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ELEMENTE DER THEORIE DER FUNKTIONEN

EiNER KOMPLEXEN VERÄNDERLICHEN GRÖSSE

FÜNFTE AUFLAGE

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kleinen umfangreicheu Verlag auf dem Gebiete der Mathematischen, der Technischen uud Naturwissenschaften nach allen Rielitnngen hin weiter auszubauen, ist mein stetes durch das Vertrauen und Wohlwollen /ahlreicher hervon-ageuder Vertreter obiger Gebiete von Erfolg begleitetes Bemühen, wie mein VSrlagskatalog zeigt, und ich hofle, daß bei gleicher Unterstützung seitens der Gelehrten und .Schulmänner des In- und Aus- landes auch meine weiteren Unternehmungen Lehrenden und Lernenden in Wissenschaft und Schule jederzeit förderüch sein werden. Verlags- anerbieten gediegener Arbeiten auf einschlägigem Gebiete werden mir deshalb, wenn auch schon gleiche oder ähnliche Werke ftber denselben Gegenstand in meinem Verlage erschienen sind, stets sehr willkommen sein.

Unter meinen zahlreichen Unternehmungen mache ich ganz besonders auf die von den Akademien der Wissenschaften zu Göttingen, Leipzig, München und Wien herausgegebene Encyklopädie der Mathematischen Wissenschaften aufmerksam, die in 7 Bänden die Arithmetik und Algebra, die Analysis, die Geometrie, die MecUanik, die Physik, die Geodäsie und Geophysik und die Astronomie behandelt und in einem Schlußband historische, philosophische und didaktische Fragen besprechen wird. Eine französische Ausgabe, von französischen Mathematikern besorgt, hat zu erscheinen begonnen.

Weitester Verbreitung erfreuen sich die mathematischen und natur- wissenschaftlichen Zeitschriften meines Verlags, als da sind : Die Mathe- matischen Annalen, die Bibliotheca Mathematica (Zeitschrift für Geschichte der Mathematischen Wissenschaften), das Archiv der Mathe- matik und Physik, die Jahresberichte der Deutsehen Mathematiker- Vereinigung, die Zeitschrift für Mathematik und Physik (Organ für angewandte Mathematik), die Zeitschrift für mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht, die Mathematisch -natur- wissenschaftlichen Blätter, ferner Natur und Schule (Zeitschrift für den gesamten naturkundlichen Unterricht aller Schulen), die Geographische Zeitschrift u. a.

Seit, l^CiS veröffentliche ich: „Mitteilungen der Verlagsbuch- handlung B. G. Teubner". Diese jährlich zweimal erscheinenden „Mitt^eiluDgen", die unentgeltlich in 30000 Exemplaren sowohl im In- als auch im Auslände von mir verbreitet werden, sollen das Publikum, das meinem Verlage Aufmerksamkeit schenkt, von den erschienenen, unter tler Presse betindlichen und von den vorbereiteten Unternehmungen des Teubnerschen Verlags in Kenntnis setzen und sind ebenso wie das bis ;üif die Jüngstzeit fortgeführte Ausführliehe Verzeichnis des Verlags von B. G. Teubner auf dem Gebiete der Mathematik, der Tech- nischen und Naturwissenschaften nebst Grenzgebieten, 100. Aus- gabe [XLVIII u. 272 S. gr. «J, in allen Buchhandlungen unentgeltlich zu liaben, werden auf Wunsch aber auch unter Kreuzband von mir un- mittelbar an die Besteller übersandt.

Leipzig, Poststraße 3.

B. G. Teubner.

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Hf'DüREGE

ELEMENTE DER THEORIE DER FUNKTIONEN

EINER KOMPLEXEN VEEÄNI^ERLIOHEN GRÖSSE

IN FÜNFTER ALTLAGE NEU BEAEBEITET

VON

LUDWIG MAURER

MIT 41 FIGUREN IM TEXT

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LEIPZIG DKUOK UND VEELACt VON B. G. TKl HNEK

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ELEMENTE DER THEORIE DER FUNKTIONEN

EINER KOMPLEXEN VERÄNDERLICHEN GRÖSSE

IN FÜNFTER AUFLAGE NEU BEARBEITET

VON

LUDWIG MAURER

MIT 41 FIGUREN IM TEXT

LEIPZIG DRCCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER

1906

an

ALLK BECHTK, EINSCHLIESSLICH DES ÜBEHSETZUNGSEECHTS, VOBBEHALTEN.

Yo r r e d e.

Als ich auf Ansuchen des Teubnerschen Verlags die Heraus- gabe einer neuen Auflage von Dureges Funktionentheorie über- nommen hatte, habe ich mich überzeugt, daß ich mich ent- weder auf unwesentliche Änderungen beschränken oder ein neues Buch schi-eiben müsse.

Gegen das erstere Verfahren sprachen erhebliche Bedenken.

Dureges Buch ist unter dem mächtigen Eindruck von Riemauns grundlegenden Publikationen entstanden. Sein aus- schließlicher Zweck war, die neuen Ideen weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Daß es einem Bedürfnis entgegen- gekommen ist, dafür spricht die weite Verbreitung, die es gefunden hat. Die späteren Auflagen haben Verbesserungen im einzelnen, aber keine durchgreifende Umarbeitung erfahren. Auch noch in der letzten, 1893 erschienenen, Auflage hat die ganze neuere Entwicklung der Funktionentheorie keine Be- rücksichtigung gefunden. Daher erscheint das Werk heute seiner ganzen Anlage nach veraltet. Ich habe mich deshalb entschlossen eine neue Bearbeitung des Stoffes vorzunehmen und nur Dureges Einleitung beizubehalten. An der Tendenz des Duregeschen Werkes habe ich festgehalten: auch in seiner neuen Gestalt verfolgt das Buch den Zweck, den Leser in die Riemannsche Anschauungsweise einzuführen , und es setzt an Vorkenntnissen nicht mehr voraus als in den üblichen Vor- lesungen über Differential- und Integralrechnung gegeben zu werden pHegt.

In diesen Vorlesungen werden in der Regel die auf reelle Variable und ihre Funktionen bezüglichen Begriffsbestimmungen aus pädagogischen Gründen nicht in ihrer ganzen Schärfe vor- getragen, und wenn dies geschieht, so finden sie auf dieser Stufe des Unterrichts noch kein volles Verständnis. Ich habe deswegen diese Begriffsbestimmungen, soweit sie mir für Aie

TV Vorwort.

Begründung der Funktionentheorie erforderlich schienen, in einem einleitenden Kapitel zusammengestellt.

Duretje hat in seinem Werk die Integrale algebraischer Funktionen ausführlich behandelt, ohne doch bis zur Riemann- schen Thetafimktion vorzudringen. Es schien mir nicht zweck- mäßig ihm auf diesem Weg zu folgen. Ich habe zwar die wesentlichsten Sätze aus der Theorie der algebraischen Funk- tionen entwickelt und die Konstruktion der Riemannschen Flächen eingehend besprochen, aber auf die Theorie der Inte- grale algebraischer Funktionen bin ich nicht eingegangen. Ich habe mich darauf beschränkt durch ein ausführlich be- handeltes Beispiel einen Einblick in dies weite Gebiet zu eröffnen. Dagegen habe ich der Theorie der linearen Differen- tialgleichungen zweiter Ordnung einen umfangreichen Absclinitt gewidmet. Dafür sprachen mehrere Gründe: abgesehen davon, daß diese Theorie an und für sich ein großes Interesse bietet, ist sie meines Erachtens besonders geeignet, die allgemeinen funktionentheoretischen Prinzipien zu erläutern; dazu kommt, daß sie den naturgemäßen Zugang zu der Theorie der auto- morphen Funktionen eröffnet, die zurzeit im Vordergrund des Interesses steht.

Bei der Abfassung dieses Buches habe ich mich vielfach des Rates von Professor Brill zu erfreuen gehabt; ich möchte ihm dafür auch an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Ich kann auch nicht unerwähnt lassen, daß icli mich in vieler Beziehung durch die Erinnerung an die ausgezeichneten Vor- lesungen E. B. Christoffels habe leiten lassen. Wer diese Vorlesuncren gehört hat, wird dies ohne weiteres bemerken.

Ein Sachregister beizufügen erschien mir im Hinblick auf das ausführliche Inhaltsverzeichnis nicht erforderlich. Zur Bequemlichkeit des Lesers habe ich aber die gebrauchten Ter- mini technici, soweit sie nicht den Elementen der Analysis angehören, in einem Verzeichnis zusammengestellt und auf ihre Definition verwiesen.

Tübingen, im Juli 1906.

L. Maurer.

Inhalt.

Seite

Einleitung 1

Erster Abschnitt.

Definitionen und Sätze aus der Theorie der reellen Größen und ihrer Funktionen.

§ 1. Die irrationalen Zahlen 11

§ 2. Über Zahlenmengen 19

§ 3. Der allgemeinste FunktionsbegriflF. Grenzwerte 23

§ 4. Stetige Funktionen 25

§ 5. Sätze über stetige Funktionen. Monotone Funktionen. ... 30

§ 6. Diiferentiation 32

§ 7. Integration 36

§ 8. Zahlenmengen im zweidimensionalen Clebiet 42

§ 9. Funktionen von zwei Variabelu 48

§ 10. Kurvenintegrale. Flächenintegrale. Der Gaußsche Integralsatz. 51

Zweiter Abschnitt.

Komplexe Größen und ihre geometrische Repräsentation.

^11. Komplexe Größen 56

§ 12. Geometrische Repräsentation der komplexen Größen 58

§ 13. Ähnlichkeitstransformation und involutorische Transformation. 60

§ 14. Die Kreisverwandtschaft 64

§ 15. Repräsentation der komplexen Größen durch die Punkte einer

Kugel 73

Dritten- Abschnitt.

Definition der analytischen Funktionen einer kom- plexen Variabein und ihrer Integrale.

§ 16. Rationale Funktionen 75

§ 17. Definition der analytischen Funktionen einer komplexen Vaiia-

beln 78

VI Inhalt.

Seit»

§ 18. Konforme Abl>ildung 84

§ 19. Komplexe Integration. Definition des komplexen Integrals . '.»1 4} "20. Der Kundamentalsatz über komplexe integrale. Das Integral

als Funktion der oberen Gri-nze ^3

$21. Der Residuensatz 96

r (/r-

i? "23. Beispiele zur komplexen Integration 102

§•2-2. Das Integral I ^^[(^ 100

Vierter Abschnitt. Unendliche Reihen und Produkte. § 24. Reihen, deren Glieder reguläre Funktionen einer komplexen

Größe sind lia

§25. Unendliche Produkte von regulären Funktionen ..... 11&

§2C.. Die Taylorsche Reihe 122

§•27. Die Laurentsche Reihe 126

Fünfter Abschnitt. Einwertige Funktionen einer komplexen Variabein.

§28. Uustetigkeit einer Funktion in einem isolierten Funkt ... 131

§29. Das Integral / -/ - 1^^

§30. Umkehning der funktionalen Beziehung 139

§31. Die Funktion log r 144

§ 32. Die Integrale einwertiger Funktionen 154

§33. Die Funktion e^"'"'* 162

§34. Partialbruchzerfällung der Funktionen ctg z und . ... 164

° sin z

§ 35. Funktionen mit unendlich vielen Unstetigkeitspunkten. Spe- zielle Fälle 170-

§ 36. Funktionen mit unendlich vielen Unstetigkeitspunkten. Allge- meiner Fall 175-

§ 37. Funktionen mit gegebenen Nullpunkten und Unstetigkeits- punkten 179'

Sechster Abschnitt.

Doppelt periodische Funktionen.

§38. Periodische Funktionen 182

§39. Allgemeine Sätze über die Perioden einer einwertigen Funktion 186

§40. Sätze über doppelt periodische Funktionen 194

§41. Die Weierstraßsche j;-Funktion 198.

§ 42. Darstellung der doppelt periodischen Funktionen durch die

Funktionen ^j i; und 2^'{^) -0^

Inhalt. VU

Seite

ij 4;{. l'artialbruchzerfiilUinj? der j>-Funktiou 208

sj 44. Die Funktion ^(z) 212

§45. Die Furktion a(z, 21(3

§4ti. Die Funktion Ilt:) 220

Siebenter A b s c h n i 1 1. Mehrwertige Funktionen.

ij 47. Das Prinzip der analytischen Fortsetzung 222

§48. Die Sternfläche 228

§49. Unstetigkeits- und Verzweigungspuukte. liiemanusche Fläche. 231

§ 50. Das Prinzip der Spiegelung 236

§51. Abbildung eines Rechtecks auf die Halbebene 240

Achter Abschnitt.

Algebraisehe Funktionen.

§ 52. Sätze aus der Theorie der algebraischen Gleichungen .... 248 § 53. Algebraische Gleichungen, deren Koeffizienten rationale Funk- tionen der komplexen Variabein z sind 255

§ 54. Definition der algebraischen Funktionen 258

§ 55. Unstetigkeitspunkte und Yerzweigungspunkte der Wurzeln . 263

§ 56. Über die Bestimmung der Wurzelzyklen 269

§ 57. Doppelpunkte und mehrfache Punkte 274

§ 58. Die Riemannsche Fläche 278

§ 59. Beispiel einer Riemannschen Flüche 284

§ 6ü. Über die Funktionen, die auf der Fläche J einwertig sind . 291

Neunter Abschnitt.

Die homogene lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung.

§61. Fundamentalsystem von Integralen 297

§62. Nachweis eines Funktionselementes, das der Difi'erential-

gleichung genügt. Die Sternfläche 300

§ 63. Verhalten der Integrale in der Umgebung eines singulären

Punktes 304

§ 64. Über binäre lineare Substitutionen 314

§ 65. Die Verzweigung der Integrale der Difi'erentialgleichung . . 317 § 66. Über die singulären Punkte, die nicht Uubestimmtheitsstellen

sind 321

§67. Beweis, daß der Satz "\in umkehrbar ist 325

§68. Differentialgleichungen, die keine l'nbestimmtheitsstelle be- sitzen 334

§ 69. Die hypergeometrische Reihe ... 342

§ 70. Grenzfälle 346

VIII Inhalt.

Seite

}; 71. Darstellung der kanonischen Fiindamentalintegrale 350

§ 72. Darstellung der uneigentlich normalen Integrale 360

§ 73. Die Werte der kanonischen Integrale in den singuliiren Punkten 363

§ 74. Die iliergangssubstitutionen 368

§75. Ein spezieller Fall 374

§ 76. Die Schwarzsehe Differentialgleichung dritter Ordnung . . , 379

§77. Abbildung eines Kreisbogendreiecks auf eine Halbebene. . . 381

§ 7S. Anwendung des Prinzips der Spiegelung 386

ij 7lt. Automorphe Funktionen 389

4? 80. Axteinteilung der Dreiecksfunktionen 391

Zusammenstellung der gebrauchten Bezeichnungen.

Seite

Analytische Fortsetzung 225

Begrenzungspunkt einer zweidimensionalen Zablenmenge 44

Charakteristische Funktion, die zu einem Unstetigkeitspunkt

gehört 131

Charakteristische Gleichung, die zu einem singulären Punkt einer

linearen DiiFerentialgleichung gehört 326

Dichte Punktmenge 44

Einfach zusammenhängende Fläche 47

Elementarreihe 15

Exponenten, die zu einem singulären Punkt einer linearen Ditfe-

rentialgleichung gehören 322

Fuchssche Klasse von Differentialgleichungen 334

Fundamentalreihe 15

Fundamentalsystem von Integralen einer linearen Diiferential-

gleichung 2'j'J

Ganze (rationale oder tranozendente) Funktion 124

Grenze ''obere und untere; einer Zablenmenge 20

Gruppe von Substitutionen 316

Häufungsstelle einer Zahlenmenge 21 und 43

Hebbare l'nstetigkeit 29

Involutorische Substitution 63

Isolierter Punkt 43

Kanonische Integrale einer linearen Differentialgleichung 312

Konforme Abbildung S5

Kontinuum kontinuierlicher Bereich; 45

Konvergenz, gleichmäßige, einer Reihe 114

Konvergenz, gleichmäßige, eines Produkts 119

Konvergenzradius 118

Kreisverwandtschait 68

Laurentsche Reihe 128

Normale Integrale 'eigentlich und uneigentlich normalei einer

linearen Differentialgleichung .'JIS

Nullpunkt «'*"■ Ordnung 125

X Zusammenstollung der fjelirauohten Bezeichnungen.

Seite

Pol >j'" Ordnung 133

Reguläre Funktion einer komplexen Variabein 7i)

h'esiduum 5)6

Riemannsche Fläche IGO und 234

Scheinbarer singulärer Punkt einer linearen Differentialgleichung . 301)

Schnitt in einer Zahlenmenge 12

Sperrlinie . 145

StemBäche 228

Umgebung eines Punktes 43

Unbestimmtheitsstelle einer linearen Differentialgleichung .... 313

Verzweiguugspunkt 233

Wesentlich singulärer Punkt ... 134

Windungsfläche 143

Einleitung.

Die Verfolgung der allmäligen Entwickelung der Lehre von den imasinären Größen bietet besonders deswegen ein großes Interesse dar, weil man hier noch deutlich erkennen kann, mit welchen Schwierigkeiten die Einführung neuer, vor- her nicht bekannter, oder wenigstens nicht hinreichend ge- läufiger Becrrifie verbunden ist. Die Zeiten, in welchen die negativen, gebrochenen und irrationalen Größen in die Mathe-

O / O

matik eingeführt wurden, liegen uns so ferne, daß wir uns von den Schwierigkeiten, welche auch die Einführung dieser ßeg-riffe früher gehabt haben mag, keine rechte Vorstellung mehr machen können. Außerdem ist die Erkenntnis des Wesens der imaginären Größen auch wieder rückwärts für die Erkenntnis der negativen, gebrochenen und irrationalen Größen lehrreich geworden, da ein gemeinsames Band alle diese Größen

O Ö

umschlingt.

Bei den älteren Mathematikern herrschte fast durchgängig die Ansicht, daß die imaginären Größen unmöglich seien. Man begegnet beim Durchblättern älterer mathematischer Schriften immer wieder dem Ausspruche, daß das Auftreten imaginärer Größen keine andere Bedeutung habe, als die, die Unmöglichkeit oder Unlösbarkeit einer Aufgabe darzutun, daß diese Größen keinen Sinn hätten, daß man sich ihrer aber bisweilen mit Nutzen bedienen kömie, obgleich die Form der Resultate dann nur eine symbolische sei. In dieser Beziehung ist es interessant, den Entwicklungsgang Cauchy's zu be- obachten. Dieser gi'oße Mathematiker ist neben unserem „Pri)i- ceps niathcmaticorum" Gauss, welcher zuerst und wohl schon sehr frühe die hohe Bedeutung der imaginären Größen für alle

Duröge- Maurer, Fanktionentheorie. 5. Aufl. 1

l' Einleitung.

Teile der Mathematik orkauute, als Schöpfer der Lehre von den Funktionen imaginärer Variabein -au betrachten. Gleichwohl schloß er sich sowohl in seiner „algebraischen Analysis", als auch in den „Exercices*' vom Jahre 1844 noch ganz der Ausicht der älteren Mathematiker an. Es heißt dort au einer Stelle*): ,,Toute equation imaginaire n'est autre chose que la rt'presentation symboliijue de deux equations entre quautites reelles. L'emploi des expressions imagiuaires, en permettant de remplacer deux equations par une seule, offre souvent le moyen de simplifier les calculs et d'ecrire sous une forme ab- regee des resultats fort compliques. Tel est meme le motif principal pour lequel ou doit continuer ä se servir de ces ex- pressions, qui prises a la lettre et intei-pretees d'apres les Con- ventions generalement etablies, ne signifient rien et n'ont pas

de sens. Le signe ]/ 1 n'est en quelqiie sorte qu'un outil, un Instrument de calcul, qui peut etre employe avec succes dans uu grand norabre de cas pour rendre beaucoup plus simples non-seulement les formules analytiques, mais encore les methodes a Faide desquelles on parvient ä les etablir."

Diese Worte bezeichnen sehr deutlich den Standpunkt der älteren Mathematiker, der, wie man sieht, mitunter auch noch viel später festgehalten wurde. Fast nur in einer der mathe- matischen Disziplinen wurden die imaginären Größen von jeher mit berücksichtigt, nämlich in der Lehre von den alge- braischen Gleichungen; denn hier war es viel zu wichtig, zu- gleich auf alle Wurzeln Rücksicht zu nehmen, als daß das Imaginärwerden der letzteren den Untersuchungen hätte Still- stand gebieten können. Nichts desto weniger fanden einzelne Männer, die, wie es scheint, sich mit einer gewissen Vorliebe den imaginären Größen zuwandten, wie de Moivre, Bernoulli, die beiden Fagnano, d'Alembert, Euler allmälig die diesen Größen innewohnenden ausgezeichneten Eigenschaften auf und bildeten ihre Lehre immer mehr und mehr aus. Doch wurden diese Untersuchungen im ganzen mehr für wissenschaftliche Spielereien, für bloße Kuriosa angesehen, und man legte ihnen

*) Cauchy, Exercices d'analyse et de physique mathematique. Tome III. p. 361,

Kiiileituntr. 3

nur insofern Wort bei, als sie nützliche Ililt'suiittel für andere Untersuchungen (larh(»ten. Es hat aber auch nicht an solchen gefehlt, welche die iniagiiiäreii (irößen wegen ihrer vermeinten I'imu'iglichkeit nirgend angowendt't wissen wollten*).

Die Ansicht von der Umnöglichkeit der imaginären (ircißeu ist eigentlich von einem Verkennen des Wesens der negativen, gebrochenen und irrationalen Größen ausgegangen. Da näm- lich die Anwendung dieser mathematischen Begriffe auf Geo- metrie, Mechanik, Physik und zum Teii' selbst im bürgerlichen Leben sich so leicht und so von selbst darbot, ja ohne Zwei- fel in vielen Fällen die Veranlassung zur Untersuchung dieser Größen wurde, so kam es, daß mau in irgend einer dieser Anwendungen das wahre Wesen dieser Begiüffe und ihre wahre Stellung im Gebiete der Mathematik zu finden glaubte. Bei den imaginären Größen lag nun eine solche Anwendung nicht so nahe, und wegen der mangelnden Kenntnis derselben glaubte man die imaginären Größen in das Reich der Unmöglichkeit verweisen, ihre Existenz bezweifeln zu müssen. Dabei ließ man aber außer Acht, daß die reine Mathematik, die Wissen- schaft der Addition, so wichtig auch ihre Anwendungen sind, doch an und für sich mit den letzteren nichts zu tun hat, daß ihre durch eine vollständige und widerspruchsfreie Defi- nition eingeführten Begriffe in der Definition selbst ihre Exi- stenz begründen, und daß ihre Sätze wahr sind, gleichviel, ob man von ihnen eine Anwendung machen kann oder nicht. Ob und wann dieser oder jeuer Satz eine Anwendung finden wird, läßt sieh oft nicht vorherbestimmen, und gerade die heutige Zeit ist ja reich genug an Beispielen, daß sich die wichtigsten, selbst tief in das Leben der Völker eingreifenden Anwendungen an Sätze geknüpft haben, bei deren Entdeckung man sicherlich keine Ahnung von diesen Folgen hatte. So stark war aber allmählich der Glaube an die Unmöglichkeit der

*) Aussi a-t-on tu quelques g^ometres d'un rang distingue ne point goiiter ce genre de calcul, non qu'ils doutassent de la justesse de son re8ultat, mais parco qu'il paraissait y avoir une sorte d'inconvenance ä employer des expressions de ce genre qui n'ont Jamals sei-vi qu'ä an- noncer une absurdite dans l'enoncö d'un probleme. Montucla. Histoire des mathematiques. Tome III. p. 283.

4 Einleitung.

iiuagiuären Grüßen geworden, daß, als seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Idee auftauchte, die imaginären Größen geometrisch darzustellen*), man nun umgekehrt aus der vermeintlichen Unmöolichkeit derselben auch die Unmög- liehkeit, sie geometrisch darzustellen, folgerte**).

Um die Stellung, welche die imaginären Größen im Ge- biete der reinen Mathematik einnehmen, zu erkennen, und um einzusehen, daß sie mit den negativen, gebrochenen und irra- tionalen Größen durchaus auf eine Linie zu stellen sind, müssen wir etwas zurückgreifen.

Die ersten mathematischen Begriffe, die sich unmittelbar aus der Grundoperation der Mathematik, der Addition, er- geben, sind diejenigen, die man nach dem heutigen Sprach- gebrauche positive ganze Zahlen nennt. Geht man von der Addition zu ihrer Umkehrung, der Subtraktion, über, so stellt sich alsbald die Notwendigkeit ein, neue mathematische Be- griffe einzuführen. Sobald nämlich die Aufgabe entsteht, eine größere Zahl von einer kleineren zu subtrahieren, so kann die- selbe nicht mehr durch eine positive ganze Zahl gelöst werden. Auf einem Standpunkte, auf dem man nur positive ganze Zahlen kennt, hat man daher die Alternative, entweder eine solche Aufgabe als unmöglich, als unlösbar zu bezeichnen, und damit dem Fortschritt der Wissenschaft nach dieser Richtung hin eine Schranke zu setzen, oder aber die Möglichkeit der Auflösung jener Aufgaben dadurch herbeizuführen, daß man

*) üeber das Historische in Betreff der geometrischen Darstellung der imaginären Größen vergl. Hankel, Theorie der komplexen Zahlen- systeme. Leipzig 1867, S 81.

Es verdient bemerkt zu werden, daß Abel und Jacohi im Gegen- satze zu der Ansicht, daß erst eine geometri.'iche Darstellung den ima- ginären Größen eine wirkliche Existenz zu gewähren vermöge, schon in ihren ersten Untersuchungen über die elliptischen Funktionen, also zu einer Zeit, wo jene Darstellung noch so gut wie unbekannt war, unbekümmert um die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer solchen, sich der imaginären Größen unbeschränkt bedienten, in dem vollen Bewußt- sein, wie wesentlich die Berücksichtigung derselben sei, und wie unvoll- ständig ihre Untersuchungen ohne dieselben hätten bleiben müssen.

**) Foncenex, Reflexions sur les quantitfis imaginaires. Miscellanea Taurinensia. Tome I. p. 12-2.

Eiult'itung. .')

solclu' niatheniatisciie Begriffe, welche du- Aulgahe zu lösen verniötreu, als ueiie Betjriffe einführt. Aul" diese Weise ent- stehen durch die Subtraktion die negativen Größen als Diffe- renzen zunächst zweier positiver ganzer Zahlen, von denen der Subtrahendus größer ist als der Minuendns. Ihre Existenz- und Bedeutung für die reine Mathematik ist dann nicht etwa in einem (.Gegensätze zwischen rechts und links, vorwärts und rückwärts, Bejahung und Verneinung, Vermögen und Schulden (»der in irgend einer ihrer mannigfaltigen Anwendungen be- gründet, sondern lediglich in der Definition, durch welche sie eingeführt werden.

Wenngleich nun aber in rein begrifflicher Beziehung in den negativen Größen nichts Unmögliches liegt, so kann es sich doch ereignen, daß durch das Auftreten von negativen Größen die Unmöglichkeit oder Unlösbarkeit einer Aufgabe angezeigt wird, nämlich dann, wenn die Xatur der Aufgabe zu ihrer Lösung notwendig positive Größen erfordert. Ist z. B. folgende Aufgabe gestellt: Man soll 6 Kugeln so in zwei Urnen verteilen, daß sich in der einen 8 mehr befinden, als in der andern, so ist darin folgende rein mathematische Auf- gabe enthalten: zwei Zahlen zu finden, deren Summe gleich 6, und deren Differenz gleich 8 sei. jWird nun nur verlangt, daß diese Zahlen mathematische Begriffe seien, ohne dieselben auf eine besondere Art von mathematischen Begriffen zu be- schränken, und sind ferner vorher die negativen Größen durch ihre Definition begi'ifflich festgestellt worden, so liegt die Lös- barkeit der rein mathematischen Aufgabe auf der Hand; wie jeder sieht, sind die positive Zahl 7 und die negative Zahl 1 diejenigen Größen, welche der Aufgabe genügen. Nichts- destoweniger ist die ursprünglich gestellte Aufgabe zu lösen unmöglich, denn in derselben wird verlangt, daß jede der ge- suchten Zahlen eine Anzahl bedeuten soll, also notwendig positiv sein muß. Läge nun die L'nmöglichkeit nicht so offen da, wie bei diesem einfachen Beispiele, so würde das Auf- treten der negativen Zahl 1 die Unlösbarkeit der Aufgabe zu Tay;e bringen.

Ganz dieselben Umstände treten nun bei jeder andern in- direkten Operation aufs Neue ein. Die nächste indirekte

G Einleituuij

Operation ist die Division. Stellt man die Aufgabe, eine ganze Zahl in eine andere zu dividieren, welche nicht ein Vielfaches der erstereu ist. so entsteht die Unmöglichkeit, diese Aufgabe durch positive oder negative ganze Zahlen zu lösen. Der Fortschritt der Wissenschaft erfordert also wieder, die Mög- lichkeit der Lösung . dadurch herbeizuführen, daß man die dazu nötigen Größen einführt und begrifflich feststellt. Diese neuen Begriffe sind hier die rationalen Brüche. Aber auch hier kann der Fall eintreten, daß das Auftreten derselben die Un- möglichkeit der Lösung einer Aufgabe kundgibt, nämlich wiederum dann, wenn die Natur der Aufgabe die Lösung durch die neuen Begriffe nicht gestattet. Als ein Beispiel diene folgende Aufgabe: Durch ein in einer Maschine oder einem Uhrwerke befindliches Rad. welches 100 Zähne besitzt und in der Minute einmal umläuft, soll unmittelbar ein anderes Rad so in Bewegung gesetzt werden, daß dieses 12 mal in der Minute umläuft; man fragt, wie viele Zähne man dem letzteren Rade geben muß. Die hier zu Grunde liegende rein mathe- matische Aufgabe besteht einfach darin, 100 durch 12 zu di- vidieren, und sind die Brüche einmal begrifflich festgestellt worden, so hat die Auflösung keine Schwierigkeit, sie liefert S^a- Das Auftreten dieses Bruches aber zeigt zugleich die Unmög- lichkeit an, die ursprünglich gestellte Aufgabe zu lösen, da die zu bestimmende Anzahl der Zähne des zweiten Rades eine ganze Zahl sein muß.

Die dritte indirekte Operation ist die VVurzelausziehung. Setzt man

"/

ya = X,

Avo li eine positive ganze Zahl bedeute, so ist die Aufgabe, eine dieser Gleichung entsprechende Größe x zu finden, durch ganze Zahlen oder rationale Brüche nicht mehr lösbar, sobald a nicht die «*^ Potenz einer solchen Größe ist. In diesem Falle tritt also wieder die Notwendigkeit ein, die Aufgabe durch Einführung neuer Begiüffe lösbar zu machen. Ist nun entweder n positiv, oder wenn a negativ ist, ii eine ungerade Zahl, so sind die neu einzuführenden Begriffe die irrationalen Größen: ist aber a negativ und zugleich n eine gerade Zahl,

Einleitung. 7

80 entstellen als neue Hegriti'e die iiuaj^iuären Größen. Es liegt nun ebensowenig die Unmöglichkeit vor, diese letzteren bef^ritilich festzustellen, [wie die irrationalen Größen oder wie früher die rationalen Brüche und die negativen Größen, denn bei keiner der hier aufzustellenden Definitionen stößt man auf einen inneren Widerspruch. Wenn ein solcher einträte, wenn Eigenschaften miteinander in Verbindung gesetzt würden, von denen bewiesen werden kann, daß sie nicht miteinander be- stehen können, dann allerdings hätte man es wirklich mit etwas Unmöglichem zu tun. Gauss*) führt als ein Beispiel einer solchen Unmöglichkeit ein ebenes recht winkli eres gleich- seitiges Dreieck an. In der Tat wird bewiesen, daß ein ebenes gleichseitiges Dreieck nicht zugleich rechtwinklig sein kann. Hier läge also wirklich etwas Unmögliches vor.

Wenn nun schon das Auftreten von negativen Größen oder von Brüchen bisweilen die Unmöglichkeit einer Aufgabe kund gibt, so ist leicht begi-eiflich, daß diese auch durch ima- ginäre Größen angezeigt werden kann, wie in folgendem Bei- spiel: Eine gegebene Gerade von der Länge 2 soll in zwei solche Teile geteilt -werden, daß das aus ihnen gebildete Recht- eck den Inhalt 4 habe. Der rein mathematische Inhalt dieser Aufgabe ist, zwei Zahlen zu finden, deren Summe gleich 2, und deren Produkt gleich 4 ist. Wird nun nur verlangt, daß diese Zahlen mathematische Größen seien, ohne näher anzu- geben, welcher Ai-t sie sein sollen, so hat die Auflösung, nach- dem die imaginären Größen einmal begrifflich festgestellt worden sind, keine Schwierigkeit. Sie führt auf die Auflösung der quadratischen Gleichung

x'-— 2x + 4 = 0, deren \Vurzeln die imaginären Zahlen

1 + j/ - 3 und 1 - y - 3

sind. Nimmt man aber auf die ursprüngliche Aufgabe Rück- sicht, wonach die gesuchten Größen Teile einer geraden Linie

*) Demonstratio nova theorematis omnem functionem algebraicam rationalem integram unius variabilis in factores ideales primi vel secundi gradus resolvi posse. (Inaug.-Diss. pag. 4 Note.)

8 Einleitung.

bedeuten sollen und daher reelle Größen sein müssen, dann ist die Aufgabe zu lösen unmöglich, weil das größte aus zwei Teilen der Linie 2 gebildete Rechteck den Inhalt 1 hat, und daher keines den Inhalt 4 haben kann: und diese Unmöglich- keit wird hier durch das Auftreten imaginärer Größen an- gezeigt. Montucla*) hat dies nämliche Beispiel als Beleg für die Ansicht gewählt, daß in der Unmöglichkeit einer Aufgabe überhaupt die Bedeutung und Entstehung der imaginären Größen zu suchen sei, indem sie dann aufträten, wenn man eine Aufgabe stelle, welche eine unmögliche oder absurde For- derung enthalte. Wir haben gesehen, daß ganz dasselbe auch von den negativen Größen und den Brüchen behauptet werden könnte, und die Worte: „Ainsi toutes les fois que la resolution d'un Probleme conduit ä de semblables expressions et que parmi les differentes valeurs de 1 inconnue il ny en a que de telles, le probleme, ou pour mieux dire, ce qu'on demande est impossible" und weiterhin: .Xe probleme, qui conduirait ä une pareille equation, serait impossible ou ne presenterait quime demande absurde" lassen sich fast wörtlich auf die beiden früher angeführten Beispiele anwenden, in denen die Unmög- lichkeit der Aufgabe durch eine negative Zahl und durch einen Bruch angezeigt wurde.

Aus den vorigen Erörterungen erhellt, daß die imagi- nären, die irrationalen^ die rational gebrochenen und die nega- tiven Größen eine gemeinsame Entstehungsart haben, nämlich durch die indirekten Operationen, bei welchen ihre Einführung durch den Fortschritt der Wissenschaft notwendig gemacht wird- Sie alle finden ihre Existenz in ihrer Definition be- gründet, welche bei keiner etwas Unmögliches in sich schließt: bei allen aber kann es Fälle geben, wo ihr Auftreten wegen der besonderen Natur der Aufgabe die Unmöglichkeit, diese zu lösen, kundgibt.

Ehe wir nun zu unserem eigentlichen Gegenstande über- gehen, sei noch eine Bemerkung über das Rechnen mit den imaginären Größen erlaubt. Auch hier können wir wieder an die ihnen verwandten Größen anknüpfen. Jedesmal, wenn in

*) flistoire des matbematiqnes. Tome DI. j»ag. S"!

Einleitung. 9

die Mathematik [ein neuer Begrifi' einp^eführt wird, ist es an und für sich in vieler Beziehung eine Sache der Willkür, in welcher Weise mau die Operationen, denen man die früheren Begrifie unterwirft, auf den neuen Begriff übertragen will. Nachdem z. B. die Definition der Potenzen mit ganzen posi- tiven Exponenten aus der wiederholten Multiplikation einer Größe mit sich selbst hergeleitet ist, entsteht die Frage, was man unter einer Potenz mit einem negativen Exponenten zu verstehen habe. An und für sich ist dieses ganz willkürlich, indem es nichts gibt, was uns zwingt, etwas Bestimmtes da- runter zu verstehen. Allein wenn man hier und in allen ähn- lichen Fällen ganz willkürlich verfahren wäre und sich nicht an eine bestimmte Norm gebunden hätte, so würde das mathe- matische Gebäude gewiß eine seltsame, die Übersicht gewaltig erschwerende Gestalt erhalten haben. Die äußere Konsequenz und die harmonische Übereinstimmung in allen ihren Teilen verdankt die Mathematik der Befolgung des Grundsatzes, daß man jedesmal, wenn mau einen neu eingeführten Begriff' den früher bekannt gewordenen Operationen unterwirft, die von diesen Operationen geltenden Hauptsätze auch dann noch als fortbestehend annimmt, wenn man jene auf die neuen Be- griffe überträgt. Diese an und für sich willkürliche Annahme ist so lange zu machen erlaubt, als daraus nicht ^^ idersprüche entstehen*). Wenn nun dieser Grundsatz befolgt wird, dann sind die Definitionen, von denen oben die Rede war, nicht mehr willkürlich, sondern ergeben sich als notwendige Folge jenes Grundsatzes. Bei den Potenzen wird z. B. bewiesen, daß, wenn m und n zwei positive ganze Zahlen sind, und m > )i angenommen wird,

a"

ist. Nun wird willkürlich festgesetzt, daß dieser Satz auch dann noch richtig bliebe, wenn ni < ii, also ni n = p eine negative Zahl ist: und dami folgt, daß man

*) Dies ist dasselbe, was später von Hankel als das Prinzip der Permanenz der formalen Gesetze bezeichnet worden ist. (Theoi-ie der komplexen Zahlensysteme. Leipzig 1867. S. 11.)

m Einleitung.

„'' zu setzeu habe, woduirli die Bedeutung einer Poteuz mit einem negativen Exponenten nun bestimmt festgestellt ist.

Daß der obige Grundsatz, trotzdem daß seine Annahme durchaus nicht notwendig, sondern willkürlich ist, für die Mathematik die größte Wichtigkeit besitzt^ bedarf wohl keiner näheren Auseinandersetzung. Man braucht sich nur zu ver- gegenwärtigen, wie das System der Mathematik beschaffen sein würde, wenn jener Grundsatz nicht befolgt wäre, um so- fort zu erkennen, welche Unterscheidungen man bei jedem Schritte zu machen gezwungen wäre, und wie schwerfällig alsdann der Gang der Beweise sein würde. Die durch diesen Grundsatz herbeigeführte in Aveiter Ausdehnung stattfindende Allgemeingültigkeit der mathematischen Sätze läßt auch eine andere Erscheinung in der Geschichte der Mathematik be- greifen, nämlich die eine Zeit lang so weit auseinandergehen- den Ansichten über die Bedeutung der divergenten Reihen. Da man gewohnt war, fast alle mathematischen Sätze als all- gemein gültig zu betrachten, so bedurfte es längerer Zeit, bis die Überzeugung durchdrang, daß bei den Reihenentwicke- lungen die Resultate nur unter gewissen beschränkenden Be- dingungen Geltung haben, und daß überhaupt bei der Ein- führung des Unendlichen in die Mathematik jener Grundsatz nicht so unbedingt zur Anwendung gebracht werden darf, wie sonst.

Bei der Übertragung der mathematischen Operationen auf die imaginären Größen findet nun aber der obige Grundsatz volle Anwendung, und es ist vollständig nachgewiesen, daß dabei keinerlei Widersprüche eintreten. Es liegt nicht in der Absicht, diesen Xachweis hier zu wiederholen; erwähnt mag aber werden, daß jener Grundsatz, obwohl sonst stets befolgt, doch gerade bei den imaginären Größen nicht von jeher und allgemein anerkannt wurde. Noch zu Eulers Zeit waren die Mathematiker gar nicht darüber einig, was man unter dem Produkt zweier Quadratwurzeln, aus negativen Größen zu ver- stehen habe. Euler selbst setzte obigem Grundsatze gemäß, und wie jetzt allgemein angenommen wird, wenn a und b

ij 1. Uio irratiunali'ii Zahlen. 11

zwei positive GWißen bedeuten,

Y-a ■y-b=y ah, also das Pi-odukt dieser beiden imaginären Größen einer reellen Größe gleich. Dies wurde aber nicht allgemein anerkannt, vielmehr glaubte Emerson, ein englischer Mathematiker, daß man annehmen müsse, es sei

weil es absurd sei, anzunehmen, daß jdas Produkt zweier un- möglicher Größen nicht auch unmöglich sei; und Hutton sagt in seinem mathematischen Wörterbuche*), daß zu seiner Zeit die Ansichten der Mathematiker hierüber ziemlich gleich geteilt seien.

Erster Absehnitt.

Definitionen und Sätze ans der Theorie der reellen Größen und ihrer Funktionen.

§ 1. Die irrationalen Zahlen. In der Einleitung ist ge- zeigt worden, wie man mittels des Prinzips der „Permanenz der formalen Gesetze" (S. 9, Fußnote) von den ganzen positiven Zahlen ausgehend zu den negativen und den gebrochenen ge- langt. Derselbe Weg: führt zur Definition der irrationalen Zahlen, die Wurzeln aus rationalen Zahlen oder allgemeiner Wurzeln von algebraischen Gleichungen mit ganzzahligen Koeffizienten sind, ferner zur Definition der Logarithmen der rationalen Zahlen für eine beliebige rationale Basis usw. Man kann aber auf diesem Wege nicht zu einer allgemeinen De- finition der in'ationalen Zahlen gelangen, denn solange man die Definition an bestimmte Rechenoperationen knüpft, bedarf jede Klasse irrationaler Zahlen einer besonderen Definition. Hat man z. B. die Wurzeln algebraischer Gleichungen mit ganz- zahligen Koeffizienten und die Logarithmen der rationalen Zahlen für eine rationale Basis definiert, so ergibt sich hieraus noch nicht die Definition der Logarithmen der Wurzeln.

*) Hutton, Matheinatical dictionan-. 179G.

12 § 1 L^i«^' irrationalen Zahlen.

Um den allgemeinen Begiüö' der irrationalen Zahl fest- zustellen, müssen wir daher einen anderen Weg einschlagen. Wir gehen aus von der folgenden Bemerkung: Wenn eine rationale Zahl r gegeben ist, so können wir die Gesamtheit der rationalen Zahlen in zwei Klassen A und B einteilen der Art, daß der Klasse A alle die Zahlen, die kleiner als r sind, der Klasse B alle die Zahlen, die größer als r sind, angehören. Die Zahl r selbst können wir nach Belieben der einen oder der anderen Klasse zuzählen. Cha- rakteristisch für diese Klasseneinteilung sind die beiden Eigen- schaften :

1. jede rationale Zahl gehört einer und nur einer der beiden Klassen an;

2. jede Zahl der Klasse A ist kleiner als alle Zahlen der Klasse B.

Diese beiden charakteristischen Eigenschaften sind nun nicht dadurch bedingt, daß die Klasseneinteilung durch eine rationale Zahl bewirkt wird. Rechnen wir beispielsweise zur Klasse A diejenigen rationalen Zahlen, deren Quadrat < 2, zur Klasse B diejenigen, deren Quadrat > 2 ist, so erhalten wir eine Einteilung, die die beiden charakteristischen Eigenschaften besitzt; da es aber keine rationale Zahl gibt, deren Quadrat = 2 ist, so wird diese Einteilung durch keine rationale Zahl bewirkt. Eine andere Klasseneinteilung, die ebenfalls die beiden charakteristischen Eigenschaften besitzt, erhalten wir, wenn [wir die rationale Zahl x zur ersten oder zur zweiten BQasse rechnen, je nachdem die Differenz 10^ 2 negativ oder positiv ist. Auch diese Einteilung wird durch keine rationale Zahl bestimmt.

Nehmen wir nun an, es liege irgend eine Einteilung der rationalen Zahlen in zwei Klassen A, B vor, die die beiden unter 1. und 2. genannten charakteristischen Eigenschaften besitzt. Eine derartige Einteilung bezeichnet man als „Schnitt (A, B)". Gibt es in der Klasse A eine gri3ßte Zahl ;•, so um- faßt die Klasse A alle die rationalen Zahlen, die ^ r sind, die Klasse B alle die Zahlen, die > ;• sind. Gibt es in der Klasse B eine kleinste Zahl r, so umfaßt die Klasse A die Zahlen, die < r sind, die Klasse B die Zahlen, die > r sind.

§ 1. Die irratiuiialt.'u Zahlen. 13

Wenn einer dieser beiden Fälle eintritt, so fällt der Schnitt (Ä, B) mit einem der beiden Schnitte zusammen, die durch die rationale Zahl r l)estinimt sind. Diese beiden Schnitte wollen wir als nicht wesentlich verschieden betrachten.

Wenn es weder in der Klasse A eine o-rößte noch auch in der Klasse B eine kleinste Zahl gibt, so ist der Schnitt (A, E) nicht durch eine rationale Zahl bestimmt.

Wir sagen in diesem Fall, der Schnitt „entspreche" einer irrationalen Zahl u oder auch er sei „durch eine irrationale Zahl a bestimmt''.

Zwei irrationale Zahlen a und ß heißen gleich oder un- gleich, je nachdem ihnen derselbe Schnitt entspricht oder nicht.

Diese Definition der irrationalen Zahlen verdankt man Dedekind.*)

Ihre durchsichtige Klarheit beruht darauf, daß sie keinerlei Darstellung der irrationalen Zahlen durch rationale benutzt. Wir werden nun zeigen, wie man von der Dedekindschen Definition ausgehend zu der üblichen Darstellung der irratio- nalen Zahlen orelangt.

Wir bemerken zunächst: die Reihe der Brüche

3 2 1^12 8^

a a a a a a

deren gemeinschaftlicher Nenner eine gegebene ganze Zahl a ist, und deren Zähler die Zahlen der natürlichen Zahlenreihe sind, wird durch den Schnitt (A, B) in zwei Teile zerlegt. Den letzten Bruch, der der Klasse A angehört und den ersten Bruch, der der Klasse B angehört, bezeichnen wir als Näherungs- brüche der Zahl a, die dem Schnitt i^-l, B) entspricht oder auch als Näherungsbrüche des Schnittes (A, B). Zu jeder ganzen positiven Zahl a gehören somit zwei Näherungsbrüche, deren Differenz = \ : a ist. Wenn die Zahl « rational und a ein Multiplum des Neuners von a ist, so ist der eine der beiden Näherungsbrüche = a.

Betrachten wir nun Näherungsbrüche, die zu verschiedenen Nennern gehören.

*) Stetigkeit und irrationale Zahlen.

14 $ 1. r>ie irrationalen Zahlen.

Wir behaupten:

I>ie Dittereiiz zweier Näherungsbrüche h : n und h' : o' ist dem absoluten Betvasr nach < \ : a -\- \ : (('.

Um dies zu beweisen, nehmen wir zunächst an, die beiden Brüche h : a und h' : a gehören derselben Klasse an etwa der ersten und es sei h' : a y- h : a.

Nun gehört, weil b : a ein Näherungsbrueh ist, (b -\- 1) : a der zweiten Klasse au, folglich ist !(& + 1) : « > Z/' : a. Dem- nach ist

h\ ^ _ 1 /?' 4- 1 ^'\ ^ '^ a a ö \ ö «'/ (i

Lassen wir die Voraussetzung, es sei V : a' ^ h : a, fallen, so können wir sagen: gehören die beiden Brüche b : a und b' : a' derselben Klasse an, so ist ihre Difierenz kleiner als der cjrößere der beiden Brüche 1 : a und 1 : «'. Nehmen wir nun- mehr an, der Bruch b : a gehöre zur ersten, der Bruch b' : a dagegen zur zweiten Klasse. In diesem Falle gehören die beiden Brüche (&'— 1): «' und b: a derselben Klasse an und das gleiche gilt für die beiden Brüche b' : a' und i & + 1) : «. Folg- lich ist [der absolute Betrag jeder der beiden Differenzen (b' 1) : a' b : n und b' :a' (b -f 1) : a kleiner als der größere der beiden Brüche 1 : a und 1 : a. Aus den Gleichungen

6' _ 6 _ /b' 1 _ b\ ^ ^/h^ _ b-\-l\ J_ «' « \ «' a J a \a a ) a

ergibt sich nun unmittelbar die Richtigkeit unserer Behauptung. Wir bilden nun eine unbegrenzte Reihe von Näherungs- brüchen :

tto Ol Og

Die Nenner a^ a^ a, . . . wählen wir der Art, daß mit wachsendem Index v a,. über 'alle Grenzen wächst. Genauer ausgedrückt heißt das: Wir wählen die Nenner so, daß sich zu jeder gegebenen positiven Zahl m ein Index [i der Art be- stimmen läßt, daß für v > ,u «,, > m ist. Dieser Forderung genügen wir beispielsweise, indem wir a^ = 10'' setzen. Es ist dann 6, : a^. ein v-stelliger Dezimalbruch; die Differenz zwischen diesem Näherungsbruch und einem der folgenden ist kleiner als eine Einheit der v*®" Dezimale.

§ 1. I)ie irratiüiialoii Zahlen. 15

Die Näherungsbrüche (li) köuiieri sich in beliebigei- Weise auf die Klassen A und B verteilen.

Auf jeden Fall können wir, wenn nur die Nenner der

Näheruno-sbrüche der gestellten Bedingung genügen, den Index

|W so groß wählen, daß für ;' > u der absolute Betrag der

Ditierenz h, •((,. ?>,, : «„ kleiner als eine vorgegebene, beliebig

kleine, Gniße 6 ist. Da nämlich, wie eben bewiesen worden

ist, der absolute Betrag dieser Diö'erenz < 1 : «,, + 1 : «,, ist,

so brauchen wir nur den Index .a so groß zu wählen, daß für

2 v^ ^ «,, > ist.

Nachdem wir gezeigt haben, daß für jeden Schnitt in mannigfaltiger Weise eine Reihe von Näherungsbrüchen be- stimmt werden kann, bleibt zu beweisen, daß auch umgekehrt eine jede Reihe der Form (R) einen Schnitt bestimmt. Es ist zweckmäßig bei diesem Beweis nicht davon Gebrauch zu machen, daß die Glieder der Reihe (R) Näherungsbrüche sind, sondern von einer allgemeineren Voraussetzung auszugehen. Es sei eine unbegrenzte Reihe von rationalen Zahlen

(C) Cq q c, . . .

vorgelegt, die der folgenden Bedingung genügen:

3. Nach Annahme einer beliebig zu wählenden positiven Größe £ kann man einen Index ii der Art bestimmen, daß für i/ > ^ kv ~~ ^/J ^ ^ ist.*) Eine derartige Reihe bezeichnet man als „Fundamentalreihe". Sie heißt insbesondere „Elemen- tarreihe", wenn man den Index u so bestimmen kann, daß für v > |Lt I Cy } <C £ ist, wo 6 eine beliebig zu wählende positive Größe bedeutet.

Aus der Definition der Fundamentalreihe folgt unmittelbar, daß die absoluten Beträge aller Glieder der Reihe unter einer angebbaren Zahl bleiben.

Die aus Näherungsbrüchen bestehende Reihe (R) ist offenbar eine Fundamentalreihe, aber es können im Allgemeinen die Glieder einer Fundamentalreihe nicht als Näherungsbrüche einer bestimmten Zahl betrachtet werden.

*) Mit Cy Cf, bezeichnen wir in üblicher Weise den absoluten Betrag der Differenz Ci Cu

1(3 § 1. Die irrationalen Zahlen.

Wir beweisen nuu den Satz:

Eine jede Fundamentalreihe bestimmt einen Schnitt und damit auch eine rationale oder irrationale Zahl.

Den Beweis stützen «wir auf die folgende Bemerkung:

Eine Fuudamentalreihe (C) ist entweder eine Elementar- reihe, oder aber es besitzen sämtliche Glieder der Reihe, von einem bestimmten Glied <„ angefangen, dasselbe Vorzeichen und die absoluten Beträge dieser Glieder bleiben über einer angebbaren positiven Zahl.

Wenn nämlich einer jeden positiven Größe s nur eine endliche Anzahl von Gliedern der Reihe (C) entsprechen, die der Bedincrung ic > £ crenüQ;en, so ist die Reihe eine Ele- mentarreihe. Wenn also die Reihe (C) nicht eine Elementar- reihe ist, so muß sich eine positive Zahl e nachweisen lassen, die der Bedingung genügt, daß unbegrenzt viele Glieder der Reihe dem absoluten Betrag nach > f. sind. Wir wählen nun den Index u so groß ,^ daß für v > ,u ! c,, c, J < ^ < £ ist, und wir wählen ihn überdies so, daß i c^J > £ ist. Aus der Glei- chung ^,. = c,, -f- (c,, cj folgt, daß für v > i«. die Zahl c,, dasselbe Vorzeichen besitzt wie die Zahl c^ und daß |c,,! > £ d ist.

Nehmen wir nun zunächst an, es genüge keine rationale Zahl )• der Bedingung, daß die Reihe

(C ') Cq )■ c^ r c., r . . .

eine Elementarreihe ist. Unter dieser Voraussetzung erhalten wir einen Schnitt (A, B), wenn wir eine jede rationale Zahl r zur Klasse A oder zur Klasse B rechnen, je nachdem für große Werte des Index v die Differenzen c,, r negativ oder positiv sind.

Nehmen wir zweitens an, es gel)e eine rationale Zahl der Art, daß die Reihe (C) eine Elementarreihe ist. Es sei nun m eine beliebige von r verschiedene rationale Zahl. Wir wählen die Zahl a so groß, daß für v > fi

c,, >•,<£<! m r ist.

Nun folgt aus der Gleichung

C',, m = (r ni) -f (c^ r)

daß die Zahlen c„ m und r m dasselbe Vorzeichen be-

§ 1. Die iiTiitionalen Zahlou. 17

sitzen, und daß ihre Dittereuz kleiner als die Ijeli^bi^ zu wäh- lende Zahl s ist.

In diesem Fall bestimmt somit die Fundamentalreihe (C) denselben Schnitt wie die rationale Zahl /".

Ist insbesondere die Reihe (Cj eine Elementarreihe, so ist die ihr entsprechende Zahl die Null.

Wenn die Reihe (C i keine Elementan-eihe ist, so haben, wie oben n;ezeigt worden ist, von einem bestimmten Glied an alle Glieder der Reihe dasselbe Vorzeichen. Je nachdem sie positiv oder negativ sind, heißt die Zahl, die durch die Reihe bestimmt ist, positiv oder negativ.

Es seien nun zwei Fundamentab'eihen gegeben.

(C) fo q c, . . .

und

(K) l-J,;k, ...

Der Reihe (C) entspreche die Zahl a, der Reihe (K) die Zahl ß.

Wir bilden die 4 Reihen

(S)

*^'o 1" "'o ^1 "r ''1

c, + k,..

(D)

^0 ^0 ^1 ^1

6*2 ko

(P)

Cq/i'q Ciki

C.yk.2 . . .

(Q)

Co ^1

Es läßt sich beweisen, daß die Reihen (S), (Dj und (P) auf jeden Fall Fundamentalreihen sind und daß die Reihe (Q) eine Fundamentalreihe ist, wenn die Reihe (K) keine Elemen- tarreihe ist.

Wir wollen nur den Beweis für die letzte Behauptung ausführen.

Da nach Voraussetzung die Reihe (K) keine Elementar- reihe ist, so können wir eine Zahl ^i so wählen, daß für ^ ^ ^ \^y größer als eine angebbare Zahl j) ist. Wir können ferner eine Zahl A > ,u so wählen, daß für v^ X die absoluten Beträge der Differenzen c^ C; und /.\, k^ kleiner als f sind, wo s eine beliebig zu wählende positive Zahl bedeutet. Nun ist

Dur^ge-Maurer, I-'unktiouentbeorie. 5. Aufl. 2

18 § 1. Die irrationalen Zahlen.

k k, k Ä-

also

K •■;.

Da wir über s uach Belieben verfügen können, können wir uns so einrichten, daß der absolute Wert der Differenz r, : A-, c^ : /.-^ kleiner als jede vorgegebene Zahl t ist, was zu beweisen war.

Wir definieren nun als Summe, Differenz, Produkt und Quotienten der Zahlen u und ß, die den Reihen (C) und [K) entsprechen, die Zahlen, die beziehungsweise den Fundamental- reihen (S), (D), (P) und (Q) entsprechen.

Damit diese Definitionen zulässig sind, ist erforderlich nachzuweisen, erstens daß sie mit den gewöhnlichen Definitionen übereinstimmen, wenn die Zahlen a und ß rational sind, und zweitens daß bei Annahme dieser Definitionen die gewöhn- liehen Keclmungsregeln in Geltung bleiben.*) Den ersten Teil dieses Nachweises führen wir wieder nur für den einen der vier in Betracht kommenden Fälle durch. Wir wollen unter der Voraussetzung, daß die Zahlen a und ß rational sind, beweisen, daß die Fundamentalreihe (S) der Summe a -\- ß entspricht.

Es sei )n eine bestimmte von a -\- ß verschiedene rationale Zahl. Wir können wie oben gezeigt worden ist, den Index (i so wählen, daß für v^^ jede der Differenzen c,, a und l\, ß dem absoluten Betrag nach kleiner als eine vorgegebene positive Zahl £ ist. Nun ist

c,, + Ä; - m = (a-\- ß- vi) + (c, - ß) -f a, - ß).

Der absolute Betrag der Summe (c,, u) -\- (Jc^, ß) ist < 2«; wählen wir also £ < ^ -f /j m\, so besitzen die beiden Differenzen c, + A,\, m und a -\- ß m dasselbe Vor- zeichen. Daraus folgt: der Schnitt, der durch die Reihe (S) bestimmt ist, entspricht der rationalen Zahl a -\- ß.

Daß bei Annahme der oben aufgestellten Definitionen die für rationale Zahlen geltenden Rechnungsregeln in Kraft bleiben.

*; Vergl. S. 9 der Einleitung.

§ 1. r)io irnitioniilen Zahlen. 19

folgt (laraiis, daß wir ja unsere Operatiouou an den Gliedern der Funiiameutalreiheu, also an rationalen Zahlen vornehmen. So ist z. B. das Produkt durch die Fundamentalreihe

(P) r„/,-, qÄj r, /.•,...

und das Produkt ji(c durch die Fundamentalreihe

(P'i I.qCq l\c^ 1-2^2 ■■

bestimmt. Da nun für rationale Zahlen die Uleichung /.• c = c k

gilt, 80 sind die Fundamentalreihen (P) und (P') nicht yer-

schieden und es ist daher ßa = uß.

Nachdem die Diöerenz zweier*Zahlen, die durch Funda- mentalreihen bestimmt sind, definiert ist, ermbt sich sofort die Definition des Größer- und Kleinerseins und der Gleichheit: die Zahl « heißt gnißer oder kleiner als die Zahl ß, je nachdem der Fundamentalreihe (D), die ihre Differenz bestimmt, eine positive oder negative Zahl entspricht (s. S. 17). Die Zahlen u und ß heißen gleich, wenn der Reihe (D) die Null ent- spricht, wenn also diese Reihe eine Elemeutarreihe ist.

Wenn dem Schnitt (A,B) eine in-ationale Zahl a entspricht, so ist diese Zahl größer als jede Zahl der Klasse A und kleiner als jede Zahl der Klasse B. Insbesondere ist a größer als der kleinere der beiden Näherunersbrüche, die den o-emein-

0 7 O

samen Nenner a besitzen und kleiner als der größere derselben.

Nachdem die irrationalen Zahlen definiert sind, können wir den Begriff der Fundamentalreihe erweitern: wir bezeichnen eine Reihe

^0 ^1 ^2 deren Glieder der Bedingung (3j genügen, auch dann als Fun- damentalreihe, wenn die Zahlen Cq c\ c^ . . irrational sind. Dem entsprechend dehnen wir auch den Begriff' der Elementar- reihe auf Reihen mit irrationalen Gliedern aus.

In derselben Weise, wie dies oben geschehen ist, beweisen wir, daß auch jede dieser allgemeineren Fundamentalreihen einen Schnitt und damit eine rationale oder irrationale Zahl bestimmt.

§. 2. Über Zahleumengen. Es sei irgend eine Menge von Zahlen definiert, die sämtlich größer als eine greffebene Zahl A und kleiner als eine gegebene Zahl J> sind. Den Inbegriff' dieser Zahlen bezeichnen wir mit J/. Wenn die

2*

l'O § 2- t ber Zahlcnmeugeu.

Menge der Zahlen endlich ist, so muß es unter ilmen eine größte und eine kleinste gebeu. Ist die Menge unendlich, so ist dies nicht notwendigerweise der Fall. Beispiels- weise bilden die rationalen Zahlen r, die der Bedingung l'^2<;-<)/8 genügen eine wohldeiinierte Menge; iu dieser Menge gibt es weder eine größte noch eine kleinste Zahl.

Für eine jede Zahlennienge M lassen sich zwei Zahlen a und ß bestimmen, die den beiden folgenden Bedingungen genügen :

1. alle Zahlen der Menge M sind nicht kleiner als a und nicht größer als /3;

2. wie klein auch che positive Zahl s gewählt werden mag, so gibt es immer wenigstens eine Zahl der Menge, die kleiner als a -\- e ist und wenigstens eine, die größer als ß e ist.

Die Zahlen « und ß bezeichnet man als untere beziehungs- weise obere Grenze der Zahlenmenge M.

Um die Existenz der unteren Grenze a nachzuweisen, wählen wir eine ganze positive Zahl a > 1 aus und bestimmen die ganzen Zahlen h^^ h^ h^ . . h^^ . . . folgendermaßen:

Lq sei die größte ganze Zahl, die kleiner als alle Zahlen der Menge M ist; h^ : a sei der größte unter den Brüchen mit dem Xenner a, der kleiner als alle Zahlen der Menge M ist, feo : a^ sei der größte unter den Brüchen mit dem Nenner a^, der kleiner als alle Zahlen der Menge M ist, h : a/' sei der größte unter den Brüchen mit dem Nenner «", der kleiner als alle Zahlen der Menge M ist.

Es ist offenbar '^^ : ö^" Z> 6 ^ : a" ~ ^ > (/^^, 1) : ö^" also auch, wenn \> < ^ ist, h^ : a" > &,, : a'' > (6,, 1) : o-" folglich bilden die Zahlen , &i ft,

eine Fundamentalreihe. Die Zahl u, die dieser Fundamental- reihe entspricht, genügt offenbar den Bedingungen des Satzes.

Auf dieselbe Art ist die Existenz der oberen Grenze ß nachzuweisen.

Die Eigenschaft der Zahlen der Menge M, daß sie sämt- lich nicht kleiner als a und nicht größer als ß sind, drückt man auch dadurch aus, daß man sagt: die Zahlen der Menge

§ 2. Über Zahlenmenf^en. 21

31 ^^eliüreu dem lütervall [a, (i) an. riehören die Zahlen u, ß selbst nicht zur Menge 3/, so sagen wir: die Zahlen der Menge M liegen innerhalb des Intervalls (cc, ß).

Gibt es keine Zahl, die größer als alle Zahlen der Menge 31 ist, so sagt man die obere Grenze der Menge sei + oo; dementsprechend bezeichnet man oo als untere Grenze, wenn es keine Zahl gibt, die kleiner als alle Zahlen der Menge ist.

Ein einfaches Beispiel einer derartigen Menge bietet die Reihe der natürlichen Zahlen.

Eine Zahl »i aus der Menge 31 heißt isoliert, wenn sich ein Intervall (;// //, tn + h) nachweisen läßt, dem außer m keine Zahl der Menge angehört.

Eine Zahlenmenge, die nur isolierte Zahlen enthält, heißt diskret.

Wenn die Zahlenmenge 31 unendlich ist und alle Zahlen der Menge einem endlichen Intervall (cc, ß) angehören, so läßt sich mindestens eine Zahl y der Art bestimmen, daß dem Intervall (y s, y -h ^) unendlich viele Zahlen der Menge an- gehören, wie klein auch immer die positive Zahl £ gewählt werden mag.

Um dies zu beweisen, teilen wir das Intervall (a, ß) in n gleiche Teile. Unter den Teilintervallen muß es mindestens eines geben, dem unendlich viele Zahlen der Menge angehören. Es sei («j, /3i) ein derartiges Teilintervall. Dieses teilen wii- abermals in n gleiche Teile-, unter den neuen Teilintervallen ist wieder mindestens eines, dem imendlich viele Zahlen der Menge 31 angehören; es sei dies das Intervall («,, /^g)- In dieser Weise fortfahrend gelangen wir zu zwei unbegrenzten Zahlenreihen

u Cj (6, . . . und ß ß^ ß.^. . . .

Diese ^beiden Reihen sind offensichtlich Fundamental- reilien; es entspricht ihnen dieselbe Zahl und diese Zahl genügt der für die Zahl y gestellten Bedingung.

Man bezeichnet die Zahl y als „Häufungsstelle" der Menge 31.

Die Häufungsstelle braucht nicht selbst zur Menge zu gehören.

Die Häufungsstellen können in unendlicher Zahl auftreten ; in diesem Fall besitzen sie ihrerseits eine Häufungsstelle usw.

'2'2 § 2. i'ber Zahlemiien<;en.

Zwei Beispiele möi^en die Definition anschaulicher machen. Dit* Zahlenmenge 31 bestehe aus den Zahlen der Form 1 : ii, wo )i eine positive oder negative ganze Zahl bedeutet. Die Menge 31 besitzt die Häufungsstelle 0, die selbst nicht zur Menge gehört. Nehmen wir zweitens an. die Menge 31 be- stehe aus den Zahlen der Form

1

m

WO )} und ni positive ganze Zahlen bedeuten. In diesem Fall sind alle Zahlen der Form 1 : n Häufuugsstellen und diese Häufungsstellen gehören abgesehen von der Zahl 1 der Menge an.

Wenn die Zahlen der unendlichen Menge 31 nicht 'alle einem angebbaren Intervall angehören, so muß es nicht not- wendig eine Häufungsstelle y geben. In diesem Fall muß es aber unbegrenzt viele Zahlen der Menge geben, die dem ab- soluten Betrag nach größer als |eine gegebene beliebig große Zahl sind.

Man sagt in diesem Fall: die Zahlenmenge 31 besitzt eine Häufungsstelle im Unendlichen.

Wenn die Zahlen der Menge 31 das Intervall (a, ß) der Art erfüllen, daß sich kein noch so kleines Teiliutervall nach- weisen läßt, dem keine Zahl der Menge angehört, so sagt man, die Menge 31 sei in dem Intervall (a. /3) ,,überall dicht".

In diesem Fall bildet jede Zahl der Menge eine Häu- fungsstelle.

Als Beispiel einer überall dichten Zahlenmenge können die rationalen Zahlen dienen. Ein weiteres Beispiel bietet die Gesamtheit der echten und unechten Dezimalbrüche.

Eine Zahlenmenge heißt „abzählbar", wemi sich die Zahlen der Menge der natürlichen Zahlenreihe eindeutig zu- ordnen lassen.

Ein Beispiel einer abzählbaren Menge bietet die Menge der positiven rationalen Zahlen. Um sie in eine Reihe zu ordnen, setzen wir fest: Von zwei rationalen Zahlen, für welche die Summe aus Zähler und Nenner verschiedene Werte hat, soll diejenige vorangehen, die der kleineren Summe

§ a. Der allgemeinste Funktionsbegriff. Grenzwerte. 23

entspricht, von zwei rationalen Zahlen, für die diese Summe denselben Wert hat, soll die kleinere vorangehen.*)

Statt der B<v.eiehuung Zahl gebrauchen wir auch die Be- zeichnung „Zahlgröße" oder „Größe". Wir gebrauchen ins- besondere die Bezeichnung „variable Größe x" oder „Variable", wenn wir uns vorstellen, daß das Zeichen x der Reihe nach die verschiedenen Zahlen einer Zahlemnenge M bedeuten soll. Wii- bezeichnen die Variable x als stetig, Avenn die Zahlen- menge M alle Zahlen eines bestimmten Intervalls («, ß) um- faßt. In diesem Fall gebrauchen wir auch die Bezeichnung: die Variable x durchläuft das Intervall (u, ß).

Den Begriff der Zahlenmenge können wir in bekannter Weise anschaulich machen. Zu dem Zweck legen wir eine beliebi»^ zu wühlende Läncreneinlieit zugrunde und können dann einer jeden Zahl ./; die Strecke zuordnen, deren Länge gleich dem absoluten Betrag der Zahl x ist. Diese Strecken tragen wir als Abszissen auf einer festen Geraden auf die posi- tiven Zahlen entsprechenden Strecken nach der rechten Seite hin, die negativen Zahlen entsprechenden nach links hin. Der Endpunkt der Abszisse x kann als Repräsentant der Zahl x betrachtet werden. Eine jede Zahlenmenge wird nun durch ein bestimmtes Punktsystem repräsentiert.

Durchläuft die Variable x ein gegebenes Intervall (u, ß) so durchläuft der entsprechende Punkt eine Strecke ß a.

An diese geometrische Darstellung anknüpfend bezeichnet man einen bestimmten Wert der Variabein ,r als „Punkt x^'.

§ 3. Der allgemeinste Funktionsbegriff. Grenz- werte. Wenn einer jeden Zahl x einer Zahlenmenge M ein bestimmter Zahlwert y zugeordnet ist, so nennt man y eine Funktion der Größe x und drückt die Beziehung durch die Bezeichnung y = f(x) aus. Dabei bleibt dahingestellt, ob die Zahlenmenge M diskret ist, oder ob sie wenigstens in einem Intervall überall dicht ist**). Es bleibt ferner dahingestellt,

*) Dieses Beispiel einer abzählbaren Zahlenmenge ist auch insofern von Interesse, als es zeigt, daß es überall dichte Zahlenmengen gibt, die einer diskreten Zahlenmenge eindeutig zugeordnet werden können.

**) Die Funktion f{x) kann beispielsweise nur für den Fall, daß .r

24 § 3. Per allgemeinste Funktionsbegriff. Grenzwerte.

in welcher Weise die Zuordnung definiert ist: wesentlich ist nur, daß sie eindeutig bestimmt ist.

Nehmen wir an a sei eine Häufungsstelle der Menge M und es gehören dem Intervall [a, a -\- q) unendlich viele Zahlen der Menge an, wie klein auch immer die positive Zahl q ge- wählt werden mag; nehmen wir weiter an, es existiere eine bestimmte Zahl a, die der folgenden Bedingung genügt: nach x\nnahme einer beliebig zu wählenden positiven Grösse s läßt sich eine positive Zahl q derart bestimmen, daß \f{x) a\-^s

ist, für alle Zahlen der Menge, die der Bedingung

\x a ^ Q genügen.

Man sagt in diesem Fall: die Funktion f{x) konver- giert gegen den Grenzwert u, wenn x von größeren Werten her gegen a konvergiert. Man bezeichnet diesen Grenzwert mit lim f{x) oder auch mit f{a + 0).

X = a + o

Ein derartiger Grenzwert existiert immer, wenn die Funk- tionswerte ihrem absoluten Betrag nach unter einer angeb- baren Größe bleiben und wenn bei abnehmendem x der Funk- tionswert entweder beständig zunimmt oder beständig abnimmt.

In analoger Weise ist der Grenzwert f{a Ol zu erklären.

Es muß ausdrücklich hervorgehoben werden, daß die Funktion für x = a nicht definiert zu sein braucht, und daß, wenn sie für x = a definiert ist, die Grenzwerte f{a + 0) und f{a 0) unter sich und von f{a) verschieden sein können.

Setzen wir beispielsweise f{x) = -, . , so ist

f{a + 0) = 2a, /•(« _ 0) = - 2a.

Für X =" a versagt die angegebene Definition der Funktion; es steht abei* nichts im Weg, dem Punkt x =- a einen beliebig zu wählenden Funktionswert zuzuordnen.

Nehmen wir an, die Menge M enthalte Zahlen, die größer

eine ganze positive Zahl ist, definiert sein. Dies tritt ein, wenn wir

§ 4. Stetige Funktionen. 25

als jede vorgegel)ene Zahl sind, und nehmen wir -weiter an, es gebe eine Zahl a, die der folgenden Bedingung genügt: Nach Annahme einer beliebig kleinen positiven Grösse s läßt sich eine positive Zahl r derart bestimmen, daß

I fix) ß I ^ £ ist, für jede Zahl der Menge, die ^ r ist.

In diesem Fall sagt man: die Funktion fix) konvergiert für \mbegrenzt wachsende x gegen den Grenzwert a. Man be- zeichnet diesen Grenzw^ert mit

lim f{x) oder auch mit /"(+ oo).

a- = -f- *

In analoger Weise ist der Grenzwert /"(— oo) zu definieren.

§ 4. Stetige Funktionen. Der im vorigen Paragraphen aufgestellte Funktionsbegriff ist so umfassend, daß von gemein- samen Eigenschaften der Funktionen, die unter ihn fallen, keine Rede sein kann. Wir sckränken nun diesen Begriff successive immer mehr ein.

Zunächst setzen wir die Variable x als stetig voraus (siehe § 2) und nehmen an, die Funktion f{x) sei für alle Punkte eines gegebenen Intervalls (a, h) definiert.

Aus der Annahme, daß jedem Punkt des Intervalls (a, h) ein bestimmter endlicher Funktionswert entspricht, darf mau nicht schließen, daß die Funktionswerte eine endliche obere und untere Grenze besitzen.

Es steht beispielsweise nichts im Weg festzusetzen, für

einen von Null verschiedenen Wert x sei f(x) = - , dagegen

sei f(o) = 0. Es entspricht dann jedem Wert der Yariabeln x ein bestimmter Endlicher Funktionswert, aber die obere und untere Grenze der Funktionswerte sind unendlich.

Sofern die Funktionswerte, die den Punkten des Intervalls (a, li) entsprechen, innerhalb endlicher Grenzen liegen, bezeich- net man die Differenz dieser Grenzwerte als „Schwankimg" der Funktion im Intervall («, &).

Die Funktion f\x) heißt „stetig im Punkt Xq", wenn sich zu einer jeden gegebenen, beliebig kleinen positiven Größe 6 eine positive Größe q derart bestimmen läßt, daß die Schwankung der Funktion im Intervall (a:^ q, X(y -{- q) kleiner als e ist.

26 § •!• Stetige Funktionen.

Die eben aufgestellte Definition bedarf einer leichten Modi- fikation für den Fall, daß der Wert Xq mit einer der Inter- vallgrenzen a, h zusammenfällt.

Wir bezeichnen die Funktion als stetig im Punkt n be- ziehungsweise im Punkt 6, wenn die Schwankung in dem Inter- Tall (a, a + p) beziehungsweise in dem Intervall (b q, b) mit Q unter jede vorgegebene Größe e sinkt.

Aus der Definition der Stetigkeit geht hervor: Wenn die Funktion f(x) in jedem Punkt innerhalb des Inter- valls (a, b) stetig ist, so läßt sich nach Annahme einer be- liebig zu wählenden positiven Grösse s für jeden Punkt x im Innern des Intervalls eine positive Größe q derart be- stimmen, daß die Schwankung der Funktion im Intervall [x Q, X + q) nicht grösser als s ist.

Der größte Wert von q, für den diese Forderung erfüllt ist, ist für jeden Wert der Variabein x vollkommen bestimmt, er ist also eine Funktion der Variabein x. Die Funktions- werte q{x), die den Punkten des Intervalls («, b) zugeordnet sind, besitzen eine untere Grenze q^, die jedenfalls nicht nega- tiv ist, da ja die Funktion q{x) ihrer Definition nach nur positive Werte annehmen kann. Wenn diese untere Grenze Qq von Null verschieden ist, wie auch immer die Zahl s gewählt werden mag, so heißt die Funktion gleichmäßig stetig inner- halb des Intervalls (a, b).

Solange nicht feststeht, daß die Funktion nicht nur im Innern des Intervalls (a, b), sondern auch in seinen Endpunkten stetig ist, bleibt die Mfiglichkeit ofi'en, daß die Funktion zwar stetig, aber nicht gleichmäßig stetig ist. Beispielsweise ist die

TT *■

Funktion sin in iedem Punkt innerhalb des Intervalls

1 X "'

(0, 1 1 stetig, aber diese Stetigkeit ist keine gleichmäßige*). Dagegen gilt der Satz: Eine Funktion, die in jedem Punkt des Intervalls (a, b)

^ r, . ** 1 -W 1 . rrii

*) Setzen wir x, = , a;, = , -, wo n eine ganze Zahl

^ ' n ^ 2n -{- 1

7t 7t 1

bedeutet, so ist sin -— sin ' ^ H- 1 uod x^ x, = rx r^rr-

' 1— a;, 1 j-i 2 1 w(2w+l)

Bei wachsendem n bleibt die erstere Differenz ihrem absoluten Wert

nach konstant, die letztere sinkt unter jede vorgegebene Größe.

§ 4. Steticre Funktionen. 27

(also auch iu den Kntlpunkteu) stetig ist, ist gleichmäßig stetig.

Mau bezeichnet eine derartige Funktion als „stetig iiu Intervall (a, />)".

Den Beweis führen wir indirekt: Wir uelunen an, die untere Grenze der Werte der Funktion q{x), die zu einer be- stimmten Größe £ gehört, sei Xull. Wir zerlegen nun das Intervall [a, h) in u gleiche Teile; unter den Teilintervallen muß mindestens eines sein, für das die untere Grenze der Funktionswerte q{x) ebenfalls Null ist.

Es sei [a^, h^) ein Teilintervall, das dieser Bedingung ge- nügt. Dieses Teilintervall zerlegen wir abermals in n gleiche Teile und k(»nuen unter den Teilintervallen wieder eines aus- wählen — es sei dies das Intervall («2, h^) für das die untere Grenze der Funktionswerte NuU ist. Diese Schlußweise fortsetzend, erhalten wir zwei unbegrenzte Zahlenreihen

( a) a cty a.,... und (b) h b^h^ . . . die die folgenden Eigenschaften besitzen: es ist

1. rt ^ a^ ^ «2 ^^^^

2. b '> b^ > b.2 . . . . , ferner ist

o 7 &i -1— rti 1 b a

4. die untere Grenze der Funktionswerte q(jc), die im Inter- vall (a^,, &,,) stattfinden, ist Null, und zwar gilt dies für jeden Wert des Index v.

Aus den drei ersten Eigenschaften folgt: die Zahlenreihen (a) und (b) sind Fundamentalreihen; beiden Reihen entspricht tlieselbe Zahl c.

Die Funktion f(x) ist in jedem Punkt des Intervalls («, b) also auch im Punkte e stetig. Wir können daher nach An- nahme einer beliebig zu wählenden positiven Größe d eine posi- tive Größe T derart bestimmen, daß

5. ; f( x) fic) I < d ist für \x c\ <ix.

Die zur Verfüguncf stehende Größe d wählen wir kleiner als die Größe 8, die zur Definition der Funktion q(x) ge- dient hat.

Nun wählen wir den Index v so groß, daß ?>,, a^, < r ist.

28 § 4. Stetige Fuiiktiouen.

Da dii- untere Grenze der Funktionswerte q{x) im Inter- vall I«,, b,) Null ist (4), so muß sich ein diesem Intervall an- »rehörender \^'ert ,r derart bestimmen lassen, daß (>(.>;) kleiner als eine beliebig zu Avälilende positive Größe a ist. Es muß daher einen Wert x^ geben, dei- den beiden Bedingungen

6. I X 2i ^6 und j f(Xj) f(x) > £ genügt, denn wäre die letztere Ungleichung für keinen der ersten Un- gleichung genügenden Wert x^ erfüllt, so wäre q(x) > 6 ent- gegen unserer Annahme. Nun ist

fM - m = W,) - fix)] + [fix) - /-(c)] und x^ c= [x^ - x]-\- [x c], folglich ist mit Rücksicht auf die Ungleichungen (5) und (6) f{Xj) f{c) I > £ d und |it'i t- < (? + T. Die Größe s ist von vornherein gegeben, die Größen ö, 6 und r können wir aber beliebig klein wählen. Somit folgt aus unserer Annahme, daß die Differenz f{x^) f{c) Werte von angebbarer Größe annehmen kann, wenn auch der abso- lute Betrag der Differenz x^ c unter jede vorgegebene Größe sinkt. Diese Folgerung steht aber im Widerspruch zu unserer Voraussetzung, daß die Funktion fix) in jedem Punkt des Intervalls (a, h) stetig ist, was zu beweisen war.

A\'ir können den eben bewiesenen Satz in folgender Form aussprechen:

Vorausgesetzt, daß die Funktion f{x) im Intervall (a, h) stetig ist, können wir zu jeder gegebenen positiven Größe s eine positive Größe Qq derart bestimmen, daß für alle Größen x^ x^, die der Bedingung

genügen, die Ungleichung

\f{x,)-fix,)\^E

erfüllt ist.

Aus diesem Satz ergibt sich die bemerkenswerte Folge- rung:

Wenn die Zahlen x^ x^ x^ . . . . eine Fundamentalreihe bilden, so bilden die entsprechenden Funktionswerte

fix^) f{x^) f(x^) . . . ebenfalls eine Fundamentalreihe.

4} 4. Stetiffe Funktionen. 29

Wählen wir nämlich den Index u so groß, daß für v > « 1^.— ^.J^Po ist, so ist \f\x,.}—f(xj <s.

Diese Eigenschaft der stetigen Funktionen ist für ihre De- finition von wesentlicher Bedeutung.

Nehmen wir an, es seien zunächst nur rationalen Werten der unabhängigen Variabein x Funktionswerte f(x) zugeord- net. Die Zuordnung sei derart, daß Werten der unabhängicren Variabein, die eine Fundamentalreihe bilden, Funktionswerte entsprechen, die ebenfalls eine Fundamentalreihe bilden. Unter dieser Voraussetzung können wir die Definition der Funktion auf irrationale Werte der unabhängicreu Variabein ausdehnen, indem wir festsetzen, die Funktion fix) sei stetig.

Um dies durch ein Beispiel zu erläutern, betrachten wir die Potenz y = a^, wo a eine positive rationale Zahl > 1 be- deutet. Ist X eine rationale Zahl ^ , so können wir ii durch

die Gleichung y" = a"^ und die Zusatzbedingung, y sei positiv, eindeutig definieren.

Auf Grund dieser Definition entsprechen, wie- man sich leicht überzeugt, rationalen Werten der unabhängigen Variabein, die eine Fimdamentalreihe bilden, Funktionswerte, die eben- falls eine Fundamentalreihe bilden.

Wir können daher die Definition der Funktion auf irra- tionale Werte von x ausdehnen, indem wir fordern, y = a^ sei eine stetige Funktion der Variabein x.

Nehmen wir an, die Funktion f(x] sei in jedem Punkt des Intervalls (a, h) mit Ausnahme des Punktes Xq stetig, in diesem Punkt aber trete eine Unterbrechung der Stetigkeit ein, und nehmen wir weiter an, es existieren Grenzwerte f\xQ -\- 0) und f{xQ 0) (siehe den vorigen Paragraphen) und es sei ({Xq 0 ) = f{Xf^ -\- 0). Unter dieser Voraussetzung bezeichnet man die im Punkt x^ stattfindende Unstetigkeit als „hebbar", weil sie dadurch, daß man den Funktionswert in einem ein- zelnen Punkt abändert, gehoben werden kann.

Da die hebbaren Unstetigkeiten keinerlei Interesse bieten, schließt man sie aus und setzt fest, daß die betrachteten Funk- tionen von hebbaren Unstetigkeiten frei sein sollen.

30 § -'i- Sätze über stetige Funktionen. Monotone Funktionen.

Eine analoge Bestininuing betrifft den Fall, daß die De- finition der Funktion in einem Punkt .r^ versagt. Voraus- gesetzt, daß die Grenzwerte f\xQ 0) und f(xQ + 0) existieren und einander gleich sind, setzt man

A^o) - n^o - 0) = /X^o + 0).

Man ergänzt also die Definition der Funktion, wenn dies

möglich ist, so daß keine Unterbrechung der Stetigkeit eintritt.

Auf dieser Bestimmung beruhen die bekannten Regeln für

die Berechnung der sogenannten -Werte".

Wenn zwar die Grenzwerte f(xQ 0) und fix^ -f 0) exi- stieren, ihre Differenz aber nicht verschwindet, so bezeichnet man diese Differenz als „Sprung" der Funktion, den Punkt Xq als ,,Sprungstelle".

Eine Funktion, die im Intervall (a, h) von einer endlichen Anzahl von Sprungstellen abgesehen, überall stetig ist, be- zeichnet man als „abteilungsweise stetig" im Intervall (et, h).

§ 5. Sätze über stetige Funktionen. Monotone Funktionen. Für stetige Funktionen gelten die beiden folgen- den Sätze :

I. Eine in dem Intervall (<x, h) stetige Funktion f{x) nimmt jeden zwischen /"(«) und f(b) liegenden Wert y wenig- stens in einem Punkt des Intervalls an.

U. Eine in dem Intervall («, h) stetige Funktion f(x) er- reicht die obere und die untere Grenze der Funktionswerte. Sie besitzt also in dem Intervall mindestens ein Maximum und ein Minimum.

Beim Beweis des ersten Satzes wollen wir, um eine be- stimmte Annahme zu machen, voraussetzen, es sei f(a) < /*(&).

Wir teilen das Intervall (a, h) in n gleiche Teile und be- zeichnen mit öj den letzten unter den Teilpunkten

« + '^^ ^v = 0,l,2,..n),

dem ein Funktionswert < y entspricht; der folgende Teilpunkt werde mit \ bezeichnet. Das Intervall (a^, h^) zerlegen wir abermals in n gleiche Teile und bezeichnen den letzten Teil- punkt, dem ein Funktionswert < y entspricht, mit a^, den

s? 5. Sätze üluT stetigje Funktionen. Monotone Funktionen. 31

fülgeiideu mit b.^ lii dieser Weise fortfalirend, erlialteii wir zwei Zahlreihen

{a) a rtj a.^ . . . und (}>] h h^ h.-, . . .

die foltjenden Bedinorimgen genüy;en:

1. ist a < «1 <; «2 . . . und

2. ist 6. «„ =

bi i üv—i b o

n «»■ '

3. ist f{aj< y < f{h^.) für v = 0, 1, 2, . . .

Aus den beiden ersten Bedingungen folgt, daß die beiden Zahlreihen (a) und [b) Fuudamen talreihen sind und daß sie dieselbe Zahl c bestimmen. Wegen der Stetigkeit der Funktion f(x) sind auch die beiden Zahlreihen

/•(«) t\aj fia,) . . . und fip) t\h) /T6,) . . . Fundamentalreihen (siehe den vorigen Paragraphen) und sie bestimmen den FunktiousAvert f\c). Wegen (3) ist aber t{c) = 'y.

Der Beweis des zweiten Satzes läßt sich in ganz analoger Weise führen.

Bezeichnen wir mit m die obere Grenze der Werte, die die Funktion t\x\ im Intervall {a. h) annimmt. Das Intervall (a, b) zerlegen wir wieder in ii gleiche Teile. Wenigstens für eines der Teilintervalle muß die obere Grenze der Funktions- werte ebenfalls = m sein. Es sei («j, b^) ein derartiges Teilintervall. Dieses Teilintervall zerlegen wir abermals in n gleiche Teile und gelangen so zu einem Teilintervall («g, 62), für das die obere Grenze der Funktionswerte ebenfalls = m ist.

In dieser Weise fortfahrend, erhalten wir wieder zwei Fundamentalreihen

(ai a öj «, . . . und ib) b b^ b.2 . . . denen dieselbe Zahl c entspricht. Die obere Grenze der W^erte, die die Funktion im Intervall (V;,, b^) annimmt, ist )it. Daher ist fic) = tu.

Infolge des Satzes I. nimmt die Funktion f{:i) einen zwischen f(a} und f(b) liegenden Wert y wenigstens in einem Punkt des Intervalls («, 6) an; es bleibt aber die Möglichkeit offen, daß sie diesen Wert y in unendlich vielen Punkten des Intervalls annimmt.

32 § '"'• Differentiation.

Um dies durch ein Beispiel zu belegen, set/eu wir

fix) = .r sin

Die Funktion f\d-) ist stetig; sie nimmt den Wert U in jedem noch so kleinen lutervall, das den Punkt r = 0 einschließt, in unendlich vielen Punkten an.

Eine derartige Funktion besitzt offenbar in einem end- lichen Intervall unendlich viele Maxima und Minima.

Man bezeichnet eine Funktion, die entweder nie abnimmt oder nie zunimmt, wenn der Punkt .r das Intervall (a, h) durch- läuft, als monoton in diesem Intervall. Läßt sich das Inter- vall (ö, h) in eine endliche Anzahl von Teilintervallen zerlegen, in denen die Funktion f{x) monoton ist, so bezeichnet man die Funktion fix) als abteilungsweise monoton im Intervall (a, b).

fix -\- h) fix)

§ 6. Differentiation. Der Quotient --—i -^^ hat

bei gegebenem Wert von x für jeden von Null verschiedenen Wert von // einen bestimmten endlichen Wert. Sofern dieser Quotient gegen einen bestimmten endlichen Grenzwert kon- vergiert, wenn h von positiven Werten her gegen Null kon- vergiert, so nennt man diesen Grenzwert den „rechtsseitigen Differentialquotienten" der Funktion f{x) im Punkt x. Dem- entsprechend bezeichnet man als „linksseitigen Differentialquo- tienten" den Grenzwert, gegen den der Quotient konvergiert, wenn h von negativen Werten her gegen Null konvergiert, vorausgesetzt daß ein solcher Grenzwert existiert.

Die Existenz der beiden Grenzwerte hat offenbar die Stetig- keit der Funktion im Punkt x zur Folge.

Haben die beiden Grenzwerte denselben Wert, so nennt man diesen Wert schlechthin „den Differentialquotienten" oder die ,.Derivierte" im Punkt x und bezeichnet ihn mit

'-^ Ode. r(x).

Damit die Funktion f(x) im Punkt x einen Differential- quotienten fix?) besitzt, ist demnach erforderlich und hin- reichend:

Nach Annahme einer beliebig zu wählenden positiven Größe e muß sich eine positive Größe o derart bestimmen lassen, daß

§ 6. Differentiation. 33

ist für alle Werte von /<, die der Bedingung It < q ge- nügen.

Wenn die Funktion fix) in jedem Punkt eines gegebenen Intervalls (a, 6) einen Differentialquotienten besitzt, so muß für jeden Punkt des Intervalls eine Ungleichung von der Form der vorstehenden gelten, es wird sich aber bei gegebenem Wert von b der Wert von p mit a: ändera, q ist also Funktion der Variabein x. Die untere Grenze Qq der Funktionswerte q kann nicht negativ, wohl aber gleich Null sein. Wenn diese untere Grenze g^ eine positive Zahl ist, wie auch immer die Größe £ gewählt werden mag, so sagt man der Quotient

fix -\- h) / (x)

^ ^ konvergiert „gleichmäßig" gegen den Differential- quotienten f{x).

Unter dieser Voraussetzung ist der Differentialquotient f{x) eine stetige Funktion der Variabein x.

Beschränken wir nämlich die Größe h auf Werte, die dem absoluten Betrag nach nicht größer als 4-Po sind, so können wir die Gleichungen ansetzen:

und hier bedeuten Ö^ d^ dg Größen, deren absoluter Betrag ^ £ ist.

Indem wir- die beiden ersten Gleichungen addieren und dann die mit 2 multiplizierte dritte Gleichung subtrahieren, erhalten wir

f'{x + h) - f'{x) = 2^3 - dl - dg.

Der absolute Betrag der rechts stehenden Größe ist nicht größer als die beliebig zu wählende Größe 4^; damit ist die Stetigkeit der Funktion fix) bewiesen.

Umgekehrt folgt aus der Stetigkeit der Derivierten f'{x), wie unten gezeigt wird, daß der Grenzwert Qq von Null ver- schieden ist.

Duröge-Maurer, Funktionentheorie. 5. AuH. 3

34 § t). Ditferentiation.

Vorausgesetzt daß die Funktion f\x) in jedem Punkt des Intervalls (u, h) eine Derivierte besitzt und daß diese Deri- vierte in dem Intervall stetig ist, bezeichnet man die Funktion fix) als „differenzierbar im Intervall {o, hy'. Wenn in einer endlichen Anzahl von Punkten des Intervalls keine Derivierte existiert oder eine Unterbrechung der Stetigkeit der Deri- vierten eintritt, so nennt man die Funktion ,,abteilungsweise diÖerenzierbar" *).

Wenn der Differentialquotient /"'(-^o) einen von Null ver- schiedenen Wert besitzt, so hat der Quotient ^^^o + ^) - /(^o)

für hinreichend kleine Werte von j/< dasselbe Vorzeichen wie der Differentialquotient {'{Xq}-, die Funktion f(x) nimmt dem- nach zu oder ab, wenn die Variable x das Intei-vall (x^ h, XQ-\-h) durchläuft, je nachdem f {x^ positiv oder negativ ist. Im Innern des Intervalls {a, h) kann daher ein Maximum oder Minimum der Funktion nur in den Punkten eintreten, in denen die Derivierte verschwindet. Zwischen zwei Punkten, in denen eine stetige Funktion verschwindet, liegt notwendig wenigstens ein Maximum oder Minimum der Funktion abgesehen von dem Fall, daß die Funktion den konstanten Wert Null be- sitzt — daher Hegt zwischen zwei Nullpunkten der Funktion wenigstens ein Nullpunkt der Deri vierten. Da die Funktion

^{x) = fix) - f(a) - ^^l^^ (x - a)

für X = a und x = }) verschwindet, gibt es mindestens einen Punkt im Innern des Intervalls [ci, h), in dem die Derivierte

*) Man faßt den Begriff des Differentialquotienten und den Begriff der differenzierbaren Funktion häufig etwas weiter: man sagt auch dann.

wenn der Quotient -;; r^r— ft^ ™i* ^ gegen Null konvergiert, die

f{x -\-h) fix)

Funktion besitze im Punkt x einen (unendlichen; Ditferentialquotienten und man bezeichnet eine Funktion auch dann als differenzierbar im Intervall (a, fc), wenn sie in jedem Punkt des Intervalls einen Differen- tialquotienten in diesem weiteren Sinn besitzt, fordert hierfür also nicht die Stetigkeit der Derivierten.

§ 6. Ditferentiation. 35

verscbvviudet. Wir können daher die Gleichung ansetzen

f{b) - f{a) = {b- a) f'(a -\- » (b - a)),

wo d^ eine nicht näher bestimmte positive Größe < 1 bedeutet. Aus dieser Gleichung geht hervor, daß f(x) einen kon- stanten Wert besitzt, vs^enn die Derivierte in jedem Punkt des Intervalls (a, b ) verschwindet. Ersetzen wir in der vorstehen- den Gleichung die Werte a uiid b durch die Werte x und x -\- li und subtrahieren auf beiden Seiten f'(x), so ogibt sich

Unter der Voraussetzung, daß die Funktion f"{x) im Inter- vall (a, b) stetig ist, können wir den absoluten Wert von h so klein Avählen, daß für jeden Punkt des Intervalls der ab- solute Betrag der rechten Seite der vorstehenden Gleichung kleiner als eine gegebene Größe e ist.

Daraus folgt: Wenn die Derivierte f"(x) im Intervall (a, b) stetig ist, so

f'/g; -L fl) f(x)

konvergiert der Quotient L ^-^ gleichmäßig gegen

fix).

Nachdem der Begriff der ersten Derivierten festgestellt ist, bietet die Definition der höheren Derivierten keine Schwie- rigkeit.

Es muß ausdrücklich hervorgehoben werden, daß aus der Stetigkeit einer Funktion noch nicht die Existenz einer Deri- vierten folgt. Auch wenn wir die Funktion nicht nur als stetig, sondern auch als monoton (s. § 4) voraussetzen, bleibt die Möglichkeit offen, daß die Funktion in keinem Punkt einen Differentialquotienten besitzt. Dementsprechend kann aus der Existenz einer ersten Derivierten auch nicht auf die Existenz von Derivierten höherer Ordnung geschlossen werden.

Auch der Begriff' der differenzierbaren Funktion ist noch weiter als der Funktionsbegriö', wie man ihn in der analyti- schen Geometrie vorauszusetzen pflegt.

Von einer Kurve im gewöhnlichen Sinne des Wortes setzt man voraus: erstens daß sie von einzelnen Punkten (Ecken und Spitzen) abgesehen, in jedem Punkte eine bestimmte Tan- gente besitzt, und zweitens daß sie in eine endliche Anzahl

3*

36 § ">• Integration.

von Bogeil zerlegt werden kann, die von einer Geraden höch- stens in zwei Punkten geschnitten werden*).

Auf der letzteren Voraussetzung beruht die Möglichkeit, eine konvexe und eine konkave Seite der Kurve zu unter- scheiden.

Die kartesischen Koordinaten eines beliebigen Punktes der Kurve lassen sich in mannigfaltiger Weise als eindeutig detinierte Funktionen eines Parameters / darstellen: man kann beispielsweise für t die von einem festen Punkt an gezählte Bogenlänge wählen.

Diese Funktionen mögen mit .v = (p(t) und 1/ = j^(^) be- zeichnet werden.

Die Funktionen q)(^f) und {/•(/) müssen offenbar stetig sein und aus der ersten Voraussetzung folgt weiter, daß sie wenigstens abteilungsweise differenzierbar sind. Aus der zweiten

Voraussetzung folgt, daß der Quotient -,).^ = ," wenigstens abteiluugsweise monoton ist.

Diese Bedinffungen sind auch hinreichend: sind sie erfüllt, so stellen die Gleichuugen x = cp{t), y = -il^ij.) eine Kurve im gewöhnlichen Sinn des Wortes oder doch einen Kurvenzug dar, der aus Bogen derartiger Kurven zusammengesetzt ist.

Wenn im folgenden von einer Kurve schlechthin ges}3rochen wird, so wird immer vorausgesetzt, daß sich die Koordinaten eines Kurvenpunktes in der angegebenen Weise als Funktionen eines Parameters darstellen lassen.

§ 7. Integfration. Die der Differentiation entgegen- gesetzte Operation wird als Integration bezeichnet. Ist

v' = F{x) =f{x} so setzt man

F(x)=ff{x)dx

und nennt F(x) das unbestimmte Integral der Funktion f{x).

Aus dieser Definition ist nicht zu ersehen, unter welchen

Bedingungen einer gegebenen Funktion f{x) eine Integral-

*; Wir schließen den Fall aus, daß sich die Kurve ins Unendliche erstreckt. Wenn dieser Fall eintritt, so gelten diese Voraussetzungen für jedes endliche Stück der Kurve.

§ 7. Integration. 37

fuiiktion Fix) entspricht. Zu dem Zweck ist es not\vendi<( einen anderen Weg einzuschlagen.

Wir nehmen an, für das Intervall (a, b) der unabhängigen Variabein x sei eine Funktion f{x\ definiert, von der wir zu- nächst nur voraussetzen, daß ihre Werte zwischen endlichen Grenzen liegen. Die Schwankung der Funktion im Intervall (^a, b) bezeichnen wir mit JI.

Das Intervall («, b) zerlegen wir in Teilintervalle, wobei wir festsetzen wollen, daß keines derselben größer als eine gegebene Gn^ße d sei; im übrigen kann die Anzahl der Teil- punkte und die Lage eines jeden beliebig gewählt werden. Die Teilpunkte bezeichnen wir der Reihe nach mit

Xq X^ Xj . . . •*'„,

wobei der Gleichförmigkeit der Bezeichnung wegen a = Xq und b = x^ gesetzt ist. In jedem Teilintervall x^ ^r+i nehmen wir einen Punkt |, an, der auch mit einem der Endpunkte des Teilintervalls zusammenfallen darf. Wir bilden nun die Summe

Um zu übersehen, inwieweit die Summe S von der Anzahl und der Lage der Punkte x^ und |, abhängt, schieben wir zwischen je zwei Teilpunkte x^., x^_^_i eine beliebige Anzahl neuer Teilpunkte x^,^, x^^ . . . x^.^ _i ein, wählen in jedem der neuen Teiüntervalle ic,,^,, ic^,^ + i nach Belieben einen Punkt |,^,, aus und bilden dann die dieser zweiten Intervalleinteilung ent- sprechende Summe

n-l iJ^-l 1=0 u = 0

WO wieder der Gleichförmigkeit wegen x^.= x^.q und .^,, + i=^,/) gesetzt ist.

Ad Stelle des einen Gliedes der Summe S

tritt nun die Summe

Py-l

I, = 0

38 § 7. Integration.

Der absolute Betrag der Differenz

ist jedenfalls nicht orrößer als das Produkt aus der Intervall- länge ^,. + 1— -T,. und der Schwankung /), der Funktion in diesem Intervall.

Der absolute Betrag der Differenz S T ist demnach nicht größer als die Summe

Wir teilen nun die Intervalle x^,, x^,_^_^ in zwei Gruppen: in die erste Gruppe nehmen wir diejenigen Intervalle auf, in denen die Schwankung 7), kleiner als eine gegebene Größe s ist, in die zweite Gruppe die übrigen.

Der Beitrag zur Summe ^, der von den Intervallen der ersten Gruppe herrührt, ist kleiner als (b a)s. Der Beitrag der zweiten Gruppe von Intervallen ist nicht größer als das Produkt aus der Gesamtlänge l dieser Intervalle und der Schwankung 31 der Funktion im Intervall {a, hj. Die Länge l hängt einmal von der Größe d der oberen Grenze der Länge der Teilintervalle und weiter von der Anzahl und Lage der Teilpunkte x^. ab. Die Gesamtheit der Größen Z, die ■wir erhalten, wenn wir Ö festhalten aber Anzahl und Größe der Teilintervalle ändern, besitzt eine obere Grenze A; diese Größe l hängt nun mehr nur von Ö ab.

Für den absoluten Wert der Differenz S T erhalten wir sonach die Ungleichung

\S- T <{h a)s + IM.

Wir gehen nun von der zweiten Teilung, der die Summe T entspricht, zu einer dritten Teilung über, indem wir von den Teilpunkten der zweiten Teilung eine beliebige Anzahl weglassen. Dabei wollen wir uns jedoch so einrichten, daß keines der neuen Teilintervalle größer als Ö ausfällt.

§ 7. Integration. 39

Unter dieser Voraussetzung gilt auch für die Summe S', die dor dritten Teilung entspricht, die Ungleichung

\S'- T\< (h-a)e i- XM und folglich ist

\S'-S\ <2{b-a)e-\-2lM.

Da wir die zweite Teilung nach Belieben einrichten können, so ist die letzte Ungleichung nur an die Bedingung gebunden, daß bei den Teilungen, denen die Summen S und .S' ent- sprechen, kein Teilintervall größer als d ausfällt.

Das erste Glied auf der rechten Seite der vorstehenden Ungleichung können wir beliebig klein machen, indem wir die verfügbare Größe e hinreichend klein annehmen; konver- giert nun auch die Größe X die Gesamtlänge der Teilinter- valle, in denen die Schwankung der Funktion größer als £ ist mit abnehmendem Ö gegen Null, so konvergiert auch die Differenz S' S gegen Xull; in diesem Fall konvergiert die Summe S mit abnehmendem d gegen einen Grenzwert, der von der Anzahl und der Lage der Punkte x^, und ^^ un- abhängiff ist. Diesen Grenzwert nennt man „bestimmtes In- tegral" und bezeichnet ihn mit

JVW

dx.

Die Bedingung, daß die Größe A mit Ö gegen Null kon- vergiert, ist jedenfalls erfüllt, wenn die Funktion f{x) im In- tervall (a, b) stetig ist, denn unter dieser Voraussetzung kann man ö so klein wählen, daß die Schwankung in jedem Teil- intervall, das kleiner als d ist, kleiner als s ausfällt. Die Bedingung ist auch erfüUt, wenn die Funktion f(x) abteilungs- weise stetig ist (s. § 4), denn in diesem Fall ist A das Produkt aus der Anzahl der Sprungstellen und der Größe d.

Die Bedingung kann sogar in dem Fall erfüllt sein, daß die Funktion Unstetigkeitspunkte besitzt, die eine überall dichte Menge bilden.

Von den Sätzen, die sich unmittelbar aus der Definition des bestimmten Integrals als Grenzwert einer Summe ergeben, heben wir nur die beiden folgenden hervor:

40 § "t- Integration.

b

(1) Der absolute Betrag des Integrals / f{x)dx ist nicht

/. a

größer als das Integral / f{x) \ dx.

a

(2) Nehmen wir an, die Funktion (f<{x) nehme im Intervall (a, l>) nirgends einen negativen Wert an und die Werte der Funktion H'ix) liegen zwischen den Grenzen A und B. Unter dieser Voraussetzung ist

\ l b b

AI (p(x)dx<, j (p{x)-^{x)dx <, B l q){x)dx.

a a a

Setzen wir voraus was für die Gültigkeit des Satzes nicht erforderlich ist die Funktion xi.<{x) sei stetig, so nimmt sie jeden zwischen A und B liegenden Wert wenigstens in einem Punkt des Integrationsintervalls an 4) und wir können daher die vorstehende Ungleichung durch die Gleichung b h

(3) r(p{x)ip(x)dx=tia + ^(b—c())J(F{x)dx

a a

ersetzen, wo d- eine nicht näher bestimmte positive Größe < 1 bedeutet.

Setzen wii- insbesondere (p{x) = 1, so erhalten wir die Gleichung

6

(4) ß{x)dx ={h - a)t{a + #(&-«)) 0 < -ö- < 1

a

die für eine beliebige stetige P^unktion gilt.

Betrachten wir die obere Grenze des bestimmten Integrals als variabel, so wird das Integral eine Funktion dieser Variabein. Wir setzen

X

Fix) =Cf{x)dx.

a

Aus dieser Gleichung folgt

Fix + h) - F(x) ==ffix)dx.

X

Der absolute Betrag des Integrals auf der rechten Seite ist jedenfalls nicht größer als das Produkt aus h in den

(} 7. Integration. 41

größteil absoluten Betrag, den f{x) im Intervall {x, x + /')

erreicht. Daraus ist zu schließen: die Funktion F{x) ist stetig.

Nehmen wir au, die Funktion fix) sei stetig, so ist wegen (4)

F{x -f K) - l\x) = hfix + ^A I 0 < 1^ < 1.

Hieraus folgt: der Quotient i, konvergiert

gegen fix), wenn h von positiven oder von negativen Werten her gegen Null konvergiert.

Die Funktion Fix) besitzt somit einen Diflerentialquotienten

(Ix '

Damit ist der Zusammenhang zwischen der Definition des bestimmten Integrals und der des unbestimmten hergestellt.

Zugleich ist bewiesen: aus der Beziehung —.= /"(ic) folgt,

d&S,rfix)dx = Fib) - F{a) ist.

Bei der Definition des bestimmten Integrals haben wir vorausgesetzt, daß die Integi-ationsgrenzen und die Werte der Funktion unter dem Integralzeichen endlich sind. In beiden Beziehungen läßt sich der Begriff des Integrals erweitern.

nen

Wenn das Integral / fix) dx bei wachsendem x gegen ei

a

Grenzwert konvergiert (s. § 3), so bezeichnet man auch diesen Grenzwert als Integral und setzt

(5) lim / 'fix) dx = ff ix) dx.

a a

Für die Existenz des Grenzwertes ist auf Grund von (1) die folgende Bedingung ausreichend (aber nicht notwendig): es läßt sich ein Exponent /r > 1 der Art bestimmen, daß das Produkt x'^'fix) bei wachsendem x zwischen endlichen Grenzen bleibt.

Nehmen wir nun an, die Funktion fix) besitze in jedem Puokt im Innern des Intervalls (f/, li) einen endlichen Wert, sie wachse aber über alle Grenzen, wenn der Punkt x sich dem Punkt J> nähert.

42 § '^ Zahlenmengen im zweidimensionalen Gebiet.

X

Vorausgesetzt daß das Integral //'(a;)(/ic gegen einen Grenz-

■nert konvergiert, wenn x gegen h konvergiert, so bezeichnet man auch diesen Grenzwert als Integral und setzt

(6) lim Ct\x)dx = Cf{x)dx.

<t a

Entsprechend setzt man, wenn /"(.r) an der unteren Grenze unendlich wird

lim / f(x)dx = 1 f(x)(lx ^^aJ J

X a

vorausgesetzt, daß der links stehende Grenzwert existiert.

Wird die Funktion in einem J^lnkt c im Innern des Intervalls {a, h) unendlich, so setzt man

X 6 6

lim / f(x)dx + lim / f{x)dx = / f(x)dx

X = C 0 .' x = r-^0,J J

a X a

vorausgesetzt, daß die links stehenden Grenzwerte existieren. Diese Grenzwerte existieren sicher, wenn man einen Exponenten Ä; < 1 der Art bestimmen kann, daß das Produkt (x c)''f(x) für X = c endlich bleibt.

§ 8. Zahlenmengeu im zweidimensionalen Gebiet.

In § 2 haben wir Zahlenmengen betrachtet, deren Elemente einzelne Zahlen waren; wir gehen nun zu Zahlenmengen über, deren Elemente Zahlenpaare x^ y sind. Ebenso wie wir eine jede Zahl durch einen Punkt auf einer festen Geraden reprä- sentiert haben, so können wir ein jedes Zahlenpaar durch einen Punkt in einer festen Ebene, der „Zahlenebene" re- präsentieren. Zu dem Zweck betrachten wir x als Abszisse, y als Ordinate in einem rechtwinkligen Koordinatensystem. Dabei wollen wir ein für allemal festsetzen, die Richtungen der wachsenden Koordinaten seien so gewählt, daß man in der Richtung der wachsenden Abszissen fortschreitend die Rich- tung' der wachsenden Ordinaten zur Linken hat. Die Richtung der wachsenden x liegt also zur Richtung der wachsenden y wie der Ostpunkt zum Nordpunkt.

§ 8. Zahlenmengen im zweidimensionalen Gebiet. 4.'»

Diese geometrische Repräseutiitiou liefert uns eiu auschau- liches Bild und eine bequeme Bezeichnungsweise, sie enthebt uns aber nicht der Notwendigkeit die Grundbegriffe, die wir einführen, arithmetisch zu definieren.

Unter der Umgebung eines Punktes (Xf^ //,,) verstehen wir die Gesamtheit der Punkte, die im Innern oder auf der Peripherie eines kleinen Kreises um den Punkt (ji'„ i/q) liegen. Der Radius dieses Kreises darf beliebig klein gewählt werden, muß aber eine angebbare Größe besitzen.

Ein Punkt, der einer bestimmten Punktmenge angehört, heißt isoliert, wenn in einer hinreichend klein gewählten Um- gebung desselben kein weiterer Punkt der Menge liegt.

Eine Punktmenge, die nur aus isolierten Punkten besteht, heißt diskret.

Eine Punktmenge wird als „im Endlichen liegend" oder als „endlich" bezeichnet, wenn die Entfernung aller Punkte der Menge von einem gegebenen Punkt der Ebene unter einer angebbaren Größe bleibt.

Eiu Punkt, in dessen Umgebung unendlich viele Punkte einer gegebenen Punktmenge (21) liegen, wird als Häufungs- stelle der Punktmenge bezeichnet.

Die Häufungsstelle braucht nicht notwendig zur Punkt- menge (ilf) zu gehören ( vergl. § 2).

Eine im Endlichen liegende Punktmenge (M), die unendlich viele Punkte umfaßt, besitzt notwendig mindestens eine Häu- fungsstelle.

Zum Beweis nehmen wir an, jeder Punkt (xy) der Menge (M) genüge der Bedingung \x\<Ca, \y\^a.

Wir teilen nun das Quadrat Q, dessen Eckpunkte die Koordinaten x = + a y = + a besitzen, durch Parallele zu den Koordinatenachsen in n'- Quadrate mit der Seitenlänge a : n. Unter diesen kleineren Quadraten muß es mindestens eines Q^ geben, das im Innern oder auf der Begrenzung eben- falls unendlich viele Punkte der Menge ( M) enthält. Das Quadrat Qy teilen wir wieder in ir Quadrate mit der Seiten- länge (I : «^; unter diesen gibt es wieder mindestens eines (j>o, dem ebenfalls unendlich viele Punkte der Menge (3/) an- gehören.

44 § ^ Znhlenmengen im zweidimensionalen Gebiet.

In dieser Weise fortfahrend erlialten wir eine unbegi-enzte Heihe von Quadraten, vtm denen jedes ganz dem vorher- jjehendeu angehört. Bezeichnen wir mit .i\ i/y, .n, i/.,, -Y^ Ha--- die Koordinaten der Mittelpunkte der aufeinanderfolgenden Quadrate ^^ ^2 Va . Es ist klar, daß jede der beiden Reihen

x^ a\ .<3 . . . und y^ //.^ //g . . .

eine Fnndamentalreihe ist. Die beiden Reihen bestimmen somit ein Zahlenpaar H»/: der entsprechende Punkt ist Häu- fungsstelle der Punktmenge {31 ).

Enthält eine Punktmenge unendlich viele Punkte, deren Abstände von einem gegebenen Punkt der Ebene größer als jede gegebene Größe sind, so sagt man: die Punktmenge besitzt eine Hänfungsstelle im Unendlichen.

Jede Puuktmenge, die unendlich viele Punkte umfaßt, besitzt mindestens eine Häufungsstelle im Endlichen oder Un- endlichen; sie kann selbstverständlich auch unendlich viele Häufungsstellen haben (vergl. § 2).

Wenn jeder Punkt einer bestimmten Kurve Häufungsstelle der Punktmenge (J/) ist, so sagen wir: die Punktmenge ist längs der Kurve dicht.

Eine Punktmenge, die nicht alle Punkte der Ebene umfaßt, heißt „begrenzt".

Zu jeder begrenzten Punktmenge ( 31) gibt es demnach eine komplementäre Punktmenge (Ji'j, die alle Punkte der Ebene umfaßt, die nicht der Punktmenge (31) angehören.

Die Punktmenge (31') kann eine diskrete Menge sein und kann auch nur aus einer endlichen Anzahl von Punkten bestehen.

Ein Punkt wird als „Begrenzungspunkt" der Menge (31) und der Menge (31') bezeichnet, wenn in jeder noch so kleinen Umgebung des Punktes sowohl Punkte der Menge (31) als auch Punkte der Menge {31') liegen.

Welcher der beiden Mengen {Jl ) und (31') die Begren- zungspunkte zugezählt werden sollen, bleibt bei dieser Definition dahingestellt.

Ein Punkt der Menge (Jf) wird als „innerer Punkt" be-

§ H. Zahlenmengeii im zweidimensionalen Gebiet. 45

zeichnet, weuu sich die Umgebung des Piuiktes so bestimmen läßt, daß sie nur Punkte der Menge (M) enthält.

Ein innerer Punkt der Menge (-M') ist für die Menge (M) ein äußerer Punkt und vice versa.

Es muß weil die geometrische Anschauung zu einer anderen Ansicht verleiten kann ausdrücklich bemerkt werden, daß es Punktmeugen gibt, bei denen weder von inneren noch von äußeren Punkten die Rede sein kann.

Als Beispiel kann die Punktmenge dienen, die alle Punkte mit rationalen Koordinaten umfaßt.

Es erübrigt die Punktmengen zu definieren, denen die wesentlichen Eigenschaften einer Fläche zukommen.

Eine Fläche besitzt jedenfalls innere Punkte und sofern wir was ja freistellt die Punkte der Rerandung nicht zu den Punkten der Fläche rechnen, besitzt sie nur innere Punkte. Damit die P'läche aus einem zusammenhängenden Stück besteht, ist erforderlich und hinreichend, daß zwei Punkte der Fläche durch eine Kurve verbunden werden können, die nicht aus der Fläche heraustritt.*)

Mit Punktmengen, die diese beiden charakteristischen Eigenschaften besitzen, hat man es in der Fanktionentheorie fortwährend zu tun.

Der Begriff einer derartigen Punktmenge ist aber noch erheblich weiter als der elementare Begriff der Fläche. Wir stellen deshalb die folgenden Definitionen auf:

Eine Punktmenge wird als „kontinuierlicher Bereich" oder als „Kontinuum'' bezeichnet, wenn sie nur innere Punkte ent- hält, und wenn je zwei ihrer Punkte durch eine Kurve ver- bunden werden können, deren Punkte sämtlich der Menge an- gehören. *

Wir bezeichnen das Kontinuum insbesondere als Fläche, wenn seine Begrenzungspunkte mit den Punkten einer Kurve oder einer endlichen Anzahl von Kurven zusammenfallen ( vergl. § 6 Schluß).

*) Wenn man die Punkte der Randkurve zur Fläche rechnet, so ist die Bedingung nicht hinreichend: es genügen ihr dann auch Flächeu- stücke, die nur in einzelnen Punkten zusammenhängen (z. B. zwei Qua- diate, die einen Eckpunkt gemein liaben).

46 § 8. Zahlenmengen ijn zweidimensionalen Gebiet.

Diese Kurven werden als Haudkurven bezeichnet.

Die Bexeiclinung „Randkurven'' darf nicht dahin verstanden werden, daß diese Kurven geschlossen sind: ein beliebiger Kurvenbogen kann ebenfalls liandkurve sein.

Soll zum Ausdruck gebracht werden, daß ein Punkt {xy) mit jedem Punkt eines gegebenen kontinuierlichen Bereichs [A) zusammenfallen kann, so bezeichnen wir seine Koordinaten als stetig variabel im Bereich [Ä).

Das umfassendste Kontinuum besteht aus der Gesamtheit der Punkte der Ebene. Wenn ein Punkt mit jedem Punkt der Ebene zusammenfallen kann, j^o bezeichnen wir seine Koordi- naten als unbeschränkt variabel.

Die Tragweite der eben aufgestellten Definitionen wollen wir durch zwei Beispiele erläutern.

Die Punktmenge [M') bestehe aus allen den Punkten, deren Koordinaten sich in der Form

m n

darstellen lassen. Hier bedeuten m und n beliebige ganze Zahlen, von denen wenigstens die eine nicht gleich Null ist. Die komplementäre Punktmenge {M) umfaßt alle übrigen Punkte der Ebene.

Die Punktmenge {M') besitzt eine Häufungsstelle, nämlich den Punkt (0, 0): diese Häufungsstelle gehört aber nicht zur Menge [M' ) sondern zur Menge (Ji). Sie ist für die Menge (3/) ein Begrenzungspunkt, weil jede noch so kleine Umgebung des Punktes ^^0, 0) Punkte der Menge (M') enthält. Die Be- grenzung der Menge iM) besteht somit aus den Punkten der Menge {M') und dem Punkt (0,0).

Die Punktmenge {X), die wir erhalten, wenn' wir aus der Menge (J/) den Punkt (0, '0) ausscheiden, enthält nur mehr innere Punkte, und es ist einleuchtend, daß wir zwei beliebige Punkte von (iV) durch eine Kurve verbinden können, die nur Punkte von (K) enthält. Die Menge (N) ist daher ein Kontinuum.

Dieses Kontinuum ist aber keine Fläche, denn seine Be- grenzung besteht nicht aus einer endlichen Anzahl von Rand- kurven, sondern aus einer unendlichen Anzahl isolierter Punkte.

§ 8. Zahlenmengen im zweidimensionalen Gebiet. 47

Legen wir um jeden Begrenzungspunkt der Menge (N^ einen Kreis vom Radius q. Die Gesamtheit der Punkte der Ebene, die weder im Innern noch auf der Peripherie eines dieser Kreise liegen, bezeichnen wir mit (FJ.

Außerhalb des um den Punkt (0, 0) gelegten Kreises liegt nur eine endliche Anzahl von Begrenzungspunkten der Menge {N), daher wird die Begrenzung der Puuktmenge (F ) durch eine endliche Anzahl von Randkurven gebildet, diese Punkt- menge ist daher als Fläche zu bezeichnen.

Man kann q so klein wählen, daß ein beliebiger gegebener Punkt der Menge (X) auch der Fläche (FJ angehört. Daher kann man das Kontinuum (X) als die Grenze betrachten, der sich die Fläche (F) bei abnehmendem q ohne Ende nähert.

Um noch ein zweites Beispiel zu betrachten nehmen wir an, die Menge (-3/) bestehe aus den Punkten, deren Koordi- naten sich in der Form x = cos (tc : n) y = sin (rc : n) darstellen lassen, wo ti eine ganze positive Zahl bedeutet. Die komple- mentäre Menge (J/) umfasse alle übrigen Punkte der Ebene.

Jeder Punkt auf der Peri})herie des Kreises vom Radius 1 um den Punkt (0, 0) gehört entweder der Menge (M') an oder er ist Häufungsstelle dieser Menge; daher ist jeder dieser Punkte Begrenzungspunkt der Menge {M). Alle die Punkte^ die innerhalb oder außerhalb des Kreises

TT

liegen, sind innere Punkte der Menge (-M). ^^ ^~^^

Diese inneren Punkte bilden zwei / iC" \

getrennte kontinuierliche Bereiche; der / /^ \, \

eine umfaßt die Punkte im Innern des ( j ]

Kreises, der andere die Punkte außerhalb. \ V y /

Jeder dieser Bereiche ist eine Fläche \ /

in dem oben festgestellten Sinn. \^^ ^y^

Eine Fläche heißt „einfach zusam- „. ,

" Flg. 1.

menhängend", wenn eine jede geschlossene

in der Fläche verlaufende Kurve für sich allein die vollständige Begrenzung eines Flächenstücks bildet. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so heißt die Fläche mehrfach zusammenhängend. Man kann eine einfach zusammenhängende Fläche sehr anschaulich auch durch die Eigenschaft charakterisieren, daß jede in ihr liegende geschlossene Kurve auf einen Punkt zu-

48 § •*• Funktionen von zwei Variabein.

sammeugezogen werden kann, ohne daß sie aus der Fläche heraustritt.

Jede schlichte Fläche*), die nur eine Randkurve besitzt, ist einfach zusummenhüngeud, dagegen ist eine Fläche, die mehrere Raiidkurven besitzt, mehrfach zusammenhängend. Beispielsweise ist die Fläche Fig. 1, die von den Kreisen K und K' begrenzt wird, mehrfach zusammenliängend, denn eine den Kreis K' einschlieliende Kurve begrenzt für sich allein noch kein Stück der Fläche.

§ 9. Funktionen von zwei Variabein. Wir haben nun die für Funktionen einer Variabein ausgesprochenen De- ll nitionen und Sätze auf Funktionen von zwei Variabelu aus- zudehnen. Dabei wollen wir uns von vornherein auf stetige Varia])le beschränken.

Wenn jedem Punkt (xy) eines kontinuierlichen Bereichs ein bestimmter Zahlwert u zugeordnet ist, so ist für diesen Bereich u als Funktion der Variabein xy definiert und wird mit f{xy) bezeichnet.

Da wir die Begrenzuugspunkte eines Bereichs nicht zum Bereich rechnen (siehe den vorigen Paragraphen), so braucht die Funktion für die Begrenzungs punkte nicht definiert zu sein. Soll sich die Definition der Funktion auch auf diese Punkte erstrecken, so wird dies jedesmal ausdrücklich aus- gesprochen.

Bezeichnen wir mit {x^y^ einen bestimmten Punkt, dessen Umgebung wenigstens teilweise in den Definitionsbereich der Funktion f(xy) fällt.

Genügt eine Zahl u der Bedingung, daß der absolute Betrag der Differenz f{xy) a für alle Punkte der Umgebung des Punktes (x^i/q), die dem Definitionsbereich der Funktion angehören, unter jede vorgegebene Größe s sinkt, sofern nur die Umgebung hinreichend klein angenommen wird, so heißt

*) Man bezeichnet eine Fläche als schlicht, wenn kein Teil der Fläche von einem anderen bedeckt wird. Weiterhin werden wir auch Flächen zu betrachten haben, die aus mehreren übereinander liegenden Blättern bestehen.

i^ y. Kuiiktionen von zwei Variabein. 49

« der Grenzwert der Fuuktiou im l\mkt (:ro//o) ""^ wird mit

(1) lim f{xii) bezeichnet.

Von diesem Grenzwert ist der Grenzwert wohl zu unter- scheiden, zu dem man gelangt, wenn man zuerst bei festge- haltenem Wert von x die Variable y gegen y/j, konvergieren läßt und dann zur Grenze für x = x^^ übergeht.

Dieser Grenzwert wird mit

(2) lim lim fixif) bezeichnet.

Nimmt man die Grenzübergänge in der umgekehrten Reihenfolge vor, so bezeichnet man den Grenzwert sofern ein solcher existiert mit

(3) lim lim f(xy).

Existiert der Grenzwert (1), so existieren auch die Grenz- werte (2) und (3) und sie haben denselben Wert. Wenn da- gegen der Grenzwert (1) nicht existiert, so können sehr wohl die Grenzwerte (2) und (3) existieren und verschiedene Werte besitzen. Ein Beispiel bietet die Funktion

die für alle Punkte der Ebene mit Ausnahme des Punktes (00) definiert ist. Es ist

lim lim f{xy) = lim _ = 1.

Dagegen ist

lim lim f(xy) = lim —^^ = 1.

Daß auch dann, wenn die Grenzwerte (2) und (3) existieren und denselben Wert besitzen, die Existenz des Grenzwertes (1) noch nicht sicher gestellt ist, geht aus dem folgenden Beispiel heiwor:

In diesem Falle ist

lim lim fyxy) = lim lim f'{xij) = 1.

x = ü J/ = Ü j/ = 0 x = 0

Duröge- Maurer, Fuuktionentlieorie. 5. Aufl. 4

50 § 9- Funktionen von zwei Yariabeln.

Da aber die Funktion für alle der Gleichung a: = -f- y aeuüffenden Werte verschwindet, kann von der Existenz des Grenzwertes

lim f\xy)

x = 0 i/ = ü

keine Rede sein.

Die Funktion fX^y) heißt stetig im Punkt {^Qy^} des Definitionsbereiehs. wenn die Gleichung

lim f(xy) = fix^yo)

besteht.

Diese Definition gilt auch für die Begrenzungspunkte, so- fern die Funktion auch für diese definiert ist.

Nehmen wir an die Funktion f{xy) sei in jedem Punkt eines endlichen Bereichs Ä stetig. Zufolge der Definition der Stetigkeit läßt sich nach Annahme einer positiven Größe e für jeden Punkt (x^yo) dieses Bereiches eine positive Größe q der Art bestimmen, daß \f{xy) f{xQyQ)\< £ ist für alle Punkte,

die der Bedingung |/(a; x^Y -\- {y tJoY^ Q genügen.

Die Gesamtheit der Werte q, die bei gegebenem s den Punkten des Bereichs Ä entsprechen, besitzt eine untere Grenze Po, die jedenfalls nicht negativ sein kann. Ist diese untere Grenze Qq eine positive Zahl, so heißt die Funktion f{xy) „gleichmäßig stetig" im Bereich Ä.

Vorausgesetzt daß die Funktion f(xy) auch noch für die Grenzpunkte des Bereichs Ä definiert und in diesen Punkten stetig ist, so ist sie notwendig im Bereich A gleichmäßig stetig.

Der Beweis dieses Satzes ist in ganz analoger Weise zu führen, wie der Beweis des entsprechenden Satzes für Funk- tionen einer Variabein 4).

Bezeichnen wir mit Ä' den Bereich, der übrig bleibt, wenn wir aus dem Bereich Ä die Umgebungen der Grenz- punkte ausscheiden. Eine Funktion, die im Bereich A stetig ist, ist im Bereich A' sicher gleichmäßig stetig, wie klein auch immer die ausgeschiedenen Umgebungen gewählt werden mögen.

Auch die in § 5 für Funktionen einer Variabein be- wiesenen beiden Sätze: daß eine stetige Funktion jeden Wert

§ 10. Kurveniutegrale. Flächeuintf^Male. I »er (iaiißsche Integralsatz. 51

annimmt, der zwischen zwei Fuuktionswerten liegt, und daß sie die obere und die untere Grenze der Funktionswerte er- reicht, gelten für Funktionen von zwei Variabein.

Der Beweis des ersten Satzes ergibt .sieb oline weiteres daraus, daß die Funktion f\.ty) auf Grund des für Funktionen einer Variabein geltenden Satzes auf einer zwei Punkte ver- bindenden Kurve jeden Wert annehmen muß, der zwischen den im Anfangs- und Endpunkt der Kurve stattfindenden Fuuktionswerten liegt.

Der zweite Satz ist in derselben Art zu beweisen wie der entsprechende Satz für Funktionen einer Variabein. £r ist an die Bedingung gebunden, daß die Funktion in dem Bereich, für den die in Rede stehenden Grenzen der Funktionswerte gelten, gleichmäßig stetig ist.

Die Detinition der partiellen Derivierten bildet keine Schwierigkeit, nachdem einmal der Begriff des Differential- quotienten festgestellt ist. Wir gehen daher nicht weiter darauf ein.

§. 10. Kurvenintegrale. Flächenintegrale. Der Gaußsche Integralsatz. Nehmen wir an für jeden Punkt einer gegebenen Kurve C sei eine stetige Funktion f definiert. Um von einer bestimmten Vorstellung auszugehen denken wir uns etwa die Punkte der Kurve durch die von einem festen Punkt an gezählte Bogenlänge s festgelegt und /' als Funktion der Variabein 8 gegeben. Das über den gegebenen Kurven- bogen erstreckte Integi*al

(1) Jm

ds

bezeichnet man als Kurvenintegral.

In der Regel ist die Funktion /" nicht nur für die Punkte der Kurve C, sondern für eine Fläche definiert, stellt sich also als eine Funktion der beiden Koordinaten xy dar: wir wollen sie demgemäß mit f\xij) bezeichnen. Die Integrations- grenzen pflegt man in diesem Fall nicht durch die Bogen- längen 5„Si, sondern durch die Koordinaten der Endpunkte

•^o^/o; -^li/i festzulegen.

An Stelle des Bogenditferentials ds kaiui man auch seine

i*

52 § 1^^- Kuivcnintognile. Flächenintegrale. Der Oaußsche lutegralsatz.

Projektionen anl' die Koordinatenachsen einführen. Setzen wir noch

so können wir das Integral (1) in jeder der beiden Formen schreiben:

l(p{xy)dx und l^{xy)dx.

Sofern verschiedene Integration swege zwischen denselben Endpunkten in Betracht kommen, schreiben wir hierfür:

I I C (p{xy)dx und / C

xl>(xy)dt/.

Die Richtung, in der die Kurve C bei der Integration zu durchlaufen ist, ist, wenn die Kurve sich nicht überkreuzt und nicht in sich zurückläuft, durch die Angabe des Anfangs- und des Endpunkts des Integrationsweges bestimmt. Wenn die Kurve geschlossen ist, aber sich nicht überkreuzt, so sind die beiden Richtungen, in denen sie durchlaufen werden kann, da- durch unterschieden, daß die eingeschlossene Fläche das eine Mal zur Linken, das andere Mal zur Rechten liegt. Die erstere Richtung bezeichnen wir als positiv, die andere als negativ. Die positive Richtung liegt zu der nach außen gerichteten Nor- male ebenso wie die Richtung der wachsenden y zur Richtung der wachsenden x (s. § 8).

Soweit nicht ausdrücklich das . Gregenteil bemerkt wird, setzen wir immer voraus, daß die Integration im positiven Sinn erfolgt. Für den Fall, daß sich die Kurve überkreuzt, allgemeine Festsetzungen zu trefien, erweist sich nicht als erforderlich.

Wir dehnen nun den Begriff des bestimmten Integrals auf Funktionen von zwei Variabein aus.

Es sei für jeden Punkt im Innern und auf der Berandung einer im Endlichen liegenden Fläche E eine überall stetige Funktion fixy) definiert. Wir zerlegen die Fläche E in n Stücke {^JET)^ (v = 1, 2, n), nehmen in jedem Flächenstück nach Be- lieben einen Punkt (|,,ijj an und bilden die Summe

S„ = ^ni.r,j{JE),,.

§ 10. Kunoniutcgrale. Flüchenintej^rale. L)or Gaußsche Intof^alsatz. 53

Die Kliiclicnstücke (JJ*J),. seien so ^ewlllilt, daß der Abstand zweier l)eli<'l»i»rer Punkte eines Fliichpiistück« eine vorfjfegebene Größe () nicht übersteigt. Im Übrigen machon wir weder in bezug auf die Anzahl noch in bezug auf die Gestalt der Flächen- stücke eine beschränkende Voraussetzung.

Genau dasselbe Verfahren, durch das wir die Existenz des einfachen bestimmten Integrals nachgewiesen haben, können wir auch hier anwenden, um zu ])eweisen, daß die Summe »S'^ bei abnehmendem d gegen einen Grenzwert konvergiert. Diesen Grenzwert bezeichnet man mit

ffi^y)'

und nennt ihn ein „Flächenintegral" oder ein „Doppelintegral".

Da der Wert des Flächenintegrals nicht davon abhängt, in welcher Art die Fläche E in Elemente geteilt wird, so kann die Ermittlung des Flächenintegrals in mannigfaltiger Weise auf zwei nach einander auszuführende einfache Integrationen zurückgeführt werden. Daher rührt der Name Doppelintegral.

Ein Kui'ven integral, das über eine geschlossene Kurve zu erstrecken ist, läßt sich immer in ein Flächenintegi-al trans- formieren. Auf diese Transformation wollen wir des Genaueren eingehen, da sie für die im dritten Abschnitt durchzuführen- den Betrachtungen von grundlegender Bedeutung ist.

Für die endliche Fläche E und ihre Berandung sei eine überall stetige P^unktion fixy) definiert. Diese Funktion be- sitze partielle Derivierte ^ t—, die ebenfalls überall stetig seien.

Unter dieser Voraussetzung existieren die Doppehntegrale

f^,E und n^rE. J ex J cy

(F.) i/o

Um das erste Doppelintegral auf ein Kurvenintegral zurückzuführen, zerlegen wir die Fläche E durch Parallele zur x-Achse in Streifen von der Breite ' y\ jeder dieser Streifen wird dann durch Parallele zur y- ^'^ -

Achse in kleine Rechtecke zerlegt. Sofern eine Parallele zur iT-Achse die Begrenzung der Fläche E in mehr als zwei Punkten schneidet, zerfällt der entsprechende Flächenstreifen in eine

54 § 1^*- KTirveninteprale. Flächenintegrale. Der Gaußsehe Integralsatz.

Anzahl von geti-eunten Stücken (siehe Fig. 2). Die Flächen- elemeute, die einem bestimmten Flächenstreifen augehören, liefern zu dem Doppelintegral den Beitrag

cy\{U-t\^'r{t\-Q + ^■^,

wo mit fxfiUfi ^iß Werte bezeiclinet sind, die die Funk- tion /' an den aufeinander folgenden Eintritts- und Austritts- stellen annimmt.

Bezeichnen wir mit (Lr di/ die Projektionen eines Bogen- elements der Randkurve auf die Koordinatenachsen. Dabei denken wir uns das Bogeuelement derart gerichtet, daß man im Sinn des wachsenden Bogen fortschreitend, die Fläche E zur Linken hat.

Während die Differentiale cX ry positive Größen sind, kön- nen die Differentiale dx dy auch negative Werte annehmen; es ist nämlich an einer Stelle, wo eine Parallele zur Abszissen- achse in die Fläche eintritt, dy negativ, an einer Stelle, wo die Parallele austritt, ist dy positiv. Umgekehrt ist dx an einer Stelle, wo eine Parallele zur Ordinatenachse in die Fläche ein- tritt positiv, an einer Austrittsstelle dagegen negativ (s. Fig. 2). Folglich ist -fify = fidy, Ücy=f^dy, -Udy = f.^dy, fjy = fjy...

Daraus folgt:

Jedes der Bogenelemente, in die die Berandung der Fläche E durch die Parallelen zur a:- Achse zerlegt wird, liefert einen Beitrag fdy, demnach ist das Doppelintegral

(2) JfjE=Jfdy, (h

wo die Integration rechts über die vollständige Berandung der Fläche E auszudehnen ist, und zwar ist die Integration in dem Sinne auszuführen, daß die Fläche E zur Linken liegt. Durch analoge Schlüsse ergibt sich

(3) m 8E - -Jfdx.

§ 10. Kurveniutegrale. Flächcnintefrrale. Der fiaußsche Intefjralsatz. 55

Daß die in den Gleichungen (2) und (3) auftretenden Kurven- integrale verschiedene Vorzeichen besitzen, beruht darauf, daß nach unseren Festsetzungen die Richtungen der wachsenden x und der wachsenden ?/ verschiedene Rollen sjiielen: die nach außen gerichtete Normale liegt zur Richtung der wachsenden Bogen wie die + i;-Achse zur + //-Achse. Für die Giltigkeit der Gleichungen (2) und (3j kommt nicht in Betracht, ob die Fläche K nur eine Randkurve besitzt, oder ob sie durch mehrere getrennte Kurven begi*enzt wird (wie z. B. die in Fig. 1, § H dargestellte Fläche). Dagegen ist wesentlich, daß der Begriff der Kurve in dem Siim gefaßt wird, wie dies am Schluß des § 7 geschehen ist.

Die Formeln (2) und (3> können als Spezialisierungen von Formeln betrachtet werden, die die Transformation eines Raum- integrals in ein Oberflächenintegral darstellen. Diese allge- meineren Formeln hat Gauß zuerst aufgestellt. Man bezeichnet daher den Inhalt der Gleichungen (2) und (3j als Gauß sehen Integralsatz.

Wir ziehen aus den Gleichungen (2) und TS) noch eine

Folgerung, von der wir gelegentlich Gebrauch machen werden.

cf Wir ersetzen in der Gleichung (2) f durch ^, in der

Gleichung (3) durch . und addieren sodann; wir erhalten

!i"y

cf

0

y ' J v^-^ ^* cy dsj '

wo im zweiten und dritten Integral über die vollständige Begrenzung der Fläche E zu integrieren ist.

Die partiellen Deri vierten ^ - -^ sind

die Kosinuse der Winkel, die das Bogen- element ds mit den Richtungen der wach- senden Koordinaten bildet. Analog sind

TT- ö die Kosinuse der Winkel, die ein Ele-

ment der nach außen gerichteten Normale n mit den Richtungen der wachsenden Koor-

Fig. 3.

Öt) § 11- Komplexe Größen.

dinaten bildet. Zwischen diesen partiellen Derivierten bestehen die Beziehungen (s. Fig. 3)

dx dy dy dx

dn ds dn ds

Folglich ist

?£dy^ _?£dx_^ ?fdxdfdy^df dx ds dy ds dx dn dy dn dn

und die vorstehende Gleichung erhält die Form

(5) /(ri + |;()a£=/;

o ds

dn

Z^^^eiter Abschnitt. Komplexe Größen und ihre geometrische Repräsentation.

§ 11. Komplexe Größen. Auch nachdem das Zahlen- gebiet durch Einführung der irrationalen Zahlen erweitert ist, ist es nicht möglich, die indirekten Operationen unbeschränkt aus- zuführen (vergl. die Einleitung). Es gibt beispielsweise keine reelle Zahl, deren Quadrat negativ ist; es gibt keine reelle Zahl^ die der Locrarithmus einer negativen Größe ist usw. Die For- deiimg, die indirekten Operationen in jedem Fall ausführen zu können, nötigt daher zu einer weiteren Ausdehnung des'Zahlen- gebiets, der Einführung der komplexen Zahlen.

Wir führen neben den „reellen Einheiten" + 1 und 1 noch zwei weitere „imaginäre" Einheiten + i und ^ ein; sie sind definiert durch die Festsetzung, daß sie der Gleichung r= 1 genügen sollen.

Unter x y reelle Größen verstehend, nennen wir den Aus- druck X -\- iy eine komplexe Zahl oder auch eine komplexe Größe. X heißt der reelle, iy der imaginäre Bestandteil der komplexen Größe. Ist y = 0, so ist die Größe reell; ist x = 0, so heißt sie rein imaginär.

Die positiv genommene Wurzel Yx^ -f y^ heißt der Modul oder der absolute Betrag der komplexen Größe, Der absolute Betrag kann nur dann den Wert Null haben, wenn x und y verschwinden; in diesem Fall sagen wir, die komplexe Größe hat den Wert Xull.

§ 11. Komplexe Größen. 57

Die komplexen Größen x -f iy "nd x iif, die sich nur durch das Vorzeichen des imaginären Teils unterscheiden, heißen konjugiert. Konjugierte Größen besitzen also denselben abso- luten Betrag.

Zwei komplexe Größen heißen nur dann einander gleich, wenn sowohl ihre reellen als auch ihre imaginären Bestandteile einander gleich sind.

Im Folgenden bezeichnen wir die komplexe Größe x -\- iy durch einen Buchstaben z und setzen z = x -\- iij. Den abso- luten Betrag der Größe z bezeichnen wir mit | z |.

Die komplexe Größe z = x -\- iy heißt variabel, wenn die Größen x und // als variabel betrachtet werden.

Für die Addition und die Multiplikation komplexer Größen stellen wir die Regel auf: diese Operationen sind so durchzu- führen, als ob die imaginäre Einheit i eine reelle Größe wäre; dabei sind die höheren Potenzen von i auf Grund der Glei- chung /-= 1 auf die erste zurückzuführen.

Danach sind die Summe und das Produkt zweier kom- plexen Größen z^ = x.^-{- iy^ und z.2= x^-\- iy^ definiert durch die Gleichungen:

(1) z^ + z., = {x^ + x^) + i{y^ + y^).

(2) z^ z. = {x^ x^ - ?/i t/g) + Hx^y^ + ^2 ^1 )

Diese Gleichungen sind offenbar richtig, wenn die Größen z^ und ^2 reell sind, also führt unsere Definition zu keinem Widerspruch; sie ist somit zulässig.

Auf Grund unserer Definition bleiben ferner, wie man sich leicht überzeugt, die bekannten für reelle Größen geltenden Gesetze, die sich in den Gleichungen aussprechen:

■^2 ~l~ '^1 °^ '*! ~r '^2

^2 ^1 ^^ ^1 ^2

^1 (^2 +-2^3) =-2^1 ^2 + ^1^3

\^l^i)^3 = -2^1 (^2^3)

auch für komplexe Größen in Kraft.

Aus der Gleichung [2) ergibt sich für den absoluten Be- trag des Produkts z^z^ die Gleichung

58 § 12. Geometrische Repräsentation der komplexen Größen.

Daraus folgt: ein Produkt kann nur dann verschwinden, wenn einer der Faktoren den Wert Null hat.

Setzen wir die rechte Seite der Gleichung (2 ) =1, woraus

XiJ\ //1//2 = 1 und a\t/2 -f- ä.,1/1 = U

folgt, so ergibt sich

_ x^ ^ yj_

Es ist somit der reziproke Wert der komplexen Größe 2^ durch die Gleichung

1 _ -^1 _ I Vi

bestimmt.

Die indirekten Operationen der Subtraktion und Division können wir durch die Gleichungen

^2 - -"1 = ^2 + (- ^1) u^d J- = ^2.--

definieren. Die Subtraktion ist immer ausführbar, die Division nur dann, wenn der Xenner nicht den Wert Null hat.

Aus dem Vorausgehenden geht hervor, daß, soweit die 4 elementaren Operationen der Addition, Multiplikation, Sub- traktion und Division in Betracht kommen, für die komplexen Größen dieselben Rechnungsregeln gelten, wie für die reellen Größen.

Aus der Definition der Multiplikation und der Division ergibt sich unmittelbar die Definition der Potenz mit ganz- zahligen positiven oder negativen Exponenten. Auf die Defi- nition der Potenz mit beliebigen reellen oder komplexen Exponenten und die Definition des Logarithmus einer kom- plexen Größe gehen wir an dieser Stelle nicht ein: zur völligen Klarstellung dieser Begrifie ist der Begrifi' der Funktion einer komplexen Variabein erforderlich.

§ 12. G-eometrische Repräsentation der komplexen Größen. Da einer komplexen Größe z = x -{- iy ein Paar reeller Zahlen xy entspricht, so findet die in § 8 erörterte geo- metrische Repräsentation der Zahlenpaare ohne weiteres auf komplexe Größen Anwendung: die komplexe Größe z = x -\- iy wird durch den Punkt der Ebene repräsentiert, der in Be-

§ 12. Geometrische Repräsentation der komplexen Größen. 59

Ziehung auf ein rechtwinkliges Koordinatensystem die Koordi- naten ./■// besitzt. Der repräsentierende Punkt möge ebenfalls mit z bezeichnet werden.

Be/.ücrlich der Orientierung der Achsen halten wir an der früher getroffenen Ubereiukuntt fest 8>, daß die Richtung der wachsenden x zur Richtung der wachsenden \j wie die Richtung Osten zur Richtung Xorden liegen soll.

Reelle Zahlen werden durch Punkte der Abszissenach.se, rein imaginäre durch Punkte der Ordinatenachse repräsentiert. Man bezeichnet daher die erstere als Achse der reellen Zahlen, die letztere als Achse der imaginären Zahlen.

Es ist zweckmäßig, neben dem kartesischen Koordinaten- system auch Polarkoordinaten zu benutzen. Wir setzen

X = r cos (p y = r sin (f also z = r(cos q) -\- i sin qi).

Den Radius Vektor nehmen wir immer positiv; er ist offen- bar gleich dem absoluten Betrag der Größe 2.

Den Winkel qp bezeichnen wir als Arcus der Größe z und setzen cp = arc z. Vielfach wird der Winkel (p auch als Argu- ment bezeichnet.

Die Drehung, die der Radius Vektor erfährt, wenn (p wächst, bezeichnen wir als Drehung im positiven Sinn. Ein fester Punkt des Radius Vektors durchläuft bei dieser Drehung die Peripherie eines Kreises um den Xullpunkt in dem Sinn, daß die Kreisfläche zur Linken liegt (vergl. die analoge Fest- setzung in § 10).

Während der Radius Vektor eindeutig bestimmt ist, ist der Arcus nur bis auf ein Multiplum von 2rT bestimmt. Wir schränken diese Vieldeutigkeit dadurch ein, daß wir festsetzen: wenn der Punkt z eine gegebene Kui-ve durchläuft, so soll sich der Arcus stetig ändern. Danach ist der Arcus für einen Punkt z^ eindeutig definiert, wenn für einen festen Punkt Zq unter den verschiedenen zulässigen Werten ein bestimmter ausgewählt wird und wenn der Weg gegeben ist, auf dem der Punkt z von der Anfangslage Zq in die Endlage z^^ übergehen soll.

Die Größe cos (p -{- i sin ip bezeichnet man als Richtungs- faktor.

Der Richtungsfaktor ist dadurch charakterisiert, daß sein absoluter Betrag = 1 ist. Multiplikation und Division der

60 § 13. Ähnlichkeitstransfomiation und involutorisclie Transformation.

Riclitungsfaktoren sind durch die Gleichungen bestimmt (siehe

§ 11,, Nr. 2):

(1) (cosqp -f /sin^) (cos i/'4-' sini/') = cos((;p + t^'} + / sin(9) + i^).

(2)

cos qp + J sin qp , , / n

^-H ^-^ = cos (op j/') f ? sm (<p w).

Fig. 4.

Aus der Gleichung (1) des § 11 ergibt sich unmittelbar die folgende Konstruktion des Punktes, der die Summe ^j + 2^ repräsentiert: man ziehe vom Anfangspunkt der Koordinaten

dem Nullpunkt aus Vektoren nachten Punk- ten z^ und ^2 ^'^^^ Ißgö dann durch den Punkt 2^ eine Parallele zum Vek- tor 0^1 und durch den Punkt ^1 eine Parallele zum Vektor Oz^', der Schnittpunkt beider Pa- rallelen ist der Punkt

Legt man die Parallele zum Vektor 0^2 statt durch den Punkt ^1 durch den Punkt ^i, so stellt der Schnittpunkt die Differenz z^ ^i dar. Die Strecke ^j^g i^^ gleich der Länge des Vektors 0, 22 ~ ^i''! daraus folgt: der Abstand zweier Punkte z^ und z^ ist gleich dem absoluten Betrag der Differenz z^ ~ ^v Auf Grund dieser Bemerkung folgt aus dem geometrischen Satz, daß eine Dreiecksseite nicht gi-ößer als die Summe und nicht kleiner als die Differenz der beiden anderen ist.:

Der absolute Betrag einer Summe ist nicht größer als die Summe der absoluten Beträge der Summan- den und nicht kleiner als ihre Differenz.

Der erste Teil dieses Satzes läßt sich offenbar auf Sum- men von beliebig vielen komplexen Zahlen ausdehnen.

§ 13.

Ähnlichkeitstrausformatiou und involuto- rische Transformation. VV^ir können die Addition kom- plexer Größen geometrisch noch in anderer Weise deuten, wenn wir den einen Summanden nach wie vor als eine gegebene Größe, dagegen den anderen als variabel betrachten; wir be-

§ 13. Ähnliehkeitstransfüiuiatiun uud invohitorisclH' Transformation. 61

zeichnen den konstanten Summanden mit c = <i Ar >b, den varia beln mit z = x -\- iy uud setzen

(1) z -\- c = IV = n -\- iv.

Indem wir reelles und imaginäres trennen, erhalten wir u = .r -{- a V = y -{- h.

Das System der Punkte (w) geht also aus dem System der Punkte u) durch eine Parallelverschiebung hervor, die nach Richtung und Größe (hirch die Komponenten a, h be- stimmt ist.

Um für die Multii)likation eiue entsprechende geometrische Deutung zu erhalten, setzen wir

(2) w = qz.

In diesem Fall ist es zweckmäßig Polarkoordinaten zu be- nutzen. Wir setzen:

(3) ^= r (cos gp + « sing)), /r = ()(cosi^ + /sini^), q = k{coHy-\-ismy). Nun ist (s. § 12, Gleichung 1)

Q (cos ^ -^ ismip) = kr (cos y -{- isin y) (cos gp + / sin <p) = Ir (cos (y -\- cp) -{- i sin {y + (p)') und hieraus folgt:

Q = kr 4> = y -\- cp -\- n 2;r, wo n eine ganze Zahl bedeutet.

Nehmen wir zunächst an, es sei k = 1, also q ein Rich- tungskoeffizient. Unter dieser Voraussetzung ist () = r; das System (iv) geht aus dem System (z) durch eine Drehung um den Nullpunkt hervor.

Nehmen wir zweitens an, es sei 7 = 0, also q reell und positiv.

Das System {?t') geht aus dem System (z) dadurch her- vor, daß alle Radien Vektoren im Verhältnis 1:A- vergrößert werden; wir erhalten also eine Ähnlichkeitstrausformation.

Nehmen wir drittens an, es trete keiner dieser beiden speziellen Fälle ein, so erhalten wir eine allgemeinere Ahnlicli- keitstransformation, die sich aus einer Drehung um den Null- punkt und einer Dehnung der Radien Vektoren zusammensetzt.

Die allgenieinste Ähnlichkeitstrausformation erhalten wir, wenn wir die komplexe Variable mit einer komplexen Kon-

62 § l>^- Ähnlichkeitstransfonnation und involutorieche Transformation.

stallten multiplizieren und dann eine komplexe Konstante ad- dieren, wenn wir also

(4) IC = qs -\- c setzen.

Daß diese Gleichung eine Ahnliclikeitstransformation dar- stellt, kann man leicht verifizieren, ohne auf die vorausgehen- den Ausführungen zurückzugreifen. Bezeichnet man nämlich mit z^z^ zwei beliebig zu wählende Punkte des Systems (z), mit u\u\ die entsprechenden Punkte des Systems (w), so be- stehen die Gleichungen

woraus z^— z^ : iv^ u\ = 1 : q folgt. Diese Gleichung sagt aus, daß der Abstand zweier Punkte des Systems (0) zu dem Abstand der entsprechenden Punkte des Systems (tv) in dem konstanten Verhältnis 1 : q steht.

Um auch noch die Division geometrisch zu deuten, setzen wir

(5) w=^-'

z

Indem wir wieder Polarkoordinaten (3) einfühi-en, er- halten wir

II- z = YQ [cos (9 -f i^) + i sin isf -f- 1^')] = 1 und hieraus folgt:

(6) rp = 1 gD + T^ = «-2;c

Die erste Gleichung besagt: das Produkt der Längen einan- der entsprechender Radien Vektoren ist gleich 1. Die zweite Gleichung besagt, daß einander entsprechende Radien Vektoren symmetrisch zur Achse der reellen Zahlen liegen.

Die Gleichung (5) ist in Beziehung auf die Größen z und IC symmetrisch; einem bestimmten Punkt der Ebene entspricht daher, gleichviel ob wir ihn zum System (z) oder zum System {u) rechnen, im anderen System immer derselbe Punkt. Die Beziehung zwischen den beiden ebenen Systemen {z) und (w), die durch die Gleichung ih) begründet wird, kann daher als Verallgemeinerung der Beziehung zwischen Punkten einer Ge- raden betrachtet werden, die man in der synthetischen Geo- metrie als „involutorische Beziehung" bezeichnet: sie geht in diese über, wenn man die Variabein z und ic auf reelle Werte

§ 13. Ähnlichkeitstransfonnation uud iiivolutorische Tranefonuation. (33

beschränkt. Wir wollen deshalb die Transformation (5) als „involutorische Transfonnation" bezeichnen.

Jedem Punkt auf der Peripherie des „Einheitskreises" des Kreises vom Uadius 1 um den Nullpunkt entspricht wieder ein Punkt dieses Kreises. Einem Kreis vom Uadius r um den Nullj)unkt entspricht ein Kreis vom Radius l : r uui den Nullpunkt; Punkten, die innerhalb des ersten Kreises liegen^ entsprechen Punkte außerhalb des letzteren. Konvergiert r gegen Null, so wächst l:r über alle Grenzen, es entspricht daher der Nullpunkt des einen Systems dem unendlich fernen Gebiet des anderen Systems.

Bei funktioneutheoretischen Untersuchungen betrachtet man ebene Systeme, die durch eine Ahnlichkeitstransformation oder durch eine involutorische Transformation ineinander übergeführt werden können, als nicht wesentlich verschieden. Da nun bei der involutorischen Transformation das unendlich ferne Gebiet der Ebene einem im Endlichen liegenden Punkt entspricht, also als mit einem Punkt gleichwertig zu betrachten ist, so bezeichnet man es als „unendlich fernen Punkt".

Ein ähnlicher Gedankengang führt in der synthetischen Geometrie dazu, von einer unendlich fernen Geraden der Ebene zu sprechen.

In dieser Disziplin betrachtet man zwei ebene Systeme als nicht wesentlich verschieden, wenn das eine als Zentralprojek- tion des anderen betrachtet werden kann. Bei der Zentralpro- jektion entspricht dem unendlich entfernten Gebiet der einen Ebene in der anderen Ebene eine im Endlichen liegende Ge- rade; das unendlich ferne Gebiet ist daher bei dieser Betrach- tungsweise als einer Geraden gleichwertig anzusehen.

In letzter Instanz kommt es bei allen derartigen Fest- setzungen darauf an, welche Eigenschaften geometrischer Ge- bilde man als wesentlich, und welche man als unwesentlich betrachtet. Die Entscheidung hierüber aber hängt von den Zwecken ab, die man verfolgt.

Wir wollen beiläutig bemerken, daß sich die involutorische Transformation aus zwei bekannten einfacheren Transformationen zusammensetzen läßt. Um dies nachzuweisen, beziehen wir die beiden ebenen Systeme (z) und (tv) nicht direkt aufeinander,

64 § li- '^ie Kroisverwandtschaft.

sondern setzen sie mit einem dritten ebenen System (g) in Beziehung. Die Koordinaten eines Punktes, der dem System (£;) angehört, bezeichnen wir mit r', cp'.

Wir lassen nun au Stelle der Gleichungen (G) die beiden G leichungss y stem e

(7) >* = ^ = 9^' und

(8) . Q = r' <jp'-f (/. = 2«jt treten.

Die Gleichungen (7) stellen die bekannte Transformation durch reziproke Radien, die Gleichungen ('^) eine Spiegelung an der Abszissenachse dar.

Wir können den Begriff der involutorischen Transforma- tion etwas erweitern. Zu dem Zweck gehen wir von der Glei- chung aus

(9) (w -c) (z c) = P (cos 2y-\-i sin 2y),

wo /<• und y reelle, positive Konstante und c eine komplexe Konstante bedeuteu. Wir setzen nun

(10) z c = r (cos qp + /sin (p) iv c = q (cos il^ -\- i sin ijj). Aus ('9) und (10) folgt:

r p = Ä-2 i9> y) + i^ y) = n 2 TT.

Die erste Gleichung zeigt: das Produkt der Abstände ent- sprechender Punkte vom Punkt c ist konstant. Die zweite Gleichung zeigt: die Verbindungslinien entsprechender Punkte mit dem Punkt c liegen symmetrisch zu einer Geraden durch diesen Punkt, die mit der Abszissenachse den Winkel y bildet.

Der geometrische Charakter der Transformation (9) ist derselbe, wie der der Transformation (5), nur ist an Stelle des Einheitskreises ein Kreis vom Radius k um den Punkt c und an Stelle der Abszissenachse eine Gerade durch den Punkt c getreten, die mit der Abszissenachse den A'Vinkel y bildet.

Wir bezeichnen daher auch die Transformation (9) als in- volutorische Transformation.

§ 14. Die Kreisverwaudtschaft. Indem wir eine Ahn- lichkeitstransformation mit einer involutorischen Transformation zusammensetzen, erhalten wir eine allgemeinere Transformation,

ij 14. L)ie KreiKVfrwandtsfhaft. 65

die die bislier betrachteten Truusformiitiouen als Spezialfälle unter sich bet^eift.

Wir setzen, unter aiiyd komplexe Konstante verstehend Uj iv^at + ß,

(2) (^^-y)(r-y) = d.

Die erste von diesen Transformationen ist eine Ähulich- keitstransformation, die zweite eine involutorische Transfor- mation.

Aus (2) folgt:

' - z- i

Substituieren wir diesen Wert von ^ in (1); so erhalten wir eine Gleichurig der Form

cz -\- d Hier ist

W "=^y + ß -^ = -ay- + ad - ßy ^ = - y.

Umgekehrt läßt sieh jede Transformation der Form (3) aus einer Ahnlichkeitstransformation und einer involutorischen Trans- formation zusammensetzen. Ist nämlich 6 = 0, so ist schon die Transformation (3) eine Ahnlichkeitstransformation. Ist dagegen c von Null verschieden, so kann der Wert einer der drei Kon- stanten ußd nach Belieben gewählt werden (es darf nur nicht gerade eine der Konstanten a oder «3 gleich Xull gesetzt werden j; die beiden anderen und y sind dann durch die Gleichungen (4) bestimmt. Setzen wir beispielsweise a = 1, so erhalten wir:

n u -\- <l i1 . ad 6c

' c "^ c c-

Die .^Substitutionsdeterminante"' ad hc darf nicht ver- schwinden, weil sonst die Gleichung (3) für n' einen konstan- ten Wert ergibt, also keine Transformation darstellt. Wir erhalten daher für d, wie es sein muß. einen von Xull ver- schiedenen Wert.

Durch die Gleichung (3) wird jedem Punkt des Systems f^) mit Ausnahme des Punktes d : c ein bestimmter Punkt des Systems (jt) zugeordnet. Nähert sich aber der Punkt 2 dem Punkt d:c, so wächst der absolute Betrag von w über alle

D u rnge-Maurer, Fuuktionentheurie. 5. Aurt. 5

66 {j 14. Die Kjeisverwandtschaft.

Grenzen. Der Punkt d : c entspricht also dem iinendlicli fernen Gebiet des Systems (/r).

Auf Grund der im vorigen Paragraph getroffenen Fest- setzung können wir daher sagen: der Punkt dw des Systems (z) entspricht dem unendlich fernen Punkt des Systems (tv).

Weim der absolute Betrag von z über alle Grenzen wächst, so konvergiert «• gegen den Wert a:c. Dem unendlich fernen Punkt des Systems (r) entspricht also im System (w) der Punkt a : c.

Bei der weiteren Untersuchung der Transformation (3) stützen wir uns auf den folgenden Satz:

Der geometrische Ort eines Punktes, dessen Entfernungen von zwei festen Punkten im konstanten Verhältnis 1 : k stehen, ist ein Kreis, außer wenn /.■ = 1 ist; in diesem Fall ist er eine Gerade.

Zum Beweis führen wir ein rechtwinkliges Koordinaten- system ein, dessen Abszissenachse durch die festen Punkte geht; den Anfangspunkt des Koordinatensystems wählen wir so, daß er den Abstand e der beiden festen Punkte im Verhältnis 1 : k teilt.

Die Abszissen der beiden festen Punkte haben die Werte

(ö) «1 = 1+1 "^--ilk-

Der in Rede stehende geometrische Ort ist durch die Glei- chung bestimmt:

Aus ihr folgt:

(6) (P- l)(a;2+ /) - 2Jcex = 0.

Diese Gleichung stellt für k = 1 eine Gerade, wenn k von 1 verschieden ist, einen Kreis dar. Bei dieser Betrachtung er- scheint somit die Gerade als Spezialfall des Kreises.

Der Radius des Kreises ist r = ke : k^ 1 i. Die Entfer- nungen der beiden festen Punkte vom Kreismittelpunkt sind (5) , le e T , he k^e

f^ = p_i-«i = ^.._l und f4 = /^.._,-«2 = ^Tizrr Es ist demnach d^ d^ = r^-

§ 14. I>it' Kreisverwandtschaft. 67

Die beiden festen l'unkte liej^en also auf einem Durch- messer des Kreises (6), und zwar auf derselben Seite des Mittel- punktes; das Produkt ihrer Entfernungen vom Mittelpunkt ist gleich doni Quadrat des Kadius.

Zwei Punkte, die diese Lage in Beziehung auf einen Kreis haben, bezeichnet uum als symmetrisch in Beziehung auf den Kreis.

Unter Benutzung dieser Bezeichnung können wir den eben bewiesenen Satz auch in der Form aussprechen:

Die Entfernungen eines Punktes auf der Peripherie eines Kreises von zwei festen Punkten, die in Beziehung auf den Kreis symmetrisch liegen, stehen in konstantem Verhältnis.

In dieser Form gilt der Satz ohne weiteres auch für den Spezialfall der Geraden.

Wir kehren nun zur Untersuchung der Transformation (3) zurück.

Wir nehmen im System (z) einen Kreis K an und bezeich- nen mit z einen Punkt dieses Kreises, mit ZyZ.^ '^^^^ Punkte, die in Beziehung auf den Kreis K symmetrisch liegen, mit /.' das konstante Verhältnis der Entfernungen eines Punktes der Peripherie von K von den beiden Punkten z^ und z^. Mit w ii\ «2 bezeichnen wir die Punkte des Systems (tv), die den Punkten z ^^ z.^ entsprechen.

Es ist

az-\-h o2, -j- 6 m{s z^)

"" ~ "i ^ cz-^d~ cz^-^d ^ {c2-\- djjcz^^^d) '

wo zur Abkürzung ad hr = m gesetzt ist. Analog er- halten wir

IV Wo =

Folglich ist

(cz-\- d}{cz^-\- d)

W MJj cz^ -\- d z z^ IV tb\ cz^ -\- d z Zy

Durchläuft der Punkt z den Kreis K, so bleibt der ab- solute Betrag z z^: z z^\ der Quotient der Entfernungen des Punktes z von den symmetrischen Punkten z^ und z.^ konstant = k. Folglich bleibt auch der absolute Betrag

tv iL\ : IV u\ konstant = cz^ -\- d:cz2-\- d -1= /.'. Daraus folgt: der Punkt iv, der dem Punkt z entspricht, durch-

68 § 14. Die Kreisverwandtschaft.

läuft ebenfalls einen Kreis A"; lU'ii Punkten ^j und z<^, die in Beziehung auf den Kreis A' symmetrisch liegen, entsprechen zwei Punkte h\ und m\,, die in Beziehung auf den Kreis A' symmetrisch liegen.

Der Kreis K' degeneriert in eine Gerade, wenn /.' = 1 ist, also wenn cz^ -|- d : cz^ -\- d = k ist. In diesem Fall geht der Kreis K, der durch die Gleichung ^ z z.^ : z z^\ = k dar- gestellt wird, durch den Punkt dir, der dem unendlich fer- nen Punkt des Systems ('iv) entspricht.

Die Geraden eines ebenen Systems («c) können somit als Kreise aufgefaßt werden, die durch den unendlich fernen Punkt des Systems gehen; ihnen entsprechen im System {z) Kreise durch den Punkt, der dem unendlich fernen Punkt des Sy- stems (w) entspricht.

Weil die Transformation (3) Kreise wieder in Kreise über- führt, bezeichnet man die Beziehung zwischen den Systemen (z) und (tv) als „Kreisverwandtschaft".

Über die vier Konstanten abcd, die in die Gleichung (3) eingehen, können wir derart verfügen, daß drei gegebenen Punkten z^z^z^ des Systems {z) beziehungsweise drei gegebene Punkte w^iv^ic^ des Systems {w) entsprechen. Dadurch sind diese vier Konstanten bis auf einen gemeinschaftlichen Faktor bestimmt.

Zum Beweis setzen wir die Gleichung

^ ' w u\ io^—ti\ z z^ ^t ^i

Es ist einerseits klar, daß die Auflösung dieser Gleichung nach IC die Form (3) besitzt, und es ist andererseits klar, daß den Punkten ^^^^-^s beziehungsweise die Punkte iv^ii^w^ ent- sprechen.

Die Gleichung (7) hat die Eigentümlichkeit, daß ihre linke Seite in derselben Weise aus den Größen ii\iv^ic^ iv gebildet ist wie die rechte aus den Größen z^z^z^ z.'

Wir schreiben der Gleichförmigkeit wegen z^ an Stelle von z und setzen

(8 j T) = "* ~ -• : ^* ~^'

Z^ Z^ Z^ Zj

Die Größe D bezeichnet man als „Doppelverhältnis" der vier Punkte z^z^z^z^.

§11. i'if Kroisvenvaiul tschaft.

69

Unter Bonuty.uiig dieser Bezeichmiiijx könuen wir den Ju- halt der (ileiehuug (7) in der Form anssprecben:

Vier Punkte des ebenen Systems (/c) besitzen dasselbe Doppel Verhältnis wie die entsprechenden Punkte des kreisver- wandten Systems {^).

Das Doppelverhältnis von vier Punkten wird also durch die Transformation (I)) nicht geändert: es ist dieser Transfor- mation jfegenüber invariant.

Wenn die vier Punkte z^2.2Z^z^ auf der Achse der reellen Zahlen liegen, so stimmt die eben aufgestellte Definition des Doppelverhältnisses J> mit der ans der Geometrie bekannten überein. Um auch für den allgemeinen Fall die geometrische Bedeutung von J> klarzustellen, setzen wir ('^) -"i - -",, = %. (COS 9^;„ + / sin (p.J X, a = 1, 2, 3, 4. )--^^ bedeutet die Entfernung der beiden Punkte z^ und ,?„ ab- solut genommen: es ist also >')n^ >'„^-

(p-^^ bedeutet den Winkel, um den ein vom Punkt ^„ aus- gehender Vektor, der ursprünglich die Richtung der wachsen- den Abszissen hat, in positivem Sinn gedreht werden muß, damit er durch den Punkt 2^ geht. Demnach ist V.u. = V.u + ^ '^der = (p.,, 7t,

Fig. 5.

Fig. 6.

je nachdem cp-^^ < tt oder ^ n ist (s. Fig. 6).

Um eine bestimmte Annahme zu machen, denken wir uns die Bezeichnung so gewählt, daß

ist (s. Fig. 5).

Die Winkel in dem Viereck ^j^g-^s-^i bezeichnen wir den Indizes der Eckpunkte entsprechend mit a^cc^cc^a^. Zwischen diesen Winkeln und den Winkeln g);,, bestehen die Beziehungen

(10) ai = <jP4i— qp2i «,>=9l2-<?':}2 ^3 = <P2i 9^i^i «4=<3P34— «JPu-

70

§ 14. Die Kreisverwandtschaft.

Das Doppelverhältnis D hat den Wert:

B='

r„ (,C08 qp„ + / sin qp,,) (cos qp^, + i sin qp^,)

'■ss**4i (co8 qpjs + J sin qpj,) (cos qp,i + tsinqo^,)

^" [cos (<jP2i+<P43 9'23— 94l) + *' sin(<)p2i + ^43 -^'äS— «P«)]- 2S '41

Es ist demnach wegen (10) bis auf ein Multiplum von 2:t

'Ül '4S

r,, r.

arc /> = - (;g'4i 9'2i ' (9'23 - ^'is) = (<^i + «s) oder ebenfalls bis auf ein Multiplum von 27i

(11)

arc Z) = «2 + «4

T) __ '"»s ''s4

und

Der absolute Betrag des Doppelverhältnisses D (8) ist dem- nach gleich dem Quotienten aus dem Produkt der Gegenseiten r^^r^^ und dem Produkt der beiden anderen Gegenseiten i\^)\^. Der Arcus von D ist gleich der Summe der Gegenwinkel «o + a^. Diese beiden Größen bleiben unverändert, wenn wir von einem Viereck zu einem kreis verwandten Viereck übergehen.

Wenn die vier Punkte z^z^z^z^ auf einem Kreis liegen, so ist Oo + «4= «1 + «3 = ^', das Doppelverhältnis ist also reell. Der Arcus des Doppelverhältnisses hat noch eine andere geometrische Bedeutung.

Wir legen durch die Punkte z^z.)Z^ einen Kreis K^ und

durch die Punkte z^z^z^ einen Kreis K.^. Vom Punkt s^ aus ziehen wir zwei Vektoren z^p und z^q (s. Fig. 7). Der Vek- tor z^p berühre den Kreis K^ und sei nach der Seite der Geraden z^z.^ gerichtet, auf der der Punkt z.;, liegt; der Vektor z^q berühre den Kreis üTg und sei nach der Seite der Geraden ^1^3 gerichtet, auf der der Punkt z^ liegt. Der Winkel pz^z^ ist = ä «g; *ier Winkel (jz^z^ ist = :t «4, folglich ist der Winkel, den die beiden Vektoren z^p und Zyq und demnach auch die beiden Kreise Ä', und K^ mit- einander bilden = a^ + a^.

Fig. 7.

§ U. Die Kri.'isverwiindtschaft. 71

Da diese Größe der Transformatiou (3) gegenüber invariant ist, so bilden die beiden Kreise, die den Kreisen K^ uml /u im System ( ?r) entsprcthtMi. denselben Winkel miteiiiinulfr wie die Kreise A'j und A.,.

Einem Kreisbogeudreieck im System (z) entspricht im Sy- stem (/r) wieder ein Kreisbogendreieck: entsprechende Winkel in diesen beiden Dreiecken sind einander gleich.

Wenn die Seiten beider Dreiecke unendlich klein sind, so können die Dreiecke als geradlinig betrachtet werden; einem unendlich kleinen geradlinigen Dreieck im System (z) entspricht also ein ähnliches Dreieck im System (tr). Dieser Satz läßt sich sofort auf beliebige unendlich kleine Figuren ausdehnen.

Zwei unendlich kleine Figuren, die sich in kreisverwandten Systemen entsprechen, sind ähnlich.

Man bezeichnet diese Beziehung zwischen den kreisver- wandteu Systemen als „Ähnlichkeit in den kleinsten Teilen".

Auf Grund der im Vorausgehenden bewiesenen Sätze kann man sich von der Beziehung zwischen kreisverwandteu Systemen leicht ein anschauliches Bild machen.

Den Geraden des Systems (/r), die durch den Xullpunkt gehen, entsprechen im System (z) Kreise durch die Punkte h'.a und d : c; der erste dieser Pimkte entspricht dem Nullpunkt, der zweite dem unendlich fernen Punkt des Sy- stems (iv ). Vi ix setzen zur Abkürzung h:a = ZQ cl:c = Zy. und aic^q und schreiben die Gleichung (3) in der Form

(3 a) n- = q^_^''-

Z i. X

Ein vom Xullpunkt der /r-Ebene ausgehender Vektor ist durch die Gleichung arc w = y (y konstant) bestimmt; für den entgegengesetzt gerichteten Vektor gilt die Gleichung arc ir = y -{- %. Dem ersten Vektor entspricht im System {z) der Kreisbogen, der durch die Gleichung

arc 1'_y =^ 7 ~ ärc q

bestimmt ist; der dem zweiten Vektor entsprechende Kreis- bogen ist durch die Gleichung

arc ^^^ = ^ + .TT - arc q bestimmt.

72 § 14- D'f Kreisverwandtsehaft.

Die Kreise des Systems (iv), die den Nullpunkt zAim Mittel- punkt haben, schneiden die Geraden durch den Nullpunkt unter einem rechten Winkel: es entspricht daher diesem Büschel von konzentrischen Kreisen im System (z) ein Büschel von Kreisen, die die sämtlichen Kreise durch die Punkte Zq und z„ ortho- gonal schneiden.

Wie aus der Gleichung (oa) hervorgeht, ist ein Kreis dieses Büschels durch die Gleichung

'-'^'= Konst.

Z Za:

festgelegt.

Demnach liegen die Punkte z^^ und z^ in Beziehung auf jeden Kreis des Büschels symmetrisch. Zu den Kreisen des Büschels gehört auch eine Gerade, nämlich diejenige, zu der die beiden Punkte Zq und z,. symmetrisch liegen.

Diese Gerade fällt mit der Abszissenachse zusammen, vrenu die Punkte z^ und z^, in Beziehung auf diese Achse symmetrisch liegen, d. h. wenn die beiden Größen Zq und z^ konjugiert sind. Es entspricht dann der Abszissenachse, wenn wir sie zum Sy- stem (z) rechnen, im System i/r) der Kreis, dessen Gleichung IV = q ist, also wenn der absolute Betrag von q gleich 1 ist, der Einheitskreis. Damit ist nachgewiesen:

Vorausgesetzt, daß die Größen Zq und z.^ konjugiert sind und die Größe y reell ist, entspricht bei der Transformation

der Abszissenachse, Avenn man sie zum System (z) rechnet, im System i iv) der Einheitskreis.

Die komplexe Größe Zq und die reelle Größe y können beliebig gewählt werden: es bleiben also drei reelle Konstante verfügbar.

Dem Punkt z^^ entspricht der Mittelpunkt des Einheits- kreises im System (tv). Wir schließen daraus: je nachdem der Punkt Zq eine positive oder eine negative Ordinate besitzt, ent- spricht dem Innern des Einheitskreises die Halbebene des Sy- stems (z), die auf der Seite der positiven Ordinaten liegt, oder die auf der Seite der negativen (Jrdinaten.

§ IT). Kuiiriisr-ntation der koiii|il. (Irößoii ilurcli «iic l'imkte einer Kutrd. 73

§ 15. Repräsentation der komplexen G-rößen durch die Punkte einer Kugel. Man kann zur f^eoinetrisdieii Dar- stellunt; der Werte einer komplexen Größe an Stelle der Ebene auch J(m1(.' heliel)i<^f' andere Fläche verwenden, deren Punkte sich den Punkten der El)ene ».'indeutig zAiordnen lassen: man braucht nur festzusetzen, daß jeder Punkt der betreffenden Fläche den- selben komplexen ^\ ert repräsentieren soll wie der entsjjrechende Punkt der Ebene. Besonders anschaulich erscheint eine Dar- stellung auf der Kugel, zu der wir auf folgendem Wege ge- langen: Wir beschreiben um ilen Nullpunkt der ^r-Ebene mit der Längeneinheit als Radius eine Kugel. Die End^junkte des Durchmessers, der auf der ^-Ebene senkrecht steht, bezeichnen wir als l*ole, und zwar wollen wir, um an eine bestimmte Vor- stellung anzuknüpfen, den einen als Nordpol, den anderen als Südpol bezeichnen. Den Einheitskreis, in dem die i'-Ebene von der Kugel geschnitten wird, bezeichnen wir dementsprechend als Äquator.

Von dem Südpol aus projizieren wir nun die Punkte der ^-Ebene auf die Kugel. Man bezeichnet bekanntlich diese Ab- bildung der Ebene auf die Kugel als stereographische Pro- jektion.

Die Punkte der Ebene und der Kugel sind einander offen- sichtlich eindeutig zujifeordnet.

Einer Geraden der ^'-Ebene entspricht auf der Kugel der Kreis durch den Südpol, der von der projizierenden Ebene aus- geschnitten wird. Insbesondere entsprechen den Geraden durch den Nullpunkt die Meridiane der Kugel. Den Kreisen um den Nullpunkt der z -Ebene entsprechen auf der Kugel Parallel- kreise, und zwar den Kreisen, deren Radius < 1 ist, Parallel- kreise auf der nördlichen Halbkugel, den Kreisen, deren Kadius > 1 ist, Parallelkreise auf der südlichen Halbkugel.

Wenn der Radius des Kreises in der r-Ebene unbegrenzt wächst, so zieht sich der entsprechende Parallelkreis u?n den Südpol zusammen. Der Südpol repräsentiert also den unend- lich fernen Punkt der ^--Ebene fvergl. § Vi)).

Um die Abbildung der Ebene auf die Kugel genauer zu untersuchen, beziehen wir die Punkte der Kugel auf ein rechtwinkliges Koordinatensystem h,rj^. Die S-Ach.''e und die

74 § !•'>• Repräsentation dor küiu))!. Größen durch die Punkte einer Kugel.

»;-Achse mögen mit der .r-Achse beziehungsweise der //-Achse in der i'-Ebene zusammeufalleu, die Richtung der wachsenden ^ falle auf die Seite des Nordpols.

Die Gleichung der Geraden, die den Punkt .<// der ^-Ebeue vom Südpol aus projiziert, sind

X y *

Die Gleichung der Kugel ist

Der Schnittpunkt des Projektionsstrahls mit der Kugel hat die Koordinaten

(i) ' = 1 + ,^ '/ = 1 +7^ ^ = 1 + !■-' ' ^o r = Vx'-^if ist. Aus diesen Gleichungen folgt:

-fr* ^ ' ^ •" 1 + J ^ 1 + J 1 -f f

(2) ri7^ = i + ^ ^=i;, ^ = -''^ - =

Die Gleichung eines Kreises in der r-Ebeue ist x^+y^— 2ax -2by-\-c = 0. Substituieren wir die Werte von xy und r- aus (2), so folgt: ■2a^ + 2bri + (1 _ c)^ - (1 + c) = 0.

Die Ebene, die durch diese Gleichung dargestellt wird, schneidet die Kugel in einem Kreis; es entspricht also einem Kreis in der ^-Ebene ein Kreis auf der Kugel.

Betrachten wir ein vom Punkt ixy) in der ^-Ebene aus- gehendes Linienelement ds, dessen Projektionen auf die Koor- dinatenachsen die Differentiale dx dy sind. Die Projektionen des entsprechenden Linienelements auf der Kugel sind (1)

,j. idx 4txrdr , 'idy Ayidr ,, 'irdr

«? = 1 -^ r- ~ a + r')' ^''^ ~~ 1 -f »•* ~ (1 + r«? "^-"(14: r^'

Daher ist

dö'^di'+dr^'-^d^'

_ 4 (dar* -f dy^ _ 16(xdx-^ ydy)rdr 16{x--{-y^-\-l)r^dr*

Die beiden letzten Glieder auf der rechten Seite heben sich

weg. Wir erhalten demnach

, ., ids^ 1 de 2

d(j- = ,^ , ,„ also -1- = -z--, ''

§ l(j. Rationale Fuuktiuneu. 75

Der Quotient da : ds häu<(t soiiacli zwar von dem Ort abj an dem sich das Linieiielemeut ils befindet, aber nicht von der Richtung des Linienelementes.

Verschieben wir also das Linienelenient ds in der ^-Ebene innerhalb eines Bereichs, der so klein ist, daß wir r als kon- stant betrachten können, so ist auch der Quotient : ds als konstant zu betrachten.

Daraus folgt: zwischen dem ebenen System (z) und seiner stereographischen Projektion auf die Kugel besteht Ähnlichkeit in den kleinsten Teilen.

Dritter Abschnitt.

Definition der analytiselien Funktionen einer komplexen Variabeln und ihrer Integrale.

§ 16. Rationale Funktionen. Nachdem die Bedeutung der vier Grundrechnungsarten der Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division im Gebiet der komplexen Größen erklärt ist, ergibt sich ohne weiteres die Definition der rationalen Funktionen einer komplexen Variabein.

Unter einer ganzen rationalen Funktion der komplexen Variabein z verstehen wir im Einklang mit der im Gebiet der reellen Variabein geltenden Definition einen Ausdruck der Form

(1) «■ = /(*") = C(, + 6\^ + Co^- + r^z"

wo Cq <\ C.2 . . . f'„ beliebige komplexe Konstante bedeuten.

Den Quotienten zweier ganzer rationaler Funktionen bezeich- nen wir als gebrochene rationale Funktion. Das einfachste Beispiel

einer gebrochenen rationalen Funktion die Funktion ~

ist bereits in § 14 eingehend untersucht worden. Bleiben wir nun zunächst bei der ganzen rationalen Funktion (1) stehen. Es ist einleuchtend, daß jedem bestimmten Wert der Variabein z ein vollkommen bestimmter Funktionswert iv=f{z) entspricht. Wir betrachten die Änderung, die der Funktions- wert erfährt, wenn sich die uuabhängitje Variable um A^r = Arr + /A// ändert. Es ist

7(i >? !•' Hatinuiilt' FunktioiKMi.

Hier ist

f^"\z)= n(w- l)---2- lc„.

Wir bezeichnen mit JI den gnißten unter den absoluten Beträgen

12-3

und setzen fest, es sei A^"! <()<!.

Der absolute Betrag der Summe auf der rechten Seite der Gleichung (2) ist

< M(Q + (>-••• + Q") und dies ist < ^^^

Die letztere Größe wird kleiner als eine gegebene positive

Größe 6, wenn wir (>< ir, wälilen. Daraus folgt: nach

Annahme einer beliebig zu wählenden positiven Größe 6 können wir eine positive Größe q der Art bestimmen, daß der absolute Betrag

\f(z + Az) f{z) I < 6 ist, wenn Az < q ist.

Es ist wesentlich zu bemerken, daß die der Größe Az auferlegte Beschränkung nur ihren absoluten Betrag, nicht ihren Arcus betrifft.*!

Auf Grund der eben bewiesenen Eigenschaft bezeichnen wir f(z) als stetige Funktion der Variabein z.

Aus der Gleichung (2) folgt weiter

(S) ''■' + -t^^^' - rw - . ' , f v.) A. . . . +

Der absolute Betrair der Summe auf der rechten Seite

*) Vergl. die in § 9 durchgeführten .Stetigkeitsbetrachtungen.

tj 16. Uationalc Funktionen. 77

(lieser (rleichnns' ist wieder < ,* ; wir köniu'n dalicr wieder

1 (.

dadurch daß wir q liinreiehend kleiu wählen, bewirken daß

der ahsolute Betrag der rechten Seite der Glcicluinu- l'.\) unter

eine vorgegebene positive Größe 6 sinkt.

Lassen wir q gegen Null konvergieren, so ergibt sidi

Die ganze Funktion /'(-i) besitzt demnach eine Derivierte f"{z), die ebenso wie f\2) selbst stetige Funktion der Variabelu s ist.

Betrachten wir nun eine gebrochene rationale Funktion.

Es sei ir = fiz) = h(z} : !/{z), wo rf(/) und ]i(z) ganze ra- tionale Funktionen bedeuten.

Nimmt die Variable z einen Wert an, für den der Nenner g{z) verschwindet, so verliert der Quotient ]i(z) : (j{ß) seine be- stimmte Bedeutung. Solche Werte der Variabein schließen wir von der Betrachtung aus. Im übrigen entspricht offenbar jedem bestimmten Wert der Variabein z ein bestimmter Funk- tiouswert.

Es sei nun z ein bestimmter Wert der Variabein, für den die Funktion fi{z) einen von Null verschiedenen Wert annimmt. Wegen der Stetigkeit der Funktion g{z) können wir eine po- sitive Größe Q der Art bestimmen, daß, wenn A^ < q ist, auch die Funktion y{z -f A^) von Null verschieden ist.

Nun ist

' ^ ^ ' ^ ^ g{z -\- Az) g{2 -\- Az)g{z) ^ -

folglich

=c

fiz-\-Az)-f(z)^ Az

hjz -\-Az)-h{z) 1 g{z + Az)-g{z)

Az g{z) A{z) (giz^rJ g{~' + A:'

Lassen wir die Größe Az gegen Null konvergieren, so konvergiert der Quotient ~ " ' gegen g'{z), der Quo-

tient - -- -^ gegen /< {z), der Quotient ^ ^^ . gegen

78 § !"• Definition d. analytischen Funktionen einer komplexen Variabein.

1. folglieli ist

A.' g(z) l,g{z)Y

Auch die gebrochene rationale Funktion besitzt somit eine bestimmte Derivierte; nur für die Werte der Variabein, für die der Nenner verschwindet, tritt eine Ausnahme ein.

Aus der E\istenz der Üerivierten ergibt sich ohne weiteres die Stetigkeit der Funktion in dem oben erläuterten Sinn.

§ 17. Definition der analytischen Funktionen einer komplexen Variabein. Im Vorausgehenden ist gezeigt worden, dali ein Ausdruck der Form

Cq + c^z + c,^2 j_ ,.^^2"

eine eindeutig bestimmte Funktion der komplexen Variabeln z definiert, die eine bestimmte Derivierte besitzt. In durchaus analoger Weise läßt sich nachweisen, daß die eben genannten Eigenschalten auch einer veränderlichen Größe w zukommen, die durch eine konvergente Reihe der Form

w = Cq+c^{z Zq) + c^{z - z^f H

definiert ist. daß also eine derartige Reihe, soweit sie konvergiert, eine stetige und difi'erenzierbare Funktion der komplexen Variabein z darstellt. Diese Darstelluugsform die „Potenz- reihe" — hat Weierstraß zum Ausgangspunkt seiner Fuuk- tionentheorie gemacht.

Wir wollen, dem Vorgang Riemanns folgend, einen anderen Weg einschlagen, nämlich von einer begrifflichen Definition der Funktion einer komplexen Variabein ausgehen, die nicht an die Operationen anknüpft, die zur Berechnung der Funktions- werte dienen.

In der Ebene, deren Punkte die Werte der komplexen Variabein z = t -{- iy repräsentieren, sei ein kontinuierlicher Bereich A gegeben, der sich nicht ins Unendliche erstreckt (vergl. § 8). Jedem Punkt des Bereichs sei ein be- stimmter komplexer Wert iv = n -{- iv zugeordnet, es seien also die reellen Größen uv bestimmte Funktionen der reellen Größen xy. Da wir die Begrenzungspunkte eines kon- tinuierlichen Bereichs nicht zum Bereich rechnen 8), so brauchen diesen Punkten keine Werte ic zugeordnet zu sein.

§ 17. Ik'Hnition d. analvtisclit'ii Funktionen einer koinplexcn Variaheln. 79

Die Größe tv ändere sich mit der (in'ilie ä nach der Stetigkeit.

Dies ist gleichbedeutend mit der Forderung, daß u und v stetige Funktionen der Variabein ./// sind (vergl. § 9).

Bezeie-hnen wir mit Aiv = Au + /Ar die Änderung der Größe v\ die der Änderung Az = Ax -\- iAij der unabhängigen Variabein z entspricht.

Wir setzen nun weiter voraus:

Der Quotient Ah:Az konvergiere, wenn der absolute Betrag A^'l gegen Null konvergiert, gegen einen Grenzwert iv, der nur von der Variabein z abhängt, und dieser Grenz- wert sei stetige Funktion der Variabein xy. (Bezüglich des Begriff's des Grenzwertes einer Funktion von zwei Variabein A.r A// vergl. § 9).

Mit anderen Worten: wir setzen voraus die Funktion w besitze eine stetige Derivierte u' .

Sind die angegebenen Bedingungen erfüllt, so bezeichnen wir tv als ejne im Bereich A reguläre analytische Funktion der komplexen Variabein z.

Wir haben vorausgesetzt, daß der Bereich, für den die Funktion tv definiert ist, endlich ist. Von dieser Beschränkung können wir uns durch die folgende Überlegung frei machen:

Die involutorische Transformation 13) z = 1 '. t, ordnet jedem Punkt t,, der im Innern eines Kreises vom Radius p um den Nullpunkt liegt, einen Punkt z zu, der außerhalb eines Kreises vom Radius 1 : q um den Nullpunkt liegt. Ist IV für alle Punkte ^ im Innern des ersten Kreises als reguläre analytische Funktion der Variabein ^ definiert, so ist damit tv auch für aUe Punkte z außerhalb des letzteren Kreises als Funktion der Variabein z definiert. Insbesondere ist dem un- endlich fernen Punkt des Systems {z) (vergl. § 13) derselbe Funktionswert zugeordnet wie dem Nullpunkt des Systems (^).

Wir stellen auf Grund dieser UberWuno- die Definition auf:

Eine Funktion tv der Variabein z wird als regulär in der Umgebung des unendlich fernen Punktes be- zeichnet, w^enn iv als Funktion der Variabein t, = \ : z betrachtet in der Umgebung des Punktes ^ = 0 regu- lär ist.

so § 1^- netinition d. analytischen Funktionen einer komplexen \'iiriabeln

Werden die Werte der komplexen \'iiriiihelu z nicht diircli die Punkte einer Ebene, sondern die Punkte einer Kugel repräsentiert, so o'ewinnt der Ausdruck „Umgebung des un- endlich fernen Punktes'* (»ine anschauliche Bedeutung (vergl. § 15).

Da

ii !<■ (Iw dz _y dir

d: ^ dz dt ^ ~ ~" dz

ist. so muß, damit die Funktion im Unendlichen regulär ist, das Produkt z- dir / dz gegen einen endlichen Grenzwert kon- vergieren, wenn der absolute Betrag (z) über alle Grenzen wächst.

Es muß ausdrücklich hervorgehoben werden, daß die oben aufgestellte Definition nur die Zuordnung der Größe w zu den Punkten des Bereichs A betrifft; ob auch noch Punkten z, die diesem Bereich nicht angehören, Werte iv zugeordnet sind und ob wenn dies der Fall ist diese Zuordnung den gestellten Bedingungen entspricht, kommt nicht in Betracht.

Zwei Beispiele mögen die allgemeinen Ausführungen er- läutern.

Betrachten wir zunächst die rationale Funktion

(z b^){z b^) (z bn)

Der kontinuierliche Bereich Ä, für den diese Funktion definiert ist, umfaßt, wenn ii > m ist, alle Punkte der 5- Ebene mit Ausnahme der Punkte h^ b^ . . . ?>„; diese Punkte sind die Begrenzungspunkte des Bereichs A. Ist n < m, so tritt zu den Begrenzungspunkten noch der unendlich ferne Punkt hinzu.

Um noch ein zweites Beispiel zu betrachten gehen wir von der Gleichung ic^ = z aus. Wir führen Polarkoordinaten r, ^ ein und setzen fest, es sei x <.%• ^-\- %.

Unserer Gleichung genügen zwei Werte w, nämlich

/- -'^ 1 /- -T'^

IV ^ -=y r e - und w^ = —yre^

wo y r die positive Wurzel bedeutet.

Die Werte h\ und w^ ändern sich im allgemeinen mit z nach der Stetigkeit, nur längs des -Teils der Abszissenachse, der auf der Seite der abnehmenden x liegt, findet eine Aus- nahme statt.

§ 17. Definition d. analytischen Funktionen einor komplexen Variabcln. Hl

Niihert nuin sich uäiulieli einem Punkt auf diesem Teil der Achse von der Seite der positiven Ordiuaten her, so ergibt sich für ii\ der Wert

lim y r C-" = i]/ r;

nähert man sich (laj^egen demselben Punkt von der Seite der negativen Ordiuaten her, so ergibt sich für i(\ der Wert

hm y re- = ly r.

!* ^ n

Von den eben besprochenen Punkten abgesehen besitzen t(\ und /r., in jedem Punkt der ^- Ebene bestimmte Deri vierte H'\= 1 : ^f(\, beziehuug.sweise »'2== 1 ' S/t^.

In dem kontinuierlichen Bereich, dessen Begrenzung der auf der Seite der uecjativen x liegende Teil der Abszissenachse ist, sind daher Uy und yrg reguläre analytische Funktionen.

Aus der Eigenschaft der analytischen Funktion iv = u-\->v eine Deriviei-te zu besitzen, ergeben sich Bedingungen für die Funktionen uv, die für alle folgenden Entwicklungen von fun- damentaler Bedeutung sind.

Es ist einerseits

dw

dx

ndererg

du , . = Tx+'

leits ist

dv

dx

c w ex

du- dz dz dx

-■ iv'

ieraus

folgt:

' ./du

und

./du . . cv\

\( .1- cxj

,dw dy ~

du . .

-^

cy

dir

die dz

cy ~

dz cy

^2/

dv

cy

ov cy

und ., ^ , = ur

(1)

\\ ir trennen reelles und imaginäres und erhalten:

r II c r dv d u

/ .1- dy dx dy

Die Funktionen ii und v genügen also zwei partiellen Diöerentialgleichungen. Ist die Funktion ti gegeben, so ist die Funktion v bis auf eine additive Konstante bestimmt.

Aus der Gleichung (1) ergeben sich die weiteren par- tiellen Diüerentialgleichunffeu

(2) r"+^=^ n+^=o-

^ ' dx^ cy* dx* cy*

D u rege-Maurer, Funktiouontheorie. 5. Aufl 6

82 $ 17. Definition d. analytischen Funktionen einer komplexen Variabein.

Aus denselben goht hervor, daß keine der beiden Funk- tionen // und r beliebig gewählt werden kann.

Die partiellen Differentialgleichungen (1) stellen die aus- reichenden liedingungen dafüi- dar. daß die Derivierte tv' existiert.

Daraus folgt: vorausgesetzt daß die reellen Funk- tionen UV der reellen Variabein xy für den konti- nuierlichen Bereich A eindeutig definiert und in ihm überall stetig .sind und den partiellen Differential- gleichungen (1) genügen, so ist ic = u -{- iv eine im Bereich A reguläre analytische Funktion der kom- plexen Variabein s =x' -\- iy.

Wir machen von dieser Bemerkung Gebrauch um die Exponentialfunktion für komplexe Werte der Variabein zu definieren.

Die Funktionen k = e*" cos y und t' = e^ sin y sind in jedem endlichen Bereich stetig, und dasselbe gilt für ihrt^ par- tiellen Derivierten erster Ordnung. Diese Derivierten genügen den partiellen Differentialgleichungen (1), daher ist

w = H + iv = e'' (cos y -j- / sin y) eine im Endlichen überall reguläre Funktion der komplexen Variabein 2. Da für reelle z die Gleichung iv = e" gilt, so können wir die Exponentialfunktion für komplexe Werte durch die Gleichung e^+'J'= e^(co8 y -[- i sin^/) definieren.

Man überzeugt sich leicht, daß zufolge dieser Definition die für reelle Werte der Exponenten geltende Funktional- gleichung e' e^= e^ + -" auch für komplexe Werte derselben ihre Geltung behält (vergl. § 12 Nr. 1). Für t, = 27ci ist e^ = \, folglich ist 6- + ^'^'= 6"". Die Exponentialfunktion besitzt also die imaginäre Periode 2:7;/, wie bekannt.

Der Begriff' der analytischen Funktion einer komplexen Variabein ist ganz beträchtlich enger als der Begriff der differenzierbaren Funktion einer reellen Variabein.

Eine Funktion der reellen Variabein x, die in dem Inter- vall (a, b) stetig und differenzierbar ist, ist durch die Werte, die sie in den Endpunkten dos Intervalls annimmt, nicht bestimmt: jede Funktion, die sich in der Form cp(x) -f (a; a)(x h)^{x)

t? 17. Petiiiition d. aiiaWlinclicn Fiiiiktioncii eiinT komplexon Variuheln. H3

darstellen läßt, iiiiinnt in den Punkten a und h dieselben Werte an wie die Funktion (p(j^)- Uie anulytischen Funktionen einer komplexen Variubeln verhalten sich wesentlich anders. Um dies nachziiweisiMu nehmen wir an für eine endliehe Fläche E und ihre Berandung sei eine reelle Funktion u der reellen Varialteln .?// definiert; die Funktion selbst und ihre partiellen Derivierten erster und zweiter Ordnung seien im Innern und auf der Beramlung der Fläche l'J überall stetig; die Funktion u genüge der partiellen Diöerentialgleichung (2).

\\ ir behaupten: die Funktion n ist im Innern der Fläche E eindeutig bestimmt, wenn die Werte, die sie auf der He- randuno' annimmt, o-etreben sind. Daraus folgt: die Funktion IV = 11 -\- iv ist im Innern für die Fläche E bis auf eine addi- tive, rein imaginäre Konstante bestimmt, wenn die Werte ihres reellen Teils für die Berandung gegeben sind.

Wäre die aufgestellte Behauptung unrichtig, gäbe es also mehr als eine Funktion, die den angegebenen Bedingungen genütrt, so müßte die Differenz U zweier dieser Funktionen in jedem Punkt der Berandung verschwinden, im übrigen aber denselben Bedingungen genügen wie die Funktion u. Nun ist nach dem Gaußschen Integralsatz 10 Nr. 5)

+

{'■■)

wo das letzte Integi'al über die Berandung der Fläche E zu erstrecken ist. Dieses Integral verschwindet, weil die Funktion U auf dem Band der Fläche E den Wert Null hat. Die Funktion JJ genügt ebenso wie die Funktion u der partiellen Differentialgleichung

folirlii h ist

Diese Gleichung kann nur bestehen, wenn die partiellen

,"^4 § 1^ Konformo Abbilduiifj.

Derivierten < L' < .i , > ^ v // in der gau7A'ii Flüche 7'.' gleich Null sind. Folglich ist die Funktion U eine Konstante. Weil Um der P^äche E stetior ist und auf dem Rand verschwindet, so muß diese Konstante ofleich Null sein, was /u beweisen war.

§ 18. Konforme Abbildung. Wir haben die kom- plexe Vanablt' » =- ,< + /// dunh die Punkte einer Ebene der .4 -Ebene -^ repräsentiert. Wir repräsentieren in analoger Weise die Werte der Funktion iv = u + iv = f\z) durch die Punkte einer zweiten Ebene der /r- Ebene. Ob die beiden ebenen Systeme (z\ und (?r) in derselben Ebene liegen oder nicht, kommt nicht in Betracht; Avir wollen aber annehmen, daß die H-Achse mit der .r-Achse und die i'-Achse mit der n/'Achse parallel und gleichgerichtet sei.

Durch die Zuordnung der Funktionswerte ic zu den Werten der unabhängigen Variabeln s wird jedem Punkt der ^-Ebene, der dem Definitionsbereich der Funktion tr angehört, ein Punkt der ?r-Ebene zugeordnet. Man bezeichnet diese Zuordnung als „Abbildung'' der .? Ebene auf die «-Ebene. Die spezielle Art der Abbildung, die durch die Funktion tr = (aji -\-h): {cz ■\- d) vermittelt wird, ist bereits in § 14 eingehend untersucht worden.

Sehen wir zu, wie sich die Abbildung eines kleinen den Punkt Zq einschließenden Flächenstücks der ^'-Ebene gestaltet.

Wenn der absolute Betrag \z Zq\ hinreichend klein ge- wählt wird, so wird die Funktion in erster Annäherung durch die Gleichung

(1) "•-^^'o=r(^o) (^ ^o)

dargestellt, wo ^r^ = [{Zq) ist.

Das ergibt sich unmittelbar aus dem Begriff des Differen- tialquotienten.

Die Gleichung (1) stellt eine Ahnlichkeitstransformation dar 13).

Das Vergrößerungsverhältnis ist gleich dem absoluten Betrag Ifiz)^], arc f (Zq) ist der Winkel, um den ein Linien- element der .s'-Ebene gedreht werden muß, damit es dem ent- sprechenden Linienelement in der «f-Ebene parallel wird.

Durchläuft der Punkt z einen kleinen Kreis um den Punkt z,, im positiven Sinn, so durchläuft der entsprechende

?? IH. Koiifunne Alibildung. H5

Punkt ir pineu Kreis um dou i*unkt Kq ebeufalls im positiven Sinn; es findet also Alinlichkeit im engeren Sinn, d. li. Ähn- lichkeit ohne L'niletjung der Winkel statt.

Das VergröBcrungsverhäitnis und der Dreliuugswinkel ändern sich von Punkt vxx Punkt, wenn nicht gerade ir eine lineare F'unktion ist. Es findet daher nur Ähnlichkeit in den kleinsten Teilen statt (vergl. § 14).

Aus der Ähnlichkeit der kleinsten Teile folgt, daß zwei sich schneidenden Kurven in der i'-Ebene in der ?r-Ebene zwei Kurven entsprechen, die sich unter demselben Winkel schneiden.

Man bezeichnet eine derartij^e Abbilduncr als konform.

Jede reguläre analytische Funktion w = f{z) lie- fert eine konforme Abbildung der ^-Ebene auf die «•-Ebene.

Unsere Betrachtung setzt voraus, daß die Deri vierte /"'^q) von Null verschieden ist; die Punkte, in denen die Derivierte f(z) verschwindet, nehmen eine Ausnahmestellung ein: in der Umgebung diesei- Punkte hört die Abbildung auf konform zu sein.

Wir wollen diese allgemeinen Auseinander-setzungen durch einige Beispiele anschaulich machen.

Erstes Beispiel:

n- = z".

Hier bctleutet n eine ganze positive Zahl. Wir führen in der .r-Ebene und in der u'-Ebene Pcdar- koordinaten ein und setzen

z = re" IC = Qf'^.

Zwischen diesen Polarkoordinaten bestehen die Beziehungen

^ Q = r" d- = '2)lt -{- 'JVTI,

wo V eine ganze Zahl bedeutet.

Einem Kreis vom Kadius r um den Nullpunkt der ir-Ebene entspricht demnach in der «-Ebene ein Kreis um den Nulljiunkt mit dem Kadius r". Dem Radius Vektor in der ^-Ebene, in den die + x'-Achse fallt, wenn man sie im posi- tiven Sinn um den Winkel t dreht, entspricht in der « -Ebene der Radius Vektor, in den die + «-Achse fallt, wenn man sie im

86

§ 18. Konforme Abbildung.

positiven Sinn um den Winkel nt dreht. lusbesoü' -e ent- spricht den n Vektoren, die mit der a;- Achse die Wi -1

bilden, in der «/-Ebene die + //-Achse. Jeder der n cheitel räume in der .0-Ebene, der durch zwei aufeinanderfoljL^de de; eben genannten' Vektoren beo-renzt ist, wird auf d o-anz.- «(?-Ebene abgebildet.

Man kann sich eine anschauliche Vorstellunt-; \, diesp' Abbildung machen, wenn man sich n Exemplare der Eben, übereinander gelegt denkt. Das oberste Blatt entspr.. t den- Scheitelraum, der von der iC-Achse und dem A^ektor «gienz; wird, der mit ihr den Winkel 27C \ n bildet. Das zwpi- Blatt entspricht dem Scheitelraum, der von den Vektoren ;^reuzt wird, die mit der a:;- Achse die Winkel 2n -.n und Xtc : i bilden usw. Damit einer stetigen Drehung des Radiu^ ektor- in der ^;-Ebene eine stetige Drehung des entsprechende fadiii Vektors in der w^Ebene entspricht, muß man sich die ]xeiri plare der it'-Ebene längs der -f «-Achse aufgeschnitln und dann jedes Blatt mit dem darunter liegenden der .' vei bunden denken, daß die negative Halbebene längs der -f .\chst an die positive Halbebene des nächsten Blattes geheot ist. Um das Bild vollkommen zu machen muß man das nterste Blatt mit dem obersten verbunden denken, was allerdiri' durtii kein materielles Modell vollkommen versiunlicht werde kann

Es ist klar, daß die Umgebung des Nullpunkt nicht konform abgebildet wird. Das hat seinen Grund dari. dal die Derivierte «'=7?.:"-^ iür ^ = 0 verschwindet.

Zweites BeisivM^i :

(dem idiu-

Die Funktion wird i\n Nullpunkt und im uneudlici 'iTien Punkt unstetig. Wir schließen diese beiden Punkte au.< wir um den Nullpunkt einen kleineu Kreis Q mit dem ö und einen großen Kreis C.^ mit dem Radius 1 : d besd Im i: Ein Krei^ ' , vom Radius 1 um den Nullpunkt zerl von den Kreisen Co und C^ begrenzte Ringgebiet i «we Teile. Da sieh der Wert der Funktion a- nicht ander 1 venu

f f

^"Wil^-

man 2" durch i auf denselben T< ^r-Ebene wird ;il- düng des von El und dann durc! Cq begrenzten \i\iij zwei Exemp]ar^• obere Blatt l)il<!-' jE", ab. Da dit menhängen, s< längs der Km bildet wird.

Die I'iiii: System von l'-i der ^r-Eliene <'

iiforme Abbildung.

87

1 M'

. SO werden die beiden Teilgebiete

Ebene abgebildet. Dieser Teil der

r bedeckt: einmal durch die Abbil-

11 Ci und C^ begrenzten Ringgebietes

Abbildung des von den Kreisen C\ und

ites E^. Wir denken uns deshalb wieder

'Ebene aufeinander gelegt. Auf das

it' Fläche El, auf das untere die Fläche

A'j und ig längs des Kreises (\ zusam-

auch die beiden Blätter der /r-Ebeue

menhängen. in die der Kreis C\ abge-

Ebene beziehen wir wieder auf ein

linaten /*, t, dagegen behalten wir in

'-r rechtwinkligen Koordinaten ii, v

al.No

rc '

•.f

V =

')siu/.

Geh(»rt dt es hat deshaP Vorzeichen w ; E.^ an. >:> liii sin t und / li; das Bild (1< <^uaLirant( I <juadraute! das Bild il^- angehört, in < «■-Ebene und der im zweit i-i des unteren 1'.

Längs i\' von 0 bis tt, t weiter von Jeder der bi h-

z der Fläche E^ an, so ist /• > 1 und

Ibe Vorzeichen wie cos t, v dasselbe 'iphr»rt dagegen der Punkt z der Fläche / und u dasselbe Voizeichen, aber igengesetzte Vorzeichen. Daraus folgt: > der Fläche E^. der einem bestimmten augehört, fällt in den gleichnamigen I Blattes der //-Ebene. Dagegen fällt Mäche E„ der dem ersten Quadranten II Quadranten des unteren Blattes der 1. Das Bild des Teils der Fläche E^, tf'n liegt, fällt in den dritten Quadranten

<r-Ebene und vice versa.

- C\ ist r = 1 also v = 0. Wächst /

I // von + 1 bis 1 ab: wächst dann

7 . so nimmt // von 1 bis -f- 1 zu.

Lokreise, in die die j;- Achse den Kreis C,

86 § lt<. Konforme Abbildunu:.

positiven Sinn nni den Winkel )if dreht. Insbesondere ent- sprirlit den ;/ A Cktoren. die mit der .i-Aebse die Winkel

0,,— , 2 —,• -{n— 1) -

2jt

n

bilden, in der ;r-El>eue die + ?^-Aehse. Jeder der n Scbeitel- räume in der ^-Ebene, der dureb zwei aufeinanderfolgende der eben genannteil' Vektoren begrenzt ist, wird auf die ganze tr-Ebene abgebildet.

Man kann sich eine auscbauliebe Vorstellung von dieser Abbildung niaehen, wenn man sieb n Exemplare der /(-Ebene übereinander gelegt denkt. Das oberste Blatt entspricht dem Scbeitelraum, der von der a;-Acbse und dem Vektor begrenzt wird, der mit ihr den Winkel 2,t : n bildet. Das zweite Blatt entspricht dem Scbeitelraum, der von den Vektoren begrenzt wird, die mit der a-Achse die Winkel 2;r : n und 4:t : n bilden usw. Damit einer stetigen Drehung des Radius Vektors in der ^^-Ebene eine stetige Drehung des entsprechenden Radius Vektors in der /r-Ebene entspricht, muß man sich die n Exem- plare der ir-Ebene längs der + «i- Achse aufgeschnitten und dann jedes Blatt mit dem darunter liegenden der Art ver- bunden denken, daß die negative Halbebene längs der -f «-Achse an die positive Halbebene des nächsten Blattes geheftet ist. um das Bild vollkommen zu machen muß man das unterste Blatt mit dem obersten verbunden denken, was allerdings durch kein materielles Modell vollkommen versinnlicht werden kann.

Es ist klar, daß die Umgebung des Nullpunkts nicht konform abgebildet wird. Das hat seinen Grund darin, daß die Deri vierte tv' = nz^~^ für z = () verschwindet.

Zweites Beispiel:

IV = ----- 2z

Die Funktion wird im Nullpunkt und im unendlich fernen Punkt unstetig. Wir schließen diese beiden Punkte aus. indem wir um den Nullpunkt einen kleinen Kreis Cq mit dem Radius ö und einen großen Kreis C^ mit dem Radius 1 : Ö beschreiben. Ein Kreis C, vom Radius 1 um den Nullpunkt zerlegt das von den Kreisen C^ und (,\^ begrenzte Ringgebiet in zwei Teile. Da sich der Wert der Funktion tv nicht ändert, wenn

s l^. KoiiCorme Abliililung. s'T

man z (Inrch 1 : z ersetzt, so werden die beiden Teilgebiete auf denselben Teil der «•-Ebene al^<^ebildet. Dieser Teil der /r-Ebene wird also doppelt bedeckt: einmal durch die Abbil- dunjjf des von den Kreisen C^ und C^ l)e<>Tenzten liinggebiete.s El und dann durch die Abbildung; des von den Kreisen C\ und Cq begrenzten l\in|^gebietes 7!,o. Wir denken uns deshalb wieder zwei Exemplare der ?r-Ebene aufeinander gelegt. Auf das obere Blatt i)ildeu wir die Fläche E^, auf das untere die Fläche 7% ab. Da die Flächen iij und ig längs des Kreises (.\ zusam- menhängen, so müssen auch die beiden Blätter der /t-Ebene längs der Kurve zusammenhängen, in die der Kreis Cj abge- bildet wird.

Die Punkte der i'-Ebene beziehen wir wieder auf ein System von Polarkoordiuaten r, t, dagegen behalten wir in der »"-Ebene das System der rechtwinkligen Koordinaten it, r bei. Wir erhalten

-^(^+;)-H"'+7-')

also

[-) "' = y('' + ,.) cos/' L- = 2 [>■ - --) sin/.

Gehört der Punkt z der Fläche E^ an, so ist / > 1 und es hat deshalb /( dasselbe Vorzeichen wie cos t, v dasselbe Vorzeichen wie sin t. Gehört dagegen der Punkt 2 der Fläche E.^ au, so haben zwar cos t und a dasselbe V^orzeichen, aber sin t und v haben entgegengesetzte Vorzeichen. Daraus folgt: das Bild desjenigen Teils der Fläche E^, der einem bestimmten Quadranten der 4-Ebene angehört, fällt in den gleichnamigen Quadranten des oberen Blattes der /r-Ebene. Dagegen fällt das Bild des Teils der Fläche E.2, der dem ersten Quadranten angehört, in den vierten Quadranten des unteren Blattes der «•-Ebene und vice versa. Das Bild des Teils der Fläche E^, der im zweiten (Quadranten liegt, fällt in den dritten Quadranten des unteren Blattes der «--Ebene und vice versa.

Längs des Kreises C\ ist /• = 1 also v = 0. Wächst t von 0 bis 7t, so nimmt ii von -f 1 bis 1 ab; wächst dann t weiter von ti bis *?;r, so nimmt u von 1 bis + 1 zu. Jeder der beiden Halbkreise, in die die .i-Achse den Kreis C,

88 ^18. Kontbniio Alibihhin^.

zerlegt, wird daher auf den Abschuitt der /^Achse abgehildet, der von den Punkten -{- 1 und l begrenzt wird.

In diesen beiden Punkten hört offenbar die Abbildung auf konform zu sein. Um die hier eintretenden Verhältnisse genauer zu untersuchen betrachten wir die Werte, die die Derivierte u' = div/dz längs des Kreises (\ annimmt. Es ist allgemein

10 =

also längs t\

a' = oder

it' = ^ (1 cos 2^4- ' sin2#) = sin^(sin/+ /cos^)

iv' = sin / r \- /.

So lange der Wert von / zwischen 0 und % liegt, ist der absolute Betrag [«•'| = sinMmd arc «•'= jr/2 ^ + 2i'jr, wo V eine gimze Zahl bedeutet. Liegt dagegen t zwischen n und 2;r, so ist \iv'\ = sin t und arc ic' = 3jr/2 t -{■ 2 v.T. Wenn man also den Kreis 6\ im Sinn der wachsenden t durchläuft, wächst arc iv sprungweise um ;r, sobald man einen der beiden Punkte + 1 oder 1 überschreitet. Nun ist arc w' der Winkel, den ein Linienelement in der r- Ebene mit dem ent- sprechenden Linieneleuient in der (T-Ebene bildet (s. oben), im vorliegenden Fall also der Winkel, den die Fortschreitungs- richtung längs des Kreises Cj mit der Fortschreitungsrichtung längs der Bildkurve einschließt. Wächst dieser Winkel plötzlich um ISO'', so wird in der Bildkurve die Fortschreitunoj.srichtuncf umgekehrt.

Einer beliebigen Kurve in der «-Ebene, die ganz inner- halb der Fläche E^ oder ganz innerhalb der Fläche E.^ liegt, entspricht in der ?r-Ebene eine Kurve, die ganz im oberen beziehungsweise unteren Blatt der yr-Ebene verläuft. Dagegen muß das Bild einer Kurve in der ^--Ebene, die den Kreis (,\ überkreuzt, teils im oberen, teils im unteren Blatt der /r-Ebene verlaufen. Wir müssen uns daher vorstellen, daß längs des vom Punkt + 1 bis zum Punkt 1 reichenden Abschnitts der Abszissenachse die positive Halbebene des oberen Blattes der w-Ebene an die negative Halbebene des unteren Blattes ge- heftet ist und vice versa.

S IH. Kontbrino Abbildung. 89

W'ii- betrachten nun das Kurvcnsystem, in das die Kreise um den Nullpunkt der ^-Khene abgebildet wurden. Längs eines dieser Kreise ist ;• konstant, l variabel. iJie Gleichung der Bildkurve ist daher (s. (2))

+^"' ,-=1,

u^+ir \{^-ir

Das ist die (xleichung einer Ellipse, die die auf der «-Achse liegenden Punkte + 1 i^ind 1 zu Brennpunkten hat. Die Kreise um den Nullpunkt der .r-Ebene werden also in ein System konfokaler Ellipsen abgebildet.

Zwei Kreise, die die Radien r und 1 : r haben, werden ineinander bedeckende Ellipsen in den beiden Blättern der /(•■Ebene abgebildet. Dies gilt insbesondere auch für die beiden Kreise Q und C^.

Längs einer durch den Nullpunkt der -?-Ebene gehenden Geraden hat tgt einen konstanten Wert, r ist variabel. Das Bild der Geraden ist die Hyperbel

COS* t sin- 1

Auch diese Hyperbel hat die auf der ?t-Achse liegenden Punkte -f 1 und 1 zu Brennpunkten.

Demnach werden die Kreise um den Nullpunkt der i-Ebene und die Geraden durch diesen Nullpunkt in ein System kon- fokaler Kegelschnitte abgebildet. Entsprechend dem Lnistand, daß die konzentrischen Kreise von den Geraden durch ihren Mittelpunkt unter einem rechten Winkel geschnitten werden, werden die den ersteren entsprechenden Ellipsen von den den letzteren entsprechenden Hyperbeln ebenfalls unter einem rechten Winkel geschnitten.

Drittes Beispiel:

iv = e'.

Die Exponentialfunktion hat die Periode 2.t/, sie nimmt also in Punkten, die auf einer Parallelen zur Ordinatenachse liegen und um ein Multiplum von 2:t voneinander entfernt sind, denselben Wert an. Jeden Wert, den die Funktion über- haupt annimmt, nimmt sie also auch in einem Punkt eines Streifens ;an, der von zwei um 2jt voneinander abstehenden

90 S ^f^ Konforme Abbildung.

l'arallelfn zur Abszisseuachse befj^'enzt wird. Wir wählen als Begreuzuui^ des Streifens zwei Parallele zur Al)szisseuaclise, deren Abstand von derselben = tt ist.

Die Funktion wird im unendlich entfernten Punkt unstetig.

Um diesen Punkt auszuschließen, begrenzen wir unseren Streifen durch zwei Parallele zur Ordinatenachse, die den als sehr groß zu betrachtenden Abstand a von ihr haben. Die abzubildende Fläche ist also ein Rechteck. Es ist

IC = 11 -i- : r = /"-• = r''(cos?/ + / sin y/) also

n = e' cos 1/ V = e^ sin y.

Einer Parallelen zur .r-Achse entspricht in der «-Ebene eine Gerade, die mit der Richtung der wachsenden u den Winkel ij bildet.

Einer Parallelen zur //-Achse entspricht ein Kreis um den Nullpunkt mit dem Radius e"'. Der in die Gerade y = % fallenden Seite des Rechtecks entspricht die vom Punkt e~^ bis zum Punkte e" reichende Strecke der «-Achse. In die- selbe Sti-ecke der tt- Achse wird die parallele Seite des Rechtecks abgebildet. Die zur Ordinatenachse parallele auf der Seite der positiven Abszissen liegende Seite des Rechtecks wird in einen Kreis um den Nullpunkt mit dem sehr großen Radius e", die auf der Seite der negativen Abszissen liegende Seite in einen kon- zentrischeu Kreis mit dem Radius e~" abcrebildet. Wir erhalten somit als Abbildung des Rechtecks in der .r-Ebene einen Kreisring, der längs der positiven «i-Achse aufgeschnitten ist (Fig. <^). Auf der Kugel' entsprechen den beiden Kreisen zwei kleine die Pole einschließende Parallel- kreise, dem zwischen den Kreisen liegenden Abschnitt der M-Achse entspricht der zwischen den Parallelkreisen liegende Teil eines Halbmeridians.

Denken wir uns das Rechteck in der ^-Ebene, von dem wir ausgegangen sind, beliebig oft in der Richtung der wach- senden und der abnehmenden Ordinaten um die Strecke 2n verschoben, so wird schließlich der ganze zwischen den Ge-

§ 19. Komploxi} Iiitcffratioii. Definition der? komplexen Intej^als. 91

raden x = -\- " und ./■ = - n JictTtMuli- Teil der r-Ebene durcii kono^ruente Rechtecke l)edeekt sein.

•ledes dieser Rechtecke wird in gleicher Weise auf den aufgeschnittenen Kreisring in der /r-Ebene abgebildet.

Wir denken uns nun unendlich viele Exemplare der »•-Ebene aufeinander gelegt und die aufgeschnittenen Kreis- ringe derart aneinander geheftet, daß der Teil eines Kreis- rin«;es, der auf der Seite der negativen v liegt, mit dem auf der Seite der positiven v liegenden Teil des darunter liegenden Kreisringes verbunden wird.

Diese unendlich viele Blätter enthaltende «-Fläche gibt nun eine konforme Abbildung des Streifens der i'-Ebene, der durch die Geraden x = -\- a und x = a begTenzt wird.

Diese Abbildung ist wechselseitig eindeutig: jedem Punkt der einen Fläche entspricht ein und nur ein Punkt der anderen.

Es ist also jedem Punkt der ^r-Fläche ein Wert von z = log IC zugeordnet; die unendlich vielen Werte des Loga- rithmus, die zu einem gegebenen Wert von tr gehören, werden durch über- beziehungsweise untereinander liegende Punkte der «(•-Fläche repräsentiert.

§ 19. Komplexe lutegratiou. Defiuition des kom- plexen Integrals. Im (jebiet der reellen Variabein ist ein Litt.'nrai vuUkonunen l>estimmt, wenn die Funktion, über die zu integrieren ist, und die Grenzen der Intecn-ation gegeben sind. Im Gebiet der komplexen Variabein ist das nicht mein- der Fall: hier muß auch noch der Weg, den die Integrations- variable zu durchlaufen hat, angegeben werden.

Nehmen Avir, um dies des weiteren auszuführen, an, in der ^-Ebeue seien zwei Punkte

-'"o ^1 (~o = ^'o + '>o; ^i = ^\ -r '!/i^

und eine sie verbindende Kurve L gegeben. Es sei femer für einen die Kurve L einschließenden übrigens aber be- liebig schmalen Flächenstreifeu E eine reguläre Funktion ir = u -{■ ir = /ü) definiert.

Wir definieren das ülier die Kurve /. erstreckte komplexe Integral der Funktion ic durch die (xleichung (vergl. § 1")

92 § '•• Komplexe Integration. I'etinitiou des komplexen Integrals. (1^ I L tcdz=l L (udx vdy)-\-i i ^ L ■(ud if + rdx).

Da u und r reelle stetige Funktionen der reellen \'ariabeln xtj sind, so haben die rechts stehenden Kurveninte<jjrale einen be- stimmten Sinn, und dasselbe gilt daher auch für das links stehende komplexe Integi-al. Es ist einleuchtend, daß das komplexe Integral ebenso wie die beiden Kurveuintegrale als Grenzwert einer Summe betrachtet werden kann. Aus dieser Bemerkung ergibt sich eine obere Grenze für den absoluten Betrag des Integrals (1).

Da nämlich der absolute Betrag einer Summe nicht größer sein kann als die Summe der absoluten Beträge der Summanden 12), so ist

(2) / ndzi < I ic dz .

Der absolute Betrag dz\ ist nichts anderes als das Bogen- element des Integrationsweges L.

Wir ziehen aus der Gleichung (2) eine Folgerung, von der wir häufig Gebrauch machen werden.

Bezeichnen wir mit J/ den Maximalwert, den der abso- lute Betrag 'iv\ auf der Kurve 7> erreicht, mit / die Länge dieser Kurve.

Das Integral auf der rechten Seite der Gleichung (2) ist jedenfalls nicht größer als Ml, daher ist

(3) J'ndz < Ml.

Wenn die Funktion w = fiz) die Derivierte einer ein- deutig definierten analytischen Funktion F{z) ist, so gilt wie sich unmittelbar aus der Definition des komplexen Inte- grals ergibt die Gleichung

/

L f(z)dz=F{z^)-F(zQ).

In diesem Fall hängt also das komplexe Integral nur von den Grenzen der Integration, aber nicht von dem Weg, der sie verbindet, ab.

Dieser Fall tritt beispielsweise ein, wenn f{z) eine ganze rationale Funktion ist. Im allgemeinen Fall bedarf die Frage,

§20 Der l'iindaiiiontiilrtutz uäw. Das Integral al« Funktion usw. '.(;}

in wie weit dus Integral vom Iiitc^rationswei^ al)liänf^t, einer genaueren Untersuchung, die wir im folgenden l'aragrai)lien durchführen werden.

Bislier haben wir angenommen, der Integrationsweg /. liege ganz im Endlichen; wir wollen nun zusehen, unter welchen Bedingungen die Integration ins Unendliche erstreckt werden darf.

Angenommen die Kurve L erstrecke sich ins Unendliche. Wir bilden sie mittelst der iuvolutorischen Transformation {^ c){z c)=l in eine Kurve // ab. Der Punkt r liege nicht auf der Kurve L; unter dieser Voraussetzung erstreckt sich die Bildkurve L' nicht ins Unendliche. Nun ist

/ L wdz = -j L'.-^^^^yJt-

Damit rechts die Funktion unter dem Integralzeichen längs des Integratiousweges L' stetig bleibt, ist erforderlich, daß

TT -, = (z c\^n- für t = (■ z = CG endlich bleibt.

(X c)^ ^ ' *

Daraus folgt: Vorausgesetzt daß das Produkt z'ir endlich bleibt, wenn der Punkt z ins Unendliche rückt, darf die Inte- gration ins Unendliche erstreckt werden.

§ 20. Der Fuudamentalsatz über komplexe In- tegrale. Das Integral als Funktion der oberen Grenze.

Aus dem (iaußseheii Jutegralsatz i i^ lOj ('rgil)t sich leicht der grundlegende Satz:

Vorausgesetzt daß sich die Funktion tv = f{z) in der Fläche E und auf ihrer Berandung regulär ver- hält, hat das über vollständige Berandung erstreckte IntegraU trdz den Wert Null.

Es ist nämlich

/ //(/z =f {iiäx vdy) + // (u dy + vdx)

Die beiden Flächenintegrale verschwinden zufolge der i)ar-

m ;J -'•• 1^''>' KundniiuMitalsatz visw. has liito<j:ral als Funktion usw.

tiollen Ditt'eivutialgleicIluiliicMi, (Icncii dio l''iinkti()iion ii und /; genügen (§17 Nr. 1).

Um die Bedentuiig dieses Satzes anschaulicher hervortreten zu lassen, nehmen wir einen Aui>'enl)lick an. die Begrenzung der Fläche A' liestehe aus zwei Kandkurven L und L' (Fig. 0). \\ enn wir in ])()sitivem Sinn (s. § 10) über die Begrenzung der Fläche E inte- giüeren, so wird die Kurve L in dem Sinn durchlaufen, daß die von ihr ein- geschlossene Fläche zur Linken liegt, die Kurve L' in dem Sinn, daß die von ihr eingeschlossene Fläche zur Rechten liegt. Die Summe der in die- sem Sinn genommenen über L und L' erstreckten Inteo;rale ist Null. Wir kehren in dem über die Kurve L' erstreckten Integral die Integrationsrichtung um und müssen dann selbst- verständlich das Vorzeichen des Integrals ändern.

Es ergibt sich: die beiden über die Kurven L und L' erstreckten Integi-ale sind einander gleich, wenn die beiden Integrationen in dem Sinn erfolgen, daß die vom Integrations- weg eingeschlossene Fläche zur Linken liegt. Wir drücken dies nur anders aus, wenn wir sagen:

der Wert des Integrals ändert sich nicht, wenn wir den Integrationsweg L auf den Weg L' zusammen- ziehen, vorausgesetzt daß in der Fläche, die der Weg L bei der Deformation überstreicht, die Funk- tion IC sich überall regulär verhält.

Nehmen wir nunmehr au, die Fläche E besitze nur eine Randkurve. Wir nehmen auf dieser Kurve zwei Punkte Zq und z^ Zy an, durch die sie in zwei Kurvenbögen L und L' zerlegt wird (Fig. 10). Zufolge des Fundamentalsatzes ist die Summe

(1

/ L tvilz -\- i L IV dz = 0,

folglich ist

/«i 1 r> ~i^

I L\wds = I L' ivdz. «0 i J 'o

§ 20. Dor Fiitidamentalsatz usw. Das Inti'frnil als Funktion u.sw. 95

Das über den We«;" L' erstrp(;kte Integral ist also «rleich ileui über den Weg h erstreckten.

Wir köinien uns den Weg />' dnrch Deformation des Wegs L entstanden denken niid den eben bewiesenen Satz in der Form ansspreehen :

Das Integral / l, ndz ändert seiueii Wfii nicht,

wenn mau die Integrationsgrenzen z^z^ festhält, den In- tegrationsweg L aber deformiert, sofern nur die Funk- tion a' in der Fläche, die der Integrationsweg bei seiner Deformation überstreicht, überall regulär ist.

Xehmeu wir nun an, die Funktion k verhalte sich in der einfach zusammenhängenden Fläche F regulär (s. § 8 Schluß). Da jede geschlossene in der Fläche F verlaufende Kurve die vollständige Begi-enzung eines Stücks dieser Fläche bildet, so folgt: Ziehen wir nur solche lutegrationswege in Betracht, die nicht aus der Fläche F heraustreten, so ist das Integral

J

IV dz

vom Wege unabhängig.

Wir halten die untere Integrationsgrenze z^ fest, betrach- ten dagegen die obere Grenze z^ als variabel. Der Integralwert

ist der koni]>lexen Größe z^ eindeutig zugeordnet; um zu be- weisen, daß er eine reguläre Funktion dieser Größe ist, müssen wir die Existenz einer stetigen Derivierten J'iz^ nachweisen. Nun ist

J{z, + Jz,) - J{z,) ^jt\z)dz -ft\z)dz =^J}Xz)dz.

*0 ^O 'I

Hieraus folgt:

--■ + •/--, Den Weg, über den das Integral / 1 /('?)— /Vi)] f^-? zu ei'-

9G § -1. l^er Kfsiiluonsatz.

strecken ist, wählen wir geradlinig. Der absolute Betrag dieses Integrals ist jedenfalls nicht größer als das Produkt aus der Länge des Integratiousweges z/^J in das Maximum des ab- soluten Betrags, den die Diöerenz f(2) f(Zi) auf dem Lute- gratiousweg erreicht. Dieses Maximum konvergiert, weil die Funktion f'(/) stetig ist mit-J^-^ gegen Null. Folglich kon- vergiert auch der Ausdruck auf der rechten Seite der Glei- chung [2) mit ^2^ gegen Null und es folgt:

Damit ist bewiesen:

Sofern der Integratiousweg auf das Innere der einfach zusammenhängenden Fläche F beschränkt

wird, ist das bestimmte Integral if{z)(ls eine reguläre

analytische Funktion der olleren Grenze.

§ 21. Der Residueusatz. Es sei a ein Begrenzungs- punkt d^-s Dehuitionsbereichs A der Funktion w = f{z). Wir legen um den Punkt a eine geschlossene Kurve C, die, vom Punkt a abgesehen, keinen Begrenzungspunkt des Bereichs A einschließt und durch keinen Begrenzungspunkt hindurchgeht. Da sich die Funktion tr längs der Kurve C regulär verhält, so hat das im positiven Sinn über die Kurve C erstreckte Integral

J=ff\z)dz

einen bestimmten Sinn.

Der Integralwert J ändert sich nicht, wenn wir die Kurve C deformieren, vorausgesetzt daß die Funktion in dem bei der Deformation überstrichenen Fiächenstück regulär ist (vergl. den vorigen Paragraphen); dieser Integralwert ist also von der Ge- stalt der Kurve C unabhängig.

Nach dem Vorgang Cauchys nennt man den Quotienten 1/2 :zi J das Residuum der Funktion f{z) für den Punkt a.

Wir wollen es mit li{a) bezeichnen.

Wir berechnen das Residuum für die einfachsten Fälle.

§ -11. Der lioHiducnsatz. 97

Nehmen wir /imächst au, es sei

WO n eine <(anze positive Zahl bedeutet.

Als lutei^rationsweg wählen wir einen Kreis vom Radius q um den Punkt n. Auf der f^<ripherie dieses Kreises ist z a = ge''^ dz = Qe"*id&,

lirlich ist ^ in

R(a) = J . f ^ , e-("-')'»id^.

0

Ist n = 1, so ist

0

Ist w > 1 , so ist

Das Residuum der Funktion \ : (z a)" für den Punkt a ist also = 1 oder = 0, je nachdem n = 1 oder n > 1 ist.

Nehmen wir zweitens an, in der Umgebung des Punktes a verhalte sich zwar nicht die Funktion f(z) selbst, wohl aber das Produkt cp{z) = (z a)f{z) regulär. Das Residuum

•' 27ti J ' ^ -^ 2 7ft I z (I

der Form

^ ^ •>iti J z n ' 2 7CI J z a

läßt sich in der Form

darstellen.

Der Quotient (q>(z) cp (aj) : {z a) konvergiert gegen den endliclien Grenzwert (f)'(ci), wenn z a gegen Null konvergiert; der Quotient verhält sich also in der Umgebung des PuTiktes a regulär. Daher verschwindet das erste Glied auf der rechten Seite der vorstehenden Gleichung. Daher ist U{(i) = (f\a) = lim(^ a)f(z).

z = a

Wir fassen den Inhalt dieser Gleichung in Worte: Existiert der Grenzwert limU a)f{z), so ist dieser

Grenzwert das Residuum der Funktion f{z) für den Punkt a.

D u rOge-Mau re r, FiinktioDentbcorie. 5 Aufl. 7

98 § -1- Der Residuensatz.

Gehört der unendlich ferne Punkt /u den isolierten Be- ^en/unpispunkten des Definitionsbereichs der l'\inktion ir = f(ß), so entspricht auch diesem i*unkt ein Residuum Ji\(X)). Der allgemeinen Definition des Residuums entsprechend ist

wo das Integral' rechts im positiven Sinn über eine den un- endlich fernen Punkt einschließende Kurve C 7A\ erstrecken ist. Was hierunter zu verstehen ist, wird sofort klar, wenn wir die Werte der komplexen Variabein z durch Punkte der Kugel repräsentieren: Auf der Kugel stellt sich T' als ehie kleine den Südpol einschließende Kurve etwa als Parallelkreis dar. Dieser Parallelkreis ist in dem Sinn zu durchlaufen, daß der Südpol zur Linken liegt. In der ^- Ebene entspricht diesem kleinen Parallelkreis ein Kreis um den Nullpunkt, dessen Ra- dius sehr groß ist, und dieser Kreis muß iji dem Sinn durch- laufen werden, daß sein Mittelpunkt zur Rechten liegt. Wir setzen ^ = 1 : ^ und erhalten

J*(~) = -4-/«'F'

WO die Integration im positiven Sinn über einen kleinen Kreis

um den Nullpunkt der i;-Ebene zu erstrecken ist.

Aus dieser Gleichung ergibt sich:

Wenn ein Grenzwert lim ir : t, oder was dasselbe sagen will, r = o

ein Grenzwert lim ztr existiert, so ist das Residuum Il(oo)

diesem Grenzwert entgegengesetzt gleich. Insbesondere ist R((X)) = 0, wenn der absolute Betrag des Produkts 3^w bei wachsendem absoluten Betrag 0 unter einer angebbaren Größe bleibt.

Nehmen wir an im Innern einer gegebenen Fläche i? liegen n Begrenzungspunkte r/j a^ a^ des Definitionsbereichs der Funktion /'f^'); von diesen Punkten abgesehen, verhalte sich die Funktion im Innern und auf der Berandung der Fläche E überall regulär.

Wir legen um jeden der d Punkte a^ einen kleinen Kreis und bezeichnen mit E' den Teil der Fläche E, der nach Aus- scheidung der Kreisflächen übrig bleibt. Im Innern und auf

§ 21. Der Uesiduenaatz. 99

(l«'r Berandimg der Fläche K verhält sich die Funktion f{2) überall re«;ulär, daher ist das über die vollständige Begrenzung dieser Fläche erstreckte Integral

,7= ff(z)dz gleich Null.

Die Begren/Aing der Fläche F/ besteht aus der Begrenzung der Fläche K und aus den Peripherien der Kreise, die um die Punkte a, ge- /' legt sind. Die Integration ist in dem Sinn auszuführen, daß die Fläche E zur Linken liegt; demnach ist über die Peripherie des Kreises, der den Punkt a,.

einschließt, in dem Sinn zu integrieren, daß dieser Punkt zur Rechten liegt (s. Fig. 11). Der Beitrag zu dem Integral J, der von diesem Kreis herrührt, ist somit 27iiB,(a.^). Da- raus folgt:

Das über die Begrenzung der Fläche E erstreckte

Integral ff(z)d2 ist gleich dem Produkt von 2;r/ in die

Summe der Kesiduen, die den im Innern der I'läche E liegendeu ßegreuzungspunkten a,. entsprechen.

Für rationale Funktionen gilt der Satz:

Die Summe der Residuen einer rationalen Funk- tion ist gleich Null.

Zum Beweis legen wir um den Nullpunkt der ^ -Ebene einen Kreis C, der alle im Endlichen liegenden Begrenzungs- punkte des Definitionsbereichs der rationalen Funktion f{2) einschließt.

Das Integral

im positiven Sinn über die Peripherie des Kreises C erstreckt, ist, wie eben bewiesen worden ist, gleich der Summe der Re.si- duen, die zu den im Endlichen liegenden Unstetigkeitspunkten der Funktion /'(s:) gehören.

Der Kreis C kann aber auch als eine den unendlich fernen Punkt einschließende Kurve betrachtet werden. Durchläuft man den Kreis in dem Sinn, daß der Nullpunkt zur Linken liegt, so liegt der unendlich ferne Punkt zur Rechten. Daher ist J

100

§ -22. Das Integral f}^\ dl

gleich dem negativ genommenen Residuum der Funktion f{z) für den unendlich fernen Punkt. Daraus folgt, daß die Summe aller Residuen den Wert Null hat.

§22. Das Integral ij^^dl Die Funktion «•= /■(^)

der komplexen Variabebi z verhalte sich im Innern und auf der Berandung der gegebenen Fläche E regulär. Es sei z ein beliebig zu wählender aber fester Punkt im Innern der Fläche E, ^ ein variabler Punkt. Die Funktion f{^) : (^ 3) der Variabeln ^ wird unstetig, wenn sich der Punkt ^ dem Punkt z nähert, verhält sich aber im übrigen in der Fläche E regulär. Das Residuum für den Punkt z ist

lim(,^-^)/^^^„=A^^. ^ ^

Daher ist zufolge des Residuensatzes

wo links die Integration über die Begrenzung der Fläche E zu erstrecken ist.

Diese wichtige Gleichung stammt von Cauchy.

Zunächst ist ersichtlich: Der Wert, den die Funktion in einem Punkt im Irmern der Fläche E annimmt, ist durch die W^erte, die sie längs der Berandung annimmt, vollkommen be- stimmt (vergl. den in § 17 bewiesenen weitergehenden Satz).

Nehmen wir an, die Fläche E sei eine Kreisfläche, deren

Mittelpunkt der Punkt z ist. Längs der Peripherie des Kreises ist

d *" t z = re'^ dt = re'^idd' also ^ *" = idd'.

Folglich ist

w = f(z) = u(xy) -\- iv(xy)

= 5~ / [*na;+rcost^ ij-\-rsvn.^)-\-iv(x + rQ,o^%- y-\-rsm%)'\dQ-. 0

Die Werte, die die Funktionen u und v im Mittelpunkt des Kreises annehmen, sind also die Mittelwerte aus den Werten, die längs der Peripherie stattfinden. Daraus folgt: die Funk- tionen u und V besitzen weder ein Maximum noch ein Minimum.

j; ■2->. Das Integral / -^-*"^- t/J. 101

Durch Differentiation unter dem Intefjfralzeichen, die im vorliegeuden Fall oöenljar zulässig ist, leitet mau aus der (Glei- chung (1) die folgenden ab:

(2) nn-^,f,^%dt

und allgemein

(3) r"\z) = iTgTs...» 2niJ It^n + i'^^-

Eine analytische Funktion der komplexen Varia- l)eln i" besitzt also, soweit sie sich regulär verhält, Derivierte jeder Ordnung.

Hierzu ist zu bemerken: Die Existenz der ersten Deri- vierten ist bei der Definition der analytischen Funktion voraus- gesetzt worden: die Existenz der höheren Derivierten ergibt sich hieraus als notwendige Folge. Im Gebiet der reellen Va- riabein ist das bekanntlich nicht der Fall Tvergl. § 0).

Von der Gleichung (2) ausgehend beweist man leicht den wichtigen Satz:

Eine Funktion der komplexen Variabein 2, die sich in der ganzen ^-Ebene (auch im unendlich fernen Punkt) regulär verhält, ist eine Konstante.

Bezeichnen wir mit r den absoluten Betrag der Größe z, mit J/ die obere Grenze der ab.soluten Beträge der Funktion f{z). Um den Nullpunkt der z-Yihene legen wir einen Kreis, dessen Radius B wir sehr groß annehmen. Zufolge (2) ist das Integral

erstreckt über die Kreisperipherie =f{z). Nun ist auf der Kreisperipherie

.^-vi><^^t fit) < ^f 'i"fl i^/:=rr/0-.

folglich ist

rY

102 § '-3. Beispiele zur komplexen Integration.

Der Ausdruck rechts konvergiert bei wachsendem R gegen Null, folglich ist f'{^) = 0, also f[;:) konstant w. z. h. w.

Der Detiiiitionsbereich einer jeden analytischen Funktion besitzt demnach mindestens einen Grenzpunkt.

Wir ziehen aus der Gleichung (1) noch eine Folgerung, von der vrir im folgenden Abschnitt zu Beweiszwecken Ge- brauch machen werden.

Nehmen wir an, es sei ein analytischer Ausdruck iv = f{z) gegeben, der jedem Punkt eines kontinuierlichen Bereichs einen eindeutig bestimmten komplexen Wert ic = ii -{- iv zuordnet. Es sei bewiesen, daß iv stetige Funktion der reellen Variabein xy ist, und es sei weiter bewiesen, daß für jeden Punkt des Be- reichs die Gleichung

gilt, wo die Integration über einen hinreichend kleinen Kreis um den Punkt z zu erstrecken ist.

Unter diesen Voraussetzungen ist /"(^) eine analytische Funktion der komplexen Variabein 2. Denn es existiert eine stetige Derivierte f'{2), die durch die Gleichung (2) bestimmt ist.

Wenn also für jeden Punkt eines Bereichs die Gleichung (Ij gilt, so genügen in diesem Bereich die Funktionen u und v den partiellen Differentialgleichungen

cu vr ru dv /(^ 1 7^

dx dy dy ex ^^ ^'

§ 23. Beispiele zur komplexen Integration. Mit

Hilfe der komplexen Integration lassen sich die Werte von bestimmten Integralen, die anderweitig nur mühsam und durch Anwendung besonderer Kunstgriffe ermittelt werden können, in sehr einfacher und durchsichtiger Weise bestimmen.

Wir wollen dies an einigen Beispielen zeigen.

Erstes Beispiel. Es sei das Integral

vorgelegt.

Die Konstante Ic sei reell, positiv und < 1: die Integi'a- tionsvariable u sei reell; unter /f^~* ist der reelle positive Wert dieser Potenz zu verstehen.

§ 23. Beispiele zur komplexen Inte{»Tation.

103

An der imtereu Grenze wird /war das Integral unendlich aber das Produkt des Integrandeu und der Potenz u^~* bleibt stetit]^.

Wenn die Nariable (( über alle (irenzen wächst, so bleibt das Produkt des Integrauden und der Potenz m"~^ endlich. Demnach hat das Intetrral J einen bestimmten Sinn (vgl. § 7)-

Wollte man die Größe h direkt komplexe Werte annehmen lassen, so hätte es Schwierigkeiten zu definieren, was unter dem Ausdruck «'~* zu verstehen ist. Wir führen deshalb zu- nä<hst eine neue Variable durch die Gleichung u = (f ein. Durchläuft die Variable u das Intervall 0 bis oo, so durchläuft die Variable x das Intervall oo bis -f oo. Folglich ist

j j' du f* €>'■>= dr

X

Die unter dem Integralzeichen stehende Funktion

kl/

möge zur Abkürzung mit f{x) bezeichnet werden ist auch für komplexe Werte der Va- riabehi eindeutig definiert.

Als Weg für die Inte- gration im komplexen Gebiet wählen wir die Begi'enzung eines Rechtecks, dessen Eck- punkte die Koordinaten *''fe'- i'

er, 0; +«,<>; -{- u,27i\ a, 27r haben (Fig. 12). Wir bezeichnen diese Eckpunkte der Reihe nach mit z^z^z^z^, die über die einzelnen Seiten erstreckten Integrale mit J^J^J.^J^.

Im Innern des Rechtecks wii-d die Funktion

M-

l + e/

nur in einem Punkt unstetig, nämlich für z Wert von z ist das Residuum

:ti.

Für diesen

lim (z Jti)f(z) = e''"' Jim

1=:. TT i

Folghch ist (1)

= -e"

104 § 23. Beispiele zur komplexeu lutegnitiou.

Wir untersuchen nun die vier Integrale J,. Längs der Seite z^£^ ist z = x und ;r wächst von a bis + a. Demnach ist

(2) "^i ^ / f(^) ^^•^' "^^^^ ^^™ '^1 "" '^-

a

Länge der Seite z^z^ ist z = x -\- 2ni\ x nimmt von + n bis a ab. Folglich ist

a -\-a

-\-a a

(3) J3=-.2.-,^.

Längs der Seite z^z.^ ist z = a -\- yi-^ y wächst von 0 bis 2:i. Nun ist

,i(a+»j/) Jky

folglich

'~ J e-'^ + e'y

0

Der vor dem Integralzeichen stehende Faktor konvergiert bei wachsendem a gegen Null, weil /.• < 1 ist, das Integi-al bleibt endlich, folglich ist

(4) lim Jg = <^>-

Längs der Seite z^z^ ist z = ~ a -{- iy^ y nimmt von 2;r bis 0 ab. Demnach ist

' ,7 l + e-^+'-y J i + e-'^+'J'

0

Weil /.• positiv ist, so konvergiert auch dieses Integral bei unendlich wachsendem a gegen Null. Es ist also ip) lim Jj = 0.

a= 'X,

Setzen wir die Werte (2), (3), f4) und (5) in (1) ein, so erhalten wir, wenn wir a unendlich wachsen lassen

§ 2ü. l{*M8pi»*le zur l<uin])lt'xt'ii Integration. 105

also

j 'In i r 2 7t I n

,,"-i'"_ 1 ~ /«»_«-*'»• "~" sin kn '

J

Es ist also

/ * du

0

vorausgesetzt daß U < Ä' < 1 ist.

Zweites Beispiel. Das Integral

I e~ ^' dx u hat, wie leicht zu l)e weisen ist, einen bestimmten endlichen Wert, und zwar ist cUeser Wert bekanntlich |l/n-. Übrigens wird sich dieser Wert auch aus fa

den folgenden Entwicklungen er- geben (s. das (b-itte Beispiel). Wir lassen wieder au Stelle der reellen Variabeln x die komplexe Variable z treten und wählen als ^ z^

IntegTationsweg die Begrenzung ^'^ ^^

eines Kreissektors Oz^z^ (s. Fig. 18). Der Mittelpunkt des Kreisbogens z^z.^ sei der Nullpunkt, der Radius werde mit r, der Zentriwinkel mit y bezeichnet. Der eine der begi-enzen- den Radien falle in die reelle Achse, der andere auf (üe Seite der wachsenden Ordinaten.

Im Innern und auf der Begrenzuncr des Sektors ist die Funktion c~-' regulär, folglich ist das über die Begrenzung des

Sektors erstreckte Integral je' -'dz gleich Null. Wir werden

nun beweisen: vorausgesetzt daß y < n;/4 ist, konvergiert das über den Kreisbogen z^z.^ ersti'eckte Integral bei unbegrenzt wachsendem Radius r gegen Null. Folglich konvergieren die beiden Integi-ale, die über die beiden Radien Oz^ und O^g zu erstrecken sind, gegen denselben Grenzwert. Längs des Radius Oz^ ist

z = f (cos j^ + / sin y), z^ = <^(co8 2 y + / sin 2 y), dz = (cos y -\- / sin y ) dt,

106 § 23. Beispiele zur komplexen Integratiou.

wo / eine reelle Variable bedeutet. Aus der Gleichung ij -i -i

fe-^'dz = fe-'\lz + fe-^'ds

'o 0 ',

folgt somit, wenn wir r über alle Grenzen wachsen lassen

ß-P{C0B 2Y + Uiu2y) (^.Q^ y ^ / g^jj ^^ (ff ^ ||/^^ 0

also

/g— '^ •="*-■'' [cos (#^sin2^)—isin(/- sin 2 y)]f/^ = |yjr (cos;/— jsinj/). Wir trennen Reelles und Imaginäres und erhalten / e- ''<="«->' cos (^2 sin 2 /)<i^ = \]/7i cosy,

0

ß-P'^os^Y sm(f süi2y} (H = ^Ytc siny.

0

Insbesondere ergibt sich für y = .

/cos thlt = Ain f'dt = i ]/| .

ü 0

Es erübrigt noch zu beweisen, daß das über den Kreis- bogen ^j^'g erstreckte Integral bei wachsendem Radius gegen

7t

Null konvergiert, wenn y "^ , ist.

Längs des Bogens z^2.2 ist

z = r (cos qp + i sin (f) dz = /• (cos cp -j- i sin (p) idcp]

<p wächst von Null bis y. Es ist demnach

•2 y

ß- -•' dz = Ce- '■' "="« - V + '• 8in 2 V) ,^ (^cos 9 + i sin 9?) » f/qp. 0

Der absolute Betrag des Integranden ist yf;—'''^"^^^^ folg- lich ist der absolute Betrag des Integrals kleiner als

y M = r fe-'^''''°^'^'Pd(p.

§ 'JS. Beisiiit'lt' zur komplexfii Inti'<fratioii. 107

Nun li«',u^t der Wert des Quotienten

sin I 2 qp ) C08 2(p _ \2 V

SO hinge 2qp /wischen den (irenzen 0 und [^ hleiht, zwischen den Grenzen " uud 1. Es ist somit im Integrationsintervall

cos

Demnach ist

also

*Y „,

Da y <i , ist, so ist demnach

Bei wachsendem r konvergiert also M gegen Null.

Wir leiten noch eine zweite auf das Integral je~-'dz be- zügliche Formel ab. Zu ^^ dem Zweck wählen wir , als Integratiousweg die Begrenzung eines Recht- ecks, dessen Eckpunkte | l_ \ ^j^

die Koordinaten a, o\ -{- a, o\ -\-a,hr^ —a,hi '^~ besitzen, wo a und h reelle positive Konstante bedeuten (s. Fig. 14).

Wir bezeichnen die Eckpunkte der Heihe nach mit z^ ^2^3^v die über die Seiten des Rechtecks erstreckten Integrale mit

"l '^2 "^3 'M-

Im Innern des Rechtecks verhält sich die Funktion e"-'' regulär, folglich ist (6) Jj+Ja + Js -1-/4=0.

Fi«. 14.

1 08 tJ 28. Beispiele zur komplexen Integration.

Längs der Seite z^ z^ ist z = x^ also ist

+ a

--i '

Läugs der Seite z.z^ ist z = x -[- ib, folglich ist

(8) J., = /e-- <h = - /e-^" +'■*)' da;.

-3 a

Längs der Seite z^ z^ ist z = a -{- iy, folglich ist J^= l'e- '" dz = / e- + '"^'idy.

Z2 0

Da der absolute Betrag

I g- (" + '■ !/)- = g- («- - •'-) <; (>- («= - ^'=')

ist, so ist

Wenn wir den Wert der Konstanten h festhalten, a da- gegen über alle Grenzen wachsen lassen, so ergibt sich

(9) lim J^ = 0.

a = X

Li derselben Weise ist zu zeigen, daß

( lOj lim J4 = U

ist.

Aus den Gleichungen (6) bis (10) folgt für unendlich wachsende a:

(11) ß-(^-¥i>'f dx = je-'-^lx = y.T.

Nun ist

g-(x+,-6)= _ g'P . g-.,^ ^ß^g 26a; -f / sin 2hx),

somit folgt aus (11):

+ 00

ie~^ cos 2bxdx = )/jr c~''".

Wir ziehen aus der Gleichung (11) noch eine Folgerung, wir lassen in dem links stehenden Integral an Stelle der Va- riabein X X ~^ ^0 treten, wo Xq eine reelle Konstante bedeutet, und

§ 23. Beispiele zur komplexen Integration. 109

setzen J-'q-j- H> = c Wir erhalten

OB - y.

Diese Gleichung bringt zum Ausdruck, daß der Wert des Integrals

+ 00

von der komplexen Konstanten c unabhängig ist.

Drittes Beispiel.

Zum Schluß benützen wir die komplexe Integration zur Lösung eines berühmten zahlentheoretischen Problems. In der Theorie der Kreisteilung wird man zu der Aufgabe geführt, eine Summe der Form

n 1 iv- ni v = 0

zu bestimmen, wo n eine ganze positive Zahl bedeutet. Gauß hat der Bestimmung dieser Summe eine eigene Abhandluno- gewidmet; man bezeichnet sie daher als „Gaußsche Summe".

Das allgemeine Glied e " der Summe ;S'„ kann als Pro- dukt der Größe 2.t/ mit dem Residuum der Funktion

«^) -;,,._,

für den Punkt v beti'achtet werden.

In der Tat ist

2 ) - TTl

lir>i ( ~ ^i\f(''\ o " lim

' e""

2 TT*

lim y^ v)j{Z) e lim ^^.^

: = !■ j^j'C 1

Daher ist

(12) ^=ff{^z)dz,

wo die Integration im positiven Sinn über die vollständige Be- grenzung einer Fläche £ zu erstrecken ist, die die Pimkte 0, 1, 2, ...» 1 auf der Abszissenachse einschließt, alle anderen Punkte dieser Achse aber, deren Abszisse eine ganze Zahl ist, ausschließt. Die Fläche E muß nun so gewählt

uo

B<!qfPfif HBT fawqiilüfcia

1_ r^^^tioK «Wr fla^ Begieajua^

Z^-Eü Sen- ^ säoi der ■A^hijhhuiiimIitii pw^rtri ^nl

g^i-Tfy. -B-^rr Tom üa* oiifenBr £e li^^e äJesa* tküfuu %,

•TW-- *~ a ^v ^"hiiiBiw iilnr h Tkä» ^4df9i ^i^««w

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II

§ 23. Beispiele zur komplexen Integration. Demnach ist längs z^z,^

111

(13)

6(6— a)

m <

Längs der Seite z.^Zj^ besitzt die Ordinate den konstanten Wert fc, die Abszisse ist > ?> o . Folglich ist längs ~.^z^

(14)

h{h—a')

\f(^) <\

Die rechten Seiten der Ungleichungen (13) und (14) kon- vergieren offenbar mit wachsendem h gegen Null, was zu be- weisen war.

Es bleiben die auf die Seiten z.2Z^ und z^z^ bezüglichen Integrale zu ermitteln. In dem Integral

Jf{^)dz

kehren wir die Intesn-ationsrichtuno; um und führen an Stelle der Variabein z die \ ariable ^ = z -\- n ein. Durchläuft der Punkt z die Seite z^z_^, so durchläuft der Punkt t, die Seite z^z.;^. Demnach ist

Z, Z^ Zt

Jf(^)clz = -J'f{z)(h = -ffit - n)dt

*4 -1 ^1

Wir schreiben statt t, wieder z und erhalten

>' V ?

(15) j 'f(z)dz + / 'f(z)dz =J[f{z) - f(^z - n)]dz.

Zj Z, 2.

Nun ist, weil die Exponentialfunktion die Periode 27ci besitzt

z- - Z'—irci: ini

-^. = e " [e'^'-^ -f 1] =

/•(£^)-/-(^-w) =

:— (' ) (* ")"

+ e

Längs der Seite z^z^ ist y = x a also ^ = a -]- (1 -1- ?)y und y liegt zwischen den Grenzen h und + &.

.%•»

►^

110

§ 23. Beispiele ziir komplexen Integration,

werden, daß die Integration über ihre Begrenzung ausgeführt

werden kann. Am einfachsten gestaltet sich die Integration,

wenn wir für E die Fläche eines Parallelogramms wählen.

Zwei Seiten desselben seien der Abszissenachse parallel und

gleich weit von ihr entfernt; die Länge dieser Seiten sei n,

ihr Abstand von der Abszissenachse h. Die beiden anderen

Seiten mögen mit der Richtung der wachsenden Abszissen

einen Winkel von 45 "^ bilden; die eine dieser Seiten schneide

die Achse der reellen Zah-

« len in einem Punkt mit

/^ 7 ■^

der Abszisse a, die andere

in einem Pimkt mit der Abszisse a = a n. Da- ^•^ mit das Parallelogramm die Punkte 0, 1, 2,...«-l einschließt, muß

n 1 < « < n sein. Die Eckpunkte des Parallelogramms bezeich- nen wir wieder mit z^^ z.2 z^ z^ (s. Fig. 15j. Wir beweisen zu- nächst, daß die beiden Integrale, die über die Seiten z^z^ und z^Zj^ zu erstrecken sind, gegen Null konvergieren, wenn der Abstand }> dieser Seiten von der Abszissenachse über alle Grenzen wächst. Da die Länge der beiden Seiten unverändert = n bleibt, wenn h wächst, so brauchen wir nur zu zeigen, daß das Maximum des absoluten Betrages, den die Funktion f{z) auf dieser Seite erreicht, bei wachsendem h gegen Null konvergiert. Nun ist

Fig. 1.5.

oini z I o—inv

= e'

also

■■- 1

1 rr^^'A

Femer ist

= e

in

-"y

folglich ist

l^(^) < , _ ,-r«7j

Längs der Seite z^ z^ besitzt die Ordinate den konstanten Wert 6, die Abszisse ist negativ und dem absoluten Betrag nach > /> li.

§ 23. Beispiele zur komplexen Integration. Hl

Demnach ist längs z^z,^ (13)

,

m< ,-'._!

Längs der Seite ^3^^ besitzt die Ordinate den konstanten Wert h, die Abszisse ist > 7> a. Folglich ist längs z^z^

Die rechten Seiten der Ungleichungen (13) und (14) kon- vergieren offenbar mit wachsendem h gegen Null, was zu be- weisen war.

Es bleiben die auf die Seiten z.,z^ und z^z^ bezüglichen Integrale zu ermitteln. In dem Integral

jf{z)dz

kehren, wir die Intecrrationsrichtung; um und führen an Stelle der Variabein z die Variable t, = z -\- n eia. Durchläuft der Punkt z die Seite z^z^, so durchläuft der Punkt t, die Seite z^z.^. Demnach ist

Zl I, Jj

ff{z)dz = -ff(z)dz = -Jfit - ^^¥t

'4 -1 -2

Wir schreiben statt t, wieder z und erhalten

J, Zl c,

(15) ff(z)flz ^-ff{z)dz -l[f{z) - f(z - n)]dz.

-2 '4 •^■J

Nun ist, weil die Exponentialfunktion die Periode 27ti besitzt

z--in,z 2«',,_,„,^

^e^n,:_^ 1]

A^)-

-f(s-

J- - Z^—i7tiz 2 7t/

-1 Ä z^ in

nni 2ni / n \ 2 2 rt / , = , 2 ,„ (^ 2)+,« (^ ")-.

Längs der Seite z^z^ ist jf/ = x a also ^' = a + (1 + 0^ und ?/ liegt zwischen den Grenzen !> und -f ?>.

112 § 23. Beispiele zur komplexen Integration.

Wir führen au Stelle vou // eiue neue Variable

ein, wo die Quadratwurzel positiv zu nehmen ist, und setzen zur Abkürzung

^Vli". -«)-(!+ '>> ™d 2|/;,(« -a).(l + i)c Wir erhalten

und entsprechend

- [z n)- = (t c^'.

Femer ist dz = {\ -^ i)dy = (1 + 0 lY^clf-

Substituieren wir diese Werte in die Gleichung (15), so ergibt sich

•3 "l

Jf{z)dz+Jf{z)dz==

' r /

Wir lassen nun h und damit /i über alle Grenzen wachsen. Weil der Wert des Integrals

-r -»•

fe-^'^'l'dt

nicht Yon der Konstanten c abhängt, (vergl. die Schlußbe- merkung zum zweiten Beispiel^ so dürfen wir die Kon- stanten q und ^2 gleich Null setzen. W^ir erhalten somit mit Rücksicht auf ('12):

'S'„ = ^/'""= ^y^l + 0(1 + i-'')fe-^'dt,

V,

wo die rechts stehende Quadratwurzel positiv zu nehmen ist

§24. Roihen, darcn Glieder regul. Funktionen e. komplexen (iröße sind. 1 13 Wir setzen zunächst » = 1. Da Ä^ = 1 ist, so folfJ^t:

Setzen wir diesen Wert in die vorstehende Gleichung eic, so erhalten wir

n l 2 t- Tt'

Sn=^f ~^ - -Vd +0(1 + i-")Vn.

1=0

Diese Formel erhält eine einfachere Gestalt, wenn wir die Fälle unterscheiden, daß die Zahl n bei der Division durch 4 den Rest 0, 1, 2, 3 ergibt. Es ist für

n = 4w? 'S^„= (1 + 0 V"

« = 4>» + 2, *S„=0

n = 4 w + 1, .V, =]/^^

n = Am -\- 3, *S'„= iYn.

Vierter Abschnitt.

Unendliche Reihen nnd Produkte.

§ 24. Reihen, deren G-lieder reguläre Funktionen einer komplexen Größe sind. Es sei eine unendliche Reihe

(1) Mq Mj ^2

vorgelegt, deren Glieder reelle Größen sind. Wenn sich die Summe

^n = Wo + «1 + "2 h 2<„

bei unbegrenzt wachsendem n einem Grenzwert S nähert, so bezeichnet man bekanntlich die Reihe (1) als konvergent und den Grenzwert S als ihre Summe. Bleibt die Konvergenz be- stehen, wenn man jedes Glied der Reihe (1) durch seinen ab- soluten Wert ersetzt, so heißt die Reihe „unbedingt" konvergent, anderenfalls lieißt sie „bedingt" konvergent. Nur die un- bedingt konvergenten Reihen haben die den endlichen Summen zukommende Eigenschaft, daß ihre Summe von der Anordnung der Glieder unabhängig ist.

Dur öge-Maurer, Funktiouentlieorie. 5. Aufl. 8

114 «f24. Keilien, deren Glieder reijul. Kunktionon e. komplexen Größe sind.

Im folgenden benützen wii- nur unbedingt konvergierende Reihen und es ist demnach unter Konvergenz einer Reihe stets die ^mbedingte Konvergenz zu verstehen.

Betrachten wir mm eine unendliche Reihe

(2) ir^ n\ IV, . . .

deren Glieder komplexe Größen sind; es sei "■„=w,^+'t„- Wemi eine jede der beiden Reihen

(3) Kq /<! (lo und i?o i\ i-2 . . .

konvergiert, so heißt die Reihe (2) konvergent und ihre Summe ist durch die Gleichung

''"o + ""l + "2 + = (»0 + «1 + ''2 H ) + ^'(^0 + '^'1 + ^'2 •)

bestimmt.

Wenn jede der beiden Reihen Q)) unbedingt konvergiert, so konvergiert auch die Reihe, deren allgemeines Glied i( -\- v„ ist, und weil ivj < w„ + 1^« ist, so konvergiert auch die „Reihe der absoluten Beträge"

(4j \n\, + n\ + \tr.^ -\ .

Umgekehrt folgt aus der Konvergenz der Reihe (4) auch die unbedingte Konvergenz der beiden Reihen (3), weil

iv„ >\u„\ und \w„.^\vj.

Für die unbedingte Konvergenz einer Reihe, deren Glieder komplexe Größen sind, ist demnach die Kon- vergenz der Reihe der absoluten Beträge erforderlich und hinreichend.

Nehmen wir nun an, die Glieder der Reihe (2) seien Funktionen der komplexen Größe 5" = ic + iy, die sich im Innern einer gegebenen Fläche E regulär verhalten.

Die Reihe (2) heißt „gleichmäßig konvergent" in der Fläche E. wenn sich nach Annahme einer beliebig kleinen reellen, positiven Größe 6 die Zahl n der Art bestimmen läßt,

m

daß der absolute Betrag V ic„.u für alle der Fläche E an-

gehörenden Punkte < 0 ist, wie groß auch immer die Zahl m angenommen werden mag.

§24. Reihen, (leren Glieder refi^l. Funktionen e. komplexen Größe sind 1 15

Zu dieser Detinitioii ist zu bemerken: die beiden Be- dingiin«;en. daß die Keibe (2) in einem gegebeneu Punkt Zq honvergiert und daß die (ilieder der lieihe in der Umgebung dieses Punktes reguläre Funktionen sind, reichen noch nicht aus, um die gleichmäßige Konvergenz der Reihe in der Um- gebung des Punktes Zq sicher zu stellen.

Man veritiziert dies leicht an dem Beispiel

Die Reihe <((, + ^<'i + "o + konvergiert offenbar, wenn ,4 < 1 ist. Für z = 1 verschwinden alle Glieder der Reihe, daher besteht die Konvergenz auch noch für z = l.

Für i- < 1 ist S =^ii\.= 1 dagegen ist für z=\ -S' = 0.

1=0

Diese Unstetigkeit der Reihensumme rührt daher, daß die Reihe nicht gleichmäßig konvergiert: wenn -2" < 1 ist, so konvertiert zwar die Summe

yW + nj + 1

bei wachsendem n gegen Null, aber es ist nicht möglich eine feste Zahl n so zu w^ählen, daß für alle Werte von z, die der Bedingung z <i\ genügen, der absolute Betrag B^ kleiner als eine vorcrecrebene Größe 6 ist.

Die Summe einer gleichmäßig konvergierenden Reihe ist jedenfalls eine in der Fläche E stetige Funktion der reellen Variabein xy.

Um dies zu beweisen, stellen wir die Reihensumme

Siz) =^u;Jz) in der Fomi

1=0

dar und wählen n so groß, daß der absolute Betrag ^^„ + i(i?)| für alle Punkte der Fläche E kleiner als (j ist. Nun ist

>i(z + Az)-S{2)=^[iv,(z-\-Az)-a;.(z)\+R„^,{z-\-Az)-R„^,(z).

8*

1 1(> iJ'J4. Reihen, deren Glieder regul. Funktionen e. komplexen Größe sind.

Der absolute Betrag^ des zweiten imd des dritten Gliedes rechts ist < 0.

Dadurch daß wir den absoluten Betrag von ^(z) hin- reichend klein wählen, können wir bewirken, daß auch der absolute Betrag der vc^raustehenden Summe auf der rechten Seite < a wird.

Der absolute Betrag der Differenz S{2 -f A^;) S(z) wird also, wenn der absolute Betrag \Az\ hinreichend klein gewählt wird, kleiner als die beliebig zu wählende Größe 3(9.

Um zu beweisen, daß die Reiheusumme <S eine reguläre analytische Funktion der komplexen Variabein z ist, müssen wir zeigen, daß sie eine stetige Derivierte besitzt. Zu dem Zweck weisen wir zunächst nach, daß die Reihe gliedweise integriert werden darf.

Bezeichnen wir mit L einen die Punkte 0^^ und z^ ver- bindenden Kurvenbogen, der ganz innierhalb der Fläche U verläuft.

Da die Reihensumme 8(2) eine stetige Funktion der reellen Variabeln xy ist, so hat das Kurvenintegral

/ \L I S(z)dz = j\L\ ^u\{z)dz

einen bestimmten Sinn.

Wir zerlegen nun wieder die Summe 8(2) in zwei Teile

)■ = (! 1=« + 1

Die Zahl n wählen wir so groß, daß für jeden Punkt auf dem Integrationsweg .^„4.1 <C <> ist, wo 6 eine beliebig zu wählende positive Größe bedeutet. Die Summe 8^ umfaßt nur eine endliche Anzahl von Gliedern, daher ist ihre gliedweise Integration ohne weiteres zulässig. Der absolute Betrag des Integrals , ^, 1

/ L\K^idz

ist nicht ffrößer als das Produkt der Größe 6 in die Länge des Integrationswegs. Daraus folgt: Der absolute Betrag der

Differenz ^i " /»l -■

/ L 8clz y I \L\ '^ydz

i

§•24. Ki'ihoii, ileren Glieder regul. Funktionen o. komplexen Größe sind. 117

sinkt bei wachsendem n unter jede vorgegebene Größe; das heißt aber nichts anderes als: die Heihe (2) darf gliedweise integriert werden.

Aus der gleichmäßigen Konvergenz der Reihe (2) ergibt sich die gleichmäßige Konvergenz der Reihe

1=0

vorausgesetzt daß der absolute Betrag t, z über einer an- gebbaren Größe bleibt. Daher darf auch diese Reihe glied- weise integriert werden. Als Integrationsweg wählen wir die Peripherie eines kleinen Kreises um den Punkt 2, dessen Fläche ganz innerhalb der Fläche E liegt. Da die Funktionen n\. im Innern und auf der Peripherie dieses Kreises regulär sind, so ist 22)

.,/ 1=0. V >=o

Folglich ist für jeden Punkt im Innern der Fläche ^

wo die Integration über einen Kreis um den Punkt z zu er- strecken ist.

Aus dieser Darstellung folgt, daß die Reihensumme S eine reguläre analytische Funktion der komplexen Variabein z ist (vergl. die Bemerkung am Schluß von § 22).

Die ii^" Deri vierte der Funktion N(/) läßt sich in der Form

^ ^^^ ~ 1 2 3 » 2ni / (j _ .)" + 1 ^^

darstellen (s. § 22 Nr. H), wo wieder über die Peripherie eines Kreises um den Punkt z zu integrieren ist. Da nun

ist, so f(dgt

)=0

Die Reihe (2) darf also beliebig oft gliedweise differenziert werden.

118 § -1- Keilien, deren Glieder regul. Fuuktioneu e. komplexen Größe sind.

Wir fassen die Ergebnisse der vorangehenden Ausführungen zusammen.

Vorausgesezt daß die Reihe

1=0

in der Fläche J\ gleichniäßitr kouTeroriert und daß die Funktionen u\, in dieser Fläche regulär sind, so ist die Reihensumme eine reguläre analytische Funktion.

Die Reihe <S darf gliedweise integriert und diffe- renziert werden.

Von der cn-ößten Bedeutung für die Funktionentheorie sind die ,,Potenzreihen", d. h. Reihen der Form

P(2 a) = Co + (\{z a) + r.,{s a)- ■.

Für diese gilt der Satz:

Konvergiert eine Potenzreihe für einen bestimmten Wert z = Zq, so konvergiert sie gleichmäßig für alle Werte von z, die der Bedingung z a\ <. Zq a ge- nügen.

Bezeichnen wir zur Abkürzung den absoluten Betrag I ^o (I mit r.

Damit die Potenzreihe für z = Zq konvergiert ^ ist erfor- derlich — wenn auch nicht hinreichend daß wenigstens für alle Indizes, die eine bestimmte Zahl übersteigen, die Un- gleichung c„ < -^ gilt. Denn wäre diese Bedingung nicht

erfüllt, so würden sich in der Reihe Glieder mit beliebig großem Index vorfinden, deren absoluter Betrag > 1 wäre. Ist nun z a <i )\ <C r so ist die Summe

i'.^„.,„(-«)"-<^r;r=(>'r.:T.-

(/=0 11 = 0

Diese Summe sinkt also bei wachsendem n unter jede gegebene Größe.

Die Potenzreihe stellt demnach, soweit sie konvergiert, eine reguläre Funktion dar.

Die obere Grenze der absoluten Beträge z a , für die die Potenzreihe konvergiert, heißt der Konvergenzradius der Reihe.

§ 25. Unendliche Produkte von regulären Funktionen. 1 19

Mail beweist in derselben Weise, daß für Reihen, die nach

absteigenden Potenzen von z ~ a fortschreiten, also für Reihen

der Korin

c_3

+ ,.--^v.+

z a {z <ty der Satz gilt:

Konvergiert eine nach absteigenden Potenzen von z a fortschreitende Reihe für einen bestimmten Wert z = Zq, so konvergiert sie gleichmäßig für all«' Werte von z, die der Bedingung

,2 aj > Zq a genügen.

§ 25. Unendliche Produkte von regulären Funk- tionen. Für uneiidliclie Produkte gelten ganz analoge De- üuitionen und Sätze.

Ein unendliches Produkt (1) yt'o IV ^ a\ . . .,

dessen Faktoren komplexe Größen sind, heißt konvergent, wenn man nach Annahme einer beliebig kleinen, reellen positiven Größe 6 die Zahl n der Art bestimmen kann, daß die Un- gleichung

711

besteht, wie groß auch immer die Zahl m gewählt werden mag.

Nehmen wir nun an die Faktoren u\. seien Funktionen der komplexen Größe z, die sich in der gegebenen Fläche E re- gulär verhalten.

Wenn die Zahl v, die in der eben aufgestellten Definition auftritt, so gewählt werden kann, daß die Ungleichung (2) für alle Punkte der Fläche E besteht, so heißt das Produkt (1) gleichmäßig konvergent.

Ein gleichmäßig konvergierendes Produkt stellt jedenfalls eine stetige P'unktion <ler reellen Variabein xij dar.

Um dies zu beweisen zerlegen wir das unendliche Produkt

(1) P{z)=[]wX^

120 ?* -•"'• rneudliche Produkte von regulären Funktionen, iu die l)eiden Teile

1=0 i=k4-1

und wählen n so groß, daß für alle Punkte der Fläche E

l^. + i(^)-l|<ö ist. Nun ist

P(z + Az) - P{z) = F„{z^Az)R,^^,{z + Az) - F,Xz)R„^,{z) = [P„iz + A^) - P,{z)]RnU' + A.)

Die Funktion Pjz) ist als Produkt einer endliclien Anzahl von regulären Funktionen selbst eine reguläre Funk- tion, also sicher eine stetige Funktion der reellen Yariabeln xy. Indem wir den absoluten Betrag der Größe Az hinreichend klein wählen, können wir daher bewirken, daß der absolute Betrag der Differenz

P^{z + A^) - PJz)

kleiner als 6 wird. Der absolute Betrag der Differenz

E^^,(z + Az) - R„^,iz) = [R„^,(z + A^) - 1]

ist zufolge der Wahl der Zahl n kleiner als 26. Demnach ist der absolute Betrag der Differenz P{z + Az) P{z) kleiner als

Er konvergiert also mit 6 gegen Null.

Um zu beweisen, daß P nicht nur stetige Funktion der reellen Yariabeln xy, sondern auch eine reguläre analytische Funktion der komi)lexen Variabein z = x -\- iy ist, weisen wir nach, daß für jeden Punkt der Fläche E die Gleichung

^3) P(') - ^if^

^«' rfS

gilt, wo die Integration über die Peripherie eines kleinen Kreises um den Punkt z zu erstrecken ist. Es gilt nun einerseits die Gleichung

(4) P(z) - P„iz) = P„iz)[B„^,U) - 1],

§ "25. Unendliche Produkte von regulären Funktionen. 121 andererseits ist

,(i:)\B„^,{t)-i]

2niJ

dt

Wir bezeicliueu mit q deu Radius des Kreises um deu Punkt z, über deu integriert wird, mit M das Maximum des absoluten Betrages, den PJt) im Innern oder auf der Peri- })berie des Kreises erreicht.

Die Zahl n wählen wir so groß, daß der absolute Betrag der Differenz R^^j^^(^) \ im Innern und auf der Peripherie des Kreises die gegebene positive Größe 6 nicht übersteigt. Der absolute Betrag des Ausdrucks auf der rechten Seite der Gleichung (5) ist nicht größer als

•i^j

■J. n

0

Da P„(t) das Produkt aus einer endlichen Anzahl von regulären Funktionen ist, so ist

Aus (5) folgt somit

Aus (4) folgt

Piz)-PM <M6,

folglich ist der absolute Betrag der Differenz

nicht größer als 23/ö, wie klein auch immer 6 gewählt werden mag.

Daraus ergibt sich, daß die Gleichung (3) besteht und daraus folgt, daß P(z) eine reguläre analytische Funktion der komplexen Größe ist.

Damit ist bewiesen:

Ein gleichmäßig konvergierendes unendliches Prtulukt, dessen Faktoren innerhalb der Fläche 7v

t

1 f?2 4? 2(5. Die Taylorsche Reiho.

reguläre Funktionen der komplexen Variabein z sind, stellt eine innerliall) dieser Fläche reguläre Funk- tion dar.

§ 26. Die Taylor sehe Reihe. Xelimen wir an die Funktion /r = f{z) verlialte sicli im Innern imd auf der Peri- pherie eines Kreises K^ dessen Mittelpunkt der Punkt a und dessen Radius gleich q ist, regulär. Mit z bezeichnen wir einen beliebigen Punkt im Innern des Kreises, es sei also

r = z a\<,Q.

Unter dieser Voraussetzung ist

wo die Integration im positiven Sinn über die Kreisperipherie zu erstrecken ist. Wir machen nun von der bekannten Formel

Gebrauch, indem wir q = '- setzen. Es folgt

1, «

1 _ 1 1 _ 1 z a{z af

1 /V " ,.\t I

l—z l—a z a t—(i {t a)- (? a)'

Setzen wir diesen Ausdruck in die Gleichung (1) ein, so erhalten wir für die Funktion /"(/) einen Ausdruck der Form

(2) fiz) = Co + c^(z - a) + cJz-aY- + c„(^-a)" + R„^,. Hier ist

wo die Integrationen über die Peripherie des Kreises K zu er- strecken sind.

Auf der Peripherie dieses Kreises ist

'r <— , d^ =Qd9 und r <

t a q' ' ^ ^— z Q—r

Mit M bezeichnen wir den gi'ößten Wert, den der absolute Betrag f(t,) auf der Peripherie des Kreises K erreicht.

§ 2C. Die Taylorsche Reihe. 123

Der absolute Betrag des Restgliodes ii„^, ist kleiiier als

u Dil nach Voraussetzung r < p ist, konvergiert also das Kestglied bei wachsendem n gegen Null. Die Funktion f{z) wird also durch die Potenzreihe (i))

{4) f{z) = c-Q + (\{z a) + Co^z a)--\- in inf.

dargestellt, die konvergiert, solange der Punkt z im Innern des Kreises K bleibt. Der Radius q dieses Kreises unterliegt nur der Bedingung, daß er kleiner ist als die Entfernung des Punktes a von dem nächsten Begrenzungspunkte des Defini- tionsbereiches der Funktion f(z).

Der „Konvergenzradius" der Reihe (4) ist also gleich dieser Entfernung.

Die Koeffizienten der Reihe (4) haben eine einfache Be- deutung. Es ist 22) Cq = f{a)

" 1 2 3 « Die Potenzreihe (4) ist also nichts anderes als die be- kannte Taylorsehe Reihe.

Damit ist der wichtige Satz bewiesen: Verhält sich die analytische Funktion fiz) in der Umgebung des Punktes a regulär, so läßt sie sich in eine nach Potenzen von z a fortschreitende Taylor- sche Reihe entwickeln. Der Konvergenzradius dieser Reihe ist gleich der Entfernung des IHmktes a vom nächsten Begrenzungspunkt des Definitionsbereichs der Funktion f{z).

Wir wollen austlrücklich auf den Unterschied hinweisen, der zwischen der Theorie der Funktionen einer reellen Variabein und der Theorie der Funktionen einer kom{)lexen Variabein besteht:

solange man sich auf reelle Variable beschränkt, kann man daraus, daß eine Funktion stetige Derivierte jeder Ordnung besitzt, noch nicht schließen, daß sich die Funktion durch eine Taylorsche Heihe darstellen läßt, und falls eine solche

124 § '-*'• L1io Taylorsche Heihe.

Darstellung existiert, muß iler Koiivergen/.radiiis iu jedem Fall besonders festgestellt werden.

Im Fall der Funktionen einer komplexen Variabein steht die Darstellbarkeit durch eine Taylorsche Reihe und der Kon- vergen/radius dieser Reihe von vornherein fest. Nur darüber ob die Reihe auch noch auf der l*eripherie des Konvergenz- kreises oder wenigstens auf einem Teil derselben konvergiert, jjibt unser Theorem keinen Aufschluß.

Sofern sich die Funktion f{z) für alle endlichen Werte von z regulär verhält, darf der Radius q des Kreises K be- liebig «n'oß gewählt werden: die Tavlorsche Reihe konvergiert für alle endlichen Werte von z.

In diesem Fall bezeichnet man die Funktion f{z) als ..ganze'' Funktion.

Besteht die Reihe nur aus einer endlichen Anzahl von Gliedern, so ist f{z) eine ganze rationale Funktion; ist die Anzahl der Glieder unendlich, so wird f'{z) als ganze transzen- dente Funktion bezeichnet.

Als Beispiel einer ganzen transzendenten Funktion kann die Exponentialfunktion

e--= 1 + ; + ^'^ + ^-f. 3 + ^^^^^^-

Nehmen wir an die Funktion iv =f{z) verhalte sich in jedem Punkte regulär, der außerhalb eines um den Punkt a mit dem Radius q beschriebenen Kreises K liegt. Wir bilden die

r-Ebene mittelst der Transformation t= auf die t-Ebene

^ z u '

ab. Den Punkten der ^-Ebene, die außerhalb des Kreises K

liegen, entsprechen in der ^-Ebene Punkte, die innerhalb eines

um den Nullpunkt mit dem Radius - beschriebenen Kreises G

liegen. Demnach läßt sich iv als Funktion von t, betrachtet durch eine Potenzreihe

ir = e„ + Ci ^ + e, ^- H

darstellen, die für alle innerhalb des Kreises C liegenden Punkte l konvergiert. Daraus folgt: iv als Funktion von s betrachtet läßt sich durch die Reihe

" z u {z ay

i? 2t). Hio Taylorsche Reihe. 125

darstellen, die für alle l'unkte konvergiert, die außerhalb des Kreises A' liegen.

Aus der Taylorschen Heiheuentwicklung (4) ergibt sich eine bemerkenswerte Folgerung.

Nehmen wir an, die Funktion f(z) verseliwinde für z=a, es sei also r„ = 0.

Es kann uoeli eine Anzahl von weiteren Koeffizienten der Reihe c\ c, f., ... den Wert Null haben, aber es können nicht alle Koeffizienten der Reihe verschwinden, weil sonst die Funk- tion identisch gleich Null wäre. Es sei c„ der erste nicht ver-

f(z) schwindende Koeffizient der Reihe. Der Quotient --— wird

/_ „\n

(~ ^,'

weder Null noch unendlich, wenn z a gegen Null konver- giert. Man sagt deshalb: die Funktion f{z) wird für ^ = a Null zur fi'*° Ordnung und drückt dies kurz durch die sym- bolische Gleichung f{z) = 0" für z ^ a aus.

Ein Nullpunkt n^'' Ordnung der Funktion f{z) ist Null- punkt n !'*"■ Ordnung der ersten Derivierten f{z), Nullpunkt n 2"''" Ordnung der zweiten Derivierten f'iz) usw.

Unter der Voraussetzung , daß Cq= 0 r-j = 0 f,^ _ i = 0 dagegen c„ von Null verschieden ist, können wir die Gleichung (4) in der Form schreiben

/■(^) = ^„ (^ - «)" Tl + '^+-^ {z - a) + %t-^ {z - ay +

L /i n

Es sei . die obere Grenze der positiven Größen

'!L±i, ll/!»±^i It/^m^: ...

i ! ^n ! ^

Der absolute Betrag der Summe

'"-+-^- iz - a) + '"+^- {z - ay + ^^-^ (z - a?

*-« ^n *-«

ist, wenn der absolute Betrag ;• = z a < v/'" angenommen wird,

Daraus folgt: Für 0<>-<i-A" kann die Funktion f\z) nicht

126 ^ -"• ^^'»^ Laurentsche Reihe.

gleich Null werden. Die Nullpunkte einer regulären Funktion liegen somit isoliert. In einer endlidion Fläche, in der sich die Funktion f{z) regulär verhält, kann daher nur eine endliche Anzahl von Nullpunkten der Funktion liegen. Die Koeffizienten

sind bestimmt, wenn die Funktion f(2) längs eines noch so kleinen durch den Punkt <i gehenden Liuienstücks gegeben sind. Daraus ist zu schließen: verhalten sich zwei Funktionen in jedem Punkt eines kontinuierlichen Bereichs A regulär und haben sie längs eines dem Bereich angehörenden Linienstücks dieselben Werte, so nehmen sie in jedem Punkt des Bereichs A denselben Wert an.

§ 27. Die Laurentsche Reihe. Bei der Herleitung der Taylorschen Reihe sind wir von der Voraussetzung aus- gegangen, die Funktion w = f{z) verhalte sich im Innern und

auf der Peripherie eines Kreises regu- lär; wir wollen nunmehr annehmen, die Funktion verhalte sich im Innern und auf dem Rande eines Ringgebietes regulär, das von zwei konzentrischen Kreisen um den Punkt a begrenzt wird. Wir bezeichnen den inneren Grenzkreis mit /ij, seinen Radius mit q^, den äußeren Grenzkreis mitX,, seinen Ra- dius mit q^\ mit z möge ein Punkt im Innern des Ringgebietes, mit r sein Abstand vom Pimkt a bezeichnet werden (s. Fig. 16j.

Es ist also p, < >■ < Q.y. Wir gehen wieder von der Glei- chung

aus, wo das Integral über die vollständige Begrenzung des Ringgebietes, d. h. über die Kreise K^ und K.2 in dem Sinn zu erstrecken ist, daß das Ringgebiet zur Linken liegt. Über den Kreis K:, ist also in dem Sinn zu integrieren, daß die

§ 27. Die Lauit'ntschf l{cihc. 127

Kreisfläche zur Linken liegt, über den Kreis K^ so, daß die Kreisfläche zur Kechten liegt. Wir integrieren auch über den Kreis K^ so, daß die Kreisfläche zur Linken liegt und geben dafür dem Integral das negative Vorzeichen.

Wir schreiben also die Gleichung (Ij in der Form

Im ersten Integral führen wir wie im vorigen Paragraphen für _ den Wert ein

n.

Im zweiten Integral setzen wir

1 =0

Wir setzen zur Abkürzung

'*' "-.»sLiJ-s^. a-«)'-'m)<« "-1.2

Bei Benutzung dieser Bezeichnungen erhält die Gleichung (2) die Form

f{z) = Co + q {z - a) + c, {z - «)2 . . . + c^{z - aY + i?;f;^

^ z a {z ay {z «)" ^ " + i

Bezeichnen wir mit M den größten Wert, den der abso- lute Betrag der Funktion /\h) auf der Begrenzung des Ring- gebietes erreicht. Auf der Peripherie des Kreises K.j^ ist

t = Q2 e' ^ dt, = 92«^ idd- ; der absolute Betrag von R'\ , (5) ist demnach kleiner als

128 § 27. Die I^aurentsche Reihe.

Das Restglied H'^f\^ konvergiert also bei waclisendeni n gegen Null. In derselben Art ist zu zeigen, daß

^''i, < -^•^ (^')"^' 31 ist.

Auch dieses Kestglied konvergiert also bei wachsendem n gegen NuU.

Die Funktion /u) läßt sich somit im Ringgebiet durch die konvergente Reihe

C^) f\^) = Co + Ci{s- a) + c, {s-ay-h ■■■

r c ., in inf.

^ z a ^ i^ a)- ^

darstellen. Diese Reihe bezeichnet man als Laurent sehe Reihe.

Die Integrale (3) und (4), die zur Berechnung der Koef- fizienten der Reihenentwicklung dienen, kann man statt über den Kreis A'., beziehungsweise den Kreis K^ über einen be- liebigen Kreis um den Punkt «, der dem Ringgebiet angehört erstrecken, weil die unter dem Integralzeichen stehenden Funk- tionen sich in diesem Gebiet regulär verhalten.

Wir können also die sämtlichen Koeffizienten durch die eine Formel

darstellen. Der Radius p des Kreises K^, über dessen Periphe- rie zu integrieren ist, unterliegt niir der Bedingung Qi^Q^ Q2- Zerlegen wir die Reihe (7) in zwei Teile, indem wir

ipis . a) = Cq + c, a)-^ c^ [z af ^

und

w(z a) = . Ti +

^ ^ ' z a (z a)-

setzen. Die beiden Reihen konvergieren, so lange der Punkt z innerhalb des durch die Kreise K^ und K^ begrenzten Gebiets liegt. Daraus folgt (s. § 24 Schluß j: Die erstere Reihe konver- giert innerhalb der ganzen Kreisfläche K^, also auch innerhalb der Kreisfläche K^, die außerhalb des Ringgebietes liegt; die zweite Reihe konvergiert in dem Teil der ^-Ebene, der außer- halb des Kreises K^ liegt. Die Funktion f(z), von der wir nur vorauscresetzt haben, daß sie sich in dem durch die Kreise

4? -JT. I)io Laiiroiitsche Reihe. 129

K^ und K.. l)e«j;renzt(Mi Kint^|j;(.'l)iet re<^uliir verhält, läßt sich also als Summe zweier Funktionen rl){z'a) und (p{z a) dar- stellen, von denen sich die erste in der KreisHäche 7C, die zweite außerhalb des Kreises A\ regulär verhält.

Wir wollen die Reihenentwicklung (7) auf einen speziellen Fall anwenden. Es sei eine ganze transzendente Funktion /(• = f\z) gegeben. Diese Funktion sei periodisch, und zwar habe die Periode den Wert 2w; es sei also für beliebige Werte von z

/u + 2w)=/-(4

Dieselbe Periode besitzt die Exponentialfunktion

ni

^ = e"'\

Einem gegebenen von Null verschiedenen Wert ^„ der Variabein ^ entsprechen unendlich viele Werte *?;■ ist Zq einer dersell)en, so läßt sich ihre Gesamtheit in der Form z = ZQ-\-2nc3 darstellen, wo n eine beliebige ganze Zahl bedeutet. Allen diesen \Verten z entspricht derselbe Funktionswert iv = f(z). Jedem endlichen von Null verschiedenem Werte i, entspricht somit ein vollkommen bestimmter Wert n\ Daher kann iv auch als einwertige Funktion der Variabein t, betrachtet werden Daß IC als Funktion von t, vom Nullpunkt abgesehen, in jedem im Endlichen liegenden Punkt eine Derivierte besitzt, ergibt sich ohne weiteres aus der Gleichung:

dir

dz dt

du- ~dt~

CO 1 div ni t Tz

dz

In einem Ringgebiet, das von zwei konzentrischen Kreisen um den Nullpunkt der i;-Ebene begrenzt wird, verhält sich die Funktion ir der Variabein ^ regulär-, der Radius des inneren Grenzkreises darf beliebig klein, der des äußeren beliebig groß gewählt werden. Daher läßt sich die Funktion ir durch eine L a u r e n t sehe Reihe

(9i «• = ro + CiS + ro^2^.--

1) urege - Maurer, Fuuktioueutheorie. 5. Aufl. i)

1^30 S '-"• l'ie Laurentsche Reihe.

tiarsteilen. Die Koeftizienten der Reihe sind dunli ilie Gleichung

il^) '^ - 2nif

A' ',(i;

J..+1

bestimmt. Der Radius des Kreises K, über dessen Peripherie 7.U integrieren ist, darf beliebig gewählt werden. Wir wollen ihn gleich 1 annehmen. Demnach ist auf der Peripherie dieses Kreises ^ = e''** rf^ = e'^ id».

Führen wir an Stelle der Variabein 0- die Variable z = - %■ ein, so erhält die Gleichung (10) die Form

1 /'_"*' - Ol 2

'^1) -=2coj^ '" 'f^'^' "= -1-2,...

0

Die Reihe (9) erhält, wenn wir an Stelle der Variabein t, wieder die Variable z einführen, die Form

Tti 2ni

f{z) = Co + Ci e^' + c,e^' + ■■■

+ c_ie '"' + c_oe "• *H

Hierfür können wir auch schreiben

( 12) f{z) = fao + «1 cos^-^ + «2 cos ^^2 + ---

, . n , . 2it

-{- 0, Sin ^ + 0., sin z ->!-■.

' CO - CO

Hier ist (11)

2 (I)

a = c,, ^ c-y = ^ I cos z f(z) dz,

' ' CO f Cd ^ ^

0

)dz.

K = i(c. - c_,,)= ^ysin ''^^f{2)i

0

Die Reihe (12) wird bekanntlich als Fouriersche Reihe be- zeichnet.

§28. UiistPtigkeit einer Funktion in einem iHolierten funkt IBl

Fünfter Abschnitt. Ein wert i,ii:e Funktionell einer komplexen Variabein.

§ 28. Unstetigkeit einer Funktion in einem iso- lierten Punkt. In i? 22 ist bewiesen worden, daß eine Funk- tion, die für die gau/e ^-Ebene eindeutig definiert ist und sich überall regulär verhält, eine Konstante ist. Der iJetinitions- bereieh einer Funktion im eigentlichen Sinn des Wortes muß daher notwendig Begrenzungs])unkte besitzen. Der einfachste Fall ist der, daß die Begi-enzung des Definitionsbereichs aus isolierten Punkten besteht. Wir untersuchen daher zunächst, wie sich die Funktion in der Umgebung eines isolierten Be- gi'enzungspunkts verhält.

Wir nehmen an der Punkt a sei ein Begrenzungspunkt des Definitionsbereiches der Funktion iv = /UJ; die Funktion sei aber für ein Ringgebiet, das von zwei konzentrischen Kreisen um den Punkt a, K^ und A'g begrenzt wird, eindeutig definiert und verhalte sich in jedem Punkte dieses Gebietes regulär, und zwar gelte dies, wie klein auch immer der Radius des inneren Grenzkreises A', gewählt werden mag, sofern er nur eine an- gebbare Größe besitzt.

Wie im vorigen Paragi-aphen gezeigt worden ist, läßt sich die Fimktion f\z) im Ringgebiet in der Form

f(z) = qt(^ a) + H-'i^ (i) darstellen. Die Funktion (p{z ci) verhält sich in dem Teil der ^-Ebene, der außerhalb des Kreises K^ liegt, regulär; die Funk tion i}{z a) verhält sich innerhalb des Kreises Ä', also ins- besondere im Punkt a regulär. Die Unstetigkeit, die die Funk- tion /i^) im Punkt a darbietet, wird daher durch die Funktion rp{z a) charakterisiert; wir bezeichnen deshalb diese Funktion als „charakteristische Funktion*' für den ünstetigkeits])unkt a. Die charakteristische Funktion läßt sich durch eine nach ab- steigenden Potenzen von z a fortschreitende Potenzreihe

^ - z n iz ar {z af

darstellen. Wenn diese Reihe nicht abbricht, wenn sie also nicht eine rationale Funktion von z ist, so konvergiert sie in

9*

132 § 28. Unstetigkeit oiner Funktion in einem isolierten Punkt.

jedem Punkt, iler eiue aiigebban- Kntt'ermuii»; vom Punkte a be- sitzt. Die Funktion (pi^z d) ist demnach eine ganze rationale

oder transzendente Funktion der Größe -

z a

Die Koeffizienten der Reihe sind durch die Gleichung

bestimmt. Die Integration ist über die Peripherie eines be- liebigen Kreises K zu erstrecken, dessen Radius q kleiner als der Radius des äußeren Grenzkreises iTg ist. Der Wert des Koeffizienten (_, ist von q unabhängig, wenn auch diese Größe in der Darstellung von c_,, durch das Integral (2) vorkommt. Der Koeffizient c_^ ist das Residuum der Funktion f{z) für den Punkt a (s. § 21).

Bezeichnen wir mit M(q) den größten Wert, den der ab- solute Betrag der Funktion f(z) auf der Peripherie des Kreises K erreicht. Der absolute Betrag des Koeffizienten c_,, (2) ist kleiner als

0

Es sind nun zwei Fälle vorzusehen: entweder kann M{q) zu unendlich großen Werten ansteigen, wenn q gegen Null konvergiert, oder aber M{q) bleibt unter einer endlichen Größe Mq, wie klein auch q gewählt werden mag. Verfolgen wir zunächst die letztere Annahme. In diesem Fall ist c_^\ < p' il/o- Da der Wert von c_,, nicht von q abhängt, so folgt hieraus, daß alle Koeffizienten c_,, gleich Null sind, daß also die Funktion (p{z a) (1) identisch verschwindet. In jedem Punkt der Kreis- fläche K.^, der nicht mit dem Punkt a zusammenfällt, gilt so- mit die Gleichung f(2) = i^U a). Im Punkt a dagegen nimmt die Funktion /'ü), da sie sich ja nach Voraussetzung in diesem Punkt nicht regulär verhält, einen von il<(a a) verschiedenen Wert an. Die im Punkt a auftretende Unstetigkeit kann durch Abänderung des Funktionswertes in diesem einzelnen Punkt aufgehoben werden: es liegt also eine hebbare Unstetigkeit vor (vgl. § 4). Derartige Un.stetigkeiten schließen wir im Folgen- den aus. Es kommt das darauf hinaus, daß wir festsetzen:

«j -28. Instetigkeit eiiu-r Funktion in einem isolierten l'unkt. 133

sofern ein besttiiuiitt'r Grenzwert lim f{z) existiert, soll der

Fviuktiuiiswert f\<i) nicht von diesem Grenzwert verschieden sein.

Nehmen wir nnnmchr an, der Maximalwert M{q) steige

l)ei abnehmendem p zu unendlich großen Werten an. In diesem

Fall können nicht alle Koet'iizienten f_,. verschwinden, wohl

c aber kann die Reihe mit einem bestimmten Glied =^^— ab-

{z - af

brechen. Wenn dieser Fall eintritt, bezeichnet man den Punkt a als einen „l'ol'' der Funktion fis). In eineiu Pol wird also die Funktion in derselben Weise imstetig, wie eine rationale Funktion. Wenn die Zahl ;?. der Grad der rationalen Funk- tion, die die Unstetigkeit charakterisiert, hervorgehoben werden soll, so sagt man, die Funktion /u) wird im Punkt a zur ;/"'° Ordnung unendlich und drückt dies kurz durch die symbo- lische Gleichling

f{z) = cc" für z = a aus (^vergl. die analoge Bezeichnungsweise für Nullpunkte § 26).

Die Funktion {z a)"f(^z) verhält sich in der Umgebung des Punktes a regulär und nimmt in diesem Punkt den von Null verschiedenen Wert c an. Daraus folgt zunächst: die Funktion 1 -.fiz) verhält sich im Punkt a regulär und wird in diesem Punkt Null zur j?'*"" Ordnung.

Sodann ist zu bemerken: wir können die Größe r so klein wählen, daß für alle Punkte z, die der Bedingung |^ « ^r genügen, der absolute Betrag der Differenz (z d)"f{z) c_„ kleiner als eine vorgegebene Größe 6 wird. Für alle Punkte auf der Peripherie eines Kreises vom Radius r um den Punkt a ist demnach der absolute Betrag

c 6

Der absolute Betrag der Funktion /'(/) wächst somit, auf welchem Weg mau sich dem l'unkt a nähern mag, gleichmäßig ins Unendliche.

Insbesondere ist ersichtlich, daß die Entfernimg eines Pols vt)m nächsten Nullpunkt eine angebbare Größe besitzt.

Wesentlich anders verhält sich die Sache, wenn sich die Reihe ( 1 ) ins Unentlliche fortsetzt, wenn also die charakteris- tische Funktion qp(i' «) eine ti'anszendente Funktion ist. In

l;\4 ^ -^- l nstetiofkeit einer Funktion in einem isolierten Punkt.

diesem Fall wird der absolute Betrag des Produktes [2: a)" f(::), wie groß auch der Exjioneut 11 gewählt werden mag, in der Umgebung des Punktes a zu Werten ansteigen, die jede vor gegebene Größe übertreö'en. Dieses Austeigen erfolgt aber nicht gleichmäßig, es gibt vielmehr iu der Umgebung des Punktes a Punkte, in denen die Funktion einem vorgegebenen Wert Hq beliebig nahe kommt.

Um dies zu .beweisen, nehmen wir einen Augenblick an, für alle Punkte z, die der Bedingung z a < p genügen, bleibe der absolute Betrag der Differenz f(z) /c^ über einer an- gebbaren Größe 6. Der absolute Betrag der Funktion ^ -.- o « f{z) w^

bleibt daher in der Umgebung des Punktes a unter einer angeb- baren Größe 1 : 6 und daraus folgt, nachdem hebbare Unstetig- keiten ausgeschlossen sind, daß diese Funktion sich in der Um- gebung des Punktes a regulär verhält. £s sei n die Ordnung, zu der sie im Punkt a verschwindet (nimmt sie im Punkt a einen von Null verschiedenen Wert an, so ist n = 0 zu setzen).

Der Quotient

1

f{z) Wo

(z - af

wird im Punkt a weder Null noch unendlich; dasselbe gilt für das Produkt (z a)"\j'{z] u-^. Unsere Annahme führt somit zu der Folgerung, daß der Punkt a höchstens ein Pol der Funktion f{z) ist und dies verstößt gegen ujisere Voraus- setzung.

Wenn die charakteristische Funktion (f (z a) eine transzen- dente Funktion ist, bezeichnet man den Punkt a als wesent- lich singulären Punkt.

Die Definition des Pols und des wesentlich singulä,ren (isolierten) Punktes läßt sich leicht auf den Fall ausdehnen, daß der Unstetigkeitspunkt in den unendlich fernen Punkt der i'-Ebene fällt. Zu dem Zweck betrachten wir die Funktion

w = f(z) als Funktion der Variabein ^ = , Ist der Punkt

^ = 0 Pol oder wesentlich singulärer Punkt der Funktion tc, so bezeichnen wir auch den unendlich fernen Punkt der ^-Ebene als Pol beziehungsweise wesentlich singulären Punkt von iv.

§ 2«. Unstetigkeit einer Funktion in einem isolierten Punkt. 13Ö

W ird IC iils Fuuktit)!! von ^ betrachtt't, -so läßt sich dif zum Nullpunkt der J-Ebeuo «gehörige charakteristische Funktion in der Form

darstellen. Wird dagegen w als Funktion der ^'ariabelu z be- trachtet, so wird die im unendlich fernen Punkt der ^--Ebene stattfindende Unstetigkeit durch die Funktion

charakterisiert. Eine zum unendlich fernen Punkt gehörige charakteristische Funktion ist somit eine ganze Funktion. Je nachdem diese Funktion rational oder transzendent ist, ist der unendlich ferne Punkt ein Pol oder ein wesentlich singulärer Punkt der Funktion.

Die vorausgehenden Betrachtungen führen zu bemerkens- werten Folgerungen.

Nehmen wir an, die Begrenzung des Definitiousbereichs der Funktion tv = f{z) bestehe aus einer endlichen Anzahl von Punkten, nämlich den Punkten a^ a.^ (i^^ und dem unendlich fernen Punkt.

Die charakteristischen Funktionen, die zu diesen Unstetitj- keitspunkten gehören, bezeichnen wir mit

9'(^:«i) ^(^;«2) 9(-^" c«o)- Betrachten wir die Differenz

^(^) = f{^) - [(f(.2\ai) + (p{2^a^) ■■■ + (f{z\a^) + cpiß\oo)\

Im Punkt a, werden die Funktionen /"(.?) und q)(z a^') unstetig, aber die Differenz /"(,;) (f{z «,.) bleibt stetig und regulär: das- selbe gilt für die Funktion tltiz). Ebenso verhält sich die Funktion H^iz) auch im unendlich fernen Punkt regulär. Die Funktion ^{z) verhält sich also in jedem Punkt der ^--Ebene regulär, sie ist somit eine Konstante. Daher gilt für die ganze ^-Ebene die Gleichung

f{z) = Koust. -I- ^)\z aj -f ^(^",«2) + ^>{z a„) + (fi^ 00).

Weim die Funktion f\z) sich im unendlich fernen Punkt regulär verhält, so fällt selbstverständlich das letzte Glied auf der rechten Seite der vorstehenden Gleichung weg.

18») § -"•'■ J^as Intecrral ^ j ."

Nehmen wir insbesondere :iu, die Beji^renzimgspunkte rt, (/j a„ und (X) seien Pole, dann sind die charakteristischen Funktionen (p sämtlich rationale Funktionen und dasselbe gilt für die Funktion t\jz).

Es plt also der Satz:

Eine Funktion der komplexen Variabein z, die nur eine endliche Anzahl von Polen besitzt, im übrigen aber sich in der gauzeu ^-Ebene reLfulär verhält, ist eine rationale Funktion.

§ 29. Das Integral .^ . j '!■!''• Die Funktion /"(,:) werde

im Innern der gegebenen Fläche E nur in den Punkten a^ <t.2- «„ unstetig, und zwar seien diese Punkte Pole der Funktion (vgl. den vorigen Paragraphen); im übrigen verhalte sie sich in der Fläche E überall regulär. Die Funktion werde in der Fläche E gleich Null in den Punkten 1\ h., 6,„. Auf der Berandung der Fläche E (die auch aus mehreren getrennten Teilen be- stehen kann) werde die Funktion weder 0 noch ■yij. Die Ord- nung, zu der die Funktion im Punkt a, oo wird, bezeichnen wir mit «,, die Ordnung, zu der sie im Punkt />,, 0 wird, mit /3,.

Die „logarithmische Derivierte'* der Funktion f(z)

^'^^ = m

wird nur in den Nullpunkten und in den üustetigkeitspunkten der Funktion f{z) unstetig, verhält sich aber im übrigen in der Fläche E regulär. Auf der Berandung der Fläche E ist die Funktion F{z) stetig.

Um das Verhalten der Funktion F[z) in der Umgebung des Punktes 6,, zu untersuchen, setzen wir f{z) = (z h^yr-^^z). Die Fimktion i^'U) verhält sich in der Umgebung des Punktes &,, regulär und nimmt in diesem Punkt einen von Null verschie- denen Wert an. Nun ist

^y^) fiz, z b,. "^ ^(z) '

Das zweite Glied rechts verhält sich im Punkt 6,. regulär, daher ist das Residuum der Funktion F(z) für den Punkt 6,, gleich ß^.

§20. Daslnt.-ral / . f'^^- 137

•Jrr/./ f{z)

Setzeu wir sodaiiii

(^ %) ' woraus

^^^^ m z -a^ ' x{z)

folgt.

Die Funktion ;f(£) verhält sich in der Umgebung des i^inktes «,, regulär und ;^(a,.) ist von Null verschieden. Folg- lich verhält sich auch die Funktion , , im Punkt a„ regulär.

X{z) '■ ö

Daher ist das Residuum der Funktion F{z) für den Punkt a,. gleich «,.

Infolge des Hesiduensatzes 21) ist somit das über die Begrenzung der Fläche E erstreckte Integral

Das Integral ist also gleich der Differenz zwischen der Summe der Ordnungszahlen der Nullpunkte und der Summe der Ordnungszahlen der Pole.

Wir wollen übereinkommen jeden J*unkt, in dem die Funk- tion 0'' wird, als ß einfachen Nullpunkten äcjuivalent zu be- trachten, Avie dies in der Theorie der algebraischen Gleichungen üblich ist; dementsprechend ist jeder Punkt, in dem die Funk- tion ^c" wird, als a einfachen Polen äquivalent zu betrachten, Auf Grund dieser Übereinkunft können wir den eben bewiese- nen Satz kürzer in der Form aussprechen:

Das Integral --. I --J-\ , erstreckt über die voll-

ständige Begrenzung der Fläche E, ist gleich der Dif- ferenz zwischen der Anzahl der Nullpunkte und der Anzahl der Pole, die innerhalb der Fläche K liegen.

Aus dem eben bewiesenen Satz läßt sich leicht der folgende ableiten, der mannigfaltiger Anwendungen fähig ist:

Es sei eine Funktion f[z) = g{z) -\- h{z) gegeben; die Funk- tion f(z) verhalte sich im Innern und auf der Berandung der Fläche E überall regulär und dasselbe gelte von den Funktio-

13« ij 29 Das Integral ^ . /'''/'^'.

'In I,' f'Z

neu [/(^z) und //(z). Auf der Bcraudimg der Fläche E werde die Funktion (f\z) nirgends gleich Null und es sei

ffiz) > hiz) .

Unter diesen Annahmen besitzen die Funktionen /'(*) und ()(z) gleichviel Nullpunkte innerhalb der Fläche E.

Die Anzahl der innerhalb E liegenden Nullpunkte der Funktion f(z) ist nämlich gleich dem Integral „- . / >,-.> die Anzahl der Nullpunkte der Funktion g{z) ist gleich dem In- tegral „ . 1 ~^ •, wo die beiden Integrale über die Berandung ° Itii J g{s) ' '= »

der Fläche E zu erstrecken sind. Da nun

rdfiz) _ rcig(z) , / L

m

^ 9(z

ist, so ist zum Beweis des Satzes nur zu zeigen, daß das zweite Integral rechts den Wert Null hat.

Setzen wir 1 -| ~- = ^t".

Der Berandung der Fläche E entsprechen je nachdem sie aus einer oder mehreren Bandkurven besteht in der /f-Ebene eine oder mehrere in sich zurücklaufende Kurven. Da nach Voraussetzung für alle Punkte der Berandung der Fläche E

die Ungleichung —^ < 1 besteht, so liegen die entsprechen- den Punkte der ^^•-Ebene innerhalb eines Kreises, dessen Zen- trum der Punkt 1 und dessen Radius die Längeneinheit ist.

Das Integral / erstreckt über eine in sich zurücklaufende

Kurve, die ganz im Innern dieses Kreises liegt, hat den Wert Null w. z. b. w.

Wir wenden den Satz zunächst an, um den Fundamental- satz der Algebra zu beweisen, nämlich den Satz, daß jede alge- braische Gleichung n Wurzeln ])esitzt.

Es sei

f{z) = z" + c^z"-'-{- v,z^-''-- + c^_^z + c„

§ 30. Umkehruiif,' der funktionalen Beziehung. IH'J

eine ganze rationale Funktion der Variabein z. Wir setzen

g(^z) = /' und h ( z) = r, .?" - 1 4- c.z" --•••+ f,,-

Bezeichnen wir den absoluten Betrat^ z mit r und mit /." die gnißte unter den positiven Größen

Der absolute Betrag ist nicht größer als die Summe

k k- , k" r r"+^

. + ,-••• + 7 = ^^'

r also wenn r^'2k kleiner als 1. Auf der Peripherie eines Kreises um den Xullpunkt, dessen Radius = 21c ist, ist dem- nach g{z) > ,h{z) . Da nun die Funktion g[z) = z" im Null- punkt zur n*^^ Ordnung verschwindet, so besitzt auch die Funk- tion f\z) 1/ innerhalb des Kreises liegende Nullpunkte.

§ 30. ITmkehrung der funktionalen Beziehung*. Der

im vorigen Paragraphen bewiesene Satz führt zur Beantwortung der Frage: Inwieweit ist die Beziehung zwischen der unab- hängigen Variabein z und der regulären Funktion ic = f(z) eine gegenseitige? Mit anderen Worten: inwieweit kann die Va- riable z als Funktion der unabhängigen Variabein w aufgefaßt werden?

Es sei Z(. ein beliebiger Punkt, in dessen Umgebung sich die Funktion f(z) regulär verhält. Wir lassen die Möglichkeit offen, daß im Punkt z^ eine Anzahl von Derivierten der Funk- tion f{z) verschwinden, und bezeichnen mit x die Ordnung der ersten nicht verschwindenden Derivierten.

Wir bestimmen nun zunächst eine den Punkt Zq ein- schließende Fläche, die, vom Punkt Zq abgesehen, keinen Null- punkt der Derivierten f"(z) enthält (im Fall >^ = 1 enthält die Fläche überhaupt keinen Nullpunkt von f"(z)). Zu dem Zweck gehen wir von der Taylorschen Reihe aus:

(1) M - /Vo» = C,X^ - So)" + f«-hi(^ - ^o)" + '

und setzen

140 § ^"- V uikflirunp der funktionalen Beziehung.

(2) g{z) = c^{z-z^r

l,,(z) = c„+t{z-z^)" + ' + c„+o(z - -0)«+-' + Bezeichnen wir mit r den absoluten Betrag" z Zq\, mit .^. die obere Grenze der positiven Größen

(3) y -^^*-' V = 1, 2, H

n

Die (iröße 2/i" kann nicht m-ößer als der Konverojenzradius der Reihe (1) sein, wohl aber kleiner. Der absolute Betrag der Derivierten

h,\z) = (n + r)c„^,(z - z,)" + (n + 2)c^^,{z - z,)"^' + ist nicht größer als die Summe

»<'j'^'-'(s +;<-=+•■■)■

Nun ist (2): n c„\t'"~^= ff'i'^)', und unter der Voraussetzung, daß r < /• ist, ist

Daraus folgt: innerhalb eines Ki-eises K um den Pimkt -ip, dessen Radius = k ist, ist

^hi(z) < (/'(^) .

Innerhalb des Kreises K liegt demnach vom Punkte z^ abgesehen kein Nullpunkt der Derivierten f'(z).

Wir beweisen nun. daß auf der Peri])herie des Kreises K die Differenz g(z) '^^i(ß) über einer angebbaren Größe bleibt Es ist nämlich (s. (1) und (2j)

h, (z) = 0(^)\^-^' {^ - ^0) + ~ (^ - ^of +■■'] also da (3)

:^«+':i<— ^ L ist

folglich

I Cn |=-w+v (2Ä;)'

Insbesondere ist auf der Peripherie des Kreises K AjU) < fj(z) "^, = *!, c„ Z;"

§ 30. Umkehruiif; der funktionalen Hezioliung. 141

Bezeichnen wir mit a den Minimalwert, den die Differenz g[2) h^iz) auf der l'eripherie des Kreises K erreicht.

Mit tv bezeielineii wir eine korajjlexe Konstante, die der Bedin^n^

U < IC - fiz^] < a

genügt, im übrigen aber behebig gewählt werden kann. Wir beweisen nun:

Die Funktion f(z) nimmt den Wert ic in n Punkten der Kreisfläche K an.

Zum Beweis ist zu bemerken: es ist i(lj und (2))

f(2) - tV = fiZJ + ()(Z) + \{Z) - IV

= il{z) + h{z) wo h^{z) + /u",)! ir = hiz) ge.setzt ist.

Nach Voraussetzung ist ic fiz^) < 6 also .h{z) < h,{z) +6.

Auf der Peripherie des Kreises K ist g{z) ^ l^'i^-s") + g, also fl{z) > h{z) . Also ist die Anzahl der Nullpunkte der Funk- tion f(z) ir, die innerhalb des Kreises K liegen, gleich der Anzahl n der einfachen Nullpunkte der Funktion ry(/) = c„(^—^o/' innerhalb dieses Kreises.

F'ür die weitere Betrachtung ist es zweckmäßig, die Fälle w = 1 und /i > 1 zu unterscheiden.

Nehmen wir zunächst an, die Derivierte f(z) verschwinde nicht im Punkt Zq, es sei also n = 1. In diesem Fall ent- spricht jedem Wert iv, der der Bedingung ic fiz^) < ö ge- nügt, ein Wert z, der der Bedingung \z z^ < /t genügt. Da außerdem z als Funktion der Variabein iv betrachtet eine be- stimmte Derivierte -, = .,, - besitzt, so verhält sieh die Funk- dw f (z) '

tion z in der Umgebung des Punktes Wq = fiß^) regulär. Wir können daher z durch eine nach aufsteigenden Potenzen von IV iVq fortschreitende Potenzreihe darstellen, deren Konver genzradius nicht kleiner als 6 ist. Nachdem die Möglichkeit einer derartigen Reihenentwicklung nachgewiesen ist, kann man die Werte der Koeffizienten leicht mittelst der Methode der un- bestimmten Koeffizienten bestimmen.

142 '^O. Umkchrunp der funktionalen Beziehung.

Eine in der /r-Ebene Heißende KreisHäche C, deren Mittel- pnnkt der Punkt iCq nnd deren Kadius gleich a ist, wird kon- form auf eine in der ^- Ebene liegende, den Punkt 2q ein- schließende Fläche E abgebildet, die innerhalb des Kreises K liegt. Jedem Punkt der Fläche C entspricht ein Punkt der Fliiclu' /v und umgekehrt.

Nehmen wir nunmehr an, es sei >? > 1, es verschwinden also im Punkt z^ die Derivierten /■'(-?o) fi^o) ' " '/'^""^K^o)-

In diesem Fall entsprechen jedem Wert u; der der Be- dingung IC f{2o) < <? genügt, n Werte z,, (v = 1, 2, n), die der Bedingung z,. z^ <.h genügen. Legen wir wieder um den Punkt iCo = /'(zq) in der ;t'-Ebene einen Kreis C vom Radius 6. Jedem Punkt im Innern dieses Kreises entsprechen II Punkte z^ im Innern des Kreises K in der z-Ebene. Diese // Punkte fallen alle in den Punkt z^^ zusammen, wenn der i'unkt IC in den Mittelpunkt ic^ des Kreises (' rückt; andern- falls können keine zwei derselben zusammenfallen. Denn wenn dies einträte, entstünde ein Nullpunkt zweiter Ordnung der Funktion f(z) und in diesem müßte auch die Derivierte f'{z) verschwinden. Aber dies ist unmöglich, weil Zq der einzige Nullpunkt der Derivierten f'(z) innerhalb des Kreises K ist.

Solange der Punkt ic nicht mit dem Punkt iCq zusammen- fällt, verschwindet also keine der Derivierten /"(\i,.) (v=l,2,---n)' daraus folgt, daß sich die Punkte z^ z^ ^„ mit ic nach der Stetigkeit ändern, und daß jedem Linienelement innerhalb der Kreisfläche C n Linienelemente in der i'- Ebene, jeder Kurve in der Kreisfläche C n Bildkurven in der ^-Ebene entsprechen. Geht die Kurve in der ?(-Ebene durch den Punkt w^, so gehen die n Bildkurven durch den Punkt z^. Sofern aber die Kurve in der <t-Ebene weder geschlossen ist noch sich überkreuzt, können zwei der Bildkurven, abgesehen vom Punkt Z(y, keinen Punkt gemein haben.

Insbesondere entsprechen dem Radius ?. des Kreises C, der mit der positiven Abszissenachse parallel und gleichgerichtet ist, in der ir-Ebene n vom Punkt Zq ausgehende, im übrigen getrennt verlaufende Kurven li I2 ' ' ' '»> ^i^ ^i^® ^^^ Punkt z^ einschließende Fläche in ii Sektoren »S\ S^ S^ zerlegen. Einer Kurve in der M;-Ebene, die den Radius l nicht überschreitet,

§ 30. UnikehninfT der funktionalen Hcziehuiig.« 143

eutspreclu'n n Bildkurveii, von denen keine eine der Kurven /j /g /„ überschreitet.

Daraus folgt: Die n Bildpunkte ^j z.^- z^^, die einem Punkt ic entsprechen, verteilen sich derart auf die n Sektoren S, *%•• N^, daß jedem Sektor ein Bildpunkt angehört. Die Kreisfläche T' wird somit w-fach auf die .i-Ebene abgebildet, auf jeden der w Sektoren Äj H^- 6'„ einmal. Eine jede dieser Abbildungen ist im allgemeinen konform; eine Ausnahme tritt nur im I'unkt z^ ein, weil nur in diesem Punkt die Deri vierte f {z) verschwin- det 18).

Die n Abbildungen setzen sich zu einer Fläche F. zusam- men, die ein den Punkt z^ einschließendes Stück der .r-Ebene einfach überdeckt. Um nun umgekehrt die Fläche £" auf die w-Ebene abzubilden, legen wir n Exemplare der ?r-Ebene auf- einander. Auf das oberste Blatt wird der Sektor H^ abgebildet, auf das zweite der Sektor /Sg i^sw. Sodann schneiden wir jedes Blatt längs des Kadius 1 auf und heften den Schnittrand des obersten Blattes, der auf der Seite der abnehmenden Ordinuten liegt, an den Schnittrand des zweiten Blattes, der auf der Seite der wachsenden Ordinaten liegt. Die negative Seite des Schnitt- randes des zweiten Blattes wird an die positive Seite des Schnitt- randes des dritten Blattes geheftet usw., endlich wird die nega- tive Seite des Schnittrandes des untersten Blattes an die ])ositive Seite des Schnittrandes des obersten Blattes geheftet.

Diese w-blättrige „Windungsfläche" gibt uns nun ein kon- formes Abbild der Fläche E.

Wir bilden nun die Windungsfläche mittels der Funktion w e^o = s" auf die ^- Ebene ab (vergl. § 18 erstes Beispiel).

Jedem der ^/ Blätter der Windimgsfläehe entspricht in der ^-Ebene ein Sektor 2.',,, der von zwei vom Nullpunkt ausgehen-

den Radien Vektoren becrrenzt ist, die den Winkel - ein-

schließen. Ordnen wir nun jedem Punkt der Fläche K den Punkt der ^-Ebene zu, der demselben Punkt der Windungs- fläche entspricht, so erhalten wir eine wechselseitig eindeutige konforme Abbildung der ^-Ebene auf die ^-Ebene. Demnach kann die Variable z in der Umgebung des Punktes z^ als regu- läre Funktion der unabhängigen \'aria))eln v betrachtet werden

144 § 31. Die Fimktioii loj? -.

und wir könueii daher » durcli eine nacli steigenden Potenzen von ^ fortschreitende Poteu/.reihe darstellen.

Wir haben also den Satz:

Verschwindet im Punkt ^^ die Derivierte der regu- lären Funktion /r = f\z) zur Ordnung n 1, so läßt sich s als Funktion von tc durch eine nach steigenden Po- tenzen von (fc /Cq)" fortschreitende Potenzreihe dar- stellen.

Weil in dem Punkt n\^ die n „Zweige^' z^ ^i" ' ^n ^^^' ^^" abhängigen Variabein iv zusammenhängen, bezeichnet man diesen Punkt als Verzweigungspunkt.

§ 31. Die Funktion log z. Nachdem wir in § 28 die

Unstetigkeiten untersucht haben, die eine eindeutig definierte Funktion in einem isolierten Punkt darbieten kann, wenden wir uns nun zur Untersuchung der Integrale eindeutiger Funk-

tionen. ^Vir beginnen mit der Untersuchung des Integrals

.h

Für reelle positive Werte der Variabelu z gilt bekanntlich die Gleichung

log z =J l

1

Diese Definition des Logarithmus durch ein bestimmtes Inte- gral dehnen wir nun auf komplexe Werte der Variabein aus. Dabei erscheint es zweckmäßig, für die Integrationsvariable und die obere Grenze verschiedene Bezeichnungen anzuwenden. Wir setzen

z

(1) \ogz ^ j Y ^ = b -f ' '/ z = x -^ iy.

Das Integral/ ■' erstreckt über eine geschlossene, sich

nicht überkreuzende Kurve hat den Wert 2;r/ oder 0, je nach- dem die Kurve den Nullpunkt einschließt oder nicht 21). Daraus folgt, daß der Wert des Integrals (1) nicht nur von der oberen Grenze z, sondern auch vom Integrationsweg ab- hängig ist. Um die Abhängigkeit des Integrals vom Weg besser zu übersehen, ziehen wir vom Nullpunkt ausgehend eine

S M. I»ie Funktion log z. 145

beliei)ii^e sich uicht ül)erkreuzcn(le Kurve S, die sich Ijis ins Unendliche erstreckt und setzen fest, daß der Integratiousweg diese Kurve nicht überschreiten soll. Bei der stereographischen Projektion auf die Kugel entspricht der Kurve S eine beliebige sich nicht überkreuzende Kurve, die die beiden Pole verbindet.

Cauchy bezeichnet eine derartige Kurve S als ,,ligne d'arret", wir wollen sie als Sperrlinie bezeichnen.

Wir unterscheiden eine „positive" und eine „negative" Seite der Sperrlinie und wählen die Bezeichnung so, daß man durch einen positiven Umlauf um den Nullpunkt von der Seite auf die +- Seite gelangt. Lassen wir die Sperrliuie mit dem negativen Teil der .i-Achse zusammenfallen, so ist die positive Seite der Sperrlinie diejenige, auf der die Ordinaten posi- tiv sind.

In der durch die Sperrlinie zerschnittenen i'-Ebene ist nun das Integral \^1) einwertige Funktion der oberen Grenze z. Denn zwei vom Punkt 1 zum selben Punkt 2 führende Kurven können nicht eine Fläche ])egrenzen, die den Nullpunkt einschließt. Aber längs der Sperrlinie wird die Funktion log z unstetig.

Bezeichnen wir, um dies nachzuweisen, einen beliebigen Punkt der Sperrlinie, je nachdem er als dem positiven oder dem negativen Rand angehörig betrachtet wird, mit z ])zw. z. Nun ist

log z log

WO die Integration ü])er eine beliebige von z nach .r führende Kurve, die die Sperrlinie nicht sehneidet, zu erstrecken ist.

Da diese Kurve den Nullpunkt einschließt, ist der Wert des Integrals = '2:ri, es ist also »

log z log z' = 27ti , d. h. in einem Punkt auf der positiven Seite der Sperrlinie ist der Logarithmus um 'Jjii gWißer als in dem gegenüberliegen- den Punkt auf der negativen Seite.

Nehmen wir insbesondere au, die Sperrlinie falle mit dem negativen Teil der Abszissenachse zusammen. Wir führen Polar- koordinaten ein und setzen

t^Qc''"^ z = re".

Dur^ge-Ma u re r. Funkti(iiit.>iitlieorie. .">. AuH. 10

14*') § 31. Die Funktion lojj z.

Da der Punkt - den ni'gativen Teil der Abszisseuachse nicht übersclireiten soll, können wir ohne gegen das Prinzip der Stetigkeit zu verstoßen, festsetzen es sei tc ^t ^n.

Den Integrationsweg setzen wir ^ aus zwei Teilen zusammen, näm-

1 ich aus dem Stück der Abszisseu- achse, das von den Punkten mit den Abszissen 1 und >• = \z\ = yx^-\- y^ begrenzt wird, und j f" einem Kreisbogen, dessen Mittel-

punkt der Nullpunkt und dessen Radius r ist (s. Fig. 17).

Längs des ersten Teils des Inte-

Fig. 17. ° .

grationsweges ist d- = 0, t. = (>, (/t = tlQ, längs des zweiten Teils ist

Folglich ist

r t

log z =p^ + if<W = log r + it,

l' 0

wo unter log /• der reelle Logarithmus der reellen positiven

Größe r zu verstehen ist. Den auf diese Weise definierten

Wert des Logarithmus pflegt mau als Hauptwert zu bezeichnen.

Es ist nun leicht zu übersehen, welchen Wert das Integral

z

log r = / annimmt, wenn der Integrationsweg L nicht auf

1 die zerschnittene e-Ebene beschränkt wird, sondern die Sperr- linie wiederholt Tiberschreitet.

Gehen wir von dem Punkt z auf der negativen Seite der Sperrlinie die Sperrlinie überschreitend zu dem Punkt z auf der positiven Seite über, so wird diesem Punkt an Stelle des Hauptwertes log z = log r + ;r^ der Wert

log z = log r 711 = log z 2:ti

zugeordnet; es tritt also eine Verminderung des Funktions- wertes um 2.T? ein. Dementsprechend wird der Fiinktionswert

§ 31. I)io Funktion log z. 147

um 27ii vermehrt, wenn wir die Öperrlinie von der positiven zur nef^ativen Seite hin überschreiten.

Nehmen wir an, der Integrationsweg L führe //-mal von der negativen Seite der Sperrlinie auf die positive und ///-mal von der positiven auf die negative. Wir erhalten

2) log .- =f L '^^ = log /• + it + (m

// I Z.T/,

WO 71 ^t <i :i ist.

Der reelle Teil des Logarithmus ist also gleich dem reel- len Logarithmus des absoluten Betrags der Variabein z, der Koeffizient von / ist identisch mit der Funktion arc z (vgl. § 12).

Die Gesamtheit der Funktions werte, die einem beliebig zu wählenden, aber festen Wert der ganzen Zahl m n entspricht, l)ezeichnet man als „Zweig" der Funktion log ^.*)

Um den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Funk- tionszweigen anschaulich zu machen, setzen wir

log z = log /• -f / [^ -f 2 [tu n)7i\ = (V = u -f iv und deuten /( und /' als kartesische Koordinaten eines Punktes in der /t-Ebene. Indem wir Reelles und Imaginäres trennen, erhalten wir

u = log r, V = t ^ '2nn n)7t, wo n <C t <. tc ist.

Diese Gleichungen zeigen: Der Zwei«: der Funktion lo£j z, der durch die Gleichungen (2) dargestellt wird, bildet die z- Ebene auf einen Streifen der /r-Ebene ab, der durch die Paral- lelen zur Abszissenacbse

/• = (2(m n) \)ic und v = (2(m n) -f \):x

begrenzt wird. Diese beiden Parallelen sind die Bilder der l)eiden Ränder der Sperrlinie in der r-Ebene. Dem Nullpunkt und dem unendlich fernen Punkt der i'-Ebene entspricht der unendlich ferne Punkt des Parallelstreifeus. Im übrigen ent- spricht jedem Punkt der >Ebene eindeutig ein Punkt des Paral- lelstreifens und umgekehrt.

*) Die Definition des einzelnen Funktionszweiges ist bis zu einem gewissen Grad willkürlich; sie hängt nämlich von der Gestalt der Sperr- linie ab. Andern wir diese, so erfährt auch die Definition des Funktions- zweiges eine Modifikation.

10*

148 § 31- Pie Funktion log z.

Die Abliilduiigeu. welche die verschiedeneu Zweige der Funktion log z liefern, legen sich glatt nebeneinander und be- decken die ganze /r-Ebene.

Jedem Punkt der ^-Ebene entsprechen also unendlich viele Punkte der «-Ebene, die auf einer Parallelen zur Ordinaten- achse im Al)stand 2% von einander liegen. Dagegen entspricht jedem Punkt der «-Ebene ein einziger Punkt der ^-Ebene (vergl. § 18 drittes Beispiel).

Betrachten wir nun die obere Grenze des Integrals

«• = loff z

als Funktion des Integralwertes ic und setzen wir dementsprechend

z=f{ic).

Die Derivierte -r^ = _ besitzt, vom Nullpunkt und dem

unendlich fernen Punkt abgesehen, in jedem Punkt der ^-Ebene einen von Null verschiedenen endlichen Wert; den beiden ge- nannten singulären Punkten entspricht der unendlich ferne Punkt der «-Ebene. Daraus folgt: Die Funktion /(«) verhält sich in der Umgebung eines jeden im Endlichen liegenden Punktes der «<;-Ebene regulär. Da jedem im Endlichen liegenden Punkt der «f-Ebene ein Punkt der i'-Ebene entspricht, so ist z = f(ic) eine eindeutig definierte, im Endlichen überall reguläre Funk- tion der komplexen Variabeln w.

Diese Funktion genügt der Differentialgleichung

(3) ^, = z oder f (iv) =^ f{n-)

und der Anfangsbedingung /'(Oj = 1.

Hieraus ergibt sich leicht eine charakteristische Eigenschaft der Funktion f{w). Setzen wir, unter Wq eine beliebig zu wählende komplexe Konstante verstehend

Die Derivierte

^ ^^ f'^0) (f(w)y

verschwindet wegen (3j, also ist ip(u') eine Konstante. Für

§ .•{!. Die Funktion log z. 149

tv = 0 ergibt sieh il'{tv) = il'(O) =- fin-Q). Die Funktion f{w) genügt also der Funktionalgleichung

(4) f('v)f(n'o)=f(.u'+ii-o)-

Vnv reelle Werte von /r ist bekanntlich

/■("•; = /■(",* = e".

Da die Funktionalgleichnng (4), die für die reelle Expo- nentialfunktion charakteristisch ist, auch für komplexe Werte der Variabein gilt, so steht nichts im Weg, die Definition der Exponentialfunktion auf komplexe Werte auszudehnen und zu setzen f(iv) = e"-'

I vergl. die früher gegebene Definition der Exponentialfunktion.

§ l'>

Aus der Differentialgleichung (3) folgt durch wiederholte

Differentiation

also insbesondere f^"\0) = 1. Hieraus ergibt sich sofort die bekannte Reihenentwicklung der Exponentialfunktion

^ ^ ^ 1 ^ 1 -2 ^ 1 2 3 ^

Da jedem Werte der Variabeln z = f{ic) unendlich viele Werte der Variabein iv entsprechen, die sich um Multipla von 2-t/ unterscheiden, so ist f(iv + 2:r/) = f{u-), die Exponential- funktion besitzt also die Periode 2;r/.

Von der Exponentialfunktion ausgehend gelangt man so- fort zur Definition der trigonometrischen Funktionen einer komplexen Variabein: wir setzen fest, daß die für eine reelle Variable geltenden Formeln

sin IV = ^ . {e""' f- '"') cos tc = - (e"'"' + e~'"' i

au(.'h für komplexe Werte der Variabein in Kraft bleiben sollen. Aus der Definition des Logarithmus und der Exponential- funktion eines komplexen Arguments ergibt sich die Definition einer Potenz mit beliebigem reellen oder komplexen Exponen- ten. Wir setzen

f>7l l»g .- _. ^"

Wenn der Exponent n eine ganze positive oder negative Zahl ist, so stimmt diese Definition mit der gewöhnlichen

150 § 31. Die Funktion log -.

Definition einer Potenz mit ganzzahligeni Exponenten überein: wegen der Funktionalgleichung (4) fülirt sie auch dann, wenn dies nicht der Fall ist, zu keinem Widerspruch.

Führt der Punkt z einen positiven Umlauf um den Null- punkt der z-Ebene aus, so wächst der Logarithmus um 2n;/; Antaugs- und Endwert der Potenz unterscheiden sich demnach um den Faktor e'*-'^^\ Wenn der Exponent n eine reelle ratio- nale Zahl = p'.q ist, so gelangen wir somit durch wiederholte Umkreisung des Nullpunkts zu q verschiedenen Werten der Potenz; in dem Fall dagegen, daß der Exponent eine reelle irrationale oder eine komplexe Zahl ist, ergibt sich eine un- endliche Anzahl von verschiedenen Werten.

Wir haben bei allen unseren bisherigen Entwicklungen den Logarithmus und die trigonometrischen und zyklometrischen Funktionen eines reellen Ai-guments als bekannt vorausgesetzt. Es ist dies im Interesse der Einfachheit der Darstellung ge- schehen, ist aber keineswegs notwendig; wir hätten vielmehr

auch von dem Integral / ^ ausgehend zur Definition dieser

1 Funktionen gelangen können.

Wir wollen dies etwas weiter ausführen.

Indem wir Reelles und Imaginäres trennen, erhalten wir

^di^ idr,

1 (1,0)

{x.y) (x,f/)

log z = n- = u -\- IV = I =1

1 (1,0

also

(1,0) (1,0)

(•r. y) far, y)

(o) u-j ^,^^, v-j ^,_^^,

(l,Oj (1,0)

Längs eines Kreises um den Null])unkt ist xdx -\-ijdy = 0, daher erfährt der Wert n keine Änderung, wenn der Punkt (x, y) auf der Peripherie des Kreises fortrückt. Da das Inte- gral u in keinem Punkt des Kreises sinnlos wird, so hat es

*i Bezüglich der Bezeichnungen vergl. die Festsetzungen § 10.

§81. Die Funktion loof

151

auf dem «janzen Kreis denselheii Wert; demnach hiiugt die Größe n nur von dem Radius des Kreises ab, sie ist also ein- deutige Funktion der einen Variabein r = yx^ -\- iß.

Wir definieren nun den reellen Logarithmus einer reellen positiven (JWiße /• durch die (rleichung

(6)

lou-

,fr

wo die Integrationsvariable q reelle Werte zu durchlaufen hat,

und erhalten

(7) u {x, y) = log yx^ ^y^=\og\z .

Längs einer Geradeii durch den Nullpunkt ist xdy ydx = 0, daher erfährt der Wert v keine Änderung, wenn der Funkt {x, y) auf der Geraden fortrückt. Im Nullpunkt und im un- endlich fernen Punkt wird das Integral r sinnlos, über diese Stellen liinAveg dürfen wir daher den Punkt (■'', y) nicht fort- rücken lassen. Daraus folgt: Das Integral v ändert sich nicht, wenn der Punkt (./',//) längs eines vom Nullpunkt ausgehenden Vektors fortrückt, aber es kann auf entgegengesetzt gerichte- ten Vektoren verschiedene Werte annehmen; daher ist das In- tegral keine eindeutige Funktion des Quotienten y : x.

Um das Integral eindeutig zu machen, ziehen wir längs des negativen Teils der Abszissenachse eine Sperrlinie: den Punkten der zerschnittenen Ebene können wir, wie aus unseren allgemeinen Sätzen hervorgeht, die Integralwerte eindeutig zu- ordnen.

Zwei Linienelementen, die zur Abszissenachse symmetriscli liegen , entsprechen entgegenge- setzt gleiche Werte des Differen- tials

^„ _ ^<in nd't,

Daher gelangen wir auf Wegen, die zur Abszissenachse symme- _ tri seh liegen, zu entgegengesetzt gleiclien Integralwerten v\ wir können uns daher darauf beschränken, die Integralwerte zu be- trachten, die in Punkten der positiven Halbebene stattfinden.

y^-

a-y)

-(x,y)

l-'i^. IH

152 ?? ^^1- ^*'»s Integral log .-.

Als Intetjrationsweg wählen wir eine gebrocliene Linie, deren erster Teil der Ordinateuaclise und deren zweiter Teil der Abszissenachse parallel ist (s. Fig. 18).

Längs des ersten Teils ist | = 1 , rj wächst von 0 bis </, längs des zweiten Teils ist >, = /y, ^ geht von 1 bis x. Es ist somit

n i

Wir definieren nun eine reelle Transzendente durch die

Gleichung

t

(9) arc tg t =/i:+V^ '

0

wo die Integrationsvariable t auf reelle Werte beschränkt ist, und setzen

dr

r-f,

Jedem Wert von / entspricht ein vollkommen bestimmter Wert der Funktion arc tg / und umgekehrt jedem Funktions- wert, der dem Intervall —7,, +^ angehört, ein vollkommen bestimmter Wert von f.

Aus der Definition ergibt sich weiter, daß arc tg ( t) = arc tg t ist.

Führen wir in (9j an Stelle der Integrationsvariabein t die

Variable ein, so folgt, wenn t positiv ist

arc

X OD I

, , r dz I dr r dt

also

1 10; arc tg / + arc tg = '^ (i positiv).

Ist dagegen t negativ, so erhalten wir

§31. Die Funktion log ^. 153-

7 0 7

, , r dr /* dr I' dt

X —X ü

also

iiYC tg f + arc tg ^ = i^

Mit Rücksicht darauf, daß die Funktion arc tg t ungerade ist, folgt hieraus

1 TT

(11) arc tg = I, + arc tg \f (t negativ).

Im zweiten Integral auf der rechten Seite der TTleichung (8) setzen wir nun | = ?/t und erhalten

■r y

I yd^ r dr , X ,1

f ~^-^ y" = I . s = arc tg arc tg -

Substituieren wir diesen Wert in die Gleichung (Sj, so erhalten wir mit Rücksicht auf (10)

v = ^ - arc tg ^ (y positiv).

Ist X positiv, so ist diese Gleichung wegen (10) gleichbedeutend mit V = arc tg ^

Ist dagegen x negativ, so folgt aus ill) r = 71 arc tg

^ X

Unter der Voraussetzung, daß der Integi-ationsweg die Sperrlinie nicht überschreitet, ergeben sich somit für die Funk- tion V in den 4 Quadranten die folgenden Werte:

X positiv \j positiv v = arc tg >

X negativ y positiv r = ti arc tg f -^t

X negativ y negativ r = nr + f^i'C tg j

X positiv // ueirativ r = arc tg '

Der Fall, daß der Punkt [x,y) auf dem negativen Teil der Abszissenachse liegt, ist als Grenzfall zu betrachten. .Je nach-

1Ö4 § 32. Die Integrale einwertiger Funktionen.

dem wir uns der Achse von der positiven oder der negativen Seite aus nähern, gehiugen wir zu dem Wert jr oder tt.

§ 32. Die Integrale einwertiger Funktionen. In

§ 20 ist nachgewiesen worch'ii: wenn die Funktion iv = f{z) für eine einfach zusammenhängende Fläche eindeutig detiniert ist und sieli in derselben überall regulär verhält, so ist das Integral

J{z)=\\v(lz

eine eindeutig definierte überall reguläre Funktion der ol)eren Integrationso-renze z, vorausgesetzt, daß nur solche Integi-ations- wege in Betracht gezogen werden, die nicht aus der Fläche heraustreten.

Für mehi'fach zusammenhängende Flächen beispielsweise für eine Kingfiäche gilt dieser Satz nicht mehr (bezüglich der Definition der einfach- und mehrfach zusammenhängenden Flächen vergl. § 8).

Wir wollen nun untersuchen, wie sich das Integral J{ß) in einer Kingfiäche verhält, die einen isolierten Unstetigkeits- punkt a der Funktion iv = f\z) einschließt.

Wir setzen voraus, die Funktion w sei für eine Kingfiäche, die durch zwei konzentrische Kreise um den Punkt a begrenzt wird, eindeutig definiert und verhalte sich in derselben überall regulär. Nach dem Laurentschen Satz 27) läßt sich die Funktion in der Form

IV = fp(s\a) + il)(z\a) darstellen, wo ^(^1«) eine Keihe der Form

q){z a) =

z a^(z af ~ (z

^-3

+ •••

und xl'iz

a) eine Re;

ihe der Form

nofloi i^f o4"

V{z\a) =

Cq + C'i (z a) + f 2 (-^

a

)' + ■■■

Wir

bezeichnen

mit z„ einen festen,

mit

z einen

variabeln

Punkt des Kinggebietes, mit L eine beliebige diese beiden Punkte verbindende Kurve, die nicht aus dem Kinggebiet heraus-

§ 32. Die Inte^rak; einwertiger Funktiuueu.

155

tritt. Im vorliegenden Fall i.st die gliedweise Integration zn- lässiir und wir erhalten

(1) J(ir)=/ L >r,h = C_,\o^l_^ -

1

Sr, —a

1

■31

2 [_(z ar (z^ a)*_ + c,\yz - a) - {z^ ~ a)\ + \ {{z - af - {z^ - af\

^'ll{z-af--{z,-af\...

Der Wert des ersten Gliedes auf der rechten Seite: c , log "

ist vom Integrationsweg L abhängig, die Werte aller übrigen Glieder sind davon unubhäncci";. Wählen wir als Intecrrations- weg eine geschlossene, sich nicht überkreuzende Kurve, die den Punkt (t einschließt, und integrieren wir im positiven Sinn, so erhält das erste Glied auf der rechten Seite den Wert c_^-27ii, alle übrigen Glieder verschwinden. Bei einem positiven Umlauf um den Lmstetigkeitspunkt a wächst also das Litegral um die Konstante c_i 2;r ?'.

Die Konstante c_j bezeichnet man als „Gewicht der loga- rithmischen Unstetigkeit"; sie ist identisch mit dem Residuum der Funktion für den Punkt a (% 24).

Um die Werte des Integrals J(z} den Punkten des Ring- gebietes eindeutig zuordnen zu können, verbinden wir die beiden Randkurven des Ringgebietes durch einen Querschnitt S (Fig. 19 1. Die Ränder des Querschnitts unterscheiden wir wieder als -f Rand und Rand derart, daß ein positiver Um- lauf um den Punkt a vom Rand zum + Rand führt. Das durch den Quer- schnitt .S' zerschnittene Ringgebiet ist eine einfach zusammenhängende Fläche; in dieser Fläche ist daher das Integral J(z) eine eindeutig definierte Funktion der Variabein z. Zu beiden Seiten des Querschnitts *S' nimmt das Integral J(z) verschiedene Werte an: es ist J(}) = J(z) + c_,-'2:ii.

Fisf. l'.t.

15G § 32. Die Intcorrale einwertiger Funktionen.

Sofern das Hesiduum <'_j = 0 ist, findet im Punkt a keine lo^arithmisehe Unstetigkeit statt und es sind dann die Integral- werte den Punkten des unzerschnittenen Ringgebietes eindeutig /Algeordnet.

Die vorausgehenden Ausführungen stützen sich nur auf die Laurent sehe Reihenentwicklung, machen aber keinen Ge- brauch von der Annahme, daß das Kiuggebiet nur einen Unstetigkeitspunkt n der P'unktion tr einschließt; sie bleiben daher in Kraft, wenn das Ringgebiet eine endliche oder un- endliche Anzahl von ünstetigkeitspunkten einschließt, voraus- gesetzt, daß die Funktion für das Ringgebiet eindeutig de- finiert ist und sich in demselben überall regulär verhält. Nur die Bemerkung, daß die Konstante c_i das Residuum der Funktion n- für den Punkt a ist, verliert in diesem Fall ihre Geltung.

Es bleibt das Verhalten des Integrals J irdz in der Um- gebung des unendlich fernen Punkts zu untersuchen. Zu dem Zweck bilden wir die ^-Ebene mittels der involutorischen Sub- stitution 2 = y. auf die ^-Ebeue ab und betrachten iv als Funk-

tion der Yariabeln ^.

Wir nehmen an, die Funktion tv sei für ein Ringgebiet P, das durch zwei konzentrische Kreise um den Nullpunkt der ^-Ebene begrenzt ist, eindeutig definiert und verhalte sich in diesem Gebiet überall regulär.

Die Radien der Grenzkreise bezeichnen wir mit q^ und q.^, und zwar sei pj < q^. In der ir-Ebene entspricht diesem Ring- gebiet ein Ringgebiet B, das von zwei konzentrischen Kreisen um den Nullpunkt der i'-Ebene begrenzt wird. Die Grenzkreise haben die Radien 1 : p^ bzw. 1 : q^. Einem innerhalb des Ring- gebiets 11 verlaufenden Weg L, der die Punkte z^ und z ver- bindet, entspricht in der ^-Ebene ein Weg A, der innerhalb des Ringgebiets P verläuft und die Punkte ^^ und t, verbindet.

Als Funktion der Variabein z betrachtet ist w für das Hinggebiet Ti eindeutig definiert und verhält sich in demselben überall regulär.

Als Funktion der Variabein 'C, wird iv durch die Laurent- sche Reihe

S 3-_' l»ie Integrale »Mtiwin-tiger Funktionen. 157

>r~'z' + '-if + ":.' + ■■■

b s s

+ ro + r,t + c,^^^-f... dargestellt, als Funktion der Variabein z durch die Reihe w = c_,r + c_2^'^ + c_,^2'^ + . . . + Co + ^ + ^ + . . . Durch gliederweise Integration ergibt sich

+ Co(^" - h) + ^'i log ^ - C'a (\ -.)-•• Von den rechts auftretenden Gliedern ist nur eines, näm- lich das Glied r^ log "_ vom lutegrationsweg abhängig, alle

~u

anderen sind davon unabhängig. Führt der Punkt t, einen posi- tiven Umlauf um den Nullpunkt der ^-Ebene aus, so führt der entsprechende Punkt z einen positiven Umlauf um den unend- lich fernen Punkt der ^-Ebene, oder was dasselbe sagen will, einen negativen Umlauf um den Xullpunkt der ^- Ebene aus. Demnach hat das Integral Jicrf^-, in dem Sinn über eine ge- schlossene, den unendlich fernen Punkt einschließende Kurve erstreckt, daß dieser Punkt zur Linken liegt, den Wert —2ni-c^. Sofern der unendlich ferne Punkt ein isolierter Unstetigkeits- punkt der Funktion iv ist, ist t\ das zugehörige Residuum 21). Man bezeichnet in diesem Fall die Konstante t\ auch als Gewicht der logarithmischen Unstetigkeit.

Um die Integralwerte den Punkten der Ringtiäche 7? ein- deutig zuordnen zu können, müssen wir wieder die beiden Grenzkreise der Kingfläche durch einen Querschnitt S verbinden und den Integrationsweff auf das Innere der zerschnittenen Kingfläche beschränken.

Wir wollen nun annehmen, die Funktion iv = f{z) sei von isolierten Punkten abgesehen in der ganzen r-Ebene eindeutig definiert und regulär. Die Anzahl der Begrenzungspunkte des DeHnitionsbereichs kann endlich oder unendlich sein, wesent- lich ist nur, daß sie eine diskrete Punktmenge bilden.

158 § 3'-- r)ip Intejjrale einwertiger Funktionen.

Man l)ezei(.-hnet eiue Funktion, für die diese Voraussetzung erfüllt ist. als eine in der ganzen Ebene einwertige oder ein- deutige Funktion, oder auch schlechthin als einwertige Funktion.

Bleiben wir zunächst bei der Voraussetzung stehen, es existiere nur eine endliche Anzahl von Begrenzungspunkten

«1 "i "n-

Wir ziehen von einem beliebigen Punkt (c aus, der mit keinem der Begrenzungspunkte zusammenfällt, nach einem jeden der Punkte a, eine Sperrlinie 5, (s. Fig. 20). Keine dieser Sperrliiiien darf sich selbst über- kreuzen oder eine andere schneiden, im übrigen können sie beliebig konstruiert werden. Gehört auch der unendlich ferne Punkt der <*-Ebene zu den Begrenzungspunkten, so tritt zu den Sperr- linien *S',,, die zu den im Endlichen liegenden Punkten «,, führen, noch eine ins Unendliche reichende Sperrlinie ,S'^ hinzu. Bei jeder Sperr- "n linie unterscheiden wir wieder einen + Rand '^ " und einen Rand derart, daß ein positiver

Umlauf um ihren Endpunkt vom Rand zum + Rand führt. Die mit den Schnitten Si S^ S^^ S^^ versehene ,?- Ebene ist eine einfach zusammenhängende Fläche, sie möge mit E' be- zeichnet werden. In dieser Fläche verhält sich die Funktion w

überall regulär, daher ist das Integral J(z) =jwdz eine ein- deutig definierte, überall reguläre Funktion der oberen Grenze z, vorausgesetzt daß der Integrationsweg auf das Innere der Fläche E' beschränkt wird.

Bezeichnen wir mit .* einen Punkt auf dem + Rand der Sperrlinie .S',., mit z den gegenüberliegenden Punkt auf dem Rand. Wir können die Punkte z und z durch eine inner- halb der Fläche E' verlaufende Kurve verbinden, die den Punkt a^. aber keinen weiteren Begrenzungspunkt der Funk- tion w einschließt: das Integral JtffZ^, im i)Ositiven Sinn über diese Kurve erstreckt, hat den Wert 27ci li{a^,), wo R(a^) das zum Punkt a,, gehörige Residuum bedeutet 21). Daher be- steht zwischen den Integral werten, die in den Punkten z und

§ 3-_'. I>ie Integrale cinwcrtigor Fuuktionen. 159

J stattfinden, die Bezielinng

./( :) J<J) = 27t i -R(a,).

Wenn das liesiduuin /^(a,,) = 0 ist, so ist die .Spcrrlinie S^ nicht erforderlich, nni das Integral J(/) eindentig zu machen und kann dalier weggelassen werden.

Die konstante Ditt'ereuz J(z) J(z) bezeichnet man als Periodizitätsmodul der Funktion J(z) längs der Sperrlinie >9,,.

Es ist nun leicht anzugeben, welchen Wert das Integral

f \L ir d z annimmt, wenn der Integrationsweg L die Sperr- linie beliebig oft überschreitet.

Wir bezeichnen nach wie vor mit J{s) den Wert, den das Integral erlangt, wenn der Integrationsweg auf die Fläche E^ beschränkt wird und nehmen an, der Weg L überschreite den Querschnitt >S',, j)y "^i^l ^'^^ ^^^' Seite zur + Seite hin und 7,, mal in der umgekehrten Richtung. Unter dieser Voraus- setzung ist (vergl. die Ausführungen zur Gleichung (2) des vorigen Paragraphen)

I L u dz = J(z ) + 2.T i [((ji —Pi) -R(«i) + ('72 ~ ^^2) ^ (^''2) +

Wenn die sämtlichen Residuen R(a^) B{a^) R{a^) li(a^) den Wert Null haben, so ist das Integral auch in der unzer- schnittenen ^-Ebene eine einwertige Funktion der Variabein z-^ anderenfalls kann das Integral in jedem Punkt unendlich viele verschiedene Werte annehmen. Es kann sogar der Fall ein- treten, daß das Integral in jedem Punkt bei geeigneter Wahl des Intetrrationswegs einem vorgeschriebenen Wert beliebig naiie kommen kann.

Den Inbegriff der Werte des Integrals j ivdz, die festen Werten der Differenzen p^ r/j, p^ (/2 entsprechen. l>ezeich- net man als „Zweig*' der Funktion. Dabei kommen selbstver- ständlich nur diejenigen Differenzen in Betracht, die zu nicht verschwindenden Residuen gehören.

Um die verschiedenen Funktionszweige geometrisch zu re- präsentieren, legen wir unendlich viele Exemi)lare der ^- Ebene übereinander und ordnen die einem Funktionszweig angehören-

KU) S •^2- Di'' Integrale einwerti<?er Funktionen.

den Werte deu l'imkteu eines Blattes 7ai. Längs einer jeden Sperrlinie hängt jedes Blatt mit zwei anderen Blättern zusam- men, indem der -f Rand der Sperrlinie des einen Blattes mit dem Rand der entsprechenden Sperz-linie eines zweiten, und der Rand der Sperrlinie des ersteren Blattes mit dem + Rand der Sperrlinie eines dritten Blattes verbunden ist. Man be- zeichnet diese aus unendlich vielen Blättern bestellende Fläche als Riemannsche Fläche (vergl. § 18 drittes Beispiel). Die Punkte ff, heißen Verzweigungspunkte der Fläche.

Die Gestalt der Fläche K' und damit auch die Gestalt der Riemann.schen Fläche kann in mannigfaltiger Weise modifiziert werden. So können wir, statt die Sjierrlinien S^, von einem Punkt a ausgehen zu lassen, die Begrenzungspunkte a^, durch «ine fortlaufende Kurve verbinden. Die Stücke, in die diese Kurve durch die Begrenzungspunkte zerlegt wird, treten an Stelle der Sperrlinien ä,,. Wesentlich ist nur, daß das System der Sperrlinien so angelegt wird, daß die Fläche E' einfach zusammenhängend ist und daß im Innern derselben kein Be- grenzungspunkt des Definitionsbereichs der Funktion ir liegt.

Xehmen wir nunmehr au, der Definitionsbereich der Funk- tion ic besitze unendlich viele Begrenzungspunkte, die eine diskrete Punktmenge bilden. Diese Punktnienge muß mindestens ■eine Häufungsstelle haben, sie kann deren jedoch auch eine größere endliche oder unendliche Anzahl besitzen (siehe § 8). Wir beschränken uns auf den Fall, daß die Anzahl der Häufungsstellen endlich ist; sie mögen mit b^ h^--^',,, bezeich- net werden. Um jede der Häufungsstellen legen wir einen kleinen Kreis vom Radius q. Dem Teil der ^-Ebene, der außerhalb dieser Kreise liegt, gehört nur eine endliche Anzahl von Begrenzungspunkten der Funktion u- an; wir bezeichnen sie mit /-/, fi.2--tt„. Ob einer dieser Punkte mit dem unendlich fernen Punkt der z-Ebene zusammenfällt, kommt nicht in Be- tracht. Die Anzahl n hängt selbstverständlich von der Wahl des Radius q ab: sie wächst bei abnehmendem g über alle Grenzen.

Wir ziehen nun wieder von einem beliebig zu wählenden Punkt « der £■- Ebene aus Sperrlinien *Sj Ä^ aS'^ nach den Punkten öj a, a^^ und verbinden außerdem den I^unkt u durch

§ 32. Die Integrale einwertiger Funktionen. IQl

Sperrlinieu T^ T.^ 1\^ mit den Kreisen um die Häufun^^s- stellen. Die durch die Sperrlinien ,S', und J\, und die kleineu Kreise begrenzte Fläche bezeichnen wir mit F. Diese Fläche ist einfach zusammenhänorend und sie enthält keinen Besrren- zungspunkt des Definitionsbereichs der Funktion u\ Daher ist das Integral

J{z) = / wdz

in der Fläche F einwertig und überall regulär. Längs der Sperrlinie S^. besitzt die Funktion J{z) den konstanten Periodi- zitätsmodul 27i( R{a^), wo i<ia,.) das zum Punkt a,, gehörige Residuum bedeutet. Aber auch längs der Sperrlinien T^, besitzt die Funktion J(2) konstante Periodizitätsmodiün. Bezeichnen wir, um dies zu beweisen, mit f^ z^ zwei Punkte auf dem Rand der Sperrlinie T,,, mit z^ z.^ die gegenüberliegenden Punkte auf dem -f Rand. Xun ist

J{z^-J{z^)=\'Kdz

und

^Ä) «^Ä) =Ci^dz.

Die erste Integration ist über den Rand, die zweite über den + Rand der Sperrlinie zu erstrecken. Da aber die Funk- tion IC auch in der unzerschnittenen ^-Ebene einwertig ist. so haben die beiden rechts stehenden Integrale denselben Wert. Es ist daher

Jtlg) - J(^o) = J(z,) - Jiz^) w. z. b. w. Wenn die Residuen, die zu den isolierten Unstetigkeits- punkten der Funktion ir gehören, sämtlich verschwinden, so sind die Sperrlinien 6',. nicht erforderlich, um das Integral J{z) eindeutig zu machen und können daher weggelassen werden und zwar gilt dies, wie klein auch der Radius p gewählt werden mag. Die Begrenzung der Fläche F besteht in diesem Fall nur aus den Sperrlinien T,. und den kleinen Kreisen. Soiern nur eine Häufungsstelle, also auch nur eine Sperrlinie T vor-

Dur^ge-M aure r, Funktionentbeorie. ö. Aufl. 11

162 § 33. Die Funktion ef"'^'.

haiulen ist, so kauu auch diese wei^gelaßsen werden, weil die durch einen kleinen Kreis um die Häufungsstelle begrenzte Fläche an sich schon einfach zusammenhängend ist. In diesem Fall ist das Integral J{z) auch in der unzerschnittenen ^r-Ebene einwertig.

Wir haben bisher stillschweigend vorausgesetzt, daß die Häufungsstellen h^ b.^ . . . h,„ sämtlich im Endlichen liegen. Fällt eine derselben mit dem unendlich fernen Punkt der r-Ebene zusammen, so begrenzen wir ihre Umgebung durch einen Kreis um den Nullpunkt vom Radius l'rp. Im übrigen erleiden die vorausgehenden Ausführungen keine Änderung.

§ 33. Die Funktion e-^""^'*. Die Exponentialfunktion

ßJ ' = Konst. z ist eine in der ganzen Ebene einwertige Funk- tion der Variabein ^; wir wollen nun zusehen, wie sich die

allgemeinere Exponentialfunktion Z = e^"'"^' verhält.

Soweit die Funktion iv regulär ist, gilt dasselbe für das

Integral J(2) = / wdz und für die Exponentialfunktion Z=e'^^''^;^ es bleibt zu untersuchen, wie sich die Funktion Z in der Um- gebung eines Unstetigkeitspuuktes n^, der Funktion w verhält. In einem Ringgebiet, daß den Unstetigkeitspunkt a^ ein- schließt, läßt sich das Integral J(^) in der Form

(1) /(5) = c_,log(^-aJ + (o(^)

darstellen. Hier bedeutet c_i das zum Punkt a^ gehörige Re- siduum und 03(2) die Reihe (s. Gleichung (1) des vorigen. Paragraphen) :

(2) co(^)=CoL(^-a„)-(^o-M+ 2 [(^-«./-(^o-«J'] + ---

Daraus folgt: die Funktion Z läßt sich in der Umgebung des Punktes n^ in der Form

(3j Z=iz-a^y-i^(z)

darstellen und hier bedeutet i-^{z) == e'"^') eine in der Um- gebung des Punktes a^ einwertige Funktion. Sofern in der Entwicklung der Funktion C3(z) nach Potenzen von z a,,

§ 33. Die Funktion eJ"'''. 163

negative Potenzen auftreten, ist der Punkt a^ für die Funktion Sl(2) ein wesentlich sinj^ulärer Punkt; kommen in der Reihen- entwicklung nur positive Potenzen vor, so verhält sich die Funktion Sl(jz) im Punkt a^ regulär. Damit dieser letztere Fall eintritt, ist erforderlich und hinreicliend, daß die Funk- tion w im Punkt (i^ nur zur ersten Ordnung unendlich wird. Wenn das Residuum c_j Null oder eine ganze positive oder negative Zahl ist, so ist auch die Potenz (z aj'^—i einwertig; in diesem Fall hat daher die Funktion Z in der Umirebuntr des Punktes rr,, den Charakter einer einwertigen Funktion.

Nehmen wir insbesondere an, die Funktion tv werde im Punkt rty zur ersten Ordnung unendlich und das Residuum c_i sei eine ganze Zahl. In diesem Fall ist der Punkt a,, für die Funktion Z ein Nullpunkt oder ein Pol der Ordnung c_i, je nachdem die Zahl c_i positiv oder negativ ist.

Wenn das Residuum keine ganze Zahl ist, so ist der Punkt a,, ein Verzweigungspunkt der Funktion Z. Lassen wir den Punkt z einen positiven Umlauf um den Punkt a^ aus- führen, so unterscheiden sich Anfangs- und Endwert der Funktion Z um den Faktor e'^— i -^'.

Auf Grund des Laurentschen Satzes gilt eine Reihenent- wicklung der Form (1) auch in dem Fall, daß das Ringgebiet nicht nur den isolierten Unstetigkeitspunkt a, der Funktion w, sondern eine endliche oder unendliche Anzahl von ünstetig- keitspunkten einschließt, sofern sich nur die Funktion im Ring- gebiet selbst überall regulär verhält. Daher läßt sich die Exponentialfunktion Z auch in diesem Fall in der Form {'6) darstellen und sie verhält sich daher, wenn der Punkt z einen Umlauf um das Zentrum «,, des Ringgebietes ausführt, ebenso wie die Potenz (z at)'-i.

An den vorstehenden Überlegungen ändert sich nichts wesentliches, wenn der Punkt Uy mit dem unendlich fernen Punkt der Ebene zusammenfällt.

Im Innern der Fläche F ist die Fimktion J\^z') einwertig und überall regulär, dasselbe gilt daher auch für die Funk- tion Z. Überschreitet der Pimkt z eine der Sperrlinien S oder T, die die Begrenzung der Fläche F bilden, so wächst die Funktion J(z) sprungweise um den entsprechenden Periodizitäts-

11*

164 § '^-t- Partialbruchzerfällung der Funktionen ctg r und

sin z

modul (s. den vorhergehenden Paragraphen i, daher ändert sich die Funktion Z beim Überschreiten einer Sperrlinie um einen konstanten Faktor. In dem Fall, daß das Residuum, das zum Endpunkt a,, der Sperrlinie <S,, gehört, eine ganze Zahl ist, ist die Sjierrlinie 5', nicht erforderlieh, um die Funktion Z ein- deutig zu machen, und kann demnach weggelassen werden.

Nehmen wir an, die sämtlichen Residuen seien ganze Zahlen und es existiere nur eine Häufungsstelle von Ünstetig- keitspunkten. In diesem FaU können sämtliche Sperrlinien weggelassen werden und die Funktion Z ist auch in der un- zerschnittenen Ebene einwertig (vergl. die Bemerkung am Schluß des vorhergehenden Paragraphen). Nehmen wir ins- besondere an, die isolierten Uustetigkeitspunkte seien sämtlich Pole erster Ordnung, die zugehörigen Residuen seien ganze positive Zahlen, es existiere nur eine Häufungsstelle und diese falle ins Unendliche. Unter dieser Voraussetzung ist die Funktion Z in der ganzen Ebene einwertig und wird im End- lichen nirgends unstetig: sie ist daher eine ganze Funktion.

Da ^ = ^^^^ , ist, so genügt die Funktion Z der

linearen und homogenen Differentialgleichung erster Ordnung.

(4) '1-''^-

Bezüglich des Koeffizienten w dieser Differentialgleichung haben wir nun vorausgesetzt:

1) die Funktion iv ist in der ganzen Ebene einwertig und

2) die Uustetigkeitspunkte dieser Funktion besitzen höch- stens eine endliche Anzahl von Häufungsstellen.

Alle Differentialgleichungen der Form (4j, die dieser Be- dingung genügen, können mit Hilfe der vorausgehenden Ent- wicklungen integriert werden.

§ 34. Partialbruchzerfällung- der Funktionen ctg- ,t'

und . . In § 2>< ist nachgewiesen worden, daß sich jede

in der ganzen .^-Ebene einwertige Funktion, die nur in einer endlichen Anzahl von Punkten unstetig wird, als Summe der zu den Unstetigkeitspunkten gehörigen charakteristischen Funk-

§ M. Partialbruchzerfällung der Funktionen ctg z und -165

sin z

tioueu und einer additiven Konstanten darstellen läßt. Auf Funktionen, die unendlich viele Lnstetigkeitspunkte besitzen, läßt sich dieser Satz nicht ohne weiteres ausdehnen, weil die Heihe, deren Glieder die charakteristischen Funktionen sind, durchaus nicht in allen Fällen konvergiert. Bevor wir an die Diskussion des allgemeinen Problems gehen, betrachten wir zwei Beispiele.

Die Funktion ctg z ist in der ganzen Ebene einwertig; sie wird unstetig in den Punkten 2 = vn, wo v eine beliebige ganze Zahl bedeutet.

Für 2 = v:t wird

lim (2 vTi) ctg 2 = cos V7t lim . = 1, .

die Funktion wird also 00^ und die charakteristische Funktion

ist

z vn

Wir bilden nun das Cauchysche Integral

J

2niJ l

ctgj_

dl

Als Integrationsweg wählen wir die Begrenzung eines Rechtecks, dessen Seiten den Koordinatenachsen parallel sind (Fig. 21). Die Eckpunkte des Rechtecks bezeichnen wir mit

2 ^2 ^2^2 ^ und zwar sei

2, =

•2n -f 1

13/

'4 2

Hier bedeutet n eine ganze positive Zahl und h eine positive Konstante Rechtecks.

^-oc

Fig -1.

Der Punkt 2 liege im Innern des

Das Integral J ist gleich der Summe der Residuen der Funktion -r--— für die im Innern des Rechtecks liegenden Unstetigkeitspunkte 21).

166 §• 34. Paxtialbrucbzerrällung der Funktionen ctg c und

sin s '

Es sind das die Punkte

^ = - ^ = r;r v = 0, ± l, ±-2 ± n.

Das Residuum für den Punkt r ist ctg s, das Residuum für den Punkt i':r

Demnach ist

J= ctg z -\-y',

v = «

Indem wir das dem Index v = 0 entsprechende Glied der Summe herausheben und jedesmal die beiden Glieder, die zu entgegengesetzten Indiceswerten gehören, vereinigen, erhalten wir

J'=ctg^r— J^+^

V- Jt' Z^ > =1

Es läßt sich nun Ijeweisen, daß das Integral J gegen Null konvergiert, wenn die Zahl n und die Konstante h über alle Grenzen waclisen.

Zu dem Zweck bemerken wir zunächst: wenn der Punkt % die Rechtecksseite Zj^z^ durchläuft, so durchläuft der Punkt, der den Wert % repräsentirt, die gegenüberliegende Recht- ecksseite z,^z^. Daher ist

-3

22

r - z'

ctgb ..:- ,Y^^-

Durch eine analoge Überlegung ergibt sich

ii j, ii

Folglich ist

J =/ctg g ^^. dl +Jctg l ^^_^j, dl

§ 34. PartialbruchzerfUlInng der Funktionen ctg z und . 167

sin z

Längs der Seite z^z., ist ^ = ^ hi,

also ctg t, = i ' - ^ =1 -o 7^^- , e ■> e ' e ' 1

^26+2/1 , j

demnach ctg ^ = * + 2/f > folglich

Es ist ferner \l^ z' > ^- + h' r-, wo r den absoluten Betrag von z bezeichnet und endlich ist dl = d^. Demnach ist der absolute Betrag des Litegrals

/

22

ctg ^ " ^, dt, kleiner als

2/1 + 1 2

2n + l

'»37 iM^n^' ''^ ^§19)

und dies Integral ist kleiner als

6-*-t-l 2r

wie sich sofort ergibt, wenn wir die Integration von oo bis + oo ausdehnen. Das Integi-al konvergiert also in der Tat gegen Null, wenn h über alle Grenzen wächst.

Längs der Seite z^z^ ist t, = "- y~^ tc -\- h] also

gl ß-i ctgt = -tgin = t , -_-„ folglich ctg t < 1.

e' -\- e '

Ferner ist

1^2 _ ^2| > (^^J:,y^^2_,2 und d^ = idii

Der absolute Betras des Integrals

-1

<^*g ^ j»:!;V ^^

ist demnach kleiner als

+ 00

(^«)+V-r= V(-+-i,)-.

16S § i**- rartialbruchzerfUllung der Funktionen ctg ^ und _

sin z

Das Integral konvergiert bei wachsendem n gegen Null und wir erhalteu somit wegen (1)

> = 1

Diese Darstellung der Funktion ctg z durch eine unend- liche Reihe, deren Glieder gebrochene rationale Funktionen sind, erscheint als eine Verallgemeinerung der Zerlegung einer rationalen Funktion in Partialbrüche und wird daher auch als Partialbruchzerlegung bezeichnet.

In durchaus analoger Weise läßt sich die Funktion

sin z in Partialbrüche zerlegen. Wir gehen wieder von dem Integral

J-— /'^-^ «^ 'inij sin J f

aus.

z

Den Integrationsweg wählen wir in derselben Weise wie oben.

Innerhalb des Rechtecks wird die Funktion unter dem Integralzeichen unstetig 1) im Punkt z und 2) in den Punkten

^= v%, 1/ = 0, ±1, ±2 ■±n.

Das Residuum für den Punkt ^ ist . , das Residuum

sin z '

für den Punkt v% ist lim -. r- r = (— 1)'

smfg z ^ ^ vTi z

Demnach ist

)'=i

Andererseits ist wieder

:3) j = .' + y ^- '^ = .- -^^ . , ,

■' sin z y^ I vTt z am z z X v^it^ z

/= / / ^i-, dt, + f.-. j^, dl

JsinJJ« 2* * './ sin ^ g* AT* "

Längs der Rechtecksseite z^z^ ist

. , e - e' e* e ^

sin ^ =

2t

folglich

1

sin

e e

sin

§ 34. Partialbruchzerfällung^ der Funktionen ctg z \md . 169

sin z

Längs der Rechtecksseite z^z.^ ist

% = sin (^" t^ ^^ ''']) = ^- 1)" cos /7j = (- \y '' + '-,

<1.

folglich I l_

Bin %

Man zeigt leicht, daß J gegen Null konvergiert, wenn die Zahl n und die Konstante /> über alle Grenzen wachsen. Folglich ist wegen (3)

1 1

V (-1)"2^

sin z z

,^j V^-tt}

1=1

Fassen wir die Glieder der Summe, die geraden Index- Zahlen entsprechen, zusammen, und ebenso diejenigen, die un- geraden Lndices entsprechen, so erhält die Gleichung die Form

^' sin r z ^' 4»'-«*— ^* ^^ (2v 1)*Ä* 2*

1=1 1=1 '

Von der Gleichung TS) ausgehend gelangt man leicht zu der Eulerschen Darstellung der Funktion sin z durch ein un- endliches Produkt.

Wir ziehen in der i;-Ebene vom Punkt % ausgehend eine Sperrlinie L^, die längs der + j -Achse ins Unendliche läuft, und vom Punkt zt ausgehend eine zweite Sperrlinie L^ , die sich der :r- Achse entlang ins Unendliche erstreckt. Bei der stereographischen Projektion auf die Kugel werden diese beiden Sperrlinien zusammen in einen Meridianbogen abgebildet, der die Punkte + tt und % des Äquators verbindet und durch den dem unendlich fernen Punkt entsprechenden Pol geht.

Das Integral

/(etgS-|)rf5

ist sofern der Integrationsweg auf die zerschnittene z-Ebene beschränkt wird eine einwertige Funktion der oberen Grenze. Dasselbe gilt für jedes Integral der Form

J t-a'

170 §3ö. Funktionen m. nneudl. vielen Unstetigkeitspuukten. Spez. Fälle.

wo a eine reelle Konstante bedeutet, deren absoluter Betrag >• 7c ist. Durch gliedweise Integration erhalten wir aus (2)

und hieraus ergibt sich die Eulersche Formel (vergleiche de» vorigen Paragraphen)

Aus der Gleichung (4) können wir ähnliche Folgerungen ziehen.

Beschränken wir den lutegrationsweg auf die zerschnittene ^r-Ebene, so erhalten wir

/U.-t)''^

0

WO alle vorkommenden Logarithmen eindeutig definiert sind. Wir lassen 2^^ an Stelle von z treten und erhalten

und hieraus j- _ ,,

i^z =

v=l

n^'"m-)

Die Funktion tg s, die unendlich viele Pole besitzt, läßt sich somit als Quotient zweier unendlicher Produkte darstellen, die in der ganzen ^-Ebene gleichmäßig konvergieren.

§ 35. Funktionen mit unendlich vielen Unstetig^- keitspunkteu. Spezielle Fälle. Wir stellen uns nun die Aufgabi' eine einwertige Funktion herzustellen, die in unendlich vielen gegebenen Punkten in vorgeschriebener Weise unstetig wird. Formulieren wir die Aufgabe srenauer.

§35. Funktionen m. unendl. vielen L'nstetigkeitspunkten. Spez. Fälle. 171

Es sei eine unendliche diskrete Punktmenge 31 gegeben. Die Punkte dei* Menge mögen mit a^ a., n^ . . . bezeichnet werden; wir nehmen an, sie seien nach ihrer Entfernung vom Nullpunkt geordnet, so daß a,. < a^^.i| ist.

Für jeden Punkt «, sei eine charakteristische Funktion

A») ^(») Jr)

gegeben. Es soll nun eine Funktion ic = f(z) hergestellt werden, die den folgenden Bedingungen genügt:

1 ) Die Funktion f(z) ist von den Punkten der Menge 31 und ihren Häufungsstellen abgesehen für die ganze r-Ebene, eindeutig definiert und verhält sich überall regulär.

2) Im Punkt «, bleibt die Differenz f(2) (p(^ aj .stetig. Was die erste Bedingung betrifft, so ist zu bemerken:

eine Häufungsstelle b der Punktmenge 31 ist notwendig ein wesentlich singulärer Punkt der Funktion f{z). Wäre dies nämlich nicht der Fall, so müßte sich ein Exponent n der Art bestimmen lassen, daß das Produkt (2 h)"f{2} in der Umgebung des Punktes a endlich und stetig ist 28). Dies ist aber unmöglich, weil jede noch so kleine Umgebung der Häufungsstelle unendlich viele Unstetigkeitspunkte der Funk- tion /Ui enthält.

Bei der Lösung dieser Aufgabe gehen wir schrittweise vor und machen zimächst die beiden folgenden vereinfachenden Voraussetzungen :

3) Die Punktmenge 3J besitze nur eine Häufungsstelle und diese falle mit dem unendlich fernen Punkt zusammen.

4) Es lasse sich eine ganze positive Zahl )i der Art be- stimmen, daß die Reihe

» + n + « + konvergiert.

Wir behaupten nun: die Reihe

konvergiert unbedingt und gleichmäßig, sofern der Punkt - nicht mit einem der Punkte «, zusammenfällt.

Zum Beweis legen wir um den Nullpunkt der --Ebene

1 7l' § >>•">• Funktionon m. uneniU. vielen Unstetigkeitspunkten. Spez. Fälle.

»'iuen Kreis K, dessen Radius mit R bezeichnet werden möge. In der Reihe der Unstetigkeitspunkte a^ ^3 ^^i ^x ^^^ letzte, der im Innern oder auf der Peripherie des Kreises A' liegt. Alle folgenden Unstetigkeitspunkte a, genügen der Bedingung

Bezeichnen wir mit h die zwischen 0 und 1 liegende po- sitive Größe 1 r

So lange der Punkt z im Innern des Kreises K bleibt, ist für I' > A + 1

^- «J = l«r (1 - «J>i»v! •''•; also ist der absolute Betrag der Größe -, r- kleiner als

1

Wir zerlegen nun die Reihe (1) in zwei Teile:

^■

Die erste Summe rechts ist eine rationale Funktion, die in den Punkten a^ a^ . . . öT; 00" wird; die an zweiter Stelle stehende unendliche Reihe konvergiert unbedingt und gleich- mäßig, so lange der Punkt 2 im Innern des Kreises K bleibt, denn der absolute Betrag des allgemeinen Gliedes der Reihe ist kleiner als das Produkt von 1 : /." in das allgemeine Glied der Reihe ^

die nach Voraussetzung konvergiert.

Der Radius R des Kreises K kann beliebig groß gewählt werden, daher wird durch die Voraussetzung, daß der Punkt z im Innern des Kreises K liegt, die Variabilität der Größe z nicht beschränkt. Die ausgesprochene Behauptung ist somit bewiesen.

Die Glieder der Reihe (1) sind einwertige Funktionen, die sich, von den Punkten a^ abgesehen, überall regulär ver- halten, daher ist die Reihensumme f(z) eine einwertige Funk- tion, die sich von den Punkten a. und dem unendlich fernen

§35. P^unktionen in unendl. vielen Unstetigkeitspunkten. Spez. Fälle. 173

Punkt abgesehen, überall regulär verhält 24). Im Punkt «^ bleibt die Differenz t\z) -t—^ r^ stetig.

Unter der Voraussetzung, daß die Punkte der Menge M den Bedingungen 3j und 4) genügen, und daß die charakteristi- sche Funktion w(z = r- ist, ist somit die gestellte

^^ '• (2 0,.)" ^

Aufgabe gelöst.

Nehmen wir nun an, es sei n > 2. Durch gliedweise Integration ergibt sich

f, (i, - - in - i)jmd. ~y [rrzT^. - r-^;,^.]

II 1=1

Die Reihe rechts konvergiert unbedingt und gleichmäßig 'in der Umgebung eines jeden Punktes, der mit keinem der Punkte a^ zusammenfällt, weil dies für die Reihe (1) gilt, aus der sie durch gliedweise Integration hervorgegangen ist. Die Funktion f\{z) ist in der ganzen Ebene einwertig und von den Punkten a, abgesehen, überall regulär. Die Differenz

/■i(^)-— -^^ (2 a,.i

bleibt im Punkte «, stetig.

Unter der Voraussetzung, daß n 3 ist. erbalten wir durch abermalige Integration

f,iz)=-{n-2)Jf,{z)di

-5[,~..

0

(n 2)z

Die Funktion fjz'^ ist ebenfalls in der ganzen Ebene ein- wertig und, von den Punkten «,. a])gesehen, überall regulär. Im

Punkt fl, bleibt die Differenz /gf/) ^^^ stetig.

Der Fortsrancr dieser Schlußweis? ist offensichtlich. Wir können das Resultat unter teilweiser Änderung der Bezeich- nungsweise in dem Satz aussprechen:

Unter der Voraussetzuns; daß die Reihe

t

1

n +p

174 §"^5- Funktionen m. uuendl. vielen Uustetigkeitspuiikteu. Spez. Fälle.

wo )i und j) ganze positive Zahlen bedeuten konver- giert, konvergiert auch die Reihe

, n(n-f 1) z- 1/1 QN ^''~^

sofern der Punkt s nicht mit einem der Punkte a^ oder dem unendlich fernen Punkt zusammenfällt, und zwar konvergiert sie unbedingt und gleichmäßig. Sie stellt daher eine in der ganzen ^^-Ebene einwertige Funktion dar, die im Endlichen nur in den Punkten a^

unstetig wird. Die Differenz f{s) -.—^ r^ bleibt im Punkt (i stetig.

Um den Satz zu verifizieren braucht man nur zu zeigen, daß die Reihe (2) durch ^-malige gliedweise Integration aus der gleichmäßig konvergierenden Reihe

O O o

^(7Z^/^ hervorgeht.

Um den eben bewiesenen Satz auf ein Beispiel anzuwenden, stellen wir eine Funktion f{s) her, die in den Punkten z = ±2V7t (v ganze positive Zahl) unendlich wird wie die Funktion

~T } i™ übrigen aber im Endlichen stetig bleibt. Wir haben in diesem Fall

«2,-1= ^^> %.== ~ ^^) (^ = Ij 2, 3 •) und w = 1 zu setzen.

Die Reihe + \- ■, stimmt bis auf den Faktor

2 : 7t mit der harmonischen Reihe überein, sie konvergiert also nicht. Dagegen konvergiert die Reihe

YäP "*" ^ÖT* "*" '^ "^ rV* ~^ " " ^ ^ U' "^ 47r« + 9«* ^ / '

wir haben also p = 1 zu setzen. Wir setzen diese Werte in (2) ein und fassen die Glieder, die positiven Indices entsprechen,

§36. Funkt, m. unendlich vielen rustetigkeitspunkteu. Allgem. Fall. 175

zusammen und ebenso diejenigen, die negativen Indices ent- sprechen. Wir erhalten

T. X

' ^ ^ ^^ \_Z Vit vn\ ^^— \_z -V-vu vk\

1=1 v=l

Vereinigen wir beide Summen, so ergibt sich

1z v'ti-

Die Funktion f{z) wird im Endlichen in derselben Weise

unstetig wie die Funktion ctg z 34). Daraus folgt, daß

die Differenz

ctg .--[4 ^f{z)\

im Endlichen nirgends unstetig wird, also eine ganze rationale oder transzendente Funktion ist. Um nachzuweisen, daß diese Differenz verschwindet, muß man sich entweder auf die Peri- dizitätseigenschaften der Funktion ctg z stützen, oder man muß den im vorigen Paragraphen benutzten ^Veg einschlagen.

§ 36. Punktionen mit unendlich vielen Unstetig- keitspunkten. Allgemeiner Fall. Von den speziellen \'oraussetzungen, die wir im vorigen Paragraphen eingeführt haben, behalten wir nun nur die bei, daß die Unstetigkeits- punkte der Funktion w = f{z) nur eine Häufungsstelle im Unendlichen besitzen; im übrigen machen wir weder bezüglich der Lage der Unstetigkeitspunkte a^. noch bezüglich der charakteristischen Funktionen (py{z a^), die zu den einzelnen Unstetigkeitspunkten gehören, eine beschränkende Annahme.

Wenn die Reihe ^9),.(^|aJ gleichmäßig konvergiert, so

stellt sie eine Funktion dar, die den gegebenen Bedingungen genügt.

Im allgemeinen aber wird diese Reihe nicht konvergieren. Der im vorigen Paragraphen bewiesene Satz gibt uns nun einen Fingerzeig, wie wir zu einer konvergenten Reihe gelangen k()nnen, die eine Funktion von der verlaugten Beschaffenheit darstellt: wir ziehen von einer jeden Funktion cfX^ «,,) eine

176 §3(>. Funkt, m. unendlich vielen l'nstetigkeitspunkten Allgem. Fall.

ganze rationale Funktion g,.(z) ab und suchen über diese der Art zu verfügen, daß die Reihe, deren allgemeines Glied die Ditferenz F,\js) ='(p>^.(z d,) 9y(/) ist, konvergiert. Wir ge- langen dazu durch folgende Überlegung: die Funktion (Py(s a^) wird nur im Punkt a^ unstetig, sie läßt sieh daher in eine Potenzreihe

^..(^)=2'^""^'"

entwickeln, die für alle Werte von s konvergiert, deren abso- luter Betrag < «, ist 20). Daraus folgt: nach Annahme einer positiven Größe q, die < 1 sein muß, im übrigen aber beliebig gewählt werden kann, kann man eine Zahl ;>/,, der Art bestimmen, daß für alle Werte von s, die der Bedingung ,e ^ Q a,, genügen, der absolute Betrag der Summe

2

^(=»1^ + 1 kleiner als eine vorgegebene positive Größe £,, ist.

Wir setzen nun die Summe der m^, -f 1 ersten Glieder der Potenzreihe ^,,(^)

i

Die eben getroffenen Festsetzungen können wir dahin aussprechen:

der absolute Betrag der Funktion F^(e) = <p^,(2 aj fJ^i^) ist ^ £^,, wenn die Variable z der Bedingung \3', ■^q \aj genügt.

Wir ordnen nun jedem ITnstetigkeitspunkt a,, eine posi- tive Größe f,, zu. Diese Größen sind so zu wählen, daß die

a

Reihe 2 £, konvergiert, unterliegen aber keiner weiteren Be- » = i

schränkung.

Wir behaupten nun: die Reihe ^FJs) konvergiert gleich-

1=1

mäßig, sofern nur der Punkt 2 in angebbarer Entfernung von jedem der Punkte a,, bleibt.

Den Beweis führen wir wieder in der Weise, daß wir die

ij 3»j. Funkt, in. unendlich vielen Uuritetigkeitspunkteu. Allgeiu. Fall 177

Kt'ilie in zwei Teile zerleiJteii. Wir wählen lüich Beliehen eine ponitive (irößc U und l)eschräukeu die VariahU- z auf solche Werte, die der Bedingung \e ^gli genügen. Es sei a^ die letzte Gniße der Reihe (t^ a^ a.^ . . ., die der Bedingung a^ < 72 genügt. Für i' ^ A + 1 ist daher \s < pi? < p j«,, , folglich

ist \I'\.(^) ^ «,.• Folglich konvergiert die Reihe ^ FJz)

I = /. + 1

gleichmäßig, weil die Reihe ^ f,, konvergiert.

1=1

Da die Größe U beliebig gewählt werden kann, so besagt die Bedingung ,2\ < qB nur, daß der Punkt z nicht ins Un- endliche rücken darf.

Die Reihe

X X

W =2F,{z) =^[(jP,i^ ar)-9M)\ 1=1 1=1

konvergiert somit, wenn der Punkt z weder mit einem der

Punkte a^. noch mit dem unendlich fernen Punkt zusammenfällt.

Im Punkt a,, bleibt die Differenz fiz^ 9?, (^ a J endlich und

stetig.

Die Funktion f{z ) genügt also den gestellten Bedingungen.

Damit ist der Satz bewiesen: Es gibt eine in der ganzen .s^-Ebene einwertige Funktion t\z), die in den «gegebenen Punkten <t. a., n., ... in vorgeschriebener Weise unstetig wird, im übrigen a])er sich im Endlichen überall regulär verhält.

Die Funktion f{z) ist durch die gegebenen Bedingungen nicht vollständig bestimmt: wir können zu f(z) noch eine be- liebige ganze rationale oder transzendente Funktion (7 (z) hinzu- fügen, ohne daß eine der gegebenen Bedingungen verletzt würde. Es rührt dies daher, daß der unendlich ferne Punkt als Häu- fungsstelle der ünstetigkeitspunkte ein wesentlich singulärer Punkt der Funktion ist tvergl. den Anfang des vorigen Para- graphen ).

Der eben bewiesene Satz läßt sich nun leicht erweitern.

Wir behalten zunächst die Voraussetzuncr bei, die Unstetig- keitspunkte der Funktion ir = f\z) besitzen nur eine Iläufuugs- stelle, nehmen aber nunmehr an, die Häufungsstelle falle in einen im Endlichen liegenden Punkt h.

Purige-Maurer. Fanktiouentheorie. 3. Auti. 12

178 §36- Funkt, m. unendlich vielen Unstetifjkoitspniikten. Allgeni. Fall.

Um diesen Fall auf den liereits erlediiiten zurückzuführen, bilden wir die if-Ebene mittels der Su))stitution

auf die i;-Ebene ab und betrachten tc als Funktion von ^.

Dem Unstetigkeitspunkt a^, entspricht in der ^-Ebene der

Punkt « = r Die Häufuntjsstelle der Punkte cc.. ist der

f unendlich ferne Punkt der ^-Ebene. Daher läßt sich w, als

Funktion von t betrachtet, in der Form

1=1 darstellen.

Hier bedeuten g,.{t) wnd (^ (t) ganze Funktionen von ^; 9,(^'a,.) bedeutet eine ganze Funktion der (iröße y_

Führen wir an Stelle der Variabein ^ wieder die Variable 2 ein, so stellen sich </, und G als ganze Funktionen der Größe

r dar; qp ist eine t^anze Funktion der Größe ^

r

Wir nehmen nunmehr an, die Unstetigkeitspunkte der Funktion w = {(2) besitzen eine größere Anzahl von Häufungs- stellen, halten aber an der Voraussetzung fest, daß diese An- zahl endlich ist. Die Häufungsstellen mögen mit h^\ ■• ?>,„ bezeichnet werden. Der Einfachheit wegen sehen wir von dem Fall ab, daß eine derselben im Unendlichen liegt.

Wir ordnen nun jeden der gegebeneu Unstetigkeitspunkte einer der Häufungsstellen zu, etwa der nächstliegenden. Sofern ein Unstetigkeitspimkt von mehreren Häufungsstellen gleich- weit entfernt ist, müssen besondere Festsetzungen getrolfen Averden.

Wir können nun, wie im Vorausgehenden gezeigt worden ist, eine Funktion O^^iz) herstellen, die in den Unstetigkeits- punkten, die der Häufungsstelle h^^ zugeordnet sind, in vor- geschriebener Weise unstetig wird.

Die Funktion

m

§ S7. Funktionen m «gegebenen Nullpunkten n. Unsteti^'keitspimkten. 179

ist in der iianzeii Ebene einwertitj nnd wird in den gegebenen Punkten in der vorgesehriel>enen Weise unstetig. Von diesen Punkten und ihren Häufungsstellen abgesehen verhält sie sich überall regulär.

Damit ist die zu Anfang des vorigen Paragraphen gestellte Aufgabe für den Fall, daß die Punktmenge M nur eine endliche Anzahl von Häufungsstellen besitzt, vollständig gelöst.

Mittag-Leffler hat das Problem auch für den Fall ge- löst, daß bezüglich der Häufungsstellen keine beschränkende Voraussetzung gemacht wird (Acta mathem. Bd. 4). Diese Lösung stützt sich auf die Cantorschen Sätze über Punkt- mengen, auf die wir hier nicht eingehen können.

§ 37. Funktionen mit gegebenen Nullpunkten und Unstetigkeitspunkten. Wir haben im Vorausgehenden eine Darstellung der einwertigen Funktionen nachgewiesen, die ihre Ünstetigkeitspunkte nnd die zugehörigen charakteristischen Funktionen in Evidenz setzt; wir gehen nun zu einer andern Art der Darstellung über, bei der die ünstetigkeitspunkte imd die Nullpunkte als Bestimraungsstücke auftreten. Wir beginnen mit der Darstellung einer ganzen transzendenten Funktion.

Da die Entfernung zweier Nullpunkte einer regulären Funk- tion immer einen angebbaren Wert besitzt 26), so können die Nullpunkte einer ganzen transzendenten Funktion nur eine Häufungsstelle im Unendlichen besitzen.

Es sei nun eine unendliche diskrete Punktmenge gegeben, deren Häufungsstelle im Unendlichen liegt. Wir bezeichnen die einzelnen Punkte der Menge mit a^ n^ ((^ und nehmen wieder an, sie seien nach ihrer Entfernung vom Nullpunkt ge- ordnet. Der Einfachheit wegen nehmen wir an, daß keiner dieser Punkte in den Nullpunkt fällt.

Wir stellen uns die Aufgabe: eine ganze transzendente Funktion fiz) zu bestimmen, die in jedem Punkt der Menge M Null zur ersten Ordnung wird.

Diese Aufgabe läßt sich sofort auf eine schon erledigte zurückführen.

Wenn die Funktion f'(2) im Punkt ö, zur ersten Ordnung

12*

180 § 3" Kunktionou m. gegebeneu Nullpunkten u. Unstetigkeitspunkten.

verschwindet, so wird ihre logarithmische Derivierte iu diesem

Punkt unendlich wie die Funktion . Die logarithmische

Derivierte läßt sich daher in der Form

(1) «f-6w+2't-<.--^'(^)]

,=1 darstellen.

Hier bedeutet G{z) eine nicht näher bestimmte ganze, rationale oder transzendente Funktion; die Funktionen .'/,,(^) sind ganze rationale Funktionen, die so zu bestimmen sind, daß die Reihe konvergiert (vergl. den vorigen Paragraphen). Wenn

die Reihe ^ , + -, . + \ + konvergiert, können wir die

sämtlichen Funktionen ^,,(^) = 0 setzen; wenn wenigstens die

Reihe —. -\ --: -\ y^ + konvergiert, wo n eine

«r^"*" lo*'"^ «»^^

ganze positive Zahl bedeutet, so können wir

-„--„-= + :'-•• + (-!)' 9"

V V V "v

setzen (s. § 35).

Aus der Gleichung (1; folgt durch gliedweise Integration

(2) logi -/gW +^[log (l - {) - /kl^)]-

0 '=1 0

um die hier auftretenden Logarithmen eindeutig zu machen, legen wir um den Nullpunkt einen Kreis K mit sehr großem Radius und ziehen von einem Punkt a im Innern des Kreises Sperrlinien S,^. nach denjenigen Punkten «,,, die im Innern des Kreises liegen, und eine Sperrlinie T nach einem Punkt der Kreisperipherie. In der Fläche £", die durch den Kreis K und die Sperrlinien *S, und T begi-enzt wird, sind die sämtlichen Logarithmen eindeutig l)estinimt, wenn wir festsetzen, daß sie im Nullpunkt den Wert Null annehmen sollen (vergl. § 32 ). Da die Residuen , die zu den Unstetigkeitspunkten der Funktion - gehören, sämtlich ganze Zahlen, nämlich = 1 sind, so ist die Funktion

§37. Fuuktionen m. getjebenen XuUimiikten n Instetif^keitspunkten. 181

M

auch in der unzerschnittenen if-Ebene einwertig. Wir setzen zur Abkürzung

«,' »■ V V V

j'G{2)d3 = r{z).

Hier bedeutet F(,?") wie G^T^) eine nicht näher bestimmte ganze Fimktion. Wir erhalten somit aus (2) die für alle endliehen W^erte von z giltige Formel

<4J /•(^J=/'(0)en-')/7(l--^).-.W.

v = l

Bei der Ableitung dieser Formel haben wir vorausgesetzt, daß die Punkte a^ unter einander verschieden sind. Für die Konvergenz des rechts stehenden unendlichen Produkts ist diese Annahme nicht wesentlich: die Konvergenz bleibt erhalten, wenn die Punkte a, gruppenweise zusammenrücken, nur darf sich immer nur eine endliche Anzahl von Nullpunkten zu einem >«ullpunkt höherer Ordnung vereinigen.

Aus der Darstellung der ganzen transzendenten Funktio- nen durch ein unendliches Produkt ergibt sich eine bemerkens- werte Darstellung derjenigen einwertigen Funktionen, die im Endlichen keine wesentlich singulare Stelle besitzen.

Nehmen wir an, die einwertige Funktion iv = flz) besitze unendlich viele Pole a^ a^ i'z ^^^ unendlich viele Nullpunkte

Jede dieser beiden Punktmengen besitze nur eine Häu- fungsstelle und diese falle in den unendlich fernen Punkt. Der Einfachheit wegen wollen wir ferner annehmen, die Pole und die Nullpunkte seien siimtlich von der ersten Ordnung.

Wir bilden nun zwei ganze transzendente Funktionen G-^(z^ und (j-oiz), von denen die erste in den Punkten (/,, die zweite in den Punkten fe zur ersten Ordnung verschwindet.

l'S'J 4? 38- l'eiiodische Funktioneu.

Die Funktion

kann im Endlichen nirgends verschwinden oder unendlich werden, denn in den Nullpunkten der Funktionen f(z) und ^^{s) nimmt

f(z) der Quotient ' , . einen von Xull verschiedenen endlichen Wert G-j (z)

an, und in den Polen der Funktion /li") bleibt das Produkt f{z) Gi(z) endlich und von Null verschieden. Daher ist die Funktion i/(^) = log (^{2) eine in der ganzen Ebene einwertige und im Endlichen überall reguläre Funktion; H(2) ist also eine ganze Funktion. Solange nur die Pole und die Nullpunkte der Funktion /"(^) gegeben sind, aber keine weiteren Angaben zur Verfügung stehen, bleibt diese ganze Funktion Ii{3) voll- ständig unbestimmt.

Aus (5) ergibt sich nun für die Funktion f(z) die Dar- stellung

' ^^'' ^- G, iz) Jede einwertige Funktion, die im Endlichen keine wesentlich singulare Stelle besitzt, läßt sich also als Quotient zweier ganzer Funktionen darstellen.

Ein Beispiel zu diesem Satz bietet die § 34 abgeleitete Darstellung der Funktion tg 2, zu weiteren Beispielen werden wir im nächsten Abschnitt kommen.

Sechster Abschnitt. Doppelt periodische Fiuiktioiien.

§ 38. Periodische Funktionen. Eine einwertige Funktion iv=f{z) heißt periodisch, wenn sie einer identischen Gleichung der Form

/■(/ -\- 2o3) = /'(/) genügt.

Die Konstante 2 10 wird als Periode der Funktion bezeichnet.

Zwei Punkte Zq und z heißen homolog, wenn die Differenz 2 Z(f ein Multiplum der Periode 2 00 ist.

Alle zum Punkt z^ homologen Punkte liegen auf einer Geraden ^; der Abstand zweier aufeinanderfolgender Punkte

§ 38. Periodische Funktionen. 1H3

ist gleich dem absoluten Betrag 2c} . Die Gerade // ist der Geraden (/^ parallel, die den Nullpunkt mit dem Punkt 'Ja verbindet.

Durch die homologen Punkte

z^ + 2vco (> = 0, ±1, ±'2 ■)

legen wir parallele Gerade li^.. Die Richtung dieser Geraden kann beliebig gewählt werden, nur dürfen sie nicht der Ge- raden ffQ parallel sein, weil sie sonst zusammenfallen würden.

Zu jedem Punkt auf der Geraden //,, gibt es auf jeder der übrigen Geraden //,, einen homologen Punkt.

Den Flächenstreifen //,,, den zwei aufeinander folgende Gerade h^ und h^^^ begrenzen, bezeichnet man als Periodeu- streit'en. Es ist zweckmäßig festzusetzen, daß you den beiden begrenzenden Geraden //,. und 7/,^^ nur die eine etwa //,. zum Periodenstreifen 77, gerechnet werden soll.

Zu jedem gegebenen Punkt gibt es einen und nur einen homologen Punkt, der dem Periodenstreifen 77,, angehört.*) Daher nimmt die Funktion ic = f'{z) jeden Wert, den sie über- haupt erreicht, auch in einem Punkt des Periodenstreifens 77,, an. Wir können uns daher bei der Untersuchung der Funk- tion iv darauf beschränken nui- solche Punkte 2 in Betracht zu ziehen, die dem Periodenstreifen 77,, angehören.

Insbesondere gibt es zu jedem im Endlichen liegenden ünstetigkeitspunkt der Funktion einen homologen im Perioden- streifen 77,.

Für jedes System homologer Punkte

2^+v2to{v==Q, ±1, ±2'--) ist der unendlich ferne Punkt eine Häufungsstelle: in der Um- gebung dieses Punktes nimmt daher die Funktion ir jeden Wert an, den sie überhau})t erreicht. Daraus folgt, daß der unendlich ferne Punkt eine wesentlich singulare Stelle der Funktion iv ist.

ni

Die Exponentialfunktion ^ = e'" besitzt ebenfalls die Pe-

*) Würden wir die beiden Geraden //, und }i,-^\ zum Perioden- streiten Ily rechnen, so würde diese Bemerkung nur für die Punkte im luuem von /2i gelten.

134 ^ •^^- Poriodisebe Funktionen.

riode -lo und sie nimmt jeden eudlicheu von Null verschiedenen Wert nur in einem Punkt des Periodenstreifens 77, an, daher ist die Funktion ic eine einwertige Funktion der Variabein ^^ Sie möge mit JFiX) bezeichnet werden.

Einem im Endlichen liegenden Unstetigkeitspunkt a der

TT/

•r . . "

Funktion ic = f(^2) entspricht ein Unstetigkeitspunkt a = e"' der P'unktion ic = F{^) und zwar ist a endlich und von Null verschieden.

Der Grenzwert lim " = a ist endlich und von Null

z n 03

verschieden.

Demnach folgt aus der Existenz des Grenzwertes

lim {s - aYf{z)

die Existenz des Grenzwertes

lim (^ ciY'FiX). Daraus folgt:

\) Ist der Punkt a ein Pol n^^^ Ordnung der Funktion IC = f(z), so ist der entsprechende Punkt a ein Pol «*"■ Ord- nung der Funktion iv ^ F[^\ ebenso entspricht einem wesent- lich singulären Punkt der Funktion f{z) ein wesentlich sin- gulärer Punkt der Funktion Fit,}-

Es bleibt das Verhalten der Funktion 7'^(^) im Nullpunkt und im unendlich fernen Punkt zu untersuchen.

Wir setzen a =--^ /.e'*' und bezeichnen mit /3 den Winkel, den die Geraden /i,, mit der Abszissenachse bilden. Da wir an Stelle der Periode 2c9 auch die Periode 2io treten lassen können, so dürfen wir annehmen, es sei 0 ^ y < %. Den Winkel ß wählen wir so, daß y rr <^ ß <i y ist.

Lassen wir nun den Punkt z im Periodenstreifen Uq nach der einen oder der anderen Richtung der Geraden //„ hin ins Unendliche rücken, so wird sich arc ^^ entweder dem Grenz- wert ß oder dem Grenzwert -\- z -\- ß nähern, demnach wird

arc - z entweder gegen den Grenzwert -\- ß y oder gegen den Grenzwert - \- ß y konvergieren. Der erste Grenzwert

liegt zwischen '- und -j- , der zweite zwischen ^ und '--

Im ersten Fall wird daher der reelle Teil des Quotienten z

§ 3s Periodische Funktionen. 185

positiv unendlic'li, im /.weiten wird er negativ unendlich. Dalier

rückt im ersten Fall der Punkt ^ = ('''' in den unendlich fernen

Punkt der ^-Ebeue, im zweiten Fall rückt er in den Nullj)unkt.

Damit die Funktion iv = F(^) sich im Nullpunkt und im

unendlich fernen Punkt reo;nlär verhält, müssen die Grenzwerte

lim F{i,) und lim F{^) existieren.

Soll die Funktion in diesen Punkten wenigstens nur polare Unstetigkeiten besitzen, so müssen die Grenzwerte

lim j, ^ und lim „.^ existieren 28).

Sind diese Bedingungen für den einen oder den anderen Punkt nicht erfüllt, so ist der betreffende Punkt eine wesent- lich singulare Stelle der Funktion w = -F(^).

Für die Funktion iv = f(z) ergeben sich hieraus die fol- genden Bedingungen:

2) Damit für die Funktion iv = F(^ der unendlich ferne Punkt der ^-Ebene keine wesentlich singulare Stelle ist, muß für unendlich wachsende Werte von z, die der Bedingung lim arc z =^ ß genügen, wenigstens einer der beiden Grenzwerte

lim f'(z) oder lim .., , existieren.

;\) Damit auch der Nullpunkt der ^-Ebene für die Funktion IV = Fit,) keine wesentlich singulare Stelle ist, muß für un- endlich wachsende z, die der Bedingung lim arc z = tc -\r ß genügen, wenigstens einer dieser beiden Grenzwerte existieren.

Hierzu ist zu bemerken: der Winkel ß unterliegt nur der Bedingung, daß

arc CO -T < /3 < arc w, wobei vorausgesetzt ist, daß

0 < arc w < ;r ist.

Sind die Bedingungen (2) imd (3) für einen Wert von ß erfüllt, so sind sie für jeden Wert von ß erfüllt.

Wir ziehen aus dem Vorangehenden einige Folgerungen.

Wird die Funktion iv = f{z) im Endlichen nirgends un- stetig, so wird die Funktion tv = F(^ nur im Nullpunkt und im unendlich fernen Punkt der ^-Ebene unstetig; sie läßt sich

186 S •^>'' Allgeni. Sätze über cl. Perioden einer einwertigen Funktion.

daher iu eine L.iureutsclie Reibe entwickeln, die von diesen Punkten abgesehen, überall konvergiert.

Aus dieser Darstellung der Funktion ir = F('^) ergibt sich die Darstellung der Funktion ir = f(g) durch eine Fouriersche Reihe (vergl. § 27).

Damit die Funktion ?r = F(^) eine rationale Funktion der Variabein t, ist, ist erforderlich und hinreichend, daß sie nur eine endliche Anzahl von Polen, aber keinen wesentlich singulären Punkt besitzt (s. § 28).

Für die Funktion ic = f{z) ergeben sich hieraus die Be- diufjungen:

Die Funktion f(z) darf im Endlichen nur in einer end- lichen Anzahl von nicht homologen Punkten unstetig werden und keiner dieser Punkte darf eine wesentlich singulare Stelle sein. Im unendlich fernen Punkt der ^-Ebene müssen die Be- dingungen (2) und (3) erfüllt sein.

§ 39. Allgemeine Sätze über die Perioden einer einwertigen Funktion. Eine Funktion f{s), die die Periode '2ii)^ besitzt, besitzt auch die Periode ju 2a»j, wo /u. irgend eine ganze positive oder negative Zahl bedeutet.

Besitzt die P'unktion außer den Perioden der Form ,u 2cij^ .noch eine weitere Periode "2(0.2, ^^ besitzt sie auch die Periode /i 2cl)i -f I' 20^2, wo V ebenfalls eine ganze Zahl bedeutet. Es entsteht nun die Frage: wie viele voneinander unabhängige Perioden kann eine einwertige Funktion besitzen? Diese Frage wird beantwortet durch den Satz:

Alle Perioden einer einwertigen Funktion lassen sich entweder in der Form u 2o?i darstellen, wo lOj eine Konstante und a eine beliebige ganze, positive oder negative Zahl bedeutet, oder sie lassen sich in der P^orm u 2oj^ + v 2co2 darstellen: hier bedeuten ojj und Wo Konstante, die uur der Bedingung unter- liegen, daß ihr Quotient keine reelle Größe ist; u, v bedeuten beliebige ganze Zahlen, von denen die eine auch gleich Null sein kann.

Je nachdem der erste oder der zweite Fall eintritt, wird die Funktion als einfach periodisch oder als doppelt periodisch bezeichnet.

§ 3y. Allgem. Sätze über d. Perioilen einer einwertigen Funktion. 1^^7

Der Beweis des Satzes stützt sich auf zwei Hilfssätze. Der erste lautet:

I. Die absoluten Beträge aller Perioden einer ein- wertigen Funktion f{/) müssen größer als eine angeb- bare positive Größe sein.

Wir beweisen dies indirekt. Nehmen wir an, die Be- hauptung sei unrichtig, dann muß sich nach Annahme einer beliebig zu wählenden kleinen positiven Größe 6 eine Periode der Funktion f{z) nachweisen lassen, deren absoluter Betrag < ö ist. Nun können wir 6 so klein wählen, daß für alle Inkrenieute A^', deren absoluter Betrag < ^ ist, der absolute Betrag der Differenz

i\z -^ Az)—f{z) _ ., , .

kleiner als eine vorgegebene positive Größe e ist. Setzen wir A^ = 2co, so ist wegen der Periodizität der Funktion

fiz + A^) - t\2) = 0 also f'{3)\ < £.

Es ist also der absolute Betrag der Derivierten in einem be- liebigen Punkt kleiner als jede vorgegebene Größe e. Dies ist nur möglich, wenn die Derivierte identisch verschwindet und somit die Funktion eine Konstante ist.

Der zweite Hilfssatz lautet:

H. Zwei Perioden 2(o^ 20, einer einwertigen Funk- tion fiz)} deren Quotient eine reelle Zahl ist, sind not- wendig Multipla einer und derselben Periode 2w.

Nehmen wir zunächst au, der Quotient * sei eine ratio-

nale Zahl , wo m, n ganze Zahlen bedeuten, die wir als

relativ nrim voraussetzen dürfen. Wir setzen ' = -- = a. ' m n

Sodann bestimmen wir zwei ganze Zahlen ni', n, die der Gleichung mn um' = 1 genügen, was bekanntlich immer möglich ist. Da die Funktion die Perioden '2biy und 'la.^ be- sitzt, so besitzt sie auch die Periode

n 2(0^ m' 2co2 = ('>'«' iDn) 2w = 2(o.

Für den Fall daß der Quotient - ' eine rationale Zahl ist, ist somit unsere Behauptung bewiesen; wir nehmen nun-

188 §39. Allgem. Sätze über d. Perioden einer einwertigen Funktion.

mehr an. dieser Quotient sei eine reelle irrationale Zahl. Wir entwickeln diese Zahl in einen Kettenbrueh und bezeichnen mit

' den I'"" Näherungsbruch. Bekanntlich ist die Differenz

zwischen einer beliel)igen reellen Größe imd dem Näherungs- bruch, den die Kettenbruchentwicklung liefert, dem absoluten Wert nach kleiner als ein Bruch, dessen Zähler 1 und dessen Nenner das Quadrat des Nenners des Näherungsbruches ist. Wie können also die Gleichung

«1 _ -^v , ^

ansetzen, wo f eine reelle Größe bedeutet, deren absoluter Wert < 1 ist.

Da die Funktion f(z) die beiden Perioden 2 03,^ und 2co.^ besitzt, so besizt sie auch die Periode

V, . 2», - P, . 2«, = Q, . 2«,[| + ij - -^; ] - A . 2„„

Indem wir die Kettenbruchentwicklung hinreichend weit fortsetzen, können wir bewirken, daß die Zahl Q^. beliebig

groß, also der absolute Betrag der Periode ^ Scjg beliebig

klein wird. Aber dies steht im Widerspruch mit dem ersten

Hilfssatz. Der Quotient ^ kann daher keine reelle irratio-

0),

nale Zahl sein.

Wir bezeichnen wieder zwei Punkte 2q und 2 als homolog, wenn die Differenz z i'^ eine Periode der einwertigen Funk- tion f(z) ist.

Ein System homologer Punkte kann im Endlichen keine Häufungsstelle haben, denn sonst müßte die Funktion unendlich kleine Perioden besitzen, .vas nach dem ersten Hilfssatz aus- geschlossen ist.

Es gibt daher unter den zum Punkt Zq homologen Punkten eine endliche Anzahl, deren Abstand vom Punkt Zq ein Minimum ist. Unter diesen wählen wir nach Belieben einen z^ aus. Die Differenz z^ Zq, die Periode der Funktion f{z) ist, bezeichnen wir mit 2(o^.

Auf der Verbindungslinie der Punkte z^ und ^^ wir

§ 3'.t. AUgeni. Sützo über d. Periodeii eiuor oinwerti^^en Funktion. 189

wollen sie mit (j })ezoichueu liegeu die zum Punkt r^ homo- logen Punkte

£-0 + 2(0, = 5-1 z^^ + 4 coi 5o + Goj, Zq-2co, -?o— 4«! ^o-6wi- aber es gibt auf dieser Geraden keinen weitereu zum Punkt Sq homologen Punkt. Läge nämlich zwischen den Punkten Zq -\- 2j'C0j und Zq -\- '*(v -\r l)«i ein weiterer zu z^ homologer Punkt z, so wäre auch der zwischen z^ und z^ liegende Punkt z 'Iva^ zu Zq homolog. Aber dies widerspricht unserer An- nahme, daß kein zu Zq homologer Punkt näher an Zq liegt als der Punkt z^.

Gibt es außerhalb der Geraden g keine weiteren zu Zq homologen Punkte, so ist die Funktion f{z) einfach periodisch. Diesen bereits im vorhergehenden Paragraphen betrachteten Fall sehließen wir nun aus.

Wir nehmen also an, es gebe außerhalb der Geraden [i zum Punkt Zq homologe Punkte. Ist t, einer derselben, so sind auch die Punkte

^+2oj, ^+ 4«! ^ 2o9, l Ao\-'-

zum Punkt z^ homolog. Diese Punkte liegen alle auf einer durch den Punkt ^ gehenden Parallelen zur Geraden g. Die zum Punkt z^ homologen Punkte ordnen sich also in Reihen der Art, daß die Punkte einer Reihe entweder auf der Geraden g selbst oder auf einer Parallelen zu dieser Geraden liegen. Der Ab.stand von zweien dieser Parallelen kann nicht unter eine angebbare Größe sinken, weil andernfalls das System der zum Punkt z^ homologen Punkte eine Häufungsstelle im End- liehen haben müßte, was unmöglich ist.

Die Gerade g teilt die ^^-Ebene in zwei Halbebenen; in derjenigen Halbebene, die man zur Linken hat, wenn man auf der Geraden g vom Punkt Zq zum Punkt z^ gebt, sei //j die nächste Parallele zur Geraden //, die zum Punkt Zq homologe Punkte enthält und es sei ^o derjenige dieser Punkte, der dem Punkt z^^ zunächst liegt. Die Periode z.^ Zq möge mit 2aj.j bezeichnet werden. \\ ir markieren nun auf der Geraden //. die durch die Punkte z^^ und z^ geht, neben dem Punkt

^2 = + ^"ü

190 § 3^ Allgem. Sätze über d. Perioden einer einwertigen Funktion, die Punkte

-"O + 4(02 ~0 + 6 Wo ~0 - «2 ~"0 -^"2 ^0 *^"2

und legen durch diese Punkte beziehungsweise die Geraden

Oiih -ii-i 'J-2 r/-3

parallel zu den Geraden g und g^.

Analog markieren wir auf der Geraden g die Punkte

•^1 = -^0 + 2(01 Zq + Ac3y z^ + 6cOi

~o -"i ^'o -i«! ^"o '^fOi und ziehen durch diese Punkte die Geraden

^'i ^'2 ^'3 ^*-i ^^-2 ^^-3

parallel zur Geraden \ (S. Fig. 22).

Die beiden Geraden g^ und /i^, sehneiden sich in dem zum

Punkt Zq homologen Punkt z^ + ^aa^ + 2v<x)^. Die beiden

Parallelen Systeme be- stimmen somit ein „Gitter' von homolo- gen Punkten.

Außer diesen Git- terpunkten gibt es kei- nen zum Punkt z^^ homologen Punkt.

Nehmen wir an, um dies zu beweisen, es gebe noch einen weiteren homologen Punkt %. Dann müßte in der Reihe der zu Zq ebenfalls homologen Punkte

20J2 t 4632 S - 6032

einer vorkommen, der entweder auf der Geraden g oder zwischen den Geraden g und g^ läge. Das erstere ist ausgeschlossen, weil auf der Geraden z außer den Gitterpunkten

z^ + 2o3i ^0 + 4«! z,, 2cjj^ ^0 4(0i kein zum Punkt z^ homologer Punkt liegt, das letztere ist ausgeschlossen, weil die Gerade g^ so gewählt ist, daß zwischen

§ .)'.>. AUgem. Siltzo über d Perioden einer einwertigen Funktion. 191

den Goraden // und //j ül)erhaii]>t kein zum Punkt r„ homo loger Punkt liegt.

Da es sonach außer den Gitterpunkteu keinen zum Punkt Zq homologen Punkt gibt, so hat die Funktion f(z) keine anderen Perioden als die. die sich in der Form 2iicji-\- 2v(o.^ darstellen lassen. Damit ist der Eingangs ausgesprochene Satz bewiesen.

Die beiden Parallelensvsteme zerlegen die ^-Ebene in kon- gmente Parallelogramme, die man als Periodenparallelogramme bezeichnet. Insbesondere nennt man das Parallelogramm, das durch die Geraden ////j Idi^ bestimmt ist, das fundamentale Periüdenparallelogramm.

Durch eine Translation, deren Größe und Richtung durch den Vektor ZqZ^ bestimmt ist, wird ein jedes dieser Parallelo- gramme mit einem benachbarten zur Deckung gebracht und dasselbe gilt für die Translation, die durch den Vektor SqZ.^ bestimmt ist. Indem wir diese beiden Translationen be- ziehungsweise die Translationen von gleicher Größe und ent- gegengesetzter Richtung wiederholt ausführen, können wir ein beliebiges Periodenparallelogramm mit dem fundamentalen zur Deckung bringen. Dabei wird offenbar ein jeder Punkt der .?-Ebene in einen homologen Punkt verschoben werden. Daraus ergibt sich: zu jedem beliebigen Punkt der ^■-Ebene gibt es in jedem Periodenparallelogramm einen homologen Punkt. Die 4 Eckpunkte eines Periodenparalldogramms sind homologe Punkte und zu jedem Punkt auf einer Seite des- selben, der nicht Eckpunkt ist, gibt es auf der gegenüber- liegenden Seite einen homologen Punkt. Dagegen können nicht zwei homologe Punkte im Innern eines und desselben Periodeu{)arallelogramms liegen. Um die Ausnahmestellung der Randpunkte aufzuheben ist es zweckmäßig festzusetzen, daß von den 4 Eckpunkten immer nur einer und von den 4 Seiten immer nur die beiden, die sich in diesem Eckpunkt schneiden, zum Periodenparallelogramm gerechnet werden sollen. Nachdem diese Bestimmung getroffen ist, können wir allgemein sagen: ein Periodenparallelogramiu enthält von jedem System homologer Punkte einen und nur einen Punkt.

19- 5J 3y. Allgem. Sätze über d. Periotien einer einwerti>?en Funktion.

Um die Gestalt des Periodeuparallelüj;raiunis genauer zu mitersuchen, setzen wir

2üJi = pjC"' '2to.> = Q.2^'^.

Die beiden Arcuse seien so gewählt, daß sie dem Intervall 0, -n angehören, wobei der Endwert 2:t ausgeschlossen bleibt.

Die Periode 2tOj ist so gewählt, daß ihr absoluter Betrag nicht größer ist als der irgend einer anderen Periode. Folglich ist ^2 > pi

Wir haben uns ferner so eingerichtet, daß man auf der Geraden tj vom Punkt z^ nach dem Punkt z^ == z^ + 2(0^ gehend den Punkt z^ = Zq -\- 2 (o^ zur Linken hat. Daraus folgt: der Vektor z^z^ wird durch eine Drehung im positiven Sinn um weniger als 180° mit dem Vektor z^Zo zur Deckung gebracht. Nun ist aber dieser Drehungswinkel == /3 a, folg- lich ist 0 < /5 a < .T.

Den Punkt z^ haben wir so gewählt, daß kein zum Punkt Zq homologer Punkt auf der Geraden g^ diesem Punkt näher

lieort als der Punkt Zo. Daraus ff, I 7 folgt: die Entfernung des Punktes

^2 von dem Fußpunkt des Perpen-

Fig. 23.

dikels vom Punkt Zq auf die Ge-

rade g^ darf nicht größer als _^ Oj

sein, denn sonst würde entweder der Punkt z.^ + - w^ oder der Punkt

Zj 2ojj näher am Punkt ^,j liegen als der Punkt z^ (siehe

Fig. 23).

Der spitze Winkel, den dieses Perpendikel mit der Geraden

Zf^z^ bildet, kann daher nicht größer als 30" sein, demnach ist

< ß a < und folglich

sin u) > 2 y-A. Daraus folgt: Der reelle Teil des Quotienten

- i = - \t cos iti u)

sin «)] 1

ist negativ und dem absoluten Wert nach ^ l V^-

Eine Funktion f(z), die die Perioden 2o3i 2c).j besitzt,

§ 3'J. Allgeui Sätze über d. i'eriodeu einer einwertigen Funktion. 193

besitzt auch die Periode 2üJi = |u ^oj, -f v 2 03.,, wo u, v be- liebige tjauze Zahlen l^edeuteu.

Unter der Voraussetzung, daß die Zahlen a, v relativ prim sind, können wir zwei ganze Zahlen ;:, l der Art be- stimmen, daß

Au zr = 1 ist.

Auch 2a32 = 2oj, + A "icj., ist eine Periode der Funk- tion f{z).

Wir erhalten somit ein neues Periodenpaar, bestimmt durch die Gleichungen

(1) 2wi = « 2«! + j' 2^2 ^"2 = X 2t.j^ + A 2a)2

?.u -y.v =1.

Indem wir diese Gleichungen nach 2co^, 2 a., auflösen, erhalten wir

(2) 2ui^ = X 2a[ V 2cj'> 2o}.^ = x 2coi -\- u 2(o'>.

Es lassen sich somit nicht nur die Perioden 2co'i, 2al aus den Perioden 2co^, 2co.2 sondern auch umgekehrt die Perio- den 2oji, 2(0., aus den Perioden 2col, 2co-2 zusammensetzen.

Man bezeichnet ein Paar von Perioden 2(0i, 2o)-j, aus denen sich alle anderen Perioden zusammensetzen lassen, als primitives Periodenpaar. Die Bezeichnung er.ste und zweite Periode wird jederzeit so gewählt, daß der reelle Teil des

Quotienten -^ / negativ ist, daß man also von einem beliebigen

Punkt z^y aus nach dem Punkt ^-^ + 2o)i liin fovtschjreitend den Punkt z^) + 2co-j zur Linken hat.

Sehen wir zu, welcher Zusammenhang zwischen zwei be- liebigen Paaren jtrimitiver Perioden 2o)^ 2«^ und 2(o{ 2(0-2 besteht.

Damit sich die Perioden 2(oi 2roo aus den Perioden 2co^ 2co.2 zusammensetzen lassen, müssen Gleichungen der Form ( 1 ) be- stehen, wo y.k^i' ganze Zahlen bedeuten. Damit sich auch die Perioden 2(0^ 2o3., aus den Perioden 2o3i' 2 «2 zusammen- setzen lassen, darf bei der Auflösung dieser Gleichungen nach 2c3y 2 0)2 kein Nenner auftreten, es muß also die Auflösuugs- determinante ku xv = + 1 sein.

Duröge- M aure r, Fanktionentheorie. ^. Aufl. 13

194 § 40. Sätze über doppelt periodische Funktionen.

Setzen wir einen Augenblick

Aus (1) folgt: und hieraus

, i/i MV

Die Größen >j und >/ haben also gleiche oder entgegen- gesetzte Vorzeichen, je nachdem die Determinante Ifi xv positiv oder negativ ist. Weil die imaginären Bestandteile

der Quotienten und -, beide positiv sind, muß demnach

die Determinante ka xv = -\- 1 sein.

Die eben nachgewiesenen Beziehungen zwischen zwei pri- mitiven Periodenpaaren haben eine einfache geometrische Be- deutung.

Betrachten wir einerseits das Periodenparallelogramm IT, das die Punkte 0 2c}^ 2ö2 2oj + ^osg zu Eckpunkten hat, und andererseits das Periodenparallelogramm 77' mit den Eck- punkten 0 2 Ml 2 Wo 2 (Ol + 2 «2.

Zunächst ist klar, daß die Eckpunkte beider Parallelo- gramme demselben System homologer Punkte angehören. Setzen wir sodann einen Augenblick

2co^ = x^i- iy^ 2 032 = 3^2 + ^V-i 2 Ol = x[ + iy'i 2 CJ2 = x'^ -f iy'> .

Die Fläche des Parallelogramms 77 ist F = x^y^ yi^^) die Fläche des Parallelogramms 77' ist F' = x'iy'2 yiX2. In- folge unserer Festsetzung über die Orientierung unserer Perioden sind die Ausdrücke F und F' positiv.

Aus der Gleichung (1) folgt

i^' = rA^tt - xv)F also F' = F.

Die PeriodenparaUelograrame, die verschiedenen Paaren primitiver Perioden entsprechen, haben also denselben Flächen- inhalt.

§ 40. Sätze über doppelt periodische Funktionen.

Es sei fiz) eine doppelt periodische, in der ganzen Ebene

§ 40. Sätze über doppelt periodische Funktionen. 195

einwertige Funktion und 2g)j, 2mo ein beliebig zu wäblendes Paar primitiver Perioden derselben. Wir konstruieren ein fundamentales Periodenparallelogramm, dessen Eckpunkte mit ZqZ^z^ä:^ bezeicbnet werden mögen und zwar sei

^, = ^0 + 2qi z^ = ^-0 + 2(0, X3 = ^-0 + 2(Wi + 03,).

Den Eckpunkt z^ denken wir so gewählt, daß keine der Seiten des Periodenparallelograrams durch einen Nullpunkt oder einen Unstetigkeit.spunkt der Funktion f(s) hindurchgeht. Wir setzen voraus, daß die Funktion fiz) im Endlichen keinen wesentlich singulären Punkt, sondern nur Pole besitzt.

An dieser Voraussetzung wird im folgenden durchweg festgehalten, imd es sind daher, wenn von doppelt periodischen Funktionen die Rede ist, immer Funktionen gemeint, die dieser Bedingung genügen.

Wir beweisen nun eine Reihe von allgemeinen Sätzen, die von Liouville aufgestellt worden sind.

I. Eine doppelt periodische Funktion, die in keinem Punkt des Periodenparallelogramms un- stetig wird, ist eine Konstante.

Nehmen wir um den Satz zu beweisen, einen Augenblick an, der absolute Betrag der Funktion f(z) bleibe unter der positiven Größe 3/, so lange der Punkt z dem Periodenparalle- logramm IJ antjehört.

Da es zu jedem Punkt der Ebene einen homologen Punkt im Parallelogramm 77 gibt (s. den vorhergehenden Paragraphen)^ so muß der absolute Betrag \f(z)\ < M bleiben, wie auch immer der Punkt z gewählt werden mag. Hieraus folgt aber, wie in § 22 nachgewiesen worden ist, die aufgestellte Be- hauptung.

II. Die Summe der Residuen, die zu den im Innern des Periodenparallelogramms liegenden Unstetig- keitspunkten gehören, ist gleich Null.

Die Summe der Residuen ist nämlich gleich dem Intecrral

,1, jyi^)dz,

im

wo die Integration, wie durch die Bezeichnung angedeutet ist,

13*

1%

§ 40. Sätze über doppelt periodische Funktionen.

über die Begrenzung des Parallelogramms U zu erstrecken ist (^s. Fig. 24). Dieses Integral ist gleich dem Aggregat

^ Jmdz +Jf{z)dz - / 't\zyiz -Jf{z)dz

Fig. 24.

Nuu hat die Funktion /(/) in homologen Punkten auf den Seiten z^z^ und z^z^ den- selben Wert und ebenso in homologen Punkten auf den Seiten z^z.

Daher ist

'l-'S ^"^ ^^0^2

ff{z) dz = / f{z) dz und jf{z)dz =ff(2) di

Wenden wir den eben bewiesenen Satz auf die logarith- mische Derivierte -— r an, die ia ebenfalls die Perioden 2oj.

t{z) ' -> 1

und 2c}^ besitzt. Die Summe der Residuen dieser Funktion ist gleich der Differenz zwischen der Anzahl der einfachen Nullpunkte und der Anzahl der einfachen" Pole der Funktion f{e), die im Periodenparallelogramm liegen (s. § 29).

Demnach ist die Anzahl der Nullpunkte im Pe- riodenparallelogramm gleich der Anzahl der Unstetig- keitspunkte.

Man bezeichnet diese Zahl als ,,Ordnung'' der doppelt perio- dischen Funktion f{z).

Die Funktion f{z) Konstaus hat dieselbe Ordnung wie die Funktion f(z), also ebensoviele Nullpunkte. Daraus folgt:

III. Eine doppelt periodische Funktion nimmt im Periodenparallelogramm jeden vorgeschriebenen Wert in soviel Punkten an, als ihre Ordnungszahl angibt.

Bezeichnen wir die innerhalb des Periodenparallelogramms // liegenden einfachen Pole der doppelt periodischen Funktion f{z) mit a^ a.^ •••«„, ihre einfachen Nullpunkte mit f\^^o.-b^.

Die Funktion F{z) = z " wird in jedem Pol und in

jedem Nullpunkt der Funktion f(z} zur ersten Ordnung un-

? 40. Sätze über doppelt periodische Funktionen. 197

endlieh, verhält sich aber im übrigen im Innern und auf der Begrenzung des Periodenparallelogramms 77 regulär. Das zum Punkt «, gehörige Residuum ist a^,, das zum Punkt h^ ge- hörige -f />,. Es ergibt sich das sofort aus den Gleichungen

lim 1^ - a,) z ^^,^'J' = «V li'n {z - a,) ^^'^^' = - «^ "i und

lim (^ - &,) . z . ^.^ = &, lim iz - &..) '^^^ = \

(vergl. § 29).

Es ist daher (§21)

(1) (h, + h, ■■•±K)- (a, + «2 + «„)

^'^r,'Y-^Uz=/.fFiz)dz 2m f dz 2m I ^ ^

(IT) (b)

wo die Integration über die Begrenzung des Parallelogramms 77 zu erstrecken ist. Andererseits ist

*1 *3

(2; JF{z) dz = JF{z) dz - JF{z) dz + JF[z) dz,

(fj) -o *-. '1

-fF{z)dz.

Durchläuft der Punkt z die Seite ZqZ^ des Parallelo- gramms 77, so durchläuft der homologe Punkt z -\- 2(j3.^ die Seite z.,z^. Folglich ist

-1 -3 •!

(3) JF{z)dz - I F(z)dz = - / [F{z -f 2a,) - F{z)]dz. Nun ist wegen der Periodizität der Funktion f(z)

folglich ist das Integral auf der rechten Seite der Gleichung (3) = -2(o^j ^^^ dz = -2 wgj d log/"(4 Der Wert dieses Integrals läßt sich nicht berechnen, so

198 § "ll- Die Weierstraß8clie ^;-Funktioii.

lange über die Funktion f\s) keine weiteren Voraussetzungen gemacht werden, aber weil

f(^i)=fM ist, so ist logAX)-log/'(^o) jedenfalls ein Multiplum von 2 Tri. Demnach ist (3)

(4) JF^s) dz-j F{s) ^2v7ii- 2 ca, ,

wo V eine ganze Zahl bedeutet. Analog ergibt sich

r, ij ^i

fF(s)dz - fF(z)dz =f[F(z + 2co^) - F(z))]dz

\lz

und hieraus folgt

(5) fF(z)dz - 1 F{z)ds = 2^Tti ^cj,,

wo [i eine ganze Zahl bedeutet.

Substituieren wir die Werte (4) und (5) in die Gleichung (1), so erhalten wir den Satz:

IV. Für die im Periodenparallelogramm liegenden Nullpunkte und Pole der einwertigen doppelt pe- riodischen Funktion f(z) gilt die Gleichung

f&l + &2 ^ K) («1 + «2 1- «n) = ^i^"l + 2^032,

wo u und V ganze Zahlen bedeuten.

Der Satz gilt auch dann noch, wenn unter den Größen ^1 ö!2 ^n ^^®^ unter den Größen h^ h., . . . &„ eine Anzahl einander gleiche vorkommen, wenn sich also eine Anzahl Pole zu einem mehrfachen Pol oder eine Anzahl Nullpunkte zu einem mehrfachen Nullpunkt vereinigen.

§ 41. Die Weierstraßsche 7>-Punktion. Wir stellen uns nun die Aufgabe eine doppelt periodische Funktion von möglichst einfachem Charakter herzustellen.

Eine doppelt periodische Funktion muß wenigstens in einem Punkt des Periodenparallelogramms unstetig werden

§ 41. Dio Weierstraßsche /^-Funktion. 199

(Satz I des vorigen l'aragraphen i und sie kann nicht nur in einem Punkt oc^ werden. Denn wenn dies einträte, so müßte das zugehörige Residuum verschwinden (Satz II des vorigen Paragraphen), aber damit fiele die Unstetigkeit weg.

Eine doppelt periodische Funktion von möglichst niedriger Ordnung muß daher entweder in zwei Punkten des Perioden- Parallelogramms cc' oder in einem Punkt oo'- werden.

Wenn eine Funktion in einem Punkt oo" wird, so wird ihre Derivierte in diesem Punkt oc" + ^; somit wird die Deri- vierte einer doppelt periodischen Funktion, die in zwei Punkten des Periodeuparallelogramms oo* wird, in diesen beiden Punkten oo- und ist daher von der vierten Ordnung. Wird dagegen die doppelt periodische Funktion in einem Punkt des Perioden- parallelogramms oo^, so wird die Derivierte in diesem Punkt oo^ und ist daher von der dritten Ordnung. Aus diesem Grund ist eine doppelt periodische Funktion zweiter Ordnung, deren Pole zusammenfallen, als einfacher zu betrachten als eine Funktion, deren Pole getrennt liegen.

Es sei nun p(£\ eine doppelt periodische Funktion zweiter Ordnung, die nur in einem Punkt des Periodenparallelogramms unstetig wird.

Der Ünstetigkeitspunkt kann nach Belieben gewählt werden; wir wollen festsetzen, er falle in den Nullpunkt. Das fun- damentale Periodenparallelogramm können wir uns in diesem Fall so gewählt denken, daß sich seine Diagonalen im Null- punkt schneiden.

In der Umgebung des Nullpunkts der ^-Ebene läßt sich die Funktion p{2) durch eine Reihe der Form

p(^) = ^~a^ + ^-^ -i- Cq -\- c^z -\- c.,z- -\ darstellen.

Der Koeffizient c_i ist das Residuum der Funktion für den Ünstetigkeitspunkt 2 = 0, er muß daher nach Satz II des vorigen Paragraphen verschwinden.

Über die Koeffizienten c_._, und £■„ kann nach Belieben verfügt werden.

Wir setzen c_2= 1 und c^ = 0. Damit ist die Funktion p(z) vollkommen bestimmt.

Nehmen wir um dies zu beweisen an, es gebe eine zweite

2(K) § -il- l^if Weierstraßscbe /»-Fuuktion.

doppelt periodische Funktion /\^) mit denselben charakteristi- schen Eigenschaften.

Da für z = 0 sowohl die Differenz })(z) -^ als auch die

Differenz f(z) ^j stetig bleibt, so gilt dasselbe für die Funk- tion p[z) f(z).

Diese Funktion wird im Periodenparallelogramm nirgends unstetig, ist also eine Konstante (Satz I des vorigen Para- graphen) und zwar = 0, weil für z = 0 sowohl lim \p{z) j, als auch lim f(z) ^ verschwindet.

Demnach ist die ^-Funktion durch folgende Eigenschaften vollständig bestimmt:

1) Die Funktion p{z) ist in der ganzen Ebene ein- wertig; sie besitzt die beiden Perioden ^w^ und '2co2-

2) Die Funktion p(z) wird nur im Nullpunkt der ir-Ebene und in den homologen Punkten unstetig und zwar der Art, daß für z = 0

lim \p'z) ^ \^ ^ ^^*'-

Bezeichnen wir mit h^ 6, ^i^ beiden Punkte des Perioden- l)arallelogramms, in denen die ^;- Funktion den beliebig zu wählenden Wert c annimmt (s. Satz III des vorigen Para- graphen). Da die Pole der Funktion p(z) c in den Null- punkt der .T-Ebene zusammenfallen, so ist nach Satz IV des vorigen Paragraphen

^1 + &2 ^ -."^1 + 2^^2? folglich ist

Die ^-Funktion nimmt also in den Punkten h^^ und ftj denselben Wert an, sie ist somit ^e gerade Funktion.

Die Derivierte j/r.r) wird nur im Punkt z = 0 und in den homologen Punkten unstetig. Da im Punkt z ^ 0 die

Funktion p(z) -^ stetig bleibt, so gilt dasselbe für die Deri-

2 vierte p'(z) -|- ^j , folglich ist

lim z''^p)'(^) = 2.

1 = 0

§ 41. l'io Wi'ierstraßsche ;>- Funktion. 201

Als Derivierte einer genuleu Funktion ist p' (z) ungerade Funktion, daher ist p' {p^ = p' {— a^). Andererseits ist p'{z + 2oi) = p'{z), woraus für z == oi^ p'((Oi) = p'(— ca^) folgt. Da sich die Funktion p'{z) in der Umgebung des Punktes co^ regulär verhält, folgt hieraus ^/(wi) = 0.

In gleicher Weise ist zu zeigen, daß

^^'(w,) = 0 und i>'(«j^ + (O2) = 0 ist.

Die Punkte Oj cog w^ + 03.y gehören dem fundamentalen l'eriodenparallelogranim an, daher kann die Funktion dritter Ordnung ^/( 2") in keinem weiteren Punkt dieses Parallelogramms verschwinden und sie kann in keinem dieser Punkte zu höherer als der ersten Ordnung Null werden.

Die Funktion p(z) ^)(g3j) verschwindet offenbar ebenfalls für z = (Ol und da in diesem Tunkt auch ihre Derivierte j>'(^) verschwindet, so wird sie 0-. Sie besitzt daher als Funktion zweiter Ordnung im Periodenparallelogramm keine weiteren Nullpunkte.

Analog ergibt sich, daß die Funktionen

p{z) p{coo) und p{z) pipi + cj,)

in den Punkten «0 beziehungsweise co^ -\- ojg zur zweiten Ord- nung verschwinden und daß dies die einzigen Nullpunkte der beiden Funktionen im fundamentalen Periodenparallelogramm sind.

Es ist üblich die Werte p{(o^) iK^i) lK'^'\ + '''i) bezie- hungsweise mit Cj «2 ^3 ^^^ bezeichnen. Dementsprechend setzt mau w^ -]- Mo = CO3.

Betrachten wir nun den Quotienten

/•M ^ i^:m

Die P'unktion f{z) kann nur unstetig werden, wenn der Nenner Null oder der Zähler unendlich wird. Der Nenner verschwindet im fundamentalen Periodenparallelogramm nur in den Punkten Mj co.^ 0)3 und wird in diesen Punkten 0". Aber in denselben Punkten wird auch der Zähler 0", die Funktion f{z) bleibt daher stetig. Der Zähler wird im Punkt j = 0 00* aber in diesem Punkt wird auch der Nenner zur selben Ord-

202 41. Die Weierstraßsche p-Funktion.

nimg unendlich, der Quotient bleibt wieder stetig. Da für r = 0

lim e^p' iz) = 2 und lim z'^p{z) = 1 ist, so ist f{o) = 4.

Die Funktion /"(.s;) wird im Periodenparallelogramm nirgends unstetig und ist daher eine Konstante (Satz 1 des vorigen Paragraphen]. Die Konstante hat den Wert 4.

Die 2)-Funktion genügt somit der Differentialgleichung

(1) p\sy = 4:{p{z) - e,){jp{z) - e,){p{z) - e,).

Den Ausdruck auf der rechten Seite ordnen wir nach Potenzen von p(z) und setzen

(2) Pi^r- = ^p{^y-cfdK^'-9,p(^)-g,.

Hier ist ^1=4 (^1 + eo + Cg) g^ = -— (e^ßg + 636^ + e.e^)

_ 1 ^3 4 ^1 ^2 ^3

Die Koeffizienten g^ g.y g-^ lassen sich leicht durch die Koeffizienten der Reihe ausdrücken, die die Funktion p{z) in der Umgebung des Punktes z = 0 darstellt.

Da p(z) eine gerade Funktion ist, so können in dieser Reihe nur gerade Potenzen von z vorkommen. Die Reihe hat demnach die Form (s. oben)

p{z) = l,-\-c,z^+c^2'-\-

Hieraus folgt:

p(zY= 1.+2C2 + ---

21' (z) = - ^^ + 2c^_z + 4c^z^ H

Substituieren wir diese Werte in (2), so erhalten wir die Identität:

■e - 8 S - I6C4 = i-g.jr + (12C.3 -/72) ^,

-\- (12c^~ 2r/if, —^3)

§ 42. DarsUd. doppelt period. Funktionen durch d. Funkt,Jp(^lu.p'(^). 203 Aus derselben folgt:

Scg = I2c.2 g.2 9i = 20co

16c^ = 12c^ g^ (/3 = 28c^.

Wir fassen das Resultat in den Satz zusammen: Die doppelt periodische Funktion piz), die durch die Bedingunj^en (1) und (2) charakterisiert ist, ge- nügt der Differentialgleichung

p\zf = 4(2J(^) - e,)(j){z) - e,)(j){2) - e,)

Hier ist e,, =i>(ca,,) v = 1, 2, 3

ßi + ^2 + f'3 = 0 g, = - {e.,e.^ + ese^ + e^e^) g.^ = e^e^^e.^ .

Die Reihenentwicklung, die die Funktion p{£) in der Um- gebung der Nullpunkte darstellt, beginnt mit den Gliedern

§ 42. Darstellungc der doppelt periodischen Funk- tionen durch die Punktionen J){^^) und p {z). Es sei

f{z) eine doppelt periodische Funktion, die ebenfalls die Pe- rioden 2cl»^ und 2ü02 besitzt. Wir wollen überdies annehmen, fiz) sei eine gerade Funktion.

Die Funktion werde im fundamentalen Periodeuparalle- logramm oo ^ in den Punkten + a^ ± «2 * ' ' ± ^n ^^^^ ^^ "^ den Punkten + 6^ ± ^'2 ' ' " ± ^/c

Wir setzen vorerst voraus, daß keiner dieser Punkte in den Nullpunkt der ^-Ebene falle. Unter dieser Voraussetzung läßt sich die Funktion f{£) in der Form

(^i j / y^) '^^^^^' [-^V^) _ p(a;)\\jt{z^ _ ;5(a,)] . . . \p{z) - i)(a,r^] darstellen.

Um dies zu beweisen, betrachten wir die Funktion

'^ ^ ' '^^ [/>(^) - l>(&,)l[iK^) - PkK)] ■■■{P{^)- P{bn)] '

Die Funktion F(z) kann in keinem der Punkte + 6, un- stetig wei'den, denn in einem dieser Punkte verschwindet zwar

2( »4 S -1- 1 'arst. il. doppelt period. Funktioiun ciurch d. Funkt. v)(2) u. j>' (z).

eiu Faktor des Nt'uuers, aber gleichzeitig verschwindet auch

fiz) die Funktion f\z) und der Quotient ~jz^ __ ^,^ v, bleibt stetig.

Die Funktion F(z) kann auch in keinem der Punkte + fl,, unstetig werden.

E)enn in einem dieser Punkte wird zwar die Funktion f{s) >^ ', aber gleichzeitig wird der Faktor p(^) p{a„) des Zäh- lers i)\ das Produkt f(2) [p{z) p («,.)] bleibt stetig. Für z = {\ wird zwar die Funktion 2)(z) oo- aber der Quotient

i'w p^w

p[z) p{b,) bleibt stetig. In jedem anderen Punkt bleibt der Zähler von F{,z) stetig und der Nenner verschwindet nicht. Folglich wird die Funktion F(z) in keinem Punkt des Periodenparalle- logramms unstetig, sie ist somit eine Konstante, was zu be- weisen war.

Die Schlüsse, die zum Beweis der Gleichung ( 1 ) geführt haben, erfordern nur eine unwesentliche leicht zu übersehende Modifikation, wenn eine Anzahl der Pole «,, oder der Null- punkte /y, zusammenfallen. Die Gleichung (1) behält auch in diesem Fall unverändert ihre Geltung.

Eine gerade Funktion kann im Punkt z = 0 nur zu einer geraden Ordnung unendlich werden, denn die Reihe, die sie in der Umgebung dieses Punktes darstellt, kann oifenbar nur gerade Potenzen von z enthalten. Nehmen wir an, von den n Punkten «j a.^ .: . a„ rücken v in den Nullpunkt der .8f-Ebene, während die übrigen a^ a^ . . . «„_,, vom Nullpunkt verschieden bleiben. In diesem Fall tritt an die Stelle der Gleichung (1) die folgende:

_ [p(^) - p(b,)Mj>i^) - Pih^ Ijp(^) -piK)]

f{z) - ^'''^^^■ip(,) - p^n,)][piz) - p(a,)] . . [p(z^~p{a,_,)]'

Es hat keine Schwierigkeit diese Gleichung zu verifizieren: die Funktion f(z) und der rechts stehende Quotient haben die Nullpunkte und die Pole ± a^± a^ ±a„_,. gemein. Für z = 0 wird der Zähler des Quotienten oo^", der Nenner o<j^^'^~''\ der Quotient wird demnach ebenso wie die Funktion f(z)oo^''. Daher kann sich die Funktion f(z) von dem rechts stehenden Quotienten nur um eine multiplikative Konstante unterscheiden.

§42. Darst. d. doppelt period. Funktinnen durch d. Funkt. 7)'^;) u.ji'fz). 205

Der Fall, daß die Funktion ffz) im Punkt z = 0 ver- schwindet, läßt sich auf den eben besprochenen durch die ein- fache Bemerkuno; zurückführen, daß in diesem Fall ^., , fürz = 0

unendlich wird.

Damit ist bewiesen: eine crerade Funktion, die die- selben Perioden wie die j>-Funktion besitzt, läßt sich als rationale Funktion der j;-Funktion darstellen.

Die am Schluß des vorigen Paragraphen nachgewiesene Dar.><tellnng der Funktion jns)' als ganze Funktion von jj(z) erscheint als Spezialfall dieses Satzes.

Nehmen wir nunmehr an, die doppelt periodische Funk- tion f\z] sei eine ungerade Funktion. Der Quotient ,' ist

alsdann eine gerade Funktion und läßt sich demnach als ratio- nale Funktion von p(z) darstellen. Daraus folgt: eine un- gerade Funktion, die dieselben Perioden wie die 2>-Funktion besitzt, läßt sich als Produkt einer ratio- nalen Funktion von p(z) und der Derivierteu ^/U) darstellen.

Eine Funktion f{z), die weder gerade noch ungerade ist.

kann man als Summe der geraden Funktion -^[fi^) +f[—^)\

und der ungeraden Funktion ^[f{^)—f{—^)] betrachten. Diese Bemerkung im Zusammenhalt mit dem eben Bewiesenen führt zu dem Satz:

Eine doppelt periodische Funktion, die dieselben Perioden wie die ^j-Funktion hat und im Endlichen keine wesentlich singulare Stelle besitzt, läßt sich in

der Form

f: „. _ gi(p(g)) + g,(j)U))-i>'(^)

'^^ G^(p(z))

darstellen, wo G^ G^ G.^ ganze rationale Funktionen des angezeigten Arguments bedeuten.

Nehmen wir an, auch die Funktion F{z) besitze dieselben Perioden und habe im Endlichen keine wesentlich singulare Stelle. Auch F{z) läßt sich daher in der Form

darstellen, wo i/i H^ H^ ganze rationale Funktionen bedeuten.

2C*6 §^-- I'arst. d. doppelt period. Fiiuktionon durch d. ¥\nikt.p(z)'a.p' [z)'

Eliminieren wir aus dieser Gleichung, der für f(js) gel- tenden und der Gleichung, die zwischen p(ß) und p'(^) besteht, die Funktionen p{z) und p'{z), so gelangen wir zu einer alge- braischen Gleichung zwischen fi::) und F{z).

Damit ist der Satz bewiesen:

Zwischen zwei doppelt periodischen Funktionen mit denselben Perioden, die beide im Endlichen keinen wesentlich singulären Punkt haben, besteht eine algebraische Gleichung.

Nehmen wir an, die Funktion f(z) sei von der Ordnung n, die Funktion F{z) von der Ordnung m. Die Funktion /'(^) nimmt einen gegebenen Wert in n Punkten des Perioden- parallelogramms an. Die Werte, die F(z) in diesen Punkten annimmt, sind im allgemeinen untereinander verschieden. Es entsprechen also im allgemeinen einem Werte von f(z) n ver- schiedene Werte von Fiz) und analog entsprechem einem Werte von F(z) m verschiedene Werte von f{z). Die Gleichung^ der die Funktionen fis) und F(z) genügen, ist daher im all- gemeinen in F{z) vom Grade n und in f(z) vom Grade in. In besonderen Fällen können diese Gradzahlen kleiner sein; dies tritt z. B. ein, wenn die beiden Funktionen f{z) und F{z) gerade sind.

Wir leiten aus dem oben bewiesenen Satz noch das so- genannte Additionstheorem der ;>Funktion ab. Die Funktion p{z -\- Zq) hat als Funktion von z betrachtet dieselben Perioden wie die Funktion p(z) und muß sich daher als rationale Funk- tion von piz) und p'iz) darstellen lassen.

Die Konstanten, die in diesen rationalen Ausdruck ein- gehen, werden von der Größe Zq abhängen. Die Funktion piz ■{■ Zq) muß sich aber auch als Funktion von Zq betrachtet als rationale Funktion von 2^(^o) ^^^ P'i^o) darstellen lassen. Daraus folgt:

Die Funktion p(z -\- Zq) läßt sich als rationale Funktion der Größen p(z) p'(z) p(zq) p'(zq) darstellen.

Um die Darstellung auszuführen, betrachten wir zunächst Zq als konstant, z als variabel und bilden die Funktion

fiz) =- I>{S + Zo) - P{Sq).

Diese Funktion ist von der zweiten Ordnung. Sie wird

§ 42. Darst. d. doppelt period. Funktionen durch d. Funkt. p(z) u.p'fz). 207

im I*unkt r = - r„ oo- und zwar der Art, daß lim {z + z^ffiz) = 1

ist und sie wird 0^ im Punkt ^ = 0. Der zweite Nullpunkt ist durch den Satz IV des § 40 bestimmt.

Wir gehen nun von dem allgemeinen Ansatz

(2) /■(.) = g.(i'"»+f.(g"» ■?•(') aus.

Der Nenner muß für z = Zq 0^ werden, wir setzen daher

(3) G,(p{z^)^\jAz)-p{2o)Y.

Für ^ = 0 wird p{z} = oo^ also G^(p<z)) = oo*; da in diesem Punkt f(z) = 0^ ist, so darf der Zähler höchstens oo^ werden. Daher muß G^ eine lineare Funktion und Cr, eine Konstante sein.

Wir setzen

(4) G^(p{z)) = ap{z) + h, G^ijpiz)) = c.

Der Nenner des Quotienten auf der rechten Seite der Gleichung (2) wird nicht nur im Punkt z = Zq, sondern auch im Punkt z = Zq 0-(3). Da die Funktion f(z) im letzteren Punkt stetig bleibt, muß auch der Zähler des Quotienten im Punkt z^^ 0- werden. Diese Bedingung ist gleichbedeutend mit der Bedingung, daß für z = z^^ der Zähler selbst und seine erste Derivierte verschwinden. Es ist also (4)

Wir genügen der ersten Gleichung, indem wir

a = (jp"{Zq) c = Ql^'ißo) setzen. Aus der zweiten Gleichung folgt

^ = q[- p(-o)p\^o) + P'i^oYl Führen wir diese Werte in (4) ein und substituieren wir sodann (3) und (4) in (2), so folgt

(^\ fiz-\ - n r P"^^°^ - t)'(z ^ P'^'l-P(-'ol'].

(5 ) f(z) - Q |_^^^^^ _ p^^^, p Uo) ^^(^^ _p(,^)]0

Um den Proportionalitätsfaktor q zu bestimmen, benützen wir die Gleichimg

lim (z + z^ffiz) = 1.

208 § -iä- rartialliiuchzerfalluug der jj- Funktion.

lim ^^^^-=i^ = _^,'(. ) folglich

p , . "' = 1 also o = ^

Zufolge der Differentialgleichung, der die Funktion 2)[z) genügt (s. den Schluß des vorigen Paragraphen) ist 2p{z)p\z)=12p(zyp(z)—g^2H.^) also i/'(^) = 6;>(.?)2- .^ o^.

Substituieren wir die Werte von q und p"{Zq) in (5) so folgt:

f(z)=2)(z -\- Zo^-p(zo)

piz) - p{z,) 2 i' y^<^^ [p (z) - p{z,)y

Um dieser Formel eine mehr symmetrische Gestalt zu

geben, vertauschen wir zunächst die Größen s und z^. Wir erhalten

Indem wir die beiden letzten Gleichungen addieren und dann mit 2 dividieren, erhalten wir nach einer einfachen Re- duktion die in den Größen z und Zq symmetrische Gleichung

§ 43. Partialbruchzerfälluug der p-Fuuktion. Im

vorigen Abschnitt sind zwei Arten der Darstellung einer ein- wertigen Funktion, die im Endlichen keine wesentlich singu- lare Stelle besitzt, nachgewiesen worden: die Zerlegung in Partialbrüche, die die Pole und die zugehörigen charakteristischen Funktionen in Evidenz setzt, und die Darstellung als Quotient zweier ganzer Funktionen, die die Pole und die Nullpunkte dafür aber nicht die zu den Polen gehörigen charakteristischen Funktionen ersichtlich macht.

Diese . beiden Arten der Darstellung sollen nun für die doppelt periodischen Funktionen durchgeführt werden. Wir beginnen mit der Partialbruchzerfällung der ^)-Funktion.

Die ^)-Funktion wird -^c^ in den I^unkten

u- = 2}i(Oi + 2yoj, .a, V = 0 ± 1 ± 2 •.

5? 43. rartialbruchzertullun»? der 7>-Fuuktion. 209

Wir lassen den Pol «„q = (> beiseite und ordnen die übrigen Punkte in eine einfache Reihe. Zu dem Zweck trreifen wir auf die in i? 39 konstruierte Figur 22 zurück: wir legen durch den Nullpunkt der ^-Ebene und den Punkt 2oji eine Gerade ft, durch den Nullpunkt und den Punkt '2i>j., eine Gerade //. Dann ziehen wir durch die Punkte

2 Wo 4 Wo ( j Wo . . . 2 ojo 4 ojo •3^2 die Geraden //j g^ //g fl_i y_2 U-z parallel zur Geraden g und durch die Punkte 2fOj 4wj 6wj... 2coj 4w^ 6oj, ... die Geraden h^ h.^ /'s ^'-i ''_2 '*_3 parallel zur Geraden Ji. Der Punkt ic , ist offenbar der Schnittpunkt der Geraden h^ und <7,,. Wir fassen nun zunächst die Punkte ic^,. zusammen, die auf den Seiten des Parallelogramms P^ liegen, das durch die Geraden g^ g_^ h^ h_i bestimmt ist. Es sind das die Punkte i(\_i ii\q n^^ «Li-i ^'"-lo ^'-u ^^'o-i ^'"oi- Hierauf fassen wir die Punkte ?r,^,. auf den Seiten des Parallelogi'amms Pg zusammen, das durch die Geraden ^g 9-2 ^'2 ^'-2 bestimmt ist, dann die Punkte auf den Seiten des Parallelogramms Pg, das durch die Geraden r/3 g_^ Jt^ h_.^ bestimmt ist usw. Auf den Seiten des Parallelogramms P, liegen Sr Punkte ic-^, nämlich die 2('2i' -|- 1) Schnittpunkte der 2v -\- 1 Geraden /'_,. ^_(v_i) ^'-1 ^' ''1 ^'(i-i) '^ ^^^ d^^ Geraden //, und .9_v und die '2(2v~ 1) Schnittpunkte der Geraden ^_(,,_i^ . . . ^_i g[/i ifu-V) ^^ ^^^ Geraden //,, und /<_,,.

Es sei 21 die kleinere der beiden Höhen des Parallelo- gramms Pj, 2d die größere Diagonale. Der Abstand des Nullpunkts von einem Punkt auf einer Seite des Parallelo- gramms P, liegt zwischen den (jrößen / und d.

Die Parallelogramme P^ Pg P3 . . . sind alle untereinander ähnlich und ihre Seiten verhalten sich wie 1:2:3..., daher ist der Abstand des Nullpunkts von einem Punkt, der auf einer Seite des Parallelogramms 1\ liegt, nicht kleiner als vi und nicht größer als vd.

Wir bilden nun die Summe

Hier sind für u. v alle ganzen Zahlen zu setzen, nur die

I) u r^ge-Maurer, Funktionentheorie. 5 Aud. 14

210 § ^3. Ptarticilbrnchzerfällung der |3-Funktion.

Kombination .u =0, v = 0 ist auszuschließen. An diese Aus- nahme soll der Akzent am Summenzeichen erinnern, n sei eine positive Zahl, von der wir vorerst noch nicht voraus- setzen, daß sie tjanz ist.

Jeder der Si' Punkte, die auf den Seiten des Parallelo- gramms P, liegen, liefert zur Summe S einen Beitrag, der

zwischen den Grenzen , , und .— ^— liegt. Daher ist

s<y ?^ = ^y-i-und

1=1 »=i

.=1 ' 1=1

Bekanntlich konvergiert oder divergiert die Reihe ^^ ^izn

r

je nachdem n > 2 oder « < 2 ist. Dasselbe gilt somit für die Summe S.

Soll also n eine ganze Zahl sein, so muß n mindestens den Wert 3 haben.

Aus der Konvergenz der Reihe S = ^^ rg folgt 35),

daß die Reihe

^+2'l

^ ^ (Z ICiu ,.)'

eine in der ganzen .i-Ebene einwertige Funktion f(z) dar.stellt.

Die Form des allgemeinen Gliedes der Reihe bleibt un- geändert, wenn man die Variable z durch z -\- 2g3^ ersetzt und gleichzeitig an Stelle des Summationsindex /u, den Index fi -f 1 einführt, der ebenfalls alle ganzen Zahlen von oo bis + oo zu durchlaufen hat. Daher hat die Funktion f{s) die Periode 2(0i und ebenso ist ersichtlich, daß sie auch die Periode 2(0^ besitzt.

Die Funktion f{z) ist ungerade, denn das allgemeine Glied der Reihe wechselt nur sein Vorzeichen, wenn man die Variable z durch z ersetzt und gleichzeitig an Stelle der Summations- indizes ^iv die Indizes ^u v treten läßt. Die Funktion /T^") wird nur im Punkt z = 0 des fundamentalen Periodeni)aralle- logramms unstetig und zwar der Art, daß die Differenz

§ 43. Partialbruchzerfällung der p-Funktion. 211

f{z) j- stetig bleibt. Die Funktion i/(/) wird ebenfalls nur

im Punkt z = 0 des Periodenparallelogramms unstetig; die

2

Summe p'{z) + ,1 bleibt stetig. Daher ist die doppelt periodi- sche Funktion /)'(,?) + 2 /'(^i) im Periodenparallelogramm nirgends unstetig; sie ist somit konstant (Satz I des § 40) und zwar = 0, weil die beiden Funktionen f{z) und p'iz) ungerade sind. Wir erhalten somit für die Funktion p'iz) die Partial- bruchzerlegimg

(1, y(,)__22'(j^r~7,

WO die Summation über alle ganzen Zahlen [i v zu erstrecken ist. Die Funktion p{z) wird für ^ = 0 unstetig der Art, daß

lim p (z) , = 0 ist.

Daher ist

z

p(z)-j,=^f[p(^)+^]dz. ö Hieraus ergibt sich durch gliedweise Integration der Reihe (1)

wo die Summation wieder über alle ganzen Zahlen }i, v mit Ausschluß der Kombination ,it = 0, v = 0 zu erstrecken ist.

Es ist leicht zu verifizieren, daß die Reihe (2) eine doppelt periodische Funktion darstellt. Zunächst ist nämlich klar, daß die Reihensumme eine gerade Fimktiou ist, denn ersetzt man den Wert z durch z, so werden nur die Glieder der Reihe, die den Indizes ^, v und jit, v entsprechen, miteinander vertauscht. Sodann folgt aus der Periodizität der Funktion p'iß), daß die beiden Differenzen

p{z + '2(o^ pi.^) uJid p[z + 2 03.^ Pi^) konstant sind. Setzt man z = co^ beziehungsweise = Wo, so erkennt man, daß die beiden Konstanten gleich Null sind.

In den vorausgehenden Paragraphen haben wir still- schweigend vorausgesetzt, daß es doppelt periodische Funk- tionen gibt und unter dieser Annahme die Eigenschaften dieser Funktionen untersucht; durch die eben durchgeführte Dar-

14*

212 § -i^- i^ie Funktion ^{z).

Stellung der y>-Funktion ist der bisher fehlende Existenzbeweis erbracht.

§ 44. Die Punktion C(~). Um die Partialbruchzer- fällung einer doppelt periodischen Funktion Ijeliebiger Ordnung durchführen zu können, stellen wir uns zunächst die Aufgabe, eine einwertige Funktion der Variabein z der Art zu be- stimmen, daß sie in jedem der Punkte ?r^, unendlich wird wie

die Funktion

Z Wf, ,.

Eine Funktion, die dieser Bedingung genügt, kann aller- dings nicht doppelt periodisch sein, da sie ja nur in einem Punkt des Periodenparallelogramms oo^ wird (s. § 40 Satz II), wir können aber, wie sich sofort zeigen wird, eine der ge- nannten Bedingung genügende Fimktion der Art bestimmen, daß sie in einer sehr einfachen Beziehung zu den doppelt periodischen Funktionen steht.

Die Derivierte einer Funktion, die in jedem der Punkte

)C unendlich wird wie die Funktion , wird im Punkt

Z— 10 u ,, '

?r„,, unstetig wie die Funktion r«, sie wird also im

Punkt u\^ , genau in derselben Art unstetig wie die Funktion —piz). AVir erhalten daher eine Funktion der verlangten Art sie möge mit t,{z) bezeichnet werden wenn wir festsetzen, es sei

(1) 1'{^) = -Pi^)-

Über die additive Konstante, die hiernach noch willkürlich bleibt, verfügen wir durch die Bestimmung, es sei

(2) nmreUj--^]=0.

Die Funktion piz) ^ verhält sich in der Umgebung des Nullpunkts regulär, dasselbe gilt daher auch für die Funktion t,' {z) -f -^- Wir erhalten somit

z -

J[l'{z) + /,-] dz = ^{z) - i- = -J[im - ^] dz.

0 0

Durch gliedweise Integration ergibt sich fs. Gleichung (2) des vorigen Paragraphen)

§ 44. Die Funktion ^{z). 213

(3) e^.)=;,+2''[.-3V:, + 4.+.^:J'

wo für u, V alle ganzen Zahlen mit Ausnahme der Kombination u = 0, V = 0 zu setzen sind.

Daß die rechts stehende Reihe in jedem Punkt 2, der mit keinem der Punkte n\^^. zusammenfällt, gleichmäßig konvergiert, braucht nicht erst bewiesen zu werden: es ergibt sich das aus der Herleitung der Reihe (s. ij 24).

Aus der Gleichung ( 3) geht hervor, daß die Funktion ^(s) in der ganzen Ebene einwertig und von den Punkten u\^^, und dem imendlich fernen Punkt abgesehen regulär ist. Im Punkt

n\ , bleibt die Differenz tis) stetig. Die Funktion

" ' * ^ 2 tv^ ,, o

^(/) genügt somit den aufgestellten Bedingimgen.

Es ist ferner ersichtlich, daß die Funktion ^(s) ungerade ist. Ersetzt man nämlich den Wert 3 durch den Wert z und läßt gleichzeitig an Stelle der Summationsindizes /t, v die Indizes fi, v treten, so wechselt der Ausdruck auf der rechten Seite der Gleichung (3) nur das Vorzeichen.

Die Funktion ^(2) kann nicht doppelt periodisch sein, daher können nicht gleichzeitig die beiden Differenzen

t(z + 2o3i) - t{^) = 2>;i und ^(5 + 2«,) - ^{z) = 2r,, verschwinden. Da aber die Derivierten

t\2 + 2o3i) - t'{^') = - UK- + 2aJi) -piz)] und t'(j3 + 2(0,) - r(^) = - [jp(^ + 2(o,) -p{2)]

gleich Null sind, so sind die Größen 7]^ und r^g Konstante. Setzt man einmal z = coj, das andere Mal z = (Oc,, so er- gibt sich, weil ^iz) eine ungerade Funktion ist (4) )ji = ^(G)i) r], = ^((J3.,).

Zwischen den Konstanten r^ und tjo besteht eine einfache Beziehung.

Wir gelangen am leichtesten zu derselben, indem wir das Integral ,

bilden, wo die Integration im positiven Sinn über die Be- grenzung des fundamentalen Periodenparallelogramms zu er-

214 § **• Die Funktion ^{z).

strecken ist. Die Eckpunkte desselben bezeiclinen wir wieder mit Zq z^ Zo z^ (s. Fig. 24 § 4U) und wir nehmen wieder au, daß sich seine Diagonalen im Nullpunkt schneiden.

Durchläuft der Punkt z die Seite ZqZ^, so durchläuft der homologe Punkt z -\- 2c3., die Seite z.2^3- Daher ist

ß{z)ch-\-ft{^)dz

= AbU) - ^(^ + 2 «,)](/.- - - 2i^,{z, -z^) = - 4)^2^1

Durchläuft der Punkt z die Seite ZqZ^, so durchläuft der homologe Punkt z -\- 200^ die Seite z^z^. Daher ist

ß{z)dz+ ß(z)dz= Cltiz + 2oo,) - Uz)]dz = 4ri,co,.

2l «1 ^o

Demnach ist

Im fundamentalen Periodenparallelogramm wird die Funk- tion ^(z) nur im Punkt ^ = 0 unstetig und das zugehörige Residuum ist = 1, also ist -/= 1. Folglich ist

Wir fassen das im Vorstehenden Bewiesene zusammen. 4) Die Funktion ^(z) genügt den Relationen

t(z + 2(0,) = tiz) + 2r}, ^[z + 203,) = i,{z) + 27?,.

Die hier auftretenden Größen r/^^ sind konstant und zAvar ist

Diese Konstanten genügen der Grleichung

Vi "2 '/2 "i = \-

Mittels der Funktion t,(z) kann man nunmehr leicht eine beliebige doppelt periodische Funktion in Partialbrüche zer- fallen.

Es sei f(z) eine doppelt periodische Funktion, die in den

§ 44. Die Funktion ^(z). 215

Punkten a^ n., . . . a^ des fundamentalen Periodenj)arallelogramnis unstetig wird. Die zum Punkt a^. gehörige charakteristische Funktion sei

Die Funktion ^(z) wird im Punkt ^ = 0 miendlich wie

Funktion , ihre

z

lieh wie die Funktion

die Funktion , ihre (fi 1)'* Derivierte wird daher uneud-

(-ir-h-2---(ft-i)

Daher wird die Funktion

~ \ "■) 1 .•2-3-- -(/i— 1) ^ '■'

im Punkt «,, in derselben Weise unstetig wie die Funktion f{z)\ die Diflerenz f{z) 0^,(z) bleibt im Punkt o,, stetig. Wir bilden nun die Funktion

n

1 =1 und beweisen, daß diese Funktion die Perioden 2co^ und 2o32 besitzt.

Zunächst ist zu bemerken: die Derivierten der S;-Funktion besitzen tliese Perioden, weil t,'{s)= ii(z) ist. Daher ist

Folglich ist

n

F(z + 2«0 - F{z) = 2ri,^ c(:V Die rechts stehende Summe

n v = l C_

ist die Summe der Residuen für die dem Periodenparallelo- gramm angehörenden Pole der Funktion f(z). Sie verschwindet also zufolge Satz 11 des § 40. Daher ist, wie behaujjtet wurde F{z -(- 2(0j) = F(z) und aus den gleichen Gründen ergibt sich, daß die Funktion F(z) auch die Periode 2c3.2 besitzt.

216 § 45. Die Funkrion 6{s .

Die Funktion fyz) Fi 2) ist daher doppelt periodisch: im Periodenparallelogramm wird sie nirgends unstetig, daher ist sie konstant

Damit ist bewiesen:

Eine jede doppelt periodische Funktion f{z) läßt sich in der Form darstellen

§ 45. Die PnrLktion (tCO- Es erübrigt nun noch eine gegebene doppelt periodische Funktion als Quotient zweier cranzer Funktionen darzustellen. Zu dem Zweck ist es nötig eine ganze Funktion zu konstruieren, die in jedem Punkt eines Gitters homologer Punkte zur ersten Ordnung rerschwindet. Ein Punkt des Gitters kann beliebig gewählt werden: wir wollen festsetzen, daß der Punkt z = 0 dem Gitter angehöre.

Die logarithmische Derivierte einer ganzen Funktion wird im Endlichen nur in den Xullpunkten der Funktion unstetig imd zwar 3c^: das Residuum, das zu diesem Pol gehört, ist f'leich der Ordnung des Nullpunkts, im vorliegenden Fall also = 1 (§29 1. Die logarithmische Deririerte der zu bestimmenden Funktion wird somit in denselben Punkten und in derselben Art imstetig wie die Funktion X{z)\ es ist daher zulä.ssig sie = t z zu setzen. Wir setzen also, der von Weierstraß ein- geführten Bezeichnungs weise folgend

und bestimmen die noch zur Verfügung stehende multiplika- tive Konstante durch die Bedingung

Hm ^ = 1.

r r = 0 •"

Folglich ist

z z

§ 4n. Die Funktion 0(2:). 217

Wir drücken ^t^) durch die Reihe (8) des vorigen Para- graphen aus und erhalten durch gliedweise Integration

Hieraus folgt

.u, v = 0 ± 1 ± 2 ausgenommen a = 0, v = 0.

Die Funktion (J(^) ist in der ganzen Ebene einwertig und im Endlichen überall regulär, Sie verschwindet wie ver- langt ist in den Punkten des Gitters ?r„,,. Man überzeugt sich leicht, daß ö[z) eine ungerade Funktion ist. Der allge- meine Faktor des Produkts IV ändert nämlich seine Form nicht, wenn man die Variable z durch z und gleichzeitig die Indizes [l, v durch ,a, v ersetzt.

Aus der Gleichung l{z -^ 20^) Hz) = 2ri^ (Nr. 4 des vorigen Paragraphen) folgt mit Rücksicht auf (1)

</ log -^-r ~

5 = 2>;, und hieraus

dz '^

WO a eine Konstante bedeutet.

Es ist somit 6(2 -{-2a^) = e^ ';,(-- + «) 0(2^,

Um die Konstante cc zu bestimmen, setzen wir z = roj . Da oiz) eine ungerade Funktion ist, so folgt

e-'U" = e-''i 'i. Wir erhalten also

(3) (siz + 2 co^) = - e^ '-. (-• + '".) G (2)

uiid auf demselben Wege ergibt sich

a(z + 2 «2) = e2';.(-'+"'.)ö(^).

Mittels der a-Funktion können wir nun leicht eine be- liebige doppelt periodische Funktion f{z) darstellen.

Die Funktion f(z) werde im fundamentalen Perioden- parallelogramm oc^ in den Punkten «^ «2 . . . a„ und 0^ in den Punkten h^h.^ . . . />„.

218 §•*'■'• We Funktiou a{z).

Die Größen a^ und h;^ müssen der Relation 40 Satz IV)

(4) (h,-\-K--- + &J -(a, + a,--- + n„) = 2^0), + '^va, genügen, wo /i und v ganze Zahlen bedeuten; im übrigen dürfen sie willkürlich gewählt werden. Wir lassen insbesondere die Möglichkeit oflFen, daß die Größen a^ und die Größen />; nicht alle untereinander verschieden sind, daß also Pole und Nullpunkte höherer Ordnung auftreten.

Wir bilden nun die Funktion

(5) F(z) = er^ «(l^zA_)-JlzL.^_,)_L_-j^(-_-_M ^ '^ ^ ^ a{z ai)a{z a^) g(z a„)

und beweisen, daß wir über die Konstante y der Art verfügen

können, daß die Funktion JP(r) die Perioden 2(0^ und '2co.2 besitzt.

Zufolge (3) ist

6{z a^ + 2g3i) = e2'/.(---«;. + «.)ö(5 a,),

folglich ist

6(z h.+ 2a),) 6(z &,)

g{z a. -|- 2(Bj) 6{z a)

Daher ist

F{z) '

also wegen (4)

(6) ^(0 + 2(0,) _ g4^.0,,.^-t.va,^) + 2)>a„^

Dementsprechend ist

^ ^ F{z)

Zwischen den Exponenten

E^ = 4?jj(^Gjj + va.^) -T 2ycj^ und E^ = 4?/2(iW'«i + vojq) + ^J'Wg besteht auf Grund der Gleichung ^a.^ ''?2C)i= y (^^- ^ ^^^ vorigen Paragraphen^ die Relation

cjg-E'i aij/i", = 27ti(uoOi -\- VCO2).

Bestimmen wir also die Konstante y durch die Gleichung E^= V 27ii, so wird JE", = jit 2:tl Die Exponentialgrößen auf der rechten Seite der Gleichungen (6j und (7j werden also = 1.

Die Funktionen f{z) und F{z) besitzen somit dieselben

§ 45. Die Funktion a(z). 219

Perioden und sie haben die Pole und die Nullpunkte gemein, ihr Quotient ist daher notwendig eine Konstante.

Damit ist bewiesen:

Die doppelt periodische Funktion f\z) läßt sich

in der Form

e{z hn)

f{z) = Konst. er^ <^(^ - W - ^i.

6{z a„)

darstellen. Die Konstante y ist durch eine der beiden Gleichungen

4^1 (^"»1+ vojg) + ^ycoi = V 27ti 4:rj2(^c}i + vcoo) + -yoj.y = u 2711 bestimmt, [i, v sind die in der Gleichung (4) vor- kommenden ganzen Zahlen.

Wir "wenden den e])eu Ijewiesenen Satz auf die Funktion p{z)—p{z^ an.

Die Funktion wird oc - für r = 0 und sie wird 0^ für z = Zq und ebenso für z ^ ^q, da ja p{z) eine gerade Funk- tion ist. Im Torliegenden Fall sind die durch die Gleichung (4) bestimmten Zahlen ii und v gleich Null, folglich ver- schwindet auch y und wir erhalten

p{0) —p{z^) = C -,-^^

Der Wert der Konstanten C ergibt sich mit Hilfe der Be- merkung, daß

lim Z'p {z) = 1 und lim =1 ist.

j = 0 g

Es ist demnach

-^, = ^^(^0^ '^^^ folglich

Wir haben im vorausgehenden stillschweigend voraus- gesetzt, daß die Punkte Zq und Zq nicht homolog sind. Tritt dieser Fall ein, so muß '2zq = 2nco^-\- 'Iva^ sein, wo .u und V ganze Zahlen bedeuten. Der Punkt Zq muß also mit einem der Punkte 0 co^ a.^ o.^ homolog sein. Der erste Punkt ist auszuschließen, weil piz^) einen endlichen Wert haben muß. Ist dagegen z^ = W;( A = 1, 2, 3), so verschwindet die Funktion p{z) p{Zq) für z = Zq zur zweiten Ordnung (§41) und die

220 § ^»i- l^ie Fuuktiou H{z).

vorstehende Gleichung bleibt daher richtig. Wir können ihr in iliesem Fall noch eine andere Form geben. Aus (3) ergibt sieh, wenn wir z durch ~~ lo^ ersetzen

ö(z + coy) = e''hr(}{.3 G);).

Daraus folgt

a{z wp

P{-)

e\'-

ff(^)c(cü.)J

Diese Gleichung zeigt, daß sich die drei Wurzelgrößen YpizS— C) als einwertige Funktionen der Variabeln z dar- stellen lassen. Diese Funktionen spielen in der Theorie der elliptischen Funktionen eine wichtige Rolle; an diesem Ort können wir darauf nicht weiter eingehen.

§ 46. Die Funktion //(~). Die (?- Funktion ist eine ganze transzendente Funktion, sie läßt sich daher durch eine im Endlichen überall konvergierende Potenzreihe darstellen. Diese Reihe ist aber wegen des komplizierten Baues ihrer Koeffizienten zur numnierischen Berechnung wenig geeignet. Zu praktisch sehr brauchbaren Reihen gelangt man, wenn man an Stelle der Funktion ö(z) eine Funktion einführt, die wenigstens einfach periodisch ist.

Wir setzen unter C und y Konstante verstehend H{z) = Cey^'öiz).

Aus der Gleichung (3) des vorigen Paragraphen folgt

H(Zj\-2cJr) _ _ g(4yo,,, + 2,;,)(=+0),,) 1^ = 1,2,3

H{z) ' '

Setzen wir y = -'* so verschwindet für v = 1 der

' 2 Wj

Exponent der Exponentialfunktion auf der rechten Seite der vorstehenden Gleichung, für v == 2 erhält er den Wert

(s. § 44 Nr. 4). Die Funktion

^^) H{z)= Ce '"'^ 6(z)

genügt also den Gleichungen

(2) H(z + 2(o,) = -H(z) H(z + 2(o,) = -e~"^^''^"''^H{z).

§ 4<J. Die Kuuktion H(z). 221

Die Funktion //(Vi besitzt demnach die Periode 4(.j, . Daraus folgt: die Funktion H{z) kann als einwertige Funktion

der Größe u = e-*"' betrachtet werden und sie läßt sich da sie eine ganze transzendente Funktion der Variabein z ist durch eine nach Potenzen von i( fortschreitende Laurentsche Reihe darstellen, die vom Nullpunkt und dem unendlich fernen Punkt abgesehen, in der ganzen »-Ebene konvergiert. Wir setzen

Ersetzen wir die Größe z durch z, so tritt an Stelle der Größe n ihr reziproker Wert. Da die Funktion H{z) ebenso wie die Funktion (?(/) ungerade ist, ist demnach

f{1)=-F(u) also ^, c,,»'' = y^, cjr% folglich ist

1- = -X OK

(4 ) c_ ,, = c, und insbesondere Cq = 0.

Ersetzen wir die Größe z durch die Größe z + -coo, so

ni :

tritt an Stelle der Größe ?< = f-"'> die Größe qii, wo zur Ab- kürzung

^^ e "'' == g gesetzt ist.

Aus der zweiten Gleichung (2 1 folgt

F{qu) = ^^^, F(u), also ist

-j. X x

Folglich ist (^r= ~ ^,-2'/~^-

Wegen (4) verschwinden daher alle Koeffizienten mit geradem Index und für die Koeffizienten mit positivem un- geraden Index gilt die Gleichung

(6) C,,^,= (-l)'Y(" + ^)q.

Mit Rücksicht auf (4) und (6) ergibt sich aus (3)

222 § 47. Das Prinzip der analytischen Fortsetzang.

Nun ist fr' ^ 1 = 2i sin ^— . - - ,?.

\lt/ 2 Ml

Wir erteilen der zur Verfügung stehenden Konstanten q

1 lo^ni

den Wert ?'(/* = ?e^"'' und erhalten

(7) ».)_22'(-l)-s('"^")"sm(l^i^%.

r=l ^

Die Funktion H{z) wii-d nach dem Begründer der doppelt periodischen Funktionen die Jacobische H-Funktion genannt.

Um die in der Gleichung (1) auftretende Konstante C zu bestimmen, differenzieren wir nach z und setzen dann z = 0. Wegen ß'{0) = 1 erhalten wir C= H'(0). Andererseits folgt aus (T)

1=1

Der reeUe Teil des Quotienten ist auf jeden FaU ne- gativ, also ist sicher |(/|<1 (§39); wir können aber die pri- mitiven Perioden 20^ 2(0^ der Art wählen, daß der reelle

Teil des Quotienten - nicht größer als l/S ist. Es ist

-^^^n 1

dann ' 2 1 ^ e - < und die Reihe (7) konvergiert außer-

ordentlich schnell.

Siebenter Abschnitt. Mehrwertige Faiiktionen.

§ 47. Das Prinzip der analytischen Fortsetzung.

Im Vorausgehenden haben wir uns fast ausschließlich mit den einwertigen Funktionen einer komplexen Variabein be- schäftigt: mit den Funktionen, die in jedem Punkt, für den sie überhaupt definiert sind, nur einen vollkommen bestimmten Wert annehmen. In den Integralen der einwertigen Funk- tionen sind uns aber schon Funktionen von einer wesentlich anderen Art entgegengetreten: als Funktion der oberen Grenze betrachtet zeigt das Integral zwar in jedem Punkt, für den es überhaupt definiert ist, das reguläre Verhalten einer analytischen

§ 47. Kas rdiizi]» der analytischen Fortsetzung. 225

Funktion, aber es kann, allgemein zu reden, in einem Punkt je nach der Wahl des Iiitegrationsweges unendlich viele ver- schiedene Werte annehmen. Als einfachstes Beispiel kann das

Integral / ^ = log z dienen. Die Funktion log z verhält sich

1 in allen Punkten der ^-Ebene mit Ausnahme des Nullpunkts und des unendlich fernen Punktes regulär, sie besitzt aber in einem jeden Punkt unendlich viele verschiedene Werte, die sich um Multipla von 2;r/ unterscheiden.

Um die Grundlagen für eine Theorie der mehrwertigen Funktionen zu gewinnen, gehen wir von der folgenden Über- legung aus:

Eine Funktion der komplexen Yariabeln z, die sich im Punkt a regulär verhält, läßt sich in der Umgebung dieses Punktes durch eine nach aufsteigenden Potenzen von z a fortschreitende Potenzreihe '^{z a) die Taylorsche Reihe darstellen. Umgekehrt definiert die Potenzreihe '^{z\a), so- weit sie konvergiert, eine einwertige Funktion iv = f{z), die sich in jedem Punkt innerhalb des Konvergenzkreises regulär verhält. In der Umgebung eines beliebigen Punktes a^ im Innern dieses Konvergenzkreises wird die Funktion durch eine nach Potenzen von z a^ fortschreitende Potenzreihe ^i(^|ai) dargestellt. Die Koeffizienten dieser neuen Reihenentwicklung ergeben sich ohne weiteres, wenn wir eine jede in der Reihen- entwicklung ^{z\a) auftretende Potenz {z a)" nach Potenzen von z rtj entwickeln und dann nach Potenzen von z a^ ordnen. Aus dieser Herleitung der Reihe '*^i(/|«i) ergibt sich unmittelbar, daß sie in jedem Punkt, der innerhalb des Kon- vergenzkreises der Reihe ^{z\a) liegt, denselben Funktions- wert darstellt wie die letztere Reihe. Die Reihe ^^ {z \ a^ muß notwendigerweise in jedem Punkt konvergieren, der innerhalb des Konvergenzkreises der Reihe '!p(^ a) liegt, sie kann aber möglicherweise auch noch außerhalb dieses Kreises konvergent bleiben. Wenn dieser Fall eintritt, so wird durch die Reihenentwicklung ^i [z \ a^) der Bereich für den die Funktion tc definiert ist, über den Konvergenzkreis der Reihe ^{e\d) hinaus erweitert.

1^24 § 4*^- 1^51^ Prinzip der aiialytisclien Fortsetziinji.

Innerhalb dieses erweiterten l)efiuitionsl)ereiehes der Funk- tion IC wählen wir einen weitereu l'unkt a.^ und stellen die Potenzreihe '^^{z a^) her, die die Funktion iu der Umgebung des Punktes a, darstellt. Sofern der Konvergenzkreis dieser Reihe über das Gebiet, für das die Funktion bisher definiert war, hinausreicht, erbalten wir eine neue Erweiterung des Definitionsbereiches usw. Man bezeichnet dieses Verfalu'en den Definitionsbereich der Funktion tr schrittweise zu er- weitern, als IVin/.ip der anal3'tischen Fortsetzung. Die ein- zelnen Potenzreihen ^(z ' rt) ^i(^ | a^ ^«(-^ | «,) bezeichnet Weiersti-aß als Funktionselemente.

Ein beliebiger Punkt h der ^-Ebene, zu dem man über- haupt mittels des Fortsetzungsprinzips gelangen kann, kann oö'enbar auf verschiedene Arten erreicht werden und dement- sj »rechend besteht die Möglichkeit, daß die Funktion /r im Punkt h verschiedene Werte annimmt. Um dies genauer zu untersuchen, verbinden Avir die Punkte a und J) durch eine sich nicht überkreuzende Kurve L und definieren die Funktion IV zunächst für die Punkte der Kurve L. Eine reguläre Funktion ist in der Umgebung eines gegebenen Punktes voll- kommen bestimmt, sobald sie für ein beliebig kleines durch diesen Punkt gehendes Linienelement definiert ist 2Q Schluß). Folglich ist die Potenzeihe, die die Funktion ic in der Um- gebung eines beliebigen Punktes der Kurve L darstellt, voll- kommen bestimmt, sobald die Funktion für jeden Punkt dieser Kurve definiert ist.

Wir wählen nun auf dem Stück der Kurve L, das in den Konvergenzkreis der Reihe '^{z\d) fällt, einen Punkt n^ aus und definieren die Funktion w für die Punkte des Bogens a«i durch die Reihe ^{z a). Sodann wählen wir auf dem Stück des noch übrig bleibenden Kurventeils a^ h, das in den Konvergenzbereich der Reihe ^i(z a^) fällt, einen Punkt «g aus und definieren die Funktion iv für die Punkte des Bogens ajOg durch die Reihe ^^^iz a^). In dieser Weise fortfahrend müssen wir schließlich entweder zu einem Punkt der Kurve L gelangen, über den hinaus sich unser Verfahren nicht fort- setzen läßt man bezeichnet einen derartigen Punkt als Be- grenzungspunkt des Definitionsbereiches der Funktion oder

4} 47. Das Prinzip der auahtiscbeu Kort.-etzuu}^. 225

aber wir gelangen schließlich zu einer Potenzreihe '^^^(z\aj, deren Konvergenzkreis den Bogen a„& einschließt, die somit die Funktion tr für das letzte Stück der Kurve L definiert.

Nehmen wir an, auf der Kurve /. liege kein Regrenzungs punkt, so wird durch das auseinandergesetzte Verfahren die Funktion /<■ für alle Punkte der Kurve L eindeutig definiert. Man bezeichnet dieses Verfahren als analytische Fortsetzung längs der Kurve L.

Es bleibt nachzuweisen, daß unsere Definition der Funk- tionswerte von der Auswahl der Teilpunkte r/^ «, . . . a,, unab- hängig ist. Zu dem Zweck bemerken wir zunächst, daß wir zwischen zwei Teilpunkte (i,Xf,.^i (oder auch zwischen a^^ und h) einen neuen Teilpunkt c einschalten dürfen, ohne daß an der Definition der Funktionswerte irgend etwas geändert wird. Denn wenn wir zwischen die Punkte «,, und «,,^, den Punkt c einschalten, so heißt das: anstatt die Funktion iv für den ganzen Bogen «.a^ + i durch die Potenzreihe '^X- ^^i) ^^^^ ^^^' finieren, definieren wir sie nur für den Bogen a^c durch diese Reihe, für den Bogen cö,,^^ dagegen durch die aus ihr ab- geleitete Potenzreihe '^^(z c). Da nun der Bogen «, +iC dem gemeinsamen Konvergenzgebiet der beirlen Potenzreihen '^, f^ ff,.) und '^(z c) angehört, liefern beide Reihen für diesen Bogen dieselben Funktionswerte. Sodann ist zu bemerken: wenn der Bogen a,.^i ^',+2 ganz in den Konvergenzkreis der Reihe ^,,(£rja,i fällt, also dem gemeinsamen Konvergenzbereich dieser Reihe und der Reihe ^,^i(^ ^'i+i) angehört, so können wir den Punkt (t^ + i aus der Reihe der. Teilpunkte weglassen, weil die zum Punkt rt, gehörige Reihe '^J^ a,,) für den Bogen ^1+1 ^1+2 dieselben Funktionswerte liefert wie die zum Punkt ^v + i geliörige Potenzreihe 'iP.^.if^ ^i+i>

Es ist nun klar, daß wir von dem System der Teilpunkte «jffo f'n ^^ einem beliebigen anderen zulässigen System von Teilpunkten a\a\ . . .«',„ übergehen können, indem wir zu- nächst die Punkte des zweiten Systems zwischen die des ersten einschieben und dann diese als überzählig weglassen.

Die vorstehenden Betrachtungen erleiden nur eine un- wesentliche Modifikation, wenn der Punkt h in den unendlich fernen Punkt rückt oder wenn die Kurve L durch den unendlich

D ur^ge-JIaure r, Fnnktioneutlieorie. 5 AiiH 1;")

226 § !'• D'is Prinzip der analvtischen Fortsetzung.

fernen Punkt geht. Um diesen Fall auf den schon erledigten zurüi'kzufiihren, wählen wir einen beliebigen nicht auf der Kurve L liegenden Punkt -^ aus und bilden die ^'-Ebene

mittels der Transformation t = auf die t-Ebene ab. Der

z z^

Kurve L in der ^'-Ebene entspricht eine ganz im Endlichen liegende Kurve A in der ^-Ebene. Können wir w als Punk- tion von l längs der Kurve A fortsetzen, so ergibt sich sofort auch die Fortsetzung von w als Funktion von z längs der Kurve L.

Aus dem Vorausgehenden ergibt sich, daß der Wert der Funktion im Punkt h eindeutig bestimmt ist, wenn der Weg angegeben wird, auf dem die analytische Fortsetzung der Funktion nach diesem Punkt erfolgen soll. Es ist einleuchtend^ daß das Verfahren der analytischen Fortsetzung eindeutig um- kehrbar ist: wenn die analytische Fortsetzung des Funktions- elementes ^(z (i) längs der Kurve L zum Funktionselement ^[z h) fülu't, so werden wir umgekehrt das Funktionselement ^{z\y) längs L fortsetzend wieder zum Funktionselement '^{z d) zurückgelangen.

Bezeichnen wir wieder mit a^. «,^j zwei aufeinander- folgende Teilpunkte auf der Kurve L. Die Funktionswerte in den Punkten des Bogens a,, a,,^i sind durch die Potenz- reihe ^Jz a,) definiert. Der dem Endpunkt ff,.j.^ zugeordnete Funktionswert bleibt demnach ungeändert. wenn wir den Bogen a,, rty^j deformieren, vorausgesetzt daß auch der deformierte Bogen innerhalb des Konvergenzkreises der Reihe '^,.{z a,,) liegt. Da der Funktionswert im Punkt a,,^i ungeändert bleibt^ so bleiben auch die den Punkten des Bogens a,,^i& zugeord- neten Funktionswerte und insbesondere der Funktionswert im Punkt h ungeändert.

Die Teilpunkte auf der Kurve können beliebig gewählt werden, mit der einzigen Einschränkung, daß ein jeder Teil- punkt in dem Konvergenzbereich der Reihe liegen muß, die die Funktion in der Umgebung des vorangehenden Teilpunkts darstellt. Wir können daher durch wiederholte Deformationen der eben beschriebenen Art die Gestalt der die Punkte ah verbindenden Kurve L beliebig ändern, mit der einzigen Ein-

§ 47. Das rrinziji der analytischen Fortsetzung. 227

schränkiing: bei der Deformation der Kurve L darf kein Grenz- punkt, für den keine Taylorsche Reihenentwicklung gilt, über- schritten werden.

Damit ist der Satz bewiesen:

Vorausgesetzt daß der die Punkte (ih verbindende Weg L durch stetige Deformation in den Weg L' übergeführt werden kann, ohne daß ein Grenzpunkt überschritten wird, so führt die analytische Fortsetzung der Funktion iv längs des Weges U zum selben Fuuktionswert im Punkt h wie die Fortsetzung längs des Weges L.

AVir haben vorausgesetzt, daß die Kurve L sich nicht überkreuzt; das schließt nicht aus, daß Anfangspunkt und Endpunkt der Kurve zusammenfallen, daß also die Kurve ge- schlossen ist. Wenden wir den vorstehenden Satz auf diesen Fall an, so ergibt sich:

Die analytische Fortsetzung einer Funktion längs eines geschlossenen, sich nicht überkreuzenden Weges führt zum Anfangswert zurück, wenn der Weg keinen Grenzpunkt der Funktion einschließt.

Denn unter dieser Voraussetzung kann der Weg auf einen Punkt zusammengezogen werden.

Der eben bewiesene Satz über die Eindeutigkeit der ana- lytischen Fortsetzung einer Funktion bildet die größte Ana- logie mit dem Fundamentalsatz in der Theorie der komplexen Integration. Es greift daher auch hier wieder die Unter- scheidung zwischen einfach- und mehrfachzusammenhängenden Flächen Platz. Unter Benutzung dieses Begriffes können wir unseren Satz auch in folgender Form aussprechen:

Vorausgesetzt daß die analytische Fortsetzung der Funktion u- zu keinem Grenzpunkt führt, solange wir innerhalb der einfach zusammenhängenden Fläche E bleiben, so ist die Funktion w innerhalb der Fläche E einwertig.

Denn zwei Wege L und L, die dieselben Punkte ah der Fläche E verbinden und nicht aus der Fläche heraustreten, können stetig ineinander ül>ergeführt werden.

Wir ziehen hieraus noch die Foltferuncr : wenn eine Potenz- reihe '^{z a) nicht für alle endlichen Werte von z konvergiert,

16*

228 § -iS. Die Sternfliiche.

sondern einen endlichen Konvergenzradius r besitzt, so muß die Funktion w, die durcli die Potenzreihe dargestellt wird, mindestens einen Grenzjninkt auf der Peripherie des Konver- genzkreises haben. Wäre dies nämlich nicht der Fall, so müßte sich die Funktion ir in der Umgebung eines jeden Punktes der Peripherie durch eine Taylorsche Reihe darstellen lassen und die Konvergenzradien dieser Reihenentwicklungen müßten eine von Null verschiedene untere Grenze q besitzen (vergl. § 5). Die Funktion verhielte sich also innerhalb eines Kreises mit dem Radius r + q um den Punkt a regulär und die Potenzreihe ^{s a) müßte innerhalb dieses Kreises kon- vergieren. Ihr Konvergenzradius wäre also nicht r sondern r + 9.

§ 48. Die Sterufläche. Wir halten an der Annahme fest, die Funktion ic sei zunächst nur für die Umgebung des Punktes a durch die Potenzreihe '^(z^a) definiert und wir stellen uns die Aufgabe eine möglichst ausgedehnte einfach zusammenhängende Fläche nachzuweisen, innerhalb welcher kein Begrenzungspunkt des Definitionsbereichs der Funktion iv liegt. Dabei wollen wir von vornherein den Fall ausschließen, daß die Reihe ^(^ «) für alle endlichen Werte von z kon- vergiert, weil dieser Fall keiner weiteren Erläuterung bedarf.

Wir denken uns das Fimktionselement ""^(z a) längs eines jeden vom Punkt a ausgehenden \'ektors l soweit als möglich fortgesetzt: wenn es möglich ist, setzen wir die Funktion bis in den unendlich fernen Punkt fort; wenn dies nicht möglich ist, bis zu einem auf dem Radius l liegenden Grenzpunkt e. Von einem jeden Vektor /, auf dem ein Grenz- piinkt e liegt, denken wir uns nun das jenseits des Grenzpunktes liegende Stück abgeschnitten. Die übrig bleibenden Teile der Vektoren erfüllen eine zusammenhängende Fläche Ä; Mittag- Leffler bezeichnet sie als Stern; die Grenzpunkte e heißen Ecken des Sterns.

Welche Gestalt auch immer die Begrenzung des Sterns haben -mag, auf jeden Fall ist die Sternfläche einfach zu- sammenhängend und im Innern der Fläche liegt kein Grenz- punkt der Funktion n\ Die Funktion ist daher in der Stern- fläche einwertig und verhält sich überall regulär.

§ 48. Die Steniflächc. 229

Betrachteu wir nun die verschiedenen Möglichkeiten, die sich bezüglich der Begreuzaiig des Sterns darbieten.

Am einfachsten gestaltet sich die Sache, wenn nur eine endliche Anzahl von Eckj)unkten ('i<'.^...e^ vorhanden ist. In diesem Fall besteht die Begrenzung des Sterns aus den Teilen der Vektoren aVyae.^ . . . ae^, die sich von den Punkten e^e^ . . . e^ aus ins Un- endliche erstrecken (s. Fig. 25). Ein derartiger Stern ergibt sich beispielsweise, wenn w eine ratio- nale Funktion oder der Logarithmus einer rationalen Funk- tion ist.

Nehmen wir an, die Eckpunkte (\c.2 . . . bilden zwar eine diskrete Punktmenge, diese Punktmenge besitze aber eine im Endlichen liej^ende Häufungsstelle e, so wird die Begrenzunsf des Sterns immer noch aus Stücken von geraden Linien be- stehen, von denen keine zwei einen Punkt gemeinsam haben; um den vom Punkt s ausgehenden Vektor wird sich aber eine unendliche Anzahl derselben zusammendrängen.

Ein Beispiel bieten die Sterne, die zu der Funktion sin ^ und zum Logarithmus dieser Funktion gehören.

Es ist auch der Fall vorzusehen, daß die .Eckpunkte ein Kurven stück pq dicht erfüllen, der Art daß jeder noch so kleine Bogen der Kurve unendlich viele Eckpunkte enthält. In diesem Fall ^. ,^

'^ ^ Flg. 2*).

gehören das Kurven.stück pq und

die beiden von den Punkten pq ausgehenden Vektoren, die rückwärts verlängert durch den Punkt a gehen würden, zur Begrenzung des Sterns (s. Fig. 20).

Endlich kann der Fall eintreten, daß die Eckpunkte eine geschlossene Kurve erfüllen. In diesem Fall ist es unmöglich die Funktion über diese Kurve hinaus fortzusetzen: die Kurve bildet ehie „natürliche Grenze" für die Funktion.

Als Beispiel kann die Funktion

;( = 0 '

230 § 48. Die Stonifliiche.

dienen. Die rechts stehende Reihe konvergiert gleichmiißig für alle Werte von z, deren absoluter Betrag < 1 ist. Die Reihe definiert daher eine Funktion iv, die sich im Innern des Einheitskreises überall regulär verhält. Für jeden Wert von z, der Wurzel der Gleichung z-" -\- l = 0 ist, wo n eine be- liebige ganze positive Zahl bedeutet, vrird ein Glied der Reihe unendlich. Jeder einen derartigen Wert repräsentierende Punkt ist daher ein Grenzpunkt der Funktion w und ein Eckpunkt des zugehörigen Sterns. Da diese Punkte die Peripherie des Einheitßkreises dicht erfüllen, so bildet derselbe eine natürliche Grenze für die Funktion.*)

Im folgenden schließen wir den Fall aus, daß die Eck- punkte des Sterns A ein Kurvenstück dicht erfüllen, wir setzen also voraus, daß die Eckpunkte des Sterns eine diskrete Punktmenge bilden.

Die Figur des Sterns, der dieser Annahme entspricht, wird der Anschauung noch leichter zugänglich, wenn wir ihn stereographisch auf die Kugel projizieren. Den den Stern be- grenzenden geraden Strecken entsprechen auf der Kugel Kreis- bogen, die von dem Pol ausgehen, der dem unendlich fernen Punkt der Ebene entspricht-, verlängert man diese Kreisbogen über ihre Endpunkte hinaus, so gehen sie alle durch den Punkt der Kugel, der dem Punkt a der Ebene entspricht. Da ist nun ohne weiteres ersichtlich, daß wir an Stelle des Pols, in dem die Begrenzungsliuien des Sterns zusammenlaufen, einen beliebigen anderen Punkt der Kugel treten lassen können. Wir können übrigens auch unmittelbar zu dieser abgeänderten Figur des Sterns gelangen. Zu dem Zweck nehmen wir in der ^-Ebene außer dem Punkt a noch einen zweiten festen Punkt h an und setzen nun die Funktion iv nicht längs der von « ausgehenden geradlinigen Vektoren fort, sondern längs der Kreisbogen, die die Punkte a und 1) verbinden.

*) Beiläufig bemerkt konvergiert die vorstehende Reihe auch für alle Werte von z gleichmäßig, deren absoluter Betrag > 1 ist. Die Reihe definiert daher anch für die Außenfläche des Einheitskreises eine überall reguläre Funktion. Aber von den beiden Funktionen, die die Reihe innerhalb und außerhalb des Kreises darstellt, kann keine als analytische Fortsetzung der andern betrachtet Averdeu.

§ 49. Unstetigkeits- u. Verzweigungspunkte. Riemannscbe Fläche. 231

Es ist einleuchtend, daß wir an Stelle des Systems von Kreisbogen durcli die Punkte a und }> auch ein allgemeineres Kurvensj'stem treten lassen können, das die beiden Eigen- schaften besitzt:

1) alle Kurven des Systems gehen durch die beiden Punkte a und />.

2) durch jeden anderen Punkt der Ebene geht eine und nur eine Kurve des Systems.

In dem Fall, daß die Greuzpunkte von vornherein bekannt sind, können wir das Kurvensystem so wählen, daß alle Grenz- punkte auf einer und derselben Kurve des Systems liegen. In diesem Fall besteht die Begrenzung der Stemfläche aus einem Kurvenbogen. Dieser Bogen ist endlich, wenn der imendlich ferne Punkt nicht zu den Grenzpunkten gehört, andernfalls erstreckt er sich ins Unendliche.

In den folgenden Paragraphen behalten wir der Einfach- heit wegen die Annahme bei, daß die Begrenzung der Stern- fläche ans Kreisbogen besteht, die in einem Punkte zusammen- laufen.

§ 49. Unstetigkeits- und Verzweigungspunkte. Riemauusche Fläche. Wir halten au der ^'oraussetzung fest, daß die Eckjjunkte des Sterns A eine diskrete Punkt- menge bilden und wir wollen überdies annehmen, daß keiner der Kreisbogen, die die Begrenzung der Sternfläche bilden, außer dem Eckpunkt, in dem er endigt, einen zweiten Grenz- puukt enthält; mit anderen Worten: wir nehmen an, daß die Funk! ion ir längs eines beliebigen Linienelements, das die Begrenzung der Fläche A überkreuzt, analytisch fortgesetzt werden kann, sofern nur das Linienelement nicht gerade durch einen Eckpunkt der Sternfläche geht.

Wäre diese Voraussetzung nicht erfüllt, so würden, wenn wir den willj^ürlich zu wählenden Punkt &, in dem die Be- grenzungsstücke zusammenlaufen, unendlich wenig verschieben, zu den vorhandenen Begrenzungsstücken neue hinzukommen; es würden nämlich an Stelle jedes Kreisbogens, auf dem mehrere Greuzpunkte liegen, eine der Anzahl dieser Grenz- punkte gleiche Anzahl von Kreisbogen treten. Daß wir diese

232 S ^^ L iistetigkeits- u \'er/.weigungspunkte. Rieraannsche Flüche.

!\rr>Liliohkeit ausschließen, bedeutet offenbar keiue wesentliche Beschränkung der Allgemeinheit der Untersuchung.

Ebenso wie wir das früher bei den Sperrlinien getan haben, unterscheiden wir auch die beiden Räuder eines jeden Kreisbogens be^, der zur Begrenzung der Sterntläche gehört, als + Kaud und Rand, und zwar wählen wir die Bezeich- nung wieder so, daß ein positiver Umlauf" um den Punkt e,, von dem Rand zum + Rand führt. Die Werte der Funk- tion IC, die in zwei einander o;eorenüberliegeuden Punkten der Berandung stattfinden, bezeichnen wir wieder mit iv beziehungs- weise ic.

Um die Beziehung zwischen den Funktionswerten iv und u\ die längs des Kreisbogens he^, stattfinden, genauer zu unter- suchen, konstruieren wir ein krummliniges Dreieck bpq (Fig. 27). 7, Die Dreieckseite pq schneide den Bogen be^, in einem Punkt e\., der beliebig nahe am Punkt e,, liegt. Die Seiten bp und bq verlaufen zu beiden Seiten des Bogens be\, in beliebig kleiner Entfernung von dem- selben. Die beiden Seiten bp und bq haben vom '^ "' Punkt b abgesehen mit der Begrenzung der Stern- fläche Ä keinen Punkt gemein. Die Funktion iv ist zunächst nur für das Dreieck bpc\, definiert. Wir können sie aber auf Grund der eingangs eingeführten Voraussetzung über die Seite be\ hinweg fortsetzen und sie also für das ganze Dreieck bjtq definieren. Analog können wir die Funktion ir, die ur- sprünglich nur für das Dreieck bqe\, definiert war, für das ganze Dreieck bpq definieren. Die beiden Funktionen iv und M' haben in dem Dreieck bjyq überall den Charakter einer re- gulären analytischen Funktion und dasselbe gilt daher auch für ihre DiÖ'erenz f) = >c iv.

Die Funktion D ist für das ganze Dreieck br>q vollständig definiert, wenn ihre Werte länpfs eines beliebig kleinen Linien- Clements gegeben sind. Insbesondere besitzt dip Funktion in dem ganzen Dreieck bpq den Wert Null, wenn sie längs eines beliebig kleinen Stücks des Bogens be\, verschwindet. Wenn dieser Fall eintritt, so hat die Funktion tv in einem Ring- gebiet, das durch zwei hinreichend kleine Kreise um den Punkt e^, begrenzt ist, den Charakter einer einwertigen Funktion.

§ 41». Unstetigkeits- u. Verzweigungspunkte. Kiemannsche Flächo. 233

Daher wird die Fimktiou in diesem Ringgebiet durch eine Liiurentsche Reihe

u- = Co + c,(z - e,,) 4- c^{^ - e,^2. . . _^ ^^-1^^ _^ rr -',,;* +

dargestellt 27). Die Koeffizienten c_^ c_^ . . . können nicht alle verschwinden, denn sonst verhielte sich die Funktion iv in der Umgebung des Punkte.s e^. regulär, was unserer Voraus- setzung widerspricht.

Der Punkt i\. ist somit ein Unstetigkeitspunkt der Funk- tion )r, uutl zwar eiji Pol oder ein wesentlich singulärer Punkt, je nachdem in der vorstehenden Reihenentwicklung eine end- liche oder unendliche Anzahl von Potenzen mit negativem Exponenten auftreten.

In dem Fall, daß die Differenz D = ic w längs des Bogens b(\ nicht identisch verschwindet, bezeichnet man den Punkt 6",, als Yerzweigungspunkt.

Aus der Gegenüberstellung von Unstetigkeitspunkten und Verzweigungspunkten darf nicht geschlossen werden, daß der Funktionswert endlich bleibt, wenn sich der variable Punkt einem Verzweigungspunkt nähert; dies kann eintreten, ist aber nicht notwendig der Fall.

Wie sich die Funktion in der Umgebung eines Ver- zweigungspunktes verhält, welche Änderung sie erfährt, wenn man den Verzweigungspunkt umkreist, darüber lassen sich keine allgemeinen Sätze aufstellen. Die einfachsten Arten von Verzweigungspunkten werden im folgenden genauer unter- sucht werden.

Besitzt die Funktion ic nur Unstetigkeitspunkte aber keine Verzweigungspunkte, so ist sie in der ganzen r-Ebene ein- wertig; die Theorie dieser einwertigen F^unktionen ist im fünften Abschnitt behandelt worden.

Nehmen wir an, die Funktion w besitze Verzweigungs- punkte in endlicher oder unendlicher Anzahl. Neben diesen Verzweigungspunkten können auch noch Unstetigkeitspunkte in beliebiger Anzahl auftreten. Nehmen wir von der Begren- zung der Sternfläche ^-1 diejenigen Kreisbogen weg, die den Punkt h mit Unstetigkeitspunkten verbinden, und behalten wir nur die Kreisbogen bei, die zu Verzweigungspunkten führen;

234 § 4'.1. Unstetigkeits- u VerzwiMirmigsjniukto Riemannäclie Flüche.

wir erhalten so eine SteniHäche A\ in der sieh die Funktion w zwar nicht überall regulär verhält, in der sie aber wenigstens überall den Charakter einer einwertigen Funktion hat.

Die Gesamtheit der Funktionswerte, die den Punkten der Sternfläche A' eindeutig zugeordnet sind, bezeichnet man als Funktionszweig.

Zufolge der eingangs gemachten Voraussetzung ist es möglich, die Funktion iv über die Begrenzung der Sterufläehe Ä' hinweg analytisch fortzusetzen. Diese Fortsetzung führt zu einem neuen Funktionszweig und zwar werden wir allgemein zu reden verschiedene Funktionszweige erhalten, je nachdem wir das eine oder das andere Stück der Begren- zung des Sterns Ä' überschreiten.

Um die Zuordnung der Funktions werte, die die verschie- denen Zweige der Funktion liefern, zu den Werten der unab- hängigen \'ariabeln z anschaulich zu machen, denken wir uns beliebig viele Exemplare der ^-Ebene übereinander gelegt. Den Punkten eines bestimmten Blattes werden nun die Werte eines bestimmten Funktionszweiges zugeordnet. In jedem Blatt wird der dem betreffenden Funktionszweig ent- sprechende Stern konstraiert. Die in verschiedenen Blättern liegenden Sterne können Avesentlich verschiedene Gestalt be- sitzen, es ist keineswegs notwendig, daß ihre Begrenzungen sich decken.

Der Gedanke, die verschiedenen Funktionszweige verschie- denen Blättern der ir-Ebene zuzuordnen, stammt von Riemann. Man nennt deswegen die aus den verschiedenen Blättern zu- sammengesetzte Fläche Riemannscke Fläche.

Wenn ein Funktionszweig durch analytische Fortsetzung über ein bestimmtes Stück der Beo;renzung seiner Sternfläche hinweg in einen anderen übergeführt wird, so hängen die ent- sprechenden Blätter der Riemannschen Fläche längs dieses Begrenzungsstücks zusammen.

Die Untersuchung einer mehrwertigen Funktion erfordert in erster Linie die Feststellung des Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Blättern ihrer Riemannschen Fläche, der „Verzweigung'' der Riemannschen Fläche.

Für den einfachsten Fall der mehrwertigen Funktionen,

§ 49. Unstetigkeits- u. Verzweiguugspunkte. Ricmannsche Fläche. 235

die algebraischen Fuuktiouen, werden wir im folgenden die Riemannsche Fläche genauer untersuchen.

Die Tatsache, daß alle Zweige einer Funktion durch ana- lytische Fortsetzung aus einem derselben hervorgehen, wird geometrisch dadurch veranschaulicht, daß wir von jedem Blatt der Kiemanuschen Fläche in jedes andere übergehen können, daß also die Fläche zusammenhängend ist.

An die vorausgehenden Begriffsbestimmungen knüpft sich eine wichtige Bemerkung.

Wir bezeichnen mit Fiiivir . . .) eine ganze rationale Funktion der angezeigten Argumente, mit

^0(5 a) %(z\n) %{^\<^)--- Potenzreihen, die in der Umgebung des Punktes a konver- gieren, endlich mit (p(z) il.'{z) %{z) . . . die analytischen Fort- setzungen dieser Potenzreihen. Der Weg, längs dessen die Fortsetzung erfolgt, kommt nicht in Betracht, wesentlich ist nur, daß die sämtlichen Funktionselemente längs desselben Weges L fortgesetzt werden.

Substituieren wir in die Funktion F(uvir . . .) an Stelle der Variabein uvtc . . . die Potenzreihen

^f,Ua) %iz\a) %(z\a)..., so erhalten wir eine Potenzreihe Q{2\a), die ebenfalls in der Umgebung des Piinktes a konvergiert. Die analytische Fort- setzung dieser Potenzreihe können wir entweder direkt nach dem gewöhnlichen Verfahren bilden oder wir können in die Funktion F(uvtc . . .) an Stelle der Größen nvic . . . die ana- lytischen Fortsetzungen (ft-y... der Poteuzreihen ^(/^^j^^g- •■ suljstituieren. Es ist einleuchtend, daß die beiden Verfahren zu demselben Resultat führen müssen.

Nehmen wir nun an, es bestehe die identische Gleichung

Unter dieser Voraussetzung verschwindet die Potenzreihe Q(s\a) identisch und dasselbe gilt für jede analytische Fort- setzung dieser Reihe.

Damit ist bewiesen:

Genügen die Poteuzreihen

n = Sß,{z\a) v = %{z a) w = %{z a) . . .

2i]{) § öO. Das Prinzip der Spiegelung.

identisch der Gleichuug F{itvic . . .) = 0, so genügen auch ihre analytischen Fortsetzungen dieser Gleichung. Nehmen vir insbesondere an, es sei

du <r K

(Iz dz-

also auch

^.(. «) - ^^|l^'- «PA-«)-"-*;'',! -"•...

Auf diesen Fall angewendet lautet die eben gemachte Bemerkung:

Genügt eine Potenzreihe n = "^q^z a) der Differential- gleichung

7-,/ di( d-u \ .

SO genügt auch die analytische Fortsetzung der Reihe der Differentialgleichung.

§ 50. Das Prinzip der Spiegelung. Der Wert des in § 47 auseinandergesetzten Fortsetzuugspriuzips liegt darin, daß es zu einer klaren Definition der mehrwertigen J'unktionen führt. Bei der praktischen Anwendung des Prinzips stößt man schon in sehr einfachen Fällen auf kaum zu überwindende Schwierigkeiten. Um die analytische Fortsetzung einer Funk- tion wirklich durchzuführen, muß man sich deshalb nach anderen Hilfsmitteln umsehen.

Xehmen wir an, die Funktion tv = w + iv = f{z) sei für eine Fläche E, die ein Stück der 5-Ebene einfach bedeckt, ein- deutig definiert.

Zur Begrenzung von £" gehöre ein Stück der Abszissen- achse: längs der Strecke nehme die Funktion iv reelle Werte an.

Wir setzen voraus, auf der Strecke liege kein Be- grenzungspunkt des Definitionsbereichs der Funktion ic. Es reichen also die Konvergenzkreise der Reihen, die die Funk- tion w in dem an der Abszissenachse anliegenden Teil der P'läche E darstellen, über die Strecke hinaus. Wir können deshalb zur analytischen Fortsetzung der Funktion w eine Potenzreihe ^(z a) benutzen, deren Entwicklungszentnim a auf der Jt- Achse liegt. Weil nach Voraussetzung in der Um-

§ 50. Das Prinzip df-r Spiegelung. 237

ffebunj:^ dos Punktes a reellen Werten der Varialjeln z reelle Werte der Funktion ir entsprechen, so müssen die Koeftizieuteu dieser Potenzreihe reell sein und daraus folgt dann weiter, daß konjugiert imaginären Werten von z konjugiert imaginäre Werte von iv entsprechen. Geometrisch au.sgedrückt lieitSt das: die analytische Fortsetzung der Funktion k über die Strecke af^ hinweg erfolgt in der Weise, daß Punkten der ^'-Ebene, die zur a;-Achse symmetrisch liegen, Punkte der u- Ebene zugeordnet werden, die zur n-Achse symmetrisch liegen. Unter der Voraussetzung also, daß einem Stück der a-Achse ein Stück der <<- Achse entspricht, entspricht einer Spiegelung an. der .?'-Aehse eine Spiegelung an der «-Achse.

Man bezeichnet deshalb die in Rede stehende analytische Fortsetzung der Funktion w als Fortsetzung nach dem Spiegelungsprinzip. Dieses Prinzip ist zuerst von H. A. Schwarz zur Anwendung gebracht worden.

Die geometrische Auffassung des Spiegelungspriuzips führt sofort zu einer Verallgemeinerung desselben:

\'orausgesetzt daß einem geradlinigen Begrenzuugsstück / der Fläche E, für die die Funktion iv zunächst definiert ist, in der «-Ebene eine gerade Strecke /' entspricht, entsprechen Punkten der .^-Ebene, die zur Geraden l symmetrisch liegen, Punkte der «-Ebene, die zu der Bildgeraden /' symmetrisch liegen.

Zu einer weiteren Ausdehnung des Spiegelungsprinzips

führt die folgende Überlegung: Bilden wir die »"-Ebene mittels

der Transformation

aZ -\- h

z =

cZ -\- d

in die Z-Ebene ab, so entspricht einem Kreis oder einer Geraden der einen Ebene in der anderen Ebene wieder ein Kreis oder eine Gerade und wir können uns so einrichten, daß einer gegebenen Geraden der einen Ebene ein gegebener Kreis in der anderen Ebene entspricht. Punkten der ^-Ebene, die in Beziehung auf einen Kreis symmetrisch liegen, ent- sprechen in der Z-Ebene Punkte, die in Beziehung auf den entsprechenden Kreis symmetrisch liegen (vergl. ^ 14\

Nehmen wir nun an /ui* Begrenzimg der Fläche E, für

238 § ^0. Das Prinzip der Spie^'elung.

die die Funktion w ursprünglich definiert ist, gehöre ein Kreis- bogen K; diesem Kreisbogen entspreche in der vr-Ebene ein Kreisbogen Ä''.

Wir bilden nun die ebenen Svsteme z und w in kreisver- wandte ebene Systeme Z und W der Art ab, daß den Kreis- bogen K imd K' beziehungsweise die geraden Strecken l und V entsprechen. Der funktionalen Beziehung zwischen den Variabein z und IV entspricht eine Beziehung zwischen den Yariabeln Z lind II'. Setzen wir die Funktion TF über die Strecke l hin- weg fort, so werden Punkten der Z-Ebene, die zur Strecke l symmetrisch liegen, Punkte der TF-Ebene, die zur Geraden /' symmetrisch liegen zugeordnet; dementsprechend sind Punkten der j-Ebene, die zum Kreisbogen K symmetrisch liegen, Pimkte der ^r-Ebene zugeordnet, die zum Kreisbogen K' symmetrisch liegen.

Sofern einem geradlinigen Stück der Begrenzung der Fläche E a^a^a^cc^ ... in der w-Ebene eine gebrochene Linie f(:\ «'2 a'3 a'4 . . . entspricht, die die Punkte a^cc^cc'^ ... zu Eck- punkten hat, wird das Spiegelungsprinzip zu verschiedenen analytischen Fortsetzungen führen, je nachdem wir an der einen oder der anderen der Strecken (x^cc2, cc^cc^, a^a^ . . . spiegeln. Wir wollen dies durch ein Beispiel erläutern; wir setzen

IV = fis) = Y{z - a^)(2 a2)(^ - ccs)i^ - «J-

Die vier Konstanten «,, seien reell und zwar sei

«1 < «2 < "3 < ^^4

Für den Teil der i'-Ebene, in dem die Ordinaten positiv sind die positive Halbebene können wir die Funktion w leicht eindeutig definieren.

Zu dem Zweck setzen wir (1) z-a^ = r^y' 0 ^ ^, < n: v = \, 2, 3, 4

und definieren nun w durch die Gleichung

'-) «^«^ K 'l'2'3'4'

wo die Quadratwurzel rechts positiv zu nehmen ist.

Längs der Abschnitte a.,u^ und a^ 00 a^ der Abszissen- achse nimmt die Funktion w reelle Werte an, längs der Ab-

§ öO. Das Prinziii der Sjiiegelung. 239

schnittt' «,((.'0 imil (c^cc^ nimmt sie rein imaginäre Werte an. Den beiden ersteren Abschnitten entsprechen also in der «•-Ebene Abschnitte der Abszissenachse, den letzteren ent- sprechfU Abschnitte der Ordinatenachse.

\\ ir ilehnen nun die Delinition der Funktion ic mittels des Spiegeluugspriuzips auf die negative ^^-Halbebene aus. Je nachdem wir au einer der Strecken u^cc^ und a^ 00 «^ oder an einer der Strecken «^«3 ^^^ "3*^4 spiegeln, werden Punkten der ^-Ebene, die zur a:- Achse symmetrisch liegen, in der «•-Ebene Punkte, die zur m- Achse symmetrisch liegen, oder Punkte, die zur r-Achse symmetrisch liegen, zugeordnet. In Formeln ausgedrückt heißt dies: erfolgt die analytische Fort- setzung über eine der Strecken c(.^a^ und «^ 00 «j, so bestehen gleichzeitig die Gleichungen

f(x + iy) = II -r iv f{x iy) = u iv,

erfolgt die Fortsetzung über eine der Strecken a^a.^ und cc^a^, so bestehen gleichzeitig^ die Gleichungen

f{x -\- iy) = u + iv fix iy) = H -^ iv. Wir gelangen also zu entgegengesetzt gleichen Funktions- werten, je nachdem wir die Spiegelung auf die eine oder die andere Art vornehmen.

Um die Sachlage geometrisch anschaulich zu machen, legen wir zwei Exemplare der ^-Ebene aufeinander; wir be- zeichnen diese beiden Blätter mit A^A^, die Halbebenen, in

+ + - - die sie durch die .r- Achse zerschnitten werden, mit A^A^A^Ä^.

Wir heften nun längs der Strecken a^u^ und a^ 00 a^ die

Halbebenen A^ und Ä^ aneinander und ebenso die Halbebenen

+ _

A^ und Ac>. Längs der Strecken a^u^ und a.^a^ heften wir

+ _ ' _ +

A^ an .4o und A^ an A.2. Auf diese Weise erhalten wir eine

zwei blättrige Riemaunsche Fläche.

+ Von der Halbebene A^ ausgehend gelangen wir durch

Spiegehmg au einer der Strecken «ottg und a^ 00 a^ nach Ä^\

durch Spiegelung an einer der Strecken a^a^ und a.^a^ uach Ä.^-

Nehmen wir die beiden Arten von Spiegelung nacheinander

+ vor, so gelangen wir von A^ je nach der Reihenfolge, in

_ _ +

der die Spiegelungen erfolgen; über A^ oder Ao nach A^-

240 S öl. Abbildung eines Rechtecks auf eiue Halbebeue.

Bringen wir uuunielir unser Spiegeluugsprinzip zur An- wendung, so i;elani;en Mir zu einer eindeutiu^en /uordnuim- der Funktionswerte iv zu den Punkten der zweiblättrigen Riemann- schen Fläche.

§ 51. Abbildung eines Rechtecks auf eine Halb- ebene. Zu einer mteressauteu Anwendung des Spiegelungs- prinzips führt die Aufgabe ein in der ?r-Ebene liegendes Rechteck auf die positive ^-Halbebene abzubilden.

Wir bezeichnen die Eckpunkte des Rechtecks in der Reihenfolge, in der sie bei einem positiven Umlauf um das Rechteck erreicht werden, mit a^a-^a-^a^, die Punkte der Abs- zissenachse, die in der r-Ebene den Eckpunkten des Rechtecks entsprechen, mit a^cc^a^a^: die Bezeichnung sei so gewählt, daß

a^ < f^ <C «3 <! c^i ist. Wir betrachten zunächst die vier Punkte a,, als gegeben, machen aber bezüglich der Lage und der (iestalt des Recht- ecks keine Voraussetzung. Es wird nun, wenn die Funktion ir = f'{z) den Bedingungen der Aufgabe genügt, auch jede lineare Funktion von u- ihnen genügen. Daraus folgt: durch

die Bediucmncren der Aufgabe i.st die Derivierte 7- nur bis

u Z

auf eine multiplikative Konstante bestimmt.

Durchläuft der Punkt s einen der Achsenabschnitte a^Uo, u^ci^ . . ., so durchläuft der Punkt tc die entsprechende Seite des Rechtecks, der xArcus des Differentials div ist daher konstant, nämlich gleich dem Winkel, den die betreffende Seite mit der t/-Achse bildet. Daraus folgt:

Durchläuft der Punkt z die Ä^-Achse im Sinn der wach- senden Abszissen, so hat der Arcus der Derivierten ,- längs

der Strecken «jT/r,, a^«^ . . . einen konstanten Wert; sobald aber der Punkt z eine der Stellen «, überschreitet, nimmt der

Arcus sprungweise um zu.

Analoge Ünstetigkeiten bietet der Arcus der Funktion

.9 =y(0 ai)(z cc^)(z u^){z— ßj dar. Setzen wir, die im vorigen Paragraphen getroffenen Be- stimmungen beibehaltend

§ öl. Abbildunj< eines Rechtecks auf eine Halbebene. 241 (1) ^_a^=r,e^' 0^if,.£:i j/ = l, 2, 3, 4

, ^(.^ + •>, + .^ + .■>,)/

Wenn der Punkt z die j'- Achse im Sinn der wachsenden X durchlaufend durch die Stelle a, hindurchgeht, sinkt der

Winkel d-^. von j: auf 0 und es nimmt daher arc s um ., ab. Daher bleibt der Arcus des Produkts

im Punkt a,, stetig.

Die Umgebung eines jeden Punkts der positiven ^r-Halb- ebene wird konform auf die ^t-Ebene abgebildet, folglich wird

die Derivierte , im Innern der Halbebene nirgends ,'Null dz =>

oder unendlich: dasselbe gilt für die Funktion s und daher auch für die Funktion cp{z). Von der Umgebung der Punkte a,, abgesehen wird auch der Teil der positiven Halbebene, der an die Abszissenachse angrenzt, konform auf die ;r-Ebene ab- gebildet.

Um das Verhalten der Funktion ic in der Umgebung des unendlich fernen Punkts der ^'-Ebene zu untersuchen, bilden

wir die ^- Ebene mittels der Transformation z = ^ in die

Z-Ebene ab. Dem unendlich fernen Punkt der ^-Ebene, also auch dem Nullpunkt der Z-Ebene entspricht in der ?t-Ebene ein Punkt auf der Seite r/^a, des Rechtecks, der mit keinem der Endpunkte dieser Seite zusammenfällt. Die Umgebung dieses Punktes wird daher in die Z-Ebene konform abgebildet,

folglich wird die Derivierte , ,7 für Z = 0 weder XuU noch

unendlich. Demnach wird das Produkt z- , im unendlich

dz

fernen Punkt der ^'-Ebene weder Xull noch unendlich und

dasselbe gilt für die Funktion q)(z).

Die Funktion (p(2) ist somit im Innern der positiven

ir-Halbebene überall regulär und sie wird nirgends gleich Null;

längs der r- Achse besitzt ihr Arcus einen konstanten Wert.

Daraus folgt: die Funktion i log (p(z) verhält sich im Innern

der positiven ^-Halbebene überall regulär; ihr reeller Teil ist

Duröge-]Maurer, Funktionentheorie. 5. Aufl. 16

-4- § 51- Abbildung eines Rechtecks auf eine Halbebene.

längs der Abszissenachse konstant. Da die Funktion durch die Werte, die ihr reeller Teil auf der Beraudung der posi- tiven ^-Halbebeue annimmt, bis auf eine rein imaginäre Kon- stante bestimmt ist (§17 Schluß), so muß die Funktion / log 9(2") und folglich auch die Funktion cp(z) selbst, in der ganzen positiven Halbebeue einen konstanten Wert besitzen.

Es ist demnach s -, = c und

dz

(2) «-j'"--/^

cdz

Yiz cc,){z a^){z a,) {2 «,)

wo die Quadratwurzel durch die Gleichungen (1) eindeutig bestimmt ist.

Wir haben bisher die Lage und die Gestalt des Recht- ecks in der /r-Ebene unbestimmt gelassen. Wir wollen nun- mehr annehmen, der Eckpunkt a^ falle in den Nullpunkt der /r-Ebene, der Punkt a^ liege auf der positiven it- Achse, der Punkt «3 auf der positiven i-Achse. Die Längen der Seiten des Rechtecks bezeichnen wir mit K und K'. Es ist demnach a^ = K «2 = -Sl + iK' «3 = IK' a^ = 0.

Damit ist für das Integral (2) die imtere Integi-ations- grenze bestimmt; es ist

(3) ^v =J

cdz s

Der Integrationsweg ist auf die positive Halbebene be- schränkt; unter dieser Einschränkung ist das Integral vom Integrationsweg unabhängig.

Nach unseren Festsetzungen entspricht einem reellen Wert der Variabein z, der > u^ ist, ein reeller positiver Wert von s und ein reeller positiver Wert von iv, folglich ist die Kon- stante c reell und positiv.

Für die Seitenlängen K und K' gelten die Gleichungen

T^ i*cdz , Ccd z r^dz

. -r;r, i VW« I cdz

§ öl. Abbihluiij,' eines Rechtecks auf eine iialbebene. 243

und hieraus folgt bei Berücksichtiorung unserer Zeichenbe- stimniuug (1)

r cdx

J y(x a^){x cCf) {X «,) ix a^

cdx

{Ö]

X){a^ x){a^ x){a^ x)

/* cdx

J y(a; «,)(« «J(«r— ^)(«4 ^)

/' cdx

J y{x ai)(a2 a;)(ofs - a;)(a4 x)

= /

cdx

■\/{x a,)(a; a^){x ag){a^ x)

In diesen Integralen ist die Integrationsvariable x reell; die Wurzeln sind positiv zu nehmen.*)

Die Funktion ist zunächst nur für die positive Halbebene definiert.

Um ihren Definitionsbereich auszudehnen , benutzen wir das Spiegelungspriuzip.

Um zu geometrisch anschaulichen Resultaten zu kommen, dürfen wir das Prinzip nicht auf die sehlichte ^-Ebene an- wenden, sondern wir müssen von der im vorigen Paragraphen konstruierten zweiblätterigen Riemannschen Fläche ausgehen, der die Werte der Wurzel s eindeutig zugeordnet sind. Wir wollen diese Fläche mit T bezeichnen, für die vier Halbebenen,

aus denen sie sich zusammensetzt, behalten wir die Bezeich-

+ + _ uungen A^uÄ^Ä^A^ bei. + Die Halbebene A^ geht durch Spiegelung an der Strecke

*) Um zu verifizieren, daß die beiden Ausdrücke für K einander ifleich sind, braucht man nur mit Hilfe der Gleichung , , .r a. , x' «,

^ - ^^ a; a, ^ * *^ x a^

eine neue Integrationsvariable x' einzuführen. Eine analoge Bemerkung gilt für die Gleichung (5).

lü*

244

§ öl. Abbilduntr eines Rechtecks auf eine Halbebene.

oj

a

_j_

1

1

^

-'.

A

t

«;

«V

^\

_

J

i 1

a'.

Fig. 2«.

f<:^ cx: fij iu die Hall)ebene .4.^ und durch Spiegelung an der Strecke a^a^ in die Halbebene Äc, über; indem wir sodann die Halbebene Jj an der Strecke a.,«^ oder die Halbebene Ä^ an der Strecke a^ oo «j spiegeln, erhalten wir die Halbebene A^.

Xehmen wir die entsprechenden Spiegelungen in der i^r-Ebene vor, so erhalten wir der Reihe nach die Rechtecke (s. Fig. 28) a^ö^agffg; niO^did^-^ a^d^a,^a\. Diese Rechtecke bilden zusam- men mit dem Rechteck a^a^a^a^, von dem wir ausgegangen sind, ein Rechteck 7/ mit den Seitenlängen 2K und 2A". In der Figur ist in jedes der vier Rechtecke die Bezeich- nung der Halbebene der Fläche T, die ihm entspricht, ein- getragen.

Die Begrenzung des Rechtecks 77 setzt sich aus den 8 gerad- linigen Strecken n^a^, ^^i^h, »^'a^'s' ^3^2 ziisammen. Den- jenigen von diesen Strecken, die der Abszissenachse parallel sind, entspricht in der ^-Ebene die Strecke «^t^s, denjenigen die zur Ordinatenachse parallel sind, die Strecke u^a^. Auf der zweiblättrigen Fläche T entsprechen den Strecken «,^^3 wnd «^«2 je zwei einander bedeckende Strecken und wir müssen überdies noch bei jeder dieser 4 Strecken die beiden Ränder

unterscheiden. Wir erhalten demnach auch aufderRiemann- schen Fläche 8 Begrenzungs- stücke. Insofern wir die * Riemannsche Fläche als be- grenzt durch die Bilder der Seiten des Rechtecks 77 an- sehen, wollen wir sie mit T' bezeichnen, während die Bezeichnung T für die unbegrenzte Fläche vorbehalten bleibt.

Um die Zuordnung der Begrenzungsstücke der Fläche 7" und des Rechtecks 77 zueinander anschaulicher zu machen, be- grenzen wir die Fläche T zunächst durch zwei ovale Sperr-

Flg. 29.

§ 51. Abbildung eines Rechtecks auf eine llalbebene 245

linien (J^ und f^>2 (^^g- '^^-)> ^^^ denen die eine die beiden Ubergangslinien a^a^ und «3«^, längs deren das obere Blatt mit dem unteren zusammenhängt, durchsetzt, die andere im oberen Blatt um die Strecke u^Uo herumläuft. Der im unteren Blatt verlaufende Teil der Kurve Vi i^t in der Figur punktiert gezeichnet.

Ziehen wir das Oval ^^ um die Strecke «2^3, das Oval (^>., um die Strecke ccytc.^ zusammen, so erhalten wir die Fläche T'. In der Grenzlage erscheinen die Punkte ß2ß3ß2ßiß2 ßäß-^ßi ^Is Bilder der Punkte ff2rt3a2«i«2 ö^a^a^i- Die Punkte des Rechtecks 77 und die Punkte der Fläche T' sind einander eindeutig zugeordnet, demnach ist iv eine eindeutige Funktion des Orts in der Fläche T'.

Wir betrachten nun umgekehrt die Variabe z als Funk- tion der unabhängigen Variabein tr und setzen dementsprechend z = F(iv).

Die Funktion F{iv) ist vorerst nur für das Rechteck H definiert; um ihren Definitionsbereich auszudehnen, spiegeln wir das Rechteck 77 zuerst an der Strecke rC'd^cC nnd dann an der Strecke a'-^a^a.^.

Diese beiden Spiegelungen setzen sich zu einer Translation in der Richtung der wachsenden Abszissen zusammen; die Größe derselben ist gleich dem doppelten Abstand zwischen den beiden spiegelnden Geraden also = 2K.

Der Spiegelung des Rechtecks 77 an der Strecke rtg «1^2 entspricht eine Spiegelung der Fläche T' an den beiden ein- ander bedeckenden Strecken a^u.,, der Spiegelung von 77 an der Strecke a'^a^a^ entspricht eine Spiegelung von 7" an den beiden einander bedeckenden Strecken a.^a^. Längs der beiden Strecken «i«2 ^^^^ ^^3^4 hängen dieselben Halbebenen der Fläche T zu- sammen, daher heben sich die beiden Spiegelungen der Fläche T' auf: nacheinander angewendet, lassen sie jeden Punkt dieser Fläche auf seinem Platz.

Unsere zweifache Spiegelung führt demnach zu einer Ab- bildung der Fläche 7" auf ein zum Rechteck 77 kongruentes Hechteck, das sich an 77 längs der Seite a'iü., anschließt. Spiegeln wir zuerst an der Strecke a'^üiü^ und dann an der Strecke (linitti, so ergibt sich eine Verschiebung des Recht-

246 § •'il- Abbildung eines Rechtecks auf oiue Halliebene.

ecks 11 in der Kichtung der abnehniendeu Al).szissen; ihre Größe ist wieder = '2K. Das ents])rec'heiide Paar von Spie- gelimgen der Fläche J" läßt diese Fläche wieder ungeändert. Diese beiden Spiegelungen fähren also zu einer Abbildung der Fläche 7" auf ein zum Rechteck TT kongruentes Rechteck, das sich an 11 längs der Seite a!^ V/ö anschließt.

Spiegeln wir das Rechteck U zuerst an der Strecke al!a^a\, oder an der Strecke a^a^a.y und dann an der Strecke a^a^a^, so ergibt sich eine Verschiebung des Rechtecks um die Strecke '2K'-^ im ersten Fall erfolgt sie in der Richtung der wachsenden Ordinaten, im zweiten Fall in der Richtung der abnehmenden Ordinaten. Die entsprechenden Paare von Spiegelungen der Fläche T' lassen diese Fläche wieder un- geändert. Wir erhalten somit Abbildungen der Fläche T' auf zwei zum Rechteck 77 kongi-uente Rechtecke, die sich an 77 längs der Seiten a^-^a.^ und «.^f'o i^nschließen.

Wenn wir die besprochenen Paare von Spiegelungen wiederholt vornehmen, so wird schließlich die ganze «-Ebene mit kongruenten Rechtecken bedeckt; jedes derselben liefert eine konforme Abbildung der F'läche T'.

Einem Punkt der Fläche T' entsprechen demnach unend- lich viele homologe Punkte w = iVq -\- 2^K -\- 2vK' i der iv- Ebene; hier bedeuten /u- und v beliebige ganze Zahlen. Ana- lytisch ausgedrückt heißt das: es ist

F(«-o + 2(iK+2vK'i) = F(n;).

Die Funktion 2 = F(^ic) ist also eine einwertige doppelt

periodische Funktion.

Wir haben die Funktion w = f(z) ursprünglich für die

+ positive Halbebene die Halbebene Ä^ der Fläche T

durch das Integral (3) definiert.

Bei dieser Definition bleibt der Integrationsweg auf die Halbebene Ä^ beschränkt. Sodann haben wir den Definitions- bereich der Funktion w auf die ganze Fläche 2" ausgedehnt. Dementsprechend müssen wir nun für den Weg, über den das Integral (3j zu erstrecken ist, die ganze Fläche T' offen lassen.

Die Fläche T' ist einfach zusammenhängend; in der Um- gebung eines jeden Punktes im Innern der Fläche ist das

§ "il. Abbildung eines Rechtecks auf eine Halbehone. 247

Integral t'ine reguläre Funktion der oberen Integrationsgreuze. Daraus folgt: sofern der integrationsweg auf die Fläclin; 7" beschränkt wird, ist das Integral (3) vom Weg unabhängig. €S ist demnach eine einwertige überall reguläre Funktion der oberen Integrationsgrenze. Die Sachlage ändert sich, wenn <ler Integrationsweg die Begrenzung der Fläche 7" überschreitet. Wählen wir als Integrationsweg das in Fig. 29 gezeichnete Oval (^\] dasselbe werde in der Richtung ß^ßaßl durchlaufen. Wir können das Oval, ohne den Integralwert zu ändern, um die Strecke «.^ßg zusammenziehen-, die Integrationsvariable hat dann das Intervall a, «3 zweimal zu durchlaufen, das eine Mal in der Richtung a.^^^, das andere Mal in der entgegengesetzten Richtung. Diesen Intervallen entsprechen auf der Fläche T verschiedene Strecken: dem ersten Intervall entspricht eine

Strecke, die der Halbebene yl^ angehört, dem zweiten eine Strecke, die der Halbebene A^ augehört. Daher hat die Größe s in entsprechenden Punkten der beiden Intervalle entgegen- gesetzte Vorzeichen. Es ist demnach der Wert des Integrals gleich

cdx

2K.

i){x ofgX«, x){a^ x)

/cd z

über das Oval Q^ in der Richtung /3'2/3i/3^ erstreckt den Wert

"2

i(\

J y(ar ai)(aj

cdx 2i I ,A ^. N/ N/ = 2iK' besitzt.

«)(as a;)(a4 X)

Der Wert eines bestimmten Integrals bleiljt ungeändert, wenn man zum Integrationsweg ein Kui-venstück hinzufügt, das zweimal in entgegengesetzten Richtungen durchlaufen wird. Auf Grund dieser Bemerkung können wir au Stelle eines be- liebigen Integratiouswegos, der vom Punkt a^ zu einem gegebeneu Punkt y der Fläche T führt, einen Weg treten lassen, der sich aus einem innerhalb der Fläche T' von «^ nach y führenden Weg und einer Anzahl geschlossener Wege zusammensetzt, von denen jeder die Begi-enzung der Fläche T' nur einmal überschreitet. Jeder dieser letzteren Wege läßt sich entweder

248 § ö"2. Sätze aus der Theorie der algebraischen Gleichungen.

um (lie Strecke ^'^fCo oder um die Strecke «^,«3 zusammen- ziehen. Daher besteht /wischen dem Wert, den das Integral auf einem beliebigen Weg erreicht, und dem Wert iVq, den es auf einem in der Fläche T' verlaufenden Weg erreicht, die Beziehung

«• = u-Q + '2nK ^ '2vK'i,

wti u und V ganze Zahlen bedeuten.

Es ist das dieselbe Gleichung, zu der wir oben durch. Anwendung des Prinzips der Spiegelung geführt worden sind.

Man bezeichnet das Integral einer rationalen Funktion der Gr(>ßen z und .;> als elliptisches Integral, weil die Rektifikation der Ellipse zuerst zu derartigen Integralen geführt hat. Au& diesem Grund bezeichnet man die doppelt periodischen Funk- tionen, zu denen man durch Umkehrung der funktionalen Be- ziehung zwischen dem Integralwert und der oberen Integrations- grenze gelangt, auch als elliptische Funktionen.

Achter Abschnitt. Algebraische Funktionen.

§ 52. Sätze aus der Theorie der algebraischen G-leichuugeu. Bevor wir dazu übergehen die im Voraus- gehenden entwickelte allgemeine Theorie auf die algebraischen Funktionen anzuwenden, müssen wir an einige Sätze aus der Theorie der algebraischen Gleichungen erinnern.

Es sei eine algebraische Gleichung

(1) f(s) = a.s" + a^s'-'+a^s"-'- + a^_,s -f a„= 0

vorgelegt. Damit der Grad der Gleichung nicht unter die Zahl n sinkt, setzen wir voraus, daß der leitende Koeffizient nicht gleich Null ist, im übrigen können die Koeffizienten be- liebige Werte haben.

Auf Grund des Fundamentalsatzes der Algebra (s. § 29) besitzt die Gleichung (1) w Wurzeln 6^% ^nf unter denen eine beliebige Anzahl einander gleicher vorkommen kann, und

§ i)2. Sät/x' aus der Theorie der algebraischen Gleichun<^en. 24^

es läßt sicli infolgedessen das Polynom /'( .9) in n Linearlaktoren

zerlegen.

(2) fXs) = s (s - s,){s - .sj . . . (s - sj.

Wir stellen zunächst die Bedinguntren fest, unter denen die Gleichung (1) mehrfache Wurzeln besitzt.

Damit eine der Wurzeln .%s^ s„ D^it der Wurzel s^ zusammenfällt ist erforderlich und hinreichend, daß die De- rivierte

t"{8) = na^s"-'^ (n - l'ja.s"-'' h ^^<r„_,s + «„_i

für 5 = 6'i verschwindet. Damit die drei Wurzeln s^s^s^ den- selben Wert besitzen, müssen gleichzeitig die Gleichungen

/•(.s,) = 0 f'{s,) = 0 riA) = 0 bestehen usw.

Mehrfache Wurzeln der Gleichung (1) sind also jedenfalls

gemeinschaftliche Wurzeln der Gleichungen f(s) = 0 und

Der größte gemeinschaftliche Divisor g)(.s) der beiden Polynome f(s) und f"{s) läßt sich bekanntlich durch rationale Operationen bestimmen. Die mehrfachen Wurzeln der Gleichung (1) genügen also gleichzeitig einer Gleichung niedrigeren Grades (p(s) = 0, deren Koeffizienten rationale Funktionen der Koeffizienten der Grundgleichung sind.

Eine gemeinschaftKche Wurzel der beiden Gleichungen f(s) = 0 und f'(s) = 0 ist auch Wurzel der Gleichung f[{s) = nfls) - f'(s) = a,s"-'+2a,s"-'^ Sa.s"-'-- +

Die mehrfachen Wurzeln der Gleichung (1) sind demnach gemeinschaftliche Wurzeln der beiden Gleichungen n P®° Grades /"'(s) = 0 und /,(.s) = 0. Um die Bedingung für die Existenz einer gemeinschaftlichen Wurzel dieser beiden Glei- chungen aufzustellen, gehen wir von dem Gleichungssystem aus: l)s»--'f'{s) = 0 =

2)s"-'f{s) = ö =

«-1)/X5) = 0 =

na^s"-'^{n-l)a,i>"-'- + {n-2)a,s"-'----ha,^_,

250 § 5-2. Sätze aus der Theorie der algebraischen fUeichungen.

n)s"-'f\{s) = i)

o,s-

' + 2a,

+ {n-l)a„_iS"-'-\-na„s'-

«1 s- "-■*••• + - 2) (i„ _ 2 .S-" -' + (;/- 1 ■) a„ _ 1 .s" --+««„ 6-" "

(3)

Diese 2 Gleichungen sind in den 2n ?> Unbekannten •^ . ,s-"~^ linear. Die Eliminationsdeterminante

7)

uOq 1)(/j

"»-1

2a„ <

-"2

»««0 ('^— l)^'i (**— 2)a2 a„_i

(«-l,)a„_i iia„ (w.-2)a„_2 («-l)a„_i

wa.

2 a,

3(7q

wa„

1 ""2 ""'3

bezeichnet man als Diskriminante der Grundgleichimg.

Das Verschwinden der Diskriminante ist nicht nur not- wendig sondern auch hinreichend, damit die Grundgleichung wenigstens eine Doppelwurzel besitzt.

Zum Beweis multiplizieren wir die Elemente der

2w S*^"» Spalte

der Determinante beziehungsweise mit s

2n-3 o2«-4

s und

addieren sie zu denen der letzten-, es stehen dann in der letzten Spalte die Elemente

1) s"-'f\s) 2) s"- V'is) w - 1) f'(s)

n) s"- Yi(s) w + 1) s"- Y; (s) ...2n- 2) f^(s). Entwickeln wir die Determinante nach den Unterdetermi- nanten, die den Elementen der letzten Spalte adjungiert sind, so erhalten wir einen Ausdruck der Form

D^31{s)r(-s) + N(s)f,{s)

und hier bedeuten M(s) und N{s) ganze Funktionen w 2**" Orades von s.

§ 52. Sätze aus der Theorie der algoViraischen Gleichungen. 251

Verschwindet die Diskriminante, so besteht die identische Gleichung

i.f(.) = -^f",

es ist also das Produkt N(s)fi{s) durch f'(s) teilbar. Da N{s) nur vom Grade n 2 ist, müssen demnach die Funktionen /'(s) und fi(s) wenigstens einen Linearfaktor gemein haben, was zu beAveisen war.

Zwischen den Koeffizienten der Grundgleichung und ihren Wurzeln bestehen bekanntlich die Beziehungen

s^ + ^v + s„ = - '

"o S1S2 + S1S3 + Si-S„ + S2S3 h s,s„- + s„_,s„

*'l ^2 ^'3 1" ^1 'h ^4 I ^'1 ^"2 ^11 ' ' ' ~r - 2 - 1 ^11 d

«0 CT,

•^■iSs^s- ■s„ = (-l)""-

Substituieren wir diese Werte in den Ausdruck (3) der Diskriminante, so erhalten wir einen Ausdruck der Form

(4) D = a,'"-'^G{s,s,---s„),

wo G eine ganze rationale Funktion der angezeigten Argu- mente bedeutet.

Bezüglich des Grades der Funktion in den Grfißeu

*'i^2 ' ' ' ^71 is^ 2^ bemerken: der Quotient ' ist eine homogene

Funktion v'^" Grades, daher ist

das Aj"' Element der ersten Zeile vom Grade k^— 1 das Aj'** Element der zweiten Zeile vom Grade ?..-, 2

das k„_i'' Element der «— 1**" Zeile vom Grade k„_i ^)

das /ij*^ Element der m*^" Zeile vom Grade Uj

das ^o^^ Element der w -f V^^ Zeile vom Grade Uo 1

das ju.^_j'® Element der 2w 2""" Zeile vom Grade /i„_i [n —2).

Das Glied der Determinante D, das das Produkt dieser Elemente ist, ist demnach in den Wurzeln homogen vom Grade

252 § ö2. Sätze aus der Theorie der algebraischen Gleichungen.

}' = K + ^2- + K-1+ ."i + ."2 + ."„-1 - 2 "('*- 1)

-Un- l){n - 2).

Die Zahlen AjAg . . . A„_,.«j,ao. •»„_i ^^ind eine Permutation der Zahlen 1 2 . . . 2ln 1), folglich ist

y = (,i _ l)('2,i - 1) _ (;/ _ 1)2 = ;^(„ _ 1).

Die Funktion G i4i ist demnach homogen vom Grade n{n 1).

Als Funktion von Sj betrachtet verschwindet G, wenn Sj einen der Werte .Sg^g . . . 5„ annimmt, folglich ist G durch eine jede der Ditferenzen So 5^ Sg •i>i---^„ ■^1 teilbar und in gleicher Weise ist zu zeigen, daß G durch jede der Differenzen S; s teilbar ist. Folglich ist G auch durch das Produkt (b) P = {s,— s,) ( .S3 - Si) . . . (s„ _ i - 61) (s„ - s^)

is,- S2) . . . is„_i- s,)(s^- S.2)

(s„_l--5„_2)(«„-^^n-2)

teilbar; der Quotient ^ = p ist ebenfalls eine ganze rationale

Funktion der W\irzeln und zwar ist diese Funktion homogen

vom Grade .^ n{n 1).

Die Funktion G ist als ganze rationale Funktion der Koeffizienten der Grundgleichung eine symmetrische Funktion der Wurzeln. Die Funktion P dagegen ist eine alternierende Funktion der Wurzeln: sie wechselt das Vorzeichen, wenn man zwei Wurzeln miteinander vertauscht. Daher ist auch der Quotient Q eine alternierende Funktion, und verschwindet so- mit, wenn zwei Wurzeln einander gleich werden. Hieraus schließt man in derselben Weise wie oben, daß auch (^ durch P teilbar ist. Da diese beiden Funktionen vom selben Grad in den Wurzeln sind, so ist ihr Quotient eine von den Wurzeln unabhängige Konstante. Es ist demnach

G = c r-

und zufolge ("4)

(6) D=Ca^"'-'FK

Hier bedeutet C eine rein numerische Konstante.

§ 52. Sätze ans der Theorie tler algebraischen Gleichungen. 253

Wir küimen die Diskriminante noch in anderer Form darstellen.

Da nämlich, wie aus (2) folgt

rW = «o(Sv- Si)(^- 5,) . . . (s,.- *V-i)(^'v- Sv + i)(5..- o ist, so ist

Cn 7) = r-n^^"-^'

folglich ist

^ = (-1)^ fv-r(or(^.v--r(5j.

Um die Konstante C zu bestimmen, setzen wir

/•(.,) = s" + l. Aus (3) folgt I) = n'"-\

Es ist femer /"(O = w.s/'~^= , demnach

f\h)f'{s,) reo = (- 1)%^^^= n«. Substituieren wir diese Werte in (7), so folgt

(8) C-(-l)^'— '„.-'.

An Stelle der Variabein ö- führen wir nun eine neue Variable 6 mittels der Substitution

Damit diese Gleichung eine Beziehung zwischen den Variabein s und 6 l)egründet, darf die Substitutionsdeterminante

(10) r = - ßy

nicht verschwinden. Im übrigen unterliegen die Werte der Substitutionskot'ffizienten keiner Beschränkung.

Durch Auflösung der Gleichung (9) erhalten wir

(11) ^= i£_-zi_.

Den Wert (9) substituieren wir in die Grundgleichung ( 1) und heben den Nenner (yG + ö)" weg; wir erhalten für a eine Gleichung der Form

(12) F{ö) = Ä,6" + Ä,a"-' + Ä,o"-'- + .A„_,(j + ^„ = U. Die Wurzeln dieser Gleichung bezeichnen wir mit

204 § »*-• Sätv.e aus der Theorie der algebraischen Gleichungen.

Zwischen den Polynomen f(s) und F(6) besteht die Be- ziehimg

Fi6) = {y6-\-öyf(s)

und hieraus folgt mit Rücksicht auf (12) und (9) Um '>'- .4. -/'/■('')•

a = 00 \ / '

Es ist also

(^18) A,= a,a"-^a,a"-'y + a^a^-'y'^- + a^_,ay-' + ay

= «oi,« - yh){^ - rh) •••(«- 70-

Zwischeu den Wurzeln ö; und S; besteht wegen (11) die

Beziehung

Ss. ß

ys. -f a

Hieraus folgt mit Rücksicht auf (10)

'1-1) <?/ <^„= / x/ \

Bezeichnen wir mit /)' die Diskriminante des Polynoms i\Q), mit P' das Differenzenprodukt, das aus P (5) hervor- geht, wenn man die Wurzeln s^s^ s„ durch die Wurzeln (jj (?o •• <?„ ersetzt. Es ist (6)

D'=C^2»-2p'2^ also

•15) -D - (a!) (p)

Aus (14) folgt mit Rücksicht auf (13)

n(n 1) , i

P_ r- .-2 "'■'' ^^ {a^y-^.

P [(u ySi)(a ySj) (a y «„)]« i

a)'

Substituieren wir diesen Wert in die Gleichung (lö), so erhalten wir

116) 7)'_r7""-"D.

Mit Worten: die Diskriminante des transformierten Polynoms P'(g) ist das Produkt der Diskriminante des ursprünglichen Polynoms /'(.s) in eine Potenz der Sub- stitutionsdeterminante.

Die beiden Diskriminanten unterscheiden sich also nur um einen Faktor, der von ihren Koeffizienten unabhängig ist.

§53. Algebr. Gleich.. der. Koeffiz. rat ion. Funkt. (lkom])l.Variab.,:.sinil. 255

§ 53. Algebraische Gleicliung-en, deren Koeffi- zienten rationale Funktionen der komplexen Variabein ^ sind. \N ir nehmen mm ;iii, die Koeffizienten des Polynoms

f{s) = a,s" + a^s"- » + a„_, .s- + fl„ seien rationale Funktionen der komplexen Variahein z.

Wenn sich zwei ganze Funktionen (p(s) und t/^'(.s), deren Koeffizienten ehenfalls rationale Funktionen der Variabein s sind, der Art bestimmen lassen, daß /"(.s) = (p(s) ^(s) ist, so heißt das Polynom f(s) reduzibel, andernfalls heißt es irre- duzibel. Diese Bezeichnungen werden auch auf die Gleichunor f(s) = 0 übertragen.

Nehmen wir an, die irreduzible Gleichung f(s) = 0 habe mit der Gleichung g(s) = 0, deren Koeffizienten ebenfalls rationale Funktionen von z sind, eine oder mehrere Wurzeln gemein. Die gemeinsamen Wurzeln genügen einer Gleichimg" cf(s\ = U. deren Koeffizienten rationale Funktionen der Koeffi- zienten der Polynome /"(.s) und f/(s)*), also auch rationale Funktionen von z sind, und es muß daher eine Gleichung f(s) = g)(s)il}(s) bestehen, wo auch ^(s) eine ganze Funktion von s bedeutet, deren Koeffizienten rationale Funktionen von z sind.

Dies ist mit unserer Voraussetzung, daß die Gleichung /'(.9) irreduzil)el ist, nur dann verträglich, wenn il'(s) = Konst. ist. Es muß also das Polynom f/(^s) das Polynom /(s) als Faktor enthalten.

Aus dieser Bemerkung ergibt sich, daß die Wurzeln einer irreduzibeln Gleichung f{s) = 0 nur für spezielle Werte der Variabein z einander gleich werden können, denn andernfalls müßten die Gleichungen /"U") = 0 imd f (s) = 0 bei unbe- schränkt variablem z Wurzeln gemein haben, was unmöglich ist. Daher kann die Diskriraiuante der Gleichung f(s) = 0 nicht identisch verschwinden.

Im folgenden setzen wir durchgehends voraus, die Gleichung f\s) = 0 sei iiTeduzibel. Wir nehmen ferner an die Koeffi-

*i Zum Beweis ist an das bekannte Verfahren zur Bestimmung des größten gemeinschaftlichen Divisors zweier ganzer Funktionen zu erinnern.

206 §;>3- Al}?ebr. Gleich., der. Koeftiz. ratiou. Funkt, d. kompl. Variab. z sind .

zienteu "o"i •'^„ seien ganze rationale Fuuktiouoii der Variabein z\ den Cirad, bis zu dem diese Funktionen ansteigen, bezeichnen wir mit m.

Um die Abhängigkeit des Polynoms von den Größen s und z zum Ausdruck zu bringen, bezeichnen wir das8ell)e fortan mit f{s z) oder, wenn die Gradzahlen hervorgehoben werden sollen, mit f{"s\'z)-

Einem bestimmten ^^'erte von z entsprechen im Allge- meinen n verschiedene Wurzeln 5,^-3 s^ der Gleichung /(s z) = 0. Ausnahmen treten ein, wenn für den betreffenden Wert von z der leitende Koeffizient a^ verschwindet in diesem Fall sinkt die Gradzahl der Gleichung und dann, wenn für den betreffenden Wert von z die Diskriminante Z) verschwin- det — in diesem Fall treten mehrfache Wurzeln auf.

Wir können uns so einrichten, daß diese beiden Singu- laritäten nicht gleichzeitig eintreten, daß also die Gleichungen «0=0 und 7) = 0 keine Wurzel gemein haben, und es ist zweckmäßig das zu tun, weil alsdann gewisse Fallunter- scheidungen übertlüssig werden.

Zum Beweis ist zu bemerken: führen wir in die Gleichung f{s z) = 0 mittels der Substitution

^^^ ^ ya + S

eine neue Variable ein, so erhalten wir, nachdem der Nenner iyG -\- <i)" weggehoben ist, eine Gleichung

F{6\'z) = A^" + Ä.G"-'- . . + yl„= 0 und es macht offenbar keinen wesentlichen Unterschied, ob wir der Untersuchung diese Gleichung oder die ursprüngliche zugrunde legen.

Der leitende Koeffizient der Gleichung i^ = 0 hat den Wert (s. Gl. 13 des vorigen Paragraphen)

Zwischen der Diskriminante I) der Gleichung f(s ! ^) = 0 und der Diskriminante D' der Gleichung F{0\z) = 0 besteht -die Beziehung (s. Gl. 16 des vorigen Paragraphen)

§53. Algebr. (i leich., der. Koeftiz rat iou. Funkt. cl.köniiil.Vari all ,r.si ml. 257

Die Koeffizienten ffo^i ^'„ besitzen keinen geniein.scluift- liclien Faktor, weil sonst die Gleichung f(s z) = 0 gegen unsere Voraussetzung reduzibel wäre. Deshalb können wir die Kon- stanten a und y so wählen, daß die Gleichungen A^ = 0 und Z)'=U keine gemeinschaftliche Wurzel besitzen.

Wir können nunmehr unbeschadet der Allgemeinheit der Untersuchung voraussetzen, daß schon der leitende Koeffizient a^ der nrs])riiuglichen Gleichung /'(s|^) = 0 mit der Diskriminante IJ keinen Linearfaktor gemein hat.

Die Diskriminante ist vom Grad 2(n 1) in den Koeffi- zienten «0^*1% ■' ^^® ^s^ daher in z höchstens vom Grade :*))i(n \). Wir können uns so einrichten, daß dieser Grad auch wirklich erreicht wird. Zu dem Zweck führen wir an Stelle von z die Variable t, mittels der Substitution

(2) . = -H-+^

^l^ + V

in die Gleichung f{s\z)=0 ein und heben den Nenner {^t,-\-vf weg. Wir erhalten eine Gleichung der Form

Die Koeffizienten BqB^B^ sind ganze rationale Funk- tionen m'®° Grades von t. und zwar ist

Zwischen der Diskriminante B"{X) der Gleichung G{s ^) = 0 und der Diskriminante B{z^ der Gleichung f(s z) = 0 besteht die Beziehung

(4) D"(r) = (^t + vY-'<"-^)D{z\

Aus dieser Gleichung folgt mit Rücksicht auf (2)

lim -^>^' =u2.,(.-i)2)(jL).

Wählen wir also die Konstauten y, und a der Art. daß

die Diskriminante 1) für z = ' nicht verschwindet, so kommt

u '

in der Diskriminante D" die Potenz ^2m(n-i) ^jj-yieh vor wie zu beweisen war.

Nehmen wir an, die höchste Potenz von z, die in D vor- kommt, sei die {2m{n \) liY^.

Uurögu- Maurer, Kuuktioiieuthoorie. 5. Aufl. 17

9ÖH § '->i. Definition der algebraischen Funktionen.

Aus der Gleicliimg (2) folgt

KV X^t

und hieraus

(„5 + .)=...<-,_(«^A^p-'-',^£+„)..

Aas (4) folgt

Also ist mit Rücksicht auf (2 )

r -P(g) _ / ." \2w(n-l)-* ir(f)

;1I^ ^»'«c- 1)-* Uft- H vj ^ \, («r + v)*

Der Grenzwert links ist nach Voraussetzung endlich und

von Null verschieden. Daher muß D"{t) für ^ = ^.ur

^ten Ordnung Null werden.

Da dem Punkt t = der ^-Ebene der unendlich ferne

,"■

Punkt der 0-Ebene entspricht, so können wir sagen: wenn der Grad der Diskriminante D um k Einheiten unter die im all- gemeinen Fall stattfindende Gradzahl 2m{n 1) sinkt, so rücken Je Nullpunkte der Diskriminante in den unendlich fernen Punkt.

Aus (3) folgt mit Rücksicht auf (2)

Hieraus ist ersichtlich: wir können die Substitutions- koeffizienten XU der Art wählen, daß B^ in ^ vom w*®° Grade ist.

In folgendem setzen wir, soweit nicht ausdrücklich das Gegenteil bemerkt wird, durchgehends voraus:

erstens daß der leitende Koeffizient a^ der Grundgleichung f{s ^j = 0 keinen Nullpunkt mit der Diskriminante 7) gemein hat, zweitens daß kein Nullpunkt der Diskriminante in den unendlich fernen Punkt fällt

und drittens daß der leitende Koeffizient a^ in z vom Grade »i und nicht von niedrigerem Grade ist.

§ 54. Definition der algebraischen Funktionen.

Es ist zunächst zu beweisen, daß die Wurzeln unserer Grund-

§ ö4. Definition der algebraischen Funktionen. 259

gleichung fisl}') = ^ analytische Funktionen der komplexen Variabein z sind.

Den Beweis stützen wir auf folgenden Hilfssatz: Angenommen einem bestimmten Wert z = ß ent- spreche eine y-fache Wurzel i' = a der Grundgleichung; unter dieser Voraussetzung können wir eine positive Größe /• der Art bestimmen, daß für alle Werte von z, die der Ungleichung z ß\<,r genügen, die Grund- gleichung genau v Wurzeln s^s.^ s^. besitzt, die der Bedingung s^— u <p genügen, wo q eine beliebig zu wählende positive Größe bedeutet.

Zur Vereinfachung der Bezeichnungen transformieren wir zunächst die Grundgleichung durch die Substitution

Die transformierte Gleichung sei

F{6\1) = A,{^6" + A,(t)6^-'- + A^{1) = 0.

Da nach Voraussetzung die Gleichung f{s i /3) = 0 die i/fache Wurzel s = « besitzt, so besitzt die Gleichung F[6 0) = 0 die i^-fache Wurzel ö = 0. Es ist daher

.4„(0:) = 0^_,(n) = 0..-^„_.,^,(0) = 0, dagegen ist A^_JQi) von Null verschieden. Wir setzen nun

Die Summe der übrigen Glieder der ganzen Funktion F{6 i;), die alle den Faktor ^ enthalten, bezeichnen wir mit /i(ölg), so daß (1) F{6\^)=g{6) + h{<5\t) ist.

Da ^^_^(0) von Null verschieden ist, so ist die dem ab- soluten Betrag nach kleinste Wurzel der Gleichung

von Null verschieden. Bezeichnen wir mit q eine positive Größe, die kleiner als der absolute Betrag dieser Wurzel ist; für alle Werte von 6, deren absoluter Betrag = q ist, liegt der absolute Betrag des Polynoms auf der linken Seite der

17*

260 § ö4. DcHuition der algebraischen Funktionen.

vorstehtnilen CTleichuiig ül>er liiier augebbareu positiven Grröße

j), folglich ist

(2) IffipX > Q'P ^^euii ^ = 9 ist.

Die ganze Funktion li{ö\t^ der Variabein 6 und ^ ordnen wir nach Potenzen von t. Wir schreiben sie in der Form

Ein von ^ freies Glied kommt nicht vor, weil hio ^} durch ^ teilbar ist.

Wir bestimmen nun eine positive Größe k durch die Bedingungen

B^{6) ^ Ä-" + ^ für ,a = 0, 1, 2 m - 1 für alle der Bedingung 6 =q genügenden Werte von a.

Für diese Werte von 6 ist

(3) ji{6\t)\<ic- e(A- + ^ir-^

Bezeichnen wir mit ;* die reelle positive Wurzel der Gleichung

Unter der Bedingung \6\ = q p ^ r ist mit Rücksicht

auf (2) und (3)

Erteilen wir der Yariabeln t, einen festen Wert t.^, der

der Bedingung i ^ j < >* genügen muß, im übrigen aber beliebig

gewählt werden darf. Da für alle Punkte auf der Peripherie

eines Kreises vom Radius q um den Nullpunkt der (?-Ebene

(y((?)i > }i(6Xq) ist, so besitzt die Funktion (1)

Fiö\tt>) = gio}-^h(6 y

im Innern des Kreises ebenso viele Nullpunkte als die Funk- tion q{6) 29).

Die Anzahl der letzteren Nullpunkte ist aber = v, da ja q kleiner ist als der absolute Betrag der kleinsten von Null ver- schiedenen Wurzel der Gleichung g[(j) = i).

Damit ist unser Hilfssatz bewiesen.

Wir wenden den Hilfssatz zunächst auf den Fall an, daß für z = ß weder der leitende Koeffizient «q noch auch die Dis- kriminante IJ verschwindet.

§ 54. Definition der algebraischen Funktionen. 261

Unter dieser Annahme besitzt die Gleichung f(sß)'**0 ti verschiedene Wurzehi a^a^- «„•

Wir bezeichnen mit 2p eine positive Größe, die kleiner ist als der kleinste der absoluten Beträge \u^ a,,|, im übrigen aber beliebig gewählt werden kann.

Sodann bestimmen wir eine positive Größe r der Art, daß eine jede der n Wurzeln s,, der Ungleichung \s^ u^.\^q genügt, so lange der absolute Betrag z ß *> >" ist. Durch diese Ungleichung wird die Wurzel s,, der Größe a, zugeordnet imd zwar ist diese Zuordnung eindeutig. Denn wenn die Wurzel s,. auch noch einer zweiten Ungleichung \s^ ^/, '^P genügte, so müßte a„ a,,| = (Sy «,.) (*',. c^^)! ^ 2() sein, was unserer Festsetzung widerspricht. Daraus folgt:

die Wurzel s der Grundcjleichung ist für alle Werte von z, die der Bedingung \z ß -^r genügen, durch die Un- gleichung s, ß < p eindeutig als Funktion der Variabein z definiert.

.Jedem gegebenen noch so kleinen Wert von p entspricht ein bestimmter Wert r.

Daraus folgt: der absolute Betrag s a \ konvergiert mit dem ab.soluten Betrag 2 ß\ gegen Null. Die Wurzel s^ ist daher eine stetige Funktion der Variabein z.

Die Wurzel .?,, besitzt eine Derivierte , die durch die Gleichung

bestimmt ist.

So lange der Punkt innerhalb des Kreises bleibt, der durch die Ungleichung z— ß =r definiert ist, kann die De- rivierte /"U„ z) nicht verschwinden und es ist daher s\, eine stetige Funktion der Variabein z.

Damit ist der Satz bewiesen:

In der Umgebung eines Punktes der ^--Ebene, in dem weder der leitende Koeffizient «„ noch die Dis- krirainante D verschwindet, ist eine jede der n Wur- zeln ij, eine reguläre analytische Funktion der Vari- abein z.

Wir haben bisher stillschweigend vorausgesetzt, daß der

262 § 51 Definition der algebraischen Funktionen.

Punkt ß, auf dessen Umgebung sich unsere Betrachtungen be- zogen haben, im Endlichen liegt.

Um auch den Fall, daß er ins Unendliche rückt, zu er- ledigen, bilden wir die ^--Ebene mittels der Substitution ^ = j. auf die ^-Ebene ab.

Durch diese Substitution wird die Grundgleichung /'(s|-e)=0 in die Gleichung

transformiert, wo B-(^) = ^"'a-{z) eine ganze Funktion der Variabein ^ ist.

Weil kein Nullpunkt der Diskriminante der Gleichung f(s z) = 0 in den unendlich fernen Punkt der ^r-Ebene fällt (s. den Schluß des vorigen Paragraphen), so verschwindet die Diskriminante der Gleichung G(s\t,) = 0 nicht im Nullpunkt der ^-Ebene und weil der leitende Koeffizient a^is) in z vom Grade m ist, so verschwindet der leitende Koeffizient B^it,) nicht für ^ = 0. Daher sind die Wurzeln •VjS2--s„ der Gleichung G ( 6- ^j = 0 in der Umgebung des Punktes t, = 0 eindeutig definierte reguläre Funktionen der Variabein t,. Daraus folgt: die Wurzeln s^s.2- s^^ verhalten sich als Funktionen der Variabein z betrachtet in der Umgebung des unendlich fernen Punkts der ^-Ebene regulär.

Nunmehr hat es keine Schwierigkeit eine Stemfiäche A^ zu konstruieren, in der die Wurzel s^ überall einwertige und reguläre Funktion der Variabein z ist.

Zu dem Zweck markieren wir in der ^f-Ebene zwei Punkte p und 7, in denen weder der leitende Koeffizient (i^ noch die Diskriminante D verschwindet.

Wir können die AVurzel s,, für die Umgebung des Punktes /3 als einwertige und reguläre Funktion der Variabein z defi- nieren und durch eine Potenzreihe %^.(z ß) darstellen. Dieses Funktionselement setzen wir nun längs der Kreisbogen durch die Punkte ß und y fort (vergl. § 48).

Die analytische Fortsetzung genügt ebenfalls der Gleichung f{siz) = 0 (s. § 49j. Die einzigen Grenzpuukte, auf die wir stoßen können, sind die Nullpunkte des leitenden Koeffizienten ÜQ und der Diskriminante D.

§ 55. Unstetigkeitspunkte und Verzweigungspunkte der Wurzeln. 263

Damit soll keineswegs gesagt sein, daß jeder dieser Null- punkte auch wirklich ein Begrenzungspunkt des Definitious- bereichs der Funktion s^ ist im allgemeinen trifft dies nicht zu. Auf jeden Fall aber ist die Funktion s^ in der Sternfläche einwertig und überall regulär, deren Begrenzung von den Kreisbogen gebildet wird, die vom Punkt y nach den Nullpunkten von ((^. und D hin führen.

Es steht nichts im Wege den Punkt ß ins Unendliche rücken zu lassen; alsdann gehen die Kreisbogen, die die Be- srenzung der Sternfläche J, bilden, in Gerade über. Diese Gestalt der Sternfläche legen wir den weiteren Betrachtungen zugrunde.

Zu jeder der n Wurzeln *■, gehört eine Sternfläche Ä^, deren Punkten die Werte von 6, eindeutig zugeordnet sind; wir müssen also 7i Exemplare der 5-Ebene übereinander gelegt denken. Die Begrenzungen der übereinander liegenden Stern- flächen decken einander.

Um festzustellen, in welcher Weise die n Sternflächen Ä^ miteinander zusammenhängen, müssen wir zunächst unter- suchen, wie sich die Wurzeln s,, in der Umgebung der Null- punkte des leitenden Koeffizienten a^ und der Diskriminante D verhalten.

§ 55. Unstetigkeitspunkte und Verzweigungspunkte der Wurzeln. Nehmen wir an, im Punkt e versehwinde der leitende Koeffizient a^^.

Wir transformieren die Gleichung f(s s) = 0 durch die Substitution

s = d + ^ a

und setzen

<ff\s z)=aQ{6d + 1)" + a,{0d + l)"-^ö h a„a" = F{6\2).

Es sei nach Potenzen von a geordnet

F(0 z) = A^6" +A,6"-'--- + Ä„.

Hier ist J^o = «„(J" -^ rr, ö" " ^ -f a„ und Ä^ = fl^,.

Die Konstante d wählen wir so, daß der leitende Koeffizient Aq für 2 = e nicht verschwindet.

'2{)4 ^ '>ö. Unstetigkeitspunkte uiil Veiv.\veigiiugsi)uukte der Wurzeln.

Xaeh Vuraussetzuug verschwindet die Diskriiuiiiautc der Gleichuug f{s\2) = 0 für 2 == e nicht (s. § 53 Schluß) und das- selbe gilt für die Diskriminante der Gleichung F(6 z) = 0. Daher besitzt die Gleichung F{ö\c) = 0 11 verschiedene Wurzeln, von denen eine etwa die erste den Wert Null hat, weil J.^(e) = ao(e)= 0 ist. Die Wurzel a^ der Gleichung i^((5 z) = 0 wird durch eine Potenzreilie der Form

1

v. + i

dargestellt, wo k eine positive ganze Zahl bedeutet.

Der Punkt c ist somit ein Pol der Funktion s^. Um- gekehrt gehört jeder Punkt e, in dem eine Wurzel s^ unendlich wird, zu den Nullpunkten des leitenden Koeffizienten a^.

Zum Beweis schreiben wir die Grundgleichung in der Form

%s + «1 + -^ + /. + ^„^ = 0.

Wird für z = e die Wurzel Sj unendlich, so muß lim ao(^) ^i = «iie) sein und hieraus folgt ^o*^^) = ^^•

Aus unserer Voraussetzung, daß der leitende Koeffizient und die Diskriminante keinen NuUpunkt gemein haben, folgt daß auch die Koeffizienten a^ und «^ keinen Nullpunkt gem«-in haben (s. § 52 Gleichung (3;).

Daher verschwindet ^/i(e) nicht und es ist deshalb die Ordnung, zu der s^ unendlich wird, gleich der Ordnung, /m der n^ verschwindet.

Wir sprechen das soeben Bewiesene in dem Satz aus:

Die Wurzeln der algebraischen Gleichung f{s' z) = 0 besitzen nur polare ünstetigkeiten; die Pole fallen mit den Nullpunkten des leitenden Koeffizienten zu- sammen.

Nehmen wir nunmehr an, im Punkt e verschwinde die Diskriminante 1). Wir grenzen in der ^-Ebene durch zwei Kreise um den Punkt e ein Ringgebiet li ab, in dem weder die Diskriminante noch der leitende Koeffizient verschwindet. In der Umgebung eines jeden Punktes dieses Ringgebietes zeigen die n Wurzeln s^s^ •§„ das reguläre Verhalten ana- lytischer Funktionen, aber hieraus darf nicht geschlossen

§ Ö5. Unsteti<,'keitspiiiikte nutl Vcrzweigungsiiuukte der ^Vul•zeln. 2G5

werdt'u, daß die Fuiiktioiiswerte den Punkten des (iebietcs eindeutig /.u^^eordnet sind, da ja das Kinggeluet keine einfach zusammenhängende Fläche ist (vergl. § 47).

Um das Hingi^ebiet 7* in eine einfach zusanimenhüngende Fläche zu verwandeln, verbinden wir die beiden Grenzkreise durch eine Sperrlinie L (Fig. 30). Die Ränder der Sperrlinie unterscheiden wir wieder als + Rand und Rand derart, daß ein positiver Umlauf um den Punkt e vom Rand zum -f- Rand führt. In der zerschnittenen Ring- Häche sie möge mit B' bezeichnet werden ist eine jede der n Wurzebi s^^So s^ eine einwertige Funktion F[^~ja

der Variabein z. Die n Wurzelwerte

s^s.^ . . . s„, die in einem Punkt auf dem -\- Rand der SpeiTlinie stattfinden, können nur eine Permutatiou der Werte s^Sg.-.s^ sein, die im gegenüberliegenden Punkt auf dem Rand statt- finden. Es sei etwa

(ij Si = So So = S.j . . . S,, = Si .

Man sagt in diesem Fall: die v Wurzeln s^s^ . . . s,, bilden einen „i^-gliedrigen Zyklus". Sofern v > 1 ist, bezeichnen wir den Zyklus als „eigentlichen" Zyklus, wenn dagegen v = 1^ also s^ = Sj ist, als „uneigentlichen'^ Die Gesamtheit der n Wurzeln verteilt sich demnach auf eine gewisse Anzahl von Zyklen, die dem Nullpunkt e der Diskriminante zugeordnet sind. Für diejenigen Wurzeln, die zu einem eigentlichen Zyklus gehören, ist der Punkt e ein Verzweigungspunkt; die- jenigen Wurzeln dagegen, die für sich einen uneigentlichen Zyklus bilden, verhalten sich im Punkt (' regulär.

Setzen wir

6' = 2 c.

Die Wurzeln dieser Gleichung sind in der einfach zu- sammenhängenden Fläche li' einwertig (vergl. § 18 erstes Beispiel). Bei einem positiven Umlauf um den Punkt e wächst

a.rc(z c) um 2;r, also arc (? um "' Demnach ändert sich

r

eine jede Wurzel a bei einem positiven Umlauf um den Ver-

260 § 6ö. Uustctigkeitspunkte und Verzweigungspuukte der Wurzeln.

2 71/

zweigungspuukt r um deu Faktor e = c ' . Verstehen wir unter a eine bestimmte, ülirigens aber beliebig zu wählende ^^'ul•zel der binomischen Gleichung und setzen wir

6.= s'-'6 {l = l,2,...v).

Längs der Spen-linie L besteht die Beziehung

(3) a = eä.

Es ist also

+ _ + _ + _

6^ = 62 ^^ ^3 * ' ^t ^^ ^1

Von diesem einfachsten Zyklus ausgehend, gelangen wir leicht zu einer analytischen Darstellung der Wurzeln s^s^, ...s,, im Ringgebiet B. Wir setzen

(4) ^; = s, + e-'s., + s-'-'s,-- + £-C-i)^s, ;.=0,l,2,...i'-l.

Längs der Sperrlinie L ist

i'x=k + ^-'k + ^-''h + 6-(*-^)'-s.,

also wegen (2)

^/. = ^2 + £~'S^ + «"-''•54 f"<*"~^>'-Si = £'[.Si + £-'-.?, + £-2^S., £-("-'^''•54

Es ist demnach

Andererseits ist wegen (3)

Cef = s\öY. P'olglich ist

^i _ ^;.

w~{^y- ^^'* A = o, 1,2... 1.-1.

Die Funktion ^ wird also längs der Sperrlinie L nicht

unstetig, sie ist daher nicht nur in der einfach zusammen- hängenden Fläche 7t', sondern auch in der unzerschnittenen Ringfläche It einwertig und zwar gilt dies, wie klein auch immer der Radius des inneren Grenzkreises gewählt werden mag.

Man überzeugt sich leicht, daß die Funktionen -/■ im

Punkt e nicht unendlich werden. Für den Index ?. = 0 ist dies von vornherein klar, da ja die Wurzeln SjSg . . . s,, im Punkt e einen endlichen Wert annehmen.

Bezüglich der Funktionen f ist zu bemerken: das o ff ff*

§ 55. Unatetigkeitspunkte und Yerzweigungspunkte der Wurzeln. 2G7

Produkt M^(z e) - '■ =(j'~''i/'^ konvergiert gegen Null,

wenn sich der Punkt z dem Punkt e nähert, weil f-,, endlich bleibt.

Nun kann die im Ringgebiet jR einwertige und ül)erall resmläre Funktion M im Punkt e nui* wie eine ganze Potenz von z e verschwinden ''IQ) , es muß daher der Quotient

4- einen endlichen Wert besitzen.

z e ö^-

Da sich die Funktion -y in der Umgebung des Punktes e

regulär verhält, so läßt sie sich durch eine Potenzreihe ^;.(^le) darstellen, die nach steigenden Potenzen von z e fortschreitet. Es bestehen demnach Gleichungen der Form

für A = 0, 1, 2, . . . i^ 1. Die Summe

l + ,>^+£2....^,(.-i)._i:^ (.^_0,l,2,...a;-l)

e 1

ist = V oder = 0, je nachdem x = 0 ist oder nicht. Daher ist

r

= 5.^1 Ca = 0,l,2,...r-1).

Es ist folglich

s, = %{^ e) + e^--'6'^,{z c) + a'^^-')6''%{z\t) + £(.-i)f«-i)ö-i^^_^(^ie).

Wir setzen, von der oben eingeführten Bezeichnung Gebrauch machend, s"~^6 = ö,^ und ordnen nach Potenzen von ö,,. Wir erhalten eine Reihe der Form

(5) S^ = Co + ^l(?„ + C2G-„ + Csö»„ + •• ^=1,2,...!'.

Es werden somit im Riuggebiet R die v Wurzeln

SjSo . . . S,,, die demselben Zyklus angehören, durch eine

1 und dieselbe nach Potenzen von (z e)'' fortschrei- tende Reihe dargestellt: wir erhalten die j' Wurzeln

208 § &•"'• Unstotigkeitspunkte uiul Yerzweifjungspiuikte der Wurzeln.

1 des Zyklus, wenn wir der Potenz {z e)'' ihre /' ver- schiedenen Werte beilegen.

Die Reihenentwicklungen (li und (5) erfahren leicht zu übersehende Modihkatiouen, wenn einer der speziellen Fälle eintritt, die wir am Schluß des § ö3 der Einfachheit wegen ausgeschlossen haben.

Wenn der Grad des leitenden Koeffizienten a„ unter den Maximalgrad »i sinkt, so rückt einer der Pole der Wurzeln ins Unendliche. An Stelle der Keihenentwicklung (1) tritt in diesem Fall eine Entwicklung der Form

Wenn der Grad der Diskriminante unter den Maximal- grad 2 min 1) sinkt, so rückt ein Nullpunkt der Diskrimi- nante in den unendlich fernen Punkt. Ein j^-gliedriger Zyklus s^So . . . 5, , für den der unendlich ferne Punkt Verzweiguugs- punkt ist, wird durch eine Reihe der Form

A - s ^={,2,...v

1 dargestellt, wo für ^" der Reihe nach die v verschiedenen Wurzelwerte einzusetzen sind.

Nehmen wir endlich an ein Nullpunkt e der Diskriminante falle mit einem Nullpunkt des leitenden Koeffizienten t*o zu- sammen, und zwar sei dieser Punkt e ein Verzweigungspunkt für den r-gliedrigen Zyklus s^s.^ .•.«,,. Im Punkt e werden unter dieser Voraussetzung die v Wurzeln des Zyklus sämtlich unendlich. Für die Umgebung des Punktes e gilt die Reihen- entwicklung

i. A A

= c^(z e) '' -\- CoU e) '■ + C3 (^ e) '■ " 11 = 1,2,. ..V.

Rückt der Punkt e ins Unendliche, so tritt an Stelle dieser Reihenentwicklung die folgende:

% l^ 1^ '^ .a==l,2,...v.

^ z" z' z'

4? r>6. t'lier ilit' Ik'stiiiiimiu«^^ der Wiirzf-lzyklen JO!)

§ 66. Über die Bestimmung der Wurzelzyklen.

Es erübrigt eiu X'crialiifii an/ngt'lx'Ji, um die zu eiurin jfdi'ii Nullpunkt der Diskriminaute «jehörigen Zyklen zu finden. Dabei w(jllen wir der Kürze halber an deu vereinfachenden Voraussetzungen festhalten, die am Schluß des tj f))» ausge- sprochen sind.

Nehmen wir an, im Punkt e finde eine Ä-fache Wurzel 5i = So = Sg = i^f. = (.(. statt. Die Ordnungszahlen der zu- geh(>rigeu Zyklen bezeichnen wir mit v^v^- v ^ so daß also

i'i + ''2 + i^p = /'• ist.

Für die Wurzeln, die dem ersten j'^-gliedrigen Zyklus angehören, o-ilt eine Reihenentwicklung der Form

1 :;

s a = c^{z e) 1 + Cg (.? e j ' +

Von den Koeffizienten qa, . . . kann eine Anzahl den Wert Null haben; es sei Cy der erste nicht verschwindende Koeffizient.

Unter dieser Annahme ist der Grenzwert

1

\z ey^

fü]- die dem Zyklus angehörigen Wurzeln endlich und von Null verschieden. Für eine jede Wurzel, die im Punkt 0 den Wert a annimmt, läßt sich also eine positive rationale Zahl <i der Art bestimmen, daß der Grenzwert

s a

im

(0 - e)'^

existiert und einen von Null verschiedeneu Wert besitzt.

Jede Wurzel, für die dieser Grenzwert gilt, gehört not- wendig einem Zyklus an, dessen Ordnung gleich dem Nenner von q oder gleich einem Multiplum dieses Nenners ist. Es tritt offenbar der erste oder der zweite Fall ein, je nachdem die oben mit K und v^ bezeichneten Zahlen relativ prim sind oder einen gemeinschaftlichen Divisor besitzen. Zu einem Wert von q können selbstverständlich mehrere Zyklen ge- hören; ihre Ordnungszahlen können einander gleich sein, sie können aber auch verschiedene Mnltipla des Nenners von q sein.

27 U § •'^'- t'l>er die Bestimmung der Wurzelzyklen.

Die Aufgabe, die Wurzeln ij^Sg ^;- ^^ Zyklen zu ordnen, zerTällt somit in zwei einfachere: wir haben erstens die Expo- nenten 7 zu bestimmen und wir haben dann zweitens für jeden dieser Exponenten die zugehörigen Zyklen zu bilden.

Um die erste dieser Aufgaben zu lösen, transformieren wir die Grundgleichung durch die Substitution s = S -\- a B = Z -\- e in die Gleichung Fi^S \Z)=0. Da die Gleichung f{s\e) = 0 die /.-fache Wurzel a besitzt, so besitzt die Gleichung F{S 0) = 0 die Mache Wurzel 0.

Soll der Gleichung F(S Z) = 0 ein endlicher von Null verschiedener Grenzwert

lim [^, z=o Z

genügen, so müssen, wenn man die Substitution S = Z'^ aus- führt, die Glieder niedrigster Ordnung für sich verschwinden.

Damit das Glied Konst. Z^S" des Polynoms F(S\Z) zu den Gliedern niedrigster Ordnung gehört, müssen die Expo- nenten Au der Bedingung A + ly/i < A'+ q^' genügen, wo l' fi die in irgend einem Glied des Polynoms vorkommenden Expo- nenten bedeuten.

Diese Bedingung läßt sich sehr einfach geometrisch an- schaulich machen. Wir betrachten den Exponenten der Variabein Z als Abszisse, den Exponenten der Yariabeln S als Ordinate eines Punktes in Beziehung auf ein rechtwinkliges Koordinatensystem, so daß jedes Glied des Polynoms F(S Z) durch einen Punkt der Ebene repräsentiert wird. Durch den Punkt, der das Glied Konst. Z'/S" repräsentiert, legen wir nun eine Gerade rj, die mit der Ordinatenachse den Winkel arctg^ bildet.

Alle Glieder des Polynoms F, deren Exponenten A'.u' der Bedingung ).' -\~ q^' ^ X -\- q^ genügen, werden durch Punkte auf der Geraden fj repräsentiert, alle Glieder, für deren Expo- nenten die Ungleichung // -}- q^' > A + 2." erfüllt ist, durch Punkte, die durch die Gerade // vom Anfangspunkt der Koor- dinaten getrennt sind. Da mindestens zwei Glieder nie- drigster Ordnung auftreten müssen, so geht die Gerade g mindestens durch zwei Punkte, die Glieder des Polynoms re- präsentieren.

§ 56. L ber die Bestimmung der Wurzelzyklen.

271

Wir erhalten somit zur Bestimmung des Exponenten q die folgende einfache Regel :

Man repräsentiere jedes Glied Konst. Z^S" des Polynoms F(Si2r) durch einen Punkt mit den Koordinaten A^a und kon- struiere alle Geraden (/, die den beiden Bedingungen genügen: die Gerade // geht mindestens durch zwei Punkte unseres Punktsystems ; alle Punkte des Systems liegen entweder auf g oder auf der entgegengesetzten Seite von g wie der Anfangs- punkt der Koordinaten. Verbindet einer dieser Geraden g die

U ft

ein zulässiger Expo-

Punkte All und A\u', so ist $ =

nent.

Sei beispielsweise F= C,,Z'S -f C,,Z''S' + CigZS^ + O50Z' + C^,S'

+ Gliedern, deren Exponentensumme > 5 ist. Im Punkt Z = 0 findet eine fünffache Wurzel S =0 statt; es sind die zugehörigen Zyklen zu bestimmen.

Wie die nebenstehende Figur 31 zeigt, gibt es in diesem Fall drei Gerade g:

die erste g^ verbindet die Punkte

5, 0 und 3, 1 ; //o geht durch die drei Punkte 3,1;

f/g geht durch die Punkte 1,3 und

0,5.

Der Geraden g^ entspricht der Exponent g'i=2, der Ge- raden//« der Exponent ^0=1, der Geraden g^ der Exponent

1 ' «3 = T

Es treten demnach mindestens drei verschiedene Zyklen auf.

Da sich auf diese drei Zyklen nur fünf Wurzeln verteilen, kann die Ordnung keines Zyklus > 3 sein und es kann höchstens ein eigentlicher Zyklus existieren. Die Ordnung

des Zyklus, der zum Exponenten q_i = ^ gehört, ist ein Mul- tiplum von 2, sie muß also = 2 sein.

Sofern die Koeffizienten C^^ nicht speziellen Bedingungen

Fig. 81.

^>72 §56- L ber die Bestimmung der ^^ urzelzykltu.

genuinen, gehören zum Exponenten ^o = 1 zwei verschiedene Grenzwerte

G = lim -V,

also auch zwei verschiedene Zyklen, die selbstverständlich nur eingliedrig sein können. Die beiden Grenzwerte G sind durch die quadratische Gleichung C^^G'^ -\- 0^2 G -\- Cgi = 0 bestimmt.

Wenn die Diskriminante dieser Gleichung nicht ver- schwindet, erhalten wir demnach einen dem Exponenten 2 zu- geordneten eingliedrigen Zyklus , zwei zum Exponenten 1 ge- hörige eingliedrige Zyklen und einen zum Exponenten g^" hörigen zweigliedrigen Zyklus.

Für die Wurzeln des zweigliedrigen Zyklus ist der Punkt Z = 0 ein Verzweigungspunkt, die übrigen drei Wurzeln ver- halten sich in der Umgebung dieses Punktes regulär.

Es muß nun noch ein allgemeines Verfahren nachgewiesen werden, um die Zyklen, die zu einem bestimmten Exponenten q gehören, zu bestimmen. Zu dem Zweck greifen wir auf die Reihenentwicklung zurück, die die Wurzeln eines dieser Zyklen darstellt.

Die Reihenentwicklung hat jedenfalls die Form

a) s = cZ'j-\-c,z^^ + c2Zi^---

Die Exponenten q^q., sind ebenso wie q positive ratio- nale Zahlen und zwar ist q < qi <^ q^

Sei auf die kleinste Benennung gebracht _ X _ ;.i _ ;ij

Die Ordnung des Zyklus, der durch die Reihe (1) dar- gestellt wird, ist das kleinste gemeinschaftliche Multiplum der Zahlen fifi 1(1.2 . . .

Um den Koeffizienten c zu bestimmen, berechnen wir aus der Gleichung F(S\Z) = 0 den Grenzwert

lim -

Es ist einleuchtend, daß dieser Grenzwert nur bis auf eine ju.'* Einheitswurzel bestimmt ist, weil dies auch für die Potenz Z' gilt. Es kann aber der Fall eintreten, daß auch r" nicht

§ 56. Über die Bestimmung der Wurzelzykleu. 273

eindeutig, sondern durch eine Gleichung höhei'en Grades l)estimmt ist. In diesem Fall entsprechen den verschiedenen Werten von c" verschiedene Zyklen ; jeder dieser Zyklen muß für sich unter- sucht werden.

Wir setzen nun in (1) (2) Z=Z'" S = cZ'''+S'

und erhalten für S' die Reihenentwicklung

Hier ist

A, fi , A, ft

Um den Exponenten q zu l^estimnieu, transformieren wir die Gleichung F{S Z) = 0 durch die Substitution (2) in F{S'\Z') = 0.

Der Exponent q' muß nun der Bedingung genügen , daß der Grenzwert

lim ,

r = () Z"i

einen endlichen von Null verschiedenen Wert besitzt.

Er kann durch das oben auseinander gesetzte Verfahren ermittelt werden. Da qy'> q ist, so ist g' = 5iii > (/.tt = A. Der Exponent q' unterliegt also noch der Nebenbedingung

q > A.

AVenn die Bestimmung des Exponenten 5i = -^ noch nicht

genügt, um die Ordnung des Zyklus festzustellen, so muß auch noch der nächste Exponent r/« bestimmt werden usw.

Wir wollen das Verfahren durch ein Beispiel erläutern. Es sei F={S'- Zy—SZ-- Z^ + Gliedern, deren Expo- nentensumme > 4 ist.

Im Punkt Z = 0 findet eine vierfache Wurzel S = 0 statt.

Wie leicht zu sehen ist, erhalten wir in diesem Fall nur

einen Exponenten </=.,, die vier Wurzeln müssen daher ent- weder einen viergliedrigen Zyklus oder zwei zweigliedrige Zyklen bilden. Für Z = 0 ist

lim '"L = + 1.

^=0 yz -

Das doppelte Vorzeichen rührt von der Unbestimmtheit des Vorzeichens von YZ her.

Du ri-ge-Ma urer, Funktionentlieorie. 5. Aufl. 18

274 § ^"- Doppelpunkte und mehrfache Punkte.

Die Reiheuentwickluug der Wurzeln besitzt die Form

S = Z- + c,Z'',^ .

Wir setzen Z = Z'- S = S' + Z' nud erhalten

Hier ist 7'= '2(j^ > '2q also q' > 1.

Die Transformation der Grundgleichung ergibt

F{S Z) = F{S' Z') = {S"'+ 2S'Z'y- {S' + Z')Z''-Z'' = 5'*+ 4S'8Z' + 46"2Z'2- >S'Z'^- Z'^ •.

Wir genügen der Gleichung F = U sowohl durch die Annahme q' = 1 als auch durch die Annahme

7' = (s. die nebenstehende Fig. 32).

Die erste Annahme ist wegen der Bedingung 7' > 1 unzulässig, es ist

daher q = zu setzen.

Die Glieder niedrigster Ordnung in F sind

S'

'\

N

k

^ ■>

^'

« 3

Fig. -S-J.

45'2 2r'2_Z'^=Z'5[4^„-l] folglich ist

q = lim -^ = ± -^ Z'- Wir erhalten somit die Reihenentwicklungen

.S-- I ^"■+

6' = Z' + Ä' = Z' + ^, Z' ' oder 1 ^

,s' = z"^+ 2 z'^+....

Die letzte Gleichung zeigt, daß die vier Wurzeln, die im Punkt Z=0 den Wert 0 annehmen, einen Zyklus vierter Ordnung bilden.

§ 67. Doppelpunkte und mehrfache Funkte. Es

kann der Fall eintreten, daß zu einem Nullpunkt der Diskri- minante 1) nur uneigentliche Zyklen gehören, daß sich also

§ 07. Doppelpunkte \ind mehrfache Punkte. 275

in diesem Piiukt alle n Wurzeln der Gnmdgleichung regulär verhalten. In diesem Fall gehfirt der betreffende Punkt nicht zu den singulären Punkten der Funktionen s^.

Wir wollen die Bedingungen hierfür feststellen.

Nehmen wir an für z = e sei s^ = 5, = s^= a und es verhalte sich jede dieser Je Wurzeln in der Umgebung des Punktes e regulär.

Für jede der k Wurzeln gilt in diesem Fall eine Reihen- entwicklung der Form

(1) s^_ - « = cf(2 - e) + fW(> - ey + c<^\2 _ <o)3 + . . .

X = 1 2 /.• Die Koeffizienten c^'^c^,''' . . . sind die Werte, die die Deri- vierten

/ ds 1 '/ _ 1 (J'S

^ ~ dz T ^ = T dJ^ ' ' '

für 3 = e s = a annehmen. Um sie zu berechnen differen- ziieren wir die Grundgleichuner und erhalten:

(2) |-^'+i^=0

'' ds ' cz

(3) |/s"+ ^'{'s'^ + 2 ?X s+ ''{= 0 ^ ^ ds CS- cscz cz-

(4) Us" + 3 f 'l s's'+ 3 /X ." + l'U-' +^Jifs-' ^ ■' CS ös^ dscz ds-^ ' cs^dz

cscz^ dz^

( 5^ £/■ s"" 4- 4 ^'^ s's" 4- 4 ''^ r -^ S ^'^ ."2 -4- ß ^'^ .'2," ^~^) ds^ ^^cs'-'^ ^-^dJdz^ -^^^ds^' +^as»^^

+ 12 ^ /." + G ^^ s" + r ( ^- + 4 .^ .- ^s C2 cscz- CS* os'dz

ds^cz* cscz" ' dz*

Nehmen wir zunächst an, es sei Je = 2. In diesem Fall muß für i' = r s = a die erste Derivierte ^J = 0 sein, dao-ecren

CS '00

c'f besitzt die zweite Derivierte . einen von Null verschiedenen

CS-

Wert.

Weil s' = c^,"' (x = 1, 2) einen endlichen Wert hat, folgt

aus (2) ^J= 0.

^ '' cz

18*

276 § 57. Doppelpuukte uml mehrfache Punkte.

Der Gleichung {'d), aus der der er^^te Term links weg'en ^ = 0 wegfällt, genügen im allgemeinen zwei verschiedene

CS

Werte s = c[^^ iind s' = c'^-'.

Zu jedem dieser beiden Koeffizienten c^^ werden durch die folgenden Gleichungen eindeutig die weiteren Koeffizienten c'/V-^") . . . bestimmt; jedem der beiden Werte r'^^ enspricht also eine vollständig bestimmte Keiheneutwicklung der Form (li.

Wenn die Wurzeln der Gleichung (3) zusammenfallen, so ist c<j-) = c(^) und zwar ist

fs* 1 dsoz

Es fällt deswegen aus der Gleichung (4j s" heraus und aus der Gleichung (5) fallen s"" und s'" heraus. Der Gleichung (5) genügen zwei im allgemeinen verschiedene Werte s" = d^' und s" = cf^ und jedem dieser Werte entspricht eine Reihenent- wicklung der Form (1).

Wenn auch die Wurzeln der Gleichung (5) zusammen- fallen, so fällt aus der folgenden Gleichung nicht nur die

Derivierte fünfter Ordnung (wegen ^ =0), sondern auch die

der vierten Ordnung heraus und es ergibt sich eine quadratische Gleichung zur Bestimmung der Koeffizienten cl,") usw.

Auf jeden Fall erhalten wir, wenn die partiellen Deri-

vierten^ und 5- verschwinden, aber die Derivierte t^-I von

ds dz ' CS-

Null verschieden ist, zwei verschiedene Reihenentwicklungen der Form (1) und damit ist bewiesen, daß sich die Wurzeln SjSj in der Umgebung des Punktes e regulär verhalten.

Man bezeichnet in diesem Fall den Punkt c als Doppelpunkt.

Nehmen wir nunmehr an, es sei /r = 3.

In diesem Fall verschwinden im Punkt e die Deri vierten

■^ und ;; , , dagegen bleibt ■— von Null verschieden.

VS CS' oS

Aus (2) folgt wieder wegen der Stetigkeit von s', daß die partielle Derivierte —; verschwindet. Wir behaupten: im Punkt e ist außerdem

dscz

§ ■)?. l>op)U'lji\iiikte und mehrfacho l'iinktc. 277

Beim Beweis unterscheiden wir, ob die Aiifangskoeffizieuten der Ueiheuentwiekluugeii i 1 "i cji^r^-'c';" ;ille denselben Wert be- sitzen oder nicht.

Wenn der letztere Fall eintritt, so müssen der Gleichunj^ (3j, aus der nnnmelir die beiden ersten Terme fortfallen, wenigstens zwei verschiedene Werte s genügen. Dies ist nur möglich, wenn die beiden vorstehenden Gleichungen bestehen.

Nehmen wir nun einen Augenblick an, es sei c'-^) = d^)=cf'>

und die Derivierte ' verschwinde nicht. Unter dieser An-

Osdz

nähme bestimmt die Gleichung (4), aus der die beiden ersten Terme wegfallen, eindeutig den Wert der Derivierten s" für s = c s = (<:; die Gleichung (5) bestimmt eindeutig die Deri- vierte s" usw.

wir erhalten daher nur eine einzige Reihenentwicklung der Form (1) und nicht, wie dies unsere Voraussetzung fordert, deren drei. Es muß daher ^-^ = 0 sein und aus (3) folgt

0S02 '

dann weiter v- , = 0.

dz

Damit also die drei Wurzeln, die im Punkt e denselben Wert a annehmen, sich in der Umgebung dieses Punktes regulär verhalten, ist erforderlich und wie man sich leicht überzeugt auch hinreichend, daß im Punkt e die partiellen Derivierten erster und zweiter Ordnung des Polynoms f{s z) sämtlich verschwinden.

Man bezeichnet den Punkt c, werm diese Bedingung erfüllt ist, als dreifachen Punkt.

Der Fortgancr dieser Schlußweise ist oäeusichtlich. Wir fassen das Resultat in den Satz zusammen:

Damit genau /.• Wurzeln der Grundgleichuug in einem Punkt e denselben W^ert a annehmen und sich in der Umgebung dieses Punktes regulär verhalten, müssen für ^r = c .5 = « die sämtlichen partiellen Deri- vierten des Polynoms f[s z), deren Ordnung < Ä; ist,

verschwinden, daijegeu muß die Derivierte ^ ' von

Null verschieden bleiben.

Die Unterscheidung zwischen Verzweiguugspunkten und Doppelpunkten gestaltet sich in dem Fall sehr einfach, daß

^78 § 58. Die Riemanusche Fläche.

in jedem Nullpunkt der Diskriminante nur zwei Wurzeln ein- ander gleich werden.

Ist der Nullpunkt c, in dem s^ = s^ ist, ein Doppelpunkt, so verliält sieb jede der beiden Wurzeln 6jS., in der Umgebung dieses I\inktes regulär und dasselbe gilt daber auch für ibre Difierenz. Desbalb kann die Difi'erenz s.2—s^ nur Avie eine ganze Potenz von z e Null werden, das Quadrat [s^ s^)' wird daber zu gerader Ordnung Null.

Ist dagegen der Punkt e für die Wurzeln ^^-s^ ein Ver- zweigungspunkt, so verbält sieb der Quotient --* ^ in der Umgebung dieses Punktes regulär (s. § 55), daber wird der Quotient *~'^^ zu gerader Ordnung Null und das Quadrat

(§2 s^- wird zu ungerader Ordnung NuU.

Nun ist 52 Gleicbuug (6)) D = Konst.flo^"--P2, wo P das Produkt der sämtlicben Wurzeldifferenzen bedeutet. Da nach Voraussetzung der leitende Koeffizient a^ mit der Dis- kriminante keinen Nullpunkt gemein hat, so wird die Diskri- minante im Punkt e zur selben Ordnimg Null wie das Quadrat («2 Sj)"". Daraus folgt:

Unter der Voraussetzung, daß in jedem Nullpunkt der Diskriminante nur zwei Wurzeln der Grundgleichung denselben Wert annebmen, sind die Nullpunkte gerader Ordnung Doppel- punkte, diejenigen ungerader Ordnung Verzweigungspunkte.

§ 58. Die Riemaunsche Fläche. In § 54 ist gezeigt worden, daß sich die W^erte einer jeden der n Wurzeln 6„ den Punkten einer Sternfiäche A^. eindeutig zuordnen lassen. Die Begrenzung einer jeden Sternfläche A^. besteht aus den gerad- linigen Strecken, die einen beliebig zu wählenden Punkt y mit den Nullpunkten der Diskriminante und des leitenden Koeffizienten verbinden. Inzwischen haben wir nachgewiesen, daß auf Grund unserer Voraussetzungen 53, S. 257) die Nullpunkte des leitenden Koeffizienten nur Pole aber nicht Verzweigungspunkte der Funktionen s,, sind, und daß auch unter den Nullpunkten der Diskriminante solche vorkommen können, die keine Verzweigungspunkte sind. Wir behalten nun von der Begrenzung der Steniflächen A, nur diejenigen

§ ÖS. IMe J{iemaimsche Fläche. 279

Strecken bei, die den Punkt y mit Verzweigxmgspunkteu ver- l)iucien, die übrigen werden weggenommen. Die so modifi- zierten Sternllächen mögen mit Ä\, bezeichnet werden. In der Fläche ä\. verhält sich die Wurzel 6,, nicht mehr überall regulär, aber sie hat wenigstens den Charakter einer einwertigen Funktion (vergl. § 49 ).

Es muß nun untersucht werden, in welcher Weise die n Sternflächen A\ zusammenhängen. Zu dem Zweck erinnern wir aji die t'berlegungen, die wir in § 55 durchgeführt haben.

Wir haben um einen beliebigen Yerzweigungspunkt e zwei Kreise gelegt, die eine Ringfläche i? begrenzen, und haben sodann diese Fläche R durch eine die Grenzkreise ver- bindende Sperrlinie 7^ in eine einfach zusammenhängende Fläche it" verwandelt. Innerhalb R' sind die Wurzeln s,, ein- wertig; sie werden aber wenigstens zum Teil längs der Sperrlinie L unstetig. Die Wurzelwerte, die in einem Punkt auf dem + Rand der Sperrlinie stattfinden, sind eine Permu- tation der Wurzelwerte, die in dem gegenüberliegenden Punkt auf dem Rand stattfinden. £s besteht also längs L eine Relation der Form

WO /.j Ao . . . A„ eine Fermutation der Zahlen 1, 2 ... » bedeuten.

Es steht nichts im Wege, daß wir die Sperrlinie L in die Verl)indungslinie der Punkte y imd e fallen lassen. Unter der Voraussetzung, daß auf dieser Verbindungslinie außer dem Punkt r kein Verzweigungspimkt liegt eine Voraussetzung, an der wir durchweg festhalten gilt die Beziehung (1) nicht nur für den Teil der Strecke yc, der in die Ringfläche R fällt, sondern für die ganze Strecke (vergl. § 49). Demnach stimmt der Funktionswert s = s^, der in der Sterufläche A\ auf der -f Seite der Strecke yc stattfindet, mit dem Funktions- wert i' = s- überein, der in der Sternfläche A; auf der Seite der Strecke ye stattfindet. Ebenso stimmt der Fuuktionswert, der in A\ auf der -f Seite von yc stattfindet, mit dem Fuuk- tionswert überein, der in A'^ auf der Seite von yc statt- findet usw.

Wir schneiden nun eine jede der >*-Sternflächen A\ längs

280 § äS. Die Kiemamische Fläche.

der \'t'rbiiuhmgslinie ye auf uiul heften soclauu den + Rand der Fläche Ä\ au den Rand vou A'^ , den + Rand von Ä'^ an den Rand von A'^ . . . endlich den + Rand von A\, au den Rand von A'^ Dieselbe Operation ist für einen jeden Teil der Begrenzung der Sternfläehen A\, durchzuführen.

Wir gohingen so zu einer //-blättrigen Fläche, der „Rie- mannschen Fläche".

Dem Vorgang Rienianns folgend bezeichnen wir sie mit T.

Die Fläche T besitzt keine Begrenzung, denn die Sperr- linien, die die n Sternflächen A\. begrenzen, sind dadurch, daß ihre Ränder paarweise aneinander geheftet worden sind , in Weorfiill crekommen.

In einem Verzweigungspunkt, zu dem ein ^ -\- 1-facher Wurzelzyklus gehört, hängen ,u + 1 Blätter der Fläche T zu- sammen. Man bezeichnet den Punkt deswegen als |u.-fachen Windungspunkt der Fläche T.

Sofern zu demselben Verzweigungspunkt mehrere Zyklen gehören, liegen mehrere Windungspunkte der Fläche T über- einander.

In einem |u-fachen Windungspunkt endigen u Übergangs- linien, längs denen je zwei der Flächen A',. zusammenhängen. Da der Punkt y so gewählt ist, daß er kein Verzweigungspunkt also auch kein Wiudungspuukt der Fläche T ist, so kann in ihm auch keine Ubergangslinie endigen. Eine jede Übergangs- linie besteht demnach aus zwei geradlinigen Strecken, die im Punkt y zusammenstoßen.]

Die Werte der Funktion s sind den Punkten der Fläche T eindeutig zugeordnet; den n Werten s^Sg . . . .v„, die einem Wert der unabhängigen Variabein 2 entsprechen, sind n übereinander liegende Punkte der w-blättrigen Fläche T zugeordnet.

Es ist einleuchtend, daß jede Voraussetzung, die wir be- züglich un.serer Grundgleichung f(s\2) = 0 gemacht haben, in der Gestaltung der Fläche T ihren geometrischen Ausdruck finden muß.

Wir wollen zusehen, welche geometrische Eigenschaft sich aus unserer Voraussetzung, daß die Grundgleichung irre- duzibel ist, ergibt.

J? üa. Die Kieinannfiche Fläche. 281

XehiiKMi uir einen Augenblick an, die Grnndgleichung sei rediizibei und es sei g(s z) ein Faktor von f(^ z). Die Wurzeln der Gleichung (fia z) = ^ seien die Wurzeln \ü^...h^. Wir ziehen nun in der einfachen ^'-Ebene eine geschlossene sich nicht überkreuzeude Kurve C, und setzen von einem Punkt Zq dieser Kurve aus die Funktionszweige s^s^-.-Sf. längs der Kurve analytisch fort. Die Endwerte, zu denen wir nach dem Punkt ^^ zurückkehrend gelangen, können nur eine Per- mutation der Ant'angswerte sein.

Die Funktionszweige s^s^.-.Sf. sind den Blättern A\A\...A\ der Fläche T eindeutig zugeordnet. Aus der Tatsache, daß die analytische Fortsetzung dieser k Funktionszweige nur zu einer Permutation derselben unter sich führt, folgt daß die h Blätter A\ A\ . . . A'f. nur unter sich aber mit keinem der übrigen Blätter zusammenhängen. Die Fläche T besteht daher aus mindestens zwei getrennten Stücken.

Diese Schlußfolgerungen sind offenbar umkehrbar.

Nehmen wir an, die Fläche T zerfalle in zwei getrennte Stücke, von denen das erste aus den Blättern A\ A\ . . . A\, das zweite aus den n h übrigen Blättern besteht. Unter dieser Voraussetzung werden wir, wenn wir die Funktious- zweige s^So ... i<i, in der einfachen £;-Ebene längs einer ge- schlossenen Kurve fortsetzen, immer nur zu einer Permutation dieser /.• Funktionszweige gelangen. Daraus folgt: jede sym- metrische Funktion der Funktion s werte s^s.^ . . . Sf. ist eine in der einfachen ^-Ebene einwertige Funktion. Die Wurzeln s^Sc, . . . s^ besitzen nur eine endliche Anzahl polarer Unstetig- keiten aber keine wesentlich singulären Stellen. Dies überträgt sich auf ihre symmetrischen Funktionen : es sind dies also einwertige Funktionen der Variabelu z, die nur eine endliche Anzahl von Polen besitzen. Daraus folgt: die symmetrischen Funktionen der Wurzeln s^s^ . . . S/. sind rationale Funktion der Variabein z 28). Die Größen .5pS2 . s^ sind also AVurzeln einer algebraischen Gleichung, deren Koeffizienten rationale Funktionen der Variabein z sind. Dies ist unmöglich, wenn die Grundgleichung /"(.<? z) = 0 irreduzibel ist. Damit ist be- wiesen :

Die Riemannsche Fläche, die der Grundgleichung

282 § ^^- l*iß Kiemannsche Fläche.

f(s\z) = 0 entspricht, ist zusaminenhäugend oder zer- fällt iu Stücke, je nachdem die Grundgleichung irre- duzibel oder reduzibel ist.

Die Konstruktion der Riemaunsclien Fläche kann in mannigfaltiger Weise moditiziert werden, ohne daß ihr Zweck, die Verzweigung der Funktion s geometrisch anschaulich zu machen, beeinträchtigt wird. Die eben durchgeführte Art der Konstruktion bietet den Vorteil, daß sie die Rolle, die der einzelne Verzweiguugspunkt spielt, besonders klar hervor- treten läßt.

Dem steht der Nachteil gegenüber, daß jede Übergangs- linie durch einen der n Punkte geht, in denen z = y ist, was für die Anschauung etwas störend wirkt. Dieser Übelstand wird bei der folgenden viel benutzten Art der Konstruktion vermieden.

Wir ordnen die Verzweigungspunkte nach Belieben in eine Reihe e^ e.2 e^ . . . und verbinden sie durch eine sich nicht überkreuzende Sperrlinie L, bei der wir wieder eine + Seite und eine Seite imterseheiden. In der durch die Sperrlinie L zerschnittenen Ebene ist eine jede der n Wurzeln s,. einwertig (vergl. die Ausführungen in § 48). Die W^urzelwerte, die in einem Punkt auf der + Seite der Sperrlinie stattfinden, sind eine Permutation der Wurzelwerte, die im gegenüberliegenden Punkt auf der Seite stattfinden. Längs des Abschnittes der Sperrlinie, der von zwei aufeinander folgenden Verzweigungs- punkten 0^ e^^^ begrenzt wird, bleibt die Perrautation unver- ändert, aber sie wechselt von einem Abschnitt der Sperrlinie zum andern. Wir legen nun wieder v Exemplare der mit der Sperrlinie L versehenen ^-Ebene aufeinander und ordnen jedem Blatt die Werte einer Wurzel zu. Sodann schneiden wir jedes Blatt längs der Linie L auf und wenden das oben erörterte Heftungsprinzip an. Auf diese Weise gelangen wir zu einer neuen Gestalt der Riemannschen Fläche T; sie bietet für die Anschauung den Vorteil, daß sich die Übergangslinien nicht überkreuzen.

Wir wollen diese Gestalt der Riemannschen Fläche etwas genauer untersuchen, dabei aber die vereinfachende Voraus- setzung machen, daß in einem Nullpunkt der Diskriminante

§ 58. Die Riemauusche Fläche. 288

immer nur zwei Wurzeln denselben Wert annehmen. Unter dieser Voraussetzung besitzt die Riemanusche Fläche nur Win- dungspunkte erster Ordnung; ihre Anzahl möge mit ic be- zeichnet werden. Da die Diskriminante in einem Verzweiguugs- punkt zu ungerader Ordnung, in einem Doppelpunkt aber zu gerader Ordnung versehwindet (s. den Schluß des vorigen Paragraphen), so ist die Difi'erenz zwischen der Gesamtzahl der Nullpunkte der Diskriminante 2m(n 1) und der .Vnzahl der Verzweigungspunkte ic jedenfalls eine gerade Zahl; wir bezeichnen sie mit 2d. Aus der Gleichung ic = 2m(n—l) 2f/ folgt, daß die Zahl iv gerade ist. Jeder einfache Verzweiguno-s- punkt ist Endpunkt einer und nur einer Ubergaugslinie; die w Verzweigungspunkte ordnen sich also zu

w = m (n 1) d

Paaren, von denen jedes eine Übergangslinie begrenzt. Um den Zusammenhang zwischen den n Blättern der Riemannschen Fläche herzustellen, sind nur n 1 Ubergangslinien erforder- lich, die übrigen

p = I IV - in - 1) = ()u - 1)(« - 1) - ^

sind überzählig. Diese Zahl 2^ spielt bei tieferen Unter- suchungen über algebraische Funktionen eine fundamentale Rolle; man bezeichnet sie als „Geschlecht" der Grundgleichung. Eme eingehendere Erörterung der Bedeutung von ^> würde uns zu weit führen, wir wollen sie aber wenigstens durch zwei Beispiele erläutern. Wir beschränken uns dabei auf den Fall n = 2 und nehmen zunächst ^i = 0 an. Unter dieser Aimahme besteht die Riemanusche Fläche aus zwei Blättern, die durch eine Ubergaugslinie verbunden sind. Jede geschlossene Kurve bildet für sich die voll- ständige Begrenzung eines Stücks "x~^

der Fläche T und kann dement- ^ p ) ^^ /^ L

sprechend durch stetige Defor- ( >,_.. J

mation auf einen Punkt zusam-

Fig. 33.

mengezogen werden. Die drei

Kurven ABC in der vorstehenden Figur 33 veranschaulichen

die drei möglichen Typen geschlossener Kurven auf der Fläche T.

284 § iJö- Beispiel ciuer Riemauuschen Fläche.

Der im unteren Blatt verlaufende Teil der Kurve B ist punk- tiert tre/.eichnet. Die Kurven 7) und C begrenzen das ein- iieschlossene Flächenstück, die Km-ve Ä begrenzt den außer- halb liesrenden Teil des oberen Blattes. Um die letztere Kiu-ve durch stetige Deformation auf ciuen Punkt zusammen- zuziehen, müssen wir den unendlich fernen Punkt überschreiten.

Die Fläche T ist einfach zusammenhängend. In zweiten Beispiel des § 18 ist die Abbildung einer zweiblättrigen Fläche vom Geschlecht Null auf die einfache Ebene durchgeführt w( »rden.

Nehmen wir nunmehr an, es sei ^ = 1. In diesem Fall sind die beiden Blätter der Riemannschen Fläche durch zwei Übergangslinien verbunden. Es gibt in diesem Fall geschlossene Kui-ven, die nicht die vollständige Begrenzung eines Teils der Fläche T bilden. Als Beispiel können die in Fig. 29 § 51 verzeichneten Kurven Q^ und Q.2 dienen.

Die Fläche T ist in diesem Fall nicht einfach zusammen- hängend; sie wird dies aber, wenn wir sie durch die Sperr- linien Vi und ^o begrenzen.

Die begrenzte Fläche kann auf ein einblättriges einfach zusammenhängendes Flächenstück abgebildet werden. In § 51 ist diese Abbildung unter der Voraussetzung durchgeführt worden, daß die beiden Ubergangslinien in die Achse der reellen Zahlen fallen.

§ 59. Beispiel einer Riemannschen Fläche. Um

die Konstruktion der Riemannschen Fläche durch ein Beispiel zu erläutern, gehen wir von der Grundgleichung aus f(l Ij = (s _ 1)3 _|_ (^2 _ 1)^2 s' + 3s - 1) = ^2(2 s3 4- 35 - 1) - (s^ -f 3s2) = 0. Die Diskriminante des Polynoms

UqS^ -\- Sa^s^-^- da^s -f Ö3 ist

= Sl[(aQa^ cij)-— -iiaf^a^— a^-){a^a^ a,^)]

wie man leicht mit Hilfe der Gleichung (3) des § 52 verifiziert.

Demnach ist die Diskriminante des Polynoms f{s z)

= 4-81^2(^2_1^2(3_^2_^ 1)_

Sie besitzt den Normalgrad 2 min 1) = 8.

§ yt). Bt'iepit'l eiuer Kiemaimschen Flüche

285

Der leitende Koeffizient ist 2z-— 1, daher fallen die Pole der Wurzeln iu die Punkte ^ = it

Es ist nun das Verbalteu der Wurzeln in der Umj^ebung der verschiedenen Nullpunkte der Diskriminaute zu nntersuehen.

1) Dem Wert s = 0 entspricht die Doppelwurzel s = 0 und die einfache Wurzel .S' = 3.

Die Glieder niedrigster Ordnung des Polynoms f(s\z) sind die Terme z'- 3^'. Daher gilt für die Doppelwurzel die Gleichung

lim^ = ± "..

Der Punkt z = 0 ist daher kein Verzweigungspunkt, son- dern ein Doppelpunkt und es verhalten sich demnach in seiner Umgebung alle drei Wurzeln regulär.

2) Den beiden Werten ^^ = + 1 und z = 1 entspricht die dreifache Wurzel .9=1.

Um das Verhalten der Wurzeln in der Umgebung des Punktes z = -\-\ zu untersuchen, transformieren -wir die Grund- gleichung durch die Substitution

z=l+ Z s=l+S. Wir erhalten

t\s z) = F(S.Z) = S'+ (Z2+ 2Z)('2S'-^6S''+{)S + 4). Die in § 56 erörterte geometrische Re- präsentation der Glieder des Polynoms F durch Punkte liefert das nebenstehende Schema (Fig. 34). Aus demselben ergibt sich, daß der Grenzwert

lim 5

■^5 f

J\ 0

Fig. 31.

endlich sein muß. Dieser Grenzwert ist '^

gleich einem der drei Werte von V^ 8. In

der Umgebung des Punktes 2^ = 1 bilden demnach die drei

Wurzeln einen Zyklus dritter Ordnung und dasselbe gilt für

die Umgebung des Punktes z ^ 1.

3) Für ^-= ist

5s3+95-'+3«,. _ 1 =0.

l'SÖ S i'»i' 15cispicl einer Kieiuanuschen Fliiche.

Die Gleichung besitzt die Doppelwurzel s = 1 und die

einlache Wurzel 0 = - o

Um das Verhalten der Wurzeln, die im Punkt s = —^

1/3

denselben Wert annehmen, zu untersuchen, transformieren wir

die Grundgleichung durch die Substitution

2= L + z s = -i + s.

Wir erhalten

t\sz) ^F{S Z) = 2^2- 10^3

+ (-~Z+Z*-y- 6 + 9S- 12S-+ 12S^).

Die Glieder niedrigster Ordnung^ lauten 2,S2-4|/3^Z.

Daher ist

lim ^=± t/3 (1 + 0-

Die beiden Wurzeln der Grundffleichunjr, die im Punkt *= -_ einander gleich werden, bilden somit einen zweiglie-

drigen Zyklus.

Analoges gilt für den Punkt z = : auch in diesem

Punkt bleibt eine Wurzel regulär, die beiden anderen bilden einen Zyklus.

Nach diesen Vorbereitungen konstruieren wir die Stern- fläche Ä, deren Punkten die Werte einer jeden der drei Wurzeln eindeutig zugeordnet werden können. Wir wählen für den im vorigen Paragraphen mit y bezeichneten Punkt den Xullpuukt, begrenzen also die Sternfläche durch die Ver- bindungslinien des Nullpunktes mit den vier Verzweigungs- punkten ± 1, ±

Zunächst müssen nun die drei Wurzeln s^ eindeutig definiert werden. Zu dem Zweck schicken wir eine Bemerkung über die Werte voraus, die die Wurzeln auf den Koordinatenachsen annehmen. Die Koeffizienten der Grundgleichung haben auf den Koordinatenachsen reelle Werte. Nun hat bekanntlich eine Gleichung dritten Grades mit reellen Koeffizienten drei

§ 51). Beispiel einer RiemaniiBchcu Fläche. 287

reelle Wurzeln oder eine reelle und zwei konjugiert imaginäre Wurzeln, je nachdem die Diskriminante negativ oder j)Ositiv ist. Demnach entsprechen jedem Punkt der Abszissenachse mit Ausnahme des Nullpunktes eine reelle und zwei konjugiert imac;iuäre Wurzeln: dasselbe gilt für den Teil der Ordinaten-

achse, der außerhalb der durch die Punkte ^ = + ' begrenzten

Strecke liegt, dagegen entsprechen jedem Punkt dieser Strecke drei reelle Wurzeln.

Sodann bemerken wir: in der Umgebung des unendlich fernen Punktes verhalten sich die drei Wurzeln regulär; sie

lassen sich daher durch drei Potenzreihen ^,, ( _| darstellen,

die nach absteigenden Potenzen von z fortschreiten 54 Schluß). Diese Reihen konvergieren, so lange der absolute Be- trag z ~> \ ist, weil außerhalb des Einheitskreises kein sin- gulärer Punkt liegt.

Da reellen Werten von z eine reelle und zwei konjugiert imaginäre Wurzeln entsprechen, so muß eine der drei Reihen

es sei dies die Reihe ^i(-t) reelle Koeffizienten besitzen; entsprechende Koeffizienten der beiden Reihen 'i|3^, (— ) und ^., ( j sind konjugiert imaginär. Die imaginären Teile der

beiden Reihen können in keinem Punkt des Teiles der Abs- zissenachse, der in ihren Konvergenzkreis fällt, verschwinden, weil sonst eine Doppelwurzel auftreten würde, sie haben daher längs dieses Teiles der Abszissenachse ein unveränderliches Vorzeichen. AVir wählen die Bezeichnung so, daß der imagi- näre Teil von ^g ( ) ^^"^ positive, also der von '^3 \—\ das

negative Vorzeichen hat.

Wir setzen nun bezüglich der Bezeichnung der Wurzeln fest: in der Umgebung des imendlich fernen Punktes sei

5. = ^..(4) («^ = 1.2,3). Damit sind die drei Wurzeln für die Sternfläche Ä voll- ständig definiert.

In der Umgebung des Punktes z = , verhält sich eine " ° ^3

288 § ^•'- Beispiel einer liieiuauuscheu Fläolie.

der drei Wnrzelu regulär (s. Nr. 3): diese AN'urzel läßt sich

daher durch eine nach Poteuzeu vou z fortschreiteude

I 3

Keiho 'i?'(z _| darstellen. Der Konvero-enzkreis dieser ^ \ ]/3,/

Reihe reicht bis zum XuUpuukt. Die Reihe muß für den

Abschnitt der Ordinatenachse zwischen dem Nullpunkt und

dem Punkt reelle Werte liefern. Sie nimmt deshalb auch

auf dem in den Konvergenzkreis fallenden Teil der Ordinaten- achse. der auf der andern Seite des Punktes ^ = - . liegt,

reelle Werte an. Um sich hiervon zu überzeugen, braucht man nur die Reihe in der Form

In schreiben. Damit die Reihe für positiv imaginäre Werte von z, deren absoluter Betrag < ist, einen reellen Wert

besitzt, müssen die Koeffizienten C; sämtlich reell sein; ist diese Bedinguno; erfüllt, so hat die Reihe auch für rein

imaginäre Werte, die dem absoluten Betrag nach > --pz. sind, o 7 ° ys

einen reellen Wert.

Der Teil der Ordinatenachse zwischen den Punkten s = i ■-}{ und 2 = " fällt in das gemeinschaftliche Konvergenzgebiet

y 3

der Reihen ^,, (— ) und '^' (z y Da für diese Strecke nur die Reilie ^^ (— j = a^ reelle Werte liefert, so ist

V ")/3,

Demnach verhält sich die Wurzel s^ in der Umgebung

des Punktes z = —^ regulär, die Wurzeln s^ und s.^ bilden

einen Zyklus.

Auf dieselbe Art ist zu beweisen, daß sich die Wurzel s.

§ 09. Heispiel einer liieuiannschen Fläche. 289

mich in der Umgebung des Punktes z = regulär ver-

hält, während die beiden Wurzeln s^ und .Sg einen Zyklus bilden.

In der Umgebung des Punktes z = \ bilden die drei Wurzeln einen Zyklus (s. Nr. 2), sie lassen sich daher durch eine nach Potenzen von yz—l fortschreitende Reihe '^"(yz— l) darstellen. Diese Reihe stellt die drei Wurzeln dar, wenn wir der Wurzel ) z 1 der Reihe nach ihre drei Werte bei- legen.

Die Werte der Wurzeln Yz 1 lassen sich wenigstens soweit die Umgebung des Punktes ^ = 1 in Betracht kommt der Sternfläche A' eindeutig zuordnen. Wir bezeichnen mit ^ diejenige der drei Wurzeln Yz—l, die für reelle, die Einheit übersteigende Werte von s einen reellen Wert hat, mit s die

■2 n>

Einheitswurzel e •' . Bei Anwendung dieser Bezeichnungen er- halten wir zur Darstellung der Wurzeln die drei Reihen

Die Anfangsglieder der Reihen lauten (s. Nr. 2) 1-2,^. l--2e;.. l--2s't--

Damit längs der Abszissenachse eine Wurzel reell ist, müssen die Koeffizienten der Reihe '^" reell sein.

In den Punkten der Achse, deren Abszissen > 1 sind, ist die Wurzel s^ reell, die Wurzel So hat einen positiven, die Wurzel ijj einen negativen imaginären Bestandteil. Daher ist

s, = 'iß"(;) = 1 - 2^ s, = ^"(Ve) = 1 - 2£^^

Setzen wir z 1 = re'f wo n; < qp ^ + .t ist. Längs des Abschnittes der Abszissenachse zwischen den Punkten z = 0 und z = 1 ist

auf der + Seite auf der Seite

7t i 7t i

I)ur6 ge-M aure r, Funktionentheorie. 5. Aufl. 19

290 § *J9- Beispiel einer Riemauuscbeu Fläche.

Folglich ist

m jti

Es gelten also längs der Sperrlinie 0, 1 die Beziehungen:

Man beweist auf demselben Wege, daß längs der Sperr- linie, die die Punkte ^ = 0 und ^ = 1 verbindet, die Be- ziehungen

(2) ^1 = ^% H "^ ^2 ^2 = -^1 stattfinden.

Hierzu ist zu bemerken: wir haben festgesetzt, daß ein positiver Umlauf um den \ erzweiguugspuiikt, in dem eine Sperrlinie endigt, von der Seite auf die -f Seite derselben führen soll. Demnach fällt die + Seite der Sperrlinie 0, 1 mit der Seite der wachsenden Ordinaten, die + Seite der Sperr- linie 0,-1 mit der Seite der abnehmenden Ordinaten zusammen.

Setzen wir unter Abänderung der bisher gebrauchten Be- zeichnung fest, daß als + Seite der ganzen Strecke 1, + 1 die Seite der wachsenden Ordinaten betrachtet werden soll, so gelten für die ganze Strecke die Beziehungen (1).

Damit ist die Verzweigung der Wurzeln festgestellt.

Nun legen wir für jede Wurzel s,, ein eigenes Blatt Ä\ an, schneiden diese Blätter längs der Sperrlinien auf und heften sie dann zur Fläche T zusammen. Längs der Sperr- linie, die in die Ordinatenachse fällt, hängen die Blätter Ä'2 und Ä'^ zusammen, der Zusammenhang des Blattes Ä\ ist nicht unterbrochen. Längs der Sperrlinie, die in die Abs- zissenachse fällt, erfolgt die Heftung derart, daß man im Sinne der abnehmenden Ordinaten fortschreitend vom Blatt Ä\ ins Blatt Ä'^, von Ä'2 nach Ä'^ und von Ä'^ nach Ä\ gelangt.

Um den Zusammenhang zwischen den drei Blättern der Fläche T herzustellen, genügen die beiden Übergaiigslinien, die in die Abszissenachse fallen; die in die Ordinatenachse fallende Übergang.slinie ist überzählig.

Daher ist das Geschlecht der Grundgleichung = 1.

§ <)0. l'bor (Wo Funktionen, die auf der Flüche 7' finworti",' sind. 291

§ 60. Über die Funktionen, die auf der Fläche 7' einwertig sind. Da diu Werte der alguhraischeu Fuiiktiuu .s den Punktfii der Fläche T eindeutig /Aigeorduet sind, so ist auch jede rationale Funktion der beiden Variabelu z und .v auf dieser Fläche einwerti<^-.

Nehmen wir nun umgekehrt an, es sei eine auf der Fläche T einwertige Funktion ö gegeben, die nur in isolierten Punkten unstetig wird; die Werte, die sie in u einander bedeckenden Punkten der Fläche T annimmt, bezeichnen wir mit <5j (?2 -..(?„ .

Um die analytische Bedeutung unserer Annahme klar zu stellen, sehen wir zu, wie die Punkte der Funktion 6 den Punkten der schlichten ^;-Ebene zugeordnet sind. Zu dem Zweck ziehen wir in der ^^-Ebene von einem beliebigen Punkt £ ausgehend eine in sich zurücklaufende, sich nicht über- kreuzende Kurve L. Projizieren wir diese Kurve auf die Fläche 2] so erhalten wir n Kurven L^L^ . . . X^; die Kui-ve L,, beginnt in dem den Punkt z bedeckenden Punkt s, s,. und endigt entweder in demselben Punkt oder in einem andern ebenfalls den Punkt z bedeckenden Punkt z, s-, . Es ist offen- bar nur eine verschiedene Ausdrucksweise derselben Sache, ob wir sagen wir verfolgen auf der Fläche T den Verlauf der Fvmktion 6 längs der Wege LiL^ . . . i„, oder ob wir sagen, wir setzen in der schlichten ^-Ebene die n Funktionswerte, die im Punkt z stattfinden, längs der Kurve L fort. Aus unserer Voraus.setzung, daß die Funktion a auf der Fläche T einwertig ist, folgt nun sofort: setzen wir in der schlichten ^-Ebene vom Punkt z ausgehend den Funktionszweig *^,, und den Funktionszweig ö, längs der Kurve L analytisch fort, so gelangen wir zu den Funktionszweigen 5; und 6^ . Mit anderfen Worten: die i/ Funktiouszweige ö,, werden bei dieser ana- lytischen Fortsetzung in derselben Weise permutiert wie die Funktionszweii^e .s' .

Wir bilden nun, unter f einen verfügbaren Parameter ver- stehend, die Funktion

1=1

Wir halten zunächst den Wert der Variabein z fest und

19*

29!? § ti^^- i ber die l'uiiktioneu, die auf der Fläche T einwertig sind.

lietrachten t als unabhängig variabel. Da /*(s,.|^) = 0 ist. ist ^ eine ganze Funktion ti 1'*" Grades von /. Es sei

(2) 0[tz) = A,t"-^ + Ä,t"-'-- + A,^_,.

Die Koeffizienten A^Ä^ . . . ^l„_i sind Funktionen der A'ariabeln z.

Nun halten wir den Wert des Parameters t fest und lassen den Punkt z die Kurve L durchlaufen. Bei der ana- lytischen Fortsetzung längs der Kurve L werden die Anfaugs- werte (7,, in derselben Weise permutiert wie die Anfangs werte s^. Daher kehrt die Funktion 0, wie aus der Darstellungsform (1) hervorgeht, zu ihrem Ausgancrswert zurück. Bei konstantem t ist also 0 eine einwertige Funktion der Variabein z, folglich sind auch die Koeffizienten A^^A^ . . . ^4,^_i einwertige Funk- tionen von z. Setzen wir nun den verfügbaren Parameter t = *•,,, so folgt aus (1) und (2)

(3) 6, = A^s,"'-'+A,s;-'-+A,^_, v=l,2,'n

Die Funktion ö läßt sich also als ganze Funktion n— 1**" Grades von s darstellen; die Koeffizienten sind einwertige Funktionen der Variabehi z.

Nehmen wir nun weiter an, die Funktion G besitze nur eine endliche Anzahl von Polen, aber keine wesentliche sin- gulare Stelle, so gilt dasselbe für die Koeffizienten AqAj...A^_j^. Unter dieser Annahme sind also die Koeffizienten rationale Funktionen der Variabein z. Damit ist bewiesen:

Eine Funktion, die auf der Fläche T einwertig ist und nur eine endliche Anzahl von Polen besitzt, läßt sich als rationale Funktion der Variabein z und 5 darstellen.

Riemann bezeichnet eine Funktion, deren Werte den Punkten der Fläche T eindeutig zugeordnet werden können als verzweigt wie die Fläche T und faßt die Gesamtheit dieser gleichverzweigten Funktionen in eine Klasse zusammen. Die- jenigen Funktionen der Klasse, die nur eine endliche Anzahl von Polen besitzen, also sich als rationale Funktionen von z und s darstellen lassen^ bezeichnet man als algebraische Funktionen der Klasse.

§ ÜO. Iber die Funktionen, dif auf der Fläche T einwertig sind. 293

Eine runktion a der Klasse, die auf der Flüche T nirgends unstoti«,' wird, ist eine Konstante.

Zum Beweis ist /u bemerken: eine symmetrische Funktion dtT Worte <7j r5., . . . (y,, , die die Funktion fj ineinander bedeckenden Punkten der Fläche T annimmt, ist zufolge (3) einwertige Funktion der Variabein z. Auf diese Funktion überträgt sich die Eigenschaft der Funktion 6 nirgends unstetig zu werden, daher ist diese Funktion eine Konstante 29).

Folglich ist 6 Wurzel einer algebraischen Gleichung mit konstanten Koeffizienten, also selbst konstant.

Von der Darstellung (3) der Funktion (j ausgehend gelangt man leicht zu den Reihenentwicklungen, die eine Funktion der Klasse in der Umgebung eines Punktes der Fläche T dar- stellen. Dabei wollen wir, um Weitläufigkeiten zu vermeiden, nur solche Funktionen in Betracht ziehen, die nur eine end- liche Anzalil von Un.stetigkeitspunkten besitzen.

Die Koeffizienten A^A^A,, . . . A^_.^ lassen sich in der Umgebung eines Punktes /i der Fläche T, in dem sie sich regulär verhalten, durch eine nach Potenzen von z ß fort- schreitende Taylorsche Reihe darstellen.

Wird im Punkt ß einer der Koeffizienten unstetig, so tritt an Stelle der betreffenden Taylorschen Reihe eine nach auf- und absteigenden Potenzen von z ß fortschreitende Laurentsche Reihe. Die Wurzel s,. läßt sich in der Umgebung des Punktes ß ebenfalls durch eine nach Potenzen von z ß fortschreitende Reihe darstellen, wenn der Punkt ß nicht in einen VVindungspunkt der Fläche T fällt; ist dagegen der Punkt ß ein ju-facher Windungspunkt, so wird .s, durch eine

nach Potenzen der Wurzel [z ß) •" fortschreitende Reihe dar- gestellt. Diese Reihen enthalten nur positive Potenzen von z /3, wenn die Wurzel .s,, im Punkt ß stetig ist; ist dagegen der Punkt ß ein Pol der Wurzel .s, , so treten auch negative Potenzen von z ß auf, aber nur in endlicher Anzahl.

Daraus folgt:

Eine Funktion ö der Klasse läßt sicli in der Um- gel>ung des Punktes ß der Fläche T durch eine Reihe darstellen, die nach Potenzen von -- ß oder nach

294 § 60. Über die Funktionen, die auf der Fläche T einwertig sind.

1 Potenzen von [z |!iV" fortschreitet, je nachdem der Punkt ß ein gewöhnlicher Punkt der Fläche oder ein |U-facher Windunysjtunkt ist.

Die Reihe enthält nur positive Potenzen, wenn die Funk- tion 6 im Punkt /j stetig ist; ist dagegen der Punkt /i ein Unstetigkeitspunkt der Funktion g, so treten auch negative Potenzen auf und zwar in endlicher oder unendlicher Anzahl, je nachdem der Punkt /i ein Pol oder ein wesentlich singu- lärer Punkt der Funktion 6 ist.

Für die Umgebung der n unendlich fernen Punkte der Fläche T treten an Stelle dieser Reihen Reihen, die nach Po- tenzen von fortschreiten.

Eine einwertige Funktion ?r der Variabein z, die sich in der Umgebung des Punktes ß regulär verhält, kann in diesem Punkt nur wie eine ganze Potenz von z ß verschwinden: es läßt sich eine ganze positive Zahl li der Art bestimmen, daß

der Quotient , _ ^.t im Punkt ß weder 0 noch oo wird. Diese Zahl Ä* haben wir als Ordnung des Nullwerdens der Funktion iv bezeichnet 26). Eine wie die Fläche T verzweigte Funk- tion (5 hat, so weit es sich um gewöhnliche Punkte der Fläche T handelt, dieselbe Eigenschaft, weil für die Umgebung dieser Punkte dieselbe Art der Reihenentwicklung gilt. Wir* können daher für diesen Fall die für einwertige Funktionen geltende Definition beibehalten.

Da die Funktion 6 in der Umgebung eines /».-fachen

1

Windungspunktes ß durch eine nach Potenzen von (z /3)''

fortschreitende Reihe dargestellt wird, so kann sie nur wie

1

eine ganze Potenz von (z /3)" Null werden. Wir stellen deshalb die Definition auf:

flie f^unktion 6 wird in einem /i -fachen Windungspunkt Null zur A'®" Ordnung, werm der Quotient ^ in diesem

Punkt weder 0 noch oo wird. - "~ ^^"

Bezüglich der Pole stellen wir im Einklang mit den für

einwertige Funktionen getrofi'enen Bestimmungen die Defi- nition auf:

§ 60. t'bor die Funktionen, die auf der Fläche T einwertig sind. 295

ein Nullpunkt k^" Ordnun^^ der Funktion a ist für die Funktion ciu Pol der Ordunu"; /.•.

Diese Detiuitionen lassen sich leicht geometrisch anschau- lich machen.

Wenn der Punkt ji ein gewöhnlicher Punkt der Fläche 7' ist, so wächst bei einem positiven Umlauf um diesen Punkt arc[z ß) um 2;r also lo\f (z ß) um '2:ti. Ist dagegen der Punkt ein Windungspuukt der Ordnung ju-, so muß sich ein Punkt, der einen positiven Umlauf ausführt, durch die u im Punkt ß zusammenhängenden Blätter bewegen und die /* in diesem Punkt endigenden Übergangslinien überschreiten, bevor er zur Ausgangsstelle zurückkehrt.

Es wächst demnach in diesem Fall arc(^ /3) um ^i'Jti, 1 1

also arc (z ß)f' um 2n: und log(^ /3)" um 2.ti. Wir können demnach die für alle Punkte der Fläche T gültige Definition aufstellen:

eine wie die Fläche 7' verzweigte Funktion 6 wird im Punkt ß Null zur /i"^° Ordnung, wenn bei einem

positiven Umlauf um diesen Punkt . . log ö um /.• Einheiten wächst; sie wird unendlich zur A*''" Ord- nuno;, u^enn , . lo^i 6 bei einem positiven Umlauf um /.■ Einheiten abnimmt.

Diese Definitionen gelten auch für den Fall, daß der

Punkt ß ins Unendliche rückt.

Man überzeugt sich leicht, daß die früher bewiesenen

Integralsätze und insbesondere der Residuensatz 20 und 21)

auch für die Fläche T gelten; daher bleibt für die Fläche T

auch der Satz 29) in Geltung:

das Integral ^^ . j d log o erstreckt über die voll-

ständige Begrenzung eines Flächenstücks, das keine wesentlich singulare Stelle der Funktion 6 enthält, ist gleich der Differenz zwischen der Anzahl der einfachen Null})unkte und der Anzahl der einfachen Pole, die innerhalb des Flächenstücks liegen.

296 § '»^- Über die Funktionen, die aul" der Fläche T einwertig; sind.

Bei iler Alizähluutj ist selbstverständlich wieder ein Null- punkt oder ein Pol der Ordnung /.• als /■ einfachen Nullpunkten beziehungsweise Polen äquivalent zu betrachten.

Der Satz gilt auch in dem Fall, daß sich die Fläche ins Unendliche erstreckt.

Wir weiulen den Satz auf den Fall an, daß die Funktion 6 algebraisch ist und wählen als Fläche die Außenfläche eines Kreises um einen Punkt /i, in dem die Funktion weder 0 noch "vj wird.

Wenn der Kreisradius gegen Null konvergiert, so kon- vergiert auch das Integral ^ . t d log 6 gegen Null. Daraus

folgt:

die Gesamtzahl der einfachen Nullpunkte der Funktion (5 ist gleich der Gesamtzahl der einfachen Pole.

Die Funktionen 6 und 6 Konst. besitzen dieselben Pole. Daraus folgt:

Eine algebraische Funktion der Klasse nimmt jeden vorgeschriebenen Wert in gleichviel Punkten der Fläche T an.

Diese Anzahl bezeichnet man als Ordnung der Funktion.

Zwischen zwei algebraischen Funktionen der Klasse 6 und ^ besteht eine algebraische Gleichung Fi 6 t) = 0.

Man erhält diese Gleich img, indem man aus den beiden Gleichungen, die <? imd ^ als rationale Funktionen von z und *• ausdrücken, und der Ginindgleichung die Größen s und 2 eliminiert.

Nehmen wir an die Funktion 6 sei von der Ordnung (i, die Funktion ^ von der Ordnung v. Einem gegebenen Wert ^ entsprechen v Punkte der Fläche T: in diesen Punkten nimmt die Funktion 6 im allgemeinen verschiedene Werte an. Es entsprechen also im allgemeinen einem Werte ^ v Werte 6 und analog entsprechen im allgemeinen einem Wert 6 u Werte ^. Die Gleichung F(6 £;) = 0 ist daher allgemein zu reden vom Grade v in "Beziehung auf 6 und vom Grade ,u in Beziehung auf t-

In besonderen Fällen können sich diese Gradzahlen er-

§ 61. Fundamentalsysteme von Intep^ralen. i?97

niedrigen, so ist z. H. v=]. wnin (J eine rationale Funktion von i; ist.

Wenn die Grad/.ahlen de.s Polynoms F ihre normalen Werte luiben, so ist ein Punkt der Fliu.-lie T eindeutig durch die Werte bestimmt, die die Funktionen 6 und ^ in ihm an- nehmen. Es sind daher nicht nur die Größen a und ^ ratio- nale Funktionen von .s und 2, sondern es lassen sich auch umcfekehrt die letzteren Größen als rationale Funktionen von 6 und w darstellen. Anders ausgedrückt heißt das:

tlie Gleichungen f(s z) = 0 und F{6 t,) = 0 lassen sich durch eindeutig; umkehrbare rationale Substitutionen inein- ander transformieren."'")

Diese beiden Gleichungen bestimmen demnach dieselbe Klasse gleich verzweigter Funktionen, aber die geometrische Repräsentation durch Riemannsche Fhichen gestaltet sich wesentlich verschieden, je nach der Grundgleichung, von der wir ausgehen.

In der Theorie der einwertigen Funktionen hat es sich als zweckmäßig erwiesen, die Untersuchung auf die Integrale dieser Funktionen auszudehnen: bei einer eingehenderen Unter- suchunjr der algebraischen Funktionen tritt die Notwendigkeit auch ihre Integrale in Betracht zu ziehen, noch stärker hervor.

Einen Einblick in dieses interessante Gebiet gewährt die in § 51 behandelte Abbildungsaufgabe. Bezüglich der allge- meinen Theorie müssen wir auf die Lehrbücher über Abelsche Funktionen verweisen.

Neunter Abschnitt. IMe hoiiio^eiio lineare Diff'ereiitial^leicliniiff zweiter (MMlniing.

§ 61. Pundamentalsysteme von Integralen. Wir

wollen zum Sehluß die allgemeinen Ausführungen des siebenten Abschnitts zur Untersuchung der einfachsten Art von Difierential- gleichungen verwenden. Unter albii 1 )itierentialgleichnngen

*) Die in Hede stehenden Substitutionen brauclieu nicht eindeutig umkehrbar zu sein, wenn die Größen .s und z imabbängig variabel sind; bei der Umkehrang muß die Gleichung f(s Z) = 0 herangezogen werden.

"298 § *51- Fuiulamentalsvsteme von Integralen.

haben die homogenen linearen Ditferentialgleiehungen, deren Koeffizienten einwertige, insbesondere rationale Funktionen der unabhängigen Yariabeln z sind, den einfachsten Charakter. Die linearen homogenen Ditferentialgleichuugen erster Ordnung können wir beiseite lassen; genügt nämlich die Funktion iv der Differentialgleichung ;r'+/'/r = 0. wo h eine einwertige Funktion der Variabein z bedeutet, so ist

log IV = fhdz das Integral einer einwertigen Funktion. Diese Integrale sind aber bereits im fünften Abschnitt eingehend untersucht worden (vergl. insl)esondere § 33j.

Wir wenden uns daher sofort zur Untersuchung der linearen und homogenen Diifereiitialgleichung zweiter Ordnung. Auf die Theorie der Difl'erentialöieicbunjjen höherer Orduuntr gehen wir nicht ein. Eine genauere Darstellung derselben würde uns zu weit führen und die Fundamentalsätze ergeben sich ohne wesentliche Schwierigkeit durch Verallgemeinerung der entsprechenden Sätze über Differentialgleichungen zweiter Ordnung.

Es sei die Differentialgleichung

(Ij «•"+ «/(•'+ hw = 0

vorgelegt. Wir werden uns später auf den Fall beschränken, daß die Koeffizienten a und h rationale Funktionen der unab- hängigen Variabein z sind; vorerst genügt es anzunehmen, daß sie einwertige Funktionen sind und nur eine endliche Anzahl Yon Unstetigkeitspunkten besitzen.

Wir beweisen zunächst einige allgemeine Sätze über die Integrale dieser Differentialgleichung.

I. Nehmen wir an die Koeffizienten a, h verhalten sich in der Umgebung des Punktes Zq regulär und nehmen wir weiter an, die der Differentialgleichung genügende Funktion ic verhalte sich in der Umgebung dieses Punktes ebenfalls regulär, dann kann die Funktion ir im Punkt Zf, nicht zur zweiten Ordnung verschwinden, wenn sie nicht identisch =0 ist.

Wäre nämlich im Punkt Zq iv = 0 und k' = 0, so müßte zufolge (1) auch ^^"=0 sein. Indem man die Gleichung (1)

§ (jl. Fundamentalsysteme von Integralen. 299

wiederholt ditferenziert und dann z = Zq setzt, überzeuut num sich, daß im Punkt z^ ulk' Derivierten der Funktion ver- Bchwinden. Da sich die Funktion //' in der Umjj;ebun^ dieses Punktes wach Voraussetzung regulär verhält, folgt hieraus, daß sie identisch verschwindet.

II. Wir halten an der A'oraussetzung fest, daß sich lue Koeffizienten a und h in der Umgebung des Punktes Zq regulär verhalten und wir nehmen weiter an. die drei Funktionen i(\ u\, ic.^ genügen der Differen- tialgleichung (1) und verhalten sich in der Umgebung des Punktes r^, regulär. Unter dieser Annahme besteht eine Relation der Form

wo c^CoC^ Konstante bedeuten, die nicht alle drei ver- schwinden.

Zum Beweis ist zu bemerken: wir können über die drei Konstanten (\r.,c.^ der Art verfügen, daß die Funktion

IC = q u\ -f Co w., + C3 ic^

und ihre erste Derivierte für z = z^ verschwinden. Da nun die Funktion ic der Ditt'erentialgleichung 1 1) genügt, so muß sie nach Satz I identisch verschwinden.

Zwei Integrale der Differentialgleichung (1) heißen linear unabhängig, wenn ihr Quotient nicht eine Konstante ist; man sagt in diesem Fall auch: die beiden Litegrale l)ilden ein Fundamentalsystem.

Au.'^ dem Satz II folgt: ein beliebiges Integral der Diffe- rentialgleichung (1) läßt sich als lineare und homogene Funk- tion der Integi-ale eines Fundamentalsystems darstellen.

Die Intecrrale fc, und tv., eines Fundanientalsvstems können in mannigfaltiger Weise gewählt werden; man kann beispiels- weise festsetzen , daß im Punkt Zq u\ = 1 'ic\ = 0 u., = 0 tv\ = 1 sein soll.

Wenn die Integrale fi\ und n:, ein Fundamentalsystem bilden, so bilden auch die Integrale

(2) IFj = c\iU\ -f qo^t'a und lUo = Coi^i'! + ^22 ""2

ein Fundamentalsystem. Hier bedeuten Cj,c,oroja..j Konstante,

300 § t'- Nachweis eines Fiinktionselementes usw. Die SternHäche.

die nur der Hediiiiiuiig unterliegen, daß ihre Determinante nicht verschwindet.

III. Vorausgesetzt daß die Koeffizienten d, b und die beiden linear unabhängigen Integrale /(\, a\, sich in der Umgebung des Punktes z^ regulär verhalten, kann der Ausdruck cp = u\w\2— U'«,iv\ in diesem Punkt nicht verschwinden.

Würde nämlich der Ausdruck (p im Punkt z^ verschwinden, so gälte dasselbe wegen (2) für den Ausdruck

0 = Tl'^, ll"2 TFo ^^1 = (^^ii ^'22— c,2C■2l)<P• Wir können nun über die Konstanten C; der Art ver- fügen, daß für z = Zq

M\=l W\=i) W,= 0 ir2=l, also ^=1 ist. Die Annahme, daß cp verschwindet, führt somit zu einem Widerspruch.

Diesem Satz können wir einen anderen an die Seite stellen, der als teilweise Umkehrung desselben zu betrachten ist.

IV. Genügen der Differentialgleichung (1) zwei linear unabhängige Funktionen h\ und iv^, die sich in der Umgebung des Punktes *"„ regulär verhalten, und hat der Ausdruck ti\iv\— tv.,n\ im Punkt z^y einen von Null verschiedenen Wert, so verhalten sich die Koeffi- zienten a, h in der Umgebung des Punktes z^^ regulär.

Infolge unserer Voraussetzung bestehen nämlich die beiden Gleichungen iv\ + uiv\ + hit\ = 0 ui'\ + aiv\ -f hic^ = 0. Aus diesen folgt:

Da nach Voraussetzung Zähler und Nenner dieser beiden Brüche in der Umgebung des Punktes 2q reguläre Funktionen sind und ihr gemeinsamer Nenner im Punkt Zq nicht ver- schwindet, so ist unsere Behauptung bewiesen.

§ 62. Nachweis eines Funktionselemeutes, das der DifTerentialgleichung genügt. Die Sternfiäche. Im

vorausgehenden haben wir die Existenz von regulären Funk- tionen vorausgesetzt, die der Differentialgleichung (1) iv" -\- aiv' + hic = 0

§ 6-. Nachweis eines Funktionseleiucntes usw. Die .SternHüche. 3()1

geuütjeu inul haben gewisse Eigonschaften nachgewiesen, die diesen Funktionen notwendig zukommen müssen. Um nun die Existenz derartiger Funktionen nachzuweisen, beweisen wir den Satz:

V. Vorausgesetzt, dab sich die Koeffizienten a, b in der Umgebung des Punktes Zq regulär verhalten, können wir eine in der Umgebung dieses Punktes re- guläre Funktion ir = f{z) derart bestimmen, daß sie der Differentialgleichung (1) genügt und daß sie .selbst und ihre erste Derivierte im Punkt Zq Torgeschriebene Werte annehmen.

Zum Beweis legen wir um den Punkt s^ einen Kreis, dessen Radius ;• kleiner ist als die Entfernung des Punktes z^ vom nächsten Unstetigkeitspunkt der Koeffizienten a, h. Inner- halb dieses Kreises und auf seiner Peripherie verhalten sich die Funktionen a und h regulär. Bezeichnen wir mit u4. und B die Maxima der Werte, die die absoluten Beträge der Koeffi- zienten auf der Peripherie annehmen. Die absoluten Beträge

der Werte, die die Derivierten und im Punkt z^ an-

' dz" dz" "

1 Ji

nehmen, sind kleiner als n\ \^ bezw. n\ 22). ^^'ir kön-

neu daher eine positive Größe /.• derart wählen, daß für z = Zq die Ungleichungen

, ^ 1 'd"a ^ «!

<2) ' 'f =^"^^ .= l,2,a,...

bestehen. Wir bezeichnen ferner mit 31 den größeren der beiden absoluten Beträge

Wir behaupten nun-,^ es besteht für jeden Wert der Zahl n die Ungleichung

Für )i = 1 ist diese Behauptung auf (irund unserer Festsetzung richtig; wir beweisen sie allgemein durch die vollständige In- duktion.

302 § "J'-- Nachweis eiues Funktionselementes usw. Die Sternfläche.

Wir nehmen also an, die Ungleichung (ß) gelte für alle Derivierten, deren Ordnung kleiner als eine bestimmte Zahl n ist.

Durch n 2-malige Difierentiation der Differentialgleichung (1) ergibt sich

(4) it'("> = a ^^(" -*>+(« 2\ a tv^" --^ -\- (n 2)j a" ii<" -=')•■•

+ 2)d"-^yw" + rtC --)«?'

+ 6?r("--') + {n - 2\l'rv^"--') + {n- 2\h"iv^''-'^) + (M-2)fe("-3)tt-'+?,(«-2)?f;

+ [(m- 2)2«"+ - 2)&'] «^•(''-■•*) . + [(w - 2),.aC)+ (w - 2),,_,6('-i)]w(«-i- '•)•..

+ [a<''-2)+ (w - 2) ftC- 3)] ^r'^- &(—•'')«<•.

Der absolute Betrag der Summe (n 2),,a(')+ {n 2),,_ife(' -^^ ist wegen (2) nicht gi-ößer als

[{n - 2\.+ {n - 2\_,] J;, = (;^ - l){n-2)..- {n-v)

7.'+l

Xach Voraussetzung gilt für die Derivierten ?f("~*~'^, die auf der rechten Seite der Gleichung (4j auftreten, die Ungleichung (3); es ist also

^,{»-1-,) < (^ _ 1 _ v)! _^]L_ .

= \ / i.n 1 »■

Folglich ist der absolute Betrag des Produktes

((« - 2\.d'^ + (n - 2),,_i/^c-i>) u<^-^-') nicht größer als

(n - 1) ! ^^^

Aus (4) folgt nun: für 2 = 2q ist

w„ <nl , w. z. b. w.

Hieraus ergibt sich: die Potenzreihe ^

w = fu) = /-(^o' + r^ - ^o)r'^o) + (^ - ^0)' 'i'^'f +

deren Koeffizienten aus den gegebenen Anfangswerten /"(^g) und f (iSq) mit Hilfe der Differentialgleichung (1) berechnet sind, konvergiert für alle Werte von ^, die der Bedingung 2 'S'ol'^^ genügen; diese Potenzreihe stellt somit innerhalb eines Kreises

§ <)■-. Nachweis t-ine« FiinktionscltMuentoa usw. Die lijternfläche. 803

vom Radius /.• um den Funkt ^(, eine reguläre Funktion dar, die unserer Dift'erentialgleichung genügt.

Da die (»rößeu f(Zf^) und /"(^q) beliebig gewählt werden könnou, gibt es zwei linear unabhängige Integrale unserer Diti'erentialgleichung, die sich in der Umgebung des Punktes Zq regulär verhalten.

Es bleibt zu untersuchen, unter welchen Bedingungen auch in der Umgebung des unendlich fernen Punktes der Difi'eren- tialgleic'hung (1) zwei linear unabhängige reguläre Funktionen genügen.

Zu dem Zweck führen wir an Stelle der unabhängigen

Variabein 2 die Variable t = ^ ein. Nun ist

und

die die dX C.2 ^"^^

dz ^ dt dz ^ ~^^ dt

d-w d-iv (dtYj_ dio d't 04 d'"'" , 9C.3 ''""

dz- ~ dt^' VcTz) "•" dj d7-~ ^ dt- "*" "^ dt'

Setzen wir diese Werte in die Differentialgleichung (1) ein, so

erhalten wir nach Division mit ^^:

.-s d-ic , /'i a\ die . b ,.

Damit die Koeffizienten dieser Differentialgleichung sich in der Umgebung des Punktes ^ = 0 regulär verhalten, ist er- forderlich, daß in diesem Punkt die Differenz o 2t, zur zwei- ten Ordimng und der Koeffizient b zur vierten Ordnung ver- schwindet. Wir können also den Satz aussprechen:

VI. Damit sich die Integrale der Differentialglei- chung (1) im unendlich fernen Punkt der ^r-Ebene nor- mal verhalten, ist erforderlich und hinreichend, daß in diesem Punkt die Differenz a -- zur zweiten Ord-

Z

nung und der Koeffizient /> zur vierten Ordnung ver- schwindet.

Nach diesen Vorbereitungen können wir nun ohne Schwierig- keit eine Sternfläche A konstruieren, deren Punkten die Werte eines Zweiges der Funktion w eindeutig zugeordnet werden können.

Aus den Sätzen V und \'I geht hervor, daß Grenzpunkte der Funktion, nur in die Unstetigkeitspunkte der Koeffizienten

304 i> ♦'3. Verhalten der Integrale in der Umgebung eines sing. Punktes.

a und // uud sofern die Bedingungen des Satzes VI nicht erfüllt sind in den unendlich fernen Punkt der ^- Ebene fallen kiinnen. Nehmen wir der Einfachheit wegen an, daß diese Bedingungen erfüllt sind, so kommen nur im Endlichen gelegene Grenzpunkte in Betracht. Wir wählen nun nach Be- lieben zwei Punkte z^^ und z^ aus, in deren Umgebung sich die Koeffizienten n und h regulär verhalten, und verbinden den Punkt ^1 mit den ünstetigkeitspunkten der Koeffizienten durch Bogen von Kreisen, die auch noch durch den Punkt z^ gehen. Die Sternfläche A, die wir auf diese Weise erhalten, hat die verlangte Eigenschaft.

Auf Grund des Satzes V können wir nämlich eine in der Umgebung des Punktes z^ konvergierende Potenzreihe bilden, die unserer Diä:'erentialgleichung genügt. Das Funktionsele- ment IV können wir längs eines jeden iimerhalb der Stern- fläche A verlaufenden Weges analytisch fortsetzen: wir können demnach für die ganze Sterntiäche einen Fuuktionszweig ein- deutig definieren fvergl. § 48).

Die Lage der Eckpunkte der Sternfläche A hängt nicht von den beliebig zu wählenden Anfangswerten der Funktion und ihren ersten Derivierten ab: daher besitzen die Stern- flächen, die zur Repräsentation der verschiedenen Funktions- zweige dienen, dieselben Eckpunkte. Wir können deshalb diese verschiedenen Sternflächen als einander kongruent annehmen.

§ 63. Verhalten der Integrale in der Umgebung- eines singulären Punktes. Es bleibt festzustellen, in wel- chem Zusaninieuhany; die verschiedenen Funktionszweige stehen, die durch analytische Fortetzung aus einem unserer Difieren- tialgleichung genügenden Funktionselement hervorgehen. Zu diesem Zweck müssen wir untersuchen, wie sich die Integrale unserer Differentialgleichung in der Umgebung der „singulären Punkte" verhalten. Es sind das die Unstetigkeitspunkte der Koeffizienten a, h und sonfern die Bedingungen des Satzes VI nicht erfüllt sind der unendlich ferne Punkt. Bei dieser Untersuchung erweist es sich als notwendig, nicht ein einzel- nes Integral, sondern ein Fundamentalsystem in Betracht zu ziehen.

§ 63. Vorhalten der Intej,'rale in der Umgebung eines sing. I'unktes. 305

X»4imen wir an, im Punkt o werden die Koeffizienten a und h oder wenigstens der eine von beiden unstetig. Wir legen um den Punkt e zwei Kreise K^ und K^\ der Radius des klei- neren Kreises K^ kann beliebig klein gewählt werden, der des größeren Kreises K., muss so klein gewählt werden, daß weder im Innern noch auf der Peripherie desselben ein weiterer Un- stetigkeitspunkt der Koeffizienten liegt.

Das Ringgebiet 7?, das durch die beiden Kreise K^ und A., beorrenzt ist, zerschneiden wir durch einen Radius L: die zerschnittene Fläche möge mit JR' bezeichnet werden. Die Ränder der Geraden L unterscheiden wir wieder als 4- Rand und Rand derart, daß ein positiver Umlauf um den Punkt e vom Rand zum + Rand führt.

Für einen Punkt des Ringgebiets U' sei ein Fundamental- system von Integralen unserer Differentialgleichung definiert; wir bezeichnen sie mit ii\ und ic^. Da die Fläche W einfach zusammenhängend ist und innerhalb derselben kein Grenzpunkt der Funktionen n\, il\ liegt, so können wir diese Funktionen durch analytische Fortsetzung für die ganze Fläche eindeutig

definieren. Die Werte, die die Funktionen u\, w.^ in einander

+

gegenüber liegenden Punkten der Ränder L und L annehmen,

bezeichnen wir mit ii\ Wo bezw. it\ Wo .

In der Umgebung des betreffenden Punktes der Sperr- linie L verhalten sich die Koeffizienten a, b unserer Differen- tialgleichung regulär, demnach läßt sich ein beliebiges Integral derselben in der Umgebuncr dieses Punktes als lineare und homogene Funktion der Integrale ii\ und W2 darstellen, und zwar sind die Koeffizienten der Linearform Konstante (Satz 11).

Insbesondere lassen sich die Integrale n\ und ic^ in der Form

(1) n\ = Cu i^i + c\2 ü-, , H'o = Coi iVi + r^^iv^

darstellen, wo die Koeffizienten C;,^ Konstante bedeuten.

Die Determinante ('u ("o.^ Cjg Cg^ kann nicht verschwinden, weil sich offenbar auch umgekehrt iv^ und w.^ als lineare und homogene Funktionen von u\ und ic-, darstellen lassen müssen.

Um die Bedeutung des Gleichungssystems (1) klar zu stellen, betrachten wir zunächst zwei spezielle Fälle.

Duröge-Mauror, Fuuktiouentlieorie. 5. AuH 20

306 § 6ä- Verhalten der lute^nale iu der Umgebung eines sing. Punktes.

Nehmen wir an, es sei Cy, = 0 und c.,^ = 0 und setzen wir ^n^ 9i> ^22 "^ Pä- ^^^ Gleichungen [l) lauten in diesem Fall

(2) U'i = Qi i(\ H\, = p2 M'2

Wir können leicht zwei Funktionen qp, und qpj bilden, die ebenso wie die Funktionen /(\ und u\, im Gebiet Ji' einwertig und stetig sind und die ebenfalls den Relationen (2) genügen. Wir setzen zur Abkürzung

und bilden die Funktionen

Die Größen 6^ und 6^ sind nur bis auf additive ganze Zahlen bestimmt und dementsprechend ist eine jede der beiden Funk- tionen (pi und ^2 ^^^' bis auf einen Faktor bestimmt, der eine ganze positive oder negative Potenz von 2 e ist.

Wenn die Werte der Funktionen cp^, (p^ für einen Punkt des Gebietes B! fixiert sind, so sind die beiden Funktionen im ganzen Gebiet R' eindeutig definiert.

Wenn der variable Punkt z einen positiven Umlauf um den Punkt e ausführt, so nimmt der Wert von log {z e) um 2iii zu. Daher ist mit Rücksicht auf (3)

(.0) ^i=(>i9'i ^2=C2^2 (vgl. § ^■'j3).

W^ir bilden nun die Quotienten

(6) -^1=-'^ 5^2 = ^•

Aus *(2) und (5j folgt:

Die Funktionen ii^ und ü^ ^i^^ somit nicht nur in der zer- schnittenen Ringfläche R, sondern auch in der unzerschnitte- nen Ringfläche H einwertig. Diese beiden P'unktionen lassen sich daher innerhalb der Fläche jR durch Reihen der Form

+

darstellen 27).

y('' yt") y(")

^ z e ^ {z eY^ {z ef^

§ 63. Verhalten der Integrale in der Umgebung eines sing. Punktes. 307

Für die Integrale t(\ und «•« ergibt sich aus den Glei- cluingfM (3), (4) und (6) die Darstellung

loR o, . log Ca

(8) f(\ = (^ - c) 2«' .Qj iv^ = (z - e) 2«' .ßj . Nehmen wir in zweiter Linie au, es sei

also

(9) »'i = Q li\ w„ = p(«7;i + w^) .

Wir setzen ebenso wie oben ( 10 j ., . log p = (5 und (f = {z ef .

Es sei ferner

'^■2~9~*7^^S^^~^)'*'"i

(11. <^, = ^ ii2 =

^ 1 qp ^ qp

Wir erhalten wie oben

(12) 4 = -^i-

Ferner ist

-— . log(2 e)?<;i

und

o ^^^"

-*2 ~ + ?

also mit Rücksicht auf (9)

e(iT-, + M5g) - -^ (log U e) + 27Ct)QW^ SK = ^"* -

= i^2.

Die Funktionen iij und i^.^ ^^^^ demnach wieder nicht nur in der zerschnittenen Ringtläche R', sondern auch in der unzerschuittoueu Hingfläehe li einwertig, sie lassen sich daher durch Keihen der Form (3) darstellen.

Für die Funktionen n\ und n:^ erhalten wir in diesem Fall die Darstellung

(13) n;=(z-e)^-'.ci^ ^(•, = {z-ey'''[Sl,-^,^^~.\og{z-e)Si,l

20*

308 § 63. Verbalten der Integrale in der Umgebung eines sing. Punktes.

Auf diese beiden speziellen Fälle läßt sich der allgemeine Fall der (ileichungeu (1) leicht zurückführen. Zu dem Zweck multiplizieren wir die erste der beiden Gleichungen mit einer Konstanten .v,, die zweite mit einer Konstanten .s«, und addieren. Wir erhalten

(14) Sy U\ + ^\- '^2 = (Cj 1 Sj + f., 1 So) M?i + (^2 «1 + ^22 ^2 ) ^2

Über die Konstanten 6j und s.^ können wir nach Belieben ver- fügen; wir setzen fest, es sei

(15) QSi = CiiSi + C21S., QS.2 = c^2h + ^22^2

Aus diesen Gleichungen ergibt sich durch Elimination der Größen .s, und ^.^ für q die Bedingungsgleichung

(16) , '''\~ ^ ^. ''' ^ = P- - (cu + c,,)q + (c,,c,, - c,,c,,) = 0.

Diese Gleichung bezeichnet man als „Fundamentalgleichung".

Eliminiert man aus den Gleichungen (15) die Größe q, so

erhält man zur Bestimmung des Quotienten ' die Gleichung

(1'^^ ,!^ '"!^t;^^=q2^X^ + (^22-O^1^2-%^2^ = 0. *2 '^12*1 I ^22*2

Die Gleichungen (16) und (ITj besitzen dieselbe Diskriminante

(18) A = 4 (qi ^22- qgCo J - (q^ + c^^f = - Ac^^c,^ - (c,, - c,,y.

Die weitere Untersuchung gestaltet sich verschieden, je nach- dem die Diskriminante A verschwindet oder nicht.

Nehmen wir zunächst an, die Diskriminante sei von Null verschieden. In diesem Fall besitzt die Gleichung fl6) zwei verschiedene Wurzebi pj und q^ ^^^ dementsprechend genügen der Gleichung (17) zwei verschiedene Werte des Quotienten —• An Stelle des einen Gleichuugssystems (15) können wir daher die beiden Gleichungssysteme

(19) 9,.s,''>==c,,s,<'>+c,,s,'^'^ ()„S2(') = q2S/")-f6'22.%('> 7^=1,2

ansetzen. Dementsprechend treten an Stelle der einen Glei- chung (14) die beiden Gleichungen

(20) s^C) it-i -f s,^'Kv,^{c,iS^(') + ^21 «2«) w, -f- (^2«/"^ + c,iS,^"^)w,

v= 1, 2.

§ 03. Verhalten der Integrale in der Umgebung eines sing. Punktes. 309

An Stelle des Fundanientalsystems h\, h\^ führen wir nun mit- tels der Substitution

ein neues Fundamentalsystem ein. Für dieses neue Funda- mentalsystem gelten wegen (19) und (20) die Gleichungen

Diese Gleichungen stimmen mit den Gleichungen (2) über- ein; wir kommen daher auf den ersten der oben behandelten Spezialfälle zurück.

Nehmen wir nunmehr an, die Diskriminante A verschwinde, die Gleichung (IG) besitze also zwei gleiche Wurzeln. Wir haben zwei Unterfälle zu unterscheiden, je nachdem die beiden Substitutionskoeffizienten qg "^^^ ^'21 gleichzeitig verschwinden oder nicht.

Ist c\2 = C21 = 0, so muß, damit die Gleichung (16) zwei gleiche Wurzeln besitzt, q^ = <^22 "= ? ^^^^- ^^ diesem Fall haben die Gleichungen (1) die Form

F.+ _ + _

U\ = Q tV^ 11-2 = QW^.

Wir kommen also auch in diesem Fall auf unseren ersten Spezialfall zurück, nur tritt hier die Besonderheit ein, daß die vorstehenden Gleichungen für jedes beliebige Fundamentalsystem gelten, während im allgemeinen Fall ein jedes der Integrale \l\, W.2 bis auf eine multiplikative Konstante bestimmt ist. Damit steht ein anderer Unterschied im Zusammenhang. Wenn

Q^ = Q^ ist, so hat der Quotient ' im unzerschnittenen Ring- gebiet li den Charakter einer einwertigen Funktion; für diesen Quotienten ist somit der Punkt f kein Verzweigungsi)unkt, sondern höchstens ein Unstetigkeitspunkt. Im allgemeinen Fall dagegen, wenn die Größen q^ und p, verschieden sind, i.st der

Punkt e auch für den Quotienten -^ und folglich auch für

den Quotienten * ein Verzweigungspunkt.

In dem Fall, daß die Faktoren pj nnd q.^ verschieden sind, bezeichnet man den Punkt e als „eigentlichen'' singulären Punkt, wenn dagegen pj = P2 ^ 9 ^^^y bezeichnet man ihn als schein- baren sintfulären Punkt.

310 § ^J3. Yerbalteu der Integrale in der Umgebuug eines sing. Punktes.

Ein schoinl)arer singulärcr Punkt braucht nicht notwendig ein Verzweigungspunkt zu sein: wenn der Faktor ^ = 1 ist, so sind die Integrale unserer Diiferentialgleichung in dem Ring- gebiet 7^, das den Punkt r einschließt, einwertig und es kann der Fall eintreten, daß sie sämtlich im Punkt r stetig sind. Es muß dann aber wenigstens ein Integral unserer Differential- gleichung geben, das im Punkt c zur zweiten oder zu noch höherer Ordnung verschwindet, denn sonst könnte keiner der Koeffizienten f/, h in diesem Punkt unstetig werden (Satz IV), was unserer Voraussetzung widerspricht.

Wenn die sämtlichen singulären Punkte unserer Differen- tialgleichung scheinbare sind, und wenn überdies die Faktoren ^, die zu diesen verschiedenen Punkten gehören, alle den Wert 1 haben, so tritt überhaupt keine Verzweigung ein: die Integrale imserer Differentialgleichung sind in der ganzen ^^-Ebene ein- wertig.

Es bleibt noch der Fall zu erledigen, daß die Wurzeln der Gleichung (16) einander gleich sind, aber nicht gleichzeitig die Substitutionskoeffizienten c^^ und Cgi verschwinden.

Um zu sehen, wie unter dieser Voraussetzung die Glei- chungen (19) zu modifizieren sind, nehmen wir zunächst die AVurzeln der Gleichung (16) als verschieden an und lassen dann die Differenz q^ q^ gegen Null konvergieren.

Wir setzen den Grenzwert

lim ~ = - U=l,2)

und lassen nach Ausführung des Grenzübergangs die Indizes, die entbehrlich werden weg. Schreiben wir das zweite der Gleichungssysteme (19) in der Form

so wird sofort ersichtlich, daß diese Gleichungen für q^ = q^ in die folgenden übergehen:

(■n h + C'i ^2 = 9 (h + ^1) <^i2 ^1 + ^28 k==Q ih + h)

Es ist leicht zu verifizieren, das wir diesen Gleichungen immer genügen können, wenn die Gleichung (16) zwei gleiche

§ 63. Verhalten derlntepralo in der T'mgebunf,' eines fing. Punktes. 311

Wurzeln besitzt, voraustresetzt, daß niclit die beiden Koeffizien- ten fj., und c,j verschwinden.

Unter dieser Annahme ist p = i-(c,i + C2i)> ^^^ zwar ist diese Größe von Null verschieden, weil die Substitutionsdeter- minante (■^^c.,.,— '\.yC\,^ nicht verschwindet. Wir genügen den ■Gleichungen (21) sowohl durch die Werte

.S'j = Cj^i Cog 50=^ Cjo ty ^^ t'ji 1 f'22 ^2 ^^ -^>

als auch durch die Werte

Sj = 2r,i So = ^22 ^11 ^ = 0 ^2 = qi + c.,.2 .

Da die Gleichungen (21) homogen sind, genügen wir ihnen auch durch die Werte

«1 = ^i^'n ^22) -^ ^ - f'2i ^2 = -1 2ci2 + ."(^22 '^u) ^1 = A ( c^i + C22) ^2 = >" (^11 + ^22) >

wo A und a beliebig zu Avählende Konstante bedeuten.

Über diese Konstanten körmen wir derart verfügen, daß

die Größen t^ und t., vorgeschriebene Werte annehmen, es darf

t s nur nicht - = werden. Wird diese Annahme ausgeschlossen,

'1 *1

so sind die Integrale

}\\ = Si n\ + S-y/Co und Tl% = t^ a\ + fo /r,

linear unabhängig.

Aus den Gleichungen (1) und (21) folgt zunächst wie oben

und ferner

^2 = 'l'^"l + k>h = (^11^1 + ^21 '2) «"«"l + (f'12^1 + C-Z-J'i)^'-! = (»[(^1 + «1 )«^l + (^2 + S^)W^] = ()(1^2 + ^l)-

Diese Gleichungen stimmen mit den Gleichungen (9) überein, es liegt somit der zweite der oben behandelten Spezialfälle vor.

Da die Größen f^ und f.^ beliebig gewählt werden dürfen, so ist W.^ ein beliebiges Integral unserer Differentialgleichung; das Integral W^ dagegen ist vollkommen bestimmt, wenn über das Integral W., verfügt ist.

Wir fassen die Ergebnisse der vorausgehenden Unter- suchung zusammen:

312 § ö3. Verhalten der Integrale in der Umgebung eines sing. Punktes.

VII. Durchläuft der Punkt z einen geschlossenen^ sich nicht überkreuzenden Weg, der einen Unstetig- keitspunkt v der Koeffizienten unserer Differential- gleichung einschließt, so findet zwischen den An- fangs- und den Endwerten der Integrale u\, ii\^ eines Fundanientalsystems die Beziehung

(1) ^^•l = q^iCj + f 12*^2 '''2 = ^21 '^'1 + <^22^2

statt. Die Substitutionsdeterminante Cn t'22 c^g ^'21 ^®i"' schwindet nicht. An Stelle des beliebig zu wählenden Fundanientalsystems n.\, u.^ können wir ein kanonisches Fundamentalsystem W^, W^ einführen, für das ent- weder die Gleichungen

(A) T?^, = ^,W iv, = Q,W,

oder die Gleichungen

( B I W, = qW, W, = Q (W, + w;)

gelten.

Die in den vorstehenden Gleichungen auftretenden Größen Pj, p2> Q sind Wurzeln der Gleichung (16) Q^ - (c„ -f c,2)q + (q^Cjs - c^g^ai) = ^*-

Die Gleichungen (A) gelten dann, wenn die Fundamental- gleichung (16) zwei verschiedene Wurzeln besitzt und dann,^ wenn sie eine Doppelwurzel besitzt und gleichzeitig c^^ = ^2^ = 0 ist. Im letzteren Fall ist der Punkt e ein scheinbarer singu- lärer Punkt.

Die Gleichungen (B) gelten, wenn die Fundamentalgleichung eine Doppel wurzel besitzt, ohne daß gleichzeitig qg = ^21 = 0 ist.

Im Fall (A) lassen sich die Integrale TFj und TFg in der Form

log ^, l0g^2

W^ = {z e) 2^^' ßj ir2 = (.? - e) 2«t ^2

darstellen, im Fall (B) in der Form

log o log ((

W, = (z-ey-^9., W, = {z-ef-^ [ß^ + ^_^ . log (^ _ e) ß J -

In beiden Fällen bedeuten ii^ und .ßg Laurentsche Reihen, die in einem den Punkt e einschließenden Ringgebiet konver- gieren.

§ 63. Verhalten der Integrale in der liii^eliuiig eines sing, l'unktes. 313

Beim Beweis des Satzes VJI haben wir anj^eiionimen, daß der siuguläre Punkt e im Endlichen liegt. Er gilt aber auch dann noch, wenn der Punkt e ins Unendliche rückt, nur tritt

dann an Stelle der Größe z e die Größe _ . Um sich hier-

z

von zu überzeugen, braucht man nur die ^■-Ebene mittels der Transformation z = ^ in die ^-Ebene abzubilden.

b

Die eben nachgewiesene Darstellung der Integrale unserer DiÖ'erentialgleichung führt zu einer wichtigen Fallunterscheidung.

In der Theorie der einwertigen Funktionen hat es sich als notwendig gezeigt zu unterscheiden, ob die Laurentsche Reihe, die eine Funktion in der Umgebung eines Unstetigkeitspunktes darstellt, eine endliche oder unendliche Anzahl von negativen Potenzen enthält. Eine ähnliche Unterscheidung greift in der Theorie der lineai'en Differentialgleichungen Platz.

Wir bezeichnen ein kanonisches Integral vom Typus (A) W ={z-ey9. als normal oder als nicht normal, je nachdem die Reihe ß eine endliche oder unendliche Anzahl von negativen Potenzen enthält.

Analog bezeichnen wir ein Integi-al vom Typus (B)

W

(^-t>r[ß2 + /^.log(^-ejß,]

als normal oder nicht normal, je nachdem in beiden Reihen iij und 5^2 "^^ ^^^^ endliche Anzahl von negativen Potenzen vorkommen oder wenigstens die eine eine unendliche Anzahl derselben enthält.

Sofern wenijjstens das eine der beiden kanonischen Inte- grale, die zum singulären Punkt c gehören, nicht normal ist, bezeichnen wir den Punkt e als „Unbestimmtheitsstelle".

Die Normalintegi-ale vom Typus (A) und (B) unterscheidet man als „eigentlich^' und „uneigentlich" normal*).

*) Die Integrale, die wir normal genannt haben, werden viellach als „reguläre"' Integrale bezeichnet. Diese Bezeichnung führt leicht zu einer Verwechslung zwischen der Aussage: einem singulären Punkt e ist ein reguläres Integral zugeordnet, und der Aussage: es gibt ein Integral, das im Punkt c das reguläre Verhalten analytischer Funktionen zeigt (^einwertig und stetig ist). Wir haben deshalb lieber eine abweichende Bezeichnung gewählt.

314 § 64 t'ber binäre lineare Substitutionen.

Um die Theorie unserer Differentialgleichung Yollständig durchzuführen, wäre in erster Linie erforderlich, eine Methode anzugeben, nach der für jeden Unstetigkeitspunkt e der Koeffi- zienten a, h die Reihen ßj und üo, deren Existenz im Voraus- gehenden nachgewiesen worden ist, wirklich zu bilden. Dies ist für den Fall, daß der Punkt c eine Unbestimmtheitsstelle ist, bisher nicht gelungen. Es besteht demnach zur Zeit in der Theorie der linearen Ditferentialgleichunsfen noch eine große Lücke.

Für Verzweigungspunkte, zu denen zwei normale kanoni- sche Integrale geh("»ren, kann man die Reihen .Qj und Ä, mit Hilfe des Prinzips der unbestimmten Koeffizienten bilden; dies wird im folorenden nachgewiesen werden.

Die vorausgehende Untersuchung gibt uns die Mittel an die Hand, um zu beurteilen, wie sich die analytische Fort- setzung der Litegrale unserer Differentialgleichung über die Begrenzung der Sternfläche hinaus gestaltet. Um den Sach- verhalt möglichst durchsichtig darstellen zu können, ist es notwendig einige Bemerkungen über lineare Substitutionen voraus zu schicken.

§ 64. Über binäre lineare Substitutionen. Es sei

eine lineare Substitution

(A) ^1= «112/1 + «12^2 ^2 = «21 2/1 + «22 2/2 vorgelegt: ihre Determinante « = «11022 «12 «21 setzen wir als von Null verschieden voraus.

Die Substitution (A) bezeichnen wir abgekürzt durch

(x^, x^)^ A(yy, y.2). Die inverse Substitution, die sich durch Auflösung der Gleichungen {A) nach y^, y^ ergibt, wird mit (y^, f/g) = A~^{Xi, X.2) bezeichnet. Die Gleichungen

^1 = 2/i> ^2 ^^ 2/2 stellen die „identische" Substitution dar; sie wird mit 1 be- zeichnet.

Führen wir nach der Sub.stitution A die Substitution

(B) (2/1, 2/2) = (^1,^2)

§ ü4. Über binäre lineare Substitutionen. 315

aus, so erliiiltcn wir durrli Elimination der (iröQen y^, y., die

Substitution

(P) {x,, X,) == P(z„ s,).

Die Koeffizienten dieser Substitution haben die Werte

( 1 ) 2h. ,„ = «;. 1 '^1 , + «-12 ^2 ,, A, ,a = 1 , 2.

Die Determinante der Substitution P ist das Produkt der Determinanten der Substitutionen A und B.

Den Zusammenhang zwischen den Substitutionen A, B und P stellt man symbolisch durch die Gleichung

F = AB dar und man bezeichnet P als Produkt der

Substitutionen A und B. Es ist wohl zu bemerken, daß für Substitutionen-Produkte zwar das assoziative Gesetz gilt aber nicht das kommutative; in Zeichen: es ist zwar

{AB)C = A{BC) = ABC, es ist aber nicht

AB^BA.

Nehmen Avir an, es seien drei Substitutionen voro-elegt:

{x^, x^) = S(x\, x\) {yy,y^) = S(y\, !/\) (Xi , x.^ = A{]f^, y^)

Durch Elimination der Größen x^, x.2 und ^/ij^-i ei'gebe sich die Substitution

(x\,x\) = B(ii\,y\).

Zwischen diesen Substitutionen besteht die Beziehung

(2) B = S-^AS, woraus

(3) 5B=^,S folgt.

Man sagt in diesem Falle: die Substitution A wird durch die Substitution *S' in die Substitution B transformiert.

Die Beziehungen, die durch (3) symbolisch dargestellt werden, lauten, wie sich aus (1) ergibt:

(A.\ ^11 11 1*12 ^21 ^^'^^11*11 t ^lL''''21 ^ll'^lä I ^12^22^^^11*12~r'^12*22

^21^11 ~r^22''21 ^^^21 '^11 "1^22*21 "^21 ^^12 ' "''22 ^^22 "^^^'21^12 ~'~"22*28*

Diese Gleichungen behalten ihre Geltung, wenn gleich- zeitig die Größen a^^ cu^ '>ii '-^22 ^^^1 dieselbe Größe q vermehrt werden, während die übrigen Größen unverändert bleiben.

31G § '">-l- i ber binäre lineare Substitutionen.

Da nun, wie aus (2) folgt, die Determinante der Substi- tution i> gleich der Determinante der Substitution Ä ist, so gilt auch die Gleichung

^1 - Q K _ «11 Q «12 I.

6.21 ^l'2 ~ Q «21 «22 Q !

Zu den Substitutionen A und B gehören also dieselben Fimdamentalgleichungen (vergl. Gleichung (16) des vorigen Paragra})henY

Wenn "i2 = %i = 0 und «u ^«22 ist, so ist auch ?>^2 = ^2i==^ und &a = &22 = «ii=«22-

Wegen dieser Beziehungen, die zwischen der Substitution Ä und der transformierten Substitution B bestehen, bezeichnet man diese Substitutionen als ähnlich.

Man bezeichnet ein System von Substitutionen o'i S^ S^ . . .

als „Gruppe", wenn es die beiden folgenden Eigenschaften besitzt:

1) Die zu einer Substitution des Systems inverse Substi- tution gehört ebenfalls dem System an.

2) Das Produkt zweier Substitutionen des Systems gehört ebenfalls dem System an.

Die Anzahl der Substitutionen, die der Gruppe angehören, kann endlich oder unendlich sein.

Betrachten wir beispielsweise die Substitutionen, die sich in der Form

darstellen lassen, und zwar möge )i eine gegebene positive ganze Zahl bedeuten, 2^, Q seien beliebige ganze Zahlen.

Es ist einleuchtend, daß die Gesamtheit dieser Substitu- tionen eine Gruppe bildet und daß ihre Anzahl endlich ist, nämlich n^.

Die Gesamtheit der Substitutionen, deren Koeffizienten ganze Zahlen sind und deren Determinante den Wert 1 hat, bildet ebenfalls eine Gruppe; diese Gruppe umfaßt aber un- endlich viele Substitutionen.

Wenn sich alle Substitutionen einer Gruppe aus den Sub- stitutionen S^ S2 . . . S^ und den zu ihnen inversen Substitu-

§ 65. Die Verzweigung der Integrale der Differentialgleichung. 317

tionen zusammensetzen lassen, so bezeichnet man diese Sub- stitutionen als „erzeugende Substitutionen" der Gruppe. Diese erzeugenden Substitutionen kann man immer so wählen, daß sich keine von ihnen aus den übrigen zusammensetzen läßt.

Damit soll nicht gesagt sein, daß sich jede Gruppe durch eine endliche Anzahl von Substitutionen erzeugen läßt: dies ist nicht der Fall.

§ 65. Die Verzweigung der Integrale der Diffe- rentialgleichung. Wir haben am Schluß des § »)2 eine Stemfläche A konstniiert, in der ein jeder unserer Differential- gleichung genügende Funktionszweig den Charakter einer ein- werticren, regrulären Funktion besitzt.

Wir definieren nun für die Stemfläche nicht nur ein ein- zelnes Integral, sondern ein Fundamentalsystem von Integralen

Längs des Teiles Z,, der Begrenzung der Sternfläche, der im Punkte e, endigt, (s. Fig. 35), besteht zwischen den Funk- tionswerten, die in orecrenüberliegenden Punkten auf dem Rand und auf dem + Rand stattfinden, die Beziehung

Diese Beziehung ist für den Teil fi?. s.o.

der Sperrlinie />,,, der in die Umgebung

des Punktes (\, fällt, im § (jo nachgewiesen worden; daß sie für die ganze Sperrlinie gilt, folgt aus den allgemeinen Über- legungen des § 40. Es ist also einer jeden Sperrlinie eine „Fundamentalsubstitution" C,, zugeordnet.

Es ist nun leicht zu übersehen, wie sich die analytische Fortsetzung des Fundamentalsystems längs eines beliebigen vom Punkt z^ ausgehenden Weges J gestaltet. Bezeichnen wir mit tv\, ic^ die Werte, die die beiden Integrale in einem gegebenen Punkt annehmen, wenn die Fortsetzung innerhalb der Stemfläche erfolgt, mit iv[, wl die Werte, zu denen die Fortsetzunff läncrs des Weges A führt.

Wenn der Weg yl die Sperrlinie L, in der Richtung von

318 § ^ö. Die Verzweigung der Integrale der Differentialgloichung.

der + Seite zur Seite überschreitet, aber keine weitere Sperrlinie durchsetzt, so ist

Erfolgt die Überschreitung der Sperrlinie in der entgegen- gesetzten Richtung, so ist

überschreitet der Weg yi der Reihe nach die Spcrrlinien LyL,^L^ in der Richtung von der -f Seite zur Seite, so ist («f*, wl) = C)C^^C\,{iVy, u\) usw.

Nehmen wir an, der Weg y/ überschreite der Reihe nach die sämtlichen Sperrlinien L^L^ . . . L^ in der Richtung von der + Seite zur Seite und kehre, ohne sich zu überkreuzen,, zum Ausgangspunkt zurück.

Unter dieser Voraussetzung ist

{iv\, ivV) = Ci Ca . . . GJiv^, u\).

Nun können wir aber den Weg A, ohne einen singulären Punkt zu überschreiten, um den Punkt ^^^ zusammenziehen (s. Fig. 35). Daraus folgt, daß iv\ = il\ und tv\ = w^ ist (vergL § 47). Folglich ist

fl) c\c,...c„=\

in Worten: die Substitutionen C\, C^ . . Cn nacheinander ausgeführt ergeben die identische Substitution.

Die Fimdamentalsubstitutionen C^ sind von der Wahl des P'undamentalsystems h\, ti\ abhängig. Lassen wir an Stelle dieses Fundamentalsystems das Fundamentalsystem

treten und bezeichnen wir die zu demselben gehörigen Fun- damentalsubstitutionen mit C\. Aus den Gleichungen

ergibt sich, daß

(2) c\. = S-'C,.S ist.

Die auf das System ti\j iv^ bezüglichen Fundamentalsub-

§ 65. Die Verzweiflung der Integrale der Differentialgleichung. 319

stitutioneu werden also durcli die Substitution S in die auf das System i\, v^ bezü<^licben transformiert.

Die Substitutionen C, und ('\ sind ähnlich (vergl. den vorigen Para«^raphen).

Die Substitutionen (\, (\---^'n erzeugen eine Gruppe G und ebenso erzeugen die Substitutionen C\,C^...C\^ eine Gruppe G'. Weil jede Substitution der Gruppe G' aus einer Substitution der Gruppe G durch Transformation mittels der Substitution .S' hervorgeht, sagt man die Gruppe G' gehe durch Transfor- mation aus der Gruppe G hervor.

Betrachtet man zwei Gruppen, die ineinander transformiert werden können, als nicht wesentlich verschieden, so können wir sagen, daß jeder linearen und homogenen Differential- gleichung eine bestimmte Gruppe von Substitutionen entspricht.

Wir haben im § 63 jedem singulären Punkt e,. zwei kanonische Integrale W^^''\ W^^'' zugeordnet. Auch diese kanonischen Integrale, die zunächst nur für die Umgebung des Punktes e^ definiert sind, können durch analytische Fort- setzung für die ganze Sternfläche definiert werden. Da sich jedes Integral unserer Differentialgleichung als lineare, homo- gene Funktion der Fundamentalintegrale iv^, u\ darstellen läßt, so bestehen für jedes kanonische System Gleichungen der Form (3) ( >r/-), W,(^)) = 5,, {a; , ii;) v=\,'2,... n.

Für das kanonische System TF/'^, TF,^'^ erhält die zum Punkt e, gehörige Fundamentalsubstitution eine besonders ein- fache Gestalt: sie lautet entweder

i\\(n = Pj(>jtFi^') T?V) = P2"^^2^'' oder

Diese .,kanonisohe'' Form der Fundamentalsubstitution wollen wir mit 7i, bezeichnen. Zwischen d^n Substitutionen B^, und r, besteht wegen (2) und f3) die Beziehung

Die Substitution N bezeichnet man als ..Ubergangssub- stitution".

Die Determinante der Substitution i?,, ist wegen (4) gleich

320 § •J5- Diö Verzweigung der Integrale der Ditferentialgleichung.

der Determinaute der Substitution T, . Das Produkt der De- teriniuanteu der Öubstitntioneu C, ist wegen (1) = 1. Die Determinante der Substitution J5,, ist = ()/'V2^'^> wobei es dahin gestellt bleibt, ob die Größen p^*'^ qJ'"^ verschieden oder gleich sind. Folglich ist das Produkt

71

(5) J7pi^'>2^"^=i-

v = i

Die Gruppe der Differentialgleichung ist durch die kanoni- schen Fundanientalsubstitutionen und die Überofansrssubsti- tutionen vollständig bestimmt. Von den letzteren kann eine beliebig gewählt werden: wir brauchen nur an Stelle des Fuudamentalsystems ii\, w^ das kanonische System TF"^^'\ W,^^^'^ treten zu lassen; alsdann geht die Übergangssubstitution S^ in die identische Substitution über.

Von den noch übrigen A{n 1) Koeffizienten der Über- gangssubstitutionen sind drei durch die übrigen bestimmt. Die symbolische Gleichung (1) repräsentiert nämlich vier Gleichungen zwischen den Koeffizienten der Substitutionen B^ und <S',,. Eine dieser Gleichungen ist mit der Gleichung (5) äquivalent, die sich nur auf die Substitutionen B^, bezieht.

Die übrigen drei sind wenn wir die Substitutionen J5,, als gegeben betrachten Bedingungsgleichungen für die Sub- stitutionen *S'y.

Die kanonischen Integrale, die zu einem scheinbaren sin- gulären Punkt gehören, dürfen beliebig gewählt werden 03). Daher kann auch die zugehörige Übergangssubstitution beliebig gewählt werden; wir können uns insbesondere so einrichten, daß sie sich auf die identische Substitution reduziert.

Das System der kanonischen Integrale, das zu einem eigentlichen singulären Punkt gehört, hängt von zwei will- kürlichen Konstanten ab, die in die zugehörige Übergangssub- stitution eingehen.

Bezeichnen wir die Anzahl der scheinbaren singulären Punkte mit /i, also die Anzahl der eigentlichen singulären Punkte mit n k. In die n \ Übergangssubstitutionen, die ein kanonisches Fundamentalsystem mit den übrigen n —\ verbinden, gehen Ale -\- 2{n h) = 2{n -\- Ic) willkürlich zu wählende Konstante ein.

§66. Über il. singul. Punkte, die nicht L'nbestimmtheitsstellen sind. 321

Eine derselben ist außer Ansatz zu la.sseu, weil sich die UI)eri^aiiu;ssul>stituti()n<'U nicht ilndern, weuu man alle 'Jn kauunisf'hen lutej^rale mit derselben Koustanteu multipliziert. Demnach hängt die Gruppe der Differentialgleichung, wenn die Fundamentalsubstitutionen gegeben sind, noch von 4(„ - 1) - }) - {2(n + k) - 1) = 2(n - k - 3) wesentlichen Konstanten ab.

Ist n />■ = 3, so ist die Gruppe durch die kanonischen Fundamentalsubstitutionen vollständig bestimmt.

§ 66. Über die singulären Punkte, die nicht Un- bestimmtheitsstellen sind. Wir haben in § 63 zwischen singulären Punkten unterschieden, die ünbestimmtheitsstellen sind, und solchen, in denen sich die Integi*ale bestimmt v^er- halten. Wir fragen nun nach den notwendigen und aus- reichenden Bedingungen dafür, daß ein gegebener singulärer Punkt (' nicht eine Unbestinimtheitsstelle ist.

Nehmen wir zunächst an, zum Punkt e gehören zwei eigentlich normale kanonische Integrale:

logo^ log O^

,(1) W, = {z- ey^- il, W, = (-S - e)^^ Sl,.

^i,, bedeutet eine Reihe

.(2) fl, =,;:v. - .)"'+ r':u, (^ - er^'+ /:;,^,(. - ey^'--

V = 1, Z. Die Exponenten )/,, j/j sind ganze po.sitive oder nega- tive — Zahlen.

log £>,. . Die Größen sind nur bis auf eine beliebige ganze

Zahl bestimmt: wir können daher von .Q^ den Faktor {z e)"y

log Qy

abtrennen und ihn mit der Potenz (2 e) -'^' vereinigen. Wir erhalten für unsere Integrale die Darstellung (3) W,= iz-eyrSi^ v=l,2.

Hier bedeutet (?, einen geeignet gewählten Wert des Lo- garithmus ., . log 9, ; Sl^ bedeutet eine gewöhnliche Potenz- reihe :

(-t) ''\ = n^'^ + n^'K^ -e)-\- r^K^ -ey+....

D urege-M u ro r, FunktioDentht.'orie. 5. Aufl. "21

322 § 6^'- i btT d. siiifjul. Punkte, die nicht Unbestimmtheitsstellen sind.

Der erste Koeffizient in dieser Potenzreihe j'jj') ver- schwindet nicht.

Die Exponenten a^ , a., bezeichnen wir nach Riemanns Vortrang als zum Punkt r gehörige Exponenten.

Wir haben eben stillschweigend vorausgesetzt, daß die in (1) auftretenden Größen q^ und q^ ungleich sind. Nehmen wir an es sei po = p,, der Punkt e sei also ein scheinbarer sin- gulärer Punkt.

Wir dürfen in diesem Fall voraussetzen, daß die Zahlen Wj und ii^, die in den Gleichungen (2) vorkommen, ungleich sind. Wäre nämlich ??i =110, so könnten wir an Stelle des Integrals \\\ das Integral

W "' w

**^i (2) '^^2

7 "2

treten lassen und für dieses ist unsere Voraussetzung sicher erfüllt.

Trennen wir nun wieder von 5i, die Potenz (z efy ab

und vereinigen sie mit der Potenz {z e) ^'"' , so gelangen wir auch in diesem Fall zu der Darstellung (3) der kanonischen Integrale W^ und TF,.

Wir heben nochmals ausdrücklich hervor: die Exponenten (jj imd 62, die in dieser Darstellung auftreten, sind auf jeden Fall verschieden.

Wenn q^ = p^ ist, so ist die Differenz 6^ 6^ eine ganze Zahl, im allgemeinen Fall aber nicht. Im allgemeinen Fall sind die Koeffizienten einer jeden der beiden Reihen ü,, (4) bis auf einen gemeinschaftlichen Faktor bestimmt; ist da- gegen pi = P2, so sind zwar die Koeffizienten der Reihe, die dem Exponenten mit größerem reellen Bestandteil entspricht^ bis auf eine multiplikative Konstante bestimmt, von den Koef- fizienten der anderen Reihe aber bleiben zwei unbestimmt. Denn diese Reihe kann, ohne daß die Form der Gleichungen (3) geändert wird, durch

ersetzt werden, wo a und ß beliebig zu wählende Konstante bezeichnen.

§ «56. Über die singul. Punkte, die nicht Unbestimmtheitsstellen sind. 323

Wir berechnen nnn die Koeffizienten a und h unserer Diti'erentialgleiehung aus den für die Integi-ale W^ und W^ geltenden IJeihenentwieklungen (4).

Es ist (> 61 Nr. 3)

^ WJ\\" M\\\\- . _ \\\'W^" - W^'W,"

^ ]r, UV - M\ ^\\^ w, w,_' w,w^' '

Aus (3) und (4) folgt:

und hieraus ergibt sich

W, W: - W, W,' =i6, - ö^)f,'^y'^^)(2 - e)-.+ -.-i + .. .

\r, w,"- w, w;'= (6, -6,) 6, 6, y(i) ^(2' {z - ey^ + "^- 3+

Die Koeffizienten 'y\^\ ;^(,-' und die Differenz 6^ a^ ver- schwinden nicht. Folglich ist

lim (z e)a = 1 6^ ö^ lim {z eyi = G^6.2.

Im Punkt e wird also der Koeffizient a höchstens zur ersten, der Koeffizient b höchstens zur zweiten Ordnung un- endlich.

Nehmen wir nunmehr an, von den kanonischen Integralen VVj, Ti'g sei zwar das erste eigentlich normal, das zweite aber uneigentlich normal; es gelten also für die Umgebung des T'unktes r Reihenentwicklungen der Form

H\ = (z - ey--S\ W, = (.- - e)=-'«'- (.Q, + ^^ .log {^ -e)Sl,)

(Fall 7> des vorigen Paragraphen), wo Sl^ und il.^ Reihen der Form (2) bedeuten.

Iiuleni wir wieder von ii, und Si.^ geeignete Potenzen von z r abspalten, können wir dieser Darstellung die Gestalt geben:

) 1 r, = (z - ff' R, W, = (z- ey^ ^2 + ^ j log (^ - (') i'^-e)"' fl^ ,

wo nun 52j und i^._, Potenzreihen bedeuten, die für z = c nicht verschwinden.

21*

324 § 6*>- Über d. singul. Punkte, die nicht Unbestimmtbeitsstellen sind.

Die Zahlen öj und o^ bezeichnen wir wieder als zum sin- «nilären Punkt r »rehörio-e Exponenten. Während in dem Fall, daß zwei eigentlich normale Integrale existieren, die beiden Exponenten gleichberechtigt sind, müssen wir im vorliegenden Fall zwischen dem ersten Exi)oneuten (J^, dem ein eigentlich normales Integral IFj entspricht, und dem zweiten Exponenten 6., unterscheiden.

Die Exponenten (T, und (7, sind geeignet gewählte Werte

von ^r- . log p, daher ist die Differenz a, a^ eine ganze Zahl.

Wir können uns so einrichten, daß diese Differenz nicht ver- schwindet.

Wenn nämlich die in den Gleichungen (5) vorkommenden Exponenten 6^ und a.^ einander gleich sind, so ersetzen Avir was offenbar zulässig ist das Integral TF« durch das Inte- gral 1F3= TFo + Konst. TT'', . Es tritt dann an Stelle der Keihe Sl^ die Reihe ^ig = ^2 + ^^^^^^ -^i ^^^ verfügbare Konstante wählen wir so, daß die Funktion Sl^ im Punkt r verschwindet. Wir setzen, die Ordnung, zu der sie verschwindet mit k bezeichnend, üg = (.? e)*/Z. An Stelle der Gleichungen (5) treten nun die Gleichungen

Wir dürfen deshalb unbeschadet der Allgemeinheit der Untersuchung voraussetzen, daß die in den Gleichungen (5) auftretenden Exponenten ö^ und ö.-, verschieden sind.

Wir setzen zur Abkürzung {z ey^'^il^ = U, woraus

^^'-2= U+ ^l. log iz-e)W, folgt, und erhalten: W^ nV-TFg TTV

= W^ U' -W,' u+ / .-^ TF, if;'-tf2 TF/'

TFi'TTV'-TF/TF/'

sj t)7. Fiewcis daU iler Satz VIII umkehrbar ist, 325

II', \\\' - \V, \\\' = {6._ - (?, l/f/'jf ) (2 - e)"' + "^- 1 +

UV \\V'-W^'W,"= (6., (j;)(5j,y,^a);.^')(^-e)". + s-3_j_ . . .

Wenn die Differenz 6^ a, positiv ist, so haben die An- fangsglieder der drei Reihenentwicklungen dieselben Werte wie in dem vorher behandelten Fall und es gelten daher die- selben Schlußfolgerungen.

Nehmen wir an, die Differenz 6^ 6^ sei negativ, so folgt aus den vorstehenden Gleichungen mit Rücksicht auf (5) lim (^ e) a = 1 2 (?j

lim {z eyi) = 6^'.

Es kann also auch unter dieser Annahme der Koeffizient a höchstens zur ersten und der Koeffizient h höchstens zur zweiten Ordnung unendlich werden.

Im nächsten Paragraphen wird sich herausstellen, daß die Annahme ö, (?2 < 0 unzulässig ist.

Wir sprechen das Resultat der vorausgehenden Betrachtungen in einem Satz aus:

VIII. Damit zum singulären Punkt c zwei normale kanonische Integrale gehören, darf der Koeffizient a in diesem Punkt höchstens zur ersten, der Koeffizient h höchstens zur zweiten Ordnung unendlich werden.

Wir werden sofort beweisen, daß diese Bedingungen nicht nur notwendig, sondern auch ausreichend sind.

§ 67. Beweis daß der Satz VIII umkehrbar ist.

Wir entwickeln die Ktiefti/.icnteu (t und h in Keiheu, die nach Potenzen von z c fortschreiten. Es sei

(1) n = ^2^^ + «0 + «i'- - c) 4- ii,{z -e)--^---

ß ß

^' = (z 1\y + z _'e + ^0 + /^lU - <■) + ß^{z - ef + ..

326 § •'"• Beweis daß der Satz VIII umkelnbar ist.

Für das Integral W setzen wir die Keihe an

(2) ir= n{2 - ry + y,{e - €)" + ' + y,(z -ey + '+--:

Den ersten Koeffizienten j'^ setzen wir als von Null ver- schieden voraus.

Wir setzen femer zur Abkürzung

ir' + a W -\-bW=d_,Js- ef -'- ^ d_^{z - ey-' + ö^ {z - e)"

+ d,{z-cy + ^ + --: Eine einfache Rechnung ergibt

(3) d_2 = [(?((? - 1) + 6a_, + ß_,]y^

^-1 = [(^ + l)ö + (a + !)«_!+ /3_,]r, + [<?ao+/3_i]r„ do = [((? + 2){6 + 1) + i> + 2)«_i + /3_2]7,

+ [(<?+l)«o + /5-ilr,+[^«,+^o]7o

= [(ö + t;)(ö+ v-l) + {6 + v)a_, + ^_2];/,, » 1

fi=0

Da ;^o nicht verschwindet, folgt aus d_^=0 für a die Gleichung

(4') (?-+ (>_,- l)(? + /3_2=0.

Diese Gleichung bezeichnen wir als die zum singulären Punkt e gehörige „charakteristische Gleichung". Die Koeffizienten dieser (jleichung stehen in einer einfachen Beziehung zu den Koeffizienten a, b unserer Differentialgleichung:

der Koeffizient von 6 ist lim (z e)a 1,

das absolute Glied ist lim (z eyb.

Nehmen wir zunächst an, die charakteristische Gleichung besitze zwei verschiedene Wurzeln 6^ und 6^ und die Difi'erenz öj (?2 sei keine ganze Zahl.

Der Koeffizient von y, in dem Ausdruck d,,_2 (3) ist

(5) ('(?+l/)2-f-(«_j— 1)1 ö4-1/) + /3_ , = ((? + V (?i)((?+I/ ff2)-

§ ()7. Beweis daß dor Satz \'IIl iiuikrlirliar isl. 327

Er verschwindet daher weder für J = öj uocli für ^ = fj^. Daher sind durch die Gleichungen (3)

d ,= () (3_i = 0 ()o=0 dl = 0 . . . die Verhältnisse der Koeffizienten y^ Yi y.^- eindeutig bestimmt.

Den beiden Werten (Tj und o.^ entsprechend erhalten wir daher zwei unserer Differentialgleichung genügende Reihen der Form (2).

Es bleibt zu beweisen, daß diese Reihen konvergieren.

Zu dem Zweck bemerken wir: die beiden Reihen (1) kon- vergieren, so lange der absolute Betrag z —e kleiner als die Entfernung r des Punktes c vom nächsten singulären Punkt ist: die Produkte a^ >•' und /3, >•' bleiben daher alle unter einer augebbaren Größe. Wir können daher eine positive Größe Ic der Art bestimmen, daß

K A*

Nun wenden wir den Schluß von n auf )i ^ l au: wir nehmen an, es sei

(7) y„ < ^_,: für V < n,

wo M eine positive Größe l)ezei('lmet, und beweisen, daß diese Ungleichung auch noch für i' = » -f 1 gilt.

Setzen wir in der Gleichung d,_^ = 0 (3) (? = (?! V = n -{- 1, so erhalten wir mit Rücksicht auf (5)

(M+ljCw + ! + <?, -(?,)/„ + , = -2L(<?i + a)«„_„+/J„_„_j7„.

Der absolute Betrag der rechts stehenden Summe ist wegen (ü) und (7) nicht größer als die Summe

y:W+ 0, +i),.4..'

^

«=(»

Folglich ist

r^ (n + l\n + '2) + {n^l) ö.

M k"

328 § '■'" Beweis daß der Satz VIII umkehrbar ist.

Die Größe M können wir so groß "wählen, daß die Un- gleichung (1) für eine beliebig zu bestimmende Anzahl von Koeffizienten erfüllt ist. Wir düifen daher bei unserem Beweis die Zahl n so groß voraussetzen, daß

--- {n + 2) + (?i < n-\- 1 -{- a,— ö., ist.

Unter dieser Voraussetzung ist

M

y n+i "^ , ,, + 1

Damit ist bewiesen, daß die Reihe (2) für 6 == 6^^ kon- vergiert, vorausgesetzt, daß der absolute Betrag £ e < /«• ist. Da wir es unentschieden gelassen haben, welche der beiden Wurzeln der charakteristischen Gleichung unter 6^ zu ver- stehen ist, so gilt unser Konvergenzbeweis auch für 0 = 62-

Die Funktion 5i,. = (2 e)~ "> TF,. verhält sich innerhalb des ganzen Kreises um den Punkt e regulär, der durch den nächstliegenden singulären Punkt geht. Innerhalb dieses Kreises muß daher auch die Potenzreihe, die ü, darstellt^ konvergieren.

Demnach reicht der Konvergenzkreis der Reihe (2) bis zum nächsten singulären Punkt.

Nehmen wir nunmehr an, die charakteristische Gleichung (4) besitze zwar zwei verschiedene Wurzeln ö^ imd ö^i aber die Differenz (?i 6.^ sei eine ganze Zahl ))i. Wir wählen die Bezeichnung so, daß m positiv ist.

Für (j = (Jj wird der Koeffizient von 7,, im Ausdruck d,,_2 (5) v(i> -f m)- er verschwindet also für keinen Wert des Index V.

Daher entspricht der Wurzei ö^ auf jeden Fall eine kon- vergente Reihe der Form ( 2). Die Koeffizienten dieser Reihe sind bis auf eine multiplikative Konstante bestimmt. Dagegen verschwindet für (j = (j« der Koeffizient von y^^^ in dem Aus- druck (5,„_2.

Daher müssen in diesem Fall die m Koeffizienten ^oJ'i-- 7^_i den )H linearen und homogenen Gleichungen

<5_i = •' <^o = '^ <^m-2 = 0 genügen. Da 7o nicht gleich Null ist, so ist dies nur möglich,

§ (57. Uewris ilali der Satz VIII umkehrbar ist. 329

wenn die Determinante dieser Gleichungen verschwindet. Wenn dieser Fall eintritt, so bleiben von den Koet'fi/ienten ^oJ^iyg-- zwei unbestimmt, nämlich j'„ und j',,, . Der Punkt e. ist in diesem Fall ein scheinbarer singiilärcr Punkt. Wenn dagegen die genannte Determinante nicht verschwindet, so entspricht der Wurzel 6^ kein Integi-al der f^orm (2); es existiert also nur ein eigentlich normales Integral.

Wenn die charakteristische Gleichung (4) zwei gleiche Wurzeln besitzt, so ist der Koeffizient von )\ in dem Aus- druck d,_., (o) gleich j'^; wir erhalten auch in diesem Fall eine Reihe der Form (2), deren Koeffizienten bis auf eine multiplikative Konstante bestimmt sind.

Wir haben nun für den Fall, daß dem singulären Punkt c

nur ein eigentlich normales Integral zugeordnet ist, die Existenz

eines nneigentlich normalen Integrals nachzuweisen.

Wie soeben crezeij^t worden ist, kann dieser Fall nur ein- es c^ 7

treten, wenn die Differenz der Wurzeln der charakteristischen Gleichung eine ganze Zahl ist. Wir wählen die Bezeichnung der Wurzeln wieder so, daß die Differenz 6^— Gc^ = m Xull oder eine ganze positive Zahl ist.

Wir benützen wieder die Methode der unbestimmten Koeffizienten und setzen die Reihe an

(8) W^==^y['^{z - 6)"= + ' + logC^-O^^l'^f^-^)"'^"'

)=0 1=0

= CT + log {z e) . Tr, .

Hier bedeutet IFj das zum Exponenten (?j gehörige eigent- lich normale Integral, dessen Existenz im Vorausgehenden nachgewiesen worden ist.

Substituieren wir den Ausdruck (8) in imsere Differential- gleichung, so fallen die in log(z e) multiplizierten Glieder weg und wir erhalten zur Bestimmung der Funktion L die Differentialgleichung

Wir setzen, die oben benützte Bezeichnung beibehaltend

( 10) ü"i-aU+b U =2 d',,(^ - '' '"■-• + ••

v= 2

330 § '57. Beweis daß der Satz VIII umkehrbar ist.

Hier ist (^vergl. (3))

(11) ö_,= 6,--{-{cc_._-l)6.2-\- ß_. = 0 wegen (4) und

V— 1

(12) d,._,= V{V - ni)f^^ -\- 2[i^2-\- ^^^r-u-X + ßr-u-MT

j< = 0

V = 1, 2, 3, . . . Wir setzen ferner den zweiten Teil des Ausdrucks auf der linken Seite der Gleichung (9)

so 00

(13) 2JV__5'i +«^"1 = Vf (^_e)".+v= Vf c^-^y'^+^+v

^ ' z e {z ef z e ^^ '^ ,^ ' ^ '

Der erste Koeffizient rechts hat den Wert

(14) f_, = (2(?,- 1 + ^,,W-^^^-^^)y'^'-

Die Werte der übrigen Koeffizienten kommen für die folgen- den Auseinandersetzungen nicht weiter in Betracht.

Wir substituieren die Ausdrücke(lO) und (14) in die Gleichung (9) und erhalten, indem wir die Koeffizienten der verschiedenen Potenzen von z e gleich Null setzen, die Glei- chungen (15) d. + ^, = 0 für V = - 2, - 1, 0, 1, 2, . . .

Bei der Diskussion dieser Gleichungen ist es zweckmäßig, die Fälle m = 0 und m > 0 getrennt zu behandeln.

Nehmen wir zunächst an, es sei m = ^^ (?2 = 0. Li die- sem Fall ist wegen (14) £_2 = 0. Da zufolge (11) auch 8_^ = 0 ist, so fällt die erste der Gleichungen (15) weg.

Der Ausdruck <),,_2 ist eine lineare und homogene Funk- tion der Größen yj,-), j^^j-* . . . yt"\ und zwar ist der Koeffizient der Größe y^^ gleich v^ (12j. Daher werden durch die Glei- chungen ri5) der Reihe nach die Koeffizienten y'^'^'^, y^^^ ..• bestimmt; der Koeffizient j^j,^^ bleibt unbestimmt.

Nehmen wir nunmehr an, es sei m > 0.

In diesem Fall fehlen in der Reihe (13) die -Potenzen {z ef^-^iz - ep-^ •■{z 6)"^ + '^'-3, die in der Reihe flO) vorkommen. Die Gleichungen (15) lauten daher

d_2 = o a_i = o do=0 di = 0 ••• ()„,_3 = 0

§ ('i7. Iteweis «laß «ler Satz \'II[ umknlirbar int. I-JHI

Die in der ersten Z«'ile steheiulcu (ileicliuugeu bestimmen die Vorliiiltnisse der Koeffizienten y^^^ 7i^* ^m i (im Fall m = 1 läßt die Gleichung d_o=0 den Koeffizienten yj,-' unbestimmt); die erste Gleichung in der zweiton Zeile (vergl. (12) und (14)) II, i

(1=0

bestimmt die absoluten Werte dieser Koeffizienten.

Diese Gleichung kann zu keinem Widerspruch führen, denn wenn die Auflösungsdeterminante verschwände, so wäre, wie oben nachgewiesen worden ist, der Punkt e ein scheinbarer singulärer Punkt und es wären ihm zwei eigentlich normale Integrale zugeordnet. Diesen Fall haben wir schon oben er- ledigt und schließen ihn deshalb jetzt aus.

In der Gleichung

ö:,+. + f„ = " u^-i

hat die letzte der Größen y'j-\ die in ihr vorkommt die Größe }^i,^+ + o den Koeffizienten (in -|- ^ + 2) (jit -{- 2) (s. 12)); durch diese Gleichung wird aber diese Größe eindeutig be- stimmt; die Größe y',l' bleibt unbestimmt.

Um zu beweisen, daß die Reihe (8) konvergiert, bemerken wir zunächst: die F'unktionen W^ und a verhalten sich inner- halb eines Ringgebietes regulär, dessen Mittelpunkt der Punkt c ist und dessen äußerer Grenzkreis durch den nächsten singu- lären Punkt geht. Innerhalb dieses Ringgebietes konvergiert sicher die Reihe (13). Da der Radius des äußeren Grenzkreises nicht kleiner als die Größe /.' ist, die den Ungleichungen (6) genügt, muß das Produkt f,,Z;' für alle Indizeswerte unter einer angebbaren Größe bleiben; wir können also eine positive Größe M derart bestimmen, daß

V M

(16) ', <::4.

ist. Die Größe M wählen wir überdies so groß, daß yl?)<— ist, für v <i n .

Die Zahl n nehmen wir ^ »i -r 2 an.

Nun wenden wir wieder den Schluß von >i auf n + 1 an.

332 § 67. Beweis daß der Satz VIII umkelirbar ist.

Da wegen (12) und (15)

n ,1. = 0

ist, so folgt mit Rücksicht auf (16) (vergl. die oben durchge- führte Rechnung)

in + \){n + 1 - ni) rl:+i\<

[{n + 1)1(5,1 + Un + 1)(« + 2)] 'l^ + ^^'^^^^r

also

/"+l|^ ,i_j_l_,„ j.n + 1'

Bezüglich der Zahl n, die wir nach Belieben wählen kön- nen, haben wir zunächst nur voi'ausgesetzt, es sei n ^ m -\- 1. Wir nehmen nun weiter an, es sei

n+l-m> J-(;i -f 2) + 1 + 1 (?2 .

Unter dieser Voraussetzung ist

\Yn+i\ <;^«+r

Damit ist bewiesen, daß die Reihe (8 1 innerhalb eines Kreises TOm Radius Ti um den Punkt e konvergiert. Man zeigt wie oben, daß der Konvergenzkreis bis zum nächsten singulären Punkt reicht.

Wir haben früher bewiesen 62, Satz VI), daß die Inte- grale unserer Differentialgleichung in der Umgebung des un- endlich fernen Punktes den Charakter regulärer Funktionen besitzen, wenn in diesem Punkt der Koeffizient h zur vierten Ordnung und die Differenz a - zur zweiten Ordnung ver- schwindet. Wir wollen nun zusehen, unter welchen Bedingun- gen dem unendlich fernen Punkt wenigstens ein normales ka- nonisches Integralsvstem zugeordnet ist.

Zu dem Zweck transformieren wir unsere Differentialglei- chung durch die Substitution z = . Es ist (vgl. § 62, S. 303)

dw , , .. /d'^w , . dw , Tj \

A = ^— j und B = ' ist.

§ 07. Beweis daß der Satz VIII umkehrbar ist. 33'5

Damit die Differentialt'leicbuny;

in der Umgebung des Punktes ^ = 0 zwei normale Integrale besitzt, ist erforderlich und hinreichend, daß der Koeffizient A höchstens zur ersten, der Koeffizient li höchstens zur zweiten Ordnung unendlich wird. Xuu ist

(18) lim ^A = 2 lim ^ = '2 lim az und

lim L,- B = lim 2-h. :=o .- = x

Diese beiden Grenzwerte müssen endlich sein. Darau.s folgt:

IX. Damit der unendlich ferne Punkt keine Uube- stimmtheitsstelle ist, muß in diesem Punkt der Koef- fizient a mindestens zur ersten und der Koeffizient // mindestens zur zweiten Ordnung verschwinden.

Die Exponenten, die in Beziehung auf die ursprüngliche Differentialgleichung dem unendlich fernen Punkt der ^-Ebene zugeordnet sind, stimmen mit den Exponenten übereiu, die in Beziehung auf die Diäerentialgleichung (17) dem Xullpunkt der ^-Ebene zugeordnet sind. Die letzteren sind Wurzeln einer quadrati.schen Gleichung, in der der Koeffizient der ersten Po- tenz der Unbekannten den Wert lim ^A 1 und das absolute

:=o

Glied den Wert lim ^-B hat (vergl. die Bemerkung zu Glei- r=o

chung (4)). Nun ist (18)

lim ^^—1 = 1— lim as und lim ^^B = lim b/-.

Die in Rede stehenden Exponenten sind die Wurzeln einer quadratischen Gleichung, in der der Koeffizient der ersten Po- tenz der Unbekannten den Wert 1 lim az und das absolute

.- = » Glied den Wert lim hz'- hat.

-- = 0

Durch die Entwicklungen, die wir in diesem Paragraphen durchgeführt haben, ist nicht nur die Umkehrbarkeit des Satzes VIII bewiesen, sondern wir haben noch ein weiteres Resultat gewonnen, das wir in einem Satz aussprechen:

334 § •^'^- DifiFerentialgleichungen. die keine Unbestimmtheitsstelle bes.

X. Für jeden singulären Punkt, der keine Unbe- stimmtheitsstelle ist, läßt sich eine charakteristische Gleichung

bilden, deren Wurzeln die zugehöri»;jen Exponenten sind. Ist der betreffende singulare Punkt ein im End- lichen liegender Punkt e, so ist

p = lim [z e)a 1 q = lim {2 e)-6 ,

fällt er in den unendlich fernen Pnnkt, so ist y> = 1 lim za q = lim z'^h.

Wenn die Differenz der Wnrzeln der charakteristischen Gleichung keine ganze Zahl ist, so ist der singulare Punkt ein eigentlicher Verzweigungspunkt und es sind ihm zwei eigentlich normale Integrale zugeordnet. Wenn dagegen diese Differenz eine von Null ver- schiedene ganze Zahl ist, so ist der singulare Punkt entweder ein scheinbarer in diesem Fall muß noch eine Xebenbedingung erfüllt sein oder es ist von den ihm zugeordneten kanonischen Integralen nur das eine eigentlich normal, das andere uneigentlich nor- mal. Besitzt die charakteristische Gleichung eine Dop- pelwurzel, so ist immer das eine der zugeordneten kanonischen Integrale uneigentlich normal.

§ 68. Differeutialg'leichung'en, die keine TJnbe- stimmtheitsstelle besitzen. W ii- haben in § Ol nur die Voraussetzung gemacht, daß die Koeffizienten unserer Differen- tialgleichung in der ganzen ^-Ebene einwertig sind und daß sie nur eine endliche Anzahl von Unstetigkeitspunkten besitzen. Um zu Differentialgleichungen zu gelangen, deren Theorie voll- .ständig durchgeführt werden kann, machen wir nun die weitere Annahme, die Differentialgleichung besitze keine Unbestimmt- heit.sstelle.

Man bezeichnet diese einfachste Klasse von Differential- gleichungen als „Fuchssche Klasse".

Sehen wir zu, welche Folgerungen sich aus unserer Aji- nahme ergeben. Wir lassen die Möglichkeit offen, daß der

§ 6H. DitFerentialgleichungen, die keine Unl>eätimmtheitsstelle bes. 335

uneiidlich ferne Punkt zu den singulären I'unkten geh()rt: die im Endlichen lieo;endei! singulären Punkte bezeichnen wir mit r^ <\^ . . . <\^ und setzen

(f:{z) = (z c^) (z c^) . . .(z ej.

Der Koeffizient a darf im Endlichen nur zur ersten Ord- nung unendlich werden (ij (M), Satz MIl i und muß im Unend- lichen zur ersten Orchiung verschwinden 07, Satz IX). Daher wird das Produkt (p(z) a = \l){z) im Endlichen nirgends un- stetig und im Unendlichen höchstens zur n 1*®" Ordnung unendlich, folglich ist die Funktion ii'{z], wenn sie nicht iden- tisch verschwindet, eine ganze rationale Funktion von z, deren (xrad höchstens n 1 ist.

Der Koeffizient h darf in den Punkten e^ e.^ . . . c^^ höchstens zur zweiten Ordnung unendlich werden (Satz VIII) und muß im Unendlichen zur zweiten Ordnung verschwinden (Satz IX). Daher ist das Produkt x{z) = [^(^)]"?'i wenn es nicht identisch verschwindet, eine ganze rationale Funktion, deren Grad höch- stens 2)1 2 ist.

Wenn die Grade der Funktionen j^- und i die angegebe- nen Grenzwerte wirklich erreichen, so ist der unendlich ferne Punkt ein singulärer Punkt. Soll das nicht der Fall sein, so muß die Funktion a ' = -^< im Unendlichen zur zwei-

(fiz) z

ten Ordnung verschwinden und es muß der Koeffizient h = v— ,-,

[cp{z)Y-

ira Unendlichen zur vierten Ordnung verschwinden. Der Grad der ganzen Funktion x{^) darf also nicht größer als 2>? 4 sein. Die allgemeine Differentialgleichung der Fuchsschen Klasse hat also die Form

1 1 iv -\- w -\- , *, . ,, w = 0.

(f'Z; lqP(2>|-

Hier bedeutet (p^z) eine ganze rationale Funktion «**'" Grades, die keine Doppelwurzel besitzt; t(^\ und x(z) sind ganze ra tionale Funktionen vom Grade » 1 bezw. 2n 4.

Die Funktion i^(ir) genügt außerdem der Bedingung

hm ^^'/f = 2.

Das Exponentenpaar, das zum Punkt e^. gehört, ist durch die (juadratische Gleichung

o3Ü S ''•*' l'itferentiiilgleichungeu, die keine Uiibehtimmthcitsstelle bes.

{2) (}'- + l\o -^ tj,. = 0

bestimmt; hier ist

p, = -(0, -\- a, ) = hm (z - c,,)« - 1 = ^^^ - 1 ,

t(e )

Der Koeffizient von _ in der Entwicklung Jer Funktion

a = ')"' nach absteisjenden Potenzen von s ist =2, foljjj- lieh ist

1=1 ' 1=1

Hieraus folgt:

(3) J^K' + ^n = '' - -^

1 = 1

^Venn einer der singulären Punkte etwa der Punkt e„ ins UnendUche rückt, so ändern sich die eben nachgewiesenen Gradzahlen. Wir setzen in diesem Falle

Die Funktion ti{^) wird im Endlichen nirgends unstetig; im Unendhchen wird a mindestens 0^ Daher ist i'i(ß) eine ganze rationale Funktion, deren Grad höchstens = n 2 ist.

Die Funktion Xi^^) ^^^^ ^^ Endlichen nirgends unstetig; im Unendlichen wird sie mindestens 0-. Daher ist Xi(^) ^^^^ ganze .rationale Funktion, deren Grad höchstens = 2n 4 ist.

Unsere Differentialgleichung hat also die Form

Hier bedeuten cp^ds) ti(2) Xii.^) ganze rationale Funktionen von den Graden n 1, n 2, 4.

Die Koeffizienten der Differentialgleichung fl) hängen außer von den n singulären Punkten noch von ?jn 4 willkürlich zu wählenden Konstanten ab, nämlich von den n 1 verfüg- baren Koeffizienten der Funktion tlfU) und den 2n 3 Koef- fizienten der Funktion xi^)'i ^^ Ganzen enthält also die Glei-

§ ()S. DiHVrentialgleichuugcn, dio keiru* rnljestimmtheitsstelle bes. 337

chun<j^ (1) 4(n 1 ) Parameter. '2ii \ von diesen Parametern sind durch die zu den siugulären Punkten gehörigen Ex- ponenten, von denen 2)i l vorgeschriebene Werte annehmen können (vergl. Gl. (o)), bestimmt. Die Bestimmungsstücke, von denen die Koeffizienten der Ditt'erentialgleichung (l) abhängen, lassen sich demnach in drei Gruppen verteilen:

1 ) die Verzweigungspunkte, 2) die Exponenten, 3) n 3 Aveitere, ,,akzessorische*' Konstante, auf deren Bedeutung wir nicht Aveiter eingehen wollen.

Indem wir an Stelle der unabhängigen Variabeln z und der abhängigen Variabein ir neue Variable einführen, können wir bewirken, daß 3 von den Konstanten der ersten Gruppe und n i von den Konstanten der zweiten Gruppe vorgeschriebene Werte annehmen; die Form der Differentialgleichung bleibt bei dieser Transformation ungeändert.

Von den 4 >? —4 Konstanten, die in der Differentialglei- chung (1) vorkommen, sind daher nur 4n 4 3 o? 1) = 3 2) als wesentlich zu betrachten.

Um dies nachzuweisen, führen wir zunächst an Stelle der unabhängigen Variabein s mittels der Substitution

eine neue Variable ein.

Ohne daß wir die Transformation der Gleichung il) wirk- lich ausführen, können wir von vornherein übersehen, daß ic, als Funktion von ^ betrachtet, keine audei-en singulären Punkte besitzen kann als die den Punkten e,, der ^'-Ebene entsprechen- den Punkte f,, der ^-Ebene und daß keiner dieser Punkte eine Unbestimmtheitsstelle sein kann. Wir beweisen, daß überdies die Exponenten, die zu den singulären Punkten gehören, un- geändert bleiben. Zu dem Zweck bemerken wir zunächst: wenn dem singulären Punkt i\. in der ^-Ebene ein im Endlichen liegender Punkt f, der ^-Ebene entspricht, so nimmt der Quo-

tient ^ im Punkt e, den endlichen, von Null verschiede-

t ^,

nen Wert

Duröge- Ma 11 rer, Funktionentheorie. .'). AuH. 22

338 § ßi^ I>iffcrentialfjleiobunj^eu, die keine Unbestiuimtheitsstelle bes.

au. Daraus folgt: wfuu der Quotient

11'.

-^^1

sich in der Umgebung des Punktes c^. regulär verhält imd in diesem Punkt nicht verschwindet, so verhält sich auch der Quotient

in der Umgebung des Punktes f,. regulär und verschwindet in diesem Punkt nicht.

Der Exponent eines eigentlich normalen Integrals wird also nicht geändert. Nehmen wir nun an, zum Punkt f ge- höre außer dem eigentlich normalen Integral W^ auch das un- eigentlich normale Integi-al

W, = (^ - ey Sl, + , ^ . log {z - e,.) W, .

In diesem Fall muß die Differenz (j^^'^ (Jg*' ' Null oder eine ganze positive Zahl sein. Wir schreiben die vorstehende Glei- chung in der Form

w, = (1- 5,/^"" n,+ ^'^. log {i - ej (% - ,^^ n, .

Hier ist

(v)

/z e x'^i 1 z €, /,.| ,,.>

n. - ij~) P-. + ,1, log j ._ .; .S - .,)" ' '-"." n, .

Die Funktion TI^ verhält sich in der Umgebung des Punktes e^.. regulär und verschwindet in diesem Punkt nicht.

Damit ist bewiesen , daß auch der zweite Exponent un- geändert bleibt.

Wenn der Punkt f, in den unendlich fernen Punkt der ^-Ebene fällt, so ist in den vorstehenden Betrachtungen die

Größe t, f ,, durch die Größe y zu ersetzen ; im übrigen bleiben sie in Geltung.

Wir können über die Koeffizienten der Substitution (5j derart verfügen, daß dreien der singulären Punkte e,, gegebene Punkte der g-E^Je^e entsprechen; von den n Werten e,, sind also nur « 3 als wesentliche Bestimmungsstücke zu be- trachten.

§ 68. Ditterentialgleichungfii, die keine rnbcstinimtheitsHtelle lies. 339

\ m zu einer Anderun*^ der Exponenten zu f^elangen, setzen wir ((•)) ,(■ = (z ejj"' {z e.-^)""- {z ej"'» v = Mv,

wo «j (c fi„ Konstante bedeuten.

Die Funktion v besitzt im Endlichen außer den Punkten 'i ^'2 '„ keinen singulären Punkt. Um ihr Verlialten im Unendlichen zu untersuchen, setzen wir zur Abkürzung

a^ + «2 + ^n = *' ^^i^d ~T = ^-

z

Die Funktion

-^-(i-:'r(i-;r---(i-r

verliält sich in der Umgebung des unendlich fernen Punktes regulär und dasselbe gilt nach Voraussetzung für jedes Inte- gral «• der Differentialgleichung (1). Folglich verhält sich die Funktion

(!-)■

^'

in der Umgebung des unendlich fernen Punktes regulär. Daher ist, wenn die Summe s von Null verschieden ist, der unend- lich ferae Punkt für die Funktion v ein scheinbarer singulärer Punkt. Um dies auszuschließen, setzen wir

( T ) .s = a^-\r cc-, + «„ = 0.

Unter dieser Bedingung besitzt die Funktion v genau die- selben singulären Punkte wie die Funktion ir und sie genügt daher einer Differentialgleichung der Form (1), in der nur an Stelle der ganzen Funktionen \l^{z) und y{z) andere ganze Funktionen gleichen Grades treten. Es ist einleuchtend, daß infolge der Transformation (6) an Stelle der zum singulären Punkt <■, gehörigen Exponenten (?!*", (5o^''^ die Exponenten t/" = (jjC I «, und T^*'' = (J2^'> «,,

treten: die Ditierenz iler Exponenten eines Paares bleibt un- geändert. Da ül»er n 1 von den Konstanten «,, verfügt werden kann, so können wir bewirken, daß die zur transformierten Differentialgleichung gehörigen Exponenten n 1 Bedingungen genügen. Es sind demnach wie oben behauptet worden

22*

340 § 6^ DifferentialgleichuDfjjen. die keine Unbestimmtbeitsstelle bes.

ist vou den 2/? 1 verfütijbaren P]xponeuten nur n als wesentliche Bestimmungsstücke zu betrachten.

Wir führen nun die Substitutionen ( 5) und (6) gleichzeitig aus. Die Koeffizienten der Substitution (5) wählen wir der- art, daß dem Punkt ^„ der i!-Ebene der unendlich ferne Punkt der ^-Ebene entspricht und daß den Punkten e^, ^g ^^^ ^'-Ebene gesrebene Punkte der t-Ebene etwa die Punkte 0 und 1 entsprechen.

Weil einer der singulären Punkte der transformierten Gleichung in den unendlich fernen Punkt fällt, so besitzt sie die Form (vergl. Gl. (4)):

(8) V ----.+^—^,. = 0.

Hier ist

W{^ und Ä'(^) sind ganze Funktionen vou den Graden n 2 hezw. 4.

Um zu einer zweckmäßigen Bestimmung der in der Sub- stitution (6) vorkommenden Konstauten a^ zu gelangen, erin- nern wir daran, daß die Exponenten, die zum singulären Punkt 6,, gehören (v = 1, 2, . . . m 1) die Werte

Tj^") = ^Z') u^. und Tj'"' = ög^''^ «,, besitzen. Andererseits sind diese Exponenten die Wurzeln einer quadratischen Gleichung

r' + VrT + '/„=0,

deren Koeffizienten die Werte und

'■ ^' ^'- [#■(.,)]'

besitzen (2). Setzen wir

a^ = J, (a^(') 4- ög"^ - 1 ) für »^ = 1, 2, . . . « 1,

so wird

r/")+r2"')=(?i'>'+(J,'"-2«„=l;

folglich ist

Jjrrf,,) = 0 für V = \,2, ... n—l.

§ 68. Differentialgleichungen, die keine Unbestimmtheitsstelle bes. 341

I);i die ganze Funktion '/*" luichstens den Grad n '2 besitzt, so muß sie identisch verscliwinden.

Die Ditfereutialgleichuug (8j erhält somit die Form

Die erste Deri vierte fällt also aus der Ditl'ereutialgleicluDig heraus. Man bezeichnet diese Gleichung als erste Normalform der Differentialgleichung (1).

Eine andere zweckmäßige Bestimmung der Konstanten er- halten wir, wenn wir «,, = (jj"' oder = ffo'" setzen {v= 1, 2,...n 1). Es verschwindet dann der eine der beiden Exponenten Tj^''^, x^^*\ folglich ist A'(f,,) = 0 für v = 1, 2, ... n 1. Daraus folgt: die ganze Funktion 2n 4*^" Grades X(^) ist durch die ganze Funktion n 1'*" Grades 0{^) teilbar. Die Differentialglei- chung (7) erhält die Form: (lOj 0ii)r" + y^a)y' + X,(X)v = 0.

Die ganzen Funktionen <J> W X haben die Grade n 1, n 2,

n - a.

Die Differentialgleichung (9) bezeichnen wir als zweite Normalform der Differentialgleichung (1).

Bezüglich dieser zweiten Normalform ist zu bemerken: Gehören zum singulären Punkt t\ der Differentialgleichung (1) zwei eigentlich normale kanonische Integrale, so gilt dasselbe für den singulären Punkt f,, der Differentialgleichung (10). Das eine der zum Punkt f,, gehörigen Norraalintegrale besitzt den Exponenten 0. Dieses Normal integral verhält sich also in der Umgebung des Pimktes f, regulär und verschwindet in diesem Punkt nicht.

Nehmen Avir nun an, es sei nur das eine der zum Punkt (\. gehörigen kanonischen Integrale eigentlich normal, das andere dairejren uneigentlich normal: dasselbe gilt daim wieder für den Punkt fj. In diesem Fall muß die Exponentendifferenz

(?/••' - ö^'"' eine ganze Zahl sein. Wir wählen die Bezeichnung so, daß diese Differenz Null oder positiv ist, so daß das eigentlich normale Integral den Exponenten öj"' besitzt.

Setzen wir

342 § 69. Die hjpergeometrische Reihe,

so siud

Der zweite Exponent ist also entweder ebenfalls Null oder eine negative ganze Zahl. Das zum singulären Punkt f, gehörige eigentlich normale Integral der Differentialgleichung ( 10) be- sitzt also den Exponenten Null, es verhält sich also in der Umgebung des Punktes £, reoulär und verschwindet in diesem Punkt nicht.

Nehmen wir an, die Exponenten (j/'^ und (?^/'^ seien ver- schieden und setzen wir a,, = (7.,"\ In diesem Fall ist der Exponent Ti^''' == (?/'') (?2^''\ dem das eigentlich normale Inte- gral entspricht, eine positive ganze Zahl; dieses Integral ver- hält sich in der Umgebung des Punktes £,, regulär, aber es verschwindet in diesem Punkt.

Betrachten wir nun die einfachsten Fälle.

Für M = 1 müssen die Funktionen W und A'j identisch verschwinden, folglich ist r eine lineare Funktion der Varia- bebi ^.

Für n = 2 verschwindet A'j identisch und W reduziert sich auf eine Konstante c. Je nachdem c von 1 verschieden oder = 1 ist, ist das allgemeine Integral der Differentialgleichung (10) = Konst. {^ ty-''-\- Konst. oder = Konst. log (g « ) + Konst.

Diese beiden Fälle sind trivial; von Interesse sind nur die Fälle, in denen n ^ 3 ist. Wir beschränken uns im folgen- den auf den einfachsten von diesen Fällen, nämlich den Fall n = 3.

An diesem einfachsten Beispiel hat Riemann die Grund- latfen der allgemeinen Theorie entwickelt.

§ 69. Die hypergeometrische Reihe. Die erste Auf- gabe, die wir zu erledigeji haben, ist die, die kanonischen In- tegrale, die zu den singulären Punkten gehören, analytisch darzustellen. In § 67 ist gezeigt worden, wie man mittels der Methode der unbestimmten Koeffizienten Reihen bilden kann, die diesem Zweck dienen, und es ist der Konvergenz- bereich dieser Reihen nachgewiesen worden. Weiui man dieses Verfahren auf die allgemeine Diftereutialgleichung der Fuchs- schen Klasse mit drei singulären Punkten anwendet, so gelangt

§ 6y. Die hypergeometrische Reihe. 343

man zu Reihen, deren Bilduugsgesetz wenig durchsichtig ist. In dieser Differentialgleichung koinnien nämlich 4(n l}= ^ von einander unabhängige Koeffizienten vor (vergl. Gl. 1) des vorigen Paragraphen); betrachtet man diese als verfügbare Para- meter, so sind die Koeffizienten der Reihenentwicklungen Funk- tionen von 8 Variabein. Die Auftjabe vereinfacht sich oranz erheblich, wenn wir von einer der beiden Normalfonnen aus- gehen: in diesem Fall treten nur drei verfügbare Parameter auf. Welche der beiden Normalformen wir wählen wollen, steht frei; die Wahl der zweiten Normalform erweist sich aber als zweckmäßiger.

Die zweite Normalform lautet im vorliegenden Fall:

(1) ea - 1)?'"+ ba - 1) + öty+vv = o

(vergl. Gl. (10) des vorigen Paragraphen).

Die Fundamentalgleichungen, die zu den singulären Punk- ten 0, 1, gehören, lauten (s. Gl. {2) des vorigen Paragraphen; vergl. auch die Bemerkungen S. 341):

r^-\-{y-l)r = 0 für^ = 0

T2+(d-l)r = 0 für^=l

t'^+ {l y d)T + V = 0 füri:=ciü. Wir bezeichnen die zum unendlich fernen Punkt gehörigen Exponenten mit a, ß. setzen also

a-\-ß==y-\-d 1 = V.

Wir stellen die Exponentenpaare in einer kleinen Tabelle zusammen:

C?) ^ 11^

^"^ 0, 1 y 0. 1 d a, ß '

Zwischen den 4 Konstanten a ß y Ö besteht die Beziehung

(3) yj^ö = a + ß^l,

die nur eine Umformung der Gleichung (3) des vorigen Para- graphen ist.

An Stelle der Konstanten d, i> führen wir in die Glei- chung (\) die Konstanten a, ß ein: wir erhalten:

(4) ^^ - 1) + [(a + ^ + 1 )^ - y\v' + aßv = 0.

Wenn der zweite zum Nullpunkt gehörige Exponent \ —y keine ganze Zahl ist, so besitzt die vorstehende Differential-

344 § 6^- Pie hypergeometrische Reihe.

gloicLunüf eiu Integral, daß sich in der Umgel)ung des Null- punkts regulär verhält und in diesem Punkt nicht verschwindet (s. den vorigen Paragraphen S. 342). Dies ist auch dann der Fall, wenn der Exponent 1 ;' Null oder eine ganz negative Zahl ist. Ist dagegen der Exponent l y eine ganze posi- tive Zahl, so gehört im allgemeinen d. li. wenn nicht noch eine Nebenbedingung erfüllt ist zum Exponenten 0 ein un- eigentlich normales Integral, das eigentlich normale Integral aber verschwindet zur Ordnung l y.

Von dem Fall abgesehen, daß y Null oder eine negative ganze Zahl ist, können wir also der Gleichung (4) durch eine Potenzreihe

X

n=0

genügen, deren erster Koeffizient r^ nicht verschwindet. Eine einfache Rechnung ergibt

X 00

X

=^[n(n l)c„—n{n + l)c„+i]^"

X

[(« + ^4- l)t-yy=yKci+ß-}-l)nc„-y(n + l)c„^,]t".

rt=0

Setzen wir diese Werte in (4) ein, so erhalten wir

X

^[(n -\- a)(7i + ßK-in + l){n + y)c„^,]i"=0.

n = 0

Der erste Koeffizient c^ bleibt unbestimmt; wir setzen ihn = 1. Für die folgenden Koeffizienten gilt die Rekursionsformel

<^« + i _ (n 4- a) (w -f- j8) c„ (n + 1) (n + y) "

Wir erhalten somit

(6) Co=l

,. _ « « + 1) ■■■{a + n-l) ß (ß-\-l)--- iß-{-n-l) _ '" 1-2 ••• n yfy + 1) (y-f w— 1)'

Die Reihe lo), deren Koeffizienten durch die vorstehenden Gleichungen bestimmt sind, nennt man die hypergeometrische

§ <;;• l>it' liypergeometiische Reihe. 345

oder auch die Gaußsche Reihe. Man bezeichnet sie nach Gauß Vorgang mit F{u, ß, y, ^).

Die Größen a, ß, y, ^ unterscheidet man als erstes, zweites, drittes, viertes „Element" der Kcilie.

Wenn einer der Parameter a, ß verschwindet, so reduziert sich F auf die Konstante 1 , ist einer dieser Parameter eine negative ganze Zahl, so ist F eine ganze rationale Funktion, vom Grade a bezw. ß. Ist der Parameter y Null oder eine negative ganze Zahl, so versagt unsere Reihendarstellung außer wenn gleichzeitig auch einer der Parameter cc, ß eine negative ganze Zahl und dem absoluten Wert nach nicht größer als y ist. Auf diesen Fall werden wir unten zurückkommen.

Wenn die Reihe nicht von selbst abbricht, so ist

lim = 1.

n = ix> n

Die Reihe konvergiert also, wenn '^ <1 ist, sie divergiert, wenn | ^ > 1 ist.

Wir werden später beAveisen, daß die Reihe für ^ = 1 noch konvergiert, wenn der reelle Teil der Größe y a ß positiv ist.

Von dem Spezialfall, daß y Null oder eine negative ganze Zahl ist, abgesehen, stellt die hypergeometrische Reihe das zum Nullpunkt gehörige kanonische Integral dar, das den Ex- ponenten Null besitzt. Um das zweite zum Nullpunkt gehörige kanonische Integral, das den Exponenten 1 y besitzt, zu finden, führen wir an Stelle der Variabein v die Variable

IT. -/:,

ein. Die Variable n genügt ebenfalls einer Differentialgleichung der Form (4)

(8) ^(^-1) + [{a'+ ß'+ i);-y'\a'-i-aß'n = 0.

Um die Konstanten u ß' y zu bestimmen, bemerken wir: da die Potenz ^'~' sich in der Umgebung des l'unktes 1 re- gulär verhält, so werden die Exponenten, die zu diesem Punkt gehören, durch die Transformation (7) nicht geändert; dagegen wachsen die zum unendlich fernen Punkt gehörigen Exponen- ten um 1 y. Mit Rücksicht auf (2) ist daher

f 7«L <äi«a!fi3^

1 f = : « |r= 1— *=-,-5 mmä r=xr-S-l 7 |r==^ 1 :

FrföBÄ is : =? j.

-~ - -•■ : = -^.x.-:-!.^ y + L 2 7,r>-

r^me ^kbb: Tisiaß. üfiL «r» %q1

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4} 70. »Jreiizfälle.

:M7

könnten wir wieder die Methode der uiibestinimteu Koeffizien- ten benutzen, wir gelangen aber einfaclier durch einen Grenz- übergang zum Ziel.

Um zunächst den Fall 7 = 1 zu erledigen, betrachten wir <lie Größen a, ß und ^ als konstant, die Größe y aber als varia- bel. Wir beschränken y auf Werte, die der Bedingung i 1 j^j < 1 genügen.

Da 1 y' = (y 1) ist, so ist auch 1 1 y' < 1 und es konvergieren deshalb die beiden Reihen

Siy) = F{a, ß, y, t) =J'c„(^)e'' und

n = 0

T(y) = ^^-yF(a-y+ hß-y+ l, 2~y, t') = t'-'^K(y)t"-

«=o

Die Konvergenz ist gleichmäßig, folglich dürfen die beiden Reihen gliedweise nach y differenziert werden. Wir bilden nun den Grenzwert

(1) «-lim-^-Öi=-M

1 1 V

-logt 8(1) + :S[c:a)-K\y)W-

/<=0

Hier bedeuten die Akzente Differentiationen nach y. Aus der Gleichung

_ a(a + 1) (g + » - 1) ß{ß -^ l) •■• -\- n - 1)

"^^ 1-2 . n y (y + 1) . . . (y + W 1)

folgt

W ^7 + 1 ^ Y + n-l)

und hieraus

(2) c,;(i) = -.a)(i + ; + •... + ,;).

Aus der Gleichung

a'(a'-t- 1) ... (a'4-w-l)^(^-f 1) . . . (^ + n - 1)

/■• (y) =

folgt mit Rücksicht auf die Beziehungen a = a y -\- 1 ß' = ß y -\- 1

(./ 4- « - 1)

/=2

+ y'+H-l)'

1

346 § "0. Grenzfälle.

1— d'=y'— a— ß'=l d = y a ß und «'=« + !-;' /j'=|3+l_j..

Folglich ist / = 2 y.

Die Diflferentialgleichuug (8) besitzt das iu der Umgebung des Nullpunktes reguläre Integral

F(a, ß\ y', l) = F{a-y+\, ß-y^l,2- y, l). Folglicli besitzt die Differentialgleichung (4 1 das Integral (9) l'-'F^a -y^\, ß-y+l,2-y, 0-

Wenn y keine ganze Zahl ist, so bildet dieses Integral zu- sammen mit dem Integral (5) F(a, ß, y, t.) das zum Nullpunkt gehörige kanonische Fundamentalsystem.

Ist y = \, so sind die beiden Integrale identisch und wir erhalten nur ein eigentlich normales Integral.

Ist y Null oder eine negative ganze Zahl, so wird die Reihe (5) unbrauchbar, außer wenn gleichzeitig a oder ß eine Zahl aus der Reihe 0, 1, 2, ... ^ ist.

Ist y eine positive ganze Zahl > 2, also / Null oder nega- tiv, so wird die Reihe (9) unbrauchbar, außer wenn gleich- zeitig u = a y -\- 1 oder ß' ^ ß y -\- 1 eine Zahl aus der Reihe 0, 1, 2, . . . y' ist. In diesem Fall ist a bezw. ß eine Zahl aus der Reihe 1, 2, ... ;^ 1.

Wenn y eine ganze von 1 verschiedene Zahl ist, so er- halten wir also nur unter der Bedingung zwei eigentlich nor- male Integrale, daß eines der Elemente u, ß ebenfalls eine ganze Zahl ist, und daß dieses Element entweder Null ist oder daß es dasselbe Vorzeichen wie y 1 besitzt und dem al)so- luten Betrag nach kleiner als y 1 ist.

Sind diese Bedingungen erfüllt, so ist der Nullpunkt ein scheinbarer Doppelpunkt, da ja die Exponentendifferenz in die- sem Fall eine ganze Zahl ist; sind sie nicht erfüllt, so ist nur das eine der zum Nullpunkt gehörigen kanonischen Integrale eigentlich normal, das andere ist uneigentlich normal.

Im folgenden schließen wir den Fall, daß scheinbare Doppelpunkte auftreten, der Einfachheit wegen aus.

§ 70. Grenzfalle. Wir haben nun in dem Fall, daß zum Nullpunkt ein uneigentlich normales Integral gehört, die entsprechende Reihenentwicklung herzustellen. Zu dem Zweck

§ 70. Grenzfälle. Ml

könnten wir wieder die Methode der unbestimmten Koeffizien- ten benutzen, wir gelangen aber einfacher durch einen Urenz- übercjaug zum Ziel.

Um zunächst den Fall y = l zu erledigen, betrachten wir die Größen cc, (i und ^ als konstaut, die Größe y aber als varia- bel. Wir l)esehräuken ;' auf Werte, die der Bedingung j 1 }^| < 1 genügen.

Da \ y' = (y l) ist, so ist auch 11 / < 1 und es konvergieren deshalb die beiden Reihen

S{y) = F(«, ß, y, t) = Jc„(;.)r und «=o

T{y) = t'-'F(a-y^ 1, ß-y+ 1, 2-y, t) = ','-y^K(y)i"

,1 = 0

Die Konvergenz ist gleichmäßig, folglich dürfen die beiden Reihen gliedweise nach y differenziert werden. Wir bilden nun den Grenzwert

ai ^ = lim^-(f-'^^"^l

,'=1 1 y

= iogeÄ(i) + J'[c;(i)-A-;a)]r-

«=0

Hier bedeuten die Akzente Ditferentiationen nach y. Aus der Gleichung

/ N _ a(a + l) - (a + »-l) ßiß + J) •• ((? + » - 1) " ■'^^ 1-2 . n y (j, -f- 1) . . . (y 4- n 1)

folgt

C(7)^_/l 1 _ _l X

c,,(7) \y 7 + 1 ^ Y-\-n lJ

und hieraus

(2) <(l) = -C(l)(l+.^ + ;l ••■+>!)•

Aus der Gleichung

/. (y\ = ^(^l±il (a'+ » -l)fr«j--f 1) ••• (|J^+ »- 1) '"^^ ^ 1.2 . . n / (/ -j- 1) . . . (/ -1- n 1)

folgt mit Rücksicht auf die Beziehungen

a'=cc-y+l /3'=/i-y + l / = 2 - j'

^"^ = _/^i+ i ...4- 1 ^-/'-+ ' ...+ ' ^ ^„(y) W^«'+i ^a'+«-i; l,|i' T^ |i'4- 1 T^^'+»_J

348 § '0. Grenzrälle.

und hieraus

^3) ^;(i ) = c(i)[i + J + >••• + ^-

U^a + 1 ^ a-^n l^ ß^ ß-\-l ^^ + „_i;j Setzen wir die Werte (2) und (3) in (1) ein, so erhalten wir

« v=-i'[2(i+: + ^. . + ;,)-

n = l

-f- log ^ S{1'). Wir bezeichnen die rechts an erster Stelle stehende Reihe mit

2:ziG{a, ß, 1, t). Es ist also

(5) Gia,ß,l,i)

= _ L -^^^(«+1) ■■■{a-\-n-V)ß{ß + l)... (ß-\-n-l) f^/. , 1 , 1 \ _

•27ti^ (1.2... ni* L \ "^ 2 ^ W

« = i

Va^a+1 ^ a-\-n l^ ß^ ß^rl ^ ß+n ljj^ ' Aus der Herleitung der Reihe folgt, daß sie konvergiert, wenn s' < 1 ist: man kann dies auch leicht direkt verifizieren. Da c^{ 1) durch jede der Größen

«, a + 1, ... cc + n— 1, ß, /3 + 1, ... ß + n 1

teilbar ist, so bleibt die Reihe G auch in dem Fall brauchbar^ daß einer der Parameter u, ß Null oder eine negative ganze Zahl ist.

Xunmehr betrachten wir wieder ^ als variabel. Da die Reihen .S und T unserer Difi'erentialcjleichuns; genügen, so gilt dies auch für den Grenzwert (^>. Übrigens kann man leicht direkt verifizieren, daß unter der Voraussetzung 7 = 1 die Reihe (^ (4) unserer Dift'erentialgleichung genügt. Für y = 1 ist also

(6) Gia, ß, l, t) + ^ll^^F(a, ß, 1, i)

ein uneigentlich normales Integral unserer Diff"erentialgleichung. Es ist nun noch der Fall zu betrachten, daß y eine posi- tive ganze Zahl ^ 2 ist. Wir dürfen voraussetzen, daß keiner

S 70. (irenztiille. 349

der Parameter a, ß eine ganze positive Zahl ^ y 1 ist, denn dieser Fall ist bereits im vorigen Paragraphen erledigt worden. Wir gehen von der folgenden Bemerkung aus: durch Differentiation der Differentialgleichung

(7) :a - 1)''"+ [(^' + /3 + 1).' - r]u'-\-aßH = 0

ergibt sich

oder etwas anders geschrieben

+ (a+l)(/j+l)«'=0. Die Derivierte x' genügt also einer Differentialgleichung der- selben Form wie die Funktion x, nur treten an Stelle der Para- meter a, ß, y die Parameter a -\- l, ß -\- 1, y -{- 1. Durch wieder- holte Differentiation ergibt sich: genügt die Funktion u der Differentialgleichung i 7), so genügt die y^ Derivierte ii^^ der Differentialgleichung

tit - 1) ^-^f^ + [U i-ß + 2p+l)t-(y+ p)] ^^- +

^(a+p)(ß+p)u^) = 0. Wir ersetzen cc durch a y -{- l, ß durch ß y -\- 1, y durch 1 und setzen ^j = y 1.

Es folgt: genügt k der Differentialgleichung

(8) e(.^ - 1) '!;:: + lc« + /^ - 2;^ + 3) e - 1] ^; +

+ (a-y+l){ß-y+l)u=^0, so genügt V = it^''"^^ der Differentialgleichung

(9) iit - 1) !!^ + [(>^ -^ß-hiy,-y]^.-haßv = 0.

Xun besitzt die Differentialgleichung (8 1 das uneigeutlich nor- male Integral (s. (6))

,, = Cr(a-y-{-hß-y+l,l,0 + ~lh^\a-y^l,ß-y-\-l,U). Folglich genügt der Differentialgleichung (9) die Funktion

V = U^y-'^ = fJ-~[G{a -y^l,ß-y^l,l,i) +

+ X? ^(^ -y+h ß-y^hh t)]

350 § "ii Dart-tellung dor kanonischen Fundameutalintegrale.

Wir denken nns die Differentiation aiiscrefülirt und fassen alle in log i; multiplizierten (ilieder zusammen und ebenso die von log i, freien. Der Faktor von log t, ist

1 d>'-^J.Xa y + 1, /? y + 1, 1,^)

Nun ist

dF{a, ß, y, t) ctß I 1 ^\

"dl = y -^{^ + ^> P -r i-, y -r i,i),

demnach dy-'F{a,ß,y,t)

dt'

-1

Folglich der Faktor von log t, wo zur Abkürzung

, _ (u-y + l)(a-y + 2)---(a-l)(/;-y + l) (/3 - y + -2) (^ - 1)

1.2...(y-l)

gesetzt ist.

Da wir den Fall ausgeschlossen haben, daß einer der Para- meter a, ß gleich einer der positiven ganzen Zahlen 1,2,- y— 1 ist, so verschwindet C nicht und wir können deshalb an Stelle

des Integrals u^y~'^> das Integral ^u^y~'^^ treten lassen. Wir setzen

c" C d^y-^

G(a-y+l,ß-y+l,l,t) +

= G{a, ß, y, i) + \ll F{a, ß, y, t).

Die beiden Integrale

FU, ß, y, t) und G(a, ß, y, ^) + ^f f F(a, ß, y, ?)

bilden ein zum Nullpunkt gehöriges kanonisches Fundamental- system. Das zweite dieser Integrale ist uneigentlich normal.

§ 71. Darstellung der kanonischen Fundamental- integrale. Nachdem die zum Nullpunkt gehörigen kanoni-

§ 71. i >arstollun^' der kaiioniHclicn Fundiinu-iitalintegrale. 301

sehen liiteofraie durch Keiheii dargestellt sind, müssen auch die zu den beiden anderen singuiären Punkten geh("»rigen in Reihen entwickelt werden. Anstatt diese Aufgabe direkt in Angriff /u nelnnen. wollen wir, um das wesentliche des Ge- dankenganges niclir licrvortretHn zu lassen, einen anderen Weg einschlagen.

Wir gehen von der allgemeinen Differentialgleichung der Fuchsschen Klasse mit drei singuiären Punkten aus (vergl. § 68, Gleichung (1)):

^ dz- ' q>(z) dz [qp(j2)]"

Hier ist q:(z) = {z e^)(z e^){2 e^)-, tpU) und xi^) sind ganze Funktionen zweiten Grades, die erstere genügt der

Bedingung lim^-, =2.

Riemann bezeichnet das allgemeine Integral dieser Diffe- rentialgleichung mit

Wir nehmen zunächst an, die sämtlichen kanonischen Integrale der Differentialgleichung (1) seien eigentlich normal und wir stellen uns die Aufgabe, das zum singuiären Punkt c^ gehörige Normalintegral W[^\ das den Exponenten (J**^ besitzt, darzustellen. Zu dem Zweck transformieren wir die Gleichung

(1) in die zweite Normalform

(2) ^it - i)g + [(« + /^ + ^n - y] '!tl + «/3g = 0.

Wir setzen

(s. § 68, Gleichungen (6) und (7)).

Über die multiplikative Konstante (' kann nach Belieben verfügt werden.

*i Riemann bezeichnet die singuiären Punkte mit a, h, c; die zu- gehörigen Exponenten mit au , ßß'.y •/ . Wir sind von dieser Bezeichnung abgewichen, um für die hypergeometrische Reihe die Gaußsche Be- zeichnung F{a, ß, y, z) beibehalten zu können.

352 § "1- Darstellung der kanonischen Fundamentalintegiale. Wir setzen ferner :

^ ^ Cj ^1 2— e.

Die Substitution ist so sjewählt, daß den Punkten c^ e.^ e^ der ^-Ebene beziehungsweise die Punkte 0, 1, co der ^-Ebene entsprechen.

Aus (4) folgt

1 f. ''i ^3 ^ ^i

^ ^ . .

Folglich ist

/r = Konst. ^"^''(1 - ^K'^. Die zu den singulären Punkten 0, 1, oo gehörigen kanoni- schen Integrale der Differentialgleichung (2) bezeichnen wir mit

Fl«), n^, TV-) (1^=1,2); die zugehörigen Exponenten haben beziehungsweise die Werte

(5) U uud 1 -y = 4'' - G['^

0 und y a ß = ö'f^ 6^p u = öf > + 6^p + <■'* und ß = 6f + ö'i) 4- öf (s. § 69 (2) und (3)).

Dem kanonischen Integral TVY' ^^^' Differentialgleichung (1) entspricht das Integral F^^) = F[a, ß, y, ^) der Differen- tialgleichung (2). Wir können demnach über die noch un- bestimmte multiplikative Konstante verfügend

(6) TF/'

setzen. Die Potenz (1 ^f>- wird für die Umgebung des Punktes ^ = 0 eindeutig durch die Festsetzung definiert, daß sie für ^ = 0 den Wert 1 aimimmt. Für ^ = 0 ist demnach

Wir erhalten eine zweite Reihenentwicklung für das Inte- gral TF^^), indem wir die Exponenten öf' und ö^-^ vertauschen:

<7) IFi^)

Aus jeder der beiden Reihenentwicklungen ergibt sich eine neue, wenn wir die Größen e^ 6^^^ 6^^^ beziehungsweise

§ 71. Dar8tellun<f der kanonischen Fundamentalintegrale. 353

mit den (3lr()ßeu '3 ö'/"'*'(?.^*^^ vertauschen. Bei dieseii Ver- tauschungen tritt an Stelle der Größe

g='^^'» •"'""' die Größe , ^ , =''.-liJ-Ji

folglich an Stelle der Größe 1 ^ die Grüße ^ Wir er-

halten also die beiden weiteren Darstellungen

(8) >K^(i)=,w';"(i_^)"i"-ar'

(9) Tr,(')==r^'(i-0''i'-''"'

Die multiplikativen Konstanten, die rechts hinzugefügt

werden können, sind wieder so bestimmt, daß

W '" lim >W = 1 ist.

Um Reihenentwicklungen für das zweite zum Punkt 6"^ gehörige kanonische Integral zu erhalten, brauchen Avir nur die Exponenten 6^^^^ und 62^^ zu vertauschen.

Um Reihenentwicklungen für die kanonischen Integrale, die zu den Punkten e.^ und ^'3 gehören, zu erhalten, vertauschen wir die Größen (\ 6^^^^ öj^^ zuerst mit den Größen r^ (j^^-^ (jg' -' und dann mit den Größen e^öj^^^Co^^^

Bei der Vertauschung der Größen e^ und c.y tritt an Stelle

t-l ^^ Cq 2 Cy

der Größe i; (4) die Größe l-t= ' ^-^ ^, folglich an

r . t 1

Stelle der Größe .- - die Größe v : bei der Vertauschunsr

der Größen f^ und Cg tritt an Stelle der Größe ^ die Größe

1 . t . 1

, folglich an Stelle der Größe ^ - die Größe

s s 1 1 s,

Wir erhalten im (ianzen 24 analytische Ausdrücke, die der Dififerentialgleiehuiig ( 1) genügen. Je vier derselben stellen dassell)e kanonische Integral dar.

Wir wollen nun annehmen, daß schon die Differential- gleichung (1) die Xormalform besitzt, daß also die Ditferen tialgleiehungen (1) und (2) von der Bezeichnung der Variabeln abgesehen identisch sind.

Durfege-Maurer, runktionontheorie. 5. AuH. 23

3Ö4 § "1 narstpllunt; der kanonischon F'undamcntalinteorrale.

Die Reilu'uentwicklungen für das kanonische Integral F/*'' ergeben sich aus den Gleichungen (5) bis (ß), wenn wir

e, = 0, c, = 1, .3 = c^, (j/^) = 0, oV^^ = 1 - r, ^^''^ = 0 setzen. W ir erhalten

j iv"' = i^(;«, /3, 7^, ,)

II = (1 ^r)>'-"-,^F( j. «, y - ji, y, z)

III =^{\-z)-^F{a, y-ß, y,y^)

IV =,1 -z)-.'^F{ß, 7-ci,r>,L}

Um die Reihenentwicklungen für TV^' zu erhalten, müssen wir die Exponenten ö^^'^ und ö«^^* vertauschen. Es treten daher an Stelle der Elemente

a = e;i^ + (j,(2) -f (?/=*), /3 = (Jj^i) + a^r-^-^6^^'\ y = ö/^) - ö^('^-{- 1

die Elemente

Außerdem tritt an Stelle des Faktors t,"^ = 1 der Faktor

b * b

Wir erhalten somit

V F.^ö) = z'-yFia - y i- 1, ß - y + l^ 2 - y, ,:) VI = ^1-/(1 _ js)y-"-i^F(l a, 1 - ft 2-7^, z)

VII =^^->'(l -^^-«-li^^a-y+l, 1-/3, 2-y, ^_^ J

VIII =^1-^(1 -^X-.^-^i^(/3-;^+l, 1-«, 2-y,^-^-j).

Die Reihenentwicklungen für die kanonischen Integrale Fj'*' und Fg^*' erhalten wir, wenn wir die Größen e^ ö/^^ öj^^ beziehungsweise mit den Größen e^ (?/^^ (j^'^ vertauschen. Bei dieser Vertauschung bleiben die Elemente u und ß ungeän- dert, an Stelle der Elemente y und z treten die Elemente (5)

öj'-) 6^'^' + l=« + /3 7+1 und 1 - z.

§ 71. narstelliiiig der kanonischen Fundamentalintegrale. 355

Es ergibt sich: IX F,(»' = F{cc, ß, a + ß-y+\, \-z)

X ^z'-yF{a-y + l, /i-y+1, a + ß-y+\, 1-s)

XI = z-"F[a, a-y+l, u + ß-y + 1,' ~~)

Xll =.--^F(/i, ß-y+1, a + ß-y+l/-/)

XIII V,^'^ = {\ - 2)y-"-f'F{y-u, y-ß, y-a-ß + l,l-s)

XIV ==z'-ya-2)y-"-l'F{l-(cA-ß,y-o:-ß+l, l-z)

XV =z^'-y{l-z)y-''--'F(^l-a,y-cc,y-a-ß+\, ' '_ ^)

XVI =z>''-y(\-z)y-"-i'F(l-ß,y-ß,y-a-ß+l/~'^y

Um endlich die Keihenentwicklungen für die kanonischen Integrale Fj^^^Fg^*^ zu erhalten, vertauschen wir in den Gleichungen I bis VIII die Größen e^ 6^^^^ (?2^*' beziehungsweise mit den Größen e^ (7^^^' ^.2^'^- ^^i dieser Vertauschung bleibt das Element a ungeändert, an Stelle der Elemente ß, y, z treten die Elemente

^^(3) + ^^(2, + ^^y) ^a-y^\, a,^'^ - (J,'^) + 1 = « _ /J + 1, 1 . Folglich ist XVU F/») = z-"Ficc, a-y^ l, u- ß^l, l)

XVllI =^.^-^(^-lj'-"-'^i^(l -^,, y-ß, «-/J+1, 4)

XIX =(z-l)-"F[a, y-ß, a-ß+\, ^ _^ J

XX =z'-y(z-l)y-"-'F{cc-y + lA-ß.a-ßi-l,^^^)

XXI F2'-' = ^-.-'jF'(^, ß-y+^, ß-«-^l,^)

XXII =ir«->'(^-l/-«-.^i^^l-«, ^-«, /3-f.^+l, 4")

XXIII ={z- l)-'U^\ß, y-a,ß-a-^l,^'i _)

XXIV =z'-y(z-i)y-''-'Fi^ß-y+i,i-«,ß-<c^'\.,^!_}

Bezü^jlich des Konverijenzbereichs dieser Reihen ist zu

23*

356 § 71- Darstellang der kanonischen Fundamentalintegrale.

bemerken: die hypergeometrisclie Reihe konvergiert, so lange der absolute Betrag ihres vierten Elementes < 1 ist. Dem- nach konvergieren die nach Potenzen von z fortschreitenden Reihen innerhalb eines Kreises vom Radius 1 um den Null- punkt; die nach Potenzen von _ fortschreitenden Reihen kon- vergieren außerhalb dieses Kreises.

Die nach Potenzen von 1 z fortschreitenden Reihen konvergieren innerhalb eines Kreises vom Radius 1 um den

Punkt 1 ; die nach Potenzen von , fortschreitenden Reihen

' 1 z

konvergieren außerhalb dieses Kreises.

Die nach Potenzen von -fortschreitenden Reihen kon-

z 1

vergieren in der Halbebene ^ Ordinatenachse durch den Punkt z =

die durch eine Parallele zur begrenzt wird und auf der Seite der abnehmenden Abszissen liegt; die nach Potenzen

von " fortschreitenden Reihen konvergieren in der anderen

z °

Halbebene.

Die Parallele zur Ordinatenachse und die beiden Kreise zer- legen die ^-Ebene in 6 Gebiete ; in der nebenstehenden Figur 36

sind sie mit den Xummern 1 bis 6 bezeichnet. Innerhalb eines jeden Gebietes konvergiert die Hälfte der 24 Reihen; auf der Begren- zung eines Gebietes konvergieren mindestens 8 Reihen. Jedes der (3 kanonischen Integrale kann mittels der 4 Reihen, die für dasselbe gelten, in 4 von den 6 Gebieten dargestellt werden. Beispielsweise können die Integrale 7^°) und V^^^ in den Gebieten 1, 2, 3, 4 dargestellt werden.

Bezüglich der in den vorstehenden Gleichungen auftretenden Potenzen der Größen z, \ z und z \ ist zu bemerken:

Die Potenzen von \ z, die in den Gleichungen I bis VHI vorkommen und die Potenzen von z, die in den Gleichungen XI bis XVI vorkommen, sind für das Konvergenzgebiet der

Fig. 36.

§ 71. Daretellung der kanonische» Fundamentalinte<;rale ^)57

Reihen, in ilie sie multij)lizit'rt sind, eindeutig durch die Fest- setzung detiniert, daß sie den Wert 1 annehmen sollen, wenn das vierte Element der betreöenden hypergeometrischen Reihe verschwindet. Die Werte der Potenzen von z, die in den Reihen V bis VIII und XVII bis XXIV auftreten, und ebenso die Potenzen von \—z und z 1, die in den Reihen XIII bis XVI und XVII bis XXIV auftreten, können den Punkten der Sterufliiche, in der die Integrale der Differentialgleichung (2) einwertig sind, eindeutig zugeordnet werden; in der unzer- schnittenen j-Ebene sind sie allgemein zu reden unendlich vieldeutig.

Wir haben diese Sternfläche in der Weise konsti-uiert 48), daß wir durch zwei beliebig zu wählende Punkte z^^ und 2*1 und je einen der singvdären Punkte Kreise legten. Die Begi-enzung der Stemfläche besteht aus den Bogen dieser Kreise, die den Punkt z^ mit den singulären Punkten ver- binden. Es steht nun nichts im Wege, den Punkt z^ mit einem der singulären Punkte zusammenfallen zu lassen; dadurch kommt eines von den Begrenzungsstiicken der Sternfläche in Weg- fall. Im voliegeuden Fall wollen wir den Punkt Zy ins Unendliche rücken lassen; der Punkt z^ liege auf der Abszissenachse zwischen den Punkten 0 und 1. Die Begrenzung der Stern- fläche besteht dann aus dem negativen Teil der Abszissenachse und dem Teil der positiven Abszissenachse, der zwischen den Punkten 1 und oo liegt. Das erste Begrenzungsstück möge mit Lq, das zweite mit L^ bezeichnet werden.

Es ist zweckmäßig gleichzeitig auch eine Änderung in der Bezeichnung der Ränder der Sperrlinien eintreten zu lassen. Wir haben bisher die Bezeichnung so gewählt, daß ein posi- tiver Umlauf um den Endpunkt einer SperrHnie von der Seite auf die -|- Seite führt. Wir wollen nunmehr festsetzen, der 4" Rand der Sperrlinien falle mit der Seite der wachsenden Ordinaten zusammen.

Zufolge dieser Festsetzung führt ein positiver Umlauf um den Nullpunkt nach wie vor vom Rand nach dem -\- Rand der Sperrlinie L^, dagegen führt ein positiver Umlauf um den Punkt 1 vom -f Rand von L^ nach dem Rand.

Die Potenz z" definieren wir nun durch die Gleichung

358 § 71 Darstellung der kanonisolieu Fuudameutalintegrale

r" = ß" log -

und in analoger Weise werden auch die Potenzen (1 z)" und (z 1)" definiert.

Es erübrigt die Funktionen log z, log {z 1) und log (1 z) oder, was auf dasselbe hinauskommt die Funktionen arc z usw. für unsere Sterntläclie eindeutig zu de- finieren. Zu dem Zweck setzen wir fest:

(10) in der positiven ^-Halbebene sei

() ^ arc z ^?c und 0 < arc {z 1) <. n.

Wenn der Punkt z, die Abszissenachse zwischen den Punkten 0 und 1 überschreitend, in die negative ^-Halbebenc; 2 rückt, so dreht sich

der vom Punkt 1 nach dem Punkt z gerichtete Vektor im positiven Sinn um den Punkt 1 (s. die Figur 37), folglich nimmt arc (-? 1) zu. Der vom Punkt 0 nach dem Punkt z führende Vektor dreht sich im negativen Sinn, folglich nimmt arc z ab. Daraus folgt:

(11) in der negativen ^-Halbebene ist

Ti <^ arc ^ < 0, 71 -^ arc (^ 1) ^ ^jr. Wir setzen ferner

(12) arc (— z) = arc ^ + -tt, arc {\ z) = arc {z —\) tc.

Zufolge dieser Bestimmung ist längs des Abschnittes 0,1 der Abszissenachse

arc ^ = 0 und arc (1 ^) = 0 also log 5 und logfl ^) reell.

Auf Grund der getroffenen Bestimmungen können ^vir nun leicht verifizieren, daß die 4 Reihen, in die wir ein jedes der 6 kanonischen Integrale entwickelt haben, in der Tat dieselbe Funktion darstellen. Um dies beispielsweise für die 4 Reihen- entwicklungen XVI bis XX nachzuweisen, bemerken wir: weil nach Voraussetzung die Exponentendifferenz /3 a keine ganze Zahl 'ist (s. § 09 Schluß), ist das Integral F/*) vollständig durch die Bedingung charakterisiert, daß das Produkt ^" J^^)

§ 71. DarsteUunj^ dor kauouiseheu Fundameutalintegrale. 359

sich in der Um«xebuuo; des unendlicli fenion Puuktes re«?ulär verhält und in diesem Punkt den Wert 1 annimmt. Dieser BedingiinfT genügen die 4 genannten ReiheuentwickluDgen.

An die oben gegebene Definition der in Betracht kommenden Arcuse knüpft sich eine für das folgende wichtige Bemerkung.

Bilden wir die ^-Ebene mittels der Transformation

-^ = 1 - e

in die i;-Ebene ab, so erhalten wir als Bild der Stenifläche Ä eine zu ihr kongruente Sternfläche .1': der positiven i-- Halb- ebene entspricht die negative ^-Halbebene und vice versa.

Definieren wir die Funktionen arc t, arc (^ 1), arc(l ^) durch die Gleichungen

arc ^ = arc (1 s) arc (^ 1) = arc (— s) arc 1 1 i;; = arc 2

so sind die Werte dieser Funktionen der Sternfläche A' genau in derselben Weise zugeordnet wie die Werte der entsprechenden Funktionen von z der Sternfläche Ä. Mit anderen Worten: die Gleichungen (10 1, (11) und (12) behalten ihre Geltung, wenn man die Variable z durch 1 z ersetzt.

Bilden wir die Sternfläche Ä mittels der Transformation

(13) -^ = 1^«-

auf die i;-Ebene ab, so ist allerdings die Abbildung Ä' der Sternfläche A zu dieser nicht kongruent, aber es wird wenigstens die positive z-Halbebene auf die positive ^-Halbebene ab- gebildet.

Setzen wir in Übereinstimmung mit der Gleichung (13) für die positive Halbebene

(14) arc 2" = arc ^, arc (— s) = arc .- = arc ^ +;t(12),

arc -— = arc [z 1) arc z = arc ^,

so sind zufolge der Gleichungen (10), (11) und (12) die Funk- tionen arc ^ usw. für die positive ^-Halbebene in derselben Weise definiert wie die entsprechenden Funktionen arc z usw. für die positive r-Halbebene. Weil die Steruflächen A und A nicht kongruent sind, so sind in den Teilen derselben, die

J^6() iJ ''-■ Darstellung dor uneigentlioh normalen Integrale.

auf der Seite der iibnehnieiulen Ordinaten liegen, die Gleichimgen (^10) bis {12) nicht mehr mit den Gleichungen (14) verträglich, vorausgesetzt daß man au der Stetigkeit der in Rede stehenden Funktionen innerhalb der Sternflächen A und Ä' festhält.

§ 72. Darstellung der uueigeutlich normalen In- tegrale. Es bleibt noch zu erörtern, wie die Reihenentwick- lungen lies vorigen Paragraphen zu modifizieren sind, wenn unter den kanonischen Integralen auch uneigentlich normale vorkommen.

Wir gehen wieder von der allgemeinen Gleichung (1) des vorigen Paragi-aphen aus und nehmen an, zum singulären Punkt e^ gehöre ein imeigentliches Normalintegral. In diesem Fall muß die Exponentendifferenz (j/^^ (?2^^- eine ganze Zahl sein: wir wählen die Bezeichnung so, daß sie Null oder positiv ist, daß also das eigentliche Xormalintegral, das zum Punkt e^ gehört, den Exponenten öj*^' besitzt (vergl. § 67). Nun trans- formieren wir wieder die allo^emeine Gleichung durch die Sub- stitutionen (3) und (4) des vorigen Paragraphen in die Nor- malform (2). Da nach Voraussetzung die Differenz 6^^^^— 6j'^'> Null oder positiv ist, so ist y eine positive ganze Zahl (siehe Gleichung (5) des vorigen Paragraphen). Den zum Punkt e^ gehörigen kanonischen Integralen der Differentialgleichung (1) entsprechen die zum Punkt 2; = 0 gehörigen kanonischen Inte- grale der Differentialgleichung (2). Für diese letzteren haben wir im § 70 Reihenentwicklungen hergestellt. Wir setzen

(1) W/i)

= e«'r'(l_^)"r2^(^/l)+ö/2)+^^(3),ö/^'-f (?/2^+(?2'^(?x^^^-^2^'^+ 1, 0

(2) W,^'^

+ 2^iogSTr/^).

Die kanonischen Integrale sind so normiert, daß für ^=0

lim (Tr= 1 "ßtl lim ,t, = 0 ist;

sie sind für die Sterntläche A eindeutig definiert, sobald die

§ 72. Darstellunf^ der uneigentlich normalen Integrale. 3(j1

Werte der Logaritlimeii log ^ und log (1 ^ ) eindeutig be- stimmt sind.

Wir erhalten eine /.weite Darstellung der beiden kanoni- schen Integrale W[^> und W[^\ wenn wir die Indizes ö'f^ und e'j-' vertauschen. Zwei weitere Darstellungen ergeben sich durch Vertauschujig der (jirößen e, e',-' e!,-' mit den Größen ^'3 öf) 6f\

Wenn die Exponenten of"* und g!,- einander gleich sind, so werden zwei von diesen vier Darstellungen identisch, und wenn auch noch ö'^^ = e^^' ist, so bleiben nur zwei verschie- dene Darstellungen übrig.

Wir sehen davon ab, alle die verschiedeneu Möglichkeiten, die sieh bieten, zu diskutieren und beschränken uns darauf einen speziellen Fall, der im Hinblick auf die Theorie der Modulfunktionen ein besonderes Interesse bietet, genauer zu erörtern.

Wir nehmen an, daß alle drei Exponentendifferenzen ver- schwinden: es sei also e^'^ = 6^^ = o^'"' für i> ~ 1, 2, 3. In- folge dieser Annahme gehört zu jedem der drei singulären Punkte ein uneigentlich normales Integral.

Da die Summe sämtlicher Exponenten = 1 ist 68

Gleichung (3)), so ist in diesem Fall (?('' -f 0^-* + G^^^ = folglich (s. Gleichung (ö) des vorigen Paragraphen)

7=1, « = ^ = i- Wir setzen zur Abkürzung

l3) f[-^, 4, 1, z) = F{z) und G{1, l,h^) = CAz).

Diese Reihen haben die einfache Form (vergl. § 69 Glei- chung (6) und § 70 Gleichung (5))

(4)f(.)=i+(,^)WG::)V...+ (' .;-<--•))>+...

und

71=1

Hi+f-+2;-.)>"

362 § "2. Darstelluug der uneigentlich normalen Integrale, oder

M = l

^2n— 1 2«J Bei Benützung dieser abgekürzten Bezeichnung lauten die Gleichungen {'D und (2)

Um Reihenentwicklungen für die kanonischen Integrale der Differentialgleichung

5«-i);f^+(2E-i,^; + ij=o

so lautet im vorliegenden Fall die Differentialgleichung (2) des vorigen Paragraphen zu erhalten, machen wir in den vorstehenden Gleichungen der Reihe nach die Substitutionen

,_0 .,= 00.3=1 t-^l^ 1-,^=^ V^ ^a)=0 ö(2)=i-

«^=1 e,=0 63=00 i=l-2 \~-%=z ö<')=0 (?C^)=0

6,= 1 e,= oo .3=0 ^ = '^ 1-^=7 ^'^' = 0 0(2)=!

.,=00 .,=1 .3=0 e = 4 l_e=^-^<5(^)=i- ^^^)=0

Um die <) kanonischen Integrale für die Sternfläche A eindeutig zu definieren, setzen wir fest:

(6)für^=0 sei Vf =\ und lim [fI,»)-^^ log^]=0

für^=l sei F/'=l und lim [f/' -.^.log(l -^)] = 0

für^r = 00 sei lim ^z F^» > = 1 und lim yj[ V^^ '- .^^^% ] ]=0-

Für die auftretenden Logarithmen und die Quadratwurzel Yz gelten die am Schluß des vorigen Paragraphen getroffenen Bestimmungen.

§ 73. Die Werte der kanonischen Integrale in den singulüren Punkten. 363

Mittels der oben angegebenen Substitutionen erhalten wir die Formeln:

I F;»» = F{z) F^) = G{z) + „^ . log zF{3)

III l'i" - FU - z) n') - G(l-z\

+./.,'»8f^(4)]

§ 73. Die Werte der kauonischen Integrale in den singulären Punkten. Wir haben mm noch die Über- gangssubstitutionen zu berechnen (vergl. die allgemeinen Aus- führungen § 0.5). Zu dem Zweck bestimmen wir zunächst unter gewissen einschränkenden Voraussetzungen die Werte, die die kanonischen Integrale in den singulären Punkten an- nehmen.

Die hypergeometrische Reihe F{a, ß, y, z) konvergiert jedenfalls, wenn der absolute Betrag des vierten Elementes < 1 ist.

W^ir beweisen nun: die hjpergeometrisehe Reihe konvergiert auch noch für z = \, wenn der reelle Teil der Größe y « (i positiv ist.

Der Beweis ergibt sich leicht aus dem bekannten Kon- vergenzkriterium :

364 § '3. nie Werte der kanonischen Integrale in den singulären Punkten.

eine Heihe a^ + «j + «, + deren Glieder reelle positive Größen sind, konvergiert wenn

lim )i(l -"^')> 1 ist.

Das allgemeine Glied der Reihe F(a, ß, y, z) ist ,„ _ ß(« + 1) («+ "- i)^(/J + 1) + «:ii^ -„

"^ 1-2--- «y(y + l)---(y-f«— 1) '

also ist tür z =-\ der Quotient der absoluten Beträge zweier aufeinander folgender Glieder

(In

a ß

n + l

1 w 1 1 n

(' + I)N + ^

Um unser Konvergenzkriterium anwenden zu können, ent- wickeln wir q^ in eine nach absteigenden Potenzen von n fort- schreitende Reihe; dabei reichen wir mit den beiden ersten Gliedern aus.

Wir setzen reelles und imaginäres trennend

a = «1 + «'«2 /^ = ßi + '/^2 y = 71 + h'i und erhalten

Dementsprechend ist

1+1 _l+^_L + n \ n

und

1 _i ri

1+^

n +

n

Demnach ist bis auf Glieder von der Ordnung genau

A=i+'"^''' :'-'■*+■•■

Folglich ist V

lim «(1 _ 5j = 1 + y^ - a,— ß^.

Die Reihe F(a, ß, y, z) konvergiert also für ^ = 1 un- bedingt, wenn y^ ^\ ~ ßi positiv ist, was zu beweisen war. Um den eben bewiesenen Satz anwenden zu können,

§ 73. Die Werte der kanonibchen Integrale in den singulären Punkten. 365

führen wir eine vereinfachende Voraussetzung ein: wir nehmen an, keine der drei Größen

1 j', y a ß, ß a sei eine ganze Zahl und wir nehmen überdies an, die reellen Teile dieser drei Größen seien von Xull verschieden und positiv.

Die drei genannten Größen sind die Exponentendifferenzen, die zu den drei singuliiren Punktengehören (^ 69 Gleichung (2)); infolge unserer Annahme können also weder scheinbare Doppel- punkte noch uneigentlich normale kanonische Integrale auf- treten.

Von den 24 hypergeometrischen Reihen (% 71), die zur Darstellung der kanonischen Integrale dienen, konvergiert also zufolge unserer Voraussetzung die Hälfte auch dann noch, wenn das vierte Element der Reihe den absoluten Betrag 1 besitzt. Es sind das die Reihen

I m V VII IX XI XIII XVI XVII xix xxi xxm.

Für jedes kanonische Integral stehen also zwei Reihen zur Verfüs'uno; die zur Bestimmunt; des Wertes des lutecfrals im zugehörigen singulären Punkt dienen k(>nnen.

O O o

Bezüglich der Werte, die den Potenzen von z, 1 z und z i beizulegen sind, erinnern wir an die in § 7 1 getroffenen Bestimmungen.

Wir beschränken uns darauf die Werte anzugeben, die die vier Integrale F|?),. V{V in den Punkten 0 und 1 annehmen: dabei setzen wir zur Abkürzung

F(a, ß, r, 1 ) = fia, ß, y). Für z = 0 ist

(1) i'Y^ = 1 n») = 0

^^)=f(a,ß,a + ß~y+l) V^) = f(y-^a,y-ß.y-a--ß-\-\ .. Für z = 1 ist (2) T^;) = /-(«, ^, .^) Vio)^f(^_y_^i^,i_.^^i^2-y) F^i) = 1 T''/) = 0.

Gauß hat gezeigt, daß die Funktion /"(«, ß, y), die von drei Variabein abhängt, sich mittels einer Funktion einer ein- zigen ^'ariabeln darstellen läßt. Um zu dieser Darstellung zu gelangen, bemerken wir zunächst:

366 § 73. Die Werte der kanonischen Integrale in den singulären Punkten.

In der Umgebunt; des Punktes 1 läßt sich das allgemeine Integral der Ditferentialgleichimg

z^z \)iv" -{y {a + ß+ \)z)u-' + aßw = 0 in der Form

w = Konst. F(a, ß, a -\- ß y -\- 1, 1 z) + Konst. (1 - z)y-"-''^F{y a,y ß,y-a-ß-^l, 1-z) darstellen (§71 Formel IX und XIII). Daraus ergibt sich: weil nach Voi-aussetzung der reelle Teil des Exponenten y a ß positiv ist, so ist das allgemeine Integral /v in der Umgebung des Punktes 1 stetig. Falls der reelle Teil des Exponenten / a ß größer als 1 ist, so ist auch noch die erste Deri- vierte u' in der Umgebung des Punktes 1 stetig; die zweite Deri vierte ir" kann in diesem Punkt unstetig werden, aber das Produkt (1 z) ir" bleibt stetig und verschwindet im Punkt 1. Diese Bemerkung wenden wir auf die Funktion u = F{cc, ß, y -\- 1, z) an. Die Funktion n genügt der Differen- tialgleichung

(3) z{z i)u" (y + 1 4- /3 + l)z)u' i- aßu = 0.

Weil nach Voraussetzung der reelle Teil der Größe

y -\- 1 cc ß größer als 1 ist, so sind die Funktionen ii und

h' im Punkt 1 stetig und es ist

lim (1 z)u" = 0. «—1

Setzen wir in der Gleichung (3)

g=l^ u=f{a,ß,y + 1), n ==t"{a,ß,y+\), so folgt: (A) {y-cc- ß)r(u, ß, 7 + 1) = aßf(a, ß,yi- 1).

Der Koeffizient von z" in der hypergeometrischen Reihe u = F{u, ß,y + l, z) ist

'»'^^^^ 1'2... n(y + l)(7+2)...(7-f n)'

Folglich ist der Koeffizient von z" in der Reihe zii

"C„^ir7+lj = n cjy) --^=^y[cjy) - cjy+l)]. Hieraus folgt

§ 73. Die Werte der kanonischen Integrale in den singuliireii Punkten. 367

Wir setzen z = \ und erhalten

f'ia, ß,y+ 1) = y[f(u, ß, y) - tia, ß, y + l)\. Substituieren wir diesen Wert in (4), so folgt

Durch wiederholte Anwendung dieser Formel erhalten wir

(5) /■(«, ß, y)

_{y-a,(y^\-u)--{y-lrk-\-a){y-^){y-\-\-py-{y-\-k-l-p) ,

-y.,y4-i)...(y+/_i)(y_«_ßXy-|-i-f^-ft-(y+A--i-«-ft''^ ''^'^"^"'

Wir definieren nun nach Gauß Vorgang eine Funktion n(k,2) durch die Gleichung

(6 > n(l; z) = (,+ i)(,lf_-2x'+3)...(. + Ä. ^'-^^

/. bedeutet eine positive ganze Zahl. Die Größe z darf nicht eine negative ganze Zahl sein, im übrigen darf z jeden reellen oder komplexen Wert annehmen. Die Potenz k' wird durch die Gleichung

und die Zusatzbedingung, daß dem Logarithmus sein reeller Wert beizulegen ist, eindeutig bestimmt.

Es läßt sich leicht die Existenz eines Grenzwertes (7) n{z) = lim /7fÄ-, z)

nachweisen.*) Dieser Grenzwert ist eine in der ganzen ^-Ebene einwertige Funktion der komplexen Variabein z, die nur in den Punkten 1, —2, 3, •• unstetig wird. Unter der Voraussetzung, daß der reelle Teil der Variabein z größer als 1 ist, läßt sich Tliz] auch durch das bestimmte Integral

0

darstellen, wo die Inteffrationsvariable s reelle Werte zu durch- laufen hat.

Die Funktion 77 (^) ist somit mit der Eulerschen Funk- tion r{z + 1) identisch.

a ß * Gauß, Disquisitiones generales circa seriem iutinitam 1 -f- x ■\—

Werke Bd. 3 Art. 18 n. tf.

zn sin zn

3G8 § ~*^- Di® Ubergangssubstitutioneu.

Für die Funktion n{z) gelten die beiden Funktional- gleichungen

(8) n{z + 1) = (^' + \)n{3) und

(9) n{s)n{-z) =

Aus der letzten Gleichung folgt mit Rücksicht auf die vorausgehende

(10) n(z - 1)77 f- z) = -^

Insbesondere ergibt sich für z = \ n{— ^) = Ytc, wo die Wur- zel — wie aus (6) und (7) folgt positiv zu nehmen ist.

Wir können nun die Funktion f(a, ß, y) durch 77- Funk- tionen ausdrücken. Zunächst folgt aus (6)

(.-l)(^ + 2)...('^ + /.•) = ^^^Ä^

Wir setzen z der Reihe nach = y u ~ 1, y ß l, y l, y ~ a ß 1 und substituieren in (5). Wir erhalten

. - -. n(Ä-, y 1) 7T(fc, y _ « - ß - 1)

A«> ß, y) = nik;yZ^a- DnWi^f^)^^''^ ^^' ^'^^^-

Da nun, wie man leicht sieht,

lim f{a, ß. y + k) = 1

ist, so folgt mit Rücksicht auf (6)

nn ffr. /S ^■^ n{y-l). njy-a-ß-l)

Ersetzen wir in dieser Gleichung die Größen a, ß, y bzw. durch die Größen a. ß, y u ß, so ergibt sich

(12) /•(- a, -ß,y-a- ß) = /-(«, ß, y).

§ 74. Die Ütaergangssubstitutionen. Nach diesen Vorbereitungen wenden wir uns zur Bestimmung der Uber- gangssubstitutionen ( vergl. § 65). Als Fundamentalsystem, von dem wir ausgehen, wählen wir das System der Integrale Vj^^\ V^^^K

Wir bezeichnen die Ubergangssubstitutionen mit Sq, S^, Sj. und setzen

(1) U, = F{0) b\ = Ff)

(U„ ü,) = >S-^(Ff , Ff)) = Sy'(VWV(')) = S-MVi-\ F/»)).

§ 74. Die übergangs8ul»stitutioncn. 300

T'ra zunächst die Kocffizicjitcii der Substitution \~ ' zu berechnen, setzen wir die Gleichung au

(2) r, = 2>F{»)4-7r(0).

Wir setzen erst 2 = 0 und dann z = 1 und führen die im vorigen Paragraphen unter (I) und (2) angegebenen Werte ein. Wir erhalten

(3) p = f{a,ß,a-\-ß-ri-l) und

p fia, ß, y) + q- f(cc - y ^ 1^ ß - y ^ l, 2 - y) = 1, woraus

W ^=^(,zr., + i;/_v+i;izr,) [l-fic^,ß,r)-f(cc,ß,a+ß-y+l)]

folgt.

Nun ist (Gl. (11) des vorigen Paragraphen) ficc, ß, y) fia, ß^a^ß-yJrl) =

_ n{y-l)n{y- a - /i- 1) J7(a +/?-y)/7(-y) JT(y a 1) n{y j3 1) n (|3 y) n{a -/)

Setzt man in der Gleichung (10) des vorigen Paragraphen der Reihe nach

s = y, =y-cc ß, =y-a, =y ß, so ergibt sich

1 - /■(«; ß, y) /■(«, /3, « + /3 - r + 1) = _

.. sin (y a)it sin (y ß)7t

sin y TT sin (y a |J) w '

^ cos (a ß)7C cos (2y a ß)Tt

cos (a -\- ß)it COB (2 y a j3) tt ,

sin a 7t sin ßn

sin y TT sin (y a |3) ff

Setzen wir diesen Wert in die Gleichung (4) ein und drücken wir gleichzeitig den ersten Faktor auf der rechten Seite durch il-Funktionto aus, so erhalten wir

il( a) n( ß) sin orjT sin ßn

^ JT(1 y) n{y a ß 1) sin sin (/ cc ^) ff

Um diese Gleichung zu vereinfachen, benutzen wir wieder die ■Gleichung (10) des vorigen Paragraphen und setzen in der- selben z der Reihe nach

= «, = ß, = y - 1, =y -a- ß. Es ergibt sich

Dur6ge-Maurer, Fuuktionentheorie. 5. Aufl. 24

370 5? "i^- Die Übergangssubstitntionen.

_ n<y - 2. n{a-^ß- y) sm{y-l)7C ^ /7(a 1)77(/J— 1) ' emyn

= f{y -u-hy-ß- 1, y - 1) (Gleichung (11) des vorigen Paragraphen).

Setzen wir diesen Wert und den Wert (?>) von p in die Gleichung (2) ein, so erhalten wir mit Rücksicht auf (1) für die Substitution S~'^ den Ausdruck

^'^ U,=f\a,ß,a + ß-y+l)V^^+f{y-a-\,y-ß~\,y-\)V^).

Um die Substitution S~^ zu berechnen, brauchen wir nicht das eben benutzte, etwas umständliche Verfahren anzuwenden: wir gelangen kürzer auf dem folgenden Weg zum Ziel. Wir drücken in den vorstehenden Gleichungen die Funktionen Ui=Vf\V^^\ ?72 = TY^ durch die Reihen I, V und IX des § 71 aus. Inner- halb des gemeinsamen Konvergenzgebietes dieser Reihen (es^ sind die in der Fig. 36, S. 356 mit 1 und 2 bezeichneten Ge- biete) sind die Gleichungen in den Größen u, ß, y, z identisch. Wir dürfen deshalb die Größen y und z durch die Größen a -\- ß y ^ \ und 1 z ersetzen. Bei diesen Vertauschungen werden die Integrale Tf, T'W FU) mit den Integralen P^), F'i*, T^W vertauscht (siehe außer den eben genannten Formeln die For- mel Xni des §71; vergl. auch die Bemerkung am Schluß dieses Paragraphenj.

Wir erhalten mittels dieser Vertauschungen für die zur zweiten Ubergangssubstitution inverse Substitution den Aus- druck: 5_n l^\ = f(<^, ß, 7)V[" + f(ß -~y,a-y,a + ß- y)V(^)

Die Giltigkeit dieser Gleichungen ist zunächst nur für den ge- meinsamen Konvergenzbereich der benutzten hypergeomgtrischen Reihen erwiesen; aus dem Prinzip der analytischen Fortsetzung ergibt sich, daß sie für die ganze Sternfiäche gelten.

Durch ein analoges Verfahren leiten wir aus der Substi- tution S^^ die Substitution S~^ ab.

In der zweiten Gleichung der Substitution »S'-^ stellen wir die Integrale Vf>, Vf>, U^ durch die Reihen I, V und XI des- § 71 dar.

§ 74. Die Übergang88ulistitutioiiPn. 371

Die Variable z beschränken wir anf den Teil des gemein- samen Konvergenzgebietes dieser Reihen, der der positiven Halbebene augehört.

\S\x ersetzen nun die Größen /3, ;', z durch die Größen

7 /i, ((; /3 + 1, --_z j während die Größe « unverändert

bleibt. Dabei ist 7,u bemerken: wenn wir die positive i^-Halb- ebene mittels der Transformation

auf die positive ^-Halbebene abbilden, so müssen wir, damit die Definition der auftretenden Logarithmen ungeändert bleibt

log ^^ = log j _ . = log ^. _ j - %%

setzen (S. 359, Gl. (14)).

Daraus folgt: wenn wir die eben angegebenen Vertauschun- gen in der Formel V ausführen, so ist die Potenz

zu ersetzen. Dementsprechend ist in XI

i?-" durch e"'"^'(^ 1)'^ zu ersetzen. Es tritt demnach an Stelle der Funktion

Fi«'=F(«, /3, 7, ^) die Funktion

F(a, y-ß,a-ß+l,^ _'_ .) = (^ - 1)«F{=^) (Formel XIX),

an Stelle der Funktion

Ij) = 2'-yF(cc -y + 1, ß-y^l,2-r,^) die Funktion

,y.-,,,.i^^ _ iy-,-<F[ß, y -a,ß-cc+l, -^-^-^ =

= e(— /)'"(^ - 1)«F(=') (Formel XXIII). Endlich tritt an Stelle der Funktion

V^M = z-^'F{ic, a-y+l,a^ß-y^l,' " ^)

die Funktion

c^'^'iz \)"F\^a, ß, y, z) = ('"--"{z - 1)«FW.

Wir substituieren diese Werte in die zweite Gleichung der

24*

372 § "•!• r)JP l bergangssubstitutioneu.

Substitution .S'-^. Gleichzeitig sind auch in den Koeffizienten die entsprechenden Vertanschungen vorzunehmen. Es ergibt sieb uacb einer leichten Umformung (5) lJ^ = e-"'^'f{a, y-ß, j.)Fi») + 6" /*-/•(- /3, «-;', a-ß)^^).

Die vorstehende Gleicbung haben wir nur für ein be- schränktes Gebiet der Variabein z bewiesen: auf Grund des Prinzips der analytischen Fortsetzung schließt man, daß sie für die ganze Sternfläche A gilt.

Um eine entsprechende Gleichung für das Integral U^ zu erhalten, stellen wir in der Gleichung (5) die Integrale C/^, Fj"^', Vi'^'> mittels der Formeln I, XVll und XXI dar und er- setzen dann die Größen y, z durch die Größen a ^ ß y -\- \, \ z\ a und ß bleiben unverändert. Die Potenz ^~"= e-«io«^ ist dui-ch

g— a (log (j 1) TT i) __ f^ani {^ l)"*^

zu ersetzen und entsprechend

Z-? durch e^^'^z - l)"/*.

Bei diesen Vertausehungen werden die Integi'ale TJy = F^*^) und U^ = r*^' mit einander vertauscht. An Stelle des Integrals

tritt das Integral

e"'''{z r)-"F(a, y ß, u- ß i- 1, ^ ^) = e«'"' IY>

und entsprechend ist F^"' durch e-^^'^Fj^*) zu ersetzen.

Wir erhalten somit, wenn wir in (b) die angegebenen Ver- tauschungen vornehmen

CG) l\==f{cc,a-y+l,a + ß-y+l)Vi--) +

-^f(-ß,y-ß-l,a-ß)V^-K Mit Rücksicht auf die Gleichung (12) des vorigen Para- graphen können wir die Gleichungen (5) und (6) auch in der mehr symmetrischen Form schreiben

L\=e-"-^f(a, y-ß, >')F(-)+ e-l^-'fiß, y-a, y)V^-') ^ U, = fia, a - y -]- l, a + ß - y + l)Vl-) +

§ 74. Die i'bergangssubstitutionen. 373

Bei der Berechnung der Ubergangssnbstitutionen sind wir von zwei beschränkenden Voraussetzungen ausgegangen (S. H05j: Wir haben erstens vorausgesetzt, daß keine der Exponenten- differenzen 1 y, y u ß, ß a eine ganze Zahl ist, und wir haben zweitens vorausgesetzt, daß die reellen Bestandteile der- selben positiv sind. Von dieser zweiten Voraussetzung können wir uns durch die folgende Überlegung frei machen. Die Koef- fizienten der Überganffssubstitutionen haben eindeutig bestimmte, endliche AVerte, so lange unsere erste Voraussetzung erfüllt ist. Drücken wir die kanonischen Integrale, die in den verschiede- nen Substitutionsgleichungen vorkommen, durch hypergeome- trische Reihen aus, so gehen diese Gleichungen in Identitäten über.

Diese Gleichungen gelten daher wie aus dem Prinzip der analytischen Fortsetzung folgt so lange die benutzten Reihenentwicklungen konvergieren. Nun konvergiert eine jede der 24 Reihenentwicklungen des § 71, wenn das vierte Element der Reihe dem absoluten Betrag nach < 1 ist und wenn die ersten drei Elemente unserer ersten Voraussetzung genügen. Demnach gelten unsere Substitutionsgleichungen unter der Be- dingung, daß die Variable z den für die Konvergenz der be- nutzten Reihen erforderlichen Bedingungen genügt und daß für die Größen u, ß, y unsere erste Voraussetzung gilt.

Die erste dieser Bedingungen ist unwesentlich: wir können uns vermittels des Prinzips der analytischen Fortsetzung von ihr frei machen.

Auch unsere zweite Voraussetzung läßt sich noch etwas einschränken: sie ist nicht mehr erfüllt, wenn einer der singu- lären Punkte ein scheinbarer ist (33^: trotzdem bleiben in diesem Fall die oben angegebenen Ausdrücke für die Über- gangssubstitutionen unverändert in Geltung. Auf den Beweis dieser Behauptung wollen wir der Kürze halber nicht eingehen.

Dagegen versagt die im vorausgehenden nachgewiesene Darstellung der Übergangssubstitutionen, wenn unter den kano- nischen Integralen imeigentlich normale vorkommen. Diese Fälle kfinnen als Grenzfälle betrachtet werden. Wir führen die Rechnung nur für den Fall durch, daß die drei Exponenten- difi'erenzen verschwinden, daß also 7 = 1 und u = ß = ^ ist.

374 § "ö. Ein spezieller Fall.

§ 75. Ein spezieller Fall. In der zweiten der Glei- chungen, die die Substitution S~^ darstellen

U, = Fji) = flu, ß,a^ß-y+ nF{o> -f

i-fiy-a-l, r-ß-l, r-l)Ff

setzen wir a = ß = V, nehmen aber zAiuächst y als von 1 ver- schieden an.

Unter Benutzung der Formeln I und V des § 71 schreiben wir die vorstehende Gleichung in der Form

(1) u, = [f(-h ^,^-y) + fir -hy- f , ? - i)J F(h i, r, ^)

Nun ist 70)

(2) lim ''''F(i-YA-Y,^-7^ ^) - Fjh 4, y, z) _

^ y=i 1-y

(bezüglich der Bezeichnung vergl. § 72). Es ist ferner 73, Gl. (11))

ii-y)f(y-h y-h y-r> = ri-,) "^-^^F^-

Zufolge der Gleichungen (6), (7), (8) und (10) des § 73 ist

77(0) =1 (y- l)n(y - 2) = n(y - 1) /7(- i) = ]/;r. Folghch ist

(3 ) lim (1 y) f(y 4, y 1, y l] =

y=l ' ' ' "^

Aus der Gleichung (11) des §73 ergibt sich ferner

(4) m,\r^-y)-^fiy-h y-h y-^) =

_ n(l - y) JI(- y) n(y - 2) U{\ - y)

Wegen 77(- }/) = . ^ - , 73, Gl. (lOjj ist

^ V / sin yjr JI(y 1; ; ^ //

ro ) n(l-y)/7(-y) _ TT JI(1 - y)

^- -^ [Tili - y)]» sin y TT n(y - 1) [H^ - y)]*

Nach Potenzen von y 1 entwickelt ist bis auf Glieder zwei- ter Ordnung genau

§ 7'). Ein spezieller Fall. 375

77(l-y) = 77(0)[l-(;'-l)^ + ...],

n(y 1) n(o)L ' ^ WO) ^ J'

Setzen wir diese Werte in (ö) ein, so erhalten wir

^^^ -[n{^-Y)y- -8inV:rL^-^*^'--^H/T(oy ir(=:i7J+-'-J-

Endlich ist

n{y - 2) 77(1 - ^) = . r-^T = - --''—

^' ^ ^ ' sm (y l)Tc sin /TT

Setzen wir diesen Wert und den Wert (ß) in (4) ein, so er- halten wir rechts

Hv - 1)5 /Jm _ nx-ß\

sin [ri (- 4)]« \IT(0) JT(- +)/ '

Nun ist 77 (- ^) = y.T und (Gauß a. a. 0. Art. 32 i

?1«) _ Bl^^ = o loo- •>

nro) irr— +) -'"»-•

Folglich ist der zu bestimmende Grenzwert

(7) lim [f(}, h^-y) + f(y -hr~hy- i )] = ^ ^

Wir lassen nun in der Gleichung (1) y gegen 1 konvergieren und substituieren die Werte (2), (3) und (7). Wir erhalten für die Übergrangssubstitution die Darstellung^

Um die Substitution .S'~' zu erhalten, die zum singulären Punkt 1 gehört, drücken wir in den vorstehenden Gleichungen <lie Integrale Vf\ Ff und U^ = V['^ durch die Reihen I und III des § 72 aus.

Bei dieser Substitution werden die Integrale J'[^\ T'i'" mit den Integralen V[^\ Fi^' vertauscht. Wir erhalten daher für die Substitution S~^ die Gleichungen

4 log 2 y(i)_2fY(y) ß-\) ^' ^ '

376 § '^ö. Ein spezieller Fall.

Um zu der L'bergaugssubstitution S^ yai gelangen, stellen wir in der zweiten drleichung der Substitution S~^ die Integrale 77), Ff) durch die Reihen I des § 12, die Funktion U^ durch die erste der Reihen III dar. Wir ersetzen die Variable js durch _ , , gleichzeitig haben wir log s durch

zu ersetzen 71, Gl. (14)). Es tritt nun an Stelle des Integrals 7 '^0) = F{z) das Integral

-F(j :^-) = y^^l F(") 72, Formel VI) und an Stelle des Integrals

tritt das Integral

An SteUe des Integrals U^ = Ff' = F{1 z) tritt da& Integral

F (-^j) =]/r=^ F(o) 72, Formel II).

Da nach unseren Festsetzungen 71, Gl. (12))

log (1 z) = log {z \) 7li ist, so ist

yi z = iyz \.

Führen wir die Werte, die der vorgenommenen Vertauschung entsprechen, in die zweite Gleichung der Substitution S^^ ein, so erhalten wir nach einer leichten Reduktion

(8) r,= (-l+^-%-)F(-)+2F(-).

Um eine analoge Gleichung für U2 zu erhalten, ersetzen wir die Variable z durch \ z. Es tritt dann an Stelle des Integrals

C/i = F{ß) das Integral U^ = F{1 - z),

an Stelle des Integrals das Integral

yr^^ u-^-/ y.-i li-^/ ''' '

§ 75. Ein spezieller Fall. 377

und an Stelle des Integrals

F-. = i. [«(.) + ,;,, log :.7-'Q]

das Integral

Setzen wir diese ^\ erte in (8) ein, so ergibt sich (9) ^2 = - -^^^ F|- * + 2 i Vi/- 1

Für die dritte Übergangssubstitution erhalten wir somit aus (8) und (9) die Darstellung

r„= '^'"^^ F(*'+ 2^■F(")

Wir wollen noch feststellen, wie sich' die Integrale L\, U^ beim Überschreiten der Begrenzungsstücke Xq, Zj der Stem- iiäche Ä verhalten.

Von der Seite der Sperrlinie Z/^, gelangen wir durch einen positiven Umlauf um den Punkt 0 auf die + Seite (siehe S. 357), daher ist

ani«: "l^ = Vf V(^)=Vf^Vf\

Unter Benutzung der Übergangssubstitution Sq erhalten wir daher:

(10) anZo: i\=^Ü^

U^ = ^^^^- F<«)_ 2 JFf =-^^^FW- 2i{Vf^ + Vf)\

also

(11) Ü,= -2il\-^Ui

Von der Seite der Sperrlinie L^ gelangen wird durch einen negativen Umlauf um den Punkt 1 auf die + Seite, daher ist

an 4: F{>) = F'/) Fiu = F'i)-?^).

Unter Benutzung der Übergangssubstitution S~^ erhalten wir:

(12) ani^: Ü,= U,-{-2iÜ, Ü,= U,.

Die Gleichungen (10), (11) und (12) erhalten eine Übersicht-

378 § "^ö. Ein spezieller Fall.

liebere Gestalt, -vveim wir an Stelle des Fundameutalintegrals r._, das luteijfral / L\ treten lassen. Es ergeben sieb dann die Sub- stitutionen

Co) t\ = r, iu,=2U, + iü,

Die erste gilt längs der Sperrlinie Lq, die zweite längs der SpeiTÜnie i,.

Die beiden Substitutionen Cq und Q erzeugen die Gruppe der DiflFerentialgleicbuug fvergl. § 65).

Die beiden Substitutionen C^ und C\ haben die folgenden charakteristischen Eigenschaften:

Erstens: die Substitutionsdeterminante ist =1.

Zweitens: die Substitutionskoeffizienten sind ganze Zahlen.

Drittens: der erste und vierte Koeffizient sind ungerade Zahlen, der zweite uud dritte Koeffizient sind gerade Zahlen.

Besitzen zwei Substitutionen diese Eigenschaften, so kom- men sie auch ihrem Produkt zu und sie kommen auch den inversen Substitutionen zu. Demnach besitzt eine jede Sub- stitution der Gruppe G. die durch die Substitutionen O^ und Q erzeugt wird, die genannten Eigenschaften.

Es läßt sich unschwer beweisen, daß auch umgekehrt eine jede Substitution, die diese Eigenschaften besitzt, der Gruppe G angehört. Durcb diese drei Eigenschaften ist also die Gruppe der Diä'erentialgleichung vollständig bestimmt. Auf den Be- weis können wir hier nicht eingehen.

Die spezielle Differentialgleichung, mit der wir uns in diesem Paragraphen beschäftigt haben, spielt in der Theorie der ellip- ti.schen Fimktionen eine hervorragende Rolle: die beiden Funda- mentalintegrale L\ und i U2 stiijimen bis auf den Faktor mit den Perioden eines elliptischen Integrals erster Gattung, dessen Modul Ys ist, überein. Um dies kurz nachzuweisen, gehen wir von der bekannten Gleichung

J B.^ ^^^ 2. 4 -6... 2

ö

. „„ , 1 3 5 . .. (2w 1) n

sm -"cpaq) ==

aus. Unter Benutzung dieser Gleichung können wir die hyper- geometrische Reihe

§ 70. Die Schwarasche I)iiVerentialf(loicliung. 379

m - 1 +2'C4il^^ 'T^" (s -', 61- (4))

H = l

in der Fo7-m schreiben

oT /^ '^ 1-3-5 ... (2w 1) r^

i^(^) = ; L / rf^ +^ --2-4T6-T7:i» J sin 2"()Drf(jP ^^

0 " = i 0

Indem wir die Reihenfolge der Summation und Integration vertauschen, erhalten wir auf Grund des binomischen Satzes

l P, = I- -F(.) = (^^^^U^

0

und dementsprechend

2 2 2 ^- -^ J Vl-(1— ^) sin>

0

Die rechts stehenden Integrale sind die Perioden eines ellipti- schen Integrals erster Gattung

§ 76. Die Schwarzsehe Differentialgleichung-. Der

Quotient zweier Integrale einer linearen homogenen Diti'eren- tialgleichung zweiter Ordnung

(1) iv" + aiv' + ha- = 0

genügt einer Differentialgleichung dritter Ordnung-, die zuerst von H. A. Schwarz untersucht worden ist.

Wir setzen unter ii\ ir.^ ein beliebiges Fundamentalsystera von Integralen dieser Differentialgleichung verstehend

(2) 7; = ^. Aus dieser Gleichung folgt

, W, W, ' IC, wJ

rj = -^-^ r-' * , und hieraus ergibt sich durch logarithmische Differentiation ^ _ '^VV;^^ «•• ">; _ 2 "''■' , also (31, Gl. (3) )

(3) !C = -«-2<.

380 § ^*J- Die Schwarzsehe Differentialgleichung.

Durch abermalige Differentiation dieser Gleichung folgt

(4) ^ _(iCf=-«'-2<' + 2("-^Y-

Substituieren wir in diese Gleichung den aus (3) folgenden Wert

so folgt mit Rücksicht darauf, daß die Funktion u'2 der Diffe- rentialgleichung (1) genügt

(5) ^_.|(|:)^=2&-a'-i«l

Der Wert der rechten Seite dieser Gleichung ist von der Wahl des Fundamen talsystems t(\ tr^ unabhängig, daher kann auch der links stehende Ausdruck man pflegt ihn nach Kl eins Vorgang mit [?y]. zu ])ezeichnen seinen Wert nicht ändern^ wenn man an Stelle des Fundamentalsystems u\ u\ ein belie- biges anderes Fundamentalsystem

(6) T^i = i^n ''"i + Pn ^'-2 ^^^2 = P-2 1 ?^"i + P22 ^h und dementsprechend an Stelle der Größe 1] die Größe

(7) if=Pu^t_i?-.

^ ^ Pari -\- ^jj

treten läßt; es ist also

m = hl.

Lassen wir den Punkt s einen Umlauf um einen singu- lären Punkt der Diö'erentialgleichung (1) ausführen. Zwischen den Anfangswerten if/\ iv,^ der Integrale eines Fundamental- systems und ihren Endwerten W^ \\\, bestehen Gleichungen der Form (^6): dementsprechend besteht zwischen dem An- fangswert

7j = und dem Endwert H = ^

IV ^ "2

die Gleichung (7).

Ist der betreffende singulare Punkt ein scheinbarer, so ist

Pn "^P2i^^ ""^ Pn ^ P22: folglich ist H = rj. Einem scheinbaren singulären Punkt der Differential- gleichung (1) entspricht also kein Verzweigungspunkt der Differentialgleichung (b).

§ 77. Abbildunor eines Kreisbogendreiecka auf eine Halbebene. 381

Nehmen wir an, die Differentialgleichung ( 1) gehöre der Fuchsschen Klasse an (s. § 68 S. 834 ). Unter dieser Voraus- setzung darf" in einem singulären Punkt, der im Endlichen liegt, der Koeffizient a nur zur ersten Ordnung und der Koeffi- zient h nur zur zweiten uneudlich werden 00 Satz VIII): im Unendlichen muß der Koeffi.zient a zur ersten und der Koeffizient h zur zweiten Ordnung verschwinden (37 Satz IX). Daraus folgt: der Ausdruck auf der rechten Seite der Glei- chung (;")) ist eine rationale Funktion der Variabein z, die in keinem Punkt zu einer höheren als der zweiten Ordnung ver- schwindet; der Grad des Nenners ist mindestens um zwei Einheiten höher als der des Zählers.

§ 77. Abbildung* eines Kreisbogendreiecks auf eine Halbebene. Wir untersuchen einen speziellen Fall der Schwarzscheu Ditferentialgleichung genauer. Wir gehen von der Differentialgleichung der hypergeometrischen Reihe

0

(1) .■" + (-^ + « + ^^v + 1) ,., ^ ,^(_L_ _ 1) ,. ^

aus und beschränken uns auf den Fall, daß die drei Exponenten- differenzen

(2) k = l y LI = y a ß V = ß a reell, nicht negativ und < 1 sind.

Für die rechte Seite der Gleichung (5) des vorigen Para- graphen erhalten wir in diesem Fall den Ausdruck

_ 1 + /^ - ;■ + 1)* _ y(a-f-p-y+l) t (^-1)^ sie-1)

Führen wir an Stelle der Größen ußy die Größen ?.uv (2) ein, so lautet die Differentialgleichung

{^) IVl- "2p - + 2(^^ 1)* z(z- 1) "

Unter den beschränkenden Voraussetzungen, die wir ein- geführt haben, läßt sich die Beziehung zwischen den Variabein z und r] geometrisch in sehr einfacher Weise anschaulich machen ; wir werden beweisen: durch jeden Zweig der Funktion i, wird die positive ^'-Halbebene auf ein von Kreisbogen

382 § '"• Abbildung eines Kreisbogendreiecks auf eine Halbebene.

begrenztes Dreieck mit den Winkeln A:r, u:r, vre ab- gebildet.

Wenn der Punkt z auf die positive Halbebene beschränkt wird, so sind die Integrale i(\, iv» der DifiFerentialgleichung (1) einwertige Funktionen der Variabein z und dasselbe gilt daher auch für die Funktion >; =

Es entspricht daher einem jeden Punkt der positiven .if-Halbebene nur ein Punkt i)i der >/-Ebene. Wir behaupten, daß auch umgekehrt jedem Punkt der j^-Ebene, der überhaupt zu den Bildpunkten gehört, nur ein Punkt in der positiven i'-Halbebene entspricht.

Zum Beweis ist zu bemerken: von den singularen Punkten. 0, 1, oo und den Nullpunkten des Integrals ic.^^ abgesehen, verhält sich die Funktion y] überall regulär und ihre Derivierte

, W^ IC, ' w, wJ

Ti = -^ -^ -

IC, -

verschwindet nicht Gl Satz III). Daher wird nicht nur die Umgebung eines jeden Punktes z^, der mit keinem der ge- nannten Ausnahmepunkte zusammenfällt, eindeutig auf die Umgebung des entsprechenden Punktes ?/„ abgebildet, sondern diese Beziehung ist gegenseitig 30).

Xehmen wir an, der Punkt z^^ falle zwar mit keinem der Punkte 0, 1, oo zusammen, er sei aber Nullpunkt des Inte- grals iv^. Unter dieser Annahme verhält sich die Funktion

1 w^

in der Umgebung dieses Punktes regulär und ihre Derivierte verschwindet nicht. Daher ist in der Umgebung des unendlich fernen Punktes der Tj-Ebene die Variable z eine reguläre Funk- tion der Variabein ?/.

Daraus folgt: die Abbildung der positiven ^-Halbebene auf die >;-Ebene bildet einen kontinuierlichen Bereich A. Im Innern dieses Bereichs liegt kein singulärer Punkt der Funk- tion z = g)(ri).

Diese Funktion ist daher innerhalb des Bereichs A ein- wertig und überall regulär (§47).

Um die Begrenzung des Bereichs A zu bestimmen, müssen wir die Abszissenachse der .sr-Ebene auf die ?^-Ebene abbilden.

§ 77. Al)l)ilduug eines Kreisbogendreiccks auf eine Halbebenc. 383

Es ist von vornherein einleuchtend, daß sich diese Abbil- dung für die drei Strecken, in die die Abszissenachse durch die Punkte 0, 1, ^v; zerlegt wird, verschieden gestaltet.

Die beiden im. Nullpunkt zusammenstoßenden Strecken bilden wir zunächst mittels des Quotienten

der beiden kanonischen Integrale, die zu diesem Punkt ge- hören, auf die //-Ebene ab. Wir schließen vorerst den Fall aus, daß die Exponentendifferenz A = 1 y verschwindet, und stellen die beiden Integrale F^"), F^**) für reelle positive Werte der Variabein z durch die Reihen

(5) rw = F{a, ß, y, i) Vf = z' - yF(a -y^l,ß-y+l,2-y, z)

71 lund V) dar, für reelle negative Werte durch die Reihen (III und VI!)

(6) ^m = (1 _ zr"F[a, y-ß,y, fl,)

TW = ^i-y^i _ ^y-c<-^F(a _ J.+ 1, 1 _|3, 2-y,^^^-

Die Strecke 0, 1 der Abszissenachse liegt im Konvergenz- bereich der Reihen (5), die Strecke 0, c\^ im Konvergenz- bereich der Reihen (6).

Die Koeffizienten der hypergeometrischen Reihen sind reell, daher entsprechen reellen W^erten der Variabein reelle Werte der Reihensummen. Zufolge unserer Festsetzungen (s. § 7 1 Schluß ) ist für reelle positive Werte der Variabein z arc 0 = 0, für reelle negative Werte ist arc z = tc, folglich ist längs der Strecke 0,1 der Abszissenachse arcir^~''=0, Iä.ngs der Strecke 0, oc ist arc z^^'' = (1 7 ) -t = kz.

Längs der negativen Abszissenachse ist arc (1 /) == 0, also auch arc (1 z)'''~^== 0.

Hieraus folgt: liegt der Punkt z auf dem Abschnitt ü, 1 der Abszisseuachse, so ist arc // = 0, liegt der Punkt z auf dem negativen Teil der Abszissenachse, so ist arc // = Xti.

Für z = 0 ist JV = 0 also // = 0.

Im Punkt z = 1 und im unendlich fernen Punkt der ^-Ebene besitzt // einen endlichen von Null verschiedenen

384 § ""• Abbildnug eines Kreisbogendreiecks auf eine Halbebene.

Wert. Mau verifiziert dies leicht mittels der Gleichungen (5) und {6).

Der Strecke 0, 1 der Abszisseuachse iu der ^'-Ebene ent- spricht demnach in der //-Ebene eine vom Nullpunkt aus- gehende endliche Strecke der positiven Abszissenachse; der negativen Abszissenachse in der ^ Ebene entspricht in der i/-Ebene eine vom Nullpunkt ausgehende geradlinige endliche Strecke, die auf der Seite der wachsenden Ordinaten liegt und mit der Richtung der wachsenden Abszissen den Winkel X:i bildet.

Nunmehr bilden wir die H-Ebene auf die »y-Ebene ab, dadurch erhalten wir auch eine Abbildung der ^-Ebene auf die ); -Ebene.

Zwischen den Funktionen 1] und H besteht eine Gleichung der Form (7) H= ^^"^ "^ ^^'^

mit konstanten Koeffizienten. Die H-Ebene und ihre Abbil- dung auf die 7;-Ebene sind somit kreisverwandt (vergl. § 14). Den geradlinigen Strecken in der H-Ebene, auf die die Ab- schnitte 0, 1 und 0, der Abszissenachse in der ;2r-Ebene abgebildet werden, entsprechen daher in der 7j-Ebene zwei Kreisbogen oj^od^ und (o^co-j., die ebenso wie diese Strecken den Winkel l:t einschließen.

In derselben Weise läßt sich zeigen, daß auch dem Ab- schnitt 1, + oo der Abszissenachse in der ^-Ebene in der 7j-Ebene ein Kreisbogen oj^w^ entspricht; dieser Bj*eisbogen schließt mit den beiden Kreisbogen oo^Oq und oj^Wq, bezie- hungsweise die Winkel utc und vti ein.

Damit ist der oben ausgesprochene Satz für den Fall, daß keine der Exponentendifferenzen A, ,u, v verschwindet, bewiesen.

Nehmen wir nun an, es sei A = 0 also / = 1. In diesem Fall ist das eine der beiden kanonischen Integrale, die zum Nullpunkt gehören, uneigentlich normal.

Wir bilden wieder die Umgebung des Nullpunkts zunächst mittels der Funktion

§ 77. Abbildung eines Kreisbogendreiecks auf eine Halbebone. 385

auf die //-Ebene und dauu diese mittels der Trausforniation (7) auf die );-Ebent' ab.

In der Umgebung des Nullpunktes können wir die Inte- j^^rale Vf\ T^,») mittels der Reihen

F(«) ==F{u, ß, 1, /) W = (r{a, ß, 1, z) + ^^j; F{a, ß, 1, z)

darstellen, die für ^ < 1 konvergieren. Hieraus ergibt .sich für die Funktion H die Darstellung

rr^O{ci,ß, 1,J) log 2

F(a,'ß, 1, z) "^ Ini '

Die Koeffizienten der Reihe F sind reell, die der Reihe G rein imaginär (ij 70 Gl. (ö)). Reellen, positiven Werten der Variabelu z entspricht ein reeller Wert des Logarithmus; für reelle negative Werte ist sein imaginärer Bestandteil = ;ri (s. die am Schluß des § 71 getroffenen Bestimmungen).

Die Abbildung der Strecke 0, 1 der Abszissenachse in der ^-Ebene fällt daher in die Ordinatenachse in der //-Ebene, die Abbildung der Strecke 0, cvj in eine Parallele zur Ordinaten- achse in der //-Ebene.

Diesen beiden Parallelen entsprechen in der r^-Ehene zwei sich berührende Kreise.

Unser Satz bleibt somit auch dann unverändert in Gel- tung, wenn eine oder mehrere der Exponentendifferenzen ver- schwinden.

\\'ir wollen den Fall, daß alle drei Exponentendifferenzen verschwinden, eingehender betrachten.

Wir setzen, die Bezeichnungen des § 75 beibehaltend L\ . U,

'^ = >rr~' '{'

Um die Eckpunkte des Dreiecks A in der »^-Ebene zu bestimmen, bemerken wir, daß in jedem der singulären Punkte 0, 1, cv) der ^-Ebene der Quotient

der zugehörigen kanonischen Integrale unendlich winl. Es

geht das unmittelbar aus den Formeln I bis VI des i^ 12 hervor.

Indem man die Integrale L\, U<, mittels der Substitutionen

S~^, S~^, S~^ durch die drei Paare kanonischer Integrale

!• u re ge- M a u re r, Funktioiicntheorie. .">. Aufl. 25

386 § ''^- Anwendung des Prinzips der Spiegelung.

ausdrückt ( s. § 75), überzeugt man sich leicht, daß deu Punkten 0, l, cc der i'-Ebene beziehuno-sweise die Punkte 0, oo, 1 der >;-Ebeue entsprechen.

Die beiden vom unendlich fernen Punkt der );-Ebeue aus- gehenden Seiten des Dreiecks A sind Gerade und zwar weil sie sich unter dem Winkel 0 schneiden, parallele Gerade. Die Seite des Dreiecks A, die die Punkte 0,-1 verbindet, ist ein Kreisbogen, der in seinen Endpunkten die beiden parallelen Geraden berührt: folglich ist der Kreisbogen ein Halbkreis und die Strecke U, 1 ein Durch- messer derselben. Die beiden Parallelen stehen auf der Abszissenachse senkrecht (s. die neben- stehende Figur 38). Durchläuft der Punkt z die Abszissenachse im Sinn der wachsenden

Fig. :!8. Abszissen, so daß die positive ^-Halbebene zur

Linken liegt, so durchläuft der entsprechende Punkt ?; die Begrenzimg des Dreiecks A ebenfalls in dem Sinn, daß die Dreiecksfläche zur Linken liegt. Da den Punkten 0, 1, cx) der .s-Ebene die Punkte 0, oc, 1 der 7;-Ebene ent- sprechen, muß das Dreieck A auf der Seite der wachsenden Ordinaten liegen.

§ 78. Anwendung des Prinzips der Spiegelung. Um

auch den Teil der Sternfiäche A, der auf der Seite der abnehmen- den Ordinaten liegt, abzubilden, macheu wir von dem Prinzip der Spiegelung Gebrauch (s. § 50). Wir spiegeln einerseits die positive ^-Halbebene an der Strecke 0, 1 der Abszissenachse und andererseits das entsprechende Dreieck A in der ^/-Ebene an dem Kreisbogen ojq oj^, der dieser Strecke entspricht. Wir erhalten so als Bild der negativen ^-Halbebene ein Dreieck A', das zum Dreieck A in Beziehung auf den Kreisbogen cOq oj^ symmetrisch ist.

Die Dreiecke A und A' liegen auf verschiedenen Seiten des Kreises, dem der Bogen oj^ ojj angehört, sie können daher von der gemeinschaftlichen Seite Wf, w, abgesehen, keinen Punkt gemein haben.

Als Bild der Sternfläche Ä erhalten wir somit ein Kreis- bogenviereck n (s. die nebenstehende Figur). Drei Eckpunkte

§ 78. Anwenilung dt-s Prinzips der Spiegelung.

387

des Vierecks fallen mit den Eckpunkten (o^, a^ (o., des Drei- ecks A zusammen, der vierte Eckpunkt möge mit co',, bezeich- net werden. Die Winkel an den Eck- punkten ii}q, Wj sind bzw. = 2X:i, '2^7t, die an den Eckpunkten a .^ und io\, sind = vti. ,

Der + ßand der Sperrlinie L^, die mit der negativen Abzissenachse der -i- Ebene zusammenfallt, wird auf den Bogen w^ (o„ abgelnldet, ihr p. ^g

Rand auf den Bogen aj^ o'y, .

Entsprechend wird der +Rand der Sperrlinie L^, die vom Punkt 1 längs der positiven Abszissenachse ins Unendliche läuft, auf den Bogen co^ lo^ , ihr Rand auf den Bogen oj^ co'„ abgebildet.

Zwischen den Werten /(\, tc.2 und ii\^ ICc,, die die Inte- grale eines Fundamentalsvstems in gegenüberliegenden Punkten auf den Rändern der Sperrlinie L^ \ l = 0, 1) annehmen, be- stehen Gleichungen der Form

(1) n\ = (^ilii\ + 42 ^"^'-2 '''2= 4i^'i + ^'o^-'s (*' "" ^7 ^)-

Folglich besteht zwischen den Werten

V

+

und rj == ^ ,

die gegenüberliegenden Punkten auf den Rändern von L- ent- sprechen, die Beziehung

^11 ^ ^ ^n

Q ; =

^21 'i i" ''22

,('■)

0,1.

Demnach führt die Transformation Cq den Bogen cOq w'^ in den Bogen coq oj^. und die Transformation C\ den Bogen Wj co'.^ in den Bogen ojj oj, über.

Wir bilden nun das ganze Viereck 77 mittels der Trans- formation

.(0),

(0)

' V(0^ r 4- 0«"

.''21 U T^ '•22

auf ein kreisverwandtes Viereck 77^ ab und repräsentieren auch die Werte der neuen Variabein i]^ durch Punkte der jj-Ebene.

388 >J "f^- Amveiuhmg dos rriu/ips der S]iiegolung.

Das Viereck 77^ hat mit dem Viereck 11, die Seite co^ oj^ ;il)er keinen weiteren Pnnkt uenieiu.

Trausformiereu wir statt mittels der Substitution C^ mittels der inversen Substitution C~^, so erbalten wir ein zum Vier- eck n kreisverwandtes Viereck TI_^, das mit 11 die Seite Oq co'^ aber keinen weiteren Punkt gemein bat.

Analog erhalten wir, wenn wir mittels der Substitution C^ und mittels der inversen Substitution C~^ transformieren, zwei A ierecke 77^ und 77_2, von denen das eine die Seite o^ co'^, das andere die Seite «j o^. mit dem Viereck 11 gemein hat. Geht man von der in Fig. 39 (S. 387) gezeichneten Gestalt des Ausgangsdreiecks A aus, so stellt die Substitution Cq eine Drehung um den Punkt Wq durch den Winkel 2l:i dar, die Substitution C^ eine Drehung um den Punkt co^ durch den Winkel 2/i;r. Die erstere Drehung erfolgt im positiven, die letztere im negativen Sinn.

Indem wir der Reihe nach die Substitutionen der Gruppe G, die von den Substitutionen C^ und (\ erzeugt wird ( s. § 64), zur An- wendung bringen, erhalten wir eine allgemein zu reden unbe- grenzte Anzahl von Vierecken 77^, von denen ein jedes mit dem Viereck 77, von dem wir ausgegangen sind, kreisverwandt ist.

Jedes dieser Vierecke liefert eine konforme Abbildung der Sternfläche A. Punkte der )j-Ebene, die demselben Punkt der Sternfläche A entsijrechen, bezeichnet man als homologe Punkte. Jedes Viereck 77^ enthält also von jedem System homologer Punkte einen und nur einen Punkt.

Jedes Viereck 77, besteht aus zwei Dreiecken A, und A,' von denen das erste mit dem Dreieck A, das zweite mit dem Dreieck A' kreisverwandt ist; das Dreieck A^ liefert also eine konforme Abbildung der positiven r-Halbebene, das Dreieck A,' eine Abbildung der negativen ^--Halbebene.

Wir haben das Ausgan gsviereck 77 aus den Dreiecken A und A' zusammengesetzt, die die Seite oj^ oj^ gemein haben. Setzen wir statt dessen das Dreieck A mit dem Dreieck A/, das mit ihm die Seite Oq oj.^ gemein hat, zu einem Viereck 77 zusammen. Der vierte Eckpunkt dieses Vierecks möge mit w/ bezeichnet werden.

Der Seite (Oq oj^ des Vierecks 77' entspricht in der ^r-Ebene

§ 7'J. Auti)inorplie Kuiiktiuiieu. 389

die + Seite des Abschnitts 0, 1 der Abszisseimchse, der Seite ioq 0)^' die Seite dieses Absohuitts; der Seite (.j,^ o), ent- spricht die -\- Seite des Abschnitts 1, cxj der positiven Abszis- senachse, der Seite w^ oj/ die Seite derselben.

Das Viereck 77' ist daher das Bild der längs der positiven Abszissenachse aufgeschnittenen ^-Ebene.

In derselben Weise läßt sich zeigen: das Viereck //", das aus dem Dreieck A und dem längs der Seite co^ lo,, angren- zenden S3"rametrischen Dreieck A«' zusammengesetzt ist, ist das Bild der längs des Abschnitts oo, 1 der Abszissenaehse auf- geschnittenen ^-El)eue.

§ 79. Automorphe Funktionen. Nehmen wir an. die Vierecke JIj, lu die das \'iereck JI durch die Substitutionen der Gruppe G transformiert wird, überdecken die ij-Ebene nur einfach. Dabei bleibt dahingestellt, ob der Bereich B, den sie erfüllen, begrenzt ist oder ob er die ganze »/-Ebene umfaßt.

Unter dieser Annahme entsprechen zwar einem Punkt der ^r-Ebene mehrere Punkte der T^-Ebene im allgemeinen sogar unendlich viele aber einem Punkt der 7j-Ebene, der dem Bereich B angehört, entspricht nur ein einziger Punkt der ^'-Ebene. Anders ausgedrückt heißt das: die Variable 2 ist eine einwertige Funktion der Variabein »;.

Weil einem System homologer Punkte in der 7;-Ebene ein und derselbe Punkt der .i-Ebeue entspricht, so genügt die Funktion z = (p(y]) den Gleichungen

"(1+1) = '"« (' = "'''•

Mit Worten: die Funktion g'(>/l wird durch die beiden Substitutionen C'^ und C\ und folglich auch durch eine jede Su))stitution der von ihnen erzeugten Gruppe G in sich selbst transformiert.

Man bezeichnet eine Funktion, die durch eine Gruppe von Substitutionen ersten Grades in sich selbst transformiert wird, als „automorphe" Funktion.

Ein einfaches 13eis})iel derartiger Funktionen ist uns bereits in den doppelt periodischen Funktionen entgegengetreten: die Funktion 9?(^) repräsentiei^t einen weit allgemeineren Typus.

390 § "0. Automoi-phe Funktionen.

Weil durch die Funktion (p(ri) die ^^-Halbebene auf ein Kreisbogendreieck abgebildet wird, bezeichnet mau sie als Dreiecksfunktion.

Wir wollen nun die Bedingungen feststellen, unter denen die Vierecke 77, die »/-Ebene nur einfach bedecken.

Dazu ist offenbar in erster Linie erforderlich, daß alle die Dreiecke A, und A/, die einen Eckpunkt o gemein haben, sich glatt neVieneinaiider legen. Diese Dreiecke gehen aus einem derselben es möge mit A^ bezeichnet werden durch wiederholte Spiegelung an den vom Punkt co aus- gehenden Seiten hervor. Je zwei nebeneinander liegende Drei- ecke Aj und A/ liefern ein Bild der in geeigneter Weise zer- schnittenen ^- Ebene (vgl. die Ausführungen im vorigen Paragraphen). Daher muß die Anzahl der um den Punkt a herumliegenden Dreiecke A/ ebenso groß sein wie die der Dreiecke A^, vorausgesetzt daß diese Zahlen endlich sind.

An den in Betracht kommenden Verhältnissen ändert sich nichts, wenn wir zu einer kreisverwandten Figur übergehen. Wir können daher, ohne die Allgemeinheit der Untersuchung zu beeinträchtigen, annehmen daß die im Punkt co zusammen- stoßenden Seiten des Ausgangsdreiecks A^ geradlinig sind. Wenn der Winkel, den sie einschließen es sei etwa der Winkel /.:t von Null verschieden ist, so muß, damit keine

mehrfache Überdeckung der Ebene eintritt, j- eine ganze Zahl

sein. Es stoßen dann im Punkt iv k Dreiecke A^ und ebenso viele Dreiecke A^' zusammen, die sich glatt nebeneinander legen.

Nehmen wir nun an, der dem Eckpunkt w anliegende Dreieckswinkel sei = 0; unter dieser Voraussetzung sind die ihn einschließenden Seiten wenn wir sie wieder als gerad- linig annehmen parallel und der Punkt oj fällt in den un- endlich fernen Punkt. In diesem Fall gehen aus dem Aus- gangsdreieck Aj durch wiederholte Spiegelung unendlich viele Dreiecke A^ und A^ hervor, die sich ebenfalls glatt nebenein- ander legen.

Damit die Vierecke TIj die »/-Ebene einfach über- decken, ist also erforderlich, daß jede der drei Zahlen

<> !SÜ. Arteinteiluiii,' der Dreiecksfuuktionen. 391

Ä /< V entweder ein rationaler Bruch mit dem Zähler 1 oder Null ist.

Das Verhalten der Funktion z = (p(ri) iu der Umgebung des Punktes >; = co gestaltet sich wesentlich verschieden, je nachdem der Dreieckswinkel, dessen Scheitel dieser Punkt ist, gleich Null oder ein Bruchteil von :t ist. Im letzteren Fall verhält sich die Funktion qp(rj) in der Umgebung des Punktes tj regulär, wenn derselbe das Bild eines der Punkte 0, 1 der ^-Ebeue ist; ist er das Bild des unendlich fernen Punktes der i'-Ebene, so verhält sich wenigstens die Funktion , , regulär, für die Funktion (p(r,) selbst ist er ein Pol. Wenn dagegen der in Rede stehende Dreieckswinkel gleich Null ist, so ist der Punkt ro eine wesentlich singulare Stelle der Funktion (p{r^).

§ 80. Arteiuteiluug der Dreiecksfuuktioueu. Wir

betrachten die Kreisbogendreiecke, die der Bedingung des vorigen Paragraphen genügen, genauer. Dabei legen wir der Untersuchung wieder ein Dreieck mit zwei geradlinigen Seiten zu Grunde. Wir schließen vorerst den Fall aus, daß alle drei Winkel des Dreiecks gleich Null sind und können infolge- dessen annehmen, daß die beiden geradlinigen Seiten einen von Null verschiedenen Winkel bilden, also sich im Endlichen schneiden.

Es macht nun einen wesentlichen Unterschied, ob der Kreis, dem die dritte Dreiecksseite angehört, den gegenüber- liegenden Eckpunkt einschließt oder aui^^schließt. Zwischen diesen beiden Fällen steht der Grenzfall, daß auch die dritte Dreiecksseite geradlinig ist.

Wenn der an zweiter Stelle genannte Fall eintritt, so gibt es einen Kreis, der die drei Seiten des Dreiecks unter einem rechten Winkel schneidet. Sein Mittelpunkt ist der Schnitt- punkt der beiden geraden Seiten, sein Radius ist gleich der Länge der Tangente aus (Uesem Punkt an den Kreis, dem die dritte Seite an- gehört ( Fig. 40 ). Diese dritte Seite wendet dem gegenüberliegenden Eck- Fig. 4o.

o92 § ^(^- Arteinteiluug der Dreiecksfuuktionen.

punkt ihre konkave Seite zu, denn andernfalls müßte wenigstens einer der Dreieckswinkel stumpf sein (in der Figur der Win- kel e), was durch die Bedingung des vorigen Paragraphen ausgeschlossen ist. Die Summe der Dreieckswinkel ist in diesem Fall (Fig. 40) < :t, denn sie ist kleiner als die Summe der Winkel des geradlinigen Dreiecks coqCo^cOj.. Wenn einer der Dreieckswiukel Xull ist, so geht der Orthogonalkreis durch den Scheitel dieses Winkels.

^oo Wenn der Kreis, dem die dritte Dreiecks-

seite angehört, den gegenüberliegenden Eck- puukt einschließt, so gibt es keinen Kreis, der die drei Seiten rechtwinklig schneidet; in diesem Fall ist die Summe der Dreieckswinkel > 7t (s. Fig. 41). ^"'8 *' Ein geradliniges Dreieck kann als Spe-

zialfall eines Kreisbogendreiecks betrachtet werden, dessen drei Seiten verlängert durch einen Punkt gehen. Dieser gemein- schaftliche Punkt erscheint als Grenzfall des gemeinschaftlichen Orthogonalkreises.

Wenn drei Kreise sich paarweise berühren, so schneiden sich ihre gemeinschaftlichen Tangenten im Mittelpunkt des Kreises, der dem Dreieck der Berührungspunkte umschrieben ist. Dieser Kreis schneidet daher die drei Seiten unter rechten Winkeln. Demnach besitzen die Seiten eines Kreisbogen- dreiecks, dessen Winkel sämtlich gleich Null sind, einen ge- meinschaftlichen Orthogonalkreis, nämlich den Kreis durch die drei Eckpunkte.

Die eben nachgewiesenen drei Arten von Kreisbogendrei- ecken können wir kurz in folgender Weise charakterisieren:

In den Dreiecken erster Art ist die Winkelsumme > Tt; die Seiten besitzen keinen gemeinschaftlichen Orthogonalkreis.

In den Dreiecken zweiter Art ist die Winkelsumme = nr; die drei Seiten gehen durch einen Punkt.

In den Dreiecken dritter Art ist die Winkelsumme < 7t] die Seiten besitzen einen gemeinschaftlichen Orthogonalkreis.

Wenn wir kreisverwandte Dreiecke als nicht wesentlich verschieden betrachten, so gibt es nur viererlei Dreiecke erster

1

1

1

2

2

11

1

1

1

Y

3

3

1

1

1

Y

y

T

1

1

1

Y

Y

5

§ 80. Arteiuteiluiig licr l»reieckst'uiiktioiieii. 393

Art. Wir stellen die AVerte von A v, die ihnen entsprechen, in einer Tabelle zusammen.

1)

2)

3)

4)

Der in der ersten Zeile an letzter Stelle stehende Buch- stabe n bedeutet eine beliebige ganze positive Zahl.

Die Dreiecke, die den unter 2), 3) und 4) genannten Werten von A ^ v entsprochen, stehen in einer sehr nahen Be- ziehung zu der Einteilung der Kugel, die durch die regulären Körper bewirkt wird.

Markieren wir auf der Kugel, die einem bestimmten regu- lären Polyeder umschrieben ist, außer den Eckpunkten {e) auch noch die Punkte (/") und (Z*), in denen die Perpendikel auf die Flächen und die Kanten des Polyeders die Kugel treffen. Dabei brauchen wir nur das Tetraeder, das Oktaeder und das Ikosaeder in Betracht zu ziehen. Denn wenn wir an Stelle des Oktaeders den Würfel treten lassen, dessen Flächen auf den Oktaederdiagonalen senkrecht stehen, so ver- tauschen nur die Punkte (e) und (/') ihre Bollen und dasselbe findet statt, wenn wir an Stelle des Ikosaeders das Dodekaeder treten lassen.

Verbinden wir jeden der Punkte (f) mit den drei Punkten {e) und den drei Punkten (/>), die in der dem gewählten Punkt entsprechenden Polyederfläche liegen, durch größte Kreise, so wird die ganze Kugel mit sphärischen Dreiecken bedeckt, die alle imtereinander kongruent oder symmetrisch sind. Um jeden der Punkte (/.) liegen 4, um jeden der Punkte (/') (i Drei- ecke; die entsprechenden Dreieckswinkel haben daher die Größe ~ beziehungsweise -^1 ^^^ einen der Punkte (e) liegen im Fall des Tetraeders G Dreiecke, in dem des Oktaeders 8, in dem des Ikosaeders 10.

394 ?J ^0. Artcinteilun>,' der Dreiecksfunktionen.

Die Größe der eutsprechenden Dreieckswinkel ist daher lieziehungsweise , --, ~ Diese drei Arten von Dreiecken l)esitzen somit die in unserer Tabelle unter 2), 3i und 4) ge- nannten Winkel.

Um auch Dreiecke mit den unter 1) genannten Winkeln zu erhalten, teilen wir den Äquator der Kugel in 2ii gleiche Teile und verbinden die Teilpunkte mit den beiden Polen durch gi-ößte Kreise. Wir erhalten so eine Einteilung der Kugel in 4</ Dreiecke, die zu einem als Ausgangsdreieck ge- withlten abwechslungsweise kongruent oder sjnumetrisch sind.

Projizieren wir diese verschiedenen Dreiecksteilungen auf der Kugel stereographisch auf die Ebene, so erhalten wir iedesmal eine Einteilung der ganzen Ebene in Dreiecke A, und Aj', die alle aus einem Ausgangsdreieck A durch wieder- holte Spiegelung hervorgehen.

Den Substitutionen der Gruppe (r, die das Ausgangs- viereck JI in die zu ihm kreisverwandten Vierecke JIj über- führen, entsprechen die Drehungen, die das entsprechende re- guläre Polyeder mit sich selbst zur Deckung bringen (im Fall (1) tritt an Stelle des Polyeders das aus den Polen und den Teilpunkten des Äquators bestehende Punktsystem ).

Da wir nur eine endliche Anzahl von Vierecken IJj er- halten, so entspricht einem gegebenen W^ert der Variabein 3 nur eine endliche Anzahl von Werten y. In diesem Fall ist daher r, eine algebraische Funktion der Variabein ,r und z ist eine rationale Funktion der Variabein t/.

Bezüglich der weiteren Ausführung dieser Beziehungen muß auf Kleins Werk über das Ikosaeder verwiesen werden.

Auch Dreiecke der zweiten Art gibt es mn* viererlei; sie entsprechen den folgenden Werten der Zahlen /, </, v:

?. a V

1)

1

3)

1 ; 2

1

1 1

4 I 4

,,, ^ , 1 ' 1

§ 80. Arteinteilung der Dreiecksfunktionen. 395

In diesem Fall können wir das Ausgangsdreieck A gerad- linig annehmen und es ist dann ohne weiteres ersichtlich, daß die Dreiecke, die durch wiederholte Spiegelung aus A hervor- gehen, die ganze 7j-Ebene einfach und lückenlos bedecken.

Vom Standpunkt der Theorie der linearen Difl'erential- gleichungen zweiter Ordnung betrachtet, bietet dieser Fall kein wesentliches Interesse.

Setzen wir nämlich die oben angegebenen Werte von l, u, v in die Gleichungen (2) des § 07

A = 1 y fx = y a {i v = ß o:

ein, so ergibt sich a = 0. Die entsprechende Difi'eiential- gleichung zweiter Ordnung lautet:

, /l A , 1 u\ . r, ?'• + (- _. - + z i)^^' =^-

Hieraus tol<>"t:

IC

Konst. / , -. - z

Die Funktion fr ist also in diesem Fall das Integral einer algebraischen Funktion. Im Fall (1 ) läßt sich das Integral durch einen Logarithmus ausdrücken, in den drei übrigen Fällen läßt es sich auf ein elliptisches Integral erster Gattung zurückführen.

Wir können hierauf nicht weiter eingehen.

Zu einem wesentlich verschiedenen Ergebnis gelancren wir, Avenn wir das Spiegelungsprinzip auf ein Dreieck dritter Art anwenden.

Es beruht dies darauf, daß die Seiten eines Dreiecks dritter Art einen gemeinschaftlichen Orthogonalkreis Ä" besitzen.

Nehmen wir an irgend einem Kreis A", der zum Kreis K orthogonal ist, eine Spiegelung vor, so fällt das Spiegelbild des Kreises K mit diesem selbst zusammen. Man überzeugt sich hiervon durch die Überlegung, daß der durch Spiegelung des Kreises A' erzeugte Kreis ebenfalls zum Kreis 7v" ortho- gonal ist, und daß er durch die Schnittpunkte der Kreise K und K' geht, weil jeder Punkt von K' sich selbst entspricht.

Das Spiegelbild eines Punktes im Innern des Orthogonal- kreises K lieijt ebenfalls im Innern dieses Kreises.

396 § 80. Arteinteilung der Dreiecksfimkttonen.

Einem jeden Kreis, der zum Orthogonalkreis K orthogonal ist, entspricht ein ebenfalls zu K orthogonaler Kreis.

Diese Verhältnisse werden unniittell)ar anschaulich, wenn wir eine kreisverwandte Figur betrachten, in der dem spiegelnden Kreis K eine Gerade entspricht.

Aus diesen Bemerkungen folgt: spiegeln wir ein Dreieck dritter Art A an einer seiner Seiten, so sind auch die Seiten des Spiegelbildes A' zum gemeinschaftlichen Orthogonalkreis K der Seiten von A orthogonal. Weil das Dreieck A im Innern des Orthogonalkreises K liegt, so gilt dasselbe für das Dreieck A'.

Alle Dreiecke A,, A/, die wir mittels des Spie- ffelunssverfahrens erhalten, liegen somit innerhalb des Orthogonalkreises K und ihre Seiten sind zu diesem Kreis normal.

Da im vorliegenden Fall die Anzahl der Dreiecke A^, A/ unendlich groß ist, so müssen unendlich viele darunter sein, die unendlich klein sind, und die Eckpunkte dieser Dreiecke die Punkte (o[/^ g?^-') a'l^, die den Punkten 0, 1, oo der ^'-Ebene entsprechen, müssen Häufungsstelleu besitzen.

Sehen wir zu, welche Schlüsse wir aus diesen geometri- schen Tatsachen in Beziehung auf das Verhalten der Funktion z = (f (rj ) ziehen kfinnen.

Wenn der dem Eckpunkt co^.(v = 0, 1, oo) des Dreiecks A anliegende Winkel von Null verschieden ist, so verhält sich die Funktion q){r]) in der Umgebung dieses Punktes regulär (für V = 1,2) oder sie besitzt in diesem Punkt einen Pol (für 1/ = ^ ) ( s. i? 78 Schluß).

Wenn dagegen dieser Winkel = 0 ist, so liegt der Punkt 03, auf dem Orthogonalkreis (S. 392).

Dasselbe gilt für die Punkte oj'/^, die zu dem Punkte co^ homolog sind. Daraus folgt: die Funktion g)(rj) besitzt im Innern des Orthogonalkreises keine wesentlich singulare Stelle, sondern höchstens isolierte Pole. Deswegen kann im Innern des Orthogonalkreises auch keine Häufungsstelle der Punkte o^> liegen.

Da diese Häufungsstellen sich aber auch nicht außerhalb des Orthogonalkreises befinden können, so müssen sie auf

§ 80. Arteiuteilunj,' der Dreiecksfunktionen. 397

(Ulli Orthogonalkreis liegen, und zwar uiüsseii sie denselben dicht bedet-ken.

Enthielte nämliL-h ein beliebig kleines Stück der Peripherie des Orthogonalkreises weder einen der Punkte a'J'^ noch eine Häufungsstelle dieser Punkte, so könnten wir die Funk- tion 9:0^1 über dieses Stück der Peripherie hinweg analytisch fortsetzen und diese Fortsetzung müßte notwendig dem Spie- gelungsprinzip gemäß erfolgen. Aber dies ist aus geometri- schen Gründen unm(">glich.

Die Funktion (pirj) kann demnach nur für die Fläche des Orthogonalkreises definiert werden; eine analytische Fortsetzung darüber hinaus ist unmöglich. Der Orthogonalkreis bildet somit für die Funktion ^(7;) eine natürliche Grenze (vgl. ij 48).

Wir können diese interessante Theorie hier nicht weiter verfolgen.

Eine eingehende Darstellung derselben findet man in den von Fricke herausgegebenen Vorlesungen Kleins über Modul- funktionen.

Verzeichnis der bemerkten Druckfehler. S. 69. In Fig. 0 sind die Buchstaben qp^ ^^ und qp , zu vertauschen.

S. 81. In der eisten Formel 1. lim ]/r e'

S. 85. Zeile 8 v. u. l. i)- = nt -{- 2v7t statt & = 2nt + 2v7t. S. 101. Zeile 3 v. u. 1. '(1^\ = Rd& statt \dt': =rd&. S. 107. In Fig. 14 sind die Buchstaben z^ und r., nicht unterhalb der Abszissenachse, sondern auf ihr anzubringen.

S. 128. In Formel (8) ist vor dem Integralzeichen der Faktor . ein-

2 7t l

zufügen.

S. 164. Zeile 12 v. u. 1. „haben wir nur vorausgesetzt" statt nun.

S. 166. In der Gleichung Zeile 3 v. u. ist rechts cJq durch d^ zu er- setzen.

S. 317. In Fig. 35 ist die Pfeilrichtung umzukehren und die Indizes 1 und )i sind zu vertauschen.

S. 340. In Gleichung (8) 1. + , , / statt -^-)^'-

S. 375. In Gleichung (6) ist rechts der Faktor j hinzuzu-

fügen.

H-t)]'

QA

Durege, Heinrich

331

Elemente der Theorie der

D87

Funktionen einer komplexen

1906

veränderlichen Grösse 5. Aufl.

PhysJcal

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