RICHARD GOLDSCi EINFÜHRUNG IN DIE VERERBUNGSWISSENSCHAFT leipzi8v,e;(Ielu*xn ^riil/^^ll/^^li/^^ . \v.^ ^ n 1 Im m l i 8 3y ^^^T^^HJH^^ mm ili 1 ^H^ ^Uff ,^B ^Kk \lff ^Mm^r tSLt m Wim ''^-EINFÜHRUNG IN DIE VERERBUNGS- WISSENSCHAFT IN ZWANZIG VORLESUNGEN FÜR STUDIERENDE, ÄRZTE, ZÜCHTER VON Dr. RICHARD G^OLDSCHMIDT A. O. PROFESSOR DER ZOOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN MIT 161 ABBILDUNGEN LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1911 COPYRIGHT 1911 BY WILHELM ENGELMANN, LEIPZIG. Vorwort. Vorliegendes Buch ist, wie schon seine Form besagt, aus Univer- sitätsvorlesungen hervorgegangen. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die erste Einführung in ein Gebiet der Biologie zu vermitteln, das heute wohl im Mittelpunkt des Interesses steht und in gleicher Weise für den Zoologen und Botaniker, wie für den Arzt, den praktischen Züchter, den Anthropologen und Sociologen bedeutungsvoll erscheint. Die vielen Berührungspunkte, die die Vererbungslehre mit so verschiedenen Wissensgebieten hat, erfordern es, daß ihre Darstellung dem auch Rechnung trägt. Trotzdem wurde, wo es irgend anging, das zoologische Material in den Vordergrund gestellt, wenn ich mich auch bemühte, der führenden botanischen Schwesterwissenschaft nach Kräften gerecht zu werden. Seinem Charakter als Einführung entsprechend, bietet das Buch keineswegs eine vollständige Materialsammlung des behandelten Ge- bietes, sondern eine geeignete Auswahl, die aber wohl alle wesent- lichen Tatsachen wenigstens an einem Beispiel illustriert. Ebenso wurde speziell in dem die Variation behandelnden Teil auf ausführ- liche Darstellung der Methodik verzichtet, von der nur das elementarste kurz mitgeteilt ist. Das konnte um so besser geschehen, als sie in Johannsens Elementen der exakten Erblichkeitslehre eine meisterhafte und unübertreffliche Darstellung erfuhr. Mir kam es vor allem darauf an, das biologische Tatsachenmaterial in logischer Verknüpfung zu geben. Auf einem Gebiet, in dem alles so in Fluß ist, wie es bei der Vererbungslehre der Fall ist, ist es nicht leicht möglich, das Tatsachen- material vollständig objektiv vorzuführen. Seine Verknüpfung zu einem Ganzen erfordert es, daß zu allgemeineren Problemen in be- stimmter Weise Stellung genommen wird. So fehlt auch in den fol- genden Vorlesungen hier und dort ein subjektiver Zug nicht; wenn — IV — die dabei zutage tretenden Anschauungen nicht immer mit den augen- bhcklich herrschenden übereinstimmen, so dürften doch auch die entgegengesetzten Auffassungen stets objektiv hervortreten. Der Fachmann, der das Buch in die Hand bekommen sollte, wird außer- dem hie und da sowohl Tatsachen finden, die eigenen im Gang be- findlichen Untersuchungen entstammen, wie auch neue Interpretationen der Befunde anderer. Wieviel die Darstellung des Mendelismus dem Standardwerk der modernen Bastardforschung, Batesons Mendels Principles of Heredity, verdankt, braucht wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden. Ich habe mich in diesem Kapitel bemüht, möglichst häufig die wirk- lichen Zahlenangaben für die vorgeführten Beispiele zu geben, so daß der Leser selbst die Richtigkeit der Interpretationen kontrollieren kann. Es wurde ferner in Anlehnung an einen Vorschlag Längs versucht, eine einheitliche Schreibweise der Buchstabensymbole durch- zuführen, die von den Autoren bald dieser, bald jener Sprache ent- lehnt werden. Es wurden stets die Anfangsbuchstaben der lateinischen Bezeichnung der betrachteten Eigenschaft gewählt, die sich ohnedies oft mit sonst benutzten Symbolen decken. Es ist mir schließlich eme angenehme Pflicht, allen denen zu danken, die mich bei der Arbeit unterstützten, vor allem mir durch Überlassung von Werken aus ihrer Bibliothek vielen Zeitaufwand ersparten, nämlich den Herren Prof f. Doflein, Göbel, Hertwig, Maas, Neresheimer, Poll, Semon. Besonderen Dank schulde ich endlich meinem Verleger Herrn Wilhelm Engelmann für sein liebenswürdiges Eingehen auf alle meine Wünsche. München, den i. Mai 1911. Inhalt. I. Einleitung. A. Darwin und seine Nachfolge I B. Die Zelle als materielles Substrat der Vererbungser- scheinungen. 1. Die mitotische Zellteilung 6 2. Der Kern als Vererbungssitz. a. Die Chromosomen als Vererbungsträger 9 b. Die qualitative Verschiedenheit der Chromosomen. . . 14 II. Die Variabilität. A. Die Tatsachen der Variabilität. 1. Das Queteletsche Gesetz . 18 2. Die graphische Darstellung der Variabilität 25 3. Das Maß der Variabilität 29 B. Die Ursachen der Variabilität. 1. Die Ableitung aus dem Gaußschen Fehlergesetz .... 32 2. Beziehungen zwischen den Veränderungen äußerer Bedin- gungen und der Variabilität. a. Biologisch-statistische Tatsachen. «. Lebenslagevariation 36 ß. Geographische und klimatische Variation 40 b. Experimentelles Studium der Variabilität. «. Der Einfluß von Außenfaktoren auf variable Merkmale 43 aa. Experimentelle Beeinflussung der Variationskurve 5 2 bb. Künstliche Erhöhung und Verminderung der Va- riabilität 57 ß. Der Einfluß der Amphimixis auf die Variabilität . . 64 y. Die inneren Variabilitätsfaktoren 65 C. Die Bedeutung der statistischen Methode für di.e Variabilitätslehre. I. Ihre Anwendung auf biologische Probleme. a. Homogame Vermehrung y^ b. Korrelation 74 c. Zuchtwahl 80 d. Art- und Rassenfragen 82 j^'^" — VI — Seite 2. Die Grenzen der Methode. a. Die mehrgipfligen Kurven und ihre Bedeutung ... 87 D. Galtons Gesetz vom Rückschlag und Ahnenerbe. 1. Galtons Begründung 97 2. Statistische und biologische Gesetze 1 10 3. Johannsens Kritik des Gesetzes 114 E. Die Selektion in Population und reinen Linien. 1. Johannsens Studien 117 2. Die Tatsachen aus der züchterischen Praxis und dem Tier- reich 123 III. Die Mutation. A. Die natürlichen Sports. 1. Natur- und Kulturmutanten im Pflanzenreich 137 2. Natur- und Kulturmutanten im Tierreich 146 3. Individualpotenz und Mutation ..153 4. Die Knospenmutationen 155 B. Das experimentelle Studium der Mutation. 1. Die Oenotheramutanten 156 2. Die Zahl der Mutanten und ihre Aussichten 161 3. Die Ursache der Mutation 164 a. Biologische Tatsachen 165 b. Experimentelle Erzeugung von Mutanten 166 c. Mutation und Bastardierung 170 4. Die Entfernung der Mutanten von der Stammform. a. Mutation und extreme Variation 174 b. Mutation und kontinuierliche Variation. «. Die erblichen Fluktuationen 177 ,9. Nichterbliche diskontinuierliche Varianten 179 y. Erbliche Varianten und Biotypen 180 6. Mutation, Variation und Darwinismus . . . . . .183 IV. Das Problem der Vererbung er^vorbener Eigenschaften. A. Darwinismus und Lamarekismus 185 B. Soma und Keimplasma. 1. Weismanns Lehre als Ausgang der Fragestellung. a. Determinantenlehre und Keimplasma 186 b. Die Keimbahn 189 2. Wechselwirkung zwischen Soma und Keimplasma. a. Die sekundären Geschlechtscharaktere 192 — VII — Seite b. Die Möglichkeit der Leitung vom Soma zu den Ge- schlechtszellen. n. Übertragung von Zelle zu Zelle 196 ß. Transplantationsversuche 198 C. Die Möglichkeit des Übergangs neuer Erbeigen- schaften vom Soma zum Keimplasma. 1. Erwerbungen durch Gebrauch und Nichtgebrauch . . . .201 2. Die Instinktvariationen 203 3. Die Lebenslage Variation 208 D. Vererbung erworbener Eigenschaften und Mutation. 1. Die Parallelinduktion 222 2. Nachwirkung, Reizsummation und Vererbung 224 E. Telegonie 227 V. Die Bastardierung als Mittel zur Analyse der Erblichkeit. A. Die ältere Bastardforschung 229 B. Mendelismus. 1 . Mendels Untersuchungen und die Zahlenkonsequenzen des Spaltungsgesetzes 234 2. Die Ergebnisse der Mendelistischen Forschung. a. Die Dominanzregel. «. Die reine Dominanz und ihr Wesen 246 ß. Unvollständige, fluktuierende und wechselnde Domi- nanz . . , 249 y. Das intermediäre Verhalten 254 (f. Die Mosaikbastarde 256 t. Die Ursachen der Dominanz, ihre Erforschung im biologischen und entwicklungsmechanischen Experi- ment 259 b. Das Spaltungsgesetz a. Einfache Fälle von Mono- und Dihybridismus HU. Mono- imd Dihybridismus mit Dominanz und mit intermediärem Verhalten 265 ßß. Die Xenien 277 yy. Mendelspaltung beim Menschen 282 ß. Das Auftreten von Neuheiten nach Bastardierung, 288 au. Neuheiten durch Neukombination von Eigen- schaften 284 ßß. Neuheiten durch Bedingtsein einer Eigenschaft durch mehrere Faktoren 290 yy. Neuheiten durch epistatische Beeinflussung . . 296 — VIII — Seite ö'ö'. Neuheiten durch heterozygote Mosaikbildung . 299 es. Neuheiten durch geschlechtliche Latenz . . . .301 y. Das Nilsson-Ehlesche Prinzip 305 J'. Gametische Korrelation. ((({. Gametenkoppelung 307 ßß. Falscher Allelomorphismus 309 yy. Geschlechtsbegrenzte Vererbung 312 c. Die Analyse der Erbfaktoren und die Erbformeln . .313 d. Die Reinheit der Gameten 317 3. Die Frage der konstanten Bastardformen. a. Art- und Varietätsbastarde 320 b. Differenz reziproker Kreuzungen 324 c. Reinzüchtende Bastarde im Pflanzen- und Tierreich und ihre mendelistische Erklärung 329 d. Der Weg zum Nachweis konstanter Bastardformen . 341 4. Bastardforschung und Artbildungsprobleme 343 a. Die Merkmalskombination 344 b. Die Heterozygotie von Mutanten und ihre Bedeutung . 345 C. Die Biologie der Bastarde. 1. Das Luxurieren 349 2. Die Unfruchtbarkeit 350 D. Pfropf bastarde und Chimaeren 351 E. Die cellulären Grundlagen der Bastardlehre. 1. Die Bedeutung der Zytologie für die Vererbungslehre . . 365 2. Die Tatsachen des Verhaltens der Chromosomen in den Geschlechtszellen 367 3. Die Chromosomen und Mendels Spaltungsgesetz .... 374 4. Die Möglichkeit, aus dem Vererbungsexperiment celluläre Schlüsse zu ziehen 383 VI. Das Problem der Geschlechtsbestimmimg. A. Das Zahlenverhältnis der Geschlechter und seine Ursache 384 I. Der mendelistische Lösungsversuch. a. Die sekundären Geschlechtscharaktere in ihrer Beziehung zum Problem. «. Primäre und sekundäre Geschlechtscharäktere und ihr Wechsel Verhältnis 387 ß. Der Gynandromorphismus 390 y. Der Geschlechtsdimorphismus 391 b. Das Geschlecht als solches im Bastardexperiment . . 394 c. Die geschlechtsbegrenzte Vererbung 396 — IX — Seite d. Die cytologische Seite des Problems. •«. Das Tatsächliche der Geschlechtschromosomen . . 402 ß. Die Funktion der Geschlechtschromosomen bei der Geschlechtsbestimmung 407 y. Geschlechtschromosomen und geschlechtsbegrenzte Vererbung 411 e. Geschlechtsbestimmung und Hermaphroditismus . . .421 2. Der Zeitpunkt der Geschlechtsbestimmung. a. Die Möglichkeit der metagamen Bestimmung .... 429 b. Die Möglichkeit der syngamen Bestimmung 431 c. Die Möglichkeit der progamen Bestimmung . . . , . 455 B. Der Wechsel parthenogenetischer und zweigeschlech- tiger Generationen und seine Bedeutung. 1. Die Versuche an Daphniden 443 2. Die Versuche an Rotatorien und Aphiden 449 3. Das Wesen der in Betracht gezogenen Außenfaktoren . .451 C. Der Wechsel ungeschlechtlicher und geschlecht- licher Vermehrung 452 Literaturverzeichnis 455 Sachregister 491 Erste Vorlesung. Der Begriff der Genetik. Die Zelle als materielles Substrat der Vererbungserscheinungen. Die Biologie stand in den letzten 50 Jahren, der Zeit ihres größten Aufschwungs, unter dem alles überragenden Einfluß jenes großen Gedanken- und Tatsachengebäudes, das man in seiner Gesamtheit als die Abstammungslehre bezeichnet. Durch die geniale Begründung und Ausarbeitung, die ihr Darwin gegeben hatte, wurde sie befähigt, in kürzester Zeit sich die gesamte Biologie zu erobern und ihre Gesichts- punkte zum Leitstern aller weiteren Forschungen zu machen. So wurde die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts in allen Disziplinen unserer Wissenschaft ein darwinistisches Zeitalter. Systematik und ver- gleichende Anatomie, Entwicklungsgeschichte, Tiergeographie und allgemeine Biologie, Anthropologie und zum Teil sogar die Physiologie entnahmen die entscheidenden Gesichtspunkte für ihre Forscherarbeit jener Lehre. Und nicht zu ihrem Schaden, denn die Kenntnisse, die in jener Zeit dem Bestand der Wissenschaft zugefügt wurden und die un- abhängig von dem jeweiligen Gesichtspunkte der Betrachtung ihren dauernden Tatsachenwert besitzen, sind von bewundernswertem Um- fange. Gewiß hatte diese Entwicklung auch ihre Schattenseiten; wie jede große und fruchtbare Idee, so hatte auch die Abstammungslehre ein gutes Teil ihres Wesens der schöpferischen Phantasie zu verdanken. Und so wiederholte sich auch hier das, was uns die Geschichte der Mensch- heit bei jeder großen geistigen Bewegung bemerken läßt: der entfesselte Strom überschreitet seine Grenzen. Es kam die Sturm- und Drangzeit unserer Wissenschaft, die erweckte Phantasie hielt vielfach nicht die ihr gesteckten Grenzen ein, Theorien bekamen den Wert von Tatsachen, Umschreibungen durften als wissenschaftliche Erklärungen gelten. Und nun folgt wie immer die Ernüchterung und mit ihr die Rückkehr zum Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. I Ausgangspunkt. Darwin selbst war in jenen Wirbel, der besonders die deutsche Wissenschaft erfaßt hatte, nicht mit hineingezogen worden. Er blieb bei der vorsichtigen Prüfung seiner Gedanken durch möglichst gründliche Versuche. Und wenn wir jetzt uns wieder daran machen, die Grundlagen der Abstammungslehre exakt zu erforschen, ehe der weitere Aufbau in Betracht kommt, so bedeutet das eine Fortführung von Darwins Lebenswerk in dessen ureigenstem Sinn. Im Mittelpunkt der Abstammungslehre steht die Annahme der Ver- änderlichkeit der Art: die uns als konstant erscheinenden Tier- und Pflanzenformen sind es nicht, sondern unterliegen der Möglichkeit der Umwandlung und Weiterentwicklung zu anderen Formen. Nach Dar- wins Annahme hat diese Veränderlichkeit zur Grundlage die Tatsache, daß die verschiedenen Individuen einer Tierart nicht völlig wesens- gleich sind, sondern in kleinen Merkmalen sich von einander unter- scheiden, daß sie variieren. Das Lebewesen ist aber im allgemeinen seiner Umgebung angepaßt. Beziehen sich nun die Variationen auf Eigenschaften, die für das Angepaßtsein von Bedeutung sind, so können sich geringfügige Veränderungen für den Organismus nützlich oder schädlich erweisen. Träger schädlicher Eigenschaften, also schlecht angepaßte Varianten, werden aber nach Darwin durch die natürliche Zuchtwahl, die nur Brauchbarem den Bestand ermöglicht, ausgemerzt und nur die mit Nützlichem, gut Angepaßtem Ausgestatteten bleiben im Kampf ums Dasein erhalten. Pflanzen diese sich fort, so übertragen sie ihre günstigen Anlagen auf die Nachkommenschaft und da bei dieser der gleiche Prozeß statthat, so bilden sich die Arten allmählich zu besser Angepaßtem, somit Höherem um. Es ist nun klar zu ersehen, daß sich die Grundlagen der Abstam- mungslehre um drei große Zentren gruppieren : die Fragen der Variation, der Anpassung, der Vererbung. Es muß festgestellt werden, ob und in welchem Umfang die von Darwin postulierte Veränderlichkeit besteht und zwar sowohl die Veränderlichkeit innerhalb einer Art als auch von einer Form zu einer anderen. Es muß dann nach den Ur- sachen solcher Veränderlichkeit geforscht und womöglich versucht werden, sie in die Hand des experimentierenden Forschers zu be- kommen. Sodann erhebt sich die Frage des Angepaßtseins an die — 3 — Umgebung und die Wirkung der Auslese der weniger Angepaßten. Soll eine solche irgendeine Bedeutung haben, so ist die Voraussetzung die, daß die erhalten gebliebenen Variationen vererbt werden. Und da liegt das Kardinalproblem des Ganzen: was wird vererbt, wie wird vererbt. Eine jede Erforschung der Grundlagen der Abstammungslehre muß sich um diesen Punkt gruppieren, um das Vererbungsproblem, und mit Recht hat man es überhaupt als das zentrale Problem der ganzen Biologie bezeichnet. Hat es doch auch nach allen Seiten hin Bezieh- ungen, bildet es doch auch einen wesentlichen Faktor der Verbindung der Biologie mit ihren Tochterwissenschaften, der Medizin, der Sozio- logie, der Landwirtschaft. Die neuere Zeit hat nun die Erforschung aller jener Dinge, die seit Darwin etwas zurückgetreten war und nur von einer Minderzahl von Forschern, mehr Botanikern als Zoologen, gepflegt wurde, wieder in den Vordergrund des Interesses gebracht. Einmal war es die Erkennt- nis, daß weitere wesentliche Fortschritte der Biologie in erster Linie nur auf dem Wege des biologischen Experiments erzielt werden können. W^ar Darwin selbst zweifellos der größte experimentierende Biologe seines Jahrhunderts gewesen, so hatten seine Nachfolger, verlockt von der unübersehbaren Fülle des vor ihnen ausgebreiteten Beobachtungs- materials sich zunächst an dessen Durcharbeitung gemacht. Erst als hier bereits die wesentlichsten Erfolge erzielt waren, konnte durch die zum Teil in bewußtem Gegensatz zum herrschenden Darwinismus stehende Entwicklungsmechanik die experimentelle Methode in der Biologie wieder betont werden. Ein weiterer Faktor ist in der exakten Grundlage gegeben, die die Erblichkeitsforschung durch die Bemühung der Variationsstatistik erhielt, die mathematische Genauigkeit in dies Wissensgebiet einführte. Als dritten Hauptfaktor, der das Interesse auf die Erblichkeit und ihre Nachbarfragen konzentrierte, muß man die Entdeckung oder richtiger die besondere Wertung der Mutationen durch De Vries bezeichnen, die ganz neue Möglichkeiten für die Lösung unserer Fragen auftauchen ließ. Und endlich ist es die Wiederent- deckung der Mendelschen Bastardierungsregeln, die auf eine Fülle von Dingen Licht warf und der Vererbungsforschung eine ganz neue Domäne eröffnete. So stehen wir denn jetzt in einer Zeit, in der sich — 4 — innerhalb des Riesengebietes der Biologie ein Grund abgrenzt, an dessen Bebauung sich die besten Kräfte abmühen. Seinen Mittelpunkt bildet die Erblichkeitslehre, um die herum sich alle jene Probleme gruppieren, die ohne sie nicht gelöst werden können. In England hat Bateson für unsere neueroberte Wissenschaft die Bezeichnung genetics ein- geführt und wir können sie mit dem gleichen griechischen Wort als Genetik bezeichnen,' die Wissenschaft von dem W' erden der Organismen. Die Genetik ist in erster Linie eine exakte Wissenschaft und mit vollem Recht heben ihre führenden Vertreter hervor, daß sie nur die Aufgabe hat, exakte Tatsachen auf dem Wege der Beobachtung und des Experiments festzustellen. Sie rücken damit bewußt ab von der eben verflossenen Zeit, in der gerade die Erblichkeitslehre ein beliebter Tummelplatz für phantastische Spekulationen war. Man darf aber auch darin nicht ungerecht sein: jene Ideengebäude haben viel dazu beigetragen, die Fragestellungen unserer Wissenschaft ins richtige Licht zu rücken und wurden so vielfach der eigentliche Ausgangspunkt für die exakte Forschung. Und so sollte man auch jetzt nicht vollständig auf gewisse Dinge verzichten, die nur auf dem Wege des Schlusses ge- wonnen aber der exakten Beweisführung nicht zugängig sind, sofern sie nur geeignet sind, weitere Anregungen zu geben oder uns sonst schwierige Vorstellungen zu erleichtern. Wenn wir uns dabei der Grenzen zwischen Tatsache und Hypothese bewußt bleiben, und uns davor hüten, eine Hypothese auf eine andere zu stützen, kann eine den Tatsachen untergelegte Idee uns sogar in der reinen Tatsachen- forschung höchst förderlich sein. \\'enden wir nun einmal diese An- schauung auf einen konkreten Fall an und suchen uns für die Erblich- keitslehre einen Ausgangspunkt, der in richtiger Weise Tatsachen und Ideen verbindet. Die Frage, die in einfachster Form das \\'esen des Vererbungs- problems formuliert, lautet: Warum sind die Nachkommen ihren Eltern wesensgleich ? Die naive Antwort würde sein, weil sie Fleisch von ihrem Fleisch und Bein von ihrem Bein sind. Und sie trifft wirklich den Kern des Ganzen; der Ausgangspunkt für die Entstehung der Nachkommen ist in einem körperlichen Teil der Eltern gegeben, in dem, — 5 — was man ihre Geschlechtszellen nennt. Ein jeder Organismus bringt zum Zweck der Fortpflanzung — und wir dürfen hier von der ungeschkxht- lichen Fortpflanzung absehen — Geschlechtszellen oder Gameten her- vor, im weiblichen Geschlecht die Eizellen, im männlichen die Samen- zellen. Im typischen Fall geht aus deren Vereinigung bei der Befruch- tung das neue Individuum, der Tochterorganismus hervor. Ein Seeigel entläßt seine Eizellen ins Wasser, wo sie von den Samenzellen eines anderen befruchtet werden. Aus ihnen entwickeln sich dann neue Seeigel und zwar werden sich, was auch mit den Eiern passiert, wenn sie sich überhaupt entwickeln, nur Seeigel aus ihnen bilden. In dem befruchteten Ei müssen also bereits alle jene Eigenschaften als Möglichkeiten enthalten sein, die später die Spezies Seeigel ausmachen. Für die experimentelle Erforschung der Vererbungserscheinungen könnte uns diese Tatsache zunächst völlig genügen. Weitere Vorstellungen darüber, wo und wie sich jene Anlagen der erblichen Eigenschaften in den Geschlechtszellen finden, sind uns vorerst nicht erforderlich. \\'ir können mit Johannsen sagen, daß sie in den Geschlechtszellen sich als Erbeinheiten finden, über deren Natur sich nichts aussagen läßt, mit denen wir keinerlei bestimmte materielle oder andere Vorstellung verbinden können, und die wir deshalb mit einem nichts Weiteres in- volvierenden Namen als Gene bezeichnen. Für die Forschung ist eine derartige Voraussetzungslosigkeit in der Tat wünschenswert, soweit es sich um experimentellbiologische Studien handelt. Für den Lernenden trifft das nicht zu. Er wird leichter Dinge verstehen, mit denen er konkrete Vorstellungen verbindet und so braucht er sie auch nicht zu verschmähen, besonders wenn sie ihm in Gestalt eines so imposanten Tatsachengebäudes entgegentreten, wie es die Zellenlehre in ihrer Be- ziehung zu den Vererbungserscheinungen darstellt. Wenn wir heute versuchen, uns von dieser Seite her eine Grundlage für das Verständnis der Erblichkeitsfragen zu verschaffen, so wollen wir uns über den Hauptzweck klar sein, nämlich den didaktischen. Wie überall in der Wissenschaft, steht auch hier oft Tatsache gegen Tatsache, Meinung gegen Meinung. Für das, was wir erreichen wollen, kann es nicht unsere Aufgabe sein, uns in den Streit des Tages einzulassen. Denn nicht als solche soll uns hier die Zellenlehre interessieren, sondern ^ — 6 — als die materielle Grundlage der eigentlichen Tatsachen der Genetik, die uns hier nur so weit beschäftigt, als sie geeignet ist, uns das Ver- ständnis für die biologischen Phänomene zu erleichtern. Wir werden uns daher nur an die sichergestellten Tatsachen halten, die in ihrer Ge- samtheit geeignet sind, uns klare Vorstellungen über die materiellen Grundlagen der Vererbungserscheinungen zu geben, auf die Gefahr hin, früher oder später einmal lernen zu müssen, daß die Vorstellungen nicht richtig waren. Klar und konsequent aber sind sie, wie wir sogleich er- kennen werden. Wir haben schon gehört, daß in der Regel ein Organismus sich aus einer befruchteten Eizelle entwickelt. Rein cellulär betrachtet unter- scheiden sich nun die Geschlechtszellen in nichts Wesentlichem von all den anderen Zellen, die den Körper der Lebewesen zusammensetzen. Wissen wir doch auch, daß unter Umständen eine gewöhnliche Körper- zelle ebenfalls im Stande ist einen neuen Organismus zu reproduzieren. Aus einem kleinen herausgeschnittenen Stück des Kiemenkorbs der Ascidie Clavellina kann sich das ganze Tier regenerieren, den Kiemen- zellen kommt also hier die gleiche Fähigkeit zu wie den Geschlechts- zellen. Wir dürfen also annehmen, daß die für die Vererbung in Betracht kommenden Zellbestandteile sich im Wesentlichen in jeder Zelle vor- finden. (Daß dies allerdings nicht so ganz selbstverständlich ist, werden wir später erfahren.) Wie können wir nun Anhaltepunkte gewinnen, wo sie in der Zelle zu suchen sind? Das was dem Forscher, der die Lebenserscheinungen der Zelle studiert, immer wieder als das Merkwürdigste entgegentritt, ist die Fähigkeit der Zelle, sich durch Teilung zu vermehren und diese Teilung auf eine höchst eigentümliche Art durchzuführen. Die Teilung besteht darin, daß die beiden Hauptbestandteile der Zelle, der Zelleib oder das Protoplasma und der Zellkern halbiert werden und so zwei Tochterzellen entstehen, die außer der zunächst geringeren Größe genau der Mutter- zelle gleichen. Nun verläuft aber in der überwältigenden Mehrzahl der tierischen und pflanzlichen Zellen der Teilungsprozeß nicht als eine ein- fache Halbierung, sondern in der komplizierten Weise, die neben- stehende Figur I darstellt, dem Vorgang der Karyokinese. Die Tei- lung wird dadurch eingeleitet, daß neben dem Kern sich im Umkreis Fig. I. Schema der mitotischen Zellteilung, i — 3 Bildung der Chromosomen im Kern, 4 Auf- lösung des Kerns, 5, 6 Bildung der Aequatorialplatte, 7, 8, 10 Auseinanderweichen der Tochterplatten, 9, 11, 12 Rekonstruktion der Tochterkeme. Gez. von Dr. Dingler. — 8 — eines Körnchens, des Centrosoms, eine Strahlenfigur bildet, die durch die Teilung des Centrosoms sich bald verdoppelt und in ihre beiden Hälften auseinanderweichend 2 gegenüberliegende Pole der Zelle ein- nimmt. Inzwischen haben im Innern des Kerns komplizierte Umlage- rungen seiner Substanz stattgefunden, die damit enden, daß sich eine bestimmte Anzahl, sagen wir vier, festere Schleifen ausbilden, die man wegen ihrer Neigung, gewisse Farbstoffe festzuhalten, Chromosomen nennt. Nun löst sich der Kern auf und die Chromosomen ordnen sich in einer Reihe im Äquator der zweipoligen Strahlenfigur an. Nun wird ein jedes Chromosom der Länge nach gespalten, sodaß jetzt je zwei Spalthälften einander gegenüber liegen und diese beginnen sich zu trennen und nach den beiden Zellpolen auseinander zu wandern bis sie nahe bei den Centrosomen angelangt sind. Jetzt aber verläuft der ganze Prozeß wieder rückwärts, die Chromosomen verlieren ihre in- dividuelle Abgrenzung, es bildet sich aus ihnen ein neuer Kern, die Strahlung erlischt und es sind zwei Zellen von gleicher Art wie die Ausgangszellen gebildet. Überlegen wir nun einmal, was dieser komplizierte Vorgang be- deuten kann, welchen Vorzug er etwa vor einer einfachen Durch- schnürung von Zelle und Kern hat. Es wurde der ganze geformte Inhalt des Kerns in Chromosomenschleifen zusammengefaßt und diese durch eine Spaltung verteilt: das besagt, daß der Kerninhalt oder richtiger seine färbbare Substanz, das Chromatin, in einer ganz besonders exakten Weise verteilt wird. Stellen wir uns vor, wir erhielten die Auf- gabe, einen Sack mit Bohnen auf zwei Hälften zu verteilen. Wir könnten es so ausführen, daß wir den Sack in der Mitte durchschnürten und so in zwei gleiche Hälften zerlegten. Sehr genau wäre allerdings diese Teilung nicht. Besser wäre es, wir zählten die Bohnen ab und legten die Hälfte auf jede Seite; dann hätten wir in der Tat gleiche Zahlen, aber die eine Bohne ist groß, die andere klein, die eine sehr nahrstoff- haltig, die andere verdorben, kurz, unsere beiden Haufen wären immer noch nicht völlig gleich, \^'irklich gut geteilt hätten wir erst, wenn jede Bohne der Länge nach halbiert und die Hälften verteilt würden. Das Beispiel zeigt uns klar, daß die Einteilung des Kerninhalts in Chromosomen und deren Verteilung durch Spaltung nichts anderes — 9 — bezwecken kann, als die betreffende Substanz des Kerns möglichst genau auf die Tochterzellen zu verteilen. Der Schluß liegt also nahe, daß hier in den Chromosomen Qualitäten der Zelle lokalisiert sein müssen, die zu ihrem notwendigen Bestand gehören. Die allererste Eigenschaft einer jeden Zelle ist aber, daß sie eine Artzelle ist: jede Zelle eines Hundes ist nur Hundezelle, jede Ze^le einer Linde nur Lindenzelle. Dürfte also nicht auch noch weiterhin geschlossen werden, daß wir hier in den Chromosomen die Träger der das Wesen der Art ausmachenden erblichen Eigenschaften zu sehen haben? Wollen wir diese Annahme erweisen, so müssen wir zunächst einmal den Beweis dafür führen, daß der Zellkern, in dem sich ja nur bei der Teilung die Chromosomen erkennen lassen, der Träger der erblichen Eigenschaften ist. Der Beweis läßt sich mit größter Wahrscheinlich- keit aus den Erscheinungen der normalen wie der experimentell beein- flußten Befruchtung führen. Bei der Befruchtung dringt eine männ- liche Samenzelle in die weibliche Eizelle ein. Beide Zellen, die so- genannten Gameten, bestehen trotz verschiedener äußerer Form aus den typischen Bestandteilen der Zelle, Kern und Protoplasma. Nun zeigen viele Samenzellen die Form eines langen Fadens, dessen be- sonders gestaltetes Vorderende, der Kopf, den Kern darstellt, wie seine Entstehung lehrt, das übrige aber der Schwanz, dem Protoplasma entspricht. In vielen Fällen wird nun beobachtet, daß bei der Be- fruchtung nur der Kopf in die Eizelle dringt, der Schwanz aber abge- worfen wird. Innerhalb des Eiprotoplasmas nimmt dann der Kopf die Gestalt eines gewöhnlichen Kerns an und verschmilzt mit dem Kern der Eizelle. Der wesentliche Vorgang bei der Befruchtung ist also eine Verschmelzung des väterlichen mit dem mütterlichen Kern. Da bei der Befruchtung die Eigenschaften beider Eltern auf die Nachkommen übertragen werden, so müssen diese Eigenschaften in irgend einer Weise in den Kernen der Gameten enthalten sein. Im Kern dürfen wir also mit Recht die Träger der Vererbung suchen. Wo sie dort liegen, zeigt ein weiter eindringendes Studium der Be- fruchtung. Wir sagten, daß bei ihr die Kerne der Gameten verschmelzen. Oft ist dies aber nicht ganz wörtlich zu nehmen, vielmehr bleiben die Kerne zunächst neben einander liegen. Die weitere Entwicklung zum — 10 — Organismus, die nach der Befruchtung einsetzt, besteht nun in einer unübersehbaren Folge von Zellteilungen, deren erste bald nach der Be- fruchtung eintritt. Da kann es denn sein, daß die Zellteilungsfigur sich bildet, ohne daß die beiden Kerne miteinander verschmolzen sind und da tritt das gleiche ein, wie bei jeder anderen Zellteilung, die Chromo- somen bilden sich aus. Aber nun bilden sie sich in jedem Kern getrennt aus, in dem nebenstehend abgebildeten Beispiel (Fig. 2) je zwei in jedem Kern. Die fertige Zellteilungsfigur enthält also eine Anzahl, hier vier Chromosomen, von denen die Hälfte von der Eizelle, die Hälfte von der Samenzelle stammt. Bei der nun folgenden Teilung werden alle der Länge nach gespalten und auf die Tochterzellen verteilt. Es erhält somit eine jede Tochterzelle zur Hälfte väterliche und zur anderen Half te mütterliche Chromosomen und ebenso geht es bei jeder weiteren Zell- teilung. Nun werden bei der Befruchtung die Eigenschaften beider Eltern auf die Nachkommen vererbt. Das, was die Zellen der Nach- kommen in gleicher Weise von beiden Eltern besitzen, sind aber nur die Chromosomen und somit müssen wir schließen, daß auch in den Chromosomen die betreffenden Eigenschaften lokalisiert sein müssen. Wir haben nun bisher keinen besondern Wert auf die Zahl der Chro- mosomen gelegt. Und doch ist diese nicht etwa gleichgültig. Es zeigt sich vielmehr, daß sie bei allen Tier- und Pflanzenarten eine typisch konstante ist. Ein Pferdespulwurm zeigt in seinen sich teilenden Zellen vier, ein Mensch in allen Zellen, welche es auch seien 24, eine Tomate auch 24, ein Nachtschatten aber 72 und so fort. Kurzum jede Art von Lebewesen besitzt eine für sie charakteri- stische Chromosomenzahl in den Kernen ihrer Zellen. Nun haben wir gehört, daß bei der Befruchtung zwei solche Kerne sich miteinander vereinigen. Hätten sie auch die typische Zahl, so wäre nach der Be- fruchtung in der Zelle die doppelte Anzahl vorhanden. Alle Zellen der Nachkommenschaft, also auch ihre Geschlechtszellen bärgen jetzt die doppelte Chromosomenzahl und wenn sie sich wieder bei der Befruch- tung vereinigten, so bekäme die Enkelgeneration bereits die vierfache Zahl und so fort. Soll das nicht eintreten, und tatsächlich ist ja die Chromosomenzahl eine konstante, so kann es nur auf einem Wege er- reicht werden; es muß eine Einrichtung bestehen, die bewirkt, daß in — 11 s = 5P 6. o c; c b/J u _c r^ x) o t^ c V W o > o g VO o »^ -j^ J3 g « ^ ,0 biö S äo c 'S e 121 s ■>^ a. o Ai u :ä h: «J Ci, o D -o ^ o ty bi ^ ^ 5 ö E ^ 'S 'S 1 o '£ — ^ < H g 1) K^ £ oT o r£ 3 p 43 WP^i «, dU -S ^ •- ^ ö 1 bfl Ö Bt^ /- j Echinuseies. Nach Boveri. den Zellen enthalten dann 32, 18, 36 und 15 22 Chromosomen. Nun nehmen wir einmal an, die i8 Chromosomen der Geschlechtszellen seien nach Qualitäten verschieden, bezeichnen sie mit den Buchstaben des Alphabets und nehmen, um uns die Sache l-"'g- 5- Fie. 6. Fig- 7- / aa a \ bb bb cc c d d aa a b b cc c V dd dd J ^/^ "^ [^:\^\^/^>\ / a a ;•.•■■. ■■■•a. •.■■•■■■ -X ' bb :;x:;;b.b-/:;^\ c c :/.:--.--Cc. ;.■■.■.■.•_.•.■.■' d r aa a b b c c / V ddd dd / 'b/^ 1 ^•.;-.^A?x / a a ■ •. ■•■.■ ;a-- ■ -^ ' bbb :-/.;.bb.:.::A c .•••.■■■.■•:cc. •.■•••;•.• d ''^:W$^ aa WW^k\ b ■'■ .•■■'.■H-.'- •'■'■'.'. > c ...cc. •.•■•:•;•./ \ ddd ■:::-&d;::>^ l''ö' 5 — 9- 1^'fi 5 Möglichkeiten der Teilung des dispermen Seeigeleis. Dis Furchungs- zellen, die nicht alle Chromosomenarten erhalten, punktiert, nach Boveri. ZU vereinfachen, nur vier, nämlich «, b, c, d an. Dann könnte es der Zufall so fügen, daß sie sich so auf die vier Pole verteilen wie es Fig. 5a darstellt. Tritt dann die Verteilung ein, so erhalten die vier entstehenden .^^^ ^^\^Ai c ^ ^^^ LIBRARY v: 16 — Zellen das an Chromosomen, was Fig. 5& zeigt. Ein Blick läßt erkennen, daß sämtliche vier Zellen auch sämtliche vier Sorten von Chromosomen erhalten. Nun könnte aber auch die Verteilung auf die Pole so sein wie es Fig. 6a zeigt. Nach der Teilung resultierte dann die Chromosomenanordnung der Fig. 6b, die erkennen läßt, daß drei der Zellen jede Chromosomenart erhalten, einer aber, die punktiert ist, die Sorte d fehlt. Eine weitere Möglichkeit ist in Fig. ya wiedergegeben. Das Resultat der Verteilung in yb ergibt, daß zwei der entstehenden Fi-. 8. by^'^^T^"^ r^'^^^^^N /^: : aaa: • .: ■: •■■. a. ■ \ .■■.:■■. ■.•c.cc ■•■■■■ ■•'.■.■■■■.c.-t ■.'..■.■.■■■ aa b : . b;bb .;}•: \ ddd y;.^}:-dd-::y Fig. 9. /v •.■■■.aa'.--' .'■•■:• /;v^;,:;bb:•■^^■■::> •>v':'bbb;:^:!^ ■y^/:■'ccc■::■:■:: :v'^;:.-;cid;-: •■;/•; ■ ■•■■J:-.aaä';;:.;;' V'-:.cccv ■■.■••; \;::-::.d:::-V^:v ;;v.-;:dd(ii^;;^ Zellen ein Manko aufweisen, der oberen punktierten nämlich fehlt d, der unteren die Sorte b. Wieder eine andere Chromosomenverteilung zeigt Fig. Sa. Hier kommen dann, wie 8b zeigt, vier Zellen zu stände, von denen gar drei etwas fehlt. Und endlich bei dem letzten Muster- beispiel, Fig. 9, sehen wir als Endresultat vier Zellen entstehen, von denen keine jede Sorte von Chromosomen enthält. Nun geht aber die weitere Entwicklung des Seeigeleis so vor sich, daß schließlich eine Larve entsteht, deren vier Körperviertel auf diese vier Furchungszellen zurück- — 17 — zuführen sind. Sind nun die Chromosomen quahtativ als Erbträger verschieden, so müssen dementsprechend die Larven in dem Viertel, in dem ihren Zellen gewisse Chromosomen fehlen, auch gewisse Eigen- schaften vermissen lassen, defekt sein. Tatsächlich finden sich in Zuchten aus solchen doppeltbefruchteten Eiern neben gesunden Larven solche, die viertel, halb, dreiviertel und ganz defekt sind. Die Richtig- keit des zu Beweisenden, der qualitativen Chromosomendifferenz, wird nun auf ganz sicheren Füßen stehen, wenn sich noch zeigen läßt, in welchem Verhältnis die verschieden beschädigten Larven zu erwarten sind und daß die Wirklichkeit diesen Erwartungen entspricht. Boveri, von dem diese geistreichen Untersuchungen stammen, machte es so, daß er sich entsprechend den io8 Chromosomen, die nach der Längs- spaltung der 3 x i8 im Ei vorhanden sind, io8 Kugeln mit je sechsmal den Zahlen i — 18 herstellte, sie auf eine runde Platte warf, mit einem darüber gelegten Holzkreuz ganz nach Zufall in vier Portionen teilte und dann auszählte, in welchem Viertel sämtliche Zahlen von I — 18 vorhanden waren und in welchem nicht. Aus zahlreichen Zäh- lungen ging dann hervor, daß in einem gewissen Prozentsatz der Fälle alle vier Quadranten sämtliche Zahlen enthielten, in anderen nur 3, 2, i oder gar keiner. Wurden nun die in dem wirklichen Experiment er- haltenen Larven gezählt, so zeigte sich, daß die gefundenen y4, V2, V4 und ganz defekten in genau dem gleichen Verhältnis auftraten wie in dem Holzkugelversuch die Fälle, in denen keinem, einem, zwei, drei oder allen vier Quadranten bestimmte Kugeln fehlten. Damit aber war die qualitative Verschiedenheit der Chromosomen bewiesen. Wir wissen also jetzt, daß wir ein Recht haben, in dem Kern der Zelle den Sitz der Vererbuhgs träger zu sehen, ja sogar im Kern bestimmte Teile, die Chromosomen, als solche anzusprechen und diesen wieder eine qualitative Verschiedenheit entsprechend den verschiedenen erb- lichen Qualitäten des Körpers zuzuschreiben. Wenn wir also in Zukunft von Vererbungsträgern reden, können wir uns darunter die Chromo- somen vorstellen und mit Hilfe dieser Vorstellung manche Schwierig- keit überwinden. Wir dürfen uns aber dabei nicht verhehlen, daß die Chromosomenlehre, wie wir sie hier entwickelt haben, zwar in ihrer Klarheit und ihrem uns hier im Vordergrund stehenden didaktischen Goldschmidt, Emführung in die Vererbungswissenschaft. 2 — 18 — Wert alle billigen Anforderungen an eine Grundlage der Erblichkeits- lehre erfüllt, daß sie aber an sich noch in manchen wesentlichen Punkten strittig und unsicher ist. Da aber, alles in allem genommen, die Tat- sachen, die die Kern- Chromosomenlehre in Beziehung zur Erblichkeit stützen, den damit nicht harmonierenden gegenüber überwältigend groß sind, so mögen sie uns auch hier als gute Basis dienen. Sollen sie, wie schon erwähnt, ja doch auch nur dazu dienen, uns die immer wieder- kehrenden Begriffe der Erbträger konkreter zu gestalten, ohne daß die eigentlich biologischen Tatsachen, die wir nun kennen lernen wollen, an eine derartige Vorstellung geknüpft sind. Wir werden aber später auch noch einmal an diese kurze Besprechung des materiellen Substrats der Vererbungserscheinungen anzuknüpfen haben ; gehen wir jetzt aber gleich ohne viele Einleitung an die eigentlichen Tatsachen der Genetik heran. Zweite Vorlesung, Die Variabilität und ihre exakte Darstellungf. Das Queteletsche Gesetz. Das Maß der Variabilität. Es bedarf wohl keiner besonderen Begründung, daß an der Basis der Vererbungslehre die Betrachtung der Eigenschaften zu stehen hat, deren Erblichkeit untersucht werden soll. Ein jeder Organismus setzt sich aus einer kaum bestimmbaren Fülle von Eigenschaften meßbarer und nicht meßbarer Natur zusammen, die in ihrer Gesamtheit sein Wesen ausmachen : Größe des Ganzen und der Teile, Farbe, Zeichnung, Muskelkraft, Fähigkeit gewisse Stoffwechselprodukte zu produzieren, Fähigkeit auf bestimmte Reize in bestimmter W'eise zu reagieren, Disposition zu Erkrankungen und welcher Art sie immer sein mögen. Wenn sie für die Fragen der Erblichkeit natürlich auch alle gleich- mäßig studiert werden müssen, so können wir begreiflicherweise zu- nächst am Weitesten mit solchen kommen, die sich exakt z. B. durch Messung festlegen lassen. Darwins Zuchtwahllehre basiert nun auf der Annahme, daß alle diese Eigenschaften bei einer Anzahl von Indi- viduen der gleichen Art, die beliebig aus der Gesamtheit der Artgenossen herausgegriffen sind, bei einer Population, wie wir von jetzt ab — 11) — sagen wollen, ebenso wie bei der Gesamtheit der Nachkommen eines Elternpaares, nicht völlig identisch vorhanden sind, sondern sich in mehr oder minder hohem Maß unterscheiden, daß die Eigenschaften variieren. Diese Variabilität ist nun in der Tat, wie auch schon vor Darwin bekannt war, vorhanden und ihre Untersuchung muß natür- lich einer jeden Betrachtung der Erblichkeit der Eigenschaften voran- gehen. Betrachten wir uns zunächst einmal ein paar konkrete Fälle und beginnen mit einem einfachsten, einer Eigenschaft der Zelle. Als Einzel- zellen, die der experimentellen Untersuchung besonders zugänglich sind, benutzt man mit Vorliebe, wie wir noch mehrfach sehen werden, die Infusorien. Prüft man nun eine Kultur vom Paramaecien, die aus vielen Tausenden artgleicher Individuen besteht z. B. auf die Länge der 3/0 J 8 5 H M 3 « y Fig. lo. Variationsreihe der Länge von 45 — 310 ^u aus einer Paramaecienkultur. Im Anschluß an Jennings. Einzeltiere, so findet man darunter winzig kleine Tiere von etwa 45 ^i Länge, ferner riesengroße von 310 « und dazwischen sämtliche denk- baren Größenstufen, sodaß eine kontinuierliche Reihe von Individuen sich nach ihrer Größe anordnen läßt, wie nebenstehende Fig. 10 zeigt. Die Variabihtät schwankt, fließt also gewissermaßen zwischen zwei Extremen, weshalb wir auch von einer fluktuierenden Variabilität reden. Wenn in Zukunft also von Variieren und Variabilität die Rede ist, so sei der Ausdruck nur in diesem Sinne verstanden und in keiner anderen der Bedeutungen, die man ihm schon untergelegt hat. So wie wir hier das Variieren in der Größe einer Zelle sehen, so könnten wir es auch in ganzen vielzelligen Organismen oder auch an Teilen von Lebe- wesen, die in der Vielzahl vorhanden sind, feststellen. Ein klares Bei- spiel erhält man etwa in der Weise, daß man die Blätter eines Baumes in gleichen Abständen voneinander auf einer gradlinigen Basis aufklebt, indem man sie gleichzeitig nach ihrer Größe anordnet. Das ist im — 20 — Anschluß an De Vries in nachstehender Fig. ii für die Blätter des Kirschlorbeers geschehen und wir erkennen daran eine fluktuierende Variabilität zwischen 63 und 137 mr- Die Herstellung einer derartigen Reihe läßt sich natürlich bei meß- baren, zählbaren, wägbaren Eigenschaften ohne weiteres vornehmen. Fig. II. Variationsreihe der Größe von Kirschlorbeerblättern. Darüber ihre graphische Dar- stellung als Ogive. vi/ Mittelwert. Nach De Vries. Etwas sciiwieriger gestaltet es sich, wenn es sich etwa um Färbungs- oder Zeichnungscharaktere handelt. Läge eine dunkle Zeichnung auf hellem Grund vor, die sich variierend auf dem Grund ausbreitet, so könnte man ja auch zu Zahlen Verhältnissen gelangen, wenn man pro- >:V?; ^V.; «Vj» «« Mvß imi^ m m m Fig. 12. Variationsreihe der Zeichnung des Pronotums von Leptinotarsa multltaeniata. Nach T o w e r. zentual das Verhältnis von dunkel und hell berechnet. Aber auch ohne dies läßt sich eine den vorigen Beispielen entsprechende Variations- reihe aufzeigen, wenn man besonders typische Varianten auswählt und sie in eine Reihe anordnet und kleine Zwischenformen zwischen den Typen zunächst vernachlässigt. Abbildung 12 zeigt Ihnen eine solche — 21 — Variationsreihe, die sich auf die Zeichnung des Halsschildes (Pronotum) des Coloradokäfers, Leptinotarsa multitaeniata, bezieht und zwar wurden in der aus Mexiko stammenden Population zehn Typen unter- schieden. Sie zeigen, wie die aus schwarzen Strichen und Punkten bestehende Zeichnung variiert, indem allmählich erst Striche, dann Punkte, dann beides zusammenfließen, sodaß das Endglied der Reihe ein ganz schwarzes Schild besitzt. Eine ganz entsprechende Variati- onsreihe zeigt uns Fig. 13 mit Variationen der Flügelzeichnung von Lymantria monacha var. eremita, der Nonne. Diese Individuen stammen aber nicht aus einer Population, sondern aus den Nachkommen eines Typen von 4 Variationsklassen der Fliigelzeichnung von Lymantria monacha var. eremita. Elternpaares, was für die Variabilität im Prinzip gleichgültig ist. Auch hier führen die vier Typen von einem schwarz und weiß gebänderten Individuum durch alle Übergänge, von denen nur noch zwei dargestellt sind, zu einem ganz schwarzen. Diesen Beispielen ließen sich beliebig viele aus allen Klassen von Eigenschaften anfügen, die uns alle zeigen würden, daß eine derartige fluktuierende Variabilität in der Natur besteht. In allen diesen Fällen ist also die Variabilität eine fluktuierende, kontinuierliche. Nun bezeichnet man aber mit dem gleichen Aus- druck auch das Abweichen einzelner Individuen einer Tier- oder Pflanzenform von ihren Artgenossen, das nicht durch alle Übergänge — 22 — mit der typischen Erscheinung verbunden ist, sondern ihr schroff gegenübersteht. Wenn etwa eine typisch blaublühende Pflanze gelegent- lich weiße Blüten zeigt, eine rechtsgewundene Schnecke mit einem linksgewundenen Gehäuse auftritt, so ist das auch eine Variation, aber diskontinuierlicher Natur. Solche Variationen werden uns später auch interessieren; hier können wir von ihnen absehen und uns zunächst nur an die fluktuierenden, kontinuierlichen Variationen halten. Sollen sie nun zum Gegenstand von Überlegungen oder Experimenten gemacht werden, so genügt es nicht, die Tatsache des Vorhandenseins der Varianten zu kennen, wir müssen vielmehr vor allem ihre Zahl und deren Verteilung auf die Variationsreihe betrachten. Und diese zuerst von dem Anthropologen Quetelet eingeführte Betrachtungsweise hat zur Feststellung eines sehr wichtigen Gesetzes geführt. Gehen wir direkt von einem der Queteletschen Beispiele aus. Er führt die Messungen an, die an 25,878 nordamerikanischen Freiwilligen in Bezug auf ihre Körpergröße ausgeführt wurden und ordnet die Zahlen in eine Reihe, die beginnt mit 1,549 ni = 60 engl. Zoll, dem Maß der kleinsten Individuen bis zu 2,007 m = 76 Zoll, dem Maß der größten Männer, Benutzen wir nun der Bequemlichkeit halber seine Umrechnung der Gesamtzahl auf den Durchschnitt von 1000, so erhalten wir das klarste Bild, wenn wir in die oberste Reihe die Größen und darunter die für jede Größe gefundene Anzahl von Individuen schreiben: Größe in Zoll: 60 6 1 Anzahl Soldaten : l 2 2 pro 1000 62 63 64 48 75 65 66 "7 134 67 157 68 69 170 71 140 121 80157 72! 73 74 26 13 5 75176 Der erste Blick auf diese Reihe zeigt, daß die für die einzelnen Größen- variationen gefundenen Zahlen der Individuen innerhalb der Variations- reihe ganz regelmäßig verteilt sind. Die größte Zahl der Individuen, nämlich 157 pro 1000, findet sich in der Mitte der Reihe bei der Größe 67 Zoll, die kleinsten Zahlen finden sich an den Enden der Reihe, und dazwischen liegen alle Übergänge in der Zahl der Individuen und diese Übergangszahlen verteilen sich ziemlich symmetrisch zu beiden Seiten der Mitte. Es gibt also bei dieser Population von Menschen in Bezug auf das Größenmaß eine mittlere Größe, die die meisten Individuen zeigen, während die Zahl der Individuen immer geringer wird, je weiter — 23 — sich das Maß nach oben oder unten von der Mitte entfernt. Quetelet erkannte sofort, daß diese symmetrische Zahlenverteilung innerhalb der Variationsreihe eine große Ähnlichkeit mit der Verteilung hat, die man erhält, wenn man die binomische Formel {a + b)"^ ausrechnet: {a+ h)^ =a + h \a+ 0)2=^2 + 2ah + &2 (« + 6)3 = «3 + 4^26 + 3aö2 + &•* (rt + &)* = rt* + 4a36 + 6a2ö2 + 4^6"^ + 6* usw. Setzt man an Stelle der Buchstaben bestimmte Zahlen, z. B. a = i, 6 = I so ergeben sich (rt + 6)1 -I + I (rt + 6)2 = I + 2 + I {a+ h) 3 _ I + 3 + 3+ I (a+ 6)4 = 1 + 4 + 6 + 4+1 {a + 6)10 ^ I + 10 + 45 + 120 + 210 + 252 + 210 + 120 + 45 + 10 + i. Es ergibt sich also eine ganz genau symmetrische Verteilung der Zahlen um ein Mittel. Will man die für die Soldaten gefundenen Zahlen nun mit einer solchen idealen Zahlenreihe vergleichen, so berechnet man, wie eine solche für die Gesamtsumme von 1000 aussehen würde, wenn gewisse Bedingungen die gleichen sind, wie im realen Fall. In folgender Variationsreihe ist nun diese berechnete ideale Zahlenreihe unter die wirklich gefundene gesetzt: 75I76 Größe in Zoll: 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 , 74 Zahl d. Soldaten pro 1000: ^ 2 20 48 75 117. 134 157 140 121 80 57 26 i i3| 5 Ideale Zahlen für 1000: 5 9 21 42 72 107 137 153 146 121 86 53 28 13' 5 Der Vergleich der beiden unteren Zahlenreihen zeigt, in welch aus- gezeichneter Weise die gefundenen und die zu erwartenden Zahlen über- einstimmen, ein Zusammentreffen, was noch viel schlagender würde, wenn etwa eben so viel Millionen Menschen gemessen worden wären als es Tausende waren. Diese nun ausführlich gezeigte Gesetzmäßigkeit in der Verteilung der Varianten auf die Variationsreihe nennt man das Queteletsche Gesetz. Denn es hat sich seitdem gezeigt, daß die Mehrzahl der variabeln Eigenschaften, wenn in dieser Form betrachtet, — 24 — sich in genau der gleichen Weise verhalten. Einige wenige Beispiele sollen das zunächst noch illustrieren. In der Systematik der Fische spielen die Schuppenzahlen eine große Rolle. Auch für sie gibt es eine fluktuierende Variabilität, wie die folgende Tabelle von Voris beweist, die sich auf die Zahl der Seiten- linienschuppen bei einem nordamerikanischen Cypriniden, Pima- pheles notatus, bezieht: 48 Schuppenzahl : 40 41 42 43 44 45 46 47 Individuenzahl pro 500: ^ ' 36 126 157 121,37 II Oder ein anderes Beispiel, eine Aufzählung der Anzahl von Zähnen, die sich auf dem Rand des Kiefers des marinen Borstenwurms, N er eis limbata, finden. Unter 398 Individuen fand Hefferan: Zahl der Zähnchen: 2 Zahl der Individuen : 7 3 I 4 I 5 j 6 30 I 80 1 148' 98 7 j8 29 6 In diesen beiden Beispielen ist es klar, daß die Individuen genau ihren Klassen entsprechen, daß also eine andere Klasseneinteilung, bei der noch feinere Unterschiede berücksichtigt werden, nicht möglich ist. Denn weniger wie eine Schuppe oder ein Zähnchen gibt es nicht, zwischen den Klassen kann nichts liegen. In diesem Falle spricht man von diskreten Varianten. Bei unserm ersten Beispiel, dem Quetelet- schen Fall der Menschenmaße, war das anders. Dort hatten die Klassen, in die das Material angeordnet war, einen Spielraum von einem Zoll. Ebensogut hätte man aber auch einen halben Zoll, auch weniger oder mehr nehmen können. Immer wären die Individuen, die bei einer Klassenzahl z. B. 60 Zoll aufgezählt sind, nicht alle genau 60 Zoll groß, sondern gehörten in den Spielraum, der begrenzt wird von der Mitte zur nächstunteren und nächstoberen Klasse, also bei Zolleinteilung zwischen 59,5 und 60,5 Zoll. In diesem Fall würde man also von Klassen Varianten reden und zu ihnen dürfte die Mehrzahl der Variationen gehören, nämlich alle, die sich nicht auf eine zählbare Eigenschaft beziehen. Es ist klar, daß in solchen Fällen bei exakter Schreibweise die Zahl der Individuen immer zwischen den Klassen- einteilungen stehen müßten. Schreibt man sie aber in gleicher Weise wie bei den diskreten Varianten unter die betreffenden Klassen, so — 25 — nimmt man natürlich stillschweigend an, daß Klasse 2 bedeutet den Spielraum von 1,5 — 2,5. Als Beispiel dieser Klassen Varianten diene die oben besprochene variierende Zeichnung des Halsschildes des Colo- radokäfers nach Towers Untersuchungen, eingeteilt in 11 Klassen, die aber für dieses Beispiel nicht ganz genau den oben abgebildeten IG Klassen entsprechen: Klasse der Färbung: i i 2 Zahl der Individuen: i ; 4 4 5 12 13 6 I 7 261 14 8 : 9 10 12 I 7 I 3 Und ein ganz ähnliches Bild liefert unser ebenfalls oben abgebildetes Nonnenbeispiel, für das die Zahlen von fünf Typen weiblicher Falter lauten : Klasse der Färbung: i | 2 1 3 4 9; 13 7 Zahl der Schwester- Individuen : Für viele Fälle der Darstellung sind derartige Aufzählungsreihen genügend. Bedarf man aber des Vergleiches oder einer Darstellung, die schnelle Orientierung gewährt oder der mathematischen Betrach- tung der Variation, so wählt man wie immer die graphische Darstellung. Die Konstruktion einer solchen Variationskurve oder eines Variations- polj^gons ist ein klein wenig verschieden, je nachdem es sich um diskrete oder Klassenvarianten handelt. Wurden wir sie für unser Beispiel für diskrete Varianten, die Seitenschuppenzahl von Pimapheles konstru- ieren, so müßten wir auf der horizontalen Linie, der Abszisse des Koordi- natensystems die Schuppenzahlen in gleichen aber beliebig gewählten Abständen eintragen. Auf jedem Punkt, der eine Schuppenzahl bedeutet, wäre dann ein Lot zu errichten von der Länge einer beliebig gewählten Maßeinheit, z.B. i mm multipliziert mit der Anzahl der für die betreffende Schuppenzahl angegebenen Individuen, also bei 44 Schuppen 157 mm, bei 48 Schuppen 2 mm. Werden dann die Gipfel aller dieser Lote ver- bunden, so erhält man das in Fig. 14 (verkleinert) abgebildete Polygon. Es ist klar, daß ein solches Variationspolygon je mehr in eine Varia- tionskurve übergeht, je größer die Zahl der Klassen und je kleiner damit die Entfernung der einzelnen Lotgipfel wird. Haben wir es da- gegen mit einer Klassen Variation zu tun, so würden wir in der gleichen Weise auf der Abszisse die Klassengrenzen abtragen. Nehmen wir als — 26 mc 120 too 80 60 ^ HO \ ,. ^ -^.^ ^i 46 m "(2 43 HM « Fig. 14. Variationspolygon der Seitenschuppenzahl von Pimapheles. 25 20 15 J~ t 10 5 H 5 '0 n Fig. 15. Treppenkurve zu der Variationsreihe der Färbung des Pronotums des Coloradokäfers. — 27 — Beispiel die Halsschildfärbung von Leptinotarsa, so würden ja, sagen wir zu Klasse 4, alle Individuen gezählt, die den Färbungstypus 4 repräsentieren, aber auch alle die kleinen Zwischenstufen, die näher an 4 als an 3 oder 5 standen. Die Klassengrenzen sind also 0,5, 1,5, 2,5 usw. Wir müssen also nun auf den Klassengrenzen Lote errichten, deren Höhe der Individuenanzahl entspricht, auf dem Gipfel eines jeden Lotes aber eine Horizontale ziehen von der Länge des Klassenspielraums. Auf diese Weise erhält man die in Fig. 15 abgebildete Figur der Treppen- kurve. Aus dieser erhält man ein gewöhnliches Variationspolygon, wenn «0 A l V M ,1 \ / j V JO ly \ f' V / -^ k^ ^ :20 / / — ^— ^ \ ".V / /' -> k 1075 1125 n73 1325 1275 1J25 1375 1425 n75 1525 ^575 1625 1673 7725 1775 Fig. 16. Variationspolygon des Himgewichts schwedischer Männer verglichen mit der idealen Kurve. Nach Pearl. man die Mittelpunkte der Treppenstufen miteinander verbindet, woraus hervorgeht, daß im Wesentlichen für diskrete und Klassenvarianten dieselbe graphische Darstellung zum Vorschein kommt. ^^le wir nun oben gesehen hatten, nähert sich eine Variationsreihe, je symmetrischer sie ist, um so mehr einer idealen Zahlenreihe, die aus der Formel (a + 6)" entwickelt wird. In gleicher Weise kann man natürlich eine Variationskurve mit einer idealen Kurve vergleichen, die aus derselben Formel konstruiert ist, der Binomialkurve, und dabei wird sich ebenfalls die wirkliche Kurve bei normalen Verhältnissen um — 28 — so mehr der idealen nähern, mit je größern Zahlen gearbeitet wurde. (Natürlich muß diese ideale Kurve unter Zugrundelegung eines be- stimmten aus der wirklichen Zahlenreihe gewonnenen M'ertes kon- struiert werden. Wir wollen darauf aber nicht eingehen, da uns hier nur die Resultate beschäftigen, nicht die Methoden.) Als Beispiel diene nebenstehende Kurve, Fig. i6 [pag. 27], die sich auf das Hirngewicht von 416 schwedischen Männern bezieht. Auf der Abszisse sind die Gewichts- zahlen in Gramm eingetragen, die punktierte Linie stellt die ideale Vergleichskurve dar. Die zugehörigen Zahlen sind: Gewicht des Gehirns in g: 1075 1125 1175 1225 1275 1325 1375 1425 Individuenzahl: o i 10 21 44 53 86 72 H75 1525 1575 1625 1675 1725 1775 ■ 60 28 25 12 3 I o Es gibt nun auch Fälle, in denen eine Variationskurve nicht mit dieser, sondern mit anders abgeleiteten Idealkurven verglichen werden muß, Fälle, die vor allem von Pearson und Duncker ausgearbeitet worden sind. Wir werden aber später sehen, daß mit solcher rein mathematischen Betrachtung nicht viel für biologische Zwecke ge- wonnen wird, sodaß wir es uns hier ersparen können, auch jene Fälle zu besprechen. Sollen diese Vorlesungen doch auch nur in die Genetik einführen und nicht etwa spezielle Arbeitsmethoden lehren. Benutzt man nun derartige Variationsreihen oder Kurven zur Be- trachtung eines biologischen Materials, so bedarf man natürlich gewisser Bezeichnungen für die Angehörigen der verschiedenen Kurvenbezirke. Wenn die Kurve eine ganz ideale ist, so stellt die Klasse, bei der die meisten Individuen liegen, also der Kurvengipfel den Mittelwert dar. Natürlich ist dieser Mittelwert bei nicht völlig symmetrischer Kurve nicht genau mit dem Gipfelpunkt zusammenfallend, er ist nämlich nach der Seite der größern Variantenzahl verschoben. Seine genaue Lage wird am anschaulichsten aus nebenstehender Darstellung Pear- sons (Fig. 17) verständlich, in der die Variationsreihe durch einen Wagebalken dargestellt ist, an dem eben so viele Gewichte hängen als Variationsklassen existieren und die einzelnen Gewichte sich zu einander verhalten wie die Zahlen der Variationsreihe. Der Unterstützungspunkt des Balkens, auf dem er in vollem Gleichgewicht ruht, entspricht dann — 29 — dem Mittelwert M der Variationsreihe. Wenn man aber, was bei rein deskriptiver, nicht mathematischer Betrachtung auch oft genügt, den höchsten Punkt der Kurve einfach als den Mittelwert nimmt, so wird alles was links von ihm liegt als Minusvariante oder Minusabweicher bezeichnet, was rechts liegt als Plusvariante oder Plusabweicher. Nun müssen wir noch einen notwendigen Begriff ableiten, wiewohl wir uns sonst hier von der mathematischen Seite der Variations- statistik, wie diese Wissenschaft heißt, fernhalten wollen, da sie für die biologischen Probleme, die uns hier beschäftigen sollen, nicht un- erläßlich ist. Jenen Begriff aber müssen wir kennen lernen, weil er uns später noch begegnen wird. Wenn wir eine Variationsreihe aufgestellt haben und wollen sie etwa mit einer anderen vergleichen, die von dem- selben Objekt zu anderer Zeit genommen wurde, so können wir uns den Vergleich sehr erleichtern, wenn wir eine Durchschnittszahl auf- ~K ^ W ^ M {f^ (^ (^ ^ ^ ^ Fig. 17. Bildliche Darstellung des Mittelwerts einer Variationsreihe durch einen im Gleich- gewicht befindlichen Wagebalken, Nach Pearson. stellen können, die das Maß der Variabilität in einer solchen Reihe aus- drückt. Die bloße Inspektion einer Reihe könnte die Variationsbreite, die sie zum Ausdruck bringt, als ein solches Maß erscheinen lassen. Es ist klar, daß das nicht angängig ist, wenn man bedenkt, daß diese be- trächtlich von der Zahl der Messungen abhängig ist. Wenn etwa bei unserem obigen Beispiel der Flügelfärbung der Nonne uns nur ein Teil der Falter vorgelegen hätte, so hätte 'es ganz gut sein können, daß Stücke der hellsten oder dunkelsten Sorte überhaupt gefehlt hätten, und dann wäre die Variationsbreite scheinbar geringer. Oder wenn wir die zehnfache Anzahl von Individuen zur Verfügung gehabt hätten, wäre vielleicht noch eine hellere Variation ge- funden worden als Klasse i (was tatsächlich der Fall ist) und die Variationsbreite wäre größer erschienen. Ein Variabilitätsmaß muß also hiervon unabhängig sein. Man hat sich nun aus hier nicht zu erörtern- den Gründen auf ein Maß geeinigt, das die Standardabweichung — 30 — oder Streuung heißt. (Die ältere Literatur benutzt allerdings ein anderes Maß.) Diese Streuung o stellt dar die Quadratwurzel aus dem mittleren Quadrat der Abweichungen vom Mittelwert. Wenn a die Abweichung ist, die eine jede Klasse vom Mittelwert zeigt, p die Zahl der Individuen, die ja diese Abweichung zeigen, n die Gesamtzahl der in der Variationsreihe vorliegenden Individuen, so ist die Standard- abweichung ö'= + ]/ ~ {^ ist das Summenzeichen). Es ist ' n klar, daß man, um a zu berechnen, zunächst den Mittelwert kennen muß. Bei einer völlig symmetrischen Variationsreihe fällt er mit der Klasse der größten Individuenzahl zusammen. Das ist aber meist nicht der Fall und er muß daher erst ausgerechnet werden. In der naivsten Weise — man denke an die Versinnlichung durch den Wagebalken — geschieht dies, indem man je den Klassenwert mit der Zahl der zu- gehörigen Varianten multipliziert, sämtliche Produkte addiert und durch die Gesamtzahl der Individuen dividiert. Wählen wir einmal als Bei- spiel die schon einmal gegebene Reihe der Zähnchen auf dem Kiefer- rand von Nereis limbata: Zahl der Zähnchen : 2 i 3 Zahl der Individuen: 7 { 30 SO erhielten wir 7 • 2 = 3- 30 = 4- 80 = ' 5.148 = : 6. 98 = ^ 7. 29=^ 8- 6 = 4 5 80 148 14 90 520 740 588 203 48 6 j 7 8 98 29 6 die Gesamtzahl n = , ^ 2003 — = —0 = 5.03 = dem M n 398 JO03 398 ittelwer t M. Bei größeren Reihen ist dies Verfahren natürlich sehr umständlich und es läßt sich durch einfachere Methoden ersetzen, die wir aber für unsere Zwecke der Begriffserklärung nicht brauchen. Wer sie erlernen muß, findet eine wunderbar klare Anleitung in Johannsens berühmtem Lehrbuch. Berechnen wir nun a für die gleiche Variationsreihe. Wenn wir uns der Vereinfachung halber mit einer Dezimalstelle des Mittel- — 31 — Werts begnügen, dann können wir ihn auf 5,0 abrunden. Die Abwei- chungen von ihm sind dann — 3 — 2 — i 0+1 + 2 + 3, ihre Quadrate 9, 4, I, o, I, 4, 9. Diese Quadrate multiphziert mit p, der Zahl der In- dividuen in jeder Klasse, ergibt: 9- 7= 63 4 • 30 = 120 I- 80= 80 o • 148 = o I- 98= 98 4- 29 = 116 9- 6= 54 2pa^ = S2>T- «=398 2p a^ 531 .= ±1/ n 398 "'^^ 2p^^ , 1/ Diese Standardabweichung ist nun eine nach der Klasseneinteilung benannte Zahl. Wenn Gewichte in Gramm verglichen würden, so wäre a in Gramm ausgedrückt. Um verschiedene derartige Kurven nun vergleichen zu können, kann man die Standardabweichung auch in Prozenten des Durchschnitts ausdrücken und erhielte dann den Varia- tionskoeffizient v= , das wäre in unserem Fall . '- ' = 23. M 5 •" (ü ist allerdings ein Koeffizient, dessen Anwendung sich nicht allge- meiner Wertschätzung erfreut . ) Eine für weitere Verwendung genügende variationsstatistische Angabe hätte also im mindesten zu bestehen aus der Variationsreihe resp. Kurve, dem Mittelwert, der Standardab- weichung resp. dem Variationskoeffizient. Dazu käme noch eine An- gabe über den mittleren Fehler, der einer jeden derartigen Bestimmung anhaftet und der eine Bestimmung z. B. die des Mittelwerts innerhalb gewisser Grenzen schwanken läßt. Man begegnet daher Angaben wie der Mittelwert M = 52,09 ± 0,28, wobei letztere Zahl den Mittelfehler darstellt. Seine Berechnung soll aber hier nicht erörtert werden. Wir sind nunmehr mit den elementarsten Hilfsmitteln ausgerüstet, um an die Betrachtung der biologischen Tatsachen zu gehen. Es sind — 32 — allerdings nur die elementarsten, denn es läßt sich leicht denken, daß in der Natur die Verhältnisse nicht immer so einfach liegen, wie an den hier ausgewählten besonders klaren Beispielen. Da begegnet man Variationskurven, die zwar symmetrisch, aber zu hochgipfelig oder zu tiefgipfelig sind, oder solchen, die unsymmetrisch, schief sind, vielleicht sogar nur halb, andere erscheinen gar zwei- oder mehrgipfelig. Der Be- trachtung solcher Erscheinungen wie des Vergleichs verschiedener Kurven, kurzum der mathematischen Analyse der Variabilität, hat sich ein besonderes Grenzgebiet zwischen Biologie und Mathematik, die Variationsstatistik, gewidmet. Durch die Bemühungen von Forschern wie Pearson, Davenport, Weldon, Ludwig, Duncker, Yule hat sie komplizierte Methoden zur genauen Betrachtung des gegebenen Materials entwickelt. Von ihren Resultaten werden wir in den nächsten Vorlesungen noch manches erfahren. Da aber für uns die Variationslehre nicht Selbstzweck, sondern nur den exakten Ausgangs- punkt für das Vererbungsproblem darstellt, so dürfte diese elementarste Einführung genügen, um uns alles weitere verstehen zu lassen. Dritte Vorlesung. Die Ursachen der Variabilität. Lebenslagevariation, Standorts- variation und ihre experimentelle Beeinflussung. Äußere und innere Ursachen der Variabilität. Die Tatsache der Variabilität und die Möglichkeit, sie exakt zahlen- mäßig zu betrachten, ist uns nun bekannt. Bevor wir uns nun einmal daran machen, zu sehen, welche Bedeutung die variationsstatistischen Methoden für die Lösung der biologischen Probleme der Erblichkeits- lehre besitzen, bietet sich uns eine Vorfrage dar, nämlich die nach den Ursachen der Variabilität und ihrer so charakteristischen Form. Für Darwin, der sich allerdings gerade mit dieser Frage weniger intensiv befaßte, stand es wohl fest, daß die Bedingungen der Umgebung, in denen der Organismus lebt, es sind, die die Variationen verursachen. In der nachdarwinschen Zeit wußte sich aber mehr und mehr eine Ansicht Geltimg zu verschaffen, die im Rahmen eines komplizierten — 33 Theoriengebäudes auch die Variabihtät von anderer Seite betrachtete. Wenn sie nach Weis mann in letzter Linie auch durch die äußeren Be- dingungen verursacht ist, so ist das entscheidende doch der Zustand der Vererbungssubstanz, des Keimplasmas, dessen Einzelteilchen dauernd Schwankungen unterworfen sind, die sich im Lauf der Generationen summieren, sodaß schließlich unter dem Einfluß jener Keimplasmavariationen sich sichtbare Variationen auch am Körper zeigen können. Ein innerer Fak- tor wäre also als die wesentliche Ursache der Variabilität anzusehen. Wenn wir uns nun in dieser Frage Auskunft ver- schaffen wollen, so leitet uns schon die einfache Betrachtung des in der vorigen Vorlesung Vorgebrachten auf den rich- tigen Weg. Wir hatten gesehen, daß die Variabilität der einzeln betrachteten Merkmale wohl stets dem Quetelet- schen Gesetz folgt. Benutzen wir nun einmal aus Gründen, die sogleich her- vortreten werden, eine etwas andere Darstellungsweise, auf die sich neben- stehende Figur i8 bezieht. Es handelt sich vim die Variabilität in der Länge von Bohnensamen. 450 Samen einer Population wurden gemessen und nach ihrer Länge geordnet, die zwischen 8 und 16 mm schwankte. Die Variationsreihe lautete: Länge in mm: 8 ; 9 lo II 12 13 14 j 15 | 16 Anzahl Bohnen: i I 2 23 108 167 106 33 | 7 i i Fig. 19 gibt dg,s zugehörige Variationspolj^gon, bei dem für jede Bohnensorte ein Beispiel abgebildet ist. In eine Glaswanne, die in neun Abteilungen geteilt ist, die den neun Größenklassen der Bohnen entsprechen, werden diese nun so eingefüllt, daß jede Abteilung die zu ihrer Klasse gehörige Bohnenzahl erhält. Es entsteht dann ein Bild, wie es Fig. 18 zeigt, wobei die Bohnen als Treppenkurve erscheinen. Go Id Schmidt , Einführung in die Vererbungswissenschaft. o Fig. 18. Anschauliche Darstellung der Varia- bilität der Größe von Bohnensamen. Nach De Vries. 34 (Von dem kleinen Fehler, der der wirklichen Kurve gegenüber dadurch entsteht, daß die kleinen Bohnen weniger Platz einnehmen als die großen, muß natürlich abgesehen werden.) Das ist natürlich nichts als eine andere Demonstration des Oueteletschen Gesetzes. Nun nehmen wir einmal nebenstehend abgebildeten kleinen Apparat zur Hand, den Galton angab und der ganz ähnlich aussieht, wie ein Tivoli genanntes Kinderspiel- zeug (Fig. 20).' Auf einem Brett finden sich in gleichen Zwi- schenräumen Reihen von senk- rechten Nadeln, die inner- halb der Reihen alternieren. Oben ist durch Holzbacken eine trichterförmige Eingangs- pforte hergestellt und unten sind kleine Abteilungen ab- gegrenzt. Wird nun das Brett schräggestellt und durch den ^^S- 19- Trichter eine Anzahl Schrot- Variationspolygon der Größe der Bohnensamen . zu Fig. 18 mit den eingezeichneten Typen der kugeln emgeschuttet, SO lau- Größenklassen. Bei B die Häufigkeitsreihe, f^^ ^-^ ^^igchen den Nadeln Nach De v ries. hindurch und füllen dann die Fächer so aus, wie es die Abbildung zeigt, d. h. sie bilden hier eine ebensolche Treppenkurve, wie wir sie eben von den Bohnen sahen. Hier ist nun die Ursache klar. Jeder Schrötkugel, die das Bestreben hat, geradenwegs in das Mittelfach hineinzurollen, stellen sich in den Nadeln Hindernisse entgegen, die sie von ihrem Weg ablenken. Da die Hindernisse nach rechts wie links gleichmäßig wirken, werden sie sich vielfach gegenseitig aufheben, sodaß die Mehrzahl der Kugeln doch richtig ins Mittelfach gelangt. Bei anderen wird sich aber eine Ab- weichung aus der Bahn ergeben, die die Kugeln nach rechts oder links lenkt, und zwar ist für jede Seite gleich viel Wahrscheinlichkeit vor- 35 banden. Manche Kugeln werden wenig abgelenkt, indem es der Zufall gibt, daß außer den vielen nach rechts oder links ziehenden Hinder- nissen, die sich gegenseitig ausgleichen, auch einige nur einseitig wirken. Es ist klar, daß ein immer größerer und daher seltenerer Zufall, daß sich solche einseitig wirkende Hindernisse wiederholen, notwen- dig ist, je größer ihre Zahl ist, und daher werden in die äußer- sten Abteilungen, die nur den Kugeln zu- gänglich sind, die der Zufall immer wieder nach der gleichen Rich- tung ablenkt, nur die allerwenigsten Kugeln gelangen. Das ent- standene Bild ist also ein Ausdruck der\\'ir- kung des Zufalls, und wir würden es bei jeder Versuchsanordnung er- halten, die zufällige Ab- weichungen von einer Norm zum Ausdruck bringt. Die Binomial- kurve, wie wir eine Fig. 20. Galtons Zufallsapparat. derartige symmetrische Figur als Kurve gezeichnet nannten, ist, wie uns dieser kleine Versuch anschaulich macht, also ein Ausdruck des Gau SS sehen Fehlergesetzes, welches ganz allgemein besagt, daß in einer Beobachtungsreihe bei gleicher Beobachtungsweise die Häufig- keit eines Beobachtungsfehlers eine Funktion seiner Größe ist. Je mehr sich ein Fehler von dem Mittelmaß entfernt, um so seltener ist er und umgekehrt. Und jetzt wird uns klar, was 'i?ses berühmte Gesetz, — 36 — von dem Galton einmal sagte, daß es die alten Griechen als Gottheit verehrt haben würden, wenn sie es gekannt hätten, auch für die belebte Welt bedeutet. Denn wenn wir nun aus dem identischen Ausfall des Bohnenversuchs — und er ist ja der Typus für die normale Art der Variabilität — und des Schrotkugelspiels einen Schluß ziehen dürfen, so muß er so lauten : Der Bohnengröße oder überhaupt jedem variieren- den Merkmal kommt eine bestimmte Größe oder \\'ert zu, sein Mittel- wert. Er wird aber nicht erreicht, indem die Natur ,, Beobachtungs- fehler" macht, die um so seltener werden, je größer sie sind. Die Natur macht Beobachtungsfehler heißt aber nichts anderes, als sie wirkt ebenso auf die Merkmale, wie die Stecknadeln auf die Schrotkugeln. Dem Organismus stellen sich in Gestalt der Gesamtheit der äußeren Lebensbedingungen Hindernisse in den \Yeg, die ihn teils nach dieser, teils nach jener Seite ziehen und um so seltener in ihrer Wirkung in Erscheinung treten, je größer sie ist. Mit anderen Worten : Wir leiten den Schluß ab, daß die charakteristischen Erscheinungen der Variabili- tät nichts anderes sind als der Effekt der äußeren Bedingungen. Ist das nun richtig, so muß es auf dreierlei Weisen bewiesen werden. Erstens muß gezeigt werden, daß eine' Veränderung in den äußeren Bedingungen auch mit einer Veränderung in der Variabilität verbunden ist. Es muß etwa unter dem Einfluß veränderten Mediums eine Verschiebung der Variabihtätskurve stattfinden. Sodann muß gezeigt werden können, daß Formen mit geringer Variabilität durch wechselvolleres Milieu zu stärkerem Variieren gebracht werden können. Und drittens muß sich umgekehrt zeigen lassen, daß stark variierende Formen durch Gleichartigkeit der Bedingungen in ihrer Variabilität eingeschränkt, ja diese vielleicht sogar ganz aufgehoben werden kann. Betrachten wir daraufhin nun einmal die Tatsachen. Was zunächst den ersten Punkt betrifft, die Veränderung einer Variationsreihe unter dem Einfluß äußerer Bedingungen, so ist er schon aus der reinen Beobachtung zu erschließen. Eine Fülle biologischer Tatsachen — von denen besonders reiches Material, wie überhaupt für alle diese Fragen, von Darwin beigebracht ward — ist bekannt, die alle zeigen, daß sich Tiere verändern, wenn sie in anderen als ihren typischen Lebensbedingungen sich befinden. Von Bedingungen, die — 37 sich analysieren lassen, also nicht einfach allgemein als „veränderte Lebenslage" bezeichnen lassen, sei nur eine als Beispiel angeführt, der Einfluß des Salzgehalts auf Wassertiere. Bateson konnte die Herz- muscheln (Cardium edule) zentralasiatischer Seen untersuchen, die einen langsamen Eintrocknungsprozeß durchmachen, sodaß an ihrem Rand sieben aufeinanderfolgende Terrassen sich finden, die verschie- denem Salzgehalt entsprechen. In ihnen nehmen nun die Schalen immer mehr an Dicke ab, sodaß sie in der untersten, also salzigsten Zone direkt hornig waren. Hand in Hand damit gingen Veränderungen der Farbe, Struktur und Größe, und alle diese Eigenschaften erwiesen sich bei allen Individuen eines Horizonts als gleichförmig. Und Bateson schließt denn auch, daß die Salzigkeit resp. entsprechende äußere Be- dingungen die Ursachen der Variation darstellen. Solche Beobachtungen kommen aber auch immer wieder zum Vor- schein, wenn variationsstatistische Untersuchungen angestellt werden. Bei Anstellung von Kulturen in verschiedenen Jahren, ist die Ge- samtheit der äußeren Bedingungen, das was man Lebenslage nennt, ja immer etwas verschieden, und die variationsstatistische Untersuchung der verschiedenen Materialien muß dann eine eventuelle Wirkung solcher Differenzen ja hervortreten lassen. Sie geht denn auch klar aus folgen- der Tabelle nach Johannsen hervor, der die Samengewichte von Bohnen desselben Stammes i in sechs aufeinander folgenden Genera- tionen vergleicht: Jahrgang Zahl der Bohnen Mittleres G extrei Minus - abweicher ewicht der nsten Plus- abweicher Mittleres Gewicht ca. 1903 252 55 80 64 1904 711 50 87 73 .1905 654 43 73 55 1906 384 ^6 84 63 1907 ! 379 56 81 74 1 Es handelt sich hier um Glieder einer reinen Linie, ein Begriff, der uns später beschäftigen wird. Hier sei nur gesagt, daß die an reinen Linien gewonnenen Resultate noch wesentlich beweisender sind, als die an Populationen. — 38 — Es geht daraus hervor, daß innerhalb des gleichen Materials unter dem Einfluß der nicht weiter kontrollierten Lebenslage der Mittelwert des Bohnengewichts z. B. im Jahr 1905 etwa 55 betrug, im Jahr 1907 aber 74. Es bestand also gewissermaßen eine Variabilität der Variation in der Zeit, das was Johannsen eine kollektive Variabilität nennt. Auch die zoologischen Studien haben das gleiche ergeben. Ein in typischer Weise der fluktuierenden Variabilität unterworfenes Merkmal ist die Kopfhöhe oder Helmhöhe der Süßwasser bewohnenden Daphnien, auch die Länge ihres Schwanzstachels u. a. Diese Formen pflanzen sich durch Parthenogenese fort, sodaß innerhalb eines Sommers zahlreiche 2^.W 181 3om Fis. 21. 15.1X Cyklomorphose der Helmhöhe und Stachellänge von Hyalodaphnia im Anschluß an Wesenberg-Lund nach Woltereck. Generationen nacheinander auftreten. Man weiß nun schon lange, daß in einem und demselben See die verschiedenen aufeinander folgenden Generationen einen ganz verschiedenen Mittelwert der Kopfhöhe haben, derart, daß die Frühsommergenerationen niedrige Köpfe haben, die dann in weiteren Generationen höher werden, bei der Spätsommer- generation ihr Maximum erreichen und dann wieder zum Herbst und Winter hin in den letzten Generationen des Jahres abnehmen, kurz daß in der Helmhöhe das stattfindet, was man eine Cyclomorphose nennt. Nebenstehende Figur 21 zeigt es in einem Schema der aufeinander folgenden durchschnittlichen Größen; wir werden bald nochmals auf — 39 — die Erscheinung zurückzukommen haben. Hier sei eben nur die Tat- sache der Verschiebung des Typus eines variabeln Merkmals im Zu- sammenhang mit der Lebenslage, in diesem Fall ausgedrückt durch die Jahreszeit, festgestellt. * Um diese Verschiebung nun exakt zu beschreiben, müssen wir sie natürlich auf die Variationskurve oder -Reihe eines Merkmals beziehen. Besonders schön läßt sich das auf zoologischem Gebiet an den Zahlen- reihen demonstrieren, die Tower für den Coloradokäfer gegeben hat. Hier bezieht sich die kollektive Variabilität oder place Variation auf alle die Farben und Zeichnungen des Tieres, von denen wir ein Beispiel, die Zeichnung des Halsschildes, oben in Fig. 12 abgebildet haben. Die folgende Tabelle bezieht sich auf die gleiche Zeichnung der Art Lepti- notarsa decemlineata. Die erste Kolumne gibt den Jahrgang, die zweite die Generation, da dieser Käfer zweimal im Jahr brütet, die folgenden die Zahlen der Individuen in Prozenten ausgedrückt (es wurden immer mehrere tausend gezählt), die sich in den einzelnen Färbungsklassen, von denen 13 unterschieden werden, finden: Jahr Gene- ration Färbungsklasse I 2 3 4 5 6 7 8 9 10 II 12 13 1893 I '1 I 2 — I 5 2 14 2 54 14 20 24 3 41 3 9 5 3 1896 { ] I 2 — — — — — I 6 3 61 16 19 18 7 51 4 7 3 4 1897 f I 2 — I 3 20 2 50 22 22 59 4 14 2 I — — 1898 1 I 2 — 1 — I I I 2 2 6 19 25 49 36 17 22 7 5 3 2 I I 1899 j: I 2 — — — I I 3 4 20 7 47 23 26 36 2 16 I 9 4 1 900 ^ i I 2 I I I 4 II 12 34 41 20 30 15 12 8 2 2 I 2 I I I 1901 j I i 2 I 2 3 I 4 I 7 4 19 5 40 16 15 41 6 21 2 5 I 3 2 I 1902 1 I 2 ~ I ^ 2 I 5 3 II 8 44 48 18 26 10 10 4 3 2 I I I — 40 Fig. 22. Geographische Fonnenkette der Schalen von Cerion glans von in westöstlicher Richtung fort- schreitenden Fundorten. Nach Plate. Man sieht hier auf das Deuthchste, wie an der glei- chen Lokahtät die beiden Generationen von 1900 den Mittelwert (genauer gesagt, die größte Variantenzahl) bei der Färbungsklasse 6 auf- weisen, während die zweite Generation z. B. von 1899 ihn bei Klasse 10 hat. Man erkennt aber auch, daß ver- schiedentlich die Form der Kurve (die sich auch aus der Reihe an der Stellung der fettgedruckten Mittel- klasse erkennen läßt) stark verändert wird. So ist sie in der ersten Generation von i895sehrschön symmetrisch, in der zweiten Generation von 1896 aber sehr schief nach links verschoben. Läßt nun die Lebenslage- variation nur den Schluß zu, daß die Wirkungen des Mi- lieus für die Erscheinungen der Variabilität verantwort- lich zu machen sind, so kommen wir zum gleichen Resultat bei Betrachtung einer enge damit zusammen- hängenden Erscheinung, der geographischen oder Stand- orts-Variabilität. In der Pflanzen- und Tiersyste- — 41 — matik spielt ja die Tatsache eine große Rolle, daß dieselbe Art in verschiedenen Teilen ihres Verbreitungsgebietes in kleinen Eigen- schaften verschieden ist. Viele tiergeographische Probleme sucht man sogar vorwiegend aus dem Vergleich der verschiedenen Stand- ortsformen variabler Arten zu erklären; besonders die Schnecken liefern ein ausgezeichnetes Material solcher geographischer Formen- ketten, wie Sarasin für die celebensischen Landschnecken, Plate für die Cerionformen der Bahamas ausführte. Nebenstehende Fig. 22 . zeigt eine solche Formenkette von Cerion glans, wie sie dort in der Richtung von West nach Ost (I — IX) auftritt. (Nebenbei sei bemerkt, daß Davenport versucht hat, diese Formen kette durch Bastardierung zu erklären; der Beweis ist noch nicht gelungen.) Aber man braucht gar nicht so weit zu gehen. Unsere gewöhn- liche Hei ix nemoralis, deren Variabilität uns später beschäftigen wird, zeigt sichtlich die gleiche Erscheinung, indem sie nach Ley- dig von Mainz rheinabwärts von hellem Gelb bis zu chokoladen- braun variiert. Ein entsprechendes Beispiel aus anderen Tiergruppen wäre aus den interessanten Befunden Aliens an nordamerikanischen Vögeln und Säugetieren zu entnehmen. So stellt er fest, daß im Norden und Osten von Nordamerika die Variationen mehr nach Verdunkelung, Melanismus tendieren, im Süden und Südost mittlere Färbungen vor- herrschen und im äußersten Süden und Südwesten starke Aufhellung, Albinismus sich findet. Hand in Hand damit gehen aber auch Größen- differenzen, derart, daß im allgemeinen nördliche Formen größer er- scheinen als südliche. Die folgende Tabelle gibt einige Daten für Vögel wieder, indem die prozentuale Größendifferenz nördlicher gegenüber südlichen Tieren verzeichnet ist : Form Größendifferenz nördlicher Exemplare gegenüber südlichen in ^/q Körperlänge | Flügelspannung Schwanzlänge Pipilo erythrophthalmus Sturnella ludovlciana Cyanura cristata Ortyx virginianus Quiscalus purpureus + 3.9 + 14.6 - 5,6 + 6,3 + 3,8 + 10,9 + 6,6 + 11,6 — 2,2 + 7,6 + 9,0 +'",9 + 3.6 + 6,6 + 1,5 — 42 Besonders klar tritt das hervor, wenn wir wieder für das schon so oft betrachtete Merkmal des Halsschildes des Coloradokäfers eine Tabelle nach Towers Angaben ansehen, weil dabei die gesamte fluk- tuierende Variabihtät berücksichtigt ist. Es sind im Ganzen 20 Fär- bungsklassen unterschieden, von denen die erste völligen Albinismus, die letzte völligen Melanismus bedeutet. Die Angaben beziehen sich wieder auf Prozente des Gesamtmaterials, für das in der letzten Spalte die Zahl der benutzten Generationen angegeben ist, da es ja nötig ist, mehrere zu benutzen, um die Wirkung der Lebenslagevariation aus- zuschalten. Die folgende Tabelle bezieht sich auf L. decemlineata: uauop rJ-vriThl-^cONu^-^vO ^vO'd-t^coOONrOMSTj-irit^N N 0 0 00 t^ u-> 1 1 1 1 i 1 1 1 1 1 1 1 » 1 1 1 1 1 1 " 1 1 1 llllli-«!! fr)||'^^||||)'*|N j CO 1 1 1 1 |Of<1*->vn *^| |>O00Ni-ii-i| |o^vOT^- w 2 i 1 llf^^f^M^-S ON-H-ON'S'i-Ntol li^OOOO N 0 1-1 l«12"^N««w «2<^««ir<^'5'*-"^-8ir^ <^ ^ 0 2 " •^-=^««2^8:: C^^O?J2^i7vr.co2«5 ^i^^vo« o o O S -'S ^. VC O, r hJ O cfi .0 O K CS 'Ö 13 ü O ^ ^ ■>-> tl t-l VI ri£ yj ;?; o ;zi ;z; ^ Q ^ c e .2 O •XI -c a "^ a CJ W cß Ö) W — 43 — Man sieht daraus, in wie vielen verschiedenen Klassen sich der Mittelwert finden kann. Es ist klar, daß die so festgestellte Standorts- variabilität nichts wesentlich anderes als die Lebenslagevariabilität ist, indem man annehmen muß, daß in klimatisch verschiedenen Gebieten der allgemeine klimatische Charakter stärkere Wirkung ausübt als die übrigen Lebenslagefaktoren, sodaß diese letzteren daher neben ersteren keine entscheidende Rolle spielen. Eine genaue Bestimmung, um welche klimatischen Faktoren es sich handelt, ist natürlich schwer zu geben. Tower weist darauf hin, daß diese geographische Farben- variation sichtlich den gleichen Gesetzen gehorcht, wie sie Allen, wie schon erwähnt, für die Säugetiere und Vögel fand. Dieser Forscher aber glaubt, daß die Steigerung der Färbung von Norden nach Süden zu Hand in Hand geht mit der Steigerung der Sonnenstrahlung und der Feuchtigkeit, ebenso die gleiche Erscheinung in der Richtung von Osten nach Westen, da die Dunkelheit der Färbung direkt der Nieder- schlagsmenge proportional erscheint. Doch damit seien es genug der Beispiele dieser Art, die nur einen indirekten Schluß auf die Ursachen der Variabilität erlauben. Eine direkte Antwort gibt natürlich nur das Experiment und es sollen uns daher einige Beispiele zeigen, wie es zum gleichen Resultat führen muß. Beginnen wir auch hier wieder mit Versuchen, die die Variabilität einfach biologisch betrachten, also nicht unter Zuhilfenahme variations- statistischer Betrachtungsweise. Da ließen sich besonders aus dem Pflanzenreich eine unendliche Fülle von Beispielen nennen, da gerade diese experimentellen Veränderungen der Pflanze und ihrer Teile unter dem Einfluß äußerer Faktoren — Biaiometamorphosen nennt sie Lotsy mit einem monströsen Ausdruck — einen Hauptteil der experi- mentellen Pflanzenmorphologie ausmachen. Besonders Göbel hat ja dieses Gebiet durch bahnbrechende Untersuchungen bereichert. Um-, stehende Fig. 23 zeigt einen besonders instruktiven Fall : Im Wasser kultiviert hat die Landpflanze Limnophila heterophylla (rechts und links im Bild) Seitensprosse hervorgebracht, die ganz andersartige, zer- teilte Blätter, die Wasserblätter, besitzen. Ebenso lassen sich durch Lichtwirkung Kakteen zwingen, cylindrische statt flache Sprosse zu bilden, andere Pflanzen durch schlechte Nahrung sich veranlassen, — 41 — Veränderungen der Blütenfarbe, der Blattgestalt hervorzubringen oder sogar kleistogame Blüten zu erzeugen. Aber auch das Tierreich bietet ein reiches Material, das auf experimentellem Weg erzeugte Lebenslage- varianten demonstriert. Da müssen als einfachste und auch am längsten bekannte Versuche die Akklimatisationsexperimente erwähnt werden. Um auf ein schon erwähntes Beispiel, die in Zeichnung und % ..^■^ itK- j£v ^^^-, /lü l^^^p^ ^31 ^fBf^k ^'^' % ^ ^ 1 Fig. 23. Limnophila heterophylla, in der Mitte ein Trieb mit Landblättern, die beiden Seiten- triebe haben bei Wasserkultur Wasserblätter gebildet. Nach Göbel. Färbung so variable Schale von Hei ix nemoralis zurückzukommen, 'SO hat sich gezeigt, daß sie, in Amerika eingeführt, eine ganz außer- ordentliche Verschiebung ihrer Variabilität erfuhr, derart, daß man nach einigen Jahren 67 in Europa unbekannte Varietäten zählte. Ebenso ist es bekannt, daß Säugetiere warmer Klimata in unseren Menagerien und zoologischen Gärten einen Winterpelz bilden können. Weitere Beispiele werden uns gleich begegnen. — 45 — Es ist naheliegend, daß für diese Veränderungen, die ja nichts anderes sind als die oben schon beschriebenen geographischen Variationen, klimatische Faktoren verantwortlich zu machen sind, also vor allem Temperatur und Feuchtigkeit. Und in der Tat haben Experimente mit diesen Faktoren einen außerordentlichen Einfluß auf die Variabilität ergeben. Wenn wir auch hier zunächst nur solche Studien berücksich- tigen, die noch nicht auf dem sicheren Boden der statistischen Analyse stehen, so gehören hierher vor allem die berühmten Temperaturexperi- mente an Schmetterlingen, die von Dorfmeister inauguriert jetzt Fig. 24. Araschnia levana (links oben) und prorsa (rechts unten) verbunden durch im Tempe- raturexperiment erzeugte Übergangsformen. wohl den am besten ausgearbeiteten Teil dieses Kapitels der tierischen Biologie darstellen. Wenn wir hier nur die Hauptresultate betrachten — weitere werden uns auch noch in anderem Zusammenhang begegnen — so gingen die Experimente ja davon aus, den Saisondimorphismus zu erklären, die Tatsache, daß in zwei Generationen fliegende Schmetter- linge typisch verschiedene Frühjahrs- und Sommerformen haben können, wofür das klassische Beispiel Vanessa levana und prorsa ist. Da der Verdacht nahe lag, daß die Differenzen durch verschiedene Tem- peraturen bedingt sind, behandelte Dorfmeister die Puppen, die die Sommerform geben sollten, mit Kälte und umgekehrt und konnte — 46 — dadurch auch aus ihnen die Frühjahrsform und umgekehrt erzielen. Und so lassen sich durch abgestufte Temperatureinwirkung auch alle Zwischen- formen herstellen, wie vorstehende Figur 24 demonstriert, in der einige solche experimentell erzeugte Typen in der Reihenfolge von levana zu prorsa abgebildet sind. Die zahlreichen Untersuchungen, die auf diesem Gebiet an den verschiedensten Objekten und von den verschieden- sten Forschern ausgeführt wurden, haben nun alle dazu geführt, zu zeigen, daß man durch geeignete Temperatureinwirkung auf Puppen die aus der Natur bekannten klimatischen Varietäten erzeugen kann. Standfuss, der Meister der experimentellen Schmetterlingszüchtung, der (bis zum Jahre 1905) 48 500 Individuen in solchen Experimenten bearbeitete, hält folgende Punkte für die Hauptresultate: i. Viele Arten leben an verschiedenen Orten ihres Verbreitungsgebietes in Form von Lokalrassen. Sie lassen sich experimentell in täuschender Weise erzielen oder doch wenigstens annähernd und zwar betrifft das sowohl Färbung wie Gestalt der Flügel. So kann aus Puppen des gewöhn- lichen Schwalbenschwanzes (Papilio machaon), wenn sie mit 37 — 38° C behandelt werden, ein Falter schlüpfen, der durchaus der palästinen- sischen Sommerform aus Jerusalem gleicht. Oder aus den Puppen des gemeinen kleinen Fuchs, Vanessa urticae, können durch Wärme Formen erzogen werden, die der südlichen Varietät ichnusa gleichen, durch Kälte aber solche, die den nördlichen Arten milberti und polaris gleichen. 2. In der Natur kommen oft Aberrationen vor, die sich in ihrem Kleid beträchtlich von dem Normaltypus entfernen. So hat das Tagpfauenauge, Vanessa io, Aberrationen, in denen die Augenflecke verschwinden. Wir werden sie später noch zu erwähnen haben. Durch das Temperaturexperiment können sie aber ebenfalls hervorgerufen werden und zwar auch in allen Abstufungen von der Normalform zur Aberration. Nebenstehende Fig. 25 zeigt uns die Stammform nebst drei Temperaturaberrationen in einer Serie, die durch viele Zwischenformen verbunden zum Verlust der Augenflecken führt. 3. Bei Faltern, die in beiden Geschlechtern verschieden gefärbt sind, kann dieser sexuelle Dimorphismus aufgehoben werden. 4. Es können durch Temperatureinwirkungen Falter unter Umständen in ihrem Farbenkleide an ganz andere verwandte Arten angenähert werden, so — 47 — der Schwalbenschwanz, Papiliohospiton,in der Richtung auf unser n gewöhnlichen machaon. 5. Es können endlich durch Vertauschung der Lebensbedingungen Verschiebungen der Formen anderer Art statt- finden. So wächst die große Pappelglucke, Gastropacha populifolia, während der kühlen Jahreszeit im Herbst und Frühjahr langsam in etwa 25 Wochen zu einem großen Typus heran. Die sehr nahe verwandte kleine Glucke (Epicnaptera tremulifolia) hingegen wächst als Raupe während der wärmsten Jahreszeit in 11 Wochen heran und ergibt Fig 25. Vanessa io, (;las Tagpfauenauge mit künstlich erzeugten Temperaturaberrationen. eine sehr viel kleinere Form. \\'ird die Brut der großen Glucke in die Lebensbedingungen der kleinen versetzt, so ergibt sie Falter, die sich der kleinen Art nähern. Diese kurze Übersicht zeigt uns also, wie tatsächlich im Experiment durch äußere Bedingungen gewisse Variationen erzeugt werden können und ferner, daß, wie im Fall der Vanessa levana, durch abgestufte Ein- wirkungen auch ganze kontinuierliche Variationsreihen erzeugt werden können, sodaß wir daraus auch die Mösflichkeit ableiten können, daß — 48 — solche Reihen, da wo sie sich im Rahmen einer natürhchen Variabihtät finden, durch die entsprechend wirkende Mannigfaltigkeit der äußeren Bedingungen — die Nägel in Galtons Zufallsapparat — bedingt sind. Für diese Einwirkung klimatischer Faktoren, für die im Experiment neben Temperatur auch Feuchtigkeit wesentlich in Betracht kommt, sei auch noch ein Beispiel aus einer anderen Tiergruppe zugefügt, B e e b e s Versuche mit Tauben. Die nord- und mittelamerikanische Taube, Scardafella inca, zeigt nur geringe geographische Variation in ihrem Verbreitungsgebiet. Dagegen kommen in Honduras, ferner Venezuela und Brasilien je eine abweichende Form vor, nämlich dialeucos, ridgwayi und brazilensis, die sich durch reicheres Pigment auf den Federn aus- zeichnen. Durch Zucht in einer besonders feuchten Atmosphäre ver- mochte Beebe nun die inca so zu beeinflussen, daß sie mit jeder neuen — natürlichen oder künstlich erzwungenen — Mauser immer dunklere Federn bildete, wobei allmählich auch das dunkelbraune Pigment in ein glänzend irisierendes Bronze oder grün übergeht. So enthält der wilde Vogel auf einer bestimmten Feder 25,9% pigmentierte Fläche, der im Experiment gehaltene Vogel vor der 3. Mauser 38% und nach ihr 41,6%. So gelingt es, die Form inca im Versuch allmählich das Aus- sehen der 3 andern Formen annehmen zu lassen, bis schließlich ein Federkleid erreicht wird, das in der Natur nirgends verwirklicht ist. Nebenstehende Fig. 26 gibt die Reihe der fünf natürlichen und experi- mentellen Typen wieder. Es wurde eben schon das Beispiel der Land- und Wasserblätter der Pflanze Limnophila erwähnt. Auch zu ihm sei eine Parallele auf tieri- schem Gebiet gegeben, die sich aus den klassischen Experimenten Marie von Chauvins am mexikanischen Axolotl ergibt, auf die wir noch mehr- fach zurückkommen werden. Bekanntlich ist dieser eine Wasserlarve des Landmolches Amblystoma, die in der Gefangenschaft normaler- weise als Wasserlarve geschlechtsreif wird. Fräulein von Chauvin gelang es aber, sie zu zwingen, ihre Verwandlung zum Landmolch aus- zuführen, womit ja große äußere und innere Veränderungen verbunden sind, nämlich Übergang von der Kiemen- zur Lungenatmung und ent- sprechende Einschmelzung der Kiemen, Verwandlung des flachen Ruder- schwanzes in den runden Landschwanz, Änderung der Haut und ihrer 49 Färbung. Es wurde. nun ein 15 Monate alter Axolotl zur Metamorphose gezwungen und in zwölf Tagen so weit gebracht, daß er in feuchtem Moos leben konnte und durch Lungen atmete. Nur der völhge Ab- o .^ 'u cj ., o o B ''S ^ 1) r/5 -^ S ü c ir .-c 1) Schluß der Metamorphose durch eine entscheidende Häutung wurde verhindert. Es trat nun eine Reduction des Ruderschwanzes auf die Hälfte seiner Breite ein, sodaß er auch nicht mehr zum Schwimmen Goldschmidt, Einführung in die Verfcrbungswissenschaft. a — 50 — benutzt werden konnte, wenn das Tier ins Wasser kam; die Kiemen- büschel aber reduzierten sich bis auf kurze Stummel. Nun — nach einem Landaufenthalt von 15 V2 Monaten — wurde das Tier langsam wieder ans \\'asser gewöhnt, was es nur sehr widerwillig tat. Trotz- dem begannen schon am 6. Tag die Kiemenfäden wieder zu wachsen, und der vorher umgelegte Rückenkamm richtete sich wieder auf. Nach IG Tagen war der kritische Zustand des Tieres wieder überwunden und schon nach einem Monat waren alle Charaktere des Wassertieres wieder da. Nach 3^/2 Monaten wurde aber das gleiche Tier wieder auf das Land gebracht, wo es in einem halben Jahr wieder alle Veränderungen Fig. 27. Brustkorb der Ziege, .1 bei Fütterung mit Milch, />' bei vegetabilischem Futter. Nach Pictet. zum Landtier durchmachte und auch mit der letzten Häutung begann, während deren es starb. Dieser Versuch der Erzeugung einer Lebens- lagevariation und ihre Umkehrbarkeit unter entgegengesetzten Be- dingungen beleuchtet wohl besonders schön die Abhängigkeit — wenig- stens gewisser — Variationen von Faktoren der Außenwelt. Endlich seien noch kurz die Beziehungen der Ernährung zur Varia- bilität erwähnt, die ja auch schon vielfach die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen haben und für die schon durch Darwin manches berühmt gewordene Beispiel beigebracht wurde. So wissen die Kanarienvögelzüchter, daß man durch Hanffütterung eine dunkle Färbung des Gefieders erzielen kann, daß man durch große Dosen von 51 — Cayennepfeffer die Färbung von Kanarien, auch Hühnern, in orange verwandeln kann. Der Schweinezüchter kann durch geeignete Fütterung aus langköpfigen Tieren solche mit dem kurzen Schädel des Wildschweins ziehen, überhaupt kann der Züch- ter vielfach durch Fütterung das Exterieur der Haustiere verän- dern. Nebenstehende Fig. 27 gibt ein instruktives Beispiel, die Ver- änderung des Brustkorbes einer Ziege bei Fütterung von Milch oder vegetabilischem Futter. Die am breitesten angelegten Experi- mentalserien auf diesem Gebiet sind aber wohl Pictets Versuche an Schmetterhngen, der zeigen konnte, daß man bei zahlreichen Schmetterlingsarten wie L y m a n - tria dispar und monacha, Abraxas grossulariata, La- siocampa quercus, Biston hirtarius durch Fütterung der Raupen mit ungewöhntem Futter eine große Variabilität hervor- rufen kann. Diese betrifft be- greiflicherweise einmal die Dimen- sionen der Tiere, da schlecht ernährte Raupen natürlich klei- nere Falter geben, sodann aber vor allem Färbung und Zeichnung. Es scheint insofern eine Regel- mäßigkeit der Wirkung zu be- stehen, als Ernährung mit wenig ausgiebiger Nahrung die Variabilität nach dem Albinismus zu richtet , solche mit nahrhaften Substanzen aber nach dem Melanismus hin. Die einzelnen Nahrungssorten scheinen da- bei eine ziemlich spezifische Wirkung auszuüben und sich zu addieren, Fig. 28. Verschiebung der sekundären Geschlechts- charaktere von Lasiocampa quercus durch Fütterung. 2 normales Q, 3 nonnales (5- 4 im Experiment erzeugtes (5 -ähnliches Weibchen. Nach Pictet. — 52 — wenn sie gemischt benutzt werden. Besonders bemerkenswert ist die Einwirkung auf Formen mit sexuellem Dimorphismus wie Lymantria dispar oder Lasiocampa quercus. Fig. 28 zeigt in 2 das Weibchen, 3 das Männchen letzterer Form, das sich durch die scharfgerandete dunkle Tönung der inneren Flügelhälfte vom Weibchen unterscheidet. 4 gibt aber ein Weibchen wieder, das durch Fütterung mit Esparsette dem männlichen Typus genähert wurde. Das Gesetz scheint das zu sein, daß minderwertigere Nahrung die sekundären Geschlechtscharaktere des Männchens, in diesem Fall die Verdunkelung der Flügel hervorruft, während reiche Ernährung umgekehrt das Männchen den weiblichen Charakteren nähert. Doch damit seien genug der Beispiele genannt, die beweisen, daß äußere Faktoren als die Ursachen vieler Variabilitäts- erscheinungen angesehen werden müssen. In allen den erwähnten Fällen war die Variabilität aber nur so betrachtet worden, daß die ver- schiedenen Typen verglichen wurden, ohne daß innerhalb der Typen die fluktuierende Variabilität mitberücksichtigt wurde. Die exakte Untersuchung muß aber auch dies tun und so wollen wir noch ein paar Experimente betrachten, die unter variationsstatistischer Kontrolle durchgeführt doch zum gleichen Resultat geführt haben. Es seien dabei die einzelnen äußeren Faktoren des Experiments, wie Temperatur, Feuch- tigkeit, Licht, Nahrung nicht getrennt, da sie, wie sich gleich zeigen wird, eng ineinander greifen. Für Pflanzen läßt es sich begreiflicherweise besonders leicht zeigen, wie man durch Veränderung der äußeren Bedingungen eine Verschiebung der Variationskurve erreichen kann. Denn hierlassen sich bequem genau meß- bare Änderungen in Belichtung, Ernährungusw. ins Experiment einführen. So konnte de Vries die Variationsreihe für die Fruchtlänge von Oeno- thera rubrinervis so verschieben, wie es die folgende Tabelle zeigt: Fruchtläns:e 24 25 in mm: Anzahl Exem- ! plare der 2 j 2 2, Generation: Anzahl Exem- j plare der — — 3. Generation: | 26 27 28I29 4 5 30 31 32 15 33 34 5 2 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 I — — — — — — — — 4 10 10 16 7 9. 7 I 4 — 53 — De Vries zieht schließlich aus seinen Versuchen ganz direkt den Schluß, daß die fluktuierende Variabilität eine Erscheinung der Er- nährungsphysiologie ist. Aber auch für die beiden von uns bei der Besprechung der biologi- schen Tatsachen angezogenen Tierformen, die Daphniden und Colorado- käfer läßt sich das gleiche zeigen. Erinnern wir uns wieder an die mit der Jahreszeit wechselnden Kopf höhen der Daphnien. Es ist nun versucht worden, diese Erscheinung teleologisch zu verstehen. Ost- wald hat darauf hingewiesen, daß mit steigender Temperatur die innere Reibung des Wassers herabgesetzt wird -und umgekehrt. Da die Daph- nien als Planktonorganismen im Wasser schweben, so bedürfen sie, wie alle in gleicher Lage befindlichen, eines größeren Sinkwiderstandes, um sich bei höherer Temperatur schwebend zu erhalten. Diese Ver- größerung des Sinkwideratandes wird nun bei allen Planktonorganismen durch Bildung von die Körperoberfläche vergrößernden Stacheln und Fortsätzen erreicht, und so könnten auch die wechselnden Kopfhöhen in diesem Sinn zu deuten sein. Wenn es auch möglich ist, daß jener Effekt schließlich erzielt wird, so konnte doch Woltereck zeigen, daß die innere Reibung des Wassers nicht die Ursache jener Variation ist. Ihre Erhöhung durch Zusatz von Quittenschleim übte keinerlei Einfluß aus. Aber auch die Temperatur selbst hat keinerlei direkte \\'irkung, sondern einzig und allein die Ernährung, deren Intensität, die Assimi- lationsintensität, ja auch indirekt von der Temperatur abhängig ist. Daher kann man bei gleicher Ernährung mit höherer Temperatur eine Variationsverschiebung erzielen, umgekehrt aber auch bei niederer Tem- peratur durch stärkere Ernährung den gleichen Effekt. Ist also die Temperatur konstant, so ist die Helmhöhe direkt proportional der Er- nährung. Es bestätigt sich also der obige Satz von de Vries, daß die Variabilität eine Erscheinung der Ernährungsphysiologie ist. Die Re- sultate der Beeinflussung der Kopfhöhe durch verschiedene Ernährungs- bedingungen lassen sich gut aus umstehender schematischen Kurve, Fig. 29, erkennen. Sie zeigt uns drei Kurven für die Variabilität der Kopfhöhe bei schwacher, mittlerer und reicher Ernährung und man erkennt, wie die Kurve und somit auch ihre Mittelwerte m durch günstige Ernährungsverhältnisse nach der Seite der größeren Kopfhöhe 1^/library v: — 54 — verschoben werden. Hier zeigte sich allerdings eine Einschränkung der Allgenieingültigkeit des Resultats, auf die wir bald zurückkommen werden. Besonders klar geht nun auch in diesem Punkt der Erfolg der Ver- suche zur Verschiebung der Variationsreihe durch die Wirkung äußerer Faktoren aus den vielen Versuchen hervor, die Tower an den Colorado- käfern anstellte. Schon aus folgendem einfachen Versuch ist die Wir- kung des äußeren Mediums auf die Variabilität kenntlich : Käfer, die aus verschiedenen Gegenden Amerikas stammten und die für den betreffen- den Standort charakteristische Variationsreihe zeigten, wurden nach -1 I "^-Eopfhöhe in % der Sch-alenMiige. >■ Fig. 29. Schematische Kurven der Kopfhöhe von Hyalodaphnia in verschiedenen Ernährungs- bedingungen nach Wolter eck. Chicago gebracht und dort vermehrt. Schon nach nur einer, spätestens zwei Generationen zeigten sie genau die für Chicago charakteristische Variationsreihe. Brachte man sie dann unter Bedingungen in Bezug auf Temperatur und Feuchtigkeit, die denen einer anderen Region ent- sprachen, so konnte man sie sofort wieder zu einem anderen Variations- typus bringen. Um nun genau die Ursachen für diese Verschiebung der Variabilität festzustellen, wurden systematische Versuche mit Ein- wirkung von Temperatur, Feuchtigkeit, Nahrung, Licht, Boden- und Atmosphärebeschaffenheit und Luftdruck vorgenommen. Die Tiere wurden also während ihrer Entwicklung oder dauernd einmal in Tempe- 55 raturen, die wenig oder viel von der ihres normalen Aufenthaltsorts ver- schieden waren, gezogen. Der Effekt war der, daß bei geringer Tempe- raturdifferenz und zwar mit gleicher ^^'irkung für Abkühlung und Erwärmung eine Verschiebung der Kurve nach der melanistischen Seite erfolgte, bei größern Differenzen aber immer mehr nach maxi- Temperaturdifferenzen vom Normalen in " C. 2 3 4 5 6 7 3 9 10 11 12 13 14 Ib 16 1' la 1,9 ?o n ?r .-'S ?■• 1 1 j i 4 ^-^ \ y > ^ ^ y \ \ ^ ■y \ \ \ Vi \ ^ \ V ^ 6 \ ■^'' --i — ^ \i^. '' ~" — -. _ __ 7 i' >- 3 A \ \ l _ _ _ u J u Fig. 30. Schematische Darstellung der Verschiebung des Färbungsmictels durch hohe und niedere (punktierte Linie) Temperaturen in 7 Versuchen. Die Kurve steigt erst zu Melanismus und fällt bei weiterer Bewirkung zum Albinismus ab. Nach Tower. malem Albinismus hin. Obenstehende Fig. 30 gibt ein Diagramm für den Ausfall von sieben solchen Versuchen, wobei die gebrochene Linie sich auf Versuche mit niederer Temperatur, die andere auf solche mit höherer als normal beziehen. Die folgende Tabelle gibt die exakten Zahlen für den 7. dieser Versuche, wobei die Durchschnitts temperatur — 1,1° betragen hatte im Gegensatz zu 22,4 in der Natur. Die als 56 Kontrolle bezeichneten Individuen sind Geschwister der Versuchstiere, die normal gehalten wurden. Klasse 2 3 4 5 6 7 8 9 lO II 12 13 Elterntiere 0/q Kontrolltiere : Versuchstiere I 13 43 I I 29 2 i 5 2 6 13 i I 20 22 42 28 i8 25 9 9 2 5 I 2 Das Resultat spricht für sich selbst. Es ist darum nur besonders bemerkenswert, daß hier, wo nur ein einziger veränderter Faktor wirkte, man sich auch vorstellen kann, wie die veränderte Variabilität zustande kommt. Die Färbung dieser Tiere beruht ja auf der Anwesenheit von Pigment, und dessen Bildung geschieht unter dem Einfluß von Enzymen. Es ist aber bekannt, daß die Wirkung der Enzyme von der Temperatur sehr abhängig ist, und so erweist sich die veränderte Variabilität im großen Ganzen als eine Funktion des veränderten Chemismus, wenn sie sich auch nicht in allen Einzelheiten erklären läßt. Diese Resultate sind genau die gleichen, wenn anstatt der Temperatur differente Feuch- tigkeitsgrade benutzt wurden, obige Kurve könnte ebensogut auch für ein Feuchtigkeitsexperiment gelten. Wir können diesen Punkt aber nicht verlassen, ohne darauf hin- gewiesen zu haben, daß die Beziehungen zwischen äußeren Faktoren urid Variabilität sich ebenso wie für erwachsene Individuen auch für deren Entwicklungsstadien haben nachweisen lassen. Auch hier zeigt bereits die biologische Erfahrung ohne experimentelle Analyse, daß solche Ab- hängigkeiten existieren. So macht der Wurm Polygordius in der Nord- see seine Entwicklung und Metamorphose in einer ^^'eise durch, die derart von der der Mittelmeerform abweicht, daß die gesamten Ent- wicklungsvorgänge kaum unter einen 'Gesichtspunkt zu bringen sind. Es liegt also eine extreme Lebenslagevariation in der Entwicklung vor. Oder gewisse tropische Formen des Amphioxus machen ihre Meta- morphose in einer von der der Mittelmeerform so abweichenden Art durch, daß man ihre Larven unter Verkennung der Lebenslagevariation für besondere Tierformen halten konnte. Aber auch im Experiment mit Yariationsstatistischer Analyse haben sich vor allem durch die Studien von Vernon und Peter Resultate ergeben, die den am ganzen — 57 — Organismus gewonnenen durchaus analog sind. So züchtete Vernon Seeigeleier unter verschiedenen Temperaturen und fand dann ent- sprechend verschiedene Größen der resultierenden Larven, wie deren Längenmaß im Mittelwert nach der folgenden Tabelle zeigt : Temperatur i K Strongylocentrotus jrperlänge Armlänge K Echinus jrperlänge Armlänge 11, 4° 15,9" 20,4" 23,7" lOOjO i»3,5 I20,6 122,5 ioo,o 143,4 156,8 149,1 100,0 •13,4 124,5 123,9 100,0 "6,3 106,6 ••3,7 Ganz analog sind die Ergebnisse Peters, die sich direkt auf die Zahl der Zellen bestimmter Organe beziehen. Er konnte eine typische Be- einflussung der Variationsreihen für die Zahl der Mesenchymzellen der Seeigellarven oder der Chordazellen der Ascidienlarve durch Wechsel der Temperatur wie der chemischen Zusammensetzung des Mediums er- weisen. Wir werden bald auf diese Versuche nochmals zurückkommen. Wir können es also nunmehr als experimentell erwiesene Tatsache betrachten, daß die Variationskurven durch Veränderung äußerer Be- dingungen verschoben werden können. Wir dürfen also hieraus ebenso wie aus den Beobachtungen über Lebenslage- und Standortsvariaüon, wie auch aus der Betrachtung der binomialen Form der Variatiohs- kurve den Schluß ableiten, daß die Variabilität durch äußere Ursachen bedingt ist. Der Schluß wird aber erst richtig bindend, wenn wir, wie schon oben besprochen, auch noch nachweisen können, daß durch ver- änderte Bedingungen das Maß der Variabilität erhöht, oder durch kon- stante Bedingungen die Variabilität aufgehoben werden kann. Und auch hierfür liegen experimentelle Belege vor. Es ist klar, daß es viel schwieriger ist, diesen Punkt für tierische Orga- nismen zu erweisen als für pflanzliche, da es in ersterem Falle sehr schwer ist, die Verschiedenartigkeit oder Konstanz äußerer Bedingungen zu beherrschen, während man Pflanzen in den gleichen Nährlösungen usw. in ■ wirklich kontrollierbaren gleichen oder differenten Bedingungen züchten kann. Immerhin geht die postulierte Tatsache auch auf tierischem Gebiet mit genügender Deutlichkeit aus den folgenden Beobachtungen — 58 — von Jennings hervor, die er an dem Infusorium Paramaecium machte. Auch hier läßt sich ein deuthcher Einfluß der äußeren Bedingungen auf die Größenverhältnisse der Tiere feststellen. So schwankt der Mittel- wert für die Länge in* manchen Kulturen zwischen 73 und 200 u, der für die Breite sogar von 16 — 84 u. Aber auch das Maß der Variabilität wird durch Wechsel der Bedingungen gesteigert, durch größere Kon- stanz aber herabgesetzt. So konnte man in der gleichen Kultur den Variationskoeffizienten, der uns ja ein Maß für die Variabilität gibt, für die Länge von 6,821 bis zu 13,262 steigen oder umgekehrt sinken sehen, für die Breite von 8,896 bis 28,879. Folgende Tabelle, die uns einen Teil des Protokolls einer solchen Kultur gibt, zeigt uns, wie diese Ver- schiebungen im Zusammenhang mit den Änderungen der Bedingungen verlaufen. Wie sich die gesamte Variationskurve dabei verändert, zeigt Fig. 31, in der die zugehörigen Kurven zusammen eingezeichnet sind. Die Nummern der Kurve entsprechen den Nummern der Tabelle. Nr. Material 5 ö — 11 'S c -TS ■C v ^ -^ 116 128 140 152 164 176 188 200 212 224 236 Veränderung der Variationskurve von Paramaecium unter dem Einfluß äußerer Be- dingungen. Die Nummern der Kurven entsprechen den Bezeichnungen obiger Tabelle, die die näheren Angaben enthält. Nach Jennings. 2,4849 — 3,0340 anstieg (Bumpus, Duncker). In gleicher Richtung sind die Ergebnisse von Montgomerys Untersuchungen zu ver- werten, die zeigen, daß Zugvögel in verschiedenen meßbaren Cha- rakteren eine größere Variabilität haben als seßhafte "und unter den Zugvögeln wieder die hervorragen, die die weitesten Wande- rungen ausführen. — 60 — In diesen Fällen, vor allem dem Jenningsschen, kann man auch einigermaßen erkennen, in welcher Weise die Bedingungen auf die Varia- bilität verschiebend einwirken. In einer. Hungerkultur ist die erste Folge reicher Ernährung die, daß viele Individuen zu wachsen beginnen, während die durch den Hunger zu sehr affizierten zunächst keine Nah- rung aufnehmen und sich nicht verändern. So wachsen die Variations- koeffizienten so stark, wie es No. 8 zu 9 in der obigen Tabelle zeigen. Bleiben dann die Tiere in der gleichen Flüssigkeit, so nehmen sie all- mählich einen Gleichgewichtszustand an und der Koeffizient sinkt. Waren die Tiere dagegen in einem guten Futterzustand, bevor die neue Nahrung zugefügt wird, so folgt dann eine starke Vermehrung; der Variationskoeffizient steigt jetzt infolge der Abwesenheit der ver- schiedenartigen Altersklassen, die ja eine sehr verschiedene Länge haben. Hat die Vermehrung aber später wieder aufgehört, so fällt der Koeffizient. Dessen Schwankungen werden also erklärt durch den direkten und indirekten Einfluß äußerer Bedingungen auf Wachstum und Ernährung. Was aber hier für das einzellige Tier gesagt ist, gilt natürlich mutatis mutandis auch für die Summe der Zellen eines Viel- zelligen. Wie schon oben bemerkt, eignen sich zu derartigen Experimenten Pflanzen viel besser als Tiere, wie ja überhaupt aus diesem und anderen mehr historischen Gründen in der Vererbungslehre die Botanik meist der Zoologie vorausgegangen ist. Als die klarsten Resultate, die von dieser Seite kommen, wollen wir daher noch die schönen Versuche an- führen, die Klebs an Sedum und Sempervivumarten ausführte. Er suchte bei Sedum spectabile die Variabilität variabler wie kon- stanter Organe durch Wechsel äußerer Bedingungen zu beeinflussen. Es gelang ihm dabei unter verschiedenen äußeren Bedingungen, wie Wechsel von Ernährung und Licht, Einfluß von Chemikalien die Varia- bilitätskurven vollständig zu verschieben. Betrachten wir einmal die Resultate für die Zahl der Staubblätter, die in untenstehender Tabelle vereinigt sind. Die zu den sechs zu beschreibenden Typen gehörigen Variationskurven I — VI finden sich in Fig. 32 wiedergegeben. Die Tabelle gibt für jeden Typus außer der Individuenzahl, die gezählt wurden, die Variationsbreite, Mittelwert und Standardabweichung als — 61 — Typ.l. Tjpi. Typ3. <) Sl^ 5 HJ'il 1-1 10 1t T b 5 ^0 -;'.o -20 -10 0 +10 +2U +;iü +4U t"ig- 35- Kurve für Weldons Selektionsversuch an Krabben. Punktiert die Kurve der Über- lebenden. Nach Weldon. hältnisse der Bucht völlig verändert worden, vor allem wurden größere Tonmengen durch einen Fluß eingeführt und die Sandmenge durch die Vergrößerung der Stadt und der Decks vermehrt, sodaß in der Tat sich nachweisen ließ, daß manche Tierarten die Bucht verließen. (Daß tatsächlich solche Faktoren die Fauna sehr beeinflussen, zeigte sich ja auch an der Fauna der Neapler Bucht nach dem Aschenregen des letzten Vesuvausbruchs). Da der gezähnte Rand des Carapax als Atemfilter dient, so ist es denkbar, daß die schmaleren Tiere wirklich vor einer Verschlammung der Kiemen besser geschützt waren. Da es nun nicht möglich war, die Exemplare zu untersuchen, von denen angenommen wurde, daß sie getötet seien, so imitierte ^^'eldon künstlich die gleiche Situation, indem er die Krabben in Gefäßen hielt, in denen dauernd Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 6 — 82 — feiner Ton aufgewirbelt wurde. Nach einiger Zeit wurden dann die toten Individuen gemessen und mit den lebenden verglichen. Um- stehende Figur 35 gibt die Kurve der Frontalbreite bei 248 Versuchs- tieren wieder, wobei die punktierte Kurve sich auf die 94 Überlebenden bezieht. Die Senkrechte bei o entspricht nun dem Mittelwert der Aus- gangstiere, die Linie D dem der Gestorbenen, die Linie S dem der Über- lebenden, woraus hervorgeht, daß es die breitesten waren, die zuerst starben. Damit sollte aber bewiesen sein, daß die Zuchtwahl allmählich eine schmälere Rasse bilde. Man — besonders Cunningham und Przibram — hat gegen diese Versuche zahlreiche Einwände erhoben, die sich alle dahin zu- sammenfassen lassen, daß bei der Statistik ganz vergessen wurde, das Material biologisch zu analysieren. Um einen derartigen Schluß auf solche Weise begründen zu können, müßte aber erst die individuelle Variabilität des Merkmals unter dem Einfluß der Temperatur, Nahrung, Sauerstoffgehalt, kurzum der Lebenslage analysiert sein, es muß die Lebensdauer und die Generationenzahl im Experiment feststehen, es muß die Schwankung oder Konstanz des Merkmals beim individuellen Wachstum feststehen (tatsächlich vermindert sich die Frontalbreite nach Przibram mit der Häutung), kurzum, die biologische Analyse kann leicht die statistischen Resultate zu nichte machen. Hier er- kennen wir gut, wie weit man statistisch kommen kann und wo die Methode an ihre natürliche Grenze gelangt. Wären aber alle Fehler- quellen auch ausgeschaltet gewesen, so hätte alles doch an der Frage gelegen: Ist mit der Verschiebung des Mittelwerts eine erbliche Ver- änderung verbunden? \\hv sehen uns also wieder an der Grenze der Erblichkeitsprobleme und vor die Frage gestellt, ob sie auf statistischem \A'ege gelöst werden können. ^^'o hier die Berührungspunkte liegen und andererseits bis zu welchem Punkt die biologische Forschung mittels jener Methode gelangen kann, bis sie auf ihre unüberbrückbare Grenzlinie kommt, können wir nicht besser uns klar machen, als indem wir einen konkreten Fall betrachten, in dem die Analyse in besonders ausgezeichneter Weise bis zu jenem Punkt durchgeführt wurde . Wir betrachten die Heinckes chen Studien über die Naturgeschichte des Herings, die ursprünglich aus rein prak- — 83 — tischen Gesichtspunkten heraus unternommen waren, um folgende Fragen zu lösen: Bilden die Heringe der europäischen Meere einen einzigen Stamm, dessen Glieder, die Heringsschwärme, weite regellose Wanderungen unternehmen, oder zerfällt die Spezies Hering in unter- scheidbare Lokalrassen mit festbestimmtem Wohngebiet, in dem sie regelmäßige jährliche Wanderungen ausführen? Erstrecken sich die Wanderzüge über große oder kleine Strecken? Sind die zoologischen Unterschiede der Lokalformen erblich? Die Beantwortung aller dieser Fragen muß es dann ermöglichen, durch Identifizierung der einzelnen Schwärme auf ihren Wanderungen deren Weg festzulegen, was für die Fischereipraxis von größter Bedeutung ist. Für die uns hier beschäf- tigenden Probleme stehen natürlich die Rassenf ragen im Vordergrund. Durch die allgemeinen biologischen Verhältnisse der Lebens- und Fort- pflanzungsweise des Herings ist nun sein Auftreten in geschlossenen Rassenverbänden gegeben. Der Hering lebt nämlich von Geburt an als geselliges Herdentier in Schwärmen, deren Richtung von der Menge der als Nahrung dienenden Planktontiere abhängt. Zum Zwecke des Laichens sammelt er sich in dichteren Schwärmen, die typische Laich- plätze von besonderem Charakter aufsuchen, um dort ihre Eier an die Unterlage anzukleben. Diese Laichschwärme sind innerhalb eines bestimmten Wohngebietes völlig konstant, während im Gesamtwohn- gebiet der Art die größten Verschiedenheiten herrschen können. Also ein Hering der westlichen Ostsee hat Jahr für Jahr seine festbestimmten Laichplätze mit bestimmter Wasserbeschaffenheit und die Schwärme werden in bestimmten Monaten mit vSicherheit an bestimmten Stellen getroffen. An den Laichplätzen wird dann nur einmal im Jahr ab- gelaicht. Da sich aus der Brut eines solchen Laichplatzes immer wieder die neuen Schwärme bilden, so sind die Glieder eines Schwarms wie der Schwärme eines engbegrenzten Gebietes alle blutsverwandt; wenn also Rassen existieren, sind sie in den Laichschwärmen verschiedener Ge- biete zu suchen. Um nun die Existenz der Rassen feststellen zu können — denn mit den üblichen Unterscheidungsmerkmalen der Systematik kommt man nicht weiter — gibt es nur eine Methode, nämlich die varia- tionsstatistische Untersuchung der variierenden Einzelmerkmale, wel- chen Weg Heincke in ausgedehntestem Maße (über loo ooo Messungen 6* 84 und Zählungen) beschritt. \Me zu erwarten, ergab sich, daß die ein- zelnen meß- und zählbaren Eigenschaften, im Ganzen über 60, die be- rücksichtigt wurden, wie Wirbelzahl, Kielschuppenzahl, Zahl der pylo- rischen Darmanhänge, relative Schädelbreite, sich bei einer großen Zahl von Individuen des gleichen Schwarms nach dem Fehlergesetz ver- hielten, eine typische Binomialkurve gaben. Verglich man nun aber die Kurven bei verschiedenen Heringsformen, den erwarteten Rassen, so zeigte sich, daß jeder Rasse für jedes Merkmal ein typischer Mittelwert zukam. Es läßt sich also durch die sämtlichen Mittelwerte der ver- schiedenen Eigenschaften jede Rasse charakterisieren und zwar sind die Unterschiede um so größer, je weiter die Rassen geographisch, d. h. in der Verschiedenheit äußerer Bedingungen von einander getrennt sind. Die folgende Tabelle illustriert dies Ergebnis: Rasse Mittel der Eigenschaften Nummer des Wirbels ! Längen- AVirbelzahl mit i. geschlossenem breitenindex Hämalbogen I des Schädels Kiel- schuppen- zahl Norwegischer Friihjahrs- hering 57.6 27,0 30.1 1 14.0 Friihjahrshering des großen Beltes 55,8 24,5 30,8 14.4 Friihjahrshering der Schley 55>5 24-3 30,8 •3-7 Frühjahrshering von Rügen 56,0 25.0 30,4 13,9 Frühjahrsströmling von Stockholm 55.2 24,8 29,2 13-4 Hering des weilten Meeres 53,6 25-3 30,6 12.4 Friihjahrshering des Zuider- sees 55,3 24,1 31,1 14-3 Herbsthering der Ostl^üste Schottlands 56,5 24,6 — 14,8 Herbsthering der südöst- lichen Nordsee 56,4 24,9 — 1 15,0 Herbsthering der Jütland- bank 56,6 — 31,0 14,5 Herbsthering der westlichen Ostsee 55,7 25,5 31,0 14.5 Da nun diese verschiedenen Rassencharaktere in verschiedenen Jahren an den gleichen Stellen die gleichen sind, so ist anzunehmen, daß sie erblich sind. — 85 — Nun aber ist mit Hilfe dieser Erkenntnisse die Frage der Wande- rungen zu lösen und da ist es klar, daß es möglich sein muß, deren Weg zu bestimmen, wenn man an den verschiedensten Stellen und zu den verschiedensten Zeiten Heringe als Stichproben fängt und deren Rassen- zugehörigkeit bestimmt. Der Erfolg hängt also davon ab, daß es gelingt, für jedes einzelne Individuum die Rasse festzustellen. Das ist ohne weiteres in Anbetracht der Variabilität der Merkmale nicht möglich. Ein Hering z. B. bei dem man 56 Wirbel und 14 Kielschuppen findet, kann so ziemlich allen Rassen angehören. Auf Grund der Wahrschein- lichkeitsrechnung ließ sich nun doch eine Methode finden, die Schwierig- keiten zu umgehen. Wenn man möglichst viele Merkmale ins Auge faßt, so hat jedes einzelne seine Variabilitätsreihe nach den Gesetzen des Zufalls. Es kann also ein zufällig herausgegriffenes Individuum in Be- zug auf eine Eigenschaft dem Mittelwert entsprechen, aber auch ein mehr oder minder entfernter Minus- resp. Plusabweicher sein. Es besteht nun eine gewisse Unabhängigkeit in der Variabilität der einzelnen Eigen- schaften, sodaß dasselbe Tier in der einen ein Plus-, in der anderen ein Minusabweicher sein kann. Werden nun m^öglichst verschiedene Eigen- schaften eines Individuums in Bezug auf ihre Abweichung vom Mittel- wert der Rasse betrachtet, so zeigt sich, daß diese Abweichungen sich auch nach den Gesetzen des Zufalls gruppieren (wenn man sie in einer bestimmten, durch die Wahrscheinlichkeitsrechnung festgelegten Ein- heit betrachtet), daß also die geringeren am häufigsten, die größten am seltensten auftreten. Oder mit anderen Worten : Bei der zufälligen Kombination einer sehr großen Anzahl von Eigenschaften im In- dividuum, sind die Abweichungen in den einzelnen Eigenschaften (in der gleichen Einheit, ihrem wahrscheinlichen Fehler ausgedrückt) im Prinzip genau die gleichen Zahlen wie die Abweichungen einer Eigen- schaft bei zahlreichen Individuen, oder, auf die gleiche Einheit bezogen ist die Variationsreihe einer Eigenschaft für viele Individuen die gleiche wie die vieler Eigenschaften für ein Individuum. Nun ist es eine charakteristische Eigenschaft einer jeden normalen Variationsreihe, daß die Summe der Quadrate der Abweichungen vom Mittel ein Minimum ist: berechnet man aus irgend einer der im 2. Vor- trag aufgeführten Reihen diese Summe, so ist sie immer kleiner als — 86 — irgend eine Summe, die auf die Abweichungen von irgend einem anderen als dem Mittelwert berechnet werden kann, sie ist ein Minimum. Nehmen wir z. B. die Zahlen 21, 22, 25 und 28, so ist das Mittel 24, die Ab- weichungen von ihm sind — 3, — 2, +1, +4, und deren Quadrate 9, 4, I, 16, die Quadratsumme also 30. Berechnet man diese Summe nun auf irgend eine andere Zahl als den Mittelwert, z. B. 23, dann muß sie größer sein. Die Abweichungen sind dann — 2, — i, +2, +5 und die Quadrate 4, i, 4, 25, die Quadratsumme also 34, d. h. sie ist größer als jene. Das würde für jeden anderen Wert ebenso stimmen, d. h. also, die Quadratsumme der Abweichungen vom Mittelwert ist ein Minimum. Aus dieser Tatsache, im Zusammenhang mit dem Vor- hergehenden, ergibt sich somit die Möglichkeit, die Zugehörigkeit eines jeden Individuums zu einer Rasse zu bestimmen: es gehört der Rasse an, auf deren Mittelwerte bezogen die Quadratsumme aller Abweichun- gen aller Eigenschaften ein Minimum ist. Es wird also z. B. ein Hering im Weißen Meer gefunden, der nach seiner \Mrbelzahl 58 ein norwe- gischer Frühjahrshering, ein Herbsthering der Jütlandbank oder ein Weißmeerhering sein kann. Berechnet man nun für eine Menge von Eigenschaften dieses Tieres die Quadratsumme der Abweichungen von den Mitteln jener drei Formen, so erhält man — so ist es in einem von H e in cke berechneten Fall — bei der Berechnung auf Mittel der Rasse von Weißem Meer 3,213 Norwegischem Früh Jahrshering 3,696 Jütlandbank 6,317 Es ergibt sich also ein Minimum für den \\"eißenmeerhering, dieser Rasse gehört also das Individuum an^. ^^''enn wir von den rein praktischen Ergebnissen absehen — und es sei bemerkt, daß Duncker die gesamten Resultate bei einer anderen Fischgruppe, den Syngnathiden bestätigen konnte — so ist es klar, daß durch derartige mustergiltige Untersuchungen die zuverlässigsten Grundlagen für die Vererbungslehre geschaffen werden, die allerge- 1 Die hier gegebenen Zahlen stellen nicht direkt die Quadratsumme der Abweichungen, sondern diese dividiert durch die Eigenschaftenzahl dar. Es ist dies aus gewissen Gründen praktischer, ergibt aber natürlich prinzipiell das Gleiche. — 87 — nauste Kenntnis der Elemente, mit denen sie arbeitet, der elementaren Einheiten der Organismenwelt. \^'ir sind im Stande, bei einem Hering seine Familienzugehörigkeit auf das genauste zu bestimmen und er- sehen daraus die Existenz typisch verschiedener Rassen, die als nichts anderes vorzustellen sind, als etwa die Rassen der Haustiere. Bei einer Bulldogge ist es nun selbstverständlich, daß ihre Nachkommen auch Bulldoggen sind, die Rasseneigentümlichkeiten sind also erblich. Sollen solche Rassen, wie beim Hering oder der Seenadel, aber wirklich Etappen in der Bildung neuer Arten sein, so müssen ihre Charaktere erblich sein. Andernfalls sind sie nichts anderes als jene oben besprochenen Lebens- lagevariationen, etwa wie beim Coloradokäfer, die sofort mit dem Wechsel der Lebenslage in andere übergeführt werden konnten. Solche Rassen hätten aber mangels Erblichkeit keine Bedeutung für die Art- bildung, sie wären nur der wechselnde Ausdruck wechselnder äußerer Bedingungen. Kann nun mit jenen statistischen Untersuchungs- methoden diese elementare Frage, erbliche, für die Artbildung wesentliche Rasse oder nichterbliche Lebenslagevariation gelöst werden? Wenn, wie wir gleich sehen wollen, diese Frage verneint werden muß, so sind wir damit an der Grenze der mit der statistischen Methode für die Genetik zu erlangenden Ergebnisse angelangt. Sie kann zu so glänzen- den und prinzipiell bedeutungsvollen Ergebnissen führen, wie die bisher vorgetragenen : am Punkte der Erblichkeitsfrage muß, — und wir sind jetzt von den verschiedensten Seiten her zu dem gleichen Schluß ge- kommen — eine neue Methode einsetzen, das Vererbungsexperiment. Da, wo rein statistische Untersuchungen vorliegen, wird der Schluß auf die Anwesenheit verschiedener Rassen in einem Individuengemenge auf das Auftreten zwei- oder mehrgipfeliger Variationskurven gestützt. Der Schluß kann auch richtig sein, er muß es aber nicht sein. In dem Werk über den Hering findet sich eine derartige Kurve, so wie sie aus- sehen würde, wenn man sie für die Variabilität der \Mrbelzahl bei einem Gemisch von norwegischen und Weißenmeerheringen konstruierte(Fig.36) . Aus der Zweigipfeligkeit würde man auf die Anwesenheit verschiedener Rassen schließen. \\'enn in dem vorliegenden Fall auch noch zahlreiche andere Eigenschaften berücksichtigt wurden, so liegt doch im Prinzip das gleiche vor, wie wenn nur diese Kurve betrachtet würde : Die Rassen werden aus der Differenz der Mittelwerte, die sich bei genügender Größe als Zweigipfeligkeit ausdrückt, erkannt. Es kann keinem Zweifel unter- Norw Fr.- lenng i.W« ifs.Meer-R enn g gemis cht i8* 50 J nd. % 1 26 24 22 20 ■•■ le ...'^ , '"' ,^ M --- 'S 1 . ^ 1 ^ N ;' ■ ^ ^ 1 1 ^' \ ^^: _ 6 ^ r 1 .' s ^ ^ / r 1 ••> .^^ 2 0 ^ 1 ■~- ^ ■■''' i. Y •i-.. 1 Wirlel : 51 52 S3 5i l^^ig- 36. Die zweigipflige Kurve für die Wirbelzahl eines Gemisches von 58 norwegischen und 50 Weißmeerheringen (punktiert;, verglichen mit einer idealen eingipfligen Kur\e. Nach Heincke. liegen, daß eine solche Diagnose das richtige treffen kann; den Beweis dafür aber bringt, wie de Vries und vor allem Johannsen scharf hervorheben, nur das Vererbung'sexperiment. Ein Beispiel, in dem die Voraussetzung in der Tat bestätigt wurde, ist der bekannte FaU des C h ry- santhemum segetum nach de Vries. Dieser Forscher erzog die gelbe Kornblume aus einem Sa- mengemisch, das aus bo- Fig- 37. Kurve der Strahlenblütenzahl einer Population von Chrysanthemum segetum mit beigesetzten Frequenz- tanischen Gärten Stammte zahlen. Nach De Vries. 1 , • 1 t und erhielt, wenn er die Zahl der Strahlenblüten betrachtete, die nebenstehend wiedergegebene zweigipfelige Kurve (Fig. 37) mit je einem Gipfel bei 13 und 21 Blüten. — 89 — Um nun zu beweisen, daß es sich hier um ein Gemenge von 2 erb- hchen Rassen handelt, wurden einmal sämüiche nicht 13 strahlige Köpfchen vor ihrer Befruchtungsfähigkeit entfernt, das andere Mal sämtliche nicht 2istrahlige und dann die Samen dieser Kurvengipfel- individuen geerntet und getrennt ausgesät. Jede Saat ergab dann eine eingipflige Kurve mit dem Gipfel bei 13 resp. 21 (Fig. 38) und diese Kurve blieb auch in weiteren Generationen konstant, d. h. die Existenz zweier verschiedener Rassen im Gemenge, die die Zwei- gipfligkeit bewirkt hatten, war erwiesen. Fig. 38. Die Auflösung der Kurve von Fig. 37 in zwei eingipflige Kurven entsprechend den Rassen A und B. Nach de V r i e s. Um auch noch ein zoologisches Beispel anzuführen, so ergab sich ein entsprechendes Resultat aus den Untersuchungen von Jennings für Paramaecium. Nimmt man eine beliebige Kultur dieser Infusorien und mißt die Variabilität für Länge oder Breite, so kann man eine zwei- gipflige Kurve erhalten, wie sie nebenstehend für die Breite abgebildet ist (Fig. 39). Sie zeigt einen Gipfel bei 32 u (genauer Mittelwert 33,4) und einen anderen bei 48 ,« (genauer M = 48,9). Züchtet man nun die Glieder der beiden Kurvenbezirke getrennt, so erhält man eine Kultur mit kleinen Tieren und eine mit großen, die im Rahmen einer normalen fluktuierenden Variabihtät konstant bleiben. In diesem Fall handelt 90 es sich also auch um ein Gemisch von zwei erbhchen Rassen, bei denen man übrigens die kleinere, die aurelia-Form, auch an dem Besitz von zwei Nebenkemen, die große, die caudatum-Form durch einen Neben- kern unterscheiden kann. Diese beiden doppelgipfligen Kurven sind nun auch geeignet, uns eine bisher noch nicht besprochene Erscheinung zu illustrieren, nämhch die transgressive Variabilität. Zwei einander nahe- stehende Formen, Rassen, können sich in ihren Variationskurven über- schneiden. Wenn man Exemplare der Paramaecien auswählte, die dem a ^b Ä \ Ä 15 ( ' 1 ^ -A \ 1 \ 10 \ 1 j \ / \ 1 \ 5 / \ \ / V \ 0 / k ^ 24 28 32 36 40 44 48 52 56 60 64 68 76 80 Fig- 39- Zweigipflige Variationskurve für die Körperbreite einer Paramaecienpopulation, die Gipfel a und A den Formen aurelia und caudatum entsprechend. Nach Jennings. Tal zwischen den beiden Kurvengipfeln angehören, so könnten sie ebenso gut dem einen wie dem anderen Typus, aurelia wie caudatum zuzuzählen sein. Denn das Variationsgebiet der beiden Typen über- schneidet sich, ist transgressiv. Die Entscheidung, was vorhegt, kann nur erbracht werden, wenn das betreffende Stück isoliert fortgepflanzt wird. Also auch diese Erscheinung der Transgression deutet darauf hin, daß die wirkliche Analyse einer solchen Kurve nur durch das Vererbungs- experiment erbracht werden kann. — 91 — Immerhin hatte sich in diesen beiden Fällen der Scliluß auf Rassen- verschiedenheit, der durch bloße Betrachtung der zweigipfligen Kurve gezogen worden war, als richtig erwiesen. M'ie sehr ein solcher Schluß aber irreführen könnte, wird sofort klar werden, wenn wir einige andere Beispiele solcher Kurven ins Auge fassen. Nebenstehende Fig. 40 gibt uns eine Variationskurve, die erhalten wurde durch Messung einer Kollektion weiblicher Nonnen, Lymantria monacha, in Bezug auf die Länge ihrer Vorderflügel. Das Bild zeigt 7 A 0 "■ n ; ' A / J / ' \ / V / \ / / \ \/ / 7 \ 1«? 20 21 22 23 24 25 26 27 28 Zff 44-r-ft-f rffl m^4'--r-"t' 1 -^f r -TTM 1 X^V- _^ -^\- t^^v ^-f iL ^^^ä:^ 4a| m,^i>>^^K Lfffl /^^- 1^11% ^ff44\ tl^-^'^V ^ X- ^ itjm ^^ 2L i|?!i--:.L ^vr?; /^r i a £ - ; -■ r ; A / 7-- 1-- '--- ^ ^ ~ 5^ ^Äf\f4iÄf%-VM44:i^ iL? / ^ T il A S 2l_ 11^'^ \l~t j^#^ ^J^^ / 1 'k 444^ t J^i- -it M 1i -i-- i=i^.^ =. ia-L ><..Ln^L r >t 1 N t t n^t n,^^ i^ ^^t >ffl ^^ vH-f-h kfrrK X i^^ liS i| it ^3?^ i-i^ ^^--i ^^ U \ -1 Xtr- it -^ä ^^^ Ji^ ^-1 ^^ rH^ >^^L 4-rrT 41 -^4 ji -^^i m ^^as^ /^^ _K T K rt't 1 rk.U^i N ' r^ hci -,4 i^Ji^ ^2^4 j^L rri^ ^^JJJ^U^ä pj 2===^«5===-=i -1 -^^^Ji ^^ JL_>^ = = i£ ^ W TT 1 UUr > N. h U M Mil^l 1 1 hJ J ■"^H 03 00 < .- 1) w S o > c (U c ^ 43 CS s 53" 136 bedeuten di^ Stellen der Auswahl, wobei nach rechts die melanistischen, links die albinistischen Variationen liegen. Die Kurven der folgenden ^,„rtc. Generationen sind dann die der aus- gewählten Elementararten. Sie zeigen, daß die Selektion maximal eine Ver- schiebung bis zur äußersten Grenze der normalen Variabilität der Popu- lation erzielt, wie es das Prinzip der reinen Linien verlangt. Aber auch die Unmöglichkeit der Selektion innerhalb einer Elementarart konnte gezeigt wer- den. Nebenstehende Fig. 53 gibt in gleicher Weise die Kurven für einen innerhalb 11 Generationen fortgesetzten Selektions versuch, bei dem immer Tiere ausgewählt waren, bei denen die beiden mittleren Flecken des Halsschildes (s. oben Fig. 12) hinten verschmolzen waren. Man sieht, wie im Rahmen geringer, durch die Lebenslage be- dingter Schwankungen die fortgesetzte Selektion ergebnislos blieb. Schließlich sei nun auch noch ein Versuch erwähnt, der sich auf höhere Tiere bezieht, nämlich auf Hühner. Bei ihnen betrachtete Pearl den Cha- rakter Fruchtbarkeit, den Pearsons statistische Untersuchungen schon als erblichen Faktor erwiesen hatten, in Bezug auf sein Verhalten bei Selektion. Er wählte 12 Jahre hindurch die Nach- kommen von Hennen aus, die im Fig. 53. Selektionsversuch in 12 Ge- ersten Jahre 160 und mehr Eier gelegt nerationen mit nicht erbhehen van- anten beim Coloradokäfer. Die Kurven hatten (daS Mittel ist I25) Und gepaart kehren stets zum Mittel der Population ., ^^.., , nr-,, zurück. Nach Tower. waren mit Hahnen, deren Mutter — 137 — über 200 legten. Trotzdem wurde eine Steigerung der Fruchtbarkeit nicht erzielt, auch keine Abnahme der Variabilität. Wurden einzelne 200-Eier-Leger in Bezug auf ihre Nachkommen geprüft, so zeigte sich, daß sie ebenfalls diese Fähigkeit nicht vererben. Also auch hier für die Zuchtwahl ein negativer Erfolg. Es bestätigen also auch die an reinrassigem Material gewonnenen Resultate die Ergebnisse, die für die Selektion in reinen Linien gefunden wurden. Es könnte somit scheinen, daß erwiesen ist, daß die Zucht- wahl nicht im stände ist Neues zu schaffen und daß damit der Darwin- sehen Lehre definitiv der Boden entzogen ist, ein Schluß, der in der Tat vielfach gezogen ist. Seine Berechtigung werden wir bald zu prüfen haben. Nehmen wir ihn als richtig an, so folgt aber daraus, daß eine allmähliche Umwandlung der Formen in andere eine Unmöglichkeit ist: Galtöns Vererbungsgesetz, das die exakte Basis solcher Umwand- lung liefern sollte, hat sich als unzutreffend erwiesen. Sollen wir uns nun mit dieser destruktiven Kritik begnügen, oder gibt es auch Positives, das an seine Stelle zu setzen ist? Die folgenden Vorlesungen sollen die Antwort darauf geben. Siebente Vorlesung» Die Sports im Pflanzen- und Tierreich. Schon in der letzten Vorlesung begegneten wir dem Begriff der Elementarart. Wenn wir ihn einerseits in Beziehung setzten zu den reinen Linien J oh an nsens, andererseits zu den guten Arten der Syste- matik, so dürfen wir es uns dabei nicht verhehlen, daß alle derartigen Begriffe in hohem Grad willkürliche sind und vor allem von dem der- zeitigen Stand der Kenntnisse abhängen. Was früher als Linnesche Art die niederste systematische Kategorie darstellte, wurde später mit fortschreitender Erkenntnis in Unterarten eingeteilt, diese unter Um- ständen wieder in Elementararten und schließlich Varietäten. Und es ist durchaus nicht sicher, daß alle als solche erkannten Elementararten und Varietäten schon die niederste Stufe systematischer Kategorien — 138 — darstellen. Denn es kann z. B. eine nach morphologischen Gesichtspunkten unterschiedene Elementarart noch zusammengesetzt sein aus Formen mit verschiedenem erblichen Gehalt an Protein oder Fett, wie es sich bei der Zucht des Mais herausgestellt hat, und es ist durchaus nicht gesagt, daß dann ein weiterer unberücksichtigter Eigenschaftskomplex nicht zu weiterer Unterteilung führen muß. Dies zeigt, daß man auf die wirklich unverrückbare letzte Grenze systematischer Unterscheidung, auf die wirklichen Elementararten bei besonders reicher Gliederung innerhalb der Linn eschen Art unter Umständen — die in der Natur wohl nicht allzu häufig verwirklicht sind — erst stoßen wird, wenn man als Unterscheidungsmerkmal eine einzige erbliche Eigenschaft nimmt: die niedersten denkbaren systematischen Kategorien, die vielleicht auch verwirklicht sein werden, unterscheiden sich von einander durch den Besitz oder Nichtbesitz einer erblichen Einzeleigenschaft. Wir haben schon mehrmals davon gesprochen und werden den Haupt- beweis dafür bei der Bastardlehre erbringen, daß wir uns für die Ver- erbungsfragen die Organismen als aus einer Menge selbständiger Eigen- schaften zusammengesetzt denken müssen. Wir können sie als die Elementareigenschaften bezeichnen oder, wie in englisch sprechenden Ländern üblich, als unit characters, als Einheitseigenschaften. Sie sind in der Gesamtheit der Vererbungsträger, der Erbmasse, als Einheiten repräsentiert, die wir mit Weis mann Determinanten oder mit Jo- hannsen die Gene nannten. Der geringste Unterschied aber zwischen zwei Erbmassen oder in der schon benutzten Nomenklatur der geringste genotypische Unterschied zweier Organismen bezieht sich also auf eine Elementareigenschaft. Damit ist aber auch gesagt, daß die Frage der Artbildung, an die wir mit dem Schluß der letzten Vorlesung heran- kamen, in letzter Linie auf die Frage hinausläuft, wie neue Einheits- eigenschaften entstehen. Die Darwinsche Antwort, daß sie durch Zuchtwahl allmählich herausgebildet werden — wenn dies, wie meist angenommen wird, wirklich Darwins Anschauung war — hatten wir als mit den Experimentaltatsachen unvereinbar aufgeben müssen. Entstehen sie also nicht allmählich, so müssen sie plötzlich erscheinen und zwar aus Ursachen, die nichts mit der Selektion zu tun haben. Und diese Anschauuung der plötzlichen, sprunghaften Bildung der I — 139 — Elementararten ist es, die sich in der Neuzeit unter dem Namen der Mutationstheorie die biologischen Wissenschaften erobert hat. Das Beobachtungsmaterial, von dem diese veränderte Auffassung ausgeht, ist zum Teil durchaus nicht neu. Es besteht aus den Beobach- tungen der Tier- und Pflanzenzüchter, welche zeigen, daß gelegentlich in ganz reinen Zuchten einzelne Individuen abweichender Beschaffen- heit auftreten, und diese Abweichung, der neue Charakter, ist von An- fang an erblich. Unter dem Namen Sports oder Sprungvaria- tionen ist diese Erscheinung bekannt. Es ist klar, daß Darwin, der ja nicht nur selbst züchtete, sondern in großem Maßstabe auch die Erfahrungen der Züchter sammelte und verwertete, nicht an diesen Tatsachen vorüber ging. Im Gegenteil hat er einen beträchtlichen Teil der verbürgten Fälle zusammengetragen und analysiert. Das Hauptinteresse konzentriert sich nun aber auf die Frage, welche Be- deutung er den Sprungvariationen, von ihm single variations genannt, für die Artbildung zuerkannte. Und da ist es von höchstem Interesse, daß diese M'ertschätzung ursprünglich gar keine geringe war. In den ersten Entwürfen zur Abstammung der Arten, die 15 und 17 Jahre vor deren Erscheinen geschrieben sind und die vor kurzem wieder entdeckt wurden, finden sich dafür sehr bemerkenswerte Belege. So heißt es an einer Stelle: „Es ist bekannt, daß solche Sports in einigen Fällen die Stammeltern unserer domestizierten Rassen geworden sind ; und wahrscheinlich sind ebensolche auch die Stammeltern vieler anderer Rassen geworden, besonders solcher, die in gewissem Sinn als erbliche Monstra bezeichnet werden können; z. B. wo ein überzähliges Glied vor- handen ist oder alle Extremitäten verbogen sind (wie beim Anconschaf) oder wo ein Teil fehlt, wie bei den kurzsteißigen Hühnern und schwanz- losen Hunden oder Katzen." . . . „und bei vielen unserer domestizierten Rassen wissen wir, daß der Mensch durch allmähliche Zuchtwahl und geschicktes Ausnützen plötzlicher Sports alte Rassen beträchtlich ver- ändert und neue hervorgebracht hat." Vor allem aber bei Besprechung der Schwierigkeit, die die langsame Entstehung mancher Organe durch Zuchtwahl bietet, bekanntlich der Haupteinwurf, den später seine Gegner der Zuchtwahllehre machten, und den die Mutationstheorie ja glücklich überwindet: „Wie im Zustand der Domestikation — 140 — Bauveränderungen ohne jede fortgesetzte Zuchtwahl auftreten, die der Mensch für sehr nützhch hält oder ihnen Kuriositätswert zuerkennt . . ., so mc^en vielleicht in der Natur manche kleine Veränderungen, die gewissen Zwecken gut angepaßt sind, als ein von den Fortpflanzungs- organen ausgehendes Geschehen i entstehen und von Anfang an in vollem Umfang weiter vererbt werden ohne lang andauernde Zucht- wahl kleiner Abweichungen in der Richtung dieser Eigenschaft." Wieder an einer anderen Stelle nimmt er die Sports für die Bildung neuer Tierformen auf isolierten Inseln in Anspruch, kurzum er erkennt ihnen einen nicht unbeträchtlichen Wert für die Artbildung zu. 15 Jahre später ist er allerdings von solcher Anschauung zurückgekommen und läßt die sprunghafte Variation nicht mehr als für die Artbildung in Betracht kommend gelten. Und so kommt es, daß in der nachdarwin- schen Zeit sich nur vereinzelte Stimmen erhoben, sie zur Grundlage des Artbildungs Problems zu erheben. Auf zoologischer Seite ist es vor allem Bateson, der seine Opposition gegen die allmähliche Umwandlung der Arten in Darwinschem Sinne schon im Titel seines Buches „Mate- rialien zum Studium der Variation, speziell im Hinblick auf die Dis- kontinuität bei der Entstehung der Arten" zum Ausdruck bringt. Er stellte eine Unmenge von Tatsachen hauptsächlich aus dem Gebiete der von ihm sogenannten meristischen Variation zusammen. Darunter versteht er vor allem die Zahlenvariation von in Mehrzahl vorhandenen Organen, zum Beispiel beim Menschen Sechsfingrigkeit gegenüber Fünf- fingrigkeit. Diese Variabilität ist nun in allen Fällen diskontinuierlich, nicht durch Übergänge mit dem Ausgangspunkt verbunden und diese Variationen erscheinen trotzdem ebenso vollständig und normal. Daraus muß aber geschlossen werden, daß die Diskontinuität der Arten auch hervorgeht aus der Diskontinuität der Variation. Allerdings finden die eigentlichen Sports der Züchter bei Bateson weniger Beachtung. Unter den Botanikern darf Korschinsky das Recht beanspruchen, die meisten Erfahrungstatsachen gesammelt zu haben, die sich auf sprungweise Entstehung von Pflanzenformen beziehen, die er Hetero- 1 Wir würden jetzt sagen, als genotypische Veränderung innerhalb der Erbmasse oder als Mutation. — 141 — genesis nannte. Er stellte fest, daß sie nicht gar zu selten auftritt und alle möglichen Pflanzenteile betreffen kann. Auch kann sie in den verschiedensten Richtungen eintreten und ebensogut einen Fortschritt wie einen Rückschritt bedeuten, wie indifferent sein. Alle diese hetero- genetischen Abweichungen, d. h. Mutationen, sind erblich konstant, wiewohl sie gewöhnlich nur in einem einzigen Exemplar entstehen. Die Ursache ihrer Entstehung muß aber in irgend einer Veränderung der Geschlechtsprodukte der Mutterpflanze beruhen. Auf Grund all seines Materials an Beobachtungstatsachen kommt Korschinsky zum Schluß, daß alle neuen pflanzlichen Kulturvarietäten (natürlich ab- gesehen von Bastarden), deren Entstehung wirklich beobachtet ist, auf dem Wege plötzlicher Abweichung entstanden sind. Und er bezweifelt nicht, daß auch in der Natur die Arten ebenso durch Sprünge sich ent- wickelt haben, zieht auch eigens die Sports auf zoologischem Gebiet zum Beweis an. Aber auch diese Sammlungen von Tatsachenmaterial hätten wohl nicht leicht der Mutationslehre einen berechtigten oder gar beyorzugten Platz neben der Darwinschen Lehre der allmählichen Artumwandlung gesichert. Ihren Erfolg verdankte sie erst der planmäßigen experimen- tellen Erforschung, die de Vries den Erscheinungen der Mutation an- gedeihen ließ. Sein an Beobachtungen und Experimenten zur Frage der Variabilität, Selektion, Mutation, Bastardierung überreiches Werk bildet zweifellos die Grundlage der modernen Artbildungslehre. Ehe wir aber daran gehen, seine Versuche zu besprechen und die daran an- schließenden Probleme und ihre bisher vorliegende experimentelle Be- arbeitung zu studieren, wollen wir uns einige der vor und nach Darwin bekannt gewordenen Sports aus dem Tier- wie Pflanzenreich betrachten, um zu sehen, nach welchen Seiten derartige Sprünge erfolgen und wie weit sie vom Normalen wegführen können und beginnen im Anschluß an Korschinsky mit einigen Fällen aus dem Pflanzenreich. Eine gewisse Berühmtheit hat die Entstehung der Form Cheli- donium laciniatum, bei dem die Blätter tief fiederteilig sind (Fig. 54), aus dem gewöhnlichen Schöllkraut Chelidonium majus erlangt. Sie erschien plötzlich unter den gewöhnlichen Pflanzen im Jahre 1590 im Garten des Apotheker Sprenger in Heidelberg. Er sandte ihre Samen — 142 — an edle bekannten Botaniker seiner Zeit, wie Caspar Bauhin, die alle daraus die laciniatum-Form erzogen, die sich immer als konstant und samenbeständig erwies. Sie breitete sich, ohne je etwa wildwachsend gefunden worden zu sein, im Laufe von 150 Jahren in den botanischen Gärten aus und verwilderte auch von hier aus. Sie verhält sich auch jetzt noch völlig wie eine gute Art. ,,Und doch ist das erste Exemplar derselben aus dem Samen einer anderen Art ausgewachsen und die neue A B Chelidonium majus (,-/• und seine Mutation Ch. laciniatum (/>'). Nach De Vries. Art entstand aus einer anderen mit einem Schlage, mit konstanten Merk- malen und fester Vererbungskraft ; sie entstand vollkommen ausgebildet und abgeschlossen wie Pallas Athene in voller Rüstung aus dem Haupte Zeus hervorgegangen ist." Diesem Fall des Schöllkrautes läßt sich am Besten das Verhalten mancher Farne wie Scolopendrium vulgare zur Seite stellen. Hier finden sich eine ganz außerordentliche Zahl von Variationen der Blatt- spreite vor (Fig. 55), welche innerhalb der Art Hunderte von Formen — 143 — unterscheiden lassen, die besonders aus England bekannt sind. Eine jede vererbt aber diese Eigenschaften. Wenn, was häufig vorkommt, ein und dasselbe Blatt aus ungleich geformten Teilen besteht, vererbt jeder Teil durch die an ihm gebildeten Sporen seine Eigentümlichkeit. VARIATION IN HARTS TONGUE FERN l'iS- 55- Blattmutationen des Farns Scolopendrium vulgare, i die typische Form. Nach Lowe aui Th omso n. (Aus den ungeschlechtlich erzeugten Sporen gehen die Farne ja erst wieder durch Vermittlung einer Geschlechtsgeneration hervor, sodaß auch. mittels der Sporen indirekt eine reine geschlechtliche Vermehrung statthat). Die einzelnen Blattvariationen stellen also eben so viele sprungweise entstandenen Elementararten dar. — 144 — Bemerkenswert ist auch der Fall der italienischen Pappel, deren erstes Entstehen auf dem Wege einer Sprungvariation von der Schwarz- pappel aus höchst wahrscheinlich, wenn auch nicht erwiesen ist. Sie wird von jeher in Italien kultiviert und wurde von da aus überall hin geführt. Es ist aber bisher nicht gelungen, irgendwo ihre Heimat zu entdecken, und da sie ausschließlich im männlichen Geschlecht vorkommt und auf ungeschlechtlichem Wege weiter vermehrt wird, so muß man annehmen, daß sie einmal als Mutation in einem einzigen männlichen Exemplar entstand. Es ist ja überhaupt besonders häufig der Fall, daß die Sprungvarietäten in nur einem Exemplar auftreten (single variations !). Am besten bekannt sind natürlich die Fälle, in denen es sich um Kulturpflanzen handelt, ist es doch wahrscheinlich, daß die unendliche Fülle der Gartenvarietäten, abgesehen von der Bastardierung, ausschließ- lich so entstanden sind. Nicht immer liegen aber zuverlässige Angaben über das erste Auftreten einer Varietät vor. Da aber, wo es bekannt ist, zeigt sich, daß alle Teile der Pflanze in den verschiedensten Rich- tungen an der Mutation teilnehmen können. So kann die Veränderung sich z. B. auf den ganzen Wuchs und Habitus beziehen. Es gab in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die gewöhnliche Cypresse, die ja pyra- midenförmigen \^'uchs hat, einer Varietät den Ursprung, der var. cerei- formis, deren Stamm nur von kleinen, nach oben gerichteten Zweigen bedeckt ist, sodaß der Baum den Habitus einer sich nach oben ver- jüngenden Säule erhält, deren Durchmesser bei einem Exemplar von 12 m Höhe nur 60 cm beträgt. Aus ihren Samen entstand nur die gleiche Form. In anderen Fällen bezieht sich die Veränderung auf die Blätter; für ihre Gestaltsveränderung haben wir schon ein Beispiel angeführt, ein anderes beziehe sich auf die Blattfarbe. Besonders die sogenannten Blutbäume, wie die Blutbuche, gehören hierher. Wenn auch für diese gerade der Ort ihres unvermittelten Auftretens bekannt ist, so wurde der betreffende einzelne Baum doch nur als anwesend fest- gestellt, nicht aber in seiner Entstehung beobachtet. Für die ent- sprechende Form der Berberize, Berberis vulgaris var. atropurpurea ist aber auch dieses der Fall; sie entstand im Anfang des vorigen Jahr- hunderts in Versailles unter den Sämlingen der gewöhnlichen Berberize und gab seitdem reine blutblättrige Nachkommenschaft. — 145 — Am meisten Beachtung haben natürlich die Sprungvariationen in Form und Farbe der Blüten gefunden, und es gibt unter den Garten- varietäten eine beträchtliche Zahl, deren Herkunft bekannt ist. Um nur einen der vielen Fälle der gefüllten Blumen zu erwähnen, so beob- achtete Lambotte in Paris im Jahre 1853 die Entstehung gefüllter Petunien. Unter einer gewöhnlichen Aussaat fand er ein Exemplar mit besonders großen Blüten, deren Staubfäden zur Hälfte in Kron- blätter verwandelt waren und die sich auch durch andere Färbung aus- zeichneten. Durch Benutzung ihres Pollens zur Weiterzucht konnte er dann eine gefüllte Rasse isolieren. Übrigens spielte auch in de Vries bald zu besprechenden Versuchen die Erzeugung eines gefüllten Chry- santhemum segetum eine Rolle. Endlich noch ein Beispiel über eine Mutation am Samen. Godron fand 1860 unter einer Stechapfelaussaat gleicher Herkunft ein Exemplar mit einer stachellosen Samenkapsel und bei Weiterzucht erhielt sich das Merkmal in 13 kontrollierten Gene- rationen konstant. Diese Beispiele mögen genügen, den Satz Kor- schinskys zu illustrieren, daß es den Gärtnern so selbstverständlich ist, daß ihre Varietäten auf diesem Wege der Mutation entstehen, daß sie es gar nicht weiter erwähnenswert halten. Es stimmt damit ja auch überein, daß die neuesten Formen am ehesten in großen Züchtereien ge- funden werden, die mit großen Massen arbeiten. Und um mit den pflanzlichen Sports abzuschließen, braucht wohl nicht besonders hervor- gehoben zu werden, daß, seitdem man im Gefolge von de Vries' Mutationstheorie besonders darauf achtet, zahlreiche weitere Beob- achtungen, bekannt wurden; so berichtet de Vries selbst über die Mutationen, die bei dem berühmten kalifornischen Züchter Burbank entstanden, und die Svalöfer Botaniker beobachteten Mutationen in ihren Getreidelinien ebenso wie Johannsen bei seinen reinen Linien der Bohnen. Werfen wir nun auch einen Blick auf einige solche Sports im Tier- reich, die als Beobachtungstatsachen festgestellt wurden. Wir werden da allerdings von vornherein nicht erwarten dürfen, allzuviel Material vorzufinden; denn Beobachtungen an nicht domestizierten Tieren sind natürlich noch viel schwieriger und unzuverlässiger als bei wilden Pflanzen. Die domestizierten Tiere sind aber an Zahl der Arten den Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. jO — 146 — domestizierten Pflanzen beträchtlich unterlegen, sind es doch weniger als hundert, während allein ein einziger großer Pflanzenzüchter wie Luther Burbank 2500 Arten kultivierte, gar nicht zu reden von der gar nicht in Vergleich zu setzenden Individuenzahl. Mit der Anwendung indirekter Schlüsse muß man aber im Tierreich noch vorsichtiger sein wie im Pflanzenreich, da z. B. das Erscheinen einer vorher unbekannten Form von einem gewissen Zeitpunkt ab nur bei wirklich in Massen untersuchten Formen ihr vorheriges Nichtvorhandensein sicher er- scheinen läßt. Natürlich dürfen wir auch hier nur dann von einer Mu- tation reden, wenn ihre Erblichkeit festgestellt ist. Sicher wäre manche Mutation mehr z. B. aus dem so fleißig studierten Reich der Insekten bekannt, wenn nicht der Züchter hier meist auch Sammler wäre, der eine unvermutet auftretende „Aberration" sofort, ehe sie sich fortgepflanzt hat, in seine Sammlung steckt, damit das kostbare Exemplar sich nicht bei der Kopula verletzt. So ist ein interessanter mehrfach beobac^i teter Fall das Fehlen der „Augen" bei Schmetterlingen mit charakteristischen Augenflecken wie dem Tagpfauenauge, deren künstliche Erzeugung im Temperaturexperiment wir schon kennen lernten. So lange aber die Erblichkeit nicht festgestellt ist, kann es eben so gut auch eine extreme Variation oder ein embryonaler Defekt sein. Dasselbe gilt von der merkwürdigen Aberration ab. Daubi des mittleren Weinschwärmers Chaerocampa elpenor, die Herr Schmidt in Fürth im Jahre 1908 aus einer normalen Zucht in 2 Exemplaren erhielt, und solcher Fälle ließen sich genügend aufzählen. Aber gerade aus dem Reich der Schmetterlinge können wir auch eine Form nennen, die zuverlässig in neuerer Zeit in freier Natur als Mutation entstanden ist, zuverlässig, obwohl ihr erstes Auftreten unbekannt ist, da sie noch jetzt im Zucht- experiment sich neu bildet. Von Norden her vordringend breitet sich in Deutschland die schwarze Aberration der Nonne aus, die früher gänz- lich unbekannt war. Wenn auch ihr erstes Auftreten sich nicht genau feststellen läßt, so erweist sie sich trotzdem dadurch mit Sicherheit als Mutation, daß sie auch in Zuchten mit rein weißen Faltern öfters in einzelnen Exemplaren auftritt und zwar gelegentlich in recht charak- teristischer Weise, worüber aber hier nicht näher berichtet werden kann. Dasselbe gilt von der schwarzen Varietät doubledayaria des Birken- — 147 — Spanners Amphidasys betularius, den Stand fuss ebenfalls als Mu- tanten entstehen sah, wie noch von anderen Melanismen. Aus jüngster Zeit ließen sich hier vielleicht noch die Mutanten erwähnen, die Wol- tereck in Daphnienkulturen erhalten haben will, über die aber noch nicht genügend ausführliche Mitteilungen vorliegen. Von in neuerer Zeit aus freier Xatur festgestellten Mutanten seien nun noch die Mutationen des schon so oft erwähnten Coloradokäfers d e f Fig- 56. Mutationen beim Coloradokäfer. a L. undecimlineata, /' ihr Mutant angustovittata, c der Mutant melanothorax von L. multitaeniata, d L. decemlineata mit ihren Mutanten, e tortuosa und f defectopunctata nach Tower. aufgeführt, weil sie uns später noch des Näheren beschäftigen werden, da auch ihre Erzeugung im Experiment geglückt ist. So zeigt neben- stehende Fig. 56 in d, die Form Leptinotarsa decemlineata, und in / und e die aus ihr entstehenden Mutanten defectopunctata und tortuosa, besonders letztere charakteristisch durch die Verschmelzung der Längs- streif ung auf den Flügeldecken, a aber zeigt die Art L. undecimlineata mit ihrem gänzhch abweichenden Mutant angustovittata (6). Es braucht 148 — wohl nicht besonders bemerkt zu werden, daß all diese Mutationen völlig erblich konstant sind. Die altbekannten Fälle beziehen sich im Tierreich aber auch ähnlich wie im Pflanzenreich auf die Kulturformen, von denen mancherlei Sports im Lauf der Zeit registriert sind; eine ganze Reihe von ihnen hat ja bereits Darwin aufgezählt und ihnen dadurch eine gewisse Berühmt- heit gesichert. Einer der bekanntesten ist das Ancon- oder Otteischaf. Im Anfang des vorigen Jahrhunderts fiel in Nord- amerika in einer kleinen Schafherde, bestehend aus einem Bock und einem Dutzend Lämmern unter lauter normalen Tieren ein männliches Lamm, das durch seinen langen Rücken und seine krummen Beine an einen Dachshund erinnerte. Da Fig- 57- die dort gezüchteten Schafe gern ihre Mauchampwolle nach Settegast. jj^^^^^ übersprangen, brachte der Farmer Seth Wright diesen Bock zur Fort- pflanzung in der Hoffnung, daraus eine Rasse zu ziehen, der jener Fehler nicht anhaftete. In der Tat waren die Nach- kommen, die der Anconbock mit einem gewöhnlichen Schaf erzeugte, entweder reine Anconschafe oder solche der Aus- gangsrasse i, sodaß eine reine Anconrasse erhalten werden konnte, die so lange Fig. 58. Merinowolle nach Settegast. 1 Die Bedeutung dieser „Spaltung" in die Elternformen wird uns bei Betrach- tung derBastardierung klar werden. Die viel- fach angezweifelte Entstehungsgeschichte dieses Tieres wurde erst kürzlich wieder durch einen neuentdeckten zeitgenössischen Bericht bestätigt. — 149 — auch sich praktisch bewährte, bis ihre Zucht durch Einführung der sanftmütigen Merinos überflüssig wurde. ,>-!iv. Fig. 59. Merinoschaf. Nach Settegast. Noch bekannter ist vielleicht der Fall der Mauchampschafe. Der Züchter Graux auf dem Gut Mauchamp fand im Jahre 1828 in einer Merinoherde ein Bocklamm, das sich von allen anderen Tieren unter- schied. Während die gewöhnliche Merinowolle, wie nebenstehende Figur 57 zeigt, ganz fein gekräuselt oder eingekerbt ist, war die Wolle Fig. 60. ^lauchampschaf. Nach Settegast. dieses Schafs sehr lang, sanft wellig und von charakteristischem Seiden - glänz (Fig. 58). Bei Paarung mit einem gewöhnlichen Merinoschaf — 150 — vererbte sich diese Eigentümlichkeit und bUeb bei Reinzucht seitdem völhg konstant, sodaß eine besondere Rasse, die Mauchampschafe, erhalten wurde, die lange weiter kultiviert wurden und auch durch Bastardierung Verbesserungen erfuhren. Fig. 59 und 60 zeigen die beiden Rassen, Um auch aus neuster Zeit einen Fall, wieder aus der Schafzucht zu nennen, seien die eigenartigen weißen Heidschnucken erwähnt, die außerdem auch hornlos sind und sich somit scharf von den echten l-ig. 61. Gewöhnliche Heidschnucke. Heidschnucken unterscheiden, wie die nebenstehenden Abbildungen, Fig. 61 und 62, beweisen. Sie werden seit nicht langer Zeit in Herden kultiviert und wenn auch ihr allererster Ausgangspunkt nicht genügend bekannt ist, so kann es bei der engen Begrenzung des Zuchtgebietes der Heidschnucken keinem Zweifel unterliegen, daß sie von einem einzelnen Sport aus gezüchtet sind. Als ein sehr charakteristischer, zu verschiedenen Zeiten in Rußland aufgetretener Sport seien sodann die einhufigen Schweine genannt, deren 151 Existenz nach Darwin schon seit Aristoteles bekannt ist und die seiner Ansicht nach öfters entstanden sind. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß die beiden Zehen distal verwachsen sind, wie Fig. 63 im ganzen, Fig. 64 im Skelett, verglichen mit dem normalen Fuß, zeigt, sodaß eins der grundlegenden systematischen Merkmale der ganzen Ordnung, die Paarhufigkeit, wenn auch nicht aufgehoben (dazu müßte eine Zehe aus- fallen) so doch verschleiert ist. Eine Zeitlang wurden solche Einhufer- sauen lebhaft gezüchtet, als vor Einführung der Eisenbahnen große Fig. 62. Die hornlosen weißen Heidschnucken. Nach v. L e p e 1. Herden weit weg getrieben wurden und sich dabei die Einhufer als bessere Wanderer erwiesen. Sie sollen außerdem auch nicht unter der Klauenseuche leiden. Später gingen die Zuchten wieder ein. Gelegent- lich tritt aber der gleiche Sport wieder auf — wie dies auch von anderen Sprungvariationen des Tier- und Pflanzenreichs bekannt ist — und einen solchen fand im Jahre 1888 der Züchter v. Dunin -Kozicky auf. Er ließ sie von einem Yorkshire-Eber bespringen und erhielt zu je einer — 152 — Hälfte Nachkommenschaft genau nach den Eltern. Die Einhufer ver- erbten ihren Charakter aber rein weiter. Oben bei den Heidschnucken begegnete uns bereits der Charakter der Homlosigkeit und diese ist ein Sport, dessen Auftreten in sehr vielen Fällen bei Schafen wie Rindern beobachtet wurde und sich immer als erblich erwies. So weist Settegast auf einen Stamm hornloser Rinder in Gr. Kochberg bei Rudolstadt hin, der nach der Angabe seines Züchters von Stein von einer einzigen Kuh stammt, die in einem gehörnten i c d e f ^'ö- 63. Huf des Einhuferschweins von hinten. Nach V. Dabrowa. Fig. 64. Fußskelett des ge- wöhnlichen (linksj und Einhufer- schweins. Nach V. D a b r o w a. Schlag. ausnahmsweise hornlos gefallen war^. Und Prof. Pott be- richtet, daß in der Kitzbüheler Gegend lange Zeit ein hornloser Rinder- stamm gleicher Provenienz gezüchtet wurde, bis er durch Pinzgauer ersetzt wurde; solche Beispiele ließen sich aber noch viele anführen. Die gleiche Erfahrung hat man auch mit dem entgegengesetzten Fall, 1 Es sei hier übrigens bemerkt, daß es Forscher gibt (Aren ander), die annehmen, daß hier ein Rückschlag auf hornlose hypothetische Vorfahren zu sehen ist. Es gibt kaum einen Fall von Mutation im Tierreich, den man nicht so erklären wollte, ohne daß je stichhaltige Gründe beigebracht wurden. — 153 — der Verdoppelung der Hörner gemacht, die ebenfalls bei Schafen wie Ziegen gelegenthch als Sprungvariation auftritt und sich erblich er- weist. Um auch noch einen Fall aus einer ganz anderen Tiergruppe zu er- wähnen, sei auf den scllwarzschulterigen Pfau hingewiesen, der durch Darwins Mitteilungen berühmt wurde. Diese Vögel unterscheiden sich von dem gemeinen Pfau in der Färbung ihrer Schwungfedern zweiter Reihe, Schulterdeckfedern, Flügeldeckfedern und Schenkel. Darwin kennt 6 Fälle, in denen sie sich plötzlich in Herden gewöhnlicher Pfauen zeigten und sich dann als erblich konstant erwiesen und bemerkt dazu: „Bessere Zeugnisse für das erste Auftreten einer neuen Varietät lassen sich kaum beibringen." Und zum Schluß nun noch einen Fall der Neu- zeit, der sich im Gegensatz zu den bisherigen morphologischen Befunden auch auf einen physiologiscHen Charakter bezieht: Arenander be- richtete vor kurzem über das Auftreten einer Kuh in einem schwedischen Schlag, der sich durch reichliche, fette Milch auszeichnet, die nur ein Minimum an magerer Milch lieferte. Diese physiologische Eigentüm- hchkeit, die ihr Entdecker selbst als Mutation betrachtet, erwies sich aber als völlig erblich. Die Sprungvariationen, von denen hier die Rede war, erwiesen sich im allgemeinen als ziemlich beträchtlich von dem Artcharakter ab- weichend und man könnte meinen, daß solche Sports doch nur aus- nahmsweise zur Bildung neuer Formen führen. Die ganze Arbeit des Tierzüchters geht ja darauf hinaus, allmählich seine Rassen in be- stimmter Weise zu verbessern, und bekanntlich erreicht er es auch. Wie schnell oder wie langsam er es erreicht, wird aber durch genau die gleichen Dinge bedingt, wie wir sie für die Selektion bei Pflanzen kennen lernten. Dort wurde durch einmalige Auswahl der Elementar- arten das Maximum des Zuchtwahleffekts nach Svalöfer Methode er- zielt, hier wird das gleiche erreicht durch Auswahl nicht schon vor- handener, sondern neu entstehender Elementararten. Im Prinzip ist das natürlich das Gleiche. In der Züchtungskunde spielt nun die viel gerühmte und viel bekämpfte „Individualpotenz" eine be- trächthche Rolle. „Hier erscheint, um Beispiele anzuführen, ein durch Ausdauer und Schnelligkeit gleich hervorragendes Individuum in einer — 154 — Zucht von Pferden, der diese Vorzüge in solchem Grade bisher nicht eigen waren; dort wird in einer Rinderherde ein Individuum ge- boren, das von Jugend auf die Kennzeichen der Frühreife und leichten Ernährung so ausgeprägt an sich trägt, wie es nie zuvor in dieser Zucht vorgekommen ist. In einer Merinoherde wieder, deren Wollcharakter und Hautdichtheit nicht befriedigten, fällt ein Individuum, das sich im eminentesten Grade durch normalen Bau des ^^'ollhaares und vollen Stapel hervortut, oder es taucht in einer Tuchwollherde ein Tier auf, das in höchster Vollendung mit allen wünschenswerten Eigentümlich- keiten einer schönen Kammwolle ausgestattet ist. So und ähnlich ge- stalten sich die Abweichungen. Irgend eine Besonderheit oder beachtens- werte Eigenschaft, die der Züchter entweder früher schon als der Pflege würdig erkannt hat, oder die er jetzt erst bei ihrem Erscheinen in der Herde in ihrer Wichtigkeit für die Zucht erfaßt, macht sich an einem aus der Menge auftauchenden Individuum bemerkbar. Es stammt von Eltern, die von dem Neuen ihres Kindes entweder nichts an sich trugen oder nur Andeutungen davon besaßen, es entspringt einer Zucht, die bis dahin Individuen dieser Art nicht aufzuweisen hatte. . Und es erscheint ein zweites Individuum mit denselben oder auch nur ähnlichen Besonderheiten ausgestattet ohne sein Zutun nicht wieder. Erneute Kopulationen seiner Eltern reproduzieren den gewöhnlichen Herden- charakter. Die dem Günstling eigene, über das gewöhnliche Maß hinausragende Vererbungskraft, die in ihm ruhende Individualpotenz läßt eine Deszendenz auftreten, in der sich sein Bild wiederspiegelt und die bei zweckmäßiger züchterischer Behandlung der ganzen Zucht einen neuen Impuls gibt. So kann das durch Neubildung der Natur bevor- zugte Individuum der Begründer neuer Zuchten, Stämme, Rassen werden. In kürzester Zeit vermag dann der Züchter durch zweck- mäßige Benutzung eines solchen Tieres eine Leistung zu stände bringen, die im gewöhnlichen Entwicklungsgange der Zucht unendlich lange Zeiträume erfordert hätte, ja vielleicht niemals erreicht worden wäre. In jeder Züchtungsrasse sind es solche vereinzelt auftretende Individuen gewesen, die für den schnellen Aufschwung und die Verbreitung der Zucht als Hebel wirkten, die der Rasse neue Bahnen anwiesen. Das ist durch die Geschichte der Tierzucht leicht nachzuweisen." (Sette- — 155 — gast.) Mit anderen Worten heißt das aber: Auch die kleinen, dem Züchter nützhchen Abweichungen, werden nicht von ihm hervorgerufen, sondern treten in erbhchen, durch Mutation entstandenen Elementar- arten in einzelnen Individuen auf. Eine einmalige Auswahl gründet, wie bei den Getreidelinien, die neue Rasse, natürlich abgesehen von der durch die mangelnde Selbstbefruchtung gegebenen Notwendigkeit sie weiterhin zu reinigen, was aber nach den Bastardierungsregeln, wie wir sehen werden, in oft nur einer Generation möglich ist. Und so besteht auch die ganze Tierzucht in dem geschickten Erkennen und Auswählen von Mutationen, ebenso wie in der Pflanzenzucht ist es wahrscheinlich, daß auch die geringsten Fortschritte nur auf dem Weg der Mutation erzielt werden. Die in der Praxis viel be- kämpfte Lehre von der Individualpotenz, die durch zahllose Bei- spiele belegt wird, ist also nichts anderes, als die jetzt so siegreiche Lehre von der Mutation und der einmaligen Auswahl der Elementar- arten. Wir wollen diesen Abschnitt aber nicht beschließen, ohne wenigstens mit einem Wort auf die berühmten Knospenvariationen im Pflanzen- reich hingewiesen zu haben. Die Erscheinung, besser als Knospen- mutation oder vegetative Mutation (Johannsen) bezeichnet, ist ja bekanntlich bereits von Darwin ausführhch in ihrer Bedeutung ge- würdigt worden. Sie besteht darin, daß unvermittelt an einem vege- tativen Pflanzenteil eine weitgehende Abänderung eintritt, die nun gleich sich als erblich erweist. Das bekannte Beispiel Darwins ist das plötz- liche Auftreten von Nektarinen an Pfirsichbäumen, aus deren Kernen sich nur Nektarinen wieder entwickeln. M'enn man von den Fällen absieht, in denen solche Erscheinungen auf vorhergegangener Bastar- dierung beruhen und in das Gebiet dessen gehören, was wir später als Mosaikbastarde kennen lernen werden, handelt es sich in den zahllosen verbürgten Fällen wohl meist um sports, die eben nur vegetativer Natur sind. Im Tierreich ist, auch bei koloniebildenden, knospenden Tieren nichts entsprechendes mit Sicherheit bekannt, vielleicht auch un- möglich, da, wie wir später sehen werden, sich ein prinzipieller Unter- schied zwischen Tier- und Pflanzenreich in Bezug auf das Verhältnis von Körper- und Geschlechtszellen findet. — 156 — Die gegebenen Beispiele mögen genügen, die Bedeutung der Sports für die Artbildung im Tier- und Pflanzenreich zu zeigen, und damit können wir uns der eigentlich wissenschaftlichen Begründung der Mu- tationslehre durch de Vries zuwenden. Achte Vorlesung, Die Mutationen der Oenothera. Zahl und Lebensaussicht der Mutanten. Die Erzeugung der Mutation durch Außenfaktoren. Mutation und Bastardierung. Mutation ^ kontinuierliche und diskontinuierliche Variation und die Artbildung. Der ausgezeichnete holländische Botaniker Hugo de Vries fand auf der Suche nach Arten, die sich zur experimentellen Erforschung der Artumwandlung geeignet erwiesen, auf einem verlassenen Kartoffel- acker in der Nähe von Hilversum eine Menge Individuen der Nachtkerze Oenothera Lamarckiana, einer aus Amerika eingeführten Pflanze, die hier aus benachbarten Anlagen verwildert war. Es fiel ihm nun auf, daß die Pflanzen eine besonders starke fluktuierende Variabilität ferner eine große Neigung zu gewissen Abnormitäten wie Bänderung zeigten. Im nächsten Jahre 1887 fand er nun unter den gewöhnlichen Formen zwei kleine Gruppen von Individuen, wahrscheinlich aus den Samen einer Mutterpflanze hervorgegangen, die sich als selbständige elementare Arten erwiesen. Die eine war besonders kurzgrifflig und wurde brevi- stylis genannt, die andere hatte glattere Blätter, schmalere Blumen- blätter und anderen Habitus als die Stammart und wurde laevifolia genannt. Da die Formen bis dahin unbekannt waren, so regte sich der Verdacht, daß sie durch Mutation neu entstanden sein könnten und sie wurden ebenso wie Aussaaten von der Stammpflanze in Kultur ge- nommen. Eine erste Kultur ging von 9 lamarckiana -Pflanzen aus. Aus ihnen entstanden in den folgenden Generationen neben einer über- wiegenden Anzahl von lamarckiana eine große Zahl von Mutationen, die mehr oder minder weit von der Mutterpflanze abwichen. Nicht alle konnten weiter verfolgt werden, die aber, die weiter gezogen wurden. — 157 erwiesen sich sofort als samenbeständig, d. h. sie gaben gleichgestaltete Nachkommenschaft. Sie wurden dabei stets mit künstlicher Bestäubung unter Anwendung aller Vorsichtsmaßregeln vermehrt. Nebenstehende Figg. 65 — 67 zeigen die Stammpflanze mit einigen ihrer Mutanten. Da entstand die 0. gi gas, ausgezeichnet durch besonders schönen Wuchs, große Blüten, kurze dicke Früchte, große Samen, in einem einzigen kon- stant züchtenden Exemplar. Ferner die O. rubrinervis, charakterisiert durch rote Blattnerven und breite rote Streifen auf Kelch und Früch- ten, ferner eine sehr geringe Ausbildung des Bastes und ebenfalls völlig konstant. Die ebenfalls neu entstandene Ele- mentarart O. oblonga erwies sich in gleicher Weise als konstant, gab aber außerdem selbst später anderen Mutan- ten den Ursprung. Besonders bemerkenswert ist die Zwerg- Oenothera, 0. nanella, die sich von der Stammart im wesentlichen nur durch ihren Zwergwuchs unterscheide t, deren Nachkommenschaft aber diesen Charakter rein erbt. Eine andere Form, O. lata, trat stets nur in weiblichen Exemplaren auf, sodaß sie nur mittels einer Kreuzung weiter fortgepflanzt werden konnte. Es ist dies auch deshalb bemerkenswert, weil es aus dem Tierreich Analogien der rein eingeschlechtigen Mutation gibt. Und so traten noch viele andere Fig. 65. Oenothera lamarckiana. Nach De Vries. — 158 — Formen auf, die im einzelnen nicht aufgezählt seien. Nebenstehende Fig. 68 (pag. i6o) gibt einen ausgezeichneten Begriff der Mutabilität, indem sie eine Serie von ii Mutanten der Oenothera lamarckiana als junge Topfpflanzen, wie sie Mac Dougal in Amerika züchtete, zeigt. Rechts oben ist die Stamm- pflanze, in den beiden unteren Reihen links außerdem Ver- treter der Spezies O. biennis. In sämtlichen anderen Stäm- men, die in Kultur genommen wurden, war der Verlauf ein ähn- licher, es traten bald mehr, bald weniger Mutanten auf und zwar sowohl solche, die auch schon in der obengenannten Serie aufge- treten waren, wie neue. Die Art des Auftretens ohne jede Ver- mittlung, die völlige Konstanz bei weiterer Kultur nach Selbst- bestäubung war immer die gleiche, sodaß de Vries schließ- lich über das Wesen der Muta- tion und ihre Bedeutung für die Bildung neuer Arten zu folgen- den Vorstellungen kam: Neue elementare Arten entstehen in der Natur plötzlich und ohne Übergänge. Es ist hierfür, wie für alles ^\^eitere anzunehmen, daß die Verhältnisse in der Na- tur sich von denen im Versuch nicht unterscheiden, da der Versuch ja nichts anderes darstellt als die Kultur unter Kontrolle. Auch am natürlichen Standort wurden ja ebenfalls die Mutanten angetroffen. Sind neue elementare Arten durch Mutation entstanden, so sind sie meist vom ersten Augenblick Fig. 66. Mutanten von Oenothera lamarckiana, A O. rubrinervis, B u. Cdie zwerghafte O. nanella. Nach De Vries. 159 an konstant. Nur eine Ausnahme wurde gefunden, die Oenothera scintillans, die in ihrer Nachkommenschaft nur zum Teil scintillans hat, ein Fall, der uns später noch beschäftigen wird. Die neu auf- tretenden Arten müssen, wie das schon der Paläontologe Scott ver- langt hatte, im allge- meinen in einer größeren Zahl von Individuen resp. innerhalb einer ge- wissen Periode auftre- ten, damit es möglich ist, daß sie auf die Dauer neben der Stammart be- stehen können. Auf die tatsächlichen Zahlenver- hältnisse ihres Auftre- tens werden wir gleich zu sprechen kommen. Die an den Mutanten neu auftretenden Eigen- schaften zeigen zu der individuellen Variabili- tät keine auffällige Be- ziehung, sie liegen außer- halb ihres Rahmens. Femer umfassen sie alle Organe und können in jeder beliebigen Rich- tung liegen. So werden die Pflanzen stärker oder schwächer, die Blätter breiter oder schmaler, die Blumen größer und dunkler gelb oder kleiner und blasser, die Früchte länger oder kürzer, die Oberhaut unebener oder glatter und so fort. Diese vielen Eigenschaften sind dabei vom Standpunkt der Zuchtwahl aus keineswegs alle nützlich, vielmehr zum Teil gleichgültig oder un- vorteilhaft. Einige Formen, wie die nur weiblich entstandene lata. Fig. 67.. Die Mutante Oenothera gigas. Nach De Vries. 160 — sind ja sogar allein gar nicht lebensfähig. Die Zuchtwahl ist also im Stande, sofort die ungünstigen Mutanten wieder auszumerzen. Die Fig. 68. Junge Topfpflanzen von Oenothera-Mutanten. Rechts oben die Stammpflanze O. la- marckiana. In der zweituntersten Reihe links die Art O. biennis mit einem Mutanten darunter. Alle übrigen sind Rosetten von Lamarckianamutanten. Nach MacDougal, Vail und Shull. Art, wie die Mutation bei derOenothera explosionsartig auftritt, während bei allen anderen darauf untersuchten Arten nichts derartiges zu finden — 161 — war, spricht dafür, daß es besondere Mutationsperioden gibt, die mit Perioden der Un Veränderlichkeit abwechsehi. In diesen sammelt sich die Fähigkeit zum Mutieren gewissermaßen auf, eine Praemutations- periode geht der Mutationsperiode vorauf. Mit dieser Annahme läßt sich vielleicht für die Entstehung der Arten eine viel kürzere Zeit be- rechnen, als es die Theorie der allmählichen Veränderung nötig hatte. Es fragt sich nun, wie diese Tatsachen und Theorien sich zu den uns bereits bekannten Erfahrungen über die Sports verhalten und wie weit sie dabei der weiteren experimentellen Forschung standgehalten haben. Wir wollen uns aber dabei im Wesentlichen auf die Punkte be- schränken, die wirklich exakter Erforschung zugänglich sind. Und da steht an der Spitze die Frage nach der Zahl der auftretenden Mutanten, die im mindesten so groß sein muß, daß sie Aussicht auf Erhaltenbleiben haben. Aus den Erfahrungen der künstlichen Zucht wissen wir, daß dazu im günstigsten Fall nicht viel nötig ist. Haben wir doch eine ganze Anzahl von Haustieren und Kulturpflanzen kennen gelernt, die durch die Zuchtwahl des Menschen aus einem einzigen Sport gezüchtet worden sind. Hier mußte allerdings die Zuchtwahl eine so intensive und ge- schickte sein, daß es schwer ist, sich vorzustellen, wie sie in der Natur in gleicher Weise sollte wirken können. Delboeuf hat ein Gesetz auf- gestellt, nach dem Mutanten, die in einer bestimmten Anzahl von Indi- viduen auftreten und deren Bildung sich in mehreren Generationen hintereinander wiederholt, sich dauernd gegenüber der Stammart ver- mehren müssen. Es läßt sich aus der Prozentzahl des Mutierens be- rechnen, nach wieviel Generationen die Zahl der Individuen der neuen Form die der alten erreicht hat. Die Vorausbedingung ist nur die Mög- lichkeit der freien und normalen Vermehrung und ein neutrales Ver- halten gegenüber dem Kampf ums Dasein. Das Gesetz berücksichtigt allerdings eines nicht, nämlich, daß sich in den meisten Fällen die neuen Mutanten mit der Stammform kreuzen werden und dabei werden bestimmte Zahlenverhältnisse auftreten müssen, die wir bei Betrachtung der Mutationskreuzungen später kennen lernen werden. Man hat darin eine Widerlegung seiner Giltigkeit gesehen (Plate), mit Unrecht, da die Kreuzungsverhältnisse nicht auf die Zahlen verschiebend einwirken. Das wird uns später klar werden. Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. ^A° .^A"^^ 162 Die eine Bedingung dieses Gesetzes, das regelmäßige Auftreten von Mutanten in aufeinanderfolgenden Generationen trifft nun für die Ver- suche von de Vries zu, es zeigt sich ebenso auch in den sogleich zu besprechenden Beobachtungen von Tower am Coloradokäfer, und auch für die schwarze Mutation der Nonne läßt sich ihr regelmäßiges Auf- treten in den Zuchten zeigen. Daß aber auch die andere Bedingung eines einigermaßen regelmäßigen Prozentsatzes von Mutanten zutrifft, geht aus allen vorliegenden Daten hervor. Betrachten wir uns unten- stehenden Stammbaum, den de Vries für die Entstehung von Mu- tanten unter Angabe der Individuenzahl für die oben erwähnten Nach- kommen der 9 in Kultur genommenen Individuen von Oenothera Lamarckiana gibt, so sehen wir, wie in jeder Generation eine, wenn auch wechselnde Prozentzahl von neuen Formen gebildet wird. leration Arten Ger gigas albida oblonga rubri- nervis Lama- rckiana nanella lata scin- tillans VIII 1899 1898 1897 1896 1895 I 890/9 I 1888/89 1886/87 I 5 I 0 1700 21 I VII 1 1 9 0 3000 II 5 VI 29 3 1800 9 I V 25 135 2a 8000 49 142 6 IV 15 176 8 14000 60 73 I III I 10000 3 3 II 15000 5 5 I 1 9 Es mutierten also von 50000 Individuen etwa 800, d. h. 1,5% im Durchschnitt. Die entsprechenden Zahlenangaben von Tower für die obenerwähnten Mutationen der Coloradokäfer, wie sie in der freien Natur aufgefunden wurden, sind: — 163 Lokalität O decem- nielani- lineata cum tortuosa Arten minutum imma- pallida | culo- thorax albida Massachusetts 1895 Long Island 1899 Maryland 1 900 . . Pennsylvania 1900 Ohio 1901 . . . Illinois 1902/03 . Texas 1904 . . . 25050 21399 14598 13500 I1710 9460 16002 141 83 5 '425 2940S 1088 82 17 2 Das Gesamtresultat ist also das Vorhandensein von nur sehr wenigen Sports in der freien Natur, viel weniger als in de Vries Kulturen. Es fanden sich unter 207 891 Individuen 118 Sports, d. h. nur i auf 1761. Würde die eine Zählung von Maryland 1900 mit der ungewöhnlich hohen Zahl von 82 sports fortgelassen, so käme sogar nur i auf 5447. Diese Zahlen dürften als Mutationsprozente sicher auch den normalen Verhältnissen, wie sie in der Natur auch bei anderen Arten verwirklicht sind, entsprechen, Tower suchte nun aber auch festzustellen, welche Aussichten diese Sports auf ein Erhaltenbleiben in der Natur haben und führte zu dem Zweck die folgenden interessanten Experimente aus. Von der Mutation pallida wurden 10 Männchen und 12 Weibchen mit 15 Pärchen der Stammform decemlineata zusammengebracht. Bei der Kopulation traten alle Kombinationen auf, aber 7mal so viel Kopulae zwischen gleichartigen Tieren als Kreuzungen. Die folgende Generation ergab dann 131 (j^, 114 Q decemlineata, 133 cf, 162 Q pallida. Nach der Überwinterung waren davon noch vorhanden 10 cJ', 18 $ von decem- lineata und 9 (j^, 10 2 pallida. Deren Nachkommenschaft ergab dann wieder 80 (J', 106 Q decemlineata und 190 cf , 210 Q pallida. In der folgenden Generation war das Verhältnis schon 211 o^, 209 Q decem- lineata und 509 (j^, 540 Q pallida. Die Mutation hatte also tüchtig — 164 — gegenüber der Stammform zugenommen. Der folgende Winter war nun ein besonders ungünstiger und gefährlicher und ihn überstanden nur 6 ff, IG 2 von decemlineata und 14 cT, 15 $ von pallida, aus deren Vermehrung 314 cf, 301 $ decemlineata und 819 (^, 761 Q. der Muta- tion pallida hervorgingen. Die Mutation hatte also auch unter un- günstigen Umständen der Stammart gegenüber glänzend bestanden. Theoretisch ist es also sehr gut möglich, daß eine solche Mutation als erfolgreiche Art bestehen bleibt. Tatsächlich aber hat sich doch die Mutation pallida nirgends in der Natur Geltung verschaffen können. Das kommt wohl daher, daß sie in nur einem Exemplar auf 5000 auf- tritt. Da sich die Wahrscheinlichkeit der Kreuzung mit der Stammart in obigem Versuch wie i : 7 ergab, so ist die Wahrscheinlichkeit ihres Erhaltenbleibens keine sehr große. Sie würde nur steigen, wenn einmal aus besonderen Gründen ungewöhnlich viele Mutanten entständen. Und dies führt uns auf einen anderen wichtigen Punkt, die Frage nach der Ursache der Mutationen. In der oben aufgefünrten Tabelle von Towers Material muß es auffallen, daß im Jahr 1900 in Maryland so ungewöhnlich viele Muta- tionen auftraten, und auch in dem Stammbaum der Oenothera nach de Vries tritt das besonders hohe Mutationsprozent in den Jahren 1895 und 1896 hervor. Und das deutet darauf hin, daß die Ursache der Mutation vielleicht in äußeren Bedingungen zu sehen ist. Mit aller Klarheit geht es aus den Beziehungen hervor, die sich zwischen Lebenslagevariation und Mutation bei den Coloradokäfern gezeigt haben. Wir haben schon oben die charakteristische Lebenslagevariation, wie sie sich unter dem Einfluß des Wechsels der äußeren Bedingungen zeigt, näher kennen gelernt. Es zeigte sich nun, daß in den Jahren, in denen die Bedingungen derartige sind, daß eine recht extreme Lebenslage- variation eintritt, auch die Zahl der Mutanten beträchtlich ansteigt. So erschien in einem Jahre, das derartige Wirkung auf die Lebenslage - Variation erkennen ließ, in Guadeloupe die lofache Prozentzahl der Mutation melanothorax als gewöhnlich, in Puebla sogar die 3ofache; in anderen Fällen konnte festgestellt werden, daß ein Jahr mit besonders reichlichen Niederschlägen sich auch durch besonders reiche Muta- tionen auszeichnete. Ganz ähnliche Beobachtungen liegen aber auch — 165 — für viele andere Objekte vor; Simroth hat eine ganze Reihe von Tierformen verschiedenster Gruppen zusammengestellt, die bei uns in dem extrem heißen und trockenem Sommer 1904 mutierten ; so fand femer Graf Arnim Schlagenthin, daß in reinen Weizenlinien neue Mutanten nach Frostschaden auftraten. Doch kann ein sicherer Schluß erst gezogen werden, wenn das Experiment die gleichen Resultate ergibt. Die Fragestellung dazu lautet: Ist es möglich, durch Ein- wirkung äußerer Faktoren künstlich Mutationen zu erzeugen? Die Frage muß bereits bejaht werden, wenn auch dieses Studium erst in den Anfangsstadien liegt. Es hat seinen Ausgangspunkt genommen von den Erfahrungen und Experimenten der Schmetterlingszüchter, welche ausgeführt wurden, noch ehe die Mutationslehre weitere Geltung besaß und zunächst teils systematische Aufklärung, teils Lösung von Abstammungsfragen be- zweckten. ^^'ir meinen die so berühmt gewordenen Temperaturexperi- mente an Schmetterlingen, denen wir ja bereits oben unsere Aufmerk- samkeit zugewandt haben. Dorfmeister war der erste, der um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Puppen mit hohen und niedrigen Tem- peraturen zu behandeln versuchte, um damit die Frage zu lösen, ob die verschiedenen geographischen Varietäten der Falter durch klimatische Differenzen bewirkt seien. Weismann, Edwards, v. Reichenau, Merrifield waren es, die die Studien weiter vertieften, die aber erst durch Standfuss und E. Fischer ihre Bedeutung für die Mutations- theorie erhielten. Die Hauptresultate bestanden ja, wie schon ausführ- licher besprochen, darin, daß junge Puppen von mitteleuropäischen Faltern, die mit niederen Temperaturen von etwa 6° behandelt wurden, Schmetterlinge ergaben, die den nördlichen Varietäten entsprachen, während solche, die einer Wärme von etwa 36° exponiert wurden, Falter südlicher Rasse ergaben. Das analoge Resultat, die künstliche Er- zielung der Standorts Varietäten des Coloradokäfers, haben wir ja auch schon oben besprochen. Es traten bei diesen Versuchen aber auch neue Typen auf, nämlich stärker aufgehellte und stark verdunkelte Individuen. Und gewisse dabei gemachte Beobachtungen führten dazu, mit Frost von — 4 bis — 20° und mit Hitze von + 40 bis +46° zu arbeiten, wobei sich zeigte, daß beide in gleichem Sinn verändernd — 166 — einwirkten, und die so geschaffenen Hitze- resp. Frostaberrationen glichen gewissen selten in der Natur auftretenden Aberrationen, von denen es höchstwahrscheinlich, zum Teil, wie schon erwähnt, sicher ist, daß sie Sports, Mutationen darstellen. Es war also möglicherweise gelungen, hier künstlich Mutationen zu erzeugen; der Beweis dafür kann aber nur aus ihrem erblichen Verhalten geliefert werden. Nachdem schon Standfuss eine Andeutung davon erhalten hatte, ist es Fischer ge- lungen, ihn zum ersten Mal einigermaßen sicher zu stellen. Er erzeugte durch Frostwirkung Aberrationen von Arctia caja, die sich durch starke Verdunkelung infolge von Verschmelzung der Fleckenzeichnung auszeichneten. Ein solches Pärchen, von dem das Männchen viel stärker abgeändert war als das Weibchen (Fig. 69, i u. 2), wurde zur Fortpflanzung gebracht. Es entwickelten sich aus den Eiern 173 Puppen und als diese schlüpften, kamen unter den Faltern, die zuletzt aus- schlüpften, 17 Individuen zum Vorschein, die ebenso wie die Eltern ver- ändert waren; 6 von diesen sind in Fig. 69, 3 — 8 wiedergegeben. Die Männchen erwiesen sich stärker verändert als die Weibchen. Wenn auch dieses Resultat noch keineswegs allen Anforderungen gerecht wird und seine exakte Interpretation durchaus nicht so einfach ist, so bedeutet es doch einen sehr wichtigen ersten Schritt. Hier schließen sich nun die schon so oft erwähnten Studien Towers an, die auch in diesem Punkte wirkliche Klarheit brachten. Sie gingen von den erwähnten Beobachtungen über gelegentlich besonders reiches Auftreten von Mutanten in der Natur aus, ebenso wie von gelegent- lichen Beobachtungen im Verlaufe anderer später zu besprechender Versuche, bei denen mit veränderten äußeren Bedingungen gearbeitet wurde und dabei die Zahl der Mutanten beträchtlich zunahm. Schon Dorfmeister hatte bei den Temperaturexperimenten mit Schmetter- lingen erkannt, daß die Wirkung eintritt, wenn man nur die eben ge- bildeten Puppen dem Temperaturreiz aussetzt, daß also eine besonders empfängliche, eine sensible Periode besteht. Eine ebensolche ver- mochte nun auch Tower festzustellen. Wenn die Käfer vor der Über- winterung oder aus der Puppe ausschlüpfen, sind ihre Geschlechts- produkte noch nicht entwickelt, sie machen ihre Entwicklung erst in den folgenden Tagen durch und zwar entwickelt sich zuerst ein Satz — 167 — Eier, der abgelegt wird, und dann ebenso weitere. Und diese Zeit des Heranwachsens der Eier hat sich als die sensible Periode für die Erzeu- Fig. 69. Künstlich erzeugte Teniperaturaberrationen von Arctia caja (i u. 2) und 6 ihrer Nach- kommen. Nach Fischer. gurig von Mutationen erwiesen. Wurden während dieser Zeit die Käfer extremen äußeren Bedingungen wie Hitze, Trockenheit, niederem Luft- druck ausgesetzt, so erzeugten sie Mutationen in ungewöhnlicher Zahl. — 168 — So wurden, um ein Beispiel zu nennen, 4 Pärchen von L. decemlineata so behandelt, während sich der erste Eiersatz ausbildete und nachher die Jungen unter ganz normalen Bedingungen aufgezogen. Aus diesen Eiern kamen 96 Käfer zur Entwicklung, von denen 82 die Mutation pallida, 2 die Mutation immaculothorax darstellten, während nur 14 gewöhnliche decemlineata schlüpften. Wurden aber die folgen- den Eiersätze unter normalen Bedingungen gebildet, so lieferten sie auch keine Mutationen. Zahlreiche Experimente auch mit anderen Arten gaben das gleiche Resultat, und es braucht wohl kaum besonders hervorgehoben zu werden, daß sich die Mutanten als völlig erblich er- wiesen. Aus allen diesen Versuchen sei nur noch einer erwähnt, weil da als Mutation nicht eine Färbungsvarietät, sondern ein neuer physio- logischer Charakter erschien. Bei einem der Versuche kamen aus einem der auf Mutation beeinflußten Eiersätze auch 20 decemlineata zum Vorschein, die sichtlich unverändert waren. Auch ihre Nachkommen erschienen völlig unverändert. Aber als die Parallelkulturen zu über- wintern begannen, blieben diese an der Oberfläche, und es zeigte sich schließlich, daß sie im ganzen 5 Generationen bildeten, anstatt der nor- malen zwei, bevor sie überwinterten. Und diese Eigentümlichkeit behielten sie auch im nächsten Jahr bei, es war eine Rasse mit der erb- lichen Eigenschaft gebildet worden, in einem Zyklus 5 Generationen hervorzubringen, eine Fähigkeit, die in der Natur keinem Glied der Gattung zukommt. Es sei, gewissermaßen in Parenthese, hinzugefügt, daß Wett stein im Pflanzenreich einen ganz analogen Fall fand, die Entstehung einer einjährigen Mutation aus dem perennierenden Ranun- culus alpestris. Allerdings wurde dieser Fall nicht im Experiment erzeugt, sondern in freier Natur aufgefunden. An diesen Resultaten erscheint nun bemerkenswert, daß die künst- liche Erzeugung von Mutanten die Einwirkung der betreffenden Faktoren während einer bestimmten sensibeln Periode erfordert, in diesem Fall der Zeit der Reifung der Geschlechtsprodukte. Es ist ja auch nicht weiter merkwürdig, daß deren Empfänglichkeitszustand maßgebend ist, da ja neue erbliche Eigenschaften sich innerhalb der Erbmasse der Geschlechtszellen finden und bilden müssen. Auf die theoretische Trag- weite dieser Dinge werden wir denn auch in den nächsten Vorlesungen — 169 — näher einzugehen haben. Hier wollen wir nur noch kurz Fälle erwähnen, die sich auf die Erzeugung von Mutationen durch ungewöhnliche, in der Natur wohl kaum verwirklichte Reize beziehen. Der eine von ihnen erscheint doppelt interessant dadurch, daß er sich auf die de Vriessche Mutationspflanze Oenothera bezieht. McDougal mit seinen Mit- arbeitern Shull und Vail prüfte die Befunde von de Vries nach und konnte sie in allen wichtigen Punkten bestätigen und vor allem auch durch genaue variationsstatistische Betrachtung erweitem. Bei dieser Gelegenheit führte er dann auch Versuche zur experimentellen Erzeu- gung von Mutanten und zwar durch direkte Beeinflussung der Fort- pflanzungsorgane aus. Es wurden verschiedene Salzlösungen, wie Zink- sulfat, Calciumnitrat, Kupfersulfat, Zucker in die Ovarien gespritzt oder diese mit Radium bestrahlt. In manchen Fällen traten dann Mu- tationen in relativ hoher Zahl oder auch im normalen Zahlenverhältnis auf. In gleicher Weise gelang es bei einer der Oenothera verwandten patagonischen Nachtkerze Raimanniaodorata charakteristische Mu- tanten zu erzeugen, die ebenfalls sich bei der Fortpflanzung in mehreren Generationen als konstant erwiesen. Ebenso vermochte Gager Oeno- theramutanten durch Radiumbestrahlung zu erzeugen, und, auf dem Gebiete des Tierreichs, Morgan auf gleichem Wege Mutanten der Tau- fliege Drosophila, ausgezeichnet durch helle statt rote Augen und kurze statt lange Flügel. \\'enn diese Versuche auch noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden können, so deuten sie doch in die gleiche Richtung wie die vorherbesprochenen. Und solcher Andeu- tungen noch nicht völlig einwandfreier Ergebnisse gibt es noch eine ganze Anzahl, von denen uns diese oder jene noch an anderem Ort be- gegnen wird. ^^'ir haben es in den angeführten Fällen mit der Wirkung äußerer Reize zu tun, die die Sports bedingten. Es fehlt aber auch nicht an Möglichkeiten einer von innen heraus wirkenden Ursache. De Vries hat bereits Vorstellungen entwickelt, wie man sich das Zustandekommen von Mutationen aus inneren Ursachen, durch Veränderungen innerhalb der Erbmasse, vorstellen kann. Er unterscheidet nämlich 3 verschiedene Arten der Mutation : die progressive, bei der neue Erbeinheiten gebildet werden, die sich der Erbmasse addieren; die retrogressive, bei der im — 170 — Gegenteil eine Erbeinheit verschwindet resp. latent wird; und sodann die degressive, bei der ein Merkmal, welches bei den Vorfahren schon vorhanden und latent geworden war, wieder neu auftritt. Es ist klar, daß das unter Umständen sehr wichtige Begriffsbestimmungen und plastische Vorstellungsarten sind, die sich, wie es Plate getan hat, noch um viele weitere Kategorien vermehren lassen. Sie geben uns aber keinen Einblick in die bewirkenden Ursachen. In höherem Maße wäre das der Fall, wenn sich nachweisen ließe, 'daß gewisse celluläre Begleiterscheinungen der Mutation als deren eigentliche Ursachen an- zusehen seien. Gates u. a. fanden, daß in den Geschlechtszellen mu- tierender Pflanzen die Chromosomen in ungewöhnlicher und unregel- mäßiger Weise verteilt werden und dann die Mutanten auch ganz andere Chromosomenverhältnisse besitzen als die Stammarten. Wenn wir das mit dem zusammenhalten, was wir in der ersten Vorlesung über die Chromosomen als Erbträger gehört haben, so erscheint es denkbar, hier mit Gates, Spillman, Gager die celluläre Ursache der Mu- tation zu sehen. Einer solchen Anschauung gegenüber ist allerdings große Vorsicht geboten, da es eine Tatsache ist, daß oft für ganze größere Gruppen von Organismen bestimmte Chromosomenzahlen und -arten konstant sind, was also dann den Anteil der Mutationen an der Art- bildung ausschlösse. Doch sind das Dinge, über die ausführlich zu reden noch verfrüht erscheint, und so wenden wir uns lieber der wichtigsten Möglichkeit innerer Ursachen der Mutation zu, der Möglichkeit, daß vorausgegangene Bastardierung den Anstoß zur Mutabilität geben könnte. Wir haben bisher die Tatsachen der Mutation als einwand- frei feststehend betrachtet. Und doch fehlt es nicht an Stimmen, die sie nicht gelten lassen wollen, die vor allem das Musterbeispiel, die Oenothera, in Bezug auf seine Zuverlässigkeit anzweifeln. Es wird uns später bei Besprechung der Bastardierungslehre näher bekannt werden, daß bei gewissen Kreuzungen in späteren Bastardgenerationen bestimmte Charaktere, die im Bastard zunächst unsichtbar waren, wieder auftreten, durch Abspaltung wieder in Erscheinung treten. Und diese Tatsache hat man benutzt, um darauf hinzuweisen, daß es sehr gut möglich ist, daß die Oenothera lamarckiana einen Bastard dar- stellt, die Mutanten somit nichts sind, als aus dem Bastard abgespaltene — 171 — Formen, wie sie ursprünglich bei der Kreuzung in ihn eingegangen waren, Hybridmutationen, wie sie Lidforss nennt (Bateson, Lotsy, Tower). Die Begründung für diesen Einwurf wird einmal darin ge- sehen, daß die genaue Herkunft der Pflanze nicht bekannt ist, sodann in dem später noch zu betrachtenden Verhalten der Mutanten bei der Kreuzung. Ersterer Einwand ist allerdings nicht allzu schwer- wiegend, kennt man doch eine nahe Verwandte der lamarckiana, die Oenothera parviflora, seit 1759 in Europa und hat sie nun in genau dem gleichen Charakter auch an ihrem natürlichen Standort in Amerika gefunden, sodaß kein Grund vorliegt, daß es bei der lamarckiana anders sei. (Vail.) Über die Kreuzungsverhältnisse werden wir später sprechen und führen hier gegen diese Anschauung nur an, daß einmal ja aus dem Tier- wie Pflanzenreich genügend sichere Mutanten bekannt sind, für die eine Bastardnatur ausgeschlossen erscheint. Sodann aber konnte Gates feststehen, daß Mutanten der Oenothera, wie die Form gigas, von der Stammform gänzlich abweichende Chromosomenverhält- nisse besitzen, was für den mit den Tatsachen der Zellenlehre ver- trauten allein schon die Erklärung der Mutanten als Abspaltungen von einem Bastard widerlegt. Trotzdem muß aber die Frage der Bastar- dierung in Beziehung zur Mutation im Auge behalten werden; es wäre nämhch sehr wohl denkbar, daß die Bastardierung als innerer Reiz wirkt, der die Entstehung von Mutanten begünstigt. Wenn man be- denkt, daß die Sports besonders häufig bei Tieren und Pflanzen auf- treten, die sich lange in Kultur befinden und bei deren Vorfahren sicher stets reichlich bastardiert wurde, so läßt das diesen Gedanken recht an- nehmbar erscheinen. Andererseits ist die Möglichkeit, daß die Mutanten nichts sind als aus Bastarden abgespaltene Formen, trotz allem was dagegen spricht, unter allen Umständen ernstlich zu berücksichtigen. Denn alles das, was sich für die Möglichkeit der Bastardierung als Mu- tationsreiz anführen läßt, kann auch in solchem Sinn gedeutet werden, ja muß es sogar vielfach. Ein neuerdings mitgeteiltes Experiment von Tower erscheint in dieser Hinsicht höchst bemerkenswert. Er brachte u. a. eine gleiche Anzahl von Coloradokäfern der 3 Spezies decem- lineata, oblongata und multitaeniata auf eine isolierte Insel in Mexiko, an welcher Lokalität die sonst in diesem Gebiet heimischen — 172 — oblongata fehlten. Dort überließ er sie sich selbst und der Kreuzung. In der ersten Generation konnte er dann 5 Typen {A — E) feststellen, nämlich die drei Ausgangs formen und Mittelformen zwischen decem- lineata einerseits und oblongata (D), wie multitaeniata (£"), andererseits. Die Mittelformen zwischen decemlineata und oblongata {D) überwogen stark, wie folgende Zahlen zeigen: A ß c D E 327 371 142 1439 246 Schon in der 4. Grcneration zeigten sich nun vorzugsweise Formen, die aus den beiden Arten von Mittelformen D + E kombiniert waren, und in der 5. Bastardgeneration waren diese Formen D + E ausschließ- lich in der Zahl von 1877 Tieren vorhanden. Diese wurden dann nach Chicago genommen und weiter untersucht und pflanzten sich nun völlig rein fort. Aber in ihrer Nachkommenschaft traten immer 2 bis 3% Formen auf, welche sich ebenso wie Mutanten weit vom Mittel der Population entfernten und auch in Bezug auf Erblichkeit verhielten. Tower findet aber, daß sie nichts neues darstellen, sondern eine Ab- spaltung von bei der Bastardierung eingeführten Charakteren. Seine bisher nur vorläufig mitgeteilten Angaben sind aber nicht genügend, um zu entscheiden, ob es sich nicht auch um im Gefolge einer Bastar- dierung entstandene Mutanten handeln könnte. Mit letzterer Annahme würde die Deutung übereinstimmen, die Rosen den Ergebnissen seiner Bastardierungsexperimente mit Elementararten der Hungerblümchen Erophila verna gibt. Während sich die Bastarde der i. Generation wie Artbastarde verhalten — was das bedeutet, wird uns erst später klar werden — treten bei deren Nachkommen eine große Menge neuer Formen auf, die in keiner Weise aus den Elternformen kombiniert sein können und die als Mutationen im Gefolge einer Bastardierung ange- sprochen werden. Allerdings ist dafür der Beweis noch nicht erbracht, sodaß es sich auch dabei um einen sehr komplizierten Mendelfall handeln könnte. Hier verdienen auch die später zu besprechenden Versuche von Klebsund Blaringhem erwähnt zu werden. In ihnen wurden vegetative Mutationen durch Verwundungsreize erzeugt. Die be- nutzten Pflanzen waren aber, wenigstens in den Klebs sehen Versuchen, Sempervivum- Bastarde, sodaß wieder die Möghchkeit vorliegt. 173 — daß hier Mutationen nach Bastardierung durch einen adäquaten Reiz ausgelöst wurden. Wie gesagt, paßt in solchen Fällen aber auch die Erklärung, daß eine Abspaltung schon vorhandener, aber unsichtbarer (latenter) Eigenschaften aus dem Bastard erfolgte. Die größere Wahr- scheinlichkeit hat sie in solchen Fällen für sich, in denen die neue Form bei Bastardierung in typischen Zahlenverhältnissen erscheint, wie es für den „Sport" der roten oder blauen Seidenraupen (Toyama) zutrifft. Geringer ist diese Wahrscheinlichkeit, wenn der Sport sich in so geringen Zahlen in den Bastardkulturen findet wie die schwarze Mutation des Blattkäfers Melasoma scripta, die in den Bastardzuchten Mc. Crackens Fig. 70. Burchells Zebra nach Ewart. 20 mal unter 11369 Individuen auftrat. Mit Recht führt möglicher- weise Plate auch in diesem Sinn die Feststellung Ewarts an, daß bei Kreuzung von Zebra und Halbesel der Bastard an den Hinterschenkeln Flecken zeigt, die weder seine Eltern noch irgend ein Equide besitzen (Fig. 70, 71). Hier wie in den meisten Dingen, die diese Vorlesungen behandeln, ist aber alles noch im Fluß, und daher größte Vorsicht im Urteil geboten: neue Experimente können leicht das gestern fest- stehende umwerfen. ' Betrachten wir nun aber, und das müssen wir vor der Hand auf Grund des vorliegenden Materials, die Mutationslehre als zu Recht — 174 — bestehend, so ist ein besonders wichtiger Punkt, dem wir bisher noch keine Aufmerksamkeit schenken konnten, die Frage, in welcher Weise, quantitativ, sich die Mutanten von der Stammform entfernen. De Vries hatte ja ursprünghch an sehr beträchtliche Differenzen gedacht, die vor allem jenseits des Rahmens der normalen Variabilität liegen sollten und nicht in deren Richtung, richtungslos aufträten. Für diesen oder jenen Fall der Sports, besonders solche mehr abnormer Richtung, wie sie besonders im Tierreich vorkommen, so Hornlosigkeit der Haus- tiere, überzählige Zehen bei Hühnern, mag das auch zutreffen. Ob es aber die Regel ist, muß mehr als fraglich erscheinen. Es hat sich vor allem Fig. 71. Burchellzebra — Halbeselbastard nach Ewart. gezeigt, daß die Mutationen quantitativ sehr verschieden sein können. Neben Mutanten, die in sehr vielen Eigenschaften weit von der Stamm- form entfernt stehen, gibt es solche, die nur in wenigen oder einer Eigen- schaft differieren. Neben den großen, weit von der Stammform ab- führenden Sprüngen stehen Mutanten, deren Identität nur das geübteste Auge oder die mathematisch-quantitative Betrachtung feststellen kann, wie etwa bei Johannsens Mutationen in den reinen Bohnenlinien. Und in allen den Fällen, in denen die Verhältnisse dadurch klarer liegen, daß sich die Mutation nur auf eine oder wenige sichtbare Eigenschaften bezieht, scheint es, daß sie sogar typisch in der Richtung der normalen — 175 — Variabilität liegt: sie ist nicht regellos, sondern bestimmt gerichtet, orthogenetisch. Tower hat dem Ausdruck gegeben, indem er die Mutanten der Leptinotarsa als extreme Varianten bezeichnet, Varianten, Normale Variationsbreite Fig. 72. Darstellung des Häufigkeitsverhältnisses normaler und extremer erblicher Varianten bei L. decemlineata. p = L. pallida, d = L. defectopunctata, n = L. minuta, t = L. immaculothorax , m = L. melanicum, ; ^ ^al 3B^-"-Ä— -i». -.-^ 1 _l=gi^-^=-:^i^ 2 1 t^-^^V ^ ^ 1 _ 2I^^-^"S p^^ ^3 i i 3 p - " -" = - ^ ^ -'- ■-' ■-" ^ fc— j '-"^ j ^ ^ § § :"- = : _^ S X, r ;' ? 5 " ' ^ s ~ -iJi -4^ »c^ -t - 11 A 5 2l. - ii^ ^-^^^*- fllT W^ Aiäl 2^==^^ 2--I X- t<^ -4^ M - t^^ j-^ ^%^ K Ih-l _J = = = ^=. ^-i-l + * - ^ m - i| ^ _j = i^ IeI /Hrr ^---s. ji t»^ li ^i^ - im 23F^ ^ ^^ — ^^i H=^ z — =-^ 4 ^r- " -^ä _,2L ' ^^ 2=i ^^ -,^31 i=^M- 2 L t -v4 -,^i gg ^3 0 L — 1 / T N, 1 Lp — L -jld — , = == = 1 -4 i^JS^ ^^ ^1 "- ÄJ. H^ -t ^^..4=^ ai^ .>^ 1 >M — i -1 ^'^^a^Ä t Jl_>^= = ^£ ^ T^^g4J: . ' 1 ^ fe,^ ■ =S ^i 00 < c5 .ä' pH 1) _0 S U c! ts: •r' i) .als ?.a 'S >" O ;S o . — 184 — geschrieben, beginnt mit den Worten: „Ein einzelner Organismus, der unter neue Bedingungen gerät, variiert manchmal in geringem Maße und in ganz unbedeutenden Dingen wie Wuchs, Fettheit, manch- mal Farbe, Gesundheit, Gewohnheiten bei Tieren und wahrscheinlich auch Disposition. Auch die Art der Lebensweise bringt gewisse Teile zur Entwicklung. Die meisten dieser geringen Variationen neigen dazu, erblich zu werden." Dazu kommt, daß zu Darwins Begriff der Variation vieles von dem gehört, was man jetzt Mutation nennt. Der Vorwurf, den man der Selektionslehre so oft macht, daß sie die Entstehung neuer Formen erklären wolle, trifft sie daher, wie Plate schon öfters her- vorhob, gar nicht, da sie sich nur auf schon entstandene erbliche Varianten bezieht. Die oben aus den wichtigen Versuchen, vor allem Johannsens, gezogenen Schlüsse, daß die Selektion nicht im stände ist, den Typus zu verschieben, werden daher auch hinfällig, sobald es sich um erblich gewordene Fluktuationen handelt, und da es wahrscheinlich ist, daß jede fluktuierende Variation erblich werden kann, bestehen Darwins Grundanschauungen zu recht. Doch stehen wir gerade hier an einem Punkt, an dem weitere Experimentalstudien besonders not tun, die dann auch entscheiden müssen, ob erbliche Varianten selbst wieder, ebenso wie es für die de Vriesschen Mutanten nachgewiesen wurde, eine uneingeschränkte Variabilität bekommen können, oder ob die Variationsbreite der Stammart auch für sie eine unüberschreitbare Grenze bedeutet, die nur im Sprung, der großen Mutation, genommen werden kann. Nur wenn ersteres sich erweisen ließe, wäre die Rück- kehr zu Darwin vollzogen. Dann erhübe sich aber mit besonderer Wichtigkeit die Frage: Welche Varianten werden erblich und unter welchen Umständen werden sie es, eine Frage, die sich im Wesentlichen mit der verwickelten Frage der Vererbung erworbener Eigenschaften deckt. Ihr wollen wir die nächsten Vorlesungen widmen. 185 Neunte Vorlesung. Darwinismus und Lamarckismus, Weismanns Detcrminanten- lehre. Die Kontinuität des Keimplasmas. Soma und Keim- plasma. Die sekundären Geschlechtscharaktere. Die Leitungs- mögflichkeit vom Soma zu den Geschlechtszellen. Wir haben uns am Schluß der letzten Vorlesung die äußerst wichtige Frage stellen müssen, welche Glieder der fluktuierenden Variabihtät erblich werden können und unter welchen Umständen sie es werden. Wir wissen aber auch aus früheren Erörterungen, daß diese Variabilität ein Produkt der Einwirkung der äußeren Existenzbedingungen ist, nicht minder auch die über deren Maß hinausgehende Mutabilität. Die Frage kann also auch lauten: Können und wann können Veränderungen der Organismen auf ihre Nachkommen vererbt werden, die sie unter der Einwirkung äußerer Bedingungen erfahren haben? Da aber der Orga- nismus nicht nur unter der Wirkung der Faktoren der Außenwelt variiert, sondern sich auch dauernd von innen heraus aus physiologischen Ursachen verändert, so erweitert sich die Frage zu der, ob überhaupt während des individuellen Lebens erworbene Eigenschaften sich ver- erben oder nicht. Die grundlegende Bedeutung dieser Frage für die Ab- stammungslehre zuerst erkannt zu haben, ist das unsterbliche Verdienst Lamarcks. Indem er sie bejahte, suchte er die Grundlage für die Veränderlichkeit der Tierformen zu legen, um auf ihr aufbauend die Tatsachen der Anpassung an die Umgebung zu erklären. Dieser aus dem Bedürfnis nach Vollkommenheit abgeleitete Erklärungsversuch hat ja bekanntlich in der Neuzeit seine Auferstehung gefeiert und vor allem durch Pauly eine philosophische Durcharbeitung erfahren. Da er sich aber zunächst noch nicht mit der exakten Methode des Experi- ments behandeln läßt, so braucht er uns auch hier nicht weiter zu be- schäftigen. Wohl ist das aber der Fall mit dem ersten Teil von La- marcks Lehre, mit der Vererbung erworbener Eigenschaften. In Lamarcks Konzeption spielen eine besondere Rolle die inneren, physiologischen Faktoren, die die Organisation der Tiere verändern, vor allem die Wirkung von Gebrauch und Nichtgebrauch. Ein stark — 186 — in Anspruch genommenes Organ nimmt zu, ein unbenutztes bildet sich zurück. Vererben sich solche Veränderungen, so ist eine allmähliche Steigerung in dieser oder jener Richtung denkbar. Das klassische Beispiel dafür ist die Rückbildung der Augen von im Dunkeln lebenden Tieren. Da es keinem Zweifel unterliegt, daß sie ebenso wie ihre nächsten Verwandten einst gut ausgebildete Augen besaßen, so ist es der Nicht- gebrauch, der die Organe atrophieren ließ, und indem diese erworbene Variation erblich wurde, entstanden schließlich von Geburt an und erblich augenlose Tiere. Die Nach-Lamarcksche Entwicklungslehre, die ja vor allem an den Namen Darwins geknüpft ist, hat nun bekanntlich dadurch vor allem ihren durchschlagenden Erfolg errungen, daß sie in dem Zuchtwahlprinzip eine bessere Erklärung der Anpassungserscheinungen geben konnte, als es Lamarck vermochte. Die Grundlagen- ab ar jenes Versuchs, die Erblichkeit der milieubedingten Variationen, hat sie zu- nächst unverändert übernommen. So schreibt Darwin in der schon mehrfach erwähnten frühen Fassung seiner Lehre aus dem Jahre 1844: ,, Unter gewissen Bedingungen werden organische Wesen selbst während ihres individuellen Lebens von ihrer gewohnten Form, Größe, oder anderen Charakteren weg etwas verändert : und viele dieser so erworbenen Besonderheiten werden auf ihre Nachkommenschaft vererbt. So wer- den bei den Tieren Größe und Kraft des Körpers, Mästung, Reifezeit, Charaktere des Körpers, der Bewegungen, des Verstandes und Tempe- raments verändert oder während des individuellen Lebens erworben und dann vererbt. Man hat allen Grund zu glauben, daß, wenn lange Übung gewisse Muskeln stark entwickelt oder Nichtgebrauch sie ge- schwächt hat, dies auch vererbt wird." Erst in der Neuzeit würden ernste Zweifel an der Möglichkeit der Vererbung der erworbenen Eigenschaften wach, und jetzt sehen wir die Biologen in zwei Lager gespalten, zwischen denen eine Verständigung zunächst noch nicht möglich erscheint. Diese Veränderung ging von theoretischen Auffassungen aus, die als extremer Darwinismus be- zeichnet werden können. Weis mann war es, der in den achtziger Jahren den Versuch unternahm, die Abstammungslehre auf eine extrem ausgebaute Zuchtwahllehre zu basieren, und die im Anschluß daran von ihm ausgearbeitete Vererbungstheorie führte ihn dazu, die Vererbung — 187 — erworbener Eigenschaften als unmöglich abzulehnen. Wenn wir auch in diesen Vorlesungen uns bemühen wollen, die Theorien weit hinter den Tatsachen zurücktreten zu lassen, so ist es in diesem Fall nicht anders möglich, als die Schilderung der Tatsachen von den theoretischen Voraussetzungen ausgehen zu lassen. Haben sie doch den eigentlichen Anstoß zur experimentellen ^Erforschung des Problems gegeben, und wird doch die Tragweite der positiven Resultate vielfach nur im Zu- sammenhang mit ihrem theoretischen Ausgangspunkt verständlich. Es ist uns nun schon öfters die Vorstellung begegnet, daß sich in den Geschlechtszellen, die ja die ganze Erbmasse des Organis- mus enthalten, Vertreter aller jener unzähligen Eigenschaften finden müssen, aus denen ein Lebewesen besteht. Es ist dabei zunächst gleichgültig, in welcher Weise wir uns diese Erbeinheiten, die Gene oder Determinanten, vorstellen woUen, femer ob wir jeder Eigenschaft eine Determinante zuordnen oder im Anschluß an Rhumbler uns mit einer geringeren Zahl von Genen begnügen, als Eigenschaften vorhanden sind. Weis mann stellt sich nun vor, daß die Ausbildung der Zellen des Körpers zu bestimmten Organen oder Funktionen im Lauf der Ent- wicklung so zu stände kommt, daß die Determinanten der Erbmasse auseinander geteilt werden und so schließlich eine jede in die bestimmte Zelle gelangt, deren Wesen sie determinieren soll. Nun haben aber alle die Geschlechtszellen der kommenden Generation die Fähigkeit, den gleichen Organismus wieder hervorzubringen, sie müssen also in ihrer Erbmasse, oder, in Weismanns Ausdrucksweise, ihrem Keim- plasma, auch das gesamte Determinantenmaterial besitzen. Die Bil- dung von so beschaffenen Geschlechtszellen ist demnach nur denkbar, bevor die Aufteilung der Determinanten auf die Körperzellen vor sich geht. Die einfachste Weise, sie sich vorzustellen, wäre demnach die, daß die befruchtete Eizelle sich zunächst in zwei gleiche Zellen teilt. Von diesen behielte die eine ihr ganzes Determinantenmaterial und über- trüge es als Ganzes auf die aus ihr entstehenden Tochterzellen. Aus diesen, die somit die ganze Erbmasse enthalten, entständen dann aus- schheßhch die Geschlechtszellen. Die andere Zelle aber hält in ihren weiteren Teilungen die Determinanten nicht beisammen, sie verteilen sich auf die Tochterzellen und bestimmen so deren Entwicklungsrichtung. — 188 — Aus ihren Derivaten geht somit der ganze übrige Körper, das Soma, hervor. Es besteht somit ein prinzipieller Gegensatz zwischen Soma und Keimplasma. Das letztere hat eine Kontinuität von Genera- tion zu Generation, ist dem Körper gegenüber sozusagen unsterblich. Ist das aber der Fall, so können neue Eigenschaften oder Veränderungen nur in dem Determinantenkomplex des Keimplasma entstehen. Was am Soma sich ereignet, berührt das kontinuierliche und von Anfang an reservierte Keimplasma nicht. Mit anderen Worten ausgedrückt heißt das aber, somatische Veränderungen, oder, wie man gewöhnlich sagt, erworbene Eigenschaften sind nicht erblich. So sieht in kurzen Zügen das berühmte Ideengebäude aus, von dem aus unser Problem seine Neuorientierung erfuhr. Es ist also ersichtlich, daß sich Weismanns gesamte Schlußfolge- rungen auf der Determinantenlehre aufbauen. Man könnte ihre Be- rechtigung also prüfen, indem man jene Lehre einer kritischen Be- trachtung unterzieht, wie es seine zahlreichen Gegner auch getan haben. Wir wollen diesen Weg aber nicht einschlagen, da unser Problem, die Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften, ein solches ist, das unab- hängig von theoretischen Voraussetzungen behandelt werden kann und muß. Sagt doch auch Weismann selbst darüber: ,.Fürs erste aber müssen wir die Tatsachen zu Rate ziehen und uns von ihnen allein leiten lassen." Beweisen sie, oder machen sie auch nur wahrscheinlich, daß eine solche Vererbung existiert, so muß dieselbe auch möglich sein, und unsere Aufgabe ist nicht mehr sie zu läugnen, sondern ihre Möglichkeit verstehen zu lernen." Aber ein wesentlicher Punkt aus Weismanns Theorien muß einer gesonderten Betrachtung unterzogen werden, weil er in wirklich enger Beziehung zu vielen Beobachtungstatsachen steht und weil die kritische^^'ürdigung der Tragweite der später anzuführenden Experimente vielfach auf ihn zurückgreifen muß: die Lehre von der Kontinuität des Keimplasma. Wie wir gesehen haben, erfordert sie eine scharfe Trennung des Soma von dem in den Geschlechtszellen — vielleicht ihren Chromo- somen, wie wir in der ersten Vorlesung sahen — gegebenen Keim- plasma. Dies soll eine substantielle Kontinuität von Generation zu Generation besitzen, stellt also gewissermaßen die gerade Linie dar, — 189 — die die Generationen einer Art von Lebewesen mit einander verbindet, an der das Soma als vergänglicher Seitenzweig sitzt. Wäre diese Idee eine einfache theoretische Fiktion, so könnten wir sie ruhig zunächst auf sich beruhen lassen; das ist aber nicht der Fall, es gibt vielmehr eine Reihe von Tatsachen, die ihr für manche Fälle Realität verleihen. Solche Tatsachen müssen nun derart beschaffen sein, daß sich die Ge- schlechtszellen eines Individuums in seiner Entwicklung als wohl ab- gegrenzte Einheiten rückwärts verfolgen lassen bis zum befruchteten Ei, eine kontinuierliche Reihe, die man als Keim bahn bezeichnet. Und es gibt in der Tat nicht wenige Vertreter verschiedenartiger Tier- gruppen, bei denen das der Fall ist. Vielleicht der typischste Fall ist der von Boveri entdeckte der Keimbahn von Ascaris megalocephala. Er ist dadurch so besonders klar, daß bei diesem Spulwurm eine charak- teristische celluläre Differenz zwischen den Geschlechtszellen und Körperzellen besteht. Während erstere in ihren Kernen 4 resp. bei einer anderen Varietät 2 große schleifenförmige Chromosomen enthalten, besitzen letztere zahlreiche, kleine, stäbchenförmige. Das befruchtete Ei besitzt 4 Chromosomenschleifen; teilt es sich dann in zwei Furchungs- zellen, so bleiben sie in einer erhalten, in der anderen aber zerfallen sie in viele kleine Körner, wobei die Schleifenenden zu Grunde gehen (F'g. 76), Die erstere Zelle gibt dann bei ihrer weiteren Teilung eine Tochterzelle mit Schleifenchromosomen und eine solche, bei der der Zerfall mit der Zerstörung der Schleifenenden, die Diminution, stattfindet und so geht es immer weiter, wie es das Vierzellenstadium in Fig. 76 zeigt. Die Zelle aber mit den 4 Schleifenchromosomen erweist sich als die Keim- bahnzelle, nur aus ihr gehen später die Geschlechtszellen hervor, alle anderen aber, die die Diminution erfahren haben, geben das Soma mit all seinen Elementen. Hier ist also während der ganzen Entwicklung eine wirklich nachweisbare Trennung von Soma und Keimplasma mit Kontinuität des letzteren gegeben. Wenn auch außerhalb der kleinen Gruppe der Nematoden eine so klare Charakterisierung einer Keimbahn durch Differenzen der Zell- kerne nicht wieder bekannt geworden ist, so hat sich doch in vielen Fällen eine echte Keimbahn durch genaues Verfolgen der Entwicklung von Zelle zu Zelle erweisen lassen, so bei Würmern, Krebsen, Insekten. 190 Ja es scheint sich sogar immer mehr herauszustellen, daß in solchen Fällen die Keimbahn auch von Anfang an durch die Anwesenheit be- sonderer Substanzen morphologisch charakterisiert ist. Die betreffenden Zellen der Keimbahn enthalten, diesmal nicht im Kern, sondern im Protoplasma, Bestandteile, die nur ihnen zukommen und deren Her- Fig. 76. Zwei- und Vierteilung des Ascarlseies. Die Zellen s, in denen die Chromosomen nicht zerfallen, bezeichnen die Keimbahn. Nach Boveri aus Wilson. kunft unter Umständen eine sehr absonderliche sein kann, wiees von Buchner für Pfeilwürmer, von Weismann, Amma für Krebse, von Ritter, Kahle, Silvestri für Insekten gezeigt werden konnte. Be- merken wir schließlich noch, daß eine solche prinzipielle Differenz von Soma und Keimplasma sogar schon innerhalb der einfachen Protozoen- zelle durchgehends vorhanden zu sein scheint (Schaudinn, Gold- — 191 — Schmidt), so erscheint die Weismannsche Annahme einer Kontinuität des Keimplasma in der Tat höchst verführerisch. So klar aber die erwähnten Fälle liegen, so wenig lassen sich dadurch alle jene aus der Welt schaffen, in denen eine derartige Kontinuität nicht nachweisbar, ja unmöglich ist. Es gibt eine ganze Anzahl von Tiergruppen, wie vor allem die Wirbeltiere, bei denen die Geschlechts- zellen sich erst sehr spät aus Zellen differenzieren, die bis dahin sich gar nicht von anderen Elementen des Soma unterschieden. Und wenn sich gar die Angaben bestätigen, nach denen die Urgeschlechtszellen bei Bandwürmern sich aus schon differenzierten Körpergewebezellen bilden können (Child) oder ebenso bei Amphibien aus Dotterzellen (Kuschakewitsch), dann ist es wohl als erwiesen zu betrachten, daß hier von einer Kontinuität des Keimplasma nicht die Rede sein kann. Und das gilt in erhöhtem Maße von allen jenen Formen, bei denen ver- wickelte Knospungsprozesse zwischen die geschlechtliche Fortpflanzung eingeschoben sind, wie Bryozoen und Salpen. Und gar erst die Schwierig- keiten, die aus den Tatsachen der Regeneration erwachsen ! Ein winziges Stück der Kieme des Ascidie Clavellina vermag das ganze Tier zu rege- nerieren, ein Wurm, dessen Geschlechtsorgane sich in typischen Körper- abschnitten entwickeln, vermag sie, wenn abgeschnitten, aus den Körper- teilen zu regenerieren, die von selbst nie Geschlechtszellen geliefert haben würden ! Keine noch so ausgeklügelten Hilfsannahmen können in solchen Fällen eine Kontinuität des Keimplasma supponieren. Im Pflanzen- reich aber, das sich doch in allen Erblichkeitsfragen nicht vom Tier- reich trennen läßt, kann überhaupt von einer Keimbahn nicht die Rede sein. Bekanntlich kann sich ja von jeder Parenchjnnzelle eines Bego- nienblattes aus eine neue Pflanze entwickeln. Aber die Tatsachen, in denen die Kontinuität nachweisbar ist, bleiben zu Recht bestehen und ■ es bleibt nur die Frage, ob ihnen eine für die Vererbungslehre grund- legende Bedeutung in Weismanns Sinn zukommt, oder ob sie nicht nur der Ausdruck spezieller entwicklungsmechanischer Verhältnisse sind. Für die Frage der Vererbung erworbener Eigenschaften könnte man nun sagen, kommt die Keimbahnfrage gar nicht so sehr in Betracht. Die Eigenschaften, um die es sich handelt, die durch Wirkung der Außenwelt, Gebrauch und Nichtgebrauch erlangt werden, verändern — 192 — ja den Organismus gewöhnlich zu einer Zeit, wo seine Geschlechtszellen differenziert im Körper vorhanden liegen. Und die Frage ist nur die, ob sie dann ein untrennbares Glied des Körpers darstellen oder eine selbständige Einheit, die gewissermaßen — dieser Vergleich ist gezogen worden — als Parasit im Soma lebt, sich von diesem zwar ernähren und erhalten läßt, ohne sich aber in seinem inneren Wesen von ihm be- einflussen zu lassen. Und eine solche Annahme der unabhängigen Existenz von Soma und Geschlechtszellen, wie sie Weismanns Lehre erforderte, könnte es versuchen, gewisse interessante Experimental- tatsachen zu ihren Gunsten anzuführen, Experimente, die sich auf das Verhältnis der Geschlechtsdrüsen zu den sekundären Geschlechts- charakteren beziehen. Bekanntlich bezeichnet man als solche somatische Merkmale, die das eine Geschlecht vor dem anderen auszeichnen, wie das Geweih des. Hirsches, das prächtige Kleid männlicher Vögel, die besondere Fühler- form männlicher Insekten. Es ist nun eine altbekannte Tatsache, daß in vielen Fällen diese sekundären Geschlechtscharaktere auf das engste mit den betreffenden Geschlechtsdrüsen zusammenhängen. So ent- wickelt sich beim Menschen die männliche Stimme erst in der Zeit des Heranreifens der Geschlechtsdrüsen zur Funktion, bei Kastraten findet aber die Stimmwandlung nicht statt. Man könnte also auf den Gedanken kommen, aus solchen und ähnlichen Tatsachen auf eine enge stoffliche Beziehung zwischen bestimmten somatischen Eigenschaften und Geschlechtszellen zu schließen. Und was für die sekundären Sexual- charaktere erwiesen wäre, müßte für andere somatische Eigenschaften wenigstens denkbar sein. Es hat sich aber gezeigt, daß man in diesem Punkt sehr vorsichtig sein muß, denn die Beziehungen zwischen Keim- zellen und jenen Charakteren sind nicht so einfacher Natur. Vor allem ließ sich nachweisen, daß es sicher Tiere gibt, bei denen jene Eigenschaften von den Geschlechtszellen gänzlich unabhängig sind. Es geht das aus den in ihren Resultaten völlig übereinstimmenden Versuchen von Oudemans, Kellogg, Meisenheimer, Kopec mit Sicherheit hervor. Meisen heimer, der die von Oudemans mit Erfolg inaugurierten Versuche auf breiter Basis weiterführte, arbeitete mit dem Schwamm- spinner Lymantriadispar. Bei diesem Schmetterling, wie auch bei — 193 — vielen anderen Insekten, sind die Geschlechtsdrüsen schon auf frühem Raupenstadium völlig differenziert, lange ehe die erst im Schmetterling auftretenden äußeren Geschlechtsdifferenzen sichtbar werden. Diese bestehen in diesem Fall darin, daß das große Weibchen weiße Flügel mit unscharfen dunkeln Binden besitzt, während das kleine Männchen braun gezeichnete Flügel aufweist. Wurden nun den Raupen die Geschlechtsdrüsen, deren Lage aus nebenstehender Figur 77 hervor- geht, zerstört, so übte dies auf das Kleid des daraus sich ent- wickelnden Falters gar keinen Einfluß aus : auch die Schmetter- linge aus kastrierten Raupen, die demnach auch keine Geschlechts- drüsen besaßen, zeigten ihre typi- schen sekundären Geschlechts- charaktere. Nun wurde geprüft, ob vielleicht die Anwesenheit der entgegengesetzten Drüse einen Einfluß ausüben könne. Männ- liche Raupen wurden also ihres Hodens beraubt und dafür ihnen der Eierstock einer anderen Fig. 77. Raupe von Lymantria dispar, ganz und im Raupe eingesetzt , und ebenso Querschnitt [b] um die Lage der Geschlechts- 11, T-v- -f 1 -u r^ drüsen ^ zu zeigen. <^ Darm, A Herz, ^p- Bauch- umgekehrt. Die falschen Ge- ^,,k. Nach Meisenheimer. schlechtsdrüsen entwickeln sich in diesem Fall ganz normal weiter. Die sekundären Geschlechts- charaktere bleiben aber gänzlich unbeeinflußt; es kommen z. B. typisch männliche Falter mit all ihren Eigenheiten zum Vorschein, die dabei den ganzen Leib voller reifer Eier haben. Es wäre nun noch die Mög- lichkeit vorhanden, daß die Zerstörung oder Transplantation der Ge- schlechtsdrüse auf einem zu späten Stadium vorgenommen wurde, so- daß ihr Einfluß auf das Soma bereits abgeschlossen war. Hegner konnte diesem Einwand begegnen, indem er die Geschlechtsdrüse bereits in ihrer Embryonalanlage — die Insekten haben eine typische Keim- bahn — zerstörte, ohne daß dadurch eine Beeinflussung der sekundären Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. ja — 194 — Geschlechtscharaktere eintrat. Meisenheim er erreichte die gleiche Wirkung auf anderem Weg. Er stellte das frühe embryonale Stadium für ein in Betracht kommendes Organ, die Flügel, gewissermaßen künst- lich her, indem er ihre Anlagen, die Imaginalscheiben, zerstörte und sie so zur Neuentwicklung durch Regeneration zwang. Die gleichen Tiere erhielten aber auch eine Geschlechtsdrüse des entgegengesetzten Ge- schlechts nach Entfernung der eigenen implantiert. Der regenerierte Flügel erwies sich dann immer als der für das ursprüngliche Geschlecht zu erwartende. Diese Versuche zeigen also mit Sicherheit, daß die Geschlechtsdrüsen und bestimmte für das Geschlecht charakteristische somatische Eigenschaften voneinander völlig unabhängig sein können. Nichts wäre aber verkehrter, als wollte man aus solchen Tatsachen den Schluß ziehen, daß die Geschlechtszellen überhaupt im Körper ein unabhängiges Sonderdasein führen. Gerade die Beziehung zu den sekundären Geschlechtscharakteren kann über den uns interessierenden Punkt, die Beziehung zwischen Soma und Keimzellen, gar nichts aus- sagen. Denn wenn es sich erweisen ließe, daß das Auftreten solcher Charaktere unter Umständen von der Anwesenheit der Geschlechts- drüsen unabhängig ist, so besagt das nur, daß die sekundären Geschlechts- charaktere in solchen Fällen Teilausdrücke der Geschlechtlichkeit des ganzen Organismus sind; und da war wissen, wie später zu besprechen sein wird, daß bei den Insekten das Geschlecht mit der Befruchtung festgelegt ist, so ist es auch nicht weiter merkwürdig, daß eine jede Körperzelle von bestimrntem Geschlecht ist, nur die Charaktere eines Geschlechts hervorbringen kann. Außerdem zeigen aber auch die Ver- suche an anderen Objekten, daß die Verhältnisse viel verwickelter liegen können, als in jenen Schmetterlingsexperimenten. Wir gingen bereits von den allbekannten Tatsachen aus, daß bei vielen Tieren die Kastra- tion die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale hemmt oder aufhebt. Der Eunuch, der Ochse, der \^''allach, die Poularde sind die jedermann geläufigen Beispiele. Es konnte nun schon durch ältere Versuche Nussbaums und anderer Forscher gezeigt werden, daß man bei kastrierten Tieren das Auftreten der sekundären Geschlechtscharak- tere wie die Daumenschwielen der männlichen Frösche durch Injektion von Hodenteilen hervorrufen kann; ferner, daß man bei weiblichen — 195 — Tieren eine Annäherung an männliche Charaktere, z. B. bei Hühnern geschwollene Kämme und Streitlust, auf gleichem \A''ege hervorrufen kann. Die ausgedehnten Experimente von Steinach haben in jüngster Zeit dafür ein einwandfreies Material erbracht. Er konnte an Amphi- bien wie Säugetieren zeigen, daß für die sekundären Geschlechtsmerk- male, besonders auch die nervösen Reflexe wie der Umklammerungs- trieb der Frösche, eine innere Sekretion der Geschlechtsdrüsen verant- wortlich zu machen ist, die, wie von anatomischer Seite (Bouin usw.) schon lange festgestellt ist, von besonderen interstitiellen Drüsengeweben ausgeübt wird. Die Verhältnisse der sekundären Geschlechtscharaktere scheiden also für die erste Vorfrage aus, die das Problem der Vererbung erworbener Eigenschaften erfordert, die Frage der Wechselbeziehung zwischen Soma und Keimzellen. Es besteht nun die Frage, ob sich auf anderem Wege Materialien in dieser Richtung beibringen lassen. Man könnte ja sagen, daß es gar nicht der Mühe wert ist, diesen Punkt zu disku- tieren, da es doch eigentlich selbstverständlich ist, daß die Keimzellen am Stoffwechsel des Gesamtorganismus teilnehmen, vor allem aus diesem die gesamte Nahrung beziehen, die sie benötigen. Es gibt Ei- zellen, die der Ascidien, für die sich hat nachweisen lassen (Conklin), daß ihr Protoplasma in seinen verschiedenen Regionen von verschiedener chemischer Zusammensetzung ist, und jede dieser Regionen vermag nur bestimmte Organbezirke des späteren Tieres zu liefern. Aber ein solches Ei entsteht auch aus einer winzigen Ureizelle mit geringer Menge undifferenzierten Protoplasmas. Seine für die Entwicklung so wich- tigen Anlagesubstanzen muß es in letzter Linie also aus dem Körper bezogen haben. In diesen Fällen aber liegen regelmäßige Stoff wechsel- prozesse vor. Da es sich aber bei unserem Problem darum handelt, daß neue Fähigkeiten des Soma auf die Geschlechtszellen übergehen, so muß, um jedem Einwand zu begegnen, vorher gezeigt werden, daß auch normalerweise nicht vorhandene Substanzen vom Soma den Geschlechts- zellen übermittelt werden können. Man hat vielfach eine derartige Überleitung direkt als Beweis für die Vererbung erworbener Eigen- schaften angeführt. Eine Berechtigung dazu wäre vorhanden, wenn es feststünde, daß neue Erbeigenschaften ebenfalls als spezifische 13* — 196 — Substanzen in die Geschlechtszellen eingehen. Solange wir aber darüber nichts wissen, können derartige Befunde nur dazu dienen, zu zeigen, daß eine chemische Leitung vom Soma zu den Geschlechtszellen statt- findet. Könnte allerdings gezeigt werden, daß derartige Substanzen in die Erbmasse eingehen, sich also in Erblichkeitsfragen, z. B. bei Bastardierung, eben so verhalten wie andere Erbeinheiten, dann könnte auch aus solchen Versuchen ein Beweis zu Gunsten solcher Vererbung abgeleitet werden. Die Tatsache einer Überführung ungewohnter Stoffe vom Soma in die Keimzellen und ihr späteres Wirksamwerden im Tochterorganismus läßt sich allerdings vielfach beweisen. In der elementarsten Form geschieht es durch Übertragung körperfremder Substanzen wie ge- wisser Farbstoffe durch das Soma über die Keimzellen zur Nachkommen- schaft. So wurde der Fettfarbstoff Sudan, den Sitowsky an Pelz- motten, Riddle an Hühner und Schildkröten verfütterte, in den Eiern abgelagert und auch auf die Nachkommenschaft übertragen. Und der damit als möglich erwiesene Weg wird dann auch unter Umständen von vom Körper selbst auf unnormalen Reiz hin gelieferten Substanzen eingeschlagen. Das beweisen vor allem die Erfahrungen der erblichen Immunität. Bekanntlich hat der Organismus die Fähigkeit, der Ver- giftung durch die Produkte von Krankheitserregern vielfach dadurch zu begegnen, daß er spezifische Schutzstoffe bildet, die ihm eine Immu- nität gegen die gleiche Schädigung verleihen. Es ist nun bekannt, daß diese experimentell erzeugte Immunität noch auf die Nachkommen übertragen werden kann. So lange die Übertragung allerdings nur beim Säugetier von Mutter auf Kind bekannt war, konnte sie als durch das Blut bei der embryonalen Ernährung im Uterus übertragen gedacht werden. Seitdem es aber gelungen ist zu zeigen, daß auch vom Vater die erworbene Immunität übertragen werden kann, ist der Beweis als erbracht anzusehen, daß die Immunstoffe vom Soma auf die Geschlechts- zellen übergehen. Damit ist aber gesagt, daß der chemische Leitungsweg, der vom Soma zu den Geschlechtszellen führt, im Prinzip genau der gleiche ist wie der, der von einer Körperzelle zur anderen führt. Für die einfache Übertragung einer Eigenschaft von einer zur anderen ZeUe gibt es aber — 197 — Beispiele, die sich nicht nur auf die Zellen im Gewebsverband beziehen, sondern auch auf frei sich teilende Zellen bei ungeschlechtlicher Ver- mehrung, Beispiele, die somit unserem Problem um einen Schritt näher stehen. Während Untersuchungen dieser Art an Infusorien (Jennings) bisher noch keine klaren Resultate zeitigten, hat man an Mikroorga- nismen mancherlei interessante Befunde erzielen können. Goebel vermochte den blutroten Micrococcus prodigiosus, auf dessen Wachsen bekanntlich die Erscheinung der blutenden Hostie beruht, durch Kultur auf alkalischem Agar weiß umzuzüchten. Wuchs er lange genug so und kam dann wieder auf Kartoffel zurück, so blieb er noch eine Zeitlang weiß. Neuere Studien über den gleichen Gegenstand haben gezeigt (Wolf), daß man durch Chemikalien Wirkung auch bei ganz reinem Ausgangsmaterial (reine Linien) derartige Veränderungen erzielen kann, die teils nach Aufhören der Kulturbedingungen wieder zurückschlagen, teils auch erhalten bleiben. \^'ir werden darauf noch zurückkommen. In diesem wie in anderen Fällen, etwa Hansens Er- zeugung der Oberhefe durch „Mutation" ist also erwiesen, daß eine künstliche Veränderung in einer Zelle so weitgehend sein kann, daß sie bei der Zellteilung dauernd auf die Derivate übertragen wird. Wir haben also erstens die Möglichkeit einer stofflichen Übertragung im Raum, von einer Zelle zur anderen, zweitens eine solche in der Zeit, von einer Zelle zu ihren Derivaten. Letztere kann eine vorübergehende sein, oder eine dauernde, erbliche. Welcher Art sie ist, muß ja wohl von dem Wesen der im Experiment erzeugten Substanzen abhängen. Somit muß auch eine Übertragung von somatischen Abänderungen auf die Nachkommen möglich sein, vorausgesetzt, daß die betreffenden abgeänderten Substanzen zu den Geschlechtszellen geleitet werden, was sich als prinzipiell möglich erwies, und vorausgesetzt, daß sie derart sind, daß sie in der „Erbmasse" die entsprechenden nicht abgeänderten dauernd ersetzen, was sich eben auch als möglich zeigte. Es ist nun- mehr nur fraglich, ob der so als gangbar erwiesene Weg der stofflichen Übertragung nicht etwas von dem Vorgang der Vererbung neuer soma- tischer Eigenschaften gänzlich Verschiedenes darstellt? Die Frage darf aber nur an der Hand der Tatsachen beantwortet werden, nicht auf Grund theoretischer Vorstellungen über die Erbeinheiten und dergleichen. — 198 — Wir werden ihrer Lösung schon näher kommen, wenn wir zusehen, ob nicht auch normalerweise im Organismus enthaltene Fähigkeiten oder Eigenschaften in gewissermaßen leitender Verbindung mit den Geschlechtszellen stehen, Soll eine derartige Verbindung bewiesen werden, so gibt es dafür wohl nur einen Weg: Die Geschlechtszellen eines Organismus müssen durch andere ersetzt werden, die sicher noch nicht unter dem supponierten Einfluß der betreffenden somatischen Eigenschaften gestanden haben, um dann zu sehen, ob in ihnen eine auf die Nachkommenschaft übertragbare Veränderung in der Richtung der betreffenden Eigenschaften vor sich geht. Solche Versuche sind denn auch, allerdings mit wechselndem Erfolg, angestellt worden. Zu einem positiven Resultat führten die Experimente, die Guthrie an Hühnern ausführte. Es gelang ihm, die Eierstöcke junger Hühner in andere zu transplantieren, wo sie so gut einwuchsen, daß sie später normal abgelegte Eier lieferten. Er benutzte nun eine weiße Hühner- rasse, die in den Kontrollzuchten nur rein weiße Nachkommenschaft lieferte, und eine ebensolche schwarze und vertauschte die Eierstöcke schwarzer und weißer Hennen. Es wurden dann die schwarzen Hennen mit weißem Ovar ebenso wie die weißen Hennen mit schwarzem Ovar von weißen wie von schwarzen Hähnen befruchtet. Dabei zeigte sich in zwei Versuchen besonders klar, daß die Farbe der Tragamme auf die Nachkommenschaft einen Einfluß ausübte. Wurde ein schwarzes Huhn, dem ein weißes Ovar implantiert war, von einem weißen Hahn begattet, so ergab die Nachkommenschaft, wie Fig. 77 a obere Reihe zeigt, 9 weiße und II weiß und schwarze Küken. Wurde umgekehrt ein weißes Huhn mit schwarzem Ovar von einem schwarzen Hahn begattet, so ergab die Nachkommenschaft (Fig. 77a unten) 12 schwarz und weiße Küken. Es muß also die Farbe der Mutter auf die fremden Eier einen derartigen Einfluß geübt haben, daß sie die Fähigkeit sie zu zeigen auf die Nachkommenschaft vererbten. Sind diese Versuche einwandfrei, was allerdings bei der Fülle der möglichen Fehlerquellen, auf die von vielen Seiten schon hingewiesen wurde, von dem Ausfall einer Nachprüfung abhängig gemacht werden muß, so beweisen sie in der Tat, daß auch normale somatische Eigen- schaften ihr Wesen den Geschlechtszellen, die sie noch nicht enthalten 199 — konnten, und damit der Nachkommengeneration übermitteln können. Wir werden später Versuche von Kammerer kennen lernen, die in gleicher Richtung liegen und sogar noch einen Schritt weiterführen. Es darf aber auch nicht verschwiegen werden, daß aus anderen Experi- menten ein negatives Resultat in dieser Richtung abgelesen werden könnte. Solche negativen Resultate erhielt z.B. Castle bei Kaninchen. Fig. 77 a. Schematische Darstellung von Guthries Transplantationen der Hühnerovarien. Guthrie aus Godlewsky. Nach Morgan hat uns femer vor kurzem mit den interessanten Ergebnissen bekannt gemacht, die er an Ascidien erhielt. Bei diesen hermaphroditen Tieren lassen sich die Eier eines Tieres, wie so oft im Tier- und Pflanzen- reich, nicht von den Spermatozoen des gleichen Tieres befruchten. Es wurde nun der Eier enthaltende Ovidukt eines Tieres abgebunden und in den Körper eines anderen implantiert, um zu sehen, ob dadurch die — 200 — Eier einmal vom fremden Körper die Fähigkeit annehmen, sich mit den Spermatozoen ihres ursprünghchen Körpers befruchten zu lassen, andererseits die Befruchtungsfähigkeit mit dem Samen des Wirtskörpers verlieren. Beides trat aber nicht ein. Es ließe sich also daraus ableiten, daß eine Eigenschaftsleitung vom Soma auf die Keimzellen nicht statt- gefunden hatte. Gegen einen solchen Schluß läßt sich aber anführen, daß diese Immunität der Eier gegen das eigene Sperma wahrscheinlich gar nicht eine vom Körper stammende Eigenschaft ist, sondern ein persönliches Verhalten der Eioberfläche. Sodann könnte auch, wenn das nicht der Fall wäre, der Versuch nur dann als negativ bezeichnet werden, wenn die ganzen jungen Eierstöcke transplantiert worden wären und dann die auf natürliche Weise im fremden Körper abgesetzten Eier als Material gedient hätten. Auch die negativen Befunde von Heape ließen sich hier anschließen, der befruchtete Eier eines An- gorakaninchens in die Gebärmutter eines belgischen Kaninchens über- trug; es wurden dann reine Angorakaninchen geboren. Daß eine Beeinflußung nach der Befruchtung des Eies nur durch die Embryonal- ernährung noch möglich sein sollte, ist allerdings auch nicht zu erwarten. Wir können also sagen, daß es wohl Tatsachen gibt, die dafür sprechen, daß auch normalerweise im Soma vorhandene Eigenschaften wie die schwarze Färbung der Federn bei Guthries Hühnern, in leitender Verbindung mit den Geschlechtszellen stehen, wenn wir auch gerade in diesem Punkt vor der Hand noch recht vorsichtig sein müssen. Es ist die größte Vorsicht in den Schlußfolgerungen ja auch nirgends mehr am Platz, als gerade bei diesem so verworrenen Problem. Aber auch bei aller Skepsis müssen wir nach dem Vorhergehenden zugeben, daß kein Grund vorhanden ist anzunehmen, daß die Geschlechtszellen im Organismus liegen wie ein fremder Einmieter, der keinerlei Verbin- dungen mit allen übrigen Hausgenossen besitzt, sondern daß die Mög- lichkeit besteht, daß den Geschlechtszellen vom Soma t)inge mitgeteilt werden, die sie auf die Nachkommen übertragen können. 201 Zehnte Vorlesung. Vererbung von Veränderungen durch Gebrauch und Nichtgebrauch, von Instinktvariationen, von Lebenslagevariationen* Kontinuier- liche und diskontinuierliche Varianten. Vererbung erworbener Eigenschaften und Mutation» Es erhebt sich nun die Frage, ob diese Möglichkeit für aUe denk- baren Neuerwerbungen des Körpers zutrifft und ob ein dauernder Über- gang in die Erbmasse, ihre Vermehrung um neue Erbeinheiten auf diesem Wege bewiesen werden kann. Die Beantwortung der ersten Frage zunächst muß uns zur Betrachtung einer Auswahl aus all dem Material führen, das man als Beweis für die Vererbung erworbener Eigenschaften vorgebracht hat. Es lassen sich wohl die wesentlichen Erwerbungen, die der Organismus im individuellen Leben machen kann, bei den nicht scharf von einander abzugrenzenden Gruppen der Ver- änderung durch Gebrauch und Nichtgebrauch, der Instinktvariationen, und der allgemeinen Beeinflussung durch die Lebenslage unterbringen. Dazu kämen noch die mehr unnatürlichen Experimentaleinwirkungen wie künstliche Krankheitserregung und Verstümmelung. Wir dürfen letztere beiden Punkte aber wohl bei Seite lassen, weil das Material, das sich mit ihnen befaßt, teils in der Fragestellung, teils in den Re- sultaten zu unklar ist, andererseits aber auch für die engeren Erblich- keits- und Artbildungsprobleme nicht allzu wesenthch erscheint. Sicherlich ist die Gruppe der Neuerwerbungen durch Gebrauch und Nichtgebrauch, also das Gebiet, das dem engeren Lamarekismus zu Grunde liegt, diejenige, in der man für unser Problem die bedeutungs- vollsten Resultate erwarten sollte, auch fordern müßte. Gerade hier haben aber bisher die experimentellen Studien, wenigstens wenn man einen einigermaßen kritischen Maßstab anlegt, noch ziemlich versagt. Indirekte Anhaltepunkte gibt es ja dafür in FüUe, auch Experimente, bei denen aber eine Voraussetzung immer im Gebiet des Phylogenetischen, also der Unsicherheit liegt. Sehr interessant sind ja zweifellos Tatsachen von der Art der folgenden . Schon Darwin wies darauf hin, und S e m o n hat es neuerdings wieder untersucht, daß bei menschlichen Embryonen — 202 — die Fußsohlenhaut schon viel dicker angelegt wird, als die des übrigen Körpers. Da die Verdickung und Verhornung dieser Stelle als eine Erwerbung durch die Benutzung beim aufrechten Gang betrachtet werden muß, wäre also eine durch Gebrauch erworbene Abänderung erblich geworden. Ein ganz ähnlich liegender Fall ist der der Carpal- schwiele beim Warzenschwein Phacochoerus. Dieses sucht ab- weichend von allen seinen Verwandten seine Nahrung, indem es auf den Handgelenken liegend rutscht, mit den Hinterbeinen nachstemmt und so im Boden wühlt. Dementsprechend ist auch das Carpalgelenk mit einer hornigen Schwiele versehen, einer Stelle, an der auch die Haare fehlen. Leche fand nun, daß schon beim Embryo diese Stelle deutlich kenntlich ist und mit verdickter Haut, der die Haaranlagen fehlen, an- gelegt wird; und da man annehmen muß, daß die Schwiele durch den Reiz beim Rutschen einst entstand, so wäre eine einst erworbene Eigen- schaft erblich geworden. Das gleiche kann man erschließen, wenn Kükenthal berichtet, daß die Zähne der Halicore schon vor der Geburt ihre Kauflächen anlegen; denn solche Kauflächen entstehen durch Abkauen von Höckerzähnen, und die Zähne der Halicore werden ebenfalls als Höckerzähne angelegt, bilden aber durch Resorption der Höcker schon embryonal jene Flächen aus. Und um auch eine ent- sprechende aber entgegengesetzt gerichtete Reaktion zu nennen, so ist bekannt, daß die Saatkrähe eine nackte, von Federn entblößte Schnabelbasis hat, und man kann sich vorstellen, daß dies durch das Abstoßen beim Wühlen in der Erde bewirkt wird. Junge Nestvögel haben nun zwar die betreffenden Federn, sie fallen aber auch ab, wenn der Vogel in der Gefangenschaft gar keine Gelegenheit zum Graben hat. Und nun auch noch ein dem Pflanzenreich entnommenes Beispiel, das der gleichen Gruppe zugesellt werden muß. Viele Pflanzen, wie die Mimosen, Akazien, zeichnen sich durch die Fähigkeit aus, in 12 stündigem Rhytmus Schlafbewegungen auszuführen, z. B. durch Zusammenfalten ihrer Blätter. Man könnte annehmen, daß diese Bewegungen direkt durch den Lichtreiz ausgelöst werden. Semon zeigte aber, daß das nicht allein zutrifft. Werden junge Keimpflanzen von allem Anfang an in einem unnatürlichen Beleuchtungsrhytmus gehalten, etwa alle 6 Stunden von Hell zu Dunkel wechselnd, oder nur alle 24 Stunden, so — 203 — zeigen sie ihre Bewegiingen zwar auch in dem neuen Rhytmus, daneben erscheint aber auch der altererbte I2stündige. Läßt man nun den künsthchen Rhythmus aufhören und hält die Pflanzen in andauernder Dunkelheit oder andauerndem Licht, so geht der I2stündige Rhytmus immer noch weiter, er ist also wirklich erblich fixiert. Man muß aber annehmen, daß er einmal, in früheren Zeiten, von den Pflanzen er- worben wurde und mit der Zeit sich erblich fixierte. Der Weg, auf dem das denkbar wäre, wird durch die Nachwirkung von Reizen gezeigt; so können etwa bei Pflanzen durch intermittierende geotropische Reizungen auf dem Klinostaten abwechselnde \^'achstumsperioden erzeugt werden, die auch nach Aufhören des Reizes noch eine Zeit lang anhalten. Damit seien aber genügend Beispiele für diese Art der Argumentation gegeben. Daß sie unseren jetzigen kritischen Ansprüchen, die verlangen, daß sämtliche Faktoren eines Experiments bekannt sind, jedenfalls in der Gegenwart liegen, nicht in phylogenetisch zurückliegenden Perioden, nicht genügen können, liegt auf der Hand. Denn niemand wird es widerlegen können, daß all jene Eigenschaften, die vom Orga- nismus einst erworben werden „mußten", nicht auch als plötzliche und zufällige Sprünge direkt vom Keimplasma aus entstanden sein können. Und da die Versuche, die angestellt wurden, um besonders auch die Vererbung von Veränderungen durch Nichtgebrauch, etwa bei Seh- organen, zu beweisen, in ihren Resultaten noch derart sind, daß sie einer kritischen Prüfung nicht stand halten können, so muß gerade dieses wichtige Kapitel, die Vererbung von W'irkungen des Gebrauchs und Nichtgebrauchs, als für die Lösung des Problems nicht ent- scheidend ausgeschaltet werden. Viel besser dagegen sieht es aus, wenn wir die Instinktvariationen ins Auge fassen, die neu erworben und dann vererbt wurden. Gerade auf diesem Gebiete besitzen wir aus neuerer Zeit eine Anzahl experi- menteller Studien, die höchst bemerkenswert sind, wenn auch ihre Beweiskraft nicht voll genügend erscheint. Da müssen zunächst die Versuche von Schröder an Insekten erwähnt werden. Der kleine Weidenblattkäfer Phratora vitellinae L. lebt auf glattblättrigen Weiden und der Schwarzpappel, deren Blattunterseite von den Larven — 204 — skelettiert wird. Solche Larven wurden nun auf einen Strauch einer Weidenart mit filzhaarigen Blättern, der rings nur von andersartigen Gewächsen umgeben war, gesetzt. Sie schoben dann die Filzhaare mit dem Kopf vor sich her und benagten in gewohnter Weise das Blattgewebe, manchmal auch, indem sie minenartige Gänge an der Blattunterlage gruben. Als dann die Käfer ausschlüpften, wurde dicht an die filz- haarige eine glattblättrige Pflanze gerückt. Es wurden dann an erstere Pflanze 127, an letztere 21g Eigelege angeheftet. Letztere wurden dann wieder auf die filzblättrige Pflanze übertragen, wo sich die nächste Generation entwickelte, bei der das Experiment wiederholt wurde; sein Ergebnis war 104 Gelege auf den filzhaarigen, 83 auf den glatten Blättern. Im kommenden Jahr war -dann das Verhältnis 48 : 11 zu Gunsten der filzhaarigen Pflanze. In der nächsten Generation wurden nur 15 Gelege, aber ausschließlich an der filzhaarigen Pflanze abgelegt. Wenn man aus diesem Versuch auch noch nicht einen Beweis dafür ablesen kann, daß eine künstliche Instinkt Veränderung erblich geworden war — es fehlt ja vor allem der Kontroll versuch, der zeigen müßte, daß normal gehaltene Tiere nicht auf die angerückte filzblättrige Pflanze übergehen — so deutet er doch in die Richtung, in der solche Versuche sich bewegen müssen. Und das gleiche gilt für den folgenden Versuch des gleichen Autors. Es fiel ihm vor seinem Hause an einer Dotter- weide die große Zahl der zu einer kegelförmigen Tasche umgewandelten Blattenden auf, die von der Raupe der Motte Gracilaria stigmatella F. herrührten. Sie werden so hergestellt, daß die Raupe eine Anzahl Fäden quer zur Richtung der Mittelrippe an der Blattunterseite spinnt in 3 — 4 cm Entfernung von der Blattspitze. Dann werden quer dazu Fäden gezogen, die immer mehr angespannt werden, sodaß sich die Blattspitze immer mehr gegen die Blattunterseite schlägt. Dann wird diese durch weitere Fäden eingerollt und die Öffnungen an beiden Enden verschlossen. Durch Abschneiden sämtlicher Blattspitzen wurde den Raupen nun die Möglichkeit genommen, ihre t57pischen Wohnungen zu bauen. Es wurden dann von 91 Wohnungen 84 in Form ein- oder doppelseitiger Rollungen des Blattrandes gebaut. Die nächste Genera- tion befand sich in der gleichen Situation und bildete auf gleiche Weise 43 Wohnungen. Die folgende kam nun wieder auf normale Blätter und — 205 — da waren von 19 ^^'ohnungen wieder 15 vom ursprünglichen Typus, 4 aber waren durch Blattrandrollung hergestellt. Auch diesen an sich interessanten Versuch kann man nur als einen Fingerzeig, nicht als einen Beweis für vererbte Instinktveränderung betrachten, da ja auch normalerweise Individuen vorkommen, die in anderer Weise bauen, die Zahlen der Schlußgeneration zu niedrig sind und weitere Genera-' tionen nicht vorliegen. Auf wesentlich breiterer Basis sind dagegen Versuche an Amphibien ausgeführt, deren Betrachtung wir uns jetzt zuwenden. Sie schließen alle mehr oder minder eng an Experimente an, die Marie von Chauvin in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ausführte. Speziell in Bezug auf Instinktvariation ist der folgende Versuch viel besprochen worden. Bekanntlich stellt der mexikanische Axolotl eine neotenische Larve des Molchs Amblystoma tigrinum dar, d. h. also ein Tier, das im Larvenzustand geschlechtsreif werden kann, indem es dauernd im Wasser bleibt, die Kiemenatmung und andere Anpassungen an das Wasserleben beibehält, die Metamorphose, die es typischerweise beim Übergang zum Landleben und zur Lungenatmung durchmacht, ganz aufgibt. Durch geeignete Zwangsmittel können nun solche Larven in verschiedenen Entwicklungsstadien noch zur Metamorphose gezwungen werden. Es wurden nun in einem der Versuche solche künstlich meta- morphosierte Amblystomen zur Geschlechtsreife herangezogen und ihre Nachkommen unter solchen Bedingungen gehalten, daß normale Axolotl dabei niemals zur Metamorphose schreiten würden. Nach einem Jahr trat nun bei diesen Tieren eine Reduktion der Kiemen, also der Beginn der Metamorphose, ein und als 20 Tieren die Möglichkeit ans Land zu gehen gegeben war, metamorphosierten sie sofort, ein Tier sogar in der kurzen Zeit von 10 Tagen, was sonst nie beobachtet worden war. Es scheint also die Neigung zur Metamorphose nach künstlicher Induktion erblich geworden zu sein. Daraus allerdings einen Beweis für die Ver- erbung einer Instinktvariation abzuleiten, geht wohl zu weit. Denn abgesehen davon, daß nur eine Generation vorliegt, ist ja das Meta- morphosieren der ursprüngliche Instinkt, der nicht verloren gegangen ist, sondern nur durch die abnorme Lebenslage gehemmt wird, sodaß sein Wiedererwecken nicht gut als Instinktveränderung bezeichnet — 206 — werden kann. Viel eher könnte man aus der von Kammerer er- wähnten Tatsache, daß die nun schon so lange aus stets neotenischen Formen gezüchteten Axolotl des Handels kaum mehr mit Gewalt zur Metamorphose zu bringen seien, einen derartigen Schluß ziehen. Ob diese Tatsache aber richtig ist, kann angesichts der Schwierigkeiten, die der Versuch überhaupt bietet und die Frl. von Chauvin nur durch große Erfahrung, Ausdauer und individuell verteilte Sorgfalt über- wand, zunächst nicht ohne weiteres angenommen werden. Und schließ- lich bleibt, solange nicht erwiesen ist, daß jener Versuch immer oder doch oft gelingt, der schwerwiegende Einwand bestehen, daß unter dem vorher nicht analysierten Material sich eine Rasse (Linie) fand, die sich durch größere Neigung zur Metamorphose auszeichnete. Ganz ähnliche, wenn auch im Wesen entgegengesetzte Versuche werden nun von Kammerer für die Geburtshelferkröte Alytesobste- tricans berichtet. Dort kommen in der Natur neotenische Larven nicht vor. Im Experiment konnte nun durch Einwirkung von Dunkel- heit, Kälte, Luftreichtum oder vorzeitiges Herausschneiden der Larve aus den Eiern ein starkes Hinausschieben der Metamorphose erzielt werden, in einem Fall sogar durch kombinierte Einwirkung dieser Be- dingungen ein Tier gezüchtet werden, das in larvalem Zustand schließ- lich geschlechtsreif wurde. Durch künstliche Befruchtung seiner Eier mit dem Samen eines normalen Männchens wurde eine Nachkommen- schaft erzielt, die zur Zeit der Veröffentlichung des Versuchs schon I V2 Js-hr alt war ohne zu metamorphosieren. Auch dieser Versuch wird bis jetzt allerdings nicht allen Anforderungen gerecht, da es nicht erwiesen ist, daß das eine ganz neotenische Individuum als Folge des Experiments auftrat und nicht einen Sport darstellt. Kommen doch solche auch sonst in ganz normalen Kulturen vor; so konnte R. Hertwig vier derartige riesengroße Larven aus einer gewöhnlichen Froschkultur erhalten. Und ein entsprechendes Beispiel auf botanischem Gebiet ist kürz- lich durch Wettstein bekannt geworden. Er fand in der Natur zweifellos durch Mutation entstandene Exemplare von Ranunculus alpestris, die anstatt zu perennieren einjährig waren, was sonst hier wie bei anderen Alpenpflanzen nicht vorkommt und diese Neotenie erwies sich als voll erblich. — 207 — Auf wesentlich sichererem Boden stehen dagegen Versuche, die Kammerer an dem gleichen Objekt ausführte und die sich auf die Veränderung eines nomnalen Fortpflanzungsinstinktes beziehen. Unsere heimischen Amphibien legen ja bekanntlich ihre Eier ins Wasser ab, wo sie sich zu kiementragenden Larven entwickeln. Die Geburtshelfer- kröte macht nun von dieser Regel eine Ausnahme, indem sie sich am Land begattet und auch dort ihre Eier abgibt, die sich dann das Männ- chen, das sie dem Weibchen aus der Kloake ziehen hilft — die Geburts- hilfe — um die Hinterschenkel wickelt, wo sie durch ihre eintrocknende Gallerte kleben bleiben. Das Männchen schleppt sie dann mit sich herum, bis die Larven reif zum Ausschlüpfen sind, was im \\'asser geschieht, in das sich das Männchen um diese Zeit begibt. Die frischgeschlüpften Larven haben dann schon keine äußeren Kiemen mehr, wie sie die jungen Larven anderer Amphibien besitzen . Es wurden nun Geburtshelferkröten in erhöhter Temperatur gehalten und dadurch veranlaßt sich mehr im Wasser aufzuhalten, wo sie sich begatteten und Eier ablegten. Dort quillt aber deren Gallerte auf, sodaß das Männchen nicht im stände ist, sie sich anzuheften und die gewohnte Brutpflege zu üben. Im Laufe einiger Brutperioden sind die Tiere an diese Fortpflanzungsart gewöhnt und die Eier entwickeln sich im \^'asser in einer Weise, die sich mehr der der übrigen Amphibien nähert, vor allem werden kleinere Eier ab- gelegt, die schwarz statt gelb sind. Die Tiere aus diesen Wassereiern nun zeigten auch in normalen Bedingungen nicht den Instinkt zur Brut- pflege, sondern legten von selbst ihre Eier ins Wasser ab, und das gleiche geschah in 2 weiteren Generationen. Ja, in der dritten, also Urenkel- generation, waren die neuen Fortpflanzungsinstinkte so stark, daß die Männchen sogar von selbst im Wasser die Begattung ausübten. Merk- würdigerweise entwickelten sich bei ihnen dann die bei anderen Lurchen zum Festhalten des W^eibchens dienenden Daumenschwielen, die ihnen sonst fehlen. Die künstlich den Tieren aufgezwungene Instinktsab- änderung hatte sich also als erblich erwiesen. Daß in diesem Fall das neue Merkmal auch wirklich in den Bestand der Erbmasse eingegangen ist, geht daraus hervor, daß bei Kreuzung von Tieren ohne Brutpflege- instinkt mit solchen, die ihn besitzen, die Eigenschaft sich nach den Mendelschen Gesetzen vererben soll. Was das bedeutet, wird uns — 208 — später klar werden. Jedenfalls erscheinen die Ergebnisse dieses Versuchs in höchstem Maße für eine Vererbung einer erworbenen Instinktvaria- tion beweisend; wir werden aber bald nochmals auf ihre Interpretation zurückkommen müssen. Wir haben oben als dritte Gnippe, die für die Vererbung von Neu- erwerbungen des Organismus in Betracht kommt, die Beeinflussung der Organisation bezeichnet, die durch eine Veränderung der Lebens- lage hervorgerufen wird. In letzter Linie gehören allerdings ja auch die vorher besprochenen Gebiete der Veränderung durch Gebrauch und Nichtgebrauch, wie der Instinktabänderung hierher. Im Fall der Geburtshelferkröte z. B. war der neue Instinkt ja eine Folge der ver- änderten Lebensbedingungen, daher mit ihm auch eine ganze Reihe von Lebenslage Variationen verbunden waren. Sie führen uns am ein- fachsten zu einer Besprechung dieses Punktes über. Die Lebenslage, in der die Alyteslarven aufgezogen werden, übt auf ihre Gesamtorgani- sation einen sehr stark umgestaltenden Einfluß aus, wie uns das schon früher auch für die Axolotl bekannt wurde. So legen die Kröten, die künstlich veranlaßt wurden, ins Wasser zu legen, mehr Eier, die kleiner sind und dunkler gefärbt. Während ferner im normalen Zustand Larven ausschlüpfen, die bereits innere Kiemen haben, schlüpfen jetzt Larven auf frühem Zustand mit einem äußeren Kiemenbüschel aus, wie es auch bei anderen Amphibien der Fall ist. Die nach der Metamorphose erwachsenen Tiere besitzen aber eine viel bedeutendere Körpergröße. War nun in den folgenden Generationen der Instinkt, ins Wasser zu legen, wie eben berichtet, erblich geworden, so wurden noch kleinere und noch dunklere Eier abgelegt. Aber auch die Lebenslage Variationen hatten sich so gesteigert, daß an Stelle der normalerweise nur vorhandenen einen Kieme sich an allen drei Kiemenbogen Kiemefibüschel zeigten. Die künstlich hervorgerufene Lebenslagevariation war also in mehreren Generationen gesteigert worden, also vielleicht auch in ihrer Grundlage erblich fixiert. Natürlich ist es in einem solchen Fall sehr schwer zu sagen, was erblich ist, da bei Aufhören *der betreffenden Lebenslage, also in diesem Fall Entwicklung auf dem Land, dieser Faktor wieder die ihm zugeordnete Lebenslagevariation hervorruft, also entgegen- gesetzt wirkt. Um bei der gefundenen Steigerung jener Erscheinungen — 209 — den Anteil der Erblichkeit festzustellen, muß daher die Beziehung von Reiznachwirkung und Erblichkeit geklärt sein; wir werden davon aber erst später zu sprechen haben. Zunächst wollen wir noch einige Beispiele kennen lernen, die die Erblichkeit von Lebenslagevariationen betreffen. Auch hier haben in der Diskussion, besonders der Neolamarckisten, eine ganze Anzahl von Fällen eine Rolle gespielt, die jenen oben erwähnten zur Seite zu stellen sind, bei denen der Erwerb der Eigenschaft, in diesem Fall der Lebens- lagevariation, nur als phylogenetische Tatsache gelten kann. Um nur ein Beispiel zu nennen, so sei auf die bekannten Angaben von Cieslar über das Wachstum von alpinen Fichten und Lärchen hingewiesen. In den Alpen wachsen diese Bäume langsam und bilden dementsprechend dünne Jahresringe. Wurden ihre Samen in der Ebene ausgesät, so behielten sie trotzdem die gleiche Eigentümlichkeit, sie ist also erblich, obwohl sie einmal in den Alpen als Lebenslagevariation erworben sein muß. Allerdings besagen die Versuche von Nägeli an alpinen Hiera- ciumarten gerade das Gegenteil, indem sie in der Ebene sofort die Charaktere der nichtalpinen Formen annahmen, wie wir es früher schon ebenso für die Standortsvariänten von Towers Coloradokäfern gehört haben. Es dürfte allerdings gerade in dieser Richtung ein Gebiet für aussichtsreiche Versuche, besonders im Pflanzenreich liegen. Denn dafür, daß doch vielleicht erbliche Veränderungen so in gar nicht zu langen Zeiträumen erzielt werden können, spricht mancherlei. So be- richtet Bordage, daß auf der Insel Reunion die seit etwa 150 Jahren eingeführten Pfirsichbäume ihre Blätter nicht mehr richtig abwerfen und daß sie dieses „Anpassungsmerkmal" auch beibehalten, wenn sie in kälteren Regionen angepflanzt werden. Es ist zu hoffen, daß die Versuche, die jetzt in Amerika in größtem Maßstabe in besonderen Gebirgs-, Wüsten-, Meerlaboratorien über solche Fragen angestellt werden (Mc. Dougal) die erhoffte Klärung bringen werden. Für die exakte experimentelle Beantwortung der Frage der Erblich- keit von künstlich erzeugten Lebenslagevariationen kommen natürhch alle jene Veränderungen ebenso in Betracht, die im Rahmen der nor- malen Variationskurve liegen, wie solche, die weit von ihr abliegen. Denn wir haben früher bereits gehört, daß die ersteren gewöhnlich nicht Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. ia — 210 — erblich sind, aber auch die letzteren, die extremen oder diskontinuier- lichen Variationen nicht erblich zu sein brauchen, wie die Langschen Helixbefunde zeigten und wie es auf botanischem Gebiet besonders von Klebs gezeigt wurde. Nach den Erfahrungen der Mutationslehre ist es allerdings nicht unwahrscheinlich, daß Variationen eine größere Aus- sicht haben, erblich zu werden, wenn sie weit von der normalen Variation abliegen, und so erscheinen solche Versuche am ehesten aussichtsvoll, die künstlich Lebenslagevariationen erzeugen, die normalerweise nicht verwirklicht sind. Man muß sich aber dabei, wie Klebs mit Recht hervorhebt, davor hüten, derartige Charaktere ohne \A^eiteres als neue zu bezeichnen, d. h. als durch die Anwesenheit besonderer Erbeinheiten bedingte. Das braucht durchaus nicht der Fall zu sein, sie sind oder können vielmehr Glieder der Variationsreihe sein, die in Potenz vor- handen sind und nur deshalb gewöhnlich nicht auftreten, weil der adäquate Reiz fehlt. Jene früher erwähnten Charaktere des Land- tieres, die Frl. von Chauvin ihren Axolotln aufzwang, und die sie rück- läufig wieder in die Charaktere des Wassertieres verwandelte, illustrieren gut diese Potenz für ungewohnte, diskontinuierliche Variationen, die in der Erbmasse eben auch als Anlage vorhanden sind und nur durch Lebenslagewirkung realisiert werden können, wenn die Form über die An- lagen verfügt. Oder anders ausgedrückt : Unter den Erbeinheiten einer Form sind auch solche, die es bedingen, daß eine bestimmte extreme Variation, etwa die Göbel sehen Wasserblätter bei Landpflanzen, auf adäquaten Reiz hin auftreten kann. Es ist nun die Frage, ob es entweder durch einen besonders starken Reiz oder etwa ihre Summation gelingt, eine solche Variante hervorzurufen, die erblich wird, d. h. die nun nicht mehr in der Variationspotenz in der Erbmasse repräsentiert ist, sondern durch eine eigene Anlage, ein Gen. Daß die meisten Versuche, die eine Erblichkeit von Lebenslagevariationen beweisen wollen, sich daher derartiger extremer, diskontinuierlicher Variationen bedienen, ist be- greiflich. Wir haben aber früher gesehen, daß man diskontinuierliche Variationen, sobald sie erblich sind, als Mutationen bezeichnet, und so bemerken wir jetzt, daß die Frage nach der Vererbung von Lebenslage- variationen zum Teil identisch ist mit der Frage der Erzeugung der Mutationen oder richtiger der Überführung nicht erblicher diskonti- — 211 — nuierlicher Variationen, Modifikationen oder Fluktuationen in erbliche Mutationen, Aber auch die gewöhnlichen, kontinuierhchen Lebens- lagevariationen dürfen nicht außer Acht gelassen werden; wissen wir doch aus den oben berichteten Versuchen Towers, daß sie, obwohl für gewöhnlich nicht erbhch, doch auch erblich werden können. So ist denn der eine schon besprochene Versuch Towers ein direkter Beweis für die Vererbung einer individuell erworbenen kontinuierlichen Lebens- lagevariation, jener Versuch, in dem es ihm gelang, bei künsthcher Er- zeugung von Lebenslagevariation durch Temperatureinwirkung die Zahl erblicher Varianten von 2 auf 62% in die Höhe zu setzen. Und die Erblichkeit war dort eine einwandfreie, da sie ja in einem Dutzend von Generationen bheb. An diese Versuche sind direkt anzuschheßen die Versuche, die Kammerer über Färb Variationen beim Salamander ausführte und die auch von in der Natur vorkommenden nicht erbhchen, kontinuierlichen Variationen oder Modifikationen ausgehen, sie aber dann künstlich über das natürliche Maß hinaus steigern, um sie dabei erblich werden zu lassen. Bei den schwarz und gelb gefleckten Feuersalamandern variiert an verschiedenen Standorten das Maß der gelben Flecken von einem Zustand mit vorherrschendem schwarz zu einem solchen mit vorherrschendem gelb. Durch jahrelanges Halten auf gelbem Grund wurde nun einerseits erzielt, daß sich sehr weit- gehend gelbe Salamander entwickelten (Fig. 78a — d), andererseits durch Halten auf schwarzem Grund fast schwarze Formen (Fig. 79). Die Nachkommen der gelben Tiere wurden nun zur Hälfte auf gelbem (Fig. 78Ä — k), zur Hälfte auf schwarzem Grund gehalten (Fig. ySe — g). Die letzteren wiesen dann immer noch recht viel gelb auf und zwar waren die Flecken, wie die Abbildung zeigt, in zwei regelmäßigen Reihen dem Rücken entlang angeordnet. Die Nachkommentiere auf gelbem Grund zeigten aber das Gelb so verstärkt, daß es auch hier wieder in symmetrischer Anordnung fast das ganze Tier bedeckte. Es hatte sich also sichtlich das reiche Gelb der Eltern vererbt und war in letzterem Fall durch die neue Einwirkung noch verstärkt worden. Die Richtigkeit des Schlusses, daß es sich wirklich um Vererbung handelt, obwohl bis jetzt nur diese eine Generation vorliegt, wird nun durch folgenden Versuch bestätigt, der sich direkt an die oben besprochenen 14* — 212 — Hühnerexperimente Guthries anschließt. Es wurden solchen künst- lich gelb gemachten, kurz ausgedrückt, gestreiften Salamandern die Ovarien herausgenommen und dafür solche eines gewöhnlichen also P-Reihe auf gelbem Grunde fj- Reihe auf schwarzem Gnmde Pj- Reihe auf gelbem Grunde Fig. 78. Oben experimentell gelb gemachte Feuersalamander. Unten deren Nachkommen bei Zucht auf schwarzem und auf gelbem Grunde. Nach Kammer er. gefleckten Salamanders transplantiert. Das gleiche geschah in um- gekehrter Anordnung, femer wurden bei einem Teil der Versuche aus der Natur stammende gestreifte Tiere zur Transplantation benutzt. — 213 — Die Tiere wurden entweder von Männchen gleichen oder entgegen- gesetzten Charakters begattet, femer entweder auf neutralem oder ihrem Charakter entgegengesetzt wirkendem Grund gehalten. Von diesen Versuchen fielen einige bereits positiv aus und zwar ergaben sich zwei Möglichkeiten, wie folgende beiden Versuche lehren: i) „Weibchen mit geschlossenen Streifen, in der Natur gefangen (die Streifung ist Fig. 79- Experimentell schwarz gemachte Feuersalamander in verschiedenem Alter. Kammerer. Nach erfahrungsgemäß erblich) trägt das Ovar eines unregelmäßig gefleckten Weibchens, befruchtet von geschlossen gestreiftem, aus der Natur stam- mendem Männchen : 23 Nachkommen durchwegs unregelmäßig gefleckt. 2) Weibchen mit geschlossenen Streifen, Produkt künstlicher Zucht, trägt das Ovar von unregelmäßig geflecktem Weibchen, befruchtet mit künstlich herangezüchtetem, gestreiften Männchen, Nachkommen : Alle 26 mit geschlossenen, streng regelmäßigen Streifen." Kammerer — 214 — zieht unter Berücksichtigung seiner Kontrollversuche somit den Schluß, daß die fest erbhche Eigenschaft Streifigkeit, wie sie in der Natur vor- kommt, nicht in fremde Ovarien übergeht; die noch labile, künstlich erzeugte Eigenschaft hingegen tut es. Sollte sich das in der Tat be- stätigen und dabei andere Deutungen der Versuche ausschließen lassen, und Kammerer hält selbst die Bestätigung für wünschenswert, dann hätten wir hier den denkbar zuverlässigsten Fall somatischer Induk- tion vor uns. Die große Entfernung vom Mittel der Art, die hier die experimentell erzeugten Lebenslagevarianten aufwiesen, bietet nun einen Übergang von den gewöhnlichen kontinuierlichen Variationen zu den in der Varia- tionskurve nicht verwirklichten nur unter der Wirkung besonderer Reize auftretenden diskontinuierlichen Variationen, in deren Natur es an und für sich noch nicht liegt, erblich zu sein, wie etwa das Beispiel der linksgewundenen Helix zeigte, wenn auch, wie schon mehrfach erwähnt wurde, es wohl wahrscheinlich ist, daß sie leichter dazu neigen mögen, erblich zu werden. Aus den Versuchen, die mit derartigen un- normalen Lebenslagevarianten ausgeführt wurden, hat sich denn auch schon manches bemerkenswerte Resultat ergeben. Um zunächst wieder einmal einen Fall aus dem Gebiet der Botanik zu erwähnen, so sei an jene interessanten Untersuchungen von Klebs erinnert, die sich mit der Erzeugung ungewöhnlicher Variation be- faßten und die wir bei Betrachtung der Variabilität schon genau kennen lernten. Es hatte sich dabei ergeben, daß durch besondere Einwirkung äußerer Bedingungen Varianten erzielt werden konnten, die sonst nicht verwirklicht sind, und so muß sich daran weiterhin die Frage anschließen, ob derartige künstliche diskontinuierliche Varianten, also neu erworbene Eigenschaften, erblich sind. Bei den jetzt zu besprechenden Studien an S e mper vi vu märten wurde nun als extremer Lebenslagefaktor zur Erzeugung ungewohnter Varianten ein anderer Reiz benutzt. Es wurden nämhch die normalen Blütenstände abgeschnitten, nachdem festgestellt war, daß sie in ihren Eigenschaften eine normale Variations- reihe zeigen, und dann die neu entstehenden (regenerierten) Blüten untersucht. Dabei zeigte es sich, daß diese jetzt eine Unmenge von sonst nicht vorkommenden Varianten zeigten, wie Verschiebungen — 215 — in der Zahl der Blütenorgane oder Blumenblattform der Staubfäden (Petalodie). Alles in allem traten bei 85,8% der Blüten derartige Ano- malien auf, während normaler Weise sich nur 22% abweichender Blüten finden, deren Abweichungen außerdem viel geringer sind. Aus jenen veränderten Blüten wurden nun Nachkommen gezogen und diese jahre- lang, bis sie zum Blühen kamen, in den normalen Bedingungen gehalten, die für diese Pflanzenart typisch und günstig sind. Von den 3 ver- änderten Mutterpflanzen, deren Samen benutzt wurden, ergaben nun 2 wieder normale Nachkommen, wenn sich auch einige Variationen bei ihnen schon zeigten, die sonst nicht angetroffen werden. Von den Nachkommen der 3. Pflanze aber waren 7 zwar typisch gebaut, wenn sie auch wieder wesentlich mehr Anomalien, d. h. extreme Varianten aufwiesen, als es sonst der Fall ist. Die übrigen vier Exemplare er- wiesen sich aber als stark verändert und zwar in der gleichen Art wie die Mutterpflanze, also Erhöhung der Variationsbreite, Verschiebung des Mittelwertes (für die Zahl der Blütenorgane) nach der Minusseite, reiches Auftreten von petaloiden Staubblättern, kurz dem Vorhanden- sein aller der der Mutterpflanze induzierten Anomalien, die hier bei den Tochterpflanzen in 64 — 100% der Blüten sich fanden. Es spricht also alles dafür, daß bei jenen 4 Pflanzen die Abänderung des Blütenbaues erblich geworden war. Wenn wir früher schon gegebene Begriffs- bestimmungen auf diese Versuche anwenden, so ist das Resultat dies, daß die Pflanze als Erbanlage auch die Potenz besitzt, auf bestimmte Reize, etwa den Wundreiz hin mit der Erzeugung anormaler Vegeta- tionsorgane, diskontinuierlicher Varianten zu reagieren, etwa so wie Schmetterlinge bei extremen Temperaturen stets mit Melanismus re- agieren. Erhalten diese sich aber in der Nachkommenschaft, so besagt das, daß in der Erbmasse eine derartige Veränderung vorgegangen ist, daß das, was vorher nur eine ungewöhnliche Reaktionspotenz war, jetzt im Gefolge somatischer Veränderungen, die die Reaktion hervor- riefen, zum Typus wurde. Mit der Bezeichnung „vegetative Mutation" für die ursprünglichen Veränderungen der Blüten würde nichts weiter gewonnen sein. Allerdings liegt auch hier erst eine Generation vor; . es fehlt auch nicht an anderen Einwänden gegen die Tragweite der Ver- suche, die sich vor allem auf das Ausgangsmaterial beziehen, welches — 21G — als Bastard gilt. Aber gerade dies erscheint hier deshalb besonders gut analysiert, weil es ja zuerst normal geblüht hatte und dann erst nach Entfernung jener Blüten die veränderten erzeugt hatte. Das Ergebnis der Versuche steht aber auch in Übereinstimmung mit anderen bald zu erwähnenden botanischen Experimenten, nicht minder auch mit Tier- versuchen, von denen wir jetzt die wichtigsten schildern wollen. Am meisten bekannt geworden sind die Versuche, die Kammerer an unseren heimischen Salamanderarten ausführte, die sich auf Varia- tionen der gesamten Fortpflanzungsart beziehen. Es kommen bei uns bekanntlich zwei Salamanderarten vor, der gelbgefleckte Feuersala- mander, Salamandra maculosa, und der schwarze Alpensalamander, Salamandra atra. Ersterer bewohnt das Tiefland, vor allem das Mittel- gebirge, bis etwa looo m Höhe, letzterer das Hochgebirge. Entsprechend dieser Verschiedenheit der Lebenslage ist die Art der Fortpflanzung auch eine verschiedene. Beim Feuersalamander entwickeln sich gleichzeitig 14 — 72 Larven im Uterus und werden dann mit gut entwickelten äußeren Kiemen und einem Ruderschwanz ausgestattet ins Wasser abgesetzt, wo sie dann nach einiger Zeit, indem sie ans Land gehen, zum Salamander metamorphosieren. Der Alpensalamander dagegen bringt typisch nur ein paar Junge zur Welt. Zwar gehen auch viele Eier in den Uterus über, sie zerfallen aber dort und bilden einen Nahrungsbrei für die einzige Larve, die in jedem Uterus zur Entwicklung gelangt, Sie macht nun ihre ganze Metamorphose schon im Mutterleib durch, bildet dem- entsprechend auch keine zur Wasseratmung tauglichen Kiemen aus, son- dern merkwürdig gestaltete riesige Kiemen, die ein embryonales Er- nährungsorgan darstellen. Die Jungen werden dann schließlich als schon voll entwickelte kleine Salamander geboren. Es ist klar, daß diese Diffe- renzen durch die Lebenslage bedingt sein müssen, da ja dem Alpen- salamander im kurzen Sommer für die Entwicklung seiner Brut nur zu kalte Gewässer zur Verfügung ständen. Diese Fortpflanzungserschei- nungen sind nun bei jeder der beiden Arten in der Natur der Lebens- lagevariation unterworfen. Feuersalamander, die in hohen, kalten Regionen leben, produzieren weniger Larven und setzen sie auf einer viel späteren Entwicklungsstufe als normalerweise ab. Alpensala- mander aus den tiefen Regionen ihres Verbreitungsgebietes bilden mehr. 217 bis zu vier Larven, die auf einem früheren Entwicklungszustand geboren werden. Kammerer suchte nun durch Anwendung extremer äußerer Bedingungen diese Lebenslagevariation bis zu ihrem möglichen Maximum zu verschieben. Es gelang ihm in der Tat, durch Wasserentziehung und Kälte die Feuersalamander so weit zu bekommen, daß sie, zunächst gezwungen, nach einiger Zeit aber auch freiwillig, die Fortpflanzungs- gewohnheiten der Alpensalamander annahmen. Sie bildeten schließlich Fig. 80. Larven von Salamandra atra. Fig. 4 normale Larve mit zarten Uteruskiemenbüscheln, Fig. I Reduktion der Kiemen, Fig. 2 ihre Umbildung bei experimentell erzwungener Anpassung an das Wasserleben, Nach M. von Chauvin. nur zwei Larvon aus, die übrigen Eief zerfielen zu einem Nahrungsbrei und die Larven wurden als Vollsalamander am Land geboren. Um- gekehrt konnten auch die Alpensalamander die Fortpflanzungsgewohn- heiten des Feuersalamanders annehmen. Schon Frl. von Chauvin hatte gezeigt, daß aus dem Uterus herausgeschnittene Larven dieser Form an das ^''asserleben gewöhnt werden können und daß sie dort ihre embryonalen Kiemen zu Wasserkiemen umwandeln und einen Ruderschwanz bilden, wie nebenstehende Fig. 80 erkennen läßt, die in — 218 — Fig. 4 eine frisch dem Uterus entnommene Larve mit den schleierartig feinen Kiemen zeigt, in i und 2 eine kürzer resp. länger ans Wasserleben angepaßte Larve. Durch Einwirkung von Wärme und Darreichung von Wasser konnte Kammerer dann die Tiere daran gewöhnen, ihre Larven freiwillig auf frühem Entwicklungszustand ins Wasser zu setzen, wobei sich dann auch eine größere Zahl von Embryonen, bis zu 9, im Uterus entwickeln. Das Interesse richtet sich nun auf die Nachkommen- schaft dieser künstlich erzeugten extremen Varianten. Es zeigte sich dabei bei der einzigen bis jetzt vorliegenden Generation insofern eine Vererbung, als die Alpensalamander freiwillig Wasserlarven gebaren, die Feuersalamander aber weiter vorgeschrittene Larven als normal, einer sogar auf dem Lande Vollmolche. Leider können diese Ergeb- nisse eine Vererbung der extremen Lebenslagevariation noch nicht völlig beweisen, vor allem weil die ja auf die Lebenslage so fein reagierenden Tiere in ungewohnten Bedingungen gehalten waren, die zuerst fast ihre Fortpflanzungsfähigkeit vernichtet hätten, später aber bei Herstellung natürlicher Bedingungen sie wesentlich früher als normal geschlechts- reif werden ließen. Diesen wie den meisten bisher berichteten Versuchen haftet nun noch eine prinzipielle Schwäche an, die, daß das Material nur schwer variationsstatistisch betrachtet werden kann und daher auch positive Ergebnisse sich nicht leicht auf eine wirklich exakte Basis stellen lassen. Versuche aber mit quantitativ bestimmbaren Merkmalen sind im Tier- reich noch wenig ausgeführt. Aus neuester Zeit stammen die Experi- mente von Przibram und Sumner an Ratten und Mäusen, von denen letztere erst mit genauen Zahlenangaben publiziert sind. Beide Autoren hielten ihre Versuchstiere in niedrigen und hohen Temperaturen und stellten dabei, in Einklang mit den Erfahrungen aus freier Natur, fest, daß in höheren Temperaturen (bei Sumners Mäusen 26°, bei Przi- brams Ratten 30 — 35°) die Ohren, Schwänze, Füße eine größere Länge annahmen als in tiefen Temperaturen. Hand in Hand damit geht eine Verminderung der Behaarung und bei den Ratten ein exzessives Her- vortreten der äußeren Genitalien. Bei den in normalen Bedingungen gehaltenen Nachkommen der Wärme- wie der Kältetiere waren diese Differenzen noch vorhanden, schwächten sich aber im Lauf des Heran- — 219 — Wachsens ab. Trotzdem sie nicht sehr groß waren, so können sie doch kein Zufallsresultat sein, da Sumner berechnete, daß dagegen die Wahrscheinlichkeit von i : 20000 spricht. Allerdings trat, wie Przibram fand, das Wiederauftreten der induzierten Variation in der Nachkommen- schaft nur ein, wenn die Befruchtung noch unter den veränderten Be- dingungen stattgefunden hatte. Das Resultat ist also auch noch nicht klar und eindeutig. Die verschiedenen Tatsachen, die wir jetzt kennen gelernt haben, und die bestimmt sind zu beweisen, daß eine Vererbung erworbener Eigenschaften möglich ist, haben uns nun zu einem Punkt gelangen lassen, an dem die schon mehrfach angedeutete Frage gestellt werden muß, wie sich der Vorgang der erbhchen Übertragung im individuellen Leben erworbener Eigenschaften zu den Erscheinungen der Mutation verhält. Wenn wir die erwähnten Experimente ins Auge fassen, so zeigt sich, daß sie vielfach eben so gut als Material für die künstliche Erzeugung von Mutationen hätten vorgebracht werden können. So fanden sich bei den Untersuchungen von Klebs in den Nachkommen der künstlich veränderten Blüten auch solche, die ganz neue Charaktere aufwiesen. Und Blaringhem, der beim Mais wie bei Spinacia ganz ähnliche erbliche Veränderungen im Gefolge von Verwundungen er- zielte (Versuche, deren Beweiskraft wegen der Verwendung nicht analy- sierter Populationen übrigens bestritten wird), bezeichnet sie auch direkt als künstlich erzeugte Mutationen. Lassen sich diese beiden Dinge nun überhaupt auseinander halten oder sind sie nicht vielmehr identisch, wie es Plate, Lotsy, Klebs, Semon sich vorstellen? Wir müssen zugeben, daß das bisher beigebrachte Material, das eine Ver- erbung erworbener Eigenschaften beweisen soll, noch durchaus nicht vollständig und einwandfrei ist, daß es aber die Möglichkeit einer solchen Vererbung bereits sehr wahrscheinlich macht. Wir haben weiter ge- sehen, daß es in letzter Linie Lebenslagevariationen kontinuierlicher Art oder auch solche diskontinuierlicher Art, die nur in Potenz für ge- wöhnlich existieren und erst auf sehr starke Reize hin realisiert werden, sind, die unter Umständen erblich werden können. Wir haben des Weiteren gesehen, daß viele sogenannte Mutationen ebenfalls nichts anderes sind als erbliche Lebenslagevariationen kontinuierlicher oder — 220 — diskontinuierlicher Art. Und da bleibt nur noch eine Möglichkeit einer prinzipiellen Differenz übrig. Wir wissen, daß vielfach die Mutationen in der Nachkommenschaft ganz unveränderter Eltern erscheinen. Damit Mutationen oder überhaupt erbhche Veränderungen auftreten können, müssen natürlich die betreffenden Veränderungen in den Keim- zellen, aus denen sich die Mutanten entwickeln, vorhanden sein. Es wäre also möglich, daß eine erbliche Veränderung nur dann auftritt, wenn ein direkter Reiz auf die Keimzellen ausgeübt wird, der von dem, was im Soma vor sich geht, ganz unabhängig ist. Die Versuche, die eine Vererbung erworbener Eigenschaften beweisen sollen, wären, wenn sie positive Resultate ergeben, so zu deuten, daß eine Mutation durch direkte Einwirkung auf die Geschlechtszellen erzeugt wurde, ebenso wie in jenen Fällen, in denen die Mutanten als Nachkommen unver- änderter Eltern erzeugt wurden; der Unterschied wäre nur der, daß parallel mit der Veränderung der Geschlechtszellen auch das Soma in gleichsinniger Weise verändert wurde, sodaß es den Anschein hat, als ob dies das primäre wäre. Man hat diese Interpretation mit Detto auch als Parallelinduktion bezeichnet, und Tower, Tschermak.Lang, Ziegler haben- sie in der Tat für unsere Frage herangezogen. Durch eine solche Annahme wird natürlich die Schwierigkeit der Vorstellung, wie eine somatische Veränderung eine gleichsinnige Veränderung in den Geschlechtszellen bewirken soll, umgangen, dafür aber genau die gleiche Schwierigkeit wieder umgekehrt errichtet, die, sich vorzustellen, daß Veränderungen der Geschlechtszellen nur genau in der Richtung sich bemerkbar machen, in der das Soma durch den gleichen Reiz verändert wird, Schwierigkeiten, die für alle Fälle von Instinkt Variationen und Gebrauch und Nichtgebrauch unüberwindlich sind. Man hat allerdings versucht, eine solche Anschauung auch auf Tat- sachen zu stützen, nämlich auf die schon früher besprochenen Experi- mente von Fischer und Tower. Wir hatten gesehen, daß es vor allem Tower gelungen war, durch Einwirkung veränderter äußerer Bedin- gungen beim Coloradokäfer Mutationen oder extreme Variationen zu erzeugen. Das interessante Resultat, das er bei diesen Experimenten erzielte, war nun das, daß die Mutationen nur auftraten, wenn die Ein- wirkung zu einer bestimmten Zeit stattfand. Wenn die Coloradokäfer — 221 — aus der Erde kommen, beginnen ihre Geschlechtszellen heranzuwachsen und wenn die Eier abgesetzt werden, reift ein neuer Satz wieder heran. Diese Periode des Heranreifens erwies sich nun als die einzige, in der Mutationen erzeugt werden können, die sensible Periode; es ist ja auch für die Temperaturaberrationen der Schmetterhnge schon von lange her bekannt, daß sie am besten in einer bestimmten Zeit des Puppenlebens hervorgerufen werden, und in Fischers Erblichkeitsexperimenten waren sie ja auch in dieser sensiblen Periode erzeugt. Wurden also Käfer während der Reifung des ersten Eisatzes den Bedingungen des Experi- ments ausgesetzt, so bestand ihre Nachkommenschaft vorwiegend aus Mutanten, wurde dann der zweite Satz normal gebildet, so gab er auch normale Nachkommenschaft. In beiden Fällen hatte das Tier selbst aber keine sichtbare Veränderung erlitten. Nun haben wir aber früher gesehen, daß durch Tebenslageveränderungen, die auf das heranwach- sende Tier selbst wirken, an diesem Variationen erzeugt werden, die aber, wie auch die natürlichen Lebenslagevariationen, nicht erblich sind, (Tower vergleicht sie mit einem Regenmantel, den man bei schlechtem Wetter anzieht, der aber doch keine Veränderungen an seinem Träger hervorbringt.) Und daraus wird dann der Schluß gezogen, daß es in diesem Versuch gelungen ist, die Einwirkung auf Soma und Geschlechts- zellen zu trennen, indem in ersterem FaU zwar die Geschlechtszellen aber nicht das Soma direkt beeinflußt wurden, in letzterem FaU aber nicht. Semon hat an dieser Schlußfolgerung berechtigte Kritik geübt; denn wenn in dem ersteren Fall das Soma keine sichtbaren Veränderungen erlitt, so geschah das, weil schon ausgefärbte Tiere vorlagen, die sich gar nicht mehr ändern können. Deshalb kann die Veränderung trotzdem vorgegangen sein, die dann auf die Geschlechtszellen übertragen wird. Der Versuch läßt sich aber auch aus anderen Gründen nicht in dieser Richtung deuten. Denn die somatischen Lebenslage Veränderungen, die im zweiten Fall zustande kamen, aber nicht vererbt wurden, sind gar nicht die gleichen, wie die Mutationen, da letztere ja jenseits der normalen Variabilität lagen. Als Vergleichsmaterial können jene Varia- tionen also gar nicht in Betracht kommen. Nun hat aber Tower selbst festgestellt, daß, wenn die Lebenslagevariationen experimentell erzeugt wurden, sie, die normal nur mit 2% erblich waren, auf 62 % Erblichkeit — 222 — anstiegen. Also waren doch die somatisch erworbenen Eigenschaften vererbt worden. Für jene Mutationen ist aber doch die Sachlage die: Es waren diskontinuierliche, extreme Varianten, die erst bei der Nach- kommenschaft in Erscheinung traten. Das Mutterindividuum ver- mochte aus physiologischen Gründen nicht unter der Wirkung des Reizes ebenso abzuändern. In anderen Fällen aber ist diese Fähigkeit vorhanden, die Fälle, in denen direkt ein Individuum durch Reiz ver- anlaßt werden kann, eine diskontinuierliche Variante zu bilden. Das ist bei den Objekten von Klebs und Blaringhem ebensowohl der Fall wie bei den Frostaberrationen der Schmetterlinge, wo aus der behandelten Puppe der abgeänderte Schmetterling schlüpft. Im Individuum selbst wird also in diesem Fall die schlummernde Potenz, extreme Varianten zu bilden, ausgelöst und auf die Nachkommen übertragen. Es ist das aber im Prinzip das Gleiche, wie wenn der Gärtner nach De Vries die Mutterpflanze gut düngen muß, um kräftige Nachkommenschaft zu erhalten. Auch da werden doch nicht die Geschlechtszellen direkt gedüngt. Eines aber geht aus jenem Versuch Towers hervor, daß die Geschlechtszellen ein sensible Periode haben und des weiteren, daß sie sichtlich somatische Veränderungen, sichtbare wie bei den Schmetter- lingen und Sempervivum oder unsichtbare wie bei Leptinotarsa, nur in dieser Periode annehmen. Es geht aber des weiteren daraus hervor, daß sie vielleicht nur solche Veränderungen annehmen, die gleichzeitig erst im Körper unter der Reizwirkung entstehen, nicht solche die bereits fertig sind. Daß dem so ist, beweisen, falls sie sich bestätigen sollten, die früher erwähnten neuen Versuche Kammerers, wonach unter den Einwirkungen des Experiments gelb gewordene Feuersalamander den Charakter durch transplantierte Ovarien normaler Herkunft vererben, aus der Natur stammende gelbe Varianten es aber nicht können. In allen diesen Fällen ist es aber prinzipiell gleichgiltig, ob es sich um erb- liche kontinuierliche oder diskontinuierliche Variationen handelt, beide sind Glieder der gleichen Reihe. Und so lautet der Schluß dann, daß die Mutationen und die ihnen gleichwertigen erblichen Variationen nichts anderes sind, als ein Ausdruck für die Vererbung erworbener Eigenschaften. Erläutern wir schließlich die verschiedenen Erklärungsmöglich- keiten noch an einem Beispiel. Die besten englischen Rennpferde — 223 — liefen vor etwa loo Jahren im Durchschnitt 3 Minuten per enghsche Meile, jetzt nur etwa zwei. Dies kann auf mehrere Arten entstanden sein, wenn man von der Möglichkeit, die das ganze Beispiel hinfällig machen könnte, absieht, daß es nur an den besseren jetzigen Trainier- methoden liegt. Entweder ist die Vervollkommnung nur eine scheinbare. In Wirklichkeit ist es so, wie beim oben besprochenen Schlanstedter Roggen, der in 20j ähriger Arbeit gezüchtet wurde, und bei Kenntnis der Gesetze der reinen Linien in einem Jahr hätte fertig sein können. Das heißt, in der Rennpferdepopulation gab es schnellere und langsamere Linien, die im Laufe der Zeit nur durch geschickte Auslese getrennt wurden. Oder der Weg ging so, daß schnellere Tiere als Mutanten auf- traten, ausgelesen wurden und so ihre Eigenschaften auf ihren Stamm übertrugen. Tatsächlich gehen berühmte Zuchtstämme ja auf einen einzigen erfolgreichen Stammvater zurück. Nun müssen wir entweder annehmen, daß die Keimzellen aus sich heraus, oder unter dem Einfluß direkter, vom Zustand des Soma unabhängiger Reize abänderten und zwar gerade in der Richtung der Rennfähigkeit. Oder aber wir nehmen an, daß bei einzelnen Individuen sich unter dem Einfluß des Training und der gesamten Behandlung, d. h. der Lebenslage, die Fähigkeit in der betreffenden Richtung steigerte und dann, wenn die noch unbekann- ten Umstände, die den Übergang in die Keimzellen ermöglichen, wie etwa Zusammentreffen von Reizzustand und sensibler Periode, ein- traten, sich erblich fixierte. Beide Interpretationen erklären in gleicher Weise, warum die einen Züchter behaupten, man müsse die Nach- kommen erfolgreicher Individuen züchten, die anderen aber gerade von solchen nichts wissen wollen. Die letztere Interpretation möchte doch die verständlichere sein ; aber es ist auch zuzugeben, daß das vorhegende Tatsachenmaterial die Verfechtung eines bestimmten Standpunkts noch sehr schwer erscheinen läßt. Wollen wir also die Vererbung erworbener Eigenschaften als wahr scheinlich annehmen und auch die Mutation als Ausdruck des gleichen Erscheinungskomplexes auffassen, so bleibt immer noch eine Frage zu beantworten. Wir haben gesehen, daß Mutationen meist mit ihrem ersten Auftreten in vollem Umfang erblich sind. Das ist auch selbstverständlich, wenn man vom Standpunkt der Lehre von den — 224 — Erbeinheiten aus annimmt, daß sie durch Addition eines neuen Genes zur Erbmasse zu stände kommen. Vom Standpunkt der Vererbung er- worbener Eigenschaften aus muß das aber nicht der Fall sein, da ist vielmehr ein allmähliches Entstehen voller Erblichkeit denkbar. Eine erworbene Eigenschaft ist ja schließlich die Reaktion eines Organismus auf einen Reiz, und ihre Vererbung wäre also das Andauern der Reak- tion bis zur folgenden Generation. Die Vererbung wäre also, wie vor allem Semon es verficht, in letzter Linie eine Erscheinung der Reiz- physiologie. Aus ihr wären aber vor allem zwei Gesetzmäßigkeiten auf sie anwendbar: einmal die Tatsache, daß die Wirkung eines Reizes nach seinem Aufhören anhalten kann, die Nachwirkung, sodann die Tat- sache, daß wiederholte Reize eine Summierung der Wirkung bedingen. Nun führen in der Tat manche Tatsachen auf diesem Weg von der Reaktion auf Reiz über Nachwirkung und Summation zur Vererbung über. Frl. von Chauvin hielt einmal bei einem Versuch Axolotl so, daß sie immer nur 12 Stunden im Wasser bleiben konnten und 12 Stunden an Land verbringen mußten. Als sie nun den Versuch dadurch beendigte, daß sie den Tieren dauernd das Wasserbecken zur Verfügung ließ, gingen sie trotzdem noch Monate lang jede Nacht an Land. Von einem solchen Befund ist aber der Weg zu einer Nachwirkung auf die nächste Genera- tion nicht weit. In den verschiedenen besprochenen Amphibienver- suchen Kammerers zeigte sich die den Eltern induzierte Erscheinung, z. B. die gelbe Farbe der Salamander, bei normal gehaltenen Nach- kommen zwar abgeschwächt, aber in deutlicher Nachwirkung, hielt aber der Reiz an, so trat eine Summation der Wirkung ein, noch gelbere oder noch schwärzere Salamander wurden in einem Fall erzeugt, Larven auf noch früheren oder späteren Stadien geboren, als in der vorhergehen- den Generation, versehen mit noch besseren Anpassungen an das Wasser- oder Landleben. Oder die Nachkommen der von Pictet mit unge- wohntem Futter ernährten Raupen, das sie nur widerwillig und ge- zwungen annahmen, fraßen die gleiche Nahrung ohne weiteres. Bei Hühnern, die von Houssay zur Fleischuahrung gezwungen wurden, vergrößerten sich die Krallen in jeder neuen Generation mehr, wurde der Muskelmagen immer dünnwandiger. Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß Reiznachwirkung und Summation auch auf folgende — 225 — Generationen sich erstrecken. Es fragt sich nur, wann daraus eine volle Erblichkeit wird, die durch entgegengesetzte Reize ohne weiteres nicht mehr beeinflußt wird. Vom physiologischen Gesichtspunkt aus muß man erwarten, daß das nur eine Frage der Quantität der Reize ist, etwa so, wie es sich beim Einfahren eines Reflexes verhält. In der Tat findet Woltereck, daß eine als Lebenslagevariation aufzufassende extreme Helmform der Daphnien nach 2 jähriger Bewirkung, also Summation des Reizes in zahllosen Generationen, schließhch erbhch wird. Und das wieder führt dazu, die Kluft zu den plötzlich erblichen Mutationen zu überbrücken; denn es zeigte sich stets da, wo man etwas von den Be- dingungen ihres Entstehens kannte, daß es extreme Reize waren, die sie hervorriefen. Extreme Reize zur richtigen Zeit, etwa der sensiblen Periode der Geschlechtszellen, angewandt, bedeuteten also das Gleiche wie schwächere Reize in Summation über Generationen. Wie viel Wahr- scheinlichkeit aber ein derartiger Gedankengang hat, zeigt die Existenz der mit den Mutationserscheinungen eng verknüpften sogenannten Halbrassen und Mittelrassen von de Vries. Es kommt vor, daß ein Merkmal, wie die anormale Blättchenzahl beim Klee in ganz seltenen Exemplaren auftritt, ohne erblich zu sein. Solche diskontinuierlichen Variationen können sich aber auch in ganz geringem Maß cds erblich zeigen, und dann spricht de Vries von einer Halbrasse, weil in diesem Fall halbe Variationskurven gefunden werden. In anderen FäUen halten solche Formen aber in der Erblichkeit den Stammformen die Wage oder geben sogar unter günstigen Bedingungen mehr anormale als normale Nachkommen; dann spricht de Vries von Mittelrassen. Auch im Tierreich fehlt es nicht an entsprechenden Fällen. So fand Delcourt bei der Fliege Drosophila das plötzliche mutationsartige Auftreten einer abnormen Flügeladerung, die sich aber nur mit 30 — 35% erblich erwies. Plate fand in bestimmten Mäusestämmen das Auftreten merk- würdiger Knickschwänze, die wahrscheinlich eine im Gefolge von Ba- stardierung auftretende Mutation darstellen. Sie war aber nicht voll, sondern nur in gewissem Maße, maximal mit 90% erbhch. Oder Bar- f urth zeigte, daß die gelegentlich auftretende Pentadactylie in normal vierzehigen Hühnerstämmen bei reiner Weiterzucht mit 40 — 60% erb- lich ist, während sie ja in typisch fünfzehigen Stämmen voll erblich ist. Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. je — 226 — Es konnten aber die 3 Stufen der nicht erblichen diskontinuieriichen Varianten, Halbrassen und Mittelrassen weder ineinander noch in Mu- tationen übergeführt werden. Nach dem vorher ausgeführten bedürfte es aber dazu vielleicht nur der Kenntnis des adäquaten Reizes, der jene^Anomalie hervorruft, um durch seine Summationswirkung auf dem Wege'^über jene 3 Etappen die Mutation zu erzeugen. Vielleicht ist ein Schritt in dieser Richtung in den schon früher erwähnten Unter- Fig. 81. Lord Mortons Quaggahengst. Nach Ewart. suchungen an Mikroorganismen zu erblicken, die allerdings sich nur ungeschlechthch vermehren. Wolf konnte nämlich beim Micrococcus prodigiosus durch chemische Agentien Farbveränderungen erzielen, die teils nicht erbliche Fluktuationen waren, also nach Aufhören des Reizes wieder verschwanden, teils sich unvollkommen vererbten, also in einem gewissen Prozentsatz erblich waren, während der Rest „zurückschlug", teils dauernd erblich waren und deshalb Mutanten genannt wurden. Gewiß eine schöne Reihe der Erzeugung der drei — 227 — postulierten Erblichkeitsstufen durch äußere Bedingungen im Ex- periment und zwar bei Organismen, bei denen Soma und Geschlechts- zellen nicht zu trennen sind. Zweifellos liegt hier wie in dem ganzen Gebiet, das wir jetzt kennen gelernt haben, noch eine Fülle von Möglichkeiten und Notwendigkeiten für weitere Forschung. Doch damit sind wir wohl an der Grenze angelangt, die die Interpretation und Verknüpfung der Tatsachen von den Hypothesen scheidet. Nur ein kleiner Schritt und wir befinden uns bei Herings berühmtem Vergleich der Vererbungsphänomene mit dem Gedächtnis und Semons Lord Mortons Quaggabastard. Nach Ewart. darauf aufbauender Theorie der Mneme. Doch wollen wir in diesen Vorlesungen uns diesseits der Grenze halten. Wir können diese ebenso interessanten wie weiterer Aufklärung be- dürftigen Probleme nicht verlassen, ohne noch einige kurze Worte einer Erscheinung gewidmet zu haben, die, so unbiologisch ihre Grund- gedanken sind, doch immer wieder auftaucht und besonders in der praktischen Tierzucht ihren Spuk treibt, der sogenannten Telegonie. Keiminfektion oder Telegonie bedeutet, daß, wenn mehrere Väter nach- einander das gleiche Weibchen befruchten, die Nachkommen aus der späteren Befruchtung Charaktere des früheren Vaters zeigen sollen. Hundezüchter lassen oft, weil sie an diese Möglichkeit glauben, Rasse- hunde niemals von einem Köter decken, der ihnen die ganze spätere 15* — 228 — Nachkommenschaft mit einem Rassehund verderben soll. Die Auf- merksamkeit wurde auf diese Erscheinung erst durch den berühmt ge- wordenen Fall der Stute des Lord Morton gelenkt, den sogar Darwin als beweiskräftig ansah. Eine kastanienbraune Stute, die mit einem Quaggahengst, der in Fig. 8i abgebildet ist, bastardiert worden war, gebar später, als sie von einem Araberhengst befruchtet wurde, drei braune gestreifte Füllen, von denen eines mehr Zebrastreifen besaß als der Quaggabastard und von Anfang an eine kurze, steife und aufrechte Mähne besitzen sollte. Ewart, der auch nebenstehend wiedergegebene Bilder des Quaggabastards (Fig. 82) wie des gestreiften Füllens (Fig. 83) Fig. 83. Lord Mortons gestreiftes Füllen. Nach Ewart. beibrachte, hat nun einmal die genaue Herkunft dieser Pferde eruiert und dabei festgestellt, daß die Mutterstute ein Halbblut zwischen einem Araber und einem indischen Pony war, welch letzteres eine Streifung besitzt von der Art wie sie die Füllen zeigten, ferner aber auch fest- gestellt, daß die Angabe der aufrechten Mähne, die von einem Reitknecht stammte, durch zeitgenössische Abbildungen des Füllen widerlegt wird. Sodann hat aber Ewart an mehreren Haussäugetieren und Vögeln, besonders auch am Pferd nach Kreuzung mit Zebra durch zahlreiche Experimente festgestellt, daß die Telegonie ins Reich der Fabel gehört; und de Parana, der in Brasilien die gleichen Versuche in riesigem Maßstabe nach Zebra- wie nach Eselkreuzung ausführte. — 229 — kam zu dem gleichen Resultat. Die Telegonie, die für den mit der Be- fruchtungs- und Vererbungslehre Vertrauten ohnedies ein Unding dar- stellt, kann also ruhig als überwundener Irrtum verschwinden, der nur noch Kuriositätsinteresse hat. Elfte Vorlesung. Das Mendelsche Gesetz und seine Begfründungf* Die daraus folgfen- den Zahlenkonsequenzen* Wir sind nunmehr mit den genügenden Kenntnissen der Eigen- schaften der Organismen, die für die Erblichkeitsprobleme in Betracht kommen, ausgestattet, um der wichtigen Frage nahe treten zu können, wie diese Eigenschaften auf die Nachkommen vererbt werden, ihr erb- liches Verhalten zu analysieren. Wenn der physiologische Chemiker — man denke an Ehrlichs berühmte Studien — die Wirkung einer Molekülgruppe auf physiologische Vorgänge studieren will, so wird er sie mit allen möglichen Grundsubstanzen verbinden, um aus der Übereinstimmung resp. Verschiedenheit in der Wirkung aller jener Verbindungen seine Schlüsse ziehen zu können. Eine ganz entsprechende Methode bietet sich nun für das Studium des Verhaltens der Erbein- heiten dar: man wird sie mit möglichst verschiedenen anderen Grund- körpern in Verbindung bringen und die neuen Kombinationen in ihrem Verhalten studieren. Die Kombination von Erbeinheiten ist aber nur auf einem Weg möglich, auf dem Weg der Bastardierung. Sie muß also als das wichtigste Mittel angesehen werden, einmal das Verhalten der G^ne bei der Vererbung festzustellen, sodann die genotypische Zusammensetzung eines Organismus zu analysieren. Unter Bastar- dierung ist daher in diesem Zusammenhang die Fortpflanzung zwischen zwei genotypisch irgendwie verschiedenen Individuen zu bezeichnen: ein Bastard kann eben so wohl aus der Kreuzung von Individuen zweier reiner Linien, als zweier systematischer Varietäten, Arten oder Gattungen hervorgehen. — 230 — Die Bastardieningslehre ist nun in der Neuzeit zu ganz besonders glänzenden Resultaten gelangt, die in ihrer großen Bedeutung das Zentrum der neueren Erblichkeitsforschung darstellen. Nicht etwa, daß man früher nicht bastardiert hätte ; aber die ältere Bastardforschung hatte es nicht erreichen können, in ihre zahlreichen Einzelbefunde die Ord- nung einer Gesetzmäßigkeit zu bringen. Ja, es ist noch nicht so lange her, daß man überzeugt war, daß die Mannigfaltigkeit der Erschei- nungen sich überhaupt keinem Gesetz fügen könne. Und doch ist jetzt das Unmögliche gelungen, ein Fortschritt, der, wie allgemein bekannt, erst der Genialität Gregor Mendels gelang. Seine und seiner Nachfolger Untersuchungen haben mit einem Schlag Ordnung in das Chaos widerspruchsvoller Resultate gebracht. Das werden wir besonders klar erkennen, wenn wir einen kurzen Blick auf die Ergeb- nisse der älteren Bastardforschung werfen. Sie ist in der Hauptsache das Werk der Botaniker, von denen sich hervorragende Forscher wie Kölreuter, Knight, Gärtner, Focke, Naudin, Wichura jenen Fragen widmeten, während im Tierreich die Fälle von Bastardierungen, die an Haustieren vorgenommen wurden, meist der Wissenschaft ver- loren gingen. Im Wesentlichen hat nur Darwin in großem Maßstabe das ihm zugängliche Material gesammelt und durch seine eigenen be- rühmten Untersuchungen bereichert. Nach ihm kann für die Zeit vor der Wiederentdeckung der Mendelschen Gesetze nur noch Standfuss genannt werden, dessen ^chmetterlingskreuzungen klassisch zu nennen sind. Wenn man die Erfahrungen der älteren Bastardforschung überbhckt, bemerkt man immer wieder mit Staunen, wie nahe sie oft der Ent- deckung der Gesetzmäßigkeit gewesen ist. Es war ihr bekannt, daß das Verhalten der ersten Bastardgeneration ein ganz verschiedenes sein kann. Die Bastarde zeigten manchmal eine vollständige Ver- mischung der Charaktere der Eltemindividuen oder sie zeigten in gewissen Teilen väterliche, in anderen mütterliche Eigenschaften. Es war aber auch bekannt, daß oft die Eigenschaften des einen der Eltern über die des anderen überwogen, präpotent waren, oder, wie der Tier- züchter sagt, eine höhere Durchschlagskraft besaßen; man nannte solche Bastarde wohl auch goneokline und zwar patrokhne, wenn sie — 231 — mehr nach dem Vater, matrokline, wenn sie mehr nach der Mutter schlugen. Oft fand man aber auch ein vöUiges Überwiegen des einen der Eltern, sodaß die Nachkommenschaft nur den einen Charakter zeigte. Um aus den vielen Beispielen, die Darwin anführte, nur einige zu nennen — und es ließen sich leicht entsprechende aus dem Pflanzen- reich zufügen — so sei an den von Godin berichteten Fall einer ziegen- ähnlichen Schafrasse vom Kap erinnert, deren Widder bei Kreuzung mit 12 verschiedenartigen Mutterschafen immer nur Nachkommen- schaft seiner Rasse produzierte. Oder wird das Seidenhuhn mit einem Bantamhuhn gekreuzt, so zeigt die Nachkommenschaft nicht eine Spur der seidigen Federn. Es war aber auch bekannt, daß es Eigenschaften gibt, die bei Bastardierung nie verschmelzen, und zwar stellte Darwin fest, daß dies vor allem solche sind, die vorwiegend bei domestizierten Tieren und Pflanzen als Sports auftreten, wie distinkte Farben, Nackt- heit der Haut, Glätte der Blätter, Fehlen von Hörnern oder Schwanz, überzählige Zehen, Zwergwuchs und viele andere Abnormitäten. Ent- weder schlagen die Nachkommen typisch nach einem der Eltern: Kreuzung von grauen und weißen Mäusen liefert graue; oder aber in der Nachkommenschaft treten die beiden Eltemtypen rein auf, wie etwa wenn hörn- oder schwanzlose Rassen mit normalen gekreuzt werden. Ja, es können sogar die beiden elterlichen Typen an einem Individuum getrennt auftreten : Bei Kreuzung fünfzehiger Dorkinghühner mit vier- zehigen Rassen können Nachkommen entstehen, die an einem Fuß 4 am anderen 5 Zehen haben; bei Kreuzung von Einhuferschweinen mit normalen können Junge entstehen, die zwei normale und zwei einhufige Füße haben. Die wenigen Beispiele mögen genügen, um die beobach- teten Verschiedenheiten der Kreuzungsresultate zu zeigen. Diesem verschiedenen Ausfall der ersten Bastardgeneration ent- spricht nun auch die Mannigfaltigkeit im Verhalten weiterer Genera- tionen. Da sind zunächst die Bastarde mit Vermischung der elterlichen Eigenschaften, die diesen Zustand rein weitervererben, wie vor allem bei Pflanzenbastarden, z. B. dem später noch zu besprechenden Aegilops- Bastard beobachtet wurde. Bei anderen zeigten sich aber die elterlichen Eigenschaften in der späteren Nachkommenschaft in der allerver- schiedensten Weise gemischt. Besonderes Interesse fanden solche Fälle — 232 — natürlich wegen ihrer praktischen Bedeutung. Denn wenn in der Nach- kommenschaft der Bastarde eine solche „Variabilität" auftrat, so konnte dies entweder im Interesse der Hervorbringung neuer Handelssorten sehr begrüßt werden, oder bei der Sorge um Erzielung „reinblütiger" Formen die Bastardierung verabscheuen lassen. Für unseren jetzigen Standpunkt sind derartige Beobachtungen natürlich besonders inter- essant. So lesen wir bei Darwin : „Wenn zwei distinkte Rassen gekreuzt werden, so sind die Nachkommen der ersten Generation allgemein nahezu gleichförmig im Charakter . . . Aber um von ihnen weiter zu züchten, sind sie, wie man gefunden hat, völlig nutzlos ; denn weim sie auch selbst im Charakter gleichförmig sein mögen, so ergeben sie doch, wenn sie gepaart werden, viele Generationen hindurch erstaunlich verschieden- artige Nachkommen. Der Züchter wird zur Verzweiflung getrieben und kommt zu dem Schluß, daß er nie im stände sein werde, eine inter- mediäre Rasse zu bilden." Da haben wir den Beobachtungskern der Mendelschen Entdeckungen bereits niedergelegt. Ja auf botanischer Seite wußte man sogar, daß in den späteren Bastardgenerationen nicht nur eine ,, Variabilität" zu konstatieren ist, sondern daß die Charaktere der Eltern wieder rein erscheinen können, und Naudin fand 1862 dafür eine Erklärung, die sich kaum von der Mendelschen unter- scheidet. Bei dieser Verschiedenartigkeit der späteren Bastardgenerationen fiel nun vor allem auch eins auf, daß oft Charaktere auftraten, die die Eltern nicht besessen hatten. Ihre nähere Betrachtung führte zu der Auf- fassung, daß es Charaktere der Ahnenformen seien, Atavismen, die durch die Kreuzung zum Vorschein gebracht wurden. So kam bei Kreuzung von Hühnerrassen in der Nachkommenschaft plötzlich die Farbe des wilden Bankivahuhnes, des vermutlichen Vorfahren der dome- stizierten Hühner zum Vorschein; und besonders berühmt wurden ja Darwins Taubenkreuzungen, die zeigten, daß in der Bastardnach- kommenschaft verschiedenartiger Taubenrassen die Farbe und Zeich- nung der wilden Felstaube auftritt. Ein Zusammenhang dieser Er- scheinung mit den anderen ebenso zusammenhangslosen Erfahrungen der Bastardforschung konnte aber nicht eruiert werden. Und den schon erwähnten lassen sich so noch manche isoliert stehende Befunde — 233 — anschließen. So war bekannt, daß durch Bastardierung einzelne Eigen- schaften von einer Rasse gesondert abgespalten und mit einer anderen verbunden werden können, eine Methode, die besonders in der gärtne- rischen Praxis eine große Rolle spielte und spielt. Der Erfolg konnte aber immer nur durch sorgfältige Auswahl in einer Reihe von Genera- tionen erzielt werden. So berichtet Darwin, daß Lord Orford seine berühmte Meute von Windspielen einmal mit einer Bulldogge kreuzte, „welche Rasse deshalb gewählt wurde, weil ihr das Vermögen des Spürens abgeht, und weil sie das besitzt, was gewünscht wurde, Mut und Ausdauer. In dem Verlauf von sechs oder sieben Generationen waren alle Spuren der äußeren Form der Bulldogge eliminiert, aber der Mut und die Ausdauer blieben." Diese wenigen Beispiele aus den Resultaten der älteren Bastard- forschung mögen genügen. Sie zeigen ausreichend, warum die An- schauung herrschen konnte, daß in dies Chaos keine Gesetzmäßigkeit gebracht werden könne. Und wie verständlich erscheinen uns jetzt die Mehrzahl der Erscheinungen, seit der geniale Scharfblick Mendels die in ihrer Grundlage so einfache Gesetzmäßigkeit fand, die all dem zu Grunde liegt. Mendels klassische Schrift erschien im Jahre 1865 um 35 Jahre hindurch unbekannt zu bleiben. Und doch hätte ihr Bekanntwerden die größten Perspektiven eröffnen müssen. Welche Entwicklung die Biologie genommen haben würde, wenn Darwin sie gekannt hätte, bemerkt einmal Bateson, ist kaum auszudenken. Merk- würdigerweise aber hatten Größen seines Faches wie Nägeli, nicht den Weitblick, die Bedeutung dieser Forschungen zu erkennen. Andere, die vielleicht dazu befähigt gewesen wären, bekamen die an verborgenem Ort publizierte Schrift nicht zu sehen und da Mendel selbst nicht mehr darauf zurückkam, blieb sie verschollen, bis im Jahre 1900 gleichzeitig de Vries, Correns und Tschermak sie ans Licht zogen. Welchen Einfluß diese kurze Publikation seitdem auf die gesamte Biologie ge- wonnen hat, ist heute jedermann bekannt; das äußere Symbol dafür ist die Bezeichnung Mendelismus für die ganze moderne Bastardlehre. Die klassische Schrift des Augustinerpaters vom Königskloster in Brunn ist in ihrer Kürze und wundervollen Klarheit noch heute, wo so viel Material gleicher Art vorliegt, die beste Lektüre zur Einführung in die — 234 — moderne Bastardlehre, sodaß wir sie auch hier zum Ausgangspunkt nehmen wollen. Wer Mendels Methode, Resultate und Schlüsse ver- standen hat, ist für das Verständnis aller weiteren Resultate ausgerüstet. Mendels Erfolg in dem Bestreben, ein Gesetz der Bastardierung zu finden, basiert auf der klaren Erkenntnis der Notwendigkeit, daß ein- mal die Versuche in solchem Maßstab ausgeführt werden müssen, daß man die Zahl der verschiedenartigen Bastardnachkommen genau fest- stellen kann, daß man femer die Formen den richtigen Generationen zuordnen und so ihre Zahlenbeziehungen vergleichen kann. In achtjähriger Arbeit führte er seine Versuche an Erbsen aus, die ihm aus verschiedenen Gründen das geeignete Material schienen. Sie be- sitzen eine Anzahl gut unterscheidbarer konstanter Rassen, sie haben Selbstbefruchtung, die stattfindet, bevor sich die Blüte öffnet, sodaß Fremdbestäubung leicht ausgeschlossen werden kann, und die Bastarde zeigen normale Fruchtbarkeit. Für den Versuch wurden nun verschie- dene Rassen gewählt, nachdem im Vorversuch festgestellt war, daß sie reine Nachkommen gaben. Um zu verfolgen, wie sich die Charaktere der Pflanzen in der Nachkommenschaft verhalten, wurde — und das ist wieder einer der scheinbar so einfachen Grundgedanken — jedes Paar von Charakteren, durch das sich zwei Rassen unterscheiden, ge- trennt betrachtet, also eben so viel Einzelexperimente ausgeführt, als Unterscheidungsmerkmale vorhanden waren. Als zur Verfolgung geeignet wurden sieben Merkmalspaare gewählt, nämlich: 1. Die Samen sind entweder rund oder kantig. 2. Die Cotyledonen im Samen, die durch die Schale durchschimmern, sind entweder hellgelb oder orange resp. grün. 3. Die Samenschale ist entweder weiß oder gefärbt (grau, grau- braun, lederbraun, violett gefleckt). In ersterem Fall sind auch die Blüten weiß, in letzterem farbig (Purpur, violett und rot). 4. Die reifen Hülsen sind entweder einfach aufgeblasen oder zwi- schen den Samen tief eingeschnitten. 5. Die unreifen Hülsen sind grün oder gelb. 6. Die Blüten sind entweder achsenständig oder endständig. 7. Die Stammachse ist entweder sehr lang oder kurz (etwa 5:1). — 235 — Pflanzen mit diesen Eigenschaften wurden also paarweise gekreuzt und zwar nach beiden Richtungen, was sich für den Erfolg als gleich- giltig erwies. Die erste Bastardgeneration, "die wir gleich hier mit der jetzt allgemein üblichen Pun nett sehen Bezeichnung als die Fj^ (i. Filial)-Generation bezeichnen wollen, zeigte nun in allen Kulturen eine völlige Gleichheit und zwar folgte sie in ihrem Aussehen ausschließlich dem einen der Eltern. Also im ersten Fall waren sämtliche Samen rund, die Eigenschaft kantig schien verschwunden. Mendel bezeichnet nun die ausschließlich sichtbare Eigenschaft als die dominante, die nicht- sichtbare, aber, wie sich gleich zeigen wird, doch noch vorhandene, als die rezessive, und in der obigen Aufzählung sind die Charaktere, die sich als dominant erwiesen, gesperrt gedruckt. Diese Fi- Pflanzen wurden nun durch Selbstbefruchtung vermehrt und so die folgende, die F2-Generation erhalten. Und in ihr traten nun wieder die Charaktere der beiden Elternpflanzen auf, und zwar waren es typisch in sämtlichen Kulturen auf je 3 dominante i rezessiver; Zwischenformen aber fanden sich nie. Die genauen Zahlen für die 7 Versuchsreihen gibt die folgende Tabelle : Nr. Charakter Gesamt- zahl in i^2 Da Dominante von Rezessive D\R Gezählt wurden : I Samengestalt . . . 7324 5474 1850 2,96 : I die Samen 2 Farbe der Cotyle- donen 8023 6022 2001 3,01 : I die S.imen 3 Farbe der Samen- schalen u. Blüten 929 705 224 3,15 •• I Ganze Pflanzen 4 Form der Hülsen I181 882 299 2,95 : I » 5 Farbe der Hülsen 580 428 152 2,82 : I » > 6 Blütenstellung . . 858 651 207 3.14: I » » 7 Achsenlänge . . . 1064 787 277 2,84 : I > > _V 19959 14949 5010 2,98 : I V Es sei hier gleich hinzugefügt, daß Mendels Experimente von einer großen Zahl von Forschem wiederholt und bestätigt wurden. Die folgende Tabelle, die Johannsen zusammenstellte, gibt die Gesamt- resultate aller dieser Versuche, die wie ersichtlich, mit größter — 236 — Genauigkeit das Verhältnis 3 : i ergeben, da die geringe Abweichung innerhalb der berechneten Fehlergrenze liegt: Forscher D Gelbe Samen R Grüne Samen Gesamt- zahl D: R Mittlere Fehler Mendel 1865 . . . 6022 2001 8023 3,0024 : 0,9976 ±0,0193 Correns 1900 . . . 1394 453 1847 3,0189 : 0,9811 ± 0,0403 Tschermak 1900. . 3580 1190 4770 3,0021 : 0,9979 ±0,0251 Hurst 1904 .... 1310 445 1755 2,9858 : 1,0142 ±0,0413 Bateson u. A. 1905. II 903 3903 15806 3,0123 : 0,9877 ± 0,0138 Lock 1905 .... 1438 514 1952 2,9467 : 1,0533 ± 0,0392 Sämtliche 25647 8506 34153 3,0038 : 0,9962 ± 0,0094 Die weitere Frage ist nun die, was aus den 3 Dominanten und i Re- zessiven in der folgenden Generation F3 wird, die wieder durch Selbst- befruchtung mit Registrierung jeder einzelnen Pflanze erhalten wurde. Dabei zeigte sich, daß die Rezessiven ausschließlich Nachkommen ihrer eigenen Art gaben. Die Dominanten erwiesen sich aber als zweierlei Art. Ein Drittel von ihnen gab ebenfalls nur Nachkommenschaft gleicher Art, zwei Drittel aber verhielten sich ebenso wie die Bastarde in Fl, d. h. ihre Nachkommenschaft war wieder im Verhältnis von 3 Dominanten zu i Rezessiven gespalten. Um eine wirkliche Zahl zu nennen, so gaben von 565 Pflanzen, die aus runden (dominanten) Samen von Fg gezogen waren, 193 nur runde Samen, 372 aber runde und kantige im Verhältnis von 3 : i. Da sämtliche Versuche die gleichen Zahlen- verhältnisse gaben, so folgt daraus, daß die Pflanzen in Fg aus drei Gruppen bestehen, V4> welche nur den dominanten Charakter besitzen, 1/4, welche nur den rezessiven haben, sowie 2/^, welche ebenso zu- sammengesetzt sind, wie die Bastarde von Fj, also beide Charaktere vereinigen. Die Zucht in weiteren 6 Generationen zeigte nun, daß stets das gleiche stattfindet, daß nämlich die Viertel reiner Dominanten und reiner Rezessive immer nur reine Nachkommen geben, die 2/4 Bastarde aber immer wieder im Vejhältnis von i Dominante : 2 Bastarden : — 237 — I Rezessiven spalten. Wenn A der dominante, a der rezessive Charakter ist, so erfolgt stets die Spaltung der Bastarde in A + 2Aa + a. Es folgt daraus, daß in jeder Generation immer wieder die Charak- tere der Bastardeltern rein abgespalten werden, sodaß sich bei reiner Fortpflanzung und gleichmäßiger Fruchtbarkeit der Bastarde immer mehr die Stammformen wieder zeigen, ohne daß die Bastardformen völlig verschwänden. Wenn angenommen wird, daß jede Pflanze nur 4 Samen reife. so ergäben sich in weiteren G euer« itionen ( Zahlen : Generation J Ja a A : Aa ; ; a I I 2 1 I : 2 ; I 2 6 4 6 = 3 : 2 ; ■ 3 3 28 8 28 7 : 2 : 7 4 I20 16 120 15 : 2 ; 15 5 n 496 32 496 31 2n — I : 2 : 2 ; 31 : 20—1 Und nun ging Mendel dazu über, zu untersuchen, was sich ereignet, wenn Pflanzen gekreuzt werden, die sich in 2 oder mehr Paaren von Charakteren unterscheiden (Dihybriden, Trihybriden usw.), also z. B. wenn die Mutterpflanze runde gelbe Samen, die Vaterpflanze kantige grüne besitzt. Es zeigte sich dabei, daß in F^ ausschließlich die domi- nanten Merkmale sichtbar waren, gleichgültig ob sie sich auf einer der Elternpflanzen allein befunden hatten, oder teils auf einer, teils auf einer anderen. In dem Beispiel also hatten alle Fj^- Pflanzen runde und gelbe Samen. In F2 aber trat wieder eine Spaltung ein und zwar er- schienen alle 4 möglichen Kombinationen, nämhch I. 315 runde gelbe, IL loi kantige gelbe, III. 108 runde grüne, IV. 32 kantige grüne. Es seien nun wieder mit Buchstaben bezeichnet A rund, a kantig, B gelb, h grün, also die dominanten mit großen, die rezessiven mit kleinen. Wenn dann aus diesen Samen die Pflanzen gezogen und gereift wurden, so mußten deren Samen zeigen, ob die betreffenden Pflanzen — 238 — in ihren Charakteren rein oder Bastarde waren. Es zeigte sich dann, daß von Gruppe I hervorbrachten 38 Pflanzen runde gelbe Samen, also beschaffen waren A B 65 » » » oder grüne, also beschaffen waren A B b 60 » » » u. kantige gelbe, also beschaffen waren Aa B 138 > » » u. grüne, sowie kantige gelbe und grüne, also beschaffen waren A a B b. Es waren also in dieser Gruppe sämthche Kombinationen vorhanden, die möghch sind, wenn immer die beiden Dominanten mit auftreten. Die IL Gruppe ergab 28 Pflanzen mit kantigen gelben Samen, Beschaflfenheit also a B 68 » » » » u. grünen Samen, Beschaffenheit also a B b. Es fanden sich also die beiden Kombinationen, die mit der einen Domi- nante B möglich sind. Gruppe III ergab dann : 35 Pflanzen mit runden, grünen Samen, Beschaffenheit demnach Ab 67 » » » u. kantigen grünen, » » Aa b. Das heißt also die beiden möglichen Kombinationen mit der anderen Dominanten A. Endlich die Pflanzen aus Gruppe IV gaben sämtlich Samen vom gleichen Charakter, also kantig und grün 30 Pflanzen mit kantigen grünen Samen, beschaff'en also ab. Sie enthielten also nur die beiden reinen Rezessive. Diese sämtlichen Pflanzen lassen sich nun aus diesen Ergebnissen in 3 Gruppen ordnen, i. AB, aB, Ab, ab, die alle durchschnittlich 33mal auftraten und jeden Charakter nur rein besitzen, entweder domi- nant oder rezessiv. In der Tat ist ihre Nachkommenschaft in der näch- sten Generation ebenso beschaffen. 2. ABb, aBb, AaB, Aab, die im Durchschnitt je 65mal kamen und in je einem Charakter Bastarde sind, d. h. das dominante und rezessive Merkmal tragen, im anderen aber rein sind. In der nächsten Generation bleibt dementsprechend das eine Merkmal rein, das andere variiert wieder. 3. Die Form AaBb, die I38mal auftrat und in beiden Eigenschaften Bastard ist, daher in der nächsten Generation genau das gleiche ergab wie F2 aus F^. Das Ver- hältnis dieser 3 Gruppen zeigt sich aber auf das Beste wie 1:2:4. Ordnet man daher die Individuen von Fg ansteigend nach ihrem Bastard- charakter an, so ergibt sich die Reihe: AB + Ab + aB + ab + 2 ABb + 2 aBb + 2 AaB + 2 Aab + 4 AaBb. — 239 — Diese aber ist, wie Mendel erkannte, die Kombinationsreihe, die aus der Kombination der beiden Ausdrücke entsteht: Ä + 2Aa + a B + 2Bb + b. Daraus folgt aber, daß bei der Bastardierung mit mehreren Merkmals- paaren ein jedes sich völlig unabhängig vom anderen verhält und sie sich in allen Arten kombinieren können, die sich aus der Spaltung der Einzel- charaktere entwickeln lassen, Oder anders ausgedrückt, und das ist vielleicht das wichtigste allgemeine Resultat, der Organismus besteht aus Erbeinheiten, die unabhängig voneinander vererbt werden. Der Beweis dafür ist schließlich darin gegeben, daß wenn alle 7 Charaktere berücksichtigt werden, durch Bastardierung 2"^ = 118 verschieden kom- binierte aber konstante Formen entstehen können (bei 2 Eigenschaften waren es ja 2 2 = 4), die im Experiment auch alle gezüchtet wurden. Und nun kommen wir zu der scharfsinnigen Überlegung, die Mendel anstellte, um alle diese Tatsachen zu erklären und die das nicht nur auch tut, sondern in den Stand setzt, alle seither untersuchten Bastard- fälle zu erklären, ja sogar das Resiiltat voraus zu berechnen. Mendel schließt: In der Nachkommenschaft der Bastarde erscheinen so viele konstante Formen, als Kombinationen zwischen den Eigenschaften denkbar sind. Erfahrungsgemäß sind die Formen konstant, die, wie bei jeder gewöhnlichen Befruchtung, aus der Vereinigung gleichartiger Geschlechtszellen, Gameten, hervorgehen. Da aber alle die verschiedenen konstanten Formen aus einer Bastardpflanze gebildet werden, so müssen in ihren Geschlechtsorganen so viele Arten von Geschlechtszellen mit den entsprechenden Eigenschaften gebildet werden, als es konstante Kombinationen gibt. Die Bastarde müssen also — und zwar wohl in gleicher Zahl — reine Gameten bilden mit den möglichen Kombina- tionen der reinen Eigenschaften. Der Bastard ABab bildet demnach Gameten AB, Ab, aB, ab. Unter dieser Annahme, der berühmten Reinheit der Gameten, werden aber alle beobachteten Tatsachen er- klärt. Ist sie richtig, so muß sich für jede Kreuzung das Resultat voraus- sagen lassen. Zur Probe wiu"de dann unter anderem der schon oft ange- führte Dihybride aus den Elternpflanzen AB und ab (gleich rund gelb und kantig grün) bestäubt mit Pollen der einen Eltempflanze ab. Die — 240 — Dihybride ABah muß also Eier bilden AB, Ah, aB, ah, sodaß diese bestäubt mit Pollen von ah nur geben können : ABah Ahah aBab ahab, das heißt die Nachkommenschaft muß in gleicher Zahl rund gelb, rund grün, kantig gelb und kantig grün sein. Das Resultat aber war 31 runde gelbe, 26 runde grüne, 27 kantige gelbe und 26 kantige grüne. Und genau so gut stimmten sämtliche anderen Kontrollen, sodaß in der Tat bewiesen war, daß die Bastarde reine Gameten aller Kombinationen bilden. Unter diesen Umständen läßt sich natürlich leicht bestimmen, was aus jeder Bastardierung in F2 und weiterhin entstehen muß. Handelt es sich um ein Eigenschaftspaar A-^ a,so heißt der Bastard^«, und wenn er reine Gameten bildet, sind diese entweder A oder a. Bei Selbstbe- fruchtung resp. Inzucht in Fj^ können A und a vom Vater wie der Mutter so zusammen kommen, wie es der Zufall gibt. Es werden also zu gleichen Teilen entstehen nach folgendem Schema Samen A A c \/ i ^\ A A c Eier also AA 4" '^^ 4" ^-^ + (^('■• Das ist aber genau das Verhältnis, das wir oben wirklich gesehen haben, AA + Aa -j- aA + '^-^^ 3 Dominante : l Recessiven I rein Dominant : 2 Dominantrecessive muß rein bleiben muß weiterspalten in muß rein bleiben AA -\- Aa -j- aA + aa usw. Ebenso muß sich dann aber auch das Verhältnis für 2 Eigenschafts- paare berechnen lassen. Wenn der Bastard ABah alle Kombinationen reiner Gameten liefert, so ergibt er AB, Ab, aB, ah. Es kann sich also bei der Befruchtung jeder dieser Gameten des einen Elters mit jeder des anderen verbinden, also AB mit AB Ab mit AB aB mit AB ab mit AB » » Ab > . Ab » » Ab - » » Ab » » aB ■» » aB » » aB » » aB » * ab » * ab » > ab > » ab. — 241 — Es gibt also i6 Kombinationen. Man führt jetzt allgemein diese Kombination mittels des von Punnett eingeführten Kombinations- schemas aus, das auf den ersten Blick auch in schwierigeren Fällen das Resultat erkennen läßt. Ein Quadrat wird in so viele kleine Quadrate eingeteilt als Kombinationen möglich sind, bei 2 Eigenschaften also 16. Es werden dann die Gametenarten horizontal und vertikal daneben geschrieben und dann in allen senkrecht von ihnen ausgehenden Rubriken wiederholt. Für obigen Fall lautet dann das Schema: Gameten ; AB Ab aB ab AB Ab aB a b AB AB AB AB AB rund gelb i rund gelb 2 rund gelb 3 rund gelb 4 I V VI IX AB Ab aB ab Ab Ab Ab Ab Ab rund gelb 5 rundgrün i rund gelb 6 rund grün 2 V II IX vn AB Ab aB ab aB aB aB aB aB rund gelb 7 rund gelb 8 kantig gelb i kantig gelb 2 VI X III vm AB Ab aB ab ab ab ab ab a b rund gelb 9 rund grün 3 kantig gelb 3 kantig grüni IX VII VIII IV Aus dem Schema ersieht man sofort folgendes : i. Das Gesamtresultat bei der Spaltung von 2 Eigenschaftspaaren ist in F2 ein Aufspalten im Verhältnis von 9 13 13 : i; und zwar zeigen je 9 Individuen von 16 die beiden dominanten Eigenschaften (yl, ß), je 3 die eine Dominante mit der anderen Rezessiven {A, b), je 3 die andere Dominante mit der einen Rezessiven (a, B) und je i unter 16 nur die beiden rezessiven Eigen- schaften (ß, b). Oben S. 237 wurde das wirkliche Resultat Mendels aus dieser Spaltung angegeben und man sieht, daß in der Tat das Verhältnis von 315 : loi : 108 : 32 gut mit solcher Verteilung übereinstimmt. Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 16 — 242 — 2. Man erkennt, daß unter i6 Individuen nur 4 vorhanden sind, deren Bezeichnung fett gedruckt ist, die nicht Bastardnatur haben, da sie von jedem Eigenschaftspaar nur eines rein besitzen. Von diesen 4 Individuen gehört jedes einer der 4 Gruppen von Formen, die resul- tieren, an. Eines ist also rein in Bezug auf die beiden dominanten Eigen- schaften (AABB), also als einziges unter 9 dieser Gruppe, je eines ist rein in Bezug auf eine dominante und die andere rezessive Eigenschaft {AAbb oder aaBB), also nur eines unter 3 dieser Gruppe, und eines ist endlich rein in Bezug auf die beiden Rezessiven (aabb). Da die letzte Gruppe nur i von 16 enthält, sind also Individuen mit beiden rezessiven Eigenschaften immer rein. Es würden also nur diese 4 von 16 Indivi- duen bei Selbstbefruchtung rein weiter züchten (natürlich ebenso bei Paarung mit einem anderen Individuum gleicher Konstitution), alle anderen müssen nach Maßgabe ihrer Zusammensetzung weiterspalten. 3. Es werden unter den 16 Formen im ganzen nach ihrer Zusammen- setzung 9 Typen vertreten sein, die im Schema mit I — IX bezeichnet sind. I — IV sind die 4 reinen Formen, die eben benannt wuMen und die je imal vorkommen. V und VI, die je 2mal sich finden, enthalten außer den beiden dominanten Eigenschaften noch eine resp. die andere Rezessive. VII und VIII, die sich ebenfalls zweimal finden, enthalten eine resp. die andere Dominante und zwei Rezessive und endlich IX, der viermal vertreten ist, wird durch den Besitz aller 4 Eigenschaften charakterisiert. Es werden also aus dem Schema die 9 Formen ab- gelesen, die Mendel, wie wir gesehen haben, gefunden und zur Kom- binationsreihe zusammengestellt hatte. Führen wir, um diese so instruktive Methode sicher zu beherrschen, nun auch noch eine Kombination von 3 Eigenschaftspaaren durch, wobei wir den von Mendel wirklich durchgeführten Fall betrachten, daß gekreuzt werden 2 Pflanzen von der Beschaffenheit : A runde Samen, a kantige Samen, B gelbe Cotyledonen, b grüne Cotyledonen, C graubraune "Samenschale, c weiße Samenschale. Der Bastard heißt also ABCabc und erscheint rund, gelb, graubraun. Wenn er reine Gameten bildet, so können diese von 8 verschiedenen Zu- ^ 243 — sammensetzungen sein, entsprechend den 8 möglichen Kombinationen der 3 Buchstabenpaare. Die Gameten lauten also : ABC ABc AbC aBC Abc aBc abC abc Ihre Kombination ergibt also 8 x 8 = 64 Möglichkeiten: ABC ABc AbC aBC Abc aBc «(^C abc ABC ABc AbC aBC Abc aBc abC abc ABC ABC ABC ABC ABC ABC ABC ABC ABC !1 \2 !3 U !5 !6 !7 !8 ABC ABc AbC aBC Abc aBc a<^C abc Aßc ABc ABc ABc ABc ABc ABc ABc ABc !9 ?1 ! 10 ! II ?2 ?3 !l2 ?4 ABC ABc AbC aBC Abc aBc ß^C abc AbC AbC AbC AbC AbC AbC AbC ^3C AbC !i3 !.4 ■» '15 ;2 !i6 ;3 ;4 ABC ABc AbC aBC Abc aBc abC abc aBC aBC aBC aBC aBC aBC aBC aBC aBC !i7 ! 18 !i9 :1 ! 20 : 2 •■7> = 4 ABC ABc AbC aBC ^<^c aBc abC abc Abc Abc Abc Abc Abc ^^c Abc Abc Abc !2I ?5 ;5 !22 -1 ?6 ;6 — 2 ABC ABc AbC aBC yi<ü,r aBc abC abc aBc aBc aBc aBc aBc aBc aBc aBc aBc ! 23 ?7 !H :5 ?8 + 1 :6 + 2 ABC ABc AbC aBC Abc aBc «je3"~^w — 2 Do- minanten und 2 Rezessive (3^'"''= 3) und so weiter bis 3° = i sämt- liche Rezessive. Es ist wohl aus der Darstellung der wichtigsten Resultate Mendels und ihrer Konsequenzen nicht nur der geniale Scharfblick dieses For- schers sichtbar geworden, sondern auch die Tatsache verständlich, wie- so diese Untersuchungen bei ihrem wirklichen Bekanntwerden eine so gewaltige Wirkung auf die gesamte Biologie ausübten. Konnte man sich doch nichts Befriedigenderes vorstellen als den Gedanken, die ganzen Erblichkeitserscheinungen in ein einfaches Gesetz fassen zu können. Die außerordentliche Fülle von Tatsachenmaterial, die seitdem — 246 — bekannt geworden ist und die in ihrer durch Mendels Arbeits- methode gekennzeichneten Gesamtheit den „MendeUsmus" zu einem besonderen Wissenszweig der Biologie erhoben hat, hat so weittragende Bestätigungen des Grundgedankens der Men de Ischen Gesetze ge- bracht, daß es heute nicht wenige Forscher gibt — und es sind gerade die erfahrensten, — die überzeugt sind, daß es überhaupt nur eine Art von Vererbung, die Mendelsche, gäbe. Wir wollen deshalb in den folgenden Vorlesungen die wichtigsten Tatsachen des Mendelismus an Hand ausgewählter Beispiele kennen lernen. Zwölfte Vorlesung. Die Dominanzregel. Reine, unvollständige, fluktuierende und wechselnde Dominanz. Intermediäre und Mosaikbastarde. Die Ur- sachen der verschiedenen Dominanzerscheinungfen^ihre Erforschung im biologischen und entwicklungsmechanischen Experiment. Die Hauptgesetze, die aus Mendels Untersuchungen folgen, sind I. die Dominanzregel, 2. das Gesetz der Spaltung der Eigenschaften nach berechenbaren Verhältnissen, 3. die Reinheit der Gameten, aus der die Spaltungsgesetze gefolgert werden, 4. die Zusammensetzung der Organismen aus Erbeinheiten. Es wird also unsere erste Aufgabe sein, zu verfolgen, wie weit die neu gefundenen Tatsachen diese Gesetzmäßig- keiten stützen und ausführen, und so wollen wir jetzt beginnen, der Er- scheinung der Dominanz unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Wir werden dabei bald erfahren, daß sie nicht ein eigentliches Gesetz dar- stellt, sondern eine Regel, die allerdings in sehr vielen Fällen zutrifft. Schon die alte Bastardlehre wußte ja, wie geschildert wurde, daß oft der Bastard ausschließlich die Charaktere eines der Eltern zeigt und wir sahen, daß schon Darwin versuchte, für solche Fälle eine Regel zu finden. Die neueren Bastardierungsstudien haben nun eine Fülle von Fällen echter Dominanz entdeckt, die sich auf alle erdenklichen Arten von Eigenschaften im Tier- und Pflanzenreich beziehen. Bateson, der Führer des modernen Mendelismus, füllt allein mit der Aufzählung — 247 — der Fälle viele Seiten seines berühmten Buches. Um nur einige Bei- spiele zu nennen, so kann es sich handeln um quantitative Charak- tere: Wir sahen bereits in Mendels Versuchen hohen Wuchs über niederen bei Erbsen dominieren; umgekehrt dominiert das kurze Haar der gewöhnlichen Nagetiere (Kaninchen) über das lange Angorahaar. Oder es betrifft Formcharaktere: Wir sahen bei Mendels Erbsen runde Samen über kantige dominieren; bei Hühnern dominieren die verschiedenartigen Kammformen wie Rosen- oder Erbsenkamm über den gewöhnlichen Lappenkamm; die gewöhnlichen Federn dominieren über die seidigen der Seidenhühner; der Kurzsteiß mancher Hühner- rassen ebenso über seine normale Beschaffenheit. Oder es betrifft Farben, das am meisten bearbeitete Gebiet: Wir sahen bei Mendel gefärbte Erbsenblüten über weiße dominieren ; bei den Nagetieren domi- nieren die verschiedenen Färbungen über das albinotische Weiß; rote Schneckenschalen dominieren über gelbe; der rote Flügelstaub der mitteleuropäischen Callimorpha über den gelben der südeuropäischen. Auch Zeichnungscharaktere kommen in Betracht: So dominieren ungebänderte Schnecken über gebänderte, dieScheckung gewisser Nage- tierrassen über die Ganzfarbigkeit. Auch von physiologischen Charakteren ist entsprechendes bekannt: Rostempfänglichkeit beim Getreide dominiert über relative Umempfänglichkeit, das Traben der Pferde über den Paßgang. Pathologische Charaktere sind sehr oft dominant über normale: So die Brach ydaktylie oder die Sechs- fingrigkeit beim Menschen über die normale Beschaffenheit, die Kurz- schwänzigkeit der Manxkatzen über das normale Verhalten, dagegen der normale Zustand des Labyrinths der Mäuse über die pathologische Ver- änderung, die das Tanzen bedingt. Und endlich sind auch die In- stinkte nicht zu vergessen: So dominiert der Brutinstinkt der Hühner über sein Fehlen bei manchen Rassen, das absonderliche Schreien ägyptischer Hühner über die gewöhnliche Lautgebung. Diese wenigen Beispiele mögen genügen, wir werden ja auch ohnehin noch andere kennen lernen. Es handelt sich nun zunächst darum, für die Fälle wirklicher Dominanz zu untersuchen, ob sich irgend eine Gesetz- mäßigkeit dafür feststellen läßt, welche Art von Eigenschaft über eine andere dominiert. Versuche in dieser Richtung sind denn auch mehrfach — 248 — unternommen worden, ohne daß sie zu einem festen Resultat ge- führt hätten. So glaubte man annehmen zu dürfen, daß das phylo- genetisch ältere Merkmal über das jüngere dominiere. In den meisten Fällen dürfte es allerdings schwer zu entscheiden sein, was phylogene- tisch älter ist. Da aber, wo es sich feststellen läßt, wie bei den Haus- tierrassen oder den Schmetterlingsaberrationen, trifft die Annahme bald zu, bald nicht. Das kurze Haarkleid des wilden Kaninchens dominiert in der Tat über das Angorafell, das ein Produkt der Domestikation ist, aber umgekehrt dominiert auch die gewiß nicht phylogenetisch ältere Schwanzlosigkeit der Katzen über den normalen Zustand, oder die melanistischen Aberrationen mancher Schmetterlinge über die Normal- form. Der Versuch ist also sicher undurchführbar. Etwas besser steht es mit einem anderen Versuch, der aus einer jetzt allgemein übhchen Betrachtungsweise der Allelomorphe oder Merkmalspaare hervor- gegangen ist. Bateson hat vorgeschlagen, die Merkmalspaare unter dem Gesichtspunkt der presence und absence zu gruppieren, das heißt also die Annahme zu machen, daß immer das Vorhandensein einer Eigenschaft deren Fehlen gegenüberstehe. Die Allelomorphe für die Mendelsche Erbsenfarbe hießen also gelb — kein gelb (= grün), für die Fellfarbe der Nagetiere Farbe — keine Farbe ( = Albino), Scheckung — keine Scheckung ( = ganzfarbig), für den Kurzsteiß mancher Hühner- rassen Verhinderungsfaktor der Steißentwicklung — kein solcher Faktor (= normaler Schwanz). Es unterliegt auch keinem Zweifel, daß diese Art der Darstellung die rationellste, vor allem die praktischste ist. Wenn sie nun außerdem auch auf einer realen Grundlage beruht, so ist es klar, daß das dominante Merkmal immer das anwesende sein muß. In vielen Fällen mag in der Tat diese Anschauung auch richtig sein, wie in den angeführten Beispielen, in anderen aber trifft sie nicht zu. Wenn etwa bei Helix die ungebänderte Schale über die gebänderte dominiert, so ist das nur durch ad hoc gemachte Begriffsbestimmungen jener An- nahme einzugliedern, ebenso wie bei den kurzsteißigen Hühnern. Man wird also gut tun, jene An- und Abwesenheitshypothese als vor- treffliche Begriffsbestimmung zu benutzen, ohne zu glauben, daß sie eine materielle Gesetzmäßigkeit für die Dominanzerscheinung auf- stelle. — 249 — Wie schwer, wenn nicht überhaupt unmöghch es sein muß, die Er- scheinung einem bestimmten Gesetz unterzuordnen, geht vor allem aus den Erscheinungen hervor, die man mit Kellogg, der den Ausdruck von dem großen Pflanzenzüchter Luther Burbank übernahm, als Idiosyncrasien bezeichnet. Ein und dieselbe Eigenschaft, also etwa die Kokonfarbe des Seidenspinners, kann sich bei verschiedenartigen Kreuzungen als Dominante oder Rezessive verhalten. So ergibt die Kreuzung einer Istrianer Rasse mit goldgelbem Kokon mit einer chine- sischen mit rein weißem Kokon in F^ reine Dominanz der goldgelben. Wurden aber die gleichen Istrianer mit der Bagdadrasse gekreuzt, die ebenfalls reinweiße Kokons bildet, so war in F^ weiß dominant. Das nennt Kellogg — und Toyama und Coutagne haben das gleiche festgestellt — Rassenidiosyncrasien. Es zeigt das eben, daß die Do- minanz nicht eine absolute Eigenschaft eines Charakters ist oder sein muß, daß sie auch relativ sein kann. Entsprechende Beispiele gibt es aber auch aus anderen Tiergruppen. So beschreibt Bateson neben weißdominanten Hühnerrassen auch weißrezessive, aber auch einzelne rezessive Stücke in sonst weißdominanten Rassen, Miß Durham findet bei Mäusen einen dominanten neben einem rezessiven Scheckungs- faktor, dieselbe Blütenfarbe kann dominant oder rezessiv sein, je nach- dem sie eine Chromatophorenfarbe oder Zellsaftfarbe ist. Mit der An- nahme, daß es sich in solchen Fällen um ganz verschiedene Faktoren handle, deren Produkt nur gleich aussieht (man hat für weiß dominante Eigenschaften weiße Melaninpigmente herangezogen) ist ja auch nicht viel gewonnen. Nun wurde es bisher von uns als selbstverständlich angenommen, daß da, wo Dominanz vorliegt, wirklich nur der dominante Charakter sichtbar ist. Das bedeutet also, daß der Bastard, der das dominante und das rezessive Merkmal zugleich enthält oder die Heterozygote, wie wir von jetzt ab sagen wollen, von der reinen dominanten Stamm- form oder Homozygote nicht äußerlich zu unterscheiden ist. (Der Begriff Homozygote bedeutet natürlich, daß ein Merkmal nur rein vorhanden ist, bezieht sich also sowohl auf dominante wie rezessive Eigenschaften. AA, aa, AAbb, aabb, ABAB sind alle homozygot;^« dagegen ist heterozygot, AABb ist in der Eigenschaft A homozygot, — 250 — in der Eigenschaft B heterozygot.) Es unterhegt auch keinem Zweifel, daß das in einer genügenden Anzahl von Fällen zutrifft. Aber schon bei Fällen scheinbar reiner Dominanz soll bisweilen der geschärfte Blick des Züchters die Heterozygote von der Homozygote unterscheiden können, und Mendel selbst war sich über die Un Vollkommenheit der Dominanz schon im klaren. Und daran schließen sich dann solche Fälle an, bei denen zwar äußerlich ein Unterschied nicht wahrzunehmen ist, die mikroskopische Untersuchung aber Hetero- und Homozygoten unter- scheiden läßt. Von besonderem Interesse erscheinen hierfür die. Befunde vonDarbishire, weil sie sich auf Mendels klassischen Fall der Domi- nanz der runden Erbsen über kantige beziehen. Die Untersuchung der Stärkekörner der rein dominantmerkmaligen Heterozygoten- Samen zeigte nämlich, daß sie deutlich eine gemischte Beschaffenheit aus den charakteristisch differenten Größen, Formen und Strukturen der Stärkekörner der Elternpflanzen aufwiesen, sodaß mit Hilfe des Mikroskops sich Homozygoten und Heterozygoten ohne weiteres unter- scheiden lassen. -Wir werden dieses Ergebnis in der nächsten Vorlesung nochmals zu besprechen haben. In nicht wenigen Fällen aber lassen sich die reinen Dominanten und die Dominantrezessiven auch schon äußerlich unterscheiden, indem letztere etwa den dominanten Charakter abgeschwächt zeigen. Be- sonders Correns, Davenport, Bateson haben uns mit vielen solchen Fällen bekannt gemacht. Bateson drückt dies auf Grund seiner An- und Abwesenheitslehre so aus, daß in diesen Fällen zwei Portionen des dominanten Charakters nötig sind, um ihn voll zur Aus- bildung zu bringen, eine Annahme, die jedenfalls eine treffende Be- schreibung der Tatsache bedeutet. So findet etwa Correns bei Kreu- zung gelb- und grünblättriger Wunderblumen, daß das dominante grün in F^ heller erscheint. \\^erden weiß dominante Hühnerrassen mit braunen gekreuzt, so ist F^ weiß, die Tiere können aber im Gefieder braune Flecken aufweisen, die Dominanz ist also unrein. Und gerade aus dem Gebiete der Hühnerkreuzungen sind besonders durch Daven- port eine ganze Anzahl solcher Fälle bekannt geworden. So ist die gewöhnliche Kopfform gegenüber dem Vorhandensein eines Feder- buschs rezessiv, trotzdem zeigte sich aber in F^ der Federbusch reduziert. — 251 — wie nebenstehende Figg. 84a, b, c zeigen. Das Fehlen der Federhose an den Schenkeln dominiert über ihr Vorhandensein, aber einige Federn finden sich doch in Fj. Ebenso dominiert das Vorhandensein einer 5. Extrazehe bei vierzehigen Hühherrassen über ihr Fehlen, aber in F^ findet man auch Individuen mit schlecht ausgebildeter 5. Zehe, mit einer solchen nur an einem Fuß oder gar überhaupt ganz vierzehige Tiere, Fig. 84. a Kopf des Minorcahuhns , /< des polnischen Huhns, c des Bastards aXl>. Davenport aus Godlewsky. Nach die natürlich deshalb trotzdem sich als echte Heterozygote erweisen. Um aber auch eine andere Tiergruppe heranzuziehen, so stellte Stand- f uss bei seinen später noch zu besprechenden Kreuzungen des Schmetter- lings Aglia tau mit seinen melanistischen Aberrationen fest, daß sich bei letzteren, welche dominant sind, aufs deutlichste homozygote und heterozygote Individuen unterscheiden lassen. Nebenstehende Fig. 85 — 252 — zeigt die Aglia tau ab. ferenigra in heterozygotem und homozygotem Zustand, wobei das düsterere Aussehen der letzteren zu erkennen ist. Von diesen Fällen unvollständiger Dominanz sind dann solche nicht zu trennen, zum Teil auch schon mit besprochen, bei denen eine Fluk- tuation in der Erscheinung des dominierenden Merkmals zu erkennen ist. Für die Extrazehe der Hühner wurde das schon Darwin bekannte Verhalten erwähnt. Als Analogon kann noch die von Gates berichtete Kreuzung zwischen einer stummelschwänzigen Schäferhündin und einem schottischen Collie erwähnt werden, wobei in Fj Junge mit Schwänzen verschiedener Länge auftraten. Ganz ähnlich liegt es auch bei Kreu- zung kurzsteißiger Hühner mit normalen, oder schwanzloser Manxkatzen. Aglia tau v. ferenigra. Fig. 85. a heterozygot, b homozygot. Photo, nach Standfußschen Originalen. Wir werden allerdings später bei Besprechung des Falles der Vererbung der Ohrenlänge beim Kaninchen erfahren, daß derartige Resultate bei quantitativen Merkmalen auch anders erklärt werden können. Die unvollständige und fluktuierende Dominanz kann aber schließlich auch in der denkbar extremsten Form auftreten, nämlich als Dominanz- wechsel, der bald regellos, bald aber auch mit bestimmter Regelung erscheint. Als regelloser Dominanzwechsel muß das bezeichnet werden, was Kellogg nach seinen Seidenraupenkreuzungen als individuelle Idio- synkrasie im Gegensatz zu der schon erwähnten Rassenidiosynkrasie bezeichnet. Ein Beispiel aus seinen Zuchtlisten erläutere dies. Bei einer Kreuzung von einem Männchen der reinen Bagdadrasse mit weißem — 253 — Kokon mit einem Italienerweibchen mit salmfarbigem Kokon hatte Fl lauter salmfarbige Kokons. Bei einer anderen Kreuzung zwischen einem Italienermännchen (salmfarbig) und Bagdadweibchen (weiß) hatte Fj lauter weiße Kokons. Bei einem anderen Versuch von genau der gleichen Beschaffenheit wie der erstere hatten aber alle F^ auch weiße Kokons. Es ist also eine bestimmte Regel nicht ersichtlich, wann weiß oder salmfarbig dominiert. Als unregelmäßiger Dominanzwechsel muß es aber auch bezeichnet werden, wenn in F^ ein Teil der Individuen die rezessive Eigenschaft zeigen. Kellogg findet solche Fälle bei seinen Seidenraupen, ebenso Davenport bei den verschiedenartigsten Hühner- merkmalen : so ist der Besitz eines Kammes dominant über sein Fehlen, aber in 5 — 10% der F^-Tiere kann er ganz fehlen. Bei anderen Charak- teren, wie Extrazehe, kann der Prozentsatz der auftretenden Rezessiven auf 20% steigen, ja sogar auf 50%, wie in Kelloggs Fällen oder dem Vorhandensein eines Nasenlappens bei Hühnern. Es ist das aber nicht etwa, wie man glauben könnte, eine Spaltung in F^, denn die rezessiv- merkmaligen Individuen erweisen sich bei Weiterzucht in F2 trotz- dem als echte Heterozygoten.. Eine Regelmäßigkeit scheint dagegen in solchen Fällen vorzuliegen, Wo entweder die Dominanz während des individuellen Lebens wechselt, oder wo sie je nach der Richtung der Kreuzung wechselt. Wenn Lang zum Beispiel berichtet, daß bei Kreuzung roter und gelber Schnecken in den ersten Schalenumgängen der jungen Tiere gelb dominiert, um dann später durch rote Windungen abgelöst zu werden, oder wenn Giard berichtet, daß bei Vogelkreuzungen oft das junge Tier sich mehr dem einen, das erwachsene dem anderen der Eltern nähert, so sind das in der Tat Illustrationen dieser Erscheinung. Ebenso tritt sie in einigen der mehrfach erwähnten Davenport sehen Hühnerkreuzungen hervor. Das Weiß der Leghornrasse ist dominant über schwarz, aber das Ge- fieder junger Hühner kann aus beiden Farben gemischt sein und geht erst bei den Mauserungen in weiß über. Für Dominanzwechsel nach der Richtung der Kreuzung sei aber nur der Befund Kammerers an- geführt, der sich auf die früher ausführlich besprochenen Geburtshelfer- kröten bezieht, denen künstlich der Brutpflegeinstinkt abgewöhnt war und die diese erworbene Eigenschaft vererbten. Er gibt nun an, daß — 254 — bei Paarung eines normalen Männchens mit einem künstlich entwöhnten Weibchen die Nachkommenschaft Fx normal war, bei der reziproken Kreuzung dagegen nicht brutpflegend, sodaß also in diesem Fall immer die Eigenschaft des Vaters dominant war. Besonders aus der älteren Bastardierungslitteratur ließen sich dem noch manche Fälle zufügen, die für die gelegentliche Dominanz eines Geschlechts (geschlechtliche Präpotenz) bei reziproken Kreuzungen sprechen. Diesen Fällen von reiner, unvollständiger, fluktuierender oder wech- selnder Dominanz stehen nun solche gegenüber, bei denen von Domi- nanz überhaupt nicht die Rede sein kann, sondern typischerweise in Fl eine Vermischung der beiden elterlichen Charaktere stattfindet, so- daß eine Zwischenform, ein intermediärer Bastard entsteht. Es gibt auch für diese Form des Verhaltens genügend Beispiele aus beiden Organismenreichen, Als besonders instruktiv ist ja der von Correns ■berichtete Fall bekannt, daß bei Kreuzung der weißblühenden Wunder- blume Mirabilis Jalapa mit einer rotblühenden F^ rosa blüht. Ganz das entsprechende stellt sich dar, wenn Hühner, die weiße Eier legen, gekreuzt werden mit solchen, die braune legen ; der Bastard legt nach Batesons Studien intermediäre. Ganz besonders häufig findet sich dies rein intermediäre Verhalten aber bei meristischen Merkmalen, also solchen, die Größen Verhältnisse betreffen. Hohes und niederes Nasen- loch bei Hühnern gibt in F^ ein mittleres, hoch- und niederstengliger Mais mittlere Pflanzen, einfache und zusammengesetzte Stärkekörner, wie wir schon für die Erbsen sahen, schwach zusammengesetzte, lang- und kurzohrige Kaninchen solche mit mittleren Ohren. Wie wenig sich dabei sagen läßt, wann in F^ Dominanz und wann ein intermediäres Verhalten zu erwarten ist, geht besonders aus einigen tierischen Bei- spielen hervor. W'enn Tower seine so oft erwähnten Mutanten der Leptinotarsamit der Stammform kreuzte, so trat, wenn diese decem- lineata war, Dominanz von deren Charakteren gegenüber denen der Mutante ein. Wurde aber die Stammform multitaeniata mit ihrer Aberration rubicunda gekreuzt, so war F^ rein intermediär. Lang fand sogar bei ein und derselben Kreuzung zwischen Hei ix hortensis und nemoralis, daß einige Charaktere reine Dominanz zeigten, oder wie man sich auch ausdrückt, sich alternativ vererbten, andere aber — 255 — intermediär erschienen. Dieser Fall wird uns aber noch in anderem Zusammenhang begegnen. Eine entsprechende Differenz kann sogar in einem Zusammenhang mit dem Geschlecht stehen. Kreuzten Pearl und Surface die zwei Hühnerrassen Comish Indian Game x " Barred Plymouth Rock, so trat in Bezug auf die Körpergröße bei den Männchen reine Dominanz nach ersterem der Eltern ein, bei den Weibchen ein intermediäres Verhalten. Wir sehen hier, wie schon einmal, Be- ziehungen zwischen Geschlecht und Vererbung, die uns später noch ausführlich beschäftigen werden. Fig. 86, a Callimorpha dominula mit roter Zeichnung der Hinterflügel, b ab. donna mit gelben Flecken, c Bastard aus beiden mit roten Flecken von (fluktuierend) intermediärer Ausdehnung. Natürlich kann sich aber auch alternative und intermediäre Ver- erbung in Fj kombinieren, wie nebenstehende Fig. 86 illustriert. Sie bezieht sich auf eine Kreuzung des Schmetterlings Callimorpha dominula mit der südlichen Aberration donna. D'e Fleckenzeichnung des Hinter- flügels ist bei ersterer rot, letzterer gelb, außerdem bei ersterer einen großen Teil des Flügels bedeckend, bei letzterer auf wenige Flecke reduziert. In F^ dominiert rot über gelb (heterozygotes rot ist aller- dings gelblicher als homozygotes), die Ausdehnung der roten Flecken ist aber intermediär. — 256 — Als besonders merkwürdige Fälle einer echt intermediären Ver- erbung müssen schließlich die sonderbaren Mosaikbastarde erwähnt werden, bei denen sich die beiden elterlichen Charaktere nicht mischen, sondern nebeneinander auftreten. Solche Mosaikbastarde kommen ge- legentlich bei Bastardierungen mit echter Dominanz in einigen Exem- Yla, 87. plaren vor. Werden etwa schwarze Mosaikbastard zwischen schwarzer und und weiße Nonnen, von denen auch weißer Nonne mit wenigen weißen Mo- t t-. i saikflecken. schon öfters die Rede war, gekreuzt, so erscheinen unter anderem Mosaik- bastarde mit schachbrettartigen weißen Zeichnungen auf dem schwarzen Flügel in verschiedener Ausdehnung. Ein solcher mit nur wenigen Fig. 88. Gesprenkelter Mosaikbastard zwischen den Eltern Fig. aus Godlewsky. u. 90. Nach Davenport 257 Fig. 89. Weißer Hahn. Vater des Mosaikbastards Fig. lewsky. Nach Davenport aus God- weißen Stellen ist in Fig. 87 reproduziert. Außer diesen abnormen Mosaikbastarden gibt es aber auch Fälle, in denen F^ typisch den Charakter eines Mosaiks in mehr oder minder großem Prozentsatz zeigt. So er- gaben Kreuzungen von wei- ßen und schwarzen Leg- hornhühnern entweder weiße mit schwarzen Flecken, oder schwarz und weiß gegitterte oder solche, deren Sprenke- lung so fein ist, daß ein gleichmäßiges blau erscheint. Fig. 88 zeigt einen derartigen gesprenkelten Bastard, dessen Eltern in Fig. 89, 90 ebenfalls dargestellt sind. Endlich gibt es noch Fälle, in denen F^ typisch nur einen Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. I7 Fig. 90. Schwarze Henne. Mutter des Mosaikbastards Fig. Nach Davenport aus G o d 1 e w s k y. — 258 — Mosaikcharakter zeigt. Der bekannteste ist der der blauen Andalusier- hühner, deren blaue Farbe auf einem äußerst feinen Mosaik von schwarz und weiß beruht. Es ist nun bekannt, daß diese Hühner nicht als reine Rasse Bestand haben, und das hat sich so erklärt, daß sie Mosaikbastarde zwischen schwarzen und weißen Rassen darstellen. Auch für die Mosaik- bastarde kennt man bei Hühnern Fälle, die schon Darwin berichtete, daß die Mosaikbildung auf ein Geschlecht begrenzt ist. Wir werden ihnen später wieder begegnen. Es erhebt sich nun die Frage, ob sich für all diese Verschiedenheiten der Dominanzerscheinungen eine Erklärung finden läßt. Ein Weg dazu wäre eine Vorstellung abzuleiten aus den allgemeinen mendelisti- schen Anschauungen über die Allelomorphe. Wir haben bereits gesehen, daß Bateson in seiner presence- und absence-Theorie ihn zu gehen sucht. Ist es richtig, daß immer nur die Anwesenheit eines Merkmals über sein Fehlen dominiert, dann ergibt sich folgende Erklärung: Ist der betreffende Charakter der Art, daß er auch in der Hälfte der Masse, die die reine, homozygote Form besitzt, schon genügend zur ^^'irkung kommt, dann liegt reine Dominanz vor. Oder er ist nicht so stark, hat nicht solche ,, Durchschlagskraft", dann erscheint er in der Hetero- zygote mit nur halber Dosis abgeschwächt, die Dominanz ist unrein. Oder aber seine Durchschlagskraft oder Potenz, wie Davenport sagt, ist individueller Variation unterworfen, dann erscheint eine fluktu- ierende Dominanz, und w,enn sie gelegentlich ganz versagt, so spricht man von Wechsel der Dominanz, obwohl es sich nur um fehlende Sicht- barkeit des positiven Faktors handelt : etwas nicht vorhandenes, wie es die rezessive Eigenschaft unter diesem Gesichtswinkel ist, kann ja nicht dominant d. h. anwesend sein. Wie unter dieser Auffassungsweise ein- absonderlicher Fall sich ausnimmt, mag folgender Versuch Daven- ports illustrieren: Er kaufte 2 schwanzlose Hähne, A und B, von denen es hieß, daß B der Sohn von A sei. A wurde mit geschwänzten Hennen gepaart und die Nachkommenschaft war geschwänzt. Im nächsten Jahr wurden die Bastarde untereinander und die Weibchen mit ihrem Vater gekreuzt. Wenn die Schwanzlosigkeit rezessiv wäre, müßten Yg der Nachkommenschaft ersterer Kreuzung und V4 der zweiten schwanzlos sein. In Wirklichkeit, waren alle geschwänzt. — 259 — Wurde nun aber der 2. schwanzlose Hahn mit den Bastarden gekreuzt, so war die Hälfte der Nachkommenschaft schwanzlos. Die Erklärung findet nun Davenport unter obigem Gesichtswinkel folgendermaßen: Der Verhinderungsfaktor für Schwanzwachstum ist dominant über sein Fehlen. Beim Hahn A war er aber so impotent, daß er weder bei der heterozygoten noch der homozygoten Nachkommenschaft sich durch- setzen konnte, während er bei B genügend potent war. Man bemerkt die Ähnlichkeit dieser Erklärung mit einem Teil der alten, so viel be- kämpften Individualpotenz der Tierzüchter. Daß die ganze Betrach- tungsweise aber sehr befriedige, kann man wohl nicht sagen. Aus dieser kurzen Auswahl des auf die Dominanzerscheinungen be- züglichen Materials geht wohl zur Genüge hervor, daß bei aller Be- deutung, die ihnen zukommt, von einer Gesetzmäßigkeit wohl nicht die Rede sein kann. Offensichthch handelt es sich da um eine Er- scheinung, die in hohem Grade labil ist und deren Zustandekommen in dieser oder jener typischen oder atypischen Form von Faktoren unbe- kannter Natur bedingt ist. Sie festzustellen ist natürlich eine Aufgabe weiterer experimenteller Forschung. Die ersten Schritte, die im biolo- gischen Experiment in dieser Richtung durch Tower gemacht wurden, haben denn auch bereits zu höchst bedeutsamen Resultaten geführt. Tower führte Kreuzungen zwischen verschiedenen Arten des Colorado- käfers durch und kombinierte nun diese Bastardierungen mit experi- menteller Beeinflussung durch äußere Faktoren wie Temperatur und Feuchtigkeit, die während der Befiiichtungsvorgänge einwirkten. Es gelang ihm dabei bei ein und derselben Art von Kreuzung zwischen genotypisch durchaus identischen Tieren das verschiedenartigste Ver- halten zu erzielen. Wurde Leptinotarsa undecimlineata ^ x L. signa- ticollis o^ gekreuzt und zwar bei 75° Fahrenheit und 80 — 90% Feuchtig- keit, so war Fj rein intermediär. Die gleiche Kreuzung bei 89 — 95° und 84 — 100% Feuchtigkeit ergab in F^ Dominanz des reinen mütter- lichen Typus. Dieselbe Kreuzung bei 80 — 105° und 70 — 85% Feuch- tigkeit ergab aber in F^ die sämtlichen Übergänge zwischen väter- lichem und mütterlichem Typus. Bei einem anderen Versuch mit 75,6° Durchschnittstemperatur und 77,11% durchschnittlicher Feuch- tigkeit hatte in F^ die Hälfte der Individuen genau den mütterlichen 17* — 260 Typus, die andere Hälfte aber war intermediär. Endlich, das merk- würdigste Resultat von allen: bei einer Kreuzung, die bei einer zwischen 59 und 98° schwankenden Temperatur und einer Feuchtigkeit zwischen 40 und 95% vorgenommen wurde, erschien in Fj der väterliche, der mütterliche und ein intermediärer Typus. Es war also gelungen, bei ein und der- selben Kreuzung — zum Teil wurden so- gar die gleichen Eltern zu verschiedenen Experimenten mit typischem Erfolg be- nutzt — durch wechselnde äußere Be- dingungen, indermediäre Vererbung, reine Fig. 91. Pluteuslarve von Echinns microtuber- culatus von vorn mit typischem Ske- lett. Nach Boveri aus Godlewsky. Fig. 92. Plutens von Sphaerechinus granularis von vorn. Nach Boveri aus Godlewsky. und fluktuierende Dominanz, Dominanzwechsel und Kombinationen der verschiedenen Formen hervorzurufen. Hand in Hand mit diesen Resultaten gingen auch noch Besonderheiten der Spaltungserschei- nungen, die wir später kennen lernen werden. Zweifellos sind diese — 261 Versuche ein sehr vielversprechender Anfang, auf exaktem Weg in die Ursachen der Gestaltung der Fj^ Generation einzudringen. In größerem Maßstabe sind Versuche zur Klärung der Dominanzfrage aber bisher nur auf anderem Wege angestellt worden, nämlich im entwicklungs- physiologischen Experiment. Allen diesen Versuchen haften allerdings von vornherein zwei Schwierigkeiten an: Während die Mendelcxperi- mente fast ausschließlich sich auf sehr naheverwandte Tierrassen be- ziehen, arbeiten jene Versuche mit Ver- tretern oft recht weit auseinanderstehender Arten, ja Gattungen, Familien und Ord- nungen. Die Resultate sind also nicht ohne weiteres zu vergleichen. Sodann beziehen sich die Ergebnisse nicht auf ausgewach- .sene Tiere, sondern Larvenstadien, die ja spezifische Anpassungsformen an die Lebens- weise darstellen. ■ Da derartige embryonale Charaktere aber in sehr verschiedenartigen Beziehungen vor aUem zu dem gegebenen stofflichen Substrat der Entwicklung stehen, ist es sehr gefährlich, das hier gefundene ohne weiteres auf die Dominanzerschei- nungen in M e n d e 1 fällen zu beziehen . Trotz- dem sind die Versuche von größtem Inte- resse und versprechen zweifellos noch ,,• ^, ^ i'ig- 93- mancherlei Aufklärung. Intermediärer Bastard Echinus S T\- -T 1 j- T^ • . xSphaerechinusQ von der Seite. Die wesentlichen dieser Expenmente Nach Boveri aus Godlewsky. benutzen als Material ausschließlich die Larven der Echinodermen, vor allem der verschiedenen Seeigelarten, des klassischen Objekts der Entwicklungsphysiologie. Sie basieren alle einmal auf den Bastardbefruchtungsversuchen von 0. und R. Hertwig, sodann auf Boveris berühmten Experimenten über die Bastardbefruchtung kernloser Eifragmente. Das Hauptmerkmal, nach dem das Resultat bemessen wird, ist der Bau des Skeletts der Pluteuslarve , welcher für die einzelnen Formen typisch different ist, und es handelt sich nun um die Frage, wie das Skelett der Bastardlarven — 262 — - im Verhältnis zu dem der Eltern normalerweise gebaut ist und wie weit sich der Bastardcharakter experimentell beeinflussen läßt. Die Art der verwendeten Charaktere sei durch die nebenstehenden Figg. 91 — 95 klargelegt, die die Elternlarven und die möglichen Haupttypen des Ba- stards bei dem wichtigsten Objekt, der Echinus — Sphaerechinus- kreuzung zeigen. Fig. 91 zeigt das charakteristische Skelett von vorne, ausgezeichnet durch die einfache Gestaltung des Scheitelstabs 5 und des Analstabs a. Fig. 92 zeigt die aus mehreren gegitterten Längs- Fig. 94. Matrokliner Bastard der Kreuzung wie in Fig. 93. Nach Herb st ausGodle wsky. t^ig- 95- Patrokline Bastardlarve der Kreuzung wie in Fig. 93- Nach Herbst aus Go die wsky. Stäben zusammengesetzten Analstäbe von Sphaerechinus und die hirschgeweihförmigen Scheitelstäbe. Fig. 93 gibt, diesmal von der Seite gesehen, einen richtig intermediären Bastard zwischen beiden wieder, Fig. 94 einen matroklinen Bastard von nahezu Sphaerechinustypus und Fig. 95 einen patroklinen nahezu Echinustypus zeigenden aus der gleichen Kreuzung. Wenn wir nun die vorliegenden Tatsachen be- trachten, so zeigt es sich, daß zwei völlig verschiedene Typen des Ver- haltens der Charaktere im Bastard bei verschiedenartigen Kreuzungen zu unterscheiden sind. Bei dem einen Typus ist der Bastard inter- — 263 — mediär und zwar mit allen Übergängen von dem reinen väterlichen bis zum reinen mütterlichen Charakter. Bei dem anderen Typus besitzt der Bastard aber ausschließlich mütterliche Charaktere. Letzteren Fall nun können wir sogleich als für unser Problem irrelevant ausscheiden. Es hat sich nämlich, vor allem durch die Untersuchungen von Kupel- wieser, Baltzer, Godlewsky gezeigt, daß in den meisten Fällen es sich hier gar nicht um eine alternative Vererbung mit mütterlicher Dominanz handelt, sondern um etwas, was viel mehr einer Partheno- genese als einer Bastardierung gleicht. Je nach der Art der ausgeführten Kreuzung nimmt nämlich die Substanz des Spermakerns von Anfang an gar nicht an der Entwicklung teil, oder es nimmt nur ein Teil seiner Chromosomen daran teil, oder sie nimmt eine Zeit lang daran teil, um später eliminiert zu werden, wie Baltzer zeigte. Da wir nun in den Chromosomen die Träger der Vererbung sehen, wie in der ersten Vor- lesung besprochen wurde, eine Annahme, deren Begründung sicher noch immer auf den sichersten Füßen steht, so ist eine Entwicklung ohne väterliche Chromosomen keine Bastardentwicklung, sondern eine Art Parthenogenese. Könnte man von einem solchen Bastard F2 ziehen, so könnte er natürlich nicht spalten. Es bleiben also für den Vergleich mit der Mendelschen Dominanz nur jene Seeigelbastardierungen, bei denen nachgewiesenermaßen eine richtige Befruchtung und normales Verhalten der väterlichen Elemente statthat, wofür die typische Kreuzung die oben abgebildete Sphaerechinus ^ x Echinus rf darstellt. Merkwürdigerweise gehört die reziproke Kreuzung dem anderen Typus an, indem nach Elimination der meisten väterlichen Chromosomen der rein mütterliche Typus erscheint. Es ist also eine Tatsache, daß bei der Kreuzung Sphaerechinus Q X EchinuscT wie anderer analoger Fälle die Bastardlarve, wie Boveri zuerst feststellte, meist gemischte Charaktere aufweist, daneben aber matrokline und patrokline Formen auftreten, und wie Seeliger und Stein rück zeigten, auch Larven von rein väterlichem Typus. Es fragt sich nun, ob dieser Ausfall experimentell zu beeinflussen ist, somit eine Verschiebung der Vererbungsrichtung resp. ein Übergang von inter- mediärer zu alternativer Vererbung sich erzwingen läßt. Daß das der Fall ist, kann denn auch in keiner Weise bezweifelt werden, wenn auch — 264 — die Ursachen durchaus noch nicht als geklärt betrachtet werden können. Zunächst könnten äußere Ursachen dafür verantwortlich zu machen sein. Vernon, der die ersten planmäßigen Versuche ausführte, fand, daß in den Sommermonaten die Bastarde mehr nach der Mutter, im Herbst und Winter mehr nach dem Vater schlugen. Der Verdacht, daß es sich dabei um Temperaturunterschiede handelt, wurde von Doncaster bestätigt, der durch Temperaturversuche den entsprechenden Effekt er- zielen konnte. Von anderer Seite wird allerdings dann Temperatur und Jahreszeit nur als Begleiterscheinung der eigentlich maßgebenden Faktoren chemischer Natur betrachtet. Tennen t gibt nämlich an, daß bei Kreuzung von Hipponoe x Toxopneustes die Alkalinität des Wassers für den Erfolg entscheidend sei, indem eine höhere Konzentra- tion der OH Jonen Dominanz von Hipponoe, eine niedere aber die von Toxopneustes bedingt. Nach den auf breiter Basis durchgeführten Experimenten Herbsts scheint es aber, daß der Einfluß der äußeren Faktoren nur ein sehr ge- ringer ist, vielmehr innere Faktoren die Hauptrolle spielen. Als solche betrachtet Herbst quantitative Verhältnisse zwischen der Menge der Kernsubstanz des mütterlichen und väterhchen Kerns. Tatsächlich gelang es ihm, eine Verschiebung der Vererbungsrichtung zu den nor- malerweise nicht auftretenden rein mütterlichen Larven dadurch zu erzielen, daß er den Eiern vor der Bastardbefruchtung einen Anstoß zur künstlichen Parthenogenese gab, wobei solche quantitative Ver- schiebungen statthaben sollen. Wenn auch das tatsächliche Ergebnis, die Möglichkeit der Verschiebung der Vererbungsrichtung, feststeht, so ist die Erklärung aus kernquantitativen Verhältnissen doch nicht un- angefochten. Wie dem auch sei, eines geht jedenfalls aus der Gesamtheit der Untersuchungen hervor, daß erstens die Vererbungsrichtung beein- flußbar ist und zweitens, daß ihre Beeinflußbarkeit ein eigentlich celluläres Problem ist. Ob aus diesen Studien bereits Schlüsse auf die Mendelsche Dominanzerscheinung gezogen werden dürfen, erscheint allerdings fraglich, da die Identität beider Erscheinungen noch nicht feststeht. Sicher aber zeigen jene entwicklungsphysiologischen Versuche einen Weg, auf dem vielleicht auch die biologischen Erscheinungen weiter analysiert werden können. Denn daß die Dominanz eine — 265 — fließende und verschiebbare Erscheinung ist, kann nach allem Vorausgegangenen keinem Zweifel unterliegen. Sie völlig in die Hand des Experimentators zu bekommen, ist das in weiter Feme winkende Ziel. Dreizehnte Vorlesung. Das Spaltongfsgesetz. Einfache Fälle von Mono- und Dihybridismus. Wenn sich nach dem, was wir in der letzten Vorlesung erfahren haben, die Dominanz- oder Prävalenzregel zwar als eine sehr bedeutungsvolle Erscheinung erwies, nicht aber als eine Gesetzmäßigkeit von ausschlie- ßendem Charakter, so kommen wir nunmehr zu der eigentlichen« Haupt- erscheinung des Mendelismus, dem Spaltungsgesetz, das sich in der Tat als ein Gesetz von ganz überraschender Gültigkeits breite erwies. Nichts kann so sehr seine hohe Bedeutung illustrieren wie die Tatsache, daß sich nach Mendelscher Analyse eines Vererbungsfalles mit absoluter Genauigkeit das Resultat irgend einer Kreuzung innerhalb der gleichen Merkmalsserie voraussagen läßt und zwar, wie wir sehen werden, Resul- tate, die sich sonst in keiner Weise erwarten ließen. Seit der Wieder- entdeckung Mendels ist denn auch gerade in diesem Punkt eine ganz außerordentliche Fülle von Tatsachenmaterial zu Tage gefördert worden, so reich, daß es bereits durch Bateson seine eigene Darstellung in Buchform erfahren konnte. Wenn wir uns nun einen Überblick über dieses Material verschaffen wollen, so geschieht dies am Besten wohl in der Weise, daß wir an Hand einzelner ausgewählter Beispiele uns die verschiedenen Arten der Spaltung vom einfachen zum komplizierteren fortschreitend vor Augen führen und dabei, ohne in Betrachtung aller Spezialfälle und noch ungeklärter Einzelheiten einzutreten, uns ge- wissermaßen das Gerippe des Mendelismus oder richtiger seines Kardinal- punktes, des Spaltungsgesetzes, herausarbeiten. Wenn man mit Hilfe der Bastardierung die Eigenschaften eines Organismus und ihr erbliches Verhalten analysiert, so muß man sich — 266 — von vornherein darüber klar sein, daß eine solche Analyse nur eine relative sein kann. Ein direkt an Mendel anknüpfendes Beispiel vermag das am Besten zu illustrieren. Mendel untersuchte, wie wir sahen, das erbliche Verhalten eines Einheitscharakters seiner Erbsen, die runde oder kantige Form. Darbishire konnte nun zeigen, daß dieser Charakter mit der Anwesenheit einer ganzen Reihe selbständiger Erbfaktoren verknüpft ist. Einmal spielt, wie auch äußerlich sichtbar, die Samenschale eine Rolle. Sodann sind aber auch die Stärkekörner typisch verschieden und zwar in zwei verschiedenen Beziehungen, die wohl selbständig vererbt werden. Bei der runden Erbse sind sie näm- lich groß, kartoffelförmig und einfach, bei der kantigen klein, rund und zusammengesetzt. Der Bastard F^ enthält aber große, runde, einfache und zusammengesetzte. Außerdem haben die runden Samen eine geringere Absorptionsfähigkeit für Wasser als die kantigen und auch hierin ist F^ intermediär. Es besteht also möglicherweise der eine sichtbare Charakter aus 5 differenten, die in ihrem gesamten Verhalten sich nicht von dem einer einzelnen Erbeinheit unterscheiden. Die Analyse der Erbeinheiten ist also jeweilig eine relative; wir werden das später noch öfters erfahren. Aber auch solche Relativität ist an sich eine für den Mendelismus bedeutungsvolle Tatsache. Wenn, wie wir schon sahen, eine jede Eigenschaft sich selbständig und stets nach dem gleichen Gesetz vererbt, so muß die Summe einer Anzahl von Eigen- schaften, die als solche unanalysiert eine Einheit höherer Ordnung bilden, sich ja ebenso verhalten, wie die letzte isolierbare Einzeleigen- schaft. Da eine Grenze der Analyse einer scheinbaren Einheitseigen- schaft nicht denkbar ist, so bleibt solchen Studien wohl dauernd der Charakter der Relativität erhalten. Wenn wir uns also nunmehr der Betrachtung der Mendelspaltung zu- wenden, so wird es wohl nicht nötig sein für jeden Einzelfall auszuführen, durch welche verschiedenartigen Kreuzungen und Rückkreuzungen die betreffenden Forscher die Richtigkeit ihrer Resultate und Interpreta- tionen feststellten, die ja nur dann erwiesen ist, wenn das Resultat einer jeden mit dem betreffenden Material ausgeführten Paarung die voraus- berechenbaren Werte zeigt. Die Methode, wie das zu geschehen hat, geht ja ganz selbstverständlich aus Mendels eigenen Versuchen hervor. — 267 — die wir deshalb so ausführlich besprochen haben. Uns mag daher in den meisten Fällen die Feststellung des Endresultats genügen. An der Spitze unserer Betrachtung müssen natürlich zunächst die einfachen Mendelfälle stehen, die sich ohne weiteres aus Mendels eigenen Ergeb- nissen erklären und die uns nur ein paar mögliche Varianten nebst den praktischen Zahlenkonsequenzen vor Augen führen sollen. Stellen wir zunächst dem einfachen Mendel sehen Monohybridenfall auch ein Beispiel aus dem Tierreich zur Seite, Längs Kreuzungen von Varietäten der Helix hortensis. Wir haben schon früher erfahren, daß diese Schnecke in der Zeichnung ihrer Schale stark variiert und daß unter anderem als erbliche Rassen sich gelbe ungebänderte Formen und gelbe mit 5 schwarzen Bändern finden. Diese wurden dann miteinander bastardiert. Die Versuche sind dadurch besonders schwierig, daß die Schnecken Zwitter sind. Nun kommt, was zuerst festgestellt werden mußte, Selbstbefruchtung zwar in der Regel nicht vor, wenn es auch ausnahmsweise der Fall sein soll. Aber nach der Befruchtung wird das Sperma jahrelang im Receptaculum seminis aufbewahrt, sodaß nur mit isoliert aus dem Ei gezogenen Indi- viduen gearbeitet werden kann. Diese erlangen aber erst nach 2 bis 4 Jahren die Geschlechtsreife. Die Kreuzung ergab nun in Fj Domi- nanz der ungebänderten Individuen (Fig. 96). In einem Versuch z. B. bestand F^ aus 107 ausschließlich ungebänderten Tieren. F2 aber spaltete nach Inzucht erwartungsgemäß in ^4 ungebänderte und V4 S^' bänderte: Die wirklichen Zahlen eines Versuchs sind 31 ungebänderte : IG gebänderte. Nach dem oben entwickelten muß für diese F2-Formen nun die Formel sein AA : Aa : aA : aa. Die gebänderten sind natür- lich die rezessiven aa, die rein weiterzüchten müssen. Die Y4 dominant- merkmaligen müssen aber aus 1/3 reinen Dominanten und 2/3 Dominant- rezessiven bestehen, die hier bei völliger Dominanz äußerlich nicht unterscheidbar sind. Bei selbstbefruchtenden Pflanzen trennt nun selbstverständlich die isolierte Weiterzucht in F3 die reinen Dominanten und die weiter spaltenden Dominantrezessiven leicht voneinander. Bei Tieren mit Wechselbefruchtung ist die Analyse schwieriger. Werden die dominantmerkmaligen Individuen mit einander gepaart, so sind natürlich folgende Möglichkeiten gegeben : i. Man hat zufällig 2 reine — 268 — f^ r < ^ V i{ < < ^ züchtet reiN ^ züchtet rein *5 spaltet 3:1 < bpaltet 3:1 5 züchtet rein a züchtet rein ^ spaltet 3:1 spaltet 3:1 ^ züchtet rein ^ züchtet rein Fig. 96. Schematische Darstellung der Ergebnisse von Längs Kreuzung ungebänderter und gebänderter Varietäten von Helix hortensis. — 269 — Dominanten AA herausgegriffen, dann bleibt natürlich auch die Nach- kommenschaft rein. 2. Man hat, was viel häufiger stattfinden wird, zwei Heterozygoten, die Dominantrezessiven Aa oder aA erhalten, dann muß natürlich die Nachkommenschaft wieder im Verhältnis von 3 : i spalten, denn es ist ja genau das gleiche, wie es die Fortpflanzung der Bastarde von F]_ war. 3. Man erhielt zufällig eine reine Dominante AA und eine Heterozygote Aa. Es muß dann sich genau das gleiche er- eignen, als wenn der Bastard vonF^ Aa mit seinem dominanten Elter A gekreuzt würde, also das gleiche wie bei einer Rückkreuzung. Deren Resultat ergibt sich ohne Weiteres, wenn wir uns die Gameten wieder klar machen: AA bildet nur Gameten A, Aa bildet Gameten A und a. Es sind also die Gametenvereinigungen möglich AA Aa AA Aa Das heißt, die Hälfte der Nachkommen muß sein AA, also rein un- gebändert, die andere Hälfte Aa, also heterozygot, aber auch unge- bändert aussehend. Die Nachkommen der 3. Möglichkeit wären also alle ungebändert, wie die der ersten, aber die Hälfte von ihnen wären heterozygot, wie die nächste Generation nun wieder erweisen würde. Lang erzielte nun in der Tat bei seinen Versuchen diese erwarteten Resxiltate in annähernd den richtigen Zahlen Verhältnissen. Wir haben in der vorigen Vorlesung erfahren, daß in sehr vielen Fällen der Bastard in F^ einen intermediären Charakter zeigt. Wenn das der Fall ist, muß natürlich bei der Spaltung in Fg der Unterschied zwischen den reinen Dominanten und den Heterozygoten deutlich in Erscheinung treten, die Spaltung muß stattfinden in 1/4 dominant- merkmalige, 2/^ intermediäre und V4 rezessive. Nur die intermediären würden dann in Fg weiterspalten. Als besonders instruktive Illustra- tion möge nebenstehende Fig. 97 dienen, die Lock im Anschluß an P unnett publizierte. Sie zeigt in der ersten Reihe die Blüten der beiden Primeln Primula sinensis und stellata, in der zweiten Reihe den intermediären Bastard, auch P. pyramidalis genannt. Die dritte Reihe gibt dieSpaltung in F2 wieder in V^sinensis, 2/4Pyramidalis, y4Stellata. Ein ebenso charakteristischer zoologischer Fall wurde auch bereits erwähnt, der Fall der Farbe der Andalusier- und Bredahühner. Diese von den Züchtern blau genannten Formen sind nie in Reinzucht zu — 270 — halten und das kommt daher, daß sie intermediäre Bastarde zwischen einer schwarzen und einer schmutzig- weißen Rasse darstellen. Danach müssen sie, wenn miteinander gepaart, spalten in Y4 schwarze, ^/^ blaue, y4 schmutzigweiße. Das ist in der Tat der Fall: Bateson und seine Mitarbeiter fanden als Resultat 41 schwarze : 78 blaue : 39 weiße. Schließen wir nun an diese Fälle Mendelscher Monohybriden einen solchen eines Dihybridismus an. Für Pflanzen haben wir ja schon ein Beispiel in Mendels eigenen Studien kennen gelernt. Als einen be- o » <^o o« Fig- 97- Kreuzung von Primula sinensis X stellata (i. Reihe). In der 2. Reihe der inter- mediäre Fl Bastard P. pyramidalis. In der 3. Reihe die Spaltung in Fo in i sinensis: 2 pyramidalis : i stellata. Aus Lock. sonders instruktiven Fall aus dem Tierreich, wertvoll besonders auch wegen seiner großen Zahlen, wollen wir eine der zahlreichen Kreuzungen betrachten, die von Toyama, Coutagne, Kellogg beim Seiden- spinner Bombyx mori angestellt wurden. Toyama kreuzte zwei Rassen, die sich in folgenden 2 Merkmalen unterschieden: die eine produziert ungezeichnete Raupen, die sich in gelbe Kokons einspinnen, die andere gestreifte Raupen, die weiße Kokons spinnen. Vom Aussehen der beiden Raupenarten gibt nebenstehende Fig. 98 ein gutes Bild. Da alle Nachkommen in F^ gestreift waren und 271 ¥\g. 98. Zuchtkörbe mit weißen und gestreiften Seidenraupen. Nach Toyanii — 272 gelbe Kokons anfertigten, erwiesen sich diese Eigenschaften als dominant ; es besaß also jeder der Eltern ein dominantes und ein rezessives Merkmal. Bezeichnen wir die Eigenschaft gestreift (striatus) mit S, nicht gestreift mit s, gelb (flavus) mit F mid nichtgelb = weiß mit /, so heißen die beiden Eltern Sf X sF, der Bastard somit SfFs, also Gestreift-Gelb. Nach dem früher mit- geteilten muß er 4 Arten von Gameten bilden, nämlich SF, Sf, sF, sf; diese ergeben dann in F 2 16 Kombinationen, nämlich SF Sf sF sf SF SF SF SF gestreift gestreift gestreift gestreift gelb gelb gelb gelb SF Sf sF sf Sf Sf Sf Sf gestreift gestreift gestreift gestreift gelb weiß gelb weiß 5/' Sf sF sf sF s F sF sl^ gestreift gestreift ungezeichnet ungezeichnet gelb gelb gelb gelb SF Sf ' sF sf sf sf sf sf gestreift gestreift ungezeichnet ungezeichnet gelb weiß gelb weiß Es müssen also gebildet werden 9 gestreift-gelbe : 3 gestreift-weiße : 3 ungestreift-gelbe : i ungestreift-weiße. Die wirklichen Zahlen To- yamas stimmen damit in wundervoller Weise überein, nämlich: Gestreift-gelbe SF 6385 Indiv. = 56,38% = ca. 9. Gestreift-weiße Sf 2147 » = 18,96% = ca. 3 Ungezeichnet-gelbe sF 2099 » = 18,53% = ca. 3 Ungezeichnet weiße sf 691 >> = 6,1 % = i. Wurde aus diesen 4 Gruppen nun F3 gezogen, so mußte folgendes eintreten, wie aus der Zusammensetzung der Formen im Kombinations- schema sich ablesen läßt: — 273 — A. In der i. Gruppe, die beide Dominanten zeigte, waren im gleichen Phaenotypus verschiedenartige Individuen enthalten nach ihrer geno- typischen Zusammensetzung: i. solche vom Charakter SFSF, die also in beiden dominanten Charakteren rein waren, welche zu Vg vor- handen sein mußten; 2, solche vom Charakter SFsf, die also in beiden Charakteren heterozygot waren und sich, wie leicht am Kombinations- schema nachzuzählen, in */9 ^^^ Exemplare fanden; 3. solche vom Charakter SSFf, also homozygot im Charakter 5, aber heterozygot im Charakter F, und diese finden sich zu 2/9- Endlich 4. solche vom Charakter SsFF, also im anderen Charakter heterozygot, im anderen homozygot, ebenfalls zu 2/9- Da nun die Phänotypen nicht zu unter- scheiden sind, so kann der Zufall bei der Paarung dieser F2-formen folgende Partner zusammenbringen: i. Den ersten Typus mit sieb selbst oder jedem anderen, dann muß die Nachkommenschaft immer nach SF aussehen, da stets beide Dominanten vorhanden sind. 2. Der 2. Typus mit sich selbst; dann liegt das gleiche vor, wie wenn F^ in Inzucht weiter gezüchtet wurde, nämlich SFsf x SFsf, also muß Spaltung in die 4 Typen im bekannten Verhältnis eintreten. 3. Der 2. Typus mit dem 3., also SFsf x SSFf. Ersterer hat die Gameten SF, Sf, sF, sf, letzterer nur SF und Sf, es sind also 8 Kombinationen möglich, von denen 6 SF enthalten, 2 Sf; es ist also eine Spaltung in SF und Sf zu erwarten im Verhältnis 3:1. 4. Typus 2 kommt mit Typus 4 zusammen. Typus 2 hat wieder die Gameten SF, Sf, sF, sf, Typus 4 aber nur SF, sF. Von den 8 möglichen Kombinationen ent- halten also 6 wieder SF, 2 aber nur sF, also ist Spaltung zu erwarten in die Phaeno typen SF : sF = 3 : i. 5. Der 3. Typus kann mit dem 2. zusammenkommen, das ist natürlich das gleiche wie der umgekehrte Fall 3. 6. Der 3. Typus kann mit seinesgleichen zusammenkommen. Da er nur in Bezug auf die Eigenschaft F/ heterozygot ist, so muß also das gleiche eintreten, wie wenn zwei Monohybriden sich paaren, also eine Spaltung in SF : S/ = 3 : i, also ebenso wie im 3. Fall. 7. Der 3. Typus kann mit dem 4. zusammenkommen; ihre Gameten sind SF, Sf und SF, sF; ihre Kombination wird immer SF enthalten, das Aussehen also einheitlich dominant sein, wie im i. Fall. 8. Der 4. T57PUS kann mit dem 2, zusammenkommen, das ist das gleiche wie der umgekehrte Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. tX — 274 — Fall 4. 9. der 4. Typus kann mit dem 3. zusammentreffen, das ist das gleiche wie der umgekehrte Fall 7; endlich 10. kann der 4. Typus mit seinesgleichen sich begatten ; da er nur in der Eigenschaft 5s heterozygot ist, haben wir wieder das entsprechende, wie im Fall 6, also eine mono- hybride Spaltung in SF : sF = 3 : i. Das aber ist das gleiche wie im Fall 4. Man sieht somit, daß die Vig dominantmerkmaligen Fg-Indi- viduen, wenn nur unter sich gepaart, in F3 4 verschiedene Arten von Nachkommenschaft ergeben werden, wie sie die Fälle i — 4 repräsen- tieren. Das wirkliche Resultat ist aber genau das erwartete. Es er- gaben nämlich von 21 Paarungen: 8 Paarungen nur gestreift gelbe Nachkommen, wie es Fall i verlangt, 3 Paarungen gestreift gelbe und gestreift weiße und zwar 677 : 240 Individuen gleich 73,82% : 26,17% = 3 : i, wie es Fall 3 verlangt, 8 Paarungen gaben gestreift gelbe und ungezeichnet gelbe und zwar 1475 : 513 = 74»2% : 25,8% = 3:1, wie es Fall 4 verlangt, 2 Paarungen endlich gaben alle 4 Typen, nämlich Gestreift gelbe 326 = 55,72% = ca. 9, Gestreift weiße 90 = 15,36% = ca. 3, Ungezeichnet gelbe 126 = 21,53% = ca. 3, Ungezeichnet weiße 43 = 7,34% = i, wie es der Fall 2 verlangt. Dies also die Nachkommenschaft der Ge- streift gelben von F2. B. Unter den Vie gestreift weißen von F2 finden sich, wie das Kom- binationsschema zeigt, Yg die nur S und / enthalten und 2/3 die außer- dem noch s besitzen. Es ist also i. möglich, daß die ersteren unter sich paaren, und dann müssen sie als Homozygote die gleiche Nachkommen- schaft ergeben. 2. können die letzteren unter sich paaren. Da sie nur in einem Eigenschaftspaar Ss heterozygot sind, so muß eine einfache Mendelspaltung im Verhältnis 3 S/ : i s/ eintreten. 3. können letztere mit ersteren zusammenkommen; da dann in jedem Fall Sin die Kom- bination eingeführt wird, so muß das Resultat wie bei i lauter Formen Sf sein. Der Versuch ergab in der Tat dann in F3 aus den Nachkommen der Y16 gestreift weißen in 16 Paarungen: 7 Paare gaben ausschließlich gestreift weiße, wie Fall i und 3 verlangen, — 275 — 9 Paare gaben gestreiftweiße und ungestreiftweiße, und zwar 1698 : 504 = 77,11% : 22,88% = ca. 3 : i. C. Bei den Vie ungezeichnetgelben von F2 muß in F3 natürlich das gleiche eintreten, nur daß hier, wie das Kombinationsschema zeigt, die andere Dominante und das andere Rezessive in Betracht kommen. Das Ergebnis ist in der Tat, daß aus 15 Paarungen in F3 entstanden : 8 Paare gaben ausschließlich ungezeichnet gelbe, 7 Paare gaben ungezeichnet gelbe und ungezeichnet weiße und zwar 1507 : 457 = 76,73%) : 23,26%, = ca. 3:1. D. Endlich bleiben noch die V^ß ungezeichnet weiße übrig, die ja reine rezessive sein müssen, somit rein weiter züchten, und in der Tat blieb F3 ebenso. Wir sehen somit hier einen höchst typischen Fall von Mendelschem Dihybridismus. Er zeigt uns aber noch etwas Weiteres. Die Ausgangs- tiere waren gestreif t weiß x ungezeichnet gelb. In der Nachkommenschaft fanden sich bereits in F2 die neuen Kombinationen gestreift gelb und ungezeichnet weiß. Da, wie das Kombinationsschema zeigt, diese in jeV^g der Exemplare homozygot auftreten müssen — im Schema liegen die Homozygoten ja immer in der Diagonale von links oben nach rechts unten — so muß es durch fortgesetzte richtige Auswahl schließlich ge- lingen, diese Homozygoten zu isolieren und damit zwei rein züchtende neue Kombinationen zu schaffen, und sie wurden in der Tat auch isoliert. Es können also auf dem Wege der Bastardierung neue Rassen geschaffen werden, die alle denkbaren Neukombinationen der bei den Eltern vorhandenen Charaktere zeigen. Bei einem solchen Fall von Mendelschem Dihybridismus kann es nun natürlich auch vorkommen, daß entweder eine oder auch beide Eigenschaften nicht Dominanzerscheinung zeigen, sondern sich inter- mediär verhalten. Die Zahlenkonsequenzen der Spaltung lassen sich dann leicht aus dem oben ausgeführten ableiten. Da sie für den t57pi- schen Mendelfall durch die Formel (3 + i)" gegeben waren, werden sie bei zwei intermediär sich verhaltenden Eigenschaften natürlich durch die Formel (i + 2 + 1)2 erhalten, da ja in diesem Fall für jede Eigenschaft die Spaltung die 3 Typen i DD + 2 DR + i RR ergibt — 276 — Wenn also ein Eigenschaftspaar Dominanz, das andere intermediäres Verhalten zeigt, so ist die Konsequenz für Fg (3 + i) (i + 2 + i) = [3 + 6] + 3 + [i + 2] + I, was natürlich entsprechend zusammenge- nommen (die Klammem) das klassische Verhältnis von 9:3:3:1 dar- stellt. Wie sich auf diese Zahlenreihe die einzelnen Typen verteilen, illu- striert wunderschön ein Beispiel Biffens, zu dem Bateson die neben- stehend reproduzierte höchst lehrreiche Abbildung gegeben hat (Fig. 99). RA^ Fig. 99. Kreuzung dichter bartiger mit lockeren grannenlosen Ähren mit Spaltung in F2 in 6 Typen. Aus Bateson. Es handelt sich um Weizenkreuzungen, wobei die beiden AUelomorphe das Fehlen der Grannen bei der Ähre und ihr Vorhandensein (der Bart) sind. Erstere Eigenschaft ist dominant. Das andere Paar ist die dichte Stellung der Körner, die eine kurze kompakte Ähre bedingt und eine lockere Stellung, die eine lange schlanke Ähre hervorruft. Diese beiden Eigenschaften vererben intermediär. Die AUelomorphe sind also D (densus) dicht, d nicht dicht = locker, B (barba) Faktor, der die Bart- — 277 — bildung verhindert, h sein Fehlen, der Bart vorhanden. Werden also eine dichte-bartige Form Dh und eine lockere-grannenlose dB gekreuzt {P = parentes, Eltern), so ist F^, wie das Bild zeigt, intermediär-grannenlos. In F2 muß dann die Spaltung so eintreten, daß sich die Spaltung aus dem Verhältnis 3 ß : I & und DD : 2 Dd : dd kombiniert. Das gibt, wie die einfache Multiplikation zeigt und das Bild bestätigt, die Phaeno- typen 3 BD grannenlos-dicht : 6 BDd = grannenlos-intermediär : -^ Bd = grannen- los-lang : 1 bD = bärtig-dicht : 2 bDd = bärtig intermediär : 1 bd = bärtig-lang. Wir können diese Besprechung der einfachen Mendelfälle nicht abschließen, ohne kurz einen Fall envähnt zu haben, der zunächst etwas unklar erscheint, sich dann aber auf das einfachste auflöst. Einer der schönsten Fälle von Mendelschem Dihy- bridismus ist die Correnssche Kreuzung des Mais,Zeamays alba x Zeamayscoeruleo- dulcis. Ersterer hat weiße glatte Kömer, letzterer blaue gerunzelte. In Fj ist der Bastard stets blau und glatt und in Fg tritt eine Spaltung ein im Verhältnis von 9 blauen glatten : 3 weißen glatten : 3 blauen runzligen : I weißen runzligen, wie nebenstehend ab- gebildeter von Correns gezüchteter Kol- ben beweist (Fig. 100). Das ist zunächst nicht weiter merkwürdig. Nun beruht aber Maiskolben von Fo mit blau- ,.,, .„_, f, ,, glatten, weiß-glatten, blaurunzel- die blaue resp. weiße Farbe auf dem durch fgenund weißmnzeligen Körnern. die durchsichtige Schale durchscheinen- ^^°^''- nach einem Correns- sehen Ongmalstiick. den Nährgewebe des Embryo, dem Endo- sperm. Dieses ist aber gar kein Teil des Embryo, sondern gehört zum mütterlichen Organismus. Der Bastardembryo Fj hat also, wenn der Vater coeruleo-dulcis war, das Endosperm mit der Farbe dieses Vaters, Fig. 100. — 278 — obwohl es ein Teil der weißen Bastardmütter (P) selbst ist. Dieses Übertragen einer Eigenschaft des befruchtenden Vaters auf Körper- gewebe der Mutter nennt man eine Xenie. Die Erklärung hat sich nun durch Nawaschin und Guignard so ergeben, daß bei der Be- fruchtung 2 Samenkerne in den Embryosack eindringen, von denen der eine das Ei befruchtet, der andere die Zelle, aus der sich jenes Nähr- gewebe entwickelt. Der nach dem Schema des Dihybridismus spaltende Bastard stellt also gewissermaßen eine Verwachsung aus einem Bastard- embryo und einem Bastardendosperm dar. Letzterer mendelt aber infolge seiner Entstehung genau so wie ein anderer Bastard. Diese Beispiele werden wohl genügen; sie setzen uns leicht in den Stand, mit allen einfachen Mendelfällen und ihren Konsequenzen fertig zu werden. So wollen wir diese Erfahrungen denn noch benutzen, um zu sehen, wie sie auf die Analyse von Naturformen angewandt werden können und wie sie gestatten Kreuzungsergebnisse vorauszusagen, die ohne den Mendelismus überhaupt ganz regellos erscheinen möchten. Wir wählen dazu die schönen Experimente, die Standfuss an einem bekannten Schmetterling, dem Nagelfleck Aglia tau und seinen in der Natur fliegenden Aberrationen f erenigra und melaina ausführte. Wie Fig. loi zeigt, unterscheiden sich die letzteren von der Stammart dadurch, daß bei f erenigra die Flügel vom Rand her verdüstert werden und bei melaina völlig verdüstert sind. Diese Aberrationen kommen in der Natur ziemlich selten vor, so daß es, wieStandfuss annimmt, wahr- scheinlich ist, daß sie meist mit der Stammart sich paaren und Bastarde er- zeugen. Da nun die melaina resp. ferenigra-Eigenschaf t dominant ist, so sehen diese Bastarde wie die Aberration selbst aus. Es ist somit eine große Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß aus der Natur stammende Aberrati- onen Bastarde, Heterozygoten sind. In der Tat erwiesen sich alle aus der Natur kommenden ferenigra oder melaina als heterozygot mit der Stamm- art tau^. Melaina aus der Natur hat also, wenn wir uns der Schreibweise der Presence- und Absencetheorie bedienen, die Zusammensetzung Mm M = Melainafaktor, der die Flügel der Stammform verdüstert, m = kein Melainafaktor, also tau. ^ Auf diese Interpretation werden wir nochmals zurückkommen. 279 — Fig. loi. a Aglia tau, b Aberration A. ferenigra, c Ab. melaina. Photo, nach Standfuss- schen Originalstücken. — 280 — Ebenso heißt ferenigra aus der Natur Ff. Da wir nun oben gehört haben, daß die Heterozygote mit dem rezessiven Elter zurückgekreuzt eine Spaltung im Verhältnis i : i ergeben muß, so ist zu erwarten, daß jede der Aberrationen, mit der Stammart tau gekreuzt, Yg ferenigra resp. melaina: y2 tau ergibt; denn J FfX ff=Ff +Ff +ff +ff I ^ . ^ I i^ . T^ ^ =— Ferenigra + —tau. [ Ferenigra X tau = Feren. + Feren. + tau + tau 2 2 Und ebenso verläuft die Kreuzung mit melaina. Das wirkliche Resultat der Kreuzung ferenigra aus der Natur x tau war in der Tat 83 fere- nigra + 80 tau. Ebenso ist ohne weiteres zu erwarten, daß die Aber- rationen mit ihresgleichen gepaart im Mendelschen Verhältnis 3 : i spalten müssen, denn Ff XFf = FF + Ff + fF + ff=2 Ferenigra : i tau. Das wirkliche Resultat war bei einer Kreuzung 46 ferenigra : 14 tau. Werden nun die beiden Aberrationen ferenigra und melaina gekreuzt, so ergibt sich folgendes: Ff X Mm Fl I FM + I Fm + 1 fM + 1 fm. Die zweite Form ist wieder ferenigra, die dritte melaina und die vierte tau, aber die erste, die die beiden Dominanten enthält, ist neu. Es besteht für sie entweder die Möglichkeit, daß die eine Dominante die andere zudeckt, oder daß beide sich addieren. Letzteres ist in der Tat der Fall und es wird eine noch dunklere Form FM gebildet, die Stand - fuss weismanni nennt. Das wirkliche Resultat der Kreuzung war II weismanni, 11 melaina, 15 ferenigra, 10 tau. Wird nun die neue Form weismanni mit tau rückgekreuzt, so muß natürlich entstehen FM Xftn = iFf + i Fm + i Mf + 1 Mm = — ferenigra H — melaina. 2 2 Das wirkliche Resultat ist in der Tat 30 ferenigra + 32 melaina. Wird nun weismanni mit ihresgleichen gepaart, so ergibt sich FM X MF = I FM +1FF+1 MM + iMF = — ferenigra -\ — weismanni H — melaina. 4 4 4 — 281 — Das Resultat war i8 ferenigra : 31 weismanni : 17 melaina. Hier ist nun bemerkenswert, daß zum ersten Mal homozygote ferenigra und melaina zum Vorschein kamen, die sich deutlich durch größere Inten- sität ihres Charakters von den Heterozygoten unterschieden. Die Homozygoten miteinander gepaart müssen natürlich aUe Weismanni ergeben. Alle diese Resultate sind also ohne weiteres klar. Auf eine kleine Schwierigkeit muß allerdings hingewiesen werden. Wir hatten die Form weismanni als FM bezeichnet. Nach der bisher ja stets be- nutzten Schreibweise der Presence-Absencetheorie wäre somit diese Form homozygot, da sie nur große Buchstaben enthält. Sie erweist sich aber als Heterozygote, die immer spalten muß, etwa wie die Anda- lusierhühner. Wäre die Untersuchung anstatt von heterozygoten Indi- viduen von homozygoten ausgegangen und das Verhältnis der Aber- rationen zur Stammform tau gar nicht berücksichtigt worden, so würde man jedenfalls geschrieben haben M = melaina, m = nicht melaina oder ferenigra, weismanni wäre dann Mm und alles weitere verliefe in üblicher Weise. Es folgt daraus also, daß entweder die Schreibweise der Presence-Absencetheorie nicht so aufzufassen ist, daß der kleine Buch- stabe nun auch wirklich das Fehlen eines Merkmals bedingt, sondern einfach die betrachtete Relation ausdrückt : Mit tau in Vergleich gesetzt ist ferenigra F, mit melaina in Beziehung gesetzt ist es aber m: die Symbole sind relativer, nicht absoluter Natur. Oder aber es liegen wirklich zwei dominante positive Merkmale vor, die sich aber zu einander verhalten wie ein Merkmalspaar, bestehend aus einem posi- tiven und einem negativen Faktor. Wir werden dieser Erscheinung bald wieder begegnen. Ungezwungener erscheint aber sicher die erstere Interpretation, die die presence-absence nicht als absoluten Begriff nimmt. Die interessantesten Kombinationen durch Bastardierung Moirden aber nun mit Hilfe einer weiteren Eigenschaft erzielt. Es kommt gelegentlich vor, daß bei einer der Formen der helle Nagelfleck auf den Flügeln verdüstert ist, was als Subcoecatj^pus bezeichnet wird, und dieser ist auch eine erbliche Eigenschaft. Von einer solchen Form aus gelingt es dann durch Bastardierung, ihn auch mit den anderen zu kom- binieren. Genaue Angaben liegen darüber allerdings noch nicht vor. — 282 — Eines ist aber sicher, daß so unter anderem auch eine Form erhalten wurde, die als weismanni subcoeca zu bezeichnen ist. Diese stellt nun einen vollständigen Melanismus dar, der aber nicht, wie bei vielen anderen Schmetterlingen, eine Einheit ist, sondern eine Kombination von fere- nigra, melaina und subcoeca darstellt. Ein schöner Fall, wie durch Bastardierung nicht nur Analyse der Charaktere, sondern auch Synthese ausgeführt werden kann. Zum Schluß unserer Betrachtung einfacher Mendelfälle wollen wir noch an einem besonders klaren Beispiel zeigen, wie sich vielleicht auch beim Menschen mendelnde Eigenschaften werden darstellen lassen. Die mannigfachen Versuche, die in dieser Richtung unternommen wur- den, haben schon mancherlei Andeutungen zum Vorschein gebracht, daß sich auch hier die einen oder anderen Erblichkeitsverhältnisse durch die Mendelschen Gesetze werden analysieren lassen. Begreiflicherweise liegt allerdings die Sachlage beim Menschen besonders ungünstig, da ja, abgesehen von der Unmöglichkeit des Zuchtexperiments, das wich- tigste Mittel, die Inzucht von Bastarden, nicht durchführbar ist oder nur höchst selten durch Heirat in gleichem Sinn heterozygoter Individuen ersetzt wird. Es darf daher auch nicht Wunder nehmen, wenn die aus Stammbäumen erschlossenen Verhältnisse nicht immer ganz klar sind. Immerhin steht es fest, daß manche Eigenschaften des Menschen, be- sonders solche pathologischer Natur, sich wie Men de Ische Dominanten verhalten. Die Erwartungen für die Nachkommenschaft sind dann ja einfach abzuleiten. Eine solche pathologische Eigenschaft ist z. B. die Brachydaktylie, die Erscheinung, daß jeder Finger ein Glied zu wenig zeigt (durch embryonale Verschmelzung). Ein mit diesem Cha- rakter behafteter Mensch dürfte bei der Seltenheit der Erscheinung im allgemeinen einen abnormen und einen normalen Elter gehabt haben; da er den abnormen Charakter zeigt, ist die Abnormität dominant, das Individuum, ist somit in dem Charakter heterozygot. Ist A die Abnoraiität, a ihr Fehlen, also der normale Zustand, so heißt der brachy- daktyle Mensch Aa. Würde ein solcher Mann eine ebensolche Frau heiraten, dann müßte Spaltung in 3 .4 : 1 a eintreten. Heiratet er aber eine normale Frau, so hätten wir den Fall einer Mendelschen Rück- kreuzung oder Anpaarung: Aa ^ aa = V2 -^^ + V2 ^*- ^^^ Hälfte — 283 — der Nachkommenschaft wäre also heterozygot abnorm, die andere Hälfte homozygot normal. Erstere müßten also bei Ehen mit normalen immer wieder zur Hälfte abnorme erzeugen, letztere aber in gleichem Fall nur normale Kinder. Der folgende Stammbaum nach Fa- rabee illustriert nun sehr zu- treffend einen Fall, in dem dies ge- nau stimmt: A sind die anormalen, a die normalen Individuen. In der i. Ge- neration sind vier Individuen nor- mal, 4 anormal (3 unbestimmte, wurden weggelassen). Die normalen geben stets wieder normale Nach- kommenschaft, die anormalen da- gegen zur Hälfte normale, > zur Hälfte anormale. (Die Zahl der Striche, die die Generationen ver- binden, bedeuten die Zahl von Individuen, die mit normalen Ehe- gatten die betreffende Gesamt- nachkommenschaft erzeugten.) Das Verhältnis 33 normale : 36 anor- male Nachkommen entspricht ja sehr schön der Erwartung i : i. Ganz so klar sind allerdings nicht viele Fälle Mendelscher Erblich- keit beim Menschen. Es liegt da eben noch ein großes Feld zukünf- tiger Forschung. X- « u -^=[1^ 'S 284 Vierzehnte Vorlesung. Das Auftreten von Neuheiten bei Bastardierung und die ver- schiedenen Möglichkeiten der Erscheinung* Die bisher vorgeführten Mendelfälle illustrierten uns das einfachste Verhalten unter Auftreten der klassischen Zahlenverhältnisse, Fälle, die sich natürlich beliebig vermehren ließen, auch durch Anziehung des Trihybridismus und noch mehr Eigenschaftskombinationen. Sie wür- den uns alle immer wieder die Übereinstimmung zwischen der aus der Kombination abzuleitenden Wahrscheinlichkeit und der Wirklichkeit demonstrieren. Es zeigte sich nun aber bald nach dem Wiedererwecken der Mendel sehen Lehre, daß es viele Fälle gibt, in denen andere Zahlen- verhältnisse auftreten, als erwartet werden sollten und auch die Spal- tung der Eigenschaften zu ganz absonderlichen Dingen führte. Allen diesen Fällen, deren bekannteste Typen wir uns jetzt vorführen wollen, ist eines gemeinsam, nämlich daß in den Bastardgenerationen „Neu- heiten" auftreten, Eigenschaften, von deren Vorhandensein bei den Bastardeltern nichts zu merken war, also- etwa das Auftreten von Farbe bei Kreuzung weißer Rassen. Die zuerst von Tschermak studierte Erscheinung, die dann vor allem durch Bateson und seine Mitarbeiter, durch Correns, Cuenot, Shull geklärt wurde, hat als Ganzes oder in ihren Teilen die verschiedenartigsten Bezeichnungen erhalten, wie Laenz, Hybridatavismus, Kryptomerie, Reversion (Rückschlag), die schwer voneinander abzugrenzen sind. Es läßt sich aber auch ganz gut ohne sie auskommen. Die beiden ersteren und die letzte Bezeich- nungen sind allerdings solche, die in der Erblichkeitslehre schon lange eine große Rolle spielen. Es war immer bekannt, daß ein Organismus ' Eigenschaften enthalten kann, die nicht sichtbar in Erscheinung treten, die er latent besitzt und die aus irgend einem Grund gelegentlich zum Vorschein kommen können. Es ist ferner bekannt, daß Organismen plötzlich oder nach Bastardierung Eigenschaften zeigen, die vermutlich denen ihrer Ahnen entsprechen, Atavismen sind. Bekanntlich haben gerade diese Atavismen im Gefolge von Kreuzung eine große historische Rolle in der Biologie gespielt, indem Darwin wichtige Schlüsse auf — 285 — der Tatsache aufbaute, daß nach Kreuzung von domestizierten Tauben- rassen in der Nachkommenschaft das Gefieder der wilden Felstaube, der mutmaßlichen Stammform, auftrat. Das mendelis tische Studium dieser Erscheinungen hat nun dazu geführt, auch das Auftreten von Neuheiten nach Bastardierung auf Grund der Beschaffenheit der Gameten zu erklären und damit die zu erwartenden Zahlen Verhältnisse zu bestimmen. In zahlreichen ge- nauer analysierten Fällen haben solche Bestimmungen bereits ihre Feuerprobe bestanden. Wenn wir die wichtigsten Formen der Erschei- nung von Neuheiten nun betrachten wollen, so können wir von vorn- herein zwei Hauptgruppen unterscheiden: Im einen Fall liegt eine wirkliche Latenz vor, d. h. die Eigenschaft, die später als Novum auf- tritt, ist bei den Bastardeltern schon als solche vorhanden, sie kann aber aus irgend einem Grund nicht in Erscheinung treten; erst die mit der Bastardierung resp. Spaltung verbundenen neuen Gametenkombina- tionen schaffen das Hindernis beiseite, sodaß dann die latente Eigen- schaft sichtbar, patent, wird. In der anderen Gruppe von Fällen aber ist die Eigenschaft eine derartige, daß sie durch die Anwesenheit mehrerer Faktoren bedingt wird, die Bastardeltem aber nur einen resp. einen Teil besitzen. Erst wenn die Bastardierung die richtigen Faktoren kombiniert, lassen sie die gemeinsam bedingte Eigenschaft sichtbar werden. In diesen FäUen ist also nicht die Eigenschaft latent, sondern eine unvollständige Serie ihrer Bestimmungsfaktoren. Zu der ersteren Gruppe der eigentlichen Latenz führt uns gut der in der letzten Vorlesung besprochene Fall der Aglia tau über. Auch dort war ja, wenn ohne Kenntnis der Gametenbeschaffenheit betrachtet, etwas Neues aufgetreten : die natürlichen Formen melaina und ferenigra gekreuzt gaben schon in F^ Spaltung, wobei unter anderem die Stamm- form der Aberrationen tau auftrat. In diesem Fall enthielten auch die Bastardeltern den tau-Charakter gewissermaßen latent, aber nicht da- durch, daß er ein echtes Glied der Erbmasse war, sondern dadurch, daß die Eltern selbst Bastarde, Heterozygoten, waren. Wie wir später sehen werden, steht dieser Fall aber in engstem Zusammenhang mit solchen, deren berühmtestes Beispiel wir jetzt kennen lernen wollen, Kreuzungen von homozygoten Individuen, bei denen trotzdem in F2 eine latente — 286 — Eigenschaft sichtbar wird, die bei den Eltern sich durch die Art ihrer Verbindung mit anderen Eigenschaften nicht zeigen konnte. Das klassische Beispiel dieser Erscheinung ist das Verhalten der Hühner- kämme bei Kreuzung verschiedener Rassen, das schon Darwin be- schäftigte und durch Bateson und Punnett vor allem seine Klärung erfuhr. Viele Hühnerrassen haben die Kammform des wilden Ahnen, den sogenannten einfachen Kamm (Fig. 102^). Als besondere erbhche Kammformen treten nun einmal der sogenannte Erbsenkamm (Fig. Fig. 102. Kammformen der Hühner. A einfacher Kamm, B C Erbsenkamm, D^ Rosenkamm, E Walnußkamm. Nach Bateson. 102 C) und dann der Rosenkamm (Fig. 102Z)) auf. Die letzteren beiden reinzüchtenden Kammformen erweisen sich nun bei Kreuzung mit dem einfachen Kamm als dominant und geben dann in F2 eine einfache Spaltung im Verhältnis 3 : i. Im wirklichen Experiment kamen z. B. zum Vorschein 695 Rosenkämme : 235 einfachen Kämmen. Wurde nun Erbsenkamm mit Rosenkamm gekreuzt, so hatte F^ eine neue Kammform, die in der Natur bei den malayischen Hühnern vorkommt und wegen ihres Aussehens als Walnußkamm bezeichnet wird (Fig.i02£). Nach dem was wir oben bei Aglia tau erfuhren, ist das nicht so merk- — 287 — würdig. Dort addierten sich die beiden dominanten Faktoren, der melaina- und der ferenigra-Faktor zu der Additionsform weis- manni; hier geschieht das gleiche, Erbsen- und Rosenkammfaktor geben das merkwürdige Additionsprodukt Walnußkamm. In F2 treten aber nun typischerweise 4 Kammformen auf, nämlich Walnuß- kamm, Erbsenkamm, Rosenkamm und einfacher Kamm. Letzterer trat also als Neuheit auf. Die Gesamtzahlen der Versuche der englischen Forscher waren 279 Walnußkämme, 132 Erbsenkämme, 99 Rosenkämme, 45 Einfache Kämme. Da das Auftreten von 4 Phaenotypen auf die Anwesenheit von 2 Merk- malspaaren schließen läßt, ist ein Verhältnis von 9 : 3 : 3 : i zu erwarten, dem die Zahlen auch einigermaßen entsprechen. Um ihr Zustande- kommen zu erklären, wurden die notwendigen Versuche gemacht, die unter Heranziehung von über 12 000 Individuen zu folgender einfachen Klärung des Falls führten : Der Erbsenkamm beruht auf der Anwesen- heit eines Faktors P ( = Pisum), der den einfachen Kamm in den Erbsen- kamm verwandelt. Ebenso beruht der Rosenkamm auf dem Faktor R (Rosa), der einfachen Kamm in Rosenkamm verwandelt. Nach der Presence- und Absencetheorie steht nun jedem dieser dominanten Merk- male sein Fehlen als Rezessiv gegenüber. Es heißt somit das Rosen- kammhuhn Rp, nämlich Rosenkamm und kein Erbsenkamm, das Erbsenkammhuhn aber Pr, nämlich Erbsenkamm und kein Rosenkamm. Rp X Pr = RPrp, das ist Walnußkamm heterozygot. In F2 muß dies nun, wie wir wissen, so spalten, daß 4 Phaenotypen entstehen, von denen Vi6 beide Dominanten enthalten RP also Walnußkamm zeigen, je Vie eine Dominante, also Rp oder Pr, was Rosen- resp. Erbsenkamm gibt und Yie keine Dominante, also rp : kein Rosenkamm und kein Erbsen- kamm ist aber der einfache Kamm. Man wird sich bei dieser Erklärung vielleicht daran stoßen, daß r und p doch eigenthch das gleiche sindj wir werden später die Erklärung dafür finden. Tatsächlich läßt diese Interpretation jede weitere Kreuzungsmöglichkeit vorausberechnen; um nur zwei Kontroll versuche zu nennen, so sei die Kreuzung erwähnt — 288 — zwischen dem Walnußkamm von F^ und einem einfachen Kamm, also RPrp X npp. Ersteres hat dann wieder die 4 Gametenarten RP, Rp, rP, rp, letzteres nur rp. Es sind somit nur 4 Kombinationen mög- lich, und zwar in gleicher Zahl RPrp, Rprp, rPrp, rprp. In der Tat ergab die Gesamtheit der Kreuzungen 644 Walnußkamm, 705 Rosen- kamm, 664 Erbsenkamm, 716 einfacher Kamm. Eine zweite Kontrolle könnte in folgendem bestehen : Unter den Y^g Walnußkämmen in F2 muß je V16 Homozygoten sein, die also rein züchten. In der Tat gab ihre Zucht ausschließlich Walnußkämme, nämhch 216 Individuen. Ebenso muß das Y^ß mit einfachem Kamm stets rein homozygot sein; auch es erfüllte diese Erwartung in 1937 Fällen. Vielleicht noch schlagender ist aber die Kontrolle für die Richtigkeit der Interpretation, die durch eine ebenfalls von Bateson durchgeführte Kreuzung mit einem ganz anderen Hühnerschlag gegeben wird. Das Bredahuhn besitzt an Stelle des Kammes zwei Höcker. Es zeigte sich nun durch Kreuzung mit einfachem Kamm, daß dies auf dem Fehlen des Kammfaktors, aber auf der Anwesenheit eines dominanten Verdoppelungsfaktors beruht. Wenn dieses Bredahuhn nun mit einem Rosenkammhuhn gekreuzt wurde, so handelte es sich um 3 Faktoren, nämhch R Rosenkamm, r sein Fehlen, der Verdoppelungsfaktor (dupli- citas) D, d sein Fehlen, der Kammfaktor C (crista), sein Fehlen c. Fl hieß also RDCrdc, muß also doppelten Rosenkamm haben. In F2 ist dann die Spaltung in 8 Phaenotypen zu erwarten, unter welchen, wie ja leicht zu kombinieren ist, als Neuheiten auftreten müssen die Zu- sammensetzungen DCr, also verdoppelter Einfachkamm und Cdr, also gewöhnlicher Einfachkamm. Beide Neuheiten erschienen auch. Ba- teson bemerkt dazu mit Recht, daß ohne Kenntnis der Mendelschen Gesetze ein solcher Fall einfach unerklärlich erscheinen müßte. In diesen interessanten Fällen war also das Auftreten der Neuheit in F2, — wenn wir den Walnußkamm ebenso wie die Aglia tau weis- manni nicht auch als Neuheit infolge Addition zweier Dominanten be- zeichnen wollen, wozu ja Berechtigung vorliegt, da wenigstens erstere auch homozygot gezüchtet werden können — so zu stände gekommen, daß durch die Kombination der Gameten ein in den Eltern schon vorhan- dener rezessiver Faktor aus der Verbindung mit den ihn unsichtbar — 289 — machenden Dominanten befreit wurde. Aber es ist auch noch ein weiterer Fall echter Latenz denkbar. Es ist klar, daß eine einheitlich erscheinende Eigenschaft oft in Wirklichkeit komplex ist, aus mehreren Faktoren zusammengesetzt. Wenn dies dann mehrere dominante Eigenschaften sind, so kann ihre Kombination sich in verschiedenartiger Weise äußern. Sie können, wie wir schon sahen, sich in ihrer Wirkung addieren zu einer besonderen Form, sie können sich aber auch gegenseitig zudecken; es käme dann ein Verhalten zu stände, das in seinem Effekt der Dominanz gleicht, aber doch etwas davon ganz Verschiedenes ist. Bateson hat deshalb für die Verdeckung eines dominanten Faktors durch einen anderen dominanten die Bezeichnung Epistasis eingeführt. Der verdeckende Charakter ist epistatisch, der verdeckte hypostatisch. Es ist klar, daß im Fall solcher Epistasis eine Eigenschaft unsichtbar, nämlich hypostatisch sein kann und doch vorhanden, also latent. Auch dann kann es bei einer Bastardierung dazu kommen, daß der hyposta- tische Faktor von seinem epistatischen befreit wird und dann in F2 die durch ihn bedingte Eigenschaft als Neuheit zum Vorschein kommt. Eine hübsche Illustration dazu läßt sich aus den Kreuzungen der Mäusercissen entnehmen, auf die wir noch öfters zurückkommen werden. Wenn wildfarbige graue Mäuse mit schokoladebraunen gekreuzt werden, so ist Fl wildfarbig grau, und in F2 treten außer den beiden Eltem- typen noch schwarze als Neuheit auf. Das schwarz war hier, wie die genaue Durchführung der Kontrollkreuzungen zeigte, als latenter Faktor bei den grauen enthalten. Aber grau ist epistatisch über schwarz und läßt es somit nicht sichtbar werden. Die Kreuzung ist also die folgende: Die graue Maus enthält — neben anderen Faktoren der Fell- farbe, die wir später kennen lernen werden — den Gnindfaktor G (griseus) (genauer gesagt ist das ein Faktor, der eine Anordnung des Haarpigments in Ringeln bewirkt ; diese Anordnung ergibt den Eindruck der Wildfarbe) und die ihm hypostatische Schwarzdominante N (niger). Die schokoladefarbige Maus hat aber weder das eine noch das andere, ist also beschaffen gn. F^ ist somit GNgn, also wieder grau. In F2 müssen nun Y16 ^ und N enthalten, sie sind grau ; Yie enthalten G aber n, sie sind also wieder grau; Y^e besitzen g aber N, sie müssen als Neuheit schwarz zeigen und Vig ist gn, also wieder schokoladefarbig. Bei diesem Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. IQ — 290 — Verhältnis der Epistasis treffen wir nun, wie hier in Parenthese zugefügt sei, wieder etwas ähnhches, wie bei der gewöhnlichen Dominanz; dort sahen wir, daß homozygote und heterozygote sich von einander doch unterscheiden lassen (s. Aglia tau ferenigra). Auch hier läßt sich das epistatische Grau also GN, von dem grau, dem N fehlt, also Gn unter- scheiden: während die Y^g ^^ ^^^^ Farbe zeigen, die man wildfarbig (agouti) nennt, erscheinen die Y^g ^^ zimtfarbig (cinnamon agouti). Addiert man die Resultate, die MissDurham und Cuenot bei diesem Versuch erhielten, so waren es 63 wildfarbene ] [ 84 graue, 21 zimtfarbene | 20 schwarze 8 schokoladene, also äußerst genau das berechnete Resultat. Die beiden besprochenen Fälle zeigten uns also das Neuauftreten wirklich latenter Eigenschaften durch die Neukombination bei der Bastardierung, die den verdeckenden dominanten resp. epistatischen Faktor aus bestimmten Kombinationen ausschloß. Neuheiten bei der Bastardierung können aber auch auf anderem Wege gebildet werden, insofern als durch die Gametenkombination Eigenschaften zu stände gebracht werden, die als solche gar nicht bei den Eltern vorhanden sind. Das ist natürlich nur denkbar, weim eine Eigenschaft durch mehrere selbständig spaltende Faktoren bedingt wird und die Eltern diese Fak- toren nur teilweise besitzen. Im einzelnen sind die Möglichkeiten, die so geschaffen werden, sehr mannigfacher Natur. Der einfachste Fall ist wohl der, daß einer der Bastardeltern den einen Teilfaktor nicht besitzt, wohl aber den anderen, während der andere Bastardeiter über den betreffenden Komplementärfaktor verfügt. Wenn es sich dabei um Farben handelt, kann man sich vorstellen, daß die Farbe nur durch das Zusammentreffen von zwei chemischen Bestandteilen, einer Farb- base oder Chromogen und einem Farbferment gebildet werden kann, wie dies Cuenot zuerst erkannte, was ja in der Tat für pflanzliche wie tierische Farbstoffe sich auch erweisen ließ, und zwar gerade für solche, die die jetzt zu besprechenden Spaltungen zeigen. So bildet sich das — 291 — pflanzliche Anthocyan aus einem Glukosid unter der fermentativen Wirkung einer Oxydase, ebenso tierisches Melanin aus Tyrosin unter Einwirkung der Tyrosinase. Ohne spezielle Beziehung zu den* Farb- stoffen ließe sich das Verhältnis auch mit der Terminologie der Immuno- chemie so ausdrücken, daß zu dem als „Amboceptor" fungierenden Teil das zugehörige „Komplement" nötig ist, um die Eigenschaft hervor- zurufen. Auch für diese Erscheinungen bieten uns die Kreuzungen der Mäuse- rassen, die zu den bestanalysierten Objekten des Tierreichs gehören, besonders instruktive Beispiele. Bei den Mäusen gibt es bekanntlich, wie auch bei anderen Tieren, weiße Formen mit roten Augen, denen somit das Pigment fehlt. Diese Albinos züchten rein. Mit einer reinen farbigen Maus gekreuzt dominiert die Farbe über den Albinismus, d. h, ihr Fehlen, und Fg spaltet in 3 Farbige : i Albino. Das ist aber durchaus nicht immer der Fall, bei vielen solchen Kreuzungen trat vielmehr in Fg eine neue Eigenschaft auf, also neben grau und weiß, schwarz oder gelb oder braun. Es muß also verschiedenartige Albinos geben. Die genaue Analyse dieser Formen, deren Grund von Cuenot gelegt wurde, ergab nun, daß es in der Tat sehr verschiedenartige Albinos gibt: ein Albino kommt so zu stände, daß eine gefärbte Maus den einen Faktor zur Erzeugung der Farbe, sagen wir das Komplement, verliert, sodaß der andere allein keine Farbe produzieren kann. Es gibt daher genau ebenso viele Sorten von Albinos als es konstante Farbrassen gibt, deren bisher mindestens 32 analysiert sind (Miss Durham, Plate), also auch 32 äußerlich gleiche, im Fehlen des Komplements gleiche, aber in dem anderen unsichtbaren Farbfaktor, dem Chromogen, verschiedene Albinos. Da nun eine gefärbte Maus selbstverständlich beide Faktoren besitzt, so muß bei der Bastardierung zwischen gefärbter und Albino eine Gametenkombination erscheinen können, die den Farbfaktor, das Chromogen des Albino, mit dem Komplement, das der farbige Elter in den Bastard einführte, zusammenbringt. Trägt der Albino unsichtbar den gleichen Farbfaktor, wie sein gefärbter Partner, z. B. grau, dann tritt natürlich eine einfache Mendelspaltung 3 : i ein, da ja gewöhn- licher Monohybridismus in Bezug auf den Farbfaktor resp. sein Fehlen vorliegt. Trägt aber der Albino eine andere Farbe, so muß diese in Fg 19* — 292 — in allen Kombinationen, in denen sie mit dem Komplement zusammen- trifft, erscheinen. Kreuzt man, um nun ein wirkliches Beispiel zu nennen, eine reine graue Maus mit einem Albino, der von schwarzer Rasse stammt, so ist die Lage die folgende: G ist wieder der Farb- faktor für grau, N der für schwarz, C ist das Komplement, das das Erscheinen der Farbe bedingt und c sein Fehlen. Die graue Maus heißt also, wenn sie in allen anderen hier nicht zu berücksichtigen- den Faktoren rein ist, CGN. denn wir wissen schon, daß die wild- farbigen grauen Mäuse den Schwarzfaktor hypostatisch besitzen. Der Albino heißt aber cgN, wobei natürHch g das Fehlen von grau ist, was ja, wie wir schon hörten, für die schwarzen zutrifft. Der Bastard F^ heißt also CcGgNN, ist also wieder Grau. Da der Faktor N homozygot ist, also nicht spalten kann, liegt ein Fall von Dihy- bridismus vor. Die Gameten sind CGN, CgN, cGN, cgN. Nach dem Kombinationsschema erhalten wir, wenn wir es hier einmal wieder anwenden wollen: CGN CGN grau CgN CGN grau cGN CgN CGN CGN grau grau CGN CgN grau CgN cGN CgN CgN schwarz grau CgN CgN schwarz CGN CgN cGN cGN grau grau cGN cGN albino CgN cGN albino CGN CgN grau CgN CgN schwarz cGN CgN albino CgN CgN albino Also überall wo CGN ist grau, wo CN ist schwarz und wo C ist weiß, das sind 9 graue : 3 schwarze : 4 albino. Um für ein Beispiel aus dem Pflanzenreich wenigstens die Zahlen zu geben, so liegt genau der gleiche Fall vor, wenn rote Salvia hor- minum mit weißen gekreuzt werden, die den Faktor für Purpur ohne Komplement besitzen. Da in diesem Fall — umgekehrt wie bei den — 293 — Mäusen — der vom Albino eingeführte Purpurfaktor über rot epistatisch ist, so ist Fl purpurn. Die Neuheit tritt also schon in F^ auf; in F2 findet dann natürlich Spaltung in 9 purpurne : 3 rote : 4 Albinos statt. Als wirkliche Zahlen fanden Bateson, Miss Saunders und Punnett 314 purpurne, 117 rote und 148 weiße, also sehr genau das erwartete Resultat. Für die gleiche Erscheinung ließen sich noch mancherlei Beispiele aus dem Tier- wie Pflanzenreich anführen. Nur eines sei noch gegeben, um auch einmal mit dem Trihybridismus in Berührung zu kommen. Bei Ratten finden sich ganz ähnliche, wenn auch einfachere Erblich- keitsverhältnisse der Haarfarbe wie bei Mäusen. Bei diesen haben wir bisher nur ganzfarbige Tiere betrachtet; neben ihnen kommen aber bekanntlich auch Schecken vor und diese Scheckung beruht auf einer selbständigen Erbeinheit. Bei Ratten gibt es nun einen besonders charakteristischen Scheckungstypus, bei dem Kopf und Hals gefärbt sind, der weiße Körper aber nur einen farbigen Längsstreifen am Rücken, die Fahne, besitzt (s. Fig. iii S. 324). Die Albinos der Ratte können nun wieder wie bei den Mäusen die Anlage einer bestimmten Farbe tragen, und so auch, wie ebenfalls bei den Mäusen, den Scheckungs- faktor, der in so viel verschiedenen Typen vorliegen kann, als es Farben gibt. Kreuzt man also einen Albino, der von schwarzge- scheckten Vorfahren stammt, mit einer grauen Ratte, so haben wir folgende Erbformeln: Der Albino enthält den Schwarzfaktor A^, der wie bei den Mäusen wieder gegen grau hypostatisch ist, femer den Scheckungsfaktor t, der gegenüber der Ganzfarbigkeit T (tota- liter) sich rezessiv verhält, aber es fehlt ihm das Komplement. Die graue Ratte besitzt das Komplement C, femer den Graufaktor G, den hypostatischen Schwarzfaktor N und den Faktor für Ganz- farbigkeit T. Der Albino heißt also Ntcg, die Wildratte NTCG. Fl muß deshalb wieder ebenso aussehen, wie die wildfarbige Ratte. In F2 muß dann die Spaltung nach dem Schema für 3 Eigen- schaftspaare vor sich gehen, da ja N beiden Eltern zukommt. Die Gameten sind danach: NTCG, NTCg, NTcG, NtCG, NTcg, NtCg, NtcG, Ntcg. 294 Ihre Kombination muß folgendes ergeben: NTCG NTCG grau I NTCg NTCG grau 2 NTcG NTCG grau 3 NtCG NTCG grau 4 N Tcg NTCG grau 5 NtCg NTCG grau 6 NtcG NTCG grau 7 Ntcg NTCG grau 8 NTCG NTCg grau 9 NTCg NTCg schwarz I NTcG NTCg grau lO NtCG NTCg grau II NTcg NTCg schwarz 2 NtCg NTCg schwarz 3 NtcG NTCg grau 12 Ntcg NTCg schwarz 4 NTCG NTcG grau '3 NTCg NTcG grau »4 NTcG NTcG Albino I NtCG NTcG grau 15 NTcg NTcG Albino 2 NtCg NTcG grau 16 NtcG NTcG Albino 3 Ntcg NTcG Albino 4 NTCG NtCG grau 17 NTCg NtCG grau i8 NTcG NtCg grau 19 NtCG NtCG Grauscheck I NTcg NtCG grau 20 NtCg ■ NtCG Grauscheck 2 NtcG NtCG Grauscheck 3 Ntcg NtCG Grauscheck 4 NTCG NTcg grau 21 NTCg NTcg schwarz 5 NTcG NTcg Albino 5 NtCG NTcg grau 22 NTcg NTcg Albino 6 NtCg NTcg schwarz 6 NtcG , Ntcg NTcg NTcg Albino Albino 7 8 NTCG NtCg grau 23 NTCg NtCg schwarz 8 NTcG NtCg grau 24 NtCG NtCg Grauscheck 5 NTcg NtCg schwarz 7 NtCg NtcG \ Ntcg NtCg NtCg NtCg Schwarzscheck Grauscheck Schwarzscheck I 62 1 NTCG NtcG grau 25 NTCg NtcG grau 26 NTcG NtcG Albino 9 NtCG NtcG Grauscheck 7 NTcg NtcG Albino 10 NtCg NtcG Grauscheck 8 NtcG \ Ntcg NtcG NtcG Albino Albino i II 12 NTCG Ntcg grau 27 NTCg Ntcg schwarz 9 NTcG Ntcg Albino 13 NtCG Ntcg Grauscheck 9 NTcg Ntcg Albino 14 NtCg Ntcg Schwarzscheck 3 NtcG \ Ntcg Ntcg ! Ntcg Albino Albino 15 1 16 — 295 — Da alle Formen mit sämtlichen Dominanten grau sind, alle die c tragen, Albinos sind, alle die T tragen, ganzfarbig und die, die nur t haben, Schecken, N schließlich immer von G verdeckt wird, sodaß nur die Formen mit g schwarz sein können, ergibt sich das Verhältnis von 27 Grauen : 9 Grauschecken : 9 Schwarzen : 3 Schwarzschecken : 1.6 Albinos. In den angeführten Fällen trat die Neuheit erst in Fg auf. Es lassen sich natürlich unter den gleichen Voraussetzungen, also der, daß einem der Eltern ein Faktor zu einer durch das Zusammenwirken von zwei Faktoren bedingten Eigenschaft fehlt, auch Kreuzungen ausführen, bei denen die Neuheit schon in F^ auftritt. Wird eine schokoladefarbige Maus mit einem Albino gekreuzt, der von schwarzer Herkunft ist, so ist Fj^ abweichend von den beiden Eltern schwarz, da ja der Schwarz- faktor des Albinos mit dem Komplement zusammentrifft und schwarz (N) ein gleichzeitig vorhandenes braun (w) zudeckt. In den letzten Beispielen kam die Neuheit in Fj oder F2 dadurch zustande, daß bei der Gametenkombination der von dem einen Elter eingeführte unsichtbare Farbfaktor mit dem zugehörigen Komplement zusammentraf. Es wäre nun aber auch ganz gut denkbar, daß es einen Albino geben könnte, der anstatt des Komplementes den Farbfaktor verloren hat, sodaß man nun Albinos unterscheiden könnte, die Farbe ohne Komplement und solche, die Komplement ohne Farbe besitzen. Würde man sie kreuzen, so käme in F^ Farbe und Komplement zu- sammen und man stände vor der absonderlichen Tatsache, daß aus zwei ungefärbten Eltern farbige Nachkommenschaft entstünde. Und von solchen Fällen sind in der Tat auch bereits eine Anzahl bekannt. Das schönste Beispiel aus dem Tierreich ist das von Bateson für die Kreuzung von zwei weißen Hühnerrassen ermittelte, die allerdings keine Albinos sind, da ihnen das Pigment nicht vollständig fehlt, vielmehr auch im Gefieder in Form minutiöser grauer Flecken auftritt. Die beiden hier in Betracht kommenden Rassen, das weiße Seidenhuhn und ein weißer Stamm eigener Zucht Batesons haben ein rezessives Weiß, während es bei anderen Rassen auch \\e\Q gibt, das über Farbe dominiert. Die Kreuzung dieser beiden Rassen ergab nun in F^ ausschließlich farbige Individuen (113 Stück), etwa von der Farbe des wilden Ahnen — 296 — der Haushühner Gallus bankiva. Die Erklärung ist nach dem oben gesagten die, daß die eine Rasse den Farbfaktor ohne Komplement und die andere das umgekehrte enthielt. \\'enn der Faktor lür die braune Wildfarbe B (brunus) ist und für das Komplement wieder C, hieß der eine Elter Bc, der andere bC, der Bastard also BCbc. In F^ ist demnach eine Spaltung im Verhältnis 9 : 3 : 3 : i zu erwarten. Von diesen haben aber nur Vie beide Dominanten, die anderen ja nur eine oder keine. Es können also nur jene Y^ß gefärbt sein, das Resultat muß sein g^ef ärbte : 7 weiße und das war auch der Fall. Es ist klar, daß von diesen V16 weißen nur i/jg rein ist, sodaß aus den übrigen durch geeignete Kreu- zungen wieder farbige erhalten werden können. Ehe die richtige Er- klärung bekannt war, konnte man glauben, hier einen Beweis gegen die Reinheit der Gameten zu haben: die sog. ausgewählten weißen von F2 enthielten sichtlich noch Farbcharakter (in "kryptomerem Zustand, wie es Tschermak nennt). Die gegebene Erklärung zeigt, daß es in der Tat bei Vie so sein muß. Für die Spaltung in F2 bei diesem Beispiel liegen noch keine genauen Zahlen vor, wohl ist das aber bei den pflanzlichen Objekten der Fall, die die gleiche Erscheinung zeigen. So entstanden bei Kreuzung von zwei weißblühenden Rassen der spanischen Wicke Lathyrus odoratus in Fl nur purpurne Blüten, wie sie die wilde Stammform besitzt und in F2 trat Spaltung in 9 gefärbte : 7 weißen ein. Als wirkliche Zahlen geben Bateson, Miss Saunders und Punnett 382 gefärbte : 269 weiße an. Und nun wenden wir uns einer dritten Möglichkeit zu, die das Er- scheinen von Neuheiten bei Bastardierung erklärt und sich enge an die oben besprochene Erscheinung der echten Latenz durch Epistase an- schließt. Wir haben gesehen, daß zwei dominante Faktoren sich ent- weder zu einer gemeinsamen Neuschöpfung vereinigen können (Walnuß- kamm) oder aber, daß der eine den anderen zudeckt, epistatisch ist (graue Mäuse mit hypostatischem schwarz), und nun begegnen wir einem Fall, der einigermaßen in der Mitte steht, nämlich daß ein dominanter Faktor den andern epistatisch verändert. Es hat sich gezeigt, daß ge- wisse einander nahestehende Farben so zusammenhängen, daß die eine einen Sättigungsgrad der anderen darstellt resp. umgekehrt betrachtet, die — 297 — eine einen Verdünnungsgrad der anderen. Und zwar ist das nicht etwa eine Fiktion, sondern eine Tatsache, die auf der Pigmentverteilung beruht, ^^'enn z. B. bei Mäusen das schwarze Haarpigment dicht an- geordnet ist, so erscheint das satte schwarz, ist es locker geordnet, so erscheint ein Blauschwarz und diese Differenzen beruhen auf der An- resp. Abwesenheit eines die Pigmentverteilung regulierenden domi- nanten Faktors, des Sättigungsfaktors S(saturator). Ist er also mit dem Schwarzfaktor A^ verbunden, so verwandelt er dies Schwarz durch epi- statische Mitbewirkung in tiefschwarz; kommt er zu einer braunen Farbe hinzu, von der wir schon früher erfuhren, daß sie gleich dem Fehlen von schwarz n ist, so sättigt er sie zu schokoladebraun, fehlt er, so verdünnt er sie zu hellbraun, auch silberfalb genannt. Daraus ergibt sich nun natürlich, daß in der allerverschiedensten Weise Neuheiten auftreten können, wenn eines der Eltern den 5-Faktor hat und er dem anderen fehlt oder wenn gar dieser Faktor mit Fehlen der Farbe beim Albino verbunden ist. Ein Beispiel illustriere das Resultat: Miss Durham kreuzte schwarze Mäuse mit Silberfalben. Die schwarzen enthalten, wie wir hörten, den Schwarzfaktor N und den Sättigungs- faktor S, die Silberfalben den Schokoladefaktor (gleich kein schwarz) n und den Verdünnungsfaktor s. F^ ist also schwarz N Sns. F^ muß aber Spaltung nach dem Schema des Dihybridismus geben in die 4 Phaeno- typen N S, Ns, nS, ns im Verhältnis 9 : 3 : 3 : i. Tiere, die N S ent- halten, sind wieder schwarz, solche mit Ns haben verdünntes schwarz oder blau, nS sind sattes braun oder Schokolade und ns bedeutet ver- dünntes braun oder silberfalb. Es müssen also in F2 blaue und schoko- ladefarbige neu auftreten. Das wirkliche Resultat aber war: 67 schwarze : 21 blaue : 20 schokoladefarbige : 5 silberfalbe. Es ist klar, daß genau das gleiche Resultat entstehen muß, wenn eine blaue mit einer schokoladefarbigen Maus gekreuzt wird, da hier die schokoladefarbige den Sättigungsfaktor und die blaue den Schwarz- faktor mitbringt. In der Tat gab diese Kreuzung: 44 schwarze : 17 blaue : 17 schokoladefarbige : 8 silberfalbe. Natürlich muß, wie gesagt, das Auftreten der Neuheit noch kompli- zierter sein, wenn einer der Eltern ein Albino ist. So kreuzte Miss — 298 — Durham eine blaue Maus mit einem Albino schokoladefarbiger Her- kunft. Erstere enthält wie gesagt den Schwarzfaktor N mit dem Ver- dünnungsfaktor s, wozu bei Betrachtung gegenüber dem Albino noch das Farbkomplement C gezählt werden muß, das dem Albino fehlt. Dieser hat demnach n die Schokoladefarbe, 5 den Sättigungsfaktor und c kein Komplement. Fj lautet also NCSncs, ist also schwarz, zeigt mithin bereits eine Neuheit. In Fg muß dann eine Spaltung nach dem Schema des Trihybridismus eintreten, wobei bekanntlich 8 Phaeno- typen auftreten, die unter 64 Individuen den Charakter zeigen: 27 NC S : 9 NCs : g NcS : gnC S : 3 Ncs : 3 nCs : ^ncS : i ncs 27 NCS bedeutet aber schwarz gefärbt gesättigt = schwarz, g NCs bedeutet schwarz gefärbt verdünnt = blau, g NcS bedeutet schwarz farblos gesättigt = Albino (mit unsicht- barem schwarz), g nC S bedeutet braun, farbig gesättigt = Schokolade, 3 Ncs bedeutet schwarz ungefärbt verdünnt = Albino (mit un- sichtbarem blau), 3 nCs bedeutet braun farbig verdünnt = Silberfalb, 2 ncS bedeutet braun ungefärbt gesättigt = Albino (mit unsicht- barem Schokolade), I ncs bedeutet braun ungefärbt verdünnt = Albino (mit unsicht- barem silberfalb). Es müssen also gebildet werden : 27 schwarze : 9 blaue : 9 schokoladefarbige : 3 Silberfalbe : 16 Albinos Es erschienen in Wirklichkeit: 33 schwarze : 10 blaue : 8 schokoladefarbige : 2 Silberfalbe : 12 Albinos. Wir können diese Erscheinungsgruppe nicht verlassen, ohne wenig- stens noch kurz den bekanntesten Fall gleicher Art aus dem Pflanzen- reich namhaft gemacht zu haben, der deshalb besonders interessant ist, weil er diese Erscheinung des Sättigungsfaktors mit der vorher be- sprochenen Gruppe der „Reversion" oder Rückschlag vereinigt, wie man das Auftreten der braunen Hühner in Fj nach Kreuzung zweier — 299 — weißen auch nennt. Wir erwähnten oben schon bei jener Reversions- erscheinung, also der Verteilung zweier komplementärer Faktoren auf beideEltern, derart, daß jeder einen besitzt und einen nicht, die Kreuzung weißblühender Lathyrusrassen, die in Fj purpur ergeben, in Fg aber in 9 farbige : 7 weißen spalten. Die 9 farbigen waren aber in diesem Fall nicht einheitlich, sondern bestanden teils aus purpurnen, teils aus roten. Die Erklärung erscheint nunmehr sehr einfach, das es naheliegt, in dem purpur ein gesättigtes rot zu sehen. Der eine der Eltern enthielte dann, entsprechend wie bei jenen weißen Hühnern, den Rotfaktor R (ruber) aber kein Komplement c und den Sättigungsfaktor S, der andere aber keinen Rotfaktor r, dafür das Komplement C und keinen Sättigungs- faktor s. FjL mit den drei Dominanten ist also purpur. In Fg erscheinen nach dem Schema des Trihybridismus wieder 8 Phaenotypen von dem Aussehen : 27 RCS : 9 RCs : g RcS : grCS : 3 Res : 3 rCs : 3 rcS : i res. Die 27 RC S sind wieder purpurn, die 9 RCs sind rot, da sie Farbe mit Komplement aber die Verdünnung haben ; alle anderen aber haben entweder Farbe oder Komplement, nie beides, sind also weiß. Das Verhältnis ist somit 27 purpurne : 9 roten : 28 weißen. Tatsächlich erhielten Bateson und Miss Saunders in einem Versuch 315 purpurne : 112 roten : 346 weißen. Endlich sei noch ein sehr merkwürdiger Fall des Auftretens von Neuheiten nach Bastardierung genannt, der bei Bohnenkreuzungen übereinstimmend von Tschermak und Shull gefunden und durch Shull aufgeklärt wurde, zu dem bisher aber ein Analogon aus dem Tierreich fehlt. Es handelt sich darum, daß bei Kreuzung schwarzer mit weißen Bohnenrassen F^ gesprenkelt war und in F2 neben schwarzen und weißen noch braune, schwarzgesprenkelte und braungesprenkelte auftraten. Die Erklärung ist eine sehr merkwürdige: Es gibt einen Sprenkelungsfaktor M (maculosus), der nur dann wirken kann, wenn er sich heterozygot findet, also Mm, sodaß alle in diesem Faktor hetero- zygoten Individuen gesprenkelt sind. Die anderen Farben sind nach der uns bekannten Art so zu erklären, daß ein Farbfaktor für braunes Pigment P vorliegt und ein Sättigungsfaktor S, der das braun zu — 300 — schwarz vertieft. Die Eltern sind also P SM x fsm, F^ PpSsMm also schwarzgesprenkelt. Die Gameten davon lauten: PSM, PSm, PsM, pSM, Psm, pSm, psM, psm. PSM PSm PsM pSM Psm pSm psM psm PSM PSM PSM PSM PSM PSM PSM PSM schwarz schwarzgespr. schwarz schwarz schwarzgespr. schwarzgespr. schwarz schwarzgespr I I 2 3 2 3 4 4 PSM PSm PsM pSM Psm pSm psM psm PSm PSm PSm PSm PSm PSm PSm PSm schwarzgespr. schwarz schwarzgespr. schwarzgespr. schwarz schwarz schwarzgespr. schwarz 5 5 6 7 6 7 8 8 PSM PSm PsM pSM Psm pSm psM psm PsM PsM PsM PsM PsM PsM PsM PsM schwarz schwarzgespr. braun schwarz braungespr. schwarzgespr. braun braungespr. 9 9 I 10 I 10 2 2 PSM PSm PsM pSM Psm. pSm psM psm pSM pSM pSM pSM pSM pSM pSM pSM schwarz schwarzgespr. schwarz weiß schwarzgespr. weiß weiß weiß II II 12 I 12 2 3 4 PSM PSm PsM pSM Psm p Sm psM psm Psm Psm Psm Psm Psm Psm Psm Psm schwarzgespr. schwarz braungespr. schwarzgespr. braun schwarz braungespr. braun 13 13 3 14 3 18 4 4 PSM PSm PsM pSM Psm pSm psM psm pSm pSm pSm p Sm pSm pSm pSm pSm schwarzgespr. schwarz schwarzgespr. weiß schwarz weiß weiß weiß »5 15 16 5 16 6 7 8 PSM PSm PsM pSM Psm pSm psM psm psM psM psM psM psM psM psM psM schwarz schwarzgespr. braun weiß braungespr. weiß weiß weiß 17 17 5 9 5 10 II 12 PSM PSm PsM pSM Psm pSm psM psm psm psm psm psm psm psm psm psm schwarzgespr. schwarz braungespr. weiß braun weiß weiß weiß i8 18 6 13 6 14 15 16 — 301 — Da in der Kombination nur die Formen, die Mm enthalten, ge- sprenkelt sind, aUe die PS enthalten schwarz, und Ps braun, die mit nur p weiß sind, so ergibt sich das Verhältnis von i8 schwarzen : i8 schwarz- gesprenkelten : 6 braunen : 6 braungesprenkelten : i6 weißen. Die wirklichen Zahlen Shulls sind 273 schwarze, 287 schwarzgesprenkelte, 109 braune, 79 braungesprenkelte, 265 weiße. Betrachtet man diesen Fall übrigens genauer, so ist er gar nicht so kompliziert. Wir wissen von früher her, daß die blaue Farbe des Andalusierhuhns nur hetero- zygot besteht und auch sie beruht ja auf einer äußerst feinen Sprenkelung. Es liegt also vielleicht eine Kombination dieser Erscheinung mit einem Trihybridismus vor, die man durch geeignete Bastardkombination der Eltern der Andalusierhühner mit anderen Rassen vielleicht imitieren könnte. Noch auf eine Möglichkeit des Auftretens von Neuheiten nach Ba- stardierung, allerdings bei sehr weiter Fassung des Begriffs der Neuheit, sei kurz hingewiesen. Wird eine Fasanenhenne mit einem gewöhnlichen Haushahn gekreuzt, so zeigen die Bastarde im männlichen Geschlecht den charakteristischen Schwanzschmuck des Fasans in einer gewissen Ausbildung. Die Fasanenhenne vermag also, worauf schon Darwin hinwies, die sekundären Geschlechtscharaktere des Männchens, die natürlich bei ihr unsichtbar sind, zu übertragen, sie besitzt sie in latentem Zustand. Derartige geschlechtliche Latenz ist aber in beiden Ge- schlechtern weit verbreitet. So wird gutes Eierlegen bei Hühner- schlägen durch den Hahn in eine Kreuzung eingeführt (Pearl), starke Milchproduktion von Kühen durch den Stier, die Länge des Griffels weiblicher Primelblüten durch den Pollen. Bei ungekünstelter Auf- fassung des Wesens der sekundären Geschlechtscharaktere hat das gar nichts so wunderbares : Die betreffenden Erscheinungen sind der Ge- samtart zukommende Charaktere, deren Ausbildung, wie experimentell erwiesen, von der Anwesenheit der homologen Geschlechtsdrüsen ab- hängig sein kann. Und zwar trifft das in gleicher Weise für beide Ge- schlechter zu. Männliche durch parasitische Rhizocephalen kastrierte Krabben nehmen den charakteristischen weiblichen Habitus an (G. Smith). Mämihche Eunuchen gewisser Kasten (der Skopzen) zeigen u. a. die typisch-weibliche Form der Behaarung des mons — 302 — veneris (Tandler und Grosz). Alte Hennen aber werden hahnen- federig. Es gibt aber auch Erscheinungen im Zusammenhang mit der ge- schlechthchen Latenz, die darauf hindeuten, daß sie mit Mendelschen P'ig. 103. Oben Papilio memnon (5, unten Q forma Laomedon nach De Meijere. Verhältnissen zusammenhängen kann. Es wurden schon früher einmal die tropischen Schmetterlinge erwähnt, bei denen die gleiche Art im männlichen Geschlecht ein Kleid, im weiblichen drei verschiedene Kleider besitzt: zu dem Papilio memnon gehören die drei Arten von — 303 — Weibchen P. achates, agenor, Laomedon (Fig. 103, 104). Aus der Zucht dieser Schmetterhnge ergab sich nun, daß jede ^^ eibchenart nur eine oder zwei Weibchenformen erzeugen kann, ebenso aber das Männ- Fig. 104. Oben Pap. memn. ^fomia Agenor, unten 5 forma Achates. Nach DeMeijere. chen latent die Anlage zu zwei bestimmten Weibchen formen enthält. Es kann somit die normale Befruchtung eine Kreuzung sein, und die Zahlen für das Auftreten verschiedener Weibchenarten in den — 304 — Zuchten Jacobsons konnten von De Meijere in Mendelschem Sinn interpretiert werden. Doch sind die Verhältnisse noch nicht so klar, daß wir sie mit den besprochenen Beispielen mendelnder Latenz in eine Linie stellen könnten. Sie haben aber für andere Fragen eine große Bedeutung und wir werden ihnen daher bald wieder begegnen. Wir haben nunmehr die verschiedensten Modi des Auftretens von Neuheiten im Bastard und zwar sowohl in F^ wie in F2 kennen gelernt. Sie konnten zustande kommen i. durch echte Latenz, indem vorhandene Merkmale durch Dominanz oder Epistasis verdeckt waren und erst bei der geeigneten Kombination durch Spaltung frei wurden. 2. Durch das Bedingtsein einer Eigenschaf t von zwei Faktoren, von denen entweder der enie einem der Eltern fehlte und dann bei Bastardierung vom anderen Elter hinzugefügt wurde, oder aber, von denen jeder der Eltern nur den einen oder den anderen besaß ; oder aber es war bei einem der Eltern ein Faktor vorhanden, der imstande ist, einen anderen Faktor abzuändern und endlich die zwei Faktoren sind ein Eigenschaftspaar, das nur in heterozygotem Zustand wirkt. Es ist klar, daß durch das Zusammen- wirken derartiger verschiedener Eigenschaftsverursacher schließlich das Gesamtbild der Erbeigenschaften einer Rasse zu stände kommen muß und daß es daher auch die Aufgabe der weiteren Forschung sein muß, die einzelnen Tier- und Pflanzenformen so zu analysieren, daß man für ihre Zusammensetzung aus mendelnden Eigenschaften Erbformeln auf- stellen kann, aus denen dann ohne weiteres das zu erwartende Resultat irgend einer Bastardierung abzulesen ist. Auf diesem Weg ist man für manche Tier- und Pflanzenformen schon ziemlich weit gekommen. Ehe wir aber davon ein Weniges kennen lernen, wollen wir das Bild der Spaltungsgesetze noch durch das Studium einiger interessanter Be- sonderheiten abiiinden. — 305 Fünfzehnte Vorlesung. Die Verursachung; einer Eigenschaft durch mehrere selbständige Faktoren. Gametenkoppelung^ falscher Allelomorphismus und geschlechtsbegrenzte Vererbung. Die Analyse der Erbeinheiten und die Erbformeln. Die interessanten Mendelfälle, die in der letzten Vorlesung besprochen wurden, hatten alle das Gemeinsame, daß nach Bastardierung Charaktere zutage traten, deren Vorhandensein sonst nicht zu bemerken war. Hand in Hand damit ging es, daß bei der Spaltung Zahlenverhältnisse auftraten, die von den klassischen Zahlen irgendwie abwichen, wie 9 : 3 : 4, 9 : 7 statt 9:3:3:1 oder 27 : 9 : 28 statt 27 : 9. : 9 : 9 : 3 : 3 : 3 : I. Diese Vorlesung soll sich nun zunächst mit weiteren Fällen beschäftigen, in denen von der Norm abweichende Zahlenverhältnisse auftreten, ohne daß sie durch unsichtbare Eigenschaften ihre Erklärung finden . Es sind relativ wenige Fälle solcher Art, die bisher bereits eine be- friedigende Lösung erfahren haben. Es kann wohl keinem Zweifel unter- liegen, daß gerade hier noch mancherlei Entdeckungen zu erwarten sind. An die Spitze dieses Tatsachenkomplexes können wir nun eine Er- scheinung stellen, die sich in einem Punkt eng an die Tatsachen an- schließt, die wir in der letzten Vorlesung kennen lernten. Wir sahen, daß eine und dieselbe Eigenschaft von mehreren Faktoren bedingt sein konnte, so die Farbe von der gleichzeitigen Anwesenheit eines Farb- faktors und eines Komplements. Nilsson-Ehle hat nun die Ent- deckung gemacht, daß es solche Eigenschaften gibt^ die von mehreren Erbeinheiten bedingt werden, von denen aber jede einzelne für sich allein auch die betreffende Eigenschaft verursachen kann. Bei der Kreuzung von Haferrassen mit schwarzen Spelzen mit solchen mit weißen (richtiger grauweißen, da es sich um diese zwei Farben handelt; hier wird das grau nicht mit berücksichtigt) erwies sich schwarz als dominant und F2 spaltete typisch im Verhältnis 3:1. Bei gewissen Rassen nun war das aber nicht der Fall; bei der Spaltung traten viel- mehr viel zu viele schwarze Individuen auf, nämlich bei einem Versuch 630 schwarze : 40 weiße. Das ist ein Verhältnis von 15,8 schwarz : Goldschmidt, Einfuhrung in die Vererbungswissenschaft. 20 — 306 — I weiß. Dies führte auf die Idee, daß es sich um das Verhalten 15 : i handeln könne, also einen absonderlichen Fall dihybrider Kreuzung. Das Verhältnis wäre sofort erklärt, wenn man annimmt, daß die schwarze Spelzenfarbe von zwei Schwarzfaktoren bedingt ist, von denen jeder einzelne ebenso wie beide zusammen schwarz ergeben. Der schwarze Hafer enthielte dann N (niger) und M (melas), die beiden Schwarz- faktoren (neben dem hier zu vernachlässigenden grau), der weiße Hafer n und m. F^ wäre schwarz NM nm und F2 würde spalten in : NÄ/ NM I Nm NM 2 nM NM 3 nm NM 4 Ä^M Ntn 5 Nm Nm 6 nM Nm 7 nm Nm 8 NM Nm nM 1 nM 9 10 nM nM II nm nM 12 NM nm '3 Nm n m 14 nM nm 15 nm nm weiß 16 Da 15 von 16 Kombinationen einen der dominanten Schwarzfaktoren enthalten, nur i ausschließlich kleine Buchstaben aufweist, erklärt sich ohne weiteres das Verhältnis von 15 schwarz : i weiß. Der Beweis für die Richtigkeit der Interpretation wird natürlich aus dem Verhalten von F3 und F4 zu erkennen sein. Wenn schwarze Fg- Pflanzen durch Selbstbefruchtung in isolierter Parzellenkultur weiter gezüchtet werden, so muß es natürlich verschiedene Möglichkeiten geben. In den Kom- binationen, die mindestens 3 große Buchstaben besitzen (i, 2, 3, 5, 9) muß ein jeder Gamet auch mindestens einen großen Buchstaben, also Schwarzfaktor mitbekommen, d. h. da sämtliche Gameten schwarz tragen, muß die Nachkommenschaft ausschließlich schwarz sein; das gleiche muß bei den Kombinationen 6 und 11 der Fall sein, da sie ja — 307 — homozygot sind, mithin rein vveiterzüchten. Von Vieler F2- Pflanzen muß somit bei Selbstbefruchtung rein schwarze Nachkommenschaft erhalten werden. In der Tat ergaben bei isoliertem Anbau der einzelnen Fg- Pflanzen auf getrennten Parzellen 17 von 43, also recht genau Yiß» rein schwarze Nachkommenschaft. Weiter ist zu erwarten, daß sämt- liche Kombinationen, in denen nur ein großer Buchstabe vorkommt, also die Rubriken 8, 12, 14, 15 des Kombinationsschemas, in F3 in 3 schwarze : i weiße spalten, denn sie sind ja nur in einer Eigenschaft heterozygot, müssen also eine einfache monohybride Spaltung zeigen. In der Tat ergaben 11 von den 43 Pflanzen, mithin genau Vie^i^se Spal- tung, nämlich 428 schwarz : 120 weiß. Sodann ist zu erwarten, daß alle Kombinationen, die alle 4 Buchstaben NMnm enthalten, also 4, 7, IG, 13, im Verhältnis 15 : i spalten, denn sie haben ja die gleiche zweifach heterozygote Zusammensetzung wie der Bastard F^. In der Tat ergaben 11 der 43 Parzellen, also wieder genau */i6*^^^se Spaltung, nämlich 715 schwarz : 39 weiß. Endlich müssen die Nachkommen der weißen Fg- Pflanzen rein weiterzüchten, was sie auch auf ihren 4 Par- zellen taten. Die Interpretation des Resultats erwies sich somit als richtig. Und das gleiche war auch bei anderen analogen Fällen beim gleichen Objekt festzustellen, vor allen Dingen bei einer Kreuzung mit rotkörnigem Weizen, dessen Farbe durch 3 selbständige Einheiten bedingt ist, die die gleiche Eigentümlichkeit zeigen, sodaß in F2 unter 64 Individuen sich 63 rote : i weißen finden. Hier interessiert uns dies Resultat nur wegen des abnormen Zahlenverhältnisses und seiner Er- klärung; wir werden später weitere bedeutsame Tatsachen erfahren, die die gleichen Experimente ergaben und sehen, welche prinzipielle und weittragende Bedeutung ihnen zukommt. Ein weiterer Fall des Auftretens abnormer Zahlenverhältnisse läßt sich zwar auch unter gewissen Suppositionen verstehen; diese sind aber nicht einfach mendelistischer und damit leicht kontrollierbarer Natur, wie in Nilsson-Ehles Fall. Die ganze Erscheinung von der noch nicht sehr viel bekannt ist, muß daher als noch nicht völlig klar betrachtet werden. Vielleicht wird sie sich einmal mit dem eben betrachteten Fall in Zusammenhang bringen lassen. Wir reden von dem, was man mit "ihrem Entdecker Bateson als Gametenkoppelung bezeichnet. — 308 — Wir haben bereits in der letzten Vorlesung die interessante Kreuzung zwischen zwei weiß blühenden Lathyrus odoratus kennen gelernt, die in F^ purpur ergeben und in F2 in 27 purpur : 9 rot : 28 weiß spalteten, eine Erscheinung, die durch 3 Merkmalspaare ja auf das einfachste geklärt wurde. Es differierten nun die betreffenden Elternpflanzen noch in einem Merkmalspaar: die eine hatte längliche, die andre runde Poliertkörner. Erstere erwiesen sich als dominant und traten in F^ auf, in F2 hatten 2/4 der Pflanzen lange, '^/^ runde Körner. Diese verteilten sich aber auf die drei Gruppen von Fg- Pflanzen in ganz verschiedener Weise. Während bei den weißen Pflanzen das Verhältnis das normale war, hatten die purpurnen viel zu viele lange Körner, näm- lich 12 : 1, während die roten Pflanzen zu viel runden Pollen besaßen, nämlich 3,2 mal so viel als langen. Wir erinnern uns nun, daß der Unterschied zwischen purpurnen und roten Blüten durch die Anwesen- heit des Sättigungsfaktors 5 resp. seine Abwesenheit s hervorgerufen war. Da sich nun zeigte, daß die unregelmäßige Verteilung der PoUen- könier nur statt hatte, wenn die Pflanzen in diesem Faktor S heterozygot waren, so muß irgend eine feste Beziehung zwischen diesem und dem Pollenfaktor bestehen. Bateson stellt sie sich so vor, daß eine „Kop- pelung" besteht zwischen dem Sättigungsfaktor und der langen Pollen- foriii, also den beiden Dominanten, und ebenso zwischen Verdünnung und rundem Pollen, den beiden Rezessiven, d. h. bei der Gametenbildung kommen jene beiden Faktoren besonders gern zusammen. Wenn er annimmt, daß sie ymal so oft sich zusammenpaaren, als normalerweise geschehen sollte, werden seine wirklichen Zahlenresultate erklärt. In den Symbolen ausgedrückt bilden die heterozygoten Pflanzen SsLl {L = langer Pollen) nicht die Gameten i SL : 1 Sl : 1 sL : 1 sl, sondern die Gameten 7 SL : 1 Sl : 1 sL:y sl. In einem anderen studierten Fall erklärten die Zahlen 15 : i : i : 15 das Resultat, wir wollen aber uns ein weiteres Eingehen auf den Gegenstand ersparen, da er noch nicht genügend geklärt erscheint. Wenn sich nicht eine andere Interpretation dieser Tatsachen mittels jener Nilsson-Ehleschen Entdeckungen wird finden lassen, bedeutet diese „Koppelung" in der übhchen Ausdrucksweise nichts anderes als eine Korrelationserscheinung. Wir haben früher schon kurz die Tat- — 309 — Sache der festen Korrelation von Eigenschaften, wie blaue Augen und Taubheit, gestreift, und wenn wir ihr Wesen betrachten, so kann es uns nicht wundern, daß feste Korrelationen auch bei der Bastardierung eine Rolle spielen müssen. AA'enn die Korrelation der Eigenschaften eine so feste ist, daß eine Trennung in keiner \A'eise möglich erscheint, dann ist ihre Betrachtung für die Bastardierungslehre eine sehr einfache: Die Eigenschaften verhalten sich dann so, wie wenn sie durch ein einziges Gen bedingt wären. Das ist etwa der Fall bei Mendels berühmtem Beispiel der gefärbten Samenschale und farbiger Blüte der Erbsen, bei der von De Vries mitgeteilten festen Verknüpfung von roter Blatt- nervaturmithaarigerBeschaffenheitbeiseinerOenothera rubrinervis die feste Verknüpfung geschlitzter (laciniater) Laubbiätter mit ebensolchen Blütenblättern bei Rubus, oder bei dem am Schluß dieser Vorlesung zu erwähnenden Fall des Gelbfaktors F der Mäuse, der das Pigment in den Haarspitzen ansammelt und gleichzeitig schwarze Augen bedingt, oder der von Bateson studierten festen Korrelation zwischen Hühnerkämmen und den Fleischlappen des Kopfes. (Unter Umständen läßt sich übrigens eine scheinbar feste Korrelation durch Bastardierung brechen.) In dem obigen Fall kam aber die Korrelation durch ein besonderes Verhalten der Gameten im Bastard zu stände, die als Koppelung bezeichnet wurde. Eine solche in einer Gametenkorrelation begründete Erscheinung kann nun in noch etwas anderer Weise auftreten, in Form dessen, was wieder Bateson als falschen AUelomorphismus bezeichnet hat. Ernennt so die Erscheinung, daß sich zwei selbständige Dominanten bei der Spaltung so verhalten als ob sie ein Merkmalspaar wären. Wenn im Bastard die Dominanten A, B, neben ihren Rezessiven a, b vorhanden sind, so verhält sich A zu B wie das dominante zu dem rezessiven Merk- mal, d. h. sie werden bei der Gametenbildung stets von einander ge- trennt. Anders ausgedrückt besteht falscher AUelomorphismus darin, daß zwischen zwei Dominanten bei der Gametenbildung eine Repulsion stattfindet, sodaß sie nie gleichzeitig in eine Gamete gelangen. Die Kreuzung, bei der Bateson, Miss Saunders und Punnett dies Ver- halten fanden, wurde wieder an den gleichen Lathyrus odoratus angestellt, bei denen nach Kreuzung zweier weißer Rassen in F^ purpur entstand und in Fg Spaltung in 27 purpur : 9 rot : 28 weiß. Es wurde — 310 — nunmehr ein weiteres Merkmal berücksichtigt, nämlich der umgekrem- pelte Charakter der Blütenfahne, den der eine weiße Elter zeigte. Fj war dann purpur und hatte normale Fahne. (Es kann dabei hier außer - I — n punruR - — mpunrun Fig. 105. Die in Fo auftretenden 5 Blütenfortoen (der Charakter der Ein- und Zweifarbigkeit bleibt unberücksichtigt) bei Kreuzung weißer umgekrempelter mit weißen aufrechten Lathyrus odoratus. Nach Bateson. Betracht gelassen werden, daß bei normaler Fahne diese einen anderen Farbton hat als die übrige Blume, während die Blüte mit umgekrempelter Fahne einfarbig ist.) In F2 mußten nun die drei entstehenden Farbtypen ja eigentlich mit normaler und umgekrempelter. Fahne er- — 311 — scheinen. Für die purpurnen und weißen trifft das in der Tat zu. So "waren unter 315 purpurnen Fg- Pflanzen 232 normal und 83 umge- krempelt, also das erwartete Verhältnis 3:1. Die roten aber hatten alle ausnahmslos normale Fahnen. (Nebenstehende Skizze zeigt das Verhalten für die roten und purpurnen Fg-Blüten, für die weißen trifft das gleiche zu, Fig. 105.) Die Erklärung dafür ergibt sich unter der Annahme des falschen Allelomorphismus zwischen dem Sättigungs- faktor 5, der rot zu purpur macht und dem Faktor E (erectus), der die normale aufrechte Fahne bedingt. Die Gameten können danach nur einen oder den anderen der beiden Faktoren tragen. Rote Blüten entstehen aber, wie wir schon wissen, wenn die Gameten nur s enthielten. Ist die Repulsion zwischen S und E vorhanden, so haben diese Gameten somit stets E. Es ist nun keine Kombination eines solchen Gameten, der also RCsE heißt, mit einem anderen möglich, der, wenn rot entsteht, umgekrempelte Fahne ergäbe, da ja das E immer über e, das Symbol für Umkrempelung, dominiert. Es müssen somit die ^64 rote Blüten normale aufrechte Fahnen haben. Für purpur aber sowohl wie weiß sind beide Kombinationen möglich. Es ergibt z. B. RCSe x rcsE purpurn-aufrecht, aber RCSe x RCSe purpum-umgekrempelt. Der Charakter Ee wird also in F2 im Verhältnis von 3 : i gespalten, aber nur innerhalb der purpurnen und weißen Pflanzen. Das wirkhche Resultat stinmit in der Tat genau mit solcher Erklärung: Purpur aufrecht : Purpur umgekrempelt : Rot aufrecht : Weiß (beides) ': 232 83 : 112 : 346 315 : 112 : 346 427 : 346 Das entspricht genau foJgenden theoretischen Erwartungen: I : 27 : 36 : 112 108 36 : 112 27 9 ' 28 36 28 9 7 1 Bei den weißen sind nicht alle Zahlen für aufrechte und umge- krempelte getrennt gezählt. — 312 — Die Zahl der analysierten Fälle solcher negativen Gameten-Korre- lation, die der falsche Allelomorphismus ja in gewissem Sinn darstellt, ist bis jetzt nur eine sehr geringe und auf das Pflanzenreich beschränkte. Es ist uns allerdings schon früher ein Fall begegnet, in dem sich zwei dominante Charaktere wie ein Allelomorphenpaar verhielten und bei der Gametenbildung getrennt wurden. Die Aglia tau weismanni, die die beiden dominanten Faktoren FM enthielt, die ihr bei ihrem Ent- stehen aus ferenigra x melaina zugeführt waren, verhielt sich als Heterozygote, indem F und M sich wie ein Merkmalspaar trennten. Es wäre wohl falsch, dies auch als unechte Allelomorphie zu bezeichnen. Das was hier vorliegt, ist vielmehr die Tatsache, wie wir schon hervor- hoben, daß die Dominanz nicht eine absolute Erscheinung, das Vor- handensein von Etwas im Gegensatz zu seinem Fehlen, sondern eine relative Erscheinung ist. Durch die Schreibweise mit großen und kleinen Buchstaben dürfen wir uns nicht verleiten lassen, sie als den Ausdruck einer absoluten Wirklichkeit zu nehmen. Bei jenen Kreu- zungen bedeutete m = nichtmelaina die Form tau und / = nicht- ferenigra auch die Form tau. Bei der Kreuzung ferenigra x melaina würde, wenn man die Symbolbezeichnung als eine relative anwendet, nun M melaina sein aber m nicht-melaina = ferenigra. Das Wesentliche ist eben doch, daß ein heterozygoter Zustand der ist, in dem die Anlagen auf die Gameten verteilt werden. Ist das wie hier der Fall, so darf man sich nicht durch Verwechslung der Buchstabensymbole mit Wirklich- keiten zu unnötigen komplizierten Annahmen verleiten lassen. Trotzdem kommt der Erscheinung eine besonders große Bedeutung zu, weil man sie in geistreicher Weise dazu benutzt hat, eine der merk- würdigsten Tatsachen des Mendelismus zu erklären, die geschlechts- begrenzte Vererbung. Wir werden später ausführlich das Problem der Geschlechts bestimmung zu betrachten haben und dabei auch die Frage erörtern, ob das Geschlecht als eine mendelnde Eigenschaft be- trachtet werden kann. Obwohl wir glauben, daß der Beweis dafür noch nicht erbracht ist, auch zunächst noch keine größere Wahrscheinlichkeit besitzt als andere Annahmen, müssen wir die hierher gehörigen Tat- sachen doch im Zusammenhang mit der Besprechung des ganzen Sexua- litätsproblems vorführen, um Wiederholungen zu vermeiden. Es sei — 313 — somit hier nur auf ihre später näher zu erörternde Beziehung zum falschen AUelomorphismus hingewiesen, wie auch auf die Bedeutung, die gerade diese Erscheinung für die Anwendung des Mendehsmus auf den Menschen besitzt. Wir haben zum Schluß der vorigen Vorlesung bereits betont, daß die Analj^se der Erbeinheiten dazu führen muß, für jede Organismen- art ihre gesamte erbliche Zusammensetzung aus trennbaren Eigen- schaften, ihre Erbformeln, zu ermitteln. Am Schluß unseres gedrängten Überblicks über die Spaltungserscheinungen angelangt, wollen wir uns an zwei Beispielen noch den Gesamterfolg einer Bastardanalyse vor- führen. Am weitesten ist man in dieser Beziehung natürlich bisher bei solchen Organismen gekommen, die aus irgend einem Grund ein besonders beliebtes Versuchsmaterial darstellen, wie im Tierreich Mäuse, Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen, Hühner und im Pflanzenreich Erbsen, Bohnen, Getreide, Löwenmaul. Es ist klar, daß die durch solche Analyse aufgestellten Erbformeln allerdings immer etwas rela- tives an sich haben, indem weitere Forschung im stände ist, scheinbar einheitliche Eigenschaften wieder zu zerlegen. Aus dem was wir bereits über die Farbrassen der Mäuse erfahren haben, geht das recht deutlich hervor. Erst stand die Farbe als Einheit dem Albinismus gegenüber. Dann löste sich erstere in eine Reihe von sich verdeckenden Farben auf, diese wieder erwiesen sich als durch den Sättigungsfaktor beeinflußbar und durch zwei getrennte Faktoren bedingt, endlich zeigten sich die Albinos als unmerkliche Träger aller möglichen Farbeigenschaften. Und dabei sind uns durchaus noch nicht alle Möglichkeiten begegnet. Augen- blicklich ist der Stand der Analyse der Farbe der Mäuserassen — ein Stand, der sich aber mit jeder neuen Untersuchung weiter kompHzicrt und das diene uns als Beispiel einer weitgehenden Erbanalj'se — der, daß mindestens 6 Paare von Allelomorphen isoliert sind, deren verschieden- artige Kombination 64 reinzüchtende Rassen ergibt. Von diesen Allelo- morphen sind uns 4 Paare schon begegnet, nämlich der Graufaktor G (richtiger der Faktor für die Anordnung der Haarpigmente in Ringeln), der Schwarzfaktor N, der Sättigungsfaktor S und das Farbenkomple- ment C. Dazu kommt nun nach Plate noch ein Faktor F (flavus), der für die Erklärung der gelben Rassen nötig ist. F bewirkt eine — 314 — reichliche Bildung dunkeln Pigments, das in allen nicht gelben Rassen vor- handen sein muss, / läßt tue Haarspitzen hell bleiben, wodurch die gelben Farbtöne hervorgerufen werden. Endlich kommt dazu mindestens ein rezessiver Scheckungsfaktor t gegenüber der Ganzfarbigkeit T (totaliter), der sich natürlich mit all den vorhergegangenen verbinden kann. (Es gibt aber auch, wie schon erwähnt, einen dominanten Scheckungsfaktor, der so- mit weitere Komplikationen bedingt.) Es gibt also mindestens 32 gefärbte Rassen und 32 Arten Albinos, von denen erstere in der folgenden Tabelle verzeichnet sind. F /'"< f{ I G gelbwildfarbig l g glänzendschwarz (G zimtgelb g schokoladebraun f G dunkelwildfarbig l g blauschwarz I G braungelb 1 g Silberfalb [ G rötlich graugelb l g gelbsilbern I G gelb l g weißgelb G graugelb g hellsilbem G hellgelb g hellweißgelb ( G gelbwildfarbig l g glänzendschwarz ( G zimtgelb l g schokoladebraun ( G dunkelwildfarbig l o- blauschwarz [ G braungelb '' I g Silberfalb f G rütlichgraugelb ' g gelbsilbern I g weißgelb G graugelb g hellsilbern I G hellgelb iV A N X N iV schwarzäugig > rotäugig ganzfarbig schwarzäugig > gescheckt. > rotäugig hellweißgelb Von den gefärbten Rassen sind die Hälfte, die t enthalten, ge- scheckt, von den Albinos trägt ebenfalls die Hälfte unsichtbar den — 315 — Scheckungsfaktor. Von den i6 ganzfarbigen besitzt die Hälfte den Gelbfaktor /, hat also einen gelben Ton, mit dem immer pigmentfreie rote Augen verbunden sind, ebenso trägt die Hälfte der Albinos /. Die anderen 8 Arten sind ganzfarbig nichtgelb, haben also F, mit dem immer schwarze Augen verbunden sind und natürlich tragen auch die anderen 8 Albinos das gleiche. In beiden Gruppen, gelben wie nichtgelben, hat die Hälfte dann den Sättigungsfaktor S, die andere nicht; in jeder dieser Gruppen besitzt wieder die Hälfte den Schwarzfaktor N oder nicht, und unter diesen die Hälfte den Graufaktor G oder nicht. Es ergibt sich somit nach dem jetzigen Stand des Wissens, — und Plate erhielt bei 400 Kreuzungen nie ein anderes als das erwartete Resultat, ebenso wie Miss Durham und viele andere vorausgehende Forscher — die obige Zu- sammensetzung der gefärbten Mäuserassen, zu denen ebenso viele Albinos,^ gekennzeichnet durch c vor der Tabelle, gehören würden. Aus dem Gesagten geht hervor, wie es der genaueren Analyse allmäh- lich gelingen wird, die mendelnden Erbeinheiten so festzustellen, daß eine Tier- und Pflanzenrasse ähnlich wie ein chemischer Körper durch eine Formel ausgedrückt werden kann, ja man hat sogar bereits die Schreibweise chemischer Formeln einzuführen versucht (Castle). Das Mäusebeispiel zeigte uns einen Anfang in dieser Richtung, dem wir zum Schluß noch den Fall aus dem Pflanzenreich gegenüberstellen wollen, der als der bestanalysierte aller Mendelfälle gelten darf, die Erblichkeitsverhältnisse der Gartenvarietäten von dem Löwenmaul, Antirrhinum majus. Diese den Gärtnern in mehr als 100 Varietäten bekannte Form wurde von Miss Wheldale und Baur einer be- wundernswerten Analyse unterzogen, die Baur bereits mit 22 selbst- ständig mendelnden Merkmalen bekannt machte, über deren 13 schon genauere Mitteilungen vorliegen. Die Erbformel jeder Pflanze würde also in Bezug auf diese bekannten Faktoren mindestens 13 Buch- staben enthalten, resp. wenn homozygote Charaktere auch doppelt geschrieben werden, stets 26 Buchstaben. Diese 13 Faktoren A — R sind im wesentlichen der gleichen Natur, wie wir sie bereits bei anderen Objekten kennen gelernt haben. Da ist ein Faktor, der dem Komple- ment unserer früheren Beispiele gleicht, dessen Anwesenheit die Färbung ermöglicht, dessen Abwesenheit stets w-eiße Blüten bewirkt. Da ist — 316 — ein Faktor, der dem Scheckungsfaktor entspricht, nur daß die Ganz- farbigkeit dominant, Scheckung rezessiv ist. (Bei Mäusen gibt es, wie wir erwähnten, ja sowohl dominante wie rezessive Scheckung). Die ,, Scheckung" besteht hier darin, daß die Blütenröhre bei sonst bunter Blüte elfenbeinfarbig ist (Delilaform). Da sind Faktoren, die vorhandene Farben verändern, zu vergleichen dem Sättigungsfaktor der Mäuse, ver- schiedenartige Farbfaktoren, deren jeweilige Kombination be- stimmte Farben ergibt, Faktoren für besondere Blütenform, solche für grüne, gelbe oder blasse Blattfarbe, kurzum eine Menge Erbeinheiten, deren Zusammenspiel uns ohne weiteres verständlich sein muß, wenn wir alles bisher Besprochene kennen. Bei den wirklichen Kreuzungen wurden denn auch stets die Erwartungen erfüllt. Um dies nur an einem wirklichen Zahlenbeispiel zu demonstrieren, so wurde einmal eine Pflanze mit elfenbeinfarbiger normaler Blüte mit einer roten i pelorischen gekreuzt. Fj^ war rotnormal. In Fg trat die erwartete Spaltung im Ver- hältnis von 9:3:3:1 ein in rot normal 133 rot pelorisch 43 elfenbein normal 45 elfenbein pelorisch 13. Die Eltern waren also in 2 Eigenschaften verschieden, ihre Erb- formeln waren: ABCcDEfghlMNPR x ÄBCDeFghlMNPR, wobei C der Elfenbeinfaktor ist, E der für normale Blüten. Alle anderen sind in beiden Pflanzen identisch, darunter ist das unumgängliche Farb- komplement B und der Faktor für Ganzf arbigkeit D ; die nur rezessiven Faktoren g und / sind solche, die die Färbung verändern würden usw. Es ist klar, daß auf diesem Wege die Erblichkeitsanalyse sehr weit getrieben werden kann: Baur glaubt mit 40 — 50 Faktoren die ganze Formenmannigfaltigkeit des Antirrhinum majus erklären zu können. Damit ist aber, wie er weiterhin ausführt, über die wirkliche Zahl der Einheiten nichts ausgesagt. Denn es können ja nur solche Einheiten festgestellt werden, die als Heterozygote erhalten werden können und 1 Das Rot war das von Baur rot auf elfenbein genannte. — 317 — somit spalten. Man wird also nach anderen Wegen suchen müssen, auch solche Einheiten zu isolieren, die nur homozygot sich zeigen können. Dann aber kommt die wichtige Frage: \Yie haben die verschiedenen Rassen ihre typischen Erbformeln erlangt, wie ist der Zusammenhang mit der Stammart, welches Licht wirft die Analyse der Erbfaktoren auf die zentrale Frage der Artbildung? Die Antwort auf solche Fragen steht bis jetzt noch aus, oder ist wenigstens erst in den bescheidensten Anfängen gegeben. Sechzehnte Vorlesung. Die Reinheit der Gameten. Konstante Bastardformen und die Möglichkeit ihres Nachweises. Mendelsche Interpretation scheinbar konstanter Bastarde. Mutation und Heterozygotie. Mutations- kreuzung^en. Biologie der Bastarde. Wir haben nunmehr die wichtigsten Formen Mendelscher Spaltung kennen gelernt und müssen angesichts des überwältigenden Tatsachen- materials, aus dem wir uns ja nur eine bescheidene Auswahl vorführen konnten, sagen, daß die Mendelschen Erwartungen in ganz staunen- erregender W^eise mit den wirklichen Resultaten übereinstimmen. Es soll damit allerdings nicht gesagt sein, daß es nicht auch Fälle gibt, die gewisse Abweichungen zeigen. Vor allem ist häufig beobachtet, daß die eine oder andere Kombination häufiger oder seltener als erwartet eintritt. So findet Bateson bei seinen Rosenkamm-Erbsenkamm- kreuzungen in F2 manchmal zu wenig Walnußkämme. Darin ist aber in keiner Weise eine Durchbrechung der Regel zu sehen. Die Erwartung kommt ja immer unter der Voraussetzung zu stände, daß alle Gameten- kombinationen sich in gleicher Zahl bilden. Die Gametenbildung ist aber ein Prozeß, der ebensogut einer natürlichen Fluktuation unter- worfen ist, wie irgend ein anderer Vorgang. Es ist ja auch eine sehr häufige Erscheinung, daß in den Geschlechtsdrüsen Zellen in Mengen zu Grunde gehen. Der Zufall, der gerade die Zellen eines bestimmten Typus in größerer Zahl degenerieren läßt, kann natürlich auf solche Weise eine bedeutende Verschiebung Mendelscher Proportionen 318 bewirken. Es ist daher auf sie kein großer Wert zu legen, wenn es sich um kleine Zahlen* und nicht typische Differenzen handelt. Mit dem Studium der Spaltung haben wir dann auch die dritte Vor- aussetzung der Mendelschen Erklärung, die Reinheit der Gameten, als zu Recht bestehend erwiesen. Denn es ist uns kein Fall begegnet, der nach einer anderen Richtung hindeutete. Im Anfang des mendeli- stischen Studiums glaubte man mehrmals solche Fälle aufgedeckt zu Flar. io6. Metamerscheck vom Axolotl nach Hacker. haben, in denen die reinen Rezessiven später doch noch den domi- nanten Charakter abspalteten, sich also als nicht rein erwiesen. Die betieffenden Fälle haben sich aber dann auf das einfachste aufgeklärt, als man die Bedingtheit einer Eigenschaft durch mehrere Faktoren ken- nen lernte, zum Teil auch durch den Nachweis, daß es sich um das Auftreten neuer nicht voll erblicher Mutanten (die wir früher als Zwi- schenrassen, auch ständig umschlagende (ever sporting) Varietäten — 319 — genannt, kennen lernten) handelt. Heute kann man wohl sagen, daß ein sicherer Fall von Gametenunreinheit kaum existiert. Am bemerkens- wertesten und noch am wenigsten geklärt ist vielleicht das Verhalten der Rezessiven bei Hackers Axolotlkreuzungen. Werden rein schwarze mit rein weißen Axo lotin gekreuzt, so ist F^ schwarz und Fg spaltet typisch in 3 schwarze : i weiß. In einer wirklichen Zucht waren es 573 : 191 Individuen. Die weißen in F2, die nach dem Mendelschen Schema also homozygote reine Rezessive sein müssen, nehmen aber als erwachsene Tiere teils eine leichte Pigmentierung an, teils wurden sie stark schwarz gescheckt in metamerer Anordnung (Fig. 106). Sie zeigten also einen Teil des Schwarzcharakters, der ihnen fehlen sollte. Wurden sie aber mit rein weißen gepaart oder mit schwarzen Heterozygoten rückgekreuzt, so verhielten sie sich genau wie reine Rezessive. Das deutet aber darauf hin, daß die Scheckung nicht auf Gametenunreinheit beruhen kann. Wir haben ja oben bei den Mäusekreuzungen schon erfahren, daß der Scheckungsfaktor bei einem Albino latent vorhanden sein kann. Vielleicht wird sich die richtige Erklärung auf analoge Weise durch weitere Analyse dieser Albinos finden lassen. Auch hier können vielleicht die besprochenen Resultate Nilsson-Ehles den Schlüssel liefern. Es sei an dieser Stelle nur kurz erwähnt, daß man geglaubt hat, die Annahme der Gametenreinheit überhaupt entbehren zu können. Es ist ja nicht zu leugnen, daß die Vorstellung der Segregation, der Anlagenspaltung, in manchen Punkten, besonders von physiologischem Gesichtswinkel aus betrachtet, schematischer gedacht erscheint, als natürliche Vorgänge verlaufen dürften. Man hat deshalb eine Inter- pretation der Spaltungsphänomene durchzuführen versucht, bei der alle Gameten alle Anlagen erhalten und nur abwechselnd von jedem Merkmälspaar der eine oder andere Partner dominiert (Morgan). Man kann allerdings nicht behaupten, daß eine solche Annahme der Vorstellung weniger Schwierigkeiten bereitet, und vor allem ist sie ja solange überflüssig, als die Vorstellung der Segregation die Tatsachen vollständig erklärt. Erst der wirkliche Nachweis einer Gameten- unreinheit könnte solche Hilfshypothesen wünschenswert erscheinen lassen, und er ist, wie gesagt, noch nie erbracht worden. — 320 — Die Mendelschen Gesetze dürften also wohl imstande sein, die Anforderungen zu erfüllen, die an ein Naturgesetz gestellt werden können. Wir haben bisher nun gar keine Rücksicht darauf genommen, wie die Bastardeltern sich in ihren systematischen Beziehungen verhielten, ob sie sich sehr nahe standen oder mehr oder minder weit voneinander entfernten. Nach der Anschauung der führenden Mendelianer muß das nun gänzlich gleichgiltig sein: es gibt nur eine Vererbung und das ist die Mendelsche. Betrachten wir nun die Fälle, an denen wir bisher die Mendelschen Regeln illustrierten, so fällt auf, daß stets Angehörige der gleichen Art, nur verschiedener Rasse, Varietät, Elementarart bastardiert wurden. Und es drängt sich die Frage auf, ob dann Art- oder gar Gattungsbastarde sich ebenso verhalten oder ob es nicht viel- leicht auch einen anderen Typus der Vererbung gibt. Und da ist es in der Tat eine weit verbreitete Anschauung, daß Artbastarde nicht mendeln. Das Charakteristische für die Mendelsche Vererbung ist aber die Spaltung der Eigenschaften in der Bastardnachkommenschaft. Die Vererbung bei Artbastarden soll aber die sein, daß die Mischung der Elterneigenschaften im Bastard auch in weiteren Generationen konstant bleibt. Man stellt vielfach diesen Vererbungstypus als intermediären dem alternativen Mendelschen gegenüber; die Bezeichnung ist aber irrefüh- rend. Denn wir wissen ja, daß in vielen echten Mendelfällen die Hetero- zygoten intermediär erscheinen — lange und kurze Ähren gaben mittel- lange — und trotzdem weiterhin spalten. Wie also intermediäres Ver- halten die weitere Spaltung nicht ausschließt, so darf man andererseits auch nicht glauben, daß das Eintreten von Dominanz eine spätere Spal- tung erfordert. Wenn es ein konstantes Weiterzüchten von Bastardcharak- teren gibt, so muß dies eben so gut in der Form des intermediären wie auch der des dominanten oder epistatischen als auch mehr oder minder un- vollkommenen dominierenden Merkmals, also alternativ möglich sein. Die Frage lautet also richtig: Spalten auch die Artbastarde oder züchten sie konstant? Gibt es nur Mendelsche Vererbung oder auch eine solche mit Vermischung? Wollte man die Frage für gelöst halten, wenn mendelnde Bastarde zwischen Linneschen Arten gefunden sind, so wäre bereits die Frage zu Gunsten des Mendelismus entschieden. Denn daß es solche gibt. — 321 — kann keinem Zweifel unterliegen. Erst kürzlich hat East solche zwischen verschiedenen Tomatenarten beschrieben, und ebenso Tower für die Coloradokäferarten, deren absonderhches Verhalten wir ja schon studierten. Aber — wenn wir ganz von der vielfachen Willkürlichkeit des Artbegriffs absehen — es handelt sich nicht darum zu beweisen, daß gerade Artbastarde nicht mendeln, sondern daß es überhaupt nicht spaltende Bastarde gibt. Und daran ist wohl nicht zu zweifeln. Die exakte Untersuchung solcher Fälle ist allerdings recht schwierig, weil Fig. 107. Oben die Bastardeltem Biston pomonarius QxB. hirtarius (5, unten die intermediären Bastarde beider Geschlechter. Nach Oberthür. die Artbastarde sich bekanntlich meist durch verminderte oder fehlende Fruchtbarkeit auszeichnen. Schlüsse aber, die aus der ersten Bastard- generation gezogen sind, können nach obigem keine Geltung bean- spruchen. Da wo solche Bastarde genau analysiert wurden, zeigte es sich, wie bei Längs Kreuzungen zwischen Hei ix hortensis und nemoralis, daß die einen Charaktere Dominanz zeigten, andere sich intermediär verhielten. So schlugen in diesen Bastarden die Farbe und Bänderung des Gehäuses, Form und Pigmentierung der Mündung Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 21 — 322 — nach einem Elter, während die Größe des Gehäuses, Länge des Liebes- pfeils und andere quantitative Charaktere intermediär waren. Da aber keine 2. Generation erzielt werden konnte, so wissen wir nicht, ob nicht alle diese Charaktere konstant bleiben würden. Es ist aber immer- hin bemerkenswert, daß bei den meisten Artbastarden sich intermediäre Charaktere in Eigenschaften finden, die bei Rassenkreuzungen sich oft alternativ verhalten. Die ^- •• *■ schönsten Fälle intermedi- ären Verhaltens wird man am leichtesten bei Artba- starden finden. Um nur einige Beispiele zu zeigen: Nebenstehende Fig. 107 zeigt das (5^ von Biston hirta- rius, einer in beiden Ge- schlechtern geflügelten Bis- ton-Art und das Q von B. pomonarius, welches flügellos ist. Das Bastard- weibchen, Fig. 107 unten, hat halblange Flügel, ebenso das {^f . Fig. 108 zeigt nach Lang den Liebespfeil von Helix hortensis und nemo- ralis in der Gesamtansicht p-j^ j g und darunter im Querschnitt ; Liebespfeil in toto [A) und im Durchschnitt {Bj dazwischen steht der SchÖn von I. Helix hortensis, 3. H. nemoralis und 2. dem . , ,-.. -nr ■^ j t> Bastard beider. Nach Lang. mtermediare Pfeil des Ba- stards. Fig. 109 bezieht sich sogar auf die Kreuzung zweier Gattungen, des Königsfasan einerseits mit Sömmeringfasan und Goldfasan andererseits. Das Bild zeigt besonders in den Schwanzfedern klar die intermediären Bastarde, soweit man ohne Zerlegung eines Organs in seine sämtlichen Eigenschaften von inter- mediär sprechen kann. Hier sei übrigens auch eine intermediäre Rassen- foeuzung eingefügt, um die Identität des Verhaltens zu zeigen. Fig. iio 323 gibt die Kreuzung zwi- schen Fettsteißschaf und Fettschwanzschaf wieder. Der intermediäre weib- hche Bastard ist nach Settegasts Gewährs- mann zeugungsunfähig, da er infolge der Be- schaffenheit des Schwan- zes nicht besprungen werden kann. Endhch sei noch in Fig. iii der inter- mediäre Bastard zwischen Ratte und Maus wieder- gegeben, der von Iva- noff durch künsthche Befruchtung erzielt wurde. Wie gesagt handelte es sich in diesen ja leicht zu vermehrenden Fällen um Artkreuzungen, deren weiteres Verhalten nicht festzustellen war. Sie sollten uns zunächst nur die Neigung der Artba- starde zu intermediärem Verhalten demonstrieren. Hand in Hand damit geht aber eine weitere Eigen- heit, die solche Bastarde ebenfalls von mendeln- den Hybriden zu unter- Fig. 109. scheiden scheinen. Ein « Königsfasan (5, c Sömmeringfasan (5, b Bastard ^ Königsfasan und Sömmeringfasan, e Goldfasan (J, Grundcharakter mendeln- d Bastard ^ Königsfasan und Goldfasan. Nach der Formen ist es ja, Poli. 324 Fig. HO. Links Fettschwanzschaf, rechts Fettsteißschaf, dazwischen der Bastard. Nach Settegast. daß die reziproken Kreuzungen das gleiche Resultat geben, eine Regel, die ohne weiteres aus den Mendelschen Annahmen folgt und sich mit geringen Ausnahmen (Dominanzwechsel bei reziproken Kreuzungen) stets be- wahrheitet. Bei den Artbastarden wird hingegen sehr häufig beobachtet, daß das Kreuzungsprodukt ein verschiedenes ist, je nachdem welche Art Bastardvater resp. -mutter war. Das klassische Bei- spiel dafür stellt ja die Pferd-Eselkreu- zung dar, die in bei- den Richtungen ganz verschieden ausfällt. Pferdestute x Esel- Fig- ^"- hengst ergibt das im 4 Tage alte Junge von der Ratte (links) der Maus (rechts) -rr i •, v f j und dem Rattenmausbastard in der Mitte. Nach Ivan off. -HabltUS meürpterde- — 325 — ähnliche, in einigen Charakteren mehr nach dem Esel schlagende Maultier (Fig. 112), die reziproke Kreuzung ergibt den mehr eselähnlichen, aber in Fig. 112. Maultier. Nach Settegast. jenen Charakteren (Schweif) pferdeartigen Maulesel (Fig. 113), Genau den gleichen Wechsel im Resultat je nach der Richtung der Kreuzung fand Fig. 113. Maulesel. Nach Settegast. auch Ewart bei seinen Pferd-Zebrakreuzungen. In sehr zahlreichen Fällen ist die gleiche Erscheinung vor allem bei den Artkreuzungen — 326 — der Schmetterlinge beobachtet. Als Beispiel diene nebenstehende Fig. 114, die das Verhalten in einem typischen Fall erkennen läßt, so- weit es bei einem nichtfarbigen Bild möglich ist. A ist der eine der Bastardeltern Deilephila euphorbiae, B der andere D. vespertilio. C ist der Bastard D. epilobii, gewonnen aus euphorbiae rf x vespertilio Q, D aber ist der reziproke Bastard D. densoi, gewonnen aus vespertilio (^ X euphorbiae Q. . Während bei beiden Bastarden im großen Ganzen die Charaktere von euphorbiae überwiegen, besitzt der Bastard densoi mit vespertilio als Vater eine ganze Anzahl patrokline Charaktere, die dem reziproken Bastard fehlen. Sie bestehen vor allem darin, daß sich an vielen Punkten die grauen und rosa Farbtöne der vespertilio-Zeichnung bemerkbar machen, wo bei dem reziproken Bastard sich das grün von euphorbiae zeigt. In der ungefärbten Abbildung tritt es am ehesten in Fig. D in dem helleren Ton der mittleren Binde des Hinterflügels und dem gleichmäßigeren Ton der hellen Partie des Vorderflügels (grau statt grün und grau) gegenüber C hervor. Den merkwürdigsten und man kann sagen zunächst unverständ- lichsten Fall verschiedenen Verhaltens bei reziproker Kreuzung stellen wohl de Vries Kreuzungen von Oenoth eraarten dar. Wird Oe. bien- nis X muricata gekreuzt, so entsteht ein patrokliner und konstant weiterzüchtender Bastard. Die reziproke Kreuzung sieht aber ganz anders aus, sie ist auch patroklin. Wie sich durch weitere Kreuzung mit anderen Arten zeigen ließ, kommt dies daher, daß Ei und Pollen bei der gleichen Pflanze ganz verschiedene Charaktere vererben. Werden die beiden reziproken Bastarde nun mit einander gekreuzt (doppelt- reziproke Bastarde), so entsteht nur die eine der ursprünglichen Stamm- pflanzen, also Oe. biennis oder Oe. muricata und zwar wieder bei rezi- proken Kreuzungen nur die eine oder andere und zwar ist es der Charakter der Mutterpflanze, der auch der Charakter der Großmutterpflanze war. Wenn, wie üblich, bei der Schreibung der Bastardierung das weibliche Individuum vorausgestellt wird, so ist der Bastard biennis Q x muri- cata c;^ B X M, der reziproke M y. B. Die doppeltreziproke Kreuzung B X M X M X B ergibt also nur biennis- Pflanzen, die Kreuzung M X B X B X M nur muricata. Im Zusammenhang mit der Frage, die wir hier behandeln, besagt dies, daß es sicher konstante Bastarde 327 — — 328 — gibt und daß trotzdem darin die Stammarten in ihren Charakteren rein erhalten bleiben. Vielleicht werden, wie nebenbei bemerkt sei, diese merkwürdigen Resultate einmal für die Frage bedeutsam werden, welche Rolle Zellkern und Plasma bei der Vererbung spielen, da der Hauptunterschied bei der reziproken Kreuzung ja der ist, welche Pflanze das Plasma für den Bastardorganismus liefert, welches ja allein der Mutterpflanze entspringt, da von dem Pollen nur der plasmafreie Kern zur Befruchtung gelangt. Derartige Erscheinungen weisen dann darauf hin, daß bei Art- bastarden etwas anderes vorliegen kann als bei Mendelscher Vererbung. Die Schwierigkeit des Beweises liegt nun in der häufigen Unfruchtbar- keit der Artbastarde; dennoch läßt er sich in nicht wenigen Fällen er- bringen. Da wo die Bastarde unter sich nicht fortgepflanzt werden können, gelingt es trotzdem häufig, sie mit einer der Elternformen rück- zukreuzen. Läge nun ein noch so komplizierter und verschleierter Mendelfall vor, so müßte trotzdem bei dieser Paarung die Bastardform und der Elter, wenigstens in den Charakteren, die beim benutzten Elter rezessiv sind, rein erscheinen. Tatsächlich ist das bei den zahlreichen bekannten Rückkreuzungen von Artbastarden nicht der Fall, vielmehr erscheint jetzt eine Mischung zwischen dem Bastard- und dem Eltern- charakter, aus dem Yg^lut wird ein Y4 Blut. Diese Erfahrung hat man etwa ebenso bei den bekannt gewordenen Fällen fruchtbarer Maultiere, wie überhaupt in der ganzen landwirtschaftlichen Tierzucht, gemacht, wie bei den zahlreichen Rückkreuzungen von Schmetterlingen. So erhält man durch Kreuzung des Wolfsmilchschwärmers (Deilephilaeuphor- biae) mit dem Fledermausschwärmer (Deilephila vespertilio) einen Bastard, der die Elterncharaktere patroklin gemischt zeigt, D. epilobii genannt (Fig. 104c). Dieser mit euphorbiae zurückgekreuzt (D. pernoldiana), zeigt ein Gemisch dieser beiden Typen, also Drei- viertelblut. Genau das gleiche bedeutet es aber, wenn man Artbastarde wieder mit anderen Arten kreuzt und so Dreifachbastarde erhält (etwa Ewarts Pferd-Esel-Zebra). In diesen mischen sich dann die drei Gruppen von Charakteren durcheinander und scheinen dann konstant zu bleiben; ein solches Beispiel haben wir ja schon früher bei Bespre- chung der Mutation infolge Bastardierung kennen gelernt, Towers 329 — ^B Kreuzung zwischen drei Arten von Coloradokäfern, die dann schließlich ein reinzüchtendes Gemenge ergaben. Doch das sind alles nur ziemlich indirekte und darum nicht voll beweiskräftige Antworten. Am wichtigsten für unsere Frage muß natür- lich ihre direkte Beantwortung sein: gibt es wirklich ohne Spaltung rein weiterzüchtende Ba- starde ? Für das Pflan- zenreich werden eine große Anzahl solcher angegebe'n. Kern er von Marilaun hat für zahlreiche wildwach- sende Formen, die als völlig samenbeständig gelten, nachgewiesen, daß sie konstante Ba- starde zwischen ver- wandten Arten darstel- len. Als Beispiel gilt Medicago interme- dia, der Bastard von M.falcataundsativa oder Rhododendron intermedium alsBa- ^ stard zwischen R. f er- Fig. 115. rueineum und hir- Sagittal durchschnitte der Blumen und Querschnitte der ° Antheren von A Ribes rubrum, B Ribes vulgare und SU tum. Besonders C dem Bastard R. houghtonianum. Nach Janczewsky T^..,, , , aus Godlewsky. gunstige Falle solcher konstanten Bastardformen scheinen sich bei den Beerensträuchern zu finden. Bekannt sind die intermediären, rein züchtenden Jo- hannisbeerenbcLstarde Janczewskis, deren absolut intermediäre Beschaffenheit nebenstehend wiedergegebene Blüten- und Antheren- durchschnitte gut illustrieren (Fig. 115). Das gleiche stellen Bur- banks Himbeeren-Brombeerenbastarde dar, (Primus-berry, Pheno- menal-berry), die in verbesserter Form die Eigenschaften der Eltern — 330 — zeigen und konstant züchten. De Vries, der in seinem berühmten Hauptwerk eine große Anzahl solcher konstanter Bastarde zusammen- gestellt hat, betrachtet als den einwandfreiesten aller den „abgeleiteten" Bastard zwischen dem wildwachsenden Gras Aegilops ovata und dem Weizen. Der direkte Bastard, Aegilops triticoides ist nicht fruchtbar, aber mit dem \\ eizen rückgekreuzt, gibt er eine Dreiviertel- blutform, die absolut konstant weiterzüchtet. Sie ist in der Natur 1838 gefunden worden und seitdem in zahllosen Generationen unvermindert weitergezüchtet, ohne daß Rückschläge, Polymorphie, oder eine be- sondere Variabilität auftreten. Godron iiat sie aber auch experi- mentell erzeugt, und dieser Bastard wuchs neben dem aus der Natur stammenden, von dem er nicht zu unterscheiden war, mit der gleichen Konstanz. Auch aus dem Tierreich lassen sich manche Beispiele konstanter Bastarde anführen; die gemischten Bastarde von Coloradokäferarten sind uns bereits begegnet, andere Fälle werden wir bald näher zu be- trachten haben. Bei Fasanenkreuzungen hat man konstante Bastarde in vielen Generationen gezüchtet. Ebenso bei den berühmten, oft be- sprochenen Hasen-Kaninchenkreuzungen. Diese Leporiden zeigen teils alternative, teils intermediäre Merkmale, die aber nicht spalten sollen. Es ist aber nicht zu leugnen, daß es bisher im Tierreich keinen einwand- freien Art- oder Gattungsbastard gibt, dessen völlige Konstanz über allen Zweifel erwiesen sei. Der ganz außerordentliche Erklärungswert nun, der den Mendel- schen Vererbungsgesetzen zukommt, läßt die Frage berechtigt erscheinen, ob das, was sich als konstanter Bastard darbietet, nicht doch sich viel- leicht als ein besonders komplizierter Mendelfall erweist und in der Tat ist es die Ansicht aller Mendelianer, daß dem so ist. Es ist ja auch nicht schwer, sich das so vorzustellen. Wenn von den Eigenschaften der Eltern die einen sich alternativ vererben, die anderen in heterozygotem Zustand intermediär sind, von ersteren natürlich die Dominanten teils bei einem, teils bei dem anderen Elter sich finden, so sind gar nicht sehr viele Eigenschaftspaare nötig, um im F2-Bastard ein solches Gemisch der Eltemeigenschaften hervorzurufen, daß er praktisch kaum von dem in Fj^ unterschieden werden kann. Und es wird. bereits in — 331 — solchem Fall die Spaltung sich nur dann klar manifestieren, wenn die Gametenkombination eintrifft, die eine der Elternformen rein abspaltet. Selbst bei nicht geringer Zahl von Nachkommen wird schon bei relativ wenigen Eigenschaftspaaren dies nur sehr selten vorkommen können. Gibt es doch bei 7 Eigenschaftspaaren bereits 16348 Kombinationen. Wenn nun gar bei solchen Artbastarden unvollkommene oder gar wechselnde Dominanz bei einigen Eigenschaften vorliegt, so kann jede einzelne dieser Kombinationen ein wenig von der anderen verschieden sein, und wenn die Schwankungen bei den verschiedenen Eigenschaften nicht völlig gleichgerichtet sind, so wird das Gesamtbild des Bastards in vielen Exemplaren den Eindruck eines einheitlichen Mischlings mit einer gewissen Variabilität der Mischung machen. In allen solchen Fällen sollte man aber erwarten, daß bei genügend großen Zahlen der Nachkommenschaft hie und da die reinen Elternformen abgespalten werden, oder, nach dem, was wir früher über das mendelnde Auftreten von Neuheiten gehört haben, unerwartete Ahnencharaktere erscheinen. Und es kann dann auch keinem Zweifel unterliegen, daß es im Tierreich manches Beispiel von Artkreuzungen gibt, die die eine oder andere Er- scheinung zeigen. Beide nebeneinander lassen sich an den Artkreuzun- gen demonstrieren, die Bonhote an Enten ausführte. Er vermochte dabei Bastarde zwischen verschiedenen Arten zu erhalten, die wieder zu trigenen und tetragenen Bastarden kombiniert werden konnten, die dann ein Gemisch der Charaktere der Stammarten zeigten. In der Nachkommenschaft solcher tetragener, also aus 4 Arten zusammen- gesetzter Bastarde spaltete dann einmal die eine Stammart Anas boschas rein ab. Der folgende Stammbaum erläutere das Resultat; M ist Anas boschas, Z = A. superciliosa, S = A. poecilorhyncha und P = Dafila acuta. MX S py. M \ \ MS X 1 PM FMS X z PMSZ X PMSZ \ X + X -^ M — 332 — Aber auch das Auftreten von Neuheiten, die einer anderen bekannten Form gleichen, wenn auch nicht gesagt ist, daß es eine Ahnenform ist, wurde beobachtet. Nebenstehende Fig. ii6 zeigt dies an den Flanken- fedem solcher Enten, gleichzeitig aber auch wie in weiteren Genera- tionen eines trigenen Bastards Neukombinationen eintreten, die nach Fig. II 6. Flankenfedern von Enten. 9, 11, 12 in drei aufeinanderfolgenden Generationen des trigenen Bastards PMS (s. Text). 10 von der Speckente, 13 von Dafila acuta. Nach Bonh o t e. einem der Elterntypen hin führen. Die Figuren 9, 11, 12 zeigen Flanken- federn des trigenen Bastards PM S in drei aufeinanderfolgenden Gene- rationen. Fig. 10 ist eine Feder der bei der Kreuzung nicht benutzten Speckente, zu deren Charakter eine deutliche „Reversion" erfolgt. Fig. 13 gibt eine Feder des Bastardeiters Dafila acuta wieder und die — 333 — Reihe 9, 11, 12 zeigt deutlich die wachsende Annäherung an diesen Typus, Gerade diese Entenartbastarde zeichnen sich durch volle Fruchtbarkeit aus und es ist schon recht bemerkenswert, daß gerade sie solche Andeutungen an Mendelsche Vererbung zeigen. Wir haben es nun bisher als selbstverständlich betrachtet, daß für die Frage der konstanten Bastarde nur solchezwischen weit auseinander- liegenden systematischen Kategorien wie Arten in Betracht kommen. Nun gibt es aber auch Fälle, in denen Varietätsmerkmale, die doch sonst stets mendeln, sich sichtlich konstant vererben. Neben solchen, die wir bald in anderem Zusammenhang kennen lernen wollen, ist da der bekannteste Fall die Erblichkeit der Ohrenlänge beim Kaninchen. Castle hat durch ausgedehnte Kreuzungsstudien festgestellt, daß bei Kreuzung langohriger mit kurzohrigen Rassen die Nachkommenschaft intermediär ist und dieser Charakter in allen folgenden Generationen konstant bleibt. Ein Blick auf nebenstehende Figur 117, die die Eltern eines solchen Versuchs nebst 2 Generationen von Nachkommen zeigt, läßt dies Verhalten erkennen. Bei den Elterntieren unterliegt natürlich die Ohrenlänge einer gewissen fluktuierenden Variabilität, deren Umfang bei den langohrigen Formen 20 — 30 mm beträgt, bei den kurzohrigen IG mm. Die Nachkommen zeigen gewöhnlich eine mittlere Variabilität. Die folgende Tabelle gibt das wirkliche Resultat einer solchen Kreuzung wieder, wobei die eingeklammerte Zahl unter den Nachkommenzahlen das Elternmittel darstellt, um das die Nachkommen variieren. P Q 1 1 8 mm X c5 2 1 o mm Fx c5 156 mm -}- (5 166 mm + (5 170 mm + Q 170 mm + Q 170 mm f '164 mml \ \ ■ X ^ F-2 c5 160 mm -\- (5 168 mm -j- (3 170 mm -\- (5 172 mm + (5 180 mm + Q 185 mm [168 mm] Wurden diese so erhaltenen Halbbluttiere mit Langohren wieder gekreuzt, so gab es wieder in der Mitte stehende Dreiviertelbluttiere, wie folgende Kreuzung zwischen einem Halbblutweibchen und einem langohrigen Männchen beweist: P • Q 152 mm X (5 210 mm Fx g 170 mm 4- (5 170 mm + 2 180 mm + Q. 183 mm + (5 184 mm fi8i mm] — 334 Fig. 117. 2 und 3 die Bastard eitern, langohriges Weibchen und kurzohriges Angoramännchen. I Fl Bastard mit intermediärer Ohrenlänge, 4 F2 Bastard desgl. Nach Castle. — 335 — Es zeigt sich also, daß die Ohrenlänge sich konstant intermediär ver- erbt. Dieser Fall hat nun eine besondere Bedeutung dadurch erlangt, daß Lang an ihm demonstrieren konnte, wie schwierig es jetzt ist, einen wirklichen Beweis für intermediäre konstante Vererbung zu er- bringen. Und damit kommen wir an den wichtigsten Punkt, an dem die Frage der konstanten Bastardformen jetzt angelangt ist. Es läßt sich nämlich zeigen, daß die Resultate ebenso auf Grund mendelistischer Erwägungen erklärt werden können und zwar wird die Erklärung durch die früher besprochenen Entdeckungen Nilsson-Ehles ermöglicht. Wir erinnern uns, daß deren Hauptresultat darin bestand, daß ein und dieselbe Eigenschaft von 2 oder 3 Faktoren bewirkt werden kann, die selbständig mendeln, von denen aber jeder allein für sich die Eigen- schaft auch hervorrufen kann. Bei zwei Faktoren konnten so unter 16 Nachkommen 15 phaenotypisch gleich sein, bei 3 Faktoren unter 64 nicht weniger als 63. Hätten wir gar 6 Eigenschaftspaare, so enthielte unser Kombinationsschema 4096 Rubriken, und 4095 Individuen wären unter diesen phaenotypisch gleich. In einem solchen Fall würde also, da doch nur selten, bei Tieren wohl nie, so viele Nachkommen gezüchtet werden können, die Nachkommenschaft den Eindruck erwecken, daß sie konstant züchte. In diesem Fall lag nun reine Dominanz vor; wie ist es aber, wenn der Bastard sich intermediär verhält, was, wie wir wissen, für so viele Mendelfälle zutrifft? Um das verstehen zu können, müssen wir zuerst ein anderes Resultat Nilsson-Ehles kennen lernen, das wir bisher nicht berücksichtigten. Wir nehmen an, daß die phaeno- typisch gleichen Individuen in Fg, also^Ve* t)ei drei Allelomorphen völlig gleich seien. Es zeigte sich nun aber, daß das insofern nicht der Fall sein muß, als bei den durch 3 Komponenten bedingten roten Weizen- körnern die Farbe in F2 doch zwischen hellerem und dunklerem Rot variierte. In diesem Fall könnte also wohl das Verhältnis der drei Allelomorphe nicht das sein, daß jedes Gen für sich das gleiche hervor- ruft wie ihre Gesamtheit, sondern es könnte sein, daß zwar jedes Gen rot bedingt, aber daß die Wirkung von 2 Genen ein doppeltes rot ergibt, die von 3 Genen ein dreifaches, kurz, daß sich die einzelnen Faktoren in ihrer Kombination addieren. Derartiges wundert uns nicht mehr, da es uns schon öfters begegnete z. B. beim Verhältnis von Homo- — 336 — und Heterozygoten. Ist das aber der Fall, dann können wir ja berechnen, wie oft die verschiedenen Abstufungen des Rot vorkommen müssen, indem wir im Kombinationsschema auszählen, wie oft in den Kom- binationen I Rotfaktor, 2 Rotfaktoren usw. vorkommen. Wenn wir das nun ausführen, so soll in folgendem Schema angenommen sein, daß das Rot von den 3 Faktoren A, B, C bedingt wird, und in jeder Rubrik ist durch eine Zahl angemerkt, wie oft ein Rotfaktor vertreten ist. ABC ABc AbC aBC Abc aBc a^C ab c ABC ABC ABC ABC ABC ABC ABC ABC 6 5 5 5 4 4 4 3 ABC ABc Abc aBC Abc aBc abC ab c ABc ABc ABc ABc ABc ABc ABc ABc 5 4 4 4 3 3 3 2 ABC ABc AbC aBC Abc aBc ab C ab c AbC AbC AbC AbC AbC AbC AbC AbC 5 4 Ar 4 3 3 3 2 ABC ABc AbC aBC Abc aBc abC ab c aBC aBC aBC aBC aBC aBC aBC aBC 5 4 4 4 3 3 1 2 ABC ABc AbC aBC Abc aBc abC ab c Abc Abc Abc Abc Abc Abc Abc Abc 4 3 3 3 2 2 2 I ABC ABc Abc aBC Abc aBc ß<5C ab c aBc aBc aBc aBc aBc aBc aBc aBc 4 3 3 3 2 2 2 I ABC ABc AbC aBC Abc aBc a^c ■ ab c abC abC abC abC abC ab C abC abC 4 3 3 3 2 2 2 I ABC ABc AbC aBC Abc aBc a3C ab c ab c ab c ab c ab c ab c ab c ab c ab c 3 2 2 2 I I I 0 Es kommen somit vor: 6 Rotfaktoren i mal 5 „ 6 mal 4 „ 15 mal — 337 — 3 Rotfaktoren 20 mal 2 „ 15 mal I „ 6 mal o „ I mal Das bedeutet aber etwas sehr wichtiges. Die reinen Eigenschaften der beiden Eltern werden sich nur in je i Individuum finden. Innerhalb der 63 roten Formen werden am häufigsten die Mittelroten (3 Rotfak- toren) sein, am seltensten die ganz dunkel- oder hellroten (6 resp. i Fak- tor). Mit anderen Worten : Das Rot in Fg tritt in stufenweisen Über- gängen auf, die in der Zahl, in der sie vorkommen, genau die gleiche symmetrische Verteilung zeigen, wie die Glieder der fluktuierenden Variabilität einer einheitlichen Eigenschaft. Würden aber nur wenig Nachkommen gezogen, so ist es klar, daß am ehesten die mittleren gefunden würden, somit eine völlig einheitliche mittelrote Nach- kommenschaft entstände. In diesem Fall nun handelte es sich um die Verhältnisse bei Dominanz. W'enn ein intermediäres Verhalten der Eigenschaftspaare vorliegt, so erleidet das Bild insofern eine Verschiebung, als jeder der Kombinationen noch ein entsprechendes Quantum der anderen Eigenschaft, in diesem Fall wäre es weiß, zu- gemischt wäre. Im großen Ganzen würde dadurch nur ein einziger Unterschied hervorgerufen, nämlich der, daß das gesamte Schwanken der Typen nicht um mittelrot, sondern um rosa stattfände. Wenden wir das Prinzip nun im Anschluß an Lang auf die Ohren- länge der Kaninchen an, so können wir annehmen, daß lange Ohren durch 3 Gene bedingt seien. Angenommen Ohren von 100 mm seien kurze, so macht ein Langohrengen sie um 40 mm länger, 3 Gene um 120 mm, also zu 220 mm. Werden 220 mm-Kaninchen mit 100 mm-Tieren gekreuzt und F^ ist intermediär, so zeigt es 160 mm-Ohren. In F2 tritt nun die Spaltung so ein, daß sich die Phaenotypen genau so ver- teilen müssen, wie es oben für die. Wirkung der 3 Rotfaktoren abge- leitet wurde. Da aber intermediäre Vererbung vorliegt, so verteilen sich die Phaenotypen nicht auf der dominanten Seite, sondern über die ganze Reihe hin, und da die 40 mm Wirkung eines jeden Langohren- faktors, da wo er heterozygot erscheint, halbiert wird, erhält man die auftretenden Größen, wenn man die Zahl der anwesenden Halbfaktoren Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswisseaschaft. 22 — 338 (große Buchstaben) im Kombinationsschema x 20 mm zu dem Kurzohr von IOC mm addiert: Denn die Form ABCc = 100 + (40 + 40 + -l =s 200 ist dort geschrieben AABBCc = 100 + (5 • 20) = 200. Unter diesen Voraussetzungen erhielten wir in F2 die Phänotypenverteilung: 220 mm I Individuum 200 , 6 >> 180 , , 15 ., 160 , , 20 J» 140 , , 15 >> 120 , , 6 >> 100 , , I >> Bei Kreuzung des Kurz- und Langohrenkaninchens brauchte unter 20 Nachkommen nur die Mittelklasse vertreten zu sein: der Eindruck der Konstanz der intermediären 160 mm-Bastarde in Fg entsteht. Erst unter 64 Nachkommen ist ja eines den Eltern gleiches zu erwarten. Je größer nun die Zahl der Merkmalspaare ist, um so größer wird natür- lich die Mittelklasse. Für 12 Merkmalspaare berechnet sich so die Zahl der 'Individuen mit Ohren zwischen 140 und 180 mm auf etwa 15 Mill. unter 17 Millionen, (was nach den in der 11. Vorlesung gegebenen Zahlen- ableitungen ja leicht zu berechnen ist), und unter diesen ist nur je ein reines Exemplar vom Charakter der Eltern. Wenn also in der Tat die Ohrenlänge von mehreren Merkmalspaaren bedingt ist, so brauchen es nur sehr wenige Faktoren zu sein, um bereits eine konstant-intermediäre Vererbung mit einer Variabilität um das Mittel vorzutäuschen. Wenn die Supposition richtig ist, so kann sie bei Tieren, die nicht durch Selbstbefruchtung vermehrt werden können, wobei sich ihre genotypische Zusammensetzung leicht zeigen würde, nur so erwiesen werden, daß ausnahmsweise unter den scheinbar rein intermediär züchtenden Bastarden auch Exemplare vorkommen, die sich ganz oder teilweise dem Elterntypus nähern oder daß sich erblich konstante Formen isolieren lassen, die mehr patro- oder matroklin sind, ent- sprechend den Größenklassen, die die Merkmale bedingen, in unserem Beispiel also 100, 140, 180, 220 mm. Denn wir wissen ja, daß bei 3 Eigenschaften 8 homozygote Typen existieren, die im Kombinations- — 339 — Schema sich immer in der Diagonale Hnks oben — rechts unten finden und von denen bei intermediärer Vererbung, wie das Kombinations- schema zeigt, 2x3 identisch aussehen. Und wenn solche isoliert würden, müßten sie rein weiterzüchten. Bei pflanzlichen Objekten mit Selbstbefruchtung ist es allerdings ein Leichtes, diese Homozygoten zu isolieren. Bei Tieren dürfte es aber nicht leicht vorkommen, daß bei den begrenzten Zahlen der Zuchten zufällig zwei Homozygoten zusammenkommen, von denen bei Annahme von nur 10 Eigenschaften bereits nur etwa ^/looo ^^r Gesamtindividuenzahl existieren. Lang weist nun darauf hin, daß es in der Tat bei Castle Angaben gibt, die darauf hindeuten, daß gelegentlich Individuen mit stark goneokliner Ohrenlänge auftreten. Die Möglichkeit ist also nicht von der Hand zu weisen, daß dieser und dann auch andere ähnliche Fälle, nach Nilsson- Ehles Prinzip als Fälle Mendelscher Vererbung zu erklären sind. Im höchsten Maß bemerkenswert erscheint, daß diese Interpretation nun auch einen Fall klärt, der bisher die Hochburg der konstanten Bastardvererbung darstellte, den Fall des Mulatten. Bateson be- zeichnet dieses Kreuzungsprodukt zwischen Neger und Weißen direkt als den einzigen sicheren FaU einer solchen Vererbung. Die genaue Untersuchung der Hautfarbe der Nachkommenschaft von Mulatten- paaren durch G. und C. Davenport, wobei die Farbanteile, aus denen sich der Hautton zusammensetzt, mittels des Farbkreisels exakt bestimmt wurden, zeigte aber, daß sie eine ganze Variationsreihe von hell zu dunkel in verschiedenem Gemisch bildeten. So hatten 7 Kinder eines solchen Paares folgendes Verhältnis von Schwarz zu Weiß in ihrer Hautfarbe, bestimmt nach der Skala des Farbenkreisels: Schwarz 6 23 25 31 32 33 46 Weiß 60 25 25 24 17 33 7 75 8 Bei einem Neger ist das Verhältnis — , bei einem Weißen — . Da nun & 2' .33 außerdem in der Nachkommenschaft von Mulatten ganz weiße wie fast ganz schwarze Individuen auftreten können, so kann es kaum mehr einem Zweifel unterliegen, daß auch dieser Fall sich in genau der gleichen Weise wird erklären lassen, wie der der Kaninchenohrenlänge. Wenn es wohl auch kaum möglich sein wird, aus noch so reichen Statistiken — 340 — die Zahl der dabei mitspielenden Faktoren bei der Unmöglichkeit des Experiments festzustellen, so genügt doch schon die Übereinstimmung im Verhalten von Fg mit Nilsson-Ehles roten Weizenkörnern, um jene Erklärung als im höchsten Maß wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Es ist besonders bemerkenswert, daß es durchaus nicht ausgeschlossen erscheint, daß diese Erklärung auch für Artbastarde gilt. Wir haben oben gehört, daß Tower durch Kombination mehrerer Coloradokäfer- arten intermediäre Bastarde erhielt, die schließlich konstant züchteten, Sie bildeten aber in einem gewissen Prozentsatz „Mutationen", die nach seinen Angaben so den Stammformen zuneigen, daß er sie für Abspaltungen hält, die Mutationen vortäuschen. Kommen diese inter- mediären konstanten Bastarde aber auf Grund des gleichen Prin- zips zustande, dann ist dies nicht weiter merkwürdig, denn in einer inter- mediären, hier sogar aus mehreren Arten zusammengesetzten Popula- tion, muß die Abspaltung einer der patroklinen resp. matroklinen Formen, vergleichbar einem 220 mm-Ohr unter den 160 mm-Bastarden, den Eindruck einer Mutation machen. Wir sehen hier klar, wie eine Entdeckung dazu führen kann, sehr viele andere, scheinbar feststehende Tatsachen einer erneuten kritischen Betrachtung zu unterziehen, und wir wollen den wichtigen Gegenstand nicht verlassen, ohne auf einen Punkt hingewiesen zu haben, der wohl auch unter dem neuen Gesichts- winkel einer erneuten Betrachtung bedarf, die Frage der erblichen .Variationen. Eine Betrachtung des oben gegebenen Kombinations- schemas für die drei Farbfaktoren zeigt, daß in einer solchen Bastard- population sich identische erbliche und scheinbar nicht erbliche Varia- tionen zeigen können. Die Anordnung der Phaenotypen war ja die gleiche wie in einer Variationskurve. Soweit sie heterozygot sind, werden sie nicht rein weiterzüchten, also auch dadurch den Eindruck fluktuierender Varianten machen. Die Homozygoten züchten aber rein, erscheinen somit als erbliche Varianten. Wir haben früher die große Bedeutung der erblichen Varianten für die Artbildung besprochen : Jetzt sehen wir, daß Schlüsse in solcher Richtung nur gezogen werden können, wenn das Untersuchungsmaterial sicher nicht hybrid ist. Anderenfalls würde vielleicht gerade diese Bastardierungsform eine große Bedeutung für die Bildung neuer Elementararten erhalten. Allerdings — 341 — werden unsere früheren Betrachtungen über erbhche und nichterbhche Varianten, besonders die Schlüsse aus Towers diesbezüglichen Experi- menten, dadurch nicht getroffen. Schheßhch kann von der gleichen Richtung her auch die Tatsache erklärt werden, daß innerhalb einer scheinbar identischen Bastardgruppe bisweilen eine erfolgreiche Selek- tion möglich ist. Es zeigte sich, daß durch Kreuzung von ganzfarbigen mit gescheckten Ratten, die, wie wir schon hörten, den Rückenstreifen, die Fahne, zeigen, der Grad der Scheckung sehr variabel werden kann, wie nebenstehende Fig. ii8 zeigt. Durch Selektion konnten dann Mc. Curdy und Castle dies Maß beeinflussen. Wenn die Variabilität eine Ursache hat, die sich aus Nilsson-Ehles Prinzip ergibt, dann ist aber auch der Erfolg der Selektion nicht weiter verwunderlich, da eine erfolgreiche Selektion der vorhandenen Gametenkombinationen unter Auswahl der homozygoten Faktorenkombinationen ja selbstverständ- lich möglich sein muß. Wenn sich die Fälle der scheinbar konstanten intermediären Ver- erbung nun mittels des Nilsson-Ehl eschen Prinzips als echte Mendel- fälle enthüllen sollten, was, wie gesagt, jetzt sehr wahrscheinlich er- scheint, — und dem Erklärungswert dieses Prinzips gegenüber muß in der Tat alles oben für die konstante Vererbung angeführte Material zurücktreten — so bleibt wohl nur eine Möglichkeit übrig, eine nicht spaltende Vererbung einwandfrei nachzuweisen. Sie wäre bewiesen, wenn es gelänge, intermediäre oder alternative spaltende Bastarde ex- perimentell zu zwingen, das Spalten aufzugeben und alternativ- resp. intermediär-konstant zu bleiben. So sehr diese Möglichkeit vielen Mendelschen Anschauungen wiederstreitet, so scheint sie doch ver- wirklicht zu sein. Aber gerade in diesem Punkt stehen wir erst am bescheidensten Anfang der Forschung. Es sind eigentlich nur Towers neue Studien zu nennen, von denen wir ja schon früher hörten. Denn ihm gelang es, experimentell konstante Bastarde bei Formen zu erzeugen, die sonst typisch mendelndes Verhalten zeigen und zwar waren dies keine intermediären, sondern alternative Bastarde. So ergibt die Kreuzung zwischen einem Q von Leptinotarsa undecimlineatä mit dem cf L. signaticoUis unter bestimmten Bedingungen in F^ intermediäre Bastarde, die in F2 typisch im Verhältnis von 1:2:1 342 — •■■■■t ■■■■■■I ■■■■■■I «■imi »■■■■■■«■«1 !■■■■■■■■■■« !■■■■■■ ■■Mli :«a«BBB«Bi ■«■■■■■■■ ■»■■■«IBB «■■■■■■I ■■■■■■■ !!!■■■■ iSS8SSSSS&S£l!55E!SS!S!5 ■•■■■■■■■iii [■■■■■«■■■■■SSi ■■■■■■■■■■■■"' ilMMIBB {■■■■9PI Fig. Ii8, Gescheckte Ratten mit verschieden starker Ausbildung des Rückenstreifen (Fahne}, Nach Mc. Curdy und Castle. — 343 — spalteten. Wurden die gleichen Tiere resp. identische bei größerer Wärme und Feuchtigkeit gepaart, so zeigte Fj den rein mütterlichen Typ, also Dominanz von undecimlineata. Dieser Typus spaltete aber nicht mehr, sondern blieb in den 6 gezüchteten Generationen konstant. Diese Versuche stehen ja erst im ersten Anfang, doch deuten sie bereits darauf hin, daß wirklich aus einer spaltenden eine konstante Vererbung hervorgehen kann. Das bedeutet aber mit anderen Worten, daß der heterozygote Zustand bei der Gametenbildung unter Umständen in einen homozygoten übergehen kann: der Bastard Aa, der bisher Gameten A und Gameten a bildete, produziert jetzt nur noch Gameten Aa= B. Wenn dies möglich sein sollte, und es liegt kein Grund vor, die Möglichkeit zu verneinen, so wirft es auch Licht auf mancherlei weitere Fragen, die der Mendelismus hervorruft, wie nun noch Icurz angedeutet sei. Es ist natürlich von größtem Interesse zu erfahren, welche Folge- rungen sich aus den Bastardierungsstudien für die Entstehung neuer Tier- und Pflanzenformen ergeben. Und da zeigen die Tatsachen ohne weiteres mehrere Wege, die in der züchterischen Praxis des Menschen wohl immer beschritten, in der Natur zum Teil aber auch vorkommen werden. Zimächst wissen wir jetzt, daß neue Formen entstehen können, ohne daß die geringste Neubildung stattfindet, nämlich durch neue Kombinationen von Erbeinheiten. Zwischen Formen, die freie und fruchtbare Bastardierung zulassen, können die Erbeinheiten in der verschiedensten Weise ausgetauscht werden, ja bei Pflanzen, die sich vegetativ vermehren lassen, ist unter Umständen nicht einmal Frucht- barkeit nötig. Dieser Austausch von Eigenschaften und ihre Neu- kombination ist in ganz erstaunlichem Maß durchführbar. Sie wird natürlich ihre Grenze in physiologischen Möglichkeiten haben, da sich physiologisch unvereinbare Dinge wohl auch nicht kombinieren lassen. Welche außerordentlichen Möglichkeiten da bestehen, zeigt vor allem die gärtnerische Praxis. Der große Pflanzenzüchter Luther Burbank verdankt sicher den Hauptteil seines Erfolgs der Fähigkeit, die rich- tigen Bastardierungskombinationen auszuführen. Seine beiden be- rühmtesten Produkte, die kernlose Pflaume und der stachellose Kaktus sind so durch Bastardierungskombinätion erhalten, nichts an ihnen ist — 344 — neu erzeugt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Kenntnis der Bastardierungsgesetze auch den Tierzüchter in den Stand setzen müßte, jederzeit die gewollten Kombinationen in berechenbarer Art zu erzeugen. Eine weitere Art der Entstehung neuer Formen haben uns vor allem im Tierreich die Studien an Nagetieren gelehrt. Es hat sich dort stets herausgestellt, daß die in der Natur vorhandene Wildfärbimg auf dem Vorhandensein einer großen Zahl von Faktoren beruht, die sich gegen- seitig in bestimmter Weise , »hierarchisch" übergeordnet sind, wie wir das an dem Beispiel der Mäuse genau kennen lernten. Alle Studien auf diesem Gebiet haben nun übereinstimmend gezeigt, daß die sämt- lichen bekannten Varietäten nur so aus der Wildform entstehen konnten, daß zuerst der die Wildfarbe veranlassende Faktor durch eine Mutation verloren ging und weiterhin einer nach dem anderen, wie das an den früher geschilderten Erbformeln der Mäuse, die im Prinzip ganz ähnlich auch für Kaninchen und Meerschweinchen zutreffen, leicht abzulesen ist. In der Richtung scheinen sich sichtlich die Domestikationsmutanten mit Vorliebe zu bewegen. Ebensogut ist es aber auch denkbar, daß das umgekehrte statthat, daß zu der Erbmasse ein neues Gen hinzu- kommt, welches nun die nächst höhere, also epistatische Einheit dar- stellt. Das ist der Fall etwa, wenn Schmetterlinge Melanismen bilden, die sich stets als über die Stammart dominant erweisen. In ersterem Fall entsteht aus der Form ABC der Mutant ABc, in letzterem aus ABC der Mutant ABCD, sodaß die Stammform jetzt heißt ABCd. Auch bei wilden Formen, wie den Elementararten von Viola und Cäpsella ließ sich feststellen, daß sich zahlreiche Elementararten durch verschiedenartige Kombinationen einer geringen Zahl von Erb- einheiten erklären lassen, Kombinationen, die aber durch addierende oder subtrahierende Mutation leicht verständlich erscheinen. Nun ist es eine merkwürdige Tatsache, daß es oft Mutanten gibt, die bei ihrem ersten Auf treten heterozygot erscheinen, also AABBCCDd, somit wie Bastarde zwischen Mutant und Stammart sich verhalten. De Vries hat bereits darauf aufmerksam gemacht, als er fand, daß manche seiner Mutanten, wenn mit der Stammart gekreuzt, wieder die Stammart abspalteten. Er glaubt annehmen zu müssen, daß die — 345 — Mutation in den Geschlechtszellen der Pflanze statthat. Da diese mutierten Zellen im allgemeinen wohl von normalen Zellen befruchtet werden, so entsteht ein heterozygoter Bastard, und er glaubte, daß auf diese Weise alle neuen Mutanten entstehen. Es gibt in der Tat manches Beispiel dafür, daß derartiges vorkommt. Wir haben schon früher gehört, daß die aus der Natur stammenden Aberrationen f erenigr a und melaina von Aglia tau stets heterozygot gefunden werden und das gleiche trifft für viele andere Schmetterlingsaberrationen zu, die St and - fuss kreuzte, sodaß Gross auf Grund dieser Befunde einen besonderen Standfussschen Vererbungstypus aufstellen konnte. Dieser Ein- förmigkeit gegenüber ist man wohl berechtigt anzunehmen, daß diese Aberrationen direkt als hererozygote Mutanten entstanden sind. Sol- cher Beispiele ließen sich noch manche, besonders aus dem Gebiet der Tierzucht, anführen ; als ein sicherer Fall sei nur jenes Einhuferschwein erwähnt, das wir früher als Sport kennen lernten. Mit einem normalen Schwein gepaart ergab sich zur Hälfte normale, zur Hälfte einhufige Nachkommenschaft. Auch mit der Nachkommenschaft des berühmten Anconwidders muß es sich so verhalten haben, wenn man den spärlichen Nachrichten Glauben schenken darf. Als besonders merkwürdiger Fall sei nur noch der der gelbblätterigen (aurea) Sippe von Antirrhinum majus erwähnt, die Baur studierte, der auch noch andere analoge Fälle heterozygoter Mutanten beschreibt. Diese Sippe ist stets hetero- zygot in Bezug auf grün mit Dominanz von gelb. Mit ihresgleichen fort- gepflanzt entstanden 1/3 wieder heterozygote aurea -Formen und Vs homozygote grüne. Homozygote gelbe werden aber nie gebildet, und zwar, wie sich zeigte, blos deshalb, weil sie nicht lebensfähig sind und schon als Keime absterben. Unter diesen Umständen bleibt natürlich keine andere Annahme übrig, als daß diese aurea -Form als heterozygote Mutante entstand. Ja Correns konnte sogar neuerdings einen Fall feststellen, in dem ein Individuum direkt aus dem homozygoten in den heterozygoten Zustand spontan überging. Aber auch für Mutanten, die durch Verlust eines Genes entstehen, scheint die heterozygote Ent- stehung zuzutreffen. Haagedoorn fand in einer Mendelkultur von wildfarbigen und weißen Mäusen die plötzliche Entstehung von schwar- zen. Durch Rückkreuzung mit den noch lebenden Eltern und Vorfahren — 346 — konnte er nun ihre Entstehung aufklären. Schwarz entsteht, wie wir wissen, wenn der Wildfaktor G wegfällt. Wenn GN .... wildfarbig ist, ist gN .... schwarz. Es zeigte sich nun, daß eine Maus in F2 teil- weise Gameten bildete von der Beschaffenheit gN Da diese mit normalen grauen GN .... befruchtet wurden, so entstanden hetero- zygote Mutanten GgNN . . . . , die natürlich auch wildfarbig waren, somit ihr Wesen nicht erkennen ließen. Erst als ein solches heterozy- gotes Weibchen mit einem heterozygoten Männchen zusammenkam, mußten schwarze entstehen, denn GgNN x GgNN = GGNN + 2 GgNN + ggNN. Die Mutation war also auch heterozygot, konnte aber nicht sichtbar werden. Diese Tatsachen erscheinen nun nach zwei Richtungen hin be- deutungsvoll. Einmal wird sich aus ihnen vielleicht einmal die Er- klärung für jene absonderlichen Fälle der geschlechtsbegrenzten Ver- erbung ergeben, bei denen sich (Abraxas grossulariata Q, Drosophila (^) das eine Geschlecht als heterozygot gegenüber der Mutation erwies. Es ist ja merkwürdig, daß diese Form der geschlechtsbegrenzten Vererbung gerade mit solchen Verlustmutanten verknüpft ist. Das Absonderliche solcher Fälle ist, daß die Stammform, ohne ein Bastard zu sein, ihrer Mutation gegenüber heterozygot erscheint, wie wir später hören werden. Das mahnt auch anderen Fällen gegenüber zur Vorsicht. Man hat die Mutationstheorie durch den Nachweis der Heterozygotie der Oenothera lamarckiana zu bekämpfen gesucht. Hier zeigt sich nun, wie eine Form einer anderen gegenüber als Heterozygote erscheinen kann, ohne selbst Bastard zu sein. Vielleicht ist gerade hier der Punkt gegeben, von dem aus nicht die Mutationen widerlegt, sondern geklärt werden können. Die andere Richtung aber ist die, die den Ausgangspunkt dieser Erörterungen bildet, die Möglichkeit eines Über- gangs von spaltender Vererbung zu konstanter. Ein solcher hetero- zygoter Mutant könnte direkt in einen homozygoten übergehen, wenn sein Merkmalspaar die Fähigkeit zu spalten verlieren würde, also aus Aa B würde. So ließe sich die Entstehung von Formen erklären, deren Charakter bei naheverwandten Formen entweder nur heterozygot in Erscheinung treten kann oder ein selbständiges homozygotes Merkmal darstellt. Wir lernten früher die nur als heterozygoter Charakter auf- — 347 — tretende Sprenkelung der Bohnen kennen ; es gibt aber auch homozygot gesprenkelte Bohnensorten, es wäre somit der Sprenkelungsfaktor B aus der heterozygoten Mosaiksprenkelung Aa durch Verlust der Späl- tungsfähigkeit hervorgegangen. Wir lernten die mosaikartige Anord- nung von schwarzen und weißen Farbteilen bei den Mosaikbcistarden von Hühnern kennen, wir wissen aber auch, daß die gleiche Zeichnung als nicht spaltender erblicher homozygoter Charakter vorkommt. Und so ist es denkbar, daß manche in der Natur vorkommenden Gitter- muster der Zeichnung, Sperberung, Scheckung so entstanden sind. Es ist aber auch noch eine andere Art des Übergangs heterozygoter Mutanten in homozygote Beschaffenheit denkbar (natürlich nicht zu verwechseln mit Homozygotie in gewöhnlichem Sinn, die natürlich durch Isolation der reinen Dominanten erzielt wird; also nicht der Übergang von Aa in AA oder aa, sondern der von Aa in AAaa oder in B), die, wenn sie als existierend erwiesen werden könnte, die Erklärung für manche sonst unverständliche Gametenkonstitution ergeben würde. Erinnern wir uns der Kreuzung Aglia tau ferenigra x melaina, die beide heterozygote Mutationen sind, so entstand daraus Ff X Mm = FM + Fm + fM + fni. Fm ist ebenso ferenigra wie Ff und fM ebenso melaina wie mM. Könnte nun die Heterozygote Fm in homozygoten Zustand in jenem Sinn übergehen, also die Neigung zu spalten verlieren, so hätten wir ferenigra-Formen, die den tau-Charakter {m = nicht Melaina) nun nicht heterozygot, sondern durch Dominanz {F domifiiert m) unsichtbar besäße, nämlich FFmm. Das gleiche wäre mit melaina der Fall. Würde jetzt ferenigra und melaina gekreuzt, so hätten wir eine Kreuzung mit 2 Eigenschaftspaaren, nämlich Fm x Mf. F^ wäre jetzt MFmf = weismanni und F2 müßte im Verhältnis von 9:3:3:1 spalten in weismanni, ferenigra, melaina und tau. Das wäre aber ein Verhalten, welches genau der besprochenen Kreuzung von Erbsenkamm und Rosen- kamm entspricht. Beide sind Mutationen vom einfachen Kamm aus; die bewiesene Faktorenzusammensetzung war für Rosenkamm Rp, für Erbsenkamm rP, wobei doch eigentlich r und p das gleiche bedeuten. Die eben ausgeführte Annahme des Übergangs vom heterozygoten spaltenden in den homozygoten nicht spaltenden Zustand könnte es — 348 - erklären, wie eine derartig absonderliche erbliche Beschaffenheit entsteht, die sonst ganz unverständlich ist. Allerdings geraten solche Annahmen in Widerspruch mit Batesons presence-absence-Theorie ; sie harmo- nieren wesentlich besser mit der von vielen Seiten gemachten Annahme, daß auch das rezessive Verhalten auf der Anwesenheit von etwas beruht, was Plate als Grundfaktor bezeichnet, dem die zugehörige Dominante als Supplement gegenüber steht. Hier ist einer der vielen Punkte, an dem nur durch Kombination von Bastardierung mit experimentellen Eingriffen weitere Erkenntnisse möglich sein werden. Man könnte vielleicht erwarten, daß in dieser Richtung besonders klare Erkenntnisse aus Bastardierungsstudien an frisch entstandenen Mutanten zu erwarten wären. Solche Studien liegen denn auch von Seiten De Vries, wie amerikanischer Forscher, bereits in ausgedehntem Maßstab an seinen Oenotheramutanten vor. Daß sie aber Klärung gebracht hätten, läßt sich nicht behaupten ; im Gegenteil haben sie so verschiedenartige und unverständhche Resultate zu Tage gefördert, daß es zur Zeit kaum möglich erscheint, sie einheitlich zu betrachten. Wir wollen es deshalb auch uns versagen, sie im einzelnen kennen zu lernen ; nur auf eines sei hingewiesen, daß neben reinen Mendel Spaltungen wie verwickelten Spaltungen in F^ auch konstant intermediäre Bastarde auftraten, wie bei der Kreuzung Oe. gigas x lamarckiana. Vielleicht wird sich zeigen, daß ein Teil der verwickelten Resultate daher kommt, daß der Ausfall solcher Kreuzungen besonders stark von äußeren Be.- dingungen beeinflußbar ist, wie bei Towers Coloradokäfern. Die Tatsache, daß die gleiche Kreuzung in Europa und Amerika verschiedene Resultate geben konnte, deutet vielleicht in diese Richtung. Wir sind damit am Schluß der Betrachtung der mendelistischen Phänomene angelangt. Trotzdem in dieser „Einführung" viele Einzel- heiten nur kurz gestreift werden konnten und mancherlei noch Un- geklärtes gar nicht besprochen wurde, geht aus der Gesamtheit des vorgeführten Materials wohl klar hervor, daß die Bastardforschung ein Recht darauf hat, sich in das Zentrum der ganzen Vererbungslehre zu stellen. Denn es gibt wohl keinen Punkt in dieser ganzen W^issenschaft, der nicht auf Grund des Mendelismus sich unter neuen Gesichtspunkten betrachten läßt, und es erscheint uns daher begreiflich, wenn die führen- 349 — den Forscher unser Gesamtwissen auf diesem Gebiet nach dem Mende- lismus zu orientieren beginnen. Seine außerordenthche Fruchtbarkeit äußert sich aber auch darin, daß fast jede neue Entdeckung — man denke an Nilsson-Ehles Prinzip — wieder neue Tatsachenkomplexe mendehstischer Betrachtung erschheßt, und so kann man mit Recht von dieser Forschungs- richtung noch Großes erwarten. Wenn sich dann vielleicht einmal zeigen sollte, daß die Hoffnungen und Wün- sche auf den erklären- den Wert dieses großen Gedankengebäudes et- was über das Ziel hin- ausgeschossen sind, so wird das keinen Vor- wurf bedeuten: denn solches ist das Recht, ja sogar die Pflicht einer jeden großen Idee. Zum Schluß sollen noch einige wenige Worte über die Biolo- gie der Bastarde Platz finden, von der bisher kaum die Rede war. Denn es gibt Eigen- tümlichkeiten physiologischer Natur, die viele Bastarde gegenüber den Elternformen zeigen. Eine von ihnen ist die Neigung der Ba- starde zum Luxurieren. Es ist eine alte Erfahrung der Gärtner, der Tierzüchter, wie auch schon der älteren Bastardforschung, daß man oft durch Kreuzung Formen erhalten kann, die an Größe, Kraft, Wuchs die beiden Elternformen weit übertreffen. Als schönes Beispiel aus Fig. 119. Bastard zwischen englischer X kalifornischer Walnuß mit Riesenwuchs. Nach De Vries. — 350 — dem Pflanzenreich sei Burbanks gigantischer Bastard zwischen eng- lischer und kalifornischer Walnuß erwähnt, den vorstehende Fig. 119 nach der Aufnahme von De Vries zeigt und der bei außerordentlich schnellem Wuchs die doppelte Größe gewöhnlicher Walnußbäume er- reicht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß East glaubt, daß die guten Kartoffelsorten auch luxurierenden Bastarden entstammen, da sie in vielen Charakteren sich als heterozygot erwiesen, was, da sie ja nur ungeschlechtlich fortgepflanzt werden, von jeher der Fall sein muß. Aus dem Tierreich sei nur auf die außerordentliche Leistungs- fähigkeit der Maultiere verwiesen oder auf einen von Kammerer gezüchteten Acerina-Perca-Bastard, der sich als viel schnellwüchsiger und zählebiger erwies als seine Eltern. Ein zweiter Punkt aus der Biologie der Bastarde, dem praktisch eine große Bedeutung zukommt, ist die Frage der Fruchtbarkeit. Während meist Bastarde zwischen nahestehenden Rassen, Varietäten, Elementar- arten unbegrenzt fruchtbar sind, nimmt die Fruchtbarkeit mit der Ent- fernung im System rapid ab. Schon von Artbastarden gilt die Tatsache, daß sie in überwiegender Zahl unfruchtbar sind. Und zwar lassen sich dabei alle Übergänge von völliger Unfruchtbarkeit über geminderte Fruchtbarkeit zu normaler Fruchtbarkeit feststellen. Bei völlig un- fruchtbaren Artbastarden zeigt sich allerdings bisweilen, daß nur die männlichen Tiere gänzlich unfruchtbar sind, die weiblichen aber regel- mäßig oder nur gelegentlich befruchtungsfähige Eier bilden, oder auch das umgekehrte, sodaß eine Anpaarung mit den Elternformen möghch ist. Über die Ursache der Unfruchtbarkeit ist so gut wie nichts bekannt. Man hat versucht sie auf celluläre Ursachen zurück- zuführen, ohne daß dies trotz zahlreicher Einzelbefunde mit einiger Zuverlässigkeit gelungen wäre. Denn es zeigte sich, daß entweder überhaupt keine Geschlechtszellen gebildet werden oder daß sie sich ganz normal entwickeln und trotzdem im letzten Moment zu Grunde gehen. Für die Frage der Artbildung aus konstant züchtenden Bastar- den ist dieser Punkt natürlich von besonderer Wichtigkeit; wie vor- sichtig man da aber mit negativen Schlüssen sein muß, geht aus der Tatsache hervor, daß Wettstein bei sterilen Sempervivumbastarden fand, daß bei Erzeugung neuer Blüten plötzlich die Fruchtbarkeit — 351 — wieder auf 50% anstieg, so daß er eine konstante Bastardrasse züchten konnte. Vielleicht ist die Ursache der Unfruchtbarkeit in den gleichen Faktoren zu suchen, die es bedingen, daß mit steigender Entfernung der Bastardeltern im System auch die Bastardnachkommen immer mehr lebensunfähig werden. Gattungsbastarde von Schmetterlingen sterben vielfach schon auf dem Raupenstadium, noch weiter ent- fernte Bastarde vermögen bereits die Embryonalentwicklung nicht mehr zu vollenden oder sogar nur zu beginnen. Angesichts des be- kannten biochemischen Verhaltens der Körpersäfte verschiedener Tier- formen (Präcipitation) dürften die Ursachen für beide Erscheinungen wohl auf biochemischem Grebiet zu suchen sein. Siebzehnte Vorlesung. Pffopfbastarde und Chimären. Am Schluß unserer gedrängten Übersicht über die Hauptergebnisse der modernen Bastardlehre angelangt, bleibt uns noch ein Problem zur Besprechung übrig, das in der Neuzeit besonders lebhaft diskutiert wurde : die Frage nach der Möglichkeit, auf vegetativem Wege Bastarde zu erzeugen. Im Tier- wie im Pflanzenreich gelingt es ja bekanntlich, Teile verschiedenartiger Individuen miteinander zu einer Einheit zu verbinden, indem sie mit künstlich gesetzten Wundflächen aufeinander- geheilt werden. Im Tierreich nennt man das Verfahren meist Trans- plantation, besonders wenn nur kleine Gewebs- oder Organteile des einen Individuums dem anderen einverleibt werden, im Pflanzenreich ist diese vegetative Vereinigung als Okulierung und Pfropfung allge- mein bekannt. Die Frage ist nun die, ob bei einer derartigen Vereinigung von Individuen verschiedener Art oder Rasse die Gewebe sich zu einem Bastardgewebe vereinigen können oder ob vielleicht durch eine der Befruchtung vergleichbare vegetative Zellverschmelzung der Ausgangs- punkt für eine Bastardentwicklung gegeben werden kann. Für das Tierreich können wir uns in Bezug auf diese Frage sehr kurz fassen : — 352 — bis jetzt ist nichts bekannt geworden, was auch nur entfernt auf eine solche MögHchkeit hindeuten könnte. Bei Vereinigung artfremder Tier- stücke können wohl Doppelwesen entstehen, in denen aber stets die beiderlei Bestandteile deutlich getrennt bleiben. Nebenstehende Figg. 120 und 121 zeigen solche Doppelwesen verschiedener Froscharten, in denen sich aber die Bestandteile, im Beispiel durch die Pigmentierung der Haut, deutlich trennen lassen. Es ist allerdings noch nicht gelungen, solche Tiere zur Geschlechtsreife heranzuziehen* aber auch auf dem Wege der Regene- ration, der für das Pflanzenreich, wie wir gleich sehen wer- den, so bedeutungs- volle Ergebnisse zei- tigte, konnte nichts erzielt werden. Wur- de einer der erwähn- ten sehr jungen Dop- pellarven in der Art wie es nebenstehende Fig. 122 zeigt, ein Stück des Mutter- tieres und des Pf ropf- Fio-. 120. Stücks gleichzeitig Zusammengesetzte Embryonen ; vorne Rana sylvatica, hinten abgeschnitten, SO re- R.palustris, in verschiedenen Altersstadien. Nach H arrison. generierte von der Wundfläche her ein neuer Schwanz. An dem Regenerat aber beteiligten sich in gleicher Weise die beiderlei Gewebe, ohne sich dabei irgendwie zu einer Einheit, einem Bastardgewebe zu vereinigen. Wenn es überhaupt nun möglich sein sollte, auf vegetativem Wege Bastarde zu erzeugen, so ist es zweifellos weit eher im Pflanzenreich als im Tierreich zu erwarten. Denn wir haben schon gehört, daß bei den Pflanzen der im Tierreich so weitverbreitete Gegensatz zwischen Borna und Geschlechtszellen nicht besteht, sodaß man von vornherein die MögHchkeit nicht bestreiten kann, daß zwei vegetative Gewebe- — 353 — Zellen sich so miteinander vereinigen, daß ein dem Befnichtungsprozeß entsprechendes Resultat zu stände käme. Wenn dieser Nachweis aller- dings gelänge, so wäre er in seinen weiteren Folgerungen für die ganze Befruchtungs- und Bastardierungslehre von elementarer Bedeutung. Die Idee nun, daß es vegetativ, also durch Pfropfung erzeugte Bastarde, Fig. 121. Künstlicher Doppelfrosch aus vom Rana pipiens, hinten R. palustris. Links als Kaul- quappe, rechts als Frosch. Nach Harrison. Pfropfbastarde, geben könne, ist oft diskutiert worden und sie hat ihren Ausgang stets von drei gleich berühmten Fällen genommen, die ihre Erklärung am besten auf solchem Wege finden sollten. Der erste ist der Fall des Goldregens Cytisus Adami. Er entstand im Jahre 1825 in Adams Garten in der Nähe von Paris und zwar im Anschluß an eine Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 23 — 354 — Pfropfung von Cytisus purpureus auf Cytisus laburnum. Seine von Adam mitgeteilte Entstehungsgeschichte, die ihn auf die gleiche Stufe wie alle anderen sogenannten Pfropfbastarde stellt, wurde vielfach an- gezweifelt. Jetzt ist aber nach allem was wir wissen, kein Grund mehr vorhanden daran zu zweifeln, obwohl der Ursprungsbaum verloren gegangen ist. Er konnte aber seitdem weder neugebildet noch auch auf dem Wege echter Bastardierung erhalten werden. Er stellt in seinen Charakteren eine Mischung zwischen den beiden Stammpflanzen dar. Häufig aber erfolgt ein Rückschlag auf eine der beiden Formen, sodaß ein und derselbe Baum Blütentrauben des gelben, des purpurnen Goldregens und der Mischform tragen kann. A Larve von Rana sylvatica mit aufgepfropftem Schwanz von R. palustris. B Larve von R. palustris mit Schwanz von R. sylvatica. a — a ist die Schnittlinie. Nach Morgan aus Korscheit. Der zweite vielbesprochene Fall ist der des Crataegomespilus von Bronvaux, von dessen erster Entstehung ebenfalls nichts Näheres be- kannt ist. „In dem Dardarschen Garten zu Bronvaux bei Metz steht ein etwa looj ähriger Mispelbaum, dessen Krone auf einen Weißdorn- stamm veredelt worden ist. Unmittelbar unter dem Pfröpfling, aus der Verbindungsstelle von Edelreis und Unterlage, brachen nun dicht nebeneinander zwei Ästchen hervor, die, wiewohl untereinander sehr verschieden, doch beide Zwischenformen der zwei vereinigten Gattungen Crataegus und Mespilus (bezw. der Arten Mespilus germanica und Mespilus monogyna) repräsentierten. Der eine Zweig kommt in seinem Habitus mehr auf die Mispel heraus, der andere gleicht mehr dem Weiß- dorn" (Noll). Gegenüber von diesen beiden Zweigen wuchs dann noch ein dritter, der sich zunächst kaum von einem gewöhnlichen Weißdorn unterschied, später aber ganz dem einen Bastardzweig ähnhch wurde. — 355 — Es handelt sich also um bastardartige Formen verschiedener Mischung. An einem der Zweige bildete sich dann einmal ein Mispeltrieb, dann ein Trieb, der zur Hälfte reine Mispel, zur Hälfte reiner Weißdorn war. Also auch hier die völligen Rückschläge. Dieser Baum existiert noch, seine Entstehungsgeschichte ist somit um vieles klarer als beim vorigen Fall. Der dritte merkwürdige und zugleich am längsten bekannte Fall, der eine Entstehung auf dem Wege der vegetativen Bastardierung möglich erscheinen läßt, ist der Fall der Bizzarria. Es sind das Pflanzen, die in sehr verschiedener Weise die Charaktere mehrerer Citrusarten vereinigen, also Pomeranze, Citrone, Cedrate, Limette. In ihren Blättern zeigen sie teils reine Pomeranzen-, Apfelsinen- oder Ce- dratencharaktere , teils ein Gemisch von ihnen. Das gleiche gilt für die Blüten und in der absonderlichsten Weise für die Früchte. Neben reinen Pomeranzen oder Cedraten trägt der gleiche Baum Früchte, die aus beiden zusammengesetzt sind. Einzelne sind Pomeranzen in Gestalt von Citronen, andere haben die Rinde ersterer, das Fig. 123. T^ t-j.ri • i, 1 j. i A j • Bizzarria mit abwechselnd Zitronen- Fruchtfleisch letzterer. Andere zeigen „^^ Orangencharakter aus Engler. 4 gleichmäßige über Kreuz verteilte Portionen, von denen ein Paar orangefarbig ist und der Pomeranze angehört, ein Paar gelb ist und eine Citrone (resp. Cedrate) darstellt. Eine solche Frucht gleicht dann vom Scheitel gesehen „einem bunten Kinderball" (Strasburger), wie Fig. 123 auch zeigt. Es soll aber auch solche Bizzarrien geben, die aus drei, vier und fünf Arten zusammen- gesetzt sind. Wie an solchen Bäumen reine Früchte und Blüten einer Art entstehen können, so bilden sich auch etwa Cedratenknospen in der Achsel eines Orangenblattes und umgekehrt. Die Geschichte dieser absonderlichen Pflanzen ist nun nach Penzig und Strasburger die folgende. Sie entstanden zuerst nachweisbar in 23* 356 Florenz im Jahre 1644, obwohl sie vielleicht vorher auch schon ander- wärts entstanden waren; ein Gärtner behauptete sie durch Vereinigung Fig. 124. A, B, C Schematische Darstellung verschiedener Arten von Pfropfung mit den zu- gehörigen Querschnitten der Pfropfungsstellen in der Richtung der Pfeile; punktiert das Reis, unpunktiert die Unterlage, A Kopulation, B Keilpfropfung, C Sattelpfropfung, D Chimäre; unten der Tomatenmuttersproß mit dem eingesetzten Nachtschattenkeil (Nachtschattengewebe punktiert). E Blatt des Nachtschattens (Solanum nigmm), G Blatt der Tomate (S. lycopersicum), F Chimärenblatt. Nach Winkler aus Lang. mehrerer Knospen erzielt zu haben. Es stellte sich aber dann heraus, daß sie ganz selbständig entstanden waren und zwar auf einer Pflanze, — 357 — die zunächst als Unterlage für Veredelungen gedient hatte, deren Edel- reis dann aber abgestorben war, worauf die Bizzarria hervorwuchs. Das deutet also auf eine pfropf hybride Entstehung hin. Von vielen Seiten wurde aber dieser Annahme widersprochen und ein Ursprung als echter Bastard angenommen. Jetzt läßt sich, wie wir bald sehen werden, die wahrscheinliche Erklärung in ganz anderer Weise geben. Die Frage der Entstehung derartiger Pfropfbastarde trat nun in ein neues Stadium, als Winkler das Problem experimentell in Angriff nahm und in der Tomate Solanum lycopersicum und dem Nacht- schatten Solanum nigrum Objekte fand, die bessere Antwort zu geben geeignet erschienen. Er pfropfte mittels Keilschnitt einem To- matenkeimling einen Nachtschattensproß ein (Fig. 124) und schnitt dann, wenn das Reis der Unterlage aufgewachsen war, mitten durch das gemischte Gewebe durch, so daß im Querschnitt nun die Gewebs- teile beider Arten frei lagen, und rief dann aus dieser Wunde Adventiv- sprosse hervor, die dann später abgeschnitten, bewurzelt und allein weitergezüchtet wurden. Neben reinen Tomaten- und reinen Nacht- schattentrieben erhielt er dabei auch solche, die Gewebe von beiden Arten enthielten, aber normal gemeinsam wuchsen und dann Blätter bildeten, die zur Hälfte Tomatenblätter, zur anderen Hälfte Nacht- schattenblätter waren. Ein solches Doppelwesen wurde Chimäre ge- nannt, und sie erschienen mehrfach in verschiedenem Ausbildungsgrad (Fig. 124). Nach vielen Versuchen trat nun aber auch ein Sproß auf, der völlig einheitlich erschien und in seinen Charakteren, besonders der Blattform, deutlich die Mitte zwischen Tomate und Nachtschatten hielt: in diesem Sproß, der als Solanum tubingense weitervermehrt wurde, glaubte Winkler den ersten experimentell erzeugten Pfropf- bastard erzielt zu haben. Sein Typus geht aus Fig. 125, im Vergleich mit den Stammpflanzen, Figg. 126, 127, hervor. In weiteren Versuchen traten aber dann auch andere derartige Formen auf. So entstand einmal eine Chimäre, die zur Hälfte Nachtschatten war, zur Hälfte ein neuer Pfropfbastard, S. proteus, der mehr der Tomate ähnelte. Ein anderer, S. Darwinianum, entstand nur als ein Blatt mit seinem Stengelanteil und konnte aus seiner Achselknospe vermehrt werden. Und in ähn- licher Weise wurden noch weitere Zwischenformen gebildet, die sich 358 — Fig. 125. Solanum tubinarense nach Winkler. bald mehr dem Nachtschatten, bald mehr der Tomate näherten, wie S. koelreuterianum und gaertnerianum. Damit schien die Existenz der Pf ropfbastarde experimen- tell erwiesen zu sein. Sollte der Beweis aber jeder Kritik standhalten, mußte das wei- tere Verhalten dieser Formen natürlich den Anforderungen entsprechen, die man nach dem Stand unserer Kenntnisse an einen Bastard stellen muß. Und da ergaben sich bald Schwierigkeiten. Zunächst tre- ten an den Pfropfbastarden vegetative Rückschläge auf, das heißt, es bildeten sich auf vegetativem Wege Sprossen, die ganz nach dem einen der Eltern zurückschlugen. Einen Beweis gegen die Bastard- natur stellen sie allerdings noch nicht dar, da auch sonst an pflanzlichen Bastarden ge- legentlich solche vegetativen Rückschläge oder vegetativen Spaltungen vorkommen. Das Hauptinteresse richtet sich nun aber auf die Nachkom- menschaft der Pfropfbastarde. Wenn sie solche sind, so stel- len sie natürlich die F^-Gene- ration''dar; F2 muß also entweder konstant weiter züchten, was bei Artbastarden ja denkbar ist, oder eine Spaltung zeigen. Winkler fand aber, daß F2 ausschließhch aus Pflanzen der einen Stammart Fig. 126. Solanum nigrum nach Wink 1er. 359 bestand, und zwar aus der, der der betreffende Bastard näher stand. F2 von S. tubingense gab also ausschließlich Nachtschattennach- kommenschaft und diese blieb in allen weiteren gezüchteten Gene- rationen rein und das entsprechende traf auch für die anderen Pfropfhybride zu. Nun wäre es natürlich wünschenswert, den Vergleich mit Bastarden anzustellen, die auf dem Weg normaler Kreuzbefruchtung gewonnen sind. Dies erwies sich aber als unmöglich, da sich die beiden ver- wandten Arten eben- sowenig bastardieren ließen, wie die Arten, denen der früher be- sprochene Cytisus Adami entstammte. Natürlich muß auch diese Tatsache stutzig machen. Und nun bleibt nur noch eine entscheidende Kon- trolleübrig, dieUnter- suchung der Zellver- hältnisse. Wir haben in der einleitenden Vorlesung erfahren, daß eine jede Tier- und Pflanzenart eine konstante Chromosomenzahl besitzt, die vor der Befruchtung auf die Hälfte reduziert wird. Werden nun Organismen mit verschiedener Chromosomenzahl bastardiert, so vereinigen sich die beiden verschiedenen Halbzahlen und diese Bastardzahl bleibt konstant im Hybriden erhalten. Kreuzt sich zum Beispiel eine Ascarisvarietät mit der Normalzahl von 4 Chromosomen (bivalens) mit einer solchen mit nur 2 Chromosomen (univalens), so findet man in den Bastardzellen 3 Chromosomen (Boveri). Nun haben Tomate und Nachtschatten Fig. 127. Solanum lycopersicum nach Wink 1er. 360 in der Tat sehr verschiedene Chromosomenzahlen, nämhch erstere 24, letztere 72. Im Bastard sind somit 48 zu erwarten; da es aber nicht unwahrscheinhch ist, daß bei einem vegetativ erzeugten Bastard die für die Geschlechtszellen typische Halbierung der Chromosomenzahl, die Reduktion, nicht stattfindet, so könnte dort auch eine einfache Addition vorliegen, es müßten also 96 Chromosomen gefunden werden. An und für sich ist eine vegetative Kern- und Zellverschmelzung ja nicht unwahrscheinlich, da sie in beiden Organismenreichen sowohl beobachtet wie experimentell erzielt ist. Die von Winkler durchgeführte Untersuchung ergab aber, daß die mf /j// ^^ \i^ Keimzellen der Pfropfbastarde ent- jm ml r\ p. \l^ \i\ weder die Nachtschattenzahl oder m/ /■[ (|( ^^ 11 ml W\ die Tomatenzahl enthielten. Und ■ iW, \^^^Km/ Im 11 zwar war es, wie nach den Resultaten \M ^I^^^^^^M^^ty /■/ von F2 zu erwarten ist, die Zahl der »\ \^^^^^^V/ IM Elternpflanze, der der sog. Bastard ^^\^ l^^^^^^HI y^0/ näher stand und die er auch rein ^^^^^^^^^^^B^^fl^ reproduzierte. (Eine gleich zu nen- ^^^^^^^^^^H^ nende Ausnahme ist vorhanden.) Und \^^^^^^^^^f nun bleibt nur noch eine Möglichkeit, /^^^^^^^^^^l die Bastardnatur der Pflanzen zu ^^^^^^^^^^ erweisen. Es konnten auf unerklär- ^S- ^^ ■ liehe Weise vielleicht die Geschlechts- Schematischer Durchschnitt durch den Vegetationspunkt einer Periklinalchimäre Zellen nur die eine Chromosomenart aus einer schwarzen und einer weißen ■■ ,. , ..n, 1 • -, Art Nach Baur. erhalten ; dann mußte man aber m den gewöhnlichen vegetativen Zellen der Pflanzen die Bastardzahlen finden. Aber auch das war nicht der Fall. Und damit war durch Winklers hervorragende Untersuchungen selbst die Pfropfbastardnatur seiner Pflanzen widerlegt worden. Was sind nun aber dann diese merkwürdigen Gebilde? Baur, der gleichzeitig mit Winkler über den gleichen Gegenstand experimen- tierte, vermochte die wahrscheinliche Lösung zu geben. Sie ergibt sich aus seinen interessanten Befunden über Periklinalchimären. Wir haben oben bereits Winklers Chimären kennen gelernt, die die enge Ver- — 361 — wachsung von Tomaten- und Nachtschattenteilen zu einer Einheit darstellten. Hier waren aber die beiden heterogenen Anteile neben- einander angeordnet. Unter Periklinalchimäre versteht aber Baur das Durcheinanderwachsen zweier verschiedener Arten in der Form, daß das Gewebe der einen Art das der anderen vollständig einhüllt, also gewissermaßen das eine der Hand, das andere dem Handschuh zu ver- gleichen ist. Oder mit anderen Worten, bei einer Periklinalchimäre steckt ein Blatt, ein Stengel, ein Vegetationspunkt einer Pflanze in der Haut der anderen, wie es das Schema Fig. 128 illustriert. Diese Peri- klinalchimären sind aber nichts als eine Abart der gewöhnlichen Chimären, die die beiden Bestand- teile nebeneinander zei- gen. Wenn an dem Vege- tationspunkt einer künst- lich erzeugten Chimäre die beiderlei Gewebe zu- sammenstoßen und sich an dieser Stelle ein Blatt bildet, dann kommt ein solches Nebeneinander, eine Sektorialchimäre, zu stände. Die Periklinalchi- mären konnte nun Baur in folgender Weise herstellen. Er benutzte die allbekannten Pelar- goniumarten, die in grünen und weißblättrigen Formen^ vorkommen. Letztere können sich aber nicht allein ernähren und gedeihen daher nur, wenn man sie auf einer grünblättrigen Pflanze wachsen läßt. Und aus solchen Doppelpflanzen vermochte Baur ähnliche Chimären mit grün- weißen Blättern zu erzielen, wie sie Winkler bei Solanum erhalten hatte, also Sektorialchimären mit den verschiedenen Anteilen grüner und weißer Blätter. Wenn nun an dem Vegetationspunkt solcher Chimären grüne und weiße Gewebspartien aneinanderstoßen, kann es wohl vorkommen, daß das weiße Gewebe sich außen ein wenig über das grüne hinüberschiebt. Fig. 129. Schematischer Durchschnitt durch den Vegetations- kegel einer weißgrünen Chimäre, die oben links ge- eignet ist, den Ausgangspunkt für eine Periklinalchimäre zu liefern. Nach Baur. — 362 ^ sodaß an einer solchen Stelle unter einer weißen Außenlage eine grüne Innenlage sich findet, wie es Fig. 129 darstellt. Wächst nun hier ein Blatt aus, so ist eine Periklinalchi- märe entstanden mit außen weißen Zell- lagen und innen grü- nen Schichten. Ein solches Blatt sieht dann aus, wie es Fig. 130 (links) zeigt, grün mit weißem Rand. Würde man einen Querschnitt hindurch legen, so ■pia- i-.Q erhielte man im Gro- Links Periklinalchimärenblatt von Pelargonium mit weißem bcn das Bild VOn Rand, rechts ein solches, das zeigt, wie die Haut der einen _,. a'\t Pflanze für das übrige Blattgewebe der anderen zu eng ist. ^^S- I3^^> Clie mi Ver- Nach Baur. gleich mit dem nor- malen Blatt b die äußere weiße Hülle zeigt, und das genaue mikroskopische Bild von Fig. 132« zeigt dann die farblose äußere Pallissadenparenchymschicht Fig. 131- Schematischer Querschnitt durch den Biattrand, a einer grün- weißen Periklinajchimäre, d eines normalen grünen Blattes nach Baur. unter der Epidermis, die beim gewöhnlichen Blatt (b) natürlich grün ist. Solche Periklinalchimären wurden mit nur der Epidermis der — 363 — weißen Pflanze, mit 2, 3 und mehr äußeren Zellschichten wie in noch komplizierterer Form erzeugt. Wie verhalten sich solche Periklinalchimären nun zu Winklers Pfropf bastarden ? Die Beziehung ergab sich Baur vor allem aus dem Verhalten der Nachkommenschaft dieser Pflanzen. Es ist eine Tat- sache, daß die Geschlechtszellen der Blütenpflanzen aus der ersten unter Fig. 132. Die in Fig. 131 eingerahmten Stellen stärker vergrößert. Nach Baur. der Hautschicht liegenden Zellage des Vegetationskegels ihren Ursprung nehmen. Ist diese Schicht bei einer solchen Periklinalchimäre der weißen Pflanze angehörig, so kann von ihr aus also auch nur Samen weißer Beschaffenheit gebildet werden, umgekehrt, wenn diese Schicht grün ist, nur grüner Samen, und das war auch in der Tat der Fall. Nun haben wir schon die von Winkler festgestellte Tatsache erfahren, daß die Nachkommen seiner Pfropfbastarde stets nur dem einen Elter — 364 — entsprechen, dem auch der Habitus des Bastards mehr gHch. Wenn die vermeinthchen Pfropfbastarde aber Periklinalchimären sind, dann ist dies Verhalten nicht nur auf das einfachste erklärt, sondern muß sogar postuliert werden. Der Nachweis, daß diese Annahme richtig ist, kann nun nach dem was wir früher hörten, auf einfache Weise geführt werden: da die Chromosomenzahlen der beiden Stammarten so sehr verschieden sind, so muß ja leicht festzustellen sein, ob in den äußeren Zellschichten die eine, in den inneren die andere Zahl sich findet. Und das ist denn in der Tat, wie Winkler feststellte, der Fall: Der ver- meintliche Pfropfbastard Solanum tubingense ist wirklich eine Peri- klinalchimäre mit einer Tomatenzellschicht außen, die das innere Nachtschattengewebe umschließt. Aber auch für den Crataegomespilus wie den Cytisus Adami konnte ßaur das Gleiche feststellen, nachdem schon früher ihre anatomische Untersuchung die Zusammensetzung aus den getrennten Geweben der beiden Mutterpflanzen erwiesen hatte. Ersterer ergab bei der Fort- pflanzung reine Crataegussämlinge, es ist also zu erwarten, daß die subepidermale Zellschicht dem Weißdorn angehört. In der Tat zeigte sich bei mikroskopischer Untersuchung, daß die Epidermis eine typische Mispelhaut, das innere aber Weißdorngewebe ist. Und mit dem Cy- tisus Adami ist es nicht anders: er ist ein Laburnum vulgare mit der Haut eines Cytisus purpureus, wie schon Macfarlane wußte. Der Bizzarrien braucht wohl nun gar keine Erwähnung mehr getan zu werden, sie enveisen sich ohne weiteres als einfache Sektorialchimären. Noch fehlt diesen Folgerungen ein Schlußstein : die künstliche Erzeugung dieser Chimären auf einem durch solche Interpretation vorgezeichneten Weg. So wenig ihre erste Entstehung bekannt ist, so wenig ist das bisher gelungen. Doch sprechen nunmehr alle Tatsachen so sehr für Baurs Lösung des Problems, daß man wohl sagen darf, daß es nur eine Frage der Zeit ist, daß auch jener letzte Stein zugefügt wird. Ist damit die Frage der Pfropfbastarde definitiv als erledigt zu be- trachten? Es wäre sicher voreilig, einen solchen Schluß zu ziehen, wenn er auch sehr viele Wahrscheinlichkeiten für sich hat. Winkler selbst verfügt auch noch über einen Fall, der durch die Deutung als Periklinalchimäre nicht betroffen wird, sein Solanum Darwinianum. — 365 — Denn hier fand er eine Chromosomen zahl, die eine Kombination der Zahlen von Tomate und Nachtschatten darstellt, nämlich 48. Es bleibt somit abzuwarten, wie sich diese letzte Möglichkeit der Existenz eines Pfropfbastards aufklärt. Soviel aber kann man jetzt schon sagen, daß die Anschauung, daß durch die Erzeugung der vegetativen Bastarde die ganzen Fundamente der Befruchtungs- und Vererbungslehre er- schüttert werden, zunächst noch nicht als begründet zu betrachten ist. Dagegen wird diesen Periklinalchimären, wie überhaupt den Chimären, weiterhin eine ganz außerordentliche Bedeutung für die Lösung entwicklungsmechanischer, morphogenetischer und physiolo- gischer Fragen zukommen. Achtzehnte Vorlesung. Die ccllulären Grundlagen der Bastardlehre. Mendelismus und Chromosomentheorie. Bei der Besprechung der Hauptergebnisse der Bastardlehre sahen wir, daß die Resultate einer jeden Kreuzung in erster Linie bedingt sind durch die ererbte Konstitution der Gameten oder Geschlechts- zellen. Und da liegt es nahe, sich die Frage vorzulegen, ob es nicht möglich sein sollte, durch das Studium jener Zellen und das Verhalten ihrer Bestandteile etwas weiter in das Wesen der Vererbungserschei- nungen einzudringen. Nun haben die außerordentlich eingehenden morphologischen wie experimentellen Studien der letzten Jahrzehnte uns gerade mit der Lebensgeschichte der Geschlechtszellen in so gründlicher Weise bekannt gemacht, daß man wohl sagen kann, daß, wenn überhaupt in dieser Richtung etwas zu erreichen ist, wenigstens der Weg schon sichtbar sein muß. Es hat sich nun in der Tat ergeben, daß man im stände ist, eine enge Beziehung zwischen den Erscheinungen der Geschlechtszellengeschichte und der experimentellen Erblichkeits- lehre zu statuieren. Ihr Wert für die weiteren Fortschritte der Erb- lichkeitslehre wird allerdings sehr verschieden eingeschätzt. Es ist — 366 — bemerkenswert, daß gerade manche führenden Geister der Vererbungs- wissenschaft sich den Ergebnissen der Zellforschung gegenüber ab- lehnend verhalten. So zitiert Johannsen gelegentlich Galtons Satz: „Die Zellen und ihr Inhalt sind für die mikroskopierenden Biologen ungefähr dasselbe wie die Briefbündel enthaltenden Postsäcke für Neu- gierige am Fenster eines Postamts. Die Leute können schon gewisse Schlüsse über den Postdienst machen — aber was in den Briefen steht, können sie gar nicht wissen." Seine eigene Ansicht harmoniert recht wohl mit solchem extremen Skeptizismus: „Es will mir scheinen, daß die hohe Entwicklung, welche die Cytologie in der neuesten Zeit erreicht hat, für die eigenthchen Erblichkeitsstudien gar nicht fruchtbar gewesen ist, .... Wer weiß, wir erleben vielleicht, daß die berühmten Chro- matingebilde sich als für Erblichkeit irrelevant zeigen, während nicht sichtbare chemische Konstellationen als Grundlagen der in Frage kom- menden Einzeleigenschaften angenommen werden." Man muß in der Tat zugeben, daß es besser ist, in diesen Dingen nicht gar zu optimistisch zu sein; sicher hat Tschermakim Wesentlichen recht, wenn er meint, daß es besser sei, wenn die celluläre und biologische Erblichkeitsforschung zunächst rein auseinander gehalten werden. Ohne Zweifel ist die Gefahr von Zirkelschlüssen bei unvorsichtiger Vermengung der Ergebnisse der beiden Richtungen gegeben. Andererseits darf aber nicht verkannt werden, daß die Studien an den Geschlechtszellen zu so bemerkens- werten Resultaten geführt haben, daß die experimentell-biologische Arbeitsrichtung unmöglich sie vernachlässigen kann. Auch die Ent- wicklungsmechanik hatte sich von der Zellenlehre abgewandt, ja ein berühmter Führer jener Disziplin meinte einmal, die Zelle sei überhaupt kein selbständiges Objekt kausal-experimenteller Forschung. Und doch ist diese Wissenschaft jetzt an einem Punkte angelangt, an dem die cellulären Studien beginnen in das Zentrum der Fragestellungen zu rücken. Und so wird auch die Vererbungswissenschaft, selbst wenn sie sich zunächst fernhalten sollte, früher oder später zur Zelle zurück- kehren müssen. Ob es dann vielleicht mehr die Zellchemie als die Zell- morphologie sein wird, .die ins Vordertreffen kommt, ist eine Frage der Zukunft. An einem Punkt der Erblichkeitslehre, dem Problem der Geschlechts bestimmung, sind wir sogar schon jetzt so weit, daß die — 367 — biologischen und cellulären Studien mit bestem Erfolg Hand in Hand gehen. Wir werden bald näheres darüber erfahren. Die Vorstellungen, die man sich augenblicklich über die cellulären Grundlagen der Vererbungserscheinungen gebildet hat, bedeuten in ihrer Gesamtheit ein wohlgeschlossenes Tatsachen- und Gedankenge- bäude. Wenn man trotzdem noch nicht im stände ist, es als gesicherte Basis der ganzen Vererbungslehre zu betrachten — und wir beschäftigen uns daher auch hier erst am Ende der Betrachtung des biologischen Materials damit — so hat das darin seinen Grund, daß es wohl keinen Punkt des Gebäudes gibt, an dem sich nicht auch eine andere Interpre- tation des Tatsachenmaterials durchführen läßt. Und nur an wenigen Punkten des Ganzen konnte bisher durch eindeutige experimentelle Ermittlungen ein definitiver Entscheid getroffen werden. Wir wollen aber in diesen Vorlesungen die. eigentlich cellulären Fragen möglichst in den Hintergrund stellen und sie nur soweit zur Beantwortung heran- ziehen, als es unumgänglich im Rahmen des Ganzen notwendig ist. Und deshalb wollen wir uns auch jetzt nicht darauf einlassen, die ein- zelnen strittigen oder angreifbaren Punkte in dem Ganzen der cellulären Begründung der Erbfichkeitslehre zu diskutieren. Es sei vielmehr einfach in großen Zügen die interessante Parallele vorgeführt, die sich zwischen den Erscheinungen der Erblichkeit und jenen der Geschichte der Geschlechtszellen ergeben hat. Die Darstellung gibt dabei die Ge- samtheit jener Anschauungen wieder, die sich deshalb der allgemeinsten Anerkennung erfreuen, weil sie in geschlossener Kette einer Fülle von Tatsachen gerecht werden. Wie gesagt, kann an vielen Punkten die Kritik ansetzen und tut es auch ; sie sei hier aber in der Hauptsache unter- drückt, in der Überzeugung, daß erst dann ein Haus eingerissen werden soll, wenn die neuen Pläne für den Wiederaufbau fertig sind. Wir wissen aus der einleitenden Vorlesung, daß in dem Zellkern der Träger der Erblichkeit zu erblicken ist. Wir wissen weiterhin, daß mit aller Wahrscheinlichkeit innerhalb des Kerns die Chromosomen das materielle Substrat darstellen, an das die Erblichkeitserscheinungen geknüpft sind, gleichgiltig ob wir sie uns als auf materielle Partikelchen lokalisiert vorstellen oder nicht. Sodann wissen wir, daß die Zahl dieser Chromosomen für jede Organismenart konstant ist, daß aber — 368 — wahrscheinlich die einzelnen Chromosomen qualitativ verschieden sind. Endlich wissen wir, daß bei der normalen Befruchtung Ei und Samen- zelle die gleiche Zahl und die gleichen Qualitäten von Chromosomen im Befruchtungskern zur Vereinigung bringen. Diese Zahl ist aber die Hälfte der Normalzahl, sodaß letztere nach der Befruchtung wieder hergestellt ist. Es richtete sich nun die Aufmerksamkeit der Forscher vor allem auf die Frage, wie diese Zahlenhalbierung vollzogen wird, und die Forschungen über diesen Punkt sind es, von denen aus die Bezie- hungen zwischen cellulären Vorgängen und Bastardlehre sich feststellen ließen. Eine jede befruchtungs bedürftige Geschlechtszelle, Ei oder Samen- zelle tierischer oder pflanzlicher Natur (im Pflanzenreich sind vielfach die hier behandelten Prozesse durch den eigenartigen Generations- wechsel nicht direkt mit der Geschlechtszellenbildung verknüpft, was aber keine prinzipielle Änderung bedingt) erfährt, bevor sie befruch- tungsfähig wird, eine zweimalige Teilung. Diese Reifeteilungen sind es, die auf das engste mit der Halbierung der Chromosomenzahl zu- sammenhängen. Nun zeigte es sich, daß aber bereits im Beginn dieser Teilungen in der mitotischen Figur nur die Hälfte der der Art zukommen- den Chromatinelemente sichtbar ist; die Elemente unterscheiden sich allerdings deutlich von gewöhnlichen Chromosomen durch den Aufbau aus mehreren Teilstücken ; man nennt sie wegen einer besonders tj^isch auftretenden Einteilung Tetraden. Ihre Entstehung muß somit zuerst klar sein, ehe ihre Verteilung bei den Reifeteilungen verstanden werden kann. Wurde nun das Verhalten des Kemchromatins der Geschlechts- zellen soweit zurückverfolgt, bis man an den Punkt ankam, an dem sie soeben aus der letzten Teilung der Urgeschlechtszellen hervorgegangen waren, — es folgt also bis zur Reifeteilung keine weitere Teilung mehr, der Zwischenraum der Entwicklung wird vielmehr durch das Wachs- tumsstadium der Geschlechtszellen ausgefüllt — so fand man stets, daß im Kern eine Reihe absonderlicher Veränderungen des Chromatins vor- gingen. Sie beginnen mit einer dichten Aufknäuelung des Chromatin- fadens, die man Synapsis nennt, auf die Umwandlungen folgen, die besonders markant im Bukettstadium erscheinen, in dem die einzelnen Schleifen, in die sich nach der Synapsis der Faden auflöst, zu einem — 369 — Kernpol orientiert erscheinen. Und als Schluß der synaptischen Phänomene, wie man auch die ganze Periode nennt, aus der sich einige Stadien in Fig. 133 reproduziert finden, erscheint dann zum ersten Mal im Kern die halbe, reduzierte Zahl der Chromosomen in Tetradenform. Kein Zweifel, daß hier während der Synapsis die Fig- 133- A Acht aufeinanderfolgende Stadien der synaptischen Phänomene im Spermato- zytenkem von Fasciola hepatica. Nach Schellenberg. B Bukettstadimn aus einer Spermatozyte von Pamphagus zur Demonstration der feineren Chromosomenstruktur. Nach Gra- \ nata. Halbierung der Chromosomenzahl zur Halbzahl von Tetraden statt- finden muß. Über die Art, wie dies geschieht, gehen die Meinungen auseinander. Wenn wir uns der einfachsten Auffassung hier der leichteren Darstell- barkeit halber anschließen — wir haben ja in dieser Vorlesung darauf verzichtet, strittige Punkte zu erörtern, werden einer anderen Auffassung Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 24 — 370 — außerdem noch begegnen — so ereignet sich der Vorgang der Tetraden- bildung, die Pseudoreduktion, in der Art, wie es nebenstehendes Schema, Fig. 134, wiedergibt. Es sind 4 verschiedene Chromosomenschleifen angenommen, die durch verschiedene Schraffierung unterschieden sind. Diese legen sich, wie b zeigt, paarweise parallel aneinander, konjugieren, sodaß dann die im Bukettstadium vorhandenen — Fig. 133 — ver- doppelten Chromosomenschleifen aus zwei eng miteinander verbundenen Einzelchromosomen bestehen, wie Fig. c zeigt. Die weiteren Umwand- lungen d — / bestehen nur in charakteristischen Verkürzungen, die schließlich zu den verschiedenartig gestalteten Tetraden der Reife- teilung führen. Die Pseudoreduktion während der Synapsis besteht also darin, daß sich je zwei Chromosomen vereinigen, jede Tetrade, die in die Reifeteilung eintritt, besteht also, welches auch ihre Form sei, aus F'g- 134- Schema der Bildung der Doppelchromosome während der Synapsis. a die 4 Chromo- somenformen, d die parallele Konjugation, die in c vollendet ist, a — -/ Verkürzung zu den 2 Doppelchromosomen (Tetraden) nach Gr^goire. zwei ganzen vereinigten Chromosomen. Es sind also im Beginn der Reifeteilung noch alle Chromosomen in den Geschlechtszellen vor- handen, aber sie sind paarweise zur halben Zahl von Chromatinelementen, den Tetraden, vereinigt. Und jetzt sind wir vorbereitet zu erfahren, was in den Reifeteilungen geschieht: Das Wesen der Reifeteilungen besteht darin, daß in einer von beiden die paarweise miteinander ver- einigten ganzen Chromosomen von einander getrennt werden, sodaß jetzt jede Tochterzelle nicht nur die halbe Zahl von Chromatinelementen sondern auch die halbe Zahl der vorhandenen Chromosomen besitzt. Fig. 135^ — E und 136^ — C gibt den Verlauf der zwei Reifeteilungen in einem Schema wieder, das sich eben so gut auf tierische Samenzellen als auf pflanzliche Pollenkörner beziehen kann. Bei den Eizellen ist die Reifung im Prinzip ebenso und nur im Detail insofern verschieden, — 371 — daß von den 4 entstehenden Zellen 3 winzig klein sind und als soge- nannte Richtungskörper nicht mehr befruchtungsfähig sind, wie aus der Fig. 2 S. 11 zu erkennen ist. Es ist in nebenstehendem Schema an- genommen, daß die Normalzahl der Chromosomen sechs beträgt. In der reifefähigen Geschlechtszelle finden sich somit 3 Chromatinelemente, von denen jedes aus zwei Chromosomen, einem schwarzen und einem punktierten zusammengesetzt ist. Es ist hier nun angenommen, daß die erste der beiden Reifeteilungen diejenige ist, in der die ganzen Fig- 135- Schema des Verlaufes der Reduktionsteilung bei Annahme von drei Tetraden, klärung im Text.. Nach Gregoire. Er- Chromosomen voneinander entfernt werden, die Reduktionsteilung. In B sieht man die Chromatinelemente in der Äquatorialplatte der (nur an- gedeuteten) Teilungsfigur eingestellt. In C weichen aber zu jedem Tei- lungspol entweder schwarze oder punktierte Chromosomen auseinander. Daß hier nun ein jedes bereits wieder doppelt erscheint, ist eine unwesent- liche Besonderheit: die Teilung der Chromosome für die zweite Reife- teilung wird so früh schon angedeutet; in vielen Fällen geschieht das sogar schon auf dem Stadium A. Die beiden aus der i 24» Reifeteilung — 372 — hervorgegangenen Zellen haben somit jede (D) die Hälfte der (längs- gespalten erscheinenden) Chromosomen, jede 3 von den 6 Chromo- somen, die den Zellen sonst typisch zukämen. Fig. 136A, B, C zeigt dann den Verlauf, der 2. Reifeteilung. Sie geht wie eine gewöhnliche Zellteilung vor sich, bei der die einzelnen Chromosomen der Länge nach halbiert werden, was ja schon vorher in der Verdoppelung in Fig. 135 C angedeutet war. Diese sogenannte Äquationsteilung, deren Bedeutung übrigens bei dieser Darstellungsweise gänzlich unklar ist, hat für die weiteren Betrachtungen zunächst keine Bedeutung. Das gesamte Interesse konzentriert sich auf die Reduktionsteilung, bei der die ganzen Chromosomen auf zwei Zellen verteilt werden. Fig. 136. Schema des Verlaufes der Aequationsteilung, an Fig. 135 anschließend. A folgt auf 135 £, ist nur um 90° gedreht. Nach Gregoire. Im Schema ist es nun so dargestellt worden, daß die eine Zelle alle schwarzen, die andere alle punktierten Chromosome erhielt. Und das führt zu der Frage, ob es denn gleichgiltig ist, in welcher Weise die Ver- teilung erfolgt. Die Antwort können wir bereits auf Grund dessen geben, was wir in der ersten Vorlesung erfuhren. Wir hörten dort, daß Boveri der Beweis gelungen ist, daß die verschiedenen Chromosomen einer Zelle verschiedene Qualität haben. Wir wissen ferner, daß die Samen- zelle mit ihrer Chromosomenhälfte die gleichen Eigenschaften zu über- tragen im Stande ist, wie die Eizelle mit der ihrigen. Denn bei der Ba- stardierung ist es meist gänzlich gleichgiltig, welche von denEltemformen der Vater resp. die Mutter ist. Aber auch jede reife Geschlechtszelle muß allein iu ihrer Chromosomenhälfte sämtliche Eigenschaften ver- treten besitzen. Denn aus einem Seeigelei entsteht bei künstlicher — 373 — Parthenogenese der gleiche Seeigel wie aus dem befruchteten Ei, und ein kernloses Seeigeleifragment, das befruchtet wird, also nur den Samenkern enthält (sozusagen männliche Parthenogenese) gibt eben- falls eine richtige Seeigellarve. Es muß also der reife Ei- wie Samenkern sämtliche Chromosomenarten, eine ganze ,,Chromosomengamitur" (Heider) besitzen. Das befruchtete Ei muß somit jede Chromosomen- art zweimal enthalten, nämlich einmal mütterlicher, einmal väterlicher Herkunft. Wenn sich also die Geschlechtszellen der kommenden Gene- ration bilden, müssen sie ebenfalls zur Hälfte väterliche, zur Hälfte mütterliche Chromosomen enthalten, die ihnen im Lauf der Zellgenerationen vom Ei her durch die ganze Entwicklung hindurch — die Keimbahn! — überliefert wurden, tn der Synapsis vereinigen sich aber die Chro- mosomen paarweise; in der Reduktionstei- lung werden die Paare auf zwei Zellen ver- teilt; jede der Zellen besitzt wieder alle Chro- mosomenarten, die vor der Reifung doppelt vorhanden waren; von diesen stammte die ^. ^, =>• o'- Die Chromosomengamitur einer Hälfte von dem Vater, die Hälfte von der üreizelle der Wanze Protenor ,. , , T-c 1 T 1 1 .. T 1 • n r-^ bclfraeei mit 14 Chromosomen, Mutter: Folghch können die beiden Chro- die sich in 7 unter sich ver- mosomen , die sich in der Synapsis ver- schiedene Paare ordnen lassen. •' -^ Nach Wilson. einigten, nur je ein väterliches und je ein mütterliches Chromosom der gleichen Qualität gewesen sein! Nun gibt es Objekte, bei denen die Verschiedenheit der Chromosomen nicht nur in mühsamem Experiment erschlossen werden kann, wo sie vielmehr dem Auge sichtbar ist. Nebenstehende Fig. 137 gibt den Chromosomenbestand einer Wanze wieder, der deutlich die verschiedene Größe und Form der einzelnen Chromosomen zeigt. Und in solchen Fällen wurde nun des öfteren festgestellt, daß jede Größenart von Chro- mosomen zweimal vorhanden ist. In der Abbildung sind sie durch gleiche Nummern gekennzeichnet. Nach der Pseudoreduktion in der Synapsis sind aber, wie wir wissen, die Chromosomen paarweise zu Doppel- elementen vereinigt, die nun wieder alle jene Chromosomengrößen aufweisen. Es haben sich somit je zwei gleichwertige Chromosomen — 374 — vereinigt. Nach dem vorhin ausgeführten können dies aber nur je ein vom Vater und der Mutter stammendes gewesen sein. Da nun in der Reduktionsteilung die Chromosomenpaare von einander getrennt werden, so ist damit auch gesagt, daß diese Teilung väterliche und mütterliche Chromosomen trennt. Und nun kehren wir zu unserem Ausgangspunkt zurück. Ange- nommen, die Chromosomen sind die Träger der erblichen Eigenschaften, und angenommen, ein Chromosom bedinge eine Einzeleigenschaft, dann Fig. 138. Schema des Verhaltens der Chromosomen bei der Bastardbefnichtung (in Anlehnung an Hei der). können wir uns in folgender Weise ableiten, was mit den betreffenden Chromosomen bei einer Bastardierung geschieht. Angenommen, die Normalzahl beider Bastardeltem sei 8 Chromosomen, so haben ihre Geschlechtszellen als reduzierte Zahl 4. Nehmen wir nun an, von diesen vieren bedinge eines bei der Bastardmutter ein schwarzes Fell. \A'ir können dann die 3 Chromosome der reifen Eizelle, die zu den anderen Eigenschaften des Tieres gehören, punktiert wiedergeben und das Schwarzfellchromosom schwarz. Der Bastardvater unterscheide 375 sich von der Mutter durch ein weißes Fell und habe dementsprechend außer den drei punktierten ein weißes Chromosom. Die Geschlechts- zellen der P-Generation sehen dann so aus, wie es Fig. 138 i, 2 zeigt. 3 gibt deren Vereinigung bei der Befruchtung wieder und 4 zeigt den Chromosomenbestand des Bastards in F^. Fig. 139 stellt nun dar, wie a. Z /O. a. Fig. 139- Das Verhalten der Chromosomen bei der Reifung der Geschlechtszellen des Bastards Aa von Fig. 138, schematisch dargestellt. in diesem Bastard die Reifung der Geschlechtszellen verlaufen muß. In der Synapsis vereinigen sich die homologen väterlichen und mütter- lichen Chromosomen paarweise. Es kommen somit 3 punktierte Paare zusammen und natürlich auch das schwärze Fellfarbechromosom mit dem weißen Vertreter der entsprechenden Eigenschaft (a). So treten nun die Chromosomenpaare in die Reduktionsteilung ein (b) und werden 376 dort auseinandergeteilt, sodaß jede Tochterzelle drei punktierte Chro- mosomen erhält, die eine aber dazu ein schwarzes, die andere ein weißes (c). Da aber die zweite Reifeteilung, die eine gewöhnUche Zellteilung darstellt, an dieser Verteilung nichts mehr ändert, so ist das Endresultat, daß zwei Sorten von Geschlechtszellen entstehen : eine, die in Bezug auf die Fellfarbe nur das' schwarze Chromosom, eine die nur das weiße enthält, d. h. mit anderen Worten, nichts anderes als in Bezug auf jene Eigenschaften reine Gameten (d). Es werden also von beiden Ge- JarU Fig. 140. Schema der 4 Möglichkeiten der Befruchtung zwischen zwei Gameten des Bastards Aa, deren Bildung in zwei nach den Farbchromosomen verschi'edenen Arten Fig. 139 zeigte. schlechtem in F^ die zwei Sorten von Gameten gebildet. Bei der Be- fruchtung zwischen zwei solchen Bastardindividuen können sich somit die Geschlechtszellen auf 4 Arten je nach Zufall zusammenfinden, wie es Fig. 140 zeigt. Entweder kommen zwei Gameten mit schwarzen Chromosomen zusammen, oder die Samenzelle hat das schwarze, die Eizelle das weiße Chromosom oder das Umgekehrte ist der Fall, oder endlich beide kopulierende Gameten haben das weiße. Nennen wir das schwarze Chromosom aber A, das weiße a, so haben wir hier ganz klar das Mendelscl^^ Spaltungsverhältnis für Fg: AÄ : Aa : aA : aa. — 377 — Es ist klar, daß das, was jetzt für ein Chromosom ausgeführt wurde, ebenso gut sich für mehrere ausführen läßt. Die folgenden Figuren 141, 142 stellen das gleiche für zwei Eigenschaftsträgerpaare dar, um zu zeigen, daß auch das völlig unabhängige Mendeln einer jeden Einzeleigenschaft in den Chromosomenverhältnissen eine gute Dar- J cJ Tr\3 yO. %/*^ TfAi. Fig. 141. Die zwei mögliclien Arten der Verteilung von 2 verscliiedenen Ciiromosomenpaaren bei der Reifeteilung der Geschlechtszellen eines Dihybriden. • Es können 4 Arten von Gameten I — IV gebildet werden. Stellung findet. Es sind wieder 4 Chromosomenpaare angenommen, von denen zwei in Betracht gezogen werden; ein großes und ein kleines schwarzes im einen Elter, ein großes und ein kleines weißes im anderen. Wenn diese sich in der Synapsis paarweise vereinigen, so können sie so in die erste Reifeteilung eingehen, wie es Fig. 141« zeigt ; es werden dann — 378 — die Hälfte der Gameten räch der Teilung die beiden schwarzen, die andere Hälfte die beiden weißen bekommen (c). Da aber die Einstellung der Paare in der Äquatorialplatte der Reifeteilung doch wohl vom Zufall abhängt, so könnte sie auch so sein, wie Fig. 141& zeigt; tritt hier die Teilung ein, so erhält jede Zelle ein schwarzes und ein weißes (d). Wir sehen somit, daß 4 Arten von Gameten gebildet werden können, die die 4 möglichen Kombinationen der zwei Chromosomenpaare dar- stellen. Heißen die schwarzen Chromosomen A und B, die weißen a und b, so werden die Gameten AB^ Ab, aB, ab gebildet, genau wie wir es für den mendelnden F^-Bastard bei Dihybridismus forderten. Da in beiden Geschlechtern aber das gleiche der Fall ist, so können sich bei der Befruchtung 4 x 4 = 16 Kombinationen der Gameten ergeben, wie sie in Fig. 142 dargestellt sind. Also auch für den Dihybridismus und selbstverständlich auch für den Polyhybridismus läßt sich in gleicher Weise die Ableitung aus den Chromosomenverhältnissen ge- stalten. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese Herleitung der Mendelschen Zahlen aus dem Verhalten der Chromosomen im höchsten Maß bestechend ist und, falls sie der Kritik stand zu halten vermag, der Erklärung der Spaltungsregeln eine sichere Basis schafft. Leider ist das für die so geistreiche Interpretation der cellulären Tatsachen nicht der Fall. Sie scheitert an einem im Rahmen jenes Gedankengangs nicht zu überbrückenden Punkt, an der Chromosomenzahl. Es sind bereits jetzt eine Anzahl von Mendelfällen analysiert, bei denen mehr Allelo- morphe bekannt sind als Chromosomen existieren, und dabei sind doch in solchen Fällen nur ein Teil der mendelnden Merkmale untersucht. Die Annahme, daß die Anlagen in großer Zahl innerhalb eines Chromo- soms sich finden, läßt allerdings die reine Zahlenschwierigkeit beseitigen, aber dann versagt die Erklärung, sobald mehrere selbständig mendelnde Merkmalspaare betrachtet werden. Denn bei Lokalisierung in einem Chromosom müßten alle in einem solchen zusammengefaßten Merkmale korrelativ vererbt werden : es könnten unter allen Umständen nur zwei Gametenarten gebildet werden. Der der cytologischen Betrachtung der Vererbungsgrundlagen skeptisch Gegenüberstehende könnte daraus den Schluß ziehen, daß man daran sieht, wie wenig auf diesem Weg weiter- — 379 — Fig. 142. Die 16 Möglichkeiten, in denen sich die 4 Gametenarten des Dihybriden zur Erzeugung von F2 kombinieren können. Die Buchstabensymbole ergeben das Kombinations- schema des Dihybridismus. — 380 — zukommen ist, und es muß zugegeben werden, daß dem der Zellforschung ferner stehenden alle diese Betrachtungen leicht als phantastische Kon- struktionen erscheinen können. Wir sehen in der Tat in der Erblich- keitslehre jetzt eine Richtung, die diesen Standpunkt einnimmt und ihn insofern auch mit einem gewissen Recht einnimmt, als solche Skepsis eine heilsame Reaktion gegenüber dem allzugroßen Optimismus der verflossenen Zeit darstellt. Wer aber Gelegenheit hatte, die minu- tiösen Vorgänge in der Reifungsgeschichte der Geschlechtszellen näher zu studieren und dabei die ganz außerordentliche Einförmigkeit der subtilsten Erscheinungen durch die ganze belebte Organismenwelt hin- durch zu bewundern, Erscheinungen, die so ganz ausschließlich auf diese Periode der Geschlechtszellen beschränkt sind, der muß, so fern er gewohnt ist, hinter den Dingen einen Sinn zu suchen, dazu kommen, Beziehungen zwischen den sichtbaren morphologischen Vorgängen und den experimentell ergründeten biologischen Erscheinungen anzunehmen. Es stehen daher derartige Gedankengänge auf keinem weniger wissen- schaftlichen Niveau als z. B. Überlegungen über das Wesen der Do- minanz. Wir haben nun bereits eingangs erwähnt, daß viele von den Tat- sachen, an die sich die vorgetragenen Gedankengänge anknüpfen, auch in anderer Weise interpretiert werden können. Und da ist es vor allen Dingen ein Punkt, für den sich neuerdings mit immer größerer Wahr- scheinhchkeit eine andere Deutung ergibt, von der ausgehend sich die Schwierigkeiten der cytologischen Interpretation der Spaltungsgesetze leicht überwinden lassen. Wir haben gesehen, daß nach der sogenannten Synapsis die Chromosomen im Kern eine Doppelnatur zeigen und haben diese so interpretiert, daß je ein väterliches und mütterliches Chromosom sich parallel aneinander lagern, um dann in der Reduktionsteilung später getrennt zu werden. Es wird nun immer wahrscheinlicher, daß diese Doppelnatur der Fäden eine andere Bedeutung hat : daß sie nämlich eine Anordnung der Bestandteile eines Chromosoms in zwei Längshälften bedeutet, also die Ausbildung von längsgespaltenen Chromosomen, wie sie in jeder Teilung auftreten. Dieser Längsspalt, also die Selbst- ständigkeit der Spalthälften, bleibt dann weiterhin bis zu den Reife- teilungen bestehen und ihm entsprechend wird dann in der Äquations- — 381 — teilung, die wir ja als eine gewöhnliche Zellteilung bezeichneten und bisher nicht weiter berücksichtigten, die Verteilung der Spalthälften besorgt. Die Verteilung der ganzen, homologen väterlichen und mütter- lichen Chromosomen in der Reduktionsteilung findet aber außerdem statt. Sie hatten sich nur in der Synapsis nicht paarweise parallel zusammengelegt, sondern waren mit ihren Enden zusammengetreten, wie es nebenstehendes Schema, Fig. 143, zeigt, das sich direkt mit Fig. 134 vergleichen läßt. Es ist nun in der Tat merkwürdig, daß überall wo eine Reduktionsteilung stattfindet, auch eine Äquations- teilung sich vollzieht, und daß die Vorbereitungen zu ihr in der Synapsis Fig. 143. Schematische Vorstellung der paarweisen Vereinigung homologer Chromosomen (schwarz und weiß; mit den Enden unter gleichzeitigem Auftreten des Längsspaltes für die Äquationsteilung. a Der Zustand nach der Synapsis, d die für die Reifeteilungen fertige Tetrade nach Gregoire. mit der gleichen Sorgfalt vollzogen werden, wie die für die Reduktions- teilungen. Die Reduktionsteilung wird aber durch die Notwendigkeit, die Chromosomenzahl auf die Hälfte zu reduzieren, erklärt, für die Äquationsteilung fehlt aber jede Erklärung aus cellulären Ursachen. Sie läßt sich aber sofort geben, wenn wir auch sie mit der Verteilung der Erbsubstanzen in Verbindung bringen. Bei der Ausbildung der längsgespaltenen Fäden in der Synapsis legen sich zahlreiche feinste Partikelchen hintereinander und sie ent- sprechen sich in den beiden Spalthälften in weitgehendem Maß, wie deutlich Fig. 133/ zeigt, eine Erscheinung, auf deren Bedeutimg für die uns hier beschäftigenden Fragen am meisten durch Groß — 382 — hingewiesen wurde. Nehmen wir nun einmal an, diese vielen Par- tikelchen wären die materiellen Grundlagen der Erbfaktoren, so bedeutet die Ausbildung der Spalthälflen, daß jedes Partikelchen sich verdoppelt hat und sich für jedes Chromosom zwei identische Ketten von Erb- faktoren zusammenfinden. Nehmen wir nun wieder das obige Beispiel der Fellfarbe und nehmen an, in einem Chromosom seien u. a. aUe Fak- toren für Fellfarbe vereinigt und stellen uns nunmehr auf den Stand- punkt der Presence-Absence-Theorie, der erfordert, daß ein AUelo- morphenpaar aus einem vorhandenen Faktor und seinem Fehlen bestehe. Das FeUchromosom enthielte also bei beiden Tieren etwa die Faktoren ABC; das schwarze verfügt dann außerdem noch über den Schwarz- faktor A''. Das väterliche und das mütterHche Chromosom, die in der S5mapsis des Bastards mit ihren Enden zusammentreten, heißen also N A A B ^ B C C Nun besteht die Chromosomenbildung aber doch darin, daß sich die vorher im Kern zerstreuten einzelnen Partikelchen aus unerklärlichen Ursachen zu ihrem typischen Chromosom zusammenfinden, und zwar wie die Zahlen- und Formkonstanz lehrt, immer wieder die gleichen resp. analogen und gleichzeitig die ganze Serie zu dem synaptischen Spiremfaden, der in die Chromosomen später zerfällt. Hat die erwähnte Längsspaltung, also Verdoppelung der Körnchen-Erbfaktoren, statt- gefunden, so sind jetzt viermal ABC vorhanden und zweimal A^, die zu vier Halbchromosomen zusammentreten. Da selbstverständlich an- zunehmen ist, daß die sämtlichen ABC identisch sind, so finden sie sich eben unter allen Umständen richtig vereinigt. Die beiden N können aber nur zu zwei ^5C-Ketten, von den 4 vorhandenen, hinzu- treten, die, wenn sie alle untereinander identisch sind, sie alle 4 in gleicher Weise anzuziehen vermögen. Es können daher die längsgespaltenen, und mit den Enden vereinigten Chromosomenpaare, die aus der Syn- apsis hervorgehen, die Tetraden, wie sie Fig. 142c zeigt, — jetzt wird dieser Ausdruck verständlich — zweierlei Zusammensetzung haben, nämlich 383 — N N A A B B C C A A B B C C oder A' A A B B C C N A A B B C C Da aber die Reduktionsteilung die ganzen Chromosomen, also in der horizontalen Linie, trennt, die Äquationsteilung die Spalthälften, also in der vertikalen Linie, so muß unter allen Umständen eine von beiden Teilungen, im ersteren Fall die Reduktionsteilung, im zweiten die Äqua- tionsteilung, das Merkmalspaar verteilen. Die Äquationsteilung ist also für die Spaltung ebenso nötig, als die Reduktionsteilung, die nur außerdem noch die Herabsetzung der Chromosomenzahl bewirkt. Es ist klar, daß bei dieser Interpretation der Tatsachen die Schwierigkeit der Zahl der selbständig mendelnden Einheiten beseitigt ist. Denn ebenso wie der Faktor A'' kann sich jeder andere verhalten, und wie leicht zu kombinieren ist, ergibt das gleichzeitige Vorhandensein mehrerer Merk- malspaare ebensoviel- Gametenkombinationen als die Mendelschen Gesetze verlangen, da die Merkmale, auch wenn sie in großer Zahl sich in einem Chromosom finden, stets durch die gemeinsame spaltende Wirkung der beiden Reifeteilungen getrennt werden. Da die Faktoren- zahl, die man sich in dieser Weise in der Gesamtheit der Chromosomen vorhanden denken kann, eine ganz außerordentlich große ist, so lassen sich in der Tat die Spaltungsgesetze in Anlehnung an die cytologischen Tatsachen auf die Chromosomen Verhältnisse zurückführen. Wir haben in diesen Vorlesungen uns dauernd bemüht, die Grenze zwischen Tatsachen und Hypothesen scharf einzuhalten und so wollen wir uns mit dieser kurzen Darstellung der cellulären Seite der Bastar- dierungslehre genügen lassen. Wir wollen aber auch nicht das weitere mit Bastardierungsfragen in Zusammenhang stehende cytologische Detail behandeln, da es uns hier ja nur darauf ankam, die cytologische Parallele zu den Vererbungsregeln zu ziehen, nicht cytologische Spe- zialkenntnisse zu vermitteln. \Mr wollen vielmehr zum Schluß nur noch erfahren, in welcher Weise neuerdings Aussicht erwachsen ist, auch — 384 — aus dem biologischen Experiment Schlüsse auf die Lokalisation der Erbträger in der Zelle ziehen zu können. Unter den buntblättrigen Pflanzen fand man eine außerordentliche Verschiedenheit der Erblich- keitsverhältnisse dieser Eigenschaft. Uns interessiert hier nur der Fall der Mirabilis jalapa albomaculata, den Correns studierte. Die Feststellung, derentwegen wir jene Experimente hier anführen, ist die, daß die Buntblättrigkeit bei Bastardierung nur von der Mutterpflanze vererbt wird. Der Pollen einer weißen oder bunten Pflanze verhält sich also stets, als ob er von einer normalen grünen stamme. Da aber sich in allen anderen Merkmalen Ei und Pollen in der Vererbungspotenz gleich verhalten, sie weiterhin sich cellulär nur dadurch unterscheiden, daß bei der Befruchtung vom Pollen nur der Kern und kein Plasma eingeführt wird, so folgert Correns, wie auch Baur, der entsprechende Befunde erhob, daß in diesem Fall alle mendelnden Charaktere auch im Kern lokalisiert sein müssen, der nicht mendelnde Buntblättrigkeits- charakter aber im Plasma. Diese Art der Schlußfolgerung kann zweifel- los sich noch weiterhin fruchtbar erweisen und neue Wege für gemein- sames Vorgehen der beiden Forschungsrichtungen eröffnen. Neunzehnte Vorlesung. Das Problem der Geschlechtsbestimmungf und der Versuch seiner mendelistischen Lösung;. Das Tatsachenmaterial des Verhaltens der sekundären Geschlechtscharaktere, der Bastardexperimente, die direkt das Geschlecht betreffen, der geschlechtsbegrenzten Vererbung, der cellulären Grundlagen der Geschlechtsbestimmung, des Hermaphroditismus. Zum Schluß unserer Betrachtung der Grundzüge der Vererbungs- wissenschaft müssen wir uns nun noch einem Teilproblem zuwenden, das zum interessantesten der ganzen Genetik gehört, an ihre sämthchen Einzelzweige hier oder dort angrenzt und uns daher auch bereits mehr- mals im Vorübergehen begegnet ist, dem Problem der Geschlechts- bestimmung. Leider müssen wir aber gleich an den Anfang das — 385 — Zugeständnis setzen, daß trotz der zahlreichen Untersuchungen und der Fülle des interessantesten Tatsachenmaterials dies Problem noch weit von einer einheitlichen Lösung entfernt ist, ja noch kaum die Richt- linien zu sehen sind, in der sie liegt. Vielleicht ist das allerdings nicht eine UnvoUkommenheit unserer Kenntnis, sondern ein Ausdruck der komplexen Beschaffenheit des Problems, das unter verschiedenen Ge- sichtspunkten betrachtet werden muß. Wenn wir uns nun mit dem wichtigsten Tatsachenmaterial und den Versuchen, es zuordnen, bekannt machen wollen, so müssen wir das Problem von vornherein in einige Teilprobleme gliedern, die zwar, wie stets in der Natur, miteinander aufs engste zusammenhängen, andererseits aber auch einen genügenden Grad von Selbständigkeit besitzen, um eine isolierte Behandlung zu erfordern. Der wichtigste Teil des Gesamtproblems betrifft r.atürhch das Ver- hältnis der beiden Geschlechter, die Frage, was verursacht, daß bei den meisten Organismen männliche und weibliche Individuen etwa in gleicher Zahl hervorgebracht werden? Eine weitere Frage bezieht sich auf solche Lebewesen, in deren Lebensgeschichte ein Wechsel verschie- dener Fortpflanzungsarten auftritt, nämlich entweder ein Wechsel zwischen eingeschlechtigen parthenogenetischen und zweigeschlech- tigen, der Befruchtung bedürftigen Generationen, oder ein Wechsel zwischen ungeschlechtlicher vegetativer und geschlechtlicher Fort- pflanzung. Wir wollen nun mit dem ersten und wichtigsten Problem, dem der Bestimmung des männlichen oder weibhchen Geschlechts beginnen. Nach allem, was wir in den letzten Vorlesungen hörten, wird es uns selbstverständlich erscheinen, daß die mendelistische Forschung auch dieses Problem in Angriff nahm und daß im Augenblick die mendeli- stischen Erklärungsversuche so im Vordergrund stehen, daß alle anderen Interpretationen den Stempel des Unmodernen tragen. Da sich die Resultate dieser Forschungsrichtung nun auch am Besten an die letzten Abschnitte anschließen, so wollen wir sie hier auch zuerst besprechen. Schon Mendel selbst hatte vermutet, daß Männlichkeit und Weiblich- keit als selbständig spaltende Erbfaktoren zu betrachten seien. Nach der Wiederentdeckung seiner Gesetze war wohl Castle der erste, der eine mendelistische Erklärung des Geschlechts versuchte. Er nahm an, Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 2'5 — 386 — daß beide Geschlechter heterozygot seien in Bezug auf Geschlechthch- keit, also wenn F (femina) weiblich ist, M (mas) männlich, das weib- liche Geschlecht laute F{M), das männhche {F)M, wobei also in jedem Geschlecht sein Charakter dominiert. Es bildet nun jedes Geschlecht Gameten F und M. Es muß also, um beide Geschlechter in gleichen Zahlen zu erhalten, angenommen werden, daß eine selektive Befruch- tung eintritt, daß die Gameten, die Weibhchkeit tragen, nur von solchen befruchtet werden können, welche Männlichkeit enthalten und um- gekehrt. Über die Dominanz muß aber dann der Zufall entscheiden, der wohl in gleicher Zahl von Fällen F und M dominieren läßt. Die Komphkation dieser Annahme liegt auf der Hand, der vor allem in der selektiven Befruchtung eine Schwierigkeit entgegensteht, die keinerlei Tatsachen zu ihrer Überwindung anführen könnte. Und so ist diese Hypothese wohl heute allgemein aufgegeben und an ihre Stelle eine ziemlich einfache Suppositiqn getreten. Die wesentliche Erscheinung der Geschlechtsbildung ist ja die, daß im großen Ganzen beide Ge- schlechter in gleicher Zahl aufzutreten pflegen. Nun kennen wir ja einen Mendel sehen Fall, in dem typisch das Verhältnis i : i auftritt, das ist die Rückkreuzung eines Heterozygoten mit einem seiner Eltern.- Nehmen wir also an, daß das eine Geschlecht, etwa das weibhche, hetero- zygot sei in Bezug auf die GeschlechtHchkeit, das männliche homozygot, so ergibt sich bei jedem Fortpflanzungsakt ohne weiteres stets das Verhältnis i : i. Das Weibchen hieße dann F{M), das Männchen MM, ersteres bildet Gameten F und M, letzteres nur M, was bei der Befruch- tung I F{M) : I MM ergibt. Weibhchkeit muß dann über Männhch- keit natürlich dominieren. Es käme aber auch das gleiche Resultat zu Stande, wenn umgekehrt das männliche Geschlecht heterozygot, das weibliche homozygot wäre, wie es zuerst von G. Smith postuliert wurde, während die erstere Annahme Bateson und Punnett zum Urheber hat. Die Annahme nun, daß auch das Geschlecht durch ein mendelndes Merkmalspaar bestimmt werde, stützt sich hauptsächhch auf 4 Gruppen von Tatsachen und ihre gemeinsame Betrachtung. Die erste Gruppe ist das biologische Verhalten der sekundären Geschlechtscharaktere und ihre experimentelle Beeinflussung, von denen wir bereits bei Betrach- — 387 — tung der mendelistischen Latenzfälle kurz sprachen. Als zweite und wichtigste können wir die Versuche bezeichnen, direkt im Bastardie- rungsexperiment das Geschlecht als Erbeigenschaft zu betrachten, Versuche, die allerdings bisher nur im Pflanzenreich ausgeführt werden konnten. Eine dritte Gruppe stellt die Erfahrungen über geschlechts- begrenzte Vererbung dar, deren Wesen sowie ihre mendelistische Deu- tung wir bereits kurz erwähnten, und endlich kommt die Gruppe der cellulären Tatsachen hinzu, die in Verbindung mit der biologischen Be- trachtung der Lebensgeschichte der betreffenden Objekte bei jeder Betrachtungsweise des Geschlechtsproblems herangezogen werden muß. Was nun die sekundären Geschlechtscharaktere in ihrer Beziehung zu unserem Problem betrifft, so ist gerade in diesem Punkt besondere Vorsicht und Zurückhaltung am Platz. Die Art, wie die betreffenden Tatsachen für die Lösung des Geschlechtsproblems verwandt werden, erhellt am besten aus einem Beispiel. Die Krabben werden bekannt- lich häufig von einem parasitischen Cirriped, der Sacculina, befallen. Giard stellte nun fest, daß durch die schädliche Einwirkung des Para- siten eine Kastration des Wirtes hervorgerufen werden kann. Die Wir- kung solcher parasitärer Kastration äußert sich nun, wie Smith an reichem Material genau untersuchte, darin, daß bei weiblichen Indi- viduen die sekundären Geschlechtscharaktere beeinträchtigt werden, bei männlichen aber ihre sekundären Charaktere verschwinden und dafür die weiblichen sich so ausbilden, daß es manchmal schwer ist, ein solches Männchen von einem echten Weibchen zu unterscheiden. Fig. 144a zeigt das Männchen von Inachus mit dem charakteristischen schmalen Abdomen und der großen Schere, c das Weibchen mit den entgegengesetzen Charakteren und b das vollständig dem Weibchen gleichende kastrierte Männchen. Aus dieser Tatsache wird nun der Schluß gezogen, daß das Weibchen homozygot ist, da es auch ohne Anwesenheit der Gonaden nicht im stände ist, andere als weibliche Charaktere zu zeigen; das Männchen dagegen ist heterozygot mit dominanter Männ- lichkeit. Wird aber die die Dominanz bedingende Geschlechtsdrüse zerstört, so tritt die vorher unterdrückte weibliche Anlage hervor, was soweit geht, daß sich sogar in dem degenerierten Hoden Eier ent- wickeln. 25* — 388 — Ist dieser Schluß richtig, so müßte er sich natürhch ebenso gut auf alle anderen Fälle anwenden lassen, höchstens wäre es möglich, daß es auch Formen gibt, die umgekehrt weibUch heterozygot sind und männ- lich homozygot. Bedeutet nun wirklich das Auftreten von entgegen- gesetzten sekundären Greschlechtscharakteren, daß die beiden entgegen- gesetzten Geschlechter in heterozygotem Zustand vorhanden sind, daß in unserem Beispiel das Männchen immer ein Bastard aus Männlichkeit und Weibhchkeit ist ? Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß die sekun- dären Geschlechtscharaktere ebenso zu den erblichen Artcharakteren Fig. 144. I (5 von Inachus, 3 5 desgl., 2 Parasitär kastriertes (J. Nach Smith. gehören, wie irgend ein anderer Charakter. Ihr erbliches Verhalten unter- scheidet sich von anderen nur darin, daß der ererbte Charakter nur dann in die Erscheinung tritt, wenn ein bestimmtes Geschlecht vorliegt. Wir sagen in die Erscheinung tritt, denn es kann in keiner Weise bestritten werden, daß beide Geschlechter den betreffenden Artcharakter tragen. Denn es ist schon oft bewiesen worden, daß bei Bastardierung jedes Geschlecht die Fähigkeit, die spezifischen sekundären Geschlechtscharak- tere auszubilden, überträgt. Die Fasanenhenne führt, wie schon Darwin hervorhob, in eine Kreuzung den Schwanzschmuck des Männchens ein, den sie nicht besitzt, der Hahn aus einem fruchtbaren Stamm vererbt — 389 — das gute Eierlegen, das er selbst nicht kann. Sind nun beide deshalb heterozygot? Angenommen das wäre der Fall; die Henne aber, die alt wird, wird hahnenfedrig, sie muß also auch heterozygot sein. Wir sehen, der Gedanke muß auf einer falschen Schlußfolgerung beruhen. Es besitzt nicht ein Geschlecht nur die Fähigkeit zu einer Art von se- kundären Geschlechtscharakteren, und das andere die zu beiden in Bastardform, sondern die Tierart besitzt die Fähigkeit (oder nicht), zwei Arten von sekundären Geschlechtscharakteren auszubilden. Welche der möglichen Reaktionen eintritt, hängt eben von dem vorhandenen Geschlecht ab und ist mit diesem je nach der Tierart labil oder nach einmaliger Entscheidung unverschiebbar oder gradweise abstufbar. Die Abhängigkeit oder Unabhängigkeit dieser Charaktere von den Geschlechtsdrüsen und ihre Umkehrbarkeit ist aber eine physiologische Frage, die mit der Vererbung des Geschlechts nichts zu tun hat, Sie ist von den speziellen physiologischen Bedingungen des Organismus abhängig und daher auch so außerordentlich different. Bei Inachus war eine Rückdifferenzierung der männlichen Charaktere und das Auf- treten der weiblichen unter dem Einfluß der Kastration möglich, das umgekehrte nicht. Bei vielen Formen sind aber auch die reziproken Prozesse möglich, also Umdifferenzierung der sekundären Geschlechts- charaktere in beiden Richtungen. Die alte Henne wird hahnenfedrig, der Kapaun in manchen Charakteren (nicht in allen) hühnerartig, die kastrierte Kuh nimmt männliche Charaktere an, der Ochs weibliche, die virago und der Eunuch zeigen das gleiche. Auf der gleichen Seite stehen die Fälle, in denen die Wirkung der inneren Sekretion gezeigt werden konnten: trotz Anwesenheit der weiblichen Geschlechtsdrüse bewirkt die Injektion von Hodenextrakt bei Fröschen und Hühnern das Auftreten männlicher Charaktere, Säugetiere, die die Geschlechts- drüsen in voller Funktipn haben, in denen aber zufällig das jene Sekre- tion bewirkende interstitielle Gewebe fehlt, haben nicht die zugehörigen Geschlechtscharaktere. Die Rückenhaut eines Triton Weibchens aber kann, wenn sie auf ein männliches Tier transplantiert wird, den typi- schen männlichen Sexualcharakter, den Kamm, zur Ausbildung bringen. Und dann kommen als eine ganz andere Stufe jene Organismen wie die Schmetterlinge, von denen wir früher bereits eingehend erfuhren, daß — 390 — weder Kastration noch Anwesenheit der transplantierten entgegen- gesetzten Drüse irgendwie auf die sekundären Geschlechtscharaktere einwirkt. All dieses läßt aber nur einen Schluß zu: die sekundären Geschlechtscharaktere müssen aus der Frage, ob das Geschlecht ein mendelnder Charakter ist, ausscheiden : sie sind Artcharaktere, die nur durch physiologische Beziehungen mit dem Geschlecht zusammen- hängen. Vielleicht könnte in diesem Punkt die entscheidende Klärung durch das Studium einer anormalen Erscheinung, also eines Naturexperiments, kommen, der Erscheinung des Gynandromorphismus. Man versteht darunter die Tatsache, daß, besonders im Kreis der Arthropoden, häufig Individuen gefunden werden, die auf der einen Körperhälfte in Bezug auf Fühlerform, Sexual bewaffnung und derartige Geschlechtszeichen, die männlichen, auf der anderen die weiblichen Charaktere zeigen. Von solchen führen dann alle Übergänge bis zu Gynandro- morphen, wie sie vor allem bei Bienen bekannt wurden, in denen die Charaktere der beiden Ge- schlechter wie ein feines Mosaik durcheinander gemischt erscheinen. In manchen Fällen scheinen nun solche Formen dadurch ziemlich einfach verständlich zu sein, daß sie auch in ihrer inneren Organisation echte Zwitter darstellen, deren Zwittrigkeit der Einteilung der Körperhälften entspricht. Es läßt sich dann, wie es Morgan und Boveri in etwas differenter Weise durchzuführen suchten, eine Erklärung auf Grund abnormer Befruchtungs Vorgänge durchführen, die die Entstehung einer Chi- märe aus männlichen und weiblichen Teilen bedingen. Es stimmt dazu die Tatsache, daß gerade bei Bastardierungen, die ja wegen i'ig- HS- Weiße und gestreifte Seidenraupe und gyn- andromorpher Zwitterbastard (rechts). Nach Toyama aus Godlewsky. — 391 — ihrer unnatürlichen Beschaffenheit sicher leicht Störungen im Be- fruchtungsprozeß bedingen, häufig solche gynandromorphe Zwitter auftreten, die dann auf der einen Körperhälfte neben den männlichen Geschlechtsmerkmalen die Charaktere des betreffenden Bastardeiters aufweisen, auf der anderen Körperhälfte aber die des anderen. Als Bei- spiel diene nebenstehendes Bild Toyamas, Fig. 145, das eine weiße japanische und eine gestreifte französische Seidenraupe zeigt, daneben eine gynandromorphe Bastardraupe, aus der dann auch ein ebenso gynandromorpher Schmetterling mit echter Zwitterbildung hervorging. Nehmen wir an, daß das Geschlecht und mit ihm die sekundären Ge- schlechtscharaktere bei der Befruchtung festgelegt werden, so können wir uns solche Formen somit leicht als eine Art von Chimären, ent- standen aus einer symmetrischen Männlichkeit und Weiblichkeit be- dingenden Doppelbefruchtung, erklären. Der Befund spricht dann sogar direkt gegen die Heterozygotie eines Geschlechts, da trotz der halbseitigen Trennung der Geschlechter die Charaktere der Bastard- eltern auf beiden Seiten rein erscheinen. Denn selbst bei Dominanz einer Form müßte man bei Insekten bisweilen den heterozygoten Zu- stand einer Hälfte von der reinen Elternform unterscheiden können. Nun gibt es aber auch halbseitige Gynandromorphe, deren innere Zwitt- rigkeit mit der äußeren Erscheinung nicht übereinstimmt. All das warnt aber davor, aus den sekundären Geschlechtscharakteren auf das Wesen des Geschlechts zu schließen. Viel bedeutungsvoller erscheinen aber andere Charaktere, die ja auch als sekundäre Geschlechtscharaktere bezeichnet werden, nämlich Dimor- phismus im Gesamtkleid der Art. Das Weibchen von Lymantria dispar hat weißliche Flügel mit dunkeln Binden, das Männchen braune (Fig. 146). Wir haben nun schon früher gehört, daß dieser Geschlechtsdimorphismus sich möglicherweise nach Mendelschen Gesetzen vererbt, wie aus den Untersuchungen an Papilio memnon mit seinen drei Arten von Weibchen hervorgeht. Nun gibt es bei solchen dimorphen Formen auch Gynan- dromorphe, die aber ganz anders erscheinen, als die oben besprochenen. Fig. 146 gibt zwei solche Individuen von Lymantria dispar neben den Normalformen beider Geschlechter wieder. Man erkennt, daß bei den Gynandromorphen die braunen Flügel männlicher Färbung durchsetzt — 392 — sind mit weißen, weiblich gefärbten Teilen. Solche Individuen müssen aber keine Zwitter sein. Die abgebildeten Exemplare haben in allen anderen Charakteren rein männliche Eigenschaften, und es konnte auch bereits einmal festgestellt werden, daß ähnliche Exemplare nur einen rein männlichen Geschlechtsapparat besaßen. (Auch der umgekehrte Fäll von Weibchen mit gemischtem Kleid ist bekannt.) Das zeigt, daß hier etwas ganz anderes vorliegt, wie bei den obigen Zwittern. "Wenn wir annehmen, daß das Männchen (und natürlich auch "*>?''#■ Fig. 146. Lymantria dispar. Oben das große Weibchen und kleine Männchen. Unten zwei Männchen, mit gynandromorphem Mosaikkleid. das Weibchen) die Anlagen für den Dimorphismus, also für beide Kleider trägt, wie es von De Meijere für jene Papilioniden wahrscheinlich gemacht wurde, dann sind die beiden Geschlechter heterozygot in Bezug auf diese Eigenschaften und im allgemeinen pflegt nur die Ausbildung des Geschlechts über die Dominanz eines Kleides zu entscheiden. Wir sehen nun schon, daß bei gewöhnlicher Bastardierung aus zunächst un- erklärlichen Gründen gelegentlich neben typischer Dominanz auch Mo- saikformen auftreten (s. oben Fig. 87 von Lymantria monacha). Nichts — 393 — ist naheliegender, als daß wir auch in diesem Fall nichts als eine Durch- brechung der Dominanz zu gunsten einer Mosaikbildung aus unbe- kannten Ursachen vor uns haben. Ein solcher Gynandromorph ist also ein gewöhnliches Männchen, in dem aber das heterozygote Ge- schlechtskleid an Stelle der typischen Dominanz Mosaikcharakter zeigt. Der Dimorphismus des Kleide^ dürfte also ein mendelnder Faktor sein, das Geschlecht selbst braucht es deshalb noch lange nicht zu sein. Daß auch solche mosaikartige Gynandromorphe vielleicht gelegentlich ebenfalls mit Störungen im Geschlecht verbundtm sind, beweist aber nur einen Zusammenhang des Geschlechts (vielleicht der Geschlechts- drüsen, wahrscheinlicher nur der geschlechtlichen Stimmung des Orga- nismus, die nach Meisenheimers Versuchen ja von den Drüsen un- abhängig sein kann) mit der Dominanzerscheinung eines bestimmten Kleides. Bei Schmetterlingen muß natürlich jene Beziehung bereits mit der Befruchtung fixiert sein, da ja in den mehrfach erwähnten Ver- suchen die Anwesenheit der Gonade weder die gewöhnlichen sekun- dären Geschlechtscharaktere, noch das Geschlechtskleid beeinflussen konnte. Wir sehen somit, daß es mendelnde Geschlechtscharaktere, wie Dimorphismus des Kleides geben kann, ohne daß dadurch über das Wesen der Geschlechtsbestimmung etwas ausgesagt sein muß. Auch die Tatsachen des Gynandromorphismus führen dazu, in der Ver- wendung der sekundären Geschlechtscharaktere für eine Entscheidung der Frage, ob das Geschlecht eine mendelistisch bedingte Eigenschaft ist, vorsichtig zu sein. Und solche Vorsicht ist umsomehr am Platz, als trotz der zahlreichen Beobachtungen und Versuche die Beziehungen von Geschlecht und sekundären Geschlechtscharakteren noch keines- wegs klar sind, auch der Begriff der sekundären Geschlechtscharaktere in keiner Weise einheitlich ist. Wir werden dieser Frage bald nochmals begegnen, wenn wir die eigentlichen primären Geschlechtscharaktere, nämlich die Sexualdrüsen selbst, für die Lösung unseres Problems heran- ziehen. Jetzt wollen wir uns der zweiten Tatsachengruppe zuwenden, die für die mendelistische Erklärung des Geschlechtsproblems von Be- deutung ist. Die Versuche, die bisher nur an pflanzlichen Objekten vorgenommen werden konnten, sind die ersten, die überhaupt ausgeführt wurden, um — 394 — das Sexualitätsproblem durch das Bastardierungsexperiment zu lösen. Correns ging von der Tatsache aus, daß monöcische und diöcische Pflanzen, also solche, die männliche und weibliche Blüten an einer Pflanze oder nur an getrennten Pflanzen erzeugen, diese Fähigkeit auf ihre Nachkommen vererben. So ist die Dimorphoteca pluvialis eine extrem monöcische, eine trimonöcische Pflanze, indem ihre Blüten - köpfchen gleichzeitig männliche, weibliche und Zwitterblüten enthalten. Wie man nun aber auch diese drei Blütenarten sich untereinander befruchten läßt, stets" entsteht wieder eine trimonöcische Pflanze. Es müssen somit alle Geschlechtszellen einer monöcischen Pflanze diesen Charakter besitzen, und dadurch eröffnet sich vielleicht die Möglichkeit, durch Kreuzung mit einer diöcischen Pflanze, deren Geschlechtscharakter männlich oder weiblich ja bekannt ist, erstere analysieren zu können. Correns kreuzte deshalb die monöcische Zaunrübe Bryonia alba mit der getrennt-geschlechtigen B. dioica. Wurde nun dioica Q X alba (J^ gekreuzt, so war die gesamte Nachkommenschaft weiblich, nämlich 587 Individuen (zu denen allerdings als unerklärte Ausnahme 2 q^ kamen). Die umgekehrte Kreuzung dioica q^ X alba Q ergab aber zu genau gleichen Teilen männliche und weibliche Pflanzen, nämlich 38 : 38 Individuen. Die normale Befruchtung zwischen dioica Q und cT gibt natürlich wieder zu gleichen Teilen beides. Nun wissen wir schon, daß monöcische Individuen sämtlich den Charakter Monöcie, Zwittrig- keit, vererben. Das Resultat erfordert also, daß bei der diöcischen Pflanze männliche und weibliche Individuen verschiedene geschlecht- liche Tendenz haben. Es wird erklärt, wenn wir annehmen, daß die cf in Bezug auf das Geschlecht heterozygot sind, mit männlicher Domi- nanz also Mm, die Weibchen dagegen homozygot mm. Erstere bilden also zweierlei Geschlechtszellen M und m, letztere nur eine Sorte m. Natürlich muß dann auch angenommen werden, daß aus der Monöcie durch den Faktor M resp. m sichtbare Männlichkeit oder Weiblichkeit wird. Es würde also etwa die Kreuzung dioica (j^ X alba Q folgender- maßen verlaufen, wenn wir die Monöcie (Hermaphroditismus) mit ^ bezeichnen und uns der Geschlechtssymbole bedienen : Dioica (5 = (J Q alba Q = ^ ^ Gameten (5 und Q ö Fl (S i^ und QU — 395 — Die Männchen und Weibchen, die erscheinen, müssen also wenig- stens unsichtbar den Charakter Monöcie enthalten. Die Analyse der folgenden Generationen könnte nur darüber Aufklärung bringen, sie er- wies sich aber wegen der Unfruchtbarkeit der Pflanzen als nicht durch- führbar. Die interessanten Versuche können daher zunächst noch nicht beweisen, daß wirklich das Geschlecht ein mendelnder Faktor ist. Sie haben aber neuerdings eine Parallele erhalten in den Versuchen, die Shull an einem Melandryum (Lychnis dioica) ausführte. Diese Pflanze ist normalerweise diöcisch. Ausnahmsweise traten nun aber auch monöcische Individuen auf, die durch Selbst- und Kreuzbefruchtung analysiert werden konnten. Ein solcher Hermaphrodit ergab bei Selbst- bestäubung 33 Q und 25 ^ in der Nachkommenschaft, . ein anderer iio2 : 95 ^ • Wurde der Hermaphrodit aber mit Pollen eines normalen (^ bestäubt, so lieferte er alle drei Möglichkeiten, nämUch 21 Q : 2 ^ : II (J'. Bei reziproker Kreuzung aber, also bei Befruchtung normaler Q mit dem Pollen der Hermaphroditen gingen teils nur Q und Herma- phroditen hervor, nämlich 162 Q : 144 ^ , in anderen Kreuzungen Q und cf , nämlich 65 Q : 73 (j^ . Shull findet die Erklärung, ebenso wie Correns in der Annahme, daß das männliche Geschlecht heterozygot, das Q homozygot ist. Diese monöcischen Pflanzen wären aber dann ganz etwas anderes wie die Corrensschen, die bei Selbstbefruchtung ja nur monöcische liefern, während hier monöcische und Weibchen entstehen . Shull betrachtet deshalb auch die monöcischen Pflanzen als (J' Hetero- zygote, in denen der sonst unterdrückte weibliche Teil in Erscheinung tritt. Dieser Interpretation steht aber eine große Schwierigkeit gegen- über: Strasburger fand, daß weibliche Melandryen, die also doch homozygot sein sollten, unter dem Einfluß der Infektion mit einem Pilz unfruchtbare, männliche Blütenorgane bilden und hält diese An- gabe auch Shulls Einwänden gegenüber aufrecht. Wir sehen uns also wieder vor der gleichen Schwierigkeit stehen, zu der auch die mendelistische Betrachtung der sekundären Geschlechtsorgane geführt hatte: die Homozygotie eines und die Heterozygotie des anderen Ge- schlechts läßt sich zunächst noch nicht durchführen. So interessant auch die Ergebnisse dieser Versuche sind, so haben sie eine mendeli- stische Aufklärung des Sexualitätsproblems sicher noch nicht gebracht. — 396 — die sonst so klärenden Mendel sehen Interpretationen führen hier nur zu noch weiteren Komplikationen. Als dritte Gruppe von Erscheinungen, die auf das engste mit der Mendelschen Interpretation der Geschlechtsbestimmung verknüpft sind, bezeichneten wir die Tatsachen der geschlechtsbegrenzten Ver- erbung. Wenn auch hier nicht das Geschlecht als solches direkt zur Untersuchung steht, sondern nur seine Korrelation zu bestimmten Arten von Mendel Spaltungen, so stellen doch die betreffenden Erschei- nungen zweifellos den Kernpunkt der ganzen Frage dar. Ihre Klärung muß wohl sicher einmal die Entscheidung des gesamten Grundproblems bringen. Das Wesen der betreffenden Tatsachen ist kurz das, daß bei bestimmten Kreuzungen die Merkmalspaare des Bastards sich so auf- spalten, daß das eine Geschlecht ausschließlich die einen, das andere die entgegengesetzten AUelomorphe erhält. Es können z. B. bei einer ganz bestimmten Kreuzung zwischen schwarzer und weißer Nonne sämtliche Weibchen in der Nachkommenschaft weiß, sämtliche Männ- chen schwarz sein. Es gibt jetzt bereits im Tierreich eine ganze Anzahl mehr oder minder genau bekannter Fälle dieser Art, so bei den Schmetter- lingen Abraxas grossulariata und Lymantria monacha, bei der Taufliege Drosophila, beim zimtfarbigen Kanarienvogel, bei gewissen Hühnerrassen, bei Katzen und Schafen, beim Mensch. Als instruk- tivsten Fall wollen wir zunächst den von Doncaster und Raynor entdeckten des Stachelbeerspanners Abraxas grossulariata be- trachten. Von diesem Schmetterling gibt es eine selten auftretende helle Va- rietät lacticolor, die eine Art Albino darstellt und gewöhnlich nur im weiblichen Geschlecht gefunden wird (Fig. 147). Wurde also lacti- color § mit grossulariata (J^ gekreuzt, so waren alle Nachkommen in Fl grossulariata und zwar beide Geschlechter. Der Grossulariata- Faktor dominiert also über den Lacticolorfaktor. Fg gab dann beide Formen im Verhältnis etwa 3 : i, nämlich 18 grossulariata : 7 Lacticolor. Während erstere aber beide Geschlechter enthielten, waren letztere blos weibhch. Wurden aber die Fj (heterozygoten) grossulariata-Männchen mit lacticolor- Weibchen rückgekreuzt, so gab es, wie zu erwarten, zur Hälfte grossulariata, zur Hälfte lacticolor, diese waren aber in gleicher — 397 — Zahl aus beiden Geschlechtern zusammengesetzt, nämlich 63 Gross, (j^, 62 Gross. Q , 65 Lactic. rf, 70 Lactic. Q . In dieser Kreuzung entstanden also zum ersten Mal Lacticolor (^f . Wurden diese nun mit heterozygoten grossulariata Q von Fi gepaart, so war die Nachkommenschaft natür- lich zur Hälfte grossulariata, nämlich 145 Stück, und zur Hälfte lacti- color, nämlich 130 Stück. Erstere aber waren ausschließlich (^f, letztere ausschließlich Q. Wurden aber dieselben Lacticolor cf mit wilden, aus der Natur stammenden, also bei der Seltenheit von lacticolor sicher reinen grossulariata Q gepaart, so war das Resultat das gleiche. Alle Grossulariata (nämlich 19) waren rf , alle lacticolor (nämlich 52) waren Q . Fig. 147. Abraxas grossulariata (links) und seine Aberration lacticolor. Nach Doncaster und Raynor. Betrachtet man nun diese letztere Kreuzung zuerst, so. ergibt sich daraus zunächst, daß die Grossulariata der Natur in Bezug auf den lacticolor-Charakter heterozygot sein müssen, wobei der Grossulariata- faktor G über den lacticolor-Faktor g dominiert. Wie erklärt sich nun das Verhalten des Geschlechts? Batesbn und Punnett zeigten, daß es ohne weiteres klar ist, wenn man annimmt, daß die Männlichkeit und Weiblichkeit mendelnde Eigenschaften sind und daß die Weibchen darin stets heterozygot, die Männchen homozygot sind, wobei Weib- lichkeit dominiert. Wenn F (femina) Weiblichkeit bedeutet, / keine Weiblichkeit, also Männlichkeit, besitzen alle Weibchen Ff, aUe Männ- chen //. Wenn nun weiterhin angenommen wird, daß die beiden Domi- nanten sich abstoßen (falscher Allelomorphismus), dann ist das Resultat aller obigen Kreuzungen erklärt. Der letzte Fall, die Kreuziing wilder grossulariata Q mit lacticolor rf , ebenso wie der identische mit F^ — 398 — grossulariata Q erklärt sich z.B. folgendermaßen : Die grossulariata Q heißen GgFf, die lacticolor rf ggff. Erstere bilden nun bei Repulsion der Dominanten nur Gameten Gf, gF, letztere nur gf, die Nachkommen sind also zur Hälfte Gfgf oder gFgf, also grossulariata rf , lacticolor Q . Oder nehmen wir die Kreuzung zwischen F^ grossulariata Q und cf, so heißt ersteres GgFf, letzteres Ggff. Die Gameten sind also bei ersterem Gf, gF, bei letzterem Gf, gf. Die Befruchtung ergibt somit in gleicher Zahl die Kombinationen GfGf = Grossulariata rf, Gfgf = Grossulariata (j^, gFGf = Grossulariata Q, gFgf = Lacticolor Q. Würde aber ein Lacticolor Q ggFf mit einem heterozygoten grossu- lariata cT Ggff gepaart, so wären die Gameten gF, gf und Gf, gf. Es entständen also in gleicher Zahl : ' gFGf = Grossulariata Q, gFgf = Lacticolor Q, gfGf = Grossulariata (^, gfgf = Lacticolor (j^ . Wir sehen also, wie die Annahme die wirklichen Resultate voirtreff- lich erklärt. Nun wollen wir noch einen zweiten Fall anschließen, der deshalb besonders interessant ist, weil er die gleiche Erscheinung, nur umgekehrt, illustriert, nämlich die geschlechtsbegrenzte Vererbung, die Morgan bei der Taufliege Drosophila fand. Hier trat in einer nor- malen rotäugigen Kultur ein weißäugiger männlicher Mutant auf. Mit seinen normalen Geschwistern gekreuzt ergab er rotäugiges F^. Fg spaltete dann in 2459 rotäugige Weibchen, loii rotäugige Männchen, 782 weiß- äugige Männchen. Es fehlten also weißäugige Weibchen. Wir sehen, genau das gleiche wie bei der Abraxaskreuzung, nur daß (j' und $ vertauscht sind. Wurde das weißäugige (j^ mit einem rotäugigen hetero- zygoten Fj Q gepaart, so enthielt die Nachkommenschaft wie bei Abraxas alle vier Möglichkeiten, nämlich 129 rotäugige Weibchen, 132 rotäugige Männchen, 88 weißäugige Weibchen, 86 weißäugige Männchen. Wurde endlich ein aus der Natur stammendes rotes Männchen mit 399 — einem weißen Weibchen gepaart, so war die Nachkommenschaft halb weiße Männchen, halb rote Weibchen. Die roten Männchen der Natur erwiesen sich also als für weiß heterozygot, eben- so wie bei Abraxas die Weibchen. Also in der Tat genau der gleiche Fall, aber mit Umkehr der Geschlechter. Will man also den Fall mit den gleichen Vorausset- zungen erklären, so muß man hier annehmen, daß das Weibchen sowohl in den Eigenschaften wie dem Geschlecht homo- zygot , das Männchen aber heterozygot ist. Es muß zwar dieses Resul- tat etwas in Erstaunen setzen, indem es doch verwunderlich erscheint, daß bei so nahe ver- wandten Formen die Geschlechts bestimmun g umgekehrt verlaufen soll. Immerhin haben wir schon mancherlei er- fahren, was dafür spricht, daß beides in der Natur vorkommen kann, sodaß dieser Punkt der Interpretation keine unüberwindlichen Schwierig- keiten bereitet. Wir sehen also jedenfalls die Tatsache, daß unter Umständen die Spaltung nach Kreuzung in Zusammenhang mit dem Geschlecht Fig. 148. Gegitterte Plymouth Rock Henne und schwarzer Indian Game Hahn. Nach Pearl und Surface. 400 — erfolgt, und daß eine Erklärung dafür unter der Annahme der mendeli- stischen Bestimmung des Geschlechts zu finden ist. Bei der großen Wich- tigkeit des Gegenstands sei aber noch ein drittes in gleichem Sinn zu interpretierendes Bei- spiel aus einer anderen Tiergruppe genannt, die geschlechtsbegrenzte Vererbung bei mehreren Hühnerrassen. Pearl nebst Surface, Goo- dale, Spillman, eben- so wie auch Bate- son und Haagedoorn untersuchten derartige Fälle, von denen be- sonders die Vererbung des Gitternmsters der Zeichnung hervorzuhe- ben ist. Es handelt sich um die Kreuzung einer schwarzen Indian Game Rasse und eines gegit- terten Plymouth Rock (Fig. 148). Wird das schwarze \\'eibchen mit dem gegitterten Männ- chen gepaart, so ist die Nachkommenschaft bei- der Geschlechter gegit- tert ; in einem konkreten ^'S- 149- Fall waren es 70 gegit- Fi-Bastarde der Eltern von Fig. 148: schwarze Henne und gegitterter Hahn. Nach Pearl und Surface. terte Männchen und 6ö — 401 — ebensolche Weibchen. Bei der umgekehrten Kreuzung gegittertes Weib- chen X. schwarzes Männchen sind die sämtlichen Männchen der Nach- kommenschaft, in einem Versuch 95, gegittert, sämthche Weibchen, nämlich 96, schwarz (Fig. 149). Es ist klar, daß die Erklärung genau die gleiche ist, wie bei Abraxas grossulariata: Die gegitterten Weibchen sind in dem Gitterungsfaktor wie im Geschlecht heterozygot, die Männ- chen homozygot, und zwischen beiden Dominanten besteht Repulsion. Genau das gleiche Resultat erhielt Haagedoorn wie Goodale bei Bankivahühnem gekreuzt mit braunroten Game Bantams, wobei sich erstere im weiblichen Geschlecht als heterozygot erwiesen. Diesen einfachen und klaren Fällen stehen nun noch eine Anzahl gegenüber, die noch nicht völlig geklärt erscheinen und, um eine mende- listische Erklärung zu ermöglichen, wohl viel kompliziertere Hilfs- annahmen erfordern; sie haben aber sicher mit den vorhergehenden das gemein, daß Spaltungen in geschlechtsbegrenzter Form vorkommen. Solche Fälle sind die Beziehungen zwischen Pigmentmangel im Auge der zimtfarbigen Kanarienvögel (Miss Durham, Noorduyn) oder der starken Pigmentierung der Peritonealmembranen der Seidenhühner (Bateson) oder der Hornlosigkeit der Schafe (Wood) zum Geschlecht. Wir wollen auf ihre nähere Besprechung hier verzichten, da sie in Bezug auf die Art der Schlußfolgerung nichts Neues bieten, nur bis jetzt noch weniger durchsichtig erscheinen. Es sei nur noch der oft besprochene Fall der geschlechtsbegrenzten Vererbung beim Menschen erwähnt, der allerdings auch noch nicht als wirklich geklärt betrachtet werden kann. Es steht wohl jetzt fest, daß, soweit sich aus ausschließlich statistischen Stammbaumstudien entnehmen läßt, eine ganze Anzahl Charaktere beim Menschen sich auch in mendelis tischer Weise vererben, wie wir dies ja auch schon früher erwähnten . Vor allem trifft dies für die Augen- farbe zu und für eine große Anzahl von Abnormitäten, deren eine, die Brachydactylie, uns ja bereits als Beispiel diente. Und unter diesen finden sich auch solche Fälle von geschlechtsbegrenzter Vererbung. Der bekannteste betrifft die Farbenblindheit und Nachtblindheit. Für erstere ist bekannt, daß sie nur sehr selten im weiblichen Geschlecht auftritt, daß aber gesunde weibliche Individuen aus affizierten Famihen sie auf ihre männliche Nachkommenschaft übertragen. Wenn auch die Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 20 — 402 — Erklärung im einzelnen noch nicht klar ist, so scheint sie doch auf der gleichen Basis gegeben werden zu müssen, wie in den anderen erwähnten Fällen, von denen die Vererbung der Hornlosigkeit der Schafe damit die meiste Ähnlichkeit aufweist. Es erhebt sich nunmehr die wichtige Frage, ob durch die angeführten Beobachtungen der Beweis dafür erbracht ist, daß das Geschlecht ein mendelnder Faktor ist. Das was allen diesen Experimenten gemeinsam ist, ist, daß bei Mendel sehen Rückkreuzungen bestimmter Art eine feste Korrelation der spaltenden Eigenschaften zum Geschlecht sich zeigte. Wie weit sie nun dadurch bedingt sein muß, daß die Geschlecht- lichkeit ein mendelnder Faktor ist, der in dem einen Geschlecht hetero- zygot, im anderen homozygot vorhanden ist, bleibt zu erörtern. Es ist nun diese Frage durch die neueren cytologischen Ergebnisse auf dem Gebiete der Geschlechtsbestimmung so eng mit cellulären Problemen verquickt worden, daß es kaum möglich ist, beide Dinge getrennt zu behandeln, und so wollen wir erst die interessanten Resultate der Zell- forschung kennen lernen, um von ihnen aus auch jene Frage wieder zu beleuchten. Die Verbindung zwischen Zellenlehre und Geschlechtsbestimmung wird durch die bedeutungsvollen Entdeckungen über das accessorische Chromosom oder X-Chromosom hergestellt. Die ersten entscheidenden Beobachtungen auf diesem Gebiet hatte Henking gemacht, ihre Be- deutung für unser Problem wurde aber erst von Mc Clung richtig er- kannt. Aber auch seine Interpretation hat sich weiterhin als unrichtig erwiesen, und es ist das Verdienst von Miss Stevens und vor allen Dingen E. B. Wilson, die Tatsachen geklärt und in ihrer Bedeutung gewürdigt zu haben. Nach allem, was wir im Laufe dieser Vorlesungen über die Chromosomen und ihre Geschichte gehört haben, ist es selbst- verständlich, daß sie stets nur in gerader Zahl gefunden werden, denn die Halbierung der Zahl in der Reduktionsteilung, die paarweise Ver- einigung in der Synapsis erfordert ja eine gerade Zahl. Die Tatsachen, die wir jetzt kennen lernen wollen, fußen aber alle auf dem zunächst höchst erstaunlichen Befund, daß in den Zellen mancher Insekten eine ungerade Zahl sich findet. Nach mancherlei Irrwegen der Forschung kann es'jetzt als feststehend gelten, daß da, wo dies der Fall ist, es stets das — 403 — männliche Geschlecht ist, dem die ungerade Zahl zukommt, und zwar be- sitzt es immer dann ein Chromosom weniger als das weibliche, z. B. letz- teres 22, ersteres 21 Elemente. Da wir schon wissen, daß im allgemeinen die Chromosomen als Elemente väterhcher und mütterhcher Herkunft paarweise zusammengehören, so muß bei dem Männchen einem Chromo- som, dem X-Chromosom, sein Partner fehlen, der aber beim Weibchen mit seiner geraden Zahl vorhanden ist, sodaß dieses außer allen anderen Chromosomen zwei X-Chromosomen besitzt. Fig. 150« stellt die Chro- mosomen aus einer Teilungsfigur der Wanze Anasa tristis im männlichen Geschlecht dar. In h sind sie einzeln herausgezeichnet, und da erkennt man deutlich 21 Chromosome, von denen 20 paarweise zusammen- gehören, während das 21. keinen Partner hat, das X-Chromosom darstellt. Fig. 150c zeigt nun die Chromosomen einer weibüchen Zelle, ebenfalls in d isoliert gezeichnet und man erkennt die 11 Paare, von denen die beiden links die X-Chromosome sind. Erinnern wir uns nun daran, was in den Reifeteilungen vor sich geht. Die eine von ihnen war eine Reduktionsteilung, d. h. die vorher in homologen Paaren mit einander vereinigten Chromosomen wurden als ganze Chromosomen auf die beiden Teilungspole verteilt, sodaß nur die beiden Tochterzellen die Hälfte, die reduzierte Chromosomenzahl erhielten, in der aber jede Chromosomenform einmal vertreten war. Lassen wir nun bei einer solchen weiblichen Wanze die Reduktions- teilung vor sich gehen, so erhält jede Zelle, resp. im weiblichen Geschlecht die Eizelle und der Richtungskörper, den gleichen Chromosomenbestand : alle Reifen Eier besitzen ihre 11 Chromosomen von der typischen Art der Fig. 150^. Wenn aber im männlichen Geschlecht in den Spermato- zyten die Reife teilungen stattfinden und sich die Chromosomen in der Synapsis paaren, besitzt das X-Element keinen Partner, es muß also ungepaart bleiben. In der Reduktionsteilung, die ganze Chromosomen auseinanderteilt, muß es daher als Ganzes zu einem Pol gezogen werden und das ist in der Tat der Fall. Fig. 150/ zeigt uns diese Teilung und wie das X-Element (Ä) ungeteilt zu einem Pol wandert. Damit sind aber nach der Reduktionsteilung zwei verschiedene Arten von Samen- zellen vorhanden: solche mit 10 Chromosomen (Fig. g) und solche mit II, nämlich den gleichen 10 + dem X-Chromosom (Fig. h). Da nun 26* — 404 — aus jeder dieser Zellen sich ein Spermatozoon bildet, so entstehen in gleicher Zahl zwei verschiedene Spermatozoenarten, solche mit und a c . "^ ff f ifiii»« / #^ f m ^4^ ^ • *• • t* • • h Fig. 150. Chromosomenverhältriisse von Anasa tristis. a Die Chromosomengamitur der Ur- samenzellen. 6 Die gleichen Chromosomen paarweise geordnet, c Die Garnitur einer Ureizelle. d Die gleichen paarweise geordnet, e Metaphase der l. Spermatozyten- teilung. / Die 2. Reifeteilung, g, h l5ie beiden Tochtergruppen einer Teilungsfigur vom Fol gesehen, h besitzt allein das unpaare Chromosom h. Nach Wilson aus Hacker. solche ohne Z-Chromosom. Nun ist es klar, was sich bei der Be- fruchtung ereignen muß: Entweder befruchtet ein Spermatozoon mit 10 Chromosomen das Ei, das immer 11 enthält, dann entsteht ein Or- — 405 — ganismus mit 21 Chromosomen. Oder eine Spermie mit 11 Chromosomen kommt zur Befruchtung, dann entsteht ein Wesen mit 22 Chromosomen. Da es aber feststeht, daß die Männchen in ihren Zellen 21, die Weibchen 22 Chromosomen besitzen, so folgt daraus mit zwingender Notwendig- keit, daß die Spermatozoen mit X-Chromosom Weibchenbestimmend, die ohne X-Chromosom Männchenbestimmend sind. An der Richtigkeit der Befunde, die bereits durch die ganze Lebens- geschichte solcher Formen hindurch verfolgt sind, kann nicht der ge- fJeiara Oneopeltus LygaeuA FrotenoT Fyjrhocoris Syromoiiie:) FhyUoxera. ThyOintoL Prionieiui, Sinfot /ieifeleiluBfi /fannc/ie/jö U ReifeleUung des yfeibchenö III 11 II in IDI im Befruchiuno Mänvchen Sperma '^ Y + EiX BefruchJung gibt Y/eibchen öpema Fig. 151. Schematische Darstellung der verschiedenen Typen geschlechtsbestimmender Chromo- • somen. Nach Wilson. ringste Zweifel bestehen. Sie stehen jetzt für sehr viele Arthropoden, für Würmer und für Wirbeltiere fest. Allerdings ist im einzelnen der Prozeß gewissen Variationen unterworfen, die, ohne am Prinzip etwas zu ändern, doch für die theoretische Wertung der Befunde von großer Bedeutung sind. Nebenstehende Fig. 151 illustriert schematisch die wichtigsten Typen. Die geschlechtsbestimmenden Chromosomen sind dabei schwarz gezeichnet und außer ihnen stets 4, also 2 Paar gewöhn- liche weiße Chromosomen angenommen. Die senkrechten Reihen stellen das Verhalten bei 6 verschiedenen Typen, meist Wanzen, deren Gattung am Kopf steht, dar. Die oberste Horizontalreihe enthält schematisch — 406 — das Auseinanderrücken der Chromosomen bei der männlichen Reduktions- teilung, die zweite Reihe stellt das gleiche für die weibliche Reifeteilung dar. Die dritte Reihe gibt die männchenbildende Befruchtung, die letzte die weibchenbildende wieder. Der dritte Typus (Protenor, Pyrrhocoris) bedarf weiter keiner Erläuterung, da er genau das zeigt, was uns schon unser obiges Beispiel lehrte. Der vierte Typus (Syromastes, Phylloxera) gibt prinzipiell das gleiche, nur daß statt einem zwei X-Chromosomen sich finden. Bei allen anderen aber sehen wir, daß das X-Chromosom, entgegen dem bisher angeführten, doch einen Partner hat, das durch ein Kreuz ausgezeichnete Y-Chromosom. Im zweiten Fall (Lygaeus, Euschistus) ist das Y-Chromosom ohne weiteres durch seine geringere Größe kenntlich, im 5. und 6. dadurch, daß ihm als X- Partner zwei resp, drei X-Chromosome gegenüberstehen. In diesen Fällen besitzen also die zwei Klassen von Spermien, die X- und Y- Klasse, nicht ausschließlich verschiedene Chromosomenzahlen, sondern auch Chromosomenarten: die weibchenbestimmenden Spermatozoon haben nur X-Elemente, die männchenbestimmenden entweder kein solches, oder dafür ein Y- Element. Daß in allen diesen Fällen die zwei Spermatozoenarten geschlechts- bestimmend sind, kann nicht im geringsten zweifelhaft sein. Bei der durchgehenden Gleichheit im Wesen der Zweigeschlechtigkeit soUte man nun erwarten, daß dieselbe Gesetzmäßigkeit sich im ganzen Orga- nismenreich findet. Das hat allerdings bisher noch nicht erwiesen werden können. Aber man darf auf die negativen Befunde kein allzu großes Gewicht legen und zwar aus mehreren Gründen. Zunächst ist es nicht absolut selbstverständlich, daß die bestimmenden Elemente sich stets im männlichen Geschlecht finden, sie könnten ja eben so gut auch im weiblichen vorhanden sein. In der Tat ist ein solcher Fall bereits be- kannt, das Seeigelei, wo nach Baltzer die Hälfte der Eier ein X-, die andere ein Y-Element besitzt. Sodann aber konnte Boveri und seine Schüler bei Ascaris feststellen, daß ein X-Chromosom zwar vorhanden sein kann, sich aber meist so innig mit einem gewöhnlichen Chromosom vereinigt, daß es nicht zu unterscheiden ist. Im Pflanzenreich, wo bisher noch kein einwandfreier Fall eines solchen Chromosoms bekannt ist, könnte daher ganz gut die betreffende Substanz mit einem gewöhn- — 407 — liehen Chromosom vereinigt sein, um so mehr, als viel dafür spricht (Strasburger), daß bei den Reduktionsteilungen des Pollens auch die geschlechtsbestimmenden Tendenzen getrennt werden. Die Lehre von den geschlechtsbestimmenden Chromosomen hat aber bereits eine Probe bestanden, die ihren Wert in ganz besonders treffender Weise erwiesen hat, nämlich in den Untersuchungen über die Zell Verhält- nisse solcher Tiere, die einen Wechsel zwischen parthenogenetischen und getrenntgeschlechtlichen Generationen haben. Dort giebt es ja einige merkwürdige Geschlechtsverhältnisse, die besondere Zellverhältnisse zur Voraussetzung haben müssen, wenn sie auf gleichem Wege erklärt werden sollen. Aus parthenogenetisch erzeugten Eiern entstehen im Sommer nur Weibchen, im Herbst aber beide Geschlechter, zuvor manchmal auch Weibchen, die nur Männchen erzeugen und solche, die nur Weib- chen erzeugen. Die befruchteten Eier aber ergeben stets nur Weibchen. Letztere Tatsache konnte nun für die Aphiden von v. Baehr, Morgan und Stevens in glänzende Übereinstimmung mit den cellulären Be- funden gebracht werden. Wenn bei der Samenreife der Männchen, die eine ungerade Chromosomenzahl besitzen, die Reduktionsteilung erfolgt ist, also in einer prinzipiell der beschriebenen ähnlichen Weise die X- und Y-Zellen gebildet sind, entwickeln sich nur aus ersteren Spermatozoen, die Y-Zellen, die ein Chromosom weniger besitzen, degenerieren aber, sodaß die Befruchtung ausschließlich durch X- Spermatozoen geschehen kann, die ja weibchenbestimmend sind. Die so entstandenen Weibchen haben also die gesamte Chromosomenzahl, ebenso wie die parthenogenetisch aus ihnen erzeugten weiteren Weib- chen. Werden aber dann Eier gebildet, aus denen sich parthenoge- netisch Männchen entwickeln, so entfernen diese bei der Bildung der Richtungskörper ein Chromosom mehr aus dem Ei, als in ihm zurück- bleibt, so daß die männliche ungerade Zahl in diesen Eiern durch einen solchen Mechanismus zu stände kommt. Die cytologischen Befunde erklären somit in diesen Fällen das biologische Verhalten. Diesen an sich so klaren Tatsachen gegenüber erheben sich nun mehrere Fragen: Einmal, wie ist die Wirkung der Geschlechtschromo- somen für die Geschlechtsbestimmung aufzufassen? Sodann, welche Beziehungen haben diese Tatsachen zur mendelistischen Interpretation — 408 — der Geschlechtsbestimmung? Beide Fragen setzen ihrer Lösung außer- ordenthche Schwierigkeiten entgegen, denn keine Lösung wird bisher sämthchen biologischen Tatsachen, die sie erklären soll, gerecht. Will man sich eine Vorstellung über die Art der Wirkung der geschlechts- bestimmenden Chromosomen bilden, so kann sie im wesentlichen auf drei verschiedenen Grundlagen aufgebaut werden. Die Bestimmung kann einmal ein qualitativer Vorgang sein, indem die in Betracht kom- menden Chromosomen Geschlechtsbestimmer, Determinanten für das Geschlecht, Geschlechtsgene darstellen. Die Interpretation müßte dann eine mendelistische sein. Wir wollen sie bald auch näher betrachten. Eine andere Möglichkeit wäre die, daß die Wirkung der Geschlechts- chromosomen eine quantitative ist. Die weiblichen Individuen haben, wenn sich die geschlechtsbestimmenden Spermatozoen durch den Besitz oder das Fehlen des X-Chromosoms auszeichnen, ja mit dem Besitz von zwei JT-Elementen mehr Chromatin in ihren Kernen als die männlichen, denen ein X-Chromosom fehlt. Häufig zeichnet sich ja außerdem das X-Chromosom durch bedeutendere, bisweilen gewaltige Größe vor den anderen aus. Daß Differenzen im Chromatinbestand der Kerne große Bedeutung für den Organismus haben, steht außerdem fest und ist die Grundlage der wichtigen Tatsachen der Kernplasmarelation ; so hat denn auch R. Hertwig versucht, aus der Massenbeziehung zwischen Protoplasma und Kern das Prinzip der Geschlechtsbestimmung zu er- klären. Es sind in der Tat mancherlei Tatsachen, die eine solche quan- titative Auffassung stützen, vorhanden. Sie kann vor allem solche Fälle geltend machen, in denen aus parthenogenetischen Eiern männ- liche Individuen, aus befruchteten aber weibliche sich bilden. Da in solchen Fällen der einzige sichtbare Unterschied darin besteh.t, daß im Fall der Befruchtung die doppelte, die diploide Chromosomenzahl zur Verfügung steht, bei der Parthenogenese aber nur die einfache, die reduzierte haploide Zahl, so könnte man schon die verwandte Chro- matinquantität für das Geschlecht verantwortlich machen. Der klas- sische Fall solcher Art ist ja die Biene, bei der seit Dzierzon es als feststehend gilt, daß aus parthenogenetischen Eiern Drohnen, aus be- fruchteten sich Weibchen bilden. Nach Maupas, dessen Unter- suchungen von Whitney und ShuU bestätigt wurden, ist das gleiche — 409 — bei dem Rädertier Hydatina der Fall, wo manche Weibchen parthe- nogenetische Eier legen, die sich zu Weibchen entwickeln, andere solche, die Männchen bilden. Letztere können aber durch Befruchtung eben- falls zu Weibchen werden. Ein anderer Beweis für solche Anschauungen könnte sodann aus den Ergebnissen der künstlichen Parthenogenese gezogen werden. Seeigeleier, deren Entwicklung durch künstliche Parthenogenese angeregt wurde, entwickeln sich mit der haploiden Chromosomenzahl. Delagehat nun neuerdings einige solche Individuen zur Metamorphose gebracht, und die bis jetzt untersuchten erwiesen sich als Männchen. Trotzdem aber kann die quantitative Auffassung der Geschlechts- bestimmung nicht durchgeführt werden. Was zunächst die Tatsachen der Chromatindifferenzen betrifft, so sind sie doch viel zu verschieden, um unter dem einheitlichen Prinzip der Quantität betrachtet zu werden. Bei der Biene soll die doppelte Chromosomenmasse nötig sein, um das Weibchen zu bestimmen; bei den oben besprochenen Wanzen genügt ein X- Element aber dazu, welches bald sehr groß, bald sehr klein ist. Dort haben wir aber im zweiten Typus der Fig. 151 einen Fall gesehen, in dem dem X-Element ein Y-Chromosom gegenüberstand, sodaß der quantitative Unterschied der beiden Spermatozoenarten nur in der Größendifferenz zwischen X und Y gegeben ist. In der gleichen Fig.151 ist aber als oben nicht weiter berücksichtigter erster Typus auch ein Fall verzeichnet, in dem X und Y-Chromosom sich in ihrer Größe über- haupt nicht oder jedenfalls kaum unterscheiden, somit eine quantitative Differenz gar nicht besteht. Und dazu kommt endlich noch der Fall der Wanze Acholla, bei der mehrere X-Elemente einem Y-Chromosom gegenüberstehen, letzteres aber trotzdem quantitativ größer ist als die ersteren zusammen. Es ist klar, daß solche morphologischen Tatsachen der quantitativen Interpretation unüberwindliche Schwierigkeiten be- reiten müssen. Aber auch die dafür angeführten biologischen Befunde sind nicht so völlig unantastbar. So ist zwar bis jetzt kein wirklicher Beweis gegen die Dzierzonsche Lehre von der Geschlechtsbestimmung bei der Biene erbracht, trotzdem spricht manches dafür, daß vielleicht doch auch aus befruchteten Eiern Drohnen entstehen können. Ist doch auch bei anderen Insekten in dieser Richtung eine gewisse Labilität — 410 — vorhanden, ohne daß man für jede Art doch einen eigenen Geschlechts- bestimmungsmechanismus aufstellen kann. So können bei den Ameisen gelegentlich aus sicher unbefruchteten Eiern Weibchen entstehen (Wheeler, Reichenbach); man könnte allerdings dann annehmen, daß sie bei den Reifeteilungen die Chromosomenzahl nicht reduziert haben. Es kommt aber bei Schmetterlingen gelegentlich fakultative Parthenogenese vor, die mit normal verlaufenden Reifeteilungen ver- bunden ist; trotzdem entstehen dabei Weibchen und Männchen im normalen Verhältnis. Vor allem aber bereiten die Verhältnisse bei den Pflanzen der quan- titativen Interpretation Schwierigkeiten. Bei den niederen Pflanzen findet ja ein deutlicher Wechsel zwischen ungeschlechtlichen und ge- schlechtlichen Generationen statt. Hier ist nun der Prozeß der Chro- mosomenreduktion von der Geschlechtszellenbildung getrennt. Aus dem befruchteten Ei entsteht die ungeschlechtliche Generation, die die diploide Chromosomenzahl besitzt. Sie bildet auf ungeschlechtlichem VCeg Sporen und bei deren Bildung findet die Reduktionsteilung statt; eine jede Sporenzelle besitzt also die haploide (reduzierte) Chromosomen- zahl. Trotzdem entwickeln sich aus den einen die weiblichen, den anderen die männlichen Geschlechtsindividuen und zwar muß die Verteilung der Geschlechter mit der Reduktionsteilung bedingt sein, da bei separater Aussaat der 4 Zeilen einer Spore die Hälfte stets männliche, die andere Hälfte weibliche Individuen gibt (Marchai, Strasburger). Diese Tatsache wird uns noch weiterhin beschäftigen. Der rein quantitativen Vorstellung stehen also, wie wir sehen, kaum überwindliche Schwierigkeiten entgegen. Sie werden wohl zum Teil überwunden, wenn man annimmt, daß in den X-Chromosomen eine bestimmte wirksame Substanz enthalten sei, etwa ein Enzym, welches durch eine bestimmte Einwirkung auf den Stoffwechsel des sich ent- wickelnden Organismus dessen Geschlecht bedingt. Bei einer der- artigen Annahme spielt die Quantität der betreffenden Substanz keine , prinzipielle Rolle, sondern kann nach den individuellen Entwicklungs- bedingungen variieren. Sie kann auch so gering sein, daß sie mit irgend einem Chromosom verbunden ist, somit nicht weiter hervortritt und morphologisch nicht nachweisbar ist, ja sie kann sogar dem — 411 — Organismus unter Umständen in ganz andrer Weise zugeführt werden, als in den Chromosomen der sich vereinigenden Geschlechtskerne. Doch auch dieser Annahme haftet vor allem der Fehler des allzu hypothe- tischen an. Für uns ist natürhch in diesem Zusammenhange die wichtigste Inter- pretation die rein qualitative, die in den Geschlechtschromosomen direkt Geschlechtsbestimmer, Geschlechtsgene sieht. Es ist klar, daß sie eine mendelistische Erklärung der Geschlechtsbestimmung ergeben und somit auch eine Interpretation der Tatsachen der geschlechtsbegrenzten Vererbung gemeinsam mit der Erklärung der cellulären Verhältnisse erstreben muß. Die nähere Durchführung eines solchen Versuchs stößt aber auf mancherlei Schwierigkeiten. Die nächstliegende Idee ist, daß das unpaare X-Chromosom des Männchens ein Männchenbestimmer ist, da seine Anwesenheit allein ja das männliche Geschlecht auszeichnet. Eine Befruchtung mit einem Spermatozoon, das das J^-Chromosom enthält, gibt aber, wie wir gehört haben, Weibchen. Der in allen Ei- zellen vorhandene Partner des X-Chromosoms muß also weibliche Eigen- schaften enthalten, die über die männlichen dominieren. Dann hätten wir also das von der Mendelschen Interpretation postulierte Verhalten vor uns, daß das Männchen homozygot ist und das Weibchen hetero- zygot. Letzteres muß aber reine Gameten bilden, also Eier mit dem Männchenfaktor und solche mit dem Weibchenfaktor. Die Erklärung erfordert also, daß neben zwei Arten von Spermatozoen auch zwei Arten von Eiern existieren. Würde nun von diesen das Ei, das den Männchenfaktor trägt, von einem Spermatozoon mit dem X-Chromosom, also ebenfalls einem Männchenfaktor, befruchtet, so kämen zwei männ- liche Bestimmer zusammen, es müßte somit ein Männchen entstehen, aber eins mit 2 X-Chromosomen. Das gibt es aber, wie die Tatsachen lehren, nicht. Diese Schwierigkeit kann somit nur überwunden werden, wenn man eine selektive Befruchtung annimmt, d. h. es können die Eier mit dem Weibchenfaktor nur von den Spermatozoen mit dem X-Chromosom befruchtet werden, wobei Weibchen entstehen, oder aber es können die Eier mit dem Männchenfaktor nur von den Sper- matozoen ohne X befruchtet werden, wobei Männchen entstehen. Da aber nichts für eine solche selektive Befruchtung spricht, so — 412 — kann eine so weit hergeholte Hilfshypothese auch nicht angenommen werden. Eine andere Möglichkeit wäre die, daß das Männchen heterozygot ist, da es ja tatsächlich auch zweierlei Spermatozoen bildet. , Es müßte dann das X-Chromosom natürhch der Weibchenbestimmer sein. Das homozygote Weibchen bildet dann nur weiblich determinierte Eier, die, wenn mit einem X-Spermatozoon befruchtet, selbstverständlich Weibchen ergeben. Mit einem Spermatozoon ohne X-Chromosom aber müßten Männchen entstehen, d. h. man muß annehmen, daß das Fehlen eines X-Chromosoms wie eine dominante Eigenschaft wirkt und das weibchenbestimmende Chromosom nicht wirken läßt. Ist das schon an und für sich recht unwahrscheinlich, so wird es direkt unmöghch bei den Eiern, die unbefruchtet Männchen, befruchtet Weibchen ergeben, ebenso wie solchen, die bei fakultativer Parthenogenese beide Geschlech- ter liefern. Mit einfachen Mendelschen Vorstellungen kann man also die cellulären Tatsachen nicht mit den für eine mendelistische Erklärung der Geschlechtsbestimmung notwendigen Voraussetzungen in Ein- klang bringen. Man hat nun von verschiedenen Seiten versucht, diese Schwierigkeit zu überwinden. Wir wollen uns damit begnügen, nur die neuesten Ver- suche kennen zu lernen. Doncaster, dem wir die schon geschilderten interessanten Befunde an Abraxas grossulariata verdanken, hat kürzlich folgenden Gedankengang entwickelt. Er geht von Befunden an einer Gallwespe Neuroterus aus, deren Entwicklungsgang etwas kom- plizierter ist als bei einer Biene oder Wespe. Befruchtete Eier über- wintern und aus ihnen schlüpfen Wespen aus, die sich parthenogenetisch vermehren, und zwar legen manche Weibchen nur Eier, aus denen sich wieder Weibchen entwickeln, andere nur solche, aus denen Männchen entstehen. Das befruchtete Ei ist dann das gleiche, von dem wir aus- gingen. Nun enthalten die Weibchen des Frühjahrs, die aus befruch- teten Eiern hervorgehen, natürlich die diploide Chromosomenzahl 20 in ihren Zellen, die parthenogenetisch erzeugten Sommerweibchen ebenfalls, die Männchen dagegen nur die haploide Zahl 10. Es findet also bei der Reifung der parthenogenetischen Eier bei solchen, die Weibchen liefern, eine Reduktion nicht statt, wohl aber bei solchen, die — 413 — Männchen liefern. Man kann also annehmen, daß die Weibcheneier nur weibliche Determinanten besitzen, die Männcheneier aber beiderlei, von denen dann bei der Reifeteilung die weiblichen entfernt werden. Diese Verschiedenheit der beiden Eiarten muß nun natürlich in einer Verschiedenheit der beiderlei Mütter begründet sein. Diese entstehen aber aus befruchteten Eiern des gleichen Weibchens, also muß dieses mit zweierlei Spermatozoen befruchtet sein. Wenn diese auch nicht direkt klar nachgewiesen wurden, so kann ihre Existenz doch aus einem Punkt erschlossen werden. Es ist eine überaus merkwürdige Tatsache» daß bei der männlichen Biene, wo aus befruchteten Eiern nur Weibchen entstehen, ebenso wie bei den Aphiden, nur die eine von den Zellen, die bei einer Reifeteilung entstehen, erhalten bleibt, die andere zu Grunde geht. Bei anderen Hymenopteren und so auch bei Neuroterus werden aber zwei funktionsfähige Spermien gebildet. Man kann also annehmen, daß die einen, wenn sie zur Befruchtung kommen, thelytoke (also weibchenproduzierende) Weibchen bewirken, die anderen arrheno- toke, männcheneierlegende Weibchen. Wenn man nun annimmt, daß die Männchen einen Männchen- bestimmer enthalten, der also etwa dem X-Chromosom entspricht und mit (^f bezeichnet sei, so erhält ihn die Hälfte der Spermatozoen, die also auch rf heißen, die andere Hälfte nicht, was mit Q ausgedrückt sei. Die Sommerweibchen, die befruchtungsfähige Eier legen, sollen alle den Weiblichkeitsfaktor Q enthalten. Aus der Befruchtung ent- stehen dann parthenogenetische Weibchen, die teils Q^^, teils Q(£y heißen. Die Eier ersterer erleiden dann eine Reifeteilung, wobei der Weibchenfaktor entfernt wird und es entstehen cT, die letzteren machen keine Reife teilung durch und produzieren so Weibchen. In deren be- fruchtungsbedürftigen Eiern bleiben aber dann bei der Reifeteilung des Sommers die Faktoren Q zurück, womit wir wieder am Ausgangspunkt angelangt sind. Auf Grund dieser Überlegungen sucht nun Doncaster die FäUe von geschlechtsbegrenzter Vererbung zu erklären. Die Weibchen sind heterozygot, indem sie die männlichen und weiblichen Bestimmer ent- halten, die Männchen sind homozygot, indem sie nur den Männchen- bestimmer besitzen, aber zwei Arten von Spermatozoen bilden, von — 414 — denen nur die eine den Männchenbestimmer hat. Das Weibchen produziert also Gameten Q und (^, das Männchen cT und 0. Bei Insekten mit X-Chromosom wäre deren (^f das X-Chromosom im männ- lichen Geschlecht, der ihm aber völlig gleichende entsprechende Partner im Weibchen wäre natürlich Q. . Nun steht im Sinne der presence- absence-Theorie ja jedem Gen sein Fehlen als Mendelsches Allelomorph gegenüber, die beiden Merkmalspaare lauten also Q. und Q sowie (^ und 0. Nun muß noch zwischen Q. und (^f falscher AUelomorphis- mus bestehen, sodaß sie, wenn sie zusammen vorhanden sind, nur in eine Gamete gelangen können. Und nun muß aber auch noch selektive Befruchtung hinzukommen, nämlich zwischen Q Eiern und (J^ Sper- matozoen und cf Eiern und 0 Spermatozoen, um die Tatsachen zu erklären. Soll nun der Fall des Abraxas grossulariata erklärt werden, so muß außer dem falschen AUelomorphismus zwischen (j^ und Q. aber auch noch ein solcher zwischen Q und dem grossulariata- Faktor sein, sonst müßte ja ebenso oft der Lacticolorfaktor mit (^ wie mit Q zusammen verteilt werden. Doncaster glaubt, daß mit diesem Schema auch alle anderen Fälle von Geschlechtsbestimmung erklärt werden. Nur noch einer sei genannt. Es kommt vor, daß nach Bastardierung die sämtlichen Nachkommen nur eines Geschlechts sind. Sind sie weiblich, so kommt dies daher, daß zufäUig ein Weibchen vorlag, das aus der ausnahmsweisen Befruch- tung eines Q Eies mit einem 0 Spermatozoon entstanden war. Die Eier dieser W^eibchen sind alle nur Q, geben also nur Weibchen. Es sind aber auch Fälle bekannt, in denen ausschließlich Männchen erzeugt werden. Das könnte so kommen, daß nur die Q -Eier die Spermatozoen der anderen Art nicht anziehen. Doch damit sei es genug; wir haben die geistreich ausgedachte Hypothese nur so weit ausgeführt, um zu zeigen, wohin es führt, wenn man die Natur in ein Schema zwingen wiU, in diesem Fall in das Men- delsche. Um die Geschlechtsbestimmung mendelistisch erklären zu wollen, müssen im Gegensatz zu den sonst so einfachen und durchsich- tigen mendelistischen Annahmen eine FüUe von Unwahrscheinlich- keiten zusammengesetzt werden, zu denen dann für jeden Fall, den sie erklären sollen, noch eine besondere Hilfshypothese nötig ist. Nur auf — 415 — einige Punkte sei hingewiesen. Bei dem Fall des Neuroterus mußte angenommen werden, daß bei der Reifeteilung der männchengebenden Eier (Q q^) der Faktor Q entfernt wird; zwischen Q und rf besteht falscher Allelomorphismus, sie können also nicht in die gleichen Ga- meten gelangen. Da aber die Verteilung zweier AUelomorphe (natür- lich auch falscher AUelomorphe, die sich ja wie AUelomorphe verhalten sollen) doch immer vom Zufall abhängt, was ja eine Grundlage des Mendelismus darstellt, hier aber stets der rf Faktor im Ei verbleiben muß, damit die Erklärung stimmt, so ist das entweder unmöglich oder aber es ist ein neuer Hilfsmechanismus nötig, der dies bewirkt. Eine weitere Annahme war die, daß die befruchtungsbedürftigen Eier, die die Zusammensetzung Q Q hatten, bei der Reifeteilung Q entfernen. Aus dem gleichen Grund wie im vorigen Fall ist nicht einzusehen, warum nicht in der Hälfte der Fälle das umgekehrte geschieht. Es ist also auch hierfür ein Hilfsmechanismus nötig. Sodann wurde bei der Übertragung des Gedankengangs auf die cellulären Verhältnisse der In- sekten angenommen, daß die Weibchen die beiden Geschlechtschromo- some Q und rf besitzen, die Männchen nur (^, das wäre das X-Chro- mosom, und sein Fehlen Q. Wie steht es aber dann in den Fällen, in denen ein von X nur durch die Größe zu unterscheidender Y Partner da ist? entweder ist er auch q^, dann kann das Resultat nur zu stände kommen, wenn selektive Befruchtung zwischen dem Q Ei und dem X-Chromosom, dem rf Ei und dem Y-Chromosom vorhanden ist, außerdem ist nicht einzusehen, warum der Männchenbestimmer zwei verschiedene Formen haben sollte, während der Q Bestimmer nicht vom rf Bestimmer zu unterscheiden ist. Oder das Y-Chromosom ist weiblich, dann brauchen wir in beiden Geschlechtern Dominanzwechsel. Aber auch bei der reinen Annahme Doncasters kommt er nicht ohne selektive Befruchtung aus. Und wenn dann nach all diesen Schwierig- keiten der Fall des Abraxas erklärt werden soll, erfordert er nochmals eine eigene Hilfshypothese. Nach Bateson besteht falscher Allelo- morphismus, wie wir sahen, zwischen dem grossulariata und dem Q Charakter, sodaß beide stets in verschiedene Gameten kamen. (Q und o^ werden übrigens — entgegen Batesons eigener presence- und abence-Theorie — als AUelomorphe betrachtet.) Bei Doncaster — 416 — sind sie es nicht, sondern jedem steht sein Fehlen als Partner gegenüber, sie sind also zwei selbständige Dominanten, von denen wohl still- schweigend angenommen wird, daß Q über (j epistatisch ist, was natürlich eine weitere Hilfshypothese bedeutet. Zeigen nun Q und cf falschen Allelomorphismus und kommen in verschiedene Gameten, dann ist nicht einzusehen warum ^ nicht ebenso oft zu lacticolor, wie zu grossulariata kommt, denn jetzt haben wir nicht mehr zwei Merk- malspaare, sondern 3, was bei einem falschen AUelomorphismus 4 Ga- metenkombinationen (anstatt 8 ohne ihn) ergibt. Um den Fall zu erklären, muß also außerdem noch ein weiterer falscher Allelomorphismus zwischen 2 und grossulariata, resp. eine feste Korrelation zwischen cT und grossulariata-Faktor angenommen werden. Wir brauchen wohl die Analyse dieser Interpretation nicht weiter zu treiben. Auf diese Weise kann nicht der Beweis geführt werden, daß die Geschlechtsbestimmung ein mendelistisches Problem ist. Im Gegenteil sind wir berechtigt, aus der zu Tage tretenden Notwendigkeit, zu immer komplizierteren An- nahmen zu greifen, den Schluß zu ziehen, daß an diesem Problem die mendelistische Erklärung, die in allen Fällen ihrer Anwendbarkeit so klar und einfach sich erweist, versagt. Es liegen nun aber trotzdem die Tatsachen der geschlechtsbegrenzten Vererbung vor. Wir haben gesehen, daß sie leicht eine Interpretation in Mendelschem Sinn gestatten, wenn wir darauf verzichten wollen, die ceUulären Tatsachen einerseits, die sämtlichen Fälle jener Erschei- nung sowie die verschiedenartigen biologischen Tatsachen der Ge- schlechtigkeit andererseits, einer einheitlichen Erklärung unterzuordnen, während der Versuch einer einheitlichen mendelistischen Erklärung zu Unhaltbarkeiten führt. Es fragt sich nun, ob nicht eine Erklärung jenes Tatsachenkomplexes möglich ist, ohne das Geschlecht selbst als mendelndes Merkmalspaar zu betrachten. Es bleibt doch auffällig, daß die geschlechtsbegrenzte Vererbung nicht stets zu beobachten ist, wo eine Heterozygote mit der rezessiven Homozygote gekreuzt wird, son- dern nur in besonderen Fällen, die alle unter sich das gemein haben, daß es sich sichthch um Kreuzung einer Stammform mit ihren ganz frisch oder nicht lange entstandenen Mutanten handelt. Aus dieser Tatsache im Zusammenhang mit einer, wie Wilson sagt, naiven Betrachtungs- — 417 — weise der cytologischen Befunde, läßt sich nun eine sehr einfache Er- klärung dieser Verhältnisse geben. Die cytologischen Ergebnisse be- sagten, daß entweder 2 Arten von Spermien (Insekten) oder 2 Arten von Eiern (Echinodermen)' gebildet werden, die sich durch den Besitz resp. das Fehlen einer Substanz X auszeichnen, die mit der Geschlechts- bestimmung zusammenhängt und an ein Chromosom, das X-Chromosom gebunden ist. In den beiden Geschlechtern sind zusaminen 3 X-Chro- mosomen vorhanden. . Kommen davon 2 zusammen, so entstehen in ersterem Fall Weibchen, in letzterem Männchen, trifft nur eines auf das befruchtete Ei, so ist das umgekehrte der Fall. Es braucht also kein Männlichkeits- und kein Weiblichkeitsbestimmer vorhanden zu sein, sondern nur Substanzen, die in einer Portion anders wirken als in der doppelten Portion. Die Wirkung kann man sich ebenso gut so vorstellen, daß ein indifferenter Zustand das betreffende Geschlecht aufgeprägt erhält, oder aber, daß stets die Anlage zu beiden Geschlechtern vor- handen ist, und nun eine Portion der X-Substanz das eine, 2 Portionen das andere Geschlecht unterdrücken. Letztere, die einfachste Annahme, stimmt zudem mit den meisten Tatsachen überein: wenn gelegentlich oder in alten Individuen die Wirkung der X-Substanz aufhört, kehrt der hermaphrodite Zustand zurück, was so oft doch der Fall ist, sind zwei Portionen vorhanden, so kann jederzeit durch den Verlust von einer das andere Geschlecht hervorgerufen werden, was in direkter An- wendung auf die X-Chromosomen tatsächlich bei Bildung der partheno- genetisch entstehenden Phylloxeramännchen der Fall ist. (Wir werden bald zu besprechen haben, was den Verlust verursacht.) Aber auch der entgegengesetzte Fall, eine Verdoppelung der X-Substanz im individuellen Leben, ist nicht ohne weiteres auszuschließen, da es ja eine dem Gesamtstoffwechsel zugängliche Substanz, nicht eine ideale, atomartig unveränderliche Determinante ist. Castle hat nun wohl zuerst es ausgesprochen, daß der Fall der geschlechtsbegrenzten Vererbung es erfordert, anzunehmen, daß der betreffende Charakter, der die Erscheinung zeigt, in dem Geschlechts- chromosom seinen Sitz hat. Gulick hat die Idee dann kürzlich in sehr glücklicher Weise weitergeführt; sein Gedankengang läßt in der Tat mit einigen Ei"weiterungen das Problem der cellulären Begründung der Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 27 — 418 — geschlechtsbegrenzten Vererbung ohne Mendelsche Suppositionen (die Gulick selbst noch festhält) als gelöst betrachten. Nehmen wir zu- nächst den Fall an, daß nicht das Männchen, sondern das Weibchen die ungerade Chi'omosomenzahl besitzt, also zweierlei Eier bildet, solche mit dem geschlechtsbestimmenden Chromosom, das in diesem Fall das Y-Chromosom heiße und solche ohne dies. Das Männchen besitzt dann, — umgekehrt wie bei den Wanzen — 2 Y-Chromosomen und bildet nur eine Art von Spermien, alle mit dem Y-Chromosom. Es entstehen dann aus der Befruchtung Y-haltiger Eier Männchen (zwei Portionen Y), aus der Befruchtung von Eiern ohne Y Weibchen (eine Portion Y). Denken wir uns nun irgend einen Charakter des Tiers außerdem noch an das Y-Chromosom gebunden, z. B. den grossulariata-Charakter der Abraxas, so bildet jedes Abraxasweibchen Geschlechtszellen, die teils diesen Charakter haben, teils nicht. Da aber alle männlichen Geschlechts- zellen Y besitzen, somit auch den grossulariata-Charakter, so entstehen aus der normalen Befruchtung stets grossulariata cT und Q. Wenn eine Eigenschaft bei der Geschlechtszellenbildurg aber nur in eine Hälfte gelangt, so sagen wir, sie ist heterozygot, ein jedes Abraxas- Weibchen ist also heterozygot in Bezug auf den grossulariata-Faktor und sein Fehlen, ebenso aber in Bezug auf jeden anderen Charakter, der vielleicht sonst noch im Y-Chromosom lokahsiert ist und sein Fehlen. Denken wir uns nun die Flügelzeichnung aus einer Reihe mendelnder Gene zusammengesetzt, die alle im Y-Chromosom lokahsiert und ebenso hierarchisch einander übergeordnet sind, wie die Farbfaktoren bei den Mäuserassen. Fiel bei jenen der G-Faktor durch eine Mu- tation aus, so wurde die Maus schwarz. W^ürde hier in dem Y-Chromo- som, das etwa die Flügelfarbfaktoren A, B, C, L, G in aufsteigender Reihe der Epistase enthielte, der grossulariata-Faktor G durch eine Mutation ausfallen, so wäre jetzt L der höchste Faktor und lacticolor erscheint. Aus dem Y-Chromosom ist in diesem Fall etwas anderes ge- worden; es ist in seiner Geschlechtssubstanz unverändert, aber aus seinem übrigen Inhalt ist etwas ausgefallen, das G, es heißt jetzt Y-G oder auch ABC Lg. Ein Lacticolor Q bildet somit Geschlechtszellen mit ( Y — G) und ohne dies, also 0, ein Männchen aber nur solche mit ( Y — G). Eine Kreuzung von grossulariata X lacticolor muß unter — 419 — dieser Voraussetzung aber genau das ergeben, was Doncaster wirklich erhielt. Wird z. B. lacticolor Q X grossulariata (^ gekreuzt, so bildet ersteres Gameten, ( y^G)und zur Hälfte solche, die kein Y haben, also natürlich auch sonst nichts d. h. 0. Das grossulariata c^ aber bildet ausschließlich Gameten mit Y. Es sind somit folgende Kombinationen möglich: (Y — G) + Y und 0 + Y. Letzteres ist aber grossulariata Q, ersteres muß grossulariata (J^ sein, da ja 2 Y cT bedeuten, und das Fehlen eines Charakters ( — G) immer von seinem Vorhandensein dominiert wird. Kreuzt man diese beiden Individuen^, so erhält man folgende 4 Kombinationen: (Y—G) + 0, {Y—G) + Y, Y + 0, Y + Y, d. h. aber, wie jetzt ohne weiteres abzulesen ist, Lacticolor Q, grossulariata (^f (indem wieder das Vorhandensein von G über sein Fehlen — G domi- niert), grossulariata 5, grossulariata c^. Grossulariata Q X lacti- color (J^ muß aber dies Resultat geben : Ersteres bildet Gameten Y und 0, letzteres ( Y — G) und ( Y — G), es kann also nur entstehen ( Y — G) + Y und ( Y — G) + 0. Ersteres ist grossulariata q', letzteres lacticolor Q, also der Fall der geschlechtsbegrenzten Vererbung. Die einfache An- nahme erklärt somit alle Resultate auf das Schönste, ohne daß das Geschlecht selbst ein mendelnder Faktor zu sein braucht. Selbstver- ständlich trifft sie ebenso für alle Fälle geschlechtsbegrenzter Vererbung zu, natürlich mit der Differenz, daß da, wo wie bei Morgans DroSophila- mutant das Verhalten ein umgekehrtes ist, auch angenommen werden muß, daß die Verhältnisse der Geschlechtschromosomen auch umge- kehrt liegen, nämlich so wie bei den Wanzen. Die Annahme macht aber auch etwas ohne weiteres verständlich, nämlich wieso in Don- casters Versuch sich das normale Weibchen aus der Natur als hete- rozygot mit lacticolor zeigte, in einer Gegend in der nie lacticolor vorkommt, das Männchen aber homozygot, was an sich doch ganz rätselhaft sein muß. Das ist nun selbstverständlich. Das normale Weibchen hat die Beschaffenheit der Chromosomen Y + 0, das Fj^ Abraxasweibchen aber auch; sie sind völlig identisch. Aber beide sind sie durchaus nicht heterozygot mit lacticolor, sondern sie ent- halten nur einen grossulariata-Faktor. Das q^ von F^ aber welches ( Y — G) + Y heißt, ist wirklich heterozygot, ein gutes Beispiel dafür, zu welchen gefährlichen Schlüssen es führen kann, wenn man die 27* — 420 — presence-absence-Theorie als etwas absolutes und nicht relatives nimmt. Sollte sich nun diese Interpretation der Befunde, deren Einfachheit ohne weiteres einleuchtet, als richtig erweisen, und sie ist experimentell zu kontrollieren, so besagt das, daß die Folgerungen aus den Tat- sachen der geschlechtsbegrenzten Vererbung gerade die entgegengesetzten sind, als man zunächst meinte. Die Erscheinung bietet dann nicht den Schlüssel zu einer mendelistischen Erklärung der Geschlechtsbestim- mung, sondern sie erlaubt umgekehrt durch die zufällige Verkettung beider Erscheinungen, wie sie bei zwei unabhängigen, aber in gleicher Weise alternativen Mechanismen innerhalb der Zelle unter Umständen vorhanden sein muß, die celluläre Grundlage der mendelistischen Er- scheinungen in unerwarteter Weise zu analysieren. In diesem Fall mußte geschlossen werden, daß die Faktoren der Flügelfärbung, und zwar, wenn es viele sind, wenigstens der G- und der L-Faktor im Y- Chromosom lokalisiert sein müssen. Könnte man nach einander alle weiteren Faktoren der Flügelzeichnung im Experiment zum Ausfallen bringen, so ließe sich durch das Vorhandensein oder Fehlen der ge- schlechtsbegrenzten Vererbung analysieren, ob sie auch im Y-Chromo- som ihren Sitz haben oder nicht. Und das ist nicht die einzige Möglich- keit: bei Abraxas trat die Varietät lacticolor in der Natur nur in weiblichen Exemplaren auf, bei Drosophila waren die Mutanten nur Männchen, d. h. die degressiven, Ausfallsmutanten erschienen in dem Geschlecht, das nur ein Y- resp. Ä''-Chromosom besaß. Es könnte daraus geschlossen werden, daß die Mutationen nur an einem Chromosom von einem Paar auftreten. Würde das eine dem anderen Geschlecht angehören, wo zwei Y vorhanden sind, so entstände die Heterozygote ( Y — n) + Y. Ihr heterozygoter Charakter würde bei gewöhnlicher Fortpflanzung somit gar nicht zu Tage treten können, da stets Y über ( Y — n) domi- niert. Erst durch Bastardierung oder durch Parthenogenese könnte plötzlich die Mutation zu tage treten, es wäre also die so oft behauptete Mutation nach Bastardierung erklärt. Wäre die Mutation aber eine solche, die im Neuhinzukommen eines Merkmals besteht, progressiv ist, so wäre durch die Tatsache ihres Auftretens an nur einem Chromosomen- partner die so oft gezeigte Heterozygotie frischer Mutanten erklärt. — 421 — Alles in allem erkennt man, daß die Erscheinung der geschlechtsbe- grenzten Vererbung, auch wenn sie nicht das Geschlechtsbestimmungs- problem löst, doch vielleicht in anderer Richtung noch eine viel größere Bedeutung erhalten kann. Und nun noch ein letzter Punkt, an dem die celluläre Forschung wohl der mendelistischen Interpretation der Geschlechtsbestimmung den Boden entzieht. Wir haben früher schon von den Schwierigkeiten ge- sprochen, die ihr die Fälle komplizierter Geschlechtszyklen bereiten; ein solcher, der des Nematoden Angiostomanigrovenosum,ist kürzlich von Schleip und Boveri einer cellulären Untersuchung unterworfen worden. Wenn auch ihre Resultate noch nicht völlig abgeschlossen sind, so ergeben sie schon mit ziemlicher Sicherheit folgendes : Der Wechsel geht hier bekanntlich vor sich zwischen getrenntgeschlechtlicher und hermaphroditer Generation. Letztere aber besteht aus Tieren typisch weiblichen Charakters, die aber trotzdem auch Samen bilden. Das männliche Geschlecht ist nun hier ebenfalls durch die geringere Chro- mosomenzahl ausgezeichnet, nämlich ii, gegen 12 im Weibchen. Der Hermaphrodit hat, wie das Weibchen, 12 Chromosomen, seine Samen- mutterzellen ebenfalls, eines wird dann bei den männchenbestimmenden Spermatozoen auf ungewöhnliche Weise aus den Spermatiden entfernt. Nach der mendelistischen Interpretation müssen die Hermaphroditen selbstverständlich heterozygot sein. Von der getrenntgeschlechtlichen Generation muß aber entweder das Weibchen heterozygot sein oder das Männchen. Im ersterenFall ist absolut undenkbar, wie aus seinen Eiern bei irgend einer Befruchtung nur wieder Hermaphroditen, also Hetero- zygote entstehen können. In letzterm Falle hätten wir eine männliche und im Hermaphroditen eine weibliche Heterozygote. Bei nahe ver- wandten Formen kommen aber gelegentlich auch im Hoden Eier vor, außerdem bilden die gleichen Urgeschlechtszellen wie bei den Zwitter- schnecken männliche oder weibliche Elemente, kurzum, das Mendel- sche Schema ist hier noch viel weniger durchführbar als in anderen Fällen. Und damit kommen wir zum Schluß nochmals auf einen Punkt zurück, der für die M ende Ische Interpretation der Geschlechtsbe- stimmung von größter Bedeutung sein muß, auf die direkte Feststellung einer möglicherweise vorhandenen Heterozygotie aus dem Vorhandensein — 422 — von beiderlei Gameten in einem Individuum, den Hermaphroditismus verschiedenster Art und Bedeutung. Da sei nun zunächst auf einen Fall von nicht geringer Bedeutung hingewiesen, der einer Interpretation durch Annahme geschlechtlicher Heterozygotie besonders günstig erscheint. Pflüger, R. Hertwig und seine Schüler Schmitt und Kuschakewitsch haben uns mit der ab- sonderlichen Geschlechtsentwicklung der Frösche bekannt gemacht. Es zeigte sich dabei das für die Frage der Heterozygotie eines Geschlechts hochbedeutsame Resultat, daß in jungen Stadien, manchmal aber auch bei längst metamorphosierten Tieren es sich verfolgen läßt, wie weib- liche Geschlechtsdrüsen in ihrer Entwicklung stillstehen, die Eier dege- nerieren und sich an ihrer Stelle Hodengewebe ausbildet. Fig. 152 zeigt einen Schnitt durch eine solche intermediäre Keimdrüse, in der außen noch eine Eischicht erhalten ist. Von dem mendelis tischen Standpunkt aus, den wir hier besprechen, läßt sich die Tatsache gut verstehen. Alle Männchen sind Heterozygoten, haben also die Fähig- keit, Eier oder Spermatozoen auszubilden. Was von beiden ge- schieht, welches Geschlecht dominiert, muß in unbekannten physiolo- gischen Ursachen begründet sein. Wird die Entscheidung schon sehr früh getroffen, dann entwickelt sich sogleich ein typischer Hoden, wird sie erst später getroffen, dann entwickelt sich zuerst eine intermediäre (sichtbar heterozygote) Drüse, deren Entwicklung sich in der Tat nach Kuschakewitsch von der eines typischen Ovars unterscheidet, und die Umstimmung zum Hoden, der Übergang vom labilen Gleichgewicht zur männlichen Dominanz ist zu beobachten. Es könnte natürlich ganz gut auch vorkommen, daß nur in einer Geschlechtsdrüse diese Dominanz zu stände kommt, dann entstände ein Hermaphroditismus lateralis. Wir sehen also, daß, wenn man auch die sekundären Sexual- charaktere besser für die Beurteilung unseres Problems aus dem Spiel läßt, aus gewissen die primären Geschlechtscharaktere betreffenden Be- funden sich in der Tat auf die Heterozygotie eines Geschlechts schließen läßt. Es sei dazu auch bemerkt, daß die Annahme, daß in einem Ge- schlechtsheterozygoten, also einem potentiellen Zwitter, bald das eine bald das andere Geschlecht überwiegt, keinerlei Schwierigkeiten bereitet. Bei monöcischen Pflanzen, also Zwittern, lassen sich experimentell die — 423 — einen oder anderen Blütenarten unterdrücken, wie verschiedentlich gezeigt wurde. Die Tatsache läßt sich natürlich aber auch eben so gut im nichtmendelistischen Sinn deuten. Eine andere Reihe von Tatsachen, die sich ebenfalls auf hermaphro- dite Keimdrüsen beziehen, widersprechen aber wieder zum großen Teil einem solchen Schluß. Es wurde bereits früher die Tatsache besprochen, Fig. 152. Embryonale Keimdrüse von Rana esculenta während der Umwandlung zmti Hoden. Nach Kuschake witsch. daß nach den Studien von Smith es sich herausstellte, daß durch Parasitismus kastrierte männliche Krabben Eier bilden, während die Weibchen niemals Hodengewete liefern können. Hier ist von der Geschlechtlichkeit selbst die Rede, für die nur die Produktion der spe- zifischen Geschlechtsprodukte maßgebend ist. Ob allerdings daraus der Schluß zu ziehen ist, daß das Männchen heterozygot ist, ist eine nicht leicht zu beantwortende Frage. Es ließen sich von entsprechenden 424 Tatsachen in der Tat mancherlei Befunde in gleichem Sinn ver- werten. Es ist eine altbekannte Erscheinung, daß sich häufig im Hoden verschiedener Tierarten gelegentlich eine größere oder geringere Zahl von Eiern befinden. Gerade für die Arthropoden (Potamobius, Blatta, Spinnen) ist diese Erscheinung des sogenannten accidentellen Hermaphroditismus besonders häufig beschrieben und sie scheint über das ganze Tierreich verbreitet zu sein. Nebenstehende Fig. 153 zeigt einen der vielen bekannten Fälle von Eiern im Hoden des Flußkrebses. Fk St M --' Fig. 153- Hodenbläschen eines (5 von Potamobius astacus mit Eiern. B Eiplasma, E Ei, Fh P'ollikelbaut, Fk Follikelkern, K Kern der Membran, Kb Keimbläschen, Kf Keim- fleck, M Membran des Hodenbläschens, yV Dotter, St Spermatogonien. Nach V. La Valette — St. George. Das umgekehrte aber, das Auftreten von Hodengewebe im Ovar kommt sichtlich viel seltener vor. Es ist vor allem bei solchen Formen be- schrieben, die wie eine Anzahl Fische besonders zum Hermaphroditismus neigen und diesen in allen Ausbildungsstufen zeigen. Es ist dann natür- lich schwer zu sagen, ob die Hermaphroditen eigentlich einem Geschlecht zugehören. Es erscheint aber bemerkenswert, daß einer der wenigen Fälle vom Auftreten von Hodengewebe bei sonst typisch weiblichen Tieren sich auf Echinodermen bezieht, wo es Cuenot entdeckte. Neben- — 425 — stehende Fig. 154 zeigt einen Schnitt durch ein derartiges Ovar, dem vereinzelte Hodenfolhkel eingelagert sind. Der Fall erscheint dadurch bedeutungsvoll, daß gerade für die Echinodermen auf Grund der Tat- l'ig- 154- Schnitt durch den Eierstock eines Seestems mit eingesprengtem Hodengewebe. Nach Buchner. Sachen der Cytologie geschlossen wurde, daß hier umgekehrt wie bei den Arthropoden das weibliche Geschlecht heterozygot sein muß. Diesen den mendelistischen Annahmen günstigen Befunden stehen aber andererseits aus dem gleichen Gebiet eine ganze Anzahl mit ihnen — 426 — unvereinbare Tatsachen gegenüber. Vor allem aus dem Pflanzenreich gibt es da eine ganze Anzahl von Fällen, die eine schwerwiegende Be- deutung haben. Es wurde schon erwähnt, daß bei den Moosen mit der Sporenbildung die Reduktionsteilung erfolgt, die also hier von der Geschlechtszellenbildung getrennt ist. Mit dieser Teilung vollzieht sich aber die Trennung der Geschlechter, denn je eine der Tochterzellen liefert eine männliche, je eine eine weibliche Geschlechtspflanze. Ob- wohl deren Geschlecht nun fixiert ist, gibt es nach Strasburger doch viele Fälle, in denen solche Geschlechtspflänzchen die Geschlechts- organe des anderen Geschlechts ausnahmsweise produzierten. Im Prinzip ist das natürlich das gleiche, wie die soeben zitierten Fälle des acciden- tellen Hermaphroditismus, des Vorkommens von Eiern im Hoden und umgekehrt. Aus dem Pflanzenreich sind auch mancherlei entsprechende Fälle bekannt; so fand Strasburger, daß alternde weibliche Indivi- duen von Mercurialis annua vereinzelte männliche Blüten erzeugen können und umgekehrt männliche Individuen weibliche. In Staubfäden können sich in abnormen Fällen weibliche Organe bilden (Nemec), in Samenanlagen Pollen (Göbel). Und an diesem Punkt muß dann auch daran erinnert werden, daß bei Correns Bastardierungen von Bryonia dioica und monoecia unter 589 Individuen, die alle weib- lich sein mußten, ausnahmsweise zwei Männchen erschienen. Correns und Bateson lassen sie als unwesentliche Ausnahmen bei Seite. Und doch erscheinen solche Ausnahmen gerade am wichtigsten. Wäre das weibliche Geschlecht in diesem Fall in Mendelschem Sinn homozygot, so würde das Auftreten von Männchen eine Unreinheit der Gameten bedeuten, die doch wohl ohne zwingenden Grund nicht angenommen werden darf. Am wichtigsten aber erscheinen für diese Frage wieder die M archaischen Studien an Moosen. Bei diöcischen Moosen sind die haploiden Geschlechtspflanzen (Protonema) weiblich oder männ- lich, erzeugen Archegonien oder Antheridien. Das befruchtete Ei gibt die diploide ungeschlechthche Generation (Sporophyt), in deren Sporen dann die Reduktionsteilung und, wie wir hörten, die Trennung der Ge- schlechter erfolgt. Auf dem Weg der Regeneration läßt sich aber aus dem Sporophyt ein Protonema erzeugen, das nun natürlich diploid ist. An ihm aber bilden sich männliche oder weibliche oder beiderlei — 427 — Geschlechtsprodukte. Vom Standpunkt der Merkmalsspaltung bei der Reduktionsteilung aus müssen die diploiden Pflanzen alle hermaphrodit MS71 Hg. 155. Wedlia bipartita. a Weibchen mit anhaftendem Männchen, b Weibchen stärker ver- größert, c Männchen desgl., Dsch Darmschenkel, Dst Dotterstock, Go Genitalöffnung, H Hoden, Kst Keimstock, / Dsch linker Darmschenkel, Msn Mundsaugnapf, K Zen- tralnenensystem, Oe Oesophagus. Fh Pharynx, r Dsch rechter Darmschenkel, Rs Re- ceptaculum seminis, fV Uterus, F(/ Vas deferens, Jf^ rudimentärer "weiblicher Genital- komplex. Nach Odhner. sein, bestenfalls könnte das dominierende Geschlecht allein auf- treten. Das Vorhandensein von allen drei Möglichkeiten ist aber schwer mit irgend einer mendelistischen Vorstellung zu vereinigen. Daß ganz — 428 — ähnliche Schwierigkeiten in vielen, allerdings leider meist experi- mentell unzugänglichen Fällen im Tierreich auftauchen, wurde schon früher angedeutet; Hermaphroditen mit ausgesprochener Protandrie oder Hermaphroditen, die gelegentlich Zwergmännchen erzeugen. Vielleicht noch merkwürdiger sind solche Fälle, in denen ein echter Hermaphrodit im Übergang zur Getrenntgeschlechtlichkeit sich findet. Nebenstehende Fig. 155 illustriert einen besonders bemerkenswerten Fall, die Trematoden von der Gattung Didymozoon. Bei diesen typisch hermaphroditen Würmern hat sich eine Trennung in Männchen und Weibchen vollzogen, letztere sind sehr groß, erstere ganz klein und sitzen in einer Vertiefung des weiblichen Körpers fest (Fig. 155a). Das Männchen aber enthält noch einen vollständigen rudimentären weib- lichen Geschlechtsapparat und ebenso das Weibchen Reste des männ- lichen. Angesichts solcher Befunde erscheint es nicht weiter merk- würdig, wenn Blake slee im Anschluß an seine Experimente an Schimmelpilzen ebenso wie Strasburger zu dem Schluß kommt, daß immer jedes Geschlecht im Prinzip die Anlagen beider Geschlechter enthält und die Geschlechtsbestimmung nur darüber entscheidet, welche von beiden Anlagen von der anderen unterdrückt wird. Eine solche Anschauung läßt sich aber nicht mit einer mendelistischen Theorie der Geschlechtsbestimmung vereinigen. Wenn sich auch mancherlei Material zu deren Gunsten anführen läßt, so liegt noch viel mehr solches vor, das ihr widerstreitet. Als Gesamtresultat dieser etwas umfangreichen Vorlesung müssen wir somit das ziehen, daß die Geschlechtsbestimmung, trotz ihres selbstverständlich alternativen Cha- rakters, wahrscheinlich nicht einer Mendelschen Rückkreuzung ver- gleichbar ist, vielmehr eine Erscheinung 'zunächst noch unbekannter Natur darstellt, die zellphysiologisch und zellregulatorisch bedingt sein muß. Mehr zu sagen wäre sicherlich verfrüht. 429 — Zwanzigste Vorlesung. Der Zeitpunkt der Geschlechtsbestimmungf: prog^am, synganit metagam. Die Ursachen des Wechseis parthenogenetischer und iweigeschlechtlicher Formen. Die Ursachen des Übergangs von ungeschlechtlicher zu geschlechtlicher Fortpflanzung. Wir haben unserer bisherigen Betrachtung des Geschlechtsproblems die Gesichtspunkte zu Grunde gelegt, die die jüngste Phase des Stu- diums dieser Frage beherrschen, die mendelistische Auffassung. Bei ihrer Diskussion haben wir zunächst eine sich aufdrängende Vorfrage ganz außer acht gelassen, die Frage des Zeitpunkts der Geschlechts- bestimmung. Die vormendelis tische Epoche hat aber gerade diesen Punkt in das Zentrum des Interesses gestellt. Sie suchte ja in der Hauptsache das Wesen der Geschlechtlichkeit so zu erforschen, daß sie sich bestrebte, im Experiment das normale Geschlechtsverhältnis zu gunsten des einen oder anderen Geschlechts zu verschieben. Ein derartiger Eingriff kann natürlich nur dann Erfolg haben, wenn er zu einem Zeitpunkt einsetzt, an dem noch eine Reaktionsmöglichkeit vor- handen ist. Da bietet sich denn als natürliche Marke der Abgrenzung jenes Zeitpunktes das Moment der Befruchtung dar, sodaß die drei Möglichkeiten der zeitlichen Bestimmung gegeben sind als Bestimmung vor der Befruchtung (progam), während der Befruchtung (syngam), nach der Befruchtung (metagam). Es ist klar, daß für die mendeli- stische Betrachtungsweise die Tatsachen, die zu Gunsten der drei Möglichkeiten sprechen, größtenteils gleichgiltig sind. Denn wird das weibliche Geschlecht als heterozygot genommen, so ist die Bestimmung eine hauptsächlich progame, ist das Männchen heterozygot, so ist sie eine syngame, und wenn eine nachträgliche Verschiebung der Geschlechts- bestimmung möglich ist, so kann sie auf einer Dominanzverschiebung im heterozygoten Geschlecht beruhen. Im großen Ganzen kann also dieses Problem unabhängig von der mendelistischen Betrachtungsweise behandelt werden, was allerdings andererseits auch nicht ausschließt, daß die Gesamttatsachen in dieser oder jener Richtung Schlüsse er- lauben. — 430 — Es liegt auf der Hand, daß die ältere Forschung sich vorwiegend für die rnetagame Bestimmung des Geschlechts interessierte, denn wenn überhaupt Hoffnung sein sollte, der Bestimmung Herr zu werden, so war das nächstliegende, eine Beeinflussung des sich entwickelndeil Organismus zu versuchen. Es ist klar, daß ein solcher Versuch von vornherein mit sehr vielen Schwierigkeiten und Klippen zu kämpfen hat. Er muß selbstverständlich von der Betrachtung des normalen Geschlechtsverhältnisses ausgehen. Es spricht zwar zunächst manches dafür, daß dies für die einzelnen Organismen ein konstantes ist. So gibt Darwin für Rennpferde bei 25560 Geburten 99,7 (^ : 100 Q an; King findet bei der Kröte Bufo lentiginosus 93 (^ : 100 Q, Standfuss unter 32 176 Individuen von 40 Schmetterlingsarten 106,93 rf (stets auf 100 Q berechnet), Montgomery bei dem Käfer Macrodactylus subspinosus unter 8796 Tieren 131,0 (J^ : 100 Q , dagegen bei der Spinne Lactrodectes mactans unter 41 749 Individuen ein Verhältnis von 819 (J^ : 100 2 . Aber selbst wenn solche Verhältnisse aus recht großen Zahlenreihen abgeleitet sind, müssen sie doch mit großer Vorsicht be- trachtet werden, wenn es sich darum handelt, sie zur Grundlage experi- menteller Studien zu machen. Welche Fehlerquellen sie in sich bergen können, zeigen am besten die Verhältnisse des Menschen, für den ja die ausgedehntesten Zählungen vorliegen. Im Durchschnitt Europas fallen auf 100 Mädchengeburten 105,3 Knabengeburten, eine Zahl, die mit großer Konstanz auftritt. Werden aber die totgeborenen Kinder betrachtet, so fallen auf 100 Mädchen 131,9 Knaben, und wenn gar die Frühgeburten in Betracht gezogen werden, ist das Verhältnis 160 : 100 (Lenhossek). Andererseits ist auch bei lebenden Kindern der Prozent- satz an Knaben bei Erstgebärenden relativ hoch, nämlich etwa 137 : 100, Natürlich liegen bei Tieren die Verhältnisse auch nicht anders. Vielfach läßt sich das Geschlecht erst in einem gewissen Entwicklungsstadium bestimmen, sodaß kaum kontroHiert werden kann, ob nicht mehr oder weniger Eier, Embryonen, Larven eines Geschlechts zu Grunde ge- gangen sind. Eine weitere Schwierigkeit kommt daher, daß an ver- schiedenen Lokalitäten das Verhältnis ein verschiedenes sein kann. Die Zahlen für den Menschen variieren bekanntlich nach Ländern und Rassen, für die Frösche fand Pflüger 87% Q in Utrecht, aber nur — 431 — 50% in Königsberg, bei Artemia salin a kommen in manchen Fund- stellen gar keine oder nur wenige q^ vor, in anderen mehr, wieder in anderen ebensoviele wie Weibchen. Die wenigen Beispiele genügen wohl, zu zeigen, welche Grundschwierigkeit allen Versuchen metagamer Ge- schlechtsverschiebung anhaftet: denn das was sie beweisen müssen, wenn das Resultat das Problem der Geschlechtsbestimmung selbst betreffen soll, ist ja, daß ein indifferenter Zustand nach einer oder der anderen Seite auszuschlagen bestimmt wird oder daß ein vorhandener Geschlechtszustand umgestimmt wird. Unter diesen Umständen wird es nicht wunder nehmen, daß alle Versuche, eine metagame Bestimmung zu beweisen, als fehlgeschlagen oder mindestens noch nicht bewiesen betrachtet werden müssen. So lohnt es sich denn auch gar nicht, in eine Einzelbetrachtung einzutreten. Vielfach erwiesen sich schon die Voraussetzungen der Versuche als gänzlich unhaltbar; wenn z. B. durch äußere Eingriffe an Raupen das Geschlecht von Schmetterlingen bestimmt werden sollte, während bereits im sich entwickelnden Schmetterlingsei doch das Geschlecht schon feststeht, wie wir früher bei Besprechung der Transplantationsversuche erfuhren. Cuenot hat sich der undankbaren Aufgabe unterzogen, einen großen Teil derartiger Angaben exakt nachzuprüfen, stets mit dem gleichen negativen Resviltat. Natürlich sehen wir in diesem Zu- sammenhang von jenen schon besprochenen Erscheinungen ab, daß alternde weibliche Pflanzen männliche Blüten hervorbringen und ana- logen Fällen des Tierreichs. Sie besagen ja nichts über den Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts, sondern nur darüber, ob das einmal vorhandene Geschlecht das andere definitiv ausschließt oder nicht. Es kommt somit vor der Hand nur die Möglichkeit der pro- und syngamen Bestimmung in Betracht. Letztere ist es vor allem, die uns in der letzten Vorlesung ja dauernd begegnete. Alles was mit den geschlechtsbestimmenden Spermatozoen zusammenhängt, alles was dafür angeführt werden kann, daß das Geschlecht durch die Befruch- tung zwischen einer Heterozygote und einer Homozygote bestimmt wird, alles was für eine Geschlechtsentscheidung bei der Alternative Parthenogenese oder Befruchtung spricht, ist ja Material im Sinne der syngamen Entscheidung. Bei ihr handelt es sich dann im wesentlichen — 432 — um den Einfluß der Samenzelle bei der Befruchtung; es muß Samen- zellen mit männlicher und solche mit weiblicher Tendenz geben. Seit- dem die Tatsachen über die zwei Spermienarten bekannt sind, die wir in der letzten Vorlesung kennen lernten, ist mit dem Begriff der Tendenz natürlich eine feste Vorstellung verknüpft. Er bedeutet entweder das Vorhandensein oder Fehlen eines Gens für Weiblichkeit oder das Vor- handensein oder Fehlen einer ^-Substanz, die in bestiftimter Quantität das männliche, in der doppelten das weibliche Geschlecht bedingt. In jedem Fall wäre ein urTverrückbarer Zustand geschaffen und eine Ver- schiebung nur denkbar durch die Zahl der zur Befruchtung kommenden beiden Spermienarten. Diese Vorstellung ist in einem Punkt vor allem den älteren Versuchen, die syngame Geschlechtsbestimmung zu erweisen, überlegen, wenn wir ganz von ihrer ausgezeichneten cellulären Begründung absehen, nämlich im Punkt der Klarheit. Hier ist die geschlechtsbestimmende Tendenz einfach ein unverrückbarer alternativer Zustand, während man früher mit so unfaßbaren Begriffen, wie kräftige und geschwächte, alte und junge Spermien operierte. Besonders der Begriff des Kräftezustandes spielt in der älteren Litteratur eine beträchtliche Rolle und seine Bedeu- tung wurde meist auf dem Wege der Statistik zu erweisen gesucht. Natürlich standen dabei die menschlichen Verhältnisse im Vorder- grunde, aber auch bei den Tierzüchtern herrscht der Glaube an die verschiedene Wirksamkeit kräftiger und schwacher, alter und junger Hengste, Stiere, Widder vor. Bald betrachtete man das relative Alter der Eltern, bald ihre sozialen und Ernährungsverhältnisse. Wie so oft sind die Ergebnisse der Statistik in keiner Weise eindeutig, ganz ab- gesehen davon, daß ein derartiges biologisches Problem überhaupt nicht rein statistisch gelöst werden kann. Wo man aber versucht hat, einen bestimmten Punkt im Tierexperiment zu prüfen, wie es Cuenot und 0. Schnitze taten, ergaben sich stets negative Resultate. Was für den undefinierbaren Kräftezustand der Spermien gilt, trifft auch für die Möglichkeit zu, daß ihr Alter eine Bedeutung haben könne. Die bekannteste Illustration dieser Anschauung stellt ja das Geschlechts- verhältnis der Haustaube dar. Bei ihr lösen sich stets 2 Eier im Inter- vall einiger Stunden vom Eierstock los und werden oben im Ovidukt — 433 — befrachtet; sie werden dann im Abstand von i — 2 Tagen abgelegt. Eine alte Überzeugung besagt nun, daß stets aus dem ersten Ei ein Männchen, dem zweiten ein Weibchen schlüpft. Da nun die Spermato- zoen, die die beiden Eier befruchten, von der gleichen Begattung stam- men, so ist das das zweite Ei befruchtende etwas länger im mütterlichen Körper, älter, und dadurch soll es weibchenbestimmend geworden sein. Wenn es nun auch tatsächlich oft vorkommt, daß die jungen Tauben in solcher Reihenfolge schlüpfen, so ist nach Cuenot jedoch auch das umgekehrte eben sowohl der Fall, als auch, daß ausschließlich 2 (^ oder 2 Q schlüpfen. Hätte außerdem ein solcher Einfluß eine geschlechts- bestimmende Bedeutung, so könnte er von vornherein nicht für solche Tiere gelten, bei denen das Sperma im mütterlichen Körper lange leben kann, ohne daß dabei ein Einfluß ^uf das Geschlecht bemerkbar ist, wie das etwa beim Huhn, bei den Fledermäusen und in extremer Form mit jahrelanger Funktionsfähigkeit des von einer Begattung stammen- den Spermas bei Landschneckeri und der Biene der Fall ist. Wenn man also zunächst sich an die bestimmten und greifbaren Folgerungen halten muß, die sich für die syngame Geschlechtsbestim- mung vor allem aus den Tatsachen über die X- und Y-Spermatozoen ergeben, so gibt es doch andererseits noch mancherlei Dinge, die trotz- dem unerklärt bleiben. Da ist vor allem noch der Fall der Biene, der in keiner Weise als geklärt betrachtet werden kann, und zwar bestehen die Schwierigkeiten von verschiedener Seite. Zunächst sind die biolo- gischen Verhältnisse durchaus noch nicht absolut feststehend. Wenn man auch annimmt, daß im allgemeinen die Dzierzonsche Lehre, nach der unbefruchtete Eier cT, befruchtete O liefern, zu Recht besteht, so läßt sich doch bei einiger Vorsicht zunächst nur sagen, daß unbe- fruchtete Eier sicher cf liefern. Ob aber nicht auch befruchtete Eier (^ geben können, läßt sich vor der Hand nicht mit Sicherheit entscheiden. Seit Dzierzon finden sich immer wieder in der Literatur Fälle ver- zeichnet (vor allem durch Perez), daß in Bastardstöcken (J^ mit Bastard- charakter auftreten, was ja nur möglich ist, wenn sie aus befruchteten Eiern entstehen. Man hat stets dagegen eingewandt, daß sie die zu- fälligen Nachkommen von Bastardmüttern gewesen seien, ein Einwand, der aber weder bewiesen, noch nach Kenntnis der Bastardierungsgesetze Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 28 — 434 — wahrscheinlich ist. Es sind allerdings in dem so viel diskutierten Bienenproblem durch die besonderen Verhältnisse im Bienenstaat so viele Fehlerquellen zu berücksichtigen, daß bisher noch jede Möglich- keit eines einwandfreien Beweises gegen die Dzierzonsche Lehre fehlte. Nun hat aber gerade bei der Biene bisher auch die cytologische Unter- suchung versagt. Ein X-Chromosom ist nicht bekannt, wohl aber ver- laufen beim Männchen die Reifeteilungen im Prinzip derartig wie bei den Aphiden, sodaß per analogiam wohl geschlossen werden könnte, daß auch hier alle (j^-bestimmenden Spermatozoen zu Grunde gehen. Damit ist aber ja nur erklärt, daß aus befruchteten Eiern Q entstehen, nicht warum parthenogenetische (^ liefern. Bei der Phylloxera, wo parthenogenetische Eier beiden Geschlechtern den Ursprung geben, kennen wir sogar den Mechanismus, der die Eier in die männliche Rich- tung treibt, nämlich das Entfernen eines X-Chromosoms bei einer Reife- teilung. Bei der Biene ist aber nichts derartiges bekannt, um so mehr, als die Zahlenverhältnisse der (^ Chromosomen wenig verständlich sind. Kurzum, der Fall ist immer noch nicht als klar zu betrachten, wenn auch vielleicht die Möglichkeiten seiner Aufklärung bereits sichtbar sind. Vielleicht noch größere Schwierigkeiten bereiten einer einfachen Interpretation mit syngamer Bestimmung die Resultate, die R. Hert- wig bei einem Teil seiner Experimente an Fröschen erhielt. Er ging von früheren Befunden aus, die ihn mit der merkwürdigen Erscheinung der geschlechtlichen Indifferenz bekannt gemacht hatten. Während in manchen Zuchten das Geschlecht schon auf frühen Larvenstadien sehr deutlich ausgeprägt ist, ist es in andern noch bei lange metamorpho- sierten Tieren nicht deutlich zu erkennen. Die ganze Gonade findet sich makroskopisch wie mikroskopisch im Zustand einer gewissen In- differenz, die bald mehr nach der männlichen, bald mehr nach der weiblichen Seite hinneigt. Es hatte sich nun gezeigt, daß Frösche von gewissen Lokalitäten -besonders zur Bildung der indifferenten Formen neigten. Hertwig ging nun von folgender Überlegung aus: Wenn das Sperma verschiedene aber typische geschlechthche Tendenz hat, typisch bei jedem einzelnen Individuum, so muß die geschlechtbedingende Einwirkung sich stets in gleicher Richtung bewegen, wenn man Weib- chen verschiedener Tendenz mit dem gleichen Sperma befruchtet. — 435 — Es zeigte sich nun, daß bestimmte Männchen, wenn sie mit verschieden- artigen Weibchen gepaart werden, die von Lokalitäten stammen, die normale Geschlechtsentwicklung zeigen, in starkem Maß das Auftreten von indifferenten Formen fördern. Wird dasselbe Sperma aber zu Eiern gegeben, die zur Bildung der Indifferenten neigen, so erscheint ein Überschuß an Weibchen. Es verläuft also eine Reihe der Steigerung von o^ über Indifferente mit mehr (;f -Habitus, indifferente, und Indiffe- rente mit Q -Habitus zu Weibchen. So war in einem Fall durch das Männchen das normale Verhältnis der Geschlechter von i : i auf I Q : 34 2 'Indifferente : 87 Indifferente : 43 (^-Indifferente : 70 q^ verschoben worden. Das gleiche (^ erzeugte mit einem Q mit Neigung zu indifferenten, das bei normaler Befruchtung ergab 9 Q : 18 2 -Indifferente : 134 Indifferente : 12 (j^- Indifferente : 7 (f ausschließlich 99 weibliche Tiere. Eine Erklärung dieser Befunde ist nicht leicht und zunächst im Rahmen der für die syngame Geschlechts- bestimmung gewonnenen Resultate undurchführbar. Was nun die dritte Möglichkeit der progamen Bestimmung betrifft, so würde sie besagen, daß bereits im unbefruchteten Ei das Geschlecht des zukünftigen Wesens bestimmt ist : es gäbe weibliche und männliche Eier, deren Charakter durch die Befruchtung nicht mehr geändert werden kann. Die mendelis tische Erklärung erfordert diese Annahme natürlich in all den Fällen, in denen das weibhche Geschlecht als hetero- zygot betrachtet wird, da dann die Gameten zur Hälfte weiblich, zur Hälfte männlich determiniert sein müssen. Es kann nicht dem ge- ringsten Zweifel unterliegen, daß es zahlreiche Fälle solcher Art gibt. Vor allem muß das natürlich dann der Fall sein, wenn auf parthenogene- tische Weise beide Geschlechter erzeugt werden und in dieser Gruppe besonders wieder in jenen Fällen, in denen es verschiedene Individuen sind, die entweder nur weibliche oder nur männliche Eier legen, wie bei Phylloxera. Das gleiche trifft für solche FäUe zu, in denen, wie bei manchen Käfern und Schmetterlingen durch gelegentliche, ungewöhn- liche Parthenogenese auch beide Geschlechter im normalen Verhältnis erzeugt werden. Die berühmtesten Fälle zur Demonstration der 28* — 436 — progamen Bestimmung sind aber die, bei denen bereits die Eier äußer- lich das zukünftige Geschlecht erkennen lassen, indem die Männcheneier kleiner, die Weibcheneier größer sind. Das klassische Beispiel dafür ist der Wurm Dinophilus nach der Entdeckung von Korscheit, dessen Gelege mit cf- und Q- Eiern nebenstehend abgebildet ist (Fig. 156). Das gleiche steht, neben einigen nicht einwandfreien Fällen, fest für Rotatorien, Phylloxerinen, Spinnen. Ebenfalls im gleichen Sinn wird meist ^^S- 156- die Tatsache der Gleichgeschlechtigkeit Cocon von Dinophilus mit Q- und , . , _ , ^-Eiem. Nach Ko rschelt. multipler Embryonen verwertet, die aller- dings eben so sehr auch für die syngame Bestimmung spricht. Man versteht darunter die merkwürdige Er- scheinung, daß aus einer Eizelle mehrere Individuen entstehen können, indem frühe Furchungsstadien auseinanderfallen und sich selbständig weiter entwickeln. Wenn wir von den sogenannten eineiigen Zwil- Hngen des Menschen absehen, deren Entstehung ja nur ei schlössen ist und deren ausschließliche Gleichgeschlechtigkeit nicht unbestritten ist, sind die beiden schönsten Fälle die des Gürteltiers Tatusia und der parasitischen Wespen (Chalcididen) Ageniaspis, Lithomastix und verwandter Formen. Bei jenen Gürteltieren entwickeln sich fast immer gleichzeitig 4 Embryonen, die in gemeinsame Embryonalhüllen eingeschlossen sind, was auf einen Ursprung aus den 4 Furchungszellen deutet. Fig. 157 zeigt eine Fruchtblase mit 4 jungen Keimscheiben im Kreis angeordnet und Fig. 158 eine aufgeschnittene Blase mit älteren Embryonen. Die 4 Jungen sind aber stets des gleichen Geschlechts. Noch eklatanter ist aber der Fall jener Wespen. Sie legen ihre Eier in Schmetterlingseier hinein, in denen sie sich mit dem Schmetterling entwickeln, bis schließlich sich die fertigen Wespen aus der Raupe herausbeißen. Die Eier der Wespen zerfallen nun nach einigen Teilungen in ihre Zellen, die dann für sich die Furchung beginnen. Es entstehen so ganze Ketten von Embryonen aus einem Ei, die bei manchen Arten bis 1000 Individuen enthalten können, die nun wieder alle eines — 437 — Geschlechts sind. Fig. 159a zeigt ein junges Entwicklungsstadium von Polygnotus minutus, in dem sich gerade die Furchungszellen auseinander- legen, h ein älteres Ei mit vielen Furchungsstadien, c eine noch ältere Blase mit mehreren Embryonen. Fig. 160 gibt eine aus einem Ei ent- standene Embryonenkette einer anderen Art, Encyrtus fuscicoUis wieder. Fig. 157. Junge Keimblase von Tatu novemcinctum mit 4 Embryonen (I — IV). Nach New man und Patterson. Den Tatsachen der progamen Bestimmung gegenüber erhebt sich natürlich die Frage, ob man im stände ist, auf sie einen Einfluß aus- zuüben, also die Relation männlicher und weiblicher Eier zu verschieben. Ein Erfolg wäre natürlich von größtem Interesse; er würde allerdings das Wesen der geschlechtsbestimmenden Ursachen nicht treffen müssen. Angenommen, das weibliche Geschlecht wäre in diesem Fall im Mendel- schen Sinne heterozygot, so bedeutet eine künsthche Verschiebung der Geschlechtsrelation nur, daß von der einen Eiart weniger gebildet — 438 — werden als von der anderen. Da dieEiarten sich durch ihre Größe unter- scheiden, also unter verschiedenen cellulären Bedingungen heranwachsen, können künstlich gesetzte Bedingungen das völlige Ausbilden einer Eiart verhindern, obwohl ihre schon geschlechtlich festgelegte Halb- zahl vorhanden ist. Wohl aber wird ein solcher positiv ausfallender Versuch einen wichtigen Punkt des Problems treffen, wenn die Grund- lage der Geschlechtsbestimmung mit dem X und Y-Chromosom zu- Fig. 158. Aufgeschnittene Keimblase von Tatu novemcinctum mit den 4 Embryonen. Nach Newman und Patterson. sammenhängt, ohne daß ein Mendelfall vorliegt. Wenn die Eizellen in dieser Beziehung so ausgestattet sind wie bei den Echinodermen, also im Gegensatz zu den Wanzen, d. h. ein unpaares Y-Chromosom besitzen (resp., was im Erfolg das gleiche ist, ein X- und ein Y-Chro- mosom) so muß, wie das bei den Phylloxerinen ja tatsächlich festge- stellt wurde, bei der Reifung der Eier eine Verschiedenheit zwischen Männchen- und Weibcheneiern vorliegen. Bei den parthenogenetisch sich entwickelnden Phylloxeraeiern, bei welcher Form ja wie gesagt dem — 439 cmb emb emb Fig. 159- a^ h, c 2, Stadien der Entwicklung von Polygne tus minutus, na Amnionkerne, emb Embryonen. Nach Marchai. — 440 — Männchen das X-Chromosom, dem Weibchen 2 X-Chromosome zu- kommen, geschieht das so, daß bei einer Reifeteilung das eine X-Chromo- som verschwindet, wenn es sich um ein Männchenei handelt. Bei For- men wie Dinophilus, wo die befruchteten Eier beide Geschlechter geben Fig. 160. Embryonenkette der Wespe Encyrtus. Nach Marchai. (neuerdings wird auch Parthenogenese behauptet (Beauchamp!) und die Bestimmung beim Ei liegt, muß die Reduktionsteilung dann so verlaufen, daß alle Weibcheneier das X-Chromosom in den Rich- tungskörper abgeben, die Männcheneier aber es behalten. Da nun die Eier vor der Reifeteilung schon die geschlechtliche Differenz zeigen, — 441 — so besagt das, daß (ebenso wie bei den Phylloxerinen) in dem Ei schon vorhandene Faktoren es bestimmen, wie sich das X-Chromosom in die Reifeteilung einstellt. Werden nun unter dem Einfluß äußerer Be- dingungen nur ein oder mehr Eier einer Sorte gebildet, so kann das be- sagen, daß direkt die betreffenden Faktoren beeinflußt wurden, die den Bestimmungssubstanzen in den Chromosomen noch übergeordnet sind. Wir werden bald diese Faktoren, die Sexualitätsfaktoren, bei Formen mit Geschlechtszyklen noch näher zu betrachten haben, hier genügt es, festgestellt zu haben, daß positive Erfolge gerade an solchen Objekten besonders wichtig sein müssen. Bis jetzt liegen da aber nur zwei erfolgreiche Versuchsreihen vor, die beide von R. Hertwig und seinen Schülern stammen, v. Malsen suchte durch Einwirkung von Außenfaktoren die Produktion der Weib- chen- und Männcheneier von Dinophilus zu beeinflussen. Als solche dienten, wie bei allen derartigen Versuchen, Temperatur- und Nahrungs- differenzen, also Faktoren, die den Stoffwechsel herabsetzen oder be- fördern. Es zeigte sich in der Tat, daß die Zahl der beiden Eiarten in einem Gelege beträchtlich von solchen Faktoren abhängt. Während in der als Normalkultur betrachteten Zucht bei etwa 19° das Verhältnis der Männcheneier zu den Weibcheneiern i : 2,4 betrug, stieg es bei 13° auf I : 3,5 und sank bei 26° auf i : 1,7. Hunger wirkte aber bei normaler Temperatur genau wie erhöhte Temperatur bei normaler Er- nährung. Die zweite Versuchsreihe arbeitet nicht mit Temperatur oder Er- nährung, sondern mit einer Verschiebung eines inneren Gleichgewichts- zustandes der Eier, die sich in ihrer wesentlichen Grundlage nur schwer fassen läßt. Sie ist außerdem noch dadurch nicht so leicht auszudeuten, daß es nicht feststeht, inwieweit bei dem untersuchten Objekt, den Fröschen, Eier mit männlicher oder weiblicher Tendenz existieren. Die Resultate beweisen zwar die Möglichkeit einer Beeinflussung, sind aber zunächst nur schwer dem Rahmen der bisher besprochenen Frage- stellung einzugliedern. Schon Thury hatte die Vermutung ausgespro- chen, daß der Reifezustand des Eis geschlechtsbestimmend wirken könne und Pflüger suchte in Experimenten am Froschei den Beweis dafür zu erbringen. Den Zustand der Überreife erzielte er dadurch, — 442 — daß er brünstige Weibchen trennte und sie so zwang, ihre Eier über die Normalzeit im Uterus zu halten. Wurden solche überreife Eier aber befruchtet, so ergaben sie einen höheren Prozentsatz an Männchen. Ganz entsprechende Untersuchungen führte nun R. Hertwig, von bestimmten theoretischen Überlegungen über die cellulären Grundlagen der Geschlechtsbestimmung ausgehend, in systematischer Weise aus. Dabei gelang es ihm in der Tat, regelmäßig bei Befruchtung überreifer Eier einen besonders hohen Prozentsatz an Männchen zu erzielen. In zwei Versuchen, in denen zwischen der ersten normalen Befruchtung und der letzten Befruchtung künstlich zurückgehaltener Eier 54 resp. 64 Stunden lagen, war das Geschlechtsverhältnis der aus ersteren Eiern gezogenen Tiere 89 $ : 99 (^ , das aber aus der Befruchtung der über- reifen Eier 24 ^ • '^11 cT- Noch eklatanter ist das Resultat, das Ku- schake witsch bei Wiederholung des gleichen Versuchs erhielt. In einem Experiment war das Ergebnis der Normalkultur 53 ^ ^ 58 rf; die Eier des gleichen Weibchens, die 89 Stunden künstlich zurückge- halten waren, lieferten 299 q^ und gar kein Weibchen (neben einem bilateralen Hermaphroditen). Das Ergebnis ist auch dadurch beson- ders einwandfrei, daß bei den beiden Kulturen die Sterblichkeit nur 6 resp. 4% betragen hatte. Aus jüngster Zeit stammt ein neuer Versuch R. Hertwigs, der bei der ersten, normalen Befruchtung 185 Q : 163 cf ergab, während die letzte Befruchtung der überreifen Eier nach 94 Std. ausschheßlich 271 cT lieferte. Ein dritter Versuch, der von Russo stammt, wäre besonders be- deutungsvoll, wenn er sich bestätigte, da hier direkt die möglichen physio- logisch- chemischen Grundlagen der progamen Verschiebung im Ei betroffen würden. Er will durch Verabreichung von Lecithin an Kanin- chen eine besonders reiche Ansammlung von deutoplas'matischem Ma- terial im Ei und darauf folgenden Überschuß an Weibchengeburten erzielt haben. Von verschiedenen Seiten ausgeführte Nachprüfungen konnten aber nicht das gleiche Resultat zeitigen. Wir sagten bereits, daß diese Versuche dadurch besonderes Interesse erheischen, daß sie sich direkt mit jenen unbekannten Faktoren in den Eizellen befassen, die wir dem geschlechtsbestimmenden Chromosomen- mechanismus unter allen Umständen als übergeordnet zu betrachten — 443 — gezwungen sind. Daß solche Faktoren bestehen müssen, wurde ja bereits aus den Verhältnissen solcher Formen abgeleitet, die auf parthe- nogenetischem Wege beide Geschlechter erzeugen können und dies, wie bei Phylloxera feststeht, durch eine Regulation der Verteilung der Geschlechtschromosomen bei der Reifeteilung erzielen. Daraus folgt von selbst, daß man hoffen muß, durch das Studium der Geschlechts- verhältnisse derartiger cyklischer Formen noch einen Schritt weiter kommen zu können. So erhalten die Versuche, die Ursachen der Gene- rationscyklen aufzuklären, eine ganz besondere Bedeutung für das ge- samte Geschlechtsproblem; ihrer Betrachtung wollen wir uns darum, an diesem Punkt angelangt, zuwenden. Im Tierreich sind es vor allem drei Gruppen von Formen, deren Generationscyklus experimentell erforscht wurde, die Rotatorien, Daphniden und Aphiden. Im Prinzip verläuft bei allen der Cyklus in gleicher Weise, wenn wir von Detailverschiedenheiten absehen, nämlich so, daß parthenogenetische W-'eibchen eine Zeit lang immer wieder ihres- gleichen erzeugen, bis mit einem Male auf gleichem Weg Männchen und Weibchen gebildet werden. Aus deren Befruchtung nehmen wieder parthenogenetische Weibchen ihren Ursprung, die den Cyklus von neuem beginnen. Die parthenogenetisch erzeugten, meist zarten Eier werden Sommereier genannt, die mit besonderen Schutzvorrich- tungen ausgestatteten und hartschaligen befruchteten Eier sind die Dauer- oder Wintereier. Im großen Ganzen haben die Experimente an diesen Organismen jetzt zu übereinstimmenden Resultaten geführt, sodaß wir hier nur für eine Gruppe eine genauere Darstellung geben wollen und uns für die beiden anderen kurz fassen können. Wir wählen dazu die Daphniden, für die das meiste Material vorhegt und die ja auch die dem Experiment günstigsten Objekte darstellen. A. Weis mann war der erste, der die große Bedeutung des Gegen- standes klar erkannte und durch genaues biologisches Studium der Generationscyklen der Daphnien wie durch Versuche, sie experimentell zu beeinflussen, die Grundlagen für unsere gesamten Kenntnisse des Gegenstandes legte. Er fand zunächst, daß die Generationscyklen der einzelnen Formen ziemlich verschieden sind. Bei manchen Arten findet nur einmal im Jahr typisch die Bildung der Dauereier statt, sie sind — 444 — monocyklisch ; andere zeigen einige bis viele aufeinanderfolgende Pe- rioden geschlechtlicher und parthenogenetischer Vermehrung, sie sind polycyklisch. Wieder andere, die acyklischen Arten, scheinen die Fähig- keit, Geschlechtsformen zu bilden, ganz verloren zu haben, sie vermehren sich dauernd parthenogenetisch. Die Bildung der befruchtungsbe- dürftigen Wintereier und der Männchen ist ein identischer Vorgang, das Eintreten des Zustandes der Sexualität; denn erstere sind nicht etwa Sommereier, die durch die Befruchtung zu Wintereiern werden, sondern sind auf besondere Weise gebildete Eier, die befruchtungsbe- dürftig sind und ohne Befruchtung' zu Grunde gehen. Nur jene Ver- änderungen, die die definitive Ausbildung des Wintereis mit allen seinen Schutzvorrichtungen bedingen, sind von der Befruchtung ab- hängig. Weismannfandnun als Regel, die die weiteren faunistischen Studien auch bestätigten, daß die monocyklischen Arten sich in großen Seen finden mit ihren wenig bedeutenden Schwankungen der Lebensverhält- nisse, deren wichtigste nur das Zufrieren im Winter darstellt. In kleinen. Becken aber, die eben so leicht im Sommer austrocknen wie im Winter zufrieren, leben die polycyklischen Arten, bei denen somit nahezu immer Dauereier zur Verfügung stehen, die schlechte Perioden überleben können. Gemäß der Gesamtrichtung seiner Anschauungen zog somit Weismann den Schluß, daß der Genera tionscyklus eine Anpassungserscheinung an die äußeren Lebensbedingungen sei, die durch die natürliche Zuchtwahl erblich fixiert ist. Die ganze Erschei- nung ist somit nur phylogenetisch zu verstehen und muß von den Fak- toren der Außenwelt, die früher die Selektion bewirkt haben, jetzt un- abhängig sein. Einige Experimente, die er ausführte, ließen ihn dann auch ebensowenig wie die Beobachtungen in der Natur irgend einen derartigen Einfluß erkennen. Den Anstoß zur Neubetrachtung des Problems gaben vor allem R. Hertwigs Untersuchungen über die geschlechtsbestimmenden Ur- sachen. Sie hatten ihn auf den Gedanken geführt, daß das Wesen der Geschlechtlichkeit in cellulären Vorgängen zu sehen sei, nämlich Massenbeziehungen zwischen Kern und Protoplasma. Da diese, wie sicher feststeht, durch äußere Faktoren, vor allem die Temperatur, beein- — 445 — flußbar sind, so gehen seine und seiner Schüler Studien vor allem darauf aus, durch experimentelle Verschiebung jenes Faktors die Geschlecht- lichkeit zu beeinflussen. In der Tat glaubte Issakowitsch, durch Temperatureinflüsse, nämlich Kälte, die Sexualität herbeigeführt zu haben. Es sind also in der Hauptsache äußere Faktoren, die das Auf- treten der Geschlechtstiere bewirken. Dem wurde vor allem von Weis- manns Schülern Keilhack, Strohl, Kuttner widersprochen, ohne daß sie eine weitere Klärung der Frage bringen konnten. Erst in der jüngsten Zeit scheint sich die Streitfrage im wesenthchen entschieden zu haben und zwar durch die Bemühungen von Woltereck und seinem Schülerv.Scharffenberg einerseits, Mc. Clendonund Papanikolau andererseits. Wir haben bereits bei Behandlung der Einflüsse äußerer Faktoren auf die Variabilität Wolterecks Studien über den Einfluß der Assi- milationstätigkeit auf die Kopf höhe der Daphnien besprochen. An sie schließen sich die Untersuchungen über unser Problem direkt an, indem sie die Sexualität, also die Neigung, Geschlechtstiere — Weib- chen mit befruchtungsbedürftigen Eiern und Männchen — zu bilden^ in gleicher Weise als variable Eigenschaft betrachten, wie jene Helm- größe, deren Ausschlag durch das Zusammenwirken einer unanalysier- baren inneren Potenz mit den Außenfaktoren bedingt wird. Wenn sich auch im Detail die verschiedenen Arten und Rassen verschieden ver- halten, so ist im wesentlichen folgende Gesetzmäßigkeit festzustellen: Die Sexualität, also die innere Neigung Geschlechtstiere zu bilden, ist in der ersten parthenogenetischen Generation sozusagen O. Infolge- dessen können auch äußere Faktoren keinerlei Wirkung ausüben. Mit allen weiteren parthenogenetischen Generationen steigt aber die Sexua- lität. Die äußeren Faktoren, die die Sexualität fördern, sind schlechte Ernährung (indirekt auch wohl Kälte), während umgekehrt sehr reichliche Ernährung die Sexualität unterdrückt. Je höher nun in den weiteren parthenogenetischen Generationen die innere Neigung zur Sexualität steigt, um so mächtiger muß man die entgegengesetzte Ein- wirkung der Außenfaktoren nehmen, um die Parthenogenese noch zu erhalten, bis schließlich die Sexualität obligatorisch wird und nichts mehr sie aufhält. Die Bildung der Geschlechtstiere beruht also auf — 446 — zwei Faktoren, die sich gegenseitig die Wage halten, der inneren Ge- schlechtspotenz und der Einwirkung äußerer Faktoren. Geburten 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Gene- ratiooen Daunei t / i ir i 0 (D O ® O O © 0 °0 0 ^0 ® O • III 0 O 0 0 0 O °e 0 °3 • (D • IV ?^ o (D O O °0 0 °3 3 ^3 0 a • • V ^# 0 G O °0 o o® 3 Q ^3 S CD 9 VI ^ ?- o 0 ® °a o® 9 0® a ^3 ® ®. • VII ?^ 0 O (D o ^3 ^3 CD O® 3 (D VIII ?^ 0 0 ^C 0® 3 ^3 O® 3 0 • (P • IX ?^ 0 0 ^3 O© • © O 3 0® °3 CD X 0 0 (D 0 °0 °» • ® • XI ? XII 0 T XIII ?^ XIV ^ 0 ^C ^3 II • XV °. -?N °0 ^3 °3 CD 0 c* • • XVI ?^ o °o °3 03 • • XVII ^ ^0 0® <3 9 • • XVIII °v ^0 ^3 ® • XIX ^. ^3 % • XX 3 • • Darste Uung des Cykl US ei Fig. aer L i6i. )aphi lie. Nacl 1 Pa pan ikol au. Zu diesen Befunden Wolterecks ist durch Scharffenberg und Papanikolau eine wichtige Ergänzung hinzugekommen. Ein jedes parthenogenetische Weibchen erzeugt ja nicht nur einen Wurf von — 447 — Jungen, sondern deren viele. Es zeigt sich nun, daß die Tendenz zur Sexualität mit jedem einzelnen Wurf steigt. Ein später Wurf der ersten parthenogenetischen Generation hat bereits eine starke sexuelle Tendenz, sodaß sogar in normalen Verhältnissen hier bereits Geschlechts- tiere auftreten können. Mit der Zahl der Generationen tritt diese Steigerung der Tendenz in immer früheren Würfen auf, sodaß diese Tendenz zur Sexualität also proportional ist der Zahl der parthenogene- tischen Generationen wie der Zahl der Geburten. Die folgende Tabelle über das Verhalten einer Normalkultur von Simocephalus illustriert dies. Die vertikalen Reihen beziehen sich auf die Zahl der Geburten eines Weibchens, die horizontalen geben die parthenogenetischen Gene- rationen wieder, der Ausgangspunkt ist ein Dauerei. Q bedeutet parthe- nogenetische Weibchen, 0 sind Männchen, (J sind Weibchen, mit be- fruchtungsbedürftigen Eiern (Ephippialweibchen), (J) sind nicht weiter auf ihre Geschlechtlichkeit geprüfte, % bedeutet degenerierte Tiere, die stets den Schluß der Brüten und Cyklen bilden. Das Gesagte geht aus dieser Tabelle ohne weiteres hervor (Fig. i6i). Natürlich folgt aus diesen Befunden, daß die Möglichkeit, auf die Fortpflanzungsweise einen Einfluß in der Richtung des Anhaltens der Parthenogenesis auszuüben, der Zahl der Würfe wie Generationen um- gekehrt proportional ist. Tiere der ersten Würfe der ersten Generation können durch hohe Temperatur oder noch besser durch reiche Ernäh- rung in unbegrenzter parthenogenetischer Fortpflanzung erhalten werden. Woltereck züchtet eine solche Kultur jetzt schon seit Jahren parthenogenetisch. In mittleren Generationen und Brüten fällt ,,der Kampf" zwischen der inneren Tendenz und der äußeren Bewirkung bald zu gunsten der Sexualität, bald zu gunsten der Parthenogenese aus, und in den letzten Generationen wie Brüten ist es nicht oder nur in geringem Maße möglich, die Sexualität aufzuhalten. Sollen diese Befunde, die das Problem jetzt wohl im Prinzip geklärt haben, für die Frage der geschlechtsbestimmenden Faktoren ausge- nutzt werden, so muß natürlich in erster Linie erforscht werden, was die „innere Tendenz" zur Sexualität bedeutet. Das ist natürlich nicht leicht. Zwei Wege bieten sich da als Möglichkeiten dar. Der eine ist der phylogenetische, der sich an Weismanns ursprüngliche Erklärung — 448 — anschließt und auch von Woltereck beschritten wird. Er erklärt die Tendenz als den ererbten cyklischen Rhythmus, der von den Vorfahren der Tiere als Anpassung an die Lebensverhältnisse durch natürliche Zuchtwahl erworben wurde. Daß die Erklärung sehr befriedigend sei, besonders wenn man sie auf die Analogie im Verhalten späterer Gene- rationen und Brüten anwenden will, kann sicher nicht gesagt werden, sie bedeutet vielmehr einen Verzicht auf ein weiteres Eindringen. Eine zweite Erklärungs weise kann der phylogenetischen als physiologische gegenübergestellt werden. Sie sucht die Ursache der mit den Generationen und Brüten wachsenden Sexualität in physio- logisch bedingten Veränderungen innerhalb der Geschlechtszellen. Wie man diese sich vorstellen will, ist natürlich ein weiterer Punkt, der zu erforschen ist. Wenn Hertwig sie in einer Verschiebung des Massen- verhältnisses von Kern und Plasma gegeben sieht, so bedeutet das ja auch nur den morphologischen Ausdruck für einen physiologischen Vorgang. Es ist jedenfalls bemerkenswert, daß, physiologisch be- trachtet, hier ein Punkt ist, zu dem so manche Tatsachen konvergieren : Für die Entscheidung der Sexualität der Daphnien ist das Alter der Würfe und der Generationen bedeutungsvoll, überreife Eier der Frösche geben Männchen, alternde diöcische Pflanzen bilden Blüten des anderen Geschlechts, alte Hennen nehmen männliche Charaktere an, parasitär geschädigte Krebse bilden Eier im Hoden, immer und immer wieder berichten Züchter davon, daß alte Böcke usw. nur Nachkommen eines Geschlechts erzeugten. Sollte hier nicht ein einheitliches physiologisches Prinzip im Spiel sein ? Dem modernen Geist der Forschung entspricht es dabei am meisten, an Vorgänge chemisch-physiologischer Natur zu denken, deren Verknüpfung mit der Änderung morphologischer Pro- zesse so schön in Weinlands Entdeckung sichtbar ist, daß der Zeit- punkt der Insektenmetamorphose zusammenfällt mit einem Übergang von einem Ammoniak- zu einem Harnsäurestoffwechsel. Andeutungen in dieser Richtung sind vielleicht aus einem Befund Papanikolaus zu entnehmen, daß nämlich die Eier der Moina annähernd parallel der steigenden Tendenz zur Sexuahtät einen Wechsel in der Färbung der Dotterkügelchen durchmachen. Doch sind wir damit zunächst an der Grenze der Tatsachenforschung angelangt. — 449 — Wir sagten bereits früher, daß sich im großen Ganzen die Ergebnisse, die über den Generationswechsel der Aphiden und Rädertiere erzielt wurden, in gleicher Richtung bewegen; wir können ihre Besprechung daher kurz fassen. Bei den Rotatorien ist das klassische Versuchs- objekt Hydatina senta, deren Lebenscyklus auch aus einem Wechsel parthenogenetischer und befruchtungsbedürftiger Individuen besteht. Erstere legen Sommereier, letztere hartschalige Dauereier. Der Unter- schied gegenüber den Daphniden besteht im wesentlichen darin, daß die befruchtungsbedürftigen Weibchen die gleichen Tiere sind, die die Männchen produzieren. Ein und dasselbe Weibchen bildet entweder nur Weibcheneier oder Männcheneier. Die Männcheneier sind aber eine Sorte von Eiern, die nach den übereinstimmenden Resultaten von Maupas, Lauterborn, Whitney, ShuU, unbefruchtet nur Männ- chen liefern, wenn das Weibchen rechtzeitig befruchtet ist, aber Winter- eier ergeben, aus denen dann wieder nur Weibchen schlüpfen. Die beiden Arten von Weibchen, die man Weibchengebärer und Männ- chengebärer nennt, sind also die parthenogenetischen und die sexuellen Tiere, welch letztere je nach der Nichtbefruchtung oder Befruchtung Männchen oder weibliche Dauereier liefern. Wie bei der Biene geben also befruchtete Eier (von den sexuellen Männchengebärern erzeugt) nur Weibchen, unbefruchtete aber bei den rein parthenogenetischen Müttern (^den Weibchengebärern) nur Weibchen, bei den sexuellen Müttern (den Männchengebärern) nur Männchen. Die Frage nach der Ursache des Übergangs von der parthenogenetischen zur zweigeschlech- tigen Fortpflanzung ist also hier identisch mit der Frage nach dem Auftreten der Männchengebärer. Auch hier stehen sich zwei Anschauungen gegenüber: die, daß aus- schließlich innere Ursachen, ein ererbter Cyklus maßgebend seien (Lauterborn, Whitney), und die, daß Einwirkung äußerer Be- dingungen eine beliebige Verschiebung hervorruft (Maupas, Nuss- baum). Während Maupas die Temperatur verantwortlich macht, läßt Nussbaum hingegen nur die Nahrungsmenge gelten. Jedenfalls sind beide überzeugt, und Maupas vor allem gibt zahlreiche Versuche dafür an, daß man durch die Wirkung von Außenfaktoren ein und dasselbe Weibchen veranlassen kann, bald Eier zu legen, aus denen Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 2Q — 45Ö — sichWeibchengebärer, ausschließlich oder fast ausschließlich, entwickeln, bald aber Eier, die Männchengebärer liefern. Im Prinzip zum gleichen Schluß kommt auch der letzte Untersucher Shull, nur daß er Nahrung und Temperatur ausschließlich als indirekte Faktoren gelten läßt, als direkte dagegen unbekannte im Wasser gelöste Substanzen annimmt, die gemeinsam mit inneren Faktoren wirken, sie paralysierend oder mehr oder weniger beeinflussend. Alles in allem hat es also den An- schein, als ob auch hier bei den Rotatorien unbekannte innere im Wett- streit mit äußeren Faktoren die Cyklen bedingen. Mehr anhangsweise sei wenigstens kurz erwähnt, daß von seiten Punnetts der Versuch gemacht wurde, die Grundlagen einer mendelistischen Interpretation des Cyklus zu finden, indem er glaubte, bestimmte „Geschlechtslinien" von Weibchen isolieren zu können, die ausschließlich eine bestimmte Art von Eiern produzieren, parthenogenetisch-weibliche, geschlecht- lich-männliche und gemischte Linien. Kein anderer Beobachter konnte aber solches bestätigen; Shull konnte sogar Tiere von verschiedenen Fundorten (reine Linien) von typisch verschiedener Sexualität, gemessen nach der Zahl der Männchengebärer durch äußere Faktoren zur Produk- tion jeder anderen Zahl bringen; es wird auch dadurch unwahrschein- lich, daß bei den Aphiden, deren Cyklus doch wohl im Prinzip ähnlich bedingt sein muß, das gleiche Weibchen die sämtlichen Eiarten produ- zieren kann. Was schließlich den Generationenwechsel der Aphiden betrifft, so ist er wohl der komplizierteste von allen, vor allem auch dadurch, daß er einer Urizahl von speziellen Modifikationen unterworfen ist. Das prinzipielle Problem ist aber das gleiche wie bei Daphnien und Rota- torien. Es besteht ein Wechsel zwischen parthenogenetischen und geschlechtlichen Generationen und zwar können, wenn die Sexualitäts- periode beginnt, entweder ein und dieselben Weibchen parthenogene- tisch Geschlechtsweibchen und Männchen erzeugen, oder aber es gibt getrennte Männchengebärer und Weibchengebärer; das befruchtete Ei ist wieder das Winterei. Diese einfachen Grundzüge des Cyklus werden nur dadurch kompliziert, daß die parthenogenetischen Generationen in verschiedenen typischen Formen auftreten, daß sie verschiedene Lebens- weise führen, daß parthenogenetische und Geschlechtstiere auf ver- — 451 — schiedenen Futterpflanzen leben, Dinge, die biologisch und vor allem morphogene tisch von der größten Bedeutung sind. Trotz zahlreicher wichtiger Studien konnten aber bei den Aphiden die Ursachen des Übergangs von parthenogenetischer zu geschlechtlicher Fortpflanzung noch nicht so klargestellt werden, wie bei den Daphniden. Es steht aber einmal fest, daß für die Cyklen ebenso wie dort einmal ein unbe- kannter innerer Faktor in Betracht kommt. Sodann steht fest, daß äußere Ursachen den Cyklus zu beeinflussen vermögen und zwar ist es wieder Temperatur und Nahrung. Durch hohe Temperatur können manche Blättläuse in dauernder Parthenogenese erhalten werden; es scheint, daß Formen, die bei typischem Wechsel nicht auf die Futter- pflanze der Geschlechtsgeneration übergehen, letztere auch nicht bilden, ferner scneint es, daß zur Zeit der Sexuahtätsperiode, also in späteren parthenogenetischen Generationen, ebenso wie bei den Daphnien der Kampf zwischen inneren und äußeren Faktoren sich leichter zu gimsten der ersteren entscheidet. Bei vorsichtiger Wertung der vor- liegenden Befunde scheint es somit, daß die Ursachen, die den Über- gang von der parthenogenetischen zur zweigeschlechtigen Fortpflan- zung bedingen, im wesentlichen die gleichen sein werden wie bei den Daphniden. Wir haben bisher öfters von den äußeren Faktoren gesprochen, ohne uns auf weitere Erörterungen über ihr Wesen einzulassen. Gerade die Art dieser Faktoren hat aber bei der Diskussion des Geschlechtsproblems immer eine große Rolle gespielt. Die einen Autoren suchen stets die letzten Ursachen in Temperaturdifferenzen, wie Maupas für Rotatorien, Hertwig für alle von ihm studierten Objekte, andere Autoren glauben hingegen als wesentlichen Faktor die Ernährung, die Assimilations- energie sehen zu müssen, auf die dann erst indirekt die Temperatur einwirken kann, wie Woltereck für die Daphniden, Nussbaum für alle von ihm studierten Objekte; wieder andere endlich sehen die eigent- liche Ursache in chemischen Veränderungen des Mediums, hervorgerufen durch Anhäufung von Exkretprodukten der Tiere oder ZerfaUsstoffe der Nahrung, wie es Langhans für die Daphnien und Shull für die Rota- torien will. Es ist wohl nicht nötig, in diese Diskussion einzutreten; es handelt sich ja in allen Fällen darum, daß im Organismus etwas 29* — 452 — vorhanden ist, das auf Reize von Seiten der Außenfaktoren reagiert. Diese Reaktionsfähigkeit hat eine ganz bestimmte Richtung, nämhch zur Sexuahtät hin. Erinnern wir uns nun an die früher besprochenen Tat- sachen über den Einfluß äußerer Faktoren auf die Färbungsvariabihtät der Schmetterhnge. Auch da sehen wir eine bestimmt gerichtete Varia- tionsmöghchkeit z. B. vom Albinismus zum Melanismus; bei Anwen- dung äußerer Faktoren zeigte sich aber, daß von einer gewissen Inten- sität an jede Art von Reiz die gleiche Reaktion auslöste, die Reaktion war orthogenetisch, bestimmt gerichtet, nicht spezifisch nach der Reiz- art a^bgestuft. Es ist sehr wohl möglich, daß hier genau das gleiche vor- liegt: die verschiedensten Arten von Reizen können genau den gleichen Effekt haben, der sich in der Richtung Parthenogenese — Sexualität bewegt, vorausgesetzt, daß sie die für jede Art von Be Wirkung wohl quantitativ verschiedene Reizschwelle überschreiten. Und damit können wir uns dem letzten Teil des Geschlechtsbe- stimmungsproblems zuwenden, der Frage der Beziehung von unge- schlechtlicher zu geschlechtlicher Fortpflanzung; denn hier, sollte man annehmen, muß sich das Wesen der Sexualität am klarsten erkennen lassen. Vor allem aber muß hier die letzte Wurzel der Gesamtfrage am ehesten berührt werden, die celluläre Grundlage, da ja eines der Objekte, die einen derartigen echten Generationswechsel zeigen, die Einzelligen sind. Die Infusorien unter ihnen und der Süßwasserpolyp Hydra sind denn auch auf tierischem Gebiet die Hauptobjekte aller Versuche, in den Gegenstand einzudringen, während im Pflanzenreich in erster Linie die Algen zu nennen sind. Hydra vermehrt sich bekannt- lich durch Knospen, die, wenn genügend groß, sich ablösen und ihrer- seits neue Individuen durch Knospung bilden, sodaß bei guter Ernäh- rung leicht aus einem Ausgangstier in kurzer Zeit tausende von Indivi- duen erhalten werden können. Von Zeit zu Zeit tritt aber eine Ge- schlechtsperiode ein, indem die Tiere Hoden oder Eier oder beides zur Ausbildung bringen. Der Übergang von der ungeschlechtlichen Fort- pflanzung zur geschlechtlichen muß nun äußere oder innere Ursachen haben. Sämtliche darüber angestellten Untersuchungen, vor allem die von Nussbaum einerseits, R. Hertwigund seinen Schülern Krapfen- bauer, Frischholz, Koch andererseits, führen zum Resultat, daß — 453 — äußere Faktoren die Geschleclitsbildung hervorrufen, nämlich nach Nussbaum die Ernährung, nach Hertwig die Temperatur. Im Ex- periment gelingt es durch längere Einwirkung von hoher oder niederer Temperatur (es verhalten sich darin die beiden wichtigsten Spezies ver- schieden) jederzeit die Bildung von Geschlechtstieren auszulösen, ebenso durch die entgegengesetzte Bewirkung dauernde ungeschlecht- liche Vermehrung zu erhalten. Die betreffenden Tiere aber sind ent- weder monöcisch oder diöcisch, sodaß stets nur die eine Art von Gona- den auftritt oder die andere, oder beide zugleich ; ein und dasselbe Tier kann bei der monöcischen Form in mehreren Geschlechtsperioden hinter- einander die gleichen Gonaden ausbilden. Es geht daraus hervor, daß die Lösung des Problems nicht die Frage der zweigeschlechtlichen Differenzierung betrifft, wie die bisher besprochenen Tatsachen. Es liegt vielmehr ein neues Problem vor, die Frage, was die Bildung von Geschlechtszellen verursacht, und welches die Beziehungen zwischen Wachstum (das ist ja das Wesen der ungeschlechtlichen Vermehrung) und Geschlecht sind. Das bedeutungsvolle Problem liegt aber mehr außerhalb des eigentlichen Rahmens der Vererbungswissenschaft, es gehört der Zellphysiologie an. Und das gilt in gleichen Maße ebenso von den Untersuchungen an Algen, für die die für die Fortpflanzungsprozesse als Reiz wirkenden Außenfaktoren von Klebs so eingehend analysiert wurden, wie auch von den Untersuchungen über die Geschlechtsperioden der Infusorien, die ebenfalls vor allem von R. Hertwig und seiner Schule ausgeführt wurden. Auch hier dreht sich die Diskussion in der Hauptsache um die Wirkung der inneren Faktoren zellphysiologischer Natur oder der Außenfaktoren wie Nahrung, Temperatur, Exkret- stoffe. Es steht fest, daß die ungeschlechtliche Vermehrung der Infu- sorien durch Teilung nach einiger Zeit unter normalen Bedingungen zu einem Absinken der Teilungsfähigkeit führt, einer Depression (C al- kin s), die nach Hertwig durch Veränderung der Kernplasmärelation bedingt ist, und die dann zum Eintritt der geschlechthchen Fortpflan- zung, der Konjugation führt. Es kann diese Depression aber auch durch einen inneren Autoregulationsvorgang, ferner durch Einführung von Reizen, und endlich durch äußerst wechselnde Kulturbedingungen überwunden werden. Auf solche Weise erhielt Woodruff Paramaecien — 454 — mehr als 20Ö0 Generationen lang über fast 4 Jahre hinweg in dauernder ungeschlechtlicher Fortpflanzung. Es ist klar, daß solche Studien für die Erkenntnis des Wesens der Geschlechtlichkeit überhaupt von größter Bedeutung sind, besonders wenn sie wie hier das Problem direkt an seiner zellphysiologischen Wurzel anfassen. Da aber auch die Zweigeschlechtigkeit schon hier auf der niedersten Stufe des Organismenreichs auftritt, wird vielleicht aucli einmal das Geschlechts- bestimmungsproblem von da aus seine Lösung erfahren. Doch dazu liegen bisher nur die ersten Ansätze vor. Literaturverzeichnis. Das folgende Literaturverzeichnis erhebt keinerlei Anspruch auf Voll- ständigkeit. Es enthält aber wohl alle wichtigeren Arbeiten, wie solche, von denen aus die weitere Literatur gefunden werden kann. Die mit * bezeichneten Werke enthalten zusammenfassende Darstellungen, ausführ- liche Literaturverzeichnisse oder beides. * Ackermann, A., Tierbastarde, Zusammenstellung der bisherigen Beob- achtungen. Abhandlungen und Berichte des Vereines für Natur- kunde in Kassel. I. Wirbellose. 40. 1896/ 1897. II. Wirbeltiere. 43. 1 897/1 898. Adler, H., Über den Generationswechsel der Eichengallen. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. 35. 1881. Allen, J. A., The influence of physical conditions in the genesis of species. The Radical Review 1877. Allen, G. M., The heredity of coat colour in mice. Proc. Americ. Acad. Arts. Sei. 40. 1904. Amma, K., Über die Differenzierung der Keimbahnzellen bei den Cope- poden. Arch. f. Zellf. 6. 191 1. Arenander, E. O., Eine Mutation bei der Fjellrasse (Kularasse). Jahrb. f. wissensch. u. prakt. Tierzucht. 3. 1908. Artom, C, Ricerche sperimentali sul modo di riprodursi dell' Artemia salina Lin. di Cagliari. Biol. Centralbl. 26. 1906. Babäk, E., Experimentelle Untersuchungen über die Variabilität der Verdauungsröhre. Arch. f. Entwm. 21. 1906. ♦Bachmetjew, P., Experimentelle Entomologische Studien. 2. Bd. Einfluß der äußeren Faktoren auf Insekten. Sophia 1907. von Baehr, W. B., Die Oogenese bei einigen viviparen Aphiden und die Spermatogenese von Aphis saliceti. Arch. f. Zellf. 3. 1909. Balbiani, M., Le Phylloxera du Chene et le Phylloxera de la Vigne, etudes d'entomologie agricole. 1884. Mem. de l'Acad. des Sei.. 27. 1884 Balbiani, G., Memoire sur la generation des Aphides. Ann. Sei. Nat. 11. 14. 15. 1869— 1872. Ballowitz, E., Über hyperdaktyle Familien und die Vererbung der Viel- fingerigkeit des Menschen. Arch. f. Rassen- u. Gesellschaftsbiologie. 1. 1904. Baltzer, F., Die Chromosomen von Stronglylocentrotus lividus und Echinus microtuberculatus. Arch. f. Zellf. 2. 1909. — 456 — Baltzer, F., Über die Beziehungen zwischen dem Chromatin und der Ent- wickelung und Vererbungsrichtung bei Echinodermenbastarden. Arch. f. Zellf. 5. 1910. Barfurth, D., Experimentelle Untersuchung über die Vererbung der Hyperdaktylie bei Hühnern. I. Der Einfluß der Mutter. Arch. f. Entwm. 26. 1908. — , Experimentelle Untersuchung über die Vererbung der Hyperdaktylie bei Hühnern. 2. Mitteilung: Der Einfluß des Vaters. Arch. f. Entwm. 27. 1909. Barrington, A. L. and K. Pearson, On inheritance of Coatcolour in the Greyhound. Biometrika. 3. 1904. — , On the inheritance of Coatcolour in cattle. Part I. Shorthorn crosses and Pure Shorthorns. Biometrika. 4. 1905/ 1906. *Bateson, W., Materials for the Study of Variation. London 1894. * — , The progress of genetics. Progress. Rei Botan. 1. 1907. * — , Mendel's Principles of Heredity. Cambridge University Press, März 1909; 2nd Impression August 1909. — und Mitarbeiter. Reports to the Evolution Committee of the R. Soc. 1 — 5. 1902 — 1909. Bateson, W., and R. P. Gregory, On the inheritance of Heterostylism in Primula. Proc. Roy. Soc. 66. 1905. Baur, E., Unters, über die Erblichkeitsverhältnisse einer nur in Bastard- form lebensfähigen Sippe von Antirrhinum majus. Ber. Deutsch. Bot. Ges. 25. 1907. S. auch Zeitschr. f. indukt. Abstammungs- und Vererbungslehre. 1. 1908. * — , Einige Ergebnisse der experimentellen Vererbungslehre. Beihefte zur Med. KHnik. 4. 1908. — , Das Wesen und die Erblichkeitsverhältnisse der Varietates albomargi- natae hört, von Pelargonium zonale. Zeitschr. f. ind. Abst.- und Vererbungsl. 50. 1909. — , Pfropfbastarde. Biolog. Centralbl. 30. 19 10. — , Pfropfbastarde, Perikhnalchimären und Hyperchimären. Ber. d. D. B. G. 27. 1910. — , Untersuchung über die Vererbung von Chromatophorenmerkmalen bei Melandrium, Antirrhinum u. Aquilegia. Zeitschr. f. ind. Abst.- u. Vererbungsl. 4. 1910. — , Vererbungs- und Bas tardierungs versuche mit Antirrhinum majus. Zeitschr. f. ind. Abst.- u. Vererbungsl. 3. 1910. ♦Bayer, Heinr., Befruchtung und Geschlechtsbildung. Straßburg 1904. Beard, J., The determination of Sex in animal development. Zool. Jahr- bücher, Abt. f. Anat. 16. 1902. Beauchamp, Paul de, Sur l'existence et les conditions de la Partheno- genese chez Dinophilus. C. R. Acad. Sc. 19 10. Beebe, C. W., Geographie variations in Birds, with Special Reference to the Effects of Humidity. Zoologica. New York Zool. Soc. 1. 1907. — 457 — Behring, F., Übertragung der Immunität gegen Diphtherie. Zeitschr. f. Hygiene. 4. 1889. Bejerinck, M. W., Über die Entstehung von Knospen und Knospen - Varianten bei Cytisus Adami. Bot. Ztg. 1901. — ; Beobachtung über die Entstehung von Cytisus purpureus aus Cytisus Adami. Ber. d. D. B. G. 26. 1908. Biffen, R. H., Mendel's laws of Inheritance and Wheat breeding. Joum. Agric. Sei. 1. Cambridge 1905. — , The Hybridisation of Barleys. Ibid. 2. 1907. Blakeslee, A. F., Zygospore Germinations in the Mucorineae. Ann. Mycol. 4. 1906. — , Differentiation of Sex in Thallus, Gametophyte and Sporophyte. Bot. Gaz. 42. 1906. — , The biological Sigaificance and Control of Sex. Science. N. S. 25. 1907. Blaringhem, L., Mutation et Traumatismes. Bull, scientifique de la France et de la Belgique. Paris 1907. — , Production d'une variete nouvelle d'epinards, Spinacia oleracea var. polygama. C. R. Acad. sc. Paris. 147. 1908. — , Sur une forme nouvelle de Nigelle, Nigella damascaena polycephaJa, obtenue apres une mutilation. C. R. Ac. Sei. Paris. 150. 1910. — et P. Viguier, Une nouvelle espece des Bourses ä Pasteur, Capsella Viguieri Blar., nee par mutation. C. R. Ac. Sei. Paris. 150. 19 10. Bloch mann, N. F., Über die regelmäßigen Wanderungen der Blattläuse, .speziell über den Generationszyklus von Chermes abietis L. Biol. Centralbl. 9. 1889. — , Über die Zahl der Richtungskörper bei befruchteten und unbefruch- teten Bieneneiern. Morph. Jahrb. 15. 18^9. Bonhote, J. L., Hybrid Ducks bred and exhibited. Report 3^ Int. Con- ference on Genetics. 1906. — , Some Notes on the Hybridising of Ducks. Proceedings of 4th Int. Omithological congress. 1905. — , On Hybrid Ducks. Proceed. Zool. Soc. London 1909. Bonizzi, P., Intorno all' ibridismo del Colombo domestico coUa tortora domestica. Communicaz. Atti della Societä Veneto-Trentina di scienze naturali. 1875. Bordage, E., Recherches experimentales sur les mutations evolutives de certains Crustaces de la famille des Atyides. C. R. Ac. Sei. Paris. 157. 1908. — , Mutation et regeneration hypotypique chez certains Atyides. Bull. scient. de la France et de la Belgique. 43. 1909. — , A propos de l'heredite des caracteres acquis. Bull, scient. de la France et de la Belgique. 44. 1909. Boring, A. M., A small chromosome in Ascaris megalocephala. Arch. f. Zellf. 4. 1909. — 458 — Born, G., Beiträge zur Bastardierung zwischen den einheimischen Anuren- arten. Pflügers Arch. 32. 1883. — , Biologische Untersuchungen. II. Weitere Beiträge zur Bastardierung zwischen den einheimischen Anuren. Arch. f. mikrosk. Anatomie. 27. 1886. — , Die künstliche Vereinigung lebender Teilstücke von Amphibienlarven. Jahresbericht d. Schles. Gesellsch. f. vaterländ. Kultur (Mediz, Sektion). Breslau 1894. — , Über Verwachsungsversuche mit Amphibienlarven. Arch. f. Entwm. 4. 1897. Bos Ritzema, Zur Frage der Vererbung von Traumatismen. Biol. Cen- tralbl. 11. 1891. Bouin, P., et P. Ancel, Recherches sur la structure et la signification de la glande interstitielle dans le testicule normal et ectopique du cheval. Arch. Zool. exper. S. 4. T. 2. 1904. Boveri, Th., Über die Befruchtungs- und Entwicklungsfähigkeit kern- loser Seeigeleier und über die Möglichkeit ihrer Bastardierung. Arch. f. Entwm. 2. 1896. — , Ein geschlechtlich erzeugter Organismus ohne mütterliche Eigenschaften. Sitzungsber. d. Ges. f. Morph, u. Phys. München 1889. — , Die Entwicklung von Ascaris megalocephala usw. Festschr. f. Kupffer. 1899. ■: — , Über den Einfluß der Samenzelle auf die Larvencharaktere der Echi- niden. Arch. f. Entwm. 16. 1903. * — , Ergebnisse über die Konstitution der chromatischen Substanz des Zellkerns. Jena 1904. — , Noch ein Wort über Seeigelbastarde. Arch. f. Entwm. 16. 1904. — , Zellenstudien. 5. lpl>er die Abhängigkeit der Kerngröße und Zellen- zahl der Seeigellarven von der Chromosomenzahl der Ausgangszellen. Jena 1905. — , Zellenstudien. 6. Jena 1907. — , Über die Beziehung des Chromatins zur Geschlechtsbestimmung. Sitz. Phys. Med. Ges. Würzburg. Dez. 1908. — , Über »Geschlechtschromosomen « bei Nematoden. Arch. f. Zellf. 4. 1909. — , tTber das Verhalten der Geschlechtschromosomen bei Hermaphro- ditismus. Verh. Phys. med. Ges. Würzburg 191 1. Bresca, G., Experimentelle Untersuchungen über die sekundären Sexual- charaktere der Tri tonen. Arch. f. Entwm. d. Org. 29. 19 10. Brocadello (Mme), II sesso nelle uova. Bull, mensile di Bachicoltura. Padova 1896. Brockmeier, H., Über Bastarde von Helix nemoralis imd Helix hortensis. Tagebl. 61. Vers, deutscher Naturforscher. Köln. 48. 1889. ♦Brooks, W. K., The Law of heredity. Baltimore 1883. * — , The Foundation of Zoology. New York and London 1899. — 459 — Brown -Sequard, Nouvelles Recherches sur l'epilepsie. Arch. de Phy- siologie Norm, et Pathol. 1869. — , Faits nouveaux etablissant Textreme frequence de la transmission par l'heredite d'etats organiques morbides produits accidentellement chez les descendents. Compt. Rend. Paris 1882. Buchner, P., Das akzessorische Chromosom in Spermatogenese und Ovo- genese der Orthopteren. Arch. f. Zellf. 3. 1909. -r-. Die Schicksale des Keimplasmas der Sagitten usw. Festschr. f. R. Hert- wig. i. 1910. Buder, J., Studien an Labumum Adami. Ber. d. D. B. G. 28. 1910. * — , Pfropfbastarde und Chimären. Zeitschr. f. allgem. Physiologie. 11. 1910. Bugnion, E., Recherches sur le developpement post-embr^^onnaire, l'ana- tomie et les moeurs de l'Encyrtus fuscicollis. Recueil Zool. Suisse. 5. 1892. — , "La Polyembryonie et le determinisme sexuel. Societas entomologica. Zürich 1906. * — , Les cellules sexuelles et la dötennination du sexe. Bull. soc. Vaud, Sc. nat. 66. 1910. Bumpus, H. C, The Variations and Mutations of the Introduced Sparrow. Biol. I.ect. Woods HoU. 1897. ■ — , The Variations and Mutations of the Introduced littorina. Zool. Bull, 1. 1898. T— , The elimination of the unfit illustrated by the introduced sparrow. Biological Lectures Marine Biological Lab. Woods. Holl. 1896/ 1897. Boston 1898. *Buttel -Reepen, v., Über den gegenwärtigen Stand der Kenntnisse von den geschlechtsbestimmenden Ursachen bei der Honigbiene. Verh. d. deutsch. Zool. Ges. 1904. Buzaringues, Girou de, Observations sur les rapports de la Mere et du P6re avec les produits, relativement au sexe et ä la ressemblance. Annales des Sciences naturelles. 1825. Castle, W. F., The heredity of Sex. Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard 1903- — , The La WS of Heredity of Galton and Mendel and some laws governing race-improvement by selection. Proc. Amer. Acad. Arts and Sei. 39. 1903. — , Heredity of Coat Characters in Guinea Pigs and Rabbits. Carnegie Institution Publications. Nr. 23. 1905. — , The Origin of a polydactylous race of Guinea- Pigs. Carnegie Institu- tion Publications. 49. 1906. — , Color varieties of the Rabbit and of other Rodents; their origin and Inheritance. Science. N. S. 26. 1907. -—, The Production and Fixation of New Breeds. Proc. Amer. Breeders Association. 3. 1907. — 460 — Castle, W. E., On a case of Reversion induced by cross-breeding and its Fixation. Science. N. S. 25. 1907. — , A Mendelian view of sex heredity. Science. N. S. 29. 1909. — , The effect of selection upon Mendelian characters manifested in one sex only. Jour. Exp. Zool. 8. 1910. — in coUab. with Walter, Mullenix and Cobb, Stiidies of Inheritance in Rabbits. Carnegie Institution Publications. Washington, 114. 1909. Castle, F. W., A. H.Carpenter, S. O. Clark, Mast and W. M. Barrows, The effects of Inbreeding, Cross-Breeding and Selection upon the Fertility and Varia.bility of Drosophila. Proc. Amer. Acad. Arts Sei. 41. 1906. Castle, W. E. and A. Forbes, Heredity of Hair-Length in Guineapigs and its Bearing on the Theory of Pure gametes. Carnegie Institution Publications, 49. 1906. Chauvin, Marie v., Über die Umwandlung des mexikanischen Axolotl in ein Amblystoma. Zeitschr. f. wiss. Zool. 25. Suppl. 1875. — , Über die Verwandlung des mexikanischen Axolotl in das Amblystoma. Das. 27. 1876. — , XJber die Verwandlungsiähigkeit des mexikanischen Axolotl. das. 1884. — , Über das Anpassungsvermögen der I-arven von Salamandra atra. Das. 29. 1877. Child, C. M., Studies on the Relation between Amitosis and Mitosis. I., II. Biol. Bull. 12. 1907. — , Studies on the Relation between Amitosis and Mitosis, III., IV., V. Biol. Bull. 13. 1907. Cholodkowsky, N., Neue Versuche über künstliche Variationen von Vanessa urticae. Zeitschr. f. wäss. Insektenbiologie. 1. 1905. Cieslar, A., Die Erblichkeit des Zuwachsvermögens bei Waldbäumen. Zentralbl. f. d. ges. Forstwesen. 1895. *Cohn, L., Die willkürliche Bestimmung des Geschlechts. Die bisherigen Forschungen einschließlich der Schenkschen Theorie kritisch be- leuchtet. Würzburg 1898. Conklin, E. G., Organ-Forming Substances in the Eggs of Ascidians. Biol. Bull. 8. 1905. *Cope, E. D., The primary Factors of Organic Evolution. Chicago 1896. Correns, C, Untersuchungen über die Xenien bei Zea Mays. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1899. — , G. Mendels Regel über das Verhalten der Nachkommenschaft der Rassenbastarde. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1900. — , Die Rolle der männlichen Keimzellen bei der Geschlechtsbestimmung der gynodiöcischen Pflanzen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 26a. 1908. — , Weitere Untersuchungen über die Geschlechtsformen polygamer Blüten- pflanzen und ihre Beeinflußbarkeit. Jahrb. f. wiss. Bot. 14. 1908. — , Über Levkojenbastarde. Zur Kenntnis der Grenzen der Mendelschen Regeln. Bot. Centralbl. 84. 1900. — 461 — Correns, C. , Bastarde zwischen Maisrassen mit besonderer Berück- sichtigung der Xenien. Bibl. Bot. Original- Abh. a. d. Gesamtgebiete d. Bot. 53. 190 1. Die Ergebnisse der neuesten Bastardforschungen für die Vererbungs- lehre. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1901. Über den Modus und den Zeitpunkt der Spaltung der Anlagen bei den Bastarden vom Erbsentypus. Bot. Ztg. 1902. Über Bastardierungsversuche mit Mirabilis-Sippen. Erste Mitteilung. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1902. Neue Untersuchung auf dem Gebiet der Bastardierungslehre. Bot. Ztg. 1903. Über die dominierenden Merkmale der Bastarde. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1903. Weitere Beiträge zur Kenntnis der dominierenden Merkmale und der Mosaikbildung der Bastarde. Ibid. 1903. Experimentelle Untersuchungen über die Gynodiözie. Ibid. 1904. Ein typisch spaltender Bastard zwischen einer einjährigen und einer zweijährigen Sippe des Hyoscyamus niger. Ibid. 1904. Zur Kenntnis der scheinbar neuen Merkmale der Bastarde. 2. Mit- teilung über Bastardierungsversuche mit Mirabilis-Sippen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 23. 1905. Weitere Untersuchungen über die Gynodiözie. Ber. d. Deutsch. Bot. - Ges. 23. 1905. Gregor Mendels Briefe an Carl Nägeli. Abh. d. K. S. Ges. d. Wiss., math.-phys. Kl. 29. 3. Leipzig 1905. Ein Vererbungsversuch mit Dimorphatheca pluvialis. Das Keimen der beiderlei Früchte der D. pluvialis. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1906. Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen und ihre Beeinflußbarkeit. Jahrb. Wiss. Bot. 44. 1907. Bestimmimg und Vererbung des Geschlechtes. Leipzig; 1907. Die Vererbung der Geschlechtsformen bei den gynodiözischen Pflanzen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 24. 1906. Die Rolle der männlichen Keimzellen bei der Geschlechtsbestimmung der gynodiözischen Pflanzen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 26a. 1908. Weitere Untersuchungen über die Geschlechtsformen polygamer Blüten- pflanzen und ihre Beeinflußbarkeit. Jahrb. f. Wiss. Bot. 45. 1908. Vererbungsversuche mit blaß ( gelb )grüncn und buntblättrigen Sippen bei Mirabilis Jalapa, Urtica pilulifera und Lunaria annua. Zeitschr. f. ind. Abst.- u. Vererbungsl. 1. 1909. Der Übergang aus dem homozygotischen in einen heterozygotischen Zustand im selben Individuum bei buntblättrigen und gestreift- blühenden Mirabilis-Sippen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 28. 1910. Coutagne, G., Recherches experim. sur rH6r6dite chez les vers ä soie. These. Fac. Sc. Paris 1902. — 462 — Crampton, H. E. jun., Experimental and Statistical Studies upon Lepi- doptera. I. Variation and Elimination in Philosamia cynthia. Bio- metrika. 3. 1904. *Cu6not, ly., L'influence du milieu sur les Animaux, in der Encyclopedie scientifique des Aide-Memoire. Masson. Paris 1888. * — , Sur la deteimination du sexe chez les animaux. Bull. Scient. France et de la Belgique. 32. 1899. — , La loi de Mendel et l'heredite de la pigmentation chez les souris. Arch, Zool. exp. et gen. Notes et Revue, ire note. (3) 10. 1902. 2me note. (4) 1. 1903. 3«2e note. (4) 2. 1904. 4me note. (4) 3. 1905. $me note. (4) 6. 1906. — , La distribution des sexes dans les pontes de pigeons. C. R. Acad. sc. 131. 1900. --^, Y a-t-il une relation entre le sexe et la taille des oeufs chez les Lepi- dopteres? Arch. de Zool. exp. 1904. — , La pretendue relation entre la taille des oeufs et le sexe chez le ver ä soie. C. R. Soc. Biol. 1. 1905. — , Les mäles d'abeilles proviennent-ils toujours d' oeufs parthenogene- tiques? Bull. Scient. de la France et de la Belgique. 43. 1909. Cunningham, J. T., The heredity of secondary sexual characters in rela- tion to hormones, a theory of the heredity of somatogenic characters. Arch. f. Entwm. 26. 1908. Darbishire, A. D., Note on the Results of Crossing Japanese Waltzing ; Mice with European Albino Races. Biometrika. 2 u. 3. 1902. — , On the supposed Antagonism of Mendelian to Biometrie Theories of Heredity. Manchester Mem. 49. 1905. ' — , On the Difference between Physiological and Statistical Laws of Heredity. Ibid. 1. — , On the Result of Crossing Round with Wrinkled Peas, with espeqicil Reference to their Starch Grains. Proc. Roy. Soc. 80. B. 1908. — , An Experimental Estimation of the Theory of Ancestral Contributions in Heredity. Proc. Roy. Soc. Lond. 81. 1909. Darling, Ch. A., Sex in doecious plants. Bull. Torr. Bot. CUib. 36. 1909. Dajwin, Ch., Entstehung der Arten. 1859. Deutsch von Carus.. 1876. — , Das Variieren der Tiere und Pflanzen im Zustande der Domestikation. 1878. — , Two Essays written in 1842 and 1844. Herausgeg. 1909 von Francis Darwin als »Foundations of the Origin of Species «. Deutsche Über- setzung: Die Fundamente zu Charles Dar^vins Entstehung der Arten. Leipzig 19 IG. — , Werke. Deutsch von Carus. ♦Davenport, C. B., Statistical Methods with Special Reference to Biological Variation. New York and London 1899. — , Inheritance in Poultry. Publ. Carnegie Inst., 52. 1907. — , Determination of Dominance in Mendelian Inheritance. Proc. Amer. Phil. Soc. 47. 1908. — 463 — Davenport, C. B., Inheritance in Canaries. Carnegie Institution Publir cation. Washington, 95. 1908. — , Inheritance of characteristics in domestic Fowl. Ibid. 121. 1909. — , The imperfection of dominance and some of its consequences. Amer. Naturalist. 44. 19 10. — , Dr. Galloways "Canary breeding". Biometrika. 7. 19 10. — , Variability of Land-snails (Cerion) etc. New York Acad. Sc. Sect. Biol. 19 10. Davenport, C. and J. Blankinship, A Precise Criterion of Species. Science. 7. 1898. Davenport, C. B. and G. C. Davenport, Heredity of Eye-Colour in Man. Sei., N. S. 26. 1907. — , Heredity of Skin pigment in Man. Amer. Naturahst. 44. 1910. *Delage, Yves, L'Heredite et les grands problemes de la Biologie generale. Paris 1903. — , Les vrais facteurs de la Parthenogenese experimentale. Elevage des laryes parthenogenetiques jusqu'ä la forme parfaite. Arch. de Zool. exper. 4. 1908. — , Le sexe chez les oursins issus de Parthenogenese experimentale. C. R. Paris 148. 1909. Delboeuf. J., Les Mathematiques et le Transformisme. Une Loi Math 6- matique applicable ä la Theorie du Transformisme. Revue Scienti- fique. 6. 1877. Delcourt, A., Sur l'apparition brusque et l'heredite d'une Variation chez Drosophila confusa. C. R. Societe Biologie. Paris. 66. 1909. — , Recherches sur la variabiUte du genre Notonecta. Contribution ä l'etude de la notion d'espöce. Bull, scient. de la France et de la Belgique. 43. 1909. *Detto, C, Die Theorie der direkten Anpassung. Jena 1904. Dickel, F., Der gegenwärtige Standpunkt meiner Entwicklungstheorie der Honigbiene. Nat. Wochenschr. 16. 1901. — , Die Ursachen der geschlechtlichen Differenzierung im Bienenstaat. Pflügers Arch. 95. 1903. — , Weitere Beiträge zur Frage nach der Geschlechtsbestimmung bei der Honigbiene. Zool. Anz. 34. 1909. Dixey, F. A., Mr. Merrifields Experiments in Temperature- Variation as Bearing on the Theory of Heredity. Trans. Entomol. Soc. London 1894. Doncaster, L., On the early development of unfertilized eggs in the sawfly, Nematus ribesii. Proc. Cambridge Phil. Soc. 1904. — , On the Inheritance of Tortoise shell and Related Colours in Cats. Proc. Cambridge Phil. Soc. 13. 1904. — , On the Inheritance of Coat Colour in Rats. Proc. Cambridge Phil. Soc. 13. 1905. — 464 — Doncaster, L., On the Maturation of the unfertilized egg, and the fate of the polar bodies in the Tenthredinidae (Savv-flies). Quart. Journ. Micros. Sei. 49. 1906. * — , Recent work on the determination of sex. Science Progress 1909. — , Gametogenesis of the Gall-Fly Neurotenis lenticularis (Spathegaster baccarum). Proc. Roy. Soc. London B. 82. 19 10.. Doncaster, L. and G. H. Raynor, Breeding Experiments with Lepidop- tera. Proc. Zool. Soc. London 1906. — , Sex Inheritance in the moth Abraxas grossulaiiata and its var. lacti- color. Rep. Evol. Ctee. i. 1908. Dorf meister, G., Über Arten und Varietäten der Schmetterlinge. Mit- teilungen des Naturwissenschaftlichen Vereines für Steiermark. I 863/1 864. — , Über die Einwirkung verschiedener während der Entwicklungsperioden angewendeter Wärmegrade auf die Färbung und Zeichnung der Schmetterlinge. Ebenda. 1864. — , Über den Einfluß der Temperatur bei der Erzeugung der Schmetter- lingsvarietäten. Mitteil. d. Naturwissen seh. Vereines f. Steiermark. 1879. Graz 1880. Driesch, H., Über Seeigelbastarde. Arch. f. Entwm. 16. 1903. Drinkwater, H., An account of a Brachydactylous Family. Proc. Roy. Soc. Edinburgh. 28. 1908. Düsing, C, Die Faktoren, welche die Sexualität entscheiden. Inaug.- Diss. Jena 1883. * — , Die Regulierung des Geschlechtsverhältnisses bei der Vermehrung der Menschen, Tiere und Pflanzen. Jenaisehe Zeitsehr. f. Naturw. 17. 1884. ■ — , Die experimentelle Prüfung der Theorie von der Regulierung des Gesehlechtsverhältnisses. Jenaisehe Zeitsehr. f. Naturw. 19. 1886. — , Das Gesehlechtsverhältnis der Geburten in Preußen. Berlin 1890. *Duneker, G., Die Methode der Variations-Statistik. Areh. f. Entwm. 8. 1899. — , Symmetrie und Assymmetrie bei bilateralen Tieren. Arch. f. Entwm. 17. 1904. — , Syngnathiden-Studien. I. Variation und Modifikation bei Siphonostoma typhle L. Mitt. aus d. Naturhist. Mus. Hamburg. 25. 1908. Dungern, E. v.. Die Ursachen der Spezifität bei der Befruchtung. Zentralbl. f. Phys. 13. 1901. — , Neue Versuche zur Physiologie der Befruchtung. Zeitsehr. f. allgem. Phys. 1. 1902. Durham, F. M., A preliminary Account of the Inheritance of coatcolour in Mice. Reports to the Evolution committee of the Royal Society. 4. 1908. — , Note on Melanins. Jour. Physiol. 35. 1907. — , and Dorothea C. E. Marryat, Note on the Inheritance of Sex in Canaries. Reports to the Evolution Committee. 4. 1908. — 465 — Dzierzon, J., Noch etwas über die Befruchtung der Köriigin. Eichst. Bienenzeitung. 1. 1845. — , Bestimmung und Bestimmungslosigkeit der Drohnen. Ibid. 2. 1846. — , Theorie und Praxis des neuen Bienenfreundes. Brieg 1848. East, E.'M., The Transmission of variations in the Potato in asexual reproduction. (Contrib. from the Laboratory of Genetics Bussey Institution of Harvard University, Nr. 3). 1909/10. Edwards, C. L., The sex-determining chromosomes in Ascaris. Science. N. S. 31. 1910. Ehrlich, P., Über Immunität durch Vererbung und Säugung. Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionskrankheiten. 12. 1892. — , Experimentelle Untersuchungen über Iramunität. Deutsch. Mediz. Wochenschr. 17. 1891. — , Chemotherapeutische Trypanosomenstudien. Berl. Klin. Wochenschr. 1907. S. auch Münchner Mediz. Wochenschr. 1909. *Eimer, Th., Die Entstehung der Arten. I. Teil. Jena 1888. *— , IL Teil: Orthogenesis der Schmetterlinge. Leipzig" 1897. — , Artbildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen. Jena 1889. *Emery, C, La determinazione del sesso dal punto di vista biologico. Attualita scientifiche. Bologna 1904. — , Considerazioni intorno alla regola del Dzierzon suUa determinazione del sesso nelle Api. Rendic. R. Acad. Bologna 1910. Engelmann, Th. W., Vererbung künstlich erzeugter Farbenänderungen bei Oscillatorien. Nach Versuchen von Herrn N. Gaidukov. Arch. f. Anat. und Physiol. 1903. Engler, A., Rutaceae. Engler und Prantl, Die natürlichen Pflanzen- familien. 3. Enriques, P., Die Konjugation und sexuelle Differenzierung der Infusorien. 2. Abt. Wiederkonjugante und Hemisexe bei Chilodon. Arch. f. Protistenkunde. 12. 1908. Ewart, J. C, The Penycuik Experiments. A. & C. Black. London 1899. — , Guide to the Zebra Hybrids, on exhibition . . . together with a dcscrip- tion of Zebras, Hybrids, Telegony. 1900. Farabec, W. C, Inheritance of Digital Malformations in Man. Papers of Peabody Mus. of Amer. Arch. and Ethn. Harvard Univ. 3. 1905. *Fick, R., Vererbungsfragen, Reduktions- und Chromosomenhypothesen, Bastard -Regeln. Erg. d. Anat. u. Entw.-Gesch. 16. 1907. Field, W., A Contribution to the Study of Individual Variation in the Wings of Lepidoptera. Proc. Amer. Acad. Arts and Science. 33. 1898. Fischel, A., Über Bastardierungsversuche bei Echinodermen. Arch. f. Entwm. 22. 1906. Fischer, E., Transmutation der Schmetterlinge infolge der Temperatur- änderungen. Experimentelle Untersuchungen über die Phylogenese der Vanessen. 1895. Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. -20 — 4GG — Fischer, E.,, Neue experimentelle Untersuchungen und Betrachtungen über das Wesen und die Ursachen der Aberrationen in der Faltergruppe Vanessa. 1896. — , Beiträge zur experimentellen Lepidopterologie. lUustr. Wochenschr. f. Entomologie. 1898. — , Lepidopterologische Experimentalforschungen. lUustr. Zcitschr. f. Entomologie. 1900. ■ — , Experimentelle Untersuchungen über die Vererbung erworbener Eigen- schaften. AUg. Zeitschr. f. Entomologie. 1901. — , Zur Physiologie der Aberrationen- und Varietätenbildung der Schmetter- linge. Arch. f. Rassen- u. Gesellschaftsbiologie. 4. 1907. *Focke, W. O., Die Pflanzenmischünge. Berlin 1881. Frings, C, Experimente mit erniedrigter Temperatur im Jahre 1897. Societas entomologica. 13. 1898. — , Experimente mit erniedrigter Temperatur im Jahre 1898. Ibid. 14. 1899. — , Experimente mit erniedrigter Temperatur im Jahre 1899. 15. 1900. — , Temperaturversuche im Jahre 1900. Ibid. 16. 1901. • — , Bericht über Temperaturexperimente im Jahre 1901. Ibid. 17. 1902. — , Temperaturversuche im Jahre 1902. Ibid. 18. 1903. ■ — , Bericht über meine Temperaturversuche in den Jahren 1903 bis 1904. Ibid. 19. 1905. — , Bericht über Temperaturexperimente in den Jahren 1905 bis 1907. Ibid. 23. 1908. Frischholz, E., Zur Biologie von Hydra. Biol. Zentralbl. 29. 1909. *Fruwirth, C, Allgem. Züchtungslehre der landwirtschaftlichen Kultur- pflanzen. 1909. ■ — , Spaltungen bei Folgen von Bastardierung und von spontaner Varia- bilität. Arch. f. Rassen- u. Gesellschaftsbiol. 1909. — , Die Entwickelung der Auslesevorgänge bei den landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Progressus rei botanicae. 3. 2. Jena 1909. Gage, S. H. und S. P., Sudan III deposited in the egg and transmitted to the Chick. Science. 28. 1908. Gaidukov, N., Über den Einfluß farbigen Lichtes auf die Färbung der Oscillarineen. Abh. d. Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss zu Berlin. 1902. Galloway, A. R., Canary Breeding. A Partial Analysis of Records from 1891 tili 1909. Biometrica.' 7. 1909. — , Canary Breeding. A rejoinder to C. W. Davenport. Biometrica. 7. 1910. Gärtner, C. F., Versuche und Beobachtungen über die Bastarderzeugung im Pflanzenreiche. Stuttgart 1849. Galton, F., Hereditary Genius: an Inquiry into its Law^s and Conse- quences. Macmillan, London 1869. — , Pedigree Moth-Breeding, as a mean of verifying Certain Important Constants in the General Theor^- of Heredity. Trans. Entimol. Soc. London 1887. 467 — Galton, F., Natural Inheritance. London, Macmillan, 1889. — , The Average Contribution of each Several Ancestor to the Total Heritage of the Offspring. Proc. Roy. Soc. London. 61. 1897. — , A Diagram of Heredity. Nature. 37. 1898. Gates, R. R., Pollen Development in Hybrids of Oenothera lata and O. Lamarckiana and its relation to Mutation. Bot. Gaz. 1907. — , Hybridization and germ-cells of Oenothera mutans. Ibid. 1907. — , Chromosomes of Oenothera. Science, N. S. 27. — , A Litt er of Hybrid Dogs, Science. 29. 1909. — , The behaviour of chromosomes in Oenothera lata and O. gigas. Bot. Gaz. 48. 1909. — , Thematerialbasisof Mendelianphenomena. Amer. Naturalist. 44.1910. *Geddes, P. and J. A. Thomson, The Evolution of Sex. Revised ed. Walter Scott, London, ist ed. 1889, 2nd ed. 1901. Ghigi, A., Sulla" dissociazione dei caratteri specifici negli ibridi complessi di alcuni ucelli. Rendic. Accad. Lincei. 17. 1908. Giard, A., Sur la castration parasitaire chez l'Eupagurus Bernhardus et chez la Gebia stellata. C. R. 104. 1887. — , Sur certains cas de dedoublement des courbes de Galton etc. C. R. Paris. 118. 1894. — , Comment la castration agit-elle sur les Characteres sexuels secondaires? Compt. Rend. Soc. Biol. 56. 1904. Giglio-Tos, E., Della partenogenesi e della spermatogenesi nell' ape. Anat. Anz. 26. 1905. Godlewski, E. jun., Untersuchungen über die Bastardierung der Echi- niden- und Crinoidenfamilie. Arch. f. Entwm. 20. 1906. * — , Das Vererbungsproblem im Lichte der Entwicklungsmechanik be- trachtet. Heft 9 der Vorträge und Aufsätze über Entwicklungs- mechanik von Roux. 1909. Godron, D. A., De l'hybridite dans les vegetaux. Nancy 1844. Goebel, K., Beiträge zur Kenntnis gefüllter Blüten. Jahrb. f. wiss. Bot. 1885. — , Organographie der Pflanzen. Jena 1898. — , Über Studium und Auffassung der Anpassungserscheinungen bei Pflanzen. Festrede. Verlag der Akademie München. 1898. * — , Einleitung in die experimentelle Morphologie der Pflanzen. Leipzig 1908. — , Über sexuellen Dimorphismus bei Pflanzen. Biol. Zentralbl. 30. 19 10. Goldschmidt, R., Die Chromidien der Protozoen. Arch. f. Protistenk. 5. 1904. — , Das Problem der Geschlechtsbestimmung. Die Umschau. 19 10. — , Akzessorisches Chromosom und Geschlechtsbestimmung. Arch, f. Zellf, 6. 1910. Goodale, H. G., Sex and its relation to the barring Factor in Poultry. Science (N. S.). 29. 1909. 30* — 468 — *Gregoire, V., Les fondements cytologiques des theories courantes sur l'heredite Mendelienne. Ann. Soc. Roy. Zool. et Malacol. Belgique. 42. 1907. ♦ — , Les cineses de maturation dans les deux regnes, l'unite essentielle du Processus meiotique. La cellule. 26. 19 10. Griesheim, Über die Zahlen Verhältnisse der Geschlechter bei Rana fusca. Arch. f. d. ges. Phys. 26. 1881. Guaita, G. von, Versuche mit Kreuzungen von verschiedenen Rassen der Hausmaus. Ber. Naturf. Ges. Freiburg. 10. 11. 1898. 1900. Gulick, A., Über die Geschlechtschromosomen bei einigen Nematoden. Arch. f. Zellf. 6. 191 1. Guthrie, C. C, Further Results of Transplantation of Ovaries in Chickens. Journ. of exp. Zool. 5. 1908. Guyer, M. F., Spermatogenesis of normal and hybrid Pigeons. Chicago 1900. — , Atavism in Guinea-chicken Hybrids. Journ. of exp. Zool. 7. 1909. Haacke, W., Die Gesetze der Rassenmischung und die Konstitution des Keimplasmas. Arch. f. Entwm. 21. 1906. Haecker, V., Über das Schicksal der elterlichen und großelterlichen Kern- anteile. Jen. Zeitschr. f. Naturwissensch. 37. 1902. — , Bastardierung und Geschlechtszellenbildung. Festschrift für Weis- mann. Zool. Jahrb. Suppl. 7. 1904. — , Über Mendelsche Vererbung bei Axolotln. Zool. Anz. 31. 1907. * — , Die Chromosomen als angenommene Vererbungsträger. Spengels Erg. u. Fortschr. d. Zool. 1907. — , X)ber Axolotlkreuzungen. IL Mitt. (zur Kenntnis des partiellen Albi- nismus). Verh. d. Deutsch. Zool. Ges. 1908. — , Die Radiolarien in der Variations- und Artbildungslehre. Zeitschr. f. indukt. Abst.- u. Vererbungsl. 1. 1909. — , Vererbungs- und variationstheoretische Einzelfragen. IL Über die Temperaturaberrationen der Schmetterlinge und deren Erblichkeit. Zeitschr. f. indukt. Abst.- u. Vererbungsl. 4. 1910. Hagedoorn, A. L., On the Purely Motherly Character of the Hybrids Produced from the Eggs of Strongylocentrotus. Arch. f. Entwm. 27. 1909. — , Mendelian Inheritance of Sex. Arch. f. Entwm. 28. 1909. Hanel, Elise, Vererbung bei ungeschlechtlicher Fortpflanzung von Hydra grisea. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. 43. 1907. Hansen, Chr., Neue Untersuchungen über die Sporenbildung bei Saccha- romyceten. Zentralbl. f. Bakt. 5. 1899. — , Oberhefe und Unterhefe. Studien über Variation und Erblichkeit. IL Mitt. Zentralbl. f. Bakt. u. Paras. IL Abt. 18. 1907. *Harrison, R. G., Embryonic Transplantation and development of the nervous System. Anat. Record. 2. 1908. Hase, A., Über die deutschen Süßwasserpolypen usw. Arch. f. Rassen- u. Gesellschaftsbiol. 6. 1909. — 469 — Hatschek, B., Hypothese der organischen Vererbung. Leipzig, Engel- mann, 1905. Heape, W., Preliminary note on the transplantation and growth of the mammalian ova within an uterine foster mother. Proc. Roy. Soc. London. 48. 1890. 1891. — , The artificial insemination of Mammals and subsequent possible fer- tilization of their ova. Proc. Roy. Soc. London. 61. 1897. Hefferan, M., Variation in the teeth of Nereis. Biol. Bull. 2. 1900 Hegner, R. W. , Effects of removing the germcell-determinants etc. Biol. Bull. 16. 1908. ♦Heider, K., Vererbung und Chromosomen. Vortrag. Versamml. d. Naturforscher u. Ärzte. Jena 1906. Heilbronn, A., Apogamie, Bastardierung und Erblichkeitsverhältnisse bei einigen Farnen. Flora. 101. 19 10. Heincke, F., Naturgeschichte des Herings. Abh. d. Deutsch. Seefischerei- vereins. 1897 — 98. Henking, H., Über Spermatogenese und deren Beziehung zur Eientwick- lung bei Pyrrhocoris apterus Zeitschr. f. wiss. Zool. 50. 1891. — , Untersuchungen über die ersten Entwicklungs Vorgänge in den Eiern der Insekten L, IL, III. Zeitschr. f. wiss. Zool. 49.51. 54. 1890 — 92. ♦Henneberg, Wodurch wird das Geschlechts Verhältnis beim Menschen und den höheren Tieren beeinflußt ? Erg. d. Anat. u. Entw. 7. 1897. ♦Hensen, Physiologie der Zeugung. Hermanns Handb. 6. 1881. ♦Herbst, C, Formative Reize. Leipzig 1901. — , Vererbungsstudien. I — III. Arch. f. Entvvm. 21. 1906. — , Vererbungsstudien. IV. Das Beherrschen des Hervortretens der mütter- lichen Charaktere (Kombination von Parthenogenese und Befruch- tung). 22. 1906. — , Vererbungsstudien. V. Auf der Suche nach der Ursache der größeren oder geringeren Ähnlichkeit der Nachkommen mit einem der beiden Eltern. Arch. f. Entwm. 24. 1907. — , Vererbungsstudien. VI. Die zytologischen Grundlagen der Verschiebung der Vererbungsrichtung nach der mütterlichen Seite. I. Mitt. Arch. f. Entwm. 27. 1909. Hering, E., Über das Gedächtnis als eine allgemeine Funktion der orga- nischen Materie. 1870. ♦Hertwig, O., Der Kampf um Kernfragen der Entwicklungs- und Ver- erbungslehre. 1909. ♦ — , Allgemeine Biologie. 3. umgearb. u. erweiterte Aufl. Jena 1909. Hertwig, O. u. R., Experimentelle Untersuchungen über die Bedingungen der Bastardbefruchtung. 1885. Hertwig, R., t)ber die Entwicklung des unbefruchteten Seeigeleies. Fest- schrift für Gegenbaur. 1896. — , Über physiologische Degeneration bei Protozosn. Sitzungsber. d. Ges. f. Morph, u. Physiol. München 1900. — 470 — Hartwig, R., Über das Wechselverhältnis von Kern und Protoplasma. Ibid. 1902, 1903. — , Über Korrelation von Zell- und Kerngröße und ihre Bedeutung für die geschlechtliche Differenzierung und die Teilung der Zelle. Biol. Zentralbl. 1903. — , Über Knospung und Geschlechtsentwicklung von Hydra fusca. Biol. Zentralbl. 26. 1906. — , Über das Problem der sexuellen Differenzierung. Verh. d. Deutsch. Zool. Ges. 1905. — , Weitere Untersuchungen über das Sexualitätsproblem. Verh. d. Deutsch. Zool. Ges. 1907. ♦Himmelbaur, W., Der gegenwärtige Stand der Pfropfhybridenfrage. Mitt. d. Naturw. Ver. Univ. Wien. 8. 19 10. Houssay, Fr., Variations experimentales. Etudes sur six generations de poules carnivores. Arch. de zool. exper. et gen. Ser. 4. 6. 1907. Hurst, C. C, Notes on some experiments in Hybridisation and Cross- Breeding. Journ. R. Hort. Soc. 24. 1900. — , Experiments in the Heredity of Peas. Ibid. 28. 1904. — , Experiments with Poultry. Rep. Evol. Committee Roy. Soc. 1905. — , On the Inheritance of Coat-Colour in Horses. Proc. Roy. Soc. 1906. — , On the Inheritance of Eye-Colour in Man. Proc. Roy. Soc. 1908. Janczewski, E. de, Monographie des Grosseillers Ribes L., Geneve. Me- moires couronnes du prix de Candolle par la Societe de Physique et d'Hist. natur. de Gendve. 1907. Jennings, H. S., Heredity, Variation and Evolution in Protozoa. J. exp. Z. V. 1. 1908. — , desgl. II. Proceedings of the American Philosophical Society. 47. 1908. — , Heredity and Variation in the simplest Organism. Americ. Naturalist. 43. 1909. — , What Conditions induce conjugation in Paramaecium. Journ. Exp. Zool. 9. 191 o. — , Experimental evidence on the effectiveness of selection. Americ. Na- turalist 44. 19 IG. — und Hargitt, G. T., Characteristics of the diverse races of Para- maecium. Journ. of Morph. V. 21. 191 1. ♦Jensen, P., Organische Zweckmäßigkeit, Entwicklung und Vererbung vom Standpunkte der Physiologie. Jena 1907. Joest E., Transplantationsversuche an Lumbriciden. Arch. f. Entwm. 5. 1897. Johannsen, W., Über Erblichkeit in Populationen und in reinen Linien. Jena 1903. — , Über Knospenmutation bei Phaseolus. Zeitschr. f. ind. Abst.- u. Ver- erbungsl. 1. 1908. * — , Elemente der exakten Erblichkeitslehre. Jena 1909. — 471 — Jordan, D. S. and V. L. Kellogg, The scientific aspects of Luther Bur- banks work. San Francisco 1909. ♦Jordan, H. S., Recent literature touching the question of sex determina- tion. Amer. Naturalist. 44. 19 10. Issakowitsch, A., Geschlechtsbestimmende Ursachen bei den Daphniden. Biol. Zentralbl. 25. 1905. — , Geschlechtsbestimmende Ursachen bei den Daphniden. Arch. f. Mikrosk., Anatomie u. Entwicklungsgesch. 69. — , Es besteht eine zyklische Fortpflanzung bei den Cladoceren, aber nicht im Sinne Weismanns. Biol. Zentralbl. 28. Iwanoff, E. J., Untersuchungen über die Ursache der Unfruchtbarkeit von Zebroiden (Hybriden von Pferden und Zebra). Biol. Zentralbl. 25. 1905. — , De la fecondation artificielle chez les mammiferes. Arch. Sc. Biol. 12. 1907. — , Zur Frage der Fruchtbarkeit der Hybriden des Hauspferds. Biol. Zentralbl. 31. 191 1. Kahle, W., Die Pädogenese der Cecidomyiden. Zoologica, 55. 1908. Kammerer, P., Beitrag zur Erkenntnis der Verwandtschaftsverhältnisse von Salamandra atra und maculosa. Arch. f. Entwm. 17. 1904. — , Experimentelle Veränderung der Fortpflanzungstätigkeit bei Geburts- helferkröte (Alytes obstetricans) und Laubfrosch (Hyla arborea). Arch. f. Entwm. 22. 1906. — , Vererbung erzwungener Fortpflanzungsanpassungen. I. und IL Mitt. : Die Nachkommen der spätgeborenen Salamandra maculosa und der frühgeborenen Salamandra atra. Arch. f. Entwm. 25. 1907. — , Bastardierung von Flußbarsch (Perca fluviatilis L.) und Kaulbarsch (Acerina cernua L.). Arch. f. Entwm. 23. 1907. — , Experimentell erzielte Übereinstimmungen zwischen Tier- und Boden- farbe. Verh. d. Zool.-Bot. Ges. Wien. 58. 1908. — , Vererbung erzwungener Färb- und Fortpflanzungsveränderungen bei Amphibien. Vortrag. 81. Versamml. Deutsch. Naturf. u. Ärzte. Salzburg 1909. — , Vererbung erzwungener Fortpflanzungsanpassungen. III. Mitt. : Die Nachkommen der nicht brutpflegenden Alytes obstetricans. Arch. f. Entwm. 28. 1909. — , Vererbung erzwungener Farbveränderungen. I. u. IL Mitt.: Induktion von weiblichem Dimorphismus bei Lacerta muralis, von männ- lichem Dimorphismus bei Lacerta fiumana. Arch. f. Entwm. 1910. — , Die Wirkung äußerer Lebensbedingungen auf die organische Variation im Lichte der experimentellen Morphologie. Arch. f. Entwm. 30. 1910. * — , Beweise für die Vererbung erworbener Eigenschaften durch plan- mäßige Züchtung. 12. Flugschrift d. Deutsch. Ges. f. Züchtungs- kunde 19 IG. — 472 — Kammerer, P., Mendelsche Regeln und Vererbung erworbener Eigen- schaften. Verh. d. Naturf. Ver. Brunn. 49. 1910. Kapterew, P., Experimentaluntersuchungen über die Frage vom Ein- flüsse der Dunkelheit auf die Gefühlsorgane der Daphnien. Biol. Zentralbl. 19 10. 'Keilhack, Zur Biologie des Polyphemus pediculus. Zool. Anz. 30. Kellogg, V. L., Influence of the primary reproductive organs on the secondary sexual characters. Journ. of exp. Zool. 1. 1904. — , Inheritance in Silkworms, I. Leland-Standford Junior University Publications. University Series. 1, 1908. Kennel, J., tlTber eine stummelschwänzige Hauskatze und ihre Nach- kommenschaft. Zool. Jahrb., Abt. Syst. 15. 1901. De Kerherve, De l'apparition provoquee des ephippies chez les Daphnies (Daphnia magna). Mem. soc. zool. Fr. 5. 8. 1892 — 95. *Kerner, A. v., Das Pflanzenleben. Wien u. Leipzig 1891. King, Helen Dean, Temperature as a factor in the determination of sex in amphibians. Biol. Bull. 18. 1910. Klebs, G., Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen. Jena 1896. — , Über Probleme der Entwicklung. Biol. Zentralbl. 24. 1904. — , Über künstliche Metamorphosen. Abh. d. Naturf. Ges. zu Halle. 25. 1906. — , Studien über Variationen. Arch. f. Entwm. 24. 1907. — , Über die Nachkommen künstlich veränderter Blüten von Semper- vivum. Sitzungsber. d. Heidelb. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Kl. 1909. Knox, Alice A., Induction, development and heritability of fasciation. Carnegie Institution of Washington. 98. 1908. Koch, W., XJber die Geschlechtsbildung und den Gonochorimus von Hydra fusca. Biol. Zentralbl. 31. 191 1. Kölreuter, J. G., Vorläufige Nachricht von einigen das Geschlecht der Pflanzen betreffenden Versuchen und Beobachtungen. 1761. Kopec, St., Experimentaluntersuchungen über die Entwicklung der Ge- schlechtscharaktere bei Schmetterlingen. Bull. Acad. Sc. Cracovie Cl. Sc. Math, et Natur. 1908. Korschelt, E., Die Gattung Dinophilus und der bei ihr auftretende Ge- schlechtsdimorphismus. Zool. Jahrb. 2. 1887. * — , Regeneration und Transplantation. 1907. — , Beeinflussung der Komponenten bei Transplantation. Mediz. Naturw. Arch, 1. 1908. *Korschinsky, Heterogenesis und Evolution. Flora. 89. 1901. Krapfenbauer, E., Einwirkung der Existenzbedingungen auf die Fort- pflanzung von Hydra. Inaug.-Dissertation. München 1908. Krätzschmar, H., Über den Polymorphismus von Anuraea aculeata. Intern. Revue Hydrobiol. 1. 1908. — 473 — Kühn, J., Fruchtbarkeit der Bastarde von Schakal und Haushund. Biol. Zentralbl. 7. 1888. Kühn, C, Die Entwicklung der Keimzellen in den parthenogenetischen Generationen der Cladoceren. Arch. f. Zellf. 1. 1908. Kükenthal, W., Vergleichend-anatomische und entwicklungsgeschicht- liche Untersuchungen an Sirenen. Semon, Zool. Forschungsreisen in Australien. Jena 1897. Kunkel, K., Zuchtversuche mit linksgewundenen Weinbergschnecken (Helix pomatia). Zool. Anz. 26. 1903. Kupelwieser, H., Entwicklungserregung bei Seeigeleiern durch Mollusken- sperma. Arch. f. Entwm'. 27. 1909. Kuschakewitsch, S., Die Entwicklungsgeschichte der Keimdrüsen von Rana esculenta. Festschrift f. R. Hertwig. 2. 1910. Kuttner, Olga, Untersuchungen über Fortpflanzungsverhältnisse und Vererbung bei Cladoceren. Intern. Rev. d. ges. Hydrobiol. u. H5'dro- graphie. 2. 1909. Kysela, Beitrag zur Kenntnis der Deilephila-Hybriden. Mitt. d. Entomol. Ver. Polyxena, Wien. 2. 1908. Lamarck, J. B. A. de, Philosophie Zoologique. 1809. Lang, A., Kleine biologische Beobachtungen über die Weinbergschnecke (Helix pomatia L.). Vierteljahrsschr. d. Naturf. Ges. Zürich. 4-1. 1896. — , Über Vorversuche zu Untersuchungen über die Varietätenbildung von Helix hortensis Müller und Helix nemoralis L. Festschrift f. Haeckel. Jena 1904. — , Über die Mendelschen Gesetze, Art- und Varietätenbildung, Mutation und Variation, insbesondere bei unseren Hain- und Gartenschnecken. Vortrag. 3. tbs. Verh. d. Schweiz. Naturforsch. Ges. Luzern 1906. — , Über die Bastarde von Helix hortensis Müller und Helix nemoralis L. (Mit Beiträgen von Boßhard, Hesse und Kleiner). Festschrift d Universität Jena. 1908. * — , Über Vererbungsversuche. Verh. d. Deutsch. Zool. Ges. auf d. 19. Jahresvers, zu Frankfurt 1909. — , Die Erblichkeits Verhältnisse der Ohrenlänge der Kaninchen nach Castle und das Problem der intermediären Vererbung und Bildung kon- stanter Bastardrassen. Zeitschr. f. indukt. Abst.- u. Vererbungsl. 4. 1910. — , Über alternative Vererbung bei Hunden. Ibid. 3. 1910. Langhans, V. H., Über experimentelle Untersuchungen zu Fragen der Fortpflanzung, Variation und Vererbung bei Daphniden. Verh. d. Deutsch. Zool. Ges. 1909. Lauterborn, Über die zyklische Fortpflanzung limnetischer Rotatorien. Biol. Zentralbl. 18. 1898. — , Der Formenkreis von Anuraea cochlearis I u. II. Verh. d. Naturhist. mediz. Ver. Heidelberg. N. F. fr^— 7. 1901. 1902 — 04. — 474 — Lehmann, E., Über Zwischenrassen in der Veronica-Gruppe agrestis. Zeitschr. f. indukt. Abst.- u. Vererbungsl. 2. 1909. Leche, W., Ein Fall von Vererbung erworbener Eigenschaften. Biol. Zentralbl. 22. 1902. ♦Lenhossek, M. v., Das Problem der geschlechtsbestimmenden Ursachen. Jena 1903. Lewis, Th. and Denis Embleton, Split-Hand and Split-Foot Deformities, their Types, Origin and Transmission. Biometrica. 6. 1908. Lidfors, D., Studier öfver Artbildningen inom släktet Rubus. II. Arkiv för Botanik. 1907. Linden, Gf n. M. v., Versuche über den Einfluß äußerer Verhältnisse auf die Gestaltung der Schmetterlinge. Illustr. Zeitschr. f. Entomologie. 4. 1899. — , Die Ergebnisse der experimentellen Lepidopterologie. Biol. Zentralbl. 24. 1904. ♦Lock, R. H., Recent progress in the study of Variation, Heredity and Evolution. London, Murray, 1906; 2. Aufl. 1909. — , Studies in Plant breeding in the tropics. Ann. R. Bot. Garden Pera- denyia. 1904 — 06. Loeb, J., Über die Befruchtung von Seeigeleiern durch Seesternsamen. Pflügers Arch. 199. 1903. — , Über die Natur der Bastardlarve zwischen dem Echinodermenei (Stron- g5'-locentrotus franciscanus) und Molluskensamen (Chlorostoma fune- brale). Arch. f. Entwm. 26. 1908. — , Red man, W.King, A.Moore, Über Dominanzerscheinungen bei den hybriden Pluteen des Seeigels. Arch. f. Entwm. 29. 19 10. Loisel, G., Les phenomenes de secretion dans les glandes genitales. Journ. de l'anatomie. 1904/05. — , Le Probleme du determinisme sexuel et la procreation des sexes. Revues des idees. 1904/05. — , Etudes experimentales de l'influence du pere dans l'heredite chez le lapin. Compt. Rend. Soc. de Biol. 68. 19 10. *Lotsy, J. P., Vorlesungen über Deszendenztheorien mit besonderer Berücksichtigung der botanischen Seite der Frage. Jena 1906. Ludwig, F., Variationsstatistische Probleme und Materiahen. Biometrica. 1901. Lutz, F. E., The Variation and correlation of the taxonomic characters of Gryllus. Carnegie Institution Publications. Washington. 101. 1908. McClendon, J. F., On the effect of external conditions on the reproduc- tion of Daphnia. Amer. Nat. 44. 1910. MacClung, C. E., The accessory Chromosome Sex-Determinant ? Biol. Bull. 3. 1902. MacCracken, J., A Study of the Inheritance of Dichromatism in Lina lapponica. Journ. of exp. Zool. 2. 1905. — 475 — Mac Cracken, J., Inheritance of Dichromatism in Lina and Gastroidea. Journ. of fexp. Zool. 3. 1906. — , Occurence of a Sport in Melasoma (Lina) scripta and its Behavior in Heredity. Journ. of exp. Zool. 4. 1907. — , Heredity of the Race-Characters Univoltinism and Bivoltinism in the Silkworm (Bombyx mori). A case of Non-Mendelian Inheritance, Journ. of exp. Zool. 7. 1909. MacCurdy, H. and W. E. Castle, Selection and Cross-breeding in Rela- tion to the Inheritance of Coat-pigments and Coat-patterns in Rats and Guinea-pigs. Carnegie Institution Publications. Washington, Mai 1907. MacDougal, D. T., Mutants and Hybrids of the Oenotheras. Carnegie Institution Publications. Washington, 1905. — , Mutations, Variations and Relationships of Oenothera. Carnegie Institution Publications. Washington 81. 1907. Macfarlane, M., A comparison of the minute structure of plant hybrids with that of their parents and its bearing on biological problems. Trans, of the R. Soc. of Edinbourgh. 37. 1895. Mac Leod, J., Over de veranderlijkheid van het aantal randbloemen en het aantal schijfbloemen bij de Korenbloem (Centaurea cyanus) en over correlatieverschijnselen. Bot. Jaarboek. 12. 1907. Marchai, E., Les Cecidomyes des cereales et leurs parasites. Ann. Soc. Entom. de France. 66. 1897. — , Recherches sur la Biologie et le D6veloppement des Hymenopteres parasites. Arch. Zool. Exp. et Gen. 1904. Marchai, E. and E., Aposporie et sexualite chez les mousses. Bull. Ac. R. Belgique. Classe Sciences. 1907. Maupas , M., Sur la multiplication et la fecondation de l'Hydatina senta Ehr. C. R. Ac. Sc. Paris. 111. 1890. — , Sur la fecondation de l'Hydatina senta Ehr. C. R. Ac. Sc. Paris. 111. 1 890. — , Sur le determinisme de la sexualite chez l'Hydatina senta. C. R. Ac. Sc. Paris. 113. 1891. — , Modes et formes de reproduction des nematodes. Arch. Zool. Exp. et Gen. 1900. Meijere, J. C. H.de, Über Jacobsons Züchtungs versuche betreffend den Polymorphismus von Papilio memnon L. Zeitschr. f. indukt. Abst.- u. Vererbungsl. 3. 1910. — , Über getrennte Vererbung der Geschlechter. (Vorl. Mitt.) Biol. Zentralbl. 30. 19 10. Meisenheimer, J., Experimentelle Studien zur Soma- und Geschlechts- differenzierung. I. Beitrag: Über den Zusammenhang primärer und sekundärer Geschlechtsmerkmale bei den Schmetterlingen und den übrigen Gliedertieren. Jena 1909. Mendel, G., Versuche über Pflanzenhybriden. Ostwalds Klassiker der exakt. Wissensch. Leipzig 1901. — 47G — • Merrifield, F., Temperature experiments on Lepidoptera. Proc. Entom. Soc. London 1889. — , Systematic temperature experiments on some Lepidoptera in all their stages. Trans. Ent. Soc. London 1890. — , The effects of temperature in the pupal stage on the colouring of Pieris napi, Vanessa atalanta, Chrysophanus phloeas and Ephyra punctaria. Trans. Ent. Soc. London 1893. — , Experiments in Temperature- Variation on Lepidoptera, and their bearing on theories of Heredity. Proc. Ent. Soc. London 1894. Meves, Fr., Die Spermatozytenteilungen bei der Honigbiene. Arch. f. mikr. Anat. 70. 1907. Millardet, A., Note sur l'hybridation sans croisement ou fausse hybrida- tion. Mem. Soc. Sc. phys. et nat. de Bordeaux. 1894. Moenkhaus, W. J., The development of Hybrids between Fundulus heteroclitus and Menidia notata with especial Reference to the Be- havior of the maternal and paternal Chromatin. Amer. Journ. of Anatomy. 3. 1904. Montgomery, Th. jun., Organic Variation as a criterion of development. Journ. Morph. 12. 1896. — , Some Observations and Considerations upon the Maturation Phenomena of Germ Cells. Biol. Bull. 6. 1904. — , Chromosomes in the spermatogenesis of Hemiptera and Heteroptera. Trans. Amer. Phil. Soc. N. S. 21. 1906. — , The sex ratio and cocooning habits of an Aranead. Journ. exp. Zool. 5. 1908. Mordwilko, A., Über den Ursprung der Erscheinung von Zwischenwirten bei den tierischen Parasiten. Biol. Zentralbl. 29. 1909. ♦Morgan, L., Habit and Instinct. London 1896 (Instinkt und Gewohnheit. Leipzig und Berlin 1909). Morgan, Th. H., Regeneration of tissue composed of parts of two species. Biol. Bull. 1. 1899. — , Further Experiments of the regeneration of tissue of parts of two species. Biol. Bull. 2. 1900. — , An alternative Interpretation of the origin of Gynandromorphous Insects. Science. 21. 1905. — , Are the Germ-Cells of Mendelian Hybrids "Pure"? Biol. Zentralbl. 26. 1906. — , The Male and Female Eggs of Phylloxerans of the Hickorics. Biol. Bull. 10. 1906. — , The cause of Gynandromorphism in Insects. Amer. Nat. 41. 1907. * — , Experimental Zoology. New York, The Macmillan Company, 1907. Deutsch von Rhumbler. 1909. — , Breeding experiments with rats. The Amer. Nat. 43. 1909. — , Recent experiments on the Inheritance of Coat-Colours in Mice. Amer, Nat. 43. 1909. — 477 — Morgan, Th. H., Brecdin gexperiments with Rats. Amer. Nat. 43. 1909. — , A Biological and Cytological Study of Sex Determination in Phyllöxe- rans and Aphids. J. of Exj). Zool. 7. 1909. — , Sex limited inheritance in Drosophila. Science, N. S. 32. 1910. * — , Chromosomes and Heredity. Amer. Nat. 44. 19 10. — , Gross and Self-Fertilization in Ciana intestinalis. Arch. f. Entwm. 30. 1910. *Morgenroth, J., Die Vererbungsfrage in der Immunitätslehre. In KoUc- Wassermanns: Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. Jena 1904. Mudge, G. P., A pedigree of human hybrids. Segregation of Euroi^ean skin colour in a quadroon fraternity. Mendel Journ. 1. 1909. — , On some features in the Hereditary Transmission of thc Selfblack and the "Irish" Coat Characters in Rats. Paj)er I. Proc Roy. Soc. London 1908. — , On some features in the Hereditary Transmission of the Albino Character and the Black Piebald Cpat in Rats. Proc. Roy. Soc. London 1908. Nägeli, C, Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre. 1884. ♦Nemec, B., Das Problem der Befruchtungsvorgänge. Berlin 19 10. Nettleship, E., On heredity in the various forms of Cataract. Rep. Roy. Lond. Ophth. Hosp. 16. 1905. — , A history of congenital stationary night-blindness in nine consecutive generations. Ophth. Soc. Trans. 27. 1907. Newcomb, A Statistical inquiry into the probability of causes of sex in human offspring. Carnegie Institution Publications. Washington 11. 1904. Ncwman, H.H., The process of Heredity as exhibited by the- Development of Fundulus Hybrids. Journ. exp. Zool. 1908. — , Further studies in the process of heredity in fundulus hybrids. I. The influence of Spermatozoon on the rate and character of early cleavage. Journ. Exp. Zool. 8. 19 10. — and J. T. Patterson, The development of the nine-banded arma- dillo etc. Journ. Morphol. 21. 19 10. Nilsson-Ehle, H., On lifstyjjer och individuell Variation. Botan. Notiser 1907. — , Kreuzungsuntersuchungen an Hafer und Weizen. Act. Univers. Lund 1909. Neil, F., Die Propfbastarde von Bronvaux. Sitzungsber. d. Niederrhein. Ges. f. Natur- u. Heilk. zu Bonn. 1905. — , Neue Beobachtungen an Laburnum Adami Poit. Ebenda. 1907. Noorduyn, C. L. W., Die Erblichkeit der Farben bei Kanarienvögeln. Arch. f. Rassen- u. Gesellschaf tsbiol. 1908. Nußbaum, M., Zur Differenzierung des Geschlechts im Tierreich. Arch. f. Mikr. Anat. 1880. — 478 — Nußbaum, M. , Zur Parthenogenese bei den Schmetterlingen. Arch. f. Mikr. Anat. 53. 1899. — , Die Entstehung des Geschlechts bei Hydatina senta. Arch. f. Mikr. Anat. 49. 1899. — , Geschlechtsentwicklung bei Polypen. Verh. Nat. Ver. Bonn, Med. Sekt. 1893. — , Die Vererbung erworbener Eigenschaften. Sitzungsber. d. Niederrhein. Ges. f. Nat.- u. Heilk. zu Bonn. 1903. — , Mutationserscheinungen bei Tieren. Bonn 1906. — , Über Geschlechtsbildung bei Polypen. Arch. f. d. ges. Physiologie. 1909. Obersteiner, H., Zur Frage der hereditären Ubertragbarkeit akquirierter pathologischer Zustände. Neurol. Zentralbl. 1900. Odhner, T., Zur Anatomie der Didymozoen. Zool. Stud. tili. Prof. TuU- berg. Upsala 1907. Osborn, H. F., Are acquired Characters inherited? Amer. Nat. 1891. Ostenfeld, C. H., Zur Kenntnis der Apogamie in der Gattung Hieracium. Ber. Deutsch. Bot. Ges. 22. 1904. — , Castration and Hybridisation Experiments with some species of Hieracia. Bot. Tidsk. 27. 1906. — , Further studies on the Apogamy and Hybridization of the Hieracia. Zeitschr. f. indukt. Abst.- u. Vererbungsl. 3. 1910. Ostwald, Wolfg., Experimentelle Untersuchungen über den Saisonpoly- morphismus bei Daphniden. Arch. f. Entwm. 18. 1904. Oudemans, J. Th., Falter aus kastrierten Raupen. Zool. Jahrb. Abt. Syst. 12. 1899. Pantel, J. et R. de Sinety, Sur l'apparition de mäles et d'hermaphrodites dans las pontes parthenogenetiques des Phasmes. C. R. de l'Acad. de Sc. 1908. Papanicola u, G., Experimentelle Untersuchungen über die Fortpflan- zungsverhältnisse der Daphniden. Biol. Zentralbl. 30. 1910. Pauly, A., Darwinismus und Lamarekismus. 1905. Payne, F., Some new types of chromosome distribution and their relation to sex. Biol. Bull. 16. 1909. — , Forty-nine Generations in the Dark. Biol. Bull. 18. 1910. Pearl, R., Variation in Chilomonas under Favourable and Unfavourable Conditions. Biometrica. 5. 1906 — 07. — , Biometrical studies on man. I. Variation and correlation in brain- weight. Biometrica. 4. 1906. — , A biometrical study of Conjugation in Paramecium. Ibid. 5. 1907. — and F. J. Dunbar, Some Results on a Study of Variation in Para- mecium. Ann. Rep. Michigan Acad. Sc. 7. 1905. — and F. M. Sur face, A Biometrical Study of Egg Production in the Domestic Fowl. I. Variation in Annual Egg Production. M. S. Department of Agriculture, Bureau of Animal Industry. 1909. — 479 — Pearl, R. and F. M. Surface, Is there a cumulative effect of Selection? Zeitschr. f. indukt. Abst.- u. Vererbungsl. 2. 1909. , Studies on Hybrid Poultry. Maine Agricult. Exp. Station. Pap fr. the Biol. Labor. 21. 19 10. , On the Inheritance of the barred color pattern in poultry. Arch. f. Entwm. 30. 1910. Pearl, R., assisted by O. M. Pepper and F. J. Hagle, Variation and differentiation in Ceratophyllum. Carnegie Institution Publications, Washington. 58. 1907. Pearson, K., The Chances of Death and other Studies in Evolution. London 1897. — , Mathematical Contributions to the Theory of Evolution. On the Law of Ancestral Heredity. Proc. Roy. Soc. London. 62. 1898. * — , The Grammar of Science. 1900. — , The Law of Ancestral Heredity. Appendix II: On Inheritance (Grand- parent and Offspring) in Thoroughbred Racehorses, by Norman Blanchard. Appendix III: by Alice Lee. Biometrica. 2. 1902 — 03. — , On the Ancestral Gametic Correlations of a Mendelian Population mating at random. Proc. Roy. Soc. London. 81. 1909. — , Darwinism, biometry and some recent biology. I. Biometrica. 7. 1910. — , A. Lee and A. Wright, A cooperative study of Queens, drones, and workers in Vespa vulgaris. Biometrica. 5. 1907. Perez, J., Memoires sur la ponte de l'abeille reine et la theorie de Dzierzon. Ann. Sc. Nat. Zool. 7. 1878. — , Des effets du parasitisme des Stylops sur les Apiaires du Genre Andrena. Act. Linn. Soc. Bordeaux. 3. 1880. Pergande, Th., The Life-History of Two Species of Plant Lice inhabiting both the Witch Hazel and the Birch. U. S. Dept. Agricult. iqoi. — , North American Phylloxerinae affecting Hickories (Carya) and Other Trees. Proc. Davenport Soc. Davenport, Jova. 9. 1904. Peter, K., Experimentelle Untersuchungen über individuelle Variation in der tierischen Entwicklung. Arch. f. Entwm. 27. 1909. Petrunkewitsch, A., Die Richtungskörper und ihr Schicksal im befruch- teten und unbefruchteten Bienenei. Zool. Jahrb. 14. 1901. — , Gedanken über Vererbung. Speyer und Kaerner 1904. Pfeffer, W., Untersuchungen über die Entstehung der Schlafbewegungen der Blattorgane. Abh. d. Math.-Phys. Kl. d. K. Sachs. Ges. d. Wiss. 1907. — , Die Entstehung der Schlafbewegungen bei Pflanzen. Biol. Zentralbl. 1908. Pflüger, E., Über die das Geschlecht bestimmenden Ursachen und die Geschlechtsverhältnisse der Frösche. Arch. f. d. ges. Phys. 29. 1882. — 480 — " Pflüger, E., Die Bastardzeugung bei den Batrachiern; Versuche der Befruchtung überreifer Eier; zur Entwicklungsgeschichte der Ge- burtshelferkröte. Arch. f. d. ges. Phys. 29. 1882. — und W. Smith, Untersuchungen über Bastardierung der anuren Ba- trachier und die Prinzipien der Zeugung. Arch. f. d. ges. Phys. 32. 1883. Pictet, A., Influence de Falimentation sur la formation du sexe chcz les Lepidopteres. Arch. d. Sc. phys. T. Mem. de la Soc. de Phys. 1905. — , Influence de l'alimentation et de l'humidite sur la Variation des Pa- pillons. Mem. Soc. Phys. et Hist. Nat. de Geneve. 35. 1905. Plate, L., Die Variabilität und die Artbildung nach dem Prinzip geogra- phischer Formenketten bei den Cerionlandschnecken der Bahama- inseln. Arch. f. Rassen- u. Gesellschaftsbiol. 4. 1907. * — , Selektionsprinzip und Probleme der Artbildung. 1908. — , Die Erbformeln der Farbenrassen von Mus musculus. Zool. Anz. 35. 1910. * — , Vererbungslehre und Deszendenztheorie. Festschrift f. R. Hertvvig. Jena 1910. Platner, G., Die ei^ste Entwicklung befruchteter und parthenogenetischer Eier von Liparis dispar. Biol. Zentralbl. 8. 1888. Poll, H. (und W. Tiefensee), Mischlingsstudien (II): Die Histologie der Keimdrüsen bei Mischlingen. Sitzungsber. d. Ges. naturf. Fr. Berlin 1907. — , desgl. III: System und Kreuzung. Ibid. 1908. — , desgl. IV: Keimzellenbildung bei Mischlingen. Verh. d. Ant. Ges. 1910. — , Zur Lehre von den sekundären Sexualcharakteren. Sitzungsber. d. Ges. naturf. Fr. Berlin 1909. Popoff, M., Depression der Protozoenzelle und der Geschlechtszellen der Metazoen. Arch. f. Protistenk. Festband f. R. Hertwig. Suppl. 1. 1907. Pott, C, Der Formalismus in der landwirtschaftlichen Tierzucht. Stutt- gart 1899. Potts, F. A., The Modification of the Sexual Characters of the Hermit Grab caused by the Parasite Peltogaster. Q. J. Micr. Sei. L. 1906. ♦Poulton, E. B., The Colours of Animals. 1890. ♦Pringsheim, H., Die Variabilität niederer Organismen. Eine Deszen- denztheoretische Studie. 19 IG. Prout, L. B. and A. Bacot, On the cross-breeding of two Races of the Moth Acidalia virgularia. Proc. Roy. Soc. London. 81. 1909. ♦Przibram, H., Einleitung in die experimentelle Morphologie der Tiere. Leipzig u. Wien 1904. — , Anwendung elementarer Mathematik auf biologische Probleme. Leipzig 1908. — , Vererbungsversuche über asymmetrische Augenfarbe bei Angora- katzen. Arch. f. Entwm. 25. 1908. — 481 — ♦Przibram, H., Versuche an Hitzeratten. Verh. d. Ges. Deutsch. Na- turf. u. Ärzte, Versamml. Salzburg 1909. — , Übertragungen erworbener Eigenschaften bei Säugetieren und Ver- suche mit Hitzeratten. Verh. d. Ges. deutsch. Naturf. u. Ärzte, 81. Versamml. zu Salzburg 19 10. * — , Experimental-Zoologie. 3. Phylogenese inklusive Heredität. Leipzig u. Wien 19 10. *Punnett, R. C, Mendelism. Macmillan and Bowes, Cambridge 1905. — , Sex-determination in Hydatina with some remarks on Parthenogenesis. Proc. Roy. Soc. 1906. — , On the Alleged influence of Lecithin upon the determination of sex in rabbits. Proc. Cambr. Philos. Soc. 25. 1909. * — , Mendelismus. Ins Deutsche übertragen von W. von Proskowetz. Brunn 1910. — , "Mimicry" in Ceylon butterflies, with a Suggestion as to the natura of polymorphism. 19 10. Quetelet, Anthropometrie. Paris 1871. Rabes, O., Über Transplantationsversuche an Lumbriciden. Biol. Zentral- blatt. 21. 1901. Rauber, A., Der Überschuß an Knabengeburten und seine biologische Bedeutung. Annee biol. 1899. Reichenau, W. v., Die Züchtung des Nesselfalters (Vanessa urticae L.); ein Beweis für den direkten Einfluß des Klimas. 1882. Reichenbach, H., Über Parthenogenese bei Ameisen etc. Biol. Zentralbl. 22. 1902. Rhumbler, L., Vererbung und chemische Grundlage der Zellmechanik. Verh. Intern. Zool. Kongr. Boston 1907. *Riddle, O., Our knowledge of melanin color formation and its bearings on the Mendelian description of Heredi ty. Biol. Bull. 16. 1909. * — , Studies with Sudan III. in metabolism and inheritance. Joum. exp. Zool. 8. 1910. Rignano, E., Sur la transmissibihte des caracteres acquis. Paris 1906. Deutsche Übersetzung Leipzig 1907. Ritter, R., Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darms bei Chironomus. Zeitschr. f. wiss. Zool. 50. 1890. Roepke, M., Ergebnisse anatomischer Untersuchungen an Standfußschen Lepidopteren-Bastarden. Jenaische Zeitschr. 44. 1908/09. Rörig, A., Welche Beziehungen bestehen zwischen den Reproduktions- organen der Cerviden und der Geweihbildung derselben? Arch. f. Entwm. 8. 1899. Romanes, G., Darwin and after Darwin. 2. 1895. Rosen, F., Über Bastarde zwischen elementaren Spezies der Erophila verna. (Vorl. Mitt.) Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 28. 1910. Rosenberg, O., Das Verhalten der Chromosomen in einer Hybriden- pflanze. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 21. 1903. Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. 2X — 482 — Rosenberg, O., Über die Tetradenteilung eines Drosera-Bastardes. Ibid. 22. 1904. — r-, C5rtological Studies on the Apogamy in Hieracium. Bot. Tidsskrift. 28. 1907. — , Cytologische und morphologische Studien an Drosera longifoUa x ro- tundifolia. Kungl. Svenska Vet. Ak. Handl. 43. 1909. Roux, W., Über die Bedeutung der Kernteilungsfiguren. Eine hypo- thetische Erörterung. 1895. Russo, A,, Studien über die Bestimmung des weiblichen Geschlechtes. Jena 1909. Samter, M. und R. Heymons, Variationen bei Artemia salina Leach und ihre Abhängigkeit von äußeren Einflüssen. Abh. d. k. preuß. Akad. d. Wiss. Anhang 1902. Sarasin, P. u. F., Die Landmollusken von Celebes. Wiesbaden 1899. Scharfenberg, U. v., Studien und Experimente über die Eibildung und den Generationszyklus von Daphnia magna. Intern. Rev. f. Hydro- biol. u. Hydrogr. 3. Biol. Suppl. 2. 1910. ♦Schaudinn, F., Die Befruchtung der Protozoen. Verh. d. Deutsch. Zool. Ges. 1905. Schenk, L., Lehrbuch der Geschlechtsbestimmung. Halle 1900. Schepelmann, E., Über die gestaltende Wirkung verschiedener Ernährung auf die Organe der Gans, insbesondere über die funktionelle An- passung an die Nahrung. Arch. f. Entwm. 21. 1906. — , Über die gestaltende Wirkung verschiedener Ernährung auf die Organe der Gans, inbesondere über die funktionelle Anpassung an die Nah- rung. IL Teil. Arch. f. Entwm. 23. 1907. Schleip, W., Über die Chromatin Verhältnisse bei Angiostomum nigro- venosum. Ber. d. naturf. Ges. Freiburg. 19. 191 1. Schmankewitsch, W. J., Über das Verhältnis der Artemia salina zur A. mühlhausenii und dem Genus Branchipus. Zeitschr. f. wiss. Zool. 25. 1875. — , Zur Kenntnis des Einflusses der äußeren Lebenbedingungen auf die Organisation der Tiere. Ibid. 26. 1877. Schröder, Chr., Experimentelle Untersuchungen zur Vererbung von Charakteren im Larvenzustande. I. Tephroclystia vulgata. Allg. Zeitschr. f. Entomol. 6. 1901. — , Die Variabilität der Adaha bipunctata. Allg. Zeitschr. f. Entomol. 6. 1901. — , desgl. 7. 1902. — , Über experimentell erzielte Instinktvariationen. Verh. d. . Deutsch. Zool. Ges. 1903. — , Die Zeichnungsvariabihtät von Abraxas grossulariata. Allg. Zeitschr. f. Entomol. 8. 1903. Schübeier, F. C, Die Pflanzenwelt Norwegens. Christiana 1873. — 483 — ♦Schnitze, O., Zur Frage der geschlechtsbestimmenden Ursachen. Arch. f. mikr. Anat. 63. 1903. Scott, W. B., On Variations and Mutations. Amer. Journ. of Sei. 43. 1894. Seeliger, O., Gibt es geschlechtlich erzeugte Organismen ohne mütter- liche Eigenschaften? Arch. f. Entwm. 1895. — , Bemerkungen über Bastardlarven der Seeigel. Arch. f. Entwm. 3. 1 896. Semon, R., Die Mneme als erhaltendes Prinzip im Wechsel des organischen Geschehens. 1904. (3. Aufl. 1909, 4. in Vorher.) — , Über die Erbhchkeit der Tagesperiode. Biol. Zentralbl. 25. 1905. ■ — , Beweise für die Vererbung erworbener Eigenschaften. Ein Beitrag zur Kritik der Keimplasmatheorie. Arch. f. Rassen- u. Geschlechts- biol. 3. Aufl. 1909. — , Hat der Rhythmus der Tageszeiten bei Pflanzen erbliche Eindrücke hinterlassen? Biol. Zentralbl. 1908. — , Der Reizbegriff. Biol. Zentralbl. 19 10. * — , Der Stand der Frage nach 'der Vererbung erworbener Eigenschaften. Fortschr. naturwiss. Forsch. 2. 19 10. ♦Semper, K., Die natürlichen Existenzbedingungen der Tiere. 2. Heft der internationalen wissenschaftlichen Bibliothek. Leipzig 1880. ♦Settegast, H., Die Tierzucht. Breslau 1888. Shull, G. H., Elemeritary Species and Hybrids of Bursa. Science, N. S. 25. 1907. ' — , A new Mendelian Ratio and several types of latency. Amer. Nat. 42. 1908. — , The presence and absence hypothesis. Amer. Nat. 43. 1909. ■ — , A pure-line method in corn breeding. Rpt. Amer. Breeder's Assn. 9. 1909. — , Bursa bursa-pastoris and Bursa heegerii: Biotypes and Hybrids. 1909. — , Inheritance of sex in Lychnis. Bot. Gazette. 49. 19 10. Siebold, v., Wahre Parthenogenesis bei Schmetterlingen und Bienen. Leipzig, Engelmann, 1856. Silvestri, F., Contribuzioni alla conoscenza biologica degli Imenotteri parasiti I. Ann. R. Scuola Sup. Agr. Portici 6; 1906. 2. 1908. Simroth, H., Über einige Folgen des letzten Sommers für die Färbung von Tieren. Biol. Zentralbl. 25. Sitowski, L., Biologische Beobachtungen über Motten. Bull, de l'Acad. des Sciences de Cracovie. 1905. Smith, G., Rhizocephala, in Flora und Fauna des Golfes von Neapel. 29. Monographie 1906. — , Studies in the experimental analysis of sex (i — 2). Quart. Journ. of Microsc. Science. 54. 19 10. Sommer, M., Die Brown-Sequardsche Meerschweinschen-Epilepsie und ihre erbliche Übertragung auf die Nachkommen. Zieglers Beiträge z. path. Anatomie u. allg. Pathol. 1900. 31* — 484 — ♦Sommer, R., Familienforschung und Vererbungslehre. 1907. Spemann, H., Zum Problem der Korrelation in der tierischen Entwick- lung. Verh. d. Deutsch. Zool. Ges. 1907. Spillmann, W. J., Mendel's Law in Relation to Animal Breeding. Amer. Breeder's Association. Proceedings 1. 1905. — , Inheritance of Coat color in Swine. Science, N. S. 24. 1906. — , Color Inheritance in Mammals. Science, N. S. 25. 1907. — , Barring in Barred Plymouth Rocks; Poultry. 5. 1909. — , Mendelian phenomena without de Vriesian theory. Amer. Nat. 44. 1910. — , A Theory of Mendelian phenomena. Amer. Breeder's Magaz. 1. 19 10. Standfuß, M., Weitere Mitteilungen über den Einfluß extremer Tempera- turen auf Schmetterlingspuppen. Entomol. Zeitschr. 1895. * — , Handbuch der paläarktischen Großschmetterlinge für Forscher und Sammler. 1 896. — , Experimentelle zoologische Studien.. Neue Denkschriften der allge- meinen schweizerischen Gesellschaft für die ges. Naturwissenschaft. 36. 1898. — , Zur Frage der Gestaltung und Vererbung auf Grund 28jähriger Experi- mente. Insektenbörse. 1902. — , Jüngste Ergebnisse aus der Kreuzung verschiedener Arten und der Paarung zweier Lokalrassen derselben Art. Mitt. d. Schweiz. Entomol. Ges. 1907. — , Einige Ergebnisse aus Zuchtexperimenten mit Lepidopteren-Muta- tionen (Aglia tau). Etudes de Lepidopterologie comparee, de Charles Oberthür. 1909. — , Die alternative und diskontinuierliche Vererbung von Aglia tau und deren Mutationen. Deutsch, entom. Nationalbibliothek. 1. 1910. — , Chaerocampa elpenor ab, daubi und Mitteilungen über Mutationen an Aglia tau. Iris. 24. 19 10. Staples -Browne, R., Note on the heredity in Pigeons. Proc. Zool. Soc. London. 2. 1905. — , On the Inheritance of Colour in Domestic Pigeons, with special reference to reversion. Proc. Zool. Soc. London. 1908. Steinach, E., Untersuchungen zur vergleichenden Physiologie der männ- lichen Geschlechtsorgane, insbesondere der akzessorischen Ge- schlechtsdrüsen. Arch. f. d. ges. Phys. 56. 1894. — , Geschlechtstrieb und echt sekundäre Geschlechtsmerkmale als Folge der innersekretorischen Funktion der Keimdrüsen. Zentralbl. f. Physiol. 24. 1910. Stein brück, H., Über die Bastardbildung bei Strongylocentrotus lividus (c5) und Sphaerechinus granularis (Q). Arch. f. Entwm. 1902. Steuer, Ad., Der gegenwärtige Stand der Frage über die Variationen bei Artcmia salina Leach. Verh. Zool. Bot. Ges. Wien. 1903. * — , Planktonkunde. Leipzig 19 10. — 485 — Stevens, N. M., Study of the Germ-cells of Aphis rosae and Aphisoeno- therae. Journ. Exp. Zool. 1905. — , Studies in Spermatogenesis with especial reference to the accessory chromosome. Carnegie Institution Publications. Washington 1905. — , do. Part II, with reference to sex Determination. Ibid. 1906. — , An unpaired chromosome in the Aphids. Journ. Exp. Zool. 6. 1909. Stolc, A., Versuche betreffend die Frage, ob sich auf ungeschlechtlichem Wege die durch mechanischen Eingriff oder das Miüeu erw^orbenen Eigenschaften vererben. Arch. f. Entwm. 15. 1903. Strasburger, Ed., Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang bei den Phanerogamen. 1884. - — , Über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden- frage. Jahrb. f. wiss. Botan. 1907. — , Chromosomenzahlen, Plasmastrukturen, Vererbungsträger und Reduk- tionsteilung. Jahrb. f. wiss. Bot. 1908. ■ — , Histologische Beiträge. Heft 7: Zeitpunkt der Bestimmung des Ge- schlechts, Apogamie, Parthenogenesis und Reduktionsteilung. 1909. ■ — , Das weitere Schicksal meiner isolierten weiblichen Mercurialis annua- Pflanzen. Zeitschr. f. Bot. 1. 1909. * — , Über geschlechtsbestimmende Ursachen. Jahrb. f. wiss. Bot. 48. 1910. (Dort auch Zitate der früheren Arbeiten des Verf.). - — , Chromosomenzahl. Flora. 100. 19 10. Strohl, Die Biologie des Polyphemus pediculus und die Generationszyklen der Cladoceren. Zool. Anz. 32. 1907. - — , Polyphemusbiologie, Cladocereneier und Kemplasmarelation. Intern. Revue d. Ges. Hydrobiol. u. Hydrogr. 1. 1908. Struthers, On Variation in the Number of Fingers and Toes. Edinburgh New Phil. Journ. 1863. Sumner, F. B., Some cffects of external conditions upon the white mouse. Journ. of Exp. Zool. 7. 1909. ■ — , The reappearance in the offspring of artificially produced parental modifications. Amer. Nat. 44. 19 10. — , An experimental Study of Somatic modifications and their Reappear- ance in the offspring. Arch. f. Entwm. 30. 19 10. B. Sutton, W. S., On the Morphology of the Chromosome group in Bra- chystola magna. Biol. Bull. 4. 1902. Tandler, J. und S. Grosz, Über den Einfluß der Kastration auf den Orga- nismus. Arch. f. Entwm. 30. 19 10. Tennent, D. H., The Dominance of Maternal or of Paternal Characters in Echinoderm Hybrids. Arch. f. Entwm. 29. 19 10. *Thomson, A., Heredity. London 1908. Tischler, G., Über Embryosack-Obliterationcn bei Bastardpflanzen. Beih. z. Bot. Zentralbl. 15. 1903. — , Zellstudien an sterilen Bastardpflanzen. Arch. f. Zellf. 1.- 1908. — 486 — Tischler, G., Untersuchungen über die Entwicklung des Bananenpollens. Arch. f. Zellf. 5. 1910. Tower, W. L., An Investigation of Evolution in Chrysomelid Beetles of the Genus Leptinotarsa. Carnegie Institution Publications. Washington, 48. 1906. — , The Determination of dominance and the Modification of Behavior in Alternative (Mendelian) Inheritance, by Conditions surrounding or incident upon the Germ-cells at fertilization. Biol. Bull. 18. 1910. Toyama, Studies on the Hybridology of insects: I. On some silkworm crosses, with special reference to Mendel 's laws of heredity. Bull. of the College of agriculture. Tokyo University. 7. 1906. — , Mendel's laws of heredity as applied to the Silkworm Crosses. Biol. Zentralbl. 26. 1906. — , A Sport of the Silkworm and its Heredity Behaviour. Zeitschr. f. indukt. Abst.-.u. Vererbungsl. 1. 1909. Tschermak, E., Über künstliche Kreuzung bei Pisum sativum. Zeitschr. f. d. landwirtschaftl. Versuchsw. in Österreich, 3. 1900. — , X)ber Züchtung neuer Getreiderassen mittels künstUcher Kreuzung. Ibid. 4. 1901. — , Weitere Beiträge über Verschieden Wertigkeit der Merkmale bei Kreuzung von Erbsen und Bohnen. Ber. Deutsch. Bot. Ges. 19. 1901. — , Die Theorie der Kryptomerie und des Kryptohybridismus. Beih. z. Bot. Zentralbl. 1903. — , Weitere Kreuzungsstudien an Erbsen, Levkojen und Bohnen. Zeitschr. f. d. Landwirtsch. Versuchsw. in Österreich. 1904. * — , Der moderne Stand des Vererbungsproblems. Arch. f. Rassen- u. Gesellschaf tsbiol. 5. 1908. — , Die Mendelsche Lehre und die Galtonsche Theorie vom Ahnenerbe. Arch. f. Rassen- u. Gesellschaftsbiol. 2. 1905. — , Kreuzungszüchtung des Getreides und die Frage nach den Ursachen der Mutation. Monatshefte f. Landw. 1908. * — , Der moderne Stand der Kreuzungszüchtung der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Vortrag, gehalten in der ökonomischen Gesellschaft im Königr. Sachsen zu Dresden. 1909. — , W., Über den Einfluß der Bastardierung auf Form, Farbe und Zeich- nung der Kanarieneier. Biol. Zentralbl. 30. 1910. *Tutt, J. W., A natural History of the British Lepidoptera. A Textbook for Students and collectors. London, Berlin 1902 u. 1906. Tyzzer, E. F., A Study of Inheritance in Mice with Reference to their Susceptibility to transplantable Tumors. Journ. of Medic. Research. 21. 1910. Vernon, H. N., The effects of the environment on the development of Echinoderm Larvae. Phil. Trans. Roy. Soc. London. 186. 1895. — , The Relation between the Hybrid and the Parent Forma of Echinoid Larvae. Proc. Roy. Soc. 63. 1898. — 487 — Vernon, H. X. The Relation between the Hybrid and the Parent Forms of Echinoid Larvae. Phil. Trans. Roy. Soc. B. 190. 1898. — , Gross Fertilisation among Echinoids. Arch. f. Entwm. 9. 1900. * — , Variation in Animals and Plants. 1907. Vire, A., Sur quelques experiences effectues au laboratoire du Museum d'Histoire naturelle. 138. 1904. Vöchting, H., Die Transplantation am Pflanzenkörper. 1892. Voris, J. H., Material for the study of the Variation of Pimapheles notatus etc. Proc. Indiana Ac. Sc. 1899. Vries, H. de, Intracelluläre Pangenesis. Jena 1889. — , Über halbe Galtonkurven als Zeichen diskontinuierlicher Variation. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 12. 1894. — , Eine zweigipfhge Variationskurve. Arch. f. Entwm. 2. 1895. — , Das Spaltungsgesetz der Bastarde. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 18. 1900. — , Die Mutationen und die Mutationsperioden bei der Entstehung der Arten. Vortrag. 1901. * — , Die Mutationstheorie. 2 Bde. 1901 — 03. * — , Species and Varieties, their Origin by Mutation. 1905. * — , Die Svalöfer Methode zur Veredelung landwirtschaftlicher Kultur- gewächse und ihre Bedeutung für die Selektionstheorie. Arch. f. Rassen- u. Gesellschaftsbiol. 3. 1906. — , On Twin Hybrids. Bot. Gaz. 94. 1907. — , Über die Zwillingsbastarde von Oenothera nanella. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1908. — , Bastarde von Oenothera gigas. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1908. * — , Pflanzenzüchtung. Übers, v. A. Steffen. Berlin 1908. — , On triple Hybrids. Bot; Gaz. 1909. — , Über doppeltreciproke Bastarde von Oenothera biennis L. und O. muricata L. Biol. Centralbl. 31. 191 1. Waldow von Wahl, H., Fruchtbare Maultiere. Jahrb. f. wiss. u. prakt. Tierzucht (R. Müller). 1907. Weinberg, W., Über Vererbungsgesetze beim Menschen. Zeitschr. f. in- dukt. Abst.- u. Vererbungsl. 1. 1909. — , Die Anlage zur ^lehrlingsgeburt beim Menschen und ihre Vererbung. Arch. f. Rassen- u. Gesellschaftsbiol. 6. 1909. Weismann, A., Beiträge zur Naturgeschichte der Daphniden. Zeitschr. f. wiss. Zool. 1876. 1877. 1878. 1879. Separat Leipzig 1876 — 79. — , XJber den Saisondimorphismus der Schmetterlinge. In: Studien der Deszendenztheorie. Leipzig 1875. — , Über die letzten Ursachen der Transmutation. In: Studien der Deszendenztheorie. Leipzig 1876. — , Vermeintliche botanische Beweise für eine Vererbung erworbener Eigen- schaften. 1888. (Aufs. üb. Vererb. 1892 A.) — , Über die Hypothese einer Vererbung von Verletzungen. (Aufs. üb. Vererb. 1892 A.) — 488 — Weismann, A., Das Keimplasma. Jena 1892. — , Neue Versuche zum Saisondimorphismus der Schmetterlinge. Zool. Jahrb. 1895. * — , Vorträge über Deszendenztheorie. Jena 1902. ■ — , Richard Semons »Mneme« und die »Vererbung erworbener Eigen- schaften« Arch. f. Rassen- u. Gesellschaftsbiol. 3. 1906. — , Die Selektionstheorie. Eine Untersuchung. 1909. — , u. C. Ishikawa, Über die Parakopulation im Daphnidenei. Zool. Jahrb. f. Anat. i. 1889. Weldon, W. F. R., On certain Correlated Variations in Carcinus maenas. Proc. Roy. Soc. London. 1894. — , Report of the Committee for Conducting Statistical Inquiries into the Measurable Characteristics of Plants and Animals. (Part I: An Attempt to measure the Death-rate due to Selective Destruction of Carcinus maenas with Respect to a Particular Dimension. Proc. Roy. Soc. London. 62. 1895.) — , Address to the Zoological Section of the British Association for the Advancement of Science. 1898. Wesenberg -Lund, Plankton Investigations of the Danish Lakes. General Part : The Baltic Freshwater Plankton, its Origin and Variations. 1908. Westphal, C, Über künstliche Erzeugung von Epilepsie bei Meerschwein- chen. Berl. klin. Wochenschr. 1871. *Wettstein, R. von. Über direkte Anpassung. Vortrag, gehalten in der Kaiserl. Akademie der Wiss. zu Wien. 1902. — , Der Neo-Lamarckismus und seine Beziehungen zum Darwinismus. 1903. — , Die Erblichkeit der Merkmale von Knospenmutationen. Ascherson- Festschrift. 1904. — , Über zwei bemerkenswerte Mutationen bei europäischen Alpenpflanzen. Zeitschr. f. indukt. Abst.- u. Vererbungsl. 1. 1908. Wheeler, W. M., The origin of female and workers from the eggs of par- thenogenetic workers. Science. 18. 1903. Wheldale, M., Inheritance of Flower Colour in Antirrhinum majus. Proc. Roy. Soc. 1907. — , The colours and Pigments of Flowers with special Reference to Genetics. Proc. Roy. Soc. 81. — , Die Vererbung der Blütenfarbe bei Antirrhinum majus. Zeitschr. f. indukt. Abst.- u. Vererbungsl. 3. 19 10. — , Plant oxydases and the chemical interrelationship of colour varieties. Prog. rei bot. 3. 19 10. Whitney, D., Determination of Sex in Hydatina senta. Joum. Exp. Zool. 4. 1907. — , Observations on the maturation stages of the parthenogenetic and sexual eggs of Hydatina senta. Journ. Exp. Zool. 6. 1909. Wichura, M., Die Bastardbefruchtung im Pflanzenreich, erläutert an den Bastarden der Weiden. 1865. — 489 — Wilckens, M., Untersuchung über das Geschlechtsverhältnis und die Ur- sachen der Geschlechtsbildung bei Haustieren. Landw. Jahrb. 15. 1886. Wille, N., Über die Schübelerschen Anschauungen in betreff der Verände- rungen der Pflanzen in nördlichen Breiten. Biol. Zentralbl. 25. 1905. ♦Wilson, E. B., The Cell in Development and Inheritance. New York and London 1900. — , Studies on Chromosomes. I. The Behaviour of the Idiochromosomes in Hemiptera. Journ. Exp. Zool. 2. 1905. ■ — , Studies on Chromosomes. II. The paired Microchromosomes, Idiochro- mosomes and Heterotropic Chromosomes in Hemiptera. Ibid. 2. 1905. — , Studies on Chromosomes. III. The sexual differences of the Chromo- somes-groups in Hemiptera, with some considerations on the deter- mination and inheritance of sex. Ibid. 3. 1906. ^, Note on the Chromosome-groups of Metapodius and Banasa. Biol. Bull. 12. 1907. — , Recent researches on the determination and inheritance of sex. Science, N. S. 29. 1909. — , Secondary Chromosome-couplings and the sexual relations in Abraxas. Science, N. S. 29. 1909. * — , The Chromosomes in Relation to the determination of sex. Science Progr. 16. 19 IG. — , Studies on Chromosomes. Journ. Exp. Zool. 9. 1910. Wilson, J., Mendelian Characters among Short-horn Cattle. Sei. Proc. Roy. Dubhn Soc. 11. 1908. — , The Inheritance of Coat-Colour in Horses. Sei. Proc. Roy. Dublin Soc, N. S. 11. 1910. Winkler, H., Solanum tubingense, ein echter Pfropfbastard zwischen Tomate und Nachtschatten. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1908. — , Weitere Untersuchungen über Pfropfbastarde. Zeitschr. f. Bot. 1909. — , Über die Nachkommenschaft der Solanum- Pfropfbastarde und die Chromosomenzahl ihrer Keimzellen. Zeitschr. f. Bot. 19 10. — , Über das Wesen der Pfropfbastarde. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 28. 1910. Wolf, F., Über Modifikationen und experimentell ausgelöste Mutationen von Bacillus prodigiosus and anderen Schizophyten. Zeitschr. f. indukt. Abst.- u. Vererbungsl. 2.. 1909. Woltereck, R., Über natürliche und künstliche Varietätenbildung bei Daphniden. Verh. d. Deutsch. Zool. Ges. 1908. — , Weitere experimentelle Untersuchungen über Artveränderung, speziell über das Wesen quantitativer Unterschiede der Daphniden. Verh. d. Deutsch. Zool. Ges. 1909. Wood, T. B., Note on the inheritance of homs and face colour in sheep. Journ. Agricultural Science. 1906. — 490 — Woodruff, L. L., Two thousand generations of Paramecium. Arch. f. Protistenk. 21. 1 9 1 1 . Yule, G. U., Mendel's Laws and their probable relations to intra-racial Heredity. New Phytologist. 1902. Yung, E., Les facteurs determinant le sexe. Revue de morale sociale. 1900. Zederbauer, E., Varia. tionsrichtungen der Nadelhölzer. Sitzungsber. d. Kais. Akad. d. Wiss. 1. 1907. — , Versuche über Vererbung erworbener Eigenschaften bei Capsella bursa pastoris. österr. Bot. Zeitschr. 1908. Ziegler, E., Können erworbene pathologische Eigenschaften vererbt werden und wie entstehen erbliche Krankheiten und Mißbildungen? Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. u. Phys. 1886. *Ziegler, H. E., Die Vererbungslehre in der Biologie. 1905. — , Die Erklärung der Mendelschen Regel. Zool. Anz. 33. 1908. * — , Die Streitfrage der Vererbungslehre (Lamarekismus oder Weismannis- mus). Naturwiss. Wochenschr., N. F. 9. 19 10. Register, Aberrationen 46. Abraxas grossulariata 5 1 , 346, 396, 401, 412, 418. Acerina- Perca-Bastarde 350. AchoUa 409. Adam 354. Aegilops ovata 330. Aequationsteilung 383. Ageniaspis 436. Aglia tau 251, 278, 285, 286, 288, 290, 312, 345, 347. Ahnenerbe, Gesetz vom 103, 104. Akklimatisationsexperimente 44. Albinismus 41, 42, 51, 55, 69, 452. Albino 291. Algen 452. Allelomorphe 245. Allelomorphismus, falscher 309, 414, 415- Allen 41, 43. Alpine Fichten 209. Alpine Lärchen 209. Alytes obstetricans s. Geburtshelfer- kröte. Ambly Stoma tigrinum s. audh Axo- lotl 48, 205. Ameisen 410. Amma 190. Amphibien 191. Amphidasys betularius 147. Amphimixis 64. Amphioxus 56. Anasa tristis 403. Anas boschas 331. Anconschaf 148, 345. Andalusierhühner 258, 269, 301. Angiostoma nigrovenosum 421. Anthocyan 291. Antirrhinum majus 313, 315, 316. Antirrhinum majus, gelbblättrige (aurea) Sippe von 345. Anuraea cochlearis 70. Aphiden 443, 450. Arctia caja 165, 179. Arenander 152, 153. Aristoteles 151. Artbastarde 320, 321, 340, 350. Artemia salina 431. Ascaris megalocephala 189, 406. Ascidien 57, 195, 199. Atavismen 284. Augen, Rückbildung 186. Auswahl bei der Heirat 99. — geschlechtliche y^. Axolotl 48, 205, 208, 210, 224, 318. Baehr, v. 407. Baltzer 263, 406. Bandwürmer 191. Bankivahuhn 232, 401. Bantamhuhn 231. Barfurth 225. Bastarde, goneokline 230. — Biologie der 349. — intermediäre 254. Bateson 4, 37, 92, 107, 108, 140, 171, 233, 236, 246, 248, 249, 250, 254, 258, 265, 270, 276, 284, 286, 288, 289, 293, 295, 296, 299, 307, 308, 309, 317, 339, 348, 386, 400, 401, 415, 426. Bateson und Punnett 397. Bauhin 142. Baur 315, 316, 345, 360, 361, 363, 364. 384- Beauchamp 440. Beebe 48. Befruchtung 5, 9. — selektive 411. Begonienblatt 191. Berberis vulgaris var. atropurpurea 144. 492 Berberitze 144. Biaiometamorphose 43. Biene 408, 409, 412, 433. Biffen 276. Binomialkurve 35. Binomische Formel 23. Biometrik 97. Biotypus 115. Birkenspanner 147. Biston hirtarius 51,, 322. Bizzarria 355. Blakeslee 428. Blankinship 93. Blaringhem 172, 219, 222. Blatta 424. Blutbuche 144. Bohnen 33, 37, 117, 299, 301, 313, 347- — Mutationen bei 174. Bonhote 331. Bordage 209. Bouin 195. Boveri 17, 189, 261, 263, 372, 390, 406, 421. Brachydaktylie 247, 282. Bravaissche Formel jj. Bredahuhn 288. Bryonia 394. — dioica 426. Bryozoen 191. Buchner 190. Bufo lentiginosus 430. Bulldogge 233. Bumpus 59, 67, 183. Burbank 145, 146, 249, 329, 343, 350. Calkins 453. Callimorpha 247, 255. Capsella 344. Carcinus maenas 92. Cardium edule 37. Castle 65, 199, 315, m, 339, 385, 417. Centrosom 8. Cerion glans 40. Chaerocampa elpenor 146. Chalcididen 436. Chauvin, Marie von 48, 205, 206, 210, 217, 224. Chelidoniüm laciniatum 141. — majus 141. Child 191. Chimären 351, 357, 390, 391. Chromatophorenfarbe 249. Chromogen 290. Chromosom, akzessorisches 402. Chromosomen 8, 17, 188,263,364,367. Chromosomen als Träger der erb- lichen Eigenschaften 9. — Herleitung der Mendelschen Zah- len aus dem Verhalten der 378. — in den Geschlechtszellen mutie- render Pflanzen 170. — Qualitätsunterschiede 13. — väterliche und mütterliche 374. — Zahl der 10, 378. Chromosomengarnitur 373. Chrysanthemum segetum 88, 145. Cieslar 209. Citrusarten 355. Clavellina 6, 191. Coloradokäfer 21, 25, 39, 42, 53, 54, 65, 130, 131, 134, 147. 162, 164, 165, 171, 180, 209, 220, 222, 254, 259, 321, 330, 340, 348. Conjugation 64. Conklin 195. Correns io8, 233, 236, 250, 254, 277, 284, 345, 384, 395. 426. Coutagne 249, 270. Crataegomespilus 354, 364. Cuenot 284, 290, 291, 424, 433, 431, 432- Cunningham 82. Cyanura cristata 41. Cyklomorphose 38, 64, 70. Cypresse 144. Cytisus Adami 353, 359, 364. Dachshund 105. Daphnien 38, 53, 67, 70, 126, 225, 443, 445. Darbishire 109, 250, 266. Darwin i, 2, 3, 19, 32, 36, 50, 69. 71^ 75» 106, HO, III, 137, 138, 139, 140, 141, 148, 155, 183, 184, 186, 201, 230, 231, 232, 233, 246, 252, 284, 286, 301, 388, 430. 131 = 114, 151. 228, 258, 493 Davenport 32, 41, 93, 250, 253, 258, 259. Davenport, G. u. C. 339. Deilephila euphorbiae 326, 328. — vespertilio 328. Delage 409. Delboeufs Gesetz 161. Delcourt 225. Determinanten 115, 138, 187. Detto 220. Didymozoon 428. Dihybridismus 270, 275. Dimorphismus des Artcharakters 391. — fester 94. — sexueller 46, 52. — zweier Rassen 92. Dimorphoteca pluvialis 394. Dinophilus 436, 440, 441. Dipsacus sylvestris 94, 179. Diskontinuität der Arten 140. Divergenz y^. Dominanz 261, 264. -^ echte 246. — fluktuierende 258. — unreine 250. Dominanz Wechsel 252, 258. Doncaster 264, 412, 415, 419. — und Raynor 396. Dorfmeister 45, 165, 166. Dorkinghuhn, fünfzehiges 231. Doppelbefruchtung 391. Draba verna 130. Dreifachbastarde 328. Drosophila 65, 169, 225, 346, 396, 398, 419. Dunbar 65. Duncker 28, 32, 59, 79, 86. Durchschlagskraft 230. Durham, Miss 249, 290, 291, 297, 298, 315, 401. Dzierzon 408, 433. East 321, 350. Echinodermen, Larven von 261. Echinus 57, 66, 262. Edwards 165. Ehrlich 229. Einheitseigenschaften 138. Einhuferschwein 150, 231, 345. Eier im Hoden 424. Eizelle 5, 6, 9. Elementare Arten 130. Eltemmittel 98. Endosperm 277. Enriques 74. Enten 331. Entenartbastarde 333. Entwicklungsmechanik 3, 78. Epicnaptera tremulifolia 47. Epistasis 289. Erbeinheiten 5, 239. — Kombination von 229. Erbformeln 313. Erbliche Veränderungen im Gefolge von Verwundungen 219. Erblichkeitszahl 102, 118. Erbmasse 12, 138, 168, 224. Erbsen 117, 247, 266, 309, 313. Erbsenkamm 247. Erbträger in der Zelle, Lokalisation der 384. Erophila verna 172. Eunuchen 301, 389. Euschistus 406. Ewart 173, 228, 324, 328. Farabee 283. Farbenblindheit. 401. Farbferment 290. Fasan 301, 388. Fasanenkreuzungen 330. Fasziation 94. Fehler; mittlerer Felchen 1 30. Felstaube 232, 285. Fettsteiß schaf 323. Feuersalamander 222. Fibonaccireihe 68. Fische, Schuppenzahlen 24. Fischer 220, 221. Fischer, E. 165, 166, 179. Fledermausschwärmer 328. 'Fluktuation 177. Fluktuationen in der Erscheinung des dominierenden Merkmals 252. Focke 230. Forficula 92. Formenkette, geographische 40. Fortpflanzung, parthenogenetische 126. — 494 — Fortpflanzung, ungeschlechtliche 5, 126. Fortpflanzungsart, Variationen der gesamten 216. Fortpflanzungsinstinkt, Verände- rung eines 207. Frischholz 452. Frosch 430, 434, 441, 442. — Geschlechtsentwicklung 422. Frösche, Daumenschwielen 194. Fruchtbarkeit 136. Fuchs, kleiner 46. Fußsohlenhaut menschlicher Em- bryonen 202. Gärtner 230. Gager 169, 170. Gallus bankiva 296. Gallwespe 412. Galton 36, 74, 78, 80, 98, 99, ICD, 102, 105, 106, 108, 109, 110, 112, 114, 116, 121, 137, 183, 366. — Motten versuche 112. — Zufallkurve 35. Galtons Gesetz vom Rückschlag und Ahnenerbe 97. — Zufallapparat 48. Gameten 5. Gametenkoppelung 307. Gartenschnecke s. Helix. Garten Varietäten 144. Gates 170, 171, 252. Gaußsches Fehlergesetz 35. Gebrauch und Nichtgebrauch, Wir- kung von 185, 201, 220. Geburtshelferkröte 206, 207, 253. Gene 5, 138, 187. Generationszyklen, Ursachen der 421, 443. Genetik 4. Genotypus 115, 244. Germinalselektion 69. Gerste 117. — Schartigkeit der 117. Geschlecht als Erbeigenschaft 387. — als mendelnde Eigenschaft 312, 385- Geschlechtsbestimmung, Statistik 432. Geschlechtsbestimmung, Zeitpunkt 429. Geschlechtscharaktere, sekundäre 52, 194, 301, 386, 422; s. auch Sexu alch araktere . — Verhältnis der Geschlechtsdrü- sen zu 192. — mendelnde 393. Geschlechtsdifferenzen, äußere 193. Geschlechtsdimorphismus 93, 94, 391- Geschlechtsdrüsen, innere Sekretion 195- Geschlechts Verhältnis, normales 430. Geschlechtszellen 5, 365. Getreide 123, 313. Giard 92, 253, 387. Godlewsky 263. Godron 145, 330. Göbel 43, 75, 197, 210, 426. Goldfasan 322. Goldregen 353. Goldschmidt 190. Goodale 400, 401. Gracilaria stigmatella 204. Gregarine 92. Gregoire 372. Groß 345, 381. Größendifferenz nördlicher gegen- über südlichen Tieren 41. Guignard 278. Gulick 417. Guthrie 198, 200, 212. Gynandromorphismus 390. Haase 127. Hacker 68, 318, 319. Hagedoorn 345, 400, 401. Hafer 305. Halbesel 173. Halbrassen 225. Halicore 202. Hanel 127. Hansen 197. Hasen-Kaninchenkreuzungen 330. Haustierrassen 248. Hays 123. Heape 200. Hefferan 24. Hegner 193. 495 Heider n},. Heidschnucken 150. Heincke 82, 131, 132. Helix4i, 44, 177, 180, 181, 210, 248, 254, 267, 321. — linksgewunden 214. Helmpotenz 6j . Heiweg 80. Henking 402. Herbst 264. Hering, O. 227. Heringsrassen 82, 83, 132. Hermaphroditen mit Protandrie. — mit Zwergmännchen 428. Hermaphroditismus 422. Hermaphroditismus, akzidenteller 424. Hertwig, O. und R. 261. Hertwig, R., 206, «4.08, 422, 434, 441, 442, 444, 448, 451, 452, 453. Herzmuscheln 37. H eterogenesis 141. Heterozygote 249. Hieraciu märten 209. Himbeeren-Brombeerenbastarde329. Hipponoe 264. Himgewicht 28. Hirsch 192. Hofer 130. Homogamie ji. Homozygote 249. Homlosigkeit 174. Houssay 224. Hühner 51, 136, 195, 196, 224, 247, 253, 254, 295, 299, 301, 313, 347. Hühner, Brutinstinkt 247. Hühnerkämme 286, 309. Hühnerrassen, Extrazehe bei vier- zehigen 174, 251, 252. — kurzsteißige 139, 248, 252. — weiß rezessive 249. Huhn, hahnenfedriges 389. — polnisches 75. Hunde, schwanzlose 139. Hungerblümchen 172. Hurst 236. Hybridatavismus 284. Hybridmutationen 171. Hydatina senta 409, 449. Hydra 127, 452. Jacobson 304. Janczewski 329. Idiosynkrasie, individuelle 252. Jennings 58, 89, 127, 129, 197. — und Hargitt 128. Imaginalscheiben 194. Immunität, erbliche 196. Inachus 387, 389. Individualpotenz 126, 153, 259. Infusorien 19, 197, 452, 453. Instinktvariationen 202, 220. Johannisbeerenbastarde 329. Johannsen 5, 30, })T, 38, 72, 79, 88, 92, 102, 107, 108, 114, 115, 116, 117, 118, 124, 130, 132, 137, 138, 145, 155, 174, 179, 184, 235, 366. Isolationsindex 93. Issako witsch 445. Ivanoff 323. Kahle 190. Kaktee 43. Kaktus, stachelloser 343. Kammerer 199, 206, 207, 211, 213, 216, 217, 218, 222, 224, 253, 350. Kampf ums Dasein 2. Kanarien 51, 396, 401. Kaninchen 199, 200, 247, 248, 254, 313, 344, 442. Kaninchen, Ohrenlänge beim 252, 2,1>1,^ 117- Kartoffelsorten 350. Karyokinese 6. Kastrat 192; s. auch Eunuch. Kastration, parasitäre 93, 387. Kategorien, systematische 138. Katzen 75, 248, 396. — schwanzlose 139. Keilhack 445. Keimbahn 189, ^jt^. Keimesvariationen 64. Keimplasma 2,},, 187, 202. KeUogg 192, 249, 252, 253, 270. Kemer von Marilaun 329. Kernplasmarelation 408, 453. King 430. Kirschlorbeer 20. Klassenvarianten 24. Klebs 60, 61, 69, 70, 96, 172, 210, 214, 219, 222, 453. — 496 — Klee, Blättchenzahl beim 225. Knight 230. Knospen Variationen 155. Koch 452. Kölreuter 230. Königfasan 322. Kollektivsymmetrie 79. Kombinationsschema 24 1 . Kontinuität des Keimplasma 188. Kopec 192. Koppelung s. Gametenkoppelung. Kornblume, gelbe 88 ; s. auch Chry- santhemum. Korrelation 74, 308. — bei Bastardierung 309. — graphischer Ausdruck für loi. Korrelationskoeffizient yj. Korrelationstabelle 75. Korscheit 436. Korschinsky 1 40. Krabben 67, 81, 301, 387, 423; s. auch Inachus. Krapfenbauer 452. Kreuzungen, reziproke 254. Kryptomerie 284. Kükenthal 202. Kunkel 177. Kuh 301. Kupel wieser 263. Kurvengipfel 28. Ku schakewitsch 191, 422, 442. Kuttner 445. Lamarck 185, 186. Lamarekismus 201. Lambotte 145. Landschnecke, celebensische 41. Lang 110, 121, 134, 177, 179, 181, 210, 220, 253, 254, 267, 269, 321, 322, 335, 12,7^ 339- Langhans 451. Lasiocampa quercus 51, 52. Latenz 284, 285, 289. Latenz, geschlechtliche 301. Lathyrus odoratus 98, 296, 299, 308, 309. Lathyrus, Samengröße 102. Latrodectes mactans 430. Lauterborn 70, 449. Lebenslage 112. Lebenslage, Beeinflussung der Or- ganisation durch ihre Verände- rung 208. — diskontinuierliche Verschieden- heit der 68. — veränderte -^jj . — und reine Linien 121. Lebenslagevarianten, auf experimen- tellem Wege erzeugte 44. Lebenslagevariation 40, 43, 87, 92, 130, 208. — in der Entwicklung 56. Lebenslagevariationen, Erblichkeit 209. Leche 202. Le Couteur 123. Lee 65. Lenhossek 430. Leporiden 330; s. auch Hasenka- ninchen. Leptinotarsa s. Coloradokäfer. Leydig 41. Lidf orss 171. Liebespfeil von Helix 322. Limnophila heterophylla 43, 48. Linaria vulgaris 179. Linne 137, 320. Lithomastix 436. Littorina littorea 59, 183. Lock 109, 236, 269. Löwenmaul s. Antirrhinum majus. Lokalrassen 46, 130. Lotsy 43, 179, 171, 219. Ludwig 32, 68, 69. Luxurieren, Bastarde 349. Lychnis 395. Lygaeus 406. Lymantria dispar 51, 52, 192. Lymantria monacha s. Nonne. Mc Clendon 445. Mc Clung 402. Mc Cracken 173. Mc Curdy u. Castle 341. Mc Dougal 158, 160, 169, 209. Macfarlane 364. Mc Leod 68. Macrodactylus subspinosus 430. Mäuse 218, 225, 247, 249, 289, 291, 297. 309. l'^l^ 323. 344. 345. 418. 497 Mais 219, 254, 277. V. Malsen 441. Manxkatzen 247, 252. Marchai 410, 426. Matschie 130. Mauchampschaf 149. Maulesel 324. Maultier 325, 328, 350. Maupas 408, 449, 451. Medicago intermedia 329. Meerschweinchen 313, 344. De Meijere 304, 392. Meisenheimer 192, 194, 393. Melandryum 395. Melanin 291. Melaninpigmente, weiße 249. Melanismus 41, 42, 51, 55, 69, 215, 248, 282, 344, 452. Melasoma scripta, schwarze Muta- tion des Blattkäfers 173. Mendel 3, 107, 108, 109, 178, 179, 207, 230, 232, 234, 235, 236, 237, 239, 241, 242, 245, 246, 247, 248, 250, 263, 264, 265, 266, 267, 275, 282, 284, 288, 302, 309, 317, 328, 330, 385, 416. Mensch 10, 22, 65, Qy, 74, 98, 116, 140, 179, 192, 282, 313, 396, 401, 430, 436. Mercurialis annua 426. Merinoschaf 149. Merkmalspaare 234. Micrococcus prodigiosus 197, 226. Minu sab weicher 29. Mirabilis Jalapa 254. Mirabilis jalapa albomaculata 384. Mittelrassen 225. Mittelwert 28. Modifikation 177. Moina 448. Montgomery 49, 430. Moose, Sporenbildung 402, 426, 419. Morgan 169, 199, 319, 390, 398, 407, 419. Morgan, Lloyd 177. Mosaikbastarde 256, 347. — abnorme 257. Mulatte 339. Multiple Embryonen 436. Mutanten, Entfernung von der Stammform 174. — Zahl der auftretenden 161. Mutation durch direkte Einwirkung auf die Geschlechtszellen 220. — nach Bastardierung 170, 420. — orthogenetische 175. — und Lebenslage Variation 164. — und Variation 176. — vegetative 172, 215. — celluläre Ursache der 170. Mutationen 3, 340, 346, 416, 418. — der Oenothera 156. — künstliche Erzeugung von 169, 219. — partielle Erblichkeit 179. — Ursache 164. Mutationsperiode 161. Mutationsprozente 163. Mutationstheorie 139. Nachtblindheit 401. Nachtschatten 10, 357. Nagelfleck 278. Nägeli 209, 233. Nagetiere 247. Naudin 230, 232. Nawaschin 278. Nektarinen 155. Nemec 426. Neolamarckisten 209. Nereis limbata 24. Neuheiten, Auftreten bei Bastar- dierung 284. Neuroterus 412, 415. Nilsson 124. Nilsson-Ehle 305, 307, 308, 319, 335. 339. 340, 341. "349- NoU- 354. Nonne 21, 25, 29, 51, 67, 69, 91, 94, 112, 132, 162, 256, 396. Noorduyn 401. Nußbaum 194, 449, 451. Oberhefe 197. Oenothera 6^, 156, 164, 169, 170, 171. 309. 346, 348. Oenotheraarten, De Vries' Kreuzun- gen von 326. — gigas 159. Goldschrnidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft. ^2 — 498 — Oenotheraarten, rubrinervis, Frucht- länge von 52. — scintillans 159. — Variabilität der Fruchtlänge 112. Okulierung 351. Ortyx virginianus 41. Ostwald 53. Otterschaf 148. Oudemans 192. Pangene 115. Papanikolau 72, 445, 446, 448. Papilio hospiton 47. — machaon 46, 47. — memnon 94, 302, 391. Pappelglucke 47. Pappel, italienische 144. Parallelinduktion 220. Paramaecium 19, 58, 65, j},, 89, 127. De Parana 228. Parthenogenese 38, 263, 273. — fakultative 410. — gelegentliche 435. Pathologische Charaktere 247. Pauly 185. Pearl 64, 65, 136, 255, 301, 400. — und Surface 255. Pearson 28, 32, 65, 67, 74, 92, 102, 103, 105, 108, 110, III, 136. — und Whiteley 79. Pelargonium 361. Pelorie 179. Pelzmotte 196. Pentadactylie 225. Penzig 355.. Perez 433. Periklinalchimäre 361. Periode, sensible 166, 168, 220. Petalodie 215. • Peter 56, 57, 58, 66. Petunien 145. Pfau, schwarzschulteriger 153. Pfeil Würmer 190. Pferde, Traben der 247. Pferd-Eselkreuzung 324. Pferdespulwurm 10. Pfirsichbäume 155. Pflaume, kernlose 343. Pflüger 422, 430, 441. Pfropfung 351. Pfropfbastarde 351, 353. Phacochoerus 202. Phaenotyen 244. Phaenoty pu s 115. — Verhältnis zu Genotypus 121. Phratora vitellina 203; Phylloxera 406, 417, 434, 435, 436, 438, 443- Pictet 51, 224. Pimapheles 25. — notatus 24. Pipilo erythrophthalmus 41. Planktonorganismen 70. — Sinkwiderstand der 53. Plate 40, 161, 170, 173, 179, 184, 219, 225, 291, 313, 315, 348. Plusabweicher 29. Pluteuslarve, Skelett der 261. Polydactylismus 179. Polygnotus minutus 437. Polygordius 56. Population 18. Portunion 92. Potamobius 424. Pott 152. Prämutationsperiode 161. Präpotenz, geschlechtliche 254. Presence- und Absence-Theorie 248, 348, 414, 420. Primel 301. Primula sinensis 269. — stellata 269. — officinalis 68. Protenor 406. Protoplasma 6. Przibram 82, 109, 218, 219. Pseudoreduktion 370. Punnett 235, 241, 269, 286, 293, 296, 309, 386, 450. Pyrrhocoris 406. Quaggahengst 228. Quetelet 22, 23, 183. Queteletsches Gesetz 23, 33. Demonstration 34. Quiscalus purpureus 41. Radiolarien 68. Raimannia odorata 169. Ranunculus alpestris 168, 206. 499 Rassenbiologie io6. Rassenhygiene io6. Rassenidiosynkrasie 249. Ratte 218, 293, 313, 323, 341. Raupen 224. Reaktionsfähigkeit auf Reize dei Außenwelt 6j . Reaktionsnorm 67. Reduktionsteilung 12, 403, 426. Regression 118. Regeneration 191, 194. V. Reichenau 165. Reichenbach 410. Reifeteilungen 368, 370. Reine Linien 118, 179, 223. Reinheit der Gameten 239. Rennpferde 222. Reversion 284, 298. Rhizocephala 301. Rhododendron intermedium 329, 318. Rhumbler 187. Riddle 196. Rimpau 126. Rinder, hornlose 152. Ritter 190. Romanes j},. Rosen 171. Rosenkamm 247. Rostempfänglichkeit bei Getreide 247. Rotatorien 436, 443. Rubus 309. Rückschlag 100, 103, 298. Russo 442. Saatkrähe 202. Sacculina 92, 387. Saisondimorphismus 45. Salamander 224. — Färb Variationen beim 211. Salamandra atra 216. — maculosa 216. Salpen 191. ^alvia horminum 292. Samenzelle 5, 9. Sarasin 41. Saunders, Miss 293, 296, 299, 309. Scardafella inca 48. Schafe 396, 401. v. Scharf fenberg 445, 446. Schaudinn 190. Scheckungsfaktor 249. Schlafbewegungen von Pflanzen 202. Schlagenthin, Graf Arnim 165. Schlanstedter Roggen 126, 223. Schleip 421. Schildkröten 196. Schimmelpilze 428. Schmetterlingsaberrationen 248. Seh metterlinge, Tempera tu rexperi - mente an 72, 165, 221, 222. — aus kastrierten Raupen 193. Schmitt 422. Schöllkraut 141. Schröder 202. Schnitze, O. 432. Schwalbenschwanz s. Papilio. Schwammspinner 192; s. auch Ly- mantria dispar. Schwarzpappel 144. Scolopendrium vulgare 142. Scott 159. Sechsfingrigkeit beim Menschen 410, 247. Sedum 60, 70, 96. Seeliger 263. Seeigel 5, 57, 66, 262. Seeigeleier, kernlose 373. Seidenhuhn 231, 247, 295, 410. Seidenraupen 253. — Sport der weißen oder blauen Seidenspinner 270. — Kokonfarbe 249. Sektorialchimäre 361. Selektion s. Zuchtwahl. Semon 201, 202, 219, 221, 227. Sempervivum 60, 172, 214, 222, 350. Settegast 149, 152, 154, 323. Sexualität 72. Sexualproblem und Bastardierungs- experiment 394. Shireff 123. Shull 169, 284, 299, 395, 408, 449, 450, 451- Silvestri 190. Simocephalus 447. Simroth 165. 32' 500 — Sitowsky 196. Skopzen 301. Smith, G. 301, 386, 387, 423. Sömmeringfasan 322. Solanum lycopersicum 357. — nigrum 357. — tubingense 357. Soma und Keimplasma, Gegensatz zwischen 188. Spaltungsgesetz 265. Sphaerechinus s. Seeigel. Spillman 170. Spinacia 219. Spinnen 424, 436. Sport 137, 139, 231. Sports, Erhaltenbleiben in der Natur 163. Sprenger 141. Sprung Variationen 139. Stachelbeerspanner s. Abraxas. Stärkekörner 250. Standardabweichung 29. Standfuss 46, 165, 166 230, 251, 278, 345. 430. Standorts-Variabilität oder geogra- phische 40, 43. Standortsvarietäten 130, 131. Stechapfel 145. Steinach 195. Steinrück 263. Stevens 402, 407. Strasburger 355, 395, 407,410, 426, 428. Streuung 30. Strohl 445. Strongylocentrotus s. Seeigel. Struthers 179. Sturnella ludoviciana 41. Stute des Lord Morton 228. Sumner 218, 219. Surface 400. Svalöfer Prinzip der einmaligen Auswahl 124, 153. Symmetrie, bilaterale 78. Synapsis 368, 380. Syngnathiden 86. Syromastes 406. Tagpfauenauge 46. Tandler und Groß 302. Taschenkrebs 92. Tatusia 436. Taube 75. — Geschlechtsverhältnis 432. Taubenkreuzungen 232. Taufliege 169, 396. Telegonie 227. Temperaturaberrationen 46. Temperaturexperimente an Schmet- terlingen 45. Temporalvariation 71. Tennent 264. Tetraden 368, 370. Thompson 81. Thomson 108. Thury 441. Tomate 10, 321, 357. Tower 25, 39, 42, 54, 55, 65, 69, 74, 134, 147, 162, 163, 164, 181, 183, 166, 171, 172, 175, 176, 209, 211, 220, 221, 254 259, 321,' 328, 340, 341, 348. Toxopneustes 264. Toyama 173, 249, 270, 391. Transplantation 351. Treppenkurve 27, ^;^. Triton 389. Tschermak 220, 233, 236, 284, 296, 299, 366. Unfruchtbarkeit der Artbastarde 328, 350. Vail 169, 171. Vanessa io 46. — levana 45, 47. — prorsa 45. — urticae 46. Variabilität 19. — Beziehungen der Ernährung zur 50. — fluktuierende 19. — kontinuierliche 21. — eine Erscheinung der Ernäh- rungsphysiologie 53. — mathematische Analyse 32. — kollektive 38, 39. — Rolle der inneren Faktoren des Organismus für die fluktuierende 64. 501 Variabilität Ursachen 43. — und zweigeschlechtige Fortpflan- zung 64. - — variabler wie konstanter Organe 60. — Veränderung in der ^6. — transgressive 90, 131. Variabilitätsnnaß 29. Varianten, diskrete 24. — erbliche 176. Variation, diskontinuierliche 22, 140, 210, 222. — Qualität der 68. — Richtung der 68. Variationen, erbliche 340. — extreme 175. — geographische 45. — klimatische 46. — Keimplasma 33. Variationskoefflzient 3 1 . Variationskurve 25, 28. — halbe 32. — hochgipflige 32. — schiefe 32. — tiefgipflige 32. — unsymmetrische 32. — Verschiebung der 36, 52 — vielgipflige 68. — zwei- und mehrgipflige 32, 87. Variationspolygon 25. Variationsreihe, Veränderung unter dem Einfluß äußerer Bedingun- gen 36. Variationsstatistik 3, 29. Varietäten, ständig umschlagende 318. Vererbung als Erscheinung der Reizphysiologie 224. — als Korrelation 80. — erworbener Eigenschaften 184, 185. — geschlechtsbegrenzte 312, 387, 396, 411, 418. — celluläre Grundlagen der ^Gy. Vererbungsphänomene Gedächtnis 227. Vermählungsauswahl 106. Vermehrung, ungeschlechtliche 197. Vemon 56, 57, 66, 6j, 93, 264. Vilmorin 118. Viola 344. Virago 389. De Vries 3, 20, 33, 34, 52, 53, 67, 88, 94, 113, 123, 132, 141, 142, 145, 156, 158, 162, 163, 164, 169, 179, 183, 184, 222, 225, 233, 309, 330, 344. 348, 350. Walnuß 350. Walnußkamm 296. Wanze 373. Wanzen 409. Warzenschwein 202. Wasserblätter 43. Wassertiere, Einfluß des Salzgehalts auf 17. Weidenblattkäfer 203. Weinberg 109. Weinbergsschnecke, Linkswindung des Gehäuses 177, 179. Weinland 448. Weismann 33, 64 69, 115, 138, 165, 186, 187, 188, 190, 191, 192, 443, 444, 447. Weizen 165, 307, 330, 335, 340. Weldon 32, 67, 81, 92. Wesenberg-Lund 70, 131. Wespe 65, 412. Wettstein 168, 206, 350. Wheeler 410. Wheldale 315. Whitney 408, 449. Wichura 230. Wicke, spanische s. Lathyrus odo- rataus. Wildschwein 51. Wilson 373, 416. Wilson, E. B. 402. Windspiele 232. Winkler 357, 358, 360, 361, -^,61, 364- Wintereier 72. Wolf 197, 226. Wolfsmilchschwärmer 328. Wood 401. Woodruff 453. Woltereck 38, 53, 67, 69, 127, 131, 147, 225, 445, 446, 447, 448, 451- Wunderblume 254. — 502 Xenie 278. Xylotrupes 92. Yule 32, 109. Zaunrübe 394. Zebra 173. Zellenlehre in ihrer Beziehung zu den Vererbungserscheinungen 5. Zellkern 6, 367. Zell- und Kern Verschmelzung, vege- tative 360. Zellsaftfarbe 249. Ziege 51. Ziegler 220. Zuchtwahl 2, 18, 6g, 80, 98, 106, 109, 112, 121, 132, 137, 183, 186, 341. — innerhalb reiner Linien 119. — neuschaffende Wirkung 1 10. — und Variabilität beeinflussende Lebenslagefaktoren 112. — verbunden mit guter Ernährung 112. Zuchtwahlmethoden 126. Zuckerrübe 79, 118. Zugvögel 59. Zwangsdrehung 94, 179. Zwischenrassen 318. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. n^ \ rxi.