der Schlifform ist von erheblichem Einfluß, da komplizierte Formen mit zahlreichen Facetten höhere Kosten verursachen als einfachere, facettenärmere. So rechnet man den Preis einer Rosette von Diamant der besten Sorte nur etwa zu !/s des Preises eines ebenso schweren Brillants von der nämlichen Beschaffenheit. Sehr beträchtlich ist natürlicherweise der Einfluß der Qualität auf den Preis. Diese hängt bei den einzelnen Arten der Edelsteine von verschiedenen, ihnen speziell zukommenden, Eigenschaften ab, wie es bei der Beschreibung derselben angegeben werden wird. Kleine dem Laien oft kaum bemerkbare Unterschiede wirken hierbei schon sehr stark ein. So sagt man gewöhnlich, daß ein Karatstein Diamant (Brillant) vom zweiten Wasser nur ?/ soviel kostet als ein solcher vom ersten. Den Einfluß der Qualität auf den Preis des Diamanten ersieht man auch u. a. aus den bei der Beschreibung dieses Edelsteines ange- gebenen Preistabellen, und ähnlich verhalten sich auch alle anderen Edelsteine, jeder nach seiner speziellen Beschaffenheit. Sehr groß ist namentlich der Einfluß der Fehler, wie sie Seite 106 auseinandergesetzt worden sind; diese können den Wert eines Steines sehr bedeutend herabdrücken und unter Umständen beinahe auf Null reduzieren. ZWVELTER BEIK Spezielle Edelsteinkunde. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl, Wir werden in dem hier vorliegenden Abschnitte die verschiedenen als Edelsteine verwendeten Mineralien der Reihe nach ihrer Wichtigkeit entsprechend mehr oder weniger eingehend betrachten; vorher haben wir aber noch die Art und Weise kennen zu lernen, wie sie zu Arten gruppiert, wie sie benannt und eingeteilt werden. Wenn die Edelsteine auch Mineralien sind und bei der wissenschaftlichen Betrachtung in der Mineralogie ganz in derselben Weise klassifiziert und mit Namen belegt werden wie alle anderen Mineralien, von denen sie sich rein wissenschaftlich in nichts unterscheiden, so geschieht dies doch nieht ebenso im Edelsteinhandel. Die einzelnen Edelsteine haben hier vielfach ganz besondere, von den in der Mineralogie gebräuchlichen abweichende Benennungen, auch ist die Einteilung in Arten in der Edelsteinkunde zum Teil eine ganz andere als in der Mineralogie. Man faßt zwar in der Mineralogie wie im Edelsteinhandel alle Steine, die in ihren wesentlichen Merkmalen übereinstimmen, zu einer Art zusammen und belegt sie mit demselben Namen. Man teilt die in wesentlichen Eigenschaften davon verschiedenen Stücke einer anderen Artzu und gibt ihnen die dieser zukommende Benennung. Aber die Kennzeichen, die für wesentlich gehalten werden müssen, sind andere in der Mineralogie und in der Edelsteinkunde. In der Mineralogie sind es die chemische Zu- sammensetzung und die Kristallform in Verbindung mit manchen physikalischen Eigen- schaften, die an allen Exemplaren derselben Art konstant und unverändert wiederkehren, während andere Merkmale, die von einem Stück zum andern wechseln, wie z. B. öfters die Farbe, von keiner Bedeutung sind. Bei den Edelsteinen ist im Gegensatze dazu gerade die Farbe von der allergrößten Wichtigkeit, da auf ihr die Verwendung des betreffenden Stückes wesentlich mit beruht. Sie spielt daher hier auch bei der Zusammenfassung zu derselben Art und bei der Trennung in verschiedene Arten eine sehr erhebliche Rolle, während die chemische Zusammensetzung und die Kristallform bei einem Schmuckstein für dessen Ver- wendung gleichgültig sind. Bei dieser Verschiedenheit der Grundlagen der Klassifikation ist es leicht begreiflich, daß manche Steine, die in der Mineralogie wegen ihrer gleichen Zusammensetzung, ihrer gleichen Kristallform usw. als Zugehörige derselben Art den gleichen Namen erhalten haben, als Edelsteine ihrer wechselnden Farbe wegen für etwas Verschiedenes angesehen und daher verschiedenen Arten zugeteilt und mit den verschiedensten Namen belegt wurden, daß dagegen andererseits gleichgefärbte Mineralien, die in der Mineralogie ihrer chemischen und kristallographischen Verschiedenheit wegen mehreren Spezies zugeteilt und abweichend benannt werden müssen, doch bei den Juwelieren für wesentlich gleich 9* 132 : ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. gehalten werden und daher denselben Namen führen, höchstens mit Zufügung unter- scheidender Beinamen, die auf Härtedifferenzen, kleinen Farbenunterschieden usw. beruhen. Ein Beispiel für den ersten Fall gibt das Mineral Korund. Unter diesem Namen faßt man in der Mineralogie alle Steine zusammen, die aus reiner Tonerde bestehen und im hexagonalen System kristallisieren. Sie stimmen alle außerdem auch noch in der großen Härte (H. = 9) und dem hohen spezifischen Gewicht (G. = 4) und in manchen anderen physikalischen Eigenschaften miteinander überein. Daher bilden sie nach den Grundsätzen der mineralogischen Klassifikation eine Spezies oder Art, die den erwähnten Namen führt. Aber die Exemplare dieser Art weichen bezüglich der Farbe wesentlich voneinander ab. Sie sind farblos, oder rot, blau, gelb, grün, gelblichgrün, grünlichblau, gelbrot, violett. Alle diese Farbenvarietäten spielen als Edelsteine eine allerdings nicht für alle gleich wichtige Rolle, aber sie gelten bei den Juwelieren trotz ihrer mineralogischen Gleichheit für ganz verschiedene Dinge und jede wird anders benannt. Die Namen, die sie erhalten haben, sind der Reihe nach: weißer Sapphir (Leukosappbir), Sappbir, Rubin, orientalischer Topas, orient. Smaragd, orient. Chrysolith, orient. Aquamarin, orient. Hyacinth, orient. Ame- thyst. Ähnlich ist es mit dem Mineral Beryll, von dem eine tiefgrüne, eine bläulichgrüne oder grünlichblaue, und eine gelbe Varietät zu Edelsteinen Verwendung findet. Die erstere heißt Smaragd, die andere Aquamarin, und nur die letzte hat den Mineralnamen Beryll, der wissenschaftlich alle drei bezeichnet, beibehalten. Sie stimmen sämtlich bezüglich der Zusammensetzung und Kristallformen usw. überein und unterscheiden sich nur in der Farbe. Ein Beispiel für den zweiten Fall ist das, was der Juwelier Chrysolith nennt. Er versteht darunter alle hellgrünlichgelben bis gelblichgrünen durchsichtigen Steine, gleich- gültig, wie sie zusammengesetzt und kristallisiert sind. So werden Exemplare der Mine- ralien Olivin, Chrysoberyll, Vesuvian, Korund und auch z. T. solebe des eigentümlichen Moldawits oder Bouteillensteines hierher gerechnet, und zur Unterscheidung dienen zuweilen die Bezeichnung Olivin-Chrysolith, opalisierender Chrysolith (z. T.) für den Chrysoberyll, orientalischer Chrysolith für den gelblichgrünen Korund usw. Wie dies Wort »orien- talisch« zu verstehen ist, wurde schon oben (S. 86) auseinandergesetzt. Behufs Herstellung einer leichteren Übersicht werden die als Edelsteine verwendeten Mineralien nach den ihre Schönheit bedingenden Eigenschaften, weiterhin nach ihrer mineralogischen Beschaffenheit, zum Teil auch nach der mehr oder weniger großen Reichlichkeit des Vorkommens in ein System gebracht und vielfach hauptsächlich nach ihrem Wert in eine Anzahl von Gruppen eingeteilt. Häufig findet man die Einteilung in die eigentlichen Edelsteine oder Juwelen und die Halbedelsteine. K.E. Kluge gibt in seinem 1860 erschienenen Handbuch der Edelsteinkunde 5 Gruppen, wobei so gut als möglich der reelle Wert, den die Edelsteine als Schmucksteine haben, in Verbindung mit der Härte, den optischen Eigenschaften und der Seltenheit des Vorkommens als Maßstab genommen worden ist. Andere nehmen die Gruppierung in abweichender Weise vor. Jedenfalls ist die Enteilung keine mit scharfen Grenzen; sie ist bis zu einem gewissen Grade willkürlich, und mancher Stein, der von dem einem zu einer höheren Gruppe ge- stellt wird, steht bei dem andern bei einer niedrigeren. Die Einteilung bei Kluge ist, um eine derselben als Beispiel vorzufübren, die folgende, bei der im allgemeinen der Wert von vorn nach hinten abnimmt: 1. Juwelen oder eigentliche Edelsteine. Ausgezeichnet durch große Härte (die härtesten irdischen Stoffe) und Politurfähigkeit, prächtige Farben und Klarheit, verbunden mit starkem Glanz (Feuer) und Seltenheit des Vorkommens in schleifwürdigen Exemplaren. EINTEILUNG DER EDELSTEINE NACH KLUGE. 133 A. Schmucksteine ersten Ranges. Härte zwischen 8 und 10. Entweder reiner Kohlenstoff oder reine Tonerde, oder doch Tonerde vorherrschend. Sehr seltenes Vorkommen in schönen Exemplaren und höchster Wert. 1. Diamant. 3. Chrysoberyll. 2. Korund. 4. Spinell. (Rubin, Sapphir, usw.) (Heutzutage gelten als Edelsteine ersten Ranges: Diamant, Rubin, Sapphir und Smaragd). B. Sehmueksteine zweiten Ranges. Härte zwischen 7 und 8 (ausg. Edler Opal). Spez. Gew. meist über 3. Kieselerde vorherrschend. Vorkommen schon häufiger und in größeren Exemplaren; Wert im all- gemeinen geringer als in A., in ausgezeichneten Exemplaren aber immer noch sehr be- deutend und dann geringere Sorten der vorigen übertreffend. 5. Zirkon. 8. Turmalin. 6. Beryll. 9. Granat. (Smaragd usw.) 10. Edler Opal. 7. Topas. C. Schmueksteine dritten Ranges bilden schon den Übergang zu den Halbedelsteinen, da sie selten alle spezifischen Merk- male der Edelsteine vereinigt enthalten. H. zwischen 6 und 7. G. meist über 2,5. Kiesel- säure ist vorherrschend, mit Ausnahme des Türkis. Wert im allgemeinen nicht sehr be- deutend; nur sehr schöne Exemplare von einigen (Cordierit, Chrysolith, Türkis) aus dieser Gruppe werden noch ziemlich teuer bezahlt. Vorkommen der meisten ziemlich häufig, jedoch selten in schleifwürdigen Exemplaren. 11. Cordierit. | 16. Staurolith. 12. Vesuvian. 17. Andalusit. 13. Chrysolith. 18. Chiastolith. 14. Axinit. 19. Pistazit. 15. Cyanit. 20. Türkis. 2. Sogenannte Halbedelsteine. Sie zeigen die bei den Juwelen angeführten ausgezeichneten Eigenschaften in weit geringerem Grade, oder nur einige derselben. D. Schmucksteine vierten Ranges. H. = 4—7. G. zwischen 2 und 3 (ausgenommen beidemal der Bernstein). Farbe und Glanz häufig noch lebhaft, dagegen sind nur wenige vollkommen durehsichtig, die meisten nur durchscheinend oder kantendurchscheinend. Fundorte sehr zahlreich. Wert im allgemeinen gering. 134 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. 21. Quarz. | C. Opale. | A. Kristallisierte Quarze. | a) Feueropal. a) Bergkristall. | b) Halbopal. c) Hydrophan. b) Amethyst. e) ea Quarz. d) Cacholong. e) Jaspopal. a) Lrasem. f) Gemeiner Opal. 8) Avanturin. y) Katzenauge. 22. Feldspath. d) Rosenquarz. a) Adular. b) Amazonenstein. B. Chalcedone. FH abrader a) Chaleedon. 24. Obsidian. b) Achat (mit Onyx). 25. Lasurstein. c) Karneol. 26. Hauyn. d) Plasma. 27. Hypersthen. e) Heliotrop. 28. Diopsid. f) Jaspis. 29. Flußspat. g) Chrysopras. 30. Bernstein. E. Sechmucksteine fünften Ranges. Härte und spezifisches Gewicht sehr verschieden, Farbe fast immer trübe. Durch- sichtigkeit fehlt ganz. Niedere Grade des Glanzes. Wert höchst unbedeutend oder gar keiner; sie erlangen einen solchen meist erst durch die Bearbeitung. Das Gebiet der Großsteinschneiderei fällt hier, wie auch bei einigen aus der vorigen Gruppe, schon mit dem der eigentlichen Steinarbeiten zusammen. 31. Gagat. 43. Alabaster. 32. Nephrit. | 44. Malachit. 33. Serpentin. | 45. Schwefelkies. 34. Bildstein. | 46. Manganspat. 35. Speckstein. 47. Hämatit. 36. Topfstein. 48. Prehnit. 37. Diallag. | 49. Eläolith. 38. Bronzit. | 50. Natrolith. 39. Schillerspat. | 51. Lava. 40. Faserkalk. | 52. Kieselbreceie. 41. Marmor. 53. Lepidolith. 42. Fasergıps. Unter den im vorhergehenden aufgezählten Steinen sind einige, wie Marmor, Alabaster usw., die nie zu Schmucksteinen verarbeitet, aus denen aber Gegenstände der Groß- steinschleiferei hergestellt werden. Diese sind in dem hier vorliegenden Buche übergangen worden. Dagegen sind in der nachfolgenden Beschreibung einige andere, die von Kluge weggelassen wurden, ihrer wenn auch seltenen Verwendung in der Bijouterie wegen mit aufgenommen. Bei dieser Beschreibung sind die verschiedenen Edelsteine nicht in Klassen eingeteilt, aber in ähnlicher Weise nach dem Wert und nach der Verwandtschaft in mineralogischem Sinne aneinander gereiht. Zu größeren Mineralfamilien gehörige Steine wurden stets zusammengestellt, auch wenn der Edelsteinwert der einzelnen Glieder der Gruppen sich erheblich unterscheidet. Einen Überblick über die hier behandelten Edel- steine und ibre Anordnung gibt die folgende Zusammenstellung. ÜBERSICHT ÜBER DIE BESCHRIEBENEN EDELSTEINE. 135 Übersicht über die im folgenden beschriebenen Edelsteine. Diamant. Korund. Rubin, Sapphir mit Sternsapphir und weißem Sapphir, orientalischer Smaragd, orientalischer Aquamarin, orientalischer Chrysolith, orientalischer Topas, orientalischer Hyaeinth, orien- talischer Amethyst, Demantspat. Spinell. Rubinspinell, Balasrubin, Alman- dinspinell, Rubicell (Essigspinell), blauer Spinell, schwarzer Spinell (Ceylanit). Chrysoberyll. Chrysoberylimit Cymophan (orien- talisches Katzenauge), Alexandrit. Beryll. Smaragd, Aquamarin, Aqua- marin-Chrysolith, Goldberyll. Euklas. Phenakit. Topas. Zirkon. Hyaeinth, Zirkon. Granat. Hessonit (Kaneelstein), Almandin (sirischer Granat), Pyrop (böhmischer Granat) nebst Kaprubin, Demantoid, Grossular, Melanit. Turmaliın. Opal. Edler Opal, Feueropal, gemeiner Opal u. s. w. Türkis. Zahntürkis. Variseit (Utahlith) mit Wardit. Lazulith. Callainit. Olivin (Chrysolith, Peridot). Cordierit (Luchssapphir, Wassersapphir). Vesuvian. Axinit. Cyanit. Staurolith. Andalusit mit Chiastolith. Epidot (Pistazit). Dioptas (Kupfersmaragd). Kieselkupfer. Garnierit. Titanit (Sphen). Prehnit. Chlorastrolith. Zonochlorit. Thomsonit. Lintonit. Natrolith. Kieselzinkerz. Zinkspat. Feldspat. Sonnenstein, Mondstein, labradorı- sierender Feldspat, Labradorit, Ama- zonenstein. Eläolith. Cancrinit. Lasurstein. Hauyn. Sodalith. Obsidian. Moldawit (Bouteillenstein). Augit und Hornblende. Hypersthen (mit Bronzit, Schiller- spat, Diallag), Diopsid, Hiddenit (Lithionsmaragd) und Kunzit, Rhodonit (mit Lepidolith), Nephrit, Jadeit mit Chloromelanit. Quarz. Kristallisierter Quarz: Berg- kristall, Rauchtopas, Amethyst, Citrin, Rosenquarz, Prasem, Sapphirquarz, Quarz mit Einschlüssen, Katzenauge, Tigerauge mit Falkenauge. Dichter Quarz: Hornstein mit Chrysopras und Holzstein, Japsis, Avanturin. Chalcedon: Gemeiner Chal- cedon, Karneol, Plasma, Heliotrop, Achat mit Onyx usw. Malachit. Kupferlasur. Faserkalk. Fasergips. Flußspat. Apatit. Schwefelkies. _ Hämatit mit-Titaneisen (Iserin). Rutil. Bernstein. Gagat. Anhang: Perlen und Korallen. Beschreibung der einzelnen Edelsteine. Diaman® Unter allen Edelsteinen ist der Diamant, wenngleich nicht der allerwertvollste, so doch ohne Frage der in jeder Hinsicht ausgezeichnetste, wichtigste und interessanteste. Es ist daher gerechtfertigt, ihn an die Spitze der ganzen Reihe zu stellen und etwas ausführlicher als die anderen zu behandeln. In vielen wichtigen Eigenschaften übertrifft der Diamant alle anderen Mineralien, er ist das härteste von ihnen, und zeigt die schönste Klarheit und Durch- sichtigkeit, das höchste Lichtbreehungs- und Farbenzerstreuungsvermögen und daher das prächtigste Farbenspiel und endlich auch den vollkommensten Glanz. So kommt es, dab er als Edelstein ungemein geschätzt ist und einen hohen Wert hat. Daer auch gleich- zeitig selbst in tadellosen Exemplaren von einiger Größe nicht übermäßig selten ist, so entfällt mehr als neun Zehntel der jährlich im Edelsteinhandel umgesetzten Summe allein auf den Diamant, der übrigens außer als Juwel wegen seiner enormen Härte auch ın der Technik vielfach Verwendung findet. a) Eigenschaften des Diamants. 1. Chemisches Verhalten. Wie in bezug auf die physikalischen Eigenschaften, auf denen die Brauchbarkeit zum Schmuckstein usw. beruht, steht der Diamant auch hinsichtlich seiner chemischen Be- schaffenheit einzig unter allen Edelsteinen da. Außer ihm gibt es keinen, der nur aus einem einzigen Element besteht. Er ist reiner kristallisierter Kohlenstoff, also dasselbe, wie der Graphit und die Kohle, wenn man nur den Stoff ins Auge faßt. Der Unter- schied beruht auf der Kristallisation und den damit zusammenhängenden und zum Teil davon abhängigen physikalischen Eigenschaften. Daß der Diamant reiner Kohlenstoff ist, war bereits am Ende des achtzehnten Jahrhunderts bekannt und wurde noch früher vermutet. Schon 1675 hatte Newton ‘aus theoretischen, jetzt allerdings nicht mehr zutreffenden Gründen, nämlich aus der sehr großen lichtbrechenden Kraft, geschlossen, daß der Diamant ein verbrennlicher Körper sein müsse. Versuche hierüber machte 1694 und 1695 die Accademia del Cimento in Florenz, deren Mitglieder Averani und Targioni auf Veranlassung des Großherzogs Cosmos III. von Toskana Diamanten der Wirkung eines sehr heftigen Kohlenfeuers oder auch eines großen Brenn- spiegels aussetzten. Der Stein verschwand allmählich in der großen Hitze vollständig, CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN DES DIAMANTS. 137 indem er immer kleiner und kleiner wurde, ohne vorher zu schmelzen und ohne einen bemerkbaren Rückstand zu hinterlassen. Dadurch war bewiesen, daß der Diamant bei hoher Temperatur flüchtig ist. Auf welche Weise die Verflüchtigung zustande kommt, ob durch einfaches Verdampfen, wie etwa bei einem Stück Salmiak, oder durch einen andern Vorgang, war damit aber noch nicht aufgeklärt; dies und die Ermittelung der chemischen Natur des Diamants überhaupt war Lavoisier und seinen Nachfolgern Tennant, Davy und anderen vorbehalten. Lavoisier, der berühmte französische Chemiker, der Begründer der neueren Chemie, zeigte 1772 und später, daß die Verflüchtigung des Diamants in der Glühhitze nur bei Luftzutritt erfolgt, daß aber ein bei Luftabschluß erhitzter Diamant sein Gewicht auch bei der höchsten Temperatur völlig unverändert beibehält. Er konstatierte, daß ein Volumen Luft, in dem ein Diamant sich dureh Erhitzen verflüchtigte, kleiner wurde, daß diese Luft nachher die Eigenschaft hatte, Kalkwasser ebenso zu trüben, wie es Kohlensäure tut, und daß Salzsäure in diesem getrübten Kalkwasser ein Aufbrausen verursacht, gerade wie wenn die Trübung durch Kohlensäure bewirkt worden wäre. Er wiederholte alle Versuche, die er mit Diamant angestellt hatte, mit Kohlenstoff und erhielt genau dieselben Resultate. Aus allen diesen Beobachtungen schloß Lavoisier, daß der Diamant sich nur durch Verbrennung verflüchtige und daß er die größte Ähnlichkeit mit Kohlenstoff habe; er wagte jedoch noch nicht, die vollkommene Identität beider auszusprechen. Diese bewies Tennant 1797, indem er zeigte, daß eine gewisse Gewichtsmenge Diamant Kohlensäure, und zwar genau dasselbe Quantum davon liefert, wie eine ebenso- große Gewichtsmenge reinen Kohleustoffs. Ähnliche Beobachtungen wurden später auch von anderen Chemikern gemacht, so 1816 von Humphrey Davy, der gleichzeitig zeigte, daß bei der Verbrennung des Diamants keine Spur Wasser entsteht, dal) er also auch keine Spur Wasserstoff enthalten kann, wie Arago und Biot aus seinem großen Lichtbrech- ungsvermögen hatten schließen wollen. Später haben Dumas und Stas, sowie Erdmann und Marchand u.a. alle diese Resultate durch neuere eingehende Untersuchungen bestätigt, und seit langer Zeit schon gehört die Verbrennung eines Diamants im Sauerstoff zu den gewöhnlichen Experimenten chemischer Vorlesungen. Durch jene Versuche schien aller Zweifel daran ausgeschlossen, daß der Diamant reiner Kohlenstoff ist, bis in jüngster Zeit (1890) Krause darauf aufmerksam machte, daß diese Frage doch noch nicht ganz endgültig entschieden sei. Er hob hervor, dab die bis- herigen Beobachtungen genau genommen nur‘festgestellt haben, daß das Atomgewicht des Diamants gleich dem des Kohlenstoffs ist. Es sei aber, wie er meinte, zwischen beiden noch ein Verhältnis möglich, wie zwischen den beiden Metallen Nickel und Kobalt, die gleiches Atomgewicht und sehr ähnliche chemische Eigenschaften haben. Um die Frage endgültig zu entscheiden, verband Krause die gasförmigen Verbrennungsprodukte des Diamants mit Natron, ebenso auch das Verbrennungsprodukt von reinem Kohlenstoff. Beidemal erhielt er Kristalle, im letzteren Falle selbstverständlich von kohlensaurem Natron, von Soda. Aber mit diesen Sodakristallen stimmten die aus den Verbrennungsprodukten des Diamants erhaltenen Kristalle in Beziehung auf Kristallform, Wassergehalt, spezifisches Gewicht, Schmelzbarkeit, Löslichkeit und elektrisches Leitungsvermögen so vollkommen überein, daß sie beide als identisch betrachtet werden müssen: die mit den Verbrennungs- produkten des Diamants erhaltenen Kristalle sind ebenfalls Sodakristalle. Damit ist nun endgiltig bewiesen, daß das Verbrennungsprodukt des Diamants Kohlensäure, also der Diamant selbst Kohlenstoff ist. Schon 100 Jahre vor Krause hat Guyton de Morveau das Resultat der Unter- suchungen von Lavoisier und Tennant auf eine von den gewöhnlichen Methoden der Chemie abweichende Art und Weise zu prüfen, resp. zu bestätigen gesucht, da es ihm wie 138 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. fast allen seinen Zeitgenossen undenkbar schien, daß der kostbare Diamant nichts anderes als gemeiner Kohlenstoff sein solle. Seine Methode steht an beweisender Kraft weit hinter der von Krause zurück, an der man nichts irgend Erhebliches bemängeln kann, aber sie besticht uns durch die Originalität des zugrunde liegenden Gedankens. Sie beruht darauf, daß weiches Eisen, Schmiede- oder Stabeisen, beim Glühen mit Kohle etwas Kohlen- stoff aufnimmt und dadurch in Stahl, sogenannten Zementstahl, übergeht. Guyton de Morveau machte denselben Versuch mit Diamant statt mit gewöhnlichem Kohlenstoff (Kohle) und erhielt ganz ebenso wie mit diesem aus dem weichen Eisen Stahl mit allen seinen charakteristischen Eigenschaften, der mit dem in gewöhnlicher Weise dargestellten Zementstahl vollkommen übereinstimmte. Er schloß aus diesem Versuch, daß Diamant in der Tat nichts anderes sein könne als Kohlenstoff. Was das spezielle Verhalten des Diamants bei sehr hohen Temperaturen anbelangt, so ist das verschieden, je nachdem man die Erhitzung in der Luft, also bei Gegenwart von Sauerstoff oder bei Luftabschluß vornimmt. In beiden Fällen werden die Steine leicht rissig oder zerspringen in einzelne Stücke, wenn die Temperatur zu energisch zu- oder nach dem Erhitzen wieder abnimmt. Sollen diese Beschädigungen vermieden werden, so darf die Erwärmung und ebenso die nachfolgende Abkühlung nur sehr langsam und vorsichtig geschehen. Bringt man einen Diamantkristall in einem Strome reinen Sauerstoffgases zum schwachen Rotglühen , so fängt er an zu verbrennen. Er wird immer stärker glühend bis zur hellen Weißglut und brennt ununterbrochen mit einer schwachen blauen Flamme fort, auch wenn die äußere Wärmequelle, etwa eine Gasflamme, entfernt wird. Der Kristall wird immer kleiner und kleiner und verschwindet endlich ganz, indem er im letzten Augen- blick noch einmal hell aufleuchtet, etwa wie eine verlöschende Lampe. Er schmilzt da- bei nieht, die Verbrennung schreitet von außen nach innen stetig vor, ohne daß sich die Form des Kristalls wesentlich ändert, und die Beschaffenheit der Substanz bleibt eben- falls während des ganzen Prozesses genau dieselbe. Erhitzt man den Kristall in gewöhnlicher Luft, so beobachtet man dieselben Er- scheinungen mit dem einzigen Unterschied, daß der Diamant sofort erlischt, wenn man die Gasflamme, mittels deren er zum Glühen erhitzt worden ist, wegnimmi. Er kann in der Luft nicht fortbrennen, wie er es im reinen Sauerstoffgase tut, da in der Luft der Verbrennungsprozeß ein langsamerer is. Darum wird in diesem Falle nicht die zum Fortbrennen nötige hohe Temperatur erzeugt wie im Sauerstoff. Der brennende Diamant muß infolgedessen in der Luft ohne fortdauernde Erwärmung von außen erlöschen. Die Temperatur, bis zu der ein Diamantkristall in der Luft erhitzt werden muß, damit er verbrennt, ist höher als die Entzündungstemperatur im reinen Sauerstoffgase. Im Sauerstoff beginnt nach Moissan die Verbrennung und die Entwicklung von Kohlensäure schon bei 720°, während erst bei 800 ° ein plötzliches Aufglühen erfolgt, das sich dann schnell unter starker Beschleunigung der Kohlensäureentwicklung zu blen- dender Weißglut steigert. Oberhalb 800° schreitet die Verbrennung auch ohne Wärme- zufuhr fort. Bei anderen Diamanten stieg die Temperatur des Aufglühens bis auf 820° und 850°, stets ging aber eine langsame Verbrennung voraus; ein Diamant verlor z. B, dadurch, 4 Stunden auf 780° gehalten, 41,24 °/o seines Gewichts, ohne zum Glühen zu kommen. Bei diesen Kerhröniiuden ist niemals ein Übergang in eine andere Mo- difikation des Kohlenstoffs, also etwa in Graphit, daher auch niemals eine Spur von schwarzen Flecken usw. beobachtet worden. Die Verbrennungstemperatur in der Luft ıst nach Joly 850°. Kleinere Kristalle verbrennen leichter als größere. Nach Petzholdt verschwanden einige kleine Diamanten in sehr kurzer Zeit auf einem Platinblech, das von unten her VERHALTEN DES DIAMANTS BEI HOHER TEMPERATUR. 139 durch eine Lötrohrtlamme erhitzt wurde; der ganze Prozeß war in wenigen Minuten be- endet. Besonders leicht verbrennt Diamantpulver, und zwar um so rascher, je feiner es ist. Pulver von äußerster Feinheit verbrennt auf Platinblech schon über einer gewöhnlichen Weingeistlampe beinahe augenblicklich unter lebhaftem Aufglühen. Unter allen Umstän- den verbrennt der Diamant bei gleichen Verhältnissen leichter als die andere kristallisierte Modifikation des Kohlenstoffes, der allbekannte Graphit. Die verhältnismäßige Leichtigkeit der Oxydation, der Verbindung mit Sauerstoff, er- kennt man auch daran, daß Diamantpulver mit Salpeter zusammengeschmolzen durch den von letzterem dabei abgegebenen Sauerstoff rasch verbrennt. Auch beim Schmelzen mit kohlensaurem Natron und Kali verschwindet es rasch unter Entwicklung von Kohlen- oxyd. Ebenso löst es sich bei 180% bis 230° C. leicht durch Oxydation in einem Gemenge von ehromsaurem Kali und Schwefelsäure. Anderen kräftigeren chemischen Reagentien gegenüber ist der Diamant dagegen unangreifbar; Kalilauge, Flußsäure, konzentrierte Schwefelsäure, Salzsäure und Salpetersäure, ein Gemenge von chlorsaurem Natron und Salpetersäure, wasserfreie Jodsäure und ähnliche Lösungsmittel, denen wenige andere Sub- stanzen standhalten, haben auf ihn keine Einwirkung, er bleibt in ihnen auch bei den höchsten Temperaturen unverändert. Unterbricht man den Verbrennungsprozeß, ehe der Diamantkristall ganz verschwun- den ist, so sieht man seine Kanten und Eeken meist mehr oder weniger abgerundet, seine Oberfläche ist trübe und seine glänzenden Flächen sind matt und narbig geworden. Besondere Erscheinungen bieten die Flächen okta@drisch begrenzter Kristalle von der ın Fig. 39, n und 39, o ($. 145) dargestellten Form, die wir unten genauer betrachten werden. Man erkennt auf den Oktaöderflächen mit der Lupe, deutlicher unter dem Mikroskop, regelmäßige, dreiseitige, pyramidale Vertiefungen, deren gleichseitig dreieckige Grundflächen mit ihren Seiten alle ohne Ausnahme untereinander und den Oktaöderkan- ten parallel gehen, wie es Fig. 39, r zeigt, im Gegensatz zu den natürlichen dreiseitigen Eindrücken auf den Oktaöderflächen, die gerade umgekehrt liegen, und die in Fig. 39, 4, sowie in Fig. 39, n und 39, o dargestellt sind. Solche Dreiecke sind entweder einzeln, oder dicht gedrängt und in großer Anzahl vorhanden. Diese Vertiefungen haben ganz den Charakter von sogenannten Ätzfiguren, wie sie auch auf den Flächen anderer Kristalle durch oberflächliches Auflösen in Wasser, Säuren usw., oder durch Behandeln mit schmelzenden Alkalien usw. hervortreten. Als solehe sind sie auch beim Diamant aufzufassen, denn man erhält sie in ganz gleicher Weise, wie beim Erhitzen in der Luft, wenn man den Diamant mit Salpeter schmilzt. Das Ätzmittel ist beide Male der heiße Sauerstoff, das eine Mal der der Luft, das andere Mal der von dem schmelzenden Salpeter abgegebene. Die Figuren entstehen in beiden Fällen dadurch, daß der Sauerstoff den Diamant nicht über die ganze Oberfläche hin gleichmäßig, sondern im ersten Anfang nur an einzelnen Punkten angreift, von denen aus die Verbrennung dann ganz langsam und stetig gegen das Innere hin fortschreitet. Geschieht die Erhitzung bei Luftabschluß, etwa indem man den Diamant in Kohlenpulver verpackt in einem geschlossenen Tiegel dem Feuer eines Ofens, sogar der außer- ordentlich starken Hitze eines Porzellanofens oder der hohen Temperatur des elektrischen Flammenbogens aussetzt, dann vermindert sich das Gewicht der angewandten Kristalle nicht, die Hitze mag so energisch und so lange gewirkt haben, wie nur immer möglich. Die Luft und der in ihr enthaltene Sauerstoff konnten eben nicht hinzutreten und daher erfolgte auch keine Verbrennung. Dagegen finden in diesem Falle andere Veränderungen in dem Diamant statt. Er schwärzt sich an der Oberfläche, indem er in die andere kristallisierte Modifikation des Kohlenstoffs, in Graphit übergeht und färbt infolgedessen beim Reiben auf Papier ab. 140 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Diese Umwandlung und oberflächliche Schwärzung erfordert aber, wie es scheint, sehr hohe Temperatur. Wird diese nicht erreicht, dann geht auch die Umwandlung und Schwärzung nicht vor sich. Nach G. Rose, der dieses Verhalten näher untersucht hat, kann man einen gegen Luftzutritt geschützten Diamant sowohl einer Temperatur, bei der Roheisen schmilzt, als auch der heftigsten Hitze des Porzellanofens aussetzen, ohne daß er auch nur im geringsten verändert wird. Bei einer noch höheren Temperatur aber, etwa der des schmelzenden Stabeisens oder im elektrischen Flammenbogen, fängt er an, sich an der Oberfläche in Graphit umzuwandeln und schwarz zu werden, und bei genügend lange andauernder Einwirkung geht der Diamant unter Beibehaltung seiner Form ganz in Graphit über. Auch in Crookes’schen Röhren geht eine oberflächliche Um- wandlung in Graphit vor sich. In hohem Vacuum bringen kräftige Kathodenstrahlen einen Diamant zur Rot- und Weißglut, schließlich springen Funken aus ihm heraus, er wird schwarz und nimmt das Aussehen des Coaks an. Die Temperatur war während des Zerspringens bis auf 1890 ©. gestiegen. Wie sich der Diamant bezüglich der Umwandlung in Graphit beim Glühen in der Luft verhält, ist noch nicht genügend festgestellt. Einzelne Versuche, wie z. B. die oben erwähnten von Moissan, haben durchaus keine Schwärzung ergeben, bei der höchsten Temperatur nicht; bei anderen ist eine solche beobachtet worden, die aber wohl mehrfach nicht auf einer Umwandlung in Graphit, sondern auf einer oberflächlichen Überrußung durch das brennende Heizmaterial beruht. Manche Beobachter, z. B. Lavoisier, haben bei der Verbrennung von Diamanten an deren Oberfläche schwarze Flecken ee stehen sehen, die sich bei weiter fortschreitendem Prozeß mehrere Male hintereinander bildeten und wieder verschwanden. Nach G.Rose findet keine Umwandlung in Graphit statt beim Erhitzen und Verbrennen in der Muffel und vor dem Lötrohr, vielleicht auch nicht im Knallgasgebläse. Dagegen wurde sie im Brennpunkt von Hohlspiegeln und bei der Verbrennung durch eine elektrische Batterie beobachtet, und in: diesen beiden Fällen ist eine Täuschung durch Überrußung im Qualm des Brennmaterials ausgeschlossen. Jaquet gibt an, daß ein Diamant in einem von 100 Bunsenelementen gebildeten elek- trischen Bogen erweicht und dann in eine coaksähnliche Masse umgewandelt worden seı. Dabei beobachtete er eine Erniedrigung des spezifischen Gewichts von 3,336 auf 2,67, und der ursprünglich die Elektrizität nicht gut leitende Diamant wurde bei der Umwandlung in Coaks resp. Graphit leitend. Ähnliche Beobachtungen hat auch Gassiot gemacht. Danach wäre der Diamant vor der Umwandlung erweicht, d. h. geschmolzen gewesen. Angaben über Schmelzen des Diamants oder darauf zurückführende Erscheinungen findet man auch sonst in der Literatur. So berichtet Berzelius, daß er an einem verbrennenden Diamanten ein Aufwallen auf der Oberfläche beobachtet habe, und Clarke sah beim starken Erhitzen eines Diamants in der Knallgasflamme dessen Oberfläche sich mit Blasen bedecken. Moissan nahm im elektrischen Flammenbogen ein Aufblähen, aber ohne Schmelzung wahr, Andere Beobachter haben dagegen unter ganz gleichen Umständen derartige Er- scheinungen nicht bemerkt, und so ist es doch vielleicht noch zweifelhaft, ob ein Diamant wirklich bei sehr hoher Temperatur zum Schmelzen gebracht werden kann oder nicht, da Irrtümer bei derartigen Beobachtungen nicht ganz ausgeschlossen sind. Scheinbar spricht für Schmelzung die Abrundung der Kanten und Eeken der Diamantkristalle bei der Erhitzung in der Luft; faktisch beruht aber diese Erscheinung auf der Verbrennung, die an den Kanten und Eeken rascher vor sich geht als auf den Flächen. Durch Zusammenschmelzen wollte Kaiser Franz I. aus mehreren kleinen Diamanten einen größeren herstellen, der Versuch mißlang aber vollständig, es fand nur eine Verbrennung der kleinen Diamanten statt, ebenso wie bei früheren ähnlichen Versuchen. ÄASCHENBESTANDTEILE DES DIAMANTS. EINSCHLÜSSE. 141 Einer sehr hohen Temperatur hat Despretz den Kohlenstoff und auch speziell den Diamant ausgesetzt, nämlich der von 500 bis 600 Bunsenelementen erzeugten elektrischen Hitze. Nach seinen Mitteilungen verwandelte sich dabei der Diamant im luftleeren Raum in Graphit und gab bei genügend langer Erhitzung, wie auch vielfach anderer Kohlenstoff geschmolzene Kügelchen, die sonst ebenfalls beobachtet, aber wohl sicher vielfach nichts anderes sind als zu einer harten Masse zusammenge- schmolzene Kügelchen von Aschenbestandteilen, wie sie tatsächlich manchmal vorkommen. Der Kohlenstoff schien sich dabei ohne Verbrennung zu verflüchtigen. Wird ein Diamant vollständig verbrannt, so daß die Gesamtmenge seines Kohlen- stoffs in Kohlensäure übergeführt ist, so bleibt nicht der geringste Rückstand, wenn er vollkommen farblos und klar gewesen ist. War er aber stärker gefärbt oder sonst un- rein, so hinterbleibt eine kleine Menge unverbrennlicher Substanz, die sogenannten Aschenbestandteile. Es sind dies unorganische Beimengungen, die der Diamant bei seiner Entstehung in sich aufgenommen hat, Stoffe von verschiedener Natur und Zu- sammensetzung, die zum Teil färbend auf die Steine einwirken und diese oft wie mit einem feinen Staube durchtränken und dadurch getrübt erscheinen lassen. Ihre Menge ist sehr verschieden. Bei sehr reinen Steinen ist sie, wie schon er- wähnt, kaum bemerkbar und erkennbar, bei weniger reinen steigt sie auf ein Zwei- tausendstel bis ein Fünfhunderdstel des Gesamtgewichts (0,05 bis 0,2 Prozent), selten noch höher. Am meisten von diesen Aschenbestandteilen hat man bisher in dem Karbonat von Brasilien, einer eigentümlichen, durch schwarze Farbe und poröse Beschaffenheit ausgezeichneten Abart des Diamants gefunden, nämlich bis 4,» Prozent. Diese Bei- mengungen durchziehen die Kristalle oft ziemlich gleichmäßig, zuweilen sind sie auch an einzelnen Stellen mehr angehäuft, die dann getrübt und gefärbt erscheinen, während die Umgebung farblos und durchsichtig ist. Bei der Verbrennung werden diese Verunreini- gungen isoliert und durch die Hitze auch mehr oder weniger stark umgewandelt und, wie wir eben gesehen haben, zuweilen geschmolzen. Die gleichmäßige Verteilung durch die ganzen Kristalle erkennt man daran, daß sie in einzelnen Fällen nach der Verbrennung als ganz lockere Massen von der Form des verbrannten Diamants zurückbleiben. Die hinterbliebene Asche ist entweder bräunlich, oder sie bildet helle, stellenweise gelbe Flocken, manchmal mit einzelnen schwarzen Körnchen, die vom Magnet angezogen werden. Manchmal ist auch die Beschaffenheit eine noch andere, je nach der Natur der dem Diamant beigemengten Substanzen. Zuweilen sind einige wenige durchsichtige kristallisierte Körperchen beigemengt, die auf das polarisierte Licht einwirken. Alle diese Eigentümlichkeiten lassen sich erst unter dem Mikroskop mit Deutlichkeit er- kennen. Bei der chemischen Untersuchung hat sich stets Kieselsäure und Eisenoxyd in der Asche des Diamants gefunden, in gewissen Fällen auch Kalk, Magnesia usw. Eine Analyse der Asche des Karbonats hat ergeben: 33,ı Prozent Kieselsäure, 53,3 Eisenoxyd, 13,2 Kalk und eine Spur Magnesıa. Die Aschenbestandteile der Diamanten bestehen also aus Beimengungen von äußerst minimaler Größe, die in sehr feiner Verteilung durch die Masse zerstreut sind, so daß sie auch bei der stärksten Vergrößerung vielfach nicht einzeln beobachtet werden können. Nieht immer sind aber diese fremden Körperchen, die der Diamant als Wirt beherbergt, so klein; häufig sind sie umfangreich genug, daß sie mit der Lupe oder sogar schon mit bloßem Auge deutlich zu sehen sind. Sie bilden dann das, was man als die Ein- schlüsse des Diamants bezeichnet. Es sind einzelne scharf umgrenzte Körner, Splitter, Schuppen, Plättchen, Nädelchen und Fäserchen von verschiedener Farbe und sonstiger Beschaffenheit, nicht selten regelmäßig umgrenzt, die entweder einzeln oder zu Gruppen vereinigt in den Diamanten liegen. 142 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Einige von diesen größeren Einschlüssen sind nach ihrer Natur und Beschaffenheit genau bekannt, bei anderen ist es zweifelhaft, was sie sind. Eigentümlich sind die sehr seltenen Einlagerungen von kleineren Diamanten in größeren, von denen die ersteren zuweilen eine ganz andere Form und Farbe haben als die letzteren. Der Einschluß und dessen Wirt haften in einzelnen derartigen Fällen so lose aneinander, daß beim Spalten des letzteren der erstere vollkommen unbeschädigt herausfällt. Sehr selten kommt es vor, daß der ganze Diamantkristall aus einzelnen dünnen Schichten aufgebaut ist, die in paralleler Lage aufeinander folgen, sodaß er diesog. Zonarstruktur zeigt. Viel häufiger sind voll- kommen undurehsichtige, meist unregelmäßig begrenzte Körner von schwarzer Farbe, die ın allen Diamantenbezirken in großer Zahl vorkommen; sie bilden dıe gewöhnlichsten aller Einschlüsse des Diamants. Man hatte sie anfänglich für kohlige Substanzen gehalten, dies ist aber keinenfalls immer richtig. In einem Diamant von Südafrika hat E. Cohen einen solchen schwarzen Einschluß von der Kristallform des Eisenglanzes oder Titan- eisens beobachtet; er ıst daher geneigt, alle solche schwarzen Körner diesen beiden Mineralien zuzuweisen. In der Tat haben sich auch manche von ihnen als unverbrenn- lich und daher als unorganisch erwiesen, aber andere sind doch nach der Beobachtung von Ch. Friedel gleichzeitig mit dem ganzen Diamanten verbrannt und waren daher jedenfalls kohlige Teilchen von organischer Natur. In einem Diamant vom Kap wurde sogar eine schwarze, klebrige, asphaltartige Masse eingeschlossen gefunden, und dasselbe wird von einigen indischen Kristallen berichtet. Von sonstigen Mineralien wurden außer den genannten noch manche mit mehr oder weniger großer Sicherheit im Diamant eingeschlossen beobachtet. Genannt werden u. a.: Quarz, Topas, Rutil, Schwefelkies, teils in Form unregelmäßiger Körner, teils als vollkommen ausgebildete Kristalle. Sicher, aber selten, in Brasilien, auch ın Süd- afrika gefunden, sind Einschlüsse von Goldplättchen. Grüne Täfelchen, zu wurmförmig gekrümmten Säulchen zusammengehäuft, sind verschieden gedeutet worden. Des Cloi- zeaux hielt solche Gebilde für eine Art Chlorit, EECohen grüne Plätteben in Diamanten vom Kap für Kupferverbindungen. In solchen hat man auch rote Einschlüsse von un- bekannter Natur als Seltenheiten angetroffen. Besondere Erwähnung verdienen Einschlüsse, die durch knäuelförmiges Ineinander- schlingen sehr feiner grüner Nädelehen und Fäserchen entstanden zu sein scheinen. Man hat in diesen und auch in anderen Gebilden ähnlicher Art zuweilen die Struktur von Pflanzenzellen zu erkennen geglaubt, und für Pflanzenreste sind derartige Einschlüsse daher auch schon mit Bestimmtheit gehalten worden, so von dem um die Erforschung der Einschlüsse des Diamants sehr verdienten Botaniker Göppert. Es hat sich aber doch später mit Sicherheit beweisen lassen, daß man es mit unorganischen Körperchen zu tun hat. Bisher ist es noch nieht gelungen, auch nur einen einzigen noch so kleinen Pflanzen- rest als Einschluß im Diamant unzweideutig nachzuweisen, so sehr die Aufmerksamkeit der Naturforscher gerade auf diesen Punkt gerichtet war. Alle die genannten Substanzen, die in dem Diamant als wirkliche Einschlüsse vor- kommen, müssen schon bei der Entstehung der Diamantkristalle fertig gebildet gewesen und von diesen eingehüllt worden sein, als letztere allmählich zu ihrer jetzigen Größe heran- wuchsen. Es gibt aber auch Fremdkörper im Diamant, die erst nachträglich nach seiner vollständigen Ausbildung hereingekommen sind. So findet man zuweilen Klüftchen und Spältchen in den Kristallen mit einer braunen Substanz erfüllt, die aus Brauneisenstein besteht und die sich im Laufe der Zeit aus eisenhaltigen Lösungen in jenen abgesetzt hat. Aber nicht bloß fremde Einschlüsse fester Substanzen beherbergen die Diamanten; man findet in ihnen auch nıcht selten mit einer Flüssigkeit erfüllte oder ganz leere Hohlräume, die allerdings selten über mikroskopische Größe hinausgehen. EinscHhLÜüssE DES DIAMANTS. KRISTALLFORMEN. 143 Die Flüssigkeitseinschlüsse erfüllen vielfach die betreffenden Hohlräume nicht vollständig, man erbliekt dann in der Flüssigkeit ein ununterbrochen in Ruhe bleibendes oder auch ein bewegliches Luftbläschen, eine Libelle, die immer mit Sicherheit auf den flüssigen Inhalt dieser kleinen Höhlungen hinweist. Durch das ganze Verhalten mancher dieser Flüssigkeitseinschlüsse ist man in die Möglichkeit versetzt worden, sie als flüssige Kohlensäure zu erkennen; wir werden hierauf unten bei der Betrachtung der Entstehung des Diamants noch einmal zurückkommen. Andere solche Einschlüsse haben andere Eigenschaften und müssen darnach für Wasser oder wässerige Salzlösungen gehalten werden. Beim Erhitzen verwandelt sich die Flüssigkeit in Gas, durch dessen Spannung manche Steine in Bruch- stücke zersprengt werden. Auch vollkommen leere, d. h. mit einem Gas (Luft) erfüllte mikroskopische Hoblräume umschließtder Diamant nichtselten, meist, wieauch die Flüssigkeitseinschlüsse, zu vielen ineinem Steine vereinigt. Sie können zu einem Irrtum Veranlassung geben. Wenn mansie im Mikroskop beobachtet, so sind sie sehr häufig ganz oder doch beinahe ganz schwarz, da die von unten kommenden Lichtstrahlen alle, oder docb die den Einschluß in einer breiten Randzone treffenden, nicht in den Hohlraum eintreten können. Sie werden durch Total- reflexion abgelenkt und kommen nicht ins Auge, der Hohlraum bleibt also dunkel. Man darf dann nicht glauben, daß ein fester Einschluß von schwarzer Farbe vor- liege. Der Unterschied beider besteht darin, daß meist der leere Hohlraum rundlich, der feste schwarze Einschluß unregelmäßig eckig gestaltet ist und daß an vielen der Hohlräume wenigstens die Mitte Licht hindurehgehen läßt. Diese erscheint dann hell, was bei einem festen Einschluß in dieser Weise unmöglich ist. Praktisch können solche Einschlüsse in der Art von Bedeutung sein, daß sie bei zu starker Anhäufung die an sich durchsichtigen Kristalle getrübt erscheinen lassen. Sie bilden diejenigen Fehler des Diamants, die man, wie wir oben gesehen haben, als „Fahnen“ bezeichnet. In theoretischer Hinsiebt können sie vielleicht einmal mit dazu helfen, die Frage nach der Entstehung der Diamanten aufzuklären. 2. Kristallformen. Der Diamant gehört mit zu den bestkristallisierten Mineralien, die es gibt. Fast jeder einzelne Stein ist von mehr oder weniger regelmäßig ausgebildeten Flächen um- grenzt, derbe Stücke ohne Kristallflächen kommen fast niemals vor, wenn es nicht Frag- mente größerer Kristalle oder stark abgerollte Geschiebe sind. Die meisten Diamanten sind ringsum und allseitig von Kristallflächen umgeben, wie es bei den in einem Mutter- gestein eingewachsenen Kristallen der Fall zu sein pflegt. Man beobachtet aber auch mit mehr oder weniger großer Deutlichkeit unregelmäßig gestaltete Ansatzstellen, mit denen die Kristalle auf einer Unterlage angewachsen gewesen sein müssen. Die Flächen der Diamantkristalle unterscheiden sich von denen der meisten anderen kristallisierten Mineralien dadurch, daß sie meist nicht eben, sondern, und zwar von An- fang an, nicht etwa durch spätere Abrollung, zum größten Teil stark gekrümmt und ge- wölbt sind. Das hat zur Folge, daß die Formen vielfach nicht besonders leicht erkannt werden können, und daß über manche Fragen der Kristallisation noch Meinungsver- schiedenheiten vorhanden sind. Im folgenden sollen die wichtigsten allgemeinen kristallo- graphischen Verhältnisse dargestellt werden; bei der Betrachtung der verschiedenen Fund- orte werden die an jedem von ihnen speziell beobachteten Erscheinungen Erwähnung finden. Einzelne Beobachtungen über die Kristallformen des Diamants gehen bis in den An- fang des 17. Jahrhunderts zurück. Keppler, Steno, Boyle u. a. haben manche der- selben beschrieben, aber erst die Begründer der wissenschaftlichen Kristallographie, Rom& 144 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. de l’Isle und Haüy haben um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts diese oft recht komplizierten Gebilde unter einheitlichem Gesichtspunkt zusammengefaßt und zuerst die hemiödrische Ausbildung der Kristalle konstatiert. Später hat sich namentlich Gustav Rose durch umfassendes Studium der Diamantkristalle große Verdienste erworben. Seine Untersuchungen hat nach seinem Tode A. Sadebeck ım Jahre 1877 herausgegeben, ver- mehrt durch zahlreiche eigene Beobachtungen. Die Diamantkristalle gehören dem regulären System an, und zwar nach der Ansicht der überwiegenden Zahl der Mineralogen, dessen tetraödrisch-hemiödrischer Abteilung. Fig. 39, a—i. Kıystallformen des Diamants. Allerdings liegen beim Diamant einige Besonderheiten vor, so daß in dieser letzteren Be- ziehung, also hinsichtlich der Zugehörigkeit zur tetraödrischen Hemiödrie, keine völlige Übereinstimmung herrscht; manche Mineralogen halten die Kristalle für vollflächig. Alle einfachen Formen des regulären Systems, sind beim Diamant schon beobachtet worden, entweder einzeln für sich, selbständig, oder mit anderen zusammen, in Kombi- nationen. Einige Gestalten, die in Fig. 39 a—p abgebildet sind, kommen besonders häufig vor, sie werden im folgenden etwas eingehender beschrieben. Es sind teils einfache Kristalle, teils regelmäßige Verwachsungen mehrerer zu Zwillingen. KRISTALLFORMEN DES DIAMANTS. 145 Sehr häufig findet man würfelförmige Kristalle, wie in Fig. «. Sie sind meist klein; ihr Hauptvaterland ist Brasilien, in anderen Gegenden, besonders am Kap, kommen sie nicht oder nur selten vor. Die Flächen sind stets matt und rauh und zeigen nach der Mitte hin vielfach eine flache Einsenkung. Die Rauhigkeit wird hervorgebracht durch meist keine, zum Teil aber auch ziemlich große, vierseitig pyramidale Vertiefungen mit quadratischer Basis, die mit der Würfelfläche über Eck steht. Diese kleinen eingesenkten Pyramiden sind entweder mehr vereinzelt, oder sie liegen dicht gedrängt, wie es Fig. a Fig. 39, k—s. Kristallformen des Diamants. zeigt. Die Betrachtung mit der Lupe oder besser mit dem Mikroskop läßt deutlich die von den Quadratseiten aus nach innen verlaufenden Begrenzungsflächen der Pyramiden erkennen, die vielfach sehr schön eben, häufig aber auch unregelmäßiger ausgebildet sind. Zwischen den unregelmäßigen und den regelmäßig pyramidalen Vertiefungen gibt es aber alle möglichen Übergänge. Ein solcher Diamantwürfel ist auch Tafel I, Fig. 1 in seinem natürlichen Vorkommen im Gestein abgebildet. Bei den meisten würfelförmigen Diamantkristallen sind, wie es Fig. a ebenfalls zeigt, sämtliche Kanten durch je zwei Flächen zugeschärft, die zusammen, gehörig erweitert, einen Pyramidenwürfel bilden würden. Sie sind meist schmal, gleichfalls matt und un- Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 10 146 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. eben und senkrecht zu den Kanten unregelmäßig gestreift. In der Mitte haben sie viel- fach eine flache Rinne, die senkrecht zu den Kanten nach der Mitte der Würfelflächen verläuft, wie es in Fig. b auf einer Würfelfläche mit den vier umliegenden Pyramiden- würfelflächen dargestellt ist. Pyramidenwürfel ohne Würfelflächen kommen ebenfalls vor, aber seltener als mit dem Würfel zusammen, besonders in Brasilien und Indien. Ihre Flächen sind dann zwar glänzend, aber immer gewölbt. Die Würfel sind auch häufig noch in anderer Weise als durch Zuschärfung der Kanten verändert. So sind z. B. nicht selten die acht Ecken durch acht Flächen ab- gestumpft, die miteinander ein Oktaöder bilden. Zugleich sind sehr oft die zwölf Kanten des Würfels durch je eine Fläche abgestumptt; diese zwölf Abstumpfungsflächen begrenzen miteinander, in gehöriger Erweiterung gedacht, ein Rhombendodekaöder (Granatoäder). Letztere Form ist in selbständiger Ausbildung ebenfalls sehr verbreitet. Die Flächen sind zuweilen eben und nach der langen Diagonale gestreift, viel häufiger jedoch un- gestreift, glatt und glänzend, dann aber stets ziemlich stark gewölbt und schneiden sich infolgedessen in krummen Kanten (Fig c). Die unebenen Flächen haben häufig in der Richtung der kleinen Diagonale einen stumpfen Knick, wie es die punktierten Linien in der zitierten Figur andeuten. Der Körper ist dann eigentlich kein Granato@der mehr, sondern ein dieser Form nahestehender Pyramidenwürfel. Ein solches unregelmäßig aus- gebildetes Granatoöder begrenzt u. a. einer der größten bis jetzt bekannt gewordenen brasilia- nischen Diamanten, den „Südstern“, der in Fig. 58 im rohen Zustande abgebildet ist, wie überhaupt diese Form an brasilianischen Kristallen recht häufig auftritt. Sind die Flächen des Granatoöders auch nach der langen Diagonale geknickt, wie in Fig. d, dann erhält man einen dem Granatoöder in der Form nahestehenden Achtund- vierzigflächner. Auch diese Form kommt an Diamantkristallen außerordentlich häufig vor. Die Flächen sind stets glatt und glänzend, aber ebenfalls stark gewölbt. Es gibt übrigens auch Achtundvierzigflächner von anderer Form, die mehr einem Oktaöder als einem Granatoöder nahe stehen. Diese flächenreichen Körper sind häufig in einer Richtung stark verlängert, so daß eine verzerrte Form wie in Fig. e entsteht, oder sie sind noch stärker verschoben, wie z.B. in Fig. /. Dann scheinen sie auf den ersten Blick etwas ganz anderes zu sein, lassen sich aber bei genauerer Untersuchung doch auf die in Fig. d abgebildete Form zurückführen und aus ihr ableiten. Die Dodekaöder und Achtundvierzigflächner sind wegen der Wölbung der Flächen manchmal nahezu kugelförmig. Diese Ausbildung der Kristalle wird daher auch als die shpäroidische bezeichnet. Sie wurde in früheren Zeiten, als man in der Haupt- sache bloß indische und brasilianische Diamanten kannte, vorzugsweise von Brasilien er- wähnt. Man nannte sie demnach den brasilianischen Typus im Gegensatz zu dem okta@drischen oder indischen, den wir im folgenden betrachten werden. Zuweilen ist an einem Achtundvierzigflächner nur die Hälfte der Flächen, die in den abwechselnden Oktanten liegen, ausgebildet. Dann erhält man die entsprechende tetra&- drisch-hemiödrische Form, das in Fig. k dargestellte Hexakistetraäder. Dieses ist stets von glatten, glänzenden und gewölbten Flächen begrenzt, kommt aber im ganzen selten vor. Die vollständigen Achtundvierzigflächner sind bei Annahme der tetraödrischen Hemiädrie als Kombination zweier solcher Hexakistetraöder aufzufassen, sie müßten daher eigentlich Flächen haben, die in den abwechselnden Oktanten verschiedene Beschaffenheit zeigen, diese Verschiedenheit ist aber an den bisher untersuchten Achtundvierzigflächnern noch nicht beobachtet worden. Häufig sind regelmäßige Verwachsungen zweier solcher einfacher Kristalle zu Zwillingen, die uns zu der oktaödrischen Ausbildung der Diamantkristalle führen. KRISTALLFORMEN DES DIAMANTS. 147 Zwei der in Fig. k dargestellten Hexakistetraäder sind an dem in Fig. ! dargestellten Kristall, an dem die Kanten aber der Deutlichkeit wegen gerade statt gebogen gezeichnet sind, so durcheinander hindurehgewachsen, daß sie sich rechtwinklig durchkreuzen. Die scharfen Eeken a des einen Individuums ragen dann über die stumpfen Ecken b des andern nasenartig hervor, und die Flächen beider durcheinander gewachsenen Individuen bilden miteinander rinnenartig einspringende Kanten, die in der Mitte etwas eingeknickt sind. In ihnen verläuft die Grenze der beiden Individuen. Die herausragenden spitzen Ecken sind aber meist nicht vorhanden, sondern sie sind gerade abgestumpft durch je eine Fläche, die an jedem Individuum der Form eines Tetraäders angehört und die im Gegensatze zu den Flächen des Granatoöäders und des Achtundvierzigflächners niemals gewölbt, sondern stets vollkommen eben ist. In Fig. ! ist diese Abstumpfung nur ge- ring; in Fig. m ist sie dagegen stark. Die sämtlichen acht Abstumpfungsflächen zu- sammen begrenzen eine vollkommen ebenflächige okta@drische Form, statt deren Kanten aber die einspringenden Rinnen auftreten, die von den meist wie ın den Figuren zart längsgestreiften Flächen der zwei durcheinander gewachsenen Hexakistetraäder gebildet werden. Solche Oktaöder mit eingekerbten Kanten sind in Fig. m und n dargestellt. Je stärker die Abstumpfung der Hexakistetraöäderecken durch die Tetraöderflächen ist, desto schmaler sind diese Rinnen, und wenn die Abstumpfung ihr Maximum erreicht, dann fallen die Rinnen ganz weg; man erhält, allerdings als Seltenheit, ein Okta&der mit den gewöhnlichen ausspringenden Kanten. Aber diese Form ist kristallographisch gerade, wie die in Fig. m und n dargestellte, in der oben beschriebenen Weise aufzufassen als ein Grenzfall derselben, in dem die Rinne an den Kanten unendlich klein geworden, d.h. ver- schwunden ist. Am einfachsten ist diese Durchwachsung, wenn nicht zwei Hexakistetraöder, sondern zwei Tetraäder in der angegebenen Weise miteinander vereinigt sind. Dann erhält man Gestalten wie in Fig. p. Diese einfachsten Formen sind allerdings beim Diamant selten. Bei ihnen verlaufen die Rinnen ganz geradlinig, während sie bei den oben beschriebenen Verwachsungen der Hexakistetraäder in der Mitte einen Knick haben, von dem aus sich die beiden Hälften der Rinnen nach den beiden Enden hin etwas erweitern, wie es Fig. m und n zeigt. In Fig. n ist derselbe Körper wie in Fig. m und wie er an Diamantkristallen sehr häufig vorkommt, noch einmal abgebildet und auch die charakteristische Beschaffenheit der Flächen dargestellt. Die schmalen Flächen der Hexakistetraäder, welche die ein- springenden Zwillingsrinnen bilden, sind stets etwas gewölbt und in der in der Figur dar- gestellten Weise mit einer zarten Längsstreifung versehen. Eine andere Ausbildung eines solchen okta@drischen Durchwachsungszwillings, die in Fig. o zur Anschauung gebracht wird, ist ebenfalls häufig zu beobachten. Hier ist an den Kanten keine vertiefte Rinne, sondern statt einer solchen ein Paar schmaler Flächen, die in der Mitte der Oktaöderkanten in einer ganz kurzen stumpfen Kante zusammenstoßen und von dieser aus nach beiden Enden hin etwas breiter werden. Auch diese Flächen sind im Gegensatz zu den acht Oktaöder- flächen gewölbt und haben eine in der gezeichneten Richtung verlaufende feine Streifung. Alle derartigen Formen ! bis p stellen den oben erwähnten oktaödrischen oder indischen Typus der Diamantkristalle dar. Sie werden von den Edelsteinhändlern zuweilen Pint genannt. Eine solche ist auch auf Tafel I, Fig. 2 im Gestein eingeschlossen ab- gebildet. Wir haben schon oben gesehen, daß, während die Flächen des Dodekaöders und die des Achtundvierzigflächners ete. gewölbt und gebogen sind, die des Oktaöders allein stets eben erscheinen. Dabei haben aber auch sie oft eine charakteristische Zeichnung und Beschaffenheit, und zwar durch regelmäßige Streifen, die immer in ganz bestimmten Richtungen verlaufen, 10* 148 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. und durch kleine dreieckige Vertiefungen von stets in derselben Weise wiederkehrender Form und Stellung. Die Streifen gehen den symmetrisch sechsseitigen Umrissen der Oktaöderflächen parallel, wie es die Figur o für einen ganzen Kristall und außerdem die Fig. s für eine einzelne besonders gezeichnete Fläche angibt. Sie sind bald gröber, bald feiner und stehen entweder mehr einzeln oder auch dichter gedrängt. Nicht selten liegen zwischen gestreiften Flächenteilen größere glatte. Diese Streifung wird dadurch hervor- gebracht, daß die Oktaöderflächen nach innen hin in sehr niederen Treppen ansteigen, die vom Rande aus nach der Mitte im Umriß immer kleiner werden, aber alle denselben scharf begrenzten Umriß_haben wie die Oktaöderflächen selbst. Es sieht aus, wie wenn den letzteren sehr dünne, gleichgeformte, aber nach innen hin immer kleiner werdende Schichten alle mit demselben Mittelpunkte aufgewachsen wären, so daß jede einzelne Sehicht eine Treppenstufe und eine Linie der Streifung darstellt. Die dreieckigen Vertiefungen bilden kleine, vielfach erst unter dem Mikroskop deutlich sichtbare regelmäßige pyramidale Einsenkungen, deren Basis stets ein gleichseitiges Drei- eck bildet, und deren nach innen verlaufende ebene und fein gestreifte Flächen sich in einem Punkte, der Spitze der Pyramide, schneiden (Fig. g bei a). Zuweilen erstrecken sie sich nicht so weit, daß sie sich im’ Innern treffen; statt der Pyramidenspitze ist dann eine dreieckige Fläche vorhanden, die der Oktaöderfläche parallel geht (Fig.q bei b); manchmal ist auch in diese innere Fläche noch einmal eine Pyramide eingesenkt, wie in Fig. g bei c. Diese Vertiefungen sind im großen und ganzen beschaffen wie diejenigen, die bei der Verbrennung auf den Oktaöderflächen entstehen ($. 139); aber während hier die dreiseitige Basis den ÖOktaöderkanten parallel ist (Fig. r), steht sie bei den natürlichen Eindrücken mit den Oktaöderflächen über Eek (Fig. g). Sie finden sich, teils nur einzeln, teils in großer Zahl, entweder ohne die oben betrachtete Streifung, wie in Fig. n, oder neben dieser, wie in Fig. o. Außer den in Figur ! bis p abgebildeten Zwillingskristallen, deren Gestalt man sich durch kreuzweise Verwachsung zweier hemiödrischer Formen in der oben angegebenen Weise entstanden denken kann, gibt es aber noch andere, die in Figur g bis i dargestellt, und bei denen zwei okta@drisch oder dodekaödrisch begrenzte Kristalle, wie die im vorher- gehenden beschriebenen, nach einer Oktaöderfläche miteinander verwachsen sind. In Figur g sind zwei oktaödrische Kristalle je mit einer ihrer Flächen so anein- ander gewachsen, daß sie zu dieser gemeinsamen Fläche symmetrisch liegen. Derartige Verwachsungen sind beim Diamant häufig; noch häufiger aber sind sie bei dem Mineral Spinell, woher sie ganz allgemein Spinellzwillinge genannt werden. Sie haben in der Mitte, an der Grenze, wo die beiden Individuen aneinanderstoßen, je drei abwechselnd aus- und einspringende Winkel, die eine deutliche Naht bilden. Bei den Händlern heißen diese Spinellzwillinge des Diamants daher Nahtsteine. In der Richtung senkrecht zu der gemeinsamen Fläche beider Individuen sind sie häufig stark verkürzt und daher dünn plattenförmig, aber immer haben die Flächen und Kanten die oben beschriebene Beschaffen- heit der Oktaöderflächen und -kanten wie an einfachen Kristallen. Sehr häufig sind zwei Granatoöder oder zwei Achtundvierzigflächner mit einer Fläche, die der Lage nach einer Oktaöderfläche entspricht, aneinandergewachsen, so daß sie beide wieder zu dieser Fläche symmetrisch liegen. Auch diese Zwillingsverwachsungen sind in der Richtung senkrecht zu der beiden Individuen gemeinsamen Oktaöderfläche stets stark ver- kürzt, und man hat dann oft Formen wie in Figur h: Kristalle mit gewölbten 'Flächen von Linsen- oder Herzgestalt. Von den beiden in der Figur dargestellten Achtundvierzig- flächnern sind dann nur noch je sechs Flächen vorhanden, die zwei niedere Pyramiden, zuweilen mit gemeinsamer, der gemeinschaftlichen Oktaöderfläche entsprechender Basis bilden, und diese Oktaöderfläche ist die Zwillingfläche. KRISTALLFORMEN. BORT. GRÖSSE DER DIAMANTKRISTALLE. 149 In Figur i ist noch eine andere derartige Verwachsung dargestellt, wie sie zuweilen aber seltener vorkommt. Der Kristall hat die Form eines Granatoöders (Fig. c). Parallel mit einer oder mehreren der an diesem Körper möglichen Oktaöderflächen, welche die drei- kantigen Ecken abstumpfen müßten, sind sehr dünne Lamellen in Zwillingsstellung dem Kristall eingewachsen, zuweilen in großer Anzahl. Jede einzelne dieser Lamellen bildet dann auf den Flächen des Granatoöders oder auch, ganz diesem entsprechend, des Acht- undvierzigflächners, in einer Ebene verlaufende gerade Linien oder Streifen, die den großen Diagonalen der Dodekaöderflächen oder den analogen Richtungen auf den Flächen der Achtundvierzigflächner parallel gehen. Alle diese Zwillingsbildungen sind ganz regelmäßig und nach kristallographischen Gesetzen genau definierbar. Es finden sich aber auch unregelmäßige Verwachsungen mehrerer und sogar vieler Diamantkristalle, die sich auf kein allgemeines Gesetz zurück- führen lassen. Entweder sind einzelne kleine Kriställchen an einen größeren angewachsen oder mehrere solche sind zu einer größeren Gruppe vereinigt. Derartige unregelmäßige Kristallgruppen sind, wie übrigens auch bis zu einem gewissen Grade die eben betrachteten Zwillinge, zum Schleifen weniger geeignet und werden daher meist nur in der Technik benutzt. Sie bilden das, was man Bort ın kristallographischer Hinsicht nennt. Zum Bort in teehnischem Sinne rechnet man überhaupt alle Diamanten, die aus irgend- einem Grunde nicht geschliffen werden können, auch Einzelkristalle, wenn sie wegen schlechter Farbe, oder wegen mangelnder Durchsichtigkeit, oder wegen zahlreicher Fehler, oder aus irgendeinem anderen Grunde nicht zu Schmucksteinen brauchbar sind. Eigentümlich sind die sogenannten Bortkugeln, in denen eine große Zahl kleiner Kriställchen miteinander zu regelmäßig runden, rauhen im Innern radıalstrahligen Kugeln verbunden sind (Tafel I, Fig. 3), aus deren Oberfläche zahllose kleine Spitzen, die Ecken der miteinander verwachsenen Kriställchen, hervorragen. Derartige Gebilde sind ziemlich verbreitet. Sie finden sich in allen Diamantenablagerungen und bilden in ihnen 2 bis 10 Prozent der Gesamtausbeute. Nicht selten hat nur die äußere Schicht die angegebene radialfaserige Beschaffenheit, während man in der Mitte einen größeren regel- mäßig und einheitlich gebildeten Kristall findet, der meist nur lose an der kristallinischen Hülle haftet, so daß er, wenn diese zerschlagen wird, herausfällt. Derber kristallinisch-körniger Diamant von schwarzer Farbe ist der Carbonado der Brasilianer, der Karbonat, der nur technisch verwendet werden kann und der daher in diesem Sinne ebenfalls zum Bort zählt. Er findet sich fast ausschließlich in der Provinz Bahia in Brasilien und soll bei der Betrachtung des dortigen Diamantvorkommens im Zusammenhang aller seiner Eigenschaften näher beschrieben werden. Größe der Diamantkristalle. Die Größe der Diamantkristalle schwankt zwischen ziemlich weiten Grenzen. Die kleinsten, die im Handel vorkommen, haben noch unter 1 mm im Durchmesser, doch sind dies nicht die kleinsten, die es überhaupt gibt. Beim Durchsieben größerer Diamantensendungen aus Brasilien durch sehr feinmaschige Siebe wurden Steinchen mit einer Kantenlänge von '/ı bis !/s mm erhalten, meist Oktaöder, seltener Dodekaöder und Würfel von derselben Flächenbeschaffenheit, wie die größeren Kristalle. Auch am Kap konnten durch sorgfältige Wäsche sehr viel kleinere Steinchen nachgewiesen werden, als sie gewöhnlich im Handel vorkommen, und zwar bis zum Ge- wicht von '!/32 Karat und noch weiter herab. Diese gingen aber früher hier, wie in Brasilien, bei den üblichen Gewinnungsprozessen verloren, und es lohnte auch nieht die Kosten, sie aufzusammeln; in den vervollkommneten Waschmaschinen der Neuzeit werden sie dagegen ohne weitere Mühe mit gewonnen. Steine von mikroskopischer Kleinheit hat man bis vor kurzem nicht gekannt Was als solche angegeben wurde, hat sich als Irrtum erwiesen, so z. B. die ver- 150 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. meintlichen Diamanten im Xanthophyllit von Slatoust im Ural. Neuerdings sind aber solche in dem diamantenführenden Gestein am Kap der guten Hoffnung in größerer Menge beobachtet worden, und höchst wahrscheinlich fehlen sie auch in anderen Diamant- lagerstätten nicht. Während diese kleinen und kleinsten Diamanten in nicht geringer Zahl vorhanden sind, ist die Menge der größeren eine beschränkte. Je größer die Steine, desto seltener sind sie, und die größten bisher gefundenen sind einzelne äußert sparsame und kostbare Ausnahmen, so daß die meisten derartigen Fundstücke besondere Namen erhalten haben. Sie befinden sich zum größten Teil unter den Kronjuwelen der verschiedenen Länder. 100 Karat. 10 Karat. 500 Karat. R NV 1000 Karat 1Karat. Fig. 40. Natürliche Größe oktaödrischer Diamantkristalle von 1 bis 1000 Karat. Inbezug auf die Größe der gefundenen Steine verhalten sich die verschiedenen Länder sehr verschieden. Früher, als nur die Fundorte in Indien und Brasilien bekannt waren, gehörten Steine schon von 20 Karat ab zu den allergrößten Seltenheiten. In Brasilien vergingen in den besten Zeiten der dortigen Produktion zwei bis drei Jahre, bis ein Diamant von dem genannten Gewicht gefunden wurde, und solche von 100 Karat und darüber sind nur einige wenige vorgekommen, die bei der Schilderung der brasilianischen Lagerstätten speziell angeführt werden sollen. Einer der größten von allen, der „Südstern“ (Fig. 58), wog 254'!/a Karat. Der „Braganza“ der portugiesischen Krone, dessen Gewicht zu 1680 Karat angegeben wurde, wäre der größte brasilianische Diamant nicht nur, sondern einer der größten bekannten überhaupt; er ist aber mit höchster Wahrseheinlich- keit nur ein schönes Stück farblosen Topases, kein Diamant. Etwas günstiger lagen die Verhältnisse in Indien, wo eine größere Anzahl von Dia- manten über 100 Karat gefunden wurde. Die meisten sind nur geschliffen bekannt, ihr Gewicht im ursprünglichen rohen Zustande war wesentlich höher. Von den auch roh sicher bekannten großen indischen Diamanten ist der „Regent“ des französischen Kron- schatzes der schwerste. Er wog vor dem Schleifen 410 Karat und gab dabei einen pracht- vollen Brillant von 136'#ı6 Karat. Andere große Steine von Indien sind weiter unten GRÖSSE DER DIAMANTKRISTALLE. SPEZIFISCHES GEWICHT. 151 aufgeführt, ihre Zahl ist aber ebenfalls noch ziemlich beschränkt. Der größte derselben wäre nach gewissen Nachrichten der „Großmogul“, der ursprünglich 787!/2 Karat gewogen haben soll; es sind aber keine sicheren Berichte darüber vorhanden und es ist nicht bekannt, was aus dem Stein geworden ist. Auch Borneo hat einen oder den anderen größeren Stein geliefert. Der schwerste von dort, im Gewicht von 367 Karat, ist aber mit ziemlicher Sicherheit kein Diamant, sondern nichts anderes als ein Stück Bergkristall, also ebensowenig echt wie der sagenhafte „Braganza“. Diese Verhältnisse änderten sich aber bedeutend, als die Diamanten am Kap entdeckt wurden, wo, wie wir sehen werden, Steine bis zu 150 Karat gar keine Seltenheit sind und wo sogar nicht wenige von mehreren hundert Karat gefunden wurden. Einer der größten ist 1893 entdeckt worden, sein Gewicht beträgt 971?3/a Karat. Figur 61 zeigt seine natürliche Form und’Größe; er hat den Namen „Excelsior“ erhalten. Noch größer ist der im Jahre 1905 gefundene „Cullinan“; er hatte im rohen Zustande den Umfang einer kleinen Faust (Tafel XIa) und wog 3025 Karat oder etwas mehr als 620 Gramm; damit ist er der größte bisher sicher bekannt gewordene Diamant überhaupt. Die Größe wird bei den Diamanten wie bei allen anderen Edelsteinen und, wie dies auch im vorhergehenden geschehen ist, meist durch das Gewicht angegeben und ın Karat ausgedrückt. Esist aber dem Ungeübten schwer, sich eine Vorstellung von dem Umfange der Steine von einem bestimmten Gewichte zu machen. Um dies zu ermöglichen, sind in den beifolgenden Abbildungen (Fig. 40 auf voriger Seite) Steine von 1, 10, 100, 500 und 1000 Karat in natürlicher Größe dargestellt unter der Voraussetzung einer regelmäßigen oktaödrischen Form, die ja bei Diamanten häufig vorkommt. Einige der größeren Dia- manten sind weiter unten bei der speziellen Betrachtung der durch besondere Größe aus- gezeichneten Steine in ıhren natürlichen Verhältnissen abgebildet, meist allerdings ın der durch Schleifen ihnen verliehenen Gestalt, einige jedoch auch in der ursprünglichen rohen Form. Die natürliche Größe der Brillanten von 1 bis 100 Karat ergibt die Tafel IX und die der Rosetten von 1 bis 50 Karat die Figur 54. 3. Spezifisches Gewicht. Das spezifische Gewicht des Diamants wird von verschiedenen Beobachtern zwischen 3,3 und 3,7 angegeben, gute Bestimmungen an reinen, einschlußfreien Steinen haben aber stets Zahlen geliefert, die nicht unter 3,50 und auch nicht viel darüber liegen. Man kann als Mittel wohl 3,2 annehmen. Die Untersuchungen, die von einigen sorgfältigen Beobachtern an reinem Material angestellt wurden, ergaben folgende spezielle Werte: Dumas: 3,50 —3,33 . Damour: 3,524 (brasilianischer Diamant). v. Baumhauer: 3,5% —3,52ı (farblose und gelbe Diamanten vom Kap). J. N. Fuchs: 3,517 (brasilianischer Diamant). Halphen: 3,29 (der „Südstern“ aus Brasilien). Schrauf: 3,5213 (der „Florentiner“ in der Wiener Schatzkammer). Liversidge: 3,50 (D. von Burandong ın Neu-Süd-Wales, usnz) Grailich: 3,192 (farbloser Diamant von Borneo). If Die letztere Zahl liegt etwas unter 3,, weil dem Stein bei der Wägung ım Wasser noch einige Luftblasen anhingen. = Die kleinen Unterschiede in diesen Zahlen rühren wohl nur von fremden Verunreini- gungen her, die namentlich in gefärbten Diamanten in geringen Mengen stets vorhanden sind. Daher ist das spezifische Gewieht auch mit der Farbe etwas veränderlich. Bei einer dahingehenden Untersuchung hat man folgende Resultate erhalten: 152 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Diamant, farblos: 3,521. T grün: 9,524. ® blau: 08,5. ; rosa: 8,531. RN orange: 3,550. Doch findet man auch für farblose die Zahl: 3,51» und für lichtgelb und -grün ge- färbte 3,521 angegeben. Für weiße Steine vom Kap wurde G. = 3,5%, für gelbe von dort G.—= 3,2: gefunden. Etwas schwerer scheinen die harten australischen Steine zu sein; für sie findet man u. a. auch: G. = 3,665 und 3,578 angegeben. Zahlen, die sich weiter als die genannten von dem Mittel: 3,52 entfernen, namentlich die Extreine 3,3 und 3,7 und ihnen nahe stehende Werte, beruhen wohl sicher auf falschen Bestimmungen. Wenn ein Stein wirklich ein solches spezifisches Gewicht hat, so ist er kein Diamant, Die Beamten der De Beers mining company in Kimberley in der Kap-Kolonie haben einmal folgenden Versuch angestellt: Sie haben ein Gefäß von genau 1 Kubikmeter Inhalt mit Diamanten, wie sie aus den dortigen Gruben und Wäschereien kommen, bis an den Rand vollgefüllt und gewogen. Sie fanden ein Gewicht von nur 11976000 Karat = 2455080 Gramm. Nach dem spezifischen Gewicht von 3,2 hätten es 3520000 Gramm sein müssen. Der Unterschied hat seinen Grund in den vielen und verhältnismäßig großen Zwischenräumen zwischen den einzelnen Steinen. Beiläufig gesagt war dies die größte Menge Diamanten, die jemals auf einem Haufen beisammen gewesen sind; ıhr Wert wurde auf ca 325 Millionen Mark geschätzt. Ein niedrigeres spezifisches Gewicht als Diamantkristalle hat der schwarze Carbonado, für den 3,141 bis 3,416 gefunden worden ist. Dies beruht auf der porösen Beschaffenheit ‘ der Substanz, die selbst in kleinen Stückchen noch zahlreiche leere Räume einschließt und dadurch leichter erscheint, als sie wirklich ist. 4. Spaltbarkeit. Wenn man einen Diamantkristall mit dem Hammer auf dem Ambos zerschlägt, oder wenn man ihn rasch erhitzt, oder wenn er erhitzt ist, rasch abkühlt, zerspringt er in eine Anzahl von Bruchstücken, die sich meist nach vollkommen ebenen und glänzenden Flächen voneinander getrennt haben. Sucht man die Richtung, welche diese ebenen Trennungsflächen in den Kristallen haben, so findet man, daß sie alle den Flächen des Oktaöders parallel gehen. Setzt man an einem oktaödrischen Diamantkristall einen scharfen Meißel in der Richtung einer Oktaäderfläche auf und treibt ihn durch einen Hammer- schlag in den Kristall hinein, dann zerspringt dieser nach einer vollkommen ebenen Fläche parallel der betreffenden Oktaöderfläche in zwei Teile, und dasselbe kann in der nämlichen Weise nach jeder der anderen Flächen des Oktaöders bewerkstelligt werden. Will man dagegen einen würfelförmigen Kristall spalten, so ist dies durchaus nicht nach einer Würfelfläche möglich, in dieser Richtung zerbricht er stets nach unebenen Bruchflächen. Nur wenn der Meißel so aufgesetzt wird, daß er die Ecken des Würfels wegnimmt, findet wieder ebenflächige Trennung statt, also wieder in der Richtung einer Oktaöderfläche, die Ja die Ecken des Würfels gerade abstumpft. In derselben Weise kann auch jeder anders ge- staltete Diamantkristall nach den Oktaöderflächen, aber durchaus in keiner anderen Richtung, nach ebenen Flächen gespalten werden. Die Oktaöderflächen und nur sie allein sind also die Spaltungsflächen des Diamants, und zwar ist die Spaltung nach ihnen mit großer Leichtigkeit möglich; der Diamant gehört mit zu den am leichtesten spaltbaren Mineralien. SPALTBARKEIT UND HÄRTE DES DIAMANTS. 153 Diese vollkommen ebenflächige Spaltung läßt sich aber nur bei einheitlich gebauten Kristallindividuen ungehindert bewerkstelligen; nur bei ihnen gehen die Spaltungsflächen ununterbrochen von einem Ende zum andern durch den Stein hindurch. Hat man dagegen Verwachsungen zweier oder mehrerer Kristalle, entweder wie die in Figur 39, g bis i dargestellten Zwillinge, oder auch Gruppen unregelmäßig miteinander verbundener Indi- viduen, dann haben die Spaltungsflächen in jedem dieser letzteren eine besondere Lage, die ‚Spaltungsflächen gehen nicht mehr in einer und derselben Richtung ununterbrochen durch den ganzen Stein hindurch, sondern sie wechseln von einem Individuum zum anderen, und die ebenflächige Trennung ist dadurch unmöglich geworden. Da man in der oben angegebenen Weise jeden einheitlich gebildeten Diamantkristall nach allen seinen Oktaöderflächen spalten kann, so läßt sich auch aus einem jeden, er mag sonst begrenzt sein, wie er will, ein Spaltungsstück herstellen, dessen Begrenzungs- flächen den Oktaöderflächen parallel gehen, das also die Form eines Oktaöders (Fig. 40 oder 56) besitzt. Von wie großer Wichtigkeit dies für die Bearbeitung des Diamants dureh Schleifen ist, haben wir schon oben bei der allgemeinen Betrachtung der Spaltbar- keit gesehen und werden es noch weiter bei der Beschreibung der Diamantschleiferei kennen lernen. Ebenso haben wir schon erfahren, daß die leichte Spaltbarkeit unter Um- ständen auch schädlich sein kann, da nach den Spaltungsflächen, hier also nach den Oktaöderflächen, leicht Risse in den Steinen entstehen, die die Schönheit beeinträchtigen und den Wert verringern. Australische Steine sollen weniger leicht spaltbar sein als andere, z. B. die vom Kap. 5. Härte. In Beziehung auf die Härte steht der Diamant unter allen künstlichen und natürlichen Stoffen einzig da. Er ist der härteste von allen, und wenn ihm auch einige künstlich dargestellte Substanzen, wie z. B. das kristallisierte Bor und das oben erwähnte Karbo- rundum nahe kommen, so erreicht ihn doch keine. Er nimmt in der Mohsschen Härte- skala den zehnten Grad, den obersten der ganzen Reihe, ein. Von dem nächst härtesten natürlichen Körper, dem Korund, den wir später noch namentlich als Rubin und Sapphir kennen lernen werden, ist der Diamant durch eine weite Kluft getrennt. Er steht in Be- ziehung auf die Härte weiter von diesem entfernt, als der Korund von dem weichsten aller Mineralkörper, dem Talk. Man kann daher den Diamant stets mit Sicherheit von sämt- lichen anderen Substanzen durch seine Härte unterscheiden: er ritzt sie ohne Ausnahme alle, wird aber umgekehrt von keiner geritzt. Indessen sind auffallender Weise nicht alle Diamanten gleich hart. Es gibt solche, die etwas härter sind als die Mehrzahl und die daher nicht von den letzteren geritzt werden können, sondern im Gegenteil diese angreifen. So sind die australischen Steine härter als die übrigen, und die von Südafrika sollen etwas weicher sein als die indischen und brasilianischen. In Borneo findet man schöne schwarze Diamanten, von einer Härte, welche gleichfalls über die der anderen hinausgeht. Manche südafrikanischen Diamanten sollen ihre volle eigentümliche Härte erst allmählich erhalten, wenn sie einige Zeit an der Luf gelegen haben. Wie bei allen Kristallen, so ist auch beim Diamant die Härte nicht überall dieselbe. Man hat gefunden, daß das Pulver, das durch Abreiben von der Oberfläche der Diamantkristalle erhalten wird, z. B. bei der Operation des Grauens, von der wir bei der Betrachtung der Diamantschleiferei noch zu reden haben werden, andere Diamanten beim Schleifen erheblich rascher angreift als solches Pulver, das durch Zerstoßen größerer Stückchen erhalten wird. Es folgt daraus, daß die Diamantkristalle an der Oberfläche härter sein müssen als im Innern. Aber auch auf der Oberfläche selbst bestehen Unter- 154 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. schiede; die Kristalle werden auf manchen Flächen leichter geritzt als auf anderen, z. B. auf denen des Oktaöders leichter als als auf denen des Würfels, und auf den einzelnen Flächen in manchen Richtungen leichter als in anderen. Diese Unterschiede bewirken, daß die Steine sich in gewissen Richtungen und an einzelnen Stellen nur schwer schleifen lassen, während dies an anderen Stellen und in anderen Richtungen ohne besondere Schwierigkeit möglich ist. Wir werden bei der Schilderung der Bearbeitung der Diamanten auch hierauf noch einmal zurückkommen. Auf der großen Härte beruht beim Diamant wie bei anderen Edelsteinen zum Teil die ausgezeichnete Verwendbarkeit zu Schmucksteinen. Sie macht, daß der geschliffene Stein seine scharfen Kanten und Ecken nicht verliert und daß der durch die Politur der Flächen erzeugte Glanz auch bei vielfachem Gebrauch erhalten bleibt. Die Härte erlaubt auch mehrere wichtige technische Verwendungen des Diamants, von denen unten in einem besonderen Abschnitt die Rede sein wird. Hier soll nur er- wähnt werden, daß Diamantpulver vielfach zum Schleifen der harten Edelsteine Ver- wendung findet und daß die Diamanten selbst von keinem anderen Schleifmittel als von ihrem eigenen Pulver angegriffen werden. Die besonders harten Diamanten, wie die australischen, lassen sich sogar nicht einmal mit dem Pulver der anderen weicheren gut schleifen, es ist dazu das von Steinen desselben Vorkommens nötig. Trotz der großen Härte findet man an den Diamantkristallen in den Seifen, in denen sie gewöhnlich vorkommen, in dem Schutte der Bäche und Flüsse nicht selten die Kanten und Ecken stark abgerollt und die Oberfläche wie mattgeschliffen. Dies beweist, daß durch die fortgesetzte und ununterbrochen lange Zeiträume hindurch fort- dauernde Reibung der Diamantkristalle an ihren weicheren Begleitern, besonders Quarz- körnern mit spärlichen anderen harten Edelsteinen, auch dieser härteste Körper endlich angegriffen wird. Nicht selten verwechselt man die Härte des Diamants mit der Zersprengbar- keit, mit der Mögliehkeit, ihn durch Hammerschläge zu zertrümmern. Viele meinen — und namentlich im Altertume und noch im Mittelalter war dies der Fall — daß eher Hammer und Ambos zerspringen, als der Diamant. Plinius, der große Naturforscher des Altertums (gestorben bei der ersten bekannten Eruption des Vesuv, 79 n. Chr.), erzählt dies namentlich von den indischen und arabischen, er teilt aber auch mit, daß man den Diamant zerschlagen kann, wenn man ihn vorher mit frischem, warmem Bocksblut gebeizt hat, aber auch dann noch hält es schwer und Hammer und Ambos gehen mit in Stücke. Nach Albertus Magnus (1205—1280) ıst das Blut besonders wirksam, wenn der Bock Wein getrunken oder Petersilie gefressen hat. Von dieser Ansicht über die enorme Härte und namentlich über die besonders schwierige Zersprengbarkeit stammt der griechische Name für unseren Edelstein, adamas, der auch Stahl bedeutet und wo- runter etwas Unbezwingliches, Unzerbrechliches verstanden wurde, sie entspricht aber, was dıe Zersprengbarkeit anbelangt, in keiner Weise den Tatsachen. Der Diamant zerspringt leicht schon durch einen mäßigen Hammerschlag, und zwar vorzugsweise infolge der sehr vollkommenen Spaltbarkeit nach den Flächen des Oktaöders. In dem erwähnten Irrtume befangene Diamantensucher pflegen zweifelhafte Steine mit dem Hammer zu be- arbeiten. Halten diese die Schläge aus, dann sind es ihrer Meinung nach Diamanten, im anderen Falle nicht. Schon mancher gute Stein mag auf diese Weise zerstört und so einem alten Aberglauben zum Opfer gefallen sein. 6. Optische Eigenschaften. Durchsichtigkeit. Der Diamant ist sehr schön durchsichtig, wenn er rein ist und keine fremden Einschlüsse beherbergt. Diese stören die Durchsichtigkeit oft sehr, DURCHSICHTIGKEIT UND GLANZ DES DIAMANTS. 155 und Steine, die viele solche enthalten, sind beinahe oder sogar vollkommen undurchsichtig. Dasselbe ist häufig auch der Fall bei sehr stark, besonders braun und schwarz gefärbten Diamanten, die nur noch an den Kanten eın wenig Licht hindurchgehen lassen. Solche mit schwachen Farbentönen sind nicht viel weniger durchsichtig als vollkommen farblose. Außerdem hängt die Durchsichtigkeit aber auch von der Beschaffenheit der Oberfläche ab. Ist diese rauh, ist z. B. der Stein abgerollt, dann sieht er, selbst wenn er an sich vollkommen klar ist, trübe und undurchsichtig aus. Er erhält seine Durch- sichtigkeit dann erst beim Schleifen. Die Durchsichtigkeit ist das, was man als das Wasser des Diamants zu bezeichnen pflegt. Auf ihr, auf dem Wasser, beruht wesent- lich mit die Schönheit der Steine. Man nennt solche Diamanten, die mit vollkommener Durchsichtigkeit und Fehlerlosig- keit vollständige Farblosigkeit verbinden, Steine vom ersten oder reinsten Wasser. Geringe Trübungen machen den Diamanten noch nicht zum Schleifen ungeeignet; wenn diese aber einen gewissen Grad überschreiten, ist der Stein nicht mehr als Edelstein ver- wendbar, er wird dann in der Technik verbraucht. Für Röntgenstrahlen ist der Diamant vollkommen durchlässig, doch nicht alle Steine in ganz gleichem Maße. Starkgefärbte, so z. B. ein grüngelber, geben etwas dunklere Bilder als ganz farblose (weiße). Auch bei blau, grün und rot gefärbten scheint ein kleiner Unterschied vorhanden zu sein. Dieses Verhalten ist wohl auf die Beschaffenheit des Pigments zurückzuführen, das demnach eher unorganischer als organischer Art ist, da organische Substanzen die Röntgenstrahlen ungehindert hindurchgehen zu lassen pflegen. Die Unterscheidung des Diamants von ähnlichen Steinen und Imitationen mittels Rönt- genstrahlen haben wir schon oben (S. 40) kennen gelernt. Glanz. Der Diamant glänzt auf glatten Flächen außerordentlich stark und lebhaft. Sein Glanz ist ein ganz eigentümlicher, zwischen dem des Glases und dem der Metalle in der Mitte stehender. Es ist der nach ihm so genannte Diamantglanz, der nur noch wenigen anderen Mineralien und kaum noch einem zweiten Edelstein-zukommt. Man kann daran den Diamant bei einiger Übung meist mit Leichtigkeit von anderen durchsichtigen Körpern, von gewöhnlichem Glas, Bergkristall usw. unterscheiden. Es gibt aber allerdings, wie wir gesehen haben, eine Glassorte, den Straß, der gleichfalls diamantglänzend ist, und den man daher zuweilen benutzt, um den Diamant nachzumachen. Auch diese besondere Art von Glanz ist vielfach an der natürlichen Oberfläche der Kristalle nicht deutlich zu erkennen, besonders wenn diese stark abgerieben ist. In diesem Falle zeigen die Steine ein eigentümlich bleigraues, metallisches Aussehen, das namentlich in einem Stadium der Bearbeitung, dem darnach so genannten Grauen oder Graumachen ebenfalls hervortritt. In höchster Vollkommenheit zeigt sich der Diamant- zlanz stets auf den angeschliffenen Facetten, die das Licht ganz regelmäßig reflektieren. Dem Glanze der Metalle nähert sich der von sehr dunkel gefärbten Diamanten, die durch die starke Färbung einen Teil ihrer Durchsichtigkeit eingebüßt haben. Dasselbe ist aber auch der Fall bei ganz klaren und durchsichtigen Steinen, wenn man das Licht unter einem sehr kleinen Winkel auf eine Fläche auffallen läßt. Diese sieht dann beinahe aus wie eine Fläche von fein poliertem Stahl. Man kann die Erscheinung beobachten, wenn man einen Stein mit einer ganz glatten Fläche dicht ans Auge hält und ıhn, gegen das Licht gekehrt, mehr oder weniger stark gegen die einfallenden Fallen neigt. Bei gewissen Stellungen zeigt die Fläche die genannte Erscheinung. Der vollkommene Diamantglanz hängt bei allen Körpern zusammen mit voll- kommener Durcehsichtigkeit, sehr starker Lichtbrechung und bedeutender Farbenzerstreuung. Alle diamantglänzenden Körper, so namentlich der Diamant selber, haben neben der 156 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. erstgenannten die beiden letzteren Eigenschaften, und umgekehrt zeigen alle sehr stark lichtbreehenden und farbenzerstreuenden durchsichtigen Körper Diamantglanz. Aber nicht nur die Art des Glanzes hängt mit diesen Lichtbrechungsverhältnissen zusammen, sondern auch die Stärke desselben, da die schief auf eıne Fläche auffallenden Lichtstrahlen um so vollständiger reflektiert werden, je stärker die Liehtbrechung der betreffenden Substanz ist. Der Diamant mit seinem bedeutenden Lichtbrechungsvermögen wird also mehr Licht- strahlen von seiner Oberfläche in das Auge senden und daher einen stärkeren Glanz zeigen als ein anderer das Licht weniger stark brechender Körper. Der starke Glanz der Edelsteine wird als ihr Feuer bezeichnet; der Diamant hat also ein ganz besonders schönes Feuer. Lichtbrechung. Die Lichtbrechung des Diamants ist einfach, wie bei allen Körpern, die gleich ihm im regulären System kristallisieren. Wenn ein Lichtstrahl schief auf eine ebene Fläche eines Diamants auffällt, so wird er beim Eintreten in den Diamant aus seiner Richtung abgelenkt, und es pflanzt sich in demselben ein einziger gebrochener Strahl fort. Die Ablenkung des gebrochenen Strahls von der Richtung des einfallenden ist beim Diamant eine sehr starke, stärker als bei den meisten anderen Substanzen, mit anderen Worten: das Lichtbrechungsvermögen ist ein sehr bedeutendes, der Brechungs- Koäffizient sehr hoch. Mit der Lichtbrechung hängt auch die Farbenzerstreuung oder die Disper- sion zusammen, die beim Diamant gleichfalls außerordentlich stark ist. Die blauen Strahlen werden sehr viel stärker abgelenkt als die roten; das Spektrum, das ein Prisma aus Diamant im weißen Licht macht, ist daher sehr lang, das rote und das blaue Ende sind sehr weit voneinander entfernt. Die einzelnen Farben, in welche die durch einen ge- schliffenen Diamant hindurchgegangenen weißen Lichtstrahlen zerlegt werden, treten daher einzeln sehr bestimmt hervor, und sie verursachen so das herrliche Farbenspiel des Brillants, auf dessen Pracht die Schönheit des Diamants und seine Verwendung als Schmuckstein zum größten Teil beruht. Dadurch unterscheidet er sich von weniger stark farbenzerstreuenden Steinen, die man ihm zuweilen unterzuschieben sucht, wie Bergkristall, Topas, weißer Sapphir, Zirkon usw., deren Farbenspiel ganz unbedeutend ist. Das Nähere hierüber ıst schon oben bei der Betrachtung des Ganges der Lichtstrahlen in einem ge- schliffenen Edelstein auseinandergesetzt worden (8. 52). Übrigens sind nicht alle Diamanten in ihrem Licht- und Farbenspiel einander gleich, ohne daß man einen Grund dieser Ver- schiedenheit anzugeben weiß. Wahrscheinlich sind es kleine Unterschiede in der Licht- brechung und Farbenzerstreuung, die bewirken, daß manche Steine ein schöneres Aussehen haben als andere. Am höchsten stehen hierin die indischen und diesen am nächsten die brasilianischen aus dem Bezirk von Diamantina in der Provinz Minas Geraös und aus den Canavieirasgruben in der Provinz Bahia. Ein verhältnismäßig untergeordnetes, aber doch immer noch sehr schönes Farbenspiel haben die meisten Kapdiamanten. Bemerkenswert ist, daß manche Steine, so viele vom Kap und von Canavieiras, bei künstlicher Beleuch- tung das Farbenspiel nicht so schön zeigen wie im Tageslicht; bei den meisten Diamanten ist dies gerade umgekehrt. Das Lichtbrechungs- und das Farbenzerstreuungsvermögen des Diamants werden beide gemessen durch die Brechungskoöffizienten. Diese geben direkt die Stärke der Lichtbrechung an, und aus der Differenz dieser Zahlen für das rote und das violette Licht folgt die Größe der Farbenzerstreuung, der Dispersionskoeffizient. Daß dieser wie die Brechungskoäffizienten beim Diamant größer ist als bei den meisten bekannten Substanzen, ergeben die folgenden Zahlen im Vergleich mit den später für die anderen Edelsteine an- zuführenden, wodurch sich der Diamant auch von diesen unterscheiden läßt. LICHTBRECHUNG UND DISPERSION. ANOMALE DOPPELBRECHUNG. 157 Nach Walter gelten für die Breehungskoöffizienten bei dem Diamant die folgen- den Zahlen: Mi rotes Licht: n = 2,1073; (Linie B des Spektrums) gelbes „ runs Di z ) grünes „ — 2204 ( „ E,„ » ) violettes „ = usa bu kElr, n I? Es ist also der Dispersionsko£ffizient — 2,1616 — 2,4075 = 0,0571. Zur Vergleichung sind im folgenden die Brechungskoäffizienten für eine gewisse Glassorte angegeben. Man hat gefunden für: rotes Licht: n = 1,523312 gelhes >), — 1,527982 grünes „ — 1,531372 vıolettes „ — 1,544684. Der Dispersionskoöffiizent ist also hier — 1,544634 — 1,524312 = 0,020372, also nicht ganz halb so groß als beim Diamant, und das Spektrum nur ungefähr halb so lang, gleiche Verhältnisse in dem Glas und dem Diamantprisma vorausgesetzt. Anomale Doppelbrechung. Oben wurde erwähnt, daß der Diamant, seinem Kristallsystem gemäß, einfach lichtbrechend, isotrop ist. Dies gilt aber ın voller Strenge nur für solehe Steine, die vollkommen farblos oder gelblich, oder sonst nur schwach gefärbt und ganz frei von Einschlüssen, Rissen und anderen Störungen sind. Derartige Steine sind im Polarisationsinstrument bei gekreuzten Polarisationsebenen stets dunkel und bleiben es bei einer Drehung um 360 Grad. Zur möglichsten Vermeidung der Totalreflexion werden die Steine bei solehen Untersuchungen am besten in Methylen- jodid oder Monobromnaphthalin gelegt. Anders verhalten sich stark gefärbte Steine oder solehe mit Rissen oder Einschlüssen, oder anderen Fehlern. Steine dieser Art werden im dunklen Sehfelde des Polarisations- instrumentes etwas, aber im allgemeinen nur wenig aufgehellt. Sie erscheinen graulich; nur selten sieht man lebhaftere Farben auftreten. Es zeigt sich eine schwache Doppel- brechung, die aber nicht der Substanz eigentümlich ist, sondern durch äußere Einflüsse in ihr hervorgebracht wird, also eine anomale Doppelbreehung. Selten wird beim Drehen im Polarisationsinstrumente ein solcher Stein über seine ganze Oberfläche hinweg gleichmäßig hell und dunkel, meist sind einzelne Stellen hell, andere dunkel, und beim Drehen des Steines ändern sie sich. Häufig entstehen einzelne regelmäßig gestaltete Felder von gleichem Verhalten, während die anstoßenden Felder verschiedenes Aussehen zeigen. Meist sind aber die abwechselnden hellen und dunklen oder verschieden ge- färbten Stellen ganz unregelmäßig gegeneinander abgegrenzt, oder schwach doppelt- brechende Partien sind von vollkommen einfachbrechenden, die stets dunkel bleiben, ein- geschlossen. Gewöhnlich liegen die doppeltbrechenden Stellen um Einschlüsse oder Risse herum, so daß rings um diese die Doppelbrechung am stärksten und die Färbung im Polari- sationsinstrumente am lebhaftesten ist. Von ihnen aus nimmt die Doppelbrechung gegen außen hin immer mehr ab und verschwindet endlich ganz. Manchmal sieht man im Polari- sationsinstrumente ein regelmäßiges schwarzes Kreuz, dessen beide senkreeht aufeinander stehende Balken sich mitten ın einem Einschlusse schneiden. Man erkennt daraus deut- lich, daß die Erscheinung hervorgebracht wird durch einen von dem Einschlusse auf den Diamant ausgeübten Druck, der nach außen immer mehr abnimmt, wie die Doppel- brechung auch, und mit dieser allmählich ganz aufhört. 158 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Während im allgemeinen die anomale Doppelbrechung beim Diamant nur gering ist, gibt es doch einzelne Steine, bei denen sie stärker auftritt und die daher besonders lebhafte Polarisationsfarben zeigen. Dies sind vor allem die schon mehrfach erwähnten smoky stones von Südafrika, die wie Glastränen infolge der starken inneren Spannungen zuweilen ohne ersichtliche Ursachen in Pulver zerfallen. Wie bei den letzteren, so ist auch bei dem doppelbrechenden Diamanten die innere Spannung die Ursache der starken anomalen Doppelbreehung. Farbige Diamanten mit anomaler Doppelbreehung sind zu- weilen mehr oder weniger stark pleochroitisch. Trotz dieses anomalen Verhaltens vieler Diamanten ist es doch in allen Fällen leicht möglich, einen Stein, der solche Erscheinungen zeigt, von einem wirklich doppelt brechenden Mineral, wie Bergkristall, weißer Topas oder Sapphir usw., zu unterscheiden. Bei diesen ist die Aufhellung im Polarisationsmikroskop weit vollkommener und erfolgt stets gleich- mäßig über das ganze Stück hinweg, wie es schon oben bei der allgemeinen Betrachtung der anomalen Doppelbrechung gezeigt wurde (S. 61). Farbe. Vielfach hält man den Diamant für stets vollkommen farblos, für den Typus der ungefärbten Steine von größter Klarheit und Durchsichtigkeit. Dies ist aber nur zum Teil richtig. Wie es trübe und undurchsichtige Diamanten gibt, und zwar in großer Zahl, so gibt es auch gefärbte und die Färbung ist sehr mannigfaltig. Zahlreiche Diamanten sind allerdings vollkommen farblos und entsprechen dann ganz der Vorstellung, die man sich von diesem Edelstein zu machen pflegt. Dies ist ungefähr bei einem Viertel sämt- lieher Exemplare, die bis jetzt gefunden worden sind, der Fall; ein zweites Viertel zeigt einen ganz leichten Farbenton, und der Rest, mindestens die Hälfte von allen, ist mehr oder weniger lebhaft gefärbt. Die vollkommen farblosen Steine sind die reinsten. Der reine, als Diamant kristal- lisierte Kohlenstoff zeigt keine Spur von Färbung. Derartige Steine sind auch im all- gemeinen die kostbarsten und wertvollsten. Ist die Farblosigkeit mit vollkommener Durch- sichtigkeit verbunden, dann entsteht zuweilen ein eigentümlicher stahlblauer Schein. Solche „blauweiße“ Diamanten (sog. Tiffanyit $. 80), die in Indien und Brasilien nicht ganz selten sind, die aber auch am Kap, wenngleich nur viel spärlicher vorkommen, sind die geschätztesten von allen, einige besonders schön gefärbte ausgenommen. Bei Bestrahlung mit Radium werden farblose Diamanten zum Teil gelb (siehe S. 72), im allgemeinen ändert sich aber dabei die Farbe wenig oder gar nicht. Wenn dem Diamant irgendeine fremde farbige Substanz beigemengt ist, dann nimmt er deren Färbung an, nur ganz leicht, wenn die Substanz in sehr geringer Menge vor- handen ist, bestimmter und intensiver, wenn der Stein mehr von dem färbenden Körper, dem Pigment, enthält. Stets ist aber die Menge des letzteren absolut genommen eine äußerst geringe. Welcher Art diese färbenden Körper sind, ist noch sehr wenig bekannt, da die Unter- suchungen hierüber der Schwierigkeit und Kostspieligkeit wegen noch wenig vorgeschritten sind. Es wird vermutet, daß in vielen Diamanten organische Substanzen, Verbindungen des Kohlenstoffes, vielleicht Kohlenwasserstoffe, die Färbung hervorrufen; rieltach sind es aber auch unorganische Körper in äußerst feiner Verteilung. Wir haben schon gesehen, daß wohl gefärbte Diamanten, nieht aber farblose, kleine Mengen fremder eisenhaltiger Substanzen einschließen, die beim Verbrennen als Aschen- bestandteile zurückbleiben. Es liegt sehr nahe, zu vermuten, daß in vielen Fällen 'sie es sind, auf denen die Färbung beruht, um so mehr, als diese beim Glühen des Steines viel- fach weder verschwindet noch sich ändert, wie die durch organische Substanzen hervorgebrachten Farben. Eine solche Änderung ist aber doch auch schon in einzelnen Fällen zweifellos beobachtet worden, wie unten noch weiter gezeigt werden soll; dann FARBE DES DIAMANTS. 159 könnte die Färbung wohl auf organische Stoffe zurückzuführen sein. Dem widerspricht aber wieder das Verhalten farbiger Diamanten gegen Röntgenstrahlen (S. 155). Darnach sind gefärbte Diamanten, auch wenn die Farbe nur ganz blaß ist, etwas weniger durch- lässig als vollkommen farblose. Vermutlich beruht dies darauf, daß die Färbung durch die Anwesenheit irgend eines unorganischen Pigments, eines Metalloxyds oder dergl. bedingt ist, das die Röntgenstrahlen nicht ungehindert hindurchgehen läßt. Wäre der Farbstoff eine organische Substanz, ein Kohlenwasserstoff oder etwas ähnliches, so wäre er für diese Strahlen ebenso durchlässig wie der Diamant selbst, er könnte also die erwähnte Wirkung nicht hervorbringen. Wahrscheinlich ist das Pigment nicht immer das gleiche. Viele Diamanten sind so schwach gefärbt, daß sie der ungeübte Beobachter für ganz farblos hält. Für ihn tritt die Färbung erst durch den Kontrast hervor, wenn er einen wirklich farblosen Stein daneben hält, oder wenn er den schwach gefärbten Diamant auf ein Blatt rein weißen Papiers legt. Das geübte Auge eines Diamantenhändlers erkennt dagegen eine noch so schwache Färbung auf den ersten Bliek ohne alle künstlichen Hilfsmittel. Solche ganz schwach gefärbte Steine sind von etwas geringerer Qualität als ganz farblose von gleicher Klarheit und Durchsichtigkeit, der Preisunterschied ist aber nicht erheblich. Am häufigsten sind ganz liehte gelbe, braune, graue und grüne Farben- töne. Die allermeisten jetzt im Handel vorkommenden, fast ausschließlich aus Südafrika stammenden Diamanten zeigen solche ganz helle oder auch etwas bestimmtere gelbe Töne. Wenn das Gelb nicht zu intensiv ist, dann verschwindet es bei gewöhnlicher künstlicher Beleuchtung. In dieser sieht der gelbliene Stein weiß, farblos aus, nicht aber bei elek- trischer Beleuchtung; diese läßt die gelbe Farbe deutlich hervortreten. Auch ganz lichte bläuliche Färbungen kommen vor, jedoch weniger häufig. In derjenigen Hälfte der Diamanten, die eine ausgesprochene bestimmte Färbung haben, kommen fast alle an Mineralien bekannten Farben vor, und zwar meist in zahl- reichen Nuancen, so daß die Farbenreihe des Diamants eine sehr große ist. Eine präch- tige Sammlung verschieden gefärbter Diamanten, die schönste und reichste, die überhaupt existiert, wird in der Schatzkammer der Wiener Hofburg aufbewahrt; sie ist von Helm- reichen zusammengebracht, der sich lange Jahre in Brasilien aufhielt, und so imstande war, sie möglichst vollständig zu gestalten. Am häufigsten ist gelb (zitronen-, wein-, messing-, ocker-, honiggelb, während schwefelgelb noch nicht beobachtet worden ist); gelb in irgendeiner dieser Nuancen sind wie erwähnt, die meisten Kapsteine gefärbt. Nach dem gelb ist wohl grün am verbrei- tetsten; es ist die gewöhnlichste Farbe in Brasilien. Ölgrün oder gelblichgrün ist besonders häufig, dann blaß-, lauch-, spargel-, pistazien-, oliven-, zeisig-, smaragd-, bläulich- und graulichgrün. Auch braun ist an allen Fundorten verbreitet (hell-, kaffee-, nelken- und rotbraun). Nicht selten ist grau (hell-, asch-, rauchgrau), während schwarze wohl ausge- bildete Kristalle zu den ungewöhnlichen Vorkommnissen gehören. Selten ist auch rot (Iila-, rosen-, pfirsichblüt-, kirsch-, hyazinthrot) und am allerseltensten blau (dunkel- und hellsapphirblau). Im allgemeinen ist auch die deutliche Färbung selten eine intensive; meistens sind es helle Nuancen, die bei den Diamanten vorkommen. Es gibt aber doch auch viele intensiv gefärbte Steine und unter diesen solche, die vollkommen klar und durch- sichtig sind und die daher zum Schmuck Verwendung finden können. Die Zahl der letzteren, die also eine ausgeprägte schöne Farbe mit vollkommener Durchsichtigkeit ver- binden, ist aber eine sehr beschränkte, sie bilden daher mit die wertvollsten und kost- barsten Edelsteine, die es überhaupt gibt. Ihr kräftiger und schöner Glanz und ihr lebhaftes Farbenspiel, verbunden mit ihrer leuchtenden Körperfarbe, lassen sie in einer Schönheit strahlen, daß keiner der prächtigsten farbigen Steine, Rubin, Sapphir und andere, sich 160 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE mit ihnen vergleichen läßt; der Glanz ist bei diesen immer geringer und das Farbenspiel fehlt so gut wie ganz. Verhältnismäßigam zahlreichsten sind nach der Auffindung der Kapdiamanten derartige Steine von lebhaft gelber, z. T. ziemlich tiefer Farbe; früher waren auch sie sehr selten. Der größte und schönste gelbe Diamant, den man gegenwärtig kennt, ist der in Figur 62 abgebildete orangegelbe Brillant von 125 3/s Karat im Besitz der Juwelierfirma Tiffany in New York. Er stammt vom Kap. Einige gute gelbe Steine aus älterer Zeit bewahrt das grüne Gewölbe in Dresden. Sehr selten und nur in einzelnen Exemplaren bekannt sind schön grüne, sodann rote und endlich die besonders kostbaren blauen. Ein schön grüner, durchsichtiger Brillant von 481/, Karat befindet sich im grünen Gewölbe in Dresden, es ist der schönste der be- kannten grünen Diamanten. Bei der Betrachtung der großen Diamanten werden wir noch einmal darauf zurückkommen. Ein anderer von derselben Beschaffenheit ist in Amerika. Tschudi erwähnt einen smaragdgrünen und einen meergrünen aus Brasilien, Boutan von ebendort einige Steine genau von der Farbe des Uranglases, die zwischen grün und gelb steht, aber näher dem letzteren. | Von roten Diamanten wird häufig der für 100000 Rubel angekaufte 10karätige rubinfarbige Stein des Kaisers Paul I. von Rußland genannt, der sich im russischen Kron- schatze befinden soll; nähere Nachriehten sind darüber aber nicht vorhanden. Sicher konstatiert ist der »rote Halphen-Diamant«, ein rubinroter Brillant von einem Karat. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts soll nach der Mitteilung von Streeter ein schön roter Stein in Borneo gefunden und in Paris verkauft worden sein. Rosenrote, schön durchsichtige Dia- manten sind mehrere bekannt, so ein solcher des Prinzen della Riceia von 15 Karat und einige kleinere in der Schatzkammer in Dresden, sowie ein Stein von 32 Karat, der schönste rosenrote, den man kennt, in der Schatzkammer in Wien. Ein Rosabrillant, genannt »Fleur de p@cher«, befindet sich auch unter den französischen Krondiamanten, und einen pfirsiehblütroten erwähnt Tschudi aus Brasilien vom Rio do Bagagem in Minas Gera£s. Die allerseltenste Farbe ist die blaue. Einen prachtvoll blauen Brillant von 44 !/ Karat besitzt der Bankier Hope in London, die »Perle unter den gefärbten Diamanten«e Er ist wahrscheinlich ein Stück des 1792 mit den anderen französischen Kronjuwelen gestohlenen blauen Diamanten von Tavernier von 67!/s Karat, der bei den großen Diamanten unten noch besonders besprochen werden soll. Einen kleinen tiefblauen und einen 40 Karat schweren blaßblauen Brillant bewahrt die Münchener Schatzkammer. Ein blauer Diamant ist auch im Besitz des Großherzogs von Toskana. Vielleicht verdienen die schwarzen Diamanten noch eine kurze Erwähnung. Es giebt schwarze Diamantkristalle von ganz gleichmäßiger Färbung; besonders scheinen sie in Borneo vorzukommen, als sehr große Seltenheit auch in Südafrika. Diese haben geschliffen wegen ihrer Undurehsichtigkeit eine eigentümliche Schönheit, da sie einen besonders hohen, dem metallischen sich nähernden Glanz annehmen; daher werden sie zuweilen zu kostbarem Trauerschmuck verwendet. Nach der Untersuchung von Moissan sind diese schwarzen Diamanten an sich farblos, aber mit zahlreichen schwarzen Ein- schlüssen durchsetzt, die die Farbe hervorbringen. Das Pulver ist grau und wird 200° unter der Verbrennungstemperatur des Diamants farblos und frei von Einschlüssen, die demnach wohl schwarzer Kohlenstoff sind. Man darf diese schwarzen Diamanten nicht verwechseln mit dem gleichfalls schwarzen Karbonat aus Brasilien, von dem unten noch eingehend die Rede sein wird. Auch einige braune Steine von schöner und zarter Kaffe- farbe sind bekannt, sie stammen gleichfalls von Brasilien. Wie bei fast allen Edelsteinen und sonstigen Mineralien, die ihre Färbung äußerst fein verteilten, eingeschlossenen fremden Substanzen verdanken, ist auch beim Diamant FARBE DER DIAMANTEN. 161 die Farbe vielfach nicht vollkommen gleichmäßig durch die ganze Masse hindurch. Nicht selten sind die Pigmente nur an einzelnen Stellen vorhanden oder doch stärker angehäuft; nur diese sind dann überhaupt oder doch kräftiger gefärbt als die anderen. An zahlreichen Diamanten ist nur eine oberflächliche dünne Schicht gefärbt, der Kern dagegen farblos oder anders gefärbt. Dies ist in Brasilien eine ganz gewöhnliche Erscheinung, namentlich bei den Steinen vom Rio Pardo im Bezirk von Diamantina. Die äußere Schicht ist hier nicht selten hellgrün; durch das Schleifen wird sie entfernt und man erhält dann einen vollkommen farblosen Stein. Tschudi erwähnt einen herrlichen smaragdgrünen Brillant aus Brasilien, der vor dem Schleifen ganz rußschwarz gewesen war; ein anderer rub- schwarzer behielt diese Farbe beim Schleifen, nur eine einzige Facette wurde weıß. Hier war also ein weißer Kern, bei dem zuerst genannten Stein ein smaragdgrüner Kern von einer rußschwarzen Hülle umgeben. Nicht selten zeigt sich bei rohen Diamanten die Hauptmasse farblos, und nur die Kanten und Ecken haben einen farbigen Anflug. So verhalten sich ebenfalls viele brasilianische Steine, aber auch manche von Südafrika, und zwar ein Teil der schon oben erwähnten nach ihrer Färbung sogenannten »smoky stones«e. Bei diesen ist die rauchgraue Farbe zuweilen nur an den Ecken kräftiger, der Kern ist schwach oder gar nieht gefärbt; sie werden dann »glassy stones with smoky corners« genannt. Bei anderen Diamanten ist aber auch das Umgekehrte der Fall: die Kanten und Ecken sind farblos, der Kern ist gefärbt. Selten ist es, daß ein Stein aus zwei verschieden gefärbten Teilen besteht. Mawe erwähnt einen je zur Hälfte gelben und blauen. Ebenso ist es auch selten, dab vom Mittelpunkt ausstrahlende, verschieden gefärbte Sektoren in regelmäßiger Abgrenzung mit- einander abwechseln. So bilden zuweilen rauchgraue und farblose Strahlen regelmäßig sternförmige oder wie das Treff des Kartenspieles gestaltete Figuren auf den Oktäederflächen. Interessant ist schließlich noch, daß einzelne Diamanten das Farbenspiel des edlen Opals zeigen. Des Cloizeaux erwähnt einige solche Steine, die sich vom Edelopal in dieser Hinsicht nur dadurch unterscheiden, daß bei ihnen die Farben weniger lebhaft sind als bei diesem. Auch der von Mawe erwähnte hellblau und gelbe zeigt etwas von dieser Erscheinung. Die Farbe mancher Diamanten bleibt nicht immer und unter allen Umständen dieselbe, durch manche äußere Einwirkungen kann sie sich ändern. Einzelne Steine bleichen am Sonnenlicht aus; so wird von einem roten Stein berichtet, der an der Sonne allmählich seine Farbe verlor und weiß wurde. Sehr eigentümlich ist die Farbenänderung eines Diamants im Besitze des Pariser Juweliers Halphen. Es ist ein schwach bräunlicher Stein von 4 g (etwa 20 Karat), der im Feuer eine schön rosenrote Farbe annimmt. Diese hält sich im Dunkeln ungefähr 10 Tage, dann kehrt die ursprüngliche bräunliche Nuance all- mählich wieder zurück. Viel rascher geschieht dies aber, wenn der Stein dem Tageslicht oder gar den direkten Sonnenstrahlen ausgesetzt wird. Bei abermaligem Erhitzen wieder- holt sich dieselbe Änderung und so, wie es scheint, beliebig oft. Wie vorteilhaft es wäre, wenn die rosenrote Farbe zurückgehalten werden könnte, sieht man daran, daß der Stein in seiner gewöhnlichen bräunlichen Farbe 60000 Franken, in seiner vorübergehenden rosen- roten dagegen 150—200000 Franken wert ist. Halphen hat auch einen Diamant gesehen, der durch Reiben rosenrot wurde, aber die Farbe fast sogleich wieder verlor. Manche Steine werden in der Wärme bleibend in ihrer Farbe verändert. Nach Des Cloizeaux wurden blaßgrüne Diamanten nach dem Erhitzen im Knallgasgebläse lıcht- gelb, und braune Kristalle wurden dabei graulich. Auch Baumhauer sah einen grünen Diamant beim Glühen gelblich werden, während ein dunkelgrüner eine violette Farbe annahm. Wöhler machte grüne Diamanten durch Glühen braun, dagegen blieben Bauer, Edelsteinkunde 2. Aufl, 11 162 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. braune unverändert. Die gelben Diamanten, besonders die vom Kap, behalten ihre Farbe bei den höchsten Temperaturen. Es ist schon oben erwähnt worden, daß schwach gefärbte Steine weniger hoch ım Preise stehen als ganz farblose. Man hat daher schon viele Versuche angestellt, um be- liebig die Farbe zu entfernen und so aus gefärbten wertvollere farblose Steine herzustellen. Das wird mit großer Leichtigkeit bewirkt bei den schon oben erwähnten brasilianischen, an denen die gefärbte Schicht nur in sehr geringer Dicke einen farblosen Kern umhüllt. Diese Schicht wird einfach verbrannt, indem man die Steine in einem Tiegel mit etwas Salpeter erhitzt. Die Operation geht sehr rasch vor sich; meist schon nach einer oder zwei Sekunden ist die gefärbte Schicht verschwunden und der Stein farblos. Hierbei handelt es sich offenbar nicht um eine Änderung der Farbe, sondern um die Entfernung der ge- färbten Außenschicht, die, wie wir oben gesehen haben, ebensogut durch Wegschleifen erfolgen könnte. Man hat aber auch sehon probiert, die den ganzen Stein durchziehende un- günstige Farbe fortzuschaffen und so einen farblosen Stein herzustellen. Wohl der erste, der sich mit solehen Versuchen beschäftigte, war der Kaiser Rudolph Il. Nach der Mitteilung seines juwelenverständigen Gehilfen in solchen Dingen, Boäthius de Boodt, besaß er ein Mittel, jeden Diamanten zu entfärben und fehlerlos zu machen. Leider haben die Kundigen das Rezept dazu mit ins Grab genommen, ohne es zu offenbaren. Später hat der Pariser Juwelenhändler Barbot demselben Ziele zugestrebt. Er behauptete gleichfalls, es sei ihm gelungen, durch chemische Mittel und hohe Tempe- ratur grüne, rote und gelbe Steine vollkommen farblos zu machen, während dunkelgelbe, braune und schwarze nur wenig von ihrer Farbe verloren. Auch Barbot gab sein Mittel nicht bekannt, so daß man seine Angaben nicht prüfen kann. Angezeigt ist es, sie vorläufig zu bezweifeln, obwohl er sich auf dem Titel eines seiner Werke stolz: »Inventeur du proc&d& de decoloration du diamant« nennt. Nach allen unseren Kenntnissen von den färbenden Bestandteilen der Diamanten ist es wenig wahrscheinlich, daß die Farben gänz- lich zum Verschwinden gebracht werden können, jedenfalls ist zurzeit kein Mittel be- kannt, dies in allen Fällen zu bewerkstelligen. Geht es auch nicht an, einen gelben Stein, wie sie jetzt so viel im Handel vorkommen, wirklich farblos zu machen, so ist es doch leicht möglich, ihn so zu behandeln, dab er aussieht, als wäre er farblos. Dies kann natürlich zu schändlichem Betrug mißbraucht werden, und zwar durch das folgende Verfahren, dem sogar sehr erfahrene Juwelenhändler zum Opfer gefallen sind: Bringt man einen gelben Stein in eine violette Flüssigkeit, etwa eine verdünnte Lösung von übermangansaurem Kali, wie es so häufig als Mundwasser verwendet wird, so bedeckt er sich nach dem Herausnehmen und Trocknen mit einer ganz dünnen Schicht dieser violetten Substanz. Diese wirkt mit dem Gelb des Diamants so zusammen, daß beide Farben verschwinden und der Stein farblos aussieht, da gelbe und violette Liehtstrahlen gemischt weiß geben. Wenn der Stein nach dem ersten Ver- such noch gelb aussieht, kann er ein zweites, drittes usw. Mal eingetaucht werden; scheint er violett, so kann man von der färbenden Substanz etwas abwaschen. Auch violette Tinte soll zu dem Versuch brauchbar sein. Der Stein ist selbstverständlich nur so lange weiß, als die violette Substanz darauf liegt; reibt sich diese ab, was natürlich sehr leicht geschieht, dann zeigt der scheinbar weiße Diamant sofort seine eigentliche gelbe Farbe. Neuerer Zeit ist es leider gelungen, recht dauerhafte farbige Überzüge dieser Art herzustellen. Schon die alten Indier sollen ein Verfahren gekannt haben, gelbliche Diamanten vorübergehend farblos erscheinen zu lassen, und zwar sollen sie sich dabei des Ultramarins bedient haben. PHOSPHORESZENZ DER DIAMANTEN. 163 Die Farbe des Diamantpulvers ist nach den Untersuchungen von Petzoldt, die in jeder Diamantschleiferei bestätigt werden können, grau bis schwarz, und zwar um so dunkler, je feiner es ist. Phosphoreszenz. Über die Phosphoreszenz des Diamants wird offenbar viel Unrich- tiges mitgeteilt. Man liest, daß der Diamant im Dunkeln leuchte, wenn er vorher von der Sonne beschienen worden sei; besonders stark nach der Bestrahlung mit blauem, weniger nach der mit rotem Licht. Selbst Steine, von denen durch Zudecken mit Papier usw. und sogar mit einem Brett die direkten Sonnenstrahlen abgehalten wurden, so daß nur die Umhüllung diesen ausgesetzt war, sollen im Dunkeln geleuchtet haben. Versuche lehren aber, daß nur wenige Diamanten durch Lichtstrahlen zum Leuchten im Finstern gebracht werden können, die meisten weder durch die Sonnenstrahlen, noch durch eın intensives künstliches Licht. Streeter berichtet, daß ein 115-karätiger gelber Stein nach dem Bestrahlen mit Kalklicht ein Zimmer erhellte, und Edwards beschreibt einen 92 Karat schweren klaren, wasserhellen Diamant, der nach einstündiger Insolation 20 Mi- nuten lang ein so starkes Licht ausstrahlte, daß ein in der Nähe liegender Bogen weißen Papiersim dunkeln Zimmerdeutlich gesehen wurde. Dieselbe Wirkung wurde durch Bestrahlung mit elektrischem Licht hervorgebracht. Dagegen fand G. F. Kunz, daß von 150 Diamanten der verschiedensten Form, Größe und Beschaffenheit nur 3 durch elektrisches Bogenlicht phosphoreszierend wurden. Wenn die Belichtung demnach nur geringe Wirkung hat, so werden die Diamanten um so leichter durch Reiben selbstleuchtend. G. F. Kunz beobachtete, daß alle von ihm untersuchten Diamanten im Dunkeln Licht ausstrahlten, nachdem sie auf Holz, Leder, wollenem oder sonstigem Zeug usw. gestrichen worden waren. Bei manchen Steinen genügt ein einziger Strich, besonders auf Wolle, am besten tritt aber die Erscheinung beim Reiben auf Holz gegen die Fasern auf. Auch Reıben auf Metallen (Eisen, Stahl, Kupfer) soll nach anderen Nachrichten zum Ziel führen. Ob Diamanten beim Erwärmen (selbstverständlich nicht bis zur Glühhitze) eigenes Lieht ausstrahlen können, ist zweifelhaft, dagegen werden manche, die nach dem Bestrahlen mit Sonnenlicht ganz dunkel bleiben, leuchtend, wenn elektrische Funken auf sie fallen. Stets und unter allen Umständen tritt aber die Phosphoreszenz nur dann ein, wenn der Diamant nicht vorher einer starken Hitze ausgesetzt gewesen ist. Die Intensität des ausgesandten Lichtes ist fast immer nur schwach, viel schwächer als bei vielen anderen phosphoreszierenden Substanzen; am stärksten noch wird durch den elektrischen Funken das eigene Licht erregt. Die Farbe ist meist gelb, unter Umständen auch blau, grün und rot. Merkwürdigerweise ist das Verhalten des von verschiedenen Flächen eines und desselben Kristalls ausgesendeten Lichtes zuweilen verschieden. So berichtet Dessaignes (1809), daß ein von der Sonne beschienener Diamant nur von den Würfelflächen Licht ausgesandt habe, nicht aber von den Oktaöderflächen, die dunkel blieben. Maskelyne teilt mit, daß ein Diamantkristall auf den Würfelflächen ein schönes aprikosenfarbiges, auf den Dodekaöderflächen ein hellgelbes und auf den Oktaöderflächen ein anders gelbes Licht ausgesandt habe. Alle diese Erscheinungen dauern meist nur ganz kurze Zeit, doch wird angegeben, dab ein Diamant eine ganze Stunde nach der Bestrahlung noch Phosphoreszenz gezeigt habe. Über die Erregung von Phosphoreszenzerscheinungen durch Radiumstrahlen haben wir schon oben gesprochen (S. 80); es sei hier nur noch erwähnt, daß schwarze Diamanten und Karbonat dabei nicht leuchtend werden. Der berühmte englische Physiker R. Boyle soll der erste gewesen sein, der 1663 die Phosphorescenz des Diamants beobachtete. nn 164 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. 7. Elektrische und thermische Eigenschaften. Der Diamant wird durch Reiben positiv elektrisch, gleichgültig, ob er roh oder geschliffen ist. Die erlangte Elektrizität verliert er rasch, spätestens in einer halben Stunde wieder. Er ist ein Nichtleiter der Elektrizitätim Gegensatz zu dem anderen kristallı- sierten Kohlenstoffe, dem Graphit, der zu den sehr guten Leitern gehört. Für die Wärme ıst der Diamant ein guter Leiter. Er fühlt sich daher mit der Hand kalt an und kann auf diese Weise von anderen Substanzen unterschieden werden, wie wir oben ($. 81) gesehen haben. b) Vorkommen und Verbreitung des Diamants. Der Diamant ist sehon in allen fünf Erdteilen gefunden worden, aber nicht alle sind gleich reich an diesem kostbaren Mineral. Von größerer Wichtigkeit für Industrie und Handel sind nur drei Länder, die in der Hauptsache die Bedürfnisse nach diesem Edelstein allein befriedigt haben: cn Indien vor unvordenklichen Zeiten bis zum 18. Jahrhundert, dann Brasilien bis 1870, jetzt Südafrika. Alles andere ıst dem gegenüber von untergeordneter Bedeutung. Am längsten bekannt sind die Diamanten von Asien, wo die altberühmten, jetzt allerdings so gut wie vollständig erschöpften' ostindischen Lagerstätten wahrscheinlich schon in den frühesten Zeiten ausgebeutet worden sind. An dieses schließt sich das Vor- kommen auf der Insel Borneo an. Aber während Östindien der Welt die reichsten Schätze lieferte, ist die Produktion des letzteren Landes immer eine beschränkte gewesen. Nach- richten von Diamantenfunden auf der Halbinsel Malakka (woher einer Angabe zufolge der berühmte Regent des französischen Kronschatzes stammen soll), in Pegu und Siam, sowie auf den Inseln Java, Sumatra und Celebes sind zum mindesten unsicher, ebenso das Vor- kommen in China (Provinz Schantung), in Arabien usw. Dagegen ist das spärliche Auf- treten im asiatischen Rußland sicher bestätigt. In Amerika sind die im Anfang des achtzehnten Jahrhunderts in Brasilien auf- gefundenen Diamantfelder berühmt geworden. Namentlich haben die Provinzen Minas Geraös und Bahia von damals an bis jetzt große Ausbeute ergeben. Die brasilianischen Diamanten bildeten den Ersatz für die im Laufe der Zeiten immer spärlicher gefundenen indischen. Sicher konstatiert, aber sehr unbedeutend sind die Funde in der nord- amerikanischen Union, wo im Osten die Staaten Georgia, Nord- und Südkarolina und Kentucky, Virginia, Wisconsin, im Westen Kalifornien und Oregon eine geringe Anzahl von Steinen geliefert haben. Nachrichten aus anderen Teilen des Kontinents (Sierra Madre in Mexiko, Goldgruben von Antioquia in Kolumbien) bedürfen noch durchaus der Be- stätigung. Von einiger Bedeutung sind aber vielleicht die neuestens aufgefundenen Lager- stätten in Britisch-Guayana. Der Weltteil, der gegenwärtig die größte Bedeutung für die Diamantgewinnung hat, ist Afrika, wo der Edelstein seit dem Ende der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts in immer steigender, alle anderen Gegenden überflügelnder Menge gesammelt wird. Die Fundstätten liegen im Norden der Kapkolonie, in dem Landesteil, der als Griqualand-West bezeichnet wird, besonders am Vaalfluß und in der Umgebung der Stadt Kimberley, sowie indem anstoßenden Oranje-Freistaat, in Transvaal, in Rhodesia und in Deutsch-Südwestafrika. Gegen die Menge der afrikanischen Funde verschwindet alles, was zurzeit auf der ganzen übrigen Erde gewonnen wird; neunzig Prozent der gegenwärtig in den Handel gebrachten Steine stammen vom Kap. Ganz unsicher ıst das Vorkommen von Diamant in dem Goldsande des Flusses Gumel (nach Lacroix wohl der Oued Rumel) in der Provinz Konstantine in Algier. 1833 sollen hier 3 Exemplare gefunden worden sein, man hat aber seitdem nichts wieder davon gehört. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. ALLGEMEINES. 165 Mythisch klingt der Bericht eines Afrikareisenden Dr. Cuny, wonach in den fünfziger Jahren eine ganze Kamelladung Diamanten aus dem afrikanischen Abendlande nach Darfur gebracht worden sein soll. In Europa ist es Rußland, das an seiner östlichen Grenze im Ural und daran sich anschließend in Sibirien, sowie im Westen, in Lappland, einige wenige Steine geliefert hat; in diesen Gegenden haben aber die Funde die Bedeutung mineralogischer Selten- heiten bis jetzt nicht überschritten. Einige Wahrscheinlichkeit hat auch der Bericht über das Auffinden einiger Steinchen in Spanien; dagegen ist das Vorkommen in einem Bache in Fermanagh im nördlichen Irland unbestätigt geblieben. Sicher falsch ist der aus Böhmen gemeldete Fund. Ein einziges kleines Steinchen fand sich da 1869 unter den zur Verarbeitung bestimmten Granaten in einer Schleiferei in Dlaschkowitz; es sollte mit den Granaten aus den in der Nähe befindlichen Granatgruben stammen. Man kann aber nach den eingehenden Untersuchungen von V. v. Zepharovich keinen Zweifel hegen, dab der Diamant erst in der Werkstätte, wo solehe zum Durehbohren der Granaten benutzt werden, durch Zufall unter dıe Schleifware geraten ist. Nicht ganz geringe Mengen Diamanten hat in neuerer Zeit auch Australien,be sonders Neu-Süd-Wales geliefert, so daß gegenwärtig australische Steine wenigstens eine bescheidene Rolle im Handel spielen. Endlich ist noch zu erwähnen, daß unser Edelstein nicht nur einen Bestandteil der Erde, sondern auch anderer Himmelskörper bildet. In mehreren Meteoriten bat man kleine Diamanten nachgewiesen. Was die Artund Weise des Vorkommens des Diamants betrifft, so wird er an den meisten Orten auf sekundärer Lagerstätte ın Seifen gefunden. Diese durch Verwitterung des ursprünglichen Muttergesteins gebildeten Schuttmassen sind meist vollständig lose und locker, manchmal, namentlich in Brasilien und Indien, sind sie aber auch durch ein hinzu- tretendes Bindemittel zu festen Konglomeraten und Breceien und zu Sandsteinen verkittet. Diese, wie die lockeren Sande der Seifen liegen in Brasilien und auch sonst an den meisten Orten an der Erdoberfläche und sind mit zu den allerjüngsten Bildungen der Erdkruste zu rechnen. In Indien und zum Teil auch in Brasilien und Nordamerika gehören dagegen die diamantführenden Trümmergesteine sehr frühen geologischen Zeiten an, sie sind den aller- ältesten Gebirgsschiehten zwischengelagert und stellen gewissermaßen vorweltliche, fossile Seifenbildungen dar. Aber diese alten diamantführenden Trümmergesteine sind im Laufe der Zeiten, da, wo sie an die Erdoberfläche treten, wieder verwittert, und es sind aus ihnen vielfach neue sekundäre Seifen von lockerer Beschaffenheit entstanden. Aus allen solchen werden die Diamanten dann durch den gewöhnlichen Waschprozeß gewonnen. Bei der Be- schreibung der einzelnen Diamantlagerstätten sollen diese Verhältnisse eingehender geschil- dert werden. Welches das ursprüngliche Muttergestein gewesen ist, aus dem der Diamant in die Seifen gelangte, hat noch an keinem Orte bis in alle Einzelheiten mit der wünschens- werten Sicherheit und Klarheit festgestellt werden können, wenn auch schon vielfach An- haltspunkte zur Beurteilung dieser wichtigen Frage gewonnen worden sind. Wir werden im folgenden die sicher konstatierten Diamantvorkommen etwas genauer betrachten und dabei auch den Ursprung der Edelsteine festzustellen suchen, soweit es die vorliegenden Beobachtungen gestatten. Jedenfalls steht soviel fest, daß nicht an allen Orten das ur- sprüngliche Vorkommen und das Muttergestein dasselbe gewesen ist, daß dieses in manchen Gegenden zu den älteren kristallinischen sauren Gesteinen, zum Gneis und den anderen kristallinischen Schiefern und den zugehörigen Eruptivgesteinen, wie namentlich Granit, zu rechnen ist, daß der Diamant aber an anderen Orten mit basischen Silikatgesteinen, z. B. mit Diabasen, Peridotiten (Olivingesteinen und den daraus durch Umwandlung entstandenen 166 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Serpentinen) usw. zusammenhängt. Höchst wahrscheinlich kommt er auch als Drusen- mineral auf Spalten in manchen Gesteinen vor, wovon wir bei der Betrachtung nament- lich der brasilianischen Lagerstätten noch weiter sprechen werden. Ganz eigentümlich ist das Vorkommen in den südafrikanischen Diamantenfeldern, wo- der Edelstein sich vorwiegend nicht in Seifen, sondern in einem grünen serpentinähnlichen Gestein eingewachsen findet. Diese ganz besonderen, wie es scheint von allem anderen sonst bekannten abweichenden Verhältnisse werden wir bei der Schilderung der Kap- diamanten eingehender betrachten. Wir werden im folgenden die verschiedenen Lagerstätten der Diamanten in nach- stehender Reihenfolge kennen lernen. 1. Indien. 5. Borneo. 9. Ural. 2. Brasilien. 6. Australien. 10. Diamanten in den Meteoriten. 3. Guayana. 7. Nordamerika. 4. Südafrika. | 8. Lappland. 1. Indien. Das Land, dessen Diamanten am längsten bekannt sind und das die schönsten, be- rühmtesten und auch mit die größten Steine geliefert hat, it Ostindien. Schon die Alten haben von hier ihre Diamanten bezogen, und Ptolemäus spricht bereits von einem Diamantfluß in Indien. Daß unser Edelstein in sehr frühen Zeiten in jenen Gegenden hochgeschätzt war, beweisen die ältesten Götterdenkmäler dort, die reich mit Edelsteinen, darunter auch mit Diamanten verziert sind. Aus diesen ist auch zu ersehen, daß die Eingeborenen dort schon lange die Kunst des Schleifens der Diamanten verstanden haben müssen. Bis zur Entdeckung der brasilianischen Lagerstätten im Jahre 1728 war Indien das Land, das die Welt fast allein mit Diamanten versorgte; seit dem 2. bis 3. Jahrhundert vor Christus kamen solche von hier ins Abendland. Außerdem war damals nur noch die Insel Borneo als Heimat dieses Edelsteines bekannt. Die zahlreichen Fundorte der Diamanten sind in Indien auf eine weite Landstrecke verteilt. ©. Ritter hat sie in seiner Erdkunde von Asien (Band IV, 2. Abt., S. 343) unter Benutzung aller ihm bekannten Nachrichten zum erstenmal ausführlich und sorg- fältig zusammengestellt, in neuester Zeit auch V. Ball in dem Manuel of the geology of India (Band IIL, S. 1—50), wobei auch alle späteren Untersuchungen verwertet worden sind. Das Vorkommen der Diamanten in Indien ist, soweit man es nach heutigen Funden aus alten Gruben und durch die erwähnten Nachrichten aus früheren Zeiten kennt, beinahe ganz auf die Ostseite des Hochlandes von Dekkan beschränkt. Die am südlichsten, unter dem 14. Grade nördlicher Breite, gelegenen Fundpunkte gehören dem Flußgebiete des Panar (Penner) an. (Fig. 41, 8.170.) Von hier erstrecken sie sich, dem Ostrande jenes Hochlandes folgend, in einer mehrfach unterbrochenen Linie nach Norden über den Kistnah, den Godavery und Mahanady bis zum südlichen Stromgebiete des unteren Ganges in Bengalen unter dem 25. Grade nördlicher Breite. Sie gehen von da westlich über den Sone-Fluß im Bandelkhand hinaus bis zum Tonse und Sonar und hören am Ken-Fluß östlich von Dschatterpur auf. Was außerhalb dieses Gebietes etwa noch an Diamanten vorkommt, ist unwichtig, zum Teil sind die darüber vorhandenen Nachrichten auch unsicher. Überhaupt sind ‚manche Diamantenfundorte in Indien zweifelhaft und nicht durch genaue und zuverlässige Mit- teilungen oder durch das Vorhandensein alter Gruben verbürgt. Vielfach trifft man die Meinung, daß alle indischen Diamantgruben bis in das fernste Altertum hinauf reichen. In der Tat weiß man von manchen Ablagerungen nicht, wann VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 1. INDIEN. 167 ihre Bearbeitung begann, aber die wichtigsten Gräbereien, von denen man jetzt Kunde hat, haben dieses hohe Alter nicht, sie sind wohl alle in dem letzten Jahrtausend und zum Teil erst in ziemlich später Zeit in Angriff genommen worden. Von einzelnen Gruben ist der Beginn der Arbeit genau bekannt, wie wir unten sehen werden. Der Diamant findet sich in Indien teilweise in anstehenden festen Sandsteinen und Konglomeraten eingeschlossen, teilweise in dem losen und lockeren Verwitterungsprodukte dieser Gesteine, an Stellen, wo sie die Oberfläche des Bodens bilden, teilweise auch als Geschiebe im Sande und Kiese der Flüsse und Bäche, welche durch die diamantführenden Schichten und deren Verwitterungsprodukte hindurchfließen und die Steine aus ihren früheren Lagerstätten fortschwemmten. Der diamantführende Sandstein ist in Indien sehr weit verbreitet. Er gehört der ältesten Abteilung der dort bekannten Sedimentärformationen an, die meist unmittelbar auf dem Urgebirge, auf Granit, Gneis, Glimmerschiefer, Hornblendegesteinen, Chlorit- und Talkschiefer und ähnlichen Gesteinen liegen. Versteinerungen sind in jenen Sandsteinen noch nicht gefunden worden, man kann daher nicht genauer angeben, welchen euro- päischen Schichten sie dem Alter nach entsprechen; sie gehören aber sicher dem älteren Übergangsgebirge, etwa dem Silur, an. Diese älteste Schichtenreihe heißt bei den indischen Geologen die Vindhyaformation. Sie ist im südlichen Indien, in der Präsidentschaft Madras, nur mit ihrer unteren Ab- teilung ausgebildet, die dort den Namen Karnulformation erhalten hat. Im nördlichen Indien, so im Bandelkhand, sind diese unteren Schichten noch von jüngeren überlagert, die die obere Vindhyaformation bilden. Dieser Vindhyaformation nun gehören die diamantführenden Sandsteine in ganz Indien an, soweit man genauere Nachrichten darüber hat. Während sie aber in den südindischen Diamantenbezirken der unteren Abteilung, den Karnulschichten, zugerechnet werden müssen und wahrscheinlich ebenso in den geologisch zum Teil noch nicht genauer be- kannten Godavery- und Mahanady-Gegenden, machen sie im nördlichen Indien, im Bandelk- hand, einen Teil der oberen Vindhyaformation aus. Die untere Vindhyaformation (Karnulformation) von Südindien besteht in der Haupt- sache aus Kalken mit zwischengelagerten Tonschiefern und Sandsteinen, Konglomeraten oder Quarziten. Im südlichen Indien liegt an der Basis dieser Schichtenreihe ein System von Sandstein- und Konglomeratbänken, die Banaganpillygruppe genannt. Dieser ist hier die diamantführende Schicht eingelagert. Die ganze Masse des Banaganpillysandsteines ist meist zwischen 10 und 20 Fuß mächtig. Die Sandsteine sind gewöhnlich grobkörnig, oft tonig, oft aber auch sehr fest, quarzitisch, stellenweise feldspatführend und eisenschüssig. Ihre Farbe ist gewöhnlich dunkel, rot, grau oder braun. Die Geschiebe der zwischen- gelagerten Konglomeratbänke, aus älteren zerstörten Gesteinen stammend, sind zumeist Quarzite, verschieden gefärbte Hornsteine, Jaspis, sowie feste Tonschiefer. Die Diamanten finden sich ausschließlich in einer einzigen ganz bestimmten, erdigen geschiebereichen Schicht, die der untersten Abteilung der Banaganpillygruppe angehört und die sich in anderen Niveaus nicht wiederholt. Die Geschiebe sind in ihr von der- selben Art wie die eben genannten, und zwischen ihnen zerstreut liegen vereinzelt die Diamanten, die als Geschiebe wie die anderen anzusehen sind, und die auch vielfach Abrollung zeigen wie sie. Diese, die Diamanten wie es scheint ganz ausschließlich enthaltende Schicht, ist von geringer Mächtigkeit; zuweilen mißt sie weniger als einen Fuß, selten darüber, nur vereinzelt wird die Dicke zu 2'/ Fuß angegeben. Im Bandelkhand gehört die Diamantschicht zu der mittleren Abteilung der oberen Vindhyaformation, der Rewahgruppe, und zwar liegt sie an deren Basis in den Panna- schichten. Es ist meist ein rotes, eisenschüssiges Konglomerat, dessen Geschiebe ähnlich 168 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. wie in Südindien aus Quarz, verschieden gefärbtem Jaspis, Kieselschiefer, Brauneisenstein- knollen, Sandstein usw. bestehen. Zu gewissen Sandsteingeschieben scheinen die Diamanten dieser Schicht in einer besonderen Beziehung zu stehen. Nach mehrfachen Beobachtungen, die allerdings vielleicht noch fernerer Bestätigung bedürfen, findet man nämlich im Bandelkhand den Edelstein zuweilen in Stücken eines eigentümlichen, festen, grünlichen, hellglasig aussehenden kieseligen Sandsteines in der- selben Weise eingewachsen wie die anderen Sandkörner, die das Gestein zusammensetzen. Diese den Konglomeraten der Rewahgruppe beigemengten Sandsteinstücke stammen höchstwahrscheinlich aus Schichten der unteren Vindhyaformation, die zerstört wurden, und deren Trümmer dann mit zu dem Aufbau der jüngeren, der oberen Vindhyaformation angehörigen Schichten dienten. Die Diamanten, die jetzt in diesen letzteren gefunden werden, würden darnach also vielleicht, wie im südlichen Indien, ursprünglich der unteren Vindhya- formation angehört haben; sie hätten dann später eine Umlagerung erfahren, und zwar nicht nur die in jenen Sandsteinstücken noch vereinzelt eingeschlossenen, sondern auch die isoliert zwischen den Geschieben der Konglomerate liegenden, die durch völlige Zer- störung des ursprünglichen Sandsteines ganz aus diesem losgelöst worden wären. In dieser Weise bedecken die diamanthaltigen Sandstene und Konglomerate die Höhen, entweder frei an der Oberfläche hegend oder von jüngeren Schichten überlagert. Liegen sie frei an der Erdoberfläche, so sind sie der Einwirkung der Atmospbärilien unter- worfen, und dasselbe ist der Fall an den Talabhängen, wo die Schichtenköpfe an die Erd- oberfläche treten. Sie verwittern und zerfallen in lockere Sandmassen, in denen die Diamanten lose zwischen den Sandkörnern liegen; es bildet sich mit anderen Worten eine Diamantseife. Die diamantführenden festen Schichten und die aus ihnen gebildeten Seifen werden überall von Bächen und Flüssen durchbrochen, die das in der Höhe liegende Gesteinsmaterial in Bewegung setzen und in das Tal hinabschwemmen. So gelangt auch der Diamant in mehr oder weniger großer Menge in die Flußalluvionen, in den Sand und Kies der Wasserläufe und wird mit diesen von den Bergen in .die vorliegenden Tiefebenen geführt. Diese Alluvionen liegen teils auf dem Grunde der heutigen Flußbetten unter dem jetzigen Wasserspiegel, teils ziehen sie sich, mehr oder weniger hoch über diesem, an den Talab- hängen hin als terrassenförmige Ablagerungen, die einer früheren Zeit angehören, und die entstanden, ehe der Fluß sich bis zu seiner gegenwärtigen Tiefe eingenagt hatte. Überall stehen diese diamantführenden Alluvionen mit den anstehenden Diamantschichten in deutlichem Zusammenhange, und überall, wo der Diamant in letzteren sich findet, kommt er auch in den dorther kommenden Bächen und Flüssen vor, wengleich nicht überall in so großer Menge, daß ein systematisches Nachsuchen lohnend wäre. Die Gewinnung der Diamanten liegt wie früher so auch heutzutage noch fast gänz- lich in den Händen der Eingeborenen, meist Angehöriger niedriger Kasten. Versuche, im großen die Diamantenlager auszubeuten, sind zwar von Europäern schon mehrfach ge- macht worden, haben aber noch nie zu einem günstigen Resultate geführt. Die Arbeit ist, den Verhältnissen entsprechend, an verschiedenen Orten mehr oder weniger beschwer- lich und mühsam und danach auch vielfach wenig lohnend. In der Hauptsache werden noch heute dieselben Methoden angewendet wie in den ältesten bekannten Zeiten, jeden- falls wie während der Anwesenheit des französischen Reisenden und Edelsteinhändlers Tavernier 1665. (Les six voyages de J. B. Tavernier en Turquie, en Perse et aux Indes, 3 Vol. Paris 1676). In den oberflächlichen Seifenlagern, den lockeren Zersetzungsprodukten der Sandstein- schichten sowohl als in den Flußalluvien, ist die Arbeit leicht. Sie besteht im allgemeinen darin, daß aus der Masse die großen Gesteinstücke entfernt und die erdigen Bestandteile mit Wasser weggewaschen werden. Aus dem dabei . erhaltenen sandigen Rückstande VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 1. INDIEN. 169 werden dann die Diamanten ausgelesen, vielfach von den Frauen und Kindern der Ar- beiter, die das Ausgraben der Erd- und Kiesmassen besorgen. Schwieriger ist die Bearbeitung der anstehenden Sandsteinschichten. Sie werden nur in Angriff genommen, wenn sie ganz an der Erdoberfläche oder dieser wenigstens sehr nahe liegen. Werden sie von jüngeren Schichten in zu grober Mächtigkeit überlagert, dann können sie nicht mehr von oben her ausgebeutet werden, da die Eingeborenen mit ihren geringen Hilfsmitteln nieht imstande sind, diese mächtigen Gesteinmassen mit Schächten zu durehbohren oder sie ganz abzuräumen. Auch würden die Kosten dabei zu sroß werden. Unter solehen Umständen kann die Diamantschicht nur an den Abhängen der Berge und Hügel, wo sie zu Tage ausgeht, in Angriff genommen werden. Das ge- schieht auch nicht selten, indem die Arbeiter von der Seite her auf eine gewisse, aber stets nur geringe Tiefe ın den Berg hineingraben. Liegt die Schicht in geringerer Tiefe unter der Erdoberfläche, dann werden senk- rechte Löcher oder Schächte von mehr oder weniger großem Querschnitte, meist nur von einigen Quadratfuß oder Quadratmetern und bis zu 20, selten bis zu 30 und in einzelnen Fällen sogar bis zu 50 Fuß Tiefe bis auf die Diamantschicht hergestellt, die man von diesen Schächten aus, wenn es die Festigkeit des überlagernden Gesteines erlaubt, unter- irdisch eine Strecke weit verfolgt. Die dabei gewonnene diamantführende Gesteinsmasse wird, wenn es nötig ist, vorsichtig zerkleinert und in der eben erwähnten Weise durch Waschen und Auslesen weiter verarbeitet. Das Durchbrechen der harten und festen Sandsteinbänke, die die Diamantschicht sehr häufig bedecken, ist für die Arbeiter bei der Unvollkommenheit ıhrer Werkzeuge oft mit den größten Schwierigkeiten verknüpft. Sie wissen sich aber in einigen Gegenden die Mühe durch dasselbe Mittel zu erleichtern, das auch die alten deutschen Bergleute sehr häufig angewendet haben, nämlich durch das Feuersetzen. An der Stelle, wo der Sandstein zum Zwecke der Anlage eines Schachtes durchbrochen werden soll, wird ein großes Feuer angezündet. Das Gestein wird dadurch stark erhitzt und hierauf dureh Übergießen mit kaltem Wasser rasch abgekühlt. Dabei zerspringt dann der feste Sand- stein ın viele kleinere Stücke, die mit leichterer Mühe bewältigt und entfernt werden können. Vielfach hat sich herausgestellt, daß einmal durchsuchtes diamantführendes Gestein, namentlich aus der anstehenden Schicht, bei einer späteren abermaligen Aufbereitung wieder Diamanten lieferte, wenn es einige Zeit an der Luft gelegen hatte, und so zuweilen noch mehrere Male. Daher ist unter den eingeborenen Diamantgräbern die Sage entstanden, daß sich in dem Gesteinsschutt Diamanten stets wieder von neuem bilden, daß sie gewisser- maßen nachwachsen und daß sich kleine Steinchen zu größeren vereinigen. Ähnliche An- sichten trifft man, auf Grund derselben Beobachtungen, auch am Kap. Der wahre Grund, warum vielfach wieder Diamanten gefunden werden, wenn man dieselbe Gesteinsmasse nach einiger Zeit noch einmal durchsucht, ist aber der, daß diese Massen in der Zwischen- zeit an der Luft weiter verwittern. Größere Brocken zerfallen dabei in immer kleinere Stücke, und die darin versteckten Diamanten kommen so allmählich an die Oberfläche, werden isoliert und können gefunden werden. Natürlich wird die ganze Masse dadurch immer ärmer und die Ausbeute bezüglich der Menge und Größe der gefundenen Steine bei jeder neuen Durchsuchung geringer. Trotzdem beruht aber an manchen Stellen der jetzige Betrieb darauf, daß die alten Felder der früheren Diamantgruben immer von neuem durchwühlt werden, und stets werden wieder Steine gefunden, aber jedesmal weniger, bis zur definitiven Erschöpfung. C. Ritter teilt die ihm bekannt gewordenen Diamantgruben Indiens nach ihrer geo- graphischen Lage und Verbreitung in fünf Gruppen, die er von Süden nach Norden der Reihe nach beschreibt. Im folgenden sind diese fünf Gruppen von Ritter zwar beibe- 170 ZWEITER TeiL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. halten, es sind aber die von ihm nicht angeführten kleineren Grubenfelder an geeigneter Stelle beigefügt und die Beschreibungen durch neuere Nachrichten, besonders von V. Ball, ergänzt. Dieser gibt eine etwas andere Einteilung. Vielleicht wäre es am zweckmäßigsten, 80° östl. v. Greenwich “Ischmir TANA Radschmahal) ‚Vnedabad, | In Dscharpur art RADSCH’PU- PROWVINE I) S \ O >) nt, RZ 4 LAFPLEF ER + Z Fr Fr Ds CENTRAL- ö i Sagpur EN % + N Wairaghar 23 5 e Dschandek kn x = = Au War: DAITER (Rota%-T +++ Vandial Danag; Bellasy + 6% || | I Bad Su ÜEEEEEEEEEE FE Fe ® — — | ‚u FREE V&+'+ + y Er oPBUSWABER 7 AGEE Fü (oöndapelt s a + x 1Q we +5 : + \ Gddapahı 11 Ill || Madra. ! ul TEN rm Ill] | | DRUIDEN! IINIININ AWILLLILIN Maßst. 1: 12,000, [7 200 200 Hilorneter. 000 00 JUREDDUB [UIIININIENIIIE! = Fig. 41. Diamantfelder in Ostindien. die drei südlichen Gruppen bis in das Gebiet des Kistnah zu einer einzigen zusammen- zufassen, da die Verhältnisse hier überall im wesentlichen dieselben sind. Die Verbreitung der indischen Diamanten ist auf der Karte Fig. 41 dargestellt. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 1. INDIEN. 171 1) Die Cuddapah-Gruppe der Diamantlager am Panarflusse. Diese süd- lichste Gruppe beginnt mit der Umgebung von Cuddapah am Panar, wo zahlreiche Gruben seit mehreren Jahrhunderten mit wechselndem Erfolge bearbeitet worden sind. Jetzt sind wohl die allermeisten, zeitweise vielleicht alle außer Betrieb gesetzt, obwohl nicht an- zunehmen ist, daß die Diamantvorräte völlig erschöpft seien. Die speziellen Fundstellen sind Dsehennur (oder Dschinon) bei Cuddapah am rechten südlichen Ufer des Panarflusses, sodann etwas weiter flußaufwärts, westlich von Dschennur, Obalumpally (Woblapally) und gegenüber, auf der anderen Seite des Flusses, das Condapetta der Reisenden, die früher diese Gegenden besuchten und beschrieben, wahrscheinlich dem heutigen Cunnapurty entsprechend. Westlich von Dschennur liegen ferner Lamdur und Pimdschetgapadu und einige andere Fundorte, von denen besonders Hussanapur oder Dupand am Anfange dieses Jahrhunderts ertragreich gewesen ist. Noch weiter aufwärts, im Panartale, ist auch bei Gandieotta früher nach Diamanten gesucht worden, aber ohne nennenswertes Ergebnis. Alle diese Gruben werden auch wohl als die Dsehennurgruben zusammengefaßt. Bei Dschennur selbst stehen die verlassenen Gruben auf dem Banaganpillysandstein oder auf dem durch dessen Zerstörung gebildeten Sande und Kiese, der früher viele und zum Teil sehr schöne Steine geliefert hat. Namentlich wird von zwei sehr wertvollen Diamanten aus diesen Gruben berichtet, die für 5000 und 3000 Pfund Sterling verkauft worden sind. 1869 wurde die Arbeit nach längerer Unterbrechung von neuem begonnen, aber ohne Erfolg. Zu oberst unter der Humusdecke liegt 1 !/ Fuß Sand und Grus mit Lehm, dann folgt ein zäher blauer oder schwarzer schlammiger Boden, ohne alle Gesteine, 4 Fuß mächtig, und darunter das eigentliche Diamantlager, das sich von der vorhergehenden Schicht wesentlich nur durch die Anwesenheit vieler großer abgerollter Gesteinsstücke unterscheidet. Es ist 2—2'/ Fuß mächtig und besteht aus Kieseln und Grus, die durch Lehm mit- einander verbunden sind. Die Mineralien, die man hier mit dem Diamant zwischen den Geschiebestücken findet, sind gelblicher durchsichtiger Quarz, Pistazit, rote, blaue und braune Jaspiskiesel, runde haselnußgroße Eisensteinknollen, Korund und andere. Die Gesteinsgeschiebe haben zumeist bis Kopfgröße und bestehen aus Sandstein, Basalt usw. und besonders Hornstein, sowie den Trümmern der Felsarten, welche die bis 1000 Fuß über Cuddapah aufragenden Berge zusammensetzen. Bei Condapetta sind die Gruben 4—12 Fuß tief. Man hat bier 3—10 Fuß erdigen Sand, der auf einem Lager aus Rollsteinen von Nußgröße bis zum Umfange eines Pflaster- steines ruht. In diesem findet man die Diamanten, meist lose, vielfach auch mit den Rollsteinen verkittet. Diese bestehen meist aus eisenschüssigem Sandstein oder Sandstein- schiefer und Konglomerat, dazwischen liegen solche von Quarz, Feuerstein und Jaspis, zum Teil blau mit roten Adern, sowie aus Tonporphyr mit Feldspatkristallen. Die meisten Geschiebe stammen aus den umgebenden Bergen, einzelne, so die Tonporphyre, sind vom Wasser weiter hergebracht. Die Gruben wurden hier, wie bei Dschennur, nur zur trocknen Jahreszeit betrieben, weil sie in der Regenzeit voll Wasser laufen, dessen andauernde Beseitigung zu viel Mühe machen würde. Die Gruben von Obalumpally wurden um 1750 eröffnet. Die hier ge- fundenen Diamanten sind flach oder rund, ohne deutliche Kristallform, aber von hohem Glanze, klar weiß oder klar honiggelb, ferner er&mefarbig und graulich-weiß, sowie von besonderer Härte. Es sind stark abgerollte Steine, die bier im Flußalluvium liegen. Das Lager folgt in verschiedener Breite dem Flußlaufe und wird zu einem guten Teile gebildet von den schon oben erwähnten, ebenfalls stark abgerollten haselnußgroßen Eisenstein- geschieben. Die Steine werden in bis zu 16 Fuß tiefen Gruben gewonnen, sind aber so unregelmäßig verbreitet, daß die Arbeit einem Glücksspiele gleicht. Die Gruben scheinen nie besondere Wichtigkeit gehabt zu haben. 172 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Geht man von Cuddapah in westlicher Richtung das Panar-Tal noch weiter aufwärts und dann nach Norden, so gelangt man, schon im Flußgebiet des Kistnah, in die Gegend von Bellary, in der zwei wichtige Diamantenfundorte, Munimadagu und Wajrah Karrur, liegen. Beim ersten, Munimadagu, 30 Kilometer westlich von Banaganpilly und 76 Kilometer östlich von Wajrah Karrur, befindet sich im Umkreise von einigen 37 Kilometern eine Anzahl von Gruben. Diese sind zwar jetzt erschöpft und verlassen, waren aber seinerzeit ertrag- reich und haben dem ausgedehnten Diamanthandel und den Schleifereien von Bellary hauptsächlich das Material geliefert, besonders am Anfange des 19. Jahrhunderts und bis 1833. Jetzt werden hier nur gelegentlich noch einige Steine gefunden; die systematische Bearbeitung der Gruben, welche die eigentliche Diamantschicht ausbeuteten, hat aufgehört. Diese Schicht ist wenig mächtig; sie bedeckt die Granite, Gneise und andere ähnliche Gesteine des Untergrundes. Die Lokalität Wajrah Karrur hat ebenfalls hauptsächlich ın früheren Zeiten Diamanten geliefert, aber auch jetzt kommen noch solche vor. So hat man dort u. a. 1881 einen Stein von 673/s Karat gefunden, der einen schönen Brillant von 245, Karat im Werte von 12000 Pfund Sterling lieferte. Der Sage nach sollen sogar einige der grössten und be- rühmtesten indischen Steine dorther stammen. Das Vorkommen der Diamanten ist hier eigentümlich. Sie liegen einzeln auf dem Boden zerstreut, ohne daß eine bestimmte Diamantenschieht vorhanden wäre. Besonders hat man den diamantführenden Banagan- pilly-Sandstein in jener Gegend noch nicht nachweisen können; Granit, Gneis und andere Urgesteine bilden den Untergrund. Die Diamanten findet man entweder zufällig, namentlich nach heftigen Regengüssen, wobei sie aus dem Boden ausgewaschen werden, oder die Leute ziehen in der Gegend herum, um danach zu suchen. Um diese eigentümlichen Verhältnisse zu erklären, hat man angenommen, die Diamantenschicht sei in früheren Zeiten in der Umgebung von Wajrah Karrur weit ver- breitet gewesen, sie sei aber völlig zerstört worden und die einzelnen Diamanten seien als ihre letzten unzersetzbaren Überreste zurückgeblieben. Dies ist nicht unmöglich, wird aber durch keine bestimmten Anzeichen bewiesen. Später hat man das Vorkommen der Diamanten in dieser Gegend in anderer Weise auffassen zu müssen geglaubt. Man fand im Westen der Stadt Wajrah Karrur in einer Vertiefung im Granit oder Gneis ein blaues, einem vulkanischen Tuff ähnliches Gestein, welches nach Aussehen, Beschaffenheit und Vorkommen mit dem Gestein, das bei Kim- berley in Südafrika so außerordentlich reich an Diamanten ist, dem „blue ground“, die größte Ähnlichkeit hat. Hierin meinte man nun die ursprüngliche Lagerstätte der Diamanten von Wajrah Karrur, ihr eigentliches Muttergestein, entdeckt zu haben. Eine englische Gesellschaft suchte dieses mit vielen Granit- und Gmneisbrocken gemengte blau- grüne Tuffgestein in großem Maßstabe auf Diamanten auszubeuten, das Resultat war aber ein vollkommen negatives, es wurde kein einziger Stein gefunden. In neuester Zeit glaubte nun der französische Reisende M. Chaper, der ım Jahre 1882 ım Interesse des Handels die Gegend nach Diamanten durchsuchte, das Geheimnis enthüllt und das Rätsel gelöst zu haben. Er fand den Gneis, der in der Umgebung von Wajrah Karrur vorwiegend den Untergrund des Bodens bildet, durchzogen von zahlreichen Gängen verschiedener Eruptivgesteine, besonders von Gängen eines grobkörnigen, rosen- roten oder lachsfarbigen epidotführenden Pegmatits, einer besonderen Abart des Granites. In einem solchen Pegmatitgange, und zwar in dessen oberstem, stark verwittertem Teile, sammelte M. Chaper eigenhändig zwei kleine Diamantkristalle, die neben anderen Mineralien von unregelmäßig begrenzten Körnern blauen und roten Korunds (Sapphir und Rubin) begleitet waren. Die beiden Diamanten waren von oktaödrischer Form mit VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 1. INDIEN. 173 vollkommen scharfen Kanten und Ecken, völlig intakt, ohne jede Spur von Abrollung. Die Eingeborenen wollen ebenfalls unter denselben Verhältnissen schon zahlreiche Diamanten gefunden haben. Chaper zweifelt nicht, daß seine Steine ursprünglich in dem Pegmatit eingewachsen gewesen und daß sie erst durch dessen Verwitterung aus dem Zusammen- hange gelöst worden sind. Dasselbe würde dann zweifellos auch für die übrigen ringsum gefundenen Diamanten gelten. Die Funde Chapers und namentlich deren Deutung sind nachher von dem indischen Geologen Foote angezweifelt worden, der einen von den eingeborenen Begleitern Chaper gespielten Betrug vermutet. Jedenfalls sind die Angaben Chapers, der die Einwände von Foote unerwidert ließ, noch recht zweifelhaft. Eine Aufklärung darüber wäre um so mehr erwünscht, als sie im Fall ihrer Bestätigung, wie wir weiter sehen werden, ein helles Licht auf das ursprüngliche Muttergestein der indischen Diamanten überhaupt werfen könnten. Diese würden wohl alle einem ähnliehen Gestein wie die von Wajrah Karrur entstammen und nach dessen Zersetzung in die diamantführenden Sandsteine und Konglomerate gelangt sein, die unter keinen Umständen als das ursprüngliche Mutter- gestein der indischen Diamanten, in dem diese sich gebildet haben, betrachtet werden dürfen. Zugunsten der Chaperschen Ansicht spricht jedenfalls die Tatsache, daß die Diamanten im unteren Panar-Gebiet von teilweise denselben Mineralien begleitet werden wie bei Wajrah Karrur, nämlich von Rubin, Sapphir und Pistazit, wogegen allerdings Foote bemerkt, daß bei Wajrah Karrur, außer an der Fundstelle der Diamanten und mit diesen zusammen, noch nie Rubin und Sapphir gefunden worden sei und daß die dort gefundenen Stücke Spuren von Bearbeitung zeigen. Ferner spricht für Chaper der Umstand, daß auch anderswo, so in Lappland, in Brasilien (Serra da Chapada in der Provinz Bahia) ete. die Diamanten in pegmatitischen Gesteinen vorkommen sollen. Freilich ist auch in diesen Gegenden eine weitere Bestätigung der betreffenden Beobachtungen dringend er- wünscht; von weiteren Vorkommen dieser Art wird unten noch eingehender die Rede sein. 2) Die Nandial-Gruppe der Diamantlager zwischen Panar und Kistnah bei Banaganpilly. Nur ungefähr 15 geogr. Meilen gegen Norden von der vorigen Gruppe entfernt, am Nordende derselben Ebene, die auf der Westseite der Nalla-Malla-Berge sich bis zur Stadt Nandial (220 Meter über dem Meere) ausbreitet, liegt die zweite Reihe von Diamant- gruben, die von anderen, so von V. Ball, auch als die Karnul-Diamantgruben bezeichnet werden. Die hierher gehörigen Fundorte liegen östlich, südöstlieh und west- lich von Nandial (15° 30° nördl. Breite, 780 30’ östl. Länge von Greenw.). Die Gruben, die teils die anstehende Diamantschicht, teils Seifenlager ausbeuteten, sind jetzt meist ver- lassen; sie gehören zum Teil zu den berühmtesten, die in Indien je bekannt geworden sind. Hier können nur einige der wichtigsten erwähnt werden. Die Gruben von Banaganpilly, wonach der diamantführende Sandstein seinen Namen erhalten hat, liegen westnordwestlich von Condapetta und südwestlich von Nandial. Nach der Beobachtung von King bedeckt die Diamantenschicht mit den zugehörigen Sandsteinen diskordant, d. h. mit anderer Schiehtenneigung, die älteren Sedimentärschichten, besonders Schiefer und Kalke mit vulkanischem Trapp. Sie sind im ganzen 20 bis 30 Fuß mächtig und werden an den Abhängen der Hügel durchbrochen von höchstens 15 Fuß tiefen Schächten, von deren Fuß aus das eigentliche Diamantenlager wegen der Festigkeit der darüber lagernden Gesteinsbänke ringsum auf eine gewisse Entfernung verfolgt werden kann. Es ist 6-8 Zoll mächtig und stellt ein grobes, sandiges und toniges Konglomerat oder eine Breceie dar, die hauptsächlich von verschieden gefärbten Thonschiefer- und Horn- steinstücken gebildet wird. Große Diamanten sind hier, wie es scheint, nie gefunden worden; die hauptsächlichsten Kristallformen, die beobachtet wurden, sind das Oktaöder 174 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. und das Dodekaöder. Heutzutage werden hauptsächlich die alten Halden nach den bei der früheren Bearbeitung übersehenen Steinchen durchsucht, doch sind die Gruben im anstehenden Sandstein ebenfalls noch im Gange. Nordwestlich von Banaganpilly, ungefähr ın der Mitte zwischen diesem Orte und Karnul, befinden sich die Gruben von Ramulkota, 19 engl. Meilen im SW. von der letztgenannten Stadt. Sie liegen im Banaganpillysandstein und sind tiefer und ausgedehnter als die von Dsehennur bei Cuddapah im Panar-Tal. Die jetzt hier gefundenen Steine sind meist klein und von nicht sehr regelmäßiger Form; ihre Farbe ist weiß, grau, gelb und grünlich. Gegenwärtig sind die Gruben im Sandstein nicht iu Betrieb, dagegen werden einige in der Nähe befindliche Seifenlager ausgebeutet. Newbold, der diese Gegend 1840 besuchte, sah nur 20 Mann in Tätigkeit; in der trockenen Jahreszeit soll aber diese Zahl auf 500 steigen. Auch jetzt noch geben diese Gruben wie die von Banaganpilly einen gewissen Ertrag, der aber nicht näher bekannt ist. Die Gruben von Ramulkota sind wahrscheinlich identisch mit den von Tavernier erwähnten, früher so reichen und berühmten Gruben von Raoleonda, die zur Zeit der Anwesenheit dieses Reisenden (1665) schon seit 200 Jahren im Betriebe waren und große Schätze geliefert hatten. Nach den Mitteilungen von Tavernier fanden sich die Diamanten mit feinem Sand in kaum fingerbreiten Spalten eines ziemlich feinkörnigen harten Sand- steins, aus denen sie mühsam mittelst zugespitzter Eisenstangen herausgeholt werden mußten. Der Ort war später vollkommen ın Vergessenheit geraten; man hatte ihn im Gebiet der Goleondagruppe, fünf Tagereisen westwärts von Golconda, gegen den mittleren Lauf des Kistnah, nicht fern von dessen linkem Nebenflusse Bhima und S—9 Tagereisen von Visapur, dem heutigen Bejapur, gesucht, bis V. Ball die Identität mit Ramulkota wahrscheinlich gemacht hat. 3) Die Ellore-Gruppe der Diamantenlager am unteren Kistnah oder die Goleonda-Gruppe. Zu dieser gehören einige der ältesten und berühmtesten indischen Diamantgruben, die sogenannten Diamantgruben von Golconda, welche die schönsten und größten indischen Steine geliefert haben. Sie liegen aber nicht, wie man nach dieser Bezeichnung oft fälschlich glaubt, bei der alten Bergfeste Goleonda (nahe Hyderabad), hier ist nur der Stapelplatz für die in weiterer Entferung gefundenen Diamanten, die da auch z. T. ge- schliffen wurden. Sogar die von Dschennur sind in früheren Zeiten zum Verkauf hierher gebracht worden. Als Tavernier die Gegend besuchte, waren über zwanzig Gruben im Gange und gaben z. T. außerordentlich reichen Ertrag. Später wurden alle bis auf zwei oder drei verlassen, so daß heutzutage von den meisten und zum Teil gerade von den durch Taverniers Schilderungen am berühmtesten gewordenen nicht einmal mehr die Stelle bekannt ist. Die reichsten dieser Gruben östlich von Goleonda waren die von Kollur am rechten Ufer des Kistnah, westlich von Chintapilly, unmittelbar ehe er oberhalb der Mündung des Nebenflusses Mundjair zu dem letzten Knie nach Norden umbiegt. Kollur liegt unter 8005’ östl. Länge von Greenw. und 16° 421/2” nördl. Breite. Der Ort wurde von Tavernier Gani Coulour genannt, er heißt daher jetzt zuweilen auch Gani. Dieses Wort ist einheimisch und soll »Grube« bedeuten. Coulour, woher der jetzt meist übliche Namen Kollur, stammt aus dem Persischen. Diese Gruben sind nicht identisch, wie man vielfach meint, mit den ebenfalls hochberühmten Gruben von Partial; die letzteren liegen etwas weiter östlich am linken Kistnah- Ufer und werden unten eingehender besprochen werden. Nicht mehr als 100 Jahre vor Taverniers Besuch, also etwa um 1560, waren die Diamantlager von Kollur entdeekt worden. Zuerst fand man durch Zufall einen Stein VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS, 1. INDIEN. 175 von 25 Karat, dem bald sehr zahlreiche andere folgten, darunter nicht wenige von 10—40 Karat und noch größere. Die Qualität entsprach allerdings nicht durchaus der Menge und Größe der gefundenen Steine, die vielfach nicht rein und klar waren. Der berühmte „Kohinur“, jetzt im englischen Kronschatz, und der „Großmogul“, dessen Ver- bleib unbekannt und der vielleicht mit dem Kobinor identisch ist, stammen mit großer Wahrscheinlichkeit von dort, ebenso die schönen blauen Diamanten, besonders der große des Bankiers Hope. Zu Taverniers Zeiten haben nach dessen Bericht 60000 Menschen hier gearbeitet, heute sind aber die Gruben vollständig aufgegeben. Die Steine liegen in lockeren Alluvialmassen, es sind Seifenlager. Zahlreiche verlassene Gräbereien finden sich auch am Kistnah entlang in den Wäldern zwischen Kollur und Chintapilly, sowie zwischen letzterem Ort und Partial, so u. a. bei Kistapully. Verfolgt man den Lauf des Kistnah, so trifft man etwas unterhalb der Mündung des Mundjair auf dem linken Ufer, etwas entfernt vom Flusse, östlich von Chintapilly die früher so reichen Gruben von Partial, aus denen wahrscheinlich der im französischen Kronschatz befindliche „Regent“ oder „Pitt“ stammt. Die Gruben beuten die losen Zersetzungsmassen der Diamantschicht und Flußalluvionen aus; lange Zeit stand die Arbeit still, ohne daß aber die Ablagerungen ganz erschöpft wären. Im Jahre 1850 waren nach Walker noch zwei Gruben in Betrieb. Nahe bei Partial liegen, zur selben Gruppe ge- hörig, die alten Gruben von Wustapilly, Codavetty-Kallu usw. Die letztere soll früher be- sonders reich gewesen sein. Es sind Seifen, die aber jetzt nicht mehr bearbeitet werden. Der Sage nach hat man von dort Wagenladungen von Diamanten weggefahren. Noch weiter östlich auf der linken, nördlichen Seite des Kistnah, aber fern vom Flusse liegen die ehemals ertragreichen Malavilygruben zwischen den Dörfern Maleli (Malavily) und Golapilly, nordöstlieh von Condapilly, sechs bis sieben Stunden westlich von Ellore. Die 15—20 Fuß tiefen Schächte sind in einem konglomeratischen Sandstein oder in ober- flächlichen Schuttmassen, die durch dessen Zerstörung entstanden sind, angelegt. Dieser auf Gneis ruhende Sandstein gehört einer etwas jüngeren Schichtenreihe als die Karnul- formation an und scheint aus den Überresten von jetzt zerstörten Karnulschichten entstanden zu sein. Die Diamantenschicht ist nach manchen Beobachtern mit einer Kalktufflage bedeckt. Sie besteht zumeist aus Geröllen von Sandstein, Quarz, Jaspis, Feuerstein, Granit usw., sowie größeren Stücken eines Kalkkonglomerats, die keine Spur von Abrollung zeigen. Alle Mineralien, die bei Cuddapah den Diamant begleiten, sind hier ebenfalls vor- handen, es finden sich aber außerdem auch noch Chaleedon und Karneol. Die Gruben sind wenigstens bis in die dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts hinein im Betrieb gewesen haben jedoch zuletzt wenig Ertrag gegeben und sind nun alle gänzlich verlassen. In dem Gebiete dieser Gruppe, das wenigstens zum größten Teil zu Haiderabad ge- hört, läßt die englische Hyderabad-Company arbeiten. Sie hat 1891 im ganzen 862°/ı Karat Diamanten im Werte von 15530 Rupien gewonnen. Die Produktion der ganzen Gruppe ist noch etwas größer und betrug im Jahre vielleicht 1000 Karat. Sehreitet man vom Kistnah aus nach Norden fort, so kommt man in das Gebiet des Godavery. Als Fundort von Diamanten wird hier Badrachellum an diesem Flusse genannt. Das Vorkommen ist aber unsicher und wird von manchen für sagenhaft erklärt. Jedenfalls sind hier, wenn überhaupt, nur wenige Steine gefunden worden. Die ganze Gegend ist sehr wenig bekannt, was mit ihrer Unzugänglichkeit infolge starker Bewaldung zusammenhängt. Viel wichtiger und ertragreicher ist (oder war wenigstens früher) das Flußgebiet des Mahanady, das die vierte Gruppe bildet. 4) DieSambalpur-Gruppe der Diamantlager nordostwärts des Godavery am mittleren Mahanadyflusse in Godwara. 176 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die Diamanten des Mahanadysystems zwischen dem 21. und 22. Grad nördl. Br. und in ziemlich großer Entfernung von dem vorhergehenden Bezirk in den Zentralprovinzen gelegen, sind vielleicht diejenigen, die schon den Alten bekannt waren. Der Diamanten- fluß des Ptolemäus wird in dieser Gegend gesucht; nach der Ansicht mancher Forscher soll es der Mahanady selbst sein. Das Diamantenrevier beschränkt sich auf die Gegend von Sambalpur; in seinem ganzen übrigen Laufe hat der Fluß keine Diamanten geliefert. Es dehnt sich in einer fruchtbaren Alluvialebene aus, die bei der genannten Stadt 130 Meter über dem Meere liegt uud zwar ist es der Landstrich zwischen den Flüssen Mahanady und Bhra- mini, welcher letztere den ersteren im Nordosten begleitet. Niemand weiß, wer die Steine hier zuerst aufgefunden hat und wann sie entdeckt wurden; sie waren seit undenklichen Zeiten bekannt. Die Diamanten finden sich vorzugsweise im Mündungsgebiet einiger linksseitiger, nordsüdlich strömender Nebenflüsse des Mahanady, die in den nördlich vorliegenden Hügeln von Barapahar entspringen. Einer von ihnen ist der etwas oberhalb Sambalpur mündende Ebe, ın dem ebenfalls manche den Diamantfluß der Alten sehen wollen, aber gerade von diesem scheint es nicht sicher festzustehen, daß Diamanten darin gefunden worden sind, während dies beim Mahanady keinem Zweifel unterliegt. Nach der Regenzeit wurden die Steine früher in den Flußbetten gesammelt. Sie fanden sich im Mahanady nur auf der linken, nie auf der rechten Seite, auch nieht oberhalb des Maund-Zuflusses bei Dschan- darpur, nach mancher wahrscheinlich unrichtigen Angabe sogar nicht oberhalb der Mün- dung des Ebe, der daher vielfach als der Hauptdiamantenbringer angesehen wurde. Als untere Grenze der Diamantenführung gilt das Knie bei Sonpur; weiter talabwärts soll nie ein Diamant vorgekommen sein. Die ganze diamantführende Strecke des Mahanady wäre demnach etwa 50 Kilometer lang. Einer der wichtigsten Punkte am Mahanady scheint früher die etwa 7!/2 Kilometer lange Insel Hira Khund in diesem Fluß bei Ihunan gewesen zu sein; ihr Name be- deutet auch Diamantgrube. Diese Insel teilt den Mahanady in zwei Kanäle. Jedes Jahr kamen zur trockenen Zeit, Ende März oder später, wenn der Fluß beinahe wasser- leer war, Tausende von Leuten, um hier Diamanten zu gewinnen. Der nördliche links- seitige Kanal wurde durch einen Damm geschlossen und der diamanthaltige Kies und Sand aus dem nun fast trockenen Flußbett ausgegraben. Dieser wurde dann von den Frauen der Arbeiter, die den Sand ausgruben, auf Diamanten verwaschen. Den südlichen Kanal hat man niemals ausgebeutet, obgleich er nach der Ansicht mancher Sachverständiger ebenfalls Diamanten, und zwar in reichlicherer Menge als der nördliche, enthalten müßte. In ihm ist aber die Wassermenge zu groß und die Strömung zu stark, so daß die Arbeiten hier mit sehr viel größeren Schwierigkeiten verbunden gewesen wären. Bei Sambalpur liegen die Steine in einem zähen roten Schlamm mit Sand und Kieseln. Dies ist wahrscheinlich das mit den Diamanten flußabwärts geschwemmte Ver- witterungsprodukt der Gesteine, die in dem Ursprungsgebiet jener Flüsse, dem Hügelland von Barapahar, anstehen. Man kennt hier zwar keine Arbeiten auf Diamanten im an- stehenden Gestein, aber diese Gesteine gleichen durchaus denen, die überall im südlichen Indien den Edelstein enthalten. Auch findet sich dieser in den dort entspringenden kleinen Bächen bei Raigarh, Juschpur und Gangpur in einer gewissen Menge. Große Steine sollen im Mahanady ziemlich häufig vorgekommen sein. Der größte, 210, Karat schwer, aber nur von der dritten Qualität, wurde 1809 bei der Insel Hira- Khund gefunden; sein Verbleib ist unbekannt. Im allgemeinen war die Qualität hier eine sehr gute; die Diamanten vom Mahanady und von Tschota-Nagpur gehören zu den schönsten und reinsten Indiens. Sie werden im Mahanady begleitet von Geschieben von Beryll, Topas, Granat, Karneol, Amethyst und Bergkristall. Diese stammen aber wohl VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 1. INDIEN. 177 nicht aus dem Muttergestein des Diamants, sondern aus dem Granit und Gneis, die der Fluß streekenweise durchläuft. Auch Gold führt der Mahanady in ziemlicher Menge, das mit den Diamanten gewonnen wurde. Heutzutage werden nur noch gelegentlich Diamanten in dieser Gegend gefunden. Bis in die fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hat man die Nachforschungen systematisch betrieben, dann aber wegen zu geringer Ergiebigkeit die Arbeiten eingestellt. Wie Sambalpur gehört auch das in südwestlicher Richtung etwas entfernt liegende Diamant- vorkommen von Wairaghar im Distrikt Dschanda in den Zentralprovinzen der in Rede stehenden Gruppe an. Die Gruben, etwa 150 Kilometer südöstlich von Nagpur, sind sehr alt; sie sind identisch mit den von Tavernier erwähnten Gruben von Beiraghar, ob auch mit denen von Vena oder Wainganga ist unsicher. Ihre ‚Reste erkennt man am Sath- flusse, einem Nebenflusse des Kophraguri, der seinerseits in den Wainganga, einen linken Zufluß des Godavery, geht. Die Gruben waren ehemals reich, sind aber seit 1827 ver- lassen. Die Steine liegen in einer roten oder gelben, sandigen, lateritartigen Erde, das ur- sprüngliche Gestein, aus dem diese Allvionen entstanden sind, ist aber nicht bekannt. Nach V. Ball haben die diamantführenden Schichten eine viel größere Ausdehnung, als man heutzutage vermutet, und können später vielleicht noch Bedeutung gewinnen. Nach Norden schließen sich an den Bezirk von Sambalpur die Diamantgruben der Division von Tsehota Nagpur, dem alten Kokrah in Nieder-Bengalen an. Diese sollen im 16. und 17. Jahrhundert viele große und schöne Steine geliefert haben, die den Be- richten zufolge aus einem Flusse gewonnen wurden. Welches dieser Fluß war, weiß man jetzt nicht mehr genau, es wird aber angenommen, daß es der Sank, ein linker Neben- fluß des Bhramini sei, in dem sich auch später noch vereinzelte Diamanten gefunden haben. Heutzutage haben auch diese gelegentlichen Funde aufgehört. In Bengalen liegen auch die zu Taverniers Zeiten berühmten und von ihm be- schriebenen Gruben von Sumelpur, deren Ort aber heute unbekannt ist. Die Steine wurden nach den Mitteilungen des genannten Reisenden aus dem Flusse Go&l gewaschen. Man vermutet, daß dies der nördliche Ko&l ist, ein Nebenfluß des Sone (Schon), der in den Ganges fällt und an dessen Ufer die Trümmer einer alten Stadt Semah oder Semul liegen, die man für Reste des alten Sumelpur (oder Semelpur, nicht zu verwechseln mit dem oben schon genannten Sambalpur am Mahanady) hält. Die Steine hätten dann den- selben Ursprung wie die vorhergenannten, sie würden dem Hügelland entstammen, das die Quelle des Ko@äl von der des Sank trennt. Nach Tavernier sind hier während seiner Anwesenheit in der trockenen Jahreszeit von Anfang Februar ab 8000 Menschen mit der Gewinnung des Edelsteins beschäftigt gewesen. Man hält übrigens jetzt vielfach dieses und das vorhergenannte Vorkommen in Tschota Nagpur für eine auf falschen oder nicht richtig verstandenen Mitteilungen beruhende Fabel. 5) Die Panna-Gruppe der Diamantlager im Bandelkhand zwischen den Sonnar- und Sone-Flüssen. In dieser nördlichsten Gruppe (unter 25 Grad nördl. Br.) findet man heutzutage wie früher die Diamanten am nördlichen Rande des Hochlandes des Bandelkhand, das die Tiefebene des Ganges und Dschumna gegen Süden begrenzt. Die Gruben liegen teils in der näheren Umgebung von Panna (Punnah), südwestlich von Allahabad am Ganges, teils in weiterer Entfernung von jener Stadt nach Westen, Süden und Osten. Sie werden als die Pannagruben zusammengefaßt. Größere Steine kommen hier nicht vor und auch früher hat man, wie es scheint, keine solchen gefunden, doch ist die Zahl der Diamanten beträcht- lich und ihre Qualität gut. Ihre Form ist die des Oktaöders oder die des Dodekaöders. Sie liegen entweder in der eigentlichen Diamantschicht oder in deren oberflächlichen losen Bauer, Edelsteinkunde, 2. Aufl. 12 178 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Zersetzungsprodukten, aus denen sie auch in die Schuttmassen der Flüsse gelangt sind. Daß die Diamantschicht hier nicht der unteren, sondern der oberen Vindhyaformation an- gehört, ist schon früher erwähnt worden. | In der Umgebung von Panna liegen zahlreiche Gruben, namentlich nach Norden und Nordosten, die bedeutendsten dicht bei der Stadt, wo sie auf einem Raume von kaum 20 Acker vereinigt sind. Die manchmal nur eine Spanne mächtige Diamantschicht liegt hier tiefer als an anderen Orten, wo sie abgebaut wird. Sie ist von einem Ge- schiebe- oder Blocklehm von erheblicher Mächtigkeit bedeckt, dessen Blöcke hauptsächlich aus Sandstein bestehen und an dessen Basis zahlreiche Stücke von Lateriteisenstein liegen, Der Mangel an festen Gesteinslagen über der Diamantschicht macht es meist unmöglich, die letztere auch nur auf kurze Erstreekung von Schächten aus unterirdisch zu verfolgen, Die Arbeiter sind daher genötigt, mit ungeheuerer Mühe und Anstrengung weite und tiefe Löcher — bis 20 m im Durchmesser und 10—15 m Tiefe — zu graben, um das diamant- führende Gestein zu gewinnen. Dies ist ein eisenschüssiger Ton, der außer den Diamanten noch Brocken von Sandstein, Quarz, Hornstein, rotem Jaspis usw. enthält. Besonders zu erwähnen ist ein grüner Quarz (Prasem), dessen häufiges Vorkommen als gutes Zeichen für das Auffinden von Diamanten gilt. Eine Diamantgrube aus dieser Gegend ist auf Taf. V abgebildet. Man sieht die Arbeiter in dem weiten Schacht unter der Aufsicht von Soldaten des einheimischen Herrschers ihr Werk vollbringen, indem sie aus dem mit Wasser bedeckten Grund das Gestein loshauen, das sie in dem links sichtbaren Korb nach oben ziehen, wo es weiter verarbeitet wird. Mittels des auf der rechten Seite dargestellten, aus Tonkrügen zusammengesetzten Paternosterwerks, das von Menschenhand getrieben wird, kann das zuströmende Wasser aus der Grube entfernt werden. In den Gruben von Kameriya, nordöstlich von Panna, ist die Diamantschicht eine lockere, eisenschüssige Erde; sie wird von dem festen Rewahsandstein mit zwischengelager- ten Tonschieferschichten in einer Mächtigkeit von 20 Fuß bedeckt. Die Festigkeit dieser überlagernden Gesteine erlaubt hier eine unterirdische Gewinnung der diamantführenden Erde von der Basis von Schächten aus, was die Arbeit viel leichter macht als bei Panna. Auch bei Babalpur sind zahlreiche Gruben, die aber jetzt alle verlassen sind. Bei Birjpur (Bridschpur) östlich von Kameriya und nahe bei Babalpur liegen die Gruben im Oberlauf des Baghin am rechten Ufer dieses Flusses, der das Diamantenfeld durehschneidet. Die Diamantschicht ist hier, abweichend von Kameriya, ein fester kon- glomeratischer Sandstein, der unmittelbar an der Erdoberfläche auf anderen Sandsteinen liegt, so dab die Gewinnung verhältnismäßig leicht ist. Die genannten Gruben beuten das anstehende Diamantlager aus, alle anderen in der Pannagruppe bearbeiten die daraus entstandenen verschieden beschaffenen Seifen. Bei Majgoha (Majgama), dem westlichsten Punkte dieser Gruppe, südwestlich von Panna, ist das Vorkommen der Diamanten ein eigentümliches. Sie liegen in einem grünen Lehm, der von Kalkspatadern durchzogen und von einer dicken Lage Kalktuff bedeckt ist. Dieser Lehm erfüllt zu ungefähr zwei Dritteln eine 100 Meter weite und 30 Meter tiefe kegelförmig nach unten sich verjüngende Einsenkung im Sandstein, vielleicht eine große alte Diamantgrube. Die Diamantgräber gehen bis 16 Meter tief hinab und behaupten, dab der Lehm immer reicher wird, je tiefer man kommt. Die Gruben sind Jetzt zwar ver- lassen, sie gelten aber nicht für erschöpft, sondern für die Zukunft noch für aussichtsvoll. Das Vorkommen wird von De Launay mit dem Diamantenvorkommen in Südafrika verglichen. Gruben von einiger Bedeutung sind noch bei Udesna und besonders bei Sakeriya, wo der diamantführende Kies von gelbem Ton bedeckt ist, der zum Teil dem Laterit angehört; sie sind bis in die letzte Zeit bearbeitet worden und werden es vielleicht noch UN \ Ü \ \ j N \ N RS FER si amant i 1en. oerube bei Panna in Ind O VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 1. INDIEN. 179 jetzt. Bei Sahia Laehmanpur, 26 Kilometer von Panna, findet man Diamanten auf der Höhe des Hügels Bindachul. Endlich sind noch zu erwähnen die Seifenlager im Tale des Baghinflusses, unterhalb Birjpur. Eine große Strecke des Tales enthält solche. Die Hauptgruben liegen am unteren Ende des inneren Tales, wo etwa 4 Meter dunkelbrauner tonıger Sand die diamantführende Geschiebeschieht bedeekt. Am oberen Ende des Tales sind zwei Wasser- fälle, jeder 33 Meter hoch, welche Diamanten mit in die Tiefe führen, wo sie gesammelt werden, 230—300 Meter unter der anstehenden Diamantschicht. Die Pannagruben sind heutzutage die ertragreichsten in Indien. Sie könnten es noch mehr sein, wenn nicht die eingeborenen Fürsten, denen das Land gehört (außer Sahia Lachmanpur), sehr beträchtliche Abgaben erheben würden (alle Steine über 6 Rati Gewicht und von den anderen ein Viertel des Wertes). Trotzdem lebten früher über drei Viertel der Bewohner von Panna und den umliegenden Dörfern von der Diamantengewinnung, bei der, infolge der drückenden Besteuerung der Arbeiter, große Betrügereien an der Tages- ordnung sind. Ganz isoliert und außerhalb des vorstehend geschilderten Gebietes liegt der Fundort der Diamanten von Simla. Hier in den Vorbergen des Himalaya, nördlich von Delhi, sollen am Anfang der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts in einem Bergstrom einige Diamanten gefunden worden sein. Dies stimmt mit den Nachrichten alter indischer Überlieferungen überein, die gleichfalls Diamanten aus dem Himalaya erwähnen. Das Vorkommen hat gar keine praktische Bedeutung und ist auch nicht unzweifelhaft festgestellt. Aus den zahlreichen Gruben dieser verschiedenen Diamantendistrikte stammt die un- geheure Zahl der vielfach sehr großen und schönen Diamanten, die im Laufe der Zeiten mit anderen Edelsteinen in den Schatzkammern der indischen Fürsten und in den Tempeln als Schmuck der Götterbilder aufgehäuft wurden. Bis zum zehnten Jahrhundert blieben alle in Indien gefundenen Diamanten im Lande, erst später wurden sie in andere Gegenden des Orients, nachher auch nach Europa verbreitet, als die Eroberungs- und Plünderungs- züge fremder Völker Indien verheerten. Den Anfang dazu machten die Perser unter dem Ghasneviden Mahmud am Ende des zehnten und am Anfang des elften Jahrhunderts. Welche gewaltige Massen von Diamanten in jenen Zeiten in Indien vorhanden waren, zeigt u. a. der Bericht des Persers Ferischta, des Geschichtsschreibers der von den Muhamedanern in Indien errichteten Reiche (bis 1606). Nach dessen Mitteilungen hinter- ließ Muhamed der Erste, aus der persischen Dynastie der Ghuriden, der 1186 die muhamedanische Herrschaft in Indien begründete, bei seinem Tode 500 Muns (= 400 Pfund) Diamanten, die er im Laufe einer zweiunddreißigjährigen Regierung in dem Lande zusammengeraubt hatte. Die Europäer wurden auf die in Indien gefundenen Schätze vorzugsweise durch die Berichte des italienischen Reisenden Marco Polo aufmerksam gemacht, der sich am Ende des 13. Jahrhunderts lange Jahre hindurch in Zentralasien, China usw. aufhielt. Nach €. W. King war jedoch der portugiesische Schriftsteller Gareias ab Horto der erste, der im Jahre 1565 authentische Nachrichten über indische Diamanten veröffent- lichte. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts lernte der französische Reisende Tavernier die Diamantenproduktion Indiens und die vom Großmogul Aurung Zeb zusammengehäuften Reichtümer an Edelsteinen genauer kennen, als er des Edelsteinhandels wegen sich von 1665 bis 1669 in Indien aufhielt. Seine schon mehrfach erwähnten ausführlichen Reise- beschreibungen sind auf diesem Gebiete auch heute noch von großem Wert. Als sich die Handelsbeziehungen Europas mit dem Orient allmählich mehr und mehr entwickelten, gelangten immer größere Mengen indischer Diamanten nach Europa. Der 12* 180 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Hauptstapelplatz für diesen Handel und überhaupt für den Verkehr mit Edelsteinen war und ist noch heute Madras. Nicht wenige kamen auch als Kriegsbeute durch die Er- oberungszüge der Engländer in deren Hände, so unter anderem einer der schönsten, größten und berühmtesten indischen Diamanten, der „Kohinur*, der den Herrschern von Lahore gehörte, und den die englisch-ostindische Kompagnie 1850 der Königin Viktoria als Geschenk überreichte, nachdem sie den letzten jener Fürsten besiegt und ent- thront hatte. Der alte Glanz ist aber nunmehr ganz verblichen. Die Produktion Indiens ist heut- zutage eine sehr geringe. 1898 betrug sie 170 Karat im Wert von 10873 Rupien, für 1899 sind die entsprechenden Zahlen 124 und 8011. 1900 haben die Panna-Gruben 169 Karat geliefert, aus denen heute überhaupt fast der ganze Ertrag kommt und auch die besten Steine. Für 1903 werden 210,74 Karat im Wert von 2579 Pfund Sterling, für 1904 286,48 Karat im Wert von 2636 Pfund Sterling angegeben. Für die Erträge früherer Zeiten hat man keine genauen Zahlenangaben. Die Gesamtmenge der in Indien gewonnenen Diamanten von Anfang an bis jetzt wird aber auf 10 Millionen Karat (oder 2050 Kilogramm), d. h. etwas mehr als 2 Tonnen, im Werte von 350 Millionen Mark geschätzt. Die Ursachen des Rückganges sind verschiedenartig. Die reichsten Gruben wurden in früheren Zeiten erschöpft, so daß nunmehr. nur noch die ärmeren Ablagerungen übrig sind. Durch die unaufhörlichen Kriege, die lange das Land verwüsteten, wurde manche Grube auch vor der vollkommenen Erschöpfung verlassen und später vergessen, auch wurde dadurch die Nachfrage nach dem kostbaren Edelstein, die übrigens auch noch heute in Indien sehr groß ist, vermindert und die Produktion infolgedessen verringert. In früherer Zeit — und in den noch unabhängigen Gebieten ist dies, wie wir schon ge- sehen haben, wenigstens zum Teil noch jetzt der Fall — mußten die Arbeiter alle Steine über eine gewisse Größe dem Fürsten abliefern, dem das Land und damit die Grube ge- hörte, und von den kleineren Steinen, je nach den Gegenden, noch weitere schwere Ab- gaben bezahlen. Ihr Gewinn war somit gering; daher wandten sie sich vielfach lobnen- deren Beschäftigungen zu und verließen die Gruben, die ihnen unter günstigeren Umständen vielleicht noch lange einen, wenn auch bescheidenen Ertrag geliefert haben würden. Den Hauptstoß erlitt aber die Gewinnung der indischen Diamanten durch das Auf- finden der brasilianischen, die seit 1728 in den Handel kamen und die aus Ablagerungen stammten, mit deren frischen, unberührten Reichtümern die seit Jahrhunderten, ja wohl seit Jahrtausenden ausgebeuteten und der Erschöpfung nahen indischen in keinen Wett- bewerb mehr treten konnten. In neuerer Zeit hat der reiche Ertrag der südafrikanischen Diamantenfelder, namentlich an großen Steinen, die, im Gegensatze zu Brasilien, bis dahin Indien eigentümlich gewesen waren, die Ungunst der Umstände noch wesent- lich erhöht. Da auch seit langer Zeit, seit Jahrhunderten, in Indien keine reichen neuen Ablagerungen gefunden worden sind, die als Ersatz für die alten ausgebeuteten dienen könnten, wie dies z. B. in Brasilien in so ausgezeichneter Weise der Fall ist, so ist wohl zu erwarten, dal) Indien in nicht zu ferner Zeit ganz aus der Reihe der diamanten- produzierenden Länder wird ausscheiden müssen. Man hat wohl die Hoffnung gehegt, daß die Produktion sich wieder heben könnte, wenn sie aus den Händen der Eingeborenen in die von Europäern übergehen würde. An einigen Orten ist eine systematische Bearbeitung der Ablagerungen in europäischer Manier versucht worden, aber bisher noch mit wenig Erfolg. Die natürlichen, aber auch die sozialen und legislatorischen Verhältnisse lassen einen solehen von vornherein nicht gerade als sehr wahrscheinlich ansehen, am ehesten noch in den Dsehennur-Gruben im Panartale, in denen VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 1. INDIEN. 181 von Karnul und Nandial, von Sambalpur und Tschota-Nagpur, die alle in direktem eng- lischen Besitze sind, während die eingeborenen Fürsten gehörigen Gruben der Golconda- und der Panna-Gruppe Europäern überhaupt nicht zugänglich sein dürften. Möglich ist allerdings, daß mit fortschreitender Kenntnis der geologischen Verhältnisse des Landes doch noch neue Vorkommnisse der diamantenführenden Schichten mit größerem Reichtum an Steinen aufgefunden werden, aber diese Hoffnung hängt vorläufig ganz in der Luft. Wie gering die jährliche Diamantenproduktion in Indien ist, wurde oben erwähnt; noch geringer ist die Menge indischer Diamanten, die jährlich in den europäischen Handel kommt. Es ist überhaupt zweifelhaft, ob eine nennenswerte Menge das Land verläßt, wahr- scheinlich bleiben ziemlich alle jetzt gefundenen Steine in Indien, wie es schon vor Jahr- hunderten war, und auch aus demselben Grunde. Wie früher die indischen Fürsten und Vor- nehmen ihre Begierde nach Diamanten und anderen Edelsteinen trotz der großen gefundenen Schätze kaum befriedigen konnten, so ist auch noch jetzt bei den reichen Eingeborenen das Verlangen nach diesen Steinen ein äußerst lebhaftes. Es ıst um so eher anzunehmen, daß alle einheimischen Diamanten im Lande bleiben, als der großen Nachfrage wegen die Preise in Indien oftmals höher stehen als in Europa, wo die Schätze der ganzen Welt zusammenströmen und sich Konkurrenz machen. Jedenfalls werden vielfach fremde Steine, besonders vom Kap nach Indien eingeführt, weil die einheimische Produktion den Bedarf des Landes nicht mehr zu decken imstande ist. Eingehende Nachrichten über die Beschaffenheit der in Indien gefundenen Diamanten sind sehr spärlich. Einiges wenige hierüber ist im folgenden zusammengestellt. Man trifft häufig die Angabe, daß die indischen Diamanten vorzugsweise die Kristall- form des Oktaöders haben, während die brasilianischen mehr vom Rhombendodekaöder begrenzt werden, und unterscheidet darnach, wie wir schon oben gesehen haben, einen indischen und einen brasilianischen Typus. Nach den wenigen wissenschaftlichen Unter- suchungen, die man in neuerer Zeit an sicher aus Indien stammenden Diamanten ange- stellt hat, ist jene Ansicht aber offenbar nicht vollständig zutreffend. Darnach scheint in Indien im Gegenteil das Oktaöder selten zu sein, während sich als Hauptformen der Pyramidenwürfel und der Achtundvierzigflächner erweisen. Von 14 Kristallen, die F. R. Mallet in der Sammlung der Geological Survey of India in Kalkutta untersuchte, waren neun reine Pyramidenwürfel, zwei zeigten dieselbe Form mit untergeordneten Oktaederflächen, zwei waren Oktaöder in Kombination mit Pyramidenwürfel und einer ein Oktaöder mit dem Dodekaöder. Der Pyramidenwürfel ist also an 13 von den 14 Kristallen vorhanden und an elf vorherrschend oder ganz selbständig, während das Oktaöder nur an dreien auftritt und nur an einem in überwiegender Ausbildung. Von diesen 14 Kristallen sind fünf aus dem Karnuldistrikt (vier Pyramidenwürfel, ein Oktaeder mit Pyramiden- würfel), einer von Sambalpur (Pyramidenwürfel mit Oktaöder), vier von Panna (lauter ver- zerrte Pyramidenwürfel), und die vier letzten sollen von Simla stammen. Auch unter den 31 indischen Diamanten der Dresdener Mineraliensammlung sind nur etwa sechs Oktaöder und an zwei oder drei anderen sind Okta@derflächen vorhanden, während die Mehrzahl die Form des Achtundvierzigflächners, einige auch die des Granatoöders haben. Über die Kristallformen der an den einzelnen Fundorten vorkommenden Diamanten sind schon oben einige Mitteilungen gemacht worden. Daß große Diamanten früher in nicht unerheblicher Zahl in Indien vorgekommen sind, ist schon oben erwähnt worden; die größten und schönsten derselben sollen unten speziell beschrieben werden. Was heutzutage gefunden wird, ist meist nur von geringer Größe, so daß auch in dieser Beziehung, wie hinsichtlich des Umfanges der Produktion die jetzigen Funde mit denen früherer Jahrhunderte keinen Vergleich aushalten können. Allerdings fehlen auch in gegenwärtiger Zeit große Steine nicht gänzlich, wie der oben 182 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. erwähnte Fund eines 67°/s Karat schweren Diamanten bei Wairah Karrur im Jahre 1881 zeigt. Auch über die Qualität der indischen Diamanten sind nicht viele ausführlichen Be- richte vorhanden. Zweifellos hat Indien sehr viele Steine von allerfeinster Beschaffenheit geliefert, sehr zahlreiche Diamanten von einem Glanz, einer Reinheit des Wassers, einer Kraft des Feuers und von der besten blauweißen Farbe sind hier vorgekommen, wie sie in Brasilien und besonders in Südafrika in dieser Menge nicht angetroffen wurden. Die Mit- teilungen, besonders über einzelne Gruben, berichten jedoch auch von schlechteren Steinen und namentlich von vielen mit schwarzen Einschlüssen, aber trotzdem steht Indien allen anderen Ländern voran, was die vorzügliche Beschaffenheit seiner Diamanten betrifft. Namentlich stammen von hier fast alle die lebhaft und schön gefärbten blauen, grünen und roten Diamunten, während die gelben ihre hauptsächlichste Heimat in Südafrika haben. 2, Brasilien. Die brasilianischen Diamanten wurden etwa um das Jahr 1725 von Goldwäschern in der Gegend von Tejuco in der Provinz Minas Gera@s in den goldhaltigen Sanden einiger Bäche und Flüsse entdeckt, den gewöhnlichen Angaben nach zuerst in Rio dos Marinhos, einem rechten Nebenflusse des Rio Pinheiro. (Fig. 43.) Die glänzenden Steinchen waren den Leuten bei ihrer Arbeit aufgefallen, jedoch nicht erkannt worden. Gleichwohl wurden sie aber gesammelt und gelegentlich (1728) nach Lissabon gebracht, wo sie der holländische Konsul, der sie zu sehen bekam, sofort für Diamanten der besten Qualität erklärte. Nun begann eine eifrige Durchforschung jener Gegend, besonders der Wasserläufe, und es stellte sich heraus, daß alle Bäche und Flüsse dort mehr oder weniger reich an Diamanten waren. Die portugiesische Regierung grenzte zur Beaufsichtigung der Ge- winnung des kostbaren Edelsteines, den sie für ein Regal erklärte, einen besonderen Diamantenbezirk, den Bezirk Serro do Frio, ab, erließ für ihn besondere Gesetze und Verordnungen und führte zur Verhinderung des unerlaubten Nachsuchens und des Schleich- handels eine scharfe militärische Überwachung ein. Bei weiterer Nachforschung ergab es sich, daß der Diamant nicht auf die Grenzen von Serro do Frio beschränkt war; auch in anderen Teilen von Minas Gera&s wurden zahlreiche wichtige Funde gemacht, und ebenso in anderen Provinzen, nach Süden in S. Paulo und Paranä, nach Westen in Goyaz und Mato Grosso und nach Norden in Bahia und vielleicht auch in Pernambuco. Bis in die neuere Zeit sind immer wieder von Zeit zu Zeit neue und zum Teil sehr wichtige und ergiebige Ablagerungen bekannt geworden, so daß wohl angenommen werden darf, daß die Zahl dieser Entdeckungen noch nicht abgeschlossen ist, um so mehr, als die bisher in Angriff genommenen Diamanten- felder zum Teil in noch fast ganz unerforschten Gegenden liegen. Der Staat Minas Geraös hat bis zum heutigen Tage seine Wichtigkeit behalten, wenn auch infolge der langjährigen starken Produktion die Ausbeute gegen früher und namentlich gegen die Zeiten unmittelbar nach der Entdeckung stark zurückgegangen ist. Dafür sind besonders die erst im Laufe des vorigen Jahrhunderts und zum Teil sogar in den letzten Jahrzehnten desselben in Aufnahme gekommenen Fundorte der Provinz Bahia einge- treten, die gegenwärtig den reichsten Ertrag liefern. Alle anderen Provinzen stehen gegen diese beiden zurück; sie haben zum Teil nur ganz unbedeutende Mengen ergeben, zum Teil sind sie aber auch noch zu wenig bekannt, als daß man über ihre Verhältnisse schon ein abschließendes Urteil gewinnen könnte. Eine für-den Juwelenhandel auf die Dauer bedeutsame Produktion haben jedenfalls bis jetzt nur jene erstgenannten beiden Staaten, . VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 183 Minas Geraös und Bahia, gehabt. Es ist zweifelhaft, ob in den anderen heutzutage über- haupt noch Diamanten in irgend nennenswerter Menge gewonnen werden. Die wiehtigen Diamantenbezirke von Minas Geraös und Bahia sind auf der Karte Fig. 42 nach Boutan übersichtlich zusammengestellt. Wir werden die sämtlichen .n Smmun,, Sal ort > x TS Re Cenceicao * Er = + +H > S ehr: +Ia er EN r \E-B etmonte OR ogoL >Q+ + e Fi r + LEN = Pr 0% e& NyE 4 eo S e o » \ Sabarzz ‚olocdes | a, Fig. 42. Diamantenfelder in Brasilien. Maßstab 1:10,000,000. brasilianischen Vorkommnisse, nach Staaten geordnet, ihrer größeren oder geringeren Wichtigkeit entsprechend und nach den mehr oder weniger eingehenden Nachrichten, die darüber vorhanden sind, mit verschiedener Ausführlichkeit behandeln. Den Anfang sollen die altberühmten Fundstätten von Minas Geraös machen, von denen die meisten sehr/gut’durchforscht sind. Die anderen sind diesen zum Teil mehr oder weniger ähn- lich, so daß jene auch zugleich als Typus für sie dienen können. 184 ZWEITER TEiL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Man pflegt in der Provinz Minas Geraös vier Diamantenbezirke zu unterscheiden, von denen der von Serro do Frio oder Diamantina der bedeutendste ist; die andern sind die vom Rio Abaete, von Bagagem und von Gräo Mogol. KARTE der Umgegendvon DIAMANTINA. 1:600,000 Ener . 5 an f Oo SE Inhahy’ e @ 5 4 ? ° \ C.da „, © (arteiros Ss Pr-2 Pe urn, Swan o Lapa pintada Ropou < \o Odndrequece \: 5 I 5 e e » 1 Parauna, 7 ©, Fig. 43. Diamantenfelder des Bezirks Diamantina. Eine Übersicht über den Distrikt von Serro do Frio oder Diamantina gibt die Karte Fig. 43 nach de Bovet. Er umfaßt in elliptischer Form ungefähr 100 Quadratmeilen. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 185 Die große, von Nord nach Süd gerichtete Achse erstreckt sich etwa 80 km lang von Serro im Siiden bis zum Rio Caöth& Mirim, während die andere Achse in einer Länge von 40 km vom Rio Jequetinhonha sich nach Westen bis zu einer Linie erstreckt, die parallel dem Rio das Velhas durch die Dörfer Dattas und Parauna hindurchgeht. Die Gegend ist ein. wildes Gebirgsland auf der Höhe und an den beiden Seiten des nördlichen Endes der Serra do Espinhago, die, in der Richtung des Meridians verlaufend, das Flußgebiet des Rio S. Francisco und seiner Nebenflüsse, besonders des Rio das Velhas, von dem des Rio Jequetinhonha und des Rio Doce trennt (Fig. 42). Es ist ın der Hauptsache ein Plateau mit schroffen Rändern, in das die Täler tief und mit steilen Gehängen eingeschnitten sind. Auf der Höhe liegt, 1200 Meter über dem Meere, unter 18° 10° südl. Br. und 43° 30° westl. L. von Greenwich, die Hauptstadt Tejuco, die nach der Entdeckung der Diamanten den Namen Diamantina erhalten hat, den sie heute führt. Nach ihr wird der Bezirk jetzt meist der von Diamantina genannt. Die Diamanten finden sich zum Teil oben auf dem Plateau, zum Teil in den Tälern der Flüsse, die in dem Gebirgszuge entspringen. Der bedeutendste und zugleich der reichste von diesen ist der Rio Jequetinhonha mit den beiden Quellflüssen Jequetinhonha do Campo und Jequetinhonha do Matto (oder Rio das Pedras), die an der Serra do Itambe entspringen. Nach einem in der Hauptsache von Südwest nach Nordost gerichteten Laufe ergießt sich der Fluß bei Belmonte ungefähr unter 16° südl. Br. in den Atlantischen Ozean, nachdem er vorher seinen Namen in den des Rio Belmonte umgeändert hat. Er führt Diamanten von seiner Quelle bis nach Mendanha, aber nicht er allein, sondern auch seine Nebenflüsse. Von diesen sind aber die von rechts, der Rio Capivary, Rio Manso und andere, die nicht am Plateau von Diamantina entspringen, arm; reich erwiesen sich dagegen diejenigen, die hier ihren Ursprung nehmen und von links dem Hauptstrome zu- eilen: der Ribeiräo do Inferno, Rio Pinheiro, Rio Caeth& Mirım und andere, sodann in geringerem Grade der Rio Arassuahy, der gleichfalls in den Jequetinhonha geht. Wichtig sind auch einige kleinere Wasserläufe, die von jenem Plateau aus nach Westen direkt oder indirekt in den Rio das Velhas, einen Nebenfluß des Rio S. Francisco, sich ergießen, der Rio das Dattas, Rio do Ouro Fino, Rio do Parauna mit seinem Nebenflusse Ribeiräo do Coxoeira und andere, und vor allem der Rio Pardo Pequeno, der eine sehr große Menge besonders schöner und kostbarer Diamanten geliefert hat, und der wohl nach dem Jequetinhonha der wichtigste ist. Hieran schließen sich dann die Ablagerungen des Rio Jequetahy und der Serra de Cabrol im Nordwesten von Diamantina, die aber von den zuerst genannten durch eine diamantenfreie Zone getrennt sind, sowie eine kleine Gräberei im Jequetinhonha-Tal, 100 km abwärts von Diamantina. Endlich ist noch das Vorkommen weit im Süden dieser Stadt bei Cocas, nur etwa 50 km nördlich von der Provinzialhauptstadt Ouro Preto, zu er- wähnen, das zwar nur eine geringe Anzahl kleiner Diamanten geliefert hat, das aber wegen seiner isolierten Lage fern von anderen Diamantenfundorten bemerkenswert ist. Zum Schluß verdient noch besonders hervorgehoben zu werden, daß das an der Öst- seite der Serra do Espinhaco sich hinziehende Flußgebiet des Rio Doce, das von dem so diamantenreichen Gebiet des Jequetinhonha nur durch einen schmalen Gebirgsrücken ge- trennt ist, noch nie auch nur einen einzigen Diamanten geliefert hat. Den Grund davon werden wir unten kennen lernen. An den Distrikt von Diamantına schließt sich nach Westen hin der des Rio Abadt& an, eines linken Nebenflusses des Rio S. Francisco mit seinen Quellflüssen Rio Fulda und Rio Werra und dem linken Zuflusse, dem Rio Andrade an. In den Rio S. Francisco gehen auch der Rio Indaia, der Bambuy, der Barrachudo und ebenso der Paracatü mit seinen Zuflüssen Santo Antonio, d’Almas, de Somno, de Catinga, de Prata usw. Die 186 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Diamanten dieser Gegend wurden 1785 von Schleichhändlern entdeckt und anfänglich ohne Konzession ausgebeutet. Es wurde dabei im Rio Abaet& einer der größten brasi- lianischen Steine von 138!/, Karat gefunden. Seit 1807 hat aber die Arbeit dort so gut wie ganz aufgehört. Von 1795 an scheint rasch eine vollkommene Erschöpfung der Lager eingetreten zu sein, nachdem noch 1791 eine Schar von 1200 rechtmäßigen Ar- beitern beschäftigt gewesen war. Dieser Bezirk zieht sich in einer Länge von 500 km am ÖOstabhange der Serra da Mata da Corda hin, an der alle die genannten Wasserläufe entspringen. Auf der anderen westlichen Seite desselben Gebirgszuges liegt, noch in Minas Geraös, aber sehr nahe der Grenze gegen Goyaz, das Gebiet von Bagagem, das dieselbe Längenerstreckung wie der Bezirk von Rio Abaöäte und mit diesem zusammen eine Breite von 400 Kilometern besitzt. Die ganze Gegend ist noch sehr wenig untersucht, sie liefert aber viele Diamanten. Von hier stammen mehrere Steine von bedeutender Größe, unter anderem ein solcher von 1203 Karat und namentlich der bis vor wenigen Jahren größte der bisher in Brasilien gefundenen, der „Stern des Südens“ oder „Südstern“, der im Jahre 1853 gefunden wurde und der im rohen Zustande 254!/2 Karat wog. In den letzten Jahren machte man hier Funde von mehreren ausnahmsweise großen Steinen (20—50 Karat), die aber häufig deformiert oder zerbrochen sind, in dem Fluß- sanden und auf dem 950 Meter hohen Plateau am Rio Douradinhos, einem Parallel- fluß des Rio Bagagem, der sich wıe dieser in den Rio Paranahyba ergießt. Die diamant- führenden Casealholager erstrecken sich auch auf die rechtsufrigen Zuflüsse des letzteren (Rio P.), die schon zum Staate Goyaz gehören. Hier wurde noch am Einfluß des Rio Verissimo im Jahre 1906 ein großer Stein, etwa von der Form einer Streichholzschachtel, eingewachsen im Canga-Konglomerat, gefunden, anscheinend ein Bruchstück eines viel größeren Kristalls, wie einige sagen von 300 Karat. Er würde also den Stern des Südens noch erheblich an Größe übertreffen. Leider wurde er von den Findern (Garimpeiros) aus Unwissenheit zerschlagen, größere Trümmer kamen aber dann doch in den Handel und wurden geschliffen. Auch die allerjüngste Zeit hat neue reiche Funde in diesem Bezirk gebracht, so in der Umgebung von Estrella do Sul in der Niederung des Bagagem- Flusses und an anderen Orten. Im Jahre 1867, ist in dieser Gegend, 30 km südlich von dem Flecken Bagagem bei Agua Suja, eine neue diamantenführende Ablagerung gefunden und seitdem ausge- beutet worden. Der Diamant ist hier begleitet von Blöcken der aus der nächsten Nähe anstehenden Gesteine und von viel Magneteisen, außerdem von Titaneisen, zersetztem Perowskit, Pyrop und Rutil. Diese Begleitmineralien sind zum Teil andere als in allen übrigen brasilischen Diamantenlagern, namentlich war Pyrop und Perowskit in einem solehen bisher noch nie gefunden worden. Das Mineralvorkommen erinnert an den „blue ground“ von Kimberley in Südafrika, von dem unten eingehend die Rede sein wird. Ebenso werden unten die Mineralien ausführlich genannt werden, die sonst ın Brasilien den Diamant begleiten. Die Grube von Agua Suja wird ‚gegenwärtig von einer französischen Gesellschaft bearbeitet, nachdem in den letzten 3—4 Jahren enorme Aufbereitungsanstalten angelegt worden waren. Die diamantführende „Tanäa“, ein Konglomerat, enthält zwar viele kleine Diamanten, darunter jedoch zahlreiche graue, undurchsichtige, würflige Kristalle, die mit Unrecht, da sie härter und nicht schleifwürdig sind, als Carbonado bezeiehnet werden. Zuweilen finden sich aber auch Steine von größerem Karatgehalt, die sich durch die prächtige blauweiße Farbe auszeichnen. Endlieh ist noch die Gegend von Gräo Mogol (oder Grao Mogor) zu erwähnen, das 300 Kilometer nordöstlich von Diamantina in einer Bergkette liegt, die den Jequetin-. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 187 honha auf seiner linken nordwestlichen Seite begleitet. Im Jahre 1813 wurde hier zuerst nachgesucht, aber erst 1827 hat man Diamanten gefunden. Dies ist fast der einzige Fund- ort, wo Diamantkristalle unter anderem auch im festen konglömeratischen Sandstein, wie man früher glaubte im ursprünglichen Muttergestein, vorgekommen sind; hierauf werden wir unten etwas näher eingehen. Der Ertrag war eine Zeit lang nieht unbedeutend, 1839 arbeiteten 2000 Leute, gegenwärtig ist er aber gering. . Die geologischenVerhältnisse in den Diamantengegenden der Provinz Minas Geraäs, besonders im Bezirk von Diamantina, sind vielfach untersucht und daher, wenigstens die im letzteren, ziemlich genau bekannt, doch bleiben allerdings noch manche dunkle Punkte aufzuhellen. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts haben sich besonders L. v. Eschwege, etwas später Spix und Martius, in den fünfziger Jahren Heusser und Claraz, sodann Claussen und Helmreichen, in der neueren Zeit hauptsächlich die z. T. an Ort und Stelle ansässigen Geologen Gorceix, de Bovet, Orville A. Derby, E. Hussak u. a. um die Kenntnis der natürlichen Verhältnisse jener Gegenden Verdienste erworben. Die Serra do Espinhaco ist das Hauptgebirge der Gegend, das sich in südnördlicher Riehtung von Sabara über Diamantina und Gräo Mogol bis in die Chapada diamantıfera von Bahia ununterbrochen hinzieht. Es bildet die große Wasserscheide zwischen den Gewässern, die direkt in den atlantischen Ozean münden, und denen, die zunächst dem Uruguay, dem Paranä und dem Rio Säo Francisco zufließen. Nach den neuesten Untersuchungen von Orville A. Derby liegen dort über der steil aufgeriehteten Reihe der dem Cambrium oder Silur angehörigen Gesteine: Itabirit, glimmeriger Quarzit, Itacolumit und quarzarmer Phyllit, die öfters von Diabasen und uralitisierten Gabbros durchbrochen sind, diskordant Konglomerate und konglomeratische Sandsteine (jüngerer Quarzit) und nur in diesen, nicht aber im Itacolumit, wie man wohl früher glaubte, wurden sowohl auf der Serra do Gräo Mogol, wie auch jüngst in der Chapada diamantifera von Bahia, Diamanten eingewachsen gefunden. Ob die Konglomerate, stets fossilfrei, von der Serra do Gräo Mogol mit denen von Bahia gleich- artigen Alters sind und welcher Formation sie angehören, ist noch ungewiß. Die von Gräo Mogol sehen mehr deformiert aus, die Geschiebe von Quarzit sind gequetscht und auf den Gleitflächen hat sich Serieit neu gebildet, während die von Bahia mehr die urprüngliche Form des Konglomerats erhalten zeigen. Der Diamant scheint nur in dem quarzigen Bindemittel des Konglomerats enthalten zu sein. Das Hauptvorkommen des Edelsteins in diesen Gegenden ist aber in Seifen und aus diesen wird er ausschließlich in größeren Mengen gewonnen. Man pflegt dreierlei solcher diamantenführenden Ablagerungen zu unterscheiden, die |wesentlich nach ihrer Lage, auf dem Plateau oder in den Tälern, und hier wieder unter oder über dem heutigen Hochwasserspiegel, voneinander abweichen. Man bezeichnet danach als Flußablagerungen die, welche auf dem Grunde der heutigen Wasserläufe innerhalb der jetzigen Hochwasser- grenze sich befinden; als Gehängeablagerungen die an den Talabhängen über dem heutigen Hochwasserspiegel liegenden; und endlich als Plateauablagerungen solche, die oben auf den Hochflächen mehr oder weniger weite Strecken bedecken. Die beiden ersteren Arten von Ablagerungen sind ausnahmslos, die dritte Art zum Teil Alluvionen, vom Wasser zusammengeschwemmte Schuttmassen mit mehr oder weniger stark abgerollten Gesteinsstücken, zwischen denen die Diamanten einzeln liegen. Je nach der stärkeren oder schwächeren Abrollung der beigemengten Ge- steinsbrocken muß der Transport in Wasser auf größere oder kleinere Entfernung stattgefunden haben. Ein Teil der Höhenablagerungen zeigt aber keine Spur von Abrollung der Bestandteile durch Wasser und überhaupt solche Verhältnisse, daß man 188 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. an ihrer Entstehung am Orte, wo sie sich heute befinden, nicht zweifeln kann. Es sind dann meist stark verwitterte, aber nicht durch Wasser von ihrer Stelle bewegte Gesteins- massen, wie wir bei der’ speziellen Beschreibung einiger solcher Höhenablagerungen noch weiter sehen werden. Bei aufmerksamer Betrachtung der Verbreitung der Höhenablagerungen und derjenigen in den Flußtälern fällt sofort ein bemerkenswerter Zusammenhang zwischen beiden auf. Die Gegenden, in denen Diamanten auf der Höhe sich finden, sind auch die Ursprungs- gebiete der diamantenführenden Flüsse und Bäche, so daß man notwendig annehmen muß, daß die Edelsteine, die jetzt in den Ablagerungen der Täler, in den Seifen liegen, sich früher oben auf den Höhen befunden haben, von denen sie durch die Wasser- läufe zugleich mit deren ganzem Vorrat an Kies, Sand und anderem Schuttmaterial in die Täler hinuntergeführt wurden. Dies tritt besonders bei Diamantina hervor. Das Plateau, das diese Stadt tıägt, ist bedeekt von diamantenführenden Massen, und die Flüsse, die auf ihm ihren Ursprung nehmen, enthalten den Edelstein gleichfalls in mehr oder weniger reichlicher Menge. Wasserläufe, die nicht in diesen diamantenreichen Höhen entspringen, führen auch in ihrem Bette keine solchen, wie z. B. der Rio Doce und seine Nebenflüsse. Der Grund, warum diese keine Diamanten enthalten, liegt eben darin, dab sie in diamantenleere Gesteine eingeschnitten sind. Auf diesen Zusammenhang der Plateau- und Talablagerungen weist auch der Umstand hin, daß in ganz Minas Gera@s die den Diamant begleitenden Mineralien an allen diesen Lagerstätten, sie mögen auf der Höhe oder in der Tiefe der Täler liegen, im wesentlichen dieselben sind. In den in der Hauptsache aus größeren und kleineren Körnern und Bruchstücken der umliegenden Gesteine und aus deren Verwitterungsprodukten bestehenden Diamantenablagerungen findet man neben dem Edelstein gewisse, zum Teil noch frische, zum Teil aber auch mehr oder weniger stark verwitterte Mineralien, von denen etwa die folgenden zu erwähnen sind: Quarz in seinen verschiedenen Abarten, zum Teil durchsichtig und farblos als Bergkristall, zum Teil in dichten Varietäten als Feuerstein, Jaspis usw., ist überall am häufigsten und massenhaftesten vorhanden. Ferner findet man die drei Dioxyde des Titans: Rutil, Anatas und Brookit (als Arkansit ausgebildet); Rutil in der Kristallform des Anatas (sog. captivos), Zinnstein als Holzzinn und in Kristallen, besonders bei Dattas, aber auch an anderen Orten; die Oxyde und Hydroxyde des Eisens: Magneteisen, Titan- eisen, Eisenglanz mit Roteisenstein, Eisenglanz in der Kristallform des Magneteisens (Martit), Brauneisenstein; ferner Schwefelkies, frisch oder teilweise in Eisenhydroxyd (Goethit) umgewandelt und dadurch gebräunt; sodann Turmalin, verschiedene Arten von Granat, Fibrolith, Klaprothin (Lazulith), Psilomelan, Talk, Glimmer, Yitrotantal, Xenotim und Monazit, Cyanit, wasser- und chlorhaltige Phosphate von komplizierter Zusammen- setzung (Goreeixit, Harttit, Plumbogummit), ein wasserhaltiges Kalktonerdephosphat (Goyazit) Diaspor, Staurolith, Titanit, weißen und blauen, nicht aber auch gelben Topas und Gold, das häufig mit den Diamanten zusammen gewonnen wird. Mit dem Golde ist etwas Platin verbunden, das aber keine kommerzielle Bedeutung hat. Manche von diesen Mineralien sind dort mit besonderen Lokalnamen bezeichnet worden. So nennt man die kugelig und bohnenförmig oder flach scheibenförmig abgerollten schwarzen Turmalin- geschiebe „Feijäo“ (d. h. schwarze Bohnen) und die oft jaspisähnlichen braunen oder braun- und rotgefärbten, selten weißen, häufiger grauen Gerölle der wasserhaltigen Phosphate oder der hydratisierten Titanoxyde „Favas“ (d. h. Puffbohnen) usw. Nicht alle die genannten Substanzen sind von gleicher Wichtigkeit. Als die kon- stantesten Begleiter des Diamantes neben dem Quarz in seinen verschiedenen Abarten werden die Oxyde des Titans (Rutil, Anatas, Brookit, Titanfavas im Gegensatz zu den Phosphatfavas usw.), Eisenglanz mit Martit und besonders Xenotim und Monazit, so- VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 189 wie der schwarze Turmalin genannt. Diese sind nicht gerade alle überall häufig, aber sie fehlen so gut wie nirgends in der Gesellschaft der Diamanten, während andere stellenweise häufigere, an anderen Orten vergeblich gesucht werden. Man findet also keineswegs immer diese sämtlichen Mineralien überall in derselben Weise zusammen, ihr Vorkommen schwankt bis zu einem gewissen Grade von einem Ort zum andern, von einem Fluß zum andern und auch an verschiedenen Stellen eines und desselben Flusses, was zum Teil damit zusammenhängt, daß das Wasser die leichteren Mineralien rascher und weiter stromabwärts führt als die schwereren, und daß manche beim Transport leicht vollständig zerstört werden, während andere länger erhalten bleiben. Erwähnt sei noch, daß in Minas Geraös der Korund als Begleiter des Diamants fast vollständig fehlt. Als Seltenheit findet sich Korund, und zwar Rubin und Sapphir, in den Diamantsanden von Agua Suja, Patrocinio de Sapucahy und Douradinhos, während er in den Ablagerungen von Salobro in Bahia mit unserm Edelstein zusammen häufiger vorkommt. Die Diamantengräber nennen diese Begleitmineralien „Formation“ (boa formacao). Sie dienen ihnen zum Aufsuchen des Edelsteins, der sich wegen seines sparsamen Vor- kommens und der Kleinheit der Exemplare leicht der Beobachtung entzieht, während die häufigeren und zum Teil größeren Stücke der „Formation“ leicht gefunden werden und in ihrer Begleitung dann bei genauerem Nachforschen der Diamant. Nur wo die „Formation“ angetroffen wird, werden Anstalten zur Aufsuchung der Diamanten gemacht, freilich oft vergeblich, denn wenn auch der Diamant nie ohne die „Formation“ vorkommt, so findet sich doch oft diese ohne Diamanten oder wenigstens ohne eine für die Gewinnung genügende Menge derselben. Den Diamantengräbern sind die einzelnen Bestandteile der Formation von verschiedener Bedeutung für ihre praktischen Zwecke. Als besonders wichtig und für die sichersten Kennzeichen der Anwesenheit von Diamanten halten sie die Turmalingeschiebe (Fe1jäo), die Titansäuremineralien (Rutil und besonders Anatas, weniger Brookit), Eisenoxyde (Magneteisen, Titaneisen, Eisenglanz und Brauneisenstein), die Phosphate (Favas) usw., während anderen, z. B. dem Klaprothin usw., keine Wichtigkeit beigemessen wird. Die Ansichten hierüber scheinen aber nieht ganz allgemein dieselben zu sein, jedenfalls sind es im allgemeinen dieselben Mineralien, die wir als die konstantesten Begleiter des Diamants kennen gelernt haben. Wir gehen nunmehr über zur näheren Betrachtung der drei Arten von Diamant- lagerstätten, wie sie im Bezirk Diamantina und auch sonst in Minas Geraös vorkommen. Es sind, wie schon oben erwähnt, die Fluß-, Gehänge- und Plateauablagerungen. Die Flußablagerungen, welche die Täler innerhalb der heutigen Hochwasser- grenzen erfüllen, sind von diesen die reichsten, zur Zeit die einzig wichtigen in diesen Gegenden und in ganz Brasilien überhaupt, zugleich sind jedoch die in ihnen vorkommenden Diamanten im allgemeinen Durchschnitt die kleinsten, kleiner als auf der Höhe. Auch in jedem einzelnen Fluß ist die Größe der Steine nicht überall dieselbe, sie nimmt talabwärts immer mehr ab, und allmählich hört das Vorkommen ganz auf. Sehr auffällig ist diese Erscheinung im Jequetinhonha, wo die oben erwähnte 100 km unterhalb Diamantina gelegene Diamantengrube nur ganz kleine Steine geliefert hat. Die Abrollung des die Diamanten einschließenden Schuttmaterials ist in diesen Flußablagerungen sehr stark, stärker als in den anderen, und gleichzeitig zeigen sich auch die Diamanten an den Kanten und Ecken merklich abgerundet. Die zerstörende Tätigkeit des Wassers wird natürlich immer bedeutender, je länger die Einwirkung erfolgt, es ist daher leicht begreiflich, daß auch die Diamanten talabwärts immer mehr an ihrer ursprünglichen Größe einbüßen und daß sie allmählich vollständig verschwinden, ganz abgesehen davon, 190 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. daß die kleinsten Steinchen am leichtesten und daher am weitesten von dem Wasser fortbewegt werden. Die den Boden der Wasserläufe bedeckenden und den Grund der Täler ausfüllenden diamantenführenden Schuttmassen bestehen in der Hauptsache aus abgerollten Stücken der die Flüsse und Bäche auf ihrem Wege von der Quelle an talabwärts begleitenden Felsarten mit den oben als Gefährten des Diamants angeführten Mineralien, besonders Quarz in verschiedenen Abarten. Die Masse ist meist ziemlich stark mit Ton gemengt und bildet mit ihm zusammen das Produkt der Gräberei, den Cascalho. Dieser stellt gewöhnlich eine lose und lockere, vollkommen ungeschichtete Gesteinsanhäufung dar, die aber auch nicht selten durch den Ton eine festere Konsistenz erhält. Manchmal wird sie sogar, wenigstens in den obersten Lagen, in größerer oder geringerer Dicke durch ein eisenschüssiges Bindemittel zu einem festen, hauptsächlich aus abgerollten Quarzkörnern „bestehenden Konglomerat vereinigt, das entweder ausgedehntere Schichten oder auch nur einzelne Blöcke bildet und das den Namen Tapanhoacanga oder Canga erhalten hat. Dieses Konglomerat schließt manchmal Diamankristalle ein. Stücke desselben, wie in Tafel I, Fig. 1, mit einem eingewachsenen Diamant liegen nicht selten in den Sammlungen als vermeintliche Repräsentanten des Vorkommens des Edelsteins auf seiner ursprüng- liehen Lagerstätte, in seinem Muttergestein; davon kann aber nach dem Vorstehenden keine Rede sein. Der Cascalho ist also ein Gemenge von abgerollten Gesteinsbrocken als dem gröberen Material mit dem Diamant und seinen Begleitmineralien als den feineren Bestandteilen, das Ganze mehr oder weniger stark mit Ton oder auch mit Brauneisenstein durchsetzt und dadurch zuweilen mehr oder weniger stark verkittet. Diese Masse liegt auf dem Grunde der Wasserläufe, unmittelbar auf dem anstehenden festen Felsgestein. Aber der diamantenführende edle Cascalho, der Cascalho virgem oder jungfräuliche Cascalho der Brasilianer, reicht nur in seltenen Fällen bis zur Oberfläche des Flußschuttes, Er hat nur eine gewisse stark wechselnde Mächtigkeit und ist gewöhnlich bedeekt von einer wenige Zentimeter bis zu 20 und 30 m mächtigen Lage eines diamantenfreien, sogenannten wilden Cascalho, dessen untersten Teil meist eine Anhäufung größerer Felsblöcke bildet; im übrigen enthält er aber dieselben Bestandteile wie die tiefer liegende edle Schicht. Über dem wilden Cascalho fließt erst das Wasser; er muß entfernt werden, wenn man in den Gräbereien zu dem Edelstein gelangen will. Der edle Cascalho füllt zwar im allgemeinen die Betten der Bäche und Flüsse ziemlich ununterbrochen auf größere Erstreekung, doch ist er keineswegs durch die Talläufe hindurch gleichmäßig verteilt. An manchen Stellen ist er in großer Mächtigkeit und in be- deutenden Massen angehäuft, an anderen ist er nur in spärlicher Menge vorhanden und stellenweise fehlt er sogar ganz. Der Reichtum an Diamanten ist gleichfalls nicht überall derselbe, weder in allen Flüssen, noch an allen Stellen desselben Flusses. Zwar sind nach früheren Nachrichten in manchen Flüssen in Diamantina die Diamanten so regel- mäßig in dem Cascalho verteilt, daß man zum voraus mit großer Genauigkeit angeben konnte, wieviel Karat des Edelsteins eine gewisse Menge von dem beim Graben erhaltenen Materials liefern werde. Dies ist aber doch eine Ausnahme; meist sind einzelne Stellen reicher, andere ärmer, ja viele in derselben Schicht ganz diamantenleer. Gewisse Umstände bedingen an einzelnen Punkten der Täler eine besonders massen- hafte Anhäufung des edlen Cascalho und auch einen ungewöhnlichen Reichtum desselben an Diamanten. Diese Stellen werden natürlich besonders eifrig aufgesucht und ausgebeutet. In den Flußbetten sind nämlich da und dort durch die Gewalt des stürzenden Wassers mehr oder weniger tiefe Löcher von runder zylindrischer Form in das anstehende feste Gestein eingebohrt, die nach ihrer ganzen Erscheinung nichts anderes sein können als VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2, BRASILIEN. 191 sogenannte Riesentöpfe, wie sie auch in anderen Gegenden unter ähnlichen Umständen gebildet werden. Manchmal trifft man auch langgezogene Kanäle auf dem Grunde der Wasserläufe, die dem Tal entweder auf eine gewisse Erstreckung folgen oder quer zu demselben verlaufen. Sie werden zuweilen als „unterirdische Canons“ bezeichnet. Diese finden sich an Stellen, wo das Wasser über besonders weiche Gesteinsschichten hinströmte, die bis zu größerer Tiefe ausgewaschen werden konnten als die umgebenden härteren und festeren. Solche stärker ausgetieften Stellen, die manchmal nur klein sind, manchmal aber auch eine bedeutende Ausdehnung haben, sind es nun, die vielfach mit besonders vielem und diamantenreichem Cascalho ausgefüllt sind. Man hat einmal in einem einzigen solchen Loch von geringen Dimensionen in dem Ribeiräo do Inferno, der bei Diamantina in den Jequetinhonha geht, 8000 bis 10000 Karat Diamant gefunden, während das um- gebende Flußbett arm war, und im Rio Pardo haben vier Neger in einem der kleinen Kessel, die man als ealderoes bezeichnet, in vier Tagen eine Ausbeute von 180 Karat gemacht. Auch die drei Gruben, die eine Zeitlang im Jequetinhonha besonders ertrag- reich waren, die von $. Antonio und Canteiras oberhalb und die von Acaba Mundo unterhalb der Einmündung des Ribeiräo do Inferno, bauten auf solchen Vertiefungen ; hier sind es aber langgezogene Kanäle der erwähnten Art, unterirdische Canons. Die Gehängeablagerungen (Gupiarras der Brasilianer) sind meist von geringerer Ausdehnung. Sie bestehen aus denselben Materialien wie die Lagerstätten in den Tälern, und der Diamant wird auch von denselben Mineralien begleitet. Die Masse wird hier gleichfalls Cascalho, aber auch zuweilen Gorgulho genannt, doch ıst der letztere Name hauptsächlich für das Material der Plateauablagerungen gebräuchlich. Auch die Gehänge- ablagerungen folgen den Wasserläufen; sie liegen jedoch über dem Hochwasserstande derselben an den Talgehängen, an denen sie meist etwas vorspringende Terrassen bilden. Solche trifft man nicht selten in einem und demselben Tal zu mehreren in verschiedener Höhe übereinander, so daß die Flächen der Terrassen unter sich und dem Talboden parallel laufen. Das Material ist hier viel weniger abgerollt als unten im Tal. Man findet im allgemeinen, daß die Abrollung um so stärker ist, je tiefer die Terrasse an dem Talabhange liegt, und in jeder einzelnen Terrasse, je weiter man darin flußabwärts geht. Dieselben Täler, die an den Abhängen Gehängeablagerungen führen, sind auf dem Grunde von Flußablagerungen erfüllt, die vom Wasser bedeckt werden; diese zeigen dann den höchsten Grad der Abrollung. Danach können Kundige das Material der Gehänge- und der Fluß- ablagerungen auch in kleineren Proben meist mit Sicherheit unterscheiden. Der Cascalho ruht an den Gehängen, meist nicht unmittelbar auf dem festen Fels; er ist in zahlreichen Fällen unterlagert von einer gewöhnlich nicht sehr dieken Schicht feineren, mit Ton gemengten Sandes von verschiedener Farbe, dem sogenannten Barro. Dieser enthält ebenfalls Diamanten und geht allmählich und ohne scharfe Grenze in den eigentlichen Cascalho über. Der Barro ist jedoch stets deutlich geschichtet, während der Cascalho jeder Art niemals eine Spur von Schichtung zeigt, an den Gehängen so wenig wie auf dem Grunde der Täler. Bedeckt ist die Masse vielfach, aber nicht immer, von einer Lage roter, lehmiger Erde. Die Menge der Diamanten ist in dem Cascalho der Gehänge meist eine geringere als in dem der Flußbetten, dagegen findet man in dem ersteren, entsprechend dem schon oben erwähnten, verhältnismäßig mehr größere und weniger abgerollte Steine als in den letzteren. Die Plateauablagerungen finden sich an sehr zahlreichen Stellen auf den Höhen von Diamantına und in den anderen Diamantenregionen von Minas Gera@s. Viele von 192 . ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. ihnen haben früher reichen Ertrag gebracht. Auch jetzt werden noch manche bearbeitet, doch stehen sie an Wichtigkeit hinter den Flußablagerungen zurück. Auf den Höhen von Curralinho (Fig. 43) zwischen dem Jequetinhonha und der Stadt Diamantina liegen in ungefähr östlicher Richtung von dieser die reichen Gruben Bom Successo und besonders Boa Vista. Auf dem Plateau südwestlich von der genannten Stadt, welche das Flüßgebiet des Rio Pinheiro von dem des Rio Pardo pequeno trennt, sind die Gruben von La Sopa und Guinda im Gange, wo sogar zwei diamantenführende Ablagerungen, eine ältere und eine jüngere, übereinander angetroffen wurden. In derselben Richtung noch etwas weiter, 12 engl. Meilen westlich von Diamantina, liegt im Ursprungsgebiet des Caöth& Mirim und des Pinheiro die besonders merkwürdige Ablagerung von Sao Joäo da Chapada, die unten noch näher besprochen werden soll. Etwas südlich von hier stößt man auf die früher ertragreichen Gräbereien von La Chapada im Quellgebiet des Rio Ouro Fino, und damit ist die Zahl auch nur der bedeutenderen Ablagerungen dieser Art noch lange nicht erschöpft. Was die Beschaffenheit der Plateauablagerungen anbelangt, so bestehen viele derselben wieder im allgemeinen aus dem nämlichen Material wie die andern. Doch spielen in sehr bezeichnender Weise unter den Begleitmineralien eine viel größere Rolle die spezifisch schweren, die das fließende Wasser weniger gut bewegen konnte, und die daher liegen blieben, während die leichteren weggeschwemmt wurden. Es sind namentlich die Titan- oxyde (Titanfavas), die Eisenoxyde usw. neben den Quarzmineralien, die auch hier in größter Menge vorhanden sind. Die Masse wird hier nur Gorgulho genannt. Es sind meist horizontale Schichten, gebildet in der Hauptsache von groben Brocken der umge- benden Gesteine und einer roten mehr oder weniger tonigen Erde. Darin liegen die Begleitmineralien des Diamants und dieser selbst so versteckt, daß sie erst nach dem Waschen zum Vorschein kommen, da die Erde alles gleichmäßig überzieht und färbt. In den anderen Ablagerungen sind sie ohne weiteres deutlich sichtbar, da hier die Natur schon einen Waschprozeß vorgenommen hat. Mineralien sowohl als Gesteinsbrocken sind im Gorgulho gar nieht oder sehr schwach abgerollt, namentlich sind an den Diamanten selbst ihre scharfen Kanten und Ecken noch vollkommen erhalten und die Flächen zeigen ihre ursprüngliche natürliche Beschaffenheit. Die Menge der Diamanten und der mit ihnen zusammen vorkommenden Mineralien ist hier am geringsten, dagegen findet man in den Plateauablagerungen größere Steine verhältnismäßig am häufigsten. Die Diamanten sind manchmal so verteilt, daß sie ın größerer Menge in kleinen Nestern zusammen liegen, die schon bis zu 1700 und 2000 Karat geliefert haben, während der umgebende Gorgulho auf größere Erstreckung gar nichts oder nur sehr wenig enthält. Unter dem diamantenführenden Gorgulho, unmittelbar auf dem anstehenden Gestein, liegt meist eine Tonschicht, die ebenfalls sparsam Diamanten einschließt. Bedeckt ist er wie in den Gehängeablagerungen mit einer diamantfreien Lage roten Tons von ver- schiedener Dicke, die indessen stellenweise auch fehlt. Dann bildet der Gorgulho un- mittelbar die Erdoberfläche, so daß oft Diamanten unter den Pflanzenwurzeln ge- funden werden. Es wird erzählt, reiche Lager seien dadurch entdeckt worden, daß beim Ausreißen von Pflanzen einzelne Steine in den Wurzelballen mit- zutage kamen; auch sollen Hühner Diamanten ausgescharrt und Kinder, an der Erde spielend, solche gelegent- lich gefunden baben. Ganz eigentümlich und stark abweichend liegen die Verhältnisse an anderen Orten auf den Höhen, so namentlich bei Säo Joäo da Chapada auf dem Plateau von Diamantina, 20 km westlich von dieser Stadt. Die Grube liegt auf der Wasserscheide zwischen dem Jequetinhonha und dem Rio das Velhas, auf der geraden Fortsetzung einer VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 193 Linie, die die wichtigen Ablagerungen bei Boa Vista auf den Höhen von Curralinho und von La Sopa (Fig. 43) miteinander verbindet. Die Entdeckung geschah im Jahre 1833; ein ausgedehnter Betrieb hat längere Zeit stattgefunden, ist aber wegen Armut an Diamanten allmählich immer schwieriger geworden und hat später ganz aufgehört. Trotz- dem ist die Stelle immer noch von großer wissenschaftlicher Bedeutung, da hier wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage nach dem ursprünglichen el der primären Lagerstätte der Diamanten ‚jener Gegend gewonnen worden sind. Der Diamant findet sich hier in einem deutlich geschichteten Tone von verschie- dener Farbe, der mittels eines 40 m tiefen, 60—80 m breiten und 500 m langen Grabens oder Einschnitts, ähnlich einem tiefen Eisenbahneinschnitt, durch den Abbau allmählich aufgeschlossen worden ist. Die Tonschichten sind steil aufgerichtet und unter 50° nach Osten geneigt. Begleitet werden sie von Itacolumitbänken, zwischen denen sie regelmäßig und konkordant, d. h. mit gleicher Schichtenneigung, eingelagert sind. Alle diese Schich- ten, Ton sowohl wie Itacolumit, sind durchsetzt von zahlreichen kleinen Gängen, deren Ausfüllungsmaterial zum größten Teil aus Quarz (Bergkristall) mit Rutil und Eisenglanz besteht. Die Menge der Diamanten, die aus dem Tone gewonnen wurden, war sehr wechselnd, im großen und ganzen war das Lager arm. Zwar berichtet Tschudi, der die Stelle 1860 besuchte, dab in seiner Gegenwart in zwei Stunden 44 Karat gewonnen wurden, bei einer anderen Gelegenheit hat man aber in 12 Tonnen des Tones nur zehn kleine Steine gefunden. Die Begleitmineralien sind dieselben wie sonst und namentlich die drei oben genannten, daneben die anderen Eisenoxyde und Titanmineralien, ferner Turmalin usw, alles wie auch der Diamant selbst im allgemeinen spärlicher als im gewöhnlichen Cas- calho und Gorgulho. Bemerkenswert ist, daß, wo viele Exemplare von jenen Mineralien vorhanden waren, sich auch zahlreiche Diamanten einstellten, daß dagegen, wo jene sparsam waren oder fehlten, dies auch bei dem Diamant der Fall gewesen ist. Alle diese Mineralien sind vollkommen scharfkantig und eckig, ohne eine Spur von Abrollung durch fließendes Wasser. Dies gilt für den Diamant selbst wie für alle seine Begleiter, auch für die allerweichsten, denen die geringste Bewegung ihre scharfkantige Begrenzung geraubt haben würde. Diese Umstände führten Orville A. Derby und Gorceix, die das Lager eingehend untersuchten, zu dem allerdings nicht unbestritten gebliebenen Schlusse, daß hier der Diamant noch da liegt, wo er gebildet worden ist. Sie nehmen an, daß dies in den die Schichten durchsetzenden Quarzgängen der Fall gewesen ist, in denen man zwar an dieser Stelle nie einen Diamant selbst, aber dessen Begleitmineralien in großer Menge gefunden hat. Das stete Zusammenvorkommen dieser Mineralien mit dem Diamant in der angegebenen Weise hier wie überall sonst in Minas Geraös spricht auch in der Tat dafür, daß sie alle den gleichen Ursprung und dieselbe Entstehung haben, und der Umstand, daß der Diamant hier in den Gängen nicht direkt neben seinen Begleitern beobachtet worden ist, kann bei der äußersten Seltenheit des Edelsteines nicht als Grund dagegen angesehen werden. Die Tone, in denen er liegt, sind die Verwitterungsprodukte der Gesteine, in denen die Gänge ursprünglich aufsetzen. Diese sind der Zerstörung und Zersetzung an Ort und Stelle ebenfalls zum Teil unterlegen, wie das mit den umgebenden Schiefern der Fall war, und dadurch wurde der Inhalt der Gänge, der Diamant und seine Begleiter, dem aus den Schiefern enstandenen Tone beigemengt. Große Ähnlichkeit mit der eben betrachteten Ablagerung von Säo Joäo scheint auch die von Cocaös bei Ouro Preto zu haben. Die Diamanten liegen hier auf einem aus Itacolumit bestehenden Plateau von ca 1000 m Meereshöhe. Der Itacolumit überlagert Glimmerschiefer, dieser Gneisgranit. Begleitmineralien des Diamants sind: Quarz, Titan- Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 13 194 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. eisen, Anatas, Rutil, Magneteisen, Eisenglanz, Martit, Turmalin, Monazit, Cyanit, Fibrolith und Gold. Die drei zuerst genannten herrschen vor; von ihnen allen ist nur der Quarz abgerollt. Der Diamant mit seinen Begleitern tritt strichweise auf, und diese Striche sind von Ost nach West gerichtet, wie zahlreiche, Gold und die anderen genannten Mineralien führende Gänge in Minas Geraös, so daß auch hier eine Abstammung des Diamants und seiner Gefährten aus solchen Gängen für wahrscheinlich gehalten wird. Wieder anders sind die Verhältnisse bei Gräo Mogol im Bezirk Minas Novas. Die Stadt liegt im äußersten Norden des Staates Minas Geraös in einer Gegend, die als ein Teil der Serra do Espinhaco anzusehen ist, 350 Kilometer nordöstlich von Diamantina am linken, nördlichen Ufer. des R. Jequetinhonha. Hier sind außer im normalen Gorgulho auch in einem festen konglomeratischen Sandstein mit viel grünem Glimmer besonders auf den Schichtflächen Diamanten gefunden worden. Nach manchen Nachrichten soll es ein einziger ungeheuerer isolierter Sandsteinblock sein, nach andern hat das diamanten- führende Gestein eine Ausdehnung von 300 bis 400 Meter. Namentlich in den dreißiger und vierziger Jahren wurde diese 1833 entdeckte Lagerstätte ausgebeutet, indem man mit Pulver Stücke absprengte und diese weiter zerkleinerte. Fast sämtliche Sandsteinstücke mit ein- geschlossenen Diamantkristallen, die sich, allerdings sparsam, in den Sammlungen finden, stammen dorther; sie sind auch zum Teil gefälscht durch künstliches Einsetzen von Diamantkristallen in das Gestein, aber das Vorkommen ist zweifellos verbürgt. Früher wurde dieser diamantführende Sandstein für echten Itacolumit gehalten, und manche Geologen tun dies noch jetzt. Sie haben danach die Ansicht aus- gesprochen, daß hier das Vorkommen des Diamants im ursprünglichen Muttergestein zu beobaehten und daß er ein Bestandteil des Itacolumits sei, wie jedes der diesen zusammensetzenden Quarzkörner usw. Neuerer Zeit ist aber wahrscheinlieh gemacht worden, daß dieser Sandstein gar kein Itacolumit ist, sondern daß er zu dem sogen. Jüngeren Quarzit gehört, von dem wir oben (S. 187) gesehen haben, daß er an der Serra do Espinhaco den echten Itacolumit usw. diskordant bedeckt. Er würde also ein, wenn- gleich äußerlich ähnliches, doch geologisch verschiedenes und wohl viel jüngeres Gestein darstellen und wäre wohl anzusehen als ein durch Verwitterung zerfallenes diamant- führendes Gestein, dessen Bestandteile nachher wieder zu einem festen Gestein verkittet worden sind. Betrachtet man diese sämtlichen Ablagerungen des Diamants im Zusammenhang, so sieht man, daß sie alle verschiedene Stadien eines und desselben immer weiter fort- schreitenden Bildungsvorganges darstellen. Bei Sao Joäo da Chapada und an manchen anderen Orten oben auf den Plateaus liegen die Diamanten noch an der Stelle und in dem Gestein, in dem sie entstanden sind, nur ist dieses durch Verwitterung zerstört und, wenigstens zum Teil, in eine weiche tonige Masse umgewandelt. Die Lagerstätte der Diamanten ist hier die ursprüngliche, primäre. Die anderen Plateauablagerungen mit ihren kaum oder doch nur wenig abgerollten Gesteinsmassen müssen entstanden sein, als sich in früheren Zeiten die Wasserläufe erst wenig in die Hochflächen eingenagt hatten, als demnach die heutigen Täler noch nicht existierten. Das Wasser hat zwar den Diamant und seine Begleiter aus dem verwitterten Muttergestein, wie es bei Säo Joäo noch jetzt vorliegt, herausgelöst und z. T. an anderen Stellen wieder abgelagert, aber der Transport geschah nicht auf große Entfernung, wie eben die sehr geringe Abrollung beweist, und die Wiederablagerung erfolgte wahrscheinlich auf dem Grunde flacher seeartiger Wasserbecken, in denen das Material seine Schiehtung erlangte. Die Diamanten und ihre Begleiter finden sich also an solchen Stellen auf ihrer zweiten, sekundären Lagerstätte. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 195 Als dann im Laufe der Zeiten die Wasserläufe sich immer tiefer ‘in das Plateau einnagten und allmählich die heutigen Talrinnen entstanden, bildeten sich zuerst die Gehängeablagerungen, deren Material zum Teil den ursprünglichen Lagerstätten, zum Teil aber auch den sekundären Plateauablagerungen entnommen wurde. Die Diamanten, die sieh in den Gehängeablagerungen finden, haben also wenigstens teilweise zum zweiten Male ihre Lagerstätten gewechselt. Das Material erfuhr einen weiteren Transport durch das Wasser und zeigt infolgedessen stärkere Abrollung. Die Täler wurden mehr und mehr eingeschnitten, die in dieser Zeit gebildeten Ablagerungen nehmen fortgesetzt tiefere Niveaus an den Talgehängen ein und bilden immer weiter unten liegende Terrassen. Dabei schritt die Abrollung um so stärker vor, je mehr die Massen in die Tiefe rückten, bis endlich der Grund der heutigen Täler erreicht war, wo sich das am meisten abge- schliffene Material als Talablagerung absetzte und noch absetzt. Fassen wir im folgenden die zum Teil schon oben erwähnten Angaben über das ursprüngliche Vorkommen des Diamants in Minas Gera@s zusammen, SO ergibt sich das Nachstehende. Daß der Diamant im Ursprungsgebiet der oben genannten Flüsse zu Hause ist, sieht man daraus, daß sie alle, soweit sie überhaupt Diamanten führen, in der Nähe der Höhen- ablagerungen entspringen, und daß Zahl und Größe der Steine talabwärts immer mehr und mehr abnimmt, bis sie endlich ganz verschwinden. Das Gestein, das hier auf der Höhe ansteht, ist aber überall Itacolumit mit den zwischengelagerten Schiefern und der Decke von jüngerem Quarzit. Letzterer ist das Gestein, aus dem die Diamanten in die Schuttmassen gekommen sein müssen. Dies wird bestätigt durch die schon am Anfang des 19. Jahrhunderts von L. von Eschiwege gemachte Beobachtung, daß ın Diamantina nur diejenigen Flüsse usw. Diamanten führen, die an der Westseite der Serra do Espinhaco entspringen, wo das Gebirge von Itacolumit ete. gebildet wird, also der Jeque- tinhonha und die anderen oben genannten, während die am Ostabhang, fern von Itacolumit im Gneis, Glimmerschiefer usw. ihren Ursprung nehmenden Wasserläufe, wie der Rio Doce und seine Zuflüsse, keine Spur von Diamanten enthalten. Wir haben diese Tatsache schon oben mitgeteilt; sie erklärt sich dadurch, daß diese Flüsse nicht die diamanten- führenden, sondern nur diamantfreie Gesteine durchfließen. Die Begleitmineralien des Diamants, namentlich die wichtigsten derselben, Quarz (Berekristal), die Eisen- und Titanmineralien, Turmalin usw., kommen nur auf den Gängen vor, die jene Gesteine durchsetzen und die vorzugsweise von Quarz ausgefüllt sind. Schon der Umstand, daß der Diamant stets mit diesen Mineralien und nur mit diesen sich findet, läßt mit großer Wahrscheinlichkeit schließen, daß er mit ihnen seinen ursprünglichen Ort ebenfalls in den Gängen hat, wie zuerst Gorceix, betonte. Dieser Sehluß wird noch weiter gestützt dadurch, daß viele brasilianische Diamanten auf das deutlichste Anwachsstellen zeigen wie andere Mineralien, die auf einer Unterlage auf-, und nicht in einem Gestein ringsum eingewachsen gewesen sind, und daß man an vielen die Eindrücke von Quarzkristallen sieht, auf die sie aufgesetzt waren. Wir werden hierauf unten, bei der Beschreibung der brasilianischen Diamanten, noch einmal zurückkommen. Ferner findet man Diamanten in Quarzkristallen oder in Anatas oder Eisenglanz ein- und an solchen angewachsen, was kaum anders als durch die Annahme einer gleichartigen Bildung aller dieser Mineralien in den Gängen erklärt werden kann. Endlich berichtet Goreeix sogar, daß an einigen Stellen Diamanten ın den Gängen selbst angetroffen worden sind und daß sie darin ausgebeutet wurden, aller- dings der geringen Menge wegen ohne materiellen Erfolg. Er vergleicht das Vorkommen des Diamants mit dem der gelben Topase bei Ouro Preto, die ganz sicher auf Quarzgängen in zersetzten Schiefern liegen, ein Vorkommen, das wir noch kennen zu lernen haben. 13* 196 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Der Diamant wäre danach also in jenen Gegenden im Gegensatz zu anderen Fundorten, wo er als ursprünglicher Gemengteil in kristallinischen Urgesteinen auftritt, ein Gang- mineral, eine Ansicht, die aber freilich keineswegs allgemein geteilt wird. Die Gewinnung der Diamanten ist in den erwähnten Ablagerungen je nach deren besonderen Verhältnissen etwas verschieden. Jede Diamantgewinnung wird in Brasilien „servico“ genannt, und man unterscheidet, je nachdem diese in einer Fluß-, Gehänge- oder Plateauablagerung stattfindet, servicos do rio, servicos do campo und servicos da serra. Seit den frühesten Zeiten hat sich in dem angewendeten Verfahren wenig geändert; die Arbeiter waren und sind wohl noch meistens Neger, früher als Sklaven, seit Aufhebung der Sklaverei als Freie gegen Lohn tätig. In den servicos do rio, in denen die Diamanten der Flußablagerungen gewonnen werden, muß das Wasser des betreffenden Flusses abgeleitet werden, damit man zu dem Cascalho gelangen kann. Man gräbt dem Flusse auf die meist kurze Strecke, die auf einmal abgebaut werden soll, ein neues Bett, oder man legt der Länge des Flusses nach einen Damm hinein, der die ganze Wassermasse zwingt, sich auf die eine Hälfte des Bettes zu beschränken; oder man leitet auch wohl das Wasser in hölzernen Kanälen ab. Aus dem trocken gelegten Teile des Bettes wird dann der edle Cascalho nach Entfernung der überlagernden Schicht tauben Schuttes herausgegraben und außerhalb des Flußbettes, aber ın dessen Nähe, angehäuft. : Der lose diamantführende Cascalho läßt sich leicht gewinnen, die Konglomeratmassen der Canga sind aber oft so fest, daß sie mit Pulver gesprengt werden müssen, was die Arbeit sehr bedeutend erschwert, verzögert und verteuert. Alle diese Gräbereien können nur in der trockenen Jahreszeit vom Mai bis Ende September ausgeführt werden, wenn die Wassermasse der Flüsse gering ist. In diesen Monaten wird so viel als nur irgend möglich von dem diamantführenden Cascalho gewonnen und an höher gelegenen Stellen, doch in möglichster Nähe der Bäche und Flüsse in Sicherheit gebracht. In der nassen Zeit steigt der Wasserspiegel oft sehr rasch und sehr hoch, so dab alles überflutet wird und keine derartige Arbeit möglich ist. In dieser Jahreszeit wird aber dann der früher ausgegrabene Cascalho verwaschen, um aus ihm die Diamanten zu gewinnen; eine solehe Wäscherei wird von den Brasilianern eine Lavra genannt. Bei dem Verwaschen des Cascalho werden zuerst die gröbsten Gesteinsbrocken aus der Masse ausgelesen oder durch Siebe von dem feineren Material getrennt. Aus diesem wird dann in besonderen Holzsehüsseln, die den Namen Batea führen, der feinste Ton und Sand durch Abschlemmen getrennt und aus dem KRückstande werden die Diamanten unter fortwährendem Schwemmen im Wasser mit der Hand ausgelesen. Die Arbeiter besitzen dabei eine ganz ungemeine Geschicklichkeit im Erkennen auch ganz kleiner zwischen den andern zurückgebliebenen Mineralkörnern liegender Diamanten, die auch ein sonst geübtes Auge leicht übersehen würde. Die Tätigkeit in einer brasilianischen Diamantenwäscherei ist auf Tafel VI dargestellt. Die Neger links stehen in einem Bache und verarbeiten mit ihrer Bat&a den Cascalho. Wenn eine Portion erledigt ist, holen sie sich neuen Vorrat aus den an beiden Ufern des Baches liegenden Massen, wie die Neger auf der rechten Seite, die teils den auf- gehäuften Cascalho losgraben, teils die gefüllte Bat&a zum Bache heranschleppen. Die ganze Arbeit steht unter scharfer Kontrolle, wie die peitschenbewaffneten Aufseher zeigen, die die Arbeiter zum Fleiße anspornen und Diebstahl gefundener Diamanten möglichst verhindern sollen. Zum letzteren Zwecke ist auch die Kleidung der Neger so leicht als möglich. Wenn einer von diesen in seiner Batea einen Stein sieht, gibt er durch Erheben Tafel VI. | IN u hl MR INN A ya Be Ki: (" \ N | NN N \ al Ih Lan No u a ll) Pr ER Zu U p a | eb. ne a Diamantwäscherei (Lavra) in Brasilien. - VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 197 der Hand ein Zeichen, worauf ein Aufseher den Stein an sich nimmt. Die Peitschen der letzteren zeigen, daß man es mit einer Darstellung der früheren Zustände zu tun hat aus der Zeit, wo die Sklaverei noch bestand. Jetzt nach Abschaffung derselben sind wohl die Peitschen verschwunden, im übrigen hat sich aber sicherlich an dem ganzen Treiben wenig geändert. Die servicos do campo an den Talgehängen über dem jetzigen höchsten Wasser- spiegel können zu allen Jahreszeiten betrieben werden, da hier das Wasser der Flüsse kein Hindernis bietet. Die den Casealho bedeckenden Ton- und Erdmassen werden entfernt, indem man einen nahen Bach über die Masse leitet, der alle diese leichteren Teile fortschwemmt, so daß die diamantführende Sehieht dann unmittelbar zutage liegt. Da die Bäche meist nur in der nassen Jahreszeit genügendes Wasser haben, so ist im allgemeinen für diese Arbeit die Regenzeit vorzuziehen. Der gewonnene Cascalho wird dann in ähnlicher Weise wie bei den servicos do rio verwaschen und die Diamanten aus dem Rückstande ausgelesen. Auch beim Abbau der Plateauablagerungen in den servicos da serra wird die Entfernung der den Gorgulho bedeckenden tauben Sand- und Erdmassen durch fließendes Wasser bewirkt. Da auf dem Plateau aber natürliche Wasserläufe mit dem nötigen Gefälle meist fehlen, so werden künstliche Sammelbecken angelegt, in denen das Regen- wasser zurückgehalten und aufgestaut wird. Den Inhalt dieser Becken leitet man dann in hölzernen Rinnen an die geeigneten Stellen und legt auf diese Weise die diamant- führende Schicht so gut als möglich bloß, indem man die Sammelbecken immer wieder von neuem füllt und auslaufen läßt. Aus dem Gorgullo werden auch hier wieder die Diamanten dureh Waschen und Auslesen gewonnen. In der ersten Zeit nach der Entdeckung der Diamanten in Brasilien erteilte die portugiesische Regierung die Erlaubnis zum Graben jedem Unternehmer gegen ein gewisses Kopfgeld für den einzeln arbeitenden Sklaven, deren Zahl kontraktlich beschränkt war. Diese Abgabe wurde immer weiter in die Höhe geschraubt, bis sich niemand mehr fand, der unter solchen Umständen arbeiten lassen wollte. Dann wurde von 1740 ab die Gewinnung konzessionierten Unternehmern gegen feste Pacht überlassen, aber die Regierung erzielte infolge von vielfachen Betrügereien keine günstigen Resultate. Daher übernahm sie die Produktion von 1772 an selbst und führte sie auf eigene Rechnung bis zur Los- trennung Brasiliens von Portugal. Die besten, schönsten und größten und nach irgend einer Richtung interessanten Steine wurden dem in Lissabon aufbewahrten portugiesischen Kronschatze einverleibt, so daß dieser ein Sammlung von Diamanten enthält, die in der Welt einzig dasteht. Die große Masse der Ausbeute wurde an Händler verkauft und über Rio de Janeiro und Bahia nach Europa ausgeführt. Neben der gesetzlichen Produktion her ging aber namentlich in früheren Zeiten eine sehr schwunghafte ungesetzliche dureh die sogenannten Schleiehhändler (damals garımpeiros genannt), die trotz der drakonischen Strafgesetze, gelockt durch den in Aussicht stehenden hohen Gewinn, im geheimen nach Diamanten suchten und den Sklaven der gesetzlichen Unternehmer verheimliehte oder gestohlene Steine abkauften. Die Menge der durch Schleichhandel gewonnenen und in den Verkehr gebrachten Diamanten sollte nach manchen Angaben, die natürlich immer auf unsicherer Schätzung beruhen, der Menge der auf gesetzliichem Wege gewonnenen mindestens gleichkommen. Namentlich sollen die Schleich- händler mehr große und schöne Steine gehabt haben als die ehrlichen, da nur bei solchen das Beiseitebringen für den Sklaven und das Risiko für den Händler lohnend war. Von anderer Seite wird dem Sehleichhandel allerdings keine so große Bedeutung beigemessen, doch scheint allgemein der unerlaubte Handel bessere Geschäfte gemacht zu haben als die mit hohen Produktionskosten belasteten legitimen Produzenten. 198 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Seit 1834, dem ersten Jahre der Selbständigkeit von Brasilien, ist das frühere Diamantenmonopol der Regierung vollständig aufgehoben. Jeder kann seitdem Diamanten graben, wo und so viel er will, er hat nur eine geringe, von der Größe der bearbeiteten Fläche abhängige Abgabe an die Regierung und 25 Prozent des Rohertrags an den Eigentümer des Bodens zu zahlen. Außerdem wird ein Ausfuhrzoll von 1/2 Proz. des Wertes der ausgeführten Steine erhoben. Die Negersklaven, in deren Händen früher die ganze Produktion lag, standen bei der Arbeit unter der schärfsten Aufsicht, die aber den Diebstahl nicht zu beseitigen ver- mochte. Um ihren Eifer anzuspornen, erhielten die Arbeiter für das Auffinden größerer Steine besondere Belohnungen. Ein Sklave, der einen 17'/ Karat schweren Diamant fand, wurde früher, als die Sklavenpreise niedrig waren, in Freiheit gesetzt, später nicht mehr. Andererseits wurden Sklaven, die Diamanten veruntreuten, mit barbarischen Strafen belegt. Die Arbeit war wesentlich Handarbeit, der Cascalho wurde in Körben aus den Flußbetten herausgetragen usw., wie dies schon oben bei der Betrachtung des Bildes auf Tafel VI Seite 196 geschildert wurde. Selten suchte man durch Maschinen das mühevolle Geschäft zu erleichtern, doch geschieht dies in der Neuzeit immer mehr durch europäische Ge- sellschaften. Indessen findet man auch heute häufig im wesentlichen noch dieselben primitiven Einrichtungen, da der Transport größerer technischer Vorrichtungen bei der Abgelegenheit und schweren Zugänglichkeit jener Gegenden enorme Kosten verursacht. Die Handarbeit kommt daher vielfach immer noch billiger zu stehen, um so mehr als die Maschinen selten lange an einem Platze bleiben können, da die einzelnen Gewinnungs- orte ziemlich rasch ausgebeutet zu sein pflegen. Das Geschäft der Diamantengewinnung ist nur unter ausnahmsweise günstigen Umständen sehr lohnend, da die Kosten sehr hoch und auch jetzt noch die Verluste durch Veruntreuung bedeutend sind. Als die ersten brasilianischen Steine in den Handel kamen, wurden sie von dem Publikum nicht günstig aufgenommen. Es wurde zuerst behauptet, es seien gar keine Diamanten, oder es seien schlechte Steine, die eigentlich aus Indien stammten. Daher wurden anfänglich viele brasilianische Diamanten nach den portugiesischen Besitzungen in Indien, namentlich nach Goa geschickt und von dort aus als indische Steine in den Handel gebracht. Die Holländer wußten sich diese Verhältnisse zu nutze zu machen und durch besondere Verträge ein Monopol für den Handel mit brasilianischen Diamanten zu erlangen, die von Rio de Janeiro und von Bahia aus direkt nach Amsterdam geschickt wurden. Später ging die ganze Ausbeute infolge von Staatsverträgen mit der englischen Regierung nach London. In der neueren Zeit sind es hauptsächlich große französische Handelshäuser, die den Diamantenmarkt in Brasilien beherrschen und die Diamanten über Paris in den Verkehr bringen. Im vorstehenden wurden vorzugsweise die Verhältnisse des Staates Minas Gera&s und namentlich die des Hauptdiamantenbezirkes Diamantina geschildert, der allein mehr Diamanten geliefert hat als das übrige Brasilien zusammen. Die Staaten, in denen außerdem noch Diamanten gefunden werden, sind schon oben erwähnt; sie sind im allgemeinen, Bahia ausgenommen, viel weniger genau bekannt als die Umgegend von Diamantina, auch ist die Produktion hier weit geringer gewesen als in Minas Geraös und Bahia und hat jetzt wahrscheinlich überall ganz aufgehört, deshalb sollen hierüber nur kurze Angaben gemacht werden. In dem Staate $. Paulo, südlich von Minas Geraös, hat man in den Flüssen, die dem Rio Paranä zuströmen, Diamanten gefunden. Weitere Fundorte sind: Patrocinio de Sapucahy, Rio Canoas und Ituverava. Der Staat Paranä hat vorzugsweise im Flußgebiet des Rio Tibagy Diamanten geliefert. Dieser, ein Nebenfluß des Rio Parapanema, der in den Paranä fällt, durehströmt VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 199 die Campos von Guarapuavas. Nicht nur er selbst führt Diamanten, sondern auch seine Nebenflüsse, besonders der Yapo und der Pitangru, überall in Begleitung von ziemlich viel Gold. Auch in diesen Flüssen haben sich lokal kessel- und kanalartige Vertiefungen des Bettes als besonders reich erwiesen. Diamantführende Ablagerungen hat man in dieser Gegend gleichfalls außer in den Flüssen selbst über dem jetzigen Hochwasserspiegel an den Talabhängen und auf den Höhen gefunden, entsprechend den Gehänge- und Plateau- ablagerungen in Minas Geraös. Die Entdeckung der Diamanten in Paranä geschah durch einen Zufall. Die Steine, die gefunden wurden, waren durchweg klein; selten kamen solche über einen Karat schwer vor, sie waren aber meist von guter Farbe und von großem Glanz. Eine am Ende des vorigen Jahrhunderts unternommene systematische Ausbeutung hat des geringen Ertrages wegen trotz des reichlichen Mitvorkommens von Gold kein günstiges Resultat ergeben und ist daher bald wieder aufgegeben worden. Die Steine sollen hier aus devonischem Sandstein stammen, durch den die obengenannten Flüsse hindurchströmen. Nach Westen zu in dem Staat Goyaz, auf der Grenze gegen Minas Geraäs, wurden in den Flüssen Rio Verissimo bei Trahyras, Guritas, Quebre-Anzol, S. Marcos und Paranahyba Diamanten gefunden. Reich ist auch das Gebiet längs dem Oberlauf des Grenzflusses Araguay gegen Mato Grosso, wo besonders der rechte Nebenfluß Rıo Claro (16% 10° südlicher Breite und 50° 30° östlicher Länge von Greenwich) und andere in Goyaz sroße Schätze geliefert haben. Die Gesamtmenge der im Rio Claro bis zum Jahre 1850 gefundenen Diamanten beträgt 252000 Karat im Werte von 8 Millionen Mark. Manche Flüsse in dem Staat Mato Grosso bis zur bolivianischen Grenze hin sind ebenfalls mit Erfolg auf Diamanten untersucht worden und haben zum Teil eine reiche Ausbeute auch gleichzeitig an Gold ergeben. Die meisten Steine sind in der Nähe von Diamantino (nicht zu verwechseln mit Diamantina, dem alten Tejuco in Minas Geraäs) gefunden worden, in dem Ursprungsgebiet des Paraguay und seiner Nebenflüsse, besonders des Rio Cuyabä auf seiner rechten Seite (150 45° südlicher Breite und 56° östlicher Länge von Greenwich). Die von hier stammenden Steine sind meist klein, aber zum Teil vom reinsten Wasser, viele allerdings auch gefärbt. Sie sind mit einer sehr glänzenden Ober- fläche versehen, wie sie sonst bei brasilianischen Diamanten nicht wieder vorkommt. Im Rio Coxim und Jauru werden Diamanten in Begleitung von Sapphiren gefunden. In Mato Grosso sollen bis 1850 im ganzen ungefähr 1 191600 Karat im Werte von 37 Millionen Mark gewonnen worden sein. Jetzt nach der Aufhebung der Sklaverei wird wegen der zu hohen Löhne nur wenig gearbeitet, am meisten noch im Rio S. Anna grande. Die geologischen Verhältnisse von Goyaz und Mato Grosso sind wenig bekannt, doch wird von Reisenden angegeben, daß auch hier Itacolumit etc. verbreitet sei. Man kann also wohl annehmen, daß das Vorkommen des Diamants in diesen Staaten mit dem in Minas Gera&s im wesentlichen übereinstimmt. Der Staat Bahia hat sich neben Minas Geraös am diamantenreichsten erwiesen; während aber der letztere sich immer mehr erschöpft und im Ertrage zurückgeht, sind in jenem erst neuerdings wieder reiche Lager gefunden worden, so daß die jährliche Produktion jetzt in Bahia größer ist als in Minas Geraös. Für die Gesamtmenge der: gefundenen Diamanten von Anfang an ist dies aber noch lange nicht der Fall, da steht das alte Diamantina noch immer an der Spitze. -——_. In Bahia sind schon im Jahre 1755 Diamanten gefunden worden, die Regierung ver- bot aber weitere Nachforschungen, damit die landwirtschaftlichen Verhältnisse dieser frucht- baren Provinz nicht geschädigt würden. Die Funde mehrten sich jedoch trotzdem; am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Produktion nicht unwesentlich vergrößert, und 200 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. später hat gerade Bahia eine besondere Wichtigkeit erlangt und Minas Geraös im Jahres- ertrag überflügelt. Die ersten Fundstellen waren auf der Ostseite der Serrada Chapada und nördlich davon in der Serra do Assuäria, welche die nördliche Fortsetzung der den Bezirk von Diamantina und noch einen weiteren großen Teil von Minas Geraös durchziehenden Serra do Espinhaco bilden. Die Steine finden sich hier in Seifen, im Sande und Kiese der Wasserläufe. Die begleitenden Mineralien sind teilweise dieselben wie in Diamantina, namentlich kommen die dort wichtigsten, die Titanoxyde, Eisenoxyde, Turmalin, Quarz als Bergkristall usw. auch hier vor. Dazu treten aber noch einige, die in Minas Ge- raös nicht vorkommen. In einem Sande aus der Serra da Chapada hat Damour folgende Mineralien als Begleiter des Diamants nachweisen können: abgerollten Bergkristall, Kri- stalle von Zirkon, Turmalin, Hydrophosphate, Yttrıumphosphate zum Teil titansäurehaltig, Diaspor, Rutil, Brookit, Anatas, Titaneisen, Magneteisen, Zinnstein, roten Feldspat, Zinnober, Gold; auch Granat und Staurolith sind hier beobachtet worden, und in neuester Zeit als Seltenheit Euklas. Feldspat und Zinnober sind bisher in Minas Geraös noch nicht mit dem Diamant zusammen vorgekommen. Aus diesen Mineralien, namentlich aus dem Zu- sammenvorkommen von Turmalin, Granat, Zirkon, Staurolith, Rutil u. s. w., schließt Schrauf, daß die Gesteine, die in der Serra da Chapada den diamantführenden Sand geliefert haben, den Gneisen und Syeniten Norwegens ähnlich seien. In der Tat ergeben Mitteilungen, die man über den geologischen Bau jener Gebirge erhalten hat, daß sie aus derartigen Gesteinen bestehen. Doch sind die Nachrichten über diese Gegenden, wie überhaupt über das ganze Diamantenvorkommen in Bahia im ganzen recht spärlich, aber die Übereinstimmung der Begleiter des Diamants in Minas Geraös und in der Serra da Chapada läßt vermuten, daß das Vorkommen in dem letzteren Staate dasselbe ist wie in dem ersteren. Auch in festem Sandstein eingewachsene Diamanten, wie bei Gräo Mogol (S. 194) hat man neuestens hier gefunden. Besonders reiche Funde wurden im Jahre 1844 in der Serra da Cincorä (oder Sincorä) gemacht. Diese liegt ungefähr unter dem 41. Grade westlich von Greenwich und erstreckt sich von Südwest nach Nordost, von 13° 15° bis 12° 15’ südlicher Breite. Sie bildet (Fig. 44) einen südöstlichen Ausläufer der Serra da Chapada, mit der sie an ihrem südlichen Ende zusammenhängt. In ihrem Verlauf trennt sie das Flußgebiet des Rio de S. Franeiseo von dem des Rio Paraguassü, in dem sich alle von der Serra da Cincorä kommenden Gewässer sammeln. Das letztere Gebirge hat die größte Ähnlichkeit mit der Serra da Gräo Mogol in Minas Geraäs; es ist ebenso rauh und unwirtlich wie dieses, und der größten Wahrscheinlichkeit nach besteht auch die Serra da Cincorä aus Itacolumit während die umgebenden Gebirge aus Granit und Gneis aufgebaut sind. Nach Orville A. Derby haben am oberen Lauf des Rio Paraguassi harte gelbe Sandsteine von 500 m Mächtigkeit eine große Verbreitung über Granit und Gneis. Seiner Ansicht zufolge stammen die Diamanten des Flusses aus mehreren Konglomeratbänken, die dem mittleren Teil dieses Sandsteins zwischengelagert sind. E. Hussak fand neuerdings in einem Diamantensande vom Rio Paraguassti sehr viel Korund, Monazit und Xenotim, auch viel Granat, Hereynit und Fibrolitb, während die für Minas Geraös bezeichnenden Minera- lien, wie Anatas, Rutil, Turmalin, die Favas usw. fehlen. Der Diamant wurde hier von einem aus dem Diamantenbezirk in Minas Geraös stammenden Sklaven entdeckt, dem beim Viehhüten die Ähnlichkeit der Bodenbildungen mit denen seiner Heimat aufgefallen war. Er fing an zu suchen und hatte in kurzer Zeit 700 Karat gesammelt. Kaum war der Fund bekannt geworden, so kamen die Leute ın Massen herbei, und schon im folgenden Jahre sollen 25 000, nach anderen Schätzungen aber nur 12000 bis 14. 000 Diamantensucher die Gegend bevölkert haben. Sie stammten VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 201 aus der Serra da Chapada und der Serra do Assuäria, wo infolge dieser Auswanderung die Diamantengewinnung fast ganz aufhörte. Hauptsächlich kamen sie aber aus Minas Geraös, dessen Diamantenproduktion schon lange immer mehr zurückgegangen war. Der Ertrag der neu entdeckten Felder war sehr reich; er brachte die sinkende Diamantenausbeute Brasiliens wieder bedeutend in die Höhe. Am Anfang sollen im Durchsehnitt täglich 1450 Karat Diamanten gefunden worden sein, doch bald nahm die Menge auch hier ab und die Zahl der Arbeiter verminderte sich auf 5000 höchstens 6000 Bis zum Jahr 1849 waren in diesen Gegenden 932 400 Karat Diamanten gefunden und durch diesen reichen Ertrag war der Diamantenpreis in Brasilien auf die Hälfte herabgedrückt worden. Im Jahre 1858 lieferte Bahia nach der Schätzung der Diamantenhändler 54 000 Karat. während aus Diamantina nur 36 000 Karat kamen. Serra da Chapada Ef lem. /}y, J FE, Y ’ı N ZZ =, or en Fig. 44. Diamantenlager der Serra da Cinorä in Bahia. Die Funde in der Serra da Cincorä gehören durchaus den Flußalluvionen an. Nach den von J. J. von Tsehudi veröffentlichten Berichten des Reisenden V. von Helm- reichen waren die ersten Entdeckungen an den Ufern des Macuje, eines kleinen rechten Nebenflusses des Paraguassi, gemacht worden. Hier entstand dann in der Folge der Hauptort des Bezirkes, 90 Legoas von Bahia, der den Namen Comereio oder Santa Isabel Später sind Diamanten auf de Paraguassü erhielt, sowie einige andere kleine Ortschaften. Der Hauptort weiter 20 Legoas in der Umgebung von Santa Isabel gefunden worden. nördlich ist Lencoes (Fig. 42, S. 181), in dessen Nähe der als Fundort viel genannte Monte Venero liegt: Weitere wichtigere Lokalitäten sind Andarahy, Palmeiros, Sao An- tonıo und Sao Ignacio. Die Wäschereien an der Westseite der Serra haben sich als arm erwiesen, bedeutende Mengen von Diamanten wurden aber aus dem Maeuj& selbst und an den Stellen gewonnen, wo der Paraguassü und der Andarahy das Gebirge durchbrechen. Am letzteren Flusse bestehen die Hauptwäschereien in den Bächen, die seinem rechten Ufer zufließen. Im Paraguassübette sind ebensolche diamantenreiche Rinnen nachgewiesen worden, wie in den Diamantenflüssen von Diamantina. 202 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die Diamanten aus der Serra da Cincorä werden als die „Cineorä- oder Sincorästeine“ oder als „Bahias“ besonders bezeiehnet und von den „Diamantinasteinen“ unterschieden. Sie sind von erheblich geringerer Qualität als letztere und stehen wesentlich niedriger im Preise. Die meisten sind gelb, grün, braun oder rot, auch haben sie fast alle eine läng- liche unregelmäßige Form, die für den Schliff wenig günstig ist. Steine vom reinsten Wasser sind hier im Verhältnis viel sparsamer vorgekommen als sonst in Brasilien, und die Größe ist meist gering, doch hat man im Anfang der fünfziger Jahre einmal einen Stein von 87 !/a Karat gefunden. Dieser Diamantenbezirk von Cincorä ist dadurch ausgezeichnet, daß fast ausschließ- lich nur hier sich neben den gewöhnlichen Diamanten die oben schon mehrfach erwähnte besondere Abart findet, die man ihres abweichenden Aussehens wegen leicht für etwas sanz anderes hält und der man in Anbetracht ihrer schwarzen Farbe den Namen Car- bonado oder Karbonat gegeben hat. Er bildet im Gegensatze zum eigentlichen Diamant sehr selten Kristallformen von einiger Regelmäßigkeit, doch sind Okta&der, Dodekaöder und Würfel mit rauhen Flächen und mit abgerundeten Kanten und Ecken schon beobachtet worden. Ein solcher Kristall von Würfelform ist Taf. I, Fig. 4 abgebildet. Meist sind es unregelmäßig rundliche Knollen. Sie gehen von Erbsengröße bis zu einem Gewicht von 700 und 800 Karat und zuweilen noch höher; im Mittel sind es 30—40 Karat. 1894 ist ein Stück von 975, 1895 sogar ein solches von 3078 Karat oder 630 Gramm, etwa von der Größe einer Faust, gefunden worden. Dieser größte bis jetzt bekannte Karbonatklumpen entspricht fast genau dem größten Diamantkristall von der Premiermine in Transvaali, dem Cullinan. Solche große Gewichte sind aber selten. Die Karbonatstücke sehen zuweilen aus, wie wenn es Frag- mente größerer Massen wären, die durch einen Stoß zersprengt wurden. Manche zeigen feine Streifen, etwa wie Faserkohle; man glaubt, daß sie durch Reibung mehrerer Karbonatstücke aneinander entstanden sind. Der Glanz ist an der Oberfläche matt und zuweilen schwach fettig; das Innere ist gewöhnlich etwas glänzender und mit zahlreichen lebhaft schimmernden Pünktchen durch- setzt. Die Farbe ist außen stets dunkelgrau bis schwarz, auf Bruchflächen ist sie meist ein wenig heller und zeigt einen Stich ins Bräunliche, Violette oder Rötliche. Die Masse ist selten vollkommen kompakt; sie ist fast ausnahmslos mehr oder weniger stark porös, so daß sie das Aussehen eines Stückes Koks besitzt. Beim Erhitzen im Wasser werden infolge dieser Porosität zahlreiche Luftblasen ausgetrieben. Der Zusammen- hang der Stücke ist meist ein fester, doch sind auch manche leicht zerreiblich. Das bei dem Zerreiben erhaltene feine Pulver besteht, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, aus sehr kleinen, selten wasserhellen, meist hellbräunlichen, halb durchsichtigen Oktaäder- chen echten Diamants, vielfach mit kleinen opaken Einschlüssen. Der Karbonat ist also nichts anderes als ein poröses, feinkörniges bis dichtes Aggregat von Diamantkriställchen also nicht amorpher Diamant, wie er zuweilen fälschlich genannt wird. Er ist auch ver- schieden von dem schwarzen Diamant, der in regelmäßigen Kristallen von ganz kompakter Beschaffenheit an manchen Orten sich findet. Stellenweise sind manche Stücke dieses Aggregats von hellgefärbten, stärker glänzenden, kompakten, nicht porösen Streifen eigent- lichen Diamants durchzogen, auch hat man beobachtet, daß eine Karbonatkugel einen kleinen farblosen, einheitlich gebildeten Diamantkristall als Kern einschloß, der in die Kar- bonathülle allmählich überging, wie es auch die hellen Streifen von Diamant in die dunkle und poröse Masse des umgebenden Karbonats tun. Selten sind die Wände der Hohlräume des letzteren mit kleinen farblosen Kriställehen von Diamant besetzt. Der Karbonat besteht, in der Hauptsache nur aus Kohlenstoff, wie der Diamant, doch enthält er mehr Aschenbestandteile als dieser, die beim Verbrennen in ganz gleicher Weise VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 203 wie dort zurückbleiben; zuweilen in der Form des verbrannten Stückes Karbonat. Ihre Menge beträgt '/ı bis über 4 Proz.; drei Proben haben nach Rivot ergeben: 96,51, 99,10, 99,73 Proz. Kohlenstoff und 2,03, 0,27 und 0,24 Proz. Asche. Diese gleicht einem gelben, eisenhaltigen Ton mit eingeschlossenen unbestimmbaren mikroskopisch kleinen Kriställchen. Behandelt man feines Karbonatpulver mit Königswasser, so löst sich etwas von der Asche auf und die Lösung enthält Eisen neben wenig Kalk, aber keine Thonerde und Schwefel- säure. Dana gibt für den Karbonat die Zusammensetzung: 97 Kohlenstoff, 0,; Wasser- stoff und i, Sauerstoff, doch bedarf die Anwesenheit der beiden letzteren Bestandteile noch der Bestätigung. Man hat auch die Ansieht ausgesprochen, daß dem kristallisierten Kohlenstoff im Karbonat amorpher beigemengt sei; die mikroskopische Untersuchung hat aber nichts davon erkennen lassen. Die Härte ist nicht nur ebenso groß wie beim eigentlichen Diamant, sondern sie geht sogar noch darüber hinaus. Die Masse soll um so härter sein, je weniger deutlich kri- stallinisch sie is. Karbonat kann also mit gewöhnlichem Diamantpulver gar nicht oder nur mit äußerster Schwierigkeit geschliffen werden, wohl aber ist das Umgekehrte mög- lich, und zwar mit besonderer Leichtigkeit. Daher wird dieses poröse Diamantaggregat vielfach zur Herstellung von Schleifpulver, ebenso aber auch zur Besetzung der Bohrkronen in Bohrmaschinen usw., kurz überall verwendet, wo man besonders hartes Material braucht. Der Karbonat ist dazu um so geeigneter, als man daraus leicht Stücke von passender Form und Größe herstellen kann, während man Kristalle meist nehmen muß, wie sie sind. Das spezifische Gewicht ist wegen der Porosität der Stücke kleiner als bei Diamant- kristallen; man hat die Werte: 3,012; 3,141; 3,35; 3,16 usw. gefunden. Die letzten drei Zahlen beziehen sich der Reihe nach auf die drei Exemplare, deren chemische Zusammen- setzung oben angegeben worden ist. Die Substanz an sich, abgesehen von den Poren, ist aber ebenso schwer wie der echte Diamant. Daß das Vorkommen des Karbonats so gut wie vollständig auf den Bezirk von Cineorä beschränkt ist, wurde schon erwähnt. Hier ist er im Jahre 1843 in den Gupiarren des Flusses San Jos& zuerst gefunden worden, und von hier stammt alles, was von diesem Material im Handel vorkommt und was in der Technik verwendet wird. In Minas Geraös fehlt der Karbonat so gut wie vollständig; ganz geringe Mengen sind in Südafrika gefunden worden, in Indien und Australien hat man noch keine Spur ange- troffen. Etwas reichlicher, aber immer noch sehr sparsam, liegt er in den Diamantseifen von Borneo, wo auch Karbonatstücke mit einer Hülle farblosen Diamants gesammelt worden sind. Überall ist diese schwarze poröse Modifikation des Diamants von Kristallen der gewöhnlichen Beschaffenheit begleitet; sie liegt überall in dem Gestein, das auch den eigentlichen Diamant beherbergt und ist also mit ihm wohl von gleichem Ursprung und von gleicher Entstehung. Die früher schon beträchtliche Produktion ist neuerer Zeit noch bedeutend gewachsen und beträgt jetzt ca. 2500 Karat im Monat. Trotzdem ist infolge des zunehmenden Ver- brauchs der Preis ganz enorm gestiegen. Während er anfänglich 20 Pfennige für das Karat betrug, muß man gegenwärtig s—9 Pfund Sterling pro Karat für die besseren Sorten bezahlen. Schwer zu schätzen ist die Menge der jährlich hier gewonnenen eigentlichen Diamanten. Sie sind klein; Steine von 3'/2 Karat sind sehr selten. 30 Proz. der Gesamt- produktion ist nicht schleifbar. Auch im südlichen Teile der Provinz Bahia sind innerhalb des flachen und ebenen Küstensaumes zahlreiche Diamanten gefunden worden. Es ist der Grenzbezirk gegen Minas 204 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Geraös, der gewissermaßen eine nordöstliche Fortsetzung des Diamantenlandes von Dia- mantina über Gräo do Mogol hinaus darstellt. Die Steine liegen hier ım Alluvium bei Salobro (das Wort bedeutet „brackisch“), im Gebiete des Rio Pardo, der nahe dem kleinen Hafen von Canavieiras sich mit dem Diamantenflusse Jequetinhonha (Rio Belmonte) zusammen am Fuße der Serra do Mar in den atlantischen Ozean ergießt. Von dieser Hafenstadt sind die Gruben etwa zwei Tagereisen landeinwärts entfernt; sie heißen nach ihr auch die Canavieirasgruben. Die Entdeckung geschah 1881 oder 1882 durch einen Waldarbeiter, der vorher schon in anderen Gegenden Diamanten gesucht hatte. Kaum war der Fund gemacht, so be- völkerte sich der Urwald trotz des ungesunden Malarıaklimas mit 3000 und vielleicht noch mehr Diamantengräbern, welche die Schätze in einer Tiefe von 2 Fuß aus einem weißen Ton mit faulenden Blättern, also einer sehr jungen Bildung, hervorholten. Dieses Diamantenlager ist viel toniger als irgendwo ın Minas Geraös. Es hat durch- aus den Charakter einer Höhenablagerung, doch führen auch die Flüsse Salobro und Salo- brinho, linke Nebenflüsse des Rio Pardo, Diamanten, besonders an den Talgehängen über dem heutigen Wasserspiegel, in Gupiarras, wie sie in den Fiußthälern von Diaman- tina vorkommen. In dem Thon sind nicht nur viel weniger, sondern zum Teil auch andere Mineralien als Begleiter des Diamants gefunden worden, wie in Minas Gera&s. Diese sind wie in Diamantina überwiegend Quarz mit Jaspis und Kieseischiefer, dann viel Monazit in gelblichen und rötlichen Kristallbruchstücken, sowie Zirkon von bräunlicher bis weißlicher, selten violetter Farbe; Titaneisen und ferner seltener Cyanit, Staurolith, Alman- din, Eisenglanz, Magneteisen und Pyrit. Dazu tritt aber endlich in nicht unbeträchtlichen Mengen Korund, der in anderen brasilianischen Diamantlagerstätten nur spärlich und spora- disch vorgekommen ist, während alle die übrigen genannten Mineralien auch anderwärts in Brasilien mit dem Diamant zusammen auftreten. Im Gegensatz zum Korund hat man aber bisher die in Minas Geraös häufigen Begleiter Rutil und Anatas, sowie Turmalin und die Hydrophosphate in den Canavieirasgruben noch nicht gefunden. Was den Ursprung dieser Diamanten anbelangt, so hat man sie aus dem Gneis, Granit und den anderen Urgesteinen des benachbarten Küstengebirges, der Serra do Mar, abzu- leiten gesucht Es fehlt aber in ihrer Begleitung jede Spur von Feldspat, Glimmer usw., sowie von den sonst in Brasilien in diesen Gesteinen vielfach vorkommenden farbigen Mineralien: Chrysoberyll, Andalusit, Turmalın, Beryll usw., so daß die vermutete Abstam- mung doch zweifelhaft ist. Das richtige Muttergestein zu ermitteln, ist noch Aufgabe weiterer Untersuchungen, jedenfalls scheint es nicht dasselbe zu sein wie in Diamantina, da die dortigen Gesteine in der ganzen Umgebung nicht anstehend bekannt sind. Der Ertrag dieser Gruben war gleich nach der Entdeckung so bedeutend, daß die anderen Diamantdistrikte mehr oder weniger verödeten. Die Steine sind durch Reinheit und schöne weiße Farbe ausgezeichnet und ebenso durch sehr regelmäßige, für das Schleifen außerordentlich günstige oktaödrische Form, so daß das Spalten so gut wie überflüssig ist. Eine Zeit lang beruhte die Diamantenproduktion von Brasilien zu einem guten Teil auf diesen Gruben. Wenn sie aber auch sehr reich waren, so waren sie es vielleicht doch nicht in dem Maße, als sie es schienen. Es wird nämlich behauptet, daß man viele Kap- diamanten nach Canavieiras schickt, um sie von hier aus als brasilianische Steine in den Handel zu bringen und teurer bezahlen zu lassen, ähnlich wie man früher brasilianische Dia- manten nach Indien gehen ließ, um ihnen als scheinbar indischen Steinen einen höheren Wert zu verleihen. Gegenwärtig hat der Ertrag gegen früher schon sehr erheblich abge- nommen, und die Ablagerung scheint der vollständigen Erschöpfung schon sehr nahe. Dasselbe gilt aber mehr oder weniger für alle jetzt bekannten Diamantfelder in Brasilien, die fast sämtlich in der letzten Zeit nur schwach bearbeitet worden sind. - VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN 205 Betrachtet man die Beschaffenheit der brasilianischen Diamanten im großen und ganzen, so zeigen sie neben einer Reihe von gemeinsamen Eigenschaften auch vielfache Verschiedenheiten, die zuweilen dem Kenner den brasilianischen Ursprung und manchmal sogar den speziellen Fundort verraten. Die Größe ist fast immer gering. Brasilien steht in dieser Beziehung hinter Indien und namentlich weit hinter Südafrika zurück, wo sehr viel große Steine vorkommen. Weit- aus die Mehrzahl der brasilianischen Diamanten wiegt 'Jı Karat und weniger. Kleinere als etwa von Stecknadelkopfgröße werden nicht gewonnen, sie gehen bei dem gewöhn- liehen Waschprozeß verloren. Besondere Versuche haben aber gezeigt, dab sie in reichlicher Menge vorhanden sind, es ist jedoch nicht lohnend, auf sie Rücksicht zu nehmen. Steine von !/ı bis !/» Karat sind häufig, solche von 1 bis 5 und 6 Karat selten und mit steigender Größe immer seltener. Noch größere gehören zu den ungewöhnlichen Erscheinungen. In Diamantina wurden in den besten Zeiten jährlich nur ungefähr zwei bis drei Steine von 16 bis 20 Karat, jüngstens in der Grube von Agua Suja mehrere von 20 bis 50 Karat gefunden, und bis ein noch schwererer vorkam, vergingen mehrere Jahre. Unter 10000 brasilianischen Diamanten wiegt im Durchschnitt selten mehr als einer 20 Karat, und 8000 wiegen je 1 Karat und weniger. Während der ganzen direkten königlichen Verwaltung von 1772 bis 1830 sind nur 80 Steine von größerem Gewicht als eine Oitava = 17! Karat gewonnen worden, abgesehen von den defraudierten, deren Zahl unbekannt ist. Der größte brasilianische Diamant ist der oben (S. 186) erwähnte von ca. 300 Karat aus dem Rio Verissimo in Goyaz. Bis zu dessen Entdeckung im Jahre 1906 war es der „Stern des Südens“ oder „Südstern“, der in den fünfziger Jahren bei Bagagem erbeutet wurde und der im rohen Zustande 254'/ Karat wog. Er lieferte einen schönen Brillant von 125 Karat. Ein Stein von 1381/2 Karat stammt aus dem Rio Abaete und ein solcher von 1203/ı Karat aus der Caxoeira rica bei Bagagem. Von Tabacos am Rio das Velhas wird ein Diamant von 107 Karat erwähnt; andere über 100 Karat sind nicht bekannt geworden. Der vielgenannte „Braganza“, der vermeintliche hühnereigroße Diamant von 1680 Karat im portugiesischen Kronschatz ist, wie wir gesehen haben, mit höchster Wahrscheinlich- keit nichts anderes als ein durchsichtiges farbloses Topasgeschiebe. Es ist aber nicht mög- lich, näheres zu erfahren, Ya die portugiesische Regierung die Sache aus begreiflichen Gründen im Dunkel hält. Die Kristallformen, die in Brasilien vorkommen, sind ziemlich mannigfaltig; die einzelnen Fundorte sind darin vielfach verschieden. Auch die Regelmäßigkeit der Formen ist nicht überall dieselbe, namentlich sind im Bezirk von Cincorä, wie schon oben erwähnt, die Kristalle im allgemeinen viel mehr verschoben und verzerrt als in Minas Geraös und bei Salobro. Im Durchsehnitt aller Lokalitäten sind die Hauptformen das Granatoöder und das Hexakisoktaöder mit rundlichen Flächen, durch Verzerrung vielfach von der idealen Form erheblich abweichend (Fig. 39 c bis f). Regelmäßige Oktaöder finden sich außer bei Salobro seltener, anderwärts sind sie vielfach verschoben, zuweilen zu dünnen Tafeln. Würfelformen (Fig. 39, a) sind für Brasilien besonders charakteristisch; sie finden sich anderwärts sehr selten, sind aber hier häufig. Tetra&der und andere hemiödrische Formen, besonders Hexakistetraöder (Fig. 39, %k) sind dagegen nur wenig gefunden worden. Zwillinge von Granatoödern kommen vielfach vor (Fig. 39, h), solche von Oktaödern (Fig. 39, 9) gehören zu den Seltenheiten. Unregelmäßige Verwachsungen mehrerer Diamantkristalle zu kleinen Gruppen trifft man in großer Zahl. Eine solche bildete ursprünglich der oben erwähnte „Südstern“, an dem mehrere Eindrücke von kleineren Diamanten sichtbar gewesen sind, die aber abge- brochen waren, als der Stein gefunden wurde. Nicht selten sind Bortkugeln (Tafel I, 206 ZWEITER TeEiL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Figur 3), oft von ganz regelmäßiger Kugelgestalt, die ringsum durch kleine hervorragende oktaädrische Kristallspitzen rauh und infolge der Verwachsung aus zahlreichen kleinen Kriställchen milchig trübe sind. Überhaupt gehören ungefähr ein Viertel aller in Brasilien gefundenen Steine zum „Bort“, der nicht zum Schmuck verwendet werden kann. Die Oberfläche der rohen Diamanten ist teils glatt, teils gestreift oder rauh. Die Steine sind bald matt, bald glänzend; bald undurchsichtig oder durchscheinend. Manche sind schon im rohen Zustande vollkommen durchsichtig und zeigen dann zuweilen vor dem Schleifen bereits ein schönes Farbenspiel, wie es sonst erst nach der Bearbeitung auf- zutreten pflegt. Über den besonderen eigentümlichen Glanz, der den Steinen von Mato Grosso abweichend von allen anderen brasilianischen eigen ist, wurde schon oben berichet. Zuweilen ist der ganze Stein von Hohlräumen durchzogen wie der Bimsstein. Auch regelmäßige Vertiefungen an der Oberfläche kommen vor, die nicht selten die Form von Quarzkristallen haben, auf denen die betreffenden Diamantkristalle dann ursprünglich aufgesessen haben müßten. Diamantkristalle mit Ansatzflächen, mit denen sie auf einem andern Mineral aufgewachsen waren, werden vielfach beschrieben. Ein solcher ist wohl der „Südstern“ (Figur 58); mit größter Wahrscheinlichkeit ist er mit der breiten unteren Fläche auf dem Gestein befestigt gewesen. Die Farbe und die dadurch bedingte Qualität variiert außerordentlich und auch hierin sind verschiedene Fundorte verschieden. Ungefähr 40 Proz. sind vollkommen farb- los, 25 Proz. vom reinsten Wasser und von der ersten Qualität. Das schönste und ge- schätzteste Blauweiß ist darunter nicht ganz selten. Weitere 30 Proz. haben einen leichten Anflug einer Färbung, und der Rest von wieder 30 Proz. zeigt eine ausgesprochene Farbe, doch sind schöne tief gefärbte Steine sehr selten. Neben den farblosen sind die matt weiß- lichen und die grünlichen am häufigsten. Die lichteren Farbentöne sind, wie wir schon oben bei der allgemeinen Betrachtung der Färbung des Diamants gesehen haben, vielfach nur auf der Oberfläche und verschwinden beim Schleifen oder bei kurzem Glühen an der Luft, wodurch der farblose Kern zum Vorschein kommt. Namentlich der Bezirk von Diamantina und besonders der Rio Pardo und ebenso auch die Serra da Cineorä haben derartige Steine geliefert. Zuweilen zeigen nur die Kanten und Ecken einen farbigen Anflug. Bei stärkerer Färbung geht die Farbe durch den ganzen Stein hindurch, doch hat man auch Steine angetroffen, die an verschiedenen Stellen verschieden gefärbt waren, wie gleichfalls schon oben mitgeteilt wurde. Zuweilen sind dunkle, meist schwärzliche Flecken oder moosförmige Zeiehnungen wie im Moosachat im Innern vorhanden. Auch andere fremde Einschlüsse sind häufig. Die Farben, die man beobachtet hat, sind gelb, rot, braun, grün, grau, schwarz, meist mit vielfachen Nuancen; blau ist selten, doch sollen einige schön blaue Steine vorgekommen sein. Faßt man die Qualität im allgemeinen, abgesehen von der Größe, ins Auge, dann sind die brasilianischen Steine im Durchschnitt besser als die meist gelblichen vom Kap. Sie gleichen den indischen oder sind ihnen doch sehr nahe. Die schönsten blauweißen Diamanten von Brasilien stehen den besten indischen in keiner Weise nach. Nicht alle brasilianischen Fundorte sind jedoch in Bezug auf die Qualität einander gleich. Am höchsten steht die Gegend von Bagagem; von hier stammen außer den größten auch die schönsten und die weißesten, jedoch finden sich neben diesen freilich auch viele gefärbte, braune, schwarze usw. Unter ihnen haben einige, aber freilich nur wenige eine vorteilhafte Farbe; diese sind dann sehr gesucht. Die meisten zeigen neben der schlechten Farbe noch zahlreiche kleine Fehler und vielfach eine unregelmäßige Form, so daß sie wenig geschätzt sind. Auf die Steine von Bagagem folgen die aus den Cana- vieirasgruben, wo zwar kleine, aber fast durchaus schön weiße und regelmäßig gestaltete Diamanten mit nur wenigen Fehlern gefunden worden sind. Bei Tage haben sie einen VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 2. BRASILIEN. 207 schönen Glanz und gutes Farbenspiel, sie verlieren aber davon erheblich bei Kerzenlicht und zeigen dann das weniger vorteilhafte Aussehen der Kapsteine. An dritter Stelle kommen die Diamanten von Diamantina, die verschiedenen Fundorte mit gewissen Unter- schieden, welche den Einheimischen genau bekannt sind. Einige Gräbereien liefern nur weiße, andere nur gefärbte Steine; im allgemeinen überwiegen die letzteren. Dies ist auch der Fall bei Gräo Mogol. Zuletzt sind die Steine von Cincorä zu erwähnen, die zu drei- viertel gefärbt und beinahe alle unregelmäßig und für den Schliff ungünstig gestaltet sind und die zur Hälfte aus Bort bestehen. Die Diamanten von Bagagem und Canavieiras sind nur oberflächlich gefärbt; sie sind von Natur glänzend, selten matt. Die von Dia- mantina sind dagegen sehr glänzend, außer wenn sie regelmäßige Oktaöderform haben; nicht selten haben sie eine ganz rauhe Oberfläche. Die Diamantenproduktion Brasiliens von den frühesten Zeiten ab ist eine un- gemein große. Für das 18. Jahrhundert und die ersten Jahrzehnte des 19. hat man genaue offizielle Nachweisungen; für die ersten Jahre nach der Entdeckung fehlen diese, ebenso sind auch für die allerneueste Zeit keine ganz sicheren Nachrichten vor- handen. Viele Angaben beruhen daher auf mehr oder weniger unsicheren Schätzungen. Jene offiziellen Ermittelungen umfassen auch nur die auf legitimem Wege gewonnenen Diamanten, die Menge der durch den Schleichhandel in den Verkehr gebrachten nicht registrierten Steine soll nach der Annahme des früheren brasilianischen Oberberghaupt- manns W. L. v. Eschwege wenigstens zeitweise ebenso groß, wenn nicht noch größer gewesen sein; andere nehmen hierfür allerdings nur ein Fünftel bis ein Drittel an. Nach den Mitteilungen von Dr. E. Hussak, früher in S. Paulo, jetzt in Rio de Janeiro (Brasilien), die auf den älteren Angaben von v. Eschwege und Castelnau und den genaueren von Olyntho und Calogeras beruhen, ist unten die Gesamt- diamantenproduktion für die Zeit von 1740 bis 1903 angegeben. Nimmt man hinzu die von 1730 bis 1740 gefundene Menge, nach v. Eschwege schätzungsweise 20000 Karat im Jahre, und für die vier Jahre von 1903 bis 1907 ım Durchschnitt denselben Jahres- trag wie für die 37 Jahre von 1866 bis 1903, also 51739 Karat, so erhält man Bde Posten: 1730-1 TA a 20 OR ara 1740-18 EI a EBET NEST 18505 19m pe RN UN ı 2 SASURRE- 1859-1862. VMaR SER ERERORREIN ID ERGO DnoeeE 1S621S66r PM EEE EREETEAANZ 18662100 EN SE RER EI 1903—1907 . PAENEN IP 206 956 „ also von Anfang an bis jetzt (1907) 15316987 Karat oder sehr nahe 3140 Kilogramm, wovon die reichliche Hälfte auf Minas Geraös entfällt. Die Erträge schwanken in verschiedenen Zeitabschnitten erheblich. Von 20 000 Karat im Jahr zwischen 1730 und 1740 war die Jahresausbeute zwischen 1740 und 1772 (1666569 Karat nach amtlichen Tabellen) auf nahezu 54000 Karat gestiegen, zwischen 1772 und 1828 (1319192 Karat im ganzen) war sie infolge der Erschöpfung der Lager wieder auf 23500 Karat gesunken. Speziell zwischen 1811 und 1822 wird sogar nur 12000 Karat angegeber. Eine sehr beträchtliche Zunahme auf mehr als 200000 Karat fand dann 1850—1852 infolge des Auffindens der Diamanten von Cincorä statt, aber 1854 bis 1858 war der Ertrag schon wieder auf etwa 90000 Karat (schätzungsweise) im Jahre gesunken, von denen 36000 Karat auf Minas Geraös, 54.000 auf Bahia entfallen. Auch 208 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. die Entdeckung des Canavieiras-Lagers hat nach 1881 eine vorübergehende Steigerung eintreten lassen, gegenwärtig kann man nach der obigen Tabelle etwa 50000 Karat im Jahre annehmen. 3. Guayana. Neuerdings sind auch in einem anderen Teile von Südamerika, in den Goldseifen von Britisch-, und allerdings in sehr viel geringerer Menge auch in denen von Holländisch- Guayana Diamanten gefunden worden. Die neuen Fundstellen liegen etwa 3700 Kilo- meter von den brasilianischen entfernt, gleichwohl ist aber mit den dortigen Diamanten namentlich mit denen von Agua Suja große Ähnlichkeit vorhanden, was die Beschaffen- heit der Steine und ihr Vorkommen anbelangt. Das vor einigen Jahren gemeldete Vor- kommen ım Tipnani-Distrikt am Ostabhang der peruanischen und bolivianischen Kordilleren ist bisher noch nicht bestätigt worden. In Britisch-Guayana sind gegenwärtig drei diamantführende Bezirke in verschiedenen Teilen des Landes bekannt: 1. im Gebiet des oberen Mazaruni und dessen Nebenflusses Putareng; 2. südlich von Georgetown der Omai-Bezirk im Gebiet des Potaro, eines linken Nebenflusses des Essequibo; 3. im Norden am Oberlauf des Barima zwischen dem Jumbo- und dem Five Star Creek und 110 Kilometer südlich bei Jauna am Barima. 1. Der erste Fund geschah 1890 zufällig beim Goldwaschen am Putareng, einem Nebenfluß des oberen Mazaruni, wobei neben dem Gold einige Diamanten in der Schüssel (Bat&a) zurückblieben. Der Ort liegt unter 6° 14‘n. Br. und 600 18° w.L. von Greenwich, ungefähr 280 Kilometer oberhalb der Stadt Bartica. Von Georgetown aus dauert die Reise dorthin 12 bis 20 Tage, je nach dem Wasserstand des Mazaruni, dessen Lauf häufig durch Stromschnellen und Wasserfälle unterbrochen wird. Die Fundstelle ist 7 bis 8 Kilometer vom Mazaruni entfernt; sie kann nur auf einem engen Pfad durch sumpfiges Land und dichten Dschungel erreicht werden, und alle Bedürfnisse müssen von Indianern auf dem Kopf dorthin transportiert werden. Die Gesteine des Mazaruni-Tales sind auf weite Erstreekung Granit und Gneis, die von Gängen von Diabas und ähnlichen Gesteinen durchsetzt werden. Die gegenwärtig be- triebenen Diamantwäschereien liegen im Alluvium des Putareng an der Seite eines Hügels. Zu oberst findet sich reiner, weißer Quarzsand, 18 Zoll, über einer ebenso dieken Lage gelben sandigen Tons mit Quarzbrocken und Schmitzen von Sand und Kies, die durch Eisenoxyd verkittet sind und in denen gelegentlich kleine Diamanten gefunden werden. Dann folgen bis zur Sohle der jetzigen Gräberei 7 Fuß Ton, der nach unten mehr und mehr kiesig wird, wobei die Gesteinsbrocken stetig an Größe zunehmen und um so häufiger durch Eisenoxyd zementiert werden, je tiefer man kommt. Manche dieser Brocken er- scheinen abgerollt und es sind ihnen kleinere Geschiebe und Sandkörner durch ein feld- spatiges Bindemittel angebacken, während andere noch ihre scharfen Eeken haben. Einige bestehen aus Felsit, daneben finden sich Eisensteinkonkretionen, die meisten sind jedoch Quarz. In Gesellschaft dieser Gesteinsgeschiebe trifft man Körner von Ilmenit und kleine runde Gerölle von schwarzem Turmalin und Ceylanit, sowie von Topas und Korund (Sapphir). Den ausgegrabenen Kies bringt man in hölzernen Schüsseln nach einem nahen, kleinen Bach, wo er in engmaschigen Sieben (!/ıs Zoll Maschenweite) gewaschen wird; ‘der Rück- stand wird, solange er naß ist, ausgelesen. Die im Jahr 1890 zuerst gefundenen Diamanten stammen vom Fuße des Hügels aus dem Grunde des Tales. Zwei Proben Kies von 100 und 150 Kubikmeter haben je etwa 1000 Steine geliefert. Die Ablagerungen auf der Höhe der Hügel sollen aber reicher und aussichtsvoller sein. Jedenfalls gilt es für sicher, VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA. 209 daß die diamantenführenden Ablagerungen eine erheblich größere Verbreitung besitzen als die bis jetzt bekannt gewordenen. Bis zum Jahre 1902 wurden 172844 Stück Diamanten im Gewicht von 11718 !/s Karat angemeldet, so daß also ein Stein im Durchschnitt !/ıs Karat wiegen würde. Die allermeisten sind also sehr klein, nur wenige wiegen I Karat, ganz vereinzelt geht das Gewicht bis 1!/ Karat und ausnahmsweise bis ?2 Karat und wohl auch noch darüber. Die Form pflegt die des Oktaöders zu sein. Die Steine sind ausgezeichnet rein und weiß und sehr stark glänzend. Der Wert pro Karat beträgt im Mittel ungefähr 50 Mark, also der Gesamtwert der Funde bis 1902 etwa 600000 Mark. 1904 begann die systematische Ausbeutung durch ein Duzend Gesellschaften, zum teil schon mit Maschinen, die trotz der enormen Transportschwierigkeiten herbeigeschafft worden sind. Der Gewinn ist aber noch gering der enormen Kosten des Betriebs wegen, die nun durch Anlage einer Eisenbahn vermindert werden sollen; man kann erwarten, daß die Produktion dann einer raschen Ent- wickelung entgegengehen werde. Jedenfalls ist diese Gegend weitaus die wichtigste in ganz Guayana, alle anderen Funde sind den dortigen gegenüber von ganz untergeordneter Bedeutung. 2. Ein anderes Vorkommen von Diamanten wurde in den Goldwäschereien des Omai- flusses, eines kleinen Nebenflusses des Essequibo entdeckt, der sich 240 Kilometer von dessen Mündung mit ihm vereinigt. Ein kleiner Bach, der in den Omai fließt, der Gilt Creek, hat beim rohen Waschen auf einer 500 Fuß langen und 50 Fuß breiten Strecke 60000 Unzen Gold und einige hundert kleine Diamanten geliefert. Der goldhaltige Kies besteht hier aus mehr oder weniger zersetzten Brocken des Hauptgesteins der Gegend, Dolerit oder Diabas, aus Eisensteinkonkretionen und eckigen Quarzstücken. Aus ihm stammen auch die Diamanten, die allermeist vollkommen klare und farblose Oktaeder bilden, während die übrigen verschiedene Nüancen von rosa, grün und hellgelb zeigen. Es wird vermutet, daß dieses Vorkommen ebenfalls genügende Aussichten für eine systematische Ausbeutung bietet. 3. Sehr wenig ist von der Gegend am Barima bekannt, die daher hier nur genannt werden soll. Auch in Holländisch-Guayana sind Diamanten entdeckt worden, und zwar gleichfalls gelegentlich beim Goldgraben. Die Lagerstätten sind im Mindreneti-Distrikt im Zentrum des Landes, zwischen dem Surinam- und dem Paramaca-Fluß, in der sog. ersten Goidzone. Vorläufig ist dieses Vorkommen noch ohne jede praktische Bedeutung, doch soll 1890 hier ein schöner Stein erbeutet worden sein. Aus Französisch-Guayana werden neuestens ebenfalls vereinzelte Diamanten- funde gemeldet. 4. Südafrika. Die Diamantgruben von Südafrika sind heutzutage weitaus die wichtigsten und reichsten. Mindestens neun Zehntel aller Diamanten, die jetzt in den Verkehr kommen, stammen von dort; es sind die sogenannten Kapsteine. Der Handel wird gegenwärtig vollständig von da aus beherrscht, und die früher so bedeutenden Fundorte in Brasilien, und mehr noch die in Indien, spielen jetzt eine untergeordnete Rolle. Wir verdanken Emil Cohen, der den Diamantenbezirk am Kap im Jahre 1872 besuchte, die ersten genaueren wissenschaftlichen Nachriehten darüber, und seine Mit- teilungen sind auch jetzt noch von größter Bedeutung. Zahlreiche andere Forscher haben seine Untersuchungen fortgesetzt und in manchen Einzelheiten vervollständigt, wesentliche neue Gesichtspunkte sind aber nicht zutage getreten. Von Moulle, Chaper, Boutan, Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 14 210 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Reunert, Stelzner, L. de Launay und anderen, aus neuester Zeit namentlich von Gardner F. Williams, dem früheren Generaldirektor der De Beers-Gruben, be- sitzen wir zusammenfassende Darstellungen der dortigen Verhältnisse. Diese und die Originalarbeiten vieler sonstiger Forscher liegen den folgenden Betrachtungen zugrunde. e Grrus-6R E zZ ayık Smullr6r 2 We u e m A, NVewlands-Gruben o ‘NeyKopje EIER Teikester- Grjube Terkfryke eWashingten-Grube Hobrou ePtle-Grube Waldeis\% a GI EORI TC. N elicloriaftrübe 97 N DORT A AR a &, F fi DAL Phöni Y S 02 Part. Priel ° Ä Q / Radlofts Kopje & > S % 0) se 95 Q ge son / 0 999; Kimberley®o7/ : ® © ID t ir; I 24 ® > Olifant-Grube > oe Diy diggürgs. „ River diggings im Vaal-Ihal. Fig. 45. Diamantvorkommen in Südafrika (westlicher Teil). (Maßstab 1:1500 000). Die ersten Diamanten in jenen Gegenden wurden — wenn wir einige unsichere An- eaben aus früheren Jahrhunderten unberücksichtigt lassen — im Jahre 1867 bekannt. Der Bur Daniel Jacobs besaß eine Farm „De Kalb“ am Oranjeflubß bei Hopetown (Fig. 15), etwa 50 Kilometer oberhalb der Einmündung des Vaals gelegen. Unter den vielen bunten Flußkieseln bemerkten dessen Kinder einen farblosen, stark in der Sonne glänzenden VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA. 211 Kristall, den sie mit sich nach Hause nahmen. Ein anderer benachbarter Bur, Schalk van Niekerk hatte eine unbestimmte Vermutung, daß hier etwas Besonderes vorliegen könnte. Er ließ sich den Stein schenken und übergab ihn dem herumziehenden Händler John O’Reilly mit dem Auftrag, zu ermitteln, von welcher Art er wäre und ob er sich vielleicht mit Vorteil verkaufen ließe. O’Reilly wandte sich zu diesem Zwecke durch die Vermittlung von Lorenzo Boyes in Colesberg an den sachverständigen Mineralogen Dr. W. Guybon Atherstone in Grahamstown, der sofort erkannte, daß er es mit einem Diamanten zu tun habe und der dessen Gewicht zu 21!/g (genauer 21!/ıs) Karat bestimmte und seinen Wert auf 500 Pfund Sterling schätzte. Um diesen Preis ging der Stein in den Besitz des damaligen Gouverneurs der Kapkolonie, Sir Philip Woodhouse, über, nachdem er auf der Weltaus- stellung desselben Jahres (1867) in Paris zu sehen gewesen war. Natürlich erregte diese Entdeckung unter den umwohnenden Buren und Schwarzen einige Aufmerksamkeit, und auch andere Leute stellten Nachforschungen an. Aber erst zehn Monate später wurde, fern von der ersten Fundstätte, und zwar etwas unterhalb der Mündung des Vaal, im Oranjefluß ein zweiter Diamant festgestellt. Diesem folgte dann der prächtige weiße 83!/, Karat schwere Stein, den im März 1869 ein schwarzer Schäfer auf der Farm Zandfontein nahe dem Oranjefluß auf dem Boden auflas.. Auch dieser Stein wurde von Schalk van Niekerk in den Handel gebracht; später gelangte er dann unter dem Namen „Stern von Südafrika“ zur Berühmtheit. Weitere nennenswerte Funde wurden am Öranjefluß nicht gemacht. Inzwischen hatte aber auch der Vaalfluß eine Anzahl Diamanten geliefert. Er erschien bald aussichts- voller und reicher als jener, und hierher richteten sich daher die Blicke der Leute, die, angereizt durch die bisherigen mehr zufälligen Funde, begannen, den Edelstein systematisch aufzusuchen. Eine erste größere Unternehmung dieser Art ging von Natal aus; die Gesellschaft erreichte den Vaal nach beschwerlicher Reise im November 1869 und fand hier, nach vielen vergeblichen Versuchen und schon fast gänzlich entmutigt, bei Klipdrift, jetzt Barkly-West, gegenüber der Missionsstation Pniel am 7. Januar 1870 den ersten Diamanten, dem bald zahlreiche andere folgten. Diese günstigen Resultate bewirkten im Verein mit den früheren Funden ein immer massenhafteres Zusammenströmen von Diamantengräbern (diggers) auch aus der Kapkolonie und von anderen Gegenden. Bis 10000 sollen zeitweise dort versammelt gewesen sein. Sie ließen sich durch den wochenlangen Marsch in der wenigstens zur Winterszeit dürren Karru, wobei zahlreiche Zugtiere zugrunde gingen, sowie durch die Unwirtlichkeit der da- mals fast menschenleeren Diamantgegenden nicht abhalten, ihr Glück zu versuchen. Nach- dem zuerst nur die an der Erdoberfläche herumliegenden Steine aufgesammelt worden waren, kamen bald, zuerst unter den ungünstigsten äußeren Verhältnissen, die Gräbereien und Wäschereien an zahlreichen Orten am Vaal zur Entwickelung. Allerdings erwies sich der Ertrag als unbedeutend, und so verließen die meisten diggers nach kurzer Zeit wieder ihre Arbeitsstätte im Vaaltal, um anderwärts lohnendere Beschäftigung zu suchen. Indessen haben die von ihnen gegründeten „river diggings“ doch immer noch, trotz der späteren viel wichtigeren Entdeckungen, eine gewisse, wenn auch untergeordnete Bedeutung. Wir werden sie später noch eingehender kennen lernen, vorläufig aber die Geschichte der Entdeckungen weiter verfolgen. Bald zeigte nämlich die mit regstem Eifer fortgesetzte Durchforschung des Landes nach Diamanten, daß in jenen Gegenden nicht bloß die Flüsse den Edelstein führen. Auch oben auf der Hochfläche zwischen dem Vaal und dem Modder, etwa 40 Kilometer südöstlich von Pniel (Fig. 45) wurden in den Jahren 1869 bis 1871 Funde gemacht. Man glaubte zuerst, daß man es mit alten Flußläufen oben auf der Höhe zu tun habe, es stellte sich aber bald heraus, daß es sich hier um ein ganz eigenartiges und von allem bis dahin 14* >12 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. bekannten völlig abweichendes Vorkommen handelt. Es waren nicht die Schuttmassen der Seifen im Vaaltale, sondern die Diamanten lagen in einem eigentümlichen grünlichen Gestein eingeschlossen, das sich im Laufe der Zeit an zahlreichen Stellen in Südafrika in wesentlich derselben Beschaffenheit wiederfand. Man gab ihm den Namen „blue ground“ (blauer Grund, Blaugrund), mit dem es auch heute noch ganz allgemein bezeichnet wird. Dieses Gestein war auch nicht wie jene Seifen nur oberflächlich ausgebreitet, sondern es setzt, wie man später bei dem Abbau erkannte, als Ausfüllungsmasse schlotartiger Röhren und mehr oder weniger weit sich hinziehender Spalten quer durch die umgebenden Gebirgs- schichten senkrecht in unbegrenzte Tiefe fort. Jedenfalls hat man durch den Bergbau, der in der Kimberleygrube, der tiefsten von allen, bis 900 Meter in die Erde eingedrungen ist, noch keın Ende erreicht. Die schlotförmigen Röhren, sog. pipes, haben einen kreisrunden, ovalen oder nierenförmigen Querschnitt von verhältnismäßig geringem Umfang. Der Durchmesser beträgt 25 bis mehrere hundert Meter; die höchsten Werte hat die ovale Premiergrube bei Pretoria ergeben: 600 und 900 Meter in zwei zueinander senkrechten Richtungen. Die Spaltenausfüllungen, echte Gänge, sind wenige Zentimeter bis 30 Meter mächtig und ziehen sich bis mehrere Kilometer weit im großen und ganzen zeradlinig hin. Diese (Gänge, teilweise oberirdisch nicht erkennbar, sind früher nicht beachtet worden, weil sie für die Diamantengewinnung nur wenig in Betracht kommen. Sie treten entweder ganz für sich allein, selbständig auf, oder sie stehen mit den „pipes“ in Verbindung; sie gehen von ihnen aus, so daß diese zuweilen auf einer Seite oder auf beiden ausgezogen er- scheinen, oder sie verbinden wohl auch zwei solche Röhren miteinander, und nicht selten erweisen sich die pipes deutlich als lokal erweiterte Gänge. Auf diesem „blue ground“, namentlich in den pipes der damals noch nicht vor- handenen, heutzutage aber so wichtigen Stadt Kimberley entwickelten sich dann die ungeheuer rasch zu so großer Bedeutung gelangten Gräbereien, die gegenwärtig die weitaus überwiegende Menge aller in den Handel kommenden Diamanten liefern. Sie wurden wegen der vollkommenen Trockenheit des diamantenführenden Gesteins als „dry diggings“ (trockene Gräbereien) von den „river diggings“, den Gräbereien im nassen Fluß- kies, unterschieden. Kaum war das Auftreten von Diamanten in dieser Gegend bekannt geworden, so sammelten sich gewaltige Scharen, zeitweise bis zu 20000 Mann, die von allen Seiten herzuströmten, um sich an der Gewinnung dieser Schätze zu beteiligen. Namentlich ‚eilten auch viele diggers vom Vaal herbei in der Hoffnung, an den neuen Plätzen unter vielleicht günstigeren Umständen größere Erfolge zu erzielen. Eine solche plötzliche Ansammlung zahlreicher Diamantengräber an einem neuen Fundpunkt wurde ein „rush“ genannt. Die Ankömmlinge bedrängten die Buren, denen das Land gehörte und mit denen sie sich vielfach über die für das Graben auf deren Grund und Boden zu bezahlenden Entschädigungen nicht zu einigen vermochten. Die alten Besitzer waren daher froh, ihre Farmen an die zum Zwecke der Diamantgewinnung neu gebildeten Gesellschaften zu in ihren Augen sehr vorteilhaften Preisen verkaufen zu können, die aber angesichts der in dem Boden nachmals gefundenen ungeheuren Reich- tümer lächerlich gering waren. Aber die diggers, die dieser Schätze sich bemächtigen wollten, waren in jenem ab- gelegenen Landstrich nicht auf Rosen gebettet. In der heißen und schattenlosen, wenn auch nicht ungesunden, fast menschenleeren Gegend fehlten die notwendigsten Lebens- bedürfnisse. Es gab kein trinkbares Wasser in der Nähe, Nahrungsmittel waren spärlich, der Staub und die Insekten quälten die Leute, die keine menschenwürdigen Wohnungen hatten und zumeist unter freiem Himmel oder in schlechten Hütten und Zelten kampieren mußten, so daß nicht wenige an den Entbehrungen bei der harten Arbeit und an Krank- VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA. 313 heiten zugrunde gingen. Jedoch die schlimmen Zustände der ersten Zeiten besserten sich allmählich, die Gruben erwiesen sich als sehr reichhaltig, und immer neue Funde wurden gemacht, so daß trotz aller anfänglicher Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten keine Ent- mutigung Platz greifen konnte. Den ersten Fund in der Nähe der jetzigen Stadt Kimberley machte, wie es scheint, der Bur Cornelius Hendrik du Plooy auf seiner Farm Bultfontein (Fig. 46), nach der ge- wöhnlichen Angabe am 6. November 1869. Er zeigte in dem Dorf Jakobsdal mehrere ihm auffällig erschienene Steine vor, von denen einer als ein Diamant erkannt wurde. Auf dieser Farm steht jetzt die nach ihr benannte Grube Bultfontein. Es folgte die unmittelbar östlich anstoßende Farm Dorstfontein, wo im September 1870 der Eigentümer, der Bur Adriaan SEIN J IN Y/ \D% 4 NM: BENAUWDHEITSFONTEIN Fig. 46. Diamantgruben bei Kimberley. (Maßstab 1:40000). J. van Wyk nahe bei seiner Wohnung auf einen am Boden liegenden Diamanten stieß ; auch soll er eine Anzahl Steine aus den Wänden seines Hauses herausgelöst haben, die aus dem Schlamm eines benachbarten Teiches, einer „pan“, aufgeführt worden waren. An dieser Stelle wurde dann die nach dem Vorbesitzer des Wyk, Abraham Pauls Du Teoit, benannte Grube Dutoitspan angelegt. Als noch wichtiger erwies sich nachmals die etwa 3 bis 4 Kilometer weiter im Norden gelegene Farm Vooruitzigt des Buren de Beer, auf deren Gebiet in der Folge allmählich die Stadt Kimberley entstand. Der erste Fund, im Mai 1871, führte zur Begründung der Grube „De Bcer’s rush* oder „Old de Beer’s* oder kurz De Beer’s östlich von der Stadt. Im Juli desselben Jahres 1871 wurden Diamanten auch auf der Spitze eines kleines Hügels (kopje) westlich von der Stadt Kimberley entdeckt und hier entstand dann die vierte der großen und berühmten Kim- 214 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. berleygruben, die zuerst als „Colesberg Kopje“ oder als „De Beer’s new rush“ bezeichnet wurde, die aber bald den Namen Kimberleygrube schlechtweg erhielt und die sich späterhin als die reichhaltigste und wichtigste von allen vieren erwies. Diese vier Gruben waren bis in die letzte Zeit die Hauptdiamantenfundorte, und von ihrer Eröffnung schreibt sich der riesenhafte Umschwung in der Diamantengewinnung her- Ihnen hat sich erst jüngst noch eine gleichwertige in einem andern Teile Südafrikas, in Transvaal angeschlossen. Aber auch jetzt sind sie noch von der größten Wichtigkeit und Bedeutung. Sie befinden sieh sämtlich dicht bei der 1872 von den Diamantengräbern be- gründeten Stadt Kimberley, dem Mittelpunkt der gegenwärtigen Diamantenindustrie, die jetzt etwa 50 000 Einwohner zählt und mit der noch einige volkreiche Vorstädte: Beacons- field, Wesselton und Kenilworth anschließen. Die beiden entferntesten Gruben liegen zirka 5 Kilometer auseinander; Fig.46 gibt ihre gegenseitige Position an. Hier ist der Ort, der bis vor ganz kurzem fast alle aus Südafrika in den Handel kommenden Diamanten, über 90 Prozent der Gesamtmenge der ganzen Erde geliefert hat. Außer den vier ge- nannten hat man aber später in engem Umkreis noch einige andere unbedeutendere Lager- stätten entdeckt, die jedoch wegen zu geringer Reichhaltigkeit meist unbebaut geblieben oder bald wieder verlassen worden sind. Nur eine einzige von ihnen hat eine gewisse beschränkte Wichtigkeit erlangt und einen immerhin nennenswerten Ertrag geliefert. Es ist dies die Wesseltongrube, ungefähr 2 Kilometer östlich von Dutoitspan und etwa 7 Kilometer südöstlich von Kimberley, die im September 1890 eröffnet wurde, also zwanzig Jahre später als die vier anderen jener Gegend. Sie hieß zuerst auch die Premier mine, dieser Name ist aber zugunsten einer lange nachher, 1902, entdeckten und eröffneten Grube bei Pretoria in Transvaal fallen gelassen worden, die jetzt mit zu den allerwichtigsten in Südafrika gehört und daher diesen Namen besser verdient. Nur im Vorbeigehen erwähnt seien die anderen, deren ungefähre Lage rings um die Stadt, bezeichnet durch die bei- gefügten Nummern, in Verbindung mit den schon erwähnten auf Fig. 45 dargestellt ist. Es sind: 3. Otto’s Kopje, 4. Kamfers Dam, 5. Taylor’s Kopje, 6. Doyl’s Kopje, 7. Sainte Augustinegrube, 8. Kimberleygrube, 9. De Beer’s, 10. Bultfontein, 11. Dutoitspan, 12. Wesselton, 13. Belgravia. Aber die Funde des Jahres 1870 beschränkten sich nicht auf die Umgebung von Kimberley. Fast gleichzeitig wie auf der Farm Dorstfontein (Dutoitspan), im August 1870, wurden etwa 120 Kilometer weiter südlich im Gebiet des Rietflusses auf der Farm Jagersfontein Diamanten nachgewiesen. Der Wirtschaftsinspektor Klerk daselbst beobachtete in einem zur Sommerszeit trockenen kleinen Wasserlauf (spruit) rote Granaten, von denen er gehört hatte, daß sie am Vaal auf die Anwesenheit von Diamanten hinweisen. Er begann darauf hier eine kleine Gräberei und traf in der Tiefe von 6 Fuß einen Stein von 50 Karat. Wie überall nach einem solchen Ereignis gab es nun auch hier einen „rush“, und es entstand die nach der Farm benannte, auch jetzt noch wichtige Grube Jagersfontein, der sich später neben anderen die 60 Kilometer weiter nordöstlich gegen Jacobsdal am Riet gelegene Grube Koffyfontein von geringerer Wichtigkeit anschloß. So liegen also alle südafrikanischen Diamantgruben, soweit sie nach den ersten großen Entdeckungen um das Jahr 1870 bekannt waren, auf einem verhältnismäßig kleinen Raum nördlich vom Oranjefluß beisammen (Fig. 45). Sie sınd in dem Land- strich verteilt, der von dem 26. Grade östlich von Greenwich und der Gabel: zwischen dem ÖOranje- und dem Vaalfluß, den beiden Hauptflüssen Südafrikas, begrenzt wird, wobei aber das rechte nördliche Ufer des letzteren Flusses noch mit eingerechnet und wobei von den allerersten ganz vereinzelten Funden abgesehen werden muß, die zum Teil etwas südlich vom Oranjefluß gemacht worden sind. Alle bis dabin bekannten Gräbereien und Wäschereien befinden sich in dem Quadrat, das von dem 28. und 30. Breiten- und von VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA. 215 dem 24. und 26. Längengrad begrenzt wird. Die Stadt Kimberley liegt ungefähr in der Mitte dieses Quadrats und die Grenze zwischen der Kapkolonie und dem früheren Oranje- Freistaat, bildet nahezu die Nordost-Südwest-Diagonale. Auf diesem Gebiet ist die Ver- teilung der Diamantfundpunkte (abgesehen von den Wäschereien im Vaalflusse) so, daß sie alle auf einer 200 Kilometer langen, fast geraden Linie liegen, die von Nord-Nord-West nach Süd-Süd-Ost gerichtet, ungefähr von der Mündung des Hartriver in den Vaal bis jenseits Fauresmith in der Oranjefluß-Kolonie, verläuft. Auf dieser Linie, die von geolo- gischer Wichtigkeit ist und einer ausgedehnten Bruchspalte entspricht, liegt Kimberley, ungefähr 40 Kilometer vom Vaal entfernt unter 28° 42° 54” südlicher Breite und 24° 50° 15” östlicher Länge von Greenwich in einer Meereshöhe von 1232 Meter; Koffyfontein ıst 60, Jagersfontein 120 Kilometer von Kimberley entfernt. Ein Stein von 70 Karat soll auch noch jenseits Jagersfontein bei Mamusa am oberen Hart gefunden worden sein, man hat davon aber nichts weiteres mehr gehört. Mancher dieser Fundpunkte ist nicht genauer untersucht, da der Ertrag die Arbeit nicht lohnte, davon ist dann hier weiter nicht die Rede. An manchen anderen Orten beruhten die angeblichen Diamantenfunde sogar auf wissentlicher Täuschung, die von den Betrügern zu dem Zweck unternommen wurde, um Spirituosen und andere Waren rasch und zu hohen Preisen an die hoffnungsvoll her- beiströmenden diggers zu verkaufen und so ein gutes Geschäft zu machen. Derartiges wurde daher als „canteen rush“ bezeichnet. Die ganze jetzt so wichtige Landstrecke war bis zur Entdeckung der Diamanten eine öde, beinahe wüste Gegend ohne jeden Ertragswert, wo ein spärlicher Pflanzenwuchs wenigen Buren und Jägern einen kärglichen Lebensunterhalt gewährte. Sie gehörte zum Oranje-Freistaat. Nachdem aber die Gewinnung der unterirdischen Schätze einen so ge- waltigen Aufschwung genommen hatte und eine große Menschenmasse in der früher so dünn bevölkerten und allseitig fast unbeachteten Gegend zusammengeströmt war, bemächtigte sich die englische Regierung des Landes unter dem Vorwand, in der zuchtlosen Gesell- schaft der Diamantgräber Gesetz und Ordnung herzustellen. Am 7. November 1871 wurde die englische Flagge in Kimberley gehißt, nachdem schon vorher (1870) die Diamantenfelder am Vaalfluß in der Nähe von Pniel usw. von den Engländern in Besitz genommen worden waren. Diese Annexionen waren Gewaltstreiche gegen den schwachen und schutzlosen Oranje-Freistaat, die das mächtige England schließlich 1876 durch Zahlung einer Entschädigungssumme von 90000 Pfund Sterling zu sühnen suchte. Aus dem annektierten Lande entstand dann die zuerst selbständige, seit 1880 aber mit dem Kap- lande vereinigte Kolonie Griqualand-West, die nunmehr alle die damals bekannten reichen Diamantengruben enthält, mit einziger Ausnahme der beiden südlichen dauernd zum Oranje- Freistaate, jetzt Oranjefluß-Kolonie, gehörigen, Koffyfontein und Jagersfontein, die aber nur etwa 6 bis 7 Prozent der gesamten südafrikanischen Diamanten liefern. Wie das ganze Land durch die Diamanten erst eigentlichen Wert erhalten hat, so sind auch die einzelnen Landparzellen, namentlich die, auf denen die Diamantgruben liegen, enorm im Preise gestiegen. So wurde für die fast wertlose Farm Dorstfontein 2600 Pfd. Sterling (52000 Mark), für die nicht wertvollere Farm Bultfontein 2000 Pfund Sterling (40000 Mark) bezahlt. Die Farm Vooruitzigt, auf der jetzt Kimberley liegt, war ihrem Besitzer 1871 um 6000 Pfund Sterling (ca. 120 000 Mark) abgekauft worden; im Jahr 1875 wurde sie von der englischen Regierung um 100000 Pfund Sterling (mehr als 2 Millionen Mark) erworben, um den unaufhörlichen Streitigkeiten zwischen den Besitzern des Grund und Bodens und den darauf arbeitenden Diamantgräbern über die von den letzteren an jene zu zahlenden Gebühren ein Ende zu machen. Weitere Vorkommnisse von der Bedeutung der oben genannten wurden nun trotz vieler eifriger, aber allerdings planloser Nachforschungen zahlreicher Prospektoren zunächst 216 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. nicht mehr aufgedeckt; das Hauptaugenmerk richtete sich auf die Ausbeutung der um 1870 entdeckten Lagerstätten. Infolge des trotzdem ununterbrochen fortgesetzten rastlosen Prospektierens auf den kostbaren Edelstein ergab sich jedoch allmählich, daß der Diamanten- grund keineswegs in seinem Vorkommen so beschränkt sei, wie man wohl eine Zeitlang angenommen hatte, sondern daß er im Gegenteil sehr häufig und über ganz Südafrika verbreitet ist. Von der Mitte und dem Norden der Kapkalonie nach Griqualand-West, von Groß-Namaland in Deutsch-Südwestafrika bis Rhodesia, nördlich vom Zambesi bis nach Ostafrika, im Pretoriadistrikt in Transvaal, im Blumhofdistrikt in der Oranjefluß- Kolonie, kurz im ganzen Westen des Zuges der Drakensberge ist kaum ein Bezirk, wo nicht das Diamantengestein gefunden worden wäre. Allerdings ist der Blaugrund keineswegs überall gleich reich an Diamanten. An zahlreichen Stellen haben die Gewinnungsarbeiten wegen zu geringer Ergiebigkeit bald wieder eingestellt werden müssen, und viele Vorkommen haben keinen einzigen oder doch fast keinen Stein geliefert. Daher sind alle diese neueren Entdeckungen jenen älteren gegenüber von untergeordneter Bedeutung, jedoch mit, allerdings sehr spärlichen, Ausnahmen. Die eine ist die schon erwähnte, aus dem Jahre 1890 stammende Wesselton-Grube bei Kimberley, die andere die 1902 bei Pretoria eröffnete Premier-Grube, die wegen ihrer Reichhaltigkeit rasch zu so großer Bedeutung gelangt ist, und von der unten noch weiter und eingehend die Rede sein wird. Es sei hier nur noch erwähnt, daß neben den Diamanten auf primärer Lagerstätte im „blue ground“ an zahlreichen Stellen in den ge- nannten Gegenden auch solche auf sekundärer Lagerstätte, in Seifen, vorkommen, die zum Teil mit Blaugrundmassen in der Art in Verbindung stehen, daß die Abstammung der Steine aus diesen letzteren außer Frage steht. Hier soll zunächst nur eine flüchtige Übersicht über eine Anzahl dieser neu entdeckten, meist nicht abbauwürdigen Vorkommen gegeben werden, ohne näheres Eingehen auf die Zeit und die Umstände der Auffindung. Eine eingehendere Beschreibung der wichtigeren von ihnen wird dann unten zusammen mit der der oben erwähnten älteren erfolgen. In der Kapkolonie wurden Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts 60 Kilometer nordnordwestlich von Kimberley am Hart-Fluß die Newlands-Gruben aufgetan (Fig. 45). 20 Kilometer nordöstlich von ihnen ist die Weltefreden- und dicht dabei die Frank Smith-Grube, noch weiter in dieser Richtung die Cyrus-Grube. Ungefähr 20 Kilometer südwestlich von Newlands liegt auf derselben Geraden zwischen dem Hart und dem Vaal die Borrels-Grube, nahe dabei gegen Osten die Washington-, und immer in derselben Richtung auf Kimberley zu in etwas größerer Entfernung die Vietoria-, endlich 4 Meilen davon die Russels-Grube (letztere ist nicht auf der Karte angegeben). Diese letztgenannten vier Gruben bilden wieder eine fast gerade Linie, die in ihrer Verlängerung von Barkly-West vorbei auf Kimberley trifft und die vielleicht die Fortsetzung derjenigen Linie ist, die, wie wir oben gesehen haben, Jagersfontein mit Kimberley verbindet. 13 Kilometer östlich vom Vaal und ungefähr 28 Kilometer nördlich von der dortigen Hauptbahn (nach Rhodesia), dicht vor der Riverton Road- Station liegt auf der Farm Bultpan die Pole-, und etwas östlich davon auf der Farm Witpan die Phönix-Grube, nordwestlich von hier, jenseits des Vaal, gegen Frank Smith die Wrigley Kopje- und die Leicester-Grube. Jüngst ist auch Blaugrund im Gebiet des Vaalflusses nordwestlich von Kimberley gefunden worden. In der Orange River-Kolonie (Fig. 45, 50) wurde ganz nahe bei Koffyfontein die Ebenezer-(Ebenhaezer-)Grube angelegt, 2 Kilometer weiter nördlich die wie diese jetzt verlassene Klipfontein-(Regina-)Grube. Im Norden der Kolonie, 30 Kilometer in nordwestlicher Richtung von Kroonstad entfernt, liegt die Lace-Grube und westlich davon die Vorspoed-@rube. Nahe der Ostgrenze der Kolonie ist die nicht unwichtige VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (RIVER DIGGINGS). 217 Monastery-Grube, etwas westlich von Ficksburg und südöstlich von Winburg. Weiter südlich, südwestlich von Ladybrand, ist die Bethel-Grube. Die Driekop,jes-Grube liegt nordwestlich von Winburg zwischen den Flüssen Zand und Vet etwas westlich von der südafrikanischen Zentralbahn, und in derselben Gegend, in der Nähe von Smaldeel, dem Knotenpunkt der Seitenbahn nach Winburg u. a., die Robinson-Grube auf der Farm Kaal Valley, die einige Jahre lang bearbeitet wurde. Einige andere weniger interessante seien hier übergangen, nur die Roberts Vietor-Grube bei Boshof, nordöstlich von Kim- berley und die Olifant-Grube wenig südöstlich von dieser Stadt seien noch genannt. In Transvaal wurden die ersten Diamanten 1897 auf der Farm Rietfontein ge- funden. Der kleine diamantenführende Landstrich liegt im Pretoria-Distrikt wenig östlich von der Hauptstadt auf der Hochfläche zwischen dem Elands- und dem Pienaars-Flusse. Die Gruben arbeiten teils in pipes, teils in Seifen; sie sind auf der Karte Fig. 51 dar- gestellt. Unbedeutend ist die Schuller- und die Kaalfontein-Grube im Süden, dann die Montrose-pipe und die Seife gleichen Namens. Von ungemeiner Wichtigkeit ist dagegen die nördlichste, die Premier-Grube, die ausgedehnteste aller bekannten, die sehr große Steine, darunter den größten überhaupt bisher gefundenen, den Cullinan geliefert hat und die durch ihre reiche Ausbeute mit der De Beer’s-Gesellschaft in erfolg- reiche Konkurrenz treten und deren Monopol bedrohen konnte. Westlich von ıhr liegen zwei unbedeutende Gruben in Seifen, deren Diamanten der Premier-pipe entstammen. Die Anzahl der Blaugrund führenden Schlote (und auch der wegen ihrer geringen praktischen Bedeutung hier noch nicht berücksichtigten Gänge) ist also nicht klein. Wenigstens 60 der ersteren, teils mit, teils ohne Diamanten (sog. ausgebrannte pipes) sind bekannt. Auch die diamantführenden sind praktisch von sehr verschiedener, die aller- meisten von geringer Wichtigkeit, und die Mehrzahl der oben genannten Gruben steht nicht mehr oder doch nur in sehr geringem Betrieb oder ist überhaupt nie bearbeitet worden. Als die zur Zeit ertragreiehsten seien besonders hervorgehoben: die fünf Gruben bei Kimberley (die Kimberley-, De Beers-, Bultfontein-, Dutoitspan- und die Wesselton- Grube) im Kapland (Griqualand-West), die Jagersfontein-, die Roberts Vietor- und die Vorspoed-Grube in der Oranjefluß-Kolonie, endlich die Schullers- und vor allem die Premier-Grube in Transvaal. Alles übrige ist von untergeordneter Bedeutung und das meiste daher oben nicht einmal im Vorbeigehen erwähnt. Wie weit die in Rhodesia und Deutsch-Südwestafrika bekanntgewordenen Diamantvorkommen ertragreich sind, wird erst die Zukunft lehren. Auch hierüber wird unten das bisher bekannt- gewordene mitgeteilt werden. Wir betrachten nunmehr die einzelnen Lagerstätten genauer, und zwar zuerst die „ever diggings“ im Vaaltale, sodann die hervorragenderen „dry diggings“ in den ver- schiedenen Teilen Südafrikas. River diggings (Flusswäschereien). Die reichsten liegen am Unterlaufe des Vaalflusses auf dessen beiden Seiten zwischen der Missionsstation Pniel und Klipdrift (Barkly West) einerseits und Delports Hope am Zusammen- fluß des Vaal und des Hart River andererseits (Fig. 45, S. 210). Klipdrift ist gegenwärtig der Mittelpunkt dieser ganzen Diamantgewinnung. Eine Anzahl Diamanten ist im Vaal auch weiter aufwärts bis Hebron (Windsorton), sogar bis Bloemhof und Christiana in Transvaal und ebenso flußabwärts bis zur Mündung in den Orange River und noch in diesem Flusse von da bis Hopetown, sowie in einigen Nebenflüssen des Vaal, besonders im Modder und Vet, und des Orange River gefunden worden. Die Ergiebigkeit war jedoch an allen 218 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Orten so gering, daß die Ausbeutung jetzt fast ganz auf den zuerst genannten Abschnitt des Vaal beschränkt ist, eine Strecke des Vaaltales, die vom Zusammenflusse von Vaal- und Hart River aufwärts etwa 90 Kilometer in der Luftlinie und etwa 130 Kilometer nach den Windungen des Flusses mißt. Als besonders wichtig werden genannt die Bezirke von Newkerke, Waldecks Plant, Good Hope, Gong Gong, Barkly West, Wedburg (hier, 60 Kılometer von Kimberley, am linken Ufer des Vaal, hat Zand Kopje in dem am 30. Sep- tember 1903 endigendem Jahr für 60 000 Pfund Sterling (1200000 Mark) Diamanten ge- liefert) und Forteen Streams, alle in der Kapkolonie, sowie die Umgegend von Christiana. Aber auch hier ıst eine ganze Reihe von Gruben auflässig geworden, als sich später der Strom der Arbeiter vom Flusse weg nach den unendlich viel reicheren „dry dig- gings“ bei Kimberley gezogen hatte. Die ganze Produktion der Flußwäschereien, die bis 1871 wichtig gewesen war, ist jetzt von untergeordneter Bedeutung. In ihnen finden wir eine kleine eigentümliche Klasse von Diamantengräbern, welche mit großer Zähigkeit an diesen Gruben festhält, rastlos arbeitet, die zahlreichen Entbehrungen mit Gleichmut erträgt und trotz aller Mißerfolge und trotz des im günstigsten Falle immerhin kärglichen Gewinnes die Hoffnung auf bessere Tage nicht aufgibt. Ihre Zahl war lange Zeit gering und wird wohl 200 bis 300, Weiße und Schwarze, nicht überschritten haben. Sie arbeiten einzeln, oder zu zweien oder dreien, nıcht in Gröleren Gesellschaften. Die Konzentration der Mer digsings“ in der Hand von großen Aktiengesellschaften, von der unten die Rede sein wird, hat aber zur Folge gehabt, daß die Zahl wieder größer wurde. Man zählt gegenwärtig höchstens 1000 Weiße, vielleicht nur die Hälfte, mit zahlreichen eingeborenen Arbeitern. Gesellschaften zur Ausbeutung der Seifen haben wenig Erfolg gehabt. Die „ever diggings“ gelten als „poor men diggings“. Das Bett des Vaal ist erfüllt mit Blöcken von diabasartigen und mancherlei wahr- scheinlich metamorphischen Gesteinen, von denen die ersteren oft Mandelsteinstruktur be- sitzen. Diese Blöcke, die zum großen Teil sehr bedeutende Dimensionen haben, sind von den umgebenden Hügeln und Talabhängen herabgestürzt. Zwischen ihnen liegt ein Ge- menge kleinerer Geschiebe und Gerölle mit Kies, Sand und Lehm und hier finden sich die Diamanten, das ganze vielfach bedeekt von einer mehr oder weniger dicken Lage eines roten Sandes, dem ,„rooi grund“ (red ground) der ersten meist holländischen Dia- mantsucher. Am reichsten sollen diejenigen Kiespartien sein, die unmittelbar auf dem - anstehenden Untergrund aufliegen. Die Mächtigkeit der gesamten Ablagerung ist sehr verschieden und steigt bis zu 12 m und mehr. Das Ganze ruht auf anstehendem Diabas. In diesem trifft man an einzelnen Stellen runde Becken oder Kessel oder auch langgezogene Kanäle mit senkrechten geglätteten Wänden, manche von recht beträchtlichen Abmessungen. Sie sind durch die Tätigkeit des Wassers in dem festen und harten Bodengestein ausge- arbeitet worden, und die runden Becken sind wahrscheinlich durch Geschiebe ausgehöhlt die, im Sturz von Wasserfällen herumgewirbelt, sog. Riesenkessel gebildet haben. Ähn- liche Erscheinungen haben wir ja schon in den diamantenführenden Wasserläufen Brasiliens angetroffen (S. 190). Wie dort ist auch in diesen Vertiefungen im Bette des Vaal der diamant- führende Schutt besonders massenhaft angehäuft und die Diamantführung ist nicht selteg besonders reichlich. So hat ein solcher Kanal bei Waldeck’s Plant, Smiths Gully genannt, über 600 Fuß lang, 30 Fuß breit und 75 Fuß tief, auf einer Strecke von 100 Fuß Länge für 10 000 Pfund Sterling (200 000 Mark) Diamanten geliefert, darunter viele große und schöne Steine. Zuerst wurde nur in dem Flußbette selbst gegraben, bald aber entdeckte man, dab die Sande und Kiese außerhalb desselben, in den längs des Flusses sich hinziehenden Terrassen, ebenso reich, ja wohl noch reicher sind, und so wurden auch diese in Angriff genommen. Von jenen Terrassen und den in ihnen befindlichen Gräbereien liegen die VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (RIVER DIGGINGS). 219 meisten nur einige Meter über dem jetzigen Wasserspiegel, einige erheben sich aber bis zu 60 m über diesen. Ihre Bearbeitung ist viel sicherer und bequemer als die des Fluß- bettes selbst, weil in diesem die Überschwemmungen den Gräbereien vielfach den größten Schaden zufügen und sie auch wohl zeitweise ganz unmöglich machen. Es ist daher in neuester Zeit auch der Plan entstanden, den ganzen Vaalfluß aus seinem alten Bett, soweit es Diamanten birgt, ab- und in ein neues zu leiten, doch ist er noch nicht zur Aus- führung gelangt. Die Diamanten, die zwischen den großen Geschieben in dem sandigen Lehm liegen, sind vielfach wie die anderen Flußgerölle und die Sandkörner deutlich, aber der großen Härte wegen weniger stark als jene abgeroll. Sie werden von kleinen Geröllen zahl- reicher Mineralien begleitet, so besonders von rotem Granat und grünem Olivin, die als günstiges Anzeichen für das Vorkommen von Diamant gelten, von verschiedenen Quarzvarietäten, Achat, Jaspis, verkieseltem Holz usw., die alle aus dem Oberlauf des Flusses stammen. Auch Gerölle von hier anstehenden Gesteinen sind in großer Menge bei- gemischt. Sparsamer sind die meisten Mineralien vorhanden, die wir als Begleiter der Diamanten in den „dry diggings“ kennen lernen werden, doch fehlen sie nicht ganz. So werden außer Granat und Olıvin kleine Stückehen von Titaneisen, dem Glimmer ähnlicher Vaalit usw. gefunden. Zwischen diesen Mineralgeröllen liegt der Diamant, ganz in der- selben Weise wie sie selbst. Er ist sehr ungleichmäßig verteilt, so daß ärmere und reichere Stellen miteinander abwechseln. Der Arbeiter, der auf eine reiche Stelle stößt, kann in kurzer Zeit sein Glück machen, andere graben monatelang von morgens bis abends, ohne das Geringste zu finden. Die Arbeit ist nicht wesentlich verschieden von der in den Diamantwäschereien anderer Länder und auch von der in den südafrikanischen und australischen Goldwäschereien. Sie besteht darin, daß der Sand oder Lehm mit den Geschieben ausgegraben wird, was oft nur mit der größten Anstrengung möglich ist, da Gesteinsblöcke zum Teil von sehr sroßem Umfang häufig erst entfernt werden müssen, um zu den diamantführenden feineren’ Lagen zu gelangen. Sehr tief liegende Kiese werden auch wohl mit Hilfe von Schächten unter- irdisch abgebaut. Das Material wird ın Fässern aufgerührt, sodann der feinste Schlamm in sogenannten cradles oder Wiegen durch Hinundherschaukeln unter fortwährendem Be- gießen mit Wasser weggewaschen und gleichzeitig durch Siebe die groben und feinen Teile entfernt. Ein Rückstand von mittlerem Korn bleibt dann schließlich übrig, der die Diamanten enthält. Er wird in einer dünnen Lage auf einem Tische ausgebreitet und die darin befindlichen Steine ausgelesen, die man schon bei geringer Übung namentlich in nassem Zustand an ihrem Glanze zwischen den anderen Sandkörnern und Geröllen leicht erkennt. Die Ausbeute ist im ganzen nicht sehr groß, sie beträgt im Mittel 15 000 bis 20 000 Karat jährlich, geht aber auch zuweilen höher. Im Jahre 1890 wurden 28 1223/s Karat im Werte von 79231 Pfund Sterling erbeutet, eine Produktion von 30 000 Karat (etwas mehr als 6 kg) wird aber selten erreicht odeg.Sar überschritten. Der gegenwärtige Er- trag soll den Wert von 2 Millionen Mark km erreichen. Die geringe Menge wird aber wenigstens zum Teil wieder aufgewogen durch eine ganz besonders schöne Qualität. Diese ist bei den Flußsteinen aus den „river diggings“ im Durchschnitt sehr viel besser als bei den Produkten der „dry diggings“ und nähert sich der der brasilianischen Steine. Sie besitzen eine größere Härte und ein stärkeres Feuer, und wenn sie gefärbt sind, ist ihre Farbe ausgesprochen tiefer als bei den Steinen von Kimberley. Daher sind die Preise für sie im Mittel sehr viel höher als die für die letzteren. So wurde z. B. in den achtziger Jahren für ein Karat Flußsteine durch schnittlich 56 Mark bezahlt, während der Preis für ein Karat Steine aus den vier Kım- 220 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. berleygruben im Durchschnitt nur 223/ıMark erreichte, und ähnlich ist das Verhältnis noch jetzt. Es ist ein großer Prozentsatz farbloser fehlerloser Steine vorhanden, nament- lich sind keine Sprünge da, weil nach solchen die Stücke bei der Bewegung im Fluß schon vorher zerbrochen sind. Viele sind gelb; andere Farben sind tief orangegelb, blab- blau und -braun, rosa usw. Wenig Steine wiegen mehr als 30 Karat, viele jedoch über 10 Karat. Indessen haben die „river diggings“ auch einige besonders große Exemplare ge- liefert. Zu diesen gehört der schon erwähnte „Stern von Südafrika“, ein Diamant vom reinsten Wasser von 83'/ Karat im rohen Zustande, sowie der hellgelbe „Stewart“ von 288°/sKarat, der bei Waldeck’s Plant am Vaal gefunden wurde. Von beiden wird unten noch weiter die Rede sein. Der größte bisher gefundene Stein, fast kugelig abgerollt, wog 330/s Karat und hatte einen Wert von 3500 Pfund Sterling (70 000 Mark). Diese river diggings sind Seifenlager, wie wir sie in Indien und Brasilien kennen gelernt haben, in denen sich die Diamanten auf sekundärer Lagerstätte befinden. Man hat sich ihre Bildung zweifellos so zu denken, daß eine ursprüngliche Lagerstätte wahrschein- lich von der Natur der unten zu besprechenden „dry diggings“ oder auch mehrere solche in dem Gebiet des Oberlaufes des Vaal zerstört wurden und daß ihr Material in den Flub- lauf hinein und in diesem talabwärts geschwemmt worden ist. Die Abrollung auch vieler Diamanten zeigt diese Bewegung im Flusse deutlich. Die ursprüngliche Lagerstätte war wohl nicht oberhalb Bloemhof in Transvaal gelegen, da man oberhalb dieser Stadt nie einen Diamanten gefunden hat. Eine Anzahl der Steine stammt vielleicht aus dem Blau- grund, den man, wie wir oben gesehen haben, neuestens im Gebiet des Vaal entdeckt hat. Man hat aber auch die Ansicht geäußert, daß die Steine wegen ihrer ganz anderen Beschaffenheit usw. als die der Steine aus den pipes, nicht aus solchen, sondern aus den den Vaalfluß begleitenden Diabasen stammen, weshalb sie auch vielfach nicht abgerollt wären. Nach gewissen Nachrichten hätte man in Südafrika auch schon Diamanten im Diabas eingewachsen gefunden, dies ist aber immerhin noch unsicher. Doch wird das Vorkommen im Diabas auch aus Neu-Süd-Wales gemeldet. Dal) ein Teil aus der Gegend von Kimberley hergekommen sein könnte, erscheint nach den örtlichen topographischen Verhältnissen ausgeschlossen. Bei der Beurteilung dieser Frage ist es nicht von erheblicher Wichtigkeit, daß so wenig von den Mineralien der dry diggings mit dem Diamant im Vaal vorkommen. Dies ist nicht weiter auf- fallend, da diese meist nicht sehr hart sind und daher beim Transport im Wasser leicht zerstört werden, leichter als die anderen im Gebiete des oberen Vaal vorkommenden Mineralien, dıe als Begleiter des Diamants im Fluße genannt worden sind. Auch wäre es nicht undenk- bar, daß eine Anzahl der in den dry diggings mit dem Diamanten vorkommenden Mine- ralien hier schon von vornherein nicht oder nur sparsam vorhanden gewesen wären. Die erheblich höhere Qualität der „Flußsteine“ im Vergleich zu der der Steine aus den dry dıggings spricht ebenfalls nicht gegen die Abstammung aus diesen, da auch in einigen der letz- teren, z. B. in Jagersfontein, die Steine eine sehr viel bessere Beschaffenheit haben, als durchschnittlich in den anderen. Steine soleher besseren Qualität müßte dann auch die zer- störte Lagerstätte, deren Material jetzt die Flußgeschiebe zum Teil bildet, enthalten haben. Dry diggings. a) Kapkolonie. Hier sollen zunächst in der Hauptsache die Vorkommnisse der Gegend von Kimber- ley und zwar in erster Linie die pipes betrachtet werden. Dies empfiehlt sich, weil die dortigen Gruben, resp. die pipes, auf denen sie angelegt sind, bis vor wenigen Jahren fast alle südafrikanischen Diamanten geliefert haben, weil sie wegen der starken Bearbeitung. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 221 besonders gut bekannt sind und weil fast dieselben Verhältnisse mit nur geringen Ab- weichungen anderwärts überall wiederkehren. Geologische Verhältnisse. Das Gebiet ist ein Teil der dort 1200 bis 1500 Meter hohen unfruchtbaren ebenen Hochfläche der Karru. Den Untergrund bilden die fast durch- weg horizontalen Schichten der danach benannten Karruformation, die dem Alter nach etwa dem Permokarbon (Kohlenformation, Rotliegendes und Zechstein) entspricht. Im be- sonderen ist es deren unterste Abteilung, die Eeeagruppe, unterlagert von dem Dwyka- Konglomerat. Letzteres, von einer sehr stark wechselnden Mächtigkeit bis zu 2,5 Meter, ist ein von Gletschern jener Zeit gebildeter, moränenartiger Blocklehm; die eigentlichen Eecabildungen bestehen aus einer etwa 1000 Meter mächtigen Schichtenfolge von unten Sehiefertonen, oben Sandsteinen, (welch? letztere aber bei Kimberley durch Erosion entfernt sind) mit zahllosen zwischengelagerten Bänken und hindurehsetzenden Gängen von Diabas oder diabasähnlichen Eruptivgesteinen, die, ohne daß erhebliche Unterschiede vorlägen, je nach ihrem äußeren Ansehen auch als Diorit, Melaphyr, Mandelstein, Trapp, Basalt, Dolerit usw. bezeichnet werden (Fig. 47, S. 222). a a Pipes. In diese und die darunterliegenden älteren, an der Erdoberfläche in jener Gegend nicht sichtbaren Schichten der dem Devon zugerechneten Kapformation usw. sind die mit Blaugrund erfüllten Kanäle, Trichter oder Schlote, die „pipes“, die Diatremen Daubrees, eingesenkt. In Transvaal, wo die Eecabildungen fehlen und die Schichten der Kapformation an die Erdoberfläche treten, stehen die pipes in diesen. In der Oranjeflub- kolonie sind die Eecabildungen vielfach von jüngeren Schichten der Karruformation, die im Alter unserer Trias entsprechen, überlagert, durch die hindurch sich die dortigen Blaugrundmassen dann in die Tiefe erstreeken. Einzelne von diesen beginnen oben in den Stormbergschichten, die mit unserer jüngsten Trias, dem Rhät, gleichaltrig sind. Der Blaugrund der Trichter ist von dem umgebenden Nebengestein, dem sog. „Riff“ auf das schärfste getrennt und das Material beider ist völlig verschieden. Nur im Blau- grund kommen Diamanten vor, in den Gesteinen des Riffs hat man noch nie auch nur einen einzigen gefunden, obgleich bei dem Betrieb der Diamantengruben gewaltige Massen davon abgegraben und entfernt werden mußten. Auch in den Riffgesteinsbrocken, die sehr zahlreich in dem blue ground liegen, hat man noch niemals einen Diamanten gesehen. Das obere Ende dieser gesteinserfüllten Kanäle bildet meist kleine Erhebungen von einigen Metern über die Umgebung, die von den umwohnenden Buren als „kopje“ (Köpfchen) bezeichnet werden; vielfach in der Mitte mit einer flachen Einsenkung (pan). Erst durch die Ausgrabungen sind die jetzt vorhandenen großen Vertiefungen entstanden. Der Querschnitt an der Erdoberfläche ist für die verschiedenen, im folgenden der Größe nach geordneten Gruben: Dutoitspan, 12°/ı Hektar, flach hufeisenförmig, 685 m lang, 185 m breit; Bultfontein 9!/ Hektar, fast kreisrund mit einem Durchmesser von 330 m; De Beer’s 5'/ Hektar, elliptisch, 292 m von Osten nach Westen, 192 m von Norden nach Süden; Kimberley 4 Hektar, ein Oval von 274 m Länge und 164 m Breite und einem noch weitere 34 m nach Osten vorspringenden schmalen Sporn. Jagersfontein hat etwa 100000 Quadratmeter. Der größte Trichter ist der der Premier-Grube mit einem oberflächlichen Querschnitt von weit über 100000 Quadratmeter. Gegen unten zeigen die durch den Bergbau nach der Tiefe hin untersuchten Seblote z. T. eine Verengerung. In der De Beer’s-Grube mißt der Querschnitt bei 270 Meter unter Tage nur noch 47000 Quadrat- meter, er wird aber von 400 Meter Tiefe ab nicht mehr kleiner und die Röhre nimmt eine eylindrische Gestalt an. In der Kimberley-Grube ist der Querschnitt 300 Meter unter der Oberfläche noch 19000, bei 600 Metern nur noch 8000 Quadratmeter nnd die oben 274: 164 Meter großen Durchmesser haben bei 600 m Tiefe bis 120 :80 Meter abgenommen. 222 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Damit ist aber die Verkleinerung des Querschnitts nach unten noch nicht zu Ende. Einen schematischen Längsschnitt durch den Kimberley-Trichter, der diese Verhältnisse andeutet, gibt Fig. 47, der im folgenden erläutert werden wird. Kopje Kalktuff und rother Zu Nord Riff Hi gm See - = ge Sg — = ee ST ZZ & 90 8 (ara oh Ho Y V Vv Zr VER: v NEENZEEN. v v v v KON ENDEN IN IV EV N OTTO ARTEN al VEN N N N VENEN NY NR N N N DER a Dr vv Diabas- v v a EVEN, VENEN VERRRNG BeN Vıv 131 V Ey Im a ‚mandelstein | \ t 2 DET AN N V(Meapıyr) Y N I VO ey ON EV EV, V V V V v V V v gi Ve EM EN NENNEN: ee Bi jEuel WERE 1 = | ae Be au jan an E l 2 [4 & LH — za a en Se Ze | uwarzit BE u | 1 | I 2*] SEE | I EB Ben 5 L Al L S je je] E ae] mem: ] S | = = = NS = = =; —T = = = S 27 1 E == N chieferthonz——_ =S—_ 5 IE = s = SE WE SE +++ +++ + SE Er a ar LIICKES + + + + +++ ++ HH ++ ++ + S RS] + +++ ++ + : + +14 +++ + 3 ES + #+ + ++ ++ : a a I AL + ++ +++ ++ l ET a | SE + + +++ + + N DE + +4 + +++ + + 1 ee es f ++ 4H4+ +++ + + + + +++ + + I ++ FE #9 + + + + + rt r+ + + + Quarzporpkpr + + 1 ar + + + +++ j a Te u ai ee BE Tee j ar ac a ae ar = = SE a a + - +++!+ +4 + + + Ent HE ee 4 ln a a = En ae 1 5 Se Sm ne, aan. Sr, | nt ger Eee N Er ae ea +++ ++ + } ++ 4 ++ + ++ +++ + + ++ i ++ HH + +0 + + + ++ + | ++ ++ + + + + + ++ ++ ++ ! = == == i een ee BE : N 307% =—=—schaeferlun— —— N T se 1 Zee ee == Fig. 47. Schematischer Durchschnitt durch die Kimberleygrube (Maßstab 1: 4000). Um Kimberley bedeckt eine dünne Lage roten Tones, 1 bis 5 Fuß mächtig, weite Landstreeken. Er liegt auf einer ebenfalls weit verbreiteten 5 bis 20 Fuß mächtigen Schicht eines porösen Kalktuffs. Dies sind ganz junge alluviale Bildungen, die. zu dem Riff und dem diamantführenden Trichter gar keine nähere Beziehung haben. Sie über- lagern diese beiden ganz gleichmäßig und dringen auch wohl auf Klüften und Spalten ın die darunter liegenden Gesteine des Riffs und des Kanals ein, aber stets nur bis zu ge- ringer Tiefe; unter ihnen beginnt das anstehende Gestein der Karruformation, das Riff. Te VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 223 Das Riff besteht in der Kimberleygrube zu oberst aus einer 12 bis 17 m mächtigen Schiehtenreihe von hellgefärbten, oben grünlichgrauen, weiter unten gelblichen und grau- lichen Eeca-Schiefern von verschiedener Härte, denen an einzelnen Stellen der Grube fein- körnige bis diehte Olivindiabase, die vielfach als Basalt bezeichnet werden, zwischenge- lagert sind. Diese hellen Schichten werden unterlagert von ca. 84 m mächtigen schwarzen bituminösen Schiefertonen ganz von der Beschaffenheit der Schiefertone unserer Stein- koblenformation; sie sind in einzelnen Lagen mit Schwefelkies imprägniert und schließen vielfach Knollen von Sphärosiderit, kleine Zwischenlager von Kalkspat und schwache Kohlenschmitzen ein. In der Tiefe von 85 m ist den Schieferschichten eine 60 em mächtige Diabasdecke eingeschaltet. Die Unterlage der schwarzen Schiefer bildet das Dwykakon- glomerat in der für dieses verhältnismäßig bedeutenden Mächtigkeit von 2!/2 Meter. Ihm folgen die Schichten der Kapformation, zuerst ein harter grauer oder grüner Diabas-Mandel- stein (sog. Melaphyr), 131 Meter diek, sodann ebensoviel, 134 Meter, eines dichter, dunklen Quarzits über einer 359 m starken gewaltigen Decke von Quarzporphyr, getrennt von dem Melaphyr durch 87 Meter dunkler bituminöser Schiefer wie oben. Ebensolehe Schiefer unterlagern auch den Quarzporphyr; man ist auf 30 Meter in sie eingedrungen, hat aber ihre untere Grenze noch nicht erreicht. Diese Schichtenfolge, im Ganzen ca. 850 Meter, wurde bis etwa 300 Meter Tiefe dureh die oberirdische Gräberei, den Tagebau, von da an durch systematisch betriebenen unterirdischen Bergbau aufgeschlossen und festgestellt. In den anderen Gruben bei Kimberley ist die Zusammensetzung des Riffs ganz ähn- lich, nur die Mächtigkeit der einzelnen Schichten und die Einlagerung der Eruptivgesteine zeigen einige, allerdings teilweise bedeutende Abweichungen. In der gegen 700 m tiefen De Beers’s Grube ist an einzelnen Stellen schon in den oberen Teilen des Riffs ein mächtiges Diabaslager von 17 bis 25 m vorhanden, der Quarzit ist weit mächtiger (241 m), dann folgt sofort ohne Schieferzwischenlage der Quarz- porphyr, der 223 m weit verfolgt ist, dessen unteres Ende der Bergbau aber noch nicht erreicht hat. In Dutoitspan beträgt die Mächtigkeit der Eeca-Schiefer 115 m; sie sind hier wie in den andern südlich von Kimberley liegenden Gruben stärker entwickelt als dort, aber die Dieke des Dwykakonglomerats ist wie in De Beers und den übrigen Gruben bei Kimberley nur 1 bis 2 m. Es folgen dann 27 m Quarzit und hinauf erst 104 m Melaphyr, dessen Ende in der ca. 300 m tiefen Grube noch nicht erreicht ist. In Bult- fontein sind die Eecaschiefer fast ebenso mächtig, aber der zwischengelagerte Basalt tritt sehr zurück, so daß die Triehterwände oben fast nur aus Schiefer bestehen, der hier, wie z. T. auch in de Beer’s stellenweise stark gestört und unter einem Neigungswinkel bis zu 15° gegen den Horizont aufgerichtet ist. Unter dem hier nur 1 Meter mächtigen Dwykakonglomerat folgen 33 m Melaphyr, 47 m Quarzit, dann wieder Melaphyr, dessen Ende bei einer Tiefe der Grube von ca. 200 m noch nicht erreicht ist. In der Wessel- ton-Grube sind die Eeca-Schiefer mit dem zwischengelagerten Basalt am mächtigsten, 130 m, des Dwykakonglomerat ist auch hier nur 1 m stark; die ca. 200 m tiefe Grube steht in dem nun folgenden Melaphyr, der etwa 70 Meter tief durchsunken ist, sich aber noch weiter fortetzt. Die Ausfüllungsmasse der Kanäle ist wie ihr Nebengestein in allen Gruben wesentlich dieselbe und auch an allen Stellen jeder einzelnen Grube, wenn man davon absieht, daß in allen Gruben die oberen Teile eine ziemlich weitgehende Verwitterung erlitten haben. Unterschiede sind zwar vorhanden, so daß erfahrene Diamantgräber manchmal nicht nur die Grube, sondern sogar die Stelle der Grube angeben können, von der ein Stück dieser Masse genommen ist. Aber diese Unterschiede, die auf der innerhalb gewisser Grenzen wechselnden Farbe, Härte und Zusammensetzung und dem Gehalt an einge- schlossenen Mineralien und fremden Gesteinstrümmern beruhen, sind im ganzen nur unbedeutend. 224 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Von schiehtenförmiger Abwechslung verschiedener Gesteine oder Gesteinsvarietäten, überhaupt von Schichtung, ist in den Trichtern keine Spur vorhanden. Doch hat man eine andere Art von bis zu einem gewissen Grade regelmäßiger Anordnung von etwas, aber nur wenig voneinander verschiedenen Gesteinsmassen beobachtet. Man hat in den Gruben ganz oder nahezu senkrechte, bis in die größte bekannte Tiefe reichende, höchstens 1 m weite, mit einer talkartigen Mineralsubstanz ausgefüllte Spalten getroffen. Diese zerteilen den ganzen Inhalt der Trichter in eine Anzahl von Abteilungen, die die Gestalt von mächtigen senkrechten oder etwas geneigten Säulen haben. Innerhalb jeder ein- zelnen Säule ist das Material dasselbe, die verschiedenen Säulen dagegen zeigen kleine Ab- weichungen innerhalb der vorhin erwähnten Grenzen. Von der Art und Beschaffenheit des wechselnden Nebengesteins im Riff sind diese kleinen Abweichungen und überhaupt die ganze Ausfüllungsmasse der Kanäle in jeder Hinsicht vollkommen unabhängig. Man war wohl früher der Ansicht, daß diese Masse vom Nebengestein nach gewissen Richtungen und namentlich im Gehalt an Diamanten mehr oder weniger stark beeinflußt sein könnte. Namentlich hatte man, als man in der Kimberleygrube am unteren Ende der schwarzen Schiefer angekommen war, befürchtet, der Diamantenreichtum möchte aufhören, da man die Entstehung der Diamanten auf den Kohlengehalt dieser Schiefer zurückführen zu müssen geglaubt hatte. Der Wert des Grubenbesitzes der verschiedenen Eigentümer war infolgedessen eine Zeitlang bedeutend gesunken. Es trat aber gar keine Änderung ein, man fand in der Region des Melaphyrs dieselbe Menge Diamanten wie vorher. Zwischen dem Riff und der Ausfüllungsmasse ist, wie schon erwähnt, stets eine scharfe Grenze, nie ein allmählicher Übergang vorhanden. Meist berühren sich beide Ge- steine unmittelbar, doch sind oft auch Zwischenräume, zuweilen von ziemlich bedeutender Größe, zwischen ihnen vorhanden, die mit schönen Kalkspatkristallen ausgekleidet sind. Solche Neubildungen finden sich auch auf den zahlreichen Klüften, die außer den die Säulen trennenden Spalten das Gestein durchziehen, und auf anderen Hohlräumen. Wir wenden uns nun zur Betrachtung des diamantführenden Gesteines selbst, das die Kanäle ausfüllt. Es besteht zu oberst aus einer hellgelben, mürben, sandigen, leicht zer- reiblichen Masse, dem „yellow ground“ oder „yellow stuff“ der Diamantgräber, die 18 bis 241 m mächtig ist. Diese oberste Partie, die zuweilen wegen eines stärkeren Eisenge- halts rot ist, dann auch wohl „red ground“ genannt wird, ist in der Kimberleygrube durch die Grabarbeiten vollständig entfernt, aber in den anderen Gruben zum Teil noch zu be- obachten. In größerer Tiefe bildet das Gestein eine einem vulkanischen Tuffe ähnliche Breecie von grüner, zuweilen bläulich-grüner Farbe, dem „blue stuff“ oder „blue ground“ (Blaugrund), oder kurz „blue“, der in dieser Beschaffenheit oder mit geringen Abweich- ungen überall bis in die größten bekannten Tiefen anhält. Der „yellow ground“ und der „blue ground“ gehen meist sehr rasch ineinander über; die Grenzlinie ist nie vollkommen horizontal, sondern stets unter 5 bis 15 Grad geneigt. Manchmal findet man aber auch 5 bis 6 m einer rötlichen Zwischenmasse, den „rusty ground“, der nach oben in das gelbe, nach unten in das grüne Gestein verläuft. Jene beiden sind nichts anderes als Verwitterungsprodukte des Blaugrunds. Dieser füllte ur- sprünglich die Kanäle bis zum Rande aus, erlitt aber nahe der Erdoberfläche durch die Atmosphärilien eine ziemlich weitgehende Umwandlung, wodurch der „yellow ground“ entstand. Eine in der Umänderung noch nicht so weit vorgeschrittene Zwischenstufe stellt der „rusty ground“ dar. Der „blue ground“ findet sich erst in einer Tiefe, in der diese Umwandlungsprozesse nicht oder nur wenig mehr tätig waren. Groß war der Schrecken der Grubenbesitzer, als die gelbe Farbe der blauen Platz machte. Auch dieser Wechsel hatte ein Sinken des Wertes der Gruben zur Folge, da man ein Aufhören der Diamanten be- - VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 225 fürchtete. Es stellte sich hier aber ebenfalls heraus, daß zu dieser Besorgnis gar keine Veranlassung war, denn das Gestein erwies sich nach der Tiefe zu ebenso reich, ja zum Teil noch reicher als weiter oben. Das eigentliche Ausfüllungsgestein der Kanäle ist also der Blaugrund, die anderen darin vorhandenen Massen sind aus diesem hervorgegangen. Er besteht aus einer grünen bis dunkelbläulichgrünen oder grauen, serpentinartigen Grundmasse, die dem ganzen die Farbe verleiht. Sie macht den Eindruck eines getrockneten Schlammes, erweist sich jedoch unter dem Mikroskop nicht selten als ausgesprochen porphyrisch durch zahlreiche Olivin- kriställchen, die aber auch zum großen Teil in Serpentin umgewandelt sind und die von Schwärmen winziger Magneteisenkörnchen begleitet werden. Diese Grundmasse verkittet in erheblicher Menge vorhandene, größere oder kleinere, scharfkantige oder z. T. auch ge- rundete Bruchstücke eines grün- oder blauschwarzen gleichfalls serpentinartigen Gesteins. Bezüglich der stofflichen Beschaffenheit sind die Grundmasse, die an Menge stets über- wiegt, und diese Gesteinsbrocken nicht von einander verschieden, die erstere besteht in der Hauptsache aus feinsten Teilchen der letzteren. Zahlreiche Körner von allerlei Mineralien, und Bruchstücke fremder Gesteine oft in ungeheurer Menge sind in der Grundmasse außerdem eingebettet, so daß die Ausfüllung der pipes im ganzen eine sehr große Mannigfaltigkeit und reiche Abwechslung in der Zusammensetzung zeigen kann. Sie hat im allgemeinen die Eigenschaft, an der Luft durch Verwitterung in wenigen Wochen oder Monaten zu einer lockeren Erde zu zerfallen, was für die Gewinnung der darin befind- lichen Diamanten von größter Wichtigkeit ist. Ein Stück des Blaugrunds mit seiner natürlichen Farbe und mit einem eingewachsenen Diamantkristall ist in Tafel I, Figur 2 zur Anschauung gebracht. Der Blaugrund besitzt zwar eine geringe Härte, aber eine ziemliche Festigkeit. Er läßt sich daher schwer mit der Spitzhacke bearbeiten, aber leicht mit dem Messer schneiden und mit dem Nagel ritzen, und fühlt sich sogar etwas fettig an. Die chemische Zusammensetzung zeigt wohl quantitativ an verschiedenen Stellen gewisse Verschiedenheiten, ist aberim wesentlichen überall dieselbe. Alle Analysen haben neben wechselnden Mengen Kieselsäure stets sehr viel Magnesia mit etwas Eisenoxydul, meist sehr wenig Kalk, etwas Wasser und Kohlensäure und sehr wenig oder gar keine Tonerde ergeben. Die Masse ist also in der Hauptsache ein Gemenge von wasserhaltigem Magnesiasilikat mit kohlen- saurem Kalk. Nach der Analyse von Maskelyne bestand ein Stück des Blaugrundes von der Kimberleygrube aus: 39,732 Kieselsäure; 2,30 Tonerde; 9,90 Eisenoxydul; 24,419 Magnesia; 10,162 Kalk: 6,556 Kohlensäure; 7,517 Wasser; Summa —= 100,415. Die Kohlensäure genügt sehr nahe, um allen Kalk als kohlensauren Kalk anzunehmen. Zieht man diesen ab, dann hat das zurückbleibende Magnesiasilikat ungefähr die Zu- sammensetzung des Serpentins. Man pflegt daher das ganze Gestein auch wohl eine Serpentinbreceie zu nennen. Diese Bezeichnung oder die als Tuff oder kurz Breccie soll auch hier im folgenden für das Muttergestein der Diamanten in der Hauptsache beibe- halten werden. Nicht immer hat das diamantführende Gestein die soeben geschilderte Beschaffenheit; zuweilen ist es hart und fest und besitzt dann auch nicht mehr die Fähigkeit, an der Luft erdig zu verwittern. Dies ist der „hard blue“ (auch hard bank oder hardıbank genannt) im Gegensatz zum „soft blue“, dem gewöhnlichen gutartigen „blue ground“. Der „hard blue“ findet sich entweder inmitten des letzteren als eine mehr oder weniger geschlossene Masse oder er bildet auch zuweilen eine mehrere Fuß dieke Grenzschicht gegen das Nebengestein. In der Kimberley- und der De Beers-Grube, bei Jagersfontein usw. tritt er erst in der Tiefe auf, andere pipes erfüllt er ganz bis zu Ihrem Ausgang, so die der Schullergrube und die von Zonderwater in Transvaal und andere. In der Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 15 226 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Schuller-Grube scheint sich in S0 Meter Tiefe „soft blue“ unter dem „hard,blue“ gefunden zu haben. Beide sind in der chemischen Zusammensetzung usw. nicht verschieden, doch macht der letztere oft gar nicht mehr den Eindruck eines Tuffs oder einer Breecie; es hat mehr den Anschein, als ob es ein ruhig an Ort und Stelle aus dem Schmelzfluß er- starrtes Eruptivgestein wäre. Die in der Ausfüllungsmasse der pipes eingelagerten Bruchstücke fremder Gesteine, die sogenannten „boulders“, sind teilweise, namentlich so weit sie aus Schiefer bestehen, scharfkantig und eckig, meistens aber, und zwar gerade die festeren, von rundlicher Form. Ihre Dimensionen sind sehr verschieden. Von den kleinsten Splittern wachsen die Stücke bis zu Felsmassen von mehreren Tausend Kubikmetern Inhalt an. In der De Beers-Grube liegt in der Ausfüllungsmasse des Kanals eine Scholle von Olivindiabas, das sogenannte „island“, die einen Querschnitt von 280 qm besitzt und auf 216 m in die Tiefe verfolgt wurde, In Bultfontein war der sog. Mt. Ararat, 150 Fuß breit und 120 Fuß hoch; in der Premier- Grube fand sich ganz oben ein ungeheuerer Block eines groben Konglomerats, und eine gewaltige Masse von Melaphyr in der Wesselton-Grube. Solche größere Massen, aller- dings zum weitaus überwiegenden Teil von erheblich geringerem Umfang, als diese erwähnten, sind in sämtlichen Gruben reichlich vorhanden. Man bezeichnet sie allgemein als „islands“, oder meist als „floating reef“, im Gegensatze zu dem ringsum anstehenden Riffgestein, dem „main reef“. Sie sind besonders in den oberen Regionen angehäuft und verschwinden nach unten hin, während kleinere Bruchstücke derselben Gesteine bis zur größten bekannten Tiefe hinabgehen und überall einen reichlichen Bestandteil der Ausfüllungsmasse bilden, in der sie ganz regellos zerstreut liegen. Diese fremden Gesteinsbrocken stimmen ihrer Beschaffenheit nach zum Teil vollständig mit den Gesteinen des anstehenden Riffes überein. So findet man sehr häufig Stücke von Diabasmandelstein, Schiefer, Quarzit, Porphyr usw. Mit dem Wechsel des Nebengesteins im Riff findet man auch vielfach andere ihm entsprechende boulders im blue ground. An einzelnen Stellen sind stark bituminöse und kohlehaltige Schiefer in größerer Menge an- gehäuft, so daß zuweilen schon die aus Kohlenbergwerken bekannte Erscheinung der schlagenden Wetter in den Gruben beobachtet worden ist. Es wurde oben bereits ange- deutet, daß auf diese Kohlenbestandteile die Entstehung der Diamanten in dem Tuff zurückgeführt worden ist, weil man beobachtet haben wollte, daß nur da Diamanten in dem Tuffgestein vorkommen, wo es Stücke dieser bituminösen kohlehaltigen Schiefer in reichlicher Menge enthält. Wir werden aber weiter unten sehen, daß jene schwerlich in dem Tuffe der Kanäle entstanden, sondern wahrscheinlich durch vulkanische Kräfte fertig gebildet aus dem Erdinnern herausgebracht worden sind. Neben den aus dem Riff stammenden Brocken findet man im Tuff aber auch vielfach Bruchstücke von Gesteinen, die in der Nähe der Gruben anstehend nirgends bekannt sind, und die man daher auch „exotische Fragmente“ genannt hat. Viele stammen aus der Tiefe. So kommen, wenn schon nicht häufig, Stücke von Glimmerschiefer, Talkschiefer, und auch von Granit vor. Letzterer, sonst selten und wegen starker Zersetzung zweifel- haft, fand sich in den oberen Teilen einer kleinen, bald wieder verlassenen Grube, Doyl’s Rush, !/ Stunde von Kimberley, in zahlreichen größeren Blöcken und kleineren Bruch- stücken. Solche Gesteine sind in einer gewissen, allerdings nicht geringen Entfernung nördlich von den Diamantfeldern an der Erdoberfläche anstehend bekannt. Es ist daher wahrscheinlich, daß sie sich in der Tiefe weiter nach Süden erstrecken und auch unter den Diamantgruben sich finden, wo sie die unterirdische Basis der Riffgesteine bilden. Andere solche fremdartigen Gesteinsbrocken sind aber auch Überreste der Schichten, die einst die Jetzt die Erdoberfläche bildenden überlagerten, die aber dann durch Erosion zerstört und abgetragen wurden. So fanden sich in der Kimberleygrube große Blöcke eines grauen VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 227 oder gelblichweißen Sandsteins mit kalkig-tonigem Bindemittel, wie er bei normaler Schiehtenfolge anderweitig die Eeca-Schiefer überlagert. Er ist jetzt in jener Gegend völlig verschwunden, von seiner einstmaligen Anwesenheit legen aber diese Blöcke Zeugnis ab. Die in dem Tuff eingeschlossenen Mineralien sind im ganzen spärlich vorhanden und betragen allerhöchstens ein Prozent der ganzen Masse des Blaugrunds, meist sehr viel weniger. In diesem treten sie vielfach gar nieht deutlich hervor und kommen teil- weise erst bei der Diamantenwäsche zum Vorschein; andere lassen sich auch nur chemisch nachweisen. Sie zeigen, den Diamant ausgenommen, fast niemals regelmäßige Kristall- flächen, sondern rundliche oder auch unregelmäßig stumpfeckige Formen. Die Größe ist sehr verschieden. Einzelne sind überhaupt nur mit dem Mikroskop zu erkennen, andere erreichen den Umfang einer Linse, Erbse, Nuß und sogar zuweilen, aber selten, z. B. in den Newlands- und den Monastery-Gruben, eines Kopfes (Granat-, Pyroxen-, Glimmerknollen). Große und kleine Stücke auch von einer und derselben Spezies können in demselben Blaugrund-Vorkommen nebeneinander liegen. Unter ihnen ist als wichtigstes, wenn auch bei weitem nicht verbreitetstes, vor allen anderen der Diamant selbst zu nennen. Er findet sich in Form von vollständigen, ringsum ausgebildeten Kristallen, jedoch merkwürdigerweise auch häufig ın der von Bruchstücken größerer Kristalle, von denen aber niemals zusammengehörige nebeneinander liegen. Ein solches ist u. a. auch der größte bisher gefundene Diamant, der Cullinan von ca. 600 Gramm Gewicht. Von hier ab sinkt die Größe bis zur mikroskopischen herunter. Abrollung ist hier niemals auch nur in Spuren zu bemerken, die Kanten und Ecken sind stets vollkommen scharf im Gegensatz zu den Steinen aus den river diggings. Die nähere Beschreibung der speziellen Eigenschaften der Kapdiamanten wird aber weiter unten folgen, hier soll nur die Art des Vorkommens betrachtet werden. Der Diamant verhält sich in der Breccie genau wie die anderen Mineralien, er bildet genau wie diese einen Bestandteil des Gesteines und unterscheidet sich ın der Art des Vorkommens in nichts von diesen, als durch seine stets regelmäßige Kristallform. Diese Kristalle oder Bruchstücke von solchen liegen einzeln und ringsum fest umschlossen in dem Tuff, aus dem sie sich ohne Schwierigkeit herauslösen lassen. Sie haben dann meist eine ganz reine Oberfläche, zuweilen sind sie aber auch mit einem festen Überzug von Eisenoxyd- hydrat oder von Kalksinter versehen, der indessen stets leicht entfernt werden kann. Lange Zeit war niemals beobachtet worden, daß auch nur eine Spur eines fremden Minerals fest an einem Diamant angewachsen war. Der Fund von mit Granat ver- wachsenen Diamanten, besonders im sogenannten Eklogit (8.230), zeigte aber, daß dies doch in einzelnen Fällen vorkommt. Diamanten finden sich von der Erdoberfläche durch den „yellow ground“ und den „rusty ground“ hindurch bis in die größten bekannten Tiefen der Gruben, aber nicht in allen Gruben und nicht an allen Stellen einer Grube in der gleichen Menge. Spezielle Zahlenangaben über den Diamantgehalt des Tuffs werden unten angeführt werden, hier folgen einige Mitteilungen über die allgemeinen Verhältnisse. Der Diamantgehalt wechselt vielfach mit der Tiefe. In der Kimberley- und der De Beer’s-Grube nimmt er gegen unten ab, in Bultfontein und Dutoitspan ist eine ziemlich rasche Zunahme nach der Tiefe hin zu beobachten gewesen. In der Wesselton-Grube hat sich keine nennenswerte Änderung gezeigt. In den verschiedenen säulenförmigen Abteilungen der Trichter ist der Diamantgehalt ein verschiedener; in jeder einzelnen solehen Säule ist aber die Diamant- führung, besonders in einer gewissen Tiefe, so konstant, daß man genau berechnen kann, wieviel Karat Steine man aus einer bestimmten Menge des Tuffs gewinnen wird. In allen fünf großen Gruben bei Kimberley ist nur der östliche Teil abbauwürdig, der westliche ist zu arm, doch hat sich in der Kimberley-Grube das arme westliche Ende nach unten 15% 228 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. zu einer vom abbauwürdigen Ostteil abzweigenden Rippe verschmälert, während der letztere zwar auch stark zusammengeschrumpft ist, aber seine rundliche Form behalten hat. In der größten bis jetzt erreichten Tiefe dehnt sich der dıamantarme Westteil zu einem Gang aus, der über 100 Meter weit in westnordwestlicher Richtung in das Nebengestein hinein verfolgt worden ist, während der reiche Ostteil sich schlotförmig mit ganz schwach östlichem Einfallen noch weiter in die Tiefe fortsetzt. Auch die Beschaffenheit der Diamanten nach Form, Farbe, Größe und Qualität ist in verschiedenen Gruben und Teilen von soleben verschieden. Die Menge der Diamanten, die das Gestein beherbergt, ist von außerordentlich großer Wichtigkeit, aber diese ist in der Hauptsache eine volkswirtschaftliche wegen der großen Kost- barkeit des Edelsteins, weniger eine naturhistorische. In naturhistorischem Sinn hat der Diamant als Bestandteil des Gesteins keine große Bedeutung, wenigstens insofern er in so äußerst minimaler Menge vorkommt. Er tritt daher auch in dem Blaugrund selbst selten hervor, sondern wird meist erst in den Waschrückständen sichtbar. Würde ein beliebiges anderes, weniger wertvolles Mineral sich nicht reichlicher finden als der Diamant, so würde es bei der Beschreibung des Gesteins kaum genannt werden. Wie gering der Vorrat an Diamanten ist, ersieht man daraus, daß er an der reichsten Stelle der reichsten Grube, der Kimberleygrube, ungefähr ein Zweimilliontel, oder 50 Milliontel eines Prozent, des ganzen Gesteins beträgt, und dieser Betrag sinkt in anderen noch bauwürdigen Gruben bis auf ein Vierzigmilliontel des Ganzen oder auf 2'/a Milliontel Prozent herab. Die ersteren Zahlen entsprechen etwa 6!/; Karat Diamant oder 1!,; Gramm in einem Kubik- meter der Masse, was ein Würfelehen von 7 Millimeter Kantenlänge ergeben würde. Gruben mit 12) Karat oder ' Gramm, gleich einem Würfelehen von 2!/2 Millimeter Kantenlänge, gelten noch als reich. Die blühende Jagersfontein-Grube liefert nur !Jı Karat oder 1/2 Gramm Diamant im Kubikmeter. Von da sinkt der Gehalt dureb alle möglichen Zwischenstufen allmählich auf Null in manchen Blaugrund-Vorkommnissen herunter. Wenn darnach schon die absolute Menge eine so minimale ist, so fallen natürlich die kleinen Unterschiede an verschiedenen Stellen erst recht naturhistorisch nicht ins Gewicht, volkswirtschaftlich, d. h. für die Produktion, sind aber natürlich auch sie von höchster Bedeutung. Interessant ist, daß in einigen Gruben, z. B. in Newlands, nördlich Kimberley, neben dem Diamant auch die andere kristallisierte Modifikation des Kohlenstoffes, der Graphit, vorkommt. Die Mineralien, die den Diamant in dem Tuff begleiten, sind nicht überali alle in gleicher Häufigkeit vorhanden. Es bestehen auch hierin gewisse Verschiedenheiten für die einzelnen Gruben und für einzelne Teile derselben Grube. Sie bilden entweder ein- heitliche homogene Körner oder es sind auch Mineralien von verschiedener Art zu kleinen Gruppen miteinander verwachsen. Die am häufigsten vorkommenden Mineralien sind roter Granat, frischer oder meist in Serpentin umgewandelter Olivin, Pyroxen von ver- schiedener Art, brauner Magnesiaglimmer (Biötit) und Titaneisen, die anderen sind weniger verbreitet und einzelne bilden Seltenheiten. Im folgenden sollen die wichtigsten Begleit- mineralien des Diamants ausführlicher besprochen werden. Zuerst sei erwähnt der Granat. Er findet sich konstant überall und auch stets in erheblicher Menge, zuweilen mit Kelyphitrinde. Ein Teil ist durch begonnene Zersetzung trübe und undurchsichtig und rotbraun geworden, ein anderer großer Teil ist noch ganz frisch, stark glänzend, zuweilen harzartig, und durchsichtig. Die Farbe dieser frischen Granaten ist verschieden, am häufigsten tief weinrot und tief hyacinthrot, auch rot ins Violette, selten kommt die heller oder dunkler bräunlichgelbe, sowie eine prachtvolle rubinrote Farbe vor. . Solehe rubinrote Granaten werden als Edelsteine geschliffen und VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 229 kommen unter dem Namen Kaprubin im Handel vor. Die Granatkörner schwanken zwischen sehr geringer und Wallnußgröße und erreichen zuweilen Kopfgröße. Alle bisher untersuchten Stücke sind chromhaltige Magnesiatongranaten und bilden nach ihrer chemischen Zusammensetzung Zwischenglieder zwischen Pyrop, dessen Typus der allbe- kannte und so viel als Schmuckstein verwendete böhmische Granat ist, und Almandin, dem sog. edlen Granat, von denen unten eingehender die Rede sein wird. Olivin ist vielfach noch in Form frischer, Kleiner, fast farbloser Körner vorhanden, der meiste ist aber umgewandelt, zum geringen Teil in stark pleochroitische, dem Iddingsit nahestehende fasrig-blättrige Aggregate, weitaus überwiegend in Serpentin. Beinahe der ganze, den Blaugrund zusammensetzende Serpentin stammt von dem Olivin, nur wenig ist aus dem Diopsid entstanden. Von Gliedern der Pyroxengruppe finden sich vorzugsweise Enstatit, Bronzit und Chromdiopsid, alle drei wie der sofort zu erwähnenden Smaragdit, teilweise schön genug zum Schleifen. Der Enstatit hat die gewöhnliche Zusammensetzung, aber nicht immer das gewöhnliche Aussehen des Minerals. Er bildet meist bis haselnußgroße Körner ohne deutliche Spaltbarkeit, gelblichgrün oder von der Farbe des grünen Bouteillenglases, ist durchsichtig und hat muscheligen Bruch. Dem Ansehen nach gleicht er oft sehr dem Olivin, mit dem er wohl auch gelegentlich verwechselt worden ist. Er ist häufig mit Granat verwachsen, zum Teil in der Art, das einzelne Granatkörner rings vom Enstatit umschlossen sind. Diese Varietät des Enstatit, die wohl auch als Salit angeführt wird, ist verbreiteter als der Granat. Es findet sich daneben aber auch, wenngleich seltener, Bronzit von grünlicher oder brauner Farbe und der gewöhnlichen Beschaffenheit mit deutlicher Absonderung in einer Richtung und nicht selten in Bastıt umgewandelt. Sehr häufig, wenn gleich weniger als der Granat, ist der chromhaltige Diopsid, der auch vielfach sehr vollkommene ebene Absonderung in einer Richtung zeigt und dann wohl auch als chromhaltiger Diallag aufgeführt wird. Er bildet Körner von derselben Größe wie der Granat, smaragdgrün, durchscheinend und in dünnen Splittern durchsichtig. Ein Teil hat wie der Olivin eine Veränderung in Serpentin erlitten. Genannt wird auch Wollastonit. Aus der Amphibolgruppe findet sich der grüne zum Teil schleifwürdige Smaragdit als Seltenheit; er ist vielleiebt durch Umwandlung aus dem Chromdiopsid entstanden. Erwähnt werden auch zuweilen Tremolit und Asbest. Überall sehr verbreitet und besonders deutlich hervortretend ist ein zersetzter Mag- nesiaglimmer, der in kleinen glänzenden grünlichen oder bräunlichen bis rotbraunen, manchmal auch vollständig gebleichten, nahezu optisch einachsigen, häufig regelmäßig sechsseitigen dünnen Plättchen oder niederen Prismen mit einem deutlichen Blätterbruch, nicht selten mit starken Anzeichen erlittener Pressung, also verbogen und geknickt und von Gleitflächen durchsetzt, vorkommt. Der Ungeübte glaubt im diesen glänzenden Flittern in dem Tuff nicht selten beim ersten Anblick Diamanten zu erblicken. Ein graubraunes, zuweilen blaues Umwandlungsprodukt von chloritartiger Zusammensetzung und Beschaffen- heit ist Vaalit genannt worden. Es bildet zuweilen hühnerei- bis kopfgroße braune Kugeln und Knollen und ist stellenweise so angehäuft, daß es das Gestein beinahe allein zusammensetzt. Zu den häufigeren Begleitmineralien des Diamants gehört auch ein stark magnesia- haltiges, nicht magnetisches Titaneisen (Ilmenit) in schwarzen, glänzenden Körnern. Die Diamantengräber hielten dieses schwarze Mineral früher für die bisher fast nur aus Brasilien bekannte schwarze Abart des Diamants, den Karbonat, und nannten es darnach Karbon. Sie ließen sich nur schwer davon überzeugen daß sie es mit einer ganz wertlosen Substanz zu tun haben; der Name Karbon ist aber auch nach der Aufklärung der Sache 230 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. geblieben. Echter Karbonat ist am Kap zwar auch, jedoch nur sehr spärlich vorgekommen. Magneteisen in Körnern von der gewöhnlichen Beschaffenheit, Chromeisen in schwarzen, lebhaft glänzenden Körnern mit muscheligem Bruch und bis erbsengroß, und schwarzer Spinell treten stark zurück. Zirkon, der „dutch boart“ der Arbeiter in Kimberley, bildet durchsichtige bis durchscheinende, ganz lichtgelbe bis fleischfarbige Körner von Linsen- bis Erbsengröße, die selten fehlen. Ferner finden sich Korund, Schwefelkies, Cyanit, Topas und manches andere. Apatit ist auf chemischem Wege nachgewiesen worden, Gold fand sich einmal ın einem Einschluß von Eklogit in Jagersfontein. Mikroskopisch wurde in dem Tuff unter anderem Turmalin, Rutil und Perowskit beobachtet. Quarz ist dagegen noch nie vorgekommen, ebensowenig Feldspath. Die meisten genannten Mineralien kommen in allen Gruben teils mehr, teils weniger häufig vor, manche finden sich aber auch nur an gewissen Orten, an anderen nicht. Vom Gold ist es schon erwähnt, daß es nur in Jagersfontein angetroffen worden ist. Ob Korund überall vorkommt, ist zweifelhaft, in der Jagersfontein-Grube findet er sich als blauer Sapphir, in der Frank Smith-Grube als roter Rubin, wahrscheinlich ist er verbreiteter, als man bisher annahm, und bildet einen Teil des sogenannten dutch boart. Auch das allgemeine Vorkommen des Cyanits und anderer ist noch nicht festgestellt. Am gleichmäßigsten überall verbreitet scheint der Glimmer (Vaalit) und das Titaneisen zu sein; sehr arm an Pyroxen ist die Lace-Grube, arm an Pyroxen und Granat die Premier- Grube in Transvaal. Beim Waschen der Masse nach Entfernung der größeren Gesteinsstücke bilden vorzugs- weise die spezifisch schwereren dieser Mineralien, namentlich die roten Granaten, die grünen augitischen Mineralien und der Zirkon einen buntgefärbten Rückstand, der mit schwarzen Körnern von Titan- und Magneteisen und mit kleinen Gesteinsbröckchen vermischt ist. Alles andere ist selten oder wird durch den Waschprozeß entfernt. In diesem Gemenge befinden sich auch die Diamanten. i Meist liegen diese Mineralien als vereinzelte Körner im blue ground, sehr häufig sind aber auch mehrere zu grobkörnigen knollenförmigen Aggregaten von verschiedener Größe, bis zu einem halben Meter Durchmesser, miteinander verwachsen, Augite scheinen darin vorzuherrschen, so daß man es häufig mit pyroxenitartigen Massen zu tun hat. Nicht selten sind auch Verwachsungen von Augit mit Granat, manchmal auch mit etwas Cyanit usw., die wohl fälschlich als Eklogit, auch als Griquait, bezeichnet werden. Ein soleher sogenannter Eklogit von den Newlands-Gruben enthält zahlreiche Diamanten eingeschlossen auch sonst ist in sehr vereinzelten Fällen Diamant mit Granat, aber nie mit einem anderen der genannten Mineralien verwachsen gefunden worden. Diese Knollen sind, ebenso wie die Mineralien des Blaugrunds, nicht als fremde Einschlüsse zu betrachten, sondern es sind Urausscheidungen aus dem Kimberlitmagma, ähnlich wie die Olivinfelsknollen im Basalt. Sie zeigen durch ihre Grobkörnigkeit, daß sie in großer Tiefe unter starkem Druck erstarrt sein müssen, und werfen so auch ein helles Licht auf die Entstehung der südafrikanischen Diamanten. Alle die bisher genannten Mineralien bilden ursprüngliche Bestandteile des Gesteins die gleich bei seiner Entstehung in ihm vorhanden gewesen sind. Es finden sich daneben aber auch andere, die erst später durch die schon oben erwähnten Umwandlungs- und Verwitterungsprozesse in demselben neu entstanden sind. Hierher gehört der schon genannte Kalkspat, der zuweilen in Form von Kristallen Hohlräume auskleidet, aber auch derbe Aggregate bildet, und so auf Spalten und Klüften, sowie in Form kleiner Nester die Masse auf größere Erstreekung durchzieht und auf diese Weise einen nicht unwichtigen Be- standteil des Gesteins ausmacht. Auch Zeolithe finden sich, besonders Mesolith und Natrolith, zuweilen in schön ausgebildeten nadelförmigen Kristallen, ferner stellenweise _ VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 231 Opal und rauhe Stücke eines bläulichen Hornsteines. Der als Seltenheit vorkommende Schwerspat, sowie Epidot gehören wohl ebenfalls zu dıesen neuentstandenen Mineralien, Alle solehe sekundäre Bildungen, namentlich die Zeolithe, finden sich vorzugsweise in den höheren und höchsten Teilen der Gruben, in denen die durch die Atmosphärilien hervor- gerufenen Verwitterungsprozesse wirksam waren, nach unten zu verschwinden sie allmäh- lich ganz vollständig. Stanislas Meunier hat aus der Serpentinbreceie im ganzen achtzig verschiedene Mineralien beschrieben, von denen einzelne aber wohl noch genauerer Bestätigung bedürfen. Gänge. Betrachten wir nunmehr die Gänge. Ihre Zahl soll noch weit größer sein als die der pipes, namentlich in der Oranje-Kolonie. Sie lassen sich nicht selten auf weite Entfernung leicht verfolgen, manchmal sind sie aber auch oberirdisch nicht zu sehen und kommen nur stellenweise in Wasserrissen, bei Gräbereien usw. zum Vorschein. Daß sie vielfach zu pipes in Beziehung stehen und daß sie sich z. B. nicht selten örtlich zu solchen erweitern, haben wir in der Kimberley-Grube schon gesehen; auch das letztere ge- schieht in einzelnen Fällen erst mehr oder weniger tief in der Erde. Es ist sogar die Ansicht ausgesprochen worden, daß sämtliche pipes auf Gängen stehen, was aber in vielen Fällen unerwiesen, in einzelnen sicher falsch ist: Jedenfalls sind aber diese Beziehungen die Veranlassung gewesen, daß manche Prospektoren solehen Gängen nachgehen in der Hoffnung, so vielleicht auf einen diamantenführenden Schlot zu stoßen. Je nach der Rich- tung der Gebirgsfaltung und ihr entsprechend streichen auch die Gänge in verschiedenen Richtungen. Die Gänge durchsetzen dasselbe Nebengestein wie die pipes, und ebenso ist das die Spalten erfüllende Ganggestein von dem in den Trichtern nicht wesentlich verschieden. Die Masse ist etwas härter, aber die Zersetzung ist oft sehr weit vorgeschritten. Nach F. W. Voit ist das Ganggestein ein im Vergleich mit dem sehr variablen Blaugrund der pipes sehr monotones gelbliches oder bläuliches körniges Aggregat von gleichmäßig großen Serpentin- und Glimmerfragmenten. Jedenfalls ist die Struktur viel weniger deutlich brec- cienhaft als meist in den pipes, zuweilen tritt die Breceienstruktur sogar völlig zurück und das Ganze sieht aus wie ein an Ort und Stelle erstarrtes vulkanisches Gestein, ganz ähnlich wie mancher hard blue in den pipes. Interessant ist in dieser Beziehung die völlige Übereinstimmung der Gesteine des Gangs in der Kimberley-Grube mit dem der pipe in dem- selben Niveau (S. 228). Der Blaugrund in den Gängen führt weniger Nebengesteinsbrocken und ist fast immer glimmerreicher. Die akzessorischen Mineralien der pipes finden sich auch hier, aber ziemlich selten und in kleinen Stücken, auch kommen gelegentlich Klumpen von Pyroxenit und Eklogit vor. Diamanten jedoch hat man nur in einigen angetroffen, so in dem ziemlich reichen Gang von Graspan, 30 Meilen westlich von Kimberley (1 Gramm Diamant in 1000 Kilo Gestein), in dem von Lion’s Hill in der Oranje-Kolonie und in dem schmalen Verbindungsgang zwischen der Weltefreden- und der Frank Smith- Grube nördlich von Kimberley. Diamantenproduktion ist aber auf den Gängen nicht möglich, teils weil der Prozentgehalt zu gering ist, teils weil bei der geringen Mächtigkeit (Graspan auf 45—50 Kilometer Länge !/2 bis 1 Meter, der bei Lion’s Hill höchstens 2 Meter mächtig) zu wenig diamandführende Masse vorhanden ist, so daß sich auch bei größerer Reichhaltigkeit die erforderlichen, umfangreichen und kostspieligen Gewinnungsarbeiten nicht bezahlt machen. Daher haben auch alle die mehrfach unternommenen Versuche bald wieder eingestellt werden müssen. Wegen der hieraus sich ergebenden praktischen Bedeutungs- losigkeit sollen hier auch nur einige charakteristische Beispiele aufgeführt werden, welche die allgemeinen Verhältnisse der Gänge und ihre Beziehungen zu den pipes zu erläutern geeignet sind. Aus dem Erwähnten ist auch zu ersehen, daß alles was im vorhergehenden 232 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. und im folgenden von Gruben gesagt wurde, sich durchaus auf pipes, und nicht auf Gänge bezieht, wenn letzteres nicht ganz besonders hervorgehoben ist. Solche Gänge wurden zuerst Ende des vorigen Jahrhunderts in den Newlands- Gruben näher bekannt. Ein solcher setzt sich hier in S.W.-N.O.-Richtung !/s bis 1, stellen- weise sogar bis 2'!/ Meter mächtig mehr als 1000 Meter weit fort und erweitert sich an mehreren Stellen, zum Teil nur unterirdisch, zu größeren und kleineren Schloten. Einige von diesen haben die jetzt aufgelassenen Newlands-Gruben abgebaut. Verfolgt man jene Riehtung weiter nach Nordost, so stößt man nach 20 Kilometern auf die Weltefreden- und kurz darauf auf die Frank Smith-Grube. Es wird stark vermutet, daß diese beiden Trichter und ihre diamantführende, in dieselbe Richtung fallende Verbindung demselben Gang angehören, der sich wahrscheinlich noch weiter fortsetzt, da von der Frank Smith- Grube aus sich mehrere schmale Gänge nach Nordosten foriziehen. Geht man von der südlichsten Newlands-Grube in entgegengesetzter Richtung nach Südwesten, so. erreicht man dıe Borrels-Grube; es gilt nicht für unmöglich, daß auch sie auf diesem Gange steht, der dann also bis dorthin fortstreichen würde. Das Gestein des von dem Kimberley- Trichter sich abzweigenden Ganges zeigt nicht den geringsten Unterschied von dem hard blue in derselben Tiefe der pipe. Es ist nicht breceienartig, sondern erscheint aus einem Guß erstarrt, eine basaltähnliche dunkelgrauschwarze Grundmasse mit Frag- menten und scharfen Kristallen von Olivin, Biotitblättchen mit Schmelzrand, ‚Titaneisen und viel Perowskit. Gangförmige Fortsetzungen sieht man bei Jagersfontein, sowie in der Schuller- und in der benachbarten Kaalfontein-Grube in Transvaal. Die Klipfontein-Grube bei Koffyfontein besteht aus zwei ganz nahe gelegenen, fast kreis- runden pipes, die durch einen schmalen Gang verbunden sind, so daß das Ganze die Form einer Sanduhr hat. Besonders interessant und lehrreich ist die Monastery-Grube in der Oranjefluß- Kolonie. Zwei in der gleichen Richtung von Südost nach Nordwest hintereinanderliegende, stark verlängerte Triehter sind durch einen ebenso gerichteten schmalen Gang mit einander verbunden, der sich auch jenseits der beiden pipes im entgegengesetzten Sinne noch weiter fortsetzt. Die Verlängerung von der einen pipe aus ist nach Südost auf 250 Meter, von der anderen aus nach Nordwest auf 1300 Meter verfolgt und aufgeschlossen. Das Ganze stellt sich dar als ein bis 5 Meter mächtiger, vielfach allerdings schmälerer, S.O.-N.W. streichender Gang, der sieh in den beiden pipes bedeutend erweitert und lokal ausgedehnt hat. In dem größeren, nordwestlich gelegenen Triehter von 300 Meter Länge beträgt die größte Breite in S.W.-N.O.-Richtung ca. 70 Meter; in der kleineren im Südosten geiegenen ist die Länge ea. 90, die größte Breite 30 Meter. Sie schrumpft nach beiden Seiten hın ganz allmählich ein und geht so stetig beiderseits in den schmalen Gang über. Hierher gehört wohl auch der !/2 bis 2 Meter mächtige Gang, der den Blaugrund der De Beer’s-Grube von N.O. nach $.W. durchsetzt und der wegen seiner starken Wind- ungen den Namen „snake“ (Schlange) erhalten hat. Das Gestein ist ein dunkelgrüner Glimmerperidotit und von dem unten zu erwähnenden Kimberlit, dem Urgestein des blue ground, nicht wesentlich verschieden, enthält aber keine Diamanten und auch keine boulders. Es ist ein Eruptivgestein, das nach der Ausfüllung des Schlotes durch den Blaugrund auf einer Spalte in diesem als ein späterer Nachschub emporgestiegen ist. Was die Art und Weise der Ausfüllung der Trichter anbelangt, so ist es selbstverständlich, daß diese eigenartigen Bildungen mannigfache Erklärungsversuche ver- anlaßt haben. Die erste mit allen beobachteten Tatsachen in Einklang stehende Theorie verdanken wir Emil Cohen. Fast alle, die sich nach ihm (1873) mit diesem Gegenstande beschäftigt haben, sind ihm in der Hauptsache gefolgt und haben seine Ansichten nur unwesentlich er und zum Teil erweitert. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 233 Seine Meinung geht dahin, daß die besprochenen Kanäle vulkanische Trichter sind, die er mit den Maaren der Eifel vergleicht und die er jetzt vielleicht Vulkanembryonen nennen würde im Vergleich mit den in mancher Beziehung ähnlichen basaltischen Tuff- röhren der schwäbischen Alb und anderer Gegenden. Er ist der Ansicht, daß die diese Kanäle ausfüllende Serpentinbreceie durch vulkanische Kräfte aus der Tiefe gegen die Erdoberfläche herausbefördert worden ist. Wann das geschehen ist, d.h. zu welcher geo- logischen Zeit, war damals noch ganz unbekannt. Neuerer Zeit hat man jedoch Anhalts- punkte dafür gefunden, u. a. durch die Entdeckung von Stücken der charakteristischen Laven aus der Drakensberg-Kette in dem Blaugrund der Monastery-Grube Man nimmt danach wohl mit H. S. Harger an, daß die Bildung der pipes nach, und zwar un- mittelbar nach der Entstehung der Drakensberg-Vulkane stattgefunden habe, und daß sie den letzten Akt der vulkanischen Eruptionstätigkeit in Südafrika darstelle, der somit in die jüngere Trias- oder in die ältere Jurazeit fallen würde. Aus anderen Gründen wird die Entstehung der Schlote wohl ın die ältere Kreidezeit oder gar in die postkreta- ceische Zeit verlegt, so dal auch jetzt noch eine gewisse Unsicherheit herrscht. Jeden- falls darf man aber wohl Angesichts ihrer geologischen Gleichartigkeit annehmen, daß sie alle ziemlich gleichalterig sind. E. Cohen schreibt über die Bildung der mit blue ground erfüllten Trichter folgender- maben: „Ich nehme an, daß der diamantführende Boden ein Produkt vulkanischer Tätigkeit ist, welches wahrscheinlich in Form einer durchwässerten Asche, also vergleichbar den Auswurfsmassen der Schlammvulkane (bei verhältnismäßig nicht sehr hoher Temperatur), zur Eruption gelangte. Später traten dann in den oberen Regionen durch einsickernde atmosphärische Niederschläge, in den tieferen unter dem Einflusse steter Durchfeuchtung mannigfache Veränderungen und Neubildungen ein. Die kraterförmigen isolierten Beeken — richtiger vielleicht Trichter —, in denen allein die Diamanten gefunden werden, wären demgemäß wirkliche Krater, welche teils direkt durch die Produkte des Auswurfs erfüllt blieben, teils durch Zurückschwemmung der über den Kraterrand fortgeschleuderten Massen erfüllt wurden, wodurch allerlei Ffemdartiges — lokal auch kleine Geschiebe und organische Reste — in den Tuff gelangen konnte. Das Material zur Tuffbildung lieferten wahr- scheinlich zum größeren Teil in der Tiefe vorhandene kristalline Gesteine, von denen sich vereinzelt noch bestimmbare Reste finden. Erst in beträchtlicher Entfernung von den Diamantenfeldern treten ähnliche Felsarten an die Oberfläche. Bei der durch vulkanische Kräfte bewirkten Zerstäubung dieser kristallinen Gesteine blieb der Diamant, der sich wahrscheinlich in ihnen gebildet hat, teils vollkommen erhalten, teils wurde er in Bruch- stücke zersprengt und in beiderlei Form mit dem Tuff emporgehoben. Für einen der- artigen gleichzeitigen Auswurf von vollkommen ausgebildeten Kristallen und Fragmenten bieten manche der jetzt noch tätigen Vulkane Analoga, während es andererseits auch für die übrigen Fundorte von Diamanten nicht unwahrscheinlich ist, daß ihre ursprüngliche Lagerstätte und der Ort ibrer Bildung in älteren kristallinischen Gesteinen zu suchen ist. Wenigstens treten vorzugsweise in letzteren die Mineralien auf, welche in der Regel die Diamanten begleiten. Durch die Eruption wurden die Schichten der Schiefer und Sand- steine mit den eingeschalteten Diabaslagern gehoben, durchbrochen und zertrümmert, und die Bruchstücke lieferten das Material für die zahlreichen vom Tuff eingeschlossenen kleinen Fragmente und großen zusammenhängenden Partien (floating reefs) der genannten Felsarten. Da man mehrfach bei Brunnenanlagen in der Nähe der Gruben auf den Schiefern eingeschaltete Kohlenschmitzen gestoßen ist, so sind auch auf diese sicherlich die Kohlen zurückzuführen, die man gelegentlich im Diamantboden angetroffen und mit Unrecht in genetische Beziehung zu den Diamanten gebracht hat.“ 234 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Daß in der Tat die Ausfüllungsmasse der Trichter nieht durch fließendes Wasser in diese eingeschwemmt worden sein kann, folgt daraus, daß die in dem Blaugrund ein- geschlossenen Mineralien und Gesteine keine Abrollung zeigen. Bonney hat allerdings die rundliche Form der meisten auf solche Wasserwirkung zurückführen und sie als Geschiebe ansehen wollen, aber mit Unrecht, denn gerade die weichsten, besonders die Schiefer- stücke, die doch bei der geringsten Bewegung im Wasser zu allererst abgerollt werden müßten, sind scharfkantig und -eckig. Die gerundete Form der übrigen, härteren, hat auch wohl, wie wir sehen werden, andere Gründe. So bleibt also nur die E. Cohensche Ansicht von der vulkanıschen Entstehung der pipes übrig und mit dieser, wenn schon mit einigen Modifikationen, lassen sich auch die bisher beobachteten Tatsachen und nament- lıch die Bildung der Diamanten selbst, im großen und ganzen ohne Schwierigkeit erklären, wenn gleich wohl einzelnes in dieser Beziehung noch zu erledigen bleiben mag. Man stellt sich vor, daß durch die explosionsartige Wirkung hochgespannter Gase im Erdinnern, und besonders von Wasserdämpfen, welche überall die vulkanische Tätigkeit vermitteln, bei der Überwindung des gewaltigen Drucks der überlagernden Gesteinsmassen an einzelnen Stellen geringsten Widerstands röhrenförmige, nach oben trompetenförmig erweiterte Öffnungen durch die Erdkruste gestoßen worden sind, wie sie eben die pipes zeigen. Daß dies möglich ist, suchte Daubr&e durch Explosionsversuche im kleinen nachzuweisen; er erhielt dabei Röhren, die denen der pipes ganz ähnlich waren. Noch überzeugender dafür ist die Existenz von sicher vulkanischen Bildungen, die sich von den südafrikanischen pipes in der Form in nichts unterscheiden, so die mit Basalttuff u. -breceie und z. T. auch mit Basalt erfüllten Röhren, die die Juraschichten der schwäbischen Alb bei Urach durchsetzen, so die Tuffröhren derselben Art in Schottland und in manchen anderen Gegenden, so die Maare der Eifel und so vor allem die mit den Tuffen und Breceien von Melilithbasalt und teilweise mit diesem Gestein selbst erfüllten Schlote des Sutherland- bezirks im Kaplande. Alle diese Bildungen unterscheiden sich von den diamantführenden pipes nur durch die abweichende Beschaffenheit des Gesteins, das bei sämtlichen zweifellos vulkanisch ist, und das bei Sutherland sogar gewisse nahe Beziehungen zu dem sofort zu besprechenden Kimberlit nicht verkennen läßt. Dieselben hochgespannten Gase und Dämpfe, welche die Trichter bildeten, haben gleichzeitig die in der Tiefe befindliche glühendflüssige Masse, das Magma, in der Röhre in die Höhe gepreßt, an deren Mündung zerstäubt, und sie so, gemengt mit den Brocken der bei der Bildung der Röhre zertrümmerten Gesteine in die Luft geblasen. Dieses ganze Material fiel dann wieder auf die Erdoberfläche herunter. Dabei füllte ein Teil den zunächst offenen Schlot wieder aus, das zerstäubte Magma bildete den breecien- oder tuffartigen Blaugrund und die Gesteinsbrocken die darin eingeschlossenen boulders, in ganz ähnlicher Weise, wie wir es in den vulkanischen Tuffröhren der oben genannten Länder beobachten. Ein anderer Teil mußte sich rings um die Mündung des Schlotes in mehr oder weniger großer Menge anhäufen. Davon ist jetzt allerdings nichts mehr zu sehen, man mul) aber bedenken, daß das jetzige obere Ende der Röhren nicht das ursprüngliche ist. Die jetzt dort anstehenden Schichten waren früher von jüngeren Bildungen in erheblicher Mächtig- keit überlagert, diese sind aber im Laufe der Zeit zerstört und abgetragen worden zugleich mit dem entsprechenden oberen Teile der pipe und deren Umgebung. Die Diamanten aus diesen zerstörten Partien der pipes sind zum Teil einfach in die Tiefe gesunken und haben sich in der nunmehr obersten Lage, einem die ganze Bildung vielfach bedeckenden roten Ton und vielleicht einem Teil des yellow ground angesammelt. Daher erhält man öfters, z. B. in der Premier-Grube, ganz oben in den pipes aus den genannten Bildungen einen ganz besonders reichen Ertrag infolge dieses natürlichen Kon- zentrationsprozesses, der dem künstlichen Waschprozeß bei dem gegrabenen Blaugrund VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 235 im wesentlichen entspricht. Ein anderer Teil dieser Diamanten wurde durch fließendes Wasser ın die Betten der benachbarten Bäche und Flüsse hineingeschwemmt und mit deren Sand und Kies gemengt. Hieraus werden sie nun in den river diggings aus den Seifen an verschiedenen Orten gewonnen. Die Bildung der pipes war aber mit einer einzigen Explosion vielfach noch nicht zu Ende. Solche wiederholten sich wenigstens in manchen derselben mehrfach, und es ent standen auf diese Weise die verschiedenen oben erwähnten Säulen, wie sie z.B. in der Kimberley-Grube zu beobachten sind. Hierauf beruht wohl überhaupt wenigstens teilweise die Verschiedenheit einzelner Partien eines Trichters, namentlich auch bezüglich der Diamanten- führung. Außerdem drang das glühendflüssige Magma in die Röhren und auch in die Gang- spalten nach und mischte sich in den ersteren lokal mit den durch die Zerstäubung bei den Explosionen gebildeten feinen Aschenmassen. Durch solche Nachschübe entstanden dann die weniger ausgesprochen breccienartigen Partien der Ausfüllungsmassen, namentlich der hard blue, der ja z. T. ganz den Eindruck eines an Ort und Stelle ruhig erstarrten Eruptivgesteins macht, und vor allem auch die Gänge in dem Blaugrund, wie z. B. der erwähnte in der De Beer’s-Grube (the snake). Das Gestein, das auf diese Weise entstand, war, in seiner tuffartigen und kompakten Ausbildung ganz gleich, anfänglich in der Hauptsache Olivin, es war ein Olivingestein, ein Peridotit, welcher wegen der dem Olivin beigemengten akzessorischen Mineralien einem auch sonst vielfach vorkommenden diamantfreien Olivingestein, dem Lherzolith oder auch dem Glimmer-Peridotit, nahesteht. Es wurde von Carvill Lewis nach seinem ausgezeich- neten Vorkommen bei Kimberley mit dem besonderen Namen Kimberlit belegt und da- nach der Blaugrund auch Kimberlittuff oder Kimberlitbreecie genannt. Die Masse ist aber jetzt nicht mehr frischer, unveränderter Olivin, sondern dieses Mineral ist, wie auch in den meisten sonstigen Olivingesteinen, zum größten Teil in Serpentin umgewandelt, in dem nur vereinzelte Körnchen des ursprünglichen Olivins als noch erhalten gebliebene Überreste des Urminerals liegen. Daher rührt die Bezeichnung des Blaugrund als Ser- pentintuff oder Serpentinbreceie. Die dem Blaugrund beigemengten Mineralien waren jedenfalls zum größten Teil schon vor der ersten Explosion, als sich die gespannten Gase und Dämpfe noch nicht Luft ge- macht hatten, im Innern der Erde unter hohem Druck als sogenannte intratellurische Aus- scheidungen (Urausscheidungen) aus dem im übrigen noch im glühenden Fluß befindlichen Magma auskristallisier, namentlich die größeren derselben und die grobkörnigen Knollen von Glimmer, Pyroxenit, Eklogit usw. Dies zeigt die Übereinstimmung mit den genannten anderwärts vorkommenden Peridotiten, die nach ihrem ganzen Verhalten sich zweifellos als in großer Tiefe erstarrte Eruptivgesteine, als sog. Tiefengesteine erweisen. Der Kimberlit unterscheidet sich von ihnen im wesentlichen nur durch das Vorkommen von Diamanten, das aber geologisch in dieser Hinsicht bedeutungslos ist. Nur bei der in der Tiefe statt- findenden langsamen Abkühlung konnten diese Mineralien in der beobachteten Größe und regelmäßigen Ausbildung sich aus dem Magma abscheiden. Allerdings haben die Mineralien des Blaugrund, der Diamant ausgenommen, ja keine regelmäßige Kristallform, sondern sie sind mehr oder weniger vollkommen gerundet. Dies rührt aber wohl daher, daß sie auf ihrem Weg gegen die Erdoberfläche in dem umgebenden, noch glühend flüssigen Magma eine oberflächliche Abschmelzung, eine Resorption erlitten haben, wie das unter gleichen Um- ständen bei anderen Gesteinen häufig zu beobachten ist. Dasselbe ist natürlich auch den eingeschlossenen Gesteinsbrocken widerfahren, und beiden kleinsten von diesen hat A.Bergeat ausgezeichnete Resorptionswirkungen in der Tat sicher nachzuweisen vermocht. Auf die Ausbildung in der Tiefe weist auch der Umstand hin, daß man in der Ausfüllung der 236 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Triehter noch niemals auch nur die geringste Spur von glasigen Erstarrungsprodukten hat auffinden können, wie sie wohl sehr häufig bei oberflächlich fest gewordenen vulkani- schen Ergußgesteinen, nicht aber in Tiefengesteinen vorkommen. Daß der Diamant, der ja nicht anders als seine Begleitmineralien im Tuff liegt, auch wie diese entstanden ist, erscheint sicher, da er ja z. B. in den Eklogitknollen mit diesen in einer Weise verwachsen vorkommt, die jeden Zweifel an einer gleichartigen Entstehung des Diamants ausschließt. Daß die freiliegenden Diamanten anders gebildet worden sein könnten, wird wohl niemand annehmen wollen. Auch sie müssen also in der Tiefe aus dem Magma auskristallisiert und dann mit seinen Begleitern in der oben be- schriebenen Weise in die Röhre gelangt sein. Es hat auch keine Schwierigkeit, dies an- zunehmen, da nach den Versuchen von J. Friedländer und R. von Hasslinger aus kohlenstoffhaltigen Schmelzen von der Zusammensetzung des Olivin oder auch, was dasselbe ist, des Blaugrunds beim Erstarren Diamant in der Form von Kristallen sich ausscheiden kann. Die beiden genannten haben mit kleinen Mengen gearbeitet und die Erstarrung der Schmelze ist verhältnismäßig rasch vor sich gegangen, daher haben sie nur Diamanten von mikroskopischer Größe oder wenig darüber erhalten. In den gewaltigen Magmamassen im Erdinnern und bei der dort nur langsam vor sich gehenden Erkaltung und Erstarrung konnten sich wie bei den anderen Mineralien auch größere Kristalle von Diamanten bilden. Diese sind übrigens aber, wie wir gesehen haben, auch im Blaugrund zu allermeist klein und sogar z. T. mikroskopisch klein. Jedenfalls müssen wir uns das Kimberlitmagma kohlenstoffhaltig vorstellen, was in verschiedener Weise möglich ist. Nach Stelzner war es mit Kohlensäure durchtränkt, andere denken an Kohlenwasserstoff oder an Metallkarbide als Quelle der Diamanten usw. Selbstverständlich wird das Magma nicht überall gleichviel Kohlenstoff enthalten haben, danach wird auch der Diamantgehalt nicht in allen Gruben und nicht in allen Teilen einer Grube der gleiche sein, und wenn an einer Stelle das Magma gar keinen Kohlenstoff ent- hielt, so konnten sich in einer an dieser Stelle entstandenen pipe auch keine Diamanten finden. Verschiedene physikalische Bedingungen bei der Abkühlung und Erstarrung des Magmas konnten die verschiedene Ausbildung der Diamanten in den einzelnen Gruben nach Farbe, Größe, Kristallform usw. zur Folge haben. Wir haben schon oben gesehen, daß man früher versucht hat, sich die Entstehung der Diamanten nahe der Erdoberfläche zu denken, und zwar durch die Einwirkung des glühendflüssigen Magmas auf die bituminösen Schiefer. Diese schon von E. Cohen ab- gelehnte Ansicht ist auch in der Tat zu verwerfen, und zwar aus verschiedenen Gründen. Wäre sie richtig, so wäre wohl anzunehmen, daß Diamanten hauptsächlich oben in der Region dieser Schiefer im Riff sich finden, wo auch viele boulders der letzteren Art im Blaugrund liegen, daß jedenfalls hier der Diamantenreichtum am größten ist. Tatsäch- lich nimmt dieser aber in vielen pipes gegen unten, also mit der Entfernung von jenen Scehiefern nicht unbeträchtlich zu. Entscheidend ist aber die Tatsache, daß die transvaal- schen pipes und vor allem die besonders reichhaltige der Premier-Grube ın der Haupt- sache durch Quarzit hindurch gehen und daß dort solche Schiefer und andere bituminöse Riffgesteine und boulders gänzlich fehlen. Mit der Entstehung in der Tiefe finden dann auch die zahlreichen Bruchstücke von Diamantkristallen im Blaugrund ihre Erklärung. Bei dem unter heftigen Kraftwirkungen erfolgten Transport aus der Tiefe und in der Röhre entstanden sie durch Zerbrechen größerer Kristalle nach den Blätterbrüchen. Ähnliche Bruchstücke bilden übrigens auch aus demselben Grunde häufig die Begleitmineralien. Der Kimberlit, das ursprüngliche Muttergestein der Kapdiamanten, gehört zu den ganz besonders kieselsäurearmen, den ultrabasischen Eruptivgesteinen. Wir haben hier also das VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 237 Hauptbeispiel der Ausscheidung von Diamanten aus einem ultrabasischen Magma vor uns, wie es in weit kleinerem Maßstab gleichfalls in Borneo, Australien, Nordamerika usw. zu be- obachten ist. Auch in Spanien, in der Nähe des Dorfes Carratracas, Provinz Malaga, soll ein Diamant mit Serpentingeröllen in einem Bachbett gefunden worden sein. Die letztere Entstehung des Diamants steht gegenüber der in sehr sauren Eruptivgesteinen mit hohem Kieselsäuregehalt, wie Granit usw.; so ist diese, wenn gleich z. T. zweifelhaft, in Brasilien, Lappland, bei Bellary in Indien, im südöstlichen Borneo usw. zu beobachten. Produktion und Bearbeitung der einzelnen Gruben bei Kimberley. Die Produktion von Diamanten in den dry diggings begann Ende 1870, stand schon 1872 in höchster Blüte und hat sich seitdem immer mehr entwickelt. Zuerst war die Bearbei- tung der Gruben eine unregelmäßige, eine Art Raubbau, der das Nächsterreichbare mit möglichst geringem Aufwand von Arbeit und Kosten nahm, ohne an künftige Zeiten zu denken. Das hatte zur Folge, daß man später große Mühe und Opfer aufwenden mußte, um wertvollen Grund, der durch frühere Arbeiten verschüttet worden war, wieder zu- gänglich zu machen. In der zuletzt aufgefundenen Kimberleygrube wurde aber gleich von Anfang an ein rationellerer und regelmäßigerer Abbau eingeführt, da man beim Betriebe der älteren Gruben schon durch Schaden klug geworden war. Die Gruben wurden in quadratische Parzellen, sogenannte claims eingeteilt, wie es in den Goldfeldern Kaliforniens und Australiens und auch Südafrikas, sowie in den river diggings Sitte war. Diese elaims waren in Kimberley und De Beer’s 31 Fuß englisch = 30 Fuß holländisch = 9,1 m, in Dutoitspan und Bultfontein aber nur 30 Fuß engl. lang und breit. Jeder elaim hatte also eine Grundfläche von etwas über 80 qm. Solcher Parzellen waren in Kimberley im ganzen 470, in De Beer’s 622, in Bultfontein 1067, und in Dutoitspan 1441. In den drei letztgenannten Gruben war zwischen den einzelnen claims gar kein Zwischenraum gelassen, sie grenzten unmittelbar aneinander. Die nach innen zu gelegenen hatten also gar keinen direkten Zugang von außen, was den Verkehr und Abbau sehr erschwerte. Um diese Übelstände zu vermeiden, ordnete der Regierungskommissar, damals noch der des Oranje-Freistaates, bei der Eröffnung der Kimberleygrube an, daß hier 14 oder 15 von Norden nach Süden gehende, 15 Fuß breite Streifen in solchen Entfernungen ausgespart wurden, daß jeder claim an einen solchen Streifen zu liegen kam. Diese durften nicht in Angriff genommen werden; sie dienten zur Anlage von Verbindungswegen, sogenannten „road ways“. Jeder Claimbesitzer verlor dadurch 71% Fuß Boden, daher fand die Einrichtung zuerst großen Widerstand, bald aber schwand dieser, weil sich herausstellte, daß durch die Wege der Betrieb außer- ordentlich erleichtert wurde, Die Taf. VII gibt den Anblick der Kimberleygrube mit ihren Wegen, wie sie sich ım Jahre 1872 darstellte. Jeder „digger“ durfte bis 1877 höchstens zwei claims besitzen, mit alleiniger Aus- nahme des Entdeckers der betreffenden Grube, der drei zu nehmen berechtigt war. Jeder- mann hatte die Auswahl unter den noch freien elaims und mußte dafür dem Grundeigen- tümer eine Entschädigung von 10 Schilling die Woche bezahlen. Bis 1873 galt die Be- stimmung, daß jeder die von ihm in Besitz genommenen claims ununterbrochen be- arbeiten mußte. Wer aus irgendeinem Grunde acht Tage lang die Arbeit ruhen ließ, verlor sein Recht; ein beliebiger anderer konnte dann den nunmehr herrenlosen claim in Besitz nehmen. Im Laufe der Zeit ergab es sich, daß ein Mann nicht immer imstande oder willens war, einen ganzen claim allein zu bearbeiten. Es kamen Teilungen vor, und manche diggers hatten nur einen halben oder einen viertel und sogar einen sechzehntel claim. Die Besitzer soleher Bruchteile von claims waren in allen Gruben sehr zahlreich. 238 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Wichtiger als die Teilung der claims erwies sich aber das Zusammenfassen mehrerer in einer Hand, nachdem die eben erwähnte entgegenstehende Bestimmung im Jahre 1877 beseitigt worden war. Es bildeten sich Aktiengesellschaften, die eine Anzahl claims zu- sammenkauften und gemeinsam bearbeiteten, und neben denen sich Eigentümer einzelner claims und namentlich solche von Bruchteilen eines claims im Laufe der Zeiten nur in sehr geringer Zahl unabhängig erhalten konnten. In der Kimberleygrube waren so Mitte der achtziger Jahre einige wenige große Gesellschaften im Besitze von fast sämtlichen claims, während Mitte der siebziger Jahre ungefähr 1600 Personen an der Grube beteiligt gewesen waren, und ähnlich hatten sich die Verhältnisse in den anderen Gruben gestaltet. Der Besitz der einzelnen Gesellschaften wechselte zwischen erheblichen Grenzen, nämlich zwischen 4 und 70 claims. Die Verwaltung war bei vielen vollkommen rechtlich; manche waren aber auch Schwindelunternehmungen schlimmster Art, die zuweilen nach kurzem Betriebe ihre Arbeiten einstellen mußten. Die nächste Folge der Bildung dieser Aktiengesellschaften war eine starke Vermehrung der Produktion. 1879 wurden im ganzen etwa 2 Millionen Karat Diamanten produziert, 1880 und 1881 stieg die Menge plötzlich auf etwas über 3 Milionen. Dieses günstige Resultat in Verbindung mit den zahlreichen Schwierigkeiten, die die Bearbeitung der Gruben durch verschiedene Gesellschaften und daher in verschiedener Weise mit sich brachten, erweckte sodann das Bestreben, die Bebauung jeder Grube vollkommen einheitlich zu gestalten. Dahin zielende Versuche fanden anfänglich großen Widerstand, führten aber schließlich doch zum Ziel und zwar zuerst in der De Beers-Grube. Die 1880 mit einem Kapital von 21/2 Millionen Pfund Sterling gegründete „De Beers mining company“ dehnte sich all- mählich immer mehr aus, indem sie die Anteile anderer Gesellschaften und einzelner Claim- besitzer aufkaufte und so nach und nach die ganze Grube in ihren alleinigen Besitz brachte. Nachdem dies erreicht war, konstituierte sie sich neu und verwandelte sich unter der Führung des auch als Politiker bekannten, im Jahre 1902 verstorbenen Cecil John Rhodes, der auch vorher schon im wesentlichen die Sache geleitet hatte, in die „De Beer’s consolidated mines company“, die am 1. April 1889 mit einem Aktienkapital von 4'/ Millionen Pfund Sterling ins Leben trat. Damit war der Anstoß zu der mächtigen Entwickelung der süd- afrikanischen Diamantenindustrie gegeben. In ganz kurzer Zeit stand die Gesellschaft als Alleinherrscherin an der Spitze, und diese Stellung nimmt sie noch heute ein. Zunächst erwarb sie im Jahre 1889 noch die ganze Kimberleygrube, seit 1889 und 1890 auch Bultfontein und Dutoitspan, denen endlich 1892 die Wesselton-Grube folgte, deren Eigentümer sich allerdings noch bis 1896 das Abbaurecht vorbehielt, so daß die Gesellschaft erst in diesem Jahre in den faktischen Besitz treten konnte. Damit waren nun also alle fünf ertragreichen Gruben bei Kimberley in ihrer Hand vereinigt. Außer ihnen war damals bloß noch Jagersfontein von einiger Bedeutung, aber auch hier wußte die Gesellschaft durch Erwerbung von Anteilscheinen ihren Einfluß geltend zu machen. Mit allen diesen Maßregeln hatte sie sich das Diamantenmonopol verschafft, und sie behielt es auch unbe- stritten, bis vor wenigen Jahren die Premier-Grube in Transvaal eröffnet wurde. Wie sehr die Gesellschaft schon bald nach ihrer Gründung den Markt beherrschte, sieht man daraus, daß von den 2415655 Karat Diamanten, die vom 1. April 1890 bis 31. März 1891 in Südafrika gewonnen wurden, 2195112 Karat im Werte von 3287 728 Pfund Sterling aus ihren Gruben kamen, also nahezu 90 Prozent des Ganzen. Gegen diese Menge verschwindet auch das aus anderen Ländern Kommende vollständig, sogar die Produktion von Brasilien, das hinter Südafrika an zweiter Stelle steht. Aber auch auf einen Teil der dortigen Gruben, die Canavieiras-Gruben in Bahia, hat sich die De Beer’s- Gesellschaft ihre Einwirkung gesichert. Mit weitem Blick und in ausgezeichneter Weise geleitet, hat sie sogar den Wettbewerb der allein für sie gefährlichen Premier-Grube zu IA T19Fel VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 239 beseitigen gewußt, indem sie die Premier-Gesellschaft bestimmte, im Oktober 1907 gegen eine angemessene Entschädigung ihre Produktion einzuschränken, und sich dem unten zu besprechenden Diamantensyndikat und damit ihrer Preispolitik anzuschließen. Allerdings ist neuestens die Premier-Gesellschaft von dieser Abmachung schon wieder zurückgetreten. Diese Politik besteht darin, daß die De Beers-Gesellschaft ihre ausschlaggebende Macht dazu benützt, die Produktion zur Vermeidung jeder Preisdrückerei der Nachfrage tun- lichst anzupassen. Früher als die Besitzer der einzelnen elaims und die zahlreichen kleinen Gesellschaften unabhängig voneinander für sich arbeiteten, suchten alle rasch so viel Steine als nur möglich zu gewinnen und zu verkaufen. Dadurch machten sie sich gegenseitig Konkurrenz, und die Diamantenpreise blieben verhältnismäßig niedrig. Die Gesellschaft dagegen förderte nicht mehr und brachte nicht mehr in den Handel, als zu den verschiedensten Zwecken des Schmucks und der Technik verbraucht wurde. Dies waren erfahrungsmäßig etwa 200000 Karat im Monat. Diese Maßregel in Verbindung mit dem bisherigen Mangel jeglichen ernsten Wettbewerbs machte es möglich, den Preis für 1 Karat Diamanten von anfänglich etwa 20 Schilling allmählich bis auf 60 Schilling und noch mehr hinaufzu- schrauben und den Gesamterlös für verkaufte Diamanten von 901818 Pfund Sterling im Jahre 1889 bis auf 5607718 Pfund im Jahre 1906 zu steigern. Gleichzeitig hatte die Vereinigung der Kimberley-Gruben in einer Hand eine sehr beträchtliche Verminderung der Gewinnungskosten zur Folge. Während 1882 ein load Blaugrund !) die Gesellschaft auf 16 bis 17 Schilling zu stehen kam, betrugen später die Unkosten nur noch 7 bis 9 Schilling im Durchschnitt. Alle diese Umstände bewirkten ein starkes Anwachsen der Gewinne, das sich in einem raschen Steigen der Dividende äußerte. Diese betrug im Jahre 1889 nur 5, 1890 schon 20 Prozent, und ging, stetig größer werdend, im Jahre 1896 bis auf 40 Prozent des Aktienkapitals in die Höhe. Dieser Stand hat sich bis heute nicht mehr geändert, nur für das Jahr, in dem die Belagerung von Kimberley während des Buren- kriegs stattfand, 1899 bis 1900, mußten die Eigentümer der Aktien auf eine Rente ver- zichten, da die Gesellschaft infolge dieser Vorgänge einen Verlust von 5—6 Millionen Mark erlitt. Die Aktionäre wurden dafür aber durch außerordendliche Zuwendungen später einigermaßen entschädigt. Dabei wurden gar nicht alle im Besitz der Gesellschaft befindlichen Gruben bearbeitet. Anfänglich war es nur die Kimberley- und die De Beers-Grube, wozu 1896 noch die Wesselton-Grube trat, während seit Ende März 1890 Dutoitspan und Bultfontein still- gelegt waren. Sie erschienen zu wenig ertragreich und konnten für später aufgespart werden, wenn der reiche Blaugrund der andern Gruben erschöpft sein würde. Von Dutoitspan sagte Cecil Rhodes beim Ankauf, die Grube sei zwar zum Betrieb zu arm, aber doch zu reich, als daß sie im Besitz eines andern gelassen werden könnte. Erst am Anfang dieses Jahrhunderts wurden sie, 1900 Bultfontein, 1903 Dutoitspan, wieder aufgenommen. Beide haben dabei die in sie gesetzten Erwartungen übertroffen, da der in den oberen Teufen geringe Diamantgehalt nach unten beträchtlich wächst, während in den Haupt- gruben, Kimberley und De Beers, der Ertrag in der Tiefe rasch abnimmt. Jene beiden anfänglich verachteten Gruben versprechen darnach mit der Zeit die Hauptdiamantenquellen der Gesellschaft zu werden, namentlich auch angesichts ihres großen Umfangs, der den der beiden letztgenannten erheblich übertrifft. Gegenwärtig sind sie aber trotzdem der Krisis im Diamanthandel wegen wieder stillgelegt. Um einen weiteren Blick in die Zukunft zu tun, sei erwähnt, daß die De Beers Ge- sellschaft in ihren fünf Gruben schon jetzt gegen 100 Millionen loads') Blaugrund durch 1) 1 load, das in Kimberley für derartige Zwecke allgemein übliche Maß, ist = 16 Kubikfuß englisch —= 0,454 Kubikmeter. 1 load (Wagenladung) Blaugrund wiegt ungefähr 725 Kilogramm. 240 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. bergmännische Arbeiten u. Versuchsschächte nachgewiesen und teilweise auch bereits für den Abbau aufgeschlossen hat. Diese Anlagen gehen in der Kimberley-Grube etwa 900 Meter tief, in den anderen lange nicht so weit. Da die gegründete Hoffnung besteht, mit dem Berg- baubetrieb bis vielleicht 2000 Meter vordringen zu können und auch dort noch brauchbares Material zu finden, so darf man wohl annehmen; daß die Produktion in ihrem heutigen Umfange auf eine ganze Reihe von Jahren gesichert ist. Am- Anfange, kurz nach der Eröffnung der Gruben, arbeitete jeder Besitzer eines claims oder eines elaim-Anteils allein in seinem Grundstück. Bald fanden sich aber ver- hältnısmäßig billige Arbeitskräfte unter den umwohnenden Kaffern, die in großer Zahl verwendet wurden. In den 70er Jahren waren allein in der Kimberleygrube 10000 bis 12000 Kaffern als Arbeiter beschäftigt; manchmal wird die Zahl sogar auf das Doppelte angegeben. Das Gestein wurde mit der Spitzhacke losgelöst oder mit Pulver, später auch mit Dynamit gesprengt und das Gewonnene auf die primitivste Art aus der Grube heraus- gefördert, entweder getragen oder in Karren geführt. Dabei vertieften sich die verschie- denen Gruben immer mehr, und zwar auch in dieser Zeit schon in den einzelnen claims in verschiedenem Maße, da sie nicht alle gleich lebhaft bearbeitet wurden. So bildete bald ein stark bearbeiteter claim eine quadratische Vertiefung mit mehr oder weniger hohen senkrechten Wänden, von denen fortwährend Stücke sich ablösten und herunterfielen, und langsam bearbeitete claims bildeten quadratische Säulen, zuweilen von solcher Höhe, daß sie einstürzten und die ganze Nachbarschaft überschütteten. Die zwischen den claims hin- durehführenden roads in der Kimberleygrube, die nicht angehauen werden durften, bildeten bald Mauern, die hoch über die Umgebung hervorragten, so daß die ganze Grube den eigentümlich pittoresken Anblick bot, den Taf. VII zeigt. Auch diese Mauern fingen der leichten Verwitterbarkeit des Tuffs wegen bald an zusammenzubrechen, daher mußte man schon 1872 anfangen, sie abzubauen. Die Grube erhielt dadurch ein ganz anderes An- sehen; sie glich nun einem riesigen Loch, aus dem jetzt aber das gewonnene Material nicht mehr in der früheren Weise herausgeholt werden konnte. Daher wurden als Ersatz für die alten Verkehrswege, die roads, am Rande der Gruben, hohe Holzgerüste mit Winden gebaut und die mit der diamantführenden Erde gefüllten Fellsäcke oder Eimer mittelst Drahtseilen heraufgezogen. Jeder Besitzer eines Teiles der Grube hatte seine be- sonderen Drahtseile, und so waren diese in sehr großer Zahl, bis 1600, vorhanden. Die Grube bot in dieser Zeit (um 1874) einen Anblick, wie wenn sie mit einem Netz von Spinnenfäden überzogen wäre; die Figur Taf. VIII oben sucht diese. eigentümliche Er- scheinung wiederzugeben. Die Bewegung der Apparate geschah anfänglich bloß durch Menschen oder Tiere, später wurden auch Dampfmaschinen angewendet. Daß dies nicht gleich in der ersten Zeit geschah, lag nur an den enormen Kosten der Maschinen und der zum Betrieb erforderlichen Steinkohlen. Anfangs 1880 waren aber trotzdem in den Gruben bei Kimberley schon 150 Dampfmaschinen aufgestellt, deren Zahl sich bis 1882 auf 386 mit 4000 Pferdekräften vermehrt hatte, und neben denen ım letzteren Jahre noch 1500 Maultiere und Pferde verwendet wurden. Schon allein durch die fortdauernden, mit zahlreichen Unglücksfällen verbundenen Einstürze in den Gruben und das immer mühevollere Herausschaffen des gewonnenen Tuffs wurde die Bearbeitung der claims mit zunehmender Tiefe immer schwieriger und kost- spieliger. Dazu kamen aber noch andere in derselben Richtung wirkende Umstände. Früher hatte man das die Grube umgebende Riff einfach stehen lassen. Bald jedoch fingen auch dessen Wände an einzustürzen. Große Gesteinsmassen fielen und rutschten in die Grube und überdeckten diese zum Teil so, daß der Betrieb bedeutend gehindert und erst nach sehr langwierigen und kostspieligen Arbeiten zur Fortschaffung der abgestürzten VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 241 Massen wieder möglich wurde. So rutschte im September 1882 in der Kimberleygrube ein Stück des Riffs im Gewicht von 350000000 kg ab, dessen Trümmer 64 claims über- schütteten; 1878 war sogar ein Viertel aller elaims mit Trümmern des Riffs bedeckt. 1879 und 1880 mußte man 6 Millionen Mark für Beseitigung der abgestürzten Massen aufwenden, 1882 war dazu sogar eine Ausgabe von 10 Millionen Mark nötig, und doch konnte der Übelstand nieht vollständig beseitigt werden. Im ganzen wurden etwa 3 Mil- lionen Kubikmeter Riff mit einem Aufwande von 40 Millionen Mark aus der Kimberley- grube entfernt. Wie weit diese Schwierigkeiten die der Einsturz des Riffes mit sich brachte, die Produktion beeinflußt haben, sieht man daraus, daß die Kimberleygrube in den 18 Monaten vor der oben erwähnten Katastrophe 1429728 Karat Diamanten, in den darauffolgenden 18 Monaten aber nur 850396 Karat geliefert hat. Durch diese Einstürze und die Entfernung der zwar noch stehenden, aber den Einsturz drohenden Riffteile wurde der obere Umfang der Grube immer größer. So bildete die Kimberleygrube bis Mitte der achtziger Jahre allmählich eine 122 m tiefe, kraterartige Einsenkung von 350 m Länge und 300 m Breite, wie es Tafel VIII, untere Figur dargestellt ist. Auch die Grubenwässer fingen nun an lästig zu werden, und es wurde nötig, sie zu entfernen, als man immer mehr in die Tiefe eindrang. Dies war gleichfalls mit erheb- licher Mühe und großen Kosten verbunden. Solche Schwierigkeiten zu besiegen, waren bald die Besitzer einzelner elaims nicht mehr imstande, um so mehr, als sie nicht die einzelnen claims, sondern die ganze Grube in ihrer Gesamtheit betrafen. Daher trat allmählich immer stärker das Bedürfnis der Vereinigung mehrerer zu gemeinsamer Arbeit hervor, und daraus entwickelte sich schon 1874 die Einrichtung des „Kimberley mining board“, einer Behörde, die solche gemein- nützigen Unternehmungen, wie die Entfernung des eingestürzten und den Einsturz drohen- den Riffes, des Grubenwassers usw. auf gemeinschaftliche Kosten ausführte, und diese Schwierigkeiten waren auch der Grund, warum sich später die oben erwähnten Aktien- gesellschaften bilden konnten. Früher war ein Besitzer eines claims nicht so leicht ge- neigt, sein Eigentum zu veräußern, da er daraus die größten Reichtümer zu ziehen hoffte, und auch gegen die gemeinsame Bearbeitung mehrerer benachbarter claims durch alle Besitzer zusammen herrschte die größte Abneigung. Bald fehlten aber vielen solchen kleinen Eigentümern die Mittel zur Fortsetzung ihres Betriebes; sie mußten ihre Anteile verlassen oder verkaufen, und statt ihrer traten nun die Aktiengesellschaften ein, die mit großen Kapitalien arbeiteten und die daher alle jene Übelstände leichter überwinden konnten, um so mehr, als sie nicht bloß ein kleines Eekehen der Grube, sondern ein größeres zusammen- hängendes Stück derselben besaßen. Sie waren auch imstande, den Betrieb durch Einführung der besten Maschinen und der zweckmäßigsten Einrichtungen fortdauernd zu vervollkommnen und auf die Höhe der modernen Technik zu erheben, und dadurch gleich- zeitig auch billiger zu gestalten. Immer mehr und mehr drang aber allmählich die Überzeugung durch, daß in der bisherigen Weise nicht fortgearbeitet werden könne, und daß die Einführung eines regel- mäßigen unterirdischen Bergbaues an Stelle des bisherigen oberirdischen Tagebaues dringendes Erfordernis sei, um die Schätze der größeren Tiefe zu gewinnen. Erfolgreiche Anfänge dazu sind in der Kimberleygrube schon 18%5 gemacht worden. Hier wurde 1891 neben anderen Schächten ein soleher von 1261 engl. Fuß Tiefe in das Riffgestein ge- trieben, von dem aus die Diamantlagerstätte in verschiedenen Niveaus durch horizontale Strecken aufgeschlossen wurde. Fig. 48 (S. 242) gibt ein Bild von den damaligen bergmännischen Anlagen in der Kimberleygrube mit ihren Stollen und Schächten, die teils in dem Trichter selbst, teils im Nebengestein angelegt sind. Die größte Tiefe des Tagebaues betrug etwa 880 Fuß oder gegen 300 Meter und stellt so die größte künstliche Ausschachtung in der Erdkruste Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 16 242 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. dar. Bergmännisch ist man zurzeit bis etwa 2700 Fuß, also über 900 Meter vorgedrungen (vgl. Fig. 478.222). Man sieht daraus, in wie viel beträchtlicherem Maßstabe bei diesem neuen Betriebe der Abbau vor sich gehen konnte als früher. Ein Hauptvorteil des Berg- baues ist ferner der, daß nunmehr die Arbeiten nicht mehr durch Einstürze des Riffes ge- fährdet und gestört werden können. Daher waren auch im Jahre 1891 und später Mabßregeln zur Bewältigung des Riffes früheren Jahren gegenüber nur in geringem Maße erforderlich. Auch in den anderen Gruben ist der unterirdische Betrieb eingeführt worden. Die Anlage in der De Beers-Grube ist in Fig. 49 abgebildet. Der Hauptschacht ist hier Jetzt 2076 Fuß oder ungefähr 700 Meter, die unterste Abbaustrecke 2040 oder nahezu 680 Meter tief. Süd en en En NER FR 7) os ui UN. EEE 7 Kool! Zismennm—nn 187 . IE: —— er Schief] R TE L ) Se INÜIIIINIÖ I on Ser Teen L L N De NN . ES , N 1 a nr l = a = Are lerne S. - Schächte G. - Diabasgänge Fig. 48. Bergbauliche Anlagen in der Kimberley-Grube. 1: 4800. Wie die Gräberei zuerst in sehr primitiver Weise betrieben worden war, so wurde an- fänglich auch die Gewinnung der Diamanten aus dem geförderten Gestein auf sehr rohe und oberflächliche Art ausgeführt. Der zur Zeit der Entdeckung der dry diggings in der Gegend von Kimberley herrschende absolute Wassermangel, der so weit ging, dab man sogar das nötige Trinkwasser viele Kilometer weit vom Vaalflusse herbeifahren mußte, “verbot das Waschen wie in den river diggins von selbst. Daher wurde die diamant- führende Masse mit hölzernen Keulen gröblich zerkleinert, das Gröbste und Feinste durch zwei Siebe getrennt, der Rückstand von mittlerem Korn wie in den river diggings in einer dünnen Schicht auf einem Tisch ausgebreitet und nach Diamanten sorgfältig durehsucht. Bei diesem Prozesse gingen natürlich alle die Steine verloren, die durch die etwa 21/ bis A mm weiten Maschen des feinen Siebes hindurchfielen, es galt aber die Ansicht, daß die Gewinnung auch dieser kleinen Diamanten die dazu nötige Zeit und Mühe nicht lohnen würde. Die größeren Gesteinsstücke, die auf dem groben Siebe mit 9 bis 15 mm Maschenweite liegen blieben, schlossen noch manchen Diamanten ein, der äußerlich nicht Tafel VII. - ‘ -Grube 18 ”. Kimberley u Kimberley-Grube (Westseite) 1885. x A } ! i \ Ü 2 Ba; ir * VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 243 bemerkbar war und der mit diesen Stücken beiseite geworfen wurde. Man glaubt, dab in dieser ersten Zeit ebensoviele Diamanten übersehen, wie gewonnen wurden. So kam es, daß die Diamantensucher in dem Abfalle, der schon einmal durchstöberten Diamanten- erde, dem „debris“, als er in Kimberley im Jahre 1873 fortgeschafft werden mußte, noch eine reiche Ausbeute an Diamanten machten. Ja, man hat sogar nach Einführung besserer Methoden dieselben Massen, wenigstens soweit sie aus den reicheren Teilen der Grube stammten, noch ein drittes Mal mit Vorteil verarbeitet und noch viele die beiden ersten Male übersehene Steine gefunden. Hunderte von ärmeren Diamantengräbern, die keinen Grubenanteil besaßen, hatten früher auf den alten Halden ihre Arbeitsstätte und gewannen eine Zeitlang daraus ihren Lebensunterhalt in ähnlicher Weise, wie dies auch in Indien an manchen Stellen der Fall ist. Süd Schutt DO792II oO Qo 0) °o 0.90 IAIN RN SSSINSSRSsS ON RN \ DAN ir | Fig. 49. Bergbauliche Anlage in der De Beers-Grube. (1:4800.) Seit 1900 hat dann die Gesellschaft selbst diese Massen, die „debris“, sowie die in der ersten Zeit der Wäscherei erhaltenen massenhaften Rückstände, die „tailings“ mit vollkomme- neren Maschinen noch einmal durchgewaschen und reiche Erträge dabei erzielt. Von 1900 bis 1907 wurden 12832000 loads debris und tailings auf diese Weise verarbeitet und 2032000 Karat Diamanten im Werte von 2581000 Pfund Sterling gewonnen, natürlich fast alle klein, so daß der Mittelwert pro Karat in den letzten Jahren nur 28 bis 29 Schilling betrug. (Vgl. die Produktionstabelle weiter unten, S. 248). Der anfängliche Wassermangel dauerte nicht lange an. Eine 22 km lange Wasser- leitung vom Vaal her und zahlreiche gegrabene Brunnen, sowie die Gruben selbst lieferten bald Vorrat genug, um die Wäscherei auch in den dry diggings einzuführen. Das zerkleinerte Tuffgestein wurde anfangs ganz in derselben Weise und mit denselben ein- fachen Apparaten gewaschen wie in den river diggings, bald aber folgten Verbesserungen. 1874 kam zuerst eine Waschmaschine in Aufnahme, die mit der Hand getrieben werden mußte. 1876 und 1877 wurde die Handarbeit durch Maschinenbetrieb ersetzt und weiter- hin die Apparate so vervollkommnet, daß man in derselben Zeit 500000 kg zu verarbeiten vermochte, die früher zur Bewältigung von 3000 bis 4000 kg nötig gewesen war. Beim Waschen, das zuletzt mit den sog. Pulsatoren geschieht, werden die feineren und leichteren erdigen Bestandteile des Blaugrunds entfernt und nur das Gröbere und spezifisch 16 * 244 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Schwerere bleibt zurück, die Diamanten und die sie begleitenden Mineralien, namentlich Granat, Zirkon, Oyanit, Chromdiopsid, Enstatit und Olivin nebst den Eisenerzen (Titaneisen usw.). Aus diesen Waschrückständen, den sog. concentrates, etwa 1 Prozent des Blaugrunds, wurden dann früher die Diamanten mit der Hand ausgelesen. Später konnte auch dies auf mechanischem Wege, durch die Separatoren, bewerkstelligt werden. Alle diese Maschinen arbeiten so vollkommen, daß auch die Gewinnung der kleinen Steine, die früher verloren gingen, ohne weitere Mühe möglich ist. Durch Kochen in einer Mischung von Schwefel- und Salpetersäure werden die Diamanten schließlich von allen anhaftenden fremden Körpern befreit, in Wasser und zuletzt in Alkohol gewaschen und dadurch markt- fähig gemacht. In den größeren Tiefen der Gruben ist der Tuff zu fest, um ohne weiteres verwaschen werden zu können. Dieser festere Tuff muß daher vorher einem Aufbereitungsprozeß unterworfen werden. Er wird zu diesem Zwecke in umzäunten größeren gepflasterten Feldstrecken, den sogenannten floors, in einer dünnen Schicht auf dem Boden aus- gebreitet und der Einwirkung der Atmosphärilien ausgesetzt. Durch den Einfluß von abwechselndem Tau, Regen und Sonnenschein wird der erst feste Tuff allmählich so auf- gelockert, daß er nunmehr durch Waschen verarbeitet werden kann. Diese Auflockerung, neben der ein Übergang der Farbe des „blue ground“ in die gelbe des „yellow ground“ hergeht, beansprucht einen bis neun Monate, je nach dem mehr oder weniger reichlich fallenden Regen. Aber auch die Grube, aus der die Masse stammt, also die Beschaffen- heit des Gesteins, ist dabei von Einfluß; solches aus der Kimberleygrube soll in der Hälfte der Zeit locker und mürbe und zum Waschen geeignet werden, als das von De Beer’s. Dieses braucht zuweilen einige Jahre, um &anz zu zerfallen, während das aus der Kimber- leygrube meist in einigen Wochen oder Monaten genügend verwittert. Immer aber bleiben dabei Stücke übrig, die bei der Verwitterung nicht zerfallen (sog. lumps). Diese und der sich ebenso verhaltende hard blue werden in besonderer Weise behandelt, um die Diamanten auch aus ihnen zu gewinnen, indem man sie in besonderen Trichtermühlen zerquetscht und dann wäscht. Der langsame Verwitterungsprozeß in den floors ist mit sehr großen Mißständen verknüpft, die den Ertrag der Gruben ganz beträchtlich vermindern. Der Wert der er- forderlichen Bodenfläche ist sehr hoch, ebenso die Löhne für die Arbeiter und Wächter, und trotz der Bewachung und aller möglichen Vorsichtsmaßregeln kommen während der langen Zeit, in der die Masse liegt, zahlreiche Diebstähle vor. Es wäre daher von größter Wichtigkeit, die langsame natürliche Aufbereitung durch geeignete raschere künstliche Prozesse ersetzen und die Masse schneller für den Waschprozeß geeignet machen zu können; bisher ist dies aber noch nicht recht gelungen. Ein Umstand, der die Diamantengewinnung in Südafrika lange Zeit aufs äußerste erschwerte und hinderte, war die große Teuerung, die in den Diamantenfeldern herrschte und zum Teil noch herrscht. In jenen Gegenden, die früher kaum eine höchst spärliche Bevölkerung notdürftig zu ernähren vermochten, waren bald mindestens 30000 Weiße an- gesiedelt, die ihren Lebensunterhalt und die zu ihrem Geschäftsbetrieb nötigen Gegen- stände zum größten Teil aus weiter Ferne, von Kapstadt, Port Elizabeth oder anderen Hafenstädten beziehen mußten. Der Transport geschah auf Wagen, die mit Pferden, Maultieren oder Ochsen bespannt waren und die wochenlang brauchten, um den weiten und beschwerlichen Weg nach Kimberley zurückzulegen. Daher waren die Frachtkosten sehr hoch; sie betrugen pro 100 Pfund Waren von Port Elizabeth bis Kimberley für die Strecke von 800 km, die in etwa vier Wochen zurückgelegt wurden, 10 bis 30 Mark und von Kapstadt aus für den 1050 km langen Weg, zu dem etwa 6 Wochen nötig waren, noch erheblich mehr. Entsprechend hoch waren die anderen Preise. E. Cohen erzählt aus VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 245 dem Jahre 1872, daß eine Flasche Bier damals 3'/. Mark, guter Rheinwein 18 Mark, ein Kohlkopf nie unter, oft aber über 3 Mark, Kartoffeln bis zu 2 Mark das Kilo, Eier bis zu 6 Mark das Dutzend kosteten, daß eine kleine Gurke Weihnachten mit 12 Mark bezahlt wurde, und daß man in manchen Jahreszeiten täglich Futter im Werte von 15 Mark für ein Pferd brauchte. Englische Kohle kostete 330 Mark per Tonne (1000 kg), und ein Wagen Holz mit etwa 4500 kg kam auf 600 Mark, also 100 kg Holz auf ungefähr 13 Mark zu stehen. Der Preis für eine hundertpferdige Dampfmaschine, fertig in Kimberley aufgestellt, betrug 160000 Mark. Man wundert sich bei diesen Preisen für Maschinen und Kohle nieht, daß es lange dauerte, bis die Dampfkraft in dem Betrieb zur Verwendung kam, um so mehr, als man in den ersten Zeiten nicht wissen konnte, daß die reichen Erträgnisse so lange andauern würden und daß die Diamantenführung der blauen Erde bis in unbekannte Tiefen hinabgeht. Am billigsten war Fleisch von Antilopen; eine solehe von der Größe eines Rehes konnte man für 3 bis $ Mark kaufen. Fleisch war daher das gewöhnlichste Nahrungsmittel, aber jeder Tropfen Wasser mußte teuer bezahlt werden. Diesen Preisen entsprachen die Löhne, die den Aufsehern und Arbeitern gewährt werden mußten. Aufseher und Beamte, nur Weiße, erhielten bis 40000 Mark im Jahre. Weiße Arbeiter, deren 1882 und 1883 etwa 1500 vorhanden waren, wurden mit 80 bis 160 Mark, Schwarze mit 22 bis 30 Mark in der Woche bezahlt. Alle diese Angaben gelten für die Zeit, als Kimberley noch keine Eisenbahnen hatte. Seit 1885 ist aber diese Stadt durch einen 1100 Kilometer langen Schienenstrang m Kapstadt und durch einen solchen von 800 Kilometer Länge mit Port Elizabeth verbunden. Dadurch haben sich selbstverständlich die Preise vieler Gebrauchsgegenstände günstiger und normal gestaltet. Die Transportkosten für alle Bedürfnisse sind bedeutend ermäßigt, und es ist dadurch namentlich der ausgedehntere Gebrauch von Steinkohlen er- möglicht, die zum Teil aus England, zum Teil aber auch aus den einheimischen Lagern am Stormberg und im Indwedistrikt bezogen werden, welche beiden letzteren Orte mit Kimberley ebenfalls durch Eisenbahnen verbunden sind. Entschieden günstig ist das Klima von Kimberley. Es ist im Winter sehr angenehm und mild, im Sommer, von September bis März, aber allerdings trotz der Lage von 1233 Meter über dem Meere häufig sehr heiß. Regen fällt oft monatelang nicht, dann kommen aber auch wieder einzelne starke Güsse und sehr heftige Gewitter. Seit durch bessere Wohnungen und zweckmäßigere Lebensweise der Diamantengräber das früher oft töd- liche Lagerfieber beseitigt worden ist, kann die Gegend durchaus nicht mehr für un- gesund gelten, ein Umstand, der selbstverständlich 'von großer Bedeutung für die Pro- duktion ı1st. Wenn trotz mannigfacher ungünstiger Verhältnisse sich die Ausbeutung der Diamanten- felder in so großartiger Weise entwickeln konnte, wie es tatsächlich der Fall ıst, so mußte die Gesamtmenge der in Südafrika gefundenen Steine trotz des relativ spärlichen Vorkommens in dem Tuff eine enorme sein. Daß dem so ist, werden die fol- genden Mitteilungen über die Erträgnisse der sämtlichen dortigen Gruben zeigen, wie sie in der nachstehenden Tabelle nach Reunert zusammengestellt sind. Diese enthält die Menge der seit 1867 aus dem Kapland ausgeführten Diamanten und den Gesamtwert, sowie den mittleren Wert pro Karat in Pfund Sterling in den verschiedenen Jahren bis 1892, zusammengestellt nach den besten hierüber vorhandenen Quellen. Die Ausfuhr ist natürlich nieht genau gleich der Produktion, aber doch sehr annähernd. Von anderen Angaben weichen diese Zahlen etwas, aber doch nur wenig ab, so daß sie jedenfalls ein nahezu richtiges Bild von der riesigen Produktion geben. 246 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Gesamtwert Gesamtwert Jahr Gewicht in Karat Wert des Karats pro Jahr für 5 Jahre £ £ ne h 200 au 650 1869 16 550 1£ 10. 0d. 24 813 1870 102 500 1 = 10= 0= 153 460 1871 269 000 1 = 10= 0= 403 349 1872 1.080 000 1e-d10& de 1,618:076. 00 Ten 2 200 348 1873 1 100 000 12, 102202 1 648 451 1874 1 313 500 ee 1 313 334 1875 1 380 000 le, 3e,6- 1 548 634 1876 1 513 000 Be Eh 1 513 107 1877 1 765 000 0 = 19= 6= 17931458 5 . 77146 671 1878 1 920 000 ee De be 2159 298 1879 2 110 000 Ne 2579 859 1880 3 140 000 ee 3 367 897 1881 3.090 000 Terme De 4 176 202 1882 2 660 000 Pe ade We 3 992 502 16 275 758 1883 2 410 000 re eg 2 742 470 1884 2 263 734 12. A20- 2 807 329 1885 2439 631 1% 50.5 2 489 659 1886 3 135 061 1 2 a 3 504 756 1887 3 598 930 Erde 424240 15 786 684 1888 3 841 937 12 7 1=0l2 4 022 379 1889 2 961 978 1. 792,32 4 325 137 1890 2 504 726 1.132 3 4162 010 1891 3255 545 I he 4 174 208 1892, {ıls5: #9:039062; 5 ebeailbrise 8906 992 _ KENT, | f | 20 590 726 Summe | 50 910 354 Mittel 1 @ 4s. 8d. 62 600 187 | geführten Zahlen auf Schätzungen beruhen. Zu dieser Tabelle ist noch zu bemerken, daß die für die Jahre 1867 bis 1882 an- Seit 1882, dem Jahre der Errichtung des „board for the protection of mining interests“, hat man genaue statistische Angaben. Von der Menge der ausgeführten Diamanten erhält man vielleicht eine bessere Anschauung, wenn man die obigen Zahlen etwas anders faßt. Die Gesamtmenge der bis 1892 gewonnenen Steine beträgt beinahe 51 Millionen Karat, die 10500 kg entsprechen, also 10!» t zu 1000 kg, oder im ganzen 210 Zentner A 50 kg. Sie würden eine Kiste füllen, die 5 Fuß lang und breit und 6 Fuß hoch ist, oder die einen Würfel von nahezu 1!1/g m Kantenlänge darstellt, und man könnte aus ihnen eine Pyramide errichten, deren quadratische Basıs eine Seite von 9 Fuß und die eine Höhe von 6 Fuß hätte. Der Gesamtwert in Mark beträgt 1252 Millionen; der mittlere Verkaufswert eines Karats war nahe 25 Mark. Bis zum heutigen Tag hat sich die Gesamtmenge der in ganz Südafrika gewonnenen Diamanten nahezu verdoppelt, und der Wert der Gesamtproduktion von Anfang an bis jetzt ist in noch stärkerem Grade gewachsen, da die Diamantenpreise inzwischen erheblich gestiegen sind. Im ganzen sind in Südafrika bis jetzt schätzungsweise ungefähr 90 Mil- lionen Karat Diamanten im Verkaufswert von etwa 120 Millionen Pfund Sterling oder 2450 Millionen Mark produziert worden. | VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE) 247 Besonders genaue Nachweise über die Diamantengewinnung in ihren Gruben gibt von ihrer Gründung an die De Beers-Gesellschaft in ihren jährlichen Verwaltungsberichten mit allen Einzelheiten der Produktion, Reichhaltigkeit des Blaugrunds, der Preise, der Erträge, der Unkosten usw., so daß man daraus ein sehr klares Bild der Verhältnisse be- kommen kann. Diese sind in den folgenden Tabellen übersichtlich zusammengestellt, getrennt für die einzelnen Gruben, nur die Kimberley- und die De Beers-Grube sind von Anfang an zusammengefaßt worden. Die Tabellen gehen bis zum Jahre 1907. Ihre Bedeutung ist ohne weiteres verständlich, manches wird aber auch unten noch besprochen werden. (Siehe die Tabelle S. 248.) Die verhältnismäßig geringe Menge der anderwärts in Südafrika gewonnenen Dia- manten wird bei der Betrachtung der einzelnen Gruben noch mitgeteilt werden, soweit sie bekannt und einigermaßen erheblich ist. Die Produktionsverhältnisse der „river diegings“ bis zum Jahre 1892 sind schon oben (S. 219) erwähnt worden, der dort an- gegebene Betrag hat sich inzwischen nicht nennenswert geändert. Einiges Licht auf die Entwicklung der Diamantenindustrie wirft außer den im Vor- stehenden mitgeteilten Erträgen auch die Zahl der darin beschäftigten Arbeiter. Es sind teils Weiße als Techniker, Aufseher oder in sonstigen Vertrauensstellungen, teils Schwarze, meist Kaffern von den in mehr oder weniger weitem Umkreis wohnenden Stämmen, zu einem nicht geringen Teil, über 1000, Strafgefangene (convicts), für die schwerere Hand- arbeit. Allein von der De Beers-Gesellschaft wurden beschäftigt: Weiße Schwarze zusammen 1890 1281 5280 6561 1897 1626 7340 8966 1902 2000 über 11000 über 13000 (zeitweise bis 13750) 1907 3992 23769 27761 die beiden Zahlen für das letzte Jahr schwankend zwischen 3766 und 4124, resp. zwischen 20870 und 26597. Hierzu tritt noch das Personal in den anderen Gruben, worüber keine so genauen Nachweise vorliegen. Wenn die Arbeiterzahl nicht noch stärker angewachsen ist, wie man vielleicht erwarten könnte, so liegt dies daran, daß in immer steigendem Maße Handarbeit durch Maschinen ersetzt worden ist. Wir betrachten nunmehr noch die fünf Gruben bei Kimberley an der Hand der nach- stehenden Tabellen und anderer bekannter Tatsachen etwas näher nach ihren speziellen Produktionsverhältnissen und den darin bestehenden Unterschieden, die zum Teil recht er- heblich sind, was absoluten und relativen Diamantenreichtum, sowie Größe und Qualität der Steine anbelangt. Einzelheiten in letzterer Beziehung können allerdings erst mitgeteilt werden, wenn wir die Beschaffenheit der Kapdiamanten im allgemeinen kennen gelernt haben werden. Bei allen diesen Gruben hat der Burenkrieg und die Belagerung von Kimberley eine zeitweise Störung und z. T. Unterbrechung der Arbeiten zur Folge gehabt, so daß, wie wir gesehen haben, die De Beers-Gesellschaft für das Jahr 1899 bis 1900 keine Dividende verteilen konnte. Gleich nach dem Ende der Einschließung der Stadt wurden aber die Arbeiten in alter Weise wieder aufgenommen. Die Kimberley-Grube, die kleinste von allen, an der Oberfläche 4 Hektar groß, war von ihrer Entdeckung im Juli 1871 an die reichste und ist es auch bis jetzt geblieben. Mancher digger machte dort in der ersten Zeit in weniger als einem Monat sein Glück; einer soll in 14 Tagen für mehr als 200000 Mark Diamanten gefunden haben. Daher wurde hier mit ganz besonderem Eifer gearbeitet, so daß zeitweise die anderen Gruben gänzlich verlassen waren. 248 ZWEITER TeiL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. I. Produktion der De Beers- und der Kimberley-&rube von 18859—19%08. blue, Gesamt- | Gesamt- | _ 5 Pro- J blue, bins vorrätig |menge der| wert der 2° & | Wert für Wert Aulskiong ahr, ä ge- gewon- ; a5 } kosten 2 gefördert, auf den Diamanten| S $;4 1 Karat jeines loads ner ]Joad endigend am - waschen, aa : = pP in loads ir Tosdo floors, [Diamanten in Aug blue in loads | in Karat |Pfd.Sterl.| „= in Schilling und Pence 31. März 1889 N) 944706 | 712263 | 476403 | 914121 | 901818 1,283 119s. 9d.}25s. 4d.| 9s.10'/ad. 31. März 1890 | 2192226 | 1251245 | 1576821 | 1450605 | 2330180 | 1,15 |32 = 7 =:|37= 3=|8> 101j2= 31. März 1891 | 1978153 | 2209588 | 1525386 | 2020515 | 2974670 | 0,99 |29- 6 :|)29= 4=|8- 8 = 30. Juni 1892?)| 3338553 | 3239134 | 1624805 | 3035481 | 3931543 | 0,92 |25 + 6 :|23= 5- | 17-4 = 30. Juni 1893 | 3090183 | 2108626 | 2606362 | 2229805 | 3239389 | 1,05 |29 » 1:|30=- 6-|6-12 = 30. Juni 1894 | 2999431 | 2577460 | 3028333 | 2308464 | 2820172 | 0,89 124 = 5-|21=-11=-|6- 7 = 30. Juni 1895 | 2525717 | 2854817 | 2699233 | 2435542 | 3105958 | 0,85 |25 = 6 :|]21= 8=-|6-11 - 30. Juni 1896 | 2698109 | 2597026 | 2800316 | 2363438 | 3165382 | 0,91 |26 = 9»|24= 5=-|1- 0 = 30. Juni 1897 | 2515889 | 3011288 | 2304917 | 2769423 | 3722099 | 0,92 126 11 »|]24= 9=-|7- 4 = 30. Juni 1898 | 3332688 | 3259692 | 2377913 | 2603250 | 3451215 : 0,80 126 =» 6 :|21= 2=|6=- 7 = 30. Juni 1899 | 3504899 | 3311773 | 2937784 | 2345466 | 3471061 | 0,71 |29 = 7 :\20=12=-|6=- 8 = 30. Juni 1900°)| 1673664 | 1522108 | 2722595 | 1000964 | 1794222 | 0,67 |35 -10 :|23=- 7217-6 >= 30. Juni 1901 | 2120397 | 2616873 | 2226119 | 2000496 | 3959383 | 0,76 |39 = 7 :1380= 3=-|8- 5 = 30. Juni 1902 | 2062459 | 1961858 | 2326720 | 1499299 | 3484247 | 0,76 |46 = 6 :|35= 6-|8- 6 - 30. Juni 1903 | 2370503 | 2561940 | 2135283 | 1574189 | 3819653 | 0,61 148 = 6 =:!29= 9=:|7- 3 = 30. Juni 1904 | 2440895 | 2401099 | 2175079 | 1303525 | 3192798 | 0,54 |48 -11 :|26= 7-|7- 4 = 30. Jumi 1905 | 2447850 | 2418158 | 2204771 | 1108980 | 2929589 | 0,46 |52 >10 :|24= 3=-|7-8 = 30. Juni 1906 | 2253988 | 2119363 | 2339396 | 861023 | 2626533 | 0,41 |61l= 0 :|24= 9=>|8- 3 => 30. Juni 1907 | 2103853 | 1467456 | 3213875 | 543753 | 1762081 | 0,37 |64 10 :|24= 0=-|9= 1 = 30. Juni 1908 | 1208974 | 1130673 | 3323237 |414121!/ | 822288 | 0,37 |58 = 1-|21- 6=|6- 8 - Il. Produktion der Wesselton-Grube von 1897 bis 1908. 30. Juni 1897 271777 — | 271777 _ — —_ — u 30. Juni 1898 | 1146984 | 691722 | 727039 | 189356 196660) | 0,27. 120 2 92 |25=2 82 2= 7» 30. Juni 1899 | 2032771 | 1662778 | 1097032 | 496762'/a 567361 | 0,30 |20-:10 | 6-10: 2=- 3 30. Juni 1900 980210 | 736929 | 1340313 !220762!/2 | 276191 | 030 |25=- 0-| 7: 6=|2= 75: 30. Juni 1901 | 1571631 | 1517981 | 1393963 | 447399 610831 | 0,295 |27 = 4-| 8: 1-|3:-.10 = 30. Juni 1902 | 1932140 | 1752189 | 1573914 | 521437 873203 |.0,30 |83 = .5=)| 9=-11-|3= 5 > 30. Juni 1903 | 1987543 | 1989598 | 1571859 | 594890!/s | 1021276 | 0,30 |35 - 4=|10= 3=|3= 3 = 30. Juni 1904 | 1919304 | 2134903 | 1356260 | 605241 1055269 | 0,28 |84 -10 | 9=-10:|3- 1 30. Juni 1905 | 2068278 | 2032582 ! 1391956 | 578152 1067475 | 0,284 |36 =11 = |10 = 6 =|3 = 10 30. Juni 1906 | 2433905 | 1935905 | 1859956 | 546754 1196624 | 0,28 |43-= 9-|12: 4:|4- 1 30. Juni 1907 | 2104308 | 1891461 | 2102803 | 604915'/2 | 1243360 | 0,52 |41=- 1:/|13= 2:|5- 9 30. Juni 1908 | 1524099 | 1719737 | 1907165 | 457028 Z7o088 | D.27 38-11 -) 10 =n Ara ze III. Produktion der Bultfontein-Grube von 1901 bis 1908. 30. Juni 1901 | 148086 — 1485086 — — _ _ — — 30. Juni 1902 353042 20194 | 480934 4486). 6817| 0,211308. 3 d. be. ga o. m u00, 30. Juni 1903 318410 | 317185 | 482159 | 76573 118102 | 0,24 |30:10 =| 7= 5 =|5= 9= 30. Juni 1904 429729 | 514385 | 397503 | 148219 2197117170529 1:29.71 Se erben 30. Juni 1905 605730 | 611491 391742 | 249003 434903 | 0,41 |34:11 -}14= 2 »|5- 10 = 30. Juni 1906 | 1771372 | 953296 | 1209818 | 346072 143318 | 0,36 |42-11!/a:|15- 7 =|5= 5- 30. Juni 1907 | 2320538 | 1728047 | 1802309 | 547485 1191552] 0,32 148; 6 > | 19-gm.lG - SD 30. Juni 1908 | 1319720 | 1275838 | 1846191 | 411387 704742] 0,32 |A1= 9 |19= 8.210 228 IV. Produktion der Dutoitspan-Grube von 1904 bis 1908. 30. Juni 1904 39914 24359 | 15555 3032 6457 | 0112| — = era 30. Juni 1905 | 311499 65784 | 261270 | 1712142) - 59847 | 0,26 698. 11d.|18s. 2d.|12s. 3 d. 30. Juni 1906 | 1685714 | 617028 | 1329956 |15138385 | 612608 | 0,25 180: 12.119: 10 | 7 -1!%- 30. Juni 1907 | 2481987 | 1539327 | 2272616 | 365821'/2 | 1455330 | 0,24 179 7:|18-11=:| 6=- 6- 30. Juni 1908 | 1444898 | 839075 | 2878530 190738 | 612530..]..0;23 | 74- lies 12 5-0: 1) Vor der Konsolidierung. 2) Diese Zahlen beziehen sich auf 15 Monate. 3) Jahr der Belagerung. VORKOMMEN UND VERBEITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (KAPKOLONIE). 249 Bouton hat den Diamantengehalt einzelner Teile der Grube zusammengestellt. Darnach schwankte er 1885 in den ertragreichsten claims zwischen 3,04 und 7,17 Karat im Kubik- meter Blaugrund oder zwischen 87 und 205 Karat in 100 loads, ungefähr entsprechend 2 bis 5 Milliontel eines Prozents. Dies gibt einen mittleren Gehalt von ungefähr 5,04 Karat im Kubikmeter oder 144 Karat in 100 loads. Berücksichtigt man auch die ärmeren noch Ertrag liefernden Partien der Grube, aber mit Ausschluß der den Abbau nicht mehr lohnenden, weil zu armen Westseite, so kann man im Mittel 4,55 Karat im Kubikmeter oder 130 Karat in 100 loads annehmen. Wird endlich dieser ärmste Teil auch noch in Betracht gezogen, so ist der Durchschnittsertrag 4,20 Karat in 1 Kubikmeter oder 120 Karat Diamanten in 100 loads blue ground. Eine Zunahme des Diamantgehalts nach der Tiefe oder auch nur ein Gleichbleiben in den verschiedenen Niveaus läßt sich nicht nachweisen, im Gegenteil deutet die Tabelle, die diese Verhältnisse gemeinsam mit denen der De Beers-Grube angibt, darauf hin, daß im Laufe der Zeit, d.h. mit zunehmender Tiefe der Ertrag immer geringer wird. Wir werden darauf bei der Besprechung der genannten Grube noch einmal zurückkommen. Die Qualität der Diamanten ıst von der aus der De Beers-Grube nicht wesentlich ver- schieden, wie wir ebenfalls noch weiter sehen werden. Wie die Preise für 1 Karat in den obigen Tabellen ersehen lassen, ist sie beträchtlich besser als bei den Steinen aus der Wesselton- und aus der Bultfontein-Grube, steht aber stark hinter der der Steine von Dutoits- pan zurück. Der größte Diamant, den die Kimberley-Grube geliefert hat, wog 503 Karat, ist aber voll von Fehlern; er wurde am 1. Juni 1890 gefunden und ist der größte aus Griqualand-West und der ganzen Kapkolonie überhaupt. Ein anderer von 474 Karat wurde im Jahre 1892 gefunden; er gab einen schönen Brillant von 200 Karat. Die De Beers-Grube umfaßt 5'/ Hektar, ist also etwa um ein Drittel größer als die Kimberley-Grube. Sie liegt 1600 Meter östlich von dieser. Nach ihr ist sie die reichste dieser Gegend, doch ıst der Unterschied gegen jene nicht erheblich. Nach einer Mitteilung aus dem Jahre 1889 unmittelbar vor der Konsolidation, als beide Gruben noch getrennt verwaltet wurden, betrug der Gehalt ın 100 loads Blaugrund Kimberley-Grube, . „> . 2. .125%b187150. Karat DeiBeersGruabave:n ar, mr 2a ARE, Nachrichten aus dem Jahre 1885 zufolge wäre damals allerdings der Unterschied größer gewesen; es fanden sich in 100 loads Blaugrund wieder Kimberley-Grube .... . .._“ .„.ı=..180.Karat Die Beer. Grube nme a anna ET Diamanten. Auch hier sind die einzelnen Teile der Grube verschieden ergiebig; die reichsten stehen hinter Kimberley nicht zurück. Dies ist besonders die Mitte, von der aus sich noch gute Partien nach Süden und Norden hinziehen, während ähnlich wie in der Kımberley-Grube, das westliche Ende, etwa ein Drittel des Ganzen, wenig ergiebig und zum größten Teil unbauwürdig ist. Anfänglich schien die Grube sehr arm und gab nicht mehr als !/; Karat im Kubik- meter oder 10!/2 Karat in 100 loads. Der Gehalt nahm aber nach der Tiefe rasch zu und war bei 120 Meter ungefähr verzehnfacht, so daß aus einem Kubikmeter 31/2, aus 100 loads 100 Karat gewonnen wurden. 1882 bis 1884 schwankte die Zahl zwischen 1,28 und 3,52 Karat im Kubikmeter. Später stellte sich dann auch hier die aus der Tabelle zu ersehende rasche Abnahme ein. Indessen soll diese Verminderung der Produktion der beiden Hauptgruben nicht ausschließlich auf der Abnahme des Diamantengehalts im Blaugrund beruhen, sondern zum Teil auch auf äußeren Umständen, z. B. Einbruch von Schlammassen in die Gruben und vor allem darauf, daß früher beiseite gelassene ärmere 250 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Grubenteile in den Abbau mit hereingezogen wurden. Bis vor kurzem gelang es, den Minderertrag an Diamanten durch steigende Preise wieder auszugleichen, gegenwärtig ist das nicht mehr möglich. Die Qualität und der Wert der De Beers-Diamanten ist von denen aus der Kimberley- Grube, wie schon erwähnt, nicht wesentlich verschieden, und zwar werden die ersteren um eine Kleinigkeit höher geschätzt als die letzteren. Im Jahre 1887, also kurz vor der Vereinigung wurde 1 Karat von De Beers auf 17,75 M, von Kimberley auf 17,50 M geschätzt. Große Steine hat die Grube in ziemlicher Anzahl geliefert, mehr als die Kimberley- Grube. Von hier stammt u. a. ein Oktaöder von 428 !/2 Karat, der sog. De Beers-Diamant (Fig. 60); ein Stein von 409 Karat nach dem Bericht von E. Cohen, also aus den frü- hesten Zeiten des Abbaues; der „Porter Rhodes“, ein Oktaöder von 150, vielleicht von 160 Karat; der Tiffany-Brillant von 125°; Karat (Fig. 61) usw. Die Bultfontein-Grube, 4400 Meter südöstlich von der Kimberley-Grube, hat einen Inhalt von etwa 91/2 Hektar. Sie war zuerst sehr arm und gab nur kleine Teile eines Karats im Kubikmeter. Der Gehalt nahm aber gegen unten rasch und mit fast mathe- matischer Regelmäßigkeit zu und war bei ungefähr 70 Meter (200 engl. Fuß) schon ver- dreifacht. In den Jahren 1881 bis 1884 schwankte der Ertrag zwischen 0,56 und 1,27 Karat im Kubikmeter (16 und 36 Karat in 100 loads) und betrug im Mittel 1,05 (resp. 30) Karat für 1889. Unmittelbar vor der Konsolidation werden 0,70 bis 1,16 Karat im Kubik- meter (20 bis 33 Karat in 100 loads) angegeben. Von 1890 an wurde die Grube nicht mehr bearbeite. Bis dahin war das im Tagebau geschehen, der 1887 eine Tiefe von 150 Meter (460 Fuß) erreicht hatte. 1900 wurde der Betrieb wieder aufgenommen. Da mächtige Massen eingestürzten Riffs, die fast den ganzen Grubenboden bedeckten, etwas anderes unmöglich machten, unterirdisch durch Bergbau. Der Diamantenertrag stieg dabei, wie die Tabelle zeigt, von 21 Karat im Jahre 1901 auf 36 Karat im Jahre 1906 aus je 100 loads blue ground. Es wird indessen vermutet, daß diese Zahlen kein ganz richtiges Bild geben, da bis jetzt hauptsächlich verhältnismäßig arme Teile der Grube ausgebeutet worden sein sollen. Die Diamanten von Bultfontein sind mit die geringsten von allen aus den Gruben bei Kimberley. Sie sind klein und gehen selten über 2 bis 3 Karat. Außerdem enthalten sie vielfach Einschlüsse, die oft erst nach dem Schleifen hervortreten, weshalb sie nicht so leicht Käufer finden. Doch hat nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität in den tieferen Teilen der Grube eine Verbesserung gezeigt. Die Dutoitspan-Grube liegt 1200 Meter von Bultfontein und 3220 Meter von De Beers entfernt. Sie ist mit 123/ı Hektar größer als alle anderen Gruben bei Kimberley. Außerdem zeichnet sie sich auch vor ihnen allen durch die besonders vortreffliche Qualität ihrer Diamanten aus, die in Südafrika nur von denen aus den river diegings im Vaal-Tale und aus der Jagersfontein-Grube übertroffen werden. Sie liefert nicht nur viele schöne, sondern auch eine erhebliche Zahl großer Steine. Allerdings ist sie auch die ärmste von allen und steht darin sogar noch etwas unter Wesselton. Die regelmäßige Bearbeitung begann 1880 mit höchstens !/a bis !/s Karat im Kubikmeter (6 bis 10 Karat in 100 loads). 1889 schwankte der Gehalt zwischen !/2 und °/a Karat im Kubikmeter (12 und 18 Karat in 100 loads). Der Tagebau hörte wie in Bultfontein im Jahr 1890 auf. Nach langer Unterbrechung wurde der Betrieb unterirdisch von neuem aufgenommen. 1904 kamen die ersten Erträge, und zwar etwa 11 Karat in 100 loads, was sich aber später in den Jahren 1905 und 1906 auf 26 und 24! Karat in 100 loads steigerte. Eine erhebliche Zunahme nach unten ist also auch bier nicht zu verkennen. Im April 1908 ist aber diese, wie die Bultfontein-Grube abermals stillgelegt worden, weil infolge der schlechten allge- VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (ÖRANJE-KOLONIE). 251 meinen Geschäftslage namentlich in Amerika eine Überfüllung des Markts mit Diamanten eingetreten war. Die Wesselton-Grube, früher auch Premier-, oder zum Unterschied von der gleich- benannten in Transvaal, De Beers-Premiergrube genannt, umfaßt 9%/ı Hektar, ist also wenig größer als Bultfontein. Sie liegt ungefähr 7 Kilometer von Kimberley entfernt, nahe der Grenze zwischen Griqualand-West (Kapkolonie) und der Oranjefluß-Kolonie auf der an Dorstfontein südlich anstoßenden Farm Benauwdheitsfontein (Fig. 46, 8. 213). Von deren Besitzer, dem Buren Wessels, kaufte die De Beers-Gesellschaft im Jahre 1891 das ganze Anwesen, nachdem man daselbst Blaugrund gefunden hatte. Sie konnte aber die Arbeiten erst 1896 beginnen, da bis dahin ein gewisser Henry A. Ward hierzu berechtigt war. Dies war die erste neue Entdeckung eines ertragsfähigen Vorkommens von Diamanten- erde in Südafrika nach der langen zwanzigjährigen Pause seit Eröffnung der Gruben bei Kimberley. Der anfängliche Tagebau erreichte eine Tiefe von 100 Metern; im Jahre 1900 wurde unterirdischer Betrieb eingerichtet, und die bergmännischen Arbeiten gehen jetzt bis zu einer Tiefe von 200 Metern. Die Tabelle zeigt, daß der Ertrag sich ziemlich gleichmäßig mit ca. 30 Karat in 100 loads nach unten fortsetzt. Die Durchschnittsqualität der Diamanten ist infolge des Vorkommens vieler schlechter Steine eine untergeordnete; sie steht noch unter derjenigen von Bultfontein und ist somit bei Kimberley die geringste. 1905 ist dort der größte Stein im Gewicht von 187 1/2 Karat gefunden worden. Noch sei erwähnt, daß der blue ground von einer 8 Fuß dieken Kalksinterhaube bedeckt war, und daß sich in den oberen Teufen ein mächtiger Melaphyrblock von 350 und 200 Fuß Dicke in horizontaler Richtung als floating reef vorgefunden hat. Andere Gruben der Kapkolonie. Newlandsgruben. Sie liegen am Hart ungefähr 70 Kilometer nordwestlich von Kimberley. In der Hauptsache wurden sie schon oben $. 232 besprochen. Es sind vier Gruben, die wohl alle als Erweiterungen eines 3 bis 8 Meter mächtigen Ganges anzusehen sind. Das Nebengestein ist dasselbe wie bei Kimberley und die pipes sind mit Blaugrund von der gewöhnlichen Art erfüllt. Alle sonst vorkommenden Mineralien sind auch hier vorhanden, besonders zu erwähnen sind die Eklogit-(Griquait-)Knollen, die z. T. Ver- wachsungen mit Diamanten zeigen (S. 230) und daher von besonderer theoretischer Be- deutung sind. Das Gestein des Ganges ist härter und fester und von zahlreichen Adern von Kalkspat und auch von Quarz durchsetzt. Der Betrieb ist wieder eingestellt worden. Dasselbe ist der Fall bei den 20 Kilometer weiter nordöstlich gelegenen Gruben Weltefreden und Frank Smith. Es sind zwei benachbarte pipes, die durch einen diamantenführenden Gang miteinander ın Verbindung stehen (S. 232). b) Oranjefluss-Kolonie. Auch die Diamantengruben dieses Landes, deren Verbreitung aus der Karte Fig. 50 S. 252 zu ersehen ist, sind zum Teil von erheblicher Wichtigkeit, wenn sie gleich hinter denen der Kapkolonie (Kimberley) und auch hinter denen von Transvaal (Premier-Grube) zurück- stehen. Für die Produktionsverhältnisse des Jahres bis zum 30. Januar 1905 werden folgende Zahlen angegeben: Gewaschener Blaugrund . . .» 2 2 2.2.2.2..2...3556000 loads Gefundene: Diamanten . - ..» s...J..IT@ 5 = 18205482): Karat Deren Wert Sa a en ee 935618 Pfund; Sterling Diamanten in 1 load nf 1302 ee 0,0899 Karat Wert eines Karate m 4. ...2. en 588. 8d, Wert. einen) loade ng. u: ara ne u. 53. 3d, 252 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Der Blaugrund ist demnach, wie der Vergleich ‚mit den obigen Tabellen zeigt, im Durchschnitt in der Oranjefluß-Kolonie ärmer, zum großen Teil sogar erheblich ärmer als in den Gruben bei Kimberley, dagegen ist aber der Wert der gefundenen Steine beträchtlich größer, wie wir unten bei der Betrachtung der Jagersfontein-Grube noch näher sehen werden. Die Zahl der Arbeiter in den Gruben war in demselben Jahre 526 Weiße und un- gefähr 5000 Schwarze. Weitaus die bedeutendste Grube dieser Kolonie ist die Jagersfontein-Grube. Sie ist eine der ältesten „dry diggings“ und fast gleichzeitig mit denen bei Kimberley, im Jahre 1871, eröffnet. Sie liegt 54 Kilometer westlich von der südafrikanischen Zentral- bahn zwischen Kapstadt und Johannesburg, ist daher gegenwärtig noch unbequem zu er- reichen. Das ganz nahe gelegene Fauresmith soll aber durch eine Zweiglinie mit der Ein&hsche Meilen o »2 2 30 mw © 6 En ofrede ER ı/ > l A 3 Ä Frank Smith ! ® 7 y Weltefreden Harrismith/ ar Driekopj or Rrege BOflIehEn TR S Ze Newland f En > Winb i BL 5 we | BoshorRobgetsVittor- N \ Ur 4 rc PR Kimberley, d B ee & RN F ' S SER; —! Kimberley aan EETS m? v er Sg Ph andfor onast ary H =, Bulffontein? & Mod & „ap Se 5 olifen ce cksburg < A NKhmaus Bloeı x” RN D "o OPetrusb » ij Wacobsdal f Tadrt and \ / Be 6) > 1 Klipfontei Ebenhaezere MeanteNn a ’ on et R enretsd, fi Koffyfontein \ RX : / - © SAD 9 < Fauresmith DA OReddersburg yS & % RSpp % I Prlentn TEEN LuckRoff en order b S Vopener > ee kn \ Q N + R-) N ‘9 x mathfie = \. Je " Springfolitgü RATTE % Zastron ö o [e) e NPhitippois © 4 Kouscrille © Diamantgruben p £ KDLEonike am“ Fig. 50. Diamantgruben der Oranjefluß-Kolonie nach Hatch und Corstorphine, Station Springfontein der Hauptstrecke verbunden werden, wodurch auch diese wichtige Grube dem Verkehr näher rücken würde. Die Entfernung von Kimberley beträgt i20 Kilo- meter in südsüdöstlicher Richtung (Fig. 45 S. 210). Ihre Form ist die eines Ovals von un- gefähr 10 Hektar Inhalt (1124 elaims) mit einer großen nach Nordwest gerichteten Dia- gonale von 500 Meter (1500 Fuß engl.) und einer darauf senkrechten von 400 Meter (1200 Fuß). Die pipe steht in den Sandsteinen und Schiefern der Eeca-Formation ähnlich wie bei Kimberley, wie dort auch mit Einlagerungen von Dolerit. Die Schichten fallen etwas nach Süden ein; die Sedimentgesteine bilden den südlichen, der Dolerit auf un- gefähr zwei Drittel des Umfangs den nördlichen Teil des Grubenrandes. In einem Teil des Siidens ist noch yellow ground vorhanden, sonst hat man überall schon den blue ground angeschnitten, der an der südöstlichen Ecke gangartig in das Nebengestein vor- springt. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (ÖRANJE-KOLONIE). 253 Die Grube wird terassenförmig im Tagebau bearbeitet, der in der Mitte seine größte Tiefe von nahezu 200 Metern hat. Der Einsturz von Riff spielt eine große Rolle, beson- ders in der nordöstlichen Partie, und hat die Arbeiten schon sehr gehindert und ver- zögert; man hofft aber doch den billigeren oberirdischen Betrieb noch eine Anzahl von Jahren fortführen zu können, ehe es nötig ist, zum Bergbau überzugehen. Die Arbeit wurde gelegentlich schon früher, dann aber auch hier im Jahre 1899 durch den Krieg unterbrochen und konnte erst im Juli 1902 wieder aufgenommen werden; das Jahr bis zum 30. Juni 1904 brachte dann wieder den ersten vollen Ertrag. Der Blaugrund enthält die gewöhnlichen Mineralien, und zwar oft ın großen Stücken, darunter auch als Seltenheit etwas Graphit, außerdem zahlreiche Stücke der oben erwähnten Konkretionen (Eklogit) usw. Der Diamantengehalt ist gering und übersteigt nicht 10 bis 11 Karat in 100 loads. Doch sind diese Zahlen etwas zu klein, da die geförderte und gewaschene Masse nicht reiner Blaugrund, sondern stark mit Teilen des diamantenfreien Riffs vermischt ist. Die angegebene Menge ist durch lange Jahre ziemlich konstant die- selbe geblieben, allerdings mit einer kleinen Abnahme. In den Jahren 1895, 1896 und 1899 sind es 11,32, 11,63 und 11,20 Karat gewesen, 1905 und 1906 nur noch 9,ss und 8,99 Karat in 100 loads. Gegenwärtig liefern die tiefsten Stellen des Tagebaues die besten Erträge. Ist so der Diamantengehalt auch speziell in Jagersfontein erheblich geringer als bei Kimberley, so ist die Qualität und der Wert der gefundenen Steine namentlich hier sehr viel besser. Dies zeigt am deutlichsten eine Vergleichung der Produktionsverhältnisse in dem- selben am 30. Juni 1904 endigenden Jahr für die Jagersfonteingrube und die vereinigte Kimberley- und De Beer’s Grube, für welche die folgenden Zahlen obiger Tabelle ent- nommen sınd: Jagers- Kimberley fontein u. De Beers Geförderter Blaugrund, loads 2076408 2440895 Gewaschener „ 4 „ 1836634 2401099 Vorrät. Blaugrund auf den floors ä 975185 2175079 Gefundene Diamanten, Karate 167598 1303525 Wert derselben, Pfund Sterling: 555 696 3192798 Diamanten in 1 load, Karate 0,0968 0,54 Wert von 1 Karat 665. Ad. 48s. 11p. Produktionskosten 2.8.1.1: 7s.4p. Während also in Jagersfontein ungefähr drei Viertel so viel Blaugrund gewaschen wurde, wie in den anderen beiden Gruben, betrug die Menge der gefundenen Diamanten nur ein Achtel, ihr Wert jedoch ein Fünftel im Vergleich mit den dortigen Zahlen. Im Jahre 1899, unmittelbar vor dem Kriege, waren 2600000 loads blue mit 289000 Karat Diamant im Gesamtwert von 500000 Pfund Sterling gefördert worden, der Wert eines Karats war also ungefähr 35 Schilling. Die niedrigen Produktionskosten beruhen auf der verschiedenen Betriebsweise: billiger Tagebau bei Jagersfontein, teurer unter- irdischer Bergbau bei Kimberley. Vergleiche wie oben lassen sich nach dieser Zusammen- stellung leicht berechnen. Der Gesamtertrag der Grube bis Ende März 1901 wird zu 2168399 Karat im Wert von 3923940 Pfund Sterling angegeben; hierzu tritt noch jährlich bis zur Jetztzeit der oben angegebene Betrag. Die ganze Jahresausbeute wird nach einem langfristigen Vertrag stets von der De Beers-Gesellschaft übernommen. Die erwähnte ausgezeichnete Qualität der Diamanten von Jagersfontein beruht darauf, daß viele Steine das schönste „blauweiß“ zeigen, wie es bei den alten Diamanten vor- kommt; und wenn auch der Wert der brasialianischen und noch mehr der der besten indischen Steine nicht ganz erreicht wird, so wird, wie obige Gegenüberstellung zeigt, doch der der Steine aus den Gruben bei Kimberley ganz erheblich überschritten (661/s gegen 254 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. 481/2 Schilling). Besonders berühmt ist die Grube auch wegen ihrer vielen großen Steine. Von bier stammt der 1893 gefundene „Excelsior“ von 971°/ı Karat (Fig. 62), bis vor kurzem der größte, jetzt der zweitgrößte überhaupt bekannte Diamant, der nur von dem am 25. Januar 1905 in der Premier-Grube gefundenen Cullinan übertroffen wird; sodann der Jubilee- oder Reitz-Diamant von 640 Karat, 1895 gefunden, ein Stein von 600 und ein solcher von 209!/ı Karat; der sog. Julius Pan von 241'/ Karat usw. Auch auf einige dieser Riesensteine werden wir unten noch einmal speziell zurückkommen. Ferner stehen im Betrieb die Vorspoed-Grube 30 miles westlich von Kroonstad, und die Roberts Vietor- oder Damplaats-Grube, im Jahre 1906 entdeckt, 20 Kilometer östlich von Boshof, das seinerseits 50 Kilometer nordöstlich von Kimberley liegt. Dagegen ist von sehr untergeordneter oder gar keiner praktischen Bedeutung die Koffyfontein-Grube, halbwegs zwischen Jagersfontein und Kimberley, ven beiden ungefähr 60 Kilometer entfernt. Es ist eine große pipe (etwa 1450 elaims) im Ecea-Schiefer, bedeckt mit rotem Sand und Kalktuff. Gearbeitet wird nur schwach in einem Tagebau, der jetzt 40 Meter tief, ist und mit manchen Unterbrechungen, wegen der Armut des Blaugrunds. Der Gehalt geht nicht über 5 bis 6 Karat in 100 loads hinaus, aber die Steine sind von guter Beschaffenheit. Im Jahre 1896 wurden 3500 Karat Dia- manten im durchschnittlichen Wert von 30 Mark das Karat gefunden und damit ein sehr mäßiger Gewinn erzielt. Dicht dabei liegt die kaum bearbeitete Ebenezer-(Ebenhaezer)Grube von 526 claims und von der Form eines menschlichen Fußes. Die Hauptausdehnung geht von Süd nach Nord. 1!) Kilometer nördlich von dieser ist die verlassene Kiipfontein-(Regina-)Grube. Zwei ziemlich große Blaugrund-Bezirke sind durch einen mit demselben Material erfüllten Gang miteinander verbunden. Gleichfalls unwichtig sind die Monastery-Grube, westlich von Ficksburg, von der schon oben die Rede war, dieLace-Grube bei Kroonstad, und alle die anderen auf der Karte verzeichneten Gruben. Lace-Grube. Sie liegt auf der Farm Driekopjes, etwa 30 Kilometer nordwestlich von Kronstad und umfaßt 400 claims. Die pipe durchbricht die Sandsteine der Karru- Formation; in 12 bis 15 Meter folgt auf den „Gelbgrund“ in scharfer Grenze der „Blau- grund“, der gegenwärtig etwa 16 Karat Diamanten in 100 loads liefert. Schon vor Ent- deckung dieses Blaugrundvorkommens waren in der Nähe auf derselben Farm Diamanten in dem Rhenosterspruit, einem rechten Nebenflüßchen des Valschflusses, gefunden worden, und zwar etwa 2 Kilometer oberhalb der Mündung an einer Stelle, wo der Bach einen 200 Meter mächtigen Diabasgang durchsetzt. Der Diamant war von schön rotem Granat (Kaprubin) begleitet. Dieses Vorkommen führte dann zur Entdeckung des etwa 3 Kilometer entfernten Blaugrunds der Lace-Grube. Westlich davon ist auf der Farm Bester’s Kraal eine pipe aufgefunden, welche wie diejenige von Newlands eine lokale Erweiterung in einem Gang zu sein scheint. Monastery-Grube. Sie liegt auf der gleichnamigen Farm, 65 Kilometer südlich von Winberg. Die geologischen Verhätnisse sind schon oben ($. 232) besprochen worden. Die beiden pipes haben die Stormberg-Schiehten vom Alter des europäischen Rhät durclı- brochen und werden ihrerseits von zwei Felsitporphyrgängen durchsetzt. Die Mineralien des Blaugrunds sind die gewöhnlichen. Der in Unmenge vorkommende, vielfach mit Kely- phitrinde versehene Granat, der grüne Pyroxen und der Glimmer bilden bis kopfgroße Fragmente und Aggregate. Pyroxen und Magneteisen sind nicht selten pegmatitisch ver- wachsen. Diese Grube ist zwar nicht sehr ergiebig, sie ist aber die lehrreichste für die Erforschung der Natur der südafrikanischen pipes. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (TRANsvAAL). 255 Von den in der Nähe von Smaldeel aufgefundenen Vorkommen von Blaugrund ist das auf der Farm Kaal Valley einige Jahre in der Robinsongrube ausgebeutet worden. Sie hat 6 Karat Diamanten in 100 loads blue ground geliefert (S. 217). a > rn = HS =; r. Ä ZZ FAR ZU ÄRT mucH RE + - = x E x + + + ee tr f + nF, + A ar n: + + + u Wdstehend) tr \ er \ a intröse +" +N RER EN ES tt Quazzit Felsit Diabas Waterberg- Alluvium ———_—— nn Sandstein Pretoria-Serie Fig. 51. Diamantgruben in Transvaal nach A. L. Hall (Maßstab 1: 94720). e) Transvaal. Wie wir schon oben gesehen haben, liegen die Diamantgruben von Transyaal in einem kleinen Bezirk von ungefähr 140 Quadratkilometern in geringer Entfernung östlich von Pretoria in der Nähe der kleinen Station Van der Merve der Eisenbahn nach der Delagoa- Bai. Es sind teils pipes mit echtem Blaugrund genau wie bei Kimberley, teils Seifen, von denen einige mit pipes derart in Verbindung stehen, daß an die Abstammung ihrer Diamanten aus diesen kein Zweifel sein kann. Die Karte in Fig. 51 stellt diesen Land- 256 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. strich nach A. L. Hall, dem Landesgeologen von Transvaal, in einer Ausdehnung von etwa 9!/ und 14 Kilometer im Maßstab 1:94720 dar. Die Lage der Gruben, wie sie 1904 bekannt waren, geht daraus ohne weiteres hervor. Die pipes durchbrechen vorzugsweise die Quarzite der zur Kapformation gehörigen Pretoria-Serie, die mit ihren Zwischenlagern von Diabas und Felsit eine Gesamtmächtig- keit von ungefähr 2500 Meter besitzt. Schwarze kohlige Schiefer, wie bei Kimberley fehlen hier gänzlich. Die Schichten streichen südöstlich und fallen unter 19% nach Nord- osten ein. Nachdem im Jahre 1897 der erste Diamant auf der Farm Rietfontein gefunden worden war, entwickelte sich die Gräberei auf Grund unablässiger und erfolgreicher Nachforschungen rasch, und schon im Jahre 1898 wurden in Transvaal gewonnen aus Bellen .. 2... N NT 2a Karat Diamanten aus spiDeB „0. 2,0. We 2 210227 SEEN GO " 22843 Karat Diamanten Die Steine waren im allgemeinen von guter Beschaffenheit, und wie in der Kapkolonie erwiesen sich auch hier die aus den Seifen im Durchschnitt als besser und größer. 1899 brachte der Burenkrieg einen gänzlichen Stillstand, dem jedoch nach dem Frieden ein ungeahnter Aufschwung folgte. Dieser ist in hervorragendem Maße, ja fast allein zu verdanken der so außerordentlich großen und ergiebigen Premier-Grube. Diese baut auf einer 1902 entdeckten pipe und wurde im Mai 1903 eröffnet. Sie liegt auf der Farm Elandsfontein, deren Besitzer Joachim Prinsloo diese im Oktober 1902 für 50 000 Pfund Sterling an T. M. Cullinan, den Direktor der Premier Company verkaufte. Ihre Entfernung von Pretoria beträgt 38 Kilometer gegen Osten, von der Station Van der Merve 9 Kilometer nach Norden. Auf einer Anhöhe, die sich 65 Meter über die Umgebung erhebt, bildet sie eine flache kesselförmige Vertiefung, die von nied- rigen, aus Quarzit und Felsit bestehenden Hügeln umgeben ist. Die Form ist die eines Ovals von 900 Meter Länge und 600 Meter Breite mit einem Flächeninhalt von 28!/2 Hektar, der in 3570 claims geteilt ist. Damit ist sie weitaus die größte aller südafrikanischen Diamantgruben. Die oberste Lage der pipe bildet, wie auch sonst, ein roter, tonig-sandiger Boden, der bis 2 Meter dick ist und sehr viele Diamanten enthält. Es ist wohl das Produkt einer intensiven Zersetzung des ursprünglichen Blaugrunds, in dem sich ein Teil der Diamanten aus dem obersten, jetzt zerstörten Teil des Trichters angesammelt und konzentriert hat. Die Kalktuffdecke der Gegend von Kimberley fehlt. Unter der roten Schicht, dem red soll, folgt Gelbgrund in einer Mächtigkeit von 10 bis 15 Meter. Er gleicht einem gelblichgrauen Ton und ist sehr locker und weich, daher auch leicht durch Waschen zu verarbeiten. Nach unten geht er allmählich in hard blue über von derselben Art wie bei Kimberley. Dieser ist durch Bohrlöcher über 300 Meter tief verfolgt und nachgewiesen worden. Der Blaugrund ist hier dunkelolivenblaugrün, auch ins Graue, und zeigt sich oft un- gewöhnlich fettig, so daß er auf den floors nicht zu feinem Pulver zerfällt, sondern noch weiter zerquetscht werden muß, ehe er gewaschen werden kann. Er enthält dieselben Mineralien wie sonst. Besonders genannt werden serpentinisierter Olivin, viel Titaneisen, Magneteisen, Magnesiaglimmer (Vaalit), Granat (Pyrop), diallagähnlicher Chromdiopsid, Enstatit, Schwefelkies, Kalkspat usw. Als boulders findet man hauptsächlich Brocken von rotem und braunem Quarzit, von Diabas und Felsit, sowie von Sandsteinen und Konglomeraten aus dem die Pretoria-Schichten überlagernden Waterberg-System. Von VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (TRANSVAAL). 257 solehen Konglomeraten liegt in der Südostecke der Grube ein ungeheurer Block als floating reef und zwei Bohrlöcher mehr in der Mitte haben ähnliche gewaltige Massen getroffen. Die Gewinnung der diamantführenden Erde geschieht in einem Tagebau, der schon 1904 stellenweise eine Tiefe von 30 Metern erreicht hatte und den man bis ungefähr 150 Meter fortführen zu können hofft. Zur Vorbereitung des späteren unterirdischen Berg- baubetriebs werden aber schon jetzt zahlreiche, zum Teil bis 350 Meter tiefe Bohrlöcher gestoßen, um die Verhältnisse allseitig klarzulegen. Dadurch war bereits 1904 eine Menge von ungefähr 125 Millionen loads Blaugrund nachgewiesen und zum Teil aufgeschlossen, beinahe das Doppelte wie in allen fünf Gruben bei Kimberley zusammen (nahezu 76 Mil- lionen loads). Schon hieraus ist die hervorragende Bedeutung der Grube zu ersehen. Allein für den yellow ground ist der Diamantengehalt auf 82/; Mill. Karat und deren Wert, 24 Schilling pro Karat, auf 10400000 Pfund Sterling geschätzt worden. Die Arbeit wurde anfänglich mit etwas primitiven Hilfsmitteln betrieben, doch war man bestrebt, diese so rasch wie möglich durch die vollkommensten Apparate, Wasch- maschinen, Pulsatoren, Separatoren usw., wie sie bei Kimberley in Gebrauch sind, zu er- setzen. Mit ihnen sollen auch die älteren Rückstände noch einmal durchgearbeitet werden, um ihnen auch die letzten noch darin gebliebenen Diamanten zu entziehen. Eine 9 Kilo- meter lange Zweigstrecke nach der Station Rayton der Delagoabalın erleichtert und ver- billigt den Betrieb wesentlich. In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse der bisherigen Arbeit zusammengestellt. Premier-Grube. Jahr blue, Gefundene Wert in Diamant De ; er d | ae endigend gewaschen | Diamanten | Pfund in 1 load | P®*- Ar | | N : 0 | > Be in in kosten am \ in loads. in Karat. Sterling. in Karat Zu) = | | Schilling Schilling per load. 31. Oktober 1903 16931 | 99208 | 137435 1,29 27 5 dass 48. Id 31. Oktober 1904 939 265 749653 | 866 050 0,798 23.7, VE WIRFT 2= 6 = 31. Oktober 1905 845 652 994 687 0,29 I des, Gi= 6-10 = 42 = 31. Oktober 1906 899 746 | 1303453 030127028757 Re 2= 6= 31. Oktober 1907 1892 000 | 1 702 800 0,289 | 18=- — B Zusammen | 4486259 | 5.004 385 Danach ist der Gesamtertrag der Premier-Grube von ihrer Eröffnung bis Ende Oktober 1907 (also in 5 Betriebsjahren) rund 4'; Mill. Karat Diamanten im Werte von 5 Mill. Pfund Sterling. Der Diamantengehalt des Blaugrunds war im ersten Jahre so hoch wie anfänglich in der Kimberley- und der De Beers-Grube, sank aber dann rascher. Der Minderertrag im zweiten Jahre wurde einer besonders armen Partie blue ground zu- geschrieben, die mit abgebaut und verwaschen werden mußte, in den nächsten Jahren war aber die Reichhaltigkeit noch geringer geworden und weit unter die der genannten beiden Gruben gefallen (0,46, 0,41 und 0,37 in den Jahren 1905, 1906 und 1907). Die weitere Entwieklung muß abgewartet werden; aus der Gleichheit der Zahlen für diese drei Jahre kann wegen der Kürze der Zeit noch nicht auf die Zukunft geschlossen werden. Gegenwärtig beträgt die Förderung ungefähr 100000 loads im Monat, die im Mittel etwa 75000 Karat Diamanten liefern. Neben der Menge ist aber auch die Qualität und die Größe der gefundenen Diamanten von Bedeutung. Die Beschaffenheit ist im allgemeinen Durchschnitt nicht sehr vorteilhaft, so daß der Wert, der im Mittel 25 bis 30 Karat beträgt, sogar geringer ist als in der Bultfontein- und in der Wesselton-Grube. Man findet sehr viele schlechte Steine und Bort, Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 17 258 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. allerdings aber daneben auch schöne bis zu dem feinsten Blauweiß in nicht ganz geringer Menge. Die Größe ist gleichfalls im allgemeinen nicht unbedeutend, besonders berühmt ist aber die Grube wegen der verhältnismäßig zahlreichen sehr großen Diamanten, die sie in der kurzen Zeit ihres Bestehens schon geliefert hat. Am 27. Januar 1905 wurde hier der größte Diamant der Welt, der 30243/ Karat schwere Cullinan und schon am 13. Februar darauf ein Stein von 334 Karat gefunden, dann einer von etwa 600 Karat und andere. Dadurch wird der Durchschnittswert natürlich nicht unerheblich beeinflußt. Eine Ver- gleichung obiger Tabelle mit den früheren gibt hierüber genaueren Aufschluß. Die gewonnenen Diamanten gehen nicht wie die der De Beers-Gesellschaft an das Londoner Diamantensyndikat, sondern sie werden frei und unabhängig von jener in den Handel gebracht. Dadurch ist das Monopol, das die Gesellschaft bisher unbestritten aus- geübt hat, erheblich bedroht und eine gefährliche Konkurrenz hervorgerufen worden. Diese war kurze Zeit durch den Anschluß der Premier-Gesellschaft an das Londoner Diamanten- syndikat vermieden. Letztere ist aber davon jetzt schon wieder zurückgetreten und hat den Wettbewerb wieder aufgenommen. Sie kann das um so eher, als ihre Produktions- kosten pro Karat kaum mehr als den dritten Teil von denen bei Kimberley betragen, so daß sie imstande ist, ein Karat um 18 Schilling zu verkaufen, also um 4 Schilling billiger, als die Produktionskosten der De Beers-Gesellschaft betragen (fast 22 Schilling). Dabei nehmen die Produktionskosten bei der letzteren zu, in der Premier-Grube eher ab. Jeden- falls kann diese Konkurrenz ein Sinken des Preises der Rohdiamanten zur Folge haben. Unter diesen Umständen ist also wohl eine vergleichende Übersicht über die Produktions- verhältnisse beider Gesellschaften für die Jahre 1905 bis 1907 nicht ohne Interesse. Diese ist in runden Zahlen in der folgenden Tabelle enthalten, aus der u.a. auch die oben ge- machten Angaben hervorgehen. Premier-Grube. Eeyamıu Alerkn Diamanten in Wert proKarat BuE auf floors | Produktions- Jahr Diamanten h 1 load Ä „ea im Vorrat kosten per Karat In Karat.) - ndiEkerfing | Zi, ra a chllmer 1905/06 900 000 1 300 000 0,301 D8,8.25.d. — 13,8, 5.0. 1906 07 1 892 000 1703 000 0,289 18 s. BEN Zusammen | 2792000 | 3003 000 | De Beers-Gesellschaft. a) aus dem Blaugrund. 1905/06 | 1905 000 5 167 000 0,25—0,41 Dauseard: 6 770 000 187837320: 1906/07 | 2 062 000 5 627 000 0,24—0,37 . 548.7d 9 400 000 2182. 8d. b) aus alten Waschrückständen ete. 1905/06 306 000 428 000 28 =. | _ — _1906/07 | 558000 | 800.000 i 28 8.6.d. == = Zusammen | 4831000 | 12022000 | | | Man sieht, daß die Premier-Grube etwas mehr als halb so viele Diamanten erzeugte, wie alle fünf De Beers-Gruben zusammen, der Ertrag in Geld ist aber wegen des verschiedenen Wertes der Steine in der ersteren viel geringer und beträgt nur ein Viertel. Jedenfalls ist die Premier-Grube erst in der Entwicklung begriffen, und es ist zu erwarten, daß die ihr günstigen Umstände sich in der nächsten Zeit noch weiter zu ihrem Vorteil verschieben werden, VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (TRANSVAAL). 259 Die Kompagnie, der die Premier-Grube gehört, arbeitet nur mit einem Aktienkapital von 80000 Pfund Sterling (gegen 4500000 Pfund Sterling bei der De Beers-Gesell- schaft). Bei dem reichenErtrag der Grube konnte die Gesellschaft in den vier Jahren ihres Bestehens, trotzdem sie 60% ihres Reingewinns an die Regierung abliefern muß, 520000 Pfund Sterling an die Aktionäre verteilen, also das 6- bis 7-fache des Anlage- kapital.. Für das Jahr 1907 wurde eine Ende Februar 1908 zu verteilende Dividende in Aussicht genommen, und zwar für die verschiedenen Arten von Aktien teils 250%, teils 400%. Auch in dieser Hinsicht übertrifft demnach die Premier-Grube alle anderen südafrikanischen Diamantgruben und wahrt sich das Recht auf ihren Namen und die Aussicht auf eine glänzende Zukunft, wenn auch die Gegenwart wegen der zeitweiligen Unverkäuflichkeit der Diamanten infolge der allgemeinen Geschäftsstockung nicht gerade besonders befriedigend ist. Aus demselben Grunde mußte auch die Auszahlung der letzt- genannten Dividende zunächst verschoben werden. Neben der Premier-Grube sind alle anderen in Transvaal unbedeutend, und ihr Ertrag ist gering. Daher sollen sie hier auch nur ganz kurz erwähnt werden. Von dem Kessel der genannten Grube geht ein Bach nach Westen ab. In seinem Bett zieht sich ein Streifen diamantführenden Alluviums in einer Breite von 100 Metern hin. Es ist ein 1'1/ bis 2 Meter mächtiger sandıger Ton mit Diabasbrocken, bedeckt von einer 3 bis 4 Meter dieken ‚Schicht schwarzer Erde. Diese Seife wird ausgebeutet durch die 3 bis 4 Kilometer talabwärts von der Premier entfernten Pretoria-Distrikt- Grube und der benachbarten Beynespoort-(Byeneest Poort-)Grube. (Fig. 51). Noch wenig bekannt und bearbeitet ist die Montrose-pipe, die zweite in dieser Gegend entdeckte, südlich von der Premier in der Nähe der Bahn. Sie steht in Diabas und Felsit. In ihrer Nähe gegen Van der Merve liegt die alluviale Seife von Montrose. Sie hat aber keinen Zusammenhang mit jener oder einer anderen bekannten pipe; ie Herkunft ıhrer Diamanten ist zurzeit noch unbekannt. Auf der Farm Rietfontein ist an der Stelle, wo im August 1897 der erste transvaalsche Diamant gefunden worden ist, 3 Kilometer südöstlich von Van der Merve die Schuller- Grube angelegt worden. Die im Pretoria-Quarzit stehende pipe hat einen Querschnitt von unregelmäßig elliptischer Form mıt Durchmessern von 80 und 70 Meter. Zuoberst liegt, etwa 10 Meter dick, yellow ground, dann folgt hard blue von der gewöhnlichen Be- schaffenheit und mit den auch sonst, z. B. in der Premier, vorkommenden Mineralien und boulders. Er ist durch Bohrlöcher bis über 100 Meter in die Tiefe verfolgt worden. Die Grube hat bis zum 31. Januar 1902 im ganzen 38015 loads mit einem Gehalt von 33,2s Karat in 100 loads, also 12651 Karat geliefert. Im Jahre 1903 wurden 3961 loads yellow mit $,: Karat in 100 loads und 3687 loads blue mit 6,2 Karat in 100 loads ge- waschen und daraus 561 Karat Diamanten erhalten. Auch hier ist, wie diese Zahlen zeigen, eine sehr erhebliche Konzentration des Gehaltes in den jetzt obersten Teilen der pipe erfolgt, und zwar aus denselben Gründen wie in der Premier-pipe. Eine noch etwas größere pipe mit einem ebenfalls unregelmäßig ovalen Querschnitt von 135 und 100 Meter Durchmesser ist im Jahre 1898 nur 580 Meter östlich von jener entdeckt worden. Auf ihr arbeitet jetzt, und auch schon vor dem Kriege, die Kaalfontein-Grube. Es ist viel weniger yellow ground vorhanden, darunter folgt hard blue, der durch ein Bohrloch in der Mitte gegen 200 Meter tief nachgewiesen worden ist. Dieser ist hier bedeutend weicher, verwittert an der Luft und läßt sich deswegen leichter bearbeiten als der in der Schuiler-Grube. Der Betrieb ist daher in dieser eingestellt und wird nur in Kaalfontein fortgesetzt. N 260 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. 1 d. Rhodesia. In Rhodesia hat sich Diamant in nutzbarer Menge bisher nur in Seifen gefunden und zwarim Somabula forest, etwa 22 Kilometer von Gwelo. Dieser Ort liegt an der Bahn von Bulawayo nach Salesbury ungefähr in der Mitte und ist der Knotenpunkt einer kleinen Seitenbahn nach Selukwe. Die Gegend gehört zum Quellgebiet des in den Zambesi mündenden Shangani-Flusses. Die Diamanten liegen in groben, teilweise tonigen Sanden und Kiesen, die stellenweise durch ein eisenschüssiges Bindemittel zu festem Sand- stein und Konglomerat vereinigt sind; es ist der sog. Willoughby’s diamondiferous ballast. Dieser zieht sich bis etwa 1000 Meter an der Wasserscheide des Shangani gegen den Limpopo in die Höhe, ohne aber in das Gebiet des letzteren Flusses überzutreten. der keine Diamanten führt. Der Diamant ist kaum jemals etwas abgerollt, sondern bildet scharfkantige und eckige Kristalle von verschiedener Form. Fast durchweg ist die Farbe der rohen Steine grünlich, beim Schleifen werden sie aber farblos; es ist also nur die äußerste Schicht gefärbt. Die Qualität ist gut, z. T. sehr gut; eine größere Partie wurde zu 77 Mark, eine andere kleinere zu 120 Mark pro Karat verkauft. Unter den Begleitern sind zahlreiche schön gerundete Gerölle von Quarz, vielfach Bergkristall; ferner findet sich Jaspis, Achat und Kieselholz, daneben Magneteisen und Eisenglanz, Granat, aber niemals blutrot wıe Kaprubin, Beryll, sog. „Somabula blue“ (wahrscheinlich blauer Topas), Zirkon, Glimmer usw. Als besonders bezeichnend werden genannt: Staurolith, Cyanit, Chrysoberyll (ziemlich viel, nebst Katzenauge und Alexandrit.. Dagegen fehlen durchaus oder treten stark zurück die charakteristischen Mineralien des Blaugrunds von Kimberley usw.: Olivin, Enstatit und Bronzit, Titan- und COhromeisen usw. Die Diamanten werden also wohl schwerlich aus einer noch unentdeckten pipe von blue ground stammen, sondern höchst wahrscheinlich aus Pegmatitgängen im Granit, resp. aus einem Kontakthof am Granit, denn die Mineralien, die sich mit dem Diamant zusammenfinden, sind eben gerade solche, wie sie in Pegmatitgängen resp. Kontakthöfen vorkommen, und Granit ist das Gestein, das in der ganzen Gegend die diamantführenden Seifen unterlagert. In aller- jüngster Zeit hat man aber in dieser Gegend auch anstehenden Blaugrund entdeckt. e. Deutsch-Südwestafrika. Schon seit längerer Zeit ist auch in dieser Kolonie Blaugrund bekannt, und zwar in den Bezirken von Gibeon am großen Fischfluß und von Berseba, etwas weiter südlich, hier auf der Farm Mukerop. Im ganzen sind es etwa 15 Stellen, aber nirgends ist bis- her ein ‚Diamant gefunden worden, wenigstens liegen keine sicheren Nachrichten dar- über vor. Dagegen wurde neuerdings ein ganz anderes, eigenartiges Diamantvorkommen ent- deckt, das bis jetzt noch keinen Zusammenhang mit Blaugrund hat erkennen lassen. Im Mai 1908 fand ein an der Bahn Lüderitzbucht—Keetmannshoop beschäftigter Schwarzer, der früher in Kimberley gearbeitet hatte, in der Nähe von Kolmanskop, bei Kilometer 16 der Bahn, also ungefähr 15 Kilometer in östlicher Richtung vom Meer entfernt, im Sande des dortigen weit sich hinziehenden dürren Dünengürtels einen auf dem Boden liegenden Diamanten, den er seinem Vorgesetzten, dem Oberbahnmeister Strauch zeigte. Sofort ent- stand ein wahres Diamantenfieber. Zahlreiche Bewohner jener Gegend, sowie auswärtige Zuzügler legten sich auf das Diamantensuchen, und es wurden auch viele Steine ge- funden, so daß) sich die Hoffnung auf einen reichen Ertrag immer mehr steigerte. Schurf- scheine wurden von den Eigentümern des Bodens, von der Regierung sowohl als von der südwestafrikanischen Kolonialgesellschaft, in größerer Zahl ausgegeben und die Nach- forschungs-, sowie zum Teil auch die Gewinnungsarbeiten systematisch in Angriff genommen. VORKOMMEN U. VERBREITUNG DES DIAMA NTS. 4. SÜDAFRIKA (DEUTSCH-SÜDWEST). 261 Diese führten zu der Erkenntnis, daß die Diamanten auf weite Erstreckung verbreitet sind. Sie bedeeken einen zwar nur 3 engl. Meilen breiten, aber 20 bis 25 engl. Meilen von Nord nach Süd sich erstreekenden Landstreifen, in dem Kolmanskop ziemlich in der Mitte liegt. Dieser Streifen zieht sich halbmondförmig um Lüderitzbucht herum, be- einnt südlich unterhalb der Elisabethbucht und geht nördlich bis ans Meer in der Nähe von Anichab. Ein Berg bei Lüderitzbucht heißt von jeher Diamantberg und Gerüchte über Diamantenfunde bei Lüderitzbucht waren schon früher in der Gegend vielfach in Umlauf. Auch sollen Eingeborene von dort seit einiger Zeit im Besitze von Diamanten gewesen sein, die weder von Kimberley noch von Transvaal stammten. Ferner ergab sich, daß die Diamanten alle lose in einem grobkörnigen Sande liegen und daß sie fast nur in den zahlreichen Einsenkungen des sehr welligen Terrains vorkommen. Dabei finden sie sich durchweg nur ganz oberflächlich und sind in der Hauptsache auf die äußersten vier Zentimeter des Dünensandes beschränkt; tiefer als ein Meter sind gar keine mehr vor- handen. Man suchte zuerst nur die Erdoberfläche ab, begann aber dann die obersten Sand- lagen durch Anwendung von Sieben und primitiven Waschapparaten zu bearbeiten. Dabei wird das beim Graben flacher Löcher zutage tretende Brakwasser verwendet, das in dieser fast regenlosen, kein Trinkwasser liefernden Gegend allenthalben leicht und in ge- nügender Menge erlangt werden kann. Einige Diamantsucher haben so in der ersten Zeit mit einigen wenigen Arbeitern 50 und sogar 70 Karat täglich erbeutet. Die Steine, die man findet, sind alle nur klein, von den meisten gehen 4 oder 5 auf ein Karat, viele sind kleiner, wenige größer. Im Durchschnitt sind sie nicht über !/s Karat schwer. Der größte, der bisher vorgekommen ist, wiegt nicht ganz ein Karat (?"/;2 Karat) und ist ungefähr erbsengroß, doch wird neuerdings von einem über 2 Karat schweren Stein berichtet. Die Form ist fast bei allen für den Schliff günstig; es sind Granatoöder und Achtundvierzigflächner, aber auch viele Oktaöder (Fig. 39). Die Qualität ist im Durch- schnitt sehr gut. Man trifft zahlreiche erstklassige Steine, daneben aber auch wie überall viele geringere, namentlich auch gefärbte, rote, gelbe, braune, graue, schwarze usw. Im allgemeinen sind sie besser als die Steine von Kimberley und nähern sich mehr den river stones. Ihre Härte soll die der australischen Diamanten erreichen. In dem Sande ist der Diamant begleitet außer von den Quarzkörnern, die die Hauptmasse bilden, von ungefähr 5 Millimeter dieken größeren Körnern, die zum Teil gleichfalls Quarz sind, zum Teil aber auch aus schwarzem Kieselschiefer, Jaspis, Chalcedon und Achat bestehen. Auch Granat fehlt nicht und scheint für die Anwesenheit von Diamant leitend zu sein oder doch dafür gehalten zu werden; jedenfalls ist er infolge seiner lebhaft roten Farbe besonders leicht zu entdecken. Alle diese Mineralkörner sind infolge der starken Bewegung in den häufigen und heftigen Sandstürmen sehr stark abgeschliffen und selbst von den Diamanten zeigen manche Spuren von Abrollung. Auch die nicht sehr zahlreichen, aus der mächtigen Sandüberdeckung herausragenden Felsen und Klippen der anstehenden Gesteine sind durch den heftigen Anprall des fliegenden Sandes stark geglättet. Diese Gesteine, die den Untergrund der Dünen bilden, sind auf weite Erstreekung und bis 150 Kilometer landeinwärts Granite, Gneise, Hornblendeschiefer und andere Ur- gebirgsgesteine. Da und dort werden sie von Gängen von Diabas (Grünstein) durchzogen. Genaueres hierüber ist aber bis jetzt sehr wenig bekannt, namentlich in dem Diamanten- bezirk selbst, der noch fast gar nicht geologisch durchforscht ist. Daraus folgt ganz von selbst, dal sich auch die Frage nach dem Ursprung dieser Diamanten noch nicht beantworten läßt; umsomehr verschiedene Meinungen sind daher hierüber geäußert worden. Blaugrund wie bei Kimberley hat man in der diamantführen- den Zone des Lüderitzlandes noch nicht beobachtet, wenigstens nicht mit Sicherheit, doch wird gerüchtweise von dem Vorkommen von Gelbgrund berichtet und neuerdings sollen 262 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. pipes bei Elisabethbucht aufgefunden worden sein. Wenn also die Diamanten aus Blau- grund stammen, wie manche meinen, so müßten sie durch die heftigen und andauernden Südwinde nach Norden getrieben worden sein, oder die betreffenden pipes müßten jetzt unter dem Sande verschüttet liegen, es wäre denn, dab) weitere Nachforschungen noch solche an der Oberfläche kennen lehrten. Es ist aber auch außerdem nicht gerade sehr wahr- scheinlich, daß Blaugrund das Muttergestein des Diamants sei, da man nach den bis- herigen Mitteilungen außer Granat noch keines von den zahlreichen Mineralien gefunden hat, die ihn in so charakteristischer Weise bei Kimberley begleiten. Granat kommt aber . auch vielfach und stellenweise in Menge in Gneisen, Hornblendeschiefern und anderen ähnlichen Gesteinen vor, die im Hinterland von Lüderitzbucht verbreitet sind, und könnte daher auch aus solchen stammen, so daß diesem Mineral keine große Bedeutung für die Be- antwortung der. vorliegenden Frage zukommt. Das wahrscheinlichste ist, daß die Diamanten aus den oben genannten Grundgesteinen der Gegend um Kolmanskop abzuleiten sind, namentlich aus den dortigen Graniten. Die Begleitmineralien würden dem wenigstens nicht widersprechen, es sind sogar Berichte vor- handen, nach denen alle diese in dem dort anstehenden Granit vorkommen sollen. Auch anderweitig hat man ja Granit als Muttergestein von Diamant mit mehr oder weniger großer Sicherheit nachgewiesen. Andere haben an die oben erwähnten Diabasgänge gedacht, da Diabase auch in Australien, sowie wahrscheinlich in der Kapkolonie Diamanten, wenn schon in spärlichster Menge, führen. Es wird dabei namentlich auf die Analogie mit den Flußsteinen aus dem Vaaltale hingewiesen, die ja wie die hier besprochenen von der feinsten Qualität sind und die ebenfalls aus Diabas stammen sollen. Jedenfalls liegen die Diamanten nicht mehr an der Stelle, an der sie entstanden sind. Das Muttergestein, gleichgültig welcher Art es gewesen ist, unterlag der hier sehr rasch und energisch fortschreitenden Verwitterung. Die Winde wehten die dadurch entstehen- den feineren und leichteren Umwandlungsprodukte weg, und nur die etwas größeren Sand- körner mitdem Diamant und seinen widerstandsfäbigen Begleitern blieben zurück, letztere aber, und namentlich der Diamant selbst, in erheblich größerer Menge als in dem Mutter- gestein, in dem er sich bildete. Auch hier wären also die diamantführenden Sande Seifen, bei denen aber nicht das Wasser, sondern der Wind die Aufbereitung besorgte und die man daher als äolische Seifen von den früher betrachteten unterscheiden könnte. Diese theoretischen Fragen können nur auf Grund einer genauen geologischen Durch- forschung der ganzen Gegend bis weit um die diamantführende Zone herum beantwortet werden, event. durch einen Zufall bei dem weiteren Prospektieren in dem fast unbewohnten Lande, wobei das ursprüngliche Muttergestein des Edelsteins entdeckt werden könnte. Jedenfalls hat die Sache schon jetzt eine gewisse praktische Bedeutung und versprieht diese für die Zukunft in noch erheblich höherem, vielleicht sogar in sehr hohem Maße zu erlangen. Bis September 1908 sind im Ganzen mehrere Tausend Steine im Gesamtgewicht von 2720 Karat gefunden worden. Von da an hat die Gewinnung mit einiger Regel- mäßigkeit eingesetzt. Hierdureh ist die Ausbeute seit dem 1. September in folgender Weise gestiegen: September 6644 Karat, Oktober 8621 Karat, November 10228 Karat, Dezember 11549 Karat, also bis Ende 1908 im Ganzen 39762, rund 40000 Karat mit einem Verkaufswert von etwa 1100000 Mark. Anfänglich wurde das Karat um 21 Mk., dann um 30 Mk., später um 40 bis 45 Mk. und sogar bis 60 Mk an Ort und Stelle ver- kauft. Da die Gewinnungskosten gering sind — sie betragen etwa 5 Mk, nach anderen An- gaben nur 1 Mark pro Karat — so bleibt dabei für den Produzenten unter allen Umständen ein schöner Gewinn, auch wenn, wie behauptet wird, angesichts der Unmöglichkeit strenger Kontrolle der Diebstahl hier wie in allen anderen Diamantfeldern .eine bedeutende Rolle spielt. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (EIGENSCHAFTEN). 263 Gegenwärtig sind die ursprünglich mehr oder weniger vereinzelten Schurfscheininhaber im Begriff, sich zu größeren und kleineren Gesellschaften zusammenzuschließen und so die Abbau- und Besitzverhältnisse endgültig zu regeln. Die De Beers-Gesellschaft in Kimber- ley soll dabei ebenfalls ihre Hand im Spiele haben. Für sie wäre es auch eine Sache von höchster Bedeutung, wenn sich auf deutschem Gebiete eine mächtige, von ıhr unabhängige Diamantenproduktion entwickeln würde. Wie groß die Hoffnungen hierauf in Interessenten- kreisen sind, kann man daraus ersehen, daß Anteilscheine von 100 Mk., die die Gesell- schaften bei ihrer Bildung ausgaben, schon auf 24000 Mark, die für die wertvollsten Felder bei Kolmanskop, wo in 1 load Dünensand 2—5 Karat Diamant enthalten seın sollen, sogar auf 40000 Mark gestiegen sind. Diese letzteren sind, vorbehältlich der Ge- nehmigung der Deutschen Kolonialgesellschaft in Berlin, Anfang 1909 von einer englischen Aktiengesellschaft gepachtet worden und zwar in einer Ausdehnung von ca. 16 englischen Quadratmeilen oder 4144 Hektar. Die Pacht läuft vom 1. September 1908 an 50 Jahre. Die Pachtsumme beträgt 5 °% vom Marktwert der gewonnenen Diamanten, mindestens jedoch 600 Pfund Sterling im Jahr. Den Diamantenproduzenten ist die Verpflichtung auferlegt worden, ihre gesamte Förderung einer vom Reichskolonialamt oder mit dessen Zustimmung vom Gouverneur zu bezeichnenden Behörde oder Person zur Vermittlung der Verwertung zu übergeben. Eine Gesellschaft hat sich zu diesem Zweck im Februar 1909 in Berlin gebildet. Eigenschaften und Qualität der südafrikanischen Diamanten. Wir wenden uns nunmehr zur Betrachtung der Eigenschaften und der Qualität der ın Südafrika gefundenen Diamanten selbst, die sich in sehr verschiedenen Formen und Zuständen der Kristallisation, Farbe, Größe, Qualität usw. dort finden. Die Diamanten der dry diggings bilden meist deutliche, ringsum regelmäßig aus- gebildete Kristalle mit vollkommen scharfen Kanten und Ecken oder auch vielfach Bruchstücke größerer Kristalle, die rings von Spaltungsflächen umgeben sind und die also Spaltungs- stücke darstellen. Wie schon erwähnt, liegen diese stets einzeln im Tuffe ohne die zuge- hörigen Stücke. Sıe sind zuweilen von bedeutender Größe und deuten auf ursprüngliche durch Zerbrechen zerstörte Kristalle von mindestens 3 bis 500 Karat hin. Größere Stücke dieser Art werden als „cleavages“, kleinere unter einem Karat als „splints“ bezeichnet. Auffallend ist die Tatsache, daß derartige Spaltungsstücke hauptsächlich weiß oder doch sehr wenig gefärbt sind und um so spärlicher vorkommen, je dunkler die — übrigens, wie erwähnt, fast stets sehr helle — Farbe ist. Bruchstücke ausgesprochen gelber Diamanten werden kaum gefunden; die Steine von dieser Farbe scheinen dem Zerbrechen einen er- heblich größeren Widerstand entgegengesetzt zu haben, als weiße. Die Form der ganzen Kristalle ist vielfach sehr schön regelmäßig, aber auch häufig mehr oder weniger stark verzerrt und rundlich ohne bestimmt ausgesprochene Formen Die Kanten und Ecken sind nie abgerollt, wie in den river diggings. Sehr häufig trifft man Oktaöder mit eingekerbten Kanten (Fig. 39n und o), die im Handel als „eristals“ bezeichnet werden, wenn die Form regelmäßig ist. Etwas weniger verbreitet sind Dodeka@der mit gewölbten Flächen, nicht nur Dodekaäder selbst (Fig. 39 ec), sondern auch solche Formen mit einfach oder doppelt geknickten Flächen (Fig. 39 d). Krıstalle dieser Art sind, wenn sie nicht stark verzerrt sind, besonders geschätzt, namentlich die Oktaöder, da man aus ihnen, ohne weiteres und ohne größere Vorbereitungen durch Spalten, die beliebte Brillantform herstellen kann. Würfel (Fig. 39 a), die in Brasilien hauptsächlich zu Hause sind, fehlen am Kap so gut wie ganz, kommen aber doch ver- einzelt vor. Hemiödrische Formen, wie z. B. Fig. 39 k, findet man ebenfalls sehr selten. Recht verbreitet sind Zwillinge nach dem gewöhnlichen Gesetz, entweder von zwei Oktaädern (Fig. 39 g) oder von zwei Dodekaädern oder Achtundvierzigflächnern (Fig. 39 %) 264 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. gebildet und in der Richtung der Zwillingsachse stark verkürzt. Ihre äußere Form ist je nach der Ausbildung der Individuen sehr verschieden, tafelförmig, linsenförmig, herzförmig usw. Da Steine dieser Art ihrer geringen Dicke wegen nicht zu Brillanten, sondern meist nur zu Rosetten verwendbar sind, so werden sie weniger geschätzt als die anderen, namentlich die oktaödrischen, und ein gleiches Gewicht von ihnen wird weniger hoch bezahlt als von diesen. Sie sind mit besonderen Namen belegt worden, und zwar heißen sie „twins“, wenn die Zwilllingsgrenze deutlich sichtbar, „macles“ (maacle oder mackel) dagegen, wenn sie versteckt ist. Auch der Name naats (Nahtsteine) wird gebraucht. Neben den ganz gesetzmäßig gebildeten Zwillingen sind unregelmäßige Verwach- sungen zweier und mehrerer Individuen verbreitet, namentlich häufig sind die auch in jrasilien vorkommenden kugelförmigen Aggregrate, die Bortkugeln, mit sehr selten ganz glatter, meist mit rauher Oberfläche, aus der die Ecken der zahllosen miteinander ver- wachsenen kleinen oktaöädrıschen Kriställechen hervorragen (Taf. I, Fig. 3). Die Größe dieser eigentümlichen Bildungen ist zuweilen ziemlich bedeutend; ihr Gewicht geht bis zu 100 und sogar bis zu 200 Karat. Unter den Kugeln kommen auch vereinzelt solche vor, wo nur eine dünne äußere grauliche Schale durch solche Verwachsung gebildet ist, während im Innern als Kern ein einheitliches größeres Kristallindividuum steckt, das beim Zerschlagen der äußeren rauhen Schicht unverletzt herausfällt. Diese Bortkugeln sind zu technischen Zwecken sehr gesucht, namentlich seit der brasilianische Karbonat die steigenden Bedürfnisse der Technik nicht mehr in genügendem Maße befriedigen kann. Ihr Preis beträgt bei Erbsengröße bis 120 Mark das Karat. Alle diese Einzelheiten der Ausbildung in der Form spielen bei der Einteilung der Diamanten für den Handel eine wichtige Rolle, wie wir unten sehen werden. Die Größe der Kapdiamanten ist außerordentlich verschieden, man hat hier die größten und daneben auch die kleinsten gefunden, die bisher vorgekommen sind. Durch sorgfältiges Waschen kann man sehr zahlreiche kleine Steinchen bis '/32 Karat (gegen 7 Milligramm) herab erhalten. Die verbesserten Waschapparate, Pulsatoren und Separatoren, geben solche kleine Steinchen jetzt ohne weitere Mühe, während sie früher bei der älteren Wäschereimethode verloren gingen. Daher war lange die Ansicht ver- breitet, daß leichtere Diamanten als solche von '/Jı Karat am Kap nicht oder doch sehr selten vorkommen. Später hat man dann sogar sehr zahlreiche mikroskopisch kleine Kriställchen in dem Blaugrund beobachtet, die bis dahin ganz unbekannt geblieben waren, und daneben ebenfalls mikroskopisch kleine Partikelehen von Karbonat und Graphit, die in dem diamantführenden Gestein bis dahin in jenen Gegenden sich ganz der Wahrnehmung entzogen hatten. Die einzig dastehende Hauptmerkwürdigkeit, durch welche sich die südafrikanischen Diamantenfelder von allen übrigen unterscheiden, liegt aber in dem außerordentlichen Reichtum an großen Steinen neben den allerdings auch hier überwiegenden kleineren und mittleren. Während 17 karätige Steine in Brasilien 'so selten waren, daß der Sklave, der das Glück hatte, einen solchen zu finden, beschenkt und in Freiheit gesetzt wurde, kommen sie am Kap zu Hunderten und Tausenden vor, und beim Auffinden eines Diamants von 100 Karat ist hier die Aufregung weit geringer, als wenn in Brasilien einer von 20 Karat vorkommt. Steine‘ von S0 bis 150 Karat sind noch sehr häufig, und es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein solcher von 50 bis 100 Karat gefunden würde. In den 40 Jahren, seit denen man die Diamanten vom Kap kennt, sind dort weit mehr große Steine ge- funden worden als in Indien nach tausendjährigem und in Brasilien nach nahezu zweihundertjäbrigem Betriebe der Wäschereien und Gruben, und das gilt nicht nur für jedes dieser beiden Länder einzeln, sondern ebenso für beide zusammen. Diamanten, die nach dem Schleifen 75 Karat und mehr wiegen, hat .das Kapland jetzt schon erheblich VORKOMMEN U. VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (EIGENSCHAFTEN). 265 mehr geliefert, als bis zur Entdeckung der dortigen Felder überhaupt bekannt gewesen waren. Die mittlerere Größe der brasilianischen Diamanten beträgt nicht voll 1 Karat, für die südafrikanischen ist das Mehrfache davon zu rechnen (wenn man von den aller- kleinsten, nicht mehr zum Schleifen verwertbaren absieht.) Am Kap geht die gewöhnliche Handelsware im Gewicht bis zu 50 und 60 Karat. | Der größte Diamant vom Kap, gleichzeitig der größte überhaupt bekannte, ist der Cullinan, 3024°/, Karat schwer, aus der Premier-Grube; an zweiter Stelle steht der Excelsior im Gewicht von 971 1,2 von Jagersfontein. Beide werden unten bei der Be- trachtung der großen Diamanten eingehend beschrieben und abgebildet werden. Ihnen folgt der Jubilee oder Reitz-Diamant von 640 Karat von besonders ausgezeichneter Be- schaffenheit, ebenfalls von dort. Aus derselben Grube soll ein Stein von 600 Karat stammen, der aber als sehr unrein beschrieben wird. Ein Stein von 457!/, Karat wurde in einer nicht bekannten Grube am Kap gefunden, in der De Beers-Grube ein solcher von 428'/ Karat. Die Kimberleygrube gab 18592 einen Diamant von 474 Karat, der einen Brillant von 200 Karat lieferte. Von Jagersfontein stammt der „Julius Pam“ von 241! Karat, der nach dem Schleifen noch 120 Karat wog. Einige größere Steine haben auch die river diggings geliefert, so vor allem den „Stewart“ von 288/s Karat und andere. Ist Südafrika ganz einzig bezüglich der Menge und Größe seiner Diamanten, so steht es leider auf einer niedrigen Stufe bezüglich der Qualität. Kein Land produziert eine so große Menge geringer Steine. Sehr häufig sind dunkle, unansehnliche Farben, deren Träger nur als Bort Verwendung finden können. Ebenso trifft man häufig „Wolken“, sowie Risse, sog. „Federn“, auf denen nicht selten, besonders in Dutoitspan und in den river diggings am Vaal, eine dünne Lage von Brauneisen ausgeschieden ist. Ganz «ewöhnlich sind die Steine durch fremde Einschlüsse (spots) verunziert, die meist schwarz sind und wie Kohlenteilchen aussehen, aber wohl meist aus Eisenglanz oder Titaneisen bestehen. Auch grüne Einschlüsse von eigentümlich wurmförmiger Gestalt, dıe nach E. Cohen wahrscheinlich einer Kupferverbindung angehören, und rote vor unbekannter Natur kommen vor. Steine mit sehr viel Einschlüssen werden „schmutzig“ genannt. Nach Streeter sind im Mittel nur 20 Proz. der Kapsteine erster Qualität, 15 Proz. zweiter und 30 Proz. dritter Qualität, und 35 Proz. gehören zum Bort; nach Kunz sind jedoch nur 8 Proz. vom ersten, 12 Proz. vom zweiten und 25 Proz. vom dritten Wasser; der Rest von 55 Proz. ist Bort. Die Farbe ist von besonderer Wichtigkeit und sehr mannigfaltig. Man findet voll- kommen farblose, reinweiße bis sehr hell- bis tiefgelbe und orangefarbige, hell- und dunkel- braune, rauchgraue, blaß- und sehr selten dunkler grüne und -blaue, rosarote, blaßviolette usw. Namentlich die größeren Kapdiamanten pflegen etwas gefärbt zu sein, aber nicht die aller- größten. Dabei sind die Steine bald durchsichtig und klar, bald trübe und undurchsichtig bis vollkommen schwarz. Meist ist die Farbe gleichmäßig verteilt, zuweilen ist aber auch ein Kern von einer anders beschaffenen Hülle in paralleler Verwachsung umgeben. Auch kann es daher vorkommen, daß ein farbiger roher Stein beim Schleifen ganz farblos wird oder umgekehrt. Die reinweißen, absolut farblosen, sind sehr selten, doch fehlt das feinste Blauweiß, wie es an indischen und brasilianischen Diamanten sich findet, auch unter denen vom Kap picht. Diese gesuchtesten und geschätztesten von allen, die „hochfeinen“, betragen aber nur 2 Proz. des Ganzen. Die Steine dieser Art bilden fast immer regelmäßige Oktaeder. Sie sind meist nicht groß und übersteigen selten 10 Karat. Doch gehören auch einige von den größeren und größten zu der „hochfeinen* Sorte. Einer der feinsten Steine vom Kap ist der „Porter Rhodes“, der am 12. Februar 1880 in der Kimberleygrube gefunden wurde und dessen Gewicht zu 150 oder auch zu 160 Karat angegeben wird, ein Stein von allergrößter Schönheit. Auch die drei oben genannten größten Diamanten gehören hierher. 266 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Im allgemeinen sind jedoch die großen Steine gefleckt und unrein oder gefärbt, meist gelb und zwar oft sehr stark und unschön, was ihren Wert erheblich reduziert. Besonders reich an sroßen und schönen Steinen ist die sonst arme Grube Jagersfontein, und vor allem stammen solehe von bester Beschaffenheit aus den river diggings. Aber auch die besten Kapsteine erreichen nicht ganz das Feuer und das Farbenspiel der feinsten blauweißen brasilianischen oder gar der alten indischen, so daß sie an Wert und Preis doch hinterdiesen zurückstehen. Die meisten weißen Kapsteine haben einen mehr oder weniger deutlichen Stich ins Gelbliche. Ein ungeübtes Auge bemerkt das zwar nicht und hält diese Steine für voll- kommen ungefärbt, der erfahrene Juwelenhändler erkennt aber auch den allerschwächsten gelblichen Schein auf den ersten Blick. Steine dieser Art heißen „kapweiß* (cape-white, kurz cape), und man unterscheidet wieder nach dem etwas weniger oder mehr bemerkbaren farbigen Schein first ecape und second cape. Manche kapweiße Steine erhalten beim Schleifen als Brillanten einen besonders schönen Glanz und werden daher höher geschätzt als die anderen. Man hat ıhnen den Namen „silver capes“ gegeben, andere werden als „fine eapes“ bezeichnet. Ist die Färbung etwas deutlicher, aber immer noch ganz schwach gelblich oder auch grünlichgrau, so spricht man von „first und second bywater“ (kurz first und second bye). Sehr verbreitet sind die deutlich, aber immer noch licht gefärbten gelben Steine, deren Farbe vom Strohgelben und Kanariengelben bis zum licht Kaffee- braunen geht. Sie bilden am Kap die Hauptmasse der schleifbaren Ware, sind aber schon erheblich minder geschätzt als die kapweißen und die anderen schon erwähnten. Sie pflegen im allgemeinen mit viel weniger Fehlern behaftet zu sein als die farblosen. Nach der Färbung unterscheidet man von den hellsten bis zu den dunkelsten: offeoloured, light yellow, yellow und dark yellow, woran sich light brown und brown anschließt. Das reichliche Vorkommen der schönen liehtgelben Steine ist eine ganz besondere Eigentüm- lichkeit der südafrikanischen Diamantfelder, nirgends sonst finden sie sich in dieser Menge. Früher, vor der Entdeekung der Gruben am Kap, waren sie im Gegenteil so selten, dab sie als eine besondere Kostbarkeit angesehen wurden, wie die auch jetzt noch so seltenen schön roten, blauen und grünen. Solche sogen. „Phantasiesteine“ (fancystones) sind am Kap sehr wenig gefunden worden, vielleicht weniger als anderswo, und wenn je einmal ein schöner Diamant von einer der zuletzt genannten Farben vorkommt, so ist er stets klein, doch wird ein rosavioletter Stein von 16 Karat erwähnt. Sehr schön und tief gelb und orange gefärbte Diamanten sind auch in Südafrika gar nicht häufig. Sie gehören ebenfalls zu den Phantasie- steinen und stehen hoch in der Wertschätzung, während die verschiedenen schwach gelblichen usw. Nuancen der oben genannten Arten den Preis ungünstig beeinflussen. Durchsichtige dunkel- braune bis schwarze Steine sind sehr selten und teuer und werden, obwohl sie eigentlich jeder Schönheit entbehren, doch als kostbarer Trauerschmuck geschätzt. Die zahlreichen unrein oder zu dunkel gefärbten gehören wie die trüben und undurehsichtigen zum Bort; sie werden nicht mehr geschliffen. Ganz eigentümlich und außer am Kap, besonders bei Kimberley, kaum jemals ge- funden, sind die schon oben erwähnten Steine, die kurze Zeit, nachdem sie dem Gestein entnommen sind, ganz von selber und anscheinend ohne jede äußere Veranlassung rissig werden und in einzelne Stücke oder in ein Haufwerk feinen Pulvers zerfallen. Sie zeichnen sich aus durch eine stets sehr regelmäßige oktaedrische Form und eine eigentüm- liche rauchgraue Farbe, die entweder gleichmäßig durch den ganzen Stein verteilt oder nur an den Kanten und Ecken angebäuft ist. An dieser Farbe und an einem eigentüm- lichen starken Glanz kann man diese zerspringenden Steine stets sicher erkennen. Man nennt sie „smoky stones® oder „glassy stones with smoky corners“, je nachdem die Farbe gleichmäßig verteilt ist oder nicht. Für den Besitzer eines solchen Steines ist ihr sonderbares Verhalten natürlich sehr unerwünscht. Er sucht seinen Besitz dadurch zu erhalten, VORKOMMEN U. VBRBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (EIGENSCHAFTEN). 267 daß er ihn gleich nach dem Herausnehmen aus dem Gestein in den Mund nimmt oder mit Fett bestreicht usw. Diese Mittel halten aber nur kurze Zeit vor, vielleicht nur so lange, bis es gelungen ist, den Stein einem unkundigen Käufer anzuhängen. Die Versendung wird vielfach im Innern einer Kartoffel vorgenommen; in einer solchen sollen sich diese Steine besser halten, wahrscheinlich weil sie dadurch vor jeder Berührung mit anderen Diamanten und damit vor auch noch so kleinen Verletzungen geschützt sind, die das Zer- fallen außerordentlich begünstigen. Nach den bisherigen Erfahrungen sind aber diese „smoky stones“ ihrem Schicksal rettungslos verfallen. Sie haben übrigens nur eine geringe Verbreitung. Die Ursache dieses eigentümlichen Verhaltens ist eine wahrscheinlich durch die Einlagerung des Farbstoffes verursachte starke innere Spannung in diesen Kristallen, die eine kräftige anomale Doppelbrechung zur Folge bat, wie schon oben bei der Betrachtung dieser Erscheinung gezeigt worden ist (S. 62). Die Beschaffenheit der Steine ist in jeder Grube und an den verschiedenen Stellen jeder Grube eine andere, wenn man das Vorkommen im großen und ganzen ins Auge faßt, doch kommen einzelne Steine von jeder Qualität in allen Gruben vor. Es ist daher im allgemeinen nicht möglich, aus der Beschaffenheit eines einzelnen Steines die Grube zu erkennen, aus der er stammt; ein erfahrener Diamantenhändler in Kimberley ist jedoch imstande, aus einer Partie zusammen gefundener Diamanten nicht nur die Grube, sondern auch den betreffenden Teil der Grube zu bestimmen. Nach Gardner F. Williams, dem langjährigen general manager der de Beers-Ge- sellschaft, u. a. gilt für die Gruben bei Kimberley folgendes (vgl. auch S. 249 ff): DieDe Beers-Grube ist ausgezeichnet durch einen großen Prozentsatz „yellows“, wenige schöne „dark yellows“, die schon als fancystones gelten, eine beschränkte Anzahl „silver capes“ und eine beträchtliche Anzahl „light brown eleavage“ von schöner Farbe. Die Grube liefert Kristalle von jeder Art und Farbe und deren Oberfläche ist fast stets fein gekörnelt, schimmernd und von etwas fettigem Aussehen, was man in dieser Weise nur bei ihnen trifft. Bort ist selten, dagegen Bruchstücke mit schw. rzen Flecken sehr häufig. Sehr reichlich kommen auch große, dodekaedrische Kristalle vor, dagegen fehlen vollkommen weiße Steine so gut wie ganz, fast alle sog. weißen sind kapweiß. Die Kimberley-Grube liefert ein Produkt, das dem von de Beers zwar sehr ähnlich ist, aber doch auch wieder unterscheidende Merkmale erkennen läßt. Man findet eine ziem- liche Menge weißer „erystals“, die in De Beers selten sınd, einen ziemlichen Prozentsatz „white eleavage“, und verhältnismäßig viele große flache „maacles“. Die vielen „yellows“ pflegen etwas heller zu sein alsin De Beers. Viel „smoky stones“ und eine Menge zum Sehleifen unbrauchbarer Bort, welche die Gesamtqualität herabdrückt. 90 Prozent alles siidafrikanischen Borts soll von hier stammen. Im großen Durchschnitt sind die Diamanten von De Beers größer, die von der Kimberley-Grube weißer. Die Dutoitspan-Grube gibt einzelne schöne blauweiße Steine und eine besonders feine Qualität von „silver capes“, besser als die von De Beers. Die Farbe ist häufig recht dunkel, doch findet man viele gewöhnliche weiße Kristalle und „eleavages“ und nicht wenig große gelbe Oktaeder von guter Beschaffenheit und fast ohne Flecken. Überhaupt ist die Zahl der großen Steine verhältnismäßig groß, die der ganz kleinen gering. Bort und smoky stones fehlen fast ganz und Kristalle sind gut und regelmäßig ausgebildet. Im ganzen stammen aus dieser Grube die schönsten Diamanten, die in der Umgegend von Kimberley gefunden werden. Die Steine der Bultfontein-Grube sind zum großen Teile weiß, aber mehr oder weniger gefleckt; nur selten sınd sie schwerer als 2—3 Karat. Große Kristalle und Bruchstücke kommen hier kaum vor, ebensowenig viele stark gefärbte Steine und Bort. Fast alle Diamanten von hier sind Oktaeder. 268 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. In derWesselton-Grube sind blauweiße Steine nicht ungewöhnlich, auch blaue, braune und grüne, sowie namentlich schöne dunkel- und orangegelbe Phantasiesteine, letztere nicht so ganz spärlich, sind vorgekommen. Charakteristisch ist das Auftreten einer großen Zahl von Oktaedern, namentlich auch von einzelnen größeren, sowie vieler Bruchstücke von solchen, und das Vorkommen zahlreicher Zwillinge und unregelmäßiger Kristalle, sowie vielen Borts. Jagersfontein gibt, wie schon erwähnt, die weißesten und durchsichtigsten Steine, deren schönes Blauweiß sich dem geschätztesten brasilianischen und indischen zuweilen nähert oder sogar gleichstellt, gleichzeitig aber auch einige der größten am Kap (siehe unten). Die Häufigkeit der weißen Farbe in dieser Grube wird zuweilen dem Umstande zugeschrieben, daß hier gar kein Schwefelkies vorkommt, der überall anderwärts sich findet und dort die gelbe Farbe verursacht haben soll. Diese schön weißen Steine haben leider sehr häufig häßliche Flecken und sonstige Fehler, und wenn auch ganz regelmäßige Kristalle nicht fehlen, so sind doch Verwachsungen zu unregelmäßigen Gruppen gleichfalls nicht selten, sodaß doch zahlreiche Steine von hier sich nicht zum Schleifen eignen. Die seltenen fehlerfreien Diamanten sind aber von sehr hohem Wert und erreichen die höchsten Preise. Man vergleicht die Qualität dieser Steine mit der von Bagagem in Brasilien. Eine übersichtliche Zusammenstellung der Qualität der Steine der einzelnen Gruben gibt Williams in der folgenden Tabelle: Ba en Jagersfontein- De Beers-Grube Wesselton-Grube Grube (Pool Goods) Close goods!), Steine über 1 Karat 4,1°/o 8,7°/o | 11,7°/o Unregelmäßige Formen von allen gun lIEHZ ae Reine Größen 1,6°/0 4% | Be Steine Melee!) von allen Größen unter 1 Karat 3,1%0 a ra Braune Steine von allen Größen 1,6°/0 4,2°/o == Steine mit Einschlüssen, von allen Größen 8,1%0 6,6°/0 20,4°/o von allen Sorten Bruchstücke, rein und mit Einschlüssen, über 1 Karat 38,8%/0 28,2°/o 390/0 (inel. maacles) Chips!), rein, alle Größen unter 1 Karat 1% 1,2°/0 10,690 Chips!) mit Einschlüssen, alle Größen unter ı Karat 12,6°/o 5,5°/0 =: Maacles (Naats) und flache Steine, rein und mit Einschlüssen, alle Größen 4,3%/o —_ 4,30%/0 Ausschuß, geringste Qualität obiger Sorte 17,5°/o 16,2°/o 3,5°/0 3ort, nicht schleifbar 7,30/o 25,4% 10,5% 100°/o | 100% 100°/0 1) Siehe unten pag. 269. Zu erwähnen ist noch, daß die Diamanten von Kimberley, De Beers und Bultfontein für weniger hart gelten als die von Dutoitspan, Jagersfontein und aus den river diggings. Handel. Der südafrikanische Diamantenhandel ist im wesentlichen in Kimberley kon- zentriert, wo die De Beers-Gesellschaft bis vor kurzem ein Monopol auszuüben in der Lage war. Ihr Hauptprodukt sind die Diamanten aus der Kimberley- und der De Beers-Grube, die VORKOMMEN U. VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (HANDEL). 269 gemischt unter der Bezeichnung „pool goods“ in den Handel gebracht werden, nachdem sie einer von besonderen : Sortierern bewirkten ersten Sortierung unterzogen worden sind. Diese geschieht zuerst mittels Sieben nach der Größe, nachdem die allergrößten Steine zuvor mit der Hand ausgesucht sind. Nach der Beschaffenheit im allgemeiner wird dann eine Einteilung in 10 Klassen vorgenommen. Das sind: 1. Close goods, reine wohlgeformte Steine, 2. Spotted stones, Steine mit wenig Einschlüssen, 3. Rejection stones, stark durch Einschlüsse entstellt, 4. Fine cleavage, 5. Light brown cleavage, ' zerbrochene Kristalle verschiedener Art. 6. Ordinary and rejection eleavage, | 7. Flats, flache verzerrte Oktaeder, 8. Maacles, flache dreieckige Zwillinge, 9. Rubbish, Auschuß, aber noch etwas besser als 10. Boart, nur noch zu technischen Zwecken brauchbar; hierher auch die Bortkugeln (round oder shot boart). In den ersten acht von diesen Klassen unterscheidet man dann nach der Farbe weiter: blue white, first cape, second cape, first bye, second bye, off color, light yellow, yellow, doch berücksichtigt man nur bei den close goods der ersten Klasse alle diese Nuancen, bei den anderen Klassen begnügt man sich mit weniger. Die gefundenen Diamanten werden seit einer längeren Reihe von Jahren nicht mehr wie früher partienweise in den Handel gebracht, sondern das ganze Erzeugnis wird von dem zu diesem Zwecke aus den ersten Londoner Diamantenfirmen gebildeten Diamanten- syndikat, zu einem bestimmten von Zeit zu Zeit neu vereinbarten mittleren Karatpreise übernommen. Von diesem wird es dann für den Londoner Markt von neuem sortiert, wo- bei 350 bis 400 Abteilungen gemacht werden und zwar in folgender Weise: Pure goods, Brown goods Spotted goods, Flat shaped goods. Pure cleavage, Spotted cleavage, £ Bruchstücke von Kristallen (split stones). Brown cleavage, | | flache dreieckige Kristalle, Zwillinge. Rejections oder Boart. Die meisten dieser Gruppen (außer dem Bort) werden nach der Farbe in 6 oder 7 Sorten gebracht, und jede von diesen zerfällt wieder in 8, 10 oder 12 Größen, so daß die obige Anzahl von Abteilungen herauskommt. Steine der verschiedensten Beschaffenheit bis zum Gewicht von 20 Karat werden dann zu mehr oder weniger großen Serien zu- sammengestellt, und in dieser Weise gelangen sie dann in den Verkehr. Von dem Syndikat gehen die Steine an die Grossisten, an die Schleifer usw., immer wieder von neuem nach anderen Gesichtspunkten sortiert. Es zeigt sich dabei das Talent des Händlers, der nach der mehr oder weniger geschickten Zusammenstellung der ver- schiedenen Sorten zu größeren und kleineren Partien bessere oder schlechtere Geschäfte zu machen in der Lage ist. Nachdem die Diamanten endlich geschliffen und wie vorher so auch nach dem Schleifen durch mehrere Hände gegangen sind, ist ihr Preis gegen den ursprünglich von der De Beers-Gesellschaft erzielten vorzugsweise allein durch diesen Vollständig ausgebildete Kristalle. |nich schleifwürdiger Ausschuß, nur zu technischen Zwecken, Bott. 270 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Zwischenhandel um 200 bis 300 Proz. gestiegen, wenn schließlich die einzelnen Steine durch Vermittelung der Juweliere in die Hände des Publikums gelangen. Aus dem bisherigen Verkehr hat sich für die gewöhnliche Handelsware, die im Ge- wicht einzelner Steine bis 50, auch 60 Karat geht, eine größere Zahl von besonders be- nannten Handelssorten herausgebildet, die natürlich ebenfalls in der Hauptsache auf den oben besprochnen Grundsätzen beruhen. Anfänglich waren es wenige, nur vier, allmählich sind es den fortschreitenden Bedürfnissen des Handels entsprechend, immer mehr geworden; gegenwärtig unterscheidet man ungefähr die folgenden, die auch zum Teil oben schon genannt sind: Crystals oder Glassies, vollkommene Oktaeder, weiß oder beinahe weiß. Roundstones, Kristalle mit gewölbten Flächen; Unterabteilungen nach der Farbe: first und second cape-white, first und second bywater (siehe oben). Yellow elean stones, gelbe Steine, die je nach der mehr oder weniger tiefen Farbe in offeoloured (die hellsten), light yellow, yellow und dark yellow geteilt werden. M&l&öe besteht aus weißen bis gelblichen (bywater) und sogar oft braunen Kristallen, die im Durchschnitt nicht über 1 Karat wiegen. Kleines melde geht sogar bis !/2» Karat herab. Alle hierhergehörigen Steine sind rund oder glassies, Bruchstücke sind nicht darunter. Cleavage setzt sich aus gefleekten Kristallen, Zwillingen usw. zusammen, die vor dem Schleifen gespalten werden müssen. Unterschiede nach der Farbe. „Black eleavage“ nennt man solche Stücke dieser Sorte, die auf den ersten Blick ganz von Flecken erfüllt sind, aber nach der Teilung doch noch schöne Steine geben können. „Speculative stones“ sind die großen schwärzlichen Stücke; ihr Wert wechselt nach der Größe und besonders danach, ob man durch Teilen gute Stücke daraus gewinnen kann. Chips heißen Steine dieser Art (cleavage) in allen Größen unter 1 Karat; unter- schieden werden reine und solche mit Einschlüssen (pure und spotted chips). Das Gemenge von schlechten gelben und braunen Stücken, von black celeavage usw. bildet die parcels inferior, denen man oft auch den Bort noch beifügt. Das Ganze ist keine schleifbare Ware mehr, sondern wird zu Schleifpulver zerstoßen oder sonst in der Technik verwendet. Der Londoner Jnwelier Edwin W. Streeter gibt in seinem Edelsteinbuche die folgende etwas abweichende, nach dem Obigen aber im ganzen leicht verständliche Ein- teilung: White Clear Crystals. Bright Brown. Bright Black Cleavage. Deep Brown. Cape White. Bort. Light Bywater. Yellows. Large White Cleavage. Large Yellows and Large Bywaters. Picked Melee. Fine Quality River Stones. Common and Ordinary Melce. Jagersfontein Stones. Bultfontein Melce. Splints. Large White Chips. Emden. Small White Chips. Fine Fancy Stones. Mackel oder Macle (flach, für Rosen). Diese verschiedenen Sorten zeigen selbstverständlich die allergrößten Unterschiede im Preise. Es ist klar, daß die kolossale Zunahme der Produktion nach der Entdeckung der südafrikanischen Diamantfelder den ganzen bisherigen Diamantenhandel in der aller- stärksten Weise beeinflussen mußte. Alle diejenigen Sorten, die am Kap besonders häufig vorkommen, fielen erheblich im Preise, während die dort seltenen Sorten ihren alten Wert behielten. VORKOMMEN U. VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (HANDEr.). 2741 Danach sind vollkommen farblose Steine vom ersten Wasser (hochfein) durch das Auffinden der Kapsteine im Preise nicht reduziert worden, sie stehen jetzt noch mindestens ebenso hoch wie früher, sie sind in ihrem alten Werte geblieben. Dagegen sind vor allem sroße Diamanten von 10 bis 150 Karat und von gelblicher bis gelber Farbe sehr billig geworden. Bei diesen verlor die alte Tavernier’sche Regel, wonach der Preis ent- sprechend dem Quadrat des Gewichts in Karaten wachsen sollte, vollkommen ihre Geltung. Der Preis steigt bei ihnen nach dem einfachen Karatgewicht und sogar in noch geringerer Proportion, so dab ein doppeltschwerer Stein nicht immer das Doppelte von einem solchen vom einfachen Gewicht kostet, sondern häufig weniger. Selbstverständlich bedurfte es einer gewissen Zeit, um die Preise den neuen, anfäng- lich noch nicht genau bekannten Verhältnissen anzupassen. Die zuerst gefundenen größeren Steine wurden noch ungefähr nach jener alten Regel, also, wie sich bald heraus- stellte, viel zu hoch bezahlt, aber bald hatte sich die Sache reguliert. Schon 1876 waren rohe Steine guter Qualıtät, kapweiß und bis zu 6 Karat schwer, etwa 30—50 °/o weniger wert als zu Anfang und vor der Entdeckung der Kapdiamanten, und zwar in der Art, daß die größten und die kleinsten die stärkste Preisminderung erlitten. Dabei ist aller- dings zu berücksichtigen, daß das Kapweiß etwas hinter dem Weiß der brasilianischen Steine zurücksteht. Noch weit mehr, 1876 um 70°) und vorher, 1873, sogar um 85 %), hatte sich der Preis der nicht schleifbaren Ware, des Borts, verringert, doch ist er später wieder beträchtlich gestiegen, wohl infolge vermehrter Verwendung zu technischen Zwecken. Die im Handel bezahlten Preise sind, am Kap wie überall sonst, nicht nur von der Qualität, sondern auch von Angebot und Nachfrage und manchen sonstigen Umständen abhängig. Es sind daher große Schwankungen bemerkbar, die oft sehr rasch aufein- ander folgen; die heute geltenden Zahlen treffen häufig schon morgen nieht mehr zu. Nach den Mitteilungen von E. Cohen schwankte in den Jahren 1875 bis 80 der Preis des Bort zwischen 1,80 und 5,80 Mark, der kapweißen 2- bis 6 karätigen Steine zwischen 75 und 150 Mark, der 1- bis 2karätigen Bruchstücke zwischen 8 und 24 Mark pro Karat usw. Nach der durch E. Cohen mitgeteilten Zusammenstellung von Anton Petersen haben Ende 1882 rohe Steine per Karat in den Gruben folgendermaßen im Preise ge- standen: (1. Kolumne), während die Preise im Jahr 1908 nach George F. Kunz in New- York betrugen (2. Kolumne): I. Petersen 1882 II. Kunz 1908 Erstes Wasser (hochfein) . . . 4karät. Steine 300—360 Mk. 410 Mk. Beates' Kapweis- 1... m Pe mt # 30— 35 „ 133%: e £ ne tina er Do 208 „ Lichtgelb (offecoloured) . . . . 1, r 15— 20 „ 1130 5 » ” » See ” ” 40 — 50 ” 130 ” £ ? 0" EEE SA AU ß £ R Be Bene 152,50 BEE. on ee 8 ,„ 3,50 Diese Preise, von denen die in der ersten Kolumne infolge der damaligen ungünstigen Geschäftslage ungewöhnlich niedrig sind, gelten für die Diamantenfelder, nicht aber direkt auch für Europa, wo oft ganz andere Verhältnisse herrschen als am Kap. Für den 31. Juli 1883 macht Boutan die folgenden Angaben über die in Kimberley per Karat bezahlten Preise für Rohsteine der verschiedenen Sorten. Zum Vergleich und zur Veranschaulichung der seitdem eingetretenen Preissteigerung sind die entsprechenden Werte für 1908 beigefügt, die ich Herrn Dr. George Frederik Kunz in New - York verdanke und mit denen die mir von Dr. Arthur Dieseldorff in Hamburg mitgeteilten Zahlen sehr nahe übereinstimmen. 272 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Bouton 1883 Kunz 1908 Crystals oder glassies MR arab 2. .:.;:5, 4. Biss 55 Mark 135 Mark (Crystals fine white) kapweiß DES N ey... 190208 “ oder weiß 3 a a ii SH sc AB I 2 ck RR N, 330 a 4 as ae A und größer, Preis nach der Größe. Cape-white roundstones . . . . 12 „ . u AHnEn Mark: 150 Mark > 5 0 Ze N 5 Wen. ArYya—52lle „ 200 Ne & ale a der Ha 5 ER 205 First bywater roundstones . . . 1-2 n ; | 10 Proz. 130 “ = er A: n BR weniger als Spt ® % R N em n 30: FOR Kapweiß. I60Err Second bywater in denselben Größen ee ee BO PEoz Awenieen als first bywater. Yellow'elean 'stones’.*. '. ... . 3 Karatı 2 2.7.0, 723515-284 Mark? Too 2 h vr Suse i 135 5 4 vn Kae able. u Sr eu 150, Dark yellow clean stones . . . 1-3 ,„ er a ED Te u e s s n RE EN RENTEN ER. 128.0 R : J x N ON ee 40—45 e ja 8 IMEIBE IE ERSTE IE ER an im Mittele so Aa = 85 ie zn (a I, UDELU ee 13057 Eu 90 e a 1dun. 4 .; ie: 35 . 95 n a Salz) is % RN“. 40 e 110, 7! Ines N BE 46 & 135, 71, Cleavag Bann. n Se El RE Ir 6 ze e aller a rn SOMIT AR I WERE 2. 0 3 a RR. CH: 24 N Gans 2 Sn ara 28ija u, SE e a de nun at 32 , 150.06 Good white square chips . as : ua LAS art, 60-574 » a B et. % la 5 ER Sa Fer Small ” N af eh a SE A ra A a a 5 6 ” 16 ” Bommon.white sqtuare/chipa@n. ae Verena RR De 10 > eleavage, and chips. es EN ER lt 5 n Ge Bort, 1, ur. ein ENTE ER Fe Be en zn Aa 5 3a Auch E.Boutan klagt über niedrige Preise infolge der Geschäftskrisis, die später noch zugenommen hat, so daß die Preise 1885 im allgemeinen noch um 20 Prozent gefallen waren. Von da an stiegen sie wieder. In den Jahren 1883 bis 1391 war der Wert eines Karats im Mittel, bereehnet aus dem Gesamtexport und Gesamterlös: 1883 0.5. ‚Slh 2. 0824,10’ Mark. Hase HAAN ERERE 1884. 3 0. GE 0 REED VSBGEER 5.7.0 1BBD, u Ne. Se Manichblse NORMEN 2... 1 1: ERRUTRN PRRPERBRER } hehe RE EN nn. 20.5.8 2 18897, . ea. Von da ab betrugen diese Preise nach George F. Kunz: 1892459, iu0.0'n 2495,50. Mark 1501900 REN Fe A ee TEEN, RT SRREEREE T:Cı\ 6 IDEEN. hun 1 apa Va de. aan a 200 1902, elta 1: A (BO, ann, 10a ee. ao ISSN 1 SIT ER RT. 90’ 1 1080 HRSG: 19064: MERNE. N. 0 a 1SIINR) ee Se ee DENN: ı.. 1907.- 7. ERHEBEN UTAH NO VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 4. SÜDAFRIKA (HANDEL). 273 Es ist dabei zu bemerken, daß die durehschnittliche Qualität im Laufe dieser Jahre sich nicht wesentlich änderte, daß diese Zahlen also ziemlich annähernd den mittleren Marktpreis für die genannte Periode darstellen. In den letzten 25 Jahren hat sich dieser Preis also, nachdem er anfänglich längere Zeit ziemlich konstant gewesen war, unge- fähr verdoppelt. Man begreift leicht, daß die kostbare und so leicht zu verbergende Ware zu zahl- reichen Veruntreuungen verleitet, und aus diesen hat sich neben dem rechtmäßigen auch ein sehr umfangreicher illegitimer Handel entwickelt. Die Arbeiter, namentlich die Kaffern, wissen beim Graben, Waschen und Sortieren und in den floors trotz der unauf- hörlichen scharfen Aufsicht Diamanten beiseite zu bringen. Sie verstehen die gestohlenen Steine trotz der beim Verlassen der Arbeitsräume vorgenommenen Leibesuntersuchung und der fast oder ganz fehlenden Kleidung durehzuschmuggeln und durch Hehler in den Verkehr zu bringen. Der den rechtmäßigen Eigentümern durch Veruntreuungen zugefügte Schaden wurde früher auf etwa 30° des Gesamtertrages geschätzt. Zwar hat man durch strenge Strafgesetze und scharfe Bestimmungen zur Regelung des Diamantenhandels dem Unfug steuern wollen. Mehrjährige Zuchthausstrafe trifft Diamantendiebe und Hehler, die die gestohlenen Steine ankaufen. Schwarze dürfen unter keinen Umständen einen Stein verkaufen und Weiße müssen eine schriftliche Genehmigung zum Kaufen und Verkaufen haben, auch genaue Verzeichnisse führen usw. Aber der hohe Gewinn, den Diebe und besonders Hehler zu erwarten haben, wenn sie vom Glück begünstigt sind, macht, daß weder der Diebstahl noch der illegitime Handel ganz ver- hindert werden konnten, um so mehr als es nach den bestehenden Gesetzen sehr selten möglich war, einen Hehler seines Vergehens durch Zeugen usw. zu überführen. Seit dem 1. März 1883 hat man daher diese Gesetze dahin abgeändert, daß nicht mehr wie früher der Richter den unrechtmäßigen Besitz der Diamanten, die in den Händen irgendeines Mannes angetroffen werden, nachweisen muß, um ihn als Dieb oder Hehler zu verurteilen, sondern der Betreffende muß seinen rechtmäßigen Erwerb dartun, wenn er der Verurteilung entgehen will. Auch kann seitdem jedermann ohne Ausnahme einer körperlichen Untersuchung unterworfen werden (searching system), was früher bei Weißen ganz unmöglich war. Alle diese Bestimmungen gelten nicht nur für die Diamantfelder, sondern für das ganze englische Südafrika. So ist der illegitime Handel wohl sehr erheblich erschwert, aber ganz wird er sich doch kaum je verhindern lassen, denn die Kaffern wenden die höchsteList an, um Steine beiseite zu bringen und zu verkaufen. Zwei Fälle aus dem Jahre 1888 mögen dies illustrieren. Ein Schwarzer wurde wegen des Verdachtes, unrechtmäßigerweise Diamanten zu besitzen, verfolgt. Als sich die Verfolger nahten, schoß er einen seiner Ochsen nieder. Kein Stein wurde bei ihm gefunden, als aber die Polizei abgezogen war, holte er aus dem toten Tiere die Diamanten wieder heraus, die er ihm in den Leib gejagt hatte. Bei einem anderen Eingeborenen, der in rätselhafter Weise gestorben war, stellte die Leichen- schau als Todesursache 60 Karat Diamanten fest, die er verschluckt hatte, um sie zu stehlen. Er hatte die Portion selbst für dıe kräftige Konstitution eines Kaffern etwas zu groß genommen. In neuester Zeit ist nun aber eine Einrichtung getroffen worden, die geeignet ist, endlich den hauptsächlich durch die einheimischen Arbeiter betriebenen Diamanten- diebstahl zu verhindern oder doch sehr bedeutend zu vermindern. Es ist dies das so- genannte Compound-System. Die schwarze Arbeiterschaft der Kimberley-Gruben wird während der ganzen Dauer ihres 3 Monate währenden Arbeitskontraktes von jedem Verkehr mit der Außenwelt abgeschlossen. Sie leben in dicht umzäunten und sorgfältig bewachten Gehegen von mehreren Morgen Größe, in denen sie alle ihre Bedürfnisse ge- Bauer, Edelsteinkunde, 2. Aufl. 18 274 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. liefert erhalten und kaufen können und wo für Wohlfahrtseinrichtungen aller Art bestens gesorgt ist. Sie kommen während ihres Engagements nur mit Beamten der Grubengesellschaft in Berührung und verlassen diese Gehege nur, um ihre Arbeit ın den Gruben zu besorgen, und am Schlusse ihres Engagements nach genauer Untersuchung ihres Körpers auch durch kräftig wirkende Laxiere. Trotz dieser Beschränkungen und der gänzlichen Fernhaltung aller Spirituosen scheinen sich die Leute nicht übel zu be- finden, da viele nach Ablauf ihrer Zeit auf eine weitere Periode sich verpflichten. Es ist klar, daß durch diese Einrichtung in der Tat die Möglichkeit der Veruntreuung sehr wesentlich eingeschränkt wird. Ganz beseitigt ist sie aber doch nicht; es kommen immer noch erhebliche Unterschleife vor. 5. Borneo. Diamanten sind in Borneo im anstehenden Muttergestein noch nicht bekannt. Sie finden sich nur in einigen der zahlreichen Gold und Platin führenden diluvialen und alluvialen Seifen, und zwar sind es vielfach die reichsten Goldgebiete, die auch für den Diamant in Betracht kommen. Die nachstehende Schilderung beruht in der Hauptsache auf den Mitteilungen, die R. D. M. Verbeek, der Direktor der Niederländisch-indischen geologischen Landesunter- suchung an E. Boutan gelangen ließ, sowie auf den Berichten von Th. Posewitz, der sich behufs geologischer und bergmännischer Forschungen jahrelang in den betreffenden Gegenden aufgehalten hat). Die Diamantfelder von Borneo bilden zwei wohl unterschiedene Gruppen. Die eine liegt im Westen der Insel im Gebiete des Flusses Kapuas, der etwas unterhalb Pontianak ın den Ozean mündet, und zwar auf dessen nördlicher rechter Seite, sowie im Gebiet des Sarawak, der sich nach einem nördlichen Lauf ins Meer ergießt. Die andere ist im Südosten bei der Stadt Bandjarmassin in der Landschaft Tanah Laut bis nach Kusan, der Insel Laut gegen- über (Fig. 52). Alle Angaben über sonstige Vorkommen sind unsicher und zweifelhaft. Westliche Region. Die westliche Gruppe besteht aus drei getrennten Teilen am Süd- abhang des Grenzgebirges von West-Borneo gegen Sarawak: die zwei ersten in den Gebieten der Flüsse Landak und Sıkajam, die beide nach Süden gerichtet in den Kapuasstrom münden und der dritte an diesen letzteren selbst nahe seiner Vereinigung mit dem Sikajam bei Sangau. Dazu kommt das Gebiet des Sarawak-Flusses, der am Nordabhang jenes Grenzgebirges nahe dem Sıkajam sich gegen Norden zieht und bei Kuching in den Meer- busen von Sarawak (oder von Kuching) mündet. Das berühmteste Vorkommen der Insel und schon seit deren Besiedelung durch die Malaien bekannt ist das von Landak. Die ersten holländischen Schiffer, die jene Ge- stade besuchten, sprechen schon davon. Je weiter man an dem Landak-Flusse talaufwärts kommt, desto größere Diamanten findet man. Doch sind die diamantenführenden Flub- kiese hier verhältnismäßig arm an Gold, das an anderen Stellen sich reichlicher findet. Im Lande Sangau liegen einige wenige Gruben bei der gleichnamigen Stadt im Kapuas- Tale in der Nähe der Mündung des Sikajam. Viel zahlreicher und wichtiger sind aber die Gräbereien weiter oben im Tale des letzteren, sowie daran anschließend im Gebiete des Merau und seiner Nebenarme an der Grenze gegen Sarawak. In Nord-Borneo liegt das Diamantengebiet, das niemals einen beträchtlichen Ertrag geliefert hat, nur westlich von dem Sarawak-Flusse, besonders wird hier der Nebenfluß Sentha mit seinen zitronengelben Diamanten genannt. Zweifelhaft und jedenfalls schlecht bekannt sind Vorkommen im Ge- biet des Kapuas oberhalb, östlich von Sangau; aber auch die Ablagerungen bei dieser Stadt sind nicht regelmäßig, sondern nur gelegentlich und mit geringem Erfolge ausgebeutet worden. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 5. BORNEO. 275 Die Diamanten finden sich in Schichten, die dem Diluvium angehören, in Schutt- massen, die sich am Fuße der Berge hinziehen, ebenso aber auch im Alluvium in den Betten der Bäche und Flüsse, welche die diamantenführenden Gegenden durchströmen. Die Diluvialbildungen bestehen aus wohlgeschichteten Lagen von Kies, von Sand und” von ‚mehr oder weniger eisenhaltigem Ton; seltener bilden sie festere Bänke von Konglomeraten und Sandsteinen. Ihre Mächtigkeit schwankt zwischen 2 und 12 Metern. Die Diamanten sind auf die untersten Kieslagen beschränkt. \ h h N Im TT | - - - WULLLELLILLELLELLLLEL Fig. 52. Diamantfelder der Insel Borneo. Maßstab 1: 15000000. Diese für sich nicht oder doch nicht deutlich geschichteten alten Kiese bestehen aus stärker oder schwächer abgerollten Gesteinsbrocken; es sind Flußbildungen, die in einzelnen kleinen Flecken am Fuße der Berge oder in den Tälern zerstreut sind, die aber immer über dem heutigen Hochwasserspiegel liegen. Sie führen den Diamant durch ıhre ganze Masse hindurch. Die erwähnten Gesteinsstücke sind von sehr verschiedener Natur. Weißer und gelber Quarz, auch Rosenquarz herrschen vor, sodann sind es sehr harte und feste, graue und schwarze Quarzite, Quarzschiefer und Tonschiefer, Quarz, Sandsteine uud endlich, aber spärlich, Brocken von Eruptivgesteinen, die jedoch meist so stark zersetzt sind, daß es schwierig ist, ihre ursprüngliche Natur zu erkennen. Von Mineralien werden genannt Hornblende, Blättehen von weißem Glimmer, Magneteisenkörner, vereinzelte Zinnober- stückehen, sowie etwas Gold und Platin. Blauer und violetter Korund gilt hier wie in der südöst- lichen Region den Diamantgräbern als ein sicheres Zeichen für die Anwesenheit des Diamants. 18* 276 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die Diamanten in den Betten der Bäche und Flüsse stammen aus diesen Ablagerungen, aus denen sie herausgeschwemmt worden sind. Die Gesteine, die man in der Gegend anstehend findet, sind die folgenden. Von sedimentärer Entstehung: Tonschiefer und Quarzitschiefer mit Quarziten,‘ zum Devon gehörig; sodann Konglomerate und tonige Sandsteine, wahrscheinlich von sehr viel ge- ringerem Alter, wohl dem ältesten Tertiär, dem Eocän zuzurechnen. Von Eruptiv- gesteinen sind es Granite, Gabbros, Diabase, Melaphyre und Andesite. C. van Schelle, ein Bergingenieur von der Insel Borneo, meint, daß die Diamanten in den Seifen aus jenen Eocänschichten stammen. Man findet die Edelsteine zwar kaum in dem noch an Ort und Stelle liegenden Verwitterungsschutt dieser Konglomerate und Sandsteine, in sogenannten Bergseifen, wohl aber in den durch fließendes Wasser zu- sammengeschwemmten Talseifen an den Abhängen und auf dem Grunde der Täler, und zwar nur da, wo das Eocän die Erdoberfläche bildet, während man noch nie auch nur einen einzigen Diamanten in solchen Schuttmassen angetroffen hat, die ihr Material vorzugsweise den devonischen Schichten entnommen haben oder auf diesen liegen, trotzdem sie wegen ihres Goldgehalts sehr vielfach und sorgfältig untersucht werden. Natürlich bilden auch die Eocänschichten nicht das ursprüngliche Muttergestein; dieses und die Bildungs- weise des Diamants sind hier noch ebenso dunkel, wie vielfach anderwärts. Allerdings soll neuestens ein Diamant im Landak-Gebiet nahe der Mündung des Serak-Flusses im Serpentin eingeschlossen gefunden worden sein. Außerdem wird über das Vorkommen von ächtem Blaugrund wie in Südafrika im Gebiet des Labuk-Flusses ın Nord-Borneo berichtet. Nähere Nachrichten hierüber sind aber abzuwarten. Im Falle der Bestätigung würde aber der Ursprung des Diamants hier ein ganz anderer sein als im Südosten, in Tanah Laut, wo er aus granitischen Gesteinen, wahrscheinlich aus Pegmatiten, zu stammen scheint. Die Diamanten dieser Gegend sind meist stark abgerollt oder bilden unregelmäßige Bruchstücke, doch kommen auch regelmäßige Formen: Oktaeder, Dodekaeder und ähnliche, sehr selten Würfel, häufig dagegen Zwillinge, meist stark abgeplattet vor. Die Farbe wechselt stark, die Größe ist gering. Unter 100 Steinen wiegen 90 bis 95 weniger als 1 Karat, solche von 1 bis 5 Karat sind schon ungewöhnlich, schwerere sind große Seltenheiten. Immerhin ist eine gewisse Anzahl von solchen bekannt geworden. Der vielgenannte Stein des Sultans von Matan, der „Danau Radscha‘“, der größte aus Westborneo vom Umfang eines Taubeneis und von 367 Karat Gewicht ist allerdings vielleicht kein Diamant, sondern ein Bergkristall, doch soll sich im Besitz desselben Fürsten ein echter Stein, der „Segima“, von 70 Karat befinden. Am Ende der siebziger Jahre soll in Landak, dem von dem gleichnamigen Fluß durchströmten Fürstentum, ein Stein von 80 Karat gefunden, gestohlen und in Sarawak um 30000 Gulden verkauft worden sein. In den fünfziger Jahren wurde in Landak ein 70karätiger Stein vom reinsten Wasser ge- funden, der sich jetzt unter den Namen „star of Serawak“ in London befinden soll. Der Fürst von Landak besitzt einen von dort stammenden Diamant von 263/s Karat; außer- dem wird noch von Steinen von 67, 54, 42, 23'/s, 22°/ı, 18°/s Karat berichtet, die ihre Heimat in Westborneo haben. Im Jahre 1897 sollen in Westborneo 1190, im Jahre 1898 1905 Karat Diamanten gefunden worden sein. Südöstliche Region. Das wichtigste Diamantvorkommen, das in der südöstlichen Ecke von Borneo in der Landschaft Tanah Laut, ist am Ende des 17. Jahrhunderts entdeckt worden. In neuerer Zeit wurde es von dem französischen Bergingenieur Gascuel genauer erforscht. Es ist eine flachhügelige Gegend, von sehr zahlreichen, engen, tiefen, kurzen, stark ge- VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 5. BORNEO. 377 krümmten Bächen durchzogen, die dem sumpfigen Tieflande zuströmen. Dieser letztere Teil des Diamantenbezirks ist in der Regenzeit ganz überschwemmt und nur in der trockenen Jahreszeit zugänglich. Die diamantführende Region liegt in den Tälern der beiden Quellflüsse des Martapura, Riam Kiwa und Riam Kanan und in diesem selbst, an dem die gleichnamige Hauptstadt, der Hauptstapelplatz für den dortigen Diamanthandel, erbaut ist, sowie in den in sie einmündenden Bächen. Sehr wiehtig ist ferner das Gebiet des Bandju Irang, das sich nördlich und südlich von diesem Fluß über 20000 Hektar ausdehnt, mit dem Haupt- ort Tjampaka, dem Mittelpunkt der reichsten Fundstellen. Diamanten sind auch aus den Zuflüssen des bei Bandjarmassin ins Meer mündenden Barito, dem linken Mewien und dem rechten Djului, bekannt. Unsichere Nachrichten weisen auf weiter westlich gelegene Gegenden in Südborneo. Von einiger Bedeutung scheint dagegen wieder das Vorkommen an der Ostküste in der Landschaft Kusan zu sein. Die den Diamant enthaltende Schicht erfüllt nicht bloß die Niederung und die Tal- gründe, sondern sie zieht sich auch an den Talabhbängen in die Höhe, stellenweise bis auf die Spitze der Hügel, deren Gipfel sie da und dort bildet. Das Vorkommen ist überall im wesentlichen dasselbe. Die Lagerstätte des Edelsteins besteht zu oberst aus röthlichgelbem, mergeligem Ton, darunter sind weiße oder graue, rotgestreifte Tone, die nach unten in teilweise ganz lockere, teilweise noch etwas tonige Sande übergehen. Diese werden nach der Tiefe immer grobkörniger und bilden so all- mählich Kiese und Konglomerate, deren unterste Lage mit den größten Rollstücken die Diamanten enthält. Diese Lage hat danach gegen oben keine bestimmte Grenze, sie ist auch nicht durch irgendwelche Merkmale sicher zu erkennen, sondern nur durch das Auffinden von Diamant und dessen charakteristischen Begleitern. Unter diesen spielen die größte Rolle derbe, trübe Korunde in der Form linsen- bis faustgroßer Bruch- stücke von verschiedener, teilweise von blauer Farbe, die sich stets mit dem Diamant, aber auch nicht selten ohne ıhn, finden. Die Diamantgräber sehen zuerst nach ihnen, und wo sie vorkommen, wird genauer nach Diamanten gesucht. Die Tiefe der Diamantschicht unter der Oberfläche ist verschieden. Talabwärts be- trägt der Abraum 7—8 Meter und an der Grenze des sumpfigen Tieflandes bis 25 Meter, talaufwärts nähert sich die Schicht immer mehr der Erdoberfläche bis auf wenige De- cimeter, doch sind vielfache Unregelmäßigkeiten zu beobachten. Auch beim Ansteigen an den Talabhängen verhält sie sich in dieser Weise und tritt bei einer gewissen Höhe zutage. Die Mächtigkeit beträgt in der Niederung etwa 1 Meter, sie wechselt aber rasch und beträchtlich gegen die oberen Talenden hin. An den Talgehängen nimmt sie nach oben zu immer mehr ab. Gleichzeitig werden die diamantführenden Kiese stets feinkörniger, und die Diamanten werden kleiner und seltener bis zum vollständigen Verschwinden. Doch hat an einzelnen Stellen, wo die Diamantschieht die Gipfel der Hügel bildet, durch die Regengüsse ein natürlicher Waschprozeß stattgefunden, durch den die Zahl der Diamanten in dem Sande verhältnismäßig größer geworden ist. Diese relativ reicheren Sandmassen sind allerdings nur von geringer Ausdehnung und auch schon erschöpft, da sie durch ihre Lage über dem Grundwasser jederzeit leicht ausgebeutet werden konnten. In der Niederung hat das Lager eine beträchtliche und regelmäßige Ausdehnung ın die Breite. Diese wird in den engen Tälern aufwärts immer geringer, und vielfach wird der Zusammenhang unterbrochen: die Schicht hört da und dort auf, um anderwärts von neuem zu erscheinen. Dem größten Wechsel ist auch die Diamantenführung unter- worfen, und zwar sowohl nach der Zahl, als auch nach der Größe und Qualität der ge- fundenen Steine. Die dıamantführende Schicht besteht in der Hauptsache aus weißen, vielfach äußer- lich gelb und rot gefärbten Quarzgeschieben von der Größe einer Kinderfaust bis zu der 278 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. eines Kopfes. Daneben findet man Gerölle von porphyrischen und von stark verwitterten granitischen Gesteinen, von glimmerführendem Quarzit, von versteinerungsführendem Kalk und von aus diesem stammendem Hornstein. Brocken basischer Gesteine fehlen vollständig. Die ganze Masse ist von weißem oder gelbem, fettem Ton durchsetzt, der durch Verwitterung des Feldspaths der genannten Gesteine entstanden sein soll. Von den die Diamanten begleitenden Mineralien ist schon der Korund erwähnt als Merkzeichen für das Auftreten jener. Noch bezeichnender ist aber nach der An- sicht von Gascuel der Rutil, der sich in verschiedenen Abarten zusammen mit etwas Brookit häufig findet. Außerdem sind zu erwähnen Gold und Platın als ständige Ge- fährten des Edelsteins.. Der schwarze Sand, der als Waschrückstand reichlich hinter- bleibt, besteht aus Magnet-, Titan- und Chromeisen, daneben findet man mikroskopische Körncehen und Kriställchen von Korund, Topas, Spinell, Zirkon und auch von Diamant. Die Diamanten selbst liegen meist einzeln in dem Konglomerat, doch sind sie auch zuweilen mit anderen Bestandteilen des letzteren in Brauneisenstein eingebacken. Die meisten sind kaum merklich durch Abrollung angegriffen; sie bilden ganz scharf be- grenzte Kristalle, häufig in der Form des Oktaeders, doch kommen auch Dodekaeder und andere ähnliche Formen sowie flache Zwillinge häufig vor, während Würfel selten sind. Die Größe ist wie überall in Borneo im ganzen gering, doch ist 1865 bei Tjampaka ein Stein von 25 Karat gefunden worden, der einen Brillant von 181/2 Karat im Wert von 15000 Gulden ergab. Das Jahr 1850 lieferte den größten hier im 19. Jahrhundert vor- gekommenen Diamant von 77 Karat. Gerüchtweise wird noch über solche von 106 und 74 Karat aus früheren Zeiten berichtet. Früher sollen überhaupt größere Steine häufiger gewesen sein als gegenwärtig. Darnach wären bei Martapura, wie übrigens auch in Landak, in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts 4—10karätige Diamanten fast jeden Tag gefunden worden, während in den siebziger und achtziger Jahren 4—5 karätige schon recht selten gewesen sind. Unterlagert wird die diamantenführende Schicht in den Talengen und an den Seiten der Hügel von rotem Ton, in den tiefer gelegenen und weiteren Tälern von sehr festem, dunkelblaugrauem Lettenschiefer, dem mehrfach Sandstein und, stellenweise bauwürdige, Kohlenflötze zwischengelagert sind. Diese Schichten gehören gleichfalls dem Eocän an, das auch hier weitverbreitet ıst und die Hügel aufbaut. Da wo die Diamantschicht dem Eoeän- schichten aufliegt, sind die roten Tone sandig und die dunklen Lettenschiefer sind zu einem schwarzen, bläulich oder grünlich gestreiften Tonschlamm zersetzt. In den oberen Teilen der Täler ist da und dort das diamantenfübrende Konglomerat noch unterlagert und von den Eoeänschichten getrennt durch ein anderes älteres Konglomerat, dessen Geschiebe aus z. T. stark zersetzten Grünsteinen bestehen. Diese Eoeänschichten liegen nach den Beobachtungen von Hooze im Hintergrunde der Täler der diamantenführenden Flüsse und Bäche auf kristallmischen Schiefern, Glimmer-, Chlorit-, Talk- und Hornblendeschiefern, von denen dessen Ansicht zufolge ein- zelne Zonen die ursprügliche Lagerstätte des Edelsteins darstellen sollen. Aber die An- wesenheit oder die Nähe dieser Gesteine bietet keinerlei Gewähr für das Vorkommen von Diamanten, und in dem diamantenführenden Konglomerat findet man keine Bruchstücke von solchen, sondern, wie schon erwähnt, von porpbyrischen und von granitischen Ge- steinen. Ein solches kieselsäurereiches, saures Eruptivgestein, wahrscheinlich ein Pegmatit, ist also nach der Meinung von Gascuel wohl eher als das Muttergestein der Diamanten zu betrachten, im Gegensatz zu anderen Gegenden, besonders zu Südafrika, wo der Diamant aus kieselsäurearmen, basischen Gesteinen dieser Art stammt. Lezteres ist, wie wir eben gesehen haben, vielleicht in Westborneo, in Landak usw. der Fall, so dab also dann in dieser Hinsicht zwischen den beiden Diamantbezirken der Insel Borneo ein VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 5. BORNEO. 279 interessanter Gegensatz bestünde. Das Vorkommen in Südostborneo wäre demnach analog mit dem von Wajra Karrur bei Bellary in Indien, von Lappland ete. Allerdings kennt man solche sauren granitischen Gesteine noch nicht anstehend in jener Gegend, aber diese ist eben geologisch überhaupt noch kaum untersucht und sehr schwer zugänglich. Jedenfalls muß wohl der Gebirgszug, der das diamantführende Flußgebiet des Martapura nach Osten begrenzt, das Muttergestein des Edelsteins enthalten, denn nieht nur die Täler des Flußgebiets des Martapura usw. in Tanah Laut am Westabhang dieses Gebirges ent- halten Diamanten, sondern auch diejenigen, die sich von dessen Ostabhang aus ın das Meer ergießen, in der Landschaft Kusan bis zum Flußgebiet des Kusan, der gegenüber der Insel Laut mündet, und noch etwas weiter nördlich bis zum Bankallan, der sich ın die Klumpang-Bai ergießt. Die Gruben von Kusan, die seit den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts bekannt sind, sollen nach manchen Nachrichten die reichsten in ganz Borneo sein, doch sind unsere Kenntnisse davon noch sehr unsicher. Von der Größe und von der Kristallform der Diamanten in Borneo ist schon oben die Rede gewesen. Die Oktaederform, die überall die gewöhnlichste ist, findet man nicht selten sehr regelmäßig ausgebildet. Diamanten dieser Art nennt der Malaie „vollkommene Steine“, da sie in seinem Sinn fast gar keiner Bearbeitung durch Schleifen bedürfen. Er- wähnt sei noch, daß auch unregelmäßige Verwachsungen mehrerer Kristalle vorkommen, sowie sog. Bortkugeln von der gewöhnlichen Beschaffenheit (Taf. I Fig. 3). Diese werden von den Eingeborenen unter den Namen „Diamantseele“ vielfach als Taliısman benutzt. Über die Qualität herrscht vielfach Unsicherheit, da, wie man sagt, sehr viele Diamanten vom Kap eingeführt und mit als einheimische verkauft werden. Unter diesen letzteren finden sich viele schöne klare und glänzende neben zahlreichen geringen, fehlerhaften und schlecht gefärbten, und zwar sollen Steine von dieser Art verhältnismäßig häufiger sein als ın Brasilien, das sonst wegen der Kleinheit der meisten Steine an Borneo erinnert und auch wegen des Vorkommens von Karbonat, das in kleinen Körnern auf der Insel zuweilen die anderen Diamanten begleitet. Vielfach gelten die guten Steine von Borneo für besonders klar und glänzend, und das geschätzteste Blauweiß ist nicht ganz selten. Diamanten von dieser Beschaffenheit aus Borneo werden zuweilen für die schönsten der ganzen Erde erklärt. Die meisten Diamanten sind farblos oder gelblich; daneben findet sich auch aus- gesprochenes gelb bis braun, ferner rot und bläulich sowie tiefes bouteillengrün ıns schwarz. Rot und blau ist besonders selten und teuer; die schwarzen Kristalle, nicht zu verwechseln mit dem gleichfalls dunkeln Karbonat, sind sehr beliebt; sie geben kostbaren Trauerschmuck und zeichnen sich durch besonderen Glanz aus. Eigentümlich sind ge- wisse Steine, die in einer klaren und farblosen wohlkristallisierten Hülle einen trüben dunkeln Kern von derselben Kristallform einschließen. Gerühmt wird namentlich auch die große Härte, worin die Diamanten von Borneo denen von Australien gleichen. Die Steine sind daher schwer zu schleifen, erlangen aber dafür auch den besonders schönen und kräftigen Glanz, der an ihnen vielfach hervorgehoben wird. Manche Exemplare sollen sogar mit dem gewöhnlichen Diamantpulver sich gar nicht schleifen lassen. Für die härtsten gelten die schwarzen, die daher, wie die anderen derartigen, nur mit ihrem eigenen Pulver bearbeitet werden können. Die Produktion hatte ihre Blütezeit unter der niederländisch-indischen Kompagnie. Damals wurden sehr viele Steine nach Batavia ausgeführt, wo infolgedessen ein großer Diamantenluxus herrschte. Noch im 18. Jahrhundert war der Ertrag der Gruben sehr beträchtlich, nahm aber immer mehr ab und ist jetzt auf ein Minimum heruntergesunken. 280 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die Gewinnung der Diamanten wird von den Malaien, und mit besonderem Geschick namentlich auch von Chinesen betrieben. In den Talniederungen arbeiten hauptsächlich die ersteren, und zwar auf sehr primitive Weise sehr ähnlich wie bei dem Aufsuchen der Rubine in Birma. Kleine Schächte, wenn nötig notdürftig ausgezimmert, werden in großer Zahl und in geringer Entfernung voneinander bis auf die Diamantschieht niedergebracht und diese dann von einem Schacht bis zu den benachbarten ausgegraben. Die Be- wältigung des zufließenden Wassers ist dabei meist sehr schwierig und oft unmöglich, so daß die Arbeiten auf die trockene Jahreszeit beschränkt werden müssen. Wenn das Material um einen Schacht herum erschöpft ist, wird er verlassen und es werden immer neue gegraben. Solche alte Schächte finden sich in manchen Gegenden dicht gedrängt zu Tausenden und durchlöchern den Boden bienenwabenartig. Der aus den Schächten geförderte Kies wird dann nach Entfernung der größeren Geröllstücke mittels Sieben in Körben gewaschen und aus dem hinterbliebenen Sand, der, wie wir oben gesehen haben, nur noch die spezifisch schwereren Mineralien enthält, werden die Diamanten mit der Hand ausgelesen. Die Ablagerungen über dem Hochwasserspiegel der Täler werden vorzugsweise von Chinesen und zwar in offenen Gruben ausgebeutet. Diese können das ganze Jahr hin- durch betrieben werden, hier ist aber häufig für die Wäscherei nicht das nötige Wasser vorhanden. Versuche, einen Betrieb in europäischer Manier mit Maschinen usw. einzuführen wurden von einer niederländisch - französischen Gesellschaft gemacht, die 1882 in einem Landstrich von mehr als 2000 Hektar in Tanah Laut zwischen Tjampaka und Bandju-Irang eine Konzession auf 25 Jahre zur Diamantgewinnung erhalten hatte. Aber schon 1883 wurden die Arbeiten wieder eingestellt. Doch haben sich später andere Gesellschaften zum gleichen Zwecke gebildet. 1901 soll die „Borneo mining company“ mit der De Beers-Gesellschaft in Kimberley übereingekommen sein, ihre Diamantgruben gegen eine jährliche Abstandssumme nicht zu bearbeiten, sie soll aber bald darauf den Vertrag wieder gekündigt haben. Wir haben gesehen, daß die Produktion in früheren Zeiten reichlicher gewesen ist als später. Die einheimischen Malaienfürsten haben davon Nutzen gezogen, indem sie den Diamantgräbern schwere Lasten auferlegten. Sie forderten, daß alle größeren Steine, in den meisten Landesteilen solche von 5 Karat und mehr, ihnen zu einem von ihnen fest- zusetzenden Preise überlassen würden und maßten sich auch für die kleinern ein Vorkaufs- recht zu niedrigen Preisen an. Die Folge war, daß die Funde namentlich größerer Steine nach Möglichkeit verheimlicht und letztere unter der Hand an besser zahlende Käufer ver- äußert wurden, um so mehr als auch jene niedrigen Taxpreise häufig nicht oder nur teilweise erlegt wurden. 1863 übernahm die holländische Regierung die Verwaltung und machte verschiedene Versuche, wie sie das übrigens auch schon früher, 1823 und 1831, allerdings ohne Erfolg getan hatte, die Diamantgewinnung zu heben. Zu diesem Zwecke erlaubte sie u. a. jedem Eingeborenen die Gräberei gegen eine monatliche Abgabe von 1 Gulden, die dann 1875 auf 3 Gulden erhöht wurde. Diese letztere Maßregel erwies sich als äußerst verhängnisvoll. Sie fiel zusammen mit dem Beginn der Einfuhr von billigen Kap- diamanten, und diese beiden Ursachen zusammen hatten eine ganz gewaltige Abnahme der Produktion zur Folge. Während früher jene Abgabe 44.000 Gulden eingebracht hatte, war sie 1880 auf 800 Gulden gesunken. Von diesem Schlag hat sich die Produktion auch später trotz der Wiederherstellung des alten Satzes nicht wieder erholt, um so mehr als die Arbeiter leicht lohnendere Beschäftigung im Reis- und Teebau, bei der Gewinnung von Waldprodukten, auch beim Goldgraben finden konnten. So liegen die meisten Gruben Jetzt still. Wie groß der Rückgang war, geht aus einigen sich allerdings teilweise wider- VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTSs. 5. BORNEO. 281 sprechenden Angaben über die Anzahl der Leute hervor, die sich in früheren Zeiten mit Diamantgraben beschäftigten. Danach waren in Südborneo in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts in einigen hundert Gruben 4—5000, in Landak 1522 in 10 Gruben 170, 1858 in 27 Gruben 87 Arbeiter beschäftigt. Andererseits liest man, daß 1880 die Ablagerungen am Sikajam nur von etwa 40 Chinesen bearbeitet werden, während in den Gruben von Landak ungefähr 350 Arbeiter tätig gewesen sein sollen. Nach der Ansicht der Sachkenner ist nicht viel Aussicht zur Besserung der gegen- wärtigen Verhältnisse vorhanden, namentlich auch, da die reicheren Seifen allmählich er- schöpft und neue derartige nicht aufgefunden worden sind. So stehen jetzt nur noch ärmere Lager zur Verfügung, in denen der Diamant doch wohl zu spärlich vorkommt, um auch unter günstigeren äußeren Bedingungen die Gewinnung genügend zu lohnen besonders angesichts des erdrückenden Wettbewerbs von Südafrika. Eine günstigere Wendung könnte vielleicht stellenweise durch das Zusammenvorkommen von Gold und Diamant eintreten, wenn sich diese beiden kostbaren Naturprodukte gleichzeitig in den- selben Gruben gewinnen ließen. Zur Blütezeit der Produktion unter der niederländisch-indischen Kompagnie gingen, wie erwähnt, die meisten Steine nach Batavi..e Im Jahre 1738 sollen für 8—12 Millionen holländische Gulden Diamanten ausgeführt worden sein. Später hat die Menge sehr erheblich abgenommen. Genaueres über die Größe der Pro- duktion zu ermitteln, ist nicht möglich, indessen sind von der holländischen Regierung einige Zahlen bekannt gemacht worden, die den Betrag der Einfuhr nach Java und ıhren Wert für einige Jahre angeben: Karat Gulden Karat Gulden 1s36. 08 2547137 .8 ET ISA el or Em 31900 Samen un. 12025: 245, REIT A IE ISA — aA NEISSE 5 IA ee Dad SAD: —4 1, Mer 168,825 MESSE rn. 3,884, SR 92532 1SABı 2. 20 — 12 2°04.128.450 Ne en Br) ea ol a — 70 96.210 Shan.) 22.241220 2 °282536520 TSASE Tre er 22267200 SAD... 13.980. 7°. .002 RS0R875 Diese den Zollregistern entnommenen Zahlen entsprechen wohl annähernd der Pro- duktion und zeigen deren beträchtlichen Rückgang. Von 1848 ab hören die Angaben auf, da nun kein Zoll mehr erhoben wurde. Aus neuerer Zeit hat man wieder einige Mitteilungen, die von Kaufleuten aus Ngabang, der Hauptstadt von Landak herrühren. Darnach wäre aus diesem Bezirk ausgeführt worden: 1876 . . . 4062 Karat | 1879 . . . 6673 Karat IS ae 5 | ISSOr PR FR ee ER ED Die heutige Jahresproduktion wird, wahrscheinlich zu hoch, auf 5000 Karat geschätzt. Die meisten Steine wurden und werden schon im Lande von den Malaien in Ngabang und in Pontianak geschliffen, aber nicht in europäischen Formen, auch in Martapura sind Schleifereien. Die Eingeborenen kennen die Bearbeitung des Edelsteins schon seit Jahr- hunderten. Gegenwärtig findet fast gar keine Ausfuhr von Diamanten aus Borneo mehr statt, das Wenige, was gefunden wird, bleibt beinahe ganz im Lande. Was die Insel verläßt, geht meist in die Länder des Orients, nach Indien usw., nach Europa kommt sehr wenig. 282 /WEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. 6. Australien. Auch Australien hat seit 1851 in einigen seiner Goldfelder und später auch in manchen seiner Zinnseifen Diamanten geliefert, und zwar in nicht ganz geringer Anzahl. Bis 1905 sind im ganzen ungefähr 165000 Karat im Wert von 110000 Pfund Sterling gefunden worden. In besonderer Menge sind sie in Neu-Süd-Wales, mehr als Seltenheit in Vietoria und Queensland, sowie in Süd- und Westaustralien vorgekommen. In Neu- Süd-Wales sind 1898 16493 Karat im Wert von 6060 Pfund Sterling, 1899 25874 Karat im Wert von 10350 Pfund Sterling gefunden worden. Die Steine sind alle klein; der größte australische Diamant, aus Neu-Süd-Wales stammend, war bis vor kurzem ein Oktaeder von 55/s Karat; ein gleichfalls oktaädrischer Kristall von Südaustralien wog 55 Karat; 1905 ist dann aber ein Stein von 29 Karat gefunden worden, und manche Bruchstücke sollen auf Kristalle von 65 Karat schließen lassen. Das mittlere Gewicht der Diamanten von Neu-Süd-Wales, neben denen die seltenen von anderen Gegenden keine Rolle spielen, beträgt !/; bis !/s Karat; es schwankt bei der überwiegenden Menge zwischen !/s und 1! Karat. Nach den Angaben der Schleifer sind die australischen Diamanten härter als die meisten aus anderen Weltteilen und lassen sich daher nur schwer und mit großen Kosten schleifen, am besten mit ihrem eigenen Pulver, nicht mit dem von sonstigen Fundorten. Trotzdem sind sie vielfach stark ab- gerollt und zeigen dann an der Oberfläche einen eigentümlichen starken Glanz, wie sie auch beim Schleifen einen besonders schönen Glanz annehmen. Immerhin ist diese große Härte der Verwendung als Schmuckstein nicht günstig, wohl aber der zu technischen Zwecken. Die Oktaöderform ist die gewöhnliche, Zwillinge sind selten. Die Spaltbarkeit soll weniger vollkommen sein als sonst, das spezifische Gewicht etwas höher: G.= 3,578, gefunden an Steinen von Bingera. Die Qualität ist im Durchschnitt besser als am Kap und entspricht ungefähr der der brasilianischen Steine; als solche sollen sie auch zu- weilen verkauft werden. Doch ist wegen ibrer Kleinheit und ihrer schwierigen, daher kostspieligen Schleifbarkeit der Durchschnittspreis pro Karat verhältnismäßig gering und betrug um 1900 nur 7 bis 8 Schilling gegen 40 Schilling in der Kimberleygrube am Kap. Nach Curran sind etwa ?/ı der gefundenen Diamanten (speziell im Bingera-Bezirk) mehr oder weniger vollkommene Schleifware, !/ı ist hierzu nicht geeignet. Die Ver- hältnisse sind so, daß eine besonders hohe Entwicklung der Diamantenproduktion in Australien nicht zu erwarten ist, doch ist sie immerhin von einer gewissen Bedeutung. In Neu-Süd-Wales kennt man hauptsächlich zwei Gegenden, in denen Diamanten vorgekommen sind (Fig. 53). Es ist einmal der Landstrich westlich und nordwestlich von Sydney im Flußgebiete des Macquarie, namentlich des Cudgegong, eines Neben- flusses des letzteren, der seinerseits ın den Darling fällt, besonders hei Mudgee; ferner bei Bathurst, und westlich bis in das Gebiet des Lachlan, sowie südlich bis zum Shoalhaven. Sodann ist es die nordöstliche Ecke der Kolonie im Flußgebiet des Gwydir, der ebenfalls in den Darling oder Barwon River geht, bei Inverell und Bingera, und östlich davon in Neu-England. Wie überall in Australien liegen die Diamanten in Seifen mit Gold, oder im Norden auch z. T. mit Zinnstein. Im anstehenden Gebirge hat man sie mit Sicherheit noch nicht gefunden, und man kann daher auch nur vermuten, in welchem Muttergestein und unter welchen Umständen sie entstanden sind. Es sind alte Flußtäler, in denen sich die dıa- mantführenden Kiese und Sande als Ablagerungen aus diesen früheren Wasserläufen finden. Sie liegen in größerer oder geringerer, zuweilen recht beträchtlicher Höhe über den heutigen Bächen und Flüssen und in mehr oder weniger bedeutender Entfernung von diesen und sie gehören der Tertiärformation, wahrscheinlich dem jüngsten Gliede, dem VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DiıamaAnTs. 6. AUSTRALIEN. 283 Plioeän, an. Gewöhnlich werden sie überlagert von Decken eines dichten Basaltes, der sich, ähnlich wie bei den kalifornischen Goldseifen, als glühend flüssige Lava in die zur Tertiärzeit bestehenden Täler ergoß und die darin ausgebreiteten Kiese und Sande be- deekte. Durch diesen Basalt muß man also nun hindurchdringen, um auf die diamant- haltige Schicht zu gelangen. Diese ganze Gesteinsfolge, die Basalte mit ıhrer Unterlage, sind dann später der Zerstörung durch die Erosion anheimgefallen. Daher sind gegen- wärtig nur noch größere oder kleinere Fetzen davon übrig, in denen die Basaltkappe — Dstk v. Greenw. 150]° AaRUuUpGoL Fig. 53. Diamantfelder von Neu-Süd-Wales in Australien. Maßstab 1: 10000000. die lockeren Massen darunter vor der Vernichtung bewahrt hat und die nun stellen- und strichweise ganz unabhängig von den heutigen Talzügen unregelmäßig auf den Höhen verteilt sind. Im Grunde der jetzigen Täler und auch stellenweise über dem Basalt liegen allerdings zuweilen gleichfalls diamantenführende Schuttmassen. Diese befinden sich aber nicht mehr an ihrem ursprünglichen Ort es sind umgelagerte Seifen der eben er- wähnten Art, die durch fließendes Wasser, zuweilen sogar durch die Goldwäscherei aus einer ehemaligen höheren Lage in die Tiefe geführt wurden. Sie bestehen aus dem- selben Material wie jene, aber sie sind geologisch jünger und gehören dem Pleistoeän an. 284 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die älteren sowohl wie diese jüngeren Seifen sind meist lose und locker, zuweilen sind sie jedoch auch durch ein grünes, weißes oder graues kieseliges, oder aber durch ein braunes oder schwarzes, mangan- und eisenhaltiges Bindemittel zu einem festen Konglo- merat ähnlich dem brasilianischen Cascalbo, verkittet. Die Mächtigkeit des Diamantlagers wechselt stark und kann von wenigen bis 70 Fuß betragen. Die Diamanten liegen darin sparsam und unregelmäßig zerstreut. Südlicher Bezirk. Die ersten Diamanten der Kolonie, zugleich die ersten australischen überhaupt, wurden 1851 am Reedy Creek, einem Nebenflusse des Macquarie, 16 engl. Meilen von Bathurst und am Turon River, gefunden, 1852 {iraf man einige in derselben Gegend im Calabash Creek. 1859 entdeckte man sie im Macquarie bei Suttors Bar (Kristallform des Triakisoktaöders) und bei Burrendong; ein Hexakisoktaöder von 5Us Karat kam im gleichen Jahre im Pyramul Creek vor. Alle diese Punkte liegen in der- selben Gegend, durchweg war aber das Vorkommen sparsam. Den ersten größeren Fund machte man 1867 bei Warburton oder Two-miles- Flat am Öudgegong, 19 engl. Meilen nordwestlich von Mudgee. 1869 wurde hier die systematische Bearbeitung in einer Ausdehnung von etwa 200 Hektar begonnen, aber ohne nennenswerten Nutzen. Die Orte, wo gearbeitet wurde, sind außer dem genannten: Rocky Ridge, Jordans Hill, Horse-Shoe Bend und Hassalt Hill. Der alte Flußschutt, in dem die Steine liegen, folgt unter einer Bedeekung säulenförmig abgesonderten Basalts dem Laufe des Oudgegong in einzelnen Fetzen, die mehr oder weniger weit vom heutigen Flusse entfernt und bis zu 40 Fuß über dessen gegenwärtigem Wasserspiegel liegen. Seine Unterlage bilden senkrecht aufgerichtete Sedimentärschichten mit eingebetteten dichten Grünsteinen, wahrscheinlich dem Obersilur angehörig. Der Schutt selbst ist grober Sand und Lehm, gemengt mit Geschieben von Quarzit, Sandstein, Tonschiefer und Kieselschiefer, die von abgerollten Körnern und Kristallen von Quarz, Jaspis, Achat, verkieseltem Holz (dies in großer Menge) und anderen Kieselmineralien, ferner von Zinnstein als Holzzinn, Topas, gemeinem Korund (zum Teil lavendelblau, Demantspat, Sapphir, Rubin und einer eigentümlichen Abart des Korunds, dem sogenannten Barklyit), Zirkon, Granat, Rubinspinell, endlich von Brookit, Magneteisen, Titaneisen, Turmalin, Magnesit, Knollen von Braun- eisen und Körnchen von Osmium-Iridium und vor allen überall von Gold begleitet sind. Die Quarzgeschiebe sind häufig von Eisen- und Manganoxyden überkrustet. Die Menge und Größe der Diamanten ist für eine auf die Dauer lohnende Gewinnung zu unbedeutend, obwohl die Steine hier von besonders guter Qualität sind. Allerdings wurden in den ersten fünf Monaten des Betriebes etwa 2500 Steine ge- funden, sie waren jedoch alle klein. Der größte war jenes schon oben erwähnte Oktaöder von 5°/s Karat, welches einen schönen farblosen Brillant von 35/ıs Karat gab. Das Durch- schnittsgewicht betrug aber nur !/ı Karat. Die Farbe variiert erheblich; sie geht vom vollkommen Wasserhellen durch verschiedene Nuancen von gelb, hellgrün und braun bis ins Schwarze. Einmal kam auch ein schön dunkelgrüner Oktaöderzwilling vor. Die gewöhnlichste Kristallform ist das Oktaöder in einfachen Kristallen und Zwillingen, sowie das Rhombendodekaäder, ferner das Triakis- und Hexakisoktaöder; einmal ist auch ein Deltoiddodekaäder vorgekommen. Die Kristalle sind vielfach stark abgerollt und haben dann häufig die erwähnte glatte und glänzende, vielfach aber auch eine rauhe und matte Oberfläche. Es scheint, daß sich in Australien gleichfalls kleine Bortkugeln von der- selben Beschaffenheit wie in Brasilien und Südafrika finden. Im Mittel ist G. — 3,44. Noch an zahlreichen anderen Orten jener Gegend hat man einzelne Diamanten ge- funden. "Am Turon River bei Bald Hill, Hill End, traf man einen Stein von 5'/s Karat; in den alten Goldgruben von Mittagong, etwa 75 miles südwestlich von Sydney, kam eine Anzahl Diamanten vor, zwar von geringer Größe, aber von ausgezeichneter Qualität, VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 6. AUSTRALIEN. 285 nicht selten strobgelb, einige auch von sehr schöner, dunkler gelber Farbe. Hier will man auch auf eine von Basaltgängen durchsetzte vulkanische Breceie, ganz ähnlich dem Blau- grund im Südafrika, gestoßen sein. Noch ist nichts Genaueres darüber bekannt, doch sollen hier wie am Kap Brocken von Eklogit darin eingeschlossen sein. Nahe bei Bathurst fand sich ein erbsengroßes, beinahe kugeliges Hexakisokta@der von schwarzem Diamant. Bei Monkey Hill und Sally’s Fleet, Grafschaft Wellington, traf man einen diamant- führenden Schotter unter Basalt ganz ebenso wie bei Mudgee. Auch Uralla, Oberon und Trunkey werden als Fundorte und zwar nicht nur vereinzelter Diamanten genannt. Am Mount Werong, 136 miles westlich von Sydney und 30 miles südlich von Oberon, wurde 1905 von Goldgräbern der schon erwähnte größte australische Diamant, ein 29 Karat schwerer, strohgelber, verzerrter Kristall ohne wesentliche Fehler, 12 Fuß tief im basaltbe- deckten alten Flußkies aufgefunden und auf 200 Pfund Sterling bewertet. Alle diese Funde wurden im alten Flußkies gemacht. In jetzigen Wasserläufen werden Diamanten gefunden im Abereombie, Cudgegong, Macquarie, Brooks Creek, Shoal- haven, Lachlan und anderen. Diese Steine sind besonders stark abgerollt und auch zum Teil zerbrochen. Daher und weil der Kies dieser Flüsse dieselben Mineralien und Gesteine führt wie die alten Flußablagerungen unter dem Basalt, ist kein Zweifel, daß man es hier ın der Tat mit umgelagerten Teilen dieser letzteren zu tun hat. Nördlicher Bezirk. Im Norden von Neu-Süd-Wales erstrecktsich die diamantführende Gegend nahe der Grenze gegen Queensland ungefähr bis zum 151. Längen- und bis zum 31. Breitegrad. Sie liegt im Flußgebiet des Gwydir, des Nebenflusses des Barwon oder obern Darling, und umfaßt hauptsächlich die Grafschaften Hardingeund Murchison. Von Bedeutung sind vor allem die Distrikte von Bingera im Westen, wo der Diamant von Gold, und die von Inverell und Tingha mehr im Osten, wo er von Zinnstein begleitet wird. Das Haupt- gestein der Gegend ist Granit, der Schieferton der Kohlenformation durchbricht. Hierauf sind die basaltbedeckten Seifen abgelagert. 1872 kam die Diamantgewinnung in diesen Gegenden in Aufnahme Wegen der Kleinheit der Steine und ihrer geringen Marktfähigkeit ließ sie aber allmählich nach, ging dann 1883 wieder in die Höhe und wurde bis jetzt fortgesetzt, allerdings mit mehrfachen, namentlich auch durch Wassermangel bewirkten Unterbrechungen. Die Produktion ist gegenwärtig die wichtigste in Australien; nur hier ist sie überhaupt nennenswert, und fast alles, was von Australien jetzt in den Handel kommt, stammt aus diesem Bezirk. Bei Bingera, 378 miles nördlich von Sydney, findet sich der Diamant nach Liver- sidge im Tale des Horton River, 7 bis 8 englische Meilen südlich von dieser Stadt, mit Gold ganz in derselben Weise wie bei Mudgee; als besonders ergiebig wird besonders die Monte Christo-Grube genannt. Die diamantführenden Ablagerungen, 2 bis 3 Fuß mächtig, liegen in einzelnen, bei der Denudation übrig gebliebenen Fetzen in jenem etwa 4 engl. Meilen breiten, nach Norden geöffneten Tal, das von den Hügeln der Drummondkette ein- geschlossen wird. Es sind sandige und tonige Massen, wahrscheinlich Ablagerungen des Horton aus früheren Zeiten, die auf Schieferschichten der Kohlenformation und auf Granit liegen. In der Nähe vorkommende Basalte scheinen Ablagerungen wie die eben betrachteten zu überdecken. Die den Diamant begleitenden Mineralien sind wesentlich dieselben wie bei Mudgee, es fehlt aber der Barklyit. Schwarzer Turmalin gilt für einen besonders charakteristischen Gefährten des Diamants, aus dessen Vorkommen die Arbeiter auf reiche Funde schließen. Die Diamanten bei Bingera sollen mit Serpentin in Verbindung stehen, und zwar sollen sie aus einem jaspisartigen Nontaktgestein zwischen diesen und den sandigen kar- bonischen Schiefern stammen. Darin würde eine gewisse Verwandschaft mit dem Vor- kommen in Südafrika liegen. Am Ruby Hill, 12 miles südlich von Bingera, wurde 1902 286 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. sogar eine tufferfüllte Röhre gefunden, ganz ähnlich denen von Kimberley, die durch die Karbonschichten senkrecht in die Tiefe setzt. Die Ausfüllungsmasse dieser Röhre ist wie dort von Eruptivgängen, und zwar hier von Basalt durchsetzt. Sie besteht aus größeren und kleineren, meist eckigen Brocken von Melaphyr, aus Schieferstücken und Fragmenten von sog. Eklogit, jenem Mineralaggregat, das auch am Kap eine derartige Rolle spielt und von dem auch Teile ın dem Basalt eingebacken sind. Diese Gesteinstrümmer liegen in einer körnigen Verwitterungsmasse die in großer Menge lose Körner von Mineralien enthält, die bei der Verwitterung besonders aus dem Eklogit losgelöst worden sind: sehr viel Pyrop (entsprechend dem Kaprubin), grüner Augit, etwas Magneteisen und Feldspat, sowie gelegentlich Quarz, Ceylanit, Zirkon und vielleicht Cyanit, daneben viel bei der Verwitterung neu gebildeter Kalkspat. Diese ganze Mineralmischung ist sehr ähnlich der in Südafrika, aber Diamanten sind allerding noch nicht darin gefunden worden. Die Diamanten der Gegend von Bingera sind etwa zur Hälfte farblos und strohgelb. Sie sind auch hier klein, der größte wog 2% Karat. In einer Tonne der Schuttmasse wurden in Durchschnitt 20 Steine gefunden, und eın Vorrat von 1680 Stück wog nur ungefähr 140 Karat. Etwas später wurden Diamanten auch bei Inverell, ungefähr 40 miles, nordöstlich von Bingera, in den Zinnseifen der Gegend entdeckt, und zwar in einer Menge, die die systematische Gewinnung lohnend erscheinen läßt. Außer von Zinnstein waren sie begleitet von Bergkristall, Sapphir, Topas, Turmalin, Monazit usw.; Gold wird aber von hier nicht erwähnt. Mehrere Gesellschaften haben in verschiedenen Gruben viele Tausende von Steinen in Durehschnittsgewicht von !/ı bis ';s Karat gewonnen; der größte davon wog 3°s Karat. In der Borah-Zinnseife, am Einflusse des Cope’s Creek in den Gwydir, wurden in wenigen Monaten 200 Steine gefunden, deren größter nahezu 1! Karat wog. In der Bengonover Zinnseife, wenige Meilen von der ebengenannten, fand sich ein Stein von fast 2 Karat. Diamantführend sind die Stannifer-, Ruby- und Britannia-Zinnseifen, überhaupt die meisten Zinnsande am Cope’s Creek, Newstead-, Vegetable- und Middle Creek, alle in dieser Gegend. Auch im Gwydir sind einige Steine vorgekommen. Im Tingah-Bezirk (Tingha ist südlich von Inverell unter 30% südl. Breite) bei Copeton liegen zahlreiche Hügel mit einer Basalthaube, darunter die Sande und Kiese mit Zinnstein und Diamant, aber mit sehr wenig Gold. Einer dieser Hügel, etwa 10 miles südlich von Inverell und 30 miles östlich von Bingera ist die berühmte, 1884 entdeckte und seitdem, wenn auch mit Unterbrechungen ausgebeutete Lokalität Boggy Camp am Big River, Auburn Vale. 1898 wurden hier etwa 15000 Karat gewonnen, während gleich- zeitig die Monte Christo-Grube bei Bingera ungefähr 1600 Karat lieferte. In dieser Gegend glaubt man eine gewisse Beziehung zwischen dem Vorkommen von Diamant und der Grenze zwischen dem Granit und den Schiefern der Kohlenformation nachweisen zu können. Nur westlich von dieser Grenze findet man in den zinnsteinführenden Kiesen Diamanten, die also wohl ihren Ursprung in dieser Grenze, in dem Kontakt der beiden genannten Gesteinsarten haben könnten, um so mehr als die weitaus reichste Grube der Gegend, die Daisey mine, genau auf diesem Kontakt steht. Östlich davon ist noch nie ein Diamant gefunden worden, obwohl alle sonst den Edelstein begleitenden Mineralien auch hier vor- kommen. Von Interesse ist, dab in dieser Gegend, am Oakey Creek, 5 miles südlich von Copeton, in dem früher sogenannten Basalt der Gänge, die den Granit und die karbonischen Schiefer unter den diamantführenden Kiesen und Sanden durchsetzen, im Jahre 1904 zwei kleine Diamanten gefunden worden sind. Dieser gangförmige „Basalt“ hat sich aber bei neuerer Untersuchung als Hornblendediabas erwiesen, den nun manche für das ursprüngliche Muttergestein der dortigen Diamanten halten. Die Basaltbedeckung über den Seifen ist an der betreffenden Stelle ganz besonders diek und beträgt ungefähr 80 Fub. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 7. NORDAMERIKA. 287 Zu erwähnen ist endlich noch das eigentümliche Vorkommen von Ballına in New- England, wo einzelne Diamanten am Meeresufer im Sande gefunden worden sind. Wahr- scheinlich wurden sie aus einer diamantführenden Ablagerung, die hier von den Meeres- wellen bespült wird, ausgewaschen. So bedeutend verhältnismäßig die Menge der in New-Süd-Wales gefundenen Diamanten ist, so gering ist ihre Anzahl ın den anderen australischen Kolonien. Man kann jedoch die Erwartung hegen, daß die Funde sich noch vermehren werden. So hat man in Queensland unmittelbar nördlich von New-Süd-Wales bei Wallerawang und am Mary River Konglomerate entdeckt, die den diamantführenden Ablagerungen von Mudgee und Bingera täuschend ähnlich sind, die aber allerdings bisher noch keine Steine geliefert haben. Dagegen werden Diamantenfunde aus Queensland vom Palmer River und Gilbert River angegeben und neuerer Zeit sind einige kleine Steine mit den Sapphiren von Anakie (s. u.) gefunden worden. In Südaustralien sind ungefähr 100 Steine in den Alluvialgoldwäschen von Echunga, 20 engl. Meilen südöstlich von Adelaide, vorgekommen, darunter das schon ein- gangs erwähnte Oktaöder von 55/16 Karat. 1862 traf man einige Diamanten im Owens- und im Arena-Goldfelde in Vietoria, eine größere Zahl, über 60 Kristalle, dagegen im Beechworth-Distrikt in derselben Kolonie, es war aber keiner davon 1 Karat schwer. Auch aus der Gegend von Melbourne werden Diamanten erwähnt, die in Begleitung von Rubin, Sapphır, Zirkon und Topas vorkommen, sowie vom Mt. Kingston aus Goldwäschen. Endlich hat auch Westaustralien eine gewisse Anzahl Diamanten geliefert. Einige kleine, flächenreiche Kristalle fanden sich bei Freemantle in einem Sande mit Zirkon, Titaneisen, Bergkristall, rotem, gelbem und weißem Topas und Apatit. Im Dezember 1895 wurde aus Perth berichtet, daß im Nordwesten der Kolonie bei Nullagina im Be- reiche der Pilbarra-Goldfelder ein größerer Fund gemacht worden sei, bei einer Unter- suchung habe man aber 1900 aus 230 Tonnen Goldsand nur 25 kleine Steine gewinnen können. Auch in Tasmanien ist im Jahre 1904 eine Anzahl Diamanten gefunden worden und zwar in dem Goldfelde von Corina, einem der ergiebigsten der Insel. Viele Versuche wurden gemacht, den Schatz zu heben, man hat aber seitdem nichts mehr davon gehört. ‘. Nord-Amerika. Das Vorkommen von Diamanten ın den Vereinigten Staaten vonNordamerika, seit 1850 bekannt, ist überall ein recht spärliches und hat auf den Edelsteinhandel keinen Einfluß. Die Steine sind auch hier meist klein bis zum Gewicht von 23°/ı Karat, und wenn schon recht gute Exemplare nicht ausgeschlossen sind, doch im Ganzen von untergeord- neter Qualität. Dennoch werden sie im Lande wegen ihrer wissenschaftlichen Bedeutung und als Erzeugnis des vaterländischen Bodens geschätzt, eifrig aufgesucht und häufig weit über den wirklichen Wert hinaus bezahlt. Das Vorkommen ist verschieden. Im lockeren Schuttgebirge, in Kies und Sand, finden sich die Diamanten in drei räumlich weit getrennten Gebieten, zum Teil mit Gold zusammen, und beim Goldwaschen hat man sie auch vielfach mit angetroffen. Dies geschah zuerst im äußersten Westen der Union, in Kalifornien, daran schlossen sich die Funde im Osten längs der Kette der südlichen Appalachen, und endlich die im Norden, im Glazialgebiete der großen Seen zwischen dem Oberen und dem Michigan-See. In allen diesen Gegenden liegen die Steine auf sekundärer Lagerstätte fern von dem Ort ihrer Entstehung. Ganz anders ist es wahrscheinlich mit den neuerdings erst in Arkansas, also mehr in der Mitte des Landes entdeekten Diamanten; hier scheinen sie noch in ihrem ursprünglichen Muttergestein zu liegen. 288 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. George Frederik Kunz,der beste Kenner der amerikanischen Edelsteine, hat auch den Diamanten seiner Heimat ein eingehendes Studium gewidmet. Im westlichen Gebiete sind es die Staaten Kalifornien, sowie Oregon, die am Westfuß der Sierra Nevada und der Cascade Range in den Flußgebieten des Sacramento und San Joaquin eine Anzahl Diamanten geliefert haben. In Kalifornien hat man sıe in den goldführenden Schuttmassen angetroffen. Diese Seifen sind dort von zweierlei Art. In der Tertiärzeit und auch schon früher haben mächtige Ströme das Land durchflossen. Diese hatten ihren Ursprung in der Sierra Nevada und in der Cascade Range und erfüllten ihre Betten, die zum Teil auf größere Erstreekung hin verfolgt worden sind, mit dem goldhaltigen Schutt der Gesteine dieser Gebirge. Später haben gewaltige vulkanische Eruptionen im nördlichen Kalıfornien und in Oregon die Erdoberfläche mit mächtigen Lavamassen überschüttet, welche jene alten Flub- betten vollends ausfüllten. In diese Lavamassen haben dann die jetzigen Flüsse ihre Betten eingeschnitten und in diese ebenfalls goldhaltige Schuttmassen aus den Bergen herabgeführt. Aus solehen jüngeren Schuttmassen stammt in der Hauptsache der kolossäle Gold- reichtum, den Kalifornien in den ersten Zeiten nach der Auffindung dieses Metalls im Jahre 1848 geliefert hat. Sie sind jetzt erschöpft; die heutige Goldgewinnung in jenem Lande bewegt sich in den zum Teil lavabedeckten Alluvionen der tertiären und vortertiären Ge- wässer, und in diesen älteren Goldseifen findet man auch die Diamanten. Sie sind viel- fach mit den die Schuttmassen bildenden Geschieben durch Eisenoxydhydrat zu einem festen Konglomerat verbunden, das der Tapanhoacanga der brasilianischen Diamantfelder sehr ähnlich ist. Da in der Nähe dieses gold- und diamantenführenden Schwemmlandes viel- fach Serpentine vorkommen, hat man, der Analogie mit Südafrika wegen, wohl ver- mutet, daß die Diamanten aus solchen Serpentinen stammen, auch sollen bei Oroville am Feather River Diamanten im Serpentin vorkommen. Jedenfalls haben sie wie das Gold ihre Heimat in den benachbarten Gebirgen, wenn auch genaueres noch nicht bekannt ist. Der erste Fund wurde 1850 gemacht; es war der erste nordamerikanische Diamant überhaupt. Seitdem ist alljährlich eine Anzahl von Steinen angetroffen worden, meist von geringer Größe. Der größte wog 7!/ı Karat. Die Zahl der wirklich vorhandenen Diamanten war aber wohl weit größer als die der gefundenen; sie sind jedoch vielfach zertrümmert worden und dadurch verloren gegangen. Das erwähnte feste goldhaltige Kon- glomerat wird nämlich behufs Gewinnung des Metalls in ein feines Pulver zerstampft und dabei werden auch die etwa mit vorkommenden Diamanten zerstört. In der Tat hat man in dem so erhaltenen Pulver mehrfach Diamantsplitter nachweisen können. Es ist sogar schon die Vermutung ausgesprochen worden, die so zerstörten Diamanten könnten mehr wert sein als das gewonnene Gold. Auch aus einem anderen Grunde sind manche nordamerikanische Diamanten verloren gegangen. Bei den dortigen Arbeitern ist, wie auch vielfach sonst, die Meinung ziemlich verbreitet, daß ein echter Diamant jedem Hammerschlage widerstehen könne. Sie erproben daher die Echtheit eines gefundenen Steines nicht selten dadurch, daß sie ihn auf dem Ambos mit dem Hammer bearbeiten. Zerspringt der Stein, so ist es ıhrer Ansicht nach kein wirklicher Diamant gewesen. Das Irrige dieser Meinung ist schon oben bei der Be- trachtung der Härte und der Spaltbarkeit des Diamants auseinandergesetzt worden. Im östlichen Gebiete hat namentlich der Ostrand der südlichen Alleghanies in der sog. Piedmont Region, also die Atlantischen Staaten von Alabama bis Virginia, eine be- schränkte Anzahl Diamanten geliefert. Sehr spärlich waren die Funde in Tennessee und Kentucky im Westen des genannten Gebirgszuges. Anfang der Fünfziger Jahre des neun- zehnten Jahrhunderts — nach anderen Nachrichten ‚sogar schon Ende der vierziger Jahre VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 7. NORDAMERIKA. 289 — wurde in Ruterford County, Nord-Carolina in einem alluvialen Goldsande ein’gelbes verzerrtes Hexakisoktaeder von 1'/; Karat gefunden. In demselben Staat hat die Gegend um den Ostfuß der Blue Ridge einige Diamanten, meist im Goldsande, geliefert. Die Ge- steine des Gebirges sind hier kristallinische Schiefer, man trifft dort aber auch Itakolumit, dem man in den brasilianischen Diamantengebieten eine so wichtige Rolle zuschrieb. Aber in beiden Gegenden hat man keine Diamanten in diesem Gestein entdecken können. Die hier angetroffenen Steine sind meist Oktader; der größte, 1886 gefunden, wog 4!) Karat. Ein Stein im Werte von 400 Dollars soll inSüd-Carolina vorgekommen sein. Eine größere ‚ Zahl soll dann wieder Georgia von mindestens sechs Orten geliefert haben, wie in Nord- Carolina mit Gold und in der Nachbarschaft von Itakolumit; aber alle diese Angaben sind nicht vollkommen sicher. Verbürgt ist ein Stein von 3!/z Karat aus Lee County, einige Kilometer von Columbus. Aus Virginia stammt der größte der Diamanten der Ver- einigten Staaten, der sog. Dewey-Diamant. Ein Erdarbeiter fand ihn 1855 beim Graben in der Stadt Manchester im Boden. Es war ein Oktaeder mit gerundeten Kanten, das roh 23°/ı Karat wog; geschliffen betrug das Gewicht noch 11!!/ıs Karat. Der Stein ist nicht vom reinsten Wasser und fehlerhaft und hat daher nur einen Wert von 300-400 Dollars, trotzdem ist er um das Zehnfache verkauft worden. Tennessee hat fast nichts geliefert; ein Stein von 3 Karat, geschliffen 1'/ı Karat, ist 1899 am Südufer des Clinch River, ein anderer von 1'°/ı6 Karat im gleichen Jahre bei Luttrell am Flat Creek, Union County, beide in der Umgegend von Knoxville gefunden worden. Aus Kentucky wird ein Steinchen von ’/ıs Karat gemeldet. In diesem Staate, in Elliot County, hat man einmal Diamanten ähnlich wie am Kap in Gängen eines Olivingesteins (Peridotits, Kimberlits) vermutet und aufgesucht, aber ohne jeden Erfolg. In Alabama ist ein 4'!/; Karat schwerer Stein etwa 50 Kilometer südlich von Birmingham, Shelby County, in der Gartenerde gefunden worden. Überall lagen die Diamanten im Sand und Kies der Wasserläufe oder lose im Boden. Wie in Kalifornien ist ihre ursprüngliche Lagerstätte unbekannt, aber man hat diese sicher in den Gesteinen der benachbarten Gebirge zu suchen, aus denen sie herausgewittert und und nachher vom fließenden Wasser in die Tiefe transportiert worden sind. Die Diamanten des Seengebiets liegen alle in einem Landstreifen von 600 miles Länge und 200 miles Breite, der sich in nordwestlicher Richtung durch das Südende des Michigan-Sees hindurchzieht. Es waren schon 1899, neben einer Anzahl kleinerer, 17 Steine von !/a bis 21'1/Jı Karat bekannt und sicher bestimmt worden. Allehaben in ihrem Vorkommen das gemeinsam, daß sie den ın jenen Gegenden über weite Flächen verbreiteten Gletscher- bildungen der letzten Eiszeit eingelagert waren oder doch zu diesen in nahen Beziehungen stehen. Professor William H. Hobbs in Madison hat sich hauptsächlich mit diesen, wenn nicht für den Handel, so doch für die Wissenschaft interessanten Vorkommen beschäftigt und uns damit näher bekannt gemacht. Die erste Erwähnung eines Diamants von dort geschah im Jahre 1883. Trotz einiger Zweifel bezüglich der Echtheit des Vorkommens erregte er eine vorübergehende Begeisterung für Diamantengräberei. Der Stein war schon 1876 bei Eagle, Waukesha County, nahe westlich bei Milwaukee in Wisconsin gefunden, aber nicht als Diamant erkannt worden, bis er 1883 dem Uhrmacher und Juwelier Boynton in Milwaukee zu Gesicht kam, der das Richtige vermutete und darauf den Stein für einen Dollar ankaufte. Es ist ein blaßgelbes, wenig verzerrtes Rhombendodekaeder von 15!2/32 Karat, das jetzt in der Tiffanysammlung in Newyork liegt. Im Frühjahr 1886 fand sich der größte Diamant jener Gegend, ein ebenfalls blaß- gelbes und ein wenig verlängertes Rhombendodekaeder, seinem Vorgänger von Eagle sehr ähnlich, aber 21'/ı Karat schwer. und 20, 13 und 10 Millimeter messend. Er stammt von Kohlsville bei Westend, Washington County, wenig nordwestlich von Milwaukee. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 19 290 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Daran schließen sich Steine von mikroskopischer Kleinheit bis 2 Karat, die in den Jahren 1887 bis 1889 beim Goldwaschen in dem kleinen Plum Creek, Pierce County, vorgekom- men waren, der eine kurze Strecke oberhalb der Mündung des S. Croix River von links in den Mississippi fließt, ebenfalls in Wisconsin. Es folgte im Oktober 1893 ein fast rein weißes, verzerrtes Rhombendodekaeder von 314/16 Karat aus der Nähe von Oregon, Dane County, Wisconsin, wenig südlich von Madison, und ein Jahr darauf, 1894, der 107/s Karat schwere, 13, 9 und 11 Millimeter messende Stein von Dowagiac, Cass County, Michigan, dieser von der östlichen Seite des Sees, nahe der Südspitze zwischen Niles und Kalimazoo. 1896 wurde ein 6i?/32 Karat wiegender, weißer, aber etwas gelb gefleckter Stein, ein verzerrtes Triakisoktaeder, als Diamant erkannt, der schon im Jahre 1880 auf einer Farm bei Saukville, Ozaukee County, Wisconsin, 10 Kilometer nördlich von Milwaukee und 2 Kilometer vom See entfernt, beim Ackern aufgelesen worden war. Eine kurze Strecke südlich von da wurde dann bei Burlington, Racine County, Wisconsin, unbekannt wann, ein schöner, grünlichweißer Diamant von 2!/ıs Karat, ein Tetraederzwilling, gefunden. Endlich sei noch der 6karätige Stein von dem östlichsten Fundort jener Gegend, von Mil- ford, Clermont County, im Staate Ohio, erwähnt, den man seit 1897 kennt, seit 1898 als Diamant. Er hatte wahrscheinlich die Form eines Oktaeders, ist aber jetzt zu einem schönen weißen Brillant geschliffen. Weitere Funde wurden seitdem nicht mehr gemacht, doch ist zu vermuten, daß noch mancher Stein wegen seines hübschen Glanzes aufgelesen und verwahrt, aber nicht als Diamant erkannt ist. Einige sollen auch wieder verloren gegangen sein, weil man ihnen aus dem letztgenannten Grunde keine weitere Bedeutung beilegte, so, wie man berichtet, ein zweiter Diamant aus der Gegend von Eagle, noch größer als der erwähnte, sonst aber ihm in jeder Hinsicht ähnlich. Betrachten wir nun diese Fundorte in ihrer Lage zu den Glazialbildungen der Seenregion, so ergibt sich, daß Oregon, Koblsville und Eagle, sowie Saukville, Burlington und Dowagiac in der der jüngsten Eiszeit angehörigen langgestreckten „Kettle-Moräne“ liegen, die ersten fünf an deren südlichstem Rande, der letzte etwas weiter rückwärts gegen Norden, vom Rande entfernt. Jene entsprechen dem äußersten Saum des letzten Gletschers jener Zeit, dieser einem späteren Stadium, als der Gletscher schon im Rückzuge begriffen war. Oregon, Eagle und Kohlsville gehören dem Teil der von diesem Gletscher hinterlassenen Moräne an, den man den „Green Bai-Lappen (Green bay lobe) nennt und der sich zungen- förmig nahe der Westseite des Michigan-Sees bis über die Höhe von Milwaukee nach Süden erstreckt, ohne aber den See zu berühren. Daran schließt sich unmittelbar und ohne Zwischenraum die Westseite des Sees ganz schmal, die Ostseite breit umrandend und sich viel weiter nach Süden erstreckend, der „Lake Michigan-Lappen“ (Lake Michigan lobe), dem die Fundorte Saukville, Burlington und Dowagiac, in weiterer Entfernung auch Milford angehören. Ähnlichen Gletscherbildungen entstammen wohl auch die wenigen Steine, die man weiter im Osten, bei Syracuse im Staate New-York gelegentlich ge- funden hat, und die daher hier mıt erwähnt sein sollen. Während alle die genannten Steine in der Moräne selber gefunden wurden, lagen die aus dem Plum Creek vor den Moränen außerhalb des Glazialgebietes im Flußsand, wo sie neben Platin, Granaten und zahlreichen anderen Mineralien beim Goldwaschen zufällig an- getroffen worden waren. Es ist aber kein Zweifel, daß sie von jenem kleinen Fluß aus der Moräne, einer westlichen Fortsetzung der „Kettle-Moräne“, herausgewaschen worden sind und daß sie wie ihre Begleiter ursprünglich dieser ebenfalls angehört haben. In ähn- licher Weise wurden weiter südlich inIndiana im goldhaltigen Sande einige Diamanten gefunden, besonders in Brown County und in Morgan County; namentlich wird von einem VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 7. NORDAMERIKA. 291 Oktaeder von 43) Karat aus einem Arm des Gold Creek, 15 Kilometer nördlich von Martinsville, Morgan County, berichtet. Fragt man schließlich nach der Abstammung der Diamanten aus den Moränen des Staates Wisconsin und der Seenregion überhaupt, so geben uns die zahlreichen Gletscher- schliffe eine Antwort, aus denen auf die Bewegung jener alten Gletscher geschlossen werden kann. Darnach haben alle jene Diamanten dieselbe Heimat, die man mit einiger Wahr- scheinlichkeit in den unwirtlichen Gegenden östlich von der James-Bai, dem südlichen Ende der Hudson-Bai vermuten darf. Von dort sind sie durch die Gletscher mit dem anderen Moränenmaterial nach Süden geschoben und bei deren Rückzug am Ende der Eiszeit an ihrem jetzigen Fundorte liegen gelassen worden. In Arkansas sind Diamanten am 1. August 1906 entdeckt worden und bald waren etwa 140 Stück im Gesamtgewicht von 200 Karat gefunden. Sie sind auf den Umkreis des Peridotitstocks von Murfreesboro, Pike County, annähernd eine Ellıpse mit Durchmessern von 2400 und 1800 Fuß und mit einem Inhalt von 40 acres = 16 Hektar, beschränkt. Die meisten wurden auf dem Boden aufgelesen, einige aus dem zu einer grauen und gelben Masse zersetzten Gestein ausgewaschen und einen hat man noch im Peridotit eingewachsen ge- funden. Es ist also kein Zweifel, daß sie alle aus diesem stammen und daß das Vorkommen somit eine gewisse Ähnlichkeit mit dem in dem Hartgrund von Kimberey hat. Der Form nach sind die meisten rundflächige und gewöhnlich etwas verlängerte Hexakisoktaeder (Fig. 39,e) auch flache Oktaederzwillinge (Fig. 39, 9) sind nicht selten, und manche andere Gestalt ist be- obachtet worden, darunter auch einige regelmäßige und unverzerrte Oktaeder. Schöne, rein weiße Steine von der vorzüglichen Beschaffenheit der südafrikanischen „river stones“ sind häufig, viele andere sind braun und grau, auch schön gelb, die Färbung mehr oder weniger günstig. Der größte bisher gefundene Kristall ist 61/2 Karat schwer und mißt 151/2, 73/& und 4!/; Millimeter; er ist rein weiß, sowie vollkommen klar und durchsichtig, also von bester Qualität. Andere wiegen 6!/ı, 5, 4 und 3 Karat bis herunter zu !/ıs Karat. Ist gleich auch dieser Fundort nicht praktisch wichtig, so ist er doch von größter wissenschaftlicher Bedeutung als einziges nordamerikanisches Diamantenvorkommens auf ursprünglicher Lagerstätte, und zwar nahe übereinstimmend mit dem in Südafrika, was zunächst das Gestein anbelangt. Es ist nun die Aufgabe, zu untersuchen, ob die übrigen durchweg auf sekundärem Lager befindlichen nordamerikanischen Diamanten ihren Ur- sprung auch auf ein solches Muttergestein zurückführen. Zum Teil nach der Ähnlichkeit der geologischen Verhältnisse mit denen diamant- führender Gebiete hat man auch in anderen Gegenden Nordamerikas das Vorkommen dieses Edelsteins vermutet. Aber teils haben sich an den betreffenden Orten überhaupt keine Diamanten gefunden, wie in dem oben erwähnten Peridotit von Kentucky, teils waren es Steine auswärtigen Ursprungs, teils waren die vermeintlichen Diamanten Quarz wie in Montana. Man hat auch die Diamantenvorkommnisse und die dadurch zuweilen hervorgerufene Erregung zu schwindelhafter Ausbeutung des Publikums zu benutzen verstanden, im größten, kaum glaublichen Maße im Staate Arizona. Im Jahre 1870 hatte sich die Nachricht verbreitet, daß irgendwo im Westen viele Edel- steine, darunter Diamanten in größter Menge, gefunden worden seien. Unter den bei einer Bank in San Franzisco deponierten Steinen waren von dort 80000 Karat Rubin und u. a. ein Diamant von 108 Karat. Jedermann konnte die Steine besichtigen. Bald brachten dieselben Leute, welche den ersten Fund gemacht hatten, eine zweite, etwas kleinere Partie Edelsteine in die Stadt. Nun begannen sich die Kapitalisten für die Angelegenheit zu interessieren. Am 10. Mai 1872 ging eine Bill zugunsten der Diamantensucher durch den Kongreß, und eine Expedition von Interessenten begab sich mit- einem Bergingenieur 19* 292 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. als Sachverrtändigem zu näheren Nachforschungen an den Fundort. Nachdem die Stelle mit Mühe aufgefunden worden war, sammelte jeder Teilnehmer zahlreiche Edelsteine. In einer Woche wurden zusammen 1000 Karat Diamant und 6—7000 Karat Rubin gewonnen, und die Expedition kehrte höcht befriedigt zurück. Bald aber wurde die Sache aufgeklärt. Auch die mit der geologischen Untersuchung der Vereinigten Staaten betraute Behörde, die Geologieal Survey in Washington, hörte von den Funden. Sie rüstete zur genaueren Untersuchung des Vorkommens ebenfalls eine Expedition aus und diese stellte fest, daß ein riesiger Schwindel vorliege. Ein spekulativer Amerikaner hatfe die Fundstätte, wie man zu sagen pflegt, „gesalzen“. Die Rubine erwiesen sich als Granaten, der große Diamant von 108 Karat war ein Bergkristall, aber die kleineren Diamanten waren echt. Es waren in London gekaufte Kapdiamanten, die in solcher Menge an jener Stelle ausgestreut worden waren, dal) man noch nach Jahren einzelne Steine fand. Mit Hilfe dieses Betruges war es gelungen, den interessierten Kapitalisten, die meist aus Kalifornien stammten, allmählich die Summe von 750000 Doliars abzunehmen, die den Wert der zum „Salzen“ verwendeten Diamanten um das Vielfache übertrifft. Man tut in Amerika viel, um die einheimischen Diamanten zu sammeln. So werden namentlich an Leute, die bei ihrer gewöhnlichen Beschäftigung vielleicht Gelegenheit haben, deren zu finden, Erdarbeiter, Goldgräber und andere, Ringe mit kleinen Rohdiamanten ausgeteilt, um sie an das ausgezeichnete Aussehen dieses Minerals zu gewöhnen und ihre Aufmerksamkeit und ihr Interesse dafür zu wecken. Trotzdem ist die Zahl der gefun- denen Steine klein geblieben, und nichts weist daraufhin, daß etwaige Hoffnungen auf spätere reichlichere Funde begründet sind. 8. Ural und Sibirien. Die Diamanten des Urals wurden infolge der berühmten Reise aufgefunden, die Alexander v. Humboldt mit Gustav Rose und Ehrenberg auf Veranlassung des Kaisers Nikolaus im Jahre 1829 in jenen Gegenden ausführt. Humboldt hatte schon 1823 in seinem „Essai g6ognostique sur le gisement des roches“ wegen der vielfachen Ähnlichkeit der brasilianischen und uralischen Gold- und Platinwäschen die Ansicht ausgesprochen, dab auch im Ural der ın Brasilien das Gold und das Platin vielfach begleitende Diamant nicht fehlen werde. Er schloß dies aus dem Umstande, daß im Ural und in Brasilien die mit dem Gold und dem Platin vorkommenden Mineralien wesentlich dieselben sind. Die näm- liche Ansicht hat aus denselben Gründen früher schon und unabhängig von Humboldt der Dorpater Professor Moritz v. Engelhardt ausgesprochen, der auch später das erste Diamentenvorkommnis im Ural eingehend untersuchte und ausführlich schilderte. Hum- boldt war von der Richtigkeit seiner Ansicht so überzeugt, daß er beim Abschied scherzend zur Kaiserin von Rußland sagte, er werde nicht ohne die russischen Diamanten vor der Monarchin wieder erscheinen. Die Reisenden wandten auf dem ganzen Wege ihre volle Aufmerksamkeit der Auf- findung des Diamants zu, indem sie in allen Goldwäschen, die sie besuchten, dıe Gold enthaltenden Sande mikroskopisch nach jenem Mineral durchforschten; ihre Mühe wurde aber nicht vom Erfolge gekrönt. Glücklicher war ein zeitweiliger Reisebegleiter, ein Graf Polier, den Humboldt ın seine Ideen eingeweiht und für sie begeistert hatte. Nach der Trennung von Humboldt setzte er daher, die günstige Gelegenheit benutzend, die Nachforschungen in den zum Be- zirk der Hütte Bissersk (etwa unter 5S'/2 ° n. Br.) gehörigen Goldwäschereien auf den Gütern seiner Frau, einer geborenen Fürstin Schachowskoi, fort. Hier ist es, wo am 5. Juli 1829 der erste uralische und zugleich der erste europäische Diamant gefunden wurde. VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 8. URAL UND SIBIRIEN. 293 Der spezielle Fundpunkt ist die kleine Goldwäsche Adolphskoi in der Nähe der größeren Krestowoswidschenskoi, 25 Werst im Nordosten von Bissersk, 4 Werst vom Gebirgs- kamm entfernt auf der westlichen, europäischen Abdachung des Urals. Sie liegt in einer Seitenschlueht der Paludenka, eines Quellbachs der Koiwa, die in die Tschussowaja, einen Nebenfluß der Kama, fällt. Der im ungewaschenen Zustande lehmig aussehende Goldsand von Adolphskoi ent- hält neben dem Diamant und dem Gold, dem einige Platinkörner beigemengt sind: Quarz, Brauneisenstein, Magneteisen, viel Schwefelkies mit glänzend gelben oder auch durch Ver- witterung braun gewordenen Flächen, Chaleedon, Anatas usw. nebst Stücken der in der Nähe vorkommenden Felsarten. Alle diese Mineralien und Gesteine stammen aus dem Gebirgsrücken im Hintergrunde jener Seitenschlucht. Dessen hauptsächlichste Gebirgsart ist ein vielfach quarziger chlo- ritischer Talkschiefer, der wohl mit dem brasilianischen Itakolumit identifiziert worden ist, der aber nach den Untersuchungen von G. Rose damit keineswegs übereinstimmt. Dieser Chlorittalkschiefer enthält untergeordnete Lager von Roteisenstein, grauem Kalk und namentlich schwarzem, durch kohlige Teilchen gefärbten Dolomit, der die unmittel- bare Unterlage der Goldsande von Adolphskoi bildet. Dieser Dolomit wurde von Engel- hardt für das ursprüngliche Muttergestein der Diamanten gehalten, andere führten seinen Ursprung auf jenes als Itakolumit angesehene Gestein zurück. Man hat aber noch nie einen Diamanten in seinem Muttergestein eingewachsen gefunden, immer nur lose im Sande. Die Zahl der bisher in der Goldwäsche Adolphskoi vorgekommenen Diamanten be- trägt nur etwa 150 und ist also von keinem Einfluß auf den Edelsteinmarkt. Die Steine sind vollkommen durehsichtig, stark glänzend und farblos bis gelblich. Die Kristallform ist fast bei allen ein krummflächiges Dodekaöder, dessen Flächen nach der kurzen Diagonale etwas geknickt sind (Fig. 39 c). Der größte wog 21'/32 Karat, das Gewicht der fünf folgenden betrug 11/4, 1Y/s, 1YYıs 132 und 1 Karat, der Rest war kleiner, und zwar wog der kleinste ! Karat. Die 28 zuerst gefundenen Steine hatten zusammen ein Gewicht von 17%ıs Karat. In einigen Kristallen findet man schwärzlichbraune Kohleneinschlüsse. Ende des vorigen Jahrhunderts wurden wieder fünf Stück gefunden, was Veranlassung zur Ver- anstaltung einer planmäßigen Suche war, die bis dahin noch nie stattgefunden hatte, die aber bis jetzt ein größeres Resultat nicht ergeben hat. Das Diamantvorkommen im Ural ist nicht auf Adolphskoi beschränkt geblieben. Schon 1831 wurden in der Goldwäsche des Herrn Medscher, 14 Werst östlich von Katharinen- burg, zwei kleine Diamanten, einer von /s Karat, gefunden. Im Jahre 1838 kam ein kleiner Stein von ”/ıs Karat auf den Seifenwerken des Bergreviers Goroblagodatsk in der Grube Kuschaisk, 25 Werst von der Hütte Kuschwinsk und östlıch von Bissersk, vor. 1839 fand sich ein Kristall von ”/s Karat auf der Grube Uspenskoi in einem Seifenwerke des Distrikts Werehne-Uralsk (Gouv. Orenburg). Auch an anderen Orten sind noch ein- zelne Steine vorgekommen, so in den Charitono-Kompaneiskischen Seifen am Flusse Serebrianaja, Kreis Kungur, Gouvern. Perm in Ural. Ein hier vorgekommener 5 mm dicker Kristall, ein Zwilling, war von mehreren Hexakistetraädern begrenzt. End- lich ist noch zu erwähnen ein kleiner farbloser Stein aus der Grube Kamenka im Bezirk Troitzk, Gouvernement Orenburg, und der erste Diamant des südlichen Ural, der im Jahre 1893 in der Goldwäsche von Katschkar gefunden wurde. Es ist ein gelber und voll- kommen durchsichtiger Achtundvierzigflächner von °/; Karat. Der letztere Fund ist von Interesse, einmal weil er zeigt, daß der Diamant im Ural weiter verbreitet ıst, als man bisher anzunehmen berechtigt war, und sodann, weil auch im südlichen Ural die Begleiter unseres Edelsteins dieselben sind wie in Brasilien, woraus wieder auf ein ähnliches Vor- kommen und eine ähnliche Bildung in beiden Ländern geschlossen werden darf. Eın 294 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. neuer Fund ist der von vier Steinen im Goldsand des Baches Polojicha beim Dorf Koltachi des Bezirks Newjansk. Im ganzen sind jetzt an 16 uralischen Fundorten 222 Diamanten gefunden worden, deren schwerster 3 Karat wiegt. Sie sind fast durchweg rein, farblos und durchsichtig, aber klein. Im allgemeinen trifft man Diamanten so selten und von so geringer Größe am Ural, daß es bis auf den heutigen Tag noch Leute gibt, die an dem wahren Vorkommen der selben in diesen Gegenden starken Zweifel hegen. Nach deren Ansicht handelt es sich um eine Täuschung, die ursprünglich geübt worden wäre, um Humboldts Prophezeiung in Erfüllung gehen zu lassen. Hierfür ist aber doch der entscheidende Beweis nicht erbracht, und die russischen Mineralogen, welche der Sache näher stehen, halten in ihrer überwie- senden Mehrzahl die Funde für echt, wofür auch die in der späteren Zeit wiederholt gemachten neuen Entdeckungen sprechen. Um die Auffindung der Diamanten im Ural zu fördern, hat auch die russische Regierung eine Anzahl echter Rohdiamanten von anderen Gegen- den kommen lassen, um sie an die Grubenverwaltungen zu verteilen, damit sich deren Personal mit dem Aussehen des Edelsteines, wie er in der Natur vorkommt, bekanntmachen kann. Auch Sibirien hat einige Diamanten geliefert. 1897 wurde ein kleinerer Stein in der nördlichen Taiga im Jenisseisk’schen Gouvernement in der Goldwäscherei von Baladin an der Melnitschnaja, einem Nebenfluß des rechtsseitig in den Jenissei mündenden Pit gefunden, und zwei Jahre später ein zweiter in einer benachbarten Goldwäscherei; der Fund- ort scheint hier aber nicht genau festzustehen. 9. Lappland. Noch in einer anderen Gegend des russischen Reiches und zwar an dessen Westgrenze sind vor einiger Zeit Diamanten vorgekommen, freilich ebenfalls nur klein und in geringer Menge, nämlich in Russisch-Lappland. Sie wurden auf mehreren in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre ausgeführten Reisen von Ch. Rabot im Pasevig-Tale, das im Varangerfjord in das nördliche Eismeer mündet und unter dem 30. Grade östlich von Greenwich die Grenze zwischen Norwegen und Rußland bildet, in einem granatführenden Sande aufgefunden. Der genannte Fluß strömt über Gneis, der von zahllosen Granit- und Pegmatitgängen durchsetzt wird; durch die Verwitterung dieser Gesteine ist jener Sand entstanden. Nach der Untersuchung von Ch. Velain enthält derselbe folgende, nach der Häufigkeit des Vorkommens geordnete Mineralien: Granat (Almandin) in rosenroten abge- rollten Körnern, die Hälfte der Masse bildend, viel Zirkon, braune und grüne Hornblende, Glaukophan, Cyanit, grüner Augit, Quarz, Korund, Rutil, Magneteisen, Staurolithb, Anda- lusit, Turmalin, Epidot, Feldspat (Oligoklas) und endlich als seltensten Gemengteil Diamant. Dieser ist wasserhell und bildet kleine eckige, seltener abgerollte Körner oder Bruchstücke. Ihre Größe übersteigt selten 0,25 mm, doch wurde ein Kristall mit einem Durchmesser von 1,; mm beobachtet. Sie führen viele fremde Einschlüsse teils von runden Gasporen, teils von mikroskopischen Kriställechen unbekannter Natur, was ihre Durchsichtigkeit stark be- einträchtigt. Die Diamantnatur dieser kleinen Körper ist durch die Gesamtheit ihrer Eigen- schaften, namentlich die große Härte, erwiesen und wurde noch weiter durch einen Ver- brennungsversuch im Sauerstoff sichergestellt, bei dem das angewandte Bruchstück voll- kommen verschwand und reine Kohlensäure lieferte. Die Begleiter des Diamants sind hier wesentlich dieselben wie in Indien und Brasilien, nur fehlt in Brasilien, nicht aber in Indien der Epidot (Pistazit), während umgekehrt in Lappland die in Brasilien so häufig vorkommenden wasserhaltigen Chlorophosphate nicht aufgefunden worden sind. Nach der Ansicht von V&lain ist hier, wie bei Wajrah Karrur unweit Bellary im südlichen Indien (nach Chaper) usw. der Pegmatit als das ursprüng- VORKOMMEN UND VERBREITUNG DES DIAMANTS. 9. LAPPLAND. 10. METEORITEN. 295 liche Muttergestein des Diamants anzusehen, in dem er sich gleichzeitig mit dieser Gebirgs- art gebildet hat. Jedenfalls muß er wohl aus einem der genannten Urgesteine stammen, da andere Felsarten in jenen Gegenden weit und breit nicht bekannt sind. Neuere Nach- richten sind leider nicht vorhanden, es wäre aber trotz der geringen kommerziellen Be- deutung von Wichtigkeit, wenn durch eingehendere Untersuchungen das ursprüngliche Mutter- gestein der Lappländer Diamanten nachgewiesen werden könnte. Es würde hierdurch vielleicht auch ein weiteres Lieht auf die vielfach angezweifelten Funde bei Wajrah Karrur geworfen. Jedenfalls ist die Entdeckung der Herren Rabot und V&lain von größter theoretischer Bedeutung und verdient daher weiter verfolgt zu werden. 10. Meteoriten. In ınteressanter Weise hat sich unsere Kenntnis von dem Vorkommen des Diamants erweitert durch das Auffinden kleiner, meist mikroskopischer Körnchen des Minerals von stets grauer oder schwarzer Farbe, also von einer Beschaffenheit ähnlich der des Karbonats, in einer Anzahl von Meteoriten, die zum Teil der Gruppe der Meteorsteine, zum Teil der des Meteoreisens angehören. Wir haben es also beim Diamant nicht mit einer Substanz zu tun, die nur der Erde angehört; sie kommt ebenso auch in anderen Himmelskörpern vor, von denen Bruchstücke von Zeit zu Zeit auf die Erde fallen. Von Bedeutung für den Edelsteinhandel ist dieses Vorkommen der erwähnten Beschaffenheit der meteorischen Diamanten und ihrer äußersten Spärlichkeit wegen in keiner Weise, aber für die Kenntnis der natürlichen Verhältnisse des Diamants ist es doch so wichtig, daß es eine kurze Erwähnung verdient; um so mehr als Ansichten über die Entstehung der irdischen Diamanten darauf gegründet worden sind. Der erste Meteorit, in dem Diamanten gefunden worden sind, ist der Meteorstein, weleher am Morgen des 10. Septembers 1886 auf einem Felde drei Meilen von dem Dorfe Novo-Urei am rechten Ufer des Alatyr im Krasnolobodschen Kreise des Permschen Gouvernements in Rußland gefallen ist. M. von Jerofejeff und P. von Latschinoff fanden ihn 1888 zusammengesetzt aus Bruchstücken der beiden Mineralien Olivin und Augit mit zwischengelagerter kohliger Substanz und etwas Nickeleisen. In der kohligen Substanz waren kleine grauliche Körner enthalten, die sich nach Härte, spezifischem Ge- wicht, mikroskopischem Aussehen und nach der chemischen Zusammensetzung zweifellos als Diamant (oder Karbonat) erwiesen. Andere Forscher haben dieses Resultat durchaus bestätigt. Die Menge dieser außerirdischen Diamanten beträgt ungefähr 1 Prozent des ganzen Steines von 1762, g, nämlich ca. 17 g oder 85 Karat. Ein Jahr später, 1889 hat F. Sandberger schwarze Körnchen in dem Meteorstein von Carcote in der Wüste Atacama in Chile als Diamant bestimmt. Später wurde dann vorzugsweise im Meteoreisen Diamant gefunden, und zwar zuerst 1889 durch Weinschenk in dem von Magura (Arva) ın Ungarn. Dann ist namentlich das Meteoreisen von Canyon Diablo in Arizona durch seinen verhältnismäßig großen Diamantgehalt berühmt geworden, zuerst durch die Untersuchung von Foote (1891), dessen Resultate durch Huntington, Mallard, Friedel, besonders durch Moissan durchaus bestätigt wurden. Der Diamant ist hier in Form schwarzer Körnchen und durch- sichtiger Kriställchen vorhanden, er wird außer von anderen Mineralien auch von Graphit und amorphem Kohlenstoff, sowie von Silietumkarbid (Moissanit) begleitet, das mit dem künstlichen Karborundum vollständig übereinstimmt. Auch in einigen anderen Meteor- eisen hat man sehr harte Körnchen gefunden, die vielleicht zum Teil ebenfalls Diamant sind, so u. a. ın dem im Dezember 1908 im Dorfe Cubella bei Burgos in Spanien gefallenen. 296 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Vielleicht hat der Diamant sogar eine noch weitere Verbreitung in den Meteoriten, und zwar im Meteoreisen, oder hat sie wenigstens früher gehabt. Man findet nämlich in manchen Stücken des letzteren kleine Graphitpartien von würfeliger Form, die ganz mit der Kristallform vieler Diamanten übereinstimmt. Solcher würfelförmiger Graphit, den man als Cliftonit bezeichnet hat, kommt vor in dem Meteoreisen von Magura (Arva) neben dem Diamant, in dem von Toluca in Mexiko, von Penkarring Rock (Youndegin, West- australien), von Cosby’s Creek (Cocke Co. und Sevier Co. in Tennessee, sogenanntes Seviereisen) und von Smithville in derselben Gegend, letzteres wahrscheinlich mit dem vorhergenannten demselben Falle angehörig; vielleicht noch in einigen anderen. Es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, daß der Cliftonit früher Diamant gewesen ist, der dann eine Umwandlung in Graphit erfahren hat; eine solche kann ja auch künstlich durch Erhitzen der Diamantkristalle bei Luftabschluß herbeigeführt werden. Man darf erwarten, daß sich bei genauerer Nachforschung auch noch in manchen anderen Meteoriten Diamanten finden werden, nachdem man einmal auf ihr Vorkommen aufmerksam ge- worden ist; in manchen anderen fehlen sie allerdings auch mit Bestimmtheit, wie dıe darauf gerichteten Untersuchungen gezeigt haben. An das Vorkommen in Meteoreisen schließt sich das im Stahl an; manche Sorten enthalten ihn, und zwar in Form oktaedrischer Kriställchen bis zur Größe von 0,5 Milli- meter. c) Entstehung und Nachbildung des Diamants. Sehr viele Gelehrte haben die natürliche Entstehung des Diamants zum Gegenstande der Forschung und noch häufiger der Vermutung gemacht. Zahlreiche Meinungen, zum Teil der widersprechendsten Art, sind darüber geäußert worden, vielfach ohne jeden Ver- such einer wissenschaftlichen Begründung durch die natürlichen Verhältnisse des Edel- steines. Derartige Ansichten sind selbstverständlich vollkommen willkürlich und wertlos. Früher war man gar nieht in der Lage, sich ein klares Bild von der Entstehung des Diamants zu machen, da man weder sein ursprüngliches natürliches Vorkommen kannte, noch verstand, ihn künstlich nachzubilden. Auch heute ist man darin noch nicht viel weiter gekommen, namentlich war die künstliche Nachbildung bis vor kurzem unmöglich und ist auch jetzt noch in ihren ersten Anfangsstadien; die Frage ist daher auch jetzt noch nicht spruchreif. Denn nur wenn man über das Vorkommen eines Minerals auf seiner ursprünglichen Lagerstätte genau unterrichtet ist, kennt man die Art und Weise seiner Entstehung im allgemeinen. Versuche über seine künstliche Herstellung unter Verhältnissen, die den natürlichen möglichst entsprechen, können dann zur Aufklärung der speziellen Bildungsvorgänge dienen. Dabei lassen sich oft die in der Natur mit vor- kommenden Mineralien gleichen Ursprungs, namentlich solche, deren Entstehung schon bekannt ist, als Leitsterne benützen. Alle Arten der Entstehung, die bei Mineralien überhaupt möglich sind, hat man schon für den Diamant behaupten wollen, indem man dabei nur einzelne seiner Eigenschaften berücksichtigte, oder auch, indem man gewisse an sich denkbare Prozesse ohne weiteres auf den Diamant übertrug. Die einen dachten an eine Bildung desselben durch den Lebensprozeß der Pflanzen, andere ließen ibn wenigstens aus organischen Resten ent- stehen, während wieder andere ihn von unorganischen Substanzen abzuleiten versuchten. Manche nehmen eine hohe Temperatur bei der Entstehung an, manche andere halten diese im Gegenteil für völlig ausgeschlossen, da sich Diamant in starker Hitze in Graphit ver- wandelt. Im folgenden sind einige Ansichten über die Bildung des Diamants zusammen- gestellt, die Zahl derselben könnte leicht noch vermehrt werden. Der erste, der eine direkte Abscheidung aus Pflanzen durch deren LebensprozeB _ ENTSTEHUNG UND NACHBILDUNG DES DIAMANTS. 297 annahm und dies bestimmt äußerte, ist David Brewster, der berühmte Physiker. Er dachte an einen Vorgang wie die Bildung des Gummi und sprach dem Diamant eine ursprünglich weiche Beschaffenheit zu, wie jenem. Ebenso war der bekannte Mine- raloge Jameson der Ansicht, daß sich der Diamant aus den Säften irgendeiner Pflanze abgeschieden habe, ähnlich wie sich Kieselsäure in der Form des sogenannten Tabaschir in den Knoten der Bambusstämme ausscheidet. Petzholdt hatte ähnliche Anschauungen. D’Orbigny hält den Diamant für ein Zersetzungsprodukt yorweltlicher Pflanzen- reste, ebenso Wöhler, der für die Umwandlung eine niedere Temperatur annahm und die Möglichkeit der Entstehung durch Schmelzfluß ausdrücklich bestritt, mit Unrecht, wie wir jetzt wissen. J. D. Dana hielt im Gegensatze dazu höhere Temperatur für erforderlich oder doch für möglich; er dachte sich Diamant aus organischen Substanzen durch dieselben Prozesse entstanden, denen man damals den Metamorphismus der Gesteine zu- schrieb. Göppert wurde bei seinen umfangreichen Untersuchungen des Diamants durch die Einschlüsse von Pflanzenresten, die er beobachtet zu haben glaubte, auf ähnliche Ideen gebracht. Bei der Zersetzung der Pflanzensubstanz wären allmählich durch Abscheidung der anderen Bestandteile immer kohlenstoffreichere Produkte entstanden und endlich reiner Kohlenstoff. Dieser wäre zuerst in amorphem und weichem Zustande gewesen und erst durch nachträgliche Kristallisation in den Zustand des Diamants übergegangen. Auch nach G. Wilson wäre aus der Holzsubstanz allmählich immer mehr Wasserstoff und Sauerstoff ausgetreten; dadurch wäre eine dem Anthraeit entsprechende Substanz ent- standen, und dieser Anthrazit hätte dann durch weitere ähnliche Umwandlung den Diamant geliefert. Diese Prozesse wären bei niederer Temperatur vor sich gegangen, bei höherer hätte sich statt Diamant Graphit bilden müssen. Nach G. Bischof läßt sich gegen die Ansichten der Entstehung des Diamants aus Pflanzensubstanz nichts ein- wenden, doch ist er nicht in der Lage, etwas Bestimmtes über seinen Ursprung zu äußern. Jedenfalls hält er aber wie Wöhler die Mitwirkung hoher Temperaturen für ausgeschlossen. Parrot nahm im Gegenteil eine Umwandlung von Holzsubstanz bei hoher Tempe- ratur an. Er dachte sich kleine Kohlenteilchen durch vulkanische Glut stark erhitzt und dann durch plötzliche Abkühlung in Diamant übergeführt. Speziell für Südafrika hat Carvill Lewis eine ähnliche Ansicht ausgesprochen. Nach ihm wäre dort der Diamant in dem Diamantgestein, dem Kımberlit, den er sich in glühendflüssigem Zustande in Form eines Eruptivgesteins durch die Röhren an die Erdoberfläche emporgedrungen denkt, aus dem Kohlenstoffe der zahlreich darin eingeschlossenen Stücke bituminöser, also kohlenstoff- haltiger Schiefer durch die Hitze jenes Gesteins gebildet worden. Nach der Ansicht mehrerer anderer Forscher wäre der Kimberlit selbst kohlenstoffhaltig gewesen, und der Diamant hätte sich aus ıhm bei der Erstarrung aus dem glühenden Flusse als ursprüng- lieber Gemengteil ausgeschieden. C. ©. von Leonhard nahm ebenfalls die vulkanische Hitze zu Hilfe, glaubte aber, daß ın ihr der Kohlenstoff verdampft und also durch Subli- mation zur Kristallisation als Diamant gebracht worden sei. Liebig vermutet, daß in einem flüssigen kohlenstoffreiehen Kohlenwasserstoffe durch eine Art von Verwesungsprozeß sich immer kohlenstoffreichere Verbindungen bildeten, aus denen sich schließlich reiner Kohlenstoff in kristallisierter Form ausscheiden mußte. Er kann sich nur in einer solchen Weise und bei niederer Temperatur den Diamant entstanden denken, da höhere Temperatur und Gegenwart von Sauerstoff mit seiner Verbrennlichkeit nicht vereinbar seien. Im Gegensatz dazu behauptet Berthelot, daß eine Ausscheidung von Kohlenstoff aus einer solehen Flüssigkeit nur in der Hitze stattfinden könne; vom Diamant speziell spricht er dabei allerdings nicht. Chancourtois 298 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE, läßt den Diamant aus Emanationen von gasförmigen Kohlenwasserstoffen bei deren lang- samer Oxydation an der Luft entstehen, wobei aller Wasserstoff in Wasser übergeht,Jaber nur ein Teil des Kohlenstoffs Kohlensäure liefert; der Rest würde als Diamant kristalli- sieren. Er erinnert dabei an die bekannte Bildung von vulkanischem Schwefel aus Schwefelwasserstoff, wobei ganz analog dessen gesamter Wasserstoffgehalt unter Aus- scheidung von Schwefelkristallen sich zu Wasser oxydiert. Von einigen Forschern wurde der im Innern der Erde an vielen Stellen massenhaft vorhandenen Kohlensäure eine wesentliche Rolle bei der Bildung des Diamants zugeteilt, aber in verschiedener Weise. Schon der bekannte Mineraloge J. N. Fuchs hatte der- artige Vorstellungen, später auch A. Stelzner bezüglich der Kapdiamanten. Nach Göbel sollte Kohlensäure bei hoher Temperatur durch gewisse Metalle, wie Aluminium, Magnesium, Calcium, Eisen, auch durch Sılieium usw. reduziert und dabei Kohlenstoff als Diamant ausgeschieden worden sein. Simmler knüpfte an dıe zuweilen im Diamant eingeschlossenen kleinen Tröpfehen flüssiger Kohlensäure an. Nach seiner Ansicht könnte flüssige Kohlensäure bei hoher Temperatur und starkem Druck Kohlen- stoff auflösen und aus dieser Lösung könnte letzterer als Diamant wieder auskristallı- sieren. Bei den Untersuchungen von Gore und ebenso von Doelter konnte aber allerdings eine Löslichkeit von Kohlenstoff in flüssiger Kohlensäure nicht konstatiert werden. Auch an Clorkoblenstoff als Quelle des Kohlenstoffs wurde bei den Hypotbesen über die Entstehung des Diamants gedacht. A. Favre, später H. St. Claire Deville nehmen die Möglichkeit der Bildung von Diamanten aus der genannten Verbindung an. A. Favre wurde zu seiner Ansicht dadurch gebracht, daß einige der Mineralien, die den Diamant in Brasilien begleiten, sich aus Chlorverbindungen ihrer Bestandteile bilden können. Gorceix nimmt ebenfalls, speziell für Brasilien, dessen Diamantlager er genau kennt, gewiß mit Recht eine gleichartige Bildung des Diamants und seiner Begleit- mineralien an, für die er als Quelle Chlor- und Fiuorverbindungen vorausetzt. Dieselbe Gleichartigkeit der Bildung in Brasilien durch gegenseitige Umsetzungsprozesse aller möglicher Substanzen denkt sich auch Damour, ohne aber über diese Prozesse sich näher zu äußern. Endlich sollte nach einer von Gannel aufgestellen Hypothese auch Schwefelkohlenstoff imstande sein, bei seiner Zersetzung Diamant zu liefern. Einige weitere Ansichten über die Möglichkeit der Entstehung von Diamanten ergeben sich noch unten bei der Betrachtung der Versuche, die zur künstlichen Nachbildung unseres Edel- steines unternommen worden sind. Lest man, um eine auf die natürlichen Verhältnisse des Diamants gegründete An- schauung von seiner Entstehung zu erhalten, die Beschaffenheit der ursprünglichen Lager- stätten, soweit man sie bis jetzt kennt oder doch zu kennen glaubt, zugrunde, so wird man zu der Ansicht gebracht, daß der Diamant nicht überall auf die nämliche Art und Weise gebildet worden ist. Soweit unsere jetzigen Kenntnisse reichen, müssen wir für verschiedene Gegenden verschiedene Bildungsvorgänge annehmen. Ist der Diamant in Indien, Lappland im südlichen Borneo, usw. wirklich in den die Gneisschichten gangförmig durchsetzenden granitischen Eruptivgesteinen, am Kap in dem Olivingestein als ein Bestandteil derselben eingewachsen gewesen, dann ist wohl kein Zweifel, daß der Diamant auf dieselbe Art entstanden ist wie diese Gesteine selbst. Leider gehört aber deren Bildungsweise noch mit zu den dunkelsten Fragen der ganzen Geologie, so daß mit jener Erkenntnis für die Entstehung des Diamants nicht viel gewonnen ist. Höchst wahrscheinlich sind jene granitischen (Pegmatit-) Gänge aus einer mit Wasser durchtränkten, bei vermutlich nicht sehr hoher Temperatur geschmolzenen Silikatmasse erstarrt, und dasselbe gilt höchst wahrscheinlich für das Olivingestein, das am ENTSTEHUNG UND NACHBILDUNG DES DIAMANTS. 299 Kap die Diamanten ursprünglich enthielt und nach seiner Umwandlung in Serpentin noch enthält. Ist dieses Gestein ein Eruptivgestein, dann ist seine Bildung von der des Peg- matis überhaupt nicht wesentlich verschieden und der südafrikanische Diamant in der- selben Weise entstanden wie der in Indien und Lappland. Der Unterschied besteht bloß darin, daß sich der Kohlenstoff im ersten Fall aus einem sehr sauren (kieselsäurereichen), im zweiten aus einem sehr basischen (kieselsäurearmen) Schmelzfluß beim Erstarren in Form von regelmäßigen Kristallen ausgeschieden hat. Man hat sich dabei den Schmelz- fluß mit Kohlenstoff in irgendeiner Form imprägniert zu denken, sei es, daß dieser als solcher in dem Schmelzfluß gelößt ist, oder in Verbindung mit anderen Elementen als Karbid oder als Kohlensäure. In letzterer Hinsicht denkt man an die mikroskopischen Einschlüsse flüssiger Kohlensäure, die die Mineralgemengteile jener Gesteine, besonders der Quarz der Granite, aber auch der Olivin des Peridotits und der Diamant selbst oft in erheblicher Anzahl beherbergen. Daß sich aus kohlenstoffhaltigen ultrabasischen Silikat- schmelzflüssen nach Art des Kimberlits in der Tat Diamant in kristallisiertem Zustande aus- zuscheiden vermag, haben die Versuche von J. Friedländer und von v.R. Haßlinger und J. Wolf, bewiesen die wir unten noch näher kennen lernen werden. In ganz anderer Weise muß der Diamant, der, wie es den Anschein hat, mit Quarz und anderen Kristallen aufgewachsen auf Spalten im Itakolumit Brasiliens, vielleicht auch Nordamerikas vorkommt, entstanden sein. Es ist nicht der mindeste Zweifel möglıch, daß die Kristalle des Quarzes und der ihn begleitenden Mineralien auf wässerigem Wege, durch Auskristallisieren aus wässerigen Lösungen, vielleicht in der Kälte, sich gebildet, haben. Dieselbe Entstehung müßte dann — immer die tatsächliche Richtigkeit des ganzen Vorkommens vorausgesetzt — auch dem Diamant zugeschrieben werden. Wie jene Lösungen beschaffen waren, ist allerdings zurzeit noch ganz unbekannt, wahrschein- lich aber waren sie warm. Gorceix, der zuerst die Gleichartigkeit der Entstehung der brasilianischen Diamanten mit den hier und schon oben genannten Begleitmine- ralien ausgesprochen hat, denkt sich diese allerdings nicht durch wässerige Lösungen, sondern durch Umsetzung von aus dem Erdinnern aufsteigenden Gasen und Dämpfen ge- bildet, und zwar, wie wir vorhin gesehen haben, von solchen chlor- und fluorhaltiger Verbindungen. In beiden Fällen würden wir es mit einer sog. pneumatolytischen Bildung zu tun haben. Im Ural sollen die Diamanten von Adolfskoi ursprünglich in einem bituminösen Dolomit eingewachsen gewesen sein. Nach der Annahme von Engelhardt, der diese Art des Vorkommens zuerst für das Wahrscheinlichste erklärte, wäre der Diamant durch Umwandlung der dem Dolomit beigemengten bituminösen Bestandteile entstanden. Wie man sich den Prozeß im speziellen zu denken hätte, das steht allerdings ebenfalls noch dahin. Das Vorkommen des Diamants im Meteorstein von Nowo-Urei ist wegen des Mitvor- kommens von Olivin und Augit vergleichbar mit dem von Südafrika. Es liegt nahe, auch eine ähnliche Bildung in einem fremden Himmelskörper anzunehmen wie am Kap. Anders ist es mit den Diamanten im Meteoreisen. Scheidet sich Kohlenstoff aus ge- schmolzenem Gußeisen aus, wie es in jedem Hochofen geschieht, so kristallisiert er als Graphit, im Stahl öfters als Diamant. Es wäre nicht undenkbar, daß unter den bei der Bildung des Meteoreisens herrschenden besonderen Umständen, vielleicht wegen des in demselben stets vorhandenen Nickel- und Phosphorgehalts, sich der Kohlenstoff als Dia- mant ausgeschieden hätte. Hier kann vielleicht eine weitere Ausbildung der gleichfalls noch zu erwähnenden Versuche von Moıssan Aufklärung verschaffen. Es geht aus dem Erwähnten hervor, daß bezüglich der natürlichen Entstehung des Diamants noch manche Unsicherheit herrscht. Nur weitere Beobachtungen des ursprüng- 300 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. lichen Vorkommens des Diamants und seiner Begleitmineralien, sowie Versuche über künstliche Darstellung desselben werden imstande sein, uns klare Vorstellungen zu verschaffen. Alle Bestrebungen, die nach verschiedenen Richtungen hin bisher in dieser Beziehung gemacht worden sind, waren noch vor kurzem erfolglos. Mit zweifelloser Sicherheit hat man dabei erst in der jüngsten Zeit Diamant erhalten, wenn man auch früher schon einigemal der Meinung gewesen war, das Ziel erreicht zu haben. Man versuchte, den Kohlenstoff durch Schmelzen oder durch Verdampfen, also bei sehr hoher Temperatur, be- sonders durch Vermittelung der Elektrizität, sodann durch Abscheiden aus kohlenstoffhaltigen Flüssigkeiten in der Kälte oder in der Hitze und bei starkem Druck als Diamant zum Kristallisieren zu bringen. Von einigem Interesse sind vielleicht die älteren Untersuchungen von Despretz und die von Hannay; sehr viel wichtiger, ja allein von Bedeutung sind die neueren von Moissan, von Friedländer, von v. Haßlinger und Wolf, und endlich auch die von Ludwig. Allerdings ist diese Bedeutung vorläufig noch eine rein wissenschaftliche, theoretische, da die bisher auf künstlichem Wege erhaltenen Diamanten durchweg klein, Ja sogar zum großen Teil mikroskopisch klein und auch trübe und undurchsichtig ge- wesen sind. Bis zur Herstellung schöner und großer, zum Schmuck brauchbarer Steine ist wohl noch ein weiter Weg, doch kann auch jeder Tag die Lösung dieses Problems bringen. Despretz ließ über einen Monat lang ununterbrochen im luftleeren Raum starke elektrische Funken von einem Kohlenzylinder auf Platindräbte überschlagen. Diese letzteren bedeckten sich dabei mit Kohlenteilchen, in denen bei 30facher Vergrößerung kleine Oktaederchen beobachtet wurden, die nach der Angabe Korund ritzten. Bei einem anderen Versuche ließ er zwei Monate lang in angesäuertem Wasser den Strom von einer Kohlenspitze auf einen Platindraht übergehen. Auch dabei beschlug sich der Draht mit einer dünnen Kohlenschicht, in der zwar keine Oktaederechen beobachtet werden konnten, die aber ebenfalls Korund ritzen sollte, allerdings weniger leicht, als das Produkt des ersten Versuches. Beide Male fehlt der zweifellos sichere Nachweis, daß die erhaltenen Körnchen wirklich Diamant gewesen sind. Hannay hatte durch Versuche 1880 festgestellt, daß aus einem Kohlenwasserstoff bei hoher Temperatur durch Natrium-, besser durch Lithiummetall Kohlenstoff ausge- schieden wird. Zugleich glaubte er nachgewiesen zu haben, daß bei starker Hitze und hohem Druck Kohlenstoff in stiekstoffhaltigen organischen Substanzen sich auflöse. Daher ließ er Lithium in einer zugeschweißten schmiedeeisernen Röhre auf Paraffin, dem er eine kleine Menge Walfischtran beigemischt hatte, einwirken, und zwar bei sehr hoher Tempe- ratur, die in der geschlossenen Röhre einen enormen Druck hervorbringen mußte. Er dachte sich, daß der von dem Lithium aus dem Paraffın abgeschiedene Koblenstoff im Entstehungsmoment von dem stiekstoffhaltigen Walfischtran aufgelöst werde und bei der Erkaltung als Diamant sich ausscheiden könne. Der Versuch ergab auch eine kristalli- nische Masse mit 97 Proz. Kohlenstoff, aber auch hier ist die Zugehörigkeit zum Diamant durchaus zweifelhaft. In jüngster Zeit (seit 1893) hat Moissan Versuche zur künstlichen Darstellung des Diamants mit besserem Erfolge unternommen. Er löste in der Hitze des elektrischen Flammenbogens Kohlenstoff in Eisen und bewerkstelligte eine sehr rasche Erstarrung der Masse, indem er den Tiegel, in dem sie geschmolzen wurde, in kaltes Wasser tauchte, oder indem er die Schmelze in eine in Eisenfeile gemachte Höhlung goß, oder auf noch andere Weise. Durch die rasche Erstarrung der Außenschicht der Schmelze sollte nach der Ansicht von Moissan auf das zunächst noch flüssige Innere ein starker Druck aus- geübt werden, und dieser sollte den bei der Erkaltung sich ausscheidenden Kohlenstoff ENTSTEHUNG UND NACHBILDUNG DES DIAMANTS. 301 veranlassen, als Diamant, statt wie unter gewöhnlichen Umständen als Graphit, zu kri- stallisieren. Jedenfalls erhielt er, als er das Eisen nach der vollständigen Erkaltung auflöste, einzelne teils schwarze, teils aber auch vollkommen wasserhelle, bis !/ mm große Körnchen und Kriställchen von der Form und Beschaffenheit des Diamants, die im Sauerstoff zu Kohlensäure verbrannten. Hier ist kein Zweifel an der Diamantennatur des erhaltenen Produktes mehr möglich. Schmelzendes Silber lieferte dasselbe Resultat wie Eisen. Diese Versuche von Moissan erklären das Vorkommen kleiner Diamanten ın ge- wissen Stahlsorten und in den erwähnten Meteoreisen. Daß auch aus kohlenstoffhaltigen Schmelzflüssen ultrabasischer Silikate, wie des süd- afrikanischen Kimberlits, der Kohlenstoff in Form von Diamant auskristallisieren kann, hat uns zuerst, 1898, Imanuel Friedländer gezeigt. Er rührte in einer dünnflüssigen Schmelze von Olivin mit einem Kohlenstäbchen herum und fand nach dem Abkühlen die mit der Kohle in Berührung gewesenen Teile der erstarrten Masse schwarz gefärbt. Unter dem Mikroskop entdeckte er neben zahlreichen Magneteisenkriställchen winzige bis 0,001 Millimeter große braune, sehr stark lichtbrechende, durchscheinende Oktaederchen, auch Tetraederchen und Tetraederzwillinge, die Topas und Rubin ritzten und auch alle anderen Merkmale des Diamants zeigten. Beim Erhitzen unter Luftzutritt verschwanden sie, blieben aber im Kohlensäurestrom unverändert. Zu demselben Ergebnis gelangte 1902 R. v. Haßlinger. Als er in einer dem natürlichen Muttergestein der südafrikanıschen Diamanten gleichen, durch Thermit geschmolzenen Masse Kohlenstoff auflöste, erhielt er nach dem Abkühlen bis 0,05 Millimeter große wasserhelle, schön ausgebildete Oktaeder- chen von Diamant. Er hat dann den Prozeß im Verein mit J. Wolf eingehender studiert. Beide berichten 1903, daß ein Gehalt von Alkalien und alkalischen Erden, besonders Kalk und Magnesia, zur Entstehung von Diamant notwendig ist, daß aber zu kieselsäurereiche Schmelzen keine Diamanten mehr liefern. Da der südafrikanische Kimberlit kieselsäure- arm und zugleich magnesiareich ist, so entsprechen diese Versuche ganz den natürlichen Verhältnissen der Diamanten am Kap. Man kann darnach nicht mehr zweifeln, daß diese als Ausscheidung aus dem Kimberlitmagma sich gebildet haben, wobei der darin befind- liche Kohlenstoff, ebenfalls diesen Versuchen zufolge, wahrscheinlich in Form von Karbiden vorhanden gewesen ist. Der Annahme einer Entstehung von Diamant in dem sehr kiesel- säurereichen Pegmatit würden die von v. R. Haßlinger und J. Wolf erhaltenen Resul- tate allerdings nicht günstig sein; in Beziehung darauf wären also noch fernere Unter- suchungen nötig. Zum Schluß sei noch erwähnt, daß im Jahre 1901 Albert Ludwig ein Verfahren beschrieb, Kohle durch Schmelzen unter hohem Druck direkt in Diamant umzuwandeln. Der Prozeß wird durch Anwesenheit von Diamant befördert. Er leitete durch eine ın Re- tortenkohlenpulver eingebettete Eisenspirale in Wasserstoff unter einem Druck von 1300 Atmosphären den elektrisshen Strom und erhitzte dadurch das Eisen zur Rotglut. Nach wenigen Minuten schon fanden sich an einzelnen Kohlenpartikelchen winzige hellglänzende ‘ Kriställechen von der Beschaffenheit des Diamants. Ohne Eisen muß der Kohlenstoff ın einer sehr hoch gespannten Atmosphäre geschmolzen werden. Unter solchen Umständen geschmolzener Kohlenstoff ist für Elektrizität nichtleitend wie Diamant, während die an- gewandte Kohle leitend war. Diamant wurde dabei auch in kleinen, bis erbsengroßen Körnchen von der Beschaffenheit des Karbonats tatsächlich erhalten. Dies erweckte bei Ludwig die Hoffnung, daß diese Reaktion dazu berufen sei, „die Darstellung des Diamants im Großen zu bewerkstelligen und mit den natürlichen Diamanten in scharfen Wettbewerb zu treten“. 302 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. d) Verwendung des Diamants. Die Hauptanwendung des Diamants, neben der jede andere von geringer Bedeutung ist, ist die als Schmuckstein. Nur die Steine, die wegen Undurchsichtigkeit oder schlechter Farbe oder sonstiger ungünstiger Beschaffenheit hierzu untauglich sind, werden in anderer Weise, und zwar wegen ihrer großen Härte in der Technik benützt. 1. Verwendung zu Schmucksteinen. Die Schönheit des Diamants beruht sehr selten auf einer eigentümlichen vorteilhaften Körperfarbe. Sie ist bedingt durch den hohen Glanz und das ausgezeichnete, unvergleich- liche Farbenspiel, das durch die Brechung des Lichts auch in dem nicht oder schwach gefärbten Steine hervorgerufen wird. Je schöner dieses Farbenspiel, desto wertvoller unter sonst gleichen Verhältnissen der Diamant. Die Erscheinung ist jedoch abhängig von dem Schliff. Rohe Steine mit ihren rauhen und meist wenig regelmäßigen Flächen zeigen sie meist gar nicht oder in geringem Maße. Erst bei geschliffenen Diamanten tritt sie hervor, und auch bei ihnen in verschiedenem Grade und in verschiedener Schönheit, je nach den durch das Schleifen hervorgebrachten Formen, die nicht alle in gleichem Maße günstig wirken. Wieweit man im Altertum schon verstand, Diamanten zu schleifen, oder doch vor- handene Kristallflächen dureh Politur zu verbessern, ist nicht mit Sicherheit bekannt. Aus den überlieferten Berichten geht aber hervor, daß diese Kunst den Alten wohl nicht ganz unbekannt war. In Indien, dem alten Heimatlande des Diamants, verstand man schon in den ältesten Zeiten Diamantflächen zu polieren, und später hat man dort auch gelernt, Facetten anzu- schleifen. Am Ende des siebzehnten Jahrhunderts, zur Zeit der Anwesenheit von Tavernier (1665), wurden jedenfalls Diamanten in dieser Weise bearbeitet. Wann und wie das Ver- fahren erfunden oder eingeführt wurde, ist nicht bekannt. Die Indier wandten den Schliff aber meist nur an, um schlechte Stellen an den Steinen zu entfernen. Sie bevor- zugten natürliche Oktaäder, deren Flächen sie polierten. Allerdings stellten sie auch andere Schlifformen her, so vielfach Dieksteine (8. 96, Taf. IV, Fig. 15°,”), deren Form daher als „indischer Schnitt“ bezeichnet wurde, daneben Tafelsteine, Dünnsteine und ähnliches. Alle diese Gestalten sind nicht nur in Indien, sondern auch sonst im Orient, in Persien, Arabien, Bagdad usw. sehr geschätzt. Formen mit zahlreichen Facetten fehlten gleich- falls nicht. Die Schleifer schmiegten sich dabei aber der natürlichen Begrenzung des rohen Steines an, um Materialverlust möglichst zu vermeiden. Letzteres war und ist noch heute im Gegensatz zu den europäischen Steinschleifern die Hauptsorge ihrer indischen Kollegen, die aus diesem Grunde vielfach unförmlich dicke, für die Liehtwirkung ungünstige sogenannte „klumpige Steine“ oder „Kieselsteine“ herstellen. Diese Steine kamen nachher zum Teil in europäische Hände und wurden dann unter großem Gewichtsverlust neu ge- schliffen, um ihre Schönheit zu heben. Ein solches Schicksal hatte neben anderen der „Kohinur“, der große Diamant der englischen Krone, dessen frühere in Indien hergestellte - Form auf Taf. X, Fig. 4°, ”, die jetzige europäische in Fig. 5°, ”, ° abgebildet ist. Wir treffen indessen in Indien nicht nur einheimische Diamantschleifer, sondern auch Europäer. So berichtet Tavernier von dem Venezianer Hortensio Borgis, daß er den großen Diamant des Beherrschers von Delhi, der nach seinem Besitzer später „Groß- mogul“ genannt wurde, mit wenig Erfolg geschliffen habe. Die seit dem Ende des Mittel“ alters in Europa zur Entwicklung und zur Blüte gelangte Diamantschleiferei ist also nicht ganz ohne Einfluß auf Indien geblieben, und vielleicht ist die Kunst in Indien von Europa aus eingeführt oder doch neu geweckt worden. VERWENDUNG DES DIAMANTS. 1. ZU SCHMUCKSTEINEN. 303 Im Abendlande wurde im Mittelalter der Diamant noch ganz roh oder oberflächlich poliert oder auch in den in Indien üblichen einfachen Formen von Spitzsteinen, Dick- und Tafelsteinen usw. benützt. Er diente so anfänglich nicht zum Frauenschmuck sondern zur Verzierung von Staats- und Prachtgewändern, wie z. B. des Krönungs- mantels Karls des Großen, von Reliquienschreinen, Sceptern, Kronen, Schwertscheiden usw. Von Diamantschleifereien aus jenen Zeiten ist in Europa so gut wie gar nichts Genaueres bekannt, bis am Anfang des 15. Jahrhunderts ein geschickter Künstler Namens Hermann in Paris auftrat, wo sich nunmehr die Diamantschleiferei entwickelte. Schon 1373 wurden Diamantpolierer in Nürnberg erwähnt, man weiß aber nicht näher, in welcher Weise sie die Steine bearbeitet haben. Mit der allmählich sich vervollkommnenden und verbreitenden Kunst, die Schönheit der Diamanten durch Schleifen, wenngleich zunächst nur wenig zu erhöhen, geht wohl auch die allgemeiner werdende Verwendung zum Frauenschmuck Hand in Hand. Dies geschah zuerst am französischen Hofe unter Karl VII. durch Agnes Sorel (nach 1431) Die dortigen Damen entwickelten dann schon unter Franz I. einen großen Luxus darin und dieser nahm bald so zu, daß Karl IX. und Heinrich IV., allerdings vergeblich, eigene Verordnungen dagegen erlassen mußten. Von Frankreich aus verbreitete sich hierauf die Sitte, Diamanten zum Schmuck des Körpers ständig zu tragen, allmählich über ganz Europa. Der starke Verbrauch hatte zur Folge, daß die Diamantschleiferei neue Impulse erhielt. In der Tat machte diese Kunst noch im Laufe des 15. Jahrhunderts einen ihrer größten Fortschritte durch den niederländischen Steinschleifer Ludwig van Berquen in Brügge. Seine Erfindung fällt in das Jahr 1476. Manche stellten die Sache nach einer Mitteilung seines Enkels Robert van Berquen so dar, als wäre er der Entdecker des Verfahrens, Diamanten mit ihrem eigenen Pulver zu schleifen, also der eigentlichen Diamantschleiferei. Aber diese Kunst ist, wie wir gesehen haben, wahrscheinlich schon längst in Europa bekannt gewesen. Was L. van Berquen erfand, war wohl nur eine Verbesserung des Schleifverfahrens und eine streng regelmäßige Anordnung der Facetten, wodurch das Farbenspiel, das an den früher hergestellten Spitz- und Tafelsteinen beinahe gleich Null war, sehr wesentlich gesteigert wurde. Die ersten und berühmtesten Diamanten, die L. von Berquen schliff, sollen die Karls des Kühnen von Burgund gewesen sein, welche der Herzog zum Teil in seinen unglücklichen Schlachten gegen die Schweizer verlor. Einige dieser Steine sind wahrscheinlich noch heute in der damals erhaltenen Form vorhanden und bekunden den hohen Grad der Geschicklichkeit des Künstlers, der sie geschliffen. Nach Schrauf sind der „Florentiner“ (Tafel XI, Fig. 10°,®) und der „Saney“ (Fig. 11°,®) hierher zu rechnen, beide in der bis dahin unbekannten, von L. van Berquen zuerst angewandten Form der Brioletts oder Pendeloques. Bei der speziellen Betrachtung der großen Diamanten werden wir auf diese beiden noch einmal zurückkommen. Die Form dieser Diamanten ist später nicht gar zu oft nachgeahmt worden; gegen- wärtig ist sie ziemlich ungebräuchlieh und kommt an neugeschliffenen Steinen wenig vor. Dagegen kam im 16. Jahrhundert, etwa 1520, die jetzt für den Diamant so wichtige Form der Rose oder Rosette mit ihren verschiedenen Abarten (Taf. IV, Fig. 1 bis 7 und Fig. 37 und 38, S. 97) auf. Diese war längere Zeit sehr beliebt und wird auch jetzt noch sehr häufig angewendet. Sie hat den Vorteil, daß sie beim Schleifen dünner und flacher, sog. schwacher Diamanten, einen nur ganz unbedeutenden Materialverlust verursacht und daß sie einen sehr starken Glanz zeigt. Andererseits leidet sie aber an dem Übelstand, daß ihr das schöne Farbenspiel günstiger geschliffener Diamanten abgeht. Bald wurde auch die Form der Rose überholt durch eine andere, welche die höchsten Grade der Vollkommenheit darstellt, die der Diamant nach unseren jetzigen Erfahrungen 304 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. erlangen kann. Es ist die Form des Brillants, deren Erfindung in der Mitte des 17. Jahr- hunderts, wie wir schon oben gesehen haben, dem Kardinal Mazarin oder doch wenigstens seinem Einfluß zugeschrieben wird. An den Brillanten von Mazarin hatte das Oberteil (außer der Tafel) 16 Facetten, es war der zweifache Brillant (Taf. II, Fig. 1°,”,%). Am Ende des 17. Jahrhunderts stellte der Venetianer Vincent Peruzzi zuerst dreifache Brillanten mit 32 Flächen am Oberteil (Fig. 3°,°,°) her, die,eine noch etwas günstigere Liehtwirkung haben. Später sind dann die Facetten, wie in Fig. 4°,", ° derselben Tafel, gleichmäßiger gestaltet worden, auch hat man neuerer Zeit bei den Brillanten die Tafel machmal gänzlich durch rosettenartig angeordnete Facetten ersetzt. An Steinen dieser Art werden in Amerika zur Erhöhung des Glanzes zuweilen flache Vertiefungen statt der Facetten angeschliffen, und ähnlich werden auch Steine von anderen Formen manchmal mit solehen Vertiefungen versehen. Andere Schlifformen, die man seitdem noch erfunden hat, sind nur unwesentliche Modifikationen der genannten, so der Sternschnitt von Caire (Taf. III, Fig. 1°,”,°), der darauf berechnet ist, ohne Ver- schlechterung der Liehtwirkung den durch die Herstellung der Brillantform bedingten Verlust zu vermindern, der amerikanische Brillantschliff (Fig. 34, S. 92) und der Jubi- läumsschliff oder Schliff des 20. Jahrhunderts (Fig. 35, S. 94). Der Materialverlust ist allerdings beim Brillant sehr bedeutend und beträgt ein Drittel, oft die Hälfte des rohen Steines, manchmal noch mehr. So betrug z. B. beim „Regent“, einem der vollkommensten Brillanten, den man kennt, das Rohgewicht 410 Karat, der geschliffene Stein wiegt jetzt 136”/s Karat, weit weniger als die Hälfte. Beim „Kohinur“ sind die entsprechenden Zahlen 186'/ıs und 106°/ıs Karat, und der roh 254!/2 Karat wiegende „Südstern“ wurde beim Schleifen in einen Brillant von 125!/2 Karat verwandelt. Im Mittel rechnet man, daß für einen Brillant von 1 Karat ein roher Diamant von 2!/2 Karat nötig ist. Dafür ist aber auch das Farbenspiel beim Brillant das Herrlichste, was man sich denken kann, prächtiger als bei irgendeiner anderen Schlifform. Dieses Umstandes wegen erleidet man den Verlust gern, und man schätzt einen etwas kleineren Diamant mit gutem Brillantschliff und Farbenspiel weit höher als einen etwas größeren, aber schlechter geschliffenen, der wegen seines ungünstigen Schliffes ein nur unbedeutendes Farbenspiel zeigt. Der Brillant wird stets so gefaßt, daß die breite Tafel nach vorn und dem Beschauer zugekehrt ist. Nur selten und wenn der Stein Fehler hat, die man verdecken will, geschieht das Umgekehrte (indische Fassung). Die Strahlen des auffallenden Lichtes machen dann den schon früher (S. 52, Fig. 20) dargelegten Weg .durch den Stein hindurch und bewirken so das prachtvolle Aussehen. Neben einem Brillant sieht jeder andere Diamant matt und tot aus, die Anordnung der Facetten an anderen Schlifformen verändert die Lichtstrahlen bei ihrem Gang durch den Stein weniger günstig, und namentlich kann sich das Farbenspiel keiner anderen Diamantform mit dem des Brillants messen. Aber auch jeder Brillant, der nicht die oben (S. 93) angegebenen Dimensionen hat, der also nicht genau nach der Regel geschliffen ist, wirkt weniger vorteilhaft. Ein solcher ist z. B. der „Kohinur“ in seiner neuen Form. Er ist zu niedrig und daher seine Wirkung er- heblich geringer als die des „Regent“, dessen Form genau in den richtigen Verhältnissen gehalten ist. Die Wirkung eines Brillants hängt aber nicht allein von der Form und Beschaffen- heit des Steines, sondern bis zu einem hohen Grade auch von der Art der Beleuchtung ab. Die Lichtquelle darf nicht zu groß sein, sonst überdecken sich die einzelnen durch die Brechung entstandenen farbigen Teilstrahlen und machen im Auge den Eindruck von Weiß. Bei künstlicher Beleuchtung darf die Flamme nicht durch eine matte Glasglocke verdeckt sein. Am vorteilhaftesten für das Aussehen eines Brillants ist es, wenn er von VERWENDUNG DES DIAMANTS. SCHLIFFFORMEN. 305 allen Seiten her durch zahlreiche kleine Flammen beleuchtet wird. Sehr bedeutend wird die Wirkung gesteigert, wenn die Brillanten etwas hin und her schwanken, was durch Aufsetzen auf dünne metallene Stäbchen bewirkt werden kann; ein durch fortwährende rasche Anderung des Farbenspieles hervorgebrachter besonders prachtvoller Anblick ist die Folge davon. Werden auch dem Diamant erforderlichenfalls alle Formen gegeben, die sonst bei Edelsteinen üblich sind, so sind doch gegenwärtig die beiden Hauptschlifformen des Dia- mants in erster Linie und von weit überwiegender Bedeutung die des Brillants, sodann, ebenfalls weit verbreitet, die der Rosette (Rose); alles andere tritt dagegen zurück und kommt höchstens gelegentlich einmal vor. Bei keinem anderen Edelsteine werden diese beiden Formen so häufig und in so vorwiegender Weise angewendet wie beim Diamant, so dab, wenn man von Brillanten und Rosetten schlechtweg spricht, darunter immer solche von Diamant verstanden sind. Zu Brillanten (S. 91) werden alle Steine der verschiedensten Größe verschliffen, von den größten bis zu Bruchteilen eines Karats, wenn es die rohe Form irgend ohne zu großen Verlust erlaubt. Auf Tafel IX sind Brillanten von '/ı Karat bis 100 Karat in natür- licher Größe, von der Tafel des Oberteils aus gesehen dargestellt, die ein übersiehtliches Bild von der den verschiedenen Gewichten zukommenden Größe geben. Man hat beson- dere Instrumente, sog. Diamanten- oder Brillantenlehren, mittels deren man die Größe der Steine in Millimetern messen kann. Hieraus läßt sich dann mit Hilfe geeig- neter Tabellen das Gewicht ermitteln, was häufig, besonders bei gefaßten Steinen, von Wert ist. Bei vollkommen regelmäßig geschliffenen Brillanten ist diese Methode recht zuver- lässig; wenn unregelmäßige Facetten vorhanden sind, kann das so gefundene Gewicht von dem richtigen, das die Waage angibt, um !/ıs bis !/3a Karat abweichen. Zu Rosen (S. 96) werden im allgemeinen nur kleine und schwache, d.h. dünne Steine, sowie bei der Herstellung größerer Brillanten abgespaltene Stücke verarbeitet, größere nur, wenn sie zu einem Brillant nicht diek genug sind. Man zieht es sogar zuweilen vor, aus einem solchen dünnen Steine von einiger Größe durch Zerteilen mehrere kleinere Brillanten statt einer größeren Rose herzustellen. In Fig. 54 sind wie oben bei den Brillanten einige Rosen von verschiedenem Gewicht (1 bis 50 Karat) in natürlicher Größe abgebildet. Rosen mit noch regelmäßiger Flächenanordnung werden von viel ge- ringeren Dimensionen hergestellt als Brillanten. Sie gehen bis zu einer Kleinheit herab, ZN 30 Karat. Fig. 54. Natürliche Größe der Rosetten aus Diamant von 1 bis 50 Karat. sodaß 1500 und noch mehr auf ein Karat gehen. Kleine Rosen, von denen 100 bis 160 und noch mehr Stück ein Karat wiegen, werden Stückrosen genannt. In der Kunst, Steine von dieser geringen Größe zu schleifen, sind namentlich die Holländer bewandert. Solche minimale Splitterchen werden oft auch nur mit einigen wenigen unregelmäßigen Facetten versehen und bilden dann die sogenannten Senaille; sie, wie die kleinsten Rosen benützt man zum Einfassen (Karmoisieren) anderer größerer Edelsteine. Hier schließen sich endlich noch die Porträtsteine (Kasken, Brillantglas) an, sehr dünne, auf beiden Seiten abgeschliffene Plättehen aus Diamant, deren Rand meist mit kleinen Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 20 306 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Facetten versehen ist. Sie dienen zum Bedecken kleiner Porträts usw. ın Ringen usw. und bringen auf diese Weise eine sehr gute Wirkung hervor. Erwähnt mag noch werden, daß man, wenn schon selten, auch aus Diamant in der Mitte durchbohrte ovale Formen zum Aufreihen auf Schnüren herstellt. Zum Schluß seien hier noch einige Ausdrücke erwähnt, die von den Juwelieren zu- weilen angewendet werden. Sehr kleine Diamanten heißen Salzkörner, sehr große und schöne Solitairs, auch Nonpareils oder Parangons. Solitairs wurden früher alle geschliffenen Diamanten über 50 Karat genannt, solche über 100 Karat hat man wohl auch als majestätische Diamanten bezeichnet. Steine unter ein Karat bilden das Karatgut, die von einem, zwei usw. Karat werden als Karatsteine, Zweikaratsteine usw., auch als ein-, zweikarätig usw. unterschieden. 2. Diamantschleiferei. Die allgemeinen Verhältnisse der Edelsteinschleiferei sind schon oben (S. 99) besprochen worden. Bei der Bearbeitung des Diamants ist aber seiner großen Härte und seiner Spaltbarkeit wegen manches zu berücksichtigen, was bei anderen Edelsteinen wegfällt. Die Form des Brillants wird jetzt, wie wir gesehen haben, am häufigsten hergestellt. Diese gleicht in den allgemeinen Umrissen einem Oktaöder, an dem zwei gegenüber- liegende Ecken abgestumpft sind. Hat man eine solche Form, dann sind nur die Facetten anzubringen, und der Brillant ist fertig. Die günstigste Ausgangsform für diesen Schliff ist daher das Oktaöder. Kristalle von den Formen der Fig. 39 n und o sind somit für die Brillanten besonders geeignet, aber auch die Granatoäder und Achtundvierzigflächner (Fig. 39 ce und d) sind noch günstig. Haben jedoch die rohen Steine eine vom Oktaöder stark abweichende Form, wie z. B. Fig. 39 e und /, dann wird von den okta@drischen Blätterbrüchen der Diamanten Gebrauch gemacht, um aus ihnen durch Spaltung erst ein Oktaöder herzustellen und daran weiterhin die Brillantfacetien anzubringen. Das Spalten ist also eine wichtige Prozedur bei der Diamantschleiferei. Es fördert die Arbeit sehr bedeutend, denn es ist sehr rasch geschelien, während es sehr zeitraubend und kost- spielig wäre, die betreffenden Teile statt dessen abzuschleifen. Außerdem sind die ab- gespaltenen Stücke noch ganz und können weiter zur Herstellung kleinerer Steine, und zwar ihrer geringen Dicke wegen namentlich zu Rosetten, Verwendung finden. Das Spalten wird auch sehr viel angewandt, um unreine äußere Teile von einem inneren besseren Kerne zu trennen, um einen größeren Stein von ungünstiger Form in mehrere kleinere zu zerlegen usw. Dabei ist aber die äußerste Vorsicht nötig. Der Arbeiter muß verstehen, aus der Form der rohen Diamanten die Lage der Spaltungsflächen zu beurteilen und mub imstande sein, Zwillingsbildungen zu erkennen, bei denen die Spaltungsflächen nicht ununter- brochen durch den ganzen Stein hindurchgehen. Sucht man einen Stein letzterer Art zu spalten, oder einen anderen Stein in falscher Richtung, so ist er der Gefahr der Zertrümmerung ausgesetzt, was immer großen Verlust zur Folge haben kann. Die eigentliche Spaltung, das „Klieven“ der Diamantschleifer, wird von besonderen Arbeitern besorgt, und zwar ist der Vorgang der folgende: der zu spaltende Stein wird mit einer Mischung von Schellack, Terpentin und feinstem Ziegelmehl oder einer ähnlichen Masse, dem sog. Zement, oder auch mit Schnellot am Ende eines Kittstockes befestigt, und zwar so, daß die herzustellende Spaltungsfläche in die Verlängerung des letzteren fällt. Dann wird ein zweiter Diamant mit einer hervorstehenden Kante in derselben Weise .auf einen anderen Kittstock gesetzt, so daß die Kante nach oben gekehrt ist. Mit dieser wird nun über den zu spaltenden Stein an der Stelle, wo die Teilung vor sich gehen soll, und in der Richtung der herzustellenden Spaltungsfläche so lange stark hin und her gerieben, bis eine kleine Rinne von genügender Tiefe entstanden ist. In dieser wird ein scharfes, Natürl. Grösse der Brillanten von Y“ bis 100 Karat . Tafel IX AN) EN = \S ID o SP i PN \ N > DD je NS vi VEN KK & N N 6) [5°] <> Y/ ER ZEN © N Ü \ Ä > rn w <= 0 Ss j N ) N N \ ID RS SQ zZ = Y % ; N n [ “er = t s Ge 0 VERWENDUNG DES DIAMANTS. SCHLEIFEREI. 307 starkes Messer wieder genau in der Richtung der herzustellenden Trennungsfläche aufgesetzt und darauf, nachdem der Stiel des Kittstockes auf eine feste elastische Unterlage gestellt ist, mit einem Hammer ein kurzer energischer Schlag ausgeführt. Die Spaltung geht so ganz leicht vor sich. Durch Herumdrehen des Steines, indem man den Kitt durch Er- wärmen weich macht und jenen von neuem in der Richtung einer zweiten usw. Spaltungs- fläche einsetzt, kann man ın derselben Weise die Spaltung nach den anderen Richtungen ausführen. Man muß dabei das durch das Einreiben der Rinnen entstehende Pulver in einem kleinen Kistehen, der Schneidebüchse auffangen, da es wertvoll und zum eigent- lichen Schleifen brauchbar ist. Neuerdings hat man auch Maschinen zum Spalten der Diamanten hergestellt. Das Spalten ist in Indien, der Mitteilung Tavernier’s zufolge, schon seit alten Zeiten bekannt und allgemein im Gebrauch. In Europa scheint es aber erst seit neuerer Zeit von den Diamantschleifern angewendet zu werden, und zwar, wie erzählt wird, nach dem Vorgange des englischen Physikers Wollaston, der um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts (1766—1828) lebte. Von ihm wird berichtet, daß er große Diamanten mit äußeren Fehlern kaufte, die fehlerhaften Stellen durch Spaltung entfernte und dann die Steine mit großem Nutzen wieder verkaufte. Hat der Stein, wenn nötig, durch Spalten, die oktaödrische Grundform des Brillants erhalten, dann handelt es sich darum, noch die Facetten anzubringen. Dies geschieht nicht direkt durch Schleifen; diesem geht zur Beschleunigung und Erleichterung der Arbeit erst noch eine andere der Diamantschleiferei eigentümliche Operation voraus, die wieder von besonderen Leuten besorgt wird, das Schneiden, Formen, Reiben, Bruttieren, Grauen oder Graumachen des Steines, wodurch die Facetten im rohen vorgebildet werden. Der Arbeiter nımmt dabei gleichzeitig zwei Steine in Angriff, die er mittels Schnellots, einer leicht schmelzbaren Legierung von Blei und Zinn, oder mittels des beim Spalten verwendeten Kittes auf Kittstöcken befestigt, so daß nur die Stelle herausragt, an der die Facette entstehen soll. Dann werden die beiden Diamanten an diesen Stellen, zum Auffangen des Pulvers über der Schneidebüchse, mit starkem Druck aneinander ge- rieben, bis die Facetten in ihren Umrissen, ziemlich eben, aber noch rauh an beiden Steinen in ihrer ungefähr richtigen Stellung vorliegen. Bei diesem Reiben entsteht ein eigentümliches Geräusch, das so charakteristisch sein soll, daß ein Kenner daran ohne weiteres merken kann, ob zwei Diamanten oder zwei andere harte Steine aneinander ge- rieben werden. Die so vorbereiteten Facetten haben ein graues, metallisches Aussehen, daher der Name Grauen oder Graumachen. Dabei ist immer darauf zu sehen, dal der Stein durch die Reibung nicht zu stark erhitzt wird, weil er sonst eisige Flecken erhält. Ist an den beiden Steinen die erste Facette im rohen fertig, dann wird das Schnellot oder der Kitt erwärmt und erweicht, und die Steine werden so gedreht, daß eine zweite Stelle heraussieht, die eine Facette tragen soll. Das Reiben wird wiederholt und damit in derselben Weise so lange fortgefahren, bis alle größeren Facetten vorgezeichnet sind. Die Steine sind dann von einem System ziemlich ebener, rauher, grauer, etwas metallisch glänzender Flächen umgeben; sie haben nun gar nicht mehr das Aussehen von Diamanten, sondern eher das von matten, grauen Metallkörnern von der allgemeinen Form des herzustellenden Brillants oder der betreffenden anderen Form, die man ihnen zu geben beabsichtigt. Auch für das Grauen hat man jetzt Maschinen, die das Geschäft sehr gut besorgen. Sie werden daher vielfach mit Nutzen als Ersatz für die Handarbeit angewendet und haben außerdem den Vorteil, daß beinahe alles abgeriebene Pulver gewonnen wird, während beim Grauen mit der Hand wenig mehr als die Hälfte in der Schneidebüchse aufgefangen werden kann, so daß beinahe die Hälfte verloren geht. 20* 308 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Früher wurde auf diese Weise auch die breite Tafelfläche der Brillanten durch Reiben vorbereitet. Heutzutage versteht man, die betreffende Ecke durch Sägen in der oben (S. 103) besprochenen Weise zu entfernen. Diese Ecke bleibt dabei erhalten, während sie früher ganz verloren ging, und der Verlust ist dadurch viel geringer. Auch in anderen Richtungen werden die Diamanten jetzt zersägt, um z. B. aus einem größeren Stück von ungünstiger Form zwei kleinere besser gestaltete zu erhalten usw. Beim Schleifen des „Regent“ hat man übrigens vom Sägen bereits Gebrauch gemacht. Die Oktaöderecken beim Her- stellen von Brillanten hat man schon früher auch in der Weise entfernt, daß man an der passenden Stelle den Stein ringsum einkerbte, wie beim Klieven und dann die Ecke durch einen raschen Schlag abtrennte; dies ist aber immerhin nicht ungefährlich. Dem Reiben folgt nun erst das Schleifen oder Polieren. Diesem ist es vorbehalten, die rauhen Reibflächen glatt und glänzend zu machen und ihnen genau ihre richtige Lage zu geben, die an den gegrauten Flächen noch nicht vollkommen erreicht ist, sowie die noch fehlenden kleinen Facetten anzubringen, die beim Grauen nicht berücksichtigt werden. Dies geschieht in der bei allen Edelsteinen üblichen Weise (S. 100), indem man die Steine in eine Doppe einsetzt und auf die Schleifmühle bringt, die in unserem Falle stets mit Diamantpulver als Schleifmittel versehen werden muß. Wegen der Gleichheit der Härte des Steines und des Schleifmittels fällt beim Diamant Schleifen und Polieren zusammen; die Facetten erhalten beim Schleifen sogleich ihren höchsten Glanz, eın be- sonderer Polierprozeß ist überflüssig. Der Stein braucht zum Schlusse nur noch behufs Beseitigung der anhängenden Unreinigkeiten mit feiner Knochenasche oder Tripel abge- rieben zu werden, um marktfähig zu sein. Bei dem Schleifen ist es keineswegs gleichgültig, in welcher Richtung die stets wag- recht laufende Schleifscheibe über die herzustellende Facette weggeht.e. In manchen Richtungen wird der Stein verhältnismäßig leicht angegriffen, in anderen ist dies kaum möglich. Dieses Verhalten hängt, wie wir gesehen haben, damit zusammen, daß beim Diamant wie bei anderen Edelsteinen die Härte in verschiedenen Richtungen verschieden ist. Der Diamant muß daher „nach dem Wuchs“ geschliffen werden, sonst können leicht Steine und Schleifscheiben zerstört werden. Der Arbeiter muß also diese Richtungen leichter Angreifbarkeit genau kennen, sonst rückt sein Geschäft im günstigsten Falle äußerst langsam vorwärts. Soll z. B. an einem Oktaöder die Tafel eines Brillants ange- schliffen werden, so muß die Schleifscheibe über die Kanten des Oktaöders weg angreifen. Greift sie über die Flächen (in Fig. 55 von nahezu rombischer Form mit den gekreuzten Pfeilen) weg an, dann ist es fast unmöglich, dıe Facette zustande zu bringen, weil in dieser Richtung die Härte des Diamants erheblich größer ist als in der andern. In der Fig. 55 geben die Pfeile die Richtung geringster Härte auf sämtlichen Flächen eines Brillants an, also diejenigen Richtungen, nach denen mit dem besten Erfolge ge- schliffen werden kann. Auch dieses dritte und letzte Stadium in der Bearbeitung eines Diamants, das Schleifen und Polieren, wird von besonderen Arbeitern besorgt. Die Reihenfolge, in der die Facetten eines Brillants hergestellt werden, ist nicht gleichgültig. Jedenfalls wird, wenn man von der oktaödrischen Grundform ausgeht, immer zuerst die Tafel und die Kalette angebracht. Dabei muß, um die richtigen Größen- verhältnisse zu erhalten, stets, wie es in Fig. 56 dargestellt ist, an der Seite der Tafel die Ecke genau auf 5/ der halben Höhe, an der Seite der Kalette auf '/; derselben abge- schliffen werden, sonst entspricht der Stein nicht der Regel für die vollkommenste Brillantform, bei welcher der Oberteil ein Drittel, der Unterteil zwei Drittel der gesamten Dicke von der Tafel bis zur Kalette einnimmt. VERWENDUNG DES DIAMANTS. SCHLEIFEREI. 309 Bei manchen rohen Steinen ist die Gestalt so, daß man ihnen statt der gewöhnlichen Form besser die der ovalen oder der dreieckigen Brillanten gibt. Dann modifizieren sich die obigen Operationen etwas nach den speziellen Verhältnissen. Dasselbe geschieht auch, wenn es sich um andere Schlifformen als den Brillant handelt, z. B. um eine Rosette, In diesem Falle spielt dann die Spaltbarkeit keine so große Rolle mehr, im übrigen wird aber ebenso verfahren wie beim Brillant. Der Hauptsitz der Diamantschleiferei hat mit den Zeiten vielfach gewechselt. Die Ludwig van Berquen zugeschriebene große Entdeckung wurde 1476 in Brügge ge- macht, doch bestanden im 15. und 16. Jahrhundert die meisten Schleifereien in Antwerpen, wohin Arbeiter von L. van Berquen übergesiedelt waren. Von da kam die Kunst nach Amsterdam, und hier hat sie sich bis zum heutigen Tage immer weiter und groß- artiger entwickelt, freilich nicht ohne mancherlei Wechselfälle. In dieser Stadt sind jetzt die meisten Anstalten für Diamantschleiferei und die meisten Arbeiter. Gegenwärtig be- finden sich dort etwa 70 große und kleine Fabriken mit allen Einrichtungen der modernen Fig. 55. Richtungen geringster Härte auf den Fig. 56. Diamantoktaeder mit Tafel und Kalette Facetten eines Brillants. als Vorbereitung für den Brillantschliff. Technik und mit Dampfbetrieb, sowie mit mehr als 12000 Arbeitern, durchweg Juden. Eine dieser Anstalten hat allein 450 Schleifmühlen und 1000 Arbeiter. Im ganzen sollen in Amsterdam ungefähr 7000 Schleifapparate (Skaifs) im Betrieb sein. Allerdings ist Amsterdam nicht mehr, wie lange Zeit hindurch, der einzige Sitz dieser Industrie. Es gibt jetzt geschickte Schleifer, namentlich in Antwerpen, aber auch in Gent, Paris, St. Claude und anderen Orten im französischen Jura, London und vor allem in Deutsch- land, besonders in Hanau, sowie ın Berlin und in Idar bei Oberstein a. Nahe, wo, wie bekannt ıst, und wie wir unten noch eingehend sehen werden, die Bearbeitung der farbigen Edelsteine, namentlich auch des Achats und anderer Quarzmineralien ihren Hauptsitz hat. In Nordamerika hat sich dieser Industriezweig seit einiger Zeit, begünstigt durch den hohen Zoll auf geschliffene und die Zollfreiheit für rohe Edelsteine, sowie durch den infolge des stark zunehmenden Reichtums rasch steigenden Juwelenluxus be- deutend entwickelt. Auch manche neue Einrichtungen, z. B. die der mechanischen Doppen, in denen die Steine mittels Klammern festgehalten und beliebig gedreht werden können, und einige neue Schlifformen sind hier aufgekommen, während in Europa der Betrieb ohne Verbesserungen stets in der alten Weise stark stagnierend weitergeführt wurde. Immer aber steht Amsterdam noch an der Spitze: Amsterdamer Schleifer gelten noch immer für die geschicktesten, daher werden ihnen meist die größten und kostbarsten Steine, wie z. B. der Excelsior und der Cullinan, anvertraut; auch verstehen sie am besten, ganz kleine Steinchen mit regelmäßigen Facetten zu versehen. Daß bei der Herstellung eines Brillants die Hälfte des rohen Steins, selten weniger, häufig mehr verloren geht, ist schon erwähnt. Die zum Schliff erforderliche Zeit ist 310 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. recht erheblich und wächst mit der Größe der Steine. So brauchte z. B. Harry G. Morse in Boston 3'/ Monate, um einen 125 Karat schweren südafrikanischen Diamant zu einem 77 Karat schweren Brillant zu schleifen. Die sehr erheblichen Kosten gehen daraus von selber hervor. Während das Schleifen des Diamants von der größten Wichtigkeit ist, kommt das Sehneiden oder Gravieren desselben, das bei weicheren Edelsteinen so viel geübt wird, bei ihm der großen Härte wegen kaum vor. Ob im Altertum auf Diamant graviert wurde, ist mindestens sehr zweifelhaft, aus /späteren Zeiten sind aber einige geschnittene Diamanten bekannt, so ein soleher mit dem Bildnisse des Don Carlos und ein anderer mit dem für Karl V. hergestellten spanischen Wappen. Heutzutage wird der Diamant jeden- falls nicht mehr in dieser Weise bearbeitet, da die Ausführung zu schwierig und die Wirkung der geschnittenen Steine nicht der angewandten Mühe entsprechend ist. Daß die Kunst auch im Orient nicht unbekannt war, zeigt unter anderem ein von Boutan angeführtes Beispiel, wo auf einer Fläche eines schönen indischen Oktaöders von 30 Karat ein reli- giöser Spruch in orientalischen Buchstaben eingraviert war. Nach dem Bericht von G. Rose war der unter dem Namen „Schah“ bekannte ungelmäßig geformte Diamant des russischen Kronschatzes (Taf. X, Fig 3°,”) auf einigen Flächen mit persischen Inschriften versehen, die Namen von persischen Königen angebend. Ein anderer großer Diamant, der „Akbar Schah“, war auf zwei Flächen mit arabischen Inschriften versehen, die aber wie bei dem „Schah“ durch einen Neuschliff verschwunden sind. Auch das Durchbohren von Diamanten zum Auffassen auf Schnüren kommt vor, aber gleichfalls nur als Seltenheit. Diese Kunst soll heutzutage noch in Genf und Venedig betrieben werden, in letzterer Stadt als letzter Überrest alter Diamantschleifereien die ehemals hier im Gange waren. Das Bohren setzt wie das Schleifen die Anwendung von Diamantpulver voraus. Die erste Öffnung wird mit einer feinen Diamantspitze bewirkt, dann wird mit einer Stahlspitze und Diamantstaub bis zur völligen Durchbohrung weiter gearbeitet. 3. Verwendung in der Technik. Die Anwendung der Diamanten in der Technik beruht zum kleinen Teil auf der starken Liehtbreehung, am meisten wird von der enormen Härte Gebrauch gemacht. Wegen der starken Lichtbrechung hat man versucht, den Diamant zu Linsen für Mikroskopobjektive zu verwenden. Solche Diamantlinsen brauchen nur eine geringe Krümmung zu haben, um dieselbe Vergrößerung zu geben wie sehr stark gekrümmte Linsen aus schwächer liehtbreehender Substanz, wie Glas usw. Die mit der starken Krümmung der Linsen verbundenen Übelstände werden also beim Diamant vermieden, auch sind Diamantlinsen ihrer großen Härte wegen nicht der Gefahr ausgesetzt, von Staub und Schmutz angegriffen zu werden. Die Versuche wurden hauptsächlich von Pritehard auf Antrieb des Dr. Goring 1824 bis 1826 gemacht, aber obwohl es Pritchard gelang, einige brauchbare Linsen herzustellen, so wurde diese Verwendung wegen der Schwierigkeit der Arbeit und wegen des hohen Preises solcher Fabrikate nicht weiter verfolgt. Sehr verbreitet ist die Anwendung der Diamanten zum Glasschneiden. Hierzu muß der Stein eine von zwei krummen Kristallflächen gebildete gebogene, nicht zu stumpfe Kante besitzen, die man mit schwachem Druck an der Oberfläche des Glases hinführt. Dadurch entsteht in diesem ein ganz flacher, feiner Sprung, der etwa 0,15 Millimeter Tiefe hat, der aber genügt, um ein Zerbrechen genau in seiner Richtung zu ermöglichen. Wenn die Kante in geeigneter Weise aufgesetzt ist, d. h. parallel der Richtung, in der der Diamant über das Glas hinbewegt wird, dringt sie wie ein Keil in das Glas ein und treibt die oberflächliche Schicht auseinander. Ist der Diamant nicht richtig aufgesetzt, dann VERWENDUNG DES DIAMANTS IN DER TECHNIK. 311 gibt es keinen Sprung; er schneidet nicht, sondern er ritzt. Dasselbe geschieht auch, wenn man einen Diamantsplitter mit einer scharfen Spitze verwendet. Diese macht eine Rinne, indem oberflächlich Glasteile losgerissen werden, was beim richtigen Schneiden niemals geschieht. Längs einer solchen eingerissenen Rinne springt das Glas nicht wie längs eines eingeschnittenen Sprunges. Wollaston hat hierüber eingehende Versuche an- gestellt und gefunden, daß nicht nur natürliche runde Kanten sich zum Glasschneiden eignen, sondern auch künstlich angeschliffene und sogar schon von weniger harten Steinen als Diamant. Er schliff solehe an Rubin, Sapphir, Bergkristall usw. an und konnte damit dieselbe Wirkung hervorbringen, während eine gerade, von zwei ebenen Flächen gebildete Kante eines Diamants zum Schneiden ganz untauglich war. Man benutzt zu sog. Glaser- diamanten kleine natürliche Kristalle von geeigneter Form, etwa Granatoöder oder ähn- liche (Fig. 39, ce, d usw.), die man mittels Schnellots in geeigneter Stellung in eine eiserne Fassung einsetzt, sodaß die zum Schneiden geeignete Kante gerade aus dem Lot heraus- ragt; die Fassung wird dann an einer hölzernen Handhabe befestigt. Die Anwendung ist Sache einiger Übung, die für jeden einzelnen Diamant besonders erlangt werden muß, da eine auch nur geringe Abweichung von der richtigen Stellung die Wirkung des Schneidens verhindert. Die meisten Glaserdiamanten sollen aus Steinen von Borneo und Bahia gemacht werden. Übrigens werden auch scharfe Diamantsplitter, wie sie z. B. vielfach beim Spalten der zum Schleifen bestimmten Steine abfallen, in ähnlicher Weise gefaßt und als sog. Schreibdiamanten zum Schreiben und Zeichnen auf Glas und andere harte Gegen- stände verwendet. Solche Diamantspitzen werden auch zum Gravieren und Bohren harter Edelsteine, wie Rubin, Sapphir usw. benützt, und dasselbe ist schon im Altertum ge- schehen. In der Neuzeit wird die Diamantspitze beim Gravieren allerdings wohl meist durch sehr rasch rotierende, mit Diamantpulver in Olivenöl bestrichene Scheibchen (Zeiger) oder Spitzen ersetzt. Ferner wird der Diamant wegen seiner großen Härte noch verwendet zum Abdrehen des Randes von Uhrgläsern und von Zapfen aus ganz hartem Stahl, die für Präzisions- instrumente aller Art bestimmt sind, zum Abdrehen von Kanonenrohren z. B. ın den Werk- stätten von Krupp in Essen, zur Herstellung von Werkzeugen aller Art für die Fein- mechanik, zum Auskleiden von Öffnungen, durch welche Gold, Silber usw. behufs Her- stellung feiner Drähte hindurchgezogen werden, zum Abdrehen und zur sonstigen Bearbeitung harter Gesteine, wie Granit, Gneis, Porphyr usw., zu Zapfenlagern der feinsten Uhren und anderer ähnlicher Instrumente usw. Umfangreicher ist aber wohl die Anwendung von Diamanten zur Herrichtung der scharfkantigen Furchen auf den Reibflächen von Mühlsteinen, zu welchem Zwecke man neuerer Zeit besondere Maschinen konstruiert hat, und vor allem bei der Bohrung von Löchern in Gesteine. Namentlich die Gesteinsbohrung mit Diamant ist seit Ihrer Erfin- dung im Jahre 1860 wichtig geworden, besonders wo es sich um recht harte und feste Felsarten handelte, sowohl bei Tiefbohrungen als beim Bergwerksbetrieb, beim Tunnelbau usw. Eine mit Diamanten besetzte rotierende Bohrkrone reibt auf dem Gestein und dringt mit außerordentlicher Gesehwindigkeit darin vor, so daß die Arbeit sehr viel mehr gefördert wird als bei irgendeiner anderen Bohrvorrichtung. Man benutzt dazu und überhaupt in der Technik zum Schleifen untaugliche schlechte Diamanten, Bort und Karbonat. Besonders zu erwähnen ist die Verwendung des feinen Pulvers zum Schleifen nicht nur von Diamanten, sondern auch von anderen Edelsteinen, selbst von nicht so sehr harten, die sich auch mittels Schmirgel schleifen ließen; die Arbeit mit Diamant fördert aber viel besser und ist daher trotz der Kostspieligkeit des Schleifpulvers billiger. Auch 312 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. zum Durchschneiden harter Steine wird aus demselben Grunde jetzt Diamant vielfach benutzt, indem man die vertikal rotierenden runden Sehneidescheiben aus Metall am Rande, der den Stein angreift, mit Diamantpulver bestreicht oder feine Diamantsplitterchen dort einsetzt. 4. Große und berühmte Diamanten. Besonderes Interesse knüpft sich an eine Anzahl besonders großer und schöner Diamanten, deren Geschichte, mehr oder weniger genau erforscht, zum Teil bis in ziemlich weit zurückliegende Zeiten hinaufreicht. Bei einigen der durch Größe und Schönheit be- rühmten Steine sind allerdings die früheren Schicksale nicht genauer bekannt. Anderer- seits wissen wir aus zuverlässigen alten Beschreibungen und Abbildungen von manchen solchen Steinen, von denen keine neuere Kunde mehr vorhanden ist, sei es, daß sie zerstört oder verloren gegangen sind, sei es, daß sie in den Schatzkammern irgendeines orientalischen Fürsten, die stets eine besondere Vorliebe für Diamanten und andere Edelsteine hatten, verborgen liegen. Diese Diamanten, die wegen ihrer ungemeinen Kostbarkeit vielfach mit besonderen Namen belegt worden sind, stammten früher alle aus Indien, erst vor verhältnismäßig kurzer Zeit, in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts, hat auch Brasilien einige wenige hierher gehörige Steine geliefert. Aus Südafrika kommen zwar jetzt in wenig Jahren mehr große Steine als aus Indien und Brasilien in vielen Jahrzehnten und Jahrhunderten zu- sammen. Aber die meisten von ihnen sind wegen ihrer gelblichen Färbung weniger geschätzt, so daß nur einige wenige von den vielen großen Kapdiamanten wegen ihrer besonderen Schönheit eine hervorragende Stellung einnehmen und einen eigenen Namen erhalten haben. In der folgenden Zusammenstellung spielen also indische, meist in früheren Jahrhunderten gefundene Steine eine besonders große Rolle. Der Wert dieser kostbaren Steine ist natürlich ein ganz enormer, man findet sie da- her nur unter den Kronjuwelen einiger Länder und in den Händen einiger besonders reicher Privatpersonen im Abend- und besonders auch im Morgenlande. Der Londoner Juwelier Edwin W. Streeter hatein eigenes Buch über diese berühmten großen Diamanten herausgegeben, auch Boutan hat ihre oft komplizierte und schwierig zu entwirrende Geschichte sorgfältig studiert. Ihre und die betreffenden älteren Berichte sind den nachfolgenden Mitteilungen zugrunde gelegt. Die meisten dieser Steine sind auf Tafel X und XI im geschliffenen Zustande in natürlichen Verhältnissen abgebildet und geben so eine Übersicht über ihre Größe und über die Formenmannigfaltigkeit, die durch den Schliff an ihnen hervorgebracht worden ist, bei in der Hauptsache gleichbleibenden allgemeinen Schlifformen. Die meisten sind Brillanten, aber im speziellen von erheblich verschiedener Form. Auch die Gestalt des ursprünglichen rohen Steines ist bei mehreren dargestellt. Einige der größten dieser Steine, von denen die Berichte zu erzählen wissen, sind übrigens mit höchster Wahrscheinlichkeit gar keine Diamanten, sondern andere Mineralien, die damit verwechselt wurden. Hierher gehört vor allem einer der größten, je als Diamant erwähnten Steine, der aus einem unbekannten brasilianischen Fundorte stammende hühner- eigroße „Braganza“ von 1680 Karat, von dem oben schon mehrfach die Rede war und der jetzt allgemein für ein Stück Topas gehalten wird. Er wird im portugiesischen Kron- schatz aufbewahrt und ist näherer Untersuchung aus leicht begreiflichen Gründen nicht zugänglich, denn würde er sich mit Bestimmtheit als Topas erweisen, so würde der Wert von 224 Millionen Pfund Sterling, den man ihm früher zuschrieb, auf ein Minimum her- untersinken. GROSSE UND BERÜHMTE DIAMANTEN. 313 Für ein Stück Bergkristall wird jetzt der ebenfalls schon erwähnte große „Diamant“ des Radschah von Mattan auf Borneo, der dort sog. „Danau Radschah“ gehalten. Im Falle der Echtheit wäre es weitaus der größte Diamant von jener Insel; er hat ein Gewicht von 367 Karat. Der birnförmige, etwa taubeneigroße Stein soll im Bezirke Landak in Westborneo gefunden worden sein, der Name Danau Radschah weist aber mehr auf den Siidosten der Insel, wo der Fluß Danau ist. Er soll 1868 in Pontiänak untersucht und als Bergkristall erkannt worden sein. Manche meinen aber, der Eigentümer habe damals den echten Stein gar nieht vorgelegt, sondern nur eine Nachbildung. Zweifellos echt sind alle die folgenden, von denen zuerst die indischen, dann die brasilianischen und endlich diejenigen vom Kap erwähnt werden sollen. Die großen indischen Diamanten werden zuweilen für sehr alt gehalten, höchst- wahrscheinlich sind sie aber, wenigstens zum Teil, in garnicht so sehr früher Zeit gefun- den worden. Jedenfalls gibt es keine bestimmten Nachrichten aus dem Altertum, im Gegen- teil weiß man ziemlich sicher, dal die im Besitze der Römer befindlichen Steine eine nur geringe Größe hatten. Der größte Diamant, der aus Indien erwähnt wird, wenigstens in seiner ursprüng- lichen, freilich nur vermuteten Gestalt, ist der in seiner Geschichte allerdings vielfach un- klare Großmogul. Tavernier sah ihn 1665 in der Schatzkammer des Großmoguls Aurung Zeb in Delhi und gab eine Abbildung nebst genauer Beschreibung davon. Der Stein hatte danach die Form einer sehr hohen runden Rosette (Taf. X, Fig. 2) und war von gutem Wasser. Er wog 3191/2 Ratis, was Tavernier, 1 Rati = '/s Karat gesetzt, in 280 Karat umrechnete. Nach anderer Ansicht wäre aber ein Rati kleiner anzu- nehmen und das Gewicht nur etwa gleich 188 Karat zu setzen. Der rohe Stein soll zwischen 1630 und 1650 in den Gruben von Kollur gefunden worden sein und ursprüng- lich 7871/ Karat gewogen haben. Von dem oben schon erwähnten, in Indien ansässigen venetianischen Schleifer Hortensio Borgis soll er dann so ungünstig geschliffen worden sein, daß das Gewicht auf den genannten kleinen Betrag herabsank. Den Wert des ge- schliffenen Steines berechnete Tavernier auf nahezu 12 Millionen Franken. Was später aus dem nur aus Taverniers Beschreibung bekannten Großmogul geworden, ist voll- kommen unbekannt. Man hat daher vermutet, daß er mit einem jetzt unter anderem Namen bekannten großen Stein identisch sein könnte, so mit dem „Orlow“ oder dem „Kohinur“, von denen unten die Rede sein wird, oder daß er irgendwo unter den Schätzen eines indischen Fürsten verborgen gehalten wird, wenn er nicht gar im Laufe der Zeiten vollständig verloren gegangen oder zerstört worden ist. Manche vermuten, daß der Stein sich jetzt in dem Schatze des Schah von Persien befindet. Einen großen Diamanten von demselben Gewicht, 320 Ratis, beschreibt auch der Stifter der Moguldynastie, Babur, in seinen Memoiren. Danach wäre dieser Stein seit den ältesten Zeiten in Indien bekannt und berühmt gewesen und wäre, nachdem er, meist als Kriegsbeute, durch die Hände vieler indischer Fürsten gegangen, 1556 in den Besitz Baburs gelangt. Nach der Ansicht des englischen Mineralogen Maskelyne, die seitdem viele Anhänger gefunden hat, ist dieser Stein derselbe, den Tavernier in Delhi sah und als „Großmogul“ beschrieb, und gleichfalls derselbe, der sich jetzt unter dem Namen Kohinur im englischen Kronschatz befindet. Dieser letztere wurde 1739 von dem Perser Nadir Schah erbeutet, als er das Reich der Großmoguls zerstörte und eroberte. Im Jahre 1813 kam er in die Hände des Fürsten von Lahore und wurde dort 1850 bei Gelegenheit eines Aufstandes die Beute der englisch-ostindischen Kompagnie, die ihn der Königin Vietoria überreichte. Das Gewicht betrug 186'!/ıs Karat, war also sehr nahe gleich dem oben für 320 Ratis angenommenen kleineren Betrage. Der Stein hatte damals die sehr ungünstige Form einer unregelmäßigen Rosette (Taf. X, Fig. 4°, ?), oben mit angeschliffenen 314 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Facetten, unten mit einer breiten Spaltungsfläche; eine zweite kleinere Spaltungsfläche lag an der Seite. Um die Schönheit besser hervortreten zu lassen, wurde er in einen Brillant umgeschliffen, ein Geschäft, das der Diamantschleifer Voorsanger in dem Etablissement von Coster in Amsterdam im Jahre 1852 in 38 zwölfstündigen Arbeitstagen für den Preis von 8000 Pfund Sterling bewerkstelligte. Der Kohinur ist nunmehr ein ziemlich schöner Stein von 106!/ıs Karat, aber die neue Form (Taf. X, Fig. 5°,’,°) ist für einen vollkommenen Brillant zu niedrig, das Wasser ist nicht ganz rein und die Farbe etwas graulich, also die Beschaffenheit keineswegs ganz tadellos. Trotzdem wird der Wert jetzt auf 2 Millionen Mark geschätzt. Welche Ansicht die richtige ist, ob der Kohinur und der Großmogul derselbe Stein oder ob beide von einander verschieden sind, wird sich wohl kaum mit Sicherheit jemals entscheiden lassen. Für die Identität beider spricht sich auch Tennant aus, der weiterhin der Meinung ist, daß der Kohinur und der sogleich zu besprechende Orlow Stücke des von Tavernier erwähnten rohen Steines von 787!/, Karat seien, und dazu sollte dann als drittes Stück eine mehrfach von Schriftstellern erwähnte Diamantplatte von 132 Karat gehören, die Abbas Mirza bei der Eroberung von Coocha iu Khorossan mit den Schätzen von Reeza Kuli Khan erbeutetee Tennant bildete das Ganze ın Flußspat nach, der dieselbe Spaltbarkeit wie der Diamant besitzt, und schrieb danach jenem rohen Steine die Form eines hühnereigroßen Granatoöders von 7935/s Karat zu, welche letztere Zahl mit der von Tavernier angegebenen sehr nahe übereinstimmt. Meinungsverschiedenheiten sind auch bezüglich des Namens Kohinur vorhanden. Dieser, der „Berg des Lichts“ bedeutet, soll dem Steine von Nadir Schah gegeben worden sein. Nach einer anderen Ansicht wäre es eine Korruption des Fundortes Kollur und würde den großen Diamanten von Kollur bedeuten, unter welchem Namen der Diamant angeblich früher in Indien bekannt war. Der erwähnte Orlow oder Amsterdamer ist der größte Diamant des russischen Kronschatzes; für gewöhnlich befindet er sich an der Spitze des Reichsszepters. Er ist vom schönsten Wasser, vollkommen rein und zeigt den lebhaftesten Glanz. Die Form (Taf. X, Fig. 1°,”,°) ist sehr ähnlich der des Großmoguls nach Taverniers Zeichnung, eine hohe, fast halbkugelige, runde Rosette, unten mit einer Spaltungsfläche, wie das auch beim Kohinur in der alten Form der Fall war. Die Höhe beträgt 10, der größte Durch- messer 15!» Linien, das Gewicht 1943|ı Karat. Früher soll er ein Auge der Statue des Brahma im Tempel auf der Insel Scheringham im Caveryfluß in Maysur in der Nähe von Triehinopoli gebildet haben. Hier wäre er von einem französischen Sol- daten in den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts gestohlen und durch Vermittelung eines englischen Schiffskapitäns von Madras nach Europa gebracht worden. Der Stein kam nachmals nach Amsterdam, wo er 1791 vom Fürsten Orlow für die Kaiserin Katharina II. um 1400 000 holländische Gulden gekauft wurde. Auch er soll, wie er- wähnt, ein Stück des Großmogul sein. Zuweilen wird berichtet, daß der Stein durch Vermittelung eines Armeniers Schafras in den Besitz der russischen Krone gekommen sei. Dies soll aber, nach anderer Meinung, nicht für den Orlow zutreffen, sondern für einen anderen großen Diamanten der russischen Krone, den Mond der Berge. Diesen, 120 Karat schwer, hatte Nadir Schah in Indien erbeutet; er zierte seinen Thron und wurde bei seiner Ermordung mit anderen Juwelen von einem afghanischen Soldaten geraubt, von dem er in den Besitz des Armeniers Schafras kam. Letzterer verkaufte ihn 1775 für 450 000 Rubel, eine Leibrente von 4000 Rubeln und einen Adelsbrief an die Kaiserin Katharina II. Die Geschichte dieses Steines wird übrigens. Grosse Diamanten in natürlicher Grösse. TafelX 1a wre m, 2 IV VYN FRE ER EEE, Y AN LI NAWANANAN | M ER I nn 1.Orlow. 1a. von oben. 1b, ce. von zwei verschiedenen Seiten. 2.Grossmogul. 3a,b. Schah. 4,5. Kohinur. 4a, b. alte Form. 5a, b, ce. neue Form. 6. Stewart (Kap). 7b, e. Diamant des Herrn Dresden (Brasilien). GROSSE UND BERÜHMTE DIAMANTEN. 315 vielfach, auch abgesehen von der Beteiligung des Schafras, mit der des Orlow verwechselt und vermengt. Modern geschliffen würde er einen Brillant von 120 bis 125 Karat geben. Gleichfalls der russischen Krone gehört der Polarstern, ein schöner Brillant von 40 Karat (Taf. XI, Fig. 15). Ein eigentümlicher Stein ist der Schah, den der persische Prinz Chosro&s, der jüngere Sohn von Abbas Mirza, im Jahre 1829 dem Kaiser Nikolaus von Rußland als Geschenk überbrachte. Er ist vom reinsten Wasser. Seine Form (Taf. X, Fig. 3°,) ist die eines sehr unregelmäßigen Prismas, 1 Zoll 5'/2 Linien lang und an der breitesten Stelle 8 Linien breit. Die Begrenzung wird teils von Spaltungsflächen, teils von angeschliffenen Facetten gebildet. Auf drei der letzteren sind die Namen von drei persischen Königen eingraviert, er bildet also eines der wenigen Beispiele von gravierten Diamanten. G.Rose, der den Stein kurz nach dessen Ankunft in St. Petersburg sah, gibt das Gewicht auf SS Karat an. Später soll er oberflächlich überschliffen und sein Gewicht dabei erst von 95 auf 86 Karat reduziert worden sein, was also mit @. Roses Angaben nicht ganz stimmt. Auch die interessanten Inschriften sollen bei diesem Prozeß verschwunden sein. Ein anderer gravierter Diamant ist der Akbar Schah, genannt nach seinem ersten Besitzer, den Großmogul Akbar. Dessen Nachfolger Jehan ließ ıhn auf zwei Seiten mit arabischen Inschriften versehen. Er ging dann verloren, tauchte aber, kenntlich an diesen Inschriften, vor kurzem in der Türkei unter dem Namen des „Steines von Shepherd“ wieder auf. Er wog 116 Karat, wurde aber 1866 umgeschliffen und 1867 an den Gaik- war von Baroda um 35 000 Pfund Sterling verkauft. Sein jetziges Gewicht ist 71 oder 72 Karat; auch er hat beim Umschleifen die eingravierten Inschriften verloren. Einer der größten indischen Diamanten ist der Nizam, von dem aber nicht viel be- kannt ist. Es soll in der Gegend von Golconda von einem Kinde auf dem Boden gefunden worden sein. Man weiß von ihm seit 1835. Das Gewicht ist 277 Karat. Es wird ihm aber auch eine andere Fundgeschichte und ein ursprüngliches Gewicht von 440 Karat zugeschrieben. Er soll sich jetzt im Besitze des Nizam von Haiderabad befinden. Diegroße Tafelvon Tavernier (Fig. 57) ıst, wie der Großmogul, verschwunden. Der Reisende sah sie 1642 in Goleonda; es war der größte Diamant — 2423/16 Karat —, den er in Indien im Privatbesitze antraf. Gegen ein Angebot von 400.000 Rupien wurde sie damals nicht abgegeben. Wenig Nachrichten hat man von den zwei großen Diamanten im Besitze des Schah von Persien. Der eine, der Darya-i-nur (Meer des Lichts), wiegt 186, der andere, der Taj-e-mah (Krone des Mondes), 146 Karat. Beide sind vom reinsten Wasser und als Rosetten geschliffen. Sie schmückten früher zwei Armbänder, deren Wert auf 20 Millionen Mark ge- schätzt wurde. Fig. 57. Große Diamanttafel von Tavernier. Einer der ausgezeichnetsten und schönsten Diamanten, die man kennt, zugleich auch, wenigstens im Rohgewicht, der größte von allen sicher nachgewiesenen indischen, ist der Regent oder Pitt, früher auch der „Millionär“ genannt, der dem französischen Kronschatze angehört. Er wurde 1701 in den Gruben von Partial gefunden (nach anderer Lesart auf der Halbinsel Malakka) und an den Gouverneur Pitt des Forts St. Georg ın Madras um 20400 Pfund Sterling verkauft. 1717 erwarb ıhn der damalige Regent von Frankreich, der Herzog von Orleans, um zwei Millionen Franken und die etwa beim Schleifen abfallenden Stücke. Dieser ließ ihn um 1751 in London bearbeiten. Der Schliff dauerte zwei Jahre, kostete 5000, nach anderen Nachrichten 8000 Pfund Sterling und reduzierte das Gewicht 316 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. von 410 auf 13614: Karat. Es ergab sich aber dabei ein fast vollständig fehlerloser Brillant von der vollkommensten Form (Taf. XI, Fig. 8°,",°), bei dem freilich die Farbe den allerhöchsten Anforderungen nicht ganz entspricht. Bei der Schätzung der franzö- sischen Kronjuwelen 1791 wurde der Wert auf 12 Millionen Franken festgesetzt. 1792 ging der Stein mit vielen anderen Edelsteinen aus dem französischen Kronschatz durch Diebstahl verloren, wurde aber später in seinem Versteck wieder aufgefunden. Während der Kriege der Republik war er verpfändet, Napoleon löste ihn aber wieder ein, und seitdem ist er ununterbrochen bis heute in Paris geblieben als wertvollstes Stück des fran- zösischen Kronschatzes. Bei der vor einigen Jahren erfolgten Veräußerung der ım Besitze der französischen Regierung befindlichen Edelsteine ist er als ein Objekt von allgemeinem Interesse nieht mit verkauft worden. Der Florentiner oder „Großherzog von Toskana“, auch der „Österreicher“ genannt, befindet sich in der Schatzkammer der Wiener Hofburg. Er hat die Form eines Brioletts (Taf. XI. Fig. 10°,”) mit neunfacher Anordnung der Facetten. Sein Gewicht ist 1331/ Wiener Karat (27,454 g); die Angabe von 1391/2 Karat, die man zuweilen trifft, bezieht sich auf das leichtere florentiner Gewicht. Der Stein ist sehr schön klar und hat ein Feuer ersten Ranges, die Farbe geht jedoch deutlich etwas ins Gelbe. Nach der gewöhnlichen, aber auch bestrittenen Annahme wurde er von Ludwig van Berquen für Karl den Kühnen geschliffen, von diesem in der Schlacht von Granson verloren und von einem Schweizer auf dem Schlachtfelde gefunden. Später gelangte er nach mehrfachem Besitzwechsel in die Hände des Großherzogs Franz Stephan von Toskana, der ihn später mit nach Wien nahm, wo er seitdem ununterbrochen geblieben ist. Sehr ähnlich dem vorigen in der Form ist der sehr viel kleinere Sancy von 5312/16 Karat, der wie jener nach einer gleichfalls bestrittenen Ansicht von L. van Berquen für Karl den Kühnen geschliffen worden sein soll. Der Besitzer soll ihn in der Schlacht bei Nancy bei sich getragen haben, und aus den Händen eines Soldaten, der ihn hier nach dessen Tode fand, soll er nach Portugal und dort an einen Herrn von Sancy in Frank- reich gekommen sein, der ihn gegen das Jahr 1600 an die Königin Elisabeth von Eng- land verkaufte. Von England brachte ihn 1649 die Gemahlin Karls I. nach Frankreich, wo er anfänglich als Pfand in den Besitz des Kardinals Mazarin kam, der ihn mit 17 anderen großen Diamanten an Ludwig XIV. vererbtee 1791 wurde bei der Schätzung der französischen Kronjuwelen sein Wert auf eine Million Franken angegeben. In der Revolution wurde er 1792 wie der Regent gestohlen, aber nicht wie dieser vom früheren Eigentümer wieder aufgefunden. Er blieb verschollen, bis er 10 Jahre später unter den Edelsteinen der spanischen Krone wieder auftauchte. Von 1828 bis 1865 gehörte er dem Fürsten Demidoff, der ıhn für 20000 Pfund Sterling verkaufte. Jetzt soll er dem Maharadscha von Guttiola gehören, also nach vielen Irrfahrten in sein Vaterland zu- rückgekehrt sein. 1867 war er auf der Pariser Weltausstellung zu sehen. Seine Form ist Taf. XI, Fig. 11°,” abgebildet. Demselben Steine werden zum Teil auch andere Schick- sale zugeschrieben, die aber nicht besser verbürgt sind, als die oben erzählten. Es ist nicht undenkbar, daß mehrere Steine unter dem Namen Saney miteinander verwechselt wurden. Der Nassak hat seinen Namen daher, daß er längere Zeit im Schiwatempel zu Nassak am oberen Godavery aufbewahrt wurde. Später bemächtigte sich seiner der letzte unab- hängige Fürst von Peischwa, dem er 1818 von der ostindischen Kompagnie als Beute- stück abgenommen wurde. Er hatte damals eine ungünstige Gestalt und wog 89!/, Karat; man gab ihm daher die in Taf. XI, Fig. 13°, ® ° dargestellte neue Form eines dreiseitigen Brillants. 1831 erwarb ihn der Juwelier Emanuel in London um 7200 Pfund Sterling und verkaufte ihn bald darauf an den Marquis von Westminster, in dessen Familie er sich noch befindet. GROSSE UND BERÜHMTE DIAMANTEN. 317 Der Diamant der Kaiserin Eugenie ist ein schöner Brillant unbekannten Ur- sprungs von 51 Karat. Er gehörte der Kaiserin Katharina II. von Rußland, die ıhn ihrem Günstling Potemkin schenkte, In dessen Familie vererbte er sich, bis ıhn Napoleon III. als Hochzeitsgeschenk für seine Gemahlin Eugenie kaufte. Diese veräußerte ihn naclı ihrer Entthronung an den Gaikwar von Baroda in Indien. Der Pigott ist ein Brillant von geringer Dicke, den Lord Pigott um 1775 aus Indien nach England brachte und der nachmals in den Besitz des Vizekönigs Alı Pascha von Ägypten gelangte. Später ging seine Spur vollständig verloren; nach einem Bericht soll er zerstört worden sein. Sein Gewicht war nach Mawe, der den Stein kurz vor dem Verkauf an Ali Pascha sah,‘49 Karat, es werden aber auch andere Zahlen bis zu S1!j2 Karat angegeben. Einer der schönsten bekannten Diamanten ist der 48°/ı Karat schwere „weiße säch- sische Brillant“. Sein Umriß bildet ein Quadrat von 1!/ı2 Zoll. August der Starke soll eine Million Taler dafür bezahlt haben. Der Pascha von Ägypten ist ein schöner achtseitiger Brillant von 40 Karat, den der Vizekönig Ibrahim von Ägypten um 28000 Pfund Sterling kaufte. Durch besondere Schönheit ist ein verhältnismäßig kleiner Diamant, der Stern von Este, den meisten genannten überlegen. Er ist vollkommen fehlerlos und hat eine aus- gezeichnet regelmäßige Brillantform. Das Gewicht beträgt nur 25'%/32 Wiener Karat (52,32 Milligramm), also nur etwa halb so viel als bei dem „Diamant der Kaiserin Eugenie* oder dem „Sancy“. Trotzdem ist er nur unbedeutend kleiner als diese beiden, und dies ist eben ein Beweis für die Proportionalität seiner Verhältnisse und die Regelmäßigkeit seines Schliffes. Er befindet sich zurzeit ım Besitze des Erzherzogs Franz Ferdinand von Österreich-Este, des ältesten Sohnes des Erzherzogs Karl Ludwig. Sein Wert wurde im Jahre 1876 auf 64000 österreich. Gulden geschätzt; früher, im Jahre 1891, war sein Wert auf 200000 bis 250000 Franken festgestellt worden. Schön gefärbte große Diamanten gibt es außer den vielen gelben vom Kap nur wenige, alle indischen Ursprungs. Von ihnen ist der nächstfolgende der berühmteste. Der Diamant von Hope hat eine prachtvolle sapphirblaue Farbe, wie sie an an- deren Diamanten kaum wieder vorkommt, daneben einen prächtigen Glanz und ein herr- liches Farbenspiel und Feuer. Er wurde seit 1830 bekannt und gehörte später dem Lon- doner Bankier Henry Thomas Hope, der ihn für 18000 Pfund Sterling kaufte. Es ist ein schöner Brillant von 44!/ Karat. Im französischen Kronschatze war bis 1792 ein schön blauer dreiseitiger Brillant von 672/16 Karat, der 1791 auf 3 Millionen Franken geschätzt worden war. 1792 wurde er mit dem Regent und anderen Edelsteinen gestohlen und nicht wieder gefunden. Er war geschliffen worden aus einem rohen Steine von 112°/ıs Karat, den Tavernier für Ludwig XIV. aus Indien mitgebracht hatte. Man hat Grund zu der Annahme, dal) der Diamant von Hope ein Stück des letztgenannten Steines ist, den man zertrümmerte, um die Spur des Diebstahls zu verdecken und den man nachher in neuem Schliff 1830 wieder auf den Markt brachte. Wahrscheinlich ist auch der blaue Diamant des Diamanten- herzogs Karl von Braunschweig (gestorben 1873 in Genf), ein Stein von 13°/ı Karat und von derselben Farbe wie der Hope, der 1874 in Genf für 17000 Franken verkauft wurde, ein Stück jenes französischen Steines, und ebenso ein gleichgefärbter kleiner Diamant von 1'/ı Karat, der für 300 Pfund Sterling in den Besitz einer englischen Familie gelangte. Der grüne Diamant von Dresden, im grünen Gewölbe aufbewahrt, ist der be- rühmteste Repräsentant der grünen Farbe. Er ist sehr schön hell apfelgrün und steht in der Färbung etwa zwischen dem Smaragd und dem Chrysopras in der ‘Mitte. Seiner 318 ZWEITER TeiIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Qualität nach ist er fehlerlos und vom reinsten Wasser. Die Gestalt ist mandelförmig; er ist 1!) Zoll lang und !"ı2 Zoll diek und das Gewicht beträgt 40, manche sagen fälschlieh 31!/ı oder 48 Karat. Seit 1743 ist er im Besitze der sächsischen Krone. August der Starke soll ihn für 60000 Taler gekauft haben. Aus Brasilien stammen nur wenige der großen berühmten Diamanten. Zu er- wähnen sind hauptsächlich die zwei folgenden, die beide in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts im Bezirke Bagagem im westlichen Teile von Minas Gera&s gefunden wurden und die schließlich beide in den Besitz des Gaikwar von Baroda übergegangen sind. Indien ist eben nicht mehr im- stande, dem Verlangen seiner Großen nach schönen Diaman- ten selber zu genügen. Diese müssen sich jetzt auswärts um- sehen. Der Südstern (Stern des Südens) wurde Ende Juli 1853 gefunden. Er bildete nach der Untersuchung des französischen Mineralogen Dufr&noy ein unregelmäßiges Dodekaöder mit bauchigen Flächen (Fig. 58, welehe die natürliche Größe darstellt), von 254!/ Karat Gewicht. Der Stein hatte an einigen Stellen oktaödrische Eindrücke von anderen kleineren Diamanten, die früher damit verwachsen waren. An einer Seite befand sich eine platte Stelle, an der Spaltbarkeit erschien. Das Ganze machte den Eindruck, als wäre es eine Gruppe von Diamantkristallen gewesen, die mit jener platten Stelle auf einer Unter- lage aufgewachsen war. Einige eingeschlossene schwarze Plättehen wurden für Titan- eisen gehalten, das ja auch sonst im Diamant eingeschlossen vorkommt. Der rohe Stein ging um 430 Contos de Reis (etwa 800000 Mark) an ein Konsortium über. Er wurde in Amsterdam mit einem großen Kostenaufwande geschliffen und gab dabei einen schönen reinen Brillant von 125! Karat (Taf. XI, Fig. 9%,”,), den jener indische Fürst um 80000 Pfund Sterling ankaufte. Kleiner ist der Diamant des Herrn E. Dresden, der fast zur gleichen Zeit und ziemlich am gleichen Orte wie der Südstern gefunden wurde. Er wog 1191/2 Karat, schien aber nur ein Bruchstück eines größeren Krıstalls zu sein. Beim Schleifen gab er einen länglich eiförmigen Brillant (Taf. X, Fig. 7°,°) von 761/, Karat, er verlor also dabei ganz auffallend wenig von seinem Gewichte. Fig. 58. Südstern, Gestalt des rohen Steines in natürlicher Größe, von 2 Seiten gesehen. Der Pseudodiamant „Braganza“ ist schon eingangs erwähnt worden. Einige andere größere Steine aus Brasilien wurden bei der Beschreibung der dortigen Lagerstätten kurz angeführt, so der große Stein, der am Anfange dieses Jahrhunderts am Rio Aba6te in Minas Gera&ös gefunden worden ist, dessen Verbleib man aber nicht kennt, und andere. Auch von den vielen großen Diamanten aus Südafrika sind einige zur Be- rühmtheit gelangt und demzufolge mit besonderen Namen belegt worden. Es sind teils die ersten Steine, die dort gefunden worden sind, teils solche, die durch außergewöhnliche Größe und Schönheit über die anderen hervorragen. Schon bei der Betrachtung des Diamantenvorkommens am Kap ist von einigen derselben die Rede gewesen. Der Stern von Südafrika, 1869 gefunden, ist der erste in jenem Lande entdeckte größere Diamant. Er wog roh 831/a Karat und lieferte einen oval dreiseitigen Brillant (Taf. XI, Fig. 14) von 46'!/ Karat und vom reinsten Wasser, der für nahezu eine halbe Million Mark an die Gräfin Dudle y verkauft und daher auch „Dudley-Diamant“ genannt 8a,b, c.Regent. 9a, b, c.Südstern (Brasilien). 10a, b.Florentiner. 11a,b.Saney. 12. Pascha von Egypten. 13a,b,c. Nassak. 14. Stern von Südafrica (Kap). 15. Polarstern. (GROSSE UND BERÜHMTE DIAMANTEN. 319 wurde. Wie wir schon oben gesehen, ist es ein Flußstein, der in Beziehung auf seine Qualität sich mit den besten indischen und brasilianischen Diamanten messen kann. Viel größer ist der Stewart, der 1872 in den river diggings von Waldecks plant am Vaal gefunden wurde. Roh wog er 288!/ Karat und war daher mehrere Jahre der größte Kapdiamant, bis er in neuerer Zeit von anderen, weit größeren überholt wurde. Im rohen Zustande wurde er zuerst für 120000, dann für 180 000 Mark verkauft und gab geschliffen einen Brillant von 120 Karat von etwas gelblicher Farbe, der Taf. X, Fig. 6 abgebildet ist. Der Porter Rodes ist ein 150, nach anderen Angaben 160 Karat wiegendes, voll- kommen farbloses „blauweißes“ Oktaöder, das am 12. Februar 1880 bei Kimberley in der De Beers-Grube gefunden wurde. Seiner ganzen Beschaffenheit nach ist er einer der schönsten Diamanten, die je am Kap vorgekommen sind. Nach der Schätzung des Eigen- tümers sollte er 200 000 Pfund Sterling wert sein. Fig. 59. Vietoria-Diamant von 457!/2 Karat vom Fig.60. De Beers-Diamant von 428!/ Karat, Kap; natürliche Form und Größe. schematische Form in natürlicher Größe. Ein Stein von 4571] Karat kam 1884 nach Europa, wie es hieß aus einer der Gruben bei Kimberley, aber ohne nähere Angaben. Überhaupt lag über seiner Herkunft ein ge- heimnisvolles Dunkel. Die Form im rohen Zustande war die eines unregelmäßigen Oktaöders. Fig.59 ist sie in richtiger Größe und auch sonst naturgetreu dargestellt. Beim Sehleifen erhielt man einen sehr schönen farblosen Brillant von 180 Karat, der den Namen Victoria oder „Imperial“ oder „Great White“ erhielt und der für 400 000 Pfund Sterling an den Nizam von Haiderabad verkauft wurde. Er wird jetzt darnach auch als „Nizam- Diamant“ bezeichnet. Einen Brillant, einen der größten bekannten, von 225 Karat erhielt man aus einem im Jahre 1887 in der De Beers-Grube gefundenen blaß gelblichen Steine von 428'/» Karat, also mit dem ungewöhnlich niedrigen Schleifverlust von nicht ganz der Hälfte des Roh- gewichts. Er hatte die Form eines sehr regelmäßigen Oktaöders, das in Fig. 60 schematisch in natürlicher Größe abgebildet ist und dessen längste Achse 17; Zoll (engl.) maß. Ge- schliffen wurde er von einem indischen Fürsten gekauft. Nach seinem Fundorte wird er der De Beers-Diamant genannt, da er der größte aus dieser Grube ist. Aus derselben Grube (von 1877) stammt der prächtige, schön kanariengelbe Tiffany- Brillant von 125°/s Karat im Besitz der großen Juwelierfirma Tiffany & Co. in New-York, der zu den herrlichsten Steinen aus den Kimberley-Gruben gehört. Seine Form ist in Fig. 61 S. 320 in natürlicher Größe dargestellt. 320 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Der größte in den Gruben bei Kimberley jemals vorgekommene Stein wurde am 1. Juni 1896 in der De Beers-Grube in 870 Fuß Tiefe gefunden. Fig. 61. Tiffany-Brillant von 125!/a Karat; natürl. Größe. Es ist ein blaßgelbes, aber durch Fehler entstelltes Oktaöder von 503'!/; Karat. Siehe auch S. 249. Die beiden größten bis vor kurzem bekannten Diamanten, die jetzt allerdings durch einen neueren Fund in Transvaal weit übertroffen werden, hat aber die Jagersfontein-Grube in der Oranje-Kolonie geliefert. Der eine davon, der größte bis dahin, 971°/ı Karat schwer, hat aus diesem Grunde den Namen Excel- sior erhalten; jetzt ist er an die zweite Stelle gerückt. Seine natür- liche, ziemlich unregelmäßige Form und Größe stellt die Fig. 62 dar. Er ıst demnach schwerer als der sagenhafte „Großmogul“, dem in seiner hypothetischen Rohform nur ein Gewicht von 7871/a Karat zugeschrieben wurde. Die ganze Begrenzung des Excelsior wird von Kristallflächen gebildet, auch die breite Fläche unten ist eine solche, keine Spaltungsfläche. Seine Maße betragen 3!/a Zoll (engl.) in der Länge, 1!/ Zoll in der Dicke und 21/, bez. 11/3 Zoll in der größten und kleinsten Breite. Am 30. Juni 1893 wurde er von einem Kaffern gefunden, der dafür eine Belohnung von 500 Pfund Sterling nebst einem Pferd samt Sattel und Zaum erhielt. Eine Firma in Kimberley hatte mit den Grubenbesitzern einen Vertrag geschlossen, wonach ihr für eine bestimmte Zeit alle gewonnenen Steine ohne Aus- nahme zu einem vereinbarten Preise pro Karat überlassen werden sollten. Dieser Vertrag endete mit dem 30. Juni; einer der letzten an diesem Tage gefundenen Steine war der Excelsior, der durch seinen ungeheuren Wert jenen Kaufleuten unter allen Umständen ein glänzendes Geschäft sicherte, zumal da er von der schönsten „blauweißen“ Farbe und über- haupt von der besten Beschaffenheit ist. Die Sachverständigen haben seinen Wert sehr verschieden beurteilt; ihre Schätzungen schwanken von einer Million bis 20 Millionen. Es war aber unmöglich, einen Käufer aufzutreiben. Daher wurde er im Jahre 1904 ın 10 Stücke zerlegt. Die drei größten wogen 158, 147 und 130 Karat, also zusammen etwa die Hälfte des Ganzen. Beim Schleifen in Amsterdam wurden Steine von verschiedener Form, alle von bemerkenswerter Schönheit erhalten. Ihre Größe betrug 68, 4530/32 4526/32, 3910/32, 34252, 273%93, 2522/52, 2324/32, 1612/52 und 131"/32 Karat, also das Gesamtgewicht aller nach dem Schleifen 34013/;2 Karat. Dem- nach ergab der rohe Stein von 971°/ı Karat Fig. 62. „Excelsior“ von 9713/s Karat aus der Jagersfontein Grube in Südafvika; nat. Form und Größe. nur eine Ausbeute von 35 Proz. Ein zweiter sehr großer Diamant von regelmäßiger Form und von 640 Karat wurde 1595 in Jagersfontein gefunden. Zuerst wurde er nach dem damaligen Präsidenten des GROSSE UND BERÜHMTE DIAMANTEN (ÜULLINAN). 321 Oranje-Freistaats Reitz-Diamant genannt, erhielt aber später zu Ehren des Regierungs- jubiläums der Königin Vietoria (1897) den Namen Jubilee, manchmal wırd er auch „Im- perial“ genannt. Im Jahre 1900 war er auf der Pariser Weltausstellung zu sehen. Beim Schleifen ergab er einen ganz regelmäßigen prächtigen Brillant von 239 Karat und von 15/s Zoll Länge, 1?/s Zoll Breite und 1 Zoll Höhe. Es ist der größte und herrlichste ge- schliffene Diamant, der bis vor kurzem, bie zum Schleifen des Cullinan, existierte, von höchster Vollkommenheit in Farbe, Glanz und Wasser, ohne den geringsten Fehler, ein Stein von unvergleichlicher Pracht und Schönheit. Anfänglich wurde er zuweilen mit dem „Excelsior“ verwechselt. Alle diese großen Diamanten wurden aber tief in den Schatten gestellt durch einen neuen Fund, der am Nachmittag des 26. Januar 1905 in der Premiermine bei Pretoria in Transvaal gemacht worden ist. Dort entdeckte der Verwalter der offenen Grube Nr. 2, Mr. Fred Wells in der Tiefe von 18 Fuß einen mit einer Ecke aus dem yellow ground herausragenden Stein von 30243/ı Karat (fast genau 610 Gramm, also erheblich mehr als ein Pfund), der dann nach dem Vorsitzenden der die Grube ausbeutenden Premier-Gesell- schaft der „Cullinan“-Diamant oder auch nach dieser Grube der „Premier“-Diamant genannt wurde. Es war ein ganz einheitlicher Kristall, der in drei aufeinander senk- rechten Richtungen 10, 6'/2 und 3”/ıo Zentimeter maß. Aber trotz dieser bedeutenden Größe ist er doch nur ein Bruchstück, wahrscheinlich weniger als die Hälfte, eines gröberen Individuums. Dies zeigt die Begrenzung, die zunächst von vier unverkennbaren ausgedehnten oktaödrischen Blätterbrüchen gebildet wird, zu denen sich noch eine natürliche Okta&der- fläche, sechs krumme Dodekaäderflächen und eine kleine Würfelfläche gesellen. Die Form und Größe wird durch die zwei großen Figuren auf Taf. XIa dargestellt. Zwillings- bildung irgend einer Art ist nicht vorhanden. Optisch ist der Stein dadurch ausgezeichnet, daß er auf das polarisierte Licht ein- wirkt. Diese anomale Doppelbrechung weist auf innere Spannungen hin, die vielleicht mit an dem Zerbrechen des ursprünglichen größeren Kristalls schuld sind. Im übrigen ist die Beschaffenheit ausgezeichnet. Der Stein ist vollkommen durchsichtig und „wasser- weiß“, fast „blauweiß“, sodaß er täuschend einem ganz reinen und klaren Stücke Eis gleicht. Er ist der reinste der sehr großen Diamanten. Einige kleine schwarze und braune Einschlüsse (vielleicht Graphit und Brauneisen) waren wohl vorhanden, ebenso einige kleine Federn und andere derartige unbedeutende Fehler, diese lagen aber so günstig in der ‘ Nähe der Oberfläche, daß sie den Wert als Edelstein nicht beeinflußten. Nach der Regel von Tavernier ist dieser auf 9 Millionen Pfund Sterling berechnet worden. Die Transvaal-Regierung hat ihn im Jahre 1907 dem König Eduard von England geschenkt, der ihn 1908 in Amsterdam durch die berühmte Steinschleiferei Asscher u. Co. zerlegen und in einzelnen Stücken schleifen lieb. Dabei entstanden außer mehreren kleineren besonders drei größere Steine, die in Fig. 62a in ihrer Form und Größe abgebildet sind. Der größte, Cullinan I genannt, in der Mitte des Bildes, ist ein Pendeloque von 516!/ Karat, der größte jetzt existierende geschliffene Diamant; der zweite, Cullinan II, ist ein vierseitiger, nach einer Richtung etwas verlän- Brillant von 309 Karat, der also ebenfalls den oben erwähnten Jubilee noch beträchtlich übertrifft. Auch der dritte, wie die übrigen ein beim Schleifen abgespaltener Splitter, ist ein Pendeloque allerdings von etwas spitzerer Form, 92 Karat schwer. Daran schließt sich weiter ein Brillant von 62 Karat usw. Das Gesamtgewicht aller aus dem Cullinan erhaltenen geschliffenen Steine beträgt 980 Karat. „Die Schönheit dieser Steine übertrifft jede Erwartung. Sie besitzen ein Feuer, einen Glanz, eine so selten schöne blauweiße reine Farbe, ein so wunderbares Spiel der Licht- brechungen, daß man kaum seinen Augen traut. Die Steine sind absolut rein, und die Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 21 322 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Art des Schliffes ist geeignet, die wunderbare Schönheit und das seltene Feuer zu höchster Wirkung zu bringen, so daß der Fachmann überwältigt ist von dem Eindrucke der auf ihn einwirkenden Wunder der Natur und der höchsten Leistungen einer voll entwickelten Technik. Es gibt in der Tat an diesen Steinen nichts auszusetzen, weder hinsichtlich der Farbe, der Reinheit, des Feuers, noch auch des Schliffes; was man sich je erträumen konnte von ideal schönen Brillanten, sieht man hier verwirklicht“. Der Cullinan I soll die Krone, Cullinan II das Scepter der englischen Könige zieren. Die zahlreichen abgespaltenen kleineren Stücke werden als Brillanten geschliffen verkauft und aus dem Erlös die namhaften Kosten des Schleifens der größeren Steine gedeckt. Cullinan I, 516'/a Karat Fig. 62a. Die drei größten aus dem Cullinan geschliffenen Steine (natürl. Größe). Auf der Tafel XIa ist neben dem Cullinan zum Vergleiche noch ein kleinerer Stein von 334 Karat aus derselben Grube in natürlicher Form und Größe abgebildet. Auch ein solcher von 600 Karat ist dort kürzlich gefunden worden. 5. Wert der Diamanten. Der Wert der Diamanten hängt von sehr vielen Umständen ab, deren rasches und scharfes Erfassen die Kunst des Juwelenhändlers ist. Einzelne Eigenschaften eines Steines können seinen Wert sehr wesentlich erhöhen oder vermindern, und so handelt es sich darum, alle Punkte, die auf den Preis von Einfluß sein können, in gebührendem und ihrer Bedeutung entsprechenden Maße bei der Schätzung in Betracht zu ziehen. Dabei kommt immer nur der Wert eines Diamants als Edelstein in Betracht; Steine, die nicht mehr zum Schmuck, sondern nur noch zu technischen Zwecken dienen können, werden einfach wie andere Waren nach den Tagespreisen dem Gewicht nach verkauft. Einige spezielle An- gaben über die Preise der Kapdiamanten sind schon oben, 8. 271, gemacht worden. Von den Eigenschaften, die den Wert eines Diamants mit in erster Linie bestimmen, ist vor allem die Größe zu nennen. Je größer ein Stein, desto wertvoller ist er bei sonst gleichen Eigenschaften. Dabei stieg früher bei der verhältnismäßigen Seltenheit größerer Steine der Wert in rascherem Tempo, als die durch das Gewicht in Karat ausge- drückte Größe. Heutzutage ist dies nur noch teilweise der Fall. Bei der Angabe der Preise wird hiervon weiter unten noch ferner die Rede sein. Der Wert nicht zu großer Steine, wie sie häufiger gefunden und wie sie auch vom Publikum nicht zu selten ver- langt werden, wird durch die allgemeinen Verhältnisse des Handels bestimmt. Außer- gewöhnlich große und schöne Steine, die sogenannten Solitairs, Parangons oder Nonpareils, Cullinan-Diamant. (Natürliche Grösse.) WERT DER DIAMANTEN. 323 haben auch einen der Seltenheit ihres Vorkommens entsprechenden exzeptionellen Wert, der gar keiner Regel unterworfen ist und sich von Fall zu Fall nach den speziellen Ver- hältnissen richtet. Sehr wesentlich wird der Wert eines Diamants durch das Schleifen erhöht. Trotz- dem ein Stein durch diese Operation einen beträchtlichen Teil seines Gewichts, meist die Hälfte und noch mehr, verliert, ist er doch nach dem Schleifen bedeutend wertvoller als vorher, da erst durch den Schliff seine ganze Schönheit hervortritt. Weil dies aber nieht in gleich hervorragendem Maße bei allen Schliffformen der Fail ist, sofern ein Brillant bedeutend wirkungsvoller ist, als eine Rosette oder ein irgendwie anders geschliffener Diamant, ein Brillant auch im allgemeinen am schwierigsten herzustellen ist, so ist ein Brillant mehr wert als eine Rosette usw. Ebenso übertrifft auch ein Brillant von völlig regelmäßiger und den Vorschriften genau entsprechender Form einen weniger regel- mäßigen an Wert oft nieht unbedeutend. Die Zahl der angeschliffenen Facetten ist gleich- falls von Einfluß in der Art, daß der Wert mit der Zahl derselben steigt. „Einmal gemacht“ heißt ein Brillant, wenn er gar keine Querfacetten an der Külasse besitzt, son- dern bis zur Kaletteflach zugeschliffen ist; „doppelt gemacht“, wenn er eine Reihe Facetten am Unterteil hat, und „dreimal gemacht“, wenn er oben und unten alle Facetten nach der Regel besitzt. Der Wert eines Steines wird nach diesen Abstufungen sehr verändert; er steigt um so höher, je mehr derselbe „gemacht“ ist. In derselben Weise ist natürlich auch für jede andere Schlifform die Zahl und die Regelmäßigkeit der Anlage der Facetten, sowie ihre wohlproportionierte Gestalt und Größe für den Wert des Steines mit bestimmend. Ein vollkommener Brillant von 1 Karat ist mindestens viermal mehr wert als ein roher Stein von demselben Gewichte und der gleichen Beschaffenheit, und eine ebensolche Rosette hat im Mittel etwa vier Fünftel des Wertes eines gleichschweren Brillants. Wie wir gesehen haben, sind die Formen der rohen Diamanten für den Schliff bald mehr, bald weniger günstig, daher ist auch die Gestalt des rohen Steines auf den Wert nicht ohne Einfluß. Dies ist auch im Vorbeigehen schon mehrfach bei speziellen Beispielen hervorgehoben worden. Oktaädrische und dodekaädrische Kristalle, die sich leicht und ohne zu viel Verlust zu Brillanten schleifen lassen, sind mehr wert als verzerrte Steine, von denen bei der Bearbeitung viel abfällt, oder die man zerteilen muß, um für den Schliff vorteilhafte Stücke zu bekommen, und namentlich auch als flache Steine von der Form der in Fig. 39, g und h dargestellten Zwillinge, die gar keine Brillanten, sondern nur noch Rosetten geben. Auch die Spaltbarkeit wird in Betracht gezogen. Einfache Kristalle, die sich spalten und daher leichter bearbeiten lassen, sind wertvoller als Zwillinge z. B. von der Fig. 39, i dargestellten Form und unregelmäßige Kristallgruppen, bei denen dies nicht möglich ist und die daher vielfach zum Bort geworfen werden müssen, aus dem sich Schmucksteine überhaupt nieht mehr herstellen lassen. Vom allerbedeutendsten Einfluß auf den Wert der Diamanten ist aber ihre Durch- sichtigkeit, Klarheit und Reinheit, sowie die An- und Abwesenheit von Fehlern aller Art und nicht zum mindesten auch die Färbung. Die Durchsichtigkeit und Klarheit steht dabei in erster Linie. Je durchsichtiger und klarer ein Stein, je reiner sein Wasser, desto wertvoller. Fehler, die die Durchsichtigkeit und den Glanz beeinträchtigen, drücken den Wert stets bedeutend herab. Sie sind beim Diamant sehr mannigfaltig. Recht häufig findet man größere Einschlüsse von schwarzer und brauner, aber auch von anderer Farbe. Auch Ein- lagerungen von Sand oder von Asche, sowie gelbe Flecken, die man als Stroh bezeichnet, sind weit verbreitet. Wolken von weißer, grauer und brauner Farbe verhindern vielfach die feine Politur, wenn sie an die Oberfläche treten. Dasselbe bewirken die durch zu starke Erwärmung beim Schleifen hervorgebrachten eisigen Fleeken ohne bestimmte Farbe. Sehr 1% 324 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. wichtig sind die Federn, die den Spaltungsflächen folgenden kleinen Risse, die nicht nur die Durchsichtigkeit beeinträchtigen, sondern auch das Zerbrechen des Steines beim Schleifen und später beim Gebrauch verursachen können. Alle diese Fehler wirken, auch wenn sie nur klein und unbedeutend sind, sehr störend, da sie in dem klaren und durchsichtigen Steine an den zahlreichen Facetten gespiegelt, in vielfacher Wiederholung sich dem Auge zeigen. Nehmen sie an Größe und Menge zu, dann ist der Stein zum Schleifen nicht mehr zu gebrauchen, er gehört zum Bort. Wenn die Fehler nur in den äußersten Teilen des rohen Steines sind, lassen sie sich oft durch den Schleifprozeß entfernen, und sind dann von keinem Belang. Es ist die Kunst des Händlers und des Schleifers, dies richtig zu erkennen und vorteilhaft zu verwerten. Je nach den speziellen Verhältnissen günstig oder ungünstig wirkt die Farbe. Im allgemeinen sind die vollkommen wasserhellen, farblosen Steine am wertvollsten, besonders die sogenannten blauweißen, also von der Beschaffenheit, die am Kap sehr viel seltener ist als in Indien und auch ın Brasilien. Schon ein ganz geringer, für den Laien kaum bemerkbarer Stich in irgendeine Farbe, besonders in die jetzt durch die Kapsteine so ver- breitete gelbe, vermindert den Wert erheblich. Dies - geschieht noch mehr, wenn die Farbe etwas deutlicher wird Dabei sind die blauen, grauen, roten und gelben Farbentöne noch geschätzter als die braunen und schwarzen. Am meisten wird aber der Wert durch unreine Farben vermindert, die gleichzeitig die Durchsichtigkeit beeinträchtigen, sehr viel mehr, als dies bei zwar etwas gefärbten, aber sonst klaren und durchsichtigen Steinen der Fall ist. Vollständig ändern sich jedoch die Verhältnisse, wenn ein Diamant neben vollkommener Durchsichtigkeit und Klarheit eine ausgesprochen schöne Färbung besitzt. Solche tieferen Farben sind besonders geschätzt und teuer, weil derartige Steine ganz ungemein selten sind, namentlich blaue, dann aber auch rote und grüne; weniger gilt dies für gelbe, wie sie jetzt am Kap häufiger vorkommen. Der Wert solcher schön gefärbter Diamanten geht oft weit über den der schönsten farblosen hinaus. Die wenigen Steine dieser Art, die sog. Phantasiesteine, sollen bei den nachfolgenden Betrachtungen unberücksichtigt bleiben. Ihre Zahl ist den anderen gegenüber eine vollkommen verschwindende; sie sind zum Teil schon oben bei der Beschreibung der besonders bemerkenswerten großen Diamanten sowie bei der Betrachtung der Farbe des Diamants ewähnt worden. Auf dem Grade der Klarheit und Durehsichtigkeit und der Abwesenheit oder dem Vor- handensein von Fehlern und Färbung beruht die Qualität der Diamanten. Man unter- scheidet danach vielfach drei Abteilungen, nämlich die Steine vom ersten, zweiten und dritten Wasser. Doch werden auch zuweilen vier und noch mehr Unterabteilungen ge- macht; in jeder wächst der Wert mit der Größe. Die Steine vom ersten Wasser (1. Qualität) sind vollkommen farblos, durchsichtig und wasserhell, ohne eine Spur von Fehlern irgendwelcher Art. Sie sind die wertvollsten. Die vom zweiten Wasser (2. Qualität) sind entweder auch noch farblos, haben aber unwesentliche kleine Fehler, oder sie sind ohne Fehler, zeigen jedoch eine ganz geringe Spur irgendeiner Färbung. Die vom dritten Wasser sind farblos mit größeren Fehlern oder auch gefärbte (eouleurte Diamanten). Je nach der Stärke der Färbung und der Größe der Fehler unterscheidet man wohl eine 3. und 4. Qualität. Zu dieser gehören die geringsten Diamanten, die noch als Edelsteine Verwendung finden. Man darf aber nicht glauben, daß diese Abteilungen ganz fest abgegrenzt wären, sie sind im Gegenteil ziemlich willkürlich. Mancher Juwelier erklärt einen Stein für einen solchen zweiten Wassers, den ein anderer noch als ersten Wassers gelten läßt, und ähnlich in anderen Fällen. Wie die Qualität auf den Wert der Steine einwirkt, geht bis zu einem gewissen Grade aus folgenden Angaben hervor: Ein Brillant vom zweiten Wasser hat nur etwa WERT UND PREIS DER DIAMANTEN. 325 2); von dem Wert eines solchen vom ersten Wasser und bei zwei entsprechenden Rosetten verhalten sich die Werte wie 3 zu 4. Geht man von dem Werte eines Brillants vom 1. Wasser als Einheit aus, dann ist der Wert für einen solehen vom 2. Wasser etwa ?/s, für eine Rosette vom 1. Wasser gleich 45 und für eine solehe vom 2. Wasser gleich ®/;. Zu bemerken ist, daß diese Qualitäts- unterschiede erst nach dem Schleifen sicher erkannt werden können; die rohen Steine lassen die Eigenschaften vielfach noch nieht mit der erforderlichen Schärfe hervortreten und können daher nicht mit genügender Bestimmtheit nach der Qualität klassifiziert und einer der obigen Abteilungen zugewiesen werden. Wir haben schon oben gesehen, daß der Diamant zwar im Altertum nach den An- gaben von Plinius der kostbarste Edelstein, ja das kostbarste menschliche Besitzium überhaupt gewesen ist, daß dies aber gegenwärtig nicht mehr gilt. Es sei hier daran erinnert, daß schöne Rubine, namentlich wenn das Gewicht über ein Karat oder gar über mehrere Karat hinausgeht, viel wertvoller sind als gleichschwere Diamanten von der ent- sprechenden Qualität. Dasselbe gilt auch im allgemeinen für Smaragd, und selbst einzelne besonders schöne blaue Sapphire können die Diamanten im Preise übertreffen. Wir werden hierauf bei der Betrachtung der Preise für Rubin usw. noch weiter zurückkommen. Die für die Diamanten unter normalen Verhältnissen bezahlten Preise hängen jeder- zeit von ihrem Werte ab, wie er in dem Vorhergehenden näher gekennzeichnet wurde. In jedem Augenblicke steht ein nach den obigen Regeln wertvollerer Diamant auch höher im Preise als ein minder wertvoller. Aber diese Preise sind nicht zu allen Zeiten dieselben, sie schwanken und zwar sehr stark, wie dies schon oben bei der Betrachtung der Edel- steinpreise im allgemeinen auseinandergesetzt wurde, worauf hier verwiesen werden soll, ebenso auch auf die Darstellung des Handels mit Kapdiamanten (S. 268). Die älteste Preisangabe für Diamanten, die man kennt, ist die des Arabers Teifa- schius, der im 12. Jahrhundert einen Stein von 1 Karat auf 2 Dinar (etwa 120 Mark) schätzte. Benvenuto Cellini gibt im Jahre 1550 den Preis eines schönen Steines von demselben Gewicht auf 100 Goldtaler (seudi) an; diese Summe übersetzt Schrauf in 200 österr. Gulden — 400 Mark, Boutan dagegen in 1100 Franken = 8S0 Mark. Letzterer Betrag würde ein so abnorm hoher sein, daß er gewiß unrichtig ist und auf falscher An- nahme des Wertes eines Goldtalers beruht. 1609 gibt Boöthius de Boodt den Wert eines Karatsteines auf 130 Dukaten oder etwa 440 Mark an, während das 1672 in London anonym erschienene Werk: „The history of jewels“ den Preis von 40 bis 60 Kronen oder 160 bis 240 Mark festsetzt. Dazwischen lag der 30 jährige Krieg, dessen zerstörende Wirkung wohl allen die Schuld an dem großen Preisrückgange trug. Tavernier gibt 1676 den Preis des Karatsteines zu 160 Mark, und damit stimmen auch andere Taxen aus derselben Zeit von Holland und Hamburg. 1733, bei der großen Panik nach den brasilianischen Entdeckungen, war der Preis roher Diamanten auf 20 Mark pro Karat gesunken, der sich aber schon 1734 wieder auf 30 Mark für den Karatstein hob und da- bei dann mehrere Jahre stehen blieb. 1750 wird von dem seiner Zeit berühmten Londoner Juwelier David Jeffries, dem Verfasser einer „Abhandlung über Diamanten und Perlen“, für schöne geschliffene Karatsteine wieder der 1676 von Tavernier und anderen ange- gebene Preis von 160 Mark genannt, und „der aufrichtige Jubelier“, ein 1772 in Frank- furt a. M. erschienenes Werk über Edelsteine, gibt für diese Zeit den hohen Preis von 120 Taler oder 360 Mark für einen soleben Stein. Nach den bei Ausbruch der französischen Revolution bedeutend gesunkenen Preisen konnte der mit der Abschätzung der französischen Kronjuwelen betraute Ausschuß 1791 einen geschliffenen Karatstein im Mittel nicht höher als zu 120 Mark bewerten. Nach- dem aber bald, wesentlich infolge des von Napoleon und seinem Hofe getriebenen und 326 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. veranlaßten Luxus der Preis wieder gestiegen war, kostete im Jahre 1832 ein schöner Brillant von 1 Karat 180 Mark, während rohe Steine von guter schleifwürdiger Qualität zu 42 bis 48, höchstens 60 Mark das Karat verkauft wurden. Im Jahre 1859 wurden rohe Steine derselben Art mit 81 bis zu 105 Mark für das Karat bezahlt, und für ge- schliffene Karatsteine findet man aus den Jahren 1860 und 1865 260 und 360 Mark an- gegeben. Für das Jahr 1869, also kurz vor der Entdeckung der Kapdiamanten, trifft man bei Schrauf folgende Preisangaben: Rohe gute, schleifwürdige Ware, wie sie in größeren Partien aus den Produktionsländern in den Handel kommt, kostete 100 Mark pro Karat, Sorten, die wenig schleifbare Ware enthalten, und von denen der größte Teil nur als Bort verwendet werden kann, waren 20 bis 40 Mark wert, und Bort allein wurde mit 4 bis 6 Mark bezahlt. Die Angabe der Preise geschliffener Steine zeigt den großen Ein- fluß des Schliffes und der Schlifform, sowie der Qualität. Ein Brillant von 1 Karat vom ersten Wasser wurde um 400 bis 500, ein solcher vom zweiten Wasser um 300 Mark verkauft, während eine einkarätige Rosette vom ersten Wasser nur 300 bis 360 Mark wert war. Eın Brillant von !a Karat kostete 120 Mark, ein solcher von ®/ı Karat 240 Mark solche von !/ıw Karat 20 Mark. Von kleineren Rosetten, von denen 50 Stück auf ein Karat gehen, wurde das Karat mit 300 Mark, von noch kleineren, von denen 1000 Stück 1 Karat wiegen, das Stück mit Ya Mark bezahlt. Nur in den glücklichen Zeiten im 16. und am Anfange des 17. Jahrhunderts, herrschten ähnlich hohe Preise für Diamanten wie 1869. Dies zeigt die folgende Zusammenstellung der Preise von Brillanten von 1 bis 5 Karat in den Jahren 1606, 1750, 1865 und 1867. Diese Tabelle, die den Preis in Franken ausdrückt, wurde zusammengestellt von L. Dieulafait und vervollständigt für das Jahr 1878 aus der unten folgenden Aufstellung von Vanderheym, um zu zeigen, wie die Preise nach der Auffindung der südafrikanischen Diamanten infolge des starken Angebotes heruntergegangen waren, nachdem 1867 bis 1869 noch steigende Tendenz ge- herrscht hatte. Brillant von 1606 1750 1865 1867 1878 1 Karat 545 Fıkn. 202 Frkn. 453 Frkn. 529 Frkn. 220 Frkn. RE. LINES OT N: 103g, DIT TOO 30 AUG. 1849.% 0 Kal N 12350 „ A BASE 58. 2A N — | 2 1950 „ Boa: 8753) . SS0Bz SS 2750 „ Die Ende der siebziger Jahre geltenden Diamantenpreise für die marktfähige Ware, also für niedrige Gewichte, sind am besten zu ersehen aus der folgenden Zusammen- stellung, die der Pariser Juwelier Vanderheym für die Weltausstellung von 1878 im Auftrage des Syndikats Pariser Juweliere angefertigt und durch je zwei Steine von der betreffenden Größe und Beschaffenheit illustriert hat. Die in Franken ausgedrückten Preise gelten je für ein Paar Brillanten, das Gewicht steigt immer um '/; Karat und geht bis zu 12 Karat; dabei werden vier Qualitäten unterschieden. Diese den heutigen Verhältnissen allerdings nieht mehr entsprechenden Zahlen sind keine Phantasiegebilde, sondern es sind im Handel zu jener Zeit wirklich bezahlte Summen. In den letzten 20 Jahren haben sich die Diamantenpreise mehr als verdoppelt. Man erkennt aus der folgenden Tabelle den großen Unterschied der Preise von Steinen des- selben Gewichts für die verschiedenen Qualitäten, namentlich zwischen der ersten und zweiten. Dieser ist schon bei einem Karat größer als der Unterschied zwischen der zweiten und WERT UND PREIS DER DIAMANTEN. 337 dritten Qualität; er wächst aber mit dem Gewicht sehr viel rascher als der letztere. Bei einem Stein von 12 Karat ist der Preis für erste Qualität nahezu das Dreifache wie bei einem ebenso großen Steine von der zweiten Qualität, während die Preise von zwei zwölfkarätigen Steinen sich nur verhalten wie 9 zu 8, wenn sie der zweiten und dritten, wie 6 zu 5, wenn sie der dritten und vierten Qualität angehören. Der Grund davon ist, daß am Kap sehr wenig Steine von der ersten Qualität, namentlich sehr wenige größere vorkommen, während von den anderen Qualitäten auch große Steine dort häufig sind. | Gewicht a. est 4. Qualität | 3. Qualität | 2. Qualität | 1. Qualität 1| 1 120 150 150 220 2 1'/2 200 250 | 300 400 3| 2 400 480 | 600 700 4 21a | 525 625 800 950 5| 3 660 780 1020 1250 6| 3% 120 =. 95: | 123 1600 7 4 960 1120 1440 1950 S 4!/a 1080 1305 1642 2350 9 5 1250 1500 1900 2750 10 Bla 1430 1705 2117 | 3250 11) 6 1620 1920 23340 | 3700 12| 6'/a 1820 2112 2567 | 4250 13 7 1995 2310 2765 5000 14 71a 23175 2550 | 3000 5800 15 8 2360 2800 3240 6700 16 81a 2550 3060 | 3485 7600 17 9 2700 330 | 3735 |! 8500 18 Qi/a 2897 3562 | 3990 9400 19 10 3050 3500 | 430 10300 20 10%/2 3255 442 | 4515 11400 21 11 3465 4290 | 4840 12500 22 11!/a I 7 4600 ı 5175 13700 23 12 3900 | 4800 | 5400 15000 Man sieht auch, wie wenig die sogenannte Tavernier’sche Regel, wonach der Preis mit dem Quadrat des Gewichts zunimmt, den wirklichen Verhältnissen beim Diamant entspricht. Nach obiger Tabelle wäre der Preis eines zwölfkarätigen Steines von der ersten Qualität = 12. 12.220 = 31680 Franken, während er faktisch nur 15000 Franken kostete, also nicht ganz die Hälfte der berechneten Zahl. Ebenso ungenaue Resultate gibt die Regel bei kleineren Steinen. Ein sechskarätiger Diamant erster Qualität würde danach 6.6.220= 7920 Franken wert sein, während der wirkliche Preis 3700 Franken betrug. Heutzutage ist die Preiszunahme größerer Steine noch geringer als 1878. Bis zu 15 Karat etwa ist der Preis dem Gewicht ungefähr proportional, so daß ein Zweikaratstein das Zweifache, ein Dreikaratstein das Dreifache eines einkarätigen kostet, wenigstens gilt dies für die drei letzten Qualitäten, für die erste ist die Zu- nahme stärker. Nach der Regel von Schrauf, wonach der Preis eines Karatsteines mit dem Produkt aus der halben Karatzahl und der um zwei vermehrten Karatzahl multipliziert wird, würde ein zwölfkarätiger Stein erster Qualität: 6. 14.220 = 18480 Franken statt des wirklichen Preises von 15000 Franken kosten. Diese Regel gibt also immer noch um 3480 Mark zu viel, ist aber doch weitaus zutreffender als die von Tavernier. Dies gilt aber nicht mehr für kleinere Steine. Ein Sechskaratstein erster Qualität kostet nach Schrauf 328 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. 3.8.220 = 5280 Franken, der wirkliche Preis ist aber wie oben nur 3700 Franken. Gegen- wärtig rechnet man für einen Brillant mittlerer Qualität von 1 Karat 300 Mark, nur bei den allerschönsten Steinen, wie sie als Seltenheiten im Handel vorkommen, kann man 1 Karat zu 400 und sogar 600 Mark rechnen. Der Preis der großen Steine, die über das Gewicht der gewöhnlichen Handelsware, also etwa über 20 Karat hinausgehen, ıst überhaupt nicht in Regeln zu bringen. Manch- mal wurde für einen solehen mehr, manchmal weniger bezahlt, als die Tavernier’sche Regel angibt, manchmal wohl auch ziemlich ebensoviel. Die Preise, die für solche großen Steine und ebenso für sehr schön gefärbte blaue, rote, grüne usw. bezahlt werden, sind Liebhaberpreise, die auch von der Möglichkeit abhängen, solche besonders wertvollen Stücke an den Mann zu bringen, und eine solche Möglichkeit ist oft gar nicht vorhanden, da die Käufer für derartige Kostbarkeiten ebenso selten sind wie diese selber. Man pflegte früher solche Steine besonders fürstlichen Personen und namentlich vor in Aussicht stehenden Festlichkeiten, Vermählungen usw. anzubieten, selbstverständlich häufig ohne Erfolg. Ein solcher Stein, der vielfach angeboten, aber nicht verkauft wurde, soll dadurch nicht unerheblich im Werte herabsinken. Später fanden sich vielfach in Amerika Abnehmer. Übrigens ist es auch für kleinere Steine kaum möglich, Normalpreise anzugeben, da alles von der Qualität abhängt, die obigen Zahlen werden aber immerhin einigermaßen orientieren. Man hat stets scharf zwischen den Preisen geschliffener und roher Steine zu unterscheiden; letztere kommen nicht einzeln, sondern nur in größeren Partien, und zwar vom Kap genau nach Qualitäten sortiert, von Brasilien unsortiert, wie sie gefunden werden, in den Handel. Eine starke Zunahme erfahren die Preise durch den wiederholten Zwischen- handel, bis die Steine endlich im Juwelierladen in die Hand des Publikums gelangen. 6. Nachahmung und Verfälschung. Der hohe Preis schöner Diamanten hat vielfach Versuche zur Folge, unkundige Käufer durch andere minderwertige Steine oder Nachahmungen aus Glas zu täuschen. Es sind namentlich einige farblose Edelsteine oder farblose Varietäten von solchen, die hierzu verwendet werden können: farbloser Topas, durch Glühen entfärbter Hyacinth, weißer Sapphir und Spinell, Beryll, Turmalin, ferner Phenakit, Bergkristall und andere. Bei allen diesen fehlt das schöne Farbenspiel und, vielleicht den farblosen Hyaeinth und Sapphir ausgenommen, der hohe Glanz. Ein Kenner wird daher niemals einen dieser Steine mit Diamant verwechseln. Sie unterscheiden sich von diesem sicher durch die Härte und die meisten auch durch die Lichtbreehung; von den genannten allen ist nur der Spinell einfachbrechend wie der Diamant. Der Diamant allein läßt die Röntgenstrahlen voll- kommen durch; ihm nähert sich darin allerdings der Phenakit. Auch das spezifische Gewicht gibt ein Erkennungsmerkmal, wie wir bei der Betrachtung der verschiedenen farblosen Edelsteine und ihrer Unterscheidung im dritten Teile dieses Buches noch weiter sehen werden. Seltener als mit farblosen wird der Diamant mit gefärbten Edelsteinen verwechselt; auch dafür werden wir später die unterscheidenden Kennzeichen speziell kennen lernen. In Beziehung auf Farblosigkeit, Durchsichtigkeit, Glanz und Farbenspiel haben manche Glassorten, besonders der Straß, die größte Ähnlichkeit mit dem Diamant. Dieser wird daher häufig zur Nachahmung des Diamants benutzt, und es ist wohl auch einem Kenner nicht leicht möglich, frisch geschliffenen Straß von einem echten Diamant durch das bloße Ansehen sicher zu unterscheiden. Hier gibt aber die Härte leicht die Entscheidung. Straß wird schon von einer harten Stahlspitze leicht geritzt und von der Feile angegriffen, eben- so auch von der Ätztinte, die auf echten Diamant nicht im geringsten einwirkt. KoRrRUND. 329 Nicht selten sind Verfälschungen durch Dubletten, bei denen z. B. nur der Ober- teil eines Brillants aus Diamant, der Unterteil dagegen aus Glas oder einem farblosen Steine, etwa weißem Sapphir, besteht. Von dem Betrug, der durch Verdeckung der gelb- lichen Farbe der Diamanten mittels leichter Überdeckung mit einer blauen Substanz ge- übt wird, ist schon oben die Rede gewesen. Durch Bestreichen der Unterseite von Glas oder weißen Steinen mit Farben kann bis zu einem gewissen Grade, aber doch nur in ziemlich roher Weise das Farbenspiel des Diamants nachgeahmt werden. Sachen dieser Art werden gegenwärtig unter dem Namen Iris vielfach in den Handel gebracht, ohne dab aber dabei eine Täuschung beabsichtigt wird oder möglich wäre. Korund. Zu der Mineralspezies Korund gehören einige der schönsten und wertvollsten Edel- steine, die man kennt, vor allem der rote Rubin und der blaue Sapphir, daneben noch zahlreiche weitere von anderer Farbe. Alle diese Steine sind nach der Gesamtheit ıhrer im mineralogischen Sinne wesentlichen Eigenschaften, also nach ihrer chemischen Zu- sammensetzung, ıhrer Kristallform und ihrem ganzen physikalischen Verhalten einander in jeder Hinsicht gleich. Sie unterscheiden sich lediglich durch die Farbe, die auf der Beimischung kleiner Mengen fremder Substanzen beruht, und die daher für ihre Be- trachtung als Mineralien unwesentlich ist, die aber allerdings für ihre Verwendung als Edelsteine die allergrößte Wichtigkeit und Bedeutung besitzt. Was die chemische Zusammensetzung betrifft, so ist der Korund reine Tonerde, also ein Oxyd des jetzt so viel verwendeten Metalls Aluminium. Er hat die Formel Al» O;, was einem Gehalt von 53,2 Proz. des genannten Metalls und von 46,8 Proz. Sauer- stoff entspricht. Aber diese ideale Reinheit ist wohl nie vorhanden; stets ergibt die Analyse kleine Mengen anderer Substanzen als Verunreinigungen, und zwar um so weniger, je klarer und durchsichtiger die Steine sind, je mehr sie sich also zu Edelsteinen eignen. Sind größere Mengen solcher fremder Stoffe vorhanden — und diese betragen manchmal zehn und noch mehr Prozente —, dann sind die Steine trübe und unansehnlich, so daß sie keine Verwendung zum Schmuck mehr zulassen. Die chemische Untersuchung hat neben der Tonerde etwas Eisenoxyd, Kieselsäure usw., zuweilen auch eine Spur Chromoxyd nachgewiesen. Ein schön durchsichtiger roter Korund, sogenannter orien- talischer Rubin, und ein ebenso beschaffener blauer, ein orientalischer Sapphir, beide mit allen für einen Edelstein erforderlichen Eigenschaften in ausgezeichneter Weise ausgestattet, haben dabei die folgenden Zahlen ergeben: Rubin Sapphir Ehonende:®. 7. 22. 02 2 01..°. 07.32 97,51 BiseHoxydit ae NIE 1,89 Kieselsäure 1. 2.0. nr. or 0,80 99,62 100,20 Auf diesen kleinen Mengen fremder Substanzen, namentlich auf dem Gehalt an Eisen- oxyd und zum Teil auch an Chromoxyd, beruhen, wie wir unten noch weiter sehen werden, die verschiedenen Färbungen. Der Korund zeigt nicht selten deutliche, schön ausgebildete Krystalle, die dem hexa- gonalen System, und zwar dessen rhombo&@drisch-hemiedrischer Abteilung angehören. Eine 330 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Anzahl der häufiger vorkommenden Kristallformen ist in Fig. 63, a bis i dargestellt. Sie sind in zweierlei verschiedener Weise ausgebildet. Bei vielen herrscht ein sechsseitiges Prisma mehr oder weniger stark vor, das an beiden Enden durch eine gerade Endfläche senkrecht zu den Prismenflächen geschlossen ist und auf dessen Kanten abwechselnd oben und unten die Flächen eines Rhomboöders aufgesetzt sind. Die meisten Flächen sind glatt, nur die geraden Endflächen tragen eine regelmäßig dreiseitige Streifung, wie es der auf Tafel I, Figur 5 abgebildete Kristall zeigt. An den Figuren a bis ce sind nur die ge- nannten Formen, aber ın verschiedener Ausdehnung vorhanden, in Figur d tritt dazu noch eine doppeltsechsseitige Pyramide, ein Dihexaäder, dessen Flächen auf die des Prismas nach oben und nach unten gerade aufgesetzt sind. Solche Pyramiden bilden in den Figuren 63, e bis i allein oder doch überwiegend die Begrenzung, allein in Figur e, mit Fig. 63. Kristallformen des Korunds (Rubin, a—d; Sapphir, e—i). der geraden Endfläche ın Figur f, und mit dieser und den kleinen auf die End- kanten abwechselnd oben und unten gerade aufgesetzten Flächen eines Rhombo&ders in Figur 9. Die Flächen dieser Pyramiden sind, wenn sie den Kristall allein oder vor- wiegend begrenzen, in der Weise wie in Figur f stark horizontal gestreift. In Figur h sind drei solche Dihexaöder mit verschieden steilen Flächen übereinander ausgebildet, deren Endecken auf beiden Seiten durch die gerade Endfläche und deren Seitenkanten durch die Flächen eines hexagonalen Prismas gerade abgestumpft sind. In Figur i sind zwei Dihexaöder mit dem sechsseitigen Prisma und einem Rhomboö@der kombiniert. Man hat also, wie schon oben angedeutet, zwei Ausbildungsformen der Kristalle; bei der ersten (Fig. a bis d) sind die Prismen, bei der zweiten (Fig. e bis i) die Pyramiden vorzugsweise entwickelt. Die erstere findet sich überwiegend bei dem roten Korund, dem Rubin, die zweite mehr bei dem blauen, dem Sapphir. Ein Rubinkristall ist auch auf Tafel I, Figur 5, KoRrunxD. 331 ein Sapphirkristall auf derselben Tafel in Figur 7 abgebildet, beide in ihrer natürlichen Beschaffenheit. Häufig, allerdings meist nur bei dem trüben, undurchsichtigen Korund, weniger bei dem klaren, zu Edelsteinen geeigneten, sind Zwillingsverwachsungen, und zwar von zweierlei Art. Nach der einen sind dünne, ebene Lamellen in großer Zahl parallel mit den Flächen eines Rhomboöders in den Kristallen zwillingsartig eingewachsen, wie es Figur 63, a an- deutet. Nach der zweiten Art ist dies parallel der geraden Endfläche der Fall, wie in Figur b. Die verschiedenen Flächen erhalten dadurch eine oft sehr feine geradlinige Streifung, welche im ersteren Falle auf der geraden Endfläche drei Systeme paralleler Linien bildet, die sich unter Winkeln von 60 Grad oder 120 Grad durchschneiden, während im zweiten Falle die Streifen auf den Prismenflächen in horizontaler Richtung senkrecht zu den Kanten verlaufen. Mit diesen in regelmäßiger Weise zwillingsartig den Kristallen eingelagerten dünnen und stets vollkommen ebenen Plättchen oder Lamellen hängt eine scheinbare Spaltbarkeit des Korunds nach den Flächen des Rhomboäders und auch nach der geraden Endfläche zusammen. Diese Lamellen hängen oft nicht sehr fest aneinander; sie trennen sich dann leicht nach ihren ebenen Begrenzungsflächen beim Zerschlagen der Kristalle, welche sich nach diesen noch leichter mit dem Meißel spalten lassen. Man hat es aber danach hierbei nicht mit einer wırklichen Spaltbarkeit zu tun, sondern mit einer sogenannten schaligen Absonderung. Dies zeigt sich leicht daran, daß die Trennung nach den Flächen des Rhomboeders oder nach der geraden Endfläche nicht an allen Kristallen möglich ist, sondern nur an Solchen, in denen sich auch Zwillingslamellen nach der be- treffenden Fläche finden, und daß die Absonderung stets der Grenze einer solchen Lamelle folgt. Fehlen die Zwillingslamellen, so fehlt auch jede Spur ebenflächiger Trennung oder scheinbarer Spaltbarkeit, der Bruch ist muschelig, wie bei so vielen anderen nicht spalt- baren Mineralien. Der Korund ist spröde. Unter seinen physikalischen Eigenschaften ist, wie beim Diamant die hervorragendste die Härte. Er ist nach diesem das härteste Mineral, wenn er auch hierin nicht entfernt jenen Edelstein erreicht; alle anderen Mineralien sind weicher als der Korund, wenngleich manche nur um weniges. Wegen dieser Eigenschaft ist der Korund als Material zum Schleifen und Polieren harter Körper sehr geeignet; seine trüben Varietäten, namentlich der dichte schwarze Schmirgel, werden auch, wie wir gesehen haben, hierzu vielfach benutzt, ebenso beruht darauf die Verwendung zu Zapfenlagern für Uhren und andere feine Instrumente usw. Indessen sind nicht alle Abarten des Korunds in Beziehung auf die Härte einander ganz gleich; es sind zwischen ihnen kleine Unterschiede vorhanden. Am härtesten von allen ist der blaue Korund, der Sapphir und hier wieder, wie man sagt, der australische. Das spezifische Gewicht ist sehr hoch. Bei reinem Material ist es sehr nahe = 4 gefunden worden; die Zahlen schwanken zwischen 3,34 und 4,0. Größere Abweichungen von 4, beruhen auf Irrtümern oder auf der Unreinheit der zur Bestimmung angewandten Stücke. Die einzelnen in der Farbe verschiedenen Varietäten sollen kleine Differenzen erkennen lassen. Der Korund ist einer der schwersten Edelsteine, man kann ihn daher durch das spezifische Gewicht meist sicher von anderen ähnlich aussehenden unterscheiden. Er sinkt im reinen Methylenjodid und sogar noch in der schwersten Flüssigkeit (G. = 3,6) sofort und rasch zu Boden. Von Säuren, auch von Ätztinte, wird das Mineral weder in der Kälte noch in der Wärme angegriffen; vor dem Lötrohr ist es vollkommen unschmelzbar. Beim Erhitzen im Dunkeln zeigt sich, daß viele Korunde sehr schön phosphoreszieren. Reiben mit Tuch oder Leder erzeugt positive Elektrizität, die sehr lange erhalten bleibt. 332 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die äußere Erscheinung des Korunds ist sehr mannigfaltig. Am häufigsten ist er trübe und dann als Schmuckstein nicht zu verwenden. Nur ein kleiner Teil ist klar und durehsichtig genug zu diesem Zweck. Man bezeichnet den klaren und durchsichtigen als edlen, den trüben und undurchsichtigen als gemeinen Korund. Nur von dem ersteren, dem Edelkorund, kann hier eingehender die Rede sein. Er ist im Gegensatz zu Imi- tationen auch für Röntgenstrahlen noch gut durchlässig. Der edle Korund hat einen sehr kräftigen und schönen Glanz, der an Lebhaftigkeit dem des Diamants sehr nahe steht und namentlich auf angeschliffenen Facetten stark hervortritt. Es ıst aber nieht die charakteristische Art des Glanzes wie beim Diamant, also nicht der Demantglanz, sondern der gewöhnliche Glasglanz. Kein anderer Edelstein, abgesehen vom Diamant und vielleicht dem farblosen Hyacinth, hat einen so kräftigen und vollen Glanz, ein so ausgezeichnetes Feuer, wie der edle Korund, der danach vielfach auf den ersten Blick von gleichgefärbten anderen Steinen unterschieden werden kann. Die große Härte bewirkt, daß die Oberfläche den Glanz auch unverändert beibehält, so daß die Schönheit eines geschliffenen Korunds dauernd bestehen bleibt; es findet kein allmähliches Matt- und Trübwerden der Flächen beim Gebrauch statt. Wegen des hohen Glanzes werden auch Korunde noch geschliffen, deren Farbe hell oder sonst weniger ansehnlich ist; sie geben immer noch vorteilhaft aussehende Steine. Alle Korunde sind doppeltbrechend mit einer optischen Axe. Die Lichtbrechung ist ziemlich stark, aber doch bedeutend geringer als beim Diamant. Die Doppelbrechung ist dagegen gering; die Brechnungskoöffizienten des ordentlichen und des außerordentlichen Strahles sind nur wenig voneinander verschieden. Sie wurden an einem Kristall von Ceylon im gelben Natriumlicht bestimmt und gefunden: & = 1,16%; & = 1,15%. Auch die Farbenzerstreuung ist sehr gering; die Brechnungskoäffizienten weichen für die ver- schiedenen Farben des Spektrums nur wenig voneinander ab. Deswegen ist beim Korund niemals das Farbenspiel des Diamants zu sehen, das eben wesentlich auf der energischen Farbenzerstreuung des letzteren beruht. Die starke Lichtbrechung und geringe Farbenzerstreuung verbunden mit der be- deutenden Härte hat die Anwendung farblosen oder sehr hellgefärbten, durchsichtigen Korunds zur Herstellung von Linsen für Mikroskope veranlaßt. Pritchard, der, wie wir gesehen haben, auch den Diamant in dieser Weise benutzte, stellte 1827 solche Linsen aus sehr hellblauem Sapphir her, er hat aber keine Nachfolger gefunden. Die umfangreichste Verwendung des edlen Korunds, die auf der Durchsichtigkeit beruht, ist die zu Schmucksteinen. Diese wirken außer durch die letztere Eigenschaft und den starken Glanz vornehmlich durch die prächtige Farbe; viele der am schönsten gefärbten Edelsteine gehören zum Korund. Wir werden uns daher jetzt der Betrachtung der Farbenverhältnisse dieses Minerals zuwenden. Die ganz reine kristallisierte Tonerde ist vollkommen farblos, wasserhell. Es ist dies der Leukosapphir. In dieser Weise kommt' aber der Korund selten vor. Meist ist eine mehr oder weniger intensive Färbung zu beobachten. Diese ist in vielen Fällen nur fleckenweise vorhanden, so daß farbige Stellen rings von farblosen umgeben sind, und nicht selten zeigt ein Stück an verschiedenen Orten abweichende Farbe. Daß die Färbung der einzelnen Stücke sehr verschieden ist, wurde schon oben erwähnt. Aus allen diesen Erscheinungen folgt, daß die Farbe durch Beimischungen kleiner Mengen von fremden Körpern zu der an sich farblosen Grundsubstanz hervorgerufen wird. Noch ist es aber nicht gelungen, für jede einzelne Farbe den färbenden Stoff mit Sicher- heit oder auch nur mit Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Die Veränderung der Farben durch Radiumbestrahlung siehe S. 72. KorunxD. 333 Die Farben sind bald lieht und blaß, bald dunkel, tief und gesättigt. Steine der ersteren Art werden als „weibliche“, solche der letzteren Art als „männliche“ bezeichnet. Der Dichroismus ist stets mehr oder weniger bemerkbar, wenn die Farbe nicht gar zu blab ist. Bei starkgefärbten Steinen ist er sehr deutlich, und zwar um so mehr, je tiefer die Färbung ist. Nach der verschiedenen Farbe werden beim edlen Korund mehrere Varietäten unter- schieden, die mit besonderen Namen belegt worden sind und die im Edelsteinhandel sehr verschiedene Wichtigkeit und sehr verschiedenen Wert haben. Verhältnismäßig häufig ist der rote Korund oder Rubin und besonders der blaue oder Sapphir. Alle anderen Farben- varietäten bilden im Vergleich mit diesen sparsam und sogar zum Teil sehr spärlich vor- kommende Seltenheiten. Sie werden mit denselben Namen benannt, wie gewisse Steine von ganz abweichender Beschaffenheit, aber je mit derselbigen Farbe, indem man zur Unter- scheidung die Bezeichnung „orientalisch“ beifügt, welche die besonders edle Beschaffen- heit, große Härte und schönes Aussehen andeuten soll. Gerade die verschieden gefärbten Korunde sind es vorzugsweise, die durch dieses Adelsprädikat den anderen gleichgefärbten Edelsteinen gegenüber ausgezeichnet werden, auch der Rubin und der Sapphir. Unter letzterem Namen werden zuweilen im erweitertem Sinne auch alle farblosen und anders als rot gefärbten Korunde zusammengefaßt und als gelber Sapphir, Violettsapphir usw. unterschieden. Die verschiedenen Farbenvarietäten des Korunds sind nun die folgenden: Rubin (orientalischer Rubin): rot. Sapphir (oriental. Sapphir): blau bis farblos (Leukosapphir). Oriental. Aquamarin: hell bläuliehgrün bis grünlichblau. Oriental. Smaragd: grün. Oriental. Chrysolith: gelblichgrün. Oriental. Topas: gelb. Oriental. Hyacinth: morgenrot. Oriental. Amethyst: violett. Diese Farben behalten meist auch bei künstlicher Beleuchtung ihre volle Schönheit, was bei den Steinen, die den Korundvarietäten ihren Namen gegeben haben, vielfach nicht der Fall ist. Diese werden zum Teil im Kerzenlicht unansehnlich und stehen auch aus diesem Grunde hinter dem entsprechenden gleichgefärbten Korund erheblich zurück. In der Glühhitze wird die Farbe des Korunds zuweilen, aber nicht immer, verändert oder auch zum Teil ganz zerstört, wie wir unten bei der Betrachtung der verschiedenen Varietäten noch weiter sehen werden. Der Korund findet sich in seinen einzelnen Abarten teils in unregelmäßig be- srenzten Körnern, teils in regelmäßig ausgebildeten Kristallen im Gestein eingewachsen, und zwar vorzugsweise im Urgebirge, im Granit, sowie im Gneis und anderen ähnlichen Gesteinen, ebenso, und vor allem auch in schleifbaren Exemplaren, in dem durch Berührung mit einem Eruptivgestein veränderten Kalk als Kontaktmineral. Aus diesen ursprünglichen Lagerstätten gelangt er in die Seifen, und gerade aus diesen werden in allen seinen Ur- sprungsländern die schönsten Stücke der verschiedenen oben genannten Varietäten gewonnen. Neuerer Zeit hat man auch gelernt, den edlen Korund in verschiedenen Farben, besonders rot, gelb und violett, sowie auch farblos, nicht aber blau, in vollendeter Schönheit mit allen ° Eigenschaften der natürlichen Steine künstlich nachzubilden, wovon unten noch weiter die Rede sein wird. Wir gehen nunmehr, nachdem wir die allen Korunden gemeinsamen Eigenschaften kennen gelernt haben, zur Betrachtung derjenigen Varietäten über, die zur Verwendung als Schmucksteine passend sind. Wir werden dabei die einzelnen Farben trennen und beginnen mit dem kostbarsten aller Edelsteine, dem Rubin. 334 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Rubin. Eigenschaften. Unter den verschieden gefärbten Abarten des edlen Korunds ist die rote, der Rubin (orientalische Rubin), die wertvollste und geschätzteste. Überhaupt ist zurzeit der Rubin und daneben der Sapphir und der Smaragd am beliebtesten und ge- suchtesten unter allen farbigen Edelsteinen. Es ıst wahrscheinlich der Anthrax des Theo- phrast und bildet einen Teil dessen, was man im Mittelalter Karfunkel nannte. Alle die oben erwähnten Eigenschaften des Korunds kommen auch ihm zu; von den anderen Varietäten desselben unterscheidet er sich lediglieh durch die rote Farbe, wie sie Tafel I, Figur 5 an einem natürlichen Kristall, Figur 6 der nämlichen Tafel an einem geschliffenen Steine dargestellt ıst. Die Farbe zeigt an verschiedenen Stücken verschiedene Nuancen; bald ist sie tief, dunkel und gesättigt (männliche Rubine), bald hell und licht (weibliche Rubine), mit allen möglichen Übergängen. Die lichten Nuancen sind hellrosenrot bis rötlichweiß, so daß zuweilen nur ein schwacher Stich ins Rote auf dem fast farblosen Stein vorhanden ist. Die dunkleren Farben sind entweder rein rot, oder karminrot, oder blutrot, die meisten Rubine haben aber einen mehr oder weniger deutlichen Stich ins Bläuliche oder Violette, namentlich beim Hindurcehsehen. Sehr häufig ist ein Stich ins Bräunliche, weniger ein solcher ins Gelb. Die geschätzteste Farbe ist die tief und zwar rein karminrote. Diese ist von den Birmanen mit der des frischen Taubenblutes verglichen worden, man hört daher vielfach, dab die Steine von der Farbe des Taubenblutes die wertvollsten seien. Sie ist recht selten, und Steine dieser Art stehen daher auch am höchsten im Preise, wenn sie fehlerlos, klar und durchsichtig sind. Alle diese Nuancen des Rubins sind dadurch ausgezeichnet, daß sie im Gegensatze zu anderen roten Steinen bei Kerzenlicht an Kraft und Schönheit der Färbung nichts verlieren, daß sie bei künstlicher Beleuchtung in ebenso prächtigem rotem Licht erglänzen wie im hellen Tageslicht. Durch Radiumbestrahlung leidet die Farbe nicht. Vielfach ıst die Färbung nicht ganz gleichmäßig. Zwischen den roten Stellen sind häufig einzelne größere oder kleinere weiße Flecken, die aber zuweilen beim Erhitzen ver- schwinden und einem gleichmäßigen Rot Platz machen. Durch zweckmäßige Behandlung im Feuer (Brennen) läßt sich zuweilen auch die Farbennuance ändern. So verlieren manche ceylanische Steine dabei ihren Stich in’s Violette und werden dadurch wertvoller. Der Rubin kann, wie alle anderen Korunde die höchsten Temperaturen ertragen, obne zu zer. springen, wenn man ihn nur vor zu plötzlichen Änderungen hütet. Dabei beobachtet man vielfach die schon bei der Betrachtung der Farbe der Edelsteine im allgemeinen erwähnte eigentümliche Farbenänderung. Der glühende Stein wird bei der Abkühlung erst weiß, dann grün und endlich wieder rot, wie vorher. Die rote Farbe wird also bei starkem Er- hitzen nicht dauernd verändert oder zerstört, wie die des Sapphirs, auch bei der höchsten Glut ist dies nicht der Fall, nieht einmal in der Schmelzhitze. Es ıst daher sicher anzunehmen, daß der rote Farbstoff des Rubins nicht organischer Natur ist, wie es bei so’ manchen anderen Edelsteinen der Fall zu sein scheint, deren Farbe beim Glühen zerstört wird. Die Ursache des Rot ist wohl ein kleiner Chromgehait, den man ın manchen Rubinen nachgewiesen hat. Man glaubt dies um so mehr annehmen zu dürfen, als Glasflüsse durch Beimisebung einer geringen Menge Chromoxyd eine dem Rubin sehr ähnliche Farbe erhalten können. Auch haben die unten zu besprechenden Ver- suche von Fremy und anderen über die künstliche Darstellung des Rubins erwiesen dab ın der Tat kristallisierte Tonerde durch etwas Chromoxyd eine schöne rubinrote Färbung erlangt. Bei diesen Nachbildungsversuchen sind zuweilen Kristalle entstanden, die Rugıs. EIGENSCHAFTEN. 335 halb rot, halb blau gefärbt waren, wie es auch bei Rubinen von Birma, allerdings nur in seltenen Fällen, vorkommt. Der Diehroismus des Rubins, namentlich des dunkelgefärbten, ist nicht gering. In verschiedenen Richtungen durch die Kristalle hindurchgesehen, ist die Färbung ziemlich verschieden, und nur bei sehr hellen Steinen ist ein soleher Unterschied nicht deutlich zu bemerken. Die Kristallformen des Rubins sind, wie wir schon oben gesehen haben, in der Hauptsache die in Fig. 63, a bis d dargestellten. Blickt man durch einen solchen Kristall von dunkler Farbe senkrecht zu der geraden Endfläche hindurch, so erscheint er intensiv dunkelrot, entweder rein oder meist etwas ins Violette ziehend. Geht dagegen das Licht senkrecht zu den Flächen des Prismas hindurch, so erscheint der Stein viel heller. Setzt man die Dichrolupe von Haidinger auf eine Prismenfläche auf und betrachtet das bindurchgegangene Licht, so ist bei der Stellung des größten Unterschiedes beider Bilder das eine hellrot, das andere dunkelrot, meist etwas ıns Violette. In jeder anderen Richtung gibt die Dichrolupe ebenfalls zwei rote Bilder von mehr oder weniger verschie- dener Intensität. Nur wenn die Lupe auf die gerade Endfläche aufgesetzt wird, sind beide Bilder immer einander gleich, und zwar intensiv rot, gerade wie wenn man in derselben Richtung ohne Lupe hindurchsehen würde. Dieser kräftige Diehroismus läßt den echten, schön gefärbten Rubin immer sicher von gewissen anderen roten Steinen unterscheiden, die regulär kristallisieren und daher keinen Dichroismus besitzen, so vom Spinell und von den verschiedenen Arten des Granats. Die Verschiedenheit der Färbung beim Hindurchsehen nach verschiedenen Richtungen hat zur Folge, daß man den Rubin in ganz bestimmter Weise schleifen muß, um die schönste Farbenwirkung zu erhalten. Die Hauptausdehnung des geschliffenen Steines, also die Tafel, muß so nahe wie möglich der geraden Endfläche des Kristalls parallel gelegt werden; in jeder anderen Richtung geschliffen gibt derselbe Rubin eine weniger intensive und daher weniger geschätzte rote Farbe, die am unscheinbarsten wird, wenn die Tafel einer Prismenfläche parallel geht. Rubine von Siam fluoreszieren in violettem Licht wenig, während die viel wertvolleren von Birma einen lebhaften roten Lichtschein aussenden und daher zwischen den anderen viel heller erscheinen. Manche Rubine zeigen auf der geraden Endfläche und noch besser auf einer ın deren ungefährer Richtung geschliffenen, rundlich gewölbten Oberfläche bei auffallendem Licht einen sechsstrahligen sternförmigen Lichtschimmer. Man nennt sie Sternrubine oder auch Rubinasterien und Rubinkatzenaugen. Die Erscheinung ist dieselbe wie beim Stern- sapphir; bei diesem ist sie aber noch ausgezeichneter, es soll daher bei der Beschreibung des Sapphirs näher darauf eingegangen werden. Wert. Der gleiehmäßig, tief und rein karminrote, taubenblutfarbige, klare und durchsichtige, vollkommen fehlerlose Rubin ıst der weitaus wertvollste Edelstein, den man heutzutage kennt, besonders wenn er einen sammetartigen Schimmer und ein lebhaftes Feuer zeigt. Wenn auch die Wertschätzung der verschiedenen Arten der Edelsteine mit der Zeit in nicht unbeträchtlichem Maße schwankt, so hat der Rubin, außer im Altertum, doch wohl fast immer an der Spitze gestanden. Dies gilt aber nicht für die fehlerhaften und auch nicht für die hellroten Rubine, die wegen der geringeren Schönheit der Farbe niedriger im Preise stehen, namentlich aber auch deswegen, weil sie in ziemlicher Menge und auch in größeren Stücken vorkommen, während vollkommen durchsichtige und fehler- freie Rubine von der schönsten Farbe schon bei ganz bescheidener Größe zu den sehr seltenen Funden gehören. Zu dunkle Farben, welche die Durchsichtigkeit beeinträchtigen, sind gleichfalls ungünstig, ebenso die Nuancen ins Blaue oder Violette, und noch mehr die ins Gelbe oder Braune, wie sie in Siam besonders häufig sind. 336 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Daher stehen Rubine von der besten Sorte im Preise weit über ebensolehen Diamanten vom gleichen Gewicht, auch wenn beide nur ein Karat wiegen. Tadellose Diamanten von der ersten Qualität sind schon bei dieser Größe häufiger als entsprechende Rubine. Steigt aber das Gewicht höher, so verschiebt sich das Verhältnis immer mehr zu Ungunsten des Rubins. Ein schön taubenblutroter fehlerfreier Rubin von 3 Karat ist schon eine große Seltenheit, nach der man lange suchen muß, während ein ebensolcher Diamant eine nicht ungewöhnliche Erscheinung ist. Diamanten von 10 Karat werden noch in ziemlicher Menge gefunden, gleichschwere Rubine kommen kaum mehr vor, und noch größere sind nur in einzelnen Exemplaren bekannt, immer Steine von hoher Vollkommenheit und Schön- heit vorausgesetzt. Daher steigt der Preis der Rubine sehr viel stärker als das Gewicht, und zwar soll dies für nicht zu schwere Steine, wie sie die gewöhnliche Handelsware bilden, ziemlich der sogenannten Tavernier’schen Regel gemäß der Fall sein, während beim Diamant die Zunahme des Wertes mit dem Gewicht in sehr viel geringerem Grade stattfindet. Ein Karatstein von Rubin kostet etwa das Doppelte von einem einkarätigen Diamant und zwar kann ein einkarätiger Rubin erster Qualität gegenwärtig im Juwelierladen auf 750 bis 1000 Mark geschätzt werden, während ein ebenso schwerer schöner Brillant mit 300, eın solcher von bester Sorte mit bis 600 Mark bezahlt wird. Bei Steinen von 3 Karat ab ist eın Rubin von vollkommener Schönheit mindestens zehnmal teurer als ein Diamant. Ein Brillant aus Diamant erster Qualität von 3 Karat wird im Juwelierladen etwa mit 3000 Mark berechnet, ein ebensoleher Rubin kostet mindestens 30000 Mark. Von zwei entsprechenden Steinen von 5 Karat sind die Preise etwa 6000 Mark beim Diamant und 60000 Mark beim Rubın. Es ıst dabei zu berücksichtigen, daß diese Steine von 3 und 5 Karat geschliffen sind und dab sie im ursprünglichen rohen Zustande ein etwa doppelt so großes Gewicht hatten. Noch größere, sowie besonders schöne Rubine haben überhaupt keinen eigentlichen Marktpreis mehr; es werden dafür Liebhaberpreise oft von unglaublicher Höhe bezahlt, namentlich wenn ein solcher Stein zu irgendeinem Zweeke gebraucht und zu kaufen gesucht wird. So wurde im Jahre 1899 ein etwas über 2 Karat schwerer Rubin von der allerersten Sorte für 27000 Mark ver- kauft, während sonst ein sehr guter Zweikaratstein mit 10000 Mark bewertet wird. Ein schöner Rubin von 95/ıs Karat wurde von dem amerikanischen Edelsteinkenner Kunz auf 33000 Dollars, also etwas über 130 000 Mark geschätzt. Nach den Berichten des Londoner Juweliers Streeter hat man in London für einen schönen geschliffenen Rubin von 325/ı6 Karat 10 000 Pfund Sterling (200 000 Mark) und für einen ebensolchen von 38°/ı6 Karat sogar das Doppelte, nämlich 20 000 Pfund Sterling (400 000 Mark) gelöst. Diese beiden Steine waren von ganz besonderer Schönheit, ausgezeichneter Farbe und ohne Fehler. Der schönste seit Einführung des europäischen Betriebes in Birma, der Heimat der meisten und besten Rubine, im Jahre 1899 gefundene Stein wog 77 Karat und wurde roh um 4 Lack Rupien = 26 666 Pfund Sterling oder 533500 Mark verkauft. Im allgemeinen kann man sagen, daß für einen schön geschliffenen Rubin mindestens das 2';fache des rohen Steines bezahlt werden muß. In der Mitte des 16. Jahrhunderts gibt Benvenuto Cellini den Preis eines Karats Rubin achtmal höher an als den eines Karats Diamant. Er nennt für jenen 800, für diesen nur 100 Goldtaler (seudi). Heutzutage ist, wie wir gesehen haben, der Unterschied weit geringer, er beträgt nur etwa das Doppelte. Wie sehr die Preise beim Rubin von der Beschaffenheit, besonders von der Farbe abhängen, ist daraus zu ersehen, daß mit dem Lichterwerden der Wert sehr rasch auf ein Minimum herabsinkt, so daß ein Karatstein hellrosenroten Rubins höch- stens auf 20 Mark bewertet werden kann. Nur zeitweise werden diese hellen Steine etwas höher geschätzt. Ebenso niedrig stehen die gelb- und braunroten Steine von Siam im Preis. RUBIN ALS SCHMUCKSTEIN. 337 Bei der Preisbildung spielen natürlich die Fehler eine sehr große Rolle. Nur für vollkommen fehlerfreie Steine gelten die obigen Preise; wenn aber Fehler vorhanden sind, sinkt der Wert bedeutend. Solche sind: trübe Beschaffenheit, wolkige Stellen (Wolken) und solche mit Seidenglanz, die besonders bei liehtgefärbten Steinen häufig vorkommen, milchartige halbdurchsichtige Flecken (Chaleedonflecken), kleine Risse und Sprünge (Federn), ungleiche Verteilung der Farbe und andere mehr. Die Wolken und der seidenartige Glanz entstehen durch eingeschlossene winzige und nur bei starker Vergrößerung sichtbare Nädelchen. Vereinzelt fehlen diese nur wenigen Rubinen, denen sie dann nicht schaden, zu Haufen vereint wirken sie ungünstig. Sie sind es wohl auch, die in regelmäßiger An- ordnung den schönen Lichtschein der Asterien oder Sternsteine verursachen. Wie einige besonders große Diamanten allgemein bekannt geworden sind und überall beschrieben und genannt werden als Repräsentanten der höchsten Kostbarkeit, so ist dies in ähnlicher Weise auch der Fall mit einer gewissen Anzahl von Rubinen von außer- gewöhnlicher Größe. Tavernier erwähnt zwei Steine, die er beim König von Visapur (Bijapur) in Indien gesehen hat, den einen von 50°/ı, den anderen von 17!/2 Karat, die er zu 600000 und 74550 Franken schätzt. Auch von anderen in Indien befindlichen großen Rubinen ist gelegentlich die Rede, und noch mehr von solchen in Birma, aber alle diese Berichte sind unsicher und zum Teil falsch. So wird erzählt, daß der König von Ava einen Stein von der Größe eines kleinen Hühnereies in einem Ohrgehänge trug. In Europa befinden oder befanden sich gleichfalls einige ungewöhnlich große und schöne Exemplare. Einen Rubin von Hühnereigröße und von vollkommener Schönheit besaß der deutsche Kaiser Rudolph II.; nach der Schätzung des edelsteinkundigen Boäthius de Boodt, war er 60000 Dukaten wert. Der König Gustav III. von Schweden hat, wie erzählt wird, 1777 der Kaiserin Katharina II. von Rußland einen prächtigen Rubin von der Größe eines Taubeneies überreicht, dessen Verbleib allerdings unbekannt zu sein scheint Von den schönen Rubinen des französischen Kronschatzes wog nach einer Liste von 1791 der schwerste 7 Karat und wurde zu 8000 Franken taxiert. Der schwerste überhaupt war ein hellroter Stein von 251!/ıs Karat, für den aber, der lichten Farbe wegen, nur ein Wert von 25 000 Franken angenommen wurde. Von anderen großen und schönen Steinen war schon oben die Rede. Einen schön roten, teilweise durchsichtigen Rubinkristall von 162?/; Karat besitzt die Mineraliensammlung des British Museum in London. Eine Anzahl größerer Rubine wird noch unten bei der Beschreibung der einzelnen Fundorte erwähnt werden. Der größte überhaupt bekannte, angeblich aus Tibet stam- mend, wiegt zwar 2000 Karat, ist aber nicht vollkommen klar und durchsichtig. Der größte von Birma ist ebenfalls nicht ganz durchsichtig; er wiegt nach Edwin W. Streeter 1184 Karat. Rubin als Schmuckstein. Die Rubine werden in ganz ähnlicher Weise wie die Diamanten auf rotierenden eisernen Scheiben geschliffen. Als Schleifmittel dient in Europa jetzt wohl allgemein Diamantpulver, das die Arbeit rasch fördert. Nach dem Anschleifen der Facetten müssen diese, damit sie den vollen Glanz erhalten, noch poliert werden, was mit wasserbefeuchtetem Tripel auf Kupferscheiben geschieht. Hauptsitz dieser Industrie ıst London, doch werden auch in Paris und Antwerpen, in Idar, im französischen Jura usw., sowie in Nordamerika viele Rubine geschliffen, überall zusammen mit anderen kostbaren farbigen Edelsteinen, Sapphir usw. Das Schleifen geht wegen der großen Härte langsam und ist infolge davon teuer. Die Kosten betragen bis zu 40 Prozent des Werts des rohen Steins. Es wird angenommen, daß für das Schleifen eines Postens Rubine im Wert von 100 000 Mark 42000 Mark bezahlt werden müssen. Das Gewicht kann dabei bis auf die Hälfte und unter Umständen noch erheblich tiefer herabsinken. Man scheut aber auch hier den Verlust nicht, um dem Stein eine günstige Form zu geben, die seine Schönheit möglichst hebt. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 22 338 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. “ Auch die facettierten Formen, die man gibt, sind gewöhnlich die bei dem Diamant bevorzugten. Die Brillantform (Taf. I, Fig. 6) wird häufig gewählt, da diese beim Rubin ebenfalls die Schönheit des Steines am besten zur Geltung kommen läßt. Nur werden die Rubinbrillanten bei tiefer Färbung zur Erhöhung der Durchsichtigkeit vielfach etwas niederer, flacher und dünner gehalten, als es die strenge und beim Diamant genau einzu- haltende Regel erfordert. Auch beim Rubin läßt infolge der starken Lichtbrechung die Unterseite des Brillants die von vorn einfallenden Lichtstrahlen nicht nach hinten austreten, sondern führt sie infolge der Totalreflexion wieder nach vorn und in das Auge des Beschauers, nachdem sie die prächtige rote Farbe des Steines angenommen haben. Diese Eigenfarbe ist es, auf der in Verbindung mit dem schönen und starken Glanz die Wirkung des Rubins beruht, das prächtige Farbenspiel des Diamants fehlt hier dagegen vollständig wegen der außerordentlich geringen farbenzerstreuenden Kraft des Korunds- Daher ist auch eine sehr häufig angewandte Form der Treppenschnitt (Taf. III, Fig. 2—4), der überhaupt für farbige durchsichtige Steine sehr gut paßt und der ihre Wirkung beinahe ebenso erhöht wie die Brillantform, wenn der Stein nicht jenes Farbenspiel zu geben im- stande ist. Ähnlich ist es mit dem gemischten Sehnitt, wo der Oberteil Brillantfacetten, der Unterteil solche wie beim Treppenschnitt trägt (Taf. III, Fig. 5).- Auch der Schliff mit ver- längerten Brillantfacetten (Taf. ILL, Fig. 7) ist gegenwärtig sehr beliebt und ebenso die mugelige Form (en eabochon). Diese letztere pflegte man in Europa früher nur den Asterien zu geben, deren eigentümlicher Lichtschein dadurch am besten zur Geltung kommt. Tafelsteine, Spitzsteine und ähnliche Formen werden heutzutage wohl kaum noch hergestellt, sie finden sich aber zuweilen an Steinen, deren Schnitt aus früheren Jahrhunderten stammt. Da- gegen werden aus flachen und dünnen Rubinen vielfach Rosetten geschliffen, die bei ge- ringem Substanzverlust doch eine schöne Wirkung hervorbringen. Ganz kleine Steinchen erhalten auch hier eine unregelmäßige Facettierung; sie dienen zum Einfassen größerer Edel- steine andrer Art. Reine, klare und durchsichtige Steine von gesättigter Farbe werden meist & jour ge- faßt; solche von geringerer Qualität erhalten oft eine Folie von Gold- oder Kupferblech, oder von rotem Glas, welche die Wirkung sehr erhöht. In Birma werden die mugeligen Steine zu diesem Zwecke nicht auf Folien gesetzt, sondern unten ausgeschlägelt und die Vertiefung mit Gold ausgefüllt. Der Sehliff ist übrigens nieht die einzige Bearbeitung, die der Rubin erfährt. Manche Steine sind, namentlich im Orient, mit eingravierten Inschriften versehen, und in andere sind Figuren eingeschnitten worden. So kennt man aus dem Altertum einen Rubin mit dem Kopfe des Jupiter Serapis, einen anderen mit der Figur der Minerva. Aus Indien wird von einem Ring berichtet, der ganz aus einem einzigen Rubin herausgeschnitten war. Dort wurden Rubine auch zum Aufreihen auf Schnüren durchbohrt. Vorkommen. Rubin ist an zahlreichen Orten gefunden worden, aber doch nur an wenigen in so guter Qualität, daß es lohnt, ihn als Edelstein zu verschleifen. Von kommerzieller Bedeutung ist wohl nur das Vorkommen in Ober-Birma, in Siam und auf Ceylon, alle anderen Fundorte sind, wenigstens zurzeit, unwichtig und zum Teil auch nur wenig bekannt. Die sehönsten und die meisten Rubine, die größere Hälfte der Gesamtmenge, kommen gegenwärtig und kamen von jeher aus Öber-Birma. Die Verbreitung der dortigen Edel- steine (Rubin, roter Turmalin, Jadeit und Bernstein) gibt Fig. 64, die Fundorte (des Rubins etwas spezieller Fig 65 (8.340). Die Rubingruben dieses Landes werden mindestens schon seit dem 15. Jahrhundert ausgebeutet und haben wohl seitdem in der Hauptsache die Juweliere mit unserem Edelstein, wenigstens mit den schönsten Exemplaren desselben, versorgt. Es ist aber wahrscheinlich, daß die Erträge der Gruben gegen früher abgenommen haben und Rugßın. VORKOMMEN. BIRMA. 339 daß jetzt zum Teil die seit alten Zeiten angesammelten Vorräte allmählich in den euro- päischen Verkehr gelangen. Schon Tavernier erwähnt die birmanischen Rubingruben. Nach seinem auf wahr- scheinlich mißverstandenen Mitteilungen anderer, nicht auf eigener Anschauung beruhen- den Berichte sollten sie in den Capelanbergen in Pegu, 12 Tagemärsche in nordöstlicher Richtung von der Stadt Siriam, jetzt einem elenden Dorfe dicht bei dem heutigen Rangun, liegen. Der Eır- trag war zu jenen Zeiten (zweite Hälfte des 17. Jahr- hunderts) offenbar nicht sehr groß. Tavernier schätzt ihn auf 100000 e&cus im Ha Us (Rubin! | [e) Hainglon 7 urmalin) .. ? | Jahre und erzählt, dab er || | gSoRsääntäge mit der Einfuhr von Rubinen | Hndalgp . . | or dnarapura aus Europa nach Indien ein | ra gutes Geschäft gemacht habe. Jene unrichtige Fundortsan- gabe kehrt in der einschlä- gigen Litteratur bis zum heu- tigen Tage immer wieder. Es ist nicht dermindeste Zweifel, daß Tavernier die noch jetzt im Betriebe befindlichen Gruben in Ober- Birma im Sinne gehabt hat, trotzdem diese sehr viel weiter von Sırıam (Sırıan oder Rangun) entfernt sind. Die Entfer- nung von hier bis Manda- lay beträgt schon mindestens 36 Tagemärsche, und von da sind es noch weitere acht bis in den Hauptrubinen- distrikt von Mogouk, wäh- rend die weniger wichtigen Sadschijin-Hügel allerdings näher bei letzterer Stadt liegen. Bis vor kurzem hat die Eifersucht der Birmanen diese Gruben ängstlich gehütet und für Europäer so gut wie unzugänglich gemacht. Erst seit der Besitzergreifung des Landes durch die Engländer im Jahre 1885 sind sie etwas genauer bekannt geworden, und seitdem haben auch Europäer einen Teil des Betriebes in die Hand genommen. Es ist schon die Vermutung geäußert worden, daß die Engländer wesentlich mit durch den Wunsch, die für unermeßlich reich gehaltenen Rubinlager in ihre Hand zu bekommen, zu der Besitzergreifung von Birma veranlaßt worden sind. Der wichtigste rubinführende Bezirk, der von Mogouk, umfaßt viele, dem Berichte des Ingenieurs Lockhardt zufolge, der nach der englischen Okkupation als Angestellter der „Burma Ruby Mining Company“ zwei Jahre lang an Ort und Stelle gelebt hat, 400 (engl.) 22 Da ‚oP ‚s Battambong Fig. 64. Vorkommen des Rubins und Sapphirs in Birma und Siam. Maßstab 1 : 15 000 000. 340 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Quadratmeilen auf der linken östlichen Seite des Irawadi. Nach anderen Nachrichten ist der Umfang dieses von den Engländern als „Distrikt der Ruby mines“ oder als „ruby tract“ oder „stone tract“ bezeichneten Gebietes aber nur 45, oder mit Einreehnung der ver- lassenen Gruben 66 (engl.) Quadratmeilen, so weit es bis jetzt bekannt ist. Allerdings ist es sehr wahrscheinlich, daß sich die Rubinfelder noch mehr nach Süden und Osten und bis in die unabhängigen Schan-Staaten hinein erstrecken, wenigstens ist eine alte Gräberei vor kurzem im Nampay-Tale bei dem Dorfe Namsekä in dem Mainglon- (oder Moinlong)- Staate aufgefunden worden. Der Bezirk der Rubingruben ist ein Bergland, in dem Höhenzüge mit Tälern abwechseln, und das vom Irawadı durch eine 30 (engl.) Meilen breite Niederung getrennt ist, in der gleichfalls noch einige wenige unbedeutende Rubingruben von Eingeborenen betrieben werden. Die Hauptstadt dieses seit 1637 zu Birma gehörigen Land- strichs und auch der Hauptpunkt des dortigen Handels mit Edelsteinen, besonders mit Rubinen, ist Mogouk (oder Mogok). Sie liegt unter 22° 55’ nördl. Breite und 96° 30° östl. von NEE Greenwich, etwa 34 englische Meilen in der Luftlinie oder 58 Meilen auf der in gutem Zustande befindlichen macada- misierten Straße Östlich von dem Flußhafenplatz Thebetyan (oder Thabeitkyan) am Irawadi, dem Ausgangspunkt für die Reisen in das Rubinenland, und 90 (engl.) Meilen nord- östlich von Mandalay oder von der etwas weiter fluß- ae \ . abwärts gelegenen alten Hauptstadt des Landes, Ava, die als | # Hauptstapelplatz für den Edelsteinhandel des ganzen Landes \G Sadschäin Hüge früher auch den Namen Amarapura oder Ratanapura (d. h. — Imarapura Edelsteinstadt) führte. Die Meereshöhe des in sehr lieblicher J 110088500 | Umgebung gelegenen Mogouk mit etwa 6000 Einwohnern + Angebl. Fundort von Rubin zwischn beträgt 4100 Fuß (engl.), die der ebenfalls viel genannten Mogaung und Sanka, NE Ingeränze 'e des sons ıbe- & X = h nen Toren peu? Denachbarten Städte Kapyun oder Kyat pyen und Kathe ne 5000 Fuß. Trotz ıbrer bedeutenden bis zu 7775 Fub an- # Ausdehnung der Rubinfelder im BC Rurlunder in den Sud fäyen, steigenden Höhe ist diese teils mit dichtem Dschungel, teils mit Reisfeldern bedeckte Gegend für Europäer und Eingeborene sehr ungesund. Nach den Untersuchungen von Prinsep ist es keinem Zweifel unterworfen, daß unter Taverniers Capelanbergen die Berge um Kyat-pyen oder Kapyun (Kapyunberge) zu verstehen sind. Das Muttergestein des Rubins und der begleitenden Mineralien, namentlich des Spi- nells, ist ein weißer dolomitischer körniger Kalk oder Marmor, der in den Rubingebieten ganze Berge bildet und der nach den Untersuchungen von Fr. Noetling der oberen Kohlenformation angehört.‘ Hindurchgedrungene Eruptivgesteine (Granit usw.) haben den anfänglich dichten Kalkstein in den zum Teil sehr grobkörnigen Marmor umgewandelt und in dem ursprünglich rubinfreien Gestein die Entstehung des Edelsteines und seiner Begleiter veranlaßt. Es hat, geologisch gesprochen, eine Kontaktmetamorphose stattgefun- den, wie das unter den genannten Umständen in ähnlicher Weise häufig geschieht, wobei sich wohl an vielen Orten Korund, aber nur selten der kostbare Rubin bildet. Nach den Mitteilungen von Brown und Judd wären allerdings die Verhältnisse andere und der rubinführende Kalk wäre eine Einlagerung im Gneis. Die weiter unten mitzuteilen- den Beobachtungen bei Nanya-zeik sprechen aber mit großer Bestimmtheit für Kontakt- metamorphose. In dem festen anstehenden Gestein sind die Edelsteine nur sehr sparsam Fig. 65. Rubinfelder in Birma. Rugın. VORKOMMEN. BIRMA. 341 vorhanden. Reichlicher und verbreiteter dagegen finden sie sich in den durch Verwitterung und Zersetzung des Muttergesteins entstandenen tonigen und sandigen Massen, in Seifen, die die Böden der Täler und die Abhänge der Hügel bedecken, meist von anderen ähn- lichen, aber edelsteinleeren Schuttmassen überlagert. Aus diesen Seifen sind sie auch verhält- nismäßig leicht zu gewinnen, leichter als aus dem Marmor, und aus ihnen stammen die meisten, die in den Handel kommen. Die edelsteinführende Schicht, von den Birmanen Byon genannt, bildet gewöhnlich einen braunen oder gelben, mehr oder weniger festen, zuweilen etwas sandigen Ton, der als ein Rückstand bei der Auflösung des Kalkes infolge der Verwitterung betrachtet werden muß. Er enthält neben dem Rubin noch Sapphir und andere Korundarten, Spinell (die Rubinmutter Taverniers), Turmalin, größere Stücke von Quarz, Körner verschieden ge- färbter Feldspate, Knollen verwitterten Schwefelkieses und andere mehr oder weniger wert- volle Mineralien, endlich Brocken der in der Gegend anstehenden Gesteine. In dieser Weise bedeckt er die Abhänge der Berge. Wird nun der Byon durch fließendes Wasser aufgerührt und in die Tiefe geführt, so werden daraus die Tonteilchen und die leichteren Mineralkörner weggeschwemmt, und es hinterbleibt eine mehr sandige Masse, welche die spezifisch schwereren Rubine enthält und die in den Talgründen zur Ablagerung gelangt. Zuweilen findet man so in den Flußalluvien statt jener tonig-sandigen Massen reine Edel- steinsande, die aus lauter winzigen, im Sonnenlicht lebhaft glänzenden Rubinkörnchen bestehen. Die Edelsteinerde liegt gewöhnlich auf einem weichen, „verfauiten“ Gestein von charakteristischer Beschaffenheit. Wenn die Eingeborenen dieses Gestein mit ihren Grubeu erreichen, so nehmen sie an, daß sie durch die Schicht des Byon völlig durchgebohrt haben und daß weiteres Eindringen in die Tiefe aussichtslos ist. Der Byon ist auf dem Grunde der Täler 4—5 Fuß mächtig, verdrückt sich aber auch gelegentlich auf wenige Zoll und liegt etwa 6—20 Fuß unter Tag. An den Abhängen der Hügel steigt die Mächtigkeit nicht selten bis auf 15—20, sogar bis auf 50 Fuß. Eigentümlich ist das Vorkommen des Byon in den Höhlen, welche die Kalkfelsen in großer Zahl durchziehen, und die sich in diesen zuweilen auf meilenweite Erstreckung ver- folgen lassen, bald ausgedehnte und hohe Gewölbe, bald schmale Klüfte und enge Spalten bildend. Diese Höhlen sind vielfach teilweise oder ganz mit hineingeschwemmtem Byon erfüllt, und dieser ist nicht selten mit einer dieken Schicht von Kalksinter bedeckt, der die wunderbarsten Tropfsteinformen bildet. Früher, bis 1886, wurden die Edelsteine ausschließlich von den Eingeborenen gewonnen. Diese gehen dabei in den verschiedenen Ablagerungen verschieden vor. In den Tälern werden quadratische Sehächte von 6—9 Fuß im Querschnitt bis auf die Byonschicht ge- trieben. Ist die überlagernde Masse nicht fest, so werden die Schächte mit Bambus aus- gezimmert; ist das Gestein haltbarer, so geschieht das nicht. Man geht dann im Tiefsten dieser Schächte in horizontaler Richtung mit Strecken von einem Schacht zum andern, um auf diese Weise so viel als möglıch von der edelsteinführenden Erde zu gewinnen. Von dieser werden hierauf die lockeren und leichten erdigen Bestandteile weggewaschen und der zurückbleibende Sand nach Edelsteinen durchsucht. In dieser Weise kann nur in der trockenen Jahreszeit gearbeitet werden. An den Berggehängen werden in der Richtung der Neigung Einschnitte bis auf die Rubinschicht hergestellt, und zwar in der Hauptsache in der Weise, daß man Wasser oft mit großer Mühe und aus großer Entfernung in Bambusröhren herbeileitet und dieses mit möglichst starkem Gefälle durch seine Strömung auf die Schuttmassen einwirken läßt. Alle leichteren Bestandteile werden so fortgeschwemmt, und die gröberen und schwereren Stücke, darunter die Edelsteine, bleiben zurück. Hier arbeitet man in der Regenzeit und benützt die größeren Wassermassen, die da zur Verfügung stehen. 342 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Endlich werden auch die mit Byon erfüllten Höhlen und Spalten aufgesucht, dieser herausgegraben und die Edelsteine, wie es immer geschieht, durch Waschen isoliert. Zuweilen kommen solehe Höhlen zufällig bei den Arbeiten an den Bergabhängen zutage. Um das Jahr 1870° wurde eine besonders große ın dem Berge Pingudaung nahe bei Kyat-pyen entdeckt und ausgebeutet. Von diesen drei Arten von Gräbereien sind die in den Alluvien der Flußtäler am wichtigsten. Am meisten Ertrag geben die Gruben in den Tälern, in denen die drei oben genannten Städte Kyat-pyen, Kathe und besonders Mogouk liegen. Für die Zu- kunft, nach Einführung eines rationellen Bergbaues auf europäische Art, gelten auch die Arbeiten in den Höhlen, die gegenwärtig, bei dem primitiven Verfahren der Eingeborenen, sehr große Gefahren mit sich führen und den Verlust zahlreicher Menschenleben ver- anlassen, als sehr aussichtsreich. Die Edelsteingräberei war früher nur gegen einen Erlaubnisschein der birmanischen Regierung und gegen Erlegung von Abgaben gestattet. Außerdem gehörte jeder Rubin im Wert von 1000 Rupien und darüber dem König, der ihn ohne jede Entschädigung an sich zu nehmen berechtigt war; was er etwa dafür geben wollte, war ganz freiwillig und hing nur von seinem eigenen Ermessen ab. Daß deswegen viele größere und daher wertvolle Steine zertrümmert und in Bruchstücke von einem geringeren Wert als dem genannten zerlegt wurden, ist selbstverständlich. Auch Unterschlagung der besseren Steine und Verwertung derselben auf dem Wege des unerlaubten Handels war aus demselben Grunde an der Tagesordnung. Der Handel mit Rubinen war ebenfalls von einer Erlaubnis der birmanischen Regierung abhängig und mit Abgaben belegt. Die gewonnenen Steine — im Wert von etwa 50000 bis 100000 Rupien im Monat — mußten zuerst in die Rubinenhalle in Mandalay gebracht werden; erst von da aus gelangten sie an das Publikum. In dieser Stadt ist noch heute der Handel mit Rubinen von großer Bedeutung, und die Birmanen verkaufen jährlich für etwa 30 Lack Rupien, etwas über 4 Millionen Mark Steine, wozu auch Händler aus Europa herbeikommen. Natürlich ging neben diesem legitimen Handel ein emsiger Schmuggel mit Rubinen her, namentlich wurden viele, besonders auch wertvolle Steine im englischen Unter-Birma, sowie in Indien, vornehmlich in Caleutta, zum Verkauf gestellt. In der Zeit des letzten Königs von Ober-Birma sollen jährlich für 2—3 Lack Rupien tubine unerlaubt in Unter-Birma verkauft worden sein. Seit der englischen Besitzergreifung 1885 änderten sich alle diese Verhältnisse voll- ständig. Das Monopol der Eingeborenen hörte auf, und auch Europäer beteiligten sich nunmehr an der Gewinnung der Rubine. Es bildete sich zuerst eine englisch-italienische, dann eine englische Gesellschaft, die Burma Ruby Mining Comp., Limited, welche seit 1889 die Arbeiten zur Ausbeutung der rubinhaltigen Schichten in der Umgegend von Mogouk in großem Maßstabe betreibt. Diese Gesellschaft suchte die Produktion dadurch zu heben, daß sie nicht nur die Alluvionen in dem Tal von Mogouk ausbeutete, die schon seit Jahrhunderten Rubine ge- liefert haben, sondern auch die bis dahin noch nieht in Angriff genommenen Ablagerungen an dem oben genannten, 16 Kilometer von Mogouk entfernten Berg Pingutaung bei Kyat- pyen und die des Berges Kyuktung. Doch sind auch bei ihr die Arbeiten in den Tal- gründen des Mogouk-Flusses die ergiebigsten und wichtigsten. Sie läßt nur, in offenen Tagebauen den Byon gewinnen, bedient sich aber dabei in immer steigendem Maße euro- päischer Betriebsmittel, besonders rationeller Förderapparate, und namentlich sind mächtige Pumpen im Gang, um das Wasser aus den Gruben zu entfernen und diese trocken zu halten. Auf solche Weise kann die edelsteinführende Schicht bis zu jeder beliebigen Tiefe — und diese geht bis zu 50 Meter — vollständig gewonnen werden. Reichlich vorhandene Rugın. VORKOMMEN. BIRMA. 343 Wasserkräfte liefern den elektrischen Strom, der nicht nur die genannten Maschinen treibt, sondern auch zweckmäßig konstruierte Waschapparate, die den aus den Gruben ge- wonnenen Byon verarbeiten. Aus dem von diesen gelieferten edelsteinführenden Rückstand werden dann die Rubine und die anderen wertvollen Steine mit der Hand ausgelesen, und zwar ausschließlich von zuverlässigen Europäern zur Verhütung des Diebstahls. Dieser soll aber von den Eingeborenen dennoch in ausgedehntem Maßstabe betrieben werden, trotzdem noch andere strenge Maßregeln zur Verhütung desselben getroffen und sehr empfindliche Strafen gegen die Diebe festgesetzt sind. Anfänglich gingen die sehr hochgespannten Erwartungen, die an dieses Unternehmen geknüpft worden waren, in keiner Weise in Erfüllung. Die Gesellschaft arbeitete sogar lange Jahre mit Verlust, um so mehr als die englisch-indische Regierung eine hohe jähr- liche Abgabe erhob. Diese betrug 4 Lak Rupien (etwa 500000 Mark), soll aber aller- dings niemals vollständig bezahlt worden sein. Indessen wurde der Betrieb fortdauernd verbessert und dadurch eine Steigerung der Produktion und gleichzeitig eine Ermäßigung der Gewinnungskosten bewirkt. Auch ließ sich die Regierung herbei, die noch nicht be- zahlten Abgabenreste niederzuschlagen und den Betrag der Steuer auf die Hälfte, also auf 2 Lak Rupien zu ermäßigen, wozu allerdings noch 30 Prozent des etwa als Dividende zur Verteilung kommenden Geschäftsgewinns treten sollten. Durch alle diese Maßregeln haben sich die Aussichten der Gesellschaft allmählich immer günstiger gestaltet, der Ver- lust in dem Betrieb hat aufgehört, und seit 1899 kann sogar eine stetig wachsende Divi- dende verteilt werden, die schon bis zu erheblichen Beträgen gestiegen ist. Die Einnahmen der Gesellschaft bestehen aus verschiedenen Teilen. Es sind einmal die Abgaben, die ihr die eingeborenen Edelsteinsucher zahlen müssen, welche gegen eine Taxe von 20 Rupien im Monat für jeden von ihnen beschäftigten Arbeiter in besonderen Gebieten nach ihrer alten Weise das Geschäft betreiben dürfen. Bis 2000 Leute sind da- bei tätıg und finden ıhr reichliches Auskommen. Die Gesellschaft nimmt davon etwa 400000 Mark im Jahre ein. Vor allen ist es aber der Verkaufspreis der von der Gesell- schaft selbst gewonnenen Rubine, die stets roh und ungeschliffen, besonders in London auf den Markt gebracht werden. Dieser Verkaufspreis betrug: 1898 20 22004757950, Bid2 St: oder.12166/000,M: SOSE ER AO Ye WEIN 1SDOSRS BEA. 342 49300 ee ne et‘ RO Ne AT Em Rena ET RR TE A N ETTE EA SR VE 1980 000 „ Von dem Erlös des letzten Jahres war ungefähr die Hälfte (44950 Pf. St.) oder etwa 900000 Mark Reingewinn und ähnlich in den vorhergehenden Jahren, so daß Dividenden von ca. 20 °/ verteilt werden konnten. Jedenfalls zeigen diese Zahlen, daß seit 1899 die Produktion einen erheblichen Aufschwung genommen hat, der bis heute, wenn auch nicht ganz gleichmäßig, andauert. Immerhin beträgt aber der Wert der jährlichen Ausbeute noch nicht ganz 2 Mill. Mark. Gefördert werden jährlich ungefähr S00000 Wagen- ladungen (loads) Byon. Einer Schätzung nach würde dabei der jetzt bekannte Vorrat nach 20—25 Jahren erschöpft sein. Die bei Mogouk gewonnenen Edelsteine sind neben den an Menge und Wert weit überwiegenden Rubinen die anderen Farbenvarietäten des Korunds, in erster Linie Sapphir, sodann auch orientalischer Topas und Amethyst, denen gegenüber die grünen Abarten orientalischer Smaragd, Aquamarin und Chrysolith, sehr selten sind. Auch gemeiner Korund fehlt nicht und von Steinen anderer Art ist vor allen der Spinell, sodann auch der Turmalin zu erwähnen. Nach früheren Mitteilungen sollte auf 500 Rubine nur ein 344 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Sapphir vorkommen und die anderen Edelkorunde sollten noch weit seltener sein. Ein Bericht aus dem Jahre 1902 meldet, daß gewonnen wurden: 210784 Karat Rubine 9786 Karat Sapphir (wohl einschließlich der andersfarbigen Edelkorunde), außerdem noch 10241 Karat, Spinell. Wenn so also der Sapphir der Zahl nach sehr stark zurücktritt, so sind darunter doch verhältnismäßig viele schöne und große Steine. Demgegenüber sind die Rubine meist klein, größere Exemplare sind sehr selten. Der größte Teil wiegt nicht über !/s Karat; schwerere Steine pflegen voll von allen möglichen Fehlern zu sein. Fehlerfreie Steine von 6 bis 9 Karat kommen kaum jemals vor, und solche im Gewicht von 30 Karat hat man nur in sehr vereinzelten Exemplaren erbeutet. Im Jahre 1887 wurde ein Stein von 49 Karat, im Jahre 1890 ein solcher von 304 Karat gefunden; aus früheren Zeiten wird über von Steine im Gewicht von 172 und von 400 Karat berichtet. Die schönsten Rubine, die vor der englischen Eroberung von Birma nach Europa kamen und die schon oben erwähnt worden sind, wurden im Jahre 1875 vom König dorthin verkauft. Der eine wog roh 37, der andere 47 Karat, beide sind von prächtiger Farbe. Für den kleineren wurden, wie wir gesehen haben, nach dem Schleifen in Europa 200000, für den größeren 400000 Mark gelöst (8. 336). Größere Stücke, deren ungünstige Beschaffenheit, mangelnde Durchsichtigkeit usw. aber die Anwendung als Edelstein ausschließt, sind sogar im Gewicht von über 1000 Karat vorgekommen. Streeter bildet einen solchen Stein ab, der 1184 Karat wiegt und der nebst zwei Stücken von ähnlicher Größe seit der englischen Besitzergreifung gefunden worden ist. Überhaupt sollen in der letzten Zeit in Birma ver- hältnismäßig zahlreiche große Rubine gefunden worden sein, aber fast alle von ungünstiger Beschaffenheit. Das Jahr des Aufschwungs, 1899, ist aber auch ın dieser Hinsicht bemerkenswert. Es lieferte drei besonders schöne und große Steine, darunter den kostbarsten seit Ein- führung des europäischen Betriebs im Gewicht von 77 Karat, von dem schon oben die Rede gewesen ist. Die Farbe des birmanischen Rubins ist meist tiefrot, aber mit verschiedenen Nuancen. Sehr selten ist der ganz reine Karmin, die Taubenblutfarbe, die auch im Lande am höchsten geschätzt wird, so daß mit aus diesem Grunde derartige Steine schon an Ort und Stelle, in der Grube sehr teuer bezahlt werden, wenn sie durchsichtig und fehlerfrei sind. Am verbreitetsten ist ein Stich ins Violette oder Blaue, durch den der Wert schon be- trächtlich vermindert werden kann. Noch ungünstiger wirkt ein Stich ins Bräunliche, der sehr häufig angetroffen wird, während ein ebenfalls wenig beliebtes, etwas ins Gelb ziehendes Rot selten ist. Hellgefärbte Exemplare fehlen auch in Birma nicht, aber sie treten gegen die dunkleren zurück, was in Ceylon umgekehrt ist. Die birmanischen Rubine haben die besondere Eigentümlichkeit, daß sie im violetten Licht lebhaft rot fluores- zieren, was die Steine namentlich von Siam, aber auch von anderen Fundorten gar nicht oder doch nur sehr schwach tun. Im ursprünglichen Gestein eingeschlossen haben die Rubine immer deutlich aus- gebildete Kristallform. Es sind die in Figur 63, a bis d abgebildeten Gestalten. Aus dem Muttergestein werden jedoch die Rubine kaum in größerem Maßstabe gewonnen, da sie dabei leicht zerbrechen. Dieselben Formen sind aber auch noch bei zahlreichen Steinen in der Edelsteinerde zu beobachten, die noch nicht vom Wasser von ihrer ursprünglichen Lagerstätte fortgeschwemmt worden ist. Hier sind die Steine jedoch vielfach ganz unregelmäßig begrenzt, und in den Seifen der Flußtäler, sowie in dem Byon der Höhlen sind sie meist oberflächlich stark abgerollt, zum Beweis daß sie einen weiten Weg zurück- gelegt haben und dabei sich aneinander abgerieben haben. Rugın. VORKOMMEN. BIRMA. 345 Die Eingeborenen pflegen die Steine nieht in ihrer natürlichen Form zu verkaufen ; man gibt ihnen meist an Ort und Stelle durch Anschleifen eine mugelige oder andere, fast immer wenig regelmäßige und unvorteilbafte Form. Das Hauptbestreben der birmanischen Schleifer geht im Gegensatz zu den euro- päischen dahin, das Gewicht des rohen Steines möglichst zu erhalten und größere Schleif- verluste zu vermeiden, wenn dabei auch eine ungünstige Form herauskommt. Muß diese auch in Europa stets einer besseren, vorteilhafteren weichen, so hat die glatte Oberfläche doch immerhin für den Käufer den Vorteil, daß er die innere Beschaffenheit der Steine viel besser prüfen und etwaige Fehler weit leichter bemerken kann, als das unter dem rauhen natürliehen Äußeren möglich ist. Der Hauptsitz dieser einheimischen Schleiferei ist die Stadt Mandalay. Die Gegend von Mogouk liefert fast alle jetzt aus Birma in den Handel kommenden Rubine. Viel weniger wichtig und vielleicht vollkommen erschöpft ist eine nicht fern davon aufgefundene, früher lange Zeit betriebene Grube im Gebiete des Flusses Nampai bei dem Dorfe Namsekä (22° 46° nördl. Breite, 96% 44° östl. Länge von Greenwich), 15 engl. Meilen südwestlich von der Stadt Mainglon (Fig. 64, S. 339), die ihrerseits südöstlich von Mogouk liegt. Die Rubine sollen hier, begleitet von Spinell, in einem hauptsächlich aus Milchquarzkörnern bestehenden Flußsande in einer kleinen Seitenschlucht des Nampai vorkommen, in welche die ganze Masse wahrscheinlich durch Hochfluten des Mogoukflusses hineingeschwemmt wurde. F. Noetling konnte jedoch an dieser Stelle keine Rubine finden. Einen zweiten in Birma gelegenen Rubindistrikt, aber weniger wichtig als der von Mogouk, bilden die Sadschijin-Hügel (Sagjın Hills). Diese liegen viel näher bei Mandalay, nur 16 engl. Meilen nördlich von dieser Stadt und 2 Meilen vom Irawadi, aus dessen Alluvialebene sie als ganz isolierte Massen aufragen. Es ist derselbe weıße Marmor wie bei Mogouk, der wie dort meist mit rotem Ton bedeckt ist. Der Kalk ist stark zerklüftet und mit Höhlen durchzogen. Das Vorkommen des Rubins ist hier ein doppeltes.. Einmal sieht man Spalten ım rubinfreien oder -armen Marmor erfüllt mit rubinreicheren Stücken desselben Gesteins, die zu einer festen Masse verkittet sind. Sodann sind die Spalten und Höhlungen hier wie bei Mougouk mit einem braunen tonigen Verwitterungsdetritus erfüllt, der auch hier aus dem Kalk entstanden ist und der daher gleichfalls die in diesem enthalten gewesenen, nicht verwitterbaren Edelsteine und sonstigen Mineralien umschließt: Rubin, Sapphir, roten und schwarzen Spinell, Amethyst, braunen Chondrodit, sehr hell bläulichen Apatit in kleinen Körnchen und Kriställchen, braunroten Glimmer usw., die man übrigens alle auch noch im Kalk eingewachsen findet. Durch Waschen werden die Edelsteine gewonnen, und man vermutet, daß bei zweckmäßiger Be- arbeitung noch bedeutender Ertrag möglich wäre. Die Rubine sollen hier aber im Durch- schnitt heller und daher weniger wertvoll sein als in dem Hauptrubinbezirk von Mogouk, was jedoch von manchem Beobachter bestritten wird. Nach den Berichten der Eingeborenen sind Rubine und Spinelle in dem Kalk zweier Hügel, die sich etwas nördlich von den Sadschijin-Hügeln erheben, vorgekommen. Auch ist man etwa 30 (engl.) Meilen südlich von Mandalay, in der Nähe der Stadt Kauksay, beim Bau der Eisenbahn, die Mandalay mit Rangun verbindet, auf alte Rubingruben gestoßen. Einige Punkte weiter nördlich, in Ober-Birma, deren ungefähre Lage aus dem Kärtchen Figur 65 (S. 340) zu ersehen ist, haben gleichfalls Rubine geliefert. Genaueres ist nur von dem Vorkommen in der Gegend von Nanya-zeik, ca. 100 Kilometer nordwestlich von Mogaung gegen die Jadeitgruben von Sanka hin im Bezirk Myitkyina, bekannt geworden. Die dortigen Rubinfelder liegen ungefähr bei + der Karte zwischen 96° 33° bis 96 43° 346 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. östl. L. von Greenwich und 25° 20° bis 25° 40‘ nördl. Br. und erstrecken sich von NO. nach SW. von dem genannten Dorf bis Man-We. An beiden Orten liegen zahlreiche verlassene Rubingruben; neuere Versuche haben nur geringe Ausbeute geliefert, doch sollen früher schöne Steine gefunden worden sein. Es gilt nicht für unmöglich, daß diese Gegend einmal einen ernstlichen Konkurrenten von Mogouk abgeben könnte, doch hört man auch die Ansicht, daß diese nördlichen Lagerstätten schon erschöpft seien. In dem östlich vom Indawfluß begrenzten Gebiet von Nanya-zeik steht auf große Erstreckung Granit an, dazwischen liegen kleine, linsenförmige Stöcke von Marmor, der an der Berührungs- stelle mit dem Granit alle die Mineralien enthält, die sich auch in dem rubinführenden Kalk von Mogouk usw. finden. Es ist bei Nanya-zeik nicht der mindeste Zweifel, daß diese Mineralien, wie auch der Rubin selbst, durch Einwirkung des Granits auf den der Karbonformation angehörigen Kalk, also durch Kontaktmetamorphose, in dem letzteren entstanden sind. Man muß daher schließen, daß auch bei Mogouk, wo die geologischen Verhältnisse im allgemeinen dieselben sind, die Rubine und ihre Begleiter auf diese Weise entstanden sind. Durch Verwitterung des Marmors und des benachbarten Granits entstand auch in diesem nördlichen Gebiet der rubinführende Byon, der hier zu einem großen Teil aus Feldspatkörnern besteht und aus dem auch hier ausschließlich die Edelsteine ge- wonnen werden. Die Byon-Lager sind durchaus an die Nähe von Marmor gebunden; darin angelegte Gruben sind namentlich aus der Umgegend von Nanya-zeik und Man-We bekannt. Über die noch weiter nördlich am oberen Irawadi gelegenen angeblichen Fundorte wissen wir gar nichts Näheres. Daß auch in Siam Rubine und Sapphire sich finden, ist schon länger bekannt, aber erst seit kurzem ıst das Vorkommen etwas genauer untersucht und eine systematische Gewinnung eingeleitet, nachdem das Aufsuchen von Edelsteinen in diesem Lande durch Privatpersonen lange Zeit wegen eines königlichen Privilegs erschwert oder ganz ver- hindert gewesen war. In einigen Gegenden herrscht der Rubin, in anderen der Sapphir vor. Die vorzugsweise rubinführenden Bezirke sind von den sapphirreichen scharf ge- trennt durch den Kamm des Patat-Gebirges. Die ersteren liegen im Süden in den Pro- vinzen Tschantabun und Krat, die anderen wichtigeren im Norden in der Provinz Battam- bong (Fig. 64, S. 339). Die Rubingruben von Tschantabun können von Bangkok aus auf einer etwa zwanzig- stündigen Dampferfahrt erreicht werden. Sie liegen in südöstlicher Richtung in der Nähe der Hauptstadt der Provinz, die gleichfalls Tschantabun heißt, nicht fern von der Küste des Golfes von Siam (Fig. 66). Die höheren Berge des Landes bestehen aus graulichem Granit, während die niedrigeren Teile von Kalk gebildet werden, in dem vielleicht, wie in Birma, das bis jetzt noch unbekannte Muttergestein des Rubins zu sehen ist. Vorläufig weiß man nur, daß die Edelsteine in Seifen liegen, die bisher in sehr primitiver Weise von den Eingeborenen und vorzugsweise von Birmanen mittels Gruben ausgebeutet wurden, von denen keine mehr als 24 Fuß Tiefe erreicht. In früheren Zeiten war der Reichtum der Gegend an Edelsteinen sehr groß. Östlich von der Stadt Tschantabun ist ein Hügel, der „Edelsteinhügel“ genannt wird. Nach dem Berichte eines Missionars von 1859 konnte man dort in einer halben Stunde leicht eine Handvoll Rubine sammeln; jetzt ist der Vorrat hier wie in allen anderen so leicht zugänglichen Ablagerungen der Gegend erschöpft, doch ist die Stadt Tschantabun nach wie vor der Mittelpunkt des Edelsteinhandels in jener Gegend. Über die Provinz Krat, deren gleichnamige Hauptstadt südöstlich von Tschantabun und ziemlich nahe am Meere liegt, hat man u. a. durch Demetri einige nähere Nachrichten erhalten. Die Rubingruben dieser Gegend sind auf einem weiten Raume der Unterprovinz Klung zerstreut. Sie bilden zwei etwa 30 engl. Meilen voneinander entfernte Gruppen, die. Rugin. VORKOMMEN. SIAM. 347 als die Gruben von Bo Navang und von Bo Tschanna bekannt geworden sind. In beiden Bezirken zusammen waren beim Besuch Demetris ungefähr 1250 Arbeiter tätig. Die Gruben von Navang (Fig. 66), nahe der Ostgrenze der Karte, bedecken etwa 2 engl. Quadratmeilen. Es sind 2—4 Fuß tiefe Löcher in der Umgegend des Dorfes Navang. Ein grober, gelber oder brauner Sand, der auf weite Strecken die Erdoberfläche bedeckt, überlagert eine Tonschicht. Da wo der Sand den Ton berührt, enthält er in einer Dicke von 6—10 ZolldieRubine, hier wie in den anderen Gegenden von Siam mit Sapphiren. Die Gruben werden erst seit 1875 systematisch ausgebeu- tet. Die Steine, die sie liefern, sind von viel besserer Qualität, je- doch meist kleiner als die sonst in Siam vor- kommenden. Sie liefern auch, wenn schon in ge- ringerer Menge Sapphir. Im Jahr 1906 waren KAO TSCHA mund A ME Ne = IM PRTECH ltr ES TERN 72 N Kao nooallln/n ) no CPAGODENKEGEL) 1 “»n N ) Hi . 427 i ig : hl i I) WS . . | korscHutal N: — 3 K 3000 Arbeıter tätıg. EN Auen akn vao Q E N >) Lror no RonG Die Gruben von f Tsehanna (Hauptort Q $ Ban Yat) liegen über un- RUB INGRUBEN gefähr eineQuadratmeile || von Ki SE zerstreut etwa 30 Meilen || MUANGKLUNG " DS Dan | nördlich von den vorigen IN SIAM. >, entfernt. Sie werden seit A Le. es 1885 bearbeitet. Der use rubinführende Sand ıst — Ä 6—24 Zoll mächtig und N : einige Gruben erreichen N — eine Tiefe bis zu 24 Fuß. N BELLE Nach der Meinung der NM EDELSTEINGRUBEN. WEGE. Eingeborenen sind die none (ji BAN(B)JDORF. KLONG(K)FLUSS t KAO,BERG. WAT,TEMPEL. Steine durch den Fluß vom Berge Kao Sam Nam herabgeschwemmt worden, und am Fuße dieses Berges sollen auch schon zahlreiche schöne Rubine gefunden worden sein. Das höchst ungesunde Klima ist der Arbeit dort aber sehr wenig günstig. Die Gegend ist hügelig, die Talsohlen erheben sich 600—800 Fuß über das Meer, und die Hügel, die von einem basaltähnlichen Gestein, sogenanntem Trapp, gebildet werden, sind noch etwa 500 Fuß höher. Die Bäche sind in ihrem Oberlauf ungemein reißend, so daß sie erst in ihrem Unterlauf, wenn sie sieh dem Hauptfluß, dem Klong Ven nähern, rubinführende Alluvionen ablagern können. In diesen Seifen arbeitet ein Teil der Gruben, Fig. 66. Rubin- und Sapphirgruben von Muang Klung in Siam. 348 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. aber nur in der trockenen Jahreszeit. In der Regenzeit wendet sich der Betrieb den Ab- lagerungen zu, die sich an den Talabhängen und an den Seiten der Hügel über dem heutigen Hochwasserspiegel hinziehen. Die edelsteinführende Schicht ist hier 5 Zoll bis 5 Fuß mächtig und wird von einer 2 !/2 bis 12 Fuß dieken, roten, sandıgen und tonigen laterit- artigen Masse überlagert, die keine Edelsteine liefert. Diese wird, genau wie in den Rubingruben von Mogouk und auch meist von Birmanen aus der dortigen Gegend mittels kleiner Schächte von etwa 4 Fuß Durchmesser durchbohrt, um zu jener zu gelangen. Man holt die Erde mit den Edelsteinen heraus, einen mit vielen Brocken des Trapp gemengten braunen Ton, der für das direkte Verwitterungsprodukt des ersteren gehalten wird. Dieses Gestein müßte dann das Muttergestein der Edelsteine sein, was aber noch in keiner Weise sichergestellt oder auch nur wahrscheinlich gemacht ist. Man findet in dem Ton Rubin und Sapphir, nebst gemeinem Korund, daneben schöne Bergkristalle, Zirkon- und Titaneisenkristalle in Menge und als Seltenheit Topas. Nur die beiden ersteren sind zu Schmucksteinen brauchbar und daher von Wert. Rubine kommen doppelt so viel vor als Sapphıre. Die Rubine sind zum Teil hell; alle haben einen düstern Glanz und viele einen wenig geschätzten Stich ins Orange, Gelb und Braun. Die Sapphire sind dunkel bis undureh- sichtig. Gute Exemplare sind bei beiden selten. Zweihundert Mann arbeiten gegenwärtig in den Gruben; sie fördern die Erde aus dem edelsteinhaltigen Lager, waschen sie und lesen in der allgemein üblichen Weise die Rubine und Sapphire aus dem Rückstande aus. So gewinnen sie im Jahre etwa eine halbe Million Karat Steine, deren Gesamtwert aber im Mittel nicht über 2000—3000 Pfund Sterling (40000—60000 Mark) hinausgeht, da, wie schon erwähnt, überwiegender minderwertiger Ware nur wenige gute, wertvolle Stücke beigemengt sind. Der auf der Fluoressenz beruhende Unterschied von den wertvolleren birmanischen Rubinen ist schon oben erwähnt. Auch im Dichroismus ist der siamesische Rubin anders als der von Birma; das eine Farbenbild ist bei beiden karminrot, das andere im ersten Fall braunrot, im anderen gelbrot. Auf der Insel Geylon (Fig. 69) finden sich sparsam Rubine neben erheblich größeren Mengen von Sapphiren und anderen Edelsteinen in den dortigen Seifen. Die Steine haben vielfach noch ihre deutliche Kristallform, die mit der am Rubin von Birma beobachteten vollkommen übereinstimmt (Fig. 63, a bis d), meist sind es aber abgerollte Körner. Die Seifen liegen entweder über dem jetzigen Hochwasserstand am Abhange der Berge oder in den Flußtälern; besonders bei Ratnapura und Rakwana, auch am Fuße des Adamspiks werden daraus Rubine gewonnen. Die meisten derselben sind von zu heller, himbeerroter Farbe und daher von geringerem Wertals die birmanischen, doch finden sich zuweilen auch in Ceylon Steine von schöner Farbe, die aber die birmanischen doch niemals ganz erreichen, so daß ihr Preis immer niedriger ist. Andererseits kommt in Ceylon der so wenig geschätzte bräunliche Farbenton vieler Birma-Rubine kaum vor. Nicht selten sind auch Steine mit abwechselnd blauer und roter Farbe. Eine bläuliche Nuance vieler Rubine von dort kann durch Brennen beseitigt und so deren Farbe wesentlich verbessert werden. Die meisten Ceylon-Rubine kommen daher in gebranntem Zustande ın den Handel. Das Vorkommen von Sapphir ist weit wichtiger als das von Rubin; bei der Beschreibung des Sapphirs muß daher hierauf noch einmal zurückgekommen werden- Das Muttergesten der Rubine ist nach Tennant in Ceylon wie in Birma ein kristalli- nischer dolomitischer Kalk oder Marmor, der u. a. bei Bullatotte und Badulla ansteht. Beim Sapphir ist das Vorkommen wahrscheinlich ein anderes; er soll aus gneis- und granitartigen Gesteinen stammen. So reich das Festland von Vorderindien an gemeinem Korund ist, so sparsam ist bisher schleifwürdiger edler Korund, speziell Rubin dort gefunden worden. Einige wenige brauchbare Steine sind aber in Maysur und im Salemdistrikt in Madras mit dem gemeinen Rugın. VORKOMMEN. (EYLON. AFGHANISTAN. BADAKSCHAN. 349 Korund vorgekommen, ebenso im Flußalluvium des Kavary, der südlich von Pondichery in den Meerbusen von Bengalen mündet, und dessen Sande und Kiese im Vorkommen von Edelsteinen außerordentlich große Ähnlichkeit mit den Flußalluvien von Ceylon haben sollen. Es werden noch einige andere Orte in Vorderindien, namentlich noch einige an- dere Flüsse als Fundorte von Rubin gelegentlich erwähnt, die Angaben beruhen aber zweifellos zum Teil auf Verwechselung des Rubins mit rotem Granat, der in dem Lande sehr verbreitet ist. Jedenfalls konnten die indischen Großen die vielen Rubine ihrer Schatzkammern nicht alle aus dem Lande selbst beziehen, die Steine stammten von Birma und anderen Fundorten, namentlich den nachher zu betrachtenden in Badakschan. Seit den siebziger Jahren läßt der Emir von Afghanistan Rubingruben bei Dschagda- lak, 32 engl. Meilen östlich von Kabul, ausbeuten. Die Rubine liegen in einem glimmer- führenden kristallinischen Kalk. Sie sind zum Teil sehr deutlich kristallisiert, und zwar wieder in denselben Formen wie die von Birma. Man hat sie früher für Spinell gehalten und als solehen beschrieben, doch ist es nach den in Europa bekannt gewordenen Exem- plaren zweifellos Rubin, der aber vielleicht, wie in Birma und Ceylon, von Spinell be- gleitet wird. Das Vorkommen wäre dann dem von Birma außerordentlich ähnlich. Ein Rubin von 10!/» Karat wurde durch einen englischen Reisenden von Gandamak nach Europa gebracht. Dieser Ort liegt 20 englische Meilen von Dschagdalak entfernt unter etwa 34!/ nördl. Breite und 70° östlicher Länge von Greenw. Vielleicht beziehen sich beide Namen auf dasselbe Vorkommen. Näheres ist bis jetzt noch nicht darüber be- kannt geworden. In früheren Jahrhunderten sind die Rubingruben in Badakschan berühmt gewesen; aus ihnen haben die Großmoguls ihre Schatzkammern mit diesem Edelsteine bereichert. Sie liegen (Fig. 67) in Schignan, in dem nach Südwest gerichteten Knie des oberen Oxus, etwa unter 7112 östl. 5.1.70°v.Gr. Länge von Greenwich und 37° |ewer. nördl. Breite, zwischen dem Ober- || Aigna laufe des Oxus und seinem rechten | RS Nebenflusse Turt, nahe dem Orte | PER PBarschar Gharan oder Guran (was aber „Grube“ bedeuten soll), 16 Meilen unterhalb der Stadt Barschar, in den niederen, nicht in den höheren Bergen. Die Lage des Orts ist aber keineswegs genauer bekannt, ebensowenig die Verhältnisse, unter denen die Rubine vorkommen. Sie sollen in einem roten Sandstein oder, was wahrscheinlicher ist, wie ın Birma in einem stark magnesia- haltigen Kalk liegen; wieder andere Berichte sprechen von einer weißen Erde, aus der die Edelsteine gewonnen werden. Rubine sollen sich früher, ebenfalls von Spinell, und zwar dem sogenannten Balas- rubin begleitet, in großer Menge in diesen Gruben gefunden haben. Um aber den Wert der Steine nicht herabzudrücken, ließen, nach dem Bericht von Marco Polo, der die Gruben im 13. Jahrhundert besuchte, früher die Fürsten des Landes nur eine beschränkte kleine Menge gewinnen, die zum Teil als Tribut an die mongolischen Kaiser in Delhi gelangte, zum Teil anderen Herrschern als Geschenk dargeboten und nur zum kleinsten Fig. 67. Rubingruben in Badakschan am oberen Oxus. Maßstab : 1:6 000 000. u 350 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Teil in den Handel gebracht wurde. Später scheint der Ertrag ganz nachgelassen und die Gewinnung endlich vollständig aufgehört zu haben. 1866 soll der Betrieb von neuem auf- genommen worden sein, es ist aber nicht bekannt, ob heute noch dort gearbeitet wird; Jedenfalls haben die Erträge keine Bedeutung für den jetzigen Edelsteinhandel. Nach einem Bericht aus neuerer Zeit sind die Gruben ziemlich erschöpft. Es arbeiten etwa 30 Leute dort, die ihre Funde dem Emir von Kabul abliefern. 1873 soll ein Stein von der Größe eines Taubeneies gefunden worden sein. Vielleicht kommen aus diesen Gruben die Rubine, die gegenwärtig mit Spinell zusammen über Taschkent in den Handel ge- bracht werden, und die der Angabe der Händler nach aus dem Tianschan stammen. Ebenso ist vielleicht auch der 2000 Karat schwere Rubin, den Streeter aus „Thibet“ erhalten hat, in den Gruben am Oxus gefunden worden. Jedenfalls hat man keinerlei nähere Nachrichten über Rubingruben im Tianschan oder in Thibet. So wichtig das Vorkommen von Rubin in Asien ist, so geringfügig ist es in allen anderen Erdteilen. Kleine schleifwürdige Rubine kommen wohl auch aus Australien, besonders aus den Goldsanden, wo sie zum Teil als Begleiter des Diamants gefunden werden. Aber so häufig der Sapphir dort ist, so selten ist der Rubin; er gehört zu den seltensten Edelsteinen dieses Landes. In Neu-Süd-Wales findet man ihn im Sande des Cudgegong (Fig. 53) und einiger seiner Nebenflüsse, im Mudgee und an mehreren anderen Orten. In Vietoria trifft man Rubine in den Goldseifen von Beechworth, bei Pakenham und sonst. Überall ist aber der Rubin seltener als der mitvorkommende Sapphir. Vielfach ist auch in Australien irrig roter Granat für den so viel wertvolleren Rubin gehalten worden. So glaubte man vor mehreren Jahren zahlreiche Rubine in den Maedonnel Ranges im Nord- territorium von Südaustralien gefunden zu haben, zu deren Gewinnung sich in kurzer Zeit 24 Gesellschaften bildeten. Die gewonnenen Steine erwiesen sich aber bei genauerer Untersuchung als dem Rubin gegenüber fast wertlose rote Granaten von allerdings sehr schöner Qualität, die nun zuweilen als Adelaide-Rubine bezeichnet und verkauft werden. Auch Amerika liefert in den Vereinigten Staaten sparsam Rubin als seltenen Be- gleiter des gemeinen Korunds und des Sapphirs, der sich in diesem Lande in größerer Menge von edler Beschaffenheit findet. Hiervon wird bei der Betrachtung der ameri- kanıschen Sapphire die Rede sein. Von Bedeutung für Rubin ist nur das Vorkommen im Sande des Cowee Creek und seiner Nebenflüsse, der von rechts (Osten) in den Little Tennessee River mündet, 5 bis 6 (engl.) Meilen nördlich von Franklin, in Macon County, Nord-Carolina. Wie in Birma stammen auch hier die Steine aus Kalk. Begleitet wird der Rubin von Sapphir, außerdem von viel Granat und zahlreichen anderen Mineralien, dar- unter etwas Gold, es fehlt aber der in Birma mit dem Rubin vorkommende Spinell. Die Kristallform ist tafelig bis kurz prismatisch. Die Farbe wechselt von dunkel- bis hellrot und weiß; viele Steine haben die echte Rubinfarbe. Auch Asterien kommen häufig vor. Fehler sind sehr verbreitet, so seidenglänzende Wolken und Einschlüsse von rotem Rutil und schwarzem Ilmenit, sowie von Granat in der Abart des Rhodolith. Die Anwesenheit dieses letzteren prächtig roten und klaren Minerals vermindert aber die Schönheit des Rubins nicht. Die Produktion wird systematisch betrieben und ist nicht gering. Der größte hier gefundene Stein von guter Beschaffenheit wiegt 6!|2 Karat. Auch andere Fundorte von einzelnen Rubinen in dem an Korund so reichen Staate Nord-Carolina werden genannt, so die Corundum Hill-Mine bei Cullasagee in Macon County, südöst- lich von Franklin, und andere, sie sind aber ohne jede größere Bedeutung. Auch in Amerika hat man nicht selten Granaten für Rubine gehalten und als solche gesammelt und verkauft. In Brasilien haben die Diamantensande des Rio Coxim in Mato Grosso und die Spinell- sande des Rio Pimua in Espirito Santo einige schleifbare Rubine und Sapphire geliefert. Russ. KÜNSTLICHE NACHBILDUNG. 351 In Europa sind schleifwürdige Rubine so gut wie gar nicht vorgekommen, ebenso- wenig in Afrika. Der sogenannte Kaprubin, der Begleiter des Diamants in Südafrika, ist kein Rubin, sondern Granat. Künstliche Nachbildung. Der Rubin ist der einzige der kostbaren Edelsteine, von dem man sicher weiß, dal es möglich ist, ihn mit allen seinen Eigenschaften ın Kristallen von einiger Größe nachzubilden, oder, wie man zu sagen pflegt, künstlich her- zustellen. Dem Pariser Chemiker Fr&my ist dies nach vielen mit A. Verneuil zusammen ausgeführten Versuchen endlich (1891) vollkommen geglückt. Er schmolz in einem Tontiegel, der wegen seiner porösen Beschaffenheit der Luft namentlich in der Hitze leichten Durchgang gestattet, bei sehr hoher Temperatur (1500 0 C.) ein Gemenge voll- kommen reiner Tonerde (Al20;) mit etwas kohlensaurem Kali, Fluorbaryum (oder Fluorcaleium) und einer kleinen Menge von chromsaurem Kali zusammen, und hielt diese Masse acht Tage lang im Fluß. Wahrscheinlich bildete sich dabei Fluoraluminium, das dann von der zutretenden feuchten Luft und den Ofengasen zersetzt wurde und das so Kristalle von Tonerde lieferte, die sich durch Aufnahme von Chromoxyd aus dem chrom- sauren Kali rot färbten. Diese roten Kristalle, die demnach nichts anderes sind als rich- tiger künstlicher Rubin, lagen in mehr oder weniger großer Menge in der Schmelze, aus der sie isoliert werden konnten (sogenannte rubis seientifiques). Sie hatten stets die in Fig. 68 dargestellte Form eines Rhomboöders mit sehr stark ausgedehnter gerader Endfläche, auch waren vielfach noch andere von den in Fig. 63, a—d dargestellten Flächen vorhanden. So bildeten sie stets dünne Tafeln von aller- dings nur geringer Größe bis zu höchstens !/; Karat Gewicht. Sie wurden um so größer, je umfangreicher die angewendeten Tiegel und je bedeutender die Massen der zusammen- geschmolzenen und im Schmelzflusse aufeinander einwirkenden Substanzen. Die Farbe war je nach den speziellen Umständen heller oder dunkler rot. 3 bis 4 Prozent doppel- chromsaures Kali gaben die schönste und reichste Rubinfarbe. Häufig ging aber die Nuance mehr oder weniger ins Violett oder die Kristalle waren auch zu- weilen ganz blau, so daß solche aus demselben Tiegel diese ver- schiedenen Färbungen zeigten. Manchmal hatte sogar ein und derselbe Kristall ein rotes und ein blaues Ende. Fr&my schloß hieraus, daß Chrom nicht nur die rote Farbe des Rubins, sondern auch die blaue des Sapphırs hervorzurufen vermöge, und dab vielleicht auch der natürliche Sapphir durch Chrom gefärbt sei, Mehr als 3 bis 4 Prozent des Chromsalzes wurde von der Tonerde schwer aufgenommen, und die Kristalle erhielten dadurch eine violette, von der der natürlichen Rubine stark abweichende Farbe. Diese künstlichen Rubine sind wie die natürlichen geschliffen, aber auch in ihrer ursprünglichen Kristallform gefaßt und zum Schmuck verwendet worden. Zu Zapfenlagern für Uhren ete. sind sie ebenfalls brauchbar, da ihre Härte der der natür- lichen Steine in nichts nachgibt. Im allgemeinen sind die Rubine von Fr&my jedoch für den praktischen Gebrauch zu klein und namentlich zu dünn, indessen hat Fr&my die Hoffnung gehegt, mittels Tiegeln von 50 Liter Inhalt erheblich größere Kristalle herstellen zu können Schön karminrote Steine, zum Teil von beträchtlicher Größe, waren schon früher, etwa um das Jahr 1885, von Genf aus in den Handel gebracht worden. Ihre Farbe glich bei der spektroskopischen Untersuchung mehr der der Rubine von Fr&my als der natürlichen. Gewisse andere Eigenschaften wiesen deutlich auf künstliche Entstehung hin. Sie sind etwas weicher als natürliche Rubine und zum Teil einfach lichtbreehend. Wahrscheinlich re Fig. 68. Künstlich hergestellter Rubin nach Fremy. 352 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. sind sie durch Zusammenschmelzen kleiner echter Steine und von Rubinpulver mit Schmelzmitteln (etwas Kieselsäure oder Borsäure) hergestellt worden und haben daher den Namen rubis reconstitu6s (auch wohl rubis de Genöve) erhalten. Im Jahre 1902 machte A. Verneuil ein Verfahren bekannt, Rubine von Edelsteinqualität künstlich herzustellen, und zwar ähnlich wie Fr&my, durch Zusammenschmelzen reiner Tonerde mit etwas Chromoxyd. Sein Verfahren war aber etwas anders; er erhielt keine regelmäßig begrenzten Kristalle, sondern runde Kügelchen, die jedoch alle Eigenschaften des kristallisierten Rubins zeigen. Diese Methode wurde dann, zuerst namentlich in Paris, weiter ausgebildet und durch den Bau zweckmäßiger Apparate sehr vereinfacht und verbilligt, so daß nun eine systematische gewerbsmäßige Herstellung schöner und großer künstlicher Rubine für den Handel zu mäßigen Preisen möglich ist. Feinstes Pulverv on Ammoniak- alaun mit etwas Chromoxyd fällt durch ein feines Sieb in regelmäßigen Zwischenräumen mit ganz kurzen Pausen auf ein senkrecht stehendes Knallgasgebläße und zersetzt sich hier vollständig. Die übrig bleibende verstäubte Tonerde schmilzt zusammen und wird so auf einem kleinen in der Achse des Gebläßes befestigten Tonerdezylinder aufgefangen der nahe bis zur Schmelztemperatur der Tonerde erhitzt ist. Auf diese Weise sondert sich allmäh- lich eine gewisse Menge neugebildete Rubinsubstanz an, wobei man sich nur vor einer zu starken Steigerung der Temperatur zu härten und für Verwendung chemisch reiner Materialien zu sorgen hat. Zahlreiche schöne zum Schleifen taugliche Stücke sind auf diese Weise erzeugt worden (rubis synthötiques). Gegenwärtig kommen von dort flaschen- förmige Schmelztropfen von 2 bis 10 Gramm in den Handel, am dicken Ende kugelig mit einem scharf abgegrenzten, dünnen, trüben, weißen oder grauen Boden, am anderen Ende lang ausgezogen und an der Spitze zuweilen deutliche Kriställchen von der Form des natürlichen Rubins. Die Flasche selbst hat zuweilen die Gestalt eines sechsseitigen Prismas mit etwas rundlichen Flächen und Kanten, in denen sich die Flächen unter Winkeln von 120° schneiden. Die Hauptmasse ist prachtvoll rot und durchsichtig. Die Tropfen sind ziemlich spröde und zerbersten zuweilen sehr leicht bei einer geringen äußeren Verletzung, ähnlich wie die sog. Glastränen, denen sie auch in der Form gleichen. Die Härte ist die des Korunds, an der Oberfläche etwas geringer; das spezifische Gewicht (G. = 3,97 bis 4,05) und alle optischen Eigenschaften, namentlich auch der Dichroismus sind die des Rubins in der Weise, daß der ganze Tropfen nicht etwa ein Aggregat von Rubinkörnern, sondern ein homogenes, einheitliches Kristallindividuums darstellt, dessen Hauptachse der Mittellinie der Flasche von der Spitze nach der Mitte des Bodens entspricht. Es liegt hier künstlicher Rubin vor, der sich in nichts wesentlichem von dem natürlichen Rubin unterscheidet und der auch ganz dessen schönes Aussehen besitzt. Die rote Farbe zeigt verschiedene Nuancen; die bei den natürlichen Steinen so seltene Taubenblutfarbe ist bei diesen künstlichen verhältnismäßig häufig; nicht ungewöhnlich ist ein eigentümlicher Stich ins Gelbe, der in der Natur kaum vorkommt, der bei echten Rubinen verbreitete Stich ins Bläuliche und Violette fehlt auch hier nicht. Die flaschenförmigen Schmelztropfen sind ohne Zusatz einer Chromverbindung farblos. Die schönste Rubinfarbe entsteht bei Zusatz der 21/2 Proz. Chromoxyd. Bei einer geringeren Menge des letzteren erhält man eine Rosafarbe, die zuweilen der des roten gebrannten Topases sehr ähnlich ist. Steine dieser Art len daher sehr unrichtiger Weise, „synthetischer Topas“ genannt. Aber diese künstlichen Rubine werden ungeachtet ihres im allgemeinen erheblich schöneren Aussehens nicht als gleichwertig mit den natürlichen betrachtet. Diese sind in Gefahr, ihre bevorzugte Stellung zu verlieren und entwertet zu werden. Denn die künst- lichen Se die im Gewicht von !/ıo bis 15 Karat hergestellt werden können, sind erheb- lich billiger und kosten gegenwärtig höchstens 12 Mark das Karat der rlalasen ge- schliffenen Ware. - RuBin, KÜNSTLICHE DARSTELLUNG UND ÜNTERSCHEIDUNG. 353 Um dieser Konkurrenz nach Möglichkeit zu begegnen, hat das Syndikat der Edel- steinhändler in Paris Gegenmaßregeln beschlossen. Unter dem Namen Rubine sollten nur aus natürlichem Rohmaterial geschliffene Steine zu verstehen sein, jeder Edelstein- händler sollte zur Deklaration von ihm verkaufter, sowie zur Rücknahme etwa von ihm un- wissentlich abgegebener künstlicher Steine verpflichtet werden. Derartige Bestimmungen sind natürlich geeignet, den Vertrieb der künstlichen Steine zu hemmen, ob in erheblichem Maße und auf die Dauer, wird erst die Erfahrung lehren müssen, denn ein innerer Grund für diese scharfe Unterscheidung liegt eigentlich nicht vor bei der vollkommenen Gleichheit mit den natürlichen, auch bezüglich der Schönheit. Jedenfalls sind künstliche Steine schon in recht erheblicher Zahl im Handel, und selten wird dem Käufer mitgeteilt worden sein, daß er es mit Kunstprodukten zu tun hat. Unter allen Umständen sind aber diese Maßnahmen nur wirksam, solange irgendwie bemerkbare Unterscheidungsmerkmale vorhanden. Mit dem bloßen Auge einen guten Kunst- stein stets mit voller Sicherheit zu erkennen, ist wohl auch dem erfahrensten Juwelier kaum möglich. Manchmal sind die künstlichen Steine vielleicht an der erwähnten, etwas ins Gelbliche gehenden Farbennuance, an einer eigentümlichen leichten Trübung und namentlich an dem Auftreten von Schlieren und Streifen in etwas abweichender Farbe kenntlich. Als ein- zige sichere Merkmale sind aber die Einschlüsse zu betrachten, die man mit einer scharfen Lupe, besser unter dem Mikroskop, wahrnehmen kann. Beim künstlichen Rubin sind es kleine rundliche Bläschen, öfters in erheblicher Menge, die bei dem natürlichen durchaus fehlen. Umgekehrt trifft man nur in diesem, aber keineswegs in allen Exemplaren, mikro- skopisch kleine Flüssigkeitseinschlüsse von mehr eckiger Form, sowie winzige braune Nädelchen, die oft scharenweise angeordnet sind, die einzelnen Scharen sich unter Winkeln von 60° durchkreuzend. Auch Einschlüsse von Kriställehen anderer Art fehlen nicht, doch sind sie seltener. Die Kennzeichen der künstlichen Steine haben aber den größten Teil ihrer Bedeutung eingebüßt, da man durch fortschreitende Verbesserung der Herstellungs- methoden allmählich dahin gelangt ist, sie zu vermeiden. Derartige fehlerlose, blasenfreie Rubine lassen sich dann von ebenso vollkommenen einschlußfreien natürlichen überhaupt nicht mehr sicher unterscheiden. Neben den bisher besprochenen französischen künstlichen Rubinen sind aber auch die mindestens gleichwertigen deutschen zu nennen. Sie werden hergestellt von der Deutschen Edelsteingesellschaft ın Idar in Verbindung mit Professor A. Miethe in Charlottenburg und zwar nach einem verhältnismäßig einfachen Verfahren, ähnlich dem von Verneuil, aus reiner Tonerde mit einer kleinen Menge von Chromoxyd, das die Farbe gibt. Das er- haltene Produkt ist in chemischer Zusammensetzung, Härte und allen anderen Eigen- schaften dem natürlichen Rubin vollkommen gleich und liefert blasenfreie Steine von höchster Vollkommenheit der Durchsichtigkeit und des Glanzes. Von Farben kann das so hoch geschätzte Taubenblutrot mit der leuchtenden Pracht des Karmins, die in Birma, Siam oder Ceylon gewöhnliche Nuance, rot mit einem Stich ins Violett oder ausgesprochen violett und ganz helles Rosa geliefert werden, und taubenblutfarbige Steine nicht einmal erheblich teurer als andere. Unterscheidung von anderen roten Steinen. Da der Rubin ein sehr kost- barer Stein ist, so werden ihm nicht selten andere minderwertige Steine untergeschoben. Es kann sich dabei in erster Linie nur um Spinell und Granat, weiterhin um roten Tur- malin und für blaßrote Rubine um ebensolehe Topase handeln. Rotgefärbter Quarz (sog. craqueles) und Rosenquarz werden kaum als Verfälschung vorkommen, dagegen kann das Unterschieben von Glasflüssen versucht werden. Bauer, Edelsteinkunde, 2. Aufl. 23 354 ZWEITER TEIT. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Spinell und Granat, ebenso alle Glasflüsse, unterscheiden sich vom Rubin leicht dureh ihre einfache Lichtbrechung und den Dichroismus des letzteren. Roter Turmalin und ebenso roter Quarz haben ein viel geringeres spezifisches Gewicht als der Rubin; sie schwimmen leicht auf Methylenjodid, während Rubin sofort sinkt. Roter Turmalin ist stark pyroelektrisch, Rubin nicht; letzterer ist für Röntgenstrahlen erheblich durchlässiger als alle die anderen roten Steine und als die roten Pasten. Rosenroter Topas- könnte nur den hellrosenroten Rubin ersetzen; beide sind wohl im Wert nicht sehr voneinander ver- schieden, und so wird eine sichere Unterscheidung selten von großem praktischen Interesse sein. Sie kann vorgenommen werden auf Grund des spezifischen Gewichts (G. = 3, bei Topas und — 4, beim Rubin), wonach Topas in der schwersten Flüssigkeit noch schwimmt, während Rubin darin untersinkt. Eines der wichtigsten Unterscheidungsmittel beruht aber auf der großen Härte des Rubins, der als zweithärtestes Mineral unmittelbar hinter dem Diamant folgt und der daher alle die genannten Steine mit Leichtigkeit ritzt Bei Glas- flüssen und bei rotem Flußspat ist dies sogar mit der harten Stahlspitze möglich. Rote Steine anderer Art werden zuweilen unter Zufügung eines unterscheidenden Bei- worts ebenfalls als Rubin bezeichnet. So versteht man unter böhmischem Rubin den Rosenquarz, brasilianischer Rubin ist roter Topas, Kaprubin und Adelaide-Rubin roter Granat, sibirischer Rubin roter Turmalin, falscher Rubin ist roter Flußspat usw. Rubin- spinell und Balasrubin gehören zum Spinell. Die Glasflüsse, die in der Farbe dem Rubin nahe stehen, das sogenannte Rubinglas, hat man durch verschiedene Pigmente hervorzubringen versucht. Mangansalze geben eine ähnliche, aber doch stark violette Farbe. Am besten sind Goldsalze, Goldpurpur usw. die man mit dem Glasfluß, Straß usw. einschmilzt. Hierzu ist bei Goldsalzen große Vor- sieht nötig, damit das Glas nicht trübe wird. Nach dem Erstarren sind solche Goldgläser gelblichgrün; durch Anwärmen, das sogenannte „Anlaufen“, erlangen sie erst ihre schöne rote Farbe. Es entsteht dadurch der Rubinfluß von der schönsten Rubinfarbe, den man durch mehr oder weniger großen Zusatz von Goldsalz in verschiedener Intensität erhalten kann. Interessant ist, daß sich schöne rubinfarbige Gläser schon in alten keltischen Gräbern finden. Rubinmutter. In Nord-Carolina finden sich am Buck Creek in Clay County rosa und roter Rubin in einem grünen Mineral der Hornblendegruppe (Smaragdit) eingewachsen. Diese werden so geschliffen, daß die roten Körner von einem grünen Rande umgeben sind. Wegen des Farbengegensatzes bieten derartige Steine, die Rubinmutter genannt werden, einen hübschen Anblick, trotzdem der Rubin von der gewöhnlichen trüben Be- schaffenheit des gemeinen Korunds ist. Sapphır. Eigenschaften. Der Sapphir (orientalische Sapphir) ist der blaue Korund. Er unterscheidet sich vom Rubin wesentlich nur durch diese Farbe, doch ıst er auch etwas härter — er ist der härteste aller Korunde —, und auch das spezifische Gewicht soll um einen geringen Betrag höher sein als bei den anderen, nämlich gleich 4,0s, während es für Rubin zu 3,9 bis 4,06 angegeben wird. Die Kristalle des Sapphirs sind bei voll- kommen gleichen allgemeinen Verhältnissen etwas anders ausgebildet als die-des Rubins indem bei ihm die Prismen und Rhomboäder des letzteren zurücktreten und dafür die hexagonalen Doppelpyramiden vorherrschen, wie es in der Fig. 63, e bis i schematisch, und Taf. I, Fig. 7 nacb der natürlichen Beschaffenheit dargestellt ist. Während beim Rubin die rote Farbe meist über den ganzen Stein gleichmäßig ver- teilt ist, sind die Sapphire außerordentlich häufig fleckig, indem rein weiße oder gelblich- SAPPHIR. FARBE. 355 weiße mit blauen Stellen abwechseln, die entweder ziemlich scharf gegeneinander ab- setzen oder allmählich ineinander übergehen. In der farblosen Hauptmasse des Steins sind die blauen Flecken mehr oder weniger zahlreich, bald ganz vereinzelt, bald dicht gedrängt. Nur wenn der Stein ununterbrochen blau ist, wird er als Edelstein geschätzt, fleckige Sapphire haben nur geringen Wert. Treten die blauen Flecke immer mehr zurück und verschwinden endlich ganz, dann hat man farblose oder gelbliche Steine, die aber in der angedeuteten Weise durch alle möglichen Übergänge mit den ganz blauen verbunden sind. Sie werden als weißer Sapphir (oder Leukosapphir) bezeichnet. Vollständig farblose, klare und durchsichtige, ' also tadellos wasserhelle Exemplare sind aber sehr selten, a ist immer noch ein bläulicher Schein oder eine mehr oder weniger deutlich gelbe Färbung vorhanden, welche letztere dann zu dem unten zu besprechenden orientalischen Topas hinüberführt. Die erwähnte Verteilung der blauen Stellen in der farblosen oder gelben Masse ist meist vollkommen gesetzlos, manchmal sind jedoch allerdings auch beide in irgendeiner Weise regelmäßig gegeneinander angeordnet. So ist zuweilen das eine Ende des Steines blau, das andere farblos, oder beide Enden sind blau und lassen ein farbloses Mittelstück zwischen sich, oder farblose und blaue Schichten liegen mehrfach übereinander usw. Ubrigens wechseln beim Sappbir nicht blos blau und weiß (oder farblos) an demselben Stück miteinander ab, sondern zuweilen auch verschiedene Nuancen von blau, z. B. rein blau und grünlichblau, wie bei den dunkeln Sapphiren von Siam, und sogar verschiedene sonstige Farben. So kennt man Sapphire, die ein blaues und ein rotes Ende haben, solche, die an beiden Enden blau und in der Mitte gelb sind usw. Ein Sappbirkristall von 192/ıs Karat mit der letzteren Farbenzeichnung liegt z. B. in der Mineraliensammlung des Museums im Jardin des plantes in Paris. Von dieser Farbenverteilung wird zuweilen bei der Verwendung der Steine Gebrauch gemacht, um gewisse Effekte zu erzielen. Im Museum in Gotha wird eine Figur des Confucius aufbewahrt, die aus einem mehrfarbigen Sapphir in der Weise hergestellt wurde, daß der Kopf weiß ist, während die Beine eine gelbe Farbe haben; der zwischenliegende Körper ist hellblau. Das Blau des Sapphirs, die eigentliche Sapphirfarbe, zeigt alle möglichen Abstufungen von der hellsten bis zur dunkelsten, vom beinahe Farblosen bis zum annähernden Schwarz. Diese sehr dunkle Farbe nennt man tintig. Die sehr hellen, weiblichen Sapphire werden zuweilen Wassersapphire, dıe sehr dunkeln Indigosapphire oder auch Luchs- oder Katzen- sapphire genannt. Im allgemeinen ist der Stein am wertvollsten, je dunkler er ist, doch darf dies nicht .so weit gehen, daß die Durchsichtigkeit darunter leidet. Aber nicht nur die Tiefe der Farbe ist verschieden, sondern auch die Nuance, die zwischen indigoblau, berlinerblau, smalteblau, kornblumenblau, graulichblau und vor allem grünlichblau wechselt. Die geschätzteste Farbe ist ein lebhaftes und gesättigtes reines Kornblumenblau. Eın schöner Sapphir muß wie blauer Sammet aussehen, und je deutlicher der eigentümliche Glanz des Sammets mit der schönsten Farbe verbunden ist, desto höher ist der Wert. Steine dieser Art sind, wenngleich im allgemeinen der Sapphir ziemlich verbreitet ist, recht selten. Ein schön blauer Sapphirkristall ist Taf. I, Fig. 7, ein geschliffener Stein in Fig. 8 derselben Tafel abgebildet. Daß beinahe stets dem Blau mehr oder weniger Grün beigemischt ist, kann man besonders konstatieren, wenn man durch einen Sapphir nach verschiedenen Richtungen hindurchsieht. Man beobachtet dabei wie beim Rubin einen deutlichen Diehroismus, um so stärker, je dunkler der Stein ist; bei ganz heller Farbe ist die Erscheinung kaum mehr wahrzunehmen. Sieht man durch einen nicht zu hellen Sapphir in der Richtung der Hauptaxe, also in der Richtung der Verbindungslinie der Endecken einer der sechs- 23 * 356 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. seitigen Doppelpyramiden, oder senkrecht zu der geraden Endfläche hindurch, dann ist die Farbe rein. blau, je nach der Beschaffenheit des Steines mehr oder weniger tief und gesättigt und zuweilen etwas ins violette spielend. Sieht man aber senkrecht zu der ersteren Riehtung durch den Sapphır hindurch, so ist die Farbe stets heller und meist deutlich grünlichblau. Besonders ist dies der Fall bei den jetzt viel im Handel vorkommenden Sapphiren von Sıam, bei denen von Le Puy in Frankreich (Auvergne) und bei manchen anderen. In zwischenliegenden Richtungen ist auch die Farbe eine intermediäre. Dieselben Farbenunterschiede gibt die Beobachtung mit der Diehrolupe. Betrachtet man den Stein mit dieser in der ersteren Richtung, dann erhält man bei jeder Stellung des Instruments zwei gleiche, rein blaue, vielleicht etwas violette Bilder. In der zweiten Richtung sind die beiden Bilder im allgemeinen verschieden; beim größten Farbenunterschiede er- scheint ein dunkleres, rein blaues Bild, wie die von vorher, und ein helleres, meist grün- liehblaues bis grünes (Steine von Siam), aber auch zuweilen gelblichgrünes und gelbes (Steine von Birma und Ceylon). Wie beim Rubin ist es also auch beim Schleifen des Sapphirs, der dieselben Formen erhält wie jener, zweckmäßig, eine ganz bestimmte Richtung einzuhalten, damit die Farbe des Steines in der besten Weise zur Erscheinung kommt. Auch hier muß die Hauptaus- dehnung des Steines, die Fläche, die dem Beschauer entgegengehalten wird, also _z. B. bei einem Brillantschliff, wie er Taf. I, Fig. 8 zu sehen ist, die Tafel, die große Fläche des Öberteils, möglichst nahe der Richtung der geraden Endfläche in den Kristallen sein, dann präsentiert sich der Stein in seiner reinsten und lebhaftesten blauen Farbe. Bei künstlicher Beleuchtung verhalten sich die Sapphire verschieden. Manche behalten dabei ihre Farbe unverändert bei, manche werden dunkler, andere werden rötlich oder purpurn und wieder andere endlich mehr violett. Namentlich die Steine, die diese Farben- änderung in guten Stücken zeigen, sind selten und wertvoll. Das Verhalten ist ähnlich wie beim Alexandrit; deswegen werden solche Sapphire in Colombo gelegentlich als „blaue Alexandrite* verkauft. Sie finden sich u. a. auch in Montana. Für Röntgenstrahlen ist der Sapphir wie alle anderen Edelkorunde gut durchlässig. Bezüglich des Verhaltens der Farbe in der Wärme ist der Sapphir vom Rubin wesent- lieh verschieden. Während die Rubinfarbe sehr großer Hitze siegreich widersteht, wird dadurch die Sapphirfarbe zerstört. Durch nicht zu starkes Glühen werden die blauen Sapphire, ohne daß sie sich sonst irgendwie verändern, farblos wie der Leukosapphir, blau gefleckter Leukosapphir wird dadurch einheitlich farblos. Bei sehr hoher Steigerung der Temperatur wird der Sapphir grau und trübe. Der Verlust der Farbe geht indessen nicht durchweg mit gleicher Leichtigkeit vor sich. Am leichtesten sollen sich die indischen entfärben, bei manchen anderen wird die Farbe sogar nur heller blau, ohne aber ganz zu verschwinden. Wegen dieser leichten Veränderlichkeit hat man den Ursprung der blauen Farbe wohl in der Beimengung einer geringen Menge einer organischen Substanz gesucht, die in der Hitze zerstört wird. Man hat sie aber auch auf den kleinen Eisengehalt zurück- geführt, der, wie die eingangs mitgeteilte Analyse zeigt, beim Sapphir vorhanden ist. Endlich glaubte man ihren Grund in einer geringen Menge einer Chromverbindung ge- funden zu haben, besonders nach den oben erwähnten Versuchen von Fr&my zur künst- lichen Darstellung des Rubins, bei denen er in demselben Tiegel nebeneinander rote und einzelne blaue Kristalle erhielt, die beide durch Chrom gefärbt waren. Solche künstliche Sapphire sollen zuweilen so intensiv blau sein, wie es bei natürlichen niemals vorkommt. Die Reproduktion künstlicher Sapphire in derselben Weise wie beim Rubin steht indessen noch in weitem Felde, da man wohl gelegentlich und zufällig blaue Steine neben roten erhält, aber noch nicht imstande ist, sie beliebig’ und mit Sicherheit in größerer- Menge herzustellen. SAPPHIR. FARBE. AÄSTERIEN. 357 Die blaue Farbe des Sapphirs wird nicht nur durch die Hitze verändert und zerstört, son- dern auch durch Radiumbestrahlung. So werden dabei die Steine von Ceylon gelb usw. Siehe hierüber Näheres S. 72. Eine Erscheinung besonderer Art bemerkt man an den Asterien. Viele Sapphire zeigen wie manche Rubine namentlich in intensivem Sonnen- oder Kerzenlicht auf der geraden Endfläche der Kristalle oder einer dieser Lage entsprechenden Bruchfläche einen leuchtenden, mehr oder weniger regelmäßigen, sechsstrahligen, selten auch einen zwölf- strahligen Stern. Die Erscheinung ist besonders schön, wenn der Kristall kugelig ge- schliffen ist, so daß die Mitte der halbkugeligen oder vielleicht noch stärkeren Krümmung über der geraden Endfläche in der Achse des Kristalls liegt. Die Strahlen verlaufen von einem Mittelpunkt aus nach dem Rande. Beim Drehen des Steines wandert der Stern über dessen rundliche Oberfläche hin, so daß der Mittelpunkt stets dem Licht zugekehrt ist. Häufiger als einen vollständigen Stern sieht man Teile eines solchen, so namentlich einen rundlich begrenzten oder auch einen in einer Richtung verlängerten, dann gewisser- maßen einen Arm des Sternes darstellenden Lichtschein von der gleichen Beschaffenheit wie dieser, der sich beim Drehen des Steines ganz in derselben Weise über dessen Ober- fläche hinbewegt, genau wie bei dem unten zu betrachtenden Katzenauge, oder auch mehrere solche Arme. Ist der Stein so geschliffen, daß sich die stets ziemlich steile Wölbung über einer Prismenfläche des Kristalls erhebt, so entsteht stets nur eine leuchtende Linie in der Richtung der Kristallachse. Die Strahlen des Sternes und die anderen ge- nannten Erscheinungen werden gebildet von einem hellen, meist weißen, zuweilen auch rötlichen oder bläulichen milchigen Lichtsehein. Dieser ist entweder schmal und auf der Oberfläche des dunkler gefärbten Steines scharf abgegrenzt, so dab es zuweilen aussieht, als ob sich Silberfäden über die Fläche hinzögen, oder er ist breiter, verläuft nach den Seiten hin ohne bestimmte Grenze und verliert sich allmählich in die dunklere Umgebung. Das erstere Verhalten, die scharfe Abgrenzung der Strahlen nach beiden Seiten, ist das geschätztere. Sapphire mit deutlichem Stern werden als Sternsapphire (Asterien oder Sternsteine, und zwar speziell Sapphirasterien oder Sapphirsternsteine) bezeichnet, während solehe mit einem rundlichen oder in einer Richtung verlängerten Lichtschein orıen- talischer Girasol oder Sapphirkatzenauge, auch opalisierender Sapphir genannt werden. Für den Rubin von derselben Beschaffenheit gelten die entsprechenden Namen: Sternrubin, Rubinasterie oder -sternstein, Rubinkatzenauge oder opalisierender Rubin. Dieselbe Erscheinung zeigt sich übrigens auch zuweilen, wenn schon seltener, an dem noch zu betrachtenden gelben Korund, dem orientalischen Topas. Steine dieser Art zählen, wie das Rubinkatzenauge, ebenfalls zu dem orientalischen Girasol, wenn sie einen rundlichen oder länglichen Lichtschein zeigen; sie heißen dann Topaskatzenauge, und wenn ein deutlicher Stern auftritt, Topasasterie. Im Preise stehen diese Steine im allgemeinen nicht besonders hoch. Doch sind ausgezeichnete Stücke sehr teuer und zurzeit sehr ge- schätzt. Ein schöner Sternsapphir hat etwa den Wert eines sonstigen schönen Sapphirs, Sternrubine sind etwas teurer; geringere Steine dieser Art werden sehr billig abgegeben. Alle Asterien usw. finden sich wohl mit den anderen Varietäten des edlen Korunds an dessen sämtlichen Fundstellen, kommen aber doch vorzugsweise, die guten Exemplare fast ausschließlich, von der Insel Ceylon. Die Ursache dieser Lichterscheinungen wird verschieden angegeben. Manche führen sie auf die Beugung des Lichts an dünnen Zwillingslamellen zurück, die, wie es oben beschrieben und in Fig. 63, a abgebildet ist, parallel den Flächen des Rhombo&ders oft ın großer Zahl den Kristallen eingelagert sind. Diese dünnen Schichten erzeugen auf der geraden Endfläche eine dreifache Streifung unter Winkeln-von 60 Grad, die nach Babinet den Stern hervorbringt. Nach anderen ist der Grund aller dieser Lichteffekte eine große 358 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Anzahl mikroskopisch kleiner röhrenförmiger Hohlräume, die in der Basis nach drei Rich- tungen, parallel den Flächen des Prismas, in den Korundkristallen eingeschlossen sind. Am wahrscheinlichsten beruht die Erscheinung aber auf den schon beim Rubin (8. 337) erwähnten, beim Sapphir in derselben Weise vorkommenden und meist nach denselben drei Richtungen eingewachsenen Kristallnädelehen, die auch den seidenartigen Glanz mancher unregelmäßig begrenzter Stellen auf vielen solchen Steinen bewirken, dem gefürchtetsten Fehler der Edelkorunde. Wenn diese Nädelchen in Menge und regelmäßig eingelagert sind, bewirken sie die Erscheinung des Sterns und seiner Abänderungen; sind sie dagegen unregelmäßig eingewachsen, so erzeugen sie den seidenartigen Schimmer. Daß es wohl diese Nädelchen sind, die das Asterisieren bewirken, geht daraus hervor, daß die Erscheinung nur an Steinen auftritt, die solche Einschlüsse in großer Zahl enthalten, und zwar in so großer, daß sie trübe sind und an der Oberfläche sogar einen metallischen Schiller zeigen, sowie auch daraus, daß andere Mineralien, Granat, Rosenquarz, Zirkon usw., die zu- weilen ähnliche Kriställchen in derselben Art eingewachsen enthalten, dann auch die gleichen Erscheinungen der Sterne der Asterien usw. erkennen lassen. In der Tat sind auch Sternsteine niemals ganz klar und durchsichtig, wenigstens nicht durch die ganze Masse hindurch, häufig sind sie auch aus abwechselnd blauen und weißen Schichten aufgebaut. Man beobachtet sogar dieselbe Erscheinung an vielen vollständig undurchsichtigen Stücken des gemeinen Korunds, besonders des sog. Demantspats von brauner Farbe, die dann ebenfalls manchmal geschliffen werden. Einschlüsse der erwähnten Art sınd beim blauen Sapphir häufiger als bei den anders gefärbten Korunden, bei welchen letzteren Asterien auch nur ausnahmsweise vorkommen, jedenfalls verhältnismäßig seltener als beim Sapphır. Für die Schlifform des Sapphirs gilt dasselbe, was für den Rubin angegeben wurde. Asterien werden stets en cabochon geschliffen. Auch die Fassung wird in derselben Weise vorgenommen wie beim Rubin; zur Verbesserung der Farbe wird nicht selten ein blau- gefärbtes Silberplättehen als Folie untergelegt. Wert. Der Sapphir ist auch in den schönsten und vollkommensten schleifbaren Stücken weit häufiger und verbreiteter als die Rubine der besten Sorte. Auch gibt es im Vergleich mit Rubin viel zahlreichere große Sapphire von der vollkommensten Qualität. Daher sind Sapphire immer weit billiger als entsprechende Rubine von derselben Größe und Güte. Ein Karat von der schönsten und gleichmäßigsten, tief kornblumenblauen Farbe und mit sammetartigem Glanze wird bei vollkommener Durchsichtigkeit und Febhlerlosig- keit selten höher als mit 200—300 Mark bezahlt, ein Preis von 500 Mark und mehr, wie beim Rubin, kommt hier nieht vor. Ein solcher Sapphir von 2 bis 3 Karat bat ungefähr den Wert eines guten Diamanten von demselben Gewicht. Ungleichmäßig und hell gefärbte, oder Steine mit Fehlern sinken dann bis auf einige Mark pro Karat herab. Da große Steine von vollkommener Qualität nicht selten sind, so daß das Gewicht von 10 Karat, das beim Rubin fast schon das Maximum darstellt, beim Sapphir ein gar nicht so ungewöhnliches Vorkommen ist, wächst der Preis für größere Steine sehr viel langsamer als beim Rubin, und zwar ungefähr dem Gewicht entsprechend. Ein doppelt so schwerer Stein kostet da- nach etwa das Doppelte usw. Die Fehler, die den Wert des Sapphirs beeinträchtigen, sind im allgemeinen dieselben wie beim Rubin: Wolken, milchige, halb durchsichtige Stellen, weiße glasige Streifen, seidenglänzende Flecken und ungleichmäßige Färbung usw. Auch von Sapphir werden einige besonders große und schöne Steine als Merkwürdig- keiten zuweilen erwähnt. Über einen der schönsten und größten Sapphire, die bekannt ge- worden sind, einen Stein von 951 Karat, berichtet eine englische Gesandtschaft, die ihn 1827 im Schatze des Königs von Ava gesehen hat; er stammt aus Birma, soll aber nicht ganz fehlerlos sein. In der Sammlung des Jardin des plantes in Paris befindet sich ein SAPPHIR. VORKOMMEN. SIAM. 359 roher Stein von 132'/ıs Karat, der sogenannte „Holzlöffelverkäufer“, der von einem Manne mit dieser Beschäftigung in Bengalen gefunden sein soll; er heißt auch der „Rospoli“ nach der Familie, in deren Besitz er früher war. Es ist einer der schönsten blauen Sapphire, ohne alle Flecken und Fehler. Dieselbe Sammlung bewahrt noch einen zweiten schönen Sapphir von 2 Zoll Länge und 1'% Zoll Dicke. Im Besitze des Herzogs von Devonshire ist ein schöner Sapphir von über 100 Karat, der oben als Brillant, unten treppenförmig geschliffen ist. Noch mehrere andere werden gelegentlich erwähnt, so ein dunkler, tintiger, fehlerloser von 252 Karat, der 1862 in London, und ein 225 Karat schwerer, schön blauer, mit einem gelben Fleck auf einer Seite, der 1867 in Paris aus- gestellt war. Ein großer prachtvoller Sapphir liegt in der Schatzkammer in Wien. Vorkommen. Das Vorkommen des Sapphirs ist genau dasselbe wie das des Rubins. Er findet sich in der nämlichen Weise im anstehenden Gestein, häufig mit Rubin zusam- men und ebenso auch in Seifen. Es gibt wohl keinen einzigen Fundort, wo nur Rubin oder nur Sapphir vorkäme; beide sind stets nebeneinander vorhanden, allerdings bald der eine, bald der andere stark überwiegend und daneben meist auch zugleich alle dıe ver- schiedenen anderen edlen und gemeinen Varietäten des Korunds. Überwiegend ist der Rubin in den oben als Fundorte für diesen Edelstein genannten Gegenden. Überwiegend Sapphire kommen aus Siam (aber in der Hauptsache aus anderen Gruben als der Rubin), von Ceylon, von Zanskär in Kaschmir, aus den Gold- und Diamantsanden von Australien, besonders von Neu-Süd-Wales, sowie aus Montana in Nordamerika. Einige andere Fund- orte, namentlich die europäischen, sind ganz bedeutungslos. Weitaus am meisten Sapphire kommen gegenwärtig aus Siam, wo der große edel- steinführende Bezirk östlich von Tschantabun (am Meerbusen von Siam, ungefähr 12/2 ® nördlicher Breite), dessen Handelsmittelpunkt diese Stadt bildet, ungefähr 100 (englische) Quadratmeilen umfaßt. Die Rubingruben haben wir schon (S. 346) betrachtet. Scharf ge- trennt von ihnen liegen weiter nördlich jenseits des Gebirgskammes die Sapphirgruben. Sie sind nicht so lange bekannt wie jene; die Entdeckung der dortigen blauen Edelsteine fällt etwa in das Jahr 1866; seit dem Anfang der siebziger Jahre werden die Gruben stärker bearbeitet und seit 1890 hat eine englische Gesellschaft den Betrieb übernommen. Wenn die Sapphirgräberei auch jünger ist, so ist doch ihr Ertrag weitaus bedeutender, ihre Wichtigkeit erheblich größer. Allein die Gruben von Bo-Pie-Rin sollen mehr als die Hälfte aller jährlich auf der ganzen Erde gewonnenen Sapphire liefern; die sämtlichen anderen Fundorte treten dagegen mehr oder weniger zurück. Der sapphirführende Landstrich ist, soweit man ihn kennt, 6 (engl.) Meilen lang und und 2Meilen breit. Er enthält 13 Dörfer mit etwa 3500 Einwohnern, die von der Gräberei leben, meist Birmanen, die das Geschäft auch durchaus auf birmanische Art betreiben; europäische Methoden haben hier noch keinen Eingang gefunden. Der Hauptort ist Pailin, daher spricht man häufig von dem Sapphirbezirk von Pailin. Er ıst ungefähr halbwegs zwischen Tsehantabun und Battambong, 43 (engl.) Meilen von der ersteren, 50 Meilen von der anderen Stadt entfernt (Fig.64, pag. 339). Die Gruben liegen etwas östlich von der Linie, die beide miteinander verbindet, in der Provinz Battambong. Die Steine, weit überwiegend Sapphire mit wenigen Rubinen und sonstigen Edelkorunden, finden sich in einem bis 18 Zoll dieken, roten, schwach sandigen Lehm 15 bis 25 Fuß unter dem Boden. Weniger tiefliegende Vorkommen, die zum Teil die Erdoberfläche erreichten, so daß man nur den Boden abzusuchen brauchte, sind längst erschöpft. Es sind durchweg Seifen in den Fluß- tälern und an den unteren Teilen der Abhänge der Berge und Hügel, wie wir es bei der Betrachtung des Rubins kennen gelernt haben. Das Muttergestein hat man auch beim siamesischen Sapphir noch nicht entdeckt. Seine Qualität ist zum Teil sehr gut. Zahlreiche Steine sind von dem schönsten Blau und 360 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. zeigen den geschätzten sammetartigen Schimmer besser als irgendwelche andere. Daneben fin- den sich allerdings auch sehr viele dunkelblaue, in reflektiertem Licht fast schwarze sog. tintige. Merkwürdigerweise sind die größeren, über ein Karat schweren Stücke auch in der Qualität besser als die kleineren, die daher auch vielfach nur zu Uhrensteinen u.s. w. verarbeitet werden. Der Handel geht hauptsächlich nach Caleutta, doch gelangt auch viel nach Europa. So er- zählt Edwin W. Streeter, daß schon 1890 ein Posten von 30 000 Karat nach London gekommen ist und daß einer der größten Londoner Edelsteinhändler im Jahre 1889 für 70 000 Pfund Sterling (ungefähr 1!/. Millionen Mark) siamesische Sapphire verkauft hat. 1906 waren 4000 Arbeiter mit der Sapphirgräberei beschäftigt. Über das Vorkommen des Sapphirs in Birma ist dem oben bei der Betrachtung des Rubins Gesagten wenig hinzuzufügen, da das Vorkommen und die Fundstellen dieselben sind. Ist auch die Zahl gering, so sind doch die einzelnen Steine nicht selten von erheblicher Größe. Beriehtet wird über große Sapphire im Gewicht von 1988, 951, 820, 253 usw. Karat. Solche von 6 bis 9 Karat sind gemein, aber allerdings meist niebt ohne Fehler. Der größte bisher in Birma gefundene fehlerlose Stein soll 791/ Karat wiegen,alle größeren zeigen Fehler meist in beträchtlicher Zahl. Leider ist die Farbe der Sapphire gewöhnlich zu dunkel, fast schwarz, so daß sie selten die höchsten Preise erzielen. Mit denen von Siam können sie sich in der Qualität nur selten messen. In Ceylon wird der Sapphir von vielen anderen Edelsteinen begleitet, so von Rubin und anderen Edelkorunden, von Zirkon in mannigfachen Farben, besonders Hyacınth, von Turmalin, Spinell, Chrysoberyll, Amethyst und anderen Quarzarten, namentlich Katzen- auge, Granat und zwar Almandin und Kaneelstein, Cordierit und anderen selteneren und unwichtigeren. Unter ihnen spielt der Sapphir stets die Hauptrolle, die anderen stehen gegen ihn an Menge und Wert mehr oder weniger zurück. ; Die Fundorte liegen hauptsächlich auf der West- und Südseite der Insel. Der eigent- liche Edelsteinbezirk ıst die Provinz Sabaragamuwa, und hier vor allem der Distrikt Saffra- gam, das Bergland am Südfuß des Adamspiks mit der Hauptstadt Ratnapura (oder Anar- hadnapura, d. h. Stadt der Rubine). Hier ist der Mittelpunkt der Edelsteindustrie der Insel. Die edelsteinführenden Ablagerungen ziehen sich aber südlich bis Rakwana und über die dortigen Berge hinaus bis ans Meer zwischen Point de Galle und Matarä (Matura) und weiter etwa bis zum Magama- (Mahagam- oder Kirinda-)Ganga. Auch in der West- provinz fehlen sie nicht, besonders um den etwas nördlich von Colombo mündenden Kelani- Ganga, ebensowenig in der Zentralprovinz, wo besonders die Umgegend von Nuwara Elliya genannt wird. An vielen Orten hat aber die Gewinnung wegen Erschöpfung der Lagerstätten gänzlich aufgehört. Heutzutage findet sie in größerem Maßstabe nur noch in dem Bezirk von Ratnapura und in der Umgegend von Rakwana sowie in dem Galle- Distrikt statt; ein wenig wird auch noch in Hatton, in geringer Entfernung nordöstlich vom Adamspik, gearbeitet. Größere Ausbeute gaben früher die Umgebung von Nuwara Ellıya und die Horton Plains. An allen diesen Orten finden sich die Sapphire mit den sie begleitenden Edelsteinen nur in Seifen, und sie werden ausschließlich nur aus solchen gewonnen. Es sind dies tonig-sandige Ablagerungen auf dem Grunde der Täler und der weiten, vielfach mit Sümpfen und Reisfeldern bedeekten Niederungen, zuweilen auch über dem Hochwasser- spiegel der Wasserläufe an den Talabhängen. Anstehend in dem Muttergestein hat man in Ceylon Edelsteine mit Ausnahme des Almandins und des Mondsteines noch nicht be- obachtet, da eine genauere Untersuchung des mit diehtem Dschungel bedeekten Landes schwierig ist und Aufschlüsse vollständig fehlen. Die geologischen Verhältnisse, sowie kleine Partien den Edelsteinen angewachsenen Muttergesteins zeigen aber, daß sie in der SAPPHIR. VORKOMMEN. ÜEYLON. 361 Hauptsache aus granitischen und besonders aus gneisartigen Gesteinen sowie aus den Die Verwitterungsprodukte dieser Gesteine diesen letzteren eingelagerten Kalken stammen. sind es, die jene Seifen bilden. Maßstab 1:2600000. N N NOR!ITBERN v arikkankularıy EL re Sb Homakarayankı NBROVINCE "Martai 4 { Ss Olonts Tonk Varızura _ n L H T alarm! lankulan > 1720 arm, N f o Pad ya Mannar „ Rage DENN Tank Maruchchukkaddi | ‚ EN (Medawachehiya E* J - = 0, Amuradhd N T > Meran M Wonparippu t rdale dei AR CENTR AL / ROV. SC ppubzdune Kar, SE, Nm Mi Oya Kolawenk 7) AN IN \ x 0) n NORTH Nat 229 Ü Damindig Zhalabalalla N j = : WESTERN % 1 fi A zageflanaı 4 SPROTNIN OA) ! 5 Hurunegal 1 j Tltazale f all Sr Oo, nn nz lauf ad m m Pol ahawelaf RK J 0% ta Randy) ilegamaN, N AN 3 YZ N 2 5 Au DER CER SS \ Akrigghh Fe at A Ä Spiatalan a‘ Y # sPe en FEN yo 5 Flle N era are D% I A L Dun. \ Sakl In 362 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die edelsteinführende Schicht, Illam der Eingeborenen, höchstens 1—2 Fuß mächtig, liegt auf dem mehr oder weniger stark zersetzten anstehenden Gestein. Bedeckt wird sie gewöhnlich von 5—6 Fuß eines meist schlammigen Alluviums, doch liegt sie nicht selten flacher, aber auch häufig viel tiefer, bis 50 und 60 und sogar 120 Fuß unter der Ober- fläche. Manchmal sind zwei Lager von Illam vorhanden, die durch eine tonıge Zwischen- schicht getrennt werden. Der Illam besteht in der Hauptsache aus Quarzkörnern, von Schrot- bis Kopfgröße, die wie die beigemengten Edelsteine meist stark abgerollt sind. Sie sind dann wohl vom Wasser aus größerer Entfernung herbeigeführt und haben sich dabei gegenseitig abgescheuert. In diesem Falle ist die Masse oft rein sandig. In anderen Ablagerungen haben die Steine aber ihre Kristallformen noch erhalten; sie sind kaum oder gar nicht abgerieben und noch frisch und glänzend und können dann nur wenig von ihren ursprünglichen Lagerstätten im Muttergestein entfernt sein. Der Abbau ist sehr einfach und liegt fast ganz in den Händen der Eingeborenen; eine zu diesem Zwecke gegründete europäische Gesellschaft hat keinen Erfolg gehabt. Jeder Ceylonese kann gegen eine kleine Abgabe „gemmen“; viele tun dies unerlaubt bei Nacht. Meist vereinigen sich mehrere zu kleinen Gesellschaften, die gemeinsam arbeiten. Die Gräbereien werden „gem pits* genannt und man unterscheidet Wasser-pits und Land-pits, je nachdem sie in den Flüssen und Niederungen im Wasser, oder an den Talabhängen auf dem trockenen Lande betrieben werden. Die Wasser-pits, die wichtigeren von beiden, lassen sich nur in der trockenen Jahres- zeit bearbeiten. Mit langstieligen, rechtwinkelig abgebogenen Schaufeln (Krücken) holt man den Illam aus dem Boden unter dem Wasser hervor und wäscht ihn in zweckmäßig kon- struierten, 2 Fuß weiten und 1 Fuß tiefen, engmaschigen, kegelförmigen Körben aus Rohr- geflecht durch Herumschwenken im Wasser, wobei die Leute bis zum Leib im Flusse stehen. Dadurch wird alle tonig-schlammige Beimengung nebst den leichteren Mineralien rasch und vollständig entfernt, und zusammen mit Gesteinsbrocken bleiben die schweren Mineralien, darunter namentlich die Edelsteine, rein zurück. Größere wertlose Stücke werden sofort ent- fernt und dann derselbe Prozeß mit einer neuen Schaufel voll Ilam wiederholt. Nachdem so etwa 15 bis 20 oder auch mehr Schaufeln verarbeitet sind, wird der Korb umgeleert, aus dem Inhalte das zum Schleifen Geeignete ausgelesen und das Unbrauchbare, die „refused stones“ oder „nambu“ der Eingeborenen weggeworfen. Es sind hauptsächlich Quarzgerölle, denen aber mancherlei andere Mineralien, vielfach von großem wissenschaft- lichem Interesse, beigemengt sind. Liegt der Illam tiefer, so muß die dahin führende Grube durch Zimmerung vor dem Einfallen gesichert werden. In diesem Falle treten dann häufig auch Taucher in Tätigkeit, die in der Tiefe die Masse mit Brechstangen lockern, so dal) sie mit den Krücken herausbefördert werden kann. Manchmal ist es nötig, den Fluß mittels eines Dammes nach der Seite abzuleiten, um den Wasserzutritt in einen ergiebigen pit zu vermindern. In den Land-pits wird ähnlich gearbeitet. Hier müssen zur Ansammlung von Wasser für die Wäscherei oft tiefe Löcher gegraben werden. Der Gesamtwert des gewonnenen Edelsteinmaterials wird zuweilen auf nur 10 000 Pfund Sterl. (etwa 200 000 Mark) im Jahr geschätzt, doch findet man auch, und zwar mit weit größerer Wahrscheinlichkeit, sehr viel höhere Zahlen angegeben; der genaue Betrag ist aber wohl sehr schwierig festzustellen. Die Steine kommen teilweise in rohem Zustande zum Verkauf. Sehr viele werden aber auch von den einheimischen Schleifern ähnlich wie die Rubine in Birma mit unregelmäßig mugeligen oder facettierten Formen versehen, die dann in Europa vorteilhafteren weichen müssen. Steine dieser Art, gefaßt und lose, meist von untergeordneter Qualität, untermischt mit allen möglichen wertlosen Nachahmungen, bieten dann die kleinen einheimischen Händler den Ceylon besuchenden Fremden und den SAPPHIR. VORKOMMEN. KASCHMIR. 363 Reisenden auf den Colombo berührenden Dampfern um hohe Preise zum Kaufe an. Der eigentliche, richtige und ernsthafte Edelsteinhandel wirkt dagegen in der Stille und tritt nieht in dieser Weise an die Öffentlichkeit. Die Farbe der Ceylon-Sapphire ist meist ziemlich blaß und häufig nicht gleichmäßig verteilt, so daß die blauen Partien mit farblosen und gelblieben abwechseln, meistens ganz unregelmäßig, nicht selten auch schichtenförmig nach ganz bestimmten Richtungen. Selten ist rot neben blau an demselben Steine. Vollkommen tadellose Exemplare von gleich- mäßiger dunkler Farbe und ganz fehlerlos sind wie überall nicht gerade häufig, aber doch auch nicht allzu selten. Die meisten sind nur klein, doch werden auch größere Steine mehrfach gefunden. Sternsapphir ist nieht ungewöhnlich; er stammt fast aus- schließlich aus Ceylon. Der wasserhelle „weiße Sapphir“ ist gleichfalls ziemlich häufig und erheblich billiger als der blaue, ebenso auch der schön gelbe, meist ganz gleichmäßig gefärbte „orientalische Topas“. Er wird dort oft kurz Topas genannt, eigentlicher, echter schleifbarer gelber Topas kommt aber in Ceylon nicht vor. Eine dieser Insel eıgentüm- liche Abart des edlen Korunds ist der rötlichgelbe, fleischfarbige, bis hellrosa „Königs- topas“; der rötlichgelbe ist der „patparachan“ der Eingeborenen. Nicht ungewöhnlich sind violette „orientalische Amethyste“, selten dagegen die anderen „orientalischen“ Steine. Von Bedeutung sind auch die Sapphire, die seit 1881 oder 1882 in dem Zanskär- Distrikt in Kaschmir in großer Menge gefunden worden sind. Der Fundort, wo diese schönen Steine gewonnen werden, war lange Zeit nur ungenau bekannt, da er von den Entdeekern geheim gehalten und später von der Regierung von Kaschmir ängstlich, be- sonders vor den Augen der Europäer, gehütet wurde. Lange war es keinem Sachverstän- digen möglich, Zutritt zu erlangen, bis der indische Geologe T. D. Latouche am Schlusse der achtziger Jahres endlich die Gruben besuchen und Bericht darüber erstatten konnte. Sie sollen übrigens jetzt erschöpft, aber sehr viele gute Steine noch von früher her vorbanden sein, die, um einen Preissturz zu verhüten, nur allmählich in den Handel gebracht werden. Andererseits wird gemeldet, daß die Gruben in der letzten Zeit wieder eröffnet worden seien. Die Stelle, wo alle die blauen Steine herstammen, liegt in dem Bezirke von Padam (Padar), einige (engl.) Meilen östlich von dem Dorfe Machel, dieses unter 33° 25° nördl. Breite und 76° 21° östl. Länge von Greenwich. Sie ist sehr nahe der Grenze des ewigen Schnees, etwa eine halbe Tagereise von der Höhe des Umasi-Passes entfernt. Nach einer anderen Mitteilung wird der Ort am leichtesten von dem Pentse-Paß (zwischen Zanskär und Rangdum) aus erreicht. Die ersten Funde sollen bei Gelegenheit eines Bergsturzes gemacht worden sein, durch den die sapphirhaltigen Felsarten bloßgelegt wurden. Zahlreiche Exemplare sind aus ihnen gewonnen worden. Gleichzeitig entdeckte man aber auch, daß die lockeren Verwitterungs- produkte jener Gesteine in einem etwas tiefer gelegenen Gebirgstale ebenfalls den Edelstein in reichlieher Menge enthalten. Dieses Tal erhebt sich 13200 (engl.) Fuß über das Meer; es ist 1000 Yards lang und 400 Yards breit und liegt zwischen dem genannten Dorfe Machel und Sumjam, nordwestlich von diesem höchstgelegenen Dorfe an der Südseite des Gebirgszuges, der Zanskär von dem Dschinabtal scheidet, 13 Tagereisen von Sirinagar, . der Hauptstadt von Kaschmir. Sumjam liegt unter 33° 25’ 30” nördl. Breite und 76° 28° 10“ östl. Länge von Greenwich. Die Stelle, wo die Sapphire im anstehenden Gestein eingeschlossen sind, liegt noch 1600 Fuß über jenem Tal, also im ganzen 14800 Fuß über dem Meere und ist schwer zugänglich. | Die Gesteine, die diese Gegend zusammensetzen, sind Glimmerschiefer und granat- führende Gneise mit eingelagertem kristallinischen Kalk; sie werden von Gängen von Granit (Pegmatit) durchsetzt. In diesen letzteren findet sich der Sapphir in Gesellschaft 364 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. von Bergkristall, Spodumen, Lazulith, Beryll, Glimmer, grünem Turmalin, usw. Die granitischen Verwitterungsmassen in jenem Tale, in denen die Sapphire ebenfalls vor- kommen, werden beschrieben als eine wenig mächtige weiße Schicht, die von rotbrauner Erde bedeckt ist. Aus dieser Schicht können die Edelsteine ohne besondere Geräte „wie Kartoffeln“ einfach mit den Händen aufgelesen, aber auch durch Waschen gewonnen werden. In den Seifen ist brauner Turmalın ein Begleiter der blauen Steine. Zuerst wurden diese wegen ihrer schönen Farbe von den Umwohnern gesammelt und in Unkenntnis des Wertes vielfach zum Feuerschlagen benutzt. Sie waren anfänglich so häufig, daß die Leute große Vorräte davon einsammelten. Man brachte sie dann den Edelsteinhändlern von Sımla und Delhi, die ın kurzer Zeit eine erhebliche Zahl dieser vermeintlichen blauen Quarze oder Amethyste sehr billig kauften. Bald wurde aber der richtige Sachverhalt bekannt; zahlreiche Handelsreisende kamen nach Zanskär, um mög- lichst viele von den wertvollen Steinen zu erwerben. So stieg der Preis rasch und erreichte für eine Unze guter Stücke den dem Sapphir auch sonst entsprechenden Satz von 20 Pfund Sterling, der allerdings später infolge des starken Angebotes wieder etwas zurück- ging. Bald hatte auch der Maharadscha von Kaschmir, in dessen Gebiet die Fundorte liegen, begonnen, sich für die Angelegenheit zu interessieren. Er besetzte die Gruben, ließ den Leuten die schon gefundenen Steine wegnehmen und verbot den Betrieb der Gräbereien ohne seine, durch eine Abgabe zu erlangende Erlaubnis, und so liegen die Verhältnisse noch gegenwärtig. Die Sapphire von Zanskär bilden nicht selten deutliche Kristalle von den Formen der Figuren 63, e bis i. Zahlreiche kleine dunkelbraune und grüne Turmaline sind häufig an ihrer Oberfläche angewachsen oder in ihrem Inneren eingeschlossen. Die Kristalle sind zuweilen sehr groß; man kennt schleifbare Steine von 5 Zoll Länge und 3 Zoll Dicke, und es sollen solche bis zur Länge eines Fußes vorgekommen sein. Noch häufiger sind unregelmäßige Körner und Bruchstücke, die wohl vielfach beim Herausarbeiten erst durch Zerschlagen der Kristalle entstehen. Die Steine aus dem lockeren Verwitterungs- grus sind mehr oder weniger abgerollt, also jedenfalls auf größere Entfernung im Wasser fortgeschwemmt worden. Einige dieser Gerölle wogen 100, sogar 300 Karat. Die Farbe ist vielfach bläulichweiß oder bläuliehgrau, häufig aber auch viel reicher und schöner. Oft sind die Steine an verschiedenen Stellen verschieden gefärbt, zuweilen die Mitte größerer Kristalle schön blau und die beiden Enden weiß usw. Die meisten sind ganz oder teilweise milchig trübe oder haben einen für die Benutzung ungünstigen seiden- artigen Glanz. Nur die schön blauen und klaren Stücke geben wertvolle Steine. Sie stellen viel- fach nur Teile größerer, aber sonst trüber Exemplare dar, die von den Steinschleifern sorg- fältig_herausgeschnitten und geschliffen werden. Gelbe, braune oder rote Farbe ist selten. Übrigens sind diese Gruben nieht die einzigen Orte, wo sich in jenen fernen Gegen- den schleifwürdige Sapphire finden. In der Nachbarschaft jener Fundorte und in größerer Entfernung davon sind noch mehrere andere Vorkommen unter ganz entsprechenden Verhältnissen wenigstens oberflächlich bekannt geworden, so am Lacha-Paß, von wo zahlreiche brauchbare Steine, ebenfalls zunächst unerkannt, nach Delhi zum Verkauf ge- bracht wurden; im Gneis und Glimmerschiefer des oberen Raini-Tales, unterhalb des Hamti- Passes in Kulu, 100 engl. Meilen südöstlich vom Umasi-Paß, und noch an anderen Orten. Auch die Vereinigten Staaten von Nordamerika sind reich an Sapphiren, und zwar vor allem der Staat Montana, wo verschiedene Bezirke teilweise hohe Er- träge liefern. Auch hier ıst der Sapphir von den anderen Edelkorunden begleitet. Die Steine sind alle klein; ihr Gewicht übersteigt nicht 9 Karat, so daß sie geschliffen selten über 2—3 Karat, nie über 5—6 Karat gehen. Die Form ist meist mehr oder weniger abgerollt, doch fehlen auch regelmäßige Kristalle nicht. Es sind, abweichend von SAPPHIR. VORKOMMEN. NORDAMERIKA. 365 anderen Sapphiren, kurze Prismen mit der geraden Endfläche und dünen Tafeln, auch _ Rhomboäder mit stärker oder schwächer ausgebildeter Basis. Die meisten sind nur zu technischen Zwecken, besonders zu Uhrsteinen zu gebrauchen, zu denen sie sich wegen der Form der Kristalle und wegen der von den Steinschleifern fest- gestellten besonderen Härte vorzüglich eignen. Doch findet man auch sehr viele schön durchsichtige und zu Schmucksteinen verwendbare. Die Farbe ist meist ziemlich blaß; tief und gesättigt ist sie nur ausnahmsweise, so bei den blauen von Yogo. Das geschätzte Kornblumenblau der Sapphire von Ceylon fehlt nicht ganz, doch ist, wie es scheint, das Taubenblutrot der birmanischen Rubine noch nie beobachtet worden. Dagegen ist die Färbung außerordentlich manigfaltig, mehr als irgend wo anders. Alle beim edlen Korund sonst bekannten Nuancen kommen auch hier vor, daneben noch manche besondere. Rot, Rosa, Lachsfarbe und deren Übergang ins Gelb, reines Gelb, Gelbbraun und Tiefbraun, Blau, Grünblau und Grün, grüne Töne sogar recht häufig, finden sich in größerer oder geringerer Verbreitung. Manche Steine sind auch zwei- und dreifarbig, grün mit rotem Kern usw.; beim Schleifen nehmen die Montana- Sapphire einen besonders schönen Glanz an, und viele erhalten dadurch einen eigen- tümlichen, für dieses Vorkommen charakteristischen metallischen Schimmer. Bei ge- schliffenen Steinen gewinnt dıe Farbe durch künstliche Beleuchtung außerordentlich, und manche blaue und grüne werden im Lampenlicht rot, ähnlich wie der „blaue Alexandrit“ von Ceylon (S. 356). Sternsteine sind selten. Fehler spielen eine geringe Rolle, so daß hier ein zu Schmucksteinen besonders geeignetes Material vorliegt. Das Vorkommen ist überall ziemlich übereinstimmend dasselbe. Die Steine liegen an der Basıs der goldführenden Glazialsande, die vielfach ausgedehnte Terrassen an den Talabhängen längs der Wasserläufe über deren heutigem Hochwasserspiegel bilden. Das ursprüngliche Muttergestein ist vulkanischen Ursprungs, ein blasiger Glimmeraugitandesit, der die aus Schiefer, bestehende Unterlage der Glazialsande in Gängen durchsetzt. In diesem Andesit sind die Sapphire auch eingewachsen gefunden worden, ähnlich wie in manchen Basalten am Rhein und an anderen Orten. Durch Verwitterung wurden sie dann heraus- gelöst und in jene Sande hineingeführt und dabei mit dem anderen Material derselben mehr oder weniger abgerollt. Beim Goldwaschen sind sie zuerst entdeckt worden, und daraus hat sich dann allmählich die heute selbständige, sehr umfangreiche und wichtige Produktion entwickelt. Schon seit dem Jahre 1865 kennt man so die Sapphire aus der Gegend östlich von Helena am oberen Missouri, und seit 1891 werden sie dort in größerer Menge gewonnen. Die Schutt-Terrassen, in denen sie vorkommen, die sogenannte „bars“, ziehen sich bis zu einer Höhe von 300 Fuß über dem heutigen Wasserspiegel beiderseits an den Talabhängen entlang. Besonders reich ist die unterste, wenige Zoll dieke Lage, bis 40 und 50 Fuß unter der Oberfläche. Begleitet wird der Korund von vielen anderen Mineralien: weißem Topas, zum Teil in Form kleiner Kriställchen, abgerollten Körnern von schön rotem Granat, der anfangs für Rubin gehalten wurde, von Cyanit, abgerollten Zinnsteinkörnern (Strom- zinn), von in Brauneisenstein umgewandeltem Schwefelkies, von Chalcedon, Kalkspatge- röllen usw. Die verschiedenen, Sapphir und Gold führenden „bars“ sind mit besonderen Namen belegt worden. Spokane bar bei Stubb’s Ferry, 12 (engl.) Meilen von Helena, ist der Mittelpunkt des ganzen edelsteinführenden Bezirks, der sich etwa 15 Meilen am Missouri hinzieht und der wenigstens 7000 acres, etwa 11 1% (engl.) Quadratmeilen, umfaßt. Im Eldorado bar rechnet man nach einer genauen Untersuchung der Lagerstätte un- gefähr 2000 Unzen Sapphire auf einen acre, die vorhandene Menge ist also sehr er- heblich. Die Abstammung ist hier durch Auffinden eines Gangs von sapphirführendem Andesit nachgewiesen, der den die Terrassen unterlagernden Schiefer senkrecht durchsetzt. 366 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Siidwestlich von Helena liegen die zurzeit wenig wichtigen Fundorte im Ursprungsgebiete des Rock Creek in Granit County am Nordostabhang der Bitter Root Range, 35 (engl.) Meilen nordöstlich von Phillipsburg. Auch hier findet man die Steine an der Basis einer glazialen Goldseife. Sie sind nicht sehr stark abgerollt und stammen also aus der Nähe. Die Farbenmannigfaltigkeit ist bei ihnen besonders groß.. Eine 1900 in Paris ausgestellte Brosche war mit mehr als 200 dieser Sapphire im Gewicht von 1!/ı bis 3 Karat besetzt, von denen jeder eine etwas andere Nuance zeigte. Halbwegs zwischen hier und Helena hat man gleichfalls eine beschränkte Anzahl von Sapphiren zusammen mit Granaten am Dry Cottonwood Creek, 18 (engl.) Meilen von Deer Lodge in Deer Lodge County, gewonnen. Östlich vom Missouri liegt der besonders wichtige Bezirk am Judith River. Ohne Bedeutung sind hier zunächst die Fundorte in Choteau County. Die Steine werden aus einer alluvialen Goldseife gewonnen; sie sind sehr ähnlich denen von Helena, aber im ganzen mehr blau und nicht selten ebenso schön wie in Ceylon. Seit der Mitte der neunziger Jahre bekannt und inzwischen von großer Wichtigkeit geworden, weit mehr als alle die anderen bisher genannten Lokalitäten in Montana, ist dagegen der Yogo-Bezirk in Fergus County, 75 (engl.) Meilen östlich von Helena zwischen Yogo und Utica. Auch hier wurden die Sapphire zuerst im Flußsand gefunden, ge- wonnen werden sie aber jetzt anders als sonst in jener Gegend, aus dem anstehenden Muttergestein, dem obengenannten Andesit. Dieser bildet einen 4—16 Fuß mächtigen, beinahe senkrechten, ungefähr ostwestlich streichenden Gang in einem harten grauen Kalk, und auf diesem Gang werden die Gräbereien betrieben. Das Ostende liegt am Ostabhang der Little Belt Mountains, 10 (engl.) Meilen westlich von Utica. Von hier an ist der Gang auf eine Erstreckung von 5 Meilen bis jenseits des Yogo Creek in westlicher Richtung aufgeschlossen. Zwei Gesellschaften gewinnen dort den Sapphir in ausgedehnten, bis 1200 Fuß langen und bis 90 Fuß tiefen Tagebauen und teilweise auch unterirdisch in Schächten und Stollen. Diese Arbeiten zusammen stellen eine der größten Edelstein- gräbereien der Welt dar. Der Andesit, das Muttergestein der Sapphire, ist in den oberen Teilen des Ganges bis 50 Fuß tief zu einer weichen und lockeren, gelben, braunen oder roten Erde verwittert, wird aber nach unten zu allmählich frischer, härter und fester und damit ändert sich die Farbe in bläulich oder grau. Die zersetzte Masse wird wie gewöhnlich gewaschen und die Steine werden aus den Rückständen mit der Hand ausgelesen. Das feste sapphirhaltige Ge- stein muß durch Sprengen mit Pulver gelockert werden; die Stücke läßt man dann, ähnlich wie den Blaugrund in den floors bei Kimberley an der Luft verwittern, wozu ein Monat bis ein Jahr erforderlich ist. Das erdige Verwitterungsprodukt wird dann ebenfalls weiter durch Waschen verarbeitet. Die Verteilung der Edelsteine hat sich dabei als sehr wechselnd erwiesen; zwei gleich große Gesteinsmassen haben die eine 10000 Karat, die zweite nur 74 Karat, andere haben zwischenliegende Werte ergeben. Der Ertrag von 1904 wird zu 38529 Karat Schleifware im Wert von 30170 Dollars (ca. 125000 Mark) und 808404 Karat Uhrsteine im Wert von 11570 Dollars (ca. 50000 Mark) angegeben, also Gesamtwert der Produktion 41740 Dollars (ea. 175000 Mark). Der ganze Ertrag hat gegen früher etwas abgenommen, da die weiche erdige Zersetzungsmasse zum Teil erschöpft ist und die Arbeiten nunmehr vielfach auf das feste Gestein angewiesen sind. Der Ausfall wird aber durch etwas höhere Preise ausgeglichen, da die Nachfrage nicht vollständig befriedigt werden kann; daher ist auch eine Steigerung der Produktion zu erwarten. Die ganze Masse des abbaufähigen edelsteinführenden Andesits wird bis zur Tiefe von 2000 Fuß auf 10 Millionen Kubikyards geschätzt. Die Steirf@ von Yogo, fast durchweg regelmäßige Kristalle, sind meist Rhombo&@der mit der Geradendfläche, die manchmal bis zur Bildung dünner Tafeln ausgebildet ist. SAPPHIR. VORKOMMEN. AUSTRALIEN. 367 Die Farbe ist hell bis ganz dunkelblau, einzelne Stücke mit dem schönsten Kornblumenblau von Ceylon, andere sind violett und rot. Der beste bisher gefundene Stein ist tiefblau und wiegt 3'/ Karat, das höchste Gewicht beträgt 9 Karat. Die Preise von 1 Karat geschliffen schwanken zwischen 5 und 25 Dollars (20 und 100 Mark). Neben diesen Fundorten sind die anderen nordamerikanischen ohne jede Bedeutung. Einige gute blaue Sapphire sind u. a. mit dem gemeinen Korund, von Corundum Hill bei Culsagee, südöstlich von Franklin in Macon County, Nord-Carolina gefunden worden, auch einige schöne gelbe und grüne. In Delaware County im Staate Pennsylvanıen sind Sternsteine in geringer Zahl vorgekommen usw. Aber an diesen wie auch an einigen anderen Lokalitäten ist der Ertrag ein minimaler und daher hier nicht weiter zu berück- sichtigen. Neuestens werden Funde guter Steine in den Goldwäschen von Washington County in Idaho erwähnt. Nicht ganz gering ist auch die Zahl guter schleifwerter Korunde, besonders Sapphire, die aus Australien in den Handel kommen. Sie finden sich dort in den Goldseifen mit Diamant zusammen, sowie in den Zinnseifen und anderen ähnlichen Sand- und Kies- ablagerungen in Victoria, Süd-Australien, Queensland und in Neu-Süd-Wales, hier namentlich in der Nordostecke des Landes, im Neu-England-Distrikt, bei Bingera, Inverell usw., aber auch sonst an allen für den Diamant angegebenen Fundorten (Fig. 53, $. 253) und noch verbreiteter wie dieser, aber ganz in derselben Weise. Leider sind die australischen Steine meistens zu klein und zu dunkel, um großen Wert als Edelsteine zu haben, doch findet man auch schön blaue Exemplare von bester Farbe als weniger häufige Vor- kommnisse. Die Farbe geht von ganz farblos und durchsichtig durch verschiedene Nuancen von blau und grün bis dunkel und fast undurchsichtig blau. Daneben kommen auber einigen Rubinen besonders schöne grüne Korunde von der Farbe des orientalischen Smaragds vor. Unter 100 Stück Korund sind immer zwei oder drei von der letzteren Art. Auch schöne Sternsapphire sind gar nicht ungewöhnlich. Die Kristallform, Dihexaöder wie in Fig. 63, e usw., ist häufig noch deutlich erhalten, meist sind es aher unregelmäßige Körner oder abgerollte Geschiebe, wie die Sandkörner. Das ganze australische Sapphirvorkommen war lange Zeit nicht von sehr großer Wich- tigkeit, doch hat seit kurzem wenigstens ein Fundort in der Nähe der Zentralbahnstation Anakie in Queensland eine größere Bedeutung erlangt. Die Lokalität liegt östlich von der Drumond Range unter 23—23 1/0 südl. Breite und bis zu 148° östlicher Länge von Greenwich. Es sind edelsteinführende Sande und Kiese in alten Flußtälern, die später mit Basalt er- füllt wurden. Dieser bildet das Muttergestein der Sapphire, und durch dessen fast voll- ständige Verwitterung sind sie in den Flußsand gelangt, aus dem sie in der üblichen Weise durch Waschen gewonnen werden. Der Ertrag ist etwa 1—6 Unzen und sogar bis 13 Unzen aus einer Wagenladung (load). 1904 waren etwa 200 Mann an verschiedenen Stellen in Tätigkeit, und die Gesamtproduktion wurden auf 14000 Karate geschätzt. Die Steine, häufig von regelmäßiger Kristallform, sind meist klein, ein schön grüner wog 8°/ı Karat. Die Farbe ist manigfaltig, ähnlich wie in Montana, und vielfach auch blaß wıe dort. Hellblau, grün und gelb ist häufig, rot und violett selten. Das reine Kornblumen- blau ist noch nicht vorgekommen, dagegen sind Steine mit zu dunkeln Farben häufig. Mit der Farbe schwankt natürlich der Preis beträchtlich, der aber im allgemeinen nicht sehr hoch ist. Begleitet wird der Sapphir in dem Sande von wenig Gold, schwarzem Turmalin, kleinen Spinellen und Granaten, sowie von Topas und Zirkon; von letzterem sind einige schöne schleifbare Stücke gefunden worden. Auch in Tasmanien kommt Sapphir vor, doch sind tadellose Steine selten. Die Farben sind blau in allen Nuancen, tiefgrün, purpur und gelb. Auch Sterfisteine fehlen nicht ganz, doch hat man noch keinen Rubin angetroffen. | 368 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Ein Vorkommen von Sapphir in Europa wird vielfach genannt, das von der Iser- wiese, dem Ursprungsgebiete des Iserflusses im Isergebirge im nördlichen Böhmen. Man findet dort in dem Verwitterungsgrus des ringsum anstehenden Granits usw. Sapphir in Gesellschaft von Ceylanit, Zirkon, Granat und Iserin, die alle in jenem Gestein ein- gewachsen waren und durch deren Zersetzung in die lockeren Alluvien gelangten. Der Sapphir bildet zuweilen kleine hexagonale Prismen, meist aber mehr oder weniger ab- gerollte Körner von verschieden blauer Farbe und verschiedenem Grade der Durch- scheinenheit. Manche sind nur blaß und dann gewöhnlich trübe und undurchsichtig; manche andere sind tiefblau und diese meist auch schön durchsichtig. Es sollen einzelne Steine von erster Qualität dort vorgekommen sein, doch waren solche über 4 Karat immer sehr selten. Jetzt findet man kaum mehr etwas, nachdem die beschränkte Lagerstätte im Laufe langer Jahre sehr sorgfältig durchsucht worden ist; früher hat sie immerhin eine gewisse Anzahl schöner Sapphire geliefert. Außer an den erwähnten Orten werden noch einzelne schleifbare Sapphire aus dem Granatsande von Meronitz im Böhmen, aus dem Goldsande von Oblapian in Siebenbürgen, vom Ural, von Madagaskar, Borneo und anderen Gegenden angeführt. Die Menge ist aber dort überall so gering, daß eine eingehendere Schilderung dieser Lokalitäten nicht erforderlich ist. . Künstliche Darstellung. Fremy berichtet, daß er gelegentlich bei der Her- stellung der Rubine auch einzelne blaue Korundkristalle erhalten habe, es war ihm aber nicht möglich, blauen Sapphir beliebig zu reproduzieren. Inzwischen ist es zwar gelungen, sehr schön durchsichtigen und prachtvoll glänzenden farblosen Korund (Leukosapphir), sowie gelben Korund, den „orientalischen Topas“ von vorzüglicher Beschaffenheit auf dem- selben Wege wıe den Rubin künstlich darzustellen. Für den blauen Sappbir ist aber das geeignete Verfahren trotz zahlreicher Versuche immer noch nicht entdeckt. Man kann wohl blaue Schmelztropfen von derselben Form erhalten, wie beim Rubin, wenn man der Tonerde etwas Kobalt zusetzt. Die Masse wird jedoch beim Erkalten nicht kristallinisch, sondern sie erstarrt amorph und hat dann ein specifisches Gewicht, ca. 3,5 statt 4,0, sowie eine geringere Härte und schwächere Lichtbrechung. Es liegt also kein künst- licher Sapphir mit allen Eigenschaften des natürlichen vor, namentlich steht auch die Farbe dieses Schmelzflusses weit hinter der des letzteren zurück und dasselbe ist mit dem Glanz der geschliffenen Steine der Fall. Diese sind, der amorphen Beschaffenheit ent- sprechend, nicht diehroitisch und unterscheiden sich auch dadurch von echten Sapphiren. Die Masse ist sehr spröde und hat daher vielfach große Neigung zu zerspringen, wie die sog. Glastränen. Wie diese zeigt sie auch anomale Doppelbrechung. Verfälschungen. Die blauen Steine, die dem Sapphir untergeschoben und damit verwechselt werden können, sind der Cordierit, Cyanit (Sappare), der blaue Turmalin und der Topas von derselben Farbe. In manchen Fällen kann der Aquamarin ähnlich aus- sehen. Verwechselung wäre wegen der blauen Farbe vielleicht noch mit dem Hauyn und dem blauen Diamant möglich. Alle ohne Ausnahme sind etwas, die meisten sogar er- heblich leichter als der Sapphir; sie schwimmen in der schwersten Flüssigkeit, in der der letztere rasch sinkt. Nur der Cyanit steht auf der Grenze mit dem spezifischen Gewicht 3,.. Ebenso ist die Härte bei sämtlichen mit Ausnahme des Diamants erheblich geringer, so dab sie vom Korund leicht geritzt werden, die meisten sogar schon vom Topas. Der Turmalin wird wohl in den meisten Fällen schon an seiner abweichenden blauen Farbe und seinem viel stärkeren Dichroismus unterschieden. Der Cyanit ist fast immer durch feine geradlinige Risse in einer Richtung ausgezeichnet, die dem Sapphir fehlen; die Farbe ist der des letzteren sehr ähnlich, daher der Name Sappar6, aber die Durchsichtigkeit ist gering. Cordierit zeigt einen sehr starken Diehroismus; der des Sapphirs ist stets weit ÄNDERE VARIETÄTEN DES EDLEN KORUNDS. 369 schwächer. Topas wird am spezifischen Gewicht am leichtesten erkannt. Diamant und Hauyn brechen das Licht einfach und haben gar keinen Dichroismus. Beides gilt in gleicher Weise für blaue Glasflüsse, die wie immer auch nur geringe Härte besitzen. Sapphir ist wie Rubin für Röntgenstrahlen ziemlich durchlässig, die anderen genannten Edelsteine außer Diamant nicht. Dem Sapphir in der Farbe entsprechende Gläser können leicht durch Zusatz von etwas Kobaltoxyd zu dem farblosen Straß erhalten werden. Ein Teil Kobaltoxyd auf 70—80 Teile des letzteren gibt ein sehr schönes Sapphirblau. Auch Eisen färbt Glas unter Umständen in derselben Weise, wie die blauen Eisenschlacken zeigen, und wie man aus einer schön blauen mit weißen Basreliefs versehenen antiken Vase des britischen Museums sieht, in der die chemische Analyse nur Eisen, kein Kobalt nachgewiesen hat. Heutzutage wird allerdings Eisen zum Blaufärben von Gläsern nicht mehr an- gewendet. Weißer Sapphir kann mit Diamant, farblosem Spinell, Hyaeinth und Topas, mit Bergkristall und Phenakit, sowie mit weißen Glasflüssen verwechselt werden. Hyaeinth und Spinell sinken mit dem Sapphir in der schwersten Flüssigkeit unter, alle anderen schwimmen darin. Nur der Diamant ritzt den Leukosapphir, während die übrigen von ihm leicht geritzt werden. Glas, Diamant und Spinell brechen das Licht einfach. Man wird bei Berücksichtigung aller dieser Eigenschaften nicht leicht in den Fall kommen, den farblosen Sapphir mit einem der genannten Steine oder mit einem Glasfluß zu ver- wechseln. Auf die Unterscheidung aller blauen und aller farblosen Steine voneinander werden wir im dritten Abschnitt noch einmal ausführlich zurückkommen. Andere Varietäten des edlen Korunds. Neben dem orientalischen Rubin und Sapphir gibt es noch einige andere Varietäten des edlen durchsichtigen Korunds, die sich von diesen beiden und voneinander lediglich durch die Farbe unterscheiden. Sie werden, wie wir schon oben gesehen haben, benannt mit den Namen einiger anderer gewöhnlicherer, in der Färbung mit ihnen übereinstimmender Edelsteine, indem man diesen Namen das Beiwort „orientalisch“ zusetzt. Man spricht so von orientalisehem Aquamarin, Smaragd, Chrysolith, Topas, Hyaeinthı und Amethyst. Von den mit diesen Namen schlechtweg bezeichneten sogenannten „oceidentalischen“ Steinen unterscheiden sich diese orientalischen meistens sehr leicht durch die Härte (H.—=9) und das spezifische Gewicht (G. = 4,0), sowie durch ihre starke Durchlässigkeit für Röntgen- strahlen. Eigentlicher Aquamarin, Smaragd und alle die anderen genannten oceidentalischen Edelsteine sind weicher als Korund und werden von diesem mit Leichtigkeit geritzt. Auch im spezifischen Gewicht stehen sie hinter den orientalischen Steinen zurück, welch letztere in der schwersten Flüssigkeit alle rasch sinken, während jene in dieser und zum Teil auch im reinen Methylenjodid schwimmen. Einzig und allein der Hyaeinth macht hier eine Ausnahme. Er ist schwerer als die Korundvarietäten, es ist aber selten nötig, hierauf Rücksicht zu nehmen, da er nur spärlich vorkommt. Wir werden im dritten Abschnitte noch einmal auf die Unterscheidung aller dieser Edelsteine einzugehen haben. Bei einiger Übung erkennt man die orientalischen Steine aber meist schon an ihrem sehr viel höheren Glanz, welcher den der entsprechend gefärbten oceidentalischen Steine stets weit übertrifft. Hierauf und auf der großen Härte beruht jene edlere Be- schaffenheit diesen gegenüber, die durch die Bezeichnung „orientalisch“ geehrt wird. Man hat es bei fast allen diesen Varietäten mit Seltenheiten zu tun, die mehr oder weniger vereinzelt mit Rubin und Sapphir an den Fundorten dieser Edelsteine in Birma, Bauer, Edelsteinkunde, 2. Aufl. 24 370 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Siam, auf Ceylon, in Montana und Nord-Carolina, in Australien usw. sich einstellen. Nur der orientalische Topas und Amethyst kommen etwas reichlicher vor. Sie alle werden mit jenen zusammen gewonnen und wie sie geschliffen und gefaßt, so daß hierüber keine besonderen Bemerkungen nötig sind. Der orientalische Aquamarin ist der lieht bläulichgrüne oder grünlichblaue Korund, der in Farbe und Durchsichtigkeit dem später zu betrachtenden Aquamarin, einer Abart des Berylis, ähnlich ist. Die Farbe zieht bald mehr ins Blaue, bald mehr ins Grüne. Es gibt auch, besonders in Montana, dunkel grünlichblaue Korunde, die sich in der Farbe unmittelbar an den Sapphir anschließen und zwischen diesem und dem orienta- talischen Aquamarin einen Übergang in der Farbe vermitteln. Diese dunkel grünlichblauen Steine sind durch einen besonders starken Dichroismus ausgezeichnet. Nähert sich die Farbe dem reinen Grün, so erhält man den orıentalischen Smaragd, den ausgesprochen grünen edlen Korund von mehr oder weniger intensiver Färbung. Diese hat meist einen Stich ins Gelbe und besitzt selten die Schönheit des echten Smaragds, der dagegen in der Durchsichtigkeit und der Kraft des Glanzes zurück- steht. Der orientalische Samaragd ist die seltenste aller Korundvarietäten, ja einer der seltensten aller Edelsteine überhaupt, so daß man sogar schon an seiner Existenz gezweifelt und Verwechslung mit echtem Smaragd usw. vermutet hat. Dies ist aber unrichtig, das Vorkommen dieses Edelsteines ist doch wohlverbürgt. Nicht nur in Bırma, Siam und Ceylon, auch in Australien ist er, wenn schon überall spärlich, gefunden worden, und ebenso kennt man ihn in einzelnen guten Exemplaren von Montana und von Franklin in New Jersey, sowie von Culsagee in Nord-Carolina, wo ein Exemplar von 100, 50 und 35 mm Länge, Breite und Dicke gefunden worden ist. Wegen der großen Seltenheit steht er im Preise weit über den besseren Sapphiren, erreicht aber nicht den Rubin. Vom echten Smaragd unterscheidet er sich außer durch Härte und spezifisches Gewicht auch durch den viel kräftigeren Diehroismus, dessen Farben zwischen grün und blau schwanken. Zuweilen zeigen diese Steine im auffallenden Lichte eine andere Farbe als im durch- gehenden. So ist ein Stein von Tsehantabun in Siam auf der Oberfläche dunkel bou- teillengrün, beim Hindurchsehen bläulichviolett befunden worden. Der orientalische Chrysolith oder orientalische Peridot ist hell gelblichgrün. Er geht viel mehr ins Gelb als der zuletzt betrachtete Edelstein und entspricht in der Farbe dem Chrysolith oder Peridot oder auch dem hellen Chrysoberyll oder Cymophan. Er ist viel häufiger als der orientalische Smaragd. Mit demselben Namen wird übrigens auch der klare und durchsichtige, nieht sehillernde grünlichgelbe Chrysoberyll bezeichnet, der sich gleichfalls durch viel größere Härte von dem eigentlichen Chrysolith unterscheidet, und von dem unten noch weiter die Rede sein wird. Ist die Farbe rein gelb, dann nennt man den Stein orientalischen Topas (Topas- sapphir, gelber Sapphir). Er ist ein sehr geschätzter Edelstein, wenn er ein lebhaftes Gelb zeigt, der Wert ist aber je nach der Nuance verschieden. Am höchsten gestellt wird das etwas ins Rot gehende Safrangelb, daneben aber auch das reine Zitronengelb. Die meisten Steine sind ziemlich hell strohgelb, häufig zieht sich die Farbe auch stark ins Bräunliche oder ins Grünliche. Im letzteren Falle nähert er sich dem vorhergehenden Edelsteine. Wenngleich mehr oder weniger ausgesprochen gelber Korund ziemlich verbreitet ist, SO ist doch schön gefärbter orientalischer Topas seltener als der orientalische Chrysolith und übertrifft in seiner Farbe letzteren an Schönheit und daher auch im Preise. Auch bei kräftiger gesättigter Färbung ist dieser nicht so hoch wie der schöner Sapphire; er geht dann bis etwa 20 Mark pro Karat; die weit häufigeren hellgelben Steine sind erheblich billiger. Ein Fehler, der den Wert zuweilen nicht unerheblich herünterdrückt, ıst ein eigentümliches avan- turinartiges Flimmern, das wahrscheinlich von Einsehlüssen kleiner fremder Körper herrührt. ÄNDERE VARIETÄTEN DES EDLEN KORUNDS. 371 Bei manchen Topassapphiren tritt, wie schon oben erwähnt, derselbe sechsstrahlige Stern oder der milchige Lichtschein auf, der die Sternsapphire und -Rubine auszeichnet. Sie werden analog den letzteren als Topasasterien oder Topaskatzenaugen bezeichnet. Taverniıer berichtet, daß er im Schatze des Großmoguls einen orientalischen Topas von 1573/ı Karat gesehen hat, den er auf 271600 Franken schätzte. Einen anderen schönen Stein dieser Art von 29 Karat besaß der Pariser Juwelier Caire. Er war durch eine arabische Inschrift ausgezeichnet, deren Buchstaben aber nicht eingraviert, sondern durch die ganze Dicke des Steines hindurchgebohrt waren. Vermutlich war es ein orientalisches Amulett. Ist in Ceylon häufig. Prächtige Steine mit allen Eigenschaften der natürlichen werden nach demselben Verfabren wie der Rubin künstlich hergestellt. Diese künstlichen gelben Sapphire sınd den meisten natürlichen an Feuer und Farbe überlegen; natürliche von solcher Farbenfrische und Schönheit kommen kaum vor. Unter der Einwirkung von Radiumstrahlen nehmen farblose (und hellblaue) Sapphire eine sehr schöne, gleichmäßig gelbe Farbe an; manche sog. künstliche gelbe Sapphire sollen durch Radium gefärbte natürliche weiße sein. Der orientalische Hyacinth (orientalische Vermeille = vermeille orientale) ist hell morgenrot bis rötlichbraun; die Farbe unterscheidet sich durch einen merk- lichen Stich ins Gelbe oder Braune von der des Rubins. Auch hier ist zuweilen ein deutlicher Schiller vorhanden wie beim orientalischen Topas. Sein spezifisches Gewicht ist niedriger als das: des echten Hyacinths, bei dem es 4, bis 4,7 beträgt. In der Farbe ähnlich ist der sogenannte Königstopas von Ceylon (S. 363). Wichtiger ist endlich wieder der orientalische Amethyst (Violettrubin oder Violettsapphir, Amethystsapphir oder Purpursapphır), der violette Edelkorund. Die Farbe ist nicht selten schön und lebhaft violettblau und steht der des eigentlichen Amethysts in ihren verschiedenen Abarten recht nahe. Zuweilen spielt sie stark ins Rosarote oder ins Purpurfarbige; im letzteren Falle gleicht der Stein dann sehr manchen Almandingranaten und namentlich auch manchen Spinellen. Überhaupt kann die Farbe alle gesättigten und blassen Nuancen zwischen dem Rot des Rubins und dem Blau des Sapphirs zeigen; die Farben dieser beiden Edelsteine sind gewissermaßen bei ihm gemischt. Durch starkes Er- hitzen bis 2000° erfährt die Farbe einen Umschlag nach Rot zu. Gegenwärtig kommen Steine von einer ganz merkwürdigen, düster violettroten Farbe in den Handel, die angeblich durch starkes Glühen von in Ceylon natürlich vorkommenden, ursprünglich schwarzvioletten Steinen entstanden sein sollen. Durch Radiumbestrahlung wird die Farbe schmutzig grau- blau. Verschieden vom eigentlichen Amethyst hat der orientalische einen sehr starken Dichroismus, der schon mit bloßem Auge beim Hindurchsehen nach verschiedenen Riehtungen deutlich bemerkbar ist. Blickt man senkrecht zur geraden Endfläche durch einen Kristall, so erscheint er lebhaft violett; in einer Richtung parallel mit der ge- raden Endfläche, also senkrecht zu der Hauptaxe, ist er sehr licht, fast farblos. Beim Schleifen muß dieses Verhalten in der Weise berücksichtigt werden, daß die Tafel des ge- schliffenen Steines der geraden Endfläche des Kristalls parallel gelegt wird, sonst ist er blaß und unansehnlich. Kommt gleichfalls in Ceylon häufig vor. Auch sehr schöne Violettrubine lassen sich nach dem oben erwähnten Verfahren künstlich herstellen. Die stets schon bei gewöhnlichem Lichte mehr oder weniger deutlich zum Rot neigende Farbe des Violettrubins geht im Kerzenlicht vielfach noch stärker ins Rot und wird schöner als bei Tage. Caire beschreibt einen solchen Stein, der bei Tag blau war, wie Sapplır, der aber bei künstlicher Beleuchtung eine schöne Purpurfarbe annahm. Im Gegensatz zum orientalischen wird der gewöhnliche Amethyst im Lampenlieht meist grau und unansehn- lich. Als die beste Schlifform für den orientalischen Amethyst wird das Taf. III, Fig. 8 abgebildete Maltheserkreuz angegeben, im übrigen werden alle die beim Rubin und Sapphir 24* . 372 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. erwähnten Formen der farbigen Edelsteine auch hier angewendet. Der Preis eines Steines von schöner gesättigter Farbe erreicht nicht den eines guten Sapphirs und geht bis etwa 20 Mark pro Karat. Die bisher betrachteten Varietäten des Korunds sind alle klar und durchsichtig. Manchmal werden auch trübe Stücke geschliffen, wenn sie eine schöne Farbe haben oder aus einem anderen Grunde hierzu geeignet sınd. Zu erwähnen ist vielleicht der Demant- spat, ein halbdurchsichtiger haarbrauner Korund, auf dessen gerader Endfläche an manchen Kristallen sich, ebenso wie bei den Asterien, ein schöner bläulichweißer Licht- schein zeigt. Solche Steine werden zuweilen in dieser Richtung mugelig geschliffen und schließen sich dann ım Aussehen an die Sternrubine an. Das Vaterland des Demant- spats soll China sein, doch kommen ähnliche Sachen auch anderswo mit edlem und gemeinem Korund zusammen vor. — nn Spinell. An den Korund und besonders an den Rubin schließen sich diejenigen Edelsteine an, die zu der Mineralgruppe des Spinells gehören. Sie haben meist eine rote Farbe in ver- schiedenen Nuancen wie der Rubin, werden daher auch gelegentlich mit dem Rubin ver- wechselt und ihm untergeschoben und fälschlicherweise nach dem Rubin genannt (Rubin- spinell, Balasrubin), obgleich beide Substanzen in allen Eigenschaften, außer in der Farbe, voneinander verschieden sind. Auch blaue Spinelle von der Farbe des Sapphirs kommen vor, diese sind jedoch von geringerer Bedeutung, ebenso die schwarzen. Unter dem Namen Spinell wird wissenschaftlich eine größere Reihe von Mineralien zusammengefaßt, die sämtlich dieselbe allgemeine chemische Formel, aber doch eine im speziellen sehr verschiedene Zusammensetzung haben, die jedoch in Beziehung auf die Kristallformen miteinander übereinstimmen. Von allen diesen, mit der Zusammen- setzung auch in der Härte, Farbe, Durchsichtigkeit usw. sehr weit voneinander abweichen- den Mineralien, die die Spinellgruppe bilden, findet aber eigentlich nur ein einziges als Edelstein häufigere Verwendung, das daher auch als „edler Spinell“ bezeichnet wird. a. Ä C: Fig. 70. Kristallformen des Spinells. Der edle Spinell ist eine Verbindung von Tonerde, die für sich allein den Rubin bildet, mit Magnesia nach der Formel MgO . Al2 O3 oder Mg Al» O4. Neben diesen haupt- sächlichen Bestandteilen finden sich aber stets kleine Mengen anderer, auf denen die sehr mannigfaltige Färbung der an sich farblosen Substanz beruht. Besonders wichtig scheint in dieser Beziehung auch hier ein kleiner Gehalt an Chromoxyd zu sein, der beim edlen Spinell die so häufige rote Farbe hervorbringen soll, ganz ebenso wie beim Rubin. Der ‘ EDLER SPINELL. 373 rote Spinell von Ceylon enthält nach der Analyse von Abich: 70,13 Tonerde, 1,12 Chrom- oxyd, 26,75 Magnesia, 0,73 Eisenoxydul. Nach Dölter wäre dieser kleine Eisengehalt die Ursache der roten Farbe. Das Mineral ist in den allermeisten Fällen deutlich kristallisiert, und wenn auch die dem regulären System angehörigen Kristalle vielfach abgerollt sind, so ist doch ihre Form gewöhnlich noch leieht zu erkennen. Sehr häufig sind an den meist ringsum ausgebil- deten Kristallen reine Oktaöder (Fig. 70, a) zu beobachten. Die Kanten des Oktaöders sind nicht selten durch die Flächen des Dodekaöders abgestumpft (Fig. 70, e), ungewöhn- lieh ist die mehr bei dem unten zu erwähnenden schwarzen Spinell vorkommende Form, wo je vier Flächen eines Ikositetraöders die Oktaöderecken zuschärfen (Fig. 70, b). Sehr häufig sind Zwillinge von der Form, die in Figur 70, d abgebildet ist, bei denen zwei Oktaöder nach einer ihrer Flächen derart symetrisch aneinander gewachsen sind, dab die anderen Oktaöderflächen an der Grenze beider Individuen je drei abwechselnd aus- und einspringende Winkel miteinander bilden. Diese Zwillinge zweier Oktaäder, die man nach ihrem häufigen Vorkommen beim Spinell, auch wenn sie bei anderen Mineralien, z. B. beim Diamant (Fig. 39, 9), vorkommen, Spinellzwillinge nennt, sind oft nach der gemeinsamen Oktaöderfläche sehr dünn tafelförmig ausgebildet. Manchmal ist an das zweite Okta@der in derselben Weise noch ein drittes, an dieses noch ein viertes usw. angewachsen, so dab zuweilen sehr komplizierte Gruppen entstehen. Spalten lassen sich die Spinellkristalle nicht oder doch nur sehr unvollkommen. Ihr Bruch ist unregelmäßig muschlig. Sie sind spröde und hart und stehen in letzterer Hin- sicht in der Reihe der Edelsteine an vierter Stelle unmittelbar hinter dem unten zu er- wähnenden Chrysoberyll und noch um etwas Weniges über dem Topas (H. = 8). Das spezifische Gewicht ist ziemlich hoch und von dem des Diamants nicht sehr verschieden ; es ist G. = 3,60 bis 3,65. Durch Reiben wird der Spinell positiv elektrisch, erlangt aber durch Erwärmung oder Abkühlung keine pyroelektrische Erregung. Von Säuren, auch von Ätztinte wird das Mineral nicht angegriffen, ebensowenig schmilzt es vor dem Lötrohr. Der Glanz ist der gewöhnliche Glasglanz, er ist aber schön und kräftig, besonders auf geschliffenen Flächen. Der Spinell nimmt zwar eine sehr gute Politur an, steht aber doch auch in dieser Beziehung hinter dem Rubin zurück. Es ist jedoch wohl nur dem geübten Auge eines erfahrenen Kenners möglich, an der Stärke des Glanzes einen Rubin von einem Spinell sicher zu unterscheiden. Manche dieser Steine sind sehr schön, klar und durehsichtig, andere wieder trübe und undurehsichtig. Nur die ersteren haben als Edel- steine einen höheren Wert. Die Lichtbreehung ist, dem regulären Kristallsystem entspre- chend, einfach, und ziemlich stark; der Brechungskoöffizient ist nicht sehr werschieden für verschiedene Farben des Spektrums. Ein hellroter Spinell ergab: 1,rı für rotes, 1,72 für gelbes und 1,3 für blaues Licht. Der Spinell verhält sich also auch in Beziehung auf die Stärke der Lichtbrechung und auf die geringe Farbenzerstreuung dem Rubin sehr ähn- lich. Man kann aus letztgenannter Eigenschaft von vornherein erkennen, daß der Spinell nicht das lebhafte Farbenspiel des Diamants zeigen wird, und das ist in der Tat auch nicht der Fall. Für Röntgenstrahlen sind alle Spinelle nur wenig durchlässig. In vollkommener Reinheit ist die Substanz des Spinells ganz farblos, und man findet auch zuweilen, allerdings als Seltenheit, farblose Okta@der des Minerals. Diese können dann Oktaädern vom Diamant ähnlich sein, erreichen aber doch nicht den hohen eigen- artigen Glanz des letzteren. Indessen ist eine sichere Unterscheidung nur auf Grund der weit geringeren Härte möglich, da beide Mineralien einfach lichtbrechend sind und, wie wir gesehen haben, auch sehr nahe dasselbe spezifische Gewicht haben. Dufr&noy berichtet von einem vollkommen farblosen Spinell, der geschliffen von Indien kam und der ein Gewicht von 12,11 g (61!/2 Karat) hatte. 374 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die eigentliche Farbe. des edlen Spinells ist aber die rote, doch findet sich auch Blau, Grün und Lila. Das Rot zeigt verschiedene Nuancen bis ins Violette und Blaue einerseits und bis ins Gelbe anderseits. Alle roten Spinelle sollen sich bezüglich der Farbe nament- lich dadurch vom Rubin unterscheiden, daß die durch Reflexionen aus dem Inneren, be- sonders der geschliffenen Steine spielenden Lichter ins Gelbe gehen, die Nuance des Steines mag sonst sein, welche sie will. Auch ist die Farbe stets nach allen Richtungen genau dieselbe. Dichroismus ist nicht vorhanden. Zwischen dem Farblosen und dem intensivsten Rot gibt es alle möglichen Zwischen- stufen in bezug auf die Tiefe der Farben. Manche Kristalle sind so dunkel gefärbt, daß sie fast ganz undurchsichtig erscheinen, und von hier aus werden die Farbentöne immer lichter, so daß ein ganz allmählicher Übergang zum Farblosen hergestellt wird. Im Gegen- satz zum Rubin ist die Farbe beinahe immer vollkommen gleichmäßig; Flecken treten sehr selten auf, so daß unter einer Partie Spinell immer erheblich weniger Ausschuß sich findet als unter der gleichen Anzahl von Rubinen. Auch sonst hat der Spinell weniger Fehler als der Rubin. In der Hitze ist dıe Farbe beständig, wie bei dem letzteren. Aller- dings wird auch der Spinell bei hoher Temperatur weiß, aber beim Abkühlen wieder rot, ohne jedoch wie der Rubin eine grüne Zwischenstufe zu durchlaufen. Übrigens ist hierbei Vor- sicht nötig, da der Spinell leicht Risse bekommt. Dichroismus ist der regulären Kristal- lisation entsprechend nicht zu beobachten; auch hierdurch unterscheidet sich der Spinell bestimmt vom Rubin, ebenso durch die Lichtbreehung; dıe Brechungskoeffizienten sind bei Spinell etwas kleiner (n—= 1,72), als bei den roten Granaten (n = 1,76—1,80, vgl. S. 66). Von der blauen und der seltenen grünen Farbe wird unten die Rede sein. Im allgemeinen sind die Spinelle um so geschätzter, je tiefer sie gefärbt sind, sofern darunter dıe Durehsichtigkeit nicht leidet. Die intensiv roten Kristalle bilden den Rubin- spinell, da sich ihre Farbe der des Rubins zuweilen bis zur Ununterscheidbarkeit nähert (vgl. Taf. I, Fig. 5, 6 u. 10). Sie werden nicht selten als Rubine verkauft, können aber an der einfachen Lichtbrechung und an dem Mangel einer jeden Spur von Dichroismus erkannt werden. Die geschätztesten Farben des Rubinspinells sind die karmoisinroten, blutroten und ponceauroten. Die schönsten Steine von cochenille- oder blutroter Farbe werden von den Juwelieren als „gouttes de sang“ bezeichnet. Unter dem Namen Balasrubin (rubis balais) werden die rosenroten und in anderen lichteren Nuancen gefärbten roten Spinelle zusammengefaßt. Sie zeigen meist einen Stich ins Blaue oder Violette und daneben nicht selten eine eigentümliche milchige Trübung, die den Wert nicht unerheblich vermindert. Ein solcher Balasrubin ist auf Taf. I, Fig. 9, abgebildet. Geht die Farbe sehr entschieden ins Blaue oder Violette, so ist sie ähnlich der mancher Almandine, nur viefach blasser. Derartige Steine heißen Almandinspinell. Wenn die Farbe nicht zu hell ist, nähern sich diese violetten Spinelle auch vielfach dem Ametlıyst und dem orientalischen Amethyst, unter welch letzterem Namen sie dann nicht selten in den Handel gebracht werden. Auch hier ist die Unterscheidung leicht möglich durch die einfache Lichtbrechung und den Mangel an Dichroismus beim Spinell. Schwie- riger festzustellen ist der Unterschied der Spinelle von dem Almandin und anderen roten Granaten, die das Licht ebenfalls einfach und fast gleich stark breehen und keinen Di- chroismus zeigen. Beim Granat ist die Färbung aber meist viel tiefer, und das spezifische Gewicht des Almandins ist größer als 4, dagegen ist die Härte geringer (7'/2). Dem Rosatopas nähert sich der Balasrubin in der Farbe zuweilen sehr und wird auch häufig dafür ausgegeben, der Topas ist aber doppeltbrechend und stark dichroitisch. Manche Juweliere meinen sogar, daß Balasrubin nur ein anderer Name für Rosatopas sei, und daß es gar keinen wirklichen Balasrubin gebe. Übrigens sind Rubinspinell und Balasrubin mit Almandinspinell nicht durch scharfe Grenzen voneinander getrennt, sondern sie zeigen ganz allmähliche Übergänge. EDLER SPINELL. 375 Geht die Farbe des Spinells stark ins Gelbe, dann hat man die Abart des Rubi- cells, der hyacinthroth, orangegelb und selbst strohgelb ist. Er wird nur wenig geschätzt. Der brasilianische Rubicell, der die Topase und die anderen Edelsteine in Minas novas begleitet, hat wegen seiner gelbroten, an die des Essigs erinnernden Farbe den Namen Essigspinell erhalten; in seiner Heimat wird er seiner Farbe wegen auch als „Hyaeinth“ bezeichnet. Geht die Farbe entschieden in das Orangerote, dann wird der Stein auch wohl Vermeille genannt, doch wird dieser Name gewöhnlich für gewisse Granaten, auch für den orientalischen Hyacinth, angewendet. Die Formen, die der Spinell beim Schleifen erhält, sind im wesentlichen die des Rubins. Schön gefärbte durchsichtige Steine werden als Brillanten, gegenwärtig auch en cabochon geschliffen. Häufig wird, besonders bei dunkleren, auch der Treppenschnitt oder ein ge- mischter Schnitt angewendet, an dem der Oberteil mit gemischten Brillantfacetten versehen ist. Zur Verbesserung der Farbe und des Glanzes pflegt man Folien von glänzendem Gold- oder Kupferblech unterzulegen. Kleine Spinelle von guter Beschaffenheit sind häufig. Die großen, die den Umfang einer Faust erreichen können, sind meist trübe. Schöne Steine bis zu einem Karat gehören zu den gewöhnlichen Vorkommnissen, auch solche bis zu 4 Karat sind nicht gerade selten. Größere jedoch finden sich nur sparsam, und über 8 bis 10 Karat gehen sie nicht leicht hinaus. Jedenfalls sind aber gute Spinelle von tadelloser Beschaffenheit häufiger als eben- solehe Rubine vom gleichen Gewicht, umsomehr als die Spinelle, wie wir gesehen haben, in verhältnismäßig viel größerer Zahl frei von Fehlern sind als die Rubine. Nicht selten sind Hohlräume von oktaödrischer Form, wie sie weder bei künstlichen noch bei natür- lichen Rubinen vorkommen. Der Preis des Spinells ist jederzeit geringer als der des Rubins, er wechselt aber bedeutend mit der Farbe und Klarheit der Steine. Am höchsten werden schöne Rubin- spinelle und schön rosenrote Spinelle bezahlt, und zwar bis zu etwa 4 Karat bei voll- kommener Durchsichtigkeit 1 Karat ungefähr mit 100 bis 150 Mark, meist aber weit geringer (10—25 Mark). Balasrubine der besten Sorte sind etwa halb so viel wert als Rubinspinelle, und wenn die Farbe unansehnlich ist und der milchige Lichtschein störend einwirkt, sinkt der Wert noch erheblich tiefer. Dasselbe ist bei den anderen Varietäten der Fall, die als Edelsteine aber keine große Bedeutung haben. Vom farblosen Spinell kostet 1 Karat bis 12 Mark. Wenn beim edlen Spinell auch kleine Steine weitaus überwiegen und große sehr un- gewöhnlich sind, so fehlen sie doeh nicht ganz. Das Verzeichnis der französischen Kron- juwelen von 1791 gibt einen Rubinspinell von 56!?/ıs Karat, der damals auf 50 000 Franken geschätzt wurde, und einen Balasrubin von 20%ı6 Karat im Werte von 10000 Franken, neben zwei kleineren von 1261 und 12 Karat, deren Preis trotz des gleichen Gewichtes sehr verschieden und zwar auf 3000 Franken für den ersten und 800 Franken für den zweiten festgesetzt wurde. Ein berühmter großer Spinell ist auch der sogenannte „Rubin des schwarzen Prinzen“ im englischen Kronschatze im Tower in London, der vielfach für einen wirklichen Rubin gehalten und ausgegeben wird. Die größten bekannten Spinelle sind aber wohl die zwei, die auf der Ausstellung von 1862 in London zu sehen waren. Beide waren mugelig geschliffen, von vollkommener Farbe und ohne Fehler. Der erste wog 197 Karat und gab nach dem Umschleifen einen sehr schönen Stein von 81 Karat; beim anderen war das Gewicht ursprünglich 102'/ı, nach dem neuen Schliff 72/2 Karat. Ball berichtet über zwei große Rubinspinelle unbekannten indischen Ursprungs mit ein- gravierten persischen Inschriften; der eine wiegt 133'/ Karat und hat die Form einer durehbohrten länglichen Perle, 1,62 Zoll lang und 0,9 Zoll diek. Der andere ist unregel- mäßig rundlich, nur oberflächlich poliert und 197 Karat schwer. 376 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. In Beziehung auf das Vorkommen steht der Spinell, wie wir schon oben gesehen haben, in engster Beziehung. zum Korund. Er findet sich in derselben Weise und in der Hauptsache auch an denselben Orten wie der Rubin und der Sapphir und die anderen oben besprochenen Varietäten. Wie der Korund, so ist auch der Spinell ein Mineral des Urgebirges, des Gneises und anderer kristallinischer Schiefer. Er findet sieh namentlich auch in dem den Gneisen eingelagerten Kalk, sowie als Kontaktbildung in Kalken, die in der Nähe von Eruptivgesteinen eine Veränderung erlitten haben. Im folgenden sind die wichtigsten Fundorte kurz angeführt, für die Einzelheiten sei auf die Beschreibung derselben Lokalitäten beim Rubin und Sapphir verwiesen. In Ober-Birma ist der edle Spinell in seinen verschiedenen Varietäten ein sehr ver- breiteter Genosse des Rubins, sowohl eingewachsen im Kalk, als auch in den Seifen. Von den Edelsteinen, die aus den benachbarten Schan-Staaten von den Eingeborenen zum Ver- kauf gebracht werden, sind dreiviertel Spinelle. Neben Birma ist C eylon in seinen Edel- steinseifen hauptsächlich wichtig als Heimat zahlreicher Spinelle, schöne Kristalle sind aber nicht gewöhnlich. Das Muttergestein ist hier gleichfalls ein körniger Kalk. Ceylon ist auch die Heimat eines schön durchsichtigen blauen Spinells, von dem unten noch weiter die Rede sein wird, im übrigen ist die Färbung sehr mannigfaltig: rot, blau, grün, lila, oft von eigentümlichem düsteren Ton und die Größe sehr wechselnd vom kleinsten Körnchen bis zu der einer Faust. Viele Spinelle finden sich in den Rubingruben von Badakschan. Schon der berühmte venetianische Orientreisende des 13. Jahrhunderts, Marco Polo, sammelte in der Provinz Balascia am oberen Oxus, die mit dem heutigen Badakschan identisch ist, Spinelle, wohl gleichzeitig mit Rubinen, und von Balascia soll der Name Balasrubin abgeleitet sein. Die in Taschkent verkauften Rubine, die aus dem Tianschan stammen sollen, befinden sich gleichfalls in der Gesellschaft von Spinell, und ebenso ist der Rubin von Dschagdalak in Afghanistan von Spinell begleitet. Dasselbe ist bei den Rubinen und Sapphiren von Siam der Fall und nicht minder bei denen von Australien, wo sie mit diesen besonders in den Edelsteinseifen von Neu-Süd-Wales und hier wieder vorzugsweise in denen des Bezirkes von Neu-England, dann aber auch im Cudgegong, Macquarie und in anderen Flüssen meist als abgerollte Körner vorkommen. Sie fehlen aber in Vietoria (Owen’s River) und anderen australischen Kolonien gleichfalls nicht, und einzelne Steine sind auch schon in Tasmanien gefunden worden. Daß in Brasilien, und zwar in den Edelsteinseifen von Minas novas, der gelbe sogenannte Essigspinell vorkommt, ist schon erwähnt. Spinelle von verschiedener Farbe, meist blaugrau, aber auch schöne Rubinspinelloktaäder, finden sich reichlich im Sande des Rio Pimua bei der Stadt Itapimirim im Staate Espirıto Santo, sowie anstehend im Marmor am Kontakt mit Granit bei Con- quista in S. Paulo und bei Carangola im südlichen Minas Geraös. Auch die Vereinigten Staaten von Nordamerika liefern gelegentlich einige schleifbare Steine; so sind z. B. wenige ziemlich dunkel gefärbte Steine bei Hamburgh in New-Jersey vorgekommen, da- gegen sind die Sapphire von Montana nicht von Spinell begleitet. Alle anderen Fund- orte sind noch weniger wichtig als die genannten und von gar keiner kommerziellen Be- deutung, sie sollen daher hier übergangen werden. Zu erwähnen sind vielleicht noch die zum Teil durchsichtigen grünen Spinelle von Mitchell County in Nord-Carolina und eben- solche aus einer Bleigrube in Neu-Mexiko, von denen einzelne Exemplare zum Schmuck verwendet werden; aber auch sie haben keine praktische Bedeutung. Rote sowie blaue Spinelle von großer Schönheit von der Beschaffenheit der natürlichen lassen sich nach derselben Methode wie der Rubin künstlich herstellen. Blauer Spinell. Die blaue Farbe spielt beim Spinell eine sehr untergeordnete Rolle. Der blaue Spinell, der, entsprechend der Bezeichnung Rubinspinell, Sapphirspinell ge- nannt werden könnte, der nicht selten auch den falschen Namen Sapphirin führt, enthält neben EDLER SPINELL. ÜHRYSOBERYLL. 377 der mit der Tonerde verbundenen Magnesia etwas Fisenoxydul, welches dıe Farbe veranlaßt. Er findet sich in zum Teil großen Kristallen im Marmor von Aker in Södermanland (Schweden); diese sind aber zumeist trübe und werden wohl kaum geschliffen. Dagegen begleiten einzelne durchsichtige blaue Exemplare den roten Spinell an den oben genannten Fundorten, so in Birma, namentlich aber in Ceylon. Von hier und zwar von Ratnapura und aus dem Distrikt Kandy kommen neben grünen namentlich auch sehr schöne dunkelblaue Oktaöder, die geschliffen Edelsteine von kräftigem Glanze und ziemlich hohem Werte liefern, und die an Schönheit hinter vielen Sapphiren nicht zurückbleiben, nur ist bei den letzteren der Glanz noch stärker. Beide unterscheiden sich voneinander wie die roten Spinelle vom Rubin. Sehwarzer Spinell (Ceylanit oder Pleonast). Bei diesem ist ein größerer Teil der Magnesia durch Eisenoxydul und ein Teil der Tonerde durch Eisenoxyd ersetzt, es kommt ihm somit die Formel: (Mg, Fe) O. (Al, Fe) O3 zu. Er kristallisiert in denselben Formen wie der edle Spinell, außerdem kommt aber bei ihm auch nicht selten die in Fig. 70,b abgebildete Kombination vor. Der Ceylanit ist grünlichschwarz, in ganz dünnen Schichten dunkelgrün und wird, da er wie alle Spinelle eine gute Politur annimmt, ab und zu geschliffen und zu Trauerschmuck verarbeitet. Er findet sich in losen Körnern von zum Teil recht bedeutender Größe, bis über zolllang, in den Edelsteinseifen von Ceylon, besonders bei Kandy; ferner in kleinen glänzenden Kristallen in manchen Aus- würflingen des alten Vesuvs, der Somma, und an vielen Stellen als Kontaktmineral im Kalk, da wo dieser mit Granit und anderen ähnlichen Gesteinen zusammenstöbt. Beson- ders große Kristalle dieser Art, Oktaöder mit 3 bis 4 Zoll langen Axen, findet man bei Amity im Staate Newyork, sodann kleine, aber in großer Zahl, im Fassatale ın Tirol und an vielen anderen Orten. Die meisten sind aber zum Schleifen wenig geeignet und der Preis ist niedrig, bis etwa 4 Mark das Karat. — Chrysoberyll. So mannigfaltie die Färbung des Korunds ist, der daher dem Juwelier eine ganze Reihe verschiedener Edelsteine liefert, so einförmig ist sie beim Chrysoberyll, der dem Auge fast nur einige grüne Nuancen und nahestehende gelbe und braune Färbungen darbietet. Wie sich der Spinell wegen der vielfach übereinstimmenden Farbe an den Korund, speziell den Rubin anschloß, so schließt sich auch der Chrysoberyll an dasselbe Mineral an, aber nicht der Farbe, sondern der nahe gleichen Härte wegen. Der Chrysoberyll wird in der Härte, außer selbstverständlieh vom Diamant, nur noch vom Korund übertroffen; nur von diesen beiden wird er geritzt, alle anderen Mineralien sind weicher. Nach der Mohs’schen Härteleska kommt ihm der Grad 8!/, zu; er steht mitten zwischen Korund und Topas und ist in der ganzen Reihe der Mineralien der Härte nach das dritte. Wie der harte Korund nur aus Tonerde besteht und der kaum einen Grad weichere edle Spinell außer einer überwiegenden Menge von Tonerde nur noch Magnesia enthält, so nimmt auch an der Zusammensetzung des gleichfalls durch große Härte ausgezeichneten Chrysoberylis die Tonerde einen besonders hohen Anteil. Unser Edelstein besteht aus 80,2 Proz. Tonerde und daneben aus 19,s Proz. Beryllerde, entsprechend der chemischen Formel: Be O. Al» O3 oder Be Al20ı. In dieser idealen Reinheit findet sich der Chrysoberyll freilich nie, 378 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. die Analysen weisen stets kleine Mengen von Eisen nach, und in den Kristallen vom Ural, dem Alexandrit, findet man auch etwas Chromoxyd. Der eigentliche Chrysoberyll von Brasilien und der Alexandrit aus dem Ural haben bei der Analyse ergeben: Chrysoberyll Alexandrit Brasilien Ural Tonerde a REN BE 18,92 Beryllarge 7. 0.. Dir. PVT9A 18,02 BiBenossl EB 75455 3,48 Chromoxyd. 2, IRA — 0,36 100,92 100,78 Die Kristallformen des Chrysoberylis gehören dem rhombischen System an, doch sind einfache Kristalle selten, die meisten sind mehr oder weniger komplizierte Zwillinge. Die ersteren bilden niedere rhombische Prismen, die beiderseits durch eine in einer Richtung sehr deutlich gestreifte gerade Endfläche geschlossen sind. Nach diesen gestreiften Flächen sind die Kristalle tafelförmig, wie Fig. 71,a zeigt, in der außerdem noch einige andere Flächen eingezeichnet sind. Nach einer Prismenfläche sind häufig zwei Individuen mit- einander zwillingsartig verwachsen. Die breite Endfläche fällt dann für beide Individuen in eine Ebene; in jedem der bei- - den ist die Streifung anders gerichtet, und die Streifen stoßen in der Zwillingsgrenze unter a einem Winkel von 60 ig. 71. Kristallformen des Chrysoberylis. Grad zusammen (Fig. 71, 5 und Taf. Re Fig. 10). Drei soleher Zwillinge wachsen manchmal aneinander und durcheinander hin- durch, so daß komplizierte Gruppen wie in Fig. 71,c und Taf. XII, Fig. 8 entstehen, an denen aber die verschieden gerichtete Streifung der Tafelfläche die Grenze der einzelnen Individuen stets leicht erkennen läßt. Deutliche Spaltbarkeit ist nicht vorhanden; der Bruch ist muschelig. Die Substanz ist spröde und, wie schon erwähnt, sehr hart (H. = 8!). Das spezifische Gewicht ist 3,68 bis 3,7. Von Säuren wird das Mineral nicht angegriffen, in der Lötrobrflamme ist es unschmelzbar. Durch Reiben wird positive Elektrizität erregt, die mehrere Stunden lang anhält. Der Chrysoberyll ist glasartig glänzend, etwas ins Fette. Durch die Politur nımmt er einen sehr schönen und starken Glanz an, der der bedeutenden Härte wegen unver- ändert bestehen bleibt. Die Durchscheinenheit ist sehr verschieden; manche Stücke sind schön durchsichtig und klar, andere trübe und undurchsichtig. Die Durchsichtigkeit ist aber meist nur an geschliffenen Steinen deutlich zu erkennen, da die natürlichen Stücke sehr vielfach äußerlich abgerollte Geschiebe sind, die unter allen Umständen trübe und unklar aussehen. Für Röntgenstrahlen ist der Chrysoberyll noch ziemlich gut durchlässig. An durchsichtigen Stücken kann man im Polarisationsinstrument leicht ‘die Doppel- breehung erkennen; sie ist aber nicht sehr stark, der größte Brechungskoäffizient ıst vom kleinsten nur wenig verschieden. Die Lichtbrechung selbst ist ebenfalls nicht besonders kräftig und ziemlich ähnlich der des Rubins. Die Brechungskoöffizienten wurden sehr nahe wie bei diesem Mineral gefunden, und zwar der größte = 1,756 und der kleinste = 1,1. INN IITTTIT TI) I] INITIITL ||| || III] III: ÜHRYSOBERYLL. 379 Die Farbenzerstreuung ist sehr gering, die Liehtbrechung ist für alle Farben sehr nahe gleich, daher zeigt ein Chrysoberyll niemals ein dem des Diamants ähnliches Farbenspiel. Die Farbe, die durch Radiumstrahlen nicht verändert wird, läßt nur geringe Ver- schiedenheiten erkennen. Sie ist bei manchen Vorkommnissen, namentlich bei dem wich- tigsten, dem brasilischen und dem von Ceylon, hell gelbgrün bis goldgelb und bräunlich- gelb bis braun. Bei den uralischen Kristallen ist sie intensiver grün, gras- bis smaragdgrün. Danachhat man zwei Varietäten gebildet: die heller gefärbte wird als eigentlicher Chrysoberylil von der dunkler, und zwar smaragdgrün gefärbten unterschieden, die den Namen Alexan- drit erhalten hat. Namentlich die erstgenannte Varietät hat eine gewisse Verbreitung und Wichtigkeit, die zweite ist wegen ihres weit sparsameren Vorkommens von geringerer Bedeutung. Chrysoberyll. Der eigentliche Chrysoberyll ist durch seine hellere Farbe ausgezeichnet. Diese ist grün, meist mit einem starken Stich ins Gelbe (Taf. XII, Fig. 10 und 11), mehr oder weniger lebhaft lauchgrün, spargelgrün, grasgrün, auch grün ins Graue oder Weiße. Sie geht zuweilen bis zum schönen Goldgelb, Hellgelb, Grünlichgelb und Gelblichgrün, sowie ins Ölivengrün, Bräunlichgelb und manchmal sogar bis ins Braune und Schwarze. Nach ver- schiedenen Richtungen ist die Farbe nicht wesentlich verschieden, der Dichroismus ist gering und ist auch mit der Dichrolupe von Haidinger nicht sehr bestimmt wahrzu- nehmen. In der Hitze wird die Farbe nicht verändert. Die besonders häufige gelblichgrüne Nuance ist sehr ähnlich der eines anderen Edelsteines, des Chrysoliths, daher werden auch Steine dieser Art von den Juwelieren vielfach als Chrysolith bezeichnet. Die außerdem beim Chrysoberyll am häufigsten vorkommende Farbe ist die bräunlichgelbe. Die Durchsichtigkeit ist sehr verschieden. Manche Chrysoberylle sind schön klar und durchsichtig, und es fehlt ihnen dann der sofort zu erwähnende Lichtschein, der sonst bei diesem Edelsteine so verbreitet ist. Gelblichgrüne Steine dieser Art werden im Handel zu- weilen ebenso wie der entsprechend gefärbte Korund „orientalischer Chrysolith“ genannt. Andere sind, mit jenen durch alle möglichen Übergänge verbunden, trübe und unklar. Diese zeigen zuweilen nach gewissen Richtungen die eigentümliche, auf Taf. XII, Fig. 11 dargestellte Lichterscheinung, die man als Chatoyieren bezeichnet, und die sehr ähnlich an dem noch zu betrachtenden Katzenauge (Quarzkatzenauge) zu beobachten ist, nur beim Chrysoberyll meist viel schöner. Dieser chatoyierende Chrysoberyll ıst der Cymophan der Mineralogen, der als Edelstein gerade dieser Lichterscheinung wegen geschätzt wird und der im Edesteinhandel unter dem Namen Chrysoberylikatzenauge oder orien- talisches oder ceylonesisches oder indisches Katzenauge oder auch wohl kurz als Katzenauge oder opaleszierender oder schillernder Chrysolith bekannt ist. Diese Erscheinung, durch die sich der Cymophan auszeichnet und von dem gewöhn- lichen Chrysoberyli unterscheidet, ist ein milchiger, weißer, bläulich- oder grünlichweiber, selten goldgelber, wogender Lichtschimmer, der sich beim Drehen des Steines über dessen Oberfläche hinbewegt, besonders schön, wenn diese mugelig geschliffen ist. Man sieht bei guter Beleuchtung, besonders in den direkten Sonnenstrahlen oder im vollen Gaslıcht, einen hellen Lichtstreifen, auf schönen Steinen eine fast silberartig glänzende Lichtlinie über die runde Oberfläche von einem bis zum anderen Ende sich hinziehen. Diese ist manchmal, aber gewöhnlich nur bei kleinen, seltener bei größeren Exemplaren, schmal und nach den Seiten hin scharf begrenzt, so daß sie gewissermaßen einen Lichtfaden bildet; dann ist der Stein unter sonst gleichen Verhältnissen am geschätztesten. Oder der Licht- streifen ist breiter und verfließt allmählich nach der Seite hin ohne scharfe Grenze, indem er nach rechts und links ganz stetig an Helligkeit abnimmt und in die Umgebung ver- 380 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE’ EDELSTEINKUNDE. läuft. Dies ist weniger beliebt, ebenso wenn nur ein breiter, unregelmäßiger, ringsum all- mählich immer trüber werdender Lichtfleck an derjenigen Stelle des Steines erscheint, die dem Lichte zugekehrt ist. Steine der ersteren Art werden wohl Katzenauge im engeren Sinne, solche der letzteren Cymophan im engeren Sinne genannt. Die Form dieser Lichterscheinung hängt zum Teil von der Beschaffenheit des Steines ab, zum Teil wird sie aber auch bedingt durch die Gestalt seiner Oberfläche. Man kann also durch günstigen Schliff die Schönheit wesentlich steigern, durch unzweckmäßige Form sie beträchtlich vermindern. Am besten ist es im allgemeinen, wenn die mugelige Ober- fläche stark gewölbt ist. Je niedriger die Wölbung ist, desto breiter und desto mehr an den Rändern verschwommen ıst der Lichtschein. Ist die Oberfläche ganz eben, so glänzt dieser über ihre Erstreckung weg vollkommen gleichmäßig. Das COhatoyieren ıst ausschließlich nur an trüben Chrysoberyllen, nie an durchsich- tigen zu sehen. Es ist im allgemeinen um so deutlicher, je trüber der Stein ist. Die trübe Beschaffenheit wird hervorgebracht durch äußerst zahlreiche, mikroskopisch kleine Hohl- räume, von denen der englische Physiker David Brewster einmal 30000 auf '!/ Quadratzoll beobachtet hat, und diese kleinen Höhlungen sind auch wohl die Ursache der Liehterscheinung. Sıe sind vornehmlich nach gewissen Richtungen den Steinen eingelagert, und dementsprechend muß auch die Anordnung der Schliffläche gewählt werden, wenn der Schiller auf ihr in seiner vollen Schönheit auftreten soll; in anderen Richtungen ge- schliffen, läßt der Stein die Erscheinung nur schwach oder auch gar nicht hervortreten. Die Schönheit des Chrysoberylis beruht auf seinem hohen Glanz und seiner meist immer noch lebhaften Farbe. Von den durchsichtigen sind die hellgefärbten wenig ge- sucht, die mit lebhafter Färbung jedoch sehr geschätzt. Noch höher geht aber der Wert der schillernden Ohrysoberylle, des Chrysolithkatzenauges, wenn diese Erscheinung in ihrer höchsten Schönheit auftritt. Auch hierbei ist die Körperfarbe nicht ohne Bedeutung, die hier dieselben Nuancen zeigt wie bei dem anderen Chrysoberyll. Doch wechseln alle dıese Verhältnisse bedeutend mit der auf diesem Gebiete sehr der Veränderung unter- worfenen Mode. Diese stellt zuweilen den Chrysoberyli in allen seinen Abänderungen tief in der Reihe der Edelsteine, indem sie andere lebhafter gefärbte höher schätzt. Sie hebt ihn dann aber auch wieder, bald die durchsichtigen, bald die schillernden bevorzugend. Welchen Einfluß auf die Verwendung des Chrysoberylikatzenauges der Verlobungsring ausübte, den der Herzog von Üonnaught seiner Braut schenkte, wurde schon oben er- wähnt. Der Preis stieg infolge der wachsenden Beliebtheit des Steines bedeutend und ist etwa ebensohoch, wie der eines gleich großen Balasrubins.. 1 Karat von schön schillern- dem braunen Katzenauge kostet bis 100 Mark. Das schönste und größte Chrysoberylikatzenauge, das bis vor kurzem bekannt war, ist ein Stein von dunkler Farbe, aber nicht ganz tadelloser Lichtlinie (sie ist in der Mitte geknickt), 35!/; mm lang und 35 mm dick, der in der Hope’s Colleetion des South Ken- sington Museums in London aufbewahrt wird. Inzwischen sind noch andere ebenbürtige Steine gefunden worden. Ein prächtiges Exemplar derselben Art wird von Nordamerika aus, wohin es verkauft wurde, beschrieben. Es ist 23 mm lang und breit und 17 mm dick und wiegt 80°/ı Karat. Die Farbe ist gelbliehbraun und die Lichtlinie so vollkommen scharf, schmal und gerade, wie man es nur irgend von einem so großen Steine er- warten kann. Der durchsichtige, namentlich der geschätzteste von diesen, der schön goldgelbe, wird ebenso wie die anderen durchsichtigen Edelsteine als Brillant geschliffen, oder man wendet den Treppenschnitt oder den gemischten Schnitt an. Die Fassung ist selten & jour und nur wenn die Färbung schön, lebhaft und intensiv ist. Ist dies nicht der Fall, ist die Farbe hell und blaß, so wird zu ihrer Hebung dem in einen Kasten gefaßten Stein eine Folie _ ÜHRYSOBERYLL. 381 von glänzendem Goldblech untergelegt. Daß die Katzenaugen wie alle derartigen Steine eine mugelige Form erhalten, wurde schon oben erwähnt. Der Grundfläche wird meist ein ovaler Umriß gegeben, damit der Lichtschein möglichst in die Länge gezogen erscheint. Viel Chrysoberyll liefert Brasilien, wo er sich besonders in dem Bezirk Minas novas in der Provinz Minas Geraös mit Bergkristall, Amethyst, rotem Quarz, grünem Turmalin, gelbrotem Spinell, Granat und besonders mit weißem (nicht gelbem) Topas zusammen findet. Näheres über das Vorkommen wird beim Topas mitgeteilt werden. Zum Chrysoberyll gehören mit die schönsten farbigen Steine, die in Brasilien bekannt sind. Er wird von den Eingeborenen als Chrysolith bezeichnet, in derselben Weise, wie dies im Edelsteinhandel überhaupt zu geschehen pflegt. Die Farbe ist ziemlich mannig- faltig, graulichweiß, blaß ockergelb, zitronengelb, blaugrün, grasgrün und besonders oliven- grün; selten findet sich reines Goldgelb, Weingelb oder Graulichgelb. Auch ganz farblose Steine kommen zuweilen vor, die an Durchsichtigkeit und Feuer dem Diamant nahe kommen. Die gefärbten sind nicht selten ganz klar und durchsichtig, vielfach zeigen sie aber auch meist mehr oder weniger ausgeprägt den Lichtschein des Katzenauges. Der Chrysoberyll ist in Brasilien sehr geschätzt und daher ziemlich teuer, meist teurer als in Europa; besonders beliebt sind die rein grünen und schön goldgelben. Das Mineral bildet in den Seifen Gerölle meist bis zur Bohknengröße, selten größer. Es wird von einem 16 Pfund schweren Stück berichtet, von dem es aber nicht ganz fest steht, ob es wirklich Chrysoberyli oder nicht vielmehr Beryll (Aquamarin) ist. Die Steine lassen trotz ihrer Abrollung die breite gestreifte Tafelfläche noch vielfach deutlich erkennen. Auch als Begleiter der Diamanten in Minas Geraös kommt Chrysoberyll in geringer Menge vor. Sehr ähnlich wie in Minas novas ist das allerdings kommerziell ganz unbedeutende Vorkommen unseres Edelsteines in den Goldwäschereien der Umgegend des Flusses Sanarka im Lande der orenburgischen Kosaken im südlichen Ural. Die meist schön schwefel- gelben, seltener graulichen oder grünlichen Steine finden sich dort mit Euklas, rosenrotem Topas und anderen Mineralien zusammen; sie bilden fast stets nur sehr kleine Gerölle, die von solchen der anderen Abart des Chrysoberylis, des Alexandrits, in spärlicher Menge begleitet werden. Der meiste schleifbare Chrysoberyll kommt aus Ceylon; es ist größtenteils solcher mit Lichtschein. Da diese Steine häufig kurz als Katzenaugen bezeichnet werden, ohne bestimmte Unterscheidung von der ebenso genannten Varietät des Quarzes, die in Ceylon in besonders ausgezeichneter Weise sich gleichfalls findet, so ist man bei der Beschreibung der in Ceylon vorkommenden Edelsteine nicht selten im Zweifel, welche von diesen beiden Arten von Katzenauge eigentlich gemeint ıst. Jedenfalls scheint früher der echte Chryso- beryll in seinen verschiedenen Varietäten mit und ohne Lichtschein in Ceylon seltener im Handel gewesen zu sein. Erst als neuerdings der Stein wieder in Aufnahme kam, wurde eifrig danach gesucht und auch eine große Zahl der schönsten Exemplare gefunden: tiefgoldgelbe, hellgelbe, gelblichgrüne, graulichgrüne, dunkelgrüne, grünliehbraune und andere Farben, mit und ohne Lichtsehein. Die dunkelgrünen haben die Eigenschaften und besonders den ausgezeichneten Pleochroismus und Farbenwechsel des Alexandrits, von dem unten noch weiter die Rede sein wird. Aus Ceylon stammt das oben erwähnte, größte bisher be- kannte Chrysoberylikatzenauge, das früher, bis 1815, die Krone des Königs von Kandy schmückte. Auch der zweite dort angeführte große Stein ist wohl auf jener Insel ge- funden worden. Das Gewicht der Steine schwankt im Übrigen zwischen 1 und 100 Karat. Sie begleiten den Sapphir in den Edelsteinseifen. Die Hauptfundstellen sind in dem Alluvium des Bezirkes Saffragam und im Süden der Insel in der Gegend von Matara; der Ratganga- Fluß in Nord-Saffragam wird am meisten genannt. Meist sind es stark abgerollte Geschiebe, 382 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. doch kommen zuweilen auch ziemlich wohlerhaltene Kristalle vor, deren Kanten und Eeken beim Transport in den Seifen wenig gelitten haben. Auch Birma (Pegu) wird als Heimat des Chrysoberylis erwähnt, die Angaben sind aber unbestimmt; mit völliger Sicherheit ıst der Edelstein von dort jedenfalls nicht be- kannt. Dasselbe gilt auch von Vorderindien, wo er, wenn er je vorkommt, eine nur untergeordnete Rolle spielt. Dagegen scheint er sich in einigen Diamantwäschereien von Borneo etwas reichlicher zu finden, aber auch hier ist er für den Edelsteinhandel ohne größere Bedeutung. Es ist schon oben erwähnt, daß der Chrysoberyll mit dem Chrysolith verwechselt und daher mit demselben Namen benannt worden ist. Die Verwechslung kann nur vorkommen bei Steinen ohne den Lichtschein, der beim echten Chrysolith (Olivin) niemals sich findet. Die Unterscheidung ist möglich mittels der Härte, die beim letztgenannten Steine viel geringer ist als beim Chrysoberyll, nämlich nur gleich 6!/, bis 7. Auch die spezifischen Gewichte sind ziemlich verschieden: G. = 3,31 bis 3,57 beim Chrysolith und G. = 3,5 bis 3,5 beim Chrysoberyll. Beide Mineralien sinken daher zwar im Methylenjodid unter, aber der Chrysoberyll auch in der ersten, schwersten Flüssigkeit, auf der der Chrysolith schwimmt. Die optischen Eigenschaften sind in beiden sehr ähnlich und geben keine rasche und sichere Unterscheidung. Das Chrysoberylikatzenauge kann mit dem Quarzkatzenauge verwechselt werden, trotzdem ersteres meist viel schöner und glänzender ist. Beide unterscheiden sich eben- falls durch die Härte, die beim Quarzkatzenauge nur gleieh 7 ist, und besonders durch das spezifische Gewicht, das bei letzterem, wie bei allem Quarz, 2,5 beträgt. Das Quarz- katzenauge schwimmt daher in Methylenjodid, während das Chrysoberylikatzenauge darin rasch untersinkt. Alexandrit. Der Alexandrit ist der dunkel grasgrüne bis smaragdgrüne Chrysoberyll; die Farbe (Taf. XII, Fig. 8) entsteht wahrscheinlich durch den eingangs erwähnten kleinen Chrom- oxydgehalt. Die Färbung dieses Edelsteines zeigt manches Merkwürdige. Zunächst be- merkt man einen sehr ausgesprochenen Pleochroismus, den er im Gegensatz zu dem hell- gefärbten Ohrysoberyll besitzt. Die Farbe auf der großen, nach oben gekehrten gestreiften Fläche ist grün, von vorn bei a (Fig. 71, a) hindurchgesehen rötlichgelb. Um die schöne grüne Farbe möglichst gut zu erhalten, empfiehlt es sich daher, die Steine so zu schleifen, daß die Tafelfläche in der Richtung der gestreiften Kristallfläche zu liegen kommt, oder doch von ihr in der Richtung nicht viel abweicht. Untersucht man den Pleochroismus mit der Dichrolupe, so erhält man auf dieser gestreiften Fläche ein grünes Bild, den Licht- schwingungen in der Richtung der Streifen, und ein orangegelbes Bild, den Schwingungen senkrecht dazu entsprechend. Die Lichtschwingungen, normal zu der gestreiften Fläche geben ein kolumbinrotes bis violettes Bild. Noch merkwürdiger ıst der Farbenunterschied je nach der Art der Beleuchtung. Betrachtet man einen in der angegebenen Weise geschliffenen Alexandrit bei Tage, so ist er wie wir es schon gesehen haben, schön grün; bei künstlicher Beleuchtung verschwindet aber diese Farbe und macht einer ausgesprochen blutroten oder violetten Platz. Derselbe Stein ist also, wie man zu sagen pflegt, bei Tage ein Smaragd (Taf. XII, Fig. .9, a), in der Nacht bei Lampenlicht ein Amethyst (Taf. XII, Fig. 9, b). Die Dieke darf dabei nicht zu gering sein; je dünner, desto geringer die Unterschiede. Man hat diesen auffallenden Farbenwechsel früher auf den Pleochroismus zurückzu- führen gesucht, nach den Untersuchungen von A. Miethe beruht er aber auf den Absorp- tionsverhältnissen, wie sie bei der Beobachtung mit dem Spektroskop hervortreten. Läßt RE 0 EEE GE Ge ÜHRYSOBERYLL. ALEXANDRIT. 383 man das Licht, das einen Alexandrit passiert hat, auch noch durch ein Spektroskop hindurchgehen, indem man ein solches auf dessen Tafel aufsetzt und ins Helle sieht, so bemerkt man zwei äußerst starke Absorptionsstreifen, den einen im gelben, den anderen im blauen Teil des Spektrums. Die übrig gebliebenen, nicht absorbierten Strahlen sind also hauptsächlich die roten und die grünen, und zwar von ziemlich gleicher Helligkeit, da sie beide von einem guten Steine fast ungesehwächt hindurchgelassen werden. Die Folge dieses merkwürdigen Verhaltens ist nun, daß für den Fall, daß das auffallende Licht reich an grünen Strahlen ist, der Stein fast rein grün erscheint. Ist dagegen das Licht reich an roten Strahlen, so wird er eine mehr oder weniger rein rote Farbe zeigen müssen. Diese Erscheinungen lassen sich leicht mittels Flüssigkeiten nachahmen, die dieselben Absorptionsverhältnisse besitzen, bei denen aber natürlich der Pleochroismus gänzlich aus- geschlossen ist. A..Miethe löste 0,1 Gramm Cyanin (Chinolin-Lepidin-Jod-Amyl) in 80 em absoluten Alkohols und andererseits 1 Gramm Tartrazin in Wasser. Fügt man nun in einem Reagensglas zu einer entsprechenden Menge verdünnten Alkohols einige Tropfen von beiden Lösungen hinzu, so erhält man eine im allgemeinen grüne Flüssigkeit, die bei Zusatz von etwas mehr Cyanin schmutziggrün wird und bei bestimmter Verdünnung genau den Farbenwechsel des Alexandrits zeigt, und zwar genau aus demselben Grunde. L. Hlawatsch erhielt dieselbe Erscheinung, indem er einer verdünnten violetten Lösung von Chromalaun einige Tropfen einer durch Erhitzen grün gemachten gleichen Lösung in Wasser hinzufügte Auch eine solche grüne Lösung allein zeigt den Farbenwechsel. Noch sei bemerkt, dab man in Colombo zuweilen „blaue Alexandrite* verkauft. Diese Farbe hat aber der wirkliche Alexandrit niemals. Es sind dies die schon oben er- wähnten seltenen Sapphire, die ähnlich wie der letztere auch bei Lampenlicht ihre blaue Farbe in eine violette verwandeln. Bis vor nicht sehr langer Zeit kannte man den Alexandrit ausschließlich nur aus Rußland, und zwar aus der Smaragdgrube an der Tokowaja, östlich von Katharinenburg im Ural, von der unten bei der Beschreibung des Smaragds noch weiter die Rede sein soll. Hier findet er sich außer mit diesem noch mıt zahlreichen anderen Mineralien im Glimmerschiefer eingewachsen. Er bildet meist bis zu 4 em große und sogar zuweilen noch erheblich größere, sternförmige Drillingskristalle von der Form der Fig. 71, ce, oder Taf. XII, Fig. 8, oder doch dieser sehr nahe stehend, während einfache Kristalle und Zwillinge, wie in Fig. 71, « und b, sehr selten sind. Diese Drillinge sind oft zu mehreren regellos zu Gruppen verwachsen; man kennt eine solche Gruppe, in der 22 große und mehrere kleine derartige Kristalle miteinander vereinigt sind. Jene Fundstelle wurde im Jahre 1830 am Tage der Großjährigkeitserklärung des nachmaligen Kaisers Alexander II. zufällig entdeckt; daher stammt der Name des Minerals und zum Teil auch das Interesse, das man ihm in Rußland entgegenbringt. Da der Stein, wie wir oben gesehen haben, gleichzeitig die Hauptmilitärfarben Rußlands, grün und rot, zeigt und es ein damals ausschließlich russisches Vorkommen war, so wird er in jenem Lande besonders gern ge- tragen. Aber die meisten russischen Alexandrite sind rissig und trübe, vielfach mit Glimmer- plättehen durchwachsen und zu Schmucksteinen unbrauchbar; nur selten findet man in den Kristallen reine und klare, durchsichtige, rissefreie Stücke, die dann die erwähnten Farben erscheinungen deutlich zeigen. Nur solehe Partien werden geschliffen ; die Steine wiegen von '/s bis höchst selten über 5 Karat. Das schleifbare Material ist also immerhin recht sparsam vorbanden, um so mehr als heutzutage die Gruben überhaupt nicht viel liefern. Aus allen diesen Gründen steht der Alexandrit hoch im Preise, viel höher als der andere Chrysoberyll; ein Karat wird mit 600 M. und bei tadelloser Beschaffenheit des Steins noch höher bezahlt. 384 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Lange Zeit war der genannte der einzige Fundort des Alexandrits, später hat man ıhn auch noch in anderen Gegenden angetroffen. Als Seltenheit begleiten, wie schon erwähnt, Alexandritgerölle mit solchen von gewöhnlichem CÖhrysoberyli die anderen ge- legentlich noch zu erwähnenden Edelsteine in den Goldseifen an der Sanarka im süd- lichen Ural. Neuerdings hat man den Alexandrit, und zwar in einiger Menge, auch in Ceylon, besonders in den Edelsteinablagerungen von Morawak-korale gewonnen. Es sind dunkel- grüne Gerölle mit dem charakteristischen Diehroismus und Farbenwechsel der uralischen Steine, von denen sogar einige die bei den letzteren niemals vorkommende Lichterscheinng des Cymophans, das Chatoyieren, zeigen. Dies sind richtige Alexandritkatzenaugen, wie sie bis dahin nicht bekannt gewesen waren, und wie sie inzwischen auch anderswo nicht wieder gefunden worden sind. Die ceylanischen Alexandrite sind überhaupt noch schöner als die uralischen, namentlich gilt dies für die bei künstlicher Beleuchtung hervortretende kolumbinrote Farbe, während die grüne etwas blasser zu sein pflegt als am Ural. Die Steine wiegen kaum unter 4 Karat, einer hat sogar ein Gewicht von 63/a Karat ergeben. Dies ist der größte bisher bekannt gewordene Alexandrit von Ceylon. Er wurde mit doppelten Facetten (Taf. III, Fig. 6°, ”), geschliffen und gab dabei einen Stein von 33 mm Länge und 32 mm Breite ın der Rundiste mit einer Dicke von 17 mm. Seine Farbe bei Tage ist grasgrün ins Gelbe, bei künstlicher Beleuchtung wird sie himbeerrot. Ein sehr schöner kleinerer Stein ebendaher wiegt 28 23/32, Karat; seine drei Dimensionen betragen 32, 16 und 9 mm. Bei Tage zeigt er eine sehr schöne, saftig grüne Farbe mit etwas Rot, bei Gasbeleuchtung ist es ein gesättigtes Kolumbinrot; der Stein kann dann kaum von einem purpurroten siamesischen Spinell unterschieden werden. Alexandrit ist neuerer Zeit auch im Nordosten von Tasmanien in dem zinnerzführenden Sand des Weld River vorgekommen. Er stammt aus Granit; die Farbe ist hellgrün und beim Hindurchsehen rot. Auch mit den Diamanten in Rhodesia sind einige Alexandrite in Begleitung anderer Chrysoberylle gefunden worden. Sogenannter Alexandrit wird seit einiger Zeit nach der beim Rubin beschriebenen Methode hergestellt. Er zeigt den Farbenwechsel bei künstlicher und natürlicher Beleuch- tung in ausgezeichneter Weise, ist aber bei Tageslicht nieht so intensiv grün als der natür- liche aus dem Ural, sondern mehr graulichgrün und bei Lampenlicht mehr rosa. Die bei den natürlichen Steinen so häufigen Risse fehlen, er ist ganz klar und durchsichtig. Neuere Untersuchungen haben aber ergeben, dal dieser „künstliche Alexandrit“ optisch einachsig ist und das spezifische Gewicht G. = 4,0 hat, daß er also neben den künstlichen Rubin zum Korund zu stellen und daß demnach jene Bezeichnung unrichtig ist. m ——— Beryll. Das Mineral Beryll umfaßt außer einigen anderen namentlich zwei wichtige Edelsteine, den Smaragd und den Aquamarin. Beide unterscheiden sich voneinander und von den anderen hierher gehörigen edlen Varietäten, welche letzteren auch die Juweliere als Beryll zu bezeichnen pflegen, ähnlich wie Rubin und Sapphir, lediglich durch die Farbe und sind sonst in allen Eigenschaften einander gleich. Wir werden hier zuerst dasjenige Ver- halten kennen lernen, das dem Beryll überhaupt zukommt, und daran die Besprechung der Beschaffenheit jener Varietäten anschließen. - Was die chemische Zusammensetzung anbelangt, so enthält auch der Beryll noch eine gewisse Menge Tonerde, die in den zuletzt betrachteten Edelsteinen, den zum Korund gehörigen, dem Spinell und dem Chrysoberyll, eine so große Rolle gespielt hat, die aber BERYLL. 385 nun gegen die anderen Bestandteile zurücktritt. Diese sind Kieselsäure und die nach dem hier vorliegenden Mineral so benannte Beryllerde, welche wir auch beim Chrysoberyll schon als Bestandteil kennen gelernt haben. Der Beryll ist also ein Beryllium-Tonerde-Silikat, dem man die Formel 3BeO0.Ah 03.6 Si02 zu geben pflegt, was der Zusammensetzung 14,11 Beryllerde, 19,05 Tonerde und 66,5: Kieselsäure entspricht. Mehrere Analysen haben aber noch kleine Mengen anderer Bestandteile nachgewiesen, so etwas Wasser, Alkalıen, wenig Eisen und Chromoxyd; endlich wird auch eine geringe Spur organischer Substanz in manchen Beryllen angegeben, wie ın dem schönen Smaragd von Muzo in Kolumbien (Südamerika). Dieser enthält nach den Analysen von L&wy in 100 Teilen: 1, Wasser 0,12 organische Substanz und 98,22 Mineralsubstanz; die letztere ihrerseits besteht aus: 67,9 Kieselsäure, 17,» Tonerde, 12, Beryllerde, 0,» Magnesia, 0,7 Natron und einer Spur Chromoxyd, von welchem andere Analysen bis über 3 Prozent ergeben haben. Der Aquamarin von Adun-Tschilon in Sibirien ist nach der Untersuchung von Penfield zu- sammengesetzt aus: 66,17 Kieselsäure, 20,3» Tonerde, 11,50 Beryllerde, 0,6» Eisenoxydul, 0,2 Natron, einer Spur Lithion und 1,14 in der Glühhitze flüchtige Bestandteile, in der Hauptsache Wasser; Chromoxyd fehlt bier vollständig, im Gegensatz zum Smaragd. Von einem kleinen Caesiumgehalt mancher Berylle wird unten noch die Rede sein. Die Kristalle des Berylis (Fig. 72, a bis e) gehören dem hexagonalen System an. Es sind meist ziemlich langgezogene sechsseitige Prismen mit glatten Flächen, deren End- begrenzung in vielen Fällen, so meist beim Smaragd, allein durch die gerade Endfläche gebildet wird (Fig. 72, a). Nicht selten sind die Kanten des hexagonalen Prismas durch Fig. 72. Kristallformen des Berylis (Smaragd, Aquamarin usw.). Flächen des anderen hexagonalen Prismas abgestumpft und durch solche von zwölfseitigen Prismen zugeschärft, so daß scheinbar walzenförmig runde, stark längsgestreifte Säulen entstehen, die aber doch von lauter ebenen, wenngleich sehr schmalen Flächen begrenzt sind (Fig. 72, d). Auch die Enden sind an vielen Kristallen flächenreicher, indem statt oder neben der geraden Endfläche Flächen von sechsseitigen und zwölfseitigen Pyramiden mit dem Prisma kombiniert sind (Fig. 72, b, c, e). Derartige komplizierte Formen finden sich hauptsächlich beim Aquamarin. Die Kristalle sind entweder an einem Ende aufgewachsen und bilden dann oft schöne Drusen, oder sie sind auch zuweilen ringsum vollkommen in dem Gestein eingebettet. Im ersteren Falle sind sie nur an dem freien Ende mit regelmäßigen Kristallflächen ver- sehen; im letzteren Falle ist dies an beiden Enden der Fall, doch ist die Endbegrenzung vielfach auch an beiden Enden unregelmäßig. Spaltbar sind die Berylikristalle nach verschiedenen Richtungen, aber nicht besonders deutlich. Am leichtesten ist dies der Fall nach der geraden Endfläche, sehr unvoll- kommen parallel mit den Flächen eines hexagonalen Prismas. Der Bruch ist im allgemeinen Bauer, Edelsteinkunde, 2. Aufl. 25 386 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. muschelig und das Mineral ist spröde. Bezüglich seiner Härte steht es etwas über dem Quarz, aber doch noch unter dem Topas. Der Härtegrad it: H.=17')., also für einen Edelstein ziemlich niedrig. Der Beryli ist unter den besseren Steinen einer der am wenigsten harten, die einzelnen Varietäten sollen aber hierin kleine Unterschiede zeigen: der Smaragd von Muzo gilt für etwas härter als der sibirische Aquamarin. Ist die Härte aber auch nicht besonders hoch, so genügt sie doch, um eine sehr schöne und feine Politur zu ermöglichen, die sich aber beim Gebrauch allerdings nicht so gut erhält, wie bei den härteren Juwelen. Wie die Härte, so ist auch das spezifische Gewicht niedrig, niedriger als bei irgend einem anderen der wertvolleren Edelsteine; Stücke von einem gewissen Gewicht sind daber verhältnismäßig groß. Man findet im Mittel 2,7, bald etwas mehr, bald etwas weniger und der Wert schwankt bei den als Edelsteine brauchbaren Berlen zwischen 2,67 und 2,75; durchweg erhebt es sich also, wenngleich nur wenig über das des Bergkristalis (G. = 2, a Speziell für den Smaragd von Muzo wurde gefunden: G. = 2,7; für den sibirischen a marin werden die Zahlen G.— 2,6s bis 2,75 angegeben. Jedenfalls schwimmt der Beryll immer im reinen Methylenjodid und steigt, wenn untergetaucht, darin sehr rasch wieder an die Oberfläche, während er in der vierten, leichtesten Flüssigkeit vom spezifischen Gewicht des Quarzes langsam untersinkt. Man kann ihn an diesem Verhalten von manchen ähnlich aussehenden Steinen sehr leicht unterscheiden. Von Säuren wird der Beryll nicht zersetzt, nur Flußsäure (Ätztinte) greift ihn etwas an. Vor dem Lötrohr ist er nur sehr schwer schmelzbar und gibt dabei eine weiße, trübe, blasıge Schmelze. Dem äußeren Ansehen nach sind die Berylle sehr verschieden, namentlich bezüglich der Farbe und der Durehsichtigkeit. Viele sind vollkommen trübe und undurebsichtig, wenige schön klar und durehsichtig, und dazwischen findet man alle möglichen Übergänge. Die ersteren, die „gemeinen Berylle“, kommen meist im grobkörnigen Granit in Kristallen von imellen bis über 6 Fuß en und bis zu 2'/ Tonnen Gewicht vor, sind aber als Edelsteine nicht zu gebrauchen, da auch ihre meist gelblich- oder grünlichweiße Farbe stets zu unansehnlich ist; von diesen soll hier nieht weiter die Rede sein. Verschliffen werden nur die durchsichtigen oder doch stark durchscheinenden „edlen Berylle“, die auch meist eine angenehme, vorzugsweise grüne oder blaue oder auch wohl eine gelbe Farbe be- sitzen. Selten ist Braun und Rosa oder auch vollkommene Farblosigkeit. Der Glanz ist bei allen Varietäten der gewöhnliche Glasglanz, welcher nur auf den der verhältnismäßig deutlichsten Spaltung parallelen geraden Endflächen etwas ins Perlmutterartige geht und durch das Schleifen und Polieren sehr kräftig wird. Röntgenstrahlen werden nicht hin- durchgelassen. Der Beryli zeigt, seiner Kristallisation entsprechend, doppelte Lichtbreehung; die Doppelbrechung ist aber sehr schwach, der größte nnd der kleinste Brechungskoäffizient für dieselbe Farbe sind nur wenig voneinander verschieden. Die Lichtbrechung ist ebenfalls gering, die Zahlen für die Brechungskoöffizienten sind sehr niedrig. Beim Smaragd von Muzo betragen die größten und kleinsten Werte derselben für grünes Licht 1,55: und 1,573 und beim sibirischen Aquamarin 1,52 und 1,57%. Auch die Farbenzerstreuung ist sehr gering, die Brechungskoöffizienten für verschiedene Farben weichen nur sehr wenig von- einander ab. Dies geht aus folgenden Zahlen hervor, die man an einem Berylikristall für rotes, gelbes und grünes Licht erhalten hat: Rot Gelb Grün die größten . . . . 1,566 570 1,574 die kleinsten . . . . 1,562 1,566 1,570 BERYLL. SMARAGD. 387 Hieraus folgt, daß der Beryli niemals ein Farbenspiel ähnlich dem des Diamants zeigen kann. Seine Schönheit beruht in der Hauptsache auf dem starken Glanz und auf der Körperfarbe. Diese ist, wie wir gesehen haben, ziemlich mannigfaltig, wenn auch weit nicht so wie beim Korund. Nach der Farbe werden mehrere mit besonderen Namen belegte Varietäten unterschieden. Der dunkelgrüne Beryll ist der Smaragd, die anders, und zwar beinahe immer hellgefärbten können unter dem Namen „edler Beryll“ zu- sammengefaßt werden. Von diesen heißt der hellblaue oder bläulichgrüne oder grünlich- blaue Aquamarin, der gelblichgrüne geht unter dem Namen Aquamarinchrysolith, und der gelbe wird von den Juwelieren speziell Beryll, der zuweilen vorkommende schön goldgelbe Goldberyll genannt. Als Edelsteine sind besonders wichtig der Aqua- marin und vor allem der Smaragd, der mit zu den kostbarsten Steinen gehört, die wir gegenwärtig besitzen. Die anderen sind von geringerer Bedeutung. Alle diese durchsichtigen Berylle, die Farbe mag sein wie sie will, wenn sie nur nicht zu blaß ist, zeigen deutlichen Pleochroismus. Wenn man auch beim Hindurchsehen mit bloßem Auge nach verschiedenen Richtungen Farbenunterschiede selten deutlich er- kennt, so treten solche doch bei der Beobachtung mittels des Dichroskops meist unzweideu- tig hervor. Mit Hilfe des Pleochroismus kann man echte Berylle von oft in der Farbe täuschend ähnlichen Glasimitationen und auch von einzelnen anderen grünen Steinen mit Sicherheit unterscheiden, die speziellen Verhältnisse können aber erst bei der Betrachtung der einzelnen Varietäten angegeben werden. Wir haben nunmehr die verschiedenen nach der Farbe aufgestellten Abarten des Be- rylis gesondert kennen zu lernen. Diese haben für den Edelsteinhandel eine sehr verschie- dene Wichtigkeit, da sie an Wert außerordentlich stark voneinander abweichen. Weitaus am kostbarsten ist der zunächst zu betrachtende Smaragd, hinter ihm stehen die anderen weit zurück. Smaragd. Unter dem Namen Smaragd versteht man, wie schon erwähnt, die in ihrer schönsten Färbung rein und intensiv grünen Berylle. Diese Farbennuance ist nach ihrem pracht- vollen Auftreten an unserem Edelsteine als smaragdgrün bezeichnet worden. Neben dem reinen Smaragdgrün kommt aber auch Grasgrün, Grün mit einer kleinen Beimischung von Gelb, und Seladongrün, mit etwas Grau, vor; ins Blaue gehende Nuancen sind aber sänzlich ausgeschlossen. Viele Smaragde sind allerdings sehr licht, bis zum Grünlich- weißen herab, diese werden aber nicht geschliffen, nur die schön und tief smaragdgrünen bis grasgrünen sind hoch geschätzt. Ihre Farbe, die aus Taf, XII, Fig. 1 bis 3 zu ersehen ist, gehört mit zu den lieblichsten und prächtigsten, welche die Edelsteine darbieten; sie ist nicht selten mit dem frischen Grün einer Wiese im Frühling verglichen worden. Die schönsten Steine haben einen eigentümlich sammetartigen Schimmer, wie er ähnlich auch an manchen dunkelblauen Sapphiren auftritt. Bei künstlicher Beleuchtung ist die Farbe ebenso schön wie am Tage. Durch Radiumbestrahlung geht das dunkle in ein sehr lichtes Grün über. Ein Smaragd aus der Grube von Muzo in Kolumbien zeigte nach einem Versuch von F. Wöhler bei einstündigem Erhitzen auf eine Temperatur, bei der Kupfer leicht schmilzt, keine Veränderung der Farbe. Diese kann daher nicht, wie L&ewy meinte, von der kleinen Menge organischer Substanz herrühren, die er in dem Smaragd von demselben Fundorte nachgewiesen hatte, sondern sie stammt höchst wahrscheinlich von dem kleinen Chromoxydgehalt von 0,ıss Proz, den Wöhler in dem untersuchten Stück fand. Dab 25# 388 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. eine so kleine Menge Chromoxyd in der Tat eine so kräftige grüne Färbung erzeugen kann, wurde durch Zusammenschmelzen von weißem Glas mit derselben Menge Chrom- oxyd bewiesen; das Glas nahm dabei eine ebenso intensiv grüne Farbe an, wie sie der schönste Smaragd zeigt. In dem Smaragd vom Ural und in dem ägyptischen wurde späterhin ebenfalls Chromoxyd als die wahrscheinlichste Ursache der Färbung nachgewiesen. Der Pleochroismus des Smaragds ist bei lebhafter Färbung deutlich; die dichrosko- pische Lupe giebt ein smaragdgrünes oder gelblichgrünes und ein Ben Bild. Übrigens ist die Färbung der Smaragdkristalle keineswegs immer ganz gleichmäßig; häufig wechseln farblose oder unansehnlich gefärbte Stellen mit schön smaragdgrünen ab, meist unregelmäßig, nicht selten ist dieser Wechsel aber auch regelmäßig schichtenförmig, so daß die einzelnen verschieden gefärbten Lagen senkrecht zu den Prismenkanten, also in der Richtung der geraden Endfläche, aufeinanderfolgen. Die Durchsichtigkeit des Smaragds ist nur in sehr seltenen Fällen eine vollkommene. Die meisten Kristalle sind mehr oder minder rissig und dadurch weniger klar, ebenso werden auch durch stellenweise angehäufte mikroskopisch kleine Flüssigkeitseinschlüsse wolkige Trübungen hervorgerufen. Fremde Mineralkörper, die die Reinheit und Klarheit stören, fehlen ebenfalls nicht; so findet man namentlich vielfach Glimmerblättchen einge- wachsen. Wenn die Stücke trübe und und undurchsichtig werden, nimmt meist auch die Schönheit der Farbe erheblich ab, und die Smaragde nähern sich dadurch in ihrer Be- schaffenheit dem gemeinen Beryll; sie sind dann als Edelsteine nicht mehr brauchbar. Am kostbarsten ist der vollkommen klare und durchsichtige Smaragd, aber auch der etwas trübe, rissige hatt noch seinen Wert, wenn nur die Farbe schön smaragdgrün ist. Es gibt keinen anderen Edelstein, bei dem fehlerhafte Exemplare so verbreitet, voll- kommen tadellose, fehlerfreie so selten wären, als beim Smaragd. Die Art dieser Fehler ergibt sich aus dem vorgehenden. Vor allem spielen die erwähnten Risse eine sehr große Rolle; rissige und dadurch etwas trübe Steine werden „moosig“ genannt. Trübe wolkige Stellen kommen häufig vor, und ebenso ist Ungleiehmäßigkeit der Färbung durch hellere Flecken sehr verbreitet. Einschlüsse fehlen nie vollständig. Der Preis der Smaragde ist sehr verschieden und wechselt ganz außerordentlich mit den Moden und stets mit der Qualität. Der Smaragd folgt ın tadellosen Stücken im Preise gegenwärtig hinter dem Rubin und übertrifft ıhn sogar zuweilen, jedenfalls steht er aber über dem Diamant. Ein vollkommen fehlerfreier, durchsichtiger, tadellos gefärbter Stein der allerbesten Sorte im Gewicht von einem Karat kann auf 1000 Mark geschätzt werden, und der Preis nimmt der Seltenheit größerer Stücke wegen mit der Größe sehr viel stärker zu als das Gewicht. Ein solcher Stein von nur wenigen Karaten ist, wie beim Rubin, so selten, daß gar kein Marktpreis mehr maßgebend ist; er wird nur nach Liebhaberpreisen sehr hoch bezahlt. Fehlerhafte, rissige Steine von etwas trüber Beschaffenheit sind auch bei schöner Färbung viel billiger, und wenn gleichzeitig die Farbe heller wird, sinkt der Wert eines Karats auf 100, ja auf 50 Mark und noch weiter herunter. Er steigt dann auch nicht oder doch nicht viel rascher als das Gewicht, da Steine dieser Art von be- trächtlicher Größe nicht ungewöhnlich sind. Wenn nun auch vollkommene Smaragde ohne jeden Fehler in geschliffenem Zustande fast stets nur klein sind, und wenn auch die natürlichen Smaragdkristalle meist eine nicht sehr beträchtliche Größe haben, so gibt es doch auch Exemplare der letzteren von bedeutenderem Umfange, die aber dann meist an Qualität zu wünschen übrig lassen. Er- zählt wird allerdings von sehr großen Smaragden, man hat aber dabei zu berücksichtigen, daß in früheren Zeiten, namentlich im Altertume, andere grüne Steine ebenfalls mit dem Namen Smaragd belegt worden sind. Die alten Peruaner sollen einen Smaragd von der der Größe eines Straußeneies als Gottheit verehrt haben. Ein Stein von 2205 Karat soll SMARAGD. 359 in der Schatzkammer in Wien aufbewahrt werden; Schrauf berichtet von einem aus einem einzigen Stein geschnittenen Tintenfaß, das neben großen, als Tafelsteine geschliffenen Smaragden ebendort sich befindet. Einer der größten und schönsten, sicher bekannten Sma- ragde ist der des Herzogs von Devonshire in England. Er ist ungeschliffen und hat die gewöhnliche Form der Smaragde, nämlich die eines sechsseitigen Prismas, hier von 2 Zoll Dicke, mit der geraden Endfläche, wie es in Fig. 73 in natürlicher Größe dargestellt ist. Das Gewicht beträgt 815/20 Unzen oder 1350 Karat. Die schönste Farbe zeichnet ıhn aus, auch ist er beinahe fehlerlos, klar und durch. sichtig. Seine Heimat ist die Smaragdgrube von Muzo in Kolumbien. Die von hier stam- menden Kristalle sind allerdings meist kleiner, doch sind fingerlange und -dieke nicht gar zu selten. Ebenso große Kristalle wie hier finden | sich im Ural gleichfalls nicht besonders spar- sam; ein soleher von 8 Zoll Länge und 5 Zoll / Dicke wird in der Sammlung des kaiserlichen \ y% Bergeorps in St. Petersburg aufbewahrt und | uf von noch größeren wird berichtet. Der größte von k | a allen dortigen ist wohl der im Besitz des Kaisers Ra] mob hal von Rußland, dessen Länge zu 25 und dessen | Dicke zu 12 cm angegeben wird. Einige be- Fig.73. Smaragd des Herzogs von Devonshire, el ah ci natürliche Größe. sonders große, früher für Smaragd gehaltene Stücke, haben sich bei genauerer Untersuchung als grünes Glas erwiesen, so ein solches von 282); Pfund Gewicht im Kloster auf der Insel Reichenau im Bodensee. Die Form, die man dem Smaragd beim Schleifen gibt, hängt durchaus von der Be- schaffenheit der Stücke ab. Ganz fehlerlose durchsichtige, namentlich nicht zu dunkle, werden als Brillanten oder auch als Rosetten geschliffen. Am häufigsten wird aber wohl der Treppenschnitt angewendet (Taf. XII, Fig. 3), vielfach oben mit Brillantfacetten. Auch als ganz einfache Tafelsteine sowie en cabochon werden Smaragde nicht selten geschliffen und Baroque-Formen sieht man ebenfalls zuweilen. In Farbe und Durchsichtigkeit tadel- lose, tiefgefärbte Steine faßt man meist & jour, hellere erhalten häufig eine grüne Folie, rissige und sonst fehlerhafte setzt man in einen innen schwarzen Kasten. Zuweilen werden rohe Smaragde, sog. Matrie’s, abwechselnd mit Perlen, zu Fächer- und Lorgnetten- ketten usw. verwendet, ebenso Baroques, die auch ungefaßt als Anhänger verschiedener Art getragen werden. Beim Schleifen werden Stücke von geeigneter Größe von den meist das erforderliche Maß übersteigenden natürlichen Kristallen sorgfältig und unter tunlichster Vermeidung jeglichen Substanzverlustes abgesägt. Besondere Sorgfalt ist nötig, wenn ein größtenteils fehlerhafter Kristall einzelne schön gefärbte fehlerlose Stellen enthält. Diese werden dann von ihrer Umgebung getrennt und für sich verschliffen und es wird ihnen die für ihre spezielle Beschaffenheit geeignetste Form gegeben. Bezüglich des Vorkommens unterscheidet sich der Smaragd sehr wesentlich von den sämtlichen bisher betrachteten Edelsteinen dadurch, daß er sich in der Hauptsache stets nur auf seiner ursprünglichen Lagerstätte findet, in dem Muttergestein, in dem er sich gebildet hat. Er ist vorwiegend ein Mineral der kristallinischen Schiefer; man trifft ıhn an mehreren Stellen im Glimmerschiefer und ähnlichen Gesteinen eingewachsen. Nur 390 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. das berühmte Vorkommen von Muzo in Kolumbien ist anders; die Kristalle finden sich mit Kalkspat ete. auf Spalten im Kalkstein. Man hat daher auch, aber ohne Grund, die Ansicht geäußert, daß diese Smaragde ebenfalls ursprünglich in Glimmerschiefer ein- gewachsen gewesen und daß sie später erst in diese Spalten hineingeschwemmt worden seien. In eigentlichen Seifen, wie Diamant, Rubin usw., hat man den Smaragd so gut wie niemals angetroffen. Fundorte. Die am frühesten bekannten Fundstätten sind wohl die in Oberägypten in der Nähe der Küste des Roten Meeres, südlich von Kosseir, etwa unter 241/20 nördl. Breite, östlich von Assuan. Schon im Altertum wurde Äthiopien als Heimat des Smaragds genannt. Die Fundorte waren aber im Laufe der Zeiten vollkommen in Vergessenheit geraten, so daß die Nachrichten der Alten vielfach für irrtümlich galten. Manche meinten, daß echte Smaragde zuerst am Ende des 16. Jahrhunderts aus Amerika nach Europa gekommen seien, es ist aber zweifellos, daß solche schon ın ägyptischen Mumien, in den römischen Ruinen, in Herculanum und Pompeji usw. gefunden worden sind. Alle diese vor dem Ende des 16. Jahrhunderts (1566) bekannt gewesenen Smaragde können nicht aus den nachher hauptsächlich wichtig gewordenen südamerikanischen Fund- stätten stammen, sie müssen, soweit wir bisher unterrichtet sind, aus Ägypten oder aus den von den Alten ebenfalls erwähnten seythischen Ländern, also vielleicht aus dem auch heute noch Smaragde liefernden Uralgebirge geholt worden sein. Die alten ägyptischen Gruben wurden im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts von Cailliaud auf einer von Mehemed Ali Pascha in Ägypten angeordneten Expedition wieder aufgefunden und seitdem mehrfach von europäischen Reisenden besucht. Es waren teils oberirdische, teils unterirdische Werke mit vielfach noch wohl erhaltenen Gebäulich- keiten. Ihre große Ausdehnung bezeugt, daß sie in bedeutendem Umfange betrieben worden sein müssen. Einzelne Gruben sind so geräumig, daß darin gleichzeitig 400 Menschen nebeneinander arbeiten können. Wann und aus welchen Gründen der Betrieb eingestellt wurde ist unbekannt. Handwerkszeug und Gerätschaften, die man in den Gruben auffand, weisen darauf hin, daß diese mindestens schon zu den Zeiten des Sesostris, 1650 v. Chr., abgebaut wurden. Inschriften melden, daß zur Zeit Alexanders des Großen griechische Bergleute die Gruben bearbeiteten. Auch während der Regierung der Kleopatra müssen sie noch im Betrieb gewesen sein, denn diese Königin pflegte Smaragde, in denen ıhr Bildnis eingraviert war, zu verschenken (daher Kleopatragruben). Nach den Ägyptern haben die Römer, Araber und Türken gearbeitet, letztere wohl bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts., Aus diesen Zeiten sind keine genaueren Nachrichten bekannt bis zur Wiederauf- findung durch Cailliaud, unter dessen Leitung Mehemed Ali die Arbeiten durch albanesische Bergleute (1816) wiederaufnehmen ließ. Bald wurde aber auch dieser neue Versuch (1819) aus unbekannten Gründen, vielleicht wegen unbefriedigender Qualität der gefundenen Steine, wieder aufgegeben, und der Betrieb ruht bis zum heutigen Tage. Untersuchungen der alten Gruben, die vor einer Reihe von Jahren vorgenommen wurden, haben zur Entdeckung einer Anzahl Körbe geführt, in denen jene albanesischen Bergleute das von ihnen gewonnene Material zur Förderung verpackt hatten, die aber dann doch in der Grube stehen geblieben sind. Man hat hieraus auf ein plötzliches Verlassen der Gruben schließen wollen, es ist aber hierüber nichts Näheres bekannt geworden. Diese alten Gruben liegen in einer Depression des langen Gebirgszuges, der sich längs der Westküste des Roten Meeres hinzieht. Man findet in diesem Gebirge zahlreiche alte Goldbergbaue, ebenso auch alte Topasgruben, und daneben die erwähnten Smaragdgräbereien. Sie bilden zwei getrennte Bezirke, den südlicheren 15 (engl.) Meilen vom Meer entfernt, am Dschebel Sikait (auch Sakketto oder Sekket genannt) und den etwa 10 (engl.) Meilen nördlicher gelegenen am Dschebel Sabara (Sebara, Zabara, Zubara usw.). SMARAGD. AGYPTEN. PER. 391 Der bedeutendere und ausgedehntere dieser beiden Bezirke ist der von Sikait, der durch den Wadi Dschamal mit seiner der Mündung vorliegenden Insel mit dem Meere in Verbindung steht. Man findet hier die Reste zahlreicher Tempel und anderer Gebäude, die eine nicht unansehnliche Stadt gebildet haben müssen. In die 600—700 Fuß hohen Hügel sind Hunderte von mehr oder weniger tiefen Schächten getrieben. Ähnlich, wenn- gleich weniger ausgedehnt, sind auch die Überreste der alten Gräbereien am Dschebel Sabara. Das Muttergestein dieser vielfach schön, aber meist nicht sehr tief gefärbten Smaragde, neben denen u. a. auch Aquamarin vorkommt, ist an beiden Orten ein dunkler Glimmer- schiefer, der in Talkschiefer eingelagert zu sein scheint, und der im Bezirk von Sıkait Augit und Hornblende aufnimmt. Es ist eine Felsart, die dem Muttergestein des unten näher zu besprechenden Smaragds im Ural und in den Salzburger Alpen vollkommen gleicht. Sehöne, gut gefärbte Smaragde werden nicht selten mit anderen Edelsteinen am Strande bei Alexandria vom Meere ausgeworfen, zum Teil im bearbeiteten, zum Teil im rohen Zustande. Es scheint, als ob dort bei irgendeiner Gelegenheit größere Mengen Edelsteine ins Meer versenkt worden wären, das sie jetzt wieder zurückgibt. Mit höchster Wahrscheinlichkeit stammen alle die hier gefundenen Smaragde aus den oberägyptischen Gruben; nach ihrer Beschaffenheit und der ihrer Begleitmineralien stimmen sie mit den dortigen auf das vollkommenste überein. Zu Ende des 16. Jahrhunderts kamen die ersten Smaragde aus Südamerika, das nachher durch einige Jahrhunderte, bis zum Jahre 1830, die sämtlichen im Handel vorkommenden Exemplare dieses Edelsteines lieferte. Die zuerst bekannt gewordenen amerikanischen Smaragde sind die peruanischen. Die spanischen Eroberer sahen in Peru zahlreiche schöne und große Steine dieses kost- baren Juwels bei den Bewohnern des Landes im Gebrauch, sie waren aber trotz der größten Mühe nicht imstande, die Gruben zu finden, in denen der Edelstein gewonnen wurde. Es scheint, daß diese beim Einfalle der Spanier von den eingeborenen Arbeitern verlassen und verschüttet wurden; vielleicht sind sie auch schon früher erschöpft ge- wesen. Sie sollen in dem Mantatale bei Puerto viejo gelegen haben, von wo der Sage nach auch der schon oben erwähnte Smaragd von der Größe eines Straußeneies her- stammte, den die alten Peruaner als Gottheit verehrten. Jedenfalls wird heutzutage gar kein Smaragd mehr in Peru gewonnen. Ungeheuer muß aber die Menge der Steine ge- wesen sein, die die Spanier nach der Eroberung des Landes den Eingeborenen abnahmen und nach Europa schickten. So erzählt Joseph d’ Acosta, daß auf dem Schiffe, mit dem er 1587 von Peru nach Spanien fuhr, zwei Kisten mit je einem Zentner Smaragde befördert wurden. Diese massenhafte Zufuhr aus Peru in Verbindung mit dem Ergebnis der bald nachher in Kolumbien aufgefundenen Gruben drückte den Preis der bis dahin in Europa so seltenen Steine außerordentlich. Die amerikanischen Smaragde waren viel schöner als die bisher in Europa benutzten, die wohl aus den schon genannten Gruben in Ägypten stammten. Daher wurden die besten Smaragde als „peruanische* oder auch als „spanische“ bezeichnet, ganz ebenso wie die wertvollsten Edelsteine anderer Art orientalische genannt werden, gleichgültig, ob sie aus dem Orient stammen oder nicht. Viele der jetzt in Gebrauch stehenden Smaragde sind schon damals von Südamerika nach Spanien und von dort aus nach anderen Teilen von Europa gebracht worden, haben aber seit jener Zeit ihre Gestalt durch Umschleifen in die jeweilig der Mode entsprechende Form, wahrscheinlich mehrfach, geändert, so daß sie von ihrem ursprünglichen Eigentümer nicht mehr erkannt werden würden. Die Spanier sollen in Peru viele Steine durch Hammer- schläge zertrümmert haben, da bei ihnen die Meinung herrschte, nur die seien echt, die dabei nicht zerbrechen. 392 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Auch in Mexiko fanden die Spanier zahlreiche Smaragde bei den Eingeborenen, einzelne von hervorragender Schönheit und bedeutender Größe und zum Teil ın charak- teristischen, anderweitig nicht wieder vorkommenden Formen mit großer Kunst bearbeitet. Namentlich wird von fünf in der Form von phantastischen Blumen, Fischen und anderen ähnlichen Gestalten geschnittenen Steinen berichtet, die Öortez von dort mit nach Europa gebracht hat. Da aber niemals etwas über das natürliche Vorkommen von Smaragden in jenem Lande bekannt geworden ist, so ist es wahrscheinlich, daß die Mexikaner ihre Smaragde aus Peru oder auch aus den sofort näher zu schildernden Gruben in Kolumbien bei sich eingeführt und dann in ihrer Art verarbeitet haben. Nicht lange waren die Spanier genötigt, ihre Begierde nach dem prachtvollen grünen Edelsteine an den in den Schatzkammern, Tempeln und Grabstätten der alten Peruaner und Mexikaner angehäuften Vorräten zu befriedigen. Fast gleichzeitig mit Peru be- mächtigten sie sich der Länder, die jetzt den Namen Kolumbien (Colombia oder Neu- Granada) führen, und hier wurden auch die Lagerstättten gefunden, aus denen die Einwohner dieser Gegenden die bei ihnen verbreiteten grünen Edelsteine holten, Lagerstätten, die noch heute von großer Bedeutung sind, und die auch den Juwelieren unserer Zeit den größten Teil der neu in den Handel kommenden Steine liefern. Diese kolumbischen Fundorte des Smaragds sind die einzigen, die in Südamerika wirklich bekannt und nicht bloß gerüchtweise durch mehr oder weniger zuverlässige Mitteilungen der Landeseinwohner angedeutet worden sind, wie dies bei den peruanischen der Fall war. Daher ist auch die Ansicht ausgesprochen worden, daß die Smaragdgruben in Kolumbien überhaupt die einzigen gewesen seien, die in Südamerika je im Betriebe standen, daß jenes Land allen in Mexiko und in Südamerika gefundenen Smaragd geliefert habe, und daß namentlich in Peru, dann aber auch ebenso in Bolivia, Venezuela und Eeu- ador, die als Heimat des Steines gleichfalls erwähnt werden, niemals auch nur ein einziges Exemplar auf seiner natürlichen Lagerstätte vorgekommen sei. Danach würden alle die sogenannten „peruanischen Smaragde“ ihren Namen, wenigstens soweit er die Heimat und nicht im oben angegebenen Sinne die Qualität ausdrücken soll, mit Unrecht führen, sie müssten eigentlich als kolumbische bezeichnet werden. Jene Annahme ist nicht sehr wahrscheinlich, doch soll eine Diskussion dieser Streitfrage hier nicht versucht werden, da sie von keiner praktischen Bedeutung ist. Gegenwärtig liefern ja jedenfalls peruanische usw. Gruben keine Smaragde mehr, und für den heutigen Edelsteinhandel ist es gleich- gültig, ob dies je in früheren Zeiten der Fall gewesen ist oder nicht. Am 3. März 1537 lernten die Spanier die kolumbischen Smaragde zuerst kennen durch ein ihnen von den Indianern dargebrachtes Geschenk. Sie erfuhren zugleich auch den Fundort derselben, der mit dem noch jetzt gebräuchlichen Namen Somondoco be- zeichnet wurde. Er liegt 9 Leguas von Guateque entfernt, dicht bei dem Wasserfalle des Nagar, wo der Garagoa herabstürzt, um sich mit dem Guario zu verbinden, der ın den Upia, einen Nebenfluß des Rio Meta, mündet. Der Ort liegt auf der Ostseite der Kordillere von Bogotä, ungefähr unter 5° nörd). Breite und etwa einen halben Grad östlich von Bogotä, in einer so wilden und unzugänglichen Gegend, daß die Spanier trotz der Menge der allerdings nur durch schwere Arbeit zu erlangenden Smaragde nicht lange dort verweilten. Seitdem ist dann auch jede genauere Kunde der dortigen Vor- kommnisse und der alten Gruben verloren gegangen, und bis auf den heutigen Tag hat man nichts wieder davon gehört, so daß auch dieser Fundort trotz bestimmter Nachrichten darüber zuweilen für einen kelhaier gehalten wird. Es ist aber sicher, daß ein nicht ge- ringer Teil der früher in Kolumbien gegrabenen grünen Edelsteine wirklich von hier stammt. Kurze Zeit darauf wurde in nicht zu großer Entfernung von jener ersten Fundstelle eine zweite entdeckt, die den Spaniern reiche Vorräte lieferte und die noch jetzt wichtiger SMARAGD. KOLUMBIEN, 393 ist als irgendeine andere auf der ganzen Erde. Sie ist zugleich fast die einzige, die gegenwärtig in Kolumbien Smaragd liefert, abgesehen von gelegentlichen Funden in Gräbern oder in den früher als Opferstätten benutzten Bergseen. Die an solehen Orten vorkommenden Steine sind aber durchweg von untergeordneter Beschaffenheit, während die in den Gruben gewonnenen nach Farbe und Durchsichtigkeit zum Teil von größter Schönheit und vielfach von erster Qualıtät sind. Diese Smaragdlager befanden sich im Lande der wilden Muzo-Indianer, die von den Spaniern lange Zeit nicht besiegt werden konnten. 1555 gelang dies endlich, wenn auch nur unvollständig, dem Führer Luiz Lanchero, der in diesem Jahre die Stadt Santissima Trinidad de los Muzos gründete, das heutige Dorf Muzo (oder Muso), am rechten Ufer des Rio Minero in dem damals so genannten Gebirge von Itoco, das nachher von jener Stadt den Namen erhalten hat. Die Smaragdgewinnung begann hier 1558 und wurde trotz der beständigen Angriffe der Indianer fortgesetzt, zuerst in einer alten Grube in den Bergen, von der jetzt keine Spur mehr vorhanden ist. An dem Orte, wo später der Mittelpunkt des Betriebes lag, etwa eine Legua von dem Orte Muzo entfernt, begann man die Arbeit im Jahre 1594. Zahlreiche Gruben wurden in diesem Bezirke im Laufe der Jahre angelegt und aus ver- schiedenen Gründen zum Teil auch wieder verlassen, zum Teil werden sie noch heute ausgebeutet. Nach den Mitteilungen von Ricardo Lleras Codazzi in Bogotä liegen die Smaragd- sruben von Colombia in der Cordillera Oriental von Bogotä, die sich bei Popayan von der Hauptkette abzweigt und das rechte östliche Ufer des Rio Magdalena auf seinem Laufe nach Norden begleitet. Sie bilden zwei Zonen parallel der Achse dieses Gebirgs- zuges zu beiden Seiten der Ebene von Boyacä. Die westliche Zone umfaßt die der Re- gierung gehörigen Gruben Muzo und andere von geringerer Bedeutung; in der östlichen Zone liegt u. a. die alte Grube von Somondoco und die von Chivar, alle z. Z. gänzlich verlassen. Außerhalb dieser Zone ıst nur das Vorkommen bei der Saline von Nemocon erwähnenswert, die aber wenig brauchbares Material enthält. Die gegenwärtig allein in Betracht kommenden Gruben sind die der Regierung ge- hörigen in der westlichen Zone, die auf der Karte Fig. 74 (S. 394) dargestellt sind. Sie liegen alle auf der linken Seite des Rio Minero (oder Rio Carare), der nach nördlichem Lauf in den Rio Magdalena mündet, nicht weit vom Dorf Muzo. Es sind die folgenden: Mina Real de Muzo, Mina de Coscuez, Mina de la Chapa und Mina de Pena Blanca oder Üerro Fambrias. Jede dieser Gruben enthält eine Anzahl smaragdführender Kalkspat- gänge, die ebenfalls mit besonderen Namen belegt werden, so z. B. die Mina Real de Muzo die Gänge San Antonio, El Playon, La Isla, Miguel Ruiz, Jaramillo Fequendama und Gerena; die Grube Coseuez die Gänge Dona Urraca, Guacamayas und Don Marcos usw. Die in der Karte nicht verzeichnete Mina de Camancha in der Talschlucht des Rio Villamizar, einem Nebenfluß des Minero, nahe dem Dorf Coper, enthält nur ein einziges System bauwürdiger Adern. Die Gruben stehen in den ammonitenführenden Kalken und feinkörnigen schwarzen Kalkschiefern der unteren Kreide, die durch zahlreiche Falten und Verwerfungen gestört und von den erwähnten Kalkspatadern durchsetzt werden. Diese sind, soweit sie smaragd- führend sind, dünn, kompakt und von kristallinischer Struktur, und sie verzweigen sich vielfach und unregelmäßig in dem Nebengestein (Fig. 76, 3.396). Andere mächtigere Kalkspat- gänge, die sogen. einiceros, die sich nicht verzweigen, führen fast niemals Smaragd. Die Mineralien, die den Edelstein in jenen ersteren Adern begleiten, sind: das seltene Cerium- karbonat Parisit in größeren und kleineren Kristallen, farbloser und wasserheller Kalkspat von der Art des isländischen Doppelspats (Taf. XII, Fig. 1), Rlombo@der von meist 394 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. schwarzem Dolomit, farbloser Flußspat, schön kristallisierter Bergkristall, zuweilen mit Einschlüssen kleiner Kristalle von Smaragd und Parisit, sowie Quarz von grüner Farbe, Schwefelkies in Form von Pyritoeder und Würfel, grüner Gips usw. Das Vorkommen des Smaragds in diesen Adern ist ein doppeltes. Einmal sind die Kristalle, mit denen der Begleiter, namentlich mit Doppelspat, Bergkristall und Dolomit in Drusen aufgewachsen, und zwar fast stets auf einer Kruste von Schwefelkies oder von Kalkspat. Die Smaragdkristalle sind dann meist nur an einem Ende regelmäßig aus- gebildet. In dieser Weise finden sich die schönen und großen, cenatillos genannten Pris- men. Zum andern trifft man den Smaragd in Nestern, sogen. guarruceros, Hohlräumen Gegend der dem Staate gehörigen Smaragdgruben in Colombia. Fig. 74. Smaragdgruben im Besitz der Regierung von Colombia (nach R. L. Codazzi). in den Adern, deren Wände mit Kristallen von Schwefelkies, Quarz usw. besetzt sind und deren Inneres mit einer sehr feinen weißen, aus Kieselsäure, Tonerde und Beryllium- oxyd bestehenden Erde ausgefüllt ist; in dieser liegen Smaragdkristalle, die dann beider- seitig regelmäßige Begrenzung zeigen. Diese Verhältnisse sind in den einzelnen Gruben etwas verschieden. Steine von höchster Vollkommenheit finden sich nur in der Mina Real de Muzo und in der Grube von Üoscuez. Letztere wird aber wie die übrigen dem Staate gehörigen Gruben seit der Zeit der spanischen Herrschaft nicht mehr bearbeitet, trotzdem ihr Material hinter dem von Muzo nicht zurücksteht. Dagegen ist diese von der größten Be- deutung, sie ist es, die die schönen kolumbischen. Smaragde liefert. Sie steht zur Zeit alleın im Betrieb, doch werden auch in ihr nicht alle Adern abgebaut, da bei Gerena die Massen SMARAGD. KOLUMBIEN. 395 _ des Schwefels und des Pyrits, der „einiceros* sich entzündet haben und seit mehreren Jahren brennen. Die Lage der Gruben bei Muzo sind aus der Karte (Fig. 75) zu ersehen. Die jetzige Hauptgrube liegt einige Kilometer westlich vom Dorf Muzo auf der anderen linken Seite des Rio Minero, am rechten südlichen Talabhange gegen die Quebrada (Talschlucht) del Desaguadero, unter 5% 39° 50° nördl. Breite und 74% 25° westl. Länge von Greenwich, ungefähr 110 km nordwestlich von Bogotä, in einer Meereshöhe von 878 m. Sie ist seit langer Zeit im Betrieb, aber nicht ununterbrochen. Mehrfach mußten die Arbeiten eingestellt werden, so in der Mitte des 18. Jahrhunderts, wie berichtet wird, infolge einer großen Feuersbrunst. Erst 1844 wurde der Abbau wiederaufgenommen, und bald durch die Smaragdgruben von Muzo. Fig. 75. Smaragdgruben bei Muzo, Colombia (nach R. L. Codazzi). kolumbische Regierung selbst, bald durch einheimische Pächter oder auswärtige, europäische Gesellschaften fortgeführt. Namentlich diese Pächter umgaben in ihrem Interesse die ganze Fundstätte mit einem undurchdringlichen Geheimnis, so daß über manche wichtige Punkte nur ungenügende, dürftige Nachrichten vorhanden sind. 1849—1861 war es eine englische Gesellschaft, die der Regierung 14200 Dollars Pacht und 5 Prozent des Reingewinns er- legte. 1864 — 1875 bezahlte eine französısche Gesellschaft unter der Leitung von Gustav Lehmann für das Recht der Ausbeutung sämtlicher dem Staate gehöriger Gruben 14700 Dollars im Jahr und die Steine, dıe früher nach London geschickt wurden, kamen vorübergehend in Paris auf den Markt. Später traten andere Unternehmer an die Stelle, die weit höhere Pachtsummen zu entrichten hatten. Gegenwärtig fordert die Regierung eine so hohe Pacht, daß Privatpersonen überhaupt kaum imstande sind, die Gruben mit ‘Nutzen auszubeuten, auch wenn so schöne Kristalle wie die von Muzo und Cosceuez ge- funden werden. Zur Zeit arbeitet ein einheimisches Syndikat. 396 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Der schwarze Kalkschiefer, in dem die Grube steht, wird von rotem Sandstein und Schieferton unterlagert. Ein Teil der Grube ist in Fig. 76 abgebildet. Ihre Höhe über der Talsohle beträgt 60 m. Sie bildet einen triehterförmigen Tagebau mit einem oberen Durchmesser von 200 m und einem unteren von 50 m. An der einen bergaufwärts gelegenen Seite ist die Tiefe etwa 120 m, an der entgegengesetzten nach abwärts ge- richteten nur 20—30 m. In frühren Zeiten, jedenfalls während der spanischen Herrschaft, war der Betrieb unterirdisch in Schächten und Stollen; später zog man, zum Teil um den groben Unterschleifen durch die Arbeiter durch schärfere Beaufsichtigung besser entgegen- treten zu können, den offenen Tagebau vor. Die jetzige Gewinnungsmethode wurde von der erwähnten englischen Gesellschaft eingeführt. Sie besteht darin, daß die Arbeiter, von oben nach unten fortschreitend, große treppenförmige Einschnitte (banqueos) in den Schiefer machen, und so die ganze Felswand allmählich systematisch abtragen, um alle smaragdführenden Kalk- Ansicht einer Ader in der Mina Real de Muzo. K ee in - Blöcken Dez.1904. Fig. 76. Teil der Smaragdgrube bei Muzo, Colombia (nach R. L. Codazzi). spatadern aufzufinden. Aus diesen brieht man mittels eiserner Stangen große Blöcke, die an geeigneten Orten gesammelt und in kleinere Stücke zerlegt werden. In ibnen sucht man dann die Smaragde auf, die durch das Vorkommen von grünen Quarzkristallen angedeutet werden sollen. Die Überreste und überhaupt aller Abraum sammelt sich unten in der Grube an. Von Zeit zu Zeit wird dann aller dieser Schutt mittels in der Höhe zu diesem Zweck angestauter Wassermassen durch einen eigens hiezu hergestellten Kanal aus der Grube hinausgeschwemmt und diese dadurch gereinigt. Das Auffinden ertragreicher Stellen ist sehr unsicher, da keine bestimmten Kennzeichen die Anwesenheit der unregelmäßig im Schiefer verteilten Kalkspatadern und der in diesen nur sporadisch vorhandenen smaragdführenden Drusen und Nester ankündigen. Man muß daher immer aufs Geratewohl vorgehen und alles dem Zufall überlassen. So findet man manchmal monatelang garnichts, andererseits konnte ein Tag einen Ertrag von 100000 Mark bringen. Infolgedessen ist auch die Gesamtproduktion, soweit man sie, SMARAGD. KOLUMBIEN. ÜRAL. 397 kennt, sehr schwankend. Sie betrug z. B. im Jahre 1849 im Durchschnitt 12400 Karat im Monat, in den fünfziger Jahren im Mittel 22386 Karat im Jahr, doch ist es unmöglich ganz zuverlässige Angaben zu erhalten. Auch jetzt spielt die Veruntreuung von Steinen durch die Arbeiter eine große Rolle; sie soll ungefähr ein Viertel der ganzen Ausbeute betragen. Die Kristalle des kolumbischen Smaragds haben fast alle die einfache Form des hexa- gonalen Prismas mit der gerade Endfläche (Fig. 72, a und 73). Ihre Größe übertrifft selten die eines Daumens, meist ist sie erheblich geringer. Häufig sind sie ein- oder mehrere Male quer durchgebrochen; die einzelnen Bruchstücke sind durch feine, auf den Spalten eingedrungene Kalkspathäutehen voneinander getrennt, werden aber durch die umgebende Masse festgehalten, so daß der Besitzer den Schaden erst merkt, wenn er anfängt, seinen Kristall herauszuarbeiten. Mit den deutlichen Kristallen kommen manchmal auch ab- gerundete Stücke vor, die als Beweis für die früher wohl gehegte Ansicht angesprochen wurden, daß die Smaragde nicht in den Kalkspatadern entstanden, sondern von anderswo- her, aus einem Gneis- oder Granitgebiet, in diese hineingeschwemmt worden seien, eine Ansicht, gegen die aber durchschlagende Gründe sprechen. Eigentümlich ist, daß manche Kristalle nach dem Herausnehmen aus der Grube ohne erkennbaren äußeren Anlaß in Stücke zerspringen. Man sucht sich hiergegen, allerdings vielfach ohne Erfolg, dadurch zu schützen, daß man die gewonnenen Smaragde einige Tage in undurchsichtigen verschlossenen Gefäßen vor den Sonnenstrahlen behütet und sie so langsam austrocknen läßt. Mit jener Eigenschaft steht wohl auch im Zusammenhang, daß die meisten frisch aus der Grube gewonnenen Smaragde ganz klar und durchsichtig und frei von Sprüngen sind; erst nach einiger Zeit werden sie rissig und nehmen dadurch dıe schon oben geschilderte gewöhnliche, etwas trübe Beschaffenheit an. Im Gegensatz dazu sollen sie, wie übrigens auch die Smaragde anderer Fundorte die ihnen eigentümliche Härte erst erhalten, nachdem sie einige Zeit die Grube verlassen haben. Die kolumbischen Smaragde sind häufig von der schönsten, dunkelgrünen Farbe, doch gibt es noch viel mehr hellere bıs fast farblose; manchmal sind die Kristalle auch außen grün und innen farblos. Bei zahlreichen Kristallen geht die Farbe stark ins Schwärzliche, und diese zeigen dann besonders schön den sammetartigen Schimmer. Auch Sternsteine, ähnlich den oben beschriebenen Sternsapphiren (S. 357) kommen als Seltenheit vor. Die Durchsichtigkeit wechselt stark und geht vom vollkommen Klaren bis zum ganz Trüben. Der Handelswert der Smaragde beruht auf der Farbe, dem Glanz und auf der Durch- siehtigkeit und Klarheit. In dieser Beziehung zeigen sie auch in Kolumbien die weitest- gehenden Unterschiede, und nach diesen Eigenschaften werden sie in verschiedene Klassen oder Sorten eingeteilt. Die Smaragde des Ural stammen alle aus einigen wenigen der Krone gehörigen Gruben, die auch blaßgrünen Aquamarin, Alexandrit und den noch zu besprechenden Phenakit liefern. Sie liegen zu mehreren Gruppen vereinigt in einem schmalen Landstrich, ungefähr 85 Werst (Kilometer) nordöstlich von Katharinenburg am Oberlauf der Starka Tokowaja und anderer rechter Nebenflüsse des in die Pyschma mündenden Bolschoi (Großen) Reft. Was Schönheit der Farbe und Durchsichtigkeit anbelangt, so stehen die schönsten uralischen Smaragde den südamerikanischen nicht nach, doch kommen auch sehr viele trübe, undurchsichtige und rissige, sowie hell, ungleichmäßig und unscheinbar gefärbte vor, die als Edelsteine nicht verwendet werden können. Die meisten sogar sind nur halbdurchsichtig und haben sehr viele Risse, vollkommen durchsichtige sind dagegen sehr selten. Die Kristallform ist das hexagonale Prisma, vielfach an den Enden unregelmäßig, 398 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. zuweilen auch, wie in Kolumbien, durch die gerade Endfläche begrenzt; andere Formen kommen kaum vor. An Größe übertreffen die uralischen Smaragde vielfach die Funde von anderen Orten, namentlich die von Südamerika. Wir haben schon oben einige besonders große uralische Smaragde kennen gelernt. Die größten sind bis 40 em lang und 25 em dick, doch sind diese großen meist nicht schleifbar, auch bilden sie Aus- nahmen neben der überwiegenden Zahl der kleinen. Die Smaragde finden sich im Ural wie in Ägypten und abweichend von den Ver- hältnissen in Kolumbien in einem dunkeln, dem Chloritschiefer zwischengelagerten Glimmer- schiefer eingeschlossen, wie es Taf. XII, Fıg. 2 darstellt, die sich allerdings auf einen andern, unten zu besprechenden Fundort (im Habachtal in den Salzburger Alpen) be- zieht. Glimmerblättehen sind wie in Ägypten und an dem letztgenannten Fundort nicht selten an die Kristalle an- oder in sie eingewachsen. Die Kristalle sind entweder ein- zeln, oder es sind mehrere in paralleler Stellung aneinander gereiht, oder in anderer Weise zu größeren Gruppen vereinigt. Namentlich findet man zuweilen radialstenglige Aggregate, in denen die einzelnen Kristallindividuen von einem gemeinsamen Mittel- punkte ausstrahlen. Zusammen mit dem Alexandrit wurden die Smaragde von der Tokowaja im Jahre 1830 zufällig von einem Bauern entdeckt, der einige kleine grüne Kristalle in den Wurzeln eines vom Winde umgerissenen Baumes bemerkte. Er brachte sie nach Katharinenburg, wo schon 1755 die Kaiserin Katharina II. Sehleifereien zur Verarbeitung der im Ural so vielfach gefundenen schönen Steine aller Art angelegt hatte, und wo noch heute der Hauptsitz des russischen Edelsteinhandels is. Von dort aus wurden dann umfassende Nachforschungen angestellt und einige Gruben angelegt, in denen Smaragd zusammen mit Beryll, Alexandrit und Phenakit seit 1832 systematisch gewonnen wurde. Die Ausbeute stieg bis 1837, fiel dann aber, und 1852 wurde infolge zu starken Wasserzuflusses und zu großer Kosten der Betrieb fast gänzlich eingestellt Später wurden einige Gruben an Unternehmer verpachtet, die aber ebenfalls keinen Erfolg hatten und daher 1882 die Arbeiten einstellen. Um die Jahrhundertwende erneuerte eine englische Gesellschaft die Versuche. Die Gruben haben bis 1882 mindestens 4000 kg Smaragd und Aquamarin gegen 100 kg Alexandrit und 82 kg Phenakit geliefert, und die Jahresproduktion hatte einen Wert, der bis nahezu auf 200000 Mark stieg. Auf diese Stelle ist das Vorkommen größerer Mengen von Smaragd im Ural be- schränkt. Nur ein einziges Mal hat man einen schön gefärbten und durchsichtigen Stein in einer Goldseife im Tal des Flüßchens Schemeika im Katharinenburger Bergrevier gefunden. Daß schon im Altertume Smaragde aus dem Lande der Seythen erwähnt werden, ist bereits im Vorbeigehen mitgeteilt. Möglicherweise stammten sie aus uralischen Fundorten, doch ist Näheres darüber nicht bekannt. Ganz ähnlich wie an der Tokowaja ist das Vorkommen des Smaragdes in den Salz- burger Alpen, nur sind hier die Kristalle viel kleiner, das Ganze ist viel unbedeuten- der und spielt im Handel eine ganz untergeordnete Rolle. Die Fundstelle liegt obersalb der Sedlalp (oder Söllalp), an einer steilen Felswand, dem Smaragdpalfen, am östlichen Abhange des Legbachgrabens, einer Seitenschlucht des Habachtales, 13 Kilometer von Habach. Hier wurden die Steine mit Lebensgefahr, trotzdem sogar zeitweise durch regelmäßigen Bergbau gewonnen, der Ertrag war aber für einen ausgedehnten Betrieb zu gering, besonders bei den ungünstigen Verhältnissen, die zum Teil auch die große Meeressöhe von 7500 Fuß mit sich brachte. Indessen gilt das Vorkommen immer noch als aussichtsvoll: 1902 sind 68000 Karat gefunden worden. Schon die alten Römer sollen den Edelstein an dieser Stelle gewonnen haben. 2 a Du Zur u re SMARAGD. EUROPA. AUSTRALIEN. NORDAMERIKA. 399 Der Smaragd bildet hier gleichfalls sechsseitige Prismen, auf den Seitenflächen und an den Enden vielfach mit Glimmerblättchen und schwarzen Turmalinnädelehen bedeckt, die auch oft in das Innere der Kristalle hineingewachsen sind. Die Farbe ist zuweilen sehr schön dunkel smaragdgrün, öfter aber heller grasgrün bis grünlichweiß und häufig nicht gleichmäßig über den Stein verteilt. In den meisten Fällen ist der ganze Kristall trübe, halbdurchsichtig, durchscheinend bis undurehsichtig, selten durchsichtig. Nur wenige sind für die Verwendung als Edelstein schön genug gefärbt und genügend rein und klar. Die weißen oder hellgefärbten Kristalle sind im allgemeinen größer und reiner als die grünen. Diese sind von einer Linie bis zu einem Zoll lang, selten länger, bei einem Durchmesser von !/s bis 3 Linien, in Ausnahmefällen auch mehr. Das Muttergestein, in dem die Kristalle eingewachsen sind, ist ein feinkörniger, tonschieferartiger, dunkel- bräunlicher bis -günlicher Glimmerschiefer, der in einen grünen, teils an Chlorit, teils an Hornblende reichen Glimmerschiefer eingelagert ist. Das Vorkommen ist in Fig. 2, Taf. XII abgebildet. Begleitet wird der Smaragd von Schwefelkies. In den feinsten Glimmeradern von 1 bis 3 Zoll Dieke sollen die schönsten und größten Steine sich finden. Manche Handstücke sind von solehen aus dem Ural ununterscheidbar. Übrigens ist dieser Punkt nicht der einzige Fundort des Edelsteines in jener Gegend; man trifft ihn auch an einigen anderen Stellen in der Nähe, die aber von noch geringerer Bedeutung sind. Von europäischen Smaragdvorkommen ist vielleicht noch kurz das von Eidsvold am Südende des Mjösensees in Norwegen zu erwähnen, wo die Kristalle im Granit ein- gewachsen sind. Sie sind aber fast alle sehr hell gefärbt und trübe und deshalb bisher noch nicht oder nur in geringer Menge verschliffen worden. Versuche bei Arendal in Norwegen, Smaragd zu entdecken, haben keinen Erfolg gehabt. Auch alle anderen Fundorte von Smaragden, die außer den erwähnten noch bekannt geworden sind, haben geringere Bedeutung, teilweise sind sie sogar zweifelhaft. Man findet vielfach Indien und Birma als Heimat unseres Edelsteines angegeben, aber, wie es scheint, mit Unrecht. Selbst die verhältnismäßig zuverlässigen Mitteilungen über spärliche Smaragdfunde in Ratschputana im nordwestlichen Indien beziehen sich vielleicht nicht auf diesen Edelstein, sondern auf Chrysoberyll. Der Smaragd ist in Indien sehr beliebt, es ist aber so gut wie sicher, daß die dort jetzt vorhandenen Exemplare nicht aus dem Lande selbst stammen, sondern von Südamerika, vielleicht auch vom Ural eingeführt sind. Noch heute liefert der Londoner Edelsteinmarkt zahlreiche Smaragde nach Indien, auch wird erzählt, daß südamerikanische Steine nach Indien geschickt werden, um sie dort ın landesüblicher Weise anschleifen zu lassen und sodann als von indischer Herkunft in den Handel zu bringen. In Algier soll ebenfalls Smaragd vorgekommen sein, und zwar als Gerölle in den Flüssen Harrach und Bouman, und auch anstehend in deren Nähe. Nach neueren Nach- richten sind aber die Steine von dort grüner Turmalin. Unbedeutend ist das Vorkommen in Australien. Man findet Smaragde sparsam in Südaustralien am Mt. Remarkable und an einigen Orten in Neu-Süd-Wales. Hier könnte vielleicht das neuentdeckte Vorkommen am Vegetable Creek in Neu-England, der Nordostecke der Kolonie (Fig. 53), wo sich der Edelstein mit Topas und anderen Mineralien in einem Zinnerzgang auf der Grenze zwischen Granit und Tonschiefer findet, von einiger Bedeutung werden, ebenso das im Pegmatit am Glen Creek, 7 miles nordöstlich von Emmaville (151 1/2° östliche Länge und 29!/2° südlicher Breite), wo aber die Härte des Muttergesteins ein wesentliches Hindernis für die Gewinnung ist. Eine gewisse Zahl schöner Smaragde hat auch Nordamerika geliefert. Kleine Exemplare sind an zahlreichen Stellen ın den östlichen Unionstaaten gefunden worden 400 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Im Staate Nord-Carolina sind sie an mehreren Orten in Alexander. County auf Drusen im Gneis vorgekommen, besonders wird Stony Point genannt, wo der Smaragd von anders- gefärbtem edlem Beryll und von Hiddenit, dem später noch zu betrachtenden sogenannten Lithionsmaragd, begleitet wird. Die Emerald and Hiddenite Mining Company hat hier im Laufe weniger Jahre für 15000 Dollars von diesen Steinen gewonnen, aber damit, wie es scheint, die Fundstelle erschöpft. Nur wenige von den hier gefundenen Smaragden waren schleifwürdig; der größte und schönste der gewonnenen Steine wiegt geschliffen 6 Karat. Auch Russel Gap Road in derselben Grafschaft wird erwähnt, sowie der Big Crabtree Mountain in Mitchell County. Der meist nicht schleifbare Smaragd bildet hier vielfach schöne, grüne, unregelmäßige, dünne Äderchen im Feldspat und Quarz; die ganze Masse wird dann ähnlich der Opalmutter unter dem Namen Smaragdmutter zu Schmucksteinen (en cabachon) und zu kleinen Gebrauchsgegenständen verarbeitet. ° Einige gute Smaragde sind bei Haddam in Connecticut und bei Topsham in Maine gefunden worden, aber die Gesamtmenge aller nordamerikanischen Smaragde ist doch im ganzen gering und für den Edelsteinhandel ohne Bedeutung. Sie werden als Produkte der Heimat ausschließlich im Lande verwendet und als einheimische Edelsteine hochgeschätzt. In früherer Zeit galt auch Brasilien für reich an schönen Smaragden, und bald nach der Eroberung durch die Portugiesen wurden ausgedehnte Expeditionen ausgesandt, um die Edelsteine aufzusuchen. Man hat aber in jenem Lande trotz aller aufgewendeten Mühe und Anstrengung bis heute keinen einzigen Smaragd gefunden, und es ist wahr- ' scheinlich, daß eine Verwechselung mit grünem Turmalin vorliegt, der in Brasilien, wie wir sehen werden, reichlich vorkommt. Im Altertum sind offenbar die verschiedenartigsten grünen Steine mit dem Namen Smaragd bezeichnet worden, so der grüne Jaspis, das Kupfergrün (Chrysokoll), der Malachit und andere. Aber auch jetzt noch wird der Name Smaragd für andere grüne Edelsteine gebraucht, die man dann durch einen Zusatz vom echten Smaragd unter- scheidet. So ist der „orientalische Smaragd“ der grüne Korund; „Kapsmaragd“ heißt der grüne Prehnit; der „Lithionsmaragd“ ein grünes, zur Pyroxengruppe gehöriges Mineral, das als solches mit dem Namen Hiddenit bezeichnet wird und das wir als Begleiter des Smaragds in Nord-Carolinia schon im Vorbeigehen kennen gelernt haben; der „Kupfer- smaragd“, als Mineral Dioptas genannt, ist eine schön grüne Kupferverbindung. Von den beiden letzteren, die als Edelsteine zuweilen Verwendung finden, wird unter noch weiter die Rede sein. Manche grüne Mineralien können unter Umständen mit dem Smaragd verwechselt und ihm untergeschoben werden, namentlich der orientalische Smaragd, der unter dem Namen Demantoid bekannte grüne Granat, der eben erwähnte Hiddenit und der Diopsid, der Alexandrit, der grüne Turmalin und vielleicht auch der Chrysolith und der Dioptas. Alle diese Steine haben ein höheres spezifisches Gewicht als der Smaragd und sinken in der dritten und sogar einige in der schwersten Flüssigkeit unter, auf denen beiden der Smaragd schwimmt. Außerdem ist der orientalische Smaragd viel härter. Der Demantoid, dessen Farbe meist etwas ins Gelbe geht, aber doch manchmal der des Smaragds sehr ähn- lich ist, bricht das Licht einfach. Der Hiddenit kommt nur als große Seltenheit vor und wird so gut wie ausschließlich nur in Amerika als Edelstein benutzt; er wird am höheren Gewicht erkannt. Die Farbe des Diopsids ist viel mehr bouteillengrün als die des Smaragds. Der Alexandrit ist durch die viel größere Härte und den sehr starken Pleochroismus neben dem Smaragd ansgezeichnet. Die grüne Farbe des Turmalins geht häufig stark ins Blaue, ist aber auch oft derjenigen der helleren Smaragde nicht un- ähnlich; den besten Unterschied gibt das spezifische Gewicht des Turmalins (G. = 3,07), das sich noch ein wenig über das der dritten Flüssigkeit erhebt, so daß er darin sinkt. Enter BERYLL. (AQUAMARINn, AQUAMARINCHRYSOLITH UND GOLDBERYLL.) 401 Der Chrysolith ist gelblichgrün und kann an der Farbe und an seinem außerordentlich geringen Pleochroismus wohl stets leicht unterschieden werden. Endlich sei der Kupfer- smaragd (Dioptas) noch genannt, der stets sehr dunkel smaragdgrün gefärbt und sehr wenig durchsichtig, sowie erheblich weicher und schwerer ist als der Smaragd. Eingehend ist die Unterscheidung der mit dem Smaragd etwa verwechselbaren durchsichtigen grünen Steine im dritten Teile in der 14. Tabelle dargestellt, in der noch einige andere, hier nicht erwähnte, berücksichtigt sind. Ein schönes smaragdgrünes Glas kann unter anderem erhalten werden, wenn man 4608 Teile Straß, 42 Teile reines Kupferoxyd und 2 Teile Chromoxyd zusammenschmilzt. Vom Smaragd wird es leicht durch die einfache Lichtbrechung und die Abwesenheit einer jeden Spur von Pleochroismus, sowie durch die weit geringere Härte unterschieden. Eine Nachahmung des Smaragds kommt gegenwärtig zuweilen im Handel vor, die sich durch schöne Farbe, aber nicht ganz vollständige Durchsichtigkeit, zahlreiche kleine Luftbläschen, Mangel an Dichroismus und das spezifische Gewicht 3,19, sowie endlich durch einen Gehalt an Beryllerde (7 bis 8 Proz.) wie im natürlichen Beryll auszeichnet. Man hat es offenbar mit einem Glas zu tun, dem der letztgenannte Bestandteil zugesetzt wurde, um die Masse dem echten Beryll chemisch ähnlich (analysenfest) zu machen. Solche und ähnliche Nachahmungen sind Smaragdolin genannt worden. Häufig werden zurzeit von Paris aus geschliffene Imitationen in den Handel gebracht, welche die Beschaffenheit der Dubletten (S. 116) zeigen. Man hat sie als „&meraudes soude&es“ bezeichnet. Sie sind in verschiedener Weise zusammengesetzt. Meist werden zwei Teile von der gewünschten Form aus Bergkristall, ein Ober- und ein zugehöriger Unterteil mittels eines zwischenliegenden grünen Chromglases, wie es oben erwähnt wurde, aneinander geschmolzen. Zuweilen ist auch der Oberteil ein hell bläulich grüner Aquamarin und nur der Unterteil ist Bergkristall. Manchmal ist die grüne Zwischenschicht, die dem Ganzen die Farbe verleiht, ein durchsichtiges grünes Gelatineplättchen, das dann beim Glühen zersetzt wird und an diesem Verhalten erkannt werden kann. Von der Seite betrachtet, bemerkt man, namentlich mit dem Mikroskop, wenn der Stein aufrecht in einer stark lichtbrechenden Flüssigkeit (Methylenjodid, Monobromnaphthalin) usw. steht, sofort die Schichtung und die Farblosigkeit der beiden Hauptteile. Im Polarisationsinstrument erkennt man öfters sofort den Quarz an seinen charakteristischen Eigenschaften. Wenn der Stein gefaßt ist, ist die richtige Beurteilung schwieriger, da die Farbe der echten Smaradfarbe sehr nahe kommt. Für gute Exemplare dieser gänzlich unechten Nachachmungen hat man bis zu 60 Mark pro Karat bezahlt, jetzt sind sie allerdings erheblich billiger zu haben. Auch der künstlichen Herstellung des echten Smaragd mit allen seinen natürlichen Eigenschaften und mit Edelsteinqualität soll man schon auf der Spur sein, aber man hat jedenfalls das Ziel noch nicht erreicht. Edler Bervyll. (Aquamarin, Aquamarinchrysolith und Goldberyll). Unter den durchsichtigen edlen Beryllen gibt es wenige farblose und rosenrote, die jedoch nur ausnahmsweise einmal geschliffen werden. Um so häufiger geschieht dies mit dem dunkel-, aber meist nur licht blauen oder hell grünlichblauen und bläulichgrünen Aquamarin, und auch der gelblichgrüne Aquamarinchrysolith, sowie der gelbe Beryll, der in seiner schönsten Abart als Goldberyll bezeichnet wird, haben eine beschränkte Verwendung. Alle diese Varietäten unterscheiden sich vom Smaragd wesentlich nur durch die Farbe, dazu Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 26 402 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. kommt aber auch eine etwas kompliziertere Kristallisation, so daß sie die flächenreicheren Formen der Fig. 72, b bis e und von Taf. XII, Fig. 4 und 5 zeigen, während, wie wir gesehen haben, am Smaragd kaum eine andere als die in Fig. 72, a dargestellte einfache Gestalt auftritt. Wir werden im folgenden den Aquamarin etwas eingehender betrachten und daran im Vorbeigehen die anderen Varietäten des edlen Berylis anschließen, die sich in allen wesentlichen Beziehungen wie jener verhalten, und deren Fundorte zum Teil die- selben sind. Aquamarin. Der Aquamarin ist durch seine reine himmelblaue oder auch bläulich- grüne oder grünlichblaue Farbe charakterisiert. Diese wurde mit der Farbe des Meer- wassers verglichen, und nach einer alten Sage sollte Aquamarin im Meerwasser wegen der voll- kommen gleichen Färbung gar nicht sichtbar sein, was eben den Namen Aquamarin ver- anlaßte. Die Aquamarine sind fast stets ziemlich hell, dunklere gibt es nur sehr wenige, so z. B. schön und tief sapphirblaue in geringer Menge bei Royalston in Massachusetts in Nord- amerika und bei Rio de Janeiro. Zuweilen unterscheidet man den himmelblauen Beryll als eigentlichen Aquamarin (Taf. XII, Fig.5 und 7) von dem grünlichblauen bis bläulichgrünen (Taf. XII, Fig. 6), der dann speziell als „sibirischer Aquamarin“ bezeichnet wird. Meıst führen aber alle hellgefärbten Berylle der erwähnten Art ohne weitere Unterscheidung den Namen Aquamarin. Die Farben aller dieser edlen Berylle, so namentlich die des Aqua- marins, sind besonders bei künstlicher Beleuchtung schön und glänzend. Durch Radium- strahlen werden sie nicht verändert. Die Ursache der Färbung ist beim Aquamarin und ebenso auch bei den anderen edlen Beryllen nicht dieselbe wie beim Smaragd. Sie ist nicht auf Chrom, sondern wahr- scheinlich bei allen auf einen kleinen Eisengehalt zurückzuführen, der niemals fehlt und der zwischen !/2 und 2 Proz. schwankt. Diese Farbe wird, nach Versuchen an grünem und gelbem Beryll aus dem Granit der Gegend von Dublin in Irland, durch einstündiges Erhitzen auf 357 Grad fast ganz zerstört, die Kristalle bleiben aber dabei durchsichtig. Beim Schmelzen erhält man eine ganz farblose trübe Masse. Wenn der Stein nicht gar zu blaß gefärbt ist, ist der Pleochroismus noch recht merk- lich. Mit der diehroskopischen Lupe erhält man ein rein hellblaues und ein sehr hell gelblichgrünes, fast farbloses Bild. Ist die Farbe etwas tiefer, dann treten Farbenunter- schiede beim Hindurchsehen nach verschiedenen Richtungen schon mit bloßem Auge hervor. Der Aquamarin, wie überhaupt der edle Beryll, ist meist recht gleichmäßig durch die ganze Masse gefärbt; verschiedene Färbung an verschiedenen Stellen desselben Kristalls ist ungewöhnlich. Viel häufiger als beim Smaragd sind die Steıne durchaus klar und durchsichtig und vollkommen fehlerlos. Zuweilen treten aber allerdings auch hier Risse und trübe wolkenartige Flecken auf, welche letztere wie beim Smaragd von zahlreichen, dicht gedrängten, mikroskopischen, leeren oder flüssigkeitserfüllten Hohlräumen herrühren. An solchen wolkigen (moosigen) Stellen ist es unmöglich, eine feine Politur herzustellen; die Steine bleiben auf ihnen trotz aller Bemühung stets mehr oder weniger matt, obwohl der Beryll sonst wie der Smaragd einen sehr starken Glauz anzunehmen vermag. Zuweilen wechseln durchsichtige Partieen mit undurchsichtigen trüben ab; man muß dann vor dem Schleifen die letzteren vorsichtig entfernen, um die ersteren für sich allein zu bekommen. Die Gestalt, die man dem edlen Beryli und speziell dem Aquamarın beim Schleifen zu geben pflegt, ıst neben allen möglichen anderen, auch mugeligen Formen, die des Brillants oder der Treppenschnitt in einer seiner verschiedenen Modifikationen. Einige sind in Fig. 6 und 7 auf Taf. XII abgebildet. Da die Farbe, wie erwähnt, meist sehr hell ist, so muß man, damit sie noch deutlich hervortritt, den Steinen eine nicht zu geringe Dicke geben. Zur Hebung des Glanzes und der Farbe wird der Beryll häufig auf einer Folie aufgebracht, die zu seiner Farbe paßt. Die Aquamarine erhalten eine Silberfolie 1. Smaragd (Krystall, im Kalkspath, Musogrube). 2. Smaragd (Krystall, im Glimmerschiefer, Habachthai). 3. Smaragd (geschliffen). 4. Beryll (Goldberyll, Krystall). 5. Aquamarin (Krystall, Adun-Tschilon). 6. 7. Aquama rin (geschliffen). 8. Chrysoberyll (Alexandrit, Krystall, Tokowoia). 9a. Chrysobery 11 (Alexandrit, geschliffen, bei Tag). 9b. Chrysobery 1 (Alexandrit, geschliffen, bei Kerzenlicht). 10. Chrysoberyll (Krystall, Brasilien). 11. Chry- soberyll (Cymophan, oder orient. Katzenauge, geschliffen). 1X J373AT 407 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EoktsTEINKUNDE. nu ton, so daß sie die fläcßenreicheren 4 und 5 zeigen, in Fig. 72, a de kommt aber auch pine etwas kompllbic Bere KerjRtaT N Formen der ii ER bis e und von gesehen habexg DZSUN AN Gestalt auftrik RN A den ım folgen und daran i on Hune Den die anderen \ in allen wes a DR) 1 aa / konamarin Per A quamarın ıst durch seindkeine himmelblaue oder auch rrüne “der grünliehblaue Farbe charakterisiert. e wurde mit der Farbe des Meer- wassers verglichen, und ch einer alten Sage sollte arın im Meerwasser wegen der voll- kommen gleichen Färbung ga eben den Namen Alquamarin ver- anlaßte. Die Ayrämarıne sind dnnkiere gibt es sehr wenige, so EL X seihen sind. nieht siehtbar sei ist stets ziemlich z. B. schöf und tief sapphirblaue Ir geringer Menge bei Royalstor jetts in Nord- amerika ind bei Rio de Janeiro. Zuweil& unterseheidet maı Aryll als eigentlielfen Aquamarin 1 7) von dem grü ünen (Taf. 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Die Aquamarir halten une Siberfolie ‚otoidoaremmild ui ‚lstevıä) bgsısm&.S (odırıgoeuM ‚disqeslsil mi IsterrH) basısme .Lı niısmeupA 8 .(steviff ‚IUnsedblod) IIysod 2 .(msttildsese) bysıeme .8 .(sdtdoesdsH JirrbaszelA) Iwısdoayıd) 83 .(asliildoasg) niısmenpA .T 29 ‚(aolidoeT-uubA Jistavıd) Iixıodoayıdd .de .(gsT isd ‚moitildoasg Arrbasxelä) Iyredoawıdd .e .(siowodoT Istayıl dd .tt ‚(msiliesıd ‚Ustayıl) Ivsrodoayıdd .0r .(ddoilmesıoil iod ‚ıo ri ‚(astiildoasg sausuostsil Insiıo abo ‚usdgomyd) UNSER oa hr TAFEL Xli. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Auflage. E. Ohmann lec. EpLEer BervLr. (AQUAMARIN, AQUAMARINCHRYSOLITH UND GOLDBERYLL.) 403 oder werden in einen schwarzen Kasten zesetzt, schöne, fehlerlose und gut, namentlich nicht zu blaß gefärbte Steine aber auch & jour gefaßt. Die geschliffenen Steine sind häufig nach einer Richtung etwas in die Länge gezogen, da sie meist aus langen und verhältnismäßig dünnen Prismen herausgeschnitten sind, wie eines in Fig. 5, Taf. XII, dargestellt ist. In solchen länglich gestalteten Steinen gibt die Längsrichtung die Lage der Hauptaxe des Kristalls an, wovon man sich unschwer durch Beobachtung des Pleochroismus überzeugen kann. Größere Kristalle von dieser Form werden im Orient nicht selten zu Dolchgriffen und anderen derartigen Gegenständen verarbeitet. Zum Eingravieren von Figuren ist der Aquamarin vielfach und auch schon im Altertum benutzt worden; die mäßige Härte ist dieser Anwendung günstig. In alten Zeiten soll der Beryll auch zur Herstellung von Augengläsern gedient haben, und daher soll das Wort „Brille“ stammen. Vom edlen Beryll, besonders vom Aquamarın gibt es im Unterschied vom Smaragd zahlreiche durchsichtige, schön gefärbte, fehlerfreie Exemplare von beträchtlicher Größe. Prismen von Beryll in tadelloser schleifbarer Ware von Daumenlänge und -dicke sind ganz gewöhnlich, und sogar erheblich größere sind noch keine Seltenheit. Der frühere Pariser Juwelier Barbot erwähnt in seinem Werke über Edelsteine einen rohen Aqua- marin von seltener Schönheit im Gewicht von ungefähr 10 kg, für den 15000 Franken verlangt wurden; in Minas novas in Brasilien wurde 1811 ein schöner grasgrüner Stein von 15 Pfund gefunden, und von anderen großen und schönen Stücken wird nicht gar zu selten berichtet. Es ist daher selbstverständlich, daß der Preis der Aquamarine und der edlen Berylle überhaupt ein recht niedriger ist. Sie gehören zu den billigsten Edel- steinen, aber wegen seiner lieblichen und angenehmen Farbe und seines schönen Glanzes ist namentlich der Aquamarin sehr verbreitet und geschätzt. Ein Karatstein mittlerer Beschaffenheit kostet bis zu 8 Mark; die Farbe muß schon sehr schön und die Qualıtät dabei in jeder Hinsicht vollkommen sein, wenn der Stein einen höheren Wert haben soll, 20 bis 65 Mark pro Karat. Wenn unter solchen besonders günstigen Umständen ein vor- züglicher Aquamarin auch einen ziemlichen Wert haben kann, so erreicht er doch wohl nie den Minimalwert des guten Smaragds. Auch steigt der Preis nur in demselben Ver- hältnıs wie das Gewicht. Der Beryll und namentlich der Aquamarin ist ein verbreitetes Mineral, das an vielen Orten in schleifwerter Beschaffenheit vorkommt. Auch er wird, wie der Smaragd, haupt- sächlich auf ursprünglicher Lagerstätte, und zwar im Unterschied von diesem fast nur auf Drusen grobkörniger Granite (Pegmatite) und in anderen ähnlichen Gesteinen gefunden. Das Vorkommen auf sekundärer Lagerstätte, in Seifen, ist dagegen minder gewöhnlich, es ist jedoch immerhin wichtiger als beim Smaragd. Vorkommen. Zahlreiche schöne klare, meist blaß gelblichgrüne, aber auch bläuliche Steine, Kristalle sowohl als Geschiebe, kommen aus Brasilien, in beiderlei Form nicht selten von beträchtlicher Größe. Die Kristalle sind äußerlich häufig stark zerfressen. Das Muttergestein ist derselbe grobkörnige Granit (Pegmatit), der auch die anderen farbigen Edelsteine Brasiliens, Turmalin, weißen Topas, Chrysoberyll usw. beherbergt, aus dem sie dann als Geschiebe in die Flüsse gelangen. Die Heimat ist der Bezirk Minas Novas in der Nordostecke des Staates Minas Geraes. Bei der Betrachtung des farb- losen Topases werden wir dieses Vorkommen genauer kennen lernen. Als Fundorte, die dort gegenwärtig schöne Aquamarine liefern, werden besonders genannt: die Insel Ihla Alegre im Jequetinhonha nahe der Stadt Calhao (Arassuahy), woher zurzeit die besten kommen sodann die Brüche bei Pecanha am Rio Doce in Minas Geraes und weiter talabwärts im Staate Espirito Santo. Die Kristalle wachsen von geringer Größe bis zu beträchlichem Umfange an. 1902 ist einer von 18” Pfund im Wert von ca. 50000 Mark, und ein 26 * 404 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. anderer von 5 Pfund gefunden worden. Dem entsprechend sind auch die Geschiebe zu- weilen sehr groß, wie das oben erwähnte 15 Pfund schwere Stück zeigt, das im Jahre 1811 im Quellgebiet des Rio S. Matheus in Minas Novas gefunden wurde; kurze Zeit darauf folgte ihm ebendort ein anderes schönes Stück von 4 Pfund. Die meisten sind aber weit kleiner, ihr größter Durchmesser schwankt zwischen zwei und höchstens fünf Linien. In der Nähe von Rio de Janeiro kommt gleichfalls Aquamarin, und zwar auch auf Gängen von grobkörnigem Granit im Gneis vor, so z. B. bei Vallogo, wo 1825 ein schöner Kristall von 4 Pfund gefunden wurde, für den der Besitzer 600 Pfund Sterling forderte, und noch früher ein durchsichtiger, reiner und fehlerloser Stein von 7 Zoll Länge und 9 Linien Dieke. Im Jahre 1903 wurden bei einer Station der Leopoldina-Eisenbahn sehr schöne tiefblaue Kristalle gefunden und daraus einzelne prächtige Steine von 100 Karat geschliffen. Verbreitet ist der Beryll im Ural und auch sonst in Sibirien, wo er an mehreren Orten, wie in Brasilien in Begleitung von Topas, in geeigneter Beschaffenheit gewonnen wird, so daß diese Gegenden sich zum Teil bezüglich der Wichtigkeit für unseren Edel- stein mit Brasilien messen können. Im Ural hat sich derselbe an verschiedenen Stellen in der Gegend von Katharinen- burg im Gouvernement Perm und am Ilmensee im Ilmengebirge, sowie in den Gold- wäschen an der Sanarka im südlichen Teile des Gebirges gefunden. In der Nähe von Katharinenburg ist es hauptsächlich die Nachbarschaft der Dörfer Mursinka (Mursinsk) und Scehaitanka (Schaitansk), wo diese Steine vorkommen, überall auf Drusenräumen im grobkörnigen Granit, der feinkörnigen Granit in Gängen durchsetzt. Der bei Mursinka vorkommende Beryll ist der schönste im ganzen Ural. Seine Farbe ist verschieden: weingelb, grünlichgelb, gelblichgrün, bläulichgrün und blaßblau. Gewöhn- lich ist er durchsichtig und sehr regelmäßig kristallisiert; die Prismen sind von einigen Millimetern bis 65 Zentimeter lang und bis 26 Zentimeter diek. Manchmal kommen Ver- wachsungen mehrerer Kristalle vor, zuweilen ın paralleler Stellung, zuweilen auch unregel- mäßig. Eıne solche Gruppe von schön gelbgrünen oder spargelgrünen, tadellos durch- sichtigen, parallelverwachsenen Kristallen, 27 em lang und 31,2 em im Umfang, wurde im Jahre 1828 gefunden. Sie befindet sich jetzt in der Sammlung des St. Petersburger Berginstituts; ihr Wert wurde auf etwa 43000 Rubel geschätzt. Die Höhlungen, in denen die Kristalle sitzen, sind meist mit einem braunen Ton ausgefüllt, der als Anzeichen reicherer Anbrüche gilt. Begleitet wird der Beryll von Quarz, Feldspat, Glimmer, schwarzem Turmalin und namentlich von den ebenfalls als Edelsteine wichtigen Mineralien Topas und Amethyst, von denen unten eingehender die Rede sein wird. Diese „bunten Steine“ der dortigen Steinsucher werden in zahlreichen Gruben gewonnen und zum größten Teil in den Schleifereien von Katharinenburg verarbeite. Die Gruben waren früher alle bei dem Dorfe Mursinka selbst, später wurden solche auch einige Kilometer entfernt, bei den Dörfern Alabaschka, Sisikowa, Juschakowa, Sarapulskaja und anderen angelegt, deren Bewobner zum großen Teil von der Edelsteingewinnung leben. Im Jahre 1815 wurden die Berylle von Schaitanka bekannt; diese sind aber alle farblos oder hellrosa und daher als Edelsteine von geringerer Wichtigkeit, sie bilden jedoch, wie jene Mineralien alle, auch von den anderen genannten Fundorten, prächtige Stufen, die man in allen Mineralien- sammlungen zu bewundern Gelegenheit hat. Die Lage der Gruben in der Näbe von Mursinka ist auf dem Kärtchen Fig. 77 angegeben; bei der Betrachtung des Amethysts sollen noch einige weitere Nachrichten über dieselben mitgeteilt werden. Im Granit der Malaja Tesma im Bergrevier von Slatoust wurden drei neue Aquamarın- fundorte festgestellt; die reichste Grube ist Tschernyschew-Grube genannt worden. EvLer BERYLL. (AQUAMARIN, AQUAMARINCHRYSOLITH UND GOLDBERYLL.) 405 Von geringerem Werte sind die hell apfelgrünen Berylle, die den Smaragd von der Tokowaja begleiten. Auch die vom Ilm&nsee sind nur zum kleinen Teile schleifwürdig. Sie finden sich am östlichen Ufer dieses Sees, 6 Werst (Kilometer) nordöstlich von der Hütte Miask (im Ilmöngebirge, südlich von Katharınenburg, im Slatouster Bergreviere, ziemlich genau unter dem 55. Breitengrade). Die Berylikristalle, bis gegen 25 cm lang, bläulichgrün ins Lauchgrüne, aber sehr rissig und größtenteils nur durchscheinend, liegen mit ebenfalls rissigen Topaskristallen ın Quarzgängen mit grünem Feldspat (Ama- zonenstein), die das Miascit genannte Ge- stein durchsetzen. Unwichtig ist auch das Vorkommen in den Goldwäschen am Flusse Sanarka im südlichen Ural, wo sich der Beryll in Form | von Geschieben als Begleiter des Topases, z Oo Maslianka Chrysoberylis usw. findet. Der Beryll vom Altai zeichnet sich mehr durch Größe als durch Schönheit aus. Er findet sich in bis 1 m langen und bis ı \ ‘ \ . oO Lugor 270: | — el 5 „in | Veues Dorf KHomarosa He" 3 2 ; £ Sisikowa, &)ı 15 cm dicken Kristallen von der Form eines | Kr a aa 2 . "Ioo R r Z_ sechsseitigen Prismas mit gerader Endfläche 33 Bi - 3 r ° | r zn (Fig. 72, @ u. 73) und von himmelblauer bıs 2) % W grünlichblauer Farbe in braunem, sehr rissigem Quarz; der Fundort liegt in den Tigeretzker Bjelken. Da diese Kristalle ge- ||‘ | wöhnlich höchstens durehscheinend sind, s0 | esuschakowu A sind sie zu Edelsteinen selten brauchbar. Wichtiger ist wieder das Vorkommen im Nertschinsker Kreise in Transbai- kalıen. Nertschinsk liegt am Oberlauf des Flusses Schilka, der sich weiter abwärts Fig. 77. Vorkommen des Beryllis bei Mursinka im Ural. als Amur fortsetzt, etwa 116° östlich von Greenwich. Es sind hier zwei Landstriche, in denen zahlreiche Berylie, und zwar vor- zugsweise Aquamarine vorkommen: der Gebirgsrücken Adun-Tschilon mit seiner südlichen Fortsetzung im Bergzuge von Kuchuserkensk und die Umgegend der Urulga am nördlichen Abhang des Borschtsehowotschnoi-Gebirgszuges. Die Berylle und die anderen „bunten Steine“ von Adun-Tschilon, einem granitischen Bergzug zwischen dem Onon und dem Onon-Borsja, sind schon seit 1723 bekannt. Die Ausbeute war früher sehr beträchtlich, am höchsten im Jahre 1796, wo allein 5 Pud —= 852 kg) reine und zur Verarbeitung taugliche Aquamarine gefunden wurden. Die Kristalle sitzen auf den Wänden von Hohlräumen einer Gebirgsart, des sogenannten Topas- felses, der hauptsächlich aus feinkörnigem Quarz und kleinen Topaskriställchen gemengt ist und der den Granit gangförmig durchzieht. In diesen Hohlräumen ist der Aquamarin stets begleitet von Topas und Rauchtopas, häufig auch von anderen Mineralien. Der höchste Berg des Gebirgszuges Adun-Tschilon, der Adun-Tschilon im engeren Sinne oder Tutebaltni, besteht aus zwei durch ein enges Thal getrennten Gipfeln, deren westlicher Hoppewskaja Gora oder Schörlberg heißt. Dieser, in der Hauptsache von Topasfels gebildet, ist durch die Gräbereien nach Beryll derart durchwühlt, daß man darauf keinen unberührten Fleck mehr finden kann. Die’ Edelsteine sind aber nicht auf diesen Berg allein beschränkt, zahlreiche Gruben finden sich auch in der Umgegend zerstreut und uouıpy up! Sarapulskaja R | a Gruben 1:125000 406 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. nehmen im ganzen etwa zwei Quadratwerst ein. Es sind höchstens drei Faden tiefe offene Sehürfe primitivster Art ohne Zimmerung, von denen aus kurze horizontale Strecken nach allen Richtungen in das Gestein hineingetrieben werden. Am südlichen Abhange des Hoppewskaja Gora findet man den Aquamarin mit dem ihn stets begleitenden Topas in schönen Exemplaren lose in einer lockeren, durch Ver- witterung des Topasfelses entstandenen, viel Eisenocker enthaltenden Erdschicht, unmittel- bar unter der Rasendecke. Die Berylle von Adun-Tschilon bilden, abweichend von den glattflächigen Prismen vom Ural und vom Borschtschowotschnoi-Gebirgszug (oder von der Urulga), stark vertikal gestreifte Säulen wie in Fig. 72,d. Sie sind gewöhnlich grünlichblau, doch auch himmel- blau, gelblichgrün, weingelb usw.; auch ganz farblose kommen zuweilen vor. In der Durchsichtigkeit variieren sie vom vollkommen Klaren bis zum Kantendurchscheinenden. Die vielfach zu Gruppen verwachsenen Kristalle sind häufig mit einer dünnen Schicht eines braunen Eisenockers bedeckt, mit dem auch die Drusenräume ausgefüllt zu sein pflegen. In dem Borschtschowotschnoi-Gebirgszuge zwischen den Flüssen Schilka und Unda hat man um die Mitte dieses Jahrhunderts viele schöne Berylle gefunden, hauptsächlich in den Granitbergen längs den Ufern der Urulga, eines rechten Nebenflusses der Schilka. Die Berylle aus der Nähe der Urulga sind ganz besonders ausgezeichnet durch ihre bedeutende Größe, ıhre Klarheit und Durchsichtigkeit und durch ihre angenehme und schöne Farbe. Die meisten sind gelblichgrün, doch gibt es auch farblose, blaue nnd gelbe. Die Größe geht bis 10 cm Länge und 5 cm Dicke; die Kristallform ıst häufig sehr schön regelmäßig. Im allgemeinen ist der Beryll von der Urulga dem von Mur- sinka sehr ähnlich. In anderen Teilen von Asien ist der Beryli und speziell der Aquamarin nur sparsam vorhanden. Ostindien hat zwar an manchen Punkten blaß gefärbten Aquamarin geliefert, und Gegenstände daraus findet man dort in alten Gräbern, Tempeln usw. nicht selten, gegenwärtig ist aber die Produktion gering. Am meisten scheint im Distrikt Coimbatur in der Präsidentschaft Madras gewonnen worden zu sein, so manche Steine von beträcht- lichem Wert bei Padgur (Pattalaı). Hier wurde am Anfange des 19. Jahrhunderts Aquamarın gegraben, der auf Hohlräumen eines grobkörnigen Granits vorkam. Die Grube wurde später verlassen, nachdem alle leicht erreichbaren Steine herausgebrochen waren. In der Nähe bei Kangayam in demselben Distrikte hat man dann später Aquamarine entdeckt, von denen Proben auf der Wiener Weltausstellung im Jahre 1873 zu sehen waren. Hier wurde einmal ein 184 g (= 900 Karat ungefähr) schwerer Stein von der vollkommensten Durch- sichtigkeit gefunden, der für 12500 Franken verkauft worden ist. Hellblaue zum Teil ziemlich große, bis 3'/ı Zoll lange Kristalle finden sich an mehreren Stellen auf Granitgängen im Gneis im Pendschab, sie sind aber überall meist sehr rissig und nur ausnahmsweise zu Schmucksteinen geeignet. Im Dschaipur-Staate in tadschputana wurde Aquamarin im Aschmir-Distrikt in den Toda Hills und bei Radschma- hal am Banas, auch bis 38 (engl.) Meilen entfernt von dieser Stadt an verschiedenen Orten gefunden und gewonnen, die Steine sind aber meist zu klein, so daß sie trotz schöner Farbe wenig Wert haben. Sie wurden im Schwemmlande aufgelesen und stammen wahr- scheinlich aus den Granitgängen, die in Radschputana die Gebirgsschichten in großer Zahl durchsetzen. Kleine Kristalle von gelbem Beryll sind im Distrikt Hazarıbagh in Ben- salen in einem mächtigen Gange eingeschlossen, und noch mehrere andere Fundorte edler 3erylle werden angegeben, die aber zum Teil noch zweifelhaft sind. Einige Berylle finden sich in den Glimmergruben von Nellore und Behar. In Birma sollen Aquamaringerölle im Irawadi gefunden worden sein, die Nach- richt ist aber unsicher. Jedenfalls ist das Vorkommen von Aquamarin in Birma spärlich, EDLER BERYLL. (AQUAMARIN, AQUAMARINCHRYSOLITH UND GOLDBERYLL.) 407 und dasselbe gilt für das edelsteinreiche Ceylon, wo der edle Beryll aber immerhin in ein- zelnen fehlerfreien Exemplaren angetroffen wird. Europa ist gleichfalls sebr arm an schleifbaren Beryllen, wenn auch mancher Fund- ort bekannt ist. Vielleicht kann der schön und ziemlich tief blau gefärbte, aber selten durchsichtige Beryll aus dem Granit der Mourne Mountains in Irland erwähnt werden. Zahlreich sind die Lokalitäten in Nordamerika, in den Vereinigten Staaten. Einige dieser Fundorte haben schöne schleifbare Steine von verschiedenen Farben geliefert, jedoch keiner in erheblicher Menge. So findet sich Beryll mit dem Smaragd von Haddam in Connecticut und von Stony Point, Alexander County in Nord-Carolina. Bei Russel Gap Road in derselben Grafschaft wurden mehr schleifbare Aquamarıne gewonnen als irgendwo sonst in den Vereinigten Staaten. Schön blaue Aquamarine finden sich auch in Mitchell County, in Nord-Carolina, so in der Spruce Pine-Region, hier mit Goldberyll, Varietäten von verschiedenen Farben ähnlich den Uralischen auf Drusen in Pegmatit von Topsham in Maine, grüne Berylle bei Stoneham, Oxford County in Maine, wo ein schönes bläulichgrünes Stück erbeutet wurde, das einen prachtvollen, beinahe fehlerfreien Brillant von 35 mm Länge und Breite und 20 mm Dicke im Gewicht von 133#/ı Karat lieferte, einige gute Steine bei Graf- ton in New Hampshire, schöne Aquamarine und Goldberylle bei New Milford in Connecticut. Bei Royalston in Massachusetts fanden sich neben anderen z. T. edlen Beryllen solche, die so schön blau waren wie gute Sapphire, aber leider nur in kleinen Kristallen; es sind das die schönsten blauen Berylle, die je beobachtet worden sind, und ein Kristall wurde auf 200 Dollars geschätzt. Am Mt. Antero, 10 Miles nördlich von Salida, in Colorado kommt Beryll mit Phenakit und anderen Mineralien 12000 bis 14000 Fuß hoch vor. Hell- bis dunkelblaue Kristalle sitzen auf Drusenräumen im Granit. Sie sind 1 bis 4 Zoll lang und !/ıo bis 1 Zoll dick und geben bis 5 Karat schwere geschliffene Steine. Ein eigen- tümliche tiefblaue Varität ist neben andersfarbigen von Rincon, 9'/2 Miles südöstlich von Pala, San Diego County, im südlichen Kalıfornien bekannt geworden. Manche trübe Steine von hier von verschiedener Färbung geben en cabochon geschliffen einen Lichtschein wie das Katzenauge (Berylikatzenauge). An dieser Stelle ist der Beryll ohne Turmalın. Mit diesem, sowie mit Hessonit und Topas findet er sich bei Ramona, ebenfalls in San Diego County und zwar ist hier neben anderen Farben (Aquamarin, Goldberyll) die sonst so seltene rosen- rote ziemlich reichlich vertreten, und dasselbe ist in dem Jacumba-Distrikt ın der Um- gegend der Jacumba Hot Springs, 70 miles östlich von der Stadt San Diego, der Fall. Alle diese Edelsteine finden sich ın jener Gegend auf Drusen in Pegmatit mit Turmalın, bei dessen Besprechung davon eingehender die Rede sein wird. Anders, und zwar in einem vulkanischen Quarztrachyt kommt der himbeerrote Beryll von Simpson-County in Utah vor. Die Zahl der Fundorte ist damit noch nicht erschöpft, aber sie werden nicht weiter erwähnt, weil sie, wie übrigens auch die meisten genannten nordamerikanischen, für den Edelsteinhandel nur von untergeordneter Wichtigkeit sind. In Australien kommt Beryll ebenfalls in kleiner Menge vor, so an mehreren Orten in Neu-Süd-Wales usw. Auch die australischen Funde sind für den Handel vollkommen belanglos. Was den gelben Edelberyll betrifft, so stammt der wenig gebrauchte gelblichgrüne Aquamarinchrysolith, auch wohl kurz Chrysolith genannt, meist, und zwar in srößeren Exemplaren, aus Brasilien, doch findet man ebenso gefärbte Steine von schöner Beschaffenheit auch an manchen der oben erwähnten Orte, so ın Sibirien als Begleiter des Aquamarins. Der schön gelbe Beryll, von dem ein Stein auf Taf. XII, Fig. 4 abgebildet ist und der in seiner schönsten und am tiefsten und reinsten gelben Abänderung Gold- beryll genannt wird, findet sich in guten Exemplaren außer an den schon genannten Orten bei Albany in Maine, in Coosa County in Connecticut und in der Nähe der Stadt 408 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. New-York, sowie auch an anderen Orten der Vereinigten Staaten, wo dieser Stein hoch geschätzt wird. Überall bier wie auch anderswo ist aber das Vorkommen stets spärlich. Ein 2 Zoll langer Kristall von Goldberyll ist aus einem alten Indianergrab nahe dem Tesanty Creek in Macon County, Nord-Carolina ausgegraben worden; er stammt wahr- scheinlich aus der nahe gelegenen Littlefield-Beryligrube. In den South Mountains in Burke County, Nord-Carolina, begleitet er den Aquamarin. Ganz unbedeutend ist das Vorkommen von Pisek in Böhmen. Die gelben Berylle stehen sonst im allgemeinen nicht hoch im Preise; nur besonders ausgezeichnete Steine werden höher als mit einigen Mark für das Karat bezahlt. Gewisse farblose, bläuliche oder hellrosafarbige Berylle von den Fundorten in Maine wurden wegen ihres kleinen Cäsiumgehalts Cäsiumberylle genannt; ein guter ge- schliffener Karatstein ist 20 bis 80 Mark wert. Der edle Beryli kann mit mehreren anderen Edelsteinen dem Aussehen nach ver- wechselt, aber bei genauerer Untersuchung, namentlich durch das ganz besonders niedrige spezifische Gewicht meist leicht und sicher unterschieden werden. Der Aquamarin gleicht der Farbe nach dem orientalischen Aquamarin, dem Euklas, und wohl auch manchen Turmalinen, ganz besonders aber dem blauen Topas und zwar so sehr, daß der letztere im Edelsteinhandel ebenfalls unter dem Namen Aquamarin zu gehen pflegt. Alle diese genannten Steine sinken aber in der dritten Flüssigkeit (G. = 3,) unter, während der Beryll schwimmt. In gleicher Weise unterscheidet man den gelben Beryll, den Aquamarin- ehrysolith sowohl als den Goldberyll von ähnlich aussehenden gelben und grünlichgelben Steinen vom gelben Topas, vom orientalischen Topas und Chrysolith, vom eigentlichen Chrysolith und vom Chrysoberyli, die alle in jener Flüssigkeit ebenfalls untersinken. Schwieriger ist die Unterscheidung von dem gelben Quarz, dem Citrin, der im spezifischen Gewicht und in der Härte nur sehr wenig unter dem Beryll steht. Diese beiden Eigen- schaften müssen zu dem vorliegenden Zwecke etwas genauer untersucht werden. In der vierten Flüssigkeit (G. —= 2,5), in der der Citrin schwebt, sinkt der Beryll noch langsam unter, und eine glatte Quarzfläche, die der Citrin nicht angreift, wird vom Beryll noch merklich, wenn auch nicht stark geritzt. Ätztinte wirkt stark auf Citrin, aber schwach auf Beryll ein, und die Brechungskoeffizienten des letzteren sind nicht unerheblich höher als die des Quarzes. Auch der stärkere Pleochroismus des Berylis kann einen Anhaltspunkt und zuweilen die Entscheidung geben. Ein Glasfluß von der Farbe des Aquamarins wird u.a. erhalten, wenn man 3456 Teile Straß, 24 Teile Spießglanzglas und 1!/ Teile Kobaltoxyd zusammenschmilzt. Von den echten Steinen unterscheiden sich derartige Imitationen dureh die einfache Lichtbrechung und den vollständigen Mangel des Diehroismus, sowie durch die geringere Härte. I———— Euklas. Der Euklas gehört mit zu den seltensten Mineralien, er kommt daher auch nicht im gewöhnlichen Edelsteinbandel vor, sondern wird nur gelegentlich einmal geschliffen und zu hohen Liebhaberpreisen (ein Karat bis 200 Mark und mehr) verkauft. Er hat in mehr als einer Hinsicht große Ähnlichkeit mit dem Beryll, besonders mit dem Aquamarin. Dies zeigt sich schon in der chemischen Beschaffenheit, denn beide enthalten dieselben Bestand- teile, nur in verschiedenen Mengen, der Euklas außerdem etwas Wasser. Seine Zusammen- setzung wird durch die Formel: H30.2 BeO.Al: 03.2 SıO2 ausgedrückt. EUKLAS. 409 Die Kristallform gehört dem monoklinen System an. Es sind stark vertikal gestreifte Prismen, die oben und unten durch schief angesetzte Flächen begrenzt sind, wie Fig. 78 zeigt. In einer Richtung, parallel mit der Symmetrieebene, können die Kristalle sehr leicht gespalten werden; die vollkommenen Blätterbrüche stumpfen die seitlichen Kanten der Prismen gerade ab. Diese Eigenschaft hat zur Folge, daß die Steine leicht Risse be- kommen, leicht zerbrechen und beim Schleifen am Rande splittern, sie müssen also sehr in acht genommen werden. Die Härte ist nahe gleich der des Berylis, nämlich gleich 7'/2, der Euklas übertrifft aber doch hierin den Beryli um etwas. Das spezifische Gewicht ist ziemlich groß, gleich 3,05 bis 3,10. Durch „Reiben wird eine nicht unbedeutende elektrische Spannung erzeugt. Der Euklas ist glasslänzend, in der Riehtung des Blätterbruches tritt häufig Perl- mutterglanz auf. Durch das Schleifen und Polieren kann ein sehr schöner Glanz hervor- gebracht werden. Die Steine sind vielfach vollkommen klar und durch- sichtig. Die Lichtbrechung ist gering, ebenso die Doppelbrechung und Farbenzerstreuung; die Brechungsindices liegen zwischen 1,65 und 1,67. Die Farbe hat viel Ähnlichkeit mit der des edlen Berylis; sie ist ent- weder grün ins Blaue, wie es Taf. XIII, Fig. 5 zeigt, oder sie geht ins Gelbe; sie zeigt die verschiedensten Nuancen, die aber beinahe stets blaß sind. Tief und dunkler gefärbte Steine finden sich fast gar nicht, ebenso sind auch farblose ungewöhnlich. Am geschätztesten sind blaugrüne Steine von etwas kräftigerer Farbe, wie in obiger Figur, die dem entsprechend gefärbten Aquamarin und dem blauen Topas oft sehr nahe stehen. Von diesen beiden unterscheidet sich aber der Euklas leicht durch das spezifische Gewicht; auch der trotz Fig. 78. Kristallform der ziemlich schwachen Färbung nicht unbeträchtliche Dichroismus, des Euklases. namentlich der blauen, kann zu diesem Zwecke dienen. Die Zahl der Fundorte ist sehr beschränkt, und überall kommt der Stein nur in sehr spärlicher Menge vor. Zuerst wurde er in Brasilien bekannt, wo er die gelben Topase in der Gegend von Villa Rica (Ouro preto) in Minas Gera@s begleitet, die sich nesterweise auf Quarzgängen in dem mit dem Itakolumit verbundenen Tonschiefer finden. Allerdings kommen, wie es scheint, niemals Topas und Euklas in einem und demselben Neste neben- einander vor, sondern beide für sich in verschiedenen Drusen. Die Hauptfundorte sind Capao do Lane und Boa Vista (Fig. 81, S. 420). Im Jahre 1904 sind hier etwa zwei Dutzend 10 bis 33 Millimeter lange Kristalle gefunden worden, und vor zwei Jahren hat ein Ober- steiner Steinschleifer neben 50 Kilogramm Topas 5 Kilogramm Euklas gesammelt. L. v. Esch- wege berichtet von einem über 11/); Pfund schweren Euklas aus dieser Gegend; die meisten sind aber kleın und die Kristalle gewöhnlich durch Abbrechen von Stücken nach dem vollkommen Blätterbruch verstümmelt. Übrigens fehlt das Mineral auch ‚in den brasilianischen Diamantseifen nicht, ist aber als Begleiter des weißen Topases in Minas Novas bisher noch nicht vorgekommen. Eine zweite Fundstelle des Euklases in losen Kristallen sind die Goldwäschereien am Flusse Sanarka im Ural im Gouvernement Orenburg. Die Steine, wie in Brasilien meist Spaltungsstücke, sind bis 1!/; Zoll lang, aber meist kleiner. Ihre Farbe ist gras- grün bis grünlichblau, manche sind auch farblos. Als Begleiter finden sich hier ebenfalls Topas, sodann der schon oben betrachtete Chrysoberyll und andere Mineralien. Kleine hellgelbliche Kriställchen, auf Glimmerschiefer aufgewachsen, sind neuerer Zeit im Gebiet des Großglockners in den Alpen vorgekommen, sie haben aber lediglich mineralogisches Interesse. 410 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Phenakit. Der Phenakit ist als Edelstein ebensowenig wichtig, wie der Euklas, spielt aber doch immerhin wie dieser eine gewisse Rolle. Er enthält gleichfalls viel Beryllerde, aber neben dieser keine Tonerde, sondern nur Kieselsäure nach der Formel 2 BeO.SiO:. Das Kristallsystem ist das hexagonale, und zwar sind die Kristalle nach der rhombo&drischen Tetartoödrie entwickelt. Meist sind es niedere Prismen, die als Endbegrenzung die Flächen eines Rhomboeders oder einer hexa- gonalen Pyramıde, zuweilen daneben auch noch schmale Flächen anderer Formen tragen, wie es Fig. 79, a bis c zeigt. b. Fig. 79. Kristallformen des Phenakits. Die Spaltbarkeit ist im Gegensatze zum Euklas sehr unvollkommen; der Bruch ist muschlig. Der Härte nach steht auch der Phenakit etwas höher als der Beryll, er geht sogar noch um ein Weniges über den Euklas hinaus (H. = 7!/2 bis 8). Das spezifische Gewicht liegt etwas unter dem des Euklases; es beträgt G. = 2,9; bis gegen 3,0, so dab der Phenakit noch eben in der dritten Flüssigkeit (G. = 3,0) schwimmt. Der Glanz ist besonders auf den frischen Bruchflächen ein lebhafter Glasglanz, während die natürlichen Kristallflächen vielfach matter sind. Durch Schleifen wird er sehr gehoben, so daß gut polierte Phenakite mit zu den glänzendsten Steinen gehören und mit Sapphir rivalisieren können. Das Mineral ist vielfach wasserhell und klar, öfter jedoch trübe und nur durchscheinend, so daß vollkommen fehlerfreie Steine sehr selten und kostbar sind. Röntgenstrablen läßt der Phenakit noch etwas besser durch als der Diamant; er ist für sie der durchlässigste aller Edelsteine. Meist ist er farblos, seltener gelb, braun und rosenrot. Abgesehen von dem sehöneren Glanz gleicht der farblose wasser- helle Phenakit dem Bergkristall sehr. Er ist schwach, aber doch etwas stärker liehtbrechend als dieser, dagegen ist seine Doppelbrechung schwächer. Wasserhelle Phenakite erhalten wie alle derartigen Steine meist Brillantschliff. In dieser Form tritt das Feuer besonders schön hervor, und der Stein bekommt dadurch eine gewisse Ähnlichkeit mit Diamant, hat aber nie dessen schönes Farbenspiel. Die Zahl der Fundorte des Phenakits ist kaum größer als die des Euklases; er ist aber doch etwas häufiger als dieser. Zuerst bekannt war der weiße von der Tokowa)ja im Katharinenburger Revier im Ural, wo er mit dem Smaragd und Chrysoberyll in bis mehr als 10 cm dieken und bis 1’ Pfund schweren Kristallen im Glimmerschiefer ein- gewachsen ist. Weniger wichtig ist das Vorkommen mit Topas und grünem Feldspat (Amazonenstein) bei Miask am Ilmensee im Ural. Die Steine von der Tokowaja namentlich werden, wenn sie durchsichtig genug sind, in Katharinenburg geschliffen und wie die anderen russischen Edelsteine durch die Messe von Nischny Nowgorod zu hohen Preisen in den Handel gebracht. Sie werden hauptsächlich in Rußland getragen, PHEnArRTT. Toras. 411 einige gehen aber durch Vermittelung jener Messe auch in den Orient (nach Persien, Indien usw.). Seit kurzer Zeit erst bekannt ist das Vorkommen von Phenakit in Nordamerika, und zwar vorzugsweise in Colorado. Er findet sich hier in flachen rbomboedrischen Kristallen, wie bei Miask in Begleitung von Topas und Amazonenstein auf Gängen im Granit. Die Fundorte sind Topaz Butte bei Florissant, 16 (engl.) Meilen vom Pikes Peak entfernt, und mit Beryll und Quarz am Mt. Antero, Chaffee County, 10 (engl.) Meilen nördlich von Salida, in zolllangen Prismen. Auch diese amerikanischen Phenakite werden geschliffen und als einheimische Steine geschätzt und vielfach im Lande getragen. Von anderen amerikanischen Vorkommen ist noch ein solches in Brasilien zu erwähnen, das in der letzten Zeit wertvolles Material geliefert hat. In Europa ist Phenakit früher auf den Eisengruben von Framont in den Vogesen vorgekommen; es sind kleine braune Kristalle, die aber kaum jemals geschliffen worden sind. Die kleinen Kristalle, die in den letzten Jahren im Granit von Striegau und auf Glimmerschiefer aufgewachsen im Kanton Wallis gefunden wurden, sowie die von Kragerö in Norwegen sind nur mineralogische Seltenheiten. Überhaupt hat der Phenakit ım Edelsteinhandel keine große Bedeutung. ——eeee> ——————— Topas. Der Topas gilt für den Typus der gelben Steine, daher werden auch die gelben Steine, die einer anderen Mineralspezies angehören, vielfach mit demselben Namen be- zeichnet. Der gelbe Korund heißt, wie wir gesehen haben, orientalischer Topas, der gelbe Quarz (Citrin) wird böhmischer, zum Teil auch spanischer, der gelbe Flußspat falscher Topas genannt. Der Mineralspezies Topas gehören dagegen diejenigen Edelsteine an, die als edler, brasilianischer, sächsischer, sibirischer und taurischer Topas bezeichnet werden. Der Topas im Sinne des Mineralogen umfaßt aber nicht nur gelbe Steine, sondern auch farblose, blaue und rote, die dann als Edelsteine vielfach andere Namen führen. Das Mineral Topas ist eine fluorhaltige Verbindung von Kieselsäure mit Tonerde, die man durch die chemische Formel: AlaSıOıF2 darstellen kann. Diese entspricht 33,3 Kıeselsäure, 56, Tonerde und 17,6 Fluor. Die Analysen geben aber stets eine kleine, zwischen 0,ıs und 2,50 Prozent schwankende Menge Wasser, die bei Glühhitze erst ent- weicht. Sie beruht nicht etwa auf beginnender Verwitterung, sondern gehört wesentlich zur Substanz des Topases und beeinflußt auch die physikalischen Eigenschaften, spezi- fisches Gewicht, Lichtbreehung usw. Man nimmt daher an, daß ein Teil des Fluor durch Hydroxyl (HO) ersetzt sei, und schreibt die Formel allgemeiner: Al» SıO4 (F,HO).. Nieht selten findet sich neben den genannten noch irgendein anderer Bestandteil, aber stets nur in sehr geringer Menge, so Spuren von Eisenoxydul, Kalk, Alkalien usw. Jeden- falls spielt aber auch beim Topas die T'onerde, wie in den meisten bisher betrachteten kostbaren Edelsteinen (Rubin, Saphir, Spinell usw.), eine hervorragende Rolle. Die Kristallformen des Topases, die dem rhombischen System angehören, bieten neben großer Übereinstimmung in manchen Einzelheiten auch vielfache Verschiedenheiten. Stets sind zwei rhombische Prismen miteinander kombiniert, die zusammen eine meist lang- gestreckte achtseitige, stark längsgestreifte Säule bilden. Die Endbegrenzung wechselt dagegen von einem Fundort zum anderen. Sie ist fast stets nur an dem einen Ende regel- mäßig entwickelt, da die Kristalle immer mit dem anderen drusenförmig auf einer Unter- 412 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. lage aufgewachsen sind. Einige solcher Topasformen stellt die Fig. 80, « bis d dar. Die Fig. 80, a und ebenso die Figuren 2 und 4 auf Taf. XIII geben die einfache Ausbildung mancher Kristalle von Kleinasien und besonders von Brasilien; die Begrenzung des einen Endes wird nur von den Flächen eines Oktaöders gebildet. An dem in Fig. 80, b abgebildeten Kristalle treten dagegen hauptsächlich zwei große Domenflächen auf, die ihn oben dach- förmig begrenzen und neben denen die kleinen dreieckigen Oktaöderflächen fast voll- ständig verschwinden; derartig ausgebildete Kristalle stammen aus dem Adun-Tschilon- Gebirge bei Nertschinsk in Transbaikalien. An den Kristallen von Mursinka im Ural (Fig. 80, e und Taf. XIII, Fig. 1) tritt zu diesen Flächen noch eine ausgedehnte gerade End- fläche, und dasselbe ist der Fall bei den flächenreichen Kristallen vom Schneckenstein in Sachsen (Taf. XIII, Fig. 3 und Fig. 80, d), an denen mehrere Oktaöder mit den schon genannten Formen kombiniert sind. An anderen Orten kommen noch viel flächenreichere Kristalle vor, die angeführten können jedoch als Beispiele für die natürlichen Formen des Topases genügen. Die Größe der Topaskristalle ist außerordentlich verschieden. Man kennt solche von Stecknadelkopfgröße, aber auch manche von vielen Pfunden Gewicht. So wurde in der Nähe des Flusses Urulga in Sibirien ein schöner durchsichtiger Topas von mehr als 25 Pfund gefunden. Fig. 50. Kristallformen des Topases. Eine hervorragende Eigenschaft des Topases bildet seine ausgezeichnete Spaltbarkeit, die bei ihm vollkommener ist als bei den meisten anderen Edelsteinen. Sie geht in einer Richtung, und zwar parallel mit der geraden Endfläche, also senkrecht zu den lang- gezogenen gestreiften Prismen. Infolge dieser leichten Spaltbarkeit brechen auch die Kristalle bei ihrer Entfernung von der Unterlage fast stets nach einer ganz ebenen, leb- haft glänzenden und spiegelnden Fläche ab, wie dies die obigen Figuren am unteren Ende zeigen. Nach dem Blätterbruche können Topase, die, wie es häufig vorkommt, zur Herstellung eines einzigen Schmucksteines zu lang sind, leicht und ohne Mühe und Ge- fahr durch Zerspalten mit dem Meißel in mehrere Stücke von passender Größe zerlegt werden, was für die Bearbeitung von großem Vorteil ist. Andererseits entstehen aber in den Topasen leicht geradlinige Risse in dieser Richtung, welche die Schönheit und den Wert der Steine erheblich beeinträchtigen. Es ist daher dringend geboten, Topase sorg- fältig vor dem Fallen, vor Stößen usw. zu bewahren; sehon ein leichter Zufall dieser Art kann sehr störende Sprünge verursachen, die namentlich durch lebhaftes Irisieren stark hervorzutreten pflegen. Beim Schleifen ist gleichfalls Vorsicht geboten, da infolge der vollkommenen Spaltbarkeit am Rande der Steine leieht Splitter ausspringen, und da auch durch die Einwirkung der Schleifscheibe leicht Risse entstehen. Manchmal zerbreehen die Steine sogar dabei in mehrere Stücke. TorAs. EIGENSCHAFTEN. 413 Die Härte des Topases ist geringer als die der meisten bisher betrachteten Steine, aber immer noch beträchtlich. Er repräsentiert den 8. Grad der Härteskala und ritzt also Quarz noch mit Leichtigkeit, während er seinerseits vom Korund ebenso leicht geritzt wird. Infolge dieser großen Härte nımmt er eine sehr gute Politur und damit einen starken Glanz an, der übrigens auch auf den natürlichen Kristallflächen vielfach zu sehen ist. Sehr hoch für eine nicht metallische Substanz ist das spezifische Gewicht. Es be- trägt nach verschiedenen Angaben und bestimmt an verschiedenen Varietäten 3,50 bis 3,56. Bei farblosem Topas ist es etwas höher als bei gefärbtem; für den ersteren findet man die Zahlen 3,53 bis 3,56, also beinahe genau wie bei dem Diamant, so daß diese beiden im geschliffenen Zustande manchmal einander recht ähnlichen Edelsteine durch ihre Diehte nieht mit Sicherheit voneinander unterschieden werden können. Für den rötlich- gelben Topas von Brasilien und Kleinasien (Taf. XIII, Fig. 2 und 2, a) wurde gefunden G. = 3,50 bis 3,55; für den grünlichblauen von Nertschinsk: G. = 3,53. Man trifft zu- weilen Angaben, die bis 3, herab und bis 3, hinauf gehen; diese sehr weit von 3, ab- weichenden Zahlen beziehen sich aber entweder auf unreines Material, oder die Be- stimmung ist fehlerhaft. Durch Reibung wird der Topas stark elektrisch, so daß er leichte Gegenstände Papierstückehen usw. anzieht. Gewisse Varietäten, so z. B. die vom Schneckenstein in Sachsen, sind in dieser Beziehung besonders empfindlich, sie werden schon durch Reiben zwischen den Fingern lebhaft erregt. Bei manchen brasilianischen Topasen genügt hierzu schon ein Druck zwischen den Fingern, besonders in der Richtung der Axe der pris- matischen Kristalle. Beim langsamen Abkühlen erhitzter Topase tritt sehr energische Pyroelektrizität auf, stärker als bei den meisten anderen Edelsteinen, etwa ausgenommen den Turmalin. Die Steine bleiben manchmal bis 30 Stunden elektrisch und sind es oft noch lange, nachdem eine völlige Erkaltung eingetreten ist. Diese leichte Elektrizitäts- erregung ist unter Umständen ein wichtiges Kennzeichen für den Topas und kann dazu dienen, ıhn von anderen ähnlichen Steinen zu unterscheiden. In der Lötrohrflamme ist der Topas unschmelzbar, doch wird er dabei unter Verlust von Fluor und Wasser trübe und undurehsichtig, und gefärbte werden farblos. Säuren greifen den Topas nicht im mindesten an, weder in der Kälte noch in der Wärme. Wichtiger als alle diese Eigenschaften sind aber für den Topas als Edelstein die optischen, das Verhalten gegen das Licht. In dieser Beziehung hat man zunächst zwei Abteilungen von Topas zu unterscheiden: den von Natur trüben und undurchsichtigen sogenannten „gemeinen“ Topas von dem klaren und durchsichtigen „edlen“ (Edeltopas). Der erstere ist zum Schmuckstein um so weniger geeignet, als er auch stets nur eine unansehnliche schmutzigweiße Farbe besitzt. Er findet sich hauptsächlich unter dem Namen Pyrophysalith in großen Kristallen in der Nähe von Falun in Schweden im Granit, und in stengligen Aggregaten als sogenannter Pyknit auf den Zinnerzlagerstätten des Erzgebirges. Von diesen gemeinen Varietäten wird im Nachfolgenden nicht weiter die Rede sein, wir haben uns hier nur mit dem edlen Topas zu beschäftigen, der außer durch seine Klarheit und Durchsichtigkeit durch hohen Glanz und häufig auch durch schöne Farben ausgezeichnet ist, so daß er sich zum Schmuckstein ganz besonders gut eignet. Für Röntgenstrahlen ist der Topas noch etwas durchlässig. Der Glanz ist der gewöhnliche Glasglanz, nur auf den Spaltungsflächen ist er perl- mutterartig. Daß er auf den natürlichen Kristallflächen vielfach sehr stark ist, ist schon erwähnt; es ist dies besonders auf den Prismenflächen der Fall. Der hohe Glanz, der durch das Schleifen und Polieren erzeugt werden kann, ist es hauptsächlich, dureh den der Topas zuweilen dem Diamant im Aussehen sehr nahe kommt, so daß ein guter Topas 414 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. sich auch neben einem Diamant immer noch sehen lassen kann, wenn er ihn an Schön- heit auch nie ganz erreicht. Die Lichtbreehung ist nicht sehr stark; die Brechungskoöffizenten sind im Gegensatz zum Diamant verhältnismäßig niedrig und erheben sich nur wenig über 1,. Dem rhom- bischen Kristallsystem entsprechend besitzt der Topas Doppelbrechung, aber auch diese ist gering, die Brechungsko£ffizienten für verschiedene Richtungen weichen nur wenig voneinander ab. Dasselbe ist für verschiedene Farben der Fall: die Farbenzerstreuung, die Dispersion, ıst gleichfalls nur unbedeutend. Ein geschliffener Topas kann dem- nach nur ein sehr geringes Farbenspiel haben und unterscheidet sich auch dadurch bei aller sonstigen großen Ähnlichkeit sehr wesentlich vom Diamant. Diese Verhältnisse gehen am besten hervor aus der Größe der Brechungsindices für verschiedene Richtungen und für verschiedene Farben. Die größten, mittleren und kleinsten Werte derselben sind für rotes und violettes Licht, gemessen an einem und demselben Kristall, die folgenden: rot: 1,618 1,610 1,608, violett: 1,635 1,627 1,625. Für andere Kristalle, namentlich für solche von anderen Fundorten und von anderer Farbe, sind die entsprechenden Zahlen zwar etwas, aber doch nur wenig von den an- gegebenen verschieden. Die Färbung des Topases ist recht mannigfaltig, die Farbenreihe ist ziemlich groß. Der reinste Topas ist vollkommen farblos, und so kommt er auch häufig vor, ganz durchsichtig und klar, wasserhell. Er bildet in dieser Beschaffenheit Kristalle, wie bei Miask im Ural, in Sibirien und an anderen Orten. Noch häufiger aber sind es abgerollte Geschiebe, vorzugsweise in den Bächen und Flüssen von Diamantina und besonders von Minas novas im Staat Minas Geraös in Brasilien, ebenso in Australien, vor allem in Neu-Süd-Wales, aber auch in Tasmanien und in anderen Gegenden. Diese Geschiebe sind vielfach vollkommen wasserklar, so daß sie von den Brasilianern als „pingos d’agoa“* (Wassertropfen) bezeichnet werden. Im Edelsteinhandel führen die farblosen Topase zu- weilen den entsprechenden französischen Namen „goutte d’eau“, werden wohl auch als Edeltopase in engerem Sinne bezeichnet. Der vielgenannte große Diamant der portugiesischen Krone, der Braganza, von 1650 Karat Gewicht, ist der Vermutung nach nichts anderes als ein solches Topasgeschiebe von besonderer Schönheit und Klarheit. In Brasilien werden diese Steine der schon er- wähnten Ahnlichkeit mit Diamanten wegen vielfach Sklavendiamanten genannt. Man sucht sie im geschliffenen Zustande auch nicht selten dem Diamant unterzuschieben. Die Unterscheidung ist nicht immer ganz leicht; da ihr spezifisches Gewicht fast genau dasselbe ist, so läßt dieses sonst so bequeme Hilfsmittel hier im Stich, man kann aber den Topas an seiner Licht- und Doppelbrechung und an seiner geringeren Härte er- kennen. Das spezifische Gewicht ist jedoch zur Unterscheidung des farbloses Topases von anderen wasserhellen Steinen geeignet, so namentlich vom Bergkristall und auch vom Phenakit, die leichter sind als Topas, und vom farblosen Sapphir, der erheblich schwerer ist. Im gewöhnlichen Methylenjodid schwimmt der Bergkristall, dessen Gewicht — 2,65 ist, und ebenso der Phenakit, wo G. = 2,98 — 3,0, während der Topas sehr schnell untersinkt. In der schwersten Flüssigkeit sinkt der farblose Sapphir unter, der Topas bleibt an der Oberfläche. Auch die starke Elektrizitätserregung, die dem Topas, nicht aber den’anderen genannten Mineralien eigen ist, kann zur Erkennung des ersteren dienen. Wenn Färbung vorhanden ist, ist diese oft nur sehr blaß, manchmal aber auch kräftig und intensiv. In letzterem Falle bemerkt man dann einen nicht unbedeutenden Pleochroismus, allerdings kaum mit bloßem Auge, aber leicht mit der diehroskopischen Lupe. TorpAs. EIGENSCHAFTEN. 415 An den gefärbten Topasen tritt vielfach die blaue Farbe auf, entweder rein, oder manch- mal mit einem mehr oder weniger deutlichen Stich ins Grüne, fast nie aber rein grün. Ein natürlicher Stein dieser Art ist Taf. XIII, Fig. 1, ein geschliffener ebenda Fig. 1, a abgebildet. Dunkelblaue Topase sind bisher kaum vorgekommen, meist ist die Farbe ziemlich licht, und manchmal ist sie so hell, daß man die betreffenden Steine auch farblos mit einem leichten bläulichen Hauch nennen könnte. So findet man es unter den Kristallen von Mursinka bei Katharinenburg im Ural. Nach diesem letzterem Fundort heißen die sehr lichtbläulichen, fast farblosen Steine sibirischer oder taurischer Topas. Ist die Farbe etwas dunkler, aber immer noch lichtblau, dann hat man den brasilianischen Sapphir, ein Name, der allerdings auch dem blauen Turmalin von Brasilien, einem der Begleiter der dortigen weißen und blauen Topase, gegeben worden ist. Die Farbe mancher blauer Topase, namentlich der grünlichblauen und bläulichgrünen, ist der des Aquamarıns oft so überaus ähnlich, daß eine Erkennung und Unterscheidung beider vielfach nur durch genauere Untersuchung möglich ist. Sie bewerkstelligt sich aber leicht mit Hilfe des spezifischen Gewichts: der schwere Topas sinkt im reinen Methylenjodid, während der leichte Aquamarin schwimmt. Solehe aquamarinähnlichen Steine, wie sie unter anderen namentlich in der Gegend von Nertschinsk in Transbaikalien vorkommen, werden stets unter dem Namen Aquamarin verschliffen. Echter Aquamarin ist erheblich häufiger und verbreiteter als der Topas und besonders als der ebenso gefärbte. Man hat also hier die Erscheinung, daß der seltenere Stein dem verbreiteteren untergeschoben und nach ihm benannt wird; gewöhnlich ist das Verhältnis umgekehrt. Der Pleochroismus der blauen Topase tritt um so stärker hervor, je mehr die Farbe ins Grüne geht. Er ist derart, dab für den Fall der größten Farbendifferenz der beiden Bilder, welche die diehroskopische Lupe liefert, das eine fast oder ganz farblos, das andere blaugrün bis fast rein grün ist. Beim Aquamarin sind diese Farben etwas anders: gelblichweiß und hell himmelblau. Selten ist beim Topas eine gelblichgrüne Farbe, ähnlich der des Chrysoliths; diese Nuance führt uns aber nun zur Hauptfarbe unseres Edelsteines, der gelben. Diese ist von allen Farben die verbreitetste und findet sich in den verschiedensten Nuancen, vom hellsten fast farblosen reinen Gelb bis zum Dunkelbraungelb, meist mit einem mehr oder weniger deutlichen Stich ins Rote, das zuweilen auch ın der Farben- mischung überwiegt. Nur der gelbe Topas wird von den Juwelieren mit diesen Namen schlechtweg bezeichnet. Nach der verschiedenen Nuance hat man einzelne zum Teil be- sonders benannte Varietäten unterschieden. Diese besitzen nicht alle den gleichen Wert, und innerhalb jeder einzelnen Varietät steht der Preis um so höher, je tiefer und gesät- tigter die Farbe ist, vollkommene Klarheit und Durchsichtigkeit der Stücke vorausgesetzt. Ein schön safrangelber sogenannter indischer Topas soll sich nach manchen An- gaben auf der Insel Ceylon finden, aber nicht häufig, und vielfach wird vermutet, daß es sich hier um gelben Sapphir handle, daß echter Topas in Ceylon überhaupt nieht vorkomme. Als große Seltenheit soll er auch in Brasilien beobachtet sein. Dunkelgelbe, mit einem Stich ins Rote oder Braune, kommen zahlreich und in großer Schönheit an einigen der später eingehender zu betrachtenden brasilianischen Fundstätten vor. Taf. XIIl, Fig. 2 gibt das Aussehen eines Kristalls dieser Art, Fig. 2, a das eines geschliffenen Steines von einer etwas anderen Nuance. Daneben finden sich in Brasilien aber auch, wenn- schon in geringerer Menge, goldgelbe, honiggelbe, weingelbe und andere. Von diesen hat speziell der schön goldgelbe den Namen brasilianischer Topas erhalten. Hellweingelb, wie der Kristall Taf. XIII, Fig. 3 und der geschliffene Stein Taf. XIII, Fig. 3, a, ist der sächsische Topas vom Schneckenstein bei Auerbach im sächsischen Voigtlande. Diese Farbe spielt zuweilen ins Grünliche; die Abart heißt dann sächsischer Chrysolith. 416 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die dunkelgelben Topase zeigen ziemlich starken Pleochroismus. Die Bilder, die in der dichroskopischen Lupe entstehen, sind hell- und dunkelgelb, oder gelb und rot bis gelblichrot. Je heller die Farbe, desto weniger ausgesprochen ist dieser Unterschied, und bei ganz hellgelben Steinen ist er sehr schwach und sogar kaum merklich. Von anderen gelben Steinen, die mit Topas verwechselt werden können, ist besonders der gelbe Sapphir, der orientalische Topas, und der gelbe Quarz, der Citrin wichtig. Von diesen wird namentlich der leztere, der in denselben schönen Nuancen sich findet wie der Topas, diesem vielfach untergesehoben, wie wir bei der Betrachtung des Citrin noch weiter sehen werden. Durch sein geringes spezifisches Gewicht kann er vom gelben Topas gleich leicht unterschieden werden, wie der Bergkristall vom wasserhellen Topas. Ebenso unter- scheidet sich der orientalische vom eigentlichen Topas in derselben Weise wie der farblose Topas von dem farblosen Sapphir; es sei in dieser Beziehung auf die früheren Be- merkungen verwiesen. Selten ist der Topas von Natur ausgesprochen rot; in Brasilien kommen rote Kristalle zuweilen als Begleiter der gelben vor. Die Farbe ist meist ziemlich licht rosenrot bis lila, zuweilen sehr ähnlich der des Balasrubins, der sich aber durch seine einfache Licht- breehung und den Mangel an Pleochroismus leicht von dem doppeltbrechenden und ziem- lich stark pleochroitischen roten Topas unterscheidet. Dieser heißt bei den Juwelieren Rosatopas; er ist auf Taf. XIII, Fig. 4 und 4,a als Kristall und in geschliffenem Zu- stande abgebildet. An einzelnen Exemplaren ist die Farbe etwas intensiver und gesättigter, ähnlich der mancher Rubine. Diesen roten Topasen hat man den Namen brasilianischer Rubin gegeben, ihr Wert ist höchstens etwa ein Drittel von dem gleichgroßer und gleichgefärbter echter Rubine. Der dunkel gelbrote Hyacinthtopas ist kein Topas, sondern Zirkon. Die seltene natürliche Färbung des Rosatopases kann auf künstlichem Wege täuschend nachgeahmt werden, und zwar durch vorsichtiges und nicht zu starkes Glühen der gelben, besonders der brasilianischen Topase. Dabei verschwindet diese Farbe und verwandelt sich in die der roten Topasvarietät. Die meisten in den Juwelierläden liegenden Exemplare des Rosatopases sind nicht natürlich, sondern es sind durch Glüben veränderte, „gebrannte*, gelbe Topase. Je dunkler gelb der Stein vor dem Glühen war, desto dunkler rot wird er im allgemeinen nachher. Die Erhitzung und die Abkühlung muß sehr allmählich und langsam erfolgen, weil der Stein sonst rissig und unbrauchbar wird. Es gibt verschiedene Methoden, die Umwandlung der Farbe zu bewerkstelligen: man kann die Steine mit “ Kohlenpulver, Sand, Asche, oder einer anderen pulverigen Substanz in einen Tiegel packen, diesen langsam erhitzen und ebenso auch wieder abkühlen; oder man umwickelt einen gelben Stein diek mit Feuerschwamm und zündet diesen an; wenn er abgebrannt ist, ist der Stein rot. Man hat dabei aber immer darauf zu achten, daß die Temperatur nicht über dunkle Rotglut steigt, weil hierdurch leicht eine mol Bane Entfärbung eintritt und die Steine trübe und rissig werden. Die gebrannten Rosatopase sind ganz besonders stark pleochroitisch, mehr als die von Natur roten und auch mehr als solche von anderer Farbe. Die Bilder in der dichroskopischen Lupe sind im Maximum der Verschiedenheit kermesinrot und honiggelb. Wegen der Seltenheit von Natur roter T'opase hat man wohl die Ansicht ausgesprochen, daß alle Rosatopase nur geglühte gelbe Topase seien. Es ist aber unter anderen von L. v. Eschwege und anderen Kennern Brasiliens gut bezeugt, daß dies nieht richtig ist, daß von Haus aus rote Kristalle neben den gelben gelegentlich vorkonn sie lassen sich indessen nur schwer von den gebrannten unterscheiden. Aber es.bedarf gar keiner hohen Temperatur, um die Farbe wenigstens mancher Topase zu verändern. Diese verschwindet schon oder wird wenigstens blasser, wenn man TorAs. EIGENSCHAFTEN. 417 den Stein einige Zeit dem Sonnenlichte aussetzt. Eine solehe Entfärbung ist namentlich an manchen dunkelweingelben Kristallen vom Flusse Urulga in Sibiren beobachtet worden; wenige Monate genügten, um die Farbe in ein schmutziges Weiß zu verwandeln. An manchen blaßblauen Steinen ist eine Umwandlung der Farbe in blaßgelb im Sonnenlicht beobachtet worden. Dieses Ausbleichen deutet darauf hin, daß die Färbung durch eine organische Substanz hervorgebracht wird, die dem an sich farblosen Topas beigemengt ist. Anders liegt die Sache bei denjenigen Topasen, deren Farbe sich im Lichte nicht ver- ändert, so namentlich beim gelben brasilianischen. Dieser ist wohl durch ein Metalloxyd gefärbt, denn seine Farbe wird zwar in der Hitze in Rot verwandelt, verschwindet aber nicht bei einer Temperatur, wo organische Substanz schon ganz zerstört sein würde, und bei der also im Falle eines organischen Pigments der Stein ganz entfärbt werden müßte. Die Farbenveränderung durch Radiumstrahlen siehe S. 72. Alle diese edlen Topasvarietäten werden zu Schmucksteinen benutzt, doch sind nur schön und gleichmäßig gefärbte, klare und durchsichtige, fehlerfreie Exemplare von höherem Werte, während solche, die sich von dieser Beschaffenheit zu weit entfernen, nicht mehr geschliffen, sondern höchstens als sogenannter „Topasbrack“ zur Herstellung eines harten Schleifpulvers zerstoßen und zerrieben werden. Der farbige Topas wird mit Vorliebe als Treppenstein, und zwar mit einer kleinen Tafel und feinen und schmalen, gleichweit voneinander entfernten Treppen geschnitten, wie die vier geschliffenen und auf Taf. XIII, Fig. 1, a, 2,a, 3,a, 4,a abgebildeten Topase zeigen. Seltener ist der Brillantschliff, doch ıst auch dieser nicht ungewöhnlich. Letztere Form ist mehr die der farblosen Topase, der pingos d’agoa usw. Der gelbe erhält auch nicht selten die Gestalt eines Tafelsteines, und wenn lichtgefärbt, wie der sächsische, wird ıhm beim Fassen zur Hebung des Feuers und der Farbe eine glänzende Goldfolie untergelegt; manchmal wirkt eine rote Folie noch besser. Blaue Topase erhalten stets eine hellblaue glänzende, niemals eine dunkle Folie; letztere würde das Aussehen fremdartig und unansehnlich machen. Nur die schönsten und klarsten Topase aller Farben werden ä& jour gefaßt. Der Preis richtet sich nach der Klarheit, Durchsichtigkeit und Schönheit und nament- lich nach der Farbe. Er wächst nicht stärker als das Gewicht und ist überhaupt nicht sehr hoch, da gute Exemplare, auch von bedeutender Größe, immerhin häufig genug ge- funden werden und der Topas gegenwärtig von der Mode nicht sehr begünstigt ist. Namentlich der gewöhnliche gelbe Topas steht aus diesem letzterem Grunde mit höchstens 5 Mark, der schöne honiggelbe mit 15 Mark pro Karat, niedrig im Werte, viel niedriger als in früheren Zeiten, wo er sich größerer Beliebtheit erfreute. Rote, sowie besonders auch schön blaue sind jetzt gesuchter und es wird bis 25 Mark für das Karat bezahlt. Für die farblosen steigt der Preis nicht über 6 Mark, für dunkelbraungelbe nicht über 3 Mark für ein Karat und für weniger gute Steine geht dieser Preis noch sehr herunter. Noch vor etwa 15 Jahren war der Preis des Topases etwa dreimal so hoch wie jetzt. Für gelben Topas schwankt jetzt der Preis im Großhandel zwischen 2 und 40 Mark für das Kilogramm roher Steine. Auf den Preis sind namentlich auch die Fehler der Steine von Einfluß, die vor- zugsweise in unreiner Farbe, Rissen in der Richtung der Spaltbarkeit (Federn) und wolkigen Trübungen bestehen. Auch größere Bläschen findet man vielfach eingeschlossen, die zum Teil leer, zum Teil auch mit Flüssigkeiten verschiedener Natur erfüllt sind. Künstliche Darstellung des Topases ist bisher noch nicht sicher geglückt. Dagegen kann man den gelben Topas sehr täuschend ins Glas nachahmen, indem man den Straß mit etwas Spießglanzglas (Antimonoxyd) und mit einer Spur Goldpurpur oder mit jenem und etwas Eisenoxyd zusammenschmilzt. Goldpurpur gibt ein dunkleres, mehr rötliches, Eisenoxyd ein helleres Gelb. Von dem eigentlichen Topas sind diese Gläser durch viel Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 27 418 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. geringere Härte, niedrigeres spezifisches Gewicht, einfache Lichtbrechung, Mangel an Pleo- chroismus usw. leicht zu unterscheiden. Was neuerdings als synthetischer „Rosatopas“ in den Handel gebracht wird, ist ein rosenrother künstlicher Rubın (S. 352). Was das Vorkommen des Topases anbelangt, so findet er sich vorzugsweise in älteren kristallinischen Silıkatgesteinen, im Gneis und anderen kristallinischen Schiefern, sowie im Granit (Pegmatıt). Die Kristalle sitzen in diesen Gesteinen auf Spalten und sind darin nicht selten von Zinnerz, ebenso auch von Beryll (Aquamarin) usw. begleitet. Das ganze Verhalten ist so, daß man den Topas als eine pneumatolytische, eine Art Fumarolenbildung ansehen muß, entstanden durch gegenseitige Einwirkung fluorhaltiger Dämpfe, die bei der Bildung jener Gesteine, besonders bei der Eruption der Granite sich auf jenen Spalten entwickelt haben. Aus der Verbindung mit seinem Muttergestein ist der Topas vielfach durch Verwitterung losgelöst und in die Seifen gelangt, in denen er sich dann in Form stark abgerollter Geschiebe findet. In neuerer Zeit entdeckte man zwar auch in manchen jüngeren Eruptivgesteinen von trachytischer Natur auf Drusen- räumen einzelne Topaskristalle; dies ist aber immerhin eine Seltenheit und ohne jede Bedeutung für den Edelsteinhandel. Die Fundorte schöner schleifwürdiger Topase sınd ziemlich zahlreich. Sie wurden zum Teil bereits oben im Vorbeigehen kurz erwähnt, hier sollen nun einige der be- deutenderen etwas eingehender geschildert werden. In Europa ıst das wichtigste Vorkommen das vom Schneckenstein bei Gottesberg in der Nähe von Auerbach im sächsischen Voigtlande, 4 km südöstlich vom Bahnhofe Hammerbrück. Der Schneckenstein stellt eine nahezu 24 m hohe, steil aus dem um- gebenden Glimmerschiefer emporragende Felswand dar, gebildet von einem Trümmer- gestein, dem Topasfels, dessen einzelne bis faustgroße Zusammensetzungsstücke eines quarz- und turmalinreichen Schiefers durch Quarz und Topas zu einer sehr festen Masse verkittet sind. Auf zum Teil mit weißem oder gelbem Steinmark ausgefüllten Hohl- räumen ıst neben Quarz, Turmalin usw. vorzugsweise auch Topas auskristallisiert, in der Weise, wie es Taf. XIII, Fig. 3 zeigt. Die Kristalle sind mit einem Ende auf der Drusenwand aufgewachsen; sie bilden kurze Prismen, welche am anderen Ende die in Fig. 80, d abgebildete, ziemlich komplizierte Begrenzung tragen. Die Größe ist sehr ver- schieden; von wenigen Linien geht sıe bis zu dem Maximum von 10 Zentimeter Länge und 5 Zentimeter Dicke. Im Mittel betragen diese Dimensionen etwa je 1 cm; größere Kristalle sind ungewöhnlich. Die Färbung ist meist hell weingelb, selten etwas tiefer bis dunkel weingelb, oder auch ganz farblos oder weiß; je dunkler die Farbe, desto wertvoller. Manchmal geht sie auch etwas ins Grünliche (sächsischer Chrysolith); dem gegenüber heißt der weingelbe speziell „sächsischer Topas“. In früheren Zeiten, gleich nach seiner Entdeckung im Jahre 1737, war dieser sogen. „Schneckentopas“ von den sächsischen Kurfürsten sehr bevorzugt und daher auch sonst bedeutend geschätzt und hoch bezahlt. Gegenwärtig ıst dies nicht mehr der Fall; für Stücke die damals 300 Mark wert waren, würde man heute höch- stens S—10 Mark lösen. Die prachtvollen Topasgarnituren, die im grünen Gewölbe in Dresden aufbewahrt werden, legen Zeugnis ab von der früheren Vorliebe für dieses Vorkommen zugleich aber auch von der großen Schönheit, die einzelne der dortigen Steine erreichen, während die große Mehrzabl allerdings leider zu hell und unansehnlich gefärbt ist. Im 18. Jahrhundert wurden dıe Schneckensteintopase systematisch gewonnen und verkauft; jetzt geschieht dies seit langer Zeit nicht mehr. Damals wurde das erbeutete Material nach Größe und Rein- heit in drei Sorten geteilt. Die Steine der ersten Qualität, also die reinsten und größten, hießen Ringsteine, die geringeren Schnallensteine und die schlechtesten noch als Edelsteine | TorAs. VORKOMMEN. BRASILIEN. 419 verwendbaren Karmusirgut. Diese Namen sind aber mit der ganzen Industrie, die früher eine nicht ganz geringe Bedeutung hatte, längst vergessen. Brasilien, das wir schon als Heimat des Diamants, Berylis und Chrysoberylis kennen gelernt haben, und das noch mancherlei andere Edelsteine liefert, enthält reiche Fundorte auch von Topas, und zwar von Topas von verschiedenen Farben, besonders in dem Staat Minas Geraös. Der brasilianische Topas ist teils farblos oder viel seltener hellblau oder auch wohl grünlich, oder er ist gelb oder rot. Die gelben und roten Topase finden sich zusammen, sind aber im Vorkommen vollkommen getrennt von den andern, die ihrerseits wieder zusammenliegen. Die farblose Varität ist von den letzteren weitaus die verbreitetste, blau ist viel seltener; es ist hell und weitaus nicht so schön wie bei den sibirischen Topasen. Solche blauen Geschiebe, wie sie z. B. in dem Rio Piauhy, einem Zufluß des Jequetinhonha vor- kommen, sind in Brasilien als „safiras“ bezeichnet worden, doch sind auch kürzlich Kristalle gefunden worden, z. B. bei Theophilo Ottoni. Den farblosen Topas haben wir schon als spärlichen Begleiter des Diamants bei Diamantina, sowie im Vorübergehen als Gefährten des Chrysoberylis und des Berylls im Municipio von Minas novas kennen gelernt; wir werden dieses ausgedehnte Vorkommen schöner farbiger Edelsteine, der „esmeraldas“ der Brasilianer, z. T. nach Mitteilungen von E. Hussak etwas eingehender betrachten. Der ausgedehnte Bezirk von Minas novas liegt im Nordosten von Minas Gera@s und von Diamantina, um das mittlere Flußgebiet des Diamantenflusses Rio Jequetinhonha, der ın seinem Unterlauf Rio Belmonte genannt wird. Hier ist die Heimat des weißen und blauen Topases und der farbigen Edelsteine, des Berylis (Aquamarins), des grünen, roten ete. Tur- malins, des Chrysoberylis, Spodumens, Andalusits usw. Lange Zeit war ihr Muttergestein unbekannt; man fand sie, namentlich den Topas, nur in Form von Geröllen, mehr oder weniger abgeschliffen im Sande der Flüsse und Bäche, in Seifen. Jetzt hat man auch die ursprünglichen Lagerstätten, die für alle gemeinsam sind, aufgefunden. Es sind Gänge eines glimmerreichen, bald Muscovit, bald rosaroten Lepidolith führenden grob- körnigen Granits oder Pegmatits, die Gneis und Glimmerschiefer durchsetzen. In Hohl- räumen dieser Gänge sind die Kristalle der genannten Mineralien, oft von beträchtlicher Größe, neben anderen, die als Edelsteine keine Bedeutung haben (Quarz, Zinnstein, Columbit usw.), drusenförmig aufgewachsen und bilden in dem Pegmatit unregelmäßig zerstreute Nester nicht selten von recht erheblichem Umfang. Die Mineralien ın den Drusen wechseln in der Art sehr; bald findet man darin nur grünen und roten Turmalin, bald nur Aquamarin, wieder andere sind reich an Topas und Chrysoberyli usw. Das pegmatitische Muttergestein ist aber nicht mehr durchaus frisch, sondern nahe der Oberfläche vollständig zersetzt und in einen glimmerreichen lockeren erdigen Kaolın umge- wandelt, der nun jene Kristalldrusen umhüllt. Diese werden herausgegraben und die Gruben verlassen, sobald das unverwitterte feste Gestein erreicht ist. Aus diesen Gängen gelangen die Edelsteine dann weiterhin auch in die Wasserläufe, in denen sie zu rundlichen Geröllen abgescheuert werden. Zwei von ihnen sind sogar bis heutzutage nur in dieser Form als Flußgeschiebe bekannt, der Andalusit und der Spodumenr; diese sind auf ihrer ursprüng- lichen Lagerstätte bis jetzt noch nicht aufgefunden worden. Die ältesten Fundorte der esmeraldas, wo neben schönen Aquamarinen und gelben Chrysoberyllen usw. farblose, neuerer Zeit als Seltenheit auch hellblaue Topaskristalle, zum Teil von enormer Größe vorkommen, ist die alte deutsche Kolonie Theophilo Ottoni, die aber jetzt von ihren deutschen Bewohnern gänzlich verlassen ist. Sie liegt am Ober- lauf des Rio Mucury, der bei Porto Alegre ins Meer mündet, nahe der Grenze gegen Bahia am Nordabhang der Serra dos Aymores, von der ein Teil danach auch den Namen 27* 420 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Serra das Esmeraldas erhalten hat. Als besonders reich wurde früher in jener Gegend der Landstrich zwischen den Quellbächen des Rio S. Matheus bezeichnet, die gewöhnlich „as Americanas“ genannt werden. Auch im Flußgebiet des Rio Doce, in der Gegend von Pecanha, südwestlich von Theophilo Ottoni und südöstlich von Diamantina, sowie weiter fluß- abwärts im Staate Espirito Santo wurden Funde gemacht, die gegenwärtig ausgebeutet werden. Die zur Zeit wichtigsten Fundstellen sind aber weiter nördlich in der Nähe der kleinen Stadt Arassuaby am oberen Jequentinhonha, die jetzt Calhäo heißt, weil südwestlich davon ın demselben Municipio noch eine zweite Stadt mit jenem Namen, Villa de Arassuahy, liegt, in deren Umgebung zwar Gold vorkommt, aber keine farbigen Edelsteine. Diejenigen der Gegend von Calhäo stammen aus dem dem genanntem Fluß zugekehrten, nördlichen Abhang der Serra do Chifre, finden sich aber auch auf der entgegengesetzten, IS Q IIND „DD ARMINIA taliaia I VUN V7 M AZ I | | RU | | | 1:1000 000 Fig. Si. Vorkommen der gelben Topase bei Ouro Preto in Brasilien. linken oder nördlichen Seite des Jequetinhonha, bei Salinas, Ibitinga usw., ebenso auf einer kleinen Insel, die bei Calhao im Fluß liegt, der Ihla Alegre (S. 403). Auch in der Gegend von Calhäo erreichen manche Topaskristalle eine ganz bedeutende Größe. Unter den Flußgeschieben, die nach ihrer Heimat auch zuweilen „minas novas“ ge- nannt werden, ist die Menge der Topase sehr groß und übertrifft die der anderen ge- nannten Steine. Sie bilden wie jene Bruckstücke oder noch häufiger vollständig ringsum abgeriebene Gerölle, meist von der Größe einer Linse bis zu der einer Kastanie. Selten sind sie noch größer, doch sind auch schon Stücke von Faust- bis Kopfgröße und bis zu mehreren Pfunden Gewicht gefunden worden. Die beste Qualität des weißen Topases soll in dem Rio Utinga vorkommen, doch sind die pingos d’agoa durchaus nicht auf dessen Bett beschränkt; blaue Geschiebe finden sich wie erwähnt im Rio Piauhy. Ganz anders ist das Vorkommen und die Verbreitung der gelben brasilianischen Topase. Ihre Heimat ist in Fig. 81 dargestellt. Sie wurden etwa 1760 in der Nähe ToPASs. VORKOMMEN. BRASILIEN. 421 der damals Villa Rica genannten Stadt entdeckt, dem heutigen Ouro Preto, der Hauptstadt von Mines Geraös, und in deren Süden gelegen. Da die Nachfrage nach diesen Steinen damals sehr bedeutend war, so bildeten sie den Gegenstand eifrigster Nachforschung. Die wichtigsten Fundorte liegen in der Hügelkette, die sich in einer Länge von 20 km in südwestlich-nordöstlicher Richtung von Capao do Lane über Joao Correia und Boa Vista nach Ouro Preto hinzieht, doch hat man das Lager auch noch etwas weiter südlich bis Chiqueiro do Alemäo verfolgt. Der Topas findet sich hier nur auf einem wenige hundert Meter breiten Strich, der sich über die ganze Länge jener Hügelreihe ın der an- gegebenen Richtung und Ausdehnung ziemlich ununterbrochen hinzieht. Vielleicht ver- läuft einige Kilometer weiter nördlich ein zweiter ähnlicher Zug, der aber nicht von Be- deutung ist. Diese gelben Topase kommen fast durchaus nur auf ihrer ursprünglichen Lagerstätte, an der Stelle vor, wo sie sich gebildet haben. Es ıst eine große Seltenheit, daß man sıe als Gerölle in den Bächen der Nachbarschaft findet, doch kommen in der bei der Be- trachtung des brasilianischen Diamants erwähnten Tapanhoacanga gleichfalls einzelne gelbe Topasgerölle vor. Wenn aber auch die Lagerstätte die ursprüngliche ist, so gilt dies doch nicht mehr für das Muttergestein. Dieses befindet sicht nicht mehr ın seinem früheren frischen Zustande, sondern ist vollständig zersetzt. Wahrschemlich ist das Vorkommen der gelbe Topase dasselbe wie das der Diamanten in Diamantina, auf Hohlräumen der wie jene Höhenzüge von Südwest nach Nordost sich erstreckenden Quarzgänge in den Gesteinen, die jene Hügel bilden. Es sind dies mit Itakolumit in Verbindung stehende Tonschiefer, die an diesen Stellen durch die Verwitterung in eine dunkel gefärbte glimmerig- schuppige weiche tonıge Masse umgewandelt wurden. In einzelnen Drusen und Nestern, die lose in diesem Tone zerstreut sind, und die als Bruchstücke der Quarzgänge angesehen werden müssen, liegen zahlreiche ausnahmslos abgebrochene Topaskristalle in einem weiben bis dunkelbraunen, schuppigen Steinmark eingebettet, aber auch vielfach direkt in der tonigen Verwitterungsmasse selbst. Nach Orville A. Derby würde der Topas aus einem zersetzten Gang eines Eruptivgesteins stammen, der die Schiefergesteine durchschneidet. Es sind jedenfalls noch weitere Untersuchungen nötig, um den Sachverhalt vollkommen klar zu legen. Die Begleiter des Topases sind in der Hauptsache dieselben wie die des Diamants, die so vielfach auf den den Itakolumit und die begleitenden Gesteine durchsetzenden Quarzgängen beobachtet werden. Es sind außer dem Quarz (Bergkristall und Rauchtopas) noch Titaneisen, Eisenglanz, Rutil, Zirkon, Floreneit und schwarzer Turmalin. Alle liegen in dem Ton als abgebrochene Bruckstücke durcheinander gemengt. Auch den schon oben betrachteten seltenen Euklas findet man dort in derselben Weise, aber nach L. v. Eschwege nicht mit Topas zusammen, sondern auf besonderen Drusen für sich. Etwas abweichend ist das Vorkommen bei Saramenha, !/2 Stunde von Ouro Preto. Hier ıst ein beträchtliches Lager von mit Eisenglimmer gemengtem Brauneisenstein, in dem Topaskristalle allerdings im allgemeinen von blaßgelber Farbe, aber in großer Menge eingeknetet sind, die beim Herausnehmen spiegelflächige, scharfkantige Abdrücke in dem Muttergestein hinterlassen. Die Farbe der Topase von Ouro Preto geht vom ganz blassen bis zum dunklen Weingelben und Braunen; sie pflegt um so dunkler zu sein, je dunkler braun das Steinmark ist, in dem die Kristalle eingelagert sind. Taf. XIII, Fig. 2 zeigt einen schön gefärbten Kristall von dieser Gegend, auch der in Fig. 2, a derselben Tafel abgebildete geschliffene Stein stammt von dort. Am schönsten sind die dunkel weingelben von der Farbe eines alten Malaga. Auch rote von natürlicher Färbung kommen vor (Taf. XIII, Fig. 4). Sie sind meist blaßrosa (Rosatopas) (Fig. 4, a), aber auch zuweilen dunkelrot, ähnlich wie Rubin (brasilianischer 422 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Rubin, worunter man aber auch die entsprechenden künstlich rot gefärbten, gebrannten Steine versteht). Namentlich diese „brasilianischen Rubine“ sind sehr geschätzt. Sehr selten ist die violette Farbe des Amethysts. Die Durchsichtigkeit ist mehr oder weniger groß. Durehaus nicht alle Kristalle sind zum Schleifen geeignet; unter tausend Stück ist vielleicht ein einziger ganz tadelloser Stein, alle anderen sind fleckig, rissig oder sonst fehlerhaft und daher zum guten Teil als Edelsteine überhaupt nicht verwendbar. Die Kristalle sind von verschiedener Größe. L. v. Eschwege erwähnt solche von 6 und sogar von 10 Zoll Länge und 2 resp. 4 Zoll Dicke. Diese großen sind aber sehr selten zum Schleifen tauglich, sie sind fast alle mehr oder weniger fehlerhaft. Die meisten sind viel kleiner, höchstens etwa so lang und dick wie ein kleiner Finger. Die Kristallform ist wohl erhalten und stets die ganz einfache, die außer in den zuletzt genannten Ab- bildungen in Fig. 80, a wiedergegeben ist. Bei der Gewinnung dieser Topase wird in den Gruben die ganze tonige Masse auf- gehackt. Wenn man dabei auf ein größeres Nest stößt, wird es vorsichtig herausgenommen und geöffnet. Die einzeln im Tone liegenden Kristalle erhält man, indem man die los- sehauenen Tonmassen durch in die Gruben hineingeleitetes Wasser aufweicht und die feineren tonigen Bestandteile fortschwemmt. Die Topase werden mittels ausgespannter Netze zurückgehalten. Der Ertrag, der besonders bei den Landgütern Capao do Lane, Caixambu und Boa Vista reichlich war, steigerte sich zeitweilig bis zu 18 Zentnern, betrug aber im Mittel nur 7 bis 9 Zentner im Jahre. Bis 50 Arbeiter sollen gleichzeitig bei den Gräbereien beschäftigt gewesen sein. Die Steine werden über Rio de Janeiro in den Handel gebracht und dort zum Teil auch geschliffen. Zahllose alte Gruben, von den Bergleuten sogenannte Pingen, im Tale von Ouro Preto legen noch heute Zeugnis ab von der früheren regen Tätigkeit in dieser Gegend. Aber allmählich hat die Nachfrage und damit auch der Ertrag nach- gelassen, und seit längerer Zeit ist die systematische Bearbeitung so gut wie ganz ein- gestellt. Viele sind der Ansicht, daß der Fundort ziemlich erschöpft sei, von anderer Seite wird dies aber auf das Entschiedenste bestritten und behauptet, daß noch reiche Schätze dort verborgen liegen. In der Tat hat auch vor 2 Jahren ein Obersteiner Stein- schleifer außer 5 Kilogramm Euklas noch 50 Kilogramm Topas dort herausgeholt. Technisch unwichtig ist das Vorkommen von teils farblosem und wasserhellem, teils blaßgefärbtem Topas in Mexiko. Er findet sich bei San Luis Potosi und La Paz im Staate Guanajuato auf Zinnerzlagerstätten und bei Durango in zinnerzführenden Sanden. Auch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist das Vorkommen guter schleifbarer Topase trotz großer Verbreitung des Minerals nur spärlich; die besten kamen früher aus den östlichen Unionstaaten. Am Harndon Hill bei Stoneham in Maine und an einigen anderen Orten jener Gegend finden sich schöne klare, zuweilen wasserhelle, zuweilen bläuliche und grünliche Kristalle mit Beryll und anderen Mineralien im Granit, ebenso bei North Chatham in New Hampshire. Im Granit von Trumbull in Connecticut kommen Topaskristalle vor, die den sächsischen sehr ähnlich, aber meist trübe und selten schleifwürdig sind. In Colorado findet man schöne farblose und wasserhelle, sowie blaß- blaue Topase zuweilen von ziemlicher Größe mit Phenakit und anderen Mineralien auf Drusenräumen im Granit an verschiedenen Stellen im Gebiete des Pikes Peak in El Paso County, z. B. bei Florissant, 14 (engl.) Meilen nördlich vom Peak, aufgewachsen auf grünem Feldspat (Amazonenstein); ebenso etwa 30 (engl.) Meilen vom Pikes Peak in der Nähe des ‚Devils Head Mountain farblose, rötliche, weingelbe und blaßblaue, ähnlich denen von Mur- sinka im Ural, im Gestein und lose im Boden. Auch der Mt. Antero, etwa 10 (engl.) Meilen nördlich von Salida, in Chaffee County ist ein nieht unwichtiger Fundort. Die Toras. NORDAMERIKA. ÜRAL. 423 Fundorte in Colorado liefern gegenwärtig die besten nordamerikanischen Schmucksteine von Topas, von denen zwei nach dem Schleifen 125 und 193 Karat wiegen. Vor kurzem erst entdeckt wurden die farblosen, gelben und blauen Topase des Ramona-Distrikts in San Diego County im südlichen Kalifornien, die, mit Feldspat, Granat, Beryll usw. Drusen in einem Pegmatit bildend, in der Surprise- und Little Tihree-Grube gewonnen werden. Das Vorkommen ist wie bei dem dortigen Turmalin (siehe diesen) auf Drusen im Pegmatit, aber niemals sind Topas und Turmalin miteinander in derselben Druse. An mehreren Stellen hat man auch Topase auf Drusenräumen von Jüngeren trachytischen Eruptivgesteinen, sogenannten Rhyolithen gefunden, so bei Nathrop, Chaffee County und am Chalk Mountain in Colorado, blaßgelbe und sehr schöne farblose in Thomas Range, 40 engl. Meilen nördlich vom Sevier Lake in Utah, und in derselben Entfernung west- nordwestlich von der Stadt Deseret am Sevier River, im Gestein selbst und lose in der Verwitterungskrume desselben. Das ist wohl das schönste Topasvorkommen der Vereinigten Staaten. Von allen diesen Fundorten und noch von manchen anderen werden wohl gelegentlich einige Exemplare geschliffen und als einheimische Steine getragen, einen wichtigeren Handelsartikel bildet aber der nordamerikanische Topas nicht. Durch die Schönheit und Größe der Kristalle ist der russische Topas besonders bemerkenswert. Es sind solche von schöner Beschaffenheit bis zu 31 Pfund Gewicht gefunden worden. Der Topas wird mit den anderen russischen „farbigen Steinen“ zum Teil in Katharinenburg im Ural geschliffen und von den dortigen Händlern durch die Messe von Nischny Nowgorod in rohem und geschliffenem Zustande in den Handel gebracht. Wie in Minas novas, so kommen auch an den meisten russischen Lokalıtäten Topas und Beryll miteinander vor. Die Fundorte beider Mineralien sind hier durchaus identisch; nirgends findet man das eine ohne das andere, mit Ausnahme des Altaı, wo bisher noch kein Topas neben dem Beryll vorgekommen ist. Die allgemeine Über- sicht über die Verbreitung der russischen Berylle kann daher auch für dıe des russischen Topases gelten, hier sollen nur noch einige den Topas speziell betreffende Angaben ge- macht werden. In der Gegend von Katharinenburg im Ural findet man Topas besonders in der Nähe des Dorfes Alabaschka bei Mursinka (Fig. 77, S. 405) auf Drusen im Granit, die durch das Zusammenvorkommen schöner Kristalle von Rauchtopas, großer gelber Feld- spatkristalle, kugelis übereinander gehäufter weißer Albitkriställchen und roter Tafeln von Lepidolith neben dem Topas ein besonders schönes Ansehen gewähren. Die Topas- kristalle sind von der Größe eines Stecknadelkopfes bis zu mehren Zentimetern Länge. Die Farbe ist bläulich, wie in Taf. XIIl, Fig. 1 und 1, a, doch auch zuweilen licht bläulichgrün oder graulichweiß, selten farblos. Meist sitzen dıe Kristalle einzeln neben denen der anderen genannten Mineralien in den Drusen, manchmal sind sie auch zu mehreren in paralleler Stellung zu größeren Gruppen miteinander verwachsen. Eine der gewöhnlich sehr einfachen Kristallformen ist in Fig. 80, c, eine etwas andere auf der oben zitierten Tafel, Fig. 1 dargestellt. Die Durchsichtigkeit ist verschieden; manche sind ganz klar, andere nur durchscheinend. Die durchsichtigen erlangen im Handel einen ziemlich hohen Preis. Von den Gruben bei Mursinka wird bei Betrachtung des Amethyts noch einmal die Rede sein. Am Ilmönsee findet sich der Topas auf der Ostseite, in der Nähe der Hütte Miask ebenfalls auf Drusenräumen in Pegmatitgängen. Diese sind zuweilen mit weißem Ton erfüllt, in dem die abgebrochenen Kristalle eingebettet liegen. Die Gänge setzen an vier Stellen im eläolithfreien Miascit auf. Begleitet wird der Topas von grünem Feld- spat (Amazonenstein), auf dem er vielfach aufgewachsen ist, von Phenakit, Glimmer und 424 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. anderen Mineralien. Er kommt hier in zwei Varietäten vor: einmal farblos, durchsichtig und rein wasserhell, wie die „pingos d’agoa“, in regelmäßig und flächenreich ausgebildeten Kristallen; sodann in solchen von schmutzig gelblichweißer Farbe, nur kantendurch- scheinend, rissig, oft zersetzt, wie man dort sagt, verfault, schon mit den Fingern zer- drückbar und bloß von wenig Flächen begrenzt. Kristalle dieser letzteren Art haben natürlich als Edelsteine keine Bedeutung; für beide sind die Größenverhältnisse dieselben wie bei Alabaschka. Topas findet sich auch in den Goldwäschen des Kaufmanns Bakakin im Tal der Sanarka (Nebenfluß des Ui, der in den Tobol fällt) und einiger Nebenflüsse im süd- lichen Ural (Gouvernement Orenburg, Bezirk Troizk). Er gleicht so sehr dem gelben brasilianischen, daß man den uralischen Ursprung der Kristalle anfangs bezweifelte. Ihre meist wohlerhaltene Form ist einfach, ungefähr wie in Fig. 80, a. Die Farbe ist ge- wöhnlich gelb, -in verschiedenen Nuancen, sowie rosa bis violblau, manche sind auch vollkommen farblos. Viele sind schön durchsichtig. Die Größe geht bis zu einer Länge von 2'/ und einer Dicke von 3/ı em. In den Seifen wird der Topas von zahlreichen anderen zum Teil schon erwähnten Mineralien und Edelsteinen begleitet, so von Quarz, zum Teil als Amethyst, Korund (Rubin), Chrysoberyll (Alexandrit und Cymophan), Spinell, Chalcedon (Karneol, Achat, usw.), Staurolith, Cyanit, Euklas, Turmalin, Granat, Beryll usw. Für den Topas, und zwar speziell für den rosafarbigen ist auch das ursprüngliche Vor- kommen bekannt. Er findet sich mit grünem, chromhaltigem Turmalin und grünem, gleichfalls chromhaltigem Glimmer (Fuchsit) auf Quarzgängen oder -Nestern ım Kohlen- kalk, der in jenen Gegenden weite Strecken einnimmt. Der Topas vom Adun-Tschilon-Gebirge im Gebiete von Nertschinsk in Trasbaikalien (vergl. S. 405) ist meist wenig durchsichtig und stark rissig und daher von geringer Be- deutung. Er bildet, mit Quarz gemengt, den sogen. Topasfeis, der den Granit gangförmig durchzieht und der, wie wir gesehen haben, auf unregelmäßigen Drusenräumen die dor- tigen Berylle, und mit ihnen und mit Rauchtopas zusammen Kristalle von echtem Topas beherbergt. Mit diesem gemeinsam liegt Topas auch in dem bei der Beschreibung des erstgenannten Edelsteines erwähnten Verwitterungsgruse lose im Ackerfeld.. Die Kristall- form ist stets die von Fig. 80 b. Im Gebirgszuge Kuchuserkensk sind die Topase anfangs der fünfziger Jahre entdeckt worden. Trotzdem dieses Gebirge als eine Fortsetzung des Adun-Tschilon- Gebirges zu betrachten ist, sind doch die aus ihm stammenden Steine nicht den dortigen gleich, sondern, soweit man bis jetzt weiß, am ähnlichsten denjenigen aus dem Gebirgszuge Borschtschowotschnoi, die dort an vielen Orten, aber vorzugsweise ın den am Flusse Urulga sich hinziehenden Bergen mit Beryll zusammen in Granit vorkommen. Der Topas von hier zeichnet sich durch ganz besondere Schönheit in Farbe und Durch- sichtigkeit, sowie durch bedeutende Größe aus. Er übertrifft alle anderen russischen Topase durch seine zuweilen enormen Dimensionen : ein vollkommen durchsichtiger, dunkel- honiggelber Kristall von hier wog 3 Pfund, ein anderer schön durchsichtiger, von an- genehmer dunkelweingelber Farbe sogar über 25 Pfund, und bei einem dritten, weniger schönen, nur durchscheinenden, schmutziggelben, 19 em langen und 21 cm (in der größten horizontalen Dimension) dicken betrug das Gewicht 31 Pfund; dieser ist schon oben kurz erwähnt. Die Farbe wechselt meist zwischen der braunen des Rauchtopases und der gelben des brasilianischen Topases. Manchmal ist sie dunkel honiggelb, vielfach auch heller in dieser und in anderen gelben Nuancen; zuweilen findet man sie auch hellblau und bläu- lichweiß sowie ganz farblos und wasserhell. Die Kristalle sind teils vollkommen einheitlich gebildete Individuen, teils sind es aus mehreren solchen parallel verwachsene Gruppen. Topas beherbergt auch die Landschaft Daurien, der südliche Teil von Transbai- TAFEL- Xi. D:5, 4, Fopas (blau, Krystall, Mursinka). 1a. Topas (blau, geschliffen). 2. Topas (dünkelgelb, Krystall, Brasilien). 2a. Topas (dunkelgelb, geschliffen.) 3. Topas (hellgelb, Krystall, Sachsen). 3a. Topas (Sachsen, geschliffen). 4. Rosatepas (Krystall, Brasilien). &a. Rosatopas (ge- sehliffen). 5. Euklas (Krystall, Brasilien). 124 Zweiter Teir. Spezieuve EDELSTEINKUNDE. X 133AT ; anderen Mineralien. Er kommt hier in zwei Varietäten vor: einmal farblos, durchsichtig and rein wasserlell, wie die „pingos d’agoa“, in regelmäßig und flächenreich ausgebildeten Kristallen: sodann ın solchen von schmutzie? een Farbe, nur kantendurch- scheinend, wissıg, nt zerseizt, wie män ult, schon unit den Fingern zer- drückbar und bloß von wenig nr , talle dieser letzteren Art haben natürlich als Edelsteine keine Bedeut die Größenverbältnisse dieselben Bi wie heı Alabas selıka. Yopas findet sich auch in Sanarka Pf ebenfluß des Ui lichen Ural A&puvernement Orenbyreh R E ‘ brasıllanıs% N man den uralıs®t Kristalle anfang Ihre meist Rn: ann Form ist einfach, in Fig. 80, a. ist ge wöhnlich ny Rchlferschiedene n Nuancen) /%osa bis violblau, m Find auch 5“ : , g . We N Viele sind schön durehsehiie. Die Größe geht bis Zr einer Länge ee u von 2' und Einer Dicke von *%s em. In den Seifen wird der Topas von zahlreichen anderen zum Teil schon erwähnten Minemll zum Teil als Amethyst, Korund (Rubin), Oh Chaleedon (Karneol, Achat, usw. ) Staus Cr Kdeisteinen begleitet, so von Quarz, sandrit und Cymophan), Spinell, Li ner aueh das ursprüngliche Vor Afizem Turmalin und grünem, gleichfalls chromhaltigem au Form oder -Nestern ‚jan Kohlen kalk, der in jegen Gegenden ; Der Topas vom Adun-Tieh deutung. durchzieht ypi aD tigen BeryX sap) ıen Kristalle von gen Topas beherbergt. in dem bei der Beschreibung de. erstgenannten Edelsteines erwähnten Verwitterun Sruse lose im Ackerfeld. Die Kr form ist stets die von Fig. 80 b. Im Gebirgszuge Kuchuserkensk sind die Topase anfangs der fünfziger Jahre entdeckt worden. Trotzdem dieses Gebirge n eine Fortsetzung des Adun-Tsehilos. Gebirges zu betrachten ist, sind doch die _a& dortigen gleich, sondern, soweit man bis et Gebirgszuge BePschtsehowotsehnoi, die dorf en, aber vorzugswei zusammen in Orami > Schönheit in Far Fluse Uruleg U hinziehenden Berger veilen enormen Dimehgioneh Der Topas voll) I zeichnet sich durch & nehtigkeit, so "opase durch boniggeiber Kl I) on hier wog 3 Pfund ch bedeutende Größp Jaus eter schön durchsichtige? nehmer dunkı Weingeiber Farbe sogar übe und bei einem dritten, weniger ‚hönen, nur durolwebeinenden, schmutziggk angen und 21 em {in der größten alen Dimension: dieken betrug das fund; dieser ıst schon „ben me | wäunt. Ine Forbo wechselt meist zwische des Rauebtopgses ward darin voiikommen bei : aus mehreren kon yarallıı verwachsene Grappen.- Iandschsft De aa, Jer sMiliche Teil von Transbai- - fir i : m; werben. Die Kamine ame ke ‚dioalodamb) asgoT .S ‚(uMlildoesg diogleanmb) angoT ‚se .(nsiliasıdl IIstexT ‚Ausedond IIstexrH dioglled) angoT” ga > ‚(nsMildoeog arosB) angoT E Pu 1 w a: ie DENE A een eniılrl .s ‚(moftildse , Turmalin, Granat, Beryli usw. n stammenden Steine nicht den rl ähnlichsten denjeniggp aus dem ‚ssid) asqoT ‚st .(elnieruM Isteviil ‚gid) asgoT 5 « T a hougpelb, vielfach ae bien a fa Nünncen, zuweilen. findet man vie such iii al ET TAFEL Xlll. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Auflage. E. Ohmann [ec. ToPrAS. SIEIRIEN ete. 425 kalien. Mehrfach genannt werden wasserhelle, schön kristallisierte Steine von der Schilka, dem Oberlauf (oder Hauptquellfluß) des Amur. In Asien ist auch sonst schöner Topas noch verbreitet. Sehr ähnlich dem gelben brasilianischen, ja von ihm was Form und Farbe anbelangt, nieht zu unterscheiden, ist der aus der Gegend von Mukla oder Mugla in Kleinasien. Fundort und Vorkommen sind nicht näher bekannt, auch für den Edelsteinhandel nicht wichtig. Die Kristalle sind dunkelhoniggelb bis blaßweingelb, zuweilen rosenrot, seltener blau; die Form ist wie die der brasilianischen in Fig. 80, « und Taf. XIIL, Fig. 2 u. 4 abgebildet. In Ostindien ist Topas mit Sicherheit nieht nachgewiesen. Alle Berichte über ostindische Topase sınd zweifelhaft oder sicher falsch und beruhen zum Teil auf Ver- wechslungen mit Quarz und anderen Mineralien. Zweifelhaft ist das Vorkommen auf Ceylon, wo nach manchen Berichten meergrüne, farblose, hell- und dunkelgelbe Topas- geschiebe sich mit den anderen Edelsteinen, namentlich mit dem Sapphir, zusammen finden sollen. Man ist jedoch bei den Beschreibungen stets unsicher, ob echter oder nicht vielmehr „orientalischer“ Topas gemeint ist, so daß an dem Vorhandensein des ersteren auf dieser Insel stark gezweifelt werden muß. U. a. soll hier eine schön safrangelbe Varietät, der bereits erwähnte „indische Topas“ vorkommen. Auch der 369 Karat schwere farblose .„Maxwell-Stuart“-Topas, ein sehr schöner Brillant, soll von Ceylon stammen; vor dem Schleifen hatte er die Größe einer starken Männerfaust. G. = 3,565. Aus Japan kommt neuerer Zeit ebenfalls Topas, zum Teil ın ziemlich großen, wasser- hellen, hellgelben und grünlichblauen Kristallen, die an verschiedenen Orten aus Peg- matitgängen im Granit und Gneis stammen. Die japanischen, Topase haben noch keine Bedeutung im Edelsteinhandel, können diese aber mit der Zeit wohl noch erlangen, da viele von ihnen durchaus schleifwürdig sind. Blaue, grüne und gelbe Topase sind auch in Kamschatka gefunden worden. In Afrika, und zwar in Ägypten wurden in früberen Zeiten in denselben Gegenden, am Gebel Sabara nahe dem Roten Meere, Topase gegraben, wo die Smaragde vor- kommen. Eine große Zahl alter Topasgruben hat man dort aufgefunden, aber kaum eine später wieder in Betrieb gesetzt, da der Topas für solche Versuche gegenwärtig zu wenig Wert besitzt. Nur bei Risk Allah soll in jener Gegend zur Zeit Topas gewonnen werden. Auch die Topase aus dem deutschen Schutzgebiete in Südwestafrika, zuweilen wolkig und trübe, meist wasserhell und klar, selten bläulich, auch weingelb bis braungelb, sind bisher wohl kaum verschliffen worden. Geschiebe von schön blauem Topas begleiten den Diamant in der Gegend von Somabula m Rhodesia (sog. Somabula blue). Endlich ist noch Australien als Heimat des Topases zu erwähnen. Dieser Edel- stein ist hier recht verbreitet, besonders in Seifen. Farblose, bläuliche und grünliche, auch gelbe Geschiebe, vielfach ganz den brasilianischen gleichend, finden sich in der Granit- region von Neu-England, der nordöstlichen Ecke von Neu-Süd-Wales, sowie ın den dortigen Zinnseifen als Begleiter des Zinnsteines und des Diamants, so bei Oban, Jnverell, am Glen Creek, 7 miles nordöstlich von Emmaville und besonders bei Tingah. Wie der Zinnstein stammt der Topas wohl sicher aus dem Granit (Pegmatit) in dem bei Oban auch schöne Kristalle beobachtet worden sind. Ganz ähnlich wie in Neu-England kommt der Topas aber auch in den Flüssen weiter südlich (siehe die Karte Fıg. 53, S. 283) als Begleiter des Diamants vor. Es sind hier ebenfalls Geschiebe, und zwar oft von bedeutender Schönheit und Größe, bis zu mehreren Unzen Gewicht, bald farblos, bald blau, zuweilen auch gelb. Gelbe und blaue Geschiebe hat man auch in Owens River in Vietoria gefunden, und in sehr grobkörnigem Pegmatit bei Londonderry in dem Coolgardie-Goldfeld in Westaustralien, vor kurzem bis 6 Fuß lange und bis 21/2 Zoll dicke Kristalle, die aber wenig schleifbares Material geliefert haben. Viele von diesen 426 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. australischen Topasen werden gesammelt und geschliffen. Dies ist auch der Fall mit den schönen wasserhellen, gelben, blauen und grünlichen Topasgeröllen aus den Zinnseifen von Tasmanien, die dort sehr verbreitet sind und die gleichfalls aus Pegmatit stammen. Große Mengen sollen von hier nach China ausgeführt werden. LrKon: (Hyaeinth.) Dieser Edelstein gehört noch zu den wertvolleren, namentlich benutzt man neben andersfarbigen vielfach die durchsichtige gelbrote Varietät, die den Namen Hyacinth erhalten hat. Immerhin steht aber doch der Zirkon an Wichtigkeit dem Topas und den anderen schon beschriebenen Edelsteinen bedeutend nach, da er viel seltener verschliffen wird als diese. Der Zirkon ist zusammengesetzt aus den beiden Bestandteilen Kieselsäure und Zirkon- erde, und zwar enthält er 32,3 Proz. von der ersteren, 67, Proz. von der letzteren, ent- sprechend der Formel ZrO:2.Si0:. Die Kristallformen, von denen einige der häufigsten in Fig. 82, a bis d abgebildet wurden, sind gewöhnlich sehr einfach; sie gehören dem quadratischen System an. Es Da Fig. 5 Kristallformen des Fk sind meist kurze und verhältnismäßig dicke, ringsum von regelmäßigen Flächen umgebene Kristalle, begrenzt von quadratischen Prismen und Oktaödern in verschiedener Anordnung. Die dehon genannte Varietät des Hyaeinth findet sich kaum anders als in der Fig. 82, b und ce und Taf. I, Fig. 11 und 12 dargestellten Form eines quadratischen Prismas, zur mit abgestumpften Kanten, auf welche die Flächen eines quadratischen Oktaöders der anderen Stellung gerade aufgesetzt sind, so daß sie oben und unten vierflächige Zuspitzungen bilden. Die anderen Figuren gehören dem eigentlichen Zirkon an. Das spezifische Gewicht ist sehr hoch. Ohne daß ein ausreichender Grund dafür bekannt wäre, ist es sehr verschieden und steigt von 3,905 bis 4,5. Grüne Steine sind im allgemeinen leichter, gelbe und braune schwerer, doch nicht ohne Ausnahmen. Manche Exemplare, namentlich von mittlerem spezifischem Gewicht nehmen beim Glühen ein erheblich höheres an. Die höheren Zahlen werden für die normalen gehalten. Diese findet man u. a. bei der Varietät des Hyaeinths von G.=4,s0—4,35. Das sind die höchsten Werte, die bei Edelsteinen, überhaupt bei Mineralien ohne eine größere Menge von ZIRKON. EIGENSCHAFTEN. 427 schwerem Metall, gefunden wurden. Die Zirkone sinken alle auch in der schwersten Flüssigkeit rasch zu Boden. Die Spaltbarkeit ist beim Zirkon sehr unvollkommen, ja kaum zu bemerken. Der Bruch ist ausgezeichnet muschlig. Die Härte geht für einen Edelstein nicht besonders hoch ; sie liegt zwischen der des Quarzes und Topases, es ist also H.— 7 !/); bei manchen, und zwar besonders bei den leichteren, ist sie auch wohl etwas geringer als beim Quarz. Sie ist aber jedenfalls stets genügend, um eine sehr gute Politur zu gestatten, so dab Sehliffflächen einen ausgezeichneten Glanz, und zwar, wie die Kristallflächen, einen diamantartigen Glasglanz besitzen. Der Zirkon ist zum Teil trübe und undurchsichtig und bildet dann den gemeinen Zirkon, dem der durchsichtige edle gegenübersteht, aber auch der durchsichtigste läßt Röntgenstrahlen nicht hindurch. Der gemeine Zırkon ist meist von brauner oder grauer, auch von grüner bis schwarzer Farbe, wird aber seiner Undurchsichtigkeit wegen wenig als Edelstein benutzt. Eine feuerrote trübe Varietät, die zuweilen geschliffen wird, ist nach ihrer Heimat als „ceylonischer Zirkon“ bezeichnet worden. Auch der edle Zirkon ist zuweilen nicht sehr vollkommen durchsichtig, aber doch in hohem Grade durchscheinend. Wegen seiner sehr mannigfaltigen, meist recht hübschen Farbe und seines besonders hohen Glanzes und Feuers, bezüglich dessen er hinter dem Diamant nur wenig zurücksteht, gewährt er einen angenehmen Anblick. Nur selten ist er vollkommen farblos und wasser- hell, wie z. B. die auf dem Chloritschiefer des Wildkreuzjoches in Tirol aufgewachsenen Krystalle und manche von Ceylon. Häufiger ist er grün, hell und dunkel in verschiedenen Nuancen, auch bräunlich und gelblich, rosenrot, braunrot (sog. Hyacınthtopas), braun und bräunlichgelb, sowie, in sehr seltenen Fällen, rein gelb und violett; nur blau fehlt gänzlich. Die verbreitetste Hauptfarbe des edlen Zirkons ist ein etwas ins Bräunliche sehendes, aus ziemlich gleichen Teilen rot und gelb gemischtes Orange, das an ver- schiedenen Exemplaren bald etwas mehr ins Rote, bald etwas mehr ins Gelbe spielt und an verschiedenen Kristallen etwas dunkler oder etwas heller sein kann. Der Zirkon von dieser Färbung, wie sie Taf. I, Fig. 11 und 12 zur Anschauung bringt, bildet die Varietät des schon erwähnten Hyacintbs. Fin grünlichgelber Zirkon ist auf derselben Tafel ın Fig. 13 abgebildet; derartige Steine werden ım Handel zuweilen für Turmalın gehalten und auch danach benannt. Die Farbe des Zirkons ist manchmal sehr leuchtend und feurig, besonders bei gewissen roten und braunen Steinen, manchmal aber auch eigentümlich düster, namentlich das dunkle Grün. Nicht selten ist die Farbe auch etwas ungleichmäßig und zwar in feinen Streifen und Lagen abwechselnd verschieden. Nach dem Hyaeinth heißt die erwähnte rotgelbe Farbe hyacınthrot. Sie kommt ganz in derselben Weise noch bei einem zweiten Edelstein vor, der auch als Begleiter des Hyacinths an dessen Hauptfundort, auf der Insel Ceylon, auftritt. Es ist der der Granatfamilie angehörige Kaneelstein oder Hessonit (Taf. XIV, Fig. 7 u. 8), von dem unten noch ausführlich die Rede sein wird. Beide werden sehr häufig miteinander ver- wechselt; der Kaneelstein wird von den Juwelieren ebenfalls Hyacınth genannt und dem echten Hyaeinth untergeschoben. Dies soll in so hohem Maße der Fall sein, daß manche behaupten, im europäischen Edelsteinbandel komme überhaupt so gut wie kein echter Hyacinth vor, fast alle sogenannten Hyacinthe seien Kaneelsteine. Bei einer großen Zahl derselben ist dies sicher der Fall; viele der letzteren werden als Hyaeinth verkauft, obwohl sie im Glanze und Feuer hinter dem in dieser Hinsicht besonders ausgezeichneten echten Steine, dem hyaeinthroten Zirkon, erheblich zurückstehen. Die Hilfsmittel, durch die man beide Steine leicht und sicher zu unterscheiden vermag, werden wir bei der Betrachtung des Hessonits kennen lernen. Sie beruhen vornehmlich auf der einfachen Licht- 428 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. brechung des Kaneelsteınes gegenüber der doppelten des Hyacinths, sowie auf dem charakteristischen Absorptionsspektrum des letzteren (S. 77). Besonders zu erwähnen sind die sehr blaß strohgelben bis vollkommen farblosen Zirkone oder Hyacinthe von der Insel Ceylon, von denen oben schon im Vorbeigehen kurz die Rede gewesen ist. Sie werden von den Juwelieren zuweilen als „Cerkonier“ oder „Jargon de Ceylon“ bezeichnet. Sie haben einen ausgezeichneten Glanz und stehen darin dem Diamant sehr nahe, dem sie daher gelegentlich untergeschoben werden. Noch im vorigen Jahrhundert hat man sie geradezu für schlechte Diamanten gehalten und da- her nach dem Fundort Matara (Matura) auf Ceylon als „Matara- oder Maturadiamanten“ bezeichnet. Wie den Kaneelstein, so kann man aber auch den Diamant vom Hyaeinth an der einfachen Lichtbrechung unterscheiden, außerdem den Diamant auch noch durch die Härte und das spezifische Gewicht. Der Diamant schwimmt noch in der schwersten Flüssigkeit, in welcher der Hyaeinth rasch untersinkt. Solche farblosen Zirkone von natürlicher Beschaffenheit sind allerdings sehr selten, man kann sie aber in beliebiger Zahl künstlich herstellen durch Erhitzen (Brennen) gefärbter Hyaeinthe nicht nur von Ceylon, sondern auch von anderen Fundorten (Tasmanien, Queensland usw). Der hyacinthrote Zirkon hat nämlich die Eigenschaft, daß er bei einer Temperatur von ungefähr 500° ©. sehr leicht seine Farbe verliert, dabei aber erheblich an Glanz gewinnt. Wenn man einen solchen Stein der Spitze der Lötrohrflamme nähert, so verschwindet das Rot plötzlich und er wird mit einem Ruck farblos. Doch sind nıcht alle Exemplare gleich leicht veränderlich in der Wärme, und auch ihr sonstiges Verhalten beim Erhitzen ist nicht immer dasselbe. Einzelne wenige verändern ihre Farbe überhaupt nicht oder verlieren sie doch nicht ganz, so daß sie einen Stich ins Rosenrote bis Strohgelbe behalten, oder statt farblos graulich werden. Andere nehmen längere oder kürzere Zeit nach dem Erkalten das ursprüngliche Aussehen ganz oder doch zum Teil wieder an, wenn auch die Nuance vielfach eine andere, meist hellere ist; doch darf die Erhitzung nicht zu weit gegangen sein, sonst bleibt die Entfärbung bestehen. Die Wiederherstellung der früheren Farbe wird durch Radiumbestrahlung sehr erleichtert und beschleunigt. Sie erfolgt nach kurzer Zeit, wobei zugleich in der Dunkelheit eine lebhafte Phosphoreszenz zu beobachten ist, die in ähnlicher Weise auch die Farbenänderung und Entfärbung in der Wärme begleitet. Die natürliche Körperfarbe der Zirkone wird durch derartige Strahlen nicht beeinflußt, eine andere als die gelbrote Hyacinthfarbe auch nicht durch die Wärme; grüne Steine z. B. bleiben bei mehr als 700°, wie sie waren. In der Praxis wird diese Farbenänderung nicht nur benutzt, um farblose Zirkone herzustellen (gebrannte Hyacinthe, künstliche Mataradiamanten), sondern auch um zu dunkle Steine heller und durchsichtiger zu machen, z. B. solche von Tasmanien. Man steigert dabeı die Hitze vorsichtig und nicht zu stark, z. B. durch Einwickeln der Stücke in Feuer- schwamm, der dann abgebrannt wird. Mit der Veränderung der Farbe ist wenigstens manchmal auch eine solche des spezifischen Gewichts verbunden. So stieg dabei das des braungelben Zirkons von Tasmanien von 4,51 auf 4,07, und ähnlich ist es bei dem Hyacınth von Ceylon. Manche Hyacinthe ändern ihre Farbe und ihren Glanz auch schon bei gewöhnlicher Temperatur. Sie blassen oft sehr rasch ab, wenn man sie dem Lichte, besonders den direkten Sonnenstrahlen aussetzt. Bei anderen, allerdings selteneren, geht dabei die Farbe in eine bräunlichrote über, die mit der Zeit immer entschiedener braun wird. Gleich- zeitig wird dabei der Diamantglanz immer mehr glasähnlich. Verwahrt man solche ver- änderten Steine im Dunkeln, dann nähern sie sich in Farbe und Glanz allmählich wieder ihrer ursprünglichen Beschaffenheit, aber vollkommen wird der frühere Zustand doch nie mehr erreicht. Wenn auch nicht alle Hyaeinthe dieser Veränderung ausgesetzt sind, so ıst. ZIRKON. VORKOMMEN. 429 es doch gut, einen mit solchen Steinen besetzten Schmuck nieht unnötig dem Lichte auszusetzen. Es emptiehlt sich, ihn im Dunkeln aufzubewahren, solange er nicht ge- tragen wird. Die Lichtbreehung des Zirkons ist sehr stark und wird höchstens noch von der des Diamants übertroffen. Dem quadratischen Kristallsystem gemäß ist er doppelt- brechend. Für den größten und kleinsten Brechungskoäffizienten eines Hyacinthkristalles von Ceylon hat man die Werte 1,97 und 1,2 erhalten. Die Differenz beider ergibt 0,5 als das Maß der Doppelbrechung, die danach ebenfalls ganz besonders ener- gisch ist. Dagegen weichen die Brechungskoöffizienten für die verschiedenen Farben nicht viel voneinander ab, die Farbenzerstreuung ist also gering und kann sich nicht entfernt mit der des Diamants messen. Wenn daher auch der farblose Hyaeinth bezüg- lich des Glanzes den Vergleich mit dem Diamanten nicht zu scheuen hat, so steht er hinter diesem doch bezüglich des Farbenspieles weit zurück; ein solches tritt bei ihm auch unter den günstigsten Umständen so gut wie gar nicht hervor. Auffallend gering ist beim Hyaeinth, wie überhaupt beim Zirkon, der Pleochroismus. Die beiden Bilder in der Diehrolupe sind auch bei sehr intensiver Färbung der Steine so nabe einander gleich, daß man kaum Unterschiede zu erkennen vermag. Man kann also diese sonst so bequeme Erscheinung nicht gut benutzen, um beispielsweise den Hyacinth von dem gar nicht dichroitischen Kaneelstein zu unterscheiden. Etwas stärker als der Pleochroismus des Hyaeinths ist allerdings der der anders gefärbten Zirkone, aber auch bei diesen ist er schwächer als bei allen anderen doppeltbrechenden farbigen Edelsteinen. Manche Zirkone zeigen eine Lichterscheinung wie das Katzenauge. Von den sonstigen Eigenschaften des Zirkons sei noch erwähnt, daß er vor dem Löt- rohr unschmelzbar ist und daß er von Säuren, selbst von der Flußsäure nicht angegriffen wird. Beim Reiben wird er etwas elektrisch, aber nicht in dem Grade, daß diese Eigen- schaft zur Erkennung und Unterscheidung von anderen ähnlichen Steinen dienen könnte. Was das Vorkommen des Zirkons betrifft, so ist er im Urgebirge, in den älteren kristallinischen Silikatgesteinen, wie Granit, Gneis und anderen ähnlichen Gebirgsarten zu Hause und namentlich in der Varietät des gemeinen Zirkons vielfach sehr verbreitet, aber auch der durchsichtige edle Zirkon und besonders der Hyacinth hat darin seine eigentliche Heimat. Die Kristalle sind in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle in den Gesteinen ein-, selten auf Drusen in denselben aufgewachsen. Einige von diesen Ge- steinen enthalten Zirkon, allerdings die gemeine Varietät, in solcher Menge, daß sie danach bezeichnet werden, so die Zirkonsyenite des südlichen Norwegens in der Gegend von Frederiksvärn und Laurvik; und manche andere Fundorte, namentlich in Nordamerika, liefern viele Zentner gemeinen Zirkons. Aber auch jüngere vulkanische Gesteine, besonders Basalte enthalten zuweilen Zirkon in vereinzelten deutlichen eingewachsenen Kristallen von der Varietät des Hyaeinths. Bekannt ist in dieser Beziehung der Basalt von Espaly bei Le Puy im Velais (Departement Haute-Loire) in Frankreich, ferner in Deutschland die sogenannte Mühlsteinlava von Niedermendig nahe dem Laacher See, der Basalt von Unkel am Rhein, mancher Basalt im Siebengebirge usw. Einen im schwarzen Basalt eingewach- senen und teilweise von der Umhüllung befreiten Hycainth gibt Tafel 14 Ei2.01220 82 ist nicht unwahrscheinlich, daß die in dieser Weise vorkommenden Hyaecinthe nicht ursprünglich in dem basaltischen Gestein entstanden sind, sondern daß sie sich darin auf sekundärer Lagerstätte befinden. Sie waren vielleicht anfänglich ebenfalls in einem granitischen oder anderen ähnlichen Gestein eingewachsen, von dem dann Bruchstücke in die glühend flüssige Basaltmasse gelangten. Diese wurden darin bis auf den von allen Bestandteilen allein widerstandsfähigen Hyaecinth eingeschmolzen, und so blieb dieser als letzter Rest jenes alten Gesteines übrig, als scheinbarer Gemengteil des Basalts. 430 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Aus seinem Muttergestein gelangte der Zirkon, speziell der Hyacinth, auch in die aus jenem entstandenen Verwitterungsmassen, und weiterhin in den Schutt der Flüsse und Bäche, er bildet einen Bestandteil der Seifen. Die Unverwitterbarkeit der Substanz macht, daß die Kristalle auch bei diesem Vorkommen vollkommen frisch, glänzend und durchsichtig sind. Aus den Seifen werden die als Edelsteine verwendeten Zirkone aus- schließlich gewonnen, niemals aus dem festen anstehenden Gestein. In ihnen sind sie wie die anderen Edelsteine dort stark abgerollt, doch ist vielfach die Kristallform noch deutlich zu erkennen. Den größten Teil der im Handel vorkommenden Zirkona liefert die Insel Ceylon, und zwar stammen sie aus denselben Seifen, in denen auch die anderen ceylonesischen Edelsteine, Spinell, Sapphir, Katzenauge usw. gesammelt werden. Der Zirkon begleitet diese in erheblicher Menge und wird mit ihnen gleichzeitig gewonnen. Das Hauptvor- kommen ist in den Ablagerungen des Bezirkes Saffragam mit der Hauptstadt Ratnapura, bei Rakwana, sowie im Süden der Insel in denen am Walawe Ganga nnd bei Matara (Matura), von welch letzterem Ort die farblosen, auch die geglühten Hyacinthe den schon erwähnten Namen „Matura- oder Mataradiamanten“ erhalten haben. (Fig. 69, S. 361.) Die Größe der Hyacinthkristalle ist fast stets gering; die meisten sind höchstens linsengroß, erbsengroße sind schon selten und über 10—12 Karat geht das Gewicht kaum hinaus. Als besondere Selten- heiten werden einige große Hyacinthe erwähnt, so ein soleher von 51/ Linien Länge und 4/2 Linien Dicke und ein zweiter, bei dem die entsprechenden Dimensionen 6 und 7 Linien betragen. Größer sind häufig die Zirkone von anderer Farbe, grün, gelb, rötlich, hellbraun, dunkelbraun bis schwarz, auch die durchsichtigen edlen, die in Ceylon den Hyaeinth begleiten; schöne Steine von Zentimeterlänge sind bei ihnen nichts übermäßig Seltenes und Ungewöhnliches. Charakteristisch für die edlen Zirkone von Ceylon ist neben der gleichmäßigen Farbe eine hauchartige Trübung, die durch feinste mikroskopische Ein- schlüsse hervorgebracht wird. Daß die zahlreichen Zirkone aller Art in den ceylone- sischen Seifen aus denselben Gneisen und aus den diesen eingelagerten Kalken stammen, wie z. B. die mit vorkommenden Sapphire, ist zweifellos, man hat sogar in seltenen Fällen Hyaeinthkristalle noch im Muttergestein beobachtet. Die bei der Betrachtung des Sapphirs hierüber gemachten Mitteilungen treffen auch hier zu. Unwichtig sind die Fundorte, die noch sonst in Indien angegeben werden, und die sogar zum Teil sehr zweifelhaft sind. So soll Hyacinth im Alluvium von Ellore, Präsident- schaft Madras, und im Granit von Kedarnath am oberen Ganges vorkommen, aber die Sache ist nicht ganz sichergestellt. Ebenso ist es mit dem Hyaeinth, der den Rubin in Ober-Birma nach manchen Nachrichten begleiten soll. Neben Ceylon ist besonders Australien zu nennen. In Queensland finden sich Zirkone mit den Sapphiren von Anakie, meist klein, doch auch nicht selten groß und schön genug zum Schleifen. Einige sind farblos und sehr glänzend und daher zuerst für Dia- manten gehalten worden. Die meisten zeigen verschiedene Nuancen von braun, rot und gelb, und sind dann gegen die Einwirkung von Licht und Wärme besonders empfindlich. Die hellgelben sollen zum Teil durch Brennen blau werden. Be- richtet wird von einem sehr schönen roten, geschliffenen Hyacinth von 15 Karat, doch sind gute Steine hier nicht häufig. In Neu-Süd-Wales kommt der Edelstein in den Gold und z. T. auch Diamanten führenden Seifen über ein ausgedehntes basaltisches Gebiet verbreitet vor. Besonders werden Glen Innes und Inverell als Fundorte genannt; schöne Exemplare sollen auch von Mugdee stammen. Die meisten sind stark abgerollt und vielfach zerbrochen; sie gehen vom Farblosen und Wasserhellen bis ins Dunkelrote. Aus Tasmanien kommt in neuerer Zeit viel Zirkon in den Handel. Er ist in den Zinn- seifen des Nordostens in Form bis zollgroßer, stark abgerollter, nur selten noch ZIRKON. VORKOMMEN. 431 ‘Kristallflächen zeigender Gerölle sehr verbreitet. Besonders gelbbraune bis rote Varie- täten, vielfach sehr dunkel in der Farbe, doch auch z. T. den Hyacınthen von Ceylon sehr ähnlich, sind häufig, die geschliffen ein sehr schönes Aussehen haben. Auch bei ihnen ändert sich die Farbe sehr leicht. Sicher bekannt, aber höchst unbedeutend ist das Vorkommen des Edelsteines in Europa, in Seifen, die denen in Ceylon sehr ähnlich sind. Im Sande der Iserwiese, die bei Betrachtung der Fundorte des Sapphirs erwähnt wurde, wird der letztere ganz ähnlich wie in Ceylon von Hyacinth begleitet, dessen Menge und Größe aber gering ist. Beide Edelsteine mit den anderen dort vorkommenden stammen wohl auch an dieser Stelle aus Gneis. In den Bächen bei Espaly in Frankreich findet sich Hyacinth aus dem Basalt ausgewittert; er ist ganz gleich dem von Üeylon, aber das Vorkommen ist spärlich und die Kristalle sind klein, höchstens 2 bis 3 Millimeter lang. Endlich finden sich auch schöne reich gefärbte Zirkone ın den Goldsanden von Nord-Carolına, die Kristalle sind aber zum Schleifen leider zu klein. Betrachten wir zum Schluß noch die Art der Verwendung des Zirkons zum Schmuck- stein! Der gefärbte wird am Öftesten als Tafelsteın oder Dickstein, zuweilen auch als Treppenstein und sogar manchmal als Brillant geschliffen, je nach der mehr oder weniger tiefen Färbung und klaren Durehsichtigkeit. Gute reine Steine reflektieren das Licht sehr schön von innen heraus und brauchen keine weitere Verbesserung, geringere Exemplare erhalten bei der Fassung eine Goldfolie oder werden in einen schwarzen Kasten gesetzt. Die weißen farblosen, besonders die gebrannten, erhalten meist die Form von Rosetten, wozu sie sich ihres starken Glanzes und des fehlenden Farbenspieles wegen besser eignen als zu Brillanten, aber auch diese letztere Form wird zuweilen angewendet. Solche gebrannte Hyacınthe waren wegen ihres eigentümlichen düsteren Glanzes im vorigen Jahrhundert zu Trauerschmuck statt Diamanten beliebt. Der Wert des Hyaeinths ist gegenwärtig verhältnismäßig gering. Der Stein wird jetzt viel weniger begehrt als früher, und der echte ist, wie schon oben erwähnt, im Handel selten. Die ganz kleinen sind wegen ihrer Häufigkeit niedrig im Preise, größere stehen höher, ja nur diese haben überhaupt einen gewissen Wert. Ein Karat eines gut geschliffenen Steines ist auf höchstens 10 bis 12 Mark zu schätzen, wenn er schön gefärbt ist. Entsprechende Zahlen gelten auch für die anders gefärbten Zirkone. Früher waren die Preise viel höher. Es ist schon oben bemerkt worden, daß der gelbrote Granat, der Hessonit oder Kaneelstein, dem Hyaecinth außerordentlich ähnlich ist und viel mit ihm verwechselt wird. Ebenso ist die Ähnlichkeit des gebrannten Hyaeinths mit Diamant schon hervorgehoben und die Möglichkeit einer Unterscheidung der beiden genannten Edelsteine vom echten Hyacinth angegeben worden. Es gibt aber noch andere Steine, die dem letzteren ın seiner ursprünglichen hyaeinthroten Farbe mehr oder weniger gleichen und die daher ebenfalls als Hyacinthe bezeichnet werden. Hierher gehört vor allem der schon früher besprochene „orientalische Hycainth“, der gelbrote Korund mit ebenso lebhaftem Glanz und Feuer wie der eigentliche Hyacınth, der sich aber durch größere Härte (H. = 9) und kleineres spezifisches Gewicht (G. = 4,,) von dem letzteren unterscheidet. Auch an seinem nicht starken, aber deutlich bemerkbaren Dichroismus läßt sich der orientalische Hyacınth erkennen, da diese Erscheinung an dem echten nicht zu sehen ist. Mit dem Namen Hyaeinth werden auch zuweilen rote Quarzkristalle bezeichnet, so namentlich die im Gips von S. Jago di Compostella im nördlichen Spanien eingewachsenen als Hyacinthe von Compostella. Geschliffen können diese schon wegen ihrer trüben Beschaffenheit und dem geringeren Glanz von Hyacinth unterschieden werden, mit völliger Sicherheit aber an ihrem geringen spezifischen Gewicht, das nur 2,6; beträgt. Der Stein 432 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. schwimmt daher im Methylenjodid. Dasselbe tut der Turmalın, dem in manchen Ab- änderungen allerdings weniger der Hyacinth, als gewisse anders gefärbte Zirkone nicht unähnlich sind. Der Turmalin ist außerdem noch durch einen sehr kräftigen Pleochroismus charakterisiert. Auch der Rosatopas soll zuweilen für Hyacinth ausgegeben werden; bei ihm ist aber die Farbe ganz anders und der Dichroismus sehr stark. Endlich ist noch zu erwähnen, daß man zuweilen Gläser herstellt von der Farbe des Hyacinths, die diesem betrügerischerweise untergeschoben werden können. Sie lassen sich an ihrer einfachen Lichtbrechung und an der geringen Härte leicht erkennen. Granat. Der Granat ist ein außerordentlich viel benutzter Edelstein, der sowohl in kostbaren Schmuckstücken als in der gewöhnlichen ordinären Marktware Verwendung findet, doch ist die Mode hier von großem Einfluß. Wenn man noch vor kurzem das Schaufenster eines Juwelierladens betrachtete, so sah man wenigstens in der Hälfte der ausgestellten Schmuck- sachen Granat in seinen verschiedenen Abarten, heute ist er fast gänzlich verschwunden. Granat ist nicht ein einzelnes Mineral von ganz bestimmter Zusammensetzung und Beschaffenheit wie Diamant, Topas und andere. Man faßt unter diesem Namen eine ganze Gruppe von Mineralien zusammen, die sämtlich in Beziehung auf die Kristallform und manche physikalische Eigenschaften, sowie in betreff der allgemeinen Verhältnisse der chemischen Zusammensetzung miteinander übereinstimmen. Sie weichen jedoch hierin im ein- zelnen stark voneinander ab, sofern in den zahlreichen Gliedern der Gruppe verschiedene Einzelbestandteile miteinander in Verbindung getreten sind und hiervon ist dann namentlich die äußere Erscheinung abhängig. Der Granat bildet also eine sogenannte isomorphe Reihe, wie sie so vielfach im Mineralreich und namentlich auch unter denjenigen Mineralien vorkommen, die als Edelsteine für uns von besonderem Interesse sind. Alle Granate sind Verbindungen der Kieselsäure, es sind Silikate. Die Überein- stimmung der allgemeinen chemischen Verhältnisse besteht darin, daß stets drei Moleküle Kieselsäure, Si O2, mit einem Molekül Sesquioxyd von der Zusammensetzung R. O3 und mit drei Molekülen Monoxyd, MO, vereinigt sind. Die allgemeine chemische Formel, welche die Zusammensetzung der ganzen Reihe ausdrückt, ist demnach: 3 MO ..R203 . 3 SıO:. Die Verschiedenheit der einzelnen Gieder der Granatgruppe besteht dagegen darin, daß das Monoxyd bald Kalk (CaO), bald Eisenoxydul (FeO), bald Magnesia (MgO), manchmal auch Mangonoxydul (MnO) ist, während gleichzeitig als Sesquioxyde dıe Tonerde (Al>0;) das Eisenoxyd (Fe203) und zuweilen das Chromoxyd (Cr203) in die Verbindung eintreten. Diese verschiedenen Monoxyde und Sesquioxyde könnten sich nun in der mannig- faltigsten Weise miteinander vereinigen. Die Analysen haben aber gezeigt, daß nicht jedes einzelne Monoxyd mit jedem einzelnen Sesquioxyd zusammen vorkommt, sondern daß nur eine geringe Anzahl der theoretisch möglichen Verbindungen faktisch existiert, die man nach den in ihnen vorhandenen Oxyden mit besonderen Namen belegt. Von einigen weniger wichtigen abgesehen sind es die folgenden: 1. Kalktongranat: 3 CaO - Al2O3 - 3 S102. . Eisentongranat: 3 FeO - Al2O3 - 3 SıOa. . Magnesiatongranat: 3 MgO - Al»O3 - 3 S102. . Kalkeisengranat: 3 CaO - Fe2O3 - 3 S102. . Kalkchromgranat: 3 CaO - Cr203 - 3 S10>. em GRANAT. ALLGEMEINE EIGENSCHAFTEN. 433 Diese einzelnen Verbindungen sind wenigstens zum Teil in ziemlicher Reinheit in der Natur nachgewiesen worden. In den meisten Granaten findet man aber nicht blos ein einziges Monoxyd wie CaO oder FeO oder ein einzelnes Sesquioxyd Al2Os oder Fe20; usw., sondern zwei oder mehrere nebeneinander, und zwar an den verschiedenen Exemplaren in wechselnden Mengenverhältnissen. So gibt es also Granate, die außer SiO, und Al2O; die beiden Monoxyde CaO und FeO nebeneinander enthalten, und zwar bald mehr von dem einen bald mehr von dem anderen. Die beiden ersten der obigen Ver- bindungen, der Kalk- und der Eisentongranat, sind demnach hier miteinander gemischt, und zwar so, daß die CaO-reicheren eine überwiegende Menge von dem ersten, die FeO- reicheren mehr von dem zweiten enthalten. Granate, die neben CaO gleichzeitig Al.O; und Fe&O3; enthalten, sind Mischungen von Kalkton- und Kalkeisengranat usw. Die Glieder der Granatgruppe sind also in ihrer Mehrheit sogenannte isomorphe Mischungen einiger der obigen fünf und noch anderer seltenerer Grundverbindungen von ganz ent- sprechender allgemeiner Zusammensetzung, die wir zum Teil bei der Betrachtung der ein- zelnen Granate noch kennen lernen werden. Hauptsächlich nach dem auf diesen Mischungen beruhenden chemischen Bestande wird die große Gruppe des Granats in eine Anzahl von besonders benannten Arten eingeteilt. Ein Bild von deren wechselnder Zusammensetzung gibt die folgende Tabelle, in der die Ergebnisse der Analysen einiger als Edelsteine dienender Glieder der Granatgruppe zusammengestellt sind, die nach dem oben Erwähnten leicht bezüglich ıhrer Mischungsverhältnisse gedeutet werden können. Namen und Heimat dieser Granate sind je am Kopfe der Kolumnen angegeben. Hessonit | Demantoid | Pyrop | Pyrop ' (Kaneelstein) ' Almandin \(smaragdgrün) Fyzop (hyaeinthrot) | (dunkelrot) | Ceylon Syssertsk nz Kap (Kaprubin) Kieselsäure. . . . . | 4001 40,56 35,50 41,35 40,90 | 39,06 Bonnie !....) 28,0 20.61 — | 022,5 22,831 | 21,02 Eisenoxyd . . . . .| = | 5,00 | = | — | 2,69 Chromoxyd. . . , » | _ _ 0,70 4,45 | 1,48 | >= Kalk . 1130,87 — 32,90 | 5,29 4,701 5,02 Magnesia | 0,33 — 021 | 15,00 1643 | 12,09 Eisenoxydul . . . . Ft San — | 9,94 13,34 | 18,70 Manganoxydul . . .ı 0,59 1,47 — 2,99 0,38 0,58 Summa . . | 9781 | 100,34 | 100,82 | 100,97 100,04 | 99,16 In fast allen seinen so verschiedenartig zusammengesetzten Arten kommt der Granat ausgezeichnet kristallisiert vor, nur von wenigen Varietäten sind noch keine deutlichen Kristalle gefunden worden. Diese sind bald im Gestein eingewachsen und dann ringsum vollständig mit Flächen ausgebildet, wie z. B. der Taf. XIV, Fig. 3 abgebildete, zum Teil aus seiner Umgebung herausgearbeitete Kristall. Oder sie sind, zu Drusen vereinigt, auf einer Unterlage aufgewachsen und dann an der Anwachsstelle selbstverständlich nicht mit ebenen Flächen versehen, wie dies bei dem Fig. 7 derselben Tafel dargestellten Granat der Fall is. Die Formen, deren wichtigste in Fig. 83, a bis d wiedergegeben sind, gehören dem regulären Kristallsystem an. Sehr verbreitet ist das Rhombendodekaöder (Fig. 83, a), das nach seinem besonders ausgezeichneten Vorkommen am Granat von den Kristallographen auch Granatoöder genannt wird. Häufig sind bei diesem die sämtlichen Kanten mehr oder weniger stark abgestumpft durch Flächen, die gewöhnlich der Länge nach zart ge- streift sind, wie es Fig. 83,b, sowie Tafel XIV Fig. 3 zeigt. Bald sind die Dodekaöder- flächen stärker entwickelt als die Abstumpfungsflächen, wie in den Figuren, bald ist es umgekehrt, so daß von den ersteren oft nur kleine rhombisch gestaltete Reste übrig sind. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 28 434 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Diese Abstumpfungsflächen gehören dem Ikositetraöder an, das auch selbständig mit ent- sprechend gestreiften Flächen häufig beim Granat vorkommt (Fig. 83,c). Am Granatoäder sind in vielen Fällen nicht nur die Kanten abgestumpft, wie in Fig. 83,d, sondern die Kanten zwischen den Flächen des letzteren und den seine Kanten ersetzenden Ikositetraöder- flächen sind ebenfalls sämtlich abgestumpft, so daß Formen entstehen wie die in Fig. 83, d dargestellte. Diese letzteren Abstumpfungsflächen sind häufig in derselben Richtung zart gestreift wie die erstgenannten, dem Ikositetraöder angehörigen; sie bilden miteinander die flächenreichste einfache Kristallform des regulären Systems, einen Achtundvierzigflächner, der aber für sich allein beim Granat noch nicht beobachtet worden ist. Andere Formen als diese kommen kaum vor, namentlich fehlen hier so gut wie ganz die flächenärmsten einfachen Körper des regulären Systems, das Okta@der und besonders der Würfel, die bei anderen regulären Mineralien am häufigsten zu sein pflegen. 2 a. b. e: Fig. 83. Kristallformen des Granats. Blätterbrüche zeigen die Kristalle nicht. Die Spaltbarkeit ist sehr unvollkommen, mehr als bei den meisten anderen Mineralien. Der Bruch ist kleinmuschelig bis uneben. Die Härte ist bedeutend. Bei allen roten Granaten, und das ist die Mehrzahl der als Edel- steine verwendeten, übertrifft sie die des Quarzes, ohne aber die des Topases zu erreichen. Sıe werden alle von T'opas geritzt, ritzen aber ihrerseits Quarz etwas; es ist also H. = 7—8. Etwas abweichend verhalten sich einige grüne Granate. Der als Edelstein zuweilen be- nutzte Demantoid steht noch unter dem Quarz und wird von diesem geritzt (H. =61!), er ritzt aber, wie die roten Steine dieser Gruppe, mit großer Leichtigkeit Glas, was zur Unterscheidung von Glasimitationen dienen kann. Besonders groß und sehr nahe wie beim Topas ist die Härte des schön smaragdgrünen Kalkchromgranats, den die Mineralogen Uwarowit nennen, der aber selten verschliffen wird. Wegen der großen Härte wird der Granat vielfach in Form von Pulver zum Schleifen anderer Edelsteine und sonstiger harter Gegenstände verwendet, auch zur Herstellung von sog. Schmirgelpapier usw. Er ist von den Mineralien mit größerer Härte als Quarz eines der verbreitetsten und leicht zu billigen Preisen in Masse zu beschaffen. Reine Steine ohne Risse dienen auch zur Herstellung von Zapfenlagern für Uhren usw. Wie die Härte, so schwankt auch das spezifische Gewicht, und zwar in ziemlich weiten Grenzen. Es ist, wie jene, von der Zusammensetzung der einzelnen Arten abhängig und um so höher, je mehr schweres Metall, besonders Eisen, in der Verbindung vorhanden ist. Am niedrigsten hat man es bei dem Kalktongranat gefunden, wo es etwa 3, be- trägt; am höchsten ist die Zahl beim Eisentongranat, nämlich 4,3. Zwischen diesen beiden Grenzen 3, und 4,; liegen die Werte für die übrigen Granate; bei der Betrachtung der einzelnen Varietäten werden hierüber noch nähere Mitteilungen gemacht werden. Das hohe spezifische Gewicht läßt den Granat meist leicht und sieher von ähnlichen Steinen unterscheiden, namentlich wieder von Glasimitationen, die leichter sind. Mit der Zusammensetzung ändert sich auch die Farbe. Diese ist stets der Substanz GRANAT. ALLGEMEINE EIGENSCHAFTEN. 435 eigentümlich und wird nicht etwa durch eingemengte Pigmentteilchen veranlaßt. Sie ist daher durch die ganze Masse vollkommen gleichmäßig verteilt und zeigt keine Flecken. Auch hält sie sich beim Erhitzen oder ändert sich dabei doch nur vorübergehend, um beim Erkalten in der ursprünglichen Weise wiederzukehren. Reiner Kalktongranat ist vollkommen farblos; dieser weiße sogenannte Leukogranat wird aber niemals geschliffen. Am verbreitetsten ist die rote Farbe, die in den verschiedensten Abstufungen zwischen ganz hell und beinahe schwarz und in den verschiedensten Nuancen meist mit einem Stich ins Braune, Gelbe oder Violette vorkommt. Rot sind, wie schon erwähnt, nament- lich auch die meisten Granate, die zum Schmuck verwendet werden. Diese bilden das oder wenigstens einen Teil dessen, was man früher Karfunkel nannte; wahrscheinlich verstand man darunter alle roten Edelsteine ohne Ausnahme, nicht nur den Rubin, der jetzt aller- dings vorzugsweise unter diesem Namen begriffen wird. Von der roten Farbe soll auch der Name Granat stammen; sie wurde früher mit derjenigen der Blüten und Körner des Granatbaumes verglichen. Neben den roten Granaten dienen zum Schmuck, jedoch sehr viel weniger, auch solche von grüner Farbe, die zum Teil der des Smaragds gleicht, meist aber mehr gelbgrün ist oder ins Bräunliche geht. Leider ist der am schönsten smaragd- grün gefärbte Granat, der schon genannte Kalkehromgranat oder Uwarowit, als Edelstein kaum zu gebrauchen, da die Kriställchen, die er bildet, meist viel zu klein und auch zu wenig durchsichtig sind. Das färbende Prinzip bei den Granaten ist der Eisen-, in ge- ringerem Maße der Mangan- und Chromgehalt. Das Eisen verursacht die rote und gelb- lichgrüne, sowie die sehr verbreitete gelbe und braune, das Chrom die schön smaragdgrüne Farbe. Auch schwarze, gleichfalls durch die Eisenbestandteile gefärbte Granate kommen vor; sie werden wohl gelegentlich einmal zu Trauerschmuck verwendet. Die blaue Farbe fehlt aber in der Granatgruppe gänzlich. Von der Farbe wird bei der Betrachtung der einzelnen Arten des Granats gleichfalls noch weiter die Rede sein. Die Durehsichtigkeit ist sehr verschieden, aber alle Granate, auch die durchsichtigen, sind für Röntgenstrahlen wenig oder gar nicht durchlässig. Die meisten Granatkristalle sind trübe und undurchsichtig, es gibt aber beinahe unter allen Varietäten auch mehr oder weniger zahlreiche Exemplare von vollkommener Klarheit und Durchsichtigkeit selbst bei der tiefsten und dunkelsten Farbe. Nur die edlen durchsichtigen Steine der verschiedenen Arten werden geschliffen, niemals trübe und undurchsichtige. Der Glanz ist auf natür- lichen Kristallflächen zuweilen sehr stark, manchmal auch weniger; jedenfalls sind die durchsichtigen Steine auf frischem Bruch lebhaft glänzend, wenn sie es auch an der Ober- fläche infolge von deren rauher Beschaffenheit oder aus anderen Gründen nicht sind. Durch das Schleifen und Polieren wird der Glanz bei ihnen stets noch beträchtlich erhöht und zu einem schönen Feuer gesteigert. Der Qualität nach ist es der gewöhnliche Glas- glanz, der allerdings vielfach stark ins Harzartige neigt, so daß manche Granate sich im Aussehen einem Stück Harz sehr nähern. Mit der regulären Kristallisation hängt es zusammen, daß der Granat das Licht ein- fach bricht; nur in einzelnen Fällen beobachtet man anomale Doppelbrechung, aber kaum bei den als Edelsteine in Betracht kommenden vollkommen klaren und durchsichtigen. Die Brechungskoäffizienten sind bei allen Granaten ziemlich groß, aber ebenfalls mit der Zusammensetzung von einer Art zur anderen etwas schwankend; die Zahlen gehen von 1,75 bis 1,90 für rotes Licht. Die Farbenzerstreuung ist fast stets gering, so daß niemals ein Farbenspiel entsteht wie beim Diamant; nur der als Demantoid bezeichnete grüne Kalkeisengranat zeigt eine derartige Erscheinung, wenn auch weitaus nicht so stark wie der letztere. Die meisten Granate wirken demnach als Edelsteine lediglich durch ıhren starken und lebhaften Glanz und ihre meist sehr schöne tiefe und gesättigte Farbe. Manche geben beim Hindurchsehen nach einer Kerzenflamme oder auf einer runden Öber- 28* 436 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. fläche einen vier- oder sechsstrahligen Lichtstern, ähnlich wie die Sternsapphire; diese Erscheinung ist aber selten und erhöht nicht die Schönheit des Aussehens und den Wert als Edelstein. Die einfache Liehtbreehung erlaubt meist, den Granat sicher von anderen ähnlich aussehenden Steinen, so roten Granat von Rubin, grünen von Smaragd usw., aber nicht von Glasflüssen zu unterscheiden. Dieselbe Unterscheidung ist möglich infolge des eben- falls auf der regulären Kristallisation beruhenden Mangels an Dichroismus. Die Farbe ist beim Hindurchsehen nach allen Richtungen die nämliche, und die Dichrolupe zeigt keine Verschiedenheit der Bilder. Dies ist besonders wichtig bei der Unterscheidung des Rubins von dem oft recht ähnlich gefärbten roten Granat. Die Ähnlichkeit der Farbe ist hier zuweilen so groß, daß auch ein geübter Kenner bei der Betrachtung mit bloßem Auge getäuscht werden kann; wir haben schon bei der Beschreibung des Rubins gesehen, daß solehe Verwechselungen in der Tat vorkommen. Wegen dieser Farbengleichheit ist auch ein schön roter Granat, der die Diamanten am Kap begleitet, „Kaprubin“ genannt worden. Vor dem Lötrohr ist der Granat meist ziemlich leicht schmelzbar, nur bei einigen Arten ist dies schwieriger oder auch ganz unmöglich. Durch das Schmelzen erlangen die Stücke die Fähigkeit, von Säuren zersetzt zu werden, was bei dem ungeschmolzenen Granat nicht der Fallist. Das spezifische Gewicht wird dabei stark erniedrigt; so wurde bei einem hell gelbroten Kalktongranat gefunden: vor dem Schmelzen G. = 3,63, nachher G.— 2,95. Besonders leicht schmelzbar sind die sehr eisenreichen. Diese wirken auch etwas auf die Magnetnadel, und die Schmelze, die sie geben, wird vom Magnet angezogen. Alle Granate werden beim Reiben mit Tuch usw. schwach positiv elektrisch. Der Schliff, den die Granate erhalten, ist der mehr oder weniger dunklen Farbe angepaßt. Den meisten Varietäten gibt man gern die mugelige Form meist mit rundem, nicht selten auch mit ovalem Umriß; die Wölbung wird meist sehr hoch und steil her- gestellt, so daß halbkugelige Gestalten entstehen. Wenn der Stein sehr dunkel ist, wird er durch Aushöhlung der Unterseite, durch Ausschlägeln, dünn und dadurch durchsichtiger gemacht, ein Verfahren, das beim Granat besonders häufig Anwendung findet. Solche aus- geschlägelte Granate werden Granatschalen genannt. Sie wurden schon im Altertume angefertigt, wie zahlreiche Funde in römischen Ruinen zeigen. Häufig ist der Schliff als Tafelstein oder in der Treppenform, auch der gemischte Schnitt wird nicht selten ange- wendet. Alle diese Formen muß man bei dunkel gefärbten Steinen möglıchst niedrig halten. Die große Tafelfläche wird vielfach nicht, wie gewöhnlich, eben, sondern muge- lich geschliffen. Bei manchen Arten ist auch die Form der Rosette und des Brillants nicht selten, ebenso trifft man ganz unregelmäßige Phantasieformen. Einige geschliffene Granate sind Taf. XIV, Fig. 4, 6, 8 u. 10, sowie Taf. XVIII, Fig. 7 abgebildet. Die Fassung geschieht nur bei nicht zu dunkel gefärbten Steinen A jour, dunklere erhalten oft eine glänzende Folie von Silber oder Kupfer, die das Aussehen nicht wenig hebt. Vielfach werden die Granatkörner mit ringsum gleichmäßig symmetrisch, aber auch regellos verteilten kleinen Facetten versehen, in der Mitte durchbohrt und zur Herstellung von Arm- und Halsbändern auf Schnüre gezogen. Der Wert der einzelnen Granatvarietäten ist sehr verschieden. Er hängt in der Hauptsache ab von der Schönheit der Farbe und von der Häufigkeit des Vorkommens. Bei der Beschreibung der einzelnen Arten werden hierüber spezielle Angaben gemacht werden. Von Fehlern, die den Wert verringern, sind hauptsächlich kleine Risse vorhanden, nach denen die Steine leicht weiter springen. Häufig sind aber die Granate von geradezu idealer Reinheit, Klarheit und Fehlerlosigkeit, wie nicht leicht ein anderer Edelstein. Steine von dieser Beschaffenheit sind natürlich besonders hochgeschätzt. Hessontt (KANEELSTEIN). 437 Der Granat gehört in seiner Gesamtheit zu den mineralogisch wichtigsten Substanzen, da er, wenigstens in seinen undurchsichtigen gemeinen Abarten, eine sehr große Ver- breitung in der Erdkruste besitzt. Seltener sind allerdings die klaren und durchsichtigen edlen, die Art und Weise ihres Vorkommens ist aber von der jener anderen nicht wesent- lich verschieden. In der Hauptsache ist der Granat ein Mineral der alten kristallinischen Silikatgesteine, besonders der kristallinischen Schiefer, des Gneises, Glimmersehiefers, auch des Serpentins usw. In diesen sind die Kristalle, wie schon eingangs mitgeteilt wurde, eingewachsen oder auf Hohlräumen drusenförmig aufgewachsen. In alten Eruptivgesteinen, wie Granit und anderen, ist der Granat schon viel weniger verbreitet, und in jüngeren vulkanischen Felsarten ist er, den schwarzen Melanit abgerechnet, nur spärlich vorhanden. Außerdem findet er sich in manchen Kalken an Stellen, wo diese mit Granit und ähnlichen Eruptivgesteinen in Berührung stehen, als sogenanntes Kontaktprodukt. Alle diese ursprüng- lichen Arten des Vorkommens sind aber für die edlen, durchsichtigen Steine, wie sie zum Schleifen benutzt werden, nicht von Belang. Aus dem festen Gestein werden wenige der- selben herausgelöst; man nimmt wie bei so vielen anderen Edelsteinen meist nur die von der Natur selbst isolierten, die mehr oder weniger abgerollt lose im Verwitterungsgruse jener Gesteine, in Seifen, liegen und die man aus diesen durch Waschen und Auslesen gewinnt. Wir haben schon oben gesehen, daß man nach der speziellen chemischen Zusammen- setzung eine größere Zahl von Arten des Granats aufgestellt hat. Ebenso wird auch innerhalb der einzelnen, auf der chemischen Zusammensetzung beruhenden Art nach der äußeren Beschaffenheit eine Anzahl von Varietäten unterschieden und mit besonderen Namen belegt. Die meisten von diesen haben bloß mineralogisches Interesse; nur von wenigen gibt es so durchsichtige Exemplare, daß sie als Edelsteine benutzt werden können, und diese haben wir nunmehr eingehender zu betrachten. Es ist der hell gelbrote Hessonit oder Kaneelstein, der meist dunkel violettrote Almandin, der blutrote Pyrop aus Böhmen mit dem prachtvollen Kaprubin, und der schön grüne Demantoid aus dem Ural, zu denen als Seltenheiten im Edelsteinhandel noch der rote Khodolith, der ebenfalls gelbrote Spessartin, der bräunlichgrüne Grossular und der schwarze Melanit hinzutreten. Hessonit (Kaneelstein). Der Hessonit oder Kaneelstein ist nach der in obiger Tabelle angeführten Analyse in der Hauptsache ein Kalktongranat, der aber geringe Mengen Eisenoxydul und Mangan- oxydul enthält und dem also eine kleine Quantität Eisentongranat und Manganton- granat beigemischt ist. Diese beiden Bestandteile verursachen eıne angenehme warme gelbrote Färbung des an sich farblosen Kalktongranats. Die Farbe ist ein Hyacınthrot, das zuweilen in das Orangefarbige oder in das Honiggelb zieht. Sie ändert sich etwas je nach dem Abstand, in dem man den Stein vom Auge hält. Nur in einiger Entfernung ist dieser deutlich rot, dieht an das Auge gehalten erscheint er oft fast rein gelb, das Rot verschwindet beinahe vollständig. Der Hessonit ist noch weiter dadurch ausgezeichnet, daß die Farbe bei Lampenlicht erheblich leuchtender und feuriger wird als am Tage. Sıe ist aus den Figuren 7 und S auf Taf. XIV zu ersehen, deren erste eine Druse von Kristallen in der beim Hessonit nicht seltenen Form der Fig. 83, d, die zweite einen geschliffenen Stein darstellt. Man hat den Hessonit, seiner Farbe und seines Aussehens wegen, mit Kandiszucker verglichen, hauptsächlich aber mit Zimmetrinde (Kaneel). Daher hat er den Namen Kaneelstein erhalten, ein Vergleich, der sehr nahe lag, da der edle Hessonit, wie er zum Schmuck verwendet wird, der Hauptsache nach der Zimmetinsel Ceylon entstammt. Am meisten Ähnlichkeit hat er aber mit dem schon oben betrachteten Hyacinth. Diese 438 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Ähnlichkeit geht so weit, daß es den Mineralogen erst Ende des 18. Jahrhunderts gelungen ist, beide auseinander zu halten. Bis dahin nahm man auch den Hessonit für echten Hyaeinth, welcher Irrtum um so schwerer zu vermeiden war, als der letztere den ersteren in den Edelsteinseifen jenes Landes ganz ständig begleitet. Die Edelsteinhändler unterscheiden beide Steine auch heute noch nicht; der Hessonit wird unter dem Namen Hyaeinthı verkauft, so daß ein großer Teil dessen, was unter der letzteren Bezeichnung in den Handel gebracht wird, seinen Namen mit Unrecht führt. Namentlich gilt dies für die größeren Stücke, denn echte Hyacinthe finden sich wenigstens in Ceylon kaum anders als in kleinen Kristallen, während von Hessonit auch Exemplare von beträchtlichem Umfange und von schöner Beschaffenheit häufig vorkommen. Wenn im Edelsteinhandel je ein Unterschied gemacht wird, so wird von dem dunkler gefärbten Hessonit, dem der Namen Hyaecinth verbleibt, der hellere als Kaneelstein abgetrennt. Dieser mehr oder weniger bewußten Verwechselung beider Steine liegt indessen nicht, wie man meinen könnte, betrügerische Absicht zugrunde. Wenn auch der Hyaecinth in Beziehung auf den Glanz dem Hessonit weit voransteht, so ist doch bei beiden die Farbe gleich schön, und vollkommen klare, durchsichtige, schön gefärbte und fehlerlose Kaneelsteine stehen auch bei richtiger Kenntnis der Sachlage im Preise hinter dem echten Hyacinth kaum zurück, ebensowenig wie in der Schönheit des Aussehens; kleine fehlerhafte und schlechter gefärbte Hessonite besitzen allerdings nur geringen Wert. Wenn auch Hyacinth und Kaneelstein im Handel häufig verwechselt werden, so ist es doch unter Berücksichtigung aller Eigenschaften beider nicht schwer, sie sicher zu unterscheiden. Das spezifische Gewicht des Hessonits ist gleich 3,6 bis 3,7 gegenüber dem viel höheren des Hyaecinths, das 4, bis 4, beträgt. Der Hessonit ist einfach licht- breehend, der Hyacinth zeigt starke Doppelbrechung. Der Glanz des letzteren ist viel stärker und schön diamantartig, während der des Hessonits ein stark ins Harzartige gehender Glasglanz ist. Namentlich derbe Stücke haben ein harzähnliches Aussehen. Auch die Härte des Hyaeinths ist etwas größer (H.— 7!/.) als die des Hessonits, die sieh nur wenig über die des Quarzes erhebt (H. = 7!/ı). Schwierig ist dagegen die Unter- scheidung des Hessonits von dem gelbroten Spinell, dessen Farbe sich zuweilen der des Kaneelsteines sehr nähert. Er ist regulär kristallisiert und daher einfach breehend wie letzterer, und die Brechungsindiees beider sind fast genau gleich. Auch die Härte beider ist kaum verschieden und ebenso das spezifische Gewicht, das beim Spinell nur sehr wenig geringer ist (G. = 3,60 bis 3,6). Es wird unter diesen Umständen manchmal unmöglich sein, zu erkennen, ob ein geschliffener Stein oder ein unregelmäßiges Bruch- stück Hessonit oder Spinell ist. Bei Kristallen ist dies meist leicht, da der letztere stets in Oktaödern kristallisiert, der erstere selten. Daß Härte und spezifisches Gewicht Glas- flüsse von derselben Farbe leicht erkennen lassen, ist schon oben angegeben worden. Einige Eigenschaften des Kaneelsteins seien hier noch erwähnt, die für den Gebrauch desselben als Edelstein allerdings keine große Bedeutung besitzen. Die Lichtbrechung ist etwas geringer als bei anderen Granaten; der Brechungskoöffizient ist = 1,6 für rotes Lieht und die Dispersion schwach. Zuweilen wird anomale Doppelbrechung beobachtet. Der Hessonit schmilzt ziemlich leicht vor dem Lötrohr zu einem grünlichen Glase. Trotz des geringen Eisengehaltes wirkt er etwas auf die Magnetnadel. Daß der Hessonit auf der Insel Ceylon vorkommt, haben wir schon gesehen. Dieses Land (Fig. 69, S. 361) ist fast die einzige Heimat schön gefärbter, durehsichtiger und daher schleifwürdiger Stücke, und wahrscheinlich stammen so gut wie alle im Handel befindlichen Steine von hier. Sie finden sich, wie berichtet wird, nur in Form abgerollter Geschiebe, die in verschiedener Größe bis zum Gewichte von mehreren Pfunden in den Edelsteinseifen liegen, und die besonders in der Südprovinz, so bei Weligama und Matara HESssoNIT. SPESSARTIN. ALMANDIN. 439 häufig sein sollen. Die Gerölle sind zwar schöner und reiner und weniger rissig als die eckigen, nicht im Wasser geschwemmten Stücke, sind aber doch zum Teil ebenfalls noch stark von Spalten und Klüften durchsetzt. Diese machen den wesentlichsten Fehler des Kaneelsteins aus, der, davon abgesehen, meist vollkommen klar und rein ist. Der anderwärts vorkommende Hessonit ist zum Schleifen weniger geeignet als der von Ceylon, da die Stücke meist zu klein oder nicht durchsichtig und rein genug sind. Doch werden auch in Europa, namentlich in den Alpen einige Orte erwähnt, die zu- weilen schleifbare Steine ın geringer Menge liefern oder früher geliefert haben. In älteren Zeiten wurden die schönen „Hyaeinthgranaten von Dissentis“ oder „vom St. Gotthard“ zuweilen geschliffen, die an der Alpe Lolen im Maigelstale auf der Grenze zwischen den Kantonen Uri und Graubünden mit Epidot im Quarz auf einer schmalen Lagerkluft im Glimmergneis vorkommen. Es sind Kristalle von verschiedener, aber die einer Erbse kaum überschreitender Größe, die meist im Innern ein Quarzkorn eingeschlossen enthalten. Heutzutage werden sie kaum noch benutzt. Von sehr geringer Bedeutung ist auch das Vorkommen an der Mussaalp im Alatal in Piemont, wo schöne Kristalldrusen, deren eine auf Taf. X1V, Fig. 7 abgebildet ist, auf Spalten im Serpentin sitzen. Die Hessonitkristalle sind hier von dunkelgrünen Chlorit- und hell- grünen Diopsidkristallen begleitet; eine Anzahl der letzteren ist neben dem Granat auf dem abgebildeten Stück zu sehen. Diese Drusen sind ebenso wie die ganz ähnlichen von Achmatowsk im Ural eine Zierde aller Sammlungen und geben ein schönes Bild von dem natürlichen Vorkommen unseres Edelsteines. In Nordamerika hat der Ramona-Distrikt in Diego County, im südlichen Kalifornien, einiges schöne Material geliefert; bei der Be- trachtung des Turmalıns, den der Hessonit teilweise begleitet, wird davon noch die Rede sein. Andere nicht unwichtige Fundorte dort, liegen im Jacumba-Distrikt, in der Umgegend der Jacumba Hot Springs, 70 miles östlich von der Stadt San Diego, z. T. im Pegmatit wie in Ramona, z. T. im Kalk. Auch der Hessonit von Kalifornien wird vielfach Hyacinth genannt. Manchmal geht er unter dem Namen Spessartin, doch scheint eigentlicher Spessartin in jener Gegend nicht vorzukommen. Geschliffen wird der Hessonit meist mit Facetten in den oben angegebenen Formen (Taf. XIV, Fig. 8), oder auch en cabochon. Wegen der hellen Farbe ist es nicht nötig, ihn unten auszuschlägeln oder die Steine besonders dünn zu halten. Die Fassung geschieht zur Hebung des Feuers meist mit einer glänzenden Folie, seltener & jour. Spessartin. Dem Hessonit in der Farbe sehr ähnlich ist der Spessartin von Amelıa Court House in Virginia. Es ist ein Mangantongranat, in dem statt des Kalkes Manganoxydul in die Verbindung eingetreten ist. Er findet sich an dem genannten Fundorte auf den Glimmer- gruben im Granit in schönen klaren Kristallen, die Steine von 1 bis 100 Karat und von sehr guter Qualität gegeben haben. Spessartin von anderen Lokalitäten wird kaum ge- schliffen. Die sog. Spessartine des südlichen Kaliforniens sind wohl alle Hessonite (siehe diesen). Almandin. Der dunkelrote Almandin ist derjenige Granat, der hauptsächlich mit zu dem gehört, was man früher Karfunkel nannte. Nach der gewöhnlichen Annahme ist das Wort Alman- din vestümmelt aus dem Namen: Carbunculus alabandieus, den Plinius dem Steine gab, weil dieser nach seiner Mitteilung bei der Stadt Alabanda in Karien (Kleinasien) gefunden und dort auch geschliffen wurde. Heutzutage wird er in seinen durchsichtigen Exemplaren vielfach als der edle Granat schlechtweg und im engeren Sinne bezeichnet. 440 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Der Almandin ist, wie die eingangs angeführte Analyse zeigt, ein Eisentongranat, der aber stets neben den Hauptbestandteilen noch etwas Eisenoxyd, Manganoxydul usw. enthält. Seine stets dunkle, wohl von dem beträchtlichen Eisengehalt herrührende Farbe ist an verschiedenen Stücken etwas verschieden. Sie geht meist deutlich ins Violette und wird dann als kolumbinrot bezeichnet (Taf. XIV, Fig. 3 u. 4 und Taf. XVIII, Fig. 7), doch ist er auch nicht selten bräunlichrot bis rotbraun. Die bräunlichroten Steine werden von den Jnwelieren zuweilen als Vermeille bezeichnet, doch ist dieser Begriff etwas schwankend und umfaßt auch andere dunkelrote Granate mit einem Stich ins Gelbe, namentlich den unten zu erwähnenden böhmischen Granat, den Pyrop. Bei künstlicher Beleuchtung geht die Farbe aller Almandine mehr ins Orange oder Hyacinthrote; sie nähert sich der des Hessonits, und der Stein verliert nicht unerheblich an seiner Schönheit. Beim Erhitzen wird der Almandin schwarz, aber nach der Abkühlung wieder rot wie vor- her, doch soll er sein ursprüngliches schönes Aussehen nicht vollkommen zurückerlangen. Der Almandin nähert sich in seiner Farbe oft sehr dem Rubin, er wird aber in der früher erwähnten Weise durch seine einfache Liehtbrechung und den Mangel an Dichrois- mus leicht erkannt. Einen Unterschied gibt auch das spezifische Gewicht, das beim Al- mandin höher ist als bei allen anderen Granaten. Es ist auch etwas höher als beim Rubin und schwankt zwischen 4, und 4,, während es bei diesem kaum über 4, hinaus- geht. Die Härte ist ebenfalls ein Mittel der Unterscheidung; sie steht beim Almandin nur wenig über der des Quarzes, und es ist H.—= 7!/,, Der Almandin wird also schon von Topas und noch mehr vom Korund stark geritzt, ist aber seinerseits imstande, den Quarz etwas zu ritzen. Wie das spezifische Gewicht, so ist auch das Lichtbrechungsvermögen größer als beim Hessonit. Der Brechungskoöffizient ist für rotes Licht gleich 1,7. Vor dem Lötrohr schmilzt der Almandin ziemlich leicht zu einer magnetischen Schlacke. Auch der unge- schmolzene Almandin wirkt etwas auf die Magnetnadel ein, und zwar iur höheren Eisen- gehaltes wegen ein wenig stärker als der Hessonit. Beim Schleifen wird der Almandin sehr schön glänzend, bleibt aber darin doch hinter dem Rubin zurück. Die Formen, die er erhält, sind die auch sonst beim Granat ange- wendeten; eine Rosette aus Almandin ist Taf. XIV, Fig. 4, abgebildet, doch ist die mugelige Form (Taf. XVIII, Fig. 7) hier häufiger, mehr als beim Hessonit, und nament- lich trifft man vielfach Granatschalen mit ausgeschlägelter Unterseite. Bei diesen scheint dann die rote Farbe trotz ihrer Dunkelheit sehr schön durch. Sie vereinigt sich mit dem auf der runden Oberfläche konzentrierten Glanz zu einem prächtigen Anblick. Folien von glänzenden Metallplättchen sind von sehr günstiger Wirkung. Der Wert hängt außer von der Größe, der Reinheit und der Abwesenheit aller Fehler, namentlich der von Rissen, sehr wesentlich von der Farbe ab, die auch bei diekeren Stücken noch lebhaft leuchten muß. Je näher sie dem schön glänzenden sammetartigen Purpur des Rubins steht, desto höher ist der Preis, der aber doch kaum auf 2 Mark pro Karat steigt. Die ins Bräunliche gehende Farbe der Vermeillegranaten ist wenig geschätzt; Steine dieser Art sind sehr billig, ebenso solche von geringer Größe und alle mit un- reiner Farbe, mit Rissen und anderen Fehlern. Wertvoller sind die kolumbinroten Steine, Der Almandin ist in trüber undurchsichtiger, nicht schleifwürdiger Beschaffenheit der verbreitetste aller Granaten. Er bildet so den gemeinen Granat der Mineralogen, der meist in sehr gut ausgebildeten, manchmal viele Pfund schweren Kristallen im Gneis, Glimmer- schiefer u.s.w. in kleineren Individuen auch zuweilen im Granit und ähnlichen Gesteinen sich eingewachsen findet. Diese Art des Vorkommens ist in Taf. XIV, Fig. 3, abgebildet. Neben den trüben kommen aber in derselben Weise, wenn gleich spärlich, auch edle ÄALMANDIN. 441 durchsichtige Exemplare vor, und diese sind es, welche geschliffen werden. Indessen ist der Almandin, wie so viele andere Edelsteine, nicht immer noch auf seiner ursprünglichen Lagerstätte; auch er ist vielfach aus dem Muttergestein herausgewittert und bildet meist in Form rundlicher abgerollter Gesebiebe einen Bestandteil der Seifen, aus denen er ge- wonnen wird. Nicht nur überhaupt, sondern auch speziell in schleifwürdigen Stücken ist aber der Almandin verbreiteter, d. h. er findet sich an zahlreicheren Orten als der Kaneel- stein. Im folgenden sollen die wichtigeren Fundstellen etwas eingehender betrachtet werden. Zuerst ist auch für den Almandin Ceylon zu erwähnen. Er findet sich hier in den Seifen mit Hessonit und den anderen Edelsteinen zusammen ın der Form von durchsich- tigen, schleifwürdigen Geschieben, die zwar sehr zahlreich, aber im ganzen kleiner sind als die des Kaneelsteins. Auch als Gesteinsgemengteil hat er eine weite Verbreitung, ist aber als solcher für den Edelsteinmarkt ohne jeden Belang. Wegen der Ahnlichkeit mit Rubin wird er wohl zuweilen mit diesem Edelsteine verwechselt und dafür ausgegeben. Er wird daher auch gelegentlich als „ceylanischer Rubin“ bezeichnet, welcher Name also nicht den in Ceylon ebenfalls vorkommenden echten Rubin bedeutet. Sehr häufig findet man als wichtigsten Fundort der schönsten Almandine der Welt Sırıan, die alte Hauptstadt des früheren Königreichs Pegu, angeführt, das später durch Eroberung dem Reiche der Birmanen einverleibt wurde, und dessen ganzes Gebiet jetzt einen Teil der englischen Kolonie Birma bildet. Die alte Hauptstadt wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts zerstört und verlassen, und dafür ganz ın der Nähe das Jetzt so wichtige Rangun, die erste Handelsstadt von Birma, gegründet. Rangun und mit ihm Sirıan, jetzt ein elendes Dorf, liegen in der Niederung des Irawadı, in den ganz jungen Alluvionen des von diesem Flusse gebildeten Deltas. Hier können nach der Mitteilung von Fr. Noetling (Kalkutta), einem genauen Kenner des Landes, niemals Granate vor- gekommen sein und sind auch tatsächlich nicht vorgekommen. Der Almandin, der von hier stammen soll, muß also eine andere Heimat haben, von der aus er vielleicht früher über dıe damals wichtige Handelsstadt Sirian in den Verkehr gebracht wurde. In Pegu, dem Gebiete des unteren Irawadi, findet man überhaupt keine Edelsteine, in Ober-Birma kommen allerdings neben Rubin und Spinell, beide rot, und dem gleichfalls roten Tur- malın Almandıne in geringer Menge vor, namentlich bei Namseka, auch bringen die Be- wohner der östlich an Birma stoßenden Grenzländer, die Schans, nicht selten Almandine nach Birma, um sie als Rubine zu verkaufen. Doch hat die Angabe von Sirian als Fund- ort von Granat etwas Rätselhaftes, das noch der Aufklärung bedarf. Infolge des vermeintlichen Vorkommens bei Sirian wird der Almandin auch „sirischer Granat“ genannt (nicht syrischer, mit Syrien hat der Name nichts zu tun). Im Laufe der Zeiten hat aber diese Benennung allmählich mehr den Sinn einer Qualitätsbezeichnung an- genommen, sofern man vielfach unter „sirischen Granaten“ ins Violette gehende Alman- dine begreift, die in der Farbe dem Rubin oder auch dem orientalischen Amethyst recht nahe stehen und die daher mit zu den besten und kostbarsten aller Granate gehören. Sie würden also in einem gewissen Sinne einen Gegensatz zu den weniger beliebten Ver- meillegranaten bilden, deren Farbe etwas ins Bräunliche geht. Verbreitet ist der Granat in Vorderindien. Speziell der edle Almandin kommt dort in so großer Menge vor, daß er ein nicht ganz unwichtiges Erzeugnis des Landes darstellt. Er wird an manchen Orten gesammelt und in Delhi und Dschaipur sowie an manchen Orten im Kischengarh-Staate geschliffen. Ob alle indischen Granate zum Almandin gehören, ist allerdings wegen Mangels an Analysen zweifelhaft. Sie werden aus dem losen Verwitterungsprodukt des Muttergesteins herausgegraben, in der Hauptsache Gneis, Glimmerschiefer und andere ähnliche Felsarten. Die Zahl der bekannten Fundorte, die früher ausgebeutet wurden und auch jetzt vielleicht noch einigen Ertrag liefern, ist 442 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. recht beträchtlich. Von Bedeutung sind gegenwärtig aber nur die Gräbereien in Radschputana (vgl. Fig. 41 8. 170). Viel genannt werden die Gruben von Serwar (Sarwar) im Kischengarh- Staate (26° 4’ nördliche Breite und 75° 4'/’ östl. Länge), deren Granate zwar klein, aber an Glanz und ziemlich stark ins Violette gehender Farbe unübertroffen sind. Eine große Anzahl von Arbeitern scheint hier beschäftigt zu sein. Hieran schließt sich die Gegend von Radsch- mahal in dem benachbarten Dschaipur (25 231/2° nördl. Breite und 75° 21i/2’ östl. Länge), wo große Mengen aus Glimmersehiefer gewonnen werden. Über den Wert der jährlich in den Handel gebrachten indischen Granaten hat man keine genauen Nachrichten; Schätzungen schwanken zwischen 2000 und 10000 Pfund Sterling. Jedenfalls übertrifft dieser Wert den der daselbst gefundenen Diamanten um das Mehrfache. Von Fundorten in Amerika sind zuerst die brasilianischen zu nennen. Der Al- mandin findet sich hier in zwar kleinen, aber schön gefärbten und durchsichtigen ab- serollten Körnern als Begleiter des Topases im Bezirk Minas novas im Staate Minas Geraös. Auch von Uruguay sollen schöne schleifbare Stücke kommen. Zahlreiche Fund- stellen sind in den Vereinigten Staaten bekannt, von denen einige auch durchsichtige und schleifbare Steine liefern, aber allerdings nur in geringer Menge. Zu erwähnen sind viel- leicht die purpurroten Gerölle des Columbia River in Washington und Oregon, die sich dort von zum Teil sehr guter Beschaffenheit, in der Größe von einem halben Karat bis zu einer halben Unze, in bedeutender Menge finden. Wichtiger ıst Grönland, wo größere Stücke von sehr schöner Farbe und Durchsichtigkeit, aber allerdings vielfach sehr von Rissen durchzogen, meist ın Chlorit- und Glimmerschiefer eingewachsen vorkommen; zahl- reiche Steine von guter Beschaffenheit stammen hierher. In Australien ist der Almandin (wahrscheinlich neben anderen Granaten) sehr ver- breitet. In Südaustralien finden sich Stücke, die größeren lebhaft kirschrot und gelblich- rot, die kleineren lichtrot ins Violette, in den Flüssen des Nordterritoriums sehr häufig. Sie wurden zuerst für Rubine gehalten, in dem Kiese des Maude, Florence und Hale in großer Menge systematisch gewonnen und teuer verkauft. Nicht weniger als 24 Rubin- gesellschaften mit einigen Hundert Grubenfeldern hatten sich gebildet; sie gingen alle in dem Augenblick zugrunde, wo die Steine als Granat erkannt und dadurch gegen früher beinahe wertlos geworden waren. In demselben Momente wurden auch alle Arbeiten zur Gewinnung eingestellt, und heutzutage wird in Australien nur noch wenig Granat zum Schleifen gesammelt. Jener Verwechslung zufolge werden die australischen Steine zu- weilen als „Adelaiderubine“ bezeichnet. Schöne dunkelrote Steine kommen gegenwärtig aus Queensland. Auch Europa besitzt schleifbaren Almandin, wenngleich nicht gerade in großer Menge und besonderer Qualität. Vor allem ist es das Gebiet der Alpen, das jährlich einen gewissen Vorrat liefert. Hier sind wieder besonders hervorzuheben die dodekaädrischen, bräunlich-hyacinthroten, bis zollgroßen Kristalle aus dem dunkeln Glimmerschiefer und dem Chloritschiefer des oberen Zillertales in Tirol, namentlich am Roßrucken gegenüber der Ber- liner Hütte im Zemmgrund. Sie werden dort gegraben und durch gegenseitiges Abschleife in einem sich drehenden Fasse vom Muttergestein befreit. Alsdann gehen sie größtenteils nach Böhmen, wo, wie wir unten bei der Betrachtung des Pyrops noch weiter sehen werden, eine bedeutende Granatindustrie sich entwickelt hat. Hier strömen die Granate der ganzen Welt zusammen und werden im Verein mit den einheimischen und mit allen möglichen anderen Edelsteinen und Halbedelsteinen geschliffen und zu Schmucksachen ver- arbeitet. Die aus Böhmen selber stammenden Granate gehören allerdings zum größten Teil nicht zum Almandin, sondern zum Pyrop, es gibt aber dort auch schleifbaren Almandin, der besonders im aufgeschwemmten Lande in der Gegend von Kuttenberg und Kollin gefunden und gewonnen wird. Danach werden diese Steine auch als „Kolliner PyroP (BÖHMISCHER GRANAT). 443 Granaten“ bezeichnet. Wichtig ist das Vorkommen nicht, ebensowenig wie die anderen europäischen Almandine, so die von Mittelwald im Rohoznabach in Ungarn, zuweilen von ansehnlicher Größe die von Alicante in Spanien und manche andere, die gelegent- lich erwähnt und verarbeitet werden. Pyrop (böhmischer Granat). Der Pyrop oder böhmische Granat ist durch eine prachtvolle, leuchtende, dunkelblut- rote Farbe ausgezeichnet, die stets einen unverkennbaren Stich ins-Gelbe hat (Taf. XIV, Fig.5u.6) und die zuweilen sogar fast bis zum Hyaecinthrot geht. Violette Töne sieht man hier nie. Man ist also bei einem ins Violette gehenden Granat sicher, Almandin vor sich zu haben, bei anderen Nuancen kann es zweifelhaft sein, ob Pyrop oder Almandın vor- liegt. Wegen des gelben Scheines der Farbe wird auch der Pyrop zum Vermeillegranat gerechnet, ja manche praktische Edelsteinkenner bezeichnen nur den Pyrop mit diesem Namen. Daß auch er früher mit unter Karfunkel verstanden wurde, ist höchst wahr- scheinlich. Auch der Pyrop ist manchen Rubinen in der Farbe sehr ähnlich, kann aber auf dieselbe Weise durch Untersuchung der Liehtbreehung und des Dichroismus erkannt und von diesen unterschieden werden, wie der Almandin, ebenso durch das spezifische Gewicht, das aber hier nicht höher, sondern niedriger ist als das des Rubins, es beträgt nur 3,59 —3,7s. Hierdurch unterscheidet sich, wenn nicht schon durch die Farbe, der Pyrop auch sicher von dem erheblich schwereren Almandin, dessen spezifisches Gewicht zwischen 4,ı und 4,3 schwankt. Der Pyrop ist in der Hauptsache ein Magnesiatongranat, doch ist er komplizierter zusammengesetzt als die anderen schon betrachteten Granate, da er neben der Magnesia nicht unerhebliche Mengen von Kalk, Eisenoxydul und Manganoxydul und endlich auch meist von Chromoxyd enthält. Auf dem kleinen Eisen- und Mangangehalt, vielleicht auch auf dem Chromgehalt beruht die beinahe stets recht tiefe und gesättigte Farbe. Im Gegensatze zu fast allen anderen Granatarten findet sich der Pyrop so gut wie niemals in deutlichen Kristallen; nur wenige solche sind bisher gefunden worden, und zwar haben diese, ebenfalls anders wie sonst beim Granat, eine krumnflächige Würfel- form. Meist bildet der Pyrop unregelmäßige Körner mit rauher matter Oberfläche, aber elänzendem muscheligen Bruch. Die anderen Eigenschaften stimmen aber mit denen, die sonst beim Granat vorkommen, überein. Die Härte ist etwas größer als beim Quarz (H.— 71/4); das Lichtbrechungsvermögen ist bedeutend (Brechungkoöffizient gleich 1,50 für rotes Licht, größer als bei irgendeinem anderen roten Granat) und die Liehtbrechung voll- kommen einfach ohne jede anomale Störung. Abweichend ist dagegen wieder, daß der Pyrop vor dem Lötrohr sehr schwer und nur an den feinsten Spitzen schmilzt, und zwar zu einem magnetischen schwarzen Glas. Er unterscheidet sich dadurch von allen anderen roten Granaten, die sämtlich leicht schmelzbar sind. Der Pyrop ist meist vollkommen klar und durchsichtig, soweit es die dunkle Farbe sestattet. Der von Böhmen ist durchgängig und ohne Ausnahme von idealer Reinheit; es ist das einzige Edelsteinvorkommen, wo alle Steine gleich frei sind von fremden Ein- schlüssen und Verunreinigungen. Auch durch Risse, wie bei anderen Granaten, ist die Klarheit selten gestört. Beim Erhitzen werden die Körner, ähnlich wie der Almandin, undurebsichtig und schwarz, beim Erkalten kehrt aber, anders wie bei diesem, die ur- sprüngliche Durehsichtigkeit und die schöne rote Farbe ganz unverkürzt wieder. Was das Vorkommen des Pyrops anbelangt, so ist er stets an Olivingesteine oder den daraus durch Umwandlung entstandenen Serpentin gebunden. In diesen Gesteinen ist er in Form unregelmäßiger Körner eingewachsen, wie z. B. am Granatberg bei Petschau 444 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. in Böhmen, bei Zöblitz in Sachsen, woher das in Taf. XIV, Fıg. 5, abgebildete Stück stammt, und an vielen anderen Orten. Aus diesem festen Gestein wird aber der Pyrop, wenigstens in Europa, nicht gewonnen, nur aus dem lockeren Verwitterungsprodukt, so an zahlreichen Orten im nördlichen Böhmen, von wo der zeitenweise außerordentlich beliebte Pyrop, der daher so genannte böhmische Granat, fast ausschließlich herstammt. Hier ist auf Grund und aus Veranlassung dieses anderwärts kaum irgendwo in ähnlicher Weise bekannten Vorkommens eine wichtige Industrie entstanden, die aber jetzt nicht mehr bloß die im Lande gefundenen Granate verarbeitet, auch nicht bloß Pyrop, sondern die Granate der verschiedensten Arten aus allen Teilen der Erde, aus dem Zillertal, aus Ost- indien, Ceylon, Kleinasien, Australien, den Vereinigten Staaten, von Grönland usw. einführt und daneben auch alle möglichen anderen Edelsteine, mit einziger Ausnahme des Diamants, in ihren Bereich gezogen hat. Die böhmische Granatschleiferei ist sehr alt, hat sich aber mit der Zeit vermindert und erst Ende des 18. Jahrhunderts einen neuen Aufschwung genommen. Dieser fiel zusammen mit der Zeit, als die böhmischen Bäder Karlsbad, Teplitz usw. anfingen, Welt- bäder zu werden und Tausende von Fremden alljährlich dort zusammenströmten. Die Badegäste brachten die niedlichen Granatschmucksachen mit nach Hause, und es dauerte nicht lange, so war ein wichtiger Exportartikel daraus geworden. Wie bedeutend dieser Industriezweig geworden war, sieht man daraus, daß darin noch vor kurzem in Böhmen ungefähr 3000 Granatschleifer, einige Hundert Granatbohrer, und in etwa 500 Gold- und Silberschmieden 3500 Schmuckarbeiter beschäftigt wurden. Rechnet man hierzu die etwa 350 bis 400 Arbeiter, die in Böhmen den Granat gewannen, und alle die zahlreichen sonst in dieser Industrie und in deren Nebenzweigen in verschiedener Weise tätigen Per- sonen, so kann man wohl sagen, daß 9—10 000 Menschen ihren Lebensunterhalt diesem Edelstein verdankten. Gegenwärtig liegt die Industrie aber allerdings sehr darnieder, da sich die Mode von dem Granat gänzlich abgewendet hat. Granatschmuck ist zur Zeit unmodern. Die Schleifereien befinden sich zum kleineren Teile in Prag, sehr zahlreich sind sie dagegen namentlich in der Gegend zwischen Reichenberg und Gitschin, wo die Orte Rovensko, Semil, Sobotka und Lomnitz zu nennen sind. Weitaus am wichtigsten ist aber Turnau an der Iser; hier ist der Hauptsitz der Industrie, und hier hat daher auch die Regierung eine Fachsehule für die Bearbeitung und Fassung der Edelsteine eingerichtet. Übrigens finden sich auch einzelne Schleifereien jenseits der Grenze, so u. a. in Warm- brunn in Schlesien und an anderen Orten. Geschliffen werden die Granate vielfach auf kleinen Scheiben von feinkörnigem Sandstein mit Schmirgel und Öl. In jenem Bezirke kommen zwar Granate vor, so beı Neu-Paka etwas östlich von Gitschin, wo die wenigen Kristalle, die bisher vom Pyrop in Böhmen bekannt geworden sind, gefunden wurden. Die hauptsächlichsten Gewinnungsorte, die das Material für die Schleifereien so gut wie ausschließlich liefern, liegen aber in ziemlicher Entfernung nach Westen am Südabhange des böhmischen Mittelgebirges und nördlich vom Egerfluß, sowie westlich von dem Städtehen Trebnitz (südwestlich von Leitmeritz). Die granatführende Sehicht ist dort über eine Fläche von mehr als 70 qkm ausgebreitet, und etwa auf dem zehnten Teil derselben ist das Vorkommen ein reichliches. Ein ganz isolirter Fundpunkt ist der Stiefelberg bei Meronitz, sodann in einiger Entfernung östlich davon der größere Bezirk, der die Umgebung von Chodolitz, Dlaschkowitz, Podseditz, Chrastian, Trzemschitz, Starrey, Leskay, Schöppenthal, Schelkowitz, Trziblitz und Sollan umfaßt. Im Jahre 1890 waren hier in diesem granatreichen Gebiete 142 Eigentümer von Granatfeldern vor- handen, die mit 362 Arbeitern für etwa 80 000 Gulden Steine gewannen. Mit dem Granat- handel befaßten sich 17 Personen. Seit dem Jahre 1890 ist die Gewinnung der Granate aus _ 445 PYRoP (BÖHMISCHER GRANAT). Die Nachfrage ist zurzeit sehr dem angegebenen Grunde wesentlich eingeschränkt worden. -(osgu "Ip peu) EUR) uoyastwggqg Sp SungrrgoA op oe "78 "SLT Syaag TPIOU ‚62009 ............Ang san. ee sa. . "Poonnnenent "77120p04) “ 2 a eo hlobositz D) ur D., ) npayasaaM. a unpsord . Aoydoy - YPPDAuH Trydso v ld A "qIOUDYOS R,TE 3 v v 5 .- ne 4IS72707 0% ei Add. Nr 91 L--n Sjuoyurr '000SL.:T qejsgeM S2701999 UIPUSLLNL UBZDUDA) sap UIZUDAT ...o..... zum 2a yrumaMm v BOY SK: 04SQAS v ZU0ADPT & gering und die Preise sind gedrückt. Gegenwärtig (Frühjahr 1908) befassen sich nur noch vier Personen mit dem Aufkauf von Granat im Gebiete, und der Wert des ım letzten 446 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Halbjahre (Herbst 1907 bis Frühjahr 1908) gewonnenen Materials betrug nur etwa 9000 Kronen, während im Betriebsjahre 1887/88, in der Zeit der höchsten Blüte der Granat- industrie, jährlieh Steine im Werte von 400000 Kronen gewonnen worden waren. Infolge dieses früheren starken Bedarfs soll auch eine gewisse Erschöpfung der Lagerstätten eingetreten sein. Die Pyrope liegen meist in einem tonigen und sandisen Kies oder Schotter, der dem Diluvium angehört und der auf den Schichten der Kreideformation ruht. In diesem Schotter sind lose Granatkörner in großer Zahl frei von allem Muttergestein eingeschlossen, man findet aber auch solche in einem braunen Halbopal, der in Stücken bis zu Kopf- größe aus dem das ursprüngliche Muttergestein bildenden, jetzt fast vollkommen zersetzten Serpentin durch Umwandlung entstanden ist, und in dem auch oft noch Überreste dieses Serpentins erhalten geblieben sind. Die Granatkörner in dem Opal sind nicht ver- wendbar; gesammelt und geschliffen werden fast nur die, welche lose in dem Boden liegen. Die Schotterablagerungen, die den Pyrop beherbergen, sind an den zahlreichen Stellen ihres Vorkommens etwas verschieden. Bei Chrastian liegen auf den Verwitterungsletten der Tonmergel der oberen Kreideformation (Oberturon, Stufe des Inoceramus Cuvieri) 4 m Pyropschotter mit gelbbraunem, tonigem Bindemittel, darauf folgen 2 m Pyrop- sehotter mit liehtgrauem, lettigem Bindemittel und das Ganze wird von der 1m mächtigem Ackerkrume bedeckt. Bei Meronitz hingegen treten die Granate in einer basaltischen Eruptivbreeeie auf, die einen Eruptivschlot erfüllt. Außer einzelnen losen Granaten finden sich als Einschlüsse in der Breeeie Brocken von mehr oder weniger zersetztem Serpentin mit frischen Pyropen und verschiedene Varietäten von Granulit. Die Eruptivbreceie setzt als zylindrischer Körper senkrecht in die Tiefe. Hier wurde bis vor 50 Jahren das granatführende Gestein bergmännisch gewonnen. Aus der zerdrückten Masse sammelte man dann durch einen Waschprozeß die Granate. Heute ist ist in Meronitz die Granat- gewinnung vollständig eingestellt. Gegenwärtig kommt für die Gewinnung der Pyrope in Betracht nur noch das oben genannte, zwischen den Dörfern Schelkowitz, Starrey, Chodolitz und Sollan gelegene zusammenhängende Gebiet, in welchem der granatführende diluviale Schotter auftritt. Der aufgeschlossene Schotter erinnert in seiner Struktur einiger- maßen an eine Grundmoräne; größere Gesteinsblöcke, insbesondere von Basalt, Geschiebe von Quarz u. 8. w. liegen eng verpackt in einem sandigen oder tonigen Bindemittel. Letzteres schließt die Granate und ihre Begleiter (Zirkon, Sapphir, Rubin usw.), sowie zahlreiche verkieste Kreideversteinerungen ein. Auch die jetzt lose im Schotter der genannten Gegend eingebetteten Granate stammen aus einer basaltischen Eruptivbreeeie, die den Hügel „Linhorka“ zwischen den Dörfern Starrey und Leskay bildet. In der Breceie treten Einschlüsse von Gneis, Glimmerschiefer und zersetztem Serpentin mit Granaten auf. Erst durch Zersetzung der sehr leicht ver- witterbaren Breceie und des Serpentins sind die Granate in die diluvialen Ablagerungen gelangt. Deshalb findet sich Granat in den Schottern nur von Leskay und Starrey ab- wärts in abnehmender Menge bis zum Egerfluß. Auf dem Hügel „Linhorka“ werden die Tuffe nach den granatführenden Serpen- tineinschlüssen, hier „Granatmuttergestein“ genannt, durchsucht. Man gräbt zu diesem Zwecke mehr oder weniger tiefe Gruben. Im Jahre 1884 hatte man eine schachtartige Grube vom Gipfel des Berges bis über 50 Meter abgeteuft. Dabei waren Serpentinblöcke von mehr als einem halben Kubikmeter Größe gefunden worden. Heute sucht man auf der Linhorka nur in der Tiefe von wenigen Metern nach dem granatführenden Serpentin. Außerdem werden Granate aus dem oben beschriebenen Diluvialschotter südlich von Starrey gewonnen. Aus der lockeren Schottermasse und der den Schotter bedeekenden PyRroP (BÖHMISCHER GRANAT). 447 Ackerkrumme waschen heftige Regengüsse Granate aus, welehe gesammelt werden. Bisweilen wurden auf diese Art gute Stücke gefunden. Die größte Menge wird aber durch Graben gewonnen. Die Ackerkrume wird abgedeckt und die granatführende Schicht in mehr oder weniger tiefen Löchern aufgesucht, die wieder zugeworfen werden, wenn das darın ent- haltene Material geborgen ist. Nur an besonders reichen Stellen werden größere Gruben hergestellt, und es wird auch wohl gelegentlich ein kleiner unterirdischer bergmännischer Abbau eingerichtet. Die granathaltige Erde wird in besonderen geeigneten Gefäßen durch Waschen von den leichtesten tonigen Teilchen befreit, die Steine ausgelesen und durch Sieben der Größe nach sortiert. Die Sorten werden nach der Zahl der auf 1 Lot = 1T!/2 g) gehenden Stücke bestimmt. Man spricht in diesem Sinne von Sechzehnern, Zweiund- dreißigern, Hundertern usw., je nachdem 16, 32, 100 Steine 1 Lot geben. Die meisten sind sehr klein, so daß 500 und mehr auf 1 Lot gehen. Solche, von denen 400 ein Lot wiegen, sind noch äuberst zahlreich und wenig wert. Reiskorngröße dagegen wird schon gern gesehen, Erbsengröße kommt nicht jeden Tag vor, und bis ein Stein von der Größe einer Haselnuß gefunden wird, können mehrere Jahre vergehen. Man rechnet, daß auf 100 kg Granaten 2—3 Dreißiger und auf 2000 kg 1 Sechzehner kommt. Ein 1896 ge- fundener Stein von '/s Lot wurde als etwas Besonderes hervorgehoben. Hieraus ist zu ersehen, daß größere Granate zu den Seltenheiten gehören, doch sind wenigstens einzelne von bedeutenderem Umfang bekannt geworden. So erwähnt Boäthius de Boodt in seiner 1609 erschienenen Historia gemmarum einen im Besitz des Kaisers Rudolf II. befindlichen taubeneigroßen Pyrop, dem er einen Wert von 45000 Talern beilegt. Noch jetzt bewahrt die k. k. Schatzkammer in Wien einen ausgezeichneten Stein von der Größe eines Hühnereies, und im Grünen Gewölbe in Dresden befindet sich ein solcher von 35 mm Länge, 18 mm Breite und 27 mm Höhe, also etwas größer als ein Taubenei und im Ge- wicht von 4681/2 Karat, der in einen Orden des goldenen Vließes gefaßt ist. Da alle böhmischen Pyrope gleich schön und rein sind, so hängt ihr Wert fast nur von der Größe ab. Kleine Steine sind sehr billig, der Preis steigt aber sehr bedeutend mit dem Gewicht, wie aus den erwähnten Größenverhältnissen von selbst hervorgeht. Der höchste Preis für einen in den letzten Jahren gefundenen rohen Stein soll aber 500 Gulden nıcht überstiegen haben. Boöthius gibt an, daß größere Steine den Preis des Rubins er- reichen; heutzutage ist dies jedenfalls nicht mehr der Fall, trotzdem das Aussehen, wenigstens was die Farbe betrifft, nicht weit hinter dem mancher Rubine zurücksteht. Böhmische Pyrope vom Gewicht von '/ıs Lot (etwas über 1 Gramm, sog. Sechzehner), werden heute im Granatgebiet vom Händler mit 60 bis 100 Kronen pro Stück bezahlt, je nach der Form und sonstigen Beschaffenheit. Für Granate, von denen 24 Stück 1 Lot wiegen (sog. Vierundzwanziger), gibt man nur 6 bis 8 Kronen. Die allerkleinsten Körnchen werden nicht als Schmucksteine verwendet, sie dienen zum Tarieren beim Wiegen mit feinen Wagen, zur Herstellung von Schleifpulver und so- gar als Ziersand für Gartenwege. Man sieht hieraus, in welcher Massenhaftigkeit sie vor- kommen. Erst von einer gewissen Größe ab werden sie geschliffen. Die im rohen Zustande unansehnlichen Steine erlangen dadurch ihre leuchtende Farbe, die um so präch- tiger hervortritt, je kleiner der Stein ist. Die Gestalt, die der Pyrop erhält, ist mannig- faltıg, fast alle bekannten Schlifformen werden bei ihm angewendet. Sehr häufig ist hier, wie beim Almandin, die mugelige Form, meist unten ausgeschlägelt und mit oder ohne Facetten am Rande. Auf der runden Oberfläche spielt dann von dem dem Lichte zuge- kehrten Punkte aus ein besonderes feuriges Rot. Noch gewöhnlicher ist aber der Schliff mit Facetten: Tafelsteine, niedere Treppensteine mit nicht zu wenig Stufen, häufig wie beı den anderen Granaten mit rundlicher Tafel; auch Brillanten und Rosetten sieht man häufig, ebenso Phantasieformen, an denen die Facetten ohne bestimmte Regel angeordnet 448 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. sind. Das Fassen geschieht entweder in schwarzen Kasten mit glänzender Kupfer- oder Silberfolie, oder en pav&, d. h. zahlreiche Steine werden mit Stiftehen über Löchern in der Metallplatte befestigt, die die Grundlage des ganzen Schmuckstückes bildet, so daß sie dicht gedrängt nebeneinander stehen. Durchbohrung kommt hier mehr vor als bei anderen Granaten, aber nur bei kleinen Steinen, die dann ringsum symmetrisch angeordnete Facetten erhalten und auf Schnüre aufgereiht werden. Außer den böhmischen werden nur noch wenige andere Pyrope geschliffen, so in Europa die von Ely in Five in Schottland, die sogenannten „Ely-Rubine“, die aber nur lokale Bedeutung haben. Wichtiger ist das Vorkommen im Westen der Vereinigten Staaten, besonders in Arizona, Neu-Mexiko und im südlichen Colorado, wo die Granate, wie sonst so vielfach, gleichfalls für Rubine gehalten und als solche bezeichnet worden sind; es sind die „Arizona- und Colorado-Rubine“ des dortigen Handels. In Neu-Mexiko findet man eckige und abgerollte Körner im Sande bei Santa Fe. Das Hauptvorkommen ist aber zusammen mit Olivin und Chromdiopsid in der Reservation der Navajos-Indianer. Der Pyrop wird hier von den Indianern aus dem Sande der Ameisen- und Skorpionen- haufen ausgelesen und auch mittels Steinen aus dem Muttergestein herausgeklopft. In Arızona kommt er ebenfalls lose im Sande und im nordöstlichen Teile des Staates auch im Gestein vor und wird in der gleichen Weise von Indianern, sowie gelegentlich von den dort stationierten Soldaten gesammelt und verkauft. Die rundlichen oder eckigen Körner sind 1a—!/s Zoll groß, solche von '; Zoll sind rar. Die Qualität ist im allge- meinen gut; die Hälfte der Funde ist schleifwürdig, ein Viertel liefert gute Steine, aber sehr feine finden sich recht selten, namentlich solche über 3 Karat. Viele enthalten ein Netzwerk feiner Nädelchen, wahrscheinlich von Rutil. Im Durchschnitt sind sie kleiner als die gleich zu besprechenden sog. Kaprubine. Beide sehen bei Tage gleich schön aus, aber bei künstlicher Beleuchtung sind die amerikanischen diesen afrikanischen Steinen überlegen; ihre Farbe gewinnt im Kerzenlicht, während die Kaprubine etwas düsterer werden. Die Verwendung der sog. „Arizona- und Coloradorubine“ ist ziemlich ausgedehnt; weniger ist dies mit den Pyropen der Fall, die in den Goldwäschereien der Grafschaften Burke, Mac Dowell und Alexander in Nord-Carolina und an noch anderen Orten in den Vereinigten Staaten vorkommen. In der Stadt Brooklyn hat man kürzlich bei einem Tunnelbau in einem zersetzten Serpentingestein schleifbare Pyrope gefunden. Gering ist auch die Bedeutung der mexikanischen Pyrope, die im Staate Sonora be- kannt sind, und die in derselben Weise wie in Arizona in Chihuahua, besonders am Jaco- See vorkommen, wo sie von den Commanches-Indianern gesammelt werden. Einer der schönsten aller Granate ist der dunkelblutrote Pyrop, der die Diamanten im Kaplande in Südafrika begleitet. Auch er wurde anfänglich für Rubin gehalten und längere Zeit als solcher ausgegeben und verkauft, daher führt er noch jetzt den Namen Kaprubin; er ist der Stein, von dem oben im Vorbeigehen schon mehrfach die Rede gewesen ist. Der Diamant wird am Kap von verschiedenen Granaten begleitet. Man findet nicht selten tief weinrote und hyaeinthrote ungefähr von der Farbe des Hessonits, auch farblose, bräunlichgelbe und gelbe, häufig violette und gesättigt blutrote. Letztere sind die geschätzten Kaprubine, die allein von allen geschliffen werden. Wie die oben angeführten Analysen zeigen, sind die sämtlichen roten Granate, die mit dem Diamant am Kap vor- kommen, von dem böhmischen in der Zusammensetzung kaum verschieden. Es sind etwas Mangan- und Eisenoxydul enthaltende Magnesiatonerdegranate wie der Pyrop aus Böhmen mit einer gewissen Annäherung an den Almandin. Zum Pyrop ist also wohl der Kaprubin zu rechnen und keinesfalls zum Almandin, wie es fälschlicherweise vielfach geschieht. Dies zeigt ebenso sein spezifisches Gewicht, das 3,56 beträgt, während TAREEIXIWMN 1. Epidot (Krystall, Knappenwand). 2. Epidot (geschliffen). 3. Almandin (Krystall). 4. Almandin (geschliffen). 5. Pyrop (böhmischer Granat, im Gestein). 6. Pyrop (Kaprubin, geschliffen). 7. Kaneelstein (Krystalle, Mussaalp in Piemont). 8. Kaneelstein (geschliffen). 9. Demantoid (roh). 10.(Demantoid (geschliffen). 11. Chrysolith (Kıystall). 12. Chrysolith (geschliffen). nn «MIX J34AT ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EvELstEiNKUNDE. sınd. Das Fassen geschieht entwedez es K; ste idzender Kupfer: oder Silberfolie, oder en pav&, d.h. zahlreich e werdeı 4 ü öchern in der Metallplätt« | Ar die die Grundifgf /deg ganzen Sclhinyvelsfüßk bilakt soWlaß sie dicht gedrängt nebeneinander.Istehen. Pifrehbphfung koı Granaten, aber nur bei kleinen Steimeg erhalt undae ph NY en. Fotyotflafpd, dıe sog jet das Vorko! -Mekiko und im kihdoR N ee Ü DR IN wie So of RR DIN TE ir"Rabine gehalten ü sind; a \T, Arızana> ureknlorado Rubine* des doW Baia pe ge und Feen öpifer imn Sande bei Sadıy ist aber zusankners Rlivin meghromdiopsid in der Reser Der Pyrop wird ; von Ten nesehern aus dem Sande de haufen ausgelesen und auch mittel Steinen aus dem Mutterges Arızona kommt er WEBER lose im Sande und im ED lichen Teile es Staates auch , , M > im Gestein vor und wird® Kan gleichen Weise 0% ern, sowie gelegentlich von den dort stationierten sorgt gesammelt und verkf@fSIChg h rundlichen oder eckigen Körner sind 9—'!/s Zoll gro Aw) N. vom ‘ja Zoll sine > ıe Qualsät ist im allge- KL) . a h aber g, ein ltefert _g meinen guß ? e über 3 sehr feine |} Netzwerk als die gt aus, aber Steinen üb düsterer wf ie Ästen ın eine x ın derselbet Weise Aa: in Chih 2 Y gs; vopÄk he w. ern gesam im anbir in Südafrika läneere Zeit als solcher ausgege Sr : ührt er noeh jetzt den Namen Kaprubin: er ## der Stein, von dem oben im 1 Vorbeigehen schon Mehrfach die Rede gewesen ist : Der san selten tie wen, { ’ af racı KR 1 5 2 findet mieht h farblose, o we fer ote. I 4 sınd die wird Am 7) Magnesia 1 e 0,40 en _ Natron | \ Wi Kali | Wasseı 47 Organisch ganz, dage! Ze —— >JIrundliche Knollen, traubige, sinterarfige Uhzt, längliche, tropfsteinäbnliehe Zapfen und andere derartige Gestalten. Von Spaltbarkeit ist keine Spur vorhanden. Der Bruch ist muschelig, oft in anagezeichneter Weise. Die Masse ist ziem- lıch, manchmal sogar sehr spröde und leicht zersprengbar uud zerbrechlich. Die Härte ist ıicht sehr groß, geringer als beim Quarz; os ist H, = S—6!/, so daß also zwar die. ‚(narımosroVasdsiltüsten) astgqoid 2 .(moflildoasg) neivuasV .& .S .(ollsieyıil) asivumasV.L (nsitildoasg) nilsmunuT ‚tt 08 .(ollstevil) nilemuuT .@ aid ö TAFEL XV. . L E. Ohmann tee. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Auflage. OPAL. EIGENSCHAFTEN. 465 Opale Glas noch ritzen, jedoch von Quarz geritzt werden. Aus allen diesen Gründen ist es nötige, einen als Schmuckstein geschliffenen Opal sehr sorgfältig zu behandeln und ihn vor Stößen und vor Berührung mit härteren Körpern, sowie vor Staub tunlichst zu schützen, damit er nicht zerbrochen oder zerkratzt wird. Wie die Härte, so ist auch das spezifische Gewicht niedriger als das des Quarzes. Es ist von der chemischen Zusammensetzung, von dem Wassergehalt und der Menge fremder Verunreinigungen abhängig, und schwankt mit diesen ungefähr zwischen 1,5 und 2,5. Der Glanz ist meist der gewöhnliche Glasglanz, doch kommen auch fettig, sowie harz- und wachsähnlich glänzende Opale vor. Er ist vielfach von Natur schon ziemlich stark, wird aber durch das Schleifen und Polieren noch wesentlich, wenn auch nicht bis zu besonders hohem Grade gesteigert. Die Durchsichtigkeit ist bei einer Varietät, dem ganz glasähnlich aussehenden Hyalit oder Glasopal, der aber selten geschliffen wird, vollkommen. Die meisten Opale sind jedoch trübe und höchstens durehscheinend bis halbdurehsichtig. In dieser letzteren Weise verhält sich auch der edle Opal. Für Röntgenstrahlen sind alle Opale noch ziemlich durchlässig. An sich und im reinsten Zu- stande ist die Masse vollkommen farblos. Die durch die beigemengten fremden Substanzen hervorgebrachten Farben sind meist braun, gelb und rot in verschiedenen Nuancen, seltener grün; schwarze Opale kommen ebenfalls vor, aber auch die weiße Farbe ist bei unreinen, trüben Varietäten, wie z. B. bei dem unter den Analysen erwähnten Milchopal, nicht ungewöhnlich. Die Liehtbreehung, der amorphen Beschaffenheit wegen einfach, ist schwach; der Brechungskoöffizient ist beim Edelopal = 1,11, bei anderen —= 1,16 bestimmt worden. Beim Erhitzen zerspringt der Opal sehr leicht, daher sind geschliffene Steine auch vor Temperaturveränderungen, namentlich vor raschem Erwärmen durch Berührung mit heißen Gegenständen zu hüten. Das Wasser entweicht schon unter der Glühhitze und die Masse wird dabei, wenn sie es nicht schon vorher war, trübe und unklar. Schmelz- bar ist der Opal vor dem Lötrohr nicht, wohl aber im Knallgasgebläse. In Säure löst er sich nicht, außer in Flußsäure; von Ätztinte wird er stark angegriffen. Im Gegensatz zum Quarz ist dies auch bei der Behandlung mit Kalilauge der Fall. Der Opal kommt fast ausschließlich auf Spalten, Klüften und sonstigen Hohlräumen in basaltischen, trachytischen und anderen vulkanischen Gesteinen, seltener im Serpentin usw. vor, stets aber nur in Kieselsäure enthaltenden Gebirgsarten. In diesen finden sich die verschiedensten Varietäten nebeneinander und zusammen mit anderen Kieselsäuremineralien, wie Chaleedon und Quarz, vielfach mit diesen mehr oder weniger innige Gemenge bildend. Der Opal und diese anderen Mineralien sind stets Zersetzungsprodukte jener Gesteine. Das in diesen zirkulierende Wasser, das zuweilen sehr heiß ist, löst aus ihnen Kieselsäure auf, und diese scheidet sich auf Hohlräumen oder an anderen geeigneten Orten, je nach den speziellen Verhältnissen in einer der genannten Formen wieder aus, wenn das Lösungs- mittel verdunstet oder erkaltet. Mit dieser Art der Entstehung hängen die oben beschrie- benen rundlichen Gestalten zusammen, welche an die Formen der in ähnlicher Weise aus Wasser abgesetzten Tropfsteine erinnern. Der Opal bildet zuerst eine weiche gallert- artige Masse, er ist nichts anderes als eine eingetrocknete Kieselgallerte. Man findet sogar zuweilen in den Gesteinen die Kieselsäure noch feucht in ihrem ursprünglichen weichen, gallertartigen Zustande und sieht sie erst zu Opal erhärten, wenn sie an der Luft liegend einen Teil ihres Wassers verloren hat. Im Vorstehenden sind die allen Opalen gemeinsamen Eigenschaften zusammengestellt. Im folgenden sollen nun alle zu Schmucksteinen verwendeten Varietäten des Minerals je nach ihrer Bedeutung mehr oder weniger eingehend geschildert und dabei namentlich dasjenige Verhalten betont werden, wodurch sie sich als zum Schmuck besonders geeig- net erweisen und wodurch sie sieh von anderen Varietäten unterscheiden. Bauer, Edelsteinkunde 2. Aufl. 30 466 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Edler Opal. Die wichtigste und wertvollste Varietät des Opals ist der edle Opal, auch Edelopal, orientalischer Opal, Element- oder Firmamentstein genannt. Zwar sind alle Eigenschaften, die sonst den Wert und die Schönheit eines Edelsteins ausmachen, bei diesem Mineral nur in ungeordnetem Maße vorhanden. Es ist nieht durchsichtig, hat keine ausgeprägte Farbe, einen im Vergleich mit anderen feinen Steinen nicht sehr starken Glanz und nur geringe Härte, aber das auf seiner Oberfläche auftretende prächtige Farbenspiel stellt ihn doch in die Reihe der kostbarsten Juwelen. Kein anderer Edelstein zeigt eine ähnliche Erscheinung, so daß der Edelopal unter seinen Genossen eine ganz einzigartige Stellung einnimmt. Seiner Wichtigkeit als Schmuckstein entsprechend, werden wir hier seine Eigen- schaften und seine sonstigen Verhältnisse etwas eingehender kennen zu lernen haben. Der Edelopal ist stets nur durchscheinend bis höchstens halbdurchsichtig, zuweilen allerdings der Durchsichtigkeit sich stark nähernd. Das Licht scheint meist mit rötlich- gelber Farbe hindurch. Im auffallenden, an der Oberfläche zurückgeworfenen Lichte ist er meist farblos und erscheint milchartig trübe, milchweiß, vielfach mit einem leichten bläulichen, zuweilen auch perlgrauen Schein. Viel seltener ist eine ausgesprochene Körper- farbe, gelb, rot und blau, auch grün und schwarz. Unter diesen ist gelb, und zwar wein- gelb bis schwefelgelb, nicht ganz ungewöhnlich, auch rot kommt nicht gar zu sparsam vor, besonders gelblichrot. Sehr selten ist dagegen rosenrot; von dieser Farbe wird ein prachtvoller Stein im Grünen Gewölbe in Dresden aufbewahrt. Blau, grün und schwarz ist ungewöhnlich. Von großer Schönheit sind zuweilen die seltenen schwarzen Opale, bei denen auf dunklem Hintergrunde das Farbenspiel in besonders herrlichem Glanze strahlt. Dieses Farbenspiel besteht bei allen Opalen darin, daß der Stein in dem an der Ober- fläche zurückgeworfenen Licht, nieht aber beim Hindurchsehen, in den lebhaftesten und brennendsten Regenbogenfarben erglänzt. Diese bedecken zuweilen den ganzen Stein oder es sind nur einzelne farbenglänzende Stellen, welche in die nicht mit Farbenspiel versehene Umgebung allmählich übergehen. Die ganze Oberfläche zeigt manchmal ganz einheitlich eine und dieselbe Farbe, wobei namentlich Gelb und Grün geschätzt ıst, oder man sieht einzelne größere gleichmäßig gefärbte, aber in der Farbe miteinander abwechselnde Flecke, die meist gleichfalls allmählich ineinander verlaufen. Zuweilen sind aber auch winzige verschiedenfarbige Flitterchen unregelmäßig und in größter Anzahl über die Oberfläche des Steines verteilt und gewähren so ein kaleidoskopartig buntes Bild, das man nament- lich bezüglich des Glanzes der Farben mit dem Halsgefieder mancher Tauben oder mit einer Pfauenfeder vergleichen kann, während die mehr einheitlich spielenden Steine größere Ähnlichkeit mit farbenglänzenden Perlmutterplättchen haben. Die Farben sind aber bei guten Edelopalen durchgängig feuriger als bei allen diesen zum Vergleich herangezogenen Gegenständen. Einige farbenspielende Edelopale sind auf Taf. XVI, Fig. 6 bis 9, abgebildet. Man pflegt, ın Anlehnung an die Schilderung des Opals und seines Schillers bei Plinius, vielfach zu sagen, daß in dem Farbenspiel dieses Edelsteines das feurige Rot des Rubins, das prächtige Grün des Smaragds, das goldige Gelb des Topases, das tiefe Blau des Sapphirs und das lebhafte Violett des Amethystes miteinander vereinigt seien. Alle diese Farben kommen auch in der Tat vielfach an einem und demselben Steine neben- einander vor, häufig fehlen aber auch einige, und manchmal sieht man, wie schon erwähnt, die ganze Oberfläche nur in einer einzigen Farbe glänzen. Die Verschiedenartigkeit des Farbenspiels, wie es an den einzelnen Steinen auftritt, von denen sich keiner genau so verhält wie der andere, wird dadurch bedingt. Dieses ist zum Teil in bestimmter Weise an gewisse Fundorte geknüpft. Während z. B. beim ungarischen Opal meist nur kleine Flecken und Flitterehen von verschiedener Farbe regellos und rasch miteinander ab- EDLER OPAL. FARBENSPIEL. 467 wechseln, so dab seine Oberfläche ein reiches buntes Bild zeigt (Taf. XVI, Fig. $S u. 9), ist der australische (Taf. XVI, Fig. 6 u. 7) häufig dadurch ausgezeichnet, daß die Farben über größere Flächen dieselben bleiben. Auf der Art des Farbenspiels beruht die Unterscheidung einer Anzahl von Varietäten des edlen Opals, die besondere Namen erhalten haben. Beim Harlequin- oder Flimmer- opal sind zahlreiche kleine eckige Farbenflitterchen so dicht gedrängt, dab sie gewisser- maßen ein sehr feines buntes Mosaik bilden. Auch solche Opale, wo der Farbenschiller nicht auf einem weißen, sondern auf einem gelbroten, dem nachher zu betrachtenden Feueropal ähnlichen Hintergrunde stattfindet, werden zuweilen mit diesem Namen belegt. Wechseln die Farben mehr reihen- oder streifenweise, so heißt der Stein Flammenopal. Ist die ganze Fläche mit einem goldig glänzenden gelben, Schein bedeckt, so hat man den Goldopal. Ein fast durchsichtiger Opal, aus dessen Innern ein lebhaft wogendes blaues Licht strahlt, ist zuweilen Girasol genannt worden, welcher Name übrigens auch für andere Edelsteine benutzt wird. Opalonyx heißt ein Stein, der aus einer Schicht farben- spielenden edlen und aus einer Schicht nicht farbenspielenden gemeinen Opals zusammen- gesetzt ist. Bei dem Knopfopal von Neu-Mexiko ist weißer, schwach oder gar nicht farbenspielender Opal mit einer Schicht schwarzen Chalcedons verwachsen, was sehr hübsche Steine liefert. An einzelnen Fundorten kommen noch andere Sorten vor, die zum Teil bei der Beschreibung der verschiedenen Lokalitäten noch ‚besonders erwähnt werden sollen. Auf die Schönheit der Farben gründet sich im wesentlichen die Wertschätzung. Nicht auf allen Steinen ist das Spiel derselben gleich prächtig. Manchmal sind die Farben- reflexe zu matt und trübe, manchmal auch zu klein und zu vereinzelt oder zu einheitlich, als daß sie einen besonders vorteilhaften Eindruck hervorbringen könnten. In einem solchen Falle ist natürlich der Wert des Steines gering. Dieser wächst aber rasch mit der Leb- haftigkeit und Pracht der vielfach mit einander abwechselnden und in einander über- gehenden Farben und mit ihrer mehr oder weniger vollständigen Ausdehnung über die ganze Oberfläche hin, so daß das bunte Farbenspiel möglichst wenig durch nicht schillernde Stellen unterbrochen sind. Das Farbenspiel ist nicht ganz unveränderlich. Beim Erhitzen der Steine bis zur Vertreibung des Wassers verschwindet es, weil dadurch die Masse zu trüb wird. Manche Steine verlieren ihr Wasser allmählich schon in der Kälte und werden dadurch unansehn- lich, so daß ihr früherer Wert stark herabsinkt. Durch Tränken mit Öl soll sich das Farbenspiel wieder erhöhen lassen, durch die allmähliche Zersetzung des Öls sollen sich aber die so behandelten Steine mit der Zeit schmutzig braun färben, womit die Farben vollkommen verschwinden, und wodurch die Stücke selbstverständlich wertlos werden. Am wenigsten sind die ungarischen Edelopale solchen Veränderungen ausgesetzt, was ihren höheren Wert anderen gegenüber mit bedingt. Die Farben, die das glänzende bunte Bild hervorbringen, das ein Edelopal uns zeigt, haben nichts Körperliches, sie sind ın der an sich farblosen Masse nicht hervorgebracht durch irgendwelchen beigemischten oder beigemengten Farbstoff. Ihr Ursprung beruht lediglich auf der Veränderung, welche die auffallenden Lichtstrahlen in der Opalsubstanz erleiden, durch einen Vorgang, der wahrscheinlich nieht wesentlich verschieden ist von demjenigen, der das Irisieren in manchen Quarzen und anderen !Mineralien hervorbringt. Beim Eintrocknen der feuchten Kieselerde, beim Festwerden der Gallerte, die der Opal zuerst im noch weichen Zustande bildet, entstehen leicht nach {allen Richtungen hin sich durehkreuzende Spältehen nnd Risse. Auf diesen dringt Luft in den Stein, die sich darin in so dünnen Schichten ausbreitet, daß auf ihnen die brennenden Farben der dünnen Plättchen erglänzen. Durch mikroskopische Untersuchung ist nachgewiesen, dab auf 30* 468 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. solchen Rissen auch nachträglich dünne Plättchen einer anderen Opalmasse von abwei- chenden Lichtbrechungsverhältnissen eingelagert worden sind, die wahrscheinlich sieh an der Entstehung des Farbenspieles ebenfalls beteiligen. Dieses ist beim Opal prächtiger und lebhafter, als bei irgendeinem der irisierenden Mineralien, und es ist daher die Frage, ob beim Opale nicht noch andere Ursachen vorhanden sind, die bei jenen fehlen. Vielleicht ist die Erscheinung, die der edle Opal bietet, noch nicht nach allen Seiten voll- kommen richtig erkannt und erklärt, jedenfalls sind schon mehrfach abweichende Ansichten hierüber geäußert worden. Fest steht aber jedenfalls das Tatsächliche, daß das Farben- spiel nicht durch Pıgmente, durch beigemengte Farbstoffe, hervorgebracht wird, sondern dab es eine auf der Veränderung der einfallenden Lichtstrahlen beruhende sogenannte Interferenzerseheinung ist, womit das Abblassen oder Verschwinden beim Hindurchsehen auf des Beste übereinstimmt. Wegen der nie fehlenden vielen Risse ist es geraten, den edlen Opal, wenn er auch vielleicht etwas härter ist als der gememe, noch sorgfältiger zu schützen als andere Opal- sorten. Namentlich muß man ihn, noch mehr als andere Opale, vor starken und unregel- mäßigen Temperaturänderungen besonders ängstlich behüten. Deshalb ist vor allem auch das Schleifen mit größter Vorsicht auszuführen, wenn der zu bearbeitende Stein nicht in Gefahr kommen soll, zu zerbrechen. Beim Schleifen erhält der edle Opal fast immer eine runde mugelige Form ohne Facetten, auf der das Farbenspie! sehr schön hervortritt. Facetten würden dieses letztere nicht verbessern, eher stören, auch könnten sie bei der geringen Härte des Steines nicht lange scharf bleiben. Daher sind Edelopale nur selten mit solchen geschliffen worden, immerhin kommen aber zuweilen Tafel- und Treppensteine und andere Formen vor. Je nach der Gestalt des rohen Stückes wird die Grundfläche des geschliffenen Steines kreisrund oder oval, und Je nach dessen Dieke wird die Wölbung höher oder niederer, sodaß die Form einer halben Erbse, Bohne oder Mandel ähnlich ist. Auch Perlen werden hergestellt, nicht selten mit Durchbohrung zum Auffassen auf Schnüren. Das Bestreben des Schleifers ist immer, das Farbenspiel tunlichst zu steigern, wozu nicht selten große Geschicklichkeit und reif- liche Überlegung und Erwägung aller Umstände erforderlich ist. Die Aufgabe besteht häufig mit darin, angewachsenes Muttergestein und nicht farbenspielende Opalpartien mit möglichst geringem Verlust edler Teile von einem Stein zu entfernen, damit er über die ganze Oberfläche hin sein Farbenspiel ununterbrochen in möglichster Schönheit zeigen kann. Matt gewordene Opale können durch Polieren mit Wassertripel auf der Hand aufgefrischt werden. Künstlich kann das Farbenspiel etwas gesteigert werden, indem man dem Stein, der allerdings nicht zu diek und nicht zu wenig durchscheinend sein darf, beim Fassen eine Folie von buntschillernder Seide, oder ein Stück Pfauenfeder, oder auch ein glänzend poliertes Perlmutterplättehen unterlegt. Das Fassen geschieht selten ä jour, am besten in einem schwarzen Kasten, wobei man größere Steine zur Hebung des Glanzes gern mit einem Kranze von kleinen Diamanten oder farbigen durchsichtigen Steinen umgibt. Um- gekehrt werden aber auch vielfach größere Diamanten, Rubine, Sapphire usw. mit kleinen Edelopalen in derselben Weise eingefaßt oder, wie man sagt, karmoisiert. Der Preis des edlen Opals ist sehr beträchtlich; er gehört mit zu den beliebtesten und bestbezahlten Edelsteinen. Wir wir aber schon im Vorbeigehen gesehen haben, hängt seine Wertschätzung in allererster Linie von der Schönheit des Farbenspiels ab; die rot und auch die grün spielenden sind die teuersten, doch ist die besondere Begünstigung gerade dieser Farben mehr Sache der augenblieklichen Mode. Die Steine sollen nicht zu stark durchscheinend, ebensowenig aber zu trübe sein, weil durch diese beiden Umstände das Feuer des Farbenspiels beeinträchtigt wird. Ebenso ist auch die Form nicht ganz ohne Einfluß; zu große und zu geringe Dicke der mugeligen Steine ist unerwünscht. EDLER OPAL. UNGARN. 469 Bis vor kurzem ist im Handel für jedes größere und bessere Stück der Preis nach seiner speziellen Beschaffenheit normiert worden unter Schätzung der Größe, aber ohne beson- dere Berücksichtigung des Gewichtes. Erst in neuerer Zeit wird das letztere, in Karaten ausgedrückt, mehr in Betracht gezogen. Der Wert schönster ungarischer Steine erreicht ungefähr den gleich schwerer Brillanten. Große Opale, namentlich solche, die auch eine entsprechende Dicke haben, sind wegen der verhältnismäßigen Seltenheit ihres Vorkommens sehr teuer, der Preis wächst sehr viel rascher als die Größe. Kleinere Steine sind ent- sprechend billiger; ein lebhaft farbenspielender Karatstein muß mindestens auf 50 Mark geschätzt werden. Ist das Farbenspiel geringer, so vermindert sich der Preis sehr schnell bis zu ganz kleinen Beträgen, wie dies namentlich zum Teil bei den aus Mittelamerika stammenden sogenannten „mexikanischen“ und den australischen Opalen, von denen unten die Rede sein wird, der Fall ist. Im Mittelalter waren schöne Edelopale vielleicht noch höher geschätzt als jetzt, und die alten Römer haben einen großen Luxus auch mit diesem Edelstein getrieben. Trotz des zu erwartenden Gewinnes ist es noch nicht gelungen, den edlen Opal durch Glasflüsse nachzuahmen; das künstlich in Glas erzeugte Farbenspiel wird jedermann leicht von dem des echten Steines unterscheiden. Dagegen sucht man zuweilen nicht farben- spielende gemeine Opale als edle erscheinen zu lassen, indem man sie mit denselben Folien wie die edlen in einen schwarzen Kasten faßt. Das Farbenspiel wird dadurch manchmal dem Steine bis zu einem ziemlich hohen Grade mitgeteilt. Schön farben- spielende glänzende schwarze Opale befinden sich zurzeit im Handel, auf denen der Ver- dacht ruht, daß an ihnen irgendeine künstliche Veränderung stattgefunden hat; doch ist bisher nichts Näheres darüber bekannt geworden. . Das Vorkommen des edlen Opals und seine Entstehung ist überall genau ebenso, wie beim Opal überhaupt und wie es oben auseinandergesetzt worden ist. Überall ist er von gemeinem Opal in seinen verschiedenen Abarten, sowie von anderen aus Kieselsäure be- stehenden Mineralien, wie Chalcedon, auch Quarz begleitet. Er bildet im gemeinen Opal und in ihn allmählich übergehend kleinere Partien, die bei der Gewinnung aufgesucht, von den nicht farbenspielenden abgetrennt und in den Handel gebracht werden. Eine der wichtigsten Fundstätten, die gegenwärtig, wenn auch nicht die meisten, so doch die schönsten und wertvollsten edlen Opale liefert, liegt ım nördlichen Ungarn, nicht weit von der galizischen Grenze in der Gegend von Kaschau und Eperies im Süd- osten des Säroser Komitats, nahe der Scheide gegen das Komitat Zemplen. Der hier ge- wonnene Opal ging in früheren Zeiten nach Konstantinopel und kam von dort meist über Amsterdam in das Abendland zurück. Daher war bis zum Ende des vorvorigen Jahrhunderts die Meinung verbreitet, unser Edelstein stamme aus dem Orient, weshalb er auch als „orientalischer Opal* bezeichnet wurde. Noch heute ist der Ausdruck zuweilen für be- sonders schöne Stücke im Gebrauch, entsprechend der gleichen Gepflogenheit bei anderen Edelsteinen, obwohl man jetzt seit langer Zeit mit Sicherheit weiß, daß die in Ägypten, Arabien, Cypern, Ceylon usw. vermuteten orientalischen Fundorte tatsächlich nicht existieren. Allerdings hatte schon am Ende des 17. Jahrhunderts der französische Reisende und Edel- steinhändler Tavernier auf Grund seiner Reiseerfahrungen die damals ganz richtige Be- hauptung aufgestellt, daß nur in Ungarn Edelopal vorkomme, sie ıst aber lange Zeit unbeachtet geblieben. Das Folgende beruht z. T. auf den Mitteilungen von K. Zimanyi. Die Opalgruben befinden sich in dem Kaschau-Eperieser Gebirge in einem wilden, fast menschenleeren Bergland nahe dem 466 Meter über dem Meer gelegenen und 24,7 Kilometer ın südöstlicher Richtung von Eperies entfernten Dorfe Üzerwenitza (magyarisch Vörösvägäs). Eine kleine Ansiedlung, 3 Kilometer nördlich von dem genannten Dorfe, bildet den Mittelpunkt der Opalgewinnung und der ÖOpalgruben. Sie dient nur dieser 470 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Industrie und hat daher den ungarischen Namen Opalbanya erhalten; die durchweg slovakischen Umwohner nennen sie Dubnik. Ihre Meereshöhe beträgt 700 Meter. Hier ist die Stätte des Opalbergbaues; von hier kommen die vielen schönen ungarischen Steine, die noch immer, auch nach Entdeckung anderer, reicherer Quellen, eine nicht unerhebliche Rolle im Edelsteinhandel spielen. Einen Kilometer westlich von Dubnik ist der Berg Libanka, in dem heutzutage ausschließlich die Gräberei vor sich geht. Etwas weiter entfernt, 7 Kilometer nördlich von Czerwenitza, liegt der Berg Sımonka, der früher wichtig ge- wesen ist. Er bildet die höchste Erhebung jener Gegend und steigt bis zu einer Meeres- höhe von 1092 Meter an. Das Gestein der Libanka ist ein vulkanisches, ein Pyroxenandesit von brauner, grauer bis schwarzer Farbe. Es wird von zahlreichen, in verschiedener Richtung verlaufenden Spalten und Klüften durchsetzt und beherbergt eine große Menge größerer und kleinerer Hohlräume von verschiedener Form. Der Opal findet sich in einer Breceie, die aus fest miteinander verkitteten Brocken dieses Gesteins besteht. Sie schneidet nach Osten und Westen in senkrechten Grenzen gegen den umgebenden opalfreien anstehenden Andesit ab, getrennt von ihm beiderseits durch eine Lage ziemlich kompakten roten Tons. Die Opal führende Gesteinsmasse ist immer mehr oder weniger stark verwitter. Namentlich ist der Feldspat stark verändert und in Kaolın oder auch in Opal umgewandelt. Vor allem sind aber die ım Gestein befindlichen Hohlräume, Poren und Spalten, mit Opal ausgefüllt, öfters von Schwefelkies und Markasit, seltener auch von Antimonglanz und Schwerspat begleitet. Die mit Opal erfüllten Nester sind, scharf vom Nebengestein geschieden, über- all in der Andesitbreeeie, soweit sie aufgeschlossen ist, vorhanden; sie nehmen auch in der größten bekannten Tiefe nieht ab, aber allerdings sind sie sehr sporadisch und unregelmäßig darın verteilt. Indessen hat die Erfahrung gelehrt, daß da, wo das Gestein Schwefelkies führt und wo es in der Nähe der Hohlräume von kompakterer Beschaffenheit ist, der Edelopal sich reichlicher findet als sonst. Die Opalmasse ist in den Hohlräumen meist horizontal abgelagert. Dies tritt nament- lich dort deutlich hervor, wo die Ausfüllung nicht vollständig ist. Die obere Begrenzung wird in diesem Fall von einer mehr oder weniger ebenen, vollkommen horizontalen Fläche gebildet. Den größten Teil des Raumes nehmen die gewöhnlichen Opalarten ein, meist Milchopal, auch Wachsopal, zu denen sich zuweilen Hyalit gesellt. Mit dem Milchopal ist der Edelopal verwachsen und geht allmählich in ihn über; zuweilen sieht man auch beide in unregelmäßigen, horizontalen Schichten miteinander wechsellagern. Anders ist das Vorkommen des durchsichtigen Hyalıts. Er hängt in den von dem anderen Opal leer gelassenen Räumen in Form kleiner Zapfen und zierlicher Stalaktiten von der Decke der Hohlräume herab, zuweilen außerordentlich feine bart- und spinnwebenartige Gewebe bildend; vielfach bedeckt er die obere Begrenzungsfläche jener Opale und füllt auch nicht selten den über ihnen befindlichen Raum vollständig aus. Er ist offenbar jüngeren Ursprungs als diese, während der Milchopal und der Edelopal als gleichalterig anzu- sehen sınd. Wenn das Muttergestein oberflächlich vollständig verwittert, bleibt der widerstands- fähigere Opal unverändert übrig und liegt dann lose im Erdboden. Aus diesem gelangt er in die Wasserläufe und ist deren Sand und Kies in Form von Geröllen beigemengt. Auch diese wurden früher aufgesucht und gewonnen. Der Edelopal ist meist nur in ganz kleinen Partien mit dem gemeinen Opal ver- wachsen. Diese werden dann aus der Masse herausgeschnitten und geschliffen. Stücke von der Größe einer Bohne oder einer Haselnuß sind schon sehr selten, noch größere kommen äußerst vereinzelt vor. Das größte, aus früherer Zeit bekannte Stück wird im mineralogischen Hofmuseum in Wien aufbewahrt. Es ist ungeschliffen, aber beinahe ganz EDLER OPAL. UNGARN. 471 vom Muttergestein befreit und zeigt fast durchweg das schönste Farbenspiel. Die Form ist die eines Keils, die Größe ungefähr die einer Mannesfaust, 4°/ı Zoll lang, 2'/2 Zoll breit und !/ bis 3 Zoll hoch. Das Gewicht beträgt 34 Lot oder nahezu 600 Gramm (etwa 3000 Karat). Ein Amsterdamer Edelsteinhändler wollte, wie erzählt wird, 500000 Gulden dafür geben, es wurde damals aber auf 700000 Gulden geschätzt (Partsch in seiner Übersicht der im k. k. Hofmineralienkabinett aufgestellten Sammlungen gibt allerdings 1855 nur 70000 Gulden an, welche Zahl dann auch in andere Werke übergegangen ist). Gefunden wurde das Stück in den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts bei Üzerwenitza als Gerölle von einem Feuersteinsucher. Der noch anhängende Andesit zeigt, dab es aus den höheren Teilen des Libankaberges stammt. Ein kleineres, ebenfalls durch Reinheit und Farbenpracht ausgezeichnetes geschliffenes Stück von der Form und Größe eines Hühnereis, vielleicht von dem vorigen abgetrennt, befindet sich in der k. k. Schatzkammer in Wien. 1868 wurden zwei jetzt birnförmig geschliffene prächtige Opale von 186 und 160 Karat in der Libanka gefunden; der letztere soll der schönste Harlequinopal sein, den man bis jetzt kennen gelernt hat. Ebenfalls in der Libanka und zwar an einer der tiefsten dort aufgeschlossenen Stellen fand man im Januar 1889 die größte jetzt bekannte Opalmasse von einem ganz auber- gewöhnlichen Umfang. Die Form ist nahezu elliptisch, die Länge beträgt 0,80 Meter, die Breite 0,40 und die Dieke 0,30 Meter, das Gewicht nahezu 200 Kilogramm. Sie lag ın einem Hohlraum, von dem aus zahlreiche Klüfte und Spalten in den umgebenden Andesit hineinliefen, die ebenfalls Opal enthielten. Der Hohlraum ist in seinem oberen Viertel leer geblieben, die obere Grenzfläche des Opals ist wie gewöhnlich etwas wellig, jedoch im ganzen eben und vollkommen horizontal. Ein feines weißes Pulver von Opalsubstanz be- deckt sie. Der Opal selbst war in der Hauptsache Milchopal, gegen den der edle Opal stark zurücktrat, und zwar wechselte letzterer in drei ziemlich gleichweit voneinander ab- stehenden dünnen horizontalen Lagen, die dickste 1 Zentimeter messend, mit dem Milch- opal ab. Die ganze Masse lag wieder mit einer ebenen horizontalen Fläche auf einer Partie eines stark zersetzten und dadurch etwas weicher gewordenen Opals ohne alles Farbenspiel. Auch der Opal in den von der Hauptmasse ausgehenden Klüften und Spalten war vorwiegend Milchopal mit geringen Mengen Edelopal. 13 Steinschleifer hatten vier Monate Arbeit, bis der aus diesem Funde herrührende Edelopal geschliffen war. Dieser, meist von der Art des Harlequinopals, ist von ausgezeichneter Beschaffenheit, nur an der Grenze stellt sich sogenannter Oculus ein, eine infolge beginnender Zersetzung, etwas weniger lebhaft farbenspielende Abart. Dazu tritt stellenweise eine für diese Gegend besondere Erscheinung. Während der ungarische Opal sonst durchweg dadurch ausgezeichnet ist, daß das Farbenspiel durch kleinere verschiedenfarbige Flecken und winzige Flitterchen zustande kommt, wurde an diesem Stück da und dort eine größere Ausdehnung von Flecken in gleicher Farbe beobachtet, wie sie sonst hauptsächlich dem unten zu beschreibenden australischen Opal eigentümlich ist. Dieser Unterschied ist aus Tafel XV zu ersehen, auf der Fig. 6 und 7 australische, Fig. 8 und 9 ungarische Steine darstellen. Neben dem reinen Opal wird in Ungarn noch die Opalmutter gewonnen. Das Gestein, in dem sich der Opal eingewachsen findet, ıst stellenweise mit zahlreichen win- zigen Öpalpartikelehen durchwachsen, die trotz ıhrer Kleinheit das Farbenspiel auf das Schönste zeigen. Sie können wegen ihrer zu geringen Größe nıcht aus der Masse los- gelöst werden, teilen dieser aber ihren Farbenglanz mit, der nun auf dunklem Hinter- srunde reflektiert wird und dem ganzen Gestein ein recht hübsches Ansehen verleiht. Diese Masse bezeichnet man als Opalmutter. Auch sie wird, wenn sie an farbenflimmern- den Teilchen recht reich ist, zu Schmucksteinen, öfter aber zu kleinen Galanteriegegen- 472 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. ständen, wie Dosen usw., verarbeitet. Das Aussehen dieser Stücke und ihr Farbenspiel kann zuweilen noch erhöht werden, indem man die stets mehr oder weniger poröse Masse mit Öl durehdränkt und dieses bei gelindem Feuer zersetzt. Das Muttergestein wird da- durch schwarz gefärbt, und auf dieser schwarzen Unterlage bringen dann die Farben der unverändert gebliebenen Opalpartikelehen eine noch schönere Wirkung hervor als auf der ursprünglich helleren. Vielleicht werden auf solche Weise die oben erwähnten schwarzen Opale gewonnen, deren künstliche Herstellung vermutet wird; indessen ist es zweifel- los, daß auch echte, natürliche schwarze Edelopale, wenngleich als große Seltenheit vor- kommen. Auch den Hydrophan findet man bei Czerwenitza nicht selten. Er zeigt in der Grube häufig noch das lebhafte Farbenspiel, das aber an der Luft infolge Wasserverlusts rasch verschwindet (sog. Weltauge, oculus mundi). Wir werden ihn unten noch näher kennen lernen. Aber auch die entgegengesetzte Erscheinung will man beobachtet haben. Manche Opalstücke sollen in den Gruben, von Bergfeuchtigkeit durchsetzt, kein Farben- spiel zeigen, das erst bei der Austrocknung über der Erde sich allmählich einstellt. Einzelne derartige Proben sollen sogar im Gestein ursprünglich noch gallertartig weich gewesen und erst allmählich an der Luft erhärtet sein. An der Simonka sind die Verhältnisse im wesentlichen dieselben, wenn auch mit gewissen Abweichungen im einzelnen. Das Muttergestein ist ebenfalls ein Andesit, aber nach Szabo kein Pyroxen-, sondern ein Glimmerhornblendeandesit von dunkelgrauer Farbe und von etwas höherem geologischem Alter. Der Opal füllt, etwas anders als an der Libanka, Spalten und Gänge aus, die durch eine Tonlage von dem Andesit getrennt sind. Im Hangenden dieser Spaltenausfüllungen, in der Nähe der dortigen Tonlage, findet man hauptsächlich den Edelopal, wie sonst in Verbindung mit Milchopal. Die Simonka war früher der Mittelpunkt des Opalbergbaus, und in alten Zeiten scheint man hier daneben Zinnober gewonnen zu haben, der in der Gegend auch sonst den Opal in spärlichen Mengen begleitet. Im Jahr 1859 wurde aber der Betrieb wegen großen Wassereinbruchs und wegen Schwierigkeiten der Förderung gänzlich eingestellt; er findet jetzt nur noch in der Libanka statt. Die natürliche Beschaffenheit und die Art und Weise des Vorkommens deuten mit Sicherheit darauf hin, daß auch in dieser Gegend der Opal sich aus wässerigen Lösungen gebildet hat. Wahrscheinlich ist die Zersetzung des Gesteins durch heiße Quellen erfolgt, wie sie häufig in vulkanischen Gegenden vorkommen. Heutzutage fließen sie allerdings nicht mehr bei Czerwenitza, aber in geringer Entfernung von da sind solche noch jetzt zu beobachten. Nachdem wir die natürlichen Verhältnisse des ungarischen Opals kennen gelernt haben, wenden wir uns nunmehr der Produktion zu. Die Gewinnung des Edelopals geht in sehr alte Zeiten zurück. Es ist wohl kein Zweifel, daß schon die alten Römer ihre Opale hier geholt haben. Nach den ausgedehnten, mächtigen, mit großen Bäumen bestandenen Halden und namentlich nach aufgefundenen Bergwerksgeräten zu urteilen, muß jedenfalls schon vor 800 Jahren ein Abbau statt- gefunden haben. Daß der Betrieb im Jahre 1400 im Gang war, ist urkundlich beglaubigt; 300 Arbeiter haben damals Opal (und vielleicht auch den oben erwähnten Zinnober) ge- wonnen. Früher gehörte das ganze Gebiet einer Familie Keezer, seit dem Jahre 1687 ıst es Eigentum des ungarischen Staates. Der neuere Betrieb begann unter dem Kaiser Joseph II. im Jahre 1771 und wurde unter sehr wechselnden Verhältnissen und nicht ohne Unterbrechung bis zur Gegenwart fortgesetzt. Zuerst konnte jedermann das Recht der Opalgewinnung gegen eine jährliche Abgabe von 5 Gulden erwerben; einige Jahre darauf fand eine Verpachtung an Unternehmer statt. Von 1788 bis 1817 nahm die Re- egierung selber die Sache in die Hand und führte einen regelmäßigen unterirdischen Berg- EDLER OPAL. UNGARN. 473 bau ein, nachdem bis dahin nur unordentlich und ausschließlich in mehr oder weniger tiefen oberirdischen Gruben und Tagebauen gearbeitet worden war. Dann trat eine längere Pause ein; der Betrieb wurde gänzlich eingestellt und alles Graben nach Opal verboten, bis später die Gruben wieder pachtweise an Unternehmer vergeben wurden. Von 1815 an war es mehr als 30 Jahre lang die Familie Goldschmidt, von da an bis 1896 die Familie Egger. Der jährliche Pachtzins stieg in dieser Zeit von 10000 auf 22300 Gulden, die Gewinnungskosten betrugen ungefähr 60000 Gulden, so daß sich also die Selbstkosten der Opale gar nicht niedrig stellten. Seit dem 1. November 1896 hat die Regierung selbst wieder den Betrieb übernommen, der jetzt nur noch in den Bergwerksanlagen an der Ost. seite des Libanka-Berges stattfindet. Hier haben schon die früheren oberirdischen Tage- baue mächtige Halden hinterlassen, die sich vier Kilometer weit von Süd nach Nord hin- ziehen und die auf die große Bedeutung der Opalgräberei in älteren Zeiten hinweisen, Wie umfangreich der gegenwärtige Bergbau ist, geht daraus hervor, daß das opalführende (Gestein in 14 verschiedenen Niveaus durch Stollen angefahren ist, die eine Gesamtlänge von 10 Kılometer haben. Der Höhenunterschied zwischen dem obersten Stollen und dem tiefsten, dem Wilhelm-Erbstollen, beträgt 135 Meter. Man ist aber noch unter den letzteren herunter gegangen und 5 Meter tiefer hat man 1899 die oben beschriebene große Opalmasse gefunden. Überhaupt hat sich herausgestellt, daß ein Abnehmen des Edelopals nach der Tiefe nicht zu bemerken ist, eher umgekehrt. In den tiefsten Horizonten wird jetzt auch ausschließlich gegraben, obwohl in den höheren ebenfalls noch genug brauch- bares Material vorhanden ist. Die Arbeit m den Gruben ist nicht schwierig und verhältnismäßig wenig kostspielig, weil das Gestein leicht zu gewinnen und doch so fest ist, daß ın den Stollen kaum Holz- zimmerung nötig wird. Eine Erschwerung des Betriebs wird dadurch verursacht, daß in- folge des sporadischen und unregelmäßigen Vorkommens des Edelopals die Ausbeute sehr dem Zufall unterworfen ist. Man findet oft in Monaten nur unbedeutende kleine Stückchen, dann aber auch auf einmal wieder größere Stufen, deren Wert die Kosten des ganzen Jahres deckt. Das opalhaltige Gestein wird mit großer Vorsicht losgesprengt und die edlen Teile sorgfältig von dem anhaftenden und unbrauchbaren Material getrennt. Sie kommen dann in die an Ort und Stelle in Dubnik befindliche Schleiferei, die geschliffenen Steine werden dem ungarischen Finanzministerrum eingesandt und von diesem verkauft Zu geringe Exemplare mit zu schwachem Farbenschiller werden vernichtet. Der Menge nach ist die Produktion in den letzten Jahren entschieden zurückgegangen, besonders klein war sie in den Jahren 1903 und 1904. In den letzten Jahren der Ver- pachtung (1890 bis 1896) betrug sie durchschnittlich im Jahre 12000 bis 14000 Karat, es gab aber auch Jahre, in denen sie auf 20000 und sogar auf 28000 Karat stieg. Einen besonders großen Erfolg erzielte Goldschmidt auf der Wiener Ausstellung 1873, wo rohe und geschliffene Steine zu sehen waren und die größte Bewunderung erregten. Besonders hervorragend war ein Halsband im Wert von 65000 Gulden, ein Diadem zu 20000 Gulden und 2 Kameen zu 26000 und 15000 Gulden. Den Ertrag während der Selbstverwaltung der Regierung gibt die folgende auf amtlichen Angaben beruhende Tabelle: Gesamtgewicht | Gesamtgewicht Stück in Karat | Stück in Karat SINN: Te RABACCSTIA ER ER > 6853 151903: SION DAS 189 ar 34.010105 28862 Ir een ar 21h 1904 rd 6366 I a 1038 Ba nn En BAG 1 RZSP NT 1 TI Eee RU RN En RD ee EEE ENT are ABEND BOOlem a W24870r een ee +40 Ian/ıc OT DE DE NG 2 er N EU ee a SE 474 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Im Jahre 1890 waren 2 Beamte, 3 Unterbeamte, 8 Aufseher und 130 Grubenarbeiter angestellt; gegenwärtig sind es 2 Beamte, 1 Aufseher, 1 Maschinist, 3 Schleifer und 54 Arbeiter. Zur Zeit soll die ungarische Regierung damit umgehen, die Opalgewinnung wieder zu verpachten oder die ganzen Bergwerksanlagen nebst Zubehör zu verkaufen. Ebenso schöner edler Opal wie bei Czerwenitza findet sich auch noch anderwärts im nördlichen Ungarn, und zwar in ähnlicher Weise wie dort. So kommt er u.a. in einem Quarztrachyt bei Nagy-Mihäli östlich von Kaschau an der Laboreza nahe der östlichen Grenze des Komitats Zemplen vor. Die Menge ist gering, und das Vorkommen hat keine kommerzielle Bedeutung. Dasselbe gilt für die äußerst spärlichen Funde, die sonst in Europa gemacht worden sind: bei Frankfurt a. M. und auf den Färöern im Basalt, bei Neudeck in Böhmen, ın Irland usw.; diese sollen daher nicht näher beschrieben werden. Ist auch das ungarische Vorkommen des Edelopals das hauptsächlichste, was Schön- heit und Wert der Stücke anbelangt, so daß die weitaus geschätztesten der im Handel be- findlichen Steine hierher stammen, so sind doch einige andere, und zwar außereuropäische Fundstellen wegen der Menge der dort gefundenen, wenngleich meist minderwertigen Steine nicht ohne Bedeutung und werden es vielleicht mit der Zeit in noch höherem Maße werden. Sıe liegen alle ın Amerika und in Australien; ihre Betrachtung soll unsere nächste Aufgabe sein. Zunächst seien die Fundorte in dem mittelamerikanischen Staate Honduras erwähnt, die zwar in diesem Augenblicke noch keine bedeutende Wichtigkeit für den Handel haben, aber doch, wie es scheint, größere Aussichten für die Zukunft eröffnen. Die Steine von dort zeigen in der Art des Farbenspiels Ähnlichkeit mit den ungarischen, die meisten sind jedoch mehr durchsichtig und weniger feurig als diese. Ein besonderer Übelstand ist aber, daß diese Farben nicht so beständig sind. Sie vergehen wenigstens bei sehr vielen Exemplaren allmählich beim Liegen in der Luft, doch sind auch in Honduras zahlreiche Steine vorgekommen, die sich mit den ungärischen in jeder Hinsicht, was Schönheit und Beständigkeit anbelangt, messen können. Der Edelopal findet sich hauptsächlich im Departement Graeias im westlichsten Teil des Landes ganz auf dieselbe Art wie in Ungarn in verwitterten trachytischen Gesteinen. Er wird auch hier begleitet von allen möglichen anderen Opalsorten, die an einzelnen Stellen in jener Gegend sich in gewaltigen Massen gebildet haben. Besonders erfüllt im mittleren Teile des genannten Departements der Opal in seinen verschiedenen Varietäten Gänge und Lager, zum Teil von großer Mächtigkeit und Ausdehnung in meist dunklem Trachyt. In diesen Opalmassen ist an mehreren Stellen Edelopal eingesprengt, der dann in Gruben gewonnen wird. Diese liegen aber meist weit ab von den Verkehrsstraßen, deswegen werden sie zum Teil wenig bearbeitet, um so mehr, als das Produkt aus den erwähnten Gründen weniger gesucht ist als das ungarische. Die bekanntesten Gruben sind in der Nähe der Stadt Gracias (oder Gracias o Dios), andere in der Gegend von Intibukat und einige der wichtigsten bei Erandique gelegen. Aber auch hier ist die Produktion geringer, als sie möglich wäre, sie könnte jedoch wahrscheinlich durch einen rationellen Bergbau mit Vorteil erweitert werden. Der Edel- opal bildet mit anderem Opal kleine unregelmäßige Gänge im Trachyt, die beinahe senkrecht stehen und häufig sich auskeilend und wieder einsetzend von Nordost nach Südwest streichen. Er liegt in einzelnen Platten in dem gemeinen Opal und wechselt auch zum Teil mit diesem in äußerst dünnen Lagen ab, wodurch ein onyxartiger Stein von eigentümlichem hübschem Aussehen entsteht (Opalonyx); manchmal sind es aber auch größere zusammenhängende Partien. Die Hauptgruben befinden sich in einem 250 Fuß hohen und 3 engl. Meilen langen Hügel, der von rotem Trachyt gebildet wird; EpLER Orar. HONDURAS. GUATEMALA. MEXIKO. 475 auf eine halbe Meile seiner Erstreckung hat man darin überall, wo man anfing zu graben, Edelopal angetroffen. Außer hier wurde aber auch noch an manchen anderen Stellen bei Erandique der Edelstein gefunden, ohne daß jedoch irgendwo bis jetzt eine regelmäßige systematische Gewinnung eröffnet worden wäre. An den genannten Orten ist der Opal mit Sicherheit nachgewiesen, und gewisse Mengen sind dort auch schon gewonnen worden. Es gibt aber ın jenem Lande noch manche Stellen, wo man auf Grund von zu diesem Zwecke angestellten Untersuchungen der Bodenverhältnisse und des Vorkommens anderer Opalsorten auch Edelopal mit Wahr- scheimlichkeit und sogar mit ziemlicher Sicherheit erwarten darf. So erscheinen manche Plätze zwischen Intibukat und Las Pedras aussichtsreich, ebenso die Gegenden von Le Pasale und Yukusapa und die Abhänge des großen Berges bei Santa Rosa. Fast sicheren Er- folg für Anlage von Opalgruben soll das Tal versprechen, das sich zwischen Tamba und dem Paß von Guayoca hinzieht, wo besonders große Massen von allen möglichen Opal- sorten vorkommen. Hier ist auch schon ein perlgrauer Opal mit roten Reflexen gefunden worden, der allerdings keinen Handelswert hat, aber doch das Vorkommen besserer Steine erwarten läßt. Daß es in Honduras manches Opalvorkommen gibt, das den Weißen bisher noch nicht bekannt geworden ist, sieht man daraus, daß häufig Indianer schöne Steine zum Verkauf in die Stadt bringen. Vielleieht erstrecken sich die Fundstellen über die Grenzen von Honduras hinaus nach Guatemala. Edle Opale von hier liegen mehrfach in den Sammlungen, doch sind, wie es scheint, spezielle Fundorte nicht bekannt, und jedenfalls weiß man nichts von der Gewinnung von Opal für den Handel in dem letzteren Lande. Eine Zone von Opal und auch Edelopal führenden trachytischen Gesteinen soll sich von Honduras aus sogar noch über Guatemala hinaus bis weit nach Norden und wenigstens bis Mexiko fortziehen, und in der Tat ist unser Edelstein in diesem Lande mehrfach vor- gekommen und gewonnen worden. Von geringer Wichtigkeit in dieser Hinsicht ist in Mexiko zunächst das Gebirge von Real del Monte an der Pena del Gavilan, nördlich von dem durch seinen Obsidian bekannten Cerro de las Navajas, dem Messerberg. Bedeutender sind die im folgenden zu beschreibenden Gruben von Esperanza, wo der Edelopal so verbreitet ist, daß man kleine Flitter davon sogar vielfach in den Mauersteinen eingewachsen findet. Das Vorkommen ist hier wie in Nordamerika von dem in Ungarn in keiner Weise wesentlich verschieden. Die Opalgruben von Esperanza liegen 10 Leguas nordwestlich von San Juan del Rio im Staate Queretaro, wo sie über ein ausgedehntes Gebiet von 30 Leguas Länge und 20 Leguas Breite verteilt sind. Das Vorkommen wurde 1835 von einem Ackersmann durch Zufall entdeckt, aber erst seit 1870 ist eine regelmäßige Gewinnung im Gange. Der Opal findet sich in einem trachytischen Gestein von porphyrischer Struktur und von rötlichgrauer Farbe, das dort unter anderen den von Nordwest nach Südost sich hin- ziehenden Hügel von Ceja de Leon und den von Peineta bildet, an denen viele Gruben liegen. Diese sind wenigstens zum Teil durch die Massenhaftigkeit und Mannigfaltigkeit ihres Produkts auszeichnet. So hat ein einziges Stück Gestein aus der Simpatieagrube gewöhn- lichen Edelopal, Harlequinopal, Lechososopal (eine sofort zu erwähnende Art), sowie Milch- und Feueropal geliefert. Eine der größten Gruben ist die Juradogrube. Sie bildet eine 150 Fuß tiefe, 100 Fuß weite und einige hundert Fuß lange Ausschachtung im Trachyt. Kleinere sind noch viele vorhanden, doch werden gegenwärtig nur wenige bearbeitet. Das opalhaltige Gestein wird nach dem 25 Leguas entfernten Queretaro gebracht, wo etwa 20 eingeborene Schleifer in drei Schleifereien fast das gesamte in den Gruben gewonnene Material in sehr roher Weise verarbeiten, so daß die Steine oft recht geringen Effekt machen. Nach auswärts kommt nur wenig zum Schleifen. In den Gruben selbst 476 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. sind etwa 100 Indianer beschäftigt, aber ebenfalls in wenig rationeller Weise. 50000 geschliffene Steine werden Jährlich verkauft, und leicht könnte diese Produktion verdoppelt werden. Sie gehen vielfach nach den Vereinigten Staaten, wo sie in manchen Gegenden an den Bahnstationen den Reisenden als einheimisches Produkt verkauft werden, aber auch nach Europa, besonders nach Deutschland, wo sie zur Anfertigung billigen Schmuckes dienen. Der Preis der mexikanischen und ebenso der mittelamerikanischen Opale ist sehr verschieden und im allgemeinen weit geringer als der der ungarischen; er geht von wenigen Cents bis zu 100 Dollars. Posten von 100 und mehr Stück werden oft um weniger als 10 ÜÖents jedes verkauft. Höhere Preise werden nur für ausnahmsweise schöne Exemplare bezahlt, sie erreichen aber nicht den Betrag der für ungarische Steine bezahlten Summen. Der mexikanische Edelopal bildet meist zwischen oder auf gemeinem Opal ohne Farbenspiel dünne Lagen, oft so dünne, daß es zum Schleifen zu wenig ist. Die Massen liegen auf Hohlräumen im Gestein, die zuweilen nur zur Hälfte oder zu zwei Dritteilen ausgefüllt sind und in denen der Opal abwechselnde horizontale Lagen bildet, die nicht selten nach oben durch eine traubige Decke von glasartig hellem, durehsichtigem Hyalit abgeschlossen werden, ganz ähnlich wie in Ungarn. Man kann nicht leicht einen schöneren Beweis für den Absatz des Opals aus kieselsäurehaltigen Lösungen sehen. Die Zahl der hier vorkommenden Varietäten von Edelopal ist recht beträchtlich. Bei vielen ist die Intensität der Farbenreflexe nicht sehr ausgezeichnet und selten mit der bei ungarischen Steinen zu vergleichen. Häufig findet man ausgedehnte gleichfarbige Flächen, zuweilen nur eine einzige glänzende Farbe auf einem Stein: rot, grün, gelb, die entweder beim Drehen des Steines dieselbe bleibt, oder auch zuweilen sich ändert und in eine andere übergeht. Der mexikanische Harlequinopal ist vielfach durch ganz besonders bunte Abwechslung der Farbenflimmer ausgezeichnet. Häufig und sehr schön ist ein feuerroter Opal mit prachtvoll smaragdgrünem, daneben zum Teil auch karminrotem und dunkelviolettblauem Farbenspiele; es ist die Art, die man in Mexiko Leehosos-Opal nennt. Auch sehr schöne, dunkel ultramarinblaue Reflexe kommen in Verbindung mit smaragdgrünen vor. Ein großer Stein mit prächtigem rosenrotem Farbenspiele war 1887 in Paris ausgestellt. Einzelne dieser Varietäten sind besonders schön in gewissen Gruben, weniger schön in anderen; das Produkt mancher Fundorte hat ein ganz besonderes Gepräge. Man erhält aus den vorhandenen Schilderungen der mexikanischen Opalgruben den Eindruck, als ob durch einen rationellen Betrieb der Gräbereien und der Schleifereien die Öpalproduktion in diesem Lande, wie auch in Honduras zu einer hohen Blüte gebracht werden könnte, so daß von Amerika aus der ungarischen und australischen Industrie, die jetzt beinahe einem Monopole gleicht, eine erhebliche Konkurrenz erwachsen würde. Aber die mexikanischen Opale zeigen wie die zentralamerikanischen den Mißstand, daß viele von ihnen allmählich durchsichtig oder auch ganz undurchsichtig werden und dabei ihr Farben- spiel in beiden Fällen mehr oder weniger vollständig verlieren, das dann zwar durch Tränken mit Öl für einige Zeit, aber doch nicht für immer wiederhergestellt werden kann: Manche haben auch die Tendenz, im Laufe der Zeit zu zerspringen und in Stücke zu zer- fallen, ohne daß eine äußere Ursache zu erkennen wäre. Da derartiges bei ungarischen Steinen kaum zu befürchten ist, so werden sie immer einen gewissen höheren Wert behalten. Jedenfalls ist es angezeigt, frisch gebrochene mexikanische Opale nur unter Vorsichtsmaß- regeln zu kaufen. Daß mexikanische Opale in den Vereinigten Staaten zuweilen als einheimisehe verkauft werden, ist schon erwähnt. Es gibt aber auch in dem letzteren Lande ein un- bedeutendes Vorkommen in der Nähe des John Davis River in Crook County, Orgeon. EpLER OParL. AUSTRALIEN. 477 Die Steine von hier sind graulichweiß mit rotem, grünem und gelbem Farbenspiel, das dem mancher mexikanischer Steine sehr ähnlich ist; eine eigentliche Produktion scheint aber nicht stattzufinden. Unbedeutend sind auch die später entdeckten Vorkommnisse in der Mohave-Wüste im südlichen Kalifornien, vom Panther Creek in Lemhi County, sowie von Moseow, Owyhee County, Idaho, ferner vom Burnt River, südlich von Baker City und von anderen Orten in Oregon. Der Reiehtum Amerikas an Edelopal scheint von Süden nach Norden abzunehmen. Nach dem, was wir jetzt wissen, ist Honduras am reichsten, Mexiko erheblich ärmer und die Vereinigten Staaten beherbergen nur verschwindende Mengen. Eigentümlich ist ein brauner und grauer Opal mit Farbenspiel, der aus Japan kommt. Edler Opal findet sich endlich auch in ausgezeichneter Weise in Australien an verschiedenen Stellen, und zwar vorzugsweise in Neu-Süd-Wales und Queensland. Auf den milchig-trüben Steinen erglänzt das schönste Blau, Grün und Rot, aber vielfach nicht in den feinen Farbenflitterehen wie beim ungarischen Opal, sondern in größeren, gleich- gefärbten Flächen, die an den Grenzen ineinander übergehend abwechseln oder auch eine und dieselbe Farbe über den ganzen Stein weg. Dies bedingt ein wesentlich verschiedenes Aussehen der ungarischen und australischen Opale (Taf. XVI, Fig. 6 und 7). Neben diesen kommen aber auch aus Australien zahlreiche Steine mit derselben Farbenverteilung wie bei den ungarischen und ebenso schön wie diese, nur geht die Grundfarbe oft etwas mehr ins Gelbe. Viele sehr gute Schmucksteine sind schon aus australischem Opal geschliffen worden. In Neu-Süd-Wales findet sich der schönste Opal am Rocky Bridge Creek, Aber- erombie River, County Georgina (340 südliche Breite, 149'/,0 östliche Länge) in einem feinkörnigen, bläulichgrauen, mandelsteinartigen Basalt oder Trachyt von 30 Fuß Dicke, der so zersetzt ist, daß er sich mit dem Fingernagel ritzen läßt. Der edle Opal hat sich auf den Blasenräumen und in Spalten abgelagert, begleitet wie sonst von gemeinem Opal ohne Farbenspiel und von Hyalit. Die größte Masse bildet der gemeine, in dem nur kleine Partien edlen Opals ausgeschieden sind. Dieser ist milchigweiß und zeigt haupt- sächlich grüne, rote und rosenfarbige Reflexe. Das Vorkommen ist hier nur spärlich, aber zum Teil sehr schön. Weit wichtiger ist aber das Vorkommen von Edelopal in nichtvulkanischem Gestein, das über weite Strecken hin bekannt ist und eine sehr reiche Ausbeute liefert. Der Mittelpunkt der Industrie in Neu-Süd-Wales ist die kleine Stadt White Clıffs in Yungnulgra County, 65 miles nordwestlich von Wilcannia (31'/2° nördliche Breite und 1431/2% östliche Länge, da wo die von Sydney kommende Eisenbahn den Darling- oder Barwon-River überschreitet). In dieser Gegend findet gegenwärtig die ausgedehnteste und ertragreichste Opalgewinnung der ganzen Erde statt. In nicht ganz 20 Jahren wurde hier schon mehr Edelopal gefunden als in Ungarn in den Jahrhunderten des Bestehens der dortigen Gruben, und das Material ist zum Teil ebensogut. In einem einzigen Jahr wird nun mehr Opal verkauft als früher in 50 Jahren. Die Jahresproduktion ın Neu- Sid-Wales hat zurzeit einen Wert von nicht ganz 100000 Pfund Sterling und die Gesamtausbeute seit der Entdeckung einen solchen von etwa einer Million Pfund Sterling. Ein beträchtlicher Teil davon geht nach Idar, wo sehr viel australischer Edel-Opal ge- schliffen wird. Aufgefunden wurde der Edelopal von White Cliffs zufällig von einem Jäger ım Jahre 1889 und bald darauf die Gräberei eröffnet. Immer neue Gruben wurden aufgetan, in denen mehrere hundert Arbeiter beschäftigt sind, und die Produktion hat, wenn auch mit Unterbrechungen, andauernd zugenommen, obwohl zeitenweise stark behindert durch empfindlichen Mangel an Wasser in dem dürren Land. 478 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Durch diese Unternehmungen wurde die Opalführung eines Landstrichs von 15 miles Länge und 2 miles Breite ringsum White Cliffs genauer festgestellt. Der Edelstein ist aber noch auf sehr weite Erstreckung nachgewiesen worden, so in Neu-Süd-Wales bei Malparınka, 160 miles von White Cliffs und bei Wallangulla, 300 miles von dort, sowie namentlich weit nach Queensland hinein, überall wesentlich in derselben Weise vor- kommend. Der Opal, in der Hauptsache gemeiner Opal, meist Milchopal, dem stellenweise mehr oder weniger große Mengen Edelopal beigemengt sind, findet sich in einem weißen, zum Teil sehr feldspatreichen, kieseligen Gestein vom Alter der oberen Kreide, entsprechend dem Desert sandstone in Queensland. Es wechselt in seinem Charakter von einem teil- weise sehr festen, glasig aussehenden, teilweise weicheren und lockeren Sandstein bis zu einem feinkörnigen Konglomerat von verschiedenem Aussehen. In diesen Gesteinen liegt der Opal in Form dünner Plättchen oder auch stellenweise diekerer Partien auf den Schichtflächen, oder er erfüllt meist sehr schmale, zuweilen aber auch sich etwas erweiternde Klüfte und Spalten zwischen diesen und bildet auch das Bindemittel, das die Sandkörner miteinander vereinigt, sowie etwas größere Knollen zwischen diesen. Häufig ist er das Versteinerungsmittel fossiler Saurierknochen, von Muschel- und Schneckenschalen, von Belemniten und von Krinoidenstielgliedern, die jetzt alle ganz aus Edelopal bestehen. Ebenso ist Holz oft in Opal umgewandelt, und zwar so, daß gemeiner Opal die Haupt- masse bildet, während in radialen Spalten, die von der Mitte der Stamm- und Aststücke ausgehen, sowie in anderen Hohlräumen der Edelopal auftritt. In den Sandsteinen liegen vielfach bis zu 100 Pfund schwere schwarze Konkretionen, innen häufig hohl oder auch mit einem Pflanzenrest in der Mitte, von der sich klaffende Risse nach außen ziehen wie bei den sog. Septarien. Alle diese Hohlräume pflegen gleichfalls mit Opal ausgefüllt zu sein, der auch konzentrische Lagen um den Mittelpunkt herum bildet, abwechselnd mit dem tonig-sandigen Material, das die Konkretionen in der Hauptsache zusammensetzt. Eigen- tümlich sind endlich bis faustgroße Knollen, gebildet durch radiale Verwachsung zahl- reicher Kristalle eines noch nicht genauer bekannten Minerals, das jetzt ganz verschwunden und ohne Änderung der Form vollständig in allerdings nie sehr stark farbenspielenden Edelopal umgewandelt ist. Wahrscheinlich waren es Kristalle von Gips, die auch sonst unverändert in den Opal führenden Schichten vorkommen. Das eigentlich wertvolle Edel- steinmaterial bilden die etwas größeren Partien auf den Schichtflächen, in den Spalten und Klüften des weichen Sandsteins und in diesem selbst. Im Gegensatz zu dem Vor- kommen in Queensland löst sich hier der Opal leicht vom Nebengestein und kann ohne Mühe rein erhalten werden. An der Erdoberfläche ist von dem Opal selten etwas zu sehen. Bei der Nachforschung ist man auf den Zufall und auf Schürfen angewiesen, was, wie die Gräberei überhaupt, durch die Beschaffenheit des Nebengesteins sehr erleichtert wird. Wo eine Spur von Opal erscheint, werden die Arbeiten eröffnet, in sehr vielen Fällen allerdings ohne Erfolg. Meist liegt das Mineral sehr nahe der Oberfläche, so daß früher die Ansicht verbreitet war, dab tiefer als 12 Fuß kein Opal mehr zu erwarten sei. Es hat sich indessen später in Schächten gezeigt, daß bei 50 Fuß noch Funde gemacht werden können, und es soll sogar die Menge sowohl als die Qualität mit der Tiefe sich verbessern. Wird Opal angetroffen, so entfernt der Gräber unter tunlichster Vermeidung jeder Erschütterung das Muttergestein ringsum und legt ihn mit möglichster Sorgfalt frei. Gelegentlich werden dabei Nester auf- gedeckt, die einen Wert von mehreren tausend Pfund Sterling haben. Einmal soll eın einziger solcher Fund für 12000 bis 15000 Pfund Sterling Opal geliefert haben. Von der ganzen Masse pflegt durchschnittlich nicht mehr als 5 bis 10% edel und für den Handel verwendbar zu sein. EDLER OPpAL. AUSTRALIEN. 479 Der edle Opal von White Cliffs ıst ziemlich klar, aber immerhin im allgemeinen etwas trüber als der von Queensland. Die Körperfarbe ist meist hell und zwar hellgelb im durchgehenden, bläulich im auffallenden Licht. Der Farbenschimmer ist sehr mannig- faltıg. Es kommt dabei auf die Reflexfarben selbst sowie auf die Farbenverteilung, das Muster, an. Von den Farben ist grün und blau am häufigsten, gelb und rot sind selten. Am geschätztesten ist rot entweder allein, oder auch mit gelb, grün oder blau zusammen. Von Farbenmustern, die auf der Größe und Anordnung der gleichfarbigen Flecken be- ruhen, werden drei unterschieden, die allerdings ineinander übergehen. Beim „pin fire* bilden die Farbenflecken kleinste Pünktehen; bei „harlequin“ sind es kleine runde oder eckige Flecken; bei „flash fire“ ziehen sich größere gleichfarbige Flächen über den Stein hin. Harlequin ist am seltensten und gesuchtesten. Es fehlt nicht an Steinen, die sich mit den besten ungarischen messen können, doch ist solche erstklassige Ware recht spär- lich vorhanden. Auf der Schönheit des Farbenspiels beruht im allgemeinen und in der Hauptsache der Wert, der natürlich bei lebhaftem und kräftigem Farbenglanz größer ist als bei mattem und schwachem Schimmer. Für Steine der besten Qualität werden bis 500 Mark pro Unze bezahlt, bis herab zu minimalen Beträgen bei geringerer Beschaffenheit. Sehr von Bedeutung ist auch die Größe, mit der der Preis erheblich steigt. Wegen der groben Mannigfaltiskeit des Farbenspiels ist es sehr schwierig, eine Reihe zusammenpassender gleichartiger Steine für eine Schmucksache zu beschaffen, wenn sie nicht aus einem und demselben größeren Stück herausgeschnitten werden. Deshalb stehen solche von bester Beschaffenheit besonders hoch im Preis. Eines von 4'/ Unzen ist mit 100, ein anderes von 9 Unzen mit 700 Pfund Sterling bezahlt worden. Die Verarbeitung geschieht im allgemeinen in derselben Weise, wie sonst beim Opal, viel- fach schon an Ort und Stelle. Teilweise ist aber das Material zu Schmucksteinen gewöhn- licher Art nicht verwendbar. Vielfach sind die Opallagen zu dünn, dann klebt man sie auf schwarzen Onyx, was den Glanz sehr erhöht. Kleine Stückchen werden nicht selten in dieser Weise auf Onyx oder Schiefer mosaikartig miteinander verbunden. Sandstein- stücke mit vielen kleinen, darin verteilten Opalflitterchen werden wie die ungarische Opal- mutter verwendet (sog. Opalin), meist zu Perlen geschliffen oder auch zu kleinen Gebrauchsgegenständen verarbeitet. Manchmal schmilzt man auch kleine Opalstückchen mit Glas zusammen und verwendet diese hübsch aussehende Masse zu Stockknöpfen usw. Auf dem schon länger bebauten Gebiet von Wallangulla in County Finchi, 300 miles nordöstlich von White Cliffs und 50 miles nördlich von Walgett (30° südliche Breite, und 148° östliche Länge) wurde die Gräberei etwa 1902 eröffnet. Die Produktion ist jetzt noch gering, ein erheblicher Teil der Erzeugnisse ist aber schönster Harlequinopal. Die natürlichen Verhältnisse des Vorkommens usw. sind nicht anders als bei White Cliffs und in Queensland. In der abgelegenen und wenig bekannten Gegend zwischen Walgett und der Grenze von Queensland werden noch manche gute Opallager vermutet. In Queensland ist Edelopal längst bekannt, und seit 1878, also länger als in Neu- Süd-Wales wird er gewonnen. Aber trotzdem und trotz des größeren Reichtums der Lager hat sich der Industriezweig doch nicht so entwickelt wie dort, und der Wert des Jahresertrags, der 1894 noch 12000 Pfund Sterling betrug, ist jetzt auf weit unter 10.000 Pfund herabgesunken (1900 bis 1903: 7000 Pfund). Der Opalbezirk in Queensland steht mit dem von Neu-Süd-Wales in Verbindung und zieht sich von der Grenze beider Kolonien zwischen dem 141. und 146. Längengrad nörd- lich bis zum 21. Grad südlicher Breite. Die Opalfelder liegen also alle im westlichen und südwestlichen Teil von Queensland. Ihre Zahl und noch mehr die der einzelnen Gruben 480 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. ist sehr groß; in der Beschreibung und auf der Karte von ©. F. V. Jackson in Brisbane sind sie nach dem Stand von 1902 zusammengestellt. Die ersten Funde wurden im Coopers Creek gemacht, Die dortigen Gruben liegen in der Gabel zwischen dem Coopers Creek (Thomson River) und dem in diesen mündenden Kyabra Creek, südlich von dem 26. Breiten- und östlich, aber hauptsächlich westlich von dem 143. Längengrad, wenig östlich von dem Yamma-Yamma-See. Östlich davon, nahe dem 144. Längengrade liegen die Valdare-Gruben und nahe dabei die vom Bulls Creek. Letztere, 79 miles nordwestlich von Toompine, geben einen sehr reichen Ertrag und liefern gegenwärtig wohl den größten Teil des Queensländer Opals. Nordwestlich von der Bahn- station Cunnamulla sind die Gruben des Toompine-Bezirkes und wenig westlich von dieser Station die von Yowah mit der ergiebigen Great Extended-Grube. Weiter im Norden ist das Jundah-Opalfeld, 17 miles westlich von der Stadt Jundah am Thomson River, und noch etwa 100 miles weiter nach Norden, 60 miles süd-westlich von der Bahnstation Winton, liegt in der Mueller Range, etwas südlich vom 23. Breitengrad, das Grubengebiet von Öpalton oder Fermoy, das 1888 entdeckt wurde und lange Zeit sehr gute Erträge lieferte, aber jetzt verlassen ist. Endlich sei noch das nördlichste Vorkommen erwähnt, das Gebiet der Kynuna-Gruben, in denen aber jetzt auch nicht mehr gearbeitet wird. Überhaupt sind viele frühere Gruben gegenwärtig verlassen, auch hier zum Teil wegen Wassermangels, andererseits sind aber auch noch viele Opalfundorte bekannt, an denen noch keine Abbau- versuche gemacht worden sind. Die Art des Vorkommens ist im wesentlichen ganz wie bei White Cliffs. Der Opal bildet schmale Bänder und Adern, sowie unregelmäßige Knollen in einem meist stark eisenschüssigen Kieselsandstein und einem damit in Verbindung stehenden harten Ton der oberen Kreideformation, des sog. Desert Sandstone, der in durch die Erosion getrennten einzelnen Fetzen über weite Streeken verbreitet ist. An manchen Stellen, besonders in dem Grubenfeld von Bulls Creek, bildet der Opal auch die Mitte von z. T. recht großen Toneisensteinnieren. Die Opallagen sind oft so dünn, daß man keine Steine en cabochon daraus herstellen kann; es werden dann ebene Platten in der obenerwähnten Weise ge- schliffen. Die Körperfarbe ist milchweiß und die Durchscheinenheit soll meist etwas besser, aber die Qualität im allgemeinen etwas geringer sein als bei White Cliffs. Als Reflexfarben treten ein dunkleres Blau und Grün, auch Rot auf. Die Hauptmasse ist hier gleichfalls gemeiner Opal, der edle bildet nur einen geringen Bruchteil des ganzen. Edelopal ist übrigens auch in Queensland in einem vulkanischen Gestein in kleiner Menge vorgekommen, und zwar in dem Basalt von Springsure, wo sogar eine Zeitlang ein Abbau versucht wurde. In Westaustralien ist schöner Opal in einer gewissen Menge in einem kon- glomeratartigen Gestein bei Norseman gefunden worden; er hat aber keine kommerzielle Bedeutung erlangt. Feueropal. An den edlen Opal schließt sich der Feueropal an, der nach seiner zuweilen sehr schönen, feuerroten Farbe benannt worden ist. Auch als Sonnenopal hat man ihn aus dem- selben Grunde bezeichnet. Der Name Girasol, den wir schon bei einigen anderen Edel- steinen kennen gelernt haben, ist auf diesen Stein gleichfalls übertragen worden. Die Farbe geht vom Hellbräunlichgelben, beinahe Farblosen und weiterhin auch Bläu- lichen bis ins ausgesprochene Blau und bis zum tiefen Bräunlichrot. In dünnen Splittern ist sie immer sehr viel blasser als in diekeren Stücken und beim Hindurchsehen heller als im reflektierten Lichte. Die schönsten Nuancen sind-die mancher gelber Topase und die des Hyacinths. Nicht selten sind an einem und demselben Stück mehrere Nuancen mit- FEUEROPAL. 481 einander vereinigt, die an den Grenzen allmählich ineinander und in das vollkommen Farblose übergehen. Die Farbe rührt wohl von dem kleinen Eisengehalt her, den die eingangs angeführte Analyse ergeben hat. Der Stein ist stark durehscheinend bis fast vollkommen durchsichtig. Auf dem stets ausgezeichnet muscheligen Bruch ist der Glanz sehr stark, und dieser wird durch das Polieren noch erhöht. Mugelig oder in Facetten geschliffen gibt er daher einen sehr hübschen Schmuckstein, wenn die Farbe nicht zu licht ist. Auf Taf. XVI ist m Fig. 10 ein roher, in Fig. 11 ein geschliffener Feueropal dargestellt. An zahlreichen Stücken tritt auch beim Feueropal ein Farbenspiel ähnlich dem des edlen Opals auf. Beide unterscheiden sich dann nur durch die Körperfarbe des Feuer- opals. Das Farbenspiel findet bei diesem auf einem sehr ausgesprochen gelben bis roten oder bläuliehen Hintergrunde, nicht wie bei jenem auf einem milchweißen oder hellgelben und rötliehen statt; indessen sind zwischen den gelben und roten Edelopalen und den farbenspielenden Feueropalen alle möglıchen Übergänge vorhanden. Die blitzenden Farben sind bei den letzteren meist nicht so mannigfaltig und zeigen gewöhnlich nur Rot und Grün, das besonders auf hellgefärbten Steinen zuweilen im schönsten Karmin und in der Besten Smaragdfarbe erstrahlt; gelb und blau fehlen aber ebenfalls nicht ganz, wenn sie gleich seltener sind. Im allgemeinen ist der Glanz der reflektierten Farben hier geringer als beim weißen Edelopal und überhaupt das ganze Farbenspiel meist viel weniger prächtig wie bei diesem. Der Feueropal ist eine der schönsten unter allen Varietäten des Opals, gleichzeitig aber auch empfindlicher als alle anderen. Häufig wird er schon durch Berührung mit Wasser oder durch den Einfluß von Licht und Luft, sowie durch plötzliche Änderungen der Temperatur oder des Zustandes der Atmosphäre beschädigt. Der Witterung wird ein soleher Einfluß zugeschrieben, daß man glaubt, der Feueropal sei im Sommer glänzender als im Winter. Wenn dieser Unterschied wirklich vorhanden ist, so wird er wohl mehr mit dem größeren Glanz der Sonne in der warmen Jahreszeit anineslangenl Viele Steine lassen allerdings solche große Empfindlichkeit nicht erkennen, andere dagegen werden sehr leicht rissig und verlieren Glanz und Farbe ohne jede erkennbare Ursache, auch wenn sie vor allen genannten Einwirkungen so gut als nur irgend möglich ge- schützt werden. Es sind dies besonders stärker durchsichtige Steine mit Farbenspiel, die sich in dieser Weise verhalten und die dadurch zur Verwendung als Schmucksteine untauglich werden. Diese ist aber überhaupt nicht bedeutend; der Feueropal ist im Handel trotz seines guten Aussehens wenig verbreitet. Be ist aber der Preis nicht gering, wahr- scheinlich weil schöne und doch dauerhafte Steine von einiger Größe immerhin ziemlich selten sind. Es wird angegeben, daß ein Stein von 4!/ Linien Länge und 3'/2 Linien Breite mit 1200 Franken Bahle worden sei. Ein Karat kostet jetzt bis 10 Mark. In der Hauptsache ist der Feueropal ein Produkt Mexikos, von wo ihn am Anfange des 18. Jahrhunderts Alexander v. Humboldt zuerst nach Europa gebracht hat. Hier allein findet er sich in Menge, und zwar in einem porphyrartigen Trachyt bei Villa Seca in der Nähe von Zimapan im Staate Hidalgo, etwas östlich von Queretaro und nördlich von der Stadt Mexiko, unter 20% 44/2’ nördl. Breite und 81° 41°/s’ westl. Länge von Greenwich. Er füllt in seinem Muttergestein mit anderem, gemeinem Opal zusammen Spalten und Klüfte aus und bildet in diesem auch einzelne größere Stücke, die dann in der oben angegebenen Weise verschieden gefärbt zu sein pflegen. Viele sind mit einer schneeweißen oder auch graulichen oder bräunlichen, mehr oder weniger dieken und sehr stark porösen Verwitterungsrinde bedeckt, wie es auf Taf. XVI, Fig. 10 dargestellt ist. Außer bei Zimapan findet man den Edelstein noch mit dem oben beschriebenen Edelopal Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 31 482 ZWEITER Teil. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. im Staate Queretaro. Hier ist es, wo die Farbe zuweilen ins Bläuliche und sogar ins aus- gesprochen Blaue ohne jede Spur von Rot übergeht und wo diese bläulichen Varietäten manch- mal ein schönes Farbenspiel zeigen; ferner bei Tolima in Mexiko, in Honduras, in Guatemala, ferner an einzelnen Orten in Nordamerika, bei Telkibanya in Ungarn, auf den Färöern und noch in anderen Gegenden, stets in wesentlich derselben Weise wie bei Zimapan mit anderem Opal zusammen. Alle diese Vorkommen sind aber dem von Zimapan gegenüber unwichtig und haben ım Edelsteinhandel gar keine Bedeutung, so daß sie hier nicht weiter betrachtet zu werden brauchen. Der nicht farbenspielende, rötliche, gelbe und bräunliche Opal, der den Feueropal von Zimapan begleitet, wird zuweilen im Handel ebenfalls Goldopal genannt. Andere Opalvarietäten (Gemeiner Opal, Halbopal usw.). Alle anderen Opalsorten stehen hinter dem edlen und dem Feueropal an Schönheit weit zurück. Sie werden zwar auch noch gelegentlich zu billigen Schmucksachen ver- arbeitet, bilden aber doch schon mehr das Material zur Verfertigung größerer Gebrauchs- gegenstände oder sogenannter Galanteriewaren, wie Stockknöpfe, Dosen, Siegelstöcke, Messergriffe usw. Daher sollen sie hier nur im Vorbeigehen kurz und im allgemeinen und ohne Eingehen auf Einzelheiten betrachtet werden. Der nicht farbenspielende Opal findet sich häufig vollkommen durchsichtig und dann auch gewöhnlich vollkommen farblos und wasserhell, oder etwas weniges ins Rötliche oder Bläuliche spielend, in Form meist dünner, zuweilen auch dickerer Krusten mit trau- biger Oberfläche, basaltische und andere kieselsäurehaltige Gesteine oft als eine ganz neue Bildung überziehend. Es ist dies die oben schon erwähnte, wegen ihres glasartigen Aus- sehens als Hyalit (Glasopal, Müllersches Glas) bezeichnete Varietät. Diese reinste und klarste Abart des Opals wird wohl sehr wenig zu Schmucksteinen verschliffen, zeigt aber dann einen sehr schönen Glanz. Beinahe vollkommen farblose, etwas ins Bläuliche oder Gelbliche spielende Opale und fast ebenso klare wie Hyalit, nur mit einer sehr unbe- deutenden milchigen Trübung, kommen ebenfalls vor; sie führen zu den anderen, den gemeinen und Halbopalen hinüber, mit denen sie sich zusammen finden. Durch Beimengungen von mancherlei Art wird die im reinsten Zustande wasserhelle Opalsubstanz in den verschiedensten Graden trübe und undurchsichtig und nimmt wechselnde Färbung, auch abweichenden Glanz und überhaupt das mannigfaltigste Aussehen an, ohne dab die wesentlichen Eigenschaften, wie sie eingangs geschildert sind, sich änderten. Hierauf beruhen die von den Mineralogen unterschiedenen, aber allerdings nicht scharf abgegrenzten und vielfach ineinander iübergehenden Unterabteilungen. Der gemeine Opal ıst stark durchscheinend und fast stets wenig gefärbt; der Halbopal ist weniger durchscheinend, farblos bis stark gefärbt; der Opaljaspis oder Jaspopal ist infolge sehr starker Verunreinigungen, namentlich durch eisenhaltige Substanzen, intensiv rot, braun und gelb, auch grün bis schwarz und nur sehr wenig durchseheinend. Manche Opale haben statt des gewöhnlichen Glasglanzes Fettglanz, der bald mehr wachs-, bald mehr pechartig ist; darnach werden gelbe, wachsglänzende Opale Wachsopal, braune, pech- artig glänzende Pechopal genannt. Manchmal tritt Opal als Versteinerungsmittel urwelt- lieher Bäume auf und bildet so den Holzopal. Ahnliche Unterarten gibt es noch mehrere, sie sollen aber hier nicht weiter aufgezählt, aber zum Teil unten noch kurz be- rücksichtigt werden. Diese verschiedenen Arten von Opal finden sich meist in der oben schon erwähnten Weise, gewöhnlich in größeren Massen auf derselben Lagerstätte zusammen, zuweilen lagenförmig oder sonstwie regelmäßig miteinander, oder auch mit den anderen, den Opal MITLCHOPAL. ÖPALACHAT. ÜPALKATZENAUGE. PRASOPAL. 483 meist begleitenden Kieselsäure-Mineralien, namentlich Quarz und Chalcedon, abwechselnd. Einzelne Fundorte anzugeben, ist wegen der großen Verbreitung des Opals kaum möglich. Sehr reich daran ist der Basalt der Insel Island, der Färöer, der Gegend von Steinheim bei Hanau usw. Im Trachyt findet er sich in Massen an einzelnen Stellen im Sieben- gebirge, in den vulkanischen Gebirgen des nördlichen Ungarn und Siebenbürgen, in Hon- duras, durch ganz Zentralamerika und Mexiko hindurch bis in die Vereinigten Staaten hinein an vielen Orten. Auch der Serpentin der Gegend von Frankenstein in Schlesien beherbergt große Quantitäten des Minerals. Andere Arten des Vorkommens sollen noch weiter gelegentlich genannt werden. ÖOpale von all den erwähnten Sorten nehmen beim Schleifen meist einen guten Glanz an, und die Farbe ist nicht selten recht hübsch, so daß die Steine, denen man eine mu- selige Form gewöhnlich ohne Facetten zu geben pflegt, ein ganz vorteilhaftes Aussehen haben. Wegen des meist massenhaften Vorkommens des Rohmaterials ist der Preis durch- gängig gering, so daß derartige Steine, einzelne Ausnahmen abgerechnet, nur in den billigsten Schmucksachen Verwendung finden, um so mehr, als sie wegen ihrer geringen Härte und großen Sprödigkeit nur wenig Widerstandsfähigkeit besitzen. So wurde früher ein gleichmäßig hellgrau gefärbter, durchscheinender Halbopal von hübschem Aussehen in sroßer Menge bei Steinheim unweit Hanau gewonnen und zum Schleifen nach Idar gebracht. Als die Masse erschöpft war, kam ein ähnliches Material aus dem Sieben- gebirge in derselben Weise zur Verwendung. Im folgenden sollen einige besondere, zuweilen zu Schmucksteinen verschliffene Sorten des gemeinen und des Halbopals kurz angeführt werden. Milehopal ist ein milchweißer, also bläulichweißer, zuweilen auch grünlichweißer, trüber, aber stark durchscheinender Opal, der in Menge in dem zersetzten Serpentin bei Kosemütz in der Nähe von Frankenstein in Schlesien, bei Steinheim, aber auch an anderen Orten vorkommt. Zuweilen enthält der Milchopal schwarze baumartige Figuren, sogenannte Dendriten, wıe mancher Chalcedon (vgl. Fig. 104), die beim Schleifen der Ober- fläche möglichst genähert werden, so daß sie deutlich durchscheinen. Dies ist der Moos- opal; er gehört mit zu den später noch zu erwähnenden Baumsteinen. Besonders schöne 3 bis 4 Zoll große Stücke dieser Art finden sich z. B. in Trego County in Kansas, auch in Cuba. Beim Opalachat wechseln hellere und dunklere Schichten von Opal, oder auch solehe von Opal und Chalcedon miteinander streifenförmig ab. Derartige Bildungen sind sehr ähnlich dem Onyx und werden auch in derselben Weise verarbeitet. Sie finden sich in besonderer Schönheit bei Guayoca in Honduras in derselben Weise, wie dies oben bei der Betrachtung des Edelopals jener Gegend im Vorbeigehen erwähnt worden ist. Solcher sebänderter Opal von Steinheim hat früher in Rom vielfach zur Herstellung von Kameen Verwendung gefunden. Opalkatzenauge (Krokydolithopal) hat man eine eigentümliche Verbindung von Opal mit Katzenauge von Yarra Yarra in Westaustralien genannt. Es ist ein brauner, oder auch wohl gelber und grüner Opal, der von schmalen Bändern von Krokydolith durch- zogen wird. Letzterer ist meist braun mit einen goldigen Schiller, zuweilen auch dunkel- grün mit einem weißen, oder bräunlichrot mit einem bernsteinroten Lichtschein. Er gleicht in jeder Beziehung dem Katzenauge von Südafrika (s. W.) auch darin, daß der ursprüng- lieh vorhanden gewesene faserige Krokydolith in einen braunen fasrigen Quarz umge- wandelt worden ist. Es ist ein schöner, ganz eigenartiger Stein, der sich sonst nirgends in dieser Weise findet und der um 1900 entdeckt wurde. Der Prasopal von Kosemütz bei Frankenstein ist ein stark durchscheinender, durch einen kleinen Nickelgehalt schön apfelgrün gefärbter Opal. Eine chromgrüne Varietät SI 484 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. wurde bei Port Macquarie in Neu-Süd-Wales gefunden. Schön rosenroter, wahrschein- lich durch organische Substanz gefärbter Halbopal kommt bei Quiney unweit Mehun (Dep- Cher) in Frankreich im Süßwasserkalk eingelagert vor, ein ebensolcher in Bernardino County in Kalifornien. In Idar wird ein Material von derselben Beschaffenheit geschliffen, für das der Fundort Mokün in Oberägypten angegeben wird. Ein bunter Opal von rosenroter, gelber und grüner Farbe und von großer Schönheit ist im Staate Jalisco in Mexiko in bedeutender Menge gefunden worden. Der Wachsopal ist durch eine gelbe, wachsähnliche Farbe und durch einen wachs- artigen Glanz ausgezeichnet. Er findet sich ausgezeichnet in der Gegend von Tokaj und besonders von Telkibanya in Ungarn in trachytıschen Tuffen und hat von dem letzteren Fundorte auch den Namen Telkibanyastein erhalten. Ebendort kommt der dunkelbraune, heller geaderte, pechartig glänzende Pechopal in Masse vor, der teilweise vollkommen einer eingetrockneten Kalbsbratenbrühe gleicht. Ganz ähnliches findet sich auch sonst, z. B. bei Felsberg und an anderen Orten im niederhessischen Basaltgebiet, z. T. in großen Massen. Holzopal ist ein bald heller, bald dunkler gefärbter Opal, der als Versteinerungs- mittel von Hölzern auftritt, deren Struktur auf angeschliffenen Flächen zuweilen in sehr hübschen Zeiehnungen hervortritt. Er begleitet stellenweise den unten zu betrachtenden, aus Quarz bestehenden Holzstein und findet sich in großer Menge in der eben genannten Gegend in Ungarn, ebenso auch am Quegstein und bei Oberkassel am Siebengebirge, in Chesterfield County, Virginia, am Clover Creek, Lincoln County, Idaho, im östlichen Teil von EI Paso County in Colorado und an vielen anderen Orten. Der Menilit bildet graubraune runde Knollen im Klebschieber von Mönilmontant und von St. Ouen bei Paris. Beim Schleifen nimmt er einen lebhaften Glanz an, und da die Farbe zuweilen zwischen grau und braun streifenförmig abwechselt, so gewähren manche Steine einen recht hübschen Anblick. Der Hydrophan ist ein schmutzigweißer, gelblicher, bräunlicher oder auch wohl rötlicher und grünlicher Opal, der in seinem gewöhnlichen Zustande wenig Glanz und sehr geringe Durchscheinenheit besitzt. In diekeren Stücken ist er fast undurchsichtig und läßt auch an den dünnen Rändern wenig Licht durch. Er hat aber eine sehr merkwürdige Eigentümlichkeit, auf der seine gelegentliche Verwendung als Schmuckstein beruht. Diese besteht darin, daß der Hydrophan, wenn er in Wasser gelegt wird, eine große Menge davon in sich aufnimmt und dabei allmählich fast vollkommen durchsichtig wird. Einzelne Steine erlangen dabei sogar das Farbenspiel des Edelopals; sie werden Weltauge (oculus mundi) genannt. Diese Änderungen beruhen auf der großen Porosität der Substanz, die infolge dessen an der feuchten Zunge klebt und mit Begierde Wasser aufsaugt, wobei zuweilen mit einem zischenden Geräusch zahlreiche Luftblasen entweichen, die beim Eindringen des Wassers aus den Poren des Steines vertrieben werden. Nimmt man den nahezu durch- sichtig oder doch stark durchscheinend gewordenen Hydrophan dann aus dem Wasser heraus, so wird er mit fortschreitender Verdunstung der aufgenommenen Flüssigkeit allmäh- lich wieder trübe wie vorher, und das Farbenspiel beim Weltauge verschwindet. Der Vorgang kann aber beliebig oft wiederholt werden, wenn man nur stets ganz reines Wasser anwendet. Die Stücke, die zuweilen zu Schmucksteinen Verwendung finden, werden mit rundlicher Oberfläche in Form dünner Linsen geschliffen und & jour meistens in Ringe oder Nadeln gefaßt. Man kann dann das eigentümliche und auffallende Verhalten gegen Wasser stets leicht zeigen. Dieses ist auf den ersten Blick rätselhaft und wunderbar, und darin liegt wohl auch der Grund, warum der Hydrophan auf Java und den um- liegenden ostindischen Inseln vielfach von den Eingeborenen als Amulett getragen wird. Es sollen jährlich von Europa, namentlich von Idar aus, zahlreiche Exemplare dorthin ver- kauft werden. TAFEL AV 1. AmäzonensteimdKrystalle). 2. Labradorit (angeschliffen). 3. Farbenspiebender Feldspath (angeschliffen). 4. Adular (roh). 5. Adular (geschliffen, Mondstein). 6. Edler Opal (Australien, roh). 7. Edler Opal (Australien, geschliffen). 8. Edler Opal (Ungarn, roh). 9. Edier Opal (Ungarn, geschliffen). 10. Feueropal (roh). 11. Feueropal (geschliffen). IVX 133AT P 484 wert Feır.. KUNDE wurde bei Port Ma=gnarie in N wahrschem- lieh dnreh oarennische Substanz ehun (Dep- Cher\ ın !rankreich im Süßwg Fer 9 wolchef in Bernartlino County. In Kalı | 7 5) deı dort Mokün ın rosenroter, ge! nd grüner Fare Wal/ ve ön is im >tunte Jalisgein Mexiko in hadentender Menge ga Der Wachsopal\i Ihe gel X He yard durch einen wachs- artıgen Glanz ausgezeichnet: in sich! 4 tichnp 4 Gegend von Tokaj und besonders von Telkibanya ? Fundorte auch den Namen Telkıdasz in Li Pendlart.k mt der dunkelkeaune, heller ggAllerte, pechartig glänzenfle Pee hopa ' m Masse vor einer einp Aeimaien Kalbsbratenb übe gleie ht, Fa ähnliches et ich auch sonst, z. 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Man kann aber auch noch in etwas anderer Weise den Versuch anstellen. Imprägniert man die poröse Masse mit reinem Wachs oder Walrat, dann ist sie in der Kälte trübe, wird aber sofort mit brauner oder grauer Farbe stark durchscheinend bis durchsichtig, wenn man sie etwas erwärmt und dadurch das Wachs zum Schmelzen bringt. Daher wird der Stein zuweilen auch Pyrophan genannt. Durch Tränken mit farbigen Lösungen kann er sogar gefärbt werden; früher soll er so mit roter und violetter Farbe in den Handel gebracht worden sein. Das Vorkommen des Hydrophans ist ziemlich spärlich, und da die Verwendung doch immer einen gewissen Umfang hat, so ist der Preis nicht ganz gering und geht bıs 3 Mark pro Karat. Er ist um so höher, je größer der Stein ist, je schöner durchsichtig er im Wasser wird und je glänzender das dabei etwa auftretende Farbenspiel ist. Der Hauptfundort ist wohl bei Hubertusburg in Sachsen in einem Porphyr oder Tonstein, teils in dünnen Schnüren, teils in Chaleedonkugeln mit Amethyst, Bergkristall und gemeinem Opal. Die Masse ist auf der Lagerstätte oft noch weich und gallertartig; sie trocknet erst an der Luft allmählich aus und wird dadurch zu Hydrophan. Eine erhebliche Menge findet sich auch zusammen mit dem edlen Opal in Ungarn, weniger wichtig ist das Vorkommen mit dem Feueropal bei Zimapan in Mexiko und mit den ver- schiedenen anderen Opalen auf den Färöern, auf Island usw. Meistens sind die Stücke nur ganz klein; die Mehrzahl der im Handel befindlichen Steine soll die Linsengröbe nicht übersteigen. Der Hydrophan soll z. T. durch beginnende Verwitterung aus anderen Opalarten, Weltauge aus Edelopal usw. entstanden sein und daher seine besonderen Eigen- schaften erhalten haben. Wohl aus diesem Grunde ist er auch etwas weicher. Der Kascholong (Cacholong, Perlmutteropal, Perlmutterachat, Kalmückenopal oder -Achat) ist ein sehr wenig durchseheinender, matter, oder schwach perlmutterglänzender, gelblicher, zuweilen auch milchweißer oder rötlicher Opal mit sehr glattem, groß- muscheligem Bruch. Er ist ebenfalls stark porös und hängt an der Zunge, wird aber im Wasser nicht wie der Hydrophan durchsichtig. Man verwendet ihn zu allen möglichen kleinen Gegenständen und Gerätschaften, und benutzt ihn zuweilen auch mugelig geschliffen zum Schmuck. Manche Steine sehen infolge der hübschen Farbe und des beim Schleifen erhaltenen schönen Glanzes recht gut aus. Bei einzelnen Stücken wechseln hellere und dunklere Streifen wie beim Onyx miteinander ab, oder es sind dünne bläuliche oder grünliche Chalcedonschichten dazwischen gelagert. Auch dieses Material wird zuweilen wie Onyx zu Kameen verarbeitet. Schöne Exemplare von genügender Größe sind nicht gerade häufig; der Preis guter Stücke beträgt etwa eine Mark pro Karat. Der Kascholong findet sich in geringer Menge an verschiedenen Orten, meist in dünnen Lagen von einer bis vier Linien, selten bis zu 2'/; em, mit Chaleedon wechselnd. Der Name ist mongolisch und bedeutet „schöner Stein“; er soll herrühren von dem seit langer Zeit in der Literatur erwähnten, aber nicht näher bekannten Vorkommen am Flusse Cach in der Bucharei, wo er Berichten zufolge in losen Geschieben umherliegt. Nach der umwohnenden Völkerschaft ist er früher als Kalmückenopal, oder da man ihn für eine Art Achat hielt, als Kalmückenachat bezeichnet worden. Man findet ihn ferner in den Basalten der Färöer und von Island, in nierigen und traubigen Über- zügen auf dem Brauneisenstein von Hüttenberg in Kärnten, bei Ruditz und Olomuezan in Mähren, sowie an der Fundy Bay in Neu-Schottland, überall mit Opal und Chalcedon zusammen. Große Bedeutung hat er nirgends. Er ist wohl durch noch weitergehende Zersetzung anderer Opale entstanden als der Hydrophan. >» Re: - 486 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Türkis. Der Türkis (orientalischer, echter oder Mineraltürkis, Türkis vom alten Stein oder turquoise de la vieille roche) wird als Mineral auch Kalait oder Kallait genannt, unter Benutzung eines alten plinianischen Namens für ein grünes Mineral, das man auf unseren Edelstein bezieht. Dieser ist stets undurchsichtig, meist grün, in den besten Qualitäten blau, und niemals in deutlichen Kristallen ausgebildet. Er unterscheidet sich in diesen Beziehungen von fast allen anderen wertvollen Edelsteinen, die sämtlich, mit Ausnahme des Opals, durchsichtig und vollkommen kristallisiert sind. Von ihnen und von allen übrigen wichtigen Edelsteinen überhaupt ist er namentlich auch durch seine chemische Zusammensetzung verschieden, sofern er zur Mineralgruppe der Phosphate gehört, von der kein anderes Glied die für einen guten Edelstein nötigen Eigenschaften besitzt. Was zunächst diese seine chemische Beschaffenheit betrifft, so ist der Türkis in der Hauptsache eine wasserhaltige Verbindung der Tonerde mit der Phosphorsäure, der man die Formel: 2A O3. Pz O5; .5 H2 O zu geben pflegt. Diese erfordert im reinsten Zu- stande: 47,0 Proz. Tonerde, 32,5 Proz. Phosphorsäure und 20,5 Proz. Wasser, die Analysen ergeben jedoch nicht immer genau dieses Mischungsverhältnis, sondern etwas schwan- kende Zahlen, wie es bei solchen nicht deutlich auskristallisierten Substanzen auch sonst häufig der Fall ist. Außer jenen Hauptbestandteilen enthält aber der Türkis immer noch geringe Mengen anderer Substanzen. Man findet namentlich stets zwischen 1 und 4 Proz. Eisenoxyd und zwischen 2 und 8 Proz. Kupferoxyd, die deswegen von Wichtig- keit sind, weil sie die Farbe vermitteln. Ein blauer orientalischer Türkis, wahrscheinlich aus Persien stammend, hat nach der Analyse von Hermann ergeben: 47,5 Proz. Ton- erde, 1,10 Proz. Eisenoxyd, 2,02 Proz. Kupferoxyd, 1,5 Proz. Kalk, 0,0 Proz. Mangan- oxydul, 28,90 Proz. Phosphorsäure und 18,1s Proz. Wasser. Da die Eisen- und Kupfer- bestandteile niemals fehlen, so hat Penfield die Ansicht ausgesgesprochen, daß ihre Anwesenheit nicht auf fremden Verunreinigungen beruht, sondern daß sie dem Mineral “wesentlich angehören. Er hat daher statt jener eine dies berücksichtigende Formel: [Al (OH), Fe (OH)2, Cu (OH), H]; PO; aufgestellt, in der sich die drei mit der Phosphor- säure vereinigenden basischen Verbindungen in wechselnden Verhältnissen vertreten können. Das Wasser läßt sich durch Glühen eines kleinen Stückes in einem engen Glas- röhrchen leicht austreiben und beschlägt dann dıe Wände des letzteren mit Tropfen; dabei zerspringt das Stückchen unter lautem Knistern in kleine Splitter, es dekrepitiert, wie man zu sagen pflegt. Gleichzeitig verschwindet die ursprüngliche Farbe und man erhält eine schwarzbraune Masse, deren Zusammenhang oft so lose ist, daß sie beim leisesten Druck in Pulver zerfällt, oder das angewandte Stück wird auch gleich von vornherein in ein solches braunes Pulver verwandelt. Schmelzbar ist der Türkis selbst in der Flamme des Lötrohres nicht; er färbt aber in feinen Splittern die Lötrohrflamme oder die Flamme des Bunsenschen Gasbrenners oder der Spirituslampe infolge seines Gehalts an Phosphor- säure und Kupferoxyd grün. In Salzsäure und Salpetersäure löst er sich meist auf, doch scheinen in dieser Beziehung sich verschiedene Sorten und Stücke von verschiedenen Fundorten abweichend zu verhalten, da manche Proben von diesen beiden Säuren nicht angegriffen werden. Diese wirken aber immer so weit ein, daß die Farbe des Steines zerstört wird und verschwindet. Daß man keine Kristalle des Türkis kennt, ist schon oben erwähnt worden. Er findet sich in unregelmäßig gestalteten Partien, die kleine Klüfte und Spalten und auch sonstige Hohlräume in dem Muttergesteine ganz oder teilweise ausfüllen. Ist die Aus-. TÜRKIS. EIGENSCHAFTEN. FARBE. 487 füllung eine vollständige, dann hat man kompakte, meist plattenförmige‘ Stücke, deren Dieke das Maß von wenigen Millimetern selten überschreitet, die sich aber manchmal in der Riehtung der Ausdehnung der Spalte, resp. der in diese eingelagerten Platte über größere Flächen ausbreiten. Ist die Ausfüllung der Spalten nur zum Teil erfolgt, so bildet der Türkis diekere oder dünnere Überzüge auf den Spaltenwänden. Die dem ver- bliebenen Hohlraume zugekehrte Oberfläche zeigt dann vielfach eine rundliche, nieren- förmige, traubige oder auch tropfsteinähnliche Gestalt. Mit dem Mangel bestimmter Kristallform hängt das Fehlen jeder Spur von Spalt- barkeit zusammen. Der Bruch ist kleinmuschelig bis uneben. Er zeigt im frischen Zu- stande einen wenig lebhaften, wachs- oder seifenähnlichen, an manchen Steinen auch mehr glasigen Glanz, der aber durch Schleifen und Polieren etwas, jedoch nicht sehr hoch, ge- gesteigert werden kann und der dann in Verbindung mit der schönen Farbe dem Steine sein eigentümliches, angenehmes Aussehen verleiht, auf dem dessen Wert beruht. Die Substanz ist in einigermaßen dieken Stücken undurchsichtig und läßt nur an den feinsten wändern, überhaupt in den dünnsten Schichten, etwas Licht hindurchgehen. Für Rönt- genstrahlen ist der echte Türkis ziemlich durchlässig. Auf einem frischen Bruch und noch mehr auf einer angeschliffenen und polierten Fläche stellt sich der Türkis dem bloßen Auge dar als eine vollkommen einheitlich ge- baute, gleichartige Masse. Betrachtet man aber einen Dünnschliff unter dem Mikroskop bei starker Vergrößerung, so sieht man, daß sie aus einer unendlichen Zahl wirr durelı- einander liegender winziger Körnchen von ganz unregelmäßiger Form besteht, die sich im polarisierten Lichte als doppelbrechend und damit als kristallisiert erweisen. In anderen Fällen (Los Cerillos ın Neu-Mexiko) ist sie aus feinsten doppelbrechenden Fäserchen zu- sammengesetzt, die entweder alle untereinander parallel und senkrecht zu den Wänden der Gesteinsspalten gerichtet sind, in denen der Türkis vorzukommen pflegt, oder dıe zu zahl- reichen rundlichen radialfasrigen Gebilden, sog. Sphäroliten, vereinigt sind, aus denen dann der ganze Stein besteht. Der Türkis ist also trotz des Mangels an regelmäßigen äußeren Formen nicht amorph, sondern er bildet ein dichtes Aggregat mikroskopisch kleiner kri- stallisierter Individuen. Man bemerkt dabei ferner, daß der im Dünnschliff durchsichtigen eigentlichen Türkismasse nicht selten kleine, weniger durchsichtige Partien, zuweilen von ring- oder kreisförmiger, oder auch von röhrenförmiger Gestalt eingelagert sind, die wahrscheinlich von beginnender Verwitterung herrühren. Auch kleine fremdartige Körper- chen, vielleicht dem Mineral Chalcedon angehörig, läßt das Mikroskop zuweilen als Ein- schlüsse erkennen. Die Farbe des Türkis ist entweder grün oder blau; das erstere ist viel häufiger der Fall als das letztere. Sie beruht auf dem oben erwähnten kleinen Kupfer- und Eisengehalt. Im Dünnschliff unter dem Mikroskop sieht man nur selten, besonders bei dem blauen persischen Türkis, gefärbte Parthien als fetzen- oder staubförmige Teilchen, manchmal auch als wolkige Stellen von unbestimmter Begrenzung gegen die farblose Umgebung deutlich sich abheben. Beinahe immer ist im blauen und grünen Türkis die Färbung ganz gleichmäßig durch die Masse verteilt. Diese erscheint in der dünnen Schicht des Schliffes fast vollkommen farblos, vielleicht schwach gelblich, das Grün und Blau tritt erst in diekeren Lagen hervor. Es ıst dies dasselbe Verhalten, das viele stark gefärbte und zuweilen fast undurchsichtige Mineralien zeigen, die im Dünnschliff durchsichtig und farblos erscheinen. Die Nuancen der Farbe wechseln zwischen himmelblau und berggrün, einem blassen Grün, dem grau und blau beigemischt ist. Überhaupt sind die Türkise fast stets ziemlich blaß gefärbt, sehr intensive Färbungen kommen kaum vor, aber in diesen blassen Nuan- cen finden sich zwischen dem blauen und grünen Endgliede alle möglichen Übergänge, 488 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. die man zu einer stetig sich ändernden Reihe zusammenstellen kann. Von allen diesen Farben ist aber nur die rein und möglichst tief himmelblaue von Bedeutung. Nur Türkise, die diese Farbe haben, werden gegenwärtig als Edelsteine in Europa und dem größten Teile des Orients hochgeschätzt. Mit zunehmender Beimischung von Grün nimmt die Wertschätzung und der Preis mehr und mehr ab, und ganz grüne Steine werden in der alten Welt nur in einigen Teilen von Arabien als Schmucksteine verwendet. In früherer Zeit scheint aber wenigstens an manchen Orten, besonders im alten Mexiko, auch die grüne Farbe beliebt gewesen zu sein, und wir werden bei der Betrachtung der mexikanischen Fundorte sehen, daß auch jetzt noch in jenen Gegenden von den Einge- borenen grüne Türkise als Schmucksteine vielfach und mit Vorliebe getragen werden. Die himmelblaue Farbe ist meist über die ganze Oberfläche hin vollkommen gleich- artig, und nur Steine von dieser Beschaffenheit sind wertvoll. Bei den Steinen von ge- wissen Fundorten, besonders bei denen vom Sinai, bemerkt man aber auch zuweilen feine netzartig angeordnete hellere Streifen, die besonders an geschliffenen Steinen scharf auf dem dunkleren Grunde hervortreten. Auch braune Adern und Flecken treten vielfach auf. Stets hat jedoch die blaue Farbe des echten Türkis die wertvolle Eigenschaft, daß sie ihre Schönheit auch bei künstlicher Beleuchtung im Lampenlicht vollkommen beibehält, während andere, dem Türkis ähnliche blaue Substanzen unter diesen Umständen unansehnlich grau aussehen. Bei manchen Türkisen ist die blaue Farbe sehr unbeständig. So werden viele Steine aus dem Megharatal am Sınai und aus Neu - Mexiko, bald nachdem sie aus den Gruben senommen sind, matt und blaß, und die Farbe ist nach kurzer Zeit fast ganz ver- sehwunden. Überhaupt soll die blaue Farbe ziemlich unbeständig sein und allmählich am Sonnenlicht ausbleichen, wobei das Blau gleichzeitig eine grüne Nuance annimmt. Dies ist aber jedenfalls nicht immer der Fall, viele Türkise behalten doch ihre Farbe recht lange unverändert bei. So erzählt Sir Richard F. Burton von einem sehr schönen blauen Stein, den er an der Flinte eines Beduinen gesehen und der in der Färbung nicht im mindesten gelitten hatte, trotzdem er mindestens 50 Jahre lang der Sonne und Wind und Wetter schutzlos ausgesetzt gewesen war. Durch den Schweiß soll die Farbe besonders stark angegriffen werden. An der Sonne gebleichte oder sonst beim Tragen als Schmuckstein in ihrer Farbe veränderte Steine nehmen zuweilen ihr früheres schönes Blau wieder an, wenn man sie mit Ammoniak behandelt oder auch be- fettet, ja, wie man sagt, schon dadurch, daß ein Ring mit dem Stein nach der inneren Handfläche zu getragen wird, so daß er vielfach mit der etwas fettigen, aber nicht. mit Schweiß bedeckten Hand in Berührung kommt. Aber diese Farbenerneuerung ist nicht dauerhaft, das frisch hergestellte Blau verschwindet bald wieder, und man hat sich in dieser Beziehung vor Betrug zu hüten. Da sich die Farbenänderung meist langsam von der Oberfläche aus nach innen erstreckt, so kann der Stein oft durch Überpolieren verbessert werden, doch muß man diese Operation immer von Zeit zu Zeit wiederholen. Vollständig verschwindet die Farbe und der Glanz bei der Verwitterung, die in manchen Steinen von der Oberfläche an nach innen allmählich fortschreite. Man findet zuweilen rohe Türkise, die im Innern schön blau, aber außen von einer matten weißen bis gelben und braunen Verwitterungsrinde umgeben sind. Diese muß man dann erst entfernen, um zu dem wertvollen, schöngefärbten, frischen Kerne zu gelangen. Manchmal ist auch der Verwitterungsprozeß so weit vorgeschritten, daß er das ganze Stück ergriffen hat, das dann in eine lockere, leiebt zerdrückbare Masse verwandelt ist, in der vielleicht noch einzelne blaue Körnchen liegen. Da der Wert mit der Schönheit der blauen Farbe ‚sich bedeutend erhöht, so hat man auch schon versucht, schlechtere Steine künstlich blau zu färben. Diese betrügerische _ TÜRKIS. EIGENSCHAFTEN, WERT. 489 Operation ist auch bis zu einem gewissen Grade gelungen, indem man die Steine mit Berlinerblau überzog oder imprägnierte, wahrscheinlich in derselben Weise, wie es offen- kundig mit manchen Chalcedonen geschieht und wie unten bei der Betrachtung des Achats ausführlicher angegeben werden soll. Die Färbung dringt aber nicht sehr tief ein und kann mit dem Messer abgekratzt werden. Außerdem ist sie daran kenntlich, daß bei Lampen- licht das künstliche Blau sich in ein unansehnliehes Grau verwandelt und daß die Farbe grün wird oder ganz verschwindet, wenn man den Stein in Ammoniak legt, was bei einem echten Türkis mit seiner natürlichen blauen Färbung nicht geschieht. Durch Anwendung des letzteren Hilfsmittels kann man sich leicht vor Betrug schützen. In Beziehung auf das spezifische Gewicht schwankt der Türkis etwas; man hat für dieses Werte zwischen 2,s und 2,s gefunden. Die Härte ist nicht groß, geringer als bei fast allen anderen wertvollen Edelsteinen. Sie ist gleich 6 und entspricht der des Feld- spats. Von Quarz wird er also leicht geritzt und von der Feile stark angegriffen; er selber ist aber noch imstande, Ritze auf Fensterglas hervorzubringen. Wegen dieser ge- ringen Härte muß der Türkis vor Verletzung sorgfältig gehütet werden, wennschon seiner Undurchsichtigkeit wegen ein kleiner Ritz nicht so viel schadet als bei einem durch- sichtigen Edelstein. Ob der Türkis schon im Altertum bekannt war, ist zweifelhaft, jedenfalls war er es im Mittelalter. Gegenwärtig hat er vielleicht eine ausgebreitetere Anwendung als Schmuck- stein als irgendein anderer der wertvolleren Edelsteine, da er im Morgenlande und im Abendlande in gleicher Weise beliebt ist. Namentlich im Orient, in der Türkei, ın Agypten, Arabien und Persien wird er viel getragen, da ıhn die Orientalen für glück- bringend halten. Er findet sich dort, wenn auch oft nur in einem kleinen schlechten Stückchen als Ringstein in Zinn gefaßt, an jeder Hand, dient aber ebenso auch zur Verzierung der Griffe und Scheiden von Dolehen und Säbeln, des Sattelzeugs und zu ähnlichen Zwecken. Der Name Türkis soll von dieser häufigen Verwendung in der Türkei her- rühren und „türkischer Stein“ bedeuten. Im Abendlande werden größere Türkise häufig beim Fassen mit kleinen Diamanten umgeben, während kleine Türkise umgekehrt viel- fach zur Einfassung anderer Edelsteine dienen. Wie alle undurehsichtigen Steine wird der Türkis fast nur mugelig, en cabochon, ohne alle Facetten geschliffen, und zwar meist mit einer ebenen, kreisrunden oder ovalen Unterfläche, wie es Taf. XX, Fig. 2, dargestellt ist. In dieser Form tritt der Glanz und namentlich die Farbe des Steines besonders vorteilhaft hervor. Es wird zwar angegeben, daß außergewöhnlich schöne und große Stücke auch zu Tafelsteinen oder zu Dicksteinen verarbeitet werden. Dies ist aber jedenfalls nur sehr selten der Fall, da wegen der Un- durchsichtigkeit die Schönheit dureh Facetten nicht gehoben wird. Manchmal werden Figuren eingraviert, ım Orient häufig Sprüche aus dem Koran, deren Buchstaben man auch wohl mit Gold auslegt. Steine, die graviert werden sollen, erhalten statt der runden vielfach auch eine ganz ebene Oberfläche. Der Wert unseres so allgemein und so hochgeschätzten Edelsteins ist ein recht be- trächtlicher, im Mittelalter ist er noch erheblich höher gewesen. Der Preis hängt sehr wesentlich von der Größe und der Farbe ab und wechselt mit diesen beiden Faktoren sehr bedeutend. Der Einfluß der Farbe ist zum Teil schon oben erwähnt worden. Am teuersten sind nicht zu dünne tief und gleichmäßig gefärbte rein himmelblaue Steine ohne Flecken; mit zunehmendem Grün sinkt der Preis allmählich bis auf Null herab. Was den Einfluß der Größe anbelangt, so sind kleine Türkise leicht und in Menge zu haben und daher billig. Aber schon erbsengroße Stücke sind selten und werden daher, wenn sie gut gefärbt sind, teuer bezahlt. Kleine Steine werden nach Tausenden, etwas größere nach Dutzenden, solche von einer gewissen Größe ab stückweise gehandelt. Eın Karat 490 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. der besten Qualität ist etwa auf 150 Mark zu schätzen. Der Preis steigt der Selten- heit größerer Stücke entsprechend in erheblich höherem Grade als das Gewicht. Bei rohen Steinen ist es sehr wesentlich, daß auch eine genügende Dicke vorhanden ist, da nur dann sich ein guter, nicht zu flacher mugeliger Schliff herstellen läßt; dies ist un- möglich, wenn der Türkis nur eine dünne Lage auf seinem Muttergestein bildet. Außergewöhnlich große Türkise von schöner Farbe und Beschaffenheit sind, wie es scheint, nur sehr wenige bekannt. Beschrieben wird unter anderen ein zwei Zoll langer herzförmiger Stein, der vor einiger Zeit sich im Besitz eines Moskauer Juweliers befand und den früher Nadir Schah als Amulet getragen hat. Er war mit einer goldverzierten Inschrift aus dem Koran versehen und sein Wert wurde auf 5000 Rubel geschätzt. In der Sammlung der kaiserlichen Akademie in Moskau liegt ein Türkis von mehr als 3 Zoll Länge und 1 Zoll Breite. Die größten und schönsten Stücke sollen sich aber in der Schatzkammer des Schah von Persien befinden. In seinem Lande liegen die wichtigsten Türkisgruben, und aus deren Erträgnis pflegte er früher die besten Exemplare für sich zu entnehmen. Über das Vorkommen des Türkis ın der Natur wurde schon oben mitgeteilt, daß er, wie es Taf. XX, Fig. 3, zu sehen ist, dünne Adern von mehr oder weniger bedeutender Ausdehnung in manchen Gesteinen bildet. Diese sind so entstanden, daß sich das Mineral aus wässeriger Lösung auf ursprünglich offenen Hohlräumen, meist schmalen Klüften und Spalten absetzte, und diese entweder ganz oder auch nur zum Teil erfüllte. War dıe Ausfüllung unvollständig, dann überzieht nur eine dünne Türkiskruste beide Wände der Spalte, und diese Krusten zeigen die erwähnte rundliche, nierenförmige usw. Oberfläche. Das Mutter- gestein, in dem die jetzt mit Türkis erfüllten Spalten aufsetzen, ist an den einzelnen Fund- orten des Edelsteines verschieden; bald ıst es schwarzer Tonschiefer oder Kieselschiefer, bald Sandstein, bald sind es auch vulkanische, und zwar trachytische Gesteine, von denen die letz- teren namentlich als Träger der edelsten Vorkommnisse von Wichtigkeit sınd. Im Kalk scheint sich der Stein noch nie gefunden zu haben; diesbezügliche Angaben haben sich als irrig erwiesen. Was die Verbreitung des Türkis anbelangt, so fehlt er zwar auch in Europa nicht, doch ist ın unserem Erdteil bisher fast nur die grüne, als Edelstein unbrauchbare Varietät vorgekommen; die Farbe geht wohl zuweilen etwas ıns Blaue, schön himmel- blaue Steine sind aber noch nieht gefunden worden. Die Zahl der Fundorte ist ziemlich groß, und ziemlich überall scheint er an Spalten im Kieselschiefer gebunden zu sein, SO bei Ölsnitz im sächsischen Voigtlande, bei Steine und Domsdorf unweit Jordansmühl in Schlesien usw. Wohl die wichtigsten Fundorte schöner blauer Türkise liegen in Asien. Von ganz überwiegender Bedeutung ist hier Persien, daher werden die Steine von der besten Beschaffenheit auch wohl als „persische Türkise“ bezeichnet. Die Perser nennen diesen ihren Lieblingsstein Piruzeh (arabisch Firuzeh), und nach der Mitteilung von C. Ritter wäre das Wort Türkis eine Verstümmelung davon. Diese Türkise kommen zum Teil von Persien über Indien nach Europa, weshalb man öfters die falsche Angabe findet, dab der Edelstein auch in Indien vorkomme. Die bedeutendsten persischen Türkisgruben, die das kostbare Material fast aus- schließlich liefern, liegen ım Bezirk von Nischapur, 15 geogr. Meilen westlich ‚von Me- sched in der Provinz Chorassan, 750 Kilometer östlich von Teheran. Wir haben über diese in neuerer Zeit hauptsächlich durch Tietze, Bogdanowitsch und den persischen General Cl. Houtum Schindler Nachrichten erhalten, von denen der letztere am An- fange der achtziger Jahre eine Zeitlang Gouverneur des Grubenbezirks und Leiter des Betriebes in den Gruben gewesen ist. TÜrRKISs. VORKOMMEN. PERSIEN. 491 Die Berge der Gegend bestehen aus Nummulitenkalk und Sandstein, die auf Ton- schiefer ruhen und die große Massen Gips und Steinsalz einschließen. Alle diese Schichten sind durchbrochen von jüngeren, der Tertiärzeit angehörigen vulkanischen Gesteinen, porphyrartigen Trachyten, die auch von manchen Beobachtern für eigentliche Porphyre (Felsitporphyre) gehalten worden sind. Sie bilden eine Gebirgskette, die sich zwischen Kotschan und Nischapur von Westen nach Osten erstreckt. In diesem Zuge liegt der Berg Ali-Mirsai, der sich bis 6655 Fuß erhebt. Auf diesen Berg, und zwar auf dessen südlichen Abhang, ist das Türkisvorkommen jener Gegend beschränkt; hier, wo der ganze Berg auf eine Erstreckung von einem Kilometer türkisführend ist, liegen daher alle Gruben, die ın früheren, zum Teil weit zurückliegenden Zeiten bearbeiteten, nun meistens ver- lassenen sowohl, wie die jetzt in Betrieb befindlichen. Am Fuße des Berges zieht, im Mittel in einer Höhe von 4540 Fuß, ein Tal hin, in dem, 5100 Fuß hoch, unter 36% 25° 15° nördl. Breite und unter 580 20° östl. Länge von Greenwich, das Dorf Maaden liegt. Dieses Dorf bildet den Mittelpunkt der Türkisgewinnung. Die Gruben liegen in nordwestlicher Richtung in seiner Umgebung in Meereshöhen von 4800 bis 5800 Fuß. Alle Einwohner von Maaden und den umliegenden Dörfern leben von unserem Edelstein, von der Arbeit in den Gruben, von dem Schleifen und von dem Verkauf. Das ursprüngliche Muttergestein des Türkis ist ausschließlich jener, im Zustande der Verwitterung belindliche porphyrartige Trachyt und eine breccienartige Trümmermasse, aus Stücken derselben Felsart bestehend, die durch Brauneisenstein miteinander verkittet sınd. Der Türkis ist in Menge vorhanden und macht sich allenthalben durch blaue und grüne Flecken und Streifen im Gestein kenntlich. Er liegt auf Klüften und Spalten in dem Trachyt und auf den Zwischenräumen zwischen den Brocken, die jene Breceie zu- sammensetzen, letzteres in der Weise, daß er dem Brauneisenstein als jüngste Bildung ein- gelagert ist. Dieser erfüllt häufig die Zwischenräume in dem Gestein nicht ganz, und die gebliebenen Höhlungen nimmt dann der Türkis ein. Er findet sich so in mehr oder weniger ausgedehnten Platten oft von ziemlich ebener Gestalt, die meist nur eine Dicke von 2 bis 6, höchstens von 13 mm besitzen und die beiderseitig von einer mehr oder weniger dicken Lage von Brauneisenstein begleitet sind, die aber auch zuweilen ganz fehlen kann. In anderen Fällen bildet der Edelstein einzelne unregelmäßige kleine Massen von Erbsen- bis höchstens Bohnengröße, die bald regellos im Gestein zerstreut sind, bald aber auch ın dem PBrauneisenstein nebeneinander liegend sich gleichfalls zu plattenförmigen Gebilden vereinigen können. Endlich erfüllt der Türkis in dem auf den größeren Klüften angesammelten Brauneisenstein kleine Spalten, die quer zu diesen Klüften verlaufen. Er erstreckt sich dann auch vielfach über den letzteren hinaus und in die umgebenden 'Trachytstücke hinein, wo er nun nicht von Brauneisenstein begleitet ist. Selten ist es, daß der Türkis Hohlräume im Innern der Trachytstücke der Breeeie ausfüllt. Mineralogisch interessant ist die Erfüllung solcher Höhlungen im Trachyt, die durch Auswitterung von Feldspatkristallen entstanden sind; in diesen nimmt der Türkis die Form des zerstörten Feldspats an und bildet so Afterkristalle von Türkis nach dem letzteren Mineral. Die Türkise finden sich aber nicht bloß in dem festen Trachyt oder der Trachyt- breeeie, sondern auch in ziemlicher Zahl in den durch Verwitterung dieser Gesteine ent- standenen Schuttmassen, die sich im Laufe der Zeiten am Fuße der Bergabhänge gebildet haben. Die Steine liegen hier lose in dem Schutte, vielfach mit einer weißen Verwitterungs- rinde überzogen, nach deren Entfernung erst die schöne blaue Farbe zum Vorschein kommt, oder auch wohl völlig zersetzt. Diese türkisführenden alluvialen Schuttablagerungen sind 2 bis 20 m mächtig; dicht am Fuße der Berge ist die Mächtigkeit geringer, in einiger Entfernung davon bilden sie kleine Hügel, die durch Erosion aus der ursprünglich zu- 492 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. sammenhängenden Masse entstanden sind. Man findet darin aber nur in den obersten 2 Meter gute Türkise, bis zu 6 m findet man schlechte, grünliche und weißliche, noch tiefer gar keine mehr. Die Zahl der Gruben in jener Gegend ist sehr beträchtlich; sie beträgt mehrere Hundert, die meisten sind aber nicht mehr im Gange. Im Jahre 1876 wurde auf 266 Gruben gearbeitet. Der Betrieb besteht bereits seit Jahrhunderten; schon in der im Jahre 1300 erschienenen Abhandlung über Mineralogie des Arabers Mohamed ibn Mansur wird davon gesprochen. Nach seiner Erzählung ging früher die Sage, dab die beste dieser Gruben von Isaak, dem Sohn Abrahams, angelegt worden sei; sie wurde danach die Isaaks- grube genannt. Lange Zeit hindurch hat man nach richtigen bergmännischen Regeln ge- arbeitet. Schächte bis 150 Fuß tief, Stollen und Strecken bis 100 Fuß und darüber lang, allerdings von geringer Höhe und Weite, die unterirdischen Baue durch stehengelassene Pfeiler gestützt und, wo nötig, Wetterschächte zur Zufuhr von guter Luft, alles das findet man ın den alten Gruben, deren Anlage somit eine vollkommen zweckensprechende ist. Bis 1725 wurde nach der Meinung von Schindler der Bergbau wahrscheinlich von der persischen Regierung und damals sachgemäß in der erwähnten Weise betrieben. Später überließ man ihn den Umwohnern, namentlich den Einwohnern von Maaden zu eigener Verwaltung, und von da an beginnt der Verfall. Der rationelle Betrieb hörte allmählıch auf, die stützenden Pfeiler wurden weggehauen, um den darin befindlichen Türkis zu gewinnen, jede Vorsichtsmaßregel wurde vernachlässigt und so ein schlimmer Raubbau eingeführt, der die Arbeit in den Gruben sehr gefährlich machte und der not- wendig zum Rückgange der Produktion führen mußte. Viele Grubenbaue stürzten ein und wurden unzugänglich, und an manchen Stellen, wo früher ein wohl im Stande ge- haltenes System von bergmännischen Anlagen war, sieht man jetzt bis zu 60 und 80 Fuß tiefe und bis 250 Fuß weite trichterförmige Vertiefungen, die sich durch den Einsturz jener früheren Schächte und Stollen gebildet haben. In manchen jener alten Gruben ist der Bergbau noch jetzt im Betrieb, teils indem die Arbeiter in dem türkisführenden Gestein noch weiter vorwärts dringen, teils indem das von früher her in den Gruben lose herumliegende Gesteinsmaterial und dasjenige der Halden, meist von Frauen und Kindern, auf Türkise durchsucht wird. Am Ende des vorigen Jahrhunderts soll nur noch in einer alten Grube gearbeitet worden sein. Aber immer neue Gruben werden angelegt, fast stets mit Erfolg, da eben der Türkis den sanzen Berg durchsetzt. Die Türkise der alluvialen Schuttablagerungen werden gleichfalls nieht unbenutzt gelassen. Die Masse wird ausgegraben, die größeren Stücke ausgelesen, der Rückstand gewaschen und der Türkis auf diese Weise sichtbar gemacht. Früher waren diese Gräbe- reien nicht von besonderer Wichtigkeit, aber mit zunehmender Verwilderung des Berg- baues gewannen sie an Bedeutung immer mehr und spielen jetzt eine nicht ganz unter- geordnete Rolle. In den achtziger Jahren waren etwa 200 Arbeiter mit der Gewinnung des Edelsteines beschäftigt, davon etwa 130 in den Bergwerken auf der ursprünglichen Lagerstätte, die übrigen in den Gräbereien in dem alluvialen Schutt. Die gewonnenen Steine werden meist gleich an Ort und Stelle in roher Weise mugelig seschliffen und sodann von den 15 bis 20 Dorfältesten so rasch wie möglich nach Mesched gebracht. Hier ist der Markt für unseren Edelstein, und deswegen wird Mesched auch zuweilen fälschlich für den Fundort gehalten. Von da aus geht der Türkis, auf Harz- stäbehen aufgeklebt und diese zu Bündeln zusammengebunden, zum größten Teile dureh Vermittelung bucharischer Kaufleute, nach Rußland, und zwar nach Moskau oder auf. die Messe von Nischny Nowgorod, von wo er sich über die ganze Welt verbreitet. In TÜRKIS. VORKOMMEN. PERSIEN. 493 Nischapur, das ebenfalls zuweilen für den Fundort der schönen persischen Türkise gehalten wird, bekommt man den Edelstein selten zu sehen und zu kaufen, worüber sich schon manche Reisenden wunderten und wonach sie die Produktion der ganz in der Nähe dieser Stadt vermuteten Gruben ganz falsch und zwar natürlich ungünstig beurteilten. Auch in Mesched ist er schwer zu kaufen und teuer, oft teurer als in Europa. Der Wert des Eıtrages der Gruben betrug am Ende der siebziger Jahre etwa 25000 Tomans oder 166000 Mark jährlich, wovon der dritte Teil der Staatskasse als Abgabe zufiel. Nach anderen Nachrichten war aber der Wert der jährlich gewonnenen Steine er- heblich höher. Ein Türkishändler in Mesched teilte dem General Schindler mit, dab etwa für 240000 Mark Türkise jedes Jahr nach Rußland ausgeführt werden, während für S0000 Mark in Mesched selbst zum Einzelverkauf gelangen, zumeist an Pilger, die den Glücksstein, in einen zinnernen oder silbernen, niemals aber in einen goldenen Ring gefaßt, mit in ihre Heimat bringen wollen. Viele Steine werden auch über Yezd am persischen Golf nach Konstantinopel und Bagdad exportiert. Im Jahre 1882 beschloß der persische Minister für den Kultus, die Bergwerke und Telegraphen den Ertrag der Türkisgruben möglichst zu steigern, nachdem vier Jahre lang wenig gefördert worden war.. Damit die Unternehmung energisch in Angriff genommen werde, stellte er den General Schindler als Leiter des Bergbaues an die Spitze und hoffte so, jedes Jahr für 800000 Franken Türkise in Paris verkaufen zu können. Dies gelang allerdings nicht in dem gewünschten Grade, wenigstens nicht im ersten Jahre, wo nur für 300000 Franken Steine gewonnen wurden, aber immerhin bedeutet die kurze Zeit der Betriebsführung in europäischem Sinne einen erheblichen Aufschwung der Gruben. Vor einiger Zeit hat die Londoner Juwelierfirma Streeter die Gruben zu pachten und in Betrieb zu nehmen gesucht. Nachdem aber eine genaue Untersuchung ergeben hatte daß etwa 1000000 bis 1200000 Mark nötig sind, um die Bergwerke wieder in guten betriebssicheren Zustand zu versetzen, ging sie von ihrem Plane ab. Später soll eine amerikanische Firma demselben Unternehmen nähergetreten sein. Was die Qualität der persischen Steine von dem erwähnten Fundorte betrifft, so ist wirklich Feines selten. Die Farbe ist vielfach schön dunkelblau, häufig aber auch blaß- blau und grün. Besonders schön blau sollen manche Steine mit einer weißen Ver- witterungsrinde aus den alluvialen Schuttmassen sein. Die Farbe ist im allgemeinen dauerhaft, in einigen der neueingeriehteten Gruben sind aber auch Türkise vorgekommen, die kurze Zeit, nachdem sie aus dem Gestein der Grube herausgenommen waren, abblabßten und weiß wurden. Diese werden daher bis zum Verkauf in feuchter Erde aufbewahrt; der Käufer wird dann bald gewahr, daß er betrogen ist. Da es kein Mittel gibt, diese schlechten Steine von den guten zu unterscheiden, so ist ein gewisses Mißtrauen in den Handel mit persischen Türkisen gekommen, das selbstverständlich der Produktion nicht gerade förderlich ist. Die Steine aus den einzelnen Gruben sind im allgemeinen von verschiedener Be- schaffenheit. Man teilt sie an Ort und Stelle nach der Größe, der Form und besonders nach der Farbe in drei Klassen ein: 1. Ringsteine: alle solehe von guter, gleichmäßiger am besten tiefhimmelblauer Farbe und von günstiger Form für den mugeligen Schliff. Die Zahl dieser Steine der besten Qualität ist nicht bedeutend, sie stammen in verhältnis- mäßig größter Zahl aus den alluvialen Schuttmassen. 2. Steine mittlerer Qualität mit vıer Unterabteilungen; nur die besten von ihnen kommen noch nach Europa, die anderen werden in Persien oder oder sonst im Orient verbraucht. 3. Arabische Steine: schlecht gefärbte, blaßblaue oder sogar grüne, welche letztere nirgends im Morgenlande, mit einziger Ausnahme von Arabien, benutzt werden, wo man, anders als überall sonst, mehr auf die 494 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Größe als auf die Farbe und die Beschaffenheit sieht. Der Preis von einem Pfund Steine der ersten Qualität beträgt in den Gruben etwa 1800 Mark, während dieselbe Menge Steine der dritten Qualität nur etwa 100 Mark kostet. In Europa ist der Preis weit höher. Man hat berechnet, daß man für einen Stein, der in der Grube 10 Mark kostet, in Europa 25 Mark zahlen muß; ein Karatstein wird hier je nach der Qualität mit 5 bis 10 Mark, nur bei der besten Beschaffenheit höher berechnet. Der Jahresexport wird gegenwärtig auf 200000 Mark geschätzt; es ist etwa ein Drittel des ganzen Ertrages, der Rest bleibt im Lande. Das Türkisvorkommen von Maaden ist nicht das einzige in Persien; es gibt deren noch mehrere, die aber alle weniger bekannt und, wie es scheint, sehr viel weniger reich- haltig sind. In der Provinz Chorassan wurden auch bei Tabbas Türkise, allerdings von nicht sehr guter Qualität, gefunden, und Bogdanowitsch spricht von einem unlängst entdeckten Türkislager irgendwo weit im Süden von Mesched, 18 Tagereisen von dieser Stadt entfernt. Länger, aber freilich nur sehr oberfächlich bekannt ist das Türkisvorkommen in der im Innern von Persien gelegenen Provinz Kermän, an ver- schiedenen Stellen nordwestlich von der Stadt gleichen Namens in den großen, von Nord- west nach Südost streichenden vulkanischen Gebirgszügen. Bei Tschemen i MÖ Aspan, vier Farasch von Päriz und gegenüber Göd i Ahmer, liegt eine bis vor kurzer Zeit be- triebene Türkismine mit hellen, etwas ins Grünliche gehenden Steinen. Bei Kärik, nordöst- lich von Schehr i Bäbek, sind alte Gruben mit zwei Schächten, deren einer erst vor wenig Jahren durch ein Erdbeben verschüttet wurde, während der andere schon seit langer Zeit nicht mehr im Betriebe war. Unweit Maschiz an dem Abhange des über 12000 Fuß hohen Tscheheltangebirges sind vor etwa 20 Jahren helle Türkise gefunden worden. Auch in der Gegend von Taft, unfern Yezd am persischen Golfe, soll Türkıs vorkommen und früher gewonnen worden sein. Weiter nach Nordosten, außerhalb der persischen Grenzen, werden ebenfalls Türkıs- sruben meist mit grünen Steinen zwischen Herat und dem westlichen Turkestan angegeben. Nach älteren Nachrichten arabischer Schriftsteller findet sich der Edelstein in der Nähe von Ühodschent, von wo auch des Plinius grüner Callais (Callaina) stammt, den man später mit Türkis identifizierte. Auch noch andere Fundorte aus jener Gegend werden genannt, so in neuerer Zeit (1887) der Gebirgszug Kara Tube, 50 km von Samarkand, wo in einer unbekannten Vergangenheit auf Türkis, der mit Brauneisenstein im Kieselschiefer vorkommt, Gruben angelegt worden sind. Später wurden in jenen Regionen wieder Funde gemacht, so im Gebiet des Syr Darja im Bezirke Kuraminsk (in den Bergen Kara- Mazar), ebenso im Bezirke Karkaralınsk in der Kirgisensteppe (Revier Semipalatinsk). Alle diese und noch andere dortige Vorkommnisse sind für den Handel bis jetzt voll- kommen belanglos und werden daher hier nicht eingehender betrachtet. Nach den persischen Fundorten des Türkis sind in der Alten Welt die auf der Sinaihalbinsel am meisten von Bedeutung. Sie liegen in der Nähe der Westküste, meist ım Grebiete des Serbäl. Am bekanntesten sind die Gruben im Wadi Meghära oder Maghära (Höhlental), die schon von den alten Ägyptern in größerem Maßstabe ausgebeutet wurden, nach H. Brugseh bereits zur Zeit des der dritten Dynastie angehörigen Königs Snefru im vierten Jahrtausend vor Christus, und bis zur Zeit von Ramses Il., 1300 Jahre vor Christus, wie es scheint, nicht länger. Zahlreiche Inschriften und Gerätschaften verschiedener Art, die man dort findet, geben Kunde von der Anwesenheit der Ägypter, die zum Schutze der Türkismine und eines bedeutenden Kupferbergbaues, der in der Nähe betrieben wurde, eine Garnison in jener Gegend unterhielten... Der englische Major C. K. Mac Donald hat diese. Türkisgruben später nach langer Vergessenheit wieder aufgefunden. - TÜRKIS. VORKOMMEN. SINAIHALBINSEL. 495 Er hat sie von neuem in Betrieb gesetzt und aus ihrem Ertrage schöne und große Exemplare auf der Weltausstellung in London im Jahre 1851 zur Schau gebracht. Er besaß bis taubeneigroße Stücke, klagte aber darüber, daß sie nach kurzer Zeit ihre Farbe verlieren, ausbleichen und grünlichweiß werden, wodurch der ursprüngliche hohe Wert auf Null heruntersinkt. Dieses Schicksal hatten auch, wenigstens zum Teil, die in London ausgestellten Steine; einer von ihnen war schon nach Verlauf eines Jahres ganz weiß und damit wertlos geworden, nachdem er vorher um einen hohen Preis verkauft worden war. Die alten Gruben des Meghäratales liegen an dessen nördlichem Abhange, der aus rotem Sandstein der Carbonformation, dem sog. nubischen Sandstein, besteht, 150 Fub über der Talsohble. Der Porphyr, der die gegenüberliegende Talwand zusammensetzt, enthält dort keinen Türkis. Das Vorkommen ist ähnlich wie in Persien. Der Edelstein erfüllt kleine Spalten und Klüfte in dem Gestein, und die meist plattenförmigen Stücke haben ungefähr dieselben Dimensionen wie dort. Besonders wertvoll sind bis haselnußgroße Ausscheidungen in einem ockerigen, roten bis braunen Eisenerz. Je roter, also wasser- ärmer, dieses Erz, desto blauer ist der Türkis, je brauner das Erz, um so blasser der Stein, der in dieser Umgebung öfters auch die grüne Farbe zeigt. Auch später waren wieder Arbeiten zur Gewinnung der Türkise im Gange. Der Türkis der Sinaihalbinsel ist aber nicht auf den Sandstein des Wadı Meghära beschränkt, er findet sich auch außerhalb dieses Tales, so nördlich davon bei Sarbut-el- Chadem, ebenfalls im Sandstein und auch schon von den alten Ägyptern gewonnen, sowie in dem Porphyr, der den Serbäl teilweise bildet, auch diesen in dünnen Platten durehziehend. Die hier vorkommenden Steine sind schön blau und zeichnen sich vor andern dort in derselben Weise im Sandstein vorkommenden dadurch aus, dab sie die Farbe gut halten. Sie werden von den in der Gegend nomadisierenden Beduinen gesammelt und in den Handel gebracht, und auch ein Teil der von Mac Donald nach Europa geschickten Türkise soll nicht den alten Gruben im Meghäratal, sondern dem Serbäl- porphyr entstammen. Das Vorkommen ist nicht näher bekannt, da die Eingeborenen ihre Gruben sorgsam verborgen halten, doch wird ein Fundort besonders genannt, der Moses- brunnen, auch Naseb- oder Nasaiphquelle, zwischen Suez und dem Sinai. Die von hier stammenden Steine zeigen unter dem Mikroskope eine eigentümliche, von der der anderen Türkise etwas abweichende Struktur, so daß hier zweifellos eine ganz bestimmte Fund- stätte vorliegt. Es ist aber nicht möglich, sie aus dem Namen näher zu erkennen, da die Beduinen jeden Brunnen, der trinkbares Wasser liefert, Mosesbrunnen nennen. Nach einer Angabe von H. Fischer läge der Fundort genau unter dem 29. Breitengrade etwa 5 Meilen vom Serbäl. Die von hier stammenden Steine sind mit eisenschüssigem, braun- rotem, mürbem, körnigem Quarz verwachsen und stammen daher vielleicht ebenfalls aus Sandstein, wie im Wadi Meghära. In ihren guten Sorten stehen die Türkise von der Sinaihalbinsel an Schönheit und Tiefe der Farbe hinter den persischen nicht zurück; einzelne Stücke übertreffen diese so- gar zuweilen noch darin. Im Durchschnitt ist aber die Farbe heller und geht mehr ins Weißlichblaue, der Glanz ist mehr glasig und sie sind etwas spröder. Schöne Steine von hier kommen unter dem Namen „ägyptische“ oder „Alessandrinen-Türkise“ in den Handel. Man hat diese früher für Kunstprodukte gehalten, sie haben sich aber bei genauer Unter- suchung als echte natürliche Mineraltürkise erwiesen. Auch im eigentlichen Arabien soll Türkis vorkommen, wenigstens werden im „Lande der Midianiter“ drei Türkisgruben erwähnt, von denen zwei noch jetzt im Betriebe stehen sollen. Die Steine von bier verlieren aber bald ihre Farbe. Sonst ist in Asien kein Türkisvorkommen bekannt. 496 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Gehen wir nunmehr zur Neuen Welt über, so treten uns hauptsächlich die Türkis- lagerstätten in den südwestlichen Staaten der nordamerikanischen Union in Colorado, Nevada, Arizona, Kalifornien und Neu-Mexiko entgegen. Diese waren zum Teil besonders in früheren Jahrhunderten von Wichtigkeit, sind aber auch heute noch von großer Be- deutung. Im Jahr 1907 sind dort etwa 600 Pfund ausgewählte rohe Türkise und nahezu 3000 Pfund Türkismutter (Türkis im Muttergestein) gewonnen worden. Die hauptsächliehsten Gruben liegen im Staate Neu-Mexiko, einem Teile des früheren mexikanischen Aztekenreiches. Sie haben schon den alten Mexikanern den von ihnen sehr geschätzten und höher als Gold geachteten Stein geliefert, den sie zur Verzierung aller möglichen Gegenstände und zum Schmuck verwendeten. Man scheint aber dort den grünen Türkis, nicht den blauen, besonders in Ehren gehalten zu haben. Nach der An- sıcht mancher Forscher ist der von den alten Mexikanern so hoch geschätzte grüne Edel- stein Chalchihuitl nichts anderes als Türkis; nach anderen bezieht sich der Name aber nicht auf diesen, sondern auf einen anderen grünen Stein, Malachit, vielleicht auf Smaragd oder Nephrit oder grünen Jaspis usw., oder überhaupt auf wertvolle grüne Steine. Auch später, nach der Zerstörung des mexikanischen Reiches, ist der Türkis der Lieblingsstein der Ureinwohner jener Gegenden, der Pueblos- und Navajos-Indianer, ge- blieben. Diese nennen ihn, nach der Mitteilung von W. P. Blake, Chal-che-we-te, was nur eine Verstümmelung des alten Namens Chalchihuitl sein soll. Noch vor nicht zu langer Zeit schätzten sie den Stein so hoch, daß sie nur selten und nicht anders als durch die höchsten Anerbietungen vermocht werden konnten, ihre türkisgeschmückten Gerät- schaften an Weiße abzutreten. Sie gaben aber den Leichen ihrer Verstorbenen solche fast stets als Totengabe mit ins Grab, wie die Untersuchung alter indianischer Friedhöfe in jenen Gegenden gezeigt hat. Es sind jetzt in Neu-Mexiko vier türkisführende Bezirke bekannt, in denen allen die Indianer und später zum Teil auch die Spanier mehr oder weniger intensiv gearbeitet haben. 1. Bei Los Cerillos in Santa Fe County; 2. in den Burro Mountains südwestlich von Sılver City, ın Grant County; 3. bei Eureka (Old Hachita) ebenfalls in Grant County; 4. in den Jarilla Mountains in Otero County. Die neu-mexikanischen Gruben sind jetzt die ertragreichsten der Welt und haben die persischen längst überholt. Auch die Qualität ist, wenn schon zahlreiche Steine grün und unansehnlich sind, vielfach die beste und nicht gringer wie bei Mesched. Allerdings sollen die blauen Steine teilweise ihre Farbe nicht behalten, doch wird dem auch, wenigstens für die Produkte mancher Gruben, entschieden widersprochen. Der Wert des Jahresertrags soll seit 1893 schätzungsweise 1500000 Dollars betragen. Die am frühesten — von William P. Blake in den fünfziger Jahren — wieder auf- gefundenen altmexikanischen Gruben liegen in dem nach diesem Steine neuerer Zeit so- genannten Mt. Chalchihuitl (oder Mt. Chalchuitl), einem Ausläufer des Grand Central Mountain. Dieser ist der bedeutendste Berg in der Kegelberggruppe von Los Cerillos etwa 22 (engl.) Meilen südlich von Santa Fe, der Hauptstadt des Staates Neu-Mexiko, am nördlichen Ufer des Galisteo River, der in westlichem Laufe in den Rio Grande geht und der den Distrikt von Los Cerillos von dem wichtigen Minendistrikt der Placer- oder Gold Mountains trennt. Jene Kegelberge und speziell der türkisführende Mt. Chalchihuitl bestehen in der Hauptsache aus porphyrartig ausgebildeten vulkanischen Trachytgesteinen, sogenannten Augitandesiten. Diese Andesite und ihre Tuffe, die in demselben Berge stellenweise nicht unbeträchtliche Mengen von Blei-, Kupfer- und Silbererzen, wie auch Gold- einschlüsse führen, sind meist durch vulkanische Gase und Dämpfe sehr stark zersetzt und ganz weiß gebleicht worden. Dabei und durch die Verwitterung haben sich mancherlei + TÜRKIS. VORKOMMEN. NEU-MEXIKO. 497 neue Mineralien gebildet, unter anderen namentlich auch der Türkis, der seine Tonerde aus dem in Kaolin umgewandelten Feldspat, seine Phosphorsäure aus dem Apatit des Andesits und seinen Kupfergehalt den dem Gesteine eingewachsenen Kupfererzen ent- nommen hat. Aller Türkis scheint ursprünglich Kaolin gewesen zu sein; die Türkis- bildung folgte der des Kaolins. Das Mineral bildet hier wie überall sonst in dem weißen oder gelblichen, tonähnlichen, zersetzten Andesit oder Tuff kleine Knollen und dünne Adern, zuweilen mit rundlicher oder nierenförmiger Oberfläche. Das Gestein enthält den Türkis an so zahlreichen Stellen, daß man allenthalben blaue und grüne Flecken an den Bergwänden sieht. W. P. Blake beschreibt die alte mexikanische Grube, die zweifellos schon vor der Entdeekung von Amerika angelegt worden ist, als ein ungeheures trichterförmiges Loch, dessen Wände in steilen Gehängen schroff in die Tiefe stürzen. An einer Stelle hängen die Felsen sogar über und bilden auf diese Weise eine Art von llöhle; an einer anderen sind die Abhänge durch die von oben hineingefallenen Schuttmassen sanfter. Auf den Gehängen wachsen mehrere Jahrhunderte alte Pinien, Zedern und sonstige Bäume, die das hohe Alter dieser künstlichen Ausschachtung erkennen lassen. Das Loch ist etwa 200 Fuß tief und 300 Fuß weit, und viele Tausend Tonnen Gestein sind aus dem festen Fels herausgebrochen worden. Ähnliche, aber kleinere Löcher sind noch mehrere vor- handen, ja es scheint, als ob die ganze Oberfläche des überall türkisführenden Berges nach diesem Edelsteine durchwühlt worden wäre. Auch unterirdische bergmännische Arbeiten der alten Mexikaner von zum Teil nieht unbedeutender Ausdehnung wurden entdeckt, als man später die alten Gruben wieder in Betrieb zu setzen versuchte; es fanden sich darin zahlreiche Steinhämmer und andere Gerätschaften, die in alten Zeiten beim Bergbau verwendet worden waren. Alles machte den Eindruck, als seien jene unter- irdischen Baue vor dem Verlassen seitens der Eingeborenen von diesen sorgfältig versteckt und verschlossen worden, wohl um sie vor dem Zutritte Unberufener zu schützen. Wie ausgedehnt die Arbeiten in diesen Gruben gewesen sein müssen, zeigt unter anderem der Umstand, daß die durch das herausgeworfene taube Gestein gebildeten Halden eine Fläche von mindestens 20 acres einnehmen. Auch auf diesen wachsen große Bäume in Menge als Beweis ihres hohen Alters. Das Verlassen der Gruben durch die Indianer wurde durch ein großes nationales Unglück bewirkt, das im Jahre 1680 eintrat. An einer Seite des Berges fand ein be- deutender Erdsturz statt, weleher eine beträchtliche Zahl der Arbeiter in den Türkisgruben vernichtete. Das war nicht nur die Ursache des Aufhörens der Türkisgewinnung, sondern auch der spanischen Herrschaft in jener Gegend, wider die sich die Indianer, aufgeregt durch dieses Ereignis, mit Erfolg erhoben. Am Anfang der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts, nachdem das Tal des Rio Grande durch eine Eisenbahn zugänglicher geworden war, hat sich eine Gesellschaft zur Wieder- aufnahme der einige miles nördlich von der Stadt Los Cerillos gelegenen Türkisgruben und zur gleichzeitigen Gewinnung der oben genannten Erze gebildet. Dabei wurde er- mittelt, daß schöner blauer Türkis zwar nicht fehlt, daß der meiste aber grün oder blau- grün ıst und daß man viele Tonnen Gestein zerschlagen muß, um auch nur einen einzigen guten, zum Schmuck verwendbaren Stein von einiger Größe zu finden. Im allgemeinen ist die Qualität jedenfalls gering, und die Folge davon war, daß jene Gesellschaft bald ihre Arbeiten wieder einstellte, trotzdem daß sie 1883 bis 1886 für 3000 Dollars Steine gewonnen hatte. Später trieben nur noch einzelne arme Weiße und Indianer dort Raubbau, indem sie den Fels durch Feuersetzen mürbe machten und so zur Gräberei vorrichteten. Dadurch wurde aber ein großer Teil des vorhandenen Türkis zerstört und verhältnismäßig wenig gewonnen. Die Ausbeute wurde dann in roher Weise zu runden oder herzförmigen, Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 32 498 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. durchbohrten Zieraten verarbeitet und in Santa F& oder auf den Stationen der dortigen Eisenbahnen an die Reisenden als merkwürdiges Landesprodukt verkauft. Der Preis war sehr niedrig, und die indianischen Händler gaben einen Mundvoll solcher Steine um 25 Cents (etwa 1 Mark). Nur wenige derselben gelangten von hier in die Läden der Juweliere, da überhaupt nur wenige wirklich gute Exemplare gefunden wurden und da ein versuchter Betrug das Vertrauen zu den dortigen Händlern stark erschütterte. Sie brachten nämlich schön dunkelblaue Türkise in den Verkehr, die aber G. F. Kunz bei der ge- naueren Untersuchung als in der oben schon erwähnten Weise durch Berlinerblau an der Oberfläche künstlich gefärbt erkannte. Die Hauptproduktion findet jetzt nicht mehr an dem Mt. Calchihuitl statt. Sie ist auf das Anfangs 1890 aufgefundene Vorkommen an dem benachbarten Turquoise Hill (Turquesa) übergegangen, der günstigere Verhältnisse bietet. Auch hier haben die Indianer schon gegraben und die wichtigsten neueren Gruben sind hier angelegt. Es ist eine kaum bemerkbare Erhebung 3 miles nordöstlich vom Mt. Calehihuitl und 7 miles von Los Cerillos am Wege nach Santa F& und 1!/, miles von Bonanza. Das Gestein ist derselbe Andesit wie dort und auch das Vorkommen des Türkis ganz übereinstimmend, jedoch seine Qualität besser, vielfach derjenigen des persischen gleich, auch sind größere Steine nicht zu selten. Wichtig sind ferner die Gruben in den Burro Mountains. Sie liegen in der Süd- westecke von Neu-Mexiko, 15 miles südlich von Silver City, in Grant County. Auch hier haben die Ureinwohner bereits stark gearbeitet, wie die alten Halden zeigen. Der Stein bildet an dieser Stelle gleichfalls Schnüre, Adern und kleine Knollen, und zwar in einem Granit, dessen Feldspat in Kaolin umgewandelt ıst. Man hat unter anderem eine Platte von 8 Zoll im Durchmesser und 1/; bis !/a Zoll Dicke gefunden. Es wird berichtet, daß in einem Monat 10 kg schöner, meist nierenförmiger, mit einer dünnen kieseligen Haut überzogener Türkise erbeutet worden sind. Prächtige geschliffene Steine von 20 Karat und mehr stammen von hier aus verschiedenen Gruben, aber auch viele grüne. Andere Fundorte in dieser Gegend sind im Cow Springs-Bezirk im Trachyt und in dem- selben County im Eureka (Old Hachita)-Distrikt, hier ebenfalls mit alten Gruben. 150 miles von den Burros und 50 miles von Las Cruzes am Rio Grande del Norte in östlicher Richtung entfernt, 55 miles nordöstlich von El Paso an demselben Fluß und 200 miles südlich von Los Cerillos, in Otero County, ist das Türkisvorkommen in den Jarilla Mountains, wo gleichfalls alte oberflächliche, bis auf den festen Fels gehende Baue angetroffen worden sind, die, nach den darin gefundenen Gefäßen und Geräten zu urteilen, schon vor Jahrhunderten verlassen wurden. Auch hier liegt der Edelstein in der- selben Weise wie sonst auf dünnen, nahezu vertikalen Fugen und Spalten im Trachyt, zum Teil von Kupferkies begleitet. In der Shoo-ar-m& Mine of the Jarillas hat man ın einem 70 Fuß tiefen Schacht überall Türkis gefunden. Er bildet meist halbkugelige und nierenförmige Aggregate, doch auch kompakte Massen, die die Hohlräume ganz ausfüllen. Einmal wurde eine kleinnierige Türkisplatte von ?/ı Zoll Dieke und 3 Fuß im Quadrat aufgedeckt. Die Farbe ist meist blau, näher der Oberfläche auch vielfach grün, und zwar wahrscheinlich infolge von Verwitterung des blauen. So schön blau, bis indigo- blau, die Steine in der Tiefe sind, so werden sie doch an der Luft beim Austrocknen vielfach mißfarbig und kleben dann an der Zunge. Man findet aber auch zahlreiche schöne und dauerhaft gefärbte Exemplare, so daß in einer einzigen, neu in Betrieb ge- nommenen alten Grube in sechs Monaten mehr als 50 kg gut verkäuflicher Türkise gewonnen worden sind. Noch manche andere Türkisvorkommen sind in Neu-Mexiko gefunden worden, und viele von ihnen haben schon die alten Mexikaner abgebaut und immer dann verlassen, TÜRKIS. VORKOMMEN. NORDAMERIKA. 499 wenn sie aus der äußeren, durch Verwitterung aufgelockerten Umhüllung der Berge bis auf das harte und feste frische Felsgestein durchgedrungen waren, das sie mit ihren schwachen Mitteln nicht zu bewältigen vermochten. Andere Staaten im Westen der Union haben ebenfalls Türkis geliefert; einige der Fund- orte sollen hier noch kurz erwähnt werden. Viel Türkis wurde in Cochise County, ungefähr 20 engl. Meilen von Tom- stone in Arizona in einem Ausläufer der Dragoon Mountains, nicht weit von der früheren Apachenhauptstadt Cochise und südöstlich von der heutigen Hauptstadt Tuscon, von den Alten gewonnen. Der betreffende Berg heißt jetzt Turquoise Mountain, und da auch Silbererze in der Nähe vorkommen, so ist dort ein Bergwerksbezirk unter dem Namen Türkisdistrikt entstanden. In den Berg sind mehrere große Höhlungen hineingehauen, aber überall ruht jetzt der Betrieb, und zwar seit langem. Der Reichtum an Türkis, der hier in einem weißen Quarzit, vielleicht einem völlig zersetzten Feldspatgestein, liegen soll, wie in Kalifornien, ist nicht so groß wie am Mt. Chalchihuitl, auch sind die alten Arbeiten nicht so ausgedehnt wie dort. Die Farbe der Türkise ist meist grün in ver- schiedenen Nuancen. Im Staate Arizona, und zwar in Mohave County, liegt auch der Fundort Mineral Park, wo schön gefärbte Türkise auf drei etwa 100 Yards voneinander entfernten Gängen von 1 bis 4 Zoll Mächtigkeit sich nahezu !/» Meile weit verfolgen lassen. Auch hier haben die alten Mexikaner und später die Spanier die Steine in früheren Zeiten in großer Menge gewonnen. Ein neuer Fundort wurde am Colorado River entdeckt. | 5 (engl.) Meilen nördlich von Columbus, !/2 (engl.) Meile südlich von der Northern Bell Mine im Columbus-Distrikt im südlichen Nevada, findet man Türkis in Adern und kleinen Körnern, in einem braunen Sandstein. Die einzelnen Türkise von hier sind zwar meist klein, sie gehören aber nach Farbe und Qualität zu den besten, die in Nordamerika vorkommen. Einige wertvolle Stücke von der vortreffliehsten Beschaffenheit und Farbe sind schon gewonnen worden. Die meisten dieser Steine gehen nach San Franeisco. Außer den einzelnen reinen Steinen wird hier auch der Sandstein mit den darin liegenden kleinen Türkisen zu einem hübschen bunten Schmuckstein verschliffen (Türkismutter). In Esmeralda County, Nevada findet sich schön blauer Türkis in Adern von !/s Zoll und mehr einem dunkelgrauen Chalcedon eingewachsen. Dieses Vorkommen dient zur Her- stellung von Kameen, bei denen der Chaleedon den Hintergrund für die aus dem Türkis geschnittenen Figuren ete. bildet. Ein neuer Fundort am Caetus Mountain, 50 miles östlich von Butler in Nye County, ist ohne Bedeutung. In Colorado ıst der Türkis vom Holy Cross Mountain schon länger bekannt. Außerdem wird schöner Türkis in einigen Gruben bei La Jara, 1!/2 miles westlich vom Rio Grande, in Conejos County, nahe der südlichen Grenze des Staates, etwa 106 ® west- lich von Greenw., in einem kleinen vulkanischen Hügel gewonnen, in dem auch alte Gruben mit Steinhämmern usw. angetroffen wurden. 1907 wurden am Carrizo Creek in der Coloradowüste Türkis entdeckt. In Kalifornien ist das Vorkommen von Taylors Ranch, Chowchillas River, Fresno County, nur von mineralogischem Interesse, da hier der Türkis in sechsseitigen Prismen von Zollänge als .Afterkristall nach Apatit sich findet. Von einer gewissen Wichtigkeit für den Edelsteinhandel ist dagegen der seit 1898 näher bekannte Türkis von San Bernardıno County. Er findet sich auf einem weiten, schwer zugänglichen, wasser- armen, 5000 bis 6000 Fuß hohen, vulkanischen Gebiet von 30 bis 40 miles Ausdehnung, die besten Gruben aber zusammengedrängt in einem 14 miles langen und 3 bis 4 miles breiten Streifen. Es ist ein Teil der großen Wüste in der nordöstlichen Ecke von San Bernardino County nahe Death Valley und westlich vom Colorado River, 50 bis 60 miles 32* 500 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. nordwestlich von der Bahnstation Manvel und 100 miles nördlich von der Station The Needles. Das Türkısvorkommen greift noch etwas über die Grenze der benachbarten Staaten Arizona (Mohave) und Nevada hinüber. Es sind viele alte Gruben von früheren Bewohnern jener Gegend vorhanden, die außer diesen mancherlei Gebrauchsgegenstände für den Bergbau, Steinhämmer usw., sowie zahlreiche Felseninschriften und Bildwerke hinter- lassen haben. Der Türkis findet sich auf Klüften und Spalten, sowie in Form runder, von einer weißen blasigen oder tonıgen Masse umgebener Knollen von Bohnengröße in einem mürben Quarzgestein, das in Schiefer und Sandstein eingelagert ist; zahlreiche vulkanische Massen durchbrechen diese Schichten. Es ist dasselbe Auftreten, das der Türkis von Turquoise Mountain in Arizona zeigt. Die alten Gruben, höchstens 15 Fuß tief und von geringer Aus- dehnung, lagen an den Talgehängen, die neueren Arbeiten gingen mit Schächten tiefer. Dabei stellte sich heraus, daß die Qualität der Steine, die nahe der Oberfläche stark durch Verwitterung gelitten hat, nach unten zu sich verbessert, die Menge aber allmählich abnimmt, so daß in einzelnen Stellen bei 40 Fuß, an anderen bei 100 Fuß keine Spur von Türkis mehr vorhanden ist. Die Produktion ist ziemlich reichlich und hatte schon 1900 einen Wert von 20.000 Dollars im Jahre. Viele Steine sind von guter Art, und manche auch nieht klein. Einmal wurde ein solcher, allerdings blaßblau, gefunden, der geschliffen ein Oval von 32 und 54 Millimeter Durchmesser im Gewicht von 203 Karat gab. Geschliffen wird auch hier unter dem Namen Türkismutter der weiße Quarz mit den blauen Einschlüssen und Adern, was durch den Farbengegensatz einen hübschen An- blick gewährt. Neuestens wird gemeldet, daß die Türkisgewinnung in den südwestlichen Unions- staaten stark abgenommen hat und daß auch die Qualität der Steine geringer geworden ist. Auch an einigen Orten im Osten der Vereinigten Staaten ist Türkis gefunden worden, so in Alabama in Clay County und in New ‚Jersey bei Sommerville in einer Kupfer- srube, ebenso in Mexiko bei Bonanza im Santa Rosa-Distrikt im Staate Zacatecas in einer Bleierzgrube. Alle diese Vorkommen sind aber unbedeutend und Gräbereien haben in früheren Zeiten nirgends stattgefunden. In alten Ruinen aus der Inkazeit in Peru und Bolivia hat man wohl geschliffenen Türkis, aber in diesen Ländern, überhaupt in Südamerika, kein natürliches Vorkommen angetroffen. Auch in Australien, und zwar in der Kolonie Vietoria, ist blauer Türkis ader- förmig in schwarzem Tonschiefer vorgekommen, der in einer „New Discovery“ genannten Grube gewonnen wird. Es ist aber noch nichts Genaueres darüber bekannt. Der sog. Türkis aus West-Australien ist Chrysokoll (siehe unten). Wie alle kostbareren Edelsteine hat man auch den Türkis auf billigem Wege mit allen seinen natürlichen Eigenschaften künstlich herzustellen versucht. Bis zu einem gewissen Grade ist man auch dabei zu einem günstigen Resultate gelangt, sofern es un- zweifelhaft gelungen ist, eine Masse zu erhalten, die sich in der chemischen Zusammen- setzung nicht wesentlich vom echten Türkıs unterscheidet und deren physikalische Eigen- schaften, Farbe, Glanz, Härte, Dichte, Bruch und auch das Aussehen dieselben sind wie bei dem letzteren. Die Fabrikation soll hauptsächlich in Wien, in Frankreich und in England betrieben werden, und zwar in der Weise, dal die lockere Masse eines durch eine Kupferverbindung blaugefärbten chemischen Niederschlags von phosphorsaurer Ton- erde stark zusammengepreßt wird. Die Einzelnheiten des Verfahrens sind aber nicht bekannt. Diese künstlichen Türkise werden neben den natürlichen in den Handel gebracht. Sie haben stets eine sehr gute Farbe und können kaum von echten unterschieden werden. Daher tritt häufig der Verdacht auf, daß man es mit einem solchen Kunstprodukt zu tun KÜnsTtLicHER TÜRKIS. ZAHNTÜRKIS. 501 habe, wenn einmal von einem Orte ein ungewöhnlich großer Vorrat guter Stücke in den Handel kommt. So war es vor einer Reihe von ‚Jahren mit persischen Türkisen, dann auch mit den oben erwähnten sogenannten ägyptischen oder Alessandrinen-Türkisen, die sich aber, wie schon erwähnt, alle als echte erwiesen haben. Die Möglichkeit der Unterscheidung echter und nachgemachter Türkise beruht auf dem verschiedenen Verhalten beider in der Hitze. Dieses Verfahren ist natürlich nur anzuwenden, wenn es erlaubt ist, etwa von einer bedeutenden Anzahl einen oder den anderen Stein herauszunehmen und durch Erhitzen zu zerstören, was bei Ankäufen größerer Posten wohl immer möglich sein wird, oder wenn sich auf der Hinterseite eines größeren Steines ein kleines Splitterehen loslösen läßt, das zum Versuch genügt: Das Verhalten des echten Türkis im Feuer ist oben schon angegeben: er zerknistert heftig und zerfällt beim Glühen in ein schwarzbraunes Pulver oder gibt ohne zu schmelzen eine lockere Masse von dieser Farbe, die sich leicht zu Pulver zerdrücken läßt. Alles dies tut der künstliche Türkis nicht; er zerknistert nicht und gibt kein schwarzbraunes Pulver, sondern er schmilzt oder sintert zu einem harten Körper zusammen, der wenigstens im Innern seine blaue oder blaugrüne Farbe beibehält. Manche Stücke schmelzen sogar ziemlich leicht zu einer schwarzen Kugel. Ferner sollen die künstlichen Steine daran erkannt werden, daß sie beim Liegen im Wasser sofort dunkler blau werden und daß ihre Öber- fläche im nassen Zustande viele kreuz und quer verlaufende Risse zeigt; auch sollen sie in Wasser und Alkohol weicher werden. Als ein besonders sicheres Kennzeichen der echten Steine galt lange das Anhaften kleiner Partikelehen des Muttergesteins, namentlich brauner Flecken des mit dem Türkis so häufig verwachsenen Brauneisensteines. Man hat aber gelernt, auch die künstlichen Türkise mit kleinen braunen, ebenfalls von Eisen- hydroxyd herrührenden Flecken zu versehen, und so ist dieses Merkmal wieder unsicher geworden. Außer diesen künstlichen Türkisen, welche die Natur in allen wesentlichen Punkten nachzuahmen suchen und die den echten äußerlich so ähnlich sind, daß eine Unter- scheidung durch die gewöhnlichen Hilfsmittel kaum möglich ist, werden unserem Edel- steine zuweilen auch noch andere Körper untergeschoben, so namentlich eine türkisähnliche Glaspaste. Diese kann man erhalten, wenn man der undurchsichtigen Glasmasse 3 Proz. Kupferoxyd, 11/2 Proz. Braunstein und eine Spur Kobaltoxyd zusetzt. Solches Glas ist aber wohl stets vom echten Stein leicht zu unterscheiden. Der Glanz ist hier der ge- wöhnliche Glasglanz, der namentlich am Rande unschwer zu erkennen ist, wo beim Schleifen stets kleine Splitterchen ausbrechen, die auch den dem Glase zukommenden muscheligen Bruch zeigen. Auch wird man meistens Luftbläschen beobachten können, wenn die Imitation nicht ganz sorgfältig gemacht ist. Einige weitere Substanzen, die zuweilen für Türkis gehalten und ihm untergeschoben werden, sollen im folgenden be- trachtet werden. Sie wie die blaue Paste sind im Gegensatz zum echten Türkis für Röntgenstrahlen ganz undurchlässig. An den echten Türkis schließt sich zunächst eine eigentümliche organische Sub- stanz an, die wegen ihres ähnlichen Aussehens vielfach mit unserem Edelsteine ver- wechselt und für ihn verwendet worden ist, die sogar denselben Namen erhalten hat. — Es ist der Zahntürkis. Der Zahntürkis heißt auch Beintürkis, oceidentalischer Türkis, Türkis vom neuen Stein, turquoise de la nouvelle roche, Odontolith, fossiler Türkis. Man versteht darunter Knochen und besonders Zähne vorweltlicher Säugetiere, namentlich von Mastodon und 502 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Dinotherium, die beim langen Lagern in der Erde durch Aufnahme von phosphorsaurem Eisen, sogenannter Blaueisenerde, schön himmelblau, zuweilen auch durch Kupfersalze grün geworden sind. Letztere Farbe ist aber hier die seltenere, und da sie bei dieser Substanz gleichfalls nicht geschätzt ist, so soll von ihr nicht weiter die Rede sein. Solche blaugefärbte Zähne und Knochen sind an verschiedenen Orten vorgekommen, besonders reichlich in den Mioeänschichten von Simorre, Auch u. s. w. in der Gascogne (Dep. du Gers) in Frankreich, wo sie hauptsächlich dem Mastodon angustidens angehören. 3ei Simorre ist sogar eine Zeitlang ein förmlicher Bergbau darauf getrieben worden. Der Schmelz der Zähne ist hier im Boden ursprünglich unansehnlich graublau, wird aber beim Erhitzen schön himmelblau. Auch die Mammutzähne, die sich in Sibirien so häufig finden, sind zuweilen schön blau gefärbt. Dieser Zahntürkis wird, wie der echte, vielfach in mugeligen Formen geschliffen. Er ıst zwar erheblich weniger wertvoll, aber schöne Stücke von einiger Größe sind doch immer nicht ganz billig. Seine Farbe ist nahezu dieselbe wie beim Mineral- türkis, sie behält aber ihre Schönheit bei künstlicher Beleuehtung nicht, sondern wird im Kerzenlicht trübe und grau. Auch soll sie bei Behandlung mit Alkohol und Wasser allmählich abblassen. Auf geschliffenen und polierten Flächen bemerkt man vielfach hellere Streifen auf dem dunkleren Farbengrunde, die von der Struktur der Zahnsubstanz herrühren. Diese tritt im Dünnschliffe unter dem Mikroskop deutiich hervor, und man sieht dabei gleichzeitig, daß das färbende Pigment auf kleinen Kanälchen eingelagert ist. Die Farbe wird auch nicht selten durch braune oder schwarze moosförmige Flecken, so- genannte Dendriten, beeinträchtigt und dadurch der Wert des Steines beträchtlich. ver- ringert. Einige Kennzeichen lassen stets mit Sicherheit den Zahntürkis vom echten Mineral- türkis unterscheiden. Ersterer enthält bis zu 11 Proz. kohlensauren Kalk; man sieht daher, wenn ein kleines Stückehen mit Salzsäure übergossen oder ein größeres mit einem Tropfen Salzsäure betupft wird, ein lebhaftes Aufbrausen. Wegen seines Gehaltes an organischen Stoffen entwickelt er beim Erhitzen einen brenzlichen Geruch, beim Reiben wird er lange und andauernd elektrisch. Die Härte ist geringer als beim echten Steine und daher die Politur weniger fein. Dagegen ist das spezifische Gewicht größer, gleich 3 bis 31/, so daß ein Stück Zahntürkis in der dritten Flüssigkeit vom Gewicht 3, unter- sinkt, während Mineraltürkis schwimmt. Auch der Zahntürkis kann künstlich nachgemacht werden, indem man kalziniertes Elfenbein eine Woche lang in eine warme Lösung des tiefblauen, schwefelsauren Kupfer- oxyd-Ammoniaks legt. Das Elfenbein nimmt dadurch dieselbe schöne Farbe an. Einige andere Mineralien aus der Gruppe der Phosphate werden zuweilen wie der Türkis wegen ihrer schönen Farbe als Schmucksteine verwendet, haben aber nur eine ganz untergeordnete Bedeutung. Variscit (Utahlith, Wardit). Der Variseit ist ein dem grünen Türkis sehr ähnliches, nicht sehr hartes, durch etwas Eisen oder Chrom gefärbtes wasserhaltiges Tonerdephosphat mit der Formel: Al POı. 2H20, von dem zwei amerikanische Abarten zuweilen geschliffen werden und als einheimische Steine eine gewisse beschränkte Verwendung finden. Beide sind schön hellgrün und ganz undurehsichtig, so daß sie die in diesem Falle übliche mugelige Form erhalten. Die eine Abart, nach ihrer Heimat Utahlith genannt, da sie bis jetzt nur im Staate Utah vorgekommen ist, wurde zuerst, 1894, bei Mereur in Cedar Valley, Tooele County, über 6000 Fuß hoch in einem Ausläufer der Oquirrh Mountains, nahe dem Westufer des VARISCIT. UTAHLıtH. WarDıt. Karramıt. LAzUuLImH. 503 Utah-Lake, gefunden; nachher, 1905, auch 20 miles nordwestlich von dort, im Clay Canyon, Utah County, 8 bis 9 miles westlich von Stockton und 40 miles südwestlich von Salt Lake City, am östlichen Fuß der Stansbury Mountains. An beiden Orten bildet das Mineral wall- bis kokosnußgroße, rauhe, durch Eisenhydroxyd braune Knollen mit einem prächtigen grünen Kern und einer weißen Rinde von Chaleedon uud Quarz. Sie liegen in einem rotbraunen von Kalkschichten eingeschlossenen Kieselschiefer. Schönes Material ist nicht zu häufig und wird mit 60 Dollars pro Pfund verkauft. Zuerst ging das meiste nach China, wo derartige grüne Steine sehr geschätzt werden, jetzt bleibt auch viel im Lande. Die Gesamtproduktion beträgt gegenwärtig etwa 20000 Karat im Jahr. Der Wardit ist vom Utahlith in der Zusammensetzung etwas, aber im Aussehen kaum verschieden. Er findet sich nur mit diesem zusammen an dem ersten der genannten Orte und bildet krustenförmige Übergänge über ihm. Seine Härte ist etwas größer, H. = 5—6 gegen H. = 4—5 beim Utahlith, die Farbe ist ein sehr schönes helles, manchmal bläu- liches Grün. Das Verkommen und ebenso die Verwendung ist spärlich. Unter dem Namen Amatrix (= american matrix), Variseit- oder Utahlithmutter, wird gegenwärtig in Amerika Utahlith und Wardit in Chaleedon und Quarz eingewachsen vielfach geschliffen. Da beide Mineralien zuweilen oolithische Struktur haben und von ähnlichen gelben und grauen Substanzen begleitet sind, die auf dem weißen, grauen, gelblichbraunen bis dunkelbraunroten Muttergestein in bunter Abwechslung hervortreten, so bieten diese Steine oft ein sehr hübsches Ausseben und werden als ausschließlich amerikanisches Produkt geschätzt. Kallainit (Kallais). Der Kallainit ist gewissermaßen ein prähistorischer Edelstein, der sich in mehreren Beziehungen eng an den Türkis anschließt. Er fand sich bisher nur in einem alten keltischen Grabe zu Man&-er-H’rock bei Lockmariaquer in der Bretagne in der Form rund- licher Stückchen von der Größe von Leinsamen bis zu der eines Taubeneies. Die Farbe ist fast stets grün und’zwar apfelgrün ins Smaragdgrüne, der Stein ist aber im Gegen- satze zum Türkis stets stark und schön durchscheinend und gewährt einen recht hübschen Anblick. Manchmal ist er auch weiß und bläulich und zuweilen schwarz und braun ge- adert und gefleckt. Die Zusammensetzung ist sehr nahe der des Türkis, es ist ebenfalls wasserhaltige phosphorsaure Tonerde, aber die Bestandteile sind in etwas anderen Mengen vorhanden. Die Substanz ist, wie der Türkis, nicht deutlich kristallisiert und bildet wie dieser ein dichtes Aggregat mikroskopisch kleiner Körnehen, dessen Härte = 3'/2 bis 4 und dessen spezifisches Gewicht = 2,50 bis 2,52 ist. Bisher ist es noch nicht gelungen, den ursprünglichen Fundort dieses Minerals zu entdecken, das offenbar den alten Kelten jener Gegend als Schmuckstein gedient hat und das, wenn es in einiger Menge vorhanden wäre, auch heute noch, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, als solcher dienen könnte. Wahrscheinlich ist es eine Abart des Minerals Variseit, die sich aber von den anderen, auch den genannten Varietäten durch schönere Farbe und größere Durchsichtig- keit unterscheidet. Lazulith. Von Mineralien ist nur eines, das geschliffen vielleicht mit dem Türkis verwechselt werden könnte und das ihm zuweilen untergeschoben werden soll. Dieses Mineral, das unter seinem eigentlichen Namen wohl niemals als Edelstein Verwendung findet, ist der Lazulith (nicht zu verwechseln mit Lapis lazuliı, dem Lasurstein, der uns weiter unten beschäftigen soll). Er bildet himmelblaue, monokline Kristalle oder auch derbe, feinkörnige Massen, die als Blauspat bezeichnet werden. Die Zusammensetzung ist auch hier ähnlich wie beim Türkis; es ist ebenfalls ein Wasser, aber zugleich Magnesia und Eisen 504 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. enthaltendes Tonerdephosphat. Die Härte ist gleich 5 !/, also etwas geringer als beim Türkis; das spezifische Gewicht ist erheblich größer, gleich 3,1, so daß auch der Lazulith in der dritten Flüssigkeit von 3,0 spezifischem Gewicht sinkt. Der Glanz ist, anders als beim Türkis, der gewöhnliche Glasglanz, ohne Übergang zum wachsähnlichen. Schöne Kri- stalle finden sich in einem mürben Sandstein in den Graves Mts., Lincoln County, Georgia in den Vereinigten Staaten, sowie auf Quarz, der den Tonschiefer von Werfen im Salz- burgischen in einzelnen dünnen Adern durchsetzt; am letzteren Orte kommt auch der derbe Blauspat vor. Man trifft den Lazulith nur äußerst spärlich ım Edelsteinhandel. Der vermeintliche Lazulith aus den Diamantsteifen von Diamantina in Minas Geraös hat sich als Spodumen erwiesen. — 9 I —————— Olivin. (Chrysolith, Peridot). Die Gruppe des Olivins umfaßt eine größere Anzahl von Mineralien, von denen aber nur eines, der Olivin im engeren Sinne, als Edelstein Verwendung findet. Er heißt als solcher Chrysolith, bei den französischen Juwelieren Peridot. Der Name Chrysolith kommt von der schönen gelblichgrünen Farbe her, er würde aber eher auf einen aus- gesprochen goldgelben Stein, etwa den gelben Topas, passen, für den er auch früher unter anderen von Plinius angewendet wurde. Der Name Olivin ist ebenfalls von der Farbe abgeleitet, und zwar wurde die Nuance, die der Olivin zeigt, mit dem viel Gelb und Braun enthaltenden Grün der Früchte des Ölbaumes, der Oliven, verglichen, das als olivengrün bezeichnet wird. Keine andere Farbe, auch keine andere von der genannten stark verschiedene Nuance, kommt bei dem als Edelstein verwendeten Chrysolith in Be- tracht. Hierdurch unterscheidet er sich wesentlich von vielen anderen, z. B. den schon betrachteten Diamant, Korund, Topas usw., bei denen eine große Reihe von Farben und Farbenabänderungen zu beobachten ist; er gleicht hierin mehr dem Türkis, bei dem ebenfalls nur eine einzige Farbe im Edelsteinhandel vorkommt. Der Olivin und mit ihm die edle Varietät, der Chrysolith, ist chemisch sehr einfach zusammengesetzt. Er ist ein Magnesiasilikat von der Formel: 2 MgO..Sı O2; ein Teil der Magnesia ist aber stets durch die entsprechende Menge Eisenoxydul ersetzt. Bei der Analyse eines schön durchsichtigen und als Edelstein brauchbaren gelblichgrünen Chryso- liths aus dem „Orient“ hat Stromeyer gefunden: 50,15 Magnesia, 9,ı9 Eisenoxydul und 39,73 Kieselsäure neben minimalen Mengen von Mangan- und Nickeloxydul und von Tonerde. Diese brauchen hier nicht weiter berücksichtigt zu werden. Der Eisengehalt schwankt etwas weniges und mit ihm auch die grüne Farbe. Diese schreibt A sich, wie bei den grünen Weinflaschen, lediglich von der kleinen Kristallform des Olivins > . * . . : (Chrysoliths). Menge Eisenoxydul her; wenn diese etwas gröber ist, so ist die Farbe etwas dunkler und umgekehrt. Es gibt auch ein zur Gruppe des Olivins gehöriges Mineral, den Forsterit, der das ganz eisenfreie reine Magnesiasilikat von der angegebenen Formel darstellt; er ist dem fehlenden Eisengehalt entsprechend vollkommen farblos. Von dem Chrysolith ist er eben nur dadurch verschieden, daß er gar kein Eisen enthält. OLivin. EIGENSCHAFTEN. 505 Der Olivin ist zuweilen in deutlichen Kristallen ausgebildet, die dem rhombischen System angehören. Eine bei dem durchsichtigen, als Edelstein verwendbaren Chrysolith nicht selten vorkommende Form ist in Fig. 86 dargestellt. An einem rhombischen Prisma, dessen Flächen sieh unter 130° 3° schneiden, sind die seitlichen Kanten durch die schmalen Flächen des Brachy-, und die vordere und hintere Kante durch die breiten des Makropinakoids gerade abgestumpft, so daß ein nach den Flächen des letzteren etwas breiter ausgedehntes achtseitiges Prisma entsteht. Die Flächen des Makropina- koids und die des Prismas sind der Länge nach, also in der Richtung der Prismen- kanten deutlich gestreift. Auf die Prismenflächen sind die dreieckigen Flächen eines rhombischen Oktaöders, auf die Pinakoidflächen die vierseitigen Flächen eines ausgedehnten Makrodomas und eines kürzeren Brachydomas aufgesetzt. Endlich ist der Kristall nach oben und unten durch die langgezogene, aber schmale gerade Endfläche oder Basis be- grenzt, welche die Endecken des Oktaäders und zu gleicher Zeit die obere und untere Kante der Domen gerade abgestumpft. Andere Formen, die zuweilen vorkommen, sind dieser mehr oder weniger ähnlich, wie z. B. die, welche auf Taf. XIV, Fig. 11, dargestellt ist. Die Kristalle sind gewöhnlich ringsum ausgebildet; sie sind meist nicht auf Drusen- räumen auf-, sondern im Gestein eingewachsen oder doch früher eingewachsen gewesen. Eine sehr deutliche Spaltbarkeit ist beim Olivin nicht vorhanden; am besten ist sie noch in der Richtung des Brachypinakoids. Der Bruch ist stets muschelig. Die Härte entspricht etwa der des Quarzes, ist aber stets ein wenig geringer; man gibt meist H. = 6°, an. Der Olivin wird also vom Quarz geritzt, ritzt aber seinerseits Feldspat und noch leichter gewöhnliches Fensterglas. Verglichen mit anderen Edelsteinen ist demnach die Härte nur gering; trotzdem nimmt der Chrysolith, wenn auch etwas schwierig, eine sehr gute Politur an. Er wird aber beim Gebrauch leicht angegriffen, die Facetten werden matt, die Kanten und Ecken runden sich ab und werden stumpf. Der Stein ist daher auch nicht gerade besonders geschätzt und wird wenig getragen, namentlich selten als Ringstein, da er beim Tragen an der Hand zu leicht zerkratzt wird. Jedenfalls muß er stets sehr in Acht genommen werden. Das spezifische Gewicht des reinen, klaren und durchsichtigen Olivins schwankt zwischen 3,329 und 3,375. Es ist um so höher, je größer der Eisengehalt und also je dunkler die Farbe, und sinkt in dem Maße, wie die Steine heller werden. Die schwereren Ölivine sinken demnach im reinen Methylenjodid langsam unter, schwimmen aber in der schwersten Flüssigkeit (G. — 3,). Die leichteren Steine haben oft ziemlich genau das Gewicht des Methylenjodids. Sie schweben in ihm an jeder beliebigen Stelle, sinken darin beim Erwärmen, schon durch Berühren des Gefäßes mit der Hand, zu Boden und steigen beim Erkalten an die Oberfläche. Jedenfalls kann man den Chrysolith mit Hilfe des spezifischen Gewichtes von mehreren anderen grünen Steinen mit Sicherheit unterscheiden. Viele Olivine sind ganz klar und durchsichtig, von der vollkommensten Reinheit und ohne die geringsten Trübungen und Fehler. Nur diese werden unter der Bezeichnung „edler Chrysolith“ zu Schmucksteinen verwendet, nicht aber der viel verbreitetere trübe, durchscheinende bis undurchsichtige „gemeine Olivin“. Aber auch der durchsichtigste Olivin ist für Röntgenstrahlen fast undurchlässig. Der Glanz, der, wie erwähnt, durch die Politur sehr gesteigert werden kann, ist der gewöhnliche Glasglanz, aber stets mit einem Stich ins Fettige. Die Lichtbrechung ist nieht sehr stark. Dem rhombischen Krystallsystem entsprechend wırd das Licht doppelt gebrochen, und zwar ist die Doppel- brechung sehr kräftig, mehr als bei irgendeinem anderen Edelstein, ausgenommen den Zirkon (Hyacinth), bei dem sie noch erheblich höher geht. Die Größe der Brechungs- koöffizienten gibt ein Bild von diesen Verhältnissen. Der kleinste und größte derselben sind: für gelbes Licht: 1,661 und 1,6%, also ihre Differenz, welche die Größe der Doppel- 506 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. brechung angibt, gleich 0,036; der mittlere Brechungsexponent ist = 1,575. Die Brechungs- exponenten für Lichtstrahlen von anderer Farbe weichen nicht wesentlich von den obigen Werten ab, die Farbenzerstreuung ist also gering, und es kann daher von einem lebhaften Farbenspiel nicht die Rede sein. Von der gelblichgrünen Farbe und ihrer Abhängigkeit von dem Gehalt des Steines an Eisenoxydul ist schon oben die Rede gewesen. Sie geht bald etwas mehr ins Gelbe oder auch manchmal ins Braune, bald mehr ins Grüne, doch sind die Unterschiede stets gering; der gemeine Olivin ist auch nicht selten ausgesprochen gelb. Sehr tief und ge- sättigt ist die Farbe nie. Eine Vorstellung von der gewöhnlichen Färbung des Chrysoliths gibt Fig. 11 und 12 auf Taf. XIV, die einen Kristall und einen geschliffenen Stein dar- stellen. Je nach der Nuance werden zuweilen besondere Abarten unterschieden, die aber keineswegs allgemein angenommen und bekannt sind. Danach ist der eigentliche Chrysolith blaß gelblichgrün, der Peridot tief olivengrün und der Olivin gelblich oder licht olivengrün. Der Pleochroismus ist stets schwach; die Farbe der Bilder in der Dichrolupe schwanken zwischen gelblich ölgrün und rein grasgrün ohne wesentliche Beimischung von Gelb. Andere Eigenschaften, die mit dem Aussehen nichts zu tun haben, aber bei rohen Steinen mit zur Erkennung und Unterscheidung von anderen dienen können, sind die Un- schmelzbarkeit vor dem Lötrohr und die leichte Zersetzbarkeit durch Säuren. Nur sehr eisen- reiche Olivine, wie sıe als Edelsteine nie angewendet werden, sind etwas, aber doch immer schwer schmelzbar, und alle Olıvine werden, namentlich in Form eines feinen Pulvers, von Salz- säure und Schwefelsäure, besonders beim Erwärmen, unter Abscheidung gallertartiger Kiesel- säure leicht und rasch zerstört. Unter, wahrscheinlich unbewußter, Anwendung dieser letzteren Eigenschaft wird dem Chrysolith die letzte Politur häufig durch Schleifen mit Schwefelsäure statt mit Wasser gegeben; die Facetten werden dadurch ganz besonders glatt und glänzend. Auch Ätztinte greift die Steine sehr stark an. Man gibt dem Chrysolith meist die Form des Tafelsteines oder es wird der Treppen- schnitt in seinen verschiedenen Modifikationen angewendet (Taf. XIV, Fig. 12). Auch Brillanten und Rosetten kommen zuweilen vor. Bei den erstgenannten Formen wird die Wafel nicht selten rundlich geschliffen und so der Übergang zu dem eigentlichen muge- lichen Schliff mit oder ohne Facetten hergestellt, den man beim Chrysolith ebenfalls zu- weilen antrifft. Farbe und Glanz werden vielfach durch eine Goldfolie, bei sehr blassen auch durch eine grüne Folie verbessert. Der Olıvin ist ein in den Gesteinen der Erde viel verbreitetes Mineral. Er ist ein Be- standteil des Basalts, in dem er in Form scharf begrenzter Kristalle, häufiger in der unregelmäßiger Körner, und oft in umfangreichen, faust- bis kopfgroßen, ja noch größeren körnigen Aggregraten vorkommt, in denen einzelne kleine unregelmäßige Olivinkörner in überwiegender Menge mit sparsameren Körnern anderer Mineralien gemengt sind (Olivin- knollen). Auch in sonstigen Gesteinen: Diabasen, Gabbros usw., ist vielfach Olivin ent- halten, und überwiegt sogar nicht selten in ihnen, so daß fast reine Olivinmassen von großem Umfang entstehen, und ebensolche sind auch manchmal dem Gneis und anderen derartigen Felsarten aus der Reihe der kristallinischen Schiefer eingelagert. Aus dem festen Gestein gelangen einzelne Olivinkörner auch in den aus jenem gebildeten Ver- witterungsgrus und in die Seifen. Endlich ist noch zu erwähnen, daß auch in vielen Meteoriten Olivin als wesentlicher Bestandteil sich findet. Aber der in dieser Weise vorkommende Olivin wird wohl kaum jemals als Edelstein verwendet. Der aus dem Diabas und Gabbro stammende ist trübe und undurchsichtig; der aus dem Basalt und ähnlichen Gesteinen ist wohl vielfach klar und rein, wie z. B. der vom Vesuv, aber es sind fast stets nur Körnchen von ganz geringem Umfang. Auch dıe größeren Aggregate sind meist aus nur kleinen Stücken zusammengesetzt; selten sind OLIVIN. VORKOMMEN. = 307 diese etwas größer wie in dem Basalte vom Berge Kosakow bei Semil an der Iser im nördlichen Böhmen. Hier finden sich zuweilen bis haselnußgroße vollkommen durchsichtige und schön gelblichgrüne Körner, die häufig als Edelsteine geschliffen werden. Klar und durehsichtig und schön gefärbt sind auch vielfach die Olivine in den Meteoriten, auch sie bilden jedoch nur kleine Kriställchen. Nur in einigen wenigen dieser der Erde fremden Himmelskörper hat man klare und durchsichtige Exemplare von einer Größe gefunden, daß man daraus Steine von 1 Karat schleifen könnte, die dann im eigentlichen Sinne himm- lische Edelsteine wären. Auf der Herkunft der ım Edelsteinhandel vorkommenden und zu Schmucksteinen verschliffenen Chrysolithe lag ein gewisses Dunkel. Man sieht in den Mineraliensamm- lungen nicht selten rundlich abgerollte Stücke von vollkommener Reinheit und Klarheit und von schöner Farbe, bis zu Wallnußgröße, die offenbar aus irgendeinem Flußkies, einer Seife stammen. Diese stimmen in ihrer Beschaffenheit mit den geschliffenen Chry- solithen, wie sie meistens vorkommen, derart überein, daß sie wohl beide dieselbe Heimat haben können. Wo diese aber zu suchen ist, war durchaus nicht mit Sicherheit bekannt. Man sprach von „Pegu“ und dem „Lande der Birmanen“; die Nachrichten über das Vorkommen von schleifwürdigem Chrysolith dort und in Indien überhaupt sind aber äußerst unsicher. ‚Dasselbe gilt für Ceylon, wo der mit Chrysolith so häufig verwechselte Chry- soberyll sich findet, sowie für Brasilien, wo Chrysolith unter den farbigen Steinen von Minas Novas zuweilen genannt wird. Es ist aber höchst wahrscheinlich, daß es sich dabei gleichfalls stets um Chrysoberyll handelt, den die Brasilianer allgemein als Chryso- lith zu bezeichnen pflegen. Auch aus dem „Orient“, aus „Natolien“ und aus der „Levante“, sollte der als Edelstein verschliffene Chrysolith stammen und über Konstantinopel und Österreich in den abend- ländischen Handel gebracht werden. Ebenso findet man „Ägypten“ als Fundort an- gegeben, namentlich von klaren, schön grünen Kristallen etwa von der in Taf. XIV, Fig. 11 abgebildeten Form, die gleichfalls in den Sammlungen häufig zu sehen sind. Genauere Angaben sprachen von Oberägypten und von einer Lokalität östlich von Esneh, zwischen dem Nil und dem Roten Meere; als Muttergestein wurde Granit oder Syenit angegeben. Alle diese Nachrichten waren jedoch durchaus vag und unsicher. G. F. Kunz, der bedeutende amerikanische Edelsteinkenner, hatte nach seinen reichen Erfahrungen im Edelsteinhandel die Ansicht gewonnen, daß schleifbarer Chrysolith gegen- wärtig überhaupt kaum mehr gefunden werde, und daß alle Steine, die sich zurzeit im Handel befinden, aus Kirchen und Klöstern und alten Schmucksachen aller Art stammen, die oft schon vor 200 Jahren hergestellt worden sind. Da sich namentlich in den alten Kirchen- geräten vielfach schöne Olivine finden, so hat man wohl auch geglaubt, sie seien von den Kreuzfahrern mitgebracht worden. Vielleicht habe man damals die Fundorte gekannt; sie würden dann wohl erschöpft oder aus anderem Grunde verlassen sein und die genauere Kenntnis davon wäre im Laufe der Zeiten allmählich verloren gegangen. Allerdings be- richtet er auch gleichzeitig über das Vorkommen schleifbarer Chrysolithgeschiebe, die mit Granaten sich in den Sanden des nordwestlichen Neu-Mexiko und des nordöstlichen Arizona finden, wo sie von den Umwohnern, den Navajos-Indianern, mit den beglei- tenden Granaten gesammelt werden. Aber diese sind erst seit kurzem bekannt und auch meist nur klein und von keiner guten Farbe, so daß sie tatsächlich nur wenig benutzt werden, da die jetzige Mode große und möglichst dunkel gefärbte Steine von schöner Durchsichtigkeit verlangt. Erst im Jahre 1904 sind dann im Peridot Canyon in Arizona schöne und zum Teil große Olivine, bis 11/; Unzen schwer und 1'/, Zoll lang, ohne Granate in einem porösen Lavagestein gefunden worden, die vielleicht für den Edelsteinhandel Be- deutung erlangen. 508 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Von weit größerer Wichtigkeit ist jedoch die Entdeckung prächtiger Olivine, die 1900 auf der kleinen vulkanischen Insel Seberget (auch Zebirget oder St. Johns) an der ägyptischen Küste des Roten Meeres, südöstlich vom Vorgebirge Ras Benas (23° 36‘ nördlicher Breite, 36° 10° östlicher Länge von Greenwich) gemacht wurde. Der Olıvin findet sich hier in Form von ausgezeichneten Kristallen, die auf den Wänden von Hohl- räumen eines stark zersetzten Olivingesteins, das dadurch zu Serpentin geworden, aufge- wachsen sind. Nach Europa kommen teils Kristalle, fast stets mehr oder weniger zer- brochen, oder unregelmäßige Bruchstücke, meist klein und nicht über 1 bis 2 Karat; doch findet man ganz reine Kristalle von 40 Gramm und noch größere Bruchstücke. Das Material ıst zum Teil trübe zum Teil von tadelloser Klarheit und Reinheit, und es können geschliffene Steine von höchster Vollkommenheit auch des Glanzes und der Färbung bis zum Gewicht von nahezu 40 Karat erhalten werden. Da zahlreiche alte Gruben aus unbekannten früberen Jahrhunderten vorhanden sind, so ist wohl kein Zweifel, daß wir hier den verloren gegangenen Fundort der immer schon als aus Ägypten stammend be- zeichneten Kristalle und der Olivine in alten Schmucksachen und Kirchengerätschaften vor uns haben. Der echte Chrysolith, der edle Olivin, wird mit manchen anderen Steinen verwechselt, die dieselbe oder eine ähnliche grüne Farbe haben. Manche Chrysolithe werden für Smaragd gehalten und ausgegeben, der aber durch sein viel niedrigeres Gewicht und sein Schwimmen in reinem Methylenjodid leicht unterschieden werden kann. So sind z. B. die sogenannten Smaragde, welche den Schrein schmücken, der die Reliquien der heiligen drei Könige im Kölner Dom birgt, in Wirklichkeit keine solchen, sondern Chry- solithe von außergewöhnlicher Größe (200 bis 300 Karat). Besonders häufig ist aber die Verwechselung mit dem Chrysoberyll. Daß die Brasilianer diesen Stein Chrysolith nennen, wurde schon erwähnt; auch der Chrysolith der französischen Juweliere und der „orienta- lische Ohrysolith“ des Edelsteinhandels ist, wenigstens zum Teil, Chrysoberyll. Dieser letztere kann an seiner viel größeren Härte und dem bedeutend höheren spezifischen Ge- wicht vom echten Chrysolith unterschieden werden; in der schwersten Flüssigkeit sinkt er, während der letztere darin schwimmt. Noch manche andere hellgrüne Edelsteine werden gelegentlich als Chrysolith mit verschiedenen Beinamen bezeichnet: Ceylanischer Chrysolith ist olivengrüner Turmalın, orientalischer COhrysolith wird auch der gelblichgrüne Korund genannt, sächsischer Chry- solith ıst der grünlichgelbe Topas vom Schneckenstein in Sachsen, falscher Chrysolith der grüne Bouteillenstein oder Moldawit oder Pseudochrysolith, von dem noch die Rede sein wird; Chrysolitı vom Kap ist die grüne Modifikation des Minerals Prehnit usw. Auch der Demantoid wird häufig Chrysolith genannt, ebenso zuweilen der Vesuvian. Wir werden im dritten Teile. (Tabelle 12 bis 14) die Art und Weise kennen lernen, wie man alle diese Steine voneinander unterscheiden kann. In neuerer Zeit wird ein gelblichgrünes Glas unter dem Namen Chrysolith oder auch Obsidian ziemlich viel verschliffen und an gewöhnlicheren Schmucksachen in den Handel gebracht. Es ist dem echten Chrysolith sehr ähnlich, aber an seinem geringen spezifischen Gewicht, sowie an seiner einfachen Lichtbrechung im Polarisationsinstrument leicht zu unterscheiden. Was den Preis des Chrysoliths betrifft, so werden große, reine und verhältnismäßig dunkel gefärbte Stücke am besten bezahlt. Früher war der Stein höher geschätzt als Jetzt, wo er im allgemeinen dem Topas gleich steht. Im Mittel ist für 1 Karat eines srößeren Stückes kaum mehr als 4 bis 7 Mark zu rechnen. a — EEE u re SE re ee ie. ee en Mn ÜORDIERIT. 509 Cordierit. (Dichroit, Jolith,) Der Cordierit, der außer den genannten noch verschiedene andere Mineralnamen besitzt, geht im Edelsteinhandel, in dem er eine allerdings nur untergeordnete Rolle spielt, unter der Bezeichnung Luchsstein oder häufiger Luchssapphir und Wassersapphir. Man sieht daraus, daß man es mit einem blauen Steine zu tun hat, und in der Tat gleichen manche Stücke unseres Minerals gewissen Abänderungen des Sapphirs derart, daß der Cordierit zuweilen mit dem letzteren Edelstein verwechselt und als eine geringere Qualität desselben verkauft wird. Außer der Farbe haben aber beide Steine sehr wenig miteinander gemein, ihre sämt- lichen anderen Eigenschaften sind sehr wesentlich voneinander verschieden. Die Zusammensetzung des Cordierits wird durch die chemische Formel ausgedrückt: H: 0.4 (Mg, Fe) 0.4 Al» 03.10 Sı O2; es ist ein etwas Wasser enthaltendes Tonerde- Magnesia-Silikat, in dem ein Teil der Magnesia durch Eisenoxydul ersetzt ist. Die Analyse eines aus dem „Orient“, wahrscheinlich von der Insel Ceylon stammenden Stückes hat ergeben: 43, Proz. Kieselsäure, 37, Tonerde, 5,2 Eisenoxyd, 9, Magnesia, 3,ı Kalk und 1,, Wasser, zusammen 100, Proz. Spätere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, daß das Eisen nicht als Oxyd, sondern durchaus als Oxydul im Cordierit vorhanden ist. Der Eisen- gehalt ist wohl jedenfalls das färbende Prinzip. Gut ausgebildete Kristalle sind nicht sehr häufig; die Flächen sind meist rauh und die Kanten nicht besonders scharf. Das Kristallsystem ist das rhombische; gewöhnlich bilden die Kristalle niedere Prismen mit ausgedehnter gerader Endfläche wie in Fig. 87. Deutliche Spaltbarkeit ist nicht vorhanden; der Bruch ist unvollkommen muschlig. Die Härte ist = 7'/ı, übertrifft also die des Quarzes um ein Geringes. Der Stein ıst spröde und schmilzt sehr schwer vor dem Lötrohr. Von Säuren wird er nieht merklich angegriffen. Das spezifische Gewicht ist wahr- scheinlich mit. dem nicht immer gleichen Eisengehalt etwas schwankend; es beträgt 2,60 bis 2,66, auch etwas gröbere und und kleinere Zahlen werden angegeben, jedenfalls ist es von dem des Quarzes nur wenig verschieden, und zwar im allgemeinen etwas niedriger. Der Cordierit ist meistens kaum durchscheinend, zuweilen jedoch auch vollkommen durchsichtig; nur Stücke von der letz- teren Beschaffenheit werden als Schmucksteine verwendet. Der Glanz ist Glasglanz, der aber auf Bruchflächen etwas ıns Fettige geht. Durch die Politur wird er beträchtlich erhöht, doch bleibt er hinter dem des ächten Sapphirs stets weit zurück. Die Lichtbrechung ist schwach, ebenso die Doppelbrechung, letztere schwächer als bei irgendeinem anderen Edelsteine. Der größte und kleinste Brechungsindex für Orange sind = 1,545 und 1,535. Die Farbe ist wechselnd. Manche Stücke sind fast farblos, andere gelb, grün, braun, sehr verbreitet ist ein meist ziemlich dunkles Blau, das zuweilen etwas ins Violette geht. Nur solehe blaue Stücke werden geschliffen. Am schönsten gefärbt und zugleich am besten durchsichtig sind die Gerölle von Ceylon, von denen oben die chemische Zusammen- setzung angegeben worden ist. Sie allein dıenen den Edelsteinschleifern in der Haupt- sache als Material, während Stücke von anderen Orten meist zu schlecht gefärbt und zu trübe sind. Die Farbe dieser Gerölle schwankt zwischen himmelblau und indigo; nach der Tiefe der Färbung unterscheidet man zuweilen die helleren als Wassersapphir von Fig. 87. Krystallform des Cordierits. 510 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. dem dunkleren Luchssapphir. Bei allen diesen Cordieriten tritt aber eine Eigenschaft in ganz besonders ausgezeichnetem Grade hervor, nämlich die Verschiedenheit der Farbe in verschiedenen Richtungen eines und desselben Steines, der Dichroismus. Dieser ist hier stärker als bei den meisten anderen Mineralien, so daß der Cordierit danach auch den Namen Dichroit erhalten hat. Die größte Farbendifferenz zeigt sich beim Hindurchsehen nach den drei aufeinander senkrechten kristallographischen Achsen. In der einen Richtung tritt ein schönes dunkles Blau auf, in einer zweiten ist der Stein viel heller blau und in der dritten licht gelblichgrau bis fast farblos; in zwischenliegenden Richtungen erhält man intermediäre Farben. Bei der Untersuchung mit der diehroskopischen Lupe zeigen die Bilder Färbungen, die jenen drei Hauptfarben sehr nahe stehen, oder Mischfarben aus ihnen, jederzeit aber große Verschiedenheit innerhalb der genannten Grenzen: dunkelblau, hellblau und graulichgelb bis farblos, was für die Unterscheidung von anderen blauen Steinen von Bedeutung ist. Auch beim Schleifen muß auf den Dichroismus Rücksicht genommen werden, um einen schön blau aussehenden Stein zu erhalten. Je nach dem Schliff kann aus einem und demselben Stein ein Luchssapphir oder ein Wassersapphir entstehen. Am häufigsten wird die Treppen- oder Tafelform angewendet, die Steine dürfen aber wegen der Dunkelheit der Farbe nicht zu dick sein. Die Tafelfläche muß auf der dem dunkelsten Blau ent- sprechenden Richtung senkrecht stehen, dann gehen die in das Auge des Beschauers ge- langenden Lichtstrahlen in dieser Riehtung durch den Stein hindurch, und dieser zeigt sich in der schönsten blauen Farbe, die er überhaupt erhalten kann. Je weniger jene Richtung eingehalten wird, desto unscheinbarer, hellblau oder gelbliehgrau, ist die Färbung. Auch mugelige Steine werden häufig hergestellt, wobei in ähnlicher Weise auf die richtige Lage der runden Oberfläche Bedacht zu nehmen ist. Auf dieser bemerkt man bei manchen Steinen eine Lichterscheinung ähnlich wie am Sternsapphir. Zuweilen sucht man beim Schliff gerade den Dichroismus, diese ausgezeiehnete Eigenschaft des Steines, deutlich zu zeigen, indem man Würfel herstellt, deren Flächen auf jenen drei Achsen senkrecht stehen. Diese werden mit einer Ecke auf einer Nadel befestigt und zeigen dann beim Hindurch- sehen durch die verschiedenen Flächen abwechselnd jene drei Hauptfarben und damit eine für die meisten Beschauer sehr auffallende und merkwürdige Erscheinung. Vom Sapphir ist der Cordierit durch die Gesamtheit seiner Eigenschaften leicht zu unterscheiden. Der Dichroismus ist beim Sapphir viel geringer, die Härte sehr viel größer und ebenso das spezifische Gewicht; der letztere sinkt in allen schweren Flüssigkeiten, während der Cordierit in allen, zuweilen vielleicht mit Ausnahme der leichtesten schwimmt. Dadurch unterscheidet er sich auch von den anderen blauen Steinen, dem blauen Diamant, dem Turmalin und dem noch zu betrachtenden Cyanit oder Sappare, die alle erheblich schwerer sind. Was das Vorkommen in der Natur anbelangt, so ist der Cordierit fast durchaus an den Granit und besonders an den Gneis gebunden; in kleinen Mengen ist er allerdings auch in manchen vulkanischen Gesteinen gefunden worden. Ringsum ausgebildete Kristalle, aber trübe und von zu dunkler Farbe, sind in dem Granit von Bodenmais im bayrischen Walde eingeschlossen; Stücke von meist unregelmäßiger Begrenzung, jedoch zum Teil schön blau und manchmal auch gut durchsichtig, liegen unter anderen im Gneis von Arendal, Kragerö, Tvedestrand und anderen Orten in Norwegen, in dem von Orijärfvi bei Abo in Finland usw. Ein schönes Vorkommen ist auch das von Haddam in Connec- ticut in einem Granitgang im Gneis und das von Edgeley in Nord-Dakota, wo bis fünf Millimeter große durchsichtige blaue Körner im Glimmerschiefer eingewachsen sind. Die Gerölle von Ceylon, von denen schon oben die Rede war, sind bis nußgroß; sie finden sich als Seltenheit mit anderen Edelsteinen in den dortigen Edelsteinseifen. Ähnlich soll der Cordierit auch in Minas novas in Brasilien zuweilen mit den weißen Topasen vorkommen. VESUVIAN. ll Durch Zusammenschmelzen der obenerwähnten Grundbestandteile kann man eine durchsichtige gläserne Masse mit der blauen Farbe, dem spezifischen Gewicht (2,5) und dem Brechungsvermögen des Cordierits herstellen. ——&—>—— Vesuvian. (Idokras.) Der Name Vesuvian stammt von dem Vorkommen ausgezeichnet schöner durch- sichtiger brauner Kristalle dieses Minerals am Vesuv, die in Neapel zuweilen als Sehmucksteine geschliffen werden. Im Handel ist für sie daher auch die Bezeichnung „vesuvische Gemme“ gebräuchlich. Die Verwendung des Steines ist aber geringfügig und in der Hauptsache auf Italien beschränkt. Hier liegt im Alatale in den piemon- tesischen Alpen noch ein zweiter Fundort schleifwürdiger Kristalle, und zwar solcher von grüner Farbe, die von dem benachbarten Turin aus in kleiner Zahl in den Edelstein- handel gebracht werden. Da Vesuviane von anderer Herkunft kaum zu Schmucksteinen benutzt werden, so hat man es hier mit einem spezifisch italienischen Edelstein zu tun. Der Vesuvian ist ein etwas Wasser und Eisenoxyd, sowie geringe Mengen anderer Bestandteile enthaltendes Kalk-Tonerde Silikat. Früher nahm man ihn für gleich zusammen- gesetzt wie den Kalktongranat, es hat sich aber dann herausgestellt, daß dies nicht ganz richtig ist und daß ihm die kompliziertere Formel: 2H20.12Ca0.3(Al,Fe), 03.108102 zukommt. Die Analysen von Kristallen der beiden genannten Fundorte haben folgende Zahlen ergeben: braun grün Vesuy Alatal ee A EENEREN GENE): 37,36 Pirtansaunene ES EI N RR RN. = 0,18 Hionerdeta NN ee ET 16,30 EIRERDEV OHREN 6 Se ea ee 2,99 4,02 Eienosvenlant. 1omaseihhk aeg arte ara gehe 2,01 0,39 Mansanoaylal 2 52 le en a een 0,57 si ES EN ee EN Er, 36,65 REN. 200, gehe Sept 5 TE ala wei MR ES Me 2,62 3,02 Ras aan? RE VRR 0,08 _ INAtrona LENES TAN, eh: ae tele ar 0,43 Spur NVassen sera Saar luca Reel eree. Derzie Pre 1,32 2,39 1 Haroyee. ee EEE REINE BERGE TE WEN: 1,08 — 100,45 100,81 Sehr häufig findet man gut ausgebildete Kristalle, die dem quadratischen System angehören. Gewöhnlich sind sie unter Bildung schöner Drusen mit einem Ende auf einer Unterlage aufgewachsen. Zwei derselben sind in den Figuren 88, a und b ab- gebildet, der erste vom Alatale, der andere vom Vesuv. Es sind fast immer mehr oder weniger stark verlängerte Säulen mit deutlich vertikal gestreiften Flächen, deren Zahl acht oder mehr beträgt. Wenn die Säulen von sehr vielen und dann sehr schmalen Flächen begrenzt sind, erscheinen sie walzenförmig rund. Die gerade Endfläche schließt die Kristalle meist in ziemlicher Ausdehnung nach oben ab, und zwischen ihr und den Fig. SS. Kristallformen des Vesuvian. 512 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Prismenflächen liegen noch Flächen von Oktaedern und Dioktaedern, zum Teil nur sehr klein, aber dann zuweilen in solcher Anzahl, daß manche Vesuviane zu den flächen- reichsten Kristallen gehören, die man im Mineralreich überhaupt kennt. Die Spaltbarkeit ist nur sehr gering. Der Bruch ist unvollkommen muschlig bis uneben. Das Mineral ist spröde, die Härte ist nicht ganz die des Quarzes (H. = 61), die Schmelzbarkeit ist ziemlich leicht, und ein geschmolzenes Stück wird von Säuren zersetzt, nicht aber ein ungeschmolzenes. Das spezifische Gewicht ist der etwas wech- selnden chemischen Zusammensetzung entsprechend ebenfalls schwankend und geht von 3,5 bis 3,5; die braunen Kristalle sind etwas schwerer als die grünen. Für die braunen Vesuviane vom Vesuv fand man: G.= 3,1, für die grünen vom Alatale: G = 3,39 bis 3,135 beide sinken also langsam im reinen Methylenjodid, schwimmen aber in der schwersten Flüssigkeit. Die Durehsichtigkeit ist sehr verschieden, aber stets gehen Röntgenstrahlen wenig hindurch. Die meisten Kristalle des Vesuvians sind nur durchscheinend bis halbdurch- sichtig, vielfach das freie Ende durchscheinender als das aufgewachsene. Nur durch- sichtige oder stark durchscheinende Stücke werden geschliffen, wobei sie einen recht guten Glanz annehmen, und zwar ist dieser der gewöhnliche Glasglanz, der aber auf Bruch- flächen etwas ins Fettige geht. Die Lichtbrecehung ist ziemlich stark, die Doppelbrechung schwach. Die beiden Hauptbrechungskoeffizienten sind = 1,733; und 1,72», gemessen an Kristallen vom Alatal. Von großer Mannigfaltigkeit ıst die Farbe, die von dem Eisen- und Mangangehalt herrührt. Es gibt fast farblose und gelbe, auch blaue und rote Vesuviane, am verbreitetsten ist aber der braune und grüne in verschiedenen Nuancen, und Steine von dieser Art sind es, wie wir gesehen haben, die wohl ausschließlich als Edelsteine benutzt werden. Der Dichroismus ıst ziemlich stark; bei dem grünen Vesuvian vom Alatale ist bei der größten Farbenverschiedenheit der beiden Bilder der Dichrolupe das eine rein grün, das andere gelbliehgrün. Was das Vorkommen anbelangt, so findet man den Vesuvian an zahlreichen Stellen entweder als Kontaktmineral im Kalk eingewachsen, oder aber in kristallinischen Schiefern, wie Gneis, oder endlich im Serpentin; seltener ist das Auftreten des Minerals ein anderes und dann jedenfalls für unsere Zwecke unwichtig. Für zwei Arten des Vorkommens geben gerade die Kristalle von den erwähnten beiden Lokalitäten gute Beispiele. Der grüne Vesuvian des Alatales findet sich an der Testa Ciarva, einem kahlen, steilen Felsen auf der Mussaalp in einer mehr als metermächtigen Bank im Serpentin, wo die Kristalle mit Chlorit zusammen auf hellgrünem, derbem Vesuvian aufgewachsen sind. Der Ort ist derselbe, wo auch der früher betrachtete gelbrote Hessonit-Granat vorkommt (5.439), beide Mineralien liegen aber getrennt. Das Vorkommen von hier ist Taf. XV, Fig. 1 abgebildet, ein geschliffener Stein ebendaher Fig. 2. Die Farbe desselben ist schön grasgrün, mit einem Stich ins Gelbliche. Der Vesuvian hat deswegen eine gewisse Ähnlich- keit mit Chrysolith und wird daher zuweilen sogar als Chrysolith bezeichnet; die Farbe des letzteren geht aber noch mehr ins Gelbe, und sein Dichroismus ist im Gegensatz zum Vesuvian kaum merklich. Eine gewisse Ähnlichkeit ist auch mit den anderen grünen Steinen, Diopsid, Epidot, Demantoid usw., vorhanden, die Unterschiede sollen im dritten Teile (Tabelle 13 und 14) angegeben werden. Der Vesuvian vom Vesuv findet sich mit zahlreichen anderen, schön kristallisierten Mineralien in den Kalksteinauswürflingen des alten Vesuvs, der jetzt sogenannten Somma, die bei der großen Eruption vom Jahre 79 n. Chr. unter Bildung des jetzigen Vesuvs zum großen Teil zerstört worden ist. Diese in Kalk eingewachsenen Kristalle sind braun in allen Abstufungen, vom dunkelsten bis zum Honiggelb. Einen schönen, braunen, ge- schliffenen Vesuvian vom Vesuv stellt die Fig. 3 auf Taf. XV dar. Gewisse heller braune VESUVIAn. KALIFORNIT.. AxINIT. 513 Steine von dort gleichen in der Farbe manchen Hyaeinthen; diese werden daher auch wohl als Hyacinthen bezeichnet und sind besonders geschätzt. Einen sicheren Unterschied zwischen beiden gibt vor allem das sehr verschiedene spezifische Gewicht. Wie der braune Vesuvian von anderen braunen Steinen, Rauchtopas, braunem Turmalin, Axinit usw., unter- schieden werden kann, soll ebenfalls später angegeben werden (Tabelle 9 und 11). Nichts anderes als dunkelgelblichbrauner Vesuvian ist das als Xanthit bezeichnete Mineral von Amity, Orange County, New York, aus dem zuweilen kleine Schmucksteine hergestellt werden, die aber wohl ausschließlich in Nordamerika Verwendung finden. Selten wird auch der himmelblaue Vesuvian von Telemarken in Norwegen, der Cyprin geschliffen. Die Schliffoımen sind für die braunen und die grünen Steine dieselben, es ist die Treppen- und die Tafelform, andere kommen kaum vor. Für beide Farben ist der Preis der mäßigen Benutzung wegen gering. Kalifornit. Der Kalifornit ist ein dichter Vesuvian mit splittrigem Bruch, oliven- bis fast srasgrün, vielfach mit helleren Streifen und Fleeken, der beim Schleifen einen kräftigen Glanz annimmt. Er fand sich zuerst 1889 in derben und linsenförmigen Massen zwischen Kalk und Serpentin anstehend am Piz Longhin bei Casaccia im Bergell in der Schweiz und von dort abgestürzt im Talschutt des benachbarten Ordlegna-Baches. Später traf man ihn auch in Tirol, sowie in Kalifornien an, woher er seinen besonderen Namen hat. Hier ist er gleichfalls mit Serpentin in Verbindung. Die Fundorte liegen in Siskiyou County ganz im Norden und in Fresno County in der Mitte des Staates, nördlich vom Tulare-See, sowie in Tulare County. Man hat ihn zuerst für Jadeit gehalten, dem er zum Verwechseln ähnlich sieht. Muglig geschliffen kann er hübsche Schmucksteine geben, wegen seines massenhaften Vorkommens ist er auch zur Herstellung größerer Gegenstände geeignet. Axınit. Auch vom Axinit werden zuweilen einzelne durchsichtige Kristalle als Edelsteine, und zwar meist en cabochon geschliffen, die meisten Exemplare des Minerals sind aber nur durchscheinend und dann unbrauchbar. Der Axinit hat eine hübsche nelkenbraune Farbe, die zuweilen stark ins Violette zieht, doch kommen auch unansehnliche, stark mit Grau gemischte Färbungen vor. Der Diehroismus ist ziemlich stark; die Bilder, die man mit der Dichrolupe erhält, schwanken zwischen violblau, zimmtbraun und olivengrün. Hierdurch ist ein sicherer Unterschied von dem häufigsten braunen Schmuckstein, dem Rauchtopas gegeben, dessen Diehroismus sehr gering ist, aber ebenso von dem braunen Turmalin, der zwar gleichfalls stark dichroitisch ist, aber andere Farben zeigt. Beide sind auch erheblich leichter. Der Zusammensetzung nach ist der Axinit ein wasser- und borsäurehaltiges Silikat von Tonerde und Kalk, in dem aber auch noch geringe Mengen Eisen und Mangan vorkommen, welche die Färbung vermitteln. Die Formel wird: HH 0.6Ca0.B: 03.2 Al2 03.8 Sı O2 geschrieben. Der Axinit findet sich meist in derben Massen, die nie zum Schleifen geeignet sind, aber auch nicht selten in schönen Kristallen des triklinen Systems. Eine häufig vor- Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 33 514 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. kommende Form mit den Flächenstreifungen zeigt Fig. 89. Die Kristalle haben die Eigen- tümlichkeit, daß die Flächen sich unter sehr spitzen Winkeln schneiden, so daß sehr scharfe Kanten entstehen. Besonders deutliche Spaltbarkeit ist nicht vorhanden. Das Mineral ist spröde, die Härte ist annähernd die des Quarzes (H. = 6'/ bis 7), und das spezifische Gewicht ist 3,29 bis 3,30. Die natürlichen Flächen sind häufig sehr stark glasglänzend; auch durch die Politur wird ein schöner Glanz erzielt. Der Axinit findet sich in alten Silikatgesteinen verschiedener Art, in denen die Kristalle auf den Wänden von Hohlräumen aufgewachsen sind, so z. B., und zwar die besten von allen, im Gneis von Le Bourg Fig. 59. Kıistallform q’Oisans im Dauphine in Frankreich (Departement de l’Isere) und Iscwis an anderen Stellen der westlichen, weniger der östlichen (tiroler) Alpen; ferner bei Botallack in Cornwall in England, im südlichen Kalifornien und an anderen Orten. Die Verwendung und der Wert sind nicht sehr bedeutend und die ge- schliffenen Steine stets klein, da die meisten Kristalle nur geringe Größe und namentlich Dicke besitzen. ® I ® Cyanit. Der Cyanit oder Disthen ist ein zuweilen weißes oder hellgelbes, auch grünes, graues oder schwarzes, meist aber, wie der Name sagt, blaues Mineral. Die Farbe ist zwar in der Regel ziemlich blaß himmelblau, aber doch auch nicht selten dunkel kornblumen- blau. Derartige Exemplare geben recht hübsche Schmucksteine, wenn sie genügende Durchsichtigkeit haben, was aber allerdings nicht allzu oft der Fall ist. Diese gleichen dann bis zu einem gewissen Grade dem Sapphir und werden wohl auch zuweilen für solchen gehalten und verkauft. An den Sapphir erinnert auch der Edelsteinname dieses Minerals, Sappar& oder Sappar. Dieser stammt von einem Schreib- fehler her, den der jüngere Saussure, der bekannte Genfer Mineraloge, machte, als er die Etiquette, die bei einem fälschlich für Sapphir gehaltenen Stück Cyanit lag, als Sappare las. Trotzdem dieser Irrtum längst erkannt ist, blieb der letztere Namen doch bestehen, da er sich allmählich zu fest eingebürgert hatte, besonders bei den französischen Edel- steinhändlern. Wie der Topas ist der Cyanit ein Tonerde-Silikat, er unterscheidet sich aber von jenem durch den Mangel des Fluorgehalts. Seine chemische Formel ist: Al; O3..Si O,, ein kleiner Teil der Tonerde ist jedoch durch Eisenoxyd ersetzt, das trotz seiner geringen Menge doch wahrscheinlich die Farbe bedingt. Der schön blaue Oyanıt vom St. Gotthard enthält: 36,67 Kieselsäure, 63,11 Toonerde und 1,19 Eisenoxyd (zusammen 100,97). Vielfach ist das Mineral deutlich kristallisiert. Die Kristalle, an denen eine der häufigsten Formen die in Fig. 90 abgebildete ist, gehören dem triklinen System an. Es sind breite, langgestreckte, nicht selten etwas gebogene, meist im Gneis, Glimmerschiefer und anderen ähnlichen Gesteinen eingewachsene Prismen, gewöhnlich von sechsseitigem Quer- schnitt. Der breiten, in der Figur nach vorn gekehrten Fläche ent- spricht ein sehr vollkommener Blätterbruch; ein weniger deutlicher geht der einen der beiden seitlich an diese anstoßenden schmäleren Prismenflächen parallel. Die beiden letzteren Flächen sind vertikal gestreift, während die breite Hauptspaltungsfläche Fig. 90. Kristall- form des Cyanits, UYANIT. 515 eine horizontale Streifung trägt. Die Endbegrenzung ist meist unregelmäßig; dıe Prismen zeigen an den Enden eine sehr vollkommene Querabsonderung, infolge deren sie häufig ziemlich ebenflächig durchbrechen, wie es in der Figur dargestellt ıst. Dieser Absonderung entsprechend entstehen auf den Flächen des Prismas, namentlich auf der breiten vorderen, zahlreiche feine horizontale Risse, die in der Figur ebenfalls angedeutet sind. Häufiger als in deutlichen Kristallen findet sich der Cyanit übrigens in Form von derben Massen, oft von beträchtlicher Größe und zuweilen auch von schön blauer Farbe, sowie mit sehr deutlicher Spaltbarkeit, in denselben Gesteinen wie jene. Sehr spröde ist der Cyanit nicht, auch nicht sehr hart, doch zeigt er in Beziehung auf die Härte das eigentümliche Verhalten, daß er in gewissen Richtungen schon vom Feldspat leicht geritzt wird, an anderen Stellen dagegen kaum vom Quarz. Die Härte- grade schwanken also zwischen 5 und 7, und es besteht somit ein Härteunterschied für verschiedene Stellen und Richtungen eines und desselben Kristalls, wie er in diesem Betrage an keinem anderen Mineral wieder vorkommt. Jedenfalls muß ein geschliffener Cyanit sorgfältig behandelt werden, damit er beim Tragen nicht zerkratzt wird. Das spezifische Gewicht steht zwischen 3,5; und 3,60. Letztere Zahl gilt für die dunkelblauen, die als Schmucksteine allein verwendet werden. Ihr Gewicht unterscheidet sich also nicht wesentlich von dem der schwersten Flüssigkeit (&. — 3,;). Vor dem Löt- rohr ist der Cyanit nicht schmelzbar und von Säuren wird er nicht angegriffen. Der meiste Cyanit ist höchstens stark durchscheinend. Vollkommen durchsichtige Steine sind nicht gerade häufig, namentlich nicht solche, die mit der Durchsichtigkeit eine schöne dunkelblaue Farbe verbinden. Diese ist meist etwas ungleichmäßig verteilt, so daß die Kristalle fleckig erscheinen; bäufig ist eine dunkelblaue Mittelpartie von einer hell- blauen Rinde umgeben. Beim Schleifen werden die hellgefärbten und nicht ganz durch- sichtigen Teile möglichst vollständig entfernt und nur die dunkelblauen benutzt. Für Röntgenstrahlen ist der Cyanit ziemlich durchlässig. Der Diehroismus ist merklich, aber nicht stark; er ist um so kräftiger, je dunkler die Farbe. Die zwei Bilder in der Dichrolupe schwanken zwischen einem helleren und einem dunkleren Blau. Die Lichtbrechung ist beträchtlich. Der Glanz ist Glasglanz, auf dem Hauptblätterbruch Perlmutterglanz; an natürlichen Stücken ist er vielfach nicht be- sonders stark, er gewinnt aber durch die Politur, jedoch nicht sehr erheblich. Der Cyanit wird als Tafelstein oder in Treppenform oder wohl noch häufiger mugelig geschliffen und kann sich dann mit seiner schönen Farbe neben echtem Sapphir immer- hin noch sehr wohl sehen lassen. Er unterscheidet sich aber von diesem leieht durch seinen viel schwächeren Glanz, seine viel geringere Härte und sein niedrigeres spezifisches Gewicht. Außerdem sieht man auf vielen geschliffenen Öyaniten den oben besprochenen Rissen entsprechende feine Linien dieht gedrängt in ganz paralleler Lage hinziehen, die zuweilen, besonders auf mugeligen Steinen, einen schwachen Lichtschein derselben Art wie beim Cymophan hervorrufen. Auch kleine Spältehen in der Richtung des Haupt- blätterbruchs kommen nicht selten vor. Je tiefer die Farbe und je durchsichtiger und reiner der Stein, desto wertvoller ist dieser, aber der Wert ist nie sehr groß und die Ver- wendung, wenigstens in Europa, sehr beschränkt. Das Vorkommen des Cyanits ist reichlich und die Zahl der Fundorte groß, doch geben nur wenige von ihnen schleifwürdige Exemplare und auch diese nur in geringer Menge. Solche trifft man unter anderen am Monte Campione bei Faido im Livinertal am südlichen Abbange des St. Gotthard im Kanton Tessin, wo deutliche Kristalle, deren chemische Zusammen- setzung oben angegeben ist, mit dem sofort zu besprechenden roten Staurolith zusammen in großer Zahl, aber allerdings meist von heller Farbe, in einem weißen bis gelben fein- schuppigen Glimmerschiefer liegen. Im Zillertal und Pfitschtal in Tirol findet man, eben- 33* 516 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. falls im Glimmerschiefer, derbe Massen, die zuweilen schleifwürdige Partien einschließen. Nahe der Spitze des Yellow Mountain bei Baskerville, sowie bei Seven Mile Ridge, Mitchell County in Nord-Carolina, kommen auf einer weißen Quarzader im Granit schöne dunkel- blaue Kristalle vor, von denen einige geschliffen werden. Schöne grüne und blaue, aus dem Muttergestein ausgewitterte Exemplare findet man bei Red Bluff, Madison County, Montana. Schleifwürdige Stücke kommen zuweilen auch in brasilianischen Flußsanden vor; unter anderen begleitet der Cyanit den Diamant in Diamantina. Die besten sollen aber an noch unbekannten Lokalitäten in Indien gefunden werden, wo der Stein auch mehr Verwendung findet als in Europa. Zweifellos kommt in Indien an sehr vielen Stellen Cyanit vor, es wird aber auch behauptet, daß die in Indien getragenen Exemplare alle aus Europa stammen. AN Eon — Andalusit. Der Andalusit stimmt mit dem Cyanit in der chemischen Zusammensetzung voll- ständig überein; auch ihm kommt die Formel: Al O3.Si02 zu. Er unterscheidet sich aber von jenem durch die Kristallisation, indem seine Kristalle nicht dem triklinen, sondern dem rhombischen Systeme angehören. Diese sind alle sehr einfach begrenzt (Fig. 91); sie bilden langgezogene, beinahe rechtwinklige Säulen, deren Flächen ein ziem- lich deutlicher Blätterbruch parallel geht und die oben meist nur durch die gerade End- fläche geschlossen sind, zu der selten andere Flächen noch hinzutreten. Solche Kristalle finden sich an vielen Orten und in großer Zahl besonders im Gneis und in anderen kristallinischen Schiefern. Sie sind oft von bedeutender Größe, aber stets beinahe undurchsichtig und von unansehnlicher matter, grauer, grüner, roter usw. Farbe, so daß sie nicht als Schmucksteine dienen können. Hierzu eignen sich ausschließlich die durchsichtigen, meist grünen, zuweilen auch gelblichbraunen Geschiebe, die sich mit dem weißen Topas in den Edelsteinseifen des Bezirks Minas novas in Brasilien finden, wo aber im Gegensatz zum Topas usw. das ursprüngliche Vor- kommen im Muttergestein noch nicht bekannt ist. Die weit häufigeren grünen erscheinen im auffallenden Lichte ziemlich dunkel, oder auch heller grasgrün mit einem Stich ins Gelbe und zeigen beim Hindurch- sehen einen sehr starken Dichroismus, der schon mit bloßem Auge deut- lich bemerkbar ist. In der Richtung der beiden horizontalen Achsen des Prismas, das auch an den Geschieben durch die Spaltbarkeit erkennbar Fig. 91. ist, erscheinen zwei grüne Nuancen, von denen die eine etwas ins Gelbe Kristallform des geht; in der Riehtung der Prismenkante sieht man ein hübsches Bräunlich- Andalusits. rot, Zwischen diesen Farben bewegen sich auch die Bilder, die man mit der Dichrolupe erhält. Es sind dieselben, die auch der Alexandrit zeigt, bei dem aber das Grün mehr smaragdähnlich und das Rotbraun tiefer und gesättigter erscheint, während die Farben beim Andalusit meist ziemlich licht sind. Die Ähnlichkeit zwischen beiden ist aber doch so groß, daß der Andalusit zuweilen dem kostbareren Alexandrit untergeschoben wird, der aber an seiner größeren Härte und dem höheren spezifischen Gewieht unschwer erkannt werden kann, das beim Andalusit = 3,17 bis 3,19 ist. Wie beim Cordierit, so muß auch beim Andalusit der Schleifer auf diese Farben- differenz Rücksicht nehmen, man geht aber auch hier wie beim Cordierit vielfach ab- ÄANDALUSIT. ÜHIASTOLITH. STAUROLITH. 17 sichtlich darauf aus, durch Herstellung einer zweckmäßigen Form und durch geeignete Fassung den Stein beim Hindurchsehen nach verschiedenen Richtungen in verschiedenen Farben erscheinen zu lassen. Die Verwendung und ebenso der Preis ist gering. Der Glanz des Andalusits ist Glasglanz, der durch die Politur nicht sehr gesteigert werden kann. Die Härte ist etwas größer als die des Quarzes (H. = 71/1). Vor dem Lötrohr und gegen Säuren ist das Mineral ebenso beständig wie der Oyanit. Erwähnenswert ist noch diejenige eigentümliche Abart des Andalusits, die man mit dem besonderen Namen Chiastolith (Hohlspat) bezeichnet hat. Es sind unregelmäßige, langgezogene, stets in schwarzem Tonschiefer eingewachsene Prismen, bis zu 1 Zoll diek und mit allen wesentlichen Eigenschaften des Andalusits, von heller Farbe, fast weiß. Die Besonderheit besteht darin, daß der Tonschiefer die Prismen nicht nur umgibt, sondern an den Kanten mehr oder weniger weit in sie eindringt und sie in der Mitte der Länge nach in einer an verschiedenen Stellen verschieden dieken Achse durchzieht. Die Ton- schieferpartien an den Kanten stehen mit der in der Mitte in Verbindung, und es erscheint daher auf jedem Querschnitt eine schwarze kreuzförmige Figur auf einem weißen Hintergrunde, wie es Fig. 92 zeigt (Kreuzstein). Man sieht hier, wie je nach der an den verschiedenen Stellen desselben Kristalles nicht ganz gleichen Ausdehnung der schwarzen Einschlüsse diese Figur in den ein- zelnen Querschnitten verschieden ist, bald das Schwarz, bald das Weiß vor- herrschend. Derartige Durchschnitte wurden vor einigen Jahren als Schmucksteine unter dem Namen Stealith verkauft. Auf der Kreuzfigur beruht ihre Verwendung als Amulette, die besonders in den Pyrenäen getragen werden. Dort sind auch mehrere Fundorte brauch- baren Materials von genügender Größe der Kristalle, ebenso in der Bretagne bei Salles de Rohan unweit Brieux, in Madera County in Kalıfornien und noch an vielen anderen Orten. Der Chiastolith ist namentlich da, wo der Tonschiefer mit Fig. 9. Granit in Berührung steht, als Kontaktmineral in großer Menge im ersteren Chiastolith. eingewachsen, es sind meist aber nur nadelförmige dünne Prismen, die wegen ihrer geringen Dicke unbrauchbar sind, wie z. B. bei Gefrees unweit Berneck im Fichtel- gebirge; so große Kristalle wie in den oben genannten Fundorten sind seltener. Staurolith. Der Staurolith ist in der Hauptsache ein Magnesia-Tonerde-Silikat mit einem kleinen Eisengehalt, das stets in gut ausgebildeten Kristallen des rhombischen Systems vorkommt. Diese bilden verlängerte, meist sechsseitige Prismen, von denen häufig zwei sich unter 60° oder 90° zwillingsartig durchkreuzen. Sie sind stets dunkelbraunrot, aber selten für Schmucksteine durchsichtig genug. Wegen der Farbe ist der Staurolith manchen Granaten ähnlich, unterscheidet sich aber von diesen durch die doppelte Lichtbrechung; er wird auch meist wie Granat geschliffen. Auch wie dunkle gelbbraune Topase sollen manche Exemplare aussehen. Die Härte ist = 7'/a, das spezifische Gewicht 3,7 bis 3,. Die Kristalle sind meist im Glimmerschiefer, Tonschiefer und ähnlichen Gesteinen ein- gewachsen, aber gewöhnlich durch viele fremde Einschlüsse verunreinigt und dann un- 518 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. brauchbar. Rein genug sind einzelne von den Kristallen, die in großer Zahl den oben besprochenen Cyanit in dem weißen Glimmerschiefer vom Monte Campione bei Faido im Kanton Tessin begleiten, auch die Gerölle aus den Goldwäschen an der Sanarka im Ge- biete der Orenburgischen Kosaken, wo sie mit dem Euklas und anderen Edelsteinen vor- kommen, und ebenso einige der Körner in den Diamantseifen von Salobro in Brasilien. Die Verwendung ist sehr spärlich und der Preis niedrig. Auch der den Rubın von Cowee County in Nord-Carolina begleitende Staurolith ist zuweilen von guter Beschaffenheit. Epidot. (Pistazit.) Auch der Epidot gehört zu den Mineralien, von denen nur gelegentlich besonders schöne Exemplare als Schmucksteine geschliffen werden. Vor allem sind die prachtvollen, starkglänzenden, schön gefärbten und meist vollkommen durchsichtigen Kristalle von der Knappenwand, im obersten Teile des Untersulzbachtals im Pinzgau im Salzburgischen, hierzu geeignet; die anderen sehr zahlreichen Fundorte des Minerals liefern kaum Steine, die schön genug gefärbt und gleichzeitig genügend durchsichtig sind. Die chemische Zusammensetzung wird durch die Formel: H»0.4Ca0.3(Al, Fe)20; .6 SiO2 ausgedrückt; es ist also ein etwas Wasser enthaltendes Kalk-Tonerde-Silikat, in dem eine wechselnde Menge Tonerde durch Eisenoxyd ersetzt ist. Der Epidot von dem genannten Fundorte besteht aus: 37,33 Kieselsäure, 22,63 Tonerde, 14,02 Eisenoxyd, 0,93 Eisenoxydul, 23,27 Kalk und 2,05 Wasser (zusammen 100,73). Kristalle sind sehr häufig. Die Formen gehören dem monoklinen Kristallsystem an. Es sind langgezogene und gleichzeitig meist in einer Richtung etwas abgeplattete Prismen, die ihre Längserstreckung parallel der Symmetrieachse haben. Die langen Prismenflächen Fig. 93. Kristallformen des Epidots. tragen meist eine deutliche Längsstreifung, während die kleinen Endflächen glatt zu sein pflegen. Vielfach sind zwei solche Prismen zwillingsartig aneinander gewachsen, so dab an dem Ende einspringende Winkel entstehen. Meist sind nur auf der einen Seite der Prismen Endflächen ausgebildet, da die Kristalle gewöhnlich mit dem anderen Ende auf ihrer Unterlage aufgewachsen sind. Einige am Epidot häufig vorkommende Formen sind aus Fig. 93, a bis ce zu ersehen; in den ersteren beiden, « und b, sind einfache Kristalle, in der dritten, c, ist ein Zwilling dargestellt. Mit einer der Prismenflächen geht ein deutlicher, mit einer zweiten ein etwas weniger deutlicher Blätterbruch parallel. Die Härte ist gleich 61/2, steht also noch etwas unter der des Quarzes. Das spezifische Gewicht schwankt mit dem Eisengehalt zwischen 3,25 und 3,. Bei den verhältnismäßig eisenreichen Kristallen von der Knappenwand ist: G. = 3,17 bis 3,5; diese sinken also im reinen Methylenjodid zu Boden, schwimmen aber Eripor. 519 in der schwersten Flüssigkeit. Der Epidot schmilzt vor dem Lötrohr, und die geschmolzene Masse wird von Säuren zersetzt, nicht aber die frische, ungeschmolzene. Die Durchsichtigkeit schwankt zwischen allen Graden, doch sind schön klare, nament- lich von dunkler Farbe nicht häufig, außer eben an der Knappenwand. Für Röntgenstrahlen ist aller Epidot undurchlässig. Die Lichtbrechung ist stark und ebenso die Doppelbrechung. Der größte und der kleinste Brechungskoeffizient für rotes Licht sind = 1,7305 und 1,177. Die Färbung ist sehr mannigfaltig, die Farbenreihe ziemlich groß. Die Farbe, die bei der Verwendung zu Schmucksteinen nicht zu dunkel sein darf, hängt genau von dem Eisen- gehalte ab und ist um so dunkler, je größer dieser ist. Selten findet man beinahe farb- lose Kristalle, häufiger hellgelbe, zuweilen auch rote, am verbreitetsten ist eine bei anderen Edelsteinen kaum wieder in derselben Weise vorkommende, mehr oder weniger dunkel pistaziengrüne Nuance (ein dunkles Grün mit einem Stich ins Gelbe und Braune), die zu einem anderen Namen des Minerals, Pistazit, Veranlassung gegeben hat. Zu diesen dunkel- gefärbten gehören auch die Kristalle von der mehrfach genannten Lokalität, von wo eine Druse auf Taf. XIV, Fig. 1, ein geschliffener Stein auf derselben Tafel, Fig. 2, abgebildet is. Die Salzburger Epidote sind an der Oberfläche im zurückgeworfenen Lichte dunkel- grün, fast schwarz, wenigstens in dickeren Stücken. Sieht man aber durch die Prismen hindurch, so sind sie in einer Richtung schön grün und in einer darauf senkrechten gelb- braun, zuweilen ins Rote. Die Bilder im Dichroskop wechseln zwischen grün, gelb und einem sehr dunkeln Braun, der Dichroismus ist also sehr stark. Der Epidot gehört zu den am stärksten dichroitischen Mineralien. Die Schliffformen sınd die gewöhnlichen der dunkelgefärbten Steine, niedriger Treppen- und Tafelschnitt; ein solcher ıst Taf. XIV, Fig. 2 dargestellt. Die Dicke darf nicht zu beträchtlich sein, sonst ist die Farbe düster und unansehnlich, sie kann aber durch eine glänzende Folie verbessert werden. Je nach der Richtung der Tafelfläche wird der ge- schliffene Stein mehr grün oder braun erscheinen, jedenfalls erhält er beim Schleifen stets einen sehr schönen glasartigen Glanz. Von anderen grünen und braunen Steinen unterscheidet sich der Epidot leicht durch den starken Pleochroismus und das hohe spezifische Gewicht. Grüner und brauner Tur- malın, die gleichfalls stark dichroitisch sind, sind viel leichter (G. = 3,0 bis 3,1) und schwimmen daher im Methylenjodid. Grüne Steine, mit denen eine Verwechselung mög- lich wäre, Diopsid, Chrysolith und andere haben, einen viel schwächeren Dichroismus, ebenso der braune Rauchtopas. Braune Steine kommen indessen weniger in Betracht; der Epidot wird meist so geschliffen, daß er auf der Tafelfläche die grüne Farbe zeigt. Das Mineral findet sich hauptsächlich in älteren Sılikatgesteinen, in denen die Kristalle entweder auf Hohlräumen aufgewachsen oder auch vollkommen eingewachsen sind. An der Knappenwand im Untersulzbachtal sitzen sie auf Spalten ın derbem Epidot, so- genanntem Epidotschiefer. Die Fundstelle unterhalb des Pobergkammes wurde 1866 ent- deckt; es ist das herrlichste Epidotvorkommen und überhaupt eines der schönsten Mineral- vorkommen der ganzen Welt. Tausende von Kristallen wurden daraus gewonnen und in die Mineraliensammlungen aller Länder verbreitet, eine Anzahl derselben ist auch geschliffen worden. Einzelne sind von bedeutender Größe, bis 45 em lang und 3 bis 4 em dick, die meisten allerdings weit kleiner. Begleitet wird der Epidot neben einigen anderen Mineralien, von Kalkspat-, Apatit- und Feldspatkristallen, sowie von Asbestnadeln, welche um die Anwachsstellen der Epidotprismen herum zuweilen eine Art dichten Filzes bilden, wie es in Fig. 1 der zitierten Tafel deutlich zu sehen ist. So zahlreich die Fundorte in Europa auch sind, so kann sich doch keiner mit dem genannten messen; keiner von ihnen liefert eine solche Menge schöner schleifwürdiger Steine. Vielleicht sind aber einige amerikanische Lokalitäten noch erwähnenswert, von 520 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. denen zuweilen ein Stein geschliffen wird. Kristalle, sehr ähnlich denen von der Knappen- wand, sind von Rabun Gab, Rabun County, Georgia bekannt geworden; schön dunkel- grüne von Roseville, Sussex County, New Jersey, andere von Haddam in Connecticut, aus dem südlichen Kalifornien und von Alaska. Ebenso finden sich schöne, große, durch- sichtige Kristalle von grüner Farbe mit dem grünen Turmalin in Brasilien. Sicherlich wäre es möglich, an manchen der vielen Fundorte schleifbare Stücke zu finden, wenn ein Bedürfnis danach vorhanden wäre. Dies ist aber keineswegs der Fall, der Verbrauch und auch der Wert als Edelstein ist gering. Manganepidot. Es gibt noch eine Abart des Epidot, bei der statt Tonerde in der Hauptsache Manganoxyd in der Verbindung enthalten ist. Dieser Manganepidot bildet zuweilen prachtvoll kirschrote Kristalle, von denen der eine oder der andere geschliffen wird, wenn er durchsichtig genug ist. Der Hauptfundort ist die Manganerzlagerstätte von San Marcello in den Piemontesischen Alpen, woher das Mineral auch den Namen Piemontit erhalten hat. Zoisit. Der Zoisit steht dem Epidot in der Zusammensetzung sehr nahe, enthält aber kein oder doch sehr wenig Eisen. Er kristallisiert rhombisch und bildet meist undurchsichtige, graue, im Quarz eingewachsene Prismen. Es gibt indessen doch eine schön rosenrot gefärbte, etwas durchscheinende Varietät, die zuerst bei Kleppan, Kirchspiel Souland in Telmarken im südlichen Norwegen gefunden und daher Thulit genannt wurde. Später hat man diesen auch an einigen Orten in Mähren gefunden. Er wird zuweilen geschliffen, namentlich in Form kleiner Kugeln. Dioptas. (Kupfersmarag(d.) Der Dioptas ist ein tiefgrünes Mineral, dessen Farbe der des Smaragds nahe steht; er ist aber stets dunkler als dieser. In der Zusammensetzung weichen jedoch beide weit vonein- ander ab. Der Dioptas ist ein wasserhaltiges Kupfersilikat von der Formel: H20 . CuO . SıOa. Ein Kristall von dem altbekannten Fundort in der Kirgisensteppe ergab: 36,60 Kieselsäure, 48,s9 Kupferoxyd, 2,0 Eisenoxydul, 12,2» Wasser (zusammen 99,s). Wegen des großen Kupfergehaltes, der hier die smaragdgrüne Farbe hervorbringt, hat das Mineral den Namen Kupfersmaragd erhalten. Meist findet sich der Dioptas in deutlichen Kristallen, die indessen stets klein, selten über erbsengroß sind. Sie gehören wie die des Smaragds dem hexagonalen Systeme an: sechsseitige Säulen mit rhomboedrischer Endbegrenzung, an denen in seltenen Fällen die Kanten zwischen den gestreiften Rhomboeder- und den glatten Prismenflächen abwechselnd oben und unten abgestumpft sind, wie es der rhomboedrischen Tetartoedrie entspricht. Fig. 94 zeigt diese Form an einem Kristall von dem erwähnten Fundort. In der Richtung der Abstumpfungsflächen der Endkanten des Rhomboeders geht ein deutlicher Blätterbruch, so daß die Kristalle an diesen Kanten einen aus dem Inneren leuchtenden Perlmutterglanz besitzen, während sie sonst glasglänzend sind. Die Härte ist gering; der Dioptas wird DioPrtAs. KIESELKUPFER. GARNIERIT. TiTaNıT. 521 schon vom Feldspat geritzt, während er selber kaum Glas zu ritzen imstande ist; es ist also ungefähr: H.= 5. Dagegen ist das spezifische Gewicht höher als beim Smaragd; es beträgt 3,2, so daß man beide leicht voneinander unterscheiden kann, wenn nicht die weit dunklere Farbe und die infolge zahlreicher kleiner Risse stets sehr geringe Durchsichtigkeit den Dioptas auf den ersten Blick erkennen lassen. Der Hauptfundort, früher der einzige größerer Kristalle, ıst der Berg Altyn Tübe, ein westlicher Ausläufer des Altai in der Kırgisen- steppe in Sibirien. Dieser Berg besteht aus Kalk, der von zahlreichen | | Klüften durchzogen ist. In ihnen sitzt der Dioptas in sparsamer Menge auf dem Kalkspat, der sie zum größten Teil erfüllt (Taf. XV, Fig. 4). Auch in manchen Goldwäschen im Jenisseischen Gouverne- N ment sind einzelne größere Dioptaskristalle vorgekommen, hier lose als Geschiebe und mehr oder weniger abgerollt. GG So waren also größere Dioptase lange Zeit ein spezifisch russisches Fig. 9. Vorkommen. Auf Rußland, sowie auf die den Hauptfundort um- Kyistallform des sebenden Länder: Persien usw. war auch die Verwendung als Dioptases. Edelstein in der Hauptsache beschränkt. Letzteres ist auch noch heute der Fall, trotzdem in neuerer Zeit zahlreiche schöne und große Kristalle auch anderwärts, so namentlich im französischen Kongogebiete, entdeckt worden sind. Der umfänglicheren Benutzung steht aber trotz der schönen Farbe die geringe Härte und Durchsichtigkeit entgegen, die auch den Preis wohl stets in bescheidenen Grenzen halten werden. Kieselkupfer. Dem Dioptas steht in der Zusammensetzung sehr nahe das amorphe Kieselkupfer oder der Chrysokoll. Das Mineral ist teils grün (Kupfergrün, Kieselmalachit) oder blau (Kupferblau) und würde der schönen Farbe wegen sich trotz seiner sehr geringen Durch- sichtigkeit gut zu Schmucksteinen eignen, wenn die Härte nicht gar zu nieder und meist nicht einmal gleich der des Kalkspats wäre (H. = 2—3). Trotzdem werden einzelne Steine, namentlich aus den Kupfererzlagerstätten von Nischne Tagilsk im Ural, geschliffen. In der Allouez-Grube bei Houghton in der Kupferregion am Oberen See findet sich ein mit Quarz gemengtes und daher viel härteres und zum Schleifen besser geeignetes Kieselkupfer, das prächtig blaugrüne Steine von einem halben Quadratzoll Oberfläche zu liefern ver- mag. Blaues Kieselkupfer ist schon mehrfach für Türkis gehalten und auch als solcher verkauft worden; z. B. das schön himmelblaue von Phönixville in Arızona und andere. Garnierit. Schön grün, aber ebensowenig durchsichtig wıe das Kieselkupfer ist auch der Garnierit oder Numeait. Es ist ein gleichfalls amorphes wasserhaltiges Nickelsilikat, das auf der Insel Neu-Kaledonien in großen Massen vorkommt und von dem zuweilen einige Steine geschliffen werden, deren Härte aber wie beim Kieselkupfer die des Kalkspats nicht ganz erreicht. — Titanit. (Sphen.) Der Titanit ist eine Verbindung von Kalk mit Kieselsäure und Titansäure von der Formel: Ca0O.Sı02.TiQO:. Die Formen der sehr häufig schön ausgebildeten Kristalle 522 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. gehören dem monoklinen Systeme an. Diese sind entweder in gewissen Silikatgesteinen eingeschlossen und dann undurchsichtig, meist braun oder gelb und zu Schmucksteinen nicht geeignet; oder sie sind auf Klüften derartiger Gesteine aufgewachsen und dann häufig sehr schön klar und durchsichtig. Diese aufgewachsenen durchsichtigen Titanite werden mit dem besonderen Namen Sphen von jenen anderen unterschieden; sie sind es allein, die zuweilen geschliffen werden, wenn die Durchsichtigkeit vollkommen und die Farbe schön ist. Diese ist meist grün, zuweilen auch gelb und braun, manchmal sogar rot, immer mit deutlichem Dichroismus. Die grünen gleichen dem Chrysolith, Vesuvian, Demantoid, Chrysoberyli und anderen grünen Steinen, aber nie dem Smaragd, da ıhre Farbe stets ins Gelbe geht und nicht sehr tief und gesättigt ist. Die gelben stehen in der Farbe manchen hellgelben Topasen nahe. Die Härte ist gering: H.=5!j2. Das spezifische Gewicht ist ziemlich groß: G. = 3,3 bis 3,1, so daß also der Titanit im reinen Methylenjodid zu Boden sinkt. Schöne schleif- würdige Kristalle finden sich an verschiedenen Stellen der Alpen auf Spalten im Gneıis usw., besonders in Tirol, und hier namentlich im Pfitschtale und im Zillertale, aber auch in der Schweiz, z. B. im Binnental. In Nordamerika kommen besonders große und schöne Kristalle bei Bridgewater, Bucks County in Pennsylvanien, vor. Diese sind bis über 1 Zoll lang und zum Teil vollkommen durchsichtig, so daß man sehr schöne Steine von 10 bis 20 Karat daraus schleifen kann. Die Verwendung des Sphens als Edelstein ist beschränkt und sein Preis gering. Benitoit. In Beziehung auf die chemische Zusammensetzung schließt sich der Benitoit nahe an den Titanit an. Er hat die Formel: BaO.3Si02.TiO2 und kristallisiert hexagonal ın rhomboödrischen, bis 2 em großen Formen. Die Kristalle finden sich, eingewachsen in weißem Natrolith, auf engen Spalten in einem dem Serpentin der kalifornischen Coast Range linsenförmig eingelagerten basischen Eruptivgestein oder einem stark zersetzten kristallinischen Schiefer. Sie sind zuweilen, wenn klein, ganz farblos, größere Individuen sind ganz oder meist nur zum Teil blau, und diese blauen Partien geben geschliffen Steine, die an Farbe dem Sapphir gleichen, an Glanz ihn übertreffen. Die Farbe, oft an demselben Kristall nicht an allen Stellen die gleiche ist, wenn blab, rein blau, geht aber, wenn sie dunkler wird, ins Violett. Der Pleochroismus ist sehr stark. In der Richtung der Achse, also auf die Geradendfläche gesehen, sind die Steine fast farblos, senkrecht dazu, auf den Prismenflächen, tritt die blaue Farbe am tiefsten und schönsten hervor. Der Schliff muß also, entgegengesetzt wie beim Sapphir, so geschehen, daß die Tafelfläche der Steine der kristallographischen Hauptachse parallel geht. Die Licht- und die Doppelbrechung sind stark; die beiden Hauptbrechungskoeffizienten wurden für gelbes Natriumlicht bestimmt: der kleinste= 1,7 und der größte = 1,5. Die Härte ist: H. = 6!/ı bis 61. G. = 3,64— 3,65. Eine deutliche Spaltbarkeit ist nicht vorhanden; der Bruch ist muschelig. Der Fundort liegt in der Mount Diablo Range, im Ursprungs- gebiet des San Benito River in San Benito County in Kalifornien, und zwar nahe der Eisen- bahnlinie San Benito-Fresno, etwa unter 36° 20° nrdl. Br. Von ihm ist der Name des neuen Edelsteins hergeleitet, von dem aber bis jetzt nur spärliches Material gefunden wurde. Im Jahre 1907 sind 15 Pfund rohen Benitoits gewonnen worden, aber ein großer Teil davon war nicht zu Schmucksteinen brauchbar. Bis zum 1. Januar 1908 hat man Steine BENTTOoIT. PREHNIT. ÜHLORASTROLITH. ZONOCHLORIT. THoMSsoNIT. 523 im Gesamtgewicht von 350 Karat geschliffen. Die Sprödigkeit des Materials bedingt dabei große Vorsicht und die Verluste sind ziemlich bedeutend. —— OO Oo —— Prehnit. Der Prehnit wird zuweilen seiner schönen gelblichgrünen. der des Chrysolith ähnlichen Farbe wegen geschliffen, hat aber keine umfangreiche Verwendung. Es ist ein Kalk-Tonerde- Silikat mit einem kleinen Wassergehalt, das zuweilen in tafelförmigen Kristallen des rhombischen Systems ausgebildet ist. Diese sind meist zu kugelförmigen oder nieren- förmigen und traubigen, im Innern strahligen bis faserigen Aggregaten verwachsen; in dieser Form pflegt der Prehnit hauptsächlich in der Natur vorzukommen. Man findet ihn so auf Hohl- räumen von Mandelsteinen und Diabasen, überhaupt von älteren vulkanischen Gesteinen, zuweilen in ziemlich großen Stücken, an manchen Stellen in den Alpen, so an der Seiser Alp, im Fassatal in Tirol, am St. Gotthard usw., sodann am Kap der guten Hoffnung (daher der Name Kapchrysolith oder Kapsmaragd), in Amerika am Oberen See und an vielen anderen Stellen, besonders schön bei Bergen Hill und Paterson in New Jersey. Die Härte des Prehnits ist etwas über 6, das spezifische Gewicht gleich 2,3 bis 3,0. Er ist durchscheinend, selten durchsichtig, glasglänzend und farblos, gelb oder grün. Nur die letztere Farbe, ein reiches Ölgrün, ist zuweilen hübsch genug für einen Schmuckstein, Stücke von anderen Farben werden daher nicht benutzt. Der geschliffene grüne Prehnit gleicht nach Glanz und Farbe zuweilen sehr dem Chrysopras, der aber härter und viel leichter ist. Er wird höchstens mit 1 Mark pro Gramm bezahlt. Für einen faserigen Prehnit oder auch für eine Varietät des Thomsonits wird der Chlorastrolith gehalten, der in kleinen rundlichen Kugeln von licht bläulichgrüner Farbe in den Mandelsteinen der zum Staate Michigan gehörigen, im Oberen See gelegenen Inseln Isle Royaie und Green Stone Island vorkommt. Diese Kugeln wittern vielfach aus dem Gestein heraus und werden am Strande vom Wasser abgerollt. Sie liegen dort als Ge- schiebe herum und werden so gesammelt. Wegen ihrer Faserigkeit zeigen sie vielfach eine Lichterscheinung wie das Katzenauge, nur meist unvollkommener, manche aber auch in großer Schönheit, wenn sie eine passende mugelige Form erhalten haben. Sie werden fast ausschließlich in Nordamerika getragen. Die größten Kugeln, die man kennt, haben 1!/ Zoll im Durchmesser, die meisten sind jedoch viel kleiner. Schöne Stücke kosten bis 10 Mark das Karat. Eine ähnliche Substanz ist der Zonochlorit, in dem Mandelstein der Neepigon Bay am Oberen See in Canada. Die rundlichen, bis 2 Zoll im Durchmesser haltenden Aus- füllungsmassen der Mandelräume bestehen aus abwechselnd heller und dunkler grünen Lagen, die beim Schleifen hübsch hervortreten. Auch der Zonochlorit wird kaum außer- halb Amerikas geschliffen und auch dort nicht viel benutzt. Thomsonit. In ähnlicher Weise, als Ausfüllung der runden Hohlräume in einem Mandelsteine, und zwar an der Good Harbour Bay des Oberen Sees, und aus dem Gestein heraus- gewittert, als isolierte Kugeln, die dort lose am Strande herumliegen, findet sich eine schöne radialfaserige und gleichzeitig aus einzelnen konzentrischen, der äußeren Begrenzung dieser Kugeln entsprechend verlaufenden Lagen aufgebaute Varietät des Minerals Thomsonit, das sonst keine, für einen Schmuckstein erforderlichen Eigenschaften besitzt. Diese einzelnen 524 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Lagen zeigen aber hier zarte Töne von milchweiß, gelb und grün, die miteinander ab- wechseln, so daß der Stein einen sehr hübschen, an Achat erinnernden Anblick gewährt. Das Schleifen besteht fast nur im Polieren der vom Wasser abgerollten, bis 1 Zoll großen Kugeln, die am Strande gesammelt werden; die im Gestein noch eingeschlossenen werden nicht benutzt. Nur in seiner Heimat wird auch dieser Stein zuweilen getragen und etwa mit 1 Mark pro Karat bezahlt. Der Lintonit vom nämlichen Fundorte ist vielleiebt eine Abart dieses Thomsonits, an der grüne und fleischrote Lagen miteinander abwechseln. Er wird in schönen Exem- plaren mit 2 Mark pro Karat bezahlt. Natrolitn. Dem Thomsonit verwandt und wie dieser ein wasserhaltıges Natron-Tonerde-Silikat aus der Gruppe der Zeolithe ist der Natrolith. Er findet sich nicht selten in schönen, wasser- hellen Einzelkristallen von langprismatischer Gestalt, die aber nie als Schmucksteine ver- wendet werden. Zuweilen kommen jedoch radialfaserige und konzentrisch-schalige Aggre- gate vor, deren einzelne Lagen ın mehreren Farben miteinander abwechseln. Besonders schön ist dies bei dem Natrolith vom Hohentwiel im Hegau zu sehen, wo die aufeinander- folgenden Schichten isabellgelb und hellgelb bis weiß sind. Da die Steine eine gute Politur annehmen, so werden sie zuweilen geschliffen, und zwar so, daß der erwähnte Farben- unterschied möglichst deutlich hervortritt. Die Verwendung und der Wert ıst aber un- bedeutend, und eigentliche Schmucksteine werden kaum daraus dargestellt, mehr kleine Gebrauchsgegenstände, Platten zum Belegen von Wänden usw. Kieselzinkerz. Das Kieselzinkerz, auch Kieselgalmei genannt, ist ein wasserhaltiges Zınksilikat, das zuweilen in farblosen und durchsichtigen Kristallen des rhombischen Systems vorkommt, noch häufiger jedoch radialfaserige und konzentrisch-schalige Aggregate mit rundlicher, nierenförmiger Oberfläche bildet. Diese sind nicht selten durch einen kleinen Kupfergehalt schön gefärbt, namentlich lebhaft grün und blau, zuweilen ähnlich wie Türkis. Derartige, durch ihre Farbe ausgezeichnete Stücke werden manchmal meist mugelig geschliffen und als Schmucksteine verwendet. Ihre Härte ist aber gering (H. = 4 bis 5), so daß sie wenig Dauerhaftigkeit besitzen; das spezifische Gewicht ist gleich 3,35 bis 3,5. In diesen beiden Eigenschaften weicht das Kieselzinkerz erheblich vom Türkis ab und kann daran von ihm unterschieden werden. Schön gefärbte Stücke finden sich in den Bergwerken von Laurium in Attika, bei Santander im nördlichen Spanien und bei Nertschinsk in Transbaikalien, aber auch bei Raibl in Kärnten und an anderen Orten. Die Verwendung ist sehr be- schränkt. Das Gramm kostet bis 1 Mark. Zinkspat (Galmei, Smithsonit). Das Kieselzinkerz wird beinahe an allen den genannten Fundorten von einem anderen zink haltigen Mineral, dem kohlensauren Zink, begleitet, das als Mineral den Namen Zink- spat oder Galmei erhalten hat und das als Zinkerz eine große Rolle spielt. Es findet sich ebenfalls zuweilen in lebhaft grün, blau, auch wohl violett gefärbten Aggregaten, genau wie das Kieselzinkerz, die dann auch wie dieses zuweilen geschliffen werden. Namentlich das Vorkommen von Laurium wird, wie das Kieselzinkerz von dort, zuweilen zu Broschen, ZINKSPATH. FELDSPATHGRUPPE. 525 Ringsteinen, Platten usw. verarbeitet. Eine prächtig goldgelbe Varietät (lokal bekannt als „Turkey fat“ von Yellville in Arkansas) wird ebenso verwendet. Schön himmelblaues Material kommt gegenwärtig in ziemlicher Menge aus der Kelly mine in Neu-Mexiko. Der Preis ist derselbe wie beim Kieselzinkerz. — — Gruppe des Feldspats. Die Feldspatfamilie umfaßt eine Gruppe von Mineralien, die wenigstens zum Teil in der Erdkruste eine außerordentlich große Verbreitung besitzen, so daß sie mit zu deren wichtigsten Bestandteilen gehören. Die meisten Feldspate sind zwar trübe, un- durchsichtig und unansehnlich gefärbt und besitzen durchaus keine Eigenschaften, die eine Verwendung zu Schmucksteinen zulassen. Einige derselben bieten jedoch einen so schönen Anblick, daß sie hierzu sehr geeignet sind und auch tatsächlich vielfach benutzt werden. Diesen ist unten eine eingehende Schilderung gewidmet, vorher aber sollen die allgemeinen Eigenschaften aller Feldspate, soweit sie hier von Interesse sind, eine kurze Darstellung finden. Alle Glieder der Gruppe sind Silikate, Verbindungen der Kieselsäure, in denen diese stets mit Tonerde verbunden ist. Hierzu tritt aber noch entweder Kali oder Natron, oder Kalk, oder aber Natron und Kalk gleichzeitig. Man unterscheidet darnach Kalı-, Natron und Kalk- feldspat, sowie die Kalknatronfeld- spate, in denen bald das Nairon über den Kalk überwiegt, bald das Umgekehrte der Fall ist. Die verschieden zusammengesetzten Feldspatmineralien haben zum Teil besondere Namen erhalten, von denen einige unten noch angeführt werden sollen. Sehr häufig bilden die Feldspate ausgezeichnete Kristalle oft von bedeutender Größe. Von diesen gehören die des Kalifeldspats dem monoklinen System, die übrigen alle dem triklinen an. Sämtlich sind sie aber in ihren allgemeinen Formverhältnissen einander sehr ähnlich und unterscheiden sich wesentlich nur durch die Größe der Winkel, unter denen die Flächen zusammenstoßen. Diese Differenzen sind aber stets ganz gering und betragen höchstens wenige Grade. Einige Formen sind in Fig. 95, a bis e und in Fig. 96 ab- gebildet. Bei allen findet sich ein rhombisches Prisma; bei den einfachsten Kristallen ist auf die vordere und hintere stumpfe Kante je eine schiefe Endfläche aufgesetzt (Fig. 95, «). Nicht selten treten aber hierzu noch andere Flächen, namentlich sind meist die seitlichen scharfen Prismenkanten durch die Längsfläche gerade abgestumpft (Fig. 95, b). Sehr häufig sind zwei oder mehrere Individuen nach verschiedenen Gesetzen zwillings- artig miteinander verwachsen, so daß zuweilen komplizierte Gruppen entstehen, wie in Fig. 95, c. Die Feldspate sind entweder in den Gesteinen, wie Granit, Gneis, Trachyt usw., als Bestandteile derselben eingewachsen und bilden hier meist unregelmäßig begrenzte Körner, seltener mit ebenen Flächen versehene Formen; oder es sind regelmäßig aus- gebildete Kristalle, die auf den Wänden von Spalten und anderen Hohlräumen in den- selben Gesteinen aufgewachsen und zu Drusen, nicht selten von großer Schönheit, ver- einigt sind. Fig. 95. Kristallformen des Feldspats. 526 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE' EDELSTEINKUNDE. Einige physikalische Eigenschaften sind für die Feldspate besonders bezeichnend. Alle haben, abgesehen von einigen undeutlichen, zwei leicht herstellbare Blätterbrüche. Der eine sehr vollkommene geht in der Richtung der vorderen schiefen Endfläche; auf ihm zeigen die Kristalle Perlmutterglanz und oft lebhaftes Irisieren, während sonst überall Glasglanz vorhanden ist. Die zweite, weniger deutliche Spaltungsfläche stumpft die scharfen seitlichen Kanten des Prismas ab und geht der Längsfläche parallel. Die Spaltbarkeit ist im wesentlichen bei monoklinen und triklinen Kristallen dieselbe, doch ist ein kleiner Unterschied vorhanden. Beim monoklinen Kalıfeldspat stehen beide Blätterbrüche genau aufeinander senkrecht; er hat daher den Namen Orthoklas, der Senk- rechtspaltende, erhalten. Bei den triklinen Feldspaten stehen sie nicht mehr genau auf- einander senkrecht, diese heißen daher die Plagioklase, die Schiefspaltenden. Die Ab- weichung des Winkels beider Spaltungsriehtungen von einem Rechten ist jedoch nur gering; der Winkel ist nahe gleich 93%. Diese beiden Blätterbrüche lassen derbe Feld- spatstücke leicht als solche erkennen, namentlich wenn man noch die Härte hinzunimmt, die bei allen gleich 6 ist; der Feldspat ist ja der Typus des 6. Härtegrades. Der un- regelmäßige Bruch des Feldspats nach anderen als den Spaltungsriehtungen ist klein- muschelig bis uneben. Das spezifische Gewicht schwankt etwas mit der Zusammensetzung und geht von 2,5 bis 2. Es ist um so höher, je größer der Kalkgehalt, und am größten beı dem reinen Kalkfeldspat, dem Anorthit. Vor dem Lötrohr sind alle Feldspate schwer schmelz- bar. Von Salzsäure werden reine Kali- und Natronfeldspate nicht zersetzt, dagegen sehr leicht der Anorthit und alle viel Kalk enthaltenden Kalknatronfeldspate. Je mehr der Kalkgehalt zunimmt, desto leichter wirkt die Säure ein und desto rascher und vollständiger findet die Zersetzung statt. Von Ätztinte werden sie alle sehr stark angegriffen. Was das äußere Ansehen der Feldspate anbelangt, so sind sie, wie erwähnt, zu aller- meist trübe und undurchsichtig und unansehnlich gefärbt. Dies sind die sogenannten ge- meinen Feldspate. Die verbreitetsten Farben sind gelb, braun, rot, meist sehr hell, bei- nahe oder auch ganz weiß, sehr häufig aber auch intensiver. Alle diese Farben sind wenig geschätzt; vielmehr ist dies der Fall mit dem schönen Grün, das an einer Abart des Kalıfeldspats, dem Amazonensteine auftritt, der wegen dieser Farbe zuweilen als Schmuck- stein geschliffen wird. Gerade bei manchen jener trüben gemeinen Feldspate findet sich aber zuweilen ein Farbenschiller, ein prächtiges Farbenspiel, das den betreffenden Stücken ganz besonderen Wert als Schmuckstein verleiht. Es gibt indessen auch vollkommen farb- lose Varietäten, die vielfach gleichzeitig mehr oder weniger vollkommen durchsichtig sind. Bei zahlreichen Exemplaren derselben tritt ein lieblicher milchiger Liehtschein auf, und sie sind es, die ebenfalls als Schmucksteine benutzt werden, nicht aber die noch weit zahl- reicheren Stücke derselben Abart, an denen diese Erscheinung fehlt. Für Röntgenstrahlen sind alle Feldspate noch halbdurchlässig. Die Edelsteine aus der Feldspatgruppe sind weder besonders häufig im Gebrauch, noch sind sie sehr kostbar, aber immerhin haben sie eine gewisse Wichtigkeit. Im folgenden sollen sie, nach ihrem Aussehen gruppiert, etwas eingehender besprochen werden, und zwar zuerst der, welcher nur durch die Farbe wirkt, der schon erwähnte Amazonenstein; sodann die, welche einen Lichtschein oder einen Farbenschiller zeigen, der Sonnenstein, der Mond- stein, der labradorisierende Feldspat und der Labradorit. Andere Glieder der Gruppe werden nicht zu Schmucksteinen verschliffen. Amazonenstein. Die Farbe des Amazonensteines ist ein zuweilen etwas ins Blaue gehendes Spangrün von verschiedener Intensität, bald sehr blaß, beinahe weiß, bald, durch alle Übergänge FELDSPATHGRUPPE. AMAZONENSTEIN. SONNENSTEIN. 527 hiermit verbunden, tief und dunkel. Ausschließlich Steine von dieser letzteren Art werden geschliffen, aber auch diese nur, wenn sie vollkommen rein sind. Häufig sind weiße, gelbe und rote Flecken und Streifen, dann ist der Stein unbrauchbar. Da der Amazonen- stein weder durchsichtig, noch auch nur stark durchscheinend ist, und da er auch beim Schleifen keinen besonders kräftigen Glanz annimmt, so ist das sehr angenehme Grün die einzige Quelle der Schönheit, und die Stücke sind um so geschätzter, je schöner, tiefer und reiner diese Farbe ist. Sie soll von einem kleinen Kupfergehalt, nach anderen von einer organischen Substanz herrühren. Der Amazonenstein ist ein Kalifeldspat. Er findet sich in derben Massen als Gemeng- teil pegmatitischer Gesteine, häufig aber auch in regelmäßig ausgebildeten, bis 25 cm langen Kristallen, die auf Spalten und Klüften dieser nämlichen Gesteine prachtvolle Drusen bilden. Eine solche ist Taf. XVI, Fig. 1, ein einzelner Kristall in der nebenstehenden Fig. 96 abgebildet. Die wesentlichen Eigenschaften sind, abgesehen von der Farbe, die- selben wie bei den anderen Feldspaten; das spezifische Gewicht ist der Zusammensetzung entsprechend ziemlich nieder, es ist G. —= 2,55 bis 2,se. Der Name Amazonenstein ist zuerst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts einem grünen Mineral vom Amazonenstrom in Südamerika gegeben worden. Es erscheint aber fraglich, ob darunter die jetzt allgemein so genannte Substanz verstanden gewesen ist, und nicht vielmehr der Nephrit oder der Jadeit, die unten noch beschrieben werden sollen, oder irgendein anderer grüner Mineralkörper. Jedenfalls weiß man heutzutage nichts mehr von einem Vorkommen des spangrünen Feldspats in jenen Gegenden. Mit Sicherheit ıst dieser dagegen bekannt vom Ural, wo er sich in derben Körnern und in schönen Kristallen auf der Ostseite des Ilmensees bei Miask mit Topas und anderen Mineralien in pegmatitischen Gesteinen findet. Später hat man ihn auch an einigen Stellen in Nordamerika angetroffen. Am schön- sten ist das Vorkommen am Pikes Peak, Teller County, in Colo- rado, wo er mit grauem Quarz und fleischrotem Feldspat in einem gsrobkörnigen Pegmatit eingeschlossen ıst, ebenfalls zum Teil in schönen und großen Kristallen (Taf. XVI, Fig. 1). Auch bei Florissant im gleichen County wird Amazonenstein gewonnen und ein neues Vorkommen ist kürzlich in Custer County in Colo- rado entdeckt worden. Gut gefärbte Exemplare kommen auch aus dem grobkörnigen Granit der Allens Glimmergrube bei Amelia Court House im Staate Virginia, wo schon Hunderte von Tonnen prachtvoll grüner Spaltungsstücke, bis 6 und 8 Zoll groß, gewonnen worden sind, eine geringe Menge auch aus Pennsylvanien. Die Sehlifform ist meist die einer ovalen oder runden ebenen Platte, deren obere Fläche auch wohl ganz flach mugelig hergestellt wird. Der Stein kommt aber im Edel- steinhandel nicht häufig vor; am verbreitetsten ist er noch in den Ursprungsländern, Rußland und Nordamerika. Nur besonders kräftig gefärbte größere Stücke haben einen etwas höheren Wert, der bei ungewöhnlich schönen und reinen Exemplaren bis auf mehrere hundert Mark steigen kann. Man stellt übrigens nicht bloß Schmuckstücke, sondern auch andere kleine Gegenstände aller Art, wie Schalen, Vasen, Siegelstöcke usw. daraus dar. Amazonenstein findet man schon an altägyptischen Kunstgegenständen; das Material dazu soll aus Oberägypten stammen. Fig. 96. Kristallform ‘des Amazonensteins. Sonnenstein (Avanturinfeldspat). Unter dem Namen Sonnenstein versteht man Feldspate verschiedener Art, die auf einem wenig durchsichtigen, hellgefärbten, meist beinahe weißen bis lachsfarbigen Hintergrunde leb- 528 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. haft metallisch glänzende Lichtreflexe, meist rot, selten von anderer Farbe, grün und blau, zeigen. Diese sind besonders intensiv im direkten Sonnenlicht oder bei starker künst- licher Beleuchtung. Sie sind bald nur sparsam und einzeln in dem Feldspat zerstreut, bald sind sie aber auch zahlreich und dicht gedrängt, so daß die ganze Oberfläche mehr oder weniger einheitlich in dem metallischen roten Lichte glänzt, das dann einen sehr hübschen Anblick hervorbringt. Der Name Sonnenstein soll eben auf diese glänzend roten Lichtreflexe hinweisen. Die Erscheinung rührt her von winzigen und sehr dünnen Täfelchen des Minerals Eisenglanz, die alle untereinander paralell in der Richtung der Hauptspaltungsfläche dem Feldspat eingewachsen sind. Diese Fläche ist daher die Schillerfläche, auf anderen Flächen, fehlt die Erscheinung, da ihnen keine solche Einschlüsse entsprechen. Die Täfelehen sind regelmäßig sechsseitig oder rhombisch oder auch ganz unregelmäßig begrenzt. Infolge ihrer sehr geringen Dieke sind sie mit roter Farbe durchsichtig, wie die Betrachtung von dünnen Schliffen nach der Schillerfläche unter dem Mikroskop deutlich zeigt. Ihre Ober- fläche reflektiert ein rotes, metallisch glänzendes Licht, das den Schiller hervorbringt, und zwar um so schöner und lebhafter und ununterbrochener, je zahlreicher und je gleich- mäßiger sie in dem Steine verbreitet sind. Fehlen sie ganz, so ist auch keine Spur von dem Lichteffekt zu sehen, ebensowenig wenn die Schillerfläche nicht die geeignete Lage gegen die einfallenden Lichtstrahlen hat. Daher bemerkt man abwechselndes Auftreten und Verschwinden des Schillers, wenn die dem Lichte zugekehrte Fläche hin- und her- gedreht wird. Meist schillert nicht das ganze Stück oder doch nieht in gleicher Schön- heit, da fast immer die Eisenglanztäfelehen nur an einzelnen Stellen zahlreich genug ein- geschlossen sind. Diese besseren Partien werden dann gewöhnlich allein benutzt, nicht aber die umgebenden Teile, die nur wenig oder gar keine Einschlüsse enthalten. Die Erscheinung hat die größte Ähnlichkeit mit derjenigen, die an dem Avanturin genannten Quarz, den wir noch zu betrachten haben, beobachtet wird. Diesem Namen entsprechend hat man den Sonnenstein auch als Avanturinfeldspat bezeichnet. Am Anfange des vorigen Jahrhunderts war der Sonnenstein eine große Seltenheit und Kostbarkeit. Nur einige wenige Stücke davon waren bekannt, und als einziger Fundort wurde die Sattelinsel (Setlowatoi Ostrow) im Weißen Meer bei Archangel angegeben. Das Vorkommen wird beschrieben als kleine Partien von Feldspat, die in einer trüben, weißlichen, durchscheinenden Masse unregelmäßig zerstreute, goldig schimmernde, aber sonst gleich beschaffene Teile zeigen. Wohl nur vermutungsweise wurde später als Heimat des Sonnensteins Ostindien und Ceylon genannt, genauer bekannt sind dagegen die folgen- den Fundorte. Im Jahre 1831 wurde das Vorkommen bei Werchne Udinsk an der Selenga, einem Zufluß des Baikalsees, entdeckt. Der Sonnenstein findet sich hier in einigen senkrechten Gängen von Feldspat, die ein schwarzes Nebengestein durchsetzen. Auf der Hauptspal- tungsfläche des nelkenbraunen Steines liegen auch hier die Eisenglanztäfelchen, die den Schiller veranlassen. Sie sind in größter Menge vorhanden, so daß bei richtiger Lage der Schillerfläche gegen das Licht unzählige goldig glänzende Flitterchen sich zeigen. In veränderter Lage ist der Stein einförmig braun und ohne Glanz, in geeigneter Weise gedreht, erscheint er dann plötzlich wie vergoldet, was eine überraschend schöne Wirkung hervorbringt. Schon das an der Erdoberfläche durch den Einfluß der Verwitterung stark zerbröckelte Mineral lieferte Stücke, die besser waren als die bis dahin bekannten. Weiter ım Innern würden sich aber gewiß noch größere zusammenhängende Massen finden, die, nach der nicht geringen Mächtigkeit der Gänge zu schließen, auch zu umfangreicheren Gegenständen, zu Schalen, Vasen usw., verarbeitet werden könnten. Als Gerölle in der Selenga kommt der Sonnenstein gleichfalls vor. Solche sind schon früher gelegentlich FELDSPATGRUPPE. SONNENSTEIN, 529 von vorüberziehenden Kaufleuten gesammelt, und auch geschliffen worden, als man das Mineral auf seiner ursprünglichen Lagerstätte noch nicht kannte. Am typischsten und schönsten ist der in den fünfziger Jahren auf seiner Lagerstätte entdeckte Sonnenstein von Tvedestrand im südlichen Norwegen. Ein ganz ähnliches Vorkommen ist auch das von Hitterö ebendort, am Kristianiafjord. Schon früher wurde Sonnenstein aus jener Gegend, von Fredriksvärn erwähnt, wahrscheinlich ist damit aber das Mineral von Tvedestrand gemeint. Auch hier sind es unregelmäßig begrenzte derbe Massen, nie regelmäßige Kristalle, die im Gemenge mit weißem Quarz eine aderartige Ausscheidung im Gneis bilden. Diese hat im Mittel die Dieke von einer halben Klafter und ist auf eine Länge von mindestens 3 Klafter aufgeschlossen. Sie folgt den beinahe senkrechten Gneisschichten, die in ihrer unmittelbaren Nähe in sehr glimmerreichen Glimmer- schiefer oder eigentlich in reinen Glimmer übergehen. In jener Ausscheidung ist der Sonnenstein begleitet von Eisenglanz, Cordierit, Hornblende, Zirkon und wahrscheinlich auch von Apatit. In der Nachbarschaft der Grenze ist der Feldspat beinahe ganz farblos und zeigt nicht den charakteristischen Schiller; nach der Mitte hin treten darin allmählich immer mehr Eisenglanztäfelehen auf, und gleichzeitig wird das prächtige Funkeln und Flimmern immer stärker. Die schönsten Stücke liegen am meisten nach der Mitte zu; sie bilden stets nur kleinere, unregelmäßig begrenzte Partien, die von weniger guten umgeben sind und in diese allmählich übergehen. Die besseren Teile werden bei der Bearbeitung sorgfältig herausgeschnitten und von den schlechteren getrennt. Auch in Nordamerika ist Sonnenstein an mehreren Orten vorgekommen, so bei Statesville in Nord-Carolina, wo er zum Teil ebenso schön ist wie der norwegische, aber noch kleinere glänzende Flecken hat; ferner am Blue Hill bei Fairfield in Pennsylvanien und an anderen Stellen desselben Staates. Bei Middletown, Delaware County, Pennsyl- vania, findet man sehr schöne Stücke, die den norwegischen wenig nachgeben, zusammen mit dem noch zu betrachtenden Mondstein lose im Boden liegen. Bei Media in derselben Grafschaft trifft man neben dem rot schillernden Sonnenstein einen Feldspat, der ganz ähnliche, aber von Einschlüssen anderer Art herrührende grüne Lichtreflexe zeigt. Der Sonnenstein von allen den genannten Fundorten ist ein triklin kristallisierter Kalknatronfeldspat, bei dem der Natrongehalt über den Kalkgehalt überwiegt. Feldspate dieser Art werden mineralogisch Oligoklas genannt. Der bisher betrachtete Avanturin- feldspat ist also eine Abart des Oligoklases, und zwar eben die, welche durch die er- wähnten Einschlüsse und den von ihnen hervorgerufenen Schiller ausgezeichnet ist und sich dadurch von dem übrigen Oligoklas unterscheidet. Wie die triklinen Feldspate über- haupt, so zeigt auch der zum Oligoklas gehörige Sonnenstein auf der Schillerfläche, die der Hauptspaltungsfläche entspricht, eine feine geradlinige, in der Riehtung der zweiten Spaltungsfläche verlaufende Streifung infolge einer eigentümlichen Zwillingsbildung, die bei den nun zu erwähnenden Avanturinfeldspaten nicht vorkommt. Diese Streifung kann daher zur Unterscheidung dienen, sofern es sich um rohe Stücke handelt; beim Schleifen verschwindet sie, und die Möglichkeit der Unterscheidung hört damit auf. Die Erscheinung, die den Sonnenstein charakterisiert, ist nämlich nicht auf den Oligo- klas beschränkt, sie zeigt sich auch an anderen Feldspartarten, namentlich an einzelnen Exemplaren des Kalifeldspats oder Orthoklases, und zwar ganz in derselben Weise und aus demselben Grunde: dünne Täfelchen von Eisenglanz sind auch hier parallel der Hauptspaltungsfläche eingewachsen und erzeugen auf dem Stein den Schiller, der dem früher beschriebenen in jeder Hinsicht gleicht. Solche Orthoklassonnensteine werden hauptsächlich von Nordamerika erwähnt, so z. B. von Gleen Riddle, Delaware County in Pennsylvanien, wo der Feldspat lachsfarbig und zum Teil durchsichtig ist; von Crown Point und anderen Orten im Staate New York, namentlich sind hier die kleinen Stücke Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 34 530 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. von Greeley Farm beinahe ebenso schön wie die norwegischen; endlich von Amelia Court House in Amelia County, Virginia. Alle diese Sonnensteine werden in der Richtung der Schillerfläche entweder ganz eben oder flach schildförmig geschliffen. Die Verwendung ist sehr spärlich und der Preis nur bei ausgewählt schönen Stücken etwas höher bis 3 Mark pro Karat. Die Avanturinfeldspate sind von dem eigentlichen Avanturin oder dem Avanturin- quarz schon durch das bloße Ansehen genügend unterschieden, so daß eine Verwechselung beider wohl selten vorkommt. Im Zweifelsfalle bietet die Härte ein sicheres Unter- scheidungsmerkmal: der Avanturin hat' wie jeder Quarz die Härte 7, der Avanturinfeldspat nur dıe Härte 6, so dab also letzterer vom Quarz deutlich geritzt wird. Von dem Avanturinglas, das den roten metallischen Farbenschiller nachzuahmen sucht, wird bei der Betrachtung des Avanturinquarzes die Rede sein. Mondstein. Mit dem Namen Mondstein bezeichnet man farblose und stark durchscheinende bis bei- nahe vollkommen durchsichtige Feldspate, die in einer Richtung ein bläulichweißes milchiges Licht scheinen lassen, das man mit dem Lichte des Mondes verglichen hat. Selten ist die Körperfarbe grau bis schwarz und der Stein bis ganz undurchsichtig. Wie der Farben- schiller des Sonnensteins, so ist auch diese Lichterscheinung, das Chatoyieren, nicht aus- schließlich auf -eine bestimmte Art der Feldspatgruppe beschränkt. Aber wenn sie auch an einzelnen Exemplaren aller möglicher, verschieden zusammengesetzter Feldspate vor- kommt, so ist dies doch am schönsten bei dem farblosen, durchscheinenden Orthoklas der Fall, dem der Name Adular beigelegt worden ist. Der Mondstein wird daher vielfach als eine Abart des Adular aufgefaßt, und die Erscheinung ist infolgedessen als Adularisieren bezeichnet worden. Die Beschränkung auf den Adular entspricht aber nicht vollständig den Tatsachen; auch der farblose und durchsichtige Natronfeldspat, der Albit der Mineralogen, zeigt in einzelnen, wenngleich weit sparsameren Exemplaren denselben Lichtschein, ebenso manche Feldspate von der Zusammensetzung des Oligoklases, den wir schon bei der Betrachtung des Sonnensteins kennen gelernt haben. Alle diese adularisierenden Feldspate mit dem mondartigen Lichtschein werden auch wohl zuweilen Girasol, oder Fisch- und Wolfsauge, oder endlich Ceylon- und Wasseropal genannt. Der Adular, der am häufigsten von allen Feldspatvarietäten die Lichterscheinung des Mondsteines zeigt, ist der reine Kalifeldspat, dessen chemische Zusammensetzung durch die Formel: K2 0. Al 03.6 Si 02 ausgedrückt wird. Er ist sehr häufig in schönen und großen Kristallen ausgebildet. Die Formen derselben sind häufig sehr einfach, wie z. B. in Fig. 95, a und b. Zuweilen sind es aber auch komplizierte Zwillingsverwachsungen; eine solche, wo vier Individuen miteinander gesetzmäßig zu einem Vierling verbunden sind, ist in Fig. 95, c dargestellt. Das spezifische Gewicht ist gleich 2,55, wie beim Orthoklas überhaupt, von dem der Adular eine farblose und durchscheinende bis durchsichtige Abart darstellt. Geschliffen werden nur diejenigen Exemplare, die den Lichtschein zeigen. Dieser ist nieht über die ganze Oberfläche der Steine verbreitet, sondern er erscheint bloß in einer ganz bestimmten Riehtung, nämlich sehr nahe den Flächen, die an Kristallen die vordere und hintere Kante der Prismen gerade abstumpfen würden, an derben Stücken an der entsprechenden Stelle. Nur wenn man auf diese Fläche blickt, erscheint der Schimmer, und auch auf ıhr nur dann, wenn sie die erforderliche Lage gegen das Auge und gegen die Lichtquelle hat. Dreht man die Fläche aus dieser Stellung heraus, dann verschwindet allmählich die ganze Erscheinung, um bei der entgegengesetzten Drehung sofort wieder aufzutreten. Auf FELDSPATGRUPPE. MONDSTEIN. 531 Taf. XVI ist sie in Fig. 4 an einem unregelmäßigen Spaltungsstücke von Adular darzu- stellen versucht worden. Nach der Lage der Schillerfläche muß auch der Schliff gerichtet werden. Am vor- teilhaftesten erscheint der Lichtschein auf einer mugeligen Fläche, die sich über der ge- nannten Schillerfläche in ziemlich starker Wölbung erhebt. Facetten dürfen nicht an- gebracht werden, diese stören die Erscheinung. Sehr wirkungsvoll sind auch Kugeln aus Mondstein, also gewissermaßen zwei mit ihrer Grundfläche vereinigte mugelige Steine. Solche Kugeln werden gegenwärtig vielfach hergestellt und, auf Schnüren auf- gezogen, an Halsbändern usw. getragen, sowie sonst zu Schmucksachen verwendet. Sie gleichen einigermaßen weißen Perlen. Schleift man an einem Adular eine ebene Fläche an genau in der Richtung, in der der Lichtschein auftritt, so geht dieser über deren ganzen Umfang gleichmäßig weg. Stellt man aber in der angegebenen Weise eine rundliche Fläche her, so sieht man auf dem farblosen und fast durchsichtigen Hintergrunde einen bläulichen Lichtfleck (Taf. XVI, Fig. 5), innerhalb dessen die Durchsichtigkeit des Steines fast vollständig verschwunden zu sein scheint und der umgeben ist von einem Rande, innerhalb dessen dieser seine gewöhnliche Beschaffenheit und keine Spur von Schiller zeigt. Der schillernde Fleck geht in die nicht schillernde Umgebung ziemlich rasch, aber ohne scharfe Grenze über. Er ist um so kleiner, aber auch um so schöner und intensiver, je stärker die Krümmung der Schlifiläche ist, die man so wählen muß, daß der Schiller nicht zu klein, aber auch nicht zu matt wird. Eine sehr große Intensität hat aber die Erscheinung niemals, es ist stets ein mildes wogendes Licht, das sich bei der Drehung des Steines über dessen Oberfläche hinbewegt und bei zu starker Neigung endlich am Rande verschwindet. Man kann die Wirkung noch steigern, wenn man die Fassung in einem schwarzen Kasten vornimmt. Die Erscheinung ist vergleichbar mit der am Cymophan und auch an dem noch zu besprechenden Quarzkatzenauge, nur ist bei dem letzteren der Glanz des Lichtscheines mehr seidenartig, beim Mondstein mehr perl- mutterartig. Der charakteristische Lichtschein, das Chatoyieren des Mondsteines, ist an den ver- schiedenen Exemplaren des Adulars mehr oder weniger deutlich ausgeprägt und fehlt an den meisten vollständig. Auch an einem und demselben Exemplare schillern vielfach ein- zelne Stellen besser als andere. Diese besseren werden dann herausgeschnitten und für sich geschliffen. Je kräftiger der Schiller hervortritt, um so geschätzter sind die Steine. Ein solcher von der Größe einer Bohne mit schönem Lichtschein hat einen Wert von 25 bis 40 Mark, und mit der Größe steigt der Preis bedeutend. Am geschätztesten ist ein ausgesprochen blauer Lichtschein. Im Allgemeinen beträgt der Preis bis etwa 2 Mark pro Gramm. Die Ursache des Schillers sind wahrscheinlich mikroskopisch kleine farblose, lebhaft glänzende Kristalltäfelehen, die alle untereinander parallel den Kristallen in der Richtung der Schillerfläche in großer Anzahl eingewachsen sind und die für Kaolın gehalten werden. Nur die Adulare, in denen das Mikroskop solche Plättchen erkennen läßt, schillern, und zwar um so stärker, je größer die Zahl derselben ist; fehlen sie ganz, so ist auch kein Schiller vorhanden. Die Anwesenheit dieser kleinen fremden Körperchen ist auch die Ursache, warum die schillernden Adulare niemals vollkommen klar und durch- sichtig sind; eine kleine, wenn auch noch so unbedeutende Trübung ist stets vorhanden. Der Adular findet sich in ausgezeichneter Weise in den verschiedensten Teilen der Tiroler, Schweizer usw. Alpen, wo er in schönen Kristallen von den oben angegebenen Formen mit Bergkristall und anderen Mineralien auf den Wänden von Spalten im Gneis und ähnlichen Gesteinen aufgewachsen ist. Hier ist die hauptsächlichste Heimat des Minerals, aber nur eine kleine Zahl der vielen alpinen Adulare zeigt den Schiller, und 34* 532 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. bei verschwindend wenigen ist dieser so kräftig, daß sie als Schmucksteine verwendet werden könnten. Der schön und kräftig schillernde Mondstein, der verschliffen wird, stammt fast aller von der Insel Ceylon (Fig. 69, $. 361), wo aber das Vorkommen anders ist als in den Alpen. Er findet sich hier in pegmatitischen Gängen, und zwar z. T. in pracht- voller schriftgranitischer Verwachsung mit Quarz, z. T. in Form rundlicher bis faust- großer Partien oder porphyrischer Kristalle in dem mürben körnigen Gestein. Klarere Stiicke zeigen einen schönen blauen Schimmer, während die mürberen, trüben Partien einen mehr silberweißen, stärkeren Schiller aufweisen, den man oft über eine große Ge- steinsfläche einheitlich auftretend verfolgen kann. Unregelmäßig begrenzte, derbe bis faust- große Stücke liegen in einem weißen kaolinähnlichen Ton, der durch Verwitterung des Gesteins entstanden ist; die Mondsteinstücke sind der unverändert gebliebene Überrest. In dieser Weise findet er sich u. a. bei Nuwara Elliya, wo eine etwas westlich gelegene Stelle auf manchen Karten als „moonstone plain“ bezeichnet wird. Das Hauptvorkommen ist aber im Dumbara- und im Kandy-Distrikt der Zentralprovinz; als Fundort wird u.a. der Mondstein-Pit bei Jatore nördlich von Wattegama, an der Bahn von Kandy nach Norden, genannt. Der Mondstein wird, als der einzige Edelstein in Ceylon, aus dem an- stehenden Gestein gewonnen. Aus diesen ursprünglichen Lagerstätten im anstehenden Gesteine gelangt er dann auch in die Edelsteinseifen, in denen er sich in Form abgerollter Geschiebe findet, die mit den anderen Edelsteinen zusammen gewonnen werden. Am häufigsten soll .er in dieser Weise im Süden, bei Weligama zwischen Galle und Matara an der Südküste der Insel, vorkommen. Die gegenwärtig von Ceylon zum Schleifen nach Europa gebrachten Stücke sind, jedenfalls zu einem großen Teile, unregelmäßig begrenzt aber nicht abgerollt; diese stammen also wohl nicht aus den Seifen, sondern aus der ursprünglichen Lagerstätte. Häufig werden sie schon in Ceylon rundlich geschliffen, jedoch meist in unzweekmäßiger Weise, so daß sie in Europa umgeschliffen werden, um ihre Schönheit besser hervorzuheben. Andere Gegenden liefern dem Edelsteinhandel ebenfalls einiges, aber bedeutend weniger Material. In Brasilien kommen in der Nähe von Rio de Janeiro im Gneise schöne Kristalle vor, von denen manche einen genügend kräftigen Schiller zeigen. Auch in Nordamerika findet sich Mondstein an verschiedenen Orten. Die schönsten Exemplare kommen von der Allens- Glimmergrube bei Amelia Court House, Amelia County, in Vir- ginia. Die fast durchsichtigen und farblosen, bis zu !/2 Zoll großen Stücke, von welchen viele sich mit denen von Ceylon in der Qualität messen können, sind in einem grob- körnigen Granit eingewachsen, aus dem sie beim Graben nach Glimmer mitgewonnen werden. Merkwürdig ist das Vorkommen sehr schön blau schillernder Mondsteinkristalle in einem vulkanischen Gestein, einem Rhyolith, bei Rialto in den Funeral Mountains, Inyo County, Kalifornien, nach der Grenze gegen Nevada, leider sind sie aber zu klein. Schöne Mondsteingeschiebe hat man auch gelegentlich in Bows Riverin West-Australien gefunden. In Nordamerika findet man nun auch andere Feldspate als Adular mit dem Lichtschein des Mondsteines, wennschon nur in geringer Menge. Diese sind zum Teil von dem bisher betrachteten Adularmondstein im Aussehen nicht zu unterscheiden, zum Teil haben sie aber allerdings auch einen etwas anderen Charakter. Namentlich ist es der farblose und durchsichtige Natronfeldspat, der Albit, der zuweilen die Erscheinung zeigt und dessen schimmernde Abart wohl als Albitmondstein bezeichnet werden könnte. Ein sehr schönes Vorkommen dieser Art bildet der Albit von Mineral Hill bei Media, Delaware County, Pennsylvanien, der zuweilen geschliffen wird, und ebenso der mit dem besonderen Namen Peristerit bezeichnete Albit von Macomb, St. Lawrence County, New York. Viele Kristalle dieses letzteren mit gewöhnlichem Feldspat zusammen vorkommenden Minerals, nicht alle, haben den Schiller, und zwar manche so schön wie die von Ceylon; FELDSPATGRUPPE. LABRADORISIERENDER FELDSPAT. LABRADORIT. 533 er geht aber hier zuweilen etwas mehr ins Hellgrüne und Gelbe und zeigt auch wohl verschiedene Farben gleichzeitig. Dieser Peristerit findet als Schmuckstein ebenfalls An- wendung. Adularisierender Albit, der wie der oben erwähnte als Peristerit bezeichnet worden ist, findet sich auch in Form von Kristallen und größeren derben Massen auf Gängen grobkörnigen Granits im Gneis bei Bathurst unweit Perth in Kanada und an ver- schiedenen anderen Orten. Ein Oligoklas mit Lichtschein, also ein Oligoklasmondstein, wurde vor kurzem am Fuß des Medlock Mountains, 1 Meile nördlich von Bakersville, Mitchell County, Nord- Carolina, auf einem Granitgang im Schiefer gefunden. Er ist weiß oder grau und stellen- weise ganz durchsichtig. Da er parallel der Spaltungsfläche Eisenglimmerschüppchen eingeschlossen enthält, so zeigt er in dieser Richtung die Erscheinung des Sonnensteins, während er in der oben beschriebenen Richtung als Mondstein erscheint. Sehr viel seltener als diese Mondsteine sind durchsichtige Feldspate von gelblicher Farbe, die ein rötliches Adularisieren zeigen. Auch sie werden zuweilen als Sonnen- stein bezeichnet, sind aber von dem oben beschriebenen, eigentlich so genannten Schmuck- steine dieses Namens wohl zu unterscheiden. Die Fundorte sind dieselben wie die des Mondsteines. Der Mondstein wird neuerdings sehr täuschend in Glas nachgeahmt, so daß die Unterscheidung der in billigen Schmucksachen häufig vorkommenden Imitationen von den echten Steinen durch bloßes Ansehen schwierig ist. Das Glas hat jedoch immer ein höheres spezifisches Gewicht als die letzteren und namentlich eine geringere Härte, so daß ein unechter Mondstein von Feldspat geritzt wird. Auch ist der echte Mondstein deutlich doppeltbrechend, während die Glasimitation einfache Lichtbrechung zeigt. Labradorisierender Feldspat. Einen schönen Schiller sieht man auch auf dem Kalifeldspat, der einen Bestandteil der im südlichen Norwegen zwischen dem Kristiania- und dem Langesundfjord ver- breiteten, früher zum Teil Zirkonsyenit genannten Augitsyenite, namentlich der dieses Gestein durchsetzenden grobkörnigen Gänge einer ganz ähnlichen Felsart bildet. Als spezielle Fundorte werden vielfach Laurvik und besonders Fredriksvärn angegeben. Die etwas fettglänzende Schillerfläche hat dieselbe Lage wie beim Mondsteine, aber im Gegen- satz zu diesem ist der Feldspat grau und undurchsichtig und der Schiller ist nicht bloß bläulich, sondern sehr schön blau, seltener grün, gelb und rot. Er ist viel intensiver als beim Mondstein und nähert sich mehr dem des sofort zu betrachtenden Labrador- feldspats, ohne ihn aber an Farbenpracht ganz zu erreichen. Wegen dieser Ähnlich- keit hat das norwegische Mineral den Namen „labradorisierender Feldspat“ erhalten. Eine geschliffene Platte davon ist in Fig. 3, Taf. XVI, zu sehen. Allerdings wird diese Abart des Feldspats selten zu eigentlichen Schmucksteinen benutzt, da sie von dem reichlich vorkommenden wahren Labradorfeldspat an Schönheit weit übertroffen wird. Dagegen verwendet man das ganze Gestein zuweilen zu kleinen Architekturstücken, zu Grabdenkmälern usw., die durch den Schiller des Feldspats ein sehr hübsches Aus- sehen erhalten. Labradorit (Labrador, Labradorfeldspat, Labradorstein). Der prächtigste aller Feldspate ist der, der nach seinem besonders ausgezeichneten Vorkommen an der Küste von Labrador die genannten Namen erhalten hat. Er ist durch ein außerordentlich lebhaftes Spiel in intensiven, metallisch glänzenden Farben auf einem unansehnlich grauen Körper ausgezeichnet, das dem Stein ein wundervolles Aussehen ver- leıht und das dessen Verwendung als Schmuckstein bedingt. 534 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Der Labradorit von dem angegebenen Fundorte ist wie der Olisoklas von Tvede- strand, der sogenannte Sonnenstein, ein Kalknatronfeldspat, es überwiegt jedoch im Gegensatz zu jenem der Kalk über das Natron. Bei der Analyse wurde gefunden: 55,50 Proz. Kiesei- säure, 25,11 Tonerde, 2,73 Eisenoxyd, 11,10 Kalk, 4,ss Natron, 0,2 Kalı; Summe 100,8». Alle andersartigen kalkreicheren Feldspate von dieser oder nahestehender Zusammensetzung werden nach dem speziell hier in Rede stehenden als Labradorit oder Labradorfeldspat, oder auch wohl kurz als Labrador bezeichnet, auch wenn sie von anders woher als von Labrador stammen. Sie finden sich selten in deutlichen und regelmäßigen Kristallen ausgebildet, die dem triklinen System angehören. Meist sind es derbe Massen, und speziell bei dem Feldspat von der Labradorküste ist dies stets der Fall. Wie bei allen anderen Feldspaten sind zwei deutliche Blätterbrüche vorhanden, die einen Winkel von etwa 94 Grad miteinander machen. Von diesen ist der vollkommenere deutlich perlmutterglänzend und zeigt dieselbe Zwillingsstreifung, die wir beim Sonnenstein von Tvedestrand kennen gelernt haben, nur sind beim Labradorit diese Streifen meist breiter und weniger zahlreich und regelmäßig. Eine ganz ähnliche geradlinige Zwillingsstreifung beobachtet man indessen hier nicht selten auch auf der zweiten Spaltungsfläche. Auch in Beziehung auf die übrigen Eigenschaften stimmt der Labradorit mit den anderen Feldspaten im wesentlichen überein. Die Härte ist auch hier gleich 6; die Schmelzbarkeit vor dem Lötrohr ziemlich schwierig. Das spezifische Gewicht ist ebenfalls niedrig, aber doch etwas höher als beim Kalıfeldspat und beträgt 2,70. Ein Unterschied von diesem liegt außer in der erwähnten Zwillingsstreifung auch in der Zersetzbarkeit durch Salzsäure, die beim Labradorit wegen des großen Kalkgehaltes ziemlich leicht vor sich geht, wobei die Kieselsäure in Form eines schleimigen Pulvers ausgeschieden wird. Die Farbe des Labradorits ist ziemlich dunkel rauchgrau oder aschgrau. Er ist von Natur wenig glänzend, nimmt aber eine gute Politur an und ist vollkommen undurch- sichtig. Dreht man aber ein Stück nach allen Seiten herum, so sieht man auf der düster gefärbten Oberfläche plötzlich das erwähnte prächtige Farbenspiel aufleuchten, wenn man die richtige Lage erreicht‘ hat. Dies ist der Fall, wenn die Lichtstrahlen auf der Fläche des zweiten, weniger deutlichen Blätterbruches reflektiert werden, außerdem tritt es auch noch auf einer zweiten Fläche auf, hier aber sehr viel weniger ausgezeichnet. Nur wenn jene Fläche dem Auge zugekehrt ist, erscheint das Farbenspiel in seiner ganzen Pracht, besonders wenn die Sonne oder starkes künstliches Licht den Stein direkt bestrahlt. Nach dieser Fläche muß also der Stein geschliffen werden, aber nicht mit Facetten, die eher störend wirken, sondern entweder vollkommen eben oder ganz flach mugelig, schildförmig. Weicht die Schliffläche von jener Richtung zu weit ab, so sieht man keine Farben. Es ist aber noch außerdem nötig, daß die genannte Fläche gegen das Auge und das ein- fallende Licht eine bestimmte Stellung einnimmt. Dreht man sie aus dieser heraus, so verschwinden die Farben und man sieht nur das unscheinbare Grau des Steines. Bringt man ihn wieder in die richtige Lage, so tritt der herrliche Schiller plötzlich und mit einem Schlage wieder auf. Dieses plötzliche Auftreten und Verschwinden und Wiederaufleuchten der glänzenden Schillerfarben ist für die Erscheinung sehr charakteristisch und macht sie besonders auf- fallend und überraschend. Daher wird der Stein von den Juwelieren auch Changeant genannt, und das Farbenspiel wird als Farbenwandlung, sonst auch als Farbenschiller oder Labradorisieren bezeichnet. Die Farben des Schillers sind stets brennend und intensiv metallisch glänzend. Keine Kunst ist imstande, sie auch nur annähernd nachzuahmen und eine Vorstellung davon zu geben. In ihrer Art erinnern sie an die beim Irisieren und am Edelopal auftretenden FELDSPATGRUPPE. LABRADORIT. 535 Farben, nur sind es nicht, wie bei den besten Sorten des letzteren, kleine, rasch mitein- ander abwechselnde Flitterehen von verschiedener Färbung, sondern man sieht größere gleichgefärbte Flächen oder Flächenteile. Am meisten erinnern sie an die Art der Färbung gewisser tropischer Schmetterlinge, deren Flügel nach Art unserer Schillerfalter, nur viel feuriger glänzen: Morpho Cypris und Morpho Achilles, schön blau, Apatura Seraphina, grün, beide aus Südamerika, und andere, oder auch an den Hals der Tauben. Die Mannigfaltigkeit der Farben ist sehr groß. Man sieht Blau in allen Nuancen vom reinen Smalteblau bis zum Violett; Grün vom reinsten Smaragdgrün an in ver- schiedenen Nüancen und mit allen möglichen Übergängen zum Blau und Gelb; das glänzendste Goldgelb und das leuchtendste Citronengelb, das in das tiefste Orange und weiterhin in das kräftigste Kupferrot und Tombakbraun verläuft. Nicht selten ändern sich die Farben etwas beim Drehen des Steines, namentlich geht gelb zuweilen in grün über; meist bleiben sie aber, wie sie sind, bis sie ganz verschwinden. In Fig. 2, Taf. XVI, ist versucht worden, diese prächtige Farbenerscheinung nachzubilden. Diese verschiedenen Farben sind keineswegs alle gleich häufig; am Ööftesten sieht man blau und grün, am seltensten gelb und rot. Es ist nieht gewöhnlich, daß dieselbe Farbe über die ganze Schillerfläche eines Steines verbreitet ist. Dies kommt wohl zuweilen vor, wie bei dem blauschillernden Labrador von Brisbane in Australien, der in der genannten Figur dargestellt ist. Meist wechseln aber größere und unregelmäßige Flecken und lang- gezogene Streifen von verschiedener Färbung mehr oder weniger bunt miteinander ab, indem sie ziemlich rasch, aber doch meist nicht mit scharfen Grenzen ineinander über- gehen. Der Pariser Juwelier Caire erwähnt einen allerdings nicht von Labrador, son- dern aus Rußland stammenden Stein mit einer eigentümlichen Farbenzeichnung. Diese zeigte, der Beschreibung zufolge, ein vollkommen deutliches Bildnis Ludwigs XVI., der Kopf vom schönsten Azurblau auf einem goldiggrünen Hintergrunde, darüber schwebend eine schön granatrote Krone mit regenbogenfarbigem Rande und einem kleinen, silber- artig glänzenden Federbusch. Der Besitzer dieser Kuriosität verlangte dafür (1799) 250 000 Franken! Nicht immer schillert die ganze Fläche eines Steines, recht häufig sind farbenglänzende Stellen unterbrochen von nicht farbigen Flecken. Namentlich sieht man häufig lang- gezogene schmale Streifen mit geradlinig paralleler Begrenzung von der unscheinbar grauen Körperfarbe des Steines mit ebensolchen abwechseln, die in den schönsten Schiller- farben erscheinen. Manchmal werden die grauen Stellen, besonders diese Streifen, beim Drehen des Steines schillernd, während die vorher farbig gewesenen ihren Schiller und damit ihre Schönheit vollkommen verlieren und ihrerseits unscheinbar grau werden und so abwechselnd, wenn man dem Stein die frühere Stellung wiedergibt. Derartige Unter- brechungen, namentlich durch ganz schillerlose Stellen, schaden der Gesamtwirkung sehr und drücken den Preis wesentlich herunter. Steine ganz ohne solche, mit völlig ununter- brochenem Schiller, finden sich selten und sind stets klein. Die Wertschätzung ist um so größer, je glänzender und leuchtender die Farben. Gute Steine mit lebhaftem Farbenspiel für Manschettenknöpfe usw. kosten etwa 4 Mark das Stück. Steine mit düsterem Schiller stehen weniger hoch im Preise; sie werden als Ochsen- augen (oeil de boeuf) bezeichnet. Auch die Art der Farbe ist wegen deren verschiedener Häufigkeit nicht ohne Einfluß auf den Preis. Dieser ist bei ganz fehlerfreien Stücken nicht unbeträchtlich, geht aber für weniger vollkommene stark herunter. Die besten Exemplare werden zu Schmucksteinen verschliffen; größere Stücke finden Verwendung zu kleinen Gebrauchsgegenständen, wie Dosen, Stockknöpfen usw. Bei Mosaiken werden farbenschillernde Gegenstände, wie Schmetterlinge usw. aus Labradorit hergestellt, auch dient er zu Spielereien verschiedener Art. So waren am Anfang des 19. Jahrhunderts E 7 536 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. kleine Reliefs des unter dem Namen Mandrill bekannten Affen beliebt, die so aus unserem Edelstein herausgeschnitten waren, daß nur die Schnauzen und diejenigen anderen Körper teile in Farben schillerten, auf denen das auch bei den lebenden Tieren der Fall ist. Was die Ursache der Farbenwandlung beim Labrador anbelangt, so sind dafür schon verschiedene Erklärungen versucht worden. Es scheint, als ob die gelbe und grüne Farbe auf andere Weise entstünden als die blaue. Jene gehen von winzigen, bräunlich durch- scheinenden Täfelehen von rhombischem, hexagonalem oder auch ganz unregelmäßigem Umrisse aus, die dem Feldspat, wie man unter dem Mikroskop sieht, oft in großer Zahl in ganz paralleler Lage eingewachsen sind, und die den Mineralien Eisenglanz, Magnet- eisen und Titaneisen anzugehören scheinen. Die blaue Farbe ist nicht an solche Ein- schlüsse gebunden; sie tritt manchmal sehr kräftig hervor, wenn diese fast ganz fehlen. Man hat es dabei wohl mit einer komplizierten optischen Erscheinung der Interferenz zu tun, deren völlige Erklärung der Zukunft vorbehalten ist. Entdeckt wurde dieser schöne Stein zuerst am Ende des achtzehnten Jahrhunderts von den Herrnhuter Missionaren unter den Eskimos der Labradorküste; 1775 wurde das erste Stück nach Europa gebracht. Dort bildet der Labradorit mit dem noch zu besprechenden Hypersthen, dem schön kupferrot glänzenden Mineral aus der Augitgruppe, ein Norit ge- ' nanntes Gestein, das in Form von Geröllen große Verbreitung hat. Da es sehr grob- körnig ist, so sind in den meist nicht sehr großen Geschieben sehr selten beide Bestand- teile noch miteinander verwachsen; fast immer ist jeder derselben einzeln und bildet ein Stück für. sich allein. Über das Vorkommen, namentlich auf der ursprünglichen Lager- stätte im anstehenden Gebirge, sind nur spärliche Nachrichten vorhanden. Die Bai von Nunaengoak, die das Festiand von Labrador bei Nain gegen Norden begrenzt, wird als reich an „sogenanntem Labradorgestein“ bezeichnet. Östlich vom Festlande liegt die kleine Paulsinsel (Tunnularsoak), die namentlich in früheren Zeiten als ergiebiger Fundort viel genannt wurde. Außerdem wird ein Binnensee, der Tesseksoak-See, westlich von Nain als Hauptfundstelle angegeben. 12 miles von Nain soll das Labradoritgestein in einem sehr grobkörnigen hornblendeführenden Granit eingeschlossen sein, von dem auch Teile zuweilen noch an den in den Sammlungen befindlichen Stücken angewachsen sind. Nach anderen Ansichten ist dieser sogenannte Granit ein grobkörniger Gneis; dann wäre die den Labradorit enthaltende Gesteinsmasse als eine Einlagerung im Gneis, also als ein Glied der kristallinischen Schiefer anzusehen. .Nach der Mitteilung von G. F. Kunz ist in jenen Gegenden seit mehr als einem Jahrhundert das Mineral bergmännisch gewonnen worden. 150 Millionen Kubikfuß des Gesteins sind aufgeschlossen, und man könnte große Blöcke gewinnen. Der bisherigen Betrachtung lagen ausschließlich die Verhältnisse des Labradorits von der Labradorküste zugrunde, wo fast aller Feldspat des Gesteins Farbenschiller zeigt. Das Mineral hat jedoch eine sehr große Verbreitung als Bestandteil der verschiedenartigsten Gesteine. Aber in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle fehlt ihm der Farben- schiller vollständig; die Stücke sind meist grau oder weiß und durchaus ungeeignet zum Schmuckstein. Indessen. sind doch im Laufe der Zeiten noch andere Fundorte farben- spielenden Labradorits entdeckt worden, die zum Teil schönes Material in solcher Massen- haftigkeit geliefert haben, daß die Preise auch guter Steine erheblich zurückgingen und daß die betreffenden Gesteine zu großen Säulen und anderen ähnlichen Architekturstücken, ja sogar zu Bausteinen Verwendung finden konnten. Schon bald nach den ersten Funden in Labrador, im Jahre 1781, wurden Stücke von ähnlicher Beschaffenheit wie dort in Rußland entdeckt, das sich später als besonders reich an diesem schönen Material erwies. Zuerst fand man lose Blöcke als Gerölle bei Peterhof unweit St. Petersburg, deren Farbenspiel jedoch das der Steine von Labrador FELDSPATGRUPPE. LABRADORIT. 537 nicht erreicht und meist blau ist. Besonders große Rollstücke, mehr als 2 Ellen breit und 1 Elle hoch, werden vom Ufer der Paulowka bei Zarskoje-Selo erwähnt. Auch bei Miolö in Finnland liegen zahlreiche Gerölle. In diesem Lande fand sich das Mineral in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bei der Wiederaufnahme einer sehr alten Eisenerzgrube bei Ojamo im Kirchspiel Lojo in der Gegend von Abo. Es ist hier von etwas anderer Beschaffenheit als in Labrador, sofern es beinahe farblos ist statt grau, und sehr stark durchscheinend. Außerdem schillert es in mehr Farben, und diese sind zu- weilen zu regelmäßigen Figuren angeordnet, indem sich um einen nicht schillernden dunkeln Kern ringsum gleichschillernde konzentrische Zonen herumziehen, deren Farben nach außen hin ziemlich rasch wechseln. Fleischfarben mit schönem Farbenschiller ist ein Labradorit von Helsingfors. Das bedeutendste Vorkommen von schillerndem Labradorit in Rußland und wohl überhaupt ist aber das in Volhynien bis in die Gegend von Kiew. Er bildet hier mit anderen Mineralien, besonders dem Diallag, ein von den Petrographen Gabbro genanntes Gestein von wenigstens teilweise sehr grobem Korn, so daß die einzelnen Labradorit- individuen, die aber keineswegs alle den Schiller zeigen, bis 5 Zoll messen, aber aller- dings stellenweise auch auf wenige Linien heruntersinken. Die Farbe des Minerals ist verschieden, dunkelgrau oder grün in mehreren Nuancen, zuweilen hell- und dunkelgrün an einem Stück. Auf der gewöhnlichen Schillerfläche erscheint ein sehr schönes Farbenspiel in grünen, blauen, gelben und roten Tönen, von denen die beiden ersteren vorherrschen; gelb tritt besonders zwischen grünen Streifen auf. Der Gabbro mit dem schillernden Labradorit bildet einen Teil des großen süd- russischen Gebiets der granitischen Gesteine und ist in dieser Gegend keine seltene Er- scheinung. Er ist auf große Erstreekung verbreitet und an zahlreichen Orten anstehend, und wird hier und dort in Steinbrüchen gewonnen. So findet er sich an den Ufern des Baches Bystriewka bei Kamennoi Brod unweit Kiew im Distrikt von Radomysl; Material von hier hat man zu den farbenschillernden Säulen der Heilandskirche in Moskau ver- wendet. Später wurde das Vorkommen westlich von Kamennoi Brod bei Goroschki und an mehreren anderen Punkten des Distrikts Schitomir bekannt, und weiter hat man das Gestein bis in das Gouvernement Cherson verfolgt, wo es 1867 beı Nowo-Pawlowsk auf- gefunden wurde. Neuerdings sind sehr schön und einheitlich blau schillernde Labradorite mit dem Fundorte Brisbane in Queensland (Australien) in den Handel gebracht worden; sie wurden schon oben im Vorbeigehen erwähnt. Verbreiteter ist aber das Mineral in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Namentlich scheint der Staat New York daran reich zu sein, wo in den Grafschaften Essex und Lewis der farbenschillernde Labrador sowohl anstehend als in Form von Geschieben im glazialen Diluvium vorkommt. Derartige Geschiebe gehen noch durch ganz Long Island und New Jersey. In einem Flusse in Lewis County hat man so schön schillernde Gerölle gefunden, daß dieser darnach den Namen Opalescent River erhalten hat. Bei Keeseville ın Essex County wird ein labradoritführendes Gestein in Brüchen gewonnen und zu ornamentalen Zwecken sowie zu Bausteinen verwendet. Außerdem ist das Material noch an verschiedenen Orten in Pennsylvanien, Arkansas und Nord-Carolina, sowie in Kanada angetroffen worden, aber alle diese Vorkommnisse werden gegenwärtig kaum jemals zu Schmucksteinen verschliffen, da diese teurer zu steben kommen als diejenigen aus dem Mineral von der Labrador- küste, das zudem einen viel schöneren Schiller zeigt und eine bessere Politur annimmt. 538 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Eläolıth. Der Eläolith gehört zu der Mineralspezies Nephelin. Es ist ein Natron - Tonerde- Silikat von hexagonaler Kristallform, das durch die Härte 51/2 bis 6, das spezifische Gewicht 2,55 bis 2,64 und durch die Eigenschaft charakterisiert ist, von Säuren außer- ordentlich leicht zersetzt zu werden. Der Nephelin findet sicb in der Natur in zweierlei Varietäten von sehr verschiedenem Aussehen, aber mit den gleichen wesentlichen Eigen- schaften. Zunächst bildet er in Form von glasglänzenden, nicht oder doch nur schwach gefärbten Kristallen oder einzelnen unregelmäßig begrenzten Körnern einen Bestandteil mancher jüngeren vulkanischen Gesteine oder ist auf Hohlräumen in denselben drusen- förmig aufgewachsen. Dies ist der eigentliche oder „glasige Nephelin“. Die schönsten Kristalle desselben findet man in der Form hexagonaler Prismen meist mit der geraden Endfläche und von vollkommener Farblosigkeit und Durchsichtigkeit in den Auswürf- lingen des alten Vesuvs, der sogenannten Somma Dieser „glasige Nephelin“ wird nie geschliffen; er hat keine Eigenschaft, die ihn zum Schmuckstein empfehlen würde. Anders ist es mit der zweiten Abart, die als Bestandteil älterer plutonischer Gesteine, namentlich der darnach so genannten Eläolithsyenite, in einigen Gegenden in ausgezeich- neter Weise, aber fast nur in Form unregelmäßig begrenzter Körner, kaum in der von Kristallen vorkommt. Dieser ältere Nephelin unterscheidet sich von dem jüngeren glasigen wesentlich durch seinen ausgesprochenen Fettglanz, wonach er den Namen Eläolıth oder Fettstein erhalten hat. Außerdem ist er nicht durchsichtig, sondern trübe und höchstens durchscheinend; auch nicht farblos, sondern lebhaft bläulichgrün oder braun bis ziegelrot. Beim bloßen Betrachten scheint der Eläolith etwas ganz anderes zu sein als Nephelin, er stimmt aber mit dem „glasigen“ Mineral in Beziehung auf Kristallform, Zusammensetzung, spezifisches Gewicht usw. vollkommen überein, so daß ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden nicht vorhanden ist. Die abweichende Beschaffenheit des Eläoliths beruht auf der Anwesenheit sehr zahl- reicher Einschlüsse mikroskopisch kleiner Kriställchen, die wenigstens zum Teil dem Augit und der Hornblende, zum Teil auch anderen Mineralspezies angehören. Diese verursachen den Fettglanz und die Farbe und sind auch die Veranlassung eines zarten milchigen, wogenden Lichtseheins, der namentlich an manchen mugelig geschliffenen Steinen deutlich hervortritt. Ganz ähnlich wie beim Katzenauge bildet er ein breites Lichtband, das sich über den Stein hinzieht und sich beim Drehen über diesen hinwegbewegt. Exemplare, bei denen diese Erscheinung auf einer kräftigen und reinen Körperfarbe schön auftritt, machen einen sehr angenehmen Eindruck und sind nicht ohne Wert, da sie immerhin selten vor- kommen, so häufig das Mineral auch sonst ist. Jedenfalls sind sie im Edelsteinhandel nicht viel zu finden. Geschliffen werden meist nur Steine von grüner Farbe, seltener solche von roter oder brauner. Der Preis steigt bei beiden Sorten bis 3 Mark pro Karat. Solche Stücke können dem Aussehen nach mit Cymophan und mit Katzenauge ver- wechselt werden. Diese beiden sind aber härter und werden von Quarz nicht geritzt, wohl aber der Eläolith. Schwerer sind sie ebenfalls, so daß sie in der vierten Flüssigkeit untersinken, in der der Nephelin eben noch schwimmt. Am längsten bekannt ist der Eläolith des südlichen Norwegens, wo ein bis faustgroße Stücke des Minerals enthaltender Eläolithsyenit an mehreren Stellen vorkommt. Als Fund- orte werden auch hier Laurvik und Fredriksvärn genannt, und zwar kommen am ersteren Orte vorzugsweise braune und grüne, am anderen vorzugsweise rote Stücke vor. In einem ähnlichen Gestein am östlichen Ufer des Ilmönsees im Ural in der Nähe des Hüttenwerkes Miask finden sich gleichfalls größere Stücke Eläolith von roter und grüner Farbe, ferner EräoLıtu. CancrısITt. LASURSTEIN. 539 in Süd-Grönland und in den Vereinigten Staaten. Hier sind die Hauptfundorte Magnet Cove in Arkansas, wo schön fleischrote, zimmt- und gelbbraune, als Edelsteine brauchbare Stücke in Menge vorkommen, sowie Gardiner und Litchfield in Maine, wo das Mineral schön grün ist. Auch Salem in Massachusetts kann noch erwähnt werden. Überall ist der Eläolith ein Bestandteil eines ähnlichen Gesteins wie in Norwegen und im Ural. Canerinit. Der gelbe Canerinit, der den Eläolith von Litchfield begleitet, wird wegen seiner hübschen Farbe zuweilen geschliffen und in Amerika als Schmuckstein getragen. Er ent- hält dieselben Bestandteile wie der Eläolith, daneben aber noch etwas Kohlensäure und Wasser; auch kristallisiert er in denselben hexagonalen Formen wie der Nephelin. Er ist höchstens stark durchscheinend, nie vollkommen durchsichtig und seine Farbe geht vom Hellgelb bis zum Dunkelorangegelb. Das nämliche Material, aber vielfach nicht gelb, sondern rosa, grün usw. findet sich noch an anderen Orten; es wird aber außer in den Vereinigten Staaten nirgends benutzt und auch hier nur sehr wenig. Se ———— Lasurstein (Lapis lazuli, Lasurit). Der Lasurstein oder Lapis lazuli, auch orientalischer Lasurstein oder orientalischer Lapis lazuli genannt, ist ein vielfach prachtvoll blaues, undurchsichtiges Mineral, das in derben, äußerst Bkacen bis dichten Massen mit enellem Bruch in der Kur vor- kommt. Äußerst selten sind Kristalle von Erbsen- bis Bohnengröße, die die Form von Rhombendodekaedern haben und also dem regulären System lie. Besonders wichtig ist die Farbe; auf ihr allein beruht die Schönheit des Steines. Sie ist meist blau, und zwar in den schönsten und besten Stücken dunkellasurblau, zuweilen ins Schwarzblaue. Eine schöne lasurblaue Farbe, die nicht zu sehr ins Schwarze geht, zeigt Taf. XX, Fig. 1. Die tiefblauen Stücke werden fast allein zu Schmucksteinen ver- arbeitet; ihre Farbe ist weit schöner und reicher als die aller anderen undurchsichtigen blauen Steine und namentlich stets dunkler als die des Türkis, der sich dadurch leicht unterscheidet. Nicht selten ist das Mineral aber auch hellblau, sehr blaß bis beinahe ins Farblose; diese weniger dunkeln Stücke, die manchmal mit Türkis verwechselt werden könnten, haben aber als Edelsteine geringe Bedeutung. Man bezeiehnet manchmal die helleren Exemplare hier wie bei anderen Edelsteinen als weibliche, den dunkelblauen, männ- liehen gegenüber. Zuweilen ist das Blau vollkommen gleichmäßig verteilt, so daß die ganze Masse ununterbrochen dieselbe Farbe hat; vielfach wechseln aber weiße und blaue Schichten oder Flecken in mehr oder weniger bunter Mannigfaltigkeit miteinander ab. Auch ist die blaue Farbe nicht selten durch gelbe, metallisch glänzende Punkte unter- brochen, die nicht, wie Laien manchmal glauben, Gold sind, sondern dem Mineral Schwefelkies angehören. Wenn sie sich zersetzen, dann entstehen statt der gelben Punkte rostbraune Flecken, die die Steine stark verunstalten. Der blaue Lasurstein ist wahr- scheinlich der Edelstein, den die Alten unter dem Namen Sapphir verstanden, nicht der jetzt so benannte blaue Korund. Die reine blaue Farbe ist indessen nicht die einzige, die beim Lasurstein vorkommt. Ver- breitet ist namentlich an gewissen Fundorten ein etwas ins Grünliche gehendes Blau; auch 540 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. ausgesprochen grüne Steine kommen vor, sind jedoch viel seltener als blaue. Dasselbe gilt für die violette und rötlichviolette Färbung, die ebenfalls auf gewisse Fundorte beschränkt zu sein scheint. Meist zeigt ein Stein nur eine von diesen Farben, zuweilen kommen auch blau, grün und rot oder violett nebeneinander vor. Stets ist das Pulver zwar lichter als die dicken Stücke, aber doch deutlich und in denselben Tönen gefärbt wie diese. Die Farbe des Lasursteines bleibt nicht unter allen Umständen dieselbe, namentlich ändert sie sich beim Erhitzen. Wird die Temperatur eines Exemplares von hellblauer Farbe bis zur schwachen Rotglut erhöht, so wird es häufig schön dunkelblau; das anfänglich zu Schmucksteinen nicht verwendbare und daher ziemlich wertlose Stück wird schleif- würdig, und der Wert steigt erheblich. Allerdings geht beim Erhitzen manchmal auch die reine hell- oder dunkelblaue Farbe in ein wenig angenehmes grünliches Blau über, und wenn die Temperatur zu sehr gesteigert wird, tritt nicht selten vollkommene Entfärbung ein. Dasselbe geschieht bei grünen und violetten Steinen, die aber, wenn die Erwärmung innerhalb der geeigneten Grenzen bleibt, also nicht über schwache Rotglut steigt, wie die hellblauen nicht selten tief und gesättigt dunkelblau werden, wodurch auch hier der Wert nicht unbedeutend zunımmt. Aus Chile kommt ein grünlichblauer Lasurstein, der beim Erhitzen farblos wird, bei der Abkühlung aber seine ursprüngliche Farbe wieder annimmt. Manche Stücke zeigen beim Erwärmen lebhafte Phosphoreszenz. Der Lasurstein besitzt in ganzen Stücken keine Spur von Spaltbarkeit; er hat einen kleinmuscheligen bis unebenen Bruch, auf dem meist schon für das bloße Auge die fein- körnige Struktur hervortritt. Der Glanz auf frischen Bruchflächen ist glasartig und meist schwach; er wird wohl bei manchen Vorkommnissen etwas kräftiger, geht aber bei manchen anderen bis zum vollständig Matten herunter. Auch durch das Schleifen wird kein be- sonders lebhafter Glanz erzeugt, am wenigsten bei unreinen oder gefleckten Stücken, an denen härtere und weichere Stellen miteinander abwechseln. Die erlangte Politur hält sich der geringen Härte wegen nicht lange; die geschliffenen Steine werden durch den Gebrauch bald matt und unansehnlich. Durchsichtig ist der Lasurstein nicht, höchstens an den feinsten Kanten etwas durchscheinend. Die Härte geht, wie schon erwähnt, nicht sehr hoch; sie ist etwa gleich 5'/2. Der Lasurstein wird also leicht von Quarz, sogar noch von Feldspat geritzt, ritzt aber seiner- seits noch Fensterglas. Auch das spezifische Gewicht ist sehr gering, es ist beinahe am kleinsten unter allen zu Edelsteinen verwendeten Mineralien. Man hat G. = 2,3s bis 2,12 gefunden und sieht daraus, daß der Lasurstein auch auf der leichtesten Flüssigkeit vom Gewicht des Quarzes (G. = 2,5) noch schwimmt. Von Salzsäure wird das Mineral zersetzt. Die vielfach beigemengten weißen Partien lösen sieh unter Aufbrausen durch Entwieklung von Kohlensäure auf und erweisen sich dadurch als Kalkspat. Gleichzeitig wird die blaue Farbe allmählich zerstört und dabei oft ein kräftiger Geruch nach Schwefelwasserstoff, also wie bei faulen Eiern, entwickelt. Kieselsäure wird gallertartig ausgeschieden. Vor dem Lötrohr schmilzt die Substanz schwer zu einem farblosen und ziemlich klaren blasigen Gase. Schon beim Betrachten des Lasursteines mit dem bloßen Auge, oder besser mit der Lupe, erkennt man deutlich, daß er kein einheitliches, homogenes Mineral darstellt wie der Diamant, der Rubin und andere. Man bemerkt, daß in ihm mehrere Substanzen mit- einander gemengt sind. Noch bestimmter tritt dies hervor bei der genaueren chemischen Untersuchung und bei der Beobachtung von Dünnschliffen unter dem Mikroskop. Die Analysen zeigen, daß alle Lasursteine zwar dieselben Bestandteile enthalten, aber nicht immer in denselben Verhältnissen; es finden hierbei im Gegenteil recht bedeutende Schwankungen statt. In der Hauptsache findet man stets Kieselsäure, aber die Menge LASURSTEIN. 541 geht von 36 bis 67 Proz. und entsprechend die anderen Bestandteile, die aus der im nachfolgenden angeführten Analyse sich ergaben. Diese wurde mit einem Lasurstein aus dem „Orient“ angestellt, und man hat dabei (nach Abzug von 28,2 Proz. kohlensaurem Kalk und 4,; Proz. kohlensaurer Magnesia) erhalten: 43,26 Proz. Kieselsäure, 20,22 Proz. Tonerde, 4,20 Eisenoxyd, 14,73 Kalk, 8,76 os, 5,67 Schwefelsäure, 3,16 Schwefel (Summa auf 100,00 berechnet). Manche andere Stücke ergeben noch einen kleinen Gehalt an Chlor, der bis auf ein halbes Prozent steigen kann. Hat die stark wechselnde Zusammensetzung des Lasursteines vermuten lassen, daß er ein Gemenge verschiedener Substanzen ist, so erhebt dies die Betrachtung von Dünn- schliffen unter dem Mikroskop zur vollen Gewißheit. Die einzelnen Bestandteile und ihre Beziehungen zueinander treten dabei deutlich hervor. Meist bildet weißer Kalkspat oder Kalkstein von feinkörniger Struktur eine Grundmasse, in der alle die anderen Gemengeteile eingewachsen sind; er ist zuweilen in großer Menge vorhanden, tritt aber auch vielfach bis zum Verschwinden zurück. Seine Anwesenheit bedingt die weißen Flecken und Streifen, sowie das Aufbrausen mit Salzsäure, von dem schon oben die Rede war; daß der Kalk manchmal etwas dolomitisch (magnesiahaltig) ist, ersieht man aus der ebigen Analyse. In dem Kalk erkennt man eine nicht unerhebliche Zahl anderer ganz oder nahezu farbloser Mineralkörper, von denen die meisten dem Augit und der Hornblende angehören. Besonders wichtig sind aber gefärbte Körner, die die oben erwähnten Farben des Lasur- steins zeigen. Diese sind mehr oder weniger reichlich vorhanden. Bald verdrängen sie alles andere und setzen die Steine beinahe für sich allein zusammen, bald sind sie aber auch nur vereinzelt dem Kalkspat eingelagert. Sie bilden die eigentliche Lasur- steinsubstanz, die dem Kalkspat ihre Farbe und bis zu einem gewissen Grade ihre anderen Eigenschaften mitteilt. Sind viele farbige Körner vorhanden, dann ist auch die Farbe der Stücke tief und gesättigt, und je nach ihrer Verteilung sind die letzteren gleich- mäßig gefärbt oder blau gefleckt und gestreift. Wenn die Körner blau, grün oder violett sind, dann ist dies auch bei den ganzen Stücken der Fall. Manche Körner erweisen sich unter dem Mikroskop als sehr intensiv und dunkel gefärbt, manche andere sind hell bis fast farblos, was ebenfalls von Einfluß auf die Färbung der ganzen Stücke ist. Diese farbigen Einsehlüsse sind meist nicht regelmäßig begrenzt, sondern fast immer rundlich oder zackig und lappig mit zahlreichen Aus- und Einbuchtungen. Allerdings fehlen auch zuweilen deutliche Kristallformen nicht, die offenbar, wie die oben erwähnten größeren Kristalle, Rhombendodekaeder bilden und also gleich ihnen dem regulären System angehören. Damit stimmt auch die einfache Lichtbrechung der meisten überein; einzelne brechen die Licht- strahlen allerdings doppelt, es ist aber wohl zweifellos, daß hier eine anomale Erscheinung vorliegt. Auch Andeutungen von Spaltbarkeit nach den Flächen des Rhombendodekaeders sieht man zuweilen. Nicht selten ist eine gewisse Anzahl kleiner blauer Körnchen zu rundlichen Gruppen vereinigt. Die färbenden Bestandteile des Lapis lazuli sind, wie es den Anschein hat, nicht alle von derselben Beschaffenheit. Wir haben schon gesehen, daß sie in der Farbe und ın anderen Eigenschaften gewisse Unterschiede zeigen, dasselbe ist auch bezüglich ihrer chemischen Zusammensetzung der Fall. Es ist den beiden Mineralogen Brögger und Bäckström bei ihrer wichtigen Untersuchung des Lasursteines gelungen, die Pig- mentkörner nach ihren speziellen Eigenschaften in mehrere Portionen zu trennen. Von diesen hat die eine (H) die Zusammensetzung des blauen Minerals Hauyn, das wir noch zu betrachten haben werden, da es ebenfalls zuweilen geschliffen und als Edelstein ver- wendet wird; eine zweite (U) hat die Zusammensetzung der künstlichen Verbindung, die 542 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. wir als viel benutzten blauen Farbstoff unter dem Namen Ultramarin kennen, so daß der Lasurstein bis zu einem gewissen Grade nichts anderes ist als natürliches Ultramarin. Daneben sind zwar zuweilen einzelne blaue Körner von noch etwas anderer chemischer Natur vorhanden, jene beiden sind aber von diesen Pigmenten die wichtigsten. Ihre Zu- sammensetzung wird durch die folgenden beiden Formeln gegeben: H= 3 (Nas, Ca) O.3 A 03.6Sı 02.2 (Na2, Ca) S0u. U=3N20.3 Al: 03.6 Si 02.2 Na» S:. In beiden findet sich also das Natron-Tonerde-Silikat Na2 O. Al: 03.2 Sı O;, in welchem beim Hauyn etwas Natron durch die äquivalente Menge Kalk ersetzt ist und zu dem beim Hauyn noch eine gewisse Menge Natronsulphat, beim Ultramarin etwas Schwefelnatrium hinzutritt. In dem Lasurstein, dessen Analyse oben angegeben ist, finden sich nach der Be- rechnung 76,3 Proz. Hauyn (H) und 15,: Proz. Ultramarin (U); daneben sind noch 7,4 Proz. blaue Körner vorhanden, die nach ihrer Zusammensetzung mit dem Mineral Sodalith übereinstimmen, in welchem anstatt des Natronsulphates oder anstatt des Schwefelnatriums etwas Chlornatrium mit demselben Natron-Tonerde-Silikat verbunden ist, das auch beim Hauyn und Ultramarin die Hauptrolle spielt. Dieses Mengenverhältnis der drei Pigmente ist aber keineswegs immer dasselbe, es schwankt im Gegenteil stark. Der Hauyn über- wiegt wohl immer, das Ultramarin tritt zurück und fehlt auch wohl manchmal ganz, und dasselbe gilt in noch höherem Grade für den Sodalith; aber für das Aussehen der Steine ist dies von keinem erheblichen Belang, da alle drei Körper bezüglich der Farbe im wesentlichen miteinander übereinstimmen. Auf der Zersetzung dieser Silikate beruht die Entfärbung durch Säuren. Nach den vorstehenden Auseinandersetzungen ist also der Lasurstein, wie er in den Handel gebracht und in der verschiedensten Weise verwendet wird, ein Kalkstein, der von den erwähnten Pigmenten mehr oder weniger reichlich imprägniert ist. Es ist wahr- scheinlich, daß diese und die anderen in dem Lasurstein nachgewiesenen Mineralien (Augit, Hornblende usw.) sich durch die Einwirkung eines Eruptivgesteins, eines Granits oder eines ähnlichen, auf den Kalkstein, gebildet haben, daß der Lasurstein also ein sogenanntes Kontaktgebilde ist, wie wir schon manche kennen gelernt haben. Seine Ver- breitung auf der Erde werden wir nunmehr betrachten. Über die Fundorte des Lapis lazuli sind zahlreiche Angaben vorhanden, die aber meist ungenügend und zum Teil sicher unzuverlässig und sogar falsch sind. Dies hängt damit zusammen, daß manche der betreffenden Gegenden überhaupt noch wenig erforscht und alle wegen ihrer Abgelegenheit wissenschaftlieher Untersuchung wenig zugänglich sind. Namentlich scheint es auch, wie wenn viele als Fundorte angeführte Lokalitäten nur Handelsplätze wären, über die das allgemein geschätzte Material in den Verkehr ge- bracht wird. Von einigen Gegenden sind aber sichere Nachrichten darüber vorhanden, wo und wie sich das Mineral in der Natur findet und wie es gewonnen wird. Die wichtigsten und ergiebigsten liegen in Asien; von hier kommt der meiste und zugleich der schönste, der in der Industrie Verwendung findet. Nicht ganz unwichtig ist auch das Vorkommen in Südamerika, und zwar in Chile, ganz bedeutungslos das in der Gegend von Rom und Neapel. Am längsten bekannt sind die Lasursteingruben in Badakschan in der :nordöst- liehsten Ecke von Afghanistan am Oberlauf des Amu Darja (Oxus). Sie liegen ganz in der Nähe des oben schon erwähnten Fundortes der zentralasiatischen Rubine und Spinelle und sind wie diese schon 1271 von dem berühmten venetianischen Reisenden Marco Polo besucht und beschrieben worden. Späterhin haben dann noch mehrere andere Forscher Nachrichten über das Vorkommen und die Gewinnung des Minerals gegeben. u 16 2 nn a re LASURSTEIN. 543 Die uralten Lasursteingruben, die aber bis in die Gegenwart im Betrieb geblieben sind, liegen im oberen Teile des Tales des Kokcha (Koktscha) (Fig. 97), eines linken Nebenflusses des Oxus, ungefähr unter 36'/.° nördl. Breite und 70!/2° östlich von Green- wich, nördlich vom Hindukusch zwischen diesem Gebirge und der Chodscha-Mohamed- Kette. Wahrscheinlich gibt es in dieser wenig zugänglichen Gegend, besonders im Hindu- kusch, noch manche andere Lagerstätten des schönen Minerals, es scheint aber, als ob nur die im oberen Koktschatale gelegenen genauer bekannt geworden wären. Dieses Tal ist da, wo die Gruben sich befinden, sehr eng, nur 200 Yards breit und auf beiden Seiten von hohen, nackten Felsen eingefaßt. Die Gruben liegen etwa 1500 Fuß über dem Flußbette in einem weißen und schwarzen Kalkstein, der das Muttergestein des Lasursteins bildet. Man unterscheidet dort drei Qualitäten, eine von indigoblauer, eine zweite von lichtblauer und eine dritte von grüner Farbe. Die ganze Jahresproduktion be- trägt jetzt ungefähr 36 Pud oder 600 kg, das gesamte gegenwärtig gewonnene Material soll aber im ganzen von geringerer Qualität sein. Früher war die Pro- duktion erheblich stärker und die Qualität besser; Nachrichten aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahr- hunderts zufolge betrug sie damals RAS ungefähr 300 Pud oder etwa en Vrescher 5000 ke. ZN Ra Der größte Teil des Lasursteins h Ns und besonders die besten Stücke \ SA Fig N gehen nach Buchara. Von hier ge- NE Lasustein‘ « NS langt dann eine große Menge nach 2 UNE Rußland, wo die Weiterverbreitung ERLLD besonders durch die Messein Nischny Nowgorod bewirkt wird. Der Preis ne en Fig. 97. Lasursteingruben von Badakschan am oberen Oxus, : Maßstab: 1: 6000000. wird von den Gruben viel nach China und mit den Rubinen jener Gegenden zusammen auch nach Persien ausgeführt. Es ist daher wohl möglich, daß die Angaben von Lasursteinvorkommen in Persien, in der kleinen Bucharei, in Tibet und China sich alle nur auf Lasurstein beziehen, der durch den Handelsverkehr aus Badakschan nach den genannten Ländern ausgeführt worden ist. Jedenfalls sind die Nachrichten über das Vorkommen daselbst, die man in der Litteratur findet, stets nur ganz vag; bestimmte Mitteilungen über Fundorte usw. sucht man vergeblich. Auch derjenige Lasurstein, der in anderen Teilen von Asien, in Afghani- stan, Beludschistan, Indien usw. zum Verkauf gelangt, und der nach der Meinung mancher Reisenden in diesen Gegenden gefunden wird, stammt wahrscheinlich ausnahmslos von den erwähnten Fundstellen im Gebiete des oberen Oxus. Die Gewinnung des Materials geschieht hier in wenig zweckmäßiger Weise durch Feuersetzen, jetzt noch wie schon vor Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden, denn der Lapis lazuli, aus dem die alten Ägypter Skarabäen schnitten, hat seine Heimat wahr- scheinlich gleichfalls in Badakschan und ebenso der sonst im Altertum vielfach benutzte. An dem Orte, wo Lasurstein vermutet wird und wo gearbeitet werden soll, werden große Feuer angezündet und die erhitzten Gesteine mit Wasser begossen. Im Winter sind die kalten Felsen für diesen Prozeß besonders empfindlich, deswegen ist jener die für den Grubenbetrieb besonders geeignete Jahreszeit. Das Gestein wird dadurch locker und 544 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. bröcklig. Ist das in genügender Weise bewirkt, dann werden die dabei entstandenen, oft ungeheuren Blöcke mit großen Hämmern zerschlagen und die tauben Massen ent- fernt, bis man auf ein Nest des gesuchten Minerals stößt. Rings um dieses werden dann tiefe Gruben angelegt und der Lasurstein nebst seinem Nebengestein mittels Brechstangen losgesprengt. Dabei lassen sich zuweilen große zentnerschwere Tafeln abspalten, die der Schichtung des Gesteins entsprechen. Es wurde die Meinung ausgesprochen, daß die tief- blaue Farbe, die der Lapis lazuli von Badakschan vielfach zeigt, von der starken Er- hitzung beim Feuersetzen herrührt, entsprechend der oben erwähnten Erfahrung, dab Hellblau bei diesem Mineral in der Hitze in Dunkelblau übergeht. Es scheint aber doch, daß dies jedenfalls nieht in voller Allgemeinheit gilt und daß am Oxus von vornherein dunkelblaue Stücke neben hellblauen vorkommen. Nicht selten ist es gerade hier, dab der Lapis lazuli mit gelben Punkten von Schwefelkies durchsprengt ist, die sich manchmal zu größeren Nestern und Streifen zusammenhäufen. Sr Ein zweites Gebiet von Lasursteingruben ®Trkutsh liegt am Westende des Baikalsees in Sibirien (Fig. 98), von wo das Material zu den Säulen in der Isaakskirche ın St. Peters- burg stammt. Das Mineral findet sich hier an mehreren Stellen; an den Bächen Talaja und Malaja Bistraja (kleine Bistraja), sowie an dem Flüßchen Slüdjanka. Der Lasurstein liegt hier in Blöcken bis zu 3 Pud im weißen körnigen Kalk oder Marmor, da wo dieser an Granit stößt, eine Art des Vorkommens, die wahrscheinlich, wie wir gesehen haben, für unseren Edelstein überall dieselbe ist. Am Baikalsee ist der Lapis lazuli nur an 1:2450000 ____östl.L.102%-Paris | wenigen Stellen so schön und tief blau wie u der meiste von Badakschan, enthält auch viel weniger Schwefelkies eingesprengt als dieser. Er ist dagegen fast durchweg frischer und glänzender und stärker durchscheinend. Neben der blauen Farbe ıst hier die violette, dunkelgrüne und hellrote gleichfalls vertreten. An einzelnen Stücken ist die äußere Rinde tief blau und matt, der Kern rot und glänzend. Es scheint darnach, als ob der rote oder violette Lasurstein erst durch Verwitterung schön blau gefärbt würde. Vielleicht ist auch der dunkelblaue Stein von Badakschan nur stärker verändert und war ursprünglich violett und rot wie der vom Baikalsee. Der Grubenbetrieb scheint nirgends besonders lohnend zu sein und ist jedenfalls sehr unsicher. Man hat keine Anzeichen, um durch Versuchsbauten neue Lagerstätten aufzu- suchen, und ist daher lediglich auf den Zufall angewiesen. In dem engen Tal des kleinen und schmalen, 30 Werst langen Flüßchens Talaja, das 2 Werst südlich von Kultuk in den See mündet, herrscht auf der linken Seite in steil abfallenden Wänden weißer, dolomitischer Kalk, der stellenweise von granitischen Gesteinen überlagert wird. Den Kalkstein durchziehen Gänge oder Adern, ausgefüllt von einer mehligen, mit Glimmer vermischten Kalkmasse, in der neben Brocken von festem Kalk Knollen und Bruchstücke von Lasurstein liegen, wie es das in Fig. 99 dargestellte Profil zeigt. Bis zum Jahre 1853 waren hier drei Gruben im Betrieb, die später, nach der Entdeckung der reichhaltigeren Lagerstätte an der Malaja Bistraja und wegen der ungenügenden Beschaffenheit des gewonnenen Materials, verlassen wurden. Fig. 98. Lasursteingruben in der Gegend des Baikalsees. LASURSTEIN. 545 Dasselbe geschah, ebenfalls wegen der schlechten Qualität des Lasursteins und wegen der Härte des umgebenden Gesteins mit den lange Zeit hindurch bearbeiteten Gruben an der Slüdjanka, 12 Werst südlich vom Dorfe Kultuk, die aber später wieder geöffnet wurden. Auch hier findet sich der Lasurstein nesterartig im weißen Marmor auf der Grenze zum Granit und Gneis, die dort mit dem Mar- mor häufig abwechseln. Aber nicht nur anstehend ım Felsen, sondern auch als Gerölle im Flusse trifft man den Stein auf einer Erstreckung von 35 Werst (etwa 5 deutsche Meilen). Er variiert ın den schönsten Ab- änderungen vom dunkelsten, gesättigtsten Ultramarinblau bis zum Blaßwolkigen, mit den reizendsten Übergängen in Violett, Seladongrün usw. Am reichsten sind die 1854 entdeckten Ablagerungen an dem Flüßchen Malaja Bistraja. Die dortigen Gruben sind daher längere Zeit allein bearbeitet worden, um so mehr, als das von hier stammende Material vortrefflich und von großer Schönheit ist, und eine ganz besondere Gleichmäßigkeit besitzt. Die besten Steine der ganzen Gegend stammen aus diesen Gruben, die an dem linken Arme des Baches liegen, der sich 10 Werst oberhalb der Mündung mit dem rechten Quellbach vereinigt. Hier herrschen granitische Gesteine. In dem Gebirgsrücken, der die rechte Seite des Tales bildet, lagern sich an diese in beinahe senkrechter Stellung Schichten von verändertem weißem, dolomitischem Kalke mit körniger Struktur an, in dem der Lasurstein eingeschlossen ist, und zwar eben- falls auf Spalten und Adern, die mit lockerem Material ausgefüllt sind. Je weiter man in diesen in die Tiefe vordringt, desto mehr nimmt der Lasurstein an Menge und Schönheit zu. An den Schurfstellen sieht man, daß er sich dort auf einem Raume von 7000 Quadratfuß findet. Hin und wieder bemerkt man auch etwas Schwefel in der Nachbar- schaft. Auch in der Kleinen Bistraja sind Knollen von Lasurstein vorgekommen, darunter solche, die ein Gewicht von 3 Pud (60 kg) haben; ebenso trifft man derartige Geschiebe in dem in die Malaja Bistraja mündenden Flüßchen Turluntaj, was auf eine weitere Ver- breitung des Minerals hinweist. An der Malaja Bistraja kommen gleichfalls violette und mehr oder weniger dunkelgrüne Varietäten neben der blauen vor. - Endlich finden sich größere Mengen von Lasurstein in den chilenischen Anden. Nach der Mitteilung von Philippi liegt die Fundstätte bei den Quellen der Bäche Cazadero und Vias, kleiner Zuflüsse des Rio Grande, in der Kordillere von Ovalle, wenige Cuadras von der Straße entfernt, die nach den argentinischen Provinzen führt und ın geringer Entfernung von der Wasserscheide, noch auf chilenischem Gebiet. Das Mineral kommt, von Schwefelkies begleitet, in Stücken von verschiedener Größe in einer mäch- tigen Schicht von weißem und grauem Kalkstein eingeschlossen vor. Dieser Kalkstein ruht auf Tonschiefer und wird seinerseits bedeckt von einem anderen geschichteten Ge- stein, reich an Eisenerz und Granat. Über dieser letzteren Schicht liegt Granit, der den oberen Teil der Berge bildet. Auch auf sekundärer Lagerstätte, herausgelöst aus dem Zu- sammenhang mit seinem Muttergestein, findet sich der Lasurstein in einzelnen Stücken in einer kleinen Ebene, zugleich mit Fragmenten von Granit, Schiefer und Eisenerz in einem Lager von Geröll, das durch Verwitterung der anstehenden Gesteinsmassen ent- standen ist. Der chilenische Lasurstein, der an der genannten Stelle in einiger Menge gewonnen wird, ist meist blaßblau ins Grüne und von weiben Streifen durchzogen. Er wird daher viel weniger geschätzt und schlechter bezahlt als der asiatische. Bauer, Edelsteinkunde, 2. Aufl. 39 a. Granit. b, Adern un Kal» e. Lasursteinknollen- Fig. 99. Vorkommen des Lasursteins an der Talaja (Baikalsee). 546 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE, Geringe Mengen Lasurstein von erdiger Beschaffenheit, also zu Schmucksteinen nicht geeignet, findet man in den Kalkauswürflingen des alten Vesuvs, der Somma, sowie in den Kalkeinschlüssen der vulkanischen Tuffe im Albaner Gebirge bei Rom; hiervon soll hier nicht weiter die Rede sein. Jedenfalls zeigt aber dieses Vorkommen, wie alle anderen, daß die oben erwähnte Auffassung des Lasursteins als Kontaktmineral im Kalk große Wahrscheinlichkeit für sich hat. Der Lasurstein war im Altertum sehr beliebt, namentlich wurde viel in ihn graviert und erhabene Figuren aus ihm geschnitten. Auch jetzt noch ist er, wenngleich weniger als früher, sehr geschätzt und dient namentlich zu Ringsteinen, Broschen und zu ähn- lichen Zwecken. Auch im Orient, in China usw. wird der Stein sehr vielfach verwendet. Da die Schönheit ausschließlich auf der blauen Farbe beruht, so sucht man diese recht rein zu erhalten und schneidet daher aus den rohen Stücken möglichst gleichartig blau- gefärbte Teile heraus, um sie zu schleifen. Man gibt dabei entweder eine ganz ebene Fläche oder wählt eine flach mugelige Form; Facetten sind wegen der vollständigen Un- durchsichtigkeit ohne jede Wirkung. Der Preis war früher, als noch eine umfangreiche Verwendung in: der Malerei stattfand, höher als jetzt. Er wird bestimmt durch die Größe des Steines und durch die Reinheit und Gleichmäßigkeit, sowie durch die Tiefe und Sättigung der blauen Farbe; eine andere als diese ist nicht beliebt. Das reine, nicht zu tiefe Lasurblau ist am wert- vollsten, weiße und gelbe Flecken drücken den Preis sehr herunter; am wenigsten geschieht dies, wenn sie ganz gleichmäßig und regelmäßig verteilt sind. Sehr niedrig im Preise steht der blaßblaue und der grünliche Lapis lazulı. Das Rohmaterial für die Schleifereien bilden meist kleinere Stücke, die nach dem Kilogramm verkauft werden. Solche von Nußgröße gehören schon nicht mehr zu den gewöhnlichen Vorkommnissen. Derartige Stücke von der besten Sorte kosten 300 Mark das Kilogramm; größere einheitlich und schön gefärbte Stücke sind noch viel teurer, bis über 500 und sogar gegen 600 Mark das Kilogramm im europäischen Handel. Für ge- schliffene Steine zahlt man 2'/, bis 4!/a Mark pro Gramm, je nach Farbe, Größe und Form, ja sogar bis 10 Mark pro Stück. Viel häufiger als zu Schmucksteinen wird der Lasurstein zu allen möglichen kleinen Gegenständen, Briefbeschwerern, Leuchtern und anderen Galanterieartikeln verarbeitet auch zu kleinen Schalen, Vasen usw. Früher machte man jeden solchen Artikel meist aus einem einzigen Stück; sie waren daher sehr teuer, da eine hierzu erforderliche Größe der rohen Blöcke selten ist, auch wenn man sich, wie es bei solchen Gegenständen der Fall zu sein pflegt, mit einer geringeren Sorte begnügte. Gegenwärtig werden derartige Sachen aus Metall hergestellt und mit dünnen Plättchen von Lasurstein belegt (fourniert). Auch größere Gegenstände sieht man zuweilen in dieser Art mit Lasurstein geschmückt. So wurden im Winterpalais in St. Petersburg und im Schloß von Zarskoje Selo Zimmer mit Lasurstein getäfelt und anderer ähnlicher Luxus getrieben. Von den Säulen in der Isaakskirche in St. Petersburg ist schon oben die Rede gewesen. Bei der Herstellung von Steinmosaik findet das Mineral ebenfalls Verwendung, wobei vielfach die gelben, glänzenden Schwefelkiespunkte die Gestirne auf dem durch den Stein gebildeten blauen Himmel vor- stellen. Schon Plinius vergleicht den Stein mit dem sternbedeckten Firmament. Jeden- falls Kontrastiert der Schwefelkies mit seiner goldgelb glänzenden Farbe sehr schön gegen den tiefblauen Stein. In früheren Zeiten hatte der Lasurstein eine sehr wiehtige Anwendung in der Malerei; man verfertigte aus ihm das natürliche Ultramarin. Dunkelgefärbte Stücke wurden pulverisiert und die blauen Bestandteile unter möglichster Entfernung der nicht gefärbten gereinigt, was allerdings stets nur in sehr geringem Maße gelang. Das feine Pulver, LAsursTtEın. Hauyn SODALITH. 547 seinerzeit der einzige schön blaue Farbstoff, fand dann unter dem Namen Ultramarin als Malerfarbe Verwendung. Dies hat aber jetzt fast ganz aufgehört, seit man eine ebenso schön blaue Farbe fabrikmäßig herstellen kann. Dies ist das schon oben erwähnte, künstliche Ultramarin, das sehr nahe dieselbe Zusammensetzung und dieselbe Beschaffen- heit hat wie das natürliche. Es unterscheidet sich aber vorteilhaft von dem letzteren, das sehr hoch bezahlt werden mußte, durch einen viel niedrigeren Preis. Mit dem Lasurstein können verschiedene andere blaue undurchsichtige Steine und künstliche Substanzen verwechselt werden, und diese werden ihm wohl gelegentlich auch betrügerischer Weise untergeschoben. Sehr täuschend kann Lasurstein in Glas nach- gemacht werden, aber beim Glas ist die Farbe geringer und das spezifische Gewicht höher, und auf jeder, auch der kleinsten Bruchfläche, erkennt man den glänzenden muschligen Bruch des Glases im Gegensatz zu dem unebenen matten Bruch des Lasursteins. Achat wird zuweilen künstlich blau gefärbt und dann im Handel wohl gelegentlich als Lasur- stein bezeichnet; bei dem blauen Achat ist aber Härte und spezifisches Gewicht größer als beim echten Lasurstein, auch ist die Farbe hier mehr ein dunkles Berlinerblau, nicht das leuchtende Lasurblau des Lasursteins. Die blaue Kupferlasur soll ebenfalls zuweilen als Lasurstein auftreten; sie ist weicher, aber viel schwerer als dieser (G.= 3,3), und löst sich in Salzsäure, wegen der Entwicklung von Kohlensäure unter andauerndem Blasen- werfen, aber ohne Abscheidung einer Kieselgallerte, leicht und vollständig auf. Mit dem stets helleren Türkis kommt wohl selten eine Verwechslung vor, auch der blaue Lazulith wird wohl kaum zur Täuschung des Publikums benutzt oder mit Lapis lazuli verwechselt. Der sog. Lasurstein von Ditro ın Siebenbürgen ıst Sodalıth (S. 548). Hauyn. Der obengenannte, in dem Lasurstein als färbende Substanz vorkommende Hauyn findet sich in manchen vulkanischen Gesteinen in Form unregelmäßiger, meist schön lasur- bis himmelblauer Körner, viel seltener in regelmäßigen Kristallen von der Form des Rhombendodekaeders. Hauptfundorte sind die Gegend des Laacher Sees bei Ander- nach am Rhein (Niedermendig usw.), das Albaner Gebirge bei Rom (San Marino usw.), die Auvergne in Frankreich usw. Dieser reine Hauyn wird zuweilen wegen seiner schönen Farbe, die nun aber hier mit vollständiger oder doch annähernder Durchsichtig- keit verbunden ist, geschliffen. Namentlich in Frankreich soll der Stein eine gewisse Verbreitung haben; er ist jedoch im Edelsteinhandel sehr wenig wichtig, hat aber trotz- dem, wenn er nach Farbe und Durchsichtigkeit zum Schleifen taugt, einen nicht ganz geringen Preis. Die Hauynkristalle oder -Körner sind nach den Richtungen der Dodekaederflächen deutlich spaltbar, durchsichtig bis durchscheinend und einfach lichtbrechend. Die Härte ist gleich 5 !/, das spezifische Gewicht ungefähr gleich 2... Mit Hilfe dieser Eigenschaften kann man den Hauyn von anderen blauen Steinen unterscheiden. Sodalith. Außer dem Hauyn hat auch wohl die blaue Varietät des Sodaliths eine beschränkte Verwendung als Schmuckstein gefunden. Er spielt wie jener eine allerdings geringe Rolle unter den färbenden Bestandteilen des Lasursteins, findet sich aber auch ın Kristallen des regulären Systems, sowie in größeren derben Körnern, die jedoch meist farblos oder unansehnlich gefärbt sind, aber doch manchmal auch eine ausgesprochene Farbe besitzen. Von diesen sind namentlich die blauen zuweilen recht schön und manche Stücke werden dem Lasurstein sehr ähnlich. Sie sind es, die zuweilen geschliffen werden, namentlich 35* 548 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. die aus einem syenitischen Gestein, das bei Litchfield im Staate Maine in den Ver- einigten Staaten in losen Blöcken herumliegt; sie finden dort als heimische Steine eine be- schränkte Verwendung. Ähnliches Material liefern Gesteine derselben Art von Ditro in Siebenbürgen und von Miask am Ilmensee im Ural. Sehr schön blau und ganz ähnlich dem Lasurstein ist der um 1900 aufgefundene Sodalith von Bancroft, Dungannon Township, Hastings County, Ontario in Kanada. Der Sodalith spielte schon unter dem Schmuck der Ureinwohner des bolivianischen Hochlands eine gewisse Rolle. Der Reisende Alfons Stübel hat in dem Trümmerfeld von Tiahuanaco in der Nähe des Titicacasees, einer der ältesten Stätten südamerikanischer Kultur, Schmuckperlen aus blauem Sodalith gefunden, zusammen mit Pfeilspitzen aus Quarz und Obsidian usw. Der dortige Soda- lith ist nicht in der Umgegend gefunden, sondern aus unbekannter größerer Ferne herbeigeschafft. ee — Obsidian. Der Obsidian ist kein eigentliches Mineral, sondern eine glasartig erstarrte Lava aus der Gesteinsfamilie der Trachyte, ein vulkanisches Gesteinsglas, das zuweilen zu Schmucksachen verarbeitet wird. Dieser seiner Natur entsprechend, wird er von den Steinschleifern auch als Lava, schwarze Glaslava, vulkanisches Glas, Glasachat usw. bezeichnet. Wie das künstliche Glas ist auch dieses natürliche, der Obsidian, vollkommen amorph und daher einfach lichtbrechend. Er zeigt den schönen großmuscheligen Bruch, den man immer an größeren Glasstücken sieht, und ebenso deren charakteristischen Glanz, der allerdings zuweilen auch ins Fettige geht. Typischer Obsidian ist dem gewöhnlichen Glase in allen Beziehungen außerordentlich ähnlich, nur die Farbe und die Durch- sichtigkeit machen einen Unterschied. Der Obsidian ist nämlich fast stets mehr oder weniger stark und dunkel gefärbt, schwarz, grau, braun, gelb, rot, grün, zuweilen auch blau. Dieser tiefen Färbung entsprechend sind dieke Stücke beinahe immer vollkommen undurchsichtig, nur dünne Splitter und die feinsten Ränder der Bruchstücke sind durch- sichtig und dann auch vollkommen farblos, oder doch sehr licht gefärbt in einer der genannten Nuancen. Die Farbe ist entweder über das ganze Stück hinweg gleich, oder es wechseln mehrere Farben in Flecken, Streifen und anderen Zeichnungen ab. Eine fein braun und grau gestreifte Varietät aus Nordamerika hat den Namen „Bergmahagoni“ (mountain mahogany) erhalten; sie zeigt geschliffen eine Maserung, ähnlich der des Mahagoniholzes. Wichtiger und verbreiteter ist aber der einförmig schwarze Obsidian; beinahe nur dieser wird zu Schmucksteinen verarbeitet, jedoch bloß, wenn er vollkommen gleichmäßig gefärbt und homogen erscheint; er ist um so beliebter, je gleichartiger und je mehr sammetartig schimmernd die Farbe ist. Nicht immer zeigt der Obsidian die erwähnte Beschaffenheit, sehr häufig findet man zahlreiche Kristalle, oft von erheblicher Größe darin eingewachsen. Derartige unreine Stücke werden nie benützt. Aber auch die scheinbar vollkommen homogenen Massen sind es nicht in aller Strenge. Unter dem Mikroskop erkennt man, daß auch der für das bloße Auge ganz gleichartig aussehende Obsidian eine große Zahl winziger runder Hohl- räume (sogenannte Dampfporen) und Kriställchen aller Art, sowie verschiedene sonstige Einschlüsse beherbergt. Diese schaden wegen ihrer, geringen Größe der Schönheit des Aussehens nicht das mindeste, sie bewirken aber zuweilen den schon erwähnten Fett- ÜBSIDIAN. 549 glanz, und in einzelnen Fällen verleihen sie den Stücken einen eigentümlichen schönen rötlichen, silberweißen oder grünlichgelben, und dann "manchmal prächtig goldgrünen Schiller auf der dunkeln Körperfarbe. Dieser schillernde Obsidian ist viel höher geschätzt als der, dem diese Erscheinung fehlt, er ist aber nicht besonders häufig. Der Wert ist um so größer, je reicher und kräftiger der Schiller ist. Der Obsidian hat wie das künstliche Glas ein niedriges spezifisches Gewicht, das meist zwischen 2, und 2, schwankt und 2, selten erreicht oder gar übertrifft. Die chemische Zusammensetzung ist der Lavanatur gemäß nicht immer konstant dieselbe, sondern bei jedem Vorkommen etwas anders, aber alle Obsidiane sind Alkali-Tonerde- Silikate, in denen namentlich ein kleiner Kaligehalt nie fehlt. Die Kieselsäure schwankt zwischen 60 und 80 Proz. und demgemäß auch die Menge der übrigen Bestandteile, die im wesentlichen die gleichen sind wie in den gewöhnlichen Glassorten, nur sind die Mischungsverhältnisse etwas abweichend. Ein schön schwarzer Obsidian von der Insel Lipari hat bei der Analyse von Abich ergeben: 74,05 Proz. Kieselsäure, 12,97 Tonerde, 2,73 Eisenoxyd, 0,12 Kalk, 0,2s Magnesia, 5,11 Kali, 3,ss Natron, 0, Chlor, 0,22 Glüh- verlust (Wasser), Summe = 99,67. In Übereinstimmung mit Glas ist die Masse sehr spröde und zerspringt leicht in äußerst scharfkantige Stücke. Beim Schleifen muß daher große Sorgfalt angewendet werden, damit nicht am Rande kleine Splitter ausspringen; aus demselben Grunde ist auch beim Tragen von Obsidianschmuck Vorsicht geboten. Die Härte ist ungefähr die des Fensterglases und beträgt 5 bis 5!/2; der Obsidian wird daher von Feldspat und noch leichter von Quarz geritzt, während er selbst Fensterglas wenig oder gar nicht an- greift. Säuren, mit Ausnahme von Flußsäure (Ätztinte), sind ohne jede Einwirkung. Der Obsidian schmilzt nicht besonders schwierig vor dem Lötrohre unter Aufschäumen und erstarrt dann zu einer porösen grauen Masse. Beim Schleifen nimmt er stets eine sehr gute Politur an und daher wird zu den ver- schiedensten Schmucksachen verarbeitet. Die schillernden Exemplare erhalten eine mugelige Form, auf der der Schiller am schönsten und kräftigsten hervortritt. Die schwarze Varietät dient häuptsächlich zu Trauerschmuck aller Art, zu Broschen, Man- schettenknöpfen, Hals- und Armbändern usw., während Ringsteine und ähnliches nur selten aus diesem Material hergestellt werden. Gewöhnlich gibt man den Steinen eine ebene oder schwach gewölbte Oberfläche, seltener eine stärker gekrümmte, eigent- lich mugelige Form. Auch Facetten sieht man wegen des starken Glanzes vielfach angebracht, und diese sind meist in der Art wie bei den Rosetten angeordnet. Ebenso werden aus Obsidian vielfach runde oder facettierte, in der Mitte durchbohrte Perlen von verschiedener Form angefertigt und auf Schnüre aufgefaßt getragen. In früheren Zeiten war die Benutzung des echten natürlichen Obsidians umfang- reicher als jetzt. Gegenwärtig ist man imstande, künstliche schwarze Gläser herzustellen, die ihn an Schönheit, Tiefe und Gleichmäßigkeit der Färbung und in dem sammetartigen Schimmer des Glanzes meist erheblich übertreffen. Diese werden daher vielfach vor- gezogen; es ist meist unmöglich, an geschliffenen Stücken mit Sicherheit zu erkennen, ob man es mit einem künstlichen oder natürlichen Produkt zu tun hat. Leichter ist die Unterscheidung von einer anderen vielfach zu Trauerschmuck verarbeiteten schwarzen Substanz, dem Gagat oder Jet. Wie wir unten sehen werden, ist es eine Art Kohle, die, wie alle derartigen organischen Körper, die Wärme schlecht leitet und sich daher warm anfühlt, während der Obsidian wegen seiner besseren Wärmeleitung bei der Be- rührung mit der Hand ein Kältegefühl erzeugt. Alle anderen schwarzen Steine, die ge legentlich im Edelsteinhandel vorkommen, wie schwarzer Turmalin, Spinell (Ceylanit) und. andere, haben ein höheres spezifisches Gewicht, als der Obsidian und sinken in der 550 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. vierten Flüssigkeit, auf der letzterer schwimmt; der schwarze Hämatit, den man nicht selten als Ringstein trifft, ist außerdem noch ‚ausgesprochen metallisch glänzend und gibt auf einer rauhen Porzellanplatte einen roten Strich, Obsidian einen farblosen. In seinen verschiedenen Abarten ist der Obsidian außerordentlich verbreitet und tritt in manchen Gegenden in großen Mengen auf. Wenn auch die überwiegende Masse, die meist aus mehr oder weniger scharfkantigen, oder auch unregelmäßig rundlichen, an der Oberfläche häufig rauhen Blöcken oder Stücken, zuweilen aus runden Kugeln besteht, überall unrein und zum Schleifen ungeeignet ist, so findet man doch dazwischen reine und homogene Stücke von jeder zu den obengenannten Zwecken wünschenswerten Größe so reichlich, daß der Materialwert auch der schönsten Steine sehr niedrig ist. Der Preis der Schmuckstücke geht daher über den ebenfalls nicht sehr beträchtlichen Schleiferlohn wenig hinaus. Der großen Verbreitung wegen ist es unmöglich, alle Fundorte aufzu- führen, es sollen daher hier nur einige der wichtigsten kurz erwähnt werden. In Europa ist die Insel Lipari sehr reich an schönem Obsidian. Ein hauptsächlich aus diesem Gestein bestehender Lavastrom erstreckt sich in einer Mächtigkeit bis zu 100 Fuß und in einer Breite von einer Achtelmeile vom Monte Campo bianco bis ans Meer bei Capo Castagno. Auch die Nachbarinsel Vulcano beherbergt viel Obsidian. Auf den Ponza- inseln durchsetzt schwarzer Obsidian iu Gängen die vulkanischen Tuffe. Sehr ver- breitet ist das Gestein in Ungarn und auf der Insel Island, wo namentlich, wie in Lipari, viel schönes, schleifwürdiges Material gesammelt werden kann. Nach jenem Vorkommen wird der Obsıdian von den Steinschleifern auch vielfach als „isländischer Achat“ bezeichnet. Das Land, wo, wenigstens in früheren Zeiten, die umfangreichste Verwendung zu allen möglichen Zwecken stattgefunden hat, ist jedoch Mexiko. Die Ureinwohner ver- fertigten sich, wie noch jetzt manche dort heimischen Indianerstämme, Pfeil- und Speer- spitzen, Messer und andere Geräte und Waffen aus Obsidian. Messer wußten sie einfach durch zweckmäßiges Abschlagen langer und dünner Splitter von größeren Stücken mit einer solehen Schärfe herzustellen, daß sie sogar zum Rasieren geeignet waren. Auch Spiegel, Masken und andere Figuren, sowie Schmucksachen haben sie daraus angefertigt, wie die Funde in alten Wohn- und Begräbnisstätten usw. zeigen. Obsidian ist zwar in Mexiko sehr verbreitet und zieht sich von hier aus noch weit nach Süden und Norden. Es scheinen aber doch hauptsächlich einige Punkte gewesen zu sein, die den alten Mexikanern das Rohmaterial lieferten. Am bekanntesten ist der jetzt sogenannte Cerro de las Navajas, der Messerberg, der zuerst durch die Beschreibung von Alexander von Humboldt genauer bekannt wurde. Er liegt bei Real del Monte im Staate Hidalgo, nördlich von der Stadt Mexiko und in der Nähe der Stadt Atotonileo; noch heute sind die alten Gruben, deren Anlage bis weit vor die Zeit der Eroberung des Landes durch die Spanier hinaufreieht, deutlich zu sehen. Die Farbe der hier vorkommenden Stücke ist mannigfaltig, aber meist schwarz; von hier stammen auch sehr schöne schillernde Obsidiane. In Nordamerika sind hauptsächlich der Silver Peak im Staate Nevada und der Obsidian Cliff in dem Nationalpark am Yellowstone River als Fundorte massenhaften schönen Materials zu erwähnen. Der oben genannte, braun und grau gestreifte „Berg- mahagoni“ findet sich mit anderen Obsidiansorten längs des Pitt River in Kalifornien; braun und schwarz gefleekt ist der Obsidian von Drewsey in Oregon, und so gibt es in jenem Lande noch manche Lokalität, deren Produkt zuweilen geschliffen wird. In Asıen ist von einiger Bedeutung der Kaukasus, wo ebenfalls schillernder Obsidian neben anderem gewonnen wird. Ein solcher vom Ararat mit sehr reichem Schiller wird in Tiflis außer zu Schmucksachen auch zu Vasen, Schalen und anderen größeren Kunst- OÖBSIDIAN. MOLDAWIT. 551 gegenständen verarbeitet. Eine gewisse beschränkte Verwendung haben die sehön ‘und teils gleichmäßig gefärbten, teils bunten Obsidiankugeln von brauner und grauer, öfters auch gelber und roter Farbe, sowie von allen Graden der Durchscheinenheit vom Flusse Marekanka bei Ochotzk in Ostsibirien, die unter dem Namen Marekanit den Minera- logen bekannt sind. Ganz ähnliches Material findet sich übrigens auch anderwärts, so an manchen Orten in Mexiko und sonst. Dem Obsidian schließt sich eine ähnliche glasartige Substanz an, deren Entstehung aber noch nicht genügend aufgeklärt ist und die man daher, sowie wegen ihres ab- weichenden Aussehens, von jenem getrennt hält. Auch sie wird im Edelsteinhandel meist als Obsidian bezeichnet. Es ist dies der Moldawit. Der Moldawit wird von den Mineralogen wegen seiner Ähnlichkeit mit grünem Bouteillen- glas, sowie mit dem oben beschriebenen grünen Olivin oder Chrysolith auch Bouteillen- stein oder Pseudochrysolith genannt. Aus dem letzteren Grunde heißt er bei den Steinschleifern zuweilen Wasserehrysolith, meist aber Obsidian. Die Übereinstim- mung mit den beiden erstgenannten Substanzen im Aussehen ist in der Tat außerordentlich groß, so dab eine Unterscheidung ohne genauere Untersuchung bei geschliffenen Steinen nicht immer mit Sicherheit möglich ist. Der Moldawit ist wie der Obsidian ein dem Glase analog zusammengesetzter und beschaffener Körper, der sich von dem Obsidian für das bloße Auge nur durch die voll- kommene Durchsichtigkeit und die meist grüne Farbe der frischen Stücke unterscheidet. Letztere, im auffallenden Licht fast schwarz, geht im durchfallenden vom Lauchgrünen bis ins Pistaziengrüne und Olivengrüne und ist nie sehr tief und dunkel. Einzelne Stücke sind auch liehtgrün und lichtbraun oder dunkler bräunlichgrün. Verwitterte Exemplare sind trüb, hellgelblichbraun bis schmutzigweiß. Zu Schmucksteinen werden ausschließlich nur ganz klare und durchsichtige und meist nur schön grüne Moldawite verschliffen, aber auch bei den besten Stücken hat die Farbe etwas Düsteres. Die Masse ist amorph und daher einfach lichtbrechend und nicht dichroitisch. Die Lichtbrechung ist gering; der Brechungskoeffi- zient ist ungefähr: n — 1,;, also wesentlich kleiner, als beim grünen Bouteillenglas, wo ungefähr n — 1, ist. Beim Zerschlagen erhält man wie beim Obsidian leicht scharf- kantige Bruchstücke und großmuschelige Bruchflächen mit starkem Glasglanz. Die Härte ist auch hier etwa gleich 5!/2, aber das spezifische Gewicht geringer als meist beim Obsidian und beim Flaschenglas (G. = 2,55), nämlich nur gleich 2,36. Wenn sich so der Moldawit für das bloße Auge wie ein Stück Bouteillenglas oder wie ein grüner durchsichtiger Obsidian darstellt, so sind doch auch bestimmte Unter- schiede von diesen beiden Substanzen vorhanden. Bei der Untersuchung unter dem Mikroskop sieht man die ganze Masse durchsetzt von zahllosen winzigen Luftbläschen oder Dampfporen, die in dieser Weise weder im Glas, noch im Obsidian vorkommen. Dagegen fehlen ım Pseudochrysolith durchaus die ım Obsidian fast stets vorhandenen mikroskopisch kleinen Kriställchen. Ferner zeigt die chemische Analyse, daß der Moldawit in der Zusammensetzung mit dem grünen Flaschenglase so wenig übereinstimmt wie mit dem Obsidian. Der von Trebitsch in Mähren enthält nach C. von John: 78,6 Proz. Kiesel- säure, 12,0, Tonerde, 0,16 Eisenoxyd, 3,0. Eisenoxydul, 0,11 Manganoxydul, 1,62 Kalk, 1,53 Magnesia, 0,14 Natron, 3,06 Kali; zusammen 100,40. Der Kieselsäuregehalt sinkt zwar bei einzelnen Stücken auf etwa 76 Proz., steigt aber dagegen bei anderen auf 83 Proz. Auch ın der Schmelzbarkeit zeigt der Moldawit ein anderes Verhalten als Glas und 552 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Obsidian: er schmilzt im Gegensatz zu diesen sehr schwer, ohne sich aufzublähen, und gibt nach dem Erkalten eine vollkommen klare Masse. Aus allen diesen Unterschieden ist zu ersehen, daß der Bouteillenstein weder durch- aus die Beschaffenheit eines grünen Glases noch die eines durchsichtigen Obsidians hat. Trotz großer Übereinstimmung nach beiden Seiten sind doch zu bedeutende Abweichungen vorhanden, und so wurde lange darüber gestritten, ob der Moldawit eine natürliche Glas- lava, oder aber nicht vielmehr ein Kunstprodukt, und zwar ein Überbleibsel einer alten Glasindustrie sei, die in seiner Heimat in Böhmen und Mähren früher betrieben wurde und die dort zum Teil noch jetzt im Gange ist. Vor einigen Jahren ist noch eine dritte jetzt wohl am meisten verbreitete Ansicht geäußert worden. Die Stücke des Moldawits haben eine eigentümlich gestaltete Oberfläche, wie sie bisher nur an echten Meteoriten be- obachtet worden ist. Man hat daher aus diesem sowie aus anderen Gründen auch dem Moldawit einen außerirdischen, meteorischen Ursprung zugeschrieben. Was die Art und Weise des Vorkommens auf der Erde anbelangt, so hat man den Moldawit noch nie in einem festen Gestein ein- oder an ein solches angewachsen beobachtet, jedenfalls sind Angaben hierüber recht zweifelhaft. Immer findet er sich oberflächlich im Boden, und zwar in Form einzelner loser Stücke, die nie Faustgröße erreichen, meist sogar viel kleiner sind. Sie haben eine rundliche, mehr oder weniger elliptische oder flach tafelförmige Gestalt und eine charakteristische, eigentümlich rauhe, runzelige oder narbige, wie zerfressen aussehende matte Oberfläche. Daher sind auch ganze Stücke dunkel und wenig durchsichtig; die schöne Durchsichtigkeit, die zarte Farbe und der kräftige Glasglanz von Schmucksachen aus Bouteillenstein kommt erst beim Schleifen zum Vorschein. Seit langer Zeit bekannt sind die böhmischen Fundorte. In der Gegend zwischen Moldauthein und Budweis im Süden des Landes an der Moldau (daher der Name Moldawit) liegen die Stücke als Geschiebe in Bach- und Flußablagerungen, oder in der Dammerde, aus der sie bei der Bestellung der Felder vielfach ausgeackert werden. Besonders reich ist das Terrain zwischen Prabsch, Klein-Horozek und Zahoritsch, doch war früher die Menge größer als jetzt. Die Steine werden zusammengelesen und in die Schleifereien verkauft. Auch bei Radomilitz, westlich von Budweis, findet sich Bouteillenstein, hier ist er aber von lichterer Farbe, als sonst in Böhmen. Die Stücke sollen an dieser Stelle in der Grundmoräne eines alten Gletschers aus der Eiszeit liegen, was die Annahme einer künstlichen Entstehung gänzlich ausschließen würde. Unter ganz ähnlichen Umständen wie in Böhmen findet sich Moldawit auch bei Kotschichowitz unweit Trebitsch im Iglawatale und an anderen Orten in Mähren, z. B. bei Mährisch Kromau. Sehr reich- lich ist er aber nirgends vorhanden. Abgerollte Geschiebe, bis 1 Zoll Durchmesser, ganz ähnlich den böhmischen Bouteillen- steinen, aber nicht so schön gefärbt, finden sich bei Santa F& in Neu-Mexiko in den Vereinigten Staaten; hier hat man es aber wohl mit einem echten, zweifellos natürlichen Obsidian zu tun. Der Pseudochrysolith wurde anfangs nicht gerade häufig benutzt, doch kam er in den letzten Jahren etwas mehr in Aufnahme. Der Preis ist gering; für ein Pfund des Rohmaterials wurde bis 75 Mark bezahlt und bei geschliffenen Steinen wird ein Gramm ungefähr auf eine halbe Mark geschätzt. Die Schliffformen sind die beim Olivin ange- sebenen; besonders häufig sind Tafelsteine, doch sieht man auch Treppensteine und ähn- liches, vielfach mit etwas gerundeter Tafel. Da infolge steigender Nachfrage nach solchen Steinen der Bedarf aus dem natür- lichen Rohmaterial nicht mehr gut gedeekt werden konnte, trat an seine Stelle ein künst- liches grünes Glas, das dann auch unter dem Namen Obsidian in den Handel kam. Es MOLDAWIT. HyYPERSTHEN. 553 zeigt mehrere Nuancen, und die Farbe ist heller und freundlicher als bei dem natürlichen Moldawit. Steine aus diesem künstlichen Obsidian sieht man gegenwärtig sehr häufig in billigen Schmucksachen. Zuweilen soll auch einfach grünes Bouteillenglas zu diesem Zweck verwendet verden. Von diesen künstlichen Gläsern ist natürlich der echte Moldawit schwer mit Sicherheit zu unterscheiden außer etwa durch die mikroskopische Untersuchung oder durch die Lichtbrechung, die bei den künstlichen Gläsern durchgängig höher ist. Der Brechungskoeffizient jenes den Moldawit unter dem Schleifernamen Obsidian ersetzenden grünen Glases ist: n = 1,527 für gelbes Licht. Leicht ist dagegen die Unterscheidung aller dieser künstlichen und natürlichen Gläser von den echten kristallisierten grünen Edelsteinen, von denen Chrysolith, grüner Turmalin, Vesuvian und der Demantoidgranat wohl die ähn- lichsten sind; manche Exemplare nähern sich auch etwas dem Smaragd. Andere kommen zur Vergleichung weniger in Betracht. Bei allen diesen Steinen ist das spezifische Ge- wicht erheblich höher, so daß sie in der vierten Flüssigkeit untersinken, was Bouteillen- stein nicht tut. Außerdem sind sie alle härter und mit einziger Ausnahme des De- mantoids auch doppeltbrechend und dichroitisch, so daß eine Verwechslung mit Bouteil- lenstein bei genügender Aufmerksamkeit niemals vorkommen kann. Gruppe des Pyroxens und des Amphibols. Hypersthen (mit Bronzit, Schillerspat und Diallag). Es sind dies diejenigen Glieder der Mineralgruppe des Pyroxens oder Augits, die auf einer Fläche einen eigentümlichen metallischen Schiller zeigen, der den Grund zu ihrer Verwendung als Schmuckstein bildet. Hypersthen. Der Hypersthen ist dadurch ausgezeichnet, daß auf einer dunklen Körperfarbe ein prächtiger, kupferroter, metallischer Schiller auftritt. Namentlich in Frankreich sollen der- artige Steine beliebt sein. Allerdings zeigt sich der Schiller nicht bei allen Exemplaren des Minerals; die, an denen dies nicht der Fall ist, haben dann keine Eigenschaften, die sie als Schmucksteine verwendbar erscheinen lassen. Die schönsten Stücke, wohl die einzigen aus denen manchmal Schmucksteine, vor- zugsweise Ringsteine und ähnliches hergestellt werden, stammen von der Labradorküste, namentlich wird die kleine Insel St. Paul vielfach als Fundort genannt. Daher hat man das Mineral auch Paulit genannt; von den Steinschleifern wird es wohl als „Labradorhorn- blende“ bezeichnet. Es begleitet dort den farbenspielenden Labradorfeldspat (S. 533), indem es mit ihm das bei der Beschreibung des letzteren erwähnte Gestein bildet. Das, was für das Vorkommen und die Verbreitung jenes schönen Minerals gilt, das gilt daher auch in der Hauptsache für den Hypersthen. Die Menge, die man findet, ist ziemlich beträcht- lich; auch gute fehlerfreie Stücke, namentlich solche ohne Risse, können ohne Schwierig- keit erlangt werden, indem man aus größeren Massen die besten Teile herausschneidet 554 ZWEITER TEIL.‘ SPEZIELLE 'EDELSTEINKUNDE. und für sich schleift. Wegen dieser verhältnismäßigen Häufigkeit ist der Hypersthen auch nicht von großen Werte. Das Karat geschliffener Steine wird mit 1 bis 2 Mark bezahlt. Der chemischen Zusammensetzung nach ist das Mineral im wesentlichen ein Mag- nesiasilikat von der Formel MgO .SiO2, in dem aber ein erheblicher Teil der Magnesia durch Eisenoxydul ersetzt ist. Der Hypersthen von Labrador besteht aus 49,6 Proz. Kiesel- säure, 6,17 Tonerde, 2,5 Eisenoxyd, 14,11 Eisenoxydul, 0,67 Manganoxydul, 24,:7 Magnesıa, 2,5: Kalk (zusammen 100). Er gehört zu den rhombisch kristallisierten Pyroxenen; deut- liche Kristalle findet man aber in der genannten Gegend nieht, sondern nur derbe, bis faustgroße, vielfach abgerollte Stücke, an denen einige mehr oder weniger deutliche Blätter- brüche oder Absonderungsflächen vorhanden sind. Namentlich nach einer Fläche lassen sich die Stücke sehr leicht teilen, und zwar infolge davon, daß parallel mit dieser Fläche unzählige mikroskopisch kleine kristallinische Täfelehen mit lebhaftem Metallglanz, viel- leicht dem aus reiner Titansäure bestehenden Mineral Brookit angehörig, dem Hypersthen eingelagert sind. Die Absonderung nach dieser Fläche ist so vollkommen, daß die Steine in dieser Richtung leicht Risse bekommen. Beim Schleifen ist daher große Vorsicht nötig, da solche Risse der Qualität sehr schädlich sind. Aber jene kleinen Einsehlüsse sind nicht nur die Ursache der Absonderung, sondern auch die des metallischen Schillers. Dieser geht von jenen Täfelchen aus, er zeigt sich nur auf der Absonderungsfläche, der die Täfelchen parallel liegen; auf anderen Flächen ist keine Spur dieser schönen Lichterscheinung zu sehen, und ebenso fehlt sie ganz an den Stücken, die keine solchen Täfelehen eingeschlossen enthalten. Der Lichtschein wird sehr gesteigert, wenn man die Schillerfläche eben schleift und poliert, wobei der Stein einen schönen Glanz annimmt. Noch mehr geschieht es, wenn man ihm eine flach schild- förmige Gestalt gibt, so daß seine runde oder ovale Grundfläche mit jener Fläche parallel geht. Im ersteren Falle ist der Schiller über die ganze Fläche gleichmäßig ausgebreitet, im anderen ist er auf die dem Lichte entgegengekehrte Stelle beschränkt, aber an dieser verstärkt und gleichsam konzentriert. Facetten können die Wirkung der Steine nicht heben, sondern nur beeinträchtigen. Geschwächt und gestört wird der Schiller auch, wenn der Stein nieht genau in der angegebenen Weise geschliffen ist. Die eigentliche Körperfarbe des Hypersthens, auf der sich der kupferartige Schiller kräftig abhebt, ist an sich unansehnlich, dunkel braunschwarz, sie wirkt aber durch ihren Kontrast zu dem lebhaften Lichtschein. In einigermaßen dieker Schieht läßt das Mineral kein Licht hindurch, es ist vollkommen undurchsichtig; dünne Schliffe sind aber so durch- sichtig, daß man imstande ist, eine mikroskopische Untersuchung vorzunehmen, bei der dann die erwähnten tafelförmigen Einschlüsse deutlich hervortreten. Was die sonstigen Eigenschaften des Hypersthens anbelangt, so ist das spezifische Gewicht gleich 3... Die Härte ist gleich 6, er wird also vom Quarz geritzt, ritzt aber seinerseits Glas. Er ist spröde und schmilzt nicht schwer vor dem Lötrohr, wobei er ein schwarzes, magnetisches Glas gibt; von Säuren wird er nicht angegriffen. Noch einige andere dem Hypersthen mehr oder weniger nahestehende Mineralien aus der Pyroxengruppe sind bekannt, die alle, wie er, einen auf der Anwesenheit fremder Ein- schlüsse beruhenden metallischen Schiller in einer Richtung leichter Absonderung zeigen, der aber bei manchen dieser Steine schon stark in das Perlmutterartige geht. Sie sind alle weniger schön als jener, werden aber ebenfalls zuweilen geschliffen. Die Körper- farbe ist hier nicht mehr die dunkelbraune des Hypersthens, sie ist meist heller: braun, grau, grün usw. Die betreffenden Mineralien sind der Bronzit, der Schillerspat und der Diallag; sie sollen hier nur ganz kurz geschildert und a die Unterschiede von Hypersthen hervorgehoben werden. A BronzIt. SCHILLERSPAT. DiraLLaG. Diopsıp. [3 ot ot Bronzit. Der Bronzit ist nichts anderes als ein etwas eisenärmerer Hypersthen, daher ist sein spezifisches Gewicht niedriger, etwa gleich 3... Er ist aus demselben Grunde auch weniger dunkel gefärbt, und ebenso ist der Schiller, wenn er vorhanden ist, heller, mehr bronzegelb, er tritt dann aber immer noch recht kräftig mit lebhaftem, metallischem Glanze auf dem meist braunen Steine hervor. Dieser hat zuweilen eine Anlage zum Fasrigen, und dann nimmt der Schiller eine gewisse Ähnlichkeit mit dem des Katzenauges an. Man findet den Bronzit in Stücken, die zum Schleifen groß und schön genug sind, unter anderem mit Feldspat zusammen bei Kupferberg im Fichtelgebirge, im Serpentin von Gulsen bei Kraubat in Steiermark und an der Seefeldalp im Ultenthal in Tirol, sowie in dem Blaugrund von Südafrika (S. 229). Die Verwendung ist aber noch beschränkter als beim Hypersthen und der Preis ziemlich der gleiche. Schillerspat. Der Schillerspat ist vom Bronzit kaum anders als durch das Aussehen verschieden; mineralogisch ist er wesentlich dasselbe. Er ist hell graulichgrün, und der Schiller, der schon stark von dem Metallischen in das Perlmutterartige geht, ist ebenfalls grünlich. Der Hauptfundort ist die Baste im Radautale bei Harzburg im Harz, woher der Stein auch als Bastit bezeichnet wird. Dort sind einzelne Körner nicht selten von ziemlicher Größe in einem: dunkelgrünen bis schwarzen Serpentin eingewachsen. Der hellgefärbte Schiller- spät“tritt auf diesem dunkeln Hintergrunde sehr hübsch hervor. Die schillernde Fläche ist dabei nicht ganz ununterbrochen, sondern es wechseln einzelne schillernde Flecken von Bastit mit dem nicht schillernden Serpentin ab, so daß das Bild mannigfaltiger wird. Alle schillernden -Stellen solcher Stücke, die eben oder flach mugelig oder schildförmig geschliffen zu werden pflegen, zeigen den Schiller gleichzeitig; beim Drehen verschwindet er, und zwar ebenfalls gleichzeitig über die ganze Fläche weg. Der Schillerspat wird aber nur selten zu Schmucksteinen verarbeitet, eher noch zu Dosen und anderen ähnlichen kleinen Geräten. Diallag. Der Diallag steht dem Hypersthen mineralogisch etwas ferner, kann ilm aber im Ansehen recht ähnlich werden. Er enthält außer den Bestandteilen des letzteren noch viel Kalk, und seine Kristalle gehören nicht dem rhombischen, sondern dem monoklinen Kristallsystem an. Meist sind es auch hier unregelmäßig begrenzte derbe Stücke, die mit den zuletzt genannten Mineralien die deutliche Absonderung in einer Richtung und auf dieser den metallischen Schiller gemein haben. Die Farbe ist hier mannigfaltiger: dunkelbraun, grün in verschiedenen Nuancen, bis sehr hell grünlich ‘und sraulich. Der Schiller ist meist mit dem Steine gleichfarbig und geht um so mehr ins Metallische, je dunkler, und um so mehr ins Perlmutterartige, je heller die Farbe ist. Der Diallag bildet mit Feldspat ein Gestein, das den Namen Gabbro erhalten hat. Dieses ist an manchen Stellen so grobkörnig, daß die Diallagstücke groß genug zum Schleifen sind, die Ver- wendung ist aber sehr spärlich. Man findet solchen grobkörnigen Gabbro unter anderem bei Volpersdorf unweit Neurode in Schlesien, bei Le Prese im Veltlin und an manchen anderen Stellen der westlichen Alpen, bei Prato unweit Florenz, sowie auch sonst in den Apenninen und noch an vielen anderen Orten. Diopsid. Eines der bestgefärbten und durchsichtigsten Mineralien aus der Gruppe des Augits bildet der Diopsid, der infolgedessen zuweilen als Schmuckstein geschliffen wird. Er ist 556 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. ein Kalkmagnesia-Silikat, in dem Kalk und Magnesia zu gleichen Teilen enthalten sind, wo aber ein Teil der Magnesia durch Eisenoxdul ersetzt sein kann. Die chemische Formel ist: Ca (Mg,Fe) Si2a0s oder CaO.(Mg,Fo)O.2 SıÖ:. Die Kristalle gehören dem monoklinen Systeme an. Es sind meist ziemlich lange, säulenförmige Prismen von oblongem Querschnitt, deren Kanten durch die schmalen Flächen eines rhombischen Prismas etwas abgestumpft werden. Mit dem einen Ende sind sie stets aufgewachsen, am anderen sind mehr oder minder zahlreiche Flächen aus- gebildet, manchmal ist die Endbegrenzung aber auch ganz unregelmäßig. Nicht selten ist Zwillingsbildung und ebenso sind unregelmäßige Verwachsungen zu stengligen Aggregaten eine häufige Erscheinung. Eine ziemlich deutliche Spaltbarkeit geht in der Richtung der Prismenflächen. Die Kristalle sind spröde und haben fast genau die Härte des Feldspats, H.=6; sie werden also von Quarz stark geritzt, ritzen aber ihrerseits leicht Fensterglas. Das spezifische Gewicht beträgt 3,2 bis 3,3; es ist um so höher, je eisenreicher der Diopsid. Für die durchsichtigen, eisenreichen, bouteillengrünen Kristalle von Tirol, aus denen hauptsächlich zuweilen Schmucksteine geschliffen werden, gilt die letztere Zahl. Von Säuren wird der Diopsid nicht angegriffen. Der Glanz ist ein starker Glasglanz, der durch die Politur nicht unwesentlich gesteigert wird. Die Durchsichtigkeit schwankt zwischen weiten Grenzen. Bei vielen Exemplaren ist sie sehr vollkommen; wenn dies nicht der Fall ist, werden sie nicht geschliffen. Für Röntgenstrahlen ist der Diopsid höchstens halbdurchlässig. Die Farbe ist grün, aber mit dem Eisengehalte verschieden. Die fast eisenfreien Exemplare sind beinahe vollständig farblos, mit zunehmendem Eisenoxydul wird die Farbe immer kräftiger, und bei den eisen- reichsten, dem sog. Hedenbergit, ist sie ein schönes tiefes Bouteillengrün. Charakteristisch ist, daß auch bei der tiefsten Färbung der Dichroismus sehr gering ist. Die Brechungs- koeffizienten sind: der kleinste = 1,132, der größte = 1,0 für gelbes Licht, also die Lichtbrechung und die Doppelbrechung ziemlich stark. Nur wenige Fundorte sind es, deren Produkt zuweilen geschliffen wird. Die hell graugrünen Kristalle. die den Hessonitgranat vom Alatal in Piemont begleiten (Taf. XIV, Fig. 7, und S. 439), werden in Turin, teilweise auch in Chamonix zu Schmucksteinen ver- arbeitet und besonders in Italien in Ringen usw. getragen. Ganz ähnliche Kristalle, von hell ölgrüner Farbe von de Kalb in Lawrence County im Staate New York finden in Nordamerika eine beschränkte Verwendung. Schöner als diese sind die dunkel- bouteillengrünen Kristalle von der Alpe Schwarzenstein im Zillertal in Tirol. Sie sind bis 5 Zoll lang und bis 1 Zoll breit und sitzen im Chloritschiefer mit einem Ende aufgewachsen. Manche, namentlich die kleineren Exemplare, sind sehr gut durch- siehtig, und ebenso ist die Farbe recht schön, aber vielfach nicht über den ganzen Kristall dieselbe. Sehr gewöhnlich ist das aufgewachsene Ende dunkelgrün, das freie fast farblos, nie umgekehrt. Diese Kristalle waren früher ziemlich häufig; ihr grünes Ende wurde ge- schliffen und die Steine wie die vom Alatale werden namentlich in Italien mit Vorliebe getragen. Gegenwärtig ist das Vorkommen seltener und auch die Wertschätzung des Steines hat abgenommen. Zum Schleifen geeignet ist auch ein Teil des Chromdiopsids aus dem Blau- grund von Kimberley sowie der gleichfalls sehön grüne Smaragdit von dort (S. 229) Die Formen, die man dem Diopsid beim Schleifen gibt, sind die gewöhnlichen der farbigen, durchsichtigen Steine: Treppen- und Tafelsteine in ihren verschiedenen Modi- fikationen. Die Treppen müssen bei dunkel gefärbten Steinen niedrig gehalten werden. Der Diopsid kann unter Umständen mit grünem Glas und anderen grünen Steinen verwechselt werden. Das Glas ist einfachbrechend. Vom Smaragd unterscheidet sich DıorsiD. SPODUMEN. 557 der Diopsid durch die andere Farbe und das viel höhere spezifische Gewicht. Der Chry- solith ist oft sehr ähnlich gefärbt und zeigt auch denselben schwachen Dichroismus und ein sehr ähnliches spezifisches Gewicht; aber der Diopsid ist merklich weicher und wird vom Chrysolith leicht geritzt. Der grüne Turmalin, der Epidot und der Alexandrit sind durch ihren starken Dichroismus von ihm unterschieden, letzterer ist auch erheblich schwerer und dasselbe gilt für den grünen Vesuvian. Der Dioptas wird wohl kaum mit Diopsid verwechselt werden, die Farbe beider ist zu sehr verschieden. Spodumen. Der Spodumen ist ein lithionhaltiges Glied der Pyroxengruppe, ein Lithion-Ton- erde-Silikat mit der Formel: Li20.Al2»03.4Si0,, entsprechend der Zusammensetzung: 64, Kieselsäure, 27, Tonerde und $,ı Lithion, wozu in einzelnen Fällen noch geringe Mengen anderer Substanzen treten können. Er bildet wie die meisten Pyroxene prisma- tische Kristalle des monoklinen Systems, an denen häufig die vordere und hintere Kante des Prismas stark abgestumpft sind, so daß auf diese Weise breit tafelförmige Gestalten entstehen, mit einer mehr oder weniger komplizierten, zuweilen auch mit einer ganz un- regelmäßigen Begrenzung an den Enden. In der Richtung der beiden Prismenflächen, die nahezu aufeinander senkrecht sind, gehen ziemlich vollkommene Blätterbrüche. Die Härte ist: H. = 61/2 bis 7, so daß das Mineral eben noch vom Quarz geritzt wird; G. = 3,13 bis 3,19, so daß es noch in der zweiten Flüssigkeit (G. = 3,0) rasch untersinkt, aber im reinen Methylenjodid schwimmt. Von Säuren wird der Spodunien nicht ange- griffen, auch von Ätztinte nicht. Vor dem Löthrohr schmilzt er ziemlich leicht und färbt dabei die Flamme schwach rot. Der Spodumen ist ein Mineral der Pegmatitgänge, des Gneises usw. Er findet sich in diesen meist in matten, undurchsichtigen, unansehnlich gefärbten, graulich- oder grünlich- weißen Massen und Kristallen nicht selten von ganz beträchtlicher Größe, und ist dann nicht als Schmuckstein zu verwenden. Man hat aber in einzelnen Fällen im Innern solcher umfangreicher Partien einen vollkommen durchsichtigen und schön gefärbten Kern von Edelsteinqualität gefunden, der in die trübe, weiße Umhüllung ganz allmählıch übergeht. Hieraus und aus der allgemeinen Eigenschaft des Spodumens, sich leieht durch Ver- witterung zu verändern, hat man geschlossen, daß jene trüben, gemeinen Massen ursprünglich ganz die schöne Beschaffenheit des jetzt in einigen noch vorhandenen edlen Kernes gehabt und daß sie erst im Laufe der Zeit ganz oder doch zum allergrößten Teil ihr jetziges Aussehen durch eine allmählige Umwandlung angenommen haben. G. F. Kunz hat dieses Verhalten in bezeichnender Weise so ausgedrückt, daß er sagt, der Spodumen ist ein abgestorbener Edelstein. Diese klaren und durchsichtigen Kerne im trüben Spodumen, die allerdings stets sehr rissig und daher nicht schleifbar sind, zeigen nun eine verschiedene Farbe. Grün hat man sie an einigen Orten im Staate Massachusetts, violett bei Branchville in Connecticut gefunden. Nun ist es aber im Laufe der letzten 25 bis 30 Jahre geglückt, an einigen wenigen Orten als Seltenheit Spodumen zu entdecken, der noch durchaus seine edle Be- schaffenheit mit vollkommener Klarheit und Durchsichtigkeit und mit schöner Färbung besitzt, und zwar auch wieder grün (oder gelb) und violett, sehr spärlich auch blau. Diese edlen Spodumene, bis jetzt im Vorkommen fast ganz auf Amerika beschränkt, geben, da sie beim Schleifen einen sehr kräftigen Glanz annehmen, ausgezeichnete Schmuck- steine und werden auch, namentlich in ihrer Heimat, nicht selten dazu verwendet. Sie sind nach ihrer Farbe besonders benannt worden, der grüne oder gelbe Hiddenit, der 558 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. violette Kunzit. Ihre allgemeinen Eigenschaften sind die des Spodumens überhaupt, ihr besonderes Verhalten werden wir nun getrennt betrachten. Hiddenit. (Spodumen- oder Lithionsmaragd,.) Der Hıddenit ist die grüne bis gelbe Abart des Spodumens mit allen oben erwähnten allgemeinen wesentlichen Eigenschaften dieses Minerals. Die Farbe ist zuweilen ein aus- gesprochen schönes, aber nicht sehr tiefes Smaragdgrün, daher die oben angegebenen Beinamen, sie geht aber auch vielfach mehr oder weniger ins Gelb und ist nicht selten ausgesprochen gelb, letzteres vorzugsweise bei den Steinen aus Brasilien. Die Ursache der smaragdgrünen Farbe ist ein kleiner Chromgehalt (0,18 %, Chrom- oxyd), der in manchen Proben gefunden ist, die gelbe Farbe beruht wohl auf der Bei- mischung einer geringen Menge (0,25 °) Eisenoxyd. Je schöner grün nun die Farbe, desto höher ist der Wert. Diese ist aber nie so gesättigt wie beim Smaragd, außerdem unterscheidet sich der Hiddenit von diesem sowie auch von dem oben besprochenen grünen Diopsid noch durch einen recht deutlichen Pleochroismus, von: dem letzteren auch durch eine geringere Lichtbrechung, sofern beim Spodumen die Brecehungskoeffizienten für gelbes Licht nur zwischen 1,s5ı und 1,677 schwanken. Ein wesentlicher Unterschied vom Sma- ragd ist auch das spezifische Gewieht, das bei diesem 2,,, beim Hiddenit 3,17 beträgt. Im übrigen sind die Unterschiede von ähnlich aussehenden Steinen aus dem dritten Abschnitt zu ersehen. Die Durchsichtigkeit ist meist vollkommen, Röntgenstrahlen werden aber wie bei den meisten Sılikaten nicht hindurchgelassen. Der Dichroismus ist kräftig. Wenn der Hiddenit geschliffen wird, nimmt er einen schönen Glanz an. Es muß dabei aber mit großer Vorsicht verfahren werden, da die Steine wegen der vollkommenen Spaltbarkeit Risse bekommen und sogar leicht zerbrechen oder wenigstens am Rande splittern. Die Schliffformen sind die gewöhnlichen der farbigen Edelsteine. Man hat bei der Anlage der Facetten Rücksicht auf den Pleochroismus zu nehmen, infolgedessen die Farbe mit der Richtung von hellgrün, fast farblos bis dunkelgrün wechselt. Der Hiddenit ist in grünen und gelblichgrünen Exemplaren bisher fast nur in den Ver- einigten Staaten, in gelben auch in Brasilien gefunden worden. In den Vereinigten Staaten ist der einzige wichtigere Fundort seit 1881 bekannt. Er liegt bei Stony Point, Alexander County, Nord-Carolina, 16 miles nordwestlich von Statesville. Der Hiddenit begleitet dort die schönen Smaragde und Berylle, die mit Quarz, Granat, Rutil und anderen Mineralien drusenförmig auf Hohlräumen eines granitischen Gesteins, eines Pegmatits, sitzen (S. 400). Die ersten Exemplare, die gefunden wurden, lagen, aus der ursprünglichen Lagersätte ausgewittert, lose im Boden. Sie wurden wegen ihrer grünen Farbe und ihrer Durchsichtigkeit anfänglich für Diopsid gehalten, denn bis dahin war der Spodumen noch niemals in dieser Beschaffenheit gesehen worden, die genauere Unter- suchung stellte jedoch alsbald den wirklichen Sachverhalt fest. Später hat man dann beim systematischen Nachgraben nach Smaragd Hiddenitkristalle auch auf ihrer ursprüng- lichen Lagerstätte im Gestein angetroffen und aus diesem gewonnen. Ihre Größe schwankt erheblich, geht aber nie über eine Länge von ca. 8 Zentimeter und über die Dicke von 1 Zentimeter hinaus; das gewöhnliche Maß ist 1 bis 2 Zentimeter lang und 2 bis 4 Milli- meter dick. Die Form ist meist prismenförmig, manchmal auch etwas tafelig nach der Längsfläche. An der Außenseite sind die Kristalle meist sehr rauh, zerfressen durch die Einwirkung natürlicher Lösungsmittel. Die Farbenreihe umfaßt alle Nuancen zwischen SPODUMEN. Hippenttr. . Kuxzır. 559 smaragdgrün und gelblichgrün, die letztere ist die häufigere. Die geschliffenen Steine sind als ausschließlich einheimisch in Amerika sehr geschätzt. Daher ist auch fast das ganze bisher gefundene ziemlich spärliche Material dort geblieben, und nur sehr wenig nach Europa gekommen. Der Preis für schön grüne und durchsichtige Exemplare geht von 50 bis 100 Dollars für 1 Karat und wird wohl eher steigen als fallen, da die Grube erschöpft, oder doch jedenfalls seit lange nicht mehr im Betrieb ist, so daß neues Material nicht mehr in den Handel kommt. In ganz geringer Menge begleitet der Hiddenit wohl auch stellenweise den häufigeren Kunzit. Schön grüner Hiddenit, ähnlich dem von Nord- Carolina, wurde neuerdings auch in Madagaskar gefunden. Im Gegensatz zu dem mehr oder weniger ausgesprochen grünen Hiddenit von Nord- amerika ist der aus Brasilien fast durchweg gelb und zwar ziemlich hell; ein Stich ins Grün kommt hier kaum vor. Auch bei ıhm ıst die Durchsiehtigkeit vollkommen. Der brasilianische Hiddenit wurde der Ähnlichkeit der Farbe wegen früher mit Chrysoberyll verwechselt und auch mit diesem Namen bezeichnet; mancher geschliffene Chrysoberyll aus Brasilien dürfte ‚sich bei der genaueren Untersuchung als Hiddenit erweisen. Die Unterscheidung ist leicht mittels der Härte sowie mittels des spezifischen Gewichts : im reinen Methylenjodid schwimmt der Hiddenit, der Chrysoberyll sinkt rasch und ist viel härter. Beide Mineralien kommen in Brasilien im Bezirk Minas novas auch zusammen vor (S. 381 und 419). Im Gegen- satz zum Chrysoberyll ist aber der Hiddenit bis jetzt ausschließlich als Geschiebe in den Nebenflüssen des Rio Jequetinhonha gefunden worden, auf der ursprünglichen Lagerstätte im Gestein hat man ihn bis jetzt noch nirgends angetroffen. Blauer Spodumen findet sich selten in den Diamantseifen von Diamantina und ist früher für Lazulith gehalten worden. Kunzit. Der Kunzit ist nach dem bekannten und auch in diesem Buche viel genannten Mineralogen und Edelsteinkenner George Frederick Kunz in Neu York benannt. Innerhalb einer bestimmten Grenze ist er ziemlich mannigfaltig gefärbt. Er geht von dunkellila bis violett, fast amethystfarben, durch verschiedene Nuancen von rosa bis herunter zum beinahe Farblosen. Analog wie beim Hiddenit könnte man hier der Ähnlichkeit mit Amethyst wegen von Spodumen- oder Lithionamethyst sprechen. Die erwähnten Farben zeigen eine auffallende Beziehung. Die Stücke sind um so kräftiger gefärbt, je tiefer die Stelle in der Grube ist, aus der sie stammen, je näher der Oberfläche, desto blasser. Man sieht deutlich, daß hier die beginnende Verwitterung die Färbung beeinflußt und verändert. Diese ist wohl durch einen kleinen Mangangehalt (0,11 0/0 Manganoxydul, in einer anderen Probe 0,15 %/ Manganoxyd) verursacht. Mit der ausgesprochenen Farbe ist wie beim Hiddenit ein kräftiger Dichroismus ver- bunden. Am tiefsten ist die Färbung, wenn man in der Richtung der Prismenkanten durch die meist nach der Querfläche tafelförmigen Kristalle hindurchblickt. Hier tritt dann ein schönes, nicht zu dunkles Lavendelblau mit großer Annäherung an das Violett und damit das amethystähnliche Aussehen besonders deutlich hervor. Quer dazu, also u. a. senk- recht zur Tafelfläche ist die Farbe viel heller, meist blaß rosa, und verschwindet z. T. fast ganz. Auch mit der Diehrolupe ist ein Wechsel zwischen schön lila bis violett und fast farblos zu beobachten. Selbstverständlich ist der Pleochroismus um so geringer, je blasser die Farbe des Steins. Bei kräftig gefärbten Exemplaren ist aber beim Schleifen hierauf in leicht erkennbarer Weise Rücksicht zu nehmen: Die Tafelfläche der Schliffformen mub quer zu den Prismenkanten gehen, sonst ist der Stein unansehnlich. 560 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Mit der schönen Farbe vereinigt sich meist eine vollkommene Durchsichtigkeit und Fehlerlosigkeit. Durch den Schliff erhalten die Steine, die Farbe mag hell oder dunkel sein, einen ausgezeichneten Glanz, so daß sie unter allen Umständen einen prächtigen Anblick gewähren. Am häufigsten werden die Brillantform oder gemischte Schliffformen angewendet. Sehr merkwürdig ist der Kunzit durch gewisse optische Eigenschaften, durch die er sich nicht nur von den übrigen, besonders von den violetten Edelsteinen, sondern nament- lich auch von den anderen Varietäten des Spodumens, vor allem von dem Hiddenit unter- scheidet. Es ist dies die starke Lumineszenz, die in ihm durch verschiedene äußere Einwirkungen hervorgebracht wird. Durch mechanische Angriffe, Reiben mit Tuch usw. kann er allerdings nicht zum Leuchten gebracht, wohl aber elektrisch erregt werden. Da- gegen sendet er beim Erwärmen schon weit unter der Glühhitze in der Dunkelheit ein orange- farbiges Licht aus. In der Funkenstrecke zwischen den Polen eines starken elektrischen Induktionsapparats kommen ganze Kristalle mit orange-rosa Farbe zum Leuchten, das 45 Minuten anhält; gleichzeitig erlangen sie die Fähigkeit, auf die photographische Platte einzu- wirken. Kunzit, der einige Minuten der Einwirkung stark aktiven Radiumbromids ausgesetzt war, zeigt wundervolle Phosphoreszenz, die auch nach der Entfernung des Radiumsalzes noch einige Minuten lang anhält. Gegen Radiumemanation ist Kunzit dagegen wenig empfind- lich. Wie Radium wirkt auch Aktinium. Für Röntgenstrahlen ist der Kunzit wie der Hiddenit höchstens halbdurchlässig, er wird aber durch ihren Einfluß stark phosphores- zierend, stärker als irgend ein anderes Mineral, und zwar ist das Leuchten erst goldig- rosa, dann 10 Minuten lang weiß, bei anderen Exemplaren erst rosa-orange, dann blab rosa und endlich weiß, und noch nach 45 Minuten ist ein schwaches Glimmen bemerkbar. Das Stück wirkt dann noch rascher auf die photographische Platte. Auch ultraviolette Strahlen bringen das Mineral zum Leuchten. In anderen Eigenschaften stimmt der Kunzit ganz mit dem Hiddenit überein. Die Brechungskoeffizienten sind dieselben, ebenso die Härte und das spezifische Gewicht (G. = 3,7 bis 3,197), sowie die Spaltbarkeit, die hier wie dort große Vorsicht beim Schleifen nötıg macht. Durch Reiben wird er elektrisch wie Topas. Während der Hiddenit außer in Nordamerika auch noch, wenn schon in einer ge- ringeren Abart, in Brasilien vorkommt, ist der Kunzit bisher fast nur in den Vereinigten Staaten gefunden worden; er ist ein spezifisch nordamerikanischer Edelstein, der deshalb im Land sehr geschätzt ist und mit 6 bis 20 Dollars, meist allerdings mit weniger als 10 Dollars pro Karat bezahlt wird. Er ist erheblich billiger als Hiddenit, da er in be- trächtlichen Mengen und auch in größeren, mit den Erfordernissen eines Edelsteines ver- sehenen Kristallen gefunden wird als dieser. Wenn die Kristalle des Hiddenit höchstens fingerlang und -diek werden, kennt man solche vom Kunzit, die bei vollkommener Durch- sichtigkeit die Dimensionen einer Männerhand haben. Einer der größten bekannten mißt nach drei Richtungen 18, 8 und 3 Zentimeter und wiegt ein Kilogramm. Es sind daher aus Kunzit schon schöne Steine bis zu 150 Karat schwer geschliffen worden. Allerdings bilden hier wie sonst diese großen Individuen Ausnahmen, die meisten sind nicht mehr als 10 Zentimeter lang. Wie beim Hiddenit zeigen sie namentlich an den Enden ein stark zerfressenes Aussehen, mit vielen kleinen, narbenartigen Vertiefungen, infolge der langen Einwirkung von natürlichen Lösungsmitteln; die Kristalle sind auf natürlichem Wege sehr stark geätzt worden, oder, wie man sagt, korrodiert. Die Fundorte, die das Material zum Schleifen liefern, liegen fast ausschließlich im Westen der Vereinigten Staaten, im südlichen Kalifornien, in Riverside und in San Diego County, wo der Kunzit die schon früher von dort beschriebenen Edelsteine, und namentlich den Turmalin in den Pegmatitgängen begleitet (S. 460) und mit ihnen zu- Kvuxzır. RHopDonit. 561 sammen gewonnen wird. Allerdings ist der letztere weit verbreiteter, und an zahlreichen Stellen, wo er vorkommt, fehlt der Kunzit, so in dem ganzen, für Turmalin so wichtigen Bezirk von Mesa Grande. Die Gesamtproduktion in den Vereinigten Staaten war 1907 etwa 125 Pfund ausgesuchten Materials, worunter aber auch die geringe Menge farblosen, gelben und grünen edlen Spodumens. | Von geringerer Bedeutung ist zunächst das Vorkommen im Coahuila-Distrikt in Riverside County, wo das Mineral namentlich in der Fano-Grube, 20 miles nordöstlich von Pala, in einem Ausläufer der Jacinto Range, mit schönem Turmalin, Beryll usw. ge- graben wird. Neben violetten bis farblosen Kristallen sind hier als Seltenheiten auch gelbe, grüne und blaue beobachtet worden. Wichtiger ist San Diego County und hier wieder der Pala-Bezirk, aber nicht der nächst Pala gelegene Pala Mountain selbst, wo sich so wenig Kunzit findet wie im Mesa Grande-Distrikt. Am meisten von Bedeutung sind die Gruben am Pala Chief Mountain, 1'/a miles nordöstlich von Pala und die Pala Chief Mountain-Grube selbst, von wo der größte Teil des schönen, durchsichtigen schleif- würdigen Kunzits stammt, und wo der Kunzit von etwas Hiddenit begleitet wird. Doch hat auch der Heriart Mountain sehr gutes Material geliefert, so u. a. die Naylor-, die Caterina- und die Vanderburg-Grube, sowie die White Queen-Grube, in der 1902 zuerst der anfänglich für Turmalin gehaltene Kunzit mit Beryll entdeckt wurde. Spärlich ist Kunzit bisher im Osten der Vereinigten Staaten vorgekommen, doch hat man ihn zusammen mit etwas Hiddenit bei Andover, Oxford County, Maine, entdeckt und hofft, in der Tiefe größere Mengen anzutreffen. Neuerdings hat sich Kunzit ebenso schön wie in Kalifornien auch in Madagaskar gefunden. Von anderen ähnlich aussehenden Edelsteinen ist der Kunzit leicht zu unterscheiden. Es kann da eigentlich nur der Amethyst, der violette Quarz, in Betracht kommen. Dieser ist aber nie so glänzend als der Kunzit, und sein Dichroismus ist kaum bemerkbar. Er ist zwar etwas härter, aber sehr viel leichter als der letztere, so daß der Kunzit in der ersten Flüssigkeit, in der Amethyst schwebt, rasch zu Boden sinkt. Lila Kunzit ıst schon an seiner Farbe kenntlich; es gibt keinen anderen durchsichtigen Edelstein dieser Art. Farb- loser Kunzit kommt geschliffen kaum vor. Rhodonit. Der Rhodonit (Mangankiesel) ist ein durch seine schön rosenrote, der der Himbeere ähnliche, zuweilen etwas in das Lichtkastanienbraune gehende Farbe ausgezeichnetes Glied der Pyroxengruppe. Zu Schmucksteinen, aber auch zu allen möglichen Gegenständen der Kunstindustrie (Schalen, Vasen usw.) dient hauptsächlich die feinkörnige bis dichte Masse von meist zartsplittrigem Bruch, die sich bei den Dörfern Malaja Ssedelnikowaja und Schabrowa in der Nähe von Katharinenburg im Ural findet und die auch vorzugs- weise hier verschliffen wird. Aus diesem Material ist u. a. der Sarkophag des Zaren Alexanders II. hergestellt. Der Fundort liegt auf der Ostseite des Urals südwestlich von dem erstgenannten Dorfe, am rechten Ufer der Amarilka, die sich von rechts in den Isset ergießt. Wenige Werst von der Goldwäscherei Schabrowskoi entfernt bildet hier der Rhodonit in zwei dicht nebeneinander gelegenen Brüchen ein etwa 2,7 Meter mächtiges Lager, wie es scheint im schwarzen Tonschiefer. Nur die unteren Partien werden benutzt, nach oben hin ist die Masse zu sehr durch Quarz verunreinigt. Stellenweise ist das Korn ziemlich grob; derartige Stellen lassen dann zwar die mineralogische Natur der Substanz deutlicher erkennen, aber zum Schleifen sind sie ungeeignet. Als sehr störend erweisen sich viele Klüfte und Spalten, die das Lager weithin durchziehen und die Masse in kleine Stücke zerlegen. Diese sind dann auf den Kluftflächen durch Verwitterung schwarz gefärbt. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 36 562 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Von derselben Beschaffenheit, aber in geringerer Menge, findet sich der Rhodonit auch auf den Manganerzlagerstätten in Wermland in Schweden, wo er aber nicht zum Schleifen benutzt wird. Wichtiger ist das amerikanische Vorkommen bei Cummington in Massachusetts, wo mehrere hundert Pfund schwere Blöcke von schön rosenroter Farbe in einer Qualität gefunden werden, die der des russischen Rhodonits nicht nachsteht. Sie kommen auch in derselben Weise zur Verwendung wie dieser. In Australien ist kürz- lich gleichfalls Rhodonit gefunden worden. Chemisch ist der Rhodonit ein Mangansilikat, woher er auch den Namen Mangan- kiesel führt. Im reinsten Zustande hätte er die Formel MnO.SiO>, aber meist sind noch andere Bestandteile vorhanden, namentlich eine mehr oder weniger große Menge Kalksilikat. Die an anderen Orten als im Ural nicht gerade seltenen Kristalle, die sich z. B. auf den Manganerzgruben in Wermland finden, gehören dem triklinen Kristallsysteme an; sie werden aber trotz ihrer prächtigen roten Farbe und: schönen Durchsichtigkeit kaum geschliffen, sondern eben nur die erwähnten dichten Massen. Diese haben die Härte 5 bis 6 und ein spezifisches Gewicht gleich 3,5 bis 3,6. Sie sind wenig durchscheinend und schwach glänzend, nehmen aber eine genügende Politur an. Zuweilen wırd der Mangangranat als Mangankiesel und das hier vorliegende Mineral als Manganspat bezeichnet. Dies ist aber falsch; der letztere Name kommt dem kohlen- sauren Mangan zu, das häufig ebenfalls hübsch rosenrot ist, aber wegen zu geringer Härte wenig geschliffen wird. Anhangsweise sei hier kurz erwähnt der nicht zum Pyroxen, sondern zum Glimmer gehörige Lepidolith. Er schließt sich durch seine hellrote Farbe hier an, die aber durch einen Stich ins Blaue oder Violette sich von der des Rhodonit unterscheidet, und die daher als Lila zu bezeichnen ist. Der Lepidolith ist eine Abart des Lithionglimmers, von der sich bei tozena in Mähren eine feinkörnige bis dichte Varietät in ziemlicher Menge findet, und diese ist es, die wegen ihrer hübschen Farbe trotz ihrer geringen Härte (H. — 2!/), infolge deren sie sich mit dem Messer, ja schon mit dem Fingernagel ritzen läßt, zuweilen ge- schliffen wird. Die Verwendung geschieht aber allerdings mehr zu kleinen Gegenständen des Kunstgewerbes als zu eigentlichen Schmucksachen. Der Lepidolith von Pala in Kalifornien, das Muttergestein des dortigen roten Turmalins, ist schon oben (S. 461) be- sprochen worden. Ein anderes Mineral der Glimmergruppe ist der durch einen kleinen Chromgehalt grüne Muscovit oder Kaliglimmer, der Fuchsit oder Chromglimmer. Er findet sich in feinblättrigen bis dichten Massen, die als Material zu römischen Kunstwerken und zu Schmuckperlen aus alten Gräbern in Guatemala gedient haben, beides als Seltenheit. Heut- zutage findet eine derartige Verwendung nicht mehr statt. Nephrit. Jadeit. Chloromelanit. Diese drei Mineralien, die zuweilen unter dem Namen der Nephritoide oder auch wohl als Jade zusammengefaßt an sind gewissermaßen prähistorische Edelsteine, die wenig- stens in Europa ihre Hauptbedentung gehabt haben schon in Zeiten, über die keine Über- lieferung sichere Kunde bringt. Heutzutage ist ihre een zu Schmucksteinen gering, und auch die Benutzung zu anderen Zwecken ist so ziemlich auf einige auber- europäische Länder beschränkt. NEPHRIT. JADEIT. ÜHLOROMELANIT. 563 Das erste dieser Mineralien, der Nephrit, gehört zu der Gruppe der Hornblende oder des Amphibols, während die beiden anderen, der Jadeit und der Chloromelanit, die sich übrigens nur unwesentlich voneinander unterscheiden, der Familie des Augits oder Pyroxens zuzureehnen sind. Trotz dieser aus den mineralogischen Eigenschaften sich ergebenden Zugehörigkeit zu zwei verschiedenen, allerdings sehr nahestehenden Abteilungen des Mineralreichs zeigen doch vielfach alle drei in ihrem Aussehen und ihrer Beschaffenheit und daher auch in ihrer Verwendung große Übereinstimmung. Es sind äußerst feinfaserige bis dichte Aggregate, deren einzelne Bestandteile nur in dünnen Schliffen unter dem Mikroskop erkannt werden können. Die Stücke sehen oft, besonders wenn die Oberfläche fein geschliffen ist, für das bloße Auge aus, wie wenn sie vollkommen homogen und ge- wissermaßen aus einem Gusse wären. In Dünnschliffen bemerkt man aber bei starker Ver- größerung, daß sie aus zahllosen winzigen, wirr durcheinander liegenden Fäserchen aufgebaut sind. Wegen dieser verworrenfaserigen Struktur haben die drei Mineralien, trotz ihrer nicht sehr bedeutenden Härte, die zwischen dem sechsten und siebenten Grade liegt, eine außerordentlich große Zähigkeit und Festigkeit; sie sind mit die zähesten und schwerst zersprengbaren Mineralkörper, die man kennt; vor allem ist der Nephrit durch diese Eigen- schaft ausgezeichnet. Infolge ihrer Zähigkeit und auch ihres hübschen Aussehens sind die Nephritoide schon in den Urzeiten zu Prunkwaffen in Form von Beilen und Meißeln, zu Zierraten aller Art, zu Idolen usw. verarbeitet worden. Diese Gegenstände finden wir heutzutage in Europa in den Pfahlbauten, in alten Gräbern usw. und aus diesen auch vielfach lose im Erdboden liegend und ähnlich in anderen Ländern. Bis vor kurzem kannte man in Europa und ebenso in Amerika die Nephritoide nur im verarbeiteten Zustande. Rohmaterial auf seiner ursprünglichen Lagerstätte war in der Hauptsache nur in Zentralasien und in Neuseeland gefunden worden. Daraus hatte sich, namentlich durch die Bemühungen von Heinrich Fischer in Freiburg i. Br., die Ansicht entwickelt, daß alle in Europa und Amerika vorkommenden Geräte oder doch das Roh- material dazu, aus jenen fernen Gegenden, besonders aus Zentralasien stammen, und daß durch ausgedehnte Handelsverbindungen und durch Völkerwanderungen schon in prähisto- rischen Zeiten diese bereits damals hochgeschätzten Steine an die Orte befördert worden seien, wo man sie heute findet. In neuerer Zeit hat man aber auch rohen Nephrit usw. in manchen Gegenden ge- funden, wo bis vor kurzem nur verarbeitete Stücke bekannt gewesen sind. Man hat ferner beobachtet, daß die Geräte einer Gegend in Beziehung auf die mikroskopische Struktur des Materials zwar untereinander übereinstimmen,. sich aber von anderen Vorkommen, namentlich von den asiatischen unterscheiden. Daher und aus manchen anderen Gründen ist jene Ansicht nach dem Vorgange von Fr. Berwerth in Wien und besonders von A. B. Meyer, s. Z. in Dresden, jetzt ziemlich vollständig aufgegeben und mit der ver- tauscht worden, daß die da,und dort vorkommenden verarbeiteten Gegenstände durchweg aus einheimischem oder doch in der Nähe gefundenem Rohstoffe hergestellt worden seien. In manchen Gegenden sind allerdings auch jetzt noch keine Fundorte roher Nephritoide bekannt, es ist aber immerhin möglich, daß solche bei genaueren Nachforschungen noch gefunden werden, wenn die Lagerstätten nicht schon von den alten Ureinwohnern bis zur völligen Erschöpfung ausgebeutet worden sind. In Europa ist die Verwendung des Nephrits und seiner Verwandten heutzutage gering. Sie sind alle undurehsichtig, höchstens durchscheinend, und die Farbe ist, wenn auch zuweilen schön, doch meist unansehnlich, gewöhnlich grün, dann aber auch grau bis ins Farblose; sie stehen also weit hinter anderen Mineralien zurück, was die Schönheit und die Brauchbarkeit zum Schmuckstein betriff. Dagegen verarbeiten und benutzen einige am Anfang der Zivilisation stehende Völkerschaften anderer Weltteile diese Materialien noch 36 * 564 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. jetzt ganz in derselben Weise, wie dies die Ureinwohner Europas in prähistorischen Zeiten getan haben, so vor allen die Maoris in Neuseeland den dort vorkommenden Nephrit und die Birmanen den Jadeit. Die größte Wertschätzung genießen aber die Nephritoide heut- zutage in China, wo sie, vielleicht zusammen mit einigen anderen ähnlich aussehenden Mineralsubstanzen den nationalen Lieblingsstein bilden, der mit dem Namen „Yü“ bezeich- net wird. Der Stein Yü, der in verschiedene Varietäten zerfällt, wird dort nicht nur zu Schmuckgegenständen, sondern auch zu Tellern, Schüsseln, Vasen, Schreibzeugen, Säbel- griffen, Götzenbildern und ähnlichen Dingen verarbeitet, die zum Teil mit einer staunen- erregenden Kunstfertigkeit und Geschicklichkeit hergestellt sind. Auch sonst im Orient, in Indien, Zentralasien, der Türkei usw. sind Gegenstände aller Art aus Nephrit und Jadeit sehr geschätzt, aber China steht in dieser Industrie obenan und exportiert auch eine Menge der Erzeugnisse derselben. Eine wundervolle Sammlung von Kunstgegenständen aus Nephrit und Jadeit nebst dem zugehörigen Rohmaterial ist in der letzten Zeit von Heber Reginald Bishop mit sehr großen Kosten zusammengebracht und dem Metropolitan Museum in New York ge- schenkt worden. Diese Sammlung wurde dann von einer Anzahl Sachverständiger unter der Redaktion von G. F. Kunz wissenschaftlich bearbeitet und in einem großen, vorzüglich ausgestatteten und mit den herrlichsten Abbildungen gezierten Prachtwerk: Investigations and Studies in Jade beschrieben. Hier ist nun von kundigster Hand alles zusammen- gestellt, was bis 1906 in irgendeiner Beziehung über die in Rede stehenden Mineralien bekannt war. Es ist ein unentbehrliches Quellenwerk ersten Ranges für alle, die sich damit beschäftigen wollen. Nephrit. Der Nephrit (Beilstein, weil er häufig zu Beilen verarbeitet gefunden wird, auch Nierenstein, weil er vielfach als Amulett gegen Nierenleiden diente und auch jetzt noch dient, französisch Jade und englisch Jade, worunter man aber nicht selten den Jadeit mit versteht) ist ein zur Familie der Hornblende oder des Amphibols gehöriges Mineral, dessen Zusammensetzung durch die Formel: Ca0.3MgO.4Sı02 ausgedrückt wird, wobei aber ein wechselnder Teil der Magnesia durch die entsprechende Menge Eisen- oxydul ersetzt ist. Ein Nephrit von Ost-Turkestan ergab bei der Analyse: 58,0 Prozent Kieselsäure, 1,» Tonerde, 2,07 Eisenoxydul, 24,1s Magnesia, 13,4 Kalk, 1,s Natron (zusammen 100,07). Diese Zusammensetzung ist genau dieselbe, wie die eines anderen Minerals aus der Amphibolgruppe, das man als Strahlstein oder Aktinolith zu bezeichnen pflegt. Dieser findet sich nicht selten in Form von einzelnen dünnen und langen rhombischen Prismen des monoklinen Kristallsystems im Talkschiefer, z. B. des Zillertals in Tirol, eingewachsen, oder als strahliges Aggregat zahlreicher nadelförmiger Kristalle an vielen Orten als Strahlstein- oder Aktinolithschiefer. Alle Eigenschaften des Nephrits, sofern sie von wesentlicher Be- deutung sind, stimmen mit denen des Strahlsteines vollkommen überein, namentlich das spezifische Gewicht, die Härte und die Spaltbarkeit, aber auch die bei beiden meist mehr oder weniger intensiv grüne Farbe. Man sieht daraus, daß der Nephrit nichts anderes ist als ein äußerst feinfaseriger bis dichter Strahlstein, dessen Prismen hier mikroskopisch feine Fäserchen darstellen. In dünnen Schliffen erkennt man diese unter dem Mikroskop als zum Strahlstein gehörig, und man bemerkt, daß sie ganz regellos kreuz und quer durcheinander gewachsen sind. Auf der besonderen Art und Weise der Verbindung dieser Fäserchen miteinander beruht zum Teil die charakteristische von einem Fundort zum andern etwas wechselnde mikroskopische Struktur, sowie die enorme Zähigkeit des Nephrits. NEPHRIT. 565 Bei dieser Beschaffenheit ist es selbstverständlich, daß der Nephrit niemals regel- mäßige Kristallformen zeigt. Er bildet größere und kleinere Massen von stets ganz unregel- mäßiger Gestalt, oder abgerollte Geschiebe. Auch Spaltbarkeit durch die ganzen Stücke hindurch kann nicht vorhanden sein, doch macht sich zuweilen eine deutliche schieferige Absonderung nach einer Richtung bemerkbar. In dieser Richtung lassen sich dann. viele Stücke mit verhältnismäßiger Leichtigkeit zerschlagen, während dies nach anderen Rich- tungen wegen der enormen Zähigkeit äußerst schwierig ist. Die Druckfestigkeit des Nephrits wurde höher gefunden als die des besten Stahls. Größere Nephritblöcke kann man mit Hämmern überhaupt nicht mehr zerteilen, namentlich wenn sie die hierfür besonders ungünstige runde Oberfläche von Geröllen haben. Man verfährt dann wohl in der Weise, daß man sie stark erhitzt und in kaltes Wasser wirft. Infolge der raschen Temperatur- änderung entstehen zahlreiche Risse, nach denen die Masse in einzelne Bruchstücke zerfällt, die nun ihrerseits mit dem Hammer weiter zerlegt werden können, wobei unebene Bruch- flächen von charakteristischer splitteriger Beschaffenheit entstehen. Dieser außerordentlichen Zähigkeit gegenüber ist die Härte des Nephrits gering; sie ist nicht ganz die des 6. Grades (H.=51/» bis 6). Jedenfalls ist sie aber höher als die des Glases, das von Nephrit geritzt wird, und niedriger als die des Quarzes, der stets den Nephrit zu ritzen imstande ist. Die Masse ist ziemlich spröde, läßt sich aber doch auf der Drehbank bearbeiten, wenn auch selbstverständlich mit Mühe und unter besonderen Vorsichtsmaßregeln und mit geeigneten Instrumenten. Das spezifische Gewicht ist sehr nahe gleich 3, es schwankt aber etwas, wahrschein- lich mit dem gleichfalls innerhalb gewisser Grenzen wechselnden Eisengehalt. Meist liegt es ein wenig unter 3, seltener steigt es um einen geringen Betrag darüber hinaus. Ge- wöhnlich werden 2,91 und 3,01 als Grenzen angegeben, doch trifft man auch Werte von 3,1 und 3,2, die aber wohl immer auf fremden Beimengungen (von Magneteisen usw.) oder gar auf falschen Bestimmungen beruhen. Der meiste Nephrit schwimmt also eben noch auf der dritten Flüssigkeit (G. = 3,,), mancher sinkt jedoch darin auch schon langsam unter. Das spezifische Gewicht ist von Bedeutung, da es den Nephrit von dem oft zum Ver- wechseln ähnlichen, aber viel schwereren Jadeit (G.= 3,3) zu unterscheiden gestattet, der also in jener Flüssigkeit unter allen Umständen rasch untersinkt und der kaum im reinen Methylenjodid schwimmt. Säuren greifen den Nephrit nicht an, auch die Ätztinte nicht. Vor dem Lötrohr wird er trübe weiß, und schmilzt schwer zu einer grauen Schlacke. Auch hierin liegt ein Unterschied vom Jadeit, der sich durch eine besonders leichte Schmelzbarkeit schon in der gewöhnlichen Gasflamme auszeichnet, wobei er im Gegensatz zum Nephrit die Flamme lebhaft gelb färbt. Der Nephrit ist nie durchsichtig und nur in dünnen Schichten stärker durchscheinend, also unter anderem an den scharfen Rändern der Bruchstücke. Röntgenstrahlen werden nicht durchgelassen. Diekere Stücke sind vollkommen undurchsichtig bis höchstens schwach durchscheinend. Bruchflächen sind wenig glänzend, durch die Politur hebt sich der Glanz jedoch bedeutend; er geht auf den glatten Schliffflächen etwas ins Fette. Die Farbe ist wie beim Strahlstein im allgemeinen mehr oder weniger kräftig grün infolge des kleinen Eisengehaltes. Sinkt dieser, so wird sie heller und verschwindet in allerdings seltenen Fällen mit dem Eisen beinahe ganz bis zum Weiß; nur eisenreichere Varietäten haben eine lebhaftere Färbung. Das Grün zeigt die mannigfaltigsten Ab- stufungen vom hellsten bis zum schwärzlichen und die verschiedensten Nuancen: graulich- grün, meergrün, lauchgrün, grasgrün usw. Daneben findet man Gelb und Braun sowie Grau, zuweilen mit einem Stich ins Bläuliche, Rötliche oder Grünliche. Eine vielfach sehr geschätzte blaugraue Färbung ist mit der der Molke verglichen worden. Meist ist die 966 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Farbe ganz gleichmäßig, seltener sind mehrere Farben oder Farbennuancen an demselben Stücke vorhanden, so daß dieses gestreift, gefleckt, geadert, marmoriert oder in anderer Weise gezeichnet erscheint. Die Färbung ist nicht an allen Orten des Vorkommens die- selbe; an manchen überwiegt mehr die eine, an manchen mehr eine andere Nuance. Diese kann daher neben der mikroskopischen Struktur und der speziellen chemischen Zusammensetzung bis zu einem gewissen Grade dazu dienen, den Fundort eines Stückes zu bestimmen. Was das natürliche Vorkommen des Nephrits anbelangt, so gehören seine ursprüng- lichen Lagerstätten überall den kristallinischen Schiefern an. In Hornblendeschiefern, aber auch im Pyroxenfels, und vor allem im Serpentin und in anderen hierher gehörigen Gesteinen bildet er mehr oder weniger mächtige und ausgedehnte Einlagerungen. Aus Serpentin soll er auch da und dort durch den Gebirgsdruck, durch die bei der Gebirgs- bildung zur Wirksamkeit gelangenden dynamometamorphen Prozesse entstanden sein. Aller- dings ist bezüglich des Vorkommens und der Bildung des Nephrits noch manches in Dunkel gehüllt. Anstehenden Nephrit kennt man vorzugsweise in Ost-Turkestan und den nach Osten daran sich anschließenden Gegenden in China, ferner in Cisbaikalien und auf Neusee- land. Geringere Mengen hat man in Schlesien, etwas größere in Ligurien gefunden, und auch sonst ist er wohl sparsam in dieser Weise vorgekommen. Sehr häufig liegen lose Blöcke als Gerölle in den Flußanschwemmungen der Gegenden, wo sich die ursprünglichen Lager- stätten befinden. In dieser Form, als Gerölle, ist der Nephrit dann u. a. auch im nord- deutschen Flachlande angetroffen worden. Wir werden im folgenden das Vorkommen und die Verbreitung des Nephrits etwas eingehender betrachten und dabei nicht nur das Roh- material, sondern auch die verarbeiteten prähistorischen Objekte berücksichtigen. In Europa ist der Nephrit besonders in verarbeitetem Zustande verbreitet. Nephrit- objekte, namentlich Beile und Meißel von prähistorischem Alter, sind vor allem in der Schweiz wichtig, wo sie vorzugsweise in den Pfahlbauten am Bodensee, Züricher See, Bieler und Neuenburger See in großer Zahl vorgekommen sind, vielfach mit einem dunkeln Überzug, einer Patina bedeckt, die aus Markasit besteht. Ebenso finden sie sich auch in den benachbarten Gegenden des südlichen Badens (am Überlinger See bei Maurach) und Bayerns. Die hier gesammelten Steine haben eine ganz besondere mikroskopische Be- schaffenheit, die sie von allen anderen bekannten Nephriten unterscheidet. Es ist daher durchaus wahrscheinlich, daß das Material nicht von fern her, sondern vielleicht aus den Schweizer Alpen stammt. Allerdings hat man bisher trotz aller Nachforschungen hier noch keinen anstehenden Nephrit entdecken können, aber man hat doch am Ufer des Neuenburger Sees einige abgerollte Geschiebe dieses Minerals gefunden, die zweifellos aus einer noch zu entdeckenden ursprünglichen Lagerstätte jener Gegend, vielleicht aus dem Wallis, stammen. Ob dabei auch das erwähnte primäre Vorkommen in Ligurien mit in Betracht kommt, steht noch dahin. Auch weiter östlich, im Sanntal oberhalb Cilli und im Murtal in Steiermark, sind Geschiebe von Nephrit in ziemlicher Anzahl aufgelesen worden, deren ursprüngliches, zweifellos in der Nähe befindliches Lager man gleichfalls nicht kennt. Sicher deuten sie aber darauf hin, daß der Nephrit in den Alpen eine größere Verbreitung hat. Bei weiteren Fortsehritten in der geologischen Erforschung dieses vielfach noch wenig bekannten Ge- birges gelingt es vielleicht, das Anstehende dieses Nephrits aufzufinden. Die Lücke zwischen der Schweiz und Steiermark füllen einige verarbeitete tiroler Nephritstücke aus; Rohmaterial kennt man aber von hier noch nicht. Außerhalb der Schweiz und den genannten benachbarten Gegenden sind bisher noch wenig prähistorische Nephritsachen in Europa gefunden worden; Jadeitgeräte, die auch in der Schweiz den Nephrit begleiten, sind hier häufiger. In Frankreich hat man neben NEPHRIT. 567 den vielen Jadeitbeilen bisher noch nicht ein einziges sicher konstatiertes Nephritbeil an- getroffen. In Italien scheinen bearbeitete Nephritobjekte auf Kalabrien und Sizilien be- schränkt zu sein, während Jadeitgegenstände über das ganze Land verbreitet sind. Einige wenige Funde sind in Griechenland gemacht worden. Rohmaterial hat man in diesen Ländern noch nicht entdeckt außer in Italien in der Gegend von Sestri Levante im süd- lichen Ligurien, wo der Nephrit in größerer Menge im Serpentin liegt, aus dem er ent- standen sein soll. Deutschland hat neben denen aus dem südlichen Baden und Bayern nur einige wenige Nephritbeile geliefert, so die Gegend von Weimar, Schlesien (bei Gniehwitz, Kreis Breslau) usw. Hier ist der Rohnephrit wichtiger, der in verschiedener Art des Vorkommens im Lande bekannt wurde. Zunächst sind einige erratische Blöcke und Geschiebe im nordischen Diluvium ein- gebettet gefunden worden, so bei Stubbenkammer auf Rügen, bei Potsdam, bei Suckow unweit Prenzlau, und bei Schwemmsal nördlich Düben im Kreise Bitterfeld. Diese Nephrite entstammen, wie alle anderen Diluvialgeschiebe in unserem Flachlande, von denen sie sich im Vorkommen in nichts unterscheiden, zweifellos aus dem skandinavischen Norden und gehören höchst wahrscheinlich den dort so verbreiteten kristallinischen Schiefern an. Anstehender Nephrit ist in Deutschland auf Schlesien beschränkt. Er wird von hier schon von Linn& (1707—1778) erwähnt, aber dessen Mitteilung geriet im Laufe der Zeit in Vergessenheit. In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts ist dann das Vorkommen von neuem entdeckt worden, und zwar an den von Linne angegebenen Orten. Der erste befindet sich im Gebiete des Zobtengebirges bei Jordansmühl, wo bis über fuß- mächtige, zuweilen weithin sich erstreckende Lager von meist dunkelgrüner Farbe zwischen Granulit und Serpentin eingebettet und rundliche bis 5 cm große Knollen sowie breitere und schmälere Bänder von weißer bis hellgrüner Farbe im letzteren Gestein selbst ein- geschlossen sind. Hier hat G. F. Kunz 1899 für die Sammlung des oben genannten Heber R. Bishop in New York neben kleineren Stücken einen Block von 2140 Kilogramm er- halten. Der Nephrit des oben erwähnten Beils von Gnichwitz, zwei Stunden von Jordans- mühl, stimmt gut mit dem hier anstehenden überein. Die zweite Lokalität liegt bei dem durch seinen Bergbau bekannten Reiehenstein; hier trifft man das Mineral aber nicht ın großer Menge. Bis zu 7 cm dicke Lagen eines dichten, hellgraulichgrünen, zuweilen etwas rötlichen Nephrits mit sehr unvollkommener Schieferung finden sich in dem Diopsidgesteine des Fürstenstollens eingeschaltet. Einen Pflasterstein aus Nephrit von unbekannter Her- kunft hat man in Breslau entdeckt. Die hauptsächlichste Heimat des Nephrits und sein Hauptausfuhrgebiet ist aber Asien, und zwar vor allem Ost-Turkestan (kleine Bucharei). Wichtig ist hier die Gegend südlich von Yarkand und Khotan. Besonders bekannt sind die jetzt allerdings nicht mehr oder doch nieht mehr andauernd im Betrieb stehenden Nephritbrüche Konakän und Karalä am rechten Abhange, 500 Fuß über dem Wasser, 1'/ Meilen davon entfernt im Tale des Karakasch, des Oberlaufs des Khotan Darja, in der Gegend von Gulbaschen und 9 (engl.) Meilen östlich von Schahidulla, das an dem scharfen, nach Westen gekehrten Knie des genannten Flusses etwa unter 36!/.° nördl. Breite und 78!/>" östl. Länge von Greenwich liegt. Es ist die Gegend des westlichen Endes der Kwenlunkette, und zwar deren südlicher Abbang. Der Nephrit bildet nach früheren Beschreibungen in diesen Brüchen 20 his 40 Fuß mächtige Lager im Gneis und Hornblendeschiefer, es wird jetzt aber vermutet, daß er auch hier im Serpentin vorkomme und aus diesem entstanden sei. Wie am südlichen, so ist aber auch am nördlichen Abhange jenes Gebirges an mehreren Stellen Nephrit anstehend vorgekommen, so weiter abwärts am Khotan Darja und am 568 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Sirikia, und ebenso als Gerölle in allen dortigen Wasserläufen am nördlichen und südlichen Gehänge. Der Nephrit von Ost-Turkestan ist im allgemeinen heller als aller andere. Ein fernerer Fundpunkt anstehenden Nephrits wurde weiter westlich im Osten des Pamirgebietes ın Gruben am Raskem Darja ausgebeutet, der, von Westen kommend und mit dem von Süden zufließenden Tasch Kurgan sich vereinigend, den Yarkand Darja bildet. Die Gruben liegen am rechten Ufer des Raskem, etwas nördlich von Taschkhana, wo er, ein Knie bildend, sich plötzlich von Nordwest nach Norden umbiegt, ungefähr unter 37° 4’ nördl. Breite und 76° östl. Länge von Greenwich. Ein solches Vorkommen in dieser Gegend war lange vermutet worden, da man weiter unten im Tale des Yarkand Darja immer schon viele Nephritgerölle gefunden hatte. Im Jahre 1880 wurde dann das Anstehende und die Gruben entdeckt, deren Material mit dem der Gerölle vollständig übereinstimmt. Die bis jetzt bekannt gewordenen Lagerstätten des Nephrits in diesem Teile von China sind indessen nicht auf die wenigen genannten Punkte beschränkt; sie erstrecken sich vom Raskem Darja aus über fünf Längengrade nach Osten bis zum Kıria (etwa 81/2 östl. von Greenwich), ja wohl noch erheblich weiter, und zwar liegen sie überall an beiden Abhängen des Kwenlun-Gebirges. Ausführlich berichtet in neuerer Zeit Bogdanowitsch über den Nephrit jener Gegenden. Nach seinen Mitteilungen sind im Kwenlun zwischen dem Berge Mustagat (etwa 76° östl. von Greenwich) und dem Meridian des Lob-Nor (etwa 89° östl. Länge) nicht weniger als sieben Bezirke ursprünglicher Lagerstätten des Nephrit bekannt, die dem nördlichen Abfall des Gebirges und dessen unmittelbarem Vorlande angehören. Der Nephrit ist besonders in Pyroxengesteinen eingelagert. Fast alle Wasserläufe Kaschgariens führen Nephritgeschiebe. Ständige Nachgrabungen nach solchen finden in den Tälern des Jurunkasch, Karakasch und des Tisnab statt. Besonders bekannt sind die bei Kumat am erstgenannten Flusse unterhalb Rhodan. Sie bewegen sich sowohl in den neuesten Anschüttungen des Flusses, der zum Zwecke der Nephritgräberei oft auf weite Strecken ab- geleitet wird, als auch besonders in den älteren, terrassenförmig über dem Fluß sich erhebenden Schuttablagerungen aus der Diluvialzeit. Oberhalb Kumat ist die Talebene ganz durchlöchert von 1 bis 1Y/ m tiefen Gruben. Seit alter Zeit durch ihren Nephrit- reichtum berühmt sind die Karangu-Tag-Berge südlich von Khotan, etwa 791!/»° ‚östlich von Greenwich, wo sich das Mineral aber nicht auf ursprünglicher Lagerstätte findet wie im Karakaschtale an den oben erwähnten Orten, und bei Balyktschi. Das gleiche gilt für die von dem genannten Reisenden neu aufgefundenen Ablagerungen bei Schanut am Tısnab und von Ljuschei im Gebiete des Kiria Darja und ebenso von dem Vorkommen an dem berühmten Berge Mirdschai oder Midai im oberen Flußgebiete des Asgensal, eines Nebenflusses des Yarkand Darja. Die Fundorte anstehenden Nephrits werden seit dem Aufstande der Muhamedaner in den sechziger Jahren und der Vertreibung der Chi- nesen nicht mehr bearbeitet; sie gelten bei diesen für erschöpft und, soweit es sich um das zutage liegende Material handelt, nicht mit Unrecht. Alle ursprünglichen Lagerstätten des Nephrits gehören dem Hochgebirge an; manche liegen jedenfalls noch jenseits der Schneegrenze in für Menschen unerreichbaren Höhen, von denen viele Blöcke in die Tiefe rollen oder von den Gewässern und den Gletschern zutale geführt werden. Nach dem Vorkommen und der Art der Gewinnung werden hier in dem Rohmaterial drei Varietäten unterschieden: 1) aus der ursprünglichen Lagerstätte im Steinbruche ge- wonnene Stücke; 2) nicht von Menschenhand gebrochene, sondern von unzugänglichen Höhen durch das Eis der Gletscher mitgebrachte Stücke, die noch ihre ursprünglichen Kanten und Ecken haben; 3) Rollstücke aus älteren diluvialen oder jüngeren alluvialen Flußablagerungen. Die letzteren waren beim Transport Stößen und ähnlichen Einwirkungen NEPHRIT. 569 am meisten ausgesetzt; sie sind daher wahrscheinlich freier von unsichtbaren inneren Rissen, da sie sonst nach ihnen wohl hätten zerbrechen müssen. Aus diesem Grunde sind sie wertvoller als alle anderen, natürlich gleiche Farbe und sonstige Beschaffenheit vorausgesetzt, die bei der Preisbildung von größter Wichtigkeit sind. Am wenigsten Wert haben die aus Steinbrüchen kommenden Stücke, die der großen Festigkeit der Nephrits wegen durch Feuersetzen gewonnen werden. Dadurch verliert das Material an Qualität, und namentlich zerspringt die Masse in verhältnismäßig kleine Teile, so daß größere Blöcke, wie der riesige Monolith vom Grabmal des Tamerlan in Samarkand in der Gur- Emir-Moschee zu den großen Seltenheiten gehören. Einen solehen Block in Form eines unförmlichen Klumpens von 133,ı em Länge, 111, em Breite und 94, em Dicke und trotz aller im Laufe der Zeiten daran verübten Zerstörungen nur um ein Drittel kleiner als jener Monolith, wahrscheinlich aus den erwähnten Gräbereien von Schanut stammend, fand Bogdanowitsch beim Dorfe Uschaktal zwischen Karasch und Toksun. Er war dort schon ın der Mitte des vorigen Jahrhunderts auf dem Wege nach Peking aus irgend- eınem Grunde liegen gelassen worden. Im Jahre 1891 wurde ein noch viel weiter im Osten neu entdeckter Fundpunkt an- stehenden Nephrits bekannt gemacht. Er liegt im Norden der Kwenlun-Kette auf dem Wege vom Kuku-Nor nach dem nördlich davon gelegenen Nanschangebirge in der chinesischen Provinz Kansu. Es ist der Beschreibung nach ein Nephritgang, der in einem nicht näher bekannten weichen Gestein aufsetzt und von dem wohl die vielen Geschiebe stammen, die von früheren Reisenden in den Bächen und Flüssen jenes Landstriches gefunden worden sind. Am Nordabhange des Nanschan, z. B. in den Dörfern Kan-Tschu und In-Tschu wird ein lebhafter Handel mit Nephrit betrieben, und in beinahe allen Dörfern der Gegend verarbeiten die Landleute den Stein für die Chinesen. Auch in der Stadt Su-Tschu-Fu (etwas südlich vom 40. Breitengrade) bestehen mehrere Werkstätten. Der an vielen Stellen im Nanschangebirge vorkommende Nephrit ist trübe bis durchscheinend, von lichtgrüner, milchweißer bis schwefelgelber Farbe. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß in der langen Kette des Kwenlun und des Nanschan noch an anderen Orten anstehender und geschiebeförmiger Nephrit den Ein- heimischen bekannt ist und daß dasselbe auch in anderen Gegenden Chinas, z. B. in Yünan, der Fall ist. Jedenfalls liefern aber jene genannten Lagerstätten (oder haben wenigstens früher geliefert) einen sehr ansehnlichen Teil des in China so viel verarbeiteten und so hoch geschätzten Steines Yü. Von diesen Fundorten kommt auch der meiste, sonst in Asien, namentlich in Zentralasien, zu allen möglichen Zwecken verwendete Nephrit. Ob aber alle in Asien gefundenen bearbeiteten Nephritgegenstände aus Ost- Turkestan oder den anderen genannten Gegenden in China stammen, steht dahin. Funde dieser Art wurden im Amurlande, am Ostkap, auf der Tschuktschenhalbinsel, in Japan usw., aber auch in Syrien und Kleinasien gemacht; in dem letzteren Lande hat Schliemann bei seinen Ausgrabungen Nephritgeräte zutage gefördert. Wahrscheinlich ist es, daß alle diese Gegenstände auf jeweils in der Nähe gefundenes Rohmaterial zu beziehen sind. In der Tat sind außer den erwähnten noch manche sonstige Nephritvorkommen in anderen Teilen von Asien bekannt geworden. Zunächst sei hier die Gegend am westlichen Ende des Baikalsees im Gouvernement Irkutsk genannt, wo Nephrit von vortrefflicher Beschaffenheit und mannigfacher Färbung in Menge vorkommt und gewonnen wird. Die cisbaikalischen Fundorte liegen in dem zu der Gebirgskette von Sajan gehörigen Felsengebirge Botogol und in den von dort ausgehenden Wasserläufen. Die Bewohner jenes Landstrichs, die Sojoten, tragen vielfach Nephrit als Schmuck, die Weiber um den Hals, die Männer am Tabaksbeutel. Viel ge- 570 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. nannt und mit am längsten bekannt ist das Vorkommen in der Umgebung der seit 1858 auf- gelassenen Grube, die den lange Zeit von der großen Faberschen Bleistiftfabrik in Nürn- berg verarbeiteten berühmten Alibert-Graphit geliefert hat. Graphit und Nephrit sınd hier innig miteinander verbunden, sofern der letztere vielfach Graphitplättchen eingewachsen enthält. Lange Zeit waren aus jener ganzen Gegend nur mehr oder weniger stark abge- rollte Stücke, manchmal Blöcke bis zu 1000 Pfund Gewicht, unter den Geschieben in den Alluvionen der dortigen Bäche und Flüsse bekannt. Die Gewässer, die solche führen, sind die Flüsse Bjelaja mit dem Urik und Onot und der Kitoj, die beide von links in die Angara münden, der erstere etwas weiter vom See entfernt als der letztere; ferner die Bistraja, rechter Nebenfluß des Irkut, von dem Berge Chawar-Daban kommend, der die scharfe Ecke zwischen dem See und der Slüdjanka ausfüllt (Fig. 98, S. 544); sodann der letztere Fluß selber. Anstehend wurde schöner, fast smaragdgrüner Nephrit schon 1850 am Onot aufgefunden, und zwar von Alibert, dem Entdecker des Graphits und des erratischen Nephrits. Viele Pfunde prächtigen Materials von Nephrit sind seitdem dort gewonnen und verarbeitet worden, und namentlich in der letzten Zeit wurde viel nach Europa und be- sonders in die russischen Schleifereien (Peterhof) geliefert. Kurze Zeit nachher wurden die Lager am Flüßchen Sachanger (Sagan-Char), das in den Kitoj mündet, bekannt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts (1897) hat man dann dort noch eine Reihe von anderen Vor- kommen auf ursprünglicher Lagerstätte entdeckt, so als teilweise bis 4 Meter mächtige Lager im Flußsystem des Urik und des schon genannten Onot, sodann am Kitoj selbst und endlich im Gebiet des Baches Chara Scholga, der in den Chorok fließt. Diese neuen Entdeckungen, die man L. von Jaczewski verdankt, wurden veranlaßt durch den Wunsch der russischen Regierung, schönes Material zum Grabdenkmal des Zaren Alexander III. zu erhalten. Der Nephrit des letztgenannten Fundorts, teils blaß gefärbt, teils lebhaft grün, wurde in Verbindung mit Rhodonit dazu verwendet. Der ostsibirische Nephrit, der übrigens auch in Transbaikalien am Amur anstehend beobachtet worden seın soll, ist recht mannigfaltig in Färbung und Aussehen und meist von guter, vielfach von vortrefflicher Qualität. Er gilt als ein dynamometamorphes Umwandlungsprodukt von Strahlsteinschiefer, der ein Glied der Reihe der kristallinischen Schiefer darstellt. Verarbeiteten Nephrit (Beile) hat man in Ostsibirien auch gar nicht selten im Boden und in Grabstätten der Ureinwohner gefunden, so in alten Tschudengräbern bei Tomsk und am Altai. In Ostindien ist Nephrit oder doch nephritähnliches Material ebenfalls gefunden worden, das aber im Lande offenbar nieht in größerem Maßstab gewonnen und verarbeitet wurde. Das Vorkommen ist daher nicht sehr wichtig. Es beschränkt sich auf den süd- lichen Teil des Bezirks Mirzapur in Bengalen. In Amerika tritt, wie in Europa, der Nephrit an Häufigkeit gegen den Jadeit weit zurück. Verarbeitete Nephritobjekte kennt man aus Zentralamerika, Venezuela, Britisch Columbia und Alaska. Anstehendes oder doch rohes Material sollte vom Amazonenstrom kommen, und ein Teil dessen, was Amazonenstein genannt wird, sollte Nephrit sein; Xies ist jedoch sehr unsicher. Mit Bestinmtheit nachgewiesen ist jedoch das Vorkommen rohen und anstehenden Nephrits an verschiedenen Orten in Alaska und in benachbarten Teilen von Britisch Columbia. Aus Alaska stammt wohl auch das Material zu den bei den Tschuktschen und sonst in jenen Gegenden auf beiden Seiten der Behringsstraße bei den Eingeborenen gefundenen Nephritgegenständen, so daß also die amerikanischen, Steine vielleicht über jene Straße hinüber bis nach Asien verbreitet worden sind. Daß die in Südamerika, in Venezuela, Columbia und Brasilien vorkommenden Nephritgegenstände aus Alaska stammen, ist dagegen unwahrscheinlich; da sie einen eigenen Charakter besitzen, sind sie wohl aus einheimischem Material hergestellt, dessen Fundorte man allerdings noch nieht kennt. NEPHRIT. FALSONEPHRIT. 571 Ein ausgezeichnetes Vorkommen von meist schön grünem Nephrit ist endlich das von Neuseeland, das zuerst durch Johann Georg Adam Forster, den Begleiter von Cook, bekannt geworden ist. Der Nephrit findet sich nach F. Hochstetter teils anstehend, teils erratisch in einzelnen losen Blöcken im Flußkies und am Meeresufer. Die dortigen Einge- borenen, die Maoris, haben das schöne Material schon seit langer Zeit zu Waffen (Streit- äxten und -Kolben), Meißeln, Beilen, Ohrgehängen, Idolen und anderen Gegenständen ver- arbeitet und noch jetzt ist der Stein bei ihnen unter dem Namen Punamu sehr geschätzt. Sie unterscheiden mehrere Varietäten, die mit besonderen Namen belegt worden sınd. Das ‘ Vorkommen ist noch nicht genauer bekannt. Es scheinen drei Hauptfundorte zu sein, die alle auf der Westseite der Südinsel liegen. Der erste ist am Arahaura- oder Brunnerfluß, wo der Nephrit 15 engl. Meilen von der Mündung entfernt in mehreren Fuß mächtigen Lagen in „grünen Schiefern“ ansteht. Der zweite liegt südlich von den Cookbergen in der Nähe der Jaksonbay oder am Milfordsund, wahrscheinlich im Serpentin, und endlich der dritte am See Punamu in der Provinz Otaga. Das Vorkommen anstehenden Nephrits in Neuseeland war allerdings auch vielfach bezweifelt worden, da alle zur Verarbeitung kommenden Stücke Gerölle sind. Neuerdings ıst aber der Nephrit im Serpentin der D’Urville-Insel von A. Dieseldorff mit Bestimmtheit nachgewiesen worden, wenn gleich nur in geringer Menge. Der Neuseeländische Nephrit geht auch nach Europa, um dort zu allen möglichen Gegenständen verschliffen zu werden. Man findet auf jener Insel noch andere grüne, dem Nephrit ähnliche Substanzen, die jedoch eine abweichende Zu- sammensetzung haben, so z. B. die Steine Kawakawa und Tangiwai, die vielfach mit Nephrit verwechselt und wie dieser benutzt werden. Auch sonst kommt Nephrit roh und verarbeitet in jenen Gegenden vor, so auf Neu- Kaledonien (anstehend), in Neu-Guinea, auf den Marquesas-Inseln, den Neu-Hebriden, in Otaheiti, Tasmanien usw.; das Vorkommen in Neuseeland ist aber weitaus das wichtigste. Außerordentlich zahlreich sind die Mineralien, die fälschlicherweise unter dem Namen Nephrit in den Sammlungen liegen oder als Schmucksteine usw. Verwendung gefunden haben, und die als Falsonephrite bezeichnet werden. Beinahe alle Mineralien, die dicht, nur durchscheinend und in der oben angegebenen Weise gefärbt, also vorzugsweise grün sind, hat man schon für Nephrit gehalten. Es sind verschiedene Varietäten des Minerals Quarz und Achat, Serpentin, Zoisit und viele andere. Härte und spezifisches Gewicht lassen den Unterschied meist ohne besondere Schwierigkeit erkennen. In China wird (oder wurde) der Nephrit durch eine stark bleihaltige Glaspaste nachgeahmt, die man als „päte de riz“ bezeichnet und die dem echten Nephrit sehr ähnlich, aber schwerer ist als er. Sehr lange wurden namentlich Jadeit und Chloromelanit mit Nephrit verwechselt, oder besser für Nephrit gehalten. Bei der speziellen Beschreibung dieser beiden Mineralien wird der Unterschied angegeben werden. Wie wir oben gesehen haben, hat der Nephrit im grauen Altertum große Bedeutung gehabt, und im Orient, besonders aber in China, hat er diese noch, und ebenso bei gewissen halbwilden Völkerschaften. Im heutigen europäischen Juwelenhandel kommt der Stein aber kaum vor. Man verfertigt aus schön grünen Varietäten, besonders dem von Neuseeland und vom Baikalsee wohl gelegentlich einen meist mugelig geschliffenen Ring- oder Nadel- stein, auch zuweilen einen ganzen Ring, aber viel häufiger kleine Gebrauchsgegenstände, wie Papiermesser usw. Vielfach wird der Nephrit auch heute noch als Amulett gegen manche Krankheiten, besonders Nierenkrankheiten, getragen, aber in der Hauptsache hat das Mineral eine untergeordnete Wichtigkeit und die daraus hergestellten Schmucksteine geringen Wert. Sehr kostbar sind allerdings viele der im Orient und besonders der in China hergestellten Kunstgegenstände aus Nephrit, in Europa freilich weniger des Materials als der zum Teil außerordentlich kunstvollen Arbeit wegen. 572 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Dies ist in China anders; hier hat der Nephrit auch an sich, abgesehen von der darauf verwendeten Arbeit, einen hohen Wert und bildet einen wichtigen Handelsgegenstand. Jede Farbe und jede Schattierung des Steines Yü hat bei den Chinesen ihren eigenen Namen und ihren besonderen Preis. Am höchsten schätzen sie die Sorte von rein milchweißer Farbe und, wie sie sich ausdrücken, mit dem fettigen Glanz des Schweineschmalzes. Für Rollstücke von dieser Beschaffenheit werden nach den Mitteilungen von Bogdanowitsch bis 200 Rubel bezahlt. Die Schwierigkeit der Bearbeitung des zähen Materials erhöht aber schon in China den Wert verarbeiteter Stücke noch bedeutend. Für die Arbeit wird das doppelte Gewicht der entfernten Steinmasse in Silber bezahlt. Dies gilt aber nur für rohe Schleiferei; die Fagonnierung muß noch, je nach ihrer Feinheit, besonders honoriert werden. Man erkennt hieraus leicht den Grund des hohen Preises, den die chinesischen Nephritwaren in ihrer Heimat und noch mehr in Europa haben. Jadeit. Chloromelanit. Der Jadeit und der Chloromelanit sind lange mit Nephrit verwechselt worden, da sie ihm im äußeren Ansehen, in der Zähigkeit, Härte usw. sehr ähnlich sind. Die französischen und englischen Mineralogen haben sie vielfach alle drei unter dem Namen Jade zusammen- gefaßt, der aber jetzt, wo der Unterschied erkannt ist, fast ganz auf den Nephrit beschränkt wurde. Am besten wäre es, diesen Namen überhaupt nicht mehr zu verwenden, da er immer mit einer gewissen Unsicherheit verknüpft ist. Er stammt von dem spanischen: Piedra de la hijada = Nierenstein. Erst durch die chemischen Analysen, des französischen Mineralogen Damour und durch die mikroskopische Untersuchung ist ermittelt worden, daß von dem echten Nephrit, wie wir ihn kennen gelernt haben, der Jadeit und der Chloromelanit als bei aller äußeren Ähnlichkeit wesentlich verschiedene Mineralkörper abgetrennt werden müssen, und daß die letzteren beiden nicht wie jener zur Gruppe der Hornblende, sondern zu der des Augits gehören. Untereinander sind Jadeit und Chloromelanit nur unwesentlich verschieden. Der letztere hat bei der Analyse, seiner dunkleren Farbe entsprechend, einen höheren Eisengehalt ergeben, während der erstere ziemlich eisenfrei oder doch sehr eisenarm ist. Die übrigen Bestandteile sind in beiden dieselben und ebenso alle anderen charakteristischen Merkmale, so dab also der Chloromelanit wohl als ein eisenreicher Jadeit anzusehen ist. Der Jadeit ist chemisch sehr ähnlich dem Spodumen (8. 557), nur enthält er in der- selben Formel Natron statt Lithion. Er ist in der Hauptsache ein Natron-Tonerde-Silikat: Na:0.Al0O;.4Si02, dem aber stets kleine Mengen anderer Bestandteile beigemischt sind, so daß die Analysen für verschiedene Stücke ziemlich schwankende Werte ergeben. Die chemische Untersuchung des Chloromelanits hat bisher allerdings noch nicht genau auf dieselbe, überhaupt nicht vollkommen ungezwungen auf eine einfache chemische Formel geführt, so daß hier noch weitere Nachforschungen zur Ermittelung der richtigen Verhältnisse nötig sind. Wie nahe sich aber die beiden stehen, ist aus den zwei folgenden Analysen zu ersehen, von denen die erste sich auf einen rohen Jadeit von Birma, die andere auf einen zu einem Beil verarbeiteten Chloromelanit aus dem Dep. Morbihan (Bretagne) in Frankreich bezieht. Beide Analysen geben außerdem durch Vergleichung mit den oben angeführten Zahlen für den Nephrit den großen chemischen Unterschied von diesem, dem namentlich Tonerde und Natron beinahe vollkommen fehlen, während umgekehrt der Jadeit und Chloromelanit fast keinen oder nur wenig Kalk und keine Magnesia enthalten. JADEIT. ÜCHLOROMELANIT. 575 Jadeit Chloromelanit Kieselsäure . 59,24 56,12 Titansäure . —_ 0,19 Tonerde . 24,47 14,96 Eisenoxyd . 1,01 3,34 Eisenoxydul E= 6,54 Manganoxydul _ 0,47 Kalk . 0,69 LT Magnesia 0,45 2,79 Natron 14,70 10,99 Kali 1.55 Spur 101,11 100,57 Wie der Nephrit, so bildet auch der Jadeit und der Chloromelanit ein sehr feinfaseriges bis dichtes Gewebe ohne bestimmte, regelmäßige äußere Form, dessen Gefüge nur in Dünn- schliffen unter dem Mikroskop deutlich hervortritt. Die feinen Fäserchen liegen wie beim Nephrit kreuz und quer durcheinander; auf dieser verworren faserigen Struktur beruht die große Zähigkeit und Festigkeit auch dieser beiden Mineralien, sowie der unebene, splitterige Bruch, den beide mit dem Nephrit gemein haben. Wie bei diesem, so sind auch hier die Stücke nie durchsichtig, höchstens durch- scheinend bis kantendurchscheinend. Der Glanz ist auf Bruchflächen gering, durch die Politur wird er sehr verstärkt und geht dabei vielfach etwas ins Fettige. Denselben Glanz zeigen auch manche abgerollte Geschiebe an ıhrer Oberfläche. Die Substanz des Jadeits ist farblos, und so sind zahlreiche Stücke vollkommen oder doch nahezu weiß, nicht selten mit einem Schein ins Rosenrote. Doch findet er sich auch häufig gefärbt, aber meistens ziemlich licht: graulich, grünlichweiß, bläulichgrün, lauchgrün, apfelgrün, jedoch auch schön smaragdgrün. Wenn letztere Farbe vorkommt, ist sie gewöhnlich in einzelnen meist nicht sehr großen, ziemlich scharf abgegrenzten Flecken auf weißem Hintergrunde verteilt. Das Smaragdgrün wird durch einen in den Jadeiten von dieser Farbe stellenweise vorhandenen kleinen Chromgehalt verursacht, sonst ist aber die grüne Farbe die Folge des kleinen Eisengehaltes. Daher ist auch der Chloromelanit viel dunkler als der Jadeit. Er ist nie farblos oder licht gefärbt, sondern stets dunkelgrün bis beinahe schwarz. Wir haben im Vorhergehenden die Punkte hervorgehoben, in denen der Jadeit und Chloromelanit mit dem Nephrit mehr oder weniger übereinstimmen; im folgenden sollen die unterscheidenden Eigenschaften angegeben werden. Hierher gehört vor allem das spezifische Gewicht, das beim Jadeit höher ist als beim Nephrit. Es beträgt beim Jadeit 3,30 bis 3,35, beim Chloromelanit, des größeren Eisen- gehaltes wegen mehr, nämlich 3,. Allerdings sinkt bei manchen Jadeiten infolge von zahlreichen fremden Beimengungen das Gewicht bis auf den für den Nephrit geltenden Wert herunter, und wenn dies auch eine seltene Ausnahme ist, so folgt doch daraus, daß ein niederes spezifisches Gewicht nicht zur sicheren Unterscheidung des Jadeits vom Nephrit dienen kann, doch spricht das hohe Gewicht von 3,; immer gegen Nephrit. Auch die Härte ist beim Jadeit etwas größer als beim Nephrit; es ist H.= 61/2 bis 7. Ein charakteristisches Merkmal dem schwer schmelzbaren Nephrit gegenüber ist die sehr leichte Schmelzbarkeit des Jadeits und des Chloromelanits. Feine Splitter typischen Jadeits schmelzen schon in der Weingeistflamme ohne Anwendung des Lötrohres zu einem durchsichtigen, etwas blasigen Glase, wobei sich die bläuliche Flamme infolge des Natron- gehaltes des Jadeits lebhaft gelb färbt. Dasselbe gilt für den Chloromelanit. Allerdings ist dieser niedere Schmelzbarkeitsgrad ebenfalls nicht ganz konstant, sofern einzelne Jadeite und Chloromelanite etwas schwerer schmelzen, aber doch nie so schwer wie Nephrit, der auch niemals die Flamme gelb färbt, da er kein Natron enthält. 574 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die sicherste Unterscheidung gibt jedoch neben der chemischen Analyse die Unter- suchung dünner Schliffe unter dem Mikroskope, bei der die einzelnen Fäserchen nach ihrem ganzen Verhalten, nach ihrer Spaltbarkeit, ihren optischen Eigenschaften usw. sich unzweideutig als zum Augit gehörig erweisen, während, wie wir gesehen haben, die des Nephrits die Eigenschaften des Amphibols zeigen. Selbstverständlich kann aber die Sehmelzbarkeit, die chemische Zusammensetzung und das mikroskopische Verhalten bei bearbeiteten Gegenständen häufig nicht untersucht werden, da hierzu die Ablösung eines, wenn auch nur kleinen Splitters, erforderlich ist. In diesem Falle ist man dann ganz auf das spezifische Gewicht beschränkt, wobei aber die oben gemachte Mitteilung zu be- achten ist. Was das Vorkommen anbelangt, so hat man bearbeitete Jadeitobjekte aus prähistorischer Zeit in Europa, Asien, Amerika und auch in Afrika und Australien vielfach gefunden, die Stellen, wo das Rohmaterial herstammt, sind aber meist noch so gut wie unbekannt. Der einzige bekannnte und wissenschaftlich untersuchte Ort, wo größere Massen von Jadeit anstehend und erratisch vorkommen und gewonnen werden, liegt im nördlichen Birma. Von hier aus wird der Stein wie der Nephrit von seinen asiatischen Fundorten aus als sehr geschätztes Material durch den ganzen Orient verbreitet und mit dem Nephrit, häufig ohne bestimmte Unterscheidung beider, viel verarbeitet. Wie beim Nephrit ist dies be- sonders in China der Fall, wo der Jadeit zu dem Steine „Yü“ gerechnet wird. Alles was über die Wertschätzung und die Verwendung von Nephrit in diesem Lande mit- geteilt wurde, gilt auch für den Jadeit. Wie jener ist auch der Jadeit in Europa weniger geachtet und wird hier selten zum Schmuck verwendet. Der Chloromelanit begleitet in bearbeiteter Form den Jadeit in Frankreich, der Schweiz, Mexiko, Neu-Granada; ein großes Beil aus diesem Materiale stammt von der Humboldt-Bay in Neu-Guinea u. s. w. Rohen Chloromelanit hat man aber bis jetzt noch kaum gefunden, die aus ihm hergestellten Sachen sind alle prähistorisch; sie sind seltener als Nephrit und Jadeit. Er ist als besonderes Mineral zuerst an einem französischen Beile erkannt und von Damour nachgewiesen worden. Im folgenden sollen einige genauere Mitteilungen über die Verbreitung des Jadeits und Chloromelanits gemacht werden. In Europa haben prähistorische Jadeitgegenstände eine große Verbreitung wie beim Nephrit vorzugsweise in Form von Beilen, die sich aber durch ihre geringe Dicke als sogenannte Flachbeile von den meist dickeren Nephritbeilen unterscheiden. In der Sch weiz begleitet der Jadeit und Chloromelanit den Nephrit in den Pfahlbauten, und zwar ist die Verbreitung der Nephrit- und Jadeitäxte so, dab in den Stationen der westlichen Schweiz die aus Jadeit, in denen der Ostschweiz die aus Nephrit überwiegen, so daß hier auf zehn Nephritgegenstände nur ein solcher aus Jadeit gefunden wird. In Frankreich sind bisher nur Jadeit- und Chloromelanitgegenstände, aber keine aus Nephrit gefunden worden. In Deutschland folgen Jadeitobjekte dem Laufe des Rheins und finden sich überhaupt im Westen des Landes, im Elsaß, Baden, Württemberg, Hessen, Nassau, West- phalen Rheinland, und im Anschluß hieran in Belgien, sowie bis nach Hannover und Olden- burg und im Osten bis Braunschweig und Thüringen. Während sie im östlichen Deutschland fehlen, sind sie in den österreichischen Ländern, in Oberösterreich, Kärnten, Krain, Südtirol und Dalmatien wieder vorhanden. In Italien sind Jadeitbeile usw. durch das ganze Land ver- breitet. In Griechenland und daran sich anschließend in Kleinasien (Troja, mit Nephrit- sachen von Schliemann ausgegraben) sind gleichfalls zahlreiche Stücke vorgekommen und im alten Ägypten diente der Jadeit vielfach als Material zu Skarabäen und anderen ähnlichen Gegenständen. Europäisches Rohmaterial von Jadeit hat sich bisher bloß in den Schweizer und piemontesischen Alpen in geringer Menge gefunden. So sind unter den aus den Alpen JADEIT. ÜHLOROMELANIT. 575 stammenden Geschieben des Neuenburger Sees und ebenso bei Ouchy unweit Lausanne am Genfer See neben einigen Nephritgeröllen auch solche aus Jadeit angetroffen worden, und an einzelnen Stellen in den Alpen selbst, so am Monte Viso im Aostatale und bei St. Marcel in Piemont hat man unzweifelhaften Jadeit auch anstehend den kristallinischen Schiefern eingelagert gefunden. Alle diese Vorkommnisse sind aber äußerst unbedeutend und nur deshalb wichtig, weil sie zeigen, daß Rohjadeit auch in Europa nicht fehlt. In Amerika finden sich von den Ureinwohnern verfertigte Jadeit- und Chloromelanit- gerätschaften in großer Zahl in Mexiko. Hier, und zwar in der Stadt Mexiko, hinter der Kathedrale, im Umkreis des großen alten Tempels, sind in den Jahren 1900 und 1901 Tausende von Jadeitgegenständen, Perlen, Tafeln usw. ausgegraben worden, ebenso zur gleichen Zeit eine Anzahl soleher Sachen in den Ruinen von Mount Alban 5 miles süd- westlich von Oaxaca. In Mittelamerika ist Costarica, besonders aber Guatemala zu nennen, wo zahlreiche Beile, Perlen usw. von Jadeit und Chloromelanit in alten Gräbern liegen; im nördlichen Südamerika ist es hauptsächlich Venezuela. Der in Mexiko vor- kommende Jadeit wird von manchen für den Stein Calchihuitl der alten Mexikaner ge- halten, andere glauben aber, daß mit diesem Namen dort früher der Türkis bezeichnet worden ist. Irgendwelche sichere Spur von Rohmaterial hat man bisher in ganz Amerika noch nicht angetroffen, es ist aber anzunehmen, daß der Rohstoff zu jenen Gegenständen aus den betreffenden Gegenden stammt. Unter dem Amazonenstein vom Amazonenstrom soll neben sanderem auch Jadeit zu verstehen sein, doch ist das durchaus unbestimmt. In Alaska soll roher Jadeit neben Nephrit sich finden. Wie beim Nephrit, so ist auch beim Jadeit das Vorkommen in Asien das wichtigste. Hier spielt das Mineral auf seiner ursprünglichen Lagerstätte die Hauptrolle. Von unter- geordneter Bedeutung sind zunächst die Fundorte in Öst-Turkestan, wo der Jadeit den Nephrit, allerdings in geringerer Menge und Häufigkeit, begleitet, oder doch in dessen Nähe vorkommt, wie dieser dem Amphibol- und Pyroxenschiefer, vielleicht dem Serpentin eingelagert. Bei Gulbaschen im Karakaschtale hat man in den Nephritgruben Jadeit mit Nephrit verwachsen gefunden. Im Pamirgebiet ist der Jadeit anstehend im Tal der Tunga, eines linken Nebenflusses des Raskem Darja, bekannt. Hier wurde er von den Chinesen in Steinbrüchen gewonnen, die etwa unter 370 40° nördl. Breite und 76° östl. von Greenwich liegen und die 30 bis 40 Werst von den Nephritbrüchen im Raskemtale entfernt sind. Wie diese, so sind auch jene seit der Vertreibung der Chinesen aus Yar- kand ‚verlassen. Sehr viel wichtiger dagegen ist das Vorkommen des Jadeits in Ober-Birma, wo er auf einem eng begrenzten Fleck am Oberlaufe des Uruflusses in den Katschin-Bergen bekannt geworden und 1892 von Fr. Noetling zum ersten Male wissenschaftlich in sach- verständiger Weise untersucht worden ist. Von ihm stammen zum größten Teile die folgenden Mitteilungen. Neuere Nachrichten haben wir von A. W.G. Bleeck, der die Gegend im Jahre 1907 besucht hat. Die Jadeitgruben liegen in dem Bezirke (Sub-Division) Mogoung des Myitkyna- Distrikts, etwa 70 engl. Meilen von dieser Stadt, im Gebiete des genannten Flusses, der in den Dschindwin mündet (vergl. Fig. 64, 8.339). Die Art der Gewinnung ist eine drei- fache. Einmal wird das Mineral in einem Steinbruch von dem anstehenden Felsen losge- brochen; sodann werden die abgerollten Blöcke aufgesucht, die im Schutte des Uru zer- streut liegen und die wahrscheinlich von zurzeit noch unbekannten anstehenden Lagerstätten in der Nähe des Flusses stammen, endlich wird ein Jadeitgerölle führendes Konglomerat bei Hweka ausgebeutet. Die Gewinnung aus dem Uru ist die älteste und wird schon seit Hunderten von Jahren betrieben. Sie ist durchaus an die Ufer des Uruflusses gebunden und auf die 576 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Strecke vom Dorf und Fort Sanka an bis Mamon, etwa 15 bis 20 (engl.) Meilen strom- abwärts, beschränkt. Weiter oberhalb, jenseits Sanka, fehlen Jadeitgeschiebe ganz, unter- halb Mamon werden sie so selten, daß die Gewinnung nicht mehr lohnt. Auf dieser ganzen Strecke sind die Flußufer an beiden Seiten nach dem kostbaren Mineral durch- wühlt, ohne daß bisher eine Erschöpfung eingetreten wäre. In dem Flußalluvium werden an dem Fuße der die Talränder bildenden Hügel bis 20 Fuß tiefe Gruben angelegt und aus ihnen der von Geröllen aus Quarzit und anderen Gesteinen begleitete Jadeit zutage gefördert. Auch das im Flusse selbst liegende Material wird zum Teil von mit den modernsten Apparaten versehenen Tauchern herausgeholt. Die Stücke sind alle stark ab- gerollt und von sehr verschiedener Größe; es wird ein Block erwähnt, zu dessen Be- wegung drei Mann nötig waren, doch sind solche Dimensionen Ausnahmen. Heutzutage ist die Gewinnung auf den am weitsten talabwärts liegenden Punkt Mamon, 10 Meilen südlich von Tammaw, beschränkt. Gute Stücke werden, allerdings nur als Seltenheit, auch in einer, längs dem Uru an- stehenden, roten thonähnlichen Verwitterungsmasse, dem sogenannten Laterit gefunden. Diese sind durch den letzteren in ihren äußeren Teilen auf ziemliche Tiefe ebenfalls rot gefärbt und zeigen dadurch einen schönen Schiller. Wegen des hübschen Anblickes, den sie gewähren, sind sie sehr geschätzt; sie werden als „roter Jadeit* besonders unter- schieden und von den Chinesen hoch bezahlt. Im Inneren der Stücke steckt meist noch ein ungefärbter Kern; man sieht daran deutlich, daß die Färbung von außen allmählich eingedrungen ist. Der in jener Gegend anstehende Jadeit ist erst seit dem Ende der siebziger Jahre bekannt; er wurde etwa 15 Jahre vor Noetlings Besuch wahrscheinlich durch Zufall aufgefunden. Seitdem wird er von dem Dorfe Tammaw oder Tawmaw (Fig. 64) aus in einem großen, jetzt etwa 600 m langen, 300 m breiten und bis 50 m tiefen Steinbruch von 500 bis 600 Leuten aus dem Stamme der Katschins ausgebeutet. Jene nur in der trockenen Jahreszeit bewohnte Niederlassung liegt unter 25° 44’ nördl. Breite und 96° 14° östl. Länge von Greenwich, 6 engl. Meilen von Sanka, 500 m über dem Uru und 1000 m über dem Meeresspiegel. Der Jadeit bildet eine ziemlich mächtige Einlagerung, nach anderer Annahme einen Gang, in einem dunkelgrünen, fast schwarzen Serpentin, der in Gestalt einer kleinen Kuppe aus dem umgebenden miocänen Sandsteine hervorragt. Der Steinbruchbetrieb geschieht zum größten Teil oberirdisch aber auch ın flachen Schächten. Nach Beendigung der Regenzeit, etwa im Dezember, kommen die Arbeiter und beginnen die voll Wasser gelaufene Grube mit Eimern mühselig .zu entleeren. Vor März kann der Betrieb nicht beginnen, so daß im günstigsten Falle drei Monate für die Gewinnung des Jadeits übrig bleiben. Diese erfolgt durch Feuersetzen. Durch große Feuer wird der Jadeit erhitzt, in der Nacht kühlt er rasch ab und zerspringt dabei in einzelne Blöcke, die dann mit großen Hämmern weiter zerkleinert werden können. Diese rohe Prozedur hat einen sehr schädlichen Einfluß auf die Beschaffenheit des gewonnenen Materials. Daher steht die Qualität des Jadeits aus dem Steinbruche hinter derjenigen der Geschiebe aus dem Flusse, die keinem Feuer ausgesetzt gewesen sind, erheblich zurück. Es wird jedoch im Steinbruche viel mehr gewonnen als in den Gruben am Flusse. Die dritte, recht ertragreiche Lagerstätte ist bei dem Dorfe Hweka, fast genau süd- lich von Tammaw unter 25° 29° nördl. Breite und 96° 16’ östl. Länge in einem engen Gebirgstal gelegen, und ebenfalls nur in der trockenen Jahreszeit bewohnt. An dem ganzen, wohl 600 m hohen, das Dorf im Norden überragenden Berg wird Jadeit aus einem sehr groben Konglomerat gewonnen, in dem sich zum Teil nach Kubikmetern messende Biöcke des Minerals finden. Derartige Konglomerate liegen auch noch, weiter nach Westen, werden aber zurzeit nicht mehr ausgebeutet. JADEIT. 577 Ende März kommen zahlreiche Chinesen in diese Gegenden, zum Teil um sich selbst an der Gräberei zu beteiligen, besonders aber um den von den Katschins gewonnenen Jadeit zu kaufen, gute Stücke zu hohen Liebhaberpreisen. An Ort und Stelle findet keine Verarbeitung statt. Das beste Material wird mit Maultieren auf dem nächsten Landwege direkt nach China geschafft, das der Hauptabnehmer ist und wo der Jadeit nach den obigen Mitteilungen, wie übrigens auch in Birma selbst, sehr geschätzt wird. Ein anderer Teil wird nach Mogoung und von dort auf Kähnen nach Bhamo am Irawadi gebracht, das daher vielfach fälschlicherweise als Fundort des birmanischen Jadeits gilt. Von da geht es hierauf weiter auf dem Flusse nach Mandalay, wo die Stücke zum Teil in großen Schleifereien verarbeitet, zum Teil auch nur angeschliffen und danach auf ihre Qualität und auf ihren Wert untersucht werden. Über Rangun wird der Jadeit dann, soweit er nicht im Lande Verwendung findet, auf dem Seewege nach China und auch nach Europa spediert. Nach offiziellen Nachrichten sind im Jahre 1903 2638 Zentner Jadeit im Wert von 55435 Pfund Sterling, 1904 3778 Zentner im Wert von 50726 Pfund und 1905 2685 Zentner im Wert von 45474 Pfund in den Katschin-Bergen gefunden und meist nach China ausgeführt worden. Die Hauptmasse des Jadeits, der dort von den Eingeborenen und von den Chinesen meist mit dem birmanischen Namen „Kyauk-tsein* bezeichnet wird, ist weiß und von marmorähnlichem Aussehen, er hebt sich daher in dem Steinbruch scharf gegen das bei- nahe schwarze Nebengestein, den Serpentin, ab. Die weiße, durchscheinende Masse des Jadeits ist durchsetzt mit größeren und kleineren Partien von schön smaragdgrüner Farbe, die sich aber im übrigen von dem weißen Jadeit in nichts unterscheiden. Sie sind es, die das wertvollste Material bilden. Man schneidet sie heraus, um Ringsteine u. s. w. zu schleifen, oder man macht davon ganze Ringe, besonders Armringe, die an einer Stelle einen grünen Fleck haben, sonst aber weiß sind, oder man verwendet den Farbenunterschied in anderer zweckmäßiger Weise zum Schmuck. Größere Stücke liefern Gefäße verschiedener Art und andere Gegenstände, was aber hier nicht weiter berücksichtigt werden kann. Der Preis schöner Stücke, weißer sowohl als besonders grüner, ist schon an Ort und Stelle sehr hoch. Für einen Block mit viel grünem Material von noch lange nicht einem Kubikyard Größe wurden 10000 Pfund Sterling verlangt und ein chinesischer Händler war bereit, 8000 Pfund zu geben. Ein großes Geschiebe von Hweka mit einzelnen pracht- vollen grünen Stellen, an dem mehrere Männer zu schleppen hatten, wurde 1907 mit 9000 Rupien bezahlt. Ein kleiner grüner Stein, groß genug für einen Siegelstein, wird bei bester Qualität mit 400 bis 500 Rupien bezahlt, während er in Europa sehr wenig kosten würde. Der Gesamtwert des ganzen, anscheinend so gut wie unerschöpflichen Lagers ist also enorm, wenn auch selbstverständlich so kostbare Stücke, wie die erwähnten nicht alle Tage gefunden werden. Diese Fundstelle anstehenden Jadeits bei Tammaw ist die einzige, die gegenwärtig den Europäern genauer bekannt ist. Es ist aber höchst wahrscheinlich, daß deren ın Ober-Birma, und weit nach China hinein in der Provinz Yünnan noch mehrere vorhanden sind und daß sie auch von den Eingeborenen zum Teil in ähnlicher Weise, wie bei Tammaw abgebaut werden. Ebenso werden dort wohl vielfach in den Wasserläufen die von den anstehenden Massen abstammenden Gerölle, wie am Uru, aufgesucht, aber zurzeit sind sichere Nachrichten hierüber nieht vorhanden. Solche Gerölle von weißer und graulich- grüner Farbe, die aus „Tibet im nördlichen Himalaya“ stammen sollen, sind vor einigen Jahren in Idar verschliffen worden. Der Fundort ist nicht näher bekannt; ihrer ganzen Be- schaffenheit, namentlich ihrer ziemlich dunkel graulich-grünen Farbe nach, stammen sie nicht vom Uruflusse. In den Sammlungen trifft man zuweilen Jadeit von Tay-hy-fu oder Talifu in Yunnan (100° östl. von Greenwich, 20° nördl. Breite). Diese Lokalität Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 37 578 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. ist aber kein Fundort des Minerals, sondern nur eine Etappe auf dem Landwege von den oben beschriebenen birmanischen Fundorten nach China (Peking); in der Tat stimmt auch der angeblich dort gefundene Jadeit ganz mit dem birmanischen überein. Auch in Neu-Guinea findet sich Jadeit und Chloromelanit anstehend und als Beile. — >> 0 —— Quarz. Kein anderes Mineral wird so häufig und zugleich in so zahlreichen, durch Struktur, Farbe, Durchscheinenheit usw. unterschiedenen Varietäten als Schmuckstein benutzt wie der Quarz. Von diesem Gesichtspunkte aus gehört also der Quarz mit zu den wichtigsten Edelsteinen, weniger seines Wertes wegen, der bei den meisten Abarten gering, bei keiner sehr bedeutend ist; höchstens werden gelegentlich für einzelne Stücke von besonderer Schönheit und Vollkommenheit etwas höhere Preise bezahlt. Der Grund hierfür liegt in der verhältnismäßig großen Verbreitung, ja dem sogar zuweilen geradezu massenhaften Vor- kommen auch der schönsten Varietäten, die deswegen, aber allerdings zum Teil noch aus anderen Gründen, alle nur zu den sog. Halbedelsteinen gezählt werden. Fig. 100. Kristallformen des Quarzes. Ehe wir zu diesen als Schmucksteine benutzten, meist mit besonderen Namen unter- schiedenen Abarten des Quarzes speziell übergehen, haben wir dessen allgemeine Eigen- schaften zu betrachten, die allen Stücken dieses Minerals ohne Ausnahme zukommen und die dann später nicht mehr wiederholt zu werden brauchen. Der Quarz ist reine Kieselsäure (Silieiumdioxyd), SiO2, und besteht demzufolge im reinsten Zustande aus 46,7 Proz. Silietum und 53, Proz. Sauerstoff. Vielfach enthält er aber mehr oder weniger starke Verunreinigungen durch fremde Substanzen aller Art, die wie wir unten sehen werden, mannigfaltige Färbungen hervorbringen. Von dem ebenfalls aus Kieselsäure bestehenden Opal unterscheidet sich der Quarz chemisch dadurch, daß ıhm Wasser stets vollständig fehlt. Im Gegensatz zum Opal — und darin liegt ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen beiden — ist aber der der Quarz nicht amorph, sondern kristallisiert. Außer- ordentlich häufig findet man sehr schön ausgebildete Kristalle, meist mit lebhaft glänzen- den Flächen. Die Formen gehören dem hexagonalen System an (Fig. 100, a bis d). Es sind fast ohne Ausnahme regelmäßig sechsseitige Prismen, deren Flächen durch eine sehr deutliche horizontale Streifung senkrecht zu den Prismenkanten ausgezeichnet sind. Oben (Fig. 100, b bis d), und an vollständig ausgebildeten Kristallen auch unten (Fig. 100, a) QUARZ. 579 findet sich eine sechsseitige pyramidale Zuspitzung, deren Flächen gerade über den Pris- menflächen liegen. Außerdem sind noch vielfach kleine Flächen schief oder gerade auf die Prismenkanten aufgesetzt, wie in Fig. 100, b bis d. Aus deren Anordnung folgt, dab der Quarz der trapezoödrisch-tetartoödrischen Abteilung des hexagonalen Systems zugerechnet werden muß. Die spezielle Ausbildung der einzelnen Kristalle ist etwas verschieden. Bei manchen sind die Prismenflächen lang, wie an den in den Figuren dargestellten, manch- mal sind sie auch kurz oder fehlen sogar ganz, so daß der Kristall nur die sechsflächige pyramidale Zuspitzung zeigt. Auch die auf die Kanten des Prismas aufgesetzten kleinen Flächen fehlen häufig, und Zwillingsbildung ist eine verbreitete Erscheinung. Diese hat unter anderem eine ganz unregelmäßige Verteilung der letztgenannten kleinen Flächen zur Folge, die bei einfachen Kristallen auf den abwechselnden Kanten oben und unten sitzen und an den zwischenliegenden fehlen. Die Zuspitzungsflächen an den Enden sind manch- “mal alle gleich groß (Fig. 100 a), manchmal sind sie abwechselnd größer und kleiner (Fig. 100, b bis d), und nicht selten ist die Aufeinanderfolge großer und kleiner Flächen ganz unregelmäßig (Taf. XVII und Taf. XVII, Fig. 1 und 2). Die Kristalle sind entweder in einem Muttergestein eingelagert und haben dann die ringsum ausgebildeten Formen wie in Fig. 100,a. Oder sie sind auf einer Unterlage auf- gewachsen und besitzen dann gewöhnlich nur am freien Ende eine regelmäßige Begren- zung, wie es in Fig. 100, b bis d dargestellt ist. Meist sind auf derselben Unterlage mehrere Kristalle vereinigt und bilden dann zuweilen sehr schöne Drusen. Eine solche zeigt Taf. XVII. Bei ihr sind die einzelnen Individuen lang säulenförmig. Manchmal sind die Kristalle solcher Drusen auch ganz kurz und als Begrenzung sind nur die sechsflächigen Endspitzen vorhanden, die dann dicht gedrängt nebeneinander liegen. In Form derber Massen ist der Quarz gleichfalls sehr verbreitet. Einzelne unregel- mäßig begrenzte Körner bilden einen wichtigen Bestandteil vieler und verbreiteter Gesteine, wie der Granite, Gneise usw. Häufig sind zahlreiche Körnchen zu einem Aggregat ver- einigt, dessen Zusammensetzungsstücke sehr oft mikroskopisch klein sind; sie bilden so die ver- schiedenen Varietäten des dichten Quarzes, wie Hornstein (zu dem u. a. der als Schmuckstein benutzte grüne Chrysopras gehört), Jaspis und andere. Auch stengliche Aggregate kommen nieht selten vor. Sind die einzelnen Stengel sehr dünn, dann wird die Masse faserig, wie z. B. bei dem Tigerauge, das wir als vielbenutzten Schmuckstein noch weiter kennen zu lernen haben. Überhaupt hat man nach der Struktur unter diesen derben Aggregaten mancherlei Varietäten unterschieden, von denen zum Teil unten noch die Rede sein wird, da sie vielfach zu Schmucksteinen verarbeitet werden. Deutliche Spaltbarkeit ist beim Quarz nicht vorhanden. Der Bruch ist in Kristallen und größeren derben Stücken muschelig, fast so vollkommen wie beim Glas, in dichten Aggregaten ist er uneben oder eben und zuweilen splitterig. Die Härte ist die des 7. Grades, also noch nicht eigentliche Edelsteinhärte, aber der Quarz ist unter den weit verbreiteten Mineralien das härteste. Er ritzt die meisten anderen und namentlich auch das Fensterglas und gibt mit dem Stahl sehr starke Funken. Daher ist auch früher eine Abart des dichten Quarzes zum Feuerschlagen benutzt und wegen dieser Verwendung als Feuerstein bezeichnet worden. Seinerseits wird der Quarz von den meisten wertvolleren Edelsteinen geritzt, so zunächst vom Topas, der ihm in der Härteskala unmittelbar folgt, und noch leichter vom Korund und Diamant. Er ist sehr spröde und daher verhältnismäßig leicht zersprengbar, wenigstens lassen sich von größeren Kristallen unschwer Splitter abschlagen; schwieriger ist dies vielfach bei den feinkörnigen bis dichten Aggregaten. Das spezifische Gewicht ist beim reinen Quarze G. — 2,, bei unreinen Varietäten ist es davon etwas verschieden, so daß die Zahl für den Quarz im allgemeinen etwas 37* 580 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. schwankt. Auch im spezifischen Gewicht liegt ein Unterschied vom Opal, der stets erheblich leichter ist. Vor dem Lötrohr ist der Quarz unschmelzbar, schmilzt aber leicht im Knallgasgebläse. Von Säuren wird er nicht angegriffen, außer von Flußsäure, die ihn vollständig auflöst. Auch gegen Kalilauge ist der Quarz sehr widerstandsfähig, während der Opal von dieser leicht aufgelöst wird. Durch Reiben wird er elektrisch und behält seine Elektrizität bis eine Stunde lang. Das äußere Ansehen der zahlreichen, in der Natur vorkommenden Arten des Quarzes ıst sehr verschieden. Es wird außer durch die Struktur wesentlich durch den Glanz, die Durehscheinenheit und die Farbe bedingt. Der Glanz ist meist der ganz gewöhnliche Glasglanz, doch zeigen manche Stücke auch Fettglanz (Fettquarz), und faserige Aggregate haben zuweilen einen sehr schönen Seidenglanz. Alle diese Arten von Glanz sind vielfach auf natürlichen Flächen und Bruchflächen nicht sehr stark, werden aber durch das Schleifen und Polieren meistens sehr lebhaft: alle Quarze nehmen eine sehr gute Politur an. Die Durchscheinenheit ist sehr verschieden; sie geht von der vollkommenen Durch- sichtigkeit bis zum Undurchsichtigen. Der Quarz in seinem reinsten Zustande ist ganz durchsichtig und farblos, aber auch gefärbte Quarze lassen vielfach das Lieht ungehindert hindureh. Die durchsichtigen Abänderungen werden als edle Quarze von dem trüben oder ganz undurchsichtigen gemeinen Quarze unterschieden. Für Röntgenstrahlen ist auch der klarste und durchsichtigste Quarz nur halb durchlässig, ähnlich wie der Topas. Die Farbe beruht auf fremden Bestandteilen, die der im reinen Zustande vollkommen wasserhellen Quarzmasse beigemengt sind, und die bei der chemischen Untersuchung des Quarzes als Verunreinigungen erscheinen. Bald ist es ein Pigment von zum Teil noch nicht näher bekannter Natur, das in feinster Verteilung (dilut) die ganze Masse gleichmäßig durehdringt und dessen einzelne Teilchen selbst bei der stärksten Vergrößerung nicht getrennt hervortreten. Bald sind es kleine, unter dem Mikroskop deutlich sichtbare Nädel- chen, Fäserchen, Körnchen und Plättehen anderer Mineralkörper, die in Menge dem Quarz eingewachsen sind und ihm ihre Farbe mitteilen. Auf der ersteren Ursache beruht die braune Farbe des mit dem Namen Rauchtopas belegten Quarzes, des violetten Amethysts, des gelben Citrins, des rosenroten Rosenquarzes usw.; auf der letzteren das Grün des Prasems, das Blau des Sapphirquarzes und andere. Die Farbenreihe ist eine sehr reiche; keine der bekannten Farben fehlt ganz, und die meisten sind in mehreren lichteren und dunkleren, sowie anderen Farben sich nähernden Nuancen vertreten. Nicht selten ist es, dab ein und dasselbe Stück Quarz eine stellenweise verschiedene und zuweilen sogar recht bunte Färbung und mannigfaltige Farbenzeichnung zeigt, die ihren höchsten Grad bei den zu Schmucksteinen so viel verwendeten Achaten erreicht. Sehr gewöhlich ist die Färbung der Kristalle nieht ganz gleichmäßig, sondern durch mehr oder weniger vollständiges Fehlen oder Überhandnehmen des Farbstoffes an einzelnen Stellen fleckig. Auch nach der Farbe werden zahlreiche Varietäten mit besonderen Namen unterschieden, von denen die wichtigsten schon oben genannt sind. Über die Veränderung der Farben durch Radium- strahlung siehe S. 72. Die Lichtbrechung des Quarzes ist dem hexagonalen Kristallsysteme entsprechend die doppelte, aber die Doppelbrechung ist nicht sehr stark, ebensowenig wie die Liehtbrechung überhaupt. Daß in der Tat die Brechungskoöffizienten nicht hoch, und die zu derselben Farbe gehörigen größten und kleinsten Werte derselben nicht viel voneinander verschieden sind, ersieht man aus der nachfolgenden Zusammenstellung, wo in der ersten Reihe o die kleinsten, in der zweiten e die größten Beträge der Breehungskoöffizienten für die ver- schiedenen Farben des Spektrums aufeinanderfolgen. VD. u QUARZ. 581 0 e Rotes Eicht 2 Ju =. 721 1,5409 1,5499 Gelbes Licht . . -. . . . 1,5442 1,5533 Grimes Lieht . .,. 5. ....145471 1,5563 Blattes Licht Fa er LAN 1,5589 Violettes' Licht 2-5, 145582 1,5677 Ist die Doppelbrechung auch nicht sehr bedeutend, so ist sie doch stark genug, daß man durch einen geschliffenen durchsichtigen Quarz hindurch doppelte Bilder eines Gegen- standes, z. B. einer Lichtflamme sieht, wie es die Fig. 26, a zeigt. Dies läßt ohne weiteres einen Quarz von einem ähnlich gefärbten Glasfluß unterscheiden, bei dem die Flammen- bildchen einfach sind, wie in Fig. 26, 5. Die obigen Zahlen zeigen auch, daß die Brechungskoöffizienten für verschiedene Farben sehr nahe dieselben sind; es folgt daraus, daß die Farbenzerstreuung gering ist, so daß der Quarz nur ein schwaches Farbenspiel, niemals ein solches ähnlich dem des Diamants zeigen kann. Eine besondere optische Eigentümlichkeit des Quarzes, die außer ıhm nur noch wenigen anderen Mineralien zukommt, ist die, daß er das Licht zirkular polarisiert. Da dies aber lediglich in physikalischer Hinsicht von Interesse ist, so wird hier davon weiter nicht die Rede sein. Im bisherigen wurden die Eigenschaften angegeben, die dem Quarz allgemein zu- kommen. Im folgenden sollen die zu Schmucksteinen verwendeten Arten speziell betrachtet und diejenigen ihrer Eigentümlichkeiten aufgeführt werden, auf denen diese Verwendung beruht und durch die sie sich voneinander unterscheiden. Man hat hier zunächst die Gruppe der kristallisierten Quarze, die regelmäßige Kristalle oder auch Aggregate ein- zelner, mit bloßem Auge noch erkennbarer, wenn schon unregelmäßig begrenzter Indi- viduen bilden, zu betrachten. Daran schließen sich die dichten Varietäten, die aus einer großen Zahl mikroskopisch kleiner Quarzteilchen zusammengesetzt sind. Bei dem kri- stallisierten Quarz erfolgt die weitere Einteilung nach der Farbe, bei den Aggregaten nach der Struktur und nach der sonstigen Beschaffenheit. Den Beschluß macht die Gruppe der Chalcedone, deren besondere Verhältnisse unten erläutert werden sollen. Die Verschiedenheit der so erhaltenen Varietäten des Quarzes ist zuweilen derart, daß man ohne genauere Kenntnis die Zugehörigkeit der Stücke zu einer und derselben Mineral- spezies nicht vermuten würde. Wir betrachten demnach die zum Quarze gehörigen Edelsteine in der nachstehenden Reihenfolge: A. Kristallisierter Quarz. Berskristall. Prasem. Rauchtopas. Sapphirquarz. Amethyst. Quarz mit Einschlüssen. Citrin. Katzenauge. Rosenquarz. Tigerauge. B. Diehter Quarz. Hornstein mit Holzstein und Chrysopras. Jaspis. Avanturin. C. Chalcedon. Gemeiner Chalcedon. Achat mit Onyx. Karneol. Plasma mit Heliotrop. 582 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. A. Kristallisierter Quarz. Bergkristall. Bergkristall wird der vollkommen wasserhelle, farblose und durchsichtige Quarz genannt. Er zeichnet sich durch seine Klarheit und Durchsichtigkeit ganz besonders vor anderen Materialien aus und übertrifft in dieser Hinsicht sogar häufig den Diamant, der aber dafür seinen wundervollen Glanz und sein prächtiges Farbenspiel voraus hat. Ein unregelmäßig begrenztes Stück Bergkristall gleicht am ersten einem Stücke farblosen Glases, weshalb ihm auch wohl der Name Glasquarz beigelegt worden ist, oder ganz reinem Eis. Für Eıs ist er auch im Altertum und sogar noch im Mittelalter gehalten worden. Man war der Ansicht, daß man es mit Wasser zu tun habe, das durch die große Kälte der höchsten Gipfel der Alpen, wo der Bergkristall vielfach vorkommt, so stark gefroren sei, daß es auch in der höheren Temperatur der niedrigeren Regionen nicht mehr schmelzen könne. Jetzt weiß man, daß der Bergkristall Quarz ist und daß er sich vom gewöhnlichen gemeinen Quarz lediglich durch die Klarheit und Farblosigkeit unterscheidet; er stellt die Quarzsubstanz in ihrer vollkommenen Reinheit dar. Vielfach findet sich der Bergkristall in ausgezeichneten Kristallen, an denen fast ausnahmslos das Prisma stark entwickelt ist, so daß sie einen langsäulenförmigen Habitus besitzen (Fig. 100, a bisd). Dann kommen gerade bei dieser Varietät die auf die Prismen- kanten aufgesetzten kleinen Flächen vor, wie in den Fig. 100, b und c, die einige auf der Unterlage aufgewachsen gewesene und von ihr abgebrochene Bergkristalle darstellen. Indessen sind auch ringsum ausgebildete Kristalle von der Form der Fig. 100, « keineswegs selten. Diese Ausbildungsformen unterscheiden sich in einigen Punkten von denen des gemeinen Quarzes, bei dem die Kristalle vielfach nur mit den niedrigen sechsflächigen Endspitzen ausgebildet sind und an dessen Kristallen, auch wenn sie eine langsäulen- förmige Gestalt haben, doch die an den Kanten des Prismas auftretenden kleinen Flächen so gut wie niemals vorkommen. Die Bergkristalle bilden nicht selten prächtige Drusen, wie die auf Taf. XVII abgebildete aus der Gegend von Bourg d Oisans in den Dauphineer Alpen in Frankreich. Nicht besonders selten sind eigentümlich gewundene Kristalle, bei denen namentlich zwei gegenüberliegende, besonders stark ausgedehnte Prismenflächen eine starke spiralige Krümmung zeigen. Nicht selten zeigen die Flächen in der Mitte eigen- tümliche kastenförmige Vertiefungen, auch sind die Kristalle häufig oberflächlich durch natürliche Mittel angeätzt oder auch ringsum mehr oder weniger stark zerfressen. Die Größe der Kristalle ist sehr verschieden. Bald haben sie nur einige Millimeter Länge und einige Milligramm Gewicht, bald, aber selten, erlangen sie mehrere Meter Umfang und sie wiegen mehrere Zentner. Am häufigsten ist wohl eine gewisse mittlere Größe von der Länge und Dicke eines Fingers und wenig darüber. Wie der Quarz überhaupt, so ist namentlich auch der Bergkristall vielfach reich an Einschlüssen fremder Körper der verschiedensten Art. Diese treten gerade bei ihm am deutlichsten hervor wegen der außerordentlichen Klarheit der Substanz, die nicht den kleinsten in ihrem Innern befindlichen Körper zu verbergen vermag. Nicht selten sind es leere Räume und Höhlungen, die mit einer Flüssigkeit erfüllt sind. Die Füllung ist bei diesen meist niebt ganz vollständig, so daß über der Flüssigkeit eine kleine Luftblase sich befindet, die beim Bewegen des Kristalles hinundher schwankt, eine sogenannte Libelle. Manchmal sind diese mit Flüssigkeit angefüllten Hohlräume so groß, daß man sie voll- kommen deutlich mit bloßem Auge sehen kann (Wassertropfenquarz, s. u.), meist sind sie aber mikroskopisch klein. In diesem Falle sind sie dann gewöhnlich in ganzen Scharen oder Zügen in solcher Menge zusammengehäuft, daß der Bergkristall an der betreffenden Stelle BERGKRISTALL. 583 oftmals völlig trübe erscheint. Dies ist namentlich vielfach an dem Ende der Fall, mit dem er aufgewachsen ist, während das obere freie Ende vollkommen klar ist. Das Mikroskop zeigt, dal) nur am trüben aufgewachsenen Ende Luft- und Flüssigkeitsbläschen in größerer Menge in den Kristallen vorhanden sind, nicht aber in dem freien, durchsichtigen und klaren. Die Flüssigkeit ist in vielen Fällen, wie sicher nachgewiesen werden konnte, flüssige Kohlensäure, in anderen Fällen ist es aber auch irgend etwas anderes, Wasser oder eine Kochsalzlösung usw. Wichtiger als diese flüssigen Einschlüsse sind die von festen Körpern, namentlich von Kristallen, die anderen, fremden Mineralspezies angehören. Diese sind zuweilen äußerst klein, jedoch so massenhaft vorhanden, daß sie den ganzen Kristall gleichmäßig färben, wie bei dem grünen Prasem und dem blauen Sapphirquarz. Manche andere sind aber größer und dann gewöhnlich nur in geringer Zahl vorhanden, so daß sie sich deutlich einzeln in der wasserhellen Quarzmasse präsentieren, namentlich wenn sie ausgesprochen gefärbt sind. So findet man vielfach zahlreiche Plättchen von grünem Chlorit den Bergkristallen ein- oder ihrer Oberfläche angewachsen, und häufig durchdringen sie die ganze Masse, so daß diese grün gefärbt erscheint und daß zwischen dem grünen Chlorit nur noch wenig von der wasserhellen Quarzsubstanz zu sehen ist. Weiße Strahlen des Minerals Tremolit durchziehen manche Kristalle, in wieder anderen sieht man grüne Nadeln von Strahlstein (Taf. XVIII, Fig. 2), rote oder gelbe von Rutil usw. Alle diese Einschlüsse von Mineralien — und ihre Zahl könnte noch stark vermehrt werden — und ebenso auch die von Flüssigkeiten, spielen zuweilen für die Verwendung des betreffenden Steines zum Schmuckstein eine gewisse Rolle, wir werden daher unten darauf noch einmal zurückkommen. Der Bergkristall wurde früher recht häufig zu Schmucksteinen verschliffen, heutzu- tage ist diese Verwendung sehr zurückgegangen. Die Form, die man ıhm gab, war ge- wöhnlich die des Brillants, auch Tafelsteine und Rosetten trifft man nicht selten. Beim Schleifen erhalten die Steine einen lebhaften Glasglanz, der durch Glühen noch etwas gesteigert werden kann, und unter günstigen Umständen auch ein gewisses, wenngleich stets nur bescheidenes Farbenspiel. Davon macht man Gebrauch, indem man Leuchter, Lampen, Kronleuchter und ähnliche Beleuchtungsgegenstände mit geschliffenen Berg- kristallen behängt, die meist eine langgezogene Berloquen-, Pyramiden- oder Prismenform erhalten. Die von den Lichtflammen ausgehenden Strahlen brechen sich in diesen Berg- kristallen und zeigen das Farbenspiel, das namentlich wegen des fortwährenden Wechsels in den hinundher schwingenden Anhängen eine angenehme Wirkung ausübt. Kleine Gegenstände der Kunstindustrie werden ebenfalls nicht selten aus Bergkristall dargestellt, Kugeln, Briefbeschwerer, Siegelstöcke usw. Auch zu diesem Zwecke ist das Mineral im Altertum und im Mittelalter sehr viel wichtiger gewesen als gegenwärtig. Namentlich hat man damals alle möglichen Gefäße, Schalen, Vasen, Trinkbecher usw. daraus hergestellt und nicht selten mit figürlichen Darstellungen prächtig verziert, so daß sie vielfach Gegenstände von hohem künstlerischem Werte darstellen. Diese Industrie blühte in einer Zeit, als die Fabrikation vollkommen klarer und farbloser Glasmassen von einigem Umfange noch in den Windeln lag. Damals war der Bergkristall dasjenige Material von solcher Beschaffenheit, das noch am leichtesten und in verhältnismäßig großen Stücken zu haben war. Später hat sich die Glasindustrie zu immer höherer Voll- kommenheit entwickelt und gleichzeitig ist die Verarbeitung des Bergkristalls zu größeren Gefäßen usw. zurückgegangen, weil man solche aus Glas (sog. „Kristall“) viel leichter und billiger, und ebenso schön herstellen lernte als aus dem härteren, schwerer zu bearbeitenden, aber deswegen allerdings auch viel haltbareren und dauerhafteren Mineral. Von der hohen Entwickelung der alten, auf die Verarbeitung des Bergkristalls gerichteten Industrie legen 584 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. viele Kunstsammlungen deutliches Zeugnis ab, und die Geschichte erzählt von wertvollen Bergkristallgefäßen, die im Altertum hergestellt worden sind. Heutzutage wird der Bergkristall statt zu künstlerisch wertvollen Gegenständen viel mehr zu praktisch brauchbaren Dingen verarbeitet, bei denen die ziemlich große Härte und die Unangreifbarkeit durch chemische Agentien von Bedeutung sind. So dient er vielfach zur Herstellung von „Gläsern“ zu Brillen, Fernrohren und anderen optischen Instrumenten, die dann vor dem Zerkratzen ziemlich geschützt und daher den aus Glas hergestellten „Gläsern“ weitaus vorzuziehen sind. Auch zu anderen Zwecken der Optik wird das vollkommen durchsichtige Material benutzt; ferner zur Fabrikation von feinen Gewichten, wie sie auf sehr empfindlichen, zu wissenschaftlichen Zwecken dienenden Präzisionswagen gebraucht werden, um Gewichtsbestimmungen von der höchsten erreich- baren Genauigkeit zu erhalten; dann zur Herstellung harter Zapfenlager für feine Instru- mente und zu manchen anderen ähnlichen Zwecken. Wie die Verwendung, so ist auch der Wert des Bergkristalls gegen früher erheblich zurückgegangen. Dieser hängt ab von der mehr oder weniger großen Reinheit, Durchsichtig- keit und Farblosigkeit der Stücke und von der An- oder Abwesenheit von Fehlern, welche in die Schönheit beeinträchtigenden fremden Einschlüssen, in Rissen, in trüben oder ge- färbten Stellen und in anderen ähnlichen Störungen der gleichmäßigen Beschaffenheit bestehen. Ferner steigt er mit der Größe; kleine Stücke von vollkommener Qualität sind nicht selten, daher übersteigt der Preis eines geschliffenen Ringsteines, auch von der besten Sorte, wohl kaum jemals 10 Mark. Im Gegensatz dazu sind gute Stücke von erheblicherem Umfange gar nicht so leicht zu beschaffen, und zwar um so schwieriger, je größer sie sind; solche stehen daher im Preise verhältnismäßig hoch. Für gutes Rohmaterial wird in Jdar bis 50 Mark, bei Stücken von !/ı Zentner 200 bis 300 Mark pro Kilogramm bezahlt. Schöne und gut geschliffene Steine kosten 11/2 bis 3 Mark das Karat. Der Bergkristall ist ein sehr verbreitetes Mineral. Er findet sich mit anderen Mineralien zusammen, vorzugsweise aufgewachsen auf Spalten und Klüften verschiedener Urgesteine und bildet hier oft Drusen von außerordentlicher Größe. Diese Art des Vorkommens in Verbindung mit den häufigen, ja so gut wie nie fehlenden Flüssigkeitseinschlüssen, von denen oben die Rede gewesen ist, läßt nicht daran zweifeln, daß die überwiegende Menge des Minerals durch Ausscheidung und Auskristallisieren aus einer kieselsäurehaltigen, wässerigen Lösung entstanden ist. Die bekannten Fundorte auch nur einigermaßen voll- ständig anzugeben, ist, ihrer großen Zahl wegen, unmöglich, es sollen daher hier auch nur einige wenige besonders wichtige spezieller erwähnt werden. In Europa ist die hauptsächlichste Heimat des Bergkristalls das Hochgebirge der tiroler, schweizer, italienischen und französischen Alpen. Die Kristalle sitzen auf Klüften und Spalten im Granit, Gneis und anderen ähnlichen Gesteinen. Sie werden von den Kristallsammlern, den in der Schweiz so genannten Strahlern, aufgesucht und in den Handel gebracht. Dieses Geschäft ist ein äußerst mühsames, da die Fundorte der Kristalle vielfach an den höchsten und unzugänglichsten Punkten des Gebirges liegen, die nur mit Lebensgefahr erreicht werden können. Bei der Aufsuchung kristallführender Drusen lassen sich die Strahler leiten durch die Quarzgänge, die sich als weiße Bänder über die Felswände hinziehen; auf Drusenräumen in diesen Gängen pflegen die Berg- kristalle zu sitzen. Durch den Ton, der beim Schlagen mit einem Hammer entsteht, kann man das Vorhandensein eines solehen Hohlraumes im Innern erkennen, der dann mit der Spitzhaue, oder eventuell durch Sprengen mit Pulver oder Dynamit, geöffnet und ausgebeutet wird. Diese Höhlungen und damit auch die in ihnen sitzenden Kristalle sind meist nicht besonders groß, zuweilen sind sie aber von recht erheblichen Dimensionen, und dasselbe BERGKRISTALL. 585 gilt dann auch für die darin befindlichen Kristalle. Solche ausgedehnte Drusenräume werden Kristallkeller oder Kristallgewölbe genannt. Manchmal sind in einem einzigen _ solehen Loche Hunderte von Zentnern Bergkristall gefunden worden, und zahlreiche Kristalle haben Gewichte von einem und sogar von mehreren Zentnern ergeben. Ein berühmter Fund dieser Art ist der im Jahre 1719 aufgegrabene Kristallkeller vom Zinkenstock im Berner Oberland in der Nähe der Grimsel. In diesem fand sich ein Kristall von 8 Zentnern, viele wogen 1 Zentner usw.; im ganzen wurden 1000 Zentner Berg- kristalle aus dieser einen Riesendruse gewonnen. Ein anderer Keller im Vieschtale zwischen Münster und Laax im Öber-Wallis lieferte im Jahre 1757 große und prächtige Kristalle von 50 bis 1400 Pfund Gewicht. Auch sonst ist der Kanton Wallis reich an Bergkristall, ebenso das St. Gotthardgebiet, das Berner Oberland sowie andere der Teile der schweizer und weiterhin auch der italienischen und österreichischen Alpen. Viel genannt wird das Vorkommen der Bergkristalle in den allerdings nur kleinen Drusenräumen des etwas gold- haltigen Quarzganges von La Gardette bei Bourg d’Oisans im Dauphin& (Dep. de l’Isere) in den französischen Alpen. Von hier stammt die auf Taf. XVII abgebildete Gruppe, deren Kristalle, wie alle von diesem Fundorte, durch eine eigentümliche schiefe und un- symmetrische Endbegrenzung vor anderen Vorkommnissen ausgezeichnet und daran kennt- lich sind. Früher wurden schöne Kristalle in den Gräbereien, sog. eristallieres, besonders in der Verlängerung der Grandes-Rousses zwischen den Flüssen Eau d’Olle und Romanche im Territorium von Huez gewonnen. Eine der berühmtesten war die cristalliere von Huez, 2700 Meter hoch am Fube des Grandes-Rousses-Gletschers, andere liegen am Fuße des Pic de l’Etendard und an zahlreichen anderen Orten. Nach der Eröffnung der Grube La Gardette am Ende des 18. Jahrhunderts scheinen aber alle diese erzfreien Quarzgänge vernachlässigt worden zu sein. Die Bergkristalle von hier sind mit anderem Material dieser Art am Anfang unseres Jahrhunderts in einer Schleifereı zu Briancon an der Durance, Dep. des Hautes Alpes, verarbeitet worden; jetzt hat sie ihre Tätigkeit längst eingestellt. Die hier geschliffenen wasserhellen Steine wurden darnach als „Diamanten von Briancon* bezeichnet. Alle diese alpinen Bergkristalle haben jetzt für dıe Industrie nur noch geringe Bedeutung; sie sind vorzugsweise durch die Funde in Brasilien und Ma- dagaskar verdrängt worden, die meist viel reiner und auch billiger sind als jene.‘ Aus dem Hochgebirge werden mit dem durch die Verwitterung entstandenen Gebirgs- schutt durch die Gletscher und die Gewässer auch Bergkristalle in die Tiefe geführt. Sie gelangen in die Bäche und Flüsse, werden hier auf ihrem Wege talabwärts allmählich immer mehr abgerollt und nehmen mit der Zeit die Form vollkommen runder Geschiebe an, die wegen ihrer zerkratzten Oberfläche trübe aussehen, im Inneren aber vollkommen klar und durchsichtig sind. So finden sie sich z. B. ım Rhein in der Größe bis zu der einer Nuß. Sie werden durch die Aar in diesen Fluß hineingeschwemmt und wurden früher in Baden an mehreren Stellen beim Goldwaschen als Nebenprodukt unter dem Namen Rheinkiesel mit gewonnen und verschliffen. Man hat diese Rheinkiesel in früheren Zeiten wohl für schöner und reiner gehalten als Bergkristalle, die auf anderem Wege aus den Alpen heruntergebracht wurden, jedoch mit Unrecht. Ähnliche Geschiebe werden noch an manchen anderen Orten gefunden und gelegentlich in derselben Weise verwendet, so bei M&doe und bei Alencon (Diamanten von Alencon) in der Normandie in Frankreich, bei Fleurus in Belgien, bei Cayenne usw. Auch außerhalb der Alpen ıst der Bergkristall sehr verbreitet, es sollen aber auch von diesen außeralpinen Vorkommnissen nur einige wenige genannt werden. Prachtvoll klar sind die meist nicht sehr großen Kristalle, die in Hohlräumen des berühmten Mar- mors von Carrara sitzen. Ringsum ausgebildet und vielfach ohne deutlich bemerkbare Anwachsfläche sind die sehr schön wasserhellen Kristalle, die auf der Grenze der Mar- 586 ZWEITER TEIL, SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. marosch im nordöstlichen Ungarn gegen Galizien hin auf Klüften eines dunkeln Karpathen- sandsteins oder des diesem eingelagerten Tonschiefers auf Kalkspat aufgewachsen sind. Als Fundorte dieser steeknadelkopf- bis nußgroßen Kristalle, die vorzugsweise nach starken Regengüssen auf der Erdoberfläche zusammengelesen werden, sind besonders Veretzke, das Tal des Nagyagflusses und Bocsko zu nennen, doch haben sie in jener Gegend weitere Verbreitung. Nach ihrer Heimat werden sie als „Marmaroscher Diamanten“, sonst auch wohl als Dragomiten (von dem walachischen drago = lieb, wert) bezeichnet. Kleine Bergkristalle, allerdings vielfach nicht tadellos klar und nur zum kleineren Teile schleifbar, finden sich auf Klüften im Lettenkohlenmergel der hessischen Grafschaft Schaumburg an der unteren Weser. Sie wurden unter dem Namen „Schaumburger Diamanten“ früher nicht selten zu Schmucksteinen verarbeitet. Die kleinen Kristalle aus dem Porphyr von Stolberg am Harz sind „Stolberger Diamanten“ genannt worden. So reich auch Europa an schönen Bergkristallen ist, so wird es doch von den massenhaften Vorräten in anderen Weltteilen weıt in den Schatten gestellt. Schon seit der Mitte des 17. Jahrhunderts liefert die Insel Madagaskar große Vorräte, und auch noch jetzt kommt viel von dort. Das Mineral ist hier besonders rein und klar und bildet oft Blöcke von ganz besonderer Größe, von denen die größten bis zu 8 m Umfang erreichen. Es sind ganz isolierte Stücke, zum Teil in den Flüssen vom Wasser abgerollt, und solche werden allein für den Verbrauch gesammelt. Tadellose Blöcke im Gewichte von 50 bis 100 Pfund sind hier keine Seltenheit. Diese Funde haben bewirkt, daß größere Bergkristalle von vorzüglicher Beschaffenheit, die in den Alpen selten und daher früher teuer waren, zu billigen Preisen in den Handel gelangten. Der Bergkristall findet sich in dem ganzen von Gneis gebildeten Teil der Insel, besonders im Osten und Nord- osten, und hier vorzugsweise bei Voh@emar und von da bis Mahanoro an der Küste und mehr oder weniger weit landeinwärts. Genannt wird auch die Insel Sainte Marie. Die von Nosi-B& kommenden Schiffe brachten vielfach den Quarz mit, daher wurde diese Insel nicht selten fälschlich als Fundstelle angesehen. Anstehend im Muttergestein scheint das Mineral in Madagaskar nicht überall bekannt zu sein, doch ist es nach den begleitenden Mineralien sicher, daß es wenigstens zum Teil aus Gängen grobkörnigen Granits (Pegmatits) stammt, zum Teil allerdings auch aus Spalten, ähnlich wie in den Alpen. Auch ın Indien ist der Bergkristall verbreitet. Er wurde früher dort verarbeitet, und dasselbe ist heute noch der Fall, wenn auch keine so ausgezeichneten Gegenstände mehr daraus dargestellt werden wie in alten Zeiten. Noch jetzt ist diese Industrie im Gange zu Vellum im Tandschor-Distrikt des Gouvernements Madras, wo unter dem Namen „Vellum-Diamanten“ Brillanten, Rosetten usw., aber auch Brillengläser und anderes aus Bergkristall geschliffen werden. Dieser wird in der Nähe in Geschiebeform aus einem Konglomerat der Tertiärformation gewonnen. Dagegen ist die früher berühmte Verarbeitung unseres Minerals in Delhi jetzt ganz zum Erliegen gekommen. Gefäße aller Art, Schalen, Vasen, Trinkbecher usw. und andere Gegenstände wurden dort ehemals in äußerst kunst- voller Weise daraus hergestellt; das Material stammte von Aurangpur, 15 engl. Meilen südlich von Delhi, wo die alten Gruben noch jetzt zu sehen sind. Einiges Material zum Schleifen liefern auch die zweispitzigen Kristalle aus dem Gips des Salzmergels bei Kala- bagh am Indus, ebenso wird in Kaschmir Bergkristall zu billigen Schmucksachen ver- schliffen. Andere der zahlreichen Fundorte haben, wie es scheint, und hatten keine industrielle Bedeutung. Besonders reich ist Amerika und hier vorzugsweise Brasilien. Dieses Land liefert neben vielen gefärbten Quarzen, von.denen noch weiter die Rede sein wird (Amethyst, Citrin, Achat) auch große Mengen sehr schönen und klaren Bergkristalls, der besonders zu Brillengläsern und anderen optischen Instrumenten, aber auch zu allen möglichen sonstigen | "yorayumı,j ur purgdnxclg ‘OSNAPITEISA. BERGKRISTALL. 587 Zwecken verschliffen wird. Der brasilianische Bergkristall ist besonders billig und z. T. leicht zu gewinnen; daher, und wegen seiner vorzüglichen Beschaffenheit hat er den von den meisten anderen Fundorten fast völlig aus dem Handel verdrängt. Ein fertiges Brillenglas, das in Brasilien aus dortigem Bergkristall geschliffen worden ist, stellt sich nach der Angabe von Kunz in New York billiger als der Schleiferlohn für ein Brillenglas in dieser Stadt. Es sind die Provinzen Minas Gera&s, S. Paulo und namentlich Goyaz, die als Heimat des Bergkristalls Bedeutung haben. Nach den Mitteilungen des Edelsteinhändlers August Leyser II in Idar liegen die Fundorte in Goyaz in der Serra dos Cristaös, einem Hochlande zwischen den Flüssen Säo Marcos und Säo Bartholomeo. Der erste, der Grenzfluß gegen den Staat Minas Geraöäs, ergießt sich nach südlichem Lauf in den nach Westen fließenden Rio Paranahyba; der andere, mit jenem parallel, ist ein Nebenfluß des Rio Corumba, der sich weiter abwärts, gegen Westen, ebenfalls mit dem Paranahyba vereinigt. Die Gegend, etwa 350 Kilometer gegen Osten von der Hauptstadt Goyaz entfernt, liegt südlich vom 16. Breitegrad und unge- fähr 48° westlich von Greenwich. Der Hauptort heißt Säo Sebastiäo, die nächste Bahn- station ist Entrerios, das gegenwärtige Ende der Mogiana-Bahn. Die Kristalle finden sich auf Adern, die einen Sandstein von enormer Härte und Festigkeit durchziehen, so daß bei der Gewinnung Dynamit nötig ist, und nicht selten versagt auch dieser. Diese Adern sind stellenweise so dünn, daß sie sich in dem Nebengestein oft nur als feine Linien hinziehen. Man kann dann mitunter monatelang arbeiten, ehe man eine Druse trifft, in der Kristalle (dentieäo) sitzen. Von diesen ist nur der kleinste Teil reiner Bergkristall, der weitaus größte Teil ist trüber gemeiner Quarz. Man kann froh sein, wenn der zehnte Teil klar und durchsichtig und für die Schleiferei brauchbar ist. Jede Ader hat ıhre besondere Eigentümlichkeit, 'was die Größe und die Form der Kristalle anbelangt. In der einen sind es langgestreckte Zapfen, in der anderen sind sie kurz und dick, bald sind sie groß, bald klein, bald regelmäßig ausgebildet, bald mehr oder weniger stark verzerrt. Die Dicke geht häufig bis zu der eines Armes, öfters auch darüber. Ähnliches gilt für die Farbe. Die Adern, die ganz farblose, wasserhelle Kristalle liefern, sind sehr selten; in ıhnen kom- men niemals farbige Exemplare vor. Am häufigsten ist ein Anflug von Farbe, rauchgrau, erünlich oder gelblich, flaschenfarbig, wie die Arbeiter sagen. Steine dieser Art werden an der Sonne oder durch Erhitzen gebleicht. Manche Adern liefern hell- bis dunkelbraunes, ja ganz schwarzes Material (Rauchtopas), das durch Erhitzen gelb und dann als Citrin oder Topas verkauft wird. Natürlich gelbe Kristalle (Citrin) sind auf diesen Adern selten, häufiger finden sie sich wie in Rio Grande do Sul in einem vulkanischen Gestein (tapiaganga), die Ausbeute ist aber auch hier gering und die Produktion nicht lohnend. Adern, die sich nahe liegen, sind sich so ähnlich, daß man bei einiger Erfahrung mit Sicherheit bestimmen kann, aus welcher Gegend oder Ader eine Partie von Kristallen stammt. Außer auf der ursprünglichen Lagerstätte in den Adern findet sich der Quarz, Bergkristall und alle die andern Qualitäten und Farben, auch in Rollstücken (ovo de Ema) bis zum Gewicht von 64 Pfund, lose im Boden und an der Erdoberfläche liegend. Bis vor ganz kurzem wurden uur diese gewonnen und in zwei Jahren sind von 200 Leuten 7000 Tonnen gesammelt worden. Da aber derartige Fundstellen sehr leicht zu bearbeiten sind. so war der Vorrat bald erschöpft und gegenwärtig wird fast nichts mehr gefunden. Es muß nunmehr alles aus den Adern losgesprengt werden. Die ganze Ausbeute beziffert sich zurzeit auf etwa 25000 Kilogramm im Jahre; sie wird zum größten Teil von der oben genannten Firma in den Handel gebracht. Auch in Nordamerika ist Bergkristall an sehr vielen Stellen gefunden worden. In Chestnut Hill im Staate Nord-Carolina sind reine zentnerschwere Kristalle vorgekommen. Der schwerste wog 131 kg. Dies ist der größte, der in Nordamerika bekannt geworden 588 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. ist; der zweitgrößte von 86 kg stammt aus Alaska. Am Lake George in Herkimer County und auf größere Erstreckung in der Umgegend liegen im Staate New York zahlreiche ringsum ausgebildete Kristalle, allerdings meist von geringer Größe in Hohlräumen eines Kalksandsteines. Sie rivalisieren nach Glanz, Klarheit und Reinheit mit den Berg- kristallen von Carrara. Man sammelt sie seit mehr als 50 Jahren in Menge und verkauft sie in der Gegend, geschliffen und roh, meist an Touristen, unter dem Namen „Lake George-Diamanten*. Sie schließen zuweilen größere Wassertropfen ein, was ihren Wert erhöht, oder die beherbergen schwarze Körner einer bituminösen Substanz, zuweilen von er- heblicher Größe, was die entgegengesetzte Folge hat. Massenhaft ist das Vorkommen und die Verwendung wasserheller Bergkristalle am Crystal Mountain und auf 40 engl. Meilen rings um Hot Springs in Arkansas, wo sie auf Spalten in einem roten Sandsteine vorkommen. Wagenladungen dieser sogenannten „Arkansas-Diamanten“ bringen die Farmer nach Hot Springs und Little Rock, wo um Tausende von Dollars davon an die Badegäste verkauft wird. Bei Hot Springs finden sich im Washita River auch rheinkieselartige Ge- schiebe, die von den Touristen so gesucht sind, daß man durch Abrollen in rotierenden Fässern Bergkristallstüäcke künstlich in diese Form bringt, um den Bedarf zu decken. Reichlich ist auch das Vorkommen von Bergkristall in Kanada. Der Bergkristall kann unter Umständen mit sämtlichen wasserhellen Edelsteinen ver- wechselt und ihnen als der billigste von allen untergeschoben werden. Am häufigsten wird er mit dem Diamant in Beziehung gebracht, und viele Namen deuten, wie wir ge- sehen haben, auf die Ähnlichkeit in Durchsichtigkeit und Farblosigkeit bei beiden hin. Man nennt den Bergkristall Scheindiamant oder Similidiamant, und spricht nach dem Fundorte, außer von den schon genannten marmaroscher, schaumburgischen und Arkansas- usw. Diamanten, auch von böhmischen, irischen und Paphos-Diamanteh, von Diamanten von Fleurus, Bristol, der Insel Wischt, von Quebeck usw., auch ganz allgemein von oecidentalischen Diamanten. Alle diese Pseudodiamanten sind Bergkristalle; aber da sie selbst in den schönsten Stücken nicht den herrlichen Glanz und das prächtige Feuer und Farbenspiel der echten Diamanten zeigen, so ist eine Verwechselung kaum möglich. Einen sicheren Unterschied gibt im Notfalle die schwache doppelte Liehtbreehung des Bergkristalles, sowie die bedeutende Härte, die starke einfache Lichtbrechung und das hohe spezifische Gewicht des Diamants, der im reinen Methylenjodid rasch untersinkt, während Bergkristall schwimmt. Auch alle andereren farblosen Steine lassen sich durch das spezifische Gewicht sicher von Bergkristall unterscheiden. Nach der abnehmenden Größe desselben geordnet sind es vorzugsweise farbloser Hyaeinth, Sapphir, Topas, Spinell, Turmalin und Phenakit- Der letztere, der leichteste von diesen, hat ein spezifisches Gewicht von 2,9, bei allen anderen ist dieses höher, so daß sie in der leichtesten Flüssigkeit, in der Bergkristall schwebt, rasch zu Boden sinken. Wichtig ist auch die Unterscheidung von weißem, farblosem Glas (5. 581). So verbreitet und billig Bergkristall ist, so wird ihm doch das letztere unter- geschoben, und mancher sogenannte Similidiamant ist nichts anderes als Glas. Es ist aber einfach lichtbrechend, und daher im Polarisationsinstrumente leieht von dem doppelt- brechenden Bergkristalle zu unterscheiden, der zudem stets erheblich härter, nicht selten auch leichter ist als das Glas. Erwähnt sei zum Schluß, daß der Bergkristall auch gefärbt werden kann. Wirft man ihn in glühendem Zustand in eine farbige Flüssigkeit (rote oder blaue Tinte usw.), so erhält er infolge der raschen Abkühlung an der Oberfläche unzählige kleine Risse, durch die die Flüssigkeit eindringt und so dem Stück ihre Farbe mitteil. Man kann auf diese Weise die farbigen Quarze, Amethyst, Citrin, Rosenquarz, Prasem usw. künstlich nachahmen, die Sache hat aber keine große praktische Bedeutung, und die Falsifikate können an den Sprüngen stets leicht erkannt werden. Derart gefärbte Bergkristalle werden eraqueldes genannt. RAUCHTOPAS. 589 Rauchtopas. Der Rauchtopas ist nicht, wie es dem Namen nach scheinen könnte, eine Abart des 'Topases, es ist der durchsichtige Quarz von brauner bis beinahe schwarzer Farbe. Der gemeine braune Quarz wird als Rauchquarz bezeichnet. Wenn der Rauchtopas schön durchsichtig ist, wird er nicht selten geschliffen und macht dann mit seiner oft recht tiefen und gesättigten Farbe einen sehr guten Eindruck. Die Farbe ist nelkenbraun bis rauchgrau. Sie ist bald sehr zart mit allen Übergängen bis zur vollkommenen Farblosigkeit des Bergkristalls; bald ist sie aber auch dunkler und geht wenigstens in diekeren Stücken bis zum vollständigen Schwarz. Solcher dunkle Rauchtopas wird Morion genannt. Manchmal ist die Farbe nicht ganz gleichmäßig; hellere und dunklere Stellen wechseln miteinander ab. An sehr dunkel gefärbten Stücken ist ein deutlicher, aber doch immer nicht sehr starker Diehroismus zu bemerken; die Farbe wird von der dichroskopischen Lupe in gelbliehbraun und in hell nelkenbraun mit einem Stich ins Violette zerlegt. Je heller die Farbe des Steines, desto geringer ist der Farbenunterschied, und beı sehr blassen Stücken ist er überhaupt nicht mehr zu bemerken. Eine Kristalldruse von Rauchtopas ist Taf. XVIII, Fig. 3, a, ein geschliffener Stein von lichterer Farbe Fig. 3, b und c dargestellt. Die Ursache der Färbung soll eine flüchtige, brenzlich riechende, kohlenstoff- und stickstoffhaltige, organische Substanz sein, die sich als eine trübliche Flüssigkeit von der Quarzsubstanz abdestillieren läßt, doch denkt man auch an unorganische, namentlich an Titanverbindungen; jedenfalls ist die kleine Menge des Farbstoffs ganz in der Kieselsäure aufgelöst (dilut) und auch bei der stärksten Vergrößerung nicht mit dem Mikroskop zu erkennen. Ein Geruch macht sich manchmal schon bemerklich, wenn man einen dunkelgefärbten, also viel von diesem Stoff enthaltenden Rauchtopas zerbricht, oder wenn man zwei der- artige Stücke stark gegeneinander reibt. Beim Glühen an der Luft, ja schon beim Er- hitzen auf 300% C. wird der Rauchtopas infolge des Entweichens der färbenden Substanz vollkommen farblos und wasserhell und ist dann vom Bergkristall nicht mehr zu unter- scheiden. Beim Erwärmen auf eine niedrigere Temperatur wird die braune Farbe gelb bis braungelb, wie die des unten zu betrachtenden Citrins, und nicht wenige der im Handel vorkommenden gelben Quarze sind nichts anderes als „gebrannte* Rauchtopase. Durch Radiumbestrahlung wird die ursprüngliche Farbe wiederhergestellt. In allen anderen Eigenschaften als bezüglich der Farbe stimmt der Rauchtopas mit dem Bergkristall bis auf das kleinste überein. Wir werden sehen, daß dies bei dem violetten edlen Quarze, dem Amethyst, nicht in diesem Maße der Fall ist, aber der Rauch- topas ist nichts anderes als braun gefärbter Bergkristall. Dies zeigt sich besonders in der speziellen Art der Kristallisation und des Vorkommens, wie wir dies auch schon bei der Betrachtung des Bergkristalls von Goyaz gesehen haben. Die Kristallformen sind ganz genau die des Bergkristalls, und alles, was oben hier- über angeführt worden ist, gilt in derselben Weise für den Rauchtopas, für den also namentlich auch die Fig. 100, b und c zutreffen. Was das Vorkommen anbelangt, so sitzt der Rauchtopas ebenfalls auf Spalten der gneis- und granitartigen Gesteine an vielen Orten der Alpen, begleitet von denselben Mineralien wie der Bergkristall, und anderswo sind die Verhältnisse ähnlich. Auch der Rauchtopas findet sich zuweilen in den großen kellerartig erweiterten Drusen, die viele Zentner des schönsten Materials enthalten können. Das großartigste Vorkommen von Rauchtopas, und zwar teilweise vom schönsten, in größeren Stücken tiefschwarzen Morion, bildet die im August 1868 am Tiefengletscher im Kanton Uri nahe der Furkastraße im verwitterten Granit entdeckte, 6 Meter lange, 4 Meter breite und 1 bis 2 Meter hohe Kristallhöhle. 300 Zentner Kristalle wurden in kurzer Zeit 590 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. hier gewonnen, darunter 200 Zentner schöner durchsichtiger Schleifware und 100 Zentner Kabinetstücke. Unter letzteren waren einige Kristalle von besonderer Größe, die jetzt im Berner Museum aufgestellt sind. Ihrer Merkwürdigkeit wegen hat man sie mit besonderen Namen belegt. Der „Großvater“ ist 69 cm lang, sein Umfang beträgt 122 cm und sein Gewicht 133!/2 kg. Etwas dünner und leichter, aber länger und am besten von allen erhalten, sowie am regel- mäßigsten auskristallisiert ist der „König“. Er ist 87 cm lang, hat 100 em Umfang und wiegt 127!/2 kg. Die zwei kleinsten der sechs in Bern aufbewahrten Kristalle sind „Kastor* und „Pollux“ von 72 und 71 cm Länge und 65 und 62'/ kg Gewicht. Alle diese genannten zeigen an einem Ende eine Anwachsstelle. Einer der sechs Kristalle, der „große Zweispitz“, ist dagegen ringsum vollständig ausgebildet und überall von regel- mäßigen Flächen umgrenzt; man kann an ihm durchaus nicht die Stelle finden, mit der er auf der Unterlage befestigt war, und doch muß er ursprünglich wie die anderen auf- gewachsen gewesen sein. Er ist 82 cm lang, hat 71 em im Umfange und wiegt 67 kg. Diesem massenhaften Vorkommen des Rauchtopases in den Alpen gegenüber sind alle anderen Funde unbedeutend. Man begegnet ihm als Begleiter der Edelsteine: des Topas, Berylis und besonders des Amethystes bei Mursinka im Ural; ferner neben Beryll und Topas in der Gegend von Nertschinsk in Transbaikalien usw. Auch als Ge- schiebe findet er sıch nach Art der Rheinkiesel, so bei Alencon in der Normandie mit den Bergkristallkieseln zusammen und ebenso in den Edelsteinseifen von Ceylon. Zu erwähnen ist noch das Vorkommen am Berg Cairngorm auf der Grenze von Inverness-shire und Banff-shire südwestlich von Banff im nördlichen Schottland und in der Umgegend. Man findet dort einen durchsichtigen weingelben bis braunen, zuweilen schwarzen Quarz in Kristallen bis zu 25 Pfund, die in England nach der Lokalıtät als „Cairngorms“ bezeichnet werden (schottischer Topas zum Teil). Der Stein war früher namentlich in Schottland sehr beliebt und wurde in Menge gesammelt. Das war ein sehr einträgliches Geschäft in der Gegend der großen Granitmassen in diesem Teil des Landes, es hat aber jetzt fast ganz aufgehört, da die Nachfrage allmählich bedeutend nachgelassen hat. Die Kristalle wurden in flachen Löchern und Gräben aus dem zersetzten Granit und dem daraus gebildeten Schutt gewonnen, der die meisten der dortigen niedrigen Hügel bedeckt und finden sich auch in vielen Wasserläufen daselbst, so z. B. im Avon, wo Stücke bis zu 40 Pfund vorgekommen sind. Die Rauchtopase sitzen mit großen Orthoklas- Kristallen und Muscovittafeln und zuweilen mit Beryll auf Drusen in Gängen eines fein- körnigen Granits, die den grobkörnigen Granit durchsetzen, oder sie liegen lose in dem durch Verwitterung des Granits entstandenen Kaolın. Erwähnung verdienen schließlich noch einige amerikanische Fundstätten, die schleif- würdiges Material liefern. Im grobkörnigen Granit von Pikes Peak in Colorado finden sich auf Drusenräumen große Mengen von Rauchtopas als Begleiter des Amazonensteines und jährlich werden für mehrere Tausend Dollars Steine dort gewonnen und verschliffen. Der größte hier gefundene Kristall ist mehr als 4 Fuß lang. In nicht geringer Menge wird Rauchtopas auch am Mount Antero in Colorado, bei Magnet Cove in Arkansas und in den Grafschaften Burke und Alexander in Nord-Carolina gewonnen. Geschiebe von Rauchtopas zusammen mit solchen von Bergkristall finden sich nicht selten im Potomac- Flusse, sowie an der Küste von Long Branch südlich von New York; sie werden als Andenken geschliffen. Es ist nicht möglich, aber auch nicht erforderlich, alle die vielen Fundorte von Rauchtopas in diesem Lande aufzuzählen; auch hier sind Kristalle bis über 100 Pfund vorgekommen und Stücke von der vollkommensten Durchsichtigkeit und Klarheit, die zu den schönsten Schmucksteinen tauglich sind. In Goyaz ı in Brasilien begleitet, wie schon erwähnt, Rauchtopas den Bergkristall. RAUCHTOPAS. AMETHYST. 591 Wenn der Rauchtopas als Schmuckstein geschliffen wird, erhält er häufig die Gestalt des Brillants oder auch die des Tafel- oder Treppensteines, die Form mit verlängerten Brillantfacetten, die des Maltheserkreuzes (Taf. XVII, Fig. 3, b, e) usw. Im übrigen wird er außer zu Schmucksteinen in ähnlicher Weise wie der Bergkristall auch zu Siegelstöcken und anderen derartigen Dingen verarbeitet. Wenn die Farbe nicht zu blaß ist, gewährt er mit seinem starken und schönen Glanze stets einen sehr hübschen Anblick. Der Rauchtopas ist einer der wenigen braunen Edelsteine, die man kennt, und von diesen im allgemeinen der klarste und durchsichtigste und auch der häufigste. Die anderen, die der Farbe nach noch in Betracht kommen und mit ihm verwechselt werden können, sind Axinit, Vesuvian und brauner Turmalin; andere braune Steine gehen mehr ins Gelbe und unterscheiden sieh dadurch schon auf den ersten Blick vom Rauchtopas. Der Unterschied der genannten drei Steine von dem letzteren wird am sichersten durch das spezifische Gewicht gegeben, das bei ihnen allen üher 3 hinausgeht. Sie sinken daher in der dritten Flüssigkeit vom Gewicht 3,0, auf der Rauchtopas schwimmt. Auch der schwächere Dichroismus des letzteren gegenüber dem starken bei den drei anderen läßt jenen von diesen leicht und sicher unterscheiden. Zieht man etwa noch den braunen Diamant in Betracht, so ist dieser an seinem starken und charakteristischen Glanze meist von vornherein sicher zu erkennen, außerdem aber auch durch seine einfache Lichtbrechung und den vollständigen Mangel an Dichroismus, sowie durch das hohe spezifische Gewicht, vermöge dessen er sogar im reinen Methylenjodid rasch untersinkt. Amethyst. Der Amethyst (occidentalischer Amethyst) ist der violette Quarz. Die Farbe geht zuweilen vom Violett ins Purpurrote; Steine dieser Art werden wohl Purpurachat ge- nannt. Sie ist bald blaß, beinahe weiß, bald tief und gesättigt. Häufig ist sie nicht gleichmäßig über den ganzen Stein verteilt, sondern fleckig, heller und dunkler violett oder violett und farblos unregelmäßig, zuweilen jedoch auch in regelmäßigen Streifen mit- einander abwechselnd. In einzelnen Fällen hat man sogar Kristalle beoabachtet, an denen neben dem Violett noch eine zweite Farbe, gelb oder grün, auftrat. Die meisten Amethyste sind trübe und höchstens durchscheinend, viele sind allerdings auch vollkommen klar und durchsichtig. Nur diese letzteren, die edlen Amethyste, werden als Edelsteine geschliffen. Hellgefärbte und gefleckte Steine haben wenig Wert, sie werden aber, wenn sie in größeren Stücken vorkommen, zuweilen zu allen möglichen kleinen Ge- brauchsgegenständen verarbeitet, bei denen es auf jene genannten Eigenschaften weniger ankommt. Schmucksteine sind um so geschätzter, je durchsichtiger und tiefer und gleich- mäßiger gefärbt sie sind. Die Farbe steht der des „orientalischen Amethysts“, des Violettrubins, sehr nahe, hat aber diesem violetten Korund gegenüber den großen Nachteil, daß sie bei künstlicher Beleuchtung meist sehr verliert und unansehnlich und grau wird, während jener seine violette Farbe in voller Sehönheit beibehält. Nur wenige Amethyste sind in dieser Be- ziehung von besserer Beschaffenheit und behalten ihre schöne Farbe auch bei Licht. Der Amethyst ist meist nur schwach dichroitisch; selten ist der Farbenunterschied sehr deutlich, bei manchen ist er sogar sehr gering, ja kaum wahrnehmbar. Die violette Farbe zerfällt in einen mehr rötlichen und einen mehr blauen Teil, und die Dichrolupe gibt zwei mehr oder weniger deutlich verschiedene Bilder von den genannten beiden Farbennuancen. Die violette Farbe ist nicht beständig; sie verschwindet beim Erhitzen und macht bei weiter steigender Temperatur einer mehr oder weniger ausgesprochen gelben oder braungelben 592 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Platz. Bei etwa 300° pflegt die Entfärbung zu beginnen und bei etwas über 400° sind die Steine meist ganz farblos. Über 500° tritt die gelbe oder braune Färbung auf, die beim Erkalten gewöhnlich intensiver, ja in einzelnen Fällen dann erst deutlich wird. Die Intensität der gelben oder braunen Farbe entspricht der der ursprünglichen violetten. Durch Radiumbestrahlung wird die violette Farbe wiederhergestell. Indessen ver- halten sich durchaus nicht alle Amethyste dabei ganz gleich, z.B. kann an denen aus der Auvergne kaum ein helles Gelb erzielt werden; auch die Temperaturen bei denen die Farbenänderung eintritt, sind nicht immer dieselben. Die durch höhere Temperatur erzeugte braune und gelbe Farbe ist übrigens ebenfalls nicht beständig und verschwindet bei noch weiterem Erhitzen, wie wir unten bei der Betrachtung des Citrins noch sehen werden. Übrigens muß beim Erhitzen des Amethystes große Vorsicht an- gewendet werden, da er dabei leicht zerspringt. Daher werden die Steine in Sand ein- gebettet und die Erhitzung sowie die Abkühlung wird möglichst stetig und langsam be- wirkt. Man nennt diesen Prozeß das Brennen des Amethystes. Der Farbenwechsel von violett in gelb hat nämlich eine gewisse praktische Bedeutung, da man hierdurch den häufigeren violetten Quarz in den selteneren gelben (Citrin) verwandeln kann. In der Tat sind auch viele gelbe Quarze oder Citrine nichts anderes als „gebrannte Amethyste“. Diese gelben Steine sind im Edelsteinhandel gleichfalls sehr geschätzt; wir kommen hierauf unten noch einmal zurück. Auch beim Amethyst ist die Färbung wie beim Rauchtopas eine dilute; sie wird her- vorgebracht durch ein in der Quarzmasse vollkommen aufgelöstes Pigment, das auch bei stärkster Vergrößerung nicht in einzelnen voneinander deutlich unterscheidbaren Teilchen in den Kristallen hervortritt. Nicht selten ist es an einzelnen Stellen stärker angehäuft- die dann in der oben geschilderten Weise als dunklere Flecken erscheinen, während es an anderen Stellen fehlt, die dann ganz farblos sind. Die Ursache der Färbung des Ame- thysts ist in verschiedener Weise zu erklären versucht worden. Man hat geglaubt, daß es eisensaures Kalı sei, auch organische Substanz wurde angenommen, meist wird aber die Farbe auf einen kleinen Mangangehalt zurückgeführt, den die Analysen ergeben, der aber aller- dings zuweilen äußerst gering ist. Beispielsweise wurde in einem dunkelgefärbten bra- silianischen Amethyst nur '/ioo Proz., und in einem helleren gar kein Mangan gefunden, so daß die Frage nach der Ursache der Färbung noch nicht als gelöst betrachtet werden kann. Auch die Kristalle des Amethysts stimmen in allen wesentlichen Beziehungen mit denen des Bergkristalls überein; manchmal ist auch die Ausbildung dieselbe, sofern man beim Amethyst zuweilen gleichfalls die langprismatische Form, wie bei jenem, aber meist ohne die kleinen auf die Prismenkanten aufgesetzten Flächen, findet (Fig. 100, a bis d). Dies ist namentlich der Fall, wenn die Kristalle auf Klüften in Gesteinen, wie Gneis usw. auf- gewachsen sind. Neben der allgemeinen Übereinstimmung mit dem Bergkristall sind aber doch auch auch vielfach kleine Unterschiede in der Ausbildungsweise vorhanden. Sehr gewöhnlich ist es, daß von den ganzen Kristallen nur die sechsflächigen Endspitzen aus- gebildet sind, wie es im Gegensatze zum Bergkristall so häufig beim gemeinen Quarze vorkommt (Spitzenamethyst). Diese Spitzen sitzen dann stets in großer Zahl dieht zusammen- gedrängt auf ihrer Unterlage und laufen oft in ein stengliches Aggregat aus, indem jede sich nach unten in ein unregelmäßig begrenztes Prisma verlängert, das nicht mit ebenen Flächen hatte auskristallisieren können, weil es von den zahlreichen, ringsum sich gleichzeitig ausbildenden Prismen von allen Seiten gedrängt und an der regelmäßigen Entwickelung gehindert worden war. Häufig sind an den sechsflächigen Endspitzen nur drei abwechselnde Flächen groß und und ausgedehnt; die zwischenliegenden sind dagegen sehr klein oder fehlen auch ganz, so daß die Individuen zuweilen aussehen, wie wenn sie Würfel AMETHYST. 593 wären. Derartige würfelähnliche Amethyste findet man, von ihrer Unterlage und den be- nachbarten Kristallen abgebrochen, häufig unter der aus Südamerika in Menge zu uns gebrachten Schleifware. Eine Eigentümlichkeit, die bei Amethystkristallen besonders häufig vorkommt und die sie ebenfalls mit denen des gemeinen Quarzes teilen, ist, daß sie aus vielen übereinander- liegenden diekeren oder dünneren Schalen zwillingsartig verwachsen sind. Dieser Bau gibt sich nicht selten durch linienweise abwechselnd hellere und dunklere Färbung zu er- kennen, oder auch durch eine zarte winkelförmige Streifung auf den Endflächen, wıe sie ın Fig. 100 d angedeutet ist. Zarte Linien, dieser Schichtenbildung entsprechend, treten auch auf unregelmäßigen Bruchflächen deutlich hervor und erzeugen dort eine eigentümliche Streifung, die man mit den Linien auf der Innenfläche der Hand verglichen hat. Auffallend sind die sogenannten Scepterquarze (Fig. 101), die beim Bergkristall zwar nicht fehlen, beim Amethyst aber viel häufiger sind. Auf einem langen und dünnen, meist farblosen, durchsich- tigen oder auch trüben Quarzprisma sitzt an einem Ende, in paralleler Stellung, ein diekerer Quarzkristall, der häufig durchsichtig und violett gefärbt ist. Amethystkristalle erreichen zuweilen eine beträchtliche Größe; bıs fub- lange Exemplare sind schon vorgekommen. Diese großen sind aber selten Se ganz durchsichtig und von einheitlicher Färbung und daher zu Schmuck- Fig. 101. steinen nicht verwendbar. Man findet jedoch auch eine Menge schön und _Scepterquarz. gleichmäßig gefärbter Amethyste von einer Größe, daß sich für jeden ım Handel vorkommenden Schmuckstein das Rohmaterial ohne Schwierigkeit beschaffen läßt. Was die allgemeine Art des Vorkommens des Amethysts anbelangt, so haben wir schon gesehen, daß zuweilen Kristalle, und zwar meist von langprismatischem Habitus, wie Bergkristalle, auf den Wänden von Klüften und Spalten im Granit, Gneis und an- deren Gesteinen aufgewachsen sind. Anders finden sich die Amethyste, von denen meist nur eine sechsflächige oder eine dreiflächige, würfelähbnliche Endspitze ausgebildet ist. Sie sitzen so auf den Wänden mandelförmig gestalteter Höhlungen in den mehr oder weniger stark zersetzten schwarzen unter dem Namen Melaphyr bekannten Eruptiv- gesteinen. Diese Höhlungen wurden von Dampfblasen erzeugt, welche durch die noch in glühendem Flusse befindliche Masse hindurchzudringen suchten, die aber bei der Erstarrung des Gesteins stecken blieben. Sie waren zuerst leer, haben sich aber allmählich mit neugebildeten Mineralsubstanzen ganz oder teilweise ausgefüllt, indem sich die letzteren auf den Wänden der Blasenräume absetzten. Diese Neubildungen sind ziemlich mannigfaltig und von verschiedener Natur je nach den speziellen Verhältnissen; unter ihnen spielt der Amethyst, häufig mit dem später zu besprechenden Achat zusammen ın demselben Hohlraume, eine Hauptrolle. Die meist im Innern hohlen Ausfüllungsmassen der Mandelräume, die von den neugebildeten Mineralien zusammen- gesetzt werden, haben natürlich ebenfalls eine mandelförmige Gestalt, sie werden daher auch Mandeln genannt. Man spricht so von Amethyst-, Achat- usw. Mandeln. Sie sind erbsengroß bis zu bedeutenden Dimensionen und Zentnergewicht. Gesteine der genannten Art, die solehe Mandeln einschließen, werden Mandelsteine genannt. Wird das irgendwie beschaffene Muttergestein des Amethysts vollständig zersetzt, so gelangen die Kristalle in den dadurch entstehenden Verwitterungsschutt und weiterhin ın die Alluvionen der Bäche und Flüsse, in die Seifen, in denen sie als abgerollte Körner den anderen Geschieben beigemengt sind. Früher kannte man hauptsächlich den Amethyst aus den Mandeln in den Melaphyr- gesteinen (Mandelsteinen) des Nahetales bei Oberstein und an anderen Orten in dieser Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 35 594 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Gegend. In Oberstein und Idar wurde er auch früher in großen Mengen verschliffen, und dies geschieht in den dortigen weltberühmten Schleifereien, die wir bei der Betrachtung des Achats näher kennen zu lernen haben, in großem Umfange noch gegenwärtig, wenn auch die einheimischen Amethystlagerstätten jetzt schon lange so gut wie vollständig erschöpft sind. Das heute zur Verfügung stehende fremde Material ist aber noch vorzüg- licher, als das frühere einheimische. Gegenwärtig werden größere Stücke von ausgezeich- neter Beschaffenheit in Menge gefunden, während früher meist nur kleinere Kristalle vor- handen waren, so daß die sparsamen größeren, wenn sie nach Farbe und Durchsichtigkeit tadellos waren, verhältnismäßig viel höher im Preise standen als gegenwärtig. Es ist darnach begreiflich, daß die Schleifereien im Idartale durch die Erschöpfung der Fund- orte in der Nahegegend keine Schädigung erlitten haben. Das Land, das heutzutage die meisten Amethyste, das Rohmaterial der jetzigen Schleifereien, liefert, ist das südliche Brasilien mit dem benachbarten Uruguay. Von dort kommen die Steine in Fässern oder in Säcken aus Tierhäuten zu Tausenden von Zentnern nach Europa, besonders nach Idar, und zwar nicht nur Amethyste, sondern auch anders gefärbte Quarze, gelber Citrin, farbloser Bergkristall und andere. Im südlichen Brasilien (Rio Grande do Sul) und in Uruguay findet sich der Amethyst und ebenso der im folgenden zu betrachtende gelbe Citrin in gleicher Weise, wie der in denselben Gegenden massenhaft vorkommende Achat, der für die Schleifereien in Idar usw. noch wichtiger ist, als der Amethyst. Sie bilden auch hier Mandelausfüllungen im Melaphyr- mandelsteine. Bei der Betrachtung des Achats wird von diesem Vorkommen eingehender die Rede sein. Im Jahre 1900 etwa wurde in der Serra do Mar, 600 m über dem Meere, 20 engl. Meilen nördlich von Santa Cruz in Rio Grande do Sul eine solche Amethystmandel von ganz ungeheuren Dimensionen gefunden. Sie maß in drei Richtungen 10 Meter, 5 Meter und 3 Meter, und die in ihr enthaltenen, bis faustgroßen Amethystkristalle, wunderschön dunklelblau-violett und glänzend, wurden auf 700 Zentner geschätzt. Sie wurde, soweit sie nicht zerstört war, von der Firma ©. W. Kessler in Idar erworben und war auf der Ausstellung in Düsseldorf 1902 unter der Bezeichnung „Amethystgrotte“ zu sehen. Es gibt aber auch einige Amethystfundorte anderer Art in nördlicher gelegenen Teilen von Brasilien, wo unser Edelstein nicht von Achat begleitet wird, und diese sollen nun zunächst hier besprochen werden. Sie liegen in der Provinz Minas Geraös. Der Amethyst bildet dort schöne Kristallgruppen auf den danach so genannten Campos dos Cristaös in der Nähe von Diamantina. Die feurigsten und schönsten Exemplare stammen jedoch vom Ribeiräo da Pacieneia bei Itaberava unweit Cattas altas südlich von der Hauptstadt Ouro Preto (Fig. 81, S. 420), wo sie sich in ähnlicher Weise finden wie der gelbe Topas derselben Gegend, von dem oben die Rede war. Zahlreich ist auch das Vorkommen von Amethystgeschieben in den Edelsteinseifen des Bezirks Minas Novas als Begleiter der ebenfalls früher schon betrachteten weißen (und blauen) Topase, der Turmaline, des Chryso- berylis usw. Wie diese Steine also, so stammt auch der Amethyst hier aus Pegmatit- gängen. Auch die Vereinigten Staaten von Nordamerika beherbergen schleifwürdigen Amethyst in einiger Menge, der aber wohl aller im Lande verarbeitet und als einheimischer Edelstein geschätzt wird. Am meisten findet er sich am Deer Hill bei Staw in Maine, aber verhältnismäßig wenig schleifbare Exemplare. Gute Kristalle, manche von besonderer Größe und zum Teil sehr schön gefärbt und durchsichtig, trifft man im Staate Penn- sylvanien, so besonders in Providence Township, Delaware County, aber auch in Chester County und in anderen Gegenden. Schöne, zu Schmucksteinen sehr geeignete Exemplare sınd dann besonders in Haywood County bei Tesanty, Macon County in Nord-Carolina vorgekommen. Die prächtigen Amethyste von Rabun County in Georgia sind dadurch _ eminlr Zee Zi 4 EEE Zee AMETHSST. 595 ausgezeichnet, daß sie vielfach große Flüssigkeitseinschlüsse enthalten, während in den anderen Amethysten nur mikroskopisch kleine Gebilde dieser Art sich finden. Am Oberen See ist Amethyst sehr verbreitet, besonders auf der kanadischen Seite, wo unter anderen die darnach so benannte Ortschaft Amethyst Harbour liegt; der meiste aus dieser Gegend ist aber allerdings nicht schleifwert. Auch der von Neuschottland ıst selten zu Schmucksteinen brauchbar, der von der Fundy Bay und anderen Orten jener Gegend wird aber zu größeren Gegenständen der oft genannten Art verarbeitet. Ferner ist in Amerika noch zu erwähnen der Amethyst von Guanajuato in Mexiko. Die Kristalle sind bis fußlang, aber meist blaß und nur an der Spitze dunkler und selten durchsichtig genug zum Schleifen. Es muß aber noch andere, jetzt unbekannte Amethystfundorte in Mexiko gegeben haben, da man schöne schleifwürdige Steine von [| \ \_\ N, ganz anderer und schönerer Beschaffenheit ]|% Feb arena DR als die von Guanajuato vielfach in alten ?. Dh Alabaschhe Aztekengräbern findet. Großen Ruf als die besten und schönst gefärbten unter den bekannten haben noch vor den brasilianischen die Amethystgeschiebe || % \ ouastianza aus den Edelsteinseifen von Ceylon, die N 5 Zugortaja dort mit den anderen Edelsteinen zusammen- liegen und auch gemeinsam mit diesen ge- sammelt werden, in der Weise, wie es bei Be- trachtung des Sapphirs (S. 360) erwähnt wurde. Die Steine stammen aus den gra- nitischen und gneisartigen Gesteinen jener Gegend. Ebenso findet man Amethyst in einigen Flüssen in Birma, aber dieses Vor- 2 kommen ist ohne Bedeutung. Dasselbe gilt |” für Vorderindien, wo das Mineral zwar Fonaeiton, gleichfalls vorkommt, jedoch in geringerer Sarapulskaja Y. Menge. Von größerer Wichtigkeit sind die Fund- stellen im Ural, namentlich bei Mursinka (oder Mursinsk) im Revier der Alapajewschen Fig. 102. Amethystgruben bei Mursinka im Ural. und Resehewschen Bergwerke, Kreis Katha- rinenburg im Permschen Gouvernement, wo das genannte Dorf unter 57° 40° nördl. Breite und 30° 37’ östl. von Pulkowa liegt. Hier findet sich der Amethyst nahe der Erdoberfläche in Drusenräumen auf wenig mächtigen Quarzgängen im verwitterten Granit, oft unmittel- bar unter dem Rasen. Er begleitet den schon oben erwähnten Beryli und Topas, die eben- falls auf Gängen oder in Nestern im Granit sitzen, aber nicht mit dem Amethyst zu- sammen in denselben Hohlräumen, sondern meist in viel größerer Tiefe, so daß ihre Ge- winnung erheblich schwieriger ist als die des Amethysts. Zurzeit werden in dortiger Gegend jährlich ungefähr 140 Pfund Amethyst gegraben (neben 15 Pfund Beryli und Topas und mehr als 200 Pfund Goldquarz). Die Gewinnung der farbigen Steine findet vorzugsweise im Winter statt, wo 150 bıs 200 Personen in den Gruben arbeiten, während diese Zahl im Sommer auf etwa 25 herab- sinkt. Die Lage der Gruben, die dem Kabinet des Kaisers von Rußland gehören, ist Fig. 102 angegeben. Ihre Zahl ist ungefähr 75, von denen aber nur neun gegenwärtig bearbeitet werden. Sie zerfallen der Lage nach in drei Gruppen: 1. die Gruben bei Mursinka; 33 * N ‘ 1} [ u DeuesDorf | Komaroywa Alte Juschakoww 596 'ZwEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. 3. die Alabasehka-Gruben am Flüßchen gleichen Namens; 3. die Gruben am Flüßchen Ambirka, die auch als die Sarapulka-Gruben bekannt sind. Die auf der Ostseite der Flüsse Alabaschka und Schilowka liegenden Gruben, besonders die bei Sisikowa, sowie die bei Mursinka geben vorwiegend Amethyst, die zwischen den Dörfern Unter- und Ober- Alabaschka gelegenen vorzugsweise Topas und Beryll, ebenso die bei Juschakowa und Sara- pulskaja, wo aber auch noch roter Turmalin vorkommt. Die dortigen Steine und so auch der Amethyst werden zum größten Teile in Katharinenburg geschliffen und in Rußland verbraucht, doch gelangen auch zahlreiche Stücke durch die Vermittelung der Messe von Nischny Nowgorod in den westeuropäischen Handel. Die meisten uralischen Amethyste sind hell gefärbt, oder fleckig und gestreift usw., doch sind auch manche sehr schöne dunkel violette darunter, die mit denen von Brasilien und Ceylon, den besten Amethysten die man kennt, wetteifern können. Neben Ceylon, dem Ural und Brasilien mit Uruguay, den gegenwärtigen Haupt- produktionsgebieten unseres Edelsteins, haben andere Fundorte geringes Interesse. Man findet den Amethyst an mehreren Stellen der Alpen, meist auf Klüften im Gneis, so unter anderen im Zillertale in Tirol, das früher Schleifware geliefert hat; ferner auf den Erzgängen von Schemnitz in Ungarn. In Spanien kommt Amethyst mit Quarzen von anderer Farbe mehrfach und auch in schleifwürdigen Exemplaren vor, so bei Carthagena in der Provinz Murcia, sowie in der Provinz Katalonien, wo die Stadt Vich als Fundort angegeben wird; an der erstgenannten Stelle hat er die Form von abgerollten Geschieben, wie auf Ceylon. Australien liefert an mehreren Orten gute Amethyste. Überall ist aber die Produktion gering, oder es findet eine regelmäßige Gewinnung überhaupt nicht oder nicht mehr statt. Geschliffen wird der Amethyst seltener als Brillant, häufiger als Treppen- oder Tafel- stein (Taf. XVIII, Fig. 1,5). Dunkel und gleichmäßig gefärbte Steine sind die gesuchtesten ; sie werden ohne Folie & jour gefaßt, hellere und etwas fleckige erhalten eine Folie von der Farbe des Steines. Schöne große, dunkle und fleckenlose Steine der besten Qualität werden jetzt mit bis 2000 Mark pro Kilo bezahlt, hell gefärbte, fleckige sind weit billiger. Früher war der Preis viel höher. Wie sehr dies der Fall war, sieht man an dem anfangs des 18. Jahrhunderts berühmten und vielgenannten Amethysthalsbande der Königin Charlotte von England, das damals auf 2000 Pfund Sterling geschätzt wurde, während es heute kaum um 100 Pfund einen Käufer finden würde. Die großen Mengen schöner südameri- kanischer Steine, die im Laufe des 19. Jahrhunderts entdeckt wurden, haben diesen Preis- sturz veranlaßt. Der Amethyst hat seitdem aufgehört, ein kostbares Material für feine Schmuckstücke zu sein; er wird jetzt in der Hauptsache zu einfacheren und billigeren Sachen dieser Art verwendet. Schönste geschliffene Steine kosten jetzt bis 10 Mark das Karat. Im Altertum wurde häufig in Amethyst graviert und Siegelsteine daraus hergestellt. Auch größere Gegenstände hat man daraus gefertigt, wie die Trajansbüste, die von Napoleon in Berlin geraubt worden ist. Heutzutage ist diese Verwendung des Amethysts nur untergeordnet. Wegen der Ähnlichkeit der Farbe könnte der echte Amethyst nur mit dem orienta- lischen verwechselt werden, andere violette Edelsteine gibt es kaum. Der letztere ist aber viel härter und schwerer und sinkt im Methylenjodid, worin der erstere schwimmt. Von dem höchst spärlich im Handel vorkommenden violetten Flußspat, dem „falschen Amethyst“, unterscheidet sich der echte durch doppelte Lichtbrechung, größere Härte und geringeres spezifisches Gewicht. Die Doppelbrechung ist auch ein sicherer Unter- schied vom violetten Glas, das dem Ansehen nach von Amethyst oft kaum zu unter- scheiden ist. u UL le u —ı ÜITRIN. 59 Citrin. Unter dem Namen Citrin versteht man den gelben Quarz. Manche Citrine entsprechen in allen ihren Eigenschaften außer der Farbe durchaus dem Bergkristall und dem Rauch- topas. Wohl die meisten sind aber in ihrer Beschaffenheit ganz dem Amethyst analog; sie zeigen dieselbe Ausbildung der Kristalle, dieselbe winkelartige Streifung auf den End- flächen (Fig. 100, d), sowie dieselbe Zeichnung auf manchen Bruchflächen, und unter- scheiden sich von dem Amethyst lediglich durch die gelbe Farbe. Aber auch hierin sind gewisse Beziehungen vorhanden, sofern das Violett des Amethysts durch Erhitzen in das Gelb des Citrins übergeht, wie das schon bei der Betrachtung jenes Edelsteins erwähnt worden ist. Man hat deshalb auch angenommen, daß der von Haus aus gelbe Quarz in der Natur überhaupt nicht oder doch nur sehr sparsam vorkomme, und daß aller Citrin, oder doch der größte Teil sogenannter „gebrannter“ Amethyst, oder wohl auch „gebrannter Rauchtopas“ sei, welcher letztere, wie wir gesehen haben, beim Erhitzen zum Teil seine braune Farbe ebenfalls in Gelb umwandelt. Diese Annahme ist aber sicher nicht richtig; es ist zweifellos, daß Citrin von natürlicher Bildung an einigen der unten zu nennenden Orte in der Tat vorkommt, und zwar an einzelnen derselben in ziemlich erheblicher Menge, so daß er einen nicht unwichtigen Handelsartikel bildet, doch ist die Bezeichnung Citrin als Handelsname wenig üblich. Nicht immer ist es leicht zu erkennen, ob ein solcher Stein von Anfang an gelb gewesen oder erst durch Erhitzen von Amethyst oder Rauchtopas gelb geworden ist; es herrscht hierin bezüglich der gelben Schleifware recht vielfach Un- sicherheit. Die Farbe ist nicht an allen Stücken genau dieselbe, bald heller, bis ins Farblose, bald dunkler wein- bis honiggelb, safrangelb und noch in anderen Nuancen. Oft zieht sie mehr oder weniger ins Braun. Namentlich ist eine tief bräunlichgelbe Farbe an vielen Steinen prächtig ausgebildet, die der Farbe des Taf. XIII, Fig. 2, a, abgebildeten Topases ähnlich ist. Steine dieser Art werden Madeiratopas genannt, da die Farbe mit der des Madeiraweines verglichen worden ist. Andere Stücke zeigen einen herrlich goldigen Glanz, so daß sie hinter dem echten gelben Topas an Schönheit nicht zurückstehen und daß oft ein Kenner dazu gehört, einen Citrin von einem Topas durch das Ansehen zu unterscheiden. Der Diehroismus ist, wie wir unten noch sehen werden, zuweilen stärker, manchmal jedoch nur unbedeutend. Daher wird auch der Citrin vielfach dem Topas untergeschoben, mit dem er aber außer der Farbe nichts gemein hat. Ja der gelbe Quarz geht im Edelsteinhandel gewöhn- lich nicht unter seinem eigentlichen mineralogischen Namen, sondern sehr häufig unter dem Namen Topas, dem man vielleicht zuweilen noch einen unterscheidenden Beinamen gibt, wie occidentalischer, indischer, böhmischer, spanischer Topas. Der indische Topas in diesem Sinne ist nicht zu verwechseln mit dem ebenso genannten safrangelben Topas. von Üeylon, der S. 415 erwähnt wurde. Unter spanischem Topas versteht man die tief bräunlichgelben Steine, von denen soeben die Rede war. Goldtopas wird auch der schön goldgelbe Citrin genannt. Der Name „falscher Topas“ kommt ebnfalls vor, er ist aber mehr für gelben Flußspat üblich. Beide Steine, Citrin und echten Topas, kann man an verschiedenen Eigenschaften, besonders am spezifischen Gewicht und auch an der Härte immer leicht voneinander unter- scheiden. Der Topas ist härter (H. = 8) und ritzt daher Quarz, was Citrin nicht tut, da er eben selber Quarz ist. Der erstere ist auch viel schwerer und sinkt im reinen Methylen- jodid rasch unter, während der letztere darauf schwimmt. Selbstverständlich wird der Citrin nur geschliffen, wenn er vollkommen klar und durch- sichtig ist. Je vollständiger dies zutrifft, je schöner, gesättigter und reiner die Farbe ist, desto wertvoller ist der Stein, der in seinen schönsten Exemplaren mindestens den Wert 598 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. der besten Amethyste erreicht, während die gewöhnliche Mittelware wie beim letzteren um wenige Mark pro Kilogramm verkauft wird. Die Schliffform ist wie beim Amethyst oder auch beim Topas, und überhaupt bei farbigen Steinen, am häufigsten Treppen- und Tafel- form mit ihren verschiedenen Modifikationen. Das Vorkommen des Citrins galt früher für spärlich und beschränkt. Man kannte als Fundort die schottische Insel Arran, wo er bei Goatfield auf Spalten im Granit auf- gewachsen ist (schottischer Topas zum Teil); ferner wußte man, daß er den Bergkristall bei Bourg d’Oisans im Dauphing begleitet, und ebenso wurde er von einigen Lokalitäten in Ungarn, Kroatien usw. erwähnt. Bei Mursinka im Ural trifft man in den Edelstein- gruben neben viel Amethyst auch etwas gelben Citrin. In Nord-Carolina sind gleichfalls einige schöne schleifwürdige Stücke gefunden worden, aber die Menge ist auch hier sowie an manchen anderen Orten in Nordamerika unbedeutend. In Menge ist er erst im Handel seit seiner in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts erfolgten Entdeckung in Brasilien (Rio Grande do Sul) und Uruguay (besonders in der Gegend von Salto Grande am Uruguay-Fluß). Von hier kommt er seitdem mit Amethyst und Achat ın großen Massen zum Schleifen nach Europa, vorzugsweise nach Oberstein und Idar, deren zahl- reiche Schleifereien auch dieses Material verarbeiten. Von dem Vorkommen im Staate Goyaz in Brasilien ist schon S. 587 die Rede gewesen. Der gelbe Quarz spielt im Handel immerhin eine nicht unbedeutende Rolle, und namentlich die schönen feurigen, dunkel und braungelben Steine sind sehr beliebt. Es seien daher die wichtigsten Sorten mit ihren Handelsnamen nach R. Brauns noch kurz aufge- zählt. Bei manchen ist, wie wir gesehen haben, die gelbe Farbe ursprünglich, bei manchen anderen ist sie erst durch Erhitzen hervorgebracht oder verbessert und verstärkt. Gelber Kristall, zitronen- bis orangegelb, mit starkem Diehroismus, ohne die charakteristische Zeiehnung der Bruchflächen und die anderen Eigenschaften des Amethyst, also wie Berg- kristall sich verhaltend und wie dieser lang prismenförmig; kommt, allerdings nicht sehr häufig, in Bruchstücken meist ohne Endflächen aus Brasilien. Goldtopas, in der Farbe vom vorigen kaum verschieden, doch auch sehr hellgelb; die im Handel meist vorkommen- den Bruchstücke zeigen die Zeiehnung und die optischen Eigenschaften des Amethysts und kaum bemerkbaren Dichroismus. Er wird in diesem Zustande aus Brasilien in Menge eingeführt und soll ein Amethyst sein, der dort schon durch Brennen seine gelbe Farbe erhalten hat. Das Pfund wird je nach Klarheit und Größe der Stücke mit 20 bıs 60 Mk. bezahlt. Brauner Topas, auch wohl Brasilian- oder Uruguay-Topas, ist dunkelbraun- gelb, klar und feurig und einer der schönsten Steine dieser Gruppe; die rohen Stücke sind entweder Bruchstücke mit den Endflächen der Quarzkristalle, die zuweilen einen opalartigen, milchigen Schein zeigen, und sie werden beim Erhitzen farblos, um beim Er- kalten ihre ursprüngliche Farbe wieder anzunehmen; oder sie sind mehr stengelig mit farblosen Enden und matten weißen Endflächen. Bei beiden Arten ist der Dichroismus schwach; das optische Verhalten ist wie bei Bergkristall. Es sind wohl ursprünglich braune Steine, deren Farbe durch Brennen reiner und schöner geworden ist, die aus Brasilien und Uruguay kommen und von denen das Pfund mit 20 bis 50 Mark bezahlt wird. Spanischer Topas ist ein ganz besonders schöner, vollkommen klarer, feurig gelbbrauner Stein, der kräftiges Feuer mit satter Farbe verbindet; er kommt im Handel in Form brauner, stark dichroitischer, pyramidal begrenzter, prismatischer Kristalle vor, die von Hinojosa, Provinz Cordoba, vom Nordabhang der Sierra Morena in Spanien stammen. Sie werden dort in kleiner Menge, einige Zentner jährlich, gewonnen und erhalten durch vorsichtiges Glühen ihre schöne Farbe (Topas von Hinojosa oder auch von Salamanca). Auch in Neu-Seeland soll ähnliches vorkommen. Er ist von allen diesen gelben Quarzarten der kostbarste und das Pfund klarer und großer Stücke kostet bis zu 500 Mark. ROSENQUARZ. PRASEM. 599 Rosenquarz, Der Rosenquarz (böhmischer Rubin) ist ein höchstens durchscheinender bis halbdurch- sichtiger, etwas fettglänzender derber Quarz von schön rosenroter Farbe, die allerdings zuweilen so zart und blab ist, daß sie in allen möglichen Übergängen bis ins Milchweisse verläuft. Diese Farbe, die in äußerster Feinheit durch die ganze Masse verteilt ist, ist nicht beständig; sie bleicht im Lichte rasch aus, auch beim starken Erhitzen verschwindet sie. Sie wird also wohl von organischer Substanz hervorgebracht, doch hat man sie auch auf eine kleine Menge Titansäure zurückgeführt, die im Rosenquarz gefunden wurde. Rund- lich geschliffene Steine (Kugeln, Eier, Baroques usw.), besonders von möglichst kräftiger Farbe, die freilich nicht besonders häufig sind, sehen recht hübsch aus und zeigen zuweilen einen sternförmigen Lichtschein, ähnlich dem der Asterien. Der Verbrauch ist gering; der Preis auch besserer Steine ıst sehr niedrig und beträgt etwa !/» Mark pro Gramm. Trotz- dem werden sie in Glas nachgeahmt, und zwar so täuschend, daß der echte manchmal nur an seinem geringeren spezifischen Gewicht und seiner größeren Härte zu erkennen ist. Der Rosenquarz findet sich in größeren unregelmäßig begrenzten Stücken, unter anderem im Granit der Gegend von Bodenmais im bayrischen Wald, aber auch in Schottland bei Clova (Aberdeenshire) auf drei nahezu parallelen Gängen, mehrorts auf den Hebriden so- wie auch auf den Shetlands-Inseln, in Irland bei Belfast, in der Nähe von Katharinenburg im Ural, auf Ceylon, in Ostindien, Brasilien usw., doch gehörte das Material immerhin zu den weniger verbreiteten Varietäten des Quarzes. Neuerdings wurden jedoch große Massen gefunden, die 25 Meilen westlich von Fort Collins in Larimer County, Colorado einen bis 3 Meter mächtigen Gang im Granit bilden; 1905 wurden hier 21000 Pfund gewonnen, aber allerdings nicht alles zu Schmucksteinen. Eine andere reiche Lagerstätte, die viel schönes Material lieferte, ist die in den Black Hills in Custer County, Süd-Dakota, sowie die von Yokohol, Tulare County, Kalifornien. Auch in den Coahuila Mountains in Riverside County, Südkalifornien, ist Rosenquarz in 4 bis 6 Fuß mächtigen Gängen gefunden worden Im Jahre 1907 betrug die Gesamtproduktion in Süd-Dakota und Colorado 51300 Pfund. Ein rotweinfarbiger, schön schleifbarer derber Quarz findet sich reichlich in einer Zone chloritischen Quarzgesteins, die von Fortingal durch Ben Lawers und die zentralen Pertbshireberge bis zum Loch Eck in Argylishire hinzieht, an mehreren Orten, ebenso noch an einigen Stellen in Inverness-shire. Prasem. Der Prasem, im Edelsteinhandel zuweilen auch Smaragdmutter genannt, weil er früher für das Muttergestein des Smaragds gehalten wurde, ist ein lauchgrüner, etwas fett- glänzender, nur durchscheinender Quarz, der seine Farbe von unzähligen mikroskopisch kleinen Fäserchen und Nädelchen des Minerals Strahlstein erhalten hat, die in der sonst farblosen und reinen Quarzmasse eingewachsen sind. Der Prasem wurde schon im Alter- tum zur Herstellung von Schmucksteinen, auch von Laubwerk an Mosaiken usw. benutzt; die Schmucksteine waren vielfach graviert. In römischen Ruinen wird er in dieser Weise nicht ganz selten angetroffen. Man kennt aber die Orte, von denen die Römer ihr Roh- material bezogen, nicht mehr, hat dagegen später andere entdeckt. So finden sich Kristalle und kristallinische Massen von derselben Beschaffenheit wie die uns aus dem Altertum überkommenen Steine bei Breitenbrunn zwischen Schwarzenberg und Johanngeorgenstadt im sächsischen Erzgebirge auf den Kies- und Blendelagern, ferner im Habachtale in den Salzburger Alpen, an mehreren Orten in Schottland und Finnland usw. Die Verwendung ist jetzt gering und mit der im Altertum ganz übereinstimmend. Wegen des spärlichen Verbrauchs und des reichlichen Vorkommens ist sein Preis mäßig. 600 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Sapphirquarz. Der Sapphirquarz (Lasurquarz oder Siderit) ist ein kristallisierter Quarz, der durch eine reichlich eingemengte blaue, faserige bis erdige Substanz, wahrscheinlich dem Mineral Krokydolith angehörig, dieselbe Farbe angenommen hat. Er ist wenig durchscheinend, etwas fettglänzend und nicht sehr zum Schleifen geeignet. Daher ist auch seine Verwendung beinahe gleich Null und ebenso sein Preis. Er findet sich aderförmig im Gips des Gips- berges bei Mooseck nächst Golling im Salzburgischen, in ziemlich großer Menge. Quarz mit Einschlüssen. Wie schon erwähnt, umhüllt der Quarz sehr häufig andere Mineralien und sonstige Substanzen. Diese Einschlüsse sind teils nur vereinzelt vorhanden, teils in großer Menge, manchmal sogar so reichlich, daß die ganzen Quarzkristalle dadurch vollkommen gleich- mäßig gefärbt erscheinen, wie es z. B. bei dem eben erwähnten grünen Prasem und dem blauen Sapphirquarz der Fall ist. Von solchen massenhaften Einlagerungen ist jedoch hier nicht die Rede, sondern nur von vereinzelten, die sich von dem umgebenden Quarz durch ihre Farbe oder ihre sonstige Beschaffenheit in besonderer Weise abheben, so daß dadurch nicht selten ein hübsches Aussehen hervorgebracht wird. Es ist dazu notwendig, daß der Quarz möglichst vollkommen durchsichtig ist, weil nur dann die Einschlüsse deutlich hervor- treten. In nur durchscheinender oder ganz undurchsichtiger Masse eingewachsen, würden sie ja mehr oder weniger verhüllt und verdeckt werden und gar nicht oder nur sehr wenig sichtbar sein, wenn sie nicht ganz an die Oberfläche treten. Die Farbe des Quarzes ist dabei ganz gleichgültig; in farbigen durchsichtigen Stücken, z. B. von Amethyst, können Einschlüsse dieser Art ebenso schön zur Geltung kommen wie im farblosen Bergkristall. Am wichtigsten und verbreitetsten sind sie gerade in den beiden genannten Varietäten des Quarzes. Je nach der Natur der eingeschlossenen Körper haben die Steine ein sehr ver- schiedenes Aussehen, und manche von ihnen werden gerade wegen ihrer Einschlüsse mit besonderer Vorliebe zu Schmucksteinen verarbeitet. Von diesen soll hier etwas eingehender die Rede sein. Haar- und Nadelsteine. Unter diesem Namen versteht man Quarze, die einzelne nadel- oder haarförmige Kristalle anderer Mineralien eingeschlossen enthalten, wie es Taf. XVII, Fig. 2, zeigt. Hier sind es grüne Nadeln des Minerals Strahlstein, die den (Juarz durchziehen; in anderen Fällen sind es weiße Fasern von Asbest, oder gelbe bis rote, dünne und langgezogene, zuweilen wie Strohhalme aussehende Rutilkriställchen und andere mehr. Manchmal haben derartige Einschlüsse eine gewisse Dicke und sind gerade, dann spricht man von Nadelsteinen; oder sie sind haarförmig dünn und lang, dann erhält das Stück den Namen Haarstein. Sind derartige haarförmige Einschlüsse rot- brauner bis gelber Rutil, dann heißen sie Venushaare; solche kommen neuerer Zeit besonders schön aus dem Staate Goyaz in Brasilien (S. 587) und aus den Monazitgruben von Shelby, Cleveland County, auch von Alexander County und anderen Orten in Nord- Carolina und sind in den Schweizer Alpen gleichfalls gefunden worden. Ist es grüne Horn- blende oder Strahlstein oder Asbest, dann werden sie wohl auch als Thetishaare bezeichnet. Sie sind entweder wie die Nadeln ebenfalls gerade gestreckt oder gekrümmt und ge- bogen und nicht selten zu einem Knäuel zusammengeballt. Grüne Härchen, wahrschein- lieh von Asbest, in dieser Anordnung verursachen oft ein Aussehen, wie wenn Moos in dem Quarz eingewachsen wäre; Steine dieser Art werden dann Moossteine genannt. Wir haben ähnliche, wie Moos aussehende Einschlüsse bei der Betrachtung des Achats noch einmal kennen zu lernen; die Achate, die sie beherbergen, heißen dementsprechend Moosachate. Denselben Namen gibt man auch zuweilen eigentlichem Quarz mit derartigen Einlagerungen. QUARZ MIT EINSCHLÜSSEN. WASSERTROPFENQUARZ. GOLDQUARZ. 601 Solehe Bildungen im Bergkristall kommen nicht selten in den Alpen und an den anderen Fundorten dieses Minerals vor. In manchen Stücken Bergkristall von Madagaskar sieht man lange graue, metallisch glänzende Kriställechen des Minerals Manganit. Ein durchscheinender Milchquarz aus dem Calumet Hill-Steinbruch bei Cumberland im Staate Rhode Island (Nordamerika) mit zahlreichen Nadeln schwarzer Hornblende kam bis 1883 in Menge zum Schleifen nach Idar und Öberstein a. Nahe, seitdem wird er nicht mehr gewonnen. Ähnliches stammt auch aus Japan und aus Madagaskar. In dem hellen Amethyst, der in den Höhlungen eines Mandelsteines, meist aber lose im Boden auf der Wolfsinsel im Onegasee, nordöstlich von St. Petersburg ın Rußland, gefunden wird, liegen lange dünne Kriställchen des braunen Minerals Goethit (Nadeleisenerz), wie in Fig. 103, und derartiger Beispiele gibt es noch viele. Die letztgenannten Steine werden in St. Petersburg und Moskau unter dem Namen Liebespfeile (flöches d’amour) geschliffen. Derselbe Name ist aber auch auf andere ähnliche Gebilde übertragen worden, wie man sie z. B. in Nord-Carolina in Nordamerika in großer Schönheit findet. Gleich allen derartigen Sachen erhalten sie eine flachrundliche Oberfläche und zuweilen Herzform. Überhaupt schleift man alle solche Steine, wenn sie einen hübschen Anblick gewähren, ohne Rücksicht darauf, was die eingeschlossenen Körper in mineralogischer Hinsicht sind. Man sucht hierbei die Einschlüsse der Oberfläche so gut es geht zu nähern und dadurch eine möglichst günstige Wirkung des Ganzen hervorzurufen. Doch sind solche Steine keine eigentliche marktfähige Ware, es sind mehr Merkwürdigkeiten, die von Lieb- habern geschätzt, vom großen Publikum jedoch kaum beachtet werden. Schöne Steine dieser Art sind aber trotzdem nicht billig, sie werden mit 50 Mark und höher bezahlt. Wassertropfenquarz. Man versteht darunter Bergkristalle mit einem eingeschlossenen, deutlich sichtbaren Wassertropfen, in dem bei der Bewegung des Steines eine Luftblase (Libelle) hinundherschwankt. Größere, auch in einiger Entfernung schon erkennbare Einschlüsse dieser Art sind nicht häufig. Besonders schön hat man sie in Madagaskar angetroffen, doch kommen sie auch in den Alpen und an anderen Fundorten des Bergkristalls vor. Genannt werden namentlich auch die oben erwähnten Bergkristalle von Herkimer County im Staate New York und von Hot Springs in Arkansas, sowie die Amethyste von Rabun County in Georgia wegen der grossen Flüssigkeitseinschlüsse, die sie vielfach enthalten und wegen der sie nicht selten geschliffen werden. In noch höherem Maße als von den Haar- und Nadelsteinen gilt es von diesem Wassertropfenquarz, daß er nur zuweilen ein- mal von einem Liebhaber als Merkwürdigkeit zum Schleifen gebracht wird. Goldquarz. Es ist durchsichtiger oder stark durchscheinender Quarz, der Adern oder Körner von gediegenem Gold oder auch wohl vielfach durcheinander gewachsene haar- förmige Kriställchen von Gold (sog. Dendriten), sowie ebensolche, knäuelförmig ineinander geschlungen, einschließt. Gegenwärtig wird er in Amerika, und zwar vorzugsweise in San Franeisco, weniger in den anderen großen Städten der westlichen Staaten, vieliach geschliffen und daraus namentlich Platten zu Broschen, für Stockknöpfe, Manschettenknöpfe usw., sowie Briefbeschwerer und andere kleine Gebrauchsgegenstände dieser Art hergestellt. Einige der Goldquarzgruben in Kalifornien, Oregon, Idaho und Montana haben sehr schöne Stücke geliefert. Der Preis hängt wesentlich vom Goldgehalt ab, der mit Hilfe des spezifischen Gewichtes bestimmt wird. Weiterhin kommt aber auch natürlich die Schönheit der Exemplare sehr mit in Betracht. Einzelne Ringsteine kosten so von 2 bis 10 Dollars, ausnahmsweise schöne noch mehr. Der Goldquarz wird jetzt sehr viel zum Schmuck verwendet. Wie groß der Umsatz in diesem Artikel und dessen gegenwärtige Bedeutung ist, sieht man daraus, daß in Fig. 103. Liebes- pfeile von d. Wolfs- insel im Önegasee. 602 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. manchen Jahren in jenen Gegenden für 40000 bis 50000 Dollars rohe schleifwürdige Goldquarze verkauft werden. Eine einzige Schleiferei zu Oakland in Kalifornien verbraucht jährlich für etwa 10000 Dollars roher Steine, und eine große Juwelenhandlung in San Franeisco verkauft in derselben Zeit für etwa 15000 Dollars geschliffene. Die Steine müssen sorgfältig ausgesucht werden, da sie sehr zerbrechlich und schwer zu bearbeiten sind, so daß nur ungefähr die Hälfte der rohen Ware schließlich geschliffen in den Handel gebracht werden kann. Nicht aller Goldquarz ist übrigens durchsichtig, mancher ist auch trübe und neuerer Zeit ist sogar ein ganz schwarzer, sowie blauer und grüner gefunden worden. Ein rosen- roter ist ein Kunstprodukt; der Quarz ist mit Karminlösung rot gefärbt. Man hat sogar den Goldquarz selbst künstlich herzustellen versucht durch Zusammenschmelzen von Quarz und Gold mit Hilfe der Elektrizität, die Sache hat aber nicht zu einem günstigen Resul- tate geführt. Auch außerhalb Amerikas wird zuweilen Goldquarz geschliffen, aber weitaus nicht in so großem Umfange. Die Goldquarze von Australien, Südafrika usw. sind aber jedenfalls hierzu ebenso geeignet wie die kalifornischen. In Europa ist der mehrfach schon erwähnte, etwas Gold entbaltende Quarz von La Gardette bei Bourg d’Oisans im Dauphine in früheren Zeiten geschliffen worden, derselbe Quarz, auf dem die schönen Bergkristalldrusen aufgewachsen sind, deren eine auf Taf. XVII abgebildet is. Auch bei Mursinka im Ural wird, wie wir schon oben gesehen haben, Goldquarz gewonnen, und zwar ungefähr 200 Pfund im Jahre. Regenbogenquarz (Iris). Dieser ist von geringer Bedeutung. Der Bergkristall ist vielfach von unregelmäßigen feinen Sprüngen durchsetzt, zuweilen von ziemlich großer Aus- dehnung, auf denen bei ihrer Entstehung etwas Luft eingedrungen ist. Diese bildet in den Spalten eine äußerst dünne Lage und spielt infolgedessen, wie alle solche dünnen durchsichtigen Schichten, z. B. Seifenblasen, in den glänzendsten Regenbogen- farben. Es ist die Erscheinung, die man allgemein als Irisieren bezeichnet, daher die beiden obengenannten Namen. Meist ist dieses Farbenspiel, das somit nicht der Sub- stanz des Bergkristalls selbst zugehört, sondern in der von ihm eingeschlossenen Luft durch einen physikalischen Vorgang, die Interferenz der Lichtstrahlen, hervorgebracht wird, nicht sehr ansehnlich. Die schillernden Flächen sind gewöhnlich klein. Manchmal sind die glänzenden Farben aber doch auf einen größeren Umfang ausgedehnt, und dann gewähren die Steine oft einen ‚sehr hübschen Anblick. Man schleift solehe flach mugelig, die Oberfläche der stets mehr oder weniger stark gekrümmten, schillernden Fläche ent- sprechend und ihr möglichst genähert. Der Wert ist dann höher als für gewöhnliche Bergkristalle und zuweilen nicht gering, namentlich wenn das Farbenspiel auf die Mitte des Steines beschränkt ist, ohne an irgendeiner Stelle den Rand zu erreichen. Dies gılt für die höchste Schönheit und ist beim Schleifen, so gut es irgend geht, zu berück- sichtigen. In den meisten Fällen ist das Irisieren auf einzelne Stellen der Bergkristalle beschränkt, die dann zum Behuf der Verarbeitung vorsichtig herausgeschnitten werden. Manchmal ist aber auch ein diekerer Kristall von vielen irisierenden Sprüngen durchsetzt, so daß man größere Stücke daraus herstellen kann. Ein Beispiel dafür ist ein Kande- laber in den vatikanischen Sammlungen, der aber vielleicht aus mehreren Teilen zusammen- gesetzt ist. Man findet solehen Regenbogenquarz von natürlicher Entstehung in größerer oder ge- ringerer Schönheit gelegentlich an allen den vielen Stellen, an denen Bergkristall vorkommt. Die Erscheinung kann aber auch künstlich hergestellt werden, indem man gewöhnlichen sergkristall vorsichtig mit einem Hammer schlägt, wobei irisierende Sprünge entstehen. Eine andere Methode ist die, daß man geschliffene Bergkristalle stark erhitzt und in | | REGENBOGENQUARZ. (UARZKATZENAUGE. 603 kaltes Wasser wirft. Bei der raschen Abkühlung bilden sich ebenfalls leicht Sprünge, die die Schillerfarben zeigen. Es ist klar, daß hierbei häufig Stücke zerbrechen; wegen des geringen Wertes des gewöhnlichen Bergkristalls ist dies aber von geringer Bedeutung. Auch manche andere durchsichtige Steine zeigen das Irisieren oft recht hübsch. Sie können ebenso verschliffen werden und fallen dann gleichfalls unter den Begriff „Iris“. Ebenso werden auch geschliffene Bergkristalle und Gläser genannt, die durch hinten auf- getragene bunte Farben das Irisieren nachahmen. In billigen Schmucksachen sieht man sie sehr häufig. Katzenauge. Unter Katzenauge (Quarzkatzenauge, oceidentalisches Katzenauge, Schillerquarz) ver- steht man einen derben Quarz, der auf seiner Oberfläche, namentlich wenn sie rundlich geschliffen ist, vermöge seiner inneren Beschaffenheit einen wogenden, milchigen Licht- schein zeigt. Dieser ist durchaus ähnlich demjenigen, den man auf manchen rundlich geschliffenen Exemplaren des Chrysoberylis sieht, die den speziellen Namen Cymophan erhalten haben, und die ebenfalls als Katzenauge, aber zum Unterschied als orientalisches Katzenauge bezeichnet werden. Wenn diese Unterscheidung nicht gemacht ist, wenn ein- fach von Katzenauge gesprochen wird, dann kann man häufig nicht erkennen, welches von beiden gemeint ist. Aus der Literatur läßt sich in der Tat nicht immer ersehen, ob unter diesem Namen das orientalische oder oceidentalische Katzenauge verstanden wird, was namentlich bei der Angabe des Vorkommens manchmal zu Unsicherheiten führt. Und doch ist es nötig, beide Sorten scharf auseinander zu halten, denn sie haben zum Teil sehr verschiedene Eigenschaften; sie sind an Schönheit einander keineswegs gleich, und demzufolge weichen auch die Preise wesentlich voneinander ab. Das orien- talische Katzenauge ist viel schöner, es ist glänzender, und der Lichtschein tritt wirkungsvoller hervor. Das Quarzkatzenauge steht hiergegen im allgemeinen weit zurück; auch die besten Exemplare davon erreichen den Cymophan an Schönheit nicht, und der Preis des letzteren ist stets erheblich höher, um so mehr, als er auch viel seltener vorkommt. Ein sicherer Unterschied beider liegt in der viel größeren Härte des Chryso- berylis, die, wie wir gesehen haben, noch über die des Topases hinausgeht, vermöge deren das orientalische Katzenauge auch eine viel höhere Politur annimmt als das oceidentalische. Ferner weichen die spezifischen Gewichte erheblich voneinander ab; der Chrysoberyll, bei dem es 3, beträgt, sinkt rasch im Methylenjodid, das Quarzkatzenauge, wo G. —= 2,65 schwimmt darin. Der Quarz, auf dem sich jene Liehterscheinung, das Chatoyieren, zeigt, bildet derbe, einheitlich gebaute, also nicht etwa aus einzelnen Körnern zusammengesetzte Massen. Er ist etwas fettglänzend und mehr oder weniger durchscheinend, nie durchsichtig. Die Farbe ist zuweilen weiß, häufiger aber olivengrün bis dunkellauchgrün, vielfach stark ins Graue, heller oder dunkler, oder rot ins Braune oder Gelbe in verschiedenen Nuancen oder auch ausgesprochen braun, gelb oder grau. Auch blaue Steine kommen als Seltenheit vor. Die Ursache des Lichtscheines ist eine Menge feiner Asbestfasern, die in dem Quarz in vollkommen paralleler Richtung eingewachsen sind und die man an manchen Stücken deutlich mit der Lupe erkennen kann. Häufig kommt es vor, daß diese Fasern durch Verwitterung zerstört und vollkommen verschwunden sind, so daß der Quarz statt ihrer von einer großen Zahl feiner hohler Kanälchen durchzogen ist, von denen jedes einzelne einer Asbestfaser entspricht. Die ganze Quarzmasse hat dann eine faserige Beschaffenheit, die Lichterscheinung ist aber dieselbe, wie wenn die Fasern noch vorhanden wären. Der Lichtsehein zeigt sich am schönsten, wenn der Stein eine ziemlich hochgewölbte mugelige Form erhält, die sıch über den in der Richtung der ebenen Grundfläche hin- 604 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. ziehenden Fasern erhebt. Es entsteht dann auf der gerundeten Seite ein mehr oder weniger breites Band wogenden Lichts, das sich senkrecht zu den Fasern über den ganzen Stein hinwegzieht, beiderseits von nicht schimmernden Flächenteilen begrenzt. Beim Drehen des Steines wandert das Licht über dessen Oberfläche hin, bis es bei zu starker Neigung gegen die einfallenden Strahlen allmählich am Rande verschwindet (vgl. Taf. XVIII Fig. 4°, ’). Es ist ein seidenartig glänzender Schiller von weißer, etwas ins Gelbliche oder Bläu- liche gehender Farbe, der mit dem Lichtschein in dem Auge der Katzen verglichen worden ist. Man pflegt den Steinen eine etwas länglichrunde, ovale Form, wie die einer Kaffeebohne zu geben, über deren Oberfläche das Lichtband längs des größten Durch- messers hinweggeht, was die vorteilhafteste Wirkung hervorbringt. Für die schönsten Katzenaugen gelten wie beim Chrysoberyll die Steine, auf denen sich das Lichtband in möglichst scharfer Abgrenzung nach rechts und links und in nicht zu großer, aber recht gleichmäßiger Breite von der umgebenden Oberfläche kräftig abhebt. Unterbrechungen des Lichtstreifens wirken ungünstig, ebenso verschwommene seitliche Grenzen, sowie eine zu große Breite desselben, da er dann auf den zu schmalen nicht schimmernden seitlichen Teilen des Steines zu wenig ausgeprägt hervortritt. Nicht beliebt ist es auch, wenn statt eines Lichtbandes nur ein Lichtfleck entsteht. Am geschätztesten von allen sind gegen- wärtig in Europa die braunroten Katzenaugen mit einem zart bläulichweißen Schiller. Steine dieser Art kosten bis zu 50 Mark, doch müssen sie dann sehr schön und von nicht zu geringer Größe sein. Im allgemeinen ist aber der Wert niedriger und bei Stücken von untergeordneter Qualität sehr gering, während die orientalischen Katzenaugen stets hoch bezahlt werden, auch wenn die Qualität nicht die allerfeinste ist. Opalkatzenauge siehe 8. 483. Die Fundorte der schönsten Exemplare unseres Katzenauges liegen in Asien, in Ost- indien und auf der Insel Ceylon. Hier ist der Stein auch vorzugsweise beliebt, namentlich bei den Malayen, mehr als in Europa, wo er sehr der Mode unterworfen ist. Meist wird angegeben, daß die rotbraunen vom ostindischen Festlande, die grünen und grauen von Ceylon kommen, doch ist dieses Verhältnis nicht ganz konstant. In Ostindien wird hauptsächlich die Malabarküste, die westliche Küstengegend der Südspitze, als Heimat unseres Edelsteins genannt, es scheinen aber sehr wenig genaue Nachrichten hierüber vorhanden zu sein. Die Art des Vorkommens ist fast ganz un- bekannt, man weiß nicht, ob die Stücke noch im Gestein sitzend oder lose als Geschiebe gefunden werden, und kann darüber um so weniger urteilen, als sie meist schon an- geschliffen nach Europa kommen. Die Fundorte sollen bei Quilon und Cotschin liegen, doch schwebt auch hierüber noch ein gewisses Dunkel. Nördlich von der Malabarküste bei Ratanpur im Radschpiplastaate (Fig. 41) nordnordöstlich von Bombay kommt der Stein in Form von Geschieben mit dem dortigen Achat usw. vor; dieses letztere Mineral, also sicher auch das Katzenauge, stammt hier aus den dortigen basaltischen Gesteinen, dem Trapp von Dekkan. Fernere Fundorte sollen in der Nähe von Madras, sowie im unteren Kistnahtale in der Nähe des Palanathagebirges nordwestlich von Gunturu, liegen. Auch aus Birma werden einige Exemplare erwähnt. Jedenfalls ist das Vorkommen auf dem Festlande, wenigstens in der Jetztzeit, minimal, und die Steine überschreiten nicht das Gewicht von zwei Unzen. Wichtiger sind die Funde in Ceylon, wo das Quarzkatzenauge das orientalische begleitet. Auf dem Festlande fehlt dieses letztere, wenigstens ist es von dort nicht mit Sicherheit bekannt. Das erstere bildet in Ceylon bis haselnußgroße, selten größere Körner, die vorzugsweise den durch Verwitterung granitischer. Felsarten entstandenen Edelstein- seifen von Saffragam und Matara in größerer Zahl beigemengt sind. Die grüne Farbe ist QUARZKATZENAUGE. TIGERAUGE. 605 hier jedenfalls am häufigsten, doch fehlen auch braunrote und gelbe nicht. Von Ceylon stammt die große Mehrzahl der in Europa befindlichen Exemplare; sie werden wie die vom Festlande in rundlich geschliffenem Zustande ausgeführt und in den Handel gebracht, aber auch im Lande viel verwendet, und zwar, ebenso wie in Indien überhaupt, vorzugs- weise als Ringstein. Die Ceylonesen schätzen die rein olivengrünen mit schmalem, scharf begrenztem Lichtscheine am meisten; sie sind überaus stolz auf das Vorkommen des Katzen- auges in ihrem Lande, da sie glauben, daß es sich anderwärts nicht findet. Wir haben schon gesehen, daß diese Ansicht unrichtig ist, und werden uns noch weiter davon über- zeugen, denn auch Europa beherbergt diesen Edelstein, wenn es auch nur Exemplare von untergeordneter Beschaffenheit liefert. Das Material, meist von hellgrüner Farbe, findet sich bei Treseburg im Harz mit Asbest auf kleinen Gangtrümmern im Serpentin, aber schleifwürdige Stücke kommen kaum vor. Etwas besser sind die Steine aus dem Diabas von Hof und von anderen Orten im Fiehtelgebirge, die auch häufiger verarbeitet werden, ohne daß sie aber nur annähernd die indischen an Bedeutung erreichten. In Ungarn kommen keine schleifbaren Katzenaugen vor, trotzdem wird der Stein von den Juwelieren zuweilen „ungarisches Katzenauge“ genannt. Auch in Europa wird das Katzenauge meist als Ringstein, Nadelstein usw. benutzt, und die geringe Größe der schönen indischen und ceylanischen Steine läßt auch eine andere Verwendung kaum zu. Doch fehlen größere Stücke nicht ganz. So bewahrt die Wiener Schatzkammer eine Schale aus gelblichbraunem Katzenauge von 5 Zoll Länge, die einen rohen Stein von verhältnismäßig sehr bedeutendem Umfange voraussetzt. Dem Katzenauge sehr ähnliche Steine kann man k{ünstlich erhalten, wenn man Stücke des sofort zu betrachtenden gelbbraunen Tigerauges mit Salzsäure behandelt. Der Farb- stoff wird dann aufgelöst, und es hinterbleibt eine grauliche Masse, die beim Schleifen die Liehterscheinung des Katzenauges zeigt (S. 607). Unter den braunen Katzenaugen von Ceylon kommen zuweilen Steine mit ganz ähnlichem Lichtscheine vor, die aus Faserkalk bestehen. Diese brausen mit Salzsäure auf, was echtes Katzenauge nicht tut, sie sind auch viel weicher. Manche graue Muschelschalen geben rundlich geschliffen einen ähnlichen Licht- schein wie das Katzenauge und werden in Oeylon zuweilen diesem untergeschoben; auch sie brausen mit Salzsäure, lassen sich mit dem Messer ritzen und zeigen meist auf der Ober- fläche Regenbogenfarben, was echtes Katzenauge nie tut. Aus Glas wird Katzenauge nachgeahmt, indem man eine weiße Glasschicht beiderseits mit einer grünen verbindet und in geeigneter Weise, über die Grenze hinweg, rund schleift; die scharfen unveränderlichen Linien zwischen Grün und Weiß lassen diese Falsifikate erkennen. Tigerauge. Tigerauge nennt man einen feinfaserigen Quarz von gelber bis bräunlicher Farbe, der, in der Richtung der Fasern geschliffen, einen prächtigen goldigen Glanz zeigt. Ein Stück dieses Steines ist auf Taf. XVIII, Fig. 5, dargestellt. Das Mineral bildet dünne, parallelflächig begrenzte Platten, die selten mehr als einige Zentimeter dick sind. Die untereinander vollkommen parallelen Fasern stehen auf den Begrenzungsflächen der Platten senkrecht. Sie sind aber ‚nicht immer ganz geradlinig» sondern häufig gebogen oder vielmehr geknickt. Schon auf einer gewöhnlichen Bruchfläche in der Richtung der Fasern zeigt sich der mit der faserigen Beschaffenheit zusammenhängende Seidenglanz. Dieser wird aber sehr erhöht durch das Schleifen und Polieren. Kehrt man eine solche polierte Fläche gegen das Licht, dann erscheint der prächtige Glanz in der schön gelben Farbe des Minerals, aber meist nicht gleiehmäßig über die ganze Schlifffläche hinweg, sondern nur in einzelnen, 606 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. mit den natürlichen Wänden der Platte parallelen Streifen. Zwischen diesen liegen dunklere, mehr braune Streifen von geringerem und weniger seidenartigem Glanz. Dreht man nun den Stein etwas herum, so zeigen die vorher braunen Streifen den schönen goldigen Seidenglanz, und die zuerst glänzend gewesenen gelben Streifen werden braun und matter. Bei fortgesetztem Hinundherneigen der Platte wechselt so das Aussehen dieser Streifen, die mit den Kniekungen der Fasern zusammenhängen, fortwährend ab. Eben dasselbe findet auf jedem in einem Schmuckgegenstande gefaßten Stück Tigerauge statt, das den Bewegungen des Trägers folgt; die Schönheit des Anblicks wird durch diese fortwährende Veränderung wesentlich erhöht. In der Begleitung des Tigerauges findet sich ein anderer Stein, der mit ihm bis auf die Farbe in jeder Hinsicht übereinstimmt. Er ist ebenso feinfaserig und seidenglänzend, der Glanz und das Aussehen auf polierter Fläche wechselt ebenso streifenweise ab, die Härte ist dieselbe usw. Dagegen ist die Farbe nicht gelb, sondern dunkel indigoblau. Auch dieses blaue Mineral wird geschliffen; es führt den Namen Falkenauge. Die genauere Untersuchung zeigt, daß man es hier mit farblosem und durchsichtigem Quarz zu tun hat, dem eine Unzahl feiner Fasern des blauen, zur Amphibolgruppe gehörigen Minerals Krokydolith eingewachsen sind, alle untereinander parallel und senkrecht zu den Flächen der Platte. Es ist dieselbe Substanz, die auch den Sapphirquarz blau färbt; in diesem sind aber die Fasern nicht parallel, sondern sie liegen kreuz und quer durcheinander. Das Tigerauge steht nun zum Falkenauge bezüglich seiner Entstehung in einem ganz bestimmten Zusammenhange. Betrachtet man ein Stück des letzteren, so findet man es nicht immer über seine ganze Fläche hin gleichmäßig blau, häufig wechseln gelbe Stellen mit den blauen ab. An manchen Stücken sind nur einzelne gelbe Faserbündel zwischen den blauen, an anderen Stücken ist Gelb und Blau ziemlich im Gleichgewichte, und bei wieder anderen sieht man nur noch einzelne blaue Partien zwischen der überwiegend gelben Masse. Die ganze Erscheinung läßt keinen Zweifel, daß die gelbe Substanz, die in jeder Hinsicht mit dem Tigerauge übereinstimmt, durch Umwandlung aus der blauen, dem Falkenauge, hervorgegangen ist, und zwar ist es der Krokydolith, der diese Ver- änderung erleidet. Alle seine Bestandteile werden aufgelöst und fortgeführt, nur die Kieselsäure bleibt als Quarz in der fasrigen Form des ursprünglichen Minerals zurück, | durch eine kleine Menge zwischen den Fasern abgelagerten Eisenhydroxyds gelb gefärbt. Ist dieser Prozeß noch im Beginne, dann sind nur einzelne Stellen gelb gefärbt; je mehr er fortschreitet, desto größer und zusammenhängender werden die gelben Partien, und endlich ist das Falkenauge ganz in Tigerauge übergegangen, die ganze ursprünglich blaue Masse ist gelb geworden, ohne daß aber dabei die Faserstruktur im mindesten gelitten hätte. Diese Steine sind Heimatgenossen des Kapdiamanten. Wie letztere kommen auch sie in Westgriqualand vor, aber die Fundorte liegen anderswo, und zwar westlich von Kim- berley, dem Zentrum der Diamantenproduktion, in der Gegend der Stadt Griquatown. In früheren Zeiten wurden als solche genannt: Lakatoo am Oranje-Fluß, wo Amianth (Krokydolith) und Brauneisenstein als Begleiter mit vorkommen, sowie Tulbagh, von wo die faserige Beschaffenheit und die Schönheit des Materials in älteren Berichten besonders serühmt wird. Nach den Mitteilungen von E. Cohen liegen die Fundstellen der beiden hier in tede stehenden Mineralien, soweit sie gegenwärtig zur Gewinnung derselben von Wichtig- keit sind, nördlich vom Oranje-Fluß in dem Gebirgszuge, der nahe westlich von Griqua- town anfangs in nordsüdlicher, dann in nordöstlich-südwestlicher Richtung sich hinzieht, und dessen nördliche Fortsetzung jenseits des Orange River die Doornberge bildet. Der Gebirgszug nördlich von dem genannten Flusse heißt auf der großen offiziellen Karte der Kapkolonie von 1876 Asbestos-Mountains, auf den gewöhnlichen Karten wird dieser Name TIGERAUGE. HORNSTEIN. 607 für einen sehr viel kürzeren, etwas weiter nach Osten zu gelegenen Höhenzug angewendet, während jene die Langen Berge genannt werden. In jenen Bergen findet sich das Tigerauge an zahlreichen Stellen, unter anderen nahe bei Griquatown. Die Platten sind in einem häufig sehr dünngeschichteten, feinkörnigen Quarzgestein von rotbrauner, kaffeebrauner bis ockergelber Farbe eingelagert, das man am besten als Jaspisschiefer bezeichnet und das die Hauptmasse des nicht sehr hoch über das Plateau ansteigenden Bergzuges bildet. Hier wird das Material gegraben, das jetzt massen- haft nach Europa kommt und das namentlich in Oberstein a. Nahe und dem benachbarten Idar verschliffen wird. Es ist noch nicht lange her, daß das Tigerauge in Europa eine große Seltenheit war. Vor etwa 30 Jahren kostete ein Karat 25 Mark und mehr. Die starke Konkurrenz zweier Händler hat es aber dahin gebracht, daß die Steine in sehr großer Menge auf den Markt geworfen wurden, wodurch der Preis bis auf wenig mehr als 1 Mark für das Pfund fiel. Wenn auch alles jetzt im Handel vorkommende Tigerauge und Falkenauge aus den Asbestos-Mountains stammt, so sind sie doch beide nicht ganz auf jene Gegend beschränkt; im Gegenteil scheinen sie in Südafrika eine weite Verbreitung zu besitzen. So hat der Reisende Mauceh Tigerauge viel weiter östlich am oberen Marico, einem Nebenfluß des oberen Orange River gefunden. Außerhalb Südafrikas wird Tigerauge nur noch vom Yarra-Yarra-Creek in Westaustralien erwähnt. Anfänglich, als diese Substanzen noch spärlich zu haben und daher teuer waren, wurden sie nur zu kleineren Schmucksachen aller Art verarbeitet. Namentlich wurden Ringsteine und ähnliches daraus dargestellt, die eine ebene oder flach gerundete Ober- fläche erhielten. Später, nachdem der Preis so stark gesunken war, fing man an, auber den genannten Schmucksachen auch kleine Gebrauchsgegenstände, Stockknöpfe usw. daraus zu fabrizieren. Auch zu Kameen und Intaglien findet der schöne Stein gegen- wärtig zuweilen Verwendung. Namentlich hat das Tigerauge eine sehr große Verbreitung gewonnen, während das in viel geringerer Menge vorkommende Falkenauge auch ın der Verwendung stark zurücksteht. Bei beiden muß stets der Schliff so ausgeführt werden, daß die Schlifffläche den Fasern möglichst nahe parallel geht. Nur in dieser Weise tritt die Schönheit des Steines hervor, um so weniger, je mehr die Fläche von jener Richtung abweicht. Die verschiedenen, nebeneinander vorkommenden Farben werden zuweilen zur Herstellung von Fischen, Vögeln und anderen Tiergestalten usw. benutzt. Durch Glühen wird das Tigerauge mehr rotbraun. Daß durch Behandlung des Tigerauges mit Salzsäure ein dem grauen Katzenauge ähnlicher Stein hergestellt werden kann, wurde schon bei der Betrach- tung des Katzenauges erwähnt; das Eisenhydroxyd wird dabei ausgezogen und die fasrige Kieselsäure bleibt zurück. Die entfärbte graue Masse ist porös und kann durch Impräg- nieren mit farbigen Flüssigkeiten verschieden gefärbt werden, wodurch die Ähnlichkeit mit Katzenauge oft noch gesteigert wird. Der Name Katzenauge hat auch die Be- zeichnung Tigerauge und Falkenauge veranlaßt, da mugelig geschliffene Steine genau dasselbe Chatoyieren zeigen wie jenes, nur mit anderer Farbe. Opalkatzenauge oder Krokydolithopal siehe S. 483. B. Dichter Quarz. Hornstein. Der Hornstein ist ein sehr feinkörniger bis vollkommen dichter Quarz, der aus einer Menge mikroskopisch kleiner Quarzkörnchen zusammengesetzt ıst und der durch einen ausgezeichnet splittrigen Bruch, sowie durch einen geringen Grad von Durchscheinenheit 608 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. charakterisiert ist, vermöge dessen nur an den scharfen Rändern der Bruchstücke etwas Lieht hindurchscheinen kann. Die beiden letzteren Eigenschaften unterscheiden den Hornstein vom Jaspis, der einen glatten Bruch hat und vollkommen undurchsichtig, also auch nicht mehr kantendurchscheinend ist. Die Farbe des Hornsteins ist meist unansehn- lich grau, braun, gelb usw. Nach dem Aussehen wurde die Masse verglichen mit einem Kuhhorn, mit dem sie namentlich in Beziehung auf die geringe Durchscheinenheit über- einstimmt, daher der alte Bergmannsname Hornstein, der aber bei den Steinschleifern ganz unbekannt ist. Diese kennen wohl die einzelnen Arten des Hornsteins, die sie verarbeiten, den Holzstein und den Chrysopras, sie fassen sie aber nicht unter jenem Sammelnamen zusammen, wie es die Mineralogen mit den beiden genannten und noch manchen anderen ähnlichen Steinen tun, die nicht verschliffen werden, und von denen hier also nicht weiter die Rede ist. | Der meiste Hornstein, wie er sich massenhaft auf manchen Erzlagerstätten, als Ein- schluß im Kalk, Ton usw. findet, hat nicht die für einen Schmuckstein erforderlichen Eigenschaften, es gibt aber einige Varietäten, die besser gefärbt und auch sonst so be- schaffen sind, daß sie einen hübschen Anblick gewähren, und diese werden dann geschliffen. Von diesen schöneren Abänderungen sind es hauptsächlich zwei, eine grüne, die den Namen Chrysopras führt, und diejenige, die zuweilen als Versteinerungsmittel fossiler Hölzer auftritt und dabei deren eigentümliche Struktur bewahrt hat. Diese sogenannten Holzsteine bieten daher manchmal auf ihrer Oberfläche hübsche Zeichnungen dar, von denen zur Herstellung von Schmucksteinen Gebrauch gemacht wird. Es ist eine Substanz, ähnlich wie der Holzopal, den wir schon kennen gelernt haben; der Unterschied besteht darin, daß das Versteinerungsmittel hier nicht Opal, sondern Quarz ist. Holzstein (versteinertes oder verkieseltes Holz). Die Holzsubstanz vorweltlicher Pflanzen ıst in Quarz umgewandelt und damit imprägniert. Dieser Quarz hat im ganzen eine Beschaffenheit, die ihn am meisten dem Hornsteine, aber auch nicht selten dem Chaleedon nähert. Die Holzstruktur ist dabei deutlich erhalten geblieben und auch oft die äußere Form. Man findet zuweilen noch ganze Stämme, Äste usw. und noch häufiger Stücke von solchen, deren charakteristische Form jedermann zweifellos erkennt. Noch deutlicher tritt meist die Holznatur auf Flächen hervor, die man der Länge und der Quere nach anschleift. Auf Längsschnitten in der Richtung der Achse des Stammes sieht man die Zellen und Gefäße des Holzes in verschieden gefärbten Lagen vielfach miteinander abwechseln. Auf Querschliffen treten häufig ringförmige Figuren hervor, welche Durch- sehnitte durch die Gefäße darstellen. Man kann so oft noch die Natur der betreffenden Pflanze erkennen, wenn man Dünnschliffe unter dem Mikroskope untersucht, und hat so versteinerte Palmen, Nadelhölzer und manches andere nachzuweisen vermocht. Die Färbung der Holzsteine ist meist düster grau und braun, da die Wände der Ge- fäße diese Farbe haben; die Ausfüllung !der Gefäße und der Zwischenräume zwischen ihnen ist gewöhnlich etwas oder auch viel heller. Auf diese Weise kommen auf den Steinen die eben besprochenen Zeichnungen zustande, die auf gut polierten Flächen zu- weılen einen recht angenehmen Anbliek gewähren, um so mehr, als die Stücke beim Polieren einen kräftigen Glanz annehmen. Die auf Querschnitten hervortretenden Figuren erinnern nicht selten an das gefleckte Gefieder der Stare, weshalb derartige Holzsteine als Starsteine bezeichnet werden. Man schleift manchmal einzelne Schmucksteine daraus, häufiger ist aber die Anwendung zu Dosen, kleinen Gefäßen und anderen ähnlichen Gegenständen. Aber auch diese Benutzung ist jetzt gegen früher bedeutend zurück- gegangen. Die alten Babylonier verfertigten daraus einen Teil ihrer Cylindergemmen. Das Rohmaterial ist sehr verbreitet und daher der Preis dieser Gegenstände kaum höher als der Arbeitslohn. In Deutschland ist hauptsächlich das Kyffhäusergebirge als HoOLZSTEIN. ÜHRYSOPRAS. 609 Fundort bekannt, wo große Stämme in den Sandsteinen und Konglomeraten des Rot- liegenden eingeschlossen sind. Andere der äußerst zahlreichen Fundstellen anzuführen, ist hier kaum von Interesse, es sei nur noch erwähnt, dab Kieselhölzer, zum Teil in unge- heuren Stämmen, in den westlichen Staaten der amerikanischen Union (Colorado, Kalı- fornien und Arizona) sehr verbreitet sind und dab sie dort vielfach geschliffen werden, aber allerdings mehr zu Tischplatten, Piedestals und anderen ähnlichen großen Gegen- ständen als zu Schmucksteinen. Das Vorkommen dieses schönen Materials ist ein so massenhaftes, daß es der wertvollste Fund dieser Art auf der Welt zu werden verspricht; besonders bekannt ist das Vorkommen in Arizona, in den drei sog. verkieselten Wäldern im Chaleedony Park an der Atlantic- und Pacific-Eisenbahn in der Nähe von Holbrook, 8 miles südlich von der Station Corrizo jener Bahn, in Apache County. Der der Bahn nächstgelegene umfaßt etwa eine englische Quadratmeile. Das Material ist hier in der Hauptsache Chalcedon (Holzachat). Ganze Stämme und kleinere Trümmer liegen massen- haft umher auf feinkörnigem Sandstein, aus dem sie ausgewaschen worden sind. Zwei weitere Lager, S und 16 miles von Chalcedony Park entfernt, liefern weniger feines Ma- terial; sie sind an verschiedenen Stellen der genannten Bahn entblößt. Ein kleiner fossiler Wald, dessen Kieselholz ganz mit dem des Chalcedony Park übereinstimmt, liegt, etwa 3 miles von Los Cerillos entfernt, in Neu-Mexiko. Endlich sei auch der „versteinerte Wald“ im Dschebel Mokattam südöstlich von Kairo erwähnt. Auch in Hornstein versteinerte Korallen, deren Gehäuse mit weißer Farbe auf einem schön fleischroten Hintergrunde hervortreten, werden gegenwärtig unter dem Namen Korallenachat geschliffen. Das Rohmaterial soll nach den Angaben der Idarer Steinschleifer aus Arabien, und zwar aus der Gegend von Aden stammen, doch finden sich ähnliche Sachen auch anderwärts. Mineralogisch sind solche verkieselte Korallen wohl als Beekit bezeichnet worden. Auch hier ist die Substanz öfters Chalcedon. Chrysopras. Der Chrysopras ist ein schön apfelgrüner, ziemlich stark durehscheinender, deutlich, aber sebr fein körniger Hornstein mit rauhem, splitterigem Bruch und den sonstigen Merkmalen des genannten Minerals. Die Farbe ist bald heller, bald dunkler, niemals sehr tief und geht bis ins Farblose. Weiße, auch braune Flecken liegen vielfach zwischen dem Grün. Die Farbe ist dadurch ausgezeichnet, daß ihre Schönheit bei künstlicher Beleuch- tung sich nieht vermindert. Die Ursache der Färbung ist eine kleine Menge Nickeloxyd, die etwa 1 Proz. beträgt. Die färbende Substanz ist höchst wahrscheinlich eine wasserhaltige Verbindung dieses Niekeloxyds mit Kieselsäure, die in der Wärme ihr Wasser und damit ihre Farbe verliert, Man schließt dies aus dem Verbalten des Steines, der beim Erhitzen immer blasser und allmählich ganz weiß wird. Die hierzu nötige Temperatur liegt gar nicht sehr hoch. Schon wenn man einen Siegelstock aus Chrysopras häufiger benutzt, verschwindet allmählich die grüne Farbe und ebenso, wenn man einen Stein den direkten Sonnenstrahlen aussetzt, die hierbei auch durch ihr Licht wirken, denn auch ohne Temperaturerhöhung bleicht die Farbe allmählich aus. Daß es in der Tat der kleine Wasserverlust ist, auf dem die Entfärbung beruht, sieht man daran, daß ein entfärbter Stein seine ursprüngliche Farbe nach und nach wieder annimmt, wenn man ihn in feuchte Erde oder Baumwolle legt. Das verlorene Wasser wird dabei allmählich wieder aufgenommen und der frühere Zustand hergestellt. Die Farbe der entfärbten Chrysoprase läßt sich erneuern und die von solchen, die von Anfang an zu hell und zu blaß gefärbt waren, etwas steigern, wenn man sie statt mit Wasser mit einer grünen Lösung von Nickelvitriol in Berührung bringt. Man kann auf solche Weise sogar eine Art von Chrysopras künstlich herstellen, indem man ein Stück des noch zu betrachtenden Chalcedons, der nicht selten stark porös ist, einige Zeit in eine grüne Chrom- Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 39 610 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. lösung legt. Es wird dabei eine gewisse Menge derselben absorbiert und der Stein beim Eintroeknen schön apfelgrün, genau wie echter Chrysopras. Oft ist es nicht leicht, der- artige künstlich gefärbte Steine, die gegenwärtig statt des echten Chrysoprases sehr viel im Handel vorkommen, als solehe zu erkennen und von echten zu unterscheiden, aber die Unterscheidung ist auch nicht von großer Bedeutung, da der echte Chrysopras und der künstlich grün gefärbte Chalcedon in fast allen ihren Eigenschaften vollkommen überein- stimmen. Der letztere hat vor den ersteren sogar manches voraus und wird daher in der 3enutzung zu Schmucksteinen vielfach bevorzugt; seine Farbe ist meist schöner und gleich- mäßiger, und sie ist echt und dauerhaft, da sie weder bei der Erwärmung verschwindet noch am Lichte ausbleicht. Die Bearbeitung des echten Chrysoprases ist nicht so ganz einfach. Er erhält wegen sroßer Sprödigkeit leicht Risse und splittert am Rande; namentlich muß man ihn aber vor zu starkem Erhitzen bewahren, da dies, wie wir gesehen haben, seiner Farbe schadet. Wird er in dieser Beziehung unvorsichtig behandelt, dann geht die grüne Farbe in eine unreine grauliche über, der Stein verliert seine Durchscheinenheit zum größten Teile und wird undurchsichtig. Zweckmäßiges Schleifen läßt dagegen die Farbe vollständig unge- ändert und der Stein erhält bei der Politur einen sehr schönen Glanz. Den Schmuck- steinen gibt man eine mugelige Form, vielfach mit einer oder zwei Reihen von Facetten am Rande. Beim Fassen wird zur Erhöhung der Farbe meist eine Folie von grünem Tafft untergelegt. Der Chrysopras dient zu Nadelsteinen, Ringsteinen usw., aber zu Siegelringen, Siegelstöcken usw. paßt er aus dem oben schon erwähnten Grunde nicht. Früher war er mehr geschätzt als gegenwärtig. Ein schöner Stein von der besten, möglichst tiefgrünen gleichmäßigen Farbe und bedeutender Durchscheinenheit wurde mit 100 Mark und mehr bezahlt; heute würde der Preis kaum die Hälfte und für blaß "gefärbte unreine Stücke noch sehr viel weniger betragen. Doch ist auch jetzt noch der Chrysopras die bestbezahlte und wertvollste unter den dichten Varietäten des Quarzes, die zu Schmucksteinen verschliffen werden; überhaupt ist er unter den sogenannten Halbedelsteinen einer der beliebtesten und geschätztesten. (Taf. XX, Fig. 8.) Aber nicht nur zu kleinen Schmucksteinen dient dieses schöne Material, auch größere Gegenstände aller Art werden daraus hergestellt. Namentlich wurde der Chrysopras früher zum Belegen von Tischplatten, von Wandfläcben und zu ähnlichen Zwecken, sowie zu eingelegten Mosaikarbeiten benutzt. So ließ Friedrich der Große zwei Tische dieser Art in Sanssouci aufstellen, und an den schönen Mosaikwänden der aus dem 14. Jahr- hundert stammenden Wenzelskapelle auf dem Hradschin in Prag sieht man Chrysopras verwendet. Der Chrysopras findet sich in dünnen Platten und Adern zuweilen von ziemlicher Ausdehnung meist im Serpentin, durch dessen Verwitterung er entstanden ist und dessen kleiner Nickelgehalt die färbende Substanz geliefert hat. Größere Stücke sind selten gleichmäßig gefärbt. Stellen von dunklerer und sehönerer Farbe gehen allmählich in ausgedehntere hellere oder ganz weiße, oder auch in gelben und braunen gewöhnlichen Hornstein über. Bei der Bearbeitung werden jene herausgeschnitten und für sich ver- schliffen. Vielfach ist nicht die ganze Masse eigentlicher Hornstein, sondern dieser verläuft stellenweise in andere dichte Quarzvarietäten, in Chalcedon, auch in Opal, die sich gleichzeitig mit dem Chrysopras und in derselben Weise gebildet haben, und die ebenfalls manchmal grün gefärbt sind, wie z. B. der Prasopal, den wir schon oben (S. 483) kennen gelernt haben. | Die hauptsächlichste Heimat unseres Edelsteins ist Schlesien, wo er an verschiedenen Stellen in der Nähe von Frankenstein, südlich von Breslau, vorkommt. Bei Kosemütz und Zülzendorf findet man tief-, manchmal auch nur hellgrünen Chrysopras mit Chalcedon TARELIXVNM) 1a. Amethyst (Krystall). 1b. Amethyst (geschliffen). 2. Bergkrystall mit Einschlüssen (Nadelstein). 3a. Rauchtopas (Krystalle). 3b und 3e. Rauchtopas (geschliffen, von oben und von der Seite gesehen). 4a. und 4b. Katzenauge (grün und braun). 5. Tigerauge. 6. Heliotrop (beide angeschliffen). 7. Almandin (geschliffen). MIX AaaAT Z/wEnEx Vera SpuziELLE EDELSTEINKUNDE. lösung legt. Es wird dabei eine Eintrocknen sec} ap zrün, artige künstlich g+ddbte Steine, "die gegen Handel n Unterscheid 11 künstlich stim en De Benutzung zu mäßıger, und NY unreine grauliche über, der Stein verliert seihe wird undurchsichtig. Zweckmäßiges Schleifen T& ändert und der Stein erhält&ei der Politur einen Bor Soh A nr steinen gibt man eine Eye - ZU N un, vielfach mit einer 0 ee am Rande. Beim RÜEEERISN öhung der Farbe meh?) an untergelegt. Der Sache nie nl autom mA | ne ara Siegelstöcken usw. p -— oben schon weinen N ülher war er mehr geschätzt als gegmmiartg/ Fin schöner Stein von da Ri N Ve 5% tiefgrünen gleichmäßigen Farbe und ® en Durchscheinenheit wuN k.und mehr bezablt; heute würde der u kaumfdie Hälfte und für in ' irbis noch sehr viel weniger betragen. Doetsust auch jetzt noch der u die bestbezahlte und wertvollste unter den dichten V; werden; überbaupf ist er unter de geschätztesten. XX, Fig. 8.) 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Bei Kosemütz und Ziulzendori Findet man tief-, manchmal auch nur hellgrünen Chrysopras mit Chaleedon soeaiildoanil dim Istewrlgısd .S „«astiildoasy) taydiomA .di .(dlstevf) deaydtomA si nsdo nov ‚nellildoasg) engotılonsAl 06 bau d& ‚(sllsteyıä) asgotdousfl .sE ‚(nistelobs N) IYUK192IT .8 .(nueıd bau arg) sausuasteil .d$ ham „sb ‚(ngılaasg ti9d ab mov ba ‚(asttildoasg) nibusmIA .T .(mollildsesgus abisd) gortoileH 9 TAFEL Xvil. | \ lb. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Auflage E. Ohmann fec. ÜHRYSOPRAS. JASsPIS. 611 und Opal, mit Asbest und anderen Mineralien auf Klüften im Serpentin, ähnlich auch bei Baumgarten und Grochau, während bei Gläsendorf, Protzan und Schrebsdorf das Mineral in einer gelblichbraunen tonigen Erde liegt, die den Serpentin bedeckt und die durch Zer- setzung aus ihm entstanden ıst. Man findet den Chrysopras vielfach ganz oberflächlich, so daß er durch Regengüsse ausgewaschen und bei dem Bestellen der Felder ausgepflügt wird. Bei Frankenstein kann man ziemlich große Stücke gewinnen, die aber in der schon erwähnten Weise meist unrein und licht gefärbt sind; schöne grüne Exemplare sind selten und meist klein; die schönsten stammen von Gläsendorf. Nach einer früheren Beschreibung (1805) geht in jener Gegend eine drei Meilen lange Chrysoprasader durch den Serpentin und die begleitenden Gesteine hindurch. Diese wurde 1740 an ihrem nördlichen Ende bei der Windmühle von Kosemütz von einem preußischen Offizier zufällig entdeckt. In der Folge interessierte sich Friedrich der Große für diesen schlesischen Stein und verwendete ihn, wie schon oben angedeutet, mit zur Ausschmückung von Sanssouci. Bei der Entdeckung wurde auf unser Mineral der Name Chrysopras übertragen, der zwar im Altertum schon bekannt, aber für eim ganz anderes Mineral in Gebrauch gewesen war. Auch die Entdeckung des preußischen Offiziers war keine neue, der schöne grüne Stein wurde nur durch ihn langjähriger Vergessenheit ent- zogen, denn es ist kein Zweifel, daß der Chrysopras der Prager Wenzelskapelle gleichfalls aus Schlesien stammt, daß das Vorkommen also im 14. Jahrhundert schon bekannt gewesen sein muß. Andere europäische Fundorte sind kaum von Bedeutung. Dunkel apfelgrüne Stücke kommen bei Wintergasse im Stubachtale im Salzburgischen vor, ebenso findet sich Chryso- pras vielleicht bei Ruda in Siebenbürgen, beide Vorkommen sind aber spärlich. Außerhalb Europas kommt der Chrysopras ebenfalls, und zwar stellenweise in nicht ganz geringer Menge vor. Aus Ostindien stammen sehr schöne Steine, deren genauerer Fundort aber nicht bekannt zu sein scheint. Auf der Nickelockergrube zu Redwinsk, östlich von Katharinenburg im Ural, ist Chrysopras gefunden worden, und endlich in Nordamerika an verschiedenen Stellen. Die wichtigste von diesen war die Nickelgrube von Nickel Mount bei Riddles, Douglas County im Staate Oregon. Er bildet hier bis zolldicke Adern in dem im Serpentin liegenden Nickelerz. Die Farbe ist ein dunkles Apfelgrün, und schöne Platten von einigen Quadratzoll Oberfläche kann man leicht erhalten. Neuere Fundorte hat man in Kalifornien angetroffen, wo der Chrysopras ebenfalls in Serpentin vorkommt. Sie haben viel gutes Material geliefert. Die hauptsäch- lıchste Gewinnung findet 8 miles südöstlich von Peterville in Tulare County statt, wo im Jahre 1906 drei Tonnen Rohmaterial 300 Pfund schöne Steine lieferten. Weniger wichtig sind die Gruben am Venice Hill, 10 miles östlich von Visalia und bei Exeter. Auch sonst hat man in Kalifornien da und dort Chrysopras gefunden. Ein schöner grüner bis blauer Stein dieser Art, durch Kupfer gefärbt, findet sich in der Kupfererzgrube von Globe in Arızona. Erist aber wohl Chaleedon und wird weiter unten eingehender betrachtet werden. Jaspis. Der Jaspis ist ein durch viele fremde Bemengungen verunreinigter dichter Quarz. Er unterscheidet sich vom Hornstein durch seinen glatten, nicht splitterigen, sroßmuscheligen bis unebenen Bruch, seinen matten Glanz auf den Bruchflächen, die vollständige Undurch- sichtigkeit auch an den Rändern und die meistens intensive Färbung. Ein scharfer Unterschied liegt darin aber nicht, und ebenso ist der Jaspis von anderen unreinen dichten Quarzvarietäten, wie Eisenkiesel usw. nicht mit Bestimmtheit zu trennen. Von manchem Stücke bleibt es zweifelhaft, ob man es besser zum Jaspis oder zum Hornstein, Eisen- 39* 612 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. kiesel usw. stellen soll. Man hat es eben bei allen mit einem aus mikroskopisch kleinen Körnehen bestehenden, dichten Quarz zu tun, der in seinen auf fremden Beimengungen beruhenden speziellen Eigenschaften bald mehr mit der einen, bald mehr mit der anderen dieser genannten Abarten des dichten Quarzes übereinstimmt. Die Unsicherheit hat aber keine Bedeutung, denn diese Quarzvarietäten sind überhaupt nur unwesentlich voneinander verschieden und gehen vielfach ganz allmählich ineinander über, so daß sogar zuweilen das eine Ende des Stückes mehr der einen, das andere mehr einer anderen derselben zugeschrieben werden muß, während die zwischenliegenden Partien alle möglichen Zwischen- stufen darstellen. Gegen die im folgenden Abschnitte zu betrachtenden Chalcedone ist der Jaspis ebenfalls nicht scharf abgegrenzt; auch hier sind alle möglichen Übergänge zwischen dem typischen Jaspis und dem typischen Chalcedon vorhanden, von denen es zweifelhaft bleibt, ob sie zu dem einen oder anderen gerechnet werden sollen. Ist die Masse vollkommen, sogar an den scharfen Rändern undurchsichtig, dann nennen sie die Steinschleifer Jaspis, ist sie, wenn auch nur wenig, durchscheinend, Chalcedon. Minera- logisch sind allerdings zwischen Chalcedon einerseits, sowie Hornstein und Jaspis anderer- seits noch sonstige wichtigere Unterschiede vorhanden, die wir bei der Betrachtung des Chalcedons kennen lernen werden. Daß im Jaspis der Quarz ziemlich stark verunreinigt ist, wurde schon erwähnt; die Menge der fremden Beimengungen beträgt häufig 20 Proz. und kann noch höher steigen. Sie bestehen in der Hauptsache aus Tonerde und Eisenoxyd; die Quarzmasse umschließt Tonteilchen und Eisenhydroxyd in mehr oder weniger feiner Verteilung, auch organische Körperchen verschiedener Art wurden schon beobachtet. Auf der großen Menge dieser fremden Bestandteile beruhen die speziellen Merkmale des Jaspis, die Undurchsichtigkeit, der großmuschelige, glatte, wenig glänzende Bruch, die intensive Färbung usw. Nehmen jene ab, dann wird auch die Färbung lichter, der Bruch wird mehr uneben und splitterig, die Masse wird etwas durchscheinend, und das Ganze nimmt mehr die Be- schaffenheit des Hornsteins an, zu dem, wie wir gesehen haben, alle möglichen Übergänge hinführen. Für die Verwendung des Jaspis ist vorzugsweise die Farbe von Wichtigkeit. Sie ist sehr mannigfaltig und in der Hauptsache lediglich von dem Eisengehalte abhängig. Wenn dieser sehr gering ist, dann ist der Stein so gut wie farblos, zeigt aber durch den Tongehalt die charakteristischen sonstigen Eigenschaften des Jaspis. Ein solcher weiber Jaspis vom Aussehen des Elfenbeines soll als große Seltenheit aus der „Levante“ kommen und schöne Schmucksteine geben. Gefärbte Stücke sind selten ganz einheitlich, meist sind mehrere Farben oder Farbennuancen auf demselben Stück vorhanden, entweder regelmäßig in parallelen oder konzentrischen Lagen miteinander abwechselnd, oder in geaderten, ge- flammten oder sonstigen, zuweilen ganz unregelmäßigen Zeichnungen verteilt. Manchmal ist auch die Masse von mehr oder weniger geradlinigen Spalten und Klüften durchzogen, die mit anders gefärbtem und vielfach auch sonst anders beschaffenem Quarze ausgefüllt sind. Von den vorkommenden Farben ist Braun, Gelb und Rot am verbreitetsten, Grün ist ebenfalls noch häufig, seltener ist Blau und Schwarz. Man unterscheidet danach Farben- varietäten, die zum Teil mit besonderen Namen belegt worden sind und die weiter unten noch eingehender betrachtet werden sollen. Auch bezüglich der Art des Vorkommens zeigt der Jaspis erhebliche Verschiedenheiten. Er findet sich entweder schichtenförmig in anderen Gesteinen eingelagert oder in unregel- mäßig begrenzten Knollen auf manchen Erzlagerstätten, besonders mit Eisenerzen zusammen, oder aber auf Klüften, Spalten und sonstigen Hohlräumen kieselsäurehaltiger Gesteine, oder endlich an Stellen, wo gewisse Eruptivgesteine von der Gruppe der Grünsteine (Diabase) mit Tonschiefer zusammenstoßen, als Umwandlungsprodukt (Kontaktprodukt) der letzteren. ROTER UND BRAUNER JASPIS. 613 Diese unregelmäßig begrenzten Massen werden unabhängig von der meist gelben, braunen oder roten Farbe als gemeiner oder deutscher Jaspis von dem roten oder kastanienbraunen Kugeljaspis unterschieden, der regelmäßig runde Knollen oder Kugeln bildet, die, wie wir sehen werden, im Bohnerz eingelagert sind oder lose auf dem Boden herumliegen. Selbst- verständlich finden sich alle diese Jaspisarten auch nicht selten als abgerollte Geschiebe im Sande oder als Kiesel der Bäche und Flüsse. Den Jaspis in seinen verschiedenen Abarten hat man besonders im Altertum viel verwendet zu Schmucksteinen, die teilweise graviert wurden, zu Mosaiken, sowie auch zu größeren Gegenständen. Im Mittelalter und bis in die Jetztzeit hinein ist die Benutzung ebenfalls noch sehr umfangreich gewesen, sie hat aber doch allmählich abgenommen, und gegenwärtig ist der Stein ohne Bedeutung. Man stellt wohl aus besonders schön und gleichmäßig gefärbten Stücken noch Schmucksteine dar, die trotz der Mattigkeit der Bruch- flächen durch die Politur einen ziemlich lebhaften, wenn auch nicht sehr kräftigen Glanz erhalten. Die Hauptverwendung ist aber zu Dosen, Schalen, Vasen, Tischplatten, zu Mosaiken und sogar zu kleinen Architekturstücken. Diese werden von größeren Blöcken aus einem Stücke hergestellt, ‘oder aus mehreren Teilen zusammengesetzt, wobei die Farbenzeich- nung berücksichtigt werden muß, damit eine schöne Verbindung der einzelnen Stücke entsteht. Wegen der Massenhaftigkeit des Vorkommens ist der Preis des Jaspis im allge- meinen gering; nur recht schöne und gleichmäßig gefärbte Exemplare haben einen etwas höheren Wert. Im folgenden sollen nun die Farbenvarietäten des Jaspis, nebst den verwandten Arten des diehten Quarzes, und ihr Vorkommen etwas genauer beschrieben werden. Manche von ihnen finden sich an einzelnen Orten für sich allein, anderswo liegen verschieden gefärbte Jaspise an derselben Stelle zusammen. Der großen Verbreitung des Jaspis wegen ist es nicht möglich, auch nur einigermaßen die Fundorte erschöpfend anzugeben, man findet daher hier nur die wichtigsten Beispiele erwähnt. Der typische rote Jaspis ist der Kugeljaspis von Auggen und Liel bei Mühlheim im Breisgau. Er bildet dort nuß- bis kopfkroße runde Knollen, die im Bohnerze eingelagert sind und mit diesem gewonnen werden. Der Aldinger Stollen bei Auggen hat in früheren Zeiten große Mengen davon geliefert, die Knollen sind außen mit einem Anflug eines weißen Mehles bedeckt, innen sind sie dunkel ziegelrot mit weißen, gelben auch zuweilen grünlichen Streifen und anderen Zeichnungen. Häufig ist ein roter Kern von einer mehr oder weniger dicken gelben Hülle umgeben. Schön und gleichmäßig gefärbten roten Jaspis (oder Eisenkiesel), zuweilen von weißen Quarzadern durchzogen, trifft man nicht selten im hessischen Hinterlande westlich von Marburg, in Nassau, im Kellerwald usw. auf ziemlich weitem Umkreise als Kontaktprodukt zwischen Tonschiefer und Diabas. Die Farbe ist dunkelblutrot und macht geschliffen einen ganz guten Eindruck. Man findet meist kleinere Stücke, aber zuweilen auch kopfgroße und noch größere Blöcke. Besonders bei Löhlbach unweit Frankenberg in Hessen ist diese Art von Jaspis früher in vorzüglicher Größe und Schönheit vorgekommen und danach als Löhlbacher Achat bezeichnet worden. Man hat ehemals einen ziemlich ausgedehnten Gebrauch davon gemacht, und in den Kasseler Sammlungen sind noch heute zahlreiche aus diesem Materiale hergestellte Kunstsachen zu sehen. Jetzt wird schon seit langer Zeit nichts mehr von dort geschliffen. Schöner roter Jaspis (neben andersgefärbtem) findet sich auf den Eisensteingängen des sächsischen Erzgebirges an vielen Stellen, in der Gegend von Oberstein und Idar und noch an manchen anderen Orten. Es ist überflüssig, die Ver- breitung dieses heute unwichtigen Materiales weiter zu verfolgen. Brauner Jaspis bildet vor allem die sogenannten Nilkiesel, die aber keineswegs im Nil, jedoch allerdings in den Nilländern vorkommen. Es sind rundliche, meist bis etwa 614 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. faustgroße Knollen mit ein wenig rauher Oberfläche. Auf den glatten Bruchflächen heben sich konzentrische bräunlichgelbe Streifen in wechselvollem Verlauf gegen die schöne dunkel- kastanienbraune Farbe der Stücke ab. Diese Knollen, die ursprünglich in den Schichten der Nummulitenformation eingelagert waren, bedecken in großer Menge dicht gedrängt jede Sserir-Fläche (Kieswüste) im Gebiete der ägyptischen Wüsten. In der Nähe von Kairo findet sich Sserir östlich auf den Abhängen des Mokattam und noch viel weiter verbreitet westlich in der lybischen Wüste, deren Randgebiete auf Tagereisen nur von solchen abge- rundeten Jaspisstücken bedeckt sind. Die rundliche Oberfläche ist hier nicht durch Ab- rollen im Wasser zustande gekommen, sondern dadurch, daß die sturmbewegten Sandkörner die scharfen Kanten und Eeken der ursprünglich unregelmäßig gestalteten Jaspisbrocken im Laufe der Zeit vollkommen abgeschliffen haben. Braunen Jaspis von vorzüglicher Beschaffenheit findet man in Nordamerika in Begleitung von gelbem und rotem bei Sioux Falls in Dakota in großer Menge. Jährlich wird für etwa 30000 Dollars von diesem schönen Materiale verschliffen in großen Werken, die an demselben Orte errichtet worden sind. Namentlich stellt man architektonische Ornamente und ähnliches daraus her. Dieser Stein, der in Amerika unter dem Namen „Sioux Falls Jasper“ bekannt ist, kommt schichtenförmig in unerschöpflichen Mengen vor und wird in Steinbrüchen gewonnen. Gelber Jaspis wird bei der Herstellung der Florentiner Mosaiken vielfach ange- wendet. Er hat bräunliche und weiße Streifen auf ockergelbem Grunde und stammt von der Insel Sizilien, auch vom Dauphine, aus der Gegend von Smyrna usw. An den Kugeln von rotem Jaspis von Auggen bildet er vielfach die äußere Zone. Er ist im übrigen wenig wichtig. Grüner Jaspis kommt hauptsächlich im Ural vor und wird dort verarbeitet. Er bildet unter anderem bei Orsk am Uralfluß oberhalb Orenburg ein mächtiges Lager im Gneis, das Blöcke von beliebigem Umfange liefert, so daß man daraus sogar größere Gegenstände, wie Vasen und ähnliches massiv und aus einem Stücke herstellen kann. Die Verarbeitung geschieht auch für dieses Material in den großen Schleifereien zu Katharinenburg. Die Farbe ist dunkel lauchgrün, der Stein geht daher unter dem Namen des Plasma, dem er äußerlich ziemlich ähnlich ist, das aber zum Chalcedon gehört und das wir daher erst unten kennen lernen werden. Grüner Jaspis ist in China sehr geschätzt; er bildet einen Teil der Steine, die dort unter dem Namen „Yü“ zusammengefaßt werden, und von denen bei der Betrachtung des Nephrits und Jadeits zum Teil schon die Rede gewesen ist. Blauer Jaspis ist immer unansehnlich und zeigt stets eine grauliche, die sogenannte lavendelblaue Nuance; er wird kaum benutzt. Hierher gehört auch der sogenannte Por- zellanjaspis, kein eigentlicher Jaspis, sondern ein lavendelblauer, zum Teil ziegelroter und gelber, durch Braunkohlenbrände gefritterter und dadurch gehärteter Ton, der u. a. in der Gegend von Großalmerode in Hessen massenhaft vorkommt, der aber namentlich im nördlichen Böhmen eine weite Verbreitung hat und von dem zuweilen ein Stück zu einem Schmucksteine Verwendung findet. Beim Bandjaspis wechseln verschieden gefärbte, geradlinig verlaufende dünne Lagen regelmäßig miteinander ab. Die Masse ist sehr unrein und kann kaum mehr zum Jaspis sereehnet werden. Sie hat eher die Beschaffenheit eines Kieselschiefers, steht aber wie der Porzellanjaspis doch im Aussehen dem echten Jaspis nahe und ist von ihm nur da- durch verschieden, daß die Kieselsäure bei ihm ganz besonders viele fremde Beimengungen enthält und daß die Substanz daher vor dem Lötrohr schon etwas schmelzbar ist. Solcher jandjaspis findet sich vielfach, doch ist meistens die Farbenverschiedenheit der einzelnen Lagen zu gering, als dal er einen besonders schönen Anblick gewähren könnte. In dieser JASPIS. AVANTURIN. 615 Weise findet er sich schichtenförmig bei Lautenthal am Harz, bei Gnandstein unweit Kohren in Sachsen und an anderen Orten. Schön ist vor allem der sibirische Bandjaspis, bei dem dunkelblutrote und -lauchgrüne gerade Streifen sehr regelmäßig miteinander alternieren. Er soll in der Nähe von Werchne-Uralsk am Einfluß der Uralsda in den Uralfluß vor- kommen, aber nur in kleineren losen Stücken, so daß keine größeren Gegenstände aus einem einzigen Stücke hergestellt werden können. Derartige Sachen werden aber viel- fach mit dünnen Platten des Bandjaspis fourniert. Bei Ochotsk in Ostsibirien soll sich ganz ähnliches Material finden. Auch Ostindien, und zwar der Bezirk Tschota Nagpur in Bengalen, wird als Heimat guter Exemplare angegeben. Schöner Bandjaspis, an dem braune, rote und gelbe mit weißen Streifen abwechseln, findet sich in großer Menge in Nordamerika, so bei Collyer, Trego County in Kansas, und ähnlich ist der Bandjaspıs von Brackettville, Kinney County, Texas; rot, gelb und grau gestreift ist der von Dulzura, San Diego County, Kalifornien. Er bildet ein ausgezeichnetes Material zu Kameen, wozu Bandachat überhaupt wegen seiner regelmäßig lagenförmigen Struktur sehr gut geeignet ist. Den Übergang des Jaspis zu den Chalcedonen, die im nächsten Abschnitte (S.617) betrach- tet werden sollen, bildet in einem gewissen Sinne der Jaspachat, bei dem undurchsichtige, stark gefärbte Teile mit durchscheinenden weniger gefärbten in der mannigfaltigsten Weise verwachsen sind. Es ist der ehemals viel genannte „jaspe fleuri“ der Juweliere. Früher wurde er ähnlich wie Jaspis verarbeitet; das Material kam vorzugsweise und in großer Menge aus Sizilien, wo nach Farbe und Farbenzeichnungen 100 Varietäten unterschieden wurden. Ein schöner Jaspachat ist auch der in Amerika vielgenannte „Texas-Achat“, der in Texas an verschiedenen Stellen vorkommt. In allen diesen Steinen überwiegt in dem (emenge bald der durchscheinende Achat, bald der völlig undurchsichtige ‚Jaspis; man macht daher, um dieses Verhältnis auszudrücken, zuweilen noch einen Unterschied zwischen Jaspisachat und Achatjaspis, je nachdem das erstere oder das letztere der Fall ist. Alle diese Steine sind aber von sehr geringer Wichtigkeit und kommen heutzutage als Schmuck- steine überhaupt kaum mehr im Handel vor. Avanturin. Der Avanturin (Avanturinquarz) ist ein schwach durchscheinender, feinkörniger bis dichter Quarz mit muscheligem und meist splitterigem Bruche, auf dessen Oberfläche punkt- weise ein meist braunroter, aber auch gelber und weißer und selten sogar blauer und grüner, vielfach metallartiger Schiller spielt. Wie man unter dem Mikroskope sieht, geht dieser Schiller aus von einer großen Zahl kleiner, silberglänzender, weißer, oder, was viel häufiger ist, rotbrauner Glimmersehüppehen, die dem an sich farblosen Quarze eingewachsen sınd, oder von zahlreichen, mit Eisenhydroxyd erfüllten Spältchen, die sich zwischen den Quarz- körnchen durchziehen, oder endlich von winzigen Plättehen von grünem Chromglimmer (Fuchsit) oder von solehen unbekannter Beschaffenheit von blauer Farbe. Jeder solche Einschluß, jedes einzelne Glimmerplättehen oder Spältchen gibt einen metallähnlichen Glanz, und der Schiller des ganzen Stückes ist um so ununterbrochener, je gleichmäßiger jene der Masse eingestreut und je weniger Zwischenräume zwischen ihnen vorhanden sind, die keine Einschlüsse enthalten. Die Erscheinung des meist rotbraun schillernden Avanturins ist sehr ähnlich der bei dem Sonnenstein, der danach auch als Avanturinfeldspat bezeichnet wird, während der echte Avanturin diesem gegenüber auch Avanturinquarz heißt. Letzterer kann neben dem anderen stets an seiner größeren Härte erkannt werden; er wird vom Quarze nicht geritzt, wohl aber der Sonnenstein. Der Avanturin wird vielfach zu Ring- und Nadelsteinen, Broschen, Manschetten- knöpfen usw. verschliffen. Die Steine erhalten eine ebene oder flach mugelige Oberfläche 616 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. ohne Facetten und nehmen durch die Politur einen schönen kräftigen Glanz an. Derartige Steine gelten für um so schöner, je gleichmäßiger und ununterbrochener der metallische Schiller ist. Gute Stellen von dieser Beschaffenheit werden aus den größeren unregel- mäßigeren Stücken, wie sie in der Natur meist vorkommen, herausgeschnitten und für sich geschliffen. In früheren Zeiten war diese Verwendung des Avanturins häufiger und der Stein als Schmuckstein geschätzter, heutzutage wird er mehr zu Schalen, Vasen und anderen ähnlichen Gegenständen verarbeitet, über deren große Fläche hin die Gleichmäßig- keit des Schimmers selbstverständlich weniger vollkommen ist als bei den kleineren Ober- flächen der Schmucksteine. Zu letzterem Zwecke sind am geschätztesten die rotbraunen, kupferartig rot schillernden Avanturine; braune, rotgelbe und weibße mit silberartig weißem Schimmer, schwarze mit weißen Punkten, sowie grüne und blaue sind zwar seltener, aber darum doch nicht mehr gesucht. Bei allen Avanturinen gehört es zur besonderen Sehön- heit des Steines, daß die metallisch glänzenden Flitterchen wie einzelne, wohl unterschiedene Sterne aus der Masse herausfunkeln. Die Verbreitung des Avanturins ist ziemlich bedeutend, und man trifft auch gar nicht selten Stücke von beträchtlicher Größe an, doch sind Steine mit allen Merkmalen der vor- züglichsten und schönsten Qualität recht sparsam und daher auch nicht billig. An den verschiedenen Fundorten kommt der Avanturin entweder auf seiner ursprünglichen Lager- stätte oder in Form von losen Geröllen vor. Nicht überall ist er schleifwürdig. Am reichsten ist wohl der Ural, wo er sich an mehreren Stellen findet, so in dem Bergzuge des Taganai, nördlich von Slatoust am Ui, einem Nebenfluße der Ufa im süd- lichen Teile des Gebirges. Der Avanturin bildet hier ein mächtiges Lager im Glimmer- schiefer. Ferner trifft man ihn bei Kossulina, 28 Werst westsüdwestlich von Katharinen- burg. Letzterer übertrifft in Rücksicht auf die Farbe und den Schiller den ersteren, er ist aber mehr wie dieser von Klüften durchzogen und daher nicht in so großen Blöcken zu haben. Beide Vorkommen werden in Katharinenburg geschliffen. Ein schön grüner Avan- turin kommt neuerer Zeit aus dem Gouvernement Irkutsk in Sibirien. Im Altai findet sich weißer und rötlich weißer Avanturin 30 Werst von dem Sitze der altberühmten Steinschleifereien in Koliwan (etwa unter 51° nördl. Breite) entfernt bei Beloretzkaja. Das Material von dieser Lokalität wird ın Kolıwan verarbeitet. Es liefert zusammen mit dem uralischen die schönen Schalen, Vasen usw., die man als Geschenke der russischen Kaiser in den europäischen Fürstenschlössern bewundert. Stücke dieser Art können, wenn sie von tadelloser Beschaffenheit und von einiger Größe sind, einen Wert von vielen tausend Mark haben. In Indien trifft man Avanturin zum Teil in sehr schönen Exemplaren, doch scheint das Vorkommen und die genaue Lokalität noch im Dunkel zu schweben. Namentlich wird mehrfach von einer sehr hübschen, grün glänzenden Varietät berichtet, von der u.a. ein Stück von 7, 3 und 2 Zoll Länge, Breite und Höhe beschrieben wird, wahrscheinlich aus dem Distrikte von Bellary im südlichen Teile des Landes stammend. Auch bei ihm sind es Glimmerblättchen, die den Glanz bedingen, und zwar Plättchen des grünen Chromglimmers oder Fuchsits. Große Verbreitung scheint allerdings der Stein in Indien nicht zu haben. Solcher grüner Avanturin ist namentlich in China sehr hoch angesehen. Er wird dort mit zu dem Steine „Yü“ gezählt und von anderen hierher gehörigen Mineralien als. der kaiserliche Yüstein unterschieden. Das Reichssiegel soll aus solehem Materiale hergestellt sein. Es ist aber unbekannt, woher die Chinesen diesen Stein beziehen, dessen Wert sie sehr viel höher stellen, als den des Nephrits. Fundorte des Avanturins in Europa werden viele. genannt, keiner scheint aber hervorragende Stücke geliefert zu haben und alle sind unbedeutend. Hierher gehören die E93 AVANTURIN. ÜHALCEDON. 617 Gegend von Aschaffenburg in Bayern, Mariazell in Steiermark, Veillane zwischen Susa und Turin in Piemont, wo er sich in Form von Geschieben findet, Nantes in Frankreich, Glen Fernate in Perthshire und andere Orte in Schottland. Bei Madrid liegen Geschiebe von Avanturin zwischen solchen von Granat usw. Es gibt eine prächtige Glassorte, die in hohem Maße dem Avanturin ähnlich, aber noch schöner ist als dieser, der künstliche Avanturin oder das Avanturinglas. Es ist ein farbloses Glas, in dem sehr zahlreiche keine rote ÖOktaöderchen eingewachsen sind. Diese lassen sich an ihrer scharf ausgeprägten Kristallform, an ihren regelmäßig drei- eckigen Flächen, sowie an der roten Farbe und dem starken Metallglanze, und endlich durch die chemische Analyse leicht als metallisches Kupfer erkennen. An der Form der Einschlüsse, die schon unter der Lupe deutlich hervortritt, sowie an der weit geringeren Härte kann man in allen Fällen das Avanturinglas von dem echten Avanturin oder auch von dem Sonnenstein unterscheiden. Der nicht sehr wahrscheinlichen Sage nach soll ein Glasmacher von Murano bei Venedig das Glas durch Zufall (par aventure) entdeckt haben, dadurch, daß ihm Kupferfeilspäne in einen Topf mit geschmolzenem Glase fielen. Von dieser Zufälligkeit soll der Name Avanturin (Aventurin) stammen, der dann später auf die natürlichen Steine von ähnlichem Aussehen übertragen wurde. Wahrscheinlicher ist, daß die Fabel ersonnen wurde, um das in den Fabriken von Murano ängstlich gehütete Geheimnis der Herstellung dieser prächtigen Glassorte dadurch zu wahren, daß man andere auf eine falsche Fährte zu lenken suchte. Später geriet das Verfahren auch in Murano wieder in Vergessenheit, bis im Jahre 1827 der Glasfabrikant Bibaglia dort nach langen Anstrengungen die Herstellung des Avan- turinglases in alter Schönheit von neuem entdeckte. Die Schwierigkeit bestand wesentlich darin, die ausgeschiedenen Kupferkriställchen zu verhindern, sich in einen Klumpen zu- sammenzuballen, sondern sie möglichst gleichmäßig und in der richtigen Menge in der Glas- masse zu verteilen, wie es nötig ist, wenn diese einen vorteilhaften Anblick gewähren soll. Auch jetzt noch ist das Verfahren Fabrikgeheimnis. Das Produkt wird wie der natürliche Avan- turin viel benutzt zur Herstellung kleinerer Schmucksachen usw. und größerer Gegenstände, denn es ist möglich, große Blöcke davon zu gewinnen, von denen das Kilogramm früher mit 40 bis 60 Mark bezahlt wurde. Das hierzu benutzte Glas ist besonders leichtflüssig, so daß es lange vor dem Kupfer schmilzt, das in einer Menge von etwa 2!/, Proz. darın enthalten ist. C. Calcedon. Die Gruppe des Chalcedons umfaßt eine Anzahl von Kieselsäure-Mineralien von diehter Struktur und feinsplitterigem Bruch, die sich durch eine versteckte, manchmal schon mit bloßem Auge oder mit der Lupe erkennbare, meist aber erst in Dünnschliffen unter dem Mikroskope deutlich hervortretende feine Faserigkeit auszeichnen. Das spezi- fische Gewicht ist etwas kleiner, nämlich G = 2,;9 bis 2,0; die Härte ist etwas geringer, höchstens findet man: H = 6'/,, so daß Chaleedon vom Quarz noch etwas geritzt wird, aber seinerseits Feldspat ritzt und noch starke Funken am Stahl gibt; endlich wird die Masse erheblich leichter von Kalilauge angegriffen, als es bei Quarz der Fall ist. Diese Unterschiede rühren daher, daß dem faserigen Quarz des Chalcedons eine geringe Menge des etwas leichteren und weicheren Opals beigemengt ist. Da der Chalcedon ein faseriges Aggregat ist, so hat er niemals eine regelmäßige äußere Gestalt, es sei denn, daß er in der Form anderer Mineralien als Afterkristall oder Pseudo- morphose vorkommt, was nicht selten der Fall ıst. Er nımmt aber dann den von einem anderen Kristall gebildeten regelmäßigen Raum ein und hat die ebenflächige Form nicht 618 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. selbst durch die ihm innewohnenden Kräfte hervorgebracht. Dagegen zeigt der Chalcedon sehr häufig eine sinterartige rundliche, nierenförmige, traubige, zapfen- oder tropfsteinförmige Oberfläche, auf der die Fäserchen alle senkrecht stehen. Außerdem sieht man noch vielfach, daß die ganze Masse aus einer oft sehr großen Anzahl einzelner, sehr dünner Lagen besteht, die, parallel mit der äußeren rundlichen Oberfläche verlaufend, übereinander geschichtet sind. Diese Schichtung fehlt wohl nie gänzlich, wird aber allerdings oft sehr undeutlich. Je nachdem sie mehr oder weniger bestimmt hervortritt, zeigt sich auf einer Bruch- oder Schliffläche, am besten senkrecht zu der rundlichen Oberfäche in der Faserrichtung, eine ausgesprochene oder auch nur zart angedeutete Bänderung oder Streifung, die wohl nur selten ganz fehlt. Danach unterscheidet man gestreiften und ungestreiften Chaleedon, von denen der erstere gewöhnlich als Achat bezeichnet wird; daß eine scharfe Grenze zwischen beiden nicht vorhanden ist, geht aus dem erwähnten von selbst hervor. Zerschlägt man ein Stück Chalcedon, so findet zuweilen, aber durchaus nicht immer, eine Trennung nach den übereinanderliegenden rundlichen Schiebten statt; die Trennungs- flächen sind dann ebenfalls rundlich und häufig sehr glatt und glänzend. Meist hängen aber diese einzelnen Schichten so fest zusamnıen, daß die Stücke durch einen Hammerschlag nicht nach deren Grenzflächen auseinanderfallen. Sehr leicht bewerkstelligt sich dagegen das Zerschlagen stets in der Richtung senkrecht zu der runden Oberfläche, oder was dasselbe ist, nach den Fasern. Diese Längsbrüche entstehen stets, wenn man ein Stück Chalcedon zertrümmert. Sie sind uneben und feinsplitterig, und nur wenig, und zwar häufig etwas wachsartig glänzend. Durch die Politur nach dem Schleifen wird der Glanz sehr gehoben; er geht dann in einen sehr schönen und kräftigen Glasglanz über. Die Masse ist nie vollkommen durchsichtig, stets trübe und höchstens durchscheinend bis halbdurchsichtig, zuweilen wohl dem Durchsichtigen stark genähert. Dabei ist die Durchscheinenheit in der Richtung der Fasern größer als senkrecht dazu, so daß also in der Faserrichtung geschliffene Platten weniger Licht hindurchgehen lassen als ebenso dicke aus demselben Steine, deren Fläche auf den Fasern senkrecht steht. Übrigens verhalten sich nicht immer alle Lagen, aus denen ein Stück besteht, in Beziehung auf die Durchscheinenheit gleich. Einzelne können fast durchsichtig, andere so gut wie undurchsichtig sein, und verschieden klare und trübe Schichten können so vielfach miteinander abwechseln. | Die meisten Chalcedone sind nicht, oder doch nur sehr wenig gefärbt: graulich, gelblich, bläulich, zuweilen auch, wenn Farblosigkeit oder sehr schwache Färbung mit ziemlich vollkommener Undurchsichtigkeit verbunden ist, milchweiß. Indessen fehlen auch ausgesprochenere und sogar intensive Farben nicht durchaus; man findet Gelb, Braun, Schwarz, Rot, Grün, in seltenen Fällen auch Blau. Die Färbung ist entweder durch das ganze Stück hindurch dieselbe, oder es berrscht eine bunte Abwechslung in der Farbe der einzelnen Lagen, die aber alle auf ihrer ganzen Erstreckung sich immer gleich verhalten. Je größer die Unterschiede der Farben der einzelnen Lagen sind, die den Chalcedon zusammensetzen, desto deutlicher und schärfer tritt die schon oben erwähnte Streifung und Bänderung hervor. Aber man ist bei den Chalcedonen nicht auf die natürlichen Farben beschränkt. Viele können auch künstlich gefärbt werden, indem man sie mit einer farbigen Flüssigkeit durehtränkt. Diese läßt dann beim Verdunsten ihren Farbstoff in dem Steine zurück und teilt so diesem ihre Farbe mit. Der Vorgang beruht auf einer mehr oder weniger voll- kommenen Porosität der Masse, die zuweilen so ausgesprochen ist, daß kleine Stücke an der feuchten Zunge kleben, indem sie deren Feuchtigkeit rasch einsaugen, und dab sie, in Wasser gelegt, unter zischendem Geräusch die Flüssigkeit in sich aufnehmen und gleich- zeitig zahlreiche Luftblasen ausstoßen. Man erkennt nicht selten unter dem Mikroskope und sogar manchmal schon mit der Lupe die Poren in Form runder Bläschen oder lang- al. de re un ul ee a en ee A a a en ÜHALCEDON. 619 gezogener Kanälchen zwischen den Fasern. Dabei verhalten sich meistens die Stücke nicht durch ihre ganze Masse hindurch gleich, sondern einzelne Lagen sind porös und nehmen leicht Farbstoffe auf, andere tun dies infolge ungenügender oder mangelnder Porosität durchaus nicht oder nur in sehr geringem Grade. Auch die nicht sehr häufigen intensiveren natürlichen Färbungen der Chalcedone be- ruhen gewiß in vielen Fällen auf einer nachträglichen, nach der Bildung erfolgten Durch- tränkung mit irgendeinem natürlichen Farbstoffe. Die künstliche Färbung der Chalcedone ist für die heutige Achatschleiferei von ganz hervorragender Bedeutung geworden. Sie wird in so großem Maßstabe angewendet, daß unter den geschliffenen Steinen die in ihrer Farbe künstlich veränderten Chalcedone, namentlich Achate, an Menge die vollständig natürlichen übertreffen. Wir haben daher auf diesen Zweig der Technik noch weiter zurückzukommen, wenn wir die Verarbeitung der hier in Rede stehenden Materialien kennen lernen werden. Der Chalcedon bildet entweder über den Gesteinen sinterartige Überzüge mit der oben erwähnten rundlichen Oberfläche, oder er hängt in zapfen- oder tropfsteinförmigen Gebilden an geeigneten Stellen, oder er füllt Spalten und Klüfte oder andere Hohlräume in den Gesteinen aus. Es sind dies meist kieselsäurehaltige vulkanische Gebirgsarten, die, wenn Chalcedon in ihnen in einiger Menge sich findet, stets schon einen ziemlich hohen Grad von Verwitterung und Zersetzung erkennen lassen. Daraus kann man ersehen, daß die Chalcedone Verwitterungs- und Zersetzungsprodukte der Gesteine sind, in denen sie vorkommen, ganz ähnlich wie wir dies unter anderem beim Opal und Amethyst ge- sehen haben. Aus den kieselsäurehaltigen Lösungen, die sich bei der Verwitterung bilden, scheidet sich Kieselsäure, und zwar je nach den speziellen Umständen, als Opal oder Chalcedon oder auch als Quarz in einer seiner vielen Abarten aus, häufig bilden sich sogar alle diese verschiedenen aus Kieselsäure bestehenden Mineralien gleichzeitig neben- einander. Es ist daher natürlich, daß der Chalcedon auf seinen zahlreichen Lagerstätten nicht selten von Opal und von Quarz begleitet wird. Mineralogische Untersuchungen haben es wahrscheinlich gemacht, daß der Chaleedon wenigstens zum Teil durch Umwandlung aus Opal entstanden ist, der dabei aus dem amorphen in den kristallinischen Zustand über- ging. Werden durch den ferneren Verlauf der Verwitterung dıe Gesteine, die den Chal- cedon beherbergen, vollkommen zerstört, dann liegt der letztere in einzelnen Stücken lose im Boden und diese werden nachher vielfach vom fließenden Wasser ergriffen, abgerollt und abgerieben und in der Form von Geröllen dem Flußschutte beigemengt. Nach seiner äußeren Beschaffenheit und nach seinem Aussehen, wesentlich also nach der Struktur, sowie nach der Farbe und der Art ihrer Verteilung, wird der Chalcedon von den Steinschleifern in eine Anzahl von Unterarten eingeteilt, die besondere, zum Teil schon aus dem Altertum stammende Namen erhalten haben. Diese verschiedenen Ab- teilungen sind aber nicht besonders scharf voneinander geschieden, manche sind auch be- züglich ihres Aussehens gewissen Varietäten des Jaspis, des Hornsteins usw. so ähnlich, daß man zweifelhaft sein kann, wo gewisse Stücke unterzubringen und wie sie zu benennen sind. Dies ist aber von geringem Belang für die Verwendung zu Schmucksteinen, wo es doch in der Hauptsache nur auf die Schönheit des Aussehens ankommt und wo es gleich- gültig ist, welche Beschaffenheit das Material zeigt und wie es gebildet wurde. Minera- logisch bedingen die oben genannten Eigenschaften, namentlich die feine Faserigkeit, die Zugehörigkeit zum Chaleedon. Der Hauptunterschied, den die Steinschleifer bei diesen dichten Quarzmineralien machen, beruht, wie wir bei der Betrachtung des Jaspis gesehen haben, auf der Durchscheinenheit. Sie nennen Jaspis alles vollkommen Undurchsichtige, Chaleedon in seinen verschiedenen Abarten alles mehr oder weniger Durchscheinende, ohne besondere Rücksicht auf andere Eigenschaften. 620 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Die Varietäten, die hier beim Chalcedon unterschieden werden sollen, sind die folgenden: Gemeiner Chalcedon, einheitlich, aber meist schwach gefärbt. Karneol, einheitlich rot, mit dem braunen Sarder. Plasma, einheitlich dunkelgrün, mit dem rot getüpfelten dunkelgrünen Heliotrop. Achat, deutlich aus einzelnen Lagen aufgebaut, die nicht selten verschiedene Färbung haben und dann die erwähnte Streifung hervorbringen. Es ist der „gestreifte Chaleedon“, zu dem auch der vielgenannte Onyx gehört. Die meisten dieser Varietäten zerfallen wieder in Unterabteilungen, die wie bei der speziellen Beschreibung zum Teil näher kennen lernen werden. Gemeiner Chalcedon. Dies ist der Chalcedon im engeren Sinne, der gewöhnlich Chalcedon schlechtweg genannt wird. Die Farbe ist fast stets sehr licht, weiß, grau, gelb, braun, blau, selten auch grün. Sie ist in der Ilauptsache einheitlich, überall dieselbe, doch sind einzelne Stücke auch mehr oder weniger deutlich wolkig (Wolkenchalcedon) gefleckt, sowie un- deutlich gebändert. Wenn an einem Exemplare eine deutliche Schichtung und Streifung vorhanden ist, wird es nicht zum Chalcedon, sondern zum Achat gerechnet. Vollkommen aus einem Guß ist aber dieser Chalcedon im engeren Sinne meist gleichfalls nicht; er besteht wie der Achat gewöhnlich aus einzelnen dünnen Lagen, die aber infolge ıhrer fast gleichen Färbung für das bloße Auge stark zurücktreten und undeutlich werden. Manchmal ist die Farbe etwas ausgesprochener, dann entstehen Varietäten, die zum Teil ebenfalls be- sondere Namen erhalten haben. So wurde ein seltener blauer, sich zuweilen manchem Sapphir in der Farbe nähernder Chalcedon von Nertschinsk in Transbaikalien, von T'resztya in Siebenbürgen, von Eagle Point, Jackson County, Oregon, und von Indien von den Stein- schleifern fälschlich Sapphirin, ein wachsähnlich gelber und ebenso glänzender Cerachat (Wachsachat oder Halbkarneol), ein trüber milchweißer weißer Karneol genannt. Ein schön rosa- und lilafarbiger Chalcedon findet sich bei Aurora in Nevada in Mandeln eines Melaphyrs. Auch ein Teil der oben (8.623) in Zusammenhang beschriebenen Holz- steine besteht aus Chalcedon (Holzachat). Die faserige Beschaffenheit ist ziemlich deutlich, der Bruch typisch uneben und zart splitterig, und ebenso ist der Glanz des frischen Bruches und der geschliffenen und polierten Sticke genau so, wie es schon eingangs erwähnt wurde. Die Durchscheinenheit ist oft sehr groß; selbst dieke Stücke lassen zuweilen das Licht fast ungehindert hindurch, aber vollkommen klar ist keines. Dagegen sind viele auch sehr wenig durchscheinend und fast undurchsichtig, namentlich die milchweißen. Die schön durchscheinenden Stücke werden als „orientalische Chaleedone“ von dem weniger stark durchscheinenden „oceiden- talischen“ unterschieden. Aber auch bei den schönsten orientalischen Exemplaren ist die Durchscheinenheit nicht immer und überall dieselbe; auch bei diesen treten häufig zarte, etwas trübere Flecken auf, die jedoch die Schönheit nicht beeinträchtigen, sondern im Gegenteil eine recht gefällige Wirkung hervorbringen können, so daß der Wert dadurch im allgemeinen nicht verringert wird. Der gemeine Chalcedon bildet nierenförmige, traubige oder zapfenförmige ee oder er erfüllt Hohlräume in den Gesteinen, wie wir‘es schon eingangs kennen gelernt haben. In dieser Weise findet er sich ziemlich häufig, doch sind oft die vorbandenen Mengen sehr gering und die Überzüge zu dünn, so daß sie sich nieht zum Schleifen eignen. Dickere Massen von großer Reinheit und Schönheit liefert unter anderem die (GEMEINER ÜHALCEDON. 621 Insel Island und die Färöergruppe. Das meiste Schleifmaterial kommt aber aus Ostindien und namentlich aus Brasilien (Rio Grande do Sul) und Uruguay; auf diese beiden Vor- kommen soll bei der Betrachtung des Achats näher eingegangen werden. Die Verwendung des Chalcedons war früher und schon im Altertum häufiger als jetzt, wo er durch andere Steine in den Hintergrund gedrängt worden ıst. Man stellte daraus Ring- und Siegelsteine, Petschafte, Siegelstöcke, Stockknöpfe usw., aber auch Tassen, Teller, Schalen, Vasen usw. dar. Die Verarbeitung geschieht in Europa vorzugsweise in den unten noch weiter zu besprechenden Schleifereien von Idar und Oberstein a. Nahe und von Wald- kirch in Baden mit den übrigen Chalcedonarten und anderen ähnlichen Steinen zusammen, aber u. a. auch in größerem Malstabe in Ostindien an manchen Orten, die jedoch alle an Wichtigkeit hinter Oberstein mit dem benachbarten Idar zurückstehen. Beliebt ist gegenwärtig der schon oben im Vorbeigehen erwähnte, zuweilen fälschlich Sapphirin genannte blaue Chalcedon von Tresztya (Köteles Mezö) im Läpos-Gebirge im nördlichen Siebenbürgen, südlich von Kapnik und südöstlich von Felsöbanya. Die Farbe des Chaleedons von hier ist verschieden: grau, bläulichweiß, sowie hell und dunkel smalte- blau. Je schöner blau, desto mehr werden die Steine geschätzt. Das Mineral findet sich in losen plattenförmigen und Schalenbruchstücken, zuweilen in ganzen hohlen Kugeln in Feldern, aus denen es herausgeackert wird. Der Innenrand der Kugeln oder eine Fläche der plattenförmigen Stücke zeigt gewöhnlich eine glänzende, flachnierige Oberfläche, oder auch mehr oder weniger scharfkantige Würfelformen, die man für Pseudomorphosen (After- kristalle) nach Flußspat hält. Auch andere solche Afterbildungen, Chalcedon, in der Form anderer Mineralien, wurden beobachtet. Die Gegenseite der Stücke zeigt verschiedene, z. T. auch regelmäßige Eindrücke und ist oft wie zerhackt. Der Chalcedon geht vielfach in derben oder stengeligen Quarz unvermerkt über. Diese ganzen Bildungen stammen aus Klüften und rundlichen Hohlräumen eines jetzt ganz verwitterten vulkanischen Gesteins, eines Andesits. Aus dem blauen Material werden runde Perlen, Baroques und andere Schmucksachen geschliffen. Der Wert des Chaleedons, der übrigens nur bei ganz besonders großen und schönen Stücken etwas bedeutender ist, beruht hauptsächlich auf der Durchscheinenheit, sowie auf der Schönheit und bis zu einem gewissen Grade auf der Gleichmäßigkeit der Färbung. Sehr wichtig ist, daß keine Sprünge und andere derartige Fehler vorhanden sind. Trübe, schlecht und und ungleichartig gefärbte rissige Stücke sind so gut wıe wertlos. Trotz des im ganzen geringen Preises des Chaleedons und der Leichtigkeit, ihn auch in größeren Stücken zu erhalten, hat man ihn durch einen Glasfluß recht täuschend nachgeahmt, der sich aber durch geringere Härte und höheres spezifisches Gewicht vom echten Chaleedon unterscheidet. Einige durch gewisse Besonderheiten ausgezeichnete Abarten, die beim gemeinen Chal- cedon zuweilen unterschieden werden, sind die folgenden: Der Punktachat (Punktchalcedon, Stephanstein) ist ein weißer oder graulicher Chal- cedon, mit kleinen roten Flecken und Punkten von Eisenoxyd. Er ist am schönsten, wenn diese so klein sind, daß sie nur rote Punkte bilden, die gleichmäßig über die ganze Ober- fläche des Steines verteilt sind, welehe dann aus einiger Ferne eine gleichmäßige rosenrote Farbe zu haben scheint. Der Baumstein (Dendrachat, zuweilen auch Mocha- oder Mokkastein) ist ein weißer oder grauer Chalcedon, in dessen Innerem sich braune, rote oder schwarze Dendriten finden, Bäume und Gesträucher nachahmende Zeichnungen, die dadurch entstanden, daß eisen- oder manganhaltige Lösungen auf feinen Spältehen sich ausbreiteten, darin verdun- steten und ihre färbenden Bestandteile in der angegebenen Form zurückließen. Eisenhaltig “sind die braunen und roten, manganhaltig die schwarzen Figuren dieser Art. Daß solche baumförmige Zeichnungen in der Tat entstehen, wenn auf feinen Spältehen Flüssigkeiten 622 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. sich ausbreiten, kann man durch Versuche mit gefärbten Lösungen zwischen zwei Glas- scheiben leicht nachweisen. Die Kunst des Schleifers, der einen solehen Baumstein ver- arbeiten soll, besteht darin, über der stets in einer ziemlich ebenen Fläche ausgebreiteten Zeichnung so viel wegzunehmen, daß diese vollkommen klar sichtbar, aber der Dauer- haftigkeit wegen doch noch von einer dünnen Chalcedonhaut bedeckt ist. Die Oberfläche des Steines ist eben oder etwas weniges gewölbt und der Umriß, je nach der Form der Figur, rund oder oval. Ein solcher Baumstein, der etwa zu einer Brosche gefaßt werden könnte, ist in Fig. 104 in natürlicher Größe abgebildet. Besonders schön sind gewisse seltene Baumsteine, bei denen der weiße oder graue Chalcedon wie beim Stephanstein von roten Punkten durchsetzt ist. er Ursprünglich sollen Baumsteine aus der Gegend von Mokka in Fig. 104, Baumstein Arabien, am Eingange in das rote Meer, zu uns gekommen sein und (Mokkastein). daher ihren Namen erhalten haben. In neuerer Zeit wird er vorzugs- weise aus Östindien gebracht, wo er, zusammen mit anderen Chalcedon- arten, sein Lager in einem vulkanischen, basaltartigen Gestein, dem sogenannten Dekkan- trapp hat (siehe bei Achat). Man findet schöne Stücke als Geschiebe im Fluße Dschumna, dann kommt er in Menge nördlich von Radschkot auf der Halbinsel Kathiawar (Gutscharat) und im Bette des Flusses Majam in der dortigen Gegend vor. Hier findet man Blöcke bis zum Gewichte von 40 Pfund von sphärischer, traubiger und mandelartiger Form, sowie abgerollte Geschiebe. Auch in Nordamerika kommt schönes schleifwürdiges Material an verschiedenen Stellen vor, so z. B. bei Central City in den Rocky Mountains. Der Baumstein ist um so wertvoller, je klarer und deutlicher die Form von Bäumen und Gesträuchern hervortritt; Steine mit unregelmäßigen schwarzen und braunen Flecken sind wenig geschätzt. Er kann auch künstlich nachgeahmt werden. Einem Obersteiner Achathändler ist es gelungen, auf der Oberfläche geschliffener Chalcedone schwarze Zeich- nungen der erwähnten Art dauerhaft herzustellen, welche die auf den meisten natürlichen Baumsteinen vorhandenen an Schönheit weit übertreffen, sonst aber von ihnen schwer zu unterscheiden sind. Eine Zeitlang wurden die Baumsteine viel benutzt und hoch bezahlt, wenn die Zeichnung die pflanzliche Form gut nachahmt; ein schöner Stein dieser Art kann bis 60 Mark kosten. Manchmal werden auch tierische Gebilde in derselben Weise nachgeahmt, z. B. Mücken; derartige Steine werden Mückensteine genannt; sie kommen aus Montana. Der Moosachat, ebenfalls vielfach Mokkastein genannt, ist durch mehr oder weniger zahlreiche Einschlüsse eines grünen Minerals ausgezeichnet, ebenso, wie es auch in manchen Bergkristallen vorkommt. Es sind meist langgezogene, vielfach ineinander verschlungene, wirre Knäuel bildende Härchen und Fäserchen, die nicht selten täuschend den Eindruck hervorbringen, als ob der Stein Moos eingeschlossen entbielte. Der danach so genannte Moosachat ist häufig in den vulkanischen Gesteinen, dem Dekkantrapp des west- lichen Ostindiens, zum Teil mit dem Baumstein zusammen, so u.a. bei Radschkot, wo er unregelmäßige Spalten im zersetzten Trapp ausfüllt. Er wird hier in Stücken von !/, bis 30 Pfund gewonnen. Bei Ratanpur kommt er gleichfalls vor und ebenso als Geschiebe in manchen Flüssen: Nerbudda, Dschumna, auch im Godavery usw. Seit einiger Zeit kommt grüner natürlicher, sowie gelber und roter künstlicher Moosachat aus China, der den anderen im Handel zum Teil verdrängt hat. Schöne Moosachate finden sich endlich auch in nicht geringer Menge in den Staaten Oregon, Utah, Wyoming (im 'Hart- ville-Distrikt in den Black Hills), Colorado und Montana in den Vereinigten Staaten. Enhydros. Besonders eigentümlich ist der als Schmuckstein allerdings nur wenig benutzte Enhydros (Wasserstein oder Hydrolith). Man versteht darunter flach ovale, N GEMEINER ÜHALCEDON. ENHYDROS. KARNEOL. 623 nieren- oder z. T. brotlaibförmige, also unten fast ebene, hohle, dünnwandige Knollen von durchscheinendem, beinahe farblosem Chaleedon, die teilweise mit einer Flüssigkeit (Wasser) erfüllt sind. Diese scheint durch die dünnen Wände durch, namentlich deutlich, wenn sie etwas bewegt wird, und schlägt beim Schütteln deutlich hörbar an diese an. Die Knollen liegen in vulkanischen Gesteinen, werden jetzt aber z. T. in tonigen Massen gefunden. Diese waren gleichfalls ursprünglich feste Gesteine dieser Art, die im Laufe der Zeiten allmählich vollständig verwitterten und so jene Tone bildeten. Die Enhydroskugeln, die in derselben Weise wie andere Chalcedone und wie es oben auseinandergesetzt wurde, in diesen vulkanischen Steinen entstanden, und die als Auskleidungen von Hohlräumen in dem Gestein mit einer dünnen Chalcedonschicht anzusehen sind, blieben dabei erhalten und können nun aus dem weichen tonigen Verwitterungsprodukte herausgegraben werden. Wäre man genötigt, sie aus dem harten Gestein herauszuschlagen, so würden sie wohl meist durch die Erschütterung zerspringen. Zuerst kannte man diese Bildungen vom Monte Tondo in den Colli Berici bei Vicenza in Öberitalien, wo sie als Seltenheiten, und kaum die Größe einer Nuß übersteigend, im verwitterten Basalt vorkamen. Schon Plinius berichtet hierüber. Gegenwärtig bringt man prächtige, meist halbhandgroße Exemplare in einiger Menge aus Uruguay; sie finden sich hier mit dem Achat zusammen in einem Melaphyr- mandelsteine. Einige Exemplare haben einen Durchmesser bis zu 1 Meter und ein Gewicht von mehreren Zentnern. Ebenso schöne Exemplare kommen zuweilen von der indisch- afghanischen Grenze, sowie von Neu-Süd-Wales. Setzt man einen solehen Enhydros der trockenen Luft aus, so verdunstet allmählich das Wasser. Unter gewissen Umständen wird es aber nachher in die leeren Knollen wieder aufgenommen, wenn man sie in ein Gefäß mit Wasser legt. Dabei erfolgt der Aus- und Eintritt der Flüssigkeit durch die Wände selbst, ohne daß Spalten oder größere Öffnungen darin vorhanden wären. Auch dieser Vorgang beweist die schon erwähnte große Porosität des Chaleedons, wenigstens mancher Exemplare desselben, und die Fähigkeit, sich mit Flüssig- keit zu durchtränken. Diese Entleerung und Füllung ist daher imstande, ein gewisses Licht auf die später zu betrachtende Bildung der Achatmandeln zu werfen. Wenn der Enhydros auch keine Wichtigkeit als Schmuckstein hat, so wird er doch zuweilen geschliffen. Die Außenwand kleiner bis haselnußgroßer Exemplare wird geglättet und poliert, was des leichten Zerbrechens wegen sehr vorsichtig geschehen muß. Man sieht dann die Flüssigkeit sehr deutlich im Innern des Steines sich bewegen. Solche Steine werden in Ringe, Nadeln usw. gefaßt, aber allerdings wohl mehr der Merkwürdigkeit wegen, als zum Schmuck getragen. Karneol. Der Karneol ist der rote Chaleedon (Taf. XX, Fig. 6). Er ist bald, wenigstens an- scheinend, ganz einheitlich gefärbt, bald unterscheidet man deutlich die einzelnen Lagen, aus denen er besteht und die häufig in der Färbung etwas voneinander verschieden sind. Karneole, auf denen infolge dessen eine deutliche, scharfe und bestimmte Streifung zu sehen ist, werden von den Steinschleifern in Idar Waekler genannt. Die charakteristische Farbe ist fleischrot, mehr oder weniger gesättigt, vom tiefsten Blutrot bis fast rein weiß und gelb. Es ist schon oben erwähnt, daß weiße Chaleedone auch weiße Karneole genannt werden, namentlich geschieht dies, wenn sie noch einen rötlichen oder gelblichen Schein zeigen. Sie sind mit den roten durch alle möglichen Übergänge verbunden. Zuweilen sind hellere und dunklere Flecken vorhanden, und nicht selten sind die Stücke außen an den Rändern dunkler und werden nach innen hin immer heller. Die schön dunkel und gleichmäßig gefärbten, von aller Streifung freien, stark durchscheinenden Steine heißen „Karneole vom alten Stein“ oder „männliche Karneole“. Für die besten gelten die, welche 624 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. beim Hindurchsehen tief blutrot sind, und an denen das auf der Oberfläche reflektierte Licht schwärzlichrot erscheint, die also, im auffallenden Lichte betrachtet, schwärzlichrot aussehen. Steine dıeser Art kommen aus Indien. Die heller roten und gelbroten werden „weibliche Karneole“ oder Karneole schlechtweg genannt. Die männlichen sind selten und wegen ihrer großen Schönheit sehr geschätzt. Unter vielen Tausenden von Karneol- stücken sind stets nur sehr wenige, die jene Bezeichnung wirklich verdienen, die anderen alle sind blaß, oder gelblich, oder bräunlich, oder graulich, oder gefleckt, oder sie sind durch Sprünge und Risse fehlerhaft. Alle Karneole aber sind, die Farbennuance mag sonst sein wie sie will, mehr oder weniger durchscheinend, im Gegensatze zu dem in der Farbe oft recht ähnlichen, aber vollkommen undurchsichtigen roten Jaspis. Die Farbe des Karneols rührt nicht, wie man früher wohl glaubte, von organischen Substanzen, sondern von Eisenverbindungen her. Vorwiegendes Eisenoxyd färbt mehr rot, Eisenhydroxyd mehr braun und gelb. Beim Erhitzen verliert das letztere sein Wasser; es bildet sich Eisenoxyd, und damit geht das Gelb in ein mehr oder weniger reines Rot über. So erhalten viele Steine erst beim Erhitzen ihre eigentliche Karneolfarbe, und viele, die im natürlichen Zustande unscheinbar gelb und zum Schmuck unbrauchbar sind, erlangen in der Hitze mit der roten Farbe ihre Schönheit und einen oft nicht geringen Wert. Diese Farbenveränderung ist nur möglich und eine intensivere Färbung überhaupt nur dann vorhanden, wenn der Stein von Natur eine nicht zu geringe Menge Eisen enthält. Zu wenig von jenen Eisenverbindungen gibt immer eine blasse unscheinbare Farbe, die sich auch beim Glühen nicht in ein intensives Rot verwandelt. Deshalb ist es zuweilen wünschenswert, noch etwas Eisen zuzuführen. Dies geschieht, indem man die Stücke zuerst mit einigen eisernen Nägeln zusammen in Salpetersäure erwärmt. Das Eisen der Nägel löst sich dabei auf, und die eisenhaltige Flüssigkeit wird von dem porösen Steine aufge- saugt, der nunmehr, wenn er geglüht wird, eine schöne rote Farbe annimmt. Es genügt auch, die Steine vor dem Erhitzen mit einer Lösung von Eisenvitriol zu tränken, was jeden- falls einfacher und ebenso wirksam ist. Bei allen diesen Versuchen hat man zu hohe Steigerung der Temperatur zu vermeiden. Bei zu starkem Glühen wird der Karneol weib und matt und kann dann leicht zu Pulver zerrieben werden. Der Karneol kommt in derselben Weise in der Natur vor wie der gemeine Chalcedon und der Achat, bald als Überzug mit rundlicher Oberfläche, bald als Ausfüllung von Spalten und anderen Hohlräumen, namentlich von Mandelräumen in vulkanischen Gesteinen, sodann nach der Verwitterung der letzteren als rundliche Knollen oder unregelmäßige Bruchstücke lose im Boden oder auch als abgerollte Geschiebe im Sande und Kiese der Bäche und Flüsse. So ist der Karneol auch bei uns ziemlich verbreitet, aber derjenige, der in den Steinschleifereien verarbeitet wird, stammt fast ausschließlich aus Indien, Brasilien und Uruguay, wo er mit Chalcedon anderer Art, namentlich mit Achat zusammen gefunden und gesammelt wird. Die allgemeinen Verhältnisse des Vorkommens werden unten bei der Betrachtung des Achats auseinandergesetzt werden; der speziellen Fundorte schöner Karneole soll hier kurz Erwähnung geschehen. In Indien findet man in den Bergen von Radschpipla, und zwar bei Ratanpur am unteren Nerbudda (Fig. 41), bis zu 3 Pfund schwere abgerollte Steine. Diese haben in den Gruben, in denen man sie gewinnt, alle möglichen Farben, schwärzlich, olivenfarbig, milch- weiß) usw., rot ist aber fast keiner. Die schöne rote Farbe kommt erst beim Erhitzen zu- stande, das teils durch längeres Liegen an der Sonne, teils im Feuer bewirkt wird. Dabei werden namentlich die im rohen Zustande olivenfarbigen Stücke schön rot, und geben die in der Nachbarschaft, in Cambay westlich von Baroda vielfach geschliffenen, besonders geschätzten Karneole. | KARNEOTL. 625 Diese Gruben sind aber nicht die einzigen, auch nördlich von Baroda am Mahifluß liegen Gräbereien, und noch an zahlreichen anderen Stellen des vulkanischen Gebietes des westlichen Indiens kommt das Mineral vor, wenn es auch nicht überall gesammelt und geschliffen wird. Vielfach findet sich der Karneol auch als Geschiebe in den Flüssen, überall in Gesellschaft mit anderen Chalcedonarten, von Jaspis usw. Ein ganz ähnliches Vorkommen ist in Bengalen in den vulkanischen Radschmahalhügeln am Ganges, das aber, wie es scheint, geringere kommerzielle Wichtigkeit besitzt. In Südamerika ist als Fundort von Karneol vorzugsweise das Campo de Maia bekannt, 50 Meilen südlich vom Rio Pardo, der bei Porto Alegre in das dortige Haff mündet. Die aus dieser Gegend stammenden Steine sind meist durch eine ziemlich regelmäßige Kugel- gestalt ausgezeichnet. Überall, wo dort Achat vorkommt, ist er von Karneol begleitet, so daß dieser eine ziemliche Verbreitung hat. Andere Fundorte schöner Stücke, die gelegentlich genannt werden, liegen in Surinam, bei Warwick in Queensland, in Sibirien usw., aber sie alle haben den indischen und brasilianischen gegenüber keine Bedeutung. In früheren Zeiten wurde in Japan viel einheimischer Karneol zu durchbohrten Perlen verarbeitet, die auf Schnüre aufgezogen wurden. Sie spielten in dem ehemaligen Handel der Holländer mit diesem Lande eine gewisse Rolle. Verarbeitet wird der Karneol in ähnlicher Weise wie der gemeine Chalcedon zu ver- schieden gestalteten runden, ovalen, eckigen usw. Steinen mit ebener oder flach schildförmiger Oberfläche mit und ohne Facetten und zu den anderen bei der Betrachtung des Chaleedons genannten Gegenständen. Er ist im allgemeinen weniger spröde als dieser und eignet sich daher besser auch zum Gravieren. Ringstene und andere Schmucksteine werden vielfach mit einer Gold- oder Silberfolie versehen, die den Glanz und die Farbe bedeutend hebt; der Verbrauch, namentlich zu billigen Schmucksachen, ist nicht unbedeutend, jeden- falls wohl stärker als der des eigentlichen Chalecedons. Auch schon im Altertum wurde Karneol vielfach verwendet. Wie wir gesehen haben, geht die Farbe des Karneols vielfach ins Braune. Aus- gesprochen hell- bis dunkelbraune Stücke, oft schön und glänzend kastanienbraun, sowie solche, deren Braun mehr oder weniger ins Orangefarbige zieht, bis fast schwarze haben den besonderen Namen Sarder (oder Sard) erhalten. Eine scharfe Grenze zu dem roten Karneol ist aber nicht vorhanden; bei manchen Stücken kann man zweifelhaft sein, ob man sie in der einen oder der anderen Weise benennen soll. Als der schönste Sarder wird der angesehen, der bei einem ausgesprochenen, aber doch etwas ins orangefarbige gehenden Braun, gegen das Licht gehalten, schön rot durchscheint. Manche Stücke werden durch Erhitzen besser gefärbt und erhalten zuweilen erst dadurch ihr charakteristisches glänzendes Braun. Nicht selten sind die Steine mit zahlreichen undurchsichtigen Punkten von dunklerer Farbe durchsetzt; diese Abart wird als „sandiger Sarder“ bezeichnet. Schöner Sarder kommt nicht viel vor und ist recht wertvoll. Er findet sich an den genannten Fundorten des Karneols und mit dem noch zu betrachtenden Achat zusammen und wird mit diesen beiden zusammen gewonnen. Gegenwärtig ist ein Mittel bekannt und wird viel angewendet, Chalcedon auf künstlichem Wege schön, tief und gleichmäßig braun zu färben, wie wir bei der Betrachtung des Achats noch weiter sehen werden. Der- artige gefärbte Steine dienen jetzt unter dem Namen Sarduin vielfach als Ersatz für den natürlichen Sarder, hinter dem sie in keiner Weise zurückstehen. Auch der echte Sarder war schon im Altertum sehr beliebt. Er wurde aus Indien nach Griechenland über Sardes eingeführt, daher der Name. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 40 626 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Plasma und Heliotrop. Plasma heißt der grüne Chalcedon. Die Farbe ist meist dunkellauchgrün (Taf. XVIII, Fig. 6, ohne die roten Punkte), seltener heller, apfelgrün und ganz ins Weiß verlaufend, zuweilen mit gelben und weißen Flecken. Die färbende Substanz ist die sogenannte Grünerde, eine dem Chlorit oder dem Glimmer ähnliche Substanz, oder manchmal grüner Asbest, ähnlich dem, der auch in dem Moosachat enthalten ist. Aber während man es bei diesem mit einzelnen grünen Einschlüssen in der sonst farblosen Substanz zu tun hat, ist beim Plasma der ganze Stein gleichmäßig von Körnchen und Schüppchen dieser Minerale durchsetzt und infolgedessen durch die ganze Masse hindurch übereinstimmend gefärbt. Das Plasma ist der vielen Einschlüsse wegen viel weniger durchscheinend als der übrige Chaleedon und nähert sich dadurch im Aussehen dem grünen Jaspis, mit dem es auch den wenig splittrigen, fast glatten Bruch gemein hat. Bei der mikroskopischen Untersuchung erweist sich das Mineral aber als ebenso faserig wie echter Chalcedon, und dadurch ist es wesentlich von dem feinkörnigen grünen Jaspis unterschieden, wenn es auch zuweilen unmöglich ist, ein vorliegendes Stück durch bloßes Ansehen mit Sicherheit als das eine oder andere zu erkennen. Das Plasma war früher nur verarbeitet aus den Trümmern des alten Rom und anderer römischer Niederlassungen bekannt gewesen, und man weiß heute noch nicht, woher die Römer das Rohmaterial erhalten haben. Später hat man das Mineral dann an verschiedenen Orten gefunden, und gegenwärtig kommt es in einiger Menge aus Ostindien, wo es beson- ders schön und häufig, ganz ähnlich wie Karneol, in den vulkanischen Gesteinen des Dekkan sich findet, namentlich in der Gegend südlich vom Fluße Bhima (Fig. 41) in Haiderabad, ferner als Geschiebe in dtesem Flusse, im Kistnah, Godavery und anderen. Sehr ähnlich ist der sog. grüne Avanturin von dort, der über Bombay in den Handel kommt. Auch am ersten Nilkatarakt in Oberägypten soll schönes Plasma gefunden werden. Plasma, öl- und lauchgrün, zuweilen von seltener Schönheit liefert auch der Schwarzwald, wo es, abwechselnde Schalen bildend, mit Chaleedon, Quarz und anderen Mineralien in den Porphyrkugeln am Hauskopf und Eckefels bei Oppenau vorkommt. Ein anderer Fundort von Plasma in jener Gegend ist auch der Sauersberg bei Baden-Baden, wo das Mineral gleichfalls in Porphyrkugeln eingeschlossen ist. Für die Edelsteinschleiferei ist aber das Schwarzwälder Plasma ohne größere Bedeutung. Gleichfalls ein grüner Chaleedon ist der Heliotrop, der auch als orientalischer Jaspis oder als Blutjaspis oder Blutstein bezeichnet wird. Er ist vom Plasma nur dadurch unterschieden, daß der grünen Masse schöne blutrote Punkte, Flecken oder Streifen ein- gesprengt sind (Taf. XVIII, Fig. 6). Diese wurden mit Blutstropfen verglichen und daher rührt der erwähnte Namen Blutjaspis. In einer vielgenannten Skulptur aus Heliotrop, die in der Nationalbibliothek in Paris aufbewahrt wird und welche die Geißelung Christi dar- stellt, sind diese roten Punkte mit großer Kunst zur Darstellung der Blutstropfen auf den Gewändern benutzt worden. Der Stein gilt für um so wertvoller, je schöner rot die Punkte sind, je mehr sie sich in der Größe gleichen und je regelmäßiger sie auf dem grünen Hintergrunde verteilt sind. Rote Streifen oder größere rote Flecken sind weniger beliebt. Stets ist hierbei wie auch beim Plasma eine schöne, tiefe, gleichmäßig grüne Grundmasse vorausgesetzt. Diese ist durchweg erheblich weniger durchscheinend als die eingesprengten roten Partien. Auch gelbe Punkte und Flecken statt der roten finden sich zuweilen in der grünen Grundmasse; diese Abart des Heliotrop ist aber viel weniger schön, sie ist daher nicht sehr geschätzt und wird kaum zu Schmucksteinen be- nutzt. Dagegen wird der rot punktierte Heliotrop wie das Plasma zu Ring- und Nadel- steinen, Broschen und ähnlichen Schmucksachen, aber auch zu kleinen Gefäßen, Etuis usw. PrasmA. HELIoTRoP. ACHAT. 627 verarbeitet. Das Rohmaterial stammt wohl fast ausschließlich aus Ostindien, wo es mit Chalcedon, Achat, Karneol, Plasma usw. zusammen vorkommt. Namentlich wird als Fundort die Gegend nördlich von Radschkot auf der Halbinsel Kathiawar, westlich von Cambay, und die von Puna südöstlich von Bombay genannt; am ersteren Orte sollen bis 40 Pfund schwere Stücke vorkommen. Es wird vielfach angegeben, daß diese oder andere ähnliche Steine über Caleutta nach Europa ausgeführt werden. Dies ist für Steine, die aus dem westlichen Indien stammen, wenig wahrscheinlich, vielleicht werden über Cal- eutta Produkte von östlicher gelegenen Gegenden, etwa von den Radschmahalhügeln am Ganges exportiert; über das dortige Vorkommen ist aber näheres nicht bekannt. Neben den ostindischen sind die europäischen Vorkommnisse ohne Bedeutung. Neuerer Zeit wurden aber schöne Heliotrope aus Australien bekannt. Auch von Brasilien kommen zahlreiche Exemplare, die dort den Karneol, Achat usw. begleiten. Viel schöner Heliotrop findet sich auch bei Chugwater, 50 miles nordwestlich von Cheyenne in Wyoming. Achat. Der Achat ist der wichtigste aller Chalcedone, derjenige, der am allerhäufigsten ver- arbeitet und am meisten benutzt wird. Es ist der gestreifte Chalcedon, dessen einzelne übereinanderliegende Schichten deutlich verschieden sind und der daher auf Bruchflächen eine mehr oder weniger ausgesprochene Bänderung erkennen läßt. Die Schichten sind in ihrem durch Färbung und Durchscheinenheit bedingten Aussehen einander oft sehr ähnlich, so daß das ganze Stück ziemlich einheitlich erscheint; häufig weichen sie aber auch sehr stark voneinander ab, dann tritt die Streifung und Bänderung besonders deutlich hervor. Die Dicke dieser Lagen ist meistens auf ihrem ganzen Verlauf dieselbe und in allen Fällen außerordentlich gering, wie man besonders sieht, wenn man eine dünngeschliffene Platte unter dem Mikroskop untersucht. Der englische Physiker Brewster hat auf diese Weise in einem Achat auf 1 Zoll Dicke 17000 einzelne wohl unterschiedene und scharf gegeneinander abgegrenzte Schichten gezählt. Allerdings ist die Dieke nicht immer so gering. Die Folge dieser äußerst feinschaligen Struktur ist, daß an manchen senkrecht zu den Schichten geschliffenen, recht dünnen Platten mit sehr feinen Lagen beim Hindurch- sehen nach dem Lichte Regenbogenfarben auftreten, da die hindurchgehenden Lichtstrahlen an den feinen Streifen ein Gitter- oder Beugungsspektrum erzeugen. Achate, an denen dies der Fall ist, werden Regenbogenachate genannt; sie haben als Schmucksteine aber keine Bedeutung. Die Durchscheinenheit der einzelnen Lagen ist sehr verschieden; sie schwankt zwischen beinahe durchsichtig und so gut wie undurchsichtig. Die Farben, die beim Achat auf- treten, sind dieselben wie beim Chaleedon überhaupt. Manche Schichten sind fast farb- los, milchweiß und dann stets so gut wie undurchsichtig; oder sehr licht gefärbt, grau- lich, blaulich, gelblich, bräunlich. Andere sind intensiver und mit einer ausgesprochenen Farbe versehen: gelb, rot, braun, grau, während grün und blau selten vorkommen. Jede einzelne Schicht ist meist auf ihrer ganzen Erstreckung gleich gefärbt, sie gehört also einer der im Vorhergehenden betrachteten, nach ihrer Farbe besonders benannten Chalcedonvarietäten an; die lichtgefärbten stimmen ganz mit dem gemeinen Chalcedon, die roten mit dem Karneol, die braunen mit dem Sarder usw. überein. Man sagt daher auch wohl, daß beim Achat die verschiedenen einheitlich gefärbten Chalcedonvarietäten lagen- weise miteinander abwechseln. Umgekehrt sieht man nicht selten, daß die letzteren aus lauter gleich oder nahezu gleich gefärbten dünnen Lagen bestehen, wie z. B. der oben erwähnte Wackler. Zuweilen unterscheidet man Chalcedon-, Karneol- usw. Achat, je nach dem in dem Stück der Chalcedon, Karneol usw. an Menge überwiegt. Auch der Jaspis- 40* 628 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Achat (Jaspachat), von dem früher schon die Rede war, gehört zum Teil hierher, bei ihm wechseln durchscheinende Chalcedonpartien mit undurchsichtigen Jaspispartien ab. Auf der Farbenverschiedenheit, auf dem angenehmen Gegensatz zwischen den ver- schiedenen Schichten in bezug auf die Färbung beruht die Schönheit des Aussehens und also die Verwendbarkeit des Achats zum Schmuck. Nach ihrer Schönheit und nament- lich nach dem Grade ihrer Durchscheinenheit unterscheidet man auch die Achate zu- weilen als „orientalische“ und „oceidentalische*. Die ersteren sind die schön gefärbten und stark durchscheinenden, die letzteren die minder ausgezeichneten. In ihrem natür- lichen Zustande sind die meisten Achate allerdings unansehnlich und licht gefärbt, so daß sie zur Herstellung von Schmucksteinen sehr wenig geeignet erscheinen; nur bei verhältnismäßig wenigen ist die natürliche Farbe kräftig und intensiv genug, besonders Rot in verschiedenen Nuancen, auch Gelb und Braun. Man kann aber den Achaten wie anderen Chalcedonen alle möglichen schönen Farben künstlich mitteilen, wie wir bei der Betrachtung der Art und Weise der Verarbeitung in den Schleifereien eingehender sehen werden. Die einzelnen Lagen, aus denen die Achate bestehen, bilden namentlich auf angeschlif- fenen Flächen verschiedene Zeichnungen, indem sie, bald in gerader Richtung, bald mannig- faltig gebogen und geknickt und in der verschiedenartigsten sonstigen Weise verlaufen, wie das die beiden Figuren auf Taf. XIX für einige Beispiele zeigen. Hierdurch werden vielerlei Gegenstände in ihrem Aussehen nachgeahmt und danach hat man die Achate mit verschiedenen Namen belegt. Beim Bandachat sind die einzelnen Lagen untereinander parallel entweder ganz eben oder stetig gebogen, ohne stark aus- und einspringende Stellen. Auf Schlifflächen senkrecht zu den Schichten bilden diese eine regelmäßige geradlinige oder gebogene Bänderung. Ein solcher Bandachat, in dem milchweiße trübe Lagen mit andersgefärbten in scharfer Abgrenzung abwechseln, heißt im allgemeinen Onyx (Taf. XX, Fig. 5°’). Je nach der Farbe der neben den weißen auftretenden Streifen unterscheidet man verschiedene Unter- abteilungen desselben. Wechseln die weißen Schichten mit schwarzen ab, dann hat man den kurzweg so genannten Onyx im engeren Sinne. Grauliche wie der gemeine Chalcedon, also sehr licht gefärbte Schichten neben den weißen geben den Chaleedonyx, rote und weiße den Karneolonyx, braune und weiße den Sardonyx. Der Onyx in seinen verschiedenen Abarten ist bei der Verarbeitung der Achate von ganz besonderer Bedeutung; wir werden unten daher darauf noch weiter zurückzukommen haben. Eine spezielle Modifikation des Bandachats ist der Kreisachat, wo die Streifen einzelne verschiedenfarbige runde Ringe von größerem oder kleinerem Durchmesser bilden, die um einen Mittelpunkt herumlaufen. Hat die mittlere Partie eine besondere, namentlich eine dunkle Farbe, dann ist das Aus- sehen eines solchen Ringes oft nieht unähnlich dem eines Auges, daher für solehe Steine der Name Augenachat. Eine Art von Kreisachat kann auch künstlich aus anderem Achat oder Chalcedon nachgeahmt werden. Man setzt die Spitze eines Stahlstäbehens, eines sog. Körners, auf die geschliffene Fläche eines solchen und übt auf dieses einen kräftigen Hammerschlag aus. Dann entsteht um die Ansatzstelle der Spitze herum ein System von konzentrischen Kreisen, die dem Stein ein ganz hübsches Aussehen geben. Haben die Streifen aus- und einspringende Ecken, vergleichbar mit den Bastionen eines Festungswerkes, dann heißt der Achat Festungsachat (Fortifikationsachat). Beim Landschaftsachat sieht man Zeichnungen, die an ein Landschaftsbild erinnern, und wenn die Streifen Ruinen nachahmen, was besonders bei dem unten noch zu betrachtenden Trümmerachat der Fall ist, dann nennt man ihn Ruinenachat. Der Wolkenachat zeigt wolkenartig gestaltete trübe Stellen auf einem besser durchscheinenden Hintergrunde; beim Sternachat sieht man sternförmige Figuren; der Muschel- oder Korallenachat: ACHAT. VORKOMMEN. 629 erweckt den Anschein, als hätte man es mit versteinerten Muscheln und Korallen zu tun, was allerdings auch tatsächlich zuweilen vorkommt. Es gibt noch eine Anzahl solcher Namen, die meist leichtverständlich sind. Da sie keine große Bedeutung haben, werden sie hier nicht weiter erwähnt. Was das Auftreten des Achats in der Natur anbelangt, so findet er sich als Seltenheit gangförmig, Spalten im Gestein ausfüllend. Hierher gehört das Vorkommen von Halsbach bei Freiberg in Sachsen, wo der Gang besonders Korallenachat führt, und vor allem das von Schlottwitz bei Wesenstein im Müglitztale in Sachsen (Amtshauptmann- schaft Dippoldiswalde). Hier hat man es mit einem ausgezeichneten Bandachat zu tun, dessen feine und lebhaft gefärbte Lagen den Wänden der Spalte parallel gehen, in der neben dem Achat auch gemeiner Chalcedon, Jaspis, Quarz und Amethyst vorkommt. An einer Stelle ist auf der einen Seite die Ausfüllung der Spalten durch den Gebirgsdruck vollkommen zertrümmert worden und die einzelnen scharfkantigen Fragmente, namentlich von Achat, sind durch Amethyst zu einer festen Masse wieder verkittet, die durch ihre Farbenkontraste ein sehr hübsches Aussehen zeigt. Dies ist der vielgenannte Triimmer- achat, dessen Achatbruchstücke zuweilen Ruinen von Gebäuden nachahmen, daher der schon erwähnte Name Ruinenachat. Der Trümmerachat ist 1750 gefunden, in Menge gewonnen und wie andere sächsische Achate, so z. B. der aus dem Porphyr stammende Altendorfer und Rochlitzer, zu allen möglichen Sachen verarbeitet worden. Aus dem Korallenachat von Halsbach bereitete man früher einen schönen rosenroten Streusand. (Gegenwärtig sind die Gruben meist nicht mehr zugänglich, da sie beinahe immer unter Wasser stehen. Allermeist erfüllt aber der Achat rundliche Blasenräume, in gewissen vulkanischen Gesteinen, so in manchen Porphyren, Basalten usw., namentlich aber in vielen Melaphyr- mandelsteinen. Es sind dieselben länglich ovalen Hohlräume, die sogenannten Mandel- räume, die wir schon bei der Betrachtung des Vorkommens des Amethysts kennen gelernt haben, die auch die Hauptmasse des Achats beherbergen. Im Gegensatze zu dem auf Spalten vorkommenden Achat wird dieser als Mandelachat bezeichnet; er ist der wich- tigste aller Achate, da er fast allein den Schleifereien das Material liefert. Solche Mandeln, die überwiegend aus Achat bestehen, werden Achatmandeln genannt. Sie haben fast stets eine sehr rauhe, löcherige Außenfläche und eine kugelige, birn- mandel- oder brotlaib- förmige Gestalt. : Der Aufbau dieser Mandeln ist so, daß die Lagen des Achats, der sie zusammensetzt, meist mehr oder weniger genau parallel der Wand der Mandelräume verlaufen. Ist dies in vollkommener Weise der Fall, dann entsteht der Bandachat; auf kleinen Abweichungen hiervon beruhen die verschiedenen anderen Achatvarietäten, die nach dem Verlaufe der Streifen auf den Schlifflächen in der oben angegebenen Weise unterschieden worden sind. Eigentümlich ist das Verhalten, das viele aus Südamerika stammende Mandeln zeigen. Die Lagen folgen ganz regelmäßig der Wand des Mandelraumes, biegen aber an einer Stelle plötzlich um und gehen ganz geradlinig quer durch den Mandelraum hindurch bis zur entgegengesetzten Wand, wie Fig. b, Taf. XIX, zeigt. Dieses Verhalten ist nur am südamerikanischen Achat zu beobachten. Bei dem von anderen Fundorten, aber auch bei vielen südamerikanischem Mandeln gehen die Chaleedonschichten ununterbrochen rings herum und folgen überall den Wänden der Mandeln, wie es in Fig. a, Taf. XIX, dargestellt ist. Achate wie in Fig. b werden von den Idarer Steinschleifern wohl auch als Sardonyx und die ebenen Lagen unten in der Figur als Sardlagen bezeichnet. Der Achat grenzt in den Mandeln nur selten unmittelbar an das Gestein an; sehr häufig ist eine meist dünne Schicht eines grünen, erdigen, chlorit- oder glimmerähnlichen Minerals dazwischen, die sogenannte Grünerde, die sich auch in dem Moosachat einge- 630 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. schlossen findet und die das Plasma und den Heliotrop grün färbt. Nach der Grünerde- schicht folgt, Lage auf Lage, der Achat, aber selten bis ins Innerste hinein, den ganzen Mandelraum erfüllend. Meistens bleibt innen ein leerer Raum, dann wird die Mandel wohl auch eine Geode genannt. Gegen diesen inneren Hohlraum ist der Achat zuweilen mit einer nierenförmigen oder traubigen Oberfläche abgegrenzt, wie sie dem Chalcedon in allen seinen Varietäten eigen zu sein pflegt, oder er hängt in tropfsteinähnlichen Zapfen von oben her in den leeren Raum hinein. Zuweilen ıst dieser dann schließlich noch von zuletzt gebildeter Achatmasse vollends ausgefüllt worden, in die nun die Zäpfchen des früher gebildeten Achats röhrenförmig hineinragen. Dies ist der sogenannte Röhrenachat. Aber in den seltensten Fällen beherbergt eine solche Mandel nur Achat; meist sitzt auf der innersten Achatschicht eine dünnere oder dickere Lage von kristallisiertem Quarz, oft von Ame- thyst, der seine Endspitzen in den innersten leer gebliebenen Raum hineinsteckt, oder diesen auch als kristallinisch derbe Masse vollkommen erfüllt (Taf. XIX, Fig. b, oben). Bald ist in einer solchen Mandel das meiste Achat und nur wenig oder auch gar kein Amethyst; bald ist umgekehrt nur eine dünne Schicht von Achat vorhanden und der Mandelraum in der Hauptsache erfüllt von Amethyst, dessen Vorkommen in dieser Weise schon oben ($. 593) erwähnt wurde. Je nachdem pflegt man von Achat- und Amethyst- mandeln zu sprechen; Amethyst- und Achatmandeln sind also nichts wesentlich Ver- schiedenes, sondern nur besondere Ausbildungsformen einer und derselben Erscheinung, nämlich von Mandelausfüllungen mit Kieselsäuremineralien. Häufig ist auch der Ame- thyst noch nicht das Innerste; auf dessen Kristallen sitzen in zahlreichen Fällen noch solche von Kalkspat und anderen Mineralien, besonders von wasserhaltigen Sılikaten aus der Gruppe der Zeolithe, die aber hier nicht eingehender besprochen zu werden brauchen. In vielen Achatmandeln sind auf manchen Durchschnitten, die durch das Innere hin- durchgelegt werden, noch gewisse Besonderheiten zu erkennen, die für die Erklärung der Ausfüllungsweise dieser Mandeln von Wichtigkeit sind. An einigen Stellen unterbrechen nämlich die Achatschichten ihren Lauf parallel der Mandelwand, biegen von beiden Seiten her scharf um und ziehen sich direkt auf die Mandelwand zu, zwischen sich einen meist nur schmalen Kanal lassend, wie es Fig. a, Taf. XIX oben links zeigt. Von diesen Kanälen, die man Spritzlöcher nennt, findet man bei genauer Untersuchung an jeder Mandel mindestens einen, sehr häufig sind deren aber auch mehrere vorhanden, wie in der erwähnten Figur a. Die Spritzlöcher erstrecken sich vom Innern der Mandel bis an die Mandelwand, an der sie aufhören. Ihre äußere Mündung ist zuweilen durch eine trichterförmige Vertiefung an der Außenseite der Mandeln deutlich zu erkennen, zuweilen liegen sie auch mehr ver- steckt und treten nur auf den Durchschnitten hervor. Bald sind diese Kanäle leer und ver- binden das hohle Innere der Mandeln mit ihrer äußeren Begrenzungsfläche; bald sind sie aber auch vollständig mit Achatsubstanz erfüllt, und zwar mit derselben, die auch in der Mandel die innerste Stelle einnimmt und die sich durch den Kanal hindurch bis zur äußeren Grenze der Mandel hinzieht. Die ganze Beschaffenheit der Achatmandeln und die Art und Weise ihres Vor- kommens gibt ohne große Schwierigkeit eine Erklärung ihrer Entstehung, die alle Einzelheiten der Erscheinungsweise zu deuten imstande ist und die wir hier wenigstens in ihren Grundzügen betrachten. Zuerst haben wir aber noch eine Eigentümlichkeit des Vorkommens kennen zu lernen, die darin besteht, daß ausgefüllte Mandeln fast nur in solehen der genannten Gesteine sich finden, die schon stark verwittert und dadurch eines Teiles ihrer Bestandteile beraubt sind. Je weiter die Zersetzung vorgeschritten ist, die vielfach bis zur völligen Erweichung des Gesteins geht, desto mehr pflegen die Mandel- Tafel XIX. en a RE EEE 2 5 FEN TPM re, ERAr (eg Su u LI I Achat. a. von Oberstein, d. von Brasilien. ACHAT. VORKOMMEN. BILDUNG. FUNDORTE. 631 räume gefüllt zu sein, je weniger zersetzt jenes ist, desto weniger Achat findet sich in diesen Höhlungen, und in ganz frischen unveränderten Gesteinen sind sie meist voll- kommen leer. Hieraus folgt unzweifelhaft, daß das Material, das die Mandelräume erfüllt, die Kiesel- säure, wenigstens zum Teil den Gesteinen entnommen ist, die die Mandeln beherbergen. Das die Verwitterung vermittelnde Wasser hat Kieselsäure neben anderen Bestandteilen dieser Gesteine aufgelöst uud sie dann in den Hohlräumen wieder abgesetzt. Aber die Schiehtung der Mandeln zeigt, daß diese Ablagerung nicht kontinuierlich und ununter- brochen vor sich gegangen ıst, sondern dab zwischen der Bildung von je zwei aufeinander folgenden Lagen eine mehr oder weniger lange Pause stattgefunden hat, sonst hätte die ganze Mandel eine vollkommen gleichmäßige, ungeschichtete Masse bilden müssen. Um diese Schichtung und die daraus zu schließende unterbrochene Ausfüllung zu erklären, hat man intermittierende, nur mit Pausen fließende, heiße Springquellen, etwa von der Art der bekannten Geysirs zu Hilfe genommen, wie sie unter anderen auf der Insel Island und im nordamerikanischen Nationalpark am Yellowstone River in so ausgezeich- neter Weise zu beobachten sind. Das wesentlichste dabei ist, daß warmes oder heißes Wasser aus der Tiefe aufsteigt, die Gesteine durchtränkt, später aber wieder zurücksinkt, so dal die Gesteine wieder trocken werden. Dieses Wasser zersetzte die ganze Gesteins- masse, durch die es hindurchging, belud sich allmählich mit Kieselsäure und bildete eine Kıieselsäurelösung. Wenn die Gesteine Mandelräume enthielten, so drang das emporsteigende heiße Wasser in diese ein und füllte sie aus. Beim Zurücksinken entleerten sich die Mandelräume, aber an der Wand blieb ringsum eine Schicht kieselsäurehaltigen Wassers hängen. Dieses erkaltete und verdunstete zum Teil und setzte so eine dünne Kieselsäurehaut ab, die erste, der Wand des Mandelraumes nächstgelegene Achatschicht. Eine zweite Füllung der Hohlräume bei dem nächstfolgenden Aufsteigen der Quelle gab dıe zweite Haut und so jedes Aufsteigen und Zurückweichen des Wassers eine neue dünne Schicht bis zu der mehr oder weniger vollständigen Ausfüllung der Mandelräume, wobei die Flüssigkeit durch die Spritzlöcher, aber wohl auch durch den porösen Achat selbst, ein- und wieder austrat. Selbstverständlich mußten auf diese Weise auch Spalten und .andere Hohlräume in den Gesteinen mit Achat usw. erfüllt werden. Die Größe der so entstandenen Mandeln entspricht natürlich genau der der Mandel- räume. Sie geht von der einer Erbse oder Haselnuß bis zu den schon erwähnten be- deutenden Dimensionen. Das Gewicht der Mandeln hängt außer von der Größe noch von der mehr oder weniger vollständigen Ausfüllung derselben ab. Die schwerste Mandel, die bisher bekannt geworden ist, wiegt ungefähr 40 Zentner; sie stammt aus Brasilien. In dieser Weise findet man Achat an sehr zahlreichen Orten; nur an wenigen kommt er aber in solcher Menge und Schönheit vor, daß er von Bedeutung für die Herstellung von Schmuckwaren ist. Nur von diesen Fundorten kann hier die Rede sein. Am wichtigsten war früher das Vorkommen in den Nahegegenden, besonders in dem jetzt oldenburgischen Fürstentum Birkenfeld und den umliegenden preußischen Gebiets- teilen. Ein Teil dieses Landstriches gehörte früher zu Pfalz-Zweibrücken, weshalb man auch jetzt noch zuweilen die unrichtige Angabe findet, die Fundorte dieser Achate lägen in der Pfalz oder bei Zweibrücken. Melaphyre und Mandelsteine sind dort sehr verbreitet, und fast überall enthalten die letzteren Achat, wenn auch nicht überall in gleicher Schönheit. Sehr ausgezeichnet sind die Exemplare von der Struth bei Oberstein und vom Galgen- berg bei Idar, beide Orte, der erstere an der Nahe, der andere dicht dabei in dem kleinen Seitentälchen des Idarbaches gelegen; ferner die vom Rosengarten am Weißelstein bei St. Wendel auf preußischem Gebiete und von manchen anderen Stellen. Jahrhunderte- 632 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. lang wurden diese Achate systematisch gegraben und in den zahlreichen Schleifereien der dortigen Gegend, besonders in Oberstein und Idar, verarbeitet, die wie noch jetzt, die ganze Welt mit Achatwaren versorgten. Gegenwärtig sind diese Fundorte im Wesent- lichen erschöpft. Wir werden auf diese wichtige Industrie noch weiter zurückkommen. Andere europäische Fundorte, aber von weit geringerer Bedeutung sind im nördlichen Böhmen, wo der Achat in den Mandelsteinen am Jeschkenberg bei Friedstein, am Kosa- kower Gebirge bei Semil, am Tabor-Gebirge und am Morzinower Berg bei Lomnitz, sowie im Lewiner Gebirge bei Neu-Paka vorkommt, außerdem aber auch, aus den Gesteinen ausgewittert, lose im Erdboden und als Geschiebe in den Flüssen (Iser und Elbe). Das hier gefundene Material, nicht nur eigentlicher Achat, sondern auch Karneol und andere Chalcedonvarietäten, Jaspis usw. wird in den Schleifereien von Turnau, Liebenau Gab- lonz usw. verarbeitet. Viel wichtiger als diese und andere europäische Vorkommnisse sind aber jetzt einige außereuropäische, namentlich die südamerikanischen und zum Teil auch die ostindischen. Besonders die ersteren sind für die Achatindustrie von Idar und Oberstein von größter Bedeutung geworden, da sie nach völliger Erschöpfung der einheimischen Fundstätten dieser die überwiegende Menge des Rohmaterials liefern, und zwar solches von ausgezeichneter Beschaffenheit. In Südamerika ist die brasilianische Provinz Rio Grande do Sul und das südlich anstoßende Uruguay die Heimat der Achate, die vielfach unabhängig von ihrer speziellen Herkunft als „brasilianische Achate“ bezeichnet werden. In ihrer Begleitung finden sich die schon früher erwähnten kristallisierten Quarze, wie namentlich Amethyst und Citrin sowie Chalcedon von anderer Art als Achat, besonders Karneol. In jenen Gegenden sind ganz ebensolche Melaphyre und Mandelsteine wie an der Nahe massenhaft verbreitet, und in diesen haben sich auch dort die Achate und die anderen genannten Mineralien gebildet. Sie liegen vielfach nicht mehr in dem eigentlichen Muttergestein selbst, sondern dieses ist häufig durch die Verwitterung mehr oder weniger vollständig zersetzt und dadurch nicht selten in einen roten bis braunen stark eisenhaltigen Ton verwandelt, der dann die von der Verwitterung‘ nicht angegriffenen Amethyst- und Achatmandeln usw. einschließt. Wenn der Regen den Ton wegschwemnt, liegen diese lose auf dem Boden herum; vielfach gelangen sie auch in den Schutt der Bäche und Flüsse und werden in diesem zu @Geschieben abgerollt. Die Form der Mandeln ist meist die eines Brotes, also auf einer Seite flach, auf der entgegengesetzten gewölbt. Ihre Größe ist nicht selten recht erheblich; von Brasilien stammt die oben erwähnte Mandel von 40 Zentner Gewicht. „Das Gebirgsland, das der Uruguayfluß umfließt und das an der Mündung des La Plata beginnend, sich durch Uruguay und den brasilianischen Staat Rio Grande do Sul nach Norden hinzieht, um weiter in die Serra do Mar aufzusteigen, besteht größtenteils aus stark verwittertem Melaphyr, insbesondere der Gebirgszug, der sich nördlich von Porto Alegre vom 28° südlicher Breite und 34° westlicher Länge von Ferro bis in den Distrikt von Salto am Uruguay (31'/, ° südliche Breite) erstreckt. Dieser Zug von 90 bis 100 deutschen Meilen Länge, der im Norden bewaldet ist und von den zu dem System des Haffs von Porto Alegre gehörigen Flüssen Taquarie und Rio Pardo durchströmt wird, bis zu den baumlosen Campos von Salto, liefert seit den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts sowohl die oben besprochenen Quarzmineralien, Amethyst und Citrin, als auch das Roh- material für die Achatschleiferei, Chaleedon, Karneol, Achat usw. In den Betten und Tälern der genannten Flüsse werden die Karneole gefunden, auf den dort gelegenen Höhen die streifigen Steine. Vom Campo de Maia, 50 Meilen vom Rio Pardo, kommen die zent- nerschweren Sardonyxe. Die Nebenflüsse des Uruguay, der Grenzfluß Quarein, der große ee Wr ae uch +4 2 Di ee ACHAT. FUNDORTE. SÜDAMERIKA. ÜSTINDIEN. 633 und kleine Catalan, der Arapay, der große und kleine Quaro, die Distrikte Tres eruces und Meta perro liefern neben streifigen die bläulichen Achate.“ Von Achaten kamen aus Südamerika lange Zeit nur bläulichgraue in den Handel. Diese sind an sich sehr unscheinbar, aber sie haben zwei äußerst wertvolle Eigenschaften vor den vielfach bunteren von Oberstein voraus. Einmal sind sie sehr leicht zu färben, sodann haben sie meist die auf Taf. XIX, Fig. b, dargestellten vollständig geradlinigen Lagen, die von den Steinschleifern zur Herstellung von Onyxsteinen besonders geschätzt werden. Recht wenig verbreitet sind naturschwarze Steine; unter Tausenden von Zentnern kommt kaum einmal ein solcher vor. Sehr selten sind schön smaragdgrüne Lagen, stets unmittelbar unter dem den Achat bedeckenden Amethyst; ungewöhnlich ist auch die rosenrote Farbe, wogegen das beim Karneol gewöhnliche tiefere Fleischrot auch bei brasilianischen Achaten häufiger vorkommt. Die Entdeckung dieser Steine geschah im Jahre 1827 durch nach Brasilien ausgewan- derte Obersteiner, die sofort die bis dahin verachteten Schätze zu heben begannen, indem sie den Achat und seine Begleiter an der Erdoberfläche zusammenlasen oder aus dem tonigen Boden herausgruben. Sie schickten große Mengen davon nach ihrer Heimat, und es entwickelte sich bald ein lebhafter Handel in diesem Artikel. Aber trotz der vorhandenen sroßen Menge ist die Gewinnung nicht gerade leicht, da die Fundstellen zum Teil in un- wirtlichen Gegenden liegen und der Transport der Steine nach der Küste höchst beschwer- lich ist. Ungeachtet dieser Schwierigkeiten kommen jährlich große Massen nach Oberstein und Idar, wo gegenwärtig fast nur noch südamerikanische Achate geschliffen werden. Um eine Anschauung von der Bedeutung dieses Handelszweiges zu geben, sind im folgenden die allein aus Rio Grande do Sul ausgeführten Mengen Achatsteine (inbegriffen Karneol- und alle anderen Chalcedonarten) für eine Anzahl von Jahren angegeben; die aus Uruguay stammenden sind dabei noch nicht berücksichtigt: Ana er nd Zeutner. | SoSe er 18258 Zientner IST NAD en ae. 3850 - NSS el S a nat, TEST BE SAN DEE IST DDP 0 1900 h TSSONSTER a 5 - Se ans LTROS en; MT ee Die Menge wechselt also sehr bedeutend, ebenso der für die rohen Steine bezahlte Preis. Bei den Versteigerungen in Idar-Oberstein bewegt sich der Wert des Zentners Roh- achat im Durchschnitt von 5 bis 15 Mark, es gelangen aber dabei gelegentlich einzelne Mandeln zum Verkauf, die bis 1000 Mark zu stehen kommen. 1866 z. B. wurde eine solche aus Porto Alegre von über 2000 Kilogramm Gewicht für etwa 2500 Taler er- worben. In Brasilien selbst ist es nicht gelungen, die Schleiferei ins Leben zu rufen. Einige ausgewanderte Obersteiner haben zwar einen Anfang dazu gemacht, aber die Sache kam nicht zum Gedeihen und hörte bald wieder ganz auf, so daß die Brasilianer geschliffene Achatwaren aus Oberstein und Idar beziehen müssen, wohin sie selber das Rohmaterial liefern. 1 Auch in Ostindien ist ein Mandelstein, der dort als Trapp bezeichnet wird, das Muttergestein der Achate und der anderen dort vorkommenden schon oben genannten Chalcedonvarietäten, die alle zusammen als „bakik“ bezeichnet werden. Namentlich ist es das Hochland von Dekkan, das auf Tausende von Quadratmeilen aus solchen Gesteinen, dem Dekkantrapp, besteht, ebenso die umliegenden Gegenden, das alte Königreich Gut- scherat mit der Hauptstadt Surat uud mit der jetzt Kathiawar genannten Halbinsel westlich vom Golf von Cambay, ferner ein Teil von Radschputana usw. Sodann sind weit im Osten die Radschmahal-Hügel zu erwähnen, die in dem großen nach Nordost gerichteten Gangesknie unter dem 25. Grade nördl. Breite liegen. Diese werden von einem ähnlichen 634 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. vulkanischen Gesteine gebildet wie das Hochland von Dekkan, und ebenso die benachbarten Gegenden von Bengalen. In diesem Gestein füllen die Achate, Karneole usw. überall Mandelräume und Spalten aus. Wenn durch Verwitterung des Muttergesteins die Massen ihren Zusammenhalt ver- lieren, liegen die Chalcedonstücke, wie in Brasilien, an vielen Stellen massenhaft lose auf dem Boden herum und gelangen als Geschiebe in alle Flüsse, die das Dekkan durch- ziehen oder in ihm entspringen, wie der Godavery mit dem Wanda, der Kistnah, Bhima und viele andere. Auch bilden sie an zahlreichen Stellen ausgedehnte und zum Teil wichtige Schichten von Konglomeraten, in denen die Chalcedonbrocken, eckig oder ab- gerollt, durch ein eisenschüssiges Bindemittel mehr oder weniger fest miteinander verkittet sind. Gerade diese Konglomerate, in denen sich der Achat auf sekundärer Lagerstätte befindet, sind die Hauptquellen für die zur Verarbeitung gelangenden Steine. Wenn nun auch Chalcedone in Indien eine sehr weite Verbreitung haben, so finden sie sich doch nicht überall ın gleicher Schönheit und Brauchbarkeit, und wenn auch an zahlreichen Stellen schleifbares Materıal gesammelt wird, so sind doch zwei Gegenden hierfür vor allem wichtig, die wir auch schon als Fundorte für Moosachat, Mokkasteine, Heliotrop, Karneol usw. kennen gelernt haben. Es ist die Umgebung von Ratanpur am unteren Nerbudda in dem Staate Radschpipla und das Land nördlich von Radschkot auf der Halbinsel Kathiawar; überall begleitet hier Achat die vielfach schon genannten Steine. Am bekanntesten sind die Lager von Ratanpur. Hier haben seit mehr als 2000 Jahren die einheimischen Schleifer ihr Material an Karneol, Achat usw. geholt. Die besten und geschätztesten Stücke kommen alle aus einer dünnen Schicht eines Konglomerats mit eisenschüssigem Bindemittel, dessen Eisenbestandteile wahrscheinlich die schöne ıo0te Färbung der darin eingeschlossenen Steine bewirkt haben. Diese Schicht wird durch 4 Fuß weite und im Mittel 30 Fuß, höchstens aber 50 Fuß tiefe Schächte aufgesucht und von diesen aus mittels horizontaler bis 100 Yards langer Strecken nach allen Seiten hin verfolgt und ausgebeutet. Die gefundenen Steine, unter denen auch Katzenauge eine Rolle spielt, sind selten mehr als ein Pfund schwer. Wir haben schon gesehen, daß sie zum Teil gebrannt werden müssen, damit ihre schöne Farbe zum Vorschein kommt; andere haben diese aber schon von Natur. Das gesammelte Material geht zu Schiff nach den zahl- reichen Orten der einheimischen Schleiferei, vor allem nach Cambay, dem Hauptsitz der indischen Achatindustrie; ferner nach Europa, besonders reichlich (über London) nach Öberstein und Idar, sowie in großer Menge nach China, wo viel indischer Chalcedon, besonders Karneol, geschliffen wird. Einheimische Schleifereien entstanden an vielen Orten, wo brauchbares Rohmaterial zur Hand war, so bei Dschabalpur in den Zentralprovinzen (Fig. 41), sehr nahe dem 80. Grade östlich von Greenwich und bei Banda am Ken, einem Nebenflusse der Dschumna, der eine Menge Chalcedongeschiebe führt. Sehr wichtig waren wenigstens früher die Werkstätten von Broach oder Bharotsch bei Baroda im Mündungsgebiete des Nerbudda. Von dem Namen Broach soll das Wort Brosche stammen. Auch Ahmedabad, etwas weiter nördlich, wird genannt. Die gegenwärtig wichtigsten Schleifereien, die einzigen, die jetzt überhaupt noch Bedeutung haben, sind die von Cambay (Khambat) am Meer- busen gleichen Namens, nördlich von Bombay. Sie, wie auch die übrigen, arbeiten gleichzeitig für den indischen, arabischen und europäischen Geschmack und senden neben dem Rohmaterial auch fertige Waren in diese Länder, die allerdings in Europa vielfach umgeschliffen werden. Aus den genannten Gegenden Indiens und zwar von Ulein (oder Ouzeih) (23% 10° nördl. Breite und 74° 14° östl. von Greenwich), sollten die im Altertum berühmten murri- nischen Gefäße stammen. Diese könnten daher nur aus Chalcedon (Achat usw.) bestanden ÄCHATSCHLEIFERET. 635 haben, nicht, wie man wohl annahm, aus Flußspat, der in jener Gegend gar nicht bekannt und überhaupt in Indien selten ist. Achatschleiferei. Idar-Obersteiner Industrie. Der Achat und die anderen Chaleedone werden zu den allerverschiedenartigsten Gegenständen des Schmuckes oder sonstigen Gebrauches verarbeitet; es gibt keinen anderen Stein, der eine so vielseitige Verwendung hätte als er. Diese Mannigfaltigkeit hängt zum Teil damit zusammen, dab für die Form der Schmucksteine die Mode von großer Bedeutung ist. Sie bringt einen oft sehr raschen Wechsel in den aus Achat dargestellten Artikeln hervor, so daß mancher, der in einem Jahre in Millionen von Exemplaren hergestellt wurde, im folgenden gar nicht mehr verkauft werden kann. Auch in Beziehung auf die Anwendung der verschiedenen Arten des Chalcedons und Achats im speziellen spielt die Mode in hohem Maße mit; bald ist der rote Karneol, bald der grüne Heliotrop oder das Plasma, bald schwarzer Achat oder Onyx usw. am beliebtesten. Besonders große Verbreitung fanden Achat- schmucksachen aller Art in der Zeit von 1848 bis Mitte der fünfziger Jahre; dies ist die goldene Zeit der Achatindustrie gewesen. Im allgemeinen sind die von ihr gelieferten Gegenstände ganz außerordentlich billig. Nur wenn besonders große Stücke verarbeitet werden oder besondere Kunstfertigkeit für einen Gegenstand nötig ist, treten hohe Preise ein. ‚Trotz der Billigkeit des echten Achats wird er doch durch eine eigene Glassorte, das sogenannte Achatglas, recht gut nachgeahmt; der Achat kann aber an seiner größeren Härte leicht davon unterschieden werden. Schmucksachen sind bei der Verarbeitung des Achats die Hauptsache. Man verfertigt sie zu dem verschiedenartigsten Gebrauch und in zahlreichen Mustern. Die wichtigsten dieser Artikel sind: Manschettenknöpfe, Busen- und Haarnadeln, Ohrgehänge, Gehänge an Uhrketten, die übrigens zurzeit nicht sehr-von der Mode bevorzugt werden, Hals- und Armbänder, Schnallen, ganze Ringe und Ringsteine, zum Teil graviert als Siegelsteine, zum Teil auch mit erhabenen Figuren (Kameen), -Petschafte und anderes. Mehr Gegen- stände des täglichen Gebrauches als Schmucksachen sind: Kugeln als Griffe für Schirme und Stöcke, sowie Brief beschwerer, Streichholzbüchsen, Toilettekästen, Dosen; ferner Siegel- stöcke, Federhalter, Messergriffe, Schachfiguren, Spielmarken; sodann Schalen und Vasen von jeder Form und Größe, Weihwasserkessel, Tassen, Dessertteller, Saucenschüsseln usw., weiterhin Leuchter, Kinderspielzeuge, wie Klicker, Kanonen und anderes. Aus ver- schiedenen farbigen Calcedonen werden Mosaikarbeiten zusammengesetzt, die zu Tisch- platten und ähnlichen Dingen Verwendung finden. Für technische Zwecke wichtig sind Reibschalen aus Achat, ferner Polierzähne für Goldarbeiter und Buchbinder, Glättsteine für Papier- und Kartenfabriken, Walzen für die Herstellung von Bändern, Zapfenlager für Wagen und andere Produkte der Feinmechanik usw. Eigentümlich ist ein schwunghafter Handel mit Amuletten aus braunem oder schwarzem Achat, sogenannten Oliven, nach Zentralafrika, der sich vom Jahre 1850 an entwickelt hat. Es sind '/2 bis 3 Zoll lange, dünne, braune bis schwarze, der Länge nach durchbohrte Zylinder, die in der Mitte einen weißen Ring haben müssen. In der Mitte der sechziger Jahre wurde davon für viele hunderttausend Taler nach dem Sudan verkauft, und manche Firmen haben davon für 40000 Taler exportiert. In jener Zeit hat die Idar-Obersteiner Industrie fast nur diesen Artikel fabriziert, später hat aber die Nachfrage immer mehr abgenommen, nachdem 1866 der Höhepunkt überschritten war. Indessen spielen doch auch heutzutage noch diese Sudanartikel eine gewisse Rolle. Es sind die genannten Oliven, in der Mitte etwas ausgebaucht, und die Halboliven mit einem etwas dünneren weißen und einem dickeren schwarzen Ende, entsprechend einer in der Mitte durchgeschnittenen Olive; ferner Walzen, eylindrisch, dieker als lang, etwa 1 Zentimeter dick und ca. '/z Centimeter lang, endlich Hütchen (Zündhütchen), im Gegensatz zu den Walzen länger als dick, etwa 1 bis 636 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. 1!/a Zentimeter lang und '/2 Zentimeter diek, und ebenfalls cylindrisch, braun oder schwarz, in der Mitte mit einem weißen Ring und der Länge nach durchbohrt. Rote, auch gelbe und grüne Amulette usw. von den verschiedensten Formen gehen nach Westafrika. Ausschließ- lich weiße Artikel dieser Art werden für die Nordküste von Afrika fabriziert. Die Arbeiten, die am Achat behufs Herstellung der genannten Gegenstände, deren Zahl sich noch vermehren ließe, ausgeführt werden müssen, sind von verschiedener Art. Es ist das Schleifen, das Bohren, das Gravieren und dann das Färben der Steine. Die Industrie, die sich damit befaßt, ist eine echt deutsche. Sie hat ihre Stätte in Waldkirch im Schwarzwalde, wo aber weniger Achat als andere Edelsteine und Halbedelsteine aller Art geschliffen werden, vorzugsweise aber in dem mehrfach schon genannten Oberstein an der Nahe mit dem benach- barten Idar und einer Reihe um- liegender Ortschaften (Herrstein, Öbertiefenbach bis Allenbach, Enz- weiler usw.). Hier spielt der Achat mit den anderen Chalcedonen und den Quarzarten die Hauptrolle, wenngleich auch hier andere Steine (Malachit, Lasurstein usw., und neuerer Zeit sogar alle feinen Edel- steine, einschließlich des Diamants) geschliffen werden. Am wichtigsten von allen bleibt aber immer der Achat. Von hier aus wird die ganze Welt mit Achatwaren ver- sehen, die allerdings an zahlreichen Orten, an denen sie zum Verkauf kommen, in Bädern, Touristenorten usw., als einheimische Produkte ausgegeben werden. Die Gegend von Oberstein hat jahrhundertelang die Pflege und Entwicklung dieses Geschäftszweiges, die Achatschlei- fereiı, derart für sich monopoli- siert, daß kaum andere Orte mit ihr erheblich konkurrieren können, Fig. 105. Moderner Edelsteinschleifer (Lapidär), Idar. auch die oben erwähnten indischen nicht. Wo man auf der ganzen Welt einen geschliffenen Achat sieht, spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, daß er in der Obersteiner Gegend bearbeitet worden ist. Die Steine werden dort nicht nur geschliffen, gebohrt, graviert und gefärbt, sondern zum Teil auch, wenn erforderlich, gefaßt, meist in vergoldetes Messing. Dieser letztere Industriezweig wurde am Anfange des 18. Jahrhunderts eingeführt, doch werden noch jetzt neun Zehntel aller geschliffenen Steine ungefaßt an auswärtige Juweliere verkauft. Die dortigen Arbeiter haben sich durch weitgehende Arbeitsteilung bei der Bearbeitung und dem Fassen der Steine eine derartige Geschick- lichkeit in ihrer speziellen Tätigkeit erworben, daß die Obersteiner und Idarer Achat- waren in solcher Vollkommenheit der Ausführung und zugleich zu solch niederen Preisen hergestellt werden können wie sonst nirgends. Wir werden daher im folgenden diese eigenartige Industrie etwas näher betrachten, auch die bisherigen Bemerkungen über ÄCHATSCHLEIFERET. 637 die Verarbeitung des Achats beziehen sich wesentlich auf die Verhältnisse von Idar und Oberstein. Die dortige Achatindustrie entstand durch die ehemals in großer Menge und Schön- heit in jener Gegend gefundenen rohen Steine. Die früheste urkundliche Erwähnung stammt von 1497, die Schleiferei ist aber jedenfalls noch älter. Sie kam nach wechsel- vollen Schieksalen im Laufe der Jahrhunderte allmählich in Verfall, da seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts das einheimische Rohmaterial sich immer mehr erschöpfte und daher die Nachfrage nicht mehr befriedigt werden konnte. Gleichzeitig fanden vorübergehend von 1824 ab billige und schöne Edelsteinimitationen durch die feinen böhmischen Glasflüsse großen Absatz, die in dieser Zeit den ächten Steinen erhebliche Konkurrenz machten. Da Mn. BETEN ER } E E Fig. 106. Innere Ansicht einer modernen Edelsteinschleiferei in Idar. kam Rettung durch ausländisches Material, zuerst durch den englischen Puddingstein, sog. Schottländer, ein aus nußgroßen verschiedenfarbigen Geröllen von Feuerstein ete. bestehendes festes Konglomerat, das damals zu Dosen und anderen Galanteriewaren viel verarbeitet wurde, besonders aber durch die um dieselbe Zeit über London eingeführten indischen Karneole. Neue Blüte brachte jedoch erst die Auffindung der brasilianischen Achate, Amethyste usw. im Jahre 1827, die noch durch das kurz vorher erfolgte Bekanntwerden der auf die neu entdeckten Achate besonders vorteilhaft anwendbaren Färbungsmethoden wesentlich erhöht wurde. Es wird gegenwärtig kaum noch einheimisches Material dort geschliffen, sondern über- wiegend brasilianisches und indisches. Überhaupt werden schleifbare Steine überall her- geholt, wo sie sich finden, und zwar nicht nur Achat und Chalcedon in seinen verschiedenen Abarten, sondern auch Amethyst, Citrin, Bergkristall und neuerdings auch alle möglichen anderen Edelsteine, sogar Diamant, namentlich sind auch noch seit 1897 die australischen 638 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Opale und Sapphire wichtig geworden. Oberstein-Idar ist jetzt für alle Edelsteine mit Ausnahme des Diamants einer der wichtigsten Märkte. Es existieren dort Händler, die das Rohmaterial in Massen in den Ursprungsländern persönlich einkaufen und es dann in einzelnen Partien an die Schleifer veräußern. Dies geschieht, einer alten Gewohnheit gemäß, vorwiegend in öffentlichen Auktionen, die von Zeit zu Zeit in Idar oder sonst in der Gegend veranstaltet werden. 1890 betrug der Wert der so verkauften rohen Steine 230900 Mk., doch wechselt diese Zahl stark; 1849 waren es 22800, 1873 dagegen 640 000 Mk,, der höchste und niedrigste Wert zwischen 1848 und 1890. In den Jahren 1906 bis 1907 betrug der Umsatz Fig. 107. Äußere Ansicht einer alten Achatschleife im Idartal. in Idar bis ungefähr 1200000 bis 1500000 Mark im Jahr. Für Achate, Amethyste und Citrine war der Wert der auf Auktionen verkauften Ware: 1906: 840018 Mark 1907: 758095 „ 1908: 415770 „ Hiezu kommt der Wert der freihändig verkauften Steine, der schätzungsweise un- sefähr die Hälfte der angegebenen Zahlen beträgt, sodaß die Gesamtsumme, die in bra- silianischen Steinen in Idar umgesetzt wurde, sich ungefähr belaufen würde: 1906 auf 1300000 Mark 1907 „ 1150000 „ 1908 „630000 „ Die starken Schwankungen beziehen sich in der Hauptsache auf Citrin und Amethyst. Die Werkstätten, in denen die Verarbeitung des Achats und der anderen genannten Steine stattfindet, sind zum Teil in neuerer Zeit vollkommen modern und mit allen ACHATSCHLEIFEREI. 639 Maschinen und Apparaten der Gegenwart, mit horizontal sich drehenden metallenen Schleif- scheiben und mit anderen derartigen Gerätschaften ausgestattet. Der Betrieb geschieht mit Dampf, Gas und Elektrizität, und die ganze Einrichtung ist von einer anderen modernen Edel- steinschleiferei im Wesen nicht verschieden. Von der Einführung dieser neuzeitlichen Einrichtung, zu Anfang der siebenziger Jahre des 19. Jahrhunderts, stammt der stets steigende Aufschwung der Oberstein-Idarer Industrie. Die Schleifer, die mit Hilfe dieser neuen Maschinen auch feine Edelsteine zu bearbeiten verstehen, werden im Gegensatz zu den anderen Lapidäre genannt. Ein solcher ist in Fig. 105 S. 636 mit seiner Maschine, eine moderne Edelsteinschleiferei in Idar in Fig. 106 $. 637 abgebildet (vgl. auch 5.101). Aber neben diesen noch nicht lange existierenden Einrichtungen der Gegenwart sind auch die seit alten Zeiten gebrauchten und allmählich immer mehr verbesserten Schleif- Fig. 108. Achatschleiferei in Oberstein. mühlen (kurz Schleifen genannt) noch im Gange. Sie werden durch Wasser betrieben. An dem bei Oberstein in die Nahe mündenden Idarbache, an dem das Städtchen Idar liegt, folgt eine solehe Mühle auf die andere, auch sonst finden sie sich an anderen benachbarten Bächen, besonders an dem Fischbach und Vollmersbach, so daß ungefähr 100 solcher älterer Schleifereien in jener Gegend vorhanden sind. In ihnen wird vor- wiegend die eigentliche Achatschleiferei vorgenommen. Das Bohren und Gravieren wird von anderen Arbeitern in besonderen Werkstätten besorgt. Eine solche Schleifmühle am Idarbach ist in Fig. 107 von außen, Fig. 108 von innen abgebildet. Drei bis fünf, in der Abbildung drei, Schleifsteine aus Sandstein sitzen auf einer horizontalen Welle, die durch ein Wasserrad in Bewegung gesetzt wird. Der größte dieser Steine hat 1,70 Meter Durchmesser; in jeder Sekunde werden drei Um- 640 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. drehungen ausgeführt. Die Steine sind an den beiden Rändern mit Hohl- und Rundkehlen versehen, mittels deren den zu schleifenden Steinen mit Leichtigkeit gewisse Formen gegeben werden können. Die obige Abbildung gibt mehr schematisch die Einrichtung einer Schleif- mühle. Eine solche, wie sie wirklich aussieht, und zwar die von Aug. Wintermantel in Waldkirch, ist in Fig. 109 nach einer Photographie abgebildet. Nachdem die Achate usw. durch Zuhauen mit Hammer und Meißel, oder bei wertvolleren Stücken durch Zersägen mittels einer mit Schmirgel bestrichenen oder neuerer Zeit auch mit Diamanten besetzten Metallscheibe (Fig. 110) ihre Form im Rohen erhalten haben, werden sie geschliffen, indem sie der Arbeiter mit Gewalt gegen die zylindrische Stirnfläche des durch einen Wasserstrahl stets naß gehaltenen, rotierenden Schleifsteins oder gegen die an diesem angebrachten Hohlkehlen drückt. Dies geschieht, indem er sich mit dem Leib Fig. 109. Achatschleiferei von Aug. Wintermantel in Waldkirch (Baden). in ein trogförmig ausgehöhltes, vor dem Schleifstein stehendes Brett, den Küraß, legt, und die Beine gegen dahinter auf dem Boden befestigte Stützen stemmt. Das zu schleifende Stück wird mit den Händen auf dem Sehleifstein Iin- und hergedreht, bis es die gewünschte Form hat. Vor jedem der etwa einen Fuß breiten Schleifsteine können, wenn es nötig ist, gleichzeitig zwei Arbeiter tätig sein, einer an der rechten, der andere an der linken Kante. Dabei sieht man, daß die Achate eine sehr schöne Phosphoreszenzerscheinung zeigen, indem sie beim Reiben an dem Sandstein ein lebhaftes rötlichweißes Licht ausstrahlen. Das Vertieftschleifen oder Aushöhlen (Hohlmachen oder Auskolben) von Schalen und Vasen usw. geschieht stets von stehenden Arbeitern, den Hohlmachern, an kleinen Schleif- steinen, und auch für andere Arbeiten sind noch die entsprechenden Vorrichtungen vorhanden. Zum Polieren ist eine besondere Maschine bestimmt, an der die geschliffenen Steine vollends marktfertig gemacht werden. Sie erhalten dadurch einen sehr hohen Grad von ACHATSCHLEIFEREI. BOHREN. GRAVIEREN. 641 Glanz. Die Poliermaschine besteht aus einem Zylinder aus hartem Holz, oder aus einer Blei- oder Zinnscheibe. Das Poliermittel ist Tripel, der in feuchtem Zustande aufgetragen wird. Die Arbeit selber ist so leicht, daß sie von Kindern besorgt werden kann. Arbeiter und Arbeiterinnen, die das Polieren besorgen, sind auf Fig. 108 links in sitzender Stellung abgebildet. Die zu gewissen Zwecken bestimmten Steine müssen nach dem Schleifen noch durch- bohrt werden. Das Bohren (Fig. 111) geschieht mittels rasch sich drehender Stahlspitzen oder Röhren, die mit Schmirgel- oder Diamantpulver versehen werden oder an deren Ende ein feiner Diamantsplitter sitzt (S. 104) ist. Der Bohrer macht so u. a. auch ganze Ringe aus Achat. Sehr wichtig ist die Verwendung des Achatszum Gravieren (Fig.112, vgl. auch pag. 106). Schon die alten Römer benutzten dieses Mineral zu solchen Zwecken; sie trieben mit ge- schnittenen Steinen aller Art, nament- lich mit geschnittenem Achat (Onyx), einen sehr großen Luxus. Wenn dies auch heutzutage nirgends mehr ge- schieht, so ist doeh eine derartige Benutzung mancher Achatsorten auch gegenwärtig noch immerhin von einer gewissen Bedeutung (S. 104). Die zum Gravieren, zur Her- stellung von Intaglien und Kameen besonders gerne, aber doch nicht etwa ausschließlich verwendeten Achat- varietäten sind dıe verschiedenen Onyxe, der eigentliche Onyx, der Chalcedonyx, Karneolonyx und Sar- donyx. Sie dienen dazu, eine weiße oder doch helle Figur auf dunklem oder farbigem Hintergrunde hervor- treten zu lassen. Der Onyx ist um so besser, je ebener und regel- mäßiger die einzelnen Lagen sind (Tafel XX, Fig. 5*®),. deswegen sind die brasilianischen Achate mit Fig. 110. Zerschneiden von Edelsteinen. ihren ebenen Schichten (Taf. XIX, Fig. b) zu Onyxsteinen vorzugsweise geeignet und daher auch besonders wertvoll. Die zum Gravieren bestimmten Steine werden aus den ebengeschichteten Teilen dieser Achate in Form von ausgedehnten Platten so herausgeschnitten, daß die Plattenflächen der Schichtung parallel gehen, und daß die Platte in ihrer ganzen Erstreeknng aus einer weißen und aus einer farbigen Lage besteht. Das Gravieren wird dann so aus: geführt, daß auf einer schwarzen, roten oder sonst gefärbten Unterlage als Hintergrund sich die aus der weißen Lage herausgeschnittene Figur, meist ein menschliches Bildnis, erhebt, wie es bei der in Fig. 7, Taf. XX, dargestellten Kamee aus Karneolonyx und in den Textfiguren 114 und 115 (8. 644) der Fall ist; oder daß durch die schwarze Schieht hindurch gegraben und aus der darunter liegenden weißen die Figur herausgearbeitet wird, wie bei der Intaglie, Fig. 113. Auch hier stellt sich dann die Figur hell auf dunklem Hintergrunde Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 41 642 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. dar. Ein Siegelstein aus Karneol mit einem eingravierten Buchstaben ist Taf. XX, Fig. 6, dargestellt. Besonders geschätzt ist es bei der Anfertigung von Kameen, wenn die weiße Schicht von einer weiteren, wenn auch nicht über die ganze Platte ausgedehnten roten Lage bedeckt wird, aus der man dann die Haare, Teile der Gewandung usw. schneiden kann. Die antike sog. Ptolomäerkamee ist aus einem Stein mit neun Lagen geschnitten unter geschiekter Benützung der verschiedenen Farben der einzelnen. Die Arbeit geschieht mit Hilfe der sogenannten Zeiger, wie wir dies schon im früheren gesehen haben. Die Hauptsitze der Herstellung gravierter Achate sind gegenwärtig in Paris und besonders in Italien, aber die dazu bestimmten Onyxplatten werden in Idar hergestellt. Indessen werden in Italien die echten Onyxplatten vielfach durch anderes Material ersetzt; so werden viele Kameen aus den dicken Schalen gewisser grober Meeresschnecken geschnitten, die wie der Karneolonyx aus roten und weißen Lagen bestehen und die sich ihrer weit ge- ringeren Härte wegen viel leichter bearbeiten lassen als der echte Stein. (sog. Muschel- kameen). Seit 1870 blüht die Kunst des Gravierens auch in der ObersteinerGegend, wohin sie durch im Krieg aus Paris ver- triebene Arbeiter verpflanzt wurde. Übrigens werden nicht bloß in ebene Platten Figuren geschnitten, wie bei den Kameen. Aus älterer Zeit sind uns einige aus Onyx dargestellte Gefäße überliefert, bei denen die Lagen so gehen, daß auf der durch den Gefäßkörper gebildeten Unterlage von der einen Farbe Figuren und Bilder von der anderen Farbe des Steines sich in erhabener Arbeit abheben. Hierher gehört unter anderem die berühmte Onyxvase, die in den Sammlungen in Braun- schweig aufbewahrt wird. Von allergrößter Wichtigkeit für die Öbersteiner Achatindustrie ist die Fär- bung der Steine, des Achats sowohl als Fig. 111. Edelsteinbohrer. des Chalcedons, namentlich seitdem das Rohmaterial vorzugsweise aus Brasilien kommt. Die meist im natürlichen Zustande ganz unansehnlichen, licht graulich gefärbten Achate von hier wären zum Schleifen gar nicht geeignet gewesen, wenn nicht, wenige Jahre vor ihrer Entdeckung, eine Methode bekannt geworden wäre, ihnen künstlich eine schöne Färbung mitzuteilen. Zuerst lernte man die Steine schwarz zu färben. Ein Idarer Achat- händler soll diese Kunst von einem seiner römischen Kollegen, die alljährlich nach Ober- stein und Idar kommen, um ÖOnyxsteine zu kaufen, erfahren haben. Seitdem ist das in kom seit langer Zeit bekannte Verfahren in der Nahegegend in großem Maßstab ausgeübt und vielfach weiter entwickelt und ausgebildet worden. Lange Zeit war nur das Schwarz- färben bekannt, später lernte man aber auch braune, gelbe, blaue und grüne Farben an den Steinen anzubringen; das Rotfärben wurde schon beim Karneol erwähnt. Die Möglichkeit der Färbung beruht auf der Porosität, die nicht nur den Achaten, sondern auch allen anderen ‚Chalcedonen zukommt und diese befähigt, farbige Flüssig- — ACHATSCHLEIFEREIL. FÄRBEN DES ACHATS. 643 keiten in sich aufzunehmen. Allerdings ist dies nicht bei allen Stücken in gleichem Maße der Fall und auch nicht bei allen Schichten eines und desselben Stückes. Manche sind sehr porös, saugen daher die Farbstoffe leicht und in großer Menge auf und färben sich dadurch intensiv. Die Farbstoffe dringen, wenn die Steine nur lange genug in den färbenden Flüssigkeiten liegen, bis ins Innerste der der Färbung zugänglichen Teile hinein, die Färbung ist also nicht bloß oberflächlich, sondern sie geht durch und durch. Dabei hat man die Erfahrung gemacht, daß das Aufsaugen der Flüssigkeiten stets in radialer Richtung, senkrecht zu den Streifen, viel rascher erfolgt als in der Richtung der Streifen selber, was mit der radialen Ausdehnung und Anordnung der Poren zusammenhängt, die wir oben kennen gelernt haben. Andere Stücke oder Streifen in solchen sind gar nicht oder doch weniger porös, nehmen keine oder doch schwierig Farbstoffe auf und dann nur in geringer Menge und oft erst nach langer Zeit, ihre Färbung ist daher nur unbedeutend. Chalcedon der ersteren Art nen- nen die Steinschleifer weich, solehen von der anderen hart. Durch bloßes Ansehen kann man diesen Unterschied nicht immer erkennen, doch er- weisen sich die harten Chal- cedone unter dem Mikroskop als besonders feinfaserig, wäh- rend die weicheren erheblich gröbere Fasern zeigen, und damit hängt wohl der höhere oder geringere Grad von Po- rosität zusammen. Niemals zu färben sind die milchweißen, trüben Streifen, die nicht selten mit den stets besser durchschei- Fig. 112. Edelsteingraveure. nenden, färbbaren grauen usw. abwechseln. Sie sind gar nicht porös und können daher Farbstoff überhaupt nicht aufnehmen. Unter dem Be erweisen sie sich als besonders reich an beigemengtem Opal. Die Ober- steiner Achate sind im allgemeinen in dem obigen Sinne härter als die südamerikanischen, die sich meist zum Färben ganz besonders gut eignen, wenngleich auch bei ihnen Unterschiede vorhanden sind. Ne esiheh sind durchgängig die äußeren Teile der Mandeln, die Haut, schwerer zu färben als die inneren. Soleher Chalcedon, der in sich sehr gleichmäßig be schaffen, ungestreift und dabei genügend porös ist, um Farbstoff aufzunehmen, wird in Idar und Oberstein Massikstein (oder Serra- Me nach dem Vorkommen in der Serra do Mar) genannt, während der aus abwechselnd porösen und nicht porösen Schichten 41* 644 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. zusammengesetzte Chalcedon Serra-Stein (auch streifiger Stein) heißt. Letzterer wird durch die Färbung deutlich gebändert, während sich jener gleichmäßig färbt; im natür- lichen Zustand sind sie meist beide ziemlich einheitlich grau. Die Methode der Färbung ist danach im allgemeinen einfach, doch sind in der Praxis vielerlei Dinge dabei zu berücksichtigen, wenn die Sache gut gelingen soll. Daher sind es immer nur wenige, die auf diesem Gebiete besonderes leisten. Vor allem gehört eine genaue Kenntnis der Steine dazu. Jedenfalls sind die Vorgänge bei der Färbung noch lange nicht vollständig im einzelnen aufgeklärt. Es kommt vor, daß sich aus einer ganzen Masse von Steinen bei derselben Operation nur einige wenige gut färben, trotzdem daß sie sich anscheinend alle ohne Ausnahme ganz gleich dazu eigneten, und manchmal erhalten einzelne Steine in derselben Beize z. B. eine grüne, andere eine blaue Farbe, ohne daß ein Grund dafür bemerkbar wäre. Vielfach ist das Verfahren auch noch Geheimnis gewisser Personen, die dasselbe ängstlich hüten, wie auch schon das am frühesten bekannte Schwarzfärben erst allmählich allgemein zugänglich und Gemeingut aller geworden ist. Fig. 113. Antike Intaglie. Fig. 115. Antike Kamee. Fig. 114. Antike Kamee. Das Schwarzfärben wurde 1819 in Oberstein bekannt. Das Verfahren, wie es sich seitdem ganz allgemein entwickelt hat, ist das folgende: Die sauber gewaschenen Steine werden in der Kälte getrocknet und in eine wässerige Honig- oder Zuckerlösung gelegt, die sich in einem ganz reinen neuen Topf befindet. Dieser wird mit dem darin befindlichen Achat 2 bis 3 Wochen erhitzt, aber nicht bis zum Sieden. Dabei ist darauf zu sehen, daß die Steine immer mit der Flüssigkeit bedeckt sind, die daher stets nach- gegossen werden muß. Hierauf werden sie herausgenommen, abgewaschen, in einen anderen Topf mit käuflicher Schwefelsäure (Vitriolöl) gebracht und mit dieser ebenfalls erwärmt. Die vom Stein aufgesogene Schwefelsäure zersetzt den mittels der zuerst ange- wandten Flüssigkeit hineingebrachten Zucker oder Honig und scheidet daraus Kohlenstoff ab, der die Färbung hervorbringt. Die weicheren Stücke sind oft bereits wenige Stunden, nachdem sie in die Schwefelsäure gelegt worden sind, tief und schön schwarz, andere brauchen länger, einen Tag oder auch mehrere und manche nehmen sogar nach geraumer Zeit nur eine schwache Färbung an. Nachdem die Farbe die höchste mögliche Intensität erreicht hat, werden die Steine aus der Flüssigkeit herausgenommen, auf dem Ofen scharf getrocknet, sodann geschliffen und poliert und endlich mit Öl eingerieben oder auch einen Tag in Öl gelegt und das übrige nicht aufgesaugte Öl mit Kleie entfernt. Das Öl verdeckt kleine Risse und verbessert den Glanz. ÄCHATSCHLEIFEREI. FÄRBEN UND BRENNEN DES ACHATS. 645 Auf diese Weise entstehen die schön schwarzen Achate, die im Handel vorkommen und von denen so gut wie keiner natürlich ist, ebenso aber auch die Onyxe (Taf. XX, Fig. 5% ®), bei denen die schwarzen, ursprünglich graulichen oder bläulichen Schichten mit den nicht gefärbten weißen, den sogenannten Onyxstreifen, die den Steinen den eigent- lichen Wert geben, abwechseln. Aber nur stark poröse Steine oder Schichten werden tief sammetschwarz, weniger poröse nur dunkler oder heller braun je nach dem Grade der Porosität. Auch die ursprüngliche Farbe der gefärbten Schichten ist dabei von Ein- fluß; eine ursprünglich rote Lage hat auch nach der Färbung noch einen roten Schein usw. Wie wichtig die Möglichkeit, Farben anzunehmen, bei den Achaten ist, sieht man daraus, daß der Preis eines Zentners von 100 bis 5000 Mark schwanken kann, je nachdem sich die Steine mehr oder weniger schön schwarz färben. Es ist daher vielfach Brauch, vor dem Ankauf Probefärbungen kleiner Splitter vorzunehmen, um die Qualität des betreffenden Materiales sicher festzustellen. Neben der schwarzen spielen die übrigen künstlichen Farben der Achate eine ver- hältnismäßig geringe Rolle. Einige von ihnen sollen hier noch kurz erwähnt werden. Ein schönes Zitronengelb, wie es als natürliche Farbe niemals vorkommt, läßt sich auf künstlichem Wege herstellen, indem man gut getrocknete Achate in einen Topf mit Salzsäure legt und unter dem Ofen schwach erwärmt. In 14 Tagen ist die Färbung vollendet. Blau, und zwar vom schönsten tiefen Indigo und Lasur bis zum zarten Himmelblau, wie es gleichfalls die Natur in den Achaten nicht darbietet, erhält man, indem man die Steine zuerst mit gelbem Blutlaugensalz imprägniert und hierauf in einer passenden Eisenlösung kocht. Beide setzen sich im Innern des Steines zu Berliner Blau um, das diesem seine Färbung mitteilt. Es gibt aber für die Blaufärbung auch noch andere Mittel. Der blassrötliche Jaspis von Nunkirchen, Kreis Merzig, gibt, in derselben Weise gefärbt, den trüben lasursteinähnlichen „deutschen oder falschen Lapis“. Er unterscheidet sich aber doch immer in der Nuance von dem echten Lasursteine und wird daran, sowie an der er- heblich größeren Härte leicht erkannt. Zu Grün benutzt man eine Chromsäure enthaltende Lösung, z. B. eine durch Erwärmen grün gewordene Lösung von Chromalaun; nach der Imprägnation muß der Stein einer starken Hitze ausgesetzt werden. Auf diese Weise entsteht der dem Chrysopras ähnliche Chalcedon, der schon oben erwähnte künstliche Chrysopras. Eine rotbraune Farbe wird beim Achat in derselben Weise wie beim Karneol erhalten, indem man ihn mit Eisenvitriol imprägniert und hierauf glüht. Daß künstlich braun gefärbte Achate vorkommen, haben wir bei der Betrachtung des Sarders gesehen; sie sollen dabei mit einer Lösung von braunem Kandiszucker imprägniert und dann gebrannt werden. Ein hübsches Rosa kann durch eine Anilinfarbe hervorgerufen werden. Mit Hilfe derartiger Pigmente lassen sich alle möglichen Färbungen herstellen, die dann aber wohl teilweise nicht sehr haltbar sein werden. Auch durch bloßes Erhitzen, durch Brennen, werden manche Achate schon günstig verändert; die lichtbläuliche oder grauliche Farbe wird dabei zuweilen milchweiß und Gelb und Braun geht in ein schönes Rot über. Manche graue Chalcedone können durch Behandeln mit Kalilauge milchweiß gemacht werden. Die Verarbeitung des Achats und der anderen verwandten Mineralien ist aber natür- lich nicht ausschließlich auf Oberstein-Idar und Waldkirch besehränkt, sondern findet auch anderwärts, wenngleich in sehr viel geringerem Umfang, statt. Erwähnt sei hier nur daß in Japan entzückende Tiere und andere Sachen aus Achat hergestellt werden, bei denen die Zufälligkeiten (Färbung usw.) des Materials in sehr geschiekter Weise zur Ver- wendung kommen. Dasselbe geschieht jetzt auch in Oberstein. Oo ——— 646 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Malachit. Der Malachit ist ein Mineral, das wegen seiner prachtvollen grünen Farbe als Schmuckstein verwendet wird, trotzdem daß er nach seinen übrigen Eigenschaften hierzu wenig geeignet erscheint. Er ist ein wasserhaltiges Karbonat des Kupfers von der Formel: HH 0.2Cu0.C0;, das im reinsten Zustande aus 71,5 Proz. Kupferoxyd, 19,0 Proz. Kohlensäure und 8,15 Proz. Wasser besteht. Das letztere kann durch Erhitzen leicht vertrieben werden, wobei die grüne Farbe einer schwarzen Platz macht. Die Kohlensäure entweicht unter Aufbrausen, wenn man ein Stückchen in Salzsäure wirft oder wenn man einen Tropfen Salzsäure darauffallen läßt; man kann dadurch leicht den Malachit im rohen Zustande von anderen ähnlichen grünen Mineralien unterscheiden. Wird ein größeres Stückchen ganz in Salzsäure aufgelöst, so erhält man eine grüne Flüssigkeit, von der ein Tropfen einer Spiritus- oder farblosen Gasflamme eine prachtvolle blaue Färbung mitteilt. Zuweilen ist der Malachit deutlich auskristallisiert und bildet dann meist kleine Nädelchen, die dem monoklinen Kristallsysteme angehören. Solche einzelne Kriställchen sind aber selten; meistens findet man derbe Massen von größerem oder geringerem Umfange, die durch ihre radialfaserige Beschaffenheit ihre kristallinische Struktur noch erkennen lassen, die aber auch vielfach vollkommen dicht, scheinbar unkristallinisch und sogar häufig ganz erdig sind. In seiner schönsten Ausbildung, wie er zur Verarbeitung als Schmuckstein aus- schließlich benutzt wird, hat der Malachit die Form von Knollen, oft von sehr erheblicher Größe, die außen vielfach eine rundliche, nierenförmige, traubige oder zapfenförmige Oberfläche und stets im Inneren eine schalige und faserige Bildung zeigen. Die äußere rundliche Fläche ist oft schwarz und matt. Auf Bruchflächen in der Richtung der Faserung ist der infolge der Faserbildung etwas seidenartige Glanz ebenfalls gering, hier tritt nun aber stets die schöne grüne Farbe hervor. Diese ist indessen nicht über die ganze Fläche weg dieselbe, sondern es wechseln dunklere und hellere Lagen von geringer Dicke, die in der Richtung der rundlichen Oberfläche verlaufen, vielfach mit- einander ab, in ähnlicher Weise, wie es bei dem Achat der Fall ist. So entsteht eine Art Maserung, oft von großer Schönheit, von der bei der Verwendung des Malachits vielfach Gebrauch gemacht wird. Auf Taf. XX, Fig. 4°, ist ein solcher Malachitknollen in seinem natürlichen Zustande, in Fig. 4® derselben Tafel eine von einem solchen Knollen abgeschnittene und polierte Platte dargestellt. Betrachten wir die Eigenschaften des Malachits, so ist wegen des großen Kupfer. gehaltes das spezifische Gewicht sehr hoch. Es werden für verschiedene Stücke ziemlich abweichende Werte angegeben, die zwischen 3,; und 4, schwanken; im Mittel wird meist G.= 3,7 bis 3,3 angenommen. Die Härte ist gering; es ist nur etwa H. = 3!/2, so dab der Stein schon von Flußspat geritzt wird. Da er aber undurchsichtig ist, so schadet ein kleiner Ritz nicht besonders, immerhin ist es aber nötig, Malachitgegenstände aller Art vor Verletzung sorgfältig zu schützen. Infolge der geringen Härte kann man zwar eine ganz gute Politur, aber keinen starken Glanz der geschliffenen Flächen herstellen. Die Masse ist nicht spröde und läßt sich daher auch auf der Drehbank bearbeiten. Der Malachit ist ein sehr verbreitetes Mineral, aber er kommt meist nur in kleinen Partien vor, die mit anderen, besonders mit kupferhaltigen Mineralien verwachsen sind. Diese unreinen Stücke sind zum Schleifen ungeeignet, sie bilden aber an manchen Orten ein nicht unwichtiges Kupfererz. Der Grund der weiten Verbreitung des Malachits ist der, daß die anderen kupferhaltigen Mineralien und Erze, der Kupferkies, das Rotkupfererz MALACHIT. 647 usw. sich sehr leicht in Malachit umwandeln; wohl aller Malachit ist auf diese Weise durch Umwandlung aus anderen kupferhaltigen Mineralien entstanden. Wenn so also der Malachit eine weite Verbreitung besitzt und wenn er auch an zahlreichen Orten in bedeutender Menge vorkommt, so sind doch die größeren reinen Stücke, die sich zur Herstellung von Schmucksachen eignen, nur sparsam und an wenigen Stellen gefunden worden, die im folgenden speziell angegeben werden sollen. Unter allen Gegenden der Erde ist es der Ural, der am meisten schleifwürdigen Malachit geliefert hat und von wo auch die größten reinen Massen des Minerals stammen, die sich bisher gefunden haben. Der Malachit ist in diesem Sinne ein spezifisch russisches Vorkommen, andere Länder treten dagegen vollkommen in den Hintergrund. Der Ural ist sehr reich an Kupfererzen, aber nur wenige Lagerstätten sind für die hier in Betracht kommenden Zwecke von Bedeutung, die meisten liefern nur als Erz verwendbaren Malachit. Zu erwähnen sind allein die Kupfererzbergwerke bei Nischne-Tagil und bei Bogoslowsk im nördlichen Teile jenes Gebirges, und die bei Gumeschewsk weiter im Süden. In früheren Zeiten, am Anfange unseres Jahrhunderts, war die Produktion schleif- würdigen Materials eine recht bedeutende, ging aber dann allmählich immer mehr zurück, und heutzutage ist es nur noch die Grube Medno-Rudiansk bei Nischne-Tagil, die brauch- bare Stücke liefert, die anderen sind erschöpft oder geben doch in diesem Augenblicke keine genügend reinen Exemplare. Meistens liegt der Malachit nesterförmig auf Klüften im Kalkstein, aus denen er durch den Bergbau herausgeholt wird. Die Verarbeitung des so erhaltenen Materials geschieht in den Schleifereien von Katharinenburg, soweit es nicht im rohen Zustande in den Handel gebracht wird. Die Gruben von Gumeschewsk waren in früheren Zeiten die wichtigsten; sie lieferten den meisten brauchbaren Malachit und auch die besten Qualitäten. Der Ort liegt 56 Werst südöstlich von Katharinenburg, sehr nahe dem 58. Grad östlich von Paris, im Quellgebiet der Tschussowaja. Der Malachit in seiner schönsten Ausbildung hat die Form der erwähnten nierigen, tropfstein- und röhrenartigen Massen, die hier in ver- schiedener Größe und in einer Pracht vorkamen, wie es an anderen Orten nicht bekannt ist. Der Ruf der Gumeschewskschen Gruben beruhte hauptsächlich auf dem Vor- handensein dieser herrlichen Malachitstücke, die dort in einem roten Letten lagen. Sie hatten ein Gewicht bis zu 10 Pud (ä& 16 kg), sind jedoch meistens kleiner. In der Samm- lung des Bergkorps in St. Petersburg liegt die größte zusammenhängende Malachitmasse, die aus dieser Grube je gefördert worden ist. Sie stellt eine platte, nierenföürmige Masse mit einer Höhe von 3 Fuß 6 Zoll und mit fast derselben Breite dar, deren Gewicht etwa 90 Pud (gegen 1500 kg) beträgt und deren Wert auf 525000 Rubel geschätzt worden ist. Bei Nischne-Tagil, im nördlichen Ural, wenig südlich vom 58. Breitegrad und ungefähr 571), Grad östlich von Paris, kommen ganz ähnliche Kupfererze in derselben Weise vor wie bei Gumeschewsk, aber der schöne zum Schleifen geeignete faserige und nierenförmige Malachit ist hier viel sparsamer und meist weniger schön wie dort. Dagegen hat man hier im Jahre 1835 eine zusammenhängende Malachitmasse von einer Größe gefunden, wie bis dahin und auch seitdem niemals wieder, die namentlich das grobe Stück von Gumeschewsk, von dem eben die Rede war, noch weit überragt. Sie war 101% Fuß lang, 8 Fuß breit und 31% Fuß hoch und im Inneren. vollkommen kompakt, so daß das Gewicht auf nicht weniger als 500 bis 600 Zentner geschätzt wurde. Die Farbe war sehr schön smaragdgrün und so die Masse zum Schleifen ganz besonders geeignet. Hier in dem Reviere von Nischne-Tagil liegt die Grube Medno-Rudiansk, die jetzt allein noch nennenswerte Mengen von schönem Malachit liefert. Die Reichtümer der anderen gehören, wie schon erwähnt, früheren Zeiten an. 648 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Dies gilt auch für die noch weiter nördlich gelegenen Gruben von Bogoslowsk, (ungefähr 59% Grad nördl. Breite und 57?/s Grad östlich von Paris, an der oberen Turja). Diese Gruben befinden sich 15 bis 18 Werst weiter östlich an demselben Flusse, woher sie auch die Turjinskschen Gruben heißen. Auch hier bildet der Malachit nierenförmige Massen, das Vorkommen ist jedoch auch in diesen Gruben erheblich weniger schön und reichlich wie in Gumeschewsk. Stücke von besonderer Größe sind hier nie vorgekommen. Neben dem Ural ist vor allem Australien noch als Heimat schönen schleifbaren Malachits zu erwähnen. Auch hier bildet das Mineral meist kleinere unansehnliche Massen, die nur als Kupfererze brauchbar sind, aber es finden sich doch zuweilen größere Partien, die den uralischen an Schönheit in keiner Weise nachstehen und die auch in der Form und Beschaffenheit mit diesen vollkommen übereinstimmen. Besonders reich ist Queens- land, wo die Peak Downs Kupfergrube liegt, die schon prachtvolle Stücke geliefert hat. Auch in Neu-Süd-Wales kommt schöner schleifbarer Malachit in ziemlicher Menge vor. In Nordamerika haben die Gruben von Morenei in Arizona schöne Stücke geliefert. Was die Verwendung des Malachits betrifft, so verarbeitet man ihn verhältnismäßig selten zu Ring- und Nadelsteinen, häufiger schon zu Broschen, Ohrgehängen und ähnlichen Schmucksachen. Man gibt den Steinen meist eine ebene oder flach gerundete Oberfläche, Facetten werden seltener angebracht, da sie keine besondere Wirkung hervorbringen, doch trifft man auch Tafel- und Treppenschnitt. Die Ohrgehänge erhalten häufig eine drehrunde, keulenförmige oder ähnliche Gestalt. Sehr viel häufiger ist die Verwendung zu allen möglichen Galanteriewaren: Brief- beschwerern, Tintengefäßen, Leuchtern, und zu Dekorationsstücken, wie Schalen, Vasen, Kamin- gesimsen, Tischplatten usw., oft von erheblicher Größe. Die Sachen werden aber nicht massiv aus Malachit hergestellt, sondern die Form des betreffenden Gegenstandes wird in Kupfer oder einem anderen Material vorgebildet und dann mit dünnen Malachitplättchen belegt (fourniert), die man durch Zersägen der größeren Stücke erhält. Die Kunst besteht darin, diese Plättehen so zusammenzusetzen, daß die Fugen möglichst wenig sichtbar sind, was sich namentlich durch eine geschickte Benutzung der erwähnten Maserung bewerk- stelligen läßt. Diese Industrie ist namentlich in Rußland entwickelt, der Heimat des dazu gehörigen Materials. Hier sieht man die schönsten und größten Gegenstände derartiger von Malachit, und hierher stammen als Geschenke der russischen Kaiser die zahlreichen Sachen aus diesem Material, die sich in den europäischen Fürstenschlössern befinden. In Petersburg werden besonders die sehr großen Malachitsäulen in der Isaakskirche viel bewundert. Große Säulen aus demselben Stoffe hat aber auch das Altertum schon gekannt- In dem Dianentempel zu Ephesus hat sich eine Anzahl derselben gefunden, die jetzt die Sophienkirche in Konstantinopel zieren. Der Malachit hat so eine ganz ähnliche Verwendung wie der Lasurstein, aber er ist leichter in größeren Stücken zu erhalten und sein Preis ist bis zehnmal geringer. Niedrig ist der Preis kleinerer Stücke; die Produktion an solchen befriedigt den vor- handenen Bedarf immer noch leicht. Dagegen werden größere Massen wegen ihres viel selteneren Vorkommens viel höher bezahlt, und zwar um so mehr, je schöner die Farbe und je kompakter die Masse. Der Malachit kann kaum mit einem anderen Steine verwechselt werden, so charak- teristisch ist seine ganze Erscheinung. Nur das grüne Kieselkupfer, der danach so genannte Kieselmalachit (S. 521), sieht zuweilen ähnlich aus. Ein kleines Tröpfchen Salzsäure an einer versteckten Stelle, das, wenn es rasch wieder entfernt wird, keinen Schaden tut, bringt die Entscheidung: gewöhnlicher Malachit zeigt in dem Tropfen Aufbrausen wegen Ent- wickelung von Kohlensäure, Kieselmalachit nicht. KUPFERLASUR. AZURMALACHIT. FASERKALK. FASERGIPS. 649 Kupferlasur. Eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie der Malachit hat die Kupferlasur. Sie ist aber durch eine schön dunkelblaue Farbe ähnlich der des Lasursteins ausgezeichnet, auf die der Name hinweist. Die Kupferlasur ist jedoch viel schwerer (G. = 3,3) und weicher (H.= 33/4) als der Lasurstein und unterscheidet sich von diesem auch noch dadurch, dab sie wie der Malachit mit Salzsäure aufbraust. Der Stein ist in diekeren Stücken kaum jemals vollständig durchsichtig, höchstens durchscheinend. Der Glanz ıst Glasglanz und kann auch durch die Politur nicht sehr gesteigert werden. Die Verwendung ist nur beschränkt. Azurmalachit werden in Amerika Steine genannt, in denen grüner Malachit mit blauer Kupferlasur gemengt sind. Sie werden hergestellt aus stalaktitischen, kugeligen oder nierigen Massen, die aus abwechselnden Lagen beider Mineralien bestehen und die je nach der Lage der Schlifflächen verschieden gezeichnete Steine geben. Das Rohmaterial stammt aus der Kupfererzgrube von Bısbee und anderen Orten in Arizona. Faserkalk. Fasergips. Faserkalk. Das Mineral Kalkspat bildet zuweilen sehr feinfaserige Platten, in denen dıe Fasern untereinander parallel und auf den Wänden der Platten senkrecht stehen. Sind die Fasern sehr fein, dann zeigen Bruchflächen ın der Richtung derselben einen sehr schönen Seidenglanz, der durch die Politur noch gehoben werden kann. Daher wird der Faserkalk, besonders wenn er mit dem Seidenglanz vollkommene Farblosigkeit ver- bindet, zuweilen geschliffen und namentlich zu keulenförmigen Ohrgehängen und ähn- lichen Schmucksachen verarbeitet. Auf der rundlichen Fläche bemerkt man dann eine Lichterscheinung ähnlich der des Katzenauges, aber nur wenn der Schliff frisch ist; denn da der Kalkspat sehr geringe Härte hat (H.=3), so werden solche Sachen leicht zerkratzt und sind dann sehr unansehnlich. Körniger Kalk ist der Marmor, der aber zu Schmucksachen keine Verwendung findet und der daher hier nicht betrachtet werden soll. Ganz dem Faserkalk ähnlich ist der faserige Aragonit, der wie jener kohlen- saurer Kalk ist, der aber anders kristallisiert und auch sonst abweichende Eigenschaften hat. Er ist manchmal weiß und wird dann ebenso benutzt wie der Faserkalk, von dem er durch das Aussehen nicht zu unterscheiden ist. Zuweilen ist er aber auch rot, braun und weiß gebändert, wie z. B. der Karlsbader Sprudelstein, der für die Badegäste zu allen möglichen kleinen Gegenständen verarbeitet wird. Ebenfalls zum Aragonit, aber teilweise auch zum Kalkspat, gehört der Onyx-Alabaster aus Ägypten und der Onyx- Marmor von Tecati in Mexiko und von anderen Orten, der sogenannte „mexikanische Achat, mexikanische Onyx“. Auch dieses weisse, gelbe oder grüne Material wird fast nur in der Großsteinschleiferei, beinahe nie zu Schmucksachen verarbeitet. Daß unter den Katzenaugen von Ceylon zuweilen brauner faseriger Kalk mit vor- kommt, ist schon oben erwähnt worden. Fasergips. Wie der Kalkspat, so bildet auch der Gips nicht selten parallelfaserige Platten mit schönem Seidenglanz, die wie der Faserkalk zuweilen benutzt werden. Hier ist aber die Härte noch geringer (H.=2) und daher die Schönheit noch vergänglicher. Material dieser Art ist häufig in den großen Gipsbrüchen der Gegend von Paris, in dem 650 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. der Triasformation angehörigen Gips von Derbyshire und Nottinghamshire in England und an vielen anderen Orten. Körmiger Gips bildet den Alabaster, der aber wie der Marmor nie als Schmuck- stein dient. — I II DE Flussspat. Der Flußspat oder Fluorit ist für einen Edelstein viel zu weich; trotzdem wird er zuweilen zu Ringsteinen und zu anderen Zwecken dieser Art geschliffen wegen der pracht- vollen Farben, die manche Varietäten zeigen, und zwar benutzt man ihn vorzugsweise zur Nachahmung wertvollerer Edelsteine, denen er in der Färbung nahesteht. Die Verwendung ist aber gering, umfangreicher ist die zu allen möglichen größeren Gegenständen, die wegen der lebhaften Farben eine sehr gute Wirkung hervorbringen. Das Vorkommen des Flußspates ist ein sehr reichliches. Derbe und dichte Massen erfüllen, namentlich mit Schwerspat zusammen, Spalten und Gänge in allen möglichen Gesteinen. ‚Regelmäßig ausgebildete Kristalle, stets auf einer Unterlage aufgewachsen und zuweilen herrliche Drusen bildend, schön gefärbt und durchsichtig, wie es zur Ver- wendung als Schmuckstein erforderlich ist, finden sich in großer Zahl auf Erzgängen in den verschiedensten Gegenden. Am ausgezeichnetsten ist das Auftreten derselben in England, besonders im Norden, auf den Bleierzgängen in Cumberland, Derbyshire usw. aber auch im Süden, in Devonshire, Cornwall usw. Auf den Erzgängen im Harz, im Erzgebirge, im Schwarzwald usw. sitzen ebenfalls schöne Exemplare. Die Verbreitung ist so groß, daß es nicht möglich ist, auch nur die wichtigsten Fundstellen in Kürze anzugeben. Im reinsten Zustande besteht der Flußspat aus 48,72 Proz. Calcium und 51,2s Proz, Fluor. Er ist also Fluorcaleium, dessen Zusammensetzung durch die Formel CaF2 aus- gedrückt wird. Schöne Kristalle sind sehr häufig; sie gehören dem regulären System an. Die gewöhnlichste Form ist die des Würfels, doch finden sich auch Oktaeder und andere einfache reguläre Gestalten, teils für sich, teils ın Kombination miteinander. Nicht selten sind Zwillingskristalle, namentlich findet man Würfel zwillingsartig durcheinander ge- wachsen. Sehr verbreitet sind auch derbe kristallinische Aggregate von körniger und stengliger Struktur, sowie vollkommen dichte Massen, die aber nur in der Technik ver- wendet werden. Nach vier Richtungen, die den Flächen des Oktaeders parallel gehen und die also an den Würfeln die Ecken gerade abstumpfen, findet eine leichte Spaltbarkeit statt. Das Mineral ist spröde und hat nur die Härte des vierten Grades, so daß es schon von Fenster- glas leicht geritzt wird. Das spezifische Gewicht schwankt zwischen 3,ı und 3,2, er sinkt also jederzeit in der dritten, schwimmt aber auf der zweiten Flüssigkeit. Beim Erhitzen vor dem Lötrohr zerknistert der meiste Flußspat heftig und zerfällt in kleine Splitterchen, die mit ziemlicher Gewalt nach allen Seiten hinausgeschleudert werden. Er enthält gewöhnlich eine Menge kleiner, hohler oder mit Flüssigkeit erfüllter Einschlüsse,, deren Inhalt sich in der Hitze stark ausdehnt und so das Stück zersprengt. Die Schmelzbarkeit ist nicht besonders leicht, doch hat er eine große Neigung, mit anderen Mineralien zusammenzuschmelzen, weshalb er bei manchen Hüttenprozessen den Erzen zur Er- leichterung des Schmelzflusses zugesetzt wird. Daher stammt auch der Name Flußspat. Manche Varietäten haben die Eigenschaft, beim Erwärmen noch unter der Glühhitze ein FrLusssPpArT. 651 schönes grünliches oder bläuliches Licht auszustrahlen, das aber nach kurzer Zeit erlischt und bei einer Wiederholung des Versuchs nicht wiederkehrt; sie phosphoreszieren. Von Schwefelsäure wird der Flußspat vollkommen zersetzt und dabei Flußsäure entwickelt, die vielfach zum Atzen des Glases und mancher Edelsteine, namentlich von Quarz, Achat usw. benutzt wird. Für die hier besonders interessierenden Zwecke ist das Verhalten gegen das Licht von der größten Bedeutung. Der Glanz ist ein charakteristischer feuchter Glasglanz. Die Durchscheinenheit geht durch alle Grade hindurch, von der vollkommensten Durchsichtig- keit bis zum Durchscheinenden und Undurcehsichtigen. Am wichtigsten ist die Färbung. Diese ist außerordentlich mannigfaltig; kein anderes Mineral hat eine so große und schöne Farbenreihe, in der keine sonst im Mineralreich vorkommende Farbe fehlt. Der vollkommen reine Flußspat ist ganz farblos und durchsichtig, er ıst vollkommen wasser- hell; dies ist aber selten. Durch feinste Beimengung fremder, zum Teil organischer Substanzen in sehr kleinen Mengen entstehen die Farben, die beim Erhitzen meistens gänzlich verschwinden oder sich ändern. Häufig ist die Farbe licht und zart, vielfach jedoch auch außerordentlich tief und gesättigt, so daß sie nur in dünnen Schichten deutlich hervortritt, während diekere Stücke fast schwarz erscheinen. Immer aber ist das Pulver (der Strich) weiß oder doch sehr hell. Der Farbstoff ist häufig unregelmäßig verteilt, so daß die Steine ein fleckiges Aussehen erhalten. Manchmal wechseln sogar an einem und demselben Stücke mehrere Farben regelmäßig schichten- oder streifen- förmig miteinander ab, wie beim Achat, namentlich bei derben kristallinischen Aggregaten. Kristalle enthalten zuweilen einen andersgefärbten Kern, so sieht man z. B. gelbe im Innern violett usw. Zu Schmucksteinen können nur solche Kristalle dienen, die genügende Durchsichtig- keit mit schöner gleichmäßiger Färbung verbinden. Im Handel werden solche Flußspate mit dem Namen des entsprechend gefärbten, wertvollen und echten Edelsteins bezeichnet, dem man den Zusatz „falsch“ beifügt. Man spricht so von falschem Topas, Rubin, Smaragd, Sapphir, Amethyst usw. Selbstverständlich kann der Flußspat aber nicht nur den hier genannten Edelsteinen untergeschoben werden, sondern ebenso anderen von der- selben Farbe, so der gelbe nicht nur dem Topas, sondern auch dem Citrin, der rote auch dem roten Turmalin usw. Sehr häufig ist gelber Flußspat, der „falsche Topas“, welcher Namen indessen auch für den gelben Quarz, den Citrin, zuweilen gebraucht wird. Er findet sich im sächsischen Erzgebirge bei Freiberg, Gersdorf und an anderen Orten. Das Gelb hat verschiedene Nuancen, weingelb, honiggelb, bis ins Braun. Es ist meist ziemlich licht, doch fehlen auch tiefere Färbungen nicht. Rote Kristalle, meist an der Oberfläche mehr oder weniger angefressene Oktaeder, kommen in den Schweizer Alpen mehrfach, doch nicht gerade häufig vor, meist auf Spalten im Gneis, so am St. Gotthard, wo Göschenen vielfach als Fundort genannt wird, am Zinkenstock nahe der Grimsel, im Tavetschtale in Graubünden, im Wallis, im Tessin usw. Die Farbe dieser „falschen Rubine“ ist meist licht, rosenrot; dunkleres Rot kommt weniger vor. Die grüne Farbe der „falschen Smaragde“ ist zuweilen sehr schön und geht bis ins reine Smaragdgrün, so an manchen englischen Kristallen, an denen aus dem Porphyr vom Petersberg bei Halle, an solchen aus den Erzgängen von Badenweiler usw. Bekannt ist auch das in neuester Zeit aufgefundene Vorkommen von Macomb, St. Lawrence County, New York, wo in einer großen Höhlung Tausende schöner grüner Kristalle im Gesamtgewichte von 15 t gefunden worden sind. Blaue „falsche Sapphire“ finden sich vorzugsweise in den Zinnerzlagerstätten des Erz- gebirges; die Farbe ist hier ziemlich dunkel bis beinahe schwarz. Schöne hellblaue und rote Kristalle sind kürzlich in Illinois entdeckt worden. Auch in den Steinsalzablagerungen 652 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. von Hall in Tirol kommt blauer Flußspat vor. Eigentümlich sind die Flußspatwürfel von Alston Moor in Cumberland in England. Diese sind beim Hindurchsehen schön grün, während das an der Oberfläche zurückgeworfene Licht dunkelblau erscheint. Diese Er- scheinung ist nach dem Auftreten am Flußspat, dem Fluorit der Mineralogen, als Fluoreszenz bezeichnet worden. Sie ist besonders lebhaft bei der Beleuchtung mit Röntgenstrahlen. Man faßt derartige Steine zuweilen & jour in Nadeln, Ringe usw., um den Farbenunter- schied beim Hindurch- und Daraufsehen als Merkwürdigkeit zeigen zu können. An anderen Orten hat die blaue Farbe oft einen deutlichen Zug ins Violette, namentlich an ganz dunklen Kristallen, es gibt aber auch solche von lichterer, ausgesprochen violetter Färbung, die der des Amethysts zuweilen zum Verwechseln ähnlich ist. Solche „falsche Amethyste“ finden sich unter anderem in großer Schönheit auf den Bleierzgängen von . Weardale ın Durham in England. Alle diese „falschen“ Steine werden wie die echten geschliffen. Sie nehmen dabei eine gute Politur an, müssen aber beim Schleifen und beim Tragen an der Hand usw. wegen der Sprödigkeit, der geringen Härte und der leichten Spaltbarkeit sehr sorgfältig in Acht genommen werden, denn es entstehen gerne geradlinige Risse in der Richtung der Blätterbrüche, oder es springen kleine Splitter aus, und die Steine werden an der Ober- fläche zerkratzt und dadurch unansehnlich. Der Wert ist stets sehr gering und der Preis niedrig. Von den echten Steinen können diese Flußspate immer leicht durch die geringe Härte unterschieden werden. Auch das verschiedene spezifische Gewicht des echten und falschen Steines gibt die Möglichkeit einer leichten Unterscheidung, sowie die einfache Lichtbrechung des Flußspats gegenüber der doppelten der anderen. Diese zeigen daher auch meist mehr oder weniger deutlichen Dichroismus, eine Eigenschaft, die dem Fluß- spat, seiner regulären Kristallform entsprechend, ebenso abgeht wie die doppelte Licht- brechung. Als Schmuckstein wird der Flußspat aus den erwähnten Gründen wenig benutzt. Etwas umfangreicher ist die Verwendung zu größeren Ziergegenständen, wovon hier nur kurz im Vorbeigehen die Rede sein soll. Man verfertigt daraus Schalen, Vasen, Leuchter, Briefbeschwerer, sogar Architekturstücke, wie Säulen, Kamingesimse usw. Derartige Gegenstände sind namentlich in England unter dem Namen spar ornaments beliebt und verbreitet. In England ist auch das hierzu brauchbare Material zu Hause, und zwar findet es sich in größter Menge und Schönheit vorzugsweise bei Tray Cliff nahe Castleton ın Derbyshire. Es sind derbe, großkörnige Massen von sehr dunkelblauer, etwas ins Violette &ehender Farbe, vielfach mit hindurchziehenden weißen und gelben Schichten; sie werden dort als blue John bezeichnet. Man bringt die Stücke durch Schleifen in die gewünschte Form, man kann sie aber auch auf der Drehbank bearbeiten, doch ist dabei große Vor- sicht erforderlich, da aus den schon oben genannten Gründen leicht Stückchen aus- springen, wodurch die Glätte und der Glanz der Oberfläche wesentlich beeinträchtigt wird. Die Arbeiter haben aber im Laufe der Zeiten — die Industrie begann im Jahre 1765 — gewisse Kunstgriffe erfunden, um diesen Übelstand zu vermeiden. Der wichtigste besteht darin, daß der Flußspat bei der Bearbeitung mit Harz imprägniert wird, das einen größeren Zusammenhalt der Teilchen veranlaßt. So lassen sich aus dem hierzu so ungünstigen Materiale sehr dünnwandige Gefäße drehen, die oft nur 1 bis 1'/ Linien stark sind. Diese geringe Dicke ist deshalb nötig, weil nur dann durch die tiefgefärbte Substanz eine genügende Menge Licht hindurchgehen kann, so daß die schöne Farbe deutlich in die Erscheinung tritt. Wenn man diesen Flußspat bis annähernd zur Rotglut erhitzt, dann geht die dunkelviolblaue Farbe in ein schönes, amethystähnliches Violett über, das als natürliche Farbe dort nieht vorkommt. Es muß dabei aber mit größter Sorg- samkeit verfahren werden, denn die Stücke bekommen leicht Risse, und bei zu hoch u FrusssPpAT. APATIT. 653 gesteigerter Temperatur geht die Farbe gänzlich verloren, sie wird weiß. Wegen dem geringen Werte des massenhaft vorkommenden und leicht zu gewinnenden Rohmaterials geht der Preis dieser Waren nur wenig über den Arbeitslohn hinaus, der aber, der Schwierigkeit der Arbeit wegen, nicht unbedeutend ist. Es ist die Vermutung ausgesprochen worden, daß die rätselhaften vasa murrina der alten Römer aus Flußspat bestanden haben, doch ist hierfür kein bestimmter und ausreichender Anhalt vorhanden. Im Gegenteil ist es wahrscheinlich, daß diese kostbaren Gefäße aus einem anderen Materiale gefertigt gewesen sind, wie bei der Betrachtung des Achats (8. 634) erwähnt worden ist. Jedenfalls ist der Flußspat schon in sehr alten Zeiten zum Schmuck verwendet worden. Neben Perlen von Sodalith sind auch solche von Flub- spat in der uralten Trümmerstätte von Tiahuanaco auf dem Hochlande von Bolivia ın der Nähe des Titicacasees (S. 548) gefunden worden. Apatit. In ähnlicher Weise wie der Flußspat ahmt auch der Apatit mit seinen in manchen Varietäten sehr schönen Farben gewisse Edelsteine nach. Durchsichtige Exemplare werden daher ebenfalls zuweilen geschliffen. Der Apatit ist hierzu sogar noch geeigneter, da er etwas härter ist als der Flußspat (er hat den fünften Härtegrad), und da er keine deut- liche Spaltbarkeit besitzt. In chemischer Hinsicht ist es chlor- und fluorhaltiger phosphor- saurer Kalk, der im hexagonalen Systeme kristallisiert und sich sehr häufig in schönen Kristallen, meist sechsseitigen Prismen mit der geraden Erdfläche oder anderweitiger Endbegrenzung, findet. Die Farbenmannigfaltigkeit ist nicht so groß wie beim Flußspat. An sich ist die Substanz wie dort vollkommen farblos, und viele Kristalle sind auch in der Tat ganz wasserhell. Durch beigemengte Pigmente wird sie jedoch in verschiedener Weise gefärbt: lila oder violett oder hellgrün wie die Kristalle auf den Zinnerzlagerstätten des Erzgebirges, z. B. von Ehrenfriedersdorf in Sachsen und besonders schön auf einer alten Kupfergrube von Kiräbinsk in der Nähe von Miask im Ural; oder hellgelb wie der sogenannte Spargelstein im Talkschiefer der Tiroler Alpen; oder tiefblaugrün, wie die Moroxit genannte Abart, die an vielen Orten, so in Nordamerika und besonders in Kanada, an der Slüdjanka in Transbaikalien (Fig. 98), bei Arendal in Norwegen, in Deutsch-Südwestafrika usw. in kristallinischen Silikatgesteinen und in Marmor eingewachsen vorkommt; oder himmelblau wie gewisse australische Kristalle usw. Von ganz besonders schöner Färbung und hoher Vollkommenheit sind die durchsichtig grünen, rosenroten und violetten Apatite, die mit Turmalin zusammen auf Spalten im Granit am Mount Apatite bei Auburn, Androseoggin County im Staate Maine in den Vereinigten Staaten gefunden werden und die man früher zum Teil für Turmalin gehalten hat. Von allen diesen verschiedenen Vorkommnissen werden gelegentlich schön gefärbte Exemplare geschliffen, wenn sie, was aber nicht besonders häufig ist, vollkommene Durchsichtigkeit besitzen. Am meisten werden vielleicht die grünen kanadischen Moroxite benutzt, doch ist auch bei ihnen die Verwendung beschränkt und der Wert nicht hoch. Zur Unterscheidung von ähnlich gefärbten Steinen kann neben der Härte das spezifische Gewicht dienen, das sehr nahe wie beim Flußspat gleich 3, ist. Letzterer kann neben dem doppeltbrechenden und etwas dichroitischen Apatit an seiner einfachen Lichtbrechung und an dem vollständigen Mangel an Dichroismus erkannt werden. Von Beryll und Smaragd, denen manche ge- 654 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. schliffene Apatite sehr ähnlich sind, unterscheidet sich der letztere sehr leicht durch das spezifische Gewicht: der Apatit sinkt in der dritten Flüssigkeit (G.—= 3,0), in der jene schwimmen. —— III I— Schwefelkies. Der Schwefelkies oder Pyrit, von den Juwelieren auch wohl Markasit genannt, ist das einzige der metallisch glänzenden Schwefelmetalle, das zuweilen einmal geschliffen wird. Er ist Zweifachschweieleisen, FeS:, von regulärer Kristallform. Das spezifische Gewicht ist sehr hoch, G.=5,. Die Substanz ist spröde, die Härte liegt nur wenig unter der des Quarzes, H.—= 6!/.. Vor dem Lötrohr gibt der Schwefelkies schweflige Säure, die an ihrem stechenden Geruch leicht erkannt wird. Mit dem Stahle geschlagen erzeugt er lebhafte Funken, indem die durch die Reibung losgerissenen Teilchen unter demselben Geruche ebenfalls zu schwefliger Säure verbrennen. Von Salzsäure wird er nicht an- gegriffen, von Salpetersäure aber vollständig zersetzt. Die Farbe ist ein hübsches, etwas ins Graue gehendes Gelb, das man als Speisgelb bezeichnet. Der Glanz ist ein lebhafter Metallglanz, der besonders auf geschliffenen Steinen, denen man meist die Form niederer Rosetten zu geben pflegt, schön hervortritt. Wegen der ziemlich großen Härte hält sich auch der Glanz lange, und die Kanten der geschliffenen Steine verlieren ihre Schärfe nicht. Dagegen wird die äußere Erscheinung vielfach dureh eine mehr oder weniger rasch vorschreitende Verwitterung beeinträchtigt, die die Ober- fläche matt und unansehnlich macht. Im 18. Jahrhundert war der Schwefelkies namentlich in Frankreich geschätzt und viel verwendet, da er wegen seines hohen Glanzes und seiner hübschen Farbe einen guten Eindruck macht. Er diente vorzugsweise zur Verzierung von Toilettegegenständen, wie Schuhscehnallen und Strumpfbändern, von Dosen usw., wurde aber auch in Broschen, Armbänder und andere Schmucksachen eingesetzt. Später nahm die Vorliebe für diesen Stein sehr ab, und endlich hörte seine Verwendung so gut wie ganz auf. Es hat aber nicht an Versuchen gefehlt, ihn in seine frühere Stellung wieder einzusetzen. So wurde im Jahre 1846 eine große Menge von geschliffenen Schwefelkiesen nach Paris gebracht, die alle aus Genf und dem Jura kamen und die nach der Mode der Zeiten, in denen der Stein früher beliebt gewesen, gefaßt waren. Die Sache machte eine Zeitlang großes Auf- sehen, aber bald geriet der Versuch ins Stocken, und die Steine fanden keinen Absatz mehr, da sie trotz des geringen Materialwertes teuer waren und die Fassung nicht dem modernen Geschmack entsprach. Schon früher einmal, nach der Eroberung Perus, war der Schwefelkies in der Mode gewesen. Man hatte in alten Inkagräbern große polierte Platten davon gefunden, die wohl als Spiegel benutzt worden waren. Dies lenkte die Aufmerksamkeit auf das Mineral, das dann zuweilen als Inkastein bezeichnet wurde. Man schrieb ihm damals heilbringende Kräfte zu und nannte es daher auch Gesundstein oder Elementarstein. Der Schwefelkies wurde aus diesem Grunde als Amulett und auch in Halsketten, Nadeln, Ohrringen usw. vielfach getragen und manchmal teuer bezahlt. Die Verbreitung des Schwefelkieses in der Natur ist sehr groß, er gehört mit zu den häufigsten Mineralien der Erdkruste. Neuestens hat man versucht, kleine glänzende Schwefelkies- kristalle in ihrer natürlichen Beschaffenheit als Schmucksteine zu verwenden. SCHWEFELKIES. HÄMATIT, 655 Hämatit. Der Hämatit oder Blutstein ist ein durch Metallglanz und dunkelstahlgraue bis eisen- schwarze Farbe, sowie durch vollkommene Undurchsichtigkeit ausgezeichnetes Mineral. Er gehört zum Eisenglanz, dem natürlichen Eisenoxyd, Fe2 O;, das in reinem Zustande aus 70, Proz. Eisen und 30,0 Proz. Sauerstoff besteht. Nicht selten kommt er in rhom- boedrischen Kristallen vor, die sich in besonderer Schönheit unter anderem auf den aus- gedehnten und wichtigen Eisenerzlagerstätten der Insel Elba, auf Spalten und Klüften im Gneise der Hochalpen und an anderen Stellen finden. Die Kristalle sind aber nur in dickeren Stücken lebhaft metallisch glänzend und schwarz, ihr feines Pulver, wie man es am leichtesten durch Ritzen mit einer Feile oder durch Überstreichen über eine rauhe Porzellanplatte erhalten kann, ist dagegen dunkel- kirschrot und sehr kleine Kriställchen sind mit schöner roter Farbe durchsichtig. Daraus ist der Name Blutstein und dessen griechische Übersetzung Hämatit entstanden. An der roten Farbe des Strichpulvers kann man das Mineral von allen andern ähnlich aussehenden schwarzen metallisch glänzenden Steinen, z. B. vom Titaneisen, unterscheiden. Kristalle werden wohl kaum geschliffen. Aber der Hämatit findet sich nicht bloß in dieser Form, sondern auch vielfach und in größeren Quantitäten als derbe unregel- mäßig begrenzte Massen, die jedoch sonst alle Eigenschaften der Kristalle besitzen, nicht nur die oben genannten, sondern auch dasselbe spezifische Gewicht (G. = 4,7) und dieselbe Härte, die des Feldspats (H.= 6). Diese Abart wird in den Schleifereien von Idar-Oberstein usw. zur Herztellung von Schmuckgegenständen verwendet, und zwar soll das Rohmaterial, das Stücke von erheblicher Größe bildet, aus Ostindien stammen. Auch in Brasilien, und zwar in den Provinzen Säo Paulo und Minas Geraös, kommt Ähnliches vor. Vielleicht noch ausgedehnter ist jedoch die Verwendung des feinfaserigen Eisen- glanzes. Dieser hat meist nicht mehr den intensiven Metallglanz der Kristalle und der erwähnten derben kKristallinischen Massen, auch geht die Farbe schon stark ins Rote und nähert sich der des Pulvers. Wenn letzteres aber nicht zu sehr der Fall ist, sind geschliffene und polierte Flächen immer noch lebhaft metallisch glänzend und dunkel- stahlgrau bis schwarz, und die faserige Beschaffenheit verschwindet für das Auge voll- ständig. Derartige Stücke können daher ebensogut geschliffen werden wie jene derben, dagegen finden die ausgesprochen roten Abänderungen nur noch als Erz zur Herstellung des Eisens Verwendung. Der fasrige Eisenglanz hat meist eine rundliche, traubige oder nierenförmige Oberfläche und wird dann als roter Glaskopf bezeichnet. Er findet sich in kleineren Partien zwischen dichtem Roteisenstein von ausgesprochen roter Farbe, Wände von Hohlräumen in demselben in mehr oder weniger dieken Lagen überziehend. Schleifbaren Hämatit von dieser Beschaffenheit hat man in dem jetzt allerdıgs so gut wie erschöpften Eisenerzgang bei Kamsdorf unweit Saalfeld in Thüringen gewonnen, ebenso in den alten weltberühmten Eisensteinablagerungen der Insel Elba, die auch die oben erwähnten schönen Kristalle, oft in prachtvollen Drusen, beherbergen; aus den Eisen- erzlagerstätten von Schottland kommt gleichfalls schleifbares Material. Der gegenwärtig in Idar und Oberstein geschliffene faserige Hämatit stammt jedenfalls zum Teil aus Neu- seeland, teilweise auch von Platten in Böhmen usw. Der Hämatit wird in verschiedener Weise zu Schmucksteinen verwendet, die stets um so schöner sind, je höher und vollkommener der metallische Glanz und je tiefer schwarz die Farbe. Man verfertigt daraus Ring- und Siegelsteine, in deren ebene Flächen meist eine Figur, ein Buchstabe, oder irgend etwas anderes eingraviert wird, also Siegelsteine 656 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. von mannigfaltiger Art. Der Hämatit ist überhaupt einer derjenigen Schmucksteine, die am meisten zum Gravieren verwendet werden. Mugelige Steine für Ringe und andere Schmuckstücke zeigen zuweilen infolge ihrer faserigen Struktur einen allerdings stets nur trüben und matten Lichtschein, ähnlich dem des Sternsapphirs. Steine von dieser Form werden zur Verzierung von Broschen, Armbändern, Medaillons usw. hergestellt, meist wie auch die Ringsteine mit nur wenig erhabener, schildförmig krummer Oberfläche. Zuweilen verfertigt man runde Kugeln, die zu Hals- und Armbändern usw. auf Schnüre gezogen werden. Sie zeigen dann ebenfalls nicht selten den genannten Lichtschein, so daß sie manchmal in Glanz und Farbe echten schwarzen Perlen recht ähnlich sein können. Kleine Würfel aus Hämatit werden auf Nadeln aufgesteckt usw. Hämatit wird seiner schwarzen Farbe wegen vielfach zur Anfertigung von Trauerschmuck verwendet. Die Benutzung ist aber nicht besonders ausgedehnt, und die Steine erreichen nur geringe Preise, da das Rohmaterial wegen seines zu diesen Zwecken mehr als reichlichen Vor- kommens beinahe wertlos ist. Der Hämatit ist eine der Substanzen, die in den allerfrühesten Zeiten schon zum Schmuck benutzt wurden. In den Ruinen von Babylon sind viele Zylindergemmen, zum Teil mit Gravierungen, aus diesem Steine gefunden worden, und ebenso fanden sich Schmucksachen aus Hämatit in alten ägyptischen Gräbern. Auch im klassischen Altertum hat der Stein zur Herstellung von Intaglien und zu anderen ähnlichen Zwecken in aus- gedehntem Maßstabe Verwendung gefunden, da er sich leicht bearbeiten läßt und schön aussieht. Für die Bearbeitung der Edelsteine, namentlich einiger weicherer Sorten, ist der Hämatit von Wichtigkeit, weil sein feines Pulver, allerdings auch vielfach das von künst- lich hergestelltem Eisenoxyd, unter dem Namen Englisch-Rot häufig als Schleif- und Polier- mittel benutzt wird. Sodann ist er für Goldarbeiter nicht ohne Bedeutung, weil auch aus ihm, und zwar aus derselben faserigen Abart, dem roten Glaskopf, die zu Schmucksteinen ver- schliffen wird, die Geräte zum Polieren des Goldes und des Silbers an den Schmuck- sachen, die sogenannten Polierzähne, hergestellt werden (S. 635). Ganz ähnlich wie der Hämatit wird zuweilen auch die Titansäure enthaltende Varietät des Fisenglanzes, das Titaneisen, zu Schmucksteinen verschliffen. Es wird zuweilen auch als Iserin bezeichnet, weil schwarze abgerollte Körner desselben als Begleiter des Sapphirs an der Iserwiese sich finden. Das Titaneisen hat außer der Faserigkeit wesent- lich dieselben Eigenschaften wie der Eisenglanz, es nimmt aber beim Schleifen einen noch höheren Glanz an als dieser. Die Verwendung ist jedoch zu spärlich, als daß weitere Mitteilungen nötig wären. Erwähnt sei nur noch das hübsche Vorkommen von Cumber- land in Rhode Island in Nordamerika, wo weiße Quarzkörner in das schwarze Titaneisen eingewachsen sind, so daß die geschliffenen Stücke einen angenehmen Farbenkontrast geben. Vom Hämatit unterscheidet sich das Titaneisen dadurch, daß die Farbe des Strich- pulvers nicht rot, sondern braun oder schwarz ist; außerdem ist das Mineral zum Teil magnetisch, was beim Hämatit nie der Fall ist. >SsSsoo> —_ Rutil. Der Rutil ist ein Mineral, das aus Titansäure, TiO,, besteht und sich häufig in Kristallen des quadratischen Systems findet. Er hat meist eine dunkelbraune, rote bis schwarze Farbe und vielfach einen kräftigen metallartigen Demantglanz, so daß er wenigstens in TAFEL IX. 1. Lasurstein angeschliffen). 2. Türkis (geschliffen). 3. Türkis (im Gestein). 4a. Malachit (natürl. Vorkommen). 4b. Malachit (angeschliffen). 5a und 5b. Onyx (von oben und von der Seite gesehen). 6. Karneo| (geschliffen und graviert). 7. Achat (Karneolonyx, als Kamee geschnitten). 8. Chrysopras (geschliffen). 9. Bernstein (angeschliffen). AX 4373AT 656 Zwsrren 11 F Solmmmeksteine, die am ıneigte un nd ar Schmue nur trühe in, ähnliel jieser " Form werden troschen, Alm melst ' nur wenig erbabener, sebildier mer, | R' Kugeln, dıe zu Hals- und Arwälklem wew. nf Schmi e ann ebenfalls nicht seiten den 4 i Farbe echten schwarzen Perlen pgeht ähnlieh son können. rden auf Nadeln aufgesteckt wi | Bahn ‚86 n ühesten Zeiten” Fchon zum Schmuck ur „he In den Ruinen von Baby ind tiele Zylindg Teil mit Gra T aus diesem tei 2 n,\ und eben ’ Schmucksachen aus Hämatit in altey hat der Stein zur Herstellung v gedehntem Maßstabe Verwendun; (ltertum in aus- ähnliehe: _ bearbeiten läßt und schön aussieht. ’ Für die Bearbeitung der Edelstemg Ali ini weicherer Sorten, ist der Hämatit von Wiclltigkeit, weil sein feines } Hardigfes auch viellnch ch von künst- lich en es oxyd, unter dem Namen Engfisch-Rot häuf; Polier- n ist er für Goldarbeiter nicht ohne Bedawis und zwar aserigen Abart, dem x&ten a. schliffen zum Polieren des ımuck- sachen, die olierzähne, hergesf£ Cs (N Hämatit wird z Yarıetät des Fisenellds Aitaneisen, zu Se id zuweilen auch als Ise net, weil schwarze ala Begleiter des Sapphirs an ie Iserwiese sich finden. Das Temzeisen hat außer ös Fi aserigekeit wesent- lich dieselben Eigenschaften wie der Eisenglanz, es nimmt BER beine bieifen einen noch i A dab weitere Mitteilungen nötig wäy£en. land in Rhode Isßfnd{in N eingewachsen sind, eben. Vom Hä pulvers nicht rot marnetisch, wa frgenehmen Fa h, daß die Farbe/fies S rich- i las Mıiner Der Rutil x ineral, das aus” panisäure, TiO,, bestehul®k sıch hänge stallen des quadratisckeg s 1 i ) wune, arme schwarze Farbe und vielfach einen kräftigen nstalleniigen Demantglanz, £ aß er wenigstens in tidosIsM .sr .(nistasQ) mi) aidıu TE .(asttildoasg) aidıöT.C .(nottildoesgas nistaıneel .t nov bs asdo stov) xwaO .d& bau sd .(mellildoasgas) tidssIsM .d> .(nsmmozhroV riss) someÄ els ‚zunolosırıef) 3edoA .T .(rreivsıy bass asttildoasg) losmısil .9 .(msılaasy stisA ob (asttildsesgas) nistenıed .e .«(moitildyesg) asıgoawıd) 8 .(usitindoasg TAFEL XX. Bauer. Edelsteinkunds. 2. Auflage. 1 DEE BERNSTEIN. EIGENSCHAFTEN. 657 einzelnen Exemplaren schön genug ist, um geschliffen zn werden. Ein derartiger Stein gleicht dann oft in so hohem Grade einem schwarzen Diamant, daß er beim ersten An- blick damit verwechselt werden kann. Unterscheidende Merkmale sind die viel geringere Härte (H. — 7'/2) und das höhere spezifische Gewicht (G. — 42—4,3), sowie bei durch- sichtigen Exemplaren starke Doppelbreehung und merklicher Dichroismus. Der Rutil ist sehr verbreitet, aber doch meist nicht zum Schmuckstein geeignet, man sieht ihn daher nur selten geschliffen. Bernstein. Der Bernstein, dieser viel benutzte gelbe Schmuckstein, gehört nicht zu den eigent- lichen Mineralien. Er ist pflanzlichen Ursprungs, ein mehr oder weniger stark verändertes Harz vorweltlicher Bäume, das aber wie ein Mineral in den Schichten der Erdkruste eingeschlossen vorkommt und das daher wenigstens anhangsweise den Mineralien zugezählt “wird, wie andere fossile Baumharze, deren wichtigstes er ist. Eigenschaften und Beschaffenheit. Daß der Bernstein ein solches Harz ist, geht unzweifelhaft aus der Gesamtheit aller seiner Eigenschaften hervor. Häufig findet man ihn sogar noch im Zusammenhang mit Teilen der fossilen Nadelholzbäume, aus denen er entstanden ist und die unter dem Namen der Bernsteinfichte (Pinites suceinifer Goeppert) zusammengefaßt werden. Im folgenden ist zunächst vorzugsweise nur der eigentliche eehte Bernstein, der Suceinit der Mineralogen, berücksichtigt, dessen hauptsächlichste Heimat das ostpreußische Samland ist. Andere diesem ähnliche oder auch z. T. mit ihm in allen wesentlichen Eigenschaften übereinstimmende, und in derselben Weise wie er be- nutzte, aber viel spärlicher vorkommende Harze werden daran angeschlossen. Was die chemische Zusammensetzung anbelangt, so besteht der Bernstein wie die anderen Harze in der Hauptsache aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, die aber in etwas schwankenden Verhältnissen miteinander verbunden sind. Im Mittel findet man 79 Proz. Kohlenstoff, 10,; Sauerstoff und 10,; Wasserstoff, was der Formel Ci» Hıs © entsprechen würde. Auch geringe Mengen Schwefel sind zuweilen vorhanden, sowie etwas unorganische Substanz, die beim Verbrennen als Asche zurückbleibt. Der reine Bernstein enthält davon nur etwa "/s Proz., durch die Anwesenheit fremder Einschlüsse kann aber diese Zahl wesentlich erhöht werden. Der Bernstein ist jedoch kein homogener und in jeder Beziehung durchaus gleich- artiger Körper. Er ıst auch, abgesehen von den Aschenbestandteilen, ein Gemenge mehrerer Substanzen, die sich durch chemische Operationen voneinander trennen lassen. Durch Destillation erhält man eine kleine Quantität eines ätherischen Öls, des Bernsteinöls, und namentlich den charakteristischen Bestandteil, die Bernsteinsäure, die in dem echten preußischen Bernstein stets, aber in wechselnden Mengen, vorhanden ist. In den voll- kommen klaren, durchsichtigen Stücken findet man 3 bis 4 Proz., in den trüben mehr, steigend bis zum Höchstbetrage von 8 Proz., der sich in den vollkommen schaumigen Massen findet. Durch Behandeln des feinen Pulvers mit Alkohol, Äther und anderen Lösungsmitteln lassen sich vier in der Zusammensetzung und dem Schmelzpunkt von- einander abweichende Harze ausziehen. Der unlösliche Rückstand, 44 bis 60 Prozent, ist ein bituminöser Stoff, das sogenannte Bernsteinbitumen, von Berzelius Suceinin genannt. In Wasser ist der Bernstein vollkommen unlöslich. Ganze Stücke werden auch von Alkohol, Schwefeläther, Essigäther und anderen ähnlichen Lösungsmitteln nur wenig und erst nach längerer Einwirkung angegriffen. - In konzentrierter Schwefelsäure ist das feine Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 42 658 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Pulver schon in der Kälte vollkommen löslich und durch kochende Salpetersäure wird es vollständig zersetzt. Beim Erhitzen wird der Bernstein weich, bläht sich auf und gibt einen charak- teristischen, angenehmen Geruch von sich. Bei 350 bis 375° C., also bei einer höheren Temperatur als andere Harze, schmilzt er und wird gleichzeitig zersetzt, unter Ent- wickelung weißer Dämpfe, wobei die oben genannten flüchtigen Bestandteile, Bernsteinöl und Bernsteinsäure, entweichen, zuweilen auch etwas Wasser. Diese Dämpfe zeigen ebenfalls jenen Geruch und reizen, der in ihnen enthaltenen Bernsteinsäure wegen, stark zum Husten. Als nicht flüchtiger Rückstand hinterbleibt eine glänzend schwarze Substanz, das Bernsteinkolophon, das sich in Terpentinöl und Leinöl auflöst und so den Bernstein- lack und Bernsteinfirnis liefert, die vielfach zum Anstreichen benutzt werden. Der Lack ist durch seine große Härte nach dem Trocknen ausgezeichnet. Beim Erhitzen in Öl wird der Bernstein weich und biegsam; wir werden sehen, daß von dieser Eigenschaft eine nicht unbedeutende praktische Anwendung gemacht wird. An der Luft erhitzt, entzündet sich: der Bernstein und brennt mit heller rußender Flamme. Davon kommt der Name Bernstein (Börnstein), der brennbare Stein. Es ent- steht dabei wieder jener aromatische Geruch, der so charakteristisch ist, daß man daran dieses Harz leicht von anderen ähnlich aussehenden unterscheiden kann. Er ist auch der Grund einer beschränkten Verwendung des Bernsteins als Räucherwerk. Die physikalischen Eigenschaften sind ebenfalls ganz die eines Harzes. Der Bernstein ist vollkommen unkristallisiert, amorph. Die Stücke haben daher auch nie eine regelmäßige ebenflächige Gestalt, sie sind entweder ganz unregelmäßige rundliche Knollen, oder sie haben die Form von Zapfen, Tropfen, Platten usw. mit rundlicher Um- srenzung. Auch Blätterbrüche fehlen vollständig, der Bruch ist muschlig, aber die Stücke sind vielfach von unregelmäßigen Rissen durchzogen. Zuweilen ist eine schalige Ab- sonderung, eine Zusammensetzung aus einzelnen dünnen Lagen zu beobachten. Diese Verschiedenheiten der Form und der Struktur stehen im engsten Zusammenhang mit der Entstehung des Bernsteins und sind völlig abhängig von der Art und Gelegenheit des Ausflusses des Harzes aus den Bernsteinbäumen. Wir sehen in dieser Beziehung beim Bernstein alles, was an den Harzen der Nadelhölzer der Gegenwart beobachtet werden kann. Freihängend haben sich Tropfen gebildet, deren regelmäßig rundliche, oft birnen- förmige Gestalt als Seltenheit geschätzt wird, oder Knollen, die manchmal zu bedeutender Größe heranwuchsen. Man nennt den auf diese Weise entstandenen Bernstein natür- lichen Bodenstein od. Grundstein, natürliches Rund und Knibbel. Oder das Harz sammelt sich an den Stämmen — unregelmäßige Stücke; oder zwischen Bast und Holz — Platten und Fließen; oder es erfüllt Hohlräume in dem Holz, entweder durch Zusammenfließen oder durch Umwandlung des Parenchyms in Harz — sogen. Verkienung und z. T. ebenfalls Fließen und unregelmäßige Stücke. Wie bei den Koniferen unserer heutigen Wälder war das dem lebenden Holz bei der Verkienung oder Verschorfung entquollene Harz mit Zellsaft gemengt, der es emulsionsartig durchsetzte und daher trübte. Wenn aber die ım Harz befindlichen, das Licht reflektierenden kleinen Bläschen zusammenflossen, oder das abgesonderte Harz nochmals umschmolz, wurde es klar. Bei der größeren Hitze des Sommers entstanden hierdurch langzapfıge und, im Ge- gensatz zu jenen einheitlich gebildeten, kompakten, in Lamellen geflossene Bernsteinsorten, die dadurch, daß ein Erguß oberflächlich schnell erhärtete und den nachfolgenden nicht mehr gut haften ließ, eine schalige Absonderung, eine Zusammensetzung aus einzelnen dünnen Lagen, zeigen. Darnach unterscheidet man die zwei Hauptsorten des Bernsteins. Die eine, kompakt und wie aus einem Guß, wird als massiver Bernstein bezeichnet, die andere, aus einzeln übereinander abgelagerten und leicht voneinander trennbaren BERNSTEIN. EIGENSCHAFTEN. 659 Schichten bestehend, führt den Namen der Scehlauben. In den Extremen sind diese beiden Sorten sehr voneinander verschieden, doch bestehen alle möglichen Übergänge zwischen ihnen. Auch unterscheidet man diesen beiden gegenüber noch eine dritte Sorte, Rohbernstein, die dadurch entstanden ist, daß weiches Harz entweder auf den einst moorigen Waldboden oder in von Mulm erfüllte Höhlungen des Stammes floß und sich mit dem fremden Material so mengte, daß diese Masse schwarz wurde. Man bezeichnet diese Art des Bernsteins als Schwarzfirnis. Das spezifische Gewicht des Bernsteins beträgt 1,05 bis 1,10; er ist also wenig schwerer als Wasser, namentlich als Seewasser. Die Härte steht etwas über der des Gipses, es ist also etwa H» — 2!/,; der Fingernagel bringt daher beim Ritzen kaum noch einen Ein- druck hervor. Die Härte übertrifft somit die der meisten anderen Harze, was ebenfalls als unterscheidendes Merkmal dienen kann. Die Masse ist nicht sehr spröde, sie läßt sich daher mit dem Messer schneiden und schnitzen, auf der Drehbank bearbeiten, durchbohren usw., was alles für die Bearbeitung sehr wichtig ist. Schneidet man mit dem Messer am Rande eines Stückes, dann erhält man keine zusammenhängenden Späne, sondern ein Pulver. Durch Reiben mit Tuch läßt sich starke negative Elektrizität erzeugen, so daß kleine Papierstückchen usw. angezogen werden. Von dem alten Namen des Bernsteins, Elektron, stammt die Bezeichnung für diese Erscheinung. Bei sehr starkem Reiben entsteht eben- falls der schon mehrfach erwähnte Geruch; die Masse wird dabei aber niemals klebrig wie andere Harze, weil der Schmelzpunkt weit über der durch die Reibung erzeugten Temperatur liegt. Beim Berühren mit der Hand fühlt sich der Bernstein warm an, da er ein sehr schlechter Wärmeleiter ist. Hierdurch unterscheidet er sich leicht von ähnlich aussehendem Glas und von Mineralien, die alle in der Hand das Gefühl der Kälte her- vorbringen. An den meisten Stücken ist der Glanz ein schöner echter Harzglanz, der durch die Politur noch wesentlich gesteigert wird. Diese hohe Politurfähigkeit macht den Bernstein zu Schmucksachen ganz besonders geeignet. Allerdings ist sie nicht immer in gleichem Maße vorhanden; manche Stücke sind mehr oder weniger matt und werden auch durch Polieren nicht glänzend; sie sind dann zum Schmuck ungeeignet. Die Durchsichtigkeit geht vom vollkommen Klaren durch alle Übergänge hindurch bis zum ganz Trüben und Undurchsichtigen. Aber auch die undurchsichtigen Stücke sind für Röntgenstrahlen vollkommen durchlässig. Sehr häufig sind an demselben Stücke klarere und trübere Stellen vorhanden, die stets ganz allmählich ineinander übergehen und sehr selten scharf gegeneinander absetzen. Dies ist ein sehr charakteristisches Kenn- zeichen des echten Bernsteins in seiner natürlichen Beschaffenheit; er unterscheidet sich dadurch sehr bestimmt von anderen ähnlichen Substanzen, die wir später kennen lernen werden. An durchsichtigen Stücken kann man beobachten, daß der Bernstein seiner amorphen Beschaffenheit gemäß einfach-liehtbrechend ist. Zuweilen bemerkt man allerdings eine schwache anomale Doppelbrechung, besonders um fremde Einschlüsse herum, die kleine Spannungen im Inneren des Stückes hervorbringen. Die Lichtbrechung ist schwach; für mittlere Strahlen beträgt der Brechungskoeffizient, schwankend an verschiedenen Stücken, 1,530 bis 1,547. Die Farbe ist sehr einförmig. In der großen Masse des baltischen Bernsteins hat man bisher fast nur Gelb gefunden, das aber in zahlreichen Nuancen vom beinahe voll- ständig Farblosen bis zum Dunkelgelb und Braun verläuft. Rot kommt an frischen Stücken äußerst selten vor, entsteht aber stets mit der Zeit durch eine oberflächliehe Umwandlung. Grün und Blau ist gleichfalls sehr selten; hiervon soll unten noch weiter die Rede sein. 42* 660 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Faßt man die Färbung im Zusammenhange mit der Durchsichtigkeit ins Auge, so sind trotz der Einförmigkeit der ersteren beim Bernstein doch große Verschiedenheiten der äußeren Erscheinung vorhanden, und das Aussehen der Stücke ist demzufolge von einem zum andern sehr wechselnd. Auf Grund dieser Eigenschaften hat man eine Anzahl von besonders benannten Varietäten aufgestellt, die sich zum Teil auch hinsichtlich der mehr oder weniger vollkommenen Politurfähigkeit voneinander unterscheiden. Danach und nach ihrem Aussehen sind diese Varietäten zum Schmucke in verschiedenem Grade geeignet und geschätzt und daher für den Handel von größerer oder geringerer Bedeutung. . Der durchsichtige Bernstein wird ım Handel als Klar bezeichnet. Klar sind beinahe ausnahmslos die Schlauben; vollständig trüb sind diese niemals, und schon eine Ab- wechslung von hellen und trüben Stellen ist bei ihnen sehr selten. Im Gegensatze dazu sind die massiven Steine beinahe immer mehr oder weniger trübe. Vollkommen durch- sichtige massive Steine gehören zu den ungewöhnliehen Erscheinungen. Sie werden hoch bezahlt. Bei dem Klar des massiven Steins unterscheidet man verschiedene Farben- nuancen. Am geschätztesten sind die fast wasserhellen, im Handel eisfarbige genannt. Sie finden sich an den- Bernsteinbeigaben altheidnischer Gräber, im Bernstein der sogen. gestreiften Sande und in dem der mehr sandigen Glieder des Diluviums. Davon wird unten noch weiter die Rede sein. Hier muß ein Umwandlungs-, ein Bleichungsprozeß vor sich gegangen sein, denn in seinem eigentlichen ursprünglichen Muttergestein, der sogenannten „blauen Erde“ findet sich eisfarbiger Bernstein niemals. Nächst diesem letzteren zählen die sehr dunkelgelben Nuancen zu den seltenen Sorten, man nennt sie Braun- schweiger Klar. Die Hauptmasse besteht aus dem gewöhnlichen Gelben. Je nach- dem bei diesem, aber auch bei dem im nachfolgenden betrachteten Trüben, die äußere Rinde heller oder dunkler ist, unterscheidet man Gelbblank und Rotblank. Das erste wird für die Lackindustrie ganz besonders bevorzugt. Der flohmige Bernstein ist nur leicht, wie durch einen feinen Staub, getrübt. Wie der klare nimmt er eine vorzügliehe Politur an. Der Name flohmig kommt von der ost- preußischen Bezeichnung Flohmfett für das halbdurchsichtige gelbliche Fett der Gänse und Enten, dem diese Bernsteinsorte im Aussehen gleicht. Beim Bastard ist die Trübung schon stärker, aber die Politurfähigkeit noch sehr gut. Je nachdem die Trübung das ganze Stück durchsetzt oder nicht, sind verschiedene Bezeichnungen üblich. Ein durchweg trüber Bernstein ist der eigentliche Bastard. Sind gesättigt und schwach trübe Stellen wolkig verteilt, dann hat man den wolkigen Bastard. Auch nach der Farbe wird der Bastard eingeteilt. Die rein weise bis graulichgelbe Nuance heißt perlfarbig; die helleren Töne davon werden im Handel „blauer Bernstein“ genannt (nicht zu verwechseln mit den seltenen wirklich blauen Sticken). Die gelbe und bräunlichgelbe Varietät bezeichnet man als kumstfarbig (von dem ostpreußischen Namen Kumst für Kohl, Sauerkohl); die erstere heißt hell-, die letztere dunkelkumstfarbig. Kumstfarbig ist das Taf. XX, Fig. 9, dargestellte Bernstein- stück, das auf einer Seite eine angeschliffene ebene Fläche, sonst seine natürliche rund- liche Begrenzung hat. Halbbastard steht zwischen dem Bastard und dem folgenden, dem knochigen Bernstein in der Mitte. Er verbindet mit dem Aussehen des letzteren die Politurfähigkeit des ersteren. Der knochige Bernstein, kurz Knochen genannt, ist undurchsichtig, weicher als die vorhergehenden, steht diesen an Politurfähigkeit nach und besitzt, wie es der Name andeutet, ein knochen- bis elfenbeinähnliches Aussehen. Die Farbe variiert von weiß bis braun. Durch die Kombination der Eigenschaften der im vorhergehenden aufgeführten Sorten entsteht eine ungeheure Mannigfaltigkeit von Bernsteinfarben, die unter dem Namen „buntknochiges Klar“ und „buntknochiger Bastard“ zusammengefaßt werden. BERNSTEIN. EIGENSCHAFTEN. KLARKOCHEN. 661 Der schaumige Bernstein endlich ist undurchsichtig, sehr weich, nicht mehr politurfähig und vielfach reich an Ausscheidungen von Schwefelkies in Kristallen. Unter allen diesen Farbennuancen, wie sie im Handel gewöhnlich vorkommen (also abgesehen von einzelnen ganz ungewöhnlichen und seltenen besonderen Abänderungen, die wegen ihres zu spärlichen Vorkommens nicht als Handelssorten gelten können), ist der perlfarbige Bernstein der seltenste und daran schließt sich unmittelbar der schön kumstfarbige an. Diese sind in Europa im allgemeinen am beliebtesten. Der Geschmack hierin und die daraus hervorgehende Mode ist jedoch keineswegs ın allen Ländern über- einstimmend; wir werden hierüber unten noch weitere Mitteilungen zu machen haben. Die Mannigfaltigkeit dieser Varietäten ist früher auf einen kleinen Wassergehalt zurückgeführt worden, der die an sich klare Bernsteinmasse mehr oder weniger trübe gemacht haben sollte. Es ist jetzt aber erwiesen, daß die Trübung auf Einschlüssen von unzähligen rundlichen Bläschen von verschiedener, wenn auch stets sehr geringer Größe beruht, die daher auch nicht mit bloßem Auge oder mit der Lupe, sondern nur in dünnen Schliffen bei starker Vergrößerung unter dem Mikroskope wahrgenommen werden Können. Diese Bläschen sind in der Grundmasse des Bernsteins verteilt, die immer von dem reinen klaren, fast wasserhellen bis rotgelben Harz gebildet wird. Durch die Größe dieser Bläs- chen, deren Durchmesser zwischen 0,000s und 0,02 mm schwanken, sowie durch ihre be- deutendere oder geringere Anzahl und mehr oder weniger gedrängte Lage wird das ver- schiedenartige Aussehen des Bernsteins hervorgebracht. Die Summe der Bläschen- durehschnitte geht von 0,04 bis 0,52 der ganzen Fläche. Am kleinsten sind die Bläschen beim Knochen (0,000 bis 0,004 mm Durchmesser), dagegen sind sie hier am zahlreichsten; eine Untersuchung unter dem Mikroskope hat auf 1 qmm der feinen Schicht des Dünn- schliffs 900000 Stück ergeben. Ihm gegenüber steht der flohmige Bernstein, bei dem die geringste Zahl (600 im Quadratmillimeter) vorhanden ist, bei dem aber die Bläschen den größten Durchmesser (0,02 mm) haben. Dazwischen liegen alle anderen Sorten, durch deren Studium sich ergeben hat, daß der Bernstein um so stärker getrübt ist, je zahl- reicher und gleichzeitig je kleiner die Bläschen sind. Mit abnehmender Zahl und damit gleichzeitig zunehmender Größe derselben wird die Masse immer klarer, und wenn sıe gar keine Bläschen enthält, ist sie vollkommen ungetrübt durchsichtig. Die kleinen Bläschen bewirken die Trübung dadurch, daß das Licht nicht ungehindert dureh sie hindurchgehen kann. Beim Eintritt in sie aus der umgebenden Bernsteinmasse werden die Lichtstrahlen zum Teil dureh Totalreflexion abgelenkt, so daß sie nicht alle in das Auge gelangen. Wäre es möglich, diese kleinen Hohlräume statt mit Luft mit einem durchsichtigen Körper von annähernd gleichen Brechungsverhältnissen wie der Bernstein selbst zu erfüllen, dann müßte die Trübung verschwinden, die trüben Stücke müßten klar werden. Dies läßt sich in der Tat ohne große Schwierigkeit erreichen durch eine Operation, die man das Klarkochen des Bernsteins nennt. Auch in der Technik wird dieses Verfahren manchmal angewendet, um trübe Stücke durchsichtig zu machen, wodurch sie zuweilen an Wert gewinnen. Man bewirkt dies dadurch, daß man die rohen Steine ın einem eisernen Gefäß mit Rüböl übergießt, so daß sie von diesem vollständig überdeckt sind und dann äußerst langsam erhitzt ungefähr bis zu der Temperatur, wo das Öl siedet und sich zu zersetzen beginnt. Wie die Erwärmung muß nachher auch die Er- kaltung sehr langsam und vorsichtig geschehen, da sonst der zu klärende Bernstein leicht Risse erhält oder ganz zerspringt. Je kleiner die Stücke, desto rascher ist im allgemeinen der Prozeß beendigt; bei größeren muß das Erhitzen längere Zeit fortgesetzt und nicht selten muß es sogar mehrere Male wiederholt werden. Es kommt dabei aber auch auf die innere Beschaffenheit des Bernsteins an, da gleichgroße Stücke vielfach verschieden 662 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. ange Zeit brauchen, um klar zu werden. Dies beginnt stets an der Oberfläche und schreitet allmählich nach innen vor. Der Vorgang besteht darin, daß sich das Rüböl auf den feinen Spältchen, die den Bernstein durchsetzen, allmählich in das Innere der Stücke hineinzieht und dabei die Bläschen ausfüllt. Da das Rüböl den Brechungskoeffizienten 1,17; hat, der von dem oben erwähnten des Bernsteins wenig abweicht, können nun die Lichtstrahlen so gut wie un- gehindert hindurchgehen und in das Auge gelangen. Die anfänglich trübe Masse erscheint daher jetzt klar und durchsichtig. Ist dem Öl ein Farbstoff beigemischt, so dringt auch dieser ein und färbt den Stein entsprechend. Beim Klarkochen entstehen, wenn nicht mit größter Vorsicht verfahren wird, leicht eigentümliche Sprünge, die in ihrem Aussehen an Fischschuppen erinnern. Sie sind zuerst so fein, daß sie kaum merklich hervortreten, mit der Zeit werden sie aber immer deutlicher und beginnen zu irisieren, bis sie endlich im Verlaufe des Kochens ganz scharf sichtbar und goldig glänzend werden. Derartige goldig glänzende Sprünge nennen die Bernstein- arbeiter Sonnenflinten; an ihnen kann man nicht selten klargekochten Bernstein von natürlich klarem unterscheiden. Wir haben bisher vorzugsweise die gelben Farbennuancen des Bernsteins betrachtet. Von einigem Interesse sind die als Seltenheit vorkommenden fast stets trüben, selten klaren grünen und blauen Stücke. Das Grün ist hellgrün, olivengrün bis zum Apfelgrün des Chrysoprases, auch zuweilen mit weißen Wolken; das Blau schwankt zwischen lasurblau, himmelblau und stahlblau. Dieses Blau beruht nicht auf einem besonderen Farbstoffe, sondern es ist nur die Folge einer eigentümlichen Veränderung, die die Lichtstrahlen beim Hindurchgehen durch Stücke erleiden, in denen feine Bläschen, ähnlich wie beim Bastard oder Knochen in ganz dünnen Lagen angeordnet sind. Es ist eine ähnliche Erscheinung, wie sie auch sonst bei trüben Medien beobachtet wird. Vom „schwarzen Bernstein“ wird unten die Rede sein. Noch eine andere Farbenerscheinung tritt bei manchen Bernsteinstücken in aus- gezeichneter Weise hervor, die Fluoreszenz. Beim Hindurchsehen sind diese Stücke gelb bis braun, an der Oberfläche wird aber ein oft sehr dunkles bläuliches bis grün- liches Licht reflektiert. Unter dem preußischen Bernstein sind fluoreszierende Stücke sehr selten, um so gewöhnlicher sind sie unter den bernsteinähnlichen Harzen anderer Gegenden (Sizilien, Birma usw.). Besonders schön ist die Fluoreszenz bei dem sogenannten Bernstein von San Domingo. Für die Verwendung zum Schmuck ist diese Erscheinung jedoch ungünstig. Ein Übelstand ist es, daß die gelbe Farbe des Bernsteins nicht sehr konstant und dauerhaft ist. Sie ändert sich mit der Zeit, indem mit dem Bernstein eine von außen nach innen fortschreitende chemische Umwandlung* vor sich geht. Namentlich werden helle Stücke dunkler und die gelbe Farbe wird rot oder bräunlichrot, was für den Ge- brauch als Schmuckstein wenig erwünscht ist. Schon nach wenigen Jahren kann man diese Farbenänderung der Bernsteinstücke bemerken, aber je nach der Sorte ist sie etwas verschieden. Mit ihr gehen auch noch andere Erscheinungen Hand in Hand. Klar wird schwach dunkler, und mehr rot, und es bilden sich zahlreiche scharfe Risse. Bastard überzieht sich außen mit einer wachsglänzenden bräunlichen Schicht. Knochen wird porzellanartig glänzend und rissig, und schaumiger Bernstein ändert sich derart, dab er sich mit einer dünnen, scharf begrenzten Schieht von ganz klarem Aussehen und spröder Beschaffenheit bedeckt. Alle diese Veränderungen gehen allmählich immer tiefer und ziehen sich namentlich auf Spalten in das Innere hinein. Man hat diese Vorgänge früher auf die Wirkung des Lichtes geschoben, es hat sich aber herausgestellt, daß Dunkelheit sie nieht hindert, daß sie aber durch Luftabschluß, z. B. durch Einlegen der Stücke in BERNSTEIN. EIGENSCHAFTEN. EINSCHLÜSSE. 663 Wasser, vermieden werden können. Man hat es also mit einer einfachen Verwitterungs- erscheinung durch die Einwirkung der Luft auf den Bernstein zu tun. Diese Verwitterung geht nun aber häufig auch tiefer und ergreift die ganze Masse bis ins Innerste hinein oder doch einen großen Teil davon, so daß nur noch ein kleiner unverändert frischer Kern übrig ist. Bei solehen stark verwitterten Stücken ist die Außenschicht vielfach nach allen Richtungen zersprungen und zerklüftet, und oft entstehen dadurch an der Oberfläche bienenwabenähnliche flache Skulpturen, wie es Taf. XX, Fig. 9, dargestellt ist. Die äußere verwitterte Lage trennt sich meist leicht und scharf von dem inneren frischen Kern. Dabei entstehen auf diesem sehr häufig flach kegelförmige Ver- tiefungen, die dieht gedrängt nebeneinander liegen. Diese Verwitterungserscheinungen sind durchaus auf Stücke beschränkt, die trocken in der Erde gelegen haben, so bei prähistorischem Bernsteinschmuck und bei Stücken, die in das Diluvium verschleppt worden sind. Vielleicht spielt auch die Wirkung kalkhaltigen Wassers dabei eine Rolle. Solche, die in ganz trockenem Sande eingebettet sind, sind stets sehr stark und vielfach bis ins Innerste hinein zersetzt und zeigen namentlich jene bienenwabenähnliche Beschaffenheit der Oberfläche meist sehr schön, während solche, die ım Wasser lagen, oder die in der nassen Erde usw. eingebettet und dadurch vor dem Luftzutritt geschützt waren, wenig oder gar nicht verändert sind und auch die beschriebenen Oberflächenformen nicht erkennen lassen. Einschlüsse. Wir haben gesehen, daß der Bernstein häufig Luftbläschen einhüllt, die einen wesentlichen Einfluß auf sein Aussehen ausüben. Daneben findet man aber auch vielfach Einschlüsse von verschiedener anderweitiger Beschaffenheit, die zum Teil von ganz besonders charakteristischer Bedeutung sind. Nicht ganz selten beherbergt der Bernstein kleine Wassertropfen, viel häufiger sind in ihm aber feste Körper unorganischen und organischen Ursprungs. Von unorganischen Einschlüssen ist hauptsächlich Schwefelkies zu erwähnen, der in manchen Stücken Klüftehen und Spältchen ın Form ganz dünner Lamellen erfüllt, namentlich in den Schlauben. Daß er sich auch vielfach im schaumigen Bernstein findet, ist schon erwähnt. Der Verarbeitung ist er natürlich stets hinderlich, und Stücke, die damit durchsetzt sind, haben daher für den Bernsteindrechsler geringen Wert. Sehr viel wichtiger sind die Einschlüsse organischen, teils pflanzlichen, teils tierischen Ursprungs. Die pflanzliehen Einlagerungen bestehen oft, wie wir das beim Schwarzfirnis bereits gesehen haben, aus feinem Holzmehl, das eine Schwarzfärbung des an sich gelben Bernsteins bewirkt. Bernstein, dessen Harzmasse selbst schwarz ist, gibt es nicht. Als große Seltenheiten kommen unter dem Namen „schwarzer Bernstein“ beinahe schwarze Harze mit dem Bernstein zusammen in Ostpreußen vor. Diese stehen aber, wie ihre Mikrostruktur zeigt, dem Bernstein gänzlich fern. Ein Schwarzharz, das den Bernstein häufig begleitet, der sogen. Stantienit, ist von diesem total verschieden, und auch zur Her- stellung von Schmucksachen nicht brauchbar. Was vielfach im Handel als „schwarzer Bernstein“ verkauft wird, ist Gagat oder schwarzgefärbter Preßbernstein, auf die wir noch zu sprechen kommen werden. Aber nicht immer sind die Holzteilchen so klein und zahlreich, daß sie zur Bildung des Schwarzfirnisses Veranlassung geben. Mehrfach hat sich Holz in so großen Stücken im Bernstein gefunden, daß man aus deren Schliffen die Art dieses Holzes, also die Mutterpflanze des Bernsteins bestimmen konnte. Daraus ergab sich eben mit Sicherheit, daß dieses Harz einem Nadelholz entfloß. Ebenso wie Holz hat man aber auch Nadeln und andere Teile von Koniferen als Einschlüsse beobachtet. Die Nadeln gehören sicher mehreren Spezies an, aber es ist bis jetzt noch nicht möglich, Nadeln und Holz der Art 664 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. nach zusammenzubringen. Man bezeichnet in diesem Sinne mit Göppert die sogenannte Bernsteinfichte allgemein mit dem schon erwähnten Namen: Pinites suceinifer. Deutlich erkennbare Reste anderer Pflanzen fehlen aber gleichfalls nicht, wenn sie auch zu den ganz ungewöhnlichen Erscheinungen gehören. So sind namentlich Blätter und Blüten gefunden worden, die in der Harzumhüllung ihre Form und ihr Aussehen bis in die kleinsten Einzelheiten auf das herrlichste konserviert haben, trotzdem daß sie häufig in Schwefelkies umgewandelt sind. In noch ausgezeichneterer Weise sind aber die Tierreste erhalten, die man im Bern- stein in großer Menge und Mannigfaltigkeit findet und die man mit den wohlerhaltenen Pflanzenresten zusammen als Inklusen zu bezeichnen pflegt. Es sind namentlich Insekten der verschiedensten Art, besonders Fliegen (Dipteren), aber auch Ameisen, Motten usw., außerdem Spinnentiere, Tausendfüßer usw. Selten sind Schnecken und Haare von Beuteltieren oder Nagern, sowie überhaupt alle anderen Tiere außer den ge- nannten. Die Inklusen sind fast ausschließlich auf den klaren Bernstein der Schlauben beschränkt, im trüben massiven haben sie sich so gut wie niemals gefunden. Alle diese Einschlüsse, die tierischen sowohl wie die pflanzlichen, sind den jetzt bei uns vorkommenden Tieren und Pflanzen zwar vielfach sehr ähnlich, aber der Art nach von ihnen doch voll- kommen verschieden. Sie haben in einer weit zurückliegenden, längst vergangenen Zeit, in der älteren Tertiärzeit, gelebt und sind damals von dem Harze eingehüllt worden, das dem derselben Periode angehörigen Bernsteinbaume entfloß und das sie bis auf den heutigen Tag so vollkommen erhalten hat, daß die Zoologen ihren äußeren Bau mit ebensolcher Sicherheit studieren können wie den von jetzt lebenden Wesen. Daher bilden die Inklusen Schätze von höchster wissenschaftlicher Bedeutung für die Kunde der Vorwelt. Auch für die Verwendung des Bernsteins zum Schmuck sind die Einschlüsse nicht ohne Be- deutung, da dieser nicht selten so geschliffen wird, daß die von ihm umhüllten Geschöpfe in die Nähe der Oberfläche treten und dem Beschauer deutlich sichtbar sind. Vorkommen. Die eigentliche Heimat des echten Bernsteins, des Suceinits, ıst das ostpreußische Samland, die nach Westen vorspringende Halbinsel nördlich von Königsberg. Er liegt hier vorzugsweise in einer marinen, von einem Meer der Tertiärzeit abgelagerten Schicht graulichgrüner, sogen. glaukonitischer oder Grünsande, zuweilen etwas verhärtet, die der unteren Abteilung der Tertiärbildungen, dem Unteroligocän, vielleicht dem Eoecän, angehört und die man als die blaue Erde zu bezeichnen pflegt. Außerdem findet er sich aber auch noch in den darüberliegenden, etwas jüngeren Schichten, den „gestreiften Sanden“ der gleichfalls tertiären Braunkohlenformation. Weitaus am wichtigsten und reichsten ist jedoch die „blaue Erde“. In ihr sind die Bernstein in einiger Menge führenden Lagen nur wenige Meter mächtig und der eigent- liche „Stich“, der wegen seiner besonderen Reichhaltigkeit einen Abbau allein wirklich lohnend macht, kaum einen halben. Es ist eine Umlagerung des ehemaligen Waldbodens, auf dem die Bernsteinfichte wuchs und in dem sich das kostbare Harz bei der Verwesung des Holzes aufspeicherte. Die Verbreitung der bernsteinreichen blauen Erde ist gering und nur in einem kleinen Teil des Samlands westlich von einer Linie von Cranz nach dem südlich von Palmniken an der Westküste gelegenen Nodems bekannt. Auch hier ıst der Bernsteingehalt nicht überall derselbe und für einen Abbau geeignet. So nimmt der Gehalt nördlich von Palmniken an der samländischen Westküste gegen Brüsterort bedeutend ab, doch hat man neuerdings ein reiches Vorkommen bis in das mittlere Samland nach- gewiesen, während im südlichen Samland, gegen Königsberg hin, dıe Ablagerung fehlt. Sicher hat aber die Bernsteinfichte am Anfang der Tertiärzeit eine größere Verbreitung gehabt, denn man findet etwas Bernstein enthaltende blaue Erde noch weit östlich bis BERNSTEIN. VORKOMMEN. GEWINNUNG. 665 Kiew und Charkow, und westlich ist eine bernsteinführende Scholle dieser Sebicht bei Eberswalde im Diluvium eingelagert angetroffen worden. Die zur Bildung einer abbau- würdigen Ablagerung notwendigen günstigen Umstände sind jedoch, soweit unsere gegen- wärtigen Kenntnisse reichen, an keiner anderen Stelle als im Samland eingetroffen. Alle Versuche, die man anderswo angestellt hat, haben zwar da und dort die der „blauen Erde“ entsprechenden Grünsande gezeigt, aber nirgends mit einem für die Gewinnung genügenden Bernsteingehalt. Diese ältesten bernsteinführenden Schichten der „blauen Erde“ sind dann später, während der Diluvialzeit und bis in die Jetztzeit hinein, vielfach zerstört worden. Dadurch wurde der darin enthaltene Bernstein verschleppt und an einem anderen Oıt in einer Jüngeren Schicht von neuem abgelagert. So kann er sich auf sekundärer Lagerstätte überall da finden, wo diluviale und alluviale Bildungen auftreten, die im Zusammenhang mit der ursprünglichen, primären Bernsteinschicht stehen. Sogar ganz oberflächlich sieht man Bernstein oft in Menge liegen. Der samländische Strand ist nicht selten auf weite Erstreekung mit Bernsteinstückchen, meist höchstens erbsengroß, übersät, die aus der untermeerischen Bernsteinschicht ausgewaschen und an das Land geworfen worden sind. Auf sekundärer Lagerstätte hat man auch außerhalb des Samlands schon vielfach Bernstein gefunden, und sogar stellenweise in einer die Aufsammlung lohnenden Menge. Hiervon wird bei der Betrachtung der Gewinnungsarten noch weiter die Rede sein. Hier sei auch noch die Größe der in diesen verschiedenen Ablagerungen sich findenden Bernsteinstücke erwähnt. Diese ist innerhalb ziemlich weiter Grenzen ver- schieden. Wenige wiegen mehr als 100 Gramm, die meisten viel weniger. Solche von Erbsengröße und darunter sind am häufigsten. Im allgemeinen sind die Stücke um so seltener, je größer sie sind. Das größte bisher bekannt gewordene Exemplar wiegt 9,7 kg und ist 48 cm lang und 20 cm breit und dick; es hat sehr schöne Bastardfarbe und wird auf 4000 Mark geschätzt. Gefunden wurde es nicht im Samlande, sondern bei Kammin in Pommern; aufbewahrt wird es gegenwärtig im Museum für Naturkunde in Berlin. Ebendort liegt ein zweites, etwas kleineres Stück, das von Schlappachen zwischen Insterburg und Gumbinnen in Ostpreußen stammt; es wiegt 6,; kg und mißt 35, 22 und 14 cm in der Länge, Breite und Dicke. Gewinnung. Zuerst und schon in den ältesten Zeiten wurde offenbar derjenige Bernstein gewonnen, der aus unterseeischen, streckenweise den Meeresgrund bildenden bernsteinführenden Schichtenablagerungen von dem Wasser herausgewaschen und auf dem Boden des Meeres ausgebreitet oder an das Land geworfen worden war. Auch noch heute bildet dieser sogenannte Seebernstein oder kurz Seestein einen wenngleich gegenwärtig kleinen Teil der Produktion. Er ist dadurch ausgezeichnet, daß er nicht von einer Verwitterungsrinde bedeckt ist. Diese war wohl, solange die Stücke noch in der blauen Erde steckten, ursprünglich teilweise vorhanden, aber sie wurde beim Hin- und Her- rollen im Sande durch die Meereswogen abgerieben und blieb höchstens spurenweise in Vertiefungen der Oberfläche erhalten, an Stellen, wo die Sandkörner nicht wirken konnten. Bei diesem Vorgange der Hin- und Herbewegung im seichten Küstenmeere werden die Bernsteinknollen namentlich während heftiger Stürme starken Stößen ausgesetzt, infolge deren sie nach den in ihnen etwa vorhandenen Klüften und Sprüngen zerbrechen. Die Stücke des Seebernsteins sind daher im allgemeinen gesund und frei von schädlichen, bei der Verarbeitung zu Schmucksachen hinderlichen Rissen. Die Gewinnung des Seesteins ist wenigstens zum Teil besonders leicht, da ıhn am flachen Strande das Meer selber dem Menschen überliefert. Besonders bei Stürmen, die vom Meere gegen das Land wehen, werden große Mengen Bernstein vom Meeresboden aufgerührt und an das Ufer geworfen. Namentlich sind die bei solchen Gelegenheiten 666 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. massenhaft an den Strand getriebenen Bündel von Seetang vielfach mit Bernstein beladen. Die so ans Land gespülten Bernsteinstücke werden gesammelt. Sodann werden vor allem auch die Tangmassen durchstöbert, um ihren Inhalt zu gewinnen. Aber man begnügt sich nicht mit dem, was der Wind an das Ufer treibt; die Leute gehen, wenn eine gewisse Ruhe in dem Sturm eingetreten ist, so weit als nur möglich in das Wasser hinein und ziehen den flottierenden Tang, das sogenannte Kraut, mit langgestielten Netzen auf das Land, damit er nicht wieder vom Wasser zurückgerissen wird und so sein Inhalt verloren geht. Diese Arbeit heißt das Schöpfen; der Bernstein, der dabei gewonnen wird, ist der Schöpfstein. Was die See auf den Strand wirft, wird als Strandsegen bezeichnet. Man beschränkt sich jedoch nicht auf das, was das Meer freiwillig hergibt, sondern man holt auch die Stücke heraus, die auf dem Meeresgrunde liegen, und wendet hierzu verschiedene Hilfsmittel an. Ein solches ist das Stechen des Bernsteins. Von einem Boote aus wird der Meeres- srund abgesucht, wo die Tiefe des Wassers in der Nähe des Ufers noch nicht zu groß ist; die gefundenen Stücke werden dann mit kleinen Netzen (Käschern), die an langen Stielen befestigt sind, heraufgeholt. Dabei müssen die großen erratischen Blöcke, die den Grund des Meeres vielfach bedecken mit besonderen, ebenfalls an langen Stangen befestigten Instrumenten weggewälzt werden, um die zwischen und unter ihnen liegenden Bernsteinstücke zu gewinnen. Auch diese erratischen Blöcke selber werden vielfach aus dem Meere herausgeholt, um sie in dem steinarmen Lande als Baumaterial usw. zu verwenden; dabei wird dann nicht selten Bernstein in einiger Menge nebenher gewonnen. Dies war früher unter anderem an der Nordwestecke von Samland bei Brüsterort in hervorragendem Maße der Fall, wo man, nachdem die großen Steine herausgehoben waren, den so geglätteten Meeresgrund mit Schleppnetzen nach Bernstein absuchte. Das Bern- steinstechen ist auf die samländische Küste beschränkt, an der westpreußischen sind die Versuche ohne Erfolg geblieben; hier wird der Seebernstein nur durch Auflesen am Strande und durch Schöpfen gewonnen. Aber nieht nur im Samlande, sondern an der ganzen Ostseeküste von Livland und Kurland durch Ost- und Westpreußen, Pommern mit Rügen, Mecklenburg und längs des ganzen Strandes der jütischen Halbinsel, in Holstein, Schleswig und Jütland wird auf diese Weise eine gewisse Menge Bernstein gewonnen, an manchen Stellen mehr, an manchen weniger; streckenweise fehlt der Bernstein allerdings auch wohl ganz. Neben dem Samland ist wohl vor allem die jütische Halbinsel mit Schleswig und Holstein von einiger Bedeutung. Mehr als an der Ostküste findet sich hier an der von der Nordsee bespülten Westküste, wo an zahlreichen Orten der Strandsegen gewonnen wird. Als reich wird besonders die Halbinsel Stavning und die Insel Fanö genannt. Weniger Ertrag scheinen die nordfriesischen Inseln Romö, Sylt, Amrum, Föhr usw. zu liefern, eine größere Menge dagegen wieder der Strand der Eiderstädtischen Halbinsel, wo bei der Ebbe viel Bernstein in den Watten liegen bleibt und gesammelt wird. Reich ist vor allem die Hitz- bank, eine Untiefe, die von jener Halbinsel aus sich weit in das Meer hinauszieht. Die Bernsteinsucher werden daher hier Hitzläufer genannt. Auch die Eidermündung ist günstig; von hier zieht sich die Bernsteingewinnung noch weiter südlich bis Büsum, ist aber in Süderdithmarschen, in der Elbmündung und an der hannoverschen, oldenburgischen und holländischen Küste gering. Wegen der Flut ist die Arbeit in den Watten mit großen Gefahren verbunden. Deswegen gehen in Norderdithmarschen die Leute mit ablaufender Flut vielfach zu Pferde hinaus, sammeln so viel sie können und retten sich, wenn das Meer zurückkehrt, so schleunig als möglich wieder auf das feste Land. Dies sind die Bernsteinreiter. Vielfach wird das Sammeln hier auch. von Booten aus betrieben. Gegen früher soll jetzt der Ertrag bedeutend nachgelassen haben. BERNSTEIN. GEWINNUNG. 667 Diese Gegenden haben wohl im Altertum den Bernstein geliefert. Die Inseln an der holländischen, der ost- und der nordfriesischen Küste werden daher von Plinius „insulae glessariae“, d.h. Bernsteininseln genannt; auch’als die Elektriden wurden sie bezeichnet. Das viel reichere Samland selbst ist den Römern erst später bekannt geworden, aber schon im Beginn der Kaiserzeit treten sie in direkte Handelsbeziehungen zu Ostpreußen, um das von ihnen sehr hochgeschätzte Harz zu erhalten, das damals wohl lediglich durch Aufsammeln der vom Meere ausgeworfenen Stücke, höchstens noch etwa durch Schöpfen gewonnen wurde. Alle diese bisher erwähnten Methoden, den auf dem Meeresgrunde liegenden Bern- stein zu gewinnen, sind etwas primitiv. Man ist aber nicht bei ihnen stehen geblieben und hat später namentlich die rationellere und ertragreichere Taucherei eingeführt. Seit 1869 stiegen mit allen Hilfsmitteln der modernen Technik ausgestattete Taucher der damaligen großen Königsberger Bernsteinfirma Stantien & Becker in das Meer, um den auf dessen Grunde herumliegenden Bernstein aufzusammeln und den im Meeresboden steckenden herauszugraben. Zuerst wurde bei Brüsterort, sowie bei dem nahe östlich davon gelegenen Dorfe Groß-Dirschkeim getaucht, nach der Erschöpfung des dortigen Vorrates südlich davon bei Palmnicken. Heute ist diese Gewinnungsart aber ganz auf- gegeben zugunsten des viel reicheren Ertrag liefernden bergmännischen Betriebes. Ehe wir aber hierzu übergehen, haben wir noch das Baggern und die oberirdische Gräberei nach Bernstein zu betrachten. Das Baggern, das ausschließlich von der eben genannten Firma betrieben wurde, geschah nicht im Meere, es blieb stets ganz auf das kurische Haff beschränkt. Dessen Boden bildet bei dem Dorfe Schwarzort, etwas südlich von Memel auf der kurischen Nehrung gelegen, eine sehr bernsteinreiche, dem älteren Alluvium angehörige Schicht, die sich nach Osten hin über den Wasserspiegel des Haffs erhebt und die auf dem festen Lande bei Prökuls zu einer umfangreichen Gräberei Veranlassung gegeben hat. Der Beginn des Baggerns fällt in das Jahr 1860, und von da ab datiert wegen der großen Ergiebigkeit dieses Betriebes ein Wendepunkt in der Bernsteingewinnung. Während bis dahin der Seestein den Markt beherrscht hatte, überwog bald das durch Baggern erhaltene massenhafte Material, der Baggerstein, der allerdings in der Beschaffenheit sıch vom Seesteine in keiner Weise wesentlich unterschied, sofern bei ihm gleichfalls die Verwitterungs- rinde fehlte, und auch bei ihm die Stücke in der Hauptsache gesund, d.h. frei von Rissen und Spalten waren. Mit drei kleinen Handbaggern begann die Arbeit, zuerst unter ungünstigen Verhältnissen; als aber die richtigen Stellen gefunden waren, entwickelte sich das Unter. nehmen zu ungeahnter Blüte. Mehr als 20 große Dampfbagger holten später mittels kräftiger Maschinen den Haffboden bis zu einer Tiefe von 7 bis 11 m heraus; dieser wurde nach Berhsteinstücken durchsucht und so lange Zeit hindurch ungefähr dıe Hälfte des Jahresertrages an ostpreußischem Bernstein gewonnen. Etwa 1000 Arbeiter waren dabei beschäftigt; das kleine Fischerdorf Schwarzort erlangte eine erhebliche Bedeutung und seine Einwohnerzahl vermehrte sich um das Vielfache. Jetzt ist dies alles aber vorüber und das Baggern hat seit Ende November 1890 aufgehört. Neben dem Sammeln, Schöpfen, Stechen, Baggern usw. des Seesteins ging seit alter Zeit die Bernsteingräberei am Strande und im Innern des Landes her. Der auf diese Weise gewonnene Bernstein, der sogenannte Grabstein, ist vom Seestein durch eine meist dicke Verwitterungsrinde unterschieden, auch hat er im Innern viel mehr Risse als der letztere, die aber wegen jener Rinde äußerlich nicht sichtbar sind. Nicht nur ın Ostpreußen, sondern auch in allen Teilen des oben bezeichneten Verbreitungsbezirkes des Bernsteins wurde gegraben und auf diese Weise das in den Schichten der Tertiärformation und umgelagert im Diluvium und Alluvium eingeschlossene Material gewonnen. Die Menge 668 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. des Grabsteins war in früheren Zeiten neben der des Seesteins gering, gegenwärtig hat sich dieses Verhältnis aber ungemein zu ungunsten des Seesteins geändert, namentlich seit vom Jahre 1873 ab die „blaue Erde“ durch unterirdische Gräberei, also durch berg- männischen Betrieb, abgebaut wird. In der Jetztzeit ist es infolgedessen der Grabstein, der den Markt beherrscht, der Seestein tritt ihm gegenüber an Menge und Bedeutung vollständig in den Hindergrund. In oberflächlichen Alluvialablagerungen wurde zuerst Bernstein gegraben ım Südosten von Ostpreußen, südlich von der Linie Ortelsburg-Johannesburg (an der Eisen- babnlinie Allenstein-Lyk) in einem Gebiet, das östlich von der Pissek und westlich vom Omulewflusse begrenzt wird, das sich aber noch weit nach Polen hinein erstreckt, bis gegen Ostrolenka am Narew. Hier und an verschiedenen anderen Orten in Polen hat man namentlich in früheren Jahrhunderten gleichfalls viel Bernstein durch Graben gewonnen. In ähnlicher Weise ist auch in Ostpreußen viel gegraben worden, so namentlich bei Steegen auf der Danziger Nehrung. Hier und in der wichtigsten aller dieser alluvialen Ablagerungen, bei dem schon erwähnten Prökuls, begann die Firma Stantien & Becker in kleinem Maßstabe ihre nachmals, allerdings an anderen Orten, zu so riesiger Ent- wickelung gelangten Gräbereien, durch die, nachdem sie später in fiıskalischen Besitz über- gegangen sind, heute die ganze Welt mit Bernstein versorgt wird. Prökuls liegt südlich von Memel, Schwarzort gegenüber, auf dem Festlande an der Bahnlinie Memel-Tilsit. Die Ablagerung ist dieselbe, die in ihrer westlichen Fortsetzung unter den Haffspiegel hinab, bei Schwarzort, durch Baggern ausgebeutet wurde; die Gräberei hat aber nicht entfernt den Ertrag geliefert wie das Baggern. Im Dıiluvium ist Bernstein überall im norddeutschen Flachland vorhanden, meist in geringer Menge, aber stellenweise doch auch in größeren Quantitäten, besonders da, wo in der Tiefe die „blaue Erde“ ansteht. Das Vorkommen ist aber, wie das im Alluvium, praktisch von geringem Wert, da die vereinzelten reicheren Stellen durch keine Merkmale gekennzeichnet sind, so daß das Auffinden derselben lediglich Sache des Zufalls ist. Man trifft sie gelegentlich bei Aufgrabungen zu anderen Zwecken, bei Meliorationen, in Sand- und Kiesgruben, beim Torfstechen usw. Kleinere Ablagerungen und Nester wurden an vielen Stellen in Ost- und Westpreußen, Pommern, Mecklenburg, Schleswig-Holstein, Dänemark, in der Mark und’ weiter nach Westen hin, sodann in der Provinz und im Königreich Sachsen, in Schlesien (vor 4 Jahren bei Breslau mehrere Zentner) usw. gefunden und ausgebeutet, und auch nach Osten hin, in Rußland, wird ziemlich viel Bernstein im Diluvium gegraben. Einige besonders reiche Stellen sind in Ost- und Westpreußen, sowie in Pommern angetroffen worden, so namentlich die folgenden: Bei Krebswalde unweit Elbing lieferte ein kleines Nest 700 Pfund; für die Gräbereien von Schillehnen bei Braunsberg wurden ehemals 400 Dukaten jährliche Pacht bezahlt; bei Gluckau, unweit Danzig, hat man ın früheren Zeiten, mindestens 170 Jahre lang, Bernstein aus dem Diluvium gegraben und noch 1858 wurde ein gutes Stück von 11 Pfund 26 Lot gefunden. Nesterweise in Lehm kam bei Karthaus viel Bernstein vor, und von einiger Bedeutung sind die Orte Berent, Konitz, Czersk, Tuchel und Polnisch- Krone in Westpreußen, sowie Treten und Rohr nördlich von Rummelsburg in Pommern, wo man schon seit über 100 Jahren Bernstein in lehmigen Adern gräbt, die sich bis zu einer Tiefe von 23 m im Diluvialsande hinziehen. Die Gesamtmenge des aus dem Alluvium und Diluvium gewonnenen Materials ver- schwindet aber gegen die Vorräte, die den Tertiärschichten, den „gestreiften Sanden“ der Braunkohlenformation und vor allem der „blauen Erde“ selbst entstammen. Diese letztere liefert heutzutage, von geringen Quantitäten abgesehen, alles, was von echtem Bernstein in den Handel gebracht wird. Gräbereien, offene Tagebaue sowohl als unterirdischer BERNSTEIN. GEWINNUNG. 669 Bergbau, in diesen Schichten sind durchaus auf die Nordwestecke von Samland und auch hier auf die Uferkante östlich und südlich von Brüsterort beschränkt; im Binnen- lande fehlen sie gänzlich und ebenso an der ganzen übrigen Ostseeküste, sowie längs der Nordsee. Schon in früheren Jahrhunderten und bis in die Neuzeit hinein wurde in den Tertiärschichten oberirdisch gegraben, überall, wo sie sich über den Meeresspiegel erheben, oder sich doch nicht zu tief unter ihn hinabsenken. Orte, wo wichtige Gräbereien betrieben wurden, sind Kraxtepellen, Groß- und Kleinkuhren, Georgswalde, Rauschen, Sassen Wannenkrug usw. Wirklich großartige Resultate hat aber das Bernsteingraben in der blauen Erde bei Lappehnen geliefert; vierspännige Wagen waren nötig, das gewonnene Material wegzufahren. Wann die oberirdische Gräberei in der „blauen Erde“ begonnen hat, ist un- bekannt, doch ist mit Sicherheit anzunehmen, daß schon um 1660 mit Erfolg an den Uferbergen von Warniken und Groß-Hubniken Bernstein aus der „blauen Erde“ und anderen Tertiärschichten gegraben wurde. In großem Maßstabe begannen derartige Arbeiten im Jahre 1837. Bei diesen Tagebauen ist es nötig, die oft viele Meter mächtige Überdeekung der Bernsteinformatıon durch die Schichten des jüngeren Tertiärs (der Braunkohlenformation) und des Diluviums abzuräumen, um auf dıe nur etwa 1'/ Spatenstiche mächtige eigent- liche Bernsteinschicht zu kommen; außerdem war man vielfach gezwungen, den Einbruch des Meeres in die Gruben durch Abdämmen zu hindern. Die dadurch verursachten ungeheuren Arbeitskosten geben einen Begriff von dem Reichtum der „blauen Erde“ an Bernstein, der alle diese Auslagen ersetzen mußte. Allerdings lieferten oft schon die in den „gestreiften Sanden“ über der „blauen Erde“ unregelmäßig verteilten Bernsteinnester einen reichen Ertrag, aber trotz alledem war die Gräberei eben jener Unkosten wegen nicht immer lohnend. Daher hat heutzutage diese Gewinnungsmethode fast ganz aufgehört; sie ist jetzt ersetzt durch den bergmännischen Betrieb, der in unterirdischen Bauen der „blauen Erde“ ihre Schätze raubt. Bergmännisch wurde schon von 1781 ab durch die Regierung am Espenwinkel zwischen Hubniken und Kreislacken am samländischen Weststrand der Bernstein der „ge- streiften Sande“ gewonnen, man hat aber das Unternehmen nach vierundzwanzigjährigem Betriebe wieder aufgegeben. Ein Verdienst der früheren Firma Stantien & Becker ist es, zuerst den unterirdischen Abbau der „blauen Erde“ versucht zu haben, der dann mit durchschlagendem Erfolge, sowie mit immer steigenden Erträgen, später vom Fiskus, bis zum heutigen Tage fortgesetzt worden ist. Am Anfange der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts fanden gleichzeitig zwei Versuche nach dieser Richtung hin statt. Der eine wurde von seiten der kgl. preußischen Bergwerks- verwaltung bei Nortycken unweit Rauschen am samländischen Nordstrande, mehr im Innern des Samlandes, unternommen. Er scheiterte, weil es unmöglich war, die aus dem Triebsande, einer wasserreichen, die „blaue Erde“ überlagernden Schicht zuströmenden Gewässer in dem Schachte zu bewältigen. Das zweite, eben von jener Firma ins Werk gesetzte Unternehmen an der Westküste des Samlandes bei Palmnicken zwischen Pillau und Brüsterort gelang in der glänzendsten Weise. Sie hatte dort unmittelbar am Strande zur Bernsteingewinnung im Jahre 1870 einen großen Tagebau angelegt, aus dem sich bis zum Jahre 1875 allmählich der bergmännische Betrieb entwickelte, der an jener Stelle, wo die Bernsteinschicht 6 bis 8 m unter dem Ostseespiegel liegt, sich immer weiter aus- dehnte. Die alte Grube bei Palmnicken wurde dann um das Jahr 1890 verlassen und etwas weiter nördlich, zwischen Kraxtepellen und Hubniken, die neue „Grube Anna“ angelegt, die bis in die Jetztzeit herein den Bernstein liefert. 670 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Der unterirdische Bergbau brachte den enormen Vorteil, daß die gewaltigen Abraum- arbeiten der oberirdischen Gräberei mit ihren riesigen Kosten nieht mehr notwendig sind, daß keine großen Flächen wertvollen Bodens der Landwirtschaft entzogen werden und daß die Arbeiten in der Kalten Jahreszeit nicht mehr unterbrochen werden müssen, wie das beim Tagebau der Fall ist. Jetzt wird hier die gesamte Bernstein führende „blaue Erde“ aus Schächten, Stollen und Strecken gefördert und ihr nutzbarer Inhalt durch Waschen in eigenen, zweckmäßig eingerichteten Apparaten von der anhängenden Erde befreit. Der so erhaltene und gereinigte Bernstein, der sogenannte Dammstein hat, wie aller Grabstein, eine dicke Verwitterungsrinde, die in der Tonnenwäsche entfernt wird, indem man die Stücke mit Wasser und zum Teil mit scharfem Sand in rotierenden Fässern oder Tonnen so lange hin- und herwälzt, bis die letzte Spur der undurchsichtigen Kruste entfernt ist. Eine nochmalige, die sogenannte Klebssche Wäsche vollendet die Zurüstung des Rohmaterials, das nun ganz dieselbe reine Oberfläche hat wie der Seestein. Man kann den Dammstein jetzt wie diesen auf seine innere Beschaffenheit (Farbe, Durch- siehtigkeit) und die etwa in ihm vorhandenen Risse untersuchen und danach seinen Wert taxieren, sowie die beste Art der Verarbeitung feststellen, was alles bei dem Grabsteine mit anhängender Rinde nicht möglich ist. Nach der Beschaffenheit werden die gewonnenen und gereinigten Steine sodann sortiert und die einzelnen Sorten, von denen unten noch weiter die Rede sein wird, getrennt in den Handel gebracht. Die bergmännische Gewinnung des Bernsteins und die aus der See und vom Strande, dureh Lesen, Fischen und Stechen, sind gegenwärtig die gebräuchlichen Gewinnungs- methoden. Schon in den letzten Jahren ihres Betriebs waren von der Firma Stantien & Becker, die durch ihre kaufmännischen Unternehmungen sich ein Geschäftsmonopol der Bernsteinproduktion herausgebildet hatte, die anderen Betriebe außer ihrer Anna-Grube eingestell. Im Jahre 1899 erwarb der preußische Staat von Stantien & Becker das Bergwerk, die Ländereien und alle Anlagen zur Herstellung des für die verschiedenen - Bernsteinindustriezweige geeigneten Rohsteins, sowie die vorhandenen Vorräte für 8750000 Mark. Auch er ließ die anderen Betriebe ruhen. Erst neuerdings ist der Ent- schluß gefaßt, im Jahre 1910 mit einem großen Tagebau zu beginnen, diesen aber nicht wie früher an dem Seeufer, sondern im Binnenlande, östlich von Palmnicken, anzulegen. Die gesamte Produktion der fiskalischen Bernsteinbetriebe betrug 1903: 434300 kg, 1907: 404300 kg; dazu kommen jährlieh noch etwa 20000 kg im Wert von 230000 Mk. Rohbernstein als Ertrag sämtlicher Strände der Ostsee. In den 20 Jahren vor 1903 sind im ganzen 8456840 kg Bernstein in Ostpreußen gewonnen worden, darunter 1716178 kg große, 1920450 kg mittlere und 4820212 kg kleine Stücke. Die Bernsteingewinnung ist eine uralte Beschäftigung der Anwohner der Ostsee. Schon die in Ostpreußen aufgedeckten Gräber aus der Steinzeit beherbergen Beigaben aus Bernstein und zeigen, wie hoch dieses Harz schon damals geschätzt wurde. Es ist daher kein Wunder, daß schon früher die Beherrscher jener Gegenden die Gewinnung dieses kostbaren Materials möglichst in ihre Hand zu bekommen suchten. Zu diesem Zweck wurde der Bernstein von dem deutschen Orden zum Regal erklärt, oder vielleicht auch nur ein älteres Regal etwas weiter entwickelt und ausgebildet. Dieses Regal besteht noch heute in allen den Landesteilen, die dem Orden später nicht durch die Polen ent- rissen wurden, also in Ostpreußen, nicht aber in Westpreußen und in anderen Gegenden. Hier waren andere Rechtsverhältnisse zum Teil von ähnlicher Art, zum Teil war aber die Bernsteingewinnung vollkommen frei, letzteres nach polnischem Recht noch heute in Westpreußen. Das Regal wurde bis 1811 vom Staate selbst ausgenutzt, indem er die Strandbewohner gegen eine bestimmte Entschädigung zum Sammeln namentlich des Strandsegens zwang BERNSTEIN. GEWINNUNG. VERARBEITUNG. 671 und den so gewonnenen Bernstein verkaufte. Die damit verbundenen Übelstände, nament- lieh die infolge der unvermeidlichen Defraudationen eingerissene und sich immer melır steigernde Demoralisation der Stranddörfer veranlaßte die Regierung 1811, die Bernstein- gewinnung zu verpachten, und zwar zuerst an eine Gesellschaft, dann an einen General- unternehmer. Dies dauerte bis 1837. In dieser Zeit war es jedem Unbefugten streng verboten, auch nur das kleinste Stück Bernstein aufzunehmen, und die Bewohner der Dörfer 'am Strande durften nur auf besonderen Wegen und an einzelnen bezeichneten Stellen sich der See nähern. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen waren mit schweren Strafen bedroht. Um alle durch diese Einrichtungen veranlaßten Belästigungen der Anwohner zu be- seitigen und den durch sie erheblich geschädigten Stranddörfern aufzuhelfen, wurde 1837 der ganze Strand von Nimmersatt an der russischen Grenze bis Polsk östlich von Danzig (von da bis Weichselmünde war diese letztere Stadt von altersher berechtigt) an die Strand- gemeinden selber verpachtet, die nun das Recht des Sammeins, des Schöpfens, Stechens und des Grabens in den Uferbergen hatten, und die den Rohbernstein frei verkaufen durften, an wen sie wollten. Das Recht zu graben wurde aber 1868 davon wieder abgetrennt, weil es nicht ein für die armen Strandbewohner, sondern für kapitalkräftige Unternehmer passender Betrieb ist, dessen zweckmäßige Einrichtung und Fortführung große Anlage- und Betriebskosten verursacht, weil infolgedessen die Arbeiten von den Strandbewohnern wenig rationell und häufig auch ohne jeden Reingewinn geführt wurden und weil die Gräbereien in einen namentlich durch Zerstörung von Ackerflächen schädlichen Raubbau ausarteten. Daß inzwischen die Neuerungen in der Bernsteinproduktion, wie Baggern, Tauchen und Bergwerksbetrieb, von der Firma Stantien & Becker eingeführt wurden, ist schon oben erwähnt. Auch diese Firma hatte, wie jeder, der sich in jener Gegend mit der Gewinnung von Bernstein beschäftigt, die in dem Regal begründeten Abgaben an den Fiskus zu entrichten. Sie und die Genehmigung des Besitzers von Grund und Boden sind die Bedingungen für die Bernsteingewinnung. Diese Abgaben und die Einkünfte des Staates aus dem Regal überhaupt liefern ein sehr interessantes Bild der Entwicklung der Bernsteinproduktion. Während der Selbstverwaltung durch den Staat bis 1811 brachte das Regal durch- schnittlich jährlich etwa 22000 Mark ein; in der Zeit der Generalpacht bis 1837 betrug diese Summe etwa 30000 Mark. Die Verpachtung an die Kommunen ergab ungefähr 34000 Mark; seitdem ist die Einnahme allmählich auf 700000 Mark im Jahre gestiegen, und der preußische Staatshaushaltsetat für 1894/95 hat als Einnahme aus dem Bernstein- regal 710000 Mark eingestellt. 1899 betrug sie 826000 Mark; 1902: 1599000 Mark; 1906: 1182000 Mark. Verarbeitung. Alle Bernsteinstücke, deren Größe und Beschaffenheit es irgend ge- stattet, werden zu Rauchrequisiten und zu Schmucksachen verarbeitet. Die Nachfrage nach solchem Rohmaterial ist so bedeutend, daß die Produktion manchmal damit nicht gleichen Schritt halten kann. Die Verarbeitung geschieht meist auf der Drehbank. Auf ihr werden die Stücke äußerlich abgedreht und nach Bedarf durchbohrt. Vielfach wird auch durch Schnitzen mit dem Schnitzmesser und durch Anschleifen von Facetten die gewünschte Form gegeben. Letzteres geschieht, abweichend von dem Verfahren beı Edelsteinen, stets auf horizontal sich drehenden feinen Sandsteinscheiben; das Anschleifen von Facetten mit der Hand auf einer feststehenden Scheibe bringt stets stumpfe Kanten hervor. Für die Politur wird eine Stelle der Schleifsteine mittels eines polierten Feuer- steins so vollkommen wie möglich geglättet und an diesen Stellen der Facette die letzte Vollkommenheit gegeben. Sonst wird zum Schluß mit Schlemmkreide, Tripel, Bolus und Wasser poliert. Die meisten Perlen werden in Polangen und Krottingen, jenseits der ost- 672 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. preußischen Grenze in Rußland, geschliffen. Sehr wichtig für die Bernsteinindustrie ist, daß sich der Bernstein in kochendem Leinöl erweichen und dann biegen läßt, sowie daß man trübe Stücke klarkochen und schlechtgefärbte bleichen kann. Entscheidend für die Rentabilität der ganzen Bernsteinindustrie ist die Fabrikation von Rauchrequisiten. Man kann mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß dem Geld- werte nach eine achtmal größere Menge Bernstein zu Ansatzspitzen für Pfeifen und zu Zigarrenspitzen verarbeitet wird als zu Schmuck. Für die Fabrikation von Artikeln zum Rauchen ist besonders Wien wichtig, das in dieser Beziehung auf dem Weltmarkt an der Spitze steht und seine Produkte in alle Gegenden der Erde versendet. Diese jetzt bis in die kleinsten Details in Wien ausgebildete Massenfabrikation für Rauchrequisiten besteht dort seit 1826. Erst Mitte der sechziger Jahre folgten in Deutschland Nürnberg und Rubla. Seit etwa 10 Jahren hat sich in New York eine nennenswerte Industrie derselben Art entwickelt. Kleinere Industrien befinden sich in Paris und in St. Claude im Jura, in Konstantinopel, London und mehrorts in Holland. Der Verbrauch aller dieser Plätze an Rohbernstein ist aber von geringer Bedeutung, sie beziehen ihren Bedarf an Bernstein in schon bearbeitetem Zustande von Wien, Nürnberg und Ruhla, und beschränken sich mebr auf dıe Herstellung von Holzpfeifen, die sie mit Bernsteinspitzen montieren. In beschränktem Maße kaufen Polangen und Schitomir in Volhynien besonders knochigen Bernstein, den sie, vielfach mit Tulasilber, zu Zigarrenspitzen verarbeiten. Für den Handel von Rohbernstein ist die Fabrikation von Schmucksachen zwar nicht so von hoher pekuniärer, aber doch von volkswirtschaftlicher Bedeutung. Bei dem verhältnismäßig geringen Preis für das Rohmaterial liegt der größte Wert im Arbeitslohn, und es finden eine große Anzahl von Arbeitern in der Herstellung von Bernsteinschmuck ihre lohnende Beschäftigung. Als Hauptorte für diese Industrie sind Danzig, sodann Polangen und Krottingen in Rußland, ferner Stolp in Pommern und Berlin zu nennen. Von besonderem Interesse ist die Mannigfaltigkeit der Schmucksachen. Jedes einzelne Land bevorzugt besondere Formen und auch besondere Bernsteinsorten. Während in zivilisierten Ländern der Schmuck im wesentlichen die gleichen bekannten Formen zeigt und nur nach Farbe und Schliff eine Vorliebe einzelner Länder auftritt, machen sich in den Landstrichen an den Grenzen der Kultur andere eigentümliche und zum Teil wunder- bare Geschmacksrichtungen geltend. Von den verschiedenen Sorten lieben England und die Türkei besonders die Perlfarbe und den feinen Bastard, Holland und Amerika das feurigste Klar. In China und Korea bilden Ketten von hundert je etwa 11/2 cm im Durchmesser haltenden, meist klaren, aber auch trüben Perlen den Schmuck wohlhabender Mandarinen. Ansehnliche Quantitäten von Bernstein werden zu Betkränzen für Katholiken und Mohammedaner verarbeitet, namentlich ist der Verbrauch der Mekkapilger groß. Von den Formen, die der Bernstein bei der Bearbeitung zu Schmucksachen erhält, sind einige besonders wichtig, weil sie auf dem Weltmarkt sehr viel verlangt und daher in Mengen zum Verkauf und zur Verwendung im Großen fabriziert werden. Dies sind vor allem die Perlen, runde abgedrehte Stücke von mehr oder weniger bedeutender Größe, kugelig oder ‚in einer Richtung in die Länge gezogen, vielfach auch mit Facetten versehen und stets zur Aufreihung auf Schnüren, in der Mitte durehbohrt. Unter den so für den Großhandel hergestellten Perlen unterscheidet man nach der Form sechs Sorten: 1. Oliven, länglich-elliptische Perlen. Zotten, zylinderförmig, an beiden Enden schwach zugerundet, fast eben. Grecken, wie Zotte, nur kürzer. Eigentliche Perlen, kugelförmig rund. Korallen, mit geschliffenen Facetten versehene Perlen. se wm BERNSTEIN -VERWENDUNG. 673 6. Pf erdekorallen, flache klare Perlen, die auf den zwei entgegengesetzten Seiten mit Facetten versehen sind. Die ordinäreren dieser Perlen und Korallen werden falsch gedreht, d.h. mit einem elastischen Messer, das sich möglichst den Formen des Bernsteinstückes anpaßt, wodurch viel an Rohmaterial gespart wird. Die fertigen Perlen werden dann auf Schnüre auf- gezogen und so Ketten vom ungefähren Umfang eines Halses gebildet. An diesen pflegt die mittlere Perle, der sogen. Bodenstein, am größten zu sein; von hier ab werden sie dann nach den beiden Enden allmählich immer kleiner. Je nachdem eine solche Kette allein ein Pfund wiegt, oder zwei, drei usw. zusammen, unterscheidet man die Ketten als Einer, Zweier usw. bis Fünfzehner. Beim Handel sind je eine, zwei, drei usw. bis fünf- zehn solcher Ketten an einem Ende in einem Handgriff zu einem je ein Pfund wiegenden Bündel zusammengefaßt. Natürlich sind die Perlen um so größer, je weniger Ketten auf ein Pfund gehen. Bei den Einern hat der Bodenstein fast die Größe einer kleinen Faust. Diese gehen in flohmigen oder flobmig-knochigen Färbungen nach Zentralafrika, in ihren schmutzig kumstfarpigen Nuancen nach Nordwestafrika. Sechser bis Achter ın knochigem Bernstein bezieht Arabien, in minderwertigem Bastard die Türkei. Ein anderer in großem Maßstabe hergestellter Artikel sind die Manellen, flache polierte Scheiben, in deren Mitte eine Perle aufgekittet is. Diese ist klar, wenn die Platte aus Bastard besteht oder umgekehrt. Der Perle wird nicht selten zur Erhöhung des Glanzes eine Zinnfolie untergelegt und die Unterseite durch eingravierte Blumen usw. verziert. Die Manellen dienen als Mittelstücke für Hals- und besonders für Armbänder und sind namentlich in Persien, Armenien und in der Türkei beliebt. Endlich sind als Massenartikel vielleicht noch bis 5 em lange und bis 2 cm dicke Zylinder mit etwas breiterer Basis zu erwähnen, die bei gewissen Stämmen in Zentral- afrıka und Südamerika als Schmuck für die durchbohrten Ohrlappen eine Zeitlang beliebt waren. Sie haben jetzt allerdings an Wichtigkeit sehr verloren. Alle die vielen anderen Schmucksachen aus Bernstein, außer den genannten, bilden keinen Gegenstand der Massen- produktion, brauchen daher hier nicht eingehend im einzelnen betrachtet zu werden. Es sind in neuester Zeit mehrfach Versuche gemacht, um den Bernstein in dem wirklichen Kunstgewerbe mehr Eingang zu verschaffen. So brachte die Pariser Welt- ausstellung 1900 ganze Ameublements, Spiegel und Uhren, bei denen Holz mit Platten von Bernstein ausgelegt war. ‘St. Louis zeigte verschiedene Schnitzereien aus Bernstein, die ın Berlin, große Silberarbeiten mit Bernstein, die in Berlin und Stuttgart, sowie Taschenuhren mit Bernstein, die in der Schweiz hergestellt waren. Trotz alledem aber ist die Fabri- kation des Bernsteinschmucks entschieden zurückgegangen. Dahingegen hat sich eine neue Industrie entwickelt, die in den letzten Jahren so gewaltig angewachsen ist, und von der jetzt der gesamte Bernsteinhandel abhängt. Dieses ist die Fabrikation des Preßbern- steins, der wie Naturstein verarbeitet wird und auf den wir bei der Imitation des Bern- steins näher eingehen werden. Die Abgänge bei der Verarbeitung des Bernsteins und die kleinsten Stücke aus der Produktion werden zu Bernsteinlack verbraucht. Bei Erhitzung des Bernsteins bis etwa 400° Celsius schmilzt er unter Zersetzung, wobei er Bernsteinsäure und Bernsteinöl liefert, die als Nebenprodukte gewonnen werden, und eine in Terpentin- und Leinöl leicht lösliche Masse, das Bernsteinkolophon, zurückbleibt. Die Auflösung dieses Kolophons gibt einen dauerhaften und sehr harten, allerdings etwas dunklen Lack. Da das Schmelzen des Bernsteins feuergefährlich ist und größere maschinelle Anlagen verlangt, bringt man jetzt leicht in Öl löslichen gesehm olzenen Bernstein in den Handel. 1896 wurden beispielsweise 277612 kg Rohbernstein verschmolzen und daraus 176000 kg geschmolzener Bernstein, 40000 kg Öl und 8000 kg Säure hergestellt. Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 43 Jo 674 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. In den letzten Jahren ist die Konkurrenz der afrikanischen Kopale sehr fühlbar. Der Gesamtkonsum der ganzen Erde an Rohbernstein hat einen Wert von 2—3 Mil- lionen Mark. Daran waren die einzelnen Länder 1907 in folgender Weise beteiligt: Dieses entspricht einem Quantum von Rohbernstein Österreich bezog für 1389122 Mark 44302,81 kg Vereinigte Staaten von Nordamerika „ ERESO122TL, 4; 24859,05 „ Deutschland 032472. 2, 31246,38 „ Rußland Se 91305 _, 14609,30 Frankreich e. MEDSASHl,. ,, 6865,56 „, Türkei 0, 1920,51 „ England % r 342100 5, 405,00 „ China und Korea „ „ SEEN en 103,307, Bernsteinhandel. Wir haben oben gesehen, daß die Firma Stantien & Becker die Bernsteinproduktion auf eine vorher nicht geahnte Höhe brachte. Es ist klar, daß sie diesen Massen schnell Absatz verschaffen und ihnen neue Wege bahnen mußte, nament- lich da man dem gegrabenen Steine anfangs ein nicht unberechtigtes Mißtrauen entgegen- brachte. Vor Stantien & Becker überwog der Seestein, und der Grabstein trat an Menge zurück. Der Seestein ist, wie wir gesehen haben, frei von Rinde, gesund und arm an Rissen, so daß der Käufer jedes Stück nach seiner Beschaffenheit richtig taxieren und den Wert und die Verwendbarkeit beurteilen konnte. Dies ist beim rohen Grabstein seiner Rinde wegen nicht möglich und daher der Ankauf einer Partie von dieser Ware, die früher nur mit der Rinde verkauft wurde, eine gewagte Spekulation. Wegen der geringen Menge des in den Handel gebrachten Grabsteins war das in älteren Zeiten nicht von Belang. Als aber der Grabstein immer mehr in den Vordergrund trat, machte sich eine Abneigung gegen ihn geltend, die auf der Unmöglichkeit beruhte, seine Qualität zu erkennen. Hierin lag die Veranlassung, im Gegensatze zu der früheren Gepflogenheit, dem Grab- steine seine Rinde zu nehmen, ehe man ihn in den Handel brachte, und dies wurde in der oben angegebenen Weise ausgeführt. Nun hatte der Grabstein keine erheblichen Nachteile mehr, und er ist jetzt daher ebenso geschätzt wie der früher in erster Linie gesuchte Seestein, um so mehr, als beim Sortieren die größeren Stücke nach den in ihnen etwa vorhandenen Sprüngen zerspalten werden, so daß auch vom Grabstein nur gesundes Material in den Handel kommt. Hand in Hand mit dieser wichtigen Änderung ging sodann die Aufstellung einer Reihe für den Großverkehr zweckmäßig gewählter, den Be- dürfnissen der verschiedenen Zweige der Bernsteinindustrie sich anpassender Handels- sorten, die auf der Farbe und der Beschaffenheit, sowie auch auf der für die Verwendung sehr wichtigen Form der Stücke beruhen und die nach Größe, Stückzahl auf das Pfund und allen den genannten Eigenschaften bis in das kleinste Detail sich stets gleichbleiben, so daß sie dem Fabrikanten eine sehr genaue Berechnung ermöglichen. Zwar waren schon früher gewisse Sorten unterschieden und wie die heutigen mit besonderen Namen belegt worden, aber diese alte Einteilung erwies sich allmählich immer mehr als un- genügend und unbrauchbar. Sie ist daher seit 1868 allmählich überall verdrängt und durch die von jener mehrfach genannten Firma neu eingeführten ersetzt worden, von denen wir unten eine Übersicht kennen lernen werden. Wir werden dabei die Mitteilungen von R. Klebs benutzen, dessen wichtige Untersuchungen über den Bernstein auch sonst hier zugrunde gelegt sind. Bei der Verarbeitung des Bernsteins ist es, wenn sie mit möglichstem Vorteil ge- schehen soll, erforderlich, den Verlust durch den Abfall auf ein Minimum herabzudrücken. Man muß also zu einer langen und dünnen Zigarrenspitze ein ebenfalls langes und dünnes BERNSTEIN. HANDEL UND HANDELSSORTEN. 675 Bernsteinstück und nicht etwa ein kugelförmig rundes verwenden. Neben der Qualität ist somit die Form der Stücke von ausschlaggebender Wichtigkeit; nach ihr wird der Bern- stein daher in erster Linie eingeteilt, Qualität und Größe geben dann die Unterabteilungen, namentlich wird Klar und Trüb besonders ausgemustert. Die im folgenden mitgeteilte Sortierung bezieht sich aber nur auf massive Steine, nicht auf Schlauben und Knochen. Diese werden nach ähnlichen Prinzipien für sich eingeteilt. Auch besonders seltene Farben werden für sich ausgehalten, sie bilden aber eben der Seltenheit wegen keine eigentlichen Handelssorten, denn dazu gehört ein nicht zu sparsames Vorkommen. Nach diesen Grundsätzen wird nun der Bernstein in der folgenden Weise in Handelssorten eingeteilt; im ganzen werden, nach Größe, Farbe und Reinheit der Stücke etwa 150 unter- schieden. 1. Fließen. Plattenförmige Stücke, bei denen sich die Länge zur Breite verhält wie etwa 3 zu 1 und die mindestens 75 mm dick und breit und 25 cm lang sind. Am meisten geschätzt sind die, deren Flächen annähernd parallel verlaufen. Sie heißen Arbeitssteinfließen und werden in fünf Sorten gehandelt: Arbeitssteinfließen Nr. 1 10 bis 12 Stück auf 1 kg » ’ 2 30 ” » 1 „ > 3 ale DR a a: 00 . 8 lern Fließen, die nicht die regelmäßige rechteckige Form der Arbeitssteinfließen haben, bilden die gewöhnlichen Fließen. Man unterscheidet dabei zehn Handelssorten, die erste Nr. 0 mit 2 bis 3 Stück, die letzte Nr. 7 mit 360 Stück auf 1 kg. Die Fließen werden zu Rauchgegenständen, wie Zigarrenspitzen, Ansatzspitzen zu solchen usw. verarbeitet. Was die Preise betrifft, so wird 1 kg gewöhnlicher Fließen Nr. 1 mit 220 Mark, Nr.5 mit 41 Mark bezahlt. (Nr. 0 ist so selten, daß sie eigentlich keine Handelssorte bilden.) Von den besonders ausgelesenen Arbeitssteinfließen werden Nr. 1 und 2 etwa 331/3 Proz., Nr.3 50, Nr.4 25, Nr.5 10 Proz. höher berechnet als die entsprechenden gewöhnlichen. 2. Die Platten, Bernsteinstücke von ähnlicher Gestalt, aber nicht so dick wie die Fließen. Man unterscheidet sieben Plattensorten: Platten Nr. 0: Stücke mit einer Oberfläche von 40 bis 60 gem, 1 kg = 132 Mark ” le a a - 2 sul 4 26 053 letw3r50.Skuekt auf, kr, 1 kg = 70 Mark sn 2 80 Stück auf 1 kg ” ” 3: 170 ” ” 1 „> „ „ le: 260 „ „1, 2 AR 39080.% set zowtbrke,=)14 Märk Polanger Platten: Noch kleiner als Nr. 4. Die Platten werden in erster Linie ebenfalls noch zu Rauchrequisiten, namentlich zu Zigaretteneinsteckern verarbeitet, dann aber auch zu Schmuckgegenständen, wie Manellen, Pferdekorallen, Kreuzen, Glocken zu mohammedanischen Tesbih (Rosenkränzen) verbraucht. 3. Bodenstein. Große rundliche Stücke Bernstein von beliebiger Farbe: Feiner Bodenstein, 10 Stück auf 1 kg Ordinärer „ 14 bis 16 ,„ En PR Die erstere Sorte kostet 75 Mark, die letztere 50 Mark pro Kilogramm. Aus Bodenstein werden außer Schnitzereien und anderen Gegenständen von geringer Bedeutung für den Großhandel die Mundstücke für die türkischen Wasserpfeifen hergestellt, die vielfach mit Gold und Türkisen verziert in den Handel kommen. 43* 676 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. 4. Runder Bernstein. Die runden Bernsteinsorten teilt man nach der Farbe in Klar und Trüb (Bastard). Man unterscheidet danach und nach der Größe 18 Handels- sorten, darunter: Bastard Rund und Klar Rund Nr. 1: 50 Stück auf 1 kg ”„ „ „ ” ”„ „ 2 . 100 2] „ 1 ” 5 n = Sell >>, ER Bastard ehe und Klar Grundstene SEN) gr lie, Bastard Knibbel und Klar Knibbel Nr. 1: 600 RI FE 53 > uhr, 4 a BD: ee 2) ”„» ” „ 3: 1600 „ 1 ” Klar und Bastard Rund Nr. 1 werden mit 60 Mark, Nr. 3 Ei 38 Mark, Klar und Bastard Knibbel Nr. 3 mit 4 Mark 60 Pfg. bez. 5 Mark 25 Pfg. pro en bezahlt. 5. Knochi iger Bernstein. Wird aus allen Bernsteinsorten besonders ausgeschieden wenn der Knochen Übergänge in Halbbastard und Bastard zeigt, unterscheidet man nach der Form: Runde große feine Knochen, die 135 Mark, und große Knochen, die 85 Mark das Kilogramm kosten. Sind sie mehr knochig, so spricht man von weißen großen Knochen, 100 Mark das Kilogramm. Kleine Arbeitsknochen, 150 Stück auf ein Kilo- gramm, kosten 10 Mark. 6. Schlauben. Sie werden nach der Möglichkeit ihrer Verwendung in Spitzen- schlauben, das Kilogramm zu 35 Mark, in Grecken 20 Mark und in kleine flache Schlauben 5 Mark das Kilogramm eingeteilt. Sie werden wenig verarbeitet, abgesehen von den durch Inklusen, namentlich von Insekten, ausgezeichneten Stücken, die für Sammlungen zur wissenschaftlichen Untersuchung, aber auch zum Schmuck zugerichtet werden. Früher mehr, jetzt in geringerer Menge, werden Schnüre und Armbänder hergestellt, in denen jede einzelne Perle ein schönes Insekt enthält. In neuerer Zeit werden aus den Schlauben viel sogenannte Naturspitzen angefertigt, zu denen man die Steine von der Rinde befreit, nach der Form der rohen Stücke poliert, durchbohrt und mit einem Brenner versehen in den Handel bringt. 7. Firnis (Virniß). Die kleinsten Stücke Bernstein. Sie werden in viele Sorten eingeteilt, die unter verschiedenen ihre Qualität bezeichnenden Namen, wie: Gelbblank, Rotblank, Spitzblank, Knochenfirnis, Korallenbruch, Rasura, Schwarzfirnis verkauft und zu Lack verarbeitet werden. In neuester Zeit ist aber der Handel mit Firnis (Virniß) sehr eingeschränkt, weil er zu Preßbernstein verarbeitet wird und der Fiskus bestrebt ist, allein Preßbernstein (in Palmnieken) herzustellen. Zur Lackindustrie wird daher möglichst geschmolzener Bernstein verkauft. 8. Endlich sei noch der Brack erwähnt, größere Bernsteinstücke, die im Innern rissig und blasig oder von fremden Verunreinigungen so durchzogen sind, daß nur einzelne Teile noch gesunden Stein geben. Sie werden daher auf Spekulation gekauft, oder auch als große billige Stücke zu Untersätzen oder zur Herstellung von Bernstein- felsen zu Nippsachen usw. verwendet. Er zerfällt in Groß Brack (die reinsten Stücke) und Ordinär Brack. Im vorstehenden sind für einige Sorten die Preise angegeben, die sich auf 1908 beziehen. Vergleicht man diese mit solchen aus früheren Zeiten, so sieht man, daß der rohe Bernstein im ganzen im Preise, namentlich bei den kleineren Sorten sehr in die Höhe gegangen ist. Diese Steigerung beruht auf der Fabrikation des Preßbernsteins. Bei seiner Herstellung ist es möglich, Sorten, die früher mit 3 Mark und darunter verkauft wurden mit 25 Mark und mehr zu verwerten. Imitationen und Verfälschungen. Sehr häufig wird der Bernstein durch ähnlich aussehende billigere Substanzen nachgeahmt und verfälscht, und dadurch der legitime Bernsteinhandel nicht unerheblich geschädigt. Diese Nachahmungen sind bald mehr, bald BERNSTEIN. IMITATIONEN UND VERFÄLSCHUNGEN. 677 weniger geschickt, bei einiger Sachkenntnis ist es aber nicht schwer, sie durch einfache Beobachtungen und Versuche vom echten Bernstein zu unterscheiden. Am plumpsten ist die Nachbildung namentlich des klaren Bernsteins durch ge- färbtes Glas, das allerdings jetzt kaum noch zu Rauchrequisiten, viel dagegen zu Perlen usw. Verwendung findet. In kleineren Orten Rußlands sieht man auf jeder Messe große Mengen von Perlen und anderem Schmuck, welcher letztere genau so wie der Danziger aus echtem Bernstein aussieht, aber aus klarem und trübem gelbem Glas besteht. Die Ansatzspitzen zu Opiumpfeifen für China werden meist ebenfalls aus bernsteinfarbigem Glas statt aus echtem Bernstein hergestellt. Größere Härte, höheres spezifisches Gewicht und das Kältegefühl bei der Berührung mit dem Finger lassen das Glas leicht erkennen, ebenso der glasglänzende muschelige Bruch überall da, wo an den Rändern ein Splitter- chen abgesprungen ist. Zelluloid wird vielfach so gefärbt, daß es flohmigem oder kumstfarbigem Bernstein sehr ähnlich ist. Seine Verwendung zu Ansatzspitzen für Pfeifen ist verhältnismäßig häufig, am häufigsten verarbeitet man es aber zu den größeren Negerkorallen, Einern und Zweiern (S. 673). Besonders stellt man die Bodensteine daraus her und vermengt ihn in Ketten mit Perlen aus echtem oder Preßbernstein. Schmuck aus rötlichgelbem Zelluloid hat man „ambre antique“ genannt. Beim Reiben entwickelt Zelluloid fast keine Elektrizität, dagegen einen merklichen Kamphergeruch. Mit dem Messer lassen sich Spähne abschneiden, während Bernstein beim Schneiden Pulver gibt. Mit einem heißen Platindraht berührt, haften dıese Spähne sehr leicht an diesem und verbrennen in der Lichtflamme explosionsartig rasch unter Entwickelung eines säuerlichen Geruches. Bernstein haftet seiner schwereren Schmelzbarkeit wegen nicht am heißen Platindraht, verbrennt langsam und hinterläßt das charakteristische Bernsteinaroma. In Schwefeläther wird Zelluloid schon in der Kälte leicht und rasch angegriffen und oberflächlich gelöst, während Bernstein ohne jeden Schaden eine Viertelstunde lang in der Flüssigkeit liegen kann. Vor diesen Zelluloidimitationen kann ihrer großen Feuergefährlichkeit wegen nicht entschieden genug gewarnt werden, namentlich sind sie aus diesem Grunde zu Rauch- requisiten vollkommen ungeeignet. Von den Zelluloidfabrikanten wird diese Gefahr aller- dings geleugnet, aber durchaus mit Unrecht. Alle Versuche, die Masse durch Zusatz anderer Körper feuerbeständig zu machen, sind bis jetzt gescheitert. Aus dem Kasein abgerahmter Milch stellt man durch Farbezusatz eine Bernstein- imitation her, die Galanith genannt wird und die dem Aussehen nach sehr einem massigen gelben Bastard ähnelt. Das Galanith ist hornartig und splittert nicht wie der Bernstein, es ist unschmelzbar und riecht beim Erhitzen unangenehm. Vielfach werden dem Bernstein andere Harze untergeschoben. Von diesen allen unterscheidet er sich aber meist sehr leicht durch höheren Schmelzpunkt, größere Härte, geringere Löslichkeit in Alkohol, Äther usw., sowie durch den Gehalt an Bernstein- säure und durch den charakteristischen Geruch beim Reiben und namentlich beim Ver- brennen. Vielfach wird dem Bernstein Kopal untergeschoben, ein Harz, das in Menge aus Ost- und Westafrika, Südamerika und Australien bei uns eingeführt und das zum Teil wie der Bernstein aus der Erde gegraben wird. Vom Kopal unterscheidet sich der letztere sofort durch das Aussehen. Jener ist so hellgelb und glasig, wie es beim Bernstein nur vielleicht als große Seltenheit gelegentlich einmal vorkommt. Dieser hat auch einen höheren Schmelzpunkt, größere Härte und ist in Essigäther, Cajeputöl usw. viel schwerer löslich. Ferner besitzt der Bernstein den charakteristischen Geruch beim Reiben und namentlich beim Verbrennen. Die Bernsteinsäure, die dem Bernstein eigentümlich ist, kann nur be- dingungsweise als Erkennungszeichen angesehen werden, weil man sie in betrügerischer 678 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Absicht erweichten Kopalen künstlich zusetzt, um die chemische Reaktion zu verwischen. Sämtliche Arbeiten aus Kopal sehen schmutzig aus, und sie lassen sich leicht daran erkennen, daß sie wegen ihrer leichteren Schmelzbarkeit in der Hand oder an Tuch, etwa am Rockärmel, gerieben, klebrig werden, daß sie, wegen ihrer geringeren Härte schon Eindrücke mit dem Fingernagel annehmen, und daß sie, in Essigäther gelegt, ihren Glanz verlieren und aufquellen, was alles beim Bernstein nieht der Fall ist. Beim Reiben mit Tuch wird der Kopal weniger stark elektrisch als der Bernstein. Der Kopal kann übrigens nicht in allen Punkten den Bernstein ersetzen, denn er ist zu spröde, um das Schnitzen und das Anschneiden von Schraubengewinden usw. zuzulassen, wie es beim Bernstein möglich ist. Die angeführten Imitationen und Verfälschungen des echten Bernsteins haben gegen- wärtig wohl kaum eine größere kommerzielle Bedeutung, sie werden zwar hier und dort gebraucht, aber nur in geringer Ausdehnung. Dagegen hat der „Preßbernstein“ ım letzten Dezennium so an Verbreitung zugenommen, daß er, wie wir bereits oben gesehen haben, den ganzen Bernsteinhandel stark beeinflußt. Auch kommt seit zwei Jahren unter dem Namen „gehärteter Kopal“ ein Bernsteinsurrogat so vielfach auf den Markt, daß es ernst- liche Befürchtungen erregt. Der Preßbernstein wurde zuerst von Wien aus in den Handel gebracht. Es sınd dies größere Stücke, die durch Zusammenpressen vieler kleiner Bernsteinbröckehen unter starkem Druck und bei höherer Temperatur gewonnen werden. Schon seit Jahren sind Versuche nach dieser Richtung gemacht worden, um so die massenhaften kleinen Bern- steinstückehen, die sonst nur zur Firnisbereitung zu brauchen sind, besser nutzbar zu machen. Lange Zeit experimentierte man. Schon 1869 hatte ein in Paris lebender Deutscher durch Zusammenpressen kleiner erhitzter Bernsteinstücke größere Olivenperlen hergestellt, deren Qualität dem heutigen Preßbernstein wenig nachgab. Die Methode wurde von Stantien & Becker unterdrückt und ging im Feldzug 1870—71 verloren. 1873 nahm R. Klebs diese Versuche wieder auf, und es gelang, ihm ein mittelmäßiges Fabrikat zu erzeugen. Einen wirklichen Erfolg aber erlangten erst etwa 8 Jahre später zwei Wiener Firmen Spiller und Trebitsch. Das Verfahren, mehrere Stücke Bernstein zu einem größeren zu vereinigen, beruht auf dessen Eigenschaft, bei einer Temperatur von 200—250° weich zu werden. Die von allen Unreinigkeiten befreiten Stückchen des Rohbernsteins legt man in flache Stahlformen und schließt diese ganz hermetisch mit einem Stahldeckel. Diese Stahlformen mit ihrer Füllung kommen in genau temperierte Öfen oder in Bäder von Glycerin, Paraffin usw.; der Deckel wird unter sehr starkem hydraulischem Druck von 400—600 Atmosphären auf die in der Hitze erweichte und an der Oberfläche jedes Bernsteinpartikel- chens geschmolzene Masse gepreßt und dadurch das Ganze ineinandergeknetet und zusammengekittet. Auf diese Weise erhielt Spiller flache Kuchen von Preßbernstein, der jedoch nur sehr mäßigen Ansprüchen genügte. Trebitsch schloß die in der Gestalt etwas geänderten gefüllten Formen mit einem sehr starken hohlen Stahltopf, dessen Boden dünne Durchbohrungen besaß und daher siebartig wirkte. Durch sehr hohen Druck wurde dieser Topf in den erhitzten Bernstein gepreßt und dieser gezwungen, durch die Öffnungen zu treten und sich inniger zu mischen als bei der Spillerschen Art. Hierdurch erzielte er ein bedeutend schöneres, gleichmäßigeres Produkt. Der preußische Fiskus hat nach der Übernahme der Bernsteinwerke diese Art der Herstellung auch in seinem Betriebe eingeführt. Man kann die jährliche Produktion von Preßbernstein auf mindestens 35000 Kilo- gramm veranschlagen, wozu über 110000 Kilogramm Rohbernstein notwendig sind. Der Preis des Preßbernsteins ist je nach Qualität 75—100 Mark das Kilogramm. Dadurch, PRESSBERNSTEIN. GEHÄRTETER KoPAL, 679 daß man dem Bernstein in den Stahlformen Farben zusetzt, erhält man gefärbten Preb- bernstein, von dem namentlich der schwarze viel Verwendung, beispielsweise zu Trauer- schmuck, findet. Hier übertrifft er den Gagat, da er sich bequemer bearbeiten läßt und schnellen Temperaturwechsel besser verträgt. Es wird mehrfach versucht, Fabrikate aus Preßbernstein als echten Bernstein in den Handel zu bringen. Das ist natürlich unrichtig, wenn auch das Material zu ersterem anscheinend nur aus echtem Naturbernstein besteht. Zunächst wächst der Preis des Bernsteins mıt Zu- nahme der Größe gerade eines Stückes, und zwar verhältnismäßig schnell und bedeutend. Von bester Farbe kostet das Lot erbsengroßer Stücke 50 Pfg., dieselbe Qualität bei 3 Lot schweren Stücken das Lot 6—7 Mark. Sodann besteht der Preßbernstein gar nicht homogen nur aus Bernstein. Wie erwähnt, bilden sich beim Erhitzen in der Form vielfach dünne Schichten von Kolophon, das je nach der verwendeten Temperatur gelb bis rotbraun wird. Es durchsetzt den Preßbernstein und kittet die unveränderten Bernsteinstückehen zusammen, wodurch ein Gemenge von weich gewesenem und geschmolzenem Bernstein entsteht. Noch viel weniger kann man bei gefärbtem, schwarzem usw. von echtem schwarzen Bernstein, sondern nur von schwarzgefärbtem Preßbernstein sprechen. Viele Eigenschaften, wie Härte, hohe Schmelzbarkeit, starke Reibungselektrizität, der charakteristische Geruch, die schwere Löslichkeit usw. sind natürlich beim Preßbernstein dieselben wie beim natürlichen. Indessen gibt es eine Reihe von Merkmalen, an denen man beide sicher voneinander unterscheiden kann. Die klaren Stücke Preßbernstein sind nie glasartıg blank, sondern stets sind Wolken und Streifen, sogenannte Schlieren vorhanden, wie sie auftreten, wenn sich verschiedene Flüssigkeiten mischen, oder wenn Zucker in Wasser aufgelöst wird. Dieses beruht auf der verschiedenen Lichtbrechung von unzersetztem und geschmolzenem Rohmaterial. Die flohmigen und Bastardstücke des Preßbernsteins erkennt man daran, dab dıe Trübungen in parallelen Streifen übereinanderliegen, etwa wie bei den Cirruswolken. Bei echtem Bernstein kommt diese Erscheinung nie vor. Kann man einen Splitter des fraglichen Fabrikates unter dem Mikroskop betrachten, so ist der Unterschied beider sofort mit vollständiger Sicherheit deutlich. Beim echten Bernstein besteht die Trübung aus Bläschen, die vollständig kugelrund sind und durch die klare Grundmasse unregelmäßig verteilt liegen. Der Preßbernstein dagegen zeigt deutliche Fluidalstruktur. Streifen mit sehr kleinen, verschieden gestalteten Bläschen, Rissen und dunkel gefärbten Partikelchen, die sich selbst bei sehr starker Vergrößerung nicht auflösen, umschließen hellere, eckige Partien unzersetzten Bernsteins, bei dem man vielfach noch die kreisrunden Bläschen wahrnehmen kann. War der Preßbernstein gefärbt, so liegt der Farbstoff nur in diesen Streifen, die eingeschlossenen Partien sind farblos. Ein sehr gutes Mittel, um in den meisten Fällen beide zu unterscheiden, ist es, den fertigen Gegenstand so lange mit einem Wolllappen mit Öl und Wiener Kalk, Schlemm- kreide oder Bol, kräftig zu polieren, bis er tüchtig heiß wird. Echter Bernstein wird dadurch glätter und blanker, während Preßbernstein stellenweise seinen Glanz verliert und dadurch, daß sich das entstandene Kolophon im Öl auflöst, ein „grütziges“ Aussehen bekommt. Durch Polieren mit Schlemmkreide, Bol usw. und Wasser wird auch Prebbern- stein sehr schön glänzend. Gehärteter Kopal entsteht dadurch, daß reine Kopalstücke unter hoher Dampf- spannung in Wasser, dem man oft Bernsteinsäure hinzugesetzt hat, längere Zeit erhitzt werden. Bei dieser Behandlung trübt sich der Kopal allmählich und wird härter. Ein geübtes Auge erkennt schon an der blassen Färbung und an den mit unbewaffnetem Auge erkennbaren Bläschen leicht, daß man es mit diesem Surrogat zu tun hat. Mit Sicherheit zeigt es das Mikroskop an der unregelmäßigen Form der Bläschen und dem Mangel an 680 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE. EDELSTEINKUNDE. Fluidalstruktur, daß man es weder mit Natur-, noch mit Preßbernstein zu tun hat. Eine Sorte gehärteten Kopals zeigt sehr regelmäßige elliptische Bläschen. Stellt man eine hieraus gearbeitete Spitze in Essigäther, so wird man schon nach 24 Stunden bemerken, daß sie an ihrer ganzen Oberfläche klar geworden ist, und daß diese Klärung bei längerer Dauer der Einwirkung fortschreitet, eine Erscheinung, die nie bei Natur- oder Preßbernstein vorkommt. Im vorhergehenden war in der Hauptsache nur vom eigentlichen echten Ostsee- bernstein, dem Suceinit, die Rede, dem einzigen, im wesentlichen ausschließlich deutschen Edelstein, dem deshalb hier ein breiterer Raum gewährt worden ist. Daneben existieren aber noch zahlreiche andere Harze, die diesem sehr ähnlich sind, die auch wie dieser verwendet werden und die daher zum Bernstein im weiteren Sinne zählen und meist Bernstein genannt werden, obwohl sie sich durch manche Eigenschaften, namentlich durch den Mangel an Bernsteinsäure, von ihm unterscheiden. Deswegen sind sie in neuerer Zeit auch von den Mineralogen, jedoch ohne genügenden Grund, durch besondere Namen vom Suceinit unterschieden worden. Im Edelsteinhandel spielen sie jedenfalls alle diesem gegen- über eine untergeordnete Rolle, sind jedoch zum Teil in ihren Heimatländern nicht ganz ohne Bedeutung, deshalb sollen von diesen meist außerdeutschen Harzen wenigstens die wichtigsten eine kurze Erwähnung finden. Gedanit. Mit dem Suceinit zusammen finden sich mehrere andere Harze, die aber bis auf eines nicht zu Schmuckgegenständen geeignet sind. Dieses eine ist der Gedanit, den die Bernsteinarbeiter auch als „spröden“, „mürben“ oder „unreifen“ Bernstein bezeichnen. Er ist ım allgemeinen mehr oder weniger hell weingelb und durchsichtig oder wenigstens stark durchscheinend, seltener schmutziggelb und undurchsichtig. Die meisten Stücke erscheinen außen wie abgerollt und abgerieben und sind mit einem schneeweißen Mehle bestäubt, das sich abwischen läßt. Bernsteinsäure fehlt, daher entsteht durch die bei der Verbrennung sich bildenden Dämpfe, deren Geruch dem des Bernsteins sehr ähnlich ist, kein Hustenreiz. Der Schmelzpunkt liegt niedriger als beim Bernstein, aber höher als beim Kopal, etwa bei 1400 C. Auch die Härte ist geringer als bei dem ersteren (H. = 1!/2 bis 2). Die Löslichkeitsverhältnisse sind ähnlich wie bei diesem, von Terpentinöl wird er aber leichter angegriffen als Bernstein. Durch Reiben mit Tuch wird auch hier starke negative Elektrizität hervorgerufen, so daß leichte Körperchen, Papierschnitzel usw. angezogen werden. Was den Gedanit bezüglich der Verarbeitung ungünstig vom Bernstein unterscheidet, ist die große Sprödigkeit. Er läßt sich zwar wie dieser auf der Drehbank zu allen mög- lichen Gegenständen herrichten, und wird auch hierzu ganz wie der echte Bernstein benutzt, aber er läßt sich seiner spröden Beschaffenheit wegen nicht gut bohren, gar nicht schnitzen, und man kann keine Schraubengewinde anbringen, auch müssen die daraus dargestellten Sachen ihrer leichten Zerbrechlichkeit wegen sehr in acht genommen werden. Daher steht der Gedanit im Preise hinter dem Bernstein zurück; er wird um ein Drittel geringer bezahlt als die entsprechenden Sorten des letzteren. Im Handel gehen daraus hergestellte Schmucksachen usw. unter dem Namen Bernstein und werden mit solchen aus echtem Suceinit ohne Unterschied verkauft; nur der Kenner ist zur Not ımstande, festzustellen, ob irgendein bearbeitetes Stück Gedanit oder echter Bernstein ist. Das Vorkommen ist auf die Gräbereien beschränkt, in denen er den Grabstein in geringer Menge begleitet. Unter dem Seestein kommt er nicht vor, wahrscheinlich, weil GEDANIT. RUMÄNISCHER UND SIZILIANISCHER BERNSTEIN. 681 er dem Spiele der Wellen und der Abreibung im Sande keinen Widerstand leisten kann und seiner Sprödigkeit wegen dabei vollständig zertrümmert wird. Rumänischer Bernstein (Rumänit). Der rumänische Bernstein unterscheidet sich in keiner wesentlichen Eigenschaft vom ostpreußischen Suceinit. Wenn man größere Mengen vergleicht, findet man bei ihm die- selben Unterschiede der Farbe und Durchsichtigkeit wie bei dem letzteren, kann also dieselben Sorten erkennen. Allerdings ist in Rumänien die Farbe gewöhnlich bräunlichgelb bis braun, seltener gelb, und klare Stücke sind häufiger als trübe. Eine vielfach für charak- teristisch gehaltene braunrote Farbe ist nicht ursprünglich; sie und die damit verbundene Anwesenheit vieler Risse und besondere Sprödigkeit beruhen auf einer Umwandlung an der Luft, wie wir sie auch beim Sueeinit kennen gelernt haben (sogen. gebräunter Bernstein). Einzelne Stücke zeigen Fluoreszenz, oft schöner als der dadurch besonders ausgezeichnete sizilianische Bernstein. Die Härte übertrifft die des Bernsteins um etwas. Bernsteinsäure ist in wechselnder Menge vorhanden (bis 3,2 Proz.), aber im Durchschnitt in geringerer als im Bernstein. Charakteristisch ist auch ein verhältnismäßig großer Gehalt an Schwefel, der 1,15 Proz. beträgt. Lösungsmitteln gegenüber ist der Rumänit noch widerstandsfähiger als der Suceinit. Beim Erhitzen entwickelt er einen eigentümlich aromatischen Geruch, gleichzeitig einen solchen nach Schwefelwasserstoff (faulen Eiern), der sich aus dem Schwefel bildet. Ohne sich aufzublähen, erweicht er bei 300 0 C. und stößt dabei Dämpfe aus, welche wie die des Bernsteins zum Husten reizen. Das Harz findet sich, mit einer stets nur sehr dünnen, fest anhaftenden Verwitterungs- schicht von dunkel gelblichgrauer bis rotbrauner Farbe bedeckt, in kohligen, blätterigen Schiefern als Nester oder in unterbrochenen Lagern in Sandsteinschichten ausschießlich im Bezirke Buzeu. Die zahlreichen Fundorte liegen alle in der Nähe der nach Südosten vor- springenden siebenbürgischen Grenze. Die Schichten, in denen der Rumänit vorkommt, oder aus denen er ursprünglich stammt, gehören wie im Samlande dem älteren Tertiär, und zwar dem unteren Oligocän an. Er wird meist nach Wien gebracht und dort unter dem Namen „rumänischer Bernstein“ zu Zigarrenspitzen und anderen Gebrauchs- und Luxusgegenständen verarbeitet. Dem echten Bernstein macht er so eine gewisse, aber keine starke Konkurrenz, da er im allgemeinen nicht sehr häufig ist; etwa 400 Kilogramm werden jährlich ge- wonnen. Seiner verhältnismäßigen Seltenheit wegen wird er auch etwas höher bezahlt. Eine in Rumänien als schwarzer Bernstein bezeichnete Substanz ist kein Bernstein, ‘sondern wie der unten zu betrachtende Gagat eine schwarze Kohle (Lignitpechkohle). Sizilianischer Bernstein (Simetit). Der sizilianische Bernstein ist im Aussehen vom ÖOstseebernstein ziemlich verschieden. Er ist meist durchsichtig, und die Farbe ist im allgemeinen dunkler. Rotgelb bis hell- weinrot ist nicht selten, auch kommen granatrote Stücke vor, und ferner so dunkelrote, daß sie im auffallenden Lichte schwarz erscheinen. Hell- und dunkelbraun fehlt nicht, ebensowenig gelblichweiß. Neben den überwiegenden durchsichtigen Stücken trifft man auch manche nur durchscheinende oder undurchsichtige. Die Fluoreszenz, bei der das an der Oberfläche zurückgeworfene Licht blau und grün ist, bildet hier eine ausgezeichnete und häufige Erscheinung. Charakteristisch ist eine dünne Verwitterungsrinde von gelb- roter, dunkelroter bis schwarzer Farbe, unter der der innere frische Kern allmählich ın hellere Nuancen übergeht. Härte, Bruch und Elektrizität ist wie beim Ostseebernstein, auch das spezifische Gewicht ist sehr nahe dasselbe. Beim Erhitzen schmilzt er, ohne sich vorher aufzublähen. Er gibt 682 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. dabei starke weiße Dämpfe, aber keine Bernsteinsäure. Der Geruch ist daher etwas anders als der des Ostseebernsteins und reizt nicht zum Husten. Der sizilianische Bernstein findet sich, außer an einigen anderen Orten, in losen, ab- gerollten Stücken im Mündungsgebiete des Flusses Simeto, südlich von Catania, daher der Name Simetit. Aus Schichten tertiären Alters, in denen er ursprünglich eingeschlossen war, wurde er durch das Wasser des Flusses herausgewaschen. In der eben genannten Stadt wird er, aber neben ihm auch viel Ostseebernstein, zu Schmucksachen usw. ver- arbeitet. Mit ihm finden sich zuweilen schwarze, im Bruche glänzende Harzstücke von geringerer Härte als die durchsichtigen. Sie geben beim Erhitzen einen anderen Geruch und sind wohl eine andere Substanz als die letztere. Birmanischer Bernstein (Birmit). Auch in Birma findet sich ein von dem Ostseebernstein nicht wesentlich verschiedenes Harz, das zu Schmucksachen verwendet wird. Die Färbung ist ziemlich einförmig. Als Grundfarbe tritt ein glänzendes blasses Gelb auf, ähnlich dem von hellem Sherry. Dieses geht in dunkleren Stücken ins Rötliche und weiter ins Schmutzigbraune, wie es die meisten zeigen, die dann ihrem Aussehen nach mit Kolophonium oder mit festgewordenem Petroleum verglichen werden können. Wenige Stücke sind klar und dann sehr hell strohgelb bis fast farblos; die meisten sind etwas trübe und zeigen eine sehr starke bläuliche oder grünliche Fluoreszenz, die den Gebrauchswert stark vermindert. Stücke genau vom Aus- sehen des ostpreußischen Bastard kommen niemals vor. Der Birmit ist etwas härter als Suceinit, spröde, aber leicht zu bearbeiten. Vielfach ist er von Rissen durchzogen, die mit Kalkspat erfüllt sind; es ist daher schwierig, größere zusammenhängende Stücke zu finden, was den Wert ungünstig beeinflußt. Die Heimat des birmanischen Bernsteins ist der Bezirk Myitkyia im Norden des Landes (siehe die Karten Fig. 64 und 65). Die altberühmten Gruben liegen nicht zu fern von den Jadeitgruben in einem Hügel, 3 (engl.) Meilen südwestlich von Maingkwan im Becken des Hukong, des Oberlaufes des Dschindwin, unter 26° 15° nördl. Breite und 96° 30° östl. von Greenwich. Die Stücke finden sich in einem blaugrauen, dem unteren Miocän der Tertiärformation angehörigen Tone, in dem sie nesterweise eingebettet sind. Sie sind stark abgerollt, flach, meist plattenförmig, zum Teil bis kopfgroß. Das Material ist von den Eingeborenen und von den Chinesen gleich geschätzt. Es werden Perlen und Zylinder zum Einstecken in die Ohrlappen daraus gedreht und Figuren von Tieren, Götzen usw. daraus geschnitzt. Die Produktion war stets gering, und es ist schon aus diesem Grunde, ganz abgesehen von den obengenannten ungünstigen Eigenschaften, wenig wahrscheinlich, daß der birmanische Bernstein je auf den europäischen Markt kommt. Im Gegenteil wird jetzt viel Ostseebernstein über Indien nach Birma eingeführt und dort als „indischer Bernstein“ billiger verkauft wie der einheimische. Man hat sogar be- hauptet, daß die Gruben jetzt gar nicht mehr bearbeitet werden und der noch im Handel vorkommende Birmit aus alten aufgesammelten Vorräten stamme. Doch wurden nach amtlichen Mitteilungen der indischen Regierung in der Zeit von 1898 bis 1903 jährlich im Durchschnitt 51 Zentner im Wert von 362 Pfund Sterling gewonnen. Später nahm die Produktion, wahrscheinlich infolge der friedlichen Verhältnisse des Landes, erheblich zu. Sie betrug 1904: 86 Zentner im Wert von 838 Pfund, 1905: 126 Zentner im Wert von 945 Pfund. Gleichzeitig wurde aber die Qualität geringer, und der Preis des Zentners fiel von 9 Pfund 15 Schilling auf 7 Pfund 10 Schilling. . BERNSTEIN VON BIRMA, KANADA UND San DOMINGO. GAGAT. 683 Kanadischer Bernstein (Cedarit). Der kanadische Bernstein kommt in Körnern bis zu Wallnußgröße in den Triebsand- gebieten des Saskatchewan, besonders am Cedar-Lake vor. Er findet sich dort mit Sprockholz gemischt in großen Mengen, auf sekundärer Lagerstätte, und dürfte aus Kreidegestein ausgewaschen sein. Die kanadische Regierung hat die harzführenden Flächen aufgeteilt und die Bernsteingewinnung an Indianer vergeben. Seine Löslichkeitsver- hältnisse sind ähnlich denen des baltischen Bernsteins, er schmilzt unter Zersetzung bei 3450 ©. Unter den Cedaritkörnern finden sich 5 Prozent Bastard, 35 Prozent klar, gelb und rotgelb; 1 Prozent knochig, das übrige ist schwarzbraun klar oder ganz unrein. Die Farbe des klaren steht zwischen der der Zanzebar-Kopals und des hellen Bernsteins. Er ist frei von Bernsteinsäure, läßt sich leicht bearbeiten und gut und schnell polieren. Ob die klaren Varietäten zu Perlen verarbeitet werden, ist nicht bekannt, jedenfalls würden sie sich gut dazu eignen, da sie genügende Härte und starkes Feuer besitzen. Geschmolzen liefert der Cedarit einen Kolophon, aus dem sehr dunkler und harter Lack hergestellt werden kann. Bernstein von San Domingo. Der sog. Bernstein von San Domingo ist ein zum Retinit gehöriges fossiles Harz, das zwar in einzelnen Varietäten dem Bernstein nahe stebt, jedoch keine Bernsteinsäure enthält, in andern aber mehr dem Kopal gleicht. Er ist nur klar bekannt, Bastard scheint nicht vorzukommen. Die Farbe geht von gelb bis zu einem schönen Braun. Charakteristisch ist für ihn die starke petroleumartige Fluoreszenz; fertige Zigarrenspitzen sehen schon in den Auslagen der Ladenfenster bläulich aus. Dieses Harz wird in Amerika mehrfach verarbeitet. Es findet sich in ziemlicher Menge in rundlichen Stücken, meist bis 2 Zoll dick, oder in flachen bis zur Größe einer Mannshand mit fossilen Holzresten (Lignit) in Schichten der Tertiärformation. Der Hauptfundort ist auf der 1800 m hoch gelegenen Spitze des Berges Palo Quemado in der Provinz Santiago, im Gebiet des Ober- laufes des Lieey River, etwa 30 miles von der Küste, 10 miles nordwestlich von Tam- ponil und 7 miles nördlich von Santiago. Auch andere Länder liefern solehe bernsteinähnliche Harze, so scheint namentlich das südliche Mexiko sehr reich daran zu sein, es ist aber zurzeit noch nichts Näheres darüber bekannt. Der „mexikanische Bernstein“ wird von unbekannten Fundorten ım Innern des Landes durch die Eingeborenen an die Küste gebracht und ım Lande zu kleinen Bijouterien verarbeitet. Er kommt in solchen Mengen vor, daß die Indianer Feuer damit anmachen. Die Farbe ist ein reiches Goldgelb, und die Stücke fluoreszieren stark. Seiner Beschaffenheit nach ist er zu den Kopalen zu rechnen. Gagat. Der Gagat (Agstein, schwarzer Bernstein, Jet (engl.), Jais (franz.), ist eine Art fossiler Koble, die vielfach zu Trauerschmuck und anderen Dingen verarbeitet wird. Wenn Kohle hierzu tauglich sein soll, so muß sie verschiedene besondere, nicht gerade häufig neben- einander vorkommende Eigenschaften in sich vereinigen. Sie muß ganz dicht, kompakt und homogen sein, was sich durch einen vollkommen muscheligen Bruch ausspricht. 684 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. Ungleichartige Partien dürfen nicht zwischengelagert sein, namentlich wird sie durch ein- gewachsenen Schwefelkies, der die Kohlen so häufig verunreinigt, zum Schleifen unbrauch- bar. Ebensowenig darf die ursprüngliche innere Holzstruktur noch deutlich erhalten sein, was aber nıcht hindert, daß vielfach die äußere Gestalt der Stämme mit ihren Ästen usw. vollkommen sichtbar geblieben ist, zum deutlichen Merkzeichen der Entstehung aus vor- weltlichen Hölzern, die im Laufe der Zeiten eine sehr starke Umwandlung durch Ver- kohlung erlitten haben. Die Farbe muß gleichförmig ohne Fleeken und möglichst tief und rein schwarz sein. Je schöner sammetartig schwarz ein Stück ist, desto mehr ist es geschätzt; eine ins Bräunliche gehende Nuance ist weniger beliebt. Gute geschliffene Stücke müssen lebhaft glänzen, solche, die nur matt schimmern, haben keinen Wert; der Glanz ist meist ein ziemlich ausgesprochener Fettglanz. Endlich muß die Masse möglichst wenig spröde, Jedoch so fest sein, daß sie sich mit dem Messer schneiden (schnitzen) und auf der Drehbank sowie mit der Feile bearbeiten und in der gewöhnlichen Weise schleifen läßt. Auch mub sie genügende Härte haben, damit die durch die Bearbeitung hergestellten Formen gut erhalten bleiben und beim Gebrauche nicht zu rasch abgenutzt werden. Diese Beschaffenheit besitzt der Gagat in ausgezeichneter Weise. Er hat, wie alle Kohlen, die Eigenschaft vollkommener Undurehsichtigkeit, ist aber für Röntgenstrahlen vollkommen durchlässig. Das spezifische Gewicht steigt bis 1,3, doch sollen einzelne Gagatstücke auch auf dem Wasser schwimmen, wahrscheinlich aber doch nur infolge von poröser Beschaffenheit. Die Härte des echten Gagats schwankt zwischen 3 und 4. Vor dem Lötrohr entzündet sich die Masse leicht, da sie sehr innig von bituminösen Teilen durechtränkt ist; sie brennt einige Zeit mit stark rauchender, rußender und riechender Flamme und binterläßt einen glänzenden, porösen, koksähnlichen Rückstand. Ein eigent- liches Schmelzen tritt dabei nicht ein. Die Wärmeleitungsfähigkeit ist sehr gering, daher fühlt sich der Gagat, wie alle Körper organischen Ursprungs, mit der Hand warm an, was namentlich beim Vergleich mit schwarzen Steinen und Gläsern sehr deutlich hervor- tritt und eine rasche Unterscheidung ermöglicht. Die hauptsächlichsten Gagatschleifereien, die gegenwärtig existieren, sind in Whitby in Yorkshire, am nördlichen Teile der. Ostküste von England. In diesem Lande gibt es außer den genannten keine weiteren, und die festländischen sind jetzt so unbedeutend, daß sie den englischen gegenüber nicht in Betracht kommen. Whitby ist also das Zentrum der Gagatindustrie überhaupt und hat für den Gagat etwa dieselbe Bedeutung wie Ober- stein für den Achat. Gagat scheint nach überlieferten Berichten in England schon in vorrömischer Zeit zum Schmuck verwendet worden zu sein. In sroßer Menge wurde er in den Klippen der Yorkshire-Küste gegraben, besonders in der Nähe von Whitby, aber auch sonst, so in Eskdale, in Danby Dale und in einigen andern tiefern Taleinschnitten, die die Moor- ländereien des östlichen Yorkshire durchziehen ; besonders ergiebig sind die Lager bei Robin Hoods Bay, 4 (engl.) Meilen südöstlich von Whitby. Der Gagat liegt in den schwarzen stark bituminösen und kalkreichen Posidonienschiefern des oberen Lias (Zone des Ammo- nites [Harpoceras] serpentinus), nicht selten in der Form flacher ausgedehnter Massen, die in seltenen Fällen eine Länge bis zu 6 Fuß erreichen. Eine Abteilung dieser Schiefer ist so reich an Gagat (engl. Jet), daß sie speziell als Jet-rock bezeichnet wird. Die Menge des jährlich gewonnenen Rohmateriales ist nicht gering; sie stieg im Jahre 1880 auf 6720 Pfund. Es sind zwei Sorten, die in Whitby verarbeitet werden. Eine härtere und bessere und daher auch teurere schwankt im Preise zwischen 4 und 21 Schilling (oder Mark) pro Pfund; sie wird noch jetzt in der Hauptsache von ein- heimischen Gräbereien geliefert, doch ist das Vorkommen der Erschöpfung nahe. Gagat, GAGAT. 685 von ausgezeichneter Qualität wird jetzt in großen Blöcken und zu geringen Preisen aus Spanien, und zwar besonders aus Aragonien, nach Whitby eingeführt — im Jahre 1900 im ganzen 2 Tonnen im Werte von 250 Pesetas —, wodurch die englische Produktion von Rohgagat wesentlich reduziert worden ist. Der Gesamtjahresumsatz in Gagatwaren beträgt gegenwärtig ungefähr 100000 Pfund Sterling. Im Jahre 1855 war der Wert des in Whitby verarbeiteten Gagats 20 000 Pfund Sterling. Die Zahl der in England mit der Gewinnung und Verarbeitung des Gagats beschäftigten Personen beträgt zurzeit ungefähr 1200 — 1500. Statt echten Gagats wird indessen in Whitby noch ein anderes ähnliches englisches Material verarbeitet, die Kännelkohle. Sie ist mehr graulich- oder bräunlichsch warz, weniger glänzend und auch weniger politurfähig, sowie spröder. Diese findet sich in großen Massen in der Steinkohlenformation von Newcastle und an andern Orten in Eng- land und Schottland. Wegen des Vorkommens in größeren Platten können daraus auch Furniere zur Bekleidung größerer Flächen, z. B. von Wandflächen, hergestellt werden. Beim echten Gagat kommt dies, der geringeren Größe der rohen Stücke wegen, nur in unbedeutendem Umfange vor. Auch auf dem europäischen Kontinent haben einige Länder Gagat geliefert, und dieser ist dort auch verarbeitet worden. Daß Spanien Rohmaterial nach England liefert, ist schon erwähnt, aber auch in seinem Heimatlande wurde der spanische Gagat früher in einiger Menge verarbeitet; diese Industrie scheint indessen jetzt ziemlich er- loschen zu sein. Die Fundorte liegen, wie wir gesehen haben, in Aragonien, aber auch in Galicien und Asturien. Die Verarbeitung geschah vorzugsweise in Asturien an mehreren Orten. In Frankreich ist der Sitz der auch dort uralten Gagatindustrie im Languedoe, und zwar im Departement de /’Aude, wo der Gagat in dem Grünsande der oberen Kreide- formation vorkommt. Er bildet wie in Yorkshire dünne Platten, die selten ein Gewicht von 15 Pfund erreichen. Die Hauptfundorte sind bei Ste. Colombe sur l’Hers, bei Mon- jardin unweit Chalabre am Berg Commo-Escuro und bei Bugarach am Berg Cerbeiron, wo ein unregelmäßiger Bergbau betrieben wurde. Doch lieferten diese Plätze nicht das ganze Material. Wie noch jetzt in Whitby, so mußte auch in Frankreich der spanische Gagat aushelfen, der von dort kommende soll sogar zum Teil besser gewesen sein als der französische. Die Blütezeit dieser Industrie in Frankeich fällt in das 18. Jahrhundert. 1786 waren in jener Gegend noch 1200 Leute dabei beschäftigt, vorzugsweise in der Gemeinde Ste. Colombe, dann in Dourban, Segure, Payrat, Bastide und andern. Es wurden damals im Jahre etwa 1000 Zentner Gagat (franz. Jais oder Jayet) einheimischer und auswär- tiger verarbeitet. Die fertigen Gegenstände gingen zu einem guten Teil ins Ausland, be- sonders nach Spanien, das jedes Jahr etwa für 180000 Franken bezog, sodann nach Italien, Deutschland, und in den Orient, namentlich in die Türkei. Später trat infolge einer Änderung der Mode ein starker Rückgang ein. 1821 betrug der Reingewinn aus dem Graben und der Verarbeitung des Gagats nur noch 35000 Franken, und heutzutage ist von diesem Industriezweige beinahe gar nichts mehr übrig. In Württemberg findet sich das Rohmaterial in denselben Schichten und in der- selben Weise wie bei Whitby, in den Posidonienschiefern des oberen Lias, so bei Schöm- berg, Balingen, Boll und an manchen andern Orten der schwäbischen Alb. Man könnte durch Nachgraben leicht Gagat genug gewinnen, um eine der englischen ähnliche Industrie zu betreiben. Es hat auch nicht an Versuchen gefehlt, eine solche einzurichten, und die Regierung hat diese Bestrebungen lebhaft gefördert, der Erfolg blieb aber aus. Die in Gmünd, Balingen und andern Orten angelegten Werkstätten konnten sich nicht halten, 686 ZWEITER TEIL. SPEZIELLE EDELSTEINKUNDE. sie sind der Konkurrenz von Whitby erlegen, wo unter günstigeren Bedingungen gear- beitet wird. Kleine Mengen hat auch die fränkische Alb (Gegend von Staffelstein) geliefert. In Nordamerika findet sich Gagat, ebenso schön wie bei Whitby, im südlichen Colorado im Wet Mountain Valley, und besonders in El Paso County im gleichen Staate, neuerdings auch in Maryland. Er wird aber nicht oder doch äußerst wenig zur Her- stellung von Schmuck verwendet. Dasselbe ist der Fall mit dem schönen Vorkommen von Pietou in Pietou County in Neu-Schottland. Dagegen wird die schwarze, etwas metallisch glänzende Steinkohle, die man Anthrazit nennt, namentlich die von Pennsyl- vanien, zuweilen in der Weise wie der Gagat benutzt. In Amerika wird als Trauerschmuck statt des Gagat allgemein „schwarzer Onyx“, d. h. künstlich schwarzgefärbter Onyx oder Achat, getragen, der glänzender, schöner schwarz, härter und haltbarer ist und der sehr billig von Oberstein und Idar bezogen wird. Eine Gagatindustrie hat hier somit wenigstens gegenwärtig keinen Boden, trotz des schönen und in genügender Menge vor kommenden Rohmaterials. Der Gagat dient zur Anfertigung von Schmucksachen aller Art, wie Broschen, Arm- und Halsbändern, Anhängern in Kreuzform und von anderer Gestalt usw., die, wie oben angedeutet wurde, in der Hauptsache in der Trauerzeit getragen werden. Man verfertigt aber aus demselben Material auch Gebrauchsgegenstände, die nicht dem Schmuck dienen, Rosenkränze, Dosen und andere kleine Gefäße, Tintenfässer, Leuchter, Stockknöpfe usw., die sich alle durch ihre große Leichtigkeit auszeichnen. Die Sachen werden zuerst mit dem Messer oder der Feile im Rohen geformt, dann auf der Drehbank oder der Schleif- scheibe weiterbearbeitet, oder auch mehr oder weniger kunstreich geschnitzt und endlich fein poliert, zuletzt bloß auf dem Ballen der Hand. Trotzdem daß die Gagatgegenstände auch von der besten Beschaffenheit keinen hohen Wert haben und im allgemeinen, wenn nicht an ein Stück besondere Kunstfertigkeit ge- wendet worden ist, zu mäßigen Preisen im Handel abgegeben werden, hat man sie doch durch andere Substanzen nachzuahmen gesucht, oder man hat doch wenigstens Trauer- schmuck und die sonstigen erwähnten Gegenstände aus anderen schwarzen Materialien hergestellt, die ebenfalls als Gagat bezeichnet werden und die von Unkundigen mit Gagat verwechselt werden können. Diese Materialien und ihre Unterschiede von dem letzteren sollen daher hier kurz angegeben werden. Häufig sieht man Trauerschmuck, der aus schwarzem Glas, künstlichem oder natürlichem (Obsidian), hergestellt ist. Man wird kaum je im Zweifel sein, ob man es mit Glas oder Gagat zu tun hat. Ersteres ist viel glän- zender, härter und schwerer als letzteres, und im ersten Augenblicke bemerkt man den Unterschied, wenn man das Stück berührt. Glas fühlt sich auffallend kalt, Gagat dagegen warm an. Außer Glas liefern zuweilen der schon erwähnte schwarze Onyx, schwarzer Turmalin oder Granat (Melanit) usw. das Material zu derartigen Schmucksachen. Gagat kann von allen diesen Steinen durch dieselben Mittel unterschieden werden, wie von Glas. Ein Kunstprodukt, aus dem ganz ähnliche Sachen hergestellt werden, wie aus Gagat, ist der Hartgummi. Das Aussehen beider ist sehr ähnlich, auch das warme Anfühlen. Der Hartgummi wird aber schon beim schwachen Reiben an Tuch so stark elektrisch, daß er kleine Papierschnitzel mit größter Leichtigkeit anzieht, was beim Gagat nicht der Fall ist. Hartgummi läßt sich im weichen Zustande in Formen pressen, und man kann so sehr leicht eine Art von Kameen usw. herstellen, die aber durch ihre stumpfen Kon- turen dem Kundigen sofort zeigen, daß er es nicht mit geschnitzten Gagatwaren zu tun hat, die sich durch bestimmte Umrisse, sowie durch scharfe Kanten und Ecken auszeichnen. BRITTER“TEIE Erkennung und Unterscheidung der Edelsteine. Schon bei der Beschreibung der einzelnen Edelsteine ist angegeben worden, wie man jeden erkennen und von allen ähnlich aussehenden unterscheiden kann. Die dabei aufge- stellten Regeln lassen sich benützen, um zu untersuchen, ob ein Stein, der z.B. für einen Diamant ausgegeben wird, auch wirklich ein solcher ist oder nicht, vielleicht irgendein anderes, dem Diamanten ähnliches Mineral oder gar nur eine Imitation aus Glas. Es sind aber auch Fälle möglich, wo bei einem Edelsteine von einer gewissen Farbe — der Eigenschaft, die immer zuerst und hauptsächlich ins Auge fällt — kein bestimmter Anhaltspunkt vorhanden ist, welcher Art man ihn zuzurechnen hat. Es kann also z. B. vorkommen, daß ein roter Stein vorliegt und man nicht ohne weiteres sofort erkennen kann, ob man es mit Rubin, Spinell, Granat, Topas, Turmalin, Flußspat usw., oder mit Glas zu tun hat. Ein erfahrener Juwelier oder Mineraloge wird dabei allerdings wohl selten im Zweifel sein. Schon das äußere Ansehen, das auf den mit bloßem Auge oder mit der Lupe wahr- nehmbaren, in den beiden ersten Teilen eingehend erörterten Eigenschaften der Durch- sichtigkeit, des Glanzes, der Farbennuance usw. beruht, ermöglicht einem solchen meist die Erkennung auch geschliffener Steine auf den ersten Blick, und wenn es sich um ungeschliffene, rohe Stücke handelt, kommen als weitere, ohne experimentelle Untersuchung erkennbare Merkmale, wenigstens für den Kenner, noch Kristallformen, Form der Bruch- flächen, Blätterbrüche usw. hinzu, um eine sichere Bestimmung zu erleichtern. Glas kann von einem echten Edelstein vielfach durch sein wärmeres Anfühlen sowie durch Behauchen unterschieden werden. Dabei nimmt es den Hauch leichter an und beschlägt sich rascher mit Feuchtigkeitstropfen, und es behält ihn auch länger als der Stein (8. 81). Führen aber alle diese dem bloßen Auge oder dem Gefühl zugänglichen Kenn- zeichen nicht zum Ziele, dann müssen auch noch solche Eigenschaften mit zu Hilfe genommen werden, die nicht durch bloßes einfaches Betrachten, eventuell mit der Lupe, hervortreten, sondern die erst durch gewisse Versuche mit geeigneten Instrumenten erkannt werden können. Diese Versuche müssen einigen Bedingungen genügen, wenn sie nicht nur für den wissenschaftlichen Mineralogen, sondern auch für den praktisch gebildeten Juwelier brauchbar sein sollen. Sie müssen sich einmal ohne Beanspruchung besonderer Hand- fertigkeit und eingehender theoretischer Kenntnisse leicht anstellen lassen, und die erforder- lichen Instrumente müssen einfach und solide und möglichst billig sein. Weiter ist noch durchaus erforderlich, daß die Steine bei der Untersuchung nicht beschädigt werden. Dies ist besonders wichtig, wenn dieselben geschliffen sind; bei rohen Exemplaren schadet meist eine kleine oberflächliche Verletzung nicht viel, doch ist auch bei ihnen eine solche tunlichst zu vermeiden. Gut ist es ferner, wenn sich diese Versuche auch an gefaßten Steinen anstellen lassen. Sie können dann noch in manchen Fällen eine sichere Erkennung Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 44 690 DRITTER TEIL. ERKENNUNG UND UNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. ermöglichen, aber vielfach wird die Fassung eine solche vereiteln, da sie die allseitige Untersuchung hindert. Man kann somit eine in jeder Hinsicht genügende Beobachtung aller Eigenschaften im allgemeinen nur an ungefaßten Steinen vornehmen, und man wird daher einen wertvollen Edelstein vorsichtigerweise nur ungefaßt kaufen. Am besten genügen diesen Anforderungen das spezifische Gewicht und das optische Verhalten, die daher auch für die vorliegenden Zwecke besondere Bedeutung haben, in beschränktem Umfang auch die Pyroelektrizität. Sie sind im ersten Teile (S. 12 bis 29 und S. 38 bis 81, sowie S. 83) ausführlich besprochen worden. Hier sollen nur einige für die Er- kennung und Unterscheidung der Edelsteine besonders wichtige Verhältnisse Kurz rekapi- tuliert werden, im übrigen aber sei auf jene Auseinandersetzungen verwiesen und ebenso auf die Beschreibungen der einzelnen Edelsteine im zweiten Abschnitte dieses Buches. Das spezifische Gewicht wird am besten und bequemsten bestimmt mit Hilfe der schweren Flüssigkeiten, besonders des Methylenjodids, das man so weit mit Benzol verdünnt, bis der Stein gerade schwebt. Das Gewicht der Flüssigkeit und damit das des zu untersuchenden Steines wird dann mittels der Westphalschen Wage (Fig.7) ermittelt. Die Steine dürfen dabei aber nicht schwerer sein als das reine Methylenjodid, dessen spezifisches Gewicht bei gewöhnlicher Zimmertemperatur gleich 3,; ist. Sinken die Steine in diesem zu Boden, so kann man unter Umständen statt des reinen Methylenjodids solches benutzen, das mit Jod und Jodoform gesättigt ist, und damit in der gleichen Weise verfahren wie mit jenem, oder man muß eine der anderen Methoden (mit dem Pyknometer, der hydrostatischen Wage, der Westphalschen Wage mit der in Fig. 5 dargestellten Einrichtung usw.) anwenden. Wenn das spezische Gewicht über 3, hinaus- geht, so daß der Stein auch in dem mit Jod und Jodoform gesättigten Methylenjodid zu Boden sinkt, kann man sich vielfach noch des geschmolzenen Thalliunsilbernitrats (S. 26) bedienen. Da in den allermeisten Fällen eine vollkommen genaue Bestimmung des spezifischen Gewichts nicht erforderlich ist, so verwendet man in der Praxis am be- quemsten die vier Normalflüssigkeiten (S. 27), mittels deren sämtliche Edelsteine bezüglich ihrer Diehte in die fünf Abteilungen gebracht werden können, von denen unten bei der Betrachtung der Unterschiede der einzelnen Edelsteine ein ausgedehnter Gebrauch gemacht werden wird. Das spezifische Gewicht läßt sich gleichermaßen bei rohen und geschliffenen Steinen anwenden, sie dürfen nur keine Beimengung fremder Substanzen haben und selbstverständlich nicht gefaßt sein. Mittels der Methode des Schwebens in Methylenjodid, Thalliumsilber- nitrat usw. kann man das spezifische Gewicht an den kleinsten Steinchen bestimmen; ist es nötig, die Wage anzuwenden, müssen die Stücke etwas größer sein. Von großer Bedeutung ist das optische Verhalten. Es handelt sich hauptsächlich darum, ob der zu untersuchende Stein die Lichtstrahlen stark oder schwach, einfach oder doppelt bricht. Das stärkere und schwächere Liehtbreehungsvermögen, die Größe der Brechungs- koeffizienten, kann bei durchsichtigen Edelsteinen mittels des Refraktometers leicht genau festgestellt werden (S. 62). Nicht selten genügt dabei eine annähernde Bestimmung oder die Ermittlung, ob die Breehungskoeffizienten sehr groß oder klein sind, oder bei zwei zu unterscheidenden Steinen, welcher das Licht stärker oder schwächer bricht. In den folgenden Tabellen sind die Brechungskoeffizienten für mittlere Strahlen angegeben. Die Doppelbrechung ist zuweilen schon direkt deutlich zu sehen, wenn man durch den Stein hindurch nach einer Lichtflamme blickt. Jede einzelne Facette gibt dann mit derjenigen, die gerade vor dem Auge liegt, ein Prisma, und in diesem entsteht ein kleines farbiges Flammenbild, das einfach ist bei einfach breehenden (Fig. 26 ’), doppelt bei doppeltbrechenden Steinen (Fig. 26°, S. 57). Da aber bei Edelsteinen mit sehr geringer ALLGEMEINES. 691 Doppelbrechung die Flammenbilder einfach scheinen können, weil die beiden zu einem Doppelbilde zusammengehörigen Einzelbildehen beinahe ganz übereinanderfallen und sich fast vollständig decken, so ist nur die sichere Beobachtung der Doppelbreehung durch deutliche Doppelbilder entscheidend. Unter allen Umständen müssen die Steine bei dieser Beobachtung ganz durchsichtig und von ebenen und glatten Kristallflächen, oder von angeschliffenen ebenen Facetten begrenzt sein; unregelmäßige Bruchstücke oder rundlich geschliffene Flächen geben keine scharfen Bilder der Flamme und lassen daher den Unterschied, um den es sich hier handelt, nicht erkennen. Führt die direkte Beobachtung aus irgendeinem Grunde nicht zur deutlichen Erkennung der doppelten oder einfachen Lichtbrechung, dann läßt sich dies mittels des Polarisationsinstrumentes (Fig. 27, S 58) feststellen. Man legt den Stein auf den Objekt- tisch des Instrumentes, dessen Polarisationsebenen gekreuzt sind und dessen Sehfeld daher dunkel erscheint, und dreht ihn mit dem Objekttisch herum. Wenn bei einer vollen Umdrehung um 360 Grad eine viermalige Aufhellung und Verdunkelung eintritt, dann brieht der Stein das Licht zweifellos doppelt. Wenn er dagegen wie das ganze übrige Sehfeld bei einer vollen Drehung gleichmäßig dunkel bleibt, dann kann er einfachbrechend sein, er muß es aber nicht sein, da auch ın doppeltbrechenden Kristallen eine oder zwei Richtungen, die optischen Achsen, vorhanden sind, in denen sich dieselbe Erscheinung zeigt, nach denen gesehen also der doppeltbrechende Körper einfach brechend erscheint. Wenn demnach ein Stein bei einer gewissen Lage auf dem Objekttisch des Polarisations- instrumentes bei der Drehung unverändert bleibt, dann bringt man ihn ein zweites Mal in einer anderen Lage auf diesen, so daß die Lichtstrahlen in einer anderen Richtung hin- durchgehen. Wird der Stein nunmehr beim Drehen abwechselnd hell und dunkel, dann ist er doppeltbrechend; bleibt er auch jetzt wieder dunkel, dann braucht man nicht mehr zu zweifeln, daß er wirklich einfachbrechend ist, eine absolut sichere Erscheinung hat man aber nur, wenn deutlich Doppeltbreehung beobachtet ist. Geschliffene Steine legt man dabei auf zwei Facetten, von denen aber keine der anderen parallel sein darf. Man mub bei derartigen Beobachtungen jedoch im Auge behalten, daß bei stark lichtbrechenden Steinen die Lichtstrahlen leicht durch Totalreflexion gehindert werden können, an deren oberer Seite auszutreten. Solche erscheinen dann bei der Drehung dunkel, trotzdem daß sie in der Tat doppeltbrechend sind. Um diese Unsicherheit zu vermeiden, bringt man den Stein, eventuell durch Aufkleben mit Wachs an dem Rande auf ein Objektglas, so in das Polarisationsinstument, daß eine möglichst große Fläche, bei Brillanten die Tafel, bei Rosetten dıe Grundfläche usw., dem Beschauer zugekehrt ist, oder man beobachtet den Stein in einem Glasgefäß mit ebenem durchsichtigen Boden, in welehem man ihn mit Methylenjodid, Monobromnaphthalin oder einer anderen stark liehtbrechenden Substanz übergossen hat. Man kann auf diese Weise ım Polarisationsinstrument nieht nur mit ebenen Facetten geschliffene Steine, sondern auch mugelige und ebenso ganz unregel- mäßig gestaltete Stücke untersuchen. Es ist dabei nicht einmal vollkommene Durch- sichtigkeit nötig, es genügt schon ein erheblicher Grad von Durchscheinenheit, um Hellig- keitsunterschiede beim Dreben zu erkennen, wenn sie nicht zu gering sind. Zu berück- sichtigen sind die optischen Anomalien (S. 61), die aber wohl kaum jemals einen Irrtum veranlassen werden. Beı allen diesen Versuchen mit dem Polarisationsinstrumente ist es durchaus nötig, das störende Seitenlicht durch eine über den Stein auf den Objekttisch gesetzte undurchsichtige Pappröhre oder auch durch Vorhalten der Hand vor den Stein abzublenden. Die Brechungskoeffizienten werden auch hier mittels des Refraktometers (S. 62) bestimmt; der größte und der kleinste sind für jeden Edelstein unter der Form nx —n,, also z. B. für Bergkristall 1,5—1,ss, in den folgenden Tabellen angegeben; aus ihnen folgt die Stärke der Doppelbrechung ohne weiteres. 44 * 692 DRITTER TEIL. ERKENNUNG UND UNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. Auch die Beobachtung des Diehroismus, eventuell mit der dichroskopischen Lupe, kann bei durchsichtigen, niebt zu licht gefärbten Steinen sichere Merkmale der Doppel- breehung geben. Entstehen in diesem Instrumente (S. 74) beim Hindurchsehen durch einen Edelstein gegen das Licht zwei verschieden gefärbte Bilder, dann ist dieser dichroitisch und damit auch doppeltbrechend. Bleiben beide Bilder gleich gefärbt bei einer vollen Umdrehung des Steines oder der Lupe, dann ist die Beobachtung, ähnlich wie bei der Untersuchung der einfachen oder doppelten Lichtbrechung, nicht entscheidend. Der Stein kann in diesem Falle entweder wirklich nicht dichroitisch und dann einfach- brechend sein, oder der Unterschied in der Färbung der Bilder ıst so unbedeutend, daß er nicht deutlich wahrgenommen werden kann. Es ist aber auch möglich, daß man zufällig in einer Richtung hindurchgesehen hat, in welcher der sonst dichroitische Stein keine Farben- verschiedenheit zeigt. Man darf sich also auch hier nicht mit der Beobachtung in einer Richtung begnügen, wenn das erstemal Farbengleichheit vorhanden war, sondern man muß den Stein in einer anderen Lage vor die Lupe bringen und nach einer anderen Richtung noch einmal untersuchen. Zeigt er nun verschieden gefärbte Bilder, dann ist er sicher diehroitisch und doppeltbrechend, sind oder scheinen dagegen auch jetzt beide Bilder wieder gleich, dann kann der Stein wohl undichroitisch, d. h. einfach lichtbrechend sein, die Sache ist aber nicht vollkommen sicher entschieden. Ein bestimmtes, unzweideutiges Resultat gibt nur der sichere Nachweis des Dichroismus. Auch bei der Beobachtung dieser Erscheinung ist es zur Vermeidung von Totalreflexion zweckmäßig, den Stein mit möglichst großen ebenen Flächen (Facetten) vor die Öffnung des Instrumentes zu bringen. Manche Edelsteine sind so stark dichroitisch, daß man schon mit bloßem Auge beim Hindurchsehen nach verschiedenen Richtungen Farbenunterschiede wahrnimmt. Dadurch ist dann schon die Doppelbrechung ohne weiteres erwiesen und die Dichrolupe ist über- flüssıg und höchstens noch zur Bestätigung der direkten Beobachtung wünschenswert, ebenso auch zur Konstatierung der verschiedenen auftretenden Farbentöne der Bilder, die für die einzelnen Steine bis zu einem gewissen Grade charakteristisch sind und die daher auch bei den unten folgenden Tabellen zum Teil Berücksichtigung finden sollen. Die Beobachtung des Dichroismus bietet den Vorteil, daß sie oft an gefaßten (A jour gefaßten) Steinen ganz ebensogut vorgenommen werden kann wie an ungefaßten, und an rohen so gut wie an geschliffenen. Für die Erkennung des Almandins und des Zirkons ist unter Umständen das Absorptionsspektrum (S. 77) von Bedeutung. Für einen Mann, der mit Edelsteinen zu tun hat, sind also die schweren Flüssig- keiten mit der Westphalschen Wage, ein Polarisationsinstrument von der beschriebenen Einrichtung oder besser ein Mikroskop mit Polarisationsvorrichtung, ein Refraktometer und eine dichroskopische Lupe zweckmäßige, ja notwendige Gegenstände und Apparate, um zweifelhafte Edelsteine zu bestimmen und sich so vor Verlusten zu schützen, in beschränktem Maße kann auch ein Taschenspektroskop und eine Vorrichtung zur Erkennung der Pyroelektrizität von Nutzen sein. Sie lassen sich alle ohne Schwierigkeit anwenden und führen bei zweckmäßiger Benutzung und ohne zu großen Aufwand von theoretischen Kenntnissen und praktischer Geschicklichkeit und Erfahrung in fast allen Fällen zum sicheren Ziele, wenigstens denjenigen, der die natürliche Beschaffenheit der Edelsteine kennt, oder doch imstande ist, sich in einem passenden Buche darüber zu belehren. Manchmal ist es aber doch wünschenswert und in einzelnen Fällen sogar notwendig, auch noch andere Eigenschaften zu Rate zu ziehen, auch solche, bei denen der Stein unter Umständen etwas verletzt wird, besonders die Härte und, von viel geringerer Be- deutung, die Schmelzbarkeit, die höchstens bei rohen Steinen gelegentlich benutzt werden kann, sowie das Verhalten gegen Säuren. Selbstverständlich muß auch hiebei jede Be- ALLGEMEINES. 693 schädigung vermieden werden, wenn es sich um einen einzelnen Stein von hohem Werte handelt, namentlich wenn er geschliffen ist. Anders liegen jedoch die Verhältnisse, wenn ein großer Posten gleichartiger Steine, wie sie die Juweliere zur Verwendung in ihrem Geschäfte zu kaufen pflegen, z. B. eine größere Menge Türkise, zur Untersuchung vor- liegen. Dann ist oft der Vorteil einer sicheren Bestimmung so groß, daß ein oder das andere als Stichprobe beliebig herausgegriffene Exemplar zu diesem Zwecke etwas be- schädigt oder auch ganz zerstört werden kann. In diesem Falle lassen sich die letztge- nannten Eigenschaften, vielleicht sogar die chemische Analyse, ohne Bedenken anwenden, und ebenso ist dies in den meisten Fällen auch an rohen Steinen zulässig. Von ihnen kann man nicht selten einen Splitter zur genaueren Untersuchung ablösen, und ein kleiner Ritz, oder ein von der Berührung mit einer Säure herrührender Fleck schadet nichts, da sie beim Schleifen wieder verschwinden. Alle diese Untersuchungsmethoden werden bei geschliffenen Steinen am besten ganz vermieden und nur dann angewendet, wenn die andern nicht mit Sicherheit zum Ziele führen, aber auch in diesem Fall mit der durch die Verhältnisse gebotenen Sorgfalt und Vorsicht. Bei der Härte kann es sich nur um die Feststellung größerer Unterschiede handeln, kleine sind nicht entscheidend, da nicht selten auf einer und derselben Fläche und auf verschiedenen Flächen eines und desselben Kristalls kleine Härtedifferenzen sich ergeben. Die Untersuchung wird am besten so vorgenommen, daß man mit einer hervorragenden Ecke oder Kante des zu prüfenden Steines die erforderlichenfalls durch Anschleifen und Polieren mit glatten Flächen versehenen Mineralien der Härteskala zu ritzen versucht. Von diesen genügen, wie wir S. 34 gesehen haben, für die praktischen Zwecke der Unter- suchung der Edelsteine in fast allen Fällen die Nummern 6 bis 8, also je ein Stück Feldspat, Quarz und Topas, am besten mit einer angeschliffenen und glänzend polierten Fläche; Nummer 5 kann durch eine kleine Glastafel ersetzt werden. Die weicheren Nummern sind meist überflüssig, ebenso auch die Nummern 9 und 10. Die zum Ritzen bestimmte Ecke wählt man bei einem geschliffenen Steine zweckmäßig am Rande, der bei der Fassung verdeckt wird. Aber auch so ıst mit der größten Behutsamkeit zu ver- fahren, da ınfolge des beim Ritzen anzuwendenden Druckes an dem zu untersuchenden Steine leicht Splitter ausspringen, namentlich wenn deutliche Blätterbrüche in ıhm vorhanden sind. Zuweilen ist es auch nicht zu vermeiden, daß ein geschliffener Edelstein seinerseits geritzt wird. Man benutzt dann hierzu gewöhnlich am liebsten die scharfe Spitze eines stark gehärteten Stahlstäbehens, die Quarz eben noch ein wenig, Glas dagegen stark an- greif. Man kann auf diese Weise namentlich Glasimitationen von echten harten Edel- steinen, wie Diamant, Rubin, Sapphir usw. sicher unterscheiden; diese werden nicht ge- ritzt, wohl aber das Glas, bei dem die dadurch verursachte Beschädigung wegen seines geringen Wertes keinen wesentlichen Schaden verursacht. Vorsicht ist nur bei weicheren Edelsteinen, Chrysolith usw., geboten, jedenfalls tut man aber stets gut, eine möglichst versteckt liegende Stelle für die Härteuntersuchungen auszuwählen, die durch die Fassung dem Anblick entzogen wird. Besonders achtsam hat man bei durchsichtigen Steinen zu verfahren, bei denen ein Ritz auch auf einer versteckt liegenden Facette die Schönheit sehr beeinträchtigen kann, während ein soleher auf der Hinterseite eines undurchsichtigen Steines gar nichts schadet. Unbedenklich ritzen kann man rohe Steine. Bei ıhnen läßt sich auch die Härte auf verschiedenen Flächen und in verschiedenen Richtungen unter- suchen. Statt der Stahlspitze wird häufig auch eine harte Stahlfeile benutzt, die den weichen Stein stärker angreift und einen weniger hohen Ton hervorruft, als es bei einem härteren der Fall ist. Geschliffene Steine werden am besten nur am Rande mit der Feile geprüft und auch hier nur mit größter Vorsicht. Wegen aller dieser Schwierigkeiten wird im folgenden von der Härte nur ein beschränkter Gebrauch gemacht werden. Nur 694 DRITTER TEIL. ERKENNUNG UND ÜNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. spärlich ist auch die Anwendung von Säuren (Ätztinte usw. $. 8), die aber doch in einzelnen Fällen ebenfalls nützlich sein kann. Dies gilt namentlich, wenn es sich um die sichere Erkennung kohlensäurehaltiger Steine, wie z. B. Malachit, handelt. Ein auf einen rohen Stein oder an eine unschädliche Stelle eines geschliffenen gebrachtes Tröpfehen Salzsäure erzeugt starkes Aufbrausen. Die auf die Untersuchung roher Steine beschränkte Bestim- mung der Schmelzbarkeit ist für die vorliegenden Zwecke von noch geringerer Be- deutung. Gelegentlich wird auch von den elektrischen und magnetischen Eigen- schaften der Steine Gebrauch gemacht werden, besonders von der Pyroelektrizität (S. 83). In neuerer Zeit hat man die Entdeckung gemacht, daß auch die Röntgenstrahlen zur Unterscheidung mancher Edelsteine voneinander und von Imitationen benutzt werden können. (S. 40). Dies ist besonders wichtig für den Diamant, der diese Strahlen hin- durchgehen läßt, was beim Glas und den meisten anderen farblosen Edelsteinen nicht der Fall ist. Eine Glasimitation, sowie ein Topas, Bergkristall usw., wird also bei der Pboto- graphie im Kathodenlicht in scharfen Umrissen erscheinen, der Diamant dagegen nicht. Ähnlich läßt sich auch der halbdurchlässige Korund (Rubin, Sapphir usw.) von ganz undurchlässigen Steinen, wie Spinell, Turmalin usw., sowie von Glas unterscheiden. Auch Phenakit, ferner Bernstein und die ähnlichen Harze, sowie Gagat bieten diesen Strahlen nur ein geringes Hindernis. Vorläufig ist diese Erkennungs- und Unterscheidungsmethode noch wenig ausgebildet, man darf aber erwarten, daß sie vor allem zur sicheren Erkennung des Diamants noch wichtig werden wird. Da der Stein dabei in keiner Weise Beschädigungen ausgesetzt ist, so Ist sie ganz besonders geeignet, um so mehr, als auch die Fassung nicht immer ein Hindernis ihrer Anwendung ist. Hier soll zunächst nur darauf hingewiesen werden. Alle diese Eigenschaften werden nun im folgenden in der angegebenen Weise dazu benutzt, die gleich oder ähnlich aussehenden Edelsteine voneinander zu unterscheiden. Letztere werden zu diesem Behufe in drei Abteilungen betrachtet werden: a) die durchsichtigen, b) die durchseheinenden und undurchsichtigen, c) die mit einer besonderen Lichterscheinung versehenen. Zwischen den durchsichtigen und durchscheinenden ist eine scharfe Scheidung nicht zu machen, da geringere Exemplare der sonst durchsichtigen Arten zuweilen nur durch- scheinend sind. Daher sind zuweilen bei dem praktischen Gebrauch der nachfolgenden Anleitungen Steine, die man wegen mangelnder Durchsichtigkeit vergeblich in der zweiten Abteilung gesucht hat, in der ersten nachzuschlagen. In zahlreichen Fällen ist der be- treffende Stein an verschiedenen Stellen zu finden. In diesen beiden Abteilungen ist nach der Farbe eine weitere Unterscheidung gemacht, in der dritten nach der speziellen Art der Lichterscheinung. a) Durchsichtige Steine. Sie werden nach der auffälliıgsten ihrer Eigenschaften, nach der Färbung, unter- schieden in farblose, grünlichblaue oder bläulichgrüne (meergrüne), hellblaue, blaue, violette, Iila- und rosenfarbige, rote, rotbraune und braunrote, rauchgraue und nelkenbraune, rot- gelbe und gelbrote, gelbbraune und braungelbe, gelbe, gelblichgrüne und grüne. Unter einer von diesen vierzehn Farbenänderungen sind im folgenden alle irgend bemerkens- werten durchsichtigen Edelsteine aufgeführt. Wenn einer von ihnen in mehreren Farben oder Farbennuancen vorkommt, wie z. B. der Topas und viele andere, oder wenn es zweifelhaft sein kann, in welcher Abteilung ein Stein seiner Farbe nach untergebracht werden muß, kehrt dieser an verschiedenen Stellen wieder. Innerhalb jeder einzelnen Farbe sind die zugehörigen Edelsteine zunächst nach abnehmendem spezifischem Gewichte tabellarisch angeordnet und in die mehrfach erwähnten fünf Abteilungen (I bis V) gebracht. a) DURCHSICHTIGE STEINE: FARBLOSE. 695 Jedem einzelnen Steine ist die genaue Zahl für das spezifische Gewicht in der nach dem Namen folgenden Kolumne beigefügt, die nächste Reihe enthält die Härtegrade, und in den drei letzten findet man die Art der Lichtbrechung (einfach oder doppelt, Brechungskoeffizient), sowie, ausgenommen bei den farblosen, den Dichroismus angegeben, diesen nach der Stärke und zum Teil auch nach der Art der Färbung der Bilder in der diehroskopischen Lupe. Die auf solehe Weise entstandenen Tabellen ermöglichen die Unterscheidung der nach der Farbe zusammengehörigen Edelsteine meist ohne weiteres; einige jeder einzelnen Tabelle beigefügte erläuternde Bemerkungen (auch über das Verhalten gegenüber den Röntgenstrahlen, Pyroelektrizität usw.) werden die Bestimmung noch er- leichtern und vervollständigen. Diese Bemerkungen beziehen sich meist nur auf die zu einer und derselben der fünf Abteilungen I bis V gehörigen Steine, da sich diejenigen, die zu verschiedenen Abteilungen gehören, fast ausnahmslos durch ihr Verhalten gegen die vier schweren Flüssigkeiten mit Sicherheit auseinanderhalten lassen, so daß bei ihnen jede Verwechselung ausgeschlossen erscheint. Immerhin ist es zweckmäßig, dıe Bemer- kungen auch bei den anderen Abteilungen anzusehen, wo dieselbe Kombination von Edel- steinen, wenn auch mit andern Farben, wiederkehrt. Auf manche unterscheidenden Merkmale ist, um zu häufige Wiederholungen zu vermeiden, nur an der einen oder anderen Stelle bin- gewiesen. Im übrigen werden die Angaben der Tabellen meist für sich allein schon genügen. Bemerkt sei noch, daß bei jeder Farbe die wichtigeren und verbreiteteren der zuge- hörigen Edelsteine durch etwas größeren Druck hervorgehoben sind und daß in den Er- läuterungen auf ihre Unterschiede besondere Rücksicht genommen ist. 1. Farblose Steine. : Spezifisches | s | Lieht- = enialung Bauen Gewicht | Enz breehung koeffizienten 2 Zirkon (Hyaeinth) .|) 4,047 | 7% | doppelt 1,92—1,97 6 äbe a Sapphır?. rc. ®. 3,9— 4,1 ) doppelt 1,76—1,77 un Spneli.,. War, 3,60—3,63 S einfach 1,72 IT. Topas. : -....| 350-856 | 8 _ | doppelt 1,62—1,63 G. = 3,3—3,6 Diamant . . . . .|| 3,50—3,52 10 ı einfach 2,43 III, n . B G. = 3,0—3,3 Kormalın® ....s.... .- 3,02 14 ı doppelt 1,62— 1,64 Ly, Phenakit, u. 5 2,95 12a doppelt 1,66— 1,68 — 2,65—3,0 Berl 2....1.268-930 7%’ | doppelt 1,57—1,58 y Bergkristall 2,65 f : doppelt 1, 55—1, 56 G.=2,65 unddarunter Opal (Hyalit) . . . 2.15 6 einfach 1,46 Glas ..-. =. ». „|| sehwankend 5 einfach schwankend | Die Steine der ersten Abteilung lassen sich durch ihr hohes spezifisches Gewicht — sie sinken in der ersten Flüssigkeit — leicht von den anderen trennen. Innerhalb dieser Abteilung sind Zirkon (Hyaeinth) und Sapphir durch ihr Verhalten im Polarisationsinstru- mente als doppeltbrechend, der Spinell als einfachbrechend zu erkennen. Letzterer ist eine große Seltenheit; er kommt als Schmuckstein kaum vor. Die beiden ersteren sind häufiger; sie dienen namentlich nicht selten als Verfälschung für Diamant, der aber an seinem ge- ringeren spezifischen Gewicht — er schwimmt in der ersten Flüssigkeit — leicht unter- schieden wird. Hyacinth und Sapphir lassen sich, wenn es größere Steine sind, nach dem genauen spezifischen Gewicht unterscheiden, sonst kann hierzu auch die Härte dienen: Sapphir ritzt eine glatte Topasfläche leicht und deutlich, Hyacinth nicht. Farbloser 696 DRITTER TEIL. ERKENNUNG UND ÜNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. Hyacinth ist durch einen intensiven Diamantglanz und sein Absorptionsspektrum charakte- risiert, während der starke Glanz des farblosen Sapphirs glasartig ist. Geschliffene farb- lose Hyacinthe sind fast ausnahmslos klein, höchstens erbsengroß, und die Farbe, meist erst nachträglich aus dem ursprünglichen Hyaeinthrot durch Erhitzen entstanden, hat oft noch einen, wenngleich nur sehr schwachen Stich ins Rötliche, der bei dem farblosen Sapphir vollkommen fehlt. Letzterer ist für Röntgenstrahlen halbdurchlässig. Die zweite Abteilung umfaßt Topas und Diamant, von denen der erstere durch seine Doppelbrechung sich im polarisierten Licht von dem einfachbrechenden Diamant unter- scheiden läßt, der seinerseits für Röntgenstrahlen vollkommen durchlässig ist. Das spe- zifische Gewicht ist bei beiden fast vollständig übereinstimmend, dagegen kann unter Um- ständen die enorme Härte des Diamants zur Feststellung des Unterschiedes dienen; Diamant ritzt Topas sehr stark und leicht. Für das bloße Auge schon ist der Diamant durch seinen starken und charakteristischen Glanz, und wenn geschliffen, meist durch sein prächtiges Farbenspiel so gut gekennzeichnet, daß er mit Topas kaum verwechselt werden kann, desto leichter aber mit dem farblosen Glas, dem Straß, der jedoch von der Stahlspitze stark geritzt wird und der sich wärmer anfühlt als ein echter Diamant. Farbloser Turmalin, sehr wenig im Edelsteinhandel, wird schon durch seine Zuge- hörigkeit zu Abteilung III sowie an der Pyroelektrizität erkannt. Die beiden farblosen Steine der Abteilung IV, Phenakit und Beryll, lassen sich mit Sicherheit nur durch die genaue Bestimmung des spezifischen Gewichtes unterscheiden, die im Methylenjodid und daher an den kleinsten Stückehen vorgenommen werden kann. Für das Ansehen ist Phenakit durch besonders starken Glanz gekennzeichnet und unterscheidet sich dadurch nicht nur von dem übrigens sehr selten geschliffen vorkommenden farblosen Beryll, sondern auch vom Turmalin und vom Bergkristall, ebenso auch durch seine fast vollkommene Durchlässigkeit für Röntgenstrahlen. Der Bergkristall gehört der Abteilung V an und ist daher mit den genannten schwereren Steinen nicht zu verwechseln. Von allen den zuletzt genannten Steinen unterscheidet sich Glas stets durch seine einfache Lichtbrechung. Diese kommt außer dem Spinell nur noch dem Opal zu, der aber in seiner farblosen und durchsichtigen Varietät, dem Hyalit, so gut wie niemals als Edelstein verwendet wird. Er wird daran erkannt, daß er Glas ritzt, daß er aber seiner- seits von der Stahlspitze stark geritzt wird. Auch die am wasserhellen Opal (Hyalit) stets vorhandene schwache anomale Doppelbrechung kann zur Unterscheidung von Glas dienen. 2. Grünlichblaue oder bläulichgrüne (meergrüne) Steine. Ab- | Spezifisches en | . Lieht- Brechungs- : : teilung) an Gewicht Hae.| brechung | koeffizienten Diehroieians 2 | Sapphir | IE TH f | (orient. Aquamarin) 3,9—4,1 9 doppelt 1,76—1,77. | nicht sehr stark I. | UL Pen Sa | 3,50—3,56 | 8 | doppelt 1,62—1,63 | deutlich | | (farblos u. grünlichblau) Diamant . . » . .| 3,50-3,52 | 10 einfach 2,43 fehlt Fein L Br ee jr i Ra ö 2 re ve II. | Flußspat . 0er einfach 1,44 fehlt Tarmalın ra... || 3,0 Ta doppelt 1,62—1,65 | deutlich Eukls. ..... | 3,05—8,1 | 7% doppelt 1,65—1,67 | merklich IV. | Aquamarin. . . . . | 268-2,75 | 7% | doppelt | 1,57—1,58 | deutlich | | (bläulich und gelblich) Glas 4. dl. m schwankendit..:5 lt jamtach schwankend | fehlt a) DurcHsicHtiGE STEINE: BLÄULICHGRÜNE UND BLAUE. 697 Aquamarin und Topas haben nicht selten ganz dieselbe Farbe; sie werden am häufig- sten zu unterscheiden sein, was sich durch das spezifische Gewicht mit Sicherheit be- werkstelligen läßt. Auf demselben Wege erkennt man den seltenen, den genannten in der Färbung ebenfalls oft sehr ähnlichen Euklas. Für die Unterscheidung von Sapphir, Diamant und Topas gelten die Bemerkungen der ersten Tabelle. Flußspat wird durch das Gewicht, die geringe Härte, und die einfache sowie besonders schwache Lieht- brechung leicht erkannt. Seine Farbe pflegt dunkler zu sein als die stets lichtere von Aquamarin, Topas und Euklas. Glas ist einfachbrechend und viel weicher als alle hierher gehörigen Steine, außer Flubspat. 3. Hellblaue Steine, TEE EEE Ab- Licht- | Eh Er: Spezifisches | +r.. \ Breehungs- 2 > E | RB g teilung! Bann I Gewicht ne brechung koeffizienten Dichroismus A | Sapphir. . 0, | 9, doppelt 1,76—1,77 | schwach | Benitöit -. . .» . .| 3,64—3,65 | 6% | doppelt 1,77—1,80 | stark (blau u. farblos) ' Spinell . \ 3,60—3,63 | 8 | einfach 1.72 fehlt | TopaSme ent: | 3,50—3,56 | Ss doppelt 1,62—1,63 | merklich | (farblos und bläulich) Diamant . ..”% . | 3,50—3,52 10 einfach 2,43 fehlt TE Prmalın - . 27... | 3,1 TY/a doppelt 1,62—1,65 | deutlich EV. | Aquamarin. . . || 2,68—2,75 | 73% doppelt 1,57—1,58 | schwach =} — —— u m el Ze — Seen) —— Zn — v. || Cordierit . . . . . || 2,60—2,66 | 7% | doppelt | 1,54—1,55 | stark E (| | — = Se er REF | schwankend 6 einfach schwankend | fehlt Unter Berücksichtigung der zur ersten und zweiten Tabelle gegebenen Erläuterungen können die hierher gehörigen Steine leicht unterschieden werden; die häufigeren erkennt man ohne weiteres am spezifischen Gewichte. Benitoit schwebt in der ersten Flüssig- keit, in der Sapphir rasch sinkt, und ist viel stärker dichroitisch als dieser. 4. Blaue Steine. Licht- ' Brechungs- Ab- | 2 || Spezifisches | „-r.. | - E teilung Sn | Gewicht N | brechung | koeffizienten Sun: T. | Sapphir nn | Erz ine doppelt 1,76—1,77 | deutlich (dunkelblau u. | | heller grünlichblau) | Bnitot . .... | 3,64—3,65 | 61 doppelt 1,77—1,80 | stark (blau u. farblos) | Spinell . ... - . ..1,3,60—3,63 | 8 einfach 1,72 ‚ fehlt N —) — | — | — II. | Cyanit (Sappare) . . | 3,60 5—7 | doppelt | 1,71—1,73 | merklich! | Diamant - - . . .|| 350-3552 | 10 | ‘einfach | 243 | fehlt | on | ———— III. | Flußspat Are Fön 3,0—3,2 4 einfach 1,44 ' fehlt Turmaln®..2,.0 +2] 3,1 Ta doppelt 1,62—1,65 | stark (hell- und dunkel- | | blau — I —| | — | 8 | Cordierit | 2,60— 2,66 | T’/ı doppelt 1,54—1,55 | stark (hell- und dunkel- | | | ' blau, gelblichgrau) ‚ Hauyn (Sodalith) | 24-25 | 5te | einfach | 149 | fehlt | N = | -| | | Glas. ıschwankend 5 .einfach schwankend fehlt Wichtig ist hier vor allem Sapphir; daneben spielt nur noch Turmalin eine gewisse Rolle. Beide unterscheiden sich genügend durch das spezifische Gewicht. Turmalın ist 698 DRITTER TEIL. ERKENNUNG UND ÜUNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. meist sehr dunkel, und die Farbe geht etwas ins Grüne; die des Sapphirs ist meist reiner blau. Sehr bezeichnend ist hier der Dichroismus, der beim Turmalin sehr viel stärker ist, und dessen Pyroelektrizität. Cyanit (Sappare) zeigt so gut wie ausnahmslos feine gerad- linige Risse in einer Richtung; er ist gewöhnlich nicht ganz vollkommen durchsichtig und im Vergleiebe mit Sapphir wenig glänzend. In der ersten Flüssigkeit schwebt er sowie der Benitoit, oder sinkt langsam unter, was beim Sapphir sehr rasch geschieht. Dunkel- blauer Diamant ist eine äußerste Seltenheit; er wird an Gewicht, Härte und einfacher Liehtbrechung erkannt. Cordierit kommt im Edelsteinhandel nur wenig vor; sichere Er- kennungsmerkmale sind das niedere spezifische Gewicht sowie der starke und in den Farbentönen charakteristische Diehroismus. Glas und Hauyn sind einfachbrechend und nicht dichroitisch, aber ersteres hat stets ein erheblich höheres spezifisches Gewicht als der letztere, der meist undurchsichtig ist. Benitoit unterscheidet sich vom Sapphir auch durch seinen viel stärkeren Dichroismus. 5. Violette Steine. Ab- | han : < O2 A = J | pezifisches SNBL Licht- Brechungs- R z teilung un | Gewicht | EEG brechung koeffizienten Don En u —— — m - nn TR NZIEKON Ent 7 1 2A em elle doppelt | 1,92—1,97 | sehr schwac | Almandin . . . . .| 41-42 | Ta | einfach 17 fehlt | Violettrubin . . . .| 39-41 | 9 | doppelt | 1,76—-1,77 | deutlich I Beniteit .. u... 1 8,64--3,65 |. 61/, doppelt | 1,77—1,80 | stark \ Spinell . 3,60— 3,63 8 einfach 1.12 , fehlt 1ENE | Azinit; ». Wa lg, IB 6?/a doppelt 1,68—1,69 | stark (viol., braun, grün) ANaBler Su rss a | 5 doppelt 1,64—1,65 | schwach KRlußspat 7 ehe | ala a einfach | 1,44 fehlt | 318 612-7) doppelt 1,65—1,68 | kräftig V. | Amethyst . . . N NO, doppelt | 1,55—1,56 | schwach bis deutlich £ ae = || ET IE REF NE AAFERAEN SE WESUBLENENEN SER u BEE 2 2 | Glas . . | schwankend 5 einfach schwankend | fehlt Apatit und Flußspat kommen kaum vor; sie unterscheiden sich von den übrigen violetten Steinen durch das spezifische Gewicht und voneinander durch die Verhältnisse der Lichtbreehung. Der zur nämlichen Abteilung gehörige Axinit, dessen Farbe stark ins Braune geht, ist durch besonders kräftigen Dichroismus gekennzeichnet. Am häufig- sten ist der echte Amethyst, den sein niederes spezifisches Gewicht in Verbindung mit dem sehr geringen Dichroismus nieht schwer erkennen und von den hierher gehörigen Steinen der ersten Abteilung unterscheiden läßt. Von diesen ist Almandın durch seine Farbe ausgezeichnet, die mehr ein etwas ins Blaue gehendes Rot als ein eigentliches Violett ist, sowie durch sein Absorptionsspektrum. Er unterscheidet sich außerdem vom Amethyst und vom Violettrubin durch die einfache Lichtbrechung, sowie vom letzteren durch geringere Härte. Violettrubin, Amethyst und Spinell werden vielleicht am bequemsten durch den Diehroismus unterschieden, der am ersteren stark, am zweiten schwach ist, und am dritten ganz fehlt. Violettrubin und Spinell ritzen Quarz, was Amethyst nicht tut. Spinell wird neben den beiden anderen an der einfachen Lichtbrechung erkannt. Glas wird vom Stahlstift stark geritzt, was bei den gebräuchlicheren violetten Steinen nicht der Fall ist; von Violettrubin und Amethyst unterscheidet es sich außerdem noch durch seine ein- fache Lichtbreehung. Spinell und Almandin zeigen wesentlich nur im spezifischen Gewicht größere Unterschiede: der erstere schwebt oder sinkt langsam, der andere sehr rasch ın der ersten Flüssigkeit. Auch die kleine Differenz der Härte und der Brechungskoeffizienten kann die Unterscheidung ermöglichen; unter Umständen ist es aber schwierig, den einen a) FARBLOSE STEINE: VIOLETTE, ROSA UND ROTE. 699 neben dem anderen zu erkennen. Kunzit unterscheidet sich von dem in der Farbe sehr ähnlichen Amethyst leicht durch seinen hohen Glanz, seine stärkere Lichtbrechung und sein spezifisches Gewicht, durch letzteres auch von Violettrubin und den anderen Steinen der ersten Abteilung, von allen anderen Edelsteinen «durch sein ausgezeichnetes optisches Verhalten (S. 560). 6. Lila- und rosafarbige Steine. Brechungs- Ab- } Spezifisches 3 Licht- - - teilung Semen Gewicht Es brechung | koeffizienten Dichroismus IE Zirkon : | 4,0—4,8 Tlla doppelt ' 1,92—1,97 | sehr schwach Rubin Ve A 9 doppelt 1,76—1,77 | schwach Spinell (Balasrubin) 3,60— 3,63 8 einfach 112 fehlt II. | Topas 3,50— 3,56 8 doppelt 1,62—1,63 | stark (rot und gelb) ' Diamant | 3,50—3,52 10 einfach 2,43 fehlt III. | Flußspat \ 3,0—3,2 4 einfach 1,44 fehlt Kunzit . | 3,18 6%2—7 | doppelt 1,65—1,68 | kräftig Turmalin : | 3,02 7%a doppelt 1,62—1,65 | deutlich | ' (heller und dunkler rot) V. . Rosenquarz | 2,65 7 doppelt 1,55—1,56 | sehr schwach Glas . ar | schwankend 5 einfach schwankend | fehlt Häufiger kommen nur Rubin, Spinell, Topas und Rosenquarz vor und daneben vielleicht noch der rote Turmalin, alle anderen sind seltene Erscheinungen auf dem Edelsteinmarkte. Rosenquarz ist sehr hellrosa und nie vollkommen klar und durchsichtig. Der Balasrubin hat nicht selten eine milchige Trübung. Die stark dichroitischen Topas und Turmalin zeigen ver- schieden gefärbte Bilder in der Dichrolupe, der letztere zeigt Pyroelektrizität. Das spezi- fische Gewicht unterscheidet sie mit Sicherheit, ebenso den Topas vom Rubin und Spinell, die ihrerseits an den Verhältnissen der Lichtbrechung und dem Dichroismus nebenein- ander erkannt werden können. Diamant ist für Röntgenstrahlen vollkommen, Rubin halb- durchlässig. Zirkon zeigt das Absorptionsspektrum. Glas ıst durch die geringe Härte und die einfache Lichtbrechung leicht zu erkennen. 7. Rote Steine. Licht- Ab- 2 | Spezifisches ” | Brechungs- - 2 teilung, Neuen | Gewicht Härte | brechung koeffizienten Srahrurumas 1 Zirkon . ” 4,0—4,8 Ta doppelt = 1,92—1,97 | sehr schwach Almandin al u einfach RT \ fehlt Rubin 39-41 19 doppelt 1,76—1,77 deutlich | (hell- und dunkelrot) nee ... || 386 | Ta einfach 1,80 fehlt Böhmischer Granat. . 3,7—3,8 Tila einfach 1,80 ‚ fehlt Hessonit | 3,65 71a einfach 1,76 ı fehlt \ Spinell . | 3,60—3,63 | 8 | einfach 1,72 fehlt DI. ‚ Topas 3,50—3,56 8 doppelt 1,62—1,63 | stark (rot und gelb) | Diamant 3,50—3,52 | 10 einfach 2.43 fehlt III. | Flußspat 30-32 | 4 einfach | 1,44 ' fehlt \ Turmalin . | 3,08 11a doppelt 1,62—1,65 | stark (rosau.dunkelrot) V. | Feueropal . . | 22 6 einfach | 1,45 | fehlt R Glas 2 einfach |schwankend | fehlt 700 DRITTER TeıL. ERKENNUNG UND UNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. Roter Flußspat und Diamant und ebenso der Feueropal sind selten. In der ersten Abteilung stehen die Granate: Almandin, Kaprubin und böhmischer Granat, die beiden letzteren nicht wesentlich verschieden und zum Pyrop gehörig, sowie der Hessonit oder Kaneelstein. Diese, sowie der Spinell unterscheiden sich vom Rubin durch die einfache Lichtbrechung und den Mangel an Dichroismus, untereinander durch die Farbe: Almandın ist purpurrot (etwas ins Bläuliche und zeigt das charakteristische Absorptionsspektrum), Kaprubin und böhmischer Granat dunkelblutrot (mit einem Strich ins Gelbliche), und Hessonit ist hell gelbrot. Außerdem haben diese verschiedenen Arten des Granats, wie die Tabelle zeigt, auch nicht unwesentlich verschiedene spezifische Gewichte und z. T. Brechungskoeffizienten. Spinell ist in der Farbe oft dem Rubin ähnlich (Rubinspinell), unterscheidet sich aber leicht in der genannten Weise. Dagegen ist er vom Granat schwer zu trennen, namentlich der gelblichrote Spinell (Rubicell) vom Kaneelstein, da beide in gleicher Weise einfache Lichtbrechung und keinen Dichroismus zeigen und Farbe und spezifisches Gewicht beinahe genau übereinstimmen. Die Brechungskoeffizienten sind sehr wenig, aber doch etwas verschieden, so daß unter Umständen diese eine Unterscheidung ermöglichen. Bei geschliffenen Steinen kann, wenn auch schwierig oft die Härte und der Brechungskoeffizient entscheiden; bei rohen die Kristallform, (stets Oktaöder beim Spinell, fast nie Oktaöder beim Kaneelstein), oder die Schmelz- barkeit (Kaneelstein ziemlich leicht schmelzbar, Spinell nicht. Durch die Schmelz- barkeit sind auch Hessonit und Almandin von dem unschmelzbaren Pyrop verschieden. Turmalin und Topas sind einander und dem Rubin zuweilen in der Farbe sehr ähnlich alle unterscheidet aber das spezifische Gewicht mit Sicherheit. Auch im Dichroismus liegt ein Unterschied: das bei dem Topas sehr bemerkbare Gelb tritt in den beiden Bildern der Dichrolupe beim Turmalin und Rubin nicht auf. In der dritten Abteilung unter- scheiden sich Turmalin und Flußspat, in der zweiten Topas und Diamant je durch die doppelte Lichtbrechung und den starken Dichroismus der einen und durch die einfache Liehtbrechung und den Mangel an Diehroismus der anderen. Feueropal hat stets ein sehr viel geringeres spezifisches Gewicht als alle anderen, ist meist etwas trübe und einfach, sowie schwach lichtbrechend und zuweilen farbenspielend wie edler Opal. Glas unter- scheidet sieh in der gewöhnlichen Weise von allen hierher gehörigen Steinen; der Unter- schied von Opal und Glas wird am besten durch das Gewicht gegeben, das beim letzteren kaum unter 2, heruntergeht. Für Diamant, Zirkon, Rubin und Turmalin siehe auch Nr. 6. Ss. Rotbraune und braunrote Steine, Licht- Brechungs- | Ab- || | Spezifisches | ER teilung) Damen | Gewicht an brechung | koeffizienten DIpbasnBRE I. |Zirkon .......| 40-48 | 7% | doppelt | 1,92—1,97 | sehr schwach Almandin. . . . .| 41-42 7! | einfach 1,77 fehlt ‚Staurolith 2.6... Sl mans | 7! doppelt 1,75 ı schwach Hessonlt: „ua. . 1 K865 7a | einfach 1,76 ‚ fehlt II. | Topas 3,50—3,56 | 8 doppelt 1,62 -1,63 | stark (gelb und rot) 112.2] Durmlalmen ae 2.0, | 3,1 | Ta doppelt | 1,62—1,65 | stark (hell- und dunkel- | | bräunlich) w Citrin (spanischerTopas)| 2,65 7) doppelt | 1,55—1,56 | schwach bis deutlich | Feueropal. ... . .| 22 6 | einfach | 1,45 fehlt | Bernstein . . . . „|| 1,08 2—3 | einfach | 1,53—1,55 | fehlt | Glas: ARE. r schwankend 5 einfach |schwankend | fehlt | a) DURCHSICHTIGE STEINE: BRAUNE UND ROTGELBE. 701 Staurolith kommt selten vor; er ist meist nicht vollkommen durchsichtig und stets sehr dunkel gefärbt. Turmalin und Almandin von dieser Farbe werden selten geschliffen, und Zirkon, Hessonit und Topas können nach der Tabelle und nach den Erläuterungen zu der vorigen und zu früheren Tabellen leicht unterschieden werden, ebenso Citrin, der ent- sprechend gefärbte Quarz, von diesen. Bernstein ist allen anderen gegenüber durch sein warmes Anfühlen, sein geringes spezifisches Gewicht, und die sehr starke Reibungselek- trizität ausgezeichnet. Glas und Opal siehe vorige Tabelle. Zirkon und Almandın zeigen charakteristische Absorptionsspektra. 9. Rauchgraue und nelkenbraune Steine. Spezifisches Licht- Brechungs- Ab- 3 zu al teilung Namen \ Gewicht un: breehung | koeffizienten | ne e = 13. = l = 2 = IR em un a ge II. | Zirkon 4,00—4,70 | T!a doppelt 1,92—1,97 | sehr schwach Diamant 3,50—3,52 | 10 einfach 2,43 fehlt Epidot . 3,47—3,50 | 61a doppelt 1,73 —1,77 | stark (grün, gelb, braun) Vesuvian . 3,4 6'/2 doppelt 1719—-1,722 deutlich es. Bee em N re NER wre = VA Ill. | Axinit . | 3,29—3,30 | 6°%4 doppelt 1,68—1,69 | stark (viol.,braun, grün) Andalusit . 3,17—3,19 | Ta doppelt 1,63—1,64 | stark (gelb und rot) ‚ Turmalin 2 11a doppelt 1,62—1,65 | stark V. Rauchtopas 2,65 7 doppelt 1,55—1,56 | schwach bis deutlich | Glas. schwankend 5 einfach |schwankend fehlt Von den Steinen dieser Farbe ist eigentlich nur der Rauchtopas verbreitet und wirklich wichtig. Braune Diamanten sind nicht gerade selten; dagegen gehören Andalusit, Vesuyian und Epidot und noch mehr Axinit zu den ungewöhnlicheren Vorkommnissen des Edelstemn- marktes. Die Angaben der Tabelle lassen sie meist unschwer voneinander und vom Glas unterscheiden; einige Schwierigkeit könnte aber die Erkennung von Vesuvian neben Epidot machen, wobei jedoch der sehr viel stärkere Diehroismus des letzteren entscheidet. Zwischen Andalusit und Axinit geben die mehr ins Grünliche gehende Nuance des ersteren und die ganz anderen Farben in der Dichrolupe einen Unterschied. 10. Rotgelbe und gelbrote Steine. ee nn ————————— Licht- Spezifisches Brechungs- teilung NL \ Gewicht zus breechung _ koeffizienten se I. Zirkon (Hyacinth) . 4,6—4,7 Ta doppelt 1,92—1,97 | sehr schwach Orient. Hyacinth 39-4110 9 doppelt 1,76—1,77 | deutlich Pyrop as 7 einfach 1,80 ‘ fehlt Hessonit = \ 3,65 71a einfach 1.6 fehlt Spinell (Rubicell) \ 3,60—3,63 | 8 einfach 1,72 fehlt H. Topas 3,50—3,56 | S doppelt 1,61—1,62 | stark (rot und gelb) V. \ Feueropal . 2,2 | 6 | einfach 1,45 ' fehlt | Glas . . ‚schwankend 5 einfach schwankend | fehlt Für die Unterscheidung von Pyrop, Hessonit und Spinell siehe Tabelle 7. Hessonit und Hyaeinth sind in der Farbe zuweilen sehr ähnlich und werden oft verwechselt, ob- wohl der letztere einen sehr viel kräftigeren diamantartigen Glanz hat. Der sichere 702 DRITTER TEIL. ERKENNUNG UND UNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. Unterschied liegt in der Lichtbrechung und in dem Absorptionsspektrum des letzteren, Der orientalische Hyaeinth ist deutlich dichroitisch, der zum Zirkon gehörige eigentliche Hyaeinth kaum merklich. Der Topas ist schon allein durch sein spezifisches Gewicht von allen anderen Steinen dieser Farbe geschieden und außerdem noch durch starken Dichroismus charakterisiert. 11. Gelbbraune und braungelbe Steine. a | Spezifisches | „7.. er \ Breehungs- | : ; teilung) 7 " Gewicht u brechung | koeffizienten Aelstun ine KAleziekon a oe oe 4,00 - 4,70 | 7! doppelt | 1,92—1,97 | sehr schwach ‚ Topas \ 3,50—3,56 8 doppelt | 1,61—1,62 | deutlich(ge)b u.braunrot) ı Diamant 20...) 3,50—8,52 10 einfach 2,43 fehlt I Epidot a2". BAT ee doppelt | 1,73—1,77 | stark (grün, gelb, braun) Vesuvin . . ... ..1 3,35—8,45 | 6Y2 | doppelt 1,719 -1,722| deutlich (grün und gelb) Sphen . . . ... .|1 3,35—3,45 | 5'/2 | doppelt | 1,91— 2,06 | deutlich lee She ee | KIT Axınite a 29a doppelt | 1,68—1,69 | stark (viol.,braun, grün) rmalın ve Wa: NS | Ta doppelt 1,62—1,64 | deutlich V. | Quarz (Citrin und span | | | | | Topas) 222.65 7, (doppelt | 1,55—1,66 | schwach bis deutlich | Feueropal . . . . . || 2,2 6 einfach 1,45 fehlt \ Bernstein 1,08 12-3 einfach | 1,54 | fehlt Glasını on 2 2.2 schwankend | 5 | einfach | schwankend | fehlt I | | | | Von Steinen dieser Farbe ist Topas, Citrin nebst Goldtopas und besonders Bernstein verbreitet. Letzterer fühlt sich warm an, ist sehr leicht und weich und wird beim Reiben so stark elektrisch, daß er kleine Papierschnitzel anzieht; er kann infolgedessen kaum mit einem der anderen Steine dieser Tabelle verwechselt werden. Die Unterschiede des Glases von dem Bernstein und den anderen Harzen (Reibungselektrizität der Harze usw.) sind bei der Beschreibung des Bernsteins (S. 677) ausführlich angegeben. Echter Topas und Quarz unterscheiden sich mit Sicherheit durch das spezifische Gewicht, ebenso auch durch die größere Närte des ersteren und dessen starken Dichroismus. Vesuvian, Epidot und Sphen, die übrigens geschliffen sehr selten sind, lassen sich neben jenen beiden und auch neben- einander wohl nur durch die Unterschiede der Härte und der Brechungskoeffizienten erkennen. Zwischen Epidot und Vesuvian kann unter Umständen die genaue Bestimmung des spezifischen Gewichts entscheiden, die sich noch mittels des mit Jod und Jodoform gesättigten Methylenjodids bewerkstelligen läßt. Doch kann auch der Dichroismus hierzu dienen, der beim Epidot besonders stark ist, stärker als bei den beiden anderen, die sich jedenfalls durch die Härte unterscheiden: Topas ritzt Quarz; Citrin, Epidot und Vesuvian ritzen nur noch Feldspat; Sphen endlich kaum Glas. Citrin ist leichter als alle anderen, außer Bernstein und Feueropal; letzterer läßt sıch vom Citrin durch geringere Härte, Schwere und Durchsichtigkeit, vom Bernstein in der oben angegebenen Weise unterscheiden. 12. Gelbe Steine. (S. Tabelle S. 703.) Am häufigsten hat man Citrin, Topas und die gelbe Varietät des Korunds, die man als orientalischen Topas bezeichnet, zu unterscheiden. Die spezifischen Gewichte geben die Entscheidung zwischen diesen dreien. Außer ihnen kommen aber doch noch verschiedene andere gelbe Steine nicht zu selten im Edelsteinhandel vor. Die Farbe des Hyacinth geht stets deutlich ins Rot, rein gelb ist er nie. Letzteres ist auch bei dem meist grünlich- gelben Chrysoberyll und Chrysolith selten der Fall. Von dem orientalischen Topas unter- a) DURCHSICHTIGE STEINE: GELBE UND GELBLICHGRÜNE. —1 je) wo Tabelle 12. (Gelbe Steine.) | Spezifisches | r Licht- | Brechungs- 22 = | Fe am | Gewicht | Eich brechung | koeffizienten Bienzulenigs | Zirkon | 4,0-4,7 | Ta doppelt 1,92—1,97 | sehr schwach Orient. Topas. . | 3,9—4,1 9 doppelt 1.76—1,77 | schwach | Chrysoberyll . . . || 3,68—3,78 | 81a | doppelt schwach . | Topas 3,50—3,56 | 8 doppelt | 1,62—1,63 ' deutlich (hell- u. dunkel- | gelb) Diamant. = 2950-3452 10 einfach | 2,43 fehlt Chrysolith . 1 3333,37 | 6'/2 | doppelt | 1,66—1,70 | schwach (grün und gelb- | | | lich-grün | Flußspat a | 4 einfach | 1,44—1,64 | fehlt | Turmalin 3,1 I. 7 Ale doppelt | 1,62 deutlich IV. | Beryll | 2,67—2,76 | 7?/4 doppelt 1,57—1,55 | schwach E | R Fall Pe: | BE E V. | Citrin (Goldtopas) . . | 2,65 rl doppelt 1,55—1,56 | schwach bis deutlich Feueropal . . | 32 6 einfach | 1,45 fehlt \ Bernstein . . | 1,08 2-3 | einfach | 1,52 fehlt | Glas. RE schwankend 5 einfach |schwankend | fehlt scheidet, wenn die Steine nicht gar zu klein sind, das spezifische Gewicht, aber auch die Härte. Hyacinth ritzt den Topas nicht, dagegen tut dies der orientalische Topas und der Chrysoberyll; der orientalische Topas ritzt auch einen, vielleicht zu diesem Zwecke vorrätig gehaltenen Chrysoberyll. Topas, Diamant und Chrysolith sind voneinander nach Lichtbrechung und Härte, wie es die Tabelle zeigt, von den anderen durch das spezifische Gewicht zur Ge- nüge unterschieden, ebenso namentlich echter und orientalischer Topas, letztere beide auch durch dıe Härte. Topas und Diamant haben verschiedene Lichtbrechung und Härte (Tabelle 1), Auch Topas und Citrin lassen sich nebeneinander durch das spezifische Gewicht und die Härte sicher unterscheiden: ersterer sinkt im Methylenjodid und ritzt Quarz, letzterer nicht. Beryll und Citrin gehören nach dem spezifischen Gewichte zwar in verschiedene Abteilungen, die Größe desselben ist aber bei beiden so nahe dieselbe, daß dabei unter Umständen Unsicherheiten bleiben können; indessen ist der Beryli doch wohl stets etwas schwerer als Citrin (Quarz) und sinkt in der vierten Flüssigkeit unter, in der dieser noch schwebt. Wenn darnach noch Zweifel bleiben, kann die Entscheidung wohl von der Härte kommen: Beryll ritzt Quarz, Citrin nicht. Beryll ist leichter, aber härter als der Chrysolith, sowie bedeutend schwächer lichtbrechend. Für den Bernstein siehe die Erläuterung zu Tabelle 11, für Feueropal und Glas die zu Tabelle 7. 13. Gelblichgrüne Steine. (S. Tabelle S. 704.) Unter den schwersten ist Chrysoberyll häufig; er wird an seiner großen Härte er- kannt, vermöge deren er Topas leicht ritzt. Der orientalische Chrysolith tut dasselbe, ist aber viel stärker dichroitisch als der Chrysoberylil, der sich auch häufig durch einen milchigen Lichtschein auszeichnet. Zirkon ist selten; er ist stark diamantartıg glänzend, und übertrifft die anderen in Beziehung auf das spezifische Gewicht so sehr, daß er durch genauere Bestimmung desselben, dann auch durch den sehr schwachen, kaum wahrnehm- baren Diebroismus unterschieden werden kann. Demantoid ist der einzige einfach licht- brechende Stein der ersten Abteilung. In der zweiten zeichnet sich der Topas durch seine Härte aus; er ritzt leicht Quarz, was Epidot, Vesuvian, Sphen und Chrysolith nicht tun. Für Epidot, Vesuvian und Sphen vergleiche die Erläuterungen zu Tabelle 11- 704 DRITTER TEIL. ERKENNUNG UND UNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. Tabelle 13. (Gelblichgrüne Steine.) Ab- Spezifisches E Licht- Brechungs- | 2 > teilung Men | Gewicht ee brechung | koeffizienten Drkzi ui >13] Zen ARE | Ah | 71% | doppelt | 1,92—1,97 | sehr schwach Orient. Chrysolith . 3,9—4,1 9 doppelt 1,76—1,77 | deutlich | Demantoid . . . .| 3,85 7 einfach 1,90 fehlt ı Chrysoberyll . . . . 3,68—3,78 8!/a doppelt 1,:5—1,76 | schwach (gelblich und | | grünlich) IL |Topass . 2... .| 350-356 | 8 doppelt | 1,62—1,63 | deutlich Il Epidot . 2 2» . .17347—3,5 6!/a doppelt 1,13—,177 | stark (grün, gelb, braun) Vesuvian 0) 3,385—8,45 | 6%. doppelt |1,719—1,722 | deutlich (grün und gelb) ISphenut . 27... 3,00: 3,48 5lfg doppelt 1,91—2,06 , deutlich | Chrysolith . . . . . || 3,33—3,37 63/a doppelt 1,66—1,70 | schwach (grün und | gelblichgrün) En | ne _ — Ill. | Hiddenit (Lithion- | schwach (hell- und | smaragd) . - -» .|| 3,17—3,20 63/a doppelt 1,65—1,68 | dunkelgrün) | Andalusit . . .. . | 3,17-3,19 71a doppelt 1,63—1,64 | stark (gelb, grün, rot) Lurmalın O9 a | 3,1 71a doppelt 1,62—1,64 | stark (gelb und grün) IV. | Beryli . || 2,67—2,76 | 7% doppelt 1,57—1,58 deutlich V. | Moldawit . . . | 2,36 5/& | einfach 1,5 fehlt | Glas (sog. Obsidian) . schwankend | 3 einfach | 1,69 fehlt Chrysolith ıst viel härter als Sphen, und viel weniger dichroitisch als letzterer, und be- sonders als Epidot und Vesuvian. Der Chrysolith hat nicht selten genau dasselbe Gewicht wie das reine Methylenjodid; er schwimmt darin in der Kälte und sinkt beim Erwärmen, schon bei längerer Berührung des Gefäßes mit der Hand, langsam zu Boden. Der orien- taliısche Chrysolith ist viel schwerer, viel härter und viel stärker dichroitisch als der eigentliche. Leichter als dieser letztere sind Hiddenit, Andalusit und Turmalin; alle drei sind deutlich dichroitisch, am stärksten Andalusit mit einem charakteristischen roten Farben- ton. Hiddenit ritzt Quarz nicht, dies tun aber die beiden anderen. Beryli wird an dem nıederen Gewicht und dem schwachen Dichroismus erkannt; es ist die Varietät des Aquamarin-Chrysoliths. Moldawit ist einfachbrechend und hat ein sehr niederes spezifisches Gewicht; er unterscheidet sich durch dieses letztere und den kleineren Brechungskoeffi- zienten von dem meist schwereren künstlichen gelblichgrünen Glas, sowie durch seine düstergrüne Farbe. 14. Grüne Steine. (S. Tabelle S. 705.) In der ersten Abteilung ist die orientalischer Smaragd genannte Varietät des Korunds sehr selten; Zirkon und Demantoid sind spärlich, der dunkelgrüne Ohrysoberyll, der Alexandrit, ist allein etwas verbreiteter. Sein starker Dichroismus unterscheidet ihn vom Zirkon und vom orientalischen Smaragd, in dessen Farben bei der Untersuchung mit der dichroskopischen Lupe der charakteristische rote Ton des Alexandrits nicht vorkommt. Zirkon ist zwar doppeltbrechend, aber beinahe gar nicht dichroitisch. Demantoid ist durch einfache Lichtbrechung ausgezeichnet. In der zweiten Abteilung ist allein Diamant ein- fachbrechend. Für Epidot, Vesuvian, Sphen und Chrysolith siehe Erläuterungen zu Tabelle 11 und 13. Der stets ziemlich dunkelgrüne Epidot unterscheidet sich von den beiden anderen durch ein dunkelbraunes Bild in der Dichrolupe, das bei diesen nicht vorkommt; doch kann die Feststellung, ob Vesuvian oder Epidot vorliegt, unter Umständen schwierig sein. Diopsid und Chrysolith sind zuweilen nach Farbe und spezifischem Ge- I oO OT a) DURCHSICHTIGE STEINE. GRÜNE. Tabelle 14. (Grüne Steine.) - — —_ Ab- Spezifisches | „r.. Licht- Brechungs- | . - teilung Naası | Gewicht Bus brechung | koeffizienten Deerzung I. | Zirkon......] 40-47 | 7% | doppelt | 1,92—1,97 |schr chrach Orientalischer Smaragd | 3,9—4,1 9 doppelt 1,76—1,77 | deutlich (grün u. braun) ' Demantoid le 1:86 7 einfach | 1,90 fehlt Chrysoberylil . . . . || 3,68—3,78 | 81/a doppelt 1,75—1,76 | stark (grün, gelb, rot) 11. | Diamant . . ... .| 3,50-3,52 | 10 einfach | 2,43 fehlt Epidöt' „u... 104°. || 3473,50: | '6%ja doppelt 1,173—1,77 | stark (grün, gelb, braun) Vesuvian . ...| 3,35—345 | 61 doppelt |1,719—1,722 | deutlich (grün und gelb) |Sphen . . . . . .|| 3,35—3,45 5lfa doppelt 1,91—2,06 | deutlich (gelb, grün, rot- | braun) Chrysolith . . . . . | 3,30—3,37 | 6% doppelt 1,66—1,70 | schwach (grün und gelb- lichgrün) | III. | DHopstde na ee | 3,2—3,3 6 doppelt 1,67—1,70 | schwach IHDoptası ra En, 960 3,29 5 doppelt 1,67—1,72 | schwach WEnafe 2 2 ee, 38 5 doppelt 1,64—1,65 | schwach ‚ Hiddenit (Lithion-, I | deutlich (hell- und | smaragd) . =. .|| 317-320 | 6'e doppelt 1,65—1,68 dunkelgrün) | Andalusit’ „2.0 817-3,19 Ta doppelt 1,63—1,64 | stark (gelb, grün, rot) Klurmalın: 0... % + 34 Ta doppelt 1,62—1,64 | stark (gelb u. blaugrün) RRImBSpat. > >... «€ 3 4 einfach 1,44 fehlt | 2# NE 3 an n Iv. | Smaragll =... 18207 73/a doppelt 1,57—1,58 | deutlich (grün und | | blaugrün) v. | Moldawit . - ... .\ 2,36 51% | einfach 1,5 fehlt | 1: Se : 69277 2 == 5 | Glas (sog. Obsidian) . |schwankend 5 einfach teewaakend) fehlt wichte fast völlig gleich; die Erkennung wird ermöglicht durch die Härte: ein Chrysolith ritzt einen vorrätig gehaltenen Diopsidkristall, ein Diopsid selbstverständlich nicht. Dioptas ist stets sehr tief gefärbt und wohl nie vollkommen klar. Chrysolith wird von Ätztinte angegriffen. Flußspat ist einfachbrechend. Apatit meist dunkelgrün ins Bläuliche. Diopsid nur unmerklich dichroitisch. Andalusit und Turmalin besitzen die Eigenschaft des Dichroismus in viel höherem Grade; bei dem ersteren tritt stets ein charakteristischer roter, bei dem letzteren ein blaugrüner Farbenton auf, der je dem anderen fehlt. Beide ritzen Quarz, was der deutlich, aber doch weniger stark dichroitische Hiddenit nicht tut. Der echte Smaragd gehört der IV. Abteilung an und kann daher mit den in der Färbung ähnlichen Steinen, mit dem orientalischen Smaragd, dem Dioptas, dem Hiddenit und dem Chrysoberyll nicht verwechselt werden. Manche stark rissige Smaragde gehen im spezifischen Gewichte noch etwas unter den Quarz herunter und treten dann in der fünften Abteilung auf; bei fehlerlosen Steinen ist dies aber nicht der Fall. Für die Unterscheidung ist eine kleine Abweichung nach der angegebenen Richtung nicht von Belang, denn die anderen grünen Edelsteine haben nie die schöne grüne Färbung des Smaragds. Moldawit ist einfachbrechend wie künstliches Glas und von diesem zuweilen schwer zu unterscheiden, doch ist er im allgemeinen etwas härter und leichter, und der Brechungskoeffizient ist erheblich kleiner. Sehr ähnlich sind der grüne Andalusit und der Alexandrit, sowohl in der Farbe als im Dichroismus. Das spezifische Gewicht unterscheidet sie mit Sicher- heit, ebenso die Härte: Alexandrit ritzt Topas, Andalusit nicht. Zirkon macht sich wie immer durch seinen ausgezeichneten diamantartigen Glanz, sein Absorptionsspektrum und sein hohes Gewicht kenntlich und unterscheidet sich durch letztere beide vom Diamant. Die häufigeren grünen Steine, Chrysoberyli, Turmalin und Smaragd sind durch das Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 45 706 DRITTER TEIL. ERKENNUNG UND ÜUNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. spezifische Gewicht genügend geschieden; jeder gehört einer anderen Abteilung an. Glas wird in der früher schon mehrfach angegebenen Weise erkannt. Moldawit siehe Nr. 13, b) Durchscheinende und undurchsichtige Steine. Auch bei der Unterscheidung der durchscheinenden und undurchsichtigen Edelsteine spielt das spezifische Gewicht eine Hauptrolle, dagegen fallen hier die Verhältnisse der Lichtbrechung so gut wie ganz als Merkmale aus. Sie werden einigermaßen ersetzt durch die Härte, die gerade wegen dem Mangel an vollkommener Durchsichtigkeit bei ihnen besser verwendet werden kann, da ein kleiner Ritz an einer verborgenen Stelle des Steines, besonders auf seiner air, nicht schadet. Auch Säuren (Ätztinte usw.) können hier besser als bei durchsichtigen Steinen angewendet werden. Nach Farbe und Glanz sind die folgenden Gruppen unterschieden, in denen die einzelnen Glieder wie oben nach ab- nehmendem spezifischem Gewichte tabellarisch geordnet und in dieselben fünf Abteilungen gegliedert sind: Weiße und sehr lichtgefärbte, sowie graue, sodann blaue, grüne, schwarze, gelbe und braune, rosenrote nebst rot und lila, mehrfarbige und metallisch glänzende, In jeder einzelnen Gruppe sind die Unterschiede je nach den speziellen Verhältnissen angegeben. 1. Weisse und liehtgefärbte, sowie graue Steine. Abteilung | Namen En m Härte 11.27 Haas, 817 ee 61/7 an Nephrit . NEN, | 51,6 Y. Chalcedon | 2,6 61/a 3 Opal: re 1.9222 1.26 | asmanet. 2 RE oe | schwankend 5 Die Steine dieser Gruppe sind durch ihr spezifisches Gewicht unterschieden. Jadeit hat, wenn rein, beinahe das Gewicht der zweiten, Nephrit das der dritten Flüssigkeit; sie schwimmen in dieser meistens eben noch, einzelne Stücke sinken auch schon langsam zu Boden. Voneinander lassen sich geschliffener Jadeit und Nephrit meist nur durch das spezifische Gewicht, unter Umständen auch dureh die Härte unterscheiden, rohe Stücke noch durch die Schmelzbarkeit, da der erstere in feinen Splittern schon in einer gewöhn- lichen Kerzenflamme, ohne Anwendung des Lötrohrs, schmilzt (vergl. S. 573). Chalcedon und Opal unterscheidet man an der größeren Härte und dem höheren Gewichte des ersteren. Glas ist stets weicher als Chalcedon und schwerer als Opal; letztere beide werden, im Gegensatz zu den anderen, von Ätztinte leicht angegriffen. 2. Blaue Steine. | Spezifisches | Abteilung | Namen IN Gewicht Härte IE Kupferlasur BET N. “; Be { E f 3,8 33/4 II. Lazulith a EEE NET BD: 3,1 | 5!a Zahntürkle :: ala), > nun. 3,0—3,5 5 IV; Türkis. 2 N RB 6 V. Achat und Jaspis (gefärbt) u ee 2,6 61/2 Lasurstein . . . ET - 2,4 51/a F Glas ne Er Re f 3 ae ae ‚schwankend 5 b) DURCHSCHEINENDE UND UNDURCHSICHTIGE STEINE. 707 Alle, außer dem Achat, werden von Ätztinte leicht angegriffen. Kupferlasur ist durch hohes Gewicht und geringe Härte sowie durch Aufbrausen mit einem Tröpfchen Salz- säure den anderen hierher gehörigen Steinen dieser Gruppe gegenüber unzweideutig ge- kennzeichnet, ebenso auch durch die stets sehr dunkle Farbe. Lazulith und besonders Türkis sind stets heller, und Türkis nie stark glänzend. Beide unterscheidet das spezi- fische Gewicht. Türkis und Zahntürkis siehe Seite 502; aus den dort angeführten Kenn- zeichen ergibt sich auch die Unterscheidung des Zahntürkis vom Lazulith, für den in der Hauptsache das vom Türkis Gesagte gleichfalls gilt. Stets dunkelblau, in manchen Stücken mehr oder weniger ausgesprochen ins Grüne ziehend, ist der Lasurstein, häufig mit gelben metallenen Flitterehen von Schwefelkies und nicht selten auch mit weißen Flecken und Adern von Kalkspat durchsetzt. Spezifisches Gewicht und Härte, sowie leichte Angreif- barkeit durch Säuren unter Entwicklung eines Geruchs nach faulen Eiern (Schwefelwasser- stoff) lassen ihn von den obengenannten Steinen unterscheiden, besonders auch von dem künstlich blaugefärbten Achat, und dem Jaspis, dem falschen Lasursteine. Türkis und Lasurstein werden zuweilen durch Glas nachgemacht. Die Unterschiede siehe S. 501 und S. 547. 3. Grüne Steine. : | | ee | a Abteilung | Namen Gericht Härte Ba | Goa. Nee ee ae Malachik a ee er ,s 31a IL 7. | -Chloromelanit, 2... 2 22 ee rd j 61/a—7 en I ee ee Er er | — \| a | UV RE Aa». 13 1 Li Eee a | 5°a NN ON SA LE] ST RB ee NEL EN | en. Te | 6'/e ISGRENSTE ER ea Ds | 2,8—2,9 | 2 (I V. || Prasem ik 2,65 7 I IEHRYSODFAS... ca, a; 2,65 | 7 Plasma (mit Heliotrop) 2,6 6:/2 Jaspis . A rd EN. 6!/a Amazonenstein. = ut yet. | 2,55 6 | 1 6 | | -| | Glas . » 2 2.2 0202 0020200. |sehwankend| 5 Malachit braust mit einem Tröpfchen Salzsäure auf; er ist stets aus heller und dunkler grünen krummen Schichten aufgebaut. Ceylanıt ist dunkel schwarzgrün, fast schwarz; er ist der härteste und schwerste von allen. Nephrit und Jadeit, vergleiche Tabelle 1 (S. 706). Cloromelanit ist nichts anderes als ein eisenreicher und daher etwas schwererer und ziemlich dunkel gefärbter Jadeit mit allen Eigenschaften dieses letzteren. Prehnit . steht im spezifischen Gewichte zwischen Türkis und Nephrit, er schwimmt und schwebt also jedenfalls in der dritten Flüssigkeit. Feldspat ritzt er noch, was Türkis und Nephrit nicht tun. Er ıst meistens ausgesprochen gelblichgrün und faserig; letzteres ist beim Nephrit nicht der Fall, auch geht seine grüne Farbe mehr ins Grau. Der Türkis ist ebenfalls nie faserig. Die Steine der fünften Abteilung sind zunächst die vier Quarz- mineralien: Prasem von dunkellauchgrüner und Chrysopras von hell apfelgrüner Farbe, sodann Plasma und grüner Jaspis, rein grün und stets dunkel. Echter Chrysopras wird seiner Farbe wegen nicht leicht mit einem anderen Steine verwechselt als mit dem künst- 45* 708 DRITTER TEIL. ERKENNUNG UND ÜUNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. lich apfelgrün gefärbten Chaleedon, der aber mit jenem völlig gleichwertig ist. Die drei anderen, Prasem, Plasma und grüner Jaspis, können geschliffen kaum mit Sicherheit unterschieden werden, aber in rohen Stücken und Dünnschliffen unter dem Mikroskop. Da sie als Schmucksteine ziemlich gleichwertig sind, so ist eine sichere Unterscheidung auch nicht sehr wichtig. Prasem hat ein etwas höheres Gewicht und größere Härte als die beiden anderen. Von diesen pflegt man die ganz undurchsichtigen als Jaspis, die noch etwas durchscheinenden als Plasma zu bezeichnen. Plasma mit roten Punkten ist der Heliotrop. Amazonenstein ist bläulichgrün und nie sehr dunkel; seine Härte ist einen ganzen Grad geringer und läßt ıhn leicht von den vorhergehenden unterscheiden, außer- dem, namentlich an rohen Stücken, die deutliche Spaltbarkeit, die aber auch an ge- schliffenen, vielfach durch geradlinige Risse sich kenntlich macht. Charakteristisch sind feine weiße Streifen, die fast nie ganz fehlen. Der nicht sehr verbreitete grüne Opal (Prasopal) von der Farbe des Chrysoprases, ist durch das besonders niedrige spezifische Gewicht, Glas durch die geringere Härte von allen sonstigen grünen Steinen dieser Art verschieden. Ceylanit, Chloromelanit und Jadeit, sowie Nephrit werden von Ätztinte gar nicht, Prasem, Chrysopras, Plasma und Jaspis schwer, alle übrigen mehr oder weniger leicht angegriffen. Fuchsit läßt sich schon mit dem Fingernagel ritzen. 4. Sehwarze Steine. | | Spezifisches | Abteilung | Namen | Gewicht Härte I. | Hämatit mit Iserin . © 2 2 2... I 4,7 6 | „Geylanit.“.. 4. 4... 202-5 Sen 7ila 1.» | WDiamant'i". &.% on. Su Mose a 10 IT: "armalıne see Se 31 | 71a one Se Sr 2,5—2,6 51], Gaga Her A 1,35 3—4 R I IEILEITRE RE | Glas neben ReseinrankEn 5 Von diesen, vorzugsweise zu Trauerschmuck verwendeten Steinen ist Hämatit me- tallisch glänzend und hat roten Strich; Ceylanit ıst durch seine große Härte und hohes spezifisches Gewicht genügend gekennzeichnet, ebenso wie schwarzer Diamant durch seine alles andere übertreffende Härte und, wenn geschliffen oder in einzelnen Kristallen, durch besonders hohen Glanz. Schwarzer Obsidian und schwarzes Glas stehen im Gewichte hinter allen anderen Steinen dieser Gruppe weit zurück, sind aber voneinander, außer durch die Untersuchung von Dünnschliffen unter dem Mikroskop, schwer zu unterscheiden, jedenfalls durch bloßes Ansehen im geschliffenen Zustande kaum. Gagat fühlt sich warm an und läßt sich mit dem Messer schneiden; den Unterschied von Hartgummi siehe S. 686. Diamant und Gagat sind im Gegensatz zu den anderen für Röntgenstrahlen durchlässig. Turmalin ist pyroelektrisch. Obsidian und Glas werden leicht von Ätztinte angegriffen. 5. Gelbe und braune Steine. (S. Tab. S. 709 oben.) Schwefelkies nimmt in dieser Gruppe durch Metallglanz und spezifisches Gewicht eine besondere Stellung ein. Karneol ist gelb bis gelbbraun und rotbraun, auch zuweilen ausgesprochen kastanienbraun (Sarder), häufig verschiedene Nuancen streifenförmig ab- wechselnd; seine größere Härte und sein höheres spezifisches Gewicht unterscheiden ihn von dem ähnlich gefärbten, aber nie gestreiften Feueropal. Natrolith ıst isabellgelb (ins b) DURCHSCHEINENDE UND UNDURCHSICHTIGE STEINE. 709 Tabelle 5. (Gelbe und braune Steine.) } | Spezifisches + Abeure | Namen | Gewicht \ Härte I Schwefelkies 5,0 6!/2 V. Karneol nebst Sarder . 2,6 6a ' Natrolith 2,2—2,3 5; Beneropalee a er er 1,9— 2,2 6 Bernstein . 1,08 2—3 Glas . „schwankend 5 Braune), wenig glänzend und stets faserig. Bernstein fühlt sich warm an, wird durch Reiben sehr stark elektrisch und läßt sich mit dem Messer schneiden. Dadurch unter- scheidet er sich leicht von Glas. Dieses übertrifft den Natrolith und den Feueropal stets an Gewicht und wird von Karneol stark geritzt. 6. Rosenrote, rote und lila Steine. Abteilung | Namen | Spezifisches | Gewicht Harke I. | Rhodonit . 3,55 54 BVE Lepidohilt, 2 7.2 2 u 2er | 2,8—2,9 | 2—3 V. Bosennuarz.lienıt ANA TSH. 2.65 7 Jaspis . Bad. ve Det lt 2406 | 7 Karneolese mer Wer on een 2,6 » 61/2 Beueropyaly aa Fr ee Se 1,9— 2,2 6 | Glasis.ne schwankend | 5 Rhodonit ist rosenrot, aber dunkler als der gleichfalls rosenrote Rosenquarz, der härter und glänzender, aber weniger schwer und stärker durchscheinend ist als der erstere. Lepidolith ist lila und läßt sich schon mit dem Fingernagel, jedenfalls aber sehr leicht mit einem gewöhnlichen Messer ritzen. Jaspis ist ganz undurehsichtig und dunkelrot bis braunrot, Karneol durchscheinend und meist dunkler oder heller gelbrot. Feueropal ist leichter und weicher als Karneol, dem er bezüglich der Farbe zuweilen sehr ähnlich ist. Glas ist weicher als alle Glieder dieser Reihe außer Lepidolith. Opal und Glas werden von Ätztinte leicht angegriffen. 7. Mehrfarbige Steine. I ; Spezifisches | > Abteilung Namen ih Gewicht | Härte 2: Malachit.. . RR 31a Ve Bandiaspis rar na a er a 2,6 6!/a ACnab N Te 2,6 6!/2 Heliotrof: 2 7.1 Uc alenaren 2,6 6!/2 Bernstein. 1,08 2—3 Glas ‚schwankend 5 Beim Malachit wechseln heller grüne und dunkler grüne bis beinahe schwarze Schichten in krummliniger Begrenzung regelmäßig miteinander ab. Das hohe Gewicht und die geringe Härte zeichnen ihn aus; an dem Aufbrausen mit einem Tröpfehen Salzsäure, das 710 DRITTER TEIL. ERKENNUNG UND ÜNTERSCHEIDUNG DER EDELSTEINE. dann die Spiritusflamme blau färbt, wird er mit Sicherheit erkannt. Beim Bandjaspis wechseln grüne und braunrote, zuweilen auch andersfarbige Streifen meist geradlinig mit- einander ab; er ist undurchsichtig. Der Achat ist wenigstens etwas durchscheinend; die Farbenstreifen bilden bei ihm verschiedene Zeichnungen und zeigen in der Farbe mehr oder minder große Unterschiede. Heliotrop ist dunkelgrün (Plasma) mit roten Punkten. Bernstein (unterschieden nach Tabelle 5, S8..709) ist zuweilen braun und gelb gefleckt, wolkig usw. Glas spielt bei den mehrfarbigen Steinen kaum eine Rolle, doch kommt allerdings auch solches zuweilen vor. $. Metallglänzende Steine. Schwefelkies, gelb (Tabelle 5, S. 709). Hämatit und Iserin, schwarz (Tabelle 4, S. 708). Rutil, S. 656. ce) Steine, die eine besondere Lichterscheinung zeigen. Diese Lichterscheinungen sind meist so bezeichnend, daß die Steine daran leicht erkannt werden können und daß die hier im folgenden angegebenen Unterscheidungs- merkmale kaum jemals angewendet werden müssen. 1) Steine mit einem Lichtstern: Sternsapphir, Sternrubin, Sterntopas usw. Diese Steine, die zum Korund gehören und die als Sternsteine zusammengefaßt werden, müssen die Härte 9 haben und also Topas noch ritzen. Das spezifische Gewicht ist etwa 4, sie sind nur durch die blaue, rote, gelbe usw. Farbe voneinander verschieden. Bei anderen Edelsteinen ist diese Erscheinung selten; sie können nach einer der obigen Tabellen erkannt werden. 2) Steine mit wogendem Lichtschein, der sich beim Drehen des Steins über dessen Oberfläche hinbewegt: Girasol-Sapphir, -Topas und -Rubin, Demantspat; Chrysoberyll (Cymophan), Katzenauge; Tigerauge und Falkenauge; Mondstein; schillernder Obsidian. Girasol-Sapphir, -Topas und -Rubin, sowie Demantspat gehören mit den unter 1) ge- nannten zum Korund und haben alle Eigenschaften, namentlich die große Härte dieses Minerals. Der Demantspat unterscheidet sich durch seine geringe Durchscheinenheit und die haarbraune Farbe von den drei anderen, die zwar ebenfalls nicht durchsichtig, aber doch nur leicht getrübt sind. Alle anderen hier genannten Steine sind weicher und spezifisch leichter. Sehr ähnlich ist Chrysoberyll (Cymophan oder orientalisches Katzenauge) dem gewöhnlichen Quarzkatzenauge. Aber die Härte der beiden ist 8'/2, resp. 7, und das spezifische Gewicht ist 3,7, resp. 2,65, so daß sie schon bei oberflächlicher Untersuchung nicht verwechselt werden können. Der höhere Glanz und die bessere Durchsichtigkeit des Chrysoberylis läßt beide meist schon von vornherein unterscheiden. Dem Chry- soberyll in Beziehung auf die Lichterscheinung äbnlich ist auch der Mondstein, der aber farblos und fast durchsichtig ist, nicht grün oder rot, und nur durch- scheinend wie bei jenem. Der Mondstein ist viel leichter (G.=2,;) und weicher (H.=6) als der Cymophan, und sein Lichtschein bläulich. Wie das Quarzkatzenauge ist auch Tigerauge und Falkenauge Quarz mit allen Eigenschaften dieses Minerals (G.= 2,65 H.=17); sie haben ausgezeichnete Faserstruktur, das Tigerauge ist schön goldig glänzend, zuweilen künstlich anders gefärbt, das Falkenauge dunkelblau. Das Katzenauge hat nie den prächtigen Goldglanz des natürlichen Tigerauges, der Lichtschein ist mehr milchig weiß. Beim schillernden Obsidian ist der Schiller stets geringer; der Unterschied von den anderen Steinen dieser Abteilung ist durch das niedrige Gewicht (G.= 2,;—2,;) und die geringe Härte (H=5'/2), sowie dureh die leichte Wirkung der Ätztinte sicher gegeben. €) STEINE MIT BESONDERER LICHTERSCHEINUNG. 711 3) Steine mit metallischem Schiller. Hypersthen, Bronzit, Schillerspat, Diallag. Alle gehören zu der Augitgruppe; ihre Härte erreicht nicht ganz den 6. Grad und das spezifische Gewicht beträgt 3,; bis 3... Hypersthen hat einen kupferroten, Bronzit einen bronzegelben, grünen oder braunen, Schillerspat und Diallag einen grünen bis braunen Schiller. Hypersthen wird leicht erkannt werden, die anderen sind zum Teil schwer von einander zu unterscheiden; die Unterscheidung hat keine Bedeutung (vgl. die Be- schreibung S. 567) 4) Steine mit metallisch schillernden Punkten. Avanturinquarz und Sonnen- stein (Avanturinfeldspat), unregelmäßig begrenzte, metallisch schillernde rote Punkte und kleine Fleekchen. Der Unterschied liegt ın der Härte, die beim ersten = 7, beim anderen — 6 ist. Ähnlich ist das künstliche Avanturinglas, das an der Gestalt der den Schiller bedingenden Einschlüsse erkannt wird. Es sind kleine Oktaöderchen, deren regelmäßig dreiseitige Flächen unter der Lupe deutlich hervortreten (S. 617). Sonnenstein und Avanturinglas werden von Ätztinte leicht angegriffen. Als Seltenheit gibt es auch grünen und blauen Avanturinquarz mit allen wesentlichen Eigenschaften des roten. 5) Steine mit buntem Farbenspiel. Edler Opal, Regenbogenquarz und Labradorfeldspat. Opal ist meist hell, weiß, auch gelb und rot, selten schwarz, und die farbenschillernden Stellen sind von verschiedener Größe. Das spezifische Gewicht ist 1,9 bis 2,2 und die Härte = 6. Dadurch unterscheidet er sich sicher von dem stets wasser- hellen Regenbogenquarz mit der Härte 7 und dem Gewicht 2,6. Labradorfeldspat ist dunkelgrau, das Farbenspiel ist auf eine Fläche beschränkt und vielfach in geraden Streifen abwechselnd. Die Härte ist = 6, das Gewicht = 2,; und an rohen Stücken ist die vollkommene Spaltbarkeit nach einer Richtung stets zu bemerken. Labrador und Opal wird niemand verwechseln, eher ist das zwischen edlem Opal und Regenbogenquarz möglich; die angegebenen Merkmale geben aber den Unterschied unzweideutig. Labrado- risierender Feldspat ist dem Labrador sehr ähnlich, hat aber kein so schönes Farbenspiel. 7. 5 u u u - a > u ErrG ”- 2 ures u.) u v E ä . » D VRLTUEN BE a ANLERERER N Ca4# Fiv BR EaTLOtt. EU Trauer vn» Fa ang L N BAU eh TR EN NE “ SONDER: ai east j ' c ur Pr] 7 FREIE EEE ED y - SEA IIENIET LIE Mr t =; 5 i d ’ | & ur‘ TE 1347 di F ‘ an rr ‘ > \ r f D » " j | d y Pu a ER ee sah ee sy eelkropptizt pr x ri SATTEL £) IR ia RE re 5 a ana Ah He de er . = 04 ira Aue il L, Tee 1 or N IE : £ er Irre 1, % \ r a ANHANG. Perlen und Korallen. Perlen. Eigenschaften und Entstehung der Perlen. Neben den kostbarsten Juwelen stehen gleiehberechtigt die Perlen. Sie sind die wertvollen Erzeugnisse unscheinbarer Bewohner des Wassers, und zwar gewisser Muscheln, die in warmen Meeren, aber auch in den Flüssen und Bächen mancher Gegenden leben. Sie gehören also nicht zu den Edelsteinen. dienen aber wie diese seit unvordenklichen Zeiten zum Schmuck des menschlichen Körpers sowie zur Verzierung aller möglichen Prunkgeräte und wetteifern mit jenen an Kostbarkeit, Gerade gegenwärtig sind sie sehr geschätzt und werden ungemein hoch bezahlt. Es sind kugelrunde, ovale oder birnförmige, zuweilen sogar ganz unregelmäßig rundliche Gebilde von verschiedener Größe, die niemals durchsichtig, höchstens durchscheinend und meistens farblos, weiß, seltener gefärbt sind, und die vorzugsweise durch den eigenartigen heblichen Glanz ihrer Oberfläche das Auge des Beschauers entzücken. Um die Schönheit der Perle zu genießen, ist es natürlich nicht erforderlich, zu wissen, wie sie beschaffen ist und wie sie entsteht. Das Verständnis mancher Eigenschaften, namentlich des inneren Baues der Perlen, wird aber wesentlich gefördert, wenn wir wissen, wie sie sich im Innern jener Muscheln bilden. Wir werden daher zuerst ihre Entstehung kennen lernen und daran die Betrachtung ihrer Eigenschaften anschließen. Mit den Perlen im engsten Zusammenhang steht eine andere Substanz, die auch von den Perlen ihren Namen erhalten hat und die gleiehfalls nicht selten zu Schmucksachen und anderen kleinen Gegenständen verarbeitet wird. Es ist die Perlmutter, die sich durch einen ganz ähnlichen Glanz wie die Perlen und vielfach durch ein mehr oder weniger intensives, hübsches Farbenspiel auszeichnet. Sie kleidet bei vielen Muscheln die Innenseite der Schalen in einer mehr oder weniger dieken Schicht aus; eine Masse von ganz ähnlicher Beschaffenheit finden wir auch in der Schale einer bestimmten Ab- teilung von Schnecken; wir wollen uns aber hier auf die Muscheln beschränken, da die Bildung von Perlen in Schnecken zwar vorkommt, aber doch nur in vereinzelten Fällen, die für die Gewinnung ohne jede Bedeutung sind. Betrachten wir eine Muschelschale, so bemerken wir an der äußeren Oberfläche eine dünne hornige Haut, die sogenannte Epidermis, deren Substanz Konchyolin genannt wird. Darunter folgt die eigentliche Schale. Sie besteht aus kohlensaurem Kalk, der mit einer organischen Substanz durchzogen ist. Diese Schale setzt sich aus zwei Lagen von wesentlich verschiedenem inneren Bau zusammen, den man allerdings meist erst bei einer gewissen Vergrößerung unter dem Mikroskop deutlich erkennen kann. Nach außen hin, unmittelbar unter der Epidermis, liegt eine Schicht, die aus einer großen Zahl dünner, dicht nebeneinander stehender kalkıger Stäbehen besteht, deren Längenerstreckung auf 716 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. der Oberfläche der Schale senkrecht steht. Dies ist die Säulen- oder Stäbchenschicht. Auf sie folgt, den inneren Teil der Schale bildend, eine Lage, die aus sehr feinen, stark durchscheinenden Plättchen aufgebaut ist. Diese liegen in großer Zahl übereinander und verlaufen der Schalenoberfläche annähernd parallel, also senkrecht zu den Stäbchen der Mittelschicht. Dieser innerste der drei Teile der Muschelschale, von blätteriger Beschaffen- . heit, der bei manchen Muscheln nur dünn, bei anderen von erheblicher Dieke ist, hat für uns das größte Interesse; es ist die Perlmutterschicht, kurz das, was man als Perl- mutter bezeichnet. Wir werden sie etwas genauer betrachten. Was zunächst die Substanz der feinen kalkıgen Plättchen anbelangt, welche die Perlmutter zusammensetzen, so gleicht sie nach ihrer Härte, ihrem spezifischen Gewicht und nach allen sonstigen Eigenschaften durchaus derjenigen Abänderung des kohlensauren Kalkes, die man in der Mineralogie als Aragonit bezeichnet. Die Perlmutter besteht also aus Aragonit im Gegensatz zu der Stäbcehenschicht, die nach ihrem ganzen Wesen mit dem ebenfalls aus kohlensaurem Kalk bestehenden Mineral Kalkspat übereinstimmt, und die also etwas weicher und spezifisch leichter ıst. Die dünnen Plättchen ziehen sich niemals ununterbrochen durch die ganze Schale hin, sondern es sind einzelne kleine Fetzen, die nach geringer Erstreckung aufhören, während andere sich dafür einschieben, die sich dann ihrerseits ebenso verhalten. Dieser feinblätterige Bau ıst die Ursache des eigentümlichen Glanzes, der die Perlmutter auszeichnet, und den man darnach Perlmutterglanz genannt hat. Er kehrt, wie wir schon im ersten Teile dieses Werkes (S. 42) gesehen haben, bei allen Substanzen wieder, die in derselben Weise beschaffen, d. h. aus liehtdurchlassenden dünnen Plättehen aufgebaut sind. Die feinen Plättehen, welche die Perlmutter bilden, haben zum Teil einen ziemlich ebenen Verlauf, zum Teil sind sie auch mehr oder weniger stark gekrümmt und ge- bogen. Sie gehen nie ganz parallel mit der Oberfläche der Perlmutterschicht, und schneiden daher die letztere. Dadurch entsteht auf dieser, die für das bloße Auge vollkommen glatt erscheint, eine sehr feine, zuweilen schon mit der Lupe, zuweilen auch erst unter dem Mikroskop bemerkbare Streifung; die Ränder der Plättchen ragen etwas hervor, und zwischen zwei benachbarten Plättehen sind sehr zarte Furchen, die einander bis auf !/3000 Zoll nahe rücken können. Diese Furchen, deren Entfernung übrigens etwas wechselnd ist, verlaufen krumm und zackig und oft ganz unregelmäßig und bilden zuweilen kleine geschlossene Ringe. Wie der blätterige Aufbau den Perlmutterglanz hervorruft, so ist diese feine Streifung die Ursache des Farbenspiels, das auf der’ meist farblosen, zuweilen allerdings auch gefärbten Perlmuttersubstanz vielfach in prächtiger Weise auftritt. Es beruht nicht auf einem besonderen Farbstoff, sondern es entsteht dadurch, daß das ge- wöhnliche Tages- oder Kerzenlicht auf der feingestreiften Oberfläche in besonderer Weise gespiegelt und in seine farbigen Bestandteile zerlegt wird, die dann einzeln in das Auge gelangen. Man erkennt dies, wenn man die natürliche Oberfläche einer Perlmutterschale oder besser eine schief gegen diese geführte Schlifffläche in Siegellack abdrückt. Dieser Abdruck erhält dadurch eine Oberfläche mit ebenso zarter Streifung, und auf ihr bemerkt man dann das gleiche Farbenspiel wie auf der Perlmutter selbst. An jeder Muschel wird die Schale durch den sogenannten Mantel des Tieres gebildet, der den im Wasser gelösten Kalk ausscheidet und aus ihm die Stäbehenschieht sowie die Perlmutterschicht aufbaut. Dieser Mantel besteht aus zwei häutigen Lappen, die das Muschel- tier von beiden Seiten her umhüllen und die unmittelbar an der Innenfläche der Schalen anliegen. Zwischen dem Mantel und der Schale geht die Ablagerung des Kalkes vor sich, und immer neue Schichten desselben setzen sich auf der inneren Fläche der Schale an, wodurch diese immer dicker wird. Aber nicht alle Teile des Mantels haben dabei ganz die gleiche Verriehtung; der äußerste Rand scheidet die äußere Haut der Schale, PERLEN. EIGENSCHAFTEN UND ENTSTEHUNG. 717 die Epidermis, ab; die Außenfläche des Mantels liefert die Perlmutter, und eine schmale äußere Zone rings um den Rand des Mantels herum bildet die zwischen Epidermis und Perlmutter liegende Stäbehenschicht. Dies ist der Vorgang bei den Tieren, die sich in ihrem normalen Zustande, in ihrer gewöhnlichen ungestörten Lebenstätigkeit befinden. Solange dies der Fall ist, entstehen keine Perlen. Ihre Bildung ist ein abnormer, in gewissem Sinne ein krankhafter Vor- gang, der sich allerdings von der Bildung der Schale in nichts Wesentlichem unterscheidet, der aber einer äußeren Ursache, einer von außen kommenden Anregung bedarf. Auch die Perlen sind Ausscheidungen in der Hauptsache von Kalk aus dem Mantel, und zwar von Kalk mit der Beschaffenheit der Perlmutter, aber nicht in einer ausgedehnten Schicht, wie bei der Bildung der Muschelschale, sondern in konzentrischen Lagen, rings um einen gemeinsamen Mittelpunkt herum. Auch die Perle ist Perlmutter, nur von anderer Struktur als in der gewöhnlichen Muschelschale. Jede Perle entsteht durch eine von lokalen Ursachen veranlaßte, besonders starke Absonderung von Perlmuttersubstanz oder ganz allgemein von Schalensubstanz um einen Punkt herum. Diese Ausscheidung erfolgt nur an Stellen, wo ein besonderer Reiz auf den Mantel ausgeübt wird. Die Muschel sucht diesen Reiz zu beseitigen, und das Mittel, dessen sie sich dazu bedient, besteht eben darin, daß sie die Ursache des Reizes in Perlmutter einhüllt. Die Produkte dieser Einhüllung sind dann die Perlen und deren Mittelpunkt die Punkte im Mantel der Muschel, wo der Reiz wirkte. Daß die Perlenbildung nicht zu den normalen Lebensprozessen der Muscheln gehört, sondern einer besonderen abnormen Anregung bedarf, sieht man daran, daß nicht alle Perlmuscheln Perlen liefern, sondern nur einzelne wenige Exemplare derselben. Bei der eigentlichen Perlmuschel findet man im Durchschnitt in 30 bis 40 Stück kaum eine einzige Perle. Daß der Vorgang ein krankhafter ist, dafür sprechen die Beobachtungen der Perlfischer. Darnach hat man in wohlgebildeten, regelmäßig gestalteten Muscheln wenig Aussicht, Perlen zu finden. Viel mehr Hoffnung geben solche von unregelmäßiger Form und gestörtem Wachstum, solche, die Auswüchse tragen, die von bohrenden Para- siten durchlöchert sind usw. Es ist darnach unzweifelhaft, daß die Perlbildung auf einer Störung des normalen Wachstums beruht. Wohl noch nieht für alle Fälle ist es genügend aufgeklärt, was die Muscheln ver- anlaßt, in ihrem Innern die, wie wir sehen werden, in einzelnen Fällen ziemlich große, bis über taubeneigroße Kalkmasse der Perlen auszuscheiden. In zahlreichen Fällen sind es kleine fremde Körper, die durch irgendeine Ursache in das Innere der Muschel hineingekommen sind. In vielen Perlen findet man als innersten Kern ein Sandkörnchen, das vielleicht der Wellenschlag zwischen die geöffneten Schalen hineingespült hat. Hier ist es offenbar das Sandkorn gewesen, das einen Reiz auf den Mantel der Muschel ausgeübt und ihn zur Ausscheidung von Kalk um das Körnchen herum veranlaßt hat, in ähnlicher Weise, wie ein kleines Stäubehen im Auge eine abnorm reichliche Ausscheidung von Wasser bewirkt, und wie sich eine in einen Muskelstrang eingewanderte Trichine mit einer Kalkhülle umgibt. Nach manchen Be- obachtern sollen Sandkörner die häufigste Ursache der Perlenbildung sein; den Forschungen von Möbius zufolge, wie sie in dessen wertvollem Werk: „Die echten Perlen“, nieder- gelegt sind, war aber in 59 von ihm untersuchten, aus dem Meere und aus dem Süb- wasser stammenden Perlen kein Sandkorn zu finden; bei einer kleinen Anzahl hatte die innerste Partie die Beschaffenheit eines kristallinisch körnigen Kalkes; bei den allermeisten zeigten sich organische Kerne von brauner Farbe, die vielleicht Reste von kleinen Ein- geweidewürmern der Muschel sind. Daß derartige Parasiten, und zwar nicht selten solche von mikroskopischer Kleinheit, die Bildung von Perlen in der Tat bewirken können, ist lange vermutet worden. 718 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. Ausgedehnte Untersuchungen der neueren Zeit haben nun in der Tat einen Zusammen- hang zwischen der Perlenbildung und encystierten (eingekapselten) Parasiten mit voller Sicher- heit nachgewiesen und gezeigt, daß letztere sogar für die Perlenbildung in erster Linie ver- antwortlich gemacht werden müssen. Zuerst bekannt wurde dies von der Miesmuschel (Mytilus edulis), in welcher ja nicht selten Perlen auftreten. Es handelt sich hier um die Larve eines Saugwurmes, des Leueithodendrium somateriae, welche in das Bindegewebe des Mantels der Muschel gelangt und hier von einer zelligen Kapsel umschlossen wird, um welche sich nun die Perlmuttersubstanz in konzentrischen Schichten ablagert und so eine Perle bildet. Bei der echten Seeperlmuschel von Ceylon ist es die Larve eines Bandwurmes, des Tetrarhynchus unionifaetor, die unter ähnlichen Eneystierungs- (Einkapselungs-)vorgängen die fast alleinige Ursache der Entstehung der echten Perlen ist; bei der Perlmuschel des Tuamotu-Archipels gleichfalls die Finne eines Bandwurmes, des Thylocephalum margaritiferae. Je nach der Stelle, an der die Ausscheidung der Perlsubstanz stattfindet, ist die Perle von verschiedener Gestalt und Beschaffenheit. Geschieht dies innerhalb der Weichteile des Mantels, etwa rings um einen dort sich aufhaltenden Eingeweidewurm, dann entsteht eine mehr oder weniger regelmäßig runde Perle, die frei und lose im Mantel liegt. Ge- schieht es in unmittelbarer Nähe der Schalenwandung, dann verwächst die Perle fest mit der Perlmutterschicht und bildet auf dieser eine größere oder kleinere rundliche, warzen- förmige Erhabenheit. Im ersteren Falle erhält man eine eigentliche echte Perle, die ohne weitere Bearbeitung zum Schmuck verwendet werden kann. Die festgewachsenen Perlen heißen bei den Juwelieren Perlenwarzen. Ihre Form ist stets sehr unregelmäßig. Auch sie werden aber benutzt, indem man sie von der Schale losschneidet; sie liefern dann die sogenannten Phantasieperlen. In einzelnen Fällen sind sie im Innern hohl und schließen zuweilen eine schöne Perle ein, die lose darin liegt und die dann bei der Öffnung des Hohlraumes herausfällt. Die ursprünglich lose Perle ist zuerst an dieser Stelle gebildet und nachher beim weiteren Wachstum der Schale von der an der Innen- fläche derselben sich ablagernden Perlmuttersubstanz umhüllt worden und so festge- wachsen. ; Auch die Zahl der in einer Muschel sich findenden Perlen ist verschieden. Wird der Mantel nur an einer Stelle gereizt, dann entsteht auch nur eine einzige Perle. Ge- schieht dies an mehreren Stellen, dann bilden sich mehrere und sogar unter Umständen in einzelnen Fällen viele Perlen. Die größte Zahl derselben, von der berichtet wird, waren 87 von guter Beschaffenheit in einer Perlmuschel aus dem indischen Ozean, in einer solehen von Ceylon lagen 67 von verschiedener Größe usw. Selbstverständlich werden die Perlen im allgemeinen um so kleiner sein, je zahlreicher sie sind. Der erste, welcher zeigte, daß die Perlen in ihrem Bau mit der Muschelschale über- einstimmen, war der berühmte französische Naturforscher R&öaumur (1683—1757). Dieser Bau wird am besten erkannt, wenn man einen Dünnschliff mitten durch eine Perle hin- durch bei genügender Vergrößerung unter dem Mikroskop untersucht. Dabei sieht man, daß die Perlen wie die Perlmutterschicht der Muschelschalen aus einzelnen sehr dünnen Lagen bestehen, die, ähnlich wie die Schalen einer Zwiebel, der rundlichen Oberfläche parallel aufeinander folgen, rings um den gemeinsamen Mittelpunkt herum. Über dem Kern bildet sich eine erste Perlmutterschieht, über dieser eine zweite, dritte und so fort, bis zur äußersten, letzten und jüngsten. Selten bildet aber eine solche Lage eine ununter- brochene Kugelfläche, fast immer sind es nur kleine Partien, die nach kurzem Verlauf aufhören und statt deren dann andere einsetzen, also ebenfalls wieder genau wie bei der Perlmutter. Man kann aus diesem feinblätterigen Bau erkennen, daß der Absatz von Kalk in den beiden genannten Substanzen nicht ganz kontinuierlich stattgefunden hat, PERLEN. EIGENSCHAFTEN UND ENTSTEHUNG. 719 sondern daß vielleicht mit den Jahreszeiten zusammenhängende kürzere oder längere Unterbrechungen stattgefunden haben, in denen die Ablagerung von Kalk und damit das Wachstum aufhörte. Jeder Wachstumperiode entspricht eine solche feine Lage, jeder Unterbrechung ein Zwischenraum zwischen zwei benachbarten Lagen. Diese überein- anderliegenden dünnen Kalkhäutchen werden übrigens manchmal auch direkt für das bloße Auge sichtbar. Erhitzt man eine Perle bis zum Glühen, dann blättern diese einzelnen feinen Lagen ab, indem sie sich nach Aufhebung ihres Zusammenhalts vonein- ander absondern. Dasselbe geschieht auch an durchlochten Perlen, die lange Zeit auf Schnüren getragen werden. Wegen der geringen Härte, die zwischen dem dritten und vierten Grade liegt, werden die Mündungen der Bohrlöcher allmählich ausgeweitet, und zwar in der Weise, daß rings um diese Öffnungen einzelne dünne Blättchen von der Außenfläche der Perlen schuppenförmig abfallen. In dieser Weise sind die meisten und auch die schönsten Perlen beschaffen; sie be- stehen außer dem Kern gewöhnlich nur aus Perlmutterschiehten. Aber nicht alle haben diese ausgesprochen feinblätterige Struktur; es gibt auch Ausnahmen davon. Nicht selten ist der Kern von einer dunkeln Schicht umgeben, die ganz mit der Epidermisschicht der Muschelschalen übereinstimmt, und darauf folgt eine Lage von faseriger oder säuliger Beschaffenheit, die in jeder Hinsicht an die Stäbchenschicht erinnert. Erst diese ist dann von der feinblätterigen Perlmutterschicht umhüllt, die das Ganze nach außen abschließt. Eine solche Perle ist gewissermaßen eine umgekehrte Muschelschale. Sie besteht aus denselben Teilen wie diese, sie liegen aber in entgegengesetzter Reihenfolge, zu innerst die Epidermis, zu äußerst die Perlmutter. Indessen kommt es auch zuweilen vor, daß die Perlmutter vollständig fehlt und daß die Stäbehenschicht die äußere Ober- fläche bildet; in diesem Falle, oder wenn die äußerste Schicht aus Epidermis besteht, ist die Perle dunkel, braun oder schwarz gefärbt und ohne Glanz und damit auch ohne Wert. Nicht selten sieht man auch eine mehrmalige Wiederholung von Perlmutter- lagen, die durch Epidermis- oder Stäbehenschichten voneinander getrennt sind. Man kann leicht ermessen, mit welchen Bildungsvorgängen diese Verschiedenheiten in der Struktur zusammenhängen. Wenn eine Perle, wie es meist der Fall ist, ganz in dem Perlmutter liefernden Bereich des Mantels entsteht und hier durch Ablagerung immer neuer feiner Schichten an ihrer Oberfläche allmählich wächst, so wird sie ganz aus Perlmuttersubstanz von der mehrfach erwähnten Beschaffenheit bestehen. Aber eine solche Perle bleibt nicht immer während ihres ganzen Wachstums an derselben Stelle liegen; sie kann aus verschiedenen Ursachen ihren Platz wechseln, und dadurch muß auch die Beschaffenheit der abgelagerten Substanz eine andere werden. Kommt sie in denjenigen Bereich des Mantels, der die Stäbehenschicht bildet, dann wird auch auf ihrer Oberfläche eine solehe entstehen und ebenso eine Epidermisschicht, wenn sie eine Zeitlang ganz am Rande des Mantels verweilt. Liegt der Kern zuerst hier, dann wird er sich mit Epidermis bedecken, und wenn die im Entstehen begriffene Perle hernach allmählich langsam nach innen wandert, wird auf die Epidermis eine Stäbehen- und auf diese zuletzt eine Perlmutterschicht folgen. Bewegt sie sich abwechselnd von außen nach innen und dann wieder zurück; dann werden sich diese verschiedenen Schichten ganz der Bewegung entsprechend ein- oder mehrere Male wiederholen. Es kann auf diese Weise eine große Mannigfaltigkeit in dem speziellen Bau der Perlen hervorgebracht werden. Wie bezüglich des Baues, so stimmt die Perle auch bezüglich der chemischen Zu- sammensetzung der Substanz, der Härte und des spezifischen Gewichts voll- kommen mit der Perlmutter überein. Sie besteht aus kohlensaurem Kalk wie diese, und zwar in derjenigen Modifikation, die in allen Eigenschaften mit dem Mineral Aragonit 720 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. übereinstimmt. Daneben sind aber immer noch geringe Mengen anderer unorganischer Substanzen vorhanden, und vor allem fehlt nie eine gewisse Quantität, bis 12 Prozent, eines organischen Stoffes, der mit der Oberhaut- oder Epidermisschicht der Muschel übereinstimmt; er ist ebenfalls Konchyolin. Dieses durchzieht das Kalkkarbonat aufs innigste und verbindet die unorganischen Teile fest miteinander. Das spezifische Gewicht frischer, weißer, glänzender Seeperlen beträgt 2,50 —2,ss6, und die Härte ist nahe an 4, jedoch bei verschiedenen Exemplaren etwas verschieden und stets etwas geringer als bei der Perlmutter. Härte und Gewicht sind beide etwas kleiner als beim Aragonit, was von dem beigemengten weicheren und leichteren Konchyolin herrührt. Infolge ihrer Zu- sammensetzung lösen sich Perlen ın Säuren leicht unter Kohlensäureentwickelung auf, die ein lebhaftes Aufbrausen verursacht. Schon Essigsäure hat diese Wirkung. Hierauf be- ruht die Erzählung, daß die ägyptische Königin Kleopatra bei einem Gastmahle eine kostbare Perle in Essig aufgelöst und die Lösung getrunken habe. Im gewöhnlichen Speiseessig ist aber die Essigsäure so verdünnt, daß eine Perle auch von geringer Größe recht lange Zeit braucht, bis sie vollständig gelöst ist, viel länger als ein Gastmahl zu dauern pflegt. Die Perlen verschwinden in den Säuren übrigens nicht ganz; nur der Kalk wird ausgezogen, das damit gemengte Konehyolin bleibt dagegen in Form einer häutigen weichen, etwas aufgequollenen, noch perlmutterglänzenden Masse von der Form und Größe und auch von der Farbe der Perle zurück, auf welche die Säure nicht weiter einwirkt. | Wie von Säure, so werden die Perlen auch vom Schweiß angegriffen. Wenn sie längere Zeit auf der bloßen Haut getragen oder viel mit den Fingern berührt werden, verlieren sie allmählich ihren Glanz und ihr schönes Aussehen, sie werden trübe und unansehnlich. Alte, getragene Perlen besitzen nie mehr die Frische der neugefischten, sogenannten Jungfernperlen. Die zarten Schichten blättern ab, und zwar, wie wir schon gesehen haben, am meisten um das Loch herum, das behufs Auffassen auf eine Schnur bindurehgebohrt wird; hier erfolgt der Angriff am stärksten. Wegen ihrer ge- ringen Härte reiben sich die auf eine Schnur aufgefaßten Perlen gegenseitig ab und werden dadurch matt und unansehnlich. Sehr alte Perlen werden dadurch zerstört, dab die darin enthaltene organische Substanz wie andere tierische Körper vollständig ver- west. Ein Beispiel dafür bilden die zahlreichen Perlen, die man im Jahre 1544 in dem Grabe der im Jahre 400 gestorbenen Töchter des römischen Staatsmannes und Feldherrn Stilicho in Rom fand. Nach einem Aufenthalte von mehr als 1100 Jahren in der feuchten Grabesluft zerfielen sie bei der Berührung in Staub. Wir sehen aus diesem ganzen Verhalten, daß sich die Perlen, was die Beständigkeit anbelangt, in keiner Weise mit den unter solehen Umständen unverwüstlichen, ewig dauernden Edelsteinen messen können. Die leichte Angreifbarkeit der Perlen sowohl infolge ihrer geringen Härte als auch durch die Wirkung des Schweißes ist um so bedauerlicher, als ihre Schönheit lediglich an ihrer Oberfläche hängt. Ist diese im Laufe der Zeiten verändert, hat die Perle infolge- dessen ihr schönes Aussehen eingebüßt, so ist dieses unwiederbringlich verloren. Während man einen verdorbenen Edelstein durch abermaliges Polieren wieder in seinen ursprüng- lichen Zustand versetzen und ihm seine frühere Schönheit wiedergeben kann, ist dies bei den Perlen nicht möglich. Sie müssen daher beim Gebrauch als Schmuck mit jeder Vorsicht so behandelt werden, daß sie unter allen Umständen ihre Oberfläche in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit möglichst beibehalten. Manchmal ist es allerdings wohl möglich, die äußerste Schicht einer Perle, die mißfarbig oder verdorben ist, abzulösen und so eine kleinere, aber schönere Perle herzustellen. Diese Operation erfordert aber die höchste Sorgfalt besonders geschickter Arbeiter und gelingt selten vollkommen. PERLEN. EIGENSCHAFTEN UND ENTSTEHUNG. 21 Diese Oberfläche ist nicht vollkommen glatt, sondern mit zahlreichen mikroskopisch kleinen, feinen Erhabenheiten und Vertiefungen bedeckt, oder man bemerkt zarte, unregel- mäßig gekrümmte Furchen, ähnlich wie bei der Perlmutter, die wie hier eine Folge des Wachstums sind. Ihre Beschaffenheit ist, wie wir weiterhin sehen werden, für das Aus- sehen der Perlen von großer Wichtigkeit. Auf der Oberfläche zeigt sich vor allem der eigentümliche, nicht sehr starke, aber schöne und zarte, mit Worten nicht näher zu schildernde Glanz, den die Juweliere als „Orient“ zu bezeichnen pflegen und der dem Feuer der Diamanten entspricht. Es ist ein Perlmutterglanz, der auf dem oben beschriebenen feinblätterigen Bau beruht, wie bei der Perlmutter selbst. Die einzelnen dünnen, nicht ganz durchsichtigen, nur stark durch- scheinenden Lagen lassen etwas Licht hindurch, das von den tieferen Schichten wieder nach außen reflektiert wird. An der Außenseite der Perlen tritt es aus, mischt sich hier mit den an der Oberfläche direkt zurückgeworfenen Strahlen, und diese Mischung von innerlich gespiegeltem und an der Oberfläche zurückgeworfenem Licht bringt auf der Perle den Eindruck des Perlmutterglanzes, des echten Perlenglanzes, im Auge hervor. Je schöner dieser Glanz ist, desto wertvoller ist die Perle. Er wird um so ausgezeich- neter, je dünner die Kalklagen sind, aus denen sich die Perlen zusammensetzen. Diese zeigen sich hierin sehr verschieden; ganz besonders übertreffen die Perlen der Seeperl- muschel diejenigen der Flußmuscheln. Neben einer echten indischen Perle sieht eine Flußperle kalt und matt aus, während jene Wärme und Leben hat. Perlen mit schöner glänzender Oberfläche sind etwas härter als andere, matte, was mit der mehr oder weniger innigen Aufeinanderlagerung der einzelnen Schichten zusammenhängt. Der Glanz der Oberfläche ist mit dieser vergänglich und der Wert der Perle da- durch einer starken Verminderung unterworfen. Man hat daher alle möglichen Mittel versucht, alten und verdorbenen Perlen den ursprünglichen Glanz, die erste Frische der Jungfernperlen, wiederzugeben, aber alle vergeblich. Versucht man die unscheinbar ge- wordene Oberfläche zu entfernen, in der Hoffnung, unter der obersten Kalkschicht eine zweite mit ebenso schönem Glanz anzutreffen, so findet man sich gewöhnlich getäuscht. Das Innere ist meist dunkel und trübe, etwa vergleichbar einem toten Fischauge. Nur selten kommt es vor, daß eine Perle einen besseren Kern einschließt, so daß sie durch vor- sichtiges Abschälen der obersten Schichten verbessert werden kann. Daher hat man andere, zum Teil unsinnige Mittel versucht, um ohne Verletzung der trüb und matt ge- wordenen Perle ıhre erste Schönheit zurückzugeben. Man hat sie längere Zeit in die Tiefen des Meeres versenkt, hat sie Hühnern und Tauben zu fressen gegeben usw., aber ohne Erfolg. Die unnachahmliche Zartheit des Perlglanzes ist, wenn einmal verschwunden, für immer und unwiederbringlich dahin. Keine Perle ist völlig durchsiehtig, doch gehört zur vollkommenen Schönheit ein hoher Grad von Durchscheinenheit, der allerdings vielen Perlen fehlt. Auf der mehr oder weniger großen Menge des hindurchgehenden Lichtes beruht auch bei der Perle wie bei den Diamanten das, was man das „Wasser“ zu nennen pflegt. Man spricht auch bei den Perlen vom ersten, zweiten usw. Wasser. Von sehr großer Wichtigkeit für den Wert einer Perle ist die Farbe. Die meisten Sehmuckperlen sind weiß, gelblichweiß oder bläulichweiß, seltener rötlich oder schwärzlich- grau. Eine vollkommene, perlmutterglänzende oder, wie die Juweliere sagen, „reife“ Perle hat die Farbe der Perlmutterschicht ihrer Muschel, doch beruht die Färbung auch zuweilen auf individuellen, jeder Perle eigentümlichen, von der Schale unabhängigen Ursachen, namentlich stimmt sie dann mit derjenigen der letzteren nieht überein, wenn die Perlmutterschicht fehlt. Die Perlen der echten Seeperlmuschel (Avieula oder Meleagrina margaritifera) sind weiß und diese weißen, und zwar die silberartig milehweißen, sind Bauer, Edelsteinkunde, 2. Aufl. 46 122 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. die wertvollsten. Die Farbe ist um so schöner weiß, je feiner und regelmäßiger die kleinen Unebenheiten der Oberfläche sind. Das auffallende Licht wird durch diese zarten Erhöhungen und Vertiefungen nach allen Richtungen so vollkommen zerstreut zurück- geworfen, daß dıe Perle fast leuchtend weiß erscheint. Es gehört aber auch noch dazu, daß die Perle bis in das Innerste hinein aus farbloser Perlmuttersubstanz besteht; ein etwa vorhandener, größerer, brauner Kern aus Stäbehensubstanz schimmert immer durch die stark durchscheinenden äußeren Perlmutterschichten hindurch und übt so einen schäd- lichen Einfluß, indem er die Perle düster und trübe macht, besonders wenn über dem Kern nur eine dünne Perlmutterlage sich befindet. Solche grau oder braun durchscheinen- den Perlen werden „unreif“ genannt. Von einer großen und schönen indischen Perle wird berichtet, daß sie „wie eine Quecksilberkugel“ auf weißem Papier hinrolle, das Metall an Glanz und an Weiße übertreffend. Solche silberartig perlglänzenden, weißen durchscheinenden Perlen sind die „Perlen vom schönsten Wasser“; sie haben außen stets eine dicke Perlmutterschicht. Viele echte Perlen zeigen indessen auch einen Stich ins Gelbliche oder eine ausgesprochenere gelbe Farbe, und zwar häufiger die von Persien als die von Ceylon. Diese gelbliche Farbe ist’in Asien, Indien, China usw. vielfach beliebt; gelbliche Perlen sind hier geschätzter als weiße, weil sie für dauerhafter gelten als die letzteren. Man sagt, daß weiße Perlen beim Aufenthalt in der faulenden Muschel gelb werden; nach besonderen in dieser Richtung angestellten Versuchen ist dies jedoch nicht, oder jedenfalls nicht immer der Fall. Auch ein leichter blauer Schein kommt vielfach vor, der wie der gelbe mit der Gesamtfärbung der Perlmutterschale zusammenhängt. Zuweilen kommen aus der Südsee und aus dem mexikanischen Meerbusen auch schöne schwarze Perlen, die wahrscheinlich in der Nähe des Mantelrandes entstanden sind. Sie sind die härtesten von allen und haben bei schöner und gleichmäßiger Farbe und guter Gestalt fast denselben Wert wie die rein weißen. In Europa sind sie zu Trauerschmuck nicht unbeliebt. Zwischen den weißen und den schwarzen Perlen stehen die nicht seltenen bleifarbigen, die sich bald mehr den ersteren, bald mehr den letzteren im Aussehen nähern. Rotbraune, etwas eisenhaltige Perlen stammen aus Mexiko, bronze- artig schimmernde liefert die Hammermuschel (Malleus) von den Gambia-Inseln. Grau- braune Perlen enthält nieht selten unsere Flußperlmuschel (Margaritana margaritifera); es fehlt ihnen die Perlmuttersehicht. In der Stecekmuschel (Pinna nobilis) trifft man hell- und dunkelbraune Perlen, die, zum Teil ebenfalls ohne Perlmutterlage, von der Stäbchenschicht gegen außen begrenzt sind. Indessen enthält dieselbe Muschel auch perl- mutterglänzende Perlen von granatroter Farbe, die bei den semitischen Völkern wie bei den Indiern als besonders kostbar galten. Hellrosenrote Perlen mit zarten, weißen Wellen- linien, dem schönsten rosenroten Sammet gleichend, sollen von den Bahama-Inseln stammen. Hellblaue Perlen trifft man vielfach aus der eßbaren Miesmuschel (Mytilus edulis), weiß- grüne und schwach rosarote aus Spondylus gaederopus, violette aus der Archenmuschel (Arca Noae), purpurfarbige aus Anomia cepa, bleifarbige aus Placuna placenta. Mattweibe Perlen, also ohne den schönen Glanz der echten Perlmuscheln, können wahrscheinlich alle Mollusken liefern, die eine weiße Innenfläche haben, in einzelnen Fällen sogar, wenn ihnen eine Perlmutterschieht fehlt; bekannt sind solche unter anderem aus der Pilger- muschel (Peeten jacobaeus), der Riesenmuschel (Tridacna gigas), aus manchen Arten der gewöhnlichen Malermuschel (Unio), oder bei unserer gemeinen Teichmuschel (Anodonta), ferner aus der sogenannten Messerscheide (Solen), und anderen. Auch die eßbare Auster (Ostrea edulis) hat sehon, trotz des Fehlens der Perlmutter, solche mattweise Perlen ge- hefert; von einem Austernesser wird erzählt, daß er beim Verspeisen einer solehen Muschel in dieser eine Perle fand, die er für 22 Taler verkaufte. Dal man auch in manchen Schnecken Perlen findet, ist schon erwähnt. Der große westindische Strombus gigas und du > u PERLEN. EIGENSCHAFTEN UND ENTSTEHUNG. GRÖSSE. 123 die ostindische Turbinella scolymus liefern sehr schöne rosenrote Exemplare, allerdings ohne Perlmutterschicht und daher keine eigentlichen echten Perlen. Sie sind dadurch ausgezeichnet, daß sie, wie die Schneckenschalen, aus denen sie stammen, die Farbe mit der Zeit verlieren, was bei einer wahren Perle niemals vorkommt. Manche Perlen zeigen auch einen Anflug von Perlmutterfarben und schillern beim Drehen, wenn gleich nur sehr schwach, bläulich, graulich und rötlich. Sie haben auf ihrer Oberfläche unregelmäßig begrenzte Felder dünner Perlmuttermasse, welche die unter- liegende Schicht nicht gleichmäßig bedecken. Man bemerkt auf ihrer Oberfläche auber jenen kleinen Vertiefungen Erhabenheiten, zarte unregelmäßig gekrümmte Furchen, die entweder mit anderen ziemlich parallel laufen oder kleine geschlossene Kurven von unregelmäßiger Gestalt bilden, genau wie wir es oben bei der Perlmutter kennen gelernt baben. Die Farbenerscheinung hat auch die nämliche mit diesem Bau in Verbindung stehende Ursache wie bei der letzteren. Auch die Form der Perlen ist für ihre Verwendung und für ihren Wert keines- wegs gleichgültig. Es zeigen sich hierin mannigfache Verschiedenheiten. Gewöhnlich ist sie ganz regelmäßig kugelig rund oder mehr oder weniger oval oder auch birn- förmig, an einem Ende dick, am anderen dünn. Diese letzteren, die birnförmigen und die länglichovalen Perlen heißen Perlenbirnen, die birnförmigen speziell auch Glocken- perlen, die kugelförmig runden Tropfen oder Perlenaugen. Die ovalen Perlen enthalten manchmal zwei Kerne, deren jeder von Perlmutterlagen umgeben ist und die dann weiter nach außen hin von Perlmutterschichten bedeckt werden, die um beide Kerne herum gehen. Es sind hier offenbar zwei ursprünglich getrennte kleinere Perlen zu einer srößeren miteinander verwachsen. Perlen, die auf einer Seite von Natur flach sind, heißen Boutonperlen. Nicht selten ıst eine größere oder geringere Abweichung von den erwähnten Ge- stalten; sehr unregelmäßig geformte Perlen werden Barockperlen genannt. Sie finden sich verhältnismäßig besonders häufig in der Perlmuschel des süßen Wassers. Auch sie werden noch zum Schmuck und zu anderen Zweeken benutzt, doch sind sie weniger geschätzt als regelmäßiger rundliche von den oben genannten Formen. Wie weit die Abweichung der Barockperlen in der Gestalt gehen kann, zeigen unter anderem zwei derselben, die der Pariser Juwelier Caire beschreibt. Die eine von ihnen ahmt täuschend den Kopf eines Hundes, die andere den Orden des heiligen Geistes nach. Sehr wechselnd ist die Größe. Die größte Perle, die man erwähnt findet, ist eine im Besitz des Schah von Persien. Sie hat eine birnförmige Gestalt und ist 35 mm lang und 25 mm dick. Fbenfalls für die größte bekannte Perle wird die in der Sammlung von Beresford Hope im South Kensington-Museum in London erklärt. Diese wiegt 3 Unzen oder ungefähr 455 Karat; sie mißt zwei Zoll in der Länge und 4'/2 Zoll ım Umfang, ist also nicht ganz 1'; Zoll diek; demnach würde sie etwa die Größe eines Hühnereies haben. In der österreichischen Kaiserkrone ist eine Perle von 300 Karat, aber von mittelmäßiger Qualität. Eine Perle, die im 16. Jahrhundert von Panama an den spanischen Hof kam, soll die Größe eines Taubeneies gehabt haben. Für die schönste unter den großen Perlen gilt die im Museum von Zosima in Moskau befindliche indische die den Namen La Pellegrina erhalten hat. Sie ist vollkommen kugelrund, sehr schön weiß und beinahe durchsichtig und wiegt 28 Karat. Soleher größerer Exemplare gibt es noch mehr, doch ist die überwiegende Mehrzahl kleiner bis sehr klein. Je nach der Größe haben die Perlen besondere Namen erhalten. Die außergewöhnlich groben, die nur in einzelnen Exemplaren vorkommen, etwa die von den Dimensionen einer Wal- nuß und darüber, heißen Parangonperlen, solche von der Größe einer Kirsche 46* 724 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. Kirschperlen. Zahlperlen oder Stückperlen sind kleiner, aber immer noch so groß, daß sie einzeln dem Stück nach bezahlt und gehandelt werden; es sind dies Perlen über ein Karat. Saat-, Lot- oder Unzenperlen kommen nicht mehr einzeln in den Handel, sondern nur noch in Partien. Die kleinsten und unscheinbarsten werden Sand-, Stoß- oder Staubperlen genannt. Ihre Größe geht bis zu der eines Hirsekorns und noch weiter herunter. Die gewöhnlichste Größe schöner indischer Perlen ist das andert- halb- bis dreifache einer Erbse. Im Handel werden die Perlen mittels Sieben nach der Größe sortiert. Regelmäßig runde Perlen von einem gewissen Durchmesser haben stets sehr nahe dasselbe Gewicht. Dieses läßt sich mit Hilfe der sog. Perlenleeren, bestimmen, Nickelplättchen mit runden Öffnungen von verschiedener Größe, deren Durchmesser steigenden Gewichten von '/2 Grän an entsprechen Der Durchmesser jeder Perle läßt sich dadurch leicht ermitteln, und bei jedem Loch steht das entsprechende Gewicht angeschrieben. Verwendung der Perlen. Die Verwendung der Perlen ist im wesentlichen dieselbe wie bei den Edelsteinen. Schon im frühesten Altertum sind Perlen zum Schmuck sehr beliebt gewesen. Welcher Luxus damit namentlich bei den Römern getrieben wurde, ist aus den Erzählungen der Schriftsteller jener Zeit zu ersehen und zum Teil allgemein bekannt. Wenn aber auch die Verwendung bei Perlen und Edelsteinen im allgemeinen die- selbe ist, so ist doch ein großer Unterschied insofern vorhanden, als die Perlen keiner Bearbeitung, keinem Schleifprozeß unterzogen werden dürfen. Durch das Schleifen erhält ein Edelstein erst seine Schönheit, erst dadurch wird er zum Schmuck geeignet. Eine Perle würde dadurch ihre Schönheit verlieren, die durchaus an ihre natürliche Oberfläche gebunden ist; sie muß so benutzt werden, wie sie aus der Hand der Natur hervor- gegangen ist. Eine oberflächlich matte Perle kann nicht durch Polieren verbessert und eine solehe von unregelmäßiger Form nicht durch Abschleifen günstiger gestaltet werden, weil dadur&h der eigentümliche Glanz verloren gehen würde. Das Fassen der Perlen geschieht auf verschiedene Weise, aber der geringen Durch- sichtigkeit wegen nie ä jour, wie bei den kostbarsten Edelsteinen. Schöne große Perlen sieht man häufig mit kleinen Diamanten oder farbigen Steinen karmoisiert; umgekehrt umgibt man Edelsteine der verschiedensten Art zur Hebung des Effektes mit kleinen Perlen. Am häufigsten werden aber die Perlen in der Mitte durchbohrt und auf Schnüre gezogen. Die Bohrung geht der geringen Härte wegen leicht von statten, wir haben aber schon oben gesehen, daß auf Schnüre aufgefaßte Perlen leicht der Zerstörung unterliegen, besonders durch Abbröckeln an den beiden Mündungen der Bohrung. Bei solchen Perl- schnüren ist es sehr wichtig, nach Form, Größe und Beschaffenheit (Farbe usw.) gut zusammenpassende Exemplare aneinanderzureihen, da im anderen Falle leicht ein wenig angenehmer Anblick hervorgebracht wird. Dabei brauchen aber nicht alle Perlen einer Schnur einander ganz gleich zu sein. Wenn sie auch kleine Verschiedenheiten zeigen, können sie, dicht aneinander gereiht, gleich aussehen, indem sich die kleinen Unterschiede des Aussehens gegenseitig aufheben und einem gleichmäßigen Anblick aller Platz machen. Auch Perlen geringerer Qualität können so zuweilen noch eine gute Wirkung ausüben. Es ist daher bei der Untersuchung und Preisbestimmung einer wertvollen Perle, die mit anderen auf eine Schnur gezogen ist, Regel, die übrigen Perlen zu bedecken, damit keine gegenseitige Beeinflussung stattfinden und jede für sich allein wirken kann. Kleine Perlen (bis 2 mm Durchmesser) werden nicht selten in der Mitte durchge- schnitten, und die so erhaltenen Halbperlen in Schmuckstücke eingesetzt. Die Her- stellung von Halbperlen wird u. a. in Idar in großem Umfang betrieben, wo der Handel mit Perlen neben dem mit Edelsteinen eine bedeutende Rolle spielt. PERLEN. VERWENDUNG. PREIS. 125 In eigentümlicher Weise benutzt man zuweilen die Barockperlen mit ihren mannig- faltigen und oft wunderlichen, unregelmäßig rundlichen Formen. Sie dienen zur Her- stellung kleiner Kunstgegenstände, namentlich von Karrikaturen, indem man sie durch Zufügung der fehlenden Teile zu Gestalten aller Art ergänzt. Eine reiche Sammlung solcher Sachen, einige Perlen von ungewöhnlicher Größe enthaltend, findet man im Grünen Gewölbe in Dresden. Beispielsweise ist darunter die Figur eines Hofzwerges, dessen Leib von einer passend gestalteten Barockperle in der Größe eines Hühnereies gebildet wird. Auch die Gegenwart hat den Geschmack der Rokokozeit an derartigen Absonderlichkeiten noch nicht ganz verloren; noch jetzt stellt man zuweilen ähnliche Dinge aus Barock- perlen dar. Auch die auf den Schalen festgewachsenen Perlenwarzen, die gleichfalls unregel- mäßig gestalteten Phantasieperlen, sind zuweilen von solcher Schönheit, dab sie zu Schmucksachen Verwendung finden können. Sıe werden von der Unterlage losgeschnitten und bilden dann im großen und ganzen halbkugelige Formen. Vielfach werden zwei von diesen mit ihrer Rückseite aneinander gekittet und so zu Halsschmuck, Ohrgehängen usw. benutzt. An dem ganz abweichenden Glanze der Schnittfläche, mit der diese Perlen an der Schale saßen, lassen sich derartige einseitig flache Phantasieperlen leicht von natürlichen in dieser Form unterscheiden. Was den Preis der Perlen anbelangt, so steht er hinter dem der feinsten Edelsteine nicht zurück und ist gegenwärtig sehr hoch. Man findet riesige Summen angegeben, die für einzelne, besonders schöne große Perlen bezahlt worden sind. Wie bei den Edelsteinen, so ist auch hier der Wert abhängig von der Größe, der Form und dem vor- zugsweise auf Glanz und Farbe beruhenden Aussehen. Schöne Formen heben den Preis, unregelmäßige Gestalten vermindern ihn, und unter sonst gleichen Verhältnissen, also bei gleicher Beschaffenheit und Größe, ist eine unregelmäßig gestaltete Perle erheblich weniger wert als eine solche von regelmäßiger Form. Am meisten geschätzt ist die reine Kugel- gestalt, darnach eine ganz symmetrische, ringsum gleiche Birnform, auf welche die ovale oder Eiform folgt. Besonders wichtig ist das Aussehen. Eine Perle von der besten Sorte (vom ersten Wasser) muß eine glatte Oberfläche und einen vollkommenen „Orient“ haben, was mit einer recht dünnblätterigen, feinen Struktur zusammenhängt; sie darf keine Flecken und keine Risse zeigen, und sie muß endlich einen hohen Grad von Durchscheinenheit und eine schöne weiße Farbe besitzen, verbunden mit einem möglichst vollkommenen Perlenglanz. Allerdings stehen auch schöne schwarze Perlen sehr hoch im Preise und nicht weniger solche mit einer schönen und kräftigen sonstigen Farbe, rot, gelb usw. aber immer nur, wenn der Glanz gut ist. Perlen ohne „Orient“ haben auch bei der schönsten Farbe und der vollkommensten Form nur einen geringen Wert. Die Preise der großen und schönen Perlen sind Liebhaberpreise, für die es keine allgemeinen Regeln gibt; sie wechseln und werden von Fall zu Fall nach den speziell vorliegenden Verhältnissen festgesetzt. Für kleinere Perlen, die im gewöhnlichen Handel umlaufende Ware, haben sich Marktpreise herausgebildet, die ebenfalls mit der Zeit ver- änderlich sind und die sich jeweilig wie sonst nach Angebot und Nachfrage regulieren. Es gelten hierfür dieselben allgemeinen Grundsätze wie bei den Edelsteinen. Dabei entspricht der Preis ziemlich genau der sogenannten Tavernierschen Regel, d.h. er steigt im Quadrat des Gewichts, wobei man von dem Grän (= Viertelkarat) aus- zugehen pflegt. Eine Perle von 1 Grän der gewöhnlichen Handelsware (Schnurware) kostet gegenwärtig je nach der Qualität (Form und Schönheit) mindestens 2—10 Mark. Nehmen wir beispielsweise die Sorte, von der ein Grän 6 Mark wert ist, dann kostet eine Perle von: 726 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. 1 Gran Tree eh 2a Mäark 1a; N er a ee A RE = en, 1 = 2 ee | 65— 6 > 2 3 2 Ds 274 - 3 U Por ER IE DEREN. de) 3 6b = 54 4 (ZHlERaranee 4 4 6 = % „. usw. Um eine ungefähre Anschauung von Perlen verschiedenen Gewichts zu geben, sei erwähnt, daß eine solche von drei Karat ungefähr die Größe einer Erbse hat. Im Preise der Perlen ist ein Unterschied, ob man eine solche einzeln kauft oder eine größere Anzahl, die nach Form und Beschaffenheit auf einer Schnur vollkommen zueinander passen. Solche werden höher berechnet als einzelne von derselben Qualıtät, da es meist schwierig ist, zusammenstimmende Exemplare in genügender Menge zu er- halten. Oft ist eine lange Sammelzeit erforderlich, während der die schon vorhandenen und bezahlten ungenützt daliegen. Möbius berichtet, daß seiner Zeit (Ende der fünf- ziger Jahre) eine Schnur von 70 bis 80 dreikarätigen (also erbsengroßen) Perlen 4000 bis 6000 Taler gekostet habe, was für die einzelne Perle etwa 70 Taler ausmacht. Dies ist ungefähr das Doppelte des damaligen Preises einer einzelnen Perle von derselben Größe und Beschaffenheit. Zum Schlusse sei der Wert einiger großer und schöner Perlen erwähnt. Die oben schon besprochene Perle aus der Hope-Kollektion im South-Kensington-Museum in London wird auf 250000 Mark geschätzt. Bei der Taxierung der dem französischen Kronschatz gehörigen Perlen im Jahre 1793 wurde der Wert einer 275/16 Karat schweren runden Jungfernperle von prachtvollem Schmelz und Wasser auf 200000 Franken festgesetzt, der von zwei wohlgeformten birnenförmigen Perlen von sehr schönem Wasser, zusammen 571146 Karat schwer, auf 300000 Franken, von vier verschieden gestalteten Perlen von 16466 Karat auf 60000 Franken usw. ‚Jener zuerst genannten gegenüber betrug der Wert einer 36'106 Karat wiegenden birnenförmigen, aber auf einer Seite flachen Perle nur 12000 Franken, woraus der große Einfluß von der Gestalt und der Beschaffenheit zu ersehen ist. Auf der internationalen Fischereiausstellung in Berlin im Jahre 1880 hatten Berliner Juweliere eine Schnur gelblicher indischer Perlen ausgestellt, die S0000 Mark wert war, eine Schnur weißer Perlen von Panama, welche 100000 Mark kostete, und eine Schnur schwärzlicher Perlen aus dem pazifischen Ozean, die auf 120000 Mark ge- schätzt wurde. Perlenfischerei. Wenn auch, wie wir gesehen haben, zahlreiche Schaltiere Perlen erzeugen können, so sind es doch vorzugsweise nur zwei Arten von Muscheln, die so viel von diesen kostbaren Körpern liefern, daß das systematische Einsammeln derselben einen lohnenden Industriezweig bildet. Es ist dies vor allem die echte Seeperlmuschel (Meleagrina oder Avicula margaritifera), die in den warmen Meeren vieler tropischer Gegenden lebt; sodann in zweiter Linie und unendlich weniger wichtig die Flußperl- muschel (Unio, Margarıtana oder Alasmodonta margaritifera) und einige nahe Verwandte, welche zahlreiche Bäche meist nordischer, jedenfalls stets außertropischer Länder bewohnen. Die Seeperlmuschel liefert den Juwelieren weitaus die meisten und auch die schönsten Perlen und hat das auch schon im Altertum getan. Ebenso kommt von ihr die größte Menge der Perlmutter, die in den Handel gebracht und von der Industrie in der allgemein bekannten Weise verarbeitet wird. Die Zahl der Perlen, die das süße Wasser liefert, ist klein und deren Qualität im allgemeinen gering. Wenn wir uns zuerst zu der der Seeperlmuschel wenden, so ist es nach der An- nahme der meisten Conchyliologen fast überall eine und dieselbe Spezies, welche die PERLEN. PERLENFISCHEREI. VERBREITUNG. 227 echten Perlen, die Seeperlen, liefert. Wohl sind an den Muscheln verschiedener Gegenden gewisse Abänderungen in der Größe und Dicke der Schalen, in der Rauhigkeit der Außen- fläche, der Färbung der Innenfläche usw. vorhanden, aber diese Merkmale sind doch zu wenig bestimmt, als daß sich darauf wohl abgegrenzte Arten gründen ließen. Manchmal werden die kleinen und dünnschaligen, daher nieht als Perlmutter brauchbaren Muscheln unter dem Namen Avicula margaritifera von den großen und dickschaligen unterschieden, die dann Meleagrina margaritifera genannt werden, aber es sind doch zahlreiche Über- gänge vorhanden, die gegen eine scharfe Trennung sprechen. Die Seeperlmuscheln leben stets in großer Zahl zusammen und bilden, wie die Austern, sogenannte Bänke. Diese liegen meist nur 6—9 m, manchmal auch 10—18 m unter dem Meeresspiegel, nur selten noch tiefer. Der Untergrund ist meist kalkig, und zwar am häufigsten Korallenboden. Die Muscheln sind nicht frei beweglich, sondern mittels eines Bündels zäher horniger Fäden, des sogenannten Bartes oder Byssus, der durch einen Ausschnitt am Schloßrande der einen Schale aus dem Innern derselben heraus- tritt, an ‚irgendeinem festen Körper des Meeresgrundes festgewachsen. Die Perlmuschel- bänke sind noch von Korallen, Schnecken und vielen anderen Seetieren belebt Die Temperatur des darüber stehenden Wassers beträgt kaum weniger als 25° ©. Um diese Muscheln vom Meeresgrunde loszureißen und aus dem Wasser heraus- zuholen, steigen Taucher in die Tiefe hinab, zum Teil fast ohne jede künstliche Unter- stützung ihres schweren und gefahrvollen Berufes, zum Teil aber auch mit den besten Apparaten ausgestattet, die das Betreten nicht zu großer Meerestiefen verhältnismäßig leicht und gefahrlos machen und ein längeres Verweilen unter dem Wasser ermöglichen. Es hat sich dabei herausgestellt, daß die Perlmuscheln nicht überall, wo sie vorkommen, so reich an Perlen sind, daß die Gewinnung lohnend ist und daß namentlich nicht immer dieselben Muscheln zahlreiche Perlen und gleichzeitig Perlmutter von guter Beschaffenheit liefern. So kommt die beste Perlmutter, die man kennt, und von der eine Tonne (= 1000 kg) 1600—3000 Mark wert ist, von den Perlmuscheln aus dem die Sulu-Inseln (zwischen den Philippinen und der Nordspitze von Borneo) umgebenden Meere, die aber verhältnismäßig wenig Perlen enthalten. Im Gegensatz dazu liefert die Insel Ceylon in dem Golf von Mannar die meisten und schönsten Perlen der Welt, die Schalen der dortigen Perlmuschel sind aber wegen zu geringer Dicke in der Perlmutterindustrie fast un- brauchbar. Die weitaus bedeutendsten Perlfischereien von allen sind die in der Straße von Mannar an der Nordwestspitze von Ceylon (Fig. 69, p. 361), die nach einem alten Fort auch die Fischereien von Arippu genannt werden. Auch an der gegenüberliegenden Koromandel- küste des indischen Festlandes werden Perlen, aber in geringer Menge, gewonnen. Das Meer ın dieser Gegend ist durch die nördlich vorliegenden Inseln und Sandbänke sehr geschützt, so daß sich die Perlmuscheln darin in voller Ruhe entwiekeln können. Die wichtigsten Bänke, sog. Paars, liegen zwischen 8" 30° und 9° nördlicher Breite und sind 3 (englische) Meilen von der Küste entfernt gegenüber von Maruchchukkaddi, dem Hauptort des Perlenhandels in Ceylon. Die größten haben eine Länge von 2 (engl.) Meilen und eine Breite von 2; Meilen. Im ganzen ziehen sich die Muschelbänke 90 Meilen weıt an der Küste hın bis zu einer Entfernung von 12 Meilen vom Ufer. Die vorzüglichsten Muscheln liegen 6—13 Meter tief unter dem Wasserspiegel. Von diesen Bänken wurden schon im Altertum Perlen bezogen; seit unvordenklichen Zeiten wird hier nach Perlen getaucht, und zwar jetzt noch im wesentlichen auf dieselbe Weise, wie schon zur Zeit der alten Römer und noch früher. Die Perlfischerei stand seit frühester Zeit stets unter der Kon- trolle der jeweiligen Landesregierung, zuerst der einheimischen, dann der portugiesischen, der holländischen und jetzt der englischen. Die Hauptstation der Taucher in diesen 728 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. Gegenden ist Kondachehy. Dieser Ort ist zur Zeit der Fischerei, während 6 Wochen der Monate März und April, in denen das Meer am ruhigsten ist, von Menschen aus allen Teilen Indiens belebt. 15000—20000 Taucher, Fischer, Haifischbeschwörer, Händler usw. bevölkern dann den sonst menschenleeren Strand. Eine große Zahl von Booten, bis 300, je mit 10 Tauchern, fahren auf die von der Aufsichtsbehörde genau abgegrenzten Fischgründe und suchen so viel Perlmuscheln als möglich zu erlangen. Jedes Boot kann an einem Tage im Durchschnitt 20000 Muscheln sammeln. Es kommt auf seine Kosten, wenn in 1000 Muscheln für 2—3 Mark Perlen sich finden, ein um die Hälfte größerer Ertrag gilt schon für einen guten Fang. Die Muscheln werden selten sofort am Lande geöffnet. Meist kommen sie in abgeschlossene Räume, in denen sie absterben und unter Verbreitung eines entsetzlichen Geruches verwesen. Die faulenden Massen bringt man dann in hölzerne Gefäße, in denen sich die in den Muscheln vorhanden gewesenen Perlen sammeln. Schon an Ort und Stelle werden diese mit Hilfe von verschieden weiten Sieben nach der Größe in Sorten geteilt, häufig auch gleieh gebohrt und so verkauft. Doch ist die Zahl der zum Schmuck tauglichen unter der Gesamtzahl sehr beschränkt. Die aller- meisten eignen sich hierzu nicht; sie werden in Indien, wie auch sonst im Orient, zu medizinischen Zwecken benutzt und dienen unter anderem z.B. auch als kostbarer Ersatz des gewöhnlichen Kalkes bei der Bereitung des Betels, ein Luxus, den sich natürlich nur die Reichsten erlauben können. Die Muschel von Ceylon bleibt klein und erreicht etwa die Größe der flachen Hand ohne die Finger. Ebenso ist auch die Dicke stets gering, so dab sie als Perlmutter keinen Wert hat, obwohl der Glanz und das Aussehen der Innenfäche sehr schön ist. Neuerdings werden die gefischten Muscheln mittels Röntgenstrahlen auf Perlen unter- sucht, die dabei als schwarze Punkte deutlich hervortreten. Es ist dabei nicht nötig, Muscheln ohne Perlen unnützerweise zu töten, und von den sehr kleinen Perlen, die man bemerkt, kann man wohl annehmen, daß sie noch weiter wachsen, wenn man das Tier wieder in das Meer wirft. Die Perlenfischerei ist in jenen Gegenden nicht auf den Golf von Mannar beschränkt, sie findet auch bei Trincomalee an der Ostküste von Ceylon statt und noch an anderen Orten, die aber wie der letztere wenig wichtig sind. Überall wird der Betrieb der Fischerei so gehandhabt, daß eine Stelle, die befischt worden ist, 6-7 Jahre lang ın Ruhe bleibt, damit sie sich ungestört von neuem bevölkern kann. Dieser Zeitraum ist genügend, um die ganz jungen Perlmuscheln zu völlig entwickelten Tieren heranwachsen zu lassen. Viel älter als 7 Jahre scheinen sie nicht zu werden, denn wenn man eine Bank länger als 7 Jahre ruhen läßt, findet man viele tote Tiere in derselben. Von großer Bedeutung und gleichfalls schon im Altertum bekannt und ausgebeutet, sind die Perlmuschelbänke im persischen Meerbusen, besonders auf der westlichen, arabischen Seite. Die Fischerei ist hier gänzlich in den Händen der Araber, die jede Konkurrenz fernzuhalten wissen. Sie wird in ganz ähnlicher Weise betrieben wie in Ceylon. Besonders wichtig ist die Umgebung der Bahrein-Inseln an der arabischen Küste (etwa unter 26° nördlicher Breite), indessen sind hier auch weiter südlich auf eine Er- streckung von 70 geographischen Meilen ertragreiche Muschelbänke bekannt, die hier wie bei Bahrein meist in etwa 12—13 Meter Tiefe liegen. An der gegenüberliegenden persischen Küste werden gleichfalls schöne Perlen gewonnen, so unter anderem aus großer Tiefe zwischen den Inseln Kharak und Gorgo, nordwestlich von Abuschir (= Bender Buschir oder kurz Buschir). Die Perlmuscheln des persischen Meerbusens sind doppelt so groß wie die von Ceylon, und dicker, sowie außen glatter. Die Perlen von hier haben einen gelbliehen Schein gegenüber den reinweißen indischen, sonst stehen sie aber in der Qualität hinter den letzteren nicht zurück. a u PERLEN. VERBREITUNG. 729 Im Roten Meer scheint die Perlmuschel, außer im südlichsten Teil, überall ver- breitet zu sein, und an mehreren Stellen findet auch eine nicht unbedeutende Fischerei statt. Wichtig ist diese namentlich bei der Insel Dahlak unweit Massaua, sowie bei den gegenüber an der arabischen Küste liegenden Farsan-Inseln. Perlen von geringer Qualität liefert auch das Meer bei Dschidda, westlich von Mekka in Arabien. An der afrikanischen Küste weiter südlich werden südlich von Sofala bei den Bazaruta-Inseln (21°/ı° südl. Br.) ebenfalls Perlen gewonnen. Die Perlmuscheln des Roten Meeres liefern auch sehr viel gute Perlmutter. Perlmuschelbänke sind über den ganzen Indischen Ozean zerstreut, doch haben sie nicht die Bedeutung der schon genannten. Perlen von geringer Größe und Qualität liefert unter anderem der Meerbusen von Katsch (Cutch) an der Nordküste der Halb- insel Guzerate oder Kathiawar und das Meer bei Karratschi im Indusdelta. Etwas bessere kommen von den Küsten des Mergui-Archipels westlich von Tenasserim auf der Halb- insel von Malakka. Schon genannt sind die Sulu-Inseln an der Nordostspitze von Borneo. Von diesen und den benachbarten Taui-Taui-Inseln kommen Perlen, die an Güte den indischen gleichkommen. Hier und in den umliegenden Meeresteilen ist aber besonders auch die Perlmutter wichtig. Die Schalen sind hier sehr groß und wiegen im Durch- schnitt ®/ı Pfund, gehen jedoch bis zu 2 Pfund. Außer durch die Größe sind sie aber auch durch die Reinheit und den Glanz der Perlmutterschicht hervorragend. Man be- zeichnet sie gewöhnlich als Makassarschalen, da sie vielfach über Makassar (südl. Celebes) in den Handel kommen. Perlen kommen auch von den Küsten von Neu-Guinea und einigen nahe gelegenen Inselgruppen, besonders von den Aru-Inseln. Der ganze Stille Ozean scheint nach Möbıus ein großes Perlenmeer zu sein, denn auf den meisten Inseln, südlich und nördlich der Linie, trafen die Seefahrer Ein- geborene, die sich mit Perlmutter und Perlen schmückten und die mit aus Perlmutter- schalen geschnittenen Angelhaken fischten. Seit einiger Zeit, wahrscheinlich seit 1827 hat sich die Fischerei von Amerika aus entwickelt und liefert Perlen und Perlmutter. Südlich vom Äquator kennt man die Perlmuschel bei den Salomons-, Gesellschafts- und Marquesas-Inseln, sowie bei den Tuamotu- oder Niedrigen Inseln. Hier liegt die kleine Gambier-Insel, die als besonders wichtig bezeichnet wird. Nördlich vom Äquator kommen Perlmuscheln bei dem Marianen- und dem Marschall-Archipel vor. Die kleinen und schlechten Perlen, die die Sandwich-Inseln liefern, stammen nicht aus dem Meere, sondern aus den Wasserläufen des festen Landes, z. B. aus dem Perlenfluß, drei deutsche Meilen von Honolulu auf der Insel Oahu. Neuestens wird von reichen Perlenfunden bei Sachalın berichte. Im Laufe eines Monats sollen Anfangs 1909 etwa für eine halbe Million Mark von den Japanern gewonnen worden sein, fast durchweg rein in der Farbe, vom schönsten Glanz und von verhältnis- mäßig bedeutender Größe. Die meisten hatten einen grauschwarzen Schimmer, es fanden sich aber auch ganz schwarze und gelbe. An der zentralamerikanischen und mexikanischen Westküste liegen weit- ausgedehnte Perlmuschelbänke, die schon vor der Entdeckung der Neuen Welt von den Ureinwohnern ausgebeutet wurden, so besonders bei Tototepee in der mexikanischen Provinz Oajaca.. Auch aus dem kalıfornischen Meerbusen und aus dem Golfe von Panama erhielten die Spanier viele Perlen, und jetzt noch gewinnt man hier Perlen, sowie namentlich auch viel Perlmutter. Im Golfe von Panama ist die Umgebung des Archipels del Rey und von Taboga reich an Perlmuscheln; es sind die Perlinseln (Islas de las Perlas) der ersten Eroberer, deren Bänke aber jetzt der Erschöpfung nahe sind. An der Küste von Costarica wird die Bucht von Nicoya genannt. 730 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. Sehr berühmt waren auf der Ostseite von Amerika früher die Perlenfischereien bei den Inseln Cubagua und Margarita im Antillenmeer an der Nordküste von Vene- zuela, deren Perlen alle anderen amerikanischen an Größe und Sehönheit übertrafen. Gleichwohl sind aber diese „oceidentalischen“ Perlen alle niemals ganz so schön wie die „orientalischen“ oder indischen. Sie sind zwar oft größer, aber meist weniger regelmäßig rund und mehr bleifarbig. Jetzt findet um jene beiden Inseln keine Fischerei mehr statt, die Bänke sind erschöpft, und die von Diego Columbus, dem Sohne des Entdeckers, 1509 gegründete, einst durch den Perlenhandel reiche Stadt Neu-Cadıx auf Cubagua zwischen Margarita und dem Festlande ist vollständig verschwunden. Nur an der kolum- bischen Küste zwischen Rio Hacha und Maracaibo werden jetzt noch schöne Perlen ge- wonnen, und zwar mehr als an der amerikanischen Westküste. Sie stammen aber von einer anderen Muschel, der Avicula squamulosa, deren Schalen wegen ihrer geringen Dicke, trotz ihres schönen Glanzes nicht für die Perlmutterindustrie geeignet sind. In den westindischen Meeren wird die Insel St. Thomas genannt, sie hat aber geringe Bedeutung. Möbius schätzt, dab im ganzen im Jahre ungefähr 20 Millionen Seeperlmuscheln gefischt werden, die Perlen und Perimutter liefern. Ungefähr 4 Millionen von diesen Muscheln enthalten Perlen. Kommt nur auf 1000 Muscheln eine mit einer schönen großen Perle, so liefert das Jahr deren etwa 20000 Stück, die zu kostbaren Geschmeiden Verwendung finden können. Wenn sich diese Zahlen auch mit den Jahren ändern, so geben sie doch noch jetzt ein ungefähres Bild von der jährlichen Perlenproduktion. Aus den oben angegebenen Preisverhältnissen der Perlen erhellt, wie große Werte man dadurch jedes Jahr gewinnt. Aber mindestens ebensogroß wie der gesamte Wert der Perlen ist derjenige der Perlmutter wegen der ungeheuren Menge von Schalen, die jährlich die Industrie verbraucht. Trotz der Millionen von Muscheln, die ohne Unterlaß dem Meere entnommen werden, scheint eine Erschöpfung der Bänke nicht einzutreten. Wenn auch an einigen Orten die Fischerei infolge zu starken Betriebes aufgehört hat, so ist doch im groben und ganzen ein Nachlassen der Produktion nicht zu bemerken und, wie es scheint, auch nicht zu befürchten. Mehrfach, namentlich in den holländisch-ostindischen Meeren, sind schon Versuche gemacht worden, künstliche Perlmuschelbänke anzulegen, indem man, ähnlich wie es mit der eßbaren Auster zuweilen geschieht, Muscheln an geeigneten Stellen aussetzte und sie der natürlichen Entwicklung überließ. Es scheint aber, als ob noch keine erheblichen Resultate erzielt worden wären. Eine Schwierigkeit liegt jedenfalls darin, daß, wenn auch die Tiere gedeihen, sie darum doch noch nieht notwendig Perlen liefern, denn dazu bedarf es, wie wir gesehen haben, gewisser Störungen in der Entwicklung, welche die Ausscheidung der Perlen bewirken, und diese sind nicht überall vorhanden. Es wäre also notwendig, auch die Schmarotzertierchen mit zu verpflanzen, die dies in den meisten Fällen veranlassen. Süsswasserperlen. Neben den Meeresperlen spielen die Süßwasserperlen, wie wir schon gesehen haben, eine ganz untergeordnete Rolle. Die Flußperlmuschel, die hier zuerst zu nennen ist, gleicht der gewöhnlichen Malermuschel sehr und zeigt namentlich dieselbe Zerfressenheit der Außenfläche der Schale um den Wirbel herum, sie wird aber etwas größer. Man nimmt an, daß etwa 100 Muscheln eine Perle liefern und daß unter 100 Perlen eine gute ist. Aber die Beschaffenheit auch der besten Flußperlen steht hinter der der Meeresperlen im allgemeinen zurück, da sie einen bleifarbigen Schimmer haben, da sie oft der Perlmutterschiebt entbehren und dann glanzlos und graubraun sind. Auch hier werden wie bei der Seeperlmuschel in vollkommen regelmäßig gebildeten Schalen keine Perlen gefunden; nur in solchen, die in ihrer Entwicklung gestört worden sind, was sich durch eine runzliche, höckerige, gefaltete oder sonst unregelmäßige Gestalt zu erkennen gibt, kann man Perlen erwarten, oft aber auch in diesem Falle vergeblich. ee ig Pe N r PERLEN. SÜSSWASSERPERLEN. T7al Flußperlmuscheln finden sich in allen Weltteilen, aber der Seeperlmuschel entgegen- gesetzt mehr in kalten als in warmen Gegenden, und zwar in Bächen und kleinen Flüssen mit klarem und frischem Wasser. In Europa fehlt sie m den südlichen Ländern und im Alpengebiet. Innerhalb Deutschlands bewohnt sie hauptsächlich manche Wasserläufe, die vom böhmischen und bayerischen Wald, sowie vom Fichtel, Erz- und Riesengebirge kommen. Bekannt als perlenführend sind vor allem die Ilz und der Regen in Niederbayern ; die Ölsnitz oberhalb Berneck und der Perlenbach im oberen Maingebiet; die Elster ım sächsischen Vogtlande mit ihren Zuflüssen, namentlich in der Nähe der Stadt Ölsnitz; der Queiß und die Juppel in Schlesien; die Moldau oberhalb Frauenberg und deren Zufluß Wattawa in Böhmen. Seit Jahrhunderten wırd der Perlmuschel in diesen Gegenden von Seiten der Regierungen die bestmöglichste Pflege zugewendet, namenlich in Sachsen, der Ertrag ist aber trotz alledem minimal, und wird durch Überschwemmungen vielfach sehr beein- trächtigt. Er hat, wie es scheint, nach Zahl und Güte mit der Zeit immer mehr und mehr abgenommen. Wiıe gering der Ertrag der vogtländischen Perlfischerei gegenwärtig ist, ersieht man aus den folgenden Angaben: Im Jahre 1893 wurden 55 Perlen abgeliefert, 1894 sogar nur 13, während das Jahr 1895 deren 68 ergab, nämlich 21 helle, 22 halbhelle und 25 ganz trübe oder verdorbene. Neuerdings hat man die Flußperlmuschel auch in der Ruwer und in anderen Bächen des Hochwalds bei Trier sowie im Spessart entdeckt. In der Elster ıst die Perlfischerei ein Regal. Die berühmten Sammlungen des grünen Gewölbes in Dresden zeigen, daß früher sehr schöne Perlen in den vogtländischen Gewässern vorgekommen sind. Ein Halsband von 177 Elsterperlen, das hier aufbewahrt wird, ist auf 3000 Taler geschätzt worden, und eine Herzogin von Sachsen-Zeitz soll ein Halsband aus vogtländischen Perlen be- sessen haben, für das ein Juwelier 40000 Taler bot. Auch im nördlichen Deutschland haben sich einige Perlen gefunden, so in der echten Flußperlmuschel in der Lüneburger Haide zwischen Celle und Ülzen, in der Wipperau, Gerdau und Barnbeck. Aus einer anderen Muschel, und zwar aus Unio crassus, stammen die wenigen Perlen, die in der Tapps-Aa bei Christiansfeld an der schleswigschen Nord- grenze, und auch z. B. in der Gegend von Rheinsberg, sowie in dem See bei Lindow in der Provinz Brandenburg gelegentlich gefunden worden sind. Seit den Zeiten des Altertums bekannt sind die Flußperlen von England, Schottland und Irland. Es wird behauptet, Julius Cäsar habe seine Expedition nach Britannien wesentlich dieser Perlen wegen unternommen Die echte Flußperlmuschel findet sich in Wales, Cumberland, Schottland und dem nördlichen Irland. Besonders wird der Fluß Conway im nördlichen Wales als eine Hauptquelle der britischen Perlen genannt, die, besonders die schottischen, sehon im 12. Jahrhundert in Paris und Antwerpen Handels. artikel waren. Ebenso wie in England usw. ist aber die Perlmuschel auch in Schweden und Norwegen von Schonen und Christiansand bis Lappland, und im nördlichen Rußland vom Quellgebiet des Don und der Wolga bis zum Weißen Meer vorhanden und liefert eine gewisse Zahl von Perlen, worunter manche gute Exemplare. Eine Perlmuschel, die sich von der europäischen Margaritana margaritifera in keinem Punkt wesentlich unterscheidet, findet sich auch in Nordamerika, besonders in den Neu-Englandstaaten. Sie füßrt allerdıngs sehr wenig Perlen. Dagegen trıfft man im Fluß- gebiete des Mississippi und in den atlantischen Staaten eine Anzahl Arten der nahe ver- wandten Gattung Unio, die viele Perlen enthalten. Schon die ersten europäischen Entdecker dieser Länder fanden dort im 16. Jahrhundert eine ungeheure Menge von Perlen bis zur Größe einer Nuß. Heutzutage ist dem gegenüber der Ertrag gering. Schon erwähnt sind die Flußperlen der Sandwich-Inseln. 12 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. Von besonderem Interesse ist die Perlenindustrie in Ostasien, besonders in China. Im Schmucke der Chinesen spielen Perlen eine große Rolle, daher werden sie in jenem Lande seit Jahrhunderten eifrig aufgesucht. Namentlich ın einigen Flüssen der Mand- schurei, wie übrigens auch in Ostsibirien, sollen perlenführende Muscheln leben, doch ist es noch nicht genauer bekannt, welchen Gattungen und Arten sie angehören. Weiter im Süden, in den Wasserläufen bei Kanton und Hutschefu, ist es die Cristaria plicata, die Perlen liefert. Sie ist von besonderem Interesse, weil sie seit Jahrhunderten zu Versuchen benutzt wird, Perlen künstlich zu erzeugen, d. h. die Muscheln durch gewisse Mittel zur Produktion zu zwingen. Tausende von Chinesen treiben dieses Geschäft, ohne es aber bis zur Entstehung wirklicher runder Perlen bringen zu können. Sie gehen in der Weise vor, daß sie in die vorsichtig geöffnete Muschel ohne Verletzung des Tieres zwischen Mantel und Schale kleine Halbkügelehen oder dünne Buddhabildchen aus Zinn schieben. Diese werden dann durch die Ausscheidung des Mantels mit Perlstoff überzogen und nehmen so ein perlenartiges Aussehen an. Nach zehn Monaten bis drei Jahren ist der Überzug '/ıo bis '/; mm dick, dann können diese Gebilde zum Schmuck benutzt werden. Man schneidet sie von der Schale, mit der sie stets verwachsen sind, ab und fabßt sie in geeigneter Weise. In ähnlicher Weise hat man auch sonst schon versucht, künstliche Perlenbildung hervorzurufen. Man hat Sandkörner oder abgedrehte Perlmutterkügelchen in die Schale eingeführt und gehofft, daß sie sich mit Perlsubstanz überziehen würden, die erlangten Resultate sind aber bisher sehr gering. Es wird erzählt, der große Linn& habe eine Methode der künstlichen Perlbildung gekannt und die Beschreibung derselben schriftlich niedergelegt; es ist jedoch nichts Näheres darüber bekannt geworden. Neben den genannten Versuchen gingen aber vielfach solche her, Perlen aus anderem Material nachzubilden, d. h. Körper herzustellen, die den echten Perlen so ähnlich wie möglich sehen, ohne aber den hohen Preis zu haben. Mit diesen Versuchen haben wir uns nun zum Schluß noch in Kürze zu beschäftigen. Falsche Perlen. Imitationen. Versuche zur Nachahmung von Perlen sind schon vielfach angestellt worden. Sehr nahe läge es, Perlmutter rund abzudrehen und zu polieren, Dies gibt aber keine den Perlen ähnliche Körper, da hier nicht, wie bei der echten Perle, die feinen Perlmutterlagen ringsum der Oberfläche folgen, so daß das Aussehen solcher Perlmutterkugeln ein ganz anderes ist. Ein geeigneteres Mittel hat im Jahre 1680 (vielleicht schon früher, um 1656) der Pariser Rosenkranzmacher Jacquin entdeckt, um Perlen her- zustellen, die den natürlichen sehr ähnlich sind und die namentlich auch den schönen Perlenglanz der letzteren zeigen. Sein Verfahren wird auch heutzutage noch sehr vielfach angewendet und bildet die Grundlage einer blübenden Industrie. Man verfertigt aus einem besonders zu diesem Zwecke hergesteliten farblosen und leicht schmelzbaren Glase, das im Handel Girasol genannt wird, hohle dünnwandige Kügelchen. Je nach der Form, die man diesen ganz beliebig geben kann, lassen sich runde, ovale, birnförmige oder Barockperlen nachahmen. Ihr perlenähnliches Aussehen erhalten diese Glaskugeln, indem man ihre Innenfläche mit einem weißen, silberig glänzenden Farbstoff überzieht, den man aus den Schuppen des Weıßfisches oder Uklei (Cyprinus alburnus — Alburnus lucidus) gewinnt. Er liegt unter den Schuppen und wird durch Schütteln derselben mit Wasser von ihnen getrennt. Unter dem Mikroskop sieht man, daß dieser Silberglanzstoff aus zahllosen, äußerst dünnen und schmalen, unregelmäßig rhombischen Plättchen besteht. Durch An- rühren mit aufgelöster Hausenblase kann man einen dünnen, klebrigen Brei erhalten, der als Perlenessenz oder Essence d’Orient bezeichnet worden ist. 7 Pfund Fisch- schuppen geben davon ein Pfund, wozu 18 bis 20000 Fische nötig sind. Dieser Brei wird in die hohlen Glaskugeln hineingebracht und gleichmäßig auf deren Innenseite PERLENIMITATION. KoRALLEN. 733 ausgebreitet. Wenn er dann eintrocknet, so ist die ganze Kugel innen mit einer dünnen, silberig glänzenden Schicht überzogen, die ein dem der echten Perlen sehr ähnliches Aussehen hervorbringt, so daß auch ein Kenner den Unterschied erst nach genauerer Untersuchung bemerkt. Künstlich ist hier also nicht der Perlenglanz, sondern nur die Form der perlenartig glänzenden Fläche. Zur Erhöhung der Festigkeit wird schließlich noch der ganze Hohlraum mit Wachs ausgegossen. Sorgfältig hergestellte Perlen dieser Art, sog. Bourguignonperlen, sind den guten indischen usw. überaus ähnlich; sie werden auch statt dieser häufig getragen. Sie stehen ziemlich hoch im Preise, da die Herstellungskosten nicht gering sind. Ist die Ausführung weniger sorgfältig, so ist der Preis allerdings niedriger. Man kann derartige Kunstprodukte dann schon zu billigeren Schmucksachen verwenden. Wenn sie die echten Perlen auch nicht mehr so vollständig nachahmen wie die besseren, so geben sie deren schönes Aussehen doch immer noch im großen und ganzen wieder und verschaffen so auch dem Unbemittelten die Möglich- keit, sich am Glanze der Perlen zu erfreuen. Von den echten Perlen unterscheiden sie sich dadurch, daß sie, mit einem Tröpfchen Salzsäure betupft, nicht aufbrausen. Eine andere Art von imitierten Perlen besteht aus gepulverter Perlmutter. Diese sog. perles au nacre oder des Indes sind nieht wie dıe oben beschriebenen hohl und ver- halten sich gegen Salzsäure wıe die echten. Recht schöne atlasglänzende künstliche Perlen werden zuweilen aus den Schneide- zähnen des zur Gruppe der Seekühe gehörigen Dugong, eines wie die Wale im Wasser wohnenden Säugetieres, hergestellt. Es lebt in der Nähe der bei Massaua im Roten Meer liegenden Insel Dahlak, die wir schon als Perlfischerstation kennen gelernt haben. Viel verbreitet sind aber wohl derartige Perlen nicht. In neuerer Zeit werden künstliche Perlen auch aus dem sogenannten Opalinglase hergestellt, dem man durch vorsichtige Behandlung mit Flußsäure das ungefähre Aus- sehen der echten gibt. Sehr täuschend können die sehwarzen Perlen mittels des Hämatits oder Blutsteins nachgeahmt werden, wie wir schon bei der Betrachtung dieses Minerales gesehen haben. Eine polierte Kugel oder Birne aus diesem Material nähert sieh oft im Aussehen einer schwarzen Perle sehr, namentlich wenn die Politur nicht bis zum höchsten möglichen Grade getrieben wird. Zu unterscheiden ist sie aber leicht an dem viel höheren spezifischen Gewicht und an dem Kältegefühl beim Berühren mit der Hand. Rote Kugeln mit etwas perlartigem Glanz können auch aus den dieken Schalen der großen westindischen Meeres- schnecke Strombus gigas gedreht werden; sie werden aber wohl eher den Korallen als den Perlen untergeschoben. Alles was uns über Perlen und ihre Verwendung zum Schmuck bekannt ist, ist zu- sammengestellt in dem 1908 in New-York erschienenen prächtigen und reich illustrierten Werke von George F. Kunz und Charles H. Stevenson: The book of the pearl. Leider ist es zu spät in meine Hände gekommen, daß es bei der Revision des vorstehenden Ab- schnittes nicht mehr benuzt werden konnte. ————e— Korallen. Die rote oder edle Koralle oder kurz die Edelkoralle, die in den Läden der Juweliere neben den eigentlichen Edelsteinen und den Perlen eine gar nicht unwichtige Rolle spielt, bildet die inneren Hartteile eines niedrig organisierten Tieres aus der großen Klasse der Anthozoen oder Korallenpolypen, das ganz oder doch beinahe ausschließlich das Mittel- meer bewohnt. Hier wird es in weitaus überwiegendem Maße von Italienern aus der 734 ANHANG. PERLEN UDN KORALLEN. Tiefe herausgeholt, und ebenso wird das Produkt dieser Fischerei zum allergrößten Teil in Italien verarbeitet, so daß wir es hier in diesem Sinne mit einem Erzeugnis jenes Landes, mit einer beinahe ganz italienischen Industrie zu tun haben, neben der die Leistungen der anderen Länder eine untergeordnete Rolle spielen. Die Edelkoralle wird von den Zoologen nach dem Vorgange des französischen Natur- forschers Lamarck Corallium rubrum genannt; Bezeichnungen, wie Corallium nobile, Isis nobilis und andere, die gelegentlich angewendet wurden, sind jetzt nicht mehr ge- bräuchlich. In einer vollständigen Koralle sind zahlreiche Einzeltierchen, die sogenannten Polypen, vereinigt, die miteinander einen gemeinsamen Organismus, eine Kolonie, bilden. Dieser dient der feste, rote, kalkige Korallenstock zur Stütze oder, wie die Zoologen zu sagen pflegen, zur Achse. Er ist beim lebenden Tier von einer dünnen, fleischigen, ebenfalls roten Rinde oder Haut, dem von den Zoologen sogenannten Sarkosom oder Coenenchym, überzogen. In diesem sind da und dort, mehr oder weniger gedrängt, die einzelnen Polypen eingesenkt, die sich durch ibre weiße Farbe deutlich von dem roten Hinter- grund abheben. Das Sarkosom mit den darın sitzenden Polypen ist der eigentlich lebende Teil der ganzen Kolonie; hier spielen sich die sämtlichen Lebensprozesse ab, auf denen dıe Ernährung und Fortpflanzung der Koralle beruht, und von ihm wird auch der Kalk ausgeschieden, der zum Aufbau des Stockes dient. Von diesem läßt sich das Sarkosom wie eine Haut abziehen, „wie die Rinde von einem Weidenzweige im Frühjahr“; man hat dann den reinen Korallenstock, also das, was man gewöhnlich als Koralle bezeichnet und was zu Schmucksachen und zu allen möglichen anderen Gegenständen verarbeitet wird. Wir werden den Korallenstock zunächst genauer kennen lernen, da er für uns hier allein von wesentlichem Interesse ist, und daran eine kurze Schilderung des Lebens und der Entwicklung der Korallen anschließen. Endlich soll die Art und Weise ihrer Ge- winnung und ihrer Verarbeitung, die Korallenindustrie, etwas eingehender betrachtet werden. Der Korallenstock. Der kalkige oder knochige Stock der Edelkoralle ist nach seiner Form mit einem kleinen roten, selten weißen oder schwarzen Bäumchen oder einem Strauch zu vergleichen, der zwar Äste und Zweige hat, aber keine Blätter. Dieser Baum oder Strauch ist mit einem breiten scheibenartigen Fuß auf irgendeinem festen und harten Gegenstand im Meere wie mit einer Wurzel festgewachsen. Man findet so die Korallen auf dem den Meeresgrund bildenden Felsen, auf einzelnen Steinen, aber auch auf allen möglichen anderen Dingen, auf Kanonenkugeln, Flaschen, Muscheln usw., ja sogar auf einem Stück eines menschlichen Schädels hat man eine Koralle aufgewachsen gesehen. Zuweilen sitzt eine Koralle auf einer anderen, was man dann besonders deutlich erkennt, wenn beide ın der Farbe nicht miteinander übereinstimmen. Durch den Fuß ist der Korallenstock sehr fest mit der Unterlage verbunden. Er breitet sich über der Oberfläche der letzteren aus und erfüllt wohl auch in ihr vorhandene Vertiefungen, aber er ist nicht im stande, wie eine Pflanzenwurzel in das Innere ein- zudringen. Auf dem Fuße erhebt sich der verästelte und verzweigte, selten gerade, sondern meist zierlich hinundher gebogene Stamm. Dieser erreicht selten eine Länge, die über einen Fuß hinausgeht. Die Dicke bleibt hinter einem Zoll meistens mehr oder weniger weit zurück und übertrifft dieses Maß nur in seltenen Ausnahmefällen und auch dann nur um einen geringen Betrag. Nicht immer trägt eine Fußplatte nur einen einzigen Stamm; vielfach, an manchem Fundorte, z. B. in der Provence sebr häufig, erheben sich über demselben Fuß mehrere und sogar viele Korallenstöcke, die dann aller- dings nur geringe Dimensionen anzunehmen pflegen. Die Korallen streben bei ihrem Wachstum nicht, wie die Pflanzen, nach oben, dem Lichte, zu. Der Stamm ist stets senkrecht zu der Unterlage, auf der er festgewachsen ist. KORALLEN. KORALLENSTOCK. 765) Sitzt er auf dem flachen Meeresboden, so ragt er in die Höhe; ist er an einer senkrechten Felswand befestigt, dann kehrt er seine Spitze in wagrechter Richtung nach der Seite; von der Unterseite überhängender Felsen und von der Deeke unterseeischer Höhlen im Ufer- gestein hängt er lotrecht herab, und gerade diese letztere Stellung ist eine besonders häufige. Der Stamm, der aus dem Fuß herauswächst, wird nach dem entgegengesetzten Ende hin allmählich dünner und schließt mit einer stumpfen, unregelmäßig gestalteten Spitze. Das Dünnerwerden geht aber sehr langsam vor sich, so daß ein kürzeres Stammstück eine zylindrische Gestalt zu haben scheint. Manchmal in ganz geringer Entfernung über dem Fuß, zuweilen auch erst ım Ab- stand von einigen Zentimetern, beginnt die Verzweigung. Von dem Stamme gehen die Äste aus, diese tragen die Zweige und von den letzteren können wieder kleinere Ab- zweigungen ausgehen und so fort. Alle diese Seitenteile verlaufen, wie der Stamm, meist nicht gerade, sondern gleichfalls mehr oder weniger stark hinundher gebogen, und endigen, wie jener, stumpf und unregelmäßig, selten in einer scharfen Spitze. Die Ver- ästelung und Verzweigung richtet sich nicht nach einem ganz bestimmten Gesetz, sie scheint aber im allgemeinen so vor sich zu gehen, daß die Äste und Zweige sich mögliehst weit ausweichen. Die Äste gehen vom Stamme nach allen Seiten ab, aber fast niemals zwei oder mehr Äste auf gleicher Höhe, d. h. in der nämlichen Entfernung vom Fuß. Ebenso verhalten sich die Zweige zu den Ästen, indem auch sie, fast stets in derselben Höhe nur ein einziger Zweig, sich nach allen möglichen Richtungen hin erstrecken, so daß also nicht eine oder einige bestimmte Richtungen in dieser Hinsicht besonders aus- gezeichnet sind. Die Neigung der Äste gegen den Stamm und der Zweige gegen den Ast, auf dem sie sitzen, ist sehr verschieden. Sie beträgt häufig 40 bis 50 Grad, doch kann der Winkel auch größer und sogar stumpf werden, so daß der betreffende Seitenteil gewissermaßen nach rückwärts gerichtet ist. Im Gegensatz dazu kann der Abstand aber auch sehr klein werden, und der Ast dicht neben dem Stamm, der Zweig dicht neben dem Ast hinlaufen. In diesem Fall kommt es sogar nicht selten vor, daß zweı solche Teile sich berühren und wenigstens für eine gewisse Strecke ganz miteinander verwachsen, um sich oft nachher wieder zu trennen. Eine solche Verwachsung kann, wie zwischen zwei an verschiedenen Stellen abgehenden Ästen oder Zweigen eines und desselben Stockes, auch zwischen Teilen zweier nebeneinander wachsender getrennter Stöcke vor sich gehen. Wir haben gesehen, daß genau in derselben Höhe sehr selten zwei verschiedene Seitenteile abzweigen, aber allerdings kann der Zwischenraum zwischen zwei nächst- benachbarten Ästen eines Stammes oder Zweigen eines Astes sehr gering sein, so daß er oft nur wenige Millimeter beträgt. Dagegen ist es aber auch nicht selten, daß die Entfernung zweier Äste oder Zweige verhältnismäßig groß ist und einige Zentimeter ausmacht. Im allgemeinen ist das Verhalten so, daß am dieken Ende der Stämme mehr Äste ausgehen als gegen das dünnere freie Ende hin und entsprechend bei den Zweigen, aber eine durchgeliende Regel ist dies nicht. Überall, wo ein Ast oder ein Zweig abgeht, ist der Stock etwas, wenn auch oft nur sehr wenig, abgeplatte. Während er sonst im großen und ganzen einen kreisförmig runden Querschnitt hat, ist dieser an jenen Stellen mehr oder weniger ausgeprägt ellıptisch. Dieselbe Erscheinung der Abplattung ist übrigens auch an mancher Stelle zu bemerken, wo keine Verzweigung stattfindet und wo auch sonst keine Ursache dafür zu erkennen ist. Man hält dies vielfach für die Folge einer zeitweiligen krankhaften Entwicklung des ganzen Tieres. Die Häufigkeit der Verzweigungen und ebenso auch ihr mehr oder weniger krummer oder geradliniger Verlauf, überhaupt die ganze Gestalt der Korallenstöcke, ändert sich 736 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. nach dem Ort, an dem die Koralle wächst, nach der Tiefe unter dem Meeresspiegel usw. Es ist so, daß Stöcke, die unter denselben Lebensbedingungen der Polypen ent- standen sind, im allgemeinen auch gleiche oder doch ähnliche Formenentwicklung zeigen. Man muß daraus schließen, daß es höchstwahrscheinlich gerade diese Lebensbedingungen sind, auf denen dıe Form der Stöcke beruht. Diese ist für die verschiedenen Gegenden des Mittelmeeres so charakteristisch, daß es einem Kenner, wenigstens wenn er einen größeren Vorrat von demselben Fundort vor sich hat, möglich ist, nach dessen Gesamt- charakter seine Heimat zu bestimmen. Die Korallen von der algerischen und tunesischen Küste, von Sızilien und besonders von Sciacca, von Spanien und von der Provence, zeigen in dieser Hinsicht bemerkenswerte Verschiedenheiten, die deswegen wichtig sind, weil die Form einer Koralle auf ihre Verwendung und damit auch auf ihren Wert nicht ohne Einfluß ist. Wir werden unten bei der Betrachtung der einzelnen Fundorte derartige Unterschiede noch kennen zu lernen haben. Eine charakteristische Erscheinung bei den Edelkorallen sind die feinen Furchen, die dicht gedrängt die Oberfläche der Stöcke bedeeken. Sie verlaufen im allgemeinen ziemlich gradlinig in der Längsrichtung der Stämme und ihrer Verzweigungen, doch gehen sie auch vielfach mehr in der Richtung von Schraubenlinien. Da, wo Äste und Zweige abgehen, ziehen sie sich um die Ansatzstelle herum, um hinter derselben wieder in der ursprünglichen Richtung weiterzugehen. Manchmal gabeln sie sich und bilden zwei getrennte Furchen, die sich vielfach nach kurzem Verlauf wieder vereinigen. Ihre Zahl ist gewöhnlich gegen die Basis hin am größten und nimmt allmählich nach den dünnen Enden der Stöcke zu ab, indem einzelne Furchen aufhören. Die Entfernung benachbarter Furchen ist immer gering; sie beträgt nie weniger als /ı mm und kaum mehr als !/2 mm. Ebenso bezeichnend wie diese Furchen sind für die Beschaffenheit der natürlichen Oberfläche eines Korallenstockes kleine, rundliche, flache Vertiefungen von höchstens 2 mm Durchmesser, die bald dicht nebeneinander liegen, so daß sich die Ränder be- rühren, bald etwas weiter voneinander entfernt sind, so daß sie bis zentimeterweit von- einander abstehen. Sie zeigen die Stellen an, über denen in der Rinde der lebenden Koralle die verschiedenen Polypen gesessen haben, welche die Kolonie zusammensetzen. Jene Furchen und die oben betrachteten Vertiefungen gehören zu den stets vor- handenen, niemals fehlenden Eigenschaften eines Stockes der edlen Koralle. Wo sie nicht sind, hat dieser nicht mehr seine natürliche Oberfläche, sondern ist. etwa durch künstliche Glättung bei der Verarbeitung zu Schmuckgegenständen oder auf irgendeinem anderen Wege verändert worden. Häufig sieht man aber neben den erwähnten Vertiefungen noch kleine, meist nur nadelstichgroße Löcherchen in das Innere der Stöcke hineingehen, die indessen vielfach, und zwar namentlich bei ganz frischen Exemplaren, auch fehlen. Hier hat man es nicht mit einer zu der natürlichen Beschaffenheit der Korallen gehörigen Erscheinung zu tun, sondern mit Bohrlöchern, die von irgendwelchen bohrenden Meeres- bewohnern, Bohrwürmern, Bohrschwämmen usw., in den Korallenstöcken angebracht worden sind. Namentlich abgestorbene Stöcke sind oft dermaßen zerbohrt und zerfressen, dab sie nicht mehr in der Industrie verwendet werden können. Die Korallenstöcke erscheinen, wenn sie nicht angebohrt sind, in einiger Entfernung von ihrer Ansatzstelle, von dem Fuße, vollkommen homogen, kompakt und ohne Hohl- räume im Innern. Allerdings kommt es auch zuweilen vor, dab sie fremde Körper ver- schiedner Art eingeschlossen enthalten, die beim Wachstum der Koralle von der Kalk- substanz eingehüllt wurden, wenn sie sich zufällig in der Nähe befanden. Die Bruch- flächen frischer Korallen sind uneben und splitterig. Schon mit bloßem Auge und noch mehr mit der Lupe tritt auf manchen Querbrüchen, nicht auf allen, sowohl in den KORALLEN. STRUKTUR UND EIGENSCHAFTEN. IHM Stämmen, als auch in den Verzweigungen die Erscheinung hervor, daß die Stöcke aus einer Anzahl dünner Schichten bestehen, die sich konzentrisch umeinander herumlegen. Die ganze Masse besteht aus einer Anzahl ineinander steckender hohler Röhren, die, nach außen hin immer weiter werdend, sich gegenseitig dieht berühren. Besonders deutlich sieht man diesen Aufbau aus einzelnen Schichten und die daher rührende schalige Struktur, und zwar auch dann, wenn mit dem bloßen Auge oder mit der Lupe gar nichts zu bemerken ist, wenn man einen sehr dünnen Querschnitt bei genügender Ver- größerung unter dem Mikroskop betrachte. Man erkennt gleichzeitig, daß jede einzelne der sich konzentrisch umgebenden Schichten aus, zahllosen feinen Fäserchen besteht, die, allerdings nicht immer sehr regelmäßig und geradlinig, in radialer Richtung, also vom gemeinsamen Mittelpunkt aller Schiebten aus nach der Peripherie hin verlaufen. Diese Fasern sind außerordentlich stark doppelbrechend, sie gleichen in dieser Hinsicht dem Mineral Kalkspat, dem auch die anderen noch zu betrachtenden Eigenschaften entsprechen und dem sie höchstwahrscheinlich zuzurechnen sind. Auch durch Glühen von Stücken eines Korallenstockes tritt dessen schaliger Bau deutlich hervor, indem dabei die ein- zelnen Lagen, oft von äuberst geringer Dicke, sich durch Abblättern voneinander trennen. Bei der mikroskopischen Betrachtung eines feinen Querschnittes erkennt man auch, daß die rote Farbe nicht gleichmäßig über dıe ganze Fläche verbreitet ist, sondern daß mehr oder weniger lebhaft rot gefärbte konzentrische Ringe mit ganz farblosen von außen nach innen abwechseln. Bei sehr dünnen Schliffen scheint sogar der größte Teil der Masse ganz farblos zu sein, erst bei einer gewissen Dieke der Schicht tritt die rote Farbe hervor, um so deutlicher, je dicker diese ist, am deutlichsten bei den ganzen Stöcken Die Farbe ıst aber bei diesen nicht stets dieselbe, sondern sie zeigt mannigfache Ver- schiedenbeiten. Bei frischen, lebenden Korallen, also im ganz unveränderten Zustande geht sie vom reinen Weiß durch alle möglichen Übergänge bis zum grell Mennigroten. Die reinweiße Farbe ist allerdings sehr selten; sie soll die Folge einer Krankheit sein. Auch die gelbe Farbe tritt nur in wenigen Fällen auf. Für die rote Farbe hat man in Italien, wo die Korallenindustrie eine so große Rolle spielt, eine Reihe von mit beson- deren Namen belegten Nuancen unterschieden. An das reine Weiß (bianco) schließt sich dıe Engelhautfarbe (pelle d’angelo), ein schönes, frisches, helles Fleischrot an; darauf folgt allmählich, immer dunkler werdend, blaßrosa (rosa pallido), lebhaft rosa (rosa vivo), zweite Farbe (secondo coloro), rot (rosso), dunkler rot (rosso sceuro) und endlich als dunkelstes Rot das Karfunkelrot oder Erzdunkel (carbonetto oder arciscuro). Selten ist es, daß an einem Stock zwei verschiedene Farben nebeneinander auftreten, daß er also z. B. halb rot und halb weiß gefärbt ist; auch zwei wesentlich verschieden rote Nuancen sind ungewöhnlich. Die Farbe des feinen Pulvers (der Strich) der roten Korallen ist blaßrötlich, und zwar um so ausgesprochener, je dunkler rot das Stück und um so mehr dem weißen sich nähernd, je blasser dieses ist. Wenn die Koralle tot ist, ändert sich meist die Farbe. Abgestorbene Stöcke, die längere Zeit auf dem Grunde des Meeres lagen, namentlich wenn dieser von schlammiger Beschaffenheit ist, sind fast immer mehr oder weniger dunkelbraun bis schwarz oder wie die Italiener sagen, verbrannt (bruciato). Die schwarze Koralle des Handels ist aber zum Teil etwas ganz anderes; wir werden unten noch davon zu sprechen haben. In einzelnen Fällen werden tote Korallen allerdings auch allmählich weiß oder gelb. Sehr häufig sind sie, ihre Farbe mag sonst sein wie sie will, von anderen Meerestieren durehbohrt und zerfressen und dadurch zur Verarbeitung nicht mehr brauchbar. Die schwarze oder braune Farbe der toten Korallen erstreckt sich nicht immer auf den ganzen Stock. Manchmal bildet sie nur einzelne unregelmäßige Flecken, oder wenn Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. 47 738 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. das ganze Stück schwarz erscheint, so ist doch vielfach das Innere noch rot und nur die Oberfläche hat bis zu einer gewissen größeren oder geringeren Tiefe ihre Farbe ver- ändert. Nicht selten ist allerdings auch gerade das Umgekehrte der Fall: der Kern ist schwarz geworden und die Außenschicht ist rot geblieben, und in manchen Fällen wechseln rote und schwarze Schichten miteinander ab, so dab z. B. zwischen einem schwarzen Kern und einer ebenso gefärbten Außenschicht eine rote Zwischenlage sich findet, die auf dem Querbruche einen roten Ring auf schwarzem Hintergrunde bilde. Man hört manchmal die Behauptung, die schwarz gewordenen Korallen können durch abwechselndes Liegen im Wasser und an der Sonne ihre ursprüngliche Farbe wieder annehmen. Ver- suche haben aber gezeigt, daß dies jedenfalls nicht immer der Fall ist, und höchstwahr- scheinlich geschieht es überhaupt nie. Was die Substanz der Korallen anbelangt, so besteht sie, wie mehrere Analysen zeigen, in der Hauptsache aus kohlensaurem Kalk, und zwar, wie wir schon oben ge- sehen haben, wahrscheinlich aus Kalkspat, dem aber kleine Mengen fremder Körper bei- gemischt und beigemengt sind; namentlich ist der Kalk von organischer Substanz durch- zogen, und wird daher beim schwachen Glühen schwarz. Das spezifische Gewicht steht jedenfalls sehr nahe dem des Kalkspats, viel näher als dem der anderen kristallisierten Modifikation des kohlensauren Kalks, des Aragonits (2,0). Während für den reinen Kalkspat G.=2,72 ist, hat man bei der Edelkoralle für alle Farben stets Zahlen zwischen 2, und 2, gefunden; so wird von Canestrini angegeben: G.— 2,7ı und 2,8. Dagegen ist die Härte etwas höher als beim Kalkspat, was aber, wie die Verminderung des spezifischen Gewichts, durch die fremden Beimischungen verursacht sein kann. Sie steht zwischen dem dritten und vierten Grade der Mohsschen Skala, und zwar dem letzteren näher, so daß H.= 3°Jı. Diese geringe Härte ermöglicht die leichte Bearbeitung mit Messer, Feile usw. und auf der Drehbank. Dabei wird aber die Politur niemals sehr fein; die Korallen bleiben immer matt, aber der Glanz ist doch genügend, um in Verbindung mit der schönen roten Farbe einen recht angenehmen Anblick hervor- zubringen. Die chemische Zusammensetzung der Korallen wırd durch die folgenden Analysen von Tischer angegeben, der rote und schwarze Stöcke untersuchte. Er fand: rote Koralle schwarze Koralle Wasser. 20. eo 0,600 Kohlensäure...” . 2 wa. 2.042235 41,300 SE 1 A LA FT 48,625 Masnesia vl ARE En ea 3,224 EAISEHOXYyU 2... nun u 0,800 Schwefelsäure. .1.., nl. 2.2 Be 0,109 0,924 Organische Substanz . . . . . 1,50 3,070 Verlustiusw.r oe. se Ei el 92D 1.59% 100,000 100,000 Hieraus kann man folgende Bestandteile berechnen: rote Koralle schwarze Koralle Köhlensanrer Kalk za a SIR 7a 60, 97 85,801 Kohlensaure Magnesia . . . 2 2.2.2... 6,804 6,770 Schwefelsaurer Kalk 7 2 Er 1,400 Eisenoxyd ER a0 use re el 0,800 Organische Substanz . . © » 2... 1350 3,070 Wasser ER AR A EEE NED 0,600 Phosphate, Kieselsäure usw. und Verlust. 1,331 1,559 100,000 100,000 Brian, GE u nf ht = u u Pl m . KORALLEN. EIGENSCHAFTEN. LEBENDE KORALLE. 739 Ähnliche, zum Teil allerdings aber auch etwas abweichende Resultate haben die früheren, freilich wenig zahlreichen Analysen ergeben. Jedenfalls sieht man aus allem, daß man es immer mit kohlensaurem Kalk zu tun hat, dem neben etwas organischer Substanz namentlich eine kleine Menge kohlensaurer Magnesia beigemischt ist. Das Verhältnis dieser beiden Bestandteile ist indessen nicht immer dasselbe; bei jungen Korallen sinkt der Gehalt an Magnesiakarbonat bis auf 1 Prozent, während er bei alten bis auf 38 Prozent steigen kann. Damit wird gleichzeitig die Härte etwas größer, so daß der Überschuß über den dritten Härtegrad wohl von dem Magnesiagehalt abhängt. Die obigen Analysen zeigen auch, daß die roten und die schwarzen Korallen in ihrer Zusammensetzung nur unwesentlich voneinander abweichen; die Hauptdifferenz besteht darin, daß in den schwarzen sich mehr und wohl auch andere organische Substanz findet als in den roten. Diese organische Substanz ist also wohl die Ursache der schwarzen Färbung. Man hat letztere auch auf einen Gehalt an Mangansuperoxyd zurückzuführen gesucht, aber die obige Analyse gibt keine Spur von Mangan. Ebenso sollte dıe Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf die roten Korallen die Änderung der Farbe verschulden, aber auch dafür ist kein durchschlagender Grund vorhanden. Die Ursache der normalen roten Färbung hat man gleichfalls auf chemischem Wege zu ermitteln gesucht. Man hat wohl gemeint, daß sie anf der kleinen Menge Eisenoxyd beruhe, dıe in der Analyse von Tischer 1,720 Prozent beträgt, die aber andere Chemiker bis zu 4,:;5 Prozent gefunden haben. Dies ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich, denn beim Glühen verschwindet sowohl die rote als auch die schwarze Farbe und die Masse wird weiß. Der rote Farbstoff ist also vermutlich wie der schwarze, und wie dies bei den buntgefärbten Schnecken und Muscheln der Fall ist, ein organischer, der beim Absterben fault und schwarz wird und dadurch die Farbe der toten Koralle hervorruft, die bei noch weiter fortschreitender Zersetzung in eine schmutziggelbe übergehen kann. Die lebende Korralle. Wie wir schon oben gesehen haben, sind die Korallen- stöcke im lebenden Zustande mit einer roten fleischigen, schlüpfrigen, sich an der Öber- fläche sammetartig anfühlenden Haut, dem Sarkosom oder Cönenchym, überzogen. Diese Haut ist stets sehr dünn und erreicht kaum die Dicke einer Linie. Sie ıst von sehr zahlreichen isolierten roten Kalkkörperehen durchsetzt, die eine äußerst geringe Länge von bei weitem nicht einem Millimeter und eine eckige Form mit vielen hervorragenden kleinen Spitzen haben. Beim Zerdrücken eines Stückes der Haut zwischen den Fingern fühlt man sie deutlich, ihre Form tritt aber erst unter dem Mikroskop hervor. In Ver- tiefungen des Sarkosoms sitzen die einzelnen Polypen, welehe die Kolonie bilden. Die Haut überzieht den ganzen Stock bis über die Enden der Verzweigungen weg, die daher weich und biegsam sind und mit einem scharfen Messer durchgeschnitten werden können, was weiter hinten nieht mehr möglich ist. Bei jungen Stöcken ist auch der Fuß damit be- deekt, bei älteren ist dies nicht immer der Fall; er und die benachbarten Teile des Stockes sind vielfach ihrer Rinde beraubt, abgestorben und stark zernagt und zerfressen, wie ganz tote Stöcke, bei denen die Haut rasch vollständig verschwindet. Läßt man einen leben- den Korallenzweig an der Luft eintrocknen, so bildet die Haut eine ziegel- bis mennig- rote, rauh sich anfühlende dünne Rinde, auf der da und dort kleine Wärzchen sich er- heben. Diese tragen in der Mitte ein rundes Loch, von dem aus acht kurze Kerben aus- strahlen, die die ganze Warze in acht radial gestellte Teile sondern. In diesen Warzen, die so an ihrer Oberseite die Form eines achtstrahligen Sternes haben, sitzen, versteckt im Innern, dıe Polypen. Auch im Wasser sieht man von dem Polypen nichts, wenn dieses einigermaßen bewegt ist. Eine lebende Koralle ist dann ganz gleichmäßig rot. Aber auch an ihr treten dıe 47* 740 ANHANG. PERLEN UND KoRALLEN. dem Sitz der Polypen entsprechenden Wärzchen auf, von denen eben die Rede war. Läßt man aber einen solchen lebenden Korallenzweig längere Zeit in vollkommenster Ruhe in einem mit Meerwasser gefüllten Glase stehen, dann sieht man allmählich die kleinen Erhöhungen an der Spitze sich öffnen. Es erhebt sich aus jeder ein kleiner weißer, fleischiger Zylinder, an dessen oberem Rande ringsherum acht gleichfalls weiße, wenige Millimeter lange, an beiden Seiten mit zahlreichen feinen Wimpern besetzte Arme ‘stehen, die sich lebhaft hinundher bewegen. Dies sind die einzelnen Polypen, unter denen der Stock überall die schon oben erwähnten flachen Vertiefungen trägt. Die Polypen sind gegen äußere Reize sehr empfindlich. Wird das Wasser bewegt oder werden sie selber auch noch so sanft berührt, so ziehen sie sich rasch zusammen und verschwinden vollständig in der Haut, und zwar gleichzeitig alle Polypen eines Stockes, auch wenn nur ein einziger berührt worden ist. Der Stock hat dann wieder dasselbe Aussehen wie früher, und erst nach längerer Ruhe, oft erst nach mehreren Stunden, kommen die Polypen wieder heraus, um bei der geringsten Beunruhigung wieder zu verschwinden. Sie haben in der Form eine gewisse Ähnlichkeit mit manchen Blumen; man hat daher die Korallen früher für Pflanzen und die Polypen für ihre Blüten gehalten, bis der französische Arzt und Naturforscher Peyssonel ım Jahre 1723 den wahren Sachverhalt und die Zu- gehörigkeit zum Tierreiche erkannte, ohne aber sogleich die Zustimmung der anderen Zoologen zu finden. Jeder Polyp hat im Innern einen einzigen Leibesraum, in den von der Außenwand her acht Hautfalten hineinragen und der durch ein besonderes Schlundrohr mit der von den acht Armen oder Teentakeln umgebenen Mundöffnung in Verbindung steht. In diesem Leibesraum gehen die sämtlichen Lebensprozesse, namentlich die Ernährung und Fort- pflanzung, vor sich. Die Ernährung wird dadurch bewirkt, daß die Fangarme durch ihre fortgesetzte Bewegung der Mundöffnung alle möglichen winzigen Organismen zuführen, die im Meer- wasser schwimmen und die durch das Schlundrohr in den Leibesraum gelangen, wo sie verdaut werden. Die so gebildete weiße, milchähnliche Ernährungsflüssigkeit strömt ın einem komplizierten System von Röhren durch die ganze Rinde hindurch, so dab alle in dieser sitzenden Polypen gleichmäßig an der Ernährung der ganzen Kolonie teil- nehmen. Diesem Röhrensystem verdanken auch die feinen Rinnen ihre Entstehung, die, wie wir gesehen haben, die Oberfläche der Korallenstöcke bedecken; in ihnen verlaufen die dem Stock zunächst liegenden Gefäße. Von besonderer Wichtigkeit ist die Fortpflanzung. Sie bewerkstelligt sich auf doppelte Weise, durch Eier und durch Knospung, und zwar in der Weise, daß die Bildung jeder neuen Kolonie, jedes Stockes, durch ein Ei, die Enstehung neuer Polvpen in der Kolonie durch Knospung bewirkt wird. Jeder einzelne Polyp ist von einem bestimmten Geschlecht, entweder männlich oder weiblich. Die Anordnung ist in den allermeisten Fällen so, dal) die Polypen eines und desselben Stockes entweder alle männlich oder alle weiblich sind. Nur in Ausnahme- fällen kommt es vor, daß eine Kolonie teils weibliche, teils männliche Polypen beherbergt, von denen aber dann immer je die gleichen auf verschiedenen Verzweigungen zusammensitzen, so daß auch noch in diesem Falle eine gewisse Trennung der Geschlechter durchgeführt ist. In dem Leibesraum der weiblichen Individuen entstehen winzige runde Eier, die in diesem durch den Samen der männlichen befruchtet werden. Es bilden sich dadurch sehr kleine, mit bloßem Auge kaum sichtbare, wurmförmige Larven, die, nachdem sie im Muttertiere einen gewissen Grad der Entwicklung erlangt haben, durch dessen Mund- öffnung austreten und frei im Meere herumschwimmen. Nachdem dies eine Zeitlang ge- dauert hat, setzen sich die Larven an irgendeinem harten Gegenstand fest. Die Gründung Zu Be U u Ze u a un 6 Zu u u Zi a De a ee a u ar El u U nn ln a U ULUE LU7o A oo u UL u An ln Blu dl a nn a nn u U KORALLEN. DIE LEBENDE KORALLE. 741 einer Kolonie ist dadurch erfolgt und die weitere Entwicklung der Larve läßt einen neuen Korallenstock entstehen. Unmittelbar nachdem die freischwimmende Larve gegen ein festes Hindernis ge- stoßen ist und sich an diesem festgesetzt hat, zeigt sie die Gestalt einer winzigen Halb- kugel. Diese wırd allmählich größer und durch Ausbildung der oben erwähnten Kalk- körperchen rot. Bei der weiteren Entwicklung wächst an dem der Ansatzfläche gegen- überliegenden Punkte der erste Polyp heraus, der sich immer mehr ausbildet, bis er zum vollständig fertigen geschlechtsreifen Tier herangewachsen ist. Gleichzeitig scheidet sich an der Ansatzfläche das harte kalkige Fußblatt aus, mit dem der Stock an seiner Unter- lage befestigt ist. Mit dem weiteren Wachstum geht eine fortschreitende Absonderung von Kalksubstanz aus dem Meerwasser im Innern des Tieres vor sich, aus der teilweise die einzelnen eckigen Kalkkörperchen, teilweise aber die für uns vor allem wichtigen Korallen- stöcke entstehen. Diese vergrößern sich, indem in dem Tiere immer neue dünne Kalk- schichten ringsum auf dem schon vorhandenen Stocke abgelagert werden, der sich auch allmählıch verästelt und verzweigt und der die Fortsetzung des immer weiter sich aus- breitenden Fußblattes bildet. Er ist beim lebenden Tiere von dem Sarkosom überzogen, das in der festsitzenden Larve durch deren gesamte Körpersubstanz repräsentiert wird. Die Ausscheidung des Kalkes geht aber nicht ganz gleichmäßig und ununterbrochen vor sich, wie man aus dem schichtenförmigen Aufbau der Korallenstöcke sieht. Wahrscheinlich sind gewisse Jahreszeiten der Kalkbildung günstiger als andere. In diesen bildet sıch dann eine dünne Kalkschicht, und in der darauffolgenden ungünstigen Zeit scheidet sich nichts oder nur wenig aus und in dieser Weise abwechselnd, so daß jede einzelne Schicht einer Wachstumsperiode entspricht, wie die Jahresringe der Bäume, deren Rinde man in ihrer Wirksamkeit beim Wachstum des Holzes bis zu einem gewissen Grade mıt dem kalkausscheidenden Sarkosom der Korallen vergleichen kann. Der Korallenstock ist also das Produkt der Kalkausscheidung im Innern des Sarko- soms. In demselben Maße wie dieses, wächst auch der Stock in die Länge und in die Dicke, indem sich an der Spitze und ringsum immer neue dünne Kalkschichten über den schon vorhandenen absetzen. Damit gleichzeitig geht aber auch eine Vermehrung der Polypen vor sich, welche die ganze Kolonie zu bilden und dieser die zu ihrer Ernährung nötigen Stoffe zu liefern haben. Zuerst war nur ein einziger Polyp vorhanden, der ge- nügte, solange die Koralle noch klein war. Dies ist aber nicht mehr der Fall, wenn das Wachstum weiter vorgeschritten ist. Dann sprossen an verschiedenen Stellen der Haut allmählich immer mehr neue Polypen heraus, die sich ganz ebenso wie der erste nach und nach zu geschlechtsreifen, fertigen Korallentieren entwickeln und die sieh nun mit den schon früher vorhandenen an der Ernährung und weiteren Ausbildung der Kolonie und des ihr zur Stütze dienenden Stockes, sowie an der Produktion neuer Larven be- teiligen. Dieser Prozeß kann mit der Bildung der Knospen in der Rinde eines Baumes verglichen werden und ist daher von den Zoologen auch als Knospung bezeichnet worden. Er hat, wie wir gesehen haben, für die Entwicklung der ursprünglich aus dem Ei ent- standenen Koralle eine ganz besondere Wichtigkeit. Für die Kenntnis der Korallen und besonders auch für den rationellen Betrieb der Fischerei ist es wichtig, zu wissen, wieviel Zeit ein Stock zu seiner vollständigen Ent- wicklung, also bis zur Erreichung seiner Maximalgröße nötig hat. Die Angaben hierüber sind sehr verschieden. Wahrscheinlich hängt das mit den mehr oder minder günstigen Lebensbedingungen zusammen, unter denen das Wachstum vor sich geht, vor allem scheint die Tiefe hierbei eine wichtige Rolle zu spielen. Nach der Meinung mancher Sachverständiger erreicht eine Koralle erst in 30 Jahren ihre volle Größe. Andere behaupten dagegen, daß man auf einer befischten Korallen- 742 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. bank schon nach sehr viel kürzerer Zeit wieder große, brauchbare Stöcke trifft. So sollen an der nordafrikanischen Küste zu Anfang des 18. Jahrhunderts die Korallenfelder nach nur vierjähriger, durch die Kriege veranlaßter Ruhe einen ganz ungeahnten Ertrag ge- geben haben, wobei zahlreiche Stöcke eine ganz außergewöhnliche Größe erlangt hatten. Bei Vico Equense, in der Nähe von Sorrent, ist 6 Meilen (Miglien) von der Küste eine Korallenbank; man nimmt an, daß die Korallen hier in einer Tiefe von 60 Fuß acht Jahre brauchen, um die gehörige Größe zu erreichen und bei bedeutenderer Tiefe längere Zeit. Bei Messina wachsen Korallen von der Spitze des Faro bis mehrere Stunden südlich von der Stadt. Dieser ganze Strich ist in zehn Abteilungen eingeteilt, von denen jedes Jahr eine befischt wird, so daß man immer nach zehn Jahren zu der- selben Abteilung zurückkehrt. Diese Zeit genügt hier, um die Korallen zu ihrer vollen Größe heranwachsen zu lassen. Einmal entdeckte man noch etwas weiter südlich, bei San Stefano, eine Korallenbank mit reichlichem Ertrag an ausgezeichneten Stöcken, die bis dahin nicht bekannt und seit Menschengedenken nicht befischt worden war, und wo sich die Korallen wohl seit Jahrhunderten völlig ungestört hatten entwickeln können. Sie waren aber trotzdem nicht länger, sondern nur etwa um den «dritten Teil dicker als die zehnjährigen. Das Wachstum in die Länge hört also offenbar früher auf als das in die Dicke, aber auch dieses ist ein beschränktes. Daß die Lebensbedingungen auf die Entwicklung der Korallen großen Einfluß ausüben, sieht man unter anderem aus den Beobachtungen, welche die Korallenfischer im Golf von Neapel gemacht haben. Hier sind die an den westlichen Küsten gefundenen Korallen viel schöner und besser gebildet als die von der östlichen Seite, vom Vor- gebirge von Sorrent. Diese Erscheinung wird darauf zurückgeführt, daß der Untergrund hier an der Sorrentiner Küste aus Kalk, dort, bei den Inseln Nisida, Procida, Ischia usw. aus vulkanischen Tuffen besteht, welche letztere offenbar den Korallen zuträglicher sind als der Kalk. Um die Wachstums- und Entwicklungsbedingungen der Korallen aufzuklären, hat man schon verschiedentlich besonders darauf gerichtete Versuche ersonnen und unter- nommen, befriedigende Resultate sind aber noch nicht erzielt worden. Was die Stellung der Edelkoralle im Tierreich betrifft, so zählt sie zu der in den Kreis der Cölenteraten gehörigen Klasse der Anthozoen oder Korallenpolypen, und zwar zu deren (abgesehen von den nur fossil bekannten rugosen Korallen) erster Ordnung, derjenigen der Aleyonarien oder Oectactinien, deren Körper, wie wir es auch oben bei der edlen Koralle gesehen baben, nach der Achtzahl regelmäßig eingeteilt ist. In dieser Ordnung bildet die Gattung Corallium einen Teil der Familie der Rindenkorallen oder Gorgoniden. Eine, und zwar die wichtigste Art dieses Geschlechts ist die Edelkoralle, das Corallium rubrum Lamarck, das, wie wir oben gesehen haben, nach dem Vor- gange von Linn auch als Corallium nobile, früher als Isis nobilis, bezeichnet worden ist. Die Edelkoralle, die immer nur in einzelnen kleineren Stöcken vorkommt, unter- scheidet sich in ihrer Organisation nieht unwesentlich von den riffbauenden Korallen, deren zu ungeheuerer Größe anwachsende und in beträchtlicher Zahl zusammen- gewachsene Stöcke, vorzugsweise der Abteilung der Madreporarien angehörig, die Korallen- riffe und -Inseln (Atolls) der warmen Meere, besonders des Stillen Ozeans, bilden, die hier der Schiffahrt oft so verderblich werden. Die riffbildenden Korallen sind nach der Sechszahl statt nach der Achtzahl gebaut. So haben z. B. ihre Polypen nicht acht, sondern sechs, zwölf oder noch mehr Fangarme um die Mundöffnung herumstehen, deren Zahl immer ein Vielfaches der Sechs beträgt. Sie bilden mit den in den Seewasser- aquarien so vielfach bewunderten, prächtig gefärbten, der Hartteile entbehrenden See- KORALLEN. VORKOMMEN. KORALLENBÄNKE. 743 anemonen usw. (Actinien) und mit den manchmal ebenfalls zu Schmucksachen verwendeten ergentlichen schwarzen Korallen der Gattung Antipates, sowie mit noch anderen ähnlich gebauten Tieren in der Klasse der Anthozoen die dritte und letzte Ordnung, die der Hexactinien oder Zoantharien. Die kalkigen Stöcke der riffbauenden Korallen sind fast ausnahmslos rein weiß und unterscheiden sich dadurch sofort von den roten Stöcken der Edelkorallen, denen sie aber sonst in der baum- oder strauchartigen Gestalt zuweilen sehr ähnlich werden. Das Vorkommen der Korallen. Korallenbänke, Wir haben nunmehr noch die Art und Weise des Vorkommens der Korallen, ihre Fundorte, die Gewinnung und die Verarbeitung, sowie den Handel mit denselben kurz zu betrachten. Die Edelkoralle findet sich nicht einzeln, sondern stellenweise zu vielen neben- einander. Eine solehe Ansammlung wird ein Korallenfeld oder eine Korallenbank genannt; deren Ausdehnung kann einige Kilometer betragen. Die Korallenbäumchen bilden hier mit Tangen zusammen unterseeische Wälder, in denen auch zahlreiche andere Tiere leben, denen die fleischige Haut der Korallen zur Nahrung dient. Die Stöcke sitzen meist auf Spalten und Klüften sowie in Höhlen in den Gesteinen, welche die Küsten und den Untergrund des Meeres bilden. Sie bevorzugen dabei Felswände, die nach Süden ge- richtet sind, fehlen aber auch auf solehen nicht, die nach Osten und Westen sehen; gegen Norden pflegen sich aber keine Korallen anzusiedeln. Wahrscheinlich ist die echte Edelkoralle, das Coralllum rubrum Lam. ganz auf das Mittelmeer mit Einschluß des Adriatischen Meeres beschränkt; die anderwärts vorkommenden roten Korallen gehören wohl, auch wenn sie der echten Edelkoralle sehr ähnlich sind, anderen Arten an, die wir unten noch im Vorbeigehen kennen lernen werden. Die Tiefe, in der die Korallen leben, ist sehr verschieden. Sie schwankt zwischen 3m und 300 m, doch findet man höher als 30 m nur wenige und ebenso tiefer als 300 m, wo aber ebenfalls immerhin noch stellenweise einige angetroffen werden. In so großer Tiefe ist die Entwicklung langsam, und die Stöcke bleiben klein, auch ist die Farbe blab. Der Strich, in dem sich die meisten und schönsten Stöcke finden, in dem sich also die Fischerei in der Hauptsache bewegt, geht von 30 bis zu 50 m, doch ist das nicht an allen Orten ganz gleich. So werden in der Straße von Messina die ergiebigsten Bänke bei 120—200 m angetroffen. Was die Verbreitung der Korallenfelder anbelangt, so ist diese nicht zu jeder Zeit genau dieselbe, und auch die Fischerei wird nicht immer an den nämlichen Orten betrieben. Bänke, die früher ergiebig waren, wurden ausgefischt oder kamen aus anderen Gründen allmählich zur Erschöpfung, oder sie mußten aus irgendwelchen Ursachen verlassen werden, meist weil das Meer an der betreffenden Stelle zu bewegt und daher die Fischerei zu gefährlich ist. Dagegen wurden vielfach neue Felder aufgefunden und durch ihren Ertrag der Ausfall, der durch den Verlust anderer Felder entstand, gedeckt. In kurzer Übersicht sind als Korallen führend die folgenden Teile des Mittelmeeres bekannt, die wir unten etwas eingehender betrachten werden. Es sind die Küsten des östlichen Algier und die von Tunis; die ganze Umgebung von Sardinien und Korsika auf der Westseite, während die Ostseite beider Inseln nur wenige oder gar keine Korallen liefert; ein Teil der Süd- und Westküste von Sizilien, sowie die Meerenge von Messina, von wo aus sich die Ko- rallenfelder an der ganzen italienischen Westküste hinziehen, sich dann an den Ufern der Provence fortsetzen und sich auch längs der ganzen spanischen Mittelmeerküste, ein- schließlich der Umgebung der Balearen, wiederfinden. Die italienische Ostküste im Adria- tischen Meer ist sehr arm an Korallen, eine gewisse Menge findet sich aber an der gegenüberliegenden dalmatischen Küste zwischen Zara und Ragusa; sie sind jedoch hier im ganzen so sparsam und auch meist so klein, daß sie selten gesucht werden. Unbe- 744 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. deutend ist auch das Vorkommen weiter östlich in den Meeren um Korfu und um Cypern, sowie an einzelnen Punkten vor Kleinasien. Am wichtigsten und ertragreichsten ist die algerisch-tunesische Küste. Hier werden jährlich etwa 10000 kg Korallen gewonnen. Die Korallen führende Strecke geht nur vom Kap Ferro (Cap de Fer) etwas westlich von Bona in östlicher Richtung bis zum Kap Bon und von hier südlich in der kleinen Syrte bis in die Gegend von Sfax. Am westlichen Teil der Küste von Algier, also westlich von Kap Ferro, sind trotz vielfacher Nachforschungen noch keine Korallenbänke gefunden worden. Da, wo Korallen vorkommen, geht die Fischerei bis 6 und sogar 8 Meilen in das Meer hinein und bewegt sich in Tiefen, die zwischen 90 und 900 Fuß schwanken. Die aus größeren Tiefen kommenden Korallen sind blasser und nicht so glänzend, als die aus geringerer Tiefe, wie sie vielfach an der italienischen Küste vorkommen. In den genannten Gegenden ist schon vor Jahrhunderten ein reger Fischereibetrieb gewesen, vielfach gestört oder auch zeitweise ganz verhindert dureh die jene Küsten beherrschenden Barbaresken. Früher war der Hauptsammelplatz für die Fischereiflotte die Insel Tabarca, nahe der Küste und ungefähr in der Fortsetzung der algerisch-tunesischen Grenze gelegen. Auch jetzt ist diese sowie die der Küste etwas ferner liegende Insel Galita noch von Bedeutung, am wichtigsten ist aber gegenwärtig für die Gewinnung der Korallen die benachbarte algerische Küstenstadt La Calle, wo die französische Regierung alle möglichen Einrichtungen zur Förderung dieser Industrie bei ihren Landesangehörigen getroffen hat. Andere Punkte, in deren Nähe ertragreiche Ko- rallenbänke liegen, sind Vieille-Calle oder Bastion de France, eine früher zum Schutz der Korallenfischer angelegte Befestigung, ferner das Kap Rosa, wenig westlich von La Calle und noch etwas weiter nach Westen die Bucht von Bona, wo Bona selbst, sodann Oalle- Traversa und andere Punkte, weiterhin das Cap de Garde und das Cap de Fer, die, so- weit jetzt bekannt, westlichste Grenze des Korallenvorkommens in jenen Meeren, wichtig sind. Gegen Osten ist die Küste von Biserta zu erwähnen, sodann die Gegend etwas südlich vom Kap Bon bei Kelibia und weiter im Süden Mansuria (Sidi Mansur), etwas nördlich von Sfax, gegenüber den Kerkenna-Inseln, im Golfe von Gabes gelegen. Nach der Form sind die afrikanischen Korallen namentlich den sizilianischen gegenüber dadurch ausge- zeichnet, daß der sich wie eine Säule erhebende, wenig gebogene Stamm von Strecke zu Strecke sehr geradlinig verlaufende Äste trägt, was für die Verarbeitung besonders günstig ist, da wenig Abfall entsteht. Manche Stöcke von hier sehen aus wie eine Hand mit aus- gestreckten Fingern. Ertragreich sind besonders in den letzten Jahren auch die sizilianischen Küsten gewesen. Südlich von Sizilien liegen die kleinen Inseln Linosa und Pantelleria, in deren Nähe man Korallen gefunden hat. Dasselbe ist der Fall zwischen Malta und dem die Südspitze von Sizilien bildenden Kap Passero. Die wichtigsten Fundstätten sind aber bei Seiacea westlich von Girgenti, wo seit der Mitte der siebziger Jahre gefischt wird, sodann auch an der Westküste bei Trapanı und den nahegelegenen Agaden. Bei Sciacca sind drei Bänke von verschiedener Größe und in einer mittleren Tiefe von zirka 200 m (148 bis 221 m) bekannt. Merkwürdig und abweichend von den anderen Korallenfeldern ist der Umstand, daß hier alle Korallen tot und ihrer Rinde beraubt sind. Die Folge davon ist, daß viele Stücke schon ihre schöne rote Farbe verloren haben und schwarz geworden sind, wodurch der Wert auf einen sehr geringen Betrag heruntersank. Dieser Prozeß schreitet immer weiter fort. Seit der Entdeckung der Bänke ım Jahre 1875 hat man schon am Anfang und noch mehr in der Mitte der achtziger Jahre eine starke Verschlechterung der Qualität beobachtet, zudem geht der Vorrat aus Mangel an Erneuerung durch Nach- wachsen junger Stöcke rasch seiner vollkommenen Erschöpfung entgegen. Die Ursache des Absterbens liegt wohl darin, daß die Korallen mit einer Schlammschicht bedeckt sind; KORALLEN. VERBREITUNG. 745 diese ist ihnen, die zu ihrem Leben stetig sich erneuerndes frisches und reines Wasser brauchen, verderblich geworden. Man bringt diese Schlammbedeckung in Verbindung mit den heftigen, mehr als 3 Monate dauernden unterseeischen vulkanischen Eruptionen, die im Jahre 1831 in der Mitte zwischen Pantelleria und Sciacca stattfanden. Diese veran- laßten hier die Entstehung der jetzt wieder verschwundenen kleinen Kraterinsel Ferdinandea (Graham oder Julia) und bedeckten höchstwahrscheinlich auf weite Erstreckung den Meeresboden mit feinen vulkanischen Aschen, die jetzt jenen Schlamm bilden. Die Korallen- stöcke von Seiacca sind so stark gebogen, daß es dem Gebrauche hinderlich ist, denn bei der Verarbeitung zu den gewöhnlichen Zwecken geht ein erheblicher Teil als Abfall verloren und nur selten ist es, daß zu irgendeinem besonderen Kunstgegenstande gerade diese starke Krümmung sich eignet. Auch die kleinen Inseln nördlich von Sizilien, Ustieca und die Liparen (Lipari, Vul- cano, Stromboli, Basiluzzo und die anderen) haben Korallenbänke, zum Teil von ziemlichem Reichtum, in ihrer Nähe, deren Befischung aber durch das vielfach stürmische Meer sehr behindert und an manchen Stellen ganz unmöglich gemacht ist. Wichtiger als diese sind die Fundorte in der Straße von Messina. Sie erstrecken sich, wie schon oben erwähnt wurde, von der nördlichen Spitze von Sizilien, dem Kap Faro, sechs Miglien nach Süden, noch drei Miglien über Messina hinaus bis gegenüber von Chiesa della Grotta, und sogar noch weiter südlich, bei San Stefano, sind Korallen vorgekommen. Dasselbe ist der Fall an der gegenüberliegenden kalabrischen Küste, besonders bei Seilla und Palmi, wo die Korallen wegen der Schönheit ihrer Farbe besonderen Wert haben, sowie nördlich davon bis zum Kap Vaticano und Tropea und ım Golfe von San Eufemia, ebenso aber auch südlich bei Altafıumana am Kap dell’Armi und sonst in der Gegend von Melito, am Kap Spartivento, Kap Bruzzano und bis zum Kap Rizzuto am Golf von Squillaee, sowie weiterhin bis zum Kap Santa Maria dı Leuco, das den Golf von Tarent begrenzt. Auch im Golf von Neapel sind fünf bis sechs Miglien vom Ufer mehrere Korallen- bänke bekannt, so in der Nähe von Capri, bei der kleinen Insel Nisida zwischen dem Posilipp und Pozzuoli und beim Kap Miseno, sowie bei Ischia, ferner zwischen Neapel und Vico Equense bei Castellamara auf dem Vorgebirge von Sorrent. Von erheblicher Bedeutung, am wichtigsten nach den nordafrikanischen Korallen- fischereien, sind seit langer Zeit die in den Gewässern, welche die Insel Sardinien und zum Teil auch Korsika umgeben, aber fast nur auf der West-, nicht auf der Ostseite. Im Süden von Sardinien sind die Inseln San Pietro mit der Ortschaft Carloforte, sowie San Antioco und del Toro zu erwähnen, weiter nördlich das Kap San Marco und der Küstenstrich zwischen Bosa und Alghero. Noch reicher ist aber die Straße von Bonifacio zwischen Sardinien und Korsika. Auf sardinischer Seite werden hier an der Insel Asınara, bei Castelsardo, Longosardo, und um die Inseln Maddalena und Caprera, auf korsikanischer Seite bei Bonifacio Korallen gewonnen, und von hier an längs des ganzen Westufers der letzteren Insel bis zu ihrer Nordspitze, dem Cap Corse, so im Meerbusen von Propriano (Golf von Valineo) und an vielen anderen Orten. Auf der Ostseite von Sardinien kennt man Korallen nur in spärlicher Zahl beim Kap Corallo, auf der Ostseite von Korsika sind gar keine bekannt. Dagegen findet man wieder eine gewisse Menge um die Inseln Elba und Giglio, sowie an der gegenüberliegenden toskanischen Küste. Hier liegt auch das schon von Plinius wegen seiner Korallenfischerei genannte Alsidonia (= Ansidonia). Endlich ist an der toskanischen Küste noch der Strich zwischen Ceeina im Süden, bei Li- vorno, und La Spezia im Norden zu nennen. Besonders Montenero bei Livorno war früher nicht unwichtig, die Fischerei scheint hier aber jetzt aufgehört zu haben. 746 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. In Frankreich sind Korallenbänke von geringer Wichtigkeit an der Küste der Provence bekannt, besonders ın der Umgebung der Hyerischen Inseln, bei Toulon, sowie auf beiden Seiten des Golfes von St. Tropez. Etwas weiter westlich sind bei der Pointe Riche, östlich von den Rhönemündungen, Funde gemacht worden. Die französischen Korallen pflegen kurz und dick zu sein, vielfach erhebt sich aber auch auf dem sehr breiten Fuße eine größere Anzahl dünner Zweige, so daß das Ganze wie ein Haarschopf aussieht. Nicht ganz ohne Bedeutung sind schließlich noch die Korallenbänke an der spani- schen Küste in den Provinzen Katalonien, Valencia, Murcia und Granada, von der fran- zösischen Grenze an bis Gibraltar. Die wichtigsten Punkte sind ganz im Norden, beim Kap de Creus, im Golf de Rosas, beim Kap Bagur und beim Kap Sebastiano, sowie bei Palamos, alle nahe dem 42. Breitegrade. Nicht zu vergessen sind die Meere, die die Bale- aren umgeben. In Spanien sind Stöcke häufig, bei denen aus dem breiten Fuße mehrere verästelte Stämme säulenförmig hervorwachsen. Die spanischen Korallen sind vielfach besonders intensiv rot gefärbt. Von manchen Schriftstellern, namentlich von solchen des Altertums (Plinius), werden edle Korallen auch aus anderen Gegenden, besonders aus dem Roten Meer und aus den indischen Meeren, erwähnt. Es scheint aber, als ob sie dort, wenigstens heutzutage nicht mehr vorkämen, während riffbildende Korallen in diesen Teilen des Ozeans sich massenhaft entwickeln. Wenn aber auch die echte Edelkoralle (Corallıum rubrum) wohl auf das Mittelmehr beschränkt ist, so kommen doch den dortigen sehr ähnliche Korallen, die aber wohl alle anderen Arten angehören, auch sonst vor. Sie werden in manchen Gegenden gleichfalls gefischt und in derselben Weise wie jene verarbeitet. Eine besondere, Art, Corallıum Lubrani, sollen die Korallen bilden, die seit einiger Zeit bei den Capverden besonders bei der Insel Säo T'hiago gewonnen werden und die auch in der Nähe der Kanaren vorkommen. Die Fischereien bei Säo Thiago, 90 bis 190 m tief und 400 bis 1000 m von der Küste entfernt, hat in den siebziger Jahren der Italiener Antonio Lubrano eingerichtet, nach dem die Koralle ihren Namen erhalten hat. Auch bei den Sandwichinseln findet sich eine rote Koralle, deren Stöcke aber weniger intensiv gefärbt sind als die der Edelkoralle. Sie sind meist hell rosarot bis weiß und ihre Enden spitzen sich scharf zu, was bei der Mittelmeerkoralle nicht der Fall ist. Zu derselben Art gehört wahrscheinlich auch die Koralle, die gegenwärtig unter dem Namen der japanischen in den Handel gebracht wird. Es ist das Corallium secundum Danas, von dem auch das Corallium Johnstoni Grays, das in der Nähe von Madeira vorkommt, schwerlich wesent- lich verschieden ist. Alle diese außerhalb des Mittelmeeres lebenden Korallen stehen, wenn sie auch immerhin nicht ganz ohne Bedeutung sind, doch bezüglich ihres Handels- wertes so weit hinter der Edelkoralle zurück, daß sie im folgenden nicht weiter berück- sichtigt zu werden brauchen. Die Korallenfischerei. Verwendung der Korallen. Handel. Die Korallenfischerei wird in ganz eigenartiger Weise betrieben und ist mit keiner anderen Art von Fischerei zu vergleichen. Sie findet in den sechs Sommermonaten, nur ausnahmsweise das ganze Jahr hindurch, statt. Wenn die Stürme des Herbstes kommen, wird die Sache meistens zu gefährlich; die Schiffe kehren dann mit ihrer Beute nach Hause zurück, um ım Früh- jahr ıhre Jagdgründe wieder aufzusuchen. Diese Schiffe werden zur Korallenfischerei eigens hergestellt und gleichen einander äußerlich und in der Einrichtung in allen wesentlichen Punkten. Es sind sehr solid ge- baute, seetüchtige, schnellsegelnde, übrigens im Notfalle auch durch Rudern zu bewegende Barken von verschiedener Größe mit einem Gehalt von 6 bis 16 Tonnen, deren größte eine Länge von 13 bis 14, eine Breite von 31’ und einen Tiefgang von 1! m haben. ie u te aa KORALLEN. FISCHEREI. 747 Sie führen eine Bemannung von sechs bis zwölf Personen, die bei kärglichem Lohne eine täglich 18stündige harte Arbeit zu leisten haben. Selten sind ganz kleine Boote unter sechs Tonnen, die mit zwei bis drei Leuten den Fang betreiben. Die Fischerei findet meist etwa vier bis sechs Seemeilen vom Lande statt. In geringer Tiefe, bis höchstens 10 m und nahe dem Ufer, geschieht die Arbeit zuweilen durch Taucher, aber die Menge der so gewonnenen Korallen ist gering, da die meisten und schönsten in größeren Tiefen vorkommen, die auch bei der zweckmäßigsten Einrichtung für die Taucherei nicht mehr zugänglich sind. Für solche große Tiefen haben die Korallenfischer wahrscheinlich schon seit Jahr- hunderten ein eigenartiges Instrument, das gegenwärtig fast ausschließlich in allen Teilen des Mittelmeeres benutzt wird und neben dem alle anderen Fanggeräte von untergeordneter Bedeutung sind. Es wird von den Italienern mit dem Namen Ingegno, von den Provencalen als Engin bezeichnet. Sein Bau und seine Anwendung sind in allen Teilen des Mittel- meeres ziemlich gleich; Abweichungen sind zwar vorhanden, aber diese sind nur un- wesentlich. Dieses Hauptinstrument besteht aus zwei gleichen, soliden Balken aus Eichenholz, deren Länge auf großen Barken zwei und zuweilen sogar mehr Meter, auf kleinen oft nicht voll 1 m beträgt. Diese sind in der Mitte kreuzweise fest miteinander verbunden, so dab von hier vier gleich lange, nach den Enden zu dünner werdende Arme unter rechten Winkeln ausgehen. In deren Vereinigungspunkt ist ein schwerer Stein, ein Bleiklotz oder irgendein anderer schwerer Körper befestigt, der die ganze Maschine im Wasser zum Sinken bringt; in neuerer Zeit werden die vier Arme nicht selten in ein schweres Eisen- stück eingelassen, das dann denselben Dienst tut. An jedem der vier Arme ist außen in einer ringsherum gehenden Kerbe eine starke Leine von 6 bis 8 m Länge mit ihrem einen Ende festgebunden und im Kreuzpunkt der Balken hängt eine fünfte, noch längere. An dieser Leine sind in gewissen Zwischenräumen die eigentlichen Fangapparate angebracht. Dies sind sehr grobe, viereckige Netze mit einer Maschenweite von mehreren Zentimetern, die aus fingerdicken, nur wenig zusammen- gedrehten Hanfschnüren gestriekt sind. Jedes derselben wird an einer der vier Seiten zu- sammengenommen und fest zusammengebunden; sie bilden so an der gegenüberliegenden Seite offene, quastenartige Schnurbündel, vergleichbar den quastenartigen Geräten, mit denen man die Verdecke der Schiffe aufzuwischen pflegt. Die Länge dieser Quasten ist je nach der Größe des Ingegno, verschieden und geht bis zu, ja zuweilen bis über 2m. Jede Leine trägt in zweekmäßigen Abständen eine gewisse Anzahl derselben, so daß an einer Maschine 30 bis 40 befestigt sind; dazwischen hängen noch ähnliche, aber feinere und eng- maschigereApparate, die meist aus alten Sardinennetzen hergestellt werden. Beim Fischen wird das Ingegno vom Deck der Barke aus an einem langen festen Seil ins Wasser geworfen, wobei sich die Netzquasten mit ihrem freien Ende horizontal ausbreiten und so eine je nach ihrer Länge mehr oder weniger große Fläche auf dem Wasser, später auf dem Meeresgrunde bedecken, wenn dıe Maschine infolge ihres Gewichts auf den Boden gesunken ist. Hier verwickeln sich die hervorragenden Stellen desselben, also vor allem die auf dem Grunde wachsenden Korallenbäumehen, aber mit diesen auch andere Tiere, Gesteinszacken und Pflanzen usw. in die Netze, namentlich in die groben, weitmaschigen, und werden bei der Bewegung der Barke losgerissen. Die größeren Stücke bleiben in den weiten Maschen hängen, die kleineren fallen durch diese hindurch und werden von den kleineren engmaschigeren Netzen aufgefangen. Die Handhabung des Ingegno ist außerordentlich mühsam, um so mehr, je größer es ist, namentlich unter der glübenden Sommersonne der nordafrikanischen Küste und des ganzen Mittelmeeres. Je nachdem sie von großen Barken aus mit einer Winde, oder 748 ANHANG. PERLEN UND KoRALLEN. von kleinen aus mit der Hand geschieht, unterscheidet man wohl die große und die kleine Fischerei. Ein Ingegno für eine große Barke wiegt mehr als 2 Zentner; ein solches für eine kleine entsprechend weniger. Die Netze hängen sich oft so fest am Meeresboden an, daß sie sich nicht mehr auf dem gewöhnlichen Wege losreißen lassen. Man hat dann besondere Instrumente, um sie frei zu machen. Aber auch so gelingt es nicht immer, und dıe Maschine mit dem daran befestigten Seil ist verloren. was für den Fischer, wenn es sich um ein großes Ingegno handelt, allein für dieses einen Verlust von 200 Franken bedeutet. Jedesmal, wenn das Ingegno ausgeworfen ist, bleibt es eine Zeitlang im Wasser, und der Fischer macht verschiedene Operationen, um seine Wirkung möglichst zu steigern. Wenn die Barke eine gewisse Strecke zurückgelegt hat, wird es eingenommen; die Beute wird ausgesucht und die sehr starker Abnutzung unterworfenen Netzbündel erneuert. Da- durch geht jedesmal ziemlich viel Zeit verloren, mehr oder weniger, je nach den günstigeren oder minder günstigen Umständen. In einer Tagestour kann so ein 7- bis 14maliges Aus- werfen und Einholen des Fangapparates stattfinden, nur in seltenen Fällen ist es öfter möglich. Kleine Barken gehen nach vollbrachtem Tageswerk an Land, größere bleiben in See, stets nach Bedarf ihren Standort wechselnd, bis sie zur Verproviantierung oder um Schäden auszubessern usw. einen Hafen aufzusuchen genötigt sind. Die Korallenfischerei ist ein fast ausschließlich italienischer Erwerbszweig. Beinahe alle Barken werden ın Italien gebaut, und die allermeisten haben ihre Heimat in italie- nischen Häfen. In den achtziger Jahren waren es deren etwa 460, darunter 200 kleine und 260 große. Der wichtigste Hafen ist Torre del Greco bei Neapel, von wo alljährlich 300 Barken ausgehen, dann folgen mit viel geringeren Zahlen Santa Margherita östlich von Genua an der Riviera di Levante (jetzt 49, vor 50 Jahren waren es 200), Alghero und Carloforte in Sardinien (je 19), Trapani (8), Livorno (6) und Messina (3 Barken). Indessen werden auch etwas, aber unwesentlich abweichende Zahlen angegeben. Da die wichtigsten Bänke im Bereiche des französischen Gebietes an der nordafrika- nischen Küste liegen, so hat die französische Regierung von jeher die größten An- strengungen gemacht, dıe Korallenfischerei nach Algerien hinüberzuziehen. Dies ist ihr auch in neuerer Zeit durch verschiedene zweckmäßige Einrichtungen zur Hebung des Betriebes, und namentlich durch wichtige Vergünstigungen an italienische Fischer soweit gelungen, daß eine nicht geringe Zahl von diesen mit ihren Barken nach La Calle und in andere afrikanische Häfen übergesiedelt ist und die französische Flagge angenommen hat. Von dort fahren jetzt unter dieser Flagge etwa 100 Barken aus, die aber ebenfalls alle noch durchaus mit Italienern bemannt sind. Nur der verhältnismäßig geringe Ertrag der pro- vencalischen Küste wird von Franzosen gewonnen, und ebenso wird die spanische Küste nicht von Italienern, sondern von Landeseingeborenen ausgebeutet, die mit etwa 60 kleinen Barken meist den sogenannten kleinen Fang betreiben. Die Menge der von einer Barke in einem Jahresbetrieb gewonnenen Korallen ist natürlich nach den Umständen sehr verschieden. Nicht geringen Einfluß hat der Ort, wo gefischt wird, sowohl in bezug auf die Menge als auf die Güte, die sich indessen vielfach gegenseitig bis zu einem gewissen Grade ausgleichen. Nach einem mittleren Durchschnitt erntet eine Barke an der afrikanischen Küste im Jahre 150 kg im Wert von 75 Franken das Kilogramm, an der sardinischen Küste 190 kg zu 50 Franken und bei Korsika 210 kg zu 45 Franken usw. Die Gesamtmenge der Korallen, die von Barken unter italienischer Flagge im Jahre gewonnen wurden, betrug am Ende des vorigen Jahrhunderts mindestens 56000 kg im Werte von 4200000 Franken. In Algier wurden jährlich 10000 kg ım Werte von 750000 Franken erbeutet. Die 60 spanischen Barken erlangten 12000 kg, deren Wert | | | | | KORALLEN. SORTEN. VERARBEITUNG. 749 sich auf 800000 Franken bezifferte. Insgesamt kann man den Ertrag der nicht italie- nischen Barken auf 22000 kg im Werte von 1550000 Franken schätzen, so daß in dem genannten Zeitraum Jährlich ım Mittel 78000 kg Korallen gewonnen wurden, deren Wert 5750000 Franken betrug. Die von den Fischern in den Handel gebrachten Korallen werden beim Verkauf in verschiedene Sorten geteilt, die einen natürlich etwas schwankenden mittleren Marktpreis haben. Selbstverständlich ist dieser Preis weit geringer, als später, wenn die Koralle, zu Schmuck verarbeitet, ın die Hände des Publikums übergeht. Diese Sorten sind die folgenden: 1) Tote oder verfaulte Korallen. Es sind die am Felsen angewachsenen dicken und breiten Fußteile der Stöcke mit deren unmittelbar benachbartem unterem Ende. Diese Stücke, an denen oft noch das Gestein hängt, auf dem die Koralle festgesessen hatte, sind meist derart von anderen Meerestieren überkrustet, daß man die Qualität schwer beur- teilen kann. Der Ankauf dieser Sorte, von der 1 kg5 bis 20 Franken kostet, gleicht daher einem Glücksspiel. Oft kommen sehr wertvolle Stücke aus der unscheinbaren Hülle heraus. Die breiten Fußblätter werden nicht selten zu kleinen Schalen verarbeitet. 2) Schwarze Korallen. Hierher gehören bis innen oder wenigstens bis weit hinein schwarz gewordene Stöcke, die Trauerschmuck geben. Ein Kilo kostet bei guter Beschaffenheit 12 bis 15 Franken. Von einer anderen schwarzen Koralle wird noch unten die Rede sein. 3) Gewöhnliche rote Qualität. Es ist die Hauptmasse des roten Materials von allen Formen, Größen und Farbennuancen, ganze Stöcke und Bruchstücke. Wegen dieser großen Verschiedenheiten gehen auch die Preise weit auseinander und betragen 45 bis 70 Franken pro Kılo. 4) Ausgewählte Stücke. Besonders schöne und große Stücke werden getrennt gehalten und entweder einzeln oder ebenfalls in Partien dem Gewichte nach verkauft. Der Preis steigt hier auf 500 Franken und noch höher für das Kilogramm. Unter den Eigenschaften, dıe den Preis einzelner Stücke wesentlich mit bedingen, steht die Farbe obenan, deren Nuancen wir schon früher kennen gelernt haben. Sie ist natürlich der Mode unterworfen. In früheren Zeiten waren die lebhaft roten Stöcke be- sonders geschätzt. Heutzutage ist es in Europa vor allem das liebliche frische Rosa, das die Italiener pelle d’angelo (Engelhautfarbe) nennen, und dasselbe ist in den beiden Ländern der Fall, die im Verbrauch der Korallen obenan stehen, Ostindien und China. Gutgeformte Stücke von dieser Farbe können schon bei geringer Größe einen Wert von 100 Franken und mehr haben. Aber allerdings zeigen nicht alle Völker denselben Geschmack; die Araber z. B. bevorzugen noch heutzutage die lebhaft roten Nuancen. Wie die Gewinnung, so liegt auch die Verarbeitung der Korallen wesentlich in den Händen der Italiener. Nur wenig verbreitet ist dieser Industriezweig in Spanien und auch in Frankreich; hier werden dagegen viele in Italien verarbeitete Korallen in Schmuck- stücke gefaßt, was zum Teil mit Diamanten und anderen Edelsteinen zusammen geschieht. In Italien sind etwa 60 Werkstätten, in denen ungefähr 6000 männliche und namentlich weibliche Arbeiter beschäftigt werden, um alle möglıchen Gegenstände, namentlich Schmuck- sachen, herzustellen, die von hier aus in die ganze Welt gehen. Auch in der Verarbeitung steht, wie bei der Fischerei, Torre del Greco voran. Hier allein sind in 40 Etablissements 3200 Arbeiter, darunter 2800 weibliche, tätıg. Andere Orte, die noch Erwähnung ver- dienen, sind Genua, Neapel, Livorno und Trapani und bis zu einem gewissen Grade auch Rom. Die hauptsächlichste aus Korallen dargestellte Handelsware sind größere oder kleinere durehbohrte Stücke von verschiedener Form, die, auf Schnüre gezogen, als Hals- und Arm- bänder, Rosenkränze usw. benutzt werden. Speziell sind es Perlen von kugelrunder und 750 ANHANG. PERLEN UND KORALLEN. sogenannte Oliven von ovaler Form, groß, mittel oder klein, mit oder ohne Facetten. Letztere sind gegenwärtig wenıger beliebt als am Anfange dieses Jahrhunderts. Arabische Korallen sınd I!/2 bis 2 cm lange, der Länge nach durchbohrte, sonst nicht weiter be- arbeitete Stücke; diese werden auf langen Schnüren zu sogenannten Bajaderen gefaßt, die im Orient vielfach als Gürtel getragen werden. Auch querdurchbohrte Stücke dieser Art werden vielfach hergestellt und auf Schnüre aufgezogen. Sehr kunstfertig sind die Italiener in der Herstellung geschnitzter Sachen in Form von Kameen, von Blumen, Tieren, menschlichen Figuren usw. Sie wissen dabei die kleinen Unregelmäßigkeiten des Materials äußerst geschiekt zur Hervorbringung verschiedenartiger Effekte zu verwenden. Solche Gegenstände werden entweder einzeln in Broschen, Nadeln usw. gefaßt oder ebenfalls in Arm- und Halsbänder eingereiht. Kleine Enden von Zweigen sieht man vielfach poliert in ihrer natürlichen Form zu Uhrgehängen, zu Nadeln usw. verarbeitet, und ähnlicher Verwendungen sind es noch viele. Große Stücke geben nicht selten Griffe zu Stöcken und Sehirmen und ähnliche Sachen von erheblicherem Umfange. Sie werden zuweilen, namentlich wenn die Qualität hervor- ragend ist, äußerst kunstvoll geschnitzt und haben dann einen sehr hohen Wert. So wird von einem Griff für den Sonnenschirm der Königinwitwe von Italien berichtet, der einen Wert von 9000 Franken hat. Der Preis der verarbeiteten Korallen ist natürlich sehr verschieden, weil hier zu der Qualität noch die mehr oder weniger kunstreiche Arbeit kommt. Bei Hals- und Armbändern hängt er von der Zahl und Größe der Perlen, und sehr wesentlich von der Übereinstim- mung der Farbe derselben ab. Auf der Berlıner internationalen Fischereiausstellung im Jahre 1880 war ein Halsband im Werte von 120000 Mark zu sehen. Die Verwendung der Korallen ist zwar ın Europa nicht gering, sehr viel erheb- licher aber im Orient und besonders in Indien und China, wohin der größte Teil der Ge- samtproduktion geht. In Europa wird Korallenschmuck mehr von einzelnen und vorzugsweise von Kindern getragen; nur in gewissen Teilen von Italien, von Österreich und Ungarn, von Polen und besonders ın Rußland gehört er zu den Zierraten der großen Masse. In der Türkei dient er nicht alleın zum Putz von Männern und Frauen, ‘sondern auch zur Verzierung der Wände in den Wohnungen, sodann zum Schmuck der Pfeifen, Waffen, des Pferdegeschirres und anderer Gegenstände. Groß ist der Verbrauch in ganz Nordafrika, besonders in Ma- rokko, ebenso in Arabien, während die Ägypter die Korallen nicht besonders schätzen. Die Perser lieben Korallenschmuck sehr, ebenso die Japaner und Chinesen. Bei letzteren werden Korallen ganz allgemein von Männern und Frauen getragen, unter anderem machen sie aus besonders großen und schönen Stücken Kugeln auf Mandarinenhüte, und bezahlen dafür zuweilen unglaubliche Summen. Am größten ist jedoch der Bedarf in Östindien; für mehrere Millionen Franken werden jährlich nach Bombay, Madras und Kalkutta ausgeführt. In Indien werden sie zu Hals-, Arm- und Beinbändern und sonst zum Schmuck benutzt, ebenso aber auch zu Rosenkränzen und Amuletten und besonders als Totengabe, die dazu dienen soll, die bösen Geister von den Leichen der Verstorbenen fernzuhalten. Nicht ganz gering ist auch die Ausfuhr nach Amerika, besonders nach Süd- amerika, und nach Australien. Vorliebe für Korallen herrscht im allgemeinen bei Völkern, die schon auf einer gewissen Kulturstufe stehen. Man hat schon versucht, Korallenperlen statt Glasperlen bei wilden Völkerschaften einzuführen, aber ganz ohne Erfolg. Diese ziehen durchweg die glänzenderen und viel billigeren Glasperlen vor. Der nicht geringe Wert der echten Korallen hat die Anfertigung von Verfälschungen zur Folge, die vielfach zu sehr billigem Preise in den Handel gebracht und den echten untergeschoben werden. Häufig sind es Perlen aus rotgefärbtem Gips, die sich aber “ 4 KORALLEN. VERFÄLSCHUNGEN. SCHWARZE UND BLAUE KORALLE. 751 daran erkennen lassen, daß sie mit Säuren nicht aufbrausen. Auch gebrannte und rot- gefärbte Knochen, sowie mit Fischleim und Zinnober oder Mennige zusammengeknetetes Marmorpulver dient zu demselben Zwecke, sogar runde Kugeln aus rotem Siegellack kommen vor. Auch Zelluloid wird zu diesem Zweck viefach verwendet. Wir haben oben schon von den schwarzen Korallen gesprochen. Es gibt aber außer den dort erwähnten schwarzen Exemplaren der Edelkoralle noch andere von der- selben Farbe, die zuweilen zu Trauerschmuck und zu anderen Zwecken verarbeitet werden. Diese von Natur schwarze Koralle hat von den Zoologen den Namen Anthipates spiralis Pall. erhalten. Um die Mundöffnung der Polypen stehen hier sechs Fangarme, so dab sie der Abteilung der Hexactinien zugerechnet werden müssen. Im Innern scheidet sie einen glänzend pechschwarzen, verästelten bis zwei Fuß langen und einige Zoll dieken Stock von horniger, nicht von kalkiger Beschaffenheit aus. Wegen dieser letzteren läßt er sich leicht biegen und daher in einem Stücke zu Armringen usw. verarbeiten. Diese schwarze Koralle lebt im indischen Ozean; sie führt in jenen Gegenden den Namen Akabar. Man benutzt sie dort, wo sie außerordentlich geschätzt ist, vielfach, um Zepter für einheimische Könige und Fürsten herzustellen, daher der Name Königskoralle, den sie ebenfalls führt. Ähnliche Formen kommen auch im Mittelmeere vor, wo sie Giojetto genannt werden. An der Kamerun- und an der Goldküste wurde früher eine blaue Koralle ge- fischt und zu Schmucksachen verarbeitet; sie war dort bei den Negern sehr geschätzt. Die Eingeborenen nannten sie Akori, von den Zoologen hat sie die Bezeichnung Allopora subviolacea erhalten. Seit langer Zeit scheint diese blaue Koralle aber vom westafrika- nischen Markte verschwunden zu sein, so daß dieser kurze Hinweis genügt. A. Abaete, Rio, Brasilien, Diaman- ten 185. Abgestorbener Edelstein 557. Acabar = Akabar 751. Acetylentetrabromid zur Be- stimmung des spezifischen Ge- wichts 27. Achat 618. 620. 627; brasilia- nischer 632; isländischer 550; löhlbacher 613; mexikanischer 649; okzidentalischer und orien- talischer 628. Achat, Brennen 645. Achat, Färbung 642 Achatglas 635. Achatjaspis 615. Achatmandeln 593. 629. 630. Achatschichten, harte und weiche 643. Achatschleife 638. 639, Achatschleiferei 635. Achroit 458. Achsen, optische 59. Acori = Akori 751. Adelaide-Rubin (Granat) 442. Adern = Risse oder Federn 112. Adular 530. Adularisieren 78. 530. Agat siehe Achat. Agstein 683. Agtstein = Bernstein 657. Agua Suja, Brasilien, Diamanten 186. Ägyptischer Türkis 495. a jour, Fassung 108. Akabar 751. Akbar Schah (groß. Diamant) 315. Akori 751. Aktinolith 564. Alabaster 650. Alasmodonta margaritifera 726. Register. Albitmondstein 532. Alessandrinentürkis 495. Alexandrit 382; künstlich 384. Alexandritkatzenauge 384. Almandin (Granat) 439. Almandinspinell 374. Amatrix 503. Amause 119. 121. Amazonenstein 526. 575. Ambre antique 677. Ambroid = Preßbernstein 678. Amerikanischer Brillantschliff 92. Amethyst 591; edler 591; falscher 651.652: Farbenänderung durch Radiumstrahlen 72; gebrannter 592. 597; okzidentalischer 591; orientalischer 371. 591. Amethystgrotte 594. Amethystmandeln 593. 630. Amethystsapphir = Violettrubin 371. Amorph 9. 11. Amphibol 553; im Blaugrund, Südafrika 229. Amphibolgruppe 553. Amsterdamer (großer Diamant) 313. 314 Amsterdamer Rose 97. Amulette aus Achat 635; aus Chiastolith 517. Andalusit 516. Anfühlen, kaltes und warmes 81. Anorthit 526. Anthrax 334. Anthrazit 686. Antwerpener Rose 97. Apatit 653. Apyrit =sibirischer Turmalin 459. Aquamarin 387. 402; Farben- änderung durch Radiumstrahlen 72; orientalischer 370; sibi- rischer 402; Vorkommen 403. Aquamarinchrysolith 387. 407. Arabische Steine 493. Aragonit, faseriger 649. Arbeitsfließen 675. Areiseuro (Farbe vonKorallen)737. Arizona-Rubine 448. Arkansas-Diamanten 588. Asche des Bernsteins 657; des Diamants 141. Aschentrecker (Aschenzieher) 457. Asterien 79. 357. Asterismus 79. Atlasglanz 42. Atlasspat (Atlasstein) = Faser- kalk 649. Atoll 742. Ätzen der Edelsteine 106. Ätztinte, Verhalten der Edel- steine 8. Aufbringen der Edelsteine 109. Aufgewachsene Kristalle 84. Augenachat 628. Augit = Pyroxen, Augitgruppe 559. Augustine, Sainte, Diamantgrube 214. Aushöhlen, Auskolben 640. Ausschlägeln 98. Australien, Diamant 283; Edel- opal 477. Avanturin 615; grüner 616, 626. Avanturinfeldspat 527. 615. Avanturinglas 617. Avanturinquarz 615. Avicula margaritifera 726. 727. Axinit 513. Azurmalachit 649. B. Babalpur, Indien, Diamant 178, Badrachellum, Indien, Diamanten 175. Bagagem, Brasilien, Diamanten 186. Baggerstein 667. Baghinfluß, Indien, 179. Bahia, Brasilien, Diamanten 199. Bahias (Diamanten) 202. Bajaderen (aus Korallen) 750. Balasrubin 374. Banaganpilly, Indien, Diamanten 173. Banaganpillygruppe 167. Bandachat 628. Bandelkhand, Indien, Diamant 177. Bandjaspis 614. Barkly West, Diamanten 217. Barockperlen 723. baroques 99. Barro 191. Bart der Perlmuschel 727. Bastard 660. 676; buntknochiger 660; Grundstein 676; Halb- Diamanten 660; Knibbel 676; knochiger | 676; kumstfnrbiger 660; perl- farbiger 660; Rund- 676; wol- kiger 660. Bastardformen 99. Bastit 555 Baumsteine 69. 621. Bearbeitung der Edelsteine 99- 306; durch Atzen 106; Bohren 104. 310. 640; Brennen 106, 645; auf der Drehbank 104; durch Färben 106. 642; Gra- vieren 104. 310. 641; Schleifen 99. 306. Beckit —= Beekit 609. Beilstein 564. Beintürkis 501. Beiraghar, Indien, Diamanten 177. Bellary, Indien, Diamanten 172. Bengalen, Diamanten 177. Benitoit 522. Bergmahagony 548. 550. Berg des Lights (großer Diamant) 314. Bergkristall 582. Bernstein 657; -Bastard 660. 676; birmanischer 682; Bläschen 661; blauer 660. 662; chemische Zu- sammensetzung 657; Einschlüsse 663; eisfarbiger 660; Farben 660; Farbveränderung 662; flohmiger 660; Fluoreszenz 662. gebräunter 681; geschmolzen 673; Ge- winnung 665; Größe der Stücke 665; grüner 662; Handelssorten 660. 675; als Harz 658; im Allu- vium und Diluvium 668; in der Bauer, Edelsteinkunde. 2. Aufl. REGISTER. blauen Erde 664; Imitationen und Verfälschungen 676; in- discher 682; Inklusen 663; ka- nadischer 683; Klar 6690; knochiger (Knochen) 660. 676; kumstfarbiger 660; im Kunst- gewerbe 673; massiver 658; mexikanischer 683; mürber, spröder oder unreifer 680; Rauchrequisiten 672; perlfarbi- ger660 ; physikal. Eigenschaften 658; roter 659. 662; rumänischer 681; runder 676; von San Do- mingo 683; schaumiger 661; Schmuck 672; schwarzer 659. 663. 681. 683; sizilianischer 681; Trübe 660; -Varietäten 660. 675; Verarbeitung 671; Verwitterung 663; Vor- kommen 664. Bernsteinbaggern 667. Rernsteinbergwerk 669. Bernsteinbitumen, Bernsteinöl, Bernsteinsäure 657. 658. Bernsteinfichte 657. Bernsteinfirnis, Bernsteinlack 658. Bernsteingräberei 667. Bernsteinhandelu. -Handelssorten 674. 675. Bernsteininseln 667. Bernsteinkolophon 658. 673. Bernsteinkonsum 674. Bernsteinkorallen 672. Bernsteinkuchen von Spiller 678. Bernsteinlack 673. Bernsteinperlen 672. Bernsteinplatten 675; 675. Bernsteinregal 670. Bernsteinreiter 666. Bernsteintaucherei 667. Berquen, Ludwig van 303. Beryll 384; edler 386. 387. 401; gemeiner 386; Farbe 387; Farbenänderung durch Radi- umstrahien 72. Besondere Farben- und Lichter- scheinungen an Edelsteinen 77. Besters Kraal - Diamantgrube, Oranjefluß-Kolonie 254. Betrug bei Edelsteinen 115. Bioganga, vulkanisches Gestein, Muttergestein eines Teils der Citrine von Goyaz 587. Birjpur, Indien, Diamant 178. Birmanischer Bernstein (Birmit) 682. Birnförmiger Schliff 98. Bischofsstein = Amethyst, wegen Polanger 159 der Verwendung dieses Edel- steins für die Ringe der Bi- schöfe Biseauschliff 90. 96. Black cleavage 270. Bläschen in Bernstein 661. Blätterbruch, Blätterdurchgang 29. Blauer Bernstein 660. 662; blaue Erde 664. 669; blauer Jaspis; blane Koralle 761; blauer Spi- nell 376; blauer Turmalin. Blaugrund 212. 224; Mineralien, Südafrika 227; Blaugrund, Deutsch-Südwestafrika 260, in Gängen 231. Blauspath 503. Blauweiße Diamanten 158. Blue ground, siehe Blaugrund. Blue John 652. Blue stuff 224. Blutjaspis 626. Blutstein 626. Bl. 733. Bobrowka-Granat 450. Bodenstein (Bernstein) 675; na- türlicher 658; Perlen 673. 677. Böhmischer Diamant 558; Granat 443; Rubin 599; Topas 597. Bohren der Edelsteine 104. 641; des Diamants 310. Bohrkronen mit Diamant 311. Bonamit, Zinkspath von Nord- amerika 525. Boort = Bort 268. Borneo, Diamant 274. Börnstein 658. Bort, Bortkugeln 268. 269. Boulders, Südafrika 226. Bourguignonperlen 733. Bouteillenstein 551. Boutonperlen 723. Brabanter Rose 97. Brack, Groß- u. Ordinär, Bern- stein) 676. Braganza, zweifelhafter großer Diamant 312, 318. 414. Brasilianischer Achat 632; Dia- mant 182; Chrysolith 462; Ru- bin 416; Sapphir 415. 463; Smaragd 462; Topas 415. Brasilian-Topas 598. Brasilien, Diamanten 182; Bahia 199; Goyaz 199; Mato Grosso 149; Minas Geraes 184; Paranä 198; Beschaffenheit 205; Pro- duktion 207. Brauner Jaspis 613; Topas 5981 Turmalin 463; Vesuvian 512. Braunschweiger Klar 660. 48 655; Perlen aus 754 Braunsteinkiesel = Mangankiese; (Rhodonit) 561. Breeeie, diamantenführende, am Kap 225. Brechungsindex = Brechungs- koeffizient 44. Brechungskoeffizient 44; DBe- stimmung62; Übersichtstabelle 66. Brechungsverhältniß = ungskoeffizient 44. Brennen der Edelsteine 106; des Achats 645. Bridschpur, Indien, Diamant 178. Brillant 90. 91; amerikanischer 92; dreifacher 92; englischer 91; Gang der Lichtstrahlen 52; sächsischer weißer 317; von Tiffany 319. 320; zweifacher 91. Brillantenleere 305. Brillantglas 305. Brillantrosette 98. Brille 403. Brillengläser 584. Brillolettes 98. Brilloneten 93. Briolette 98. Bronzit 555; im Blaugrund, Süd- afrika 229. Bruch der Edelsteine (ebener, glatter, muschliger, splittriger, unebener) 32. Blätter- 29. Brut 87. Bruttieren (Grauen) des Diamants 307. Bultfontein, Diamantgrube 213. Bultfontein me@l& 246. Bunte Steine, Mursinka 459. Buntknochiger Bastard 660; Klar 660. Burmit = Birmit. Beynespoort (Byenest-Poort)-Dia- mantgrube, Transvaal 259. Byon 341. Byssus der Perlmuschel 727. Bywater 270. Brech- ©. Cabochon 98, doppelter 98. Cacholong 485. Caesiumberyll 408. Caire’s Sternschnitt 93. Cairngorms 590. Calchihuilt 496. 575. Calette = Kalette. Callaina, Callainit = Kallainit 503. Callais = Kallais 503, Cameen = Kameen. REGISTER. Canavieiras-Diamantgruben, Ba- hia 204. Cancerinit 539. Canga 19%. Caüons, unterirdische, Brasilien. Canteen rush 215. Cap, Diamanten, siehe Kap. Cape white 270. Carbonado 202. Carbonat = Karbonat 202. Carbonetto (Farbe von Korallen) Carborundum 102. Carbunculus alabandicus 439. Carmoisieren = Karmoisieren 108. Carneol = Karneol 623. Cascalho 190. 191. Cedarit 683. Celluloid = Zelluloid 677. Cerachat 620. Cerkonier 428. Ceylanit 377. Ceylon, Edelsteine 360. Ceylonesischer Chrysolith 462; Ceylonesisches Katzenauge 379; Ceylonesischer Peridot 462; Ceylanischer Rubin 441; Cey- lonischer Zirkon 427. Ceylonopal 530. Chalcedon 617; Färbung 618; gemeiner 620; gestreifter und ungestreifter 618; Holz- 609; okzidentalischeru. orientalischer 620. Chalcedonachat 627. : Chalcedony Park, Arizona 609. Chalcedonyx 628. Chal-che-we-te 496. Changeant 534. Chapada, Säo Joäo da; Diamant- grube, Diamantina, Brasilien 1922 Chaper, Diamant von Chatoyieren 79. 530. Chemische Zusammensetzung der Edelsteine 7. Chennur = Dschennur, Indien, Di- amanten 171. Chiastolith 517. Chintapilly, Indien, Diamant. 175. Chips 268. Chlorastrolith 523. Chloromelanit 572. Chromdiopsid 556; im Blaugrund;; Südafrika 229. Chromglimmer 562. Chromgranat = Uwarowit 451. Chrysoberyll 377. 379; Farben- änderung durch Radium- strahlen 72. Chrysoberylikatzenauge 379. Chrysocolla = Chrysokoll 521. Chrysolith 407. 504. 506. 512. Chrysolith = Chrysoberyll 381. Chrysolith = Demantoid 451. Chrysolith = Vesuvian 512; Chrysolith, brasilianischer 462; Chrysolith, ceylonesischer 462; 508; Chrysolith, falscher 508; Chrysolith,okzidentalischer 508; Chrysolith, orientalischer 370. 508; Chrysolith, sächsicher 415, 508; Chrysolith vom Kap 523. Chrysopras 608. 609; künstlicher 645 Cincorasteine 202. Cincora, Diamanten, Brasilien 200. Citrin 587. 597; Farbenänderung: durch Radiumstrahlen 72. Claims 237. Clean stones 272. Cleavage 269. Close goods 268. Coca&s, Brasilien, Diamanten 185. 193. Codavetta-Kallu, manten 175. Coenenchym der Korallen 734. Colesberg Kopje = Kimberley- grube 214. Colorado-Rubine 448. Common and ordinary mötee 270. Compound system 273. Condapetta, Indien, Diamanten Il Condapilly, Indien, Diamanten. Corallium Johnstoni, Lubrani u. secundum 746. Corallium rubrum od. nobile 734. Cordierit 509. Couleurte Diamanten = farbige D. 158. Couleurte steine 2. Coulour, Indien, Diamanten 174. Craquelees 107. 588. Cristalliere 585. Crystals 270. Cuddapah-Gruppe der Diamant- gruben, Indien 171. Cülasse = Külasse. Cullinan 321. Cunnapurty, Indien, Diamanten kzcıle Cylinder aus Bernstein. Cylindergemmen 608. Cyanit 514. Cymophan 379. Cyprin 514. Indien, Dia- Steine = Halbedel- D. Dammstein 670. Damplaats-Diamantgrube, Oranje- fluß-Kolonie 254. Danau radja, großer Diamant 276. Darya-i-nur, großer Diamant 315. De Beers consolidated mines com- pany 238; mining company 238. de Beer’s Diamant 319; Diamant- grube 213. De Beer’s rush 213; new rush = Kimberleygrube 214. Deep brown (Diamanten). Demant = Diamant. Demantglanz = Diamantglanz 42. Demantoid 450. Demantspath 372. Demion — Karneol 623. Dendrachat 621. Dendriten 69. Dentelle der Rosette 97. Denticäo 587 Derb 9. Deutscher Jaspis 613. Deutscher Laspis (lazuli) Lasurstein 645. Deutsch-Südwestafrika, Diaman- ten 217. 270. Diallag 555. Diamant 136; Anomale Doppel- brechung 157; Aschenbestand- ‚teile 141; blauer, von Hope oder 317; Bortkugeln 268. 269; chemisches Verhalten 136; Bearbeitung (Schleifen, Gra- vieren, Durchbohren usw.) 306; Couleurt —= farbig 158; des Herrm E. Dresden 318; der Kaiserin Eugenie 317; des Sultans von Matan 276; Durch- sichtigkeit154; Einschlüsse 142; elektrische Eigenschaften 164; Entstehung und Nachbildung 296; Entstehung in Südafrika 230; Farbe 158; des Pulvers 163; Farbenänderung durch Radiumstrahlen 72; Fehler 323; Festigkeit (Zersprengbarkeit) 154; Feuer 41. 52. 156; gepan- zerter(nichtrein und klar); Glanz 155; Größe der Kristalle 149; der Brillanten und Rosetten 305; große und berühmte 312; grü- ner, in Dresden 317; Härte 153; Kristallformen 143 ; künstl. Nachbildung 300; Lichtbre- chung, Brechungskoeffizienten u. Dispersion 156; majästetische REGISTER. 306; Nachahmung und Verfäl- | schung 328; optische Eigen- schaften 154; Phosphoreszenz 80. 163; Preis 271. 322; Schlei- ferei 306; Schleifpulver 102; Schlifformen 303 ;schwarze 160; Spaltbarkeit 152; spezifisches Gewicht 151; thermische Eigen- schaften 164; Verfälschung 328; Verhalten in der Hitze, Ver- brennen 138; Verwendung zum Drahtziehen 311, Schmuck 302, technisch 310; Wasser 324; Werth und Preis 271, 322. Diamanten, Vorkommen und Ver- breitung 164; Afrika 164. 209; Algier 164; Arkansas 291; Au- stralien 283; Böhmen 165; Bor- neo 274; Brasilien 182; Celebes 164; China (Schantung) 164; Deutsch - Südwestafrika 260; Guayana 208; Indien 166; Java 164; Kalifornien u. Oregon 288; Kapkolonie 209. 216. 220; Ko- lumbien (Antioquia) 164; Lapp- land 294; Malakka 164; Meteo- riten 295 ; Mexiko; Nordamerika 287 ;Oranjeflußkolonie 216.251; Ostindien 166; Rhodesia 260; Pegu 164; Seengebiet Nord- amerika289; Sibirien 292; Spa- nien 165; Südafrika 209; im Blaugrund 227; im Diabas 220, in Seifen 217; Südafrika, Be- schaffenheit 263; Siam 164; Sumatra 164; Transvaal 217. 255; Ural 292. Diamanten, berühmte große 312; sogenannte Schein- oder Si- mili 588; Alencon 585; Arkan- sas 588; böhmische 588; Brian- con 585; Bristol 588; Fleurus 588; Insel Wight 588; irische 588; Lake George 588; Mar- maroscher 586; okzidentalische 588; Paphos 588; Quebeck 588; San Isidoro = Bergkristallevom Cerro de San Isidoro in Madrid; Schaumburger 586; Stolberger 586; Vellum 586; Zobeltitz. Diamantenfluß, Indien 176. Diamantenleere 305. Diamantenschwindel, Arizona291. Diamantensyndikat 269. Diamantführende Trichter, Süd- afrika (Kanäle, pipes) 221. 223; deren Entstehung 232. Diamantführendes Gestein, Süd- afrika 224. 755 Diamantgewinnung, Kimberley 237. 242. Diamantglanz 42. Diamanthandel, Südafrika 268. ei Brasilien, Diamant 4, Diamantinasteine 202. Diamantino, Diamanten 199. Diamantkristalle 143. 149. Diamantpreise 271. 322, Diamantpulver, Verwendung 311 Diamantschleiferei 302, 306, Diamantseele 279. Diamantseifen u. 165. Diamantspat = Demantspat 372. Diatremen, diamantführende, Süd- afrika 221. 223. Diehroismus, dichroitisch 73. Dichroit 509. Dichrolupe, Dichroskop 74. Dicht 12. Dichte —= Spezifisches Gewicht. Dichter Quarz 607. Dickstein 96. Dilute Färbung”69. Diopsid 555. Dioptas 520. Dirhem 126. Dispersion 49; Übersichtstabellen 6. Distben 514. Docke, Doppe 100. Doppelbrechung 53; anomale 61; Erkennung im Polarisationsin- strument 58; Erscheinung in Edelsteinen 57. Doppelrose, Doppelrosette 98. Doppelspath, Doppelbrechung 55. Doppelte Cabochons 98. Doubletten = Dubletten 116. 117. Doyls Kopje u. Rush, Diamant- grube 214. Dragomiten 586. Drahtziehen, Anwendung Diamant 311. Dravit, brauner Turmalin von Kärnten 463. Drehen der Edelsteine 194. Dreifacher Brillant 92. Dreifaches Gut 92. Driller 204. Drilling 11. Drusen 84. Dry diggings, Südafrika 210. 220. Dschennurgruben, Indien, Dia- mant 171. Dschinon, Indien, Diamantgrube 71, Wäschereien von 48* 756 Dubletten, dublierte Edelsteine, echte, halbechte, unechte, hohle bil alle Dudley-Diamant 308. Dünnschliff 12. Dünnstein 96. Durchscheinend, Durchscheinen- heit 39. Durchsichtig, Durchsichtigkeit38. Dutch boart im Blaugrund, Süd- afrika 230. Dutoitspan, Diamantgrube 213. Dwts = penny weights 126. E. Ebefluss, Indien, Diamanten 176. Ebenezer (Ebenhaezer) -Diamant- grube, Oranjefluß - Kolonie 254. Ebonit = Hartgummi 686. Edel 3. Edelerden 7. Edelkoralle 733. Edelkorund 332. Edelopal 466. (Siehe auch Opal, edler.) Edelstein, abgestorbener 557. Edelsteine 1.—5. Rangs nach Kluge 132; Begriff 2; dublierte 116. 117; unechte 114; Er- kennung und Unterscheidung 687ff.; Übersicht 132. 134. Edelsteingewichte 124. Edelsteinhärte 35. Edelsteinkunde 4. Edelsteinschleiferei 99. 104. 302. Edelsteinseifen 85. Edelsteinwäscherei 85. Edler Beryll 387; Koralle 733; Korund 332. 369; Opal 466; Quarz 580. Eigenschaften der Edelsteine, chemische‘ 7; elektrische 77; kristallographische 8; magne- tische 77; optische 39; physika- lische 12; thermische 77. Einachsig 59. Einer 673. Einfachbrechend 53. Einfassung 9%. Eingewachsene Kristalle 83. Einschlüsse in Bernstein 663; Diamant 142; Edelsteinen 39. Eisenglanz 655. Eisenkiesel 611. 613. Eisenoxyd 655. Eisentongranat 432. Eisfarbiger Bernstein 660. REGISTER. Eisige Flecken 112. Eklogit im Blaugrund, Südafrika 230. Eläolith 538. Elektriden 667. . Elektrische Eigenschaften 82. Elektron 659. Elementarstein = Schwefelkies 654. Elementstein = Edelopal 466. Elephantenjaspis, braun mit schwarzen Flecken, von Baum- holder. Elloregruppe der Diamantgruben, Indien 174. Ely-Rubine 448. Email 121. Emden (Enden), flache Diamant- splitter, die zu Rosetten ver- schliffen werden 270. Emeraudereconstitude = € soud6e 401. En cabochon 98. Engelbautfarbe bei Korallen 737. 749. Engin 747. Englischer Brillant 91. Englisch-Rot 656. Enhydros 622. Enstatit im Blaugrund, Südafrika 229; Epidot 518. Erde, blaue 664. 668. Erzdunkel, Farbe bei Korallen 137. Esmeraldas 419. Essence d’Orient 732. Essigspinell 375. Euklas 409 Excelsior 320. Exotische Fragmente im Blau- grund, Südafrika 226. R; Facetten 88. 90. 99. Fahnen 39. 112. Falkenauge 606. Falsche Edelsteine 114; falscher Amethyst651. 652; Lapistlazuli) oder Lasurstein 645; Rubin 651. 652; Sapphir 651. 652; Smaragd 651. 652; Topas 597. 651. 652. Falsonephrite 571. Fancy stones 67; fine- 270. Farbe 67. Farbe, Charakter 68. Färben der Edelsteine 73. 106; des Achats 642. Farbenerscheinungen, besond. 77. Farbenreihe 68. Farbenschiller 78. 534. Farbenspiel 52; des Diamants 156. Farbenveränderung 70; des Bern- steins 659. 662. Farbenwandlung 78. 534. Farbenzerstreuung 49; sichtstabelle 66. Farbig 67. Farbsteine, farbige Steine 67. Farbstoff = Pigment 67. 69. Färbung, dilute 69; künstliche 73. 106; des Achats 642. Faschoda-Granaten 449. Faseraragonit 649. Fasergips 649. FaserigerAragonit, Gips und Kalk 649 Faserkalk 649. Fassung der Edelsteine 108; ä jour 108; indische 109; im Kasten 108. Favas 188. 189. Federgips oder Federweiß = Fasergips 649. Federn 112. Federwage, Jolly’sche 20. Fehler der Edelsteine 110; des Diamants 323. Feijäo 188. 189. Feinschleiferei 104 Feldspatgruppe 525. Feldspat, labradorisierender 533. Felsenrubin = roter Granat 432: Festungsachat 628. Fettglanz 42 Fettquarz 580. Fettstein 538. Feuer 41. 52. 156. Feueropal 480 Feuerstein 579. Fine fancy stones (Diamanten) 270. > Fine quality river stones 270. Firmamentstein 466. Firnis (Bernstein) 676. Firuzeh 49%. Fischauge 530. Flachbeile 574. Flammenopal 467. Flash fire beim Edelopal 479. Flats 269. Fleches d’amour 601. Flecken, eısige 112. Fließen (Bernstein) 658. 675. Flimmeropal 467. Floating reefs im Blaugrund, Südafrika 227. Über- Flohmiger Bernstein 660. Floors bei Kimberley 244. Florentiner, großer Diamant 316. Florstein = Obsidian 548. Fluoreszenz 80; des Bernsteins 662. 681. 682. 683; des Fluß- spats 652. Fluorit 650. Flußablagerungen, diamantfüh- rende, Minas Geraös, Brasilien 189; Südafrika 217. Flüssigkeiten, schwere, zur Be- stimmung des spezifischen Ge- wichts 22. 27. Flußspat 650. Flußsteine (Diamanten), Südafrika 220. Flußwäschereien, Diamant, Brasi- lien 156; in Vaal (Kap) 217. Folien 109. Folienfarbe 110. Formation d. brasil. ablagerungen 189. Fortifikationsachat 628. Fournieren, siehe furnieren 546. 648. Fragmente, exotische, im Blau- grund 226. Frank Smith-Diamantgrube, Kap- kolonie 232. 251. Fuchsit 562. Fünfzehner 673. Furchen auf dem Korallenstock 7136. Furnieren 546. 648. Diamant- Gagat 683. Galanith 677. Galmei 524. Gänge mit Blaugrund, Südafrika 231. Gani, Indien, Diamanten 174. Gargun = Zirkon 426. Garimpeiros, Brasilien 197. Garnierit 521. Gebrannter Amethyst 592. 597. , Karneol; Rauchtopas 597. Gebräunter Bernstein 681. Gedanit 680. Gedrungene Schliffformen SS. Gefärbt 67. Gefäße, murrinische 634. 653. Gehängeablagerungen, diamant- führende, Minas Geraäs, Bra- silien 191. Gehärteter Kopal 678. 679. Gekrönte Rose 97. REGISTER. Gelbblank (Bernstein) 660. 676. | Gelber Kristall 598. Gelbgrund = Yellowground, Süd- afrika 224. Gemeine Steine 3. Gemischter Schliff 95. Gemme, vesuvische 511. Gemmen 105. Geode 630. Geographische Verbreitung der Edelsteine 84. Gesättigte Färbung 68. Gesteinsbohrung mit Diamant 311. Gestreckte Schliffformen 88. Gestreifte Sande mit Bernstein 664. 668. Gestreifter Chalcedon =Achat618. Gesundstein 654. Gewicht, spezifisches 12; Be stimmung 12; Annäherungs- methode 26; Übersichtstabelle 29; Giojetto (schwarze Koralle) 751. Girasol 357; 467; 480; 530; 732. | Glanz, glänzend 41. Glanzeisenstein = Hämatit 655. | Glas, Imitationen von Bernstein | 677; von Edelsteinen 118; Müllersches 482; Straß 119; Vulkanisches 543. Glasachat 548. Glasätztinte siehe Ätztinte $. Glaserdiamanten 311. Glasflüsse zur Imitation von Edelsteinen siehe Glas 118. | Glasglanz 42. | Glaskopf, roter 655. Glaslava, schwarze 548. Glasopal 482. Glaspasten 118. Glasquarz 581. Glasschneiden mit Diamant 311. Glassies 270. Glassy stones with smoky eormers 161. Glimmer im afrika 229. Glockenperlen 723. Glyptik 105. Godavery, Indien, Diamanten 175. | Godwara, Indien, Diamanten 175. Golapilly, Indien, Diamanten 175. Gold im Blaugrund, Südafrika 230. Goldberyll 387. 407. | Goldfluß = Avanturinglas 617. Goldopal 467. 482. Goldquarz 601. Blaugrund, Süd- Goldtopas 597, 757 Goleonda, Indien, Diamanten 174. Goods (close u. pool) 268. Gorgulho, Minas Geraös, Bra- silien 191. 192. Goutte d’eau 414. Goutte de sang 374 Goutte de suif 99. Goyaz, Diamant 119; Bergkristall 587. Grabstein (Bernstein) 667. Gradbogen (beim Schleifen) 100. Grade des Glanzes 41. Grains, grains troy 121. Granat 432; Bobrowka- 450; böh- mischer 443; ceylonischer 438, 441 ; Deutsch-Ostafrika 449; ed- ler (Almandin) 439; Faschoda-; Kolliner 442; orientalischer = Almandin 439; rosenroter 451; sirischer (syrischer) 441; im Blaugrund,Südairika(Kaprubin) 228; Vermeille 440. Granatschale 98. 436. Gran, grän 126. Gräo Mogol (Mogor), Minas Gera®s,. Brasilien, Diamanten 194. Graphit im Blaugrund, Südafrika 228. Grauen (Graumachen) amants 307. Gravieren von Edelsteinen 104. 310. 641. Great White (großer Diamant) 319. Grecken aus Bernstein 672. 676. Grenzwinkel der Totalreflexion 46. Griquait im Blaugrund, Süd- afrika 230. Groß Brack (Bernstein) 676. Größe der Diamantkristalle 150, der Brillanten und der Rosetten 305. Große Diamanten 312. Großer Zweispitz (Rauchtopas) 590. Großherzog von Toskana (großer Diamant) 316. Großmogul (großer Diamant) 313. Großsteinschleiferei 104. Grossular 451. Großvater (Rauchtopas) 590. grs = grains 121. Grüner Avanturin, Indien und Sibirien 616.626; Bernstein 662; Chaleedon 626; Diamant 317; Korund, Jaspis 614; Turmalin 462. des Di- 758 Grundfläche der Rosetten 96. Grundstein 658. Guayana, Diamanten 208. Gupiarras, Minas Geraös, Bra- silien 191. Gurgolho — Gorgolho 191. 192. Gürtel der Schliffformen 90. H. Haaramethyst — Amethyst mit haarförmigen Eiinschlüssen 600. Haarsteine 600. Haiderabad, Indien, Diamanten 175. Haidingersche Lupe 75. Halbbastard 660. 676. Halbbrillant 93. Halbdurchsichtig 39. Halbechte Dublette 117. Halbedelsteine, Begriff 3; Über- sicht 133. Halbflächige Kristalle 10. Halbgründiger Tafelstein 9. Halbkarneol 620. Halbopal 482. Halboliven 635. Halbperlen 724. Hämatit 655; Perlen aus H. 733. Handelssorten des Bernsteins 675. Hard bank — Hardibank,. Süd- afrika 225. Hard blue, Südafrika 225. Harlekinopal 467. 479. Härte, Härtegrad, Härteskala 33; Übersichtstabelle3$ ;undSchlei- fen 36. Harte Achatschichten 643. Hartgummi 686. Harze zur Bernsteinimitation 677. Harzglanz 43. Haut des Achats 643. Hauyn 547. Hauynbestandteil des Lasursteins 541. Hedenbergit 556. Heliotrop 620. 626. Hemiedrisch, Hemiedrie 10. Hemimorph, Hemimorphismus 453. Hessonit 437. Hiddenit 557. 558. Hira Khund, Indien, 176. Hitzläufer 666. Hohldubletten 117. Hohlmacher 640. Hohlspat 517. Holländische Rose 97. Diamant | | REGISTER. Holoedriseh, Holoedrie 10. Holz, verkieseltes oder verstei- nertes 483. 484. 608 609. Holzachat 609. 620. Holzlöffelverkäufer(groß.Sapphir) 359. Holzopal 483. 484. Holzstein 608. Hope’s Diamant, blauer 317. Hopetown, Diamanten 210. Hornblendegruppe = Amphibol- gruppe 553. Hornstein 607; im Blaugrund, Südafrika 231. Huf, Schliffform, 96. Hunderter, Granaten 447. Hütchen 635. Hyacinth 426. 438; — Granat 427. 438; — Vesuvian 513; von Kompostella— Quarz 451; ceylonesischer oder falscher = Hessonit 438; gebrannter 428; orientalischer 371. Hyacinthgranaten von Dissentis od. vom St Gotthard 439. Hyaeinthtopas 416. Hyalit 470. 482 Iydrolith 622. Hydrophan 484; Ungarn 472. Hydrostatische Wage 14. Hypersthen 553. T. Idarer Achatschleiferei 635. Idokras 511. Ilmenit im Blaugrund, Südafrika 229. . Imitation von Edelsteinen 118; Spillersche u. Trebitzsche, von Bernstein 678. Imperial (großer Diamant) 319. Indieolith-Indigolith 463. Indien, Diamantgruben 166. Indigolith 463. Indigosapphir 354. Indikatoren zur Bestimmung des spezifischen Gewichts 25. Indische Fassung 109. Indischer Bernstein 682; Schnitt 96; Topas 415. 425. 597; Kat- zenauge 37). Ingegno 747. Inkastein 654. Inklusen im Bernstein 663. Insulae glessariae 667. Intaglien 105. Iris 110. 329. 602. 603. Irische Diamanten 588. Irisieren 77. Isaaksgrube, Türkis, Persien 492. Iserin 656. Isis nobilis 734. Island in der Debeersgrube 226. Isländischer Achat 550. Itakolumit, Brasilien 187. 195. 194. J. Jade 564. 572. Jadeit 562. 572; roter 576. Jagersfontein, Diamantgrube, Oranjefluß-Kolonie 214. 232. Jagersfontein stones 270. Jais 683. Jargon de Ceylon 428. Jaspachat (Jaspisachat) 615. Jaspe fleuri 615. Jaspis 611. 619; ägyptischer = brauner 613; Band- 614; blauer, gelber, grüner 614; brauner u. roter 613; deutscher, ge- meiner 613; Kugel- 613; Le- vante 612; Löhlbach 613; orien- talischer 626; Porzellan- 614; weißer 612. Jaspisachat, Jaspachat 627. 628. Jaspopal 482. Jequetinhonha, Brasilien, Dia- manten 185; farbige Edelsteine 419. Jet 683. Jodmethylen 22. 27. Jolith 509. Jollysche Federwage 20. Jubiläumsschliff 94. Julius Pam, großer Diamant. Jüngerer Quarzit, Brasilien 187. Jungfernperlen 720. Juwelen 2; Übersicht 132. K. Kaalfontein-Diamantgrube, Transvaal 259. Kaiserlicher Yü 616. Kalait 486. Kalette des Brillants 91. Kalifornit 513. Kalkehromgranat 432. Kalkeisengranat 432. Kalktongranat 432. Kalkspat im Blaugrund, Süd- afrika 230. Kallainit, Kallais 503. Kallait 486. Kalmückenachat od. -Opal 485. Kameen 105. Kameriya, Indien, Diamant 178. Kanadischer Bernstein 683. Kanäle, diamantführende, Süd- afrika, siehe pipes. Kaneelstein 437. Kännelkohle 685. Kantendurchscheinend 39. Kapchrysolith 523. Kapdiamanten 209. Kapjes, durch Spalten (306) er- haltene Diamantoktaeder. Kapkolonie, Diamantgruben 216; 251. Kappgut 96. 99. Kaprubin 229. 448. Kapsmaragd 523. Kapsteine 209. Kapweiß = cape wihite 270. Karat 124. Karatgut — Diamanten unter ein Karat 306. Karatsteine 306. Karbonat 202; im Blaugrund, Süd- afrika 229. Karfunkel 334. 435. Karfunkelrot der Korallen 737. Karlsbader Sprudelstein 649. Karmoisieren 108. Karmusiergut (Topas) 419. Karneol 620. 623; männlich u. weiblich 623. 624; vom alten Stein 623; weiß 620. 623 Karneolachat 627. Karneolberylil = weißgelber Kar- neol. Karneolonyxe 628. Karnul, Indien, Diamant 173. Karnulformation 167. Kascholong 485. Käsesteine, rohe Diamanten ohne bestimmte Form. Kasken 305. Kasten, Fassung 108. Kastor u. Pollux (Rauchtopas) 590. Katzenauge 379. 603; ceylonesi- sches, indisches oder orientali- sches 379; Lichtschein 79; okzidentalisches (Quarz-) 603; ungarisches 605. Katzensapphir 354. Kawakawa 571. Kieselgalmei 524. Kieselglas zur Nachahmung von Edelsteinen 122. Kieselkupfer 521. Kieselmalachit 521. Kieselzinkerz 524. Kimberley, Diamantgewinnung 237; Diamantgruben 213. 214. REGISTER. Kimberley mining board 24l. Kimberleygrube 214 Kimberleygruben 213. 214; berg- männische Einrichtung 242; Produktionsmenge 247; Quali- tät der Diamanten 267. Kimberlit, Südafrika 235. Kimberlitbreceie od. -Tuff 235. Kirschperlen 724. Kistapully, Indien, Diamanten. Kittstock 100. Klar, Bernstein 660; braunschwei- ger u. buntknochiges 660. Klarkochen des Bernsteins 661. Klassifikation der Edelsteine 132. Klebssche Wäsche 670. Klieven des Diamants 306. Klipfontein-Diamantgrube, Oran- ijefluß-Kolonie 232. 254. Klipdrift = Barkly-Weet, Diaman- ten 217. Klumpige Formen 88. Knibbel (Bernstein) 658. Knochen, knochiger Bernstein 660. Knochenfirnis (Bernstein) 676. Knochiger Bernstein (Knochen) 676. Knopfopal 467. Koffyfontein, Diamantgrube 214. 254. Kohärenz 29. Kohinur (großer Diamant) 313. Kokrah, Diamanten 177. Kolliner Granaten 442. Kollur, Indien, Diamanten 174, König (Rauchtopas) 590. Königskoralle 751. Königstopas, Ceylon 363. 371. Kopal statt Bernstein 677; ge- härteter 679. 679. Korallen aus Bernstein 672. Korallen 733; blaue 751; edle 733; falsche 750; Gewinnung 746; lebende 739; riffbauende 742; rote 733;schwarze 737.749. 751; Stellung im Tierreich 739. 751; Stock 734; Furchen undVer- tiefungen darin 736; tote 737. 744.749; Verarbeitung 749, ver- faulte 749; Verwendung 750; Vorkommen 743. Korallenachat 609. 628. Korallenbänke 743. Korallenbruch (Bernstein) 676 Korallenfeld = Korallenbank 745. Korallenfischerei 746. Korallenhandel 746. Koralleninseln 742. Korallenriffe 742. Korallenstock 734; Furchen und Vertiefungen 736. Korubin 102. Korund 329; edler u. gemeiner 332; Farbe 333; Farbenände- rung durch Radiumstrahlen 72; männlich u. weiblich 333; ori- entalischer 333; Schleifmittel 102; Südafrika, im Blaugrund 230. Krappen, Krappeln 108. Kraut (Bernstein) 666. Kreisachat 628. Kreuzrosette 97. Kreuzstein 517. Kristall = Bergkristall 583 ; gel- ber = Citrin 598. Kristall, Kristallformen, kristal- linisch, kristallisiert, Kristallo- graphie 9. Kristalle, auf- und eingewachsen 84. Kristalldruse 84. Kristallhöhle, -Keller, -Gewölbe 585. 589. Kristallisiert, kristallinisch 11. Kristallisierter Quarz 582. Kristallsysteme 10. Krokydolith im Quarz 606. Krokydolithopal 483. Krone am Brillant 90; an der Rosette 97. Krone des Mondes (großer Dia- mant 315. Kugeljaspis 613. Külasse 90. Kumstfarbiger Bernstein 660. Künstliche Färbung der Edel- steine 73; des Achats 642. Künstliche Nachbildung von Edelsteinen 113. 118. Künstliche Perlen 732. Kunzit 558. 559. Kupferblau 521. Kupfergrün 521. Kupferlasur 649. Kupfersmaragd 520. Küraß 640. Kyauk—tsein 577. L. Labrador, Labradorit, Labrador- feldspat, Labradorstein 533. Labardorgestein 536. Labradorhornblende 553. Labradorisieren 78. 534. Labradorisierender Feldspat 533. 760 Lace-Diamantgrube, Kolonie 254. „Lachmanpur, Indien, Diamanten 179. Lagerstätten der Edelsteine 84. Lake George-Diamanten 588. Landak (Borneo). Diamant 274. Land pits, Ceylon 362. Landschaftsachat 628. La Pellegrina (große Perle) 723. Lapidär 636. 639. Lapis, deutscher 645. Lapis lazuli 539. Large white cleavage 270. Lasurquarz 600. Lasurstein, Lasurit 539; deutscher oder falscher 645. Lava, Lavaglas 548. Lavra, Brasilien 196. Lazulith 503. Lechosopal 474. 475. Lepidolith 562. Leukogranat 435. Leukosapphir 355. Licht, homogenes, weißes 49. Lichtbrechung 43: doppelte und einfache 53. Lichterscheinungen, besondere 77. Lichtschein, wogender 78. Liebespfeile 601. Light bywater 270. Lineotiusche Regel 127. Linsen aus Diamant 310; Sapphir 332. Lintonit 524. Lithionamethyst = Kunzit 559. Lithionglimmer 562. Lithionsmaragd 558. Lithoglyptik 105. Load 239. Löhlbacher Achat 613. Lothperlen 724. Luchssapphir oder -stein 354 ; 509. 510; tokayer L. = Obsidian 548. Lüderitzland, Deutsch-Südwest- afrika, Diamanten 260. Lumineszenzerscheinungen 80. Lupe von Haidinger 74. Oranjefluß- oder falscher aus M. Maacles, Mackel, Macle 268. 270. Madeiratopas 597. Magnesiatongranat 432. Magneteisen im Blaugrund, Süd- afrika 230. Magnetische. Eigenschaften der Edelsteine 84, REGISTER. Mahanady, 17:9. Main reef 226. Mainzer Fluß 119. Majestätische Diamanten 306. Majgama, Majgoha, Indien, Di- amant 178. Makassarschalen 729. Malachit 646. Malavily, Indien, Diamanten 175. Maleti, Indien, Diamanten 175. Maitheserkreuz 9. Mamusa, Diamant 215. Mandelachat 629. Mandeln, Mandelsteine 593. Mandrill, Refiefs von 536. Manellen 673. Manganepidot 520. Mangangranat 439. Mangankiesel 561. Manganspat 562. Mangelin 126. Männliche Steine 333; Karneole 624; Rubine 334; Sapphire 355. Marathonstein — Obsidian 508. Marekanit 551. Margaritana margaritifera 726, Markasit 654. Marmaroscher Diamanten 586. Marmor 649. Mascha 126. Massiksteine 643. Massiver Bernstein 658; Klar 660. Matara- oder Matura - Diamant 428. 430. Mato grosso, Diamanten 199. Matt 41. Maxwell-Stuart-Topas 425. Mazarins 91. Meer des Lichts, großer Diamant 315. Mekkastein, blauer Chalcedon aus Arabien. Melanit 451. Melee 268. 270. 272. Meleagrina margaritifera 726. 727. Menilit 484. Mesotyp — Natrolith 524. Metallglanz 42. Metallischer Schiller 79. Methylenjodid 22. 27. Mexikanischer Achat oder Onyx 649; Bernstein 683; Opal 469. Milchopal 470. 483. Milchweißer Achat, künstlich 645. Millionär= Regent,großerDiamant 315. Indien, Diamanten Minas Geraös, Brasilien, Diaman- | ten 186. 195; Bagagem 186; Cocäes 193; Diamantina 184; Grao Mogol 194; Rio Abaöte 185; farbige Edelsteine 419. Minas novas, Edelsteine 419. Mineralien im Blaugrund, Süd- afrika 227. Mineraltürkis 502. Mischkäl 126. Mixte 116. Mochastein 621. Mohrenköpfe 455. Mokkastein 621. 622. Moldawit 551. 552. Monastery-Diamantgrube, Oranje- fluß-Kolonie 232. 254. Mond der Berge, großer Diamant 314. Mondstein 530. Montrose-pipe, Transvaal 259. Moor 109. Moosachat 622. Moosig 112. Moosopal 483. Moossteine 600. Morion 589. Moroxit 653. mountains mahogany 548. Mückenachat — Mückenstein 622 Mugelig 90. 98. Müllersches Glas 482. Munimadagu, Indien, 171928 Mürber Bernstein 680. Murrinische Gefäße 634. 653. Muschelachat 628. Muschelkameen 642. Muttergestein der Edelsteine 84. Diamant N. Naats 268. Nachahmung (Verfälschung) von Edelsteinen 118. Nachbildung, künstliche, von Edelsteinen 113. Nadel, elektrische 82. Nadelsteine 600. ' Nandialgruppe, Diamantgruben, Indien 173. Nassak, großer Diamant 316. Natrolith 524. Natürl. Bodenstein 658; rund 658. Naturspitzen (Bernstein) 676. Navetteschliff 96. Navettebrillantschliff 93. Negerkorallen 677. Nephelin 538. Nephrit 562. 564. Nephritoide 562. Neu-Süd-Wales, Diamant 283; Edelopal. New-Gong-Gong, Diamanten 218. Newkerke, Diamanten 218. Newlands-Grnben, Diamant, Kap- kolonie 232. 251. Nicol, Nicolsches Prisma 58. Nierenstein 564. 572. Nilkiesel 613. Nizam, großer Diamant 315. Nonpareils 306. Noumeait = Numeait 521. v. Obalumpaliy, Indien, Diamanten lat Oberkörper, Oberteil bei Schliff- formen 90. Obersteiner Achatindustrie 635. Obsidian 508. 548. 551. 553; schillernder 549. 550. Occidentalische, orientalische Stei- ne S6. 333. 369; Perlen 730. Oceidentalischer Achat 628; Chalcedon 620; Oceidentalische Diamanten 588; Occidenta- lisches Katzenauge 603; Oceci- dentalischer Topas 597; Türkis 603. Öchsenaugen 555. Oculus 471; oculus mundi 484. Odontolith 501 Oeil de boeuf 555. Offeoloured 271. Oitava 126. Oktave 126. Old de Beers, Diamantgrube 213. (siehe De Beers). Oligoklasmondstein 533. Oligoklassonnenstein 529. Oliven aus Achat 635; aus Bern- stein 672. Olivin 504. 506; im Blaugrund, Südafrika 229. Olivin = Demantoid 451. Olivinknollen 506. Onyx 620. 628; mexikanischer 649; schwarzer 686. Onyxalabaster 649. ÖOnyxmarmor 649. ÖOnyxstreifen 645. Onyxvase, braunschweiger 642. Opak 39. Opal 464; Australien 477; bunter 484; ceylonesischer 530; edler 466; gemeiner 482; mexikanischer 469; orien- talischer 466. 469; rosenroter REGISTER. 484; Südafrika, im Blaugrund 231; Ungarn 469; Steinheim 483; veränperlicher = Hydro- phan 484. Opal, edler 466; edler, Amerika 474; edler, Australien 477; edler, Guatemala 475; edler, Honduras 474; edler, Japan 478; Lechosos 475. '476; edler, Mexiko 474; edler, Neu - Süd Wales 477; edler, Queensland 479; edler, Ungarn 469; edler, Vereinigte Staaten 476; edler, Vorkommen 468; edler, White Cliffs 477. Öpalachat 483. Opalin 479. Öpalinglas zur Imitation von Perlen 733. Opalisieren 79. ÖpalisierenderRubin,Sapphirusw. 357. Opaljaspis 482. Opalkatzenauge 483. Opalmutter 471. Opalonyx 467. 474. Optische Achsen 59. Optische Eigenschaften 38. Öranjefluß - Kolonie, Diamanten 216. 251. Ordinär Brack 676. Orient bei Perlen 721. Orientalische, oceidentalische Stei- ne 86. 333. 369; Perlen 730. Orientalischer Achat 628; Ame- thyst 371; Aquamarin 370; Chalcedon 620; Chrysolith 370; Girasol 357; Granat = Alman- din 439; Hyacinth 371; Jaspis 626; Katzenauge 379; Perlen 730; Rubin 334; Sapphir 354; Smaragd 370; Topas 370; Ver- meille 371. Orlow, großer Diamant 313. 314. Orthoklas 526. Orthoklassonnenstein 529. Österreicher; großer Diamant 316. Otto’s Kopje, Diamantgrube 214. Ounce 126. 0z = ounces 126. 1% Paars (Perlmuschelbänke), Ceylon 27. Panarfluß, Indien, Diamanten 171. Pannagrappe der Diamantgruben, - Bandelkhand, Indien 177. Paphos-Diamanten 588. | I 761 Paranä, Diamanten 198. Parangonperlen 723. Parangons, große Diamanten 306. 312. Pareles inferior. Parisit 394. Partial, Indien, Diamanten 175 Pascha von Ägypten, großer Di- amant 317. Pasten 118. Päte de riz 571. Patparachan 363. Paulit 553. Pavillon 90. Pechopal 482. 484, Pegmatit, grobkörniger, ganz- förmig auftretender Granit. Pelle d’angelo (Farbe von Ko- rallen) 739. Pellegrina, la, große Perle 723. Pendeloques 96. 99; en cabo- chon 98. Pennyweight 126. Peredell = geibgrüner Topas. Peridot 504. 506; ceylonesischer 462. 463. Peridot = Demantoid 451, Peristerit 532. Perle als Schliffform 98 ; aus Bern- stein 672; aus Korallen 750. Perlen 715; Amerika 729; An- greifkarkeit durch Säuren, Schweiß usw. 720; aus Dugong- zähnen 733; aus Hämatit 733; aus ÖOpalinglas 733; Ceylon 727; Durchbohrung 724; Ei- genschaften und Entstehung 716. 721; falsche 732; große 723. 726; lImitationen 732; Indischer Ozean 729; künst- liche 732; Persischer Meer- busen 728: Preis 725; Pro- duktion 730; reife 721; Rotes Meer 729; Sachalin 729; Stiller Ozean 729; Struktur 718; un- unreife 722; Verbreitung 727; Verwendung 724; Wiederher- stellung der schönen Oberfläche 720. Perlenaugen 723. Perlenbildung, künstliche 732. Perlenbirnen 723. Perlenessenz 732. Perlenfischerei 726. Perlenleere 724. Perlenwarzen 718. 725. Perles au nacre 733. Perles des Indes 733. Ursache 717; 762 Perlfarbiger Bernstein 660. Perlmuschelbänke 727; künstliche 730. Perlmutter 716. Perlmutterglanz 42. Perlmutteropal 485. Perlmutterschicht 717. Persischer Türkis 490. Peruanischer Smaragd 391. Pfenniggewicht 126. Pferdekorallen 673. Pfund Troy 126. Phantasieperlen 718. 725. Phantasiesteine = farbige Edel- steine; Diamanten (farbig) = faneystones 270. Phenakit 410. Phosphoreszenz 80; beim Achat- schleifen 640. Piedra de la hijada 572. Piemontit 520. Pigment 67. 69. Pigott, großer Diamant 317. Pine fire beim Edelopal 429. Pingos d’agoa 414. Pinites suceinifer 657. Pink = mattrote Topas. Pint, Diamant 147. Pipes, Südafrika 212. 221. Ausfüllungsmasse 223; Entste- hung 232. Piruzeh 490. Pistazit 518. Pits, Ceylon 362. Pitt, großer Diamant 315. Plagioklas 526 Planparallele Platte, siehe Platte, planparallele. Plasma 620 626. Plateauablagerungen, Diamant- führende, Minas Geraös, Bra- silien 191. Platte, planparallele Dispersion 50; doppeltbrechende 54; Licht- bewegung 48. Platten (Bernstein) 658. 675; Po- langer Platten 675. Pleochroismus 73. Pleonast 377. Pniel, Diamanten 217. Polanger Platten, Bernstein 675: Polarisationsinstrument 57; An- wendung 61. Polarstern, großer Diamant 315. Polieren 101. 102. Poliermittel 103. Polierscheibe 103. Polierzähne 635. 656. Pollux, Rauchtopas 590. REGISTER. I Pool goods 268. Porzellanjaspis 614. PorterRhodes,großerDiamant314. Portraitsteine 305. Pound troy 126. Prasem 599. Praser = Chrysopras 609. Prasopal 483. 610. Prehnit 523. Preis der Edelsteine, allgemeines 122. Premier - Diamantgrube, vaal 256. Premier- (Wesselton-) Grube bei Kımberley 214. Preßbernstern 678. Prisma, Dispersion 53; doppel- brechendes 56; Lichtbewegung 48. Produktionsmenge d. südafrikan. Diamanten 246. 248. Pseudochrysolith 551. Pseudodiamanten (aus kristall) 585—588. Ptolemäerkamee 642. Puddingstein 637. Punamu 571. Punktachat od. -chalcedon 621. Purpurachat 591. Purpursapphir 371. Pyknit 413. Pyknometer 13. Pyon = Byon 341. Pyrit 654. Pyroelektrizität 83. Pyrop 443. Pyrophan 485. Pyrophysalith 413. Pyroxen, Gruppe 553; im Blau- grund, Südafrika 229. 0. Quadrant 100. Quarz 578. Quarz, brauner 589; dichter 607; edler 580; Einschlüsse 600; Einteilung 581; Farbe 580; Farbenänderung durch Radium- strahlen 72; farbloser 582; fasriger 603. 605. 607; gelber 597; gemeiner 580; irisierender — Regenbogenquarz 602; kris- tallisierter 582; Nachahmung von Diamant585—588; violetter 591. Quarzglas zur Nachbildung von Edelsteinen 112. Quarzit, jüngerer, Brasilien 187. Trans- Berg- Quarzkatzenauge 603. Querfacetten des Brillants 91; der Rose 97. R. Radiumstrahlen, Änderung der Edelsteinfarben 71. Ramulkota, Indien, Diamant 174. Rand der Schliffformen 90. Raolconda, Indien, Diamanten 174. Rasura (Bernstein) 676. Rati 126. Rauchtopas 589; Farbenänderung durch Radiumstrahlen 72; ge- brannter 597. Raute (Rose) 96. Red ground, Südafrika 224. Reef = Riff der südafr. Diamant- gruben 221; floatingreef 226; mainreef 326. Refraktometer zur Bestimmung der Brechungskoeffizienten 62. Regel von Lincotius, Schrauf u. Tavernier zur Preisbestim- mung der Edelsteine 127. Regenbogenachat od. -Chalcedon 627. Regenbogenquarz 602. Regent, großer Diamant 315. Regina - Diamantgrube, Oranje- fluß-Kolonie 254. Reiben (Grauen) des Diamants 307. Reibungselektrizität 83. Rejection stones 269. Reproduktion der Edelsteine 113. Rewahgruppe, Indien 167. Rheinkiesel 585. 588. Rhodesia, Diamanten 217. 260. - Rhodolith 450. Rhodonit 561. Riff der Diamantgruben, Süd- afrika 223 (siehe auch reef). Riff (Korallen) 742. Rio Abaöte, Diamanten 185. River diggings, Vaal. 211. 217. River stones, fine quality 270. Roads = Roadways, Kimberley 240. Roberts Vietor-Diamantengrube, Oranjefluß-Kolonie 254. Röhrenachat 630. Rondell 98. Röntgenstrahlen, Verhalten der Edelsteine gegen 40. - Rosatopas 416; künstlicher = synthetischer Topas 352. Rose = Rosette 90. 96; Am- sterdamer, Antwerpener,- Bra- banter, gekrönte, holländische, recoup6e 97. Rosengnarz 599. Rosenroter Opal 484, Rosette = Rose. Rospoli, großer Sapphir 359. Rotblank des Bernsteins 660. 676. Roteisenstein 655. Roter Bernstein 659. 662; roter Glaskopf 655; roter Jadeit 576; rote Koralle 733; rote Perlen 722; roter Topas 416; Turmalin 458. Rubbish 269. Rubellit 458. Rubicell 375. Rubin 329. 334; Adelaide 447; Afghanistan (Dschagdalak u. Gandamak) 349; Arizona 448; Badakschan 349; Birma (Mo- gouk) 338; Birma (Nanya-zeik) 345; Birma (Sadschijinhügel) 345; böhmischer 354. 599; bra- silianischer 354. 416; ceyla- nischer 441; Ceylon 349; Colo- rado 448 ; d. schwarzen Prinzen 375; Ely- 448; falscher 354; Farbe 334; Farbenänderung durch Radiumstrahlen 72; Ka- bul 349; Kap- 448; künstlich 351; männlich u. weiblich 334; opalisierender 335.357 ; orienta- lisch334; Schmuckstein337;Siam (Tschantabun) 346; sibirischer 354, 459; synthetischer 352; Unterscheidung 353; Vor- kommen 338. Rubinasterie 357. Rubindubletten 116. Rubinglas 354. Rubinkatzenauge 357. Rubinmutter 354. Rubinspinell 374. Rubinsternstein 357. Rubis balais 374; rubis in Uhren 87; de Geneve 352; reconstitu&s 352; scientifiques 351; syn- thötiques 352. Ruinenachat 628. 629. Rumänischer Bernstein, Rumänit 681. Rund, 658. Rundieren der Edelsteine 101. Rurdiste der Schliffformen 90. Rundsteine 98. Rush, Südafrika 212. natürliches (Bernstein) | Schillerquarz 603. ' Schillerspath 555. REGISTER. Rusty ground, Südafrika 224. Rutil 656. Rutte 126. S. Saatperlen 724. Sächsischer Chrysolith 415; To- 415; weißer Brillant 317. Safiras 419. Sägen der Edelsteine 103. Sahia Lachmanpur, Indien, Di- amant 179. Sakerija, Indien, Diamant 178. Salobro, Bahia, Diamant 204. Salzkörner 306. Sambalpur, Indien, Diamant 176. Sancy, großer Diamant 316. Sand 111. Sandperlen 724. Säio Joäo da Chapada, Diamant- grube, Brasilien 192. Säio Paulo, Diamanten, 198. Saphir = Sapphir, Sappar (Sappare) 514. Sapphir 329. 354. 539; brasilia- nischer 415. 463; falscher 651; Farbe 355; Farbenänderung durch Radiumstrahlen 72; gel- ber 370; künstliche Darstellung 356. 368; orientalischer 354; Verfälschungen 368; Vor- kommen 359; weiblicher, männ- licher 355; weißer 355. Sapphir = Lasurstein 539. Sapphirasterie 357. Sapphirdubletten 116. Sapphirin 620. 621. Sapphirkatzenauge 357. Sapphirquarz 600. Sapphirspinell 376. Sapphirsternsteine 357. | Sarder (Sard), Sarduin, sandiger Sarder 625. Sardonyx, Sardlagen 528. 629. Sarkosom der Korallen 734. Scepterquarz 593. Schah, großer Diamant 315. Schale (Granatschale) 98. Schaumburger Diamanten 586. Schaumiger Bernstein 661. Scheindiamant (aus Bergkristall) 585 —588. Schiller, metallischer 79. Schillernder Obsidian 549. 550. Schimmernd 41. Schlange (snake) in der De Beers- grube 235. 763 Schlauben (Bernstein) 659. 676. Schleife (Achat-) 638. 639, Schleifen und Härte 36. Schleifen, Vorbereitung 103. Schleifmühle für Achat 639; für Diamanten 308 (100). Schleifprozeß 88. 99. Schleifpulver = Schleifmittel 102. Schleifscheiben 102. Schlieren 119. Schliff des 20. Jahrhunderts 94; mit doppelten Facetten 95; mit verlängerten Brillantfacetten 95. Schliffformen 88. 90; Diamant 303. Schmelz 121. Schmelzbarkeit 81. Schmirgel 102. Schnallensteine (Topas) 418. Schneckensteintopas — Schnek- kentopas 418. Schneidebüchse 307. Schneiden = Grauen des Di- amants 307; — Gravieren 105, des Diamants 310. Schnitt, gemischter 95; indischer 96; mugeliger 98; mit doppel- ten Facetten 95; mit verlän- gerten Brillantfacetten 9. Schnittformen = Schliffformen 88. 90; Diamant 303. Schnurware (Perlen) 725. Schöpfen des Bernsteins, Schöpf- stein 666. Schörl = schwarzer Turmalin 463, Schottischer Topas 590. 598. Schottländer 537. Schraufsche Regel zur Preis- bestimmung 127. Schreibdiamanten 311. Schuller - Diamantgrube, Trans- vaal 2322259. Schwarzer Bernstein 659. 662. 663. 681. 683; schwarze Glaslava 548; Korallen 749. 751; Onyx 686; Spinell 377. Schwarzfirnis (Bernstein) 619. 676. Schwarzharz 663. Schwefelkies 654; im Bernstein 663. Schwere Flüssigkeiten zur Be- stimmung des spezifischen Ge- wichts 22. 27. Schwerspat im Blaugrund, Süd- afrika 231. Searching system 273. Sechzehner Granate 447. Seebernstein (Seestein) 665. Seeperlmuschel (Seeperlen) 726. Seestein (Bernstein) 665. 764 Segima, großer Diamant 276. Seidenglanz 42. Seidenspat — Faserkalk 649. Seifen, Edelstein- 85; Diamant = 165. Semelpur, Indien, Diamant 177. Senaille 305. Serpentin im Blaugrund, Süd- afrika 229. Serpentinbreceie (-tuff), diamant- führende, Südafrika 225. Serra da Chapada, Brasilien. Diamanten 200. Serra da Cincora (Sincora), Bra- silien, Diamanten 200. Serra do Espinhaco, Brasilien, Diamanten, 187. Serra do Frio, Brasilien, Diamant 184. Serramassik 643. Serrasteine 644. Servicos do campo 197; do rio 196; da serra 197. Siam, Edelsteine 359. Siberit 458. Sibirischer Aquamarin 402; Rubin 459; Topas 415; Turmalin 459. Siderit 600. Siegelsteine 105. Silex, Name der Steinschleifer in Idar für Nilkiesel und roten Kugeljaspis (613) und ähnliche Steine. Simetit 681. Similidiamant 588. Simla, Indien, Diamant 178. Sincora-Diamanten od. -Steine200. Sivux Falls Jasper 614. Sirischer (syrischer) Granat 441. Sizilianischer Bernstein 681. Sklavendiamanten 414. Sklerometer 37. Skulptur 105. Smalte = Email 121. Smaragd 387; brasilianischer 462. falscher. 651; Farbenänderung durch Radiumstrahlen 72; Fund- orte 390; orientalischer 370. peruanischer 391; spanischer 391; uralischer 451; Verfäl- schungen 401. Siehe auch emerande; vom Kap — Prehnit 523. Smaragdfluß = grüner Flußspath 651. Smaragdit 556; Südafrika 229. Smaragdmutter 400. 599. Smaragdolin 401. im Blaugrund REGISTER. Smirgel = Schmirgel 102. Smithsonit 524. Smoky stones 161. Snake in der De Beersgrube 235. Sodalith 547. Soft blue, Südafrika 225. Solitär 360. Somabula blue 260. 425. Somabula forest, Rhodesia, Dia- manten 260. Sone- und Sonnarfluß, Indien, Diamanten 177. Sonpur, Indien, Diamanten 176. Sonnenflinten 562. Sonnenopal 480. Sonnenstein 627. 533. Spaltbarkeit 29. Spalten (klieven) des Diamants 306. Spaltungsflächen 29. Spaltungsrichtungen 29. Spaltungsrisse 31. Spaltungsstücke 30. Spanien, Diamant 165. 237. Spanischer Smaragd 391; Topas 597. 598. Spar ornaments 652. Spargelstein 653. Speeculative stones 270. Spektrum 50. Spessartin 439. Spezifisches Gewicht, Bestimmung 12; Annäherungsmethode 26; Übersichtstabelle 29. Sphen 521. Spiegelnd 41. Spiegelschliff 96. Spillersche Bernsteinimitation 678. Spinell 372; im Blaugrund, Süd- afrika 230; blauer 376; schwar- zer 311. Spitzblank (Bernstein) 676. Spitze der Rose 97 Spitzenamethyst 592. Spitzenschlauben (Bernstein) 676. Spitzstein 95. Splints 270. Spodumen 557. Spodumenamethyst 559. Spodumensmaragd 558. Spotted stones 269. Spritzlöcher in Achatmandeln 630. Spröder Bernstein 680. Sprödigkeit 37. Sprudelstein, Karlsbader 649. Square chips 272. Staarstein 608. Stachelbeerstein 451. Stantienit 663. Star of Serawak, großer Diamant 276. Staub 111. Staubperlen 724. St. Augustine, Diamantgrube bei Kimberley 214. Staurolith 517. Stealith 517. Stechen des Bernsteins 666. Stein, armenischer = Lasurstein 539. Steine, arabische (Türkis) 493; bunte 404; couleurte = Halb- edelsteine 2; farbige 67. 419. 595; oceidentalische und orien- talische S6. 333. Steinschleiferei 90. 99; Diamant 306. Steinschneiderei 105. Stephanstein 621. Stern der Rosette 97. Stern von Este, großer Diamant 317. Stern des Südens, großer Diamant » 318. Stern von Südafrika 318. Sternachat 628. Sternfacetten des Brillants 91 der Rosette 97. Sternrubin 335. Sternsapphir 79. 357. Sternschnitt von Caire 9. Sternsteine 79. 335. 357. Stewart, großer Diamant 319. Stock 101. Stolberger Diamanten 586. Stoßperlen 724. Strahlenrose 98. Strahler 594. Strahlstein 564. Strandsegen (Bernstein) 666. Straß 328. Streifiger Stein 644. Strich der Edelsteine 83. Stücke, unregelmäßige (Bernstein) 658. Stückperlen 724. Stückrosen 305. Suceinin 657. Suceinit 657. Siidafrika, Diamanten 209; Menge der gewonnenen Diamanten 246. 248; bei Kimberley 237; Kapkolonie 251; Oranjefluß- kolonie 251; Transvaal 255; Deutsch - Südwestafrika 260; Rhodesia 260. Sudanartikel aus Achat 635. Südstern, großer Diamant 318. Sumelpur, Indien, Diamant '177. Süßwasserperlen 730. Synthetische Edelsteine 113; synthet. Alexandrit 113; Rubin 352 ; Topas 352. Synmetrieebenen 10. syrischer (sirischer) Granat 441. 12 Tafel des Brillants 91. Tafel von Tavernier, großer Dia- mant 315. Tafelstein 95. Taj-e-mah, großer Diamant 315. Tanä, diamantführ. Konglomerat 186. Tanah Laut (Borneo), Diamant 276. Tangiwai 571. Tapanhoacanga 190. Taubenblutfarbe des Rubins 334. Taurischer Topas 415. Tavernier’s große Tafel, großer Diamant 315. Tavernier’sche Regel 127. Technische Verwendung der Edel- steine ST; des Diamants 310. Texasachat 615. Thalliumglas (od. -paste) Nachbilden 119. Thermische Eigenschaften S1. Thetishaare 600. Thomsonit 523. Thulit 520. Tiffany-Brillant, großer Diamant 319. Tiffanyit 80. 158. Tigerauge 605; Schiller 79. Titaneisen 656; im Blaugrund, Südafrika 229. Titanfavas 188. Titanit 521. Topas 411; Topas, falscher 597. 651; okzidentalischer 598; orien- talischer 370; synthetischer 352; Farben: blauer 415; brauner 598; gelber, roter 416; Farbenänderung durch Radium- strahlen 72; Vorkommen 418; böhmischer 597; brasilianischer 415. 598; indischer 415; 425; 597; sächsischer 415; schottischer 590. 508; sibirischer 415; spa- nischer 597; taurischer 495; von Hinojosa 598; von Sala- manca 598; von Uruguay 598. Topasasterie 357. 371. zum von Edelsteinen REGISTER. Topasbrack 417. Topaskatzenauge 357. Topassapphir 370. Tornatur 105. Totalreflexion 46. Tote Korallen 737. 749. Transvaal, Diamantgruben 217. 259. Trauerschmuck 6S6(alleSchwarzeu Steine, Perlen und Korallen). Trebitsch, Preßbernstein 67%. Treppenschnitt 94. Trichter, diamantführende, siehe pipes. Tropfen (Perlen) 723. Trümmerachat 629. Tschota Nagpur, Indien, Diaman- tenslT. Türkis 486; künstlich 500; vom alten Stein 486; vom neuen Stein 501; okzidentalischer od. fossiler 501; orientalischer od. vom alten Stein 486; Ring- steine 493; Vorkommen 490; ägyptischer 495; Neu-Mexiko 496; Nordamerika 496 ; Persien 490; Sinaihalbinsel 494. Türkischer Stein 489. Türkismutter 496. 499. 500. Turquoise de la nouvelle roche 501; de la vieille roche 486. Turmali 463. Turmalin 452; edler und ge- meiner4 55; Farben: blau 463; braun 463; farblos 458; grün 462; rot 458; schwarz 463; Farbenänderung durch Radium- strablen 72; sibirischer 459. Turmalinkatzeuauge 461. U. Überschliffen 100. Udesna, Indien, Diamant 178. Ultramarin 542. 546. Undurehsichtig 39. Ungarisches, Katzenauge Opal 469. Unio margaretifera 726. Unregelmäßige Stücke (Bernstein) 658. Unreifer Bernstein 680. Unterkörper, Unterteil an Schliff- formen 90. Unze 126. Unzenperlen 724. Uralischer Smaragd 451. Uruguay-Topas 598. Utahlith 502. 605; Uthalithmutter 503. Uwarowit 451. V. Vaalfluß, Diamantwäschereien, (river diggings) 211. 217. Vaalit im Blaugrund, Südafrika 229. Variseit 502. Variseitmutter 503. Vasa murrina 653. Vellum-Dıamanten 586. Venushaare 600. Verbreitung, geographische, der Edelsteine 86. Verfälschungen von Edelsteinen 114. Verbrannte Koralle 737. Verfaulte Korallen 749. Verkienung (Bernstein) 658. Verkieseites, versteinertes 608. Verkieselte Wälder 609. Vermeille, orientalischer 371. Vermeillegranat 440. 443. Vertiefungen und Furchen auf dem Korallenstock 736. Verwendung der Edelsteine zum Schmuck und in der Technik 87, Diamant 302. 310. Vesuvian 511. Vesuvische Gemme 511. Vietoria-Diamant 319. Viellinge 11. Vierundzwanziger Granate '447. Violettrubin 371. 591; Farben- veränderung durch Radium strahlen 72. Violettsapphir 371. 591. Virniß (Bernstein) 676. Vorbereitung der Edelsteine zum Schleifen 103. Vorkommen der Edelsteine 84. Vorspoed, Diamantgrube, Oranje- fluß-Kolonie 254. Holz W. Wachsachat 620. Wachsglanz 43. Wachsopal 470. 482. 484. Wackler 623. Wage, hydrostatische 14; Jolly’- sche Feder- 20; Westphal’sche 18, 23. Wajrah Karrur, manten 172. Wajragarh, Indien,Diamanten 177. Indien, Dia- 766 Wälder, verkieselte 609. Walzen aus Achat 635. Wappen, Schlifform 96. Wardit 503. Wärmeleitung 81. Wäscherei, Edelstein- 85; Dia- manten- 165. Wasser der Edelsteine 39, der Perlen 721. Wasserchrysolith 551. Wasserhell 39. Wasseropal 530. Wasser-pits, Ceylon 362. Wassersapphir 355. 509. Wasserstein 622. Wassertropfenquarz 601. Weibliche Steine 333. Weiche Achatschichten 643. Weltauge 484. Weltefreden, Diamantgrube, Kap- kolonie 232. 251. Wert der Edelsteine, allgemeines 122; des Diamants Wesselton (-Premier-) Grube bei Kimberley 214. REGISTER. Westphal’sche Wage 18. 23. Wogender Lichtschein 78. Wolfsauge 530. Wolken 111. Wolkenachat 628. Wolkenchalcedon 620. N. Xanthit 513. Tv. Yellow ground, Südafrika 224. Yü 564. 574. 614; kaiserl. 616. 2. Zähigkeit der Edelsteine 37. Zahlperlen 724. Zahntürkis 501. Zebrajaspis, dunkelbraun mit hellbraunen Strichen, Durch- schnitte versteinerter Muscheln und Schnecken, Indien. Zeiger 106. ——_— Druck von J. B. Hirschfeld in Leipzig. Zelluloid für Bernstein 677; für Korallen 751. Zeolithe im Blaugrund, afrika 230. Zeprerquarz = Scepterquarz 593. Zerschneiden, Zersägen der Edel- steine 103. Zersprengbarkeit der Edelst. 37. Zinkspath 524. Zirkon 426; ceylonischer 427. Südafrika, im Blaugrund 230; Zoisit 520. Zonochlorit 523. Zotten aus Bernstein 672. Zündhütchen aus Achat 635. Zusammensetzung, chemische, der Edelsteine 7. Zwanziger Granate 447. Zweier (Bernstein) 673. Zweifacher Brillant 91. Zweifaches Gut, Brillant 91. Zweispitz, großer, (Rauchtopas) 590. Zwillinge 11. Zylinder (Bernstein) 673. Süd- a « Ei ur > . “ “ L - k . — . PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY Ser u son