bu Du due And ai Add AA LE ZEIT A 1a DAN LIE TAGE LI EL EU BIS TEE EI EL el A $ = - ILS Al Ic 151 Ca nhihhi 14 Ana hl HE Khan Baar iR Fa ra LBS aaa tan 163 He KAM FEAT. Bi ade zul Gh. Il | (6) I lo>) Oz O1 od O1 > OLNOYOL 40 ALISH3AINN | 6 9 URN ERSTE O8 ‚ TORONTO a ANBRABG allen 1 EIER, en LIBRARY FACULTY OF FORESTRY UNIVERSITY OF TORONTO ELEMENTE DER WISSENSCHAFTLICHEN BOTANIK. ERSTER BAND, ANATOMIE UND PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN. VON D" JULIUS WIESNER, K. K. HOFRAT, O. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE UND PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN UND DIREKTOR DES PFLANZENPHYSIOLOGISCHEN INSTITUTES AN DER K. K. WIENER UNIVERSITAT, WIRKLICHES MITGLIED DER KAISERL, AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, etc. FÜNFTE, VERBESSERTE UND VERMEHRTE AUFLAGE. el | MIT 185 TEXTILLUSTRATIONEN. w j Pe 1 1 WIEN, 1906. ALFRED HÖLDER, K. UND K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. I., ROTENTURMSTRKABSZE 13. ANATOMIE unn PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN. D*- JULIUS WIESNER, K. K. HOFRAT, O0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIK UND PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN UND DIREKTOR DES PFLANZENPHYSIOLOGISCHEN INSTITUTES AN DER K. K. WIENER UNIVERSITAT, WIRKLICHES MITGLIED DER KAISERL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN .ete. FÜNFTE, VERBESSERTE UND VERMEHRTE AUFLAGE. MIT 1&5 TEXTILLUSTRATIONEN. a DB A WIEN, 1906. ALFRED HÖLDER, K. UND K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. I., ROVENTURMSTRASZE 13. ALLE RECHTE VORBEHALTEN. DRUCK VON FRIEDRICH JASPER IN WIEN Vorwort zur vierten Auflage. Durch die vorangegangenen Auflagen und mehrfache Über- setzungen in fremde Sprachen erlangte das vorliegende Buch eine beträchtliche Verbreitung, trotz einer nicht geringen Konkurrenz seitens äbnlicher inzwischen erschienener Werke. Da ich aus dieser Tatsache entnehmen darf, daß) dieses Buch zahlreichen Lernenden und wohl auch Lehrenden willkommen ist, so habe ich bei Abfassung der vierten Auflage weder an dem Plane noch im Detail Wesentliches geändert und nur insoweit kleine Umgestaltungen und Erweiterungen vorgenommen, als gereiftere Einsicht oder Fortschritte der Wissenschaft mich hierzu nötigten. Ich war bestrebt, den Text so einfach, faßlich, übersichtlich und zudem durch Auswahl des Stoffes so lehrreich, als es meine bescheidenen Kräfte gestatteten, zu gestalten. Vor allem habe ich, wie schon im Vorwort zur ersten Auflage hervorgehoben wurde, getrachtet, nur das in den Text aufzunehmen, was mir von fundamentaler Bedeutung erschien, im übrigen aber auf die Literatur zu verweisen, ferner, so viel als möglich, denherrschenden Ansichten Rechnung zu tragen, selbst dort, wo ich mit denselben nicht übereinstimme. Zur Wahrung meiner wissenschaftlichen Über- zeugung waren mancherlei kritische Bemerkungen erforderlich. Um nun aber die Einfachheit und Übersichtlichkeit des Textes nicht zu beeinträchtigen, habe ich Literaturangaben und kritische Bemerkungen in die Noten, vornehmlich in die ange- hängten Noten (p. 362 ff.) verlegt. Bei Anführung der Literatur war ich vor allem bestrebt, jene Werke und Abhandlungen namlhaft zu machen, welche mir zur Einführung in die betreffenden Partien der Anatomie und Physiologie der Pflanzen besonders geeignet erschienen. Über- dies mußte manche Detailarbeit genannt werden, um weniger be- kannte im Texte enthaltene Tatsachen oder Auffassungen auf die Quelle zurückzuführen. vI Die Fußnoten haben, wie bereits im Vorworte zur dritten Auflage erwähnt wurde, die Aufgabe, den Leser auf wichtigere, zum großen Teile neue Entdeckungen oder Auffassungen aufmerk- sam zu machen, welche mir aber entweder nicht völlig spruchreif erschienen oder denen nicht jene fundamentale Bedeutung zufällt, als daß sie im Texte hätten Aufnahme finden können. Durch diese den Text ergänzenden, aber durchaus nicht be- schwerenden Noten wollte ich jenen Lesern entgegen kommen, welche in meinen »Elementen« mehr als ein für Anfänger bestimmtes Buch erblieken, indem sie auf dasselbe in zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen reflektierten. Diesen Lesern dürfte eine sachliche Er- weiterung des Buches, wie ich glaube, nicht unwillkommen sein. Im übrigen dienen die Fußnoten auch mancherlei Literatur- hinweisen. In bezug auf die Illustrationen des Buches bemerke ich, daß jede daselbst vorkommende entlehnte Figur als solehe durch Quellenangabe kenntlich gemacht ist und daß ich bei der Ausfüh- rung der in den aufeinanderfolgenden Auflagen enthaltenen Original- firuren von den Herren Dr. H. Wichmann, Dr. F. Krasser und Dr. W. Figdor in dankenswerter Weise unterstützt wurde. Wien, im Dezember 1897. J. Wiesner. Vorwort zur fünften Auflage. Mit fortschreitenden Auflagen steigern sich die Schwierigkeiten der Neubearbeitung. Ich habe dies bei der Bearbeitung gerade der vorliegenden Auflage besonders stark empfunden. Die Masse des neuen Stoffes ist riesig angeschwollen, wie eine Durchsicht der Jahresberichte lehrt. Da gilt es vor allem zu sichten und abzuwägen, um das Wichtige von dem weniger Wichtigen zu scheiden und insbe- sondere das Belehrendste auszuwählen, wobei aber auch jener Arbeiten gedacht werden soll, welche Anregung zu weiteren. Forschungen bieten, wenn ihnen einstweilen auch noch keine fundamentale Bedeutung zuzumessen ist. Aber das Neue darf nicht in den alten Text eingezwängt werden, sondern muß im Interesse einer klaren, einheitlichen und vi übersichtlichen Darstellung durch oft weitgehende Umarbeitung der Teile dem Leser geboten werden, was oft schwieriger ist, als einen neuen Text zu verfassen. Aber noch ein anderes kommt in Betracht. Ein Lehrbuch, wie das vorliegende, soll nicht handbuchartig anschwellen, sondern muß sich innerhalb gemessener Grenzen halten, damit der Anfänger, für den ja dieses Buch in erster Linie geschrieben ist, auf das Wich- tige aufmerksam gemacht und nicht durch Nebensächliches abgelenkt werde, damit er nicht Gefahr laufe, den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen. Ich war bestrebt, all dies zu beachten, und habe bei Aufnahme des Neuen den alten Stoff durch Kürzung und Weglassung dessen, was mir heute nicht mehr von so prinzipieller Bedeutung wie in früheren Auflagen erschien, derart zu entlasten gesucht, daß der Umfang des Ganzen nur in geringem Maße zugenommen hat. Im wesentlichen bin ich dem ursprünglichen Plane treu ge- blieben und in der Detaildurehführung ist die vorliegende fünfte Auflage ganz im Sinne der vierten gehalten. Bei Revision des Textes und bei Herstellung der neuen Fi- guren — die Zahl derselben ist von 159 auf 185 gestiegen — wurde ich von den beiden Privatdozenten der Pflanzenphysiologie an unserer Universität, den Herren Dr. Viktor Grafe und Dr. Karl Lins- bauer, in dankenswerter Weise unterstützt. Wien. im Juli 1906. J. Wiesner. Einleitung Erster Teil. Inhalts-Übersicht. Anatomie Erster Abschnitt. Zellenlehre J. IT, III. IM v, NT. VII yıll IX. A, XI XII. Die Einheit im inneren a ar Ba S Die wesentlichsten Bestandteile der Zelle . Form und Größe der Zellen Protoplasma Zellkern : Die Zellmembran Die lebenden Inhaltskörper der Pfanzenzelle Organoide Inhaltsstoffe . Die übrigen Inhaltsstoffe der Yello. Die Entstehung der Zellen . Die Elementarstruktur der Zelle . Typische Zellformen . Zweiter Abschnitt. Anatomie der Gewebe (Nie alone 18 LI; ER IY. y* 1: u. Vv1l5, Einleitung Das en. N Die Hautgewebe Die Stranggewebe . Das Gewebe der Th ‚allopkalen } Zell:eilungsfolge . ; » Gegenseitige Anpassung = > ebe . Bemerkungen über die physiologischen Nunlianet En Garde Di:itter Abschnitt. Anatomie der Vegetationsorgane x. 11, III. Anhang Tr II. Betrachtungen über die Arten ER ee u db er steme Anatomie des Blattes Anatomie des Stammes Anatomie der Wurzel Holz En“ Rinde 3 Zweiter Teil. Physiologie BR. Erster Abschnitt. Chemismus der Pflanze s I. Die chemische Zusammensetzung der le II. Die Nahrungsmittel der Pflanze . III. Die chemische Metamorphose in der ne Seite 53 59 "2 Zweiter Abschnitt. Die Stoffbewegung in der Pflanze I. Aufnahme flüssiger Nahrung. Osmose, Turgor . II. Weiterbewegung der flüssigen Nahrung. Wurzeldruck Ill. Transpiration . vr IV. Die Bewegung der RR in der Bea: i V. Die Leitung des Wassers durch den oßekörpen - VI. Die Leitung der organischen Stoffe VII. Sekretion . - Dritter Abschnitt. Das Decken : - s er I. Das Wesen des organischen Wechsle EEE II. Bedingungen und Erscheinungen des Wachstums Vierter Abschnitt. Abhängigkeit der Vegetationsprozesse von äußeren Kräften I. u. Einfluß des Lichtes Einfluß der Wärme III, Einfluß der Schwerkraft IE: Wirkung anderer äußerer Einflüsse Fünfter Abschnitt. Bewegungserscheinungen r II. III. IR. Protoplasmabewegungen Wachstumsbewegungen . Paratonische Variationsbewegungen Spontane Variationsbewegungen . Sechster Abschnitt. Die Reizbarkeit Noten Sachregister Register der sy each Gattungsnamen . IX Seite 267 267 273 277 282 286 292 296 297 297 300 311 311 325 330 338 342 345 346 348 355 354 362 330 393 _ NR. HS Ne Orr aa DER. i. BER ige es tigrigs | BT Ken Ihre, iR "an. se is +, 0) f SEN, sand [3 | Ban | E93 ee Ve 14 N ET dr, 2 En REN LINE. “x 2.2200, Dee a Pe 7 . Pe u ey s “ u eb } > o zer F me) re ee et u m Sue "pe iu a at u» j je «u Einleitung. Das Gebiet der wissenschaftlichen Botanik ist zu umfangreich und zu vielseitig geworden, als dal) es gelänge, den Begriff dieses Wissenszweiges in den Rahmen einer befriedigenden Definition zu bringen. Zur vorläufigen Orientierung sei das Wort Botanik in folgen- dem Satze umschrieben. Die Botanik, als Wissenschaft aufgefaßt, sammelt — zunächst ohne Rücksichtnahme auf irgend ein praktisches Bedürfnis — alles, was sich Tatsächliches über die einzelne Pflanze und durch den Vergleich der Formen des Pflanzenreiches, sei es durch die direkte Beobachtung, sei es durch das Experiment. er- heben läßt, und bringt das so Gewonnene in geistige Verbindung. Das ganze Gebiet der wissenschaftlichen Botanik wird von der morphologischen und physiologischen Forschung beherrscht. Die Morphologie beschäftigt sich mit rein gestaltlichen Verhältnissen der Pflanzen und ihrer Teile, die Physiologie hingegen mit deren Funktionen; sie sucht die Bedingungen und Erscheinungen des Lebens der Pflanze zu ergründen. In manchem Zweige der wissenschaftlichen Botanik herrscht ausschließlich eine dieser Forschungsrichtungen, z. B. in der Systematik, welche die Formen des Pflanzenreiches — die Pflanzen- arten — nur auf Grund morphologischer Charaktere auseinander- hält und zusammenfaßt. Weit häufiger berühren, ja durchdringen sich morphologische und physiologische Erkenntnisse im Studium der Pflanze. An jede morphologische Tatsache knüpfen sich sofort zwei physiologische Fragen: in welcher Weise ist das betreffende morphologische Gebilde zustande gekommen, oder, genauer gesagt, welche chemischen und physikalischen Kräfte waren bei dessen Ent- stehung tätig? Ferner, welche Aufgabe hat dieses Gebilde im Leben der Pflanze zu erfüllen? Diese allgemeine Bemerkung über die Verbindung von Mor- phologie und Physiologie möge durch das folgende naheliegende Beispiel näher erläutert werden. Die jugendlichen, bloß der Neubildung Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 1 2 | ir von Zellen dienenden Gewebe — die Meristeme — zeichnen sich durch die Diehtigkeit ihres Gefüges aus: Zelle lehnt sich an Zelle, keinerlei Zwischenraum schiebt sich zwischen ihnen ein. Aus diesen Meristemen gehen Gewebe hervor, deren Zellen sich nicht mehr teilen und die unter Annahme sehr verschiedener, aber bleibender Formen lufterfüllte Hohlräume, sogenannte Interzellularen, zwischen sich ausbilden. Aus dem Meristem ist ein Dauergewebe geworden. Jede dieser beiden Gewebeformen ist durch besondere morphologische Eigentümlichkeiten charakterisiert, von denen hier nur einige wenige hervorgehoben wurden. Aber schon an diese knüpfen sich sofort Fragen physiologischer Art: wie sind die Interzellularen entstanden, welche Kräfte führten dazu, die anfänglich dicht verbundenen Zellen stellenweise zu trennen, und welche Funktion fällt diesen lufterfüllten Hohlräumen zu? Man sieht also, wie in der botanischen Forschung Morphologie und Physiologie ineinandergreifen müssen, um selbst die naheliegend- sten Probleme der Lösung entgegenzuführen. Im Laufe unserer Dar- stellung wird es sich zeigen, daß Form und Leistung der Organe in innigster Beziehung zueinander stehen, daß die Gestalt der Pflanzenteile nicht Selbstzweck ist, sondern dem Leben dient, über- haupt, daß die Formen den Funktionen der Organe angepaßt sind und im Verhältnisse gegenseitiger Abhängigkeit sich befinden. Trotz- dem erfordert es das elementare Studium der Botanik, wenigstens anfänglich, Morphologie und Physiologie möglichst auseinanderzu- halten, um die Aufmerksamkeit vorläufig auf verwandte Tatsachen hinzulenken. Es liegt wohl auf der Hand, daß die physiologische Betrachtung die Kenntnis der morphologischen Eigentümlichkeiten oder doch gewisser morphologischer Eigenschaften voraussetzt, wie etwa zum Verständnis der Funktionen einer Maschine die Form und das In- einandergreifen ihrer Bestandteile zu kennen notwendig ist. Des- halb wird man es wohl gerechtfertigt finden, wenn in unserer Dar- stellung die Morphologie oder, genauer gesagt, ein bestimmter Zweig der Morphologie der Physiologie vorangeht. Der physiologische Teil wird sich vielfach auf Tatsachen der Morphologie stützen müssen, und dort erst wird es sich zeigen, wie sich diese beiden botanischen Grunddisziplinen gegenseitig unterstützen und ergänzen. — Das vorliegende Buch ist der Anatomie und Physiologie der Pflanzen gewidmet. Erstere bildet einen Teil der Morpho- logie, welcher, wie sich alsbald herausstellen wird, für die meisten anderen Zweige der wissenschaftlichen Botanik von fundamentaler Bedeutung ist, weshalb er in unserer Darstellung in den Vorder- 3 grund tritt. Die Anatomie steht aber, wie kein anderer Zweig der Morphologie, in der innigsten Wechselbeziehung zur Physiologie und hat sich auch mit dieser zum großen Teile entwickelt und aus- gebildet. Deshalb schließt sich in diesem Buche an die Anatomie unmittelbar die Physiologie an, was auch um so berechtigter er- scheinen dürfte, als die letztere von den anderen Teilen der Morpho- logie fast gänzlich unabhängig ist und die Kenntnis derselben für ein tieferes Eindringen in die übrigen botanischen Wissenszweige nur förderlich sein kann. Es sollen hier zunächst die Aufgaben der Morphologie in Kürze präzisiert werden, um die Beziehungen der Anatomie zu den anderen Teilen der Morphologie und auch das Verhältnis dieser zur Physio- logie beleuchten zu können. Alle bis jetzt in Angriff genommenen Aufgaben der Morpho- logie lassen sich am kürzesten folgendermaßen zusammenfassen: 1. Beschreibung der äußeren Form der Organe (deskriptive oder plastische Morphologie); 2. Ergründung des inneren Baues der Pflanze (Anatomie); 3. Erforschung der Entwicklung der Pflanze und ihrer Teile (Entwicklungsgeschichte); 4. Zurückführung der Organe auf bestimmte Typen (systematische Morphologie). Die deskriptive Morphologie in dem eben angegebenen Sinne bildet, da sie bloß das Augenfälligste, nämlich die äußere Gestalt schon ausgebildeter Organe ins Auge faßt, die unterste Stufe morphologischer Untersuchung. Sie dient bekanntlich der Unter- scheidung und Beschreibung der Pflanzenformen, also der Systematik. Hingegen steht sie fast außer aller Beziehung zur Anatomie und Physiologie, weshalb sie hier außer Betracht gelassen werden kann. Die Pflanzenanatomie, als deren Begründer Malpighi (Anatome plantarum, 1675) genannt werden muß, erforscht die inneren morphologischen Verhältnisse der Pflanze. Sie ist durch die Eigenartigkeit ihrer Methode ausgezeichnet, welche, wie schon der Name andeutet, die analytische ist. Wie die Chemie durch An- wendung dieser Methode zur Kenntnis einfacher Verbindungen und zu den Elementen leitet, so gelangt die Anatomie durch die Methode der Zerlegung von den Organen zu den Geweben, von diesen zu den sogenannten Elementarorganen, den Zellen, und von diesen zu den kleinsten, durch das Mikroskop eben noch wahrnehmbaren Formbestandteilen des Pflanzenkörpers. Und wie die Chemie auf analytischem Wege theoretisch zur Annahme der chemischen Mole- küle und Atome führte, so leitet die Anatomie durch die gleiche Geistesoperation zur Annahme kleinster, nicht mehr wahrnehmbarer lebender Elemente des Pflanzenkörpers, zu den letzten Lebens- 1* A einheiten, welche gleich den Atomen und Molekülen unseren Vor- stellungen über materielle, direkt nicht mehr zu verfolgende Vor- gänge und über die feinste organische Zusammensetzung der Pflanzen- substanz zu Hilfe kommen. Die Pflanzenanatomie unterstützt, wie gleich gezeigt werden wird, die Entwieklungsgeschichte, die systematische Morphologie und in manchen Fällen selbst die Systematik*); sie dient aber auch der Pflanzenphysiologie, da die Lebensprozesse in den Zellen sich ab- spielen und so viel als möglich dort verfolgt werden müssen, und weil überhaupt die Vorgänge des Lebens auf das innigste mit der durch die Anatomie festzustellenden Struktur der Pflanze zusammen- hängen. Die Entwieklungsgeschichte, durch Rob. Brown (1827) und Schleiden (Grundzüge der wiss. Botanik, 1842—1843) be- gründet, hat gleichfalls ihre eigenartige Methode, welche zu der die Anatomie beherrschenden den geraden Gegensatz bildet. Es ist dies die synthetische Methode. Den Ausgangspunkt ihrer Untersuchung bildet die erste unterscheidbare Anlage eines Organs, oder — all- gemein gesagt — eines vegetabilischen Gebildes; sie sucht dessen Entstehung auf und verfolgt seine Ausbildung. Auf den ersten Blick scheint uns die Entwicklungsgeschichte mehr einen Weg als ein Ziel der morphologischen Forschung zu repräsentieren. Denn die Entwicklung eines Organs muß doch offen- bar einem bestimmten Endzwecke zutreiben, nämlich dem Zustande der völligen Ausbildung des Organs, einem Zustande, in welchem das Organ die ihm zufallende Funktion überhaupt oder im voll- kommensten Grade erfüllt. An dieses Ziel führt uns nun allerdings die Entwieklungsgeschichte, aber damit ist ihre Bedeutung für die botanische Forschung noch keineswegs erschöpft. Ihre größte Leistung liegt in der Vorführung der Entwieklungsphasen einer Pflanze oder eines Organs; denn hierbei entschleiert sie uns das Charakteristische der organischen Gestalten, deren Bildungsgesetz, und enthüllt uns die Verwandtschaftsverhältnisse der Pflanzenformen. Im ersten Falle dient sie der systematischen Morphologie, indem sie morphologisch gleiche Organe (z. B. Blätter) viel schärfer zusammen- faßt, und morphologisch verschiedene, aber ähnliche (z. B. Wurzel und Stamm) viel genauer auseinanderhält, als dies auf Grund äußerer Formen fertiger Organe möglich ist. Im letzteren Falle steht sie im Dienste der systematischen Botanik (Systematik), und auch hier gelang es ihr, das Hauptproblem: die Begründung eines natürlichen *) In neuester Zeit findet die Anatomie in der beschreibenden Botanik aus- gedehnte Anwendung. 5 Systems, weitaus vollständiger, als es die deskriptive Morphologie vermochte, zu lösen; denn bei vergleichender entwieklungsgeschicht- licher Betrachtung der Pflanzenformen treten deren Verwandtschafts- verhältnisse viel schärfer zutage als durch Vergleich fertiger Formen, und es werden dabei morphologische Beziehungen dargelegt, die, weil sie eben der Entwicklung angehören, der deskriptiven Morpho- logie stets verborgen bleiben müssen. Obgleich die Anatomie in ihrer reinen Form auf den analyti- schen, die Entwieklungsgeschichte auf den synthetischen Forschungs- weg gewiesen ist, so unterstützen und ergänzen sich beide doch in so inniger Weise, daß uns häufig die Grenzen zwischen diesen beiden morphologischen Gebieten verwischt erscheinen. So begnügt sich beispielsweise die Anatomie nicht mit der Darlegung der fertigen Zustände der Zellen, sondern führt uns auch die stufenweise Aus- bildung derselben vor, bedient sich also in diesem Falle der Ent- wieklungsgeschichte. Diese muß aber die innere Ausbildung ebenso wie die Entfaltung der äußeren Gestalt der Organe verfolgen, sie muß deshalb im ersteren Falle die analytische, also die anatomische Methode zu Rate ziehen. Dennoch verfolgt die Anatomie ein anderes Hauptziel als die Entwicklungsgeschichte, wie oft sich auch die Wege beider kreuzen mögen. Eindringlicher als in diesen einleitenden Vorbemerkungen, welche ja nur einige allgemeine Gesichtspunkte der Forschung dem Anfänger bezeichnen wollen, wird sich dies im Verlaufe der Dar- stellung unseres Gegenstandes zeigen. Hier möge zur Erläuterung des Gesagten nur ein Beispiel angeführt werden. Wie schon erwähnt, unterscheidet man Meristeme und Dauergewebe. Erstere bilden die Jugendzustände (embryonale Stufe) der letzteren. Die Meristeme zeigen untereinander nur unbedeutende Verschiedenheiten, entwickeln aber Dauergewebe der mannigfaltigsten Art. Da die Meristeme die Bildungsherde der Organe bezeichnen, so ist es selbstverständlich, daß sich die Entwicklungsgeschichte in der eingehendsten Weise mit ihnen beschäftigen muß und Einzelheiten, die auf die Organ- entwicklung Bezug haben, im Charakter der Elemente aber nicht ausgeprägt sind, verfolgt, welche das Interesse des Anatomen indes nur in untergeordnetem Maße in Anspruch nehmen. Die aus den Meristemen sich entwickelnden Dauergewebe werden in der ent- wicklungsgeschichtlichen Forschung nur berührt; es wird eben nur im allgemeinen angegeben, welche Kategorien derselben in den Organen auftreten. Die genauere Schilderung der Dauergewebe, so- wohl bezüglich ihrer Anordnung in den fertigen Organen als ihrer Zusammensetzung aus Zellen, ist Aufgabe der Anatomie. Diese be- 6 schäftigt sich also wohl mit allen Geweben, wendet aber ihr Haupt- augenmerk auf die Dauergewebe; die Meristeme bieten ihr nur ver- hältnismäßig wenig Anhaltspunkte zur Forschung dar. — Da den Dauergeweben und ihren Elementen fast alle physiologischen Leistungen zufallen, die Meristeme aber, von einigen später zu be- rührenden Ausnahmen abgesehen, bloß einer Funktion, nämlich der Neubildung von Zellen dienen, so erhellt auch, dal) viel innigere und reichlichere Beziehungen zwischen Anatomie und Physiologie als zwischen dieser und der Entwicklungsgeschichte stattfinden. Endlich sei noch hervorgehoben, daß die durch die Anatomie uns vorgeführten fertigen Zustände der Gewebe der Entwicklungs- geschichte vielfach die Ziele bezeichnen, welchen sie nachzustreben hat. Es prägt sich dies historisch in dem relativ späten Auftreten der entwicklungsgeschichtlichen Forschung aus. Kurz zusammenfassend kann man also sagen, daß die Ent- wicklungsgeschichte mit Ausnahme der rein deskriptiven allen übrigen Teilen der Morphologie dient und daß ihre Hauptaufgabe darin besteht, uns das Bezeichnendste aller organischen Gestalten, ihr Werden, vor Augen zu führen. Die Lehre von der Zurückführung der Organe auf bestimmte Typen, die systematische Morphologie, steht allerdings, wie die drei eben skizzierten Teile der Morphologie, auf dem Boden der Tatsachen und bedient sich vorwiegend der entwicklungsgeschicht- lichen Methode; der Grundgedanke dieses Zweiges der Morphologie ist aber eine Hypothese, die nämlich, daß die ihrer äußeren Form nach höchst verschiedenen Organe der Pflanzen auf bestimmte, genau unterscheidbare Typen (Grundorgane, Glieder) zurückgeführt werden können. Die Anregung zur Entstehung dieses Zweiges der Morphologie gaben Kasp. Friedr. Wolff (1766) und namentlich Goethe (Meta- morphose, 1790), welcher das Blatt als ein besonderes Grundorgan auffaßte und andere, dem gewöhnlichen Blatte (Laubblatte) äußer- lieh gar nicht einmal ähnliche Organe (z. B. Staubfäden) auf diesen Grundtypus zurückleitete. Schleiden (Grundzüge) konnte, da er sich auf den Boden der Entwicklungsgeschichte begab, den Begriff »Blatt« schärfer als seine Vorgänger präzisieren und suchte, gleich Wolff, die Organe der Pflanzen auf Blatt und Stamm zurück- zuführen. Er unterschied als Grundorgan das Blatt und die Achse (Stamm — Wurzel). Die Späteren reichten mit diesen beiden Grund- gliedern nicht mehr aus. Gegenwärtig ist man bestrebt, die Organe der Pflanzen auf folgende fünf Grundglieder zurückzuführen: Blatt (Phyliom), Stamm (Kaulom), Wurzel (Rhizikom), Haar (Trichom) und Lager (Thallom). 7 Durch die äußere Form lassen sich diese Grundglieder gar nicht auseinanderhalten, wohl aber vermag man dies, wenig- stens einigermaßen, auf Grund der Bildungsgesetze. Im großen Ganzen gelingt auf diese Weise die Unterscheidung, nicht aber so vollständig, als daß nicht zahlreiche zweifelhafte Fälle übrig- blieben, welche, namentlich in früheren Dezennien, zu lebhaften Diskussionen Veranlassung gaben. Man hat auch anatomische Charaktere zur Präzisierung dieser Begriffe herangezogen, aber auch dies hatte nicht den gewünschten Erfolg. Am schärfsten läßt sich noch die (echte) Wurzel definieren; aber zwischen Thallus einerseits und Stamm und Blatt anderseits existieren ebenso Übergänge wie zwischen Blatt und Stamm, Blatt und Trichom. Durch eingehendes Studium der morphologischen Verhältnisse kommt man zur Überzeugung, daß die aufgestellten Grundglieder als besondere natürliche morphologische Elemente ebensowenig existieren, als Pflanzenspezies im Sinne der älteren Naturgeschichte, vielmehr diese wie jene durch Übergänge verbunden sind.*) Es muß in dieser Einleitung noch auf ein wichtiges Prinzip hin- gewiesen werden, welches, wie namentlich der zweite und dritte Band dieses Werkes lehren werden, auf allen die Lebewesen betreffenden Forschungsgebieten sich bewährte, das die systematische Morphologie in richtigere Bahnen lenkte, der Entwicklungsgeschichte neue Wege erschloß und auch der Anatomie unentbehrlich wurde. Es ist dies das gewöhnlich unter dem Schlagworte Darwinismus angeführte Prinzip der Abstammung der lebenden Wesen. Die systematische Morphologie bildete sich in ihrer starren Form zu einer Zeit aus, in welcher die Cuviersche Lehre noch in voller Geltung stand. Dieser Lehre zufolge bleiben die Arten des Pflanzen- und Tierreiches im Laufe der aufeinanderfolgenden Generationen unveränderlich. Seit etwa 45 Jahren ist die Cuvier- sche Auffassung von der Stabilität der Pflanzen- und Tierspezies durch die Darwinsche Lehre von der Veränderlichkeit der Arten beseitigt worden und steht gegenwärtig, wie verschiedenartig auch die Auffassungen bezüglich des Zustandekommens der Umwand- lungen sein mögen**), in vollster Geltung. Da dieser Auffassung zufolge die höher organisierten, mit Blättern und Stämmen versehenen Pflanzen sich aus den niedriger stehenden #) Die Lehre von den Grundgliedern der Pflanze und ihre Beziehung zu den wichtigen Begriffen: Analogie und Homologie der Organe wird erst im zweiten Bande (Organographie und Systematik) genauer erörtert werden. *#) S, hierüber Bd. III (Biologie). Es wird in der Folge hier die 2. Aufl. (1902) zitiert. 8 Lagerpflanzen bildeten, so ist beispielsweise ersichtlich, daß die als Blatt und Stamm bezeichneten Vegetationsorgane aus dem Lager (Thallus) entstanden sind. Deshalb kann es nicht befremden, wenn in der jetzigen Pflanzenwelt Vegetationsorgane vorkommen, die, weil sie Übergangsformen vom Lager zu Blatt und Stamm sind, sich nicht strenge definieren lassen. Derartige Übergangsformen bildeten und bilden noch jetzt die früher berührten Streitobjekte der syste- matischen Morphologie; dieselben bieten aber, vom Darwinschen Standpunkte aus betrachtet, nichts Befremdendes mehr dar. Während die Entwieklungsgeschichte anfänglich nur die suk- zessive Hervorbildung der Organe aus der Anlage und im äußersten Falle die ganze Entwicklung einer bestimmten Pflanzen- oder Tier- form verfolgte, hat sie sich unter dem Einflusse der Abstammungs- lehre noch ein anderes, höheres Ziel gesteckt, indem sie außer der Entwicklung des Individuums (ontogenetische Entwicklung, Onto- genese) auch die der Art oder einer anderen systematischen Ein- heit zu ermitteln sucht (phylogenetische Entwicklung, Phylo- genese). Wie das Individuum, so hat auch die Art, überhaupt jede Form ihre Geschichte. Das Endziel der Entwicklungslehre liegt in der Auffindung des Stammbaums der ganzen organischen Welt. Die ontogenetische Entwicklung läßt sich durchaus tatsächlich begründen, da sie unter unseren Augen vor sich geht; nicht so die Phylogenese, welche in großen bis unermeßlichen Zeiträumen sich vollzieht und deshalb vielfach den Charakter: der Hypothese an sich trägt. Nichtsdestoweniger benützen wir in allen Gebieten der organischen Naturwissenschaften, besonders in den morphologischen Disziplinen. mit Vorteil das phylogenetische Prinzip, und selbst in der Anatomie treten uns, wie wir sehen werden, mehrfach Bildungen entgegen, die wir nur unter dem Gesichtspunkte der Abstammung verstehen. Eine einheitliche Darstellung der deskriptiven und systemati- schen Morphologie der Organe und deren Entwicklungsgeschichte, welche auch die Beziehungen zwischen Form und Funktion der Organe ins Auge faßt, wird unter dem Titel Organographie im zweiten Bande dieses Werkes gegeben werden. — ls wurde schon oben die Aufgabe der Physiologie in Kürze charakterisiert. Unsere heutige Naturauffassung erlaubt es bereits, diese Aufgabe noch genauer, nämlich dahin zu präzisieren, daß die Physiologie die Phänomene des Lebens auf mechanische Prozesse zurückzuführen habe. Diese Aufgabe erscheint uns aber derzeit nur zum Teile lösbar. Eine Reihe von Lebenserscheinungen, wie die der Anpassung der Pflanzen an die äußeren Lebensbedingungen, I die der Erblichkeit, die der Umbildung der Pflanzenarten (Entstehung der Arten) und andere ähnliche Phänomene lassen sich derzeit noch nicht als mechanische Probleme fassen. Die überwiegende Mehrzahl der heutigen Physiologen erwartet, daß diese Phänomene später einer Lösung im Sinne der physikalisch- chemischen Untersuchung werden entgegengeführt werden können. Heute liegt die Sache aber noch nicht so*), und dies macht eine Teilung des ganzen physiologischen Gebietes um so notwendiger, als die physikalisch-chemischen Erscheinungen eine andere Methode der Forschung erfordern wie die anderen, die man vorläufig als vitalistische Phänomene bezeichnen kann. Dort, wo wir greifbare mechanische (chemische und physika- lische) Probleme vor uns haben. können wir im echt naturwissen- schaftlichen Sinne forschend vorgehen und auf Grund exakter chemi- scher und physikalischer Versuche vermögen wir uns dem Ziele der Erkenntnis zu nähern. Dieser durch exakte Fragestellung und exakte Methode ausgezeichnete Teil bildet die Physiologie im engeren Sinne, und nur mit dieser werden wir uns in diesem Bande beschäftigen. Die vitalistischen Probleme lassen sich in solch tiefgehender Weise nicht behandeln; man kann hier, will man den Boden der Tatsachen nicht verlassen, nur deskriptiv und vergleichend vor- gehen und muß im übrigen zur Erklärung der Tatsachen die Hypothese zu Hilfe nehmen. Die Mehrzahl der Naturforscher be- zeichnet diesen Zweig der Physiologie als Biologie. Es wird dieses Wort indes auch noch in.anderem Sinne genommen.**) Es ist ersichtlich, daß zwischen Biologie in diesem Sinne und Physiologie keine natürliche, sondern bloß eine durch das praktische Bedürfnis gegebene Grenze besteht. Mit der Biologie im genannten Sinne werden wir uns erst im dritten Bande dieses Werkes beschäftigen können, da das Studium derselben nicht nur die Kenntnis der Pflanzenformen, welche erst im zweiten Bande abgehandelt werden, sondern auch anatomische und physiologische Einsichten voraussetzt. Die ersten grundlegenden Arbeiten auf dem Gebiete der Pflanzenphysiologie sind Hales (Statical essays, 1727) zu danken. Als Begründer der wissenschaftlichen Biologie der Pflanzen muß Ch. Darwin (geb. 1809) bezeichnet werden.') *) Inwieferne neben den mechanischen auch psychische Elemente im Studium des Lebens der Pflanze in Erwägung zu ziehen sind, möge in Bd. III (Biologie) nachgesehen werden. **) Näheres hierüber s. in Bd. III (Biologie). Erster Teil. Ne Erster Abschnitt. Zellenlehre. I. Die Einheit im inneren Bau der Pflanze. 1. Jede Pflanze läßt sich auf eine Summe kleiner, gewöhnlich erst durch das Mikroskop erkennbarer Elementarorgane zurück- führen, welche, einem herkömmlichen Gebrauche zufolge, als Zellen bezeichnet werden, wenn sie es auch dem Wortsinne nach nicht immer sind. An OÖberhäuten, die sich leicht von den Organen der Pflanze in unverletztem Zustande lostrennen lassen, oder an durchschnittenen Pflanzenteilen erkennt man unter Mikroskop die Zusammensetzung aus Zellen, den zelligen Bau, in voller Deutlichkeit. Jede einzelne Zelle ist meist deutlich wahrnehmbar; gewöhnlich läßt sich aber die Grenzlinie, welche die Elementarorgane vonein- ander scheidet, nicht sehen. Benachbarte Zellen erscheinen nämlich durch gemeinsame Scheidewände getrennt. 2. Durch bestimmte Prozeduren gelingt es jedoch in der über- wiegenden Mehrzahl der Fälle, Zelle um Zelle aus dem natürlichen Verbande zu lösen und so aufanalytischem Wege die Zusammen- setzung der Pflanze aus Zellen zu demonstrieren. Kocht man beispielsweise eine Kartoffel in Wasser und bringt man ein kleines Quantum der hierbei weich und breiartig gewordenen Masse unters Mikroskop, so sieht man, daß die Zellen, welche an- fänglich fest miteinander verbunden waren, die man als solche deutlich unterscheiden konnte, deren Grenzlinien aber nicht in Er- scheinung traten, völlig unverletzt aus dem Verbande gegangen sind. +1 “Die Gewebe fleischiger Wurzeln (z. B. der Runkelrübe) lassen sich auf diese Weise nicht in Zellen zerlegen, wohl aber durch Kochen in einem mit Schwefelsäure angesäuerten Wasser. Die Elemente der Baumrinden lösen sich gewöhnlich erst durch Erwärmung in stark alkalisch gemachtem Wasser voneinander. Pflanzenteile, welehe durch die genannten Mittel nicht zum Zerfalle in Zellen gebracht werden können, wie z. B. das Holzgewebe, lassen sich durch Erwärmen im sogenannten Schulzeschen Ge- misch (chlorsaures Kali und Salpetersäure) oder durch kalte Chrom- säure, welche Schwefelsäure enthält, in die Elementarorgane zerlegen. Der hier kurz geschilderte Zerfall der Pflanzenteile in Zellen beruht entweder auf mechanischer Loslösung oder auf Beseitigung einer an den Zellgrenzen auftretenden Substanz durch Auflösung. Da beide Formen der Loslösung von Zellen auch im lebenden Organismus vor sich gehen, z. B. beim Mehligwerden der Früchte, oder bei der natürlichen Ablösung von Blättern, so mögen jene Tat- sachen hier mitgeteilt werden, welche die Art des Zustandekommens der Isolierung der Zellen begründen. Eine ganze Kartoffel oder ein großes Stück derselben läßt sieh durch Kochen im Wasser in Zellen zerlegen. nicht aber ein dünner Schnitt durch das Gewebe, welcher nur aus durch- sehnittenen Zellen besteht. Hier kann schlechterdings von der Auflösung einer Bindesubstanz der Zellen durch Einwirkung von heißem Wasser nicht die Rede sein; vielmehr bleibt nur die Er- klärung übrig, daß beim Kochen die Inhaltsmasse der Zellen (Stärke, welche beim Kochen zu Kleister wird und dabei stark aufquillt) die Zellwand so gespannt hat, daß sie in der Fläche der geringsten Kohäsion sich spaltete. Die Fläche der geringsten Kohäsion ist aber hier und in zahlreichen anderen Geweben die direkt nicht sichtbare Grenzfläche der Zellen. Dünne Schnitte durch Rinde oder Holz. welche nur aus durchschnittenen Zellen bestehen, lassen sich durch geeignete Mittel viel leichter in die Elementarorgane zerlegen als kompakte Stücke. Hier liegt an der Grenze der Zellen, aber diesen noch angehörend, eine in den genannten Mitteln lösliche Substanz. 3. Es gibt indes gewisse pflanzliche Organismen, bei denen es nach der analytischen Methode nicht gelingt, den zelligen Bau zu erweisen. Hier bleibt, um den Nachweis der Zusammensetzung aus Elementarorganen zu führen, nichts anderes übrig, als den synthetischen Weg einzuschlagen, nämlich die Entstehung des Gebildes zu verfolgen. Als Beispiel sei hier jener Entwicklungs- zustand der Schleimpilze (Myxomyceten), welcher als Plasmodium 12 angesprochen wird, vorgeführt. Dasselbe stellt eine schleimige, kon- traktile Masse dar, welcher eine kriechende Bewegung eigen ist. Die auf Gerkerlohe auftretende bekannte Lohblüte (Aethalltum septicum) ist ein solches Plasmodium von eigelber Farbe, das Handgröße erreichen kann. Durch Anwendung all der früher ge- nannten Mittel läßt sich dasselbe nicht in seine morphologischen Elemente (Zellen) auflösen. Verfolgt man aber die Entwicklung eines Plasmodiums von der Spore an, so sieht man, wie aus dieser ein kleiner, amöbenartiger Protoplasmakörper (Myxamöbe, s. Fig. 1) aus- tritt, welcher sich bewegt und durch Tei- lung vermehrt. Durch Verschmelzung zahl- reicher Myxamöben kommt das Plasmodium zustande. Dieses entsteht aber nieht nur aus Zellen (Myxamöben), es zerfällt auch wieder in Zellen, ja es besteht auch aus solchen, wie an den darin entdeckten Zellkernen ee EN FE ersehen ist. ‚Die Grenzen der Elemente myceten. z Zellkern. lassen sich aber innerhalb eines Plasmodiums auf keinerlei Weise anschaulich machen.?) Es läßt sich also in der Regel auf analytischem (anatomischem), in allen Fällen aber auf synthetischem (entwieklungsgeschichtlichem) Wege der Beweis liefern, daß sich jede Pflanze ganz und gar aus Zellen aufbaut, sofern sie nicht selbst bloß eine Zelle ist. Letzteres muß besonders betont werden, denn es gibt auch selbständige vegetabilische Organismen, welche nach allen ihren Eigentümlichkeiten einer Zelle gleichwertig sind, z. B. die Hefe (Gärungspilz, Saccharomyces cerevistae). 4. Die Zurückführung der Pflanzenteile auf Zellen ist in manchen Fällen mit Schwierigkeiten verbunden, welche indes durch- aus überwunden wurden. Die Fasern des Bastes und Holzes, ferner die Gefäße sind lange Zeit für etwas von den Zellen Verschiedenes angesehen worden. Aber schon in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts wurde durch H. v. Mohl gezeigt, daß die Fasern sich nur durch die Dimensionen von den gewöhnlichen Zellen unterscheiden, die Gefäße aber Zellreihen sind, welehe durch Auf- lösung der Querwände in röhrenförmige Gebilde umgewandelt er- scheinen (Zellfusionen). Damit wurde der wichtigste Fundamentalsatz der Anatomie, welcher die Einheit im inneren Baue der Pflanzen aus- sprach, und der durch alle späteren Entdeckungen in der Anatomie nur immer wieder Bestätigung fand, begründet. 13 2 Bis zu einem gewissen Grade führt jede an dem Aufbaue einer Pflanze anteilnehmende Zelle ein selbständiges Leben. Aber höchstens in abgestorbenen Teilen eines Organes (z. B. im Kern- holz der Bäume) repräsentiert die Zelle bloß ein passives Raum- teilchen des Ganzen. Im lebenden Gewebe treten die Zellen in fortwährenden Wechselverkehr, ja sie können, wie wir gesehen haben, auch miteinander verschmelzen (zu Gefäßen und ähnlichen Bildungen). In neuerer Zeit ist für viele Gewebe eine Verbindung der Protoplasmen benachbarter Zellen nachgewiesen worden. (Näheres unten bei Protoplasma und Zellwand.) Die ersten Pflanzenzellen wurden von Rob. Hooke (1667) gesehen. Die ersten genauen Untersuchungen über den Zellenbau der Pflanzen rühren von Malpighi (1671) her. II. Die wesentlichsten Bestandteile der Zelle.?) 5. Die an der Zusammensetzung der Blätter, Stengel und Wurzeln anteilnehmenden Zellen bestehen aus Protoplasma, aus dem Zellkern (Kern, nucleus) und der Zellhaut (Zellmembran, Zellwand). Diese Bestandteile der Pflanzenzellen sollen später ausführlich beschrieben werden. Zur vorläufigen Charakteristik derselben sei einstweilen nur folgendes hervorgehoben. Allen dreien kommt eine für Lebenszwecke bestimmte innere Struktur zu, sie sind nicht bloß organische Körper, wie etwa Eiweiß oder Zellulose, sondern durch eine für Lebenszwecke bestimmte eigentümliche Struktur ausge- zeichnet, kurzgesagt, organisierte Körper. Das Protoplasma er- scheint uns gleich dem Zellkerne als eine körnigschleimige Substanz; letzterer liegt als rundliches Körperchen stets im Protoplasma, ist gegen das letztere scharf abgegrenzt und hebt sich von demselben deutlich ab, denn trotz vieler Ähnlichkeiten stimmt der Kern im Lichtbrechungsvermögen mit dem Protoplasma, von einigen später zu erwähnenden Ausnahmsfällen abgesehen, nicht überein. Die Zellmembran bildet ein geschlossenes. die Zelle nach außen scharf abgrenzendes Häutchen oder eine mehr oder minder dieke Wand. Protoplasma und Zellkern werden im Verlaufe des Lebens häufig zum großen Teile oder gänzlich aufgebraucht, hingegen bleibt die Zellhaut in der Regel erhalten. Als Inhalt der Zellen tritt dann nicht selten Luft auf (Mark der Holzgewächse). Fehlt der Zelle das Protoplasma, so hört sie auf, ein lebender Organismus zu sein. 14 Es gibt Zellen, welchen der Kern fehlt, z. B. den niedersten einzelligen Pilzen und Algen. Auch membranlose Pflanzenzellen existieren, z. B. die schon früher genannten Myxamöben, des- gleichen jene Zellen, welche die erste Anlage des Pflanzenkeims bilden.*) Es geht aus dieser kurzen Betrachtung hervor, daß die Pflanzenzellen gewöhnlich aus Protoplasma, Kern und Membran bestehen (Schleiden, 1842), daß aber bloß das Protoplasma als nie fehlendes Attribut der Zelle anzu- sehen ist. (Brücke, Elementarorganismen, 1861.) II. Form und Größe der Zellen. 6. Die Gestalten der Pflanzenzellen variieren ins Unendliche. Doch lassen sich als häufigste Formen Bläschen, Plättehen und Fasern unterscheiden. Die Bläschen sind nach allen drei Riehtungen des Raumes nahezu gleich stark entwickelt, dabei entweder rund (Hefezellen) oder polyedrisch (Zellen des Markes der Holzgewächse). Das später als Parenchym näher zu betrachtende Gewebe besteht gewöhnlich aus bläschenförmigen Zellen. Bei den plättehenförmigen (tafelförmigen) Zellen überwiegen zwei Dimensionen gegen die dritte. Der Umriß dieser Zellen kann sehr mannigfaltig: polygonal, rund- lich, wellenförmig sein. Die Oberhäute setzen sich sehr häufig aus solehen Zellen zusammen. Bei den faserförmigen Zellen überwiegt die Länge im Vergleiche zu den Dimensionen des Querschnittes. Diese Zellformen enden gewöhnlich spitz, sind aber ihrer übrigen Körperform nach Zylinder oder Prismen. Die in der beschreibenden Botanik als »Nerven« bezeichneten Gefäßbündelzüge der Blätter und anderer Organe bestehen vorwiegend aus faserförmigen Ele- menten. In allseitigem Gewebeverbande befindliche Zellen weichen selten von den hier genannten Typen ab; doch kommen auch *) Die Zellen eines Pflanzenteiles sind in der Regel von Zellhäuten um- schlossen und dadurch erscheinen sie gegenseitig scharf abgegrenzt. Wenn eine solche Abgrenzung nicht stattfindet, die Einzelzelle also nur durch den Zellkern charakterisiert ist, wie z. B. in den Plasmodien, die Protoplasmen benachbarter Zellen hingegen miteinander verschmolzen erscheinen, so wird eine solche Zelle nach dem von Sachs herrührenden Vorschlag als Energide bezeichnet. Auch Protoplasma und Zellkern behäuteter Zellen, also nach seiner Auffassung den eigentlichen Lebensträger der Zelle, das, was vorher schon Brücke als »lebenden Zellenleib« bezeichnete, faßt Sachs als Energide zusammen (siehe die Note Nr. 2). Scharf individualisierte unbehäutete, später erst mit Membranen sich um- kleidende Zellen werden wir in der Folge als Primordialzellen kennen lernen. 15 hier manchmal sternförmige (Fig. 4) oder verästelte Gestalten vor. Eine größere Mannigfaltigkeit gibt sich aber bei vegetabilischen Organismen zu erkennen, welche einzellig sind oder die, wie die Haare, mit dem größten Teile ihrer Oberfläche freiligen. Viele einzellige Algen und einzellige Pilze (z. B. Mucor; abgebildet in Bd. II*), p. 113) verzweigen sich auf das mannigfaltigste.**) Die zu einem Gewebe mit- einander verbundenen Zellen stim- men entweder miteinander in der Form überein oder sind ver- schieden gestaltet. In letzterem Falle spricht man von Poly- morphie der Zellen des Ge- webes (s. Fig. 3). Nur wenige Gewebe bestehen aus monomor- phen Elementen. Vergr. 380. Oberhautstück eines jungen Scheiden- Zellen, welehe von Mem- ee ee ea ae den Ve zellen s und s’, der Spalte und den Neben- branen umschlossen sind, ändern zellen N. H Haar, Z Zwergzellen, z Zellkern, p Protoplasma. *) Es wird im nachfolgenden Fig. 2. die zweite Auflage des Bandes II h zitiert. \ ° ##) Manche durch lange Zeit Ya als einzellig angesehene, oft sehr kom- pliziert geformte Algen und Pilze (z. B. Caulerpa, Fig. 2) sind später als vielzellig erkannt worden; sie bestehen nämlich aus zahlreichen, zumeistkernführenden, membranlosen Zellen (»Energiden«; siehe Anmer- kung p. 14), die aber in ihrer Ge- samtheit von einer einzigen Zell- haut umschlossen sind. Derartige vielzellige, bloß von einer Membran umschlossene Zellverbindungen hat man Coeloblasten (und wohl sprachlich richtig, aber dem Sinne nach unrichtig) als »nicht zel- luläre« Gebilde, beziehungsweise als nichtzelluläre Pflanzen bezeichnet. Auch Mucor wird in späteren Ent- Natürl. Größe. Ein Stück der Alge: Caulerpa prolifera. A k i Ä p blattartiger, c stengelartiger, r wurzelartiger Teil. wicklungsstadien vielzellig. (Nach Schacht.) 16 ihre Form, abgesehen von zumeist bloß unwesentlichen, durch Druck, Dehnung, Schrumpfung ete. hervorgerufenen Gestaltver- änderungen, während des Lebens nur durch Wachstum. Freie membranlose Zellen können wohl durch lokale Kontraktionen oder Dilatationen ihren Umriß ändern, wie z. B. die Myxa- möben (Fig. 1). Solehen Zellen kommt häufig die Kugelform zu und sie behalten diese Ge- stalt dann auch so lange bei, als sie membranlos sind. Es ist dies stets ein Zeichen, dab das Z Protoplasma solcher Zellen sehr Yergr, 180. Querschnitt duch das sie sterufürmiger yasserreich ist und in diesem ee telulertume, 1 lung de Zen, Falle, obgleich ein organisierter tum der ale getrennte Mem- Körper, doch bezüglich seiner Gestaltungsverhältnisse sich so wie eine Flüssigkeit verhält. Die spezifische Ge- | stalt der Zellen ist augenscheinlich in ihrer Organi- | e sation begründet, kann aber durch äußere Kräfte auch — vielfach modifiziert werden. Es tritt dies namentlich an den im Gewebeverbande vorkommenden Zellen hervor. So werden z. B. nicht selten die anfangs geradlinig konturierten Bastzellen durch den Druck benachbarter Zellen an den Berührungsstellen wellen- förmig (Fig. 5). Hierher gehören alle anderen auf ähnlichen Druckwirkungen beruhenden Zellformen, welche man Hemmungsformen genannt hat.) 7. Die absolute Größe der Zellen variiert außer- ordentlich, denn es gibt Pflanzenzellen (Bakterien und andere Schizomyceten), deren Durchmesser etwa der Wellenlänge des roten Lichtes (0'0007 mm) gleich- B. die Bastzellen von Böhmeria tenacissima eine Länge von 26cm erreichen. Doch kann man als Regel aussprechen, daß die bläs- chen- und plättehenförmig gestalteten Zellen nach kommt, während andere, z. Vergr. 500. Bruch- stück einer Bastzelle von Thespesia Lam- pas. Rechts Ein- drücke e, hervor- gerufen durch Mark- strahlenzellen, von welehen Reste m der Bastzelle noch anhaften. allen drei Dimensionen, die faserförmigen nach den (Querschnittsdimensionen mikroskopische Größe be- sitzen. Der Zweck der mikroskopischen Kleinheit der Zellen leuchtet ein, wenn man bedenkt, daß die Ober- fläche eines Körpers im Verhältnisse zum Inhalte mit der Abnahme der absoluten Größe zunimmt, und die Geschwindigkeit des Stoff- wechsels von der Öberflächengröße der Zelle abhängig ist. Die Zellen haben infolge ihrer mikroskopischen Kleinheit eine relativ große Oberfläche; deshalb muß die in den Organen stattfindende Stoffbewegung eine relativ rasche sein. IV. Protoplasma.*) 8. Es wurde schon angedeutet, daß die Lebensfunktionen der Zellen an deren Protoplasma (von H. v.Mohl 1344 zuerst genauer beschrieben) geknüpft sind. Dieser Körper kann, da er ein lebendes Gebilde repräsentiert, kein einfaches Stoffgemenge sein, vielmehr muß er eine für Lebenszwecke bestimmte Struktur, eine Organi- sation, besitzen. So gewiß diese für die lebende Materie bezeich- nendste Eigenschaft im Protoplasma realisiert ist, so wenig tritt sie in Erscheinung. Der Grund hierfür mag entweder darin liegen, daß die Formelemente des Protoplasma zu klein sind, als daß sie mit unseren optischen Hilfsmitteln erkannt werden könnten, oder darin, daß sie im Lichtbrechungsvermögen untereinander zu wenig diffe- rieren, um gesehen werden zu können. Indem man das Protoplasma durch Alkohol härtet, dabei selbst- verständlich tötet und sodann mittels passender Tinktionsmittel (Hämatoxylin, Methylenblau, Karmin etc.) färbt, gelingt es, einzelne Strukturverhältnisse nachzuweisen, welche auf die Organisation des lebenden Protoplasma einen Rückschluß erlauben. Bei diesen Ver- suchen (»Härtung«, »Fixierung«) erscheint das Protoplasma oft als *) Das Wort Protoplasma wird verschieden gebraucht. Im weiteren Sinne versteht man darunter die gesamte lebende Substanz der Zelle. Gewöhnlich be- zeichnet man aber als Protoplasma den lebenden Zellenleib, exklusive Kern und Zellbaut. So wurde das Wort auch im Texte verwendet. Strasburger bezeichnet diesen Teil des lebenden Zellenleibes als Cytoplasma. — Unter Hyaloplasma (Pfeffer u. a.) ist die homogene und hyaline Substanz des Protoplasma zu ver- stehen. Den körnerreichen Teil des Protoplasma hat Nägeli Polioplasma ge- nannt. Den in der wachsenden Zellhaut vorkommenden Anteil an lebender Sub- stanz habe ich als Dermatoplasma bezeichnet. Statt Protoplasma sagt man häufig nach Pringsheims Vorschlag kurz Plasma. Dieses Wort besitzt den Vorteil der Kürze und kann in der Regel ohne Gefahr einer Verwechslung ange- wendet werden, denn seine in der Tierphysiologie gebräuchliche Verwendung (zur Bezeichnung des flüssigen Blutanteiles) wird wohl in der Regel zu einer Verwechslung keine Veranlassung geben. — Damit ist die einschlägige Termino- logie noch lange nicht erschöpft. Weniger gebrauchte Ausdrücke mögen hier un- berücksichtigt bleiben, und es sei nur noch erwähnt, daß in neuerer Zeit häufig der Hansteinsche Ausdruck Protoplast (Protoplasma der Einzelzelle) gebraucht wird, Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 2 er 18 ein von feinen Fibrillen zusammengesetztes Netzwerk, dessen Maschen von Flüssigkeit erfüllt sind. In den Fibrillen erscheinen sehr kleine Protoplasmakörner (die »Mikrosomen« Hansteins).*) In manchen Fällen besitzt das Protoplasma einen wabenartigen Bau, ähnlich der von Bütschli in vielen tierischen Protoplasmen nachgewiesenen Schaumstruktur.**) Gewöhnlich erscheint das lebende Protoplasma körnig-schleimig, seltener gänzlich homogen, hyalin; nach außen ist es stets durch eine mehr oder minder zarte Haut (Primordialschlauch Mohls, Hautschichte Pringsheims) abgeschlossen. Diese Haut teilt die eben erwähnte Eigenschaft des Proto- plasma: auch sie stellt sich uns struktur- los dar. Der Primordialschlauch wird in der Regel erst sichtbar, wenn das Protoplasma durch wasserentziehende Mittel (Zucker- Fig. 6. lösung, Schwefelsäure ete.) oder durch starke Erwärmung zur Kontraktion ge- bracht wurde, wobei er sich von der Zell- haut ablöst (Fig. 6). Überall dort, wo das Protoplasma mit dem später zu betrachten- den Zellsaft in Kontakt steht, wird es dichter, hautartig. Solche innere Haut- schichten des Protoplasma dürfen nicht mit demPrimordialschlauch (äußere Hautschichte Vergr. 350. Zellen aus dem Fleisch des Plasma) verwechselt werden.°) der Runkelrübe, in Wasser gekocht, RR aa a Fe Die Hautschichten (äußere und innere) plasma p zur Anschauung zu bringen. f m Zellmembran mit unbehöften Tüp- setzen dem Durchtritte des "Wassers feln £. z Zellkern. R mehr Widerstand als der übrige Proto- plasmakörper entgegen; sie sind eben entscheidend für den Ein- und Austritt der Substanzen im Bereiche des Protoplasma. Die Haut- schichten sind auch stets für Wasser weniger als die Zellhäute ® permeabel. *) Neben den Mikrosomen treten in manchen Protoplasmen auch bläschen- förmige Protoplasmagebilde auf (Physoden nach Crato). In manchen Algenzellen nehmen diese Gebilde oft große Dimensionen an. Hierher gehören auch die lange bekannten »Saftbläschen« fleischiger Früchte. *#) Einige der Strukturen, welche durch Fixierung und Färbung deutlich in Erscheinung treten, wurden, wenn auch in schwächerer Ausprägung, auch in lebenden Zellen beobachtet. Ob aber alle bei der Fixierung erscheinenden Strukturen dem lebenden Protoplasma eigentümlich sind und nicht vielleicht manche darunter bloßes Kunstprodukt darstellen, wird vielfach als offene Frage angesehen. S. hier- über Alfr. Fischer, »Fixierung, Färbung und Bau des Protoplasma.« Jena 1899. f 19 Das funktionierende Protoplasma ist stets wasserreich und immer gelatinös. Ruhendes, also latent lebendes, wie es in keim- fähigen trockenen Samen vorkommt, enthält wenig Wasser, ist steif, hart und zeigt eine grauliche oder schwach gelbliche Färbung, welche am lebenden kaum wahrnehmbar ist. Ganz junge Zellen sind häufig mit Protoplasma völlig erfüllt; nicht selten erscheinen darin von dichteren, hautartig gewordenen Protoplasma- partien umschlossene Flüssigkeits- tropfen (Vakuolen*), entweder eine oder einige wenige (z. B. in Hefe- zellen, s. Fig. 7, v), oder aber zahl- | ! Vergr. 600. Bierhefe. a, 5 Hefezellen, reiche, so daß das Protoplasma schau- ce, 4, e in Sprossung begriffene Hefe, mig aussieht. Bei mikroskopischer Gen Bubetiaie kaltipferte " Hefausilokan “ Sporen s (Brutzellen). Betrachtung erscheint das Proto- plasma in bläulicher, die Vakuolen in rötlicher Interferenzfarbe. Stark herangewachsene Zellen führen neben dem Protoplasma reichlich Flüssigkeit, welche aber nieht mehr in Form von Tropfen auftritt. sondern große, minder regel- mäßig begrenzte Räume erfüllt und dann als Zellsaft bezeichnet wird. Die Anordnung des Zellsaftes im Protoplasma tritt uns in zwei Formen entgegen: entweder erfüllt der Zell- saft den ganzen Innenraum der Zelle, wenn nämlich das Protoplasma bloß als Innenbeleg der Zellwand auftritt (peripheres Protoplasma, Fig. 9); oder der Zellsaft erfüllt mehrere Hohl- räumeimProtoplasma, wenn nämlich vergr. 400. Querschnitt durch das junge Stengelparenchym eines Dikotylenkeim- letzteres teils als Wandbeleg, teils im lings. w wandständiges, c zentrales Proto- ; plasma, beide durch Safträume getrennt. Inneren der Zelle vorkommt (zentra- zZelikern mit dem Kernkörperchen k, Um die Kerne und im wandständigen Protoplasma les Protoplasma oder Kernhülle). In transitorische Stärke s. i Interzellulargänge, 5 . - : m Zellmembran mit Mittellamelle. diesem Falle sind beide Partien des Protoplasma durch die Zellsafträume abgrenzende Protoplasmazüge verbunden (Fig. 8). Kommt in der Zelle bloß ein einfacher Wand- beleg vor, so ist derselbe beiderseits von einer Hautschichte (Primor- dialschlauch und innere Hautschichte) begrenzt. *) Nach neueren Untersuchungen sind die Vakuolen nicht, wie man früher annahm, bloße Flüssigkeitstropfen im Protoplasma, sondern Bildungen von mehr selbständigem Charakter. Es ist nämlich gelungen, an Vakuolen vieler Pflanzenzellen DE) Die Protoplasmen benachbarter Zellen erscheinen in der Regel durch die Zellwände vollständig voneinander geschieden. In neuerer Zeit wurde indes in zahlreichen Geweben eine direkte Verbindung der Protoplasmen benachbarter Zellen mit Bestimmtheit nachgewiesen, wie bei Erörterung des Baues der Zellhaut noch näher nachgewiesen werden wird. 9. Die physikalischen Eigenschaften des lebenden Protoplasma betreffend, ist zunächst hervorzuheben, daß von einem Aggregatzustand desselben eigentlich nicht die Rede sein kann, da jedes lebende Gebilde aus festen und flüs- sigen Teilen bestehen muß. Das feste Gerüste tritt aber in vielen Protoplasmen so in den Hinter- srund, daß sie sich wie Flüssigkeiten verhalten Fig. 9. und dann, wie schon hervorgehoben, Kugelgestalt (Tropfenform) annehmen. Das Protoplasma ist nur wenig elastisch, hingegen dehnsam und kontraktil. Da es reich- lich kolloidale Substanzen von hohem endos- motischen Äquivalent führt, so nimmt es be- gierig Wasser auf, von den Hautschichten be- freit, so reichlich, daß es darin zerfließt. Hingegen ist es im lebenden Zustande für Lösungen vieler Körper undurchlässig. So z. B. für Lösungen von Rohrzucker, Kochsalz, Salpeter, für Antho- kyan und andere Farbstoffe. Während das in den Pflanzen so häufig auftretende Anthokyan vom lebenden Protoplasma nicht aufgenommen Vergr. 600. Zelle aus dem wird, absorbiert und speichert totes Protoplasma Mesophyll von Vallisneria 5 . 2. . £ spiralis mit peripierem diesen Körper reichlich, worauf sich eine Unter- Protoplasma p, darin der . (wandständige) Kernz und scheidung von lebendem und totem Protoplasma ne 3, gründen läßt.*) — Es gibt aber auch zahlreiche eine selbständige, doppelt konturierte Haut (Tonoplastnach de Vries) nachzuweisen und zu zeigen, daß diese Gebilde nicht spontan aus dem Protoplasma, sondern durch Teilung aus ihresgleichen entstehen. Auch sollen die Vakuolen in den Pflanzenzellen allgemein verbreitet sein, und selbst in den jüngsten Meristemzellen sich schon nachweisen lassen. de Vries, »Plasmolytische Studien über die Wand der Vakuolen«e in Pringsheims Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XVI (1885), p. 465 ft. 4 Taf. Went, »De jongste toestanden der Vacuolen«. Amsterdam 1886. Nach Pfeffer entstehen hingegen die Vakuolen samt den sie abgrenzenden Hautschichten je nach Bedarf spontan im Protoplasma. Pfeffer, Abhandl. der math.-physik. Klasse der sächs. Ges. d. Wiss. Bd. XVI (1890) und XVIII (1892). *) Eine andere Unterscheidung von lebendem und totem Protoplasma be- ruht auf dem eigentümlichen chemischen Verhalten des ersteren, welches in- 21 Körper, welche in das lebende Protoplasma eintreten können, so verdünnte Säuren und Alkalien und, wie Pfeffer zeigte, auch ver- schiedene Farbstoffe (Fuchsin, Eosin, Safranin ete.). In Kalilauge behält lebendes Protoplasma lange seine Form. 10. Chemische Beschaffenheit.) Lange Zeit hielt man das Protoplasma für einen fast gänzlich aus Eiweißkörpern (und Wasser) zusammengesetzten Körper, der nebenher nur etwas Fett, Zucker, Dextrin und mineralische Substanzen führt. Genauere, von Reinke (1881) ausgeführte chemische Analysen von Plasmodien lassen aber annehmen, dal) die chemische Zusammensetzung des Protoplasma eine bei weitem kompliziertere sei, und daß die Menge der Eiweißkörper bedeutend weniger betrage, als früher behauptet wurde. Die untersuchten Plasmodien enthalten etwa 71°/, Wasser und 29°/, Trockensubstanz; von letzterer fällt beiläufig ein Drittel auf mineralische Substanzen, ein Drittel auf Eiweißkörper und ein Drittel auf andere organische Substanzen. Die Zahl der letzteren beträgt 18; darunter wurden Asparagin, Sarkin, Xanthin, Guanin, Zucker, Fettsäuren etc., ferner Fermente nachgewiesen. Das Protoplasma hat niemals eine saure, selten eine neutrale, in der Regel eine alkalische Reaktion. Speziell bei den untersuchten Plasmodien dürfte letztere auf Gegenwart von freiem und kohlen- saurem Ammoniak beruhen. Die bis jetzt bekannten Reaktionen auf das Protoplasma decken sich mit denen auf Eiweißkörper. Am häufigsten werden die Raspailsche und die Millonsche Reaktion benützt. Erstere beruht auf der Einwirkung von konzen- trierter Zuckerlösung und Schwefelsäure, welche, nacheinander an- gewendet, das Eiweiß rosenrot färben. Eine ähnliche, mehr oder minder stark ins Ziegelrote gehende Färbung ruft das Millonsche Reagens (salpetersaures Quecksilber) hervor. Absolut verläßlich ist keine dieser Reaktionen, da jede derselben bloß bestimmte Atom- gruppen innerhalb des Eiweißmoleküls anzeigt.’) Die oben (p. 17) genannte »Fixierung« beruht auf der Ge- rinnung der Eiweißkörper. Diese Gerinnung erfolgt je nach der Art der Eiweißkörper bei verschiedener Temperatur. Man hat gefunden, daß das Protoplasma höherer Pflanzen gewöhnlich zwischen 50— 60°, folge des Besitzes von sehr leicht beweglichen Aldehydgruppen außerordentlich stark reduzierend wirkt und selbst aus höchst verdünnten alkalischen Silber- lösungen (1:100.000) das Silber als schwarzen Körper abscheidet. (Loew und Bokorny, »Die chemische Kraftquelle im lebenden Protoplasma.« München 1882.) 22 das der Bakterien und überhaupt der Spaltpflanzen erst über 70° C gerinnt. 11. Lebendes Protoplasma befindet sich häufig in Bewegungs- zuständen. Der amöbenartigen Bewegungen der Myxamöben wurde schon gedacht. Viele membranlose, also im wesentlichen aus Proto- plasma‘ bestehende Sporen zeigen Schwimmbewegungen. Solche Sporen (Schwärmsporen, Zoosporen, s. Fig. 10) besitzen stets Wimpern. Aber auch in von Membran umhüllten Zellen bewegt sich das Protoplasma; unter günstigen Vegetationsbedingungen läßt sich nämlich in vielen Zellen eine spontane strömende Bewegung im Protoplasma erkennen (Corti 1772, Treviranus 1807). Ist bloß peripheres Protoplasma vorhanden, so läuft es längs der Zellwand hin (Rotationsstrom); gliedert es sich hingegen in zentrales und peripheres, so strömt es von diesem zu jenem und umgekehrt (Zirkulationsstrom). Die Strömungsgeschwindigkeit ist nicht nur von der Natur des Protoplasma, sondern auch von äußeren Einflüssen, z. B. von freiem Sauerstoff und von der Temperatur abhängig. Die mittlere Ge- schwindigkeit der Strömung steigt nach den bisher angestellten Beobachtungen bis auf 1O mm in der Minute (Plasmodien einiger Myxomyceten) und fällt bis auf ein Tau- sendstel dieses Wertes. In diesem Falle ist die Geschwindigkeit aber schon schwierig Vergr. 200. Schwärmsporen von Zu ermitteln. Es läßt sich annehmen, daß mine von Omen noch geringere Strömungsgesehwindiekeiten vorkommen, sich aber der Wahrnehmung entziehen. Die Strömung stellt sich erst ein, wenn im Protoplasma sich größere Safträume gebildet haben. Deshalb fehlt sie stets in den Meristemzellen (p. 2 und 5). Die Strömung ist besonders deutlich zu er- kennen, wenn im Protoplasma größere, scharf hervortretende Körner (z. B. Chlorophylikörner, wie z. B. im Blattparenchym von Vallıs- nerıa) auftreten und durch die Strömung mitgezogen werden. In manchen Fällen (Ühara) haften aber die Chlorophylikörper der äußeren Hautschichte so innig an, daß sie der Strömung nicht zu folgen vermögen. Die Strömung des Protoplasma benachbarter Zellen verläuft entweder in gleicher oder entgegengesetzter Richtung. Es läßt sich leicht durch Zeiehnung anschaulich machen, daß, wenn längs benachbarter Zellwände das Protoplasma in der nämlichen tiehtung sich bewegt. die Ströme gegenläufig sind (vgl. Fig. 9). 23 j Die Vakuolen vieler Schwärmsporen, z. B. von Ulothrie und Chlamydomonas, der Myxamöben, Plasmodien ete., lassen rhythmische Kontraktionen und Dilatationen erkennen, welche offenbar auf Be- wegungen des Protoplasma zurückzuführen sind. Man hat sie als pulsierende, auch wohl als kontraktile Vakuolen bezeichnet. Weiteres über die Bewegungserscheinungen des Protoplasma folgt in der Pflanzenphysiologie. V. Zellkern.) 12. Seiner substanziellen Beschaffenheit und Struktur nach gibt sich der Zellkern — auch kurzweg Kern (nucleus) genannt — als ein geformtes, scharf abgegrenztes Stück Protoplasma zu erkennen. Er bildet gewöhnlich ein rundliches, häufig abgeplattetes: im Protoplasma eingebettetes Körperchen.*) Ist bloß pheripheres Protoplasma in der Zelle vorhanden, so liegt der Kern darin (Fig. 9); kommt aber sowohl peripheres als zentrales Protoplasma vor, so befindet er sich in letzterem (s. Fig. 1, 3, 6, 8). In der Regel ist der Kern deut- lich erkennbar und tritt inmitten des Protoplasma scharf hervor. In manchen Fällen kann er aber erst durch Tinktionen oder durch andere Mittel zur An- schauung ge- bracht werden, so in vielen Endo- spermen,in Mark- strahlenzellen, Pollenkörnern etc. (Fig. 11). Inder ande Su plasmaneiz, « Zeikern, in 4 Aureh Methyigrün Essigsäure, in B durch ren Umgrenzung Kalilauge sichtbar gemacht. ist der Zellkern gleich dem Protoplasma von einer Haut (Kernhaut) begrenzt. Diese umschließt den Kernsaft. Im Inneren birgt der Kern ein, hin und *) In neuerer Zeit wurden mancherlei Abweichungen von diesem Typus entdeckt. In manchen Endospermen nimmt der Kern eine sternförmige, in manchen 24 wieder auch mehrere kleine Körperchen (Kernkörperchen, nucleol, s. Fig.8). In manchen Kernen wurden Vakuolen beobachtet. Zur Zeit der Zellenvermehrung treten streifige, körnige und fadenförmige Bildung in dem Kerne auf, welche in dem der Zellbildung gewid- meten Kapitel näher betrachtet werden sollen. Aber auch vor der Teilung lassen sich im Zellkern, namentlich nach vorhergegan- gener Fixierung und Härtung mittels Alkohol und Tinktion (durch Hämatoxylin, Methylgrün, Safranin ete.) ähnlich wie im Proto- plasma feinere Strukturverhältnisse erkennen. Durch diese Mittel wurden feine, gerüstartig verbundene Fibrillen (Kerngerüst) im ruhenden Kern nachgewiesen. Diese Fibrillen sind nicht färbbar, enthalten aber färbbare Körnehen (Chromatinkörnchen). Der Nukleo- lus ist stets stark färbbar und liegt zwischen den Fibrillen. Fig. 12. Vergr. 800. Kerne in Teilung mit Zentrosphären C und Zentrosomen e. A aus einer Pflanzenzelle (Scheitelzelle einer Sphacelariacee). n Nukleolus. 3 aus einer tierischen Zelle (Ei von Ascaris). s Chromosomen. (4 nach Swingle, 2 nach Boveri.) Der Kern scheint sich in toto zu färben. Wie man sieht, hat man aber in demselben färbbare und nichtfärbbare Teile zu unter- scheiden. Es gilt dies sowohl für den ruhenden als für den in Teilung begriffenen Kern. Die färbbare Substanz wird als Chro- matin, die nichtfärbbare als Linin bezeichnet. In tierischen Zellen wurden als konstante Begleiter des Kernes kleine, bei der Teilung des Kernes tätige Körperchen, Bastzellen (z. B. von Urtica urens), wie die Beobachtungen Kallens (»Flora«, 1882, p. 65) lehrten, eine langgestreckte, fast fadenförmige Gestalt an. Faden- förmige, mehrfach hin- und hergewundene Kerne von riesigen Dimensionen wurden in neuerer Zeit von Molisch (Bot. Zeitung, 1899) in den Blättern von Amarylli- daceen (Livoris, Galanthus) aufgefunden. Die Länge dieser Fadenkerne steigt bis auf ld mm. Oft zeigt sich eine gewisse Übereinstimmung in der Form des Kernes mit jener der Zelle, welcher er angehört; so in halbmondförmigen Spaltöffnungs- zellen, wo der Kern häufig auch halbmondförmig gestaltet ist, ete. “ 235 die irn gefunden (van Beneden, 1883). Auch in Pflanzenzellen wurden sie beobachtet (zuerst von Guignard, 1892); doch ist ihr Nachweis hier mit Schwierigkeiten verbunden, so daß man zurzeit nicht weiß, ob sie in Pflanzenzellen so allgemein wie in tierischen Zellen auftreten. Die Zentrosphären liegen paarweise knapp an der Außengrenze des ruhenden Kernes. An dem durch Teilung neu entstehenden Kern treten sie anfangs einzeln, dann, infolge Teilung, paarweise auf. Jede Zentrosphäre beherbergt ein Körperchen, das Zentrosoma; der Teilung einer Zentrosphäre geht stets die Teilung des Zentro- soma voraus (Fig. 12). Der Kern wächst mit der Zelle nicht oder nur sehr wenig weiter. In jungen Zellen sind deshalb die Kerne groß, und sie nehmen mit der ÖOberflächenvergrößerung der Membran zumeist an Volum ab. Die Kerne der Meristemzellen nehmen einen ansehn- lichen Teil der Zelle ein. Die Zellen der Pilze führen hingegen zumeist außerordentlich kleine Kerne.*) Jede Zelle besitzt in der Regel zeitlebens einen Kern. In neuerer Zeit wurden Zellen mit mehreren Kernen aufgefunden (Oberhaut- und Parenchymzelle mancher Monokotylen ete.). Diese nicht so seltenen Ausnahmsfälle beruhen auf Zerfall eines nicht mehr der Zellvermehrung dienenden Zellkernes (Fragmentation des Kernes.”*) Auf unterster Stufe des Pflanzenreiches fehlt der Kern, z. B. bei den Bakterien. Hier tritt der merkwürdige Fall ein, daß die nur aus Protoplasma bestehende Zelle färbbar ist wie ein Kern. Daraus wurde abgeleitet, daß hier eine tiefe Stufe der Organisation vorliegt, auf welcher es noch nicht zu einer Differenzierung von Protoplasma und Kern gekommen ist. Man hat diese phylogenetisch tiefe Stufe des Protoplasma als Archiplasma bezeichnet. °) Der Zellkern erhält sich in der lebenden Zelle mehr oder minder lang. Früh verschwindet er in den Siebröhren, jahrelang *) Über ausnahmsweise auftretende Riesenkerne siehe die vorangegangene Anmerkung. *=) Nicht selten kommen innerhalb einer Zellmembran mehrere funktio- nierende Kerne vor. So finden sich in den Pollenkörnern der Angiospermen zwei Kerne. In langen Bastzellen, z. B. von Boehmeria tenacissima (p. 16), in den an- scheinend einzelligen Gliedern mancher Fadenalgsen (z. B. Cladophora) wurden zahlreiche Kerne aufgefunden. Man ist geneigt, diese Bildungen für mehr- oder vielkernige Zellen zu halten. Mit Rücksicht auf die sonst herrschende Einkernig- keit der Pflanzenzelle erscheint es aber richtiger, derartige Bildungen den Coelo- blasten {p. 15) zuzuzählen und in ihnen so viele Energiden anzunehmen, als Zell- kerne vorkommen. 26 kann er sich in den Markstrahlen- und Holzparenchymzellen lebend erhalten. Mit dem Protoplasma stimmt der Kern in chemischer Be- ziehung vielfach überein, unterscheidet sich aber von diesem durch das Auftreten eines charakteristischen Eiweißkörpers, des Nuklein (s. Physiologie). Der Kern gilt als Träger der erblichen Eigen- schaften des Organismus. Der Zellkern wurde 1833 von Rob. Brown entdeckt. VI. Die Zellmembran. 13. Äußere Formverhältnisse der Membran. Im aus- gebildeten Zustande sind die Zellen in der Regel von einer Haut (Zellhaut, Zellmembran, Zellwand) umkleidet; verhältnismäßig sel- tener sind sie membranlos. Zur Zeit der Entstehung der Zelle ist deren Membran ent- weder schon vorhanden (Hefezellen) oder nicht (Anlage der Asko- sporen, s. Kapitel Zellbildung). Derartige hüllenlose, sich erst später behäutende Zellen werden Primordialzellen genannt. Anfänglich bildet die Membran ein äußerst feines, der Dicke nach kaum meßbares Häutcehen, welches nach der Fläche, aber auch nach der Dicke zu wachsen befähigt ist. Durch die erstere Art des Wachstums gewinnt die Membran an Öberfläche (und die Zelle an Größe), durch die letztere Art an Dieke. Je nach dem Grade ihres Dieckenwachstums unterscheidet man dünnwandige und diekwandige Zellen. Als Beispiel der ersteren seien die Zellen des Parenchyms genannt (Mark, Fleisch der Früchte und | saftiger Wurzeln). Die Bastzellen sind Repräsentanten diekwandiger Zellen. Die Dicke der Zellhaut kann sich so weit steigern, daß das Lumen bei rundlichen Zellen als Punkt, bei faserförmigen Zellen als Linie er- scheint (Flachsbastzelle). In manchen Bastzellen ist stellenweise oder im ganzen Zellverlaufe gar kein Lumen | mehr wahrnehmbar (Bastzellen von Vergr..200. Querschnitt durch dieanh. . Dponta Wright Planch, ee 2U0 und een der Samenschle Hdgeworthia papyrifera, Fig. 21).*) von Bertholetia excelisa mit teils einfachem (Z), teils mehrfachem R = Lumen (2 2). (Nach Millardet.) *) Gewöhnlich bildet das Lumen der Zelle einen einzigen geschlossenen Hohlraum. Selten fehlt, wie ich zuerst an verschiedenen Bastzellen zeigte!"), das Lumen 27 ‘Die jugendliche Zellwand erscheint rundum geschlossen und verharrt in diesem Zustande in der Regel bis ans Lebensende. In manchen Fällen erfährt die Wand der noch lebenden Zelle sicht- liche Perforationen oder aber sie wird stellenweise vollständig resorbiert. Früher hat man diese Erscheinung bloß bei Gefäßen und Siebröhren gekannt, wo dieselbe höchst augenfällig ist oder sich doch wenigstens leicht konstatieren läßt. In neuerer Zeit wurden (durch Tang], 1880) in Geweben, deren Zellen anscheinend völlig geschlossene Membranen besitzen, feine Kanäle nachgewiesen, welche eine direkte Kommunikation der Protoplasmen benachbarter Zellen be- Fig. 2 Fig. 15. | = | ag N 17 WR SI NN N \\ N \\ I UT Ä 7 \\\ \ — ze u —— a u F N Bi /) Vergr. 460. Querschnitt durch das Endosperm der Vergr. 300. Querschnitt durch Holundermark. Brechnuß (Strychnos nux vomica) nach Behand- Membranen mit Poren (unbehöften Tüpfeln), lung mit einer Lösung von Jod in Jodkalium. Die p p im Durchschnitt, p‘ p‘ in der Flächen- Protoplasmen der benachbarten Zellen sind durch ansicht, i Interzellulargänge im Querschnitte. feine Protoplasmazüge verbunden, welche die Mitten in der quer durchschnittenen Membran zarten Kanäle ö durchsetzen. m Verdickungs- die Mittellamelle. schichten; z Mittellamelle. (Nach Tangl.) dingen (s. oben S. 20); so z. B. im Endosperm der Dattel und Brechnuß (s. Fig. 14). Die Zahl der Beobachtungen, denen zufolge zarte Protoplasmazüge durch die Zellhaut gehen, hat sich in neuerer Zeit so gemehrt*), daß die Annahme einer in lebenden Geweben gänzlich oder es ist die Zelle wenigstens an einzelnen Stellen völlig solid, wie dies in Fig. 20 C abgebildet wurde. Ein anderer merkwürdiger Ausnahmsfall wurde von Millardet in den Zellen der Samenschale von Dertholetia excelsa be- obachtet. Durch komplizierte exzentrische Wandverdickung verbindet sich die Verdickungsmasse der Zellhaut derart, daß innerhalb einer Zelle mehrere Hohl- räume entstehen können. (Fig. 13. Millardet, »Developpement en Epaisseur des parois cellulaires.< Ann. des sciences nat. Bot. Ser. V, T. VI.) *) Anfangs nur bei Phanerogamen, wurde später selbst bei Algen und Pilzen die Kontinuität des Protoplasma benachbarter Zellen konstatiert. So von N. Wille 28 gewöhnlich stattfindenden gegenseitigen protoplasmatischen Verbin- dung der Zellen nichts Befremdliches mehr an sich hat.!!) Die Membran bildet sich aus dem Protoplasma hervor, kann also nur so lange nach Fläche und Dicke wachsen, als Protoplasma in der Zelle vorhanden ist. Die erste Anlage der Zellhaut wird vom Protoplasma gebildet und zum mindesten solange, als die Zellhaut wächst, enthält sie Protoplasma (Dermatoplasma), welches, wie wir soeben gesehen haben, häufig selbst direkt in der Zellhaut als Verbindung benach- barter Protoplasmen (»Plasmodesmen«) sichtbar ist.'?) Fig. 7. A B | | il ü | \ | . li | A— 0 Vergr. 300. D, E Vergr. 600. A radiale Längsansicht eines Stückes einer Holzzelle (Tracheide) der Tanne mit Hoftüpfeln £. 3 Hof- As tüpfel im tangentialen Durchschnitte. Bei a ist die Mittellamelle knotig verdickt. © Tüpfel- anlagen in radialer und tangentialer Ansicht. Ö 2, E Bruchstücke getüpfelter Gefäßwände; Vergr. 250. Gefäßfragmente aus D aus dem Holze der Rotbuche, Z des Tulpen- dem Roggenhalm im Längsdurch- baumes, p Poren der behöften Tüpfel. schnitte. 4 Schrauben-, # Ring- gefäß; r ein aus dem Ringgefäß losgelöster Ring. Die Zellhaut erscheint anfänglich homogen, später läßt sich in der Regel eine innere Gliederung an derselben wahrnehmen, indem sich eine äußere Haut (Außenhaut) und eine innere (Innenhaut) von einer dazwischenliegenden, häufig geschichteten Masse (Verdiekungs- masse, Verdickungsschichten) differenziert. Die im Gewebeverbande befindlichen Zellen bilden die zu einem homogenen Ganzen verschmolzen erscheinende (gemeinsame) Außenhaut aus, welche gewöhnlich mit dem wenig passenden Namen Mittellamelle bezeichnet wird.!:) Gewöhnlich haben sämtliche Verdickungsschichten einer Zelle die gleichen äußeren Formen: in diesem Falle werden sie bei Stygonema compactum, von Borzi bei Nostoccaceen (Malpighia, I, Fasc. 2—5. Messina 1887), etc. 3 29 auchsekundäreMembranen (sekundäreSchichten) genannt. Gliedern sie sich aber je nach ihrer Form in zwei Systeme, so werden die äußeren als sekundäre, die inneren als tertiäire Membranen (tertiäre Schichten) bezeichnet. Diese Terminologie lehnt sich an eine ältere Auffassung über die Entstehung der Zellhaut an, der zufolge sich an die anfangs gebildete, homogen erscheinende primäre Zell- haut sukzessive die sekundären, beziehungsweise diese und die tertiären Schichten anlegen. Die Form der Verdickungsmasse ist eine höchst verschiedene, bedingt das Relief der Membranen und dadurch ihr spezifisches Aussehen. Die Schichten erscheinen von Poren (Tüpfel), Poren- kanälen durchbrochen, oder nehmen die Gestalt von Ringen, Schrauben, Netzen ete. an, und dementsprechend werden die Zellen als poren-, ringförmig verdickte Zellen ete., die Gefäße (4) als Poren-, Ring-, Schrauben- (Spiral-), Netzgefäße etc. bezeichnet (a: Bio. 152wad 177 Ringe und Schrauben sind in der Fig. 18. Regel nicht so dicht mit der übrigen Zell- haut verbunden wie die anderen Formen || et der Verdiekungsmasse und lösen sich häu- | fig ab (»abrollbare Schraubengefäbße« ete.), e was darauf zurückzuführen ist, daß diese u Verdiekungsmassen mit stark ver- on schmälerter Basis dem unverdickt ge- | — bliebenen Hautanteil aufsitzen (Fig. 18). - a Eine besonders charakteristische hs — und häufig zu beobachtende Form der | N u Verdiekungsmasse sind die behöften IN Tüpfel (Hoftüpfel, s. Fig. 16). Nach ger. 560. Längsschnitt durch zwei der herrschenden Ansicht sind dieselben Truubneniin ir eaniva Pepe. im Grunde als Poren, aber besonderer Art, aufzufassen. Wie bei diesen bleibt auch bei den Hoftüpfeln ein zumeist kreisförmiges Stück der primären Membran — die »Schließhaut« des Hoftüpfels — unverdiekt und wird von den Grenzen dieses Stückes aus sukzessive überwölbt. Die Überwölbung geht hingegen nicht bis zur vollständigen Bedeckung der Scheidewand, sondern läßt eine Öffnung — den Porus des Hoftüpfels — frei. Die Scheidewand bleibt erhalten und verdiekt sich im mittleren Teile, den Torus bildend, welcher zum (einseitigen) Verschluß des Porus dient.*)!*) *) Nach den genauen, hauptsächlich von Russow herrührenden neuen Untersuchungen über die Hoftüpfel der Nadelholztracheiden hat man an letzteren 30 Große, behöfte, gewöhnlich isolierte Tüpfel besitzen die Holz- zellen (Tracheiden) der Koniferen. Die Wände der meisten Gefäße Fig. 21. Vergr. 300. Bruchstücke isolierter Bastzellen. 2 Lumen der Zelle. A von Linum usitatissimum (Lei- nenfaser), B von Corchorus capsu- laris (Jutefaser), ungleichmäßig ver- dickt, C von Sponia Wighti, stellen- weise (a) vollständig verdickt, d. i. Vergr. 350. Enden und Bruchstücke von Bastzellen der Zdgeworthia papyri- ohne Lumen, fera. 2 lumenlose Stellen. (Aus Wiesners »Rohstoffe«.) (der getüpfelten Gefäße) sind mit kleinen, diehtgedrängten, rund oder polygonal begrenzten Tüpfeln bedeckt (Fig: 16, D, E). (Fig. 19) zu unterscheiden den durch die Schließhaut in zwei gleiche Hälften geteilten Tüpfelraum (Tüpfelhof), welcher in die Lumina der beiden den Tüpfel Fie. 19. bildenden Zellen mit dem Porus mündet. Die zen- “ trale Verdickung der Schließhaut wird als Torus, B der Rand als Margo bezeichnet. Die Verdickungs- schichten, welche den Porus in sich aufnehmen, sind, wie dieFig.19zeigt, inden Tracheiden des Frühlings- holzes anders als in denen des Herbstholzes ge- 5 staltet; auch ist der Torus der ersteren scheiben- Ss 4P PW \ J fl förmig, der der letzteren linsenförmig. \ m . .. . .. \\ | Die gewöhnlichen Hoftüpfel werden auch als zweiseitig bezeichnet, zum Unterschiede von Starke Vergr. Schema der Hoftüpfel, denjenigen, welche einerseits einer Tracheide, speziell jener der Koniferentracheiden x j in tangentialem Längsschnitt. A aus anderseits einer Markstrahl- oder Holzparenchym- dem Frühlings-, 2 d Herbst- Rn e E: .. Bau Schließhaut. Match: zelle angehören. Solche Tüpfel öffnen den Tüpfel- p Porus. hof bloß gegen das Lumen der Tracheide; ihre Schließhaut bleibt unverdickt. Russow, Bot. Zentralbl. Bd. XIII, p. 29#f, al Die Verdieckungsmasse bildet sehr häufig Schichten, welche der ursprünglich primären Membran völlig parallel laufen. Zellen, deren Membranen in dieser Weise verdickt sind, werden als gleich- mäßig verdiekt bezeichnet. Die ungleichmäßige Verdiekung der Zellwand kann in zweierlei Weise zum Ausdrucke gelangen: es erscheint nämlich die Zelle entweder im Längsverlaufe oder im Querschnitte ungleich verdickt. Für die erstere Art bilden die Bastzellen von Corchorus .capsularis (Jutefaser), für die letztere die Kollenehymzellen ausgezeichnete Belege (s. Fig. 20 5 und 22). Die Verdiekungsweise der letzteren prägt sich in höchst bezeichnender Weise aus: es sind näm- Fig. 22, lich diese prismatisch ge- stalteten Zellen bei aller Mannigfaltigkeit im ein- zelnen stetsanden Kanten stärker als an den Flä- chen verdickt. Zu den im Querschnitte ungleich- mäßig verdiekten Zellen gehören die ÖOberhaut- zellen, deren nach außen 4’ sus deı Btengel von Chenopoätum allum, % ans dem Stamm FE dırie Zeilande steie ua nie, © mn den Bessielpen Nitone near ärker diek ind al nach Behanälung mit Schwefelsäure, Z aus dem Blattstiele von stärker verdickt sınd Als prytolacca decandra. ! Lumen der Zelle. Mit Ausnahme von die übrigen (Fig. 23). B sind überall die äußeren Zellgrenzen zu sehen. Eine nicht selten vorkommende Form ungleichmäßiger Ver- diekung der Zellmembran ist die exzentrische (s. Fig. 24). Durch besonders scharfe Ausprägung der exzentrischen Verdickungen ent- stehen die sogenannten Vorsprungsbildungen der Zellwand (Höcker, Stacheln, Warzen etc.), welche häufig an der Außen- oder Innenseite der Zellmembranen, selbstverständlich als Teile derselben, erscheinen und dementsprechend als äußere und innere Vorsprungs- bildungen bezeichnet werden (s. Fig. 26 und 28). Den merkwürdigsten Fall innerer Vorsprungsbildungen reprä- sentieren die Zystolithen (Meyen, 1839). Ein kleines Stück der Zellwand bildet sich sehr frühzeitig stark exzentrisch aus (s. Fig. 29) und wächst hierauf zu einer mächtigen Masse heran, welche das Innere der Zelle gänzlich oder doch zum großen Teile ausfüllt. In den Oberhautzellen der Blätter von Artokarpeen (z. B. bei Fieus elastica) und Urticeen (Urtica urens), im Grundgewebe der Blätter und Stengel von Akanthaceen (z. B. von Goldfussia) kommen Zysto- 32 lithen sehr häufig vor. Gewöhnlich sind sie durch großen Gehalt an kohlensaurem Kalk ausgezeichnet.*) 14. Struktur der Zellmembran. Es wurde schon ange- deutet, daß die Verdiekungsmasse der Zellwand meist parallel zur primären Membran geschichtet ist. Diese Schichtung ist an vielen, besonders diekwandigen Zel- Fig. 23. 4 len direkt zu sehen und BB Ba wird durch Einwirkung be- dus a ae BR — Ya stimmter Reagentien häufig 777 F Try fi FT deutlicher, ja kann durch a | diese Mittel meist auch in mu hl 9% \ FI | I } i ) jenen Fällen hervorgerufen f a 2 werden, in welchen sich dieses Strukturverhältnis der 3 unmittelbaren Wahrnehmung = se II ? SS 24). EB: a ns; entzieht (s. Fig. 4) Nur in verhältnismäßig wenigen Fäl- u eK a len sucht man die Schichtung - A DE vergebens (Zellen der meisten Pilzmycelien). pP Er art Viele Zellmembranen f ne lassen noch eine andere Form der Schichtung erkennen, Vergr. 600. o Oberhaut vom Blatte der Pistacia i $ Lentiscus (A)und vom eu) die man aus gleich anzu- gebenden Gründen als Strei- fung bezeichnet (s. Fig. 25). Dieselbe wird (nach Nägeli) durch eine die früher betrachtete (zur Oberfläche der Zelle parallele) Schiehtung senkrecht oder schief durchsetzende Lamellenbildung hervorgerufen und gibt sich am deutlichsten in der Flächenansicht der Zellen zu erkennen, wo sie in Form einer meist zarten Parallelstreifung er- scheint. Je nach der Lage der Lamellen verläuft die Streifung in der Richtung der Längsachse, schief oder senkrecht zu der- selben (ringförmig, schraubig). Sehr schön ist die Streifung an vielen Holzzellen (Tracheiden der Koniferen; Fig. 25 A) und Bastzellen zu sehen. Man hat an den Bastzellen einiger Pflanzen (Vinca major) außer der Schichtung noch zwei sich schneidende Streifensysteme wahrgenommen. Die Streifung läßt sich häufig durch starke Quet- *) Kalkfreie, aber sonst ganz normale Zystolithen wurden von Molisch Österr. bot. Zeitschrift, 1832) in Markzellen von Goldfussia isophylla und anderer Akanthaceen beobachtet. Durch diese Auffindung wird die Behauptung, die Ein- lagerung des kohlensauren Kalkes in die Wand bilde die Veranlassung zur Zysto- lithenbildung, widerlegt. 33 Ai schung der Zellen oder durch Reagentien in Erscheinung bringen oder deutlicher machen. Es führen hier dieselben Reagentien, welche die Schichtung schärfer her- vortreten machen.beziehungs- weise hervorrufen, zum Ziele. Doch gibt es genug Fälle, in denen sie nicht zur An- schauung zu bringen ist. Schichtung und Strei- fung beruhen aufeiner Wech- sellagerung ungleich licht- brechender Schichten. Nach der herrschenden, von Nä- seli begründeten Ansicht ist die ungleiche Liehtbreehung vVergr. 250. Oberhautzellen von der unteren Blattläche des Maiskolbenblattes, durch Chromsäure isoliert. der Sehiehten auf eine Wech- a Poren, 5 Schichten der exzentrisch verdickten Zell- wand. Fig. 24. sellagerung wasserreicher und wasserarmer Substanz zurückzuführen. Es wird angenommen, dal) sowohl parallel zur primären Membran, als in zwei die Zellwand kreuzenden Richtungen wasserreiche und wasserarme Schichten mit- 4A Fragmente von Holzzellen (Tracheiden) der Föhre in tangentialem Längsschnitt. t durchschnittene Tüpfel. s Streifung der Zellwand. 2 Gestreifte Zelle aus dem Parenchym der Georginenknolle bei 240maliger Vergr. (B nach Strasburger.) einander abwechseln. Für diese Auffassung spricht der Umstand, daß wasserentziehende oder wasserzuführende, d. i. die Zellwand zur Quellung bringende Reagentien die Schichtung und Streifung auffällig verstärken oder schwächen. Stark quellend wirkende Sub- stanzen löschen schließlich beide Formen der Schichtung vollkommen aus. Mäßige Zufuhr von Wasser, wie eine solche durch verdünnte Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 3 34 Säuren oder Alkalien herbeigeführt wird, macht sowohl Schich- tung als Streifung deutlicher oder bringt sie überhaupt zur Er- scheinung. Es wird heute ferner, gleichfalls fußend auf Nägelis Unter- suchungen, angenommen, dal Schichtung und Streifung jeder vegetabilischen Zellmembran eigen seien, und daß sich in jeder solchen Haut drei durch Wechsellagerung wasserarmer und wasser- reicher Substanz hervorgerufene Streifensysteme kreuzen, etwa wie die Schichten eines nach drei Richtungen spaltbaren Kristalles. Nach Nägelis derzeit wohl noch von den meisten Botanikern geteilten Ansicht hat die vegetabilische Zellhaut ein kristallinisches Gefüge, setzt sich nämlich aus parallelepipedischen (kristallartig geformten), nicht quellbaren Molekülgruppen — den Micellen — zusammen, welche im absolut trockenen Zustande der Zellhaut ohne Zwischenraum nebeneinanderliegen, bei Wasserzutritt sich aber mit Wasserhüllen umgeben, so daß nach drei Richtungen abwechselnd wasserreiche und wasserarme Lamellen entstehen, welche die oben als »Schichtung« und » Streifung« bezeichneten Erscheinungen hervorrufen. Die Micellen sind hypothetische, aus dem physikalischen Verhalten der Zellhaut erschlossene, durch direkte Beobachtung nicht konstatierbare Gebilde. *) Im Vergleiche zu der geschichteten und gestreiften. auch anderweitige Struktur- eigentümliehkeiten (Porenbildung ete.) dar- bietenden Verdickungsmasse der Zellhaut A Vergr. 300. B 400. Bruchstücke s h 2 von Wurzelhaaren der Marchantia erscheint die gemeinsame Außenhaut Fe Ve (Mittellamelle) und auch die Innenhaut der Profil-, v‘ in der Flächen- ES ansicht) versehen. homogen. de *) Schichtung und Streifung haben in neuerer Zeit auch eine andere Er- klärung gefunden. Es gelingt nämlich, durch bestimmte chemische Einwirkungen die vegetabilische Zellhaut in Fibrillen und diese in rundliche mikrokokkenartige Körperchen (Dermatosomen) zu zerlegen, welche untereinander derart gebunden sind, daß sie zunächst zu Fibrillen vereinigt erscheinen, durch deren Aneinander- reihung die Schichten entstehen. Die Fibrillen rufen in der Zellwand jenes Aus- sehen hervor, welches man als Streifung bezeichnet. Siehe hierüber Wiesner, »Untersuchungen über die Organisation der veget. Zellhaut«. Sitzungsber. der kaiserl. Akad. d. Wiss. Bd. XCIII (1886). **) Da aber sowohl die Außenhaut als die Innenhaut organisierte Gebilde sind, so wird ihnen wohl zweifellos auch eine Struktur zukommen. Auch fordert 35 15. Die Mittellamelle wird häufig mit der sogenannten Inter- zellularsubstanz identifiziert. Doch muß man- strenge zwischen beiden unterscheiden. Beide haben das ge- meinschaftlich, daß sie homogene Sub- stanzen darstellen, die gewissermaßen zwi- schen zwei Zellen gelegen sind. Aber die Mittellamelle entsteht während des Wachs- tums der Zelle und differenziert sich aus der anfänglich homogenen Wand durch Wachstum von der Umgebung, während die Interzellularsubstanz sich nach Beendi- gung des Wachstums durch chemische Metamorphose in der Art bildet, daß mehr oder minder mächtige Anteile der Zellwand hierbei homogen werden und zu einer scheinbar zwischen den Zellen ge- legenen Masse verschmelzen (Fig. 33). Die Mittellamelle findet sich fast in jedem Gewebe ziemlich scharf ausgeprägt vor. Seltener tritt die Interzellularsubstanz NEE SSR FR | auf. In schleimbildenden Geweben entsteht menblatte des Deiphinium formo- der Schleim häufig durch Umsatz von ea ee re Zellulose, und zwar meist in der Weise, mit "ireifger Katikul. (Nach &- daß die Zellwand von außen nach innen ne in Schleim übergeht. Dabei werden die äußeren Zellwandschichten benachbarter Zellen homogen. sie werden zur Interzellularsub- stanz. Fig. 28, Eine Interzellularsubstanz im wörtlichen Sinne, von den älteren Anatomen mehrfach angenommen, existiert, obigen Auseinander- setzungen zufolge, nicht. Es sind die äußersten, homogen gewordenen Schichten der Zellwand, welche zur sogenannten Interzellularsubstanz werden, und es hat eben nur den Anschein, als lägen dieselben außerhalb der Zellen. ja die vielfach nachgewiesene Kommunikation der Protoplas- men benachbarter Zeilen eine porenförmige Durchbrechung dieser Zellhautschichten. An der Innenhaut der Markstrahlen- zellen ist auch tatsächlich ein Strukturverhältnis aufgefunden Vergr. 1000. Bruchstück der Innenhaut einer durch Chlor- worden, welches wohl als Poren- wasser isolierten Markstrahlenzelle der Fichte. Die Aus- 5 4 ä X sackungen « und 5 zeigen feine Porenkanäle. bildung zu deuten ist (Fig. 27). ; 36 Die Mittellamelle erreicht nur eine geringe Dicke. Die Inter- zellularsubstanz kann eine sehr verschiedene Mächtigkeit erlangen, A Vergr. 600. A junge Parenchym- zellen aus dem Stengel von Gold- fussia anisophylla mit Anlagen von Zystolithen ec. B, C Vergr. 400. B Parenchymzellen von Goldf. an. in der Längsansicht mit dem Zy- stolithen c‘, der sich von dem über- aus zarten, am breiten Ende liegen- den (in der Figur nicht sichtbaren) Stiel abgelöst hat. C Querschnitt durch 2, ce’ durchschnittener Zy- stolith, je nachdem sie aus einem Teile der Mittel- lamelle, aus dieser oder, was der gewöhn- liche Fall ist, aus dieser und einem Teile der Verdickungsmasse hervorgeht. — Die Mittellamelle wird auch oft mit der pri- mären Zellhaut verwechselt, unterscheidet sich aber von dieser viel jüngeren Haut sofort in chemischer Beziehung. Die Pri- märhaut besteht nämlich aus Substanzen, welche der Einwirkung von Schwefelsäure nieht widerstehen; die Mittellamelle bildet hingegen während ihres Wachstums orga- nische Substanzen aus, welche ihre große Resistenz gegenüber der Schwefelsäure be- sründen. Ob die Mittellamelle einfach oder dop- pelt ist, läßt sich direkt nicht entscheiden. Da aber bei der Entstehung der später zu betrachtenden Interzellulargänge die Mittel- lamelle mitten dureh und unverletzt an einzelnen Stellen sich spaltet und man auch auf künstlichem Wege eine solche Spaltung zu bewerkstelligen imstande ist (s. 2. Trennung der Kartoffelparenchymzellen durch Kochen), da ferner in neuerer Zeit gezeigt wurde, daß während des Wachstums von Organen in deren Geweben Ver- schiebungen behäuteter Zellen stattfinden, wobei Vergr. 300. Querschnitt durch das Holz der Tanne (Adies T 7 Holzzellen (Tracheiden), J Jahrringgrenze, Frühlingsholzzellen, M Markstrahlen, m Mittellamellen. peetinata). H Herbstholzzellen, # die Zellen ohne jede Ver- letzung mit ihren äußer- sten Grenzflächen (Mitte der Mittellamelle) anein- ander vorübergleiten t Hoftüpfel, (»Gleitendes Wachstum« nach Krabbe®’), so gewinnt die Auf- fassung, daß diese gemeinsame Membran doppelt ist, nämlich je einer der durch sie verbundenen Zellen je eine Hälfte angehört, die größere Wahrscheinlichkeit. 37 Ä Die Verdiekungsmasse zweier benachbarter Zellen zeigt in der Regel einen korrespondierenden Bau, was namentlich an mit Poren und Hoftüpfeln versehenen Elementen sehr klar ausgesprochen ist. Es fallen nämlich die Poren und Hoftüpfel be- nachbarter Zellen trotz der ” 4 die letzteren scheidenden Be Zwischenlamelle genau aufeinander (s. Fig. 15 p).*) j 2 16. Wachstum der nt ’ Zellhaut.!%) Wir können RSRIEEN U BR, an der vegetabilischen RE Vergr. 300. Markstrahlenzellen der Tanne, dnrch Chrom- Zellmembran zunächst säure isoliert. Bei 3 wurde der größte Teil der Innenhaut i an ee durch das Reagens freigelegt. T Tüpfel. wachstum unterscheiden. Jede Zellhaut vergrößert während ihres Lebens ihre Oberfläche. Diese Öberflächenvergrößerung ist sehr verschieden; sie kann gering sein, sie kann sich aber auch auf das 10—100fache und mehr steigern. Während dieses Flächenwachstums nimmt die Zellhaut an Dicke in verschiedenem Grade zu. Es entstehen so die dünn- und dieckwandigen, schon früher (p. 26) beschriebenen Zellen. Das Flächenwachstum der Zellwand erfolgt entweder in Fig. 31. gleichmäßiger oder in ungleichmäßiger Weise; im ersteren Falle wird die Form der Zelle während des Wachstums nicht geändert, wohl aber im letzteren. Vollkommen gleichförmiges Flächenwachstum kommt selten vor; annähernd gleiches aber häufig, z. B. bei der Hefe, den Zellen des Markes vieler Gewächse etc. Das ungleichförmige Wachstum der Zellwand kann in der mannigfaltigsten Weise zum Ausdrucke kommen. Folgendes sind die drei wichtigsten, genauer unterscheidbaren hier- =) Fast immer tritt die feste Substanz der Gewebe, welche das Gerüste der Pflanzen repräsentiert, in Form der eben be- sprochenen Zellhäute auf. Selten sind es die Zellen quer durchsetzende Balken, welche gleich den festen Zellwänden lokal als Gerüstsubstanz auftreten. Am bekanntesten sind die Zellulose- balken der Caulerpa-Arten. Derartige Balken sind in neuerer Zeit mehrfach beobachtet worden, so von Leitgeb in den Zellen der Epidermis von Galtonia, von Kny als Querbalken in den Tracheiden von Pinus silvestris (Fig. 32). Kny, Wandtafeln. Berlin 1884, Text, p. 199. Verg. 300. Querschnitt durch das Holz von Pinus silvestris. h Herbst-, / Früh- lingsholzzellen, 5 radial angeordnete Zellstoffbalken. 38 hergehörigen Fälle. 1. Eine mittlere Zone der Zelle wächst stärker als die anderen Partien (interkalares Wachstum). 2. Das Ende einer Zelle wächst stärker als ihr übriger Körper (einfachesSpitzenwachstum). 3. Meh- rere scharf umschriebene Teile einer an- fänglich runden Zelle wachsen zu Armen oder Strahlen aus (mehrfaches Spitzen- wachstum). Interkalares Wachstum findet sich an den Zellen der Fadenalge Oedo- gonium in schärfster Ausprägung vor. Ein- faches Spitzenwachstum ist an Haaren, ferner an faserförmigen Zellen zu beob- achten. Bei ersteren wächst das eine freie Mare 556. Durchechnikt durch Ende, bei letzteren beide Enden verstärkt. dns" Endoeperm von Cerztonia Die astförmigen und steraturuns man pe- siliqua. i Zellinhalt, von der Innen- haut umschlossen, J Interzellula- schlossenen Geweben auftretenden Zellen substanz. Die Punktierung gibt die Fe entstehen aus anfänglich isodiametrischen Zellen durch mehrfaches Spitzenwachstum. Den schönsten diesbezüglichen Fall bietet das sternförmige Paren- chym des Stengels der Juncus-Arten dar (s. Fig. 4). Auch das Diekenwachstum verläuft entweder gleichmälig oder ungleichmäßig. Im ersteren Falle entsteht die gleichmäßige Wandverdickung; das ungleichmäßige Diekenwachstum erfolgt ent- weder konzentrisch (s. Fig. 20, DB) oder exzentrisch (s. Fig. 23). Letzteres führt zur Entstehung der sogenannten Vorsprungsbildungen. Man unterscheidet innere (Fig. 26 und 29) und äußere Vorsprungs- bildungen (Höcker, Warzen und Stacheln der Zellhaut; s. Fig. 28). Erstere entstehen durch zentripetal-, letztere durch zentrifugal- exzentrisches Diekenwachstum. Fig. 33. So sicher sich die eben angegebenen Wachstumsverhältnisse ermitteln lassen, so wenig gelang es bisher, in die Mechanik des Wachstums der Zellhaut einzudringen. Gerade auf diesem Forschungsgebiete herrscht eine solche Divergenz der Ansichten, daß es schwer fällt, den Anfänger zu orientieren. Sicher ist die Abhängigkeit des Wachstums der Zellhaut vom Protoplasma: nur so lange die betreffende Zellhaut lebendes Proto- plasma umschließt, ist sie zum Wachstum befähigt. Die Tatsache des Oberflächenwachstums der Zellhaut läßt der Annahme, daß die Zellhaut einfach wie ein Kristall durch Apposition wachse, wenig Raum. Doch ist die ehemals in Gel- tung gestandene Appositionstheorie in neuerer Zeit nach langer Pause wieder aufgetaucht. Nach der Ansicht einiger Botaniker 39 (Schmitz u. a.) geht das Zellhautwachstum nur durch Apposition vor sich und alle Oberflächenvergrößerungen der Membranen werden durch nachträgliche Dehnungen erklärt. Die meisten Botaniker folgen der von Nägeli begründeten Intussuszeptionstheorie, der zufolge vom Protoplasma her eine Einlagerung neuer Zellhautmoleküle zwischen die vorhandenen er- folgt; es ist aber bisher nicht gelungen, die Intussuszeption in be- friedigender Weise mechanisch zu erklären.*) Sowohl die Appositions- als die Intussuszeptionstheorie geht von der Annahme aus, daß selbst die wachsende Zellhaut ein totes Gebilde sei. Zahlreiche Tatsachen sprechen aber dafür, dab die Zellhaut, wenigstens so lange sie wächst, als ein lebendes Ge- bilde betrachtet werden müsse. Es scheint deshalb am naturge- mäßesten, anzunehmen, daß die Zellhaut wie jedes andere lebende Gewebe aktiv, und zwar durch Vermittlung des Dermatoplasma wachse (Evolutionswachstum). Durch die Annahme eines aktiven Wachstums erklären sich zahlreiche Wachstumsvorgänge (Zysto- lithenbildung, interkalares Zellhautwachstum von Oedogonium, Ver- *) Nach der Ansicht mancher Naturforscher bieten die sogenannten »künst- lichen Zellen< Traubes den Schlüssel zur mechanischen Erklärung der Intussu- szeption. Am raschesten erhält man eine sogenannte künstliche Zelle, wenn man einen Kristall von Kupferchlorid in eine Lösung von gelbem Blutlaugensalz bringt. Der Kristall umkleidet sich mit einer rundum geschlossenen Nieder- schlagsmembran von Ferrocyankupfer. Das Häutchen wächst beinahe zusehends in der Flüssigkeit empor. Das Wachstum dieser künstlichen Zellen erfolgt da- durch, daß zwischen die aufs engste angelagerten Moleküle des Ferrocyankupfers durch die endosmotische Kraft des Kupferchlorids Wasser in die Haut eindringt und deren Moleküle durch den entstehenden osmotischen Druck so weit ausein- anderschiebt, bis Raum zur Einlagerung neuer Moleküle des Hautbildners zwischen die schon vorhandenen Moleküle geschafien ist. Ist diese Einlagerung vollzogen, so tritt neuerdings Wasser in die künstliche Zelle ein und das frühere Spiel wieder- holt sich. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Traubeschen Zellen durch Intussuszeption wachsen; ob indes der hier stattfindende Vorgang identisch ist, mit dem Wachstum der Zellmembran, ist eine andere Frage. Ein Druck des flüssigen Inhaltes auf die Wand (Turgor) ist allerdings auch in wachsenden Pflanzenzellen vorhanden, und das Flächenwachstum ließe sich in dieser Weise erklären, aber Hand in Hand mit dem Flächenwachstum schreitet auch das Dickenwachstum vorwärts, welches nicht einfach durch molekulare Apposition erfolgt und aus der Traubeschen Zelle sich nicht ableiten läßt. Immerhin hat das Traubesche Experiment einen gewissen Wert, erstlich weil es auf das anschaulichste zeigt, daß auch in der anorganischen Natur eine Intussuszeption stattfindet, mithin der bekannte Satz: die Organismen wachsen durch Intussu- szeption, die organischen Gebilde durch Apposition, in seiner Allgemeinheit nicht mehr richtig ist; und zweitens, weil wir auf diese Weise doch wenigstens eine auf Anschauung beruhende mechanische Vorstellung dieses merkwürdigen Vorganges gewinnen.'’) 40 wachsung von Zellhäuten etc.) einfacher und naturgemäßer als nach den beiden früher genannten Lehren.!’) Auch die Evolutionstheorie nimmt die Mitwirkung des Oyto- plasma beim Wachstum der Zellhaut an.*) 17. Chemische Beschaffenheit der Zellmembran.!°) Die jugendliche Zellwand besteht aus festen und flüssigen Teilen. Die feste Substanz ist Zellulose (vgl. die 2. Anm., p. 43), die flüssige Wasser (Imbibitionswasser), welches organische und anorganische Sub- stanzen aufgelöst enthält. Die im aufgelösten Zustande in die Zell- membran eintretenden, später häufig in fester Form daselbst aus- geschiedenen Körper werden als Infiltrationsprodukte der Zell- wand angesprochen. In späteren Entwicklungsstadien und im Alter nimmt die Menge dieser Produkte zu. In dieser Zeit geht auch ein größerer oder kleinerer Teil, manchmal auch die gesamte Zellulose, in ein oder mehrere andere chemische Individuen über, wodurch der physikalische Charakter der Zellwand wesentlich verändert wird. Diese durch chemische Metamorphose aus der Zellulose her- vorgegangenen Substanzen werden als Umwandlungsprodukte der Zellwand bezeichnet. Die Zellulose ist im reinen Zustande in Kupferoxyd- ammoniak löslich, wird durch Jodlösung und hierauf folgende Ein- wirkung von Schwefelsäure gebläut, durch Uhlorzinkjodlösung violett gefärbt.**) Die Zellulose galt früher als kolloidale, völlig amorphe Substanz. scheint aber doch kristallisationsfähig zu sein.***) *=) Nach Beobachtungen von G@. Haberlandt (»Über die Beziehungen zwischen Funktion und Lage des Zellkernes«, Jena 1887) ist der Kern beim Wachstum der Zellhaut beteiligt, indem er jenen Hautstellen sich nähert, welche besonders bevorzugt wachsen (äußere Wand der Epidermiszellen, Stellen, welche zu Zystolithen auswachsen etc.). Diese Beobachtungen stehen mit der Annahme eines aktiven Wachstums der Zellhaut keineswegs im Widerspruche, leiten vielmehr zu der Ansicht, daß durch die Tätigkeit des Kernes das vom Cytoplasma aus ernährte Dermatoplasma zu verstärktem Wachstum angeregt werde. *#) Vor langer Zeit hat Schleiden (»Grundzüge«, 4. Aufl., p. 122) in den Kotyledonen von Schotia latifolia und noch anderen Pflanzen einen der Zellulose nahestehenden Membranstoff aufgefunden, welcher sich von der Zellulose unter anderem dadurch unterscheidet, daß er schon durch Jodlösung (ohne Zusatz von Schwefelsäure) sich blau färbt. Schleiden hat diese in Säuren und Alkalien leicht löslichen Körper Amyloid genannt. Diese fast in Vergessenheit geratene Substanz fand Heinricher (»Flora«, 1888, p. 163 ff.) in den Kotyledonen von Impatiens Balsamina und anderen I.-Arten wieder auf und zeigte, daß dieser Körper als Reservestoff fungiert. ###) Nach den Untersuchungen von E. Gilson kann die Zellulose aus Lösungen von Kupferoxydammoniak kristallinisch erhalten werden. La cristallisa- tion de la cellulose ete. La Cellule, Lierre et Louvain. T. IX, p. 397 ft. 41 Es eibt zahlreiche, in der Zellwand auftretende Substanzen (z B. die Holz- und die Korksubstanz), welche beide Reaktionen verhindern. Nach Beseitigung dieser Substanzen mittels oxydierender oder kaustischer Mittel gelingt es, die genannten Reaktionen hervorzu- rufen. Erst durch sehr lang andauernde Einwirkung dieser Mittel (z. B. durch wochenlange Behandlung mit kaustischem Kali) ge- lingt es, in Pilzzellmembranen die Gegenwart der Zellulose zu kon- statieren.*) Die Schichten der im Gewebeverbande befindlichen Zellmem- branen differieren im chemischen Charakter. Zellulose kann in den Verdiekungsschichten und in der Innenhaut soleher Zellhäute stets Fig. 34. ki Q N 1 | N fe Mil 2) N.‘ Hin | je O0 Y Hi ‚BD Bu Ara A Vergr. 150. Querschnitt durch das Grundgewebe des Blattstieles von Nuphar luteum. p Parenchym- zellen, welche die großen Interzellularräume J begrenzen. g sog. Grundgewebshaare. (Nach Kny.) B Vergr. 800. Stück eines Grundgewebshaares mit in der Zellwand eingelagerten Kristallen % von oxalsaurem Kalke, nachgewiesen werden, nicht so in der Außenhaut (Mittellamelle), welche gewöhnlich von Pektinstoffen oder anderen Körpern ge- bildet wird. ?°) Von mineralischen Infiltrationsprodukten der Zellwand sind in erster Linie kohlensaurer Kalk und Kieselsäure zu nennen. Ersterer findet sich in manchen Geweben, z. B. in der Fruchthaut *) Nach neueren Untersuchungen tritt in den Membranen der Pilzzellen neben Kohlehydraten (»Kallose«, eine in Kupferoxydammoniak unlösliche Modifi- kation der Zellulose) ein bis dahin bloß im Tierreiche beobachteter, das Haut- skelett der Insekten bildender Körper, das Chitin, auf. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Bd. XXVII und XXVIII.!) 42 von Üeltis australis so reichlich vor, daß sie, mit Salzsäure über- gossen, lebhaft aufbrausen. Manche Algen (Lithothamnium-Arten) nehmen infolge hohen Gehaltes an kohlensaurem Kalk einen korallenartigen Charakter an. Es sei hier an die Zystolithen erinnert, welche gewöhnlich reichlich mit derselben Substanz infiltriert sind. Kieselsäure findet sich in den Zellwänden der Oberhaut der Equi- seten so reichlich vor, daß nach vollkommener Verbrennung der betreffenden Gewebe ein sogenanntes »Kieselskelett« zurückbleikt, welches noch alle Struktureigentümlichkeiten der Oberhaut er- kennen läßt. In den Oberhäuten vieler Gräser sammelt sich die Kieselsäure in manchen zwerghaft bleibenden Zellen, Kieselzellen | (Fig. 35), an.?}) Von anderen häu- figer vorkommenden mineralischen Infiltraten ist noch phosphorsaurer Kalk und phosphorsaures Eisen- oxyd, ferner Kalk, an Oxalsäure gebunden, zu nennen, welcher in manchen Zellwänden (Bastzellen von Taxus, Grundgewebshaare von Nuphar und Nymphaea; s. Fig. 34) sogar in Kristallform erkennbar ist. Organische Infiltrate kommen in jeder lebenden Zell- wand vor, wie man sich durch übermangansaures Kali leicht über- zeugen kann. Diese in Lösung leb- haft rotviolette Substanz oxydiert Yersr, 570, Oberhanstück yon Halm der Reis- die meisten organischen Substanzen Außenseite, z ein Paar von Kieselzellen, von : > SG, ne denen die untere stärker als die obere verdickt rasch und wird dabei braun; Zellu ist und nahezu lumenlos erscheint. X Kieselzelle ® . mit Kieselkörper %. In der Mitte eine Spalt- lose wird aber von diesem Reagens Öffnung mit Hebenzellen N. 17 Höcker auf der, up schwach und ErsaBel acer Zeit angegriffen. Junge, unverletzte Zellhäute werden durch das Reagens rasch gebräunt. Bedenkt man, daß die stets organische Substanzen aufgelöst enthaltenden Zellsäfte fort- während von Zelle zu Zelle diffundieren, so wird es begreiflich, daß sich in den Zellwänden immer organische Infiltrate vorfinden müssen. Von Umwandlungsprodukten sei hier zunächst an die Entstehung der Interzellularsubstanz im Endosperm von Üeratonia siligua erinnert (15, s. Fig. 33). Hier entsteht Schleim aus der Zellu- lose der Zellwände. Ferner sei das Bassorin genannt, welches sich aus den Mark- und Markstrahlenzellen der Astragalus-Stämme durch totale Umwandlung der Zellulosemembran bildet. Das Bassorin tritt 43 f aus diesen Stämmen als weiche Masse aus und bildet im erhärteten Zustande den Tragant. Auch andere Gummiarten (Kirsch-, arabisches, Moringagummi ete.) entstehen in | gleicher Weise (Fig. 36). Diese Fig. 36. chemischen Metamorphosen kommen allerdings nicht so häufig vor wie einige später zu besprechende, sind aber deshalb von besonderem Inter- esse, weil sie die unangezweifeltsten Fälle chemischer Metamorphose re- präsentieren, welche vom chemischen \ Standpunkte aus ganz einleuchtend erscheinen, da hier einfach ein Kohlen- hydrat (Zellulose) in ein anderes (Schleim. Bassorin, Zerasin, Arabin ete.) übergeht. — In allen Holzzellen, Ge- fäßen ete. entsteht durch chemische Metamorphose die sogenannte Holz- substanz (Lignin), welche sich in a len LET AN derZellmembranleicht durchschwefel- serma, in Wasser präpariert. a die stark aufquellende (in Bassorin umgewandelte) saures Anilın oder durch Phlorogluzin Zellhaut, d en in ‚Wasser unlöslicher ellinhalt. und Salzsäure nachweisen läßt.??) Ersteres Reagens färbt die verholzte Zellmembran gelb, die beiden anderen. nacheinander angewendet, rufen eine intensiv rotviolette Färbung hervor. — Auch die Korksubstanz (=Suberin, nahe verwandt dem in den Zellmembranen der Oberhäute auftretenden Kutin), welche sich in den Korkgeweben als Bestandteil der Zellwand bildet und ein talgartiges Fett ist*), wird als ein Um- wandlungsprodukt der Zellulose angesehen. Verkorkte Gewebe liefern durch Kochen im Schulzeschen Gemisch (s. p. 11) Zerinsäure, eine weiße, harzige, in Äther lösliche Masse. Auch die Farbstoffe der Farbhölzer (das Brasilin des Rotholzes, Hämatoxylin des Blauholzes \ etc.) werden zu den Umwandlungsprodukten der Zellwand gerechnet.**) #=) Nach Kügler (»Archiv der Pharmacie«, 1884) besteht das Suberin aus Stearin und dem Glyzerinäther der im Korke entdeckten, erst bei 96° C schmelzenden Phellonsäure. Nach entsprechender Reinigung lassen sich aus dem Flaschenkorke durch alkoholische Kalilösung an 30°/, Fettsäure gewinnen. Die Phellonsäure wurde später genauer von M. v. Schmidt untersucht (Sitzungsbe- richte der Wiener Akademie d. W., 1905, Bd. CXII), welcher auch zeigte, daß die Korksubstanz der Hauptmasse nach kein Fett (Glyzerid) ist, sondern aus Fett- säuren besteht, nebenher aber Zerin und kleine Mengen von Glyzeriden enthält. #=) In diesem Paragraphen hielt ich mich möglichst genau an die herrschende Lehre. In mehreren wesentlichen Punkten weiche ich von den vorgetragenen An- 44 18. Physikalische Eigenschaften der Zellmembran. Die Zellwand ist anfänglich stets ungefärbt und bleibt es auch häufig. Durch chemische Metamorphose entstehen aber in man- chen Fällen mehr oder minder stark gefärbte chemische In- dividuen in der alternden Membran, welche der Wand ihre Farbe mitteilen. Am deutlichsten lassen dies die schon berührten Farbhölzer erkennen. Aber auch die Holzzellwand zeigt stets eine schwach gelbliche Färbung. Sehr dünne Membranstellen erscheinen bei mikroskopischer Betrachtung in roter Interferenzfarbe. — Die Zellmembran verhält sich in der Regel anisotrop, indem sie das dunkle Gesichtsfeld des Polarisationsmikroskops aufhellt. Wie Brewster zuerst bewies, ist die Doppelbrechung pflanzlicher Zell- membranen gleich der der Kristalle entweder eine positive oder sichten ab. Vor allem aber ist die Angabe, daß die jugendliche Zellhaut (die »Zellulosehaut«) aus reiner Zellulose bestehe, gewiß nicht richtig, denn erstlich wird auch die von organischen Infiltraten gereinigte jugendliche Zellhaut durch übermangansaures Kali sofort gebräunt und gewöhnlich läßt sich gerade in ganz jugendlichen Zellen (Meristem der Vegetationsspitze) die Zellulose der Wand nicht sofort direkt, sondern erst nach tief eingreifender Vorbehandlung (mit Chlorzink, Kalilauge etc.) nachweisen, offenbar, weil nebenher auftretende Substanzen die Zellulosereaktion verhindern. Nimmt man an, daß die Zellhaut anfangs nur aus Zellulose bestehe, so gelangt man zu der vom chemischen Standpunkte zum Teile geradezu unhaltbaren Ansicht, daß alle — nicht infiltrierten — organischen Sub- stanzen der Zellhaut aus Zellulose entstanden sind. Daß das Bassorin des Tragants, häufig auch andere Gummiarten und Schleime, aus Zellulose hervorgehen, ist bewiesen; auch andere, den Kohlenhydraten näherstehende Methankörper (Fett- körper) mögen aus Zellulose entstehen; allein, daß die in der Zellhaut so häufig auftretenden stickstoffhaltigen Körper und aromatischen Substanzen (Benzolab- kömmlinge), wie: Vanillin, Koniferin, die Farbstoffe der Farbhölzer, der Zellulose ihr Entstehen verdanken sollen, ist nach neueren Untersuchungen zwar nicht un- möglich, aber doch unwahrscheinlich. Genaue Studien über die chemische Beschaffenheit der Zellhaut haben deren komplexe chemische Zu- sammensetzung dargelegt, eine Eigentümlichkeit, welche sie mit allen or- ganisierten Körpern teilt. Beispielsweise enthält die verholzte Zellwand außer Zellu- lose stets noch Vanillin, Koniferin, zwei Gummiarten (Pentosen), einen mit Salzsäure sich gelb färbenden Körper, stickstoffhaltige Substanzen, worunter oft Eiweiß nach- weislich ist, und, nach dem Verhalten des Lignins zu urteilen, gewiß noch zahlreiche andere chemische Individuen. Wie die Untersuchungen von Pringsheim und Strasburger lehrten, besteht die Anlage der Wand aus Protoplasma. Mehr oder minder lang erhält sich das Protoplasma (als Dermatoplasma) und damit das Eiweiß in der Zellhaut. Da durch Spaltung und Zersetzung der Eiweißkörper sowohl Methan- als Benzolkörper, und zwar der verschiedensten Art, entstehen, so erklärt sich hierdurch die chemische Metamorphose der Zell- häute viel einfacher und viel sicherer als unter der Annahme des Hervorgehens all dieser Körper aus Zellulose. (Wiesner, »ÖOrganisation der vegetabilischen Zellhaut«e, l.c., und Krasser, Untersuchungen über das Vorkommen von Eiweiß in der pflanzlichen Zellhaut«e. Ebendaselbst. Bd. XCIV, I. Abt. [1886].) 45 k eine negative. Tüpfel und quer durchschnittene diekwandige Zell- membranen zeigen zwischen den gekreuzten Nicols gewöhnlich ein dunkles Kreuz auf hellem Grunde. Die Zellwände verhalten sich, wie die nähere Untersuchung lehrt, so wie optisch ein- oder wie optisch zweiachsige Kristalle.?°)*) An faserförmigen Pflanzenzellen wurde nachgewiesen, daß der Grad der Doppelbrechung ihrer Mem- branen ein verschiedener ist. Beispielsweise besitzt die Kokosnuß- faser eine sehr niedere, die Hanffaser eine sehr hohe Doppelbrechung, und zwar auch bei gleicher Dicke der Membran. Häufig fällt die Hauptachse der Doppelbrechung mit der Richtung der Zellachse zusammen, z. B. bei den Bastzellen von Fiachs, Hanf, Jute, seltener steht sie senkrecht zur Zellenachse, z. B. bei der schon genannten Kokosnußfaser.”*) Durch mineralische Einlagerung kann die Zellwand eine sehr beträchtliche Härte**)erlangen (Öberhaut der Equiseten). Diekwandige Zellen (besonders Bastzellen) zeichnen sich, neueren Untersuchungen zufolge, durch einen hohen Grad von absoluter Festigkeit aus, worin die physiologische Leistung dieser Elemente als »mechanische Zellen< (Stereiden) begründet ist.***) — Jugendliche wasserreiche *) Wenn auch ein direkter Vergleich organisierter Substanzen mit Kristall- individuen nicht gestattet ist, so ist es doch erlaubt, optisch einachsige und op- tisch zweiachsige organisierte Gebilde zu unterscheiden. Bei ersteren — gleich- gültig, ob es sich um Kristalle oder organisierte Gebilde handelt — ist die Elastizitätsfläche ein Rotationsellipsoid, bei letzteren in beiden Fällen eine dreiachsige Ellipsoidfläche. (Ambronn, »Anleitung zur Benützung des Polari- sationsmikroskops bei histologischen Untersuchungen«. Leipzig 1892.) #=#) Abgesehen von den mineralischen Einlagerungen, welche die Härte der Zellmembran bis auf jene des Opals zu steigern vermögen (Fruchtschale von (oi«), sind die Zellmembranen aller bis jetzt untersuchten Pflanzengewebe, selbst die der Pilze, von gleicher Härte. Emma Ott, Österreich. bot. Zeitschrift. 1900. ***) Wie die Untersuchungen Schwendeners lehrten, zeichnen sich die mechanischen Zellen durch große absolute Festigkeit, namentlich aber durch ein hohes Tragvermögen, d. i. durch hohe absolute Festigkeit innerhalb der Grenzen vollkommener Elastizität aus. Gerade letztere Eigenschaft bedingt ihre Eignung als mechanisches Konstruktionsmateriale in der Pflanze. Man ist gewöhnlich geneigt, die in den Gewerben benützten Konstruktions- materialien als die vollkommensten anzusehen. Es ist aber von Schwendener gezeigt worden, daß die besten Baste im Tragvermögen die besten künstlichen Konstruktionsmaterialien übertreffen. So beträgt das Tragvermögen des Bastes von Pincenectitia recurvata per Quadratmillimeter 25, das von deutschem angelassenen Stahl bloß 24'6Ag. (Schwendener, »Das mechanische System im Aufbaue der Monokotylen«,. Leipzig 1874.) Es sei hier an die Versuche von Be&vau erinnert, nach welchen die menschlichen Knochen eine größere absolute Festigkeit be- sitzen als schwedisches Schmiedeeisen (Hyrtl, »Anatomie«, 3. Aufl., p. 168), ferner an die genauen Bestimmungen von Wertheim, welche ergaben, daß die absolute Festigkeit der Knochen sich bis auf 15°’03 kg per Quadratmillimeter steigern kann. 46 Zellwände sind wenig elastisch, hingegen verhältnismäßig stark duktil; später kehrt sich dieses Verhältnis häufig um. — Die Zellwand hat in der Regel die Fähigkeit, Wasser aufzunehmen, sie ist imbibitionsfähig und quillt dabei mehr oder minder stark auf, stärker in der Quer- als in der Längsrichtung, worauf die Bigen- schaft des Holzes beruht, bei der Aufnahme von Wasser weit mehr nach der Dicke als nach der Länge an Ausdehnung zu gewinnen. Die Imbibitionsfähigkeit ist vom chemischen Charakter der Wand abhängig; pektinreiche, gummi- und schleimhaltige Zellwände quellen im Wasser stark, verholzte und verkorkte nur wenig auf.*) — Jede Zellwand leitet das durch dieselbe sich bewegende Wasser rascher in der Längs- als in der Querrichtung. Das gleiche gilt für die Wärmeleitung. Deshalb schmilzt eine Stearinschichte, auf einem der Länge nach geschnittenen Holze oder auf einem Baststreifen angeschmolzen, mit einer glühenden Nadel berührt, in einer Bllipse, deren große Achse in die Richtung der faserförmigen Zellen fällt. — Die Leitungsfähigkeit der Zellwand für Wasser betreffend, ist noch anzuführen, daß dieselbe vom chemischen Charakter der Zellwand in hohem Grade beeinflußt wird. Am raschesten wird das Wasser in der Wand verholzter Zellen geleitet und die verholzten Elemente sind es auch, welehe vorzugsweise der Weiterbeförderung des Wassers in der Pflanze dienen. — Jede vegetabilische Zellmembran ist für Gase im Wege der Diffusion durchgängig; leichter im mit Wasser imbibierten, schwieriger in trockenem Zustande; hingegen läßt sich durch keinerlei Art von vegetabilischen Zellhäuten Luft hindurchpressen.?) Alle Zellmembranen sind hygroskopisch, selbst das Korkgewebe nicht ausgenommen.**) — Das spezifische Ge- wicht der Zellwand ist, genaueren, in neuerer Zeit ausgeführten Untersuchungen zufolge, höher, als früher angenommen wurde. Nach volumenometrisehen Versuchen hat die fast nur aus Zellulose be- stehende Baumwolle ein spezifisches Gewicht von 1'707, während dasselbe früher auf 1'27 geschätzt wurde. Je nach den Infiltrations- und Umwandlungsprodukten variiert begreiflicherweise das spezi- fische Gewicht der Zellwand. — Endlich wäre noch zu erwähnen, Die Literatur über diesen Gegenstand nebst neuen Untersuchungen enthält die Schrift von Messerer, »Über Elastizität und Festigkeit der menschlichen Knochen«. Stuttgart 1880. *) Es wird gewöhnlich angegeben, daß das Korkgewebe nicht imbibitions- fähig sei. Es nimmt aber Flaschenkork bis 29-5 und das Periderm von Spiraea opulifolia bis 140°/, Imbibitionswasser auf. (Wiesner und Molisch, Sitzungs- berichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Bd. XCVIII [1889].) *%*) Flaschenkork nimmt bis 8°6, das Periderm von Spiraea opulifolia sogar bis 36°3°/, Wasserdampf auf. Wiesner und Molisch, ]. c. ar pi daß die vegetabilischen Membranen die Elektrizität leiten und bisher stets diamagnetisch befunden wurden. VII. Die lebenden Inhaltskörper der Pflanzenzelie. 19. Im Inhalte der Zellen treten außer dem Protoplasma (Cyto- plasma) und dem Zellkern häufig noch andere lebende individuali- sierte Gebilde auf, welche sich alle dadurch auszeichnen, daß sie eine protoplasmatische Grundlage besitzen und, wie später noch näher auseinandergesetzt werden wird, sich gleich der Zelle und dem Zellkern bloß durch Teilung fortpflanzen, also wie diese nicht spontan im Organismus entstehen können. Alle diese Gebilde, als deren Hauptrepräsentant das so weit- verbreitete und physiologisch so wichtige Chlorophyll zu nennen ist. seien hier als lebende (organisierte) Inhaltskörper der Pflanzen- zelle zusammengefaßt. 20. Chlorophyll.?%) Es ist ein in der Pflanzenanatomie seit langem eingebürgerter Gebrauch. mit diesem Namen bestimmte orga- nisierte Inhaltskörper, die im wesentlichen aus Protoplasma bestehen und mit grünem Pigment tingiert sind, zu verstehen. Wir nehmen also das Wort in anderem Sinne als die Chemiker, welche unter Chlorophyll ein bestimmtes chemisches Individuum — nämlich das eben genannte grüne Pigment — begreifen. Um Mifiverständnissen vorzubeugen, hat man das Wort Chlorophyllkörper als Kollektiv- bezeiehnung für alle hierhergehörigen organisierten Inhaltskörper eingeführt. Das Chlorophyll kommt, die Pilze abgerechnet, in allen Ab- teilungen des Gewächsreiches vor. Es findet sich hier, eine ver- schwindend kleine Zahl von Pflanzenarten abgerechnet, in fast allgemeiner Verbreitung vor, und zwar in den oberirdischen Or- ganen, namentlich den Blättern. Es gibt sich in der Regel schon durch die Massenfärbung der Organe zu erkennen: doch kann man sich auf dieses äußere Kennzeichen nicht verlassen. So sind z. B. die Chlorophylikörner in den roten Blättern der Blutbuche (Spielart von Fagus silvatica) ebenso reichlich vorhanden als in der gewöhn- liehen Buche, und für das unbewaffnete Auge bloß durch einen im Zellsaft gelösten roten Farbstoff (Anthokyan) gedeckt, unter Mikroskop hingegen leicht erkennbar. In den Rotalgen (Florideen) kommt das Chlorophyll neben einem roten, im Wasser löslichen Farbstoffe (Phykoerythrin) vor, welcher die Massenfarbe derselben bedingt. Hingegen gibt es grüne Pilze (z. B. Peziza aeruginosa), welche kein Chlorophyll enthalten. . 48 Zur Charakterisierung des Chlorophylifarbstoffes dient dessen Löslichkeit in Alkohol und dessen Fähigkeit, aus dieser Lösung durch Benzol, fettes Öl, Terpentinöl ete. ausgeschüttelt werden zu können; ferner die rote Fluoreszenzfarbe der Lösung, endlich das charakiereneBs Absorptionsspektrum. In der zweiten Abteilung dieses Buches (Physiologie) kommen wir ausführlich auf diese Eigenschaft zurück; es sei hier nur erwähnt, daß die Lösungen des Chlorophyll- farbstoffes sieben im Spektrum bestimmt verteilte Absorptionsstreifen zeigen, von denen der im Rot zwischen den Fraunhoferschen Linien DZ und © liegende auch bei außerordentlicher Verdünnung der Lösung, wenn dieselbe auch keine Spur grüner Färbung mehr erkennen läßt, noch deutlich sichtbar ist (Fig. 37). Diese optische Reaktion dient nicht nur zur Auffindung von Chlorophylispuren, sondern auch dazu, um in zweifelhaften Fällen zu unterscheiden, ob tatsächlich Chlorophyll vorliegt oder nicht. So läßt sich auf I mi am MET] Se Spektra akoholischer Chlorophyllösungen. 1 Spektrum einer lebhaft grünen, 2 einer mäßig verdünnten, 3 einer bis zum Verschwinden der grünen Farbe verdünnten Lösung. B-G@Fraunhofersche Linien. I— VII Absorptionsstreifen. Grund spektroskopischer Prüfung zeigen, daß das Pigment der Peziza aeruginosa und anderer grüner Pilze mit dem Chlorophyll nicht identisch ist. Das Chlorophylipigment (s. Physiologie) wird in der Pflanze von einem gelben Farbstoff, dem Xanthophyll, begleitet, das wieder identisch ist mit jenem gelben Farbstoffe, der in etiolierten, d. i. bei Ausschluß des Lichtes erzogenen Pflanzenteilen statt des Chlorophylis sich bildet und den man Etiolin (s. Physiologie) ge- nannt hat.*) Wenn man ein grünes alkoholisches Extrakt der Pflanze (Rohchlorophyllösung) mit Benzol oder fettem Öl schüttelt, so geht das Chlorophyll in diesen Körper über, während das Xanthophyll im Alkohol zurückbleibt. Behandelt man eine Ohlorophyllösung mit *) Bei Algen treten andere Begleitstoffe (Phykocyan, Phykoerythrin, Dia- tomin ete.) auf, welche für die Hauptabteilungen der Thallopbyten charakteristisch sind (s. weiter unten, ferner Bd. II, 178 ff.). : 49 einer kleinen Menge von Salzsäure, so entsteht ein mikrokristallini- scher Körper (Pringsheims Hypochlorin). Auch in den Chlorophyll- körnern läßt sich die Überführung des grünen Farbstoffes in Hypochlorin bewerkstelligen; letzteres kristallisiert in Form feiner Stäbehen im Chlorophylikorn heraus. Eine Chlorophyllösung wird auf Zusatz kleiner Mengen von Salz- säure bräunlich verfärbt; aus einer solehen Lösung scheidet sich nach kurzer Zeit Hypochlorin aus. Auf reichlichen Zusatz von Salzsäure erhält man eine Fig. 38. Lösung, welche wieder intensiv grün (spangrün) ist. Ätherische Etiolin- oder Xanthophyll-Lösungen nehmen auf Zu- satz von Salzsäure nach einiger Zeit eine blaue bis blaugrüne Färbung an. Der Chlorophyllfarbstoff tritt nur, mit Protoplasma verbunden, in Form von organisierten Inhaltskörpern in der Pflanzenzelle auf. Jeder Chlorophyll- körper ist durch Chlorophyll und Xanthophyll (Etiolin) tingiert und wahr- a SS scheinlich von einer Lösung dieser bei- Be ein ur , den Körper durchtränkt.*) Im Zellsafte we die von Stärkekörnchen umge- benen Pyrenoide p p’ des Chloro- aufgelöstes Chlorophyll existiert nicht, a ie mit p° bezeichneten Pyrenoide so oft auch der Bestand eines solchen schicken sich zur ee behauptet wurde. | Die Chlorophylikörper entsprechen entweder dem ganzen Protoplasma der den Farbstoff beherbergenden Zelle (Cyanophyceen) oder einem mehr oder minder großen, scharf differenzierten Teil desselben. In vielen Algen tritt das Chlorophyll in sehr verschiedenen, höchst charakteristischen Gestalten: in Ringen (Conferva zonata,), Schraubenbändern (Spirogyra; s. Fig. 38), Stern- (Zygnema), Perl- schnurform (Syrogonium), Transversalscheiben (Sphaeroplea annulina) etc. auf. Die gewöhnlichste Form der Chlorophylikörper sind die schon genannten Chlorophyllkörner, welche in den grünen Vegetations- *) Die Hauptmasse des als Xanthophyll bezeichneten gelben Begleiters des Chlorophylis ist Karotin, welches sich kristallisiert darstellen läßt und auch unter Anwendung von weingeistigem Kali in den chlorophyllhaltigen Zellen kristallisiert zur Anschauung gebracht werden kann. (Molisch, Berichte der Deutschen Bota- nischen Gesellschaft. 1896.) Näheres über Xanthophyll und über Karotine im zweiten Teile (Physiologie). Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 4 50 organen der Moose, Gefäßkryptogamen und Phanerogamen die fast ausschließlichen Träger des Chlorophyllfarbstoffes bilden. Die Chloro- phylikörner bilden sich im Protoplasma aus und sind, solange sie funktionieren, in das- selbe eingebettet. Ge- A B wöhnlich treten sie reichlich im protoplas- matischen Weandbeleg auf;manchmal scheinen sie die ganze innere Oberfläche der Zell- haut zu bedecken. Selten Vergr. 500. Chlorophylikörper der Oberhautzellen von Selaginella 2 c . mit einem (4A), Hab Br = Chlorophylikörpern. sinkt die Zahl der in einer Zelle auftretenden Chlorophyllkörner bis auf wenige oder ein großes Korn; in manchen Lebermoosen (Anthoceros) und Algen (Ulva). Überhaupt kommt auf niederer Stufe der Organisation in der Zelle gewöhnlich nur ein oder es kommen nur wenige Chlorophyll- körper vor; selbst noch bei manchen Pteridophyten (z. B. Sela- ginella, s. Fig. 39), während bei allen höheren Pflanzen ein reich- liches Auftreten von Chlorophyllkörpern in den Zellen der grünen Gewebe die Regel bildet. Da die Chlorophylikörper Protoplasmagebilde sind, so teilen sie mit diesen auch die Struktureigentümlichkeiten. Sie scheinen stets aus einer protoplasmatischen Gerüstsubstanz zu bestehen, als deren Ausfüllung eine ölige Substanz Fig. 40. auftritt, in welcher sowohl das Chloro- phylipigment als Xanthophyll aufgelöst enthalten ist. In den Chlorophylikörpern der meisten, namentlich der grünen Algen (Chlorophyceen) finden sich ein oder mehrere zellkernartige Einschlüsse Inffwurzel von Hortwegia eomoss. (Pyrenoide; Fig. 38 p p‘) vor, in deren st die oa ler nen Umgrenzung meist kleine Stärkekörn- Protoplasmazone, bei d und e durch ein- . . fache Einschnürung. (Nach Mikosch.) Chen auftreten.) Vakuolen sind in größeren Körnern nicht selten; fast regelmäßig finden sich die später zu erwähnenden autochthonen Stärkekörner im Inneren des Chlorophylis vor. Seltener treten Fett- tröpfehen als Inhaltskörper auf (Hartwegia, Rhipsalis, Strelitzia, Spirogyra). *) Die Pyrenoide wurden von Schmitz (»Die Chromatophoren«, Bonn 1882) entdeckt. In den Algen sind sie etwas Gewöhnliches, auch in Lebermoosen wurden Fig. 39. 51 Daß die Chlorophylikörper, obgleich sie fast gar keine Struktur- eigentümlichkeiten erkennen lassen, doch lebende Gebilde sind, geht daraus hervor, daß sie sich durch Teilung vermehren (Fig. 40, s. auch Fig. 39 2). Dieser Teilungsvorgang ist aber ein relativ nur selten ein- tretender Entstehungsmodus. Am häufigsten gehen die Chlorophyll- körner aus kleinen farblosen, schon in den jüngsten Meristemzellen enthaltenen Plasmagebilden, aus den später noch näher zu betrach- tenden Plastiden hervor (Schimper, 1882). Es kann auch vorkommen, daß selbst in einem und demselben Gewebe die Chlorophyllkörner auf zweierlei Art. aus ihresgleichen und aus Plastiden, entstehen. Wie im physiologischen Teile auseinandergesetzt werden wird, ist zur Chlorophylibildung in der Regel Licht nötig. Die Keim- linge der Koniferen und einige andere Pflanzen machen indes hierin eine Ausnahme. Werden (unter normalen Verhältnissen grüne) Pflan- zen im Finstern gezogen. so nehmen die sonst chlorophyvliführenden Or- gane eine gelbliche Färbung an, sie etiolieren. Gewöhnlich werden im Etiolement die Stengel überverlängert, die Blätter verkürzt. Statt der Chloro- phylikörner entstehen in etiolierten Organen gelbe, Etiolin führende Protoplasmagebilde, die Etiolin- körner, welche in Form und Größe mit ersteren übereinstimmen. Den Chlorophylikörpern fallt eine wichtige Funktion zu: in ihnen erfolgt unter dem Einflusse des Lichtes die Produktion organischer Substanzen aus unorganischen Nahrungsmitteln. Vergr. 400. Oberhautzellen vom Stengel > der Neottia Nidus avis. z Zellkern. ff Farb- 2L. Chromato pP horen. Mit stoffkörperchen (Chromatophoren). dem Namen Chromatophoren belegt man am zweckmäßigsten alle individualisierten Protoplasmagebilde der Pflanzenzellen, welche durch einen oder durch mehrere Farb- stoffe (häufig Karotine) tingiert erscheinen. sie beobachtet. Den Gefäßkryptogamen und Phanerogamen scheinen sie zu fehlen. Nach Schmitz sind dieselben gewissermaßen die Kerne der Chlorophyligebilde. Teilt sich das Korn, so teilt sich auch sein Pyrenoid. In den Chlorophyll- körnern der Algen treten sie gewöhnlich einzeln, in andersgeformten Chlorophyll- körpern (z. B. im Chlorophyliband der Spirogyra; s. die Fig. 38) zahlreich auf. 4* 52 Dieser Begriffsbestimmung zufolge gehören auch die Chloro- phylikörper in diese Kategorie. Während diese aber vorwiegend in den Blättern ihren Sitz haben, kommen anderweitig, gewöhnlich rot oder orange gefärbte Chromatophoren zumeist in Blüten und Früchten vor. Um die grünen Chromatophoren von den andersgefärbten zu unterscheiden, hat man die ersteren Chloroplasten, die letzteren Chromoplasten genannt. Die Chromoplasten sind entweder rundlich wie die Chlorophyll- körner oder häufiger spindelförmig (s. Fig. 41 und 42). Einen speziellen Fall der Chromoplasten bilden die oben schon genannten Etiolin- körner, welche im Lichte sich in Chlorophylikörner umwandeln. Manche Chromoplasten enthalten Chlorophyll, aber im ver- steekten Zustande. z. B. die Chromoplasten von Neottia Nidus avıs. Werden diese lichtzimtbraun gefärbten Körperchen mit Alkohol behandelt, so nehmen sie alsbald eine grüne Farbe an. Legt man die ganze Pflanze in Alkohol ein, so geht die lichtbräunliche Farbe derselben rasch in Grün über. Durch weitere Einwirkung des Alkohols geht das Chlorophyll in Lösung. ?’)*) Die Chromoplasten entstehen entweder aus ihresgleichen (die Etiolinkörner mancher Pflanzen) oder aus Plastiden, in einzelnen Fällen auch aus Chlorophylikörnern. 22. Leukoplasten. Es sind dies Protoplasmagebilde, welche sieh von den Chroma- tophoren nur durch den Mangel an Pigment unterscheiden. Sie tre- Fig. 42. ten zumeist in unter- irdischen, überhaupt in solehen Pflanzenteilen auf, welche der Ein- wirkung des Lichtes entzogen sind. In der Regel bilden sie die weiter unten zu be- trachtenden Stärkekör- ner aus und werden Vergr. 450. Parenchym der Hagebutte (Hypanthium von dann auch Amylo- Rosa sp.). p Protoplasma, Farbstoffkörperchen (Chromato- x ‘ ee N plasten genannt. *) Nach neuesten Untersuchungen kommt das Chlorophyll in Neottia Nidus avis nicht fertig gebildet vor, sondern entsteht erst unter jenen Einwirkungen, welche zum Ergrünen dieser Pflanze führen. (Molisch, Bot. Zeitung, 1905.) ? 53 Leukoplasten können sich auch in Etiolin-, beziehungsweise Chlorophylikörner umbilden, so z. B. in der Kartoffel. 23. Plastiden.”®) In den Eizellen der Samenknospen findet man stets kleine, gewöhnlich um den Kern gelagerte, rundliche Protoplasmagebilde vor, welche, durch Teilung sich fortpflanzend, in den jugendlichen Geweben, zunächst des Embryo, erscheinen und sodann in den jüngsten Geweben (Meristemen, s. unten) der Organe stets zu finden sind. Diese jugendlichen, weiter entwieklungs- fähigen Gebilde werden als Plastiden bezeichnet. Aus denselben gehen, wie schon erwähnt, die Chlorophyllkörner (Ohloroplasten), die Chromoplasten und die Leukoplasten hervor. VIH. Organoide Inhaltsstoffe.) Unter organoiden Bildungen sollen alle jene Erzeugnisse der Zelle zusammengefaßt werden, welche nur unter Mitwirkung der lebenden Substanz (Protoplasma im weitesten Sinne) entstehen, eine spezifische, an eine bestimmte Pflanze gebundene Gestalt und häufig auch eine spezifische Struktur besitzen, denen aber die Eigen- schaften des Lebens abgehen. — Die Formen der organoiden Bildungen werden ebenso erblich festgehalten wie die Gestalten der lebenden Teile und dadurch unterscheiden sich die organoiden von den gewöhnlichen anorganischen Bildungen. Die wichtigsten organoiden Inhaltsstoffe der Pflanzenzelle sind die Stärkekörner und das Aleuron. 24. Die Stärke?) (Stärkemehl, Amylum) zählt zu den ver- breitetsten und wichtigsten Pflanzenstoffen. Sie ist kein chemisches Individuum, sondern ein Stoffgemenge, welches außer aus Wasser vorwiegend aus zwei isomeren Kohlenhydraten von der Zusammen- setzung C,H,,O, (s. Physiologie), Stärkezellulose (Farinose) und Granulose*), besteht (Nägeli, 1858). Letztere bildet die Haupt- masse der Stärke. Außerdem enthält sie auch ein durch Jod sich rotfärbendes Dextrin (Erythrodextrin) und noch kleine Quantitäten anderer Körper. Die Stärke tritt stets nur als organoides Gebilde, die Stärkekörner bildend, auf. Eine von den älteren Anatomen behauptete fest, formlose Stärke existiert nicht.”*) #=) Artur Mayer betrachtet Granulose und Stärkezellulose nur als Modi- fikationen eines und desselben Kohlenhydrates, der Amylose, und bezeichnet die Stärkezellulose als «- und die Granulose als 3-Amylose. Art. Mayer, Unter- suchungen über die Stärkekörner. Jena 189. ==) Hingegen wurde in einigen Bakterien eine das ganze Protoplasma durch- dringende, durch Jod sich bläuende Substanz aufgefunden. (Zopf, »Spaltpilze«, in 54 In grünen Pflanzen ist Stärke etwas Gewöhnliches; mit Aus- nahme der stets chlorophyllosen Pilze kommt sie in allen anderen Abteilungen des Gewächsreiches vor.*) Sie findet sich in Samen, Früchten, Wurzeln, Blättern, Stengeln, Stämmen, Blütenteilen ete. und fast in allen Gewebearten der Pflanze, namentlich im Parenchym, vor. Die Stärkesubstanz wird in allen Pflanzen, welche über das Keimungsstadium hinaus sind, ausschließlich nur in den grünen Organen gebildet und von dort nach anderen Organen geleitet; findet man sie trotzdem in chlorophyllosen Schmarotzern (z. B. in ÖOrobanchen), so kann man mit Sicherheit annehmen, daß die Stärke- substanz sich in den grünen Wirtpflanzen bildete, in die Gewebe der Schmarotzer einwanderte und hier bloß geformt wurde. In Keimpflanzen, welche aus stärkefreien, aber ölreichen Samen hervorgingen, entsteht die Stärke aus Fetten. In manchen Geweben tritt sie nur spurenweise, in anderen (z. B. im Endosperm der Gramineen) in solchen Massen auf, daß die Zellen da- mit völlig oder zum großen Teile erfüllt erscheinen (s. Fig. 11 und 44). Diese beiden Extreme sind durch alle denkbaren Zwischenglieder verbunden. Tem. 0. Beer. re a Die organoide Natur zusammengesetztes Korn. d—/ große, g kleine Stärke- körnchen aus dem Endospernı des Weizens, d nach der Stärkekörner spricht sich Behandlung mit Chromsäure, A aus dem Milchsafte s. 2 . von Euphorbia splendens, i aus den Keimblättern der zunächst darin aus, daß jede durch "Eiifeoekmung der weichen Rernubstens ea) PHanze ' in. ihnen Orsnen RN spezifische Stärkekörner aus- bildet. Die Stärkekörner einer bestimmten Pflanze und eines bestimmten Organes sind ebenso charakteristisch geformt wie etwa die Blätter einer Pflanzenart. Darauf beruht ja die mikroskopische Unterscheidung der käuflichen Stärkearten, Mehle etc. Man kann vor allem zweierlei Arten von Stärkekörnern unter- scheiden, einfache und zusammengesetzte. Die zusammengesetzten Körner bestehen aus Teilkörnern, von denen jedes einzelne sich im Schenks Handbuch der Botanik. III, 2, p. 14.) In Bacillus Amylobacter ist diese Substanz Granulose, welche durch den Pilz aus Stärkekörnern aufgenommen wurde. (van Tieghem, Trait& de Botanigque. I, p. 206.) #®) Aber nicht in allen grünen Pflanzen. Unter den Algen fehlt sie beispiels- weise den Diatomaceen. £ 55 wesentlichen so wie ein einfaches verhält. Am einfachen Korn erkennt man Schichten, welche konzentrisch oder exzentrisch um eine kleine, mit weicher, wasserreicher Substanz erfüllte Höhlung (Kern, s. Fig. 43%) gelagert sind. Solange das Stärkekorn noch wächst, ist der Kern weich; in eintrocknendem Gewebe (z. B. reifen Samen) trocknet auch er ein; an seiner Stelle findet man dann eine mit Luft erfüllte Höhle. — Manche Stärkekörnchen (z. B. die der Kartoffel, Fig. 43) sind deutlich geschichtet, andere erscheinen nicht oder nur sehr undeutlich geschichtet (Stärkekörnchen des Weizens). Ähnlich wie ungeschichtet erscheinende Zellwände lassen auch derlei Stärkekörnchen nach Einwirkung gewisser Reagentien Schichtung hervortreten. So ruft Chromsäure an den großen, linsenförmigen Weizenstärkekörnern die prachtvollste Schiehtung hervor (Fig. 43 d). Vergr. 300. Ein kleines Gewebestück aus Vergr. 300. Ein kleines Gewebestück aus dem Endosperm des Reis, mit Stärke er- dem Endosperm des Hafers. a echt zu- füllt. « einfache, b echt zusammengesetzte sammengesetzte, Dd, c einfache Stärke- Stärkekörner. körner, d Protoplasma. — Es wird heute allgemein angenommen, daß gleich der Schichtung der Zellwand auch die der Stärkekörnehen auf Wechsellagerung wasserarmer und wasserreicher Substanz beruhe.’!) Tatsächlich wurde festgestellt, daß das an sich farblose Stärkekorn abwechselnd rötlich und bläulich erscheinende Zonen erkennen läßt, von denen die ersteren wasserreich, die letzteren wasserarm sind. Gleich den wasserreichen Zonen erscheint auch der Kern in rötlicher Inter- ferenzfarbe. Die meisten einfachen Stärkekörnchen sind rundlich, häufiger elliptisch oder eiförmig als kugelig. Wenn sie massenhaft in der Zelle auftreten, hemmen sie sich gegenseitig im Wachstum und nehmen dann polyedrische Formen an (s. Fig. 44). Doch kommen noch zahlreiche andere Formen vor: stäbchen-, schenkelknochen- förmige (z. B. im Milchsafte vieler Euphorbien; s. Fig. 43 h) ete. Die zusammengesetzten Stärkekörnchen bestehen aus zwei bis zahlreichen Teilkörnern, die, wo sie das Korn nach außen begrenzen, abgerundet, wo sie sich gegenseitig berühren, von ebenen Flächen begrenzt sind. Die Teilkörner eines komponierten Kornes sind meist gleich, seltener (im Marke der Sagopalme) ungleich groß. Man unterscheidet noch halbzusammengesetzte Stärke- körnchen, nämlich komponierte Körner, die von einer oder mehreren gemeinschaftlichen Schichten umkleidet erscheinen (Fig. 43 ce). Die Stärke tritt in den Chlorophylikörnern häufig und dann meist in Form außerordentlich kleiner Körnchen auf. Hier entsteht Fig. 47. Vergr. 850. Zellkern (z), pl Amyloplasten Vergr. 850. A sehr junge Zelle des Mark- und von diesen erzeugte Stärkekörner st parenchyms aus dem Rhizom von Canna aus der farblosen jungen Knolle von gigantea. z Zellkern, pl Plastiden. B etwas Phojus grandifoliu. (Nach A. F. W. ältere Zelle. Die Plastiden p2 haben bereits Schimper.) Stärkekörner st erzeugt. (Nach A. F. W. Schimper.) sie unter dem Einflusse des Lichtes aus anorganischen Nahrungsstoffen. Dies ist die autochthone Stärke. Von den Chlorophylikörnern aus wird die Stärke in besondere Organe (Knollen, Samen etc.) geleitet und in bestimmten Geweben derselben massenhaft aufgestapelt, um beim Treiben der Knospen oder bei der Keimung das Materiale zum Aufbaue der Zellen zu liefern. Hier tritt die Stärke als Reservestoff (Fig. 11) auf. Aus den Reservestoffbehältern — den stärkeerfüllten Zellen — wandert die Stärke bei der Neubildung von Knospen, beim Keimungsprozeß etc. in die jungen, wachsen- den Pflanzenteile ein. Da sie im Zellsafte unlöslich ist, so muß sie bei dieser Wanderung eine Umänderung erfahren, ein Teil der Substanz wird aber auf der Wanderung doch immer wieder e 57 in die Form der Stärke gebracht. Solche Stärke wird als transi- torische bezeichnet (Fig. 8 s). Dieselbe verschwindet in der Regel wieder aus den Geweben und besteht immer aus sehr kleinen Körnchen, während die als Reservestoff fungierende meist größere, einfache oder aus kleinen Teilkörnern bestehende, zusammengesetzte Körner bildet. Die als Reservestoff in den Kartoffeln angehäuften Stärkekörner erreichen eine Größe bis O'1mm, sind also schon für das freie Auge sichtbar, während die transitorischen Stärkekörner meist nur eine Größe von 0'002—0'003 mm aufweisen. Die Stärkekörner entstehen niemals frei im Cytoplasma, son- dern werden, wie man lange weiß, entweder in Chlorophylikörnern oder, wie Schimper nachwies, von Leukoplasten (Amyloplasten) ausgeschieden. Auch ganz jugendliche Amyloplasten (Plastiden) haben in manchen Pflanzenorganen bereits die Fähigkeit, Stärke- körnchen (transitorische Stärke) zu erzeugen (Fig. 47). Die erblich festgehaltene Form der Stärkekörnchen erklärt sich aus dieser ihrer Herkunft. Entsteht ein einzelnes Stärkekorn mitten in einem Chloro- phylikorn oder einem Leukoplasten, so wird es rund und erscheint je nach seiner Lage in diesem Gebilde konzentrisch oder exzentrisch gebaut; gehen hingegen zwei, mehrere oder viele Stärkekörnchen aus einem Leukoplasten hervor, so werden sie gewöhnlich durch gegenseitige Abplattung polyedrisch. Die Leukoplasten sind in den Rhizomen der Monokotylen (z. B. der J/ris-Arten) relativ am leichtesten nachzuweisen und können am besten durch Fixierung mittels Alkohol und Pikrin- säure und durch Ausfärbung mittels Gentianaviolett zur Anschauung gebracht werden. Es läßt sich leicht konstatieren, daß jedes Stärkekorn neben Granulose, welche durch Jodlösung in charakteristischer Weise blau oder violett gefärbt wird, noch Stärkezellulose enthält. Behandelt man nämlich die Stärke mit Speichel, so verliert das Korn an Masse, nicht aber an Volum, behält seine Struktur, wird aber durch Jodlösung nicht mehr gebläut, sondern gelblich gefärbt und nimmt erst, gleich der gewöhnlichen Zellulose, auf Zusatz von Schwefel- säure eine blaue Farbe an. Gleich der gewöhnlichen Zellulose ist auch die Stärkezellulose in Kupferoxydammoniak löslich. Manche Stärkekörner (z. B. die des Klebreis) werden infolge reichlichen Besitzes an Erythrodextrin durch wässerige Jodlösung nicht blau oder violett, sondern rot bis rotbraun gefärbt.*) Die Entfernung *) Diesen Stärkekörnern nahe verwandt ist die in den Florideen und anderen Algen auftretende Florideenstärke. Sie entsteht nicht in besonderen 58 der Granulose aus dem Stärkekorn gelingt am raschesten durch Chromsäure.°?) Die Stärkekörnchen hellen das dunkle Gesichtsfeld des Polari- sationsmikroskopes auf und zeigen ein dunkles, durch den Kern hindurchgehendes Kreuz, sie verhalten sich so wie andere Sphärite (Sphärokristalle), mögen dieselben aus organischer oder anorgani- scher Substanz bestehen. Gerade dieses Verhalten spricht dafür, daß die Stärkekörner aus radial angeordneten Kriställchen (»Trichiten « nach A. Meyer) bestehen, also Sphärite sind (s. Fig. 48). Diese Wahrnehmung führt auch zu der gegenwärtig von den meisten Bota- nikern als richtig angenommenen Ansicht, nach welcher jedes Stärke- korn aus anisotropen Micellen, nämlich aus kristallähnlich geformten >) 17/7 IM \ (& na 7 ) ER 9) tı5» Vergr. 300. Kartoffelstärkekörn- Vergr. 300. B 400. A keulenförmiges Haar eines chen zwischen den gekreuzten etiolierten Sprosses der Kartoffel mit Kristalloiden %. Nieolschen Prismen des Polari- B Aleuronkörner. 7—5 aus Rizinussamen, 6—7 aus sationsmikroskopes gesehen. a ein- Stechapfelsamen.e. & und 9 aus dem Samen der faches, 5 echt zusammengesetztes Springgurke (Momordica Elaterium). v v Globoide, Korn. k k Kristalloide. (Nach A. Vogl.) Komplexen von Molekülen, welche im wesentlichen sich wie doppelt- brechende Kristallmoleküle verhalten, zusammengesetzt ist. 25. Die Aleuron- oder Proteinkörner”) (Theodor Hartig, 1855; genauer untersucht von Pfeffer, 1872) bilden rund- liche Körperchen, deren Trockensubstanz der Hauptsache nach aus Eiweißkörpern besteht. In Wasser meist leicht löslich, entging das Aleuron lange der Beobachtung. Am deutlichsten tritt es in Er- scheinung, wenn das diesen organisierten Inhaltskörper bergende Gewebe in fettem Öl oder in 2°/,iger alkoholischer Sublimatlösung präpariert wird. In sehr vielen Samen, namentlich in fettführenden, tritt das Aleuron massenhaft auf, meist in einer aus fettem Öl bestehenden Plastiden, sondern im allgemeinen Protoplasma der Zelle, ist farblos und färbt sich durch Jod braun bis braunrot. Literaturnachweise über Florideenstärke und ähnliche Körper in Zimmermanns »Pflanzenzelle«, Breslau 1887. R 59 Grundmasse eingebettet. Die Grenzschichte der Körner ist dichter als die übrige Masse. An manchen Körnern läßt sich durch Reagentien Schiehtung nachweisen. Im Inhalte der Proteinkörner finden sich fast regelmäßig Einschlüsse, und zwar dreierlei Art, entweder Kristalle von oxalsaurem Kalk (z. B. in den Samen von Viftis vinifera®) oder sogenannte Globoide, nämlich rundliche Körnchen welche Kalk und Magnesia mit einer gepaarten Phosphorsäure enthalten, endlich Eiweißkristalle (z. B. im Samen von Ricinus communis), welche, wie wir gleich sehen werden, auch als solche in den Pflanzenzellen auftreten (Fig. 49). Die Aleuronkörner sind in der Regel farblos, manchmal blau (gefärbte Spielarten von Mais) oder rötlich.**) Die Aleuronkörner sind allerdings leblose Gebilde, aber ihre organoide Natur ergibt sich aus ihren erblich festgehaltenen Formen. Die Aleuronkörner einer bestimmten Pflanze haben stets bestimmte Form, Größe und ganz bestimmt gestaltete Einschlüsse. Die Entstehungsgeschichte des Aleurons ist noch nicht geklärt.***) Das Aleuron fungiert gleich der Stärke als Reservesubstanz. Es entsteht erst kurz vor der Reife der Samen. Die Einschlüsse werden früher als die Grundmasse ausgeschieden. IX. Die übrigen Inhaltsstoffe der Zelle. 26. Kristalle?) Nur sehr wenige chemische Individuen, fast durchwegs nur Verbindungen des Kalkes mit organischen und mineralischen Säuren, treten im Zellinhalte kristallisiert auf, was auf den ersten Blick um so mehr befremdet, als bereits eine große Zahl gut kristallisierter Verbindungen aus Pflanzenteilen abgeschieden wurde und jede Pflanze zahlreiche kristallisierbare Verbindungen enthält. Da aber die Kristalle als feste Körper an dem Stoffwechsel *) In den Samen aller bis jetzt untersuchten Ahornarten finden sich als Einschluß des Aleurons Kristalle von oxalsaurem Kalk; in den Samen des nahe- verwandten Negundo fraxinellifolium (früher Acer Negundo genannt) fehlen sie. Spieß, Österreichische botanische Zeitschrift. 1904. ##) Häufig findet man die von Hartig herrührende Angabe. daß die Aleuron- körner der Pistazienkerne durch Chlorophyll grün gefärbt sind. Es hat sich aber herausgestellt, daß diese grüne Farbe von nebenher auftretenden sehr kleinen Chlorophylikörnern herrührt. Die Blau- oder Rotfärbung des Aleurons beruht auf der Gegenwart von Anthokyan. Spieß, l.c. #=##) Nach neueren Untersuchungen entstehen alle Aleuronkörner in Vakuolen, und zwar dadurch, daß der eiweißreichen Lösung, welche den Vakuoleninhalt bildet, Wasser entzogen wird. Bei der Auflösung der Aleuronkörner werden sie in Vakuolen rückgebildet. (Werminski, Berichte der D. Bot. Ges., 1888, p. 199. Wakker, Bot. Zentralbl., 1888, 1, p. 361.) 60 keinen Anteil nehmen, die chemischen Individuen vielmehr nur im gelösten Zustande sich hierbei zu beteiligen vermögen, so erklärt sich dieser Widerspruch in sehr einfacher Weise. So selten nun kristallisationsfähige organische Substanzen in Kristallform der lebenden Zelle angehören, so häufig kommen dieselben im Zellsafte und in anderen Pflanzensäften (z. B. in den später zu betrachtenden Milchsäften) aufgelöst vor. So wird es er- klärlich, warum eingetrocknete Pflanzenteile nicht selten Kristalle in reichlicher Menge führen. Es sei hierbei an die bekannte Vanille- frucht erinnert, deren Oberfläche oft dicht mit Kristallen von Vanillin beschlagen ist, oder an die in den Tonkabohnen (Samen von Dipterix odorata) auf- tretenden Kumarin- kristalle, an die Kristalle von Traubenzucker, welche im Inneren des Johannisbrotes (trok- kene Früchte von Üe- ratonia siliqua) vor- kommen, ete. In den Zellen mancher Medi- zinaldrogen erscheinen Vergr. 380. Zelle aus der trockenen Knolle von Melanthium . h ] 1 . 5 1] cochinchinense. A kleine, % größere Sphärokristalle von Zucker. Nicht selten gleichfalls RE kristallinische Aus- scheidungen von Zucker und anderen Körpern (s. Fig. 50). Die schon oben berührten kristallisierten Kalkverbindungen finden sich in lebenden Geweben sehr häufig vor, namentlich aber die Verbindung des Kalkes mit Oxalsäure, welche geradezu den häufigsten in Pflanzenzellen auftretenden festen Körpern zuzuzählen ist, weshalb dieselbe hier eingehender zu besprechen sein wird. Es ist schon oben (p. 42) bemerkt worden, daß Kristalle von oxalsaurem Kalke in manchen Zellwänden anzutreffen sind; der Zellwand außen anhaftend, findet man dieselbe Substanz nicht selten im Gewebe der Pilze und Flechten (Fig. 51). Kristallisierter oxalsaurer Kalk kommt aber in ausgedehn- testem Maße als Zellinhaltsstoff vor. Fast jede Pflanze führt in einem oder dem anderen Organe größere oder kleinere Mengen dieses Körpers als Inhaltsstoff und nur die Pflanzen weniger Ab- teilungen (Gräser, Equiseten} machen hierin eine Ausnahme. Die in den Pflanzenzellen auftretenden Kristalle von Kalk- oxalat gehören je nach dem Wassergehalte dem tetragonalen (Trades- 61 cantia; s. Fig. 52a—c) oder monoklinischen Systeme (Iris ete.; s. Fig. 52 d—f, Fig. 53) an. Für die Kristallform entscheidend ist der Konzentrationsgrad jener Lösungen, aus welchen die Kristalle sich abscheiden. Sie sind löslich in Salzsäure, unlöslich in Essigsäure. Als Kalkverbindungen ge- ben sie sich dadurch zu erkennen, daß sie durch Einwirkung von Schwefelsäure in Gips umgewandelt werden, welcher sofort in cha- rakteristischen nadel- förmigen Kristallen sich ausscheidet. Die Kristalle des oxalsauren Kalkes kommen entweder ein- zeln und dann meist Vergr. 300. mit den oder in mehr oder minder wohlausgebildet, Gewebe der Nadeln besser unterscheiden o unverletzter, o‘ korrodierter Kristall von oxalsaurem Kalk, Orseilleflechte (Roccella tinctoria), aufgelockert, um die Formbestandteile zu können. 5 Fasern des Filzgewebes, g Gonidien. reichlich entwickelten Aggregaten vor. Sehr charakteristisch sind die nadelförmigen Kristalle (Raphiden), die zumeist in bündelför- migen Gruppen in den Zellen auftreten (s. Fig. 53 2, r). Nicht selten liegen diese Raphidenbündel in einer aus Gummi oder Pflanzen- schleim bestehenden, die Zelle er- füllenden Grundmasse. In man- chen Geweben (z. B. im Parenchvm des Blattes von Vallisneria spiralis) kommt der oxalsaure Kalk in Form kleiner, kaum mehr unter- scheidbarer Kriställchen in reich- licher Menge vor (Kristallsand). Die Kristalle liegen gewöhnlich frei im Zellsafte, seltener, wenn sie nämlich in Vakuolen ausge- schieden wurden, sind sie von Fig. 52. Vergr. «—c 600, d—f 300. Tetragonale Kri- stalle von oxalsaurem Kalk: a—c aus dem Blattparenchym von Tradescantia discolor, d Kristallgruppe aus dem Parenchym eines Kak- tusstammes, e und / (Zwillinge) aus dem Blatt- parenchym einer /ris. (d—f monokline Kristalle von oxalsaurem Kalk.) zarten Protoplasmahüllen umkleidet. Es wurde auch die Beobach- tung gemacht, daß stark heranwachsende Kristalle die Zellwand wahrscheinlich unter Intervention der zwischen Kristall und Wand 62 liegenden Protoplasmaschicht zu verstärktem Wachstum zwingen; dann scheinen sie die Zelle, in der sie entstanden, zu durchbohren, sind aber tatsächlich von der Zellwand umkleidet. In diesen und einigen anderen Fällen sieht man die Kristalle eine im Gewebe be- stimmt orientierte Lage einnehmen (Fig. 53).”*) Noch sei bemerkt, daß die Kristalle von oxalsaurem Kalk in manchen Pflanzenzellen mit der Membran verwachsen.*) Der einmal ausgeschiedene oxalsaure Kalk bleibt gewöhnlich ohne weitere Veränderung in der Zelle liegen**), beteiligt sich also nicht weiter am Stoffwechsel. Dennoch hat seine Entstehung eine Beziehung zum Stoffwechsel (s. Physiologie). Auch kohlen- Fig. 53. saurer und phos- phorsaurer Kalk wurden in kristallisier- ter Form (ersterer in Plasmodien von Myxo- myceten, letzterer im Holze der Tectona gran- dis) beobachtet. Früher wurden die den Gipszwillingen ähnlichen Kristalle (z. B. die im Blatte von Vergr. A 200, B 400. Gewebestücke aus dem Blattstiele der Iris auftretenden, S. Pontederia crassipes. k Kristalle von oxalsaurem Kalk, welche 2 - = . die Zellen, in denen sie liegen, zu durchbrechen scheinen. Fig. 52 ER irrtümlicher Bei A ist der Überzug der Kristalle durch die Zellhaut zu e sehen. r Raphidenbündel von oxalsaurem Kalk. Alle Kristalle, Weise als schwefel- auch die Raphiden, stehen senkrecht auf der Grenzfläche der Interzellularräume J. s Stärkekörnchen. saurer Kalk gedeutet. Als man diesen Irrtum erkannte, glaubte man, daß dieser Körper in den Pflanzenzellen im kristallisierten Zustande gar nicht vorkomme; doch ist derselbe *) Sehr kleine Mengen von kristallisiertem oxalsaurem Kalk lassen sich in der Asche der betreffenden Gewebe unschwer nachweisen und gerade nach dieser Methode ist die ungemein große Verbreitung des oxalsauren Kalkes in der Pflanze leicht darzulegen. Durch die Verbrennung verschwindet die ganze organische Sub- stanz des Gewebes; der oxalsaure Kalk wird hierbei allerdings in die kohlensaure Verbindung umgewandelt, allein ohne Änderung der Gestalt. Wiesner, Sitzungs- berichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Bd. LXII (1870). **) In einzelnen Fällen tritt das ausgeschiedene Kalkoxalat doch in den Stoffwechsel ein. So bei der Keimung von Samen, deren Aleuron diesen Körper einschließt (Lupinen, Koriander, Vitis). Nach der Bewurzelung in den Boden gesteckter, hierauf kalkfrei gezogener Begoniablätter entwickeln sich die jungen Pflänzchen auf Kosten des Kalkes, der als Oxalat reichlich in den Blättern vor- d 63 neuestens mit Sicherheit in Kristallform in Desmidiaceen nach- gewiesen worden. Eiweißkristalle (Kristalloide®’) treten nicht nur als Ein- schlüsse des Aleurons, sondern auch als selbständige Inhaltsstoffe, z. B. in den unter der Kartoffelschale gelegenen Zellen (in Würfel- form), in zahlreichen fetthaltigen Samen, in Zellkernen (von Lathraea, Utrieularia und Pinguicula), in den Leukoplasten einiger monokotyler Pflanzen, in den Zellen einiger Pilze (z. B. Pillobolus) auf. Aus Lösungen kristallisieren diese Körper heraus, weshalb an ihrem Kristalleharakter nicht zu zweifeln ist. Es muß dies um so mehr betont werden, als man diese Kristalle früher den orga- nisierten Bildungen beizähltee Von den gewöhnlichen Kristallen unterscheiden sie sich durch ihre Quellbarkeit im Wasser und ihr relativ starkes Vermögen, gelöste Farbstoffe zu absorbieren und festzuhalten. Die bis jetzt bekannten Eiweißkristalle (Vitellin und andere verwandte Körper) kristallisieren teils tessular, teils hexagonal. *) Sonst wurden von organischen Substanzen als Inhaltsstoffe in lebenden Pflanzenzellen nur noch kristallisiert Karotin**) (im Paren- chym der gelben Rübe, Daucus Carota) und in manchen Blüten- blättern Stearoptene ätherischer Öle gefunden. 27. Der Zellsaft. In jugendlichen Pflanzenzellen kommen fast regelmäßig die schon oben (p. 19) genannten Vakuolen vor. Es sind dies, wie wir gesehen haben, von Protoplasmahüllen um- kleidete Tropfen einer wässerigen, im Protoplasma suspendierten Flüssigkeit. Später, nach erfolgter Vergrößerung oder Verschmelzung der Vakuolen, tritt diese wässerige Flüssigkeit in reichlicher Menge in der Zelle auf, mehr oder weniger regelmäßig vom Protoplasma umgeben (Fig. 8, p. 19). Diese nach Verbrauch des Protoplasma die ganze Zelle erfüllende wässerige Flüssigkeit wird als Zellsaft kommt. Tschirch, Bot. Zentralblatt. 1887, II, p. 224. G. Kraus, Über das Verhalten des Kalkoxalats beim Wachsen der Organe. »Flora.« Bd. LXXXIII (1897). *) Die als Begleitfarbstoffe des Chlorophylis in Algen auftretenden kristalli- sierten Körper: Phykocyan und Phykoerythrin sind nach den Untersuchungen von Molisch Eiweißkörper. Bot. Zeitung. 1895. #=#=) Karotin oder richtiger gesagt Karotine kommen in den Geweben der Pflanzen ziemlich häufig vor. Wir haben das Karotin schon oben als Begleitfarb- stoff der Chlorophylifarbstoffe kennen gelernt (p. 48). In den orangegelben Wurzeln von Draccena kommt es nicht wie in der gelben Rübe kristallisiert, sondern teils im Zellsaft, teils in Fettropfen gelöst vor. H, Schmied, Österreichische botanische Zeitschrift. 1903. Über Verbreitung des Karotins s. Kohl, Untersuchungen über die Verbreitung des Karotins. Leipzig 1902. 64 bezeichnet und besteht aus einer zumeist sehr verdünnten Lösung vorwiegend organischer Substanzen. Die Zahl der chemischen Individuen, welche im Zellsaft auf- gelöst auftreten, ist eine außerordentlich große; es können hier nur die besonders häufig vorkommenden und leicht charakterisierbaren hervorgehoben werden. Der Zellsaft reagiert fast immer sauer. Diese Reaktion wird bedingt durch zahlreiche organische Säuren (Ameisensäure, Oxalsäure, Weinsäure, Apfelsäure ete.), oder durch saure organisch- saure Salze, das saure oxalsaure Kali (sehr reichlich z.B. im Zell- safte der grünen Organe von Owalis acetosella) obenan. — Zucker- arten (Sakcharose, Dex- trose, Lävulose etc.) kommen im Zellsaft sehr Fig. 54. häufig, vielleicht in jeder Zelle vor, desgleichen Dex- trin. Hingegen findet sich ein anderes Kohlenhydrat, dasInulin,nurin Pflanzen einiger weniger Familien (namentlich der Kompo- siten) als Zellsaftbestand- teil vor. Durch wasser- entziehende Mittel geht es aus der gelösten Form in die feste über, wobei es Vergr. 500. Sphärokristalle von Inulin. A Zellen aus in sehr charakteristischer der Knolle von Dahlia variabilis, B aus der Knolle von Helianthus tuberosus. Die Sphärokristalle schieden sich nach Gestalt, sogenannte Sphä- längerer Einwirkung von hochprozentigem Alkohol aus. 1 ärıte: Bon Bene u rokristalle (Sphärite; s. Fig. 54), bildend, aus- geschieden wird.*) Während das Dextrin nur in sehr kleinen Mengen auftritt, bildet das Inulin oft 30—40°/, der Trockensubstanz *) Bei Behandlung inulinhaltiger Pflanzenarten mit Alkohol scheiden sich häufig Sphärokristalle aus, die man für Inulin hält, die es aber nicht sind. Es hat nämlich Leitgeb gezeigt, daß in Alkohol gelegene Dahlia-Knollen zweierlei Sphäro- kristalle enthalten; solche, die durchaus radial gebaut sind, und andere, welche um einen radial gebauten Kern eine radialfaserige Schale gebildet haben. Erstere bestehen vorwiegend aus Inulin. Der Kern der letzteren ist eine organische, nicht näher bestimmte Substanz; die Schale besteht aus kristallisiertem phosphorsaurem Kalk. Durch Alkohol ausgeschiedene Phosphatsphärite sind noch in anderen Pflanzen beobachtet worden, z. B. in der Rinde kaktusartiger Euphorbien. Leitgeb, Mit- teilungen des bot. Institutes zu Graz. Bd. I, p. 257 ff. Hansen, »Über Sphäro- kristalle«. Arbeiten des bot. Institutes zu Würzburg. Bd. II, p. 92. 65 der betreffenden Pflanzenteile. Gleich den Zuckerarten fungiert es als Reservesubstanz. In neuerer Zeit wurde von Errera ein bis dahin nur aus dem tierischen Organismus bekanntes Kohlenhydrat als ein gewöhnlicher, gelöst auftretender Zellinhaltsstoff der Pilzgewebe er- kannt, das Glykogen. Die opalisierende Lösung dieses Körpers wird durch Jodlösung rotbraun gefärbt. Das Glykogen fungiert bei den Pilzen als Reservestoff und substituiert hier gewissermaßen die Stärke.?*) — Im Safte sehr vieler Pflanzen treten gelöste Farbstoffe auf, am häufig- sten das schon oben berührte Anthokyan, welches bei saurer Re- aktion des Zellsaftes eine rote, bei alkalischer eine blaue Farbe an- nimmt. Wird ein saurer anthokyanbhaltiger Pflanzensaft, z. B. Kohl- tinktur oder ein Extrakt aus blauen Veilchenblüten angesäuert, wo- bei er eine lebhafte rote Farbe annimmt, und nach vorsichtiger Neutralisation mit einer Spur einer alkalischen Substanz versetzt, so nimmt die Flüssigkeit eine blaue bis blauviolette Farbe an. Fügt man etwas mehr der alkalischen Substanz zu, so nimmt die Flüssig- keit eine grüne Farbe an. Diese grüne Farbe ist aber eine Misch- farbe aus alkalischem Anthokyan und einer durch Alkalien sich gelb färbenden Substanz. Durch Alkalien sich gelb färbende Sub- stanzen (Gerbstoffe ete.) kommen, wie man sich leicht überzeugen kann, fast in jeder Zelle vor. Sie sind den Alkalien gegenüber weniger empfindlich als das Anthokyan, weshalb eine bloß mit einer Spur von Alkali versetzte Anthokyanlösung blau und nicht grün wird. Man sieht also, daß die Zellsäfte der blauen und violetten Blüten — sofern der darin enthaltene Farbstoff Anthokyan ist, was den gewöhnlichen Fall bildet — alkalischh, wenn auch in sehr schwachem Grade, reagieren.°') Der flüssige Inhalt der Kambiumzellen reagiert, wie Sachs zuerst konstatierte, alkalisch. Auch die Zellflüssigkeit der Plasmodien und wahrscheinlich alle das Protoplasma durchtränkenden Flüssig- keiten sind durch alkalische Reaktion ausgezeichnet. Gerbstoffe kommen sehr häufig in lebenden Geweben vor und sind durch die Reaktion gegen Eisensalze nachweisbar, nach welcher man eisengrünende und eisenbläuende Gerbstoffe unter- scheidet.*) — Ein oft in den Geweben auftretender und durch eine sehr charakteristische Reaktion ausgezeichneter Körper ist das #) In gerbstoffreichen Drogen (z. B. Galläpfeln) erfüllt der Gerbstoff als feste glasige Masse mehr oder minder vollständig das Lumen der Zelle in Form von Kugeln (feste Gerbstoffkugeln). Auch in der lebenden Zelle hat man Gerbstoffkugeln aufgefunden; so in Algen (Pringsheim entdeckte sie in Konjugaten, Berthold in Phaeospo- reen), in gerbstoffreichen phanerogamen Holzgewächsen (Weiden etc.), wo sie Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. ) 66 Phlorogluzin. Wenn dasselbe im aufgelösten Zustande mit der verholzten Zellwand zusammenkommt, so nimmt letztere auf weiteren Zusatz von Salzsäure eine rotviolette Farbe an (p. 43). Viele ver- holzte Gewebe werden nun durch Salzsäure direkt violett, was auf die Anwesenheit von Phlorogluzin schließen läßt. Eine ähnliche (blauviolette), aber lange nicht so scharf ausgesprochene Farben- reaktion ruft das gleichfalls in Zellsäften aufgefundene Brenz- katechin hervor. Sehr häufig treten in Zellsäften Asparagin und verwandte Körper, Glykoside und lösliche Fermente auf, deren Nachweis in der Zelle indes auf Schwierigkeiten stößt und die zumeist nur durch Massenanalyse von Pflanzenteilen bekannt wurden. Auf die Bedeutung dieser und anderer im Zellsafte aufge- löst vorkommender Pflanzenstoffe wird in der Physiologie aufmerk- sam gemacht werden. | 28. Fette und ätherische Öle. Echte Fette (Glyzeride) zählen zu den verbreitetsten Inhaltsstoffen der Pflanzenzellen. Es gibt beispielsweise keinen Samen, der in seinem reichentwickelten Parenehymgewebe nicht Fette enthielte. Hier treten sie auch häufig massenhaft auf und fungieren dann als Reservestoffe. Das Fett bildet entweder kleine, im Zellsafte suspendierte Tröpfehen (Olive) oder Ballen (Kakaobohne), oder — und dies ist im Parenchymgewebe fettreicher Samen der gewöhnliche Fall — es erfüllt als homogene Grundsubstanz die Zelle und ist dann von zarten Protoplasma- strängen durchzogen und reichlich von Aleuronkörnern durchsetzt. Selten treten die Fette im Inhalte der Zelle kristallisiert auf, z. B. im gewöhnlichen Kork und anderen Peridermen, spärliche, nadel- förmige Kristalle bildend. In fettreichen Samen scheiden sich nach längerem Lagern nicht selten Kristalle von Fetten oder festen Fett- säuren ab (Muskatnuß, Palmkerne). — Die ätherischen Öle er- scheinen als Zellinhaltsstoffe entweder im Zellsafte suspendiert oder erfüllen die ganze protoplasmafrei gewordene Zelle. 29. Harze, Kautschuk und andere feste, aber unge- formte Einschlüsse der Zelle. In lebenden Zellen kommt gelöstes Harz wohl niemals, körnig ausgeschiedenes nur in milch- saftführenden Elementen vor; in abgestorbenen findet man es nicht selten in Form von mehr oder minder deutlich geschiehteten Körnern (Harzkörner), welche durch chemische Einwirkungen aus Stärke- in den parenchymatischen Elementen beobachtet wurden. Diese Gerbstoffkugeln (kleine werden auch als Gerbstoffbläschen bezeichnet) entstehen im Proto- plasma und wohl immer in besonderen Vakuolen, was sich dadurch zu erkennen gibt. daß diese Gebilde von einer Protoplasmahaut umkleidet sind. 2 67 Der Kautschuk wurde in dem später zu betrachtenden Milchsafte (s. 40 und 82) zahlreicher Pflanzen beobachtet: er er- scheint in Form von Kügelchen neben Harzkörnchen, Amylum ete. in einer klaren Flüssigkeit suspendiert. Die Kautschukkügelchen quellen in Alkohol, Äther und Benzol auf und lösen sich in einem Gemenge von absolutem Alkohol und Schwefelkohlenstoff. Es sind noch zahlreiche andere ungeformte Substanzen unter den festen Einschlüssen der Pflanzenzelle gefunden worden. Zumeist sind dieselben auf einzelne Pflanzen oder Pflanzengruppen be- schränkt.*) Der gemeinste dieser Stoffe ist der kohlensaure Kalk, welcher die Zelle und Gefäße des Kernholzes vieler Laubbäume (Ulme, Ahorn, Rotbuche etc.) ausfüllt, aber auch im Splintholz von Anona laevigata gefunden wurde.’®) Auch im Inhalte der Zellen von Frucht- und Samenhäuten (Celtis, Cerinthe), ferner in einigen Lebermoosen wurde kohlensaurer Kalk, hin und wieder sogar in kristallisierter Form beobachtet .°”) X. Die Entstehung der Zeilen.*°) 30. Soweit die Erfahrung reicht, wurden Zellen nur als Ab- kömmlinge von Zellen befunden.**) Für unsere Betrachtung stellt sich mithin die Frage über die Entstehung der Zellen einfach so: Wie entstehen Zellen (Tochter- zellen) aus Zellen (Mutterzellen)? ®) So die Kieselkörner in den Blättern von Dilleniaceen, Magnoliaceen, und Chrysobalaneen (Mohl, Bot. Zeitung, 1861), in Samenschalen von Vicia Faba u.n.a. Pflanzen (G. Beck, Sitzungs- berichte der kaiserl. Akademie der Fig. 55. Wissenschaft., Bd. LXXVII (1878), 2 die Kieselsäureeinschlüsse der später zu erwähnenden »Steg- mata« (Fig. 55), die Schwefel- körnchen im Zellinneren einiger Schizomyceten (Beggiatoa; Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Vergr. 500. Kieseleinschlüsse der Stegmata vom Gefäß- bündel der Zaphia vinifera (1) und der Attalea funi- Bd. I) u. n. a. Hier wäre auch yera (2), nach Behandlung der Gefäßbündel mit Chrom- noch der von Pringsheim (Be- säure a »Rohstoffe des richte der Deutschen Bot. Gesell- schaft, 1883) in den Schläuchen der Saprolegnien aufgefundenen Zellulinkörner zu gedenken, welche aus einem der Zellulose nahestehenden Stoffe bestehen und vielleicht den organoiden Bildungen zuzuzählen sein dürften. *#=) Über die Frage der Urzeugung (spontanen Entstehung von Zellen) =. Bd. III, Biologie. - 9* 68 Folgende allgemeine Sätze lassen sich bezüglich der Zellent- stehung aus unseren dermaligen Erfahrungen abstrahieren: 1. Der Vorgang der Zellentstehung ist stets an die Anwesenheit reichlicher Protoplasmamassen gebunden. 2. Führt die Zelle einen Kern, so ist dieser sichtlich und in hervorragender Weise bei der Neubildung beteiligt. 3. Die Vermehrung der Zellen erfolgt ausschlieb- lich auf dem Wege der Teilung. 4. Sowohl das Protoplasma als der Zellkern erfahren während der Neubildung der Zellen Um- gestaltungen, welche in einem geänderten Aussehen beider zum Aus- drucke kommen. 5. Ist Chlorophyll im Protoplasma vorhanden, so erfährt es vor der Neubildung der Zellen aus letzterem eine meist sehr augenfällige Umlagerung: es werden neue Chlorophylikörper \ ART S a % 4 Rt Ä MASFTETTTLWE, Vergr. 540. Teilungsvorgänge in den Zellen der Staubfadenhaare von Tradescantia virginica, A eben geteilte Zellen. 3- F fortlaufende Teilungsstadien der Endzelle von A. Z entspricht dem Zustande 4; in F' bereits ruhende Kerne. (Nach Strasburger.) gebildet. 6. Da die oben mehrfach genannten, in den Zellen so häufig vorkommenden Plastiden ebensowenig als die Zellen oder der Zell- kern spontan im Protoplasma, sondern nur durch Teilung aus ihres- gleichen entstehen, so geht mit der Neubildung von Zellen eine Ver- mehrung der Plastiden Hand in Hand. 7. Nach den äußeren, bei der Zellbildung statthabenden Vorgängen lassen sich folgende vier typische Fälle dieses Vorganges unterscheiden: 1. die gewöhnliche Zellteilung, 2. die sogenannte freie Zellbildung, 3. die Zellverschmel- zung, 4. die Vollzellbildung.?!) 31. Die Zellteilung (Mirbel 1831; Mohl 1835) ist am längsten bekannt, am leichtesten zu beobachten und beherrscht im Pflanzenreiche das größte Terrain, indem die Zellvermehrung, auf welcher die Ausbildung der gewöhnlichen Pflanzengewebe beruht, stets in dieser Weise vor sich geht. Stets wird bei dieser Form der Zellentstehung das ganze Protoplasma der Mutterzelle zur Neu- 4 69 bildung von Tochterzellen verwendet. Die Zellteilung ist in der Regel eine Zweiteilung. Ist ein Kern in der Mutterzelle vorhanden, so wird er stets in zwei Teile geteilt. Wie im Tierreiche, so lassen sich auch im Pflanzenreiche rücksichtlich der kernführenden Zellen zwei Hauptarten der Zell- teilung unterscheiden: 1. Die Zellbildung mit direkter und 2. die Zellbildung mit indirekter Kernteilung. Die direkte Kernteilung (amitotische Teilung) kommt verhältnismäßig seltener vor (z. B. in den Internodialzellen von Chara, im Stengelparenchym von Tradescantia, in Zwiebelschuppen etc.). Der Kern schnürt sich immer tiefer ein und zer- fällt schließlich in zwei Tochterkerne; Struktur- änderungen sind in dem- selben nicht nachweisbar. Ein gleiches gilt für das sich teilende Protoplasma. Häufig wird namentlich in alternden Zellen der Kern geteilt, ohne daß es zueiner Teilung der ganzen Zelle käme. Diese Form der direkten Teilung ist die oben (p. 25) genannte ZT 2 EN Bra mentntiom des »eim Darin Genmsneh X Kerala des Talmg zii Kernes. Kr an a b : d tische Fäden verbunden, innerhalb welcher die Anlage der ee a ©, Tenkecignieen Zehn, Kernteilung (Karyo- was bei allen höheren Pflanzen der Fall ist, geht nichtsdesto- D ‚ ; weniger die Karyokinese im übrigen wesentlich nach demselben kinese, mitotische Tei- Schema vor sich. lung) beherrscht die meisten in den Geweben der Tiere und Pflanzen statthabenden Zellteilungen. In denjenigen Zellen, welche wegen Deutlichkeit der stattfindenden Strukturänderungen dem Studium des Teilungsaktes am meisten zugänglich sind, stellen sich im Kerne folgende Veränderungen ein: Der ruhende Kern besteht, wie wir gesehen haben, aus Haut, Saft und Gerüst (s. Fig. 56—58). Die Kern- haut bleibt anfänglich erhalten, aber an Stelle des Kerngerüstes er- scheint ein aus einem dicken Faden chromatischer Substanz be- stehender Knäuel (Spirem). Dieser Faden verkürzt und verdickt sich, zerfällt sodann in kurze U-förmig gekrümmte Stücke (Chromo- somen), welche sich nach einiger Zeit in der Äquatorialebene des Kernes so anordnen, daß ein Teil der Fadenenden gegen den e N ar 70 einen, der andere gegen den entgegengesetzten Pol gerichtet ist. Diese Teilungsfigur wird als Sternform (Aster) bezeichnet. Mit der Ausbildung dieser Figur schwindet die Kernhaut. Es erfolgt nun eine Längsspaltung der einzelnen Chromosomen. Je eine Chromo- somenhälfte geht zum oberen und die andere zum unteren Pol des Kernes und es sammeln sich all die Teilstücke an den beiden Polen an. Die neu entstandene Figur wird als Sternform der Tochterkerne (Diaster) bezeichnet. Jede der beiden Fadengruppen verschmilzt zu einem Knäuel; die beiden neu entstandenen Knäuel sind aber noch durch Fäden verbunden und bilden die Tochterknäuelform (Dispirem). Während jeder der neuen Knäuel sich zu einem Kern- gerüst umbildet und mit einer Kernhaut umgibt, wird in der zwischen den neuen Kernen gelegenen streifigen Verbindungssubstanz die Zell- haut angelegt, falls eine solche überhaupt gebildet wird, was aber im Pflanzenreiche die Regel bildet. Der Faden und alle seine Teilungsprodukte sind relativ stark tinktionsfähig; sie bilden die chromatische Kernfigur, während die feinen, gegen die Pole konvergierenden Fäden wenig oder nicht tinktionsfähig sind und die achromatische Kernfigur kon- stituieren. Durch mühevolle Untersuchungen ist es in neuester Zeit ge- glückt, die Mitwirkung von Zentrosphären (s. oben p. 25) bei der Karyokinese auch im Pflanzenreiche nachzuweisen. Wie Fig. 57 lehrt, rücken die beiden Zentrosphären des ruhenden Kernes an die Pole des sich zur Teilung anschickenden Kernes und werden daselbst schließlich auch geteilt, so daß die neue Kernanlage bereits mit zwei Zentrosphären versehen erscheint.*) Bei der Karyokinese schwinden teilweise die Grenzen zwischen Kern und Plasma. Denn mit der in der achromatischen Substanz erfolgenden Anlage der Zellhautplatte muß notwendigerweise auch die Anlage der Hautschicht des Protoplasma der Tochterzelle ver- bunden sein. Nach Strasburger stammt die achromatische, nach den Kernpolen konvergierende Substanz (die »Spindelfasern«) der sich teilenden Kerne aus dem Protoplasma, welches bei der Teilung in die Kerne eindringen soll. Mit der Ausbildung der Zellhautplatte (Fig. 57 F'z, Fig. 58, 5 2) ist die Individualisierung der Tochterzellen abgeschlossen. #) Als die Zentrosphären im Tierreiche entdeckt wurden, glaubte man, daß dieselben auch im Pflanzenreiche allgemein verbreitet wären. Allein die auf höhere Pflanzen bezughabenden diesbezüglichen Beobachtungen haben sich als irrtümlich erwiesen. Nur auf niederen Stufen pflanzlicher Organisation hat man sie mit Sicher- heit gefunden, so z. B. in des Zellen der Keimpflanze von Fucus-Arten. ä 71 Die mitotische Teilung nimmt häufig einfachere und auch weniger scharf unterscheidbare Formen an.*) Bezüglich der Membranbildung lassen sich bei der Zellteilung zwei Typen unterscheiden, die simultane und die sukzedane Entstehung der Zellwand. Im ersteren Falle (in den Zellgeweben der Vegetationsorgane, z. B. in der Oberhaut, im Parenchym, ist dies die Regel) entsteht nach erfolgter Teilung des Zellkernes und des Fig. 58. Vergr. 800. Längsdurchschnitt durch die Wurzelspitze von Allium Cepa. Karyokinese. Bis ins einzelne genaue Wiedergabe des Präparates. 7 ruhender Kern, 2 Spirem (im Durchschnitt gesehen), 3 Aster, 4 Diaster, 5 Dispirem mit achromatischer Teilungsfigur und Zellhautplatte z. Protoplasma der Mutterzelle sofort eine die Tochterzelle scheidende Wand (Fig. 57 und 58), im letzteren Falle geht die neue Wand als ein ringförmiger Vorsprung von der Mutterzellwand aus und wächst *) In den Sporenmutterzellen der Gefäßkryptogamen und in den Mutter- zellen der Mikrosporen (Pollenkörner) und Makrosporen (Embryosäcke) der Phanero- gamen stellt sich nach Strasburger u. a. eine Reduktion der Chromosomen auf die Hälfte ein. Hierdurch und durch einige andere Vorgänge wird in manchen Fällen der äußere Habitus der Karyokinese nicht unwesentlich modifiziert. 72 senkrecht gegen die Achse der Zelle so lange fort, bis eine ge- schlossene Scheidewand gebildet wurde (Fig. 59). Ein spezieller Fall der Zellteilung ist die Sprossung, welche namentlich bei den Pilzen häufig vorkommt und sich am leichtesten bei der Hefe konstatieren läßt (Fig. 60). Bringt man den bekanntlich ein- zelligen Hefepilz in eine gärungsfähige Flüssigkeit, so sieht man jede Zelle nach außen eine kleine, kugelförmige Ausstülpung treiben, welche heranwächst und sich entweder von der Mutterzelle loslöst oder durch Sprossung eine neue Zelle erzeugt. Es können so durch fort- Fig. 59. gesetzte Sprossungen ganze Ketten (Kolonien) von Hefezellen ent- stehen. Die freie Zell- Vergr. 610. Zygnema. Zellteilung mit sukzedaner Wandbildung. h M völlig ausgebildete Wand, m in Entwicklung begriffene, von bıldun g wurde zu der Zellwand der Mutterzelle aus gegen das Zentrum der Zelle h R vorwärtswachsende Wand der sich RE Zelle. z Zellkern. verschiedenen Zeiten p Pyrenoide. verschieden definiert.??) Heute versteht man darunter charakteristische, bei der Anlage des Pflanzenkeimes häufig auftretende Zellbildungsvorgänge, die sich von der gewöhnlichen Zellteilung da- durch unterscheiden, daß die Tochter- zellen durch einige Zeit als Primor- dialzellen erhalten bleiben. Die prägnantesten Fälle freier Zellbildung sind jene, bei welchen die neu gebildeten Zellen sich nicht zu einem Gewebe vereinigen (Asko- Vergr. 600. Bierhefe. a, 5 Hefezellen, sporenbildung ete.). Wenn aber durch a en Pant fonchaı freie Zellbildung geschlossene Gewebe Substrate kultivierte Heisselle mit Sporens gebildet werden (Endospermbildung), so nähert sich diese Art der Zell- vermehrung auch im äußeren Bilde der gewöhnlichen Zellteilung. In jedem Falle hat man es aber in der freien Zellbildung mit Spezial- fällen der Teilung zu tun, was lange übersehen wurde. Als besonders bezeichnendes Beispiel freier Zellbildung sei zunächst die Entstehung der Askosporen angeführt (Fig. 61). Der Askus der Askomyceten (Bd. Il, p. 228) wird von einer Zelle ge- bildet, die anfangs einen Kern besitzt. Man glaubte früher, daß e 13 dieser Kern aufgelöst und später durch acht spontan im Proto- plasma entstehende Kerne ersetzt werde, um welche herum die acht Askosporen sich bilden. Nunmehr ist aber die Entstehung der acht Kerne durch sukzessive Zweiteilung des ursprünglichen Kernes außer allen Zweifel gestellt. Im Askus der Peziza confluens läßt sich auch die Abnahme der Kerngröße bei den konsekutiven Teilungen konstatieren. Nach der Kernteilung differenziert sich um jeden Kern eine rundliche Protoplasmamasse. Aus den acht nackten Zellen (Primordialzellen) entstehen durch Behäutung ebenso viele Askosporen. Der bei der Zellbildung im Askus unverwendet ge- \ NN - KIN, U Vergr. 390. Entstehung der Asko- Vergr. 240. Protoplasmatischer Wandbeleg des sporen bei Peziza conjluens als Beispiel Embryosackes von Reseda odorata zu Beginn der freier Zellbildung. In dem Askus a freien Zellbildung. Im unteren Teile der Figur sind bereits die Zellkerne z der in b erscheinen schon die Zellhautanlagen. (Nach schon ausgebildeten Askosporen s an- Strasburger.) gelegt. (Nach de Bary.) bliebene Rest des Zellinhaltes, den man früher als Epiplasma bezeichnete, ist nach neueren Untersuchungen strukturlos, besteht vorwiegend aus Glykogen (s. oben p. 65) und dient zur Ernährung der Sporen. Als weiteres typisches Beispiel freier Zellbildung diene die Entstehung des Endosperms im Embryosacke von #eseda odorata (Fig. 62). Die zahlreichen, nach der Befruchtung entstandenen Kerne sind durch sukzessive Zweiteilung aus einem Kern des Embryo- sackes hervorgegangen. Erst nachdem der Embryosack sein während der Teilung fortschreitendes Wachstum eingestellt hat, umkleidet sich jede neu entstandene Primordialzelle mit einer Zellmembran. 74 Es entsteht ein geschlossenes Gewebe, dessen Zellen nunmehr durch gewöhnliche Teilungen sich vermehren.*°) So weit die Erfahrung reicht, erfolgt jede Vermehrung der Zellen durch Teilung. Ist ein Kern vorhanden, so wird zuerst dieser geteilt, dann erst erfolgt die Teilung des Plasma und schließlich die Umhüllung der Tochterzellen mit Membranen. Es kann aber Fig. 63. der Teilungsvorgang auf jeder der genannten Stufen stehen bleiben. In der Kaulerpazelle teilen sich die Kerne (s. p. 15), der Proto- plasmakörper bleibt ungeteilt (un- vollständige Zellteilung). Ein Glei- ches ist in den Pollenkörnern vieler Angiospermen zu beobachten, doch kommt es hier in manchen Fällen zur Ausbildung einer tem- porären oder bleibenden Scheide- wand (Anmerkung S. 25). Bei der Entstehung der Myxamöben teilt sich der Kern, sodann das Plasma, eine Haut wird nicht gebildet. Die Spaltpilze (Schizomy- ceten; Bd. II, p. 212) sind kern- los. Sie teilen sich durch Spaltung ihres Protoplasmakörpers. Hier geht also die Vermehrung der Zelle ohne Intervention eines Kernes vor sich. en 32. Zellverschmelzung. ee Es sind bereits zahlreiche Fälle der Neubildung von Zellen bekannt, wo zwei anscheinend gleiche Elemente miteinander zu einer Zelle verschmelzen. Namentlich bei der Bildung von Fortpflanzungszellen der Pilze und Algen kommt diese Form der Zellbildung oft vor. Am anschaulichsten läßt sich der Vorgang der Zellverschmelzung an der bekannten Algengattung Spirogyra erklären, bei welcher zwei Zellen anscheinend gleicher oder nur wenig verschiedener Art zu einer verschmelzen und eine »Zygo- spore« bilden, die der Fortpflanzung dient. Es wird hier absichtlich die Zellverschmelzung an einer Form von Spirogyra vorgeführt, bei welcher die verschmelzenden Zellen ungleich sind, um anzudeuten, daß die Zygo- sporenbildung einen Fall geschlechtlicher Vermehrung darstellt. Die hier ins Auge gefaßte Form der Alge besteht aus Fäden ungleicher Art. Einzelne Fäden bestehen aus zylindrischen, andere % A N! d ua U { ir) ) U Y (> N) SGN. Vergr. 400. Kopulation von Spirogyra. A männ- licher, B weiblicher Faden. Die Fortsätze der Zellen « und 5 in e miteinander verwachsen. 75 aus tonnenförmigen Zellen (Fig. 63). Erstere können als männliche, letztere als weibliche Fäden bezeichnet werden, denn nur in diesen entstehen die Zygosporen. Die Zellen benachbarter männlicher und weiblicher Fäden treiben gegeneinander Fortsätze, die sich mit- einander verbinden und verwachsen. Hierauf tritt eine Perforation der durch Verwachsung entstandenen gemeinschaftlichen Querwand e ein und das Protoplasma tritt aus der männlichen Zelle in die weibliche. Die beiden Protoplasmen verschmelzen miteinander und umkleiden sich schließlich mit einer Membran; die Zygospore g ist fertig. Vor Verschmelzung der Zellen tritt eine Umlagerung des Chlorophylis ein, wobei der schraubenförmige Chlorophylikörper in Stücke zerfällt und teilweise verschwindet.*) Der hier vorgeführte Vorgang repräsentiert einen sehr primi- tiven Fall geschlechtlicher Zeugung. Es sind alle Fälle der ge- schlechtlichen Zeugung im Pflanzen- und Tierreiche auf Verschmel- zung der männlichen (Spermatozoid, Spermakern ete.) mit der weib- lichen Geschlechtszelle (Ei) zurückzuführen.**) 33. Vollzellbildung oder Zellverjüngung (Pringsheim 1858). Durch diesen Prozeß entstehen die Fortpflanzungszellen mancher Algen (z. B. die Schwärmsporen von Oedogonium, zuerst genau von Pringsheim untersucht) und Pilze, die Pollenkörner in den sogenannten Spezialmutterzellen, ferner die Spermatozoiden.”**) Es *) Neueren Untersuchungen zufolge bleibt das Chlorophyllband in der weib- lichenZelle, d.i. in derjenigen, in welcher die Spore (Zygospore, s. Bd. II, p. 102) sich bildet, erhalten, und erscheint auch in dieser. Aus diesem Chlorophyllband der Spore gehen die Chlorophylibänder aller Zellen der Alge, welche sich aus der Spore ent- wickelt, hervor. Man sieht also, daß gleich allen anderen organischen Inhaltskörpern der Pflanzenzelle auch das Schraubenband der Spirogyra aus seinesgleichen (durch Teilung) entsteht (s. p. 77). S. hierüber V. Chmielevsky, Bot. Zeit. 1890. **) Daß auch bei Vorgängen, welche mit geschlechtlicher Fortpflanzung nichts zu tun haben, Zellverschmelzungen sich einstellen können, scheint aus Unter- suchungen von N&meec (Sitzungsberichte der Böhmischen Gesellschaft der Wissen- schaften, Prag 1902 und 1903) hervorzugehen. Er fand, daß unter Einwirkung von Benzoldämpfen oder Chloralhydrat in den Geweben von Keimwurzeln der Erbse mehrkernige Zellen sich ausbilden, welche später unter normalen Vegetationsbedin- gungen durch Verschmelzung wieder einzellig werden. Die Verschmelzung der Kerne deutet eben auf eine Verschmelzung von Energiden hin. *=#) Eine eigentümliche Form der Zellverjüngung kommt bei der Bildung der Spermatozoiden (nach an Gefäßkryptogamen, Moosen und Characeen angestellten Untersuchungen) vor. Hier liefert vorwiegend der Kern der Mutterzelle das Material zum Aufbaue der neuen Zelle: der schraubige Körper des Spermatozoides geht ganz und gar aus demselben hervor und nur die Wimpern und das außen anhaftende »Bläschen« bilden sich aus dem Protoplasma der Mutterzelle. (Campbell, Zur Entwicklungsgeschichte der Spermatozoiden. Berichte der Deutschen Bot. Gesellschaft. Bd. V [1887], p. 120.) 76 wird hierbei das Protoplasma einer bestimmten Zelle umgelagert und innerhalb der Membran der Mutterzelle eine neue Zelle ge- bildet, welche entweder als hautlose Zelle (Schwärmsporen von Vaucheria; Fig. 64) oder nach Bildung einer eigenen Zellhaut die Hülle verläßt (Pollenkörner). 34. Wie schon erwähnt, ist die Zellteilung mit Einschluß der freien Zellbildung immer eine Zellvermeh- rung, was bei der Zellverschmelzung und Vollzellbildung nicht der Fall ist. Den vier genannten Typen lassen sich die meisten Formen der Zellent- stehung ungezwungen unterordnen. Bei einzelnen Zellbildungsvorgängen gerät man jedoch, wie schon oben angedeutet, in Zweifel, wohin man sie zu reihen habe, und findet diese vier Typen doch nicht so scharf geschieden, als dies häufig angenommen wird, vielmehr durch Übergänge miteinander verbunden. Fig. 64. Vaucheria synandra. 1 Vergr. 35. Aus der Zoospore z hervorgewachsenes Pflänzchen, bei s durch Vollzell- bildung Zoosporen erzeugend. II Vergr. 45. Ausschlüpfende Zoospore z. {II Vergr. 35. Keimende Zoospore mit Rhizoiden. (Nach Woronin.) Wir sehen die Neubildung be- stimmter Zellen in der Regel in ganz bestimmter Weise erfolgen und nicht einmal durch Teilung, ein andermal durch freie Bildung etc. vor sich gehen, so daß es den Anschein gewinnt, als würde die Form der Zellent- stehung ausschließlich in der Organisation der Mutterzelle begründet sein. Es ist dies wohl die Regel, nicht aber durchgreifendes Gesetz. Einen eklatanten Ausnahmsfall bildet die Hefezelle. In zuckerhaltigen Flüssigkeiten sproßt sie; aber auf feuchtem Substrat, im Kontakt mit der Atmosphäre vermehrt sie sich durch freie Zellbildung, woraus hervor- geht, daßäußere Einflüsse die Form der Zellbildung zuändern vermögen. XI. Die Elementarstruktur der Zelle.**) 35. Wie man durch theoretische Erwägungen zur Aufstellung der durch die Beobachtung nicht zu veranschaulichenden Moleküle und Atome der toten Substanz gelangte, so trachtet man, gleich- falls über die Grenzen des Siehtbaren hinaus, seit einiger Zeit die letzten einfachsten Gestaltelemente der Zelle und überhaupt der lebenden Substanz ausfindig zu machen. Gleich den Molekülen und Atomen dienen diese »letzten Lebenseinheiten« zur Erklärung von auf andere Weise nicht verständlich zu machenden Erscheinungen. R 77 Nägeli ging bei Aufstellung des Micells (1850) von den Stärkekörnern und der Zellhaut aus und übertrug die gewonnenen Vorstellungen später auf den Kern und das Protoplasma. Das Micell wird definiert als ein Molekülkomplex von Kristallgestalt welcher sich wie ein Kristall aus einer Lösung abscheidet; es ist nach Nägeli doppelt lichtbrechend, undurchdringlich für Wasser und mit der Fähigkeit ausgerüstet, Wasser stärker als benachbarte Micelle anzuziehen, so daß sich in einem trockenen Stärkekorn das zutretende Wasser wie ein Keil zwischen die Micelle einschiebt und das Korn zur Quellung bringt. Durch die genannten Eigenschaften ist es nicht nur gelungen, die Quellung, sondern auch die Schichtung und Doppelbrechung der Zellhaut und der Stärkekörner (s. oben S. 58) zu erklären. Später hat Nägeli (Ab- stammungslehre, 1884) alle spezifischen Eigentümlichkeiten des Or- sanismus, selbst die Vererbung, auf die Micelle zurückzuführen versucht. Dieser Erklärungsversuch ist aber nicht geglückt. Andere Naturforscher betrachten als letzte Lebenseinheiten nicht ein aus einer Lösung entstehendes Kristallgebilde, sondern ein lebendes Gebilde einfachster Art, welches nicht wie ein Kristall spontan entstehen kann, sondern selbst aus Lebendigem hervorgeht. Sie gehen hierbei von folgenden, durch die Erfahrung gewährleisteten Axiomen aus: 1. Die Zelle und alle ihre lebenden Teile können nicht spontan entstehen, sondern gehen nur aus ihresgleichen hervor. 2. Es gibt keinen anderen Modus der Entstehung lebender Gebilde als die Teilung. Wie wir oben gesehen haben, geht, unseren bisherigen Er- fahrungen zufolge, alles Lebende aus seinesgleichen durch den Prozeß der Teilung hervor (die Zelle aus der Zelle, der Kern aus dem Kern, die Chlorophylikörner aus Chlorophylikörnern oder aus Chlorophylikornanlagen ete.). Es werden aber immer wieder neue Teilkörper der Zelle entdeckt (z. B. in neuester Zeit die Zentrosphären und Zentrosomen, Teilkörper von Chromosomen etc.), es erscheint also durch unsere derzeitigen Erfahrungen die Kennt- nis der lebenden Individualitäten der Zelle nicht erschöpft. Die organische Teilbarkeit muß aber eine Grenze haben, es müssen deshalb letzte Teilkörper des Organismus bestehen. Diese letzten Teilkörper müssen mit der Eigenschaft der Teilbarkeit noch zwei andere Grundeigentümlichkeiten der Organismen verbinden: die Fähigkeit zu wachsen und zu assimilieren (Plasomen nach Wiesner, 1886—1892; Biophoren nach Weismann, 1892). Die Plasomen sind nur durch die genannten Eigentümlich- keiten zusammengehalten, untereinander sind sie aber ebenso ver- 18 schieden wie etwa die Zellen. Das Gesetz von der Einheit im inne- ren Bau der Pflanze wird durch die Erschließung der Existenz der Plasomen nicht aufgehoben, vielmehr nur noch erweitert, indem jedes lebende Gebilde der Zelle (Kern, Chlorophylikorn, Plastid ete.) aus Plasomen zusammengesetzt zu denken ist. Die Plasomen dienen zur Erklärung organisatorischer Pro- zesse, z. B. der Teilung der lebenden Gebilde (Protoplasma etc.), des Wachstums usw. So hat man der Plasomtheorie zufolge die bei der Zellbildung erfolgende Teilung des Protoplasma nicht als eine bloße Durchschnürung eines einzelnen Körpers, sondern analog der mitotischen Kernteilung als einen Prozeß zu denken, welcher auf der Teilung der in der Abschnürungsebene gelegenen Plasomen beruht. Das Wachstum des Protoplasma stellt sich dieser Theorie zufolge nicht als ein einfacher molekularer, sondern als ein organischer Prozeß dar, der in ähnlicher Weise wie das durch die Neubildung von Zellen vermittelte Wachstum des Blattes zunächst auf Neubildung von Plasomen beruht. Auf die Unterschiede, welche zwischen den Plasomen und den von anderer Seite aufgestellten Lebenseinheiten (den Keimchen Ch. Darwins, den Pangenen de Vries’, den Bioblasten Altmanns, den Idioblasten O. Hertwigs ete.) bestehen, kann hier nicht ein- gegangen werden (s. Note Nr. 44). XH. Typische Zellformen. 36. Die Pflanzenzellen variieren in bezug auf Form und inneren Bau wohl ins Unendliche. Dennoch herrschen gewisse Formen vor, ja es gelingt, die meisten Pflanzenzellen, namentlich die zu Geweben verbundenen, auf bestimmte Typen zurückzuführen. Die unverbunden auftretenden Pflanzenzellen lassen sich nur schwer in naturgemäßer Weise einteilen. Da die nachfolgende kurze Charakteristik nur die wichtigsten, leicht unterscheidbaren typischen Zellformen vorführen soll zum Zwecke einer möglichst einfachen Darstellung der im nächsten Abschnitte abzuhandelnden Gewebe, so mögen die Formen selbständig auftretender Pflanzen- zellen hier unberücksichtigt bleiben, und es sei an dieser Stelle nur an einzelne, schon früher gelegentlich charakterisierte, frei auftretende Zellformen, nämlich an die Hefezellen, an die Schwärmsporen und an die amöbenartigen Pflanzenzellen erinnert, von denen indes die ersteren lose und die letzteren innige, aber interimistische Ver- bindungen eingehen. £ 79 37. Die im folgenden in Betracht zu ziehenden typischen Zellformen kommen durchwegs zeitlebens im festen organischen Verbande, zu Geweben vereinigt, vor. ‚In den Jugendzuständen weichen die im Gewebeverbande auf- tretenden Zellen eines Organes viel weniger voneinander ab als nach erlangter Ausbildung. Diese jugendlichen Zellen, denen vorzugs- weise das Geschäft der Vermehrung, und zwar durch Teilung zufällt, werden Teilungszellen, Meristemzellen, genannt, die aus ihnen sich hervorbildenden, anderen Funktionen dienenden, überaus mannig- faltig gestalteten Zellen aber als Dauerzellen angesprochen. Die jüngsten. z. B. die an der fortwachsenden Stammspitze der Pha- nerogamen vorkommenden Meristem- zellen sind nahezu isodiametrisch oder nur wenig in die Länge gestreckt, äußerst zarthäutig, mit Protoplasma erfüllt, kernführend. In späteren Ent- wicklungsstadien bleiben sie entweder nahezu isodiametrisch, oder sienehmen langgestreckte Formen an, behalten aber im übrigen ihren sonstigen Charakter als Teilungszellen. Die ersteren seien als Jungparenchvm ee en ee . = der Schale einer Cocos-Art. m Mittel- bezeichnet, letzteresindals Kambium- 1amelle, » p Porenkanäle, welche die ge- schiehteten Zellmembranen durchsetzen. zellen bekannt. Die aus dem Jungparencehym hervorgehenden Dauerzellen haben die älteren Anatomen gewöhnlich Parenchymzellen, die aus dem Kambium sich herausmodellierenden faserförmigen Elemente Pros- enchymzellen genannt. 38. Unter Parenchymzellen versteht man dünnwandige, nahezu isodiametrische Zellen, welehe rundlich oder polyedrisch, seltener anders gestaltet sind, z. B. sternförmig (Fig. 4), meist einen sauren Zellsaft und in den Protoplasmaresten häufig lebende (Chloro- phyll) und organoide Inhaltskörper (Stärke, Aleuronkörner etc.) führen. Die Wand der Parenchymzelle enthält reichlich Zellulose, ist nicht oder doch gewöhnlich nur so wenig verholzt, daß die Zellulosereaktion mit Chlorzink-Jodlösung noch gelingt. Häufig führen diese Zellen nach Abschluß des Lebens bloß Luft (Mark des Holunders ete.). Das Mark der Stämme, das fleischige Gewebe von Früchten und Wurzeln besteht in der Regel ganz oder überwiegend aus Parenchymzellen. 80 Die Sklerenchymzelle®) (Steinzelle, Sklereide; Fig. 65) unterscheidet sich von der Parenchymzelle bloß dureh die starke Verdickung der Wand, welche oft so weit geht, daß das Lumen der Zelle nur als verschwindend kleiner Hohlraum erscheint. Die Wand ıst sehr stark verholzt. Das Protoplasma dieser Zellen wird fast ganz zur Wandbildung aufgebraucht, weshalb der Inhalt dieser Zellen ein spärlicher ist und ihr Lumen bald luftführend wird. Die Steinschalen der Samen und Früchte (z. B. der Pfirsiche, der Kokosnuß ete.) bestehen en bis auf die Gefäßbündel- stränge, die harten Kon- kretionen der Birne gänzlich aus Skleren- chymzellen. Das Mark des Rosenstammes be- steht aus einem Gerüst von Sklerenchymzellen, dessen Zwischenräume von Parenchymzellen erfüllt sind. Unter Kollen- 4A, RB Vergr. 200. C--E 400. Querdurchschnittenes Kollenchym. chymzellen (Fig. 66) yon Sonuene ara, 0 aus dem Blakaipl von Wioosiäna mare 5 EL, teres nach Behandlung mit Schwefelsäure. 2 aus dem Blatt. LANGE gestreckte pris- a nn ee a a Ze le malmehe nig abgerundete Zellen, welche stets ungleichmäßig, in der Regel an den Kanten stärker als an den Flächen verdiekt sind und deren im Wasser (schwach) quellende, jedoch darin nicht gelatinierende, relativ stark dehnbare Wände direkt die Zellulosereaktion geben. Im Inhalte, namentlich wenig verdickter Kollenchymzellen, kommen oft Chlorophyllikörner vor. Diese Zellen erhalten sich lange wachstumsfähig und führen lange Zeit hindurch Protoplasma. Zu Geweben verbundene Koll- enchymzellen finden sich unter der Oberhaut von Stengeln und Blatt- stielen nicht selten, z. B. an den Stengeln von Ohenopodium, Atriplex und Zumex in äußerlich sichtbaren Strängen. Die Oberhautzelle (Fig. 67) ist nach außen hin stärker als nach den Seiten und innen hin verdiekt und häufig plattgedrückt. Eine der beiden großen Tafelflächen, die schwach verdickte, berührt die Nachbargewebe, die andere, die stark verdickte, die Luft oder überhaupt das Medium, in welchem das von der Oberhaut um- schlossene Organ vegetiert. Im Umriß ist die Oberhautzelle oft s1 er langgestreckt-sechsseitig, häufig auch wellenförmig (Fig. 35). Die äußerste Zellwandschischte der Oberhautzellen (Fig. 67 o) erfährt eine eigentümliche chemische Metamorphose (partielle Umsetzung der Membran in Kutin; s. oben p. 43) und gliedert sich als eine eigentümliche Schichte von der übrigen Verdiekungsmasse ab. Man nennt diese Schichte Kutikula, die darunterliegenden kutinisierten Zellwandmassen Kutikularschichten. Das Protoplasma erhält sich lange in diesen Zellen, wie es scheint, auch das Dermatoplasma, indem sich in der Wand selbst bei ausgewachsenen Oberhautzellen lange noch Eiweiß nachweisen läßt. Im Zellinhalte treten organi- sierte Gebilde (z. B. Chlorophyll- körner) in der Regel nur spärlich ar und dann meist auch nur vor- rs men übergehend auf. er 7 Durch ein sehr charakte- pe, Fre {> ristisches Gepräge ist auch die ’ u ‘ hi i $ Korkzelle (Peridermzelle) aus- r In { ” N IE gezeichnet. Aus Zellen dieser h ht ij 1, hi: ji Art setzt sich das Kork- oder Peridermgewebe zusammen (8. a Fig. 68). Es besteht aus ın ne Br radialen Reihen angeordneten, 0 | e = B\ l tangential abgeplatteten Ele Rt N menten. Ihre Membranen sind Sg a meist allseits gleichmäßig dünn- “ ‘ * ER 3 i En ER wandig, seltenernachaußen(Zan wet a Ei ha 1 2 . N : € = | thoxylon fraxineum) oder nach j d N | innen (Vrburnum Opulus) stärker verdickt. DieZellhauterfuhreine vVergr. 300. Blattoberhäute o mit anhaftendem chloro- L j phyllhaltigem Mesophyll m. A von Pistacia Lentiscus, weitgehende chemische Meta- B von Iris germanica. morphose in Suberin (Kork- substanz; s. oben p. 43), so daß in ihr die Zellulose direkt nicht mehr nachweisbar ist. Mit dieser chemischen Metamorphose geht eine Änderung der physikalischen Eigenschaften der Membran Hand in Hand. Die Membran büßt mit dem Fortschreiten der Ver- korkung immer mehr an Durchlässigkeit für Flüssigkeiten ein und wenn der Zellsaft aus den Peridermzellen entwichen ist, ist sie für Flüssigkeiten nahezu, in manchen Fällen (Korkzellen des Flaschen- korkes) gänzlich undurchlässig geworden. Gase läßt die trockene Korkzellhaut nur sehr langsam diffundieren. Gegen Gase, welche unter Druck stehen, verhält sie sich indes neueren Versuchen zufolge nicht anders als jede andere Zellhaut: sie ist für unter Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 6 82 Druck stehende Gase undurchlässig.*) Die Korkzellen führen meist nur einen spärlichen körnigen Inhalt, manchmal (Flaschenkork) nadelförmige Kristalle eines fettartigen Körpers, braune, harzige Massen (Fiehten- und Föhrenkorke), oder sie sind, wie die Zellen des Birkenkorkes, völlig mit Betulinkörnchen erfüllt. — Die Wand jeder Korkzelle setzt sich aus mehreren distinkten Lamellen zu- sammen. von welchen die äußerste (Mittellamelle) aus stark ver- holzter Zellulose, die darauffolgende (Suberinlamelle) aus Zellulose und Suberin**) und die innerste (Zelluloselamelle) entweder aus reiner oder verholzter Zellulose besteht. Die Suberinlamelle bildet den für die Korkzelle charakteristischen Bestandteil.‘®) Fig. 69. AR OSS-8°8_. OSESE SCO8 os =® = 5 iS I So SO &S gs 00) [OXS D /® I/® Vergr. 300. Kartoffelschale im Durchschnitte. Vergr. 300. Radialer Längsschnitt durch das p Periderm, ph Phellogen, @ parenchymati- Holz der Eiche. g Gefäße, hp Holzparenchym, sches Grundgewebe mit Stärke st und Kristal- t Tracheiden, 2 Libriform. loiden k. 39. Zu den faserförmig ausgebildeten Dauerzellen zählt die Holz- und die Bastfaser. Diese beiden Elemente gehören den Ge- fäßbündeln, aber verschiedenen Teilen derselben, an. Die Holzfasern bilden die fibrösen Elemente des Holzes, liegen in der Richtung der »Faser« des Holzes, sind stets stark verholzt, führen alsbald Luft und nur selten einen körnigen Inhalt, der dann nur aus spärlichen Stärkekörnchen besteht. Es lassen sich zwei Arten von Holzfasern unterscheiden: Tra- cheiden ?”) und Libriformfasern. Die Tracheiden (Fig. 692) sind meist nur mäßig verdiekt und mit Hoftüpfeln, selten mit Schrauben- bändern versehen. Die Skulptur der Tracheidenwand gleicht im *) Selbstverständlich abgesehen von der durch den Druckunterschied be- dingten Diffusion, #*%) Nach neueren Untersuchungen soll in der Suberinlamelle die Zellulose fehlen. Van Wisselingh, Arch. Neerland. 1892, 1894. vs 83 wesentlichen jener der später zu betrachtenden Gefäße (Tracheen). Daher auch ihr Name. Auch der Inhalt der Tracheiden stimmt, ent- sprechend der gemeinsamen Funktion, mit dem der Gefäße überein. Die Libriformfasern (Fig. 69/) sind hingegen in der Regel diekwandig und bloß mit — gewöhnlich spaltenförmigen — Poren versehen. Das Holz der Koniferen enthält von Holzfasern bloß} Tracheiden, das der Laubbäume aber gewöhnlich Tracheiden und Libriform- fasern (z. B. Eiehenholz; s. Fig. 69). Die Bastfaser (Fig. 70) unterscheidet sich von der Libri- formfaser in Gestalt und Wandverdiekung nur sehr wenig. Manchmal fehlen ihr sogar die Poren (Leinenfaser); von Struktur sind an solchen Zellen nur Schichtung und Streifung erkennbar. Die Bastzellen nicht selten (Jutefaser) ungleichmäßig ver- diekt. Auch sind sie in der Regel länger als die Libriformfasern. Bezüglich der Ver- holzung bestehen eigentlich auch nur gradu- elle Unterschiede, da die Bastfaser wohl Zu in der Regel nicht (Flachsfaser) oder nur wenig (Hanffaser), in manchen Fällen (Jute- faser) aber so stark wie eine Holzfaser verholzt erscheint. Das Charakteristische der Bastfaser ist ihr hohes Tragvermögen, welches im besten Falle jenes des Stahles sogar übertrifft. Dieser Faser fällt in der sind Pflanze auch vorwiegend eine mechanische Leistung zu, weshalb sie in die Kategorie der mechanischen Zellen gestellt wird. Auch die Libriformfasern und die Kollen- Vergr. 300. Bruchstücke isolierter Bastzellen. 2 Lumen der Zelle. A von Linum usitatissimum (Lei- nenfaser), 3 von Corchorus capsu- laris (Jutefaser), ungleichmäßig verdickt, C von Sponia Wightiü, stellenweise (a) vollständig ver- A s } er dickt, d. i. ohne Lumen. chymzellen gehören in diese Kategorie.*) 40. Schließlich sind hier noch jene Zellenabkömmlinge zu besprechen, welche als Gefäße zusammengefaßt werden und die *) Die Kollenchymzellen sind gleich den Libriformfasern und Bastzellen schon von dem Begründer der Festigkeitslehre der Pflanze, Schwendener, als mechanische Elemente des Pflanzenkörpers erkannt worden. Ambronn (Pringsheims Jahrb. für wiss. Bot, XII [1881)) zeigte nun, daß die lange wachstumsfähig sich erhaltenden und deshalb lange dehnbar bleibenden Kollen- chymzellen als mechanische Elemente noch wachsender Pflanzenteile fungieren, während die zumeist bald absterbenden Libriformfasern und Bastzellen vornehm- lich zur Herstellung der Festigkeit von Organen dienen, welche ihr Längenwachs- tum schon beendigt haben. 84 aus mehreren, zumeist in eine Reihe geordneten Zellen dadurch entstehen, daß die Querwände vollkommen oder teilweise resorbiert werden, während die Seitenwände eine für Zellen gewöhnliche Aus- bildung erfahren. Die gefäßartige Verbindung der Zellen erfolgt in der Regel durch Auflösung der Querwände, seltener an scharf umschriebenen Stellen der Seitenwände. Stehen die Querwände der Zellen, aus denen die Gefäße her- vorgehen, senkrecht auf den Seitenflächen, so werden sie meist vollkommen resorbiert; bei schiefer Stellung ist die Resorption x = = 3 EOPFEFEFEFFEFEERFEEFFFERFEFELFETIFBFEEHESSPFPSRGEL so a) ="5 Vergr. 300. Querschnitt durch das Holz von Hobinia Pseudo- acaeia. t Thyllen im Gefäße, % Holzparenchymzellen, m Markstrahlen, gewöhnlich unvollständig und tritt ın Form von Perforationen, leiterförmigem Durchbruch, ja selbst in Gestalt von 48. za re ne Mad Tüpfeln auf Vene Me Es lassen sich die Gefäbe in Hol, on Moliseh) Rinden- und Milchsaftgefäße einteilen. Die Holzgefäße (Fig. 69 9), kurzweg Gefäße oder Tracheen, auch Holzröhren oder Spiroiden genannt, finden sich im Holzteile des Gefäßbündels als gewöhnliche Begleiter der Holzfasern vor *). ihre Wände sind meist mit Hoftüpfeln oder mit schraubigen, ring- oder netzförmigen Verdiekungen versehen und demnach werden sie #) Gefäße im obigen Sinne (Fusionen) kommen fast nur auf der obersten Stufe pflanzlicher Organisation, nämlich bei den Angiospermen, vor. Bei den so- genannten Gefäßkryptogamen (Pteridophyten; Bd. II) sind die oft sehr weitlumigen, auch in der Verdickungsart mit den normalen Gefäßen übereinstimmenden Gefäß- glieder untereinander nicht in offener Kommunikation. Im Holze der meisten Gymno- spermen fehlen gleichfalls echte Gefäße. 85 als getüpfelte, Schrauben-, Ring- oder Netzgefäße angesprochen. Die Skulptur ihrer Wände tritt stets mit Schärfe hervor, weshalb sie im Längsschnitte des Gefäßbündels leicht kenntlich sind; auch bilden sie in der Regel die weitlumigsten Bestandteile des Ge- fäßbündels (Fig. 69) und springen dann auch im Querschnitte der Organe sofort ins Auge. Die Länge der Gefäße ist begreiflicher- weise im Vergleiche zu den Zellen eine sehr beträchtliche, insbe- sondere in langen Internodien, zumal der Schlinggewächse (Lianen).*) Die Gefäßwände verholzen früh und stark. Die Gefäße des leben- den Holzes führen teils Wasser, teils (gewöhnlich verdünnte) Luft. Die Gefäße des toten Holzes enthalten Luft; manchmal sind sie ganz mit kohlensaurem Kalk erfüllt (s. oben p. 67). Bei Verletzung der Gefäße des lebenden Holzes verschließen sich die Wundstellen durch gummi- oder harzartige Körper oder durch eigentümliche, sich gewebeartig verbindende Zellen, Thyllen genannt. Die Ver- stopfung der Gefäße durch Gummi, Harz oder Thyllen kann aber auch spontan erfolgen. Die Thyllen*°) sind in der Regel paren- chymatische, sich gegenseitig meist abplattende Zellen, welche aus den Nachbargeweben durch die Hoftüpfel in den Gefäßhohlraum hineinsprossen, dort zu ansehnlicher Entwicklung kommen und den- selben streckenweise lJuftdicht abschließen.**) *) Welche enorme Länge bei Lianen die Gefäße erreichen können, läßt sich leicht an dem bekannten spanischen Rohr (Stamm von (lalamus Rotang) zeigen Die Gefäße desselben sind so weit, daß man sie mit freiem Auge am Querschnitt als Poren erkennt. Taucht man ein mehrere Meter langes Stück des spanischen Rohres mit einem Ende unter Wasser und bläst man durch das andere, so treten am untergetauchten Ende reichlich Luftblasen aus den querdurchschnittenen Ge- fäßen hervor, zum Beweise, daß diese eine Länge von mehreren Metern besitzen. Auch mit 20—40 cm langen Prismen des Eichenholzes läßt sich das Experiment mit gleichem Erfolge machen. #=*) Man betrachtet die Thyllen gewöhnlich als Gewebe, welche aus in sich abgeschlossenen Zellen bestehen. Es ist dies nach neueren Untersuchungen nicht ganz richtig, indem nur selten (in weiten Gefäßen) die in das Gefäß hineinsprossenden Holzparenchymzellen sich: innerhalb des Gefäßes durch Wandbildung von der Mutterzelle abgliedern. Häufig bilden erst sehr alte (10—15jährige) Holzparenchym- zellen Thyllen. In der Regel haben die Thyllen einen parenchymatischen, seltener (z. B. bei Mespilodaphne, Sassafras) einen sklerenchymatischen Charakter. Thyllen entstehen gewöhnlich in Tüpfelgefäßen, nach neuen Untersuchungen indes auch in Schrauben- und Ringgefäßen (z. B. im Blatte der Musa-Arten, Fig. 72). In den Tüpfelgefäßen bildet die Schließhaut des (einseitigen) Hoftüpfels die Anlage der Thylle; in den Schrauben- und Ringgefäßen wächst die außerordentlich dünne, mit der Parenchymzellhaut zu einer homogen erscheinenden Membran verschmol- zene Gefäßhaut zur Thylle aus. Molisch, »Zur Kenntnis der Thyllen«. Sitzungs- berichte der kaiserl. Akademie der Wiss. Bd. XCVII, I. Abt. (1888). 86 Die Holzgefäße waren schon Malpighi (1670) bekannt, die Rinden-(oder Bast-)Gefäße, gewöhnlich Siebröhren*°) genannt, sind erst in neuerer Zeit (Th. Hartig, 1853) entdeckt worden. Sie treten im Phloömteil des Gefäßbündels auf, fallen bei weitem nicht Fig. 73. Fig. 74. Vergr. 300. Fragmente von Siebröhren. A, B aus dem Phlo&m von Quillaja Saponaria, C von Vitis vinifera. s Sieb- platte im Durchschnitt, s’ von der Fläche gesehen, c Kallus, i Innenschlauch (Hüllschlauch). so ins Auge wie die Holzgefäße und bilden mit Protoplasma erfüllte, auch Amyloplasten und kleine Stärkekörnchen führende Schläuche, welche durch sieb- artig durchlöcherte Querwände gegliedert sind. Diese »Siebplatten« (Fig. 73 und Fig. 74) kommen in der Regel auf den Quer-, seltener auf den Seitenwänden der Siebröhre vor und sind zur Zeit der Vegetationsruhe durch kallöse Platten verschlossen (Fig. 73 ©, c). Selbst in ee sis ausgebildeten Siebröhren kommt noch Ya“ er Protoplasma in Form eines Schlauches platte mit ne (dach vor, welcher Eiweißlösungen einschließt. Nur in den seltensten Fällen verholzt die Wand der Siebröhren (Alısma). Neben den Siebröhren kommen die von Wilhelm ent- deckten »Geleitzellen« (Fig. 749g) vor; es sind dies gleich den Sieb- röhrengliedern durch Längsteilung aus Kambiumzellen hervorgehende Elemente, welche mit ersteren oft durch Siebplatten kommunizieren und noch einen Kern führen, während die benachbarten (proto- plasmaführenden) Siebröhrenglieder bereits kernlos geworden sind.*) *) Siebröhren im obigen Sinne (Fusionen) kommen, strenge genommen, fast nur auf höchster Stufe, bei den Angiospermen vor, hier gefolgt von Geleitzellen, ä 87 Die Milehsaftgefäße°’) (gegliederte Milchröhren) sind Fusionsgebilde mit dünnen Seitenwänden und einer gewöhnlich weißen, seltener gefärbten (bei Chelidonium gelben) Emulsion, dem bekannten Milchsafte, welcher als Inhaltsstoff diese häufig netzartig gestalteten Bildungen erfüllt. Der Milchsaft ist stets von Proto- plasma umschlossen, ist aber nicht, wie mehrfach behauptet wurde, selbst protoplasmatischer Natur, was schon aus seiner fast immer sauren, seltener amphoteren, niemals alkalischen Reaktion (p. 64) hervorgeht. Er entspricht vielmehr seinem Wesen nach dem Zell- safte, von dem er sich aber durch die reichliche Suspension von im Wasser unlöslichen Sub- stanzen unterscheidet. Er ent- hält gewöhnlich Stärke (und die zu ihrem Aufbaue er- forderlichen Amyloplasten), Harzkörnchen. Kautschuk- ballen. In vielen Pflanzen er- scheinen in der Emulsion auch fette Öle und Kristal- loide. Gelöst treten Mineral- salze (Eiweiß, Enzyme,Zucker, Glykoside, Gerbstoffe, Alka- loide ete.) auf. Wie man sieht, ist der Milchsaft ein sehr kompliziertes Stoffgemenge. Die Milchsaftgefäße sind ent- weder nicht oder sehr wenig Vergr. 150. a dem Fruchtknoten ( Chelidonium majus),oder aber mehr oder minder reichlich verzweigt (Papaver; s. Fig. 75). Der Milchsaft tritt in vielen Pflanzen auch in langgestreckten Zellen (Milchzellen oder ungegliederte Milehröhren; z.B. in den Wolfs- . mileharten) oder in besonderen interzellularen Räumen (Milchsaft- gängen; z. B. in den milchenden Teilen von Zhus typhina etc.) auf (s. unter 82). 41. Schläuche.’') Lange, weite, dünnwandige, safterfüllte Ele- mente der Pflanzengewebe werden als Schläuche bezeichnet. Als naheliegendes Beispiel von Schläuchen seien jene unge- mein langen, tief rotbraun gefärbten Zellen genannt, welche in der welche sonst überall fehlen. Schon auf nächst tieferer Stufe, bei den Gymnospermen, sind die Siebröhrenglieder nicht in offener Kommunikation, sondern nur durch die Siebplatten durchsetzende Plasmafäden verbunden. 88 Peripherie des Holundermarkes vorkommen und schon mit freiem Auge erkennbar sind. Diese Schläuche enthalten Gerbstoffe und gefärbte Substanzen. Der Inhalt der Schläuche ist höchst verschieden und dement- sprechend unterscheidet man Gerbstoff-, Kristall-, Eiweißschläuche etc. Die Wände der Schläuche mancher Pflanzen (Aloöschläuche im Blatt der Alo@arten) sind verkorkt, wodurch der Übertritt von Substanzen in benachbarte Gewebe auf dem Wege der Diffusion verhindert wird. Einige der hier aufgeführten typischen Zellformen (und Zellderivate) sind scharf umgrenzt, andere zeigen Übergänge zu verwandten Formen. So läßt sich ein allmählicher Übergang von der Parenchymzelle sowohl zur Kollenchym- als zur Sklerenchym- zelle in manchen Geweben konstatieren. Auch die Gefäße haben, wie wir gesehen haben, auf tieferer Stufe noch nicht den Charakter von Fusionen. Die Libriformfaser ist von der Bastfaser in vielen Fällen nur durch die Lage im Gefäßbündel zu unterscheiden. Man darf überhaupt von einem System der Zellformen nicht zu viel verlangen; keines kann dem unendlichen Formenreichtum der Natur vollkommen gerecht werden; ist es einfach und leicht übersichtlich, so leidet es an Ausnahmen, trachtet es hingegen, alle aufgefundenen Formen zu beherrschen, so wird es kompliziert, verliert an Über- sichtlichkeit und damit an praktischer Brauchbarkeit. Zweiter Abschnitt. Anatomie der Gewebe (Histologie). I. Einleitung. 42. Zur vorläufigen Orientierung sei bemerkt, daß man unter einem Gewebe die natürliche Verbindung von Zellen zu einem ein- heitlichen Ganzen versteht. Die Gewebe entstehen in der Regel durch Teilung von Zellen, welehe aber im organischen Verbande bleiben (innere Teilung?) Seltener entstehen sie durch organische Vereinigung aus ursprünglich getrennten Zellen. Auf letztere Weise bildet sich beispielsweise das 89 bekannte, zu den Algen gehörige, bei uns in stehenden Gewässern nicht selten auftretende Wassernetz (Hydrodictyon utriculatum).*) Tausende von im Inhalte je einer schlauchartigen Zelle derselben vorkommende Zellen (Schwärmsporen) verwandeln sich durch Ver- wachsung innerhalb der Mutterzelle zu einem jugendlichen, alsbald seine Hülle verlassenden Netze.”*) Der Grad der auf die eine oder andere Art entstandenen Zell- verbindung ist ein verschiedener. Es können die durch Teilung entstandenen Zellen einen bloß interimistischen Verband eingehen, dessen Elemente sich später trennen und selbständig weiterleben (Zellkolonien). Die Hefe und zahlreiche andere einzeilige Pilze und Algen gehen solche zeitweilige Vereinigungen ein. Die Verbindung kann aber, um gleich das entgegengesetzte Extrem zu nennen, eine so innige sein, daß die Individualität der Zelle verschwindet. Solche durch partielle oder totale Verschmelzung von Zellen entstandene Vereinigungen werden als Zellfusionen bezeichnet. Hierher ge- hören alle Arten von Gefäßen, kopulierende (Zygosporen bildende) Pilz- oder Algenfäden, die Plasmodien der Myxomyeeten ete. Im gewöhnlichen Falle sind die Zellen zu ständigen, bis ans Lebensende währenden Verbindungen verknüpft und bilden Gewebe im engeren Sinne des Wortes. Die älteren Anatomen, z. B. Unger, versuchten sämtliche Zellverbindungen auf Kolonien, Fusionen und Gewebe im engeren Sinne zurückzuführen. Diese Einteilung ist aber wieder aufgegeben worden, da sie keine Übersicht gewährt; denn fast alle Zellver- bindungen sind unter die Gewebe sens. striet. zu stellen. Auch mußten zu heterogene Dinge unter den Begriff der Fusionen ge- bracht werden. Nichtsdestoweniger benützt man auch heute noch die Ausdrücke Kolonie und Fusion im Sinne der älteren Autoren. ®) Bd. U, p. 201 abgebildet. ==) Man hat früher das Endosperm der Phanerogamen als Produkt nach- träglicher Verwachsung von frei im Zellinhalte entstandenen Zellen angesehen. Die Unrichtigkeit dieser Auffassung ist oben p. 73 dargelegt worden. Es existiert überhaupt nach unseren dermaligen Kenntnissen unter den Phanerogamen kein Gewebe, welches durch Verwachsung ursprünglich getrennter Zellen entstände. Hingegen hat der auf Hydrodietyon bezügliche, oben angeführte Fall unter den Kryptogamen manche Analoga; beispielsweise entstehen die dem Wassernetze analogen Coenobien aller Hydrodiktyeen (Pediastrum, Sorastrum etc.) durch Ver- wachsung ursprünglich freier Zellen. Wohl aber kommt eine zeitweilige oder dauernde Verwachsung von getrennt entstandenen Zellen hin und wieder auch unter den Phanerogamen vor. So verwächst beispielsweise die befruchtete Eizelle bei den Phanerogamen mit der Wand des Embryosackes (s. Bd. II, p. 184), etc. 90 Bei allen mit Blättern, Stengeln und Wurzeln versehenen Ge- wächsen treten die Gewebe in weit schärfer ausgeprägten, unter- einander viel differenteren Formen auf als bei den bloß mit einem gleichartigen Vegetationsorgan — dem Thallus — versehenen Lager- pflanzen. Es empfiehlt sich deshalb, mit dem Gewebe der ersteren unsere Darstellung zu beginnen. Die Gewebe der Thallophyten bieten, abgesehen von ihrem viel einfacheren Baue, auch noch andere Besonderheiten dar, weshalb dieselben erst später in einem eigenen Kapitel besprochen werden sollen. 43. Der Zellenbau des Blattes, des Stammes und der Wurzel läßt stets eine innere Gliederung erkennen, indem die Elementar- organe leicht unterscheidbare natürliche Komplexe — Gewebe — bilden. An jedem Blatte findet man stets drei solcher Zellkomplexe: ein das Organ umkleidendes Hautgewebe, das die Blattnerven zu- sammensetzende Stranggewebe, endlich eine mehr oder minder gleich- artige zellige Grundmasse, das Grundgewebe. Auch die Stengel und Wurzeln bieten die gleiche innere Gliederung dar. Sachs (1868) erkannte zuerst diese Übereinstimmung im inneren Bau der Organe und nach seinem Vorschlage werden die Gewebe der höheren, nämlich der mit Blättern versehenen Pflanzen eingeteilt in Haut-. Grund- und Stranggewebe. In der nachfolgenden Darstellung werden wir uns zunächst an dieses sehr einfache, eine rasche Übersicht über die Gewebe eines Organes gewährende System halten, und erst in einem späteren, der Anatomie der Organe folgenden Abschnitte soll auf andere Systeme hingewiesen und überhaupt ge- zeigt werden, von welchen Gesichtspunkten aus die Gewebe wissen- schaftlich betrachtet werden können. Nicht alle beblätterten Pflanzen lassen eine gleich scharfe Differenzierung ihrer Gewebe erkennen. Namentlich wird man bei den niedersten Pflanzen dieser Kategorie — den Moosen — am allerwenigsten eine deutliche innere Gliederung der Organe im Ge- webe erwarten. Hier tritt uns ein allmählicher Übergang zu den Thallophyten entgegen: im Lager der niedersten Lebermoosformen verwischen sich die Unterschiede zwischen Haut-, Grund- und Stranggeweben, und bei den höheren Thallophyten werden bereits Andeutungen einer solchen inneren Differenzierung ersichtlich. 44. Die drei genannten Gattungen von Geweben treten in den mannigfaltigsten Formen auf, die wir später im einzelnen be- trachten werden. Alle diesen Kategorien unterzuordnende Gewebe- formen aber sind Dauergewebe; sie dienen nicht mehr der Zell- vermehrung, sondern anderen physiologischen Funktionen, und 3: haben, diesen entsprechend, bestimmte äußere Formen und eine be- stimmte innere Organisation angenommen. Die Dauergewebe gehen aus Meristemen (Nägeli; auch Teilungs- oder Bildungsgewebe genannt) hervor, die sich aller- dings als Jugendzustände (embryonale Stufe) der ersteren er- weisen.’’®) Auch gibt sich die Zusammengehörigkeit der Meristeme und der aus denselben hervorgegangenen Dauergewebe mehr in der Lage als im Baue zu erkennen. Es sind aber die Meristeme trotz großer Übereinstimmung im allgemeinen durch manche Eigentümlichkeit von den Dauergeweben so auffällig unterschieden, daß denselben an dieser Stelle eine kurze Betrachtung gewidmet werden mub. Die Meristeme sind zunächst ausgezeichnet durch die Ele- mentarorgane, welche diese Gewebe konstituieren und die bereits oben (p. 79) besprochen wurden, ferner durch lückenlose Verbin- bindung ihrer Zellen. Es müssen zwei Arten von Meristemen strenge auseinander- gehalten werden, die Urmeristeme und die sogenannten Folge- meristeme. Erstere, auch primäre Meristeme genannt, bilden die erste zellige Anlage der Pflanzenorgane und setzen deren jüngste Teile zusammen; sie gehen wieder nur aus Meristemzellen hervor. Letztere, auch sekundäre Meristeme genannt, bilden sich unter bestimmten Umständen aus einem noch protoplasmaführenden Dauer- gewebe oder aus Jungparenchym (p. 79), welche wieder auf die embryonale Stufe zurückkehren, indem in denselben reichliche Zell- teilungen stattfinden. Als Beispiel des Urmeristems sei die Stengel- spitze (Vegetationspunkt) der Phanerogamen, als Beispiel eines Folgemeristems das Phellogen, nämlich jenes Gewebe genannt, aus dem das die Oberhaut ersetzende Korkgewebe hervorgeht. Nach den von Hanstein (1868) unternommenen Forschungen läßt das Meristem der Vegetationsspitze eine bestimmte Gliederung in mehrere Gewebsschichten erkennen, welche bei der Darlegung des anatomischen Baues der Organe eingehender erläutert werden soll. Hier genüge die Bemerkung, daß dasselbe meist in drei Schiehten: Dermatogen, Periblem und Plerom zerfällt (Fig. 76). Das Dermatogen bildet stets eine einzige Zellenlage, da in diesem Meristem die Neubildung aller Zellen nur durch zur Fläche des Gewebes senkrecht stehende Teilungswände erfolgt (antikline Zell- teilung; s. unten unter Zellteilungsfolge). Es unterscheidet sich von den übrigen Meristemzellen der Vegetationsspitze durch die 92 relativ starke Verdiekung der Außenwand.*) Das Periblem be- steht aus einer oder mehreren Lagen von Zellen, welche zum Dermatogen konzentrisch angeordnet sind. Den Kern der Vegetations- spitze bildet das Plerom, dessen Elemente meist eine Tendenz zur Längsstreckung erkennen lassen. Aus dem Urmeristem gehen jene Formen von Bildungsgeweben hervor, die man nach der schon besprochenen Form ihrer Elemente als Jungparenchym und Kambium bezeichnet. Es soll hier nur noch betont werden, daß man gewöhnlich nicht im Zweifel darüber sein wird, ob ein Gewebe als Meristem oder als Dauergewebe zu deuten ist, daß aber nichtsdestoweniger Vergr. 400. Längsschnitt durch die Stammspitze von Ilippuris vulgaris. d Dermatogen, per Periblem, i pl Plerom. (Nach Warming.) eine scharfe Grenze zwischen Meristem und Dauergewebe nicht be- steht, was nicht befremdlich erscheinen kann, wenn man die Gewebe vom phylogenetischen Standpunkte betrachtet. So kann bei den niedersten Pflanzen ein strenger Unterschied zwischen Meristemzelle und Dauerzelle nicht gemacht werden, da eine durch Neubildung entstandene Zelle sofort zur gewöhnlichen Vegetationszelle heranzu- wachsen befähigt ist, während die eigentlichen Meristemzellen durch eine bestimmte Zeit hindurch fortwährend ihresgleichen durch Teilung erzeugen und dann erst zu Dauerzellen werden. Auch ist hier noch auf einen anderen Fall aufmerksam zu machen. Es gibt Dauerzellen, welche im Jugendzustande, ohne sich gerade in ein Folgemeristem #) Die Dermatogenzellen sind reicher an Dermatoplasma als die anderen Meristemzellen der Vegetationsspitze, womit die lange währende Anwesenheit des Dermatoplasma in der Oberhaut im Zusammenhange steht. r 93 umzuwandeln, in ihrem Inneren neue Zellen durch Teilung, also Meristemzellen bilden, die sofort zu Dauerzellen werden, z. B. die Siebröhrenglieder, welche Geleitzellen (s. oben p. 86) bilden. ferner die Kollenchymzellen und die Libriformfasern, welche durch den angegebenen Vorgang sich in gefächerte Kollenchymzellen und ge- fächerte Libriformfasern verwandeln. Daß vollends Dauerzellen sich in Meristemzellen rückbilden können. ein, wie wir sehen werden, gar nicht seltener Fall, zeigt eindringlich, daß eine absolute Grenze zwischen diesen beiden Zellformen, mithin auch zwischen Dauer- gewebe und Meristemgewebe nicht gezogen werden kann. Fig. 77, A Vergr. 150. Querschnitt durch das Grundgewebe des Blattstieles von Nuphar luteum. p Parenchym- zellen, welche die großen (schizogenen) Interzellularräume J begrenzen. a Grundgewebshaare. (Nach Kny.) B Vergr. 800. Stück eines Grundgewebshaares mit in der Zellwand eingelagerten Kristallen %* von oxalsaurem Kalk. 45. Die Meristeme bilden stets diehtgefügte Gewebe, deren Elemente lückenlos aneinanderschließen, während die Dauergewebe mit wenigen Ausnahmen Hohlräume zwischen den Zellen erkennen lassen, die man als Interzellularräume°!) (Interzellularen, s. Fig. 4, ferner Fig. 15 und 77) bezeichnet. Gewöhnlich bilden sie schmale, lufterfüllte Gänge zwischen den Zellen und heiljen dann Interzellulargänge (Luftgänge, Luftkanäle). Sind die Inter- zellularen mit Gummi, (ätherischem) Öl, Harz, Milchsaft ete. erfüllt, so werden sie als Gummi-, Öl-, Harz-, Milchsaftbehälter (Milchsaft- gänge: s. p. 87) etc. bezeichnet (s. unten Sekretbehälter).*) #:) Wenn durch Wasserspaltöffnungen (s. unten) von Blättern Wasser aus- geschieden wird, so tritt dieses aus Interzellularen in jene Organe über; die sonst 94 Alle diese Hohlräume entstehen entweder durch Auseinander- weichen der Zellen, also durch mechanische Trennung infolge ungleichen Wachtums oder durch Auflösung bestimmter Gewebs- partien, und dementsprechend unterscheidet man schizogene und lysigene Interzellularen. Die gewöhnlichste Form, die in jedem Parenehym anzutreffenden luftführenden Interzellulargänge, sind schizogene Bildungen, entstanden durch Auseinanderweichen der Mittellamellen an den Kanten der Zellen, während die Flächen ver- bunden bleiben. Die in Dauergeweben, z. B. in der Föhrenrinde, entstehenden Harzgänge sind lysigener Natur.) Die schizogenen Interzellularen entstehen zwischen Zellen, welche noch im Wachstum begriffen sind. Auch manche Iysigene Hohlräume bilden sich aus jugendlichen Zellen. Man faßt alle in jungen, noch wachsenden Geweben entstehenden Interzellularen als protogene zusammen, im Gegensatze zu jenen, welche aus aus- gewachsenen, häufig schon am Lebensende angekommenen Gewebs- teilen hervorgehen und die man als hysterogene Interzellularen bezeichnet. 46. Die Gewebe bestehen entweder aus gleichartigen oder doch nur unwesentlich voneinander verschiedenen, durch Über- gänge verbundenen Zellen oder aus Elementen ganz verschiedener Art. Die Zellen eines Gewebes sind also entweder monomorph, wie im Marke der meisten Pflanzen, oder polymorph, wofür die gewöhnliche Oberhaut ein gutes Beispiel bietet. Die Mehrzahl der Dauergewebe besteht aus polymorphen Elementen. Man hat einige Formen von Polymorphie der Zellen eines Gewebes auch in anderer Weise zum Ausdrucke gebracht, nämlich durch Aufstellung des Begriffes Idioblasten.°°) Hierunter versteht man eigenartige, von der vorherrschenden Zellform des Gewebes auffällig unterschiedene Elementarorgane (s. Fig. 779). luftführenden Interzellularen enthalten in diesem Falle Wasser. — Inmitten der Gewebe mancher epiphytischer Pflanzen (im Blattstiel von Philodendron cannaefolium) werden zeitweilig mit Wasser erfüllte Interzellularen gefunden, welche in trockenen Perioden die Transpiration der Blätter unterhalten. (A. F. W. Schimper, Die epiphytische Vegetation Amerikas. Jena 1888, p. 41 ff.) — Eine Auskleidung der Interzellularen von Blättern verschiedener alpiner Gewächse mit Schleim zum Zwecke einer Herabsetzung der Transpiration ist jüngsthin von Lazniewski konstatiert worden. Flora. 1896. *) Nach neueren, insbesondere von Tschirch ausgeführten Untersuchungen müssen auch schizo-lysigene Interzellularen unterschieden werden. Solche Bil- dungen beginnen schizogen und setzen sich Iysigen tort. (Zahlreiche Beispiele solcher Interzellularen finden sich in Tschirchs Angewandter Pflanzenanatomie. S. Noten.) il. Das Grundgewebe. 47. Das Grundgewebe ist unter den drei nunmehr abzuhan- delnden Gewebegattungen am einfachsten gebaut; es besteht oft bloß aus parenchymatischen Zellen. Doch nehmen nicht selten nebenher auch sklerenchymatische und kollenchymatische Elemente an dessen Zusammensetzung teil. Nur in verhältnismäßig wenigen Fällen besteht das ganze Grundgewebe aus Sklerenechym- oder aus Kollen- chymzellen. Da die drei genannten Zellformen schon früher beschrieben wurden, so erübrigt, behufs vorläufiger Charakterisierung des Grund- gewebes, nur noch hinzuzufügen, daß die parenchymatischen Komplexe der Grundgewebe stets von Interzellularen. die ein zu- sammenhängendes Kanalsystem \ S DI bilden. durchsetzt sind, während I die sklerenchymatischen oder koll- 4 enchymatischen Anteile des Grund- h sewebes kein solches zusammen- \ hängendes Iuterzellularsystem be- sitzen und ihre Elemente oft nahe- RER N % N N N zu, manchmal vollkommen lücken- A ® / A los aneinanderschließen. TER DZ - == —i I £ m Stamme der Dikotylen Querschnitt durch einen jungen Dikotylen- und Gymnospermen (Fig. 18) glie- stamm. Schematisch. O0 Oberhaut, p primäre € Rinde, m primäre Markstrahlen, 5 ch eines dert sich das Grundgewebe in der fünf Gefäßbündel (5 Phloöm, ce Kambium, h Xylem). P Mark. einen zentralen, von den Gefäß- bündeln umgebenen Teil, Mark genannt, in von diesem strahlen- förmig ausgehende Gewebszüge, welche zwischen den in einen Kreis gestellten Gefäßbündeln auftreten; es sind dies die primären Mark- strahlen (Fig. 78m); endlich in eine periphere, zwischen dem Haut- gewebe und den Außengrenzen der Gefäßbündel gelegene Partie, dem Grundgewebe der Rinde (primäre Rinde). Der Monokotylenstamm beherbergt das Grundgewebe als eine Füllmasse, in der die Gefäßbündel zerstreut liegen, in der Peripherie des Stammes aber dichter als gegen das Stamminnere zu auftreten, weshalb das Grundgewebe gegen die Achse des Stammes zu reich- licher entwickelt erscheint. In den Blättern tritt stets parenchymatisches Grundgewebe auf, besonders reichlich in fleischigen. Man nennt das oft eigen- tümlich gestaltete Grundgewebe des Blattes Mesophyll. Skleren- 96 chymzellen finden sich im Blatte nur selten vor (z. B. Camellia); häufiger, namentlich im Blattstiele, treten Kollenehymschichten auf. 48. Wie schon früher bemerkt, bildet das Kollenehym und Sklerenchym ein dichtes, fast lückenlos gefügtes Gewebe. Das parenchymatische Grundgewebe — auch Grundparenchym ge- nannt — wird als diehtes und lockeres unterschieden, je nach- dem die Zellen bloß durch Luftgänge oder durch weite Interzellu- laren voneinander geschieden sind. Das Mesophyll gliedert sich sehr häufig in dichtes und lockeres Grundparenchym, von welchem das erstere der oberen, das letztere der unteren Blatthälfte angehört. Lockeres Grundparenchym mit regelmäßig angeordneten Inter- zellularräumen hat man regelmäßiges Parenchym genannt (Mark des Stammes von Juncus; s. Fig. 4, p. 16; s. auch Fig. 77). Besteht das Grundgewebe bloß aus monomorphen Elementen, so sind dieselben gewöhnlich parenchymatisch (Kartoffelknolle), seltener sklerenchymatisch (Kokosschale) und nur in den seltensten Fällen kollenchymatisch (Stamm von Üeratophyllum). Die Polymorphie der Zellen des Grundgewebes kommt nicht nur durch das Auf- treten von Sklerenchym und Kollenchym neben Parenchym, sondern auch dadurch zustande, daß das letztere dort, wo es an die Oberhaut oder an das Gefäßbündel angrenzt, charakteristische, mit dem übrigen Parenchym nicht durch Übergänge verbundene Formen annimmt. So kommt, um ein eklatantes Beispiel zu nennen, unterhalb des Hautgewebes der Luftwurzel von Hartwegia comosa eine aus schmalen, in die Länge gezogenen, an den radialen Wänden gewellten Zellen bestehende Gewebeschichte (Endodermis) vor, und eine aus ähnlich geformten Elementen zusammengesetzte Zellschichte (Gefäß- bündelscheide) liegt im Umkreise der Gefäßbündel.*) Die Gefäß- bündelscheiden sind aber häufig in anderer Weise von den übrigen (Grundgewebselementen verschieden, z.B. durch stärkere und eigen- tümliche Wandverdickungen (Farne) ete., sind jedoch gewöhnlich durch relative Längsstreckung der Elemente ausgezeichnet. Die Polymorphie der Grundgewebszellen findet aber nicht selten ihren Ausdruck darin, dab Zellen oder Zellgruppen mit charakteristischem flüssigen oder halbflüssigen, gewöhnlich aus Harzgemischen oder ätherischen Ölen bestehendem Inhalte (sogenannte innere Drüsen), oder lange, harzerfüllte oder Milchsaft führende Schläuche das Grundparenchym durchsetzen. Sehr schöne, schon mit freiem Auge *) Sowohl die Wände der Endodermis als die der Gefäßbündelscheide sind verkorkt,. Manche Anatomen bezeichnen auch die Gefäßbündelscheide als Endo- dermis, 97 sichtbare, mit rotbraunem Inhalte gefüllte Schläuche finden sich im Holundermarke vor (p. 27). In den luftführenden Interzellularräumen des Parenchyms ent- wickeln sich bei manchen Gewächsen (z. B. im Blatte von Nuphar, Nymphaea etc.) diekwandige Zellen, welchen sichtlich die Aufgabe zufällt, das Zusammenfallen der von zartwandigen Zellen begrenzten Interzellularen zu verhindern. Wegen äußerer Ähnlichkeit dieser diekwandigen Zellen mit Haaren hat man sie Grundgewebshaare genannt (s. Fig. 77). Die subepidermalen Schichten des Grundgewebes werden, wenn sie sich von dem übrigen Grundgewebe unterscheiden, Hypoderma genannt. Die gewöhnlichste Form desselben ist das Kollenchym- gewebe. Auch die Endodermis und noch einige andere Gewebsarten gehören hierher. Das ganze Grundgewebssystem eines Organes geht entweder aus Urmeristem (so das Mesophyll, das Grundgewebe einjähriger Stämme etc.) oder teilweise aus diesem, teilweise aus Folgemeri- stemen hervor. Näheres über die Ausbildungsweise und Funktion der Grund- gewebsanteile folgt unten in dem Kapitel über die gegenseitige Anpassung der Gewebe und im Abschnitte über die Anatomie der Organe. Ill. Die Hautgewebe. 49. Im Vergleiche zum Grundgewebe erscheinen die Haut- gewebe bedeutend vielgestaltiger, sowohl was den Zellenbau der ein- zelnen Formen als was die Arten dieser Gewebe betrifft. Das Hautgewebe grenzt nach außen an Luft, Wasser oder Erde, nach innen an das Grundgewebe. Mit der Luft oder dem Boden in Berührung, differenziert es sich auf das schärfste gegen das be- nachbarte Grundgewebe; weniger scharf hebt es sich von demselben ab, wenn es im Kontakte mit Wasser steht, und namentlich an allseits von Wasser umgebenen Organen zeigt sich häufig nur eine geringe Differenz zwischen beiden Geweben, sowohl in bezug auf die Form als den Inhalt der zusammensetzenden Elemente. Es lassen sich drei typische Arten der Hautgewebe unter- scheiden: die einfache, die mehrschichtige (oder zusammen- gesetzte) Oberhaut und das Periderm. Die beiden ersten Arten gehen unmittelbar aus dem Meristem der Vegetationsspitze, und zwar aus dem schon früher genannten Dermatogen (p. 91) hervor. Die Blätter sind — einige seltene Ausnahmsfälle abgerechnet — Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 7 98 stets nur mit einer dieser Arten von Hautgeweben bedeckt. Das Periderm entsteht hingegen aus einem Folgemeristem und tritt an Stämmen und Wurzeln als Ersatz der Oberhaut auf, wenn dieselbe dem Diekenwachstum des Organes nicht mehr zu folgen vermag. Man kann die Oberhaut, da sie stets das erste, die Vegetations- organe bedeckende Hautgewebe bildet, auch als primäres, das ihr erst nachfolgende Periderm als sekundäres Hautgewebe bezeichnen. Die einfache Oberhaut besteht immer nur aus einer einfachen Zellenlage, welche unmittelbar aus dem Dermatogen durch Um- wandlung der Meristem- in Dauerzellen hervorgeht. Es sind drei For- Fig. 79. men der einfachen Ober- v haut zu unterscheiden: IN DAR das Epithel, die Epi- N hd u dermis und das Epiblem. FEN NAT C /] J“ bildet das Hautgewebe- 2 zartbleibender Pflanzen- I ro teile, z. B. der Blumen- ! blätter, Staubfäden ete. 50. Das Epithel Es besteht aus zarten, » entweder platten oder Vergr. 300. Epithel der Kronenblätter von Viola tricolor. papillös vorgewölbten p Papillen mit streifiger Kutikula. » w aneinanderstoßende Zell- . - wände des Epithels. Zellen (s Fig. (9 p), deren Außenwände nur wenig stärker als die übrigen Zellwände verdickt, stets aber von einer sehr dünnen, meist scharf gezeichneten Kutikula bedeckt sind (Fig. 79). Die später zu betrachtenden Spaltöffnungen, welche der Epidermis fast nie fehlen, kommen im Epithel nur selten und dann nur spärlich vor; oft fehlen die Haare, auch stimmen die Epithelial- zellen untereinander gewöhnlich überein. so zwar, daß die Elemente sehr vieler Epithelien durch völlige Monomorphie ausgezeichnet sind, ein, wie schon bemerkt, unter den Dauergeweben selten vor- kommender Fall. Die Epithelialzellen schließen in der Regel lücken- los aneinander.*) Junge Epithelialzellen führen Kern und Proto- plasma. In ausgebildeten Epithelialzellen kommen als Inhaltsstoffe *) In den Epithelien mancher Blumenblätter schließen die Elemente nicht lückenlos aneinander; aber in diesen Ausnahmsfällen bedeckt die Kutikula als zusammenhängendes Ganzes die Epithelialzellen, so daß das Gewebe doch, als wenn es lückenlos gefügt wäre, nach außen vollkommen abgeschlossen ist. Hiller in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XV (1881), ? 99 kleine Protoplasmareste, ein farbloser oder gefärbter Zellsaft immer, feste Einschlüsse hingegen nur selten vor. 5l. Die Epidermis bedeckt die oberirdischen Vegetations- organe: Blätter und Stengel; die ersteren bis ans Lebensende, die letzteren gewöhnlich aber bloß in der ersten Vegetationsepoche. Dieses Gewebe zeichnet sich durch die Mannigfaltigkeit seiner Aus- bildung aus. Sehr selten besteht die Epidermis bloß aus monomor- phen Elementen, und zwar aus den schon oben skizzierten ÖOber- hautzellen; gewöhnlich enthält sie auch Spaltöffnungen und Haare oder diesen verwandte Bildungen, und schon dadurch wird eine sehr ausgesprochene Polymorphie der Zellen dieses Gewebes erzielt. Die Fig. 80. Vergr. 600. Oberhautstück vom Kolbenblatte des Mais. e mit Poren versehene Oberhautzellen, S eine der beiden Schließzellen (der schraffierte Teil entspricht dem Lumen der Schließzellen); dazwischen die Spalte s, N eine der beiden Nebenzellen, Polymorphie der Oberhautelemente kommt aber dadurch zu noch schärferem Ausdrucke, daß auch die Epidermiszellen verschiedene Gestalten annehmen. So finden sich z. B. in der Öberhaut der Grasblätter neben den gewöhnlichen Epidermiselementen Reihen langgestreckter Oberhautzellen, welche die Nerven — direkt oder von ihnen durch Parenchym geschieden — überdecken; zudem bleiben bestimmte Oberhautzellen in ihrer Längenentwicklung auf- fallend zurück und weisen dann gewöhnlich auch eine sehr starke Verkieselung auf (Kiesel- oder Zwergzellen; s. oben p. 42). Eine Kutikula überzieht die Oberhaut stets: meist erscheint sie als eine glatte Haut (namentlich an derben glänzenden Blättern), seltener trägt sie ein ähnliches Gepräge wie die Kutikula des Epithels. 7* 100 Immer erscheint sie, und dies gilt auch für die letztere, als ein zu- sammenhängendes Häutchen, welches im fertigen Zustande seine Entstehung aus mosaikförmig nebeneinanderliegenden Zellwand- stücken nicht oder doch nur undeutlich mehr erkennen läßt. Der Inhalt der Epidermiszellen ist dem der Epithelialzellen gleich. Protoplasma und Kern bleiben lange erhalten. Chloro- phyll findet sich wohl nicht selten, aber in kleiner Menge und meist nur vorübergehend vor.’‘) Nur ausnahmsweise treten in der Öberhaut große statio- näre Chlorophylikörner auf, so z. B. in den Oberhautzellen der Farnblätter, vieler grü- ner, submerser Organe U. BU 52. Die Epider- miszellen schließen stets Fıe..81. lückenlos aneinander; zwischen denselben fin- den sich aber Zell- gruppen vor, die sich wohlengean die Epider- miszellen anschließen, Vergr. 350. Eine Spaltöffnung $ inmitten einer Oberhautzelle aberzwischen sieh einen von der Oberseite eines Blattes (Wedels) von Aneimia. k k Zellkerne, cA Chlorophylikörner der Oberhaut-, ch‘ der lufterfüllten Hohlraum Schließzellen. frei lassen, welcher mit den Interzellularen des Grundgewebes kommuniziert. Diese Zell- gruppen, welche augenscheinlich den Zweck haben, die inneren Lufträume der Organe mit der Atmosphäre in Kommunikation zu bringen, nennt man Spaltöffnungen’') (stomata, Fig. 80—85). In der Regel besteht eine Spaltöffnung aus zwei Zellen, Schließ- zellen, unterhalb welcher im Parenchym ein mehr oder minder großer Luftraum sich befindet, der, obgleich dem Grundgewebe an- gehörig, mit der Spaltöffnung sich bildet, sich ihr adaptiert und zu ihr gerechnet wird. Es ist dies die Atemhöhle (Fig. 82a). Die Schließzellen sind gewöhnlich kurze Schläuche von halbmondför- miger Gestalt und unterscheiden sich von den Epidermiszellen da- durch, daß sie nicht nur nach außen, sondern auch an allen übrigen freien Seiten relativ stark verdickt sind, ferner durch Auftreten von stationärem Chlorophyll in Form deutlich ausgebildeter Körner.*) *) Nach Leitgeb erhalten sich die Schließzellen lange am Leben und sind überhaupt im Vergleiche zu den Oberhautzellen durch eine außerordentliche 101 Die Schließzellen gehen gleich den Oberhautzellen aus dem Dermatogen hervor. Gewöhnlich teilt sich eine Dermatogenzelle in eine größere und in eine kleinere Zelle, von welchen die letztere zur Mutterzelle der beiden Schließzellen wird. Die Teilungswände sind häufig gekrümmt; ja es kommt vor (z. B. bei Aneimia und manchen anderen Farnen, s. Fig. 81), daß die Spaltöffnungs-Mutter- zelle so aus einer heranwachsenden Dermatogenzelle herausgeschnitten wird, daß sie in letzterer wie der Pfropf im Flaschenhalse steckt. — Die Schließzellen liegen anfänglich meist in der Ebene der Epi- dermis; später können sie ihre Lage ändern und erscheinen dann Fig. 82. Vergr. 300. A Durchschnitt durch die Oberhaut nnd die benachbarten Gewebe des Blattes von Pinus Laricio. O Oberhaut, A Hypoderm, g grünes Parenchym, s Schließzellen mit Chlorophylikörnern, a Atemhöhle, » Vorhof der Spaltöffnung. # Oberflächenansicht der Spaltöffnung. s s Schließzellen, 5 Spalte der Spaltöffnung; v ist in den Nadeln der Koniferen in späteren Lebensstadien häufig mit Pflanzenwachs erfüllt. im Vergleiche zu den Nachbarzellen gehoben oder gesenkt. Im letzteren Falle liest über den Schließzellen ein Hohlraum in der Epidermis, den man Vorhof genannt hat. Die Vorhofbildung ist bei Schließzellen etwas Gewöhnliches (Fig. 82 A, v). Nicht selten werden die Schließzellen von charakteristisch geformten Oberhaut- zellen begleitet, welche mit den ersteren eine natürliche Gruppe bilden. Man nennt diese, gewissermaßen zur Spaltöffnung gehörigen Elemente Nebenzellen der Spaltöffnung (Fig. 80 N). Die Spaltöffnung gehört also, wie nunmehr leicht zu ersehen ist, zum Teile dem Hautgewebe, zum Teile dem Grundgewebe an und besteht in der Regel aus zwei eigentümlich ausgebildeten Schließzellen, welche zwischen sich einen Hohlraum — die Spalte — frei lassen, und der im Grundgewebe liegenden Atemhöhle. Lebenszähigkeit ausgezeichnet. Ein Monat nach dem Ausschneiden der Epidermis vom Perigon der Galtonia candicans waren die Spaltöffnungszellen noch lebend, während die Oberhautzellen schon in Fäulnis übergingen, (In der auf p. 104 genannten Abhandlung.) 102 Diese wird in der Regel von parenchymatischen Zellen gebildet, zwischen welchen die Luft ins Innere des Blattes eindringen kann.*) Am reichlichsten treten die Spaltöffnungen an grünen, mit Luft in Kontakt stehenden Organen auf. An submersen oder unter- irdischen, ferner‘ an nicht grünen (einjährigen) Organen fehlen sie entweder gänzlich oder sind nur sehr spärlich und’ dann auch meist unvollkommen ausgebildet: die Schließzellen liegen knapp neben- einander, es fehlt also die Spalte, desgleichen die Atemhöhle; solche rudimentäre Stomata sind begreiflicherweise funktionslos. An grünen Blättern finden sie sich gewöhnlich unterseits reich- licher als oberseits vor. Doch gibt es Ausnahmen von der Regel. So kommen an den schwimmenden Blättern (z. B. bei Nymphaea alba) die Spaltöffnungen nur an der Oberseite vor; an der mit Wasser in Berührung stehenden Unterseite wären sie ja ganz zwecklos; aber auch an den beiderseits mit Luft in Berührung stehenden Blättern von Passerina hirsuta findet sich die gleiche Verteilungsart vor. Die Anordnung der Spaltöffnungen an der Blattepidermis hängt von #) Ausnahmsweise wird die Atemhöhle auch von sklerenchymatischen Elementen begrenzt. So z. B. bei Kingia und Aantorrhoea (nach Tschirch), bei Eriophorum (nach Westermaier). Fig. 83. Die Sklerenchymzellen erscheinen in solchen Fällen als notwendige Be- standteile des Spaltöffnungsapparates. Sie haben zunächst die Aufgabe, die Spaltöffnung gegen das Eindrücken bei Biegungen zu schützen, da aber ein geschlossenes, nicht von Inter- zellularen durchsetztes Sklerenchym Vergr. 300. Durchschnitt durch eine Spaltöffnung als Begrenzung der Atemhöhle die des Halmes von Eriophorum alpinum. s s Schließ- Spaltöffnung funktionslos machen zellen, a durchschnittener rinnenförmiger »Atem- 4 = Ar: 5 kanal«, von sklerenchymatischen Zellen gebildet, würde, so sehen wir in solchen Fällen welche nur durch die kleine Interzellularlücke i 2 Luft- und Wasserdampf direkt passieren lassen. das Sklerenchym stellenweise durch- (Nach Westermaier.) brochen, wodurch eine, wenngleich auch nur beschränkte Kommunikation der inneren Gasräume der Pflanze mit der Atmosphäre hergestellt wird. Da die Spaltöffnungen, wie in der Physiologie näher dargelegt werden wird, vorwiegend der Transpiration dienen, so ist ersichtlich, daß die geschilderte Ausbildungsweise der Atemhöhle auch eine starke Herabsetzung der Transpiration herbeiführen muß. Eine solche wird in derartigen Fällen auch durch den Standort und durch die Lebensweise der Pflanze gefordert. Siehe Westermaier, »Beiträge zur Kenntnis des mechanischen Gewebesystems«, III. Monatsbericht der königl. Akademie der Wiss. zu Berlin (1881), und Tschirch in den Abhandlungen des bot. Vereines der Prov. Brandenburg, Bd. XXIII (1881). Ähnliche Anpassungen treten uns in der Ausbildungsweise der Spaltöffnungen der Gewebe und Organe vielfach ent- gegen. Auf diese Verhältnisse kann näher erst im dritten Bande (Biologie) ein- gegangen werden, 103 dem anatomischen Bau des Mesophylis ab, weshalb diese Verhältnisse erst später bei Betrachtung der Anatomie des Blattes genauer ins Auge gefaßt werden können. — Gewöhnlich kommen an den Blättern 100—200 Spaltöffnungen pro Quadratmillimeter vor, an manchen Blättern steigt ihre Zahl bis 700; an Orobanchen kommt hingegen eine auf mehrere Quadratmillimeter. Die Spaltöffnungen erscheinen entweder zerstreut oder in be- stimmte Gruppen geordnet, entweder in Reihen (Stamm von Zguisetum, Koniferennadeln) oder paarweise, sogenannte Zwillingsspaltöffnungen bildend (Blätter von Carex und Degonia, Keimblätter des Hanfes), Fig. 84. Vergr. 120. Ein Stück der unteren Oberhaut vom Blatte der Saxifraga sarmentosa. Inselförmig auf- tretende Spaltöffnungen sp zwischen kleinen Oberhautzellen o. Jede Insel (die am Blatte schon mit freiem Auge als Erhabenheit sichtbar ist) ist von großzelligen Epidermisanteilen O umgeben. oder endlich in bestimmt differenzierten Komplexen, z. B. an den Blättern der Saxifraga sarmentosa, wo die Spaltöffnungen mit den sie umschließenden kleinen Oberhautzellen Inseln im übrigen Haut- gewebe bilden. Die gewöhnlichen Spaltöffnungen (Luftspalten nach de Bary) haben die Fähigkeit, durch Formänderungen der Schließ- zellen die Spalte zu verengern und zu erweitern. Das Öffnen und Schließen der Spaltöffnungen (H. v. Mohl, 1856: Schwendener, 1881; Leitgeb, 1886) beruht in erster Linie auf der Größe des Turgors (Druck der Zellflüssigkeit auf die Zellwand) und auf der Ausbildung der Wand der Schließzellen. 104 Aber auch die Druckverhältnisse der den Schließzellen benachbarten Oberhautzellen, besonders der Nebenzellen, können die Öffnungs- und Schließbewegung der Spaltöffnungen beeinflussen. Die Schließzellen sind schlauchartig, im geschlossenen Zu- stande der Spaltöffnung gerade. im geöffneten mit konkaver Innen- seite halbmondförmig gestaltet. Behandelt man mit halbgeöffneten Spaltöffnungen versehene Gewebe, um den Turgor der Zellen herab- zusetzen, mit wasserentziehenden Mitteln. z. B. mit konzentrierter Zuckerlösung, so strecken sich die Schließzellen gerade und die Spalte schließt sich. Läßt man hingegen Wasser einwirken, wodurch in den Zellen eine Steigerung des Turgors hervorgerufen wird, so krümmen sich die Schließzellen halbmondförmig und die Spalte öffnet sich. Es erfolgt also Öffnen der Spalten bei steigendem, Schließen bei fallendem Turgor der Schließzellen. Bezüg- lich der Mitwirkung der Wand beim Öffnen und Schließen sei nur bemerkt, daß schon die ungleiche Wandverdiekung der Schließzellen diese Prozesse beeinflussen muß; an den verdünnten Stellen wird nicht nur der die Turgoränderungen bedingende Zu- und Abfluß des Wassers begünstigt sein, sondern die stärkste Ausdehnung der Zelle bei der Öffnungsbewegung sich einstellen (s. Fig. 85). Die verdünnten Hautstellen der Stomata, welehe, Scharnieren gleich, bei der Öffnungs-, beziehungsweise Schließungsbewegung der Spaltöffnungen mitwirken, bezeichnet man nach Schwendeners Vorschlag als Hautgelenke der Spaltöffnung. Im Lichte erweitern, im Finstern verengern oder schließen sich die Spalten.*) Die schon genannten funktionslosen Stomata reagieren weder auf Licht noch auf Benetzung. Es gibt aber noch eine Kategorie von Spaltöffnungen, die auf die genannten Einflüsse nicht reagieren, die sogenannten Wasserspaltöffnungen (Wasserspalten nach de Bary), welche, im ganzen wie die erstgenannten gebaut, ge- wöhnlich nur größer als diese, nicht dem Gasaustausche, sondern #) Dieser Regel stehen mancherlei Ausnahmen gegenüber, auf welche der Verfasser (»Untersuchungen über den Einfluß des Lichtes und der strahlenden Wärme auf die Transpiration der Pflanzen«, Sitzungsber. der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXIV [1876]) und später Leitgeb (Mitteil. aus dem bot. Institute zu Graz, Bd. 1 [1886]) aufmerksam gemacht haben. Steigert sich im Finstern, durch osmotischen Zustand veranlaßt, der Turgor der Zellen, so muß Öffnung des Spaltenapparates eintreten, Ein frei präparierter und dabei intakt gebliebener Spaltöffnungsapparat wird sich allerdings im Lichte, überhaupt bei zunehmendem Turgor, öffnen und im Dunkeln schließen; aber ein im Gewebeverbande befind- licher Spaltöffnungsapparat kann sich, wie Leitgeb nachgewiesen hat, auch um- £ 105 der Ausscheidung von Flüssigkeiten (Guttation) dienen. Solche Stomata kommen an den Blättern vieler Aroideen, von Tropae- olum ete., vor und liegen gewöhnlich über den Enden der Gefäß- bündelbahnen am Blattrande. Die bekannten Tropfenausscheidungen solcher Blätter erfolgen häufig durch dieselben. Die gewöhnlichen Spaltöffnungen mancher Organe (junge Grasblätter) fungieren zeit- weilig als Wasserspaltöffnungen. In neuerer Zeit wurden außer den Wasserspaltöffnungen noch andere der Wasserausscheidung dienende Oberhautgebilde aufge- funden, welche mit den Wasserspaltöffnungen als Hydathoden zusammengefaßt werden. Dieselben erscheinen bei manchen Pflanzen Fig. 5. Vergr. 2000. Durehschnitt durch eine Spaltöffnung von Helleborus sp. im geöffneten (kräftig kon- turiert) und geschlossenen (zart konturiert) Zustande. S Schließzellen, c Spalte, a a, die unbeweglich gedachte Horizontale. (Nach Schwendener.) als umgestaltete Oberhautzellen oder als Triehome. In einigen Fällen sind sie durch Grundgewebselemente mit jenen Teilen des später zu betrachtenden Gefäßbündels, welche der Leitung des Wassers dienen, verbunden.’°) 53. Haare und verwandte an der Epidermis auf- tretende Bildungen.’’”) Die Polymorphie der die Epidermis zu- sammensetzenden Zellen spricht sich sehr häufig darin aus, dab neben den Oberhaut- und Schließzellen noch Zellen oder Zell- gruppen in diesem Gewebe auftreten, welche sich über die Ober- fläche der Haut mehr oder weniger erheben und als Haare be- zeichnet werden. gekehrt verhalten, wenn nämlich der Seitendruck der Epidermiszellen den Turgor der Schließzellen überwindet, was aber in der Regel nicht geschieht. 106 Während in den Epithelien die Papille vorherrscht und das echte Haar seltener erscheint, findet sich in der Epidermis das Gegenteil. Die dikotylen Pflanzen sind sehr häufig behaart, sukkulente und submerse Dikotylen, Equiseten und Koniferen aber, einige seltene Ausnahmen abgerechnet (z. B. die untergetauchten Blätter Fig. 86. ? Vergr. 350. A Oberhaut der Senna (Folia Sennae; Cassia sp.) mit Spaltöffnungen, Haaren und Haar- narben n. Jedes Haar ist an seiner Basis von einem Kreis von Nebenzellen umgeben. B Das Haar erscheint hier im Längsschnitt als eine verlängerte Oberhautzelle (es ist von der Oberhaut nicht durch eine Querwand abgegliedert). ep Epidermis, p Palisadengewebe. (Nach Möller.) einiger Üallitriche-Arten), stets kahl. Bei Monokotylen gehört eine augenfällige Haarbedeckung zu den Seltenheiten; indes kommt selbst an kahl erscheinenden Gräsern, wie die mikroskopische Unter- suchung lehrt, fast regelmäßig Haarbildung vor. Schon die mit freiem Auge wahrnehmbaren Formen der Haar- bedeckung lassen eine große Mannigfaltiskeit in der Morphologie 107 der Haare vermuten. Der Formenreichtum ist aber weit größer, als man annehmen sollte. Es kann hier nur auf besonders charakteri- stische Formen hingewiesen werden. Einzellige Haare sind sehr häufig. Selbst sehr lange Haare, wie die Baumwollfasern, welche eine Länge bis 60 mm erreichen, gehören in diese Kategorie. Gewöhnlich sind solche Haare kegel- fürmig und erscheinen dann entweder als eine einfache Ausstülpung der Außenwand einer Öberhautzelle (Fig. 86, 3), oder die Haar- .QO7_0 00006 c° 30 225 0, 300 000% 0.8%8 „Jo vco»6C 00 o 0.00 o0°60° 3 o . lo No) o do Es ke} co 2 0°09 > N \o © ou?o ».000 0908 o „O0 \ 0,0’ 0 Vergr. 300. Querschnitt durch das Blatt von Juglans regia. e obere, e’ untere Epidermis, p» chloro- phyllreiches Palisadenparenchym, s chlorophyllarmes Schwammparenchym, d Köpfchenhaare (Drüsen- haare) mit abgehobener Kutikula (c), st Spaltöffnung, %k Kristallaggregate von oxalsaurem Kalk. (Nach A. Vogl.) zelle gliedert sich durch eine in der Oberfläche der Epidermis ge- legene Querwand ab. Viele Haare sind mehr- bis vielzellig, ohne im Hauptumriß eine andere als die konische Form erkennen zu lassen. Meist nehmen aber die mehr- bis vielzelligen Haare besonders eigentümliche Formen an. Sehr häufig kommt es vor, dab der Grund oder das freie Ende mächtiger wird als der übrige Haar- körper; im ersteren Falle entstehen die Zwiebel-, im letzteren die sehr häufig vorkommenden Köpfchenhaare (Fig. 87). Astförmige, sternförmige, büschelweise vereinigte Haare sind nicht selten und werden diesen Formen entsprechend benannt. 108 Eine besondere Form der Haare sind die Schuppen, welche aus einem auf der Oberhaut senkrechten Stiele und einer flächen- förmigen, zu jener parallelen Gewebeplatte bestehen. Die Haare gehen oft allmählich in Stacheln und Warzen über, welehe im allgemeinen den Haarbildungen unterzuordnen sind. Auch die sonstige Beschaffenheit der Haare, abgesehen von der Form, gibt Veranlassung zur Unterscheidung mancher Haar- formen. — Bilden sieh in den Haaren eigentümliche, gewöhnlich durch Geruch ausgezeichnete Flüssigkeiten oder halbflüssige harzige Massen aus, welche dann meist nach außen abgeschieden werden, so spricht man solche Gebilde als Drüsenhaare (Fig. 87) an. Die Köpfchenhaare sehr vieler Pflanzen gehören in diese Kategorie, und es ist dann gewöhnlich das Köpfchen, welches als Drüse ausgebildet ist. Sind die Haare steif und in diesem Falle wohl stets und stark mit mineralischen Substanzen infiltriert und verholzt, so nennt man sie Borsten. Haben sie eine brüchige Spitze und entlassen sie bei Verletzung eine ätzende Flüssigkeit, so werden sie als Brennhaare*) bezeichnet. Hierher gehört beispielsweise das Haar der Nessel, welches bei Abbruch der Spitze eine ätzende Flüssigkeit austreten läßt (vgl. unten bei Emergenzen). Die einzelligen Haare und die vielzelligen, nach außen ab- erenzenden Zellen verhalten sich im allgemeinen so wie Oberhaut- zellen, sind wie diese mit einer Kutikula überdeckt und führen neben Protoplasmaresten anfänglich Zellsaft, später meist Luft; Chlorophyll, Stärke und Kristalle treten nur ausnahmsweise im Inhalte auf. Die inneren Zellen zusammengesetzter Haare sind in die Kategorie der Parenchymzellen zu stellen; Chlorophylikörner finden sich in denselben nicht selten vor. | Die Haare entstehen stets in der Fläche der Öberhaut wie die Spaltöffnungen; aber wie diese bei späterer Entwieklung oft eine erhöhte oder vertiefte Lage im Vergleiche zu den Epidermis- zellen einnehmen, so auch die Haare, welche sehr häufig mit einem Stück der Epidermis und dem darunterliegenden Parenchym sich erheben, seltener in kleine Grübehen der Oberhaut eingesenkt er- scheinen. In nicht seltenen Fällen sind die den Grund des Haares umgebenden Epidermiszellen eigenartig gestaltet, bilden dann häufig #) Hautreizende Wirkung geht in manchen Fällen, z. B. bei der jetzt häufig als Topfpflanze kultivierten Primula obconica, auch von mit Köpfchen (Drüse) versehenen Drüsenhaaren aus. Nestler, Hautreizende Primeln. Berlin 1904. 109 ein scharf umschriebenes, ringförmiges Gewebestück, dessen Elemente man als Nebenzellen des Haares (Fig. 864) bezeichnet hat. 54. Die Haare und analoge Bildungen (Borsten, Schuppen, Stacheln, Warzen) gehen meist aus dem Dermatogen hervor; ja sehr viele dieser Anhangsgebilde der Epidermis lassen sich geradezu auf eine einzige Dermatogenzelle zurückführen (Fig. 88). Neuere Unter- suchungen haben gelehrt, daß die Ansicht, als könnten alle Haar- bildungen auf das Dermatogen zurückgeführt werden, nicht allge- mein richtig ist, indem an dem Aufbau derselben manchmal auch das unterhalb des Dermatogens befindliche Meristem Anteil nimmt, so daß auch ein Stück des Grundgewebes in diese Bildung eintritt. Die Stacheln der Frucht von Datura Stramonium und Aesculus Hippocastanum bergen so- gar Gefäßbündel. Man Fig. 88. unterscheidet nunmehr Haarbildungen, welche ganz aus dem Dermatogen A a hervorgehen, mithin echte Epidermoidalbildungen D sind, von jenen, an deren Aufbau auch Grund- und ; sogar Gefäßbündelgewebe Anteil nehmen. Erstere nennt man Trichome, letztere Emergenzen. Die meisten Stacheln (z. B. die der Rose) und Warzen ee a a der. hö u di Re . selben in der Reihenfolge der Buchstaben A—F. Die gehören zu lesen, die ganze Drüse geht aus der mittleren Dermatogenzelle in A meisten Haare, Borsten a a El Möller * und Schuppen zu jenen. Doch gibt es hier mancherlei Ausnahmen; so sind die Stacheln der Fubus-Arten als Triehome, hingegen die Brennhaare der Nessel, die Drüsenhaare der Rosen und selbst die Schuppen einiger Pflanzen (Hemitelia capensis) als Emergenzen aufzufassen. An Stengeln und Blättern entstehen die Haare gewöhnlich sehr frühe, lange bevor das Längenwachstum dieser Organe beendigt ist. In der Oberhaut der Blätter bilden sich die Haare meist früher als die Spaltöffnungen. An Stengeln werden die Haare manchmal früher, manchmal später als die Blätter angelegt. Es ist bekannt, daß viele Blätter sehr frühzeitig ihren oft sehr dichten Haarüberzug verlieren. Die sich lostrennenden Haare sind dann gewöhnlich vertrocknet und kollabiert. Aber auch sonstige 110 Haargebilde lösen sich manchmal ab; so besteht der mehlige, leicht ablösbare Belag der grünen Organe von Ühenopodium und Atriplex aus kurzgestielten, in eine blasenförmige Zelle endenden Haar- gebilden.*) Häufig persistieren indes die Haare; ihre Zellen führen dann gewöhnlich nur Luft. Die Haare der oberirdischen Organe dienen, solange sie leben, verschiedenen Zwecken, besonders als Sekretionsorgane**); sie fungieren aber an der Pflanze häufig noch, wenn sie schon ab- gestorben sind, schützen beispielsweise die Blätter und Stengel vor starker Verdunstung, den Wirkungen raschen Temperaturwechsels, bewahren das Chloropbyll in Jugendzuständen der Blätter oft vor starker Lichteinwirkung ete, worüber in der Physiologie und im dritten Bande (Biologie) näheres mitgeteilt werden wird. 55. Die Epidermis ist häufig mit einem der Kutikula auf- liegenden Überzuge bedeckt, weleher gewöhnlich als Wachsüber- zug‘0) bezeichnet wird, da die Substanz desselben in manchen Eigenschaften (Schmelzpunkt, Löslichkeitsverhältnissen etc.) dem Bienenwachse sich nähert. Meist treten diese Überzüge in Form eines zarten »Reifes« auf, wie an Pflaumen, Kohlblättern; seltener in Krusten, wie an der Wachsbeere (Frucht von Myrica-Arten), am Stamme der Anden- Wachspalme (Ceroxylon andicola). Zwischen diesen Extremen be- wegen sich die übrigen Fälle. Manchmal liegen die Wachsüberzüge nur an ganz bestimmten Stellen der Organe. So sind z. B. die beiden weißen Streifen an der Rückseite der Tannennadeln solche lokal ausgebildete Wachsüberzüge. Die Wachsüberzüge finden sich in der Regel nur an den Oberhautzellen, fehlen den Schließ- und Nebenzellen der Spalt- *) An Blättern erfolgt nicht selten die Ablösung eines dichten Haarfilzes an der Oberseite, indes derselbe an der Unterseite erhalten bleibt. So z. B. beim Huflattich und der Silberpappel. In diesen Fällen dient der Haarfilz der Oberseite als Lichtdämpfer während der Entstehung des Chlorophylis. Nachdem die Chloro- phylikörner tief ergrünt und dabei gegen Lichtwirkung resistenter geworden sind, hat der Haarfilz der Blattoberseite seine Aufgabe erfüllt und löst sich als funktionslos gewordenes Gebilde ab. (Wiesner, Einrichtungen zum Schutze des Chlorophylis der lebenden Pflanze. Wien 1876.) **) In jüngster Zeit wurden Trichome (Papillen, Haare) aufgefunden, welche, ihrer Funktion nach, den Tastorganen niederer Tiere zur Seite gestellt werden. Sie werden als »Fühlpapillen«, beziehungsweise »Fühlhaare« bezeichnet. Lange bekannt sind die analog fungierenden, borstenförmigen Organe an den Blättern von Dionaea muscipula (s. Physiologie). Man bezeichnet sie jetzt als »Fühlborsten«. (Haberlandt, Pbysiologische Pfianzenanatomie. 3. Aufl. Leip- zig 1905.) 1091 öffnungen gewöhnlich (vgl. die Figurenerklärung auf p. 101) und sind an Triehomen und Emergenzen bis jetzt nur sehr selten beob- achtet worden. Morphologisch betrachtet, lassen sich mehrere Formen dieser Wachsüberzüge unterscheiden: 1. Der Körnchen-, 2. der Stäbchen- überzug, 3. die Wachskruste, endlich 4. die »Glasur«. — Der Körnehenüberzug besteht aus kleinen Körnehen und konstituiert den »Reif«, der jedoch bei reichlicherer Ablagerung ein Haufwerk von Körnchen und kleinen Stäbchen bildet. Der Stäbchenüberzug be- steht aus parallel nebeneinander und senkrecht auf der Epidermis stehenden, manchmal gewundenen Stäbehen und findet sich unter anderem am Halme des Zuckerrohres (Fig. 59) und an den Blättern der brasilianischen Wachspalme. Die »Glasur« bildet eine völlig homogen erscheinende Lage über der Kutikula und überdeckt die letztere als kontinuierliche Haut (Blätter von Sempervivum tectorum) oder in Fig. 89. eckigen Blättehen (Blätter von Taxus, Stämme von Opuntien). Da die geformten Wachs- überzüge (alle mit Ausschluß der Glasur) sich doppeltbrechend er- . Br Vergr. 350. Durchschnitt durch die in der Nähe weisen. aus den Lösungen heraus- eines Knotens des Zuckerrohres gelegene Ober- Iristallisieren, ferner bei der Mt ini nen 7 trockenen Destillation die Akrolein- reaktion geben, so sind sie als kristallinische Fetteffloreszenzen der Oberhaut anzusehen. Die Substanz dieser sogenannten Wachs- überzüge entsteht in der Zellwand und ist hier sehr häufig, selbst in jenen Fällen nachweisbar, in welchen kein Fettüberzug vor- handen ist. Alle mit Wachsüberzug*) versehenen Organe sind dadurch ausgezeichnet, daß sie von Wasser nicht benetzt werden können. Viele kutikularisierte Epidermen, auch wenn sie solche Überzüge nicht besitzen, haben infolge ihrer Fettimprägnierung die gleiche Eigenschaft. 56. Das Epiblem%*) bedeckt die jugendlichen unterirdischen Organe. vornehmlich die Wurzeln; es unterscheidet sich nicht nur *) Auch andere, sowohl amorphe als kristallinische Effloreszenzen finden sieh an manchen Oberhäuten vor. So sind die Beschläge auf den Gold- und Silber- farnen (Gymnogrammen) kristallinische Effloreszenzen eirer und derselben gelben, seidenglänzenden, noch nicht näher untersuchten, aber gewiß nicht zu den echten Fetten (Glyzeriden) gehörigen Substanz. Dieselbe ist offenbar den aromatischen Körpern zuzuzählen. (Wiesner, Bot. Zeitung. 1876.) 112 morphologisch, sondern auch funktionell vom Epithel und von der Epi- dermis, indem es hauptsächlich der Absorption des Bodenwassers dient.*) Das Epithel besteht aus Zellen, welehe mit den Epidermiszellen vielfach übereinstimmen, aber gewöhnlich schwächer verdiekt und weniger abgeplattet sind als diese und der Kutikula entbehren. Durch Mangel an Spaltöffnungen und durch höchst charakteristische Haare — Wurzelhaare — unterscheidet sich das Epiblem von der Epidermis in noch weit schärferer Weise. Die Wurzelhaare sind stets einzellig und präsentieren sich als einfache, selten verzweigte (Brassica), unabgegliederte Ausstülpungen der Epiblemzellen. Trotz- dem erreichen sie beträchtliche Längen. Gewöhnlich führen sie, ihrer Funktion als Organe zur Aufnahme flüssiger Nahrung aus dem Boden entsprechend, durch lange Zeit Protoplasma und Zell- saft. Die äußeren Zellhautschichten der Wurzelhaare verschleimen und binden die kleinen Bodenteilchen, wodurch die Befestigung der Pflanze befördert wird. Saftleer geworden, kollabieren sie und gehen alsbald zugrunde. Die Wurzelhaare sind gleichen Ursprunges wie die Epiblemzellen. Sie entstehen relativ spät, nämlich gewöhn- lich in jener schon ziemlich weit vom Vegetationspunkt entfernt liegenden Zone, welche eben ihr Längenwachstum beendigte, während die Epidermishaare lange vor Beendigung des Längenwachstums der Blätter oder Stengel angelegt werden.**) » *) Durch einen sehr einfachen Versuch läßt sich zeigen, daß das Epiblem einen ganz anderen physiologischen Charakter als die Epidermis an sich trägt, erstere nämlich gelöste Substanzen absorbiert, was letztere nicht oder nur in sehr untergeordnetem Maße vermag. Wird das Würzelchen einer Keimpflanze, dessen unterer Teil eine echte Wurzel im morphologischen Sinne repräsentiert und von einem Epiblem bedeckt ist, dessen oberer Teil aber von einem Stengelgebilde (Hypokotyl) gebildet wird und von einer Epidermis umschlossen ist, in eine Lösung von übermangansaurem Kali eingelegt, so wird die Wurzel braunschwarz, weil sie durch ihr Epiblem dieses Salz aufgenommen und zur Oxydation ihrer organischen Bestandteile verwendet hat, während der Stengel unverändert geblieben ist, da das Kaliumpermanganat von der Epidermis nicht absorbiert wurde. *%) Die Bildung der Wurzelhaare unterbleibt in jenen Fällen, wo bei reich- licher Wasserzufuhr die absorbierende Fläche der Epiblemzellen ausreicht, um die für die Pflanze nötige Menge von Wasser und Bodennährstoffen aufzunehmen; so bei vielen echten Sumpf- und Wasserpflanzen (Hippuris vulgaris, Lemna minor, Nymphaea alba etc.), während bei amphibischen Gewächsen (s. Bd. III, p. 96 ff.) die Tendenz zur Wurzelhaarbildung desto mehr zur Geltung kommt, je mehr die betrefiende Pflanze den Charakter einer Landpflanze annimmt. Luftfeuchtigkeit begünstigt die Wurzelhaarbildung. An sehr trockenen Standorten verliert endlich die Pflanze die Eignung zur Bildung der Wurzelhaare; sie nimmt dann selbstver- ständlich nur wenig Wasser aus dem Boden auf. (Siehe hierüber hauptsächlich Frank Schwarz, »Die Wurzelhaare«, in den Untersuchungen aus dem bot. Insti- tute zu Tübingen. Bd. I, Heft 2 [1883].) | 113 57. Die mehrschichtige Oberhaut®!) besteht aus mehreren übereinanderliegenden Zellschichten, die indes alle wie die ein- fache Oberhaut aus dem Dermatogen sich hervorbilden. Während das Dermatogen in der Regel bei der Teilung einschichtig bleibt, indem die hierbei entstehenden Wände durchwegs senkrecht zur. Oberfläche des Gewebes stehen, kommt es ausnahmsweise vor, daß die im Dermatogen entstehenden Teilungswände teils senkrecht zur Oberfläche des Gewebes, teils parallel zu derselben gelegen sind. Es bildet sich auf diese Weise zunächst ein mehrschichtiges Dermatogen und aus diesem die zusammengesetzte Oberhaut. Mit dieser Form des Hautgewebes sind beispielsweise die Blätter vieler Fieus-Arten bedeckt. Nach Form und Inhalt unterscheiden sich die Zellen derselben nicht wesentlich von gewöhnlichen Oberhautzellen; die äußerste Schichte dieses Gewebes stimmt aber in jeder Be- ziehung mit der einfachen Oberhaut überein. Die Elemente der zu- sammengesetzten Oberhaut sind chlorophyllos, schließen lückenlos aneinander und unterscheiden sich dadurch von dem darunter- liegenden Grundgewebe. Die mehrschichtige Oberhaut nimmt auch Spaltöffnungen zwischen sich auf. Ein Übergang der einfachen zur mehrschicehtigen Oberhaut findet sich am Stamme von Z’radescantia zebrina vor, wo einzelne zerstreut liegende Dermatogenzellen tangen- tiale Teilungen eingehen. Die mehrschichtige Oberhaut ist selbstverständlich wie alle Formen des Hautgewebes vor allem ein Schutzorgan für die darunter- liegenden zarteren Gewebe; dient aber, wie später erläutert werden wird, ähnlich wie das Epiblem auch noch anderen Zwecken. 58. Periderm.®?) Krautige Pflanzenteile bleiben in der Regel zeitlebens mit der Öberhaut bedeckt. Die Stämme und Wurzeln der Holzgewächse zeigen ein anderes Verhalten. Das primäre Hautgewebe soleher Organe, die Öberhaut, hält mit den übrigen Geweben in der Entwicklung nur so lange gleichen Schritt. bis diese Organe ihr Längenwachstum beendet haben. Die Ober- haut stirbt dann bald ab und wird durch ein sekundäres Haut- cewebe, das Periderm (Korkgewebe im weitesten Sinne des Wortes). ersetzt. Letzteres geht stets aus einem Folgemeristem, dem Phel- logen. hervor. Auch nicht verholzende unterirdische Pflanzen- teile (z. B. die Kartoffelknollen, Runkelrüben etc.) bilden Peri- derme.*) *) Nur ausnahmsweise erhält sich das primäre Hautgewebe an Asten und Stämmen durch mehrere oder gar viele Vegetationsperioden und wächst dann in die Fläche, während die Organe an Dicke gewinnen. Es zeigt sich dieser Aus- Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 8 114 Das Periderm wird an den Trieben der Holzgewächse ge- wöhnlich schon am Ende der ersten Vegetationsepoche angelegt, erscheint mithin bereits am einjährigen Sproß. Noch früher er- setzen Knollen (z. B. die Kartoffelknolle) und fleischige Wurzeln (z. B. die Runkelrübe) ihr Epiblem durch ein sekundäres Hautgewebe. An Blättern entwickelt sich nur äußerst selten ein Periderm; z.B. an den Knospendecken der Roßkastanie und einiger anderer Bäume. Gewöhnlich wird die Epidermis eines Organes in ihrer ganzen Ausdehnung durch Periderm ersetzt. Seltener ist die Korkbildung vorerst nur eine lokale. So entsteht an den bekanntlich vierseitigen Stämmen von Evonymus europaeus der Kork zuerst an den Kanten | und springt in Form von Leisten vor, während die Seitenflächen des Zweiges noch grün und mit Epi- dermis bedeckt sind. 59. Das Periderm überzieht die Pflanzenteile meist in Form von trockenen Häuten oder Krusten. Die Kartoffelknolle, der Stamm und die Zweige der Birke sind mit Korkhäuten, Stamm und Zweige der Korkeiche und Korkulme mit ln SOLI gar Korkkrusten bedeckt.*) 489 ITEM Das Korkgewebe setzt sich Vergr. 300. Kartofelschale im Durchschnitt. entweder ausschließlich oder doch pp‘ Periderm, p totes Periderm, p‘ Saft- > periderm, ph Phellogn, @ parenchymati- vorwiegend aus den schon oben 7 } it Stär ie n ö . aches Grundgewebe mit Stärke es und Kristal Teschriebenen Periderme len a sammen, welche fast immer in streng radial geordneten Reihen stehen. Die Korkzellen eines be- stimmten Periderms stimmen entweder in den morphologischen nahmsfall häufig schon äußerlich an dem Grünbleiben der Stammoberfläche. Der Stamm von Viscum album, von Citrus Aurantium, ganz besonders aber der von Acer striatum, welcher sich bis über das fünfzigste Jahr peridermfrei erhalten kann, bilden typische Ausnahmsfälle. de Bary, Anatomie, p. 551. Wächst die Epidermis mit dem an Dicke zunehmenden Stamme weiter, so hat sie die Fähig- keit, ihre Zellen durch Teilung zu vermehren. Nach 0. Damm (Beitr. z. Bot. Zentralbl. 1902) wird in gewissen Fällen (Viscoideen) die Epidermis später durch ein »Kutikularepithel«, d. h. durch eine vom Grundgewebe ausgehende Kutikular- bildung ersetzt. #) Man ist gewohnt, unter Periderm bloß das tote, trockene, aus luft- führenden Zellen bestehende sekundäre Hautgewebe zu verstehen. Ich unterscheide zwischen diesem und dem unmittelbar aus dem Phellogen hervorgehenden Dauer- gewebe, das noch aus saftführenden Zellen besteht. Ich nenne letzteres Saftperi- derm zum Unterschiede von dem gewöhnlichen oder Trockenperiderm. An 115 Verhältnissen miteinander überein, oder es werden verschiedene Peri- dermzellen gebildet, gewöhnlich Zellen zweierlei Art, z. B. bei der Birke, deren Stämme abwechselnd von dünn- und diekwandigen Peridermlagen bedeckt sind. Die bekannte Abblätterung der Birken- rinde vollzieht sich in den zartwandigen Schichten, welche beim Diekerwerden des Stammes zerreißßen, während die derbwandigen sich in zusammenhängenden Stücken loslösen. Neben den Peridermzellen finden sich in vielen Korken noch Sklerenchymzellen, z. B. im gewöhnlichen Korke (der Korkeiche), wo diese Elemente hauptsächlich in der Nähe der später zu be- trachtenden Lenticellen auftreten. In ganzen Nestern vorkommend, fallen sie aus dem Gewebe häufig heraus, was den schlechten Sorten des Bouteillenkorkes den eigentümlichen porösen Charakter verleiht. Das Phellogen entsteht nur in seltenen Fällen in der Epidermis (Stamm von Nerium Öleander); viel häufiger bildet es sich in dem unmittelbar an die Oberhaut anstoßenden Grundgewebe (Parenchym oder Kollenchym), oder in Zellen, welche in der Nähe der Epidermis gelegen sind. In allen diesen Fällen entstehen sogenannte Ober- flächenperiderme. Es scheint hier, als bilde es sich in der Peripherie des Organes, was indes nicht ganz richtig ist, da die Korkschichte hier anfänglich entweder von der Oberhaut oder von dieser und einer dünnen Lage von Grundgewebszellen überdeckt ist. In nicht wenigen Fällen geht das Phellogen aus Zellschichten hervor, die mehr oder weniger tief unterhalb der absterbenden Oberhaut gelegen sind. Das durch die zellbildende Tätigkeit dieses Meristems entstehende Dauergewebe wird als inneres Periderm bezeichnet. Vergegenwärtigt man sich die Eigenschaften der Peri- dermzellen, namentlich ihre Undurchlässigkeit für Flüssigkeiten, so wird es ganz klar, daß alle außerhalb eines Periderms gelegenen (Gewebe absterben müssen. Das sich nach und nach ablösende innere Periderm samt den daran haftenden abgestorbenen Geweben be- zeichnet man als Borke. Es löst sich dieselbe entweder in schuppen- förmigen Stücken von den Organen ab (Schuppenborke der Pla- tane, Föhre ete.) oder die Ablösung erfolgt rundum (Ringelborke; bei Philadelphus coronarius ete.). Die Ringelborke löst sich häufig unteridischen Organen ist dasselbe unter Umständen oder in bestimmten Fällen (gelbe Rübe) das ausschließlich vorkommende oder das weitaus überwiegende Periderm. Es schützt allerdings weniger vor Verdunstung als das tote Periderm, hingegen ist es befähigt, Wasser aus dem Boden aufzunehmen, mithin in gleicher Weise wie das Epiblem als Absorptionsgewebe zu fungieren. Wiesner, »Über Saftperiderm«, Österr. bot. Zeitschrift. 1890. 8* i16 als faserige oder netzförmige Masse vom Stamme ab und wird dann als Faserborke (z. B. bei Ülematis, bei der Weinrebe) oder Netz- borke (z. B. bei Droussonetia papyrifera) bezeichnet. Während manche Bäume nach dem Absterben der Epidermis zeitlebens nur ein gewöhnliches Periderm (Oberflächenperiderm) erzeugen, welches von außen abstirbt und von innen her regeneriert wird, z. B. die Rotbuche, bildet die weitaus größere Mehrzahl der Holzgewächse anfänglich ein gewöhnliches Periderm und erst in späteren Lebensepochen Borke, z. B. Eichen und Föhren, deren Stämme vom zweiten Jahre an anfänglich mit einer Korkhaut und erst viel später mit Borke bedeckt sind. Vergr. 100. Lenticelle von Sambucus nigra. f Füllzellen, e Phellogen, » Verjüngungsschichte, pA Phello- derm, d Bastbündel. (Nach Stahl.) Das Phellogen tritt in den betreffenden Dauergeweben gewöhn- lich in sehr dünner, häufig einzelliger Lage auf. Durch tangentiale Teilungen erfolgt Vermehrung der Zellen und ein regelmäßig fortschreitender Umsatz des Meristems in Dauergewebe. Im ge- wöhnlichen Falle bilden die Phellogenzellen nach außen hin Peri- dermelemente. Die ältesten Korkzellen liegen dann zu äußerst, die jüngsten nach innen zu, am Phellogen. Die gewöhnliche Periderm- bildung geht also in zentripetaler Richtung vor sich (s. unten das Kapitel über Zellteilungsfolge). 60. Die aus dem Phellogen hervorgehenden Dauergewebe sind nieht immer ausschließlich Periderme. Bei manchen Holzgewächsen entsteht durch die Tätigkeit des Phellogens nach außen Periderm, nach innen ein parenchymatisches (oder kollenchymatisches), chloro- phyliführendes Parenchym, das Phelloderm (nach Sanio; so 2. B. 13%; an den Stämmen von Salisburya, Salix purpurea, Sambucus; Ss. Fig. 91p%). Bei der zentripetalen Entstehungsfolge der Dauerzellen scheidet das Phellogen auch oft ein korkähnliches Gewebe mit suberinfreien Membranen ab. v. Höhnel hat dieses meist leicht zerreißliche Gewebe Phelloid genannt. Massige Korkkrusten ent- halten häufig weit mehr Phelloid- als Peridermzellen (Korkulme). Wenn das Periderm außer echten Korkschichten noch Phelloid ent- hält, so erfolgt die Ablösung der Schichten durch Rißbildung in letzterem.) Schreitet die Korkbildung strenge parallel zur Stammober- fläche vor, so bildet sich entweder ein gewöhnliches Periderm oder Ringelborke; entsteht aber das Periderm in verschiedener Tiefe des Rindengewebes, so werden ganze Borkenschuppen von der Peripherie des Stammes aus abgeschnitten; es entsteht die schon oben ge- nannte Schuppenborke. Hier, wie bei der Borkebildung überhaupt, kann das Phellogen bis in den Phlo&mteil des Gefäßbündels vor- dringen und Bastfaserbündel zum Absterben bringen, welche dann in der Borke zu finden sind (Borke der Eiche, des Weinstockes ete.). 61. Wie die Epidermis gewöhnlich von Spaltöffnungen durch- setzt ist, welehe eine Kommunikation der inneren Gasräume der Pflanzenorgane mit der Atmosphäre herzustellen haben, so kommen im Periderm zu gleichem Zwecke Bildungen vor, die man seit langer Zeit kennt und als Lenticellen®®) bezeichnet.**) Die Lenticellen haben gewöhnlich eine linsenförmige Gestalt und erscheinen an ihrer Außenseite häufig von einem klaffenden Spalt der Länge nach durchsetzt. Sie erheben sich oft über die Oberfläche des Periderms; seltener sind sie in demselben eingesenkt oder liegen in der gleichen Fläche. Manche erscheinen dem freien Auge punktförmig klein (an den Ästen der Platane); meist sind #) Bei manchen Gewächsen ist das ganze Periderm selbst in beträchtlicher Dicke als Phelloid ausgebildet, so z. B. bei Calotropis procera, wo es als eine bis Zentimeter dicke, leicht zerdrückbare, holundermarkähnliche Masse den Stamm bedeckt. Vom gewöhnlichen Periderm unterscheidet sich dieses Phelloid auch dadurch, daß es sowohl in axialer als in radialer Richtung von zahlreichen Inter- zellularen durchsetzt ist. Wiesner und Molisch, Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wiss. Bd. XCVIH (1889). *#) Die Periderme sind als solche, abgesehen von den Lenticellen, in der Regel dicht gefügt und lassen Luft direkt nicht passieren. In lenticellenfreien Korken kommen aber häufig Interzellularen zu so reichlicher Ausbildung, dab diese Gewebe für Luft direkt durchgängig sind. Gewöhnlich treten diese Inter- zellularen in bestimmten abgegrenzten Partien des Periderms auf, so z. B. bei Vitis, Clematis, Philadelphus coronarius über den Markstrahlen. Man hat diese Periderme Porenkorke genannt. (Klebahn, »Die Rindensporen«. Jena 1854.) 113 sie bedeutend größer, manche mehr als zentimeterlang (so an den älteren Ästen und Stämmen der Birke und des Holunders) und fallen dann sehr ins Auge. Sie sitzen quer (Birke) oder der Länge nach (Holunder) am Stamme. An Periderm bildenden Gewächsen finden sie sich fast regel- mäßig vor, sowohl an den Stämmen als an den Wurzeln. Seltener kommen sie an Blättern vor, z. B. an den Blattstielen der Roß- kastanie. Auch an Früchten sind sie zu beobachten. — An nicht vertikalen Ästen treten sie an der Unterseite reichlicher als an der Oberseite auf. Die Lenticellen entstehen in der Regel früher als das Periderm. Man findet sie an manchen ganz jungen, noch im Wachstum be- Vergr. 60. Lenticelle eines zweijährigen Triebes von Gleditschia mit mehrfachen Verschluß- schichten v, E Epidermis, v’ geborstene Verschlußschichten, V Verjüngungsschichte, ‚ Füllzellen, p Par- enchym, $ Sklerenchym (Steinzellen). griffenen Stengeln, welche noch mit der Epidermis bedeckt sind (sehr deutlich an etiolierten Kartoffeltrieben). Die Lenticelle besteht anfänglich aus einem runden, flachen oder gewölbten Meristemstücke (Verjüngungsschichte), an welches sich später das gewöhnliche Phellogen anschließt, so daß die Verjüngungsschichte gewissermaßen in das Phellogen eingesetzt erscheint. Durch die Tätigkeit dieses Meristems entsteht nach außen ein runzeliges, von Interzellularen durchsetztes Parenehym (Füll- gewebe), nach innen zu oft ein manchmal stark entwickeltes Phelloderm. Ersteres zerfällt gewöhnlich in seine Elemente (Füll- zellen; nicht zu verwechseln mit den p. 84 beschriebenen Thyllen, welche oft auch Füllzellen genannt werden), deren Membranen in hohem Maße quellbar sind; infolgedessen scheint aus einer mit Wasser benetzten Lenticelle häufig eine Gallerte hervorzuquellen. Gegen den Herbst zu bildet die Verjüngungsschichte ein dünnes 119 Periderm (die Verschlußschichte*), welches die Lenticelle den Winter über verschlossen hält. Wächst die Lenticelle weiter (Birke, Holunder), so entsteht in der nächsten Vegetationsperiode ein Füllgewebe, welches die Verschlußschichte durchbricht, und nun wiederholen sich die Vorgänge des Vorjahres, oft mit solcher Regelmäßigkeit, daß man aus der Zahl der geborstenen Verschluß- schiehten noch das Alter der Lenticelle bestimmen kann. Die Lenticellen mancher Holzgewächse bilden in jeder Vegetations- epoche mehrere Schichten von Füllgewebe und mehrere Verschluß- schichten (Fig. 92). Während der Vegetationsruhe ist die Lenticelle für Luft nur wenig durchgängig, während der Vegetationszeit kann hingegen Luft leicht aus- und einströmen, was voraussetzt, daß nicht nur die Dauergewebe der Lenticelle, sondern auch deren Meristem — ein merkwürdiger Ausnahmsfall — von Luftgängen durchsetzt sind.°*) Die Lenticellen werden gewöhnlich unter einzelnen größeren oder einer Gruppe kleinerer Spaltöffnungen angelegt**); nur selten entsteht an einer mit Epidermiszellen oder sogar mit Periderm be- deckten Stelle ein Lenticellenmeristem.***) 62. Periderme werden als pathologische Bildungen überall dort gebildet, wo wachstumfähige krautige oder überhaupt saftige, par- enehymreiche Pflanzenteile verletzt werden, z. B. an Stengeln, Blattstielen, Früchten, Knollen ete. Die verletzten Zellen sterben ab, aber die unmittelbar folgenden Elemente bilden durch Teilungs- wände, welche etwa der Wundfläche parallel laufen, eine Folge- meristem, das einem Phellogen gleichwertig ist, indem dasselbe Peridermzellen erzeugt. Die Peridermbildung schreitet so lange fort, bis die Wunde verschlossen ist. Sowohl aus Parenchym- als aus Kollenchymzellen, ja selbst aus zartwandigen, Protoplasma führenden Elementen des Phloöms kann »Wundkork« hervorgehen. IV. Die Stranggewebe. 63. Die Organe der beblätterten Pflanzen beherbergen strang- förmige, im Grundgewebe eingebettete, aus Zellen und meist auch *) Wie Klebahn (l. ce.) zuerst zeigte, ist die Verschlußschichte der Lenti- celle ein Porenkork (s. Anmerkung auf p. 117). *#) Aus einer Lenticellenanlage geht in der Regel eine Lenticelle hervor (einfache Lenticelle); seltener (z. B. bei Rhamnus Frangula, Broussonetia papyri- fera) entsteht aus einer solchen Anlage eine —- stets gut individualisierte — Gruppe von Lenticellen (zusammengesetzte Lenticelle). ##=#) Den Lenticellen im Baue mehr oder minder nahestehende, gleichfalls dem Gasaustausch dienende Organe wurden an den Luftwurzeln verschiedener tropischer Pflanzen gefunden. Man hat dieselbenals Pneumathoden bezeichnet.°°) ‘120 aus Gefäßen bestehende Komplexe, welche als Stranggewebe°%) zusammengefaßt werden. Die strangförmige Gestalt dieser Gewebe hängt sichtlich mit deren Hauptfunktionen (Leitung der Säfte und Herstellung der für die betreffenden Organe erforderlichen Festigkeit) zusammen. Den niedersten Formen beblätterter Gewächse, den Moosen, kommt nur eine Art von Stranggeweben zu, die fast gänzlich aus homogenen, fibrösen Elementen bestehen und die man kurzweg als Faserstränge bezeichnen kann.*) Bei den höheren Formen, den Gefäßkryptogamen und Phanero- gamen, lassen sich hingegen zwei Kategorien von Stranggeweben Nee A KIT ON \ ” Vergr. 300. Querschnitt durch den Stamm von Cyperus Papyrus mit einfachen (6) und zusammen- gesetzten Stranggeweben (Gefäßbündel, d#° ph 5b‘). o Oberhaut, 5 isolierte Baststränge; x Xylem, ph Phloöm, b‘ 5‘ Baststränge der Gefäßbündel; 9 9° Grundgewebe. unterscheiden: einfache und zusammengesetzte. Die ersteren bestehen aus gleichwertigen und nur selten aus ungleichwertigen Zellen, welche sich aber stets zu homogen erscheinenden Strängen verbinden. Ein zusammengesetztes Stranggewebe besteht hingegen aus ungleichartigen Elementen, die zu einem aus unterscheidbaren Bündeln bestehenden gemeinschaftlichen Strange vereinigt sind. Wir werden spätersehen, daß der morphologischen Gliederung der zusammengesetzten Stränge eine Arbeitsteilung ihrer Gewebe entspricht. *) Vom phylogenetischen Standpunkte betrachtet, kann es nicht befremden, wenn bei höherstehenden Moosen (z. B. Polytrichum) sich schon eine höhere Aus- bildung des Stranggewebes vorbereitet, nämlich eine — freilich unvollkommene — Gliederung in morphologisch und auch funktionell verschiedene Teile angedeutet ist, so daß dieses Gewebe als ein Übergang vom einfachen zum zusammengesetzten Stranggewebe angesehen werden kann. (Vgl. G. Haberlandt, Berichte der Deutschen Bot. Gesellschaft. Bd. I [1883].) 121 64. Zu den einfachen Stranggeweben gehören die Koll- enchym-, die einfachen Bast- und die einfachen Siebröhrenstränge. Die Kollenehymstränge treten gewöhnlich in Form von Rippen auf, welche knapp unter der Öberhaut, seltener tiefer im Grundgewebe liegen und dann entweder einen geschlossenen Hohl- zylinder (Stengel einiger Althaea-Arten) oder isolierte, solide Stränge bilden (Stengel von Levrstieum officinale). Alle diese Stränge bestehen aus mehr oder minder langgestreckten Kollenchymzellen. Werden diese Zellen kürzer, so nehmen sie nach Form und gewöhnlich auch nach Inhalt einen parenchymatischen Charakter an. Aus solchen Elementen zusammengesetzte Gewebe gleichen nur mehr wenig eigentlichen Strängen und verlieren sich im Grundgewebe. Die sub- epidermalen Rippen der Stengel von Ühenopodium, Atriplee und Rumex sind schöne Beispiele von Kollenchymsträngen. Die einfachen, d.i. die nicht mit anderweitigen Stranggeweben verbundenen Baststränge (Fig. 930) bestehen bloß aus Bastzellen und treten in Form von meist subepidermalen Rippen an Blättern und Stämmen vieler, namentlich monokotyler Pflanzen auf, woselbst ihnen gleich den Kollenchymsträngen eine wichtige mechanische Rolle zufällt. Eigene Siebröhrenstränge wurden mit Sicherheit im Marke einiger Melastomaceen aufgefunden. Neben Siebröhren führen sie noch zarte, parenchymatische Zellen.*) 65. Häufiger als einfache treten zusammengesetzte Strang- sewebe auf. Es sind dies die Gefäßbündel im weitesten Sinne, die an den Organen häufig schon äußerlich erkennbar sind und den Nerven oder Adern der beschreibenden Botanik entsprechen. Stets besteht das Gefäßbündel aus zwei scharf geschiedenen Teilen, dem Phlo&@m (Rinden-) und Xylem (Holzteil). Ersteres ist charakterisiert durch Siebröhren (Rindengefäße) und parenchyma- tische Zellen, die alle zu einem Bündel — Siebröhrenstrang oder Siebteil (nach de Bary) — vereinigt sind. An dasselbe lehnt sich häufig noch ein Bastfaserstrang, weshalb das Phloöm früher auch als Bastteil des Gefäßbündels bezeichnet wurde, eine Bezeichnung, von der man abgegangen ist, weil nicht die Bastzelle, sondern die Siebröhre das charakteristische Element des Phlo@ems bildet. Das *) In neuerer Zeit sind ähnliche, aus Siebröhren und Kambiform bestehende Bündel auch im peripheren Teile des Markes einiger Solanaceen, Kampanulaceen und Zichoriaceen, desgleichen in der Nähe der Epidermis im Stengel einiger Kukurbitaceen, ferner zwischen Gefäßbündeln im Blütenschafte von Plantago lanceolata aufgefunden worden. (G.Haberlandt, Physiolog. Pflanzenanatomie. 1896, 2. Aufl., p. 299.) 122 Xylem ist durch Gefäße (Holzgefäße) charakterisiert, die, zumeist von Tracheiden begleitet, in manchen Fällen durch Tracheiden substituiert werden. Gleich dem Phloöem führt auch das Xylem häufig mechanische Zellen (Libriform, s. oben p. 83). 66. Die aus Kambiumzellen bestehende (meristematische) Anlage des Gefäßbündels bildet einen mehr oder minder deutlichen Strang, das Prokambium. Dasselbe geht entweder vollständig in Dauer- gewebe (Phloöm und Xylem) über, oder es bleibt noch eine Schichte von Meristemzellen als Kambium zwischen dem Holz- und Bastteile des Gefäßbündels übrig, aus welchem in den aufeinanderfolgenden Vegeta- tionsepochen stets neue Dauergewebe hervorgehen. Die erste Art von Ge- fäßbündeln findet sich in den Organen der Gefäßkryptogamen und Mono- kotylen vor und wird als geschlos- senes Gefäßbündel bezeichnet. Die zweite, auf Stamm, Wurzel und Blatt en a EN der Dikotylen und Gymnospermen tylenstamm. Schematisch. “O0 Oberhaut, beschränkte Art des Gefäßbündels » primäre Rinde, m primäre Markstrahlen, b ch eines der fünf Gefäßbündel (d Phleem, hat man ungeschlossenes oder c Kambium, k Xylem), ? Mark. Das ganze R Mi Grundgewebe ist schraffiert. offenes Gefäßbündel genannt. Im offenen Gefäßbündel sind mithin drei Schichten: Phlo&m, Kambium und Xylem, zu unterscheiden (s. Fig. 94). 67. Das Phloöm des Gefäßbündels besteht entweder bloß aus Siebröhren und zarten, parenchymatischen, etwas in die Länge ge- streckten Elementen, dem Phlo&ömparenchym (Bastparenchym), oder es enthält außerdem noch Bastzellen. Neben dem Phlo&mparenchym oder statt desselben tritt nicht selten ein zartes, dem Kambium ähnliches Dauergewebe auf, das Kambiform. Das Xylem führt in der Regel Gefäße und Tracheiden, häufig auch Libriformfasern, ferner parenchymatische, den Holzfasern parallel angeordnete Zellen (Holzparenchymzellen). Das Xylem des Nadelholzstammes ist, selbst vom ersten Jahrringe abgesehen, frei von Gefäßen.*) Auch der Gegenfall, daß die Tracheiden fehlen, findet sich nicht selten realisiert. Im Gefäßbündel treten auch Markstrahlen auf, die sich im wesentlichen nur durch die Art *) Bis in die jüngste Zeit hielt man die (schrauben- oder ringförmig ver- dickten) Tracheiden der Markkrone der Koniferen für Gefäße, ihres Vorkommens von dem Grundgewebe der zugehörigen analogen Gewebspartien unterscheiden. Form und Orientierung der Zellen ist in beiden Fällen die gleiche. Die dem Grundgewebe angehörigen Markstrahlen bezeichnet man als primäre, die im Gefäßbündel liegenden als sekundäre. 68. Nach der Anordnung des Phloöms und Xylems im Gefäß- bündel lassen sich drei Typen unterscheiden: das kollaterale, das konzentrische und das radiale (radiäre) Gefäßbündel. Im kollateralen Gefäßbündel liegen Phlo&m und Xylem hintereinander, also im Stamme ein Teil gegen die Rinde, der andere gegen das Mark. im Blatte ein Teil gegen die Oberseite, der andere gegen die Unterseite gekehrt. Es wendet sich im Stamme das Phloöm eines kollateralen Bündels rinden-, das Xylem mark- wärts (s. Fig. 94), und in der Regel liegt im Blatte das Xylem oben, das Phloöm unten.*) Die kollateralen Gefäßbündel sind entweder offen oder ge- schlossen. Der Stamm der Dikotylen beherbergt fast immer, der der Gymnospermen ausnahmslos kollaterale, offene Gefäßbündel. Hier liegt (wie schon bemerkt) zwischen Phloem und Xylem eine zu diesen beiden parallele Kambiumplatte, welche alljährlich nach außen Phlo&m, nach innen Xylem bildet. Geschlossen ist das kollaterale Gefäßbündel des Monokotylen- und Equisetenstammes. Das kollaterale Gefäßbündel bildet die ersten Dauerelemente ın den peripheren Teilen. Das erste, was sich aus dem Prokambium hervorbildet, sind die Gefäße im weitesten Sinne (Holzgefäße und Siebröhren), und es erscheinen in manchen Fällen die Siebröhren, in anderen die Holzgefäße zuerst. Der Umsatz von Meristemzellen in Dauerelemente erfolgt im Phloöm in zentripetaler, im Xylem in zentrifugaler Richtung. Nur sehr selten (z. B. bei Zecoma radicans) führen die kolla- teralen Gefäßbündel zwei Kambien, ein äußeres, welches, dem ge- wöhnlichen Kambium entsprechend, nach außen Phlo&m und nach innen Xylem entwickelt, ferner ein inneres, das sich an das Xylem anlehnt und gegen das Mark zu ein zweites Phloöm erzeugt. Nicht so selten kommt es vor, daß aus dem Prokambium ein äußeres und ein inneres Phloöm und zwischen beiden das Xylem gebildet wird (im Stamme von Üucurbita, Nerium, Necotiana u. m. a. Pflanzen). In beiden Fällen entsteht ein bikollaterales Gefäßbündel. Das innere *=) Ganz ausnahmsweise wenden die rindenständigen Bündel im Stamme der Zentaureen häufig ihre Xyleme rinden-, ihre Phloöme markwärts. Über die physio- logische Deutung dieser Umkehrung s. Heinricher, Berichte der Deutschen Bot. Ges., Bd. I (1883). 124 Phloöm dieser Bündel ist gewöhnlich als sogenannter Siebteil aus- gebildet, seltener, wie z. B. bei Viscum album, enthält es auch Bast- fasern, die sich unmittelbar an das Mark anlehnen. Das konzentrische Gefäßbündel besteht in typischer Ausbildung*) aus einem Xylemstrang, der von einer Phloömröhre umgeben ist (Gefäßbündel des Farnstammes; Fig. 95). Im Stamme der Monokotvlen finden sich Übergangsformen vom konzentrischen zum kollateralen Bündel vor; ein kollateral gebauter, aus einem Sieb- und einem Gefäßteil bestehender Strang ist rundum von einer Bastfaserröhre umgeben (hemikonzentrisches Bündel; Fig. 96). Im Vergr. 250. Querschnitt durch das konzentrische Gefäßbündel des Stammes von Polypodium vulgare, von einer Gefäßbündelscheide umgeben, deren Zellen (g) nach innen relativ diekwandig sind. Das Xylem x ist rundum vom Phlo&m (PR) umgeben. (Nach Kny.) Stamme der Gefäßkryptogamen herrscht das konzentrische Bündel mit zentralem Xylem vor. Die Dauerelemente des konzentrischen Gefäßbündels gehen in der Regel in zentripetaler Folge aus dem Kambium hervor. #) Konzentrische Bündel mit zentralem Phloöm und peripherem Xylem wurden in neuerer Zeit in den Rhizomen verschiedener Monokotylen (Acorus Calamus, Carer- und Cyperus-Arten), in den nachträglich entstehenden Bündeln fleischiger Wurzeln mehrerer Dikotylen (Brassica, Bryonia dioica) und noch in einigen anderen Fällen beobachtet. (M. Möbius, Ber. der Deutschen Bot. Ges., Bd. V [1887].) 125 Die radıären (radialen) Gefäßbündel sind durch die radiale Anordnung sowohl ihrer Xyleme als Phloöme ausgezeichnet. Rechts und links vom Xylem eines Gefäßbündels liegen die zugehörigen Phlo@me. Die Gefäßbündel vieler Wurzeln, namentlich monokotyler Gewächse, gehören in diese Kategorie. Übergänge vom radiären zum konzentrischen Bündel kommen nicht selten vor. Die am auf- fälligsten von allen Bestandteilen eines radiären Gefäßbündels aus- gebildeten Gefäße entstehen in zentripetaler Folge. Die drei genannten Typen von Gefäßbündeln lassen sich unschwer auf das, wie man annehmen darf, phylogenetisch älteste, nämlich auf das konzen- trische zurückführen. ig. Denkt man sich, daß) an einem im Stamme gele- genen konzentrischen Bün- del das Phloöem an der Rinden- und Markseite verschwindet, so geht erste- res in ein radıäres über: denkt man sich hingegen, daß die an den Flanken des Xylems gelegenen a8 63 >° A ö Phloömteile verschwinden. BD) so geht es in ein bikolla- 2 N ER Vergr. 300. Querdurchschnitt durch das hemikonzen- terales über. Geht an die trische Gefäßbündel des Stammes von Dracaena. x Xylem, Phlo&m, 5 Bastbündel, welches sowohl Phloöm als r 51 = ph sem auch der markständige Xylem umgibt, g parenchymatisches Grundgewebe. Teil verloren, so entsteht das kollaterale Gefäßbündel. Tatsächlich findet man auch alle Übergänge vom konzentrischen zum radiären und zum kollate- ralen in der Pflanzenwelt. Bei manchen Farnen kommen Über- gänge des konzentrischen zum kollateralen Bündel selbst an einem und demselben Individuum vor: die Rhizome haben kon- zentrische, die Blätter teils ausgesprochen kollaterale, teils Ge- fäßbündel, welche den Übergang vom konzentrischen zum kolla- teralen Bündel bilden.°‘) Vom phylogenetischen Standpunkte er- scheinen diese Übergänge als Produkte fort- und rückschreitender Entwicklung, wohl auch direkt als Formen der Anpassung (s. Bd. IH. Biologie). 69. Es ist auffällig. dab die Bastfaserbündel häufig fehlen und daß dieselben zu den anderen Teilen der Gefäßbündel eine höchst verschiedene Lage einnehmen. Zu dieser großen Mannig- faltigkeit in der Lage der Bastfaserstränge zum Gefäßbündel kommt 126 noch die schon erwähnte Tatsache, daß auch ganz isolierte Bast- faserstränge im Stamme und im Blatt der Gewächse auftreten. Man wußte früher die höchst wechselvolle Anordnung isolierter und mit dem Gefäßbündel verbundener Baststränge nicht zu deuten. In neuerer Zeit ist aber von Schwendener gezeigt worden, dal) die Bastbündel als Konstruktionsbestandteile der Pflanzenorgane auf- zufassen sind, welche eben nur dort vorkommen, wo die Baumechanik des Pflanzenteiles ihre Gegenwart erfordert, und dort fehlen, wo sie überflüssig sind. So entstehen im Phlo&m vieler Stämme nur so lange Bastfaserbündel, als das Organ biegungsfest zu sein braucht, also bloß in den Jugendstadien, so lange es dünn ist und, durch den Wind hin- und hergeworfen, auf Biegung in Anspruch genommen wird. In späteren Jahren, wenn der Stamm durch Holzbildung an Stärke gewonnen, nimmt die Bildung von Bastfasern ab. So bei der Ulme und Roßkastanie. Bei Ahus Cotinus, Cornus sanguinea hört aber das Phlo&m noch früher auf, Bastzellen zu bilden. 70. Die Stämme der Pflanzen besitzen entweder ihre eigenen Gefäßbündel (stammeigene Gefäßbündel), oder es treten hier Gefäßbündel auf, welche dem Stamme und dem Blatte gemein- schaftlich angehören (Blattspurstränge). Im Stamme der Monokotylen sind beide Arten, in dem der Dikotylen und Gymnospermen in der Regel bloß Blattspurstränge vorhanden. Der im Blatte befindliche Teil des Gefäßbündels eines Blatt- spurstranges ist analog diesem gebaut, die Phloöm- und Holzteile des einen schließen direkt an die des anderen an, so daß im Blatte das Phlo&m gegen die Unterseite, das Xylem gegen die Oberseite des Blattes gewendet ist. 71. An jedem Gefäßbündel hat man Stamm und Enden zu unterscheiden. Bis jetzt haben wir nur die Stämme des Grefäb- bündels bezüglich ihres Baues betrachtet. Die Enden sind in der Regel anders gebaut. Wir finden sie in den Blättern als letzte Endi- gungen der sogenannten Adern (Blattgefäßbündel), in den feinsten Auszweigungen der Wurzeln und nur selten in Stämmen, wo sie in der Rinde oder im Marke in Form feiner Stränge verlaufen. Im Blatte endigen die Gefäßbündel mit Gefäßen oder mit Tracheiden, die unmittelbar das Grundgewebe berühren, manchmal aber auch von bastartigen Zellen oder zarten Kambiformelementen umkleidet sind. Häufig verbreitert sich das Ende des Gefäßbündels in eine keulenförmige Gruppe von Gefäßen. In den Wurzeln endigt das Gefäßbündel mit einem zarten Strang von Kambium- oder 127 Kambiformzellen. Es ist selbstverständlich, daß die noch im Längen- wachstum befindlichen Gefäßbündel des Stammes mit Kambium- zellen enden. V. Das Gewebe der Thallophyten. 72. Viel einfacher als die beblätterten Gewächse sind die Lagerpflanzen (Thallophyten) gebaut, zu denen die Pilze, Algen und die als Kombination beider aufzufassenden Flechten gehören. Unter den Pilzen‘®) kommen auch einzellige Formen vor, z. B. die Hefe, welche, wie schon erwähnt, häufig Kolonien bildet. Gewöhnlich ist das Gewebe der Pilze aus einfachen oder ver- zweigten Zellfäden zusammengesetzt. Diese letzteren bilden das Formelement des Pilzthallus und werden Hyphen genannt. Bei den einzelligen Pilzen tritt die Hyphe in ihrer einfachsten Form, als einzelne Zelle, auf. Die Pilzzelle ist meist zylindrisch, manchmal auch kugelig oder anders gestaltet. Die Wand ist wenig bis stark verdickt, erscheint gewöhnlich ungeschichtet, hellt unter gewöhnlichen Verhältnissen zwischen den gekreuzten Nicols des Polarisationsmikroskopes das Gesichtsfeld nicht auf, verhält sich mithin isotrop. In neuerer Zeit wurde aber gezeigt, daß die Hyphen mancher Pilze (z. B. der Tremellen) unter starkem Drucke doppeltlichtbrechend werden, woraus folgt, dab die normale Zellmembran dieser, und man darf wohl annehmen, aller Pilze keiner oder doch nicht jener starken Schichtenspannung unterliegt wie die Zellwand der anderen Gewächse.°°) Die Pilzzell- wand enthält als charakteristischen Bestandteil neben Kohlenhydraten Chitin (s. oben p. 41). Durch chemische Metamorphose wird sie in Färbung, Konsistenz ete. geändert, niemals unterliegt sie der Ver- holzung. Als Inhalt findet man in den Zellen der Pilzhyphen Proto- plasma, welches stets Vakuolen und in der Regel einen jedoch gewöhnlich nur relativ kleinen Zellkern umschließt.’°) Organisierte Inhaltskörper, wie Chlorophyll, fehlen stets, desgleichen Stärke und andere organoide Inhaltskörper. Als Substitut der Stärke kommt in der Pilzzelle häufig Glykogen vor (s. p. 65). Oxal- saurer Kalk wurde zwar im Inhalte von Pilzzellen beobachtet, haftet aber viel häufiger außen den Zellwänden an. Die einzelligen Formen der Pilze bilden häufig Kolonien. Die Gewebe der Pilze bestehen entweder aus durcheinandergeschlungenen, mehr oder minder fest miteinander verbundenen Hyphen (Filz- 128 gewebe, Zela contexta), oder die letzteren vereinigen sich zu einem dichten, parenchymartigen Komplexe (Scheinparenchym, Pseudo- parenchym), in welchem aber jeder Zellfaden sein eigenes Wachs- tum besitzt. Die Verbindung der Hyphen ist infolge von Agglutinierung der ganz jungen Elemente oft eine so innige, dal man erst durch Fo, 97T. „Mm ; f Il: Bay eG Aulihlll\ ) \ \\Be: et b I" 77 ' D, — SL 0 a = w @, BR DN N % ar i 8 Vergr. 90. a Längsschnitt, d Querschnitt durch die äußere Region des Stieles von J.actarius subdulcis. o Oberfläche mit Hyphenenden, m Milchsaft führende Zellen, s s‘ Scheinparenchym, £ € tela contexta. (Nach de Bary.) Mazeration in heißem oder alkalisch gemachtem Wasser eine Tren- nung der benachbarten Fäden erzielen kann. Haarbildungen einfachster Art (freie Enden der Hyphen, =. Fig. 97) kommen bei Pilzen hin und wieder zur Ausbildung. Fusionsbildungen, nämlich Verschmelzung ursprünglich ge- trennter Zellen durch partielle Auflösung der Wand, kommen wohl nur selten vor, sind aber, obgleich früher mehrfach in Zweifel ge- zogen, mit Bestimmtheit konstatiert worden (Fig. 98). In der tela contexta, seltener im Seheinparenchym finden sich mehr minder große Luftlücken vor. Die Elemente des Thallusge- webes sind gewöhnlich monomorph, seltener polymorph. Die Poly- morphie der Elemente gibt sich in den Milchblätterschwämmen durch lange, milchführende Schläuche*), die zwischen gleichartigen *) Nach den Untersuchungen von A. Weiß sind die Milchsaftbehälter der Milchblätterschwämme echte Fusionsbildungen. Sitzungsber. der kaiserl. Akad. der Wiss. in Wien. Bd. XCI (1885). 129 Hyphen auftreten (Fig. 97), bei manchen Formen (PAallus) in dem Vorkommen relativ großer, kugeliger, oft mit Kristallen von oxal- saurem Kalk erfüllter, zwischen zylindrischen Zellen erscheinender Elemente zu erkennen u. s. w. Die Gewebe der Pilze unterscheiden sich von den Geweben höherer Pflanzen in auffälligster Weise auch dadurch, daß den Dauerzuständen keine eigentlichen Meristeme vorausgehen, indem die neuentstandene Zelle sofort den Charakter einer gewöhnlichen Vege- tationszelle annimmt, und während sie sich teilt, auch schon die Funk- tionen der letzteren übernimmt. Eine innere Differenzierung Fig. 98. des Thallusin besondere Gewebe ist bei den Pilzen nur angedeutet. Die Hyphen schließen in der Peri- u Q IN pherie dichter zusammen als im ) Q en N Inneren des Gewebes, oder bilden a nach innen zu ein Filzgewebe, cr d) DI 6 nach außen ein Scheinparenchym, wozu sich auch noch Besonder- | heiten in bezug auf Färbung ete. u a ans der Kon gesellen, und so erscheint hier ein uwmes sina durch Vorsclmelzung ureprang- Hautgewebe (Rinde) und in inne vv 0 m en en ach res Gewebe (Mark) angedeutet. 73. Auch unter den Algen’!) finden sich einzellige Formen. Die Gewebe der Algen bauen sich aus Elementen auf, die sich von den Pilzzellen wesentlich unterscheiden. Die Form der Algenzelle ist wohl auch sehr häufig die zylindrische, variiert aber weit mehr als die der Pilzzelle. Die Wand der Algenzelle zeigt bereits häufig geschichteten Bau und Verdiekungsformen, wie solche sonst nur bei den Zellen der höheren Pflanzen vorkommen, z. B. äußere Vorsprungsbildungen, (unbehöfte) Tüpfel (z. B. bei Fucus-Arten; Fig. 99); Siebplattenbildungen, protoplasmatische Verbindung be- nachbarter Zellen’?) ete. Die Membran der Algenzelle besteht aus Zellulose, ist anisotrop, verhält sich also im wesentlichen wie die Zellhaut der höheren Pflanzen. Durch chemische Metamorphose verwandelt sich die Zellulose der Wand häufig in Schleim. Ver- holzung ist an Algenzellmembranen nie beobachtet worden.*) Die Zellmembranen vieler Algen, z. B. der Diatomaceen, sind stark *) Nach den Untersuchungen von Gjokid (Österr. bot. Zeitung, 1895, Nr. 9) beginnt die Verholzung erst bei den Gefäßkryptogamen. Es sind also nicht nur die Zellmembranen der Pilze (inklusive Flechten) und Algen, sondern auch die der Laub- und Lebermoose noch unverholzt. Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. g) 130 verkieselt, die anderen stark mit kohlensaurem Kalk imprägniert, so daß solche Organismen starr und spröde sind und nicht selten äußerlich den Korallen gleichen. Der Inhalt der Algenzelle ist von dem der Pilzzelle im allge- meinen wesentlich verschieden. Das Vorkommen von Zellkernen bildet die Regel; nur bei den niedersten Formen fehlen sie z. B. den Cyanophyceen (Phykoechromaceen).”?) Coeloblasten (s. p. 15, An- merkung) kommen in einzelnen Familien der Algen (z. B. bei den Siphonaeeen) regelmäßig vor. Chlorophyll tritt gewöhnlich auf, häufig als eigentümlicher Chlorophylikörper, von schraubiger, perl- schnur-, sternförmiger Gestalt (s. Fig. 38, 59, 63), auch in Form Vergr. 600. Einfache Tüpfel (t) in den Zellwänden von Fucus vesiculosus. (Nach Reinke.) von Körnern oder das ganze Protoplasma der Zelle tingierend. Stärkekörnchen finden sich ebenfalls vor. — Das Chlorophyll ist in den Zellen der Algen von charakteristischen Farbstoffen be- gleitet (s. oben p. 48). Diese den Algen ihr spezifisches Kolorit ver- leihenden Farbstoffe sind für die Unterabteilungen dieser Klasse des Pflanzenreiches charakteristisch und sind im systematischen Teile dieses Werkes (Bd. II, p. 195—207) genauer beschrieben. Die einzelligen Algen bilden gleich den einzelligen Pilzen häufig Kolonien. Viele dieser Kolonien zeigen einen besonderen Bau, indem die Zelle, bevor sie zur Teilung schreitet, ihre Membran durch eine mächtige Schichte verdickt, welche »Hüllhaut« mit den innerhalb derselben durch Teilung entstandenen Zellen weiterwächst. Bei neuen Teilungen wiederholt sich der Vorgang, und so sieht man oft zahlreiche dieser einzelligen Algen in sehr regelmäßiger Weise ineinandergeschachtelt. Sehr schön ist diese Form der Zell- kolonie bei der Gattung Gloeocapsa ausgeprägt (s. Fig. 100). In Meeresalgen, welche starker Strömung ausgesetzt sind, wurden von Wille auch spezifisch mechanische Zellen von großer Festigkeit und Elastizität aufgefunden. 131 Fusionsgebilde treten bei den Algen mehr als bei den Pilzen in den Vordergrund, indem bei zahlreichen Algen die von J. Klein entdeckten Siebhyphen (Siebröhren der Algen) nachgewiesen wurden. ’#) Neuestens wurden in den Sieb- röhren einiger Algen an den Sieb- platten auch Kallusbelege beobachtet. Haarbildungen einfacher Art (Verlängerungen peripherer Zellen Ye, Ken mit Hathäuten. 7 und durch Teilung dieser entstandene haarförmige Bildungen) kommen zumal bei Meeresalgen nicht selten vor und scheinen in erster Linie als Lichtdämpfer zu fungieren (s. oben p. 110). Die Gewebe der Algen bilden Fig. 101. Fäden, Flächen oder Körper. Die Verbindung der Zellen bei körper- lich entwickelten Algengeweben ent- spricht seltener dem Filzgewebe, meist dem Pseudoparenchym, oder einem echten Parenchym. In den beiden erstgenannten Fällen sind es die End- zellen der Fäden, durch deren Tei- lung diese und damit das ganze Ge- webe weiterwächst; im letzteren Falle kommt eine relativ große Endzelle (Scheitelzelle) vor, durch deren Teilung ein kleinzelliges Meristem entsteht, aus dem sich nach mehrfach wiederholten Teilungen ein echtes Dauergewebe hervorbildet (Fig. 101). Indem man von den niedersten Algen- formen zu den höchsten fortschreitet, sieht man eine Vervollkommnung in ' | Stücke des dichotomisch verzweigten der Gewebsanlage sich sukzessiv Aaus- Thallus von Dictyota dichotoma. A Vergr. 3, B 20. s Scheitelzelle. «a aus der Scheitel- bilden, welche in dieser Beziehung zelle s’ hervorgegangene Tochterzellen, welche die Anlage einer neuen Dichoto- die Algen den Museineen nahebringt; mie bilden und sich hierbei, wie in5b F - i i ? angedeutet ist, vorwölben. und so schließen sich die niederen Pflanzenformen an die höheren auch bezüglich ihrer Gewebe- bildung an. Die Algen bieten uns, wenigstens in den höheren Formen, eine schärfere Gewebsdifferenzierung dar als die Pilze. Nicht selten sind die peripheren Zellen der Algenkörper ähnlich den Oberhaut- 9% 132 zellen ausgebildet, indem ihre Wände nach außen stärker als nach innen und nach den Seiten verdickt sind, während die Zellen des inneren Gewebes eine allseits gleiche Verdiekung zeigen. Auch ist ein erster Anfang eines funktionierenden Leitbündels bei einigen Algen durch das Auftreten von Siebhyphen gemacht, so daß auch schon bei den Thallophyten eine Gliederung des Vege- tationsorganes in Haut-, Grund- und Stranggewebe angedeutet ist. 74. Das Gewebe der Flechten’’) wird erst verständlich, wenn die Natur dieser merkwürdigen Organismen beachtet wird. Nach einer neueren, wohlbegründeten Ansicht sind die Flechten nicht als eigenartige Lagerpflanzen, sondern als eine organische Kombination von Alge und Pilz aufzufassen. Die Komponenten treten in der Vergr. 515. Längsschnitt durch Vergr. 300. Gewebe der Orseilleflechte (Hoccella tinctoria), die Thallusspitze von Usnea mit den Nadeln aufgelockert, um die Formbestandteile borbata. r Rinde, m Mark, besser unterscheiden zu können. / Fasern des Filzgewebes, g Gonidien, dazwischen Hyphen., o unverletzter, o‘ korrodierter Kristall von oxalsaurem Kalk, (Nach Schwendener.) 9 Gonidien. Flechte in ein Genossenschaftsverhältnis (Symbiose, nach de Bary; s. Bd. III dieses Werkes: Biologie), ähnlich wie der Parasit zu seinem Wirte. Dieser merkwürdige symbiotische Ckarakter der Flechten spricht sich auch in der Gewebebildung aus. Der Flechtenthallus gliedert sich in einen Pilz- und einen Algenanteil. Es ist somit klar, daß es keine einzelligen Flechten geben kann. Gewöhnlich besteht der Flechtenkörper aus einer äußeren nichtgrünen Schichte (Rinde) und einer inneren, gleichfalls niehtgrünen (Mark), welche zwischen sich eine aus chlorophylihaltigen Zellen bestehende Mittel- schichte (Gonidien, gonimische Schichte) aufnimmt. Mark und Rinde entsprechen dem Pilze, die gonimische Schichte der Alge des Kon- sortiums (Fig. 102). Die Hyphen unterscheiden sich in nichts von den Pilzhyphen. Ihre Wand stimmt im wesentlichen sowohl rück- 133 sichtlich des chemischen als des morphologischen Verhaltens mit der Wand der Pilzhyphen überein, enthält aber nebenher häufig Liehenin, einen direkt schon durch Jodlösung sich blau oder violett färbenden Körper, der indes auch in den Hyphen mancher Pilze aufgefunden wurde.‘%) Den Flechtenhyphen haften außen, gleich denen vieler Pilze, häufig Kristalle von oxalsaurem Kalk an (Fig. 103). Die Gonidien der Flechten sind zum Teile bereits auf frei- lebende Algenformen zurückgeführt. Sie bilden chlorophyllhaltige, runde oder polyedrische Zellen, die im Thallus entweder vereinzelt oder in Ketten oder astförmig gestalteten Gruppen auftreten. V1. Zellteilungsfolge. 75. Wie schon in der Einleitung zu diesem Abschnitte (p. 88) angegeben wurde, entstehen die Gewebe in der Regel durch Tei- lung von Zellen. Die Hervorbildung der Gewebe aus ihren, von einer oder wenigen Zellen gebildeten Anlagen vollzieht sich stets in gesetzmäßiger Weise und läßt sich am leichtesten dort ver- folgen, wo das Gewebe, wie bei vielen Algen oder Pilzen, nur aus einer Zellreihe besteht, schwieriger schon dort, wo dasselbe eine einfache Zellschichte bildet, und bleibt in den kompliziertesten Fällen, wo es körperlich entwickelt ist, vielfach noch rätselhaft. Die Ge- setze der Zellteilungsfolge sind uns somit nur unvollständig be- kannt und noch weniger genau sind wir über die Ursachen unter- richtet, welche die Reihenfolge der Zellteilungen bestimmten. Selbst im einfachsten Falle, wenn eine einfache Zellreihe vor- liegt, sind mehrere Arten der Zellteilungsfolge zu unterscheiden. Endet die Zellreihe mit einer relativ großen Scheitelzelle, so geht von ihr die Neubildung der Zellen durch Teilung aus und die Zellbildung ist eine streng akropetale. Es kann aber auch der umgekehrte Fall eintreten. An einer Konidienketie von Penkeillium glaucum (Fig. 104) ist die oberste Zelle die älteste, die unterste die jüngste; letztere wird nicht etwa von der nächst älteren Konidie, sondern, wie jede andere Konidie dieses Pilzes, von einem Sterigma (Fig. 104) abgeschnürt. In einer Konidienkette erfolgt also die Zell- bildung (durch Abschnürung) basipetal. Aber an vielen Algen und Pilzen, deren Vegetationskörper nur aus einer Zellreihe besteht, kommen auch interkalare Zellteilungen (z. B. bei Oedogonium) vor. Daß an anfangs einreihigen, mit Scheitelzellen wachsenden, akropetal sich entwickelnden Geweben später interkalare Zellbildung eintreten kann, geht klar aus Fig. 101 hervor. Dieser Fall kommt sehr häufig vor. 134 Das Dickenwachstum der Organe erfolgt durch inter- kalare Zellteilungen, welche für jede Gewebegattung in bestimmter Reihenfolge stattfinden. Das gewöhnliche Phellogen erzeugt nach außen ein Oberflächenperiderm in zentripetaler Folge; hingegen entsteht das Phelloderm aus dem Phellogen nach innen zu, und zwar in zentrifugaler Anordnung. Ein und dasselbe Phellogen kann auch in reziproker Folge Gewebe erzeugen: nach innen Phelloderm, nach außen Periderm’”) (s. p. 116). Das Kambium eines kollateralen Ge- fäßbbündels bringt Dauerelemente in reziproker Folge hervor: es bildet nach außen Phloöm-, nach innen Xylemelemente. Dal bei diesem regelmäßigen Fort- schreiten der Teilungen radi- ale Zellreihen gebildet werden müssen, ist selbstverständlich. Es ist dies ebenso schön in den meisten Peridermen (s. z. B. Fig. 90, p. 114) wie im Holze der Koniferen zu erkennen, wo infolge der regelmäßigen Teilungen der Kambiumzelle die Tracheiden in radiale Rei- hen gestellt sind (Fig. 30, 77, p- 36). Wenn die das Dicken- wachstum bedingende Meristem- Vorer. daD, Hin Binek won Penieilium glawım, FeNschte nur au a a sdion.’” (Nee besteht "[Initıa lag EreneEEee kann die Zellteilungsfolge selbst- verständlich leichter festgestellt werden, als wenn dieselbe kompli- zierter gebaut ist. Im Phellogen und im Kambium des Stammes der Dikotylen und Gymnospermen ist gewöhnlich eine Initialschichte nachweisbar. Bezüglich der Zellteilungsfolge in den Vegetationspunkten sind folgende zwei Gesetze aufgestellt worden: 1. Die Teilungswände stehen senkrecht auf jener Richtung, in welcher die Volumszunahme der betreffenden Zellen innerhalb der Vegetationsspitze am größten ist (Hofmeister, 1867).'°) 135 2. Die Zellteilungen erfolgen zum Teile parallel (periklin), zum Teile senkrecht zur Oberfläche (antiklin) des betreffenden Organes (Sachs, 1878). '?) Beide Sätze stützen sich auf zahlreiche Erfahrungen, leiden aber doch an vielen Ausnahmen, namentlich wenn sie, wie dies besonders durch Sachs geschehen, auf alle Arten körperlich angelegter Gewebe ausgedehnt werden. Die Form der Organanlage beeinflußt sichtlich die Richtungen der Teilungswände, allein doch nicht in dem Maße, als daß aus ihr die Teilungsrich- tungen schon mit ma- thematischer Genauig- keit vorauszubestim- men wären. Immerhin lassen sich einige all- gemeine Regeln den Beobachtungen ab- aus leiten. In kugeligen An- lagen liegen die Antikli- nen meist genau radial, die Periklinen in Oberfläche parallelen Kugelflächen; in zylin- drischen Anlagen fol- gen die Antiklinen der radialen Richtung, die Periklinen stehen paral- lel zur Mantelfläche. zur Schematischer Längsschnitt durch einen parabolischen Vegeta- tionspunkt. x x Achse, y y Richtung des Parameters. Alle Kurven In Vegetationsspitzen, welche die Gestalt eines Rotations - Paraboloids zusammen entsprechen dem Zellennetze eines ohne Scheitel- zelle abschließenden Vegetationspunktes (z. B. dem des Stammes einer gewöhnlichen phanerogamen Pflanze). Die inner- halb der Grenzkurven A, A; A. 4A, liegenden, kräftiger ge- haltenen Linien bezeichnen das Zellennetz eines mit Scheitel- zelle abschließenden Vegetationspunktes, wobei der schraffierte Raum A, A, die durchschnittene Scheitelzelle darstellt. Alle Kurven, sowohl die Periklinen (# P; P’' P’‘; P’' P') als die Antiklinen (A A; 4, A, 5; 4,4,; . . -), bilden konfokale Parabeln. (Aus einigen Zeichnungen von Sachs kombiniert.) besitzen, scheinen so- wohl die Periklinen als die Antiklinen der Richtung von konfokalen Paraboloiden und ihre Durchschnitte den Richtungen konfokaler Parabeln zu folgen °°) (Fig. 105). Die Ansichten über die Ursachen der Zellteilungsfolgen sind noch geteilt. Während Sachs alle Zellteilungsvorgänge auf den Bildungstrieb des Organes zurückzuführen sucht, welcher zunächst in der rechtwinkeligen Schneidung der Zellwände zum Ausdruck gelangt, legt Schwendener der Anordnung der neuentstehenden Zellen mechanische Ursachen zugrunde, die sich zum Teile direkt 136 während des Wachstumes des Vegetationspunktes verfolgen lassen, z. B. Druckwirkungen, welche durch vorhergegangene Zellteilungen hervorgerufen werden.*)°1) VlI. Gegenseitige Anpassung der Gewebe. 76. Jedes Gewebe eines Organes wird durch ein zweites, mit ihm sich gleichzeitig entwiekelndes in morphologischer Beziehung beeinflußt, was zunächst dort, wo sie in unmittelbaren Kontakt kommen, zum Ausdruck gelangt. Diese gegenseitige Anpassung**) der Gewebe kann so weit gehen, daß eines das andere in seiner Funktion unterstützt, ja sogar substituiert, oder Teile eines Gewebes in Verbindung mit Teilen des anderen Vereinigungen eingehen, die als besondere Organe aufgefaßt werden müssen, wenn sie auch aus histologisch ganz ungleichwertigen Elementen bestehen. Es kann hier nur auf die wichtigsten Erscheinungen gegen- seitiger Anpassung der Gewebe hingewiesen werden. Es ist schon früher (p. 101) hervorgehoben worden, daß die dem Gasaustausche und der Wasserverdunstung dienenden Spalt- öffnungen Organe sind, welche strenge genommen sowohl dem Haut- gewebe als dem Grundgewebe angehören: dem ersteren die Schließ- zellen (und’ die Nebenzellen), dem letzteren die Atemhöhle. Es adaptiert sich also ein Stück des Grundgewebes einem Teile des Hautgewebes, und beide Teile zusammen bilden erst das Organ: die Spaltöffnung. Sehr häufig tritt eine Anpassung des Grundgewebes und ge- wisser Stranggewebe (Kollenehym- und Baststränge) an das Haut- sewebe ein, zu dem Zwecke, entweder die Oberhaut in ihrem Ge- schäfte, die Wasserverdunstung des Organes einzuengen, zu unter- stützen, oder das Hautgewebe mechanisch zu verstärken. Man hat diese und ähnliche subepidermale, dem Grund- oder dem Strang- *) Eine wichtige Streitfrage betrifft die Bedeutung der Scheitelzelle für das Wachstum des Vegetationspunktes. Während sich in der Sachsschen Darstellung (s. Fig. 105) die Scheitelzelle als eine Konstruktionslücke darstellt, der Scheitelzelle also von diesem Forscher jede Bedeutung für das Wachstum abge- sprochen wird, bietet diese nach der Ansicht anderer Forscher in bezug auf Ge- stalt, Lage, stoffliche Zusammensetzung doch so viele Besonderheiten dar, daß ihr eine aktive Leistung bei den im Vegetationsscheitel vor sich gehenden Teilungs- vorgängen nicht abgesprochen werden kann, Siehe über diese Streitfrage G. Haber- landt, Physiologische Pflanzenanatomie (2. Aufl. 1896, p. 86—89 und 3. Aufl. 1905, p. 89— 0). ##) Über die Erscheinungen der Anpassung im Pflanzenreiche s. Bd. III, (Biologie), insbesondere p. 9—12. 137 gewebe angehörige Gewebsschichten mit dem Kollektivnamen Hypo- derma bezeichnet. Die gewöhnlichste Form des Hypoderma in den oberirdischen Organen (Stamm, Blattstiel, manchmal auch in der Spreite) ist das Kollenchym, welches entweder in Strängen (an den Kanten des Stammes) oder in Form eines Hohlzylinders auftritt. Im ersteren Falle dient es wohl vor allem der mechanischen Konstruktion, im letzteren unterstützt es aber auch die Oberhaut in der Funktion, die Transpiration des betreffenden Organes zu verringern, wozu es um so mehr befähigt ist, als seine Elemente entweder ganz lücken- los aneinanderschließen oder nur durch sehr enge und nur unvoll- ständig kommunizieren- de Interzellularen von- einander getrennt sind. El Das Kollenchym zeist seine Anpassung an die Oberhaut auch dadurch, daß es nur an den spaltöffnungs- freien Stellen der Ober- haut anzutreffen ist. Eine besondere Form des Hypoderma ae et ER a ee P Palisadenparenchyhm, S Schwammparenchym. DB “Quer- 1st das Wasserge- schnitt durch das Blatt von T’radescantia discolor. E untere Oberhaut mit Spaltöffnungen (s). Zo obere Oberhaut; beide Fig. 106, 2 2] ” webe°?), welches in den einfach. W als Wassergewebe ausgebildetes Hypoderma. 2 P, $5 wie oben, A Atemhöhle der Spaltöffnung s. (Nach Blättern von Trades- Pfitzer.) kantien und anderen Gewächsen als großzelliges, zwischen der Epidermis und dem grünen Mesophyll gelegenes Gewebe auftritt. Die Zellen des Wassergewebes, obgleich zum Grundgewebe gehörig, schließen wie die Epidermis- zellen lückenlosaneinander und führen gleich diesen farblosen, seltener gefärbten Zellsaft; beiden fehlt Chlorophyll oder es ist nur sehr spärlich vertreten. Das darunterliegende Mesophyll besteht aus sehr chlorophylI- reichen, von vielen Interzellularen durchsetzten, in der Regel auch kleineren Elementen und hebt sich also auf das schärfste von dem Hypo- derma ab. Im fertigen Zustande ist das Wassergewebe von gewissen Formen der zusammengesetzten Oberhaut nicht zu unterscheiden (Fig. 106). Das Wassergewebe und funktionell mit diesem überein- stimmend zusammengesetzte Oberhäute bilden ein Wasserreservoir, von welchem her bei starker Transpiration das Assimilationsgewebe 138 gespeist wird. Namentlich an Pflanzen trockener, sonniger Stand- orte kommt das Wassergewebe zur Ausbildung. Bei starkem Welken eines mit Wassergewebe versehenen Blattes reduziert zunächst dieses sein Volum, während das Assimilationsgewebe intakt bleibt; wird die welkende Pflanze begossen, so füllt sich rasch wieder das Wassergewebe und das Blatt nimmt wieder seinen normalen Charakter an.*) In den meisten, vielleicht allen jungen Wurzeln tritt unter dem Epiblem eine Grundgewebsschichte auf, welche aus lückenlos an- einanderstoßenden, mit verkorkten Membranen versehenen Zellen besteht, die schon infolge dieser beiden Eigentümlichkeiten als physiologisch, d. i. der Funktion nach, zum Hautgewebe gehörig sich erweist. Diese stets nur aus einer Zellenlage zusammengesetzte Form des Hypoderma ist die Endodermis (Fig. 107 Ed). In den Luftwurzeln verstärkt sie die primäre Oberhaut, in den Boden- wurzeln unterstützt sie anfänglich das Epiblem in seiner Funktion, später substituiert sie es häufig, indem das eigentliche Hautgewebe im Kontakte mit der Erde oft zugrunde geht und nunmehr die Endodermis die Wurzel nach außen abgrenzt.**) Zu den schon angeführten charakteristischen Eigentümlich- keiten der Endodermis gesellt sich häufig noch ein anderes, sehr merkwürdiges morphologisches Verhältnis: die Wellung der radialen Wände (Fig. 107 ©). 7. Eine sehr augenfällige Umgestaltung erfährt das Grund- gewebe häufig (besonders im Stamme der Monokotylen und Gefäß- kryptogamen) im Kontakte mit dem Gefäßbündel; es bildet sich hier zur Gefäßbündelscheide um.?) Ihrer Funktion und dem- entsprechend ihrer morphologischen Ausbildung nach hat man zwei Kategorien von (Gefäßbündelscheiden zu unterscheiden, nämlich die Schutzscheiden, welche den Stoffübertritt aus den Leitungszellen der Gefäßbündel in das Grundgewebe zu vermindern oder aufzuheben haben, und die Leitscheiden (Stärkescheiden, Zuckerscheiden ete.), welche, obgleich dem Grundgewebe angehörig, gleich dem Gefäß- *) In neuerer Zeit wurden auch an Stammgebilden (z. B. an den »Knollen« epiphytischer Orchideen) Wassergewebe nachgewiesen. Besonders reich ist das Wassergewebe an den Luftknollen mehrerer »Ameisenpflanzen« (Bd. III, Biologie, p. 110 ff), z. B. an Hydnophytum und Myrmecodia, entwickelt. Treub, Ann. du Jardin botanique de Buitenzorg. Bd. II. **) Ein aus den Rindenzellen der Wurzeln hervorgehendes, die primäre Ober- haut substituierendes Gewebe hat man als sekundäre Epidermis oder Exodermis bezeichnet. Die Elemente einer solchen Exodermis verkorken erst während der Abstoßung des primären Hautgewebes, 139 bündel an der Stoffleitung Anteil nehmen. Ihrer Funktion ent- sprechend bestehen dieselben aus langgestreckten parenehymatischen Elementen. Die Schutzscheide besteht häufig nur aus einer Zellen- lage, deren Elemente lückenlos aneinanderschließen. Die Zellen sind in der Regel in der Richtung des Gefüßbündels in die Länge ge- streckt. In den Zellwänden tritt neben Zellulose Holz- substanz oder auch Suberin auf. Sehr häufig erscheinen die radialen Wände der Schutzscheidezellen in dem- selben Sinne wie die Endo- dermiszellen gewellt (siehe Fig. 107 8). Es wurde die Wahr- nehmung gemacht, daß in Organen, welche Endodermis und Gefäßbündelscheiden be- sitzen, sich eine große Über- einstimmung im Baue beider zu erkennen gibt, was nament- lich im Auftreten und der Orientierung der Wellung und De | r — ——, N). | im lückenlosen Anschluß der I \ a gere \ K \ Elemente, ferner im Suberin- N? | | \ - an, \ ( ) “ gehalte der Zellwände zum SE >; \ ) ee Re "a Ve \ \ Ausdrucke kommt. Es erfährt sea Sn WE; . } . - BE a \ also in diesem Falle das = Sae 4 L ) Grundgewebe im Kontakte UT = \f mit dem Hautgewebe die B ar gleichen Veränderungen wie 4, 2 Vergr. 100, © 300. Durchschnitt durch die Luft- . B üh . d G wurzel von Hartwegia comosa. A Querschnitt, 7% radialer ın erüu rung mit em e- Längsschnitt. Z Epidermis, teilweise abgeworfen, = = == . Ed Endodermis, P Rindenparenchym. S$ Gefäßbündel- fäßbündel. Sehr schön Zelgt scheide. G Gefäße der radiären Gefäßbündel, M Maık. - : PT . . C Endodermiszellen, r im radialen Längsschnitt (wiein 2), sich die Ubereinstimmung t im tangentialen Längsschnitt. im Baue von Endodermis und Gefäßbündelscheide in den Luftwurzeln der bekannten Hart- wegia comosa (Fig. 107). Sowohl in der Endodermis als in der Gefäßbündelscheide bleiben bei vielen Pflanzen einzelne Elemente unverkorkt oder relativ dünnwandig, um den Stoffwechsel zwischen den durch die Endodermis geschiedenen Geweben zu erhalten. Man hat diese Ele- mente Durchlaßzellen genannt. 140 Manche Formen der Schutzscheide sind dadurch charakterisiert, daß die Zellen derselben an den nach dem Gefäßbündel gewendeten Seiten relativ stark verdickt sind, was mit ihrer Funktion, den Strom der gelösten Stoffe zu hindern, aus dem Gefäßbündel in das Grundgewebe zu gehen, im Einklange steht (s. Fig. 95, p. 124).*) Die Gefäßbündelscheiden umgeben entweder ein einzelnes Gefäß- bündel oder auch sämtliche Gefäßbündel eines Organes (Fig. 109). Fig. 109, Vergr. 26. A Querschnitt durch einen Stamm von Equisetum palustre, B durch einen unter- irdischen Stamm von Z. litorale. L ZL peri- phere Luftgänge, 2 2 Luftgänge in den Gefäß- bündeln 9 g. } zentraler Luftgang, g 5 ge- meinschaftliche Schutzscheide. Z S Schutz- scheide um die einzelnen Gefäßbündel. Schematisch. (Nach Pfitzer.) A Vergr. 80, B Vergr. 400. A Gefäßbündel und Grund- — gewebspartie aus der Schale (Endokarp) der kleinen Kokos- = - . nuß (Attaleasp.). Schliff. c Xylem des Gefäßbündels, 5 Bast ) Den Schutzscheiden sind des Phlo@ms (der Siebteil ist vertrocknet, an seiner Stelle auch jene Gewebe anzureihen, welche ein Hohlraum), st Stegmata, sc sklerenchymatisches Grund- gewebe. die Stranggewebe zahlreicher Farne und Monokotylen dicht umhüllen und aus Zellen sich zusammensetzen, welche als »Deckzellen« oder »Stegmata« in anatomischen Beschreibungen von vegetabilischen Rohstoffen oft genannt werden. Die Stegmata enthalten einen häufig bis dicht an die Membran heranreichenden Kieselkörper, seltener (bisher nur bei den Pandaneen beobachtet) eine Fiüllmasse von oxalsaurem Kalk. Die Membranen der im Inhalte Kieselsäure führenden Steg- mata sind kieselsäurefrei; der Kieselkörper bleibt zurück, wenn die Stegmata mit 141 78. Wenn die Xyleme eines Stammes zu einem Holzkörper sich vereinigen. so unterbleibt die Bildung einer Gefäßbündelscheide. Dafür sieht man oft das Mark dort, wo es an die Holzteile der Gefäßbündel sich anlehnt, einen vom übrigen Grundgewebe ver- schiedenen Charakter annehmen: die Zellen werden kleiner oder diekwandiger. Man hat diesem Teile des Grundgewebes, welcher bei den meisten Holzgewächsen, aber auch bei manchen krautigen Pflanzen sehr deutlich entwickelt ist, den Namen Markscheide gegeben. Unter demselben Namen, aber auch als Markkrone, ver- steht man noch etwas ganz anderes, nämlich die ersten zu dem innersten Jahrring des Holzes vereinigten, meist ins Mark vor- springenden und im Kontakte mit diesem sich bildenden Xylem- anlagen im Stamme der Dikotylen und Gymnospermen, das Proto- xylem, welches bezüglich seines inneren Baues sich anders als die später auftretenden Holzteile des Gefäßbündels verhält. Im Stamme der Koniferen enthält die Markkrone ring- oder schraubenförmig verdiekte. in den folgenden Xylemanteilen mit Hoftüpfeln ver- sehene Tracheiden; im Stamme der Dikotylen hingegen Spiral- und Ringgefäße, die in den später folgenden Holzteilen nieht mehr anzutreffen sind. Die Markkrone bildet nur einen Teil des erst- jährigen Xylems (des ersten Jahrringes), welcher nieht nur an seiner Innengrenze, sondern auch oft an den seitlichen Grenzen mit dem Marke in Berührung steht. So lange der Stamm noch in die Länge wächst, sind die Holzteile der Gefäßbündel nur durch die Markkrone vertreten, deren Gefäße dünnwandig bleiben. Nach Beendigung des Längen- wachstums tritt Diekenwachstum des Stammes ein und die nunmehr entstehenden (getüpfelten) Gefäße, beziehungsweise Tracheiden, sind relativ stark verdickt. VII. Bemerkungen über die physiologischen Funktionen der Gewebe.**) 79. Die folgenden Bemerkungen über die physiologischen Funktionen der Gewebe sollen den schon in der Einleitung hervor- gehobenen Zusammenhang zwischen morphologischer Ausbildung und physiologischer Funktion der Organe erläutern und die bisher vorwiegend deskriptiv gehaltene Charakteristik der Gewebe nach physiologischer Richtung erweitern. Chromsäure behandelt werden (Fig. 6°). Literatur über Stegmata bei Kohl, Ana- tomisch-physiologische Untersuchung der Kalksalze und Kieselsäure in der Pflanze. Marburg 1889. Ferner Wiesner, Rohstoffe. 2. Aufl. Leipzig 1903, Bd. II. 142 Es gibt einfache Gewebe und distinkte Partien zusammen- gesetzter Gewebe (z. B. die Teile der Gefäßbündel), welchen aus- schließlich eine Funktion zufällt. So dienen die einfachen Bast- stränge und die Bastteile der Gefäßbündel ausschließlich zur Her- stellung der für die betreffenden Organe erforderlichen Festigkeit. — Der cehlorophylireiche Anteil des Mesophylis (das Palisaden- gewebe; s. unten) besorgt bloß die Assimilation der rohen Nahrungs- stoffe; man hat dasselbe Assimilationsgewebe*) genannt. — Jene Gewebe, welche ausschließlich der Ansammlung von Reserve- stoffen dienen, wie das Parenchym der Kartoffel, das Endosperm der Samen, das stärke- oder fettreiche Gewebe der Kotyledonen ete., bezeichnet man als Speichergewebe. Es gibt aber auch Gewebe, denen mehrere Funktionen zufallen, z. B. der chlorophyllführenden Oberhaut der Farne (p. 100), welehe nicht nur wie die gewöhnliche Oberhaut als Schutzorgan für die unter ihr gelegenen Gewebe, ferner zur Regulierung der Transpiration dient, sondern nebenher auch als Assimilationsgewebe tätig ist. — Das Kollenchym ist das mechanische Gewebe solcher Organe, welehe noch im Längenwachstum begriffen sind (p. 83). Es führt oft noch Chlorophyll im Inhalt und fungiert dann nebenher auch als Assimilationsgewebe. In diesen Fällen kann man wohl zwischen Haupt- und Nebenfunktion unterscheiden. Es gibt indes Gewebe, welche mehreren gleich wichtigen Funktionen dienen, bezüglich welcher man also nicht von Haupt- und Nebenfunktion sprechen kann. Dem Holzgewebe der Koniferen fehlen die spezifisch mechanischen Elemente (Libriformfasern), und die Tracheiden, welche, wie bei allen Gewächsen, auch im Stamme dieser Holzgewächse die Wasserleitung besorgen, dienen hier gleich- zeitig als mechanische Zellen. Man kann aber mit Rücksicht auf die Festigkeitsverhältnisse der Koniferenstämme nicht sagen, die Herstellung der Festigkeit wäre eine Nebenfunktion der Koniferen- Tracheiden. Vom phylogenetischen Standpunkte betrachtet, kann es nicht befremden, wenn in den Pflanzen Gewebe und Gewebsbestandteile auftreten, welche funktionslos geworden sind; so z. B. Spalt- öffnungen, die stets geschlossen bleiben, die also weder der Gas-, noch der Wasserausscheidung dienen. Solehe funktionslos gewordene *) Pflanzen mit blattlosen Stämmen bilden in diesen das Assimilations- gewebe aus; in seltenen Fällen können selbst Wurzeln (gewisse Luftwurzeln) zu Trägern des Assimilationsgewebes werden (s. Bd. II, p. 88 und Bd. III, Bio- logie, p. 1). 143 Spaltöffnungen hat man an Pflanzen gefunden, welche durch An- passung an einen trockenen Standort zur Einschränkung der Transpiration gezwungen werden; auch bei der Umbildung von srünen Blättern in korollinische Blütenblätter wurden solche funk- tionslose Stomata beobachtet. Infolge von Anpassung an die Außenwelt tritt unter Um- ständen ein förmlicher Funktionswechsel eines Gewebes, einer Gewebspartie oder auch eines Organes ein. Indem beispielsweise eine Pflanze durch Anpassung an einen sehr trockenen Standort ihr Laub immer mehr und mehr reduziert, kann es geschehen, dab nach und nach das parenchymatische Rindengewebe des Stammes die Rolle des Assimilationsgewebes übernimmt. Dieser Funktions- wechsel vollzieht sich sukzessive, in langen Zeiträumen, im Gange der phylogenetischen Entwicklung. Es stellt sich aber häufig selbst in der Öntogenese ein Funktionswechsel mancher Gewebe ein. Ein eklatanter, hierher gehöriger Fall ist die Entstehung von Periderm aus chlorophyllführendem Parenchym oder aus Koll- enchym, ja selbst aus parenchymatischen Phlo@ömanteilen (p. 115 und 117). 80. Wir haben aus mehreren Beispielen ersehen, daß dem Grundgewebe je nach seiner spezifischen Ausbildung, sehr ver- schiedene physiologische Aufgaben zufallen. Andere Fälle kommen später zur Sprache. Es soll nun zunächst gezeigt werden, dab auch das Hautgewebe verschiedenen Funktionen dient. Epithel, Epidermis und Periderm fungieren in erster Linie als Schutzorgane; dieselben haben vor allem die Aufgabe, die von ihnen bedeckten Gewebe vor mechanischen Angriffen und vor Ein- troeknung zu bewahren. Eine wesentlich andere Funktion fällt dem Epiblem, dem primären Hautgewebe der Wurzeln und anderer unterirdischer Organe zu. Es dient vor allem als Absorptionsgewebe. Bei Sumpf- und Wasserpflanzen reichen gewöhnlich die Epiblemzellen zur Aufnahme der flüssigen Bodennahrung aus; Bodenwurzeln müssen aber, um Wasser und Nährsalze in genügender Menge der Pflanze zuführen zu können, ihre Oberfläche durch Ausbildung von Wurzel- haaren erheblich vergrößern. Das Epiblem ist aber auch, wie in der Physiologie näher dargelegt werden soll, ein Ausseheidungs- gewebe, da es fortwährend, zum Zwecke der Aufschließung der Bodenteilchen, saure und fermentartige Körper sezerniert. Endlich fungiert es auch, gleich den übrigen Hautgeweben, zum Schutze für die von ihm bedeekten Gewebe. 144 Die mit Spaltöffnungen oder Lenticellen versehenen Haut- gewebe (Epidermis und Periderm*) sind auch nicht ausschließliche Sehutzorgane; durch die genannten Öffnungen werden sie zur Aus- scheidung des Wasserdampfes und zur Aufnahme und Abgabe von Gasen befähigt. Der Wasserdampf gelangt aus den Parenchymzellen in die luftführenden Interzellularen und aus diesen durch die Spalt- öffnungen und Lenticellen in die Atmosphäre; den gleichen Weg nehmen die von den Zellen ausgeschiedenen Gase. Doch werden unter Umständen auf dem Wege der Diffusion auch durch die Membranen der Hautelemente Gase und Wasserdampf abgegeben und Gase aufgenommen. Die außerordentliche Mannigfaltigkeit der Natur äußert sich auch darin, daß Epidermen, Epithelien in manchen Fällen liquides Wasser und gelöste Substanzen aufnehmen; es zeigt sich also auch funktionell ein gewisser Übergang der Epi- dermis und des Epithels zum Epiblem. Die einfachen Hautgewebe sind als solche oder durch besonders adaptierte Organe (Hyda- thoden; s. oben p. 105) befähigt, überschüssiges Wasser auszuscheiden, oder andere Substanzen zu sezernieren (durch zu Drüsen umge- staltete Trichome etec.). 81. Arbeitsteilung in den Stranggeweben. Jedes der einfachen Stranggewebe leistet der Pflanze gewöhnlich einen bestimmten Dienst. So haben die einfachen Baststränge der Mono- kotylen und die Kollenehymstränge der Dikotylen die Festigung der betreffenden Organe zu besorgen; den einfachen Siebröhrensträngen fällt, soweit bekannt, keine andere Aufgabe zu, als assimilierte Stoffe (besonders Eiweißkörper) zu translozieren. Hingegen findet in den zusammengesetzten Stranggeweben (Gefäßbündeln) eine Teilung der physiologischen Arbeit statt, wie schon der Vergleich eines solehen Gewebes mit den einfachen Stranggeweben annehmen läßt. Es wurde bereits früher die Zusammensetzung jedes Gefäß- bündels aus Phloem und Xylem hervorgehoben. Dennoch nehmen die Gefäßbündel einen verschiedenen Charakter an, je nach ihren physiologischen Leistungen und der damit im Einklang stehenden morphologischen Ausbildung. *) Das gewöhnliche tote, luftführende Periderm ist allerdings ein Schutz- gewebe; wenn aber ein unterirdisches Organ als sekundäres Hautgewebe bloß ein Saftperiderm (s. p. 114, Anmerkung) ausbildet, so nimmt dieses Wasser auf und führt es den betreffenden Organen zu. Das Saftperiderm ist nun allerdings auch ein Schutzgewebe, aber es fungiert, wenn es nicht vom toten Periderm be- deckt wird, auch als Absorptionsgewebe. (Wiesner, »Über Saftperiderm«. Österr. bot. Zeitschrift. 1890.) 145 Die einfachste Form des Gefäßbündels ist der Mestom- strang (nach Schwendeners Benennung; sehr passend auch als Leitbündel bezeichnet). Phloöm und Xylem der Leitbündel sind frei von mechanischen Zellen und enthalten neben parenchymatischen Elementen nur Siebröhren, beziehungsweise Gefäße und Tracheiden. Solche Bündel dienen bloß der Ernährung. und zwar das Xylem der Zuführung des Wassers und der Bodennährstoffe, das Phloöm der Ableitung der assimilierten Substanzen. Die der Ernährung dienende Partie des Phlo&ms wird als Siebteil (nach de Bary, Kribralteil nach Strasburger, als Lep- tom nach G. Haberlandt) bezeichnet. Es ist dies jener Gefäß- bündelanteil. den man früher Weichbast nannte. Der bei der Er- nährung tätige Teil des Xylems heißt Gefäßteil (nach de Bary: Vasalteil nach Strasburger, Hadrom nach G. Haberlandt). Als Beispiele reiner Mestomstränge seien die Gefäßbündel der Kukurbitaceen genannt. Der liegende oder durch Ranken sich be- festigendeStamm dieser Pflan- zen benötigt keine besonderen mechanischen Zellen. In der Regel gesellen sich zum Leitbündel mecha- nische Zellen. Das Phlo&öm besteht dann aus dem Sieb- teil und aus einem Bastbündel. das Xylem führt außerhalb des Gefäßteiles oder mitten in diesem Libriform. Da- durch wird das Gefäßbündel zumFibrovasalstrang.Ein solcher Fibrovasalstrang dient dann sowohl der Er- nährung, als auch zur Festi- 33:30. Durehschoitt Aurch dus Bst van Campe n s Schwammparenchym, darin drei einzellige, das ätheri- gung der betreffenden Pflan- sche Kampferöl enthaltende Drüsen d. (Nach U nger) zenteile. Die Gefäßbündel sind häufig von besonderen Scheiden um- kleidet. Im Einklange mit ihrer Funktion steht ihr Bau. Auf beides wurde schon oben (p. 138) hingewiesen. 82. Sekretbehälter®°).*) Viele Pflanzenteile sondern im Laufe ihres Lebens flüssige oder feste Stoffe aus, welche im Stofi- *) In den Paragraphen 82—86 sollen die Sekretbehälter auch vom ana- tomischen und entwicklungsgeschichtlichen Standpunkte behandelt werden, da sich hierzu bisher noch keine passende Gelegenheit gefunden hat. Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 10 146 wechsel keine Verwendung mehr finden, immerhin aber dem Or- ganismus von Nutzen sein können. Solche Stoffe, z. B. ätherische Öle, Harze, Gummi, Fette (sogenanntes Pflanzenwachs) ete., werden Sekrete, die dieselben ausscheidenden Organe Sekretionsorgane genannt. Vergr. 300. Lysigene Ölbehälter aus der Fruchtschale von Citrus vulgaris. A aus einer ganz jungen, unreifen Frucht, 3 fertiger Zustand mit Öltropfen aus einer reifen Frucht. (Nach Tschirch.) Diese Organe bieten in morphologischer Beziehung eine außer- ordentliche Mannigfaltigkeit dar. Bald sind sie Oberhäute, wie die mit Wachsüberzügen bedeckten Epi- dermen, bald bestimmt abgegrenzteStücke der Oberbaut, oder Haare, Emergenzen. eigentümlich umgestaltete Spaltöffnun- gen, oder Lappen eines Blattes u. s. w. Die Ausbildungsweise ist eine so ver- Fip, 112 schiedene, daß es unmöglich erscheint, all diese Gebilde einfach und doch auch naturgemäß zu gruppieren. Hingegen lassen sich die Sekret- behälter leicht auf bestimmte anatomi- Vergr. 250. Tangentialer Längsdurh- sche Typen zurückführen. Man versteht schnitt durch die Zimtrinde. Sch Schleim- 0 zelle (die Zellwand derselben ist in darunter alle jene scharf abgegrenzten Schleim umgewandelt), von stärkefüh- vendem Parenchym umgeben; sStärke- Tejle der Gewebe welehe mit Se- körnchen. (Nach A. Vogl.) 9 kreten ganz oder zum größten Teile er- füllt sind. Anatomisch betrachtet sind dieselben meist Zellen oder Zellgruppen, oder aber scharf umschriebene Gewebsstücke, auch Zell- fusionen, ja selbst interzellulare Bildungen. Man hat viele dieser Sekretbehälter — wohl alle mit Ausschluß der milchsaftführenden 147 — auch als Drüsen bezeichnet. Sie finden sich am häufigsten im Grundgewebe, seltener in den Stranggeweben. In den Hautgeweben treten sie oft, und zwar in Form von Drüsenhaaren auf (p. 108). Als die wichtigsten hierhergehörigen Typen sind anzusehen die Öl-, Schleim-, Gummi-, Harz-, Gerbstoff-, Kristall- und Milchsaftbehälter. 83. Die Ölbehälter (Öldrüsen) enthalten vorwiegend äthe- rische, im unveränderten oder auch halb verharzten Zustande be- findliche Öle und sind entweder als Drüsenhaare ausgebildet oder treten in Form einzelner Zellen (im Blatte des Kampferbaumes, Fig. 110) oder von Zellgruppen auf, welche entweder erhalten ara Z——ne . = Se TAN —4 2 GA a NEPAL EN DENT, SEES EN EUR 2> » Nr . . pl > E SUSI: I TITEL N I el "TA IS SEI E N ORELLERE Ro BRTELERTIORN © E D\em! (@ SDEDESTIS E) AR ACT SCENE TE : 2& ERTL NN [< D 3 Z [2E>) ea VS, X Tenor > I MNAA N AV Y Vergr. 150. Querschnitt durch das Blatt von Pinus Laricio. o Oberhaut mit Spaltöffnungen sp, Ap Hypo- derm, p grünes Parenchym mit Harzgängen hz, gs Gefäßbündelscheide, 7, farbloses Parenchyın, X Xylem, 2 Phloöm der Gefäßbündel. bleiben oder nach Auflösung der Wände einen von ätherischem Öl erfüllten Interzellularraum bilden (Ölbehälter der Zitronenschale: Fig. 111). 84. Die Schleim- und Gummibehälter sind einzellige Ge- bilde oder Zellgruppen, die sich wie die analogen Ölbehälter ver- halten. Manche dieser Behälter, z. B. die Schleimzellen des echten Zimtes (Uinnamomum zeylanicum; Fig. 112), geben durch den Schichtenbau der eingeschlossenen Schleimmasse das Entstehen der letzteren aus der Zellmembran zu erkennen. Der in den großen, von stärke- führenden Parenchymzellen umgebenen Schleimzellen der Orchis- knollen befindliche Schleim geht hingegen aus dem Zellinhalte her- vor. In der Rinde der Linde verschmelzen mehrere schleimführende Zellen zu einem mit Schleim erfüllten Interzellularraum. Ein sehr 10% 148 häufiger Begleiter des in besonderen Behältern auftretenden Schleimes ist kristallisierter oxalsaurer Kalk. Letzterer erfüllt in manchen schleimführenden Geweben einzelne, zumeist selbst schleimreiche Zellen, die oben (p. 88) genannten Kristallschläuche. 85. Eine sehr große Verbreitung weisen die in mannigfaltiger Weise ausgebildeten Harzbehälter auf. Einzelne harzerfüllte Zellen kommen nur selten vor, man müßte denn die Ölzellen mit ver- harztem Inhalte hierher zählen. Gewöhnlich erfüllt das Harz Lücken im Gewebe, welche entweder durch Auseinanderweichen oder durch Auflösung einer Zellgruppe entstanden sind. Interzellularräume der ersteren Art, schizogene Harzgänge, finden sich beispielsweise in den meisten Koniferennadeln (Fig. 113), die der zweiten Art, Iysigene Harz- gänge, in älteren Rinden der Nadelbäume. Bezüglich der interzellularen Harz- und Sekretbehälter über- haupt sei bier daran erinnert (p. 94), daß dieselben entweder aus Meristem- oder aus Dauerzellen entstehen, und dementsprechend als protogene oder als hysterogene (sekretführende) Interzellular- räume bezeichnet werden. In der Rinde von Pinus silvestris, Abies pectinata und anderen Nadelhölzern entstehen anfänglich protogene Harzlücken, die später, zur Zeit der Borkebildung, durch hysterogene ersetzt werden. Es sind dies die früher erwähnten lysigenen Harz- gänge älterer Koniferenrinden. Dieselben zeigen auch die Besonder- heit, mit dem fortschreitenden Alter des Baumes bis zu einer be- stimmten Grenze an Größe zuzunehmen, so dab sie häufig schon für das freie Auge erkennbar werden. Als Inhalt mancher Harzbehälter kommt auch Gerbstoff vor. Im Phlo&m mancher Papilionaceen, z. B. Zobinia Pseudoacacia, treten langgestreckte Zellen auf, deren hauptsächlicher Inhalt Gerb- stoff ist. Auch diese Gerbstoffzellen (Gerbstoffschläuche) rechnet man zu den Sekretbehältern. Viele der genannten, in den Sekretbehältern auftretenden Inhaltsstoffe werden als Ausscheidungen betrachtet, welche zum Zwecke des Gedeihens der Pflanzen und der lebenden Gewebe entfernt werden müssen; manche derselben finden unter Umständen im Organismus doch noch Verwendung, wie z. B. der oxalsaure Kalk bei ungenügender Kalkzufuhr (s. oben p. 62, Anm.) oder austretendes Harz zum Verschlusse von Wunden, oder die in Behältern erzeugten Duftstoffe der Blüten, welche zum Anloeken von Insekten dienen (Bd. III, Biologie, p. 163ft.). 86. Milchsaftbehälter. Zahlreiche Pflanzen enthalten eine bei Verletzung austretende emulsionsartige Flüssigkeit, den Milch- 149 saft (p. 87), welcher ausschließlich aus dem Inhalte jener Zellen entsteht, aus denen die Milchsaftbehälter hervorgehen. Die häufig noch anzutreffende Auffassung. als würde Milchsaft auch aus den inneren Zellhautschichten der milchführenden Zellen oder der Milchsaft- gefäße hervorgehen, hat sich als Irrtum erwiesen. Nur in seltenen Fällen, wenn er nämlich Interzellulargänge erfüllt, entsteht er in Parenchymzellen und wird aus diesen in den Milchgang sezerniert (Milchsaftgänge im Blatte von Alısma Plantago). Die Milchsaftbehälter sind entweder Zellen (Milchzellen) oder entschiedene Fusionen (Milchsaftgefäße) oder schizogene Inter- zellularen (Milchgänge). Manche milchende Pflanzen, z. B. die Euphorbien, führen den Saft in Milchzellen, welche vorwiegend im Rindenpar- enchym knapp am Phlo&m und der Hauptsache nach diesem parallel verlaufen, aber nach verschiedenen Richtungen Auszweigungen treiben. Diese Milchzellen, auch ungegliederte Milch- röbren genannt, entstehen sehr frühzeitig (schon im Keimungsstadium der betref- fenden Pflanzen) aus einer Meristemzelle. gehen durch mehrere Internodien des Stammes und können, na- mentlieh in den baumartigen Vergr. 150. u ee dem Fruchtknoten Formen der Euphorbiaceen, riesige Längen erreichen. Sie verzweigen sich und treiben durch die Markstrahlen Seitenäste ins Mark hinein. Ihre Wand unter- scheidet sich durch Weichheit und außerordentliche Elastizität von den gewöhnlichen unverholzten Zellmembranen. Das Proto- plasma dieser Milchzellen erhält sich lange lebend und ist viel- kernig, weshalb man diese Zellen den Coeloblasten zuzählen kann. In manchen Pflanzenteilen, z. B. in der Turbithwurzel (Ivo- moea Turpethum), kommt der Milchsaft in Parenchvmzellen vor. Die Milchsaftgefäße (gegliederte Milchröhren) finden sich in den Ziehoriaceen, Papaveraceen und anderen milchenden Gewächsen. Sie stellen ein aus zahlreichen Meristemzellen entstan- denes Gefäßnetz dar, in welchem sämtliche Querwände entweder 150 vollständig resorbiert wurden (Ziehoriaceen) oder bloß eine Per- forierung erfuhren. Die Milchsaftgefäßnetze liegen stets dem Gefäß- bündel parallel, gewöhnlich außen am Phlo&m, und senden Seiten- zweige in die benachbarten Gewebe, bei Carica Papaya sogar ins Xylem. Niemals stehen diese oder überhaupt welche Milchsaftbehälter mit Gefäßen oder Tracheiden in direkter Verbindung, obwohl dies manchmal den Anschein hat, denn es wurde häufig in echten Ge- fäßen Milchsaft gefunden.*) Da die Wände der Milchsaftbehälter wohl häufig mit Poren besetzt sind, niemals aber eine so scharf ausgeprägte Skulptur wie die Gefäßwände zeigen, so kann eine Verwechslung milchsaftenthaltender Gefäße mit echten Milchsaft- behältern nicht eintreten. Auch in den gegliederten Milchröhren wurde ein aus lebendem Protoplasma bestehender Wandbeleg nachgewiesen.”*) Der an der Luft rasch eintrocknende Milchsaft hat augen- scheinlich den Zweck, durch mechanische Verletzungen entstandene Wunden der Pflanzen luftdicht abzuschließen. Neueren Untersuchungen zufolge hat der Milchsaft der Pflanzen auch die Aufgabe, die im Assimilationsgewebe entstandenen plastischen Stoffe in den Organen milchender Pflanzen zu verbreiten. Nebenher dienen die Milchsaft- behälter auch als Speichergewebe für Reservesubstanzen (z. B. für Stärke bei den Euphorbiaceen, für Eiweiß bei Ceeropia). Dritter Abschnitt. Anatomie der Vegetationsorgane. I. Anatomie des Blattes.°‘) 87. Die einfachsten anatomischen Verhältnisse bieten die sehr primitiv gebauten und stets ungegliederten Blätter der Moose dar. *) Derselbe gelangte aber nur beim Anschnitt der milchenden Gewebe binein, und zwar auf folgende merkwürdige Weise: Die Gefäße führen, wie im physiologischen Teile dieses Buches näher auseinandergesetzt werden wird, in der Regel Luft von einer Spannung, welche geringer ist als die der atmosphärischen Luft. Beim Durchschneiden der Gewebe tritt der Saft aus den Milchsaftbehältern reichlich aus und wird durch den äußeren Luftdruck in die Gefäße gepreßt. #*) Die Involukralblätter der Zichoriaceen zeigen die merkwürdige Eigen- tümlichkeit, daß sie schon bei leiser Berührung Milchsaft austreten lassen. Wie 151 Das Blatt der (foliosen) Lebermoose setzt sich aus einer einzigen Lage tafelförmiger Zellen zusammen. Ein Gleiches gilt für die meisten Laubmoose. Entwickeltere Blattformen dieser Gruppe lassen indes bereits eine Andeutung von Haut-, Strang- und Grundgewebe erkennen, womit selbstverständlich bereits eine Teilung der physio- logischen Arbeit verknüpft ist. So findet man an den Blättern von Polytrichum unterseits eine Zellenlage, deren Elemente, wie dies die Epidermiszellen auszeichnet, nach außen relativ stark verdickt sind. Das Grundgewebe ist durch parenchymatische Zellen, das Strang- gewebe durch einen aus gleichartigen fibrösen Elementen zusammen- gesetzten Mittelnerv repräsentiert. Bei der Gattung Mnium gesellen sich zum Mittelnerv noch zwei mit diesem übereinstimmend ge- baute Seitennerven. | In den Blättern der Gefäßkryptogamen macht sich ge- wöhnlich bereits eine scharfe Differenzierung der Gewebe bemerkbar. Eine meist klar ausgeprägte, schon von Spaltöffnungen durch- setzte Oberhaut umkleidet ein lockeres Mesophyll, welches ge- wöhnlich aus ziemlich gleiehartigen, rundlichen, chlorophyllführenden Parenchymzellen gebildet wird und das Gefäßbündel umschließt. Eine Gliederung des Mesophylls in mehrere Gewebsschichten kommt hier nicht vor oder ist nur angedeutet. Eine die Blätter der Farne und einiger Lykopodiaceen auszeiehnende Besonderheit ist das Auf- treten von großen, ausdauernden, in dieser Form gewöhnlich nur im Mesophyli vorkommenden Chlorophylikörnern oder selbst ein- zelner großer Chlorophylikörper (Selaginella Fig. 39, p. 50) in den Oberhautzellen. 88. Noch komplizierter ist in der Regel das Blatt der Phane- rogamen anatomisch gegliedert, indem sehr häufig das Mesophyll in zwei scharf voneinander getrennte Sehiehten zerfällt und sich nicht selten hierzu noch ein Hypoderm gesellt. welches, je nach den Bedürfnissen des Blattes, als Kollenehym (häufigster Fall) oder als Wassergewebe ausgebildet ist. Die funktionelle Bedeutung dieser beiden Formen des Hypoderms ist schon früher (p. 137) erörtert worden. insbesondere die Untersuchungen von Kny gelehrt haben, reichen die milchsaft- führenden Elemente dieser Organe über deren Oberfläche hinaus, sogenannte »Milch- safthaare« bildend. Ob diese Milchsafthaare die Endigungen von Milchsaftgefäßen sind, welche zwischen den jungen Epidermiszellen hindurchwachsen (Kny), oder ob nicht die jungen Epidermiszellen zu milchsaftführenden Elementen werden, die sich mit den Milchsaftgefäßen durch Fusionierung verbinden (Zander), ist eine noch offene Frage. Kny, Über die Milchsafthaare der Zichoriaceen. Sitzungs- berichte d. Ges. naturforschender Freunde. -Berlin 1893. Zander, Bibl. botan. 1897. 152 Das Mesophyll besteht in der Regel ausschließlich aus chloro- phyliführenden Parenchymzellen, seltener, z. B. im Blatte von Oamellva Japonica, gesellen sich hierzu noch zur Festigung dienende, skleren- chymatische Elemente. Die Oberhaut der oberen Blattseite unterscheidet sich ge- wöhnlich im Baue von jener der Unterseite und entbehrt oft der Spaltöffnungen, welche an der Unterseite fast niemals fehlen. 89. Das Blatt der Moose ist stets ungestielt. Hingegen findet man an den Blättern vieler Gefäßkryptogamen (Farne) und der meisten Phanerogamen außer der Spreite noch, als Träger des Blattes, einen Stiel ausgebildet, weleher im Vergleiche zur ersteren in anatomischer Beziehung manche Eigentümlichkeit darbietet. Die Oberhaut des Blattstieles ist entweder frei von Spaltöffnungen oder doch spaltöffnungsärmer. Das Gefäßbündel und das Kollenehym sind relativ stärker als in der Blattspreite entwickelt. Im Stiele mancher Blätter kommt Kollenchym vor, während es in der Spreite fehlt. Im allgemeinen nähert sich der Bau des Stieles jenem der Blattrippe, in welcher gleichfalls Gefäßbündel und Kollenehym überwiegen. All die genannten Besonderheiten des Stieles und der Rippen sind wohl schon nach der früher gegebenen Erklärung über die physiologische Bedeutung der in Betracht kommenden Gewebe verständlich. Das Dominieren der mechanischen Elemente im Stiele und in den Rippen des Blattes ist ebenso augenfällig wie das Zurücktreten, Ja der Mangel an grünem (assimilierendem) Parenehym in diesem Teile des Blattes. Man sieht also, daß die Komplikation im Baue des Blattes die Lokalisierung der Funktionen im Gefolge hat. 90. Eine große Mannigfaltigkeit gibt sich in der Gefäßbündel- verteilung des Phanerogamenblattes zu erkennen, welche zum Teil in der »Nervatur« der beschreibenden Botanik schon makroskopisch zum Ausdrucke kommt. Es sei hier zunächst an die streifennervigen Monokotylenblätter erinnert, bei welchen die Hauptstämme der Gefäb- bündel nahezu parallel verlaufen, durch zartere Seitennerven aber untereinander verbunden sind, und an die verzweigtnervigen Blätter der Dikotylen, bei denen der Hauptstamm des Gefäßbündels sich in immer kleinere und kleinere, häufig netzförmig anastomosierende Seitenäste teilt. Das Gefäßbündel des Phanerogamenblattes ist stets verzweigt; selbst in jenen kleinen linealen Blättern, welche von den Systema- tikern als einnervig bezeichnet werden, kommen, wie die mikro- skopische Untersuchung lehrt, Seitennerven vor. 153 Es hat häufig den Anschein, als träte aus dem Stamme nur ein Gefäßbündelstrang in das Blatt über. Es sind hier aber meist getrennte Stränge vorhanden, und selbst die Seitennerven im Blatte, die uns stets einfach erscheinen, sind oft (z.B. im Blatte von Vitis vinifera) aus mehreren Gefäßbündeln zusammengesetzt. Indes ist es bei allen Blättern mit breitem Blattgrunde augenscheinlich, daß mehrere Stammstränge in das Blatt eintreten, oder, was dasselbe ist, da bei den Phanerogamen gemeinschaftliche Gefäßbündel im Blatte Vergr. 30. Ein Stück des Gefäßbündelnetzes aus dem Blatte von Trirolium montanum, In« nerhalb der Netzmaschen 2 rn n befinden sich die aus Tracheiden bestehenden Enden e e der Kleineres Fliederblättchen von Pilocarpus pen- Gefäßbündel. Der Pfeil gibt die Richtung des natifolius (Jaborandi) mit sympodialem Mittelnerven an. Randnery. (Nach Möller.) und Stamme vorkommen, aus dem Blatte in den Stamm übergehen. — Die Mittelnerven der Abietineenblätter sind mit wenigen Aus- nahmen aus zwei nebeneinander herlaufenden Gefäßbündeln zu- sammengesetzt (Fig. 113). Die Enden der Gefäßbündel liegen entweder nur am Blatt- rande oder in der Lamina, oder sowohl in dieser wie an jenem; sie ragen frei ins Mesophyll und verbreiten sich bei den netznervigen Blättern meist innerhalb der Maschen des Netzes (Fig. 115). Feine, am Rande des Blattes anzutreffende Auszweigungen der Gefäb- bündel werden häufig sympodial, d. h. verbinden sich untereinander, und bilden einen »Randnerv« (Marginalnerv, Fig. 116). 154 Je größer die Wasserverdunstung des Blattes, desto mehr neigt es zu stark verzweigter anastomosierender Nervatur. Die Blätter der Wasserpflanzen, ferner der Gewächse mit schwacher Transpiration und trägem Stoffwechsel sind nur mit wenigen Nerven versehen, die nicht oder wenig verzweigt sind und nicht anastomosieren (Eywi- setum, Koniferen, Erica ete.). Ist das Mesaphyil in eine dichte Schichte Pal ee und eine lockere (Schwammparenchym) gegliedert, so liegen die Gefäßbündel in letzterer, aber ziemlich nahe der ersteren. Das Gefäßbündel der Phanerogamenblätter gliedert sich stets in einen Phloöm- und Xylemteil, welche mit den korrespondierenden Teilen des Stammgefäßbündels direkt verbunden sind. Dement- mung or N / Vergr. 300. Durchschnitt durch das Blatt von Cyelamen europaeum. O obere, 0‘ untere Öberhaut, s Spaltöffnung, M Mesophylil, P Palisadengewebe, $ Schwammparenchym mit dem Gefäßbündel 9. sprechend liegt. wenn das Gefäßbündel kollateral ist, was ja bei Dikotylen und Monokotylen die Regel bildet, der Phloömteil an der unteren, der Xylemteil an der oberen Seite des Blattes. Der feinere Bau der Gefäßbündelstämme und Enden ist schon oben (p. 119— 127) besprochen worden. 91. Gewöhnlich ist das Blatt der Phanerogamen folgender- maßen anatomisch zusammengesetzt. Die äußere Umhüllung wird von einer Epidermis gebildet, welche oberseits anders als unterseits gebaut ist. Die obere Oberhaut ist spaltöffnungsfrei oder doch ärmer an Spaltöffnungen als die untere. Von der Epidermis rings umschlossen liegt das Mesophyll, welches in seiner oberen Hälfte einen anderen Bau als in seiner unteren aufweist (Fig. 117; auch Fig. 87, p. 107 und Fig. 110, p. 145). Die obere Hälfte bildet das Palisadengewebe, die untere das Schwammparenchym. Ersteres besteht aus senkrecht zur Oberhaut a de a ed ar 155 gestellten. nur sehr schmale Luftgänge zwischen sich aufnehmenden Zellen, letzteres aus von mehr oder minder großen Luftlücken unterbrochenen Elementen. Die Anpassung der oberen und unteren Mesophylihälften an die obere und untere Oberhaut ist unverkenn- bar. Das Palisadengewebe ist weitaus chlorophyllreicher als das Schwammgewebe,. weshalb die Oberseite des Blattes eine intensivere grüne Farbe zeigt als die Unterseite. Durch den Reichtum. des Palisadengewebes an Chlorophyll ist es als Assimilationsgewebe (s. p. 142) gekennzeichnet. Was die physiologische Bedeutung des Schwammparenchyms betrifft. so leuchtet wohl ein, > daß es aus den Leitbündeln Fig. 118. Wasser und Bodennährstoife aufnimmt und diese an das Goa. 0 HER HT, WI TTS, Assimilationsgewebe abgibt und daß es der Ableitung der im Palisadengewebe ge- bildeten plastischen Stoffe zu dienen hat. Die Funktion des Schwammparenchyms als Zu- und Ableitungsgewebe spricht sich sehr oft deutlich in der charakteristischen Lage sei- ner Zellen zu den Palisaden und zum Gefäßbündel aus (Fig.118). Daß dasSchwamm- _ | f | Vergr. 230. Partie aus denı Blattquerschnitt von Fieus sewebe auch der für das eastca. a a Aufnahms- oder Sammelzellen (des 5 Schwammparenchyms), welche die Verbindung zwi- Leben der Pflanze so wich- schen dem Palisadengewebe p p‘ und dem Gefäßbün- tigen Wasserverdunstung vn et errae a7 (Transpiration) dient, geht aus der großen freien Oberfläche seiner Zellen und seiner Kom- munikation mit den Spaltöffnungen und mit dem wasserleiten- den Gewebe des Gefäßbündels unmittelbar hervor. Man hat deshalb dieses Gewebe auch »Transpirationsgewebe« genannt- Der Besitz dieses Gewebes an Chlorophyll deutet auch noch auf eine, freilich im Vergleiche zum Palisadengewebe schwache Kohlensäureassimilation hin. Damit ist wohl unsere positive Kennt- nis der Funktion des Schwammparenchyms erschöpft: allein es ist sehr wahrscheinlich, dal dieses Gewebe eine viel wichtigere Rolle bei der Assimilation spielt, als ihm derzeit zugeschrieben wird, und es erscheint besonders die Annahme erlaubt, dal) ge- rade hoch zusammengesetzte Pflanzenstoffe im Schwammparenchym 156 aus relativ nieder zusammengesetzten, in den Palisadenzellen ent- standenen, gebildet werden.*) Die meisten flachen, symmetrisch (bilateral) gestalteten, nicht zu großen Blätter zeigen den oben angegebenen Bau. Dieselben Fig. 119. En a B368 EN Ar s = „ LIE SE \ A NE NA RE } HE UK SE LT /" An n | ya) UV In ) vo ACT IRLDN ER @ Ya RN 28 N LE \d IL TI ıY > I Va - mi ctn Vergr. 50 Durchschnitt durch das Blatt der Agave americana (unteres Drittel). oo Oberhaut, m’ m’ der als »Blattrinde« ausgebildete Anteil des Mesophylis, m das übrige Mesophyll, darin 2—4 kollaterale Gefäßbündel. 5 einfache aststränge. (Aus Wiesners ‚Rohstoffen«.) sind nicht nur bilateral, son- dern auch dorsiventral ge- baut; es weicht, wie wir ge- sehen haben, die obere Hälfte im Baue von der unteren ab. Die erstere besteht aus der oberen ÖOberhaut und dem Palisadengewebe, die letztere aus dem Schwammgewebe, dem Gefäßbündel und der unteren Oberhaut.**) 92. Blätter, welche ent- weder zylindrisch gestaltet sind oder doch von der gewöhn- lichen stark flachen Form ab- *) Das Mesophyll zeigt noch manche andere als die hier angeführ- te Differenzierung, welcher dann stets auch eine bestimmte Funktion zu- grunde liegt. So findet man in den wasserausscheidenden Blättern insbe- sondere unter den oben vorgeführten Wasserspalten (p. 104) oft einen scharf abgegrenzten chlorophyllosen Mesophyllanteil, welcher von wasser- gefüllten Interzellularen durchsetzt ist. Man hat diese, die Wasserausschei- dung befördernden Gewebsteile »Epi- theme« genannt. Auch sind die im Mesophyll verlaufenden Getäßbündel häufig von parenchymatischen Leit- scheiden umkleidet (Fig. 118 s) u. 8, mW ==) Eine auffällige Abweichung von diesem Typus ist bei solchen flachen, bilateralen Blättern anzutreffen, bei welchen, sei es durch Drehung des Blattstieles oder durch Einrollung des Blattes oder durch Neigung des Zweiges, die morphologische Oberseite der Spreite zur Unterseite, die morphologische Unterseite zur Oberseite wurde, 157 weichen, zeigen häufig. ähnlich dem Stamme, einen konzentrischen Bau. wie dies bei den Nadeln der Föhre und vieler anderer Koni- feren der Fall ist. Die Nadeln der Föhre (s. oben Fig. 113) sind von einer Oberhaut umschlossen, an die sich nach innen zu an allen spaltöff- nungsfreien Stellen ein faseriges Hypoderm anschließt. Daran reiht sich konzertrisch ein grünes, von Harzgängen durchsetztes Par- enchym. Hierauf folgt, gleichfalls in konzentrischer Anordnung, eine gemeinschaftliche Gefäßbündelscheide, welche ein farbloses Parenchym umgibt, in dessen Zentrum die beiden — den Blattnerv des Föhrenblattes bildenden — Gefäßbündel liegen.*) 93. Größere und diekere Blätter, namentlich monokotyler Pflanzen sind durch eine mit der Oberhaut eng verbundene, dicht gefügte, oft sehr mächtige Gewebslage ausgezeichnet, welcher man den Namen Blattrinde gegeben hat (Fig. 119). Eine solche Umkehrung des Blattbaues findet man beispielsweise bei Passerina hir- suta und bei Allkum ursinum. =) An die konzentrisch gebauten Blätter schließen sich die sogenannten isolateral gebauten Blätter an, bei welchen infolge der Flachheit des Blattes die konzentrische Anordnung der Gewebe in den Hintergrund tritt und die Übereinstimmung der oberen Blatthälfte ınit der unteren für den Charakter des Blattbaues maßgebend wird. Es kommt diese Ausbildungsweise an Pflanzen zustande, deren Blätter so gestellt sind, daß das Licht wenigstens annähernd die eine Seite ebenso stark trifft wie die andere, also strenge genommen von einer Ober- und Unterseite nicht die Rede sein kann. Diese isolateral gebauten Blätter haben nämlich die Tendenz, sich gewöhn- lich etwa radial zur Stammachse in eine Vertikal- ebene zu stellen; infolgedessen ist jede der beiden Seiten gleicher Beleuchtung ausgesetzt und deshalb beiderseits gleich gebaut. Zumeist treten beiderseits (Fig. 120) Palisadengewebe Vergr. 22". Querschnitt durch das Blatt . SER einer auf sonnigem Standort erwach- auf, welche durch eine schmale Schichte von senen Centaurea jacea. Isolateraler 1 Blattbau. o obere, « untere Epidermis, farblosem oder chlorophyilarmem Parenchym, p Palisaden der oberen, p der unteren das in der Regel das Gefäßbündel zwischen sich Blattseite, s Siebteil des Gefäßbündels, & L £ r dessen Holzteil durch Schraffierung an- aufnimmt, voneinander getrennt sind. Der dorsi- gezeigt ist. (Nach Heinricher.) ventrale Charakter des Blattes geht infolge dieser Gewebsanordnung fast ganz verloren und nur die Lage der Gefäßbündel- teile weist darauf hin, welche Seite eines solchen isolateral gebauten Blattes als die morphologische Ober- und welche als die morphologische Unterseite anzusehen ist. (E. Heinricher, »Über isolateralen Blattbau«. Pringsheims Jahrb. f. wiss. Bot. 1884, XV.) 158 Dieselbe ist entweder völlig chlorophyllos oder führt nur Spuren von Chlorophyll und hebt sich immer scharf von dem darunterliegenden chlorophyllreichen Mesophyll ab. Die Zellen dieses Gewebes führen Zellsaft. Diese Blattrinde entspricht entweder (z. B. im Blatte von Begonia) einer mehrschichtigen Oberhaut oder (z. B. im Blatte von Agave americana und Tradescantia discolor) jener Form des Hypo- derma, die wir oben (p. 137) als Wassergewebe kennen lernten (s. Fig. 106). Dieses oder auch eine wasserreiche zusammengesetzte Oberhaut, ja selbst die einfache Oberhaut, wenn sie großzellig und wasserreich ist, dient dem Blatte vieler Pflanzen als Wasserreservoir. Fig. 121 3 B R Frauen je a 2 oO 1 2 pi (Yı % m | (| I: IQ fi) ir INN - 1 N A, hi ul A Ry ) | am P i m n: j [' ein, O | n N Ai i \ II | $; Il ı y b I R Y 7 Vergr. 35. Schematischer Querschnitt durch die dünnere Partie des Blattes von Phormium tenaw. 0 0 Hautgewebe, B m B von Gefäßbündelscheiden umgebene, als »Träger« fungierende Fibrovas: ıl- “es änge, deren Bastteile B B die »Gurtungen« und deren Mestom m die »Füllung« des Trägers bilden. d d einfache Baststränge, 9 9 kleinere Gefäßbündel, 2 p grünes, p’p‘ farbloses Bi attparenchym. (Nach Schwendener.) Innerhalb der Blattrinde liegt das Mesophyll, welches auch ın diesen Fällen sich häufig in Palisaden- und Schwammparenchym gliedert und dann im letztgenannten Teile das Gefäßbündel be- herberst. Damit die Blätter den für sie nötigen Grad von Festigkeit erlangen, sind in denselben die mechanischen Zellen je nach Bedarf mehr oder minder reichlich vorhanden und in bestimmter Weise angeordnet. Das anatomische Bild ist zumeist der Ausdruck einer zweckmäßigen mechanischen Konstruktion. Daß die Blattstiele und die Rippen im Vergleiche zur Spreite reich an mechanischen Elementen sind, ist schon früher betont worden. Die mechanischen Zellen erscheinen in den Blättern, vom Standpunkte der Baumechanik betrachtet, desto bestimmter in rationell vereinigten und rationell angeordneten Gruppen, je mehr 159 sie infolge ihrer Gestalt und Größe, ferner wegen der Verhältnisse, unter welchen sie zu existieren haben, mechanischen Angriffen aus- gesetzt sind. Die Blätter werden vornehmlich auf Biegung in Anspruch ge- nommen und sind dementsprechend biegungsfest gebaut. Es kommt dabei darauf an, die Ober- und Unterseite möglichst fest zu ge- stalten. weil gerade diese am meisten bei Biegung in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Festigung wird durch Bastbelege bewirkt, von denen einer der Oberseite, der andere der Unterseite des Blattes zugewendet ist. Diese Bastbelege bilden gewissermaßen die »Gur- tungen« der Konstruktion, während zwischen denselben sich das schwächere Materiale, die »Füllung«e, in Form des Mestomstranges befindet (Fig. 121). Zur Stütze der zarten Parenchymzellen sind in manchen Blättern (z. B. von Camellia, s. oben p. 152) sklerenchymatische Elemente angebracht. 94. Im Anhange sei noch des anatomischen Baues einiger anderer Blattgebilde Erwähnung getan. — Die Knospendecken (Tegmente) der Laubknospen sind rudimentäre Laubblätter (s. Bd. II, p- 5l) und stimmen deshalb in anatomischer Hinsicht mit jenen Fig. 1 Teilen des Laubblattes. denen sie XIIn e r Y \ R\ „© hen, ın vielen Punkten ENSIER ES Bepler En e N AN überein. Die untere Oberhaut der U! VIrR na } Knospendecken besteht gewöhnlich I YCDH9OE aus stärker verdiekten Elementen Sa s,0e als die obere. Die Oberhaut sezer- BT III OoO—m ; TER= Breer e ;c niert häufig eine harzige Substanz Gage (z. B. bei Populus nigra). Als An- re >= Se hänge der Oberhaut treten an FIIR Dt Knospendecken häufig eigentüm- « : nn. Vergr. 300. Durchschnitt durch ein Tegment liche, Schleim und Harz abson (Knospendecke) einer Laubknospe von desculus - = Hippocastanum wit einer Kolletere c. 0 o‘ Ober- dernde Triehome auf, die man a hi! Kolleteren (Fig. 122) genannt 1at. Bemerkenswert ist der Umstan al) die Oberhau ı den hat. Bemerk t ist der Umstand, daß die Oberhaut bei d Tegmenten mancher Holzgewächse (z. B. bei Aesculus Hippocastanum) urch ein Periderm ersetzt wird (vgl. oben p. . Wenn das Laub- durch ein Perid ersetzt wird (vgl. oben p. 118). W blatt, dem das Tegment als rudimentäres Organ entspricht, ein kollenchymatisches Hypoderm führt, so findet sich dieses Gewebe auch in der Knospendecke, und zwar gewöhnlich in relativ starker Ausbildung vor. In einigen Fällen ist das ganze Grundgewebe bloß durch Kollenehym repräsentiert. Das Parenchym läßt keine innere 160 Gliederung erkennen, seine Zellen sind meist stark verdickt. führen allerdings oft Chlorophyll, welches aber verhältnismäßig früh ver- schwindet. Die Gefäßbündel der Knospendecken stimmen im Baue mit denen der Laubblätter ziemlich überein. namentlich was die histologische Zusammensetzung anlangt. — Die (grünen) Kelch- blätter nähern sich vielfach den Laubblättern im anatomischen Baue. Die Oberhaut führt bloß unterseits Spaltöffnungen. Das Meso- phyll läßt häufig eine Andeutung einer Gliederung in dichtes (oberes) und schwammiges (unteres) Parenchym hervortreten. Die Gefäb- bündel führen vorwiegend Gefäße und Phlo&melemente, eigentliche Bastzellen kommen meist nur spärlich vor. — Die Blumenblätter (Perigon- und Korollblätter) bestehen aus einem lockeren, gleich- förmigen Parenchym, welches von Gefäb- bündeln durchzogen /)\\ und von einem häufig x n\® papillösen Epithel be- n/ \\ Su 0% deckt ist. Die Farb- / II stoffe treten entweder > N in sämtlichen Zellen TG /ÄaX “® oder bloß im Epithel, ) oder bloß im Parenchym auf, gewöhnlich im Zell- safte gelöst, seltener in i N \ N \ DIE Vergr. 300. Epithel der Kronenblätter von Viola tricolor. Form von Farbstof- p Papillen mit streifiger Kutikula. » w aneinanderstoßende Zell- ee is Br wände des Epithels. körpern. Stärkekörn- chen und Kristalle von oxalsaurem Kalke finden sich im Mesophyll der Blumenblätter häufiger vor, als man vermuten sollte. Ätherische Öle bilden einen fast nie fehlenden Bestandteil der Blumenblätter. Sie finden sich entweder in besonderen Sekretbehältern (Drüsenhaaren, Ölzellen, Ölgängen) oder, und dies ist sehr häufig zu beobachten, in Form kleiner Tröpfehen, welche im Zellsafte des Epithels, des Parenchyms oder beider suspendiert sind, wie z. B. in den Kronblättern der Linde. Manchmal kommt das ätherische Öl in beiden Formen vor. wie in den Korollblättern der Orangenblüten, wo die Epithelzellen dasselbe in Form feiner Tröpfchen enthalten, während in dem knapp unter dem Hautgewebe liesenden Parenchym hysterogene ölerfüllte Sekretbehälter liegen.*) Die Gefäßbündel bestehen vorwiegend aus *) Wenn das ätherische Öl eines Korollblattes ein festes Stearopten ent- hält, so scheidet sich dieses bei manchen Pflanzen innerhalb der lebenden Zelle 161 Gefäßen (meist Spiralgefäßen), die von dünnwandigen Faserzellen mit wenig ausgesprochenem Charakter begleitet werden. Die Keim- blätter (Kotyledonen), welche hier noch kurz bezüglich ihres ana- tomischen Baues erwähnt sein mögen, bestehen in vielen, nament- lich in allen jenen Fällen, wo im Samen ein Sameneiweiß fehlt und sie die Träger der Reservestoffe sind, aus einem reich ent- wickelten gleichartigen Grundparenchym, welches die fleischige oder überhaupt weiche Beschaffenheit dieser oft sehr dieken Blatt- gebilde bedingt, das von einer zarten, spaltöffnungslosen Oberhaut umschlossen und gewöhnlich von Gefäßbündeln durchzogen ist. Letztere bestehen entweder nur aus kambialen Zellen (Mandel) oder führen auch echte Gefäße (Kakaobohne), können aber selbst in diesem Falle gewöhnlich erst mikroskopisch nachgewiesen werden. Das Parenchym der Keimblätter ist mit Reservestoffen (Öl, Aleuron und Stärke; bei reichlichem Fettgehalt prävaliert das Aleuron oder tritt neben dem Fett ausschließlich als Reservestoff auf) erfüllt. II. Anatomie des Stammes.) 95. Jeder Stamm besteht aus Haut-, Grund- und Strang- gewebe. Einjährige Stämme sind von einem primären Hautgewebe bedeckt, das in der Regel in Form einer einfachen Oberhaut auf- tritt; ausdauernde Stämme ersetzen dieses primäre Hautgewebe, ge- wöhnlich von der zweiten Vegetationsperiode an, durch ein sekun- däres, nämlich durch ein Periderm. — Als Grundgewebe erscheint meist ein Parenchym, an welches sich nach außen ein mit dem Hautgewebe aufs innigste verbundenes Hypoderm anschließt. — Das Stranggewebe wird in der Regel durch Gefäßbündel gebildet, und nur bei den niedersten Formen, den Moosen, wo häufig selbst die Differenzierung im Gewebe noch eine unvollkommene ist, fehlt dasselbe und ist durch einfache Faserstränge repräsentiert. Neben den Gefäßbündeln kommen in vielen Stämmen noch einfache Strang- gewebe, nämlich Bast- oder Kollenehymstränge, seltener Siebröhren- stränge vor (vgl. p. 121). Der Stamm ist entweder von einem einzelnen zentralen Ge- fäßbündel durchzogen oder er besitzt mehrere bis zahlreiche Ge- fäßbündel. Im letzteren Falle erscheinen dieselben entweder ziemlich regellos über den Querschnitt verbreitet (Stamm der Monokotylen) oder bilden, im querdurchschnittenen Stamme gesehen, einen ein- aus, bei der Rose (stark duftende Varietäten) sogar in Form von Kristallen. Siehe oben p. 63. Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 11 162 zigen, von Grundgewebszügen (primären Markstrahlen) durch- setzten Ring (Stamm der Dikotylen), mancherlei Ausnahmen einst- weilen noch nicht zu gedenken. Kommen zahlreiche Gefäßbündel vor, so gliedern sie häufig das Grundgewebe in primäre Rinde und Mark: erstere liegt außerhalb, letzteres innerhalb der Gefäßbündel. Tritt nur ein (zen- trales) Gefäßbündel im Stamme auf, so entspricht das ganze Grund- gewebe der primären Rinde. 96. Die Dauergewebe des Stammes gehen aus dem die Stamm- spitze (Vegetationsspitze) bildenden Meristem — dem Urmeristem — hervor. Inwieweit auch ein zwischen Dauergeweben einge- schlossener Rest von Meristemgeweben — das Kambium — an dem Aufbaue des Stammes Anteil nimmt, ist schon oben bei Besprechung des Gefäßbündels dargelegt worden (66, p. 122). Die Mitwirkung von Folgemeristemen an der Weiterentwicklung der Stämme kann erst später erörtert werden. Das Hervorgehen des Stammes und seiner Auszweigungen (Seitensprosse und Blätter) aus der Vegetationsspitze gehört ins Gebiet der Entwicklungsgeschichte der Organe und wird erst im zweiten Bande dieses Werkes zur Sprache kommen. In der Ana- tomie kann nur auf den Unterschied, welcher zwischen den Meri- _ stemen und den aus denselben hervorgehenden Dauergeweben be- steht, hingewiesen werden. Die Stammspitze der Moose und der meisten Gefäßkrypto- gamen endet in eine relativ große, in lebhafter Teilung begriffene Meristemzelle, in die Scheitelzelle, durch deren Tätigkeit ein Bildungsgewebe entsteht, welches keine oder eine nur wenig deut- liche Gliederung in ein äußeres und inneres Meristem erkennen läßt (Fig. 124). Hingegen setzt sich die Vegetationsspitze des Phanerogamen- stammes, wie schon früher bemerkt wurde (p. 91), aus drei unter- scheidbaren Meristemen, dem Dermatogen, Periblem und Plerom, zu- sammen. Die Beziehungen der genannten Meristeme zu den daraus hervorgehenden Dauergeweben lassen sich nicht in Kürze schildern. Als Regel für viele Fälle ergibt sich folgendes. Aus dem Derma- togen geht das primäre Hautgewebe, aus dem Periblem die primäre Rinde (inklusive Kollenchym), aus dem Plerom das Gefäßbündel samt dem dazwischenliegenden Parenchym und das Mark hervor. Am schärfsten tritt uns die Beziehung zwischen Dermatogen und dem Hautgewebe entgegen. Allein die früher als richtig angesehene Angabe, der zufolge nur das Hautgewebe aus dem Dermatogen 163 sich bildet, hat sich nieht allgemein bewährt, indem erwiesener- maßen selbst einfache Stranggewebe (Bast- und Kollenchymstränge) aus diesem Meristem hervorgehen können.°®) Wenn an der Stamm- spitze der Moose und Gefäb- er kryptogamen zwei Meristeme 2 unterscheidbar sind, so ent- spricht das äußere der Summe { von Dermatogen und Peri- SL blem, das innere dem Ple- rom der Phanerogamenmeri- us z ar steme. In Soc Die Stammspitze man- Salz cher Gefäßkryptogamen, z.B. III L der ZLycopodium-Arten, ent- 7% I“, Mone behrt der Scheitelzelle und ! ehrt der Scheitelzelle un E TanEr 9: r wird gleich der Vegetations- Ü spitze des Phanerogamen- Vergr. 300. Stammspitze von Equisetum. s Scheitelzelle, 4 E a äußeres, i inneres Meristem, 5 Blattanlage. stammes durch ein klein- zelliges Meristem gebildet (Fig. 125). So verbindet Zycopodium be- züglich des Baues der Stammspitze die übrigen Gefäßbkryptogamen mit den Phanerogamen, wie die durch eine Scheitelzelle wachsenden Gefäßkryptogamen und Moose sich an die höhe- Big. LES: ren thallösen Pflanzen (s. p. 131) anschließen, de- ren Scheitel durch eine große, Meristem erzeugen- de Endzelle gebildet wird (Fig. 101). 97. Die ersten An- fänge echter Stammbil- dung finden sich bei den beblättertten Lebermoo- sen vor. Die Gliederung des Stammes in Haut-, Grund- und Stranggewebe Vergr. 270. Längsschnitt durch die Vegetationsspitze von . . Lycopodium clavatum. d Dermatogen, pr Periblem, pl Plerom, ist hier bloß angedeutet. b Blattanlage. (Nach Sadebeck.) Die Zellen des Hautge- ” * N, webes unterscheiden sich von den benachbarten Elementen blol durch stärkere Verdickung der Außenwände. An die ÖOberhaut schließt sich ein dünner Hohlzylinder von diekwandigen Zellen an, 11® 164 welcher das Stranggewebe repräsentiert. Innerhalb desselben findet sich ein aus größeren dünnwandigen Elementen bestehendes Gewebe, das Grundgewebe. Es existieren viele Laubmoose, welche keine schärfere Differenzierung der Gewebe des Stammes zu erkennen geben. Bei all diesen niederen Stammformen geht das Stranggewebe allmählich ins Grundgewebe über. Andere Formen von Laubmoosen (z. B. Hyp- num, Mnium) führen einen zentralen Strang, welcher von einem nach innen scharf begrenzten parenchymatischen Grundgewebe umgeben ist, das aber in den äußeren Partien nur wenig vom Hautgewebe sich unterscheidet. Die Fig. 126. von den Blättern sol- cher Moose gegen den Stamm sich wendenden Faserstränge erreichen die stammeigenen Strän- ge nicht, sind vielmehr mit diesen durch par- enchymatische Zellen verbunden. Die vollkommen- ste Ausbildung des Stammes unter den Laubmoosen findet sich Vergr. 400. Längsschnitt durch die Stammspitze von Hippuris bei Polytrichum. Das vulgaris. d Dermatogen, per Periblem, © pl Plerom. (Nach 1 = Ti wernnen Hautgewebe ist aller dings von dem benach- barten Grundgewebe wenig verschieden, aber im Inneren des Stammes liegt ein Hohlzylinder fibröser, zu Bündeln vereinigter Zellen. Jedes Bündel besteht aus einer Gruppe zartwandiger Elemente (Kambi- form), welche von derben Faserzellen umschlossen werden. Von den Blättern treten Spurstränge in den Stamm ein, welehe durch das breitentwickelte Grundgewebe hindurch sich zum großen Teile mit den inneren (stammeigenen) Bündeln vereinigen. Das Hautgewebe des Stammes sämtlicher Moose entbehrt noch der Spaltöffnungen und nur der flache, lagerartige Stamm einiger Lebermoose (z. B. Marchantia), welcher wegen seiner blatt- artigen, an der Unterseite vorkommenden Anhänge (Amphigastria) einen Übergang vom Thallus zum Stamm erkennen läßt, ist mit einer spaltöffnungsführenden Oberhaut überdeckt. Bemerkenswert ist noch, daß die Elemente des Grundgewebes fast lückenlos an- 165 einanderschließen, so daß dieses Gewebe, welches zudem Andeutung von kollenehymatischer Verdiekung zeigt, die Mitte hält zwischen einem Hypoderma und einem gewöhnlichen Parenchym. 98. Der Stamm der Gefäßkryptogamen (Pteridophyten) ist bereits von echten, gewöhnlich konzentrischen und stets ge- schlossenen Gefäßbündeln durchzogen, das Grundgewebe von den Stranggeweben scharf unterschieden, und auch das schon mit Spalt- öffnungen versehene Hautgewebe nimmt ein spezifisches Gepräge an. Im Stamme der Lykopodieen, Rhizokarpeen und vieler Farne liegt ein zentrales Gefäßbündel, von einer verschiedenartig ausgebildeten Schutzscheide umschlossen, hieran reiht sich ein ge- wöhnlich parenchymatisches, von Interzellulargängen oder selbst größeren Lufträumen (z. B. bei Marsilia) durchsetztes, von einer Oberhaut überdecktes Grundgewebe. In dem fast immer konzentri- schen Gefäßbündel umgibt das Phlo&m das gefäßreiche Xylem (Fig. 95, p. 124). Die Blätter senden Spurstränge in den Stamm, welche das zentrale, stammeigene Gefäßbündel gewöhnlich erreichen. Abweichungen von dem genannten Typus finden sich namentlich unter den Farnen vor. Das kompakte zentrale Gefäßbündel ver- wandelt sich bei vielen Farnen in einen Hohlzylinder. Bei zahl- reichen Farnen erscheint im Stamme statt des zentralen ein peripher angeordnetes, netzförmig gestaltetes, stammeigenes Gefäßbündel, von welchem aus dünne Seitenzweige in die Blätter eintreten. Durch- schneidet man einen derartigen Farnstamm, so erscheinen die Ge- fäbbündel isoliert und in einem Kreise angeordnet, wie im Stamme der Dikotylen. Bei der erwähnten netzförmigen Anordnung der Ge- fäßbündel wird das Grundgewebe in Mark und Rinde gegliedert (s. Fig. 127). Die markreichen Stämme mehrerer Farne (z. B. Osmunda) führen statt eines konzentrischen ein kollaterales Gefäßbündel; wie im Stamme der Dikotylen liegt in diesem das Xylem des Bündels markwärts. Bei vielen Farnen besteht die Gefäßbündelscheide und oft auch das Hypoderma aus diekwandigen Faserzellen, welche sich zu einem geschlossenen Hohlzylinder verbinden. Ein sekundäres Hautgewebe wird bei den Farnen nicht ge- bildet. Bei ausdauernden Stämmen vertritt das Hypoderm häufig die Stelle eines Periderms. 99. Sehr einheitlich im Vergleiche zu den übrigen Gefäß- kryptogamen ist der Stamm der Equiseten gebaut. Das Haut- gewebe ist eine mit Spaltöffnungen versehene, kieselsäurereiche Epi- dermis, welche durch ein aus diekwandigen Faserzellen bestehendes 166 Hypoderma verstärkt wird. Daran schließt sich ein von Interzellular- gängen durchsetztes chlorophyliführendes Parenchym, welches einen Kreis kollateraler, geschlossener Gefäßbündel in sich aufnimmt. Bei manchen Arten ist jedes Gefäßbündel von einer besonderen, bei anderen alle Gefäßbündel von einer einzigen Gefäßbündelscheide umgeben (s. Fig. 128). Bei einigen Formen kommt auch eine doppelte gemeinschaftliche Gefäßbündelscheide, eine äußere und eine innere vor. — Sehr charakteristisch sind auch die drei Arten von luft- Fig. 128. Schwache Vergrößerung. Gefäßbündelverlauf im Stamme von Blechnum boreale; anach den Blättern ablaufende Gefäßbündelzweige. (Nach Unger.) führenden Interzellularräumen im Equisetenstamme: ein Kreis von Lufträumen in der Peripherie des Stammes, ein großer im Zentrum des Stammes, endlich in jedem Gefäßbündel einer. Die zuletzt ge- nannten Interzellularen entstehen . * Vergr. A Querschnitt durch einen Stamm durch Zerreißen von Gefäßen, Sc Va, Bin palustre, B durch einen unter- .. ] irdischen Stamm von E. litorale.. L _L peri- hören stets dem Xy em an und phere Luftgänge, 2 ! Luftgänge in den Gefäß- . £ 1 bündeln g g. ı zentraler Luftgang, 9 8 ge- sind von Gefäßen umgeben (Ss. meinschaftliche Schutzscheide, Z $ Schutz- (7 scheide um die einzelnen Gefäßbündel. Sche- Fig. 128). matisch. (Nach Pfitzer.) Die Gefäßbündel der Equi- seten sind Blattspurstränge. Von jedem Blattzahne aus Sehe ein Bündel in den Stamm ab, welches im nächst tieferen Innen sich gabelt und mit den dort eintretenden Blattspuren zu vereint- läufigen Strängen sich verbindet (s. Fig. 129). 100. Der Stamm der Monokotylen (Fig. 130) unterscheidet sich, einige Ausnahmen abgerechnet, von dem der übrigen Gewächse N eine auffallend große Zahl von Gefäßbündeln, welche über 167 die ganze oder den größten Teil der Querschnittsfläche des Stammes zerstreut erscheinen. Das Grundgewebe ist in der Regel ein Par- enchym, das primäre Hautgewebe eine spaltöffnungsführende, relativ lange ausdauernde Oberhaut, die in späteren Vegetationsepochen durch ein Periderm ersetzt wird, das häufig sklerenchymatische Elemente zwischen sich Fig. 129, aufnimmt. Die Verteilung der Gefäßbündel über die Querschnittsfläche des Stammes ist nie- mals eine vollkommen gleichmäßige; in der Peripherie stehen sie dichter als gegen die Mitte zu. Sehr häufig ist das axile Grund- gewebe völlig gefäßbündelfrei, es ist als Mark ausgebildet. Dasselbe bleibt entweder im Laufe der Weiterentwieklung des Stammes erhalten oder wird durch einen Luftraum ersetzt, welcher infolge ungleichen Wachstums der Gewebe durch Zerreißung des Markes zu stande kommt. 101. In der Regel sind die Gefäßbündel desMonokotylenstammeskollateral und re- El rer eehern = . = Tr Stamme von Zquisetum. ss im präsentieren soferne häufig den Übergang stamme, d 5 im Blatte ver- Fall laufende Teile der Gefäß- auen bündel (Blattspurstränge). Die zum konzentrischen, als in diesen Phloöm und Xylem von Bast umschlossen sind ar a ehe er (s. oben p. 125, Fig. 96). Stets sind sie ge- schlossen. In jedem Stamme dieser Gewächse kommen Blattspur- stränge vor, in manchen Fällen indes auch stammeigene Bündel. Treten beide Bündelformen auf, so bilden die ersteren gewöhnlich die überwiegende Mehrzahl, reichen jedoch nicht bis in die äußersten Partien des Grundgewebes, welche vielmehr von den stammeigenen Gefäßbündeln eingenommen werden. Die stammeigenen Gefäßbbündel des Monokotylenstammes ver- laufen parallel, die Blattspurstränge hingegen schief zur Achse des Stammes. Von jedem Blatte treten in der Regel zahlreiche Blatt- spuren in den Stamm ein, was durch die Größe der Blattbasis er- möglicht wird, die nicht selten den ganzen Stammumfang einnimmt. Jede Blattspur wendet sich beim Eintritt in den Stamm stark ge- krümmt gegen die Mitte des Organes, biegt flach ab und kehrt in schief absteigender Richtung wieder gegen die Peripherie des Stammes zurück, um dort frei zu enden (s. Fig. 130 4, C). Dies ist der gewöhnliche Fall. Seltener (z. B. Lihium, Fritillaria) ver- bindet sich das untere Ende einer Blattspur, ohne daß eine Zurück- 168 biegung des Bündels gegen die Peripherie stattgefunden hätte, mit tieferen Blattspuren. Getrenntläufige Bündel bilden also im Stamme der Monokotylen die Regel, vereintläufige die Ausnahme. Bezüglich der Lage der Blattspuren im Monokotylenstamme müssen noch zwei wichtige Momente hervorgehoben werden. — Die Tiefe, ‘bis zu welcher eine Blattspur in den Stamm eindringt, ist selbst für die von einem und demselben Blatte abgehenden Stränge verschieden. Stets ist es der Mittelnerv (medianus), welcher am weitesten gegen die Stammachse vordringt; umgekehrt verhalten sich g. 130. B NEE — | \ \ | \ Schematische Darstellung des Gefäßbündelverlaufes im Monokotylenstamme. A radialer Längsschnitt, B Querschnitt, © horizontale Projektion der Spurstränge eines Blattes. m Mediannerv, m, Marginalnerv, die Marginalnerven; alle übrigen Gefäßbündel des Stammes zeigen ein intermediäres Verhalten (Fig. 130 ©). — Der eben geschilderte gekrümmte Verlauf der Blattspuren vollzieht sich häufig in radialer Richtung; der Strang krümmt sich also in einer dem radialen Längsschnitt des Stammes entsprechenden Fläche. In manchen Monokotylenstämmen aber ist der Verlauf der Stränge ein ausge- sprochen schiefer, der Richtung einer Schraube folgender; in diesem Falle kann die Blattspur die ganze Achse des Stammes umkreisen, ja sogar (z. B. im Stamme der Chamaedorea elatior) darüber hin- ausgehen. Außer den Gefäßbündeln treten im Monokotylenstamme noch einfache Stranggewebe, nämlich Bast- und Kollenehymstränge auf; 169 erstere häufig (Fig. 131), letztere selten. Zumeist liegen dieselben subepidermal und bedingen dann das Zustandekommen der Rippen des Stammes. Bei manchen Monokotylen kommen aber weit entfernt vom Hautgewebe, sogar in der Nähe der Stammachse, also innerhalb der Gefäßbündel, solche Stränge vor, z. B. im Stamme von Fimbristylis spadicea.. — In jedem Falle erfüllen diese Stränge mechanische Zwecke. 102. Viele Monokotylen weichen im Stammbaue von dem hier angeführten Typus ab, den man als den normalen anspricht, weil sich demselben die überwiegende Mehrzahl der hierhergehörigen Gewächse unterordnet. Es kann hier nur auf die am meisten in ee) le D2: IIoN X,» N EN - RO ale felaer} Se ‘) l l 5 = SEE NN \ N Vergr. 300. Querschnitt durch den Stamm von Cyperus Papyrus mit einfachen (db) und zusammen- gesetzten Stranggeweben (Gefäßbündel, 5‘ ph b‘). o Oberhaut, d isolierte Baststränge ; x Xylem, pA Phlo@m, b’‘ b’ Baststränge der Gefäßbündel; g g‘ Grundgewebe. die Augen springenden Abweichungen vom normalen Typus hin- gewiesen werden. In den ausdauernden Stämmen mancher Monokotylen (z. B. von Dracaena; s. Fig. 132) geht ein Teil der Dauergewebe aus einem Folgemeristem hervor. Da dieses Teilungsgewebe durch Neu- bildung von Gefäßbündeln und Grundgeweben den Stamm dieser Gewächse verdickt, so wird es als Verdiekungsring bezeichnet. Dieser entsteht im Stamme außerhalb der gewöhnlichen, nunmehr schon fertigen Gefäßbündel in einer Schichte parenchymatischer Zellen und bildet einen meristematischen, in der Nähe der Peripherie gelegenen Hohlzylinder. In diesem Folgemeristem bilden sich Gefäb- bündel und dazwischen Parenchym. Durch die Tätigkeit dieses Bildungsgewebes verdickt sich der Stamm dieser Monokotylen in ähnlicher Weise wie ein Dikotylenstamm; der Unterschied besteht aber darin, daß hier die schon vorhandenen Gefäßbündel nach der Dicke weiterwachsen, während dort neue Gefäßbündel angelegt 170 werden. Es sei jetzt schon bemerkt, daß jenes Meristem, welches das Diekenwachstum des Dikotylenstammes bewirkt, gleichfalls mit dem Namen Verdiekungsring bezeichnet wird. Aber schon die hier angestellte Betrachtung lehrt, daß der Verdiekungsring des Diko- tylenstammes von dem des Monokotylenstammes verschieden ist. Erwähnenswert ist die Anordnung der Gefäßbündel im Stamme der Tradeskantien und der Kommelineen überhaupt, .weil der anatomische Aufbau dieser monokotylen Stämme infolge des Gefäßbündelverlaufes sich enge an den gewisser Dikotylenstäimme AI 8% IX) Bam, Eis ZaSH 7. <) REINE [] (2) on = san Et 30. aa wo IH IL} [| um I Erf N} ER o >? 7 " Rn 099, T Er ER [2 7) en SSS 9205 Ze: LESER DENE Bel (o } I anne N EA. > n ei 3:8 E) = 1 5 a 7) uw N Ha £ WER, Zeit verschwindet. Im Inhalte Bi 5: 3: = BR der Markzellen auftretender TR Dass Du = oxalsaurer Kalk bleibt hingegen Y AITTE at - art Ka LU 4 > ) lange erhalten. = z. Niemals schließen die EB = Markzellen dicht aneinander, ge- S = k I wöhnlich sind sie durch schmale E 2 Inierzellulargänge, ‚geschieden, «y;;;, so marr das Bkammes der Base im Pe et, [ontstehen =: im Ele SS Be Srlerenehrm. mi Far Marke, infolge ungleichen Stammwuchses, größere lufterfüllte Räume. Das Hohlwerden der Stengel beruht auf dem mehr oder minder vollständigen Schwinden des Markes. Es lassen sich nach dem Grade der Reduktion des Markes drei Fälle unterscheiden: 1. das Mark verschwindet voll- ständig (Blütenschaft von Taraxacum offieinale); 2. es verbleibt im Stengelknoten in Form einer Platte, während es im Internodium beseitigt wurde (Stengel vieler Umbelliferen); endlich 3. es wird innerhalb jedes Internodiums in zur Stammachse senkrechte Lamellen zerklüftet (Stamm von P’hytolacca decandra und Junglans; s. Fig. 135). Da das Mark schon in der ersten Vegetationsepoche voll- kommen ausgebildet wird, so kann es später nur unwesentliche Ver- änderungen erleiden. Auf die Zerstörung des Chlorophylis im ab- 174 sterbenden Marke ist schon hingewiesen worden. Formänderungen infolge starken Druckes seitens der sich weiter entwickelnden Ge- webe sind in den Stämmen einiger Gewächse konstatiert worden. So z. B. bei Aristolochia Sipho, wo das im ersten Jahre rundliche Mark im 6—8jährigen Triebe zu einer dünnen, manchmal fast plattenförmigen Gewebsmasse zusammengepreßt erscheint. 105. Anordnung der Gefäßbündelim Dikotylenstamme. Wie schon erwähnt, stehen die Gefäßbündel am querdurchschnittenen Stamme der Dikotylen in einem Kreise. Die einzelnen Bündel sind — einige Ausnahmsfälle abgerechnet — kollaterale und unge- schlossene Blattspurstränge; der Stamm kann mithin nach der Dieke durch die Weiterent- wieklung der vorhandenen Gefäßbündel wachsen; eine Neubildung von Gefäßbündeln (etwa wie im Stamme der Dracaenen) ist zur Stammver- diekung nicht nötig. Es ist aber begreiflich, daß ein Weiterwachsen der primären Mark- strahlen nur stattfinden kann, wenn ein Teil derselben noch den Charakter eines Meristems besitzt. Ein solches ist im ausdauernden Diko- tylenstamme auch stets vorhanden, es verbindet die Kambien benachbarter Gefäßbündel und wird deshalb Interfaszikularkambium (Fig. 136 und 137) genannt. Dieses bildet mit dem Kam- bium der Gefäßbündel des Stammes einen völlig geschlossenen Zylindermantel, welcher die Ver- | diekung des ganzen Stammes besorgt; es ist an Ne dies der schon oben berührte Verdickungs- a. Fing (Kambiumring) des Dikotylenstammes u en a. (vgl. oben 'p. "169 Arber niekrinpEeee selben, ölufterfüllte Hohl- dauernden, sondern auch in vielen annuellen Dikotylenstämmen, z. B. bei Lamium, kommt ein Interfaszikularkambium vor, was vom Standpunkte der Deszen- denzlehre von Interesse erscheint. Man sieht an solchen ein- jährigen Pflanzen deutlich, daß sie die Anlage zur Umwandlung in ausdauernde besitzen. Doch gibt es auch annuelle Dikotylenstengel, denen das Interfaszikularkambium fehlt, und namentlich wird man unter den blütentragenden Sprossen der Dikotylen viele finden, welche dieses Verhalten zeigen. Da der mit Blüten abschließende Sproß überhaupt nicht weiter wachstums- fähig ist, so wäre an demselben die Anlage von Interfaszikular- kambium ganz zwecklos (s. Fig. 138). 175 Es gibt allerdings dikotyle Holzgewächse, deren Stamm einfach durch die Weiterentwicklung der zuerst angelegten Gefäßbündel Fig. 136. Schematischer Querschnitt durch einen dreijährigen Dikotylenstamnm, dessen Holzkörper sich bloß durch die Weiterentwicklung der primären Holz- bündel aufbaut. x Xylem, >» Phloöm, € Kambium, © Interfaszikularkambium, m Mark, m‘ Markkrone, NM primäre Markstrahlen, J Jahrringgrenze, s sekun- däre Markstrahlen erster, s’ zweiter Ordnung. [Die Lage des Interfaszikularkambiums (i) ist aus der Fi- gur zu entnehmen, wenn dasselbe auch nicht durch Zeichnung dargestellt ist ] Schematischer Querschnitt durch einen krautigen Dikotylenstamm, dessen Inter- faszikularkambium sich nicht weiter entwickelt (Lamium). A Hautgewebe, 9 g' Grundgewebe, x Xylem, » Phlo&m, ce Kambium, i Interfaszikularkambium, g primäre Rinde, a’ Mark, J lufterfüllter Interzellularraum. wächst; z. B. der Stamm von Aristolochia Sipho (s. Fig. 136). Bei anderen (z. B. bei Üle- matis Vitalba) wird nur ein Teil des Interfaszikularkambiums zur Fig. 138. Schematischer Querschnitt durch einen krautigen Dikotylenstamm, der kein Inter- faszikularkambium bildet (Dielytra). q Grundgewebe mit dem Marke m, GE G Ge- fäßbündel, durch Grundgewebe getrennt. Die Kambien c der Gefäßbündel sind nicht durch Interfaszikularkambium ver- bunden. Schematischer Querschnitt durch einen zweijährigen Dikotylenstamm, welcher Interfaszikualarholz bildet. x, p, c, i, m, m‘, DI, s, s' wie in Fig. 136. 7 Faszikularholz, II Interfaszikularholz. Bezüglich © s. Er- klärung zu Fig. 136. Weiterentwicklung der primären Markstrahlen verwendet, der andere wird zur Anlage neuer Gefäßbündel benützt, welche zwischen 176 die zuerst angelegten eingeschoben werden (s. Fig. 139). Diese neu eingeschobenen Bündel erzeugen jene Anteile des Holzes, die man Fig. 140, : oo S20050 (2) 0238233 000° PegSo00028° r '/PRAOSY\ at h Sehematischer Querschnitt durch einen drei- jährigen Dikotylenstamm, dessen Holzkörper keine Gliederung nach den ursprünglich an- gelegten Gefäßbündeln mehr erkennen läßt (Ti- lia). m Mark, p Erstlingsgefäße (Protoxylem), H H Jahrringe des homogenen Holzkörpers, ph Phlo&m, v primäre Rinde. als Interfaszikularholz, zum Unterschiede von dem aus den zu- erst angelegten Bündeln entstande- nen Faszikularholz bezeichnet. Am häufigsten wird im Stamme der dikotylen Holzgewäch- se rasch ein homogener Holzkörper geschaffen (z. B. bei der Linde; Fig. 140), der allerdings von Mark- strahlen durchzogen ist, welche aber die Grenzen der Xylem- stränge nicht mehr hervortreten lassen. Nur indem man die Ent- wicklung solcher Stämme verfolgt, erkennt man die Anlage ursprüng- lich getrennter Gefäßbündel. Diese getrennten Anlagen bestehen im Holzanteil des Stammes aus Ring- und Schraubengefäßen; sie bilden das Protoxylem (Russow) und Fig. 141. im Gesamtquerschnitte des Stammes die Markkrone (s. oben p. 141). Das spä- ter gebildete, nicht mehr in Holzbündel geteilte Holz, das man früher häufig als Summe von Faszikular- und Interfaszikularholz betrachtete, wird jetzt als Sukzedanholz bezeich- net°®) (Fig. 140 und 141). Endlich gibt es zahl- reiche krautige Dikotylen- stimme, die allerdings = einen geschlossenen Holz- Schematische Darstellung des Holzkörpers Skizze von R. Raimann.) von Aesculus im Vertikalbilde, von der Markseite gesehen. Die vertikalen Schraffen entsprechen den Protoxylemsträngen (vgl. Fig. 140 p), welche nach unten im Stamme blind enden und nach oben in die Blätter abzweigen. Die horizontalen Schraffen ver- sinnlichen das Sukzedanholz (vgl. Fig. 140). (Nach einer körper bilden, der aber der Markstrahlen vollstän- dig entbehrt (Phaseolus, Dianthus, Coboea etc; 8. Fig. 142). Der normale, durch einen Kreis von ungeschlossenen kolla- teralen Gefäßbündeln ausgezeichnete Dikotylenstamm tritt somit ın z folgenden sechs Typen au 144 f: 1. krautiger Stamm ohne Interfaszikular- kambium (Fig. 138), 2. krautiger Stamm mit Interfaszikularkambium (Fig. 137), 3. verholzender mehrjähriger, durch Weiterwachsen der primären Gefäßbündel sieh verdickender Stamm (Fig. 136), 4. verholzender mehrjähriger, durch das Weiterwachsen von prI- mären und Interfaszikular- bündeln sich verdiekender Stamm (Fig. 139), 5. ver- holzender Stamm mit ge- schlossenem Holzkörper. dessen Sukzedanholz keine Gliederung in Xylembün- del mehr erkennen läßt, aber mit Markstrahlen versehen ist (Fig. 140), 6. krautiger Stamm mit geschlossenem Holzkörper, 106. Verlauf der Gefäßbündel im dikotylen Stamme. Die Gefäßßbündel des Dikotylenstammes ver- laufen, einige Ausnah- men abgerechnet, ent- weder parallel zur Stammachse oder in ge- *) Die Typen sind durch zahlreiche genannten Übergänge verbunden, Auch kommen mancherlei Aus- nahmen vor. So z.B. bei Artemisia tridentata, wo so- genannte aussetzende Markstrahlen (P. Bre- zina)gebildet werden, welche mitten im Holzkörper enden, indem das Interfaszikular- kambium in den aufeinander- folgenden Vegetationsperi- I I Vergr. 10. Schematischer Querschnitt durch den Stengel von Phaseolus multiflorus. o Oberhaut, Z Rindenparenchyn, B Bast der Phloöme, // geschlossener markstrahlenfreier Holz- körper mit Gefäßen y, m Mark. aber ohne Markstrahlen (Fig. 142).*) Fig. 143. Schematische des Darstellung verlaufes im jungen Laubsproß von Iberis amara. Zylinderfläche gelegenen Stränge erscheinen im Schema in einer (tangentialschiefen) Strang- Die in einer Vertikalebene ausgebreitet. 0, 1 die Stellen, an welchen die Spuren der Blätter in den Stamm eintreten. (Nach Nägeli.) y dla te oden nicht regelmäßig Markstrahlen bildet, sondern zeitweise auch Holz. Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 12 178 krümmter, zur Oberfläche des Organes paralleler (tangential- schiefer) Richtung. Sie bilden also mit den zwischen ihnen gelegenen primären Markstrahlen einen Hohlzylinder. Der gerade Verlauf der Gefäßbündel ist nicht so häufig zu beobachten als der tangentialschiefe,. und kommt hauptsächlich nur bei Gewächsen mit gegenständiger Blattstellung vor. Aber auch hier ist er inso- ferne nicht absolut vollkommen realisiert, als in den Knoten des Stammes die Bündel oft eine quere Lage einnehmen und gerade- verlaufende Bündel häufig auch im Stengelglied sich gabeln. Bei tangentialschiefem Verlaufe folgen die Bündel wohl niemals genau der Richtung einer Schraubenlinie, sondern wenden sich, im Stamme absteigend, abwechselnd nach rechts und links; der Verlauf ist ein \-förmiger und aus der Fig. 143 ersichtlich. Die Gefäßbündel des Dikotvlenstammes sind, wie schon oben erwähnt, in der Regel Blattspurstränge, also dem Blatte und Stamme gemeinschaftliche Bündel. Sie treten aus dem Blatte in den Stamm ein und laufen von hier hinab. Es muß deshalb eine innige Be- ziehung zwischen dem Gefäßbündelverlauf und der Anordnung der Blätter bestehen (s. Bd. II, Blattstellung). Selten steigt von einem Blatte nur ein Bündel in den Stengel hinab (einsträngige Blattspur), gewöhnlich treten zwei oder mehrere (mehrsträngige Blattspur) Stränge von je einem Blatte in den Stamm hinab. Die Bündel laufen im Stamme entweder isoliert oder mehrere nebeneinander und werden dementsprechend als getrenntläufig oder vereintläufig be- zeichnet. Ein und derselbe Strang eines Stammes kann teilweise iso- liert, teilweise mit anderen verbunden verlaufen (vgl. Fig. 144). Schieben sich zwischen nebeneinanderliegenden Bündeln andere in radialer Richtung ein, so entsteht eine verschränktläufige Blattspur. Die einfachsten Verhältnisse des Strangverlaufes finden wir in dem zwischen den Keimblättern und der Wurzel eines Keimlings befindlichen hypokotylen Stengelgliede. Bei Lepidium sativum ist die von den Kotylen ausgehende Blattspur einsträngig. Gewöhn- lich treten aber zwei Bündel in das hypokotyle Glied ein, welche entweder getrennt- oder vereintläufige Blattspuren bilden; im ersteren Falle wird das Stengelglied von vier, im letzteren Falle nur von zwei Strängen durchzogen. Indes kommen selbst auch hier schon komplizierte Fälle vor, indem von den Kotylen mancher Pflanzen 4—8, ja noch mehr Blattspuren abgehen. In den belaubten Stengeln sind die Verhältnisse des Gefäßbündel- verlaufes begreiflicherweise viel verwiekelter als in Keimstengeln.*) =) Im allgemeinen gilt bezüglich der belaubten Stengel die Regel, daß sämtliche Blattspurstränge untereinander in Verbindung stehen und ein überall say 179 107. Abweichungen vom normalen Stammbaue beiDiko- tylen. Es kann hier selbstverständlich nur auf die augenfälligsten Ausnahmen von der Regel aufmerksam gemacht werden. Gewöhnlich ist das Phloöm (inklusive zugehörigem Baste) im Vergleiche zum Xylem nur schwach entwickelt, was namentlich bei Fig. 144. Fig. 145. h' a AU Vergr 5. Partie aus dem Querschnitt durch einen mehrjährigen Stamm von Cocculus laurifolius. a Xylem, 5 Phloöem, c Kambium der normalen (primären) Gefäßbündel, / primärer Markstrahl, a‘ a’ sekundäre, aus einem Folgemeristem ent- standene Holzbündel, q9 Markstrahl zwischen den sekundären Bündeln, m Mark, x primäre Rinde. (Nach Schacht.) a b Fig. 146. A Schema des Strangverlaufes im Sproß- ende von Stachys angustifolia. ab, de, fe, gh, ik die Spurstränge aufeinander- folgender Blattpaare. Die Buchstaben bezeichnen die Lage der Knoten. Vom obersten Paar ist erst je ein Spurstrang i, k, sichtbar. (Nach Nägeli.) mehrjährigen Stämmen klar Schema für den Längsverlauf der Bündel im Stamme hervortritt. welehe einen ’" REED er deriene KEmDEVeN: mächtigen Holzkörper, aber nur ein dünnen Bast aufweisen. Selten kommt es vor, daß der Bast ebenso stark oder, wie im Stamme mancher Delphintum-Arten, noch stärker ausgebildet ist als das Xylem. zusammenhängendes System bilden, bis auf die in der Vegetationsspitze sich ver- lierenden Anlagen der Bündel und auf vereinzelte Bündelendigungen mancher zarter Stränge (s. Fig. 146). Die Verschmelzung der Stränge kommt auf zweierlei Weise zustande. Bei vielen krautigen und manchen Holzgewächsen erfolgt die Verbindung der Stränge durch Vereintläufigwerden anfänglich getrennter Bündel in tieferen Internodien (Fig. 143 und 144) und durch anastomosierende Verästelungen 12* 180 Es sei hier ferner an die Gefäßbündel jener Dikotylen er- innert, welche zwei Phlo@me bilden (s. oben p. 126). Im Stamme dieser Pflanzen (Nerium, Cucurbita, Niecotiana, Viscum ete.) liegt an der Markseite des Xylems ein Phlo&m, welches gewöhnlich als soge- nannter Weichbast ausgebildet ist. — Auch sei an dieser Stelle daran erinnert, daß im Stamme einiger weniger dikotyler Pflanzen ein radial-schiefer Gefäßbündelverlauf beobachtet wurde, wodurch die- selben sich im anatomischen Baue den Monokotylen nähern (s. oben BP... 102) Der Stamm gewisser Dikotylen zeichnet sich in anatomischer Beziehung dadurch auf das auffälligste aus, dal) in demselben außer dem gewöhnlichen Gefäßbündelkreis noch andere Gefäßbündel auf- treten. Diese Bündel sind entweder auf das Meristem der Vege- tationsspitze zurückzuführen oder sie sind die Produkte eines Folge- meristems, welches in der primären Rinde entstanden ist (z. B. kei Coceulus, s. Fig. 145). Im ersteren Falle sind die Bündel gleichen Ursprunges mit den gewöhnlichen Gefäßbündeln; nach ihrer Stellung zu letzteren aber entweder rindenständig (Üentradenia) oder mark- ständig. Die markständigen Stränge stehen entweder in einem oder mehreren konzentrischen Kreisen (bei einigen Piper-Arten), oder sie erscheinen ähnlich den Gefäßbündeln der Monokotylen über den (Querschnitt zerstreut. Sowohl die rindenständigen als die mark- ständigen Gefäßßbündel erweisen sich gewöhnlich als Blattspurstränge. Im Stamme der Umbelliferen, Orobanchen und Begonien wurden in- des auch stammeigene markständige Gefäßbündel aufgefunden. Endlich ist noch zu erwähnen, daß bei manchen dikotylen Sumpf- und Wasserpflanzen im Stamme statt der gewöhnlichen peripher angeordneten Blattspurstränge ein zentrales Gefäßbündel vorkommt, welches entweder durch Vereinigung mehrerer Blattspur- der Stränge in den Knoten. Bei den meisten Holzgewächsen (vgl. den 5. Typus auf p. 170) laufen nur die Protoxylemteile der Stengel isoliert und verfließen nach einer kurzen Strecke nach unten; der aus den sukzessive in den Stamm eintretenden 3lattspurbündeln gebildete sekundäre Holzzuwachs (das Sukzedanholz; s. oben p. 170) ist aber zu einem homogenen Holzkörper geworden, der auch nicht mehr im Längsverlauf seine Zusammensetzung aus getrennten Anlagen verrät (Fig. 141). (Raimann, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften. Bd. XCVII [1889].) Es sei hier noch bemerkt, daß nicht selten, namentlich bei gegenständiger oder wirtelförmiger Anordnung der Gefäßbündel, im Knoten ein selbständiges Netz von Gefäßbündeln gebildet wird. Solche zu queren Gürteln vereinigte eigene Knotenbündel kommen u. a. bei vielen Rubiaceen (Asperula, Galium, Rubia ete.) vor; ferner bei Sambucus, wo von den Knotenbündeln zarte Stränge zu den Neben- blättern laufen. Zr 181 stränge entstanden ist (z. B. bei Hottonia palustris) oder tatsächlich ein einziges stammeigenes Gefäßbündel repräsentiert, welches sich mit von den Blättern abgehenden Blattspuren in den Knoten verbindet (Zippuris, Myriophyllum). Solche zentrale Gefäßbündel sind auch in manchen Monokotylenstiämmen (Corallorrhiza, Najas) beobachtet worden. 108. Der Stamm der Koniferen stimmt in anatomischer Beziehung mit dem normalen Dikotylenstamme überein und ist in der Regel dem oben charakterisierten 5. Typus (p. 170) unterzu- ordnen. Das Grundgewebe gliedert sich in Rinde, Mark und Mark- strahlen; die primäre Oberhaut wird auch hier durch ein sekundäres Hautgewebe (Periderm) ersetzt; die Gefäßbündel sind ungeschlossene, kollaterale Blattspurstränge. Hingegen unterscheidet sich der Stamm der Koniferen von dem sämtlicher Dikotylen in histologischer Beziehung. Während nämlich letzterer stets Gefälle führt, außerdem Tracheiden und sehr häufig Libriform, enthält der erstere, wenn vom ersten Jahresringe abgesehen wird, von fibrosen Elementen nichts als mit Hoftüpfeln versehene Tracheiden. Hingegen finden sich im inneren Teile des ersten Jahresringes, der Markkrone, ring- und schraubenförmig ver- dickte, früher für Gefäße gehaltene Tracheiden vor. Bezüglich des Gefäßbündelverlaufes im Stamme der Koniferen ist zu erwähnen, dal) aus je einem Blatte ein oder mehrere Stränge in den Stamm eintreten und dort tangential schief, gewöhnlich \-förmig verlaufen. Bei Juniperus communis und einigen anderen Koniferen tritt eine Spaltung des Gefäßbündels in seinem Verlauf ein. Von jedem Blatte geht ein Strang aus, welcher sich im nächst tieferen Internodium gabelt, ähnlich wie im Stamme der Equiseten (s. Fig. 129). Die Stränge laufen untereinander parallel in sehr steilen Schraubenlinien. Von den Spaltungsstellen steigen kleine Gefäßbündel zu den Knospen empor (s. Fig. 146). 109. Anatomische Veränderungen während des Wachs- tums des Stammes. Man hat vor allem zwischen Längen- und Diekenwachstum der Stämme zu unterscheiden. Das Längenwachs- tum beruht auf der sukzessiven Entwicklung von Dauergeweben aus den Meristemen der Vegetationsspitze.”) Hingegen erfolgt das Diekenwachstum entweder bloß durch die bildende Tätigkeit der Vegetationsspitze oder aber durch besondere Folgemeristeme. *) Dieser Satz bedarf einer Einschränkung, indem in nicht wenigen Fällen auch Meristeme zur Längenentwicklung der Pflanzenteile beitragen, welche fern von der Vegetationsspitze gelegen sind und die gewöhnlich durch reichliche Zell- teilungen aus Jungparenchym hervorgehen. Diese Gewebe gehören aber schon in 182 Dal durch Teilungen der Meristemzellen des Vegetations- punktes jeder junge Stamm an Dieke gewinnt, geht schon aus der nach abwärts sieh verbreiternden konischen Gestalt der Vegetations- spitze hervor (s. z. B. Fig. 124). In den Stämmen der dikotylen Holzgewächse ist dieses pri- märe Diekenwachstum sehr beschränkt; der Stamm wächst unter Längenzunahme nur sehr wenig in die Dicke, zumeist nur einige Millimeter, und erst nach Beendigung des Längenwachstums bereitet sich das Diekenwachstum durch Entstehung von Folgemeristemen vor. An die Stelle der Oberhaut tritt das Periderm, welches ebenso jahrelang sich weiterentwickelt wie die vom Kambiumring aus- gehenden Xylem- und Phloömmassen mit Einschluß) der Markstrahlen. Durch die radiale Entwicklung der genannten Gewebe nimmt der Stamm an Dieke zu. Diese im Vergleiche zum primären Dicken- wachstum sehr mächtig fortschreitende Querschnittvergrößerung wird als sekundäres Diekenwachstum bezeichnet. Es gibt Monokotylenstämme, welche ein ähnliches Verhalten darbieten, z. B.manche baumartige Liliifloren (Aloö, Dracaena, Yucca). Nach Beendigung des Längenwachstums entsteht als Folgemeristem ein Verdiekungsring, welcher durch Erzeugung neuer Gefäßbündel und von parenchymatischem Grundgewebe die Dickenzunahme be- wirkt (s. oben p. 169). Die meisten Monokotylenstämme, z. B. die der Palmen, ver- halten sich anders; die ganze oft sehr mächtige Querschnittentwick- lung beruht hier ausschließlich auf primärem Dickenwachstum. Bei den krautartigen Monokotylen bildet diese Art des primären Dicken- wachstums die Regel. Schöne Beispiele hierfür liefern jene Gräser, welche, wie z. B. das Zuckerrohr oder der Mais, Stämme erzeugen, die mehrere Zentimeter im Durchmesser haben. Die ersten bei der Keimung auftretenden Internodien sind sehr dünn, erzeugen aber bis zu einer bestimmten Grenze kurze, immer breitere und breitere Internodien, so daß der Stamm eine abgestutzt-kegelförmige, mit dem schmalen Ende nach abwärts gekehrte Gestalt annimmt und erst nach Erreichung eines beträchtlichen Durchmessers die die Hauptmasse des Stammes aufbauenden Internodien hervorbringt, die Kategorie der Folgemeristeme; man hat sie auch als interkalare Vege- tationspunkte bezeichnet, da durch ihre Tätigkeit eine interkalare Längs- streekung der betreffenden Organe bedingt wird. Solche interkalare Vegetations- punkte sind nunmehr schon oftmals, namentlich an Stengeln (von Moosen, Gefäß- kryptogamen, Gräsern und anderen Phanerogamen) beobachtet worden. S. hierüber Hofmeister, Allgemeine Morphologie der Gewächse, p. 417 ft. 183 welche also, gleich den älteren Stengelgliedern, durchwegs direkt aus dem primären Meristem der Vegetationsspitze hervorgehen. Für die Gefäßkryptogamen bildet gleichfalls das primäre Diekenwachstum die Regel.*) Die ältere, manchmal noch auftauchende Angabe, dal) das Diekenwachstum der baumartigen Gewächse stets auf sekundären Veränderungen der Gewebe beruhe, hat mithin keine allgemeine Geltung; aber auch der so oft noch aufgestellte Satz: der kraut- artige Stamm entwickelte sich direkt aus dem Meristem der Vege- tationsspitze, oder mit anderen Worten, ihm komme nur ein primäres Diekenwachstum zu, ist nur eine Regel mit mancherlei Aus- nahmen.**) 110. Bemerkungen über den Zusammenhang zwischen dem anatomischen Baue und den physiologischen Funk- tionen des Stammes.’°) Selbst ohne tieferes Eingehen in die Lebensvorgänge der Pflanze lassen sich unschwer einige Beziehungen zwischen dem anatomischen Baue und den physiologischen Leistungen des Stammes erkennen. Der Stamm fungiert vor allem als Träger des Laubes, der Blüten und Früchte; aus diesem Grunde hat er zumeist relativ beträchtliche Lasten zu tragen. Ragt er frei in die Luft, so wird er zudem fast fortwährend auf Biegung in Anspruch genommen. Befindet er sich in fließendem Wasser, so hat er außerdem noch *) Nur Jsoetes bildet eine klar ausgesprochene Ausnahme, da hier der Stamm durch die Tätigkeit von Folgemeristemen in die Dicke wächst. (S. de Bary, Anatomie, p. 641, woselbst auch die Literatur dieses Gegenstandes zu finden ist.) Auch die Ophioglosseen bilden in gewissem Sinne eine Ausnahme, als nämlich an den Rhizomen derselben eine oberflächliche Peridermbildung sich ein- stellt. (Russow, Vergleichende Untersuchungen, p. 121.) ==) Es sind nun schon zahlreiche krautige Gewächse mit ausgesprochen sekundärem Dickenwachstum bekannt. Sie bilden alle zuerst einen normalen Ver- diekungsring, der bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Phlo&m und Xylem produziert; hierauf entsteht außerhalb desselben entweder ein neuer (extrafaszikularer) Ver- diekungsring, der die Funktion des normalen übernimmt (Chenopodium murale, blitum virgatum u. a.), oder es entstehen gleichfalls aus einem neuen Kambium- ringe sukzessive mehrere Gefäßbündelkreise, von denen aber nur immer der jüngste in Tätigkeit ist (F’hytolacca). Jeder neue Gefäßbündelkreis ist von dem nächst Jüngeren durch eine neuentstandene Parenchymzone gesondert. Eine Modifikation des erstgenannten Falles besteht darin, daß während des sekundären Dickenwachstums aus dem Folgemeristem nicht nur Gefäßbündel, sondern auch Rindenparenchym gebildet wird. Dieser Fall wurde bei Nyktagineen, bei Salicornia herbacea, Chenopodium album u. n. a. krautigen Pflanzen beobachtet. (de Bary, Anatomie, p. 607; daselbst auch die ziemlich reichhaltige einschlägige Literatur.) 184 dem auf ihn ausgeübten Zuge Widerstand zu leisten. Je nach ihren Lebensverhältnissen müssen mithin die Stämme biegungsfest oder zugfest eingerichtet sein. Was bei Bodenwurzeln Regel ist, der druckfeste Bau, kommt bei Stämmen nur relativ selten vor, nämlich bloß bei solchen Stammgebilden, welche in tieferen Boden- schichten oder dichteren Bodenarten ihr Diekenwachstum vollenden. Diese druckfesten Konstruktionen sollen deshalb erst bei Besprechung der Wurzeln ins Auge gefaßt werden. Stammgebilde, welche am Boden liegen, wie etwa der Stamm der Gurke und anderer Kukur- bitaceen, werden weder auf Zug noch auf Biegung und Druck in Anspruch genommen und entbehren deshalb mehr oder minder voll- ständig aller spezifisch mechanischen Zellen. So reicht beispielsweise der Stamm der Gurke mit einem bloßen Leitbündel (Mestom) aus, während die Gefäßbündel der auf- Fig. 147. rechten Stämme gewöhnlich als Fibrovasalstränge ausgebildet sind (s. oben p. 145). Die biegungsfesten Kon- SINN | Al lil« struktionen der Stämme sind leicht verständlich, wenn man be- achtet. daß jedes Gebilde, welches einer Biegung ausgesetzt ist, die el) A einfacher Träger. g 9 die Gurtungen, / die größten Dehnungen und Zusammen- Füllmasse des Trägers. 3 zusammengesetzter ee: . = > 3 Träger, aus zwei einfachen bestehend; g g die p! ESSUNZEN ın seiner Peripherie Gurtungen des einen, g‘ g‘ die Gurtungen des Te an S zweiten Trägers; O neutrale Achse des ganzen erfährt. Biegt man eınen Stab, so biegungsfesten Systems. (Schema für den Quer- _ = Z nn \ schnitt eines Stammes mit vier Gefäßbündeln. wird seine Konkav seite zusammen deren Baststnge 9.9,0°7° ‚Is Gutungen der gedrückt, seine Konvexseite aus Vündetele und Qu Mark mechanisch Woß als gedehnt, während die Achse unver- ändert blieb. Es ist also ersicht- lich, daß das feste Materiale (die mechanischen Zellen) bei allen auf Biegung in Anspruch genommenen Stämmen möglichst in die Peripherie verlegt sein muß. Diese Forderung wird in der Pflanze auf höchst mannigfaltige Weise erfüllt; zahlreiche anatomische Verhältnisse der Stämme werden bei Beachtung des eben ausgesprochenen Satzes mit einem Schlage klar. So das Auftreten peripherer Kollenchymrippen in vielen noch im Wachstum begriffe:en krautigen Dikotylen (p. 121), die (selb- ständigen) peripheren Bastrippen zahlreicher Monokotylen, die peri- pheren Bastbelege im Phloöm der Dikotylenstämme (p. 121) u. s. w. Die peripheren Bastbündel können in manchen Fällen so massen- haft auftreten, dal es zur Ausbildung eines gänzlich geschlossen er- scheinenden Bastmantels kommt (oberirdische Stämme von Üonval- 185 laria verticillata, Allivm-Arten ete.). Sehr häufig erscheint der Fibro- vasalstrang als I-fürmiger Träger im Sinne der Baumechanik aus- gebildet (Fig. 147); sowohl an der Rinden- als an der Markseite des Mestoms erscheint je ein Bündel mechanischer Zellen. Durch einen oder mehrere solcher ringförmig und möglichst peripher an- geordneter Träger erlangen viele monokotyle Stämme die nötige Biegungsfestigkeit (Juncus-, Uyperus-, Seirpus-Arten ete.). Die Zugfestigkeit wird durch axiale Anordnung der mechanischen Elemente am meisten gefördert. Am deutlichsten prägt sich die zugfeste Konstruktion in den Stämmen flutender Wasserpflanzen aus. Die submersen Stämme der Wasserpflanzen besitzen axil angeordnete Gefäßbündel; aber während bei den in stehenden Gewässern vegetierenden Pflanzen schon ein im Stamme angebrachter axiler Mestomstrang genügt, finden wir bei den in fließendem Wasser wachsenden das zentrale Leitbündel des Stammes durch das Auftreten von mechanischen Zellen zu einem Fibrovasalstrang verstärkt. Aber auch die Stämme mancher Landpflanzen erfordern zug- feste Konstruktionen. so namentlich die rankenden und schlingenden Stammgebilde der Kletterpflanzen. welche, wie häufig schon die unmittelbare Anschauung lehrt. mehr oder minder starken Dehnungen unterworfen sind.*)”') Was die Hautgewebe der Stämme anbelangt, so ergaben sich schon aus den früher mitgeteilten anatomischen Daten über die Oberhaut und über das Periderm (vgl. p. 97ff.) die augen- fälligsten Funktionen dieser Gewebe. Ein gleiches gilt bezüglich der Leistungen der Leitbündel (p. 144). Ohne eingehende experi- mentelle Begründung lassen sich aber die physiologischen Funktionen des Stammes nicht näher verfolgen, weshalb dieselben erst im physio- logischen Teile dieses Buches erörtert werden können. *) Im einzelnen ergeben sich zahlreiche Modifikationen jener Konstruktionen, durch welche in der Pflanze Zug- oder Biegungsfestigkeit oder beide zugleich erzielt werden. Die betrefienden Spezialarbeiten (s. Note Nr. 90) enthalten eine Fülle einschlägiger Daten. Hier sei nur noch auf die Lianenstämme hingewiesen, welche häufig sehr augenfällig nach dem Prinzipe des tordierten Seiles gebaut erscheinen. Charakteristisch ist für dieselben der anomale Holzbau (s. oben p. 179 und weiter unten im Kapitel »Holz und Rindes): sie bilden nicht wie die anderen Holzgewächse einen kompakten Holzkörper; vielmehr entstehen in ihnen mitten in schwachem Gewebe sekundäre Gefäßbündel, wodurch eine innere Zer- klüftung des Holzkörpers in getrennte Stränge herbeigeführt wird. Gerade diese Seilartige, mit Drehung verbundene Anordnung der festen Teile solcher Schling- stämme verleiht ihnen einen hohen Grad von mit Biegsamkeit verbundener Zug- 186 Dal) aber der durch seine Hautgewebe mannigfaltig geschützte, durch sein Baumateriale und seine mechanischen Konstruktionen gefestigte und durch seine Leitbündel zur Zufuhr roher Nahrungs- stoffe und zur Ableitung der plastischen Stoffe befähigte Stamm auch der Aufstapelung von Reservestoffen dient, geht aus der im Frühlinge stattfindenden Knospenentfaltung hervor. Das Mate- riale zum Aufbaue der jungen Blätter oder Blüten kann nur auf Kosten der Reservestoffe erfolgen, denn die sich entfaltenden Laub- knospen haben erst nach genügender Ausbildung des Chlorophylls, die Blüten überhaupt gar nicht die Fähigkeit zur Assimilation der Nahrungsstoffe. Die Reservestoffe der Stämme liegen im paren- chymatischen Grundgewebe, in den Stämmen der Dikotylen und Gymnospermen hauptsächlich in den Markstrahlen und im Holz- parenchym, aber auch in lebend gebliebenen Anteilen der Rinde und des Markes. 1ll. Anatomie der Wurzel.'?) ill. Im Vergleiche zu Stamm und Blatt zeichnet sich die Wurzel durch auffällige Übereinstimmung im anatomischen Baue aus. Das der Stammspitze analoge Ende der Wurzel — ihr Vege- tationspunkt — ist stets von einem charakteristischen Gewebe, der Wurzelhaube, bedeckt (s. Fig. 150) und die zuerst angelegten Gefäßbündel gehören immer dem radiären Typus an (s. Fig. 151). Diese Gleichförmigkeit in morphologischer Beziehung be- herrscht indes bloß die Zusammensetzung und Anordnung ihrer Dauergewebe. Die an der Wurzelspitze auftretenden Meristeme bieten uns gerade das umgekehrte Bild dar. Hier herrscht eine viel größere Mannigfaltigkeit sowohl bezüglich der Zahl als der Anord- nung der Meristeme im Vergleiche zur Stammspitze, wo zwei (Moose und Gefäßkryptogamen) oder drei (Phanerogamen) in sehr konstanter Anordnung anzutreffende Bildungsgewebe vorkommen. Es lassen sich nämlich, neueren Untersuchungen zufolge, an der Wurzelspitze der verschiedenen Pflanzen zwei. drei oder gar vier verschiedene Meri- steme unterscheiden, welche nach sechs verschiedenen Typen ange- ordnet sind. Die Entstehungsweise der Dauergewebe aus den Bildungsgeweben gestaltet sich oft sehr verwickelt.??) Es soll hier nur auf einige Hauptpunkte hingewiesen werden. Das von der Wurzelhaube bedeckte Ende der Wurzel wird in der Regel entweder festigkeit. (Fritz Müller, Bot. Zeit. 1866. G. Haberlandt, Physiol. Pfanzen- anatomie. 3. Aufl, 1904, p. 592 ff.) 187 von einer Scheitelzelle (Mehrzahl der Gefähkryptogamen, z. B. Equiseten, viele Farne; s. Fig. 149) oder einem vielzelligen Meristem (bei den meisten Phanerogamen) gebildet. An der Wurzelspitze 4 Vergr. 440. Medianer Längsschnitt durch die Wurzel einer Marattiacee (Angiopteris sp.). a db Mittellinie, s s’ zwei von den vier Scheitelzellen. 7? Vergr. 400. Querschnitt durch die Scheitel- region derselben Wurzel, 7, 2, 3, # die vier Scheitelzellen. Die peripherischen mit -- bezeichneten und schattierten Zellen gehören der Wurzelhaube an. (Nach Schwendener.) einiger Gefäßkryptogamen (z. B. bei Farnen aus der Gruppe der Marattiaceen) und einiger Phanerogamen wurde die Anwesenheit Fig. 149. Vergr. 200. Scheitelregion von Farnwurzeln; A im Quer-, 2 im Längsschnitt. v Scheitelzelle, von welcher durch sukzessive Teilungen nach außen die Schichten n, m, !, % der Wurzelhaube, nach innen das Gewebe des übrigen Wurzelkörpers e ec, o o gebildet wurden. Die Reihenfolge der Ent- stehung der Zellen ist aus den Ziffern Z—VI/T der Fig. A zu entnehmen. VIII ist die jüngste aus v hervorgegangene Zelle. (Nach Nägeli und Leitgeb.) einer aus wenigen, bestimmt orientierten Zellen bestehenden Gruppe von Scheitelzellen konstatiert (s. Fig. 148).”!) Dieser Fall repräsen- tiert den Ubergang vom einzelligen zum vielzelligen Scheitel des 188 Wurzelvegetationspunktes. Ein dem Plerom des Stammes entsprechen- des Meristem ist in der Wurzel stets vorhanden. Die Wurzelhaube geht entweder aus einem besonderen Meristem (dem Kalyptrogen) hervor (Gräser) oder aus einem Bildungsgewebe, welches in rezi- proker Zellbildungsfolge nach außen die Wurzelhaube, nach innen die Epidermis (die meisten Dikotylen), ja selbst die ganze primäre Rinde (Palmen, Liliaceen) bildet. Vergr. 150. Längsdurchschnitt durch die Wurzelspitze von Zea-Mais. W Wurzelhaube, i jüngerer Teil, z sich ablösende Zellen derselben, s Vegetationsspitze, o älteres Dermatogen, dessen Zellen nach außen stark verdickt sind, p’ Periblem, p Plerom, d jüngstes Dermatogen, nach unten von einer Zellschichte, dem Kalyptrogen, begrenzt. Bedenkt man, dal aus dem Meristeme der Wurzelspitze nicht nur die Gewebe des eigentlichen weiterwachsenden Wurzelkörpers. sondern auch die sich fortwährend regenerierende Wurzelhaube hervorzugehen habe, so wird der im Vergleiche zur Stammspitze kompliziertere Bau der Wurzelspitze verständlich. Die Wurzelhaube ist ein Dauergewebe, welches die Meri- steme der eigentlichen Wurzelspitze kappenförmig umkleidet. Dieses Gewebe bildet ein Parenchym, welches an der Innenseite aus dicht- gefügten polyedrischen Elementen, nach außen hin aus sich abrunden- den, dureh Interzellularen voneinander getrennten Zellen besteht 189 (s. Fig. 150). Vom Meristem der Wurzelspitze her regeneriert sich die Wurzelhaube fortwährend, während sie ihre peripheren Teile abstößt. Es geschieht dies bei Bodenwurzeln durch Ablösung saft- reicher Zellen (s. Fig. 150), bei Luftwurzeln mit mächtig ent- wiekelter Haube durch Abtrennung schalenförmiger, außen trockener, an der Ablösungsstelle noch saftreicher Gewebsstücke. Die physiologische Bedeutung der Wurzelhaube leuchtet wohl von selbst ein. Da die Meristeme der Wurzelspitze nicht gleich jenen der Stammspitze dicht von anderen Organen (Blättern) bedeckt werden, welche sie vor Verdunstung und äußeren mechanischen Angriffen schützen, so muß hier ein besonderes Gewebe, die Wurzel- haube, als Schutzorgan eintreten. Die Bodenwurzel ist dieses Sehutzes um so mehr bedürftig, als sie zwischen den festen Boden- teilchen vordringt. Die Haube der Luftwurzeln hat bloß die Aus- troeknung der Meristeme zu verhindern. Jede Wurzel besteht aus Haut-, Grund- und Stranggewebe. Das Hautgewebe ist anfänglich stets ein Epiblem, welches bei länger ausdauernden Wurzeln später oft durch ein Periderm ersetzt wird. Das Grundgewebe bildet meist ein Parenchym. Das Strang- gewebe ist in der Wurzel bloß durch Gefäßbündel repräsentiert. Eine sogenannte echte Wurzel (Rhizikom, s. Bd. II), also ein Organ mit den schon angedeuteten anatomischen Eigentümlich- keiten, ist nur den Gefäßkryptogamen und Phanerogamen eigen. Die bei Moosen und Lagerpflanzen als Wurzeln fungierenden faden- förmigen Organe (Haftfasern, Rhizinen, Rhizoiden) sind viel einfacher gebaut, bestehen häufig nur aus einer oder wenigen Zellen; in manchen Fällen (z. B. bei Caulerpa, s. Fig. 2) ist die Wurzel nur als Teil eines Coeloblasten anzusehen. Auch manchen Gefäßkrypto- gamen (so z. B. unter den Lykopodiaceen den FPsilotum-Arten). ja selbst einigen Phanerogamen (so z. B. der ZLemna arrhiza, der Corallorrhiza innata) fehlen echte Wurzeln. 112. In den Wurzeln der Gefäßkryptogamen vereinigen sich die Gefäßbündel zu einem geschlossenen Ganzen, dem Zentral- zylinder: derselbe ist entsprechend seiner Zusammensetzung radiär gebaut und von einer Gefäßbündelscheide umgeben. In seinem Innern liegen mehrere radial angeordnete Xyleme und ebenso viele und in gleicher Weise gestellte Phloöme. Die Xyleme enthalten Gefäße, Tracheiden, auch Holzparenchymzellen, und erscheinen scharf voneinander geschieden; hingegen sind je zwei benachbarte Phloöme miteinander verschmolzen oder undeutlich durch Par- enehymzüge getrennt. Es erscheint am einfachsten, in der Wurzel dieser Pflanzen ebenso viele (radiäre) Gefäßbündel anzunehmen, als 190 Xylemstrahlen zu zählen sind. Indes wird von manchen Anatomen der Zentralzylinder als ein zentrales Gefäßbündel angesehen, und dieses als monarch, diarch, triarch und polyarch bezeichnet, je nachdem 1, 2, 3 oder zahlreiche radiäre Gefäßgruppen darin nach- weisbar sind. Gewöhnlich Fig. 151 kommen zwei oder mehr 4 | HIITSSL Xylemstrahlen, selten nur PB: einer (z. B. bei /soötes) im as IT Zentralzylinder vor. — Der & | nee Zentralzylinder liegt in der = Range: — Regel zentral, nur selten { Ba ER = (z. B. bei Zsoötes) exzentrisch. L} « "u Das Grundgewebe der Wurzel ist gewöhnlich ein rn SH ER N stärkeführendes Parenchym. I #)Y LI . = INH welches, wie schon erwähnt. an der Gefäßbündelgrenze in eine Gefäßbündelscheide, gegen das Hautgewebe zu aber in ein Hypoderm um- gewandelt ist. Letzteres unter- scheidet sich vom übrigen Grundgewebe entweder nur durch die diehtere Fügung oder durch sklerenchymati- schen Charakter der Elemente. Die Wurzel dieser Ge- wächse ist von einem mit Wurzelhaaren versehenen A, B Vergr. 100, € 300. Durchschnitt durch die Luft- Epiblem bedeckt. Periderm wurzel von Hartwegia comosa. A Querschnitt, B radialer wird an derselben nie ge- Längsschnitt. Z Epidermis, teilweise abgeworfen, kd Endodermis, P Rindenparenchym, S Gefäßbündel- bildet. Wohl übernimmt aber scheide. « Gefäße der radiären Gefäßbündel, M Mark, © Endodermitsllen, 7 1 zen Lingechri. (ri in. haufig.) dal EIyPORIDERURNe dem Absterben des Epiblems die Stelle des Hautgewebes (Endodermis; s. oben p. 198). 113. Die Monokotylen zeigen in betreff des anatomischen Baues der Wurzel eine große Übereinstimmung mit den Gefäh- kryptogamen. Die Selbständigkeit der einzelnen, zu einem Zentral- zylinder vereinigten Gefäßbündel tritt hier noch schärfer hervor, da häufig inmitten der radiär angeordneten Stränge ein reich ent- wickeltes parenchymatisches Mark ausgebildet ist (s. Fig. 151). Auch existieren Monokotylenwurzeln, welche tatsächlich getrennte 191 Gefäßbündel besitzen (Pandanus und einige Palmen). Die Gesamt- heit der Gefäßbündel (samt Zentralzylinder) erscheint von einem meist einschichtigen Gewebe, dem Perikambium (Perizykel; s. unter Stelärtheorie), umkleidet, welches auch als »rhizogene Schichte« bezeichnet wird, da von diesem Gewebe die Anlage der Seitenwurzeln ausgeht. Als Hypoderm tritt entweder ein dichtgefüg- tes Parenchym oder eine Endodermis auf. Eine gemeinschaftliche Gefäßbündelscheide ist stets vorhanden. Häufig stimmt dieselbe im Baue mit der Endodermis vollkommen überein (s. Fig. 151). 114. Die Wurzeln zahlreicher ein- jähnger Dikotylen, z. B. die von Ranunculus acris, unterscheiden sich von denen der Monokotylen nicht wesentlich. Anders ist es bei den Holzgewächsen. welche in der Wurzel einen dem Stamme gleichenden und in der gleichen Weise entstehenden Holzkörper ausbilden. Die diesbezüglichen. etwas komplizierten anatomischen Verhältnisse lassen sich in folgender Weise am leichtesten begreifen. Die Wurzel bildet im primären Sta- ın dium radiäre Gefäßbündel mit scharf schwache Vergr. Querschnitt durch hervortretenden Gefäßsträngen (siehe A eng re Fig. 152 a). Das zwischenliegende Ge- , u Dre a ern webe bleibt auf meristematischer Stufe bis auf den gegen die Rinde gewendeten Teil, welcher als Phloöm ausgebildet wird. In dieser Entwicklungsstufe gleicht die Wurzel im anatomischen Baue noch vollständig jener von Ranuneulus acris oder einer Monokotylenwurzel. Wächst eine solche Wurzel nach Beendigung des Längenwachstums weiter, nämlich in die Dicke. so tritt sie in das sekundäre Entwicklungsstadium ein. Es erzeugt Fig. 152. nunmehr das nach außen vom Phlo&m, an den Seiten von den Gefäßsträngen begrenzte Meristem einen Holzkörper; zwischen diesem und dem Phlo&m ist mittlerweile ein geschlossener Kambiumring entstanden. Nunmehr liegen zwischen den radiären Gefäßsträngen kollaterale Bündel (s. Fig. 152 2, c), deren Kambium in gleicher Weise, wie dies im Stamme der Dikotylen der Fall ist, einen Holzkörper mit jährlichen Holz- und Phloömlagen entwickelt.*) *) Im wesentlichen stimmt das Wurzelholz der Dikotylen und Gymno- spermen mit dem entsprechenden Stammholze im anatomischen Bau überein. Inso- ferne besteht aber doch ein merkbarer Unterschied zwischen beiden, als das Wurzelholz eine größere Porosität besitzt als das Stammholz, worauf zuerst 192 Auch die Wurzeln mancher einjähriger Dikotylen (Urtica, Cucurbita ete.) zeigen gleiche anatomische Verhältnisse. Dies erscheint vom Standpunkte der Deszendenzlehre von Wichtigkeit. Man sieht, daß) solche einjährige Gewächse die Disposition zur Umbildung in ausdauernde besitzen.*) Ausdauernde, in die Dieke wachsende Dikotylenwurzeln ent- behren gleich den einjährigen des Markes oder enthalten doch nur im Vergleiche zum Stamme ein sehr wenig ausgebildetes Mark. Ein Hypoderm ist in der Regel vorhanden und nicht selten als Endodermis ausgebildet. Das Epiblem der Dikotylenwurzel wird häufig schon in der ersten Vegetationsperiode durch ein Periderm ersetzt. Die Wurzeln der Gymnospermen stimmen anatomisch mit jenen der Dikotylen im wesentlichen überein. Die Anlage von Seitenwurzeln erfolgt, wie oben bereits be- merkt, im Perikambium, also im Innern der Wurzel, endogen. Eine Beziehung der Seitenwurzeln zu den Gefäßsträngen jener Wurzel, aus welcher sie entspringen, ist in der Regel nachweisbar und drückt sich darin aus, dal die Seitenwurzeln Reihen bilden. H. v. Mohl aufmerksam machte. Histologisch kommt dieser Unterschied in der Porosität dadurch zu stande, daß im Wurzelholze der Koniferen die Tracheiden, im Wurzelholze der Dikotylen die Gefäße durchschnittlich weitlumiger sind als im korrespondierenden Stammholze. Bei den Dikotylen kann indes auch durch erweiterte Tracheiden die Porosität des Wurzelholzes befördert werden. Gewöhnlich sind die Jahrringe des Wurzelholzes enger als die gleichzeitig angelegten Jahr- ringe des Stammbholzes. *) Die Wurzeln der meisten krautigen Dikotylen verharren bis ans Lebens- ende im primären Stadium der Gewebsentwicklung. Ein abweichendes Verhalten zeigen viele rübenartige Wurzeln krautartig bleibender Dikotylen, Beim Rettig entsteht ein massiger sekundärer Holzkörper mit reichentwickeltem, parenchyma- tischem Grundgewebe. In der Runkelrübe folgen auf den primären Gefäßbündelkreis in zentrifugaler Folge mehrere Verdiekungsringe, von denen jeder nach außen Rinden-, nach innen Holzelemente entwickelt. In der Reihenfolge, in welcher diese Kambiumringe entstehen, stellen sie auch ihre bildende Tätigkeit ein. Die Kom- plikation im Baue fleischiger Wurzeln kann sich aber noch dadurch steigern, daß nicht nur außerhalb, sondern gleichzeitig auch innerhalb des primären Gefäßbündel- kreises neue Verdickungsringe entstehen, was bei Konvolvulaceen und Polygoneen beobachtet wurde. Es gibt indes rübenartige Wurzeln krautiger Dikotylen, welche sich von gewöhnlichen nur dadurch unterscheiden, daß die Holzelemente zurück- treten, die parenchymatischen hingegen überwiegen (gelbe Rübe ete.). Wie verschieden auch die anatomische Ausbildung der rübenartigen Wurzeln ausfällt, so stimmen sie doch in der physiologisch bedeutsamen Eigentümlichkeit überein, daß nämlich das zur Aufnahme der Reservestoffe dienende parenchymatische Gewebe prävaliert. (Schmitz, Bot. Zeit. 1875. L. Koch, Verhandlungen des naturh.-mediz, Vereines zu Heidelberg. 1876. J. E. Weiß, Flora. 1880.) 193 welehe den Gefäßbündeln parallel liegen. Aber es zeigt sich rück- sichtlich der faktischen Lage dieser Seitenwurzel ein beträchtlicher Unterschied: letztere liegen entweder vor oder zwischen den Xylemen der Gefäßbündel. Im ersten Falle (bei Dikotylen gewöhn- lich) umgibt das Perikambium in geschlossenem Zuge die Gesamt- heit der Gefäßbündel (also den Zentralzylinder); im letzten Falle liest das Perikambium allerdings auch peripher, fehlt aber über sämtlichen Xylemen der Gefäßbündel (Gräser, Cyperaceen). 115. Entsprechend ihrer geänderten Funktion, besitzen die Luftwurzeln einen mehrfach von dem normalen Typus abweichen- den anatomisehen Cha- rakter. Auf die Beson- Bno58, derheiten in der Aus- bildung der Wurzel- haube ist bereits oben (p. 186) hingewiesen worden. Eine andere Eigentümlichkeit be- steht in der Ausbildung des Hautgewebes. Bei vielen Luftwurzeln (z. B. bei denen der Orchideen und vieler Aroideen) tritt eine eigentümliche mehr- schichtige Oberhaut, die Vergr. 200. Stück einer Luftwurzel von Dendrobium speciosum Wurzelhülle (velamen quer (7 q q) und senkrecht (q 5b ?) durchschnitten. c Wurzel- hülle, & Endodermis, « Parenchym. (Nach Unger.) radieum; Fig. 153) auf, welche in der Regel aus mehreren bis vielen Lagen von nur wenig in die Länge gestreckten, meist schraubig verdiekten, seltener ge- tüpfelten Zellen (Angraecum sp.) besteht. Nur sehr selten bleibt das velamen einschichtig (Vanilla planifolia). Die Zellwände sind stellen- weise faktisch perforiert, wodurch sich die große (kapillare) Saug- kraft dieses Gewebes erklärt. Zeitweilig sind die Zellen dieses Ge- webes lufterfüllt und bilden dann einen weißen Überzug der Wurzel, zeitweilig führen sie Wasser und lassen dann das grüne Parenchym durchscheinen. Unmittelbar unter dem velamen liegt in der Regel eine Endodermis. BEE —= = Eon k- SSEISCHEZ I PETER? EI ” SED SSISEIIIFEI SIT Sr ee 7 STETS SITE TE ITS SS = = IIAN IIIIESEIII u ESTTEZESEE [77 116. Bemerkungen über den Zusammenhang zwischen dem Bau und der Funktion der Wurzel. Die Bedeutung der Wurzelhaube als Schutzorgan der Wurzelvegetationsspitze ist schon oben (p. 186) erörtert worden. Das Epiblem der Boden- und Wasser- Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 13 194 wurzeln dient zur Aufnahme des Wassers und der darin gelösten Nährstoffe des Bodens, beziehungsweise der natürlichen Wässer. Es ist ein ausgesprochenes Absorptionsgewebe und unterscheidet sich dadurch wesentlich von der Epidermis und dem Epithel; in dieser seiner Funktion wird es durch die Wurzelhaare desto mehr unterstützt, je mehr diese als Ausstülpungen der Epiblemzellen sich kundgebenden Zellen die Oberfläche des Absorptionsgewebes ver- größern. Das Epiblem der Bodenwurzel ist zudem ein der Boden- aufschließung dienendes Ausscheidungsgewebe (s. oben p. 143). Auch die Wurzelhülle ist ein Absorptionsgewebe, welches aber in anderer Weise als das Epiblem fungiert. Ob es, wie die älteren Physiologen annehmen, den Wasserdampf der Atmosphäre konden- siert, ist wohl noch zweifelhaft, sicher hingegen ist, daß Regen und Tau von dem velamen, wenigstens in jenen häufigen Fällen, in welchen eine Perforation der Zellhäute nachgewiesen wurde, kapillar auf- genommen wird. Ist die Endodermis verkorkt, so treten in der- selben stets vereinzelte saftreiche Zellen mit unverkorkten Wänden auf (»Durchlaßzellen<«; s. oben p. 139), welche den Durchtritt des Wassers zu den tiefer liegenden Geweben vermitteln. Das Periderm älterer Wurzelteile dient als Sehutzmittel der von demselben bedeckten (Gewebe gegen Austrocknung. In physiologischer Beziehung bemerkenswert ist der Platz, den die Wurzelhaare an der Bodenwurzel einnehmen (s. die Abb. im II. Teile dieses Buches: Physiologie). Dieselben erscheinen relativ spät, nämlich in der schon vollkommen oder beinahe vollständig ausgewachsenen Region des Wurzelkörpers und infolgedessen oft ferne von der Vegetationsspitze (p. 112). So erlangen die Wurzel- haare, welche in erster Linie die Befestigung der Bodenwurzel zu besorgen haben, eine fixe Lage und der noch wachsende, also haar- freie Teil der Wurzel kann ungehindert in den Boden eindringen. Es ist ersichtlich, daß jede im Boden befindliche, in die Dicke wachsende Wurzel druckfest gebaut, präziser gesagt, so einge- richtet sein muß, daß sie gegen radialen Druck gesichert ist; denn bei der Diekenzunahme drücken die anhaftenden Bodenteile in der Richtung des Halbmessers der Wurzel auf diese. Die druckfesten Flemente müssen sich begreiflicherweise in der Peripherie der Wurzel befinden. Oft ist es ein stark entwickeltes Periderm, oder dieses kombiniert mit diekwandigem Parenchym, bei Gefäßkrypto- gamen ein nach Abstoßung der primären Oberhaut freiliegendes, dick- wandiges Grundgewebe, welches die Druckfestigkeit besorgt. In den Wurzeln mancher Pflanzen (z. B. Ononis spinosa) unterstützen mehr oder minder reichlich auftretende Bastbündel die Druckfestigkeit. 195 Häufiger und reichlicher als in den Bodenwurzeln kommen in den Luftwurzeln Bastbündel vor, welche aber hier der Biegungsfestig- keit zu dienen haben. 117. Zahlreiche, insbesondere französische Forscher fassen die auf die Vegetationsorgane (Blatt, Stamm, Wurzel) bezugnehmenden Tatsachen der Anatomie in einer anderen als der oben vorgetragenen Weise auf, wobei sie der in vieler Beziehung beachtenswerten Lehre van Tieghems folgen. Diese Lehre ist als Stelärtheorie in neue- ster Zeit sehr bekannt geworden, weshalb sie in diesen Elementen nicht fehlen darf. Die Stelärtheorie beschränkt sich auf die Vegetationsorgane der Phanerogamen und Pteridophyten und trachtet, die drei Grundorgane (Grundglieder) dieser Pflanzen: Blatt, Stamm und Wurzel in bezug auf deren Zusammensetzung aus Geweben in anderer Weise zu deuten, als es oben durch Zurückführung des Baues dieser Grund- organe auf Haut-, Grund- und Stranggewebe geschehen ist. Nach van Tieghem besteht jedes dieser drei Grundorgane aus Epidermis, Rinde und Stele (stele; auch identisch mit dem oben schon mehrfach genannten »Zentralzylinder«, doch in erweitertem Sinne). Die Epidermis entspricht unserer primären (einfachen oder mehrschichtigen) Oberhaut, die Rinde im wesentlichen unserer primären Rinde. Die Stele (Zentralzylinder) umschließt alle jene Gewebe, welche innerhalb der Rinde gelesen sind, besteht also der Hauptmasse nach aus den Gefäßbündeln. Die innerste Schichte der Rinde, von van Tieghem als Endodermis*) bezeichnet, scheidet die Stele von der Rinde. In der äußeren Umgrenzung der Stele liegt der Perizykel. Hierunter versteht van Tieghem jenen parenchymatischen Grund- gewebsanteil, aus welchem bei Wurzeln die Nebenwurzeln hervor- gehen, im Stamm manchmal auch das Phellogen. Innerhalb des Perizykels liegen die Gefäßbündel. Die Stele besteht nach der Auffassung van Tieghems aus den Gefäßbündeln (oder einem Gefäßbündel) und dem »Conjonctif« (bestehend aus Perizykel, Markstrahlen und Mark). Im Stamm herrscht gewöhnlich Monostelie, d. h. es ist im Stamm nur eine Stele vorhanden. *) Endodermis wird hier in anderem Sinne als oben genommen. Zur Endo- dermis im Sinne van Tieghems gehören alle Arten von Gefäßbündelscheiden, sowohl die Schutz- als die Leitscheiden. Manche Forscher bezeichnen als Endo- dermis nicht nur die Endodermis in unserem Sinne, sondern auch alle Gefäß- bündelscheiden. 13* 196 Außer der Monostelie unterscheidet van Tieghem aber noch Astelie, Polystelie und Gamostelie. Unter Astelie, welche im Blatte die Regel bildet, erscheint die Stele des Stammes in zahlreiche Ge- fäßbündel aufgelöst. Als Beispiel der Polystelie sei der Stamm der Farne genannt. Nach der Stelärtheorie sind hier so viele Stelen vorhanden, als wir daselbst konzentrisch gebaute Gefäßbündel (p. 124) angenommen haben. Denn jeder dieser Stränge hat seinen Perizykel und jedem entspricht eine Endodermis. Wenn ursprünglich vorhandene Stelen miteinander verschmelzen, so entsteht Gamostelie, welche der genannte Forscher aber von der Gamodesmie trennt. Hierunter ist die Verbindung einzelner Gefäßbündel zu einem Ganzen zu ver- stehen, also von Strängen, welche nicht als Stelen aufzufassen sind, da sie kein Perizykel besitzen. Die genannten Formen der Stelie können ineinander übergehen. Beispielsweise ist die Anlage des Farnstammes eine monostelische, geht später in eine polystelische über und nur selten bleibt der ur- sprüngliche Typus erhalten (Aymenophyllum). Die einzelne Stele kann in verschiedener Weise ausgebildet sein. Das Gefäßbündel fehlt nie, aber die als »conjonctif« bezeich- neten Gewebegruppen sind in verschiedenem Maße vertreten. Es fehlt beispielsweise bei der Wurzel von Zguisetum der Perizykel vollständig, bei der Graswurzel nur teilweise. Da, wie wir aber ge- sehen haben, in einzelnen Fällen selbst im Stamm von Dikotylen das Mark oder die Markstrahlen fehlen können, so ist ersichtlich, daß auch in bezug auf die Gewebsbestandteile die Stele reduziert erscheinen kann.”°) Anhane 1. Holz und Rinde.’‘) 118. In den Stämmen baum- oder strauchartiger Dikotylen und Gymnospermen liegen die Gefäßbündel dieht nebeneinander, höchstens durch dünne Gewebsplatten — durch die primären Mark- strahlen — voneinander getrennt. Die Kambien der Gefäßbündel sind mit dem Bildungsgewebe der primären Markstrahlen zu einem 197 im Querschnitte geschlossen erscheinenden Meristem, dem Kambium- ring (Verdiekungsring der Dikotylen), verbunden. Durch die Tätigkeit dieses Verdickungsringes entsteht im Innern des Stammes ein relativ stark entwickelter, kompakter, markführender Zylinder, das Holz, nach außen hin das Phloöm, welches mit den übrigen peripheren Geweben des Stammes die Rinde bildet. Der Stamm der Dikotylen und Gymnospermen läßt sich stets in diese beiden Teile zerlegen, da dieselben bloß durch das zarte Bildungsgewebe, den Kambiumring, miteinander verbunden sind. Namentlich im Frühlinge, wenn die Zellen des letzteren in starker Neubildung begriffen sind, kann die Zerlegung des Stammes in Holz und Rinde besonders leicht vorgenommen werden.*) Fig. 154. N [89 ROSE 6/ oo Hob het Lyra S{_\ Lupenansicht querdurchschnittener Hölzer. A von Juglans regia (Nußholz), B von Carya alba (Hickoryholz). g g Gefäße. Die Längsstreifen entsprechen den Mark- strahlen (m), die Querstreifen dem Holzparenchym. Nach unten durch gefäßreiches Frühholz (Z) abgeschlossen. Auch in der Wurzel dieser Gewächse entwickelt sich früh- zeitig ein Kambiumring, welcher in gleicher Weise Dauergewebe nach außen und innen produziert. Es kann deshalb mit gleichem Rechte auch von Holz und Rinde der Wurzeln baum- und strauch- artiger Dikotylen und Gymnospermen gesprochen werden.**) Die histologischen Elemente des Holzkörpers, welche durch die Tätigkeit des Kambiumringes entstehen (Gefäße, Tracheiden, *) Indem man die Trennung des Stammes in Holz und Rinde vornimmt, wird das Kambium nicht mitten durchgerissen oder gespalten, sondern samt der Rinde abgezogen, wobei merkwürdigerweise oft auch junge Holzzellen mit dem Kambium in Verbindung bleiben. (Russow, Sitzungsberichte der Dorpater naturh. Gesellsch. 1883, p. 15.) #=) Über den Unterschied zwischen Stamm- und Wurzelholz s. oben p. 191. Größer als der Unterschied zwischen Stamm- und Wurzelholz ist der zwischen Stamm- und Wurzelrinde. Schon die partielle oder vollständige Unterdrückung der Lenticellen und der Bastbündel gibt häufig der Wurzelrinde ein anderes ana- tomisches Gepräge als der Stammrinde desselben Gewächses. 198 Libriformfasern, Markstrahlzellen ete.) sind schon in der Histologie ausführlich abgehandelt worden. 119. An jedem querdurchschnittenen Holze lassen sich in der Regel folgende Teile schon mit freiem Auge unterscheiden: das Mark, die Jahrringe und die Markstrahlen. An vielen Hölzern (z. B. an Juglans regia, Robinia Pseudoacacia, Ulmus cam- pestris) erkenntman außer- Fig. 155. am mM je=) Ulem) OlRO f ® —L NJıl dem noch das Holzpar- Km) ; . 0 es — -H enchym als tangential angeordnete hellere Ge- \S): elelol | | Mr | | websstreifen oder kleinere ‚oO 7 Fleckchen. M Ein Mark ist im Fee 20. Guescinde Tas Aue Ko Bi Tai (is Bir a 4 Herbaiolzellen, F Brühlingrheisilen. + Hoflipfel, handen; im Wurzelholze fehlt es entweder gänzlich (Rhus Cotinus) oder ist doch relativ schwach entwickelt (Sambucus nigra). Der anatomische Bau dieses Gewebes wurde schon oben (p. 173) genügend erörtert. Die Jahrringe des a u ae) Holzes sind bei allen 5 |: unseren Holzgewächsen scharf ausgeprägt und kommen dadurch zustande, daß die im Herbste ge- bildeten Holzzellen, die Herbstholzzellen*), diekwandiger sind als die Fig. 156. an sie unmittelbar an- grenzenden nächstjährigen Frühlingsholzzellen Vergr. 10. Querschnitt durch drei Jahrringe des Holzes der (Fig. 155). In vielen Laub- Eiche (Quercus pedunculata). mm mehrreihige, m’ einreihige ‘> . Markstrahlen, J Jahrringgrenze, /9 Gefäße des Frühholzes, hölzern 1st zudem das F Frühholz, 8 Spätholz mit kleinen Gefäßen. Frühlingsholz reicher an *) Nach neueren Untersuchungen wird das sogenannte Herbstholz nicht im Herbste, sondern schon im Sommer gebildet, weshalb man den berechtigten Vorschlag gemacht hat, das in der Vegetationsperiode zuletzt gebildete Holz als Spätholz und die dasselbe zusammensetzenden Holzzellen als Spätholzzellen zu bezeichnen, und statt Frühlingsholz und Frühlingsholzzellen die Ausdrücke Frühholz und Frühholzzellen zu gebrauchen. 199 Gefäßen als das Herbstholz (Eiche etc.) und besitzt auch weitere Ge- fäße als dieses (Fig. 156). Es ist begreiflich, daß im Holz von Bäumen, welche ununterbrochen weitervegetieren, die Jahrringbildung aus- bleiben muß. Das Holz von den Tropenländern angehörigen Bäumen bietet, einige Ausnahmsfälle abgerechnet, auch tatsächlich nur einen sehr undeutlichen oder keinen Ringbau dar.*) Die Jahrringe zeigen einen übereinstimmenden Bau, bis auf den ersten, unmittelbar an das Mark anstoßenden Holzring, welcher in seiner innersten Partie, der Markkrone, stets Ring- und Spiral- Fig. 157. Fig. 158. Schematischer Querschnitt durch einen dreijährigen Dikotylenstamm von einfachstem Baue, x Xylem, Schematischer Querschnitt durch einen zwei- p Phloöm, c Kambium, i Interfaszikularkambium jährigen Dikotylenstamm, welcher Interfasziku- (s. Figurenerklärung p. 175), m Mark, m’ Mark- larholz bildet. x, ?2, ce, ü, m, m‘, M, s, s' wie krone, M primäre Markstrahlen, J Jahrringgrenze, in Fig. 157. I Faszikularholz, II Interfasziku- s sekundäre Markstrahlen erster, s’ zweiter Ordnung. larholz. gefäße enthält, während die später folgenden Jahrringe getüpfelte Gefäße führen (Laubhölzer**) oder gänzlich gefäßlos sind und statt *) Wo ein doppelter Wechsel der Vegetationsperiode im Laufe eines Jahres eintritt, können während dieses Zeitraumes zwei Jahrringe gebildet werden. Je- doch auch bei uns kann es sich ereignen, daß Holzgewächse im Jahre zwei Holzringe erzeugen, wenn durch Raupen, Frost und andere natürliche oder durch künstliche Beschädigung das Laub verschwindet, aber noch in derselben Vegetationsperiode eine nochmalige Belaubung stattgefunden hat. Es kann indes bei manchen Holz- gewächsen unter den gleichen Verhältnissen die Bildung des doppelten Jahrringes auch unterbleiben. (Kny, Verhandlungen des Bot. Ver. der Provinz Branden- burg. 1879. Wilhelm, Berichte der Deut. Bot. Gesellsch. 1883.) **) In weichen bis fleischigen Holzkörpern (Stamm- und Wurzelholz) treten statt der getüpfelten Gefäße häufig Netzgefäße (Carica, Krassulaceen, in fleischigen Wurzeln, im Stamme einiger Kakteen [Cereus, Opuntia]) oder Ring- und Schrauben- gefäße (im Stamme einiger Kakteen [Zchinocactus, Mamillarie]) auf. Auch bei jenen Krassulaceen, welche hartes Holz bilden, wurden statt der getüpfelten Ge- fäße Netzgefäße beobachtet. (de Bary, Anatomie, p. 493.) 200 der Gefäße Tracheiden enthalten (Nadelhölzer).*) Wenn Interfaszi- kularholz gebildet wird, so nimmt dasselbe an der Bildung der Markkrone keinen Anteil (vgl. Fig. 157 und 158). Jedes Holzgewächs bildet, einige Ausnahmsfälle abgerechnet, Markstrahlen**); oft lassen sich primäre und sekundäre Mark- strahlen unterscheiden. Erstere gehören dem Grundgewebe an und reichen vom Mark bis zur primären Rinde, letztere hingegen liegen im Gefäßbündel, setzen sich allerdings bis zur primären Rinde fort, nicht aber bis zum Marke, und sind desto kürzer, je jünger der Holzring ist, in welchem sieihren Anfang nehmen (Fig. 158). Je nachdem die sekundären Markstrahlen im ersten, zweiten, ..... nten Jahrringe an- gelegt werden, bezeichnet man dieselben als sekundäre Markstrahlen der ersten, zweiten, .... nten Ordnung. Viele Holz- gewächse bilden einen von gleichartig aus- sehenden Markstrahlen durchsetzten Holz- körper, in welchem primäre Markstrahlen nicht oder nur entwicklungsgeschichtlich nachgewiesen werden können (s. oben p. 176 auch Fig. 140). In der histologi- schen Zusammensetzung herrscht zwischen ern A: Mangintiälers hin GER PLEmIT und sekundären Markstrahlen en en erg nz gewöhnlich kein Unterschied. Sie bestehen a m = Ho aus quer und radial im Stamme gelegenen, in die Länge gestreckten, mit verholzten Wänden versehenen stärkehaltigen Parenchymzellen.***) Die Mark- strahlen bilden entweder eine Zellschiehte (Tanne /Adies pectinata), { N } / N (@h IE \ (S® 76) S 0 *) Gefäßloses Holz findet sich, abgesehen von den Gnetaceen, auch bei den anderen Gymnospermen; bei Laubgewächsen nur ausnahmsweise (Drimys Wintert und, wie es scheint, bei allen Wintereen). ##) Markstrahlenlose Holzkörper wurden bei verschiedenen kraut- und stauden- artigen Dikotylen (Krassulaceen, Nyktagineen, Karyophyllaceen, Papilionaceen und Kompositen) beobachtet. Alle Holzbündel erscheinen hier zu einem homogenen Holzkörper vereinigt. $. auch Fig. 142. *=#) Bei manchen Gewächsen wurde zur Stammachse parallele Mark- strahlenzellen beobachtet, so bei Nerium, Periploca, Hoja nach de Bary, 1. c.p. 500. Zum Teile aufrechte, zum Teile liegende Markstrahlen kommen bei Ochroma Lagopus (Wiesner, Rohstoffe, 2. Aufl., Bd. I, p. 1021) und Camellia japonica (de Bary, 1. c. p. 501) vor. Bei manchen Begoniaceen nehmen die Markstrahlen- zellen sogar einen fibrosen Charakter an (Hildebrand, Begoniaceenstämme, p. 24). Sklerenchymatisch sind die Markstrahlenzellen in den älteren, an das sklerenchyma- tische Mark anschließenden Jahrringen von Clematis Vitalba. | 201 ji Fig. 160; ferner Populus, Salix ete.) oder setzen sich aus mehreren bis zahlreichen Zellschiehten zusammen (Föhre, /Pinus silvestris] Fig. 161; Eiche, Fig. 159, Rotbuche ete.). In manchen Holz- arten wechseln einfache und zusammengesetzte Markstrahlen miteinander ab (Fichte, Fig. 160. [Picea excelsa]). Sämt- A liche Zellen eines Mark- strahles stimmen ent- weder im Baue unter- einander überein (Abies pectinata, Fig. 160 5 m) oder die mittleren Zellen sind von den äußeren verchieden (z. B. bei Picea excelsa und allen Pinus-Arten, Fig. 161). Das Holzpar- enchym entsteht aus Kambiumzellen durch Querteilung und besteht Vergr. 280. Holz der Tanne. A tangentialer, B radialer Längs- T h eh schnitt. m Markstrahl (einreihig, aus gleichartigen Zellen be- aus parenchymatischen, stehend). 2° Tracheiden. Fig. 161. Vergr. 280. Holz der Föhre (Pinus silvestris). A im tangentialen, 3 im radialen Längsschnitt. m mehr- reihiger Markstrahl mit Harzgang A. T Tracheiden mit Tüpfeln t. zm getüpfelte Zackenmarkstrahl-, pm Porenmarkstrahlzellen. gewöhnlich parallel zu den Holzfasern gestreckten, mit verholzten Wänden versehenen Zellen. Gleich den Markstrahlenzellen führen die 202 Holzparenchymzellen zur Zeit der Winterruhe Reservestoffe, ge- wöhnlich Stärke. Manchen Holzarten fehlt das Holzparenchym gänz- lich, so unter den Nadelhölzern der Eibe (Taxus baccata), unter den Laubhölzern der Drimys Winter‘ und anderen Wintereen. Gewöhnlich tritt es nur spärlich auf oder ist im Holzgewebe so zerstreut, daß es sich der makroskopischen Wahrnehmung ent- zieht (Fichte, Föhre, Eiche, Buche). In manchen Hölzern ist das Holzparenchym aber mit freiem Auge ebensogut erkennbar wie die Markstrahlen, so z. B. beim Nuß- und Hickoryholz (Fig. 154), oder es tritt noch viel deutlicher hervor als diese, so z. B. bei dem Rotsandelholz, bei welchem auf Fig. 162, Fig. 163. as | N TITTLR a ,; ii m Sn, Or aullh..„.cwsuBHHHnL® Lupenansicht eines durch Amarant- Lupenansicht eines durch rotes Sandel- holz geführten Querschnittes. m m Mark- holz geführten Querschnittes. m m Mark- strahlen, g g Gefäße, von Holzparenchym strahlen, % A Holzparenchym, g g Gefäße. umgeben. (AusWiesners»Rohstoffe«.) (Aus Wiesners »Rohstoffe«.). dem Querschnitt das Holzparenchym für das freie Auge sehr leicht erkennbar ist, während die Markstrahlen erst unter der Lupe her- vortreten (Fig. 163). Das Holzparenchym erscheint dort, wo es mit freiem Auge sichtbar ist, entweder in tangential angeordneten Binden (»meta- tracheales Parenchym« nach Sanio, Fig. 163) oder in Form kleiner abgegrenzter Gewebspartien (»paratracheales Parenchym« nach Sanio, Fig. 162*). Bei dem Holze der Ulme erkennt man mit freiem Auge innerhalb jedes Jahrringes mehrere den Jahrringgrenzen beiläufig parallel liegende Züge von Holzparenchym. Sehr häufig sind dem Holzparenchym der Birke und anderer Bäume Gefäße eingelagert (Fig. 162 und 163). 120. Den einfachsten Bau unter allen Holzarten zeigt Taxus baccata. Es besteht — selbst einschließlich der Markkrone — nur aus Tracheiden und einreihigen, aus gleichwertigen Zellen zusammen- gesetzen Markstrahlen. Im Holze der meisten übrigen Koniferen *) Mit diesen fleckenförmigen Parenchympartien sind nicht zu verwechseln die oft sehr auffälligen, z.B. im Birkenholz häufigen »Markfleckchen«; es sind dies pathologische Bildungen, nämlich durch ein Wundparenchym ausgefüllte Fraß- gänge von Fliegenlarven. S. von Tubeuf, Forstl.-naturw. Zeitschrift. 1897. 203 treten außerdem noch mehrreihige Markstrahlen und spärliche Holz- parenchymzüge auf. Dem Holze der Laubgewächse fehlen neben den schon genannten Elementen die Gefäße“) fast niemals, sehr häufig treten außerdem noch Libriformfasern auf. 121. Das lebende Holz wird als Splint bezeichnet. In den meisten Laub- und Nadelholzbäumen stirbt das Holz im Inneren ab, wird wasserärmer, dunkler, es bildet den sogenannten Kern. Alle Farbhölzer sind Kernholz, welches sich vom Splinte durch eine lebhafte Färbung unterscheidet. Kern und Splint sind meist scharf voneinander geschieden. In den Stämmen mancher Bäume (Esche u. a.) schaltet sich zwi- schen Kern und Splint eine gewöhnlich scharf abgegrenzte, stets an der Färbung erkenn- bare Holzschichte ein, das Reifholz. Alle Formen des Holzes Vergr. 5. Partie aus dem Querschnitt durch einen gUUST> - : mehrjährigen Stamm von Cocculus laurifolius. (Splint etc.) sind verholzt, 1n- a Xylem, 5 Phloöm, ce Kambium der normalen 2 = . rimären) Gefäßbündel, / primärer Markstrahl, dem die Zellwände aller histo- & a‘ sekundäre, aus einem Folgemeristem entstan- . . dene Holzbündel, g Markstrahl zwischen den sekun- logischen Elemente die Holz- dären Bündeln, m Mark. (Nach Schacht.) stoffreaktionen geben.**) 122. Es existieren zahlreiche baumartige Dikotylen und Cyca- deen. deren Holz im anatomischen Baue von dem der gewöhnlichen wesentlich abweicht. Immerhin ist aber die Zahl der Gewächse mit anomalem Holzbaue im Vergleiche zu denen mit normalem eine verschwindend kleine. Die Anomalie ist bei diesen Gewächsen in sehr verschiedener Weise ausgeprägt, kommt aber meist dadurch zustande, daß nach kürzerer oder längerer Tätigkeit des normalen Verdickungsringes Folgemeristeme in Form eines oder mehrerer neuer Verdickungs- ringe entstehen, welche die Holzbildung fortsetzen. So bildet sich im Stamme von Cocculus laurifolius (Fig. 164) nach mehrjähriger Tätigkeit des normalen Verdickungsringes, und *) Vgl. die erste Anmerkung auf p. 199. *#) Dieser Satz gilt für alle im Texte genannten histologischen Elemente des Holzkörpers; allein, es hat sich herausgestellt, daß in vielen Holzgewächsen (Tilia, Aesculus etc.) inmitten der Markkrone Zellen auftreten, welche selbst nach vielen Jahren noch gänzlich unverholzte Zellhäute besitzen. Wegen der Ähnlichkeit der aus diesen Elementen bestehenden Gewebsanteile mit dem gewöhnlichen Kambi- 204 zwar außerhalb desselben, ein neuer in der primären Rinde, welcher neue Gefäßbündel mit Xylem- und Phloömteilen entwickelt. Es ist begreiflich, daß in einem sich so aufbauenden Stamme Phloömgewebe Fig. 166. Vergr. 3. Abnorm gebauter Stamm von Ouspidaria pterocarpa Vergr. 10. Eine Partie des jungen (Bignoniacee). m Mark. Ah’ norınales Holz mit Protoxylem, Holzes von Cuspidaria pterocarpa. h, hz Holz, welches infolge relativ starker Entwicklung h, ph wie inFig. 165, r Rinde (Borke) der korrespondierenden Phloömpartien ph, phx in der Aus- mit Bastbündeln. bildung nach radialer Richtung zurückgeblieben ist. Auch hier liegen im Bereiche des jungen Holzes 3 Rindenteile ph. r Rinde (Borke). mitten im Holzkörper auftreten müssen, was für die meisten anomalen Hölzer charakteristisch ist. Bei mehreren Sapindaceen (Serjania, Paullinia ete.) entstehen Vergr. 10. Querschnitt durch den jungen Stamm von serjania caracasana. Innerhalb des Sklerenchymringes der Hauptring r mit vier Außenringen. (Nach Nägeli.) im querdurchschnitten gedachten Stamme mehrere Verdickungsringe, z. B. um einen Hauptring ein Kranz kleinerer, von denen jeder nach innen Holz, nach außen Phlo&m entwickelt (Fig. 167). Noch deutlicher als in dem früher angeführten Falle sieht man hier Gewebe, die sonst nur in der Rinde anzutreffen sind, an der Zu- sammensetzung des Holzkörpers An- teil nehmen (s. auch oben p. 179). Bei zahlreichen Lianen aus der Familie der Bignoniaceen geht die Holzbildung anfänglich normal vor sich; später erst bleibt die Holz- form, hat man dieselben als sintraxyläres Kambiform« bezeichnet. (Raimann, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss. 1889, Bd. XCVIII.) 205 bildung stellenweise in radial angeordneten Partien zurück, während an Stelle des Holzes Rindengewebe gebildet wird. Dieses erscheint, in das jüngere Holz eingebettet, in radialen Streifen, welche nach außen in der Borke, nach innen im Holze enden (Fig. 165, 166). Also auch bei diesen Lianen sieht man, wenigstens in gewissen Partien, im Holzkörper Rindengewebe auftreten. Diese drei einfachen Fälle mögen den anomalen Bau des Holzes anschaulich machen; auf ein weiteres Eingehen in die ein- schlägigen, meist sehr komplizierten anatomischen Verhältnisse muß hier verzichtet werden und es sei nur noch bemerkt, daß der ano- male Holzbau vornehmlich bei Lianen mit verholzendem Stamme vorkommt und mit Rücksicht auf die Festigkeitsverhältnisse dieser Gewächse als eine zweckmäßige Einrichtung erscheint. ””)*) 123. Das Wort Rinde wurde von jeher in der Anatomie in verschiedenem Sinne genommen: als Ausdruek für das Hautgewebe (besonders für das Periderm), ferner für die außerhalb der Gefäb- bündel gelegenen Grundgewebsteile (»primäre Rinde« nach Schacht s. oben p. 95), sodann gleichbedeutend mit dem Phlo&m (inklusive Bast) und den verbindenden Rindenmarkstrahlen eines Stammes (»sekundäre Rinde« nach Schacht), endlich als Bezeichnung für alle außerhalb des Verdiekungsringes befindlichen Gewebeschichten. Nur in letzterem Sinne ist hier von Rinde die Rede, also von jenem Gewebekomplex, welcher auch im gewöhnlichen Leben, in der Rohstofflehre und Pharmakognosie als Rinde angesprochen wird. Die vom Holzkörper als geschlossene Gewebemasse leicht ab- lösbare Rinde setzt sich aus Hautgewebe, ferner aus Anteilen des Grund- und Gefäßbündelgewebes zusammen. Als Hautgewebe tritt Periderm (Korkhaut, später oft auch Borke) auf; vom Grundgewebe finden sich in der Rinde Kollenchym, Sklerenehym und Rinden- parenchym, vom Gefäßbündel die Phloömteile vor. Letztere werden von den Rindenmarkstrahlen, gewöhnlich Phlo&m-, früher Bast- markstrahlen genannt, welche die Fortsetzung der im Holze ver- laufenden Markstrahlen — Holzmarkstrahlen — bilden, ausein- andergehalten. *) Unter Lianen verstand man früher nur kletternde Tropengewächse, nun- mehr bezeichnet man mit diesem Worte alle Arten von Kletterpflanzen. Der ano- male Holzbau ist fast nur bei tropischen Kletterern ausgebildet. Doch kommen die für viele anomale Hölzer charakteristischen, die Zug- und Biegungsfestigkeit der seilartigen Kletterstämme sehr begünstigenden Xylemzerklüftungen (s. p. 185) auch bei einigen europäischen Lianen (z. B. bei Clematis-Arten) vor. (Krasser, Verhandl. zool.-bot. Ges. 1887, p. 795.) 206 Der Phlo&mteil der Rinden ist gleich dem Holzkörper ge- schichtet und besteht gewöhnlich aus abwechselnden Schichten von Bast- und Siebröhrenbündeln. Die älteren (äußeren) Phloömschichten sind gewöhnlich reicher an Bastzellen als die jüngeren (inneren). Oft nimmt die Bildung der Bastbündel sukzessive ab, so daß in späteren Jahren nur sehr schmale Bastfaserbündel gebildet werden (Ulme) und die inneren Phloömlagen in manchen Fällen nur aus Weichbast bestehen (Oleander). Nur die Rinden weniger Gewächse (Canella alba) sind stets völlig bastfrei. In den Stämmen der meisten Laubbäume bilden die Bastfaser- bündel einen geschlossenen Zylindermantel. Es ist dies der Bast der Bäume, auch Bastrinde genannt. In der Rohstofflehre und Pharmakognosie ist häufig von Außen-, Mittel- und Innenrinde die Rede. Die Außenrinde ent- spricht dem Hautgewebe, die Mittelrinde dem Grundgewebsanteil, die Innenrinde dem Gefäßbündelanteil der Rinde. Selbstverständ- lich werden die Phloömmarkstrahlen auch zur Innenrinde ge- zählt. Deshalb ist Innenrinde mit »sekundärer Rinde« gleich- bedeutend. Il. Betrachtungen über die Arten der Gewebe und über Gewebesysteme. 124. Die Gewebe sind so mannigfaltig ausgebildet, sie er- scheinen ferner nach Lage, Verbindung, Entwicklung und Funk- tion so verschiedenartig, daß sich die Notwendigkeit herausstellt, Ordnung und Übersicht in dieses Heer von Formen zu bringen. Die Gewebe der Pflanzen lassen sich von verschiedenen Ge- sichtspunkten aus übersichtlich gruppieren. Die einfachste und in- folge ihrer Unmittelbarkeit anschaulichste Übersicht gewinnt man durch Heranziehung rein morphologischer Charaktere fertiger Ge- webe. Diese deskriptive Methode haben wir im bisherigen Gange unserer Darstellung befolgt, wohl aber auch bei jeder passenden Gelegenheit durch Beispiele und durch einige einfache — auf früheren Darlegungen beruhende — Abstraktionen angedeutet, in welcher Weise sonst noch eine naturgemäße Betrachtung der Gewebe mög- lich sei. Wir haben, um es hier kurz zusammenzufassen, in dieser Beziehung drei verschiedene Gesichtspunkte kennen gelernt: den entwicklungsgeschichtlichen, den physiologischen und den phylo- genetischen. 207 Den entwicklungsgeschichtlichen betreffend wurde gezeigt, wie sich die Dauergewebe, trotz ihrer heterogenen Aus- bildung, auf einige wenige Meristeme zurückführen lassen, dab manche im fertigen Zustande völlig gleich aussehende und auch in völlig gleicher Weise funktionierende Gewebe, z. B. das hypodermati- sche Wassergewebe und die dem letzteren analoge Form der zu- sammengesetzten Oberhaut, verschiedenen Geweben angehören und aus verschiedenen Meristemen sich ableiten u. s. w. Um die Beziehungen der morphologischen Ausbildung der Zellen und Gewebe zu ihren physiologischen Leistungen kenntlich zu machen, erfolgte der Hinweis auf die spezifisch mecha- nischen Zellen, auf die Arbeitsteilung im Gefäßbündel, auf die physiologische Bedeutung der Hautgewebe, des Hypoderms, auf die Funktion der Spaltöffnungen, Wurzelhaare u. s. w. Aber auch darauf, wie die stufenweise Entwicklung des Pflan- zenreiches in den Geweben sich ausspricht, wurde mehrfach hin- gewiesen. Zur Illustration dieser phylogenetischen Beziehungen der Pflanzengewebe wurde gezeigt, daß die eigentlichen Meristeme auf der untersten Entwicklungsstufe des Pflanzenreiches fehlen und die entstehenden Zellen sich direkt in Dauerelemente umwandeln, aber schon auf nächster Entwieklungsstufe dominierende Scheitel- zellen ausgebildet werden, wie dann weiter hinauf, bei höheren Algen, aus der Scheitelzelle bereits kleinzellige Meristeme sich ent- wickeln, und auf weiterer Ausbildungsstufe der Pflanzenformen der Übergang von einer mit Scheitelzellen abschließenden Vege- tationsspitze zu jener sich einstellt, welche bereits ganz und gar aus kleinzelligem Meristem besteht, die wir in den Organanlagen der höchstentwickelten Pflanzen ausschließlich antreffen. Es wurden ferner mehrere Beispiele der Anpassung einer Gewebeart an andere vorgeführt und gezeigt, daß die Organe mancher Pflanzen die Anlage zur Umbildung in andere, höher organisierte besitzen. Bei Vorführung des anatomischen Baues der Vegetationsorgane wurde die stufenweise sich vervollkommnende anatomische Zusammen- setzung dieser Organe nachgewiesen. U. a. m. 125. Schon diese Andeutungen legen die Frage nahe, ob nicht von einem der drei letztgenannten Gesichtspunkte aus sich eine tiefergreifende und naturgemäßere Systematik der Gewebe erzielen lasse, als durch bloße Anwendung der deskriptiven Methode. Das entwicklungsgeschichtliche Prinzip schien sich für diesen Zweck am meisten zu eignen; man erwartete, daß sich alle Formen der Dauergewebe auf bestimmte Meristeme und Entwick- lungstypen würden zurückführen lassen. Es gelang dies aber doch 208 nur zum Teile. und selbst da häufig nur sehr beiläufig. Denn nicht einmal das Dermatogen, welches unter den Meristemen der Vege- tationsspitze noch die auffälligste Beziehung zu den Dauergeweben erkennen läßt. hat sich als spezifisches Meristem des primären Haut- gewebes erwiesen, da nach neueren Untersuchungen selbst Strang- gewebe aus demselben hervorgehen können. Immerhin wurden aber durch die Entwicklungsgeschichte neue und fruchtbare Gesichts- punkte in die Gewebelehre gebracht, u. a. die genetische Zusammen- gehörigkeit gewisser, im fertigen Zustande heterogener Gewebe er- wiesen und anscheinend gleiche Gewebe, z. B. das Wassergewebe des Blattes verschiedener Pflanzen, genetisch auseinandergehalten. So gehört, wie wir oben gesehen haben, das Wassergewebe von Tradescantia discolor entwicklungsgeschichtlich dem Grundgewebe an und leitet sich aus dem Periblem ab, während das Wasserge- webe von Degonia manicata, welches eine mehrschichtige Oberhaut ist. dem Dermatogen sein Entstehen verdankt. 126. Schon seit Beginn der physiologischen Forschung sucht man die Lebenserscheinungen auf Vorgänge zurückzuführen, welche in den Zellen und Geweben stattfinden. Es spricht sich diese Ten- denz schon in der seit jeher bestandenen gemeinschaftlichen Ent- wicklung der Anatomie und Physiologie aus (s. oben p. 3). So wurde eine Menge von Kenntnissen über die funktionelle Bedeutung morphologischer Verhältnisse der Zellen und Gewebe gewonnen, ohne daß man jedoch versucht hätte, aus denselben ein Prinzip zur Einteilung der Gewebe abzuleiten. Erst in neuerer Zeit wurde der Grund zu physiologischen Gewebesystemen gelegt. Es geschah dies durch Schwendener (1874), welcher die Existenz eines mechanischen Gewebesystems im Pflanzenkörper nachwies. Man sieht tatsächlich überall in der Pflanze die Prinzipien der Baumechanik sowohl in der Qualität des Materiales als in der Vereinigung und Anordnung der mechanischen Zellen realisiert (s. oben p. 83 und 185). Die Aufstellung des mechanischen Gewebe- systems erwies sich nicht nur nach physiologischer Richtung er- sprießlich, sie wirkte auch günstig auf die Anatomie zurück, indem eine Reihe von bis dahin unverständlichen anatomischen Tatsachen durch Zugrundelegung des mechanischen Prinzipes eine befriedigende Erklärung gefunden hat. So namentlich das Schwankende im Vor- kommen des Bastes, was früher in der Anatomie zu so viel Ver- wirrung Veranlassung gegeben hat. Es tritt, wie wir auf Grund der Schwendenerschen Lehre sagen können, der Bast (das Bast- faserbündel) nur dort auf, wo er notwendig ist, und fehlt — oder 209 ist nur als funktionsloser Rest vorhanden — wo seine Gegenwart überflüssig wäre. So kommt es beispielsweise, daß die Triebe vieler unserer Holzgewächse nur solange Bast bilden, als sie biegungsfest sein müssen. nämlich im Jugendzustande, später aber nicht mehr, wenn nämlich bereits ein massiver Holzkörper gebildet ist, welcher nunmehr die Festigkeit des Stammes garantiert. Er tritt in den Organen an jenen Stellen auf, wo es die mechanische Konstruktion erheischt: isoliert oder als Bestandteil des Gefäßbündels; je nach Bedürfnis gegen die Rinde oder gegen das Mark gewendet, oder das ganze Mestom umschließend. Die Sicherheit, mit der sich gerade dieses bis dahin am wenig- sten beachtete Gewebesystem als eine anatomisch-physiologische Einheit darstellen ließ, gab der Hoffnung Raum, ein natürliches, auf physiologischen Prinzipien beruhendes Gewebesystem begründen zu können. 12%. Nach dem von Schwendener gegebenen Vorbilde wurde versucht, das physiologische Prinzip auch auf die übrigen Gewebe anzuwenden, wobei manche wichtige Beziehungen zwischen physio- logischer Funktion und morphologischer Ausbildung der Gewebe aufgedeckt und einige histologische Begriffe präzisiert wurden, welche namentlich für physiologische Darstellungen sich als zweck- mäbig herausstellen dürften. Hier folgt eine Übersicht der anatomisch-physiologischen Gewebesysteme nach G. Haberlandt. I. Die Bildungsgewebe (Ur- und Folgemeristeme). II. Das Hautsystem (Öberhaut, Periderm, Borke). IIl. Das mechanische System (Bast, Libriform, Kollenchym und Sklerenchym). IV. Das Absorptionssystem (Absorptionsgewebe der Boden- wurzeln ete.). V. Das Assimilationssystem (Chlorophyllparenchym ete.). VI. Das Leitungssystem (Gefäßbündel ete.). VII. Das Speichersystem (Gewebe der Samen zur Ansamm- lung der Reservestoffe etc.). VIII. Das Durchlüftungssystem (luftführende Interzellularen mit den Ausgangsöffnungen: Spaltöffnungen und Lenti- cellen). X. Die Sekretionsorgane und Exkretbehälter. X. Bewegungsgewebe (Flughaare, Schwimmgewebe ete.). XI. Sinnesorgane (Fühlhaare, Fühlborsten ete.). XII. Die reizleitenden Gewebe (das reizleitende System im Blatte von Mimosa pudica ete.; hier werden auch Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl, 14 »reizleitende Strukturen«, z. B. Plasmaverbindungen. eingereiht). Für physiologische Darlegungen wird dieses physiologische Gewebesystem gewiß gute Dienste leisten. Aber auch dieses Prinzip ist, wenn ausschließlich angewendet, ebensowenig als das entwick- lungsgeschichtliche zur Aufstellung einer befriedigenden Übersicht der Pflanzengewebe geeignet. Denn vielen Zellen und Geweben fallen mehrere Funktionen zu. Die Funktionen sind oft schwer zu ermitteln, auch vielfach noch unbekannt oder doch zweifelhaft. Manche wichtige, genetisch zusammengehörige Gewebe, z. B. die Gefäßbündel. erscheinen bei einseitig physiologischer Betrachtung ihrer natürlichen Einheit beraubt. Vor allem entbehren aber die physiologischen Gewebesysteme, da ihre Grundcharaktere zumeist erst durch besondere Experimente erwiesen werden können, der Anschaulichkeit und sind deshalb für deskriptive Zwecke nicht zu gebrauchen. Am förderliehsten und auch am naturgemäßesten dürfte es wohl sein, die Gewebe von all den angeführten Gesichtspunkten aus zu betrachten und nach Bedürfnis zu gruppieren. Allerdings kommt man auf diesem Wege nur zueinem eklektischen Systeme, welches mit Rücksicht auf das zu verfolgende Ziel aus den ver- schiedensten Eigentümlichkeiten der Gewebe jene auswählt, welche zur Herstellung einer Übersicht sich am besten verwerten lassen. Ein vollständiges, alle Gewebeformen umschließendes und alle auch scharf unterscheidendes System ist nieht zu erreichen, da die Fähigkeit der Organismen, sich fort- und rückschreitend umzubilden, wie wir gesehen haben, auch in der Gewebebildung sich wieder- spiegelt, allseits durchgreifende Unterscheidungsmerkmale ausschließt und absolut spezifische Zellen nicht zur Regel werden läßt.’°) 128. Zur Charakterisierung der Gewebe lassen sich nachfol- gende, zum Teil häufig gebrauchte Begriffe heranziehen. Unter einem einfachen Gewebe versteht man Zellvereinigungen, welche ein gleichartiges Ganzes bilden, also weder aus verschiedenen Schichten bestehen, noch von Strängen durchzogen sind. Ein solches einfaches Gewebe setzt sich entweder aus gleichartigen Zellen zusammen (z. B. die Bastfaserbündel, Kollenehymstränge, Epithelien etc.), oder es besteht aus ungleichartigen Elementen (einfache Siebröhrenbündel, die gewöhnliche Epidermis ete.). Lassen sich hingegen in einem Gewebe Schichten oder Stränge unterscheiden, so wird es als ein zusammengesetztes Gewebe bezeichnet (z. B. die Gefäßbündel). Zusammengesetzte Gewebe gehen entweder aus einheitlicher Anlage hervor, wie die Gefäßbündel, und können dann als echt 211 zusammengesetzte Gewebe von jenen unterschieden werden. welche, wie das Holz oder die Rinde, aus ungleichartiger Anlage sich hervorbilden, aber doch eine bestimmte anatomische Einheit bilden. Solehe Gewebsvereinigungen können als unecht zusam- mengesetzte Gewebe bezeichnet werden. Die an dem Aufbau eines ganzen Organes Anteil nehmenden gleichartigen Gewebegattungen bilden ein anatomisches Gewebe- system, z. B. sämtliche Gefäßbündel eines Blattes, eines Stammes u. s. w., das gesamte Haut- oder Grundgewebe eines Organes oder auch einer ganzen Pflanze. Ein Gewebe oder ein Gewebekomplex eines Organes oder auch einer ganzen Pflanze, dem eine bestimmte physiologische Leistung zufällt, repräsentiert ein physiologisches Gewebesystem. 14* Zweiter Teil. Pas Vorne Erster Abschnitt. Chemismus der lebenden Pflanze.”) 1. Zu den wichtigsten Lebensfunktionen der Pflanze gehört die in ihr sich vollziehende Umwandlung anorganischer Stoffe in organische. Diese chemische Umbildung kommt nicht nur der Pflanze selbst zugute, indem sie hierbei an Substanz gewinnt, sondern auch den Tieren, welchen die Fähigkeit, organische Körper aus unor- ganischen zu bilden, abgeht. Das Vermögen, aus unorganischen Stoffen organische zu er- zeugen, ist den Pflanzen in ungleichem Maße eigen; während die einen — wie sich später zeigen wird, die chlorophylihaltigen — nur unorganische Nahrung aufnehmen und durch chemische Um- wandlung derselben die gesamte organische Substanz ihres Körpers aufbauen, müssen die anderen, z. B. die Pilze, vorwiegend organi- sche Nahrung aufnehmen; doch kommt ihnen gewöhnlich die Fähig- keit zu, gewisse anorganische Stoffe, z. B. Ammoniak oder Salpeter- säure, bei Gegenwart organischer Stoffe zu assimilieren, nämlich in stickstoffhaltige organische Substanz umzusetzen. Um einen Einblick in die Prozesse des Stoffumsatzes der lebenden Pflanze zu gewinnen, ist es notwendig, erstens die wich- tigsten chemischen Individuen, welche die Pflanze produziert, zweitens die Nahrungsmittel, welche von ihr aufgenommen werden, endlich drittens die Prozesse, durch welche die letzteren in jene chemischen Stoffe umgesetzt werden, kennen zu lernen. I. Die chemische Zusammensetzung der Pflanze. 2. Die Zahl der chemischen Individuen, welche die Pflanzen- welt hervorbringt, ist gewiß eine außerordentlich große. Tausende 213 dieser Körper sind aus der Pflanze bereits dargestellt worden. Nichts- destoweniger verschwindet diese Zahl zweifelsohne gegenüber den faktisch existierenden. Man denke nur an die so außerordentlich verschiedenen Gerüche der Pflanzenteile, die durch bestimmte, aber bisher zumeist noch nicht gekannte organische Stoffe bedingt werden; ein gleiches gilt von den Pigmenten u. s. w. Es soll hier nur auf die wichtigsten Pflanzenstoffe hingewiesen werden, auf solche, welchen eine allgemeinere Verbreitung im Pflanzen- reiche zukommt, oder bezüglich welcher eine bestimmte wichtigere physiologische Rolle bereits nachgewiesen wurde. 3. Für das Verständnis des Chemismus der Pflanze ist die Tatsache von Wichtigkeit, daß jedes organisierte Gebilde chemisch sehr kompliziert zusammengesetzt ist. So haben Reinkes chemische Untersuchungen der Plasmodien gelehrt, daß dieselben außer Ei- weißkörpern noch zahlreiche andere organische Substanzen ent- halten °®*) (s. oben p. 21), und es läßt sich annehmen, daß dem Protoplasma, dem Zellkerne, der protoplasmatischen Grundlage der Chlorophylikörner, kurzum allen Protoplasmagebilden eine ähnliche komplexe Zusammensetzung zukomme. — Ein gleiches gilt für alle anderen organisierten Teile der Pflanzenzelle, auch für die Zellhaut, welche selbst noch im abgestorbenen Zustande eine sehr komplexe chemische Zusammensetzung aufweist und in keinem Entwick- lungsstadium und in keinem ihrer Teile bloß aus Zellulose sich aufbaut.*) 4. Der Wassergehalt lebender Pflanzenteile übertrifft stets bedeutend die Trockensubstanzmenge. Wachsende Organe führen gewöhnlich 80—90°, Wasser. Aber auch ausgewachsene noch lebende Teile sind reich an Wasser; so enthält das Splintholz 30—70, ja manchmal noch mehr, völlig ausgebildete Blätter 60— 70, fleischige Wurzeln und Früchte 70—90°/, Wasser. In manchen Pilzen fand man 92—98°/, Wasser. — Ruhende keimfähige Samen haben im lufttrockenen Zustande einen durchschnittlichen Wasser- gehalt von 10°/,. Lufttrockene, aber doch noch gärungs- und wachstumsfäbige Hefe enthält 10—13°/, Wasser. Abgestorbene Pflanzenteile sind stets hygroskopisch und häufig sogar noch quell- bar, freilich in minderem Grade als lebende. Kernholz, lufttroekener *) Vielfach wird noch angenommen, daß die junge Zellhaut bloß aus Zellulose bestehe (sogenannte Zellulosehaut) oder Lamellen besäße, welche aus reiner Zellulose zusammengesetzt wären (Zelluloselamellen). Diese früher all- gemein geteilte Ansicht ist aber nicht richtig. S. hierüber Wiesner, Die Ele- mentarstruktur und das Wachstum der lebenden Substanz. Wien 1892, p. 140 bis 143. 214 Splint, Borken der Bäume enthalten doch noch 8—15°/, Wasser, manchmal sogar darüber. 5. Mineralische Bestandteile.!°%) Jede Pflanze läßt nach dem Verbrennen Mineralbestandteile zurück, desgleichen jedes Organ und jedes Gewebe. Da auch alle Arten von Zellen, soweit dieselben zur Aschenbestimmung herangezogen werden können (Pollenkörner, Sporen, Hefe etc.), unverbrennliche Substanz ent- halten, so läßt sich der Satz aussprechen, daß jede Pflanzen- zelle mineralische Bestandteile führt. Es ist gewiß auch nicht zu bezweifeln, daß jeder organisierte Inhaltskörper der Pflanzenzelle (Chlorophylikörper und andere Chromatophoren, Plastiden etc.) mineralische Stoffe enthalte, so daß man diese Stoffe als normale Bestandteile der lebenden Substanz betrachten darf. Die Menge der mineralischen Bestandteile der Pflanzen und ihrer Teile ist eine höchst verschiedene. Viele Pflanzen liefern nur wenige Aschenprozente, bezogen auf Trockensubstanz. Doch kann der Prozentgehalt bis auf nahezu 70 steigen (Uhara foetida). Sehr reich an Mineralbestandteilen sind die Plasmodien der Myxomyceten (über 30%, der Trockensubstanz) und, wie es scheint, auch alle Bakterien (in Dacterium prodigiosum 13, in manchen anderen 20 bis 30°/, der Trockensubstanz). Auch Strandpflanzen liefern häufig 25—35°/, Asche. — Blätter sind gewöhnlich reicher an anorgani- schen Stoffen als Stengel und Wurzel, die Rinde reicher als das Holz, die Oberhaut der Stengel und Blätter reicher als die übrigen Gewebe dieser Organe. Im allgemeinen findet man in den einzeinen Pflanzen, ihren Organen und Geweben die Mineralmenge zwischen engen Grenzen schwanken. In physiologischer Beziehung ist die Tatsache von Wichtig- keit, daß jede Pflanzenasche Kali, Kalk, Magnesia, Eisen, Schwefel- säure und Phosphorsäure enthält. — Sehr häufig findet sich in den Aschen Chlor — selbstverständlich an Metalle gebunden oder als Chlorammonium — ferner Kieselsäure, Natron und Mangan. — Seltener treten folgende Elemente auf: Jod, Brom, Fluor, Arsen, Titan, Lithium, Rubidium, Baryum, Strontium, Aluminium, Kupfer, Blei, Antimon, Silber, Zinn, Zink, Niekel und Kobalt: — Jod, in Landpflanzen selten, kommt, neben Brom an Natrium und Magnesi- um gebunden, in Strand- und Meerespflanzen, besonders in Algen häufig vor.*) Bi; Zuletzt wurde noch Bor entdeckt, und zwar in Gewächsen, welche auf turmalinhaltigen (also borsäureführenden) Böden sich entwickelten. Biedermann, Zentralblatt für Agrikulturchemie. 1890. Einer älteren Angabe zufolge kommt auch Thallium in der Pflanze vor. (Böttger, 1864.) Jüngsthin wurde im Holze von 215 In welcher Verbindungsform die Mineralbestandteile in der lebenden Pflanze auftreten, ist zum großen Teile nicht bekannt. Die Asche gibt darüber selbstverständlich keine Auskunft, da vor allem die organisch-sauren Salze beim Verbrennungsakte in die kohlensauren Verbindungen umgewandelt, überhaupt die organischen, mineralische Elemente (Fe, Ca ete.) im Molekül führenden Ver- bindungen hierbei zerstört werden und auch die reinen Mineral- verbindungen bei der Verbrennung Veränderungen erleiden. Daß der Kalk in den Zellen häufig als oxalsaure Verbindung vorkommt, läßt sich durch die unmittelbare Beobachtung konsta- tieren (s. Anatomie, p. 60—62); desgleichen das Auftreten von kohlen- saurem, schwefelsaurem und phosphorsaurem Kalk. — Auch die im Zellsaft reichlich gelösten Salze können meist leicht nachgewiesen werden, z. B. die Nitrate, welehe im Zellsaft der Schuttpflanzen be- sonders reichlich auftreten. Werden die Gewebe dieser Pflanzen mit in Schwefelsäure gelöstem Diphenylamin versetzt, so nehmen deren Zellsäfte eine tiefblaue Farbe an!?!), hingegen lassen sich viele inı lebenden Gewebe auftretende Mineralverbindungen den Pflanzen gar nicht entziehen, so daß man über die Form, in welcher die- selben in den Pflanzengeweben vorkommen, nicht unterrichtet ist.“) 6. Das Kali findet sich, wie schon erwähnt, in allen Pflanzen vor, tritt zweifellos in jeder Zelle auf und wurde selbst in In- haltskörpern der Zelle, z. B. in der Stärke, gefunden. Die Kalı- menge ist aber in verschiedenen Pfianzen und deren Teilen eine sehr verschiedene. Kalireiche Pflanzen werden als Kalipflanzen (z. B. Runkelrüben, Kartoffel ete.) bezeichnet. Maisstengel enthalten in der Asche 1'7, Weizenstengel 47, die oberirdischen Teile von Wermut 7°3, hingegen Fichtenholz bloß 0'04°/, Kali. Das oxalsaure Kali und andere im Zellsafte gelöste organisch-saure Kalisalze lassen sich leicht nachweisen und abscheiden; im übrigen können die Kaliverbindungen bis auf das als Begleiter der Eiweißstoffe auf- tretende phosphorsaure Kali aus den lebenden Pflanzenteilen nicht in unveränderter Form abgeschieden werden, so daß man über die gewiesen. (Demarcay, 1900.) *) Das von mir konstatierte diamagnetische Verhalten mancher eisen- reicher Pflanzengewebe läßt annehmen, daß das Eisen hier nicht in Form ge- wöhnlicher Eisensalze, die bekanntlich alle stark paramagnetisch sind, sondern in einer anderen, zweifellos organischen Verbindung vorkommt welche diamagne- tischen Charakter hat. Daß solche Verbindungen existieren (z. B. Ferrozyankalium), ist von mir und anderen schon vor langer Zeit nachgewiesen worden. Pauksch, »Über das magnetische Verhalten von Pfanzengeweben«, Sitzungsberichte der Wiener Akademie. Bd. CXV (1906). 216 Art der in der lebenden Pflanze auftretenden Kaliverbindungen noch im Unklaren ist. — In stärke- und eiweißreichen Organen kommen relativ reichlich Kaliverbindungen vor. Das dem Kali so nahestehende Natron findet sich in den Landpflanzen trotz seiner großen Verbreitung im Boden gewöhnlich nur in kleiner Menge vor. Bohnen, welche auf kali- und natron- reichem Boden kultiviert werden, liefern eine kalireiche, hingegen natronarme Asche; denn wägt man die gesamten Kali- und Natron- verbindungen als Chloride, so findet man, daß die Asche 0°5°/, Chlor- kalium, hingegen bloß 0°002°/, Chlornatrium enthält. Wichtig ist auch die Tatsache, daß die Natronverbindungen gleichmäßig in den Geweben verteilt sind, während die Kaliverbindungen in bestimmten Geweben konzentriert erscheinen. Viele Aschen von Landpflanzen wurden natronfrei gefunden. Hingegen kommen Natronverbindungen reichlich in Strand- und Meerespflanzen vor.*) Alle Pflanzen sind kalkhaltig, aber in verschiedenem Maße. Pflanzen, die ein starkes Kalkbedürfnis haben, nennt man Kalk- pflanzen. Hierzu gehören z. B. der Weinstock und der Tabak; es wurde konstatiert, daß diese Gewächse auf kalkarmem Boden nicht gedeihen. Die Bedeutung des Kalkes äußert sich schon in seinem Zug nach bestimmten Organen, und zwar nach den cehloro- phyllreichen; dementsprechend findet man den Kalk am reichlichsten in den Blättern. Hiermit im Zusammenhange steht die Tatsache, daß chlorophylifreie Pflanzen arm an Kalk sind, z. B. die Kleeseide (Ouscuta), selbst wenn sie auf kalkreichen Wirtpflanzen auftritt Auch die Magnesia ist nieht gleichmäßig in der Pflanze verteilt; man findet sie am reichlichsten in den Samen. In den Kristalloiden mancher Pflanzen kommen konstant Magnesiaverbin- düngen vor. Magnesia scheint auch im Chlorophyll vorzukommen. Keine Pflanze läßt sich ohne Mg zur normalen Entwicklung bringen. Eisen ist in jeder Pflanzenasche zu finden, und es ist bei- spielsweise seit langem bekannt, daß auf eisenfreiem Boden die Pflanze nicht ergrünt. Auch Fe scheint für jede Pflanze, selbst für die chlorophylilfreie, erforderlich zu sein. #) Manche Landpflanzen (die »Halophyten« des Meeresstrandes, der Salz- steppen etc.) vertragen Natronverbindungen, können aber auch ohne diese gezogen werden, wobei sie allerdings ihren charakteristischen Habitus einbüßen. Batalin, Bulletin du congres intern. de botanique et horticulture. St. Petersburg 1886, p- 219 £. Die meisten übrigen Landpflanzen können hingegen selbst kleine Quanti- täten von Natriumverbindungen nicht vertragen. Die Abflußwässer der Salinen töten alle jene Pflanzen, deren Wurzeln längere Zeit mit diesen, doch nur 217 Mangan ist nach neueren Untersuchungen im Pflanzenreiche fast allgemein verbreitet und insbesondere in Wasserpflanzen und Nadelhölzern reichlich zu finden. Sehr beschränkt ist hingegen das Vorkommen von Alumi- nium und das fast aller anderen oben (p. 214) genannten Metalle. Für all diese nicht konstanten Mineralbestandteile der Pflanzen ist es bezeichnend, daß sie von manchen Pflanzenspezies aus dem Boden aufgenommen werden, von anderen nicht. So nimmt z. B. Juniperus communis aus dem Boden keine Tonerdeverbindung auf, hingegen Lycopodium complanatum aus demselben Boden so reichlich, daß 38°/, der Asche auf reine Tonerde entfallen. Diese Tatsachen weisen darauf hin. daß die Pflanze die ihr dargebotene Nahrung nicht passiv aufnimmt, sondern die Fähigkeit besitzt, ihre Nahrung zu wählen. Auf diese Erscheinung (Wahlvermögen) kommen wir später noch zurück. Eines der wichtigsten Elemente der Pflanze ist der Phosphor, welcher als Phosphorsäure in jeder Pflanzenasche vorkommt. Ge- wöhnlich tritt der Phosphor als Phosphorsäure an Basen gebunden in der Pflanze auf und ist erwiesenermaßen Begleiter der Eiweib- stoffe. Wandern diese aus bestimmten Geweben in andere aus, so gehen die Phosphate mit. Die Wichtigkeit der Phosphate für die Pflanze ergibt sich aus der günstigen Wirkung phosphorsäure- reicher Düngmittel (Superphosphat, Thomasschlacke etc.) auf das Gedeihen der Pflanze, wie aus der Tatsache. daß dieselben in be- stimmten Organen in relativ großen Mengen angesammelt werden. Asche von Getreidehalmen enthält bloß 1—8°/,, die Asche der Ge- treidekörner hingegen 15—52°/, Phosphorsäure. Bedenkt man, daß die in den Samen angehäufte Phosphorsäure die Stengel passieren mußte, so wird der Zug der Phosphorsäure nach den Samen durch diese Zahlen deutlich. Die Tatsache, daß jede Pflanzenzelle Schwefel enthält, ist verständlich, während es uns beispielsweise nicht klar ist, warum sie stets Kali enthält. Ersteres wird sofort begreiflich, wenn man bedenkt, daß keine Pflanzenzelle ohne Eiweißiverbindungen exi- stieren kann, an deren chemischer Zusammensetzung aber bekannt- lich Schwefel Anteil nimmt. 0:2—03°/, Kochsalz enthaltenden Wässern in Berührung stehen. Während der Vegetationsruhe kann dem Boden zugeführtes Kochsalz den Pflanzen indirekt in- soferne zugute kommen, als es manche nützliche Bodenbestandteile aufschließt. Die für die Tiere nötigen mineralischen Bestandteile (besonders Kalk und Phosphorsäure) werden ihnen in letzter Linie durch Vermittlung der Pflanzen zugeführt; nur das Kochsalz, welches, wie oben dargelegt wurde, für die ge- 218 Der Schwefel findet sich in der Pflanze auch in jener Form vor, in welcher er aus dem Boden aufgenommen wurde, nämlich in Form schwefelsaurer Salze. Diese lassen sich der Pflanze stets entziehen durch Wasser, welches 1°/, Salz- oder Salpetersäure ent- hält. Erschöpft man die Pflanze mit salzsäurehaltigsem Wasser und verbrennt man sie hierauf, so erhält man stets eine schwefelsäure- haltige Asche, zum Beweise, daß der Schwefel in der Pflanze noch in anderer Form denn als Sulfat vorhanden sein müsse. Außer den Eiweißkörpern existieren noch andere schwefelhaltige, von der Pflanze hervorgebrachte organische Verbindungen, von welchen in- dessen erst später die Rede sein wird. In den Beggiatoen (Bakteria- ceen) kommt freier Schwefel in Form von Körnchen vor, der aber durch Oxydation wieder in den Stoffwechsel dieser Mikroorganismen eintritt (s. p. 234). Sehr viele Pflanzen enthalten Kieselsäure, namentlich Gramineen, Equiseten, Erikaceen und Diatomaceen. In der Asche des Haidekrautes, Erica (Calluna) vulgaris, wurden 30—48, in der der Getreidekörner 50, in der von Eqtisetenstengeln bis 60°/, Kiesel- säure aufgefunden. Manche Nadelbäume nehmen reichlich Kiesel- säure aus dem Boden, insbesondere die Fichte, deren Holzasche bis 37°/, Kieselsäure enthält. Pflanzen, welche reich an Kieselsäure sind, werden als Kieselpflanzen bezeichnet. Manche Pflanzen nehmen entsprechend ihrem >» Wahlvermögen« selbst auf kieselsäurereichem Boden. neben Kieselpflanzen vege- tierend, nichts oder nur Spuren von diesem Körper auf (viele Kom- positen). Die Kieselsäure findet sich vorwiegend im Hautgewebe vor, die Zellmembranen durchdringend (vgl. über Kieselskelette: Anatomie, p. 42). Da die Kieselsäure den Pflanzengeweben sich nicht durch Wasser, sondern erst durch Kali entziehen läßt, so folgt, daß sie in der in Kali löslichen Modifikation in den Zellen vorkommt, und nicht als (im Wasser) lösliche, und auch nicht als Quarz-Kieselsäure, welche in Kali unlöslich ist.*) Auch Verbin- dungen der Kieselsäure treten im Pflanzenkörper auf; so wurde in den bekannten Steinsamen, den Früchten von Lithospermum offieinale, eine Verbindung von kieselsaurem mit kohlensaurem Kalk auf- gefunden. — Die Angabe, daß die Festigkeit der Stengel von Kieselpflanzen in dem Kieselsäuregehalt begründet sei, ist irrtüm- wöhnliche Vegetation ein Gift ist, muß von den Tieren und Menschen als solches aufgenommen werden. =) Über das Auftreten der Kieselsäure als Inhaltsbestandteil der Zellen mancher Pflanzen s. die Anmerkung auf p. 67. 219 lich, denn beispielsweise enthält die Trockensubstanz des bekannt- lich außerordentlich festen spanischen Rohres (Ualamus Rotang) bloß 0:8°/, an Kieselsäure. Die Festigkeit der Pflanzenteile findet in dem Auftreten mechanischer Zellen (Anatomie, p. 45) eine ausreichende Erklärung, diese sind aber gewöhnlich kieselsäurefrei. Die Steifheit der Gramineenblätter und die Starrheit der Equisetenstengel ist aber zweifellos im Gehalt an dieser Substanz begründet. Von den seltener und nur in kleinen Mengen in den Pflanzen auftretenden Grundstoffen bietet das Fluor ein größeres Interesse dar, indem sich hierdurch der Gehalt der Knochen und Zähne an Fluorverbindungen erklärt. Fluorsilizium und andere Fluorver- bindungen wurden in Gräsern und Equiseten, ferner im Rosmarin und in den Vegetationsorganen von Lycopodium complanatum auf- gefunden. 7. Organische Verbindungen der Pflanze.!”) Glüht man die Trockensubstanz der Pflanzen bei Luftabschluß, so erhält man bekanntlich Kohle. Die Menge derselben beträgt, auf Trocken- gewicht bezogen, im Mittel etwa 50"/o. Diese Kohle rührt von den organischen Verbindungen her, die alle Kohlenstoffverbindungen sind, diesen Grundstoff aber in verschiedenen Gewichtsmengen ent- halten. In den am reichlichsten in der Pflanze auftretenden Körpern, in den Kohlehydraten und Eiweißkörpern, beträgt der Kohlenstoff- gehalt 44—53°/,. Höher ist er in den Fetten; in Terpenen, z. B. im Terpentinöl, steigt er bis auf nahezu 90°/,, während er in der Oxalsäure nur etwa 25°/, ausmacht. Den organischen Verbindungen fehlt also der Kohlenstoff niemals; neben diesem enthalten sie noch Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und die Eiweißkörper noch Schwefel und Phosphor. Die außerordentlich große Zahl der vom pflanzlichen und tierischen Organismus erzeugten, der künstlich dargestellten und der überhaupt möglichen organischen Verbindungen ist bekanntlich in der Natur des Kohlenstoffes begründet, dessen Atome sich in weit höherem Maße mit einem Teile ihrer Verbindungseinheiten untereinander zu verbinden vermögen als die Atome der übrigen Elemente. Da die freien Verbindungseinheiten der Kohlenstoffatom- gruppen durch Wasserstoff oder organische Radikale substituierbar sind, so ergibt sich, daß eine ungemein große Zahl von Kohlen- stoffverbindungen (organischen Verbindungen) möglich ist. 8. Zu den wichtigsten organischen Verbindungen, die wir geradezu in jeder Pflanzenzelle finden, gehören Kohlehydrate. Fette und Eiweilikörper; sie seien deshalb zuerst besprochen. 220 Unter den Kohlehydraten*) spielen im Haushalte der Pflanze die wichtigste Rolle: die Zellulose, die Granulose und die Zuckerarten. Die Zellulose (C,H,,O;)x bildet das feste Gerüste der Pflanze; seltener fungiert sie als Reservesubstanz**), z. B. im Endo- sperm von Phytelephas (Steinnuß, vegetabilisches Elfenbein), wo sie nichtsdestoweniger bloß als Bestandteil der Wand auftritt. Der gewöhnlichen Zellulose nahe verwandt ist die Stärkezellulose, Farinose («-Amylose; s. oben p. 53). Die Granulose (oder ß-Amylose. s. oben p. 53 [C,H,,0;],) bildet mit Stärkezellulose gemengt in Form von Stärkekörnern die am häufigsten vorkommende Reserve- substanz der Pflanze. Über diese beiden Kohlehydrate ist das in physiologischer Beziehung Nötigste schon in der Anatomie mitge- teilt worden. Zuckerarten kommen außerordentlich häufig im Pflanzenreiche vor und fungieren im allgemeinen als Reservestoffe. Man hat zwei Hauptgruppen derselben zu unterscheiden: die Glu- kosen (0,H,.0,) und die Sakcharosen (C,,Hs,0,,). Zu den Glukosen (Monosakchariden) gehört der Traubenzucker (Dextrose), welcher leicht kristallisiert, in Lösungen die Polarisationsebene nach rechts dreht, und die Lävulose, welche nur schwer kristallisiert und die Polarisationsebene nach links dreht. Beide sind gärungsfähig und reduzieren die Trommersche Probe. Zu den Saceharosen (Disakcha- rıiden) gehört der Rohrzucker (Sakcharose im engeren Sinne) und die Maltose. Beide kristallisieren und drehen die Polarisationsebene nach rechts. Die erstere ist nicht gärungsfähig und reduziert die Trommersche Probe nicht, umgekehrt verhält sich die Maltose. Durch Fermente und Säuren zerfällt das Rohrzuckermolekül unter Wasseraufnahme in je ein Molekül Dextrose und Lävulose, welches Gemenge als Invertzucker bezeichnet wird, hingegen die Maltose in zwei Moleküle Dextrose. Beide Spaltungen lassen sich durch fol- gende Gleichung ausdrücken: 0,H30,, + H,;0 = 0,H,50, + CH 50%. Sehr häufig kommt der Invertzucker, namentlich in süßen Früch- ten vor. Auch die Sakcharose ist häufig, besonders reichlich in der Runkelrübe und im Zuckerrohr; übrigens kommt sie in *) Der Einfachheit der Darstellung halber nehmen wir »Kohlebydrat« in seinem älteren, weiteren Sinne, verstehen deshalb hierunter alle jene Körper, welche auf xC die beiden Grundstoffe H und O in dem Verhältnisse, in welchem sie Wasser (H,O) bilden, enthalten. Im engeren Sinne versteht man unter Kohle- hydraten die Polysakcharide. #%) Die als Reservestoff fungierende Zellulose scheint von der gewöhnlichen Zellulose stets verschieden zu sein. Zu den »Reservezellulosen« (Hemizellulosen) gehört das oben (p. 40) genannte Amyloid. Selbst durch Wasser ausziehbare 221 allen Grasstengeln vor und ist auch sonst noch sehr verbreitet. Maltose findet sich in allen stärkehaltigen Pflanzenteilen vor. Der Rohrzucker ist zwar direkt nicht gärungsfähig, aber mit Hefe in Berührung wird er rasch invertiert und der entstehende Invertzucker geht nach der Einwirkung der Hefe in Gärung über.*) In neuerer Zeit wurde das als Bestandteil des tierischen Organismus (Leber, weiße Blutkörperchen ete.) lange bekannte Glykogen (C,H,,O;). auch in Pflanzengeweben aufgefunden (siehe auch p. 65). Schon früher als Bestandteil der Myxomycetenplas- modien erkannt, wurde es später von Errera in zahlreichen Pilzen beobachtet, wo es als Substitut der diesen Pflanzen fehlenden Stärke auftritt. Daß es in den Pilzen die Rolle einer Reservesubstanz spielt, geht unter anderem auch aus der Tatsache hervor, daß das in den (seweben der Askomyzeten anfänglich gleichmäßig verteilte Glykogen bei der Fruchtbildung in die Asci einwandert. Auch in den Samen und Keimlingen einiger Phanerogamen wurde das Glyko- gen bereits nachgewiesen.!??) Das als Reservesubstanz fungierende, im Zellsafte aufgelöst vorhandene Inulin wurde schon oben besprochen (Anatomie, p. 64). Das gleichfalls aufgelöst vorkommende Dextrin ist im Pflanzen- reiche sehr verbreitet, findet sich aber stets nur in kleiner Menge vor. Von den ebenfalls zu den Kohlehydraten gehörigen Gummi- arten sind das Bassorin, das Arabin und Zerasin zu nennen. Die- selben treten als Bestandteile der Zellwand in bestimmten Pflanzen auf, z. B. das Bassorin in Astragalus-Arten, das Arabin in echten Akazien, das Zerasin in Kirschbäumen. Bassorin ist ein reines Kohlehydrat, während das Arabin die Verbindung eines Kohle- hydrates, der Arabinsäure, mit Kalk, das Zerasin eine Verbindung des Kohlehydrates Metagummisäure mit derselben Basis ist. Den Gummiarten nahe verwandte Kohlehydrate sind die Pflanzen- schleime und die Pektinstoffe (s. oben p.41); auch sie finden sich gewöhnlich nur in der Zellwand vor oder gehen aus ihr durch chemische Metamorphose hervor. Alle schleim- und pektinführenden Zellmembranen sind durch hohe Quellbarkeit ausgezeichnet. Es gibt Pflanzenschleime, welche, aus der Membran hervorgehend, noch alle spezifischen Reaktionen der Zellulose (p. 40) zeigen, und andere, Stoffe, die sich in den Pflanzenanalysen unter den sogenannten Extraktivstoffen vorfinden, gehören zu den Reservezellulosen, so z. B. das von E. Schulze in Lupinen und anderen Leguminosensamen aufgefundene Galaktan, welches bei der Hydrolyse nicht wie die Zellulose Glukose, sondern Galaktose liefert. Vgl. A.Mayer, Die Ernährung der grünen Gewächse. 4. Aufl. Heidelberg 1895, p. 128. *) S. unten bei Enzymen. 222 welche sich nach ihren Reaktionen als Pektinkörper zu erkennen geben. Erstere hat man Zelluloseschleime, letztere Pektin- schleime genannt.*) In neuerer Zeit sind Pentosen als häufige Bestandteile der Pflanzen- sewebe (besonders der Zellhäute) entdeckt und von Tollens u. a. näher untersucht worden. Sie sind unter anderem durch ihre Nicht- vergärbarkeit von den Hexosen verschieden und zeichnen sich durch schwere Zersetzbarkeit aus, indem sie unverändert in den Harn übergehen und selbst im Erdboden (als Reste von Pflanzengeweben) gefunden wurden. 9. Die Fette (Glyzeride) sind Verbindungen von Fettsäuren mit Glyzerin, genauer gesagt Glyzerinäther; sie sind Fettsäureester. Die tierischen Fette sind gewöhnlich neutral, während die pflanz- lichen infolge Besitzes von freien Fettsäuren häufig sauer reagieren. Die gewöhnlichen Fettsäuren der in der Pflanze vorkommenden Glyzeride sind Palmitin-, Stearin- und Ölsäure. In der Regel ist ein Pflanzenfett ein nur eine bestimmte Fettsäure enthaltendes Glyzerid.**) Die leichte Löslichkeit der Fette in Äther, Schwefelkohlenstoff und Benzol ist bekannt und erleichtert ihre Nachweisung. Die kleinsten Mengen von Fetten können noch durch die Akroleinprobe naclı- gewiesen werden. Verdunstet man das Ätherextrakt von Pflanzen- teilen und unterwirft es der trockenen Destillation durch starke Erhitzung, so entsteht bei Gegenwart von Fetten zufolge Zersetzung des Glyzerins Akrolein, welcher Körper schon in Spuren durch seinen stechenden Geruch kenntlich wird. Durch Säuren und Al- kalien***) werden die Fette zerlegt, desgleichen durch Enzyme. Die meisten Pflanzenfette sind bei gewöhnlicher Temperatur flüssig und werden dann Öle genannt. Seltener sind sie bei gewöhn- *) Der bekannteste Pflanzenschleim ist wohl der der Mistelbeeren (von Viscum album). Nach den Untersuchungen von Tomann ist die äußere Schichte desselben Zellulose-, die innere Pektinschleim, während die Schleimhülle der Samen von Loranthus europaeus bloß aus Pektinschleim besteht. Sitzungsberichte der Wiener Akad. d. Wiss. Bd. CXV (1906). *#) Seltener erscheinen im Ester mehrere Fettsäuren, so in der Kakaobutter und im Olivenöl. Im letzeren tritt neben dem die Hauptmasse bildenden Glyzerid der Ölsäure ein zusammengesetzter Ester auf, in welchem Öl- und Margarinsäure erscheinen. Holde und Stange, Berichte d. Deutsch. Chem. Ges. Bd. XXXIV (1901). #?%) Durch Zersetzung der Fette mittels Alkalien entstehen Seifen. Wenn derartige Zersetzungen in der Pflanze stattfinden sollten, so würden dieselben im Stoffwechsel rasch wieder verschwinden. Denn nur in sehr seltenen Fällen lassen sich Seifen in der lebenden Pflanze nachweisen. So wurde in der Banane (Frucht von Musa paradisiaca) ölsaures Kali nachgewiesen. Hebert, Bulletin de la So- ciete chim. 1896. 223 licher Temperatur fest, z. B. das Fett der Kakaobohne. Die Öle absorbieren Sauerstoff und werden daher entweder unter Ausscheidung von Kohlensäure fest, es sind dies die trocknenden Öle (Fett der Leinsamen ete.), oder sie bilden hierbei flüchtige, meist übelriechende Fettsäuren (Ranzigwerden der Fette), behalten aber ihren flüssigen Charakter: es sind dies die viel häufiger auftretenden nichttrock- nenden Öle (Öl der Mandel, Olive ete.). Außer freien Fettsäuren enthalten manche Öle konstant Chole- sterin (das Öl der Mandeln und Oliven, vieler Getreidefrüchte und Leguminosensamen). In einigen Pflanzenölen (von Erbsensamen ete.) wurden auch Phosphorverbindungen. in anderen (Palmfett) Farb- stoffe aufgefunden. In kleinen Mengen scheinen die Fette in jedem Protoplasma- körper enthalten zu sein und einen Teil der sogenannten Körnchen der Protoplasmen zu bilden. Reichlich. in Mengen bis 56°/, (Samen von Sesamum orientale), finden sich die Fette als Reservesubstanz in Samen vor, denen sie, wenigstens in kleinen Quantitäten, wohl stets zukommen. Auch in manchen Früchten (Fruchtfleisch der Olive, der Ölpalme ete.) treten Fette in großer Menge auf. Selten finden sie sich in größerer Menge in unterirdischen Organen (z. B. in den Knollen von Üyperus esculentus, im Rhizom von Aspr- dium) und Pilzen (Mutterkorn) und spielen auch hier die Rolle von Reservestoffen. Im Splinte der Bäume kommt zur Winterszeit Fett vor (»Fettbäume«e, z. B. Kiefer, Linde), welches im Frühling in Stärke übergeht. Die sogenannten Wachsüberzüge der Oberhäute sind der Hauptsache nach Effloreszenzen fester Fette. Das Kutin der Ober- häute und das Suberin der Periderme sind gleichfalls den Fetten zuzuzählen (s. Anatomie, p. 43 und 81). 10. Die Eiweißkörper (Proteinsubstanzen) bilden die höchst zusammengesesetzten chemischen Individuen des Pflanzenkörpers. Sie bestehen in der Regel aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel. Phosphor erscheint in denselben in Form von Phosphaten als Begleitstoff. ihre Löslichkeit befördernd. Nur in den Nukleinen erscheint der Phosphor im Molekül. Die chemische Konstitution der Eiweißkörper ist noch nicht aufgeklärt. Wie kompliziert ihre Zusammensetzung ist, geht aus den Untersuchungen zahlreicher Forscher hervor, welche F. Hof- meister (1902) dahin zusammenfaßt, daß in den typischen Eiweib- stoffen etwa 125 verschiedene aliphatische, aromatische und hetero- 224 zyklische Kerne anzunehmen sind*). das Eiweißmolekül also von außerordentlicher Größe sein mußb.**) Die wichtigsten zu den Eiweißkörpern gehörigen Körpergruppen sind die Albumine, die Globuline, die Pflanzenfibrine und die Nu- kleine. Die Pflanzenkaseine (Legumine) kommen nicht, wie man früher annahm, in der Pflanze fertig gebildet vor, sondern gehen bei der Darstellung aus Globulinen hervor. Die Albumine finden sich im Zellsaft gelöst vor. Diese Lösungen koagulieren bei 50—70° C. Die unlöslichen Modifikationen der Albumine sind wichtige Bestandteile der Protoplasmen. Die Globuline bilden die Reserveproteinstoffe der Samen und treten in den sogenannten Kristalloiden (p. 59) in Kristallform auf. Sie sind in Wasser unlöslich, in Lösungen von Kochsalz und anderen neutralen Alkalisalzen löslich, werden aus diesen Lösungen durch Wasser gefällt und koagulieren bei 75°. Zu den Globulinen gehört das die Kristalloide (s. oben p. 59) zusammensetzende Vitellin. Von den Fibrinen ist als wichtigstes das im Kleber auftretende Gluten- fibrin zu nennen, welches durch Löslichkeit in Alkohol gekenn- zeichnet ist. Alle bisher genannten Eiweißkörper sind pepto- nisierbar (verdaulich, d. h. sie werden durch peptonisierende Fermente in Peptone verwandelt, welche im Wasser löslich und diffusibel sind). Dadurch unterscheiden sie sich von den Nukleinen, den charakte- ristischen Bestandteilen des Zellkernes. Die Nukleine enthalten im Molekül Phosphor (p. 217) und sind schwefelarm, nach anderen Angaben sogar schwefelfrei. Die Eiweißkörper bilden den wichtigsten Bestandteil der Trockensubstanz des Protoplasma, woraus es sich erklärt, daß #) Die bisher abgehandelten Pflanzenstoffe (Kohlehydrate und Fette) ge- hören der Fettreihe an; es sind aliphatische Körper, welche sich auf das Methan (CH,) zurückführen lassen. Außer diesen unterscheidet die organische Chemie noch aromatische Körper (Abkömmlinge des Benzol, C,H,) und hetero- zyklische (Abkömmlinge des Pyridin, C,H,N). Die später angeführten Substanzen gehören fast durchwegs einer dieser Körpergruppen an. Aber die Eiweißkörper sind Verbindungen von aliphatischen, aromatischen und heterozyklischen Körpern. Eine bestimmte, d. h. bloß für Eiweißkörper geltende Reaktion kann es deshalb nicht geben. Die oben (p. 21) angeführten Reaktionen zeigen eben nur eine dieser Körpergruppen im Eiweiß an, z. B. die von den Botanikern so häufig an- gewendete Raspailsche Reaktion nur die (einfach hydroxylierten) aromatischen Atomgruppen des Eiweiß. ##) Häufig wird noch die Harnacksche Albuminformel angeführt: C,54H32, 055 Ng68;. Dieser Formel entsprechend wäre das Molekulargewicht des Albumins = 4590. Dieser Wert scheint aber noch zu klein zu sein. Es soll das Molekulargewicht des Al- bumins über 5000, das des Oxyhämoglobins über 14.000 betragen. 225 jugendliche Gewebe und überhaupt protoplasmareiche Gewebe stets reich an diesen Substanzen sind. So kommt es auch beispielsweise, daß die Samen viel (Leguminosensamen oft 20—30°/,), ausgewach- sene Blätter (Gerste 1'7°/,, Roggen 2°0°/,) und ausgewachsene Stengel (Gerste 0'8, Roggen 0'9°/,) nur wenig Eiweißkörper führen. — Die Hauptmasse der Trockensubstanz — bis 70°/, — des Aleurons setzt sich aus Eiweißkörpern zusammen. Im Anschlusse an die Eiweißkörper sei hier einiger Säure- amide und Amidosäuren gedacht, die wir als Zersetzungsprodukte der Eiweißkörper kennen gelernt haben, die, neueren Unter- suchungen zufolge, zum Teile auch in der lebenden Pflanze auf- treten, und da sie in genetischer Beziehung zu diesen wichtigen Körpern stehen, unser Interesse in Anspruch nehmen. — Schon das Auftreten der Asparaginsäure unter den Zersetzungsprodukten der Proteinsubstanzen deutet auf eine genetische Beziehung des Aspara- gins zu diesen Körpern. Wie sich später herausstellen wird, ist eine solche tatsächlich vorhanden. Es genüge hier, auf das außer- ordentlich häufige Vorkommen des Asparagins in den Pflanzen (namentlich in etiolierten Keimlingen, wo sich die Menge in einzelnen Fällen bis auf 15°/, der Trockensubstanz steigert) hinzuweisen. Das Asparagin (= saures Amidobernsteinsäureamid = C,H,N,0,) ist in Wasser löslich, in Alkohol unlöslich; durch letzteren kann es direkt in den Zellen nachgewiesen werden, wo es auf Zusatz dieses Körpers kristallisiert herausfällt. Von weiteren hierhergehörigen Körpern sei noch des Glutamins, des Tyrosins und Leuzins Erwähnung getan, die alle in Keimlingen der Wieken neben Asparagin aufgefunden wurden und wie dieses im Zellsafte gelöst vorkommen. Auch in anderen, bei Lichtabschluß vegetierenden, unter normalen Verhält- nissen chlorophylihaltigen Pflanzen, ferner in einigen Pilzen sind diese Körper beobachtet worden. Die Bedeutung der Eiweißstoffe wird begreiflich, wenn man bedenkt, dal) sie die Hauptbestandteile des Protoplasma bilden, an welches die wichtigsten Funktionen des Lebens der Organismen geknüpft sind. Zudem fungieren sie in Form des Aleurons und der Kristalloide als Reservestofte. 1l. Organische Säuren gehören zu den verbreitetsten Pflanzenstoffen. Fast alle Pflanzensäfte reagieren sauer, der Zellsaft des lebenden Parenchyms wohl immer. Diese saure Reaktion wird entweder durch organische Säuren oder durch saure organischsaure Salze, z. B. durch saures oxalsaures Kali (Zellsaft von Oxalis Ace- tosella) bedingt. Die Zahl der im Pflanzenkörper vorkommenden organischen Säuren ist gewiß eine sehr große: bis jetzt wurden Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 15 226 weit über 200 aufgefunden. Die Chemiker geben gewöhnlich an, daß die Apfelsäure*) die verbreitetste Pflanzensäure sei, da sie von ihnen am häufigsten — in etwa 250 Pflanzen — aufgefunden wurde. Dem stehen aber die Beobachtungen der Botaniker entgegen, welche die Gegenwart der Oxalsäure in den meisten Pflanzen an- nehmen, indem oxalsaurer Kalk (s. Anatomie, p. 60), einige wenige Pfanzenfamilien (Gramineen und Equisetaceen) abgerechnet, in fast allen übrigen Pflanzen beobachtet wurde. Sehr verbreitet in den Zellsäften parenchymatischer Gewebe, namentlich der Früchte, sind Zitronensäure und Weinsäure. Auch einige der niederen Glieder der Fettsäurereihe, nament- lich aber Ameisensäure, kommen außerordentlich häufig in Pflanzengeweben vor (letztere in den Blättern von Sempervivum tectorum, in Brennesseln, Tamarindenfrüchten ete). Seltener ist Essig- säure in den Geweben beobachtet worden. Doch wurde sie bei der Keimung zahlreicher Samen, ferner frei und an Kalk und Kali gebunden in mehreren Früchten mit Sicherheit aufgefunden. Auch Propion- und Buttersäure wurden in Früchten nachgewiesen. Die drei letztgenannten Fettsäuren sind auch als Stoffwechselpro- dukte einiger gärungserregender Pilze aus der Abteilung der Schizomy- ceten oder Bakteriaceen (des sogenannten Essigsäure-, Propionsäure-, Buttersäurefermentes ete.) bekannt. Von Bakterien werden auch or- sanische Säuren erzeugt, welche bei höheren Pflanzen nicht oder nicht mit Sicherheit nachgewiesen wurden, z. B. Milchsäure. Die wich- tigsten in den Pflanzenfetten auftretenden Fettsäuren — durchwegs höhere Glieder der Fettsäurereihen — wurden schon früher genannt. 12. So allgemein verbreitet und so wichtig für das Pflanzen- leben die organischen Säuren sind, so wenig Bedeutung scheinen hingegen die im ganzen doch nur sehr beschränkt auftretenden Stick- stoffbasen (Alkaloide zum Teile) zu haben. Man kennt wohl schon eine beträchtliche Zahl derselben (derzeit schon mehr als 200), aber noch keinerlei Beziehung derselben zu dem Lebensprozesse der Pflanze.**) Man unterscheidet sauerstoffreie und sauerstoffhaltige *) In vielen sukkulenten Pflanzen (Sedum, Sempervivum ete.) wurden große Mengen von Apfelsäure gefunden, die hier entweder als solche oder an Kalk gebunden als lösliches Salz auftritt, In Echeveria steigert sich die Menge der Apfelsäure bis auf 30”/, (gegenüber 14°/, löslicher Kohlehydrate) und dient hier, wie wohl in allen Sukkulenten als Reservesubstanz, vor allem zur Unterhaltung der Atmung (G. Kraus, »Stoffwechsel der Krassulaceen«, Ber. d. naturf. Gesell- schaft zu Halle. 1886, Bd. XVI). #*) In neuerer Zeit wurde von mehreren Seiten die Ansicht geäußert, dab die in mehr oder minderem Grade giftigen, vegetabilischen Alkaloide als Schutz- mittel der Pflanze gegen Tierfraß zu betrachten seien. 227 Stickstoffbasen; erstere sind flüchtig, letztere nicht, kristallisieren aber meist gut. Zu den ersteren gehört das stark und unangenehm riechende, im Pflanzenreiche weit verbreitete Trimethylamin (im Kraute von ÜUhenopodium olidum, in Runkelrübenblüten, Buchen- samen, Mutterkorn ete.), zu den letzteren die bekannten Substanzen: Morphin, Strychnin, Chinin, Atropin ete., die alle nur in einzelnen Pflanzenarten oder doch in sehr beschränktem Maße im Pflanzen- reiche auftreten. 13. Schon wegen der Häufigkeit des Vorkommens in den Pflanzen, aber auch ihrer Eigenschaften halber verdienen die Gly- koside einige Beachtung. Nach der Meinung der Chemiker ent- halten die meisten Pflanzen diese Körper. Tatsache ist, daß über hundert Glykoside im Pflanzenreiche aufgefunden wurden. Diese Substanzen sind dadurch ausgezeichnet, daß sie sich durch Einwirkung bestimmter Körper (Säuren oder Fermente) in Zucker und einen in- differenten Körper spalten. — Zu den verbreitetsten Glykosiden ge- hört das Amygdalin=(0,,H,,NO,, (in den Blättern, Blüten und Samen zahlreicher Pomaceen und Amygdaleen), welches durch die Einwirkung eines Fermentes (des Emulsins) in Blausäure, Bitter- mandelöl und Zucker zerfällt; das Saponin (in den Seifenwurzeln und den Wurzeln zahlreicher anderer Sileneen, in der Quillajarinde, im Samen von ÄAgrostemma Githago ete.), das nicht nur unter den Koniferen so verbreitete, sondern geradezu in der Membran jedes verholzten Gewebes auftretende Koniferin, welches bei der Spal- tung das in der Vanille und in der verholzten Zellwand vorkom- mende Vanillin (s. oben p. 44) neben Harz und Zucker bildet, ferner das Glykosid des in vielen Pflanzen beobachteten Indigos, das Indikan. Auch das in den Solaneen so häufig vorkommende Solanin gehört zu den Glykosiden. Bemerkenswert ist, daß auch ein schwefelhaltiger, den Charakter einer Säure an sich tragender Körper in diese Gruppe gehört, die Myronsäure, welche, an Kali gebunden, in Senf- und anderen Kruziferensamen auftritt und durch ein Ferment (Myrosin) in Schwefeleyanallyl (Senföl), Zucker und schwefelsaures Kali zerlegt wird. — Die Rolle, welche die Glykoside in den lebenden Pflanzen spielen, ist noch fast ganz unaufgeklärt.*) *) Es wurde in neuerer Zeit die Vermutung ausgesprochen, daß die stark riechenden Zersetzungsprodukte, welche bei der Keimung glykosidhaltiger Samen, 15* 228 Den Glykosiden schließen sich enge an die Phlorogluzide, Gummide, Mannide ete., welche anstatt Glukose Phlorogluzin, Gummi, Mannit ete. abspalten. Die verholzten Zellmembranen zahlreicher Pflanzen werden infolge Anwesenheit von Phlorogluzin durch Salz- säure rotviolett (s. oben p. 66). Einige der im Pflanzenreiche so verbreiteten Gerbstoffe, z.B. das Tannin, gehören den Glykosiden an. Die Gerbstoffe werden nach ihrem Verhalten gegen Eisensalze in eisengrünende und eisen- bläuende eingeteilt. Sie finden sich in den Rinden der meisten Gewächse, auch in Blättern (Sumach), Blüten (Caryophyllus aromatieus), Früchten und in den meisten Gallen. In lebenden Pflanzenteilen treten sie im Zellsafte gelöst auf. Selbst in ganz jugendlichen Geweben werden häufig Gerbstoffe angetroffen (s. oben p. 65, An- merkung). Zu den Gerbstoffen gehören Substanzen von verschiedener chemischer Konstitution. Einige derselben scheinen im Stoffwechsel Verwendung zu finden.*) 14. Ätherische Öle sind sehr verbreitet und finden sich in den verschiedensten Pflanzenteilen: Blättern, Wurzeln, Rhizomen, Früchten, Samen ete. vor, entweder bestimmte Zellen erfüllend (in Laubblättern von Oamphora), oder in Tröpfehenform im Zellsafte suspendiert, oder in besonderen interzellularen Sekretbehältern (s. oben Fig. 110 und 111). Die meisten gehören in die Kategorie der Terpene (CO,,H,,), z. B. das Terpentinöl. Es gibt aber auch sauerstoffhaltige ätherische Öle. Die Zahl der ätherischen Öle ist eine ungemein große, bei sehr ähnlicher Zusammensetzung. In manchen Pflanzen kommen mehrere isomere ätherische Öle vor, z. B. in den Citrus-Arten, welche in den Blättern, Blüten, unreifen und reifen Früchten häufig verschiedene dieser Körper enthalten, die aber offenbar in genetischem Zusammenhange stehen. Auch ver- schiedene. nicht isomere, dieser Kategorie angehörige Substanzen finden sich in einer und derselben Pflanze vor, so z. B. ın den Blättern des Kampferbaumes das Kampferöl C,,H,,, im Holze der hieraus durch Oxydation hervorgegangene Kampfer C,,H,.0. Sehr verbreitet, namentlich in Pflanzen bestimmter Familien (Koniferen, Amyrideen, Guttiferen, Umbelliferen ete.), sind die z. B. der Senfsamen, auftreten, insofern von biologischer Bedeutung sind, als sie den Angriff samenfressender Tiere abwehren. *) Die Gerbstoffe verleihen den gerbstoffreichen Pflanzenteilen Widerstands- kraft gegen Fäulnis (G. Kraus, Grundlinien zu einer Physiologie der Gerbstoffe. Leipzig 1889) und gehören nach meiner Ansicht zu jenen Stoffen, welche den ombrophilen (regenfreundlichen, d. i. der Regenwirkung lange Widerstand leisten- den) Charakter der Pflanzenteile bedingen (s. Wiesner, Biologie, p. 105). 229 Harze. Die meisten sind amorph, einige, z. B. die in unseren Koniferen gebildete Abietinsäure (C,,H,,0,), kristallisiert. Alle sind stiekstoffrei, von hohem Gehalt an Kohlenstoff und durch geringe Sauerstoffmengen charakterisiert, ferner durch ihre Löslichkeit in Alkalien, Alkohol, Äther, Schwefelkohlenstoff, durch ihre Unlöslich- keit im Wasser, endlich durch ihr eigentümliches »harziges« Aus- sehen. Sie treten seltener in geschlossenen Zellen als in interzellu- laren Sekretbehältern auf.*) Den Harzen stehen die in Rinden so außerordentlich häufig vorkommenden Phlobaphene (Rindenfarbstoffe) nahe. Auch sie sind stiekstoffrei, lösen sich in Alkalien und Alkohol, sind in Wasser unlöslich. In sehr vielen Rinden scheint ein Phlobaphen von der Zusammensetzung C,,H,,0, vorzukommen. Man findet die Phlobaphene bloß in den Zellwänden aufgespeichert. 15. Chlorophyll!%) und verwandte Farbstoffe Das Chlorophyll (Blattgrün), der grüne Bestandteil der Chlorophyll- körper (s. Anatomie, p. 47), gehört zu den verbreitetsten (s. oben p. 47) und bezüglich des Lebens der Pflanzen wichtigsten Pflanzen- stoffen. Die chemische Natur des Chlorophylis wurde trotz zahl- reicher Untersuchungen bisnun noch nicht aufgeklärt, da dieser Körper sehr unbeständig ist und neben demselben in den Pflanzen- geweben zahlreiche, von ihm schwer trennbare Körper auftreten.**) Zieht man grüne Pflanzenteile mit Alkohol aus, so erhält man eine intensiv smaragdgrüne Lösung, welche begreiflicherweise außer Chlorophyll noch andere in Alkohol lösliche Pflanzenbestandteile enthält. Schüttelt man diese Rohchlorophyllösung mit Benzol (oder Xylol, Toluol, fettem Öl, Terpentinöl ete.) aus, so geht der grüne Bestandteil in das Ausschüttlungsmittel über, während im Alkohol ein gelber Körper, das Xanthophyll, zurückbleibt. Das Chlorophyll ist durch seine rote Fluoreszenz, ferner durch ein charakteristisches Absorptionsspektrum (s. Anatomie, p. 48) ausge- *) Die natürlichen Harze sind Gemenge vorwiegend aromatischer Sub- stanzen. Daß dieselben häufig einfach hydroxylierte aromatische Atomgruppen ent- halten, ist daraus zu ersehen, daß sie in diesen Fällen die Raspailsche Reaktion (p. 21) geben, welche von den Botanikern gewöhnlich als spezifische Eiweißreak- tion angesehen wird (vgl. p. 224, 1. Anmerkung). *#) Oft genug schon glaubte man das im lebenden Chlorophylikorn ent- haltene Chlorophyll in der Hand zu haben; dies ist bis jetzt noch nicht gelungen. Die Verschiedenheit der dargestellten, als reines Chlorophyll gedeuteten Körper hat nun dahin geführt, verschiedene Formen des Chlorophylls in der Pflanze anzunehmen. Nun kennt man aber die Abbauprodukte der grünen Pflanzenfarbstoffe so genau, ‚ daß es keinem Zweifel mehr unterliegen kann, daß das Chlorophyll — zum mindesten das der höheren Pflanzen — immer ein und derselbe Körper ist. 230 zeichnet. Das Chlorophyll enthält, nach seinen Zersetzungsprodukten zu schließen, neben Kohlenstoff sicher noch Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff. Als das dem Chlorophyll am nächsten stehende Spaltungs- produkt wird das Chloropbyllan angesehen, welches nach von Hoppe-Seyler herrührenden Analysen neben den vier genannten Elementen noch eine konstante Menge von Magnesia und Phosphor, aber kein Eisen enthält. Auch das durch Benzol ausgeschüttelte Chlorophyll wurde eisenfrei befunden, woraus aber natürlich noch nicht zu folgern ist, daß das Chlorophyll der lebenden Pflanze kein Eisen enthalte. Daß aber zum normalen Ergrünen der Pflanze Eisen- verbindungen erforderlich sind, wurde oben (p. 216) bereits angegeben. Die in jüngster Zeit, insbesondere von Marchlewski ange- stellten Untersuchungen haben gelehrt, daß das Chlorophyllan kein einheitlicher Körper sei. Als konstantes Abbauprodukt des Chloro- phylls wurde ein Porphyrin gefunden, dasPhylloporphyrin (C,H, sN50), welches eine große Ähnlichkeit, auch in bezug auf das optische Verhalten, mit dem aus dem Blutfarbstoff dargestellten Hämato- porphyrin (C,,H,sN30,) besitzt. Das Chlorophyll ist, wie schon bemerkt, leicht zersetzlich. Am Lichte verfärbt es sich rasch infolge Oxydation, deshalb leicht in allen jenen Lösungsmitteln, welche gleich dem Alkohol viel, langsam in jenen, welche gleich dem Äther wenig Sauerstoff absor- bieren. Im Dunkeln zersetzen sich die Lösungen des Chlorophylis auch bei Luftzutritt nicht. Selbst sehr verdünnte organische Säuren verändern das Chlorophyll, die Lösung wird mißfarbig; hingegen nimmt auf reichlichen Zusatz einer starken Säure die Flüssigkeit eine intensiv grüne Farbe an, die von einem Körper herrührt, der schon nach dem spektroskopischen Verhalten nicht mehr als Chloro- phyll anzusehen ist, vielmehr dem Chlorophyllan oder Prings- heims Hypochlorin entspricht. — Das Chlorophyll ist ein redu- zierender Körper; Eisenoxydsalze werden von demselben sofort in Oxydulsalze übergeführt. Bemerkenswert ist auch das starke Tinktionsvermögen des Chlorophylis. Trotz lebhafter Färbung enthalten die grünen Pflanzen- teile nur wenig von dieser Substanz, weshalb zur Darstellung von Chlorophyll ein relativ sehr großes Quantum von grünen Pflanzen- teilen erforderlich ist. Die Chlorophylikörper verdanken einer Lösung des Farb- stoffes ihre Tinktion. Obgleich es sich nicht direkt nachweisen läßt, so ist es doch wahrscheinlich, daß fettes Öl als natürliches Lösungs- . mittel des Chlorophylis fungiere. So wie Chlorophyllösungen im 231 Lichte zerstört werden, so auch der grüne Farbstoff der Chloro- phylikörper; und so wie die ersteren im verdünnten Zustande viel leichter der Wirkung des Lichtes verfallen, so werden junge, noch wenig ergrünte Chlorophylikörner viel rascher durch das Licht entfärbt als völlig ausgebildete, stark tingierte. Deshalb findet man die jungen Chlorophylikörner auch stets durch besondere Schutz- einrichtungen vor starker Lichtwirkung geschützt. Dazu gehören dichte Filzüberzüge, unter deren Schutz die Entwicklung des Chlorophylis im Parenchym vieler Blätter vor sich geht; lebhaft ergrünte ausgebildete Blätter decken jüngere, noch wenig eı- grünte u. s. w.!®) Als konstanter Begleiter des Chloropbylis tritt das schon oben genannte Xanthophyll!) auf, welches ein anderes Absorptions- spektrum zeigt als dieses (drei Absorptionsbänder in der stark brech- baren Hälfte des Spektrums) und dadurch ausgezeichnet ist, dab es, mit Salzsäure zusammengebracht, eine blaugrüne Farbe annimmt. Mit dem Xanthophyll stimmt das Etiolin, d. i. der gelbe, in Weingeist lösliche Bestandteil sogenannter etiolierter Pflanzen, d. i. solcher er- grünungsfähiger Gewächse, welche im Finstern auferzogen wurden, überein. Neuestens wurde die Kristallisationsfähigkeit des Xantho- phylis*) nachgewiesen und gezeigt, daß dasselbe mit Karotin identisch ist, welcher Körper nach neueren Untersuchungen im Pflanzenreiche sehr verbreitet ist, selbst in zahlreichen Pilzen auf- sefunden wurde und durch die Eigenschaft, durch Schwefelsäure tief indigoblau gefärbt zu werden, leicht nachweislich ist.**) Auf die genetische Beziehung des Etiolins zum Chlorophyll wird erst später eingegangen werden. Dem Etiolin nahe verwandt ist der die gelbe Farbe zahl- reicher Blüten bedingende Farbstoff, das Anthoxanthin. Zu den verbreitetsten Farbstoffen der Pflanzen gehört ferner das Anthokyan. Die meisten rot, violett oder blau gefärbten Blüten, Blätter, Stengel, Früchte sind durch diesen Farbstoff tin- giert. (Über die Reaktion dieses Körpers s. Anatomie, p. 20, 65.) ®=) Molisch ist es gelungen, in Pflanzenzellen das Chlorophyll vom Xantlıo- phyll zutrennen. Nach seiner Methode scheidet sich nach Entfernung des Chlorophylis (mittels weingeistiger Kalilösung) das Xanthophyll in den Zellen in kristallisiertem Zustande aus. Berichte der Deutschen Bot. Ges. 1896, p. 18 fi. #%*) Neueren Untersuchungen zufolge besteht das Xanthophyli der Haupt- sache nach aus Karotin und einem anderen gelben Körper, der durch sein spektro- skopisches Verhalten und durch sein chemisches Verhalten vom Karotin ver- schieden ist. Tschirch, Berichte der Deutschen Bot. Ges. 1896, Bd. XIV. 232 16. Von hoher Wichtigkeit für das Pflanzenleben sind die Fermente.!””) Es ist hier selbstverständlich bloß von nicht organi- sierten (sogenannten ungeformten) Fermenten die Rede, welehe man zum Unterschiede von den organisierten (geformten), zu denen Hefe, Spaltpilze und andere »Fermentorganismen« gehören, als Enzyme bezeichnet hat.*) Es sind dies Körper, welche in der Regel zer- setzend wirken, dabei aber nicht merkbar verändert werden, weshalb sie selbst in kleinen Mengen große, wie man sich ausdrückt: kata- lytische Wirkungen auszuüben vermögen. Diese Körper sind in den Pflanzengeweben weit verbreitet. Ihre chemische Zusammen- setzung ist noch unbekannt, gewiß) sind sie aber alie stickstoffhaltig und Abkömmlinge der Eiweißkörper. Sie sind entweder schwefelhaltig (z. B. die peptonisierenden Fermente) oder schwefelfrei (Invertin). Alle Fermente zersetzen sich, in Lösung erwärmt, noch unterhalb des Siedepunktes; die meisten bläuen die Guajaktinktur. Im trockenen Zustande ertragen die Enzyme bedeutend höhere Temperaturen. Nach Hueppe kann man die Malzdiastase auf 158° erhitzen, ohne ihre fermentative Wirkung aufzuheben. Die meisten Enzyme rufen Spaltungen, und zwar in der Regel hydrolytische Spaltungen hervor, d. h. die durch sie bewirkte Zersetzung erfolgt unter Aufnahme von Wasser. Alle Enzyme haben die merkwürdige Eigentümlichkeit, daß gewisse Stoffe, insbesondere Säuren, ihre Wirkung befördern, andere (z. B. Thymol, Chloroform) ihre Wirkungen vermindern oder aufheben. Die Wirkung der Fer- mente steigt von einer bestimmten Temperatur angefangen (Mini- mum) nur bis zu einem bestimmten Grad (Optimum), um von diesem an zu sinken bis zu einer Temperatur (Maximum), bei welchem die Wirkung erlischt. Bis in die neueste Zeit meinte man, daß die Wirkungen der Enzyme nur in Zersetzungen (Spaltungen) bestehen; es sind aber außer den spaltenden Enzymen auch bindende Enzyme nach- gewiesen worden. So wurde von Hill ein Enzym entdeckt, welches Dextrose in Maltose umwandelt, also einen synthetischen Prozeß bewirkt. Die wichtigsten in der Pflanze vorkommenden Enzyme sind: 1. Invertierende Enzyme, vor allem das Invertin; es bildet einen Bestandteil der Hefe, läßt sich derselben am besten durch Glyzerin ent- ziehen und zerleet die Sakcharose unter Wasseraufnahme in Dex- trose und Lävulose (C ,H.0,, + H,0 = 0,H,,0, + 0,H,50,). 2. Die‘ *) Die heute allgemein eingeführte Bezeichnung »Enzym« rührt von dem Tierpbysiologen Kühne her (1878). 233 diastatischen Enzyme, als deren Repräsentant die Diastase hervor- gehoben sei. Sie findet sich in den stärkehaltigen Reservestoff- behältern vor und entsteht relativ reichlich bei der Keimung der Ge- treidearten. Sie löst Stärke, indem sie dieselbe zuerst in Dextrin und dann in Maltose, schließlich in Dextrose umwandelt. Der Stärke- kleister wird durch Diastase leichter in Zucker übergeführt als das Stärkekorn. Säuren (nach Baranetzki besonders Ameisen- säure) unterstützen die Wirkungen der Diastase. 3. Peptonisierende Fermente; dieselben peptonisieren die Eiweißkörper, d. h. sie machen dieselben löslich und diffusibel. Die so entstandenen Peptone kommen in Pflanzensäften sehr häufig vor und können durch die rosenrote Färbung nachgewiesen werden, welche eine mit Kalilauge und mit verdünnter Kupfersulfatsolution versetzte Peptonlösung annimmt. Das Pepsin findet sich in den Samen und Keimlingen zahlreicher Gewächse (Lein, Hanf, Wicken ete.), in den Sekreten der insekten- fressenden Pflanzen und in den Plasmodien der Myxomyceten. Das Pepsin wirkt nur bei Gegenwart von verdünnten Säuren peptoni- sierend, das in neuester Zeit in der Frucht der Carica Papaya nachgewiesene Papayin aber schon als solches. 4. Glykosidezer- setzende Fermente. Hierzu gehören die bereits oben genannten Körper Emulsin und Myrosin (s. p. 227). Es sind auch fettzersetzende (emulgierende) und zelluloselösende Enzyme im Pllanzenkörper nach- gewiesen worden. Zu den Enzymen rechnet man auch die von Buchner (1397) in der Hefe entdeckte Zymase*), welche die alkoholische Gärung bewirkt, ferner die oxydierend wirkenden Fer- mente, Oxydasen**) genannt. Alle diese Enzyme wurden, wenn auch nicht im reinen Zu- stande, aus den betreffenden Pflanzenteilen abgeschieden. Man kennt *) Zur alkoholischen Gärung ist also, wie man auf Grund der Pasteurschen Lehre allgemein annahm, ein lebender Organismus nicht erforderlich. Schon vor längerer Zeit wurde von Marie Manassein in meinem Laboratorium gezeigt, daß man durch getötete Hefe eine limitierte Menge Zucker vergären könne, Wiesner, Mikr. Unters. Stuttgart 1872, #==) Das Studium der Enzyme fördert fortwährend neue Arten dieser wichtigen Körper zutage. So unterscheidet man beispielsweise bereits mehrere Arten von Dia- stasen: die Dextrinase, welche aus Stärke Dextrin bildet, und die Maltase, welche letzteres durch hydrolytische Spaltung in Maltose umwandelt. — In allen natürlichen Gummiarten kommt, wie der Verfasser fand, ein diastatisches Ferment vor, welches von der bisher beschriebenen Diastase der Getreidearten verschieden zu sein scheint. Eine Lösung von Gummi (z. B. von Kirsch- oder arabischem Gummi) bläut Guajaktinktur; nach dem Kochen der Lösung bleibt Guajak unwirksam. Fügt man Kleister zu der Gummilösung, so wird die Stärkesubstanz in Erythro- dextrin und dann in Achroodextrin umgewandelt. (Wiesner, »Über das Gummi- ferment«. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wiss. Bd. XCII [1885].) 234 aber auch enzymatische Wirkungen, welche von Körpern des Proto- plasma ausgehen, die man noch nicht abzuscheiden vermochte (Enzymoide). Insbesondere in den Bakterien sind solche Enzymoide anzunehmen. Einiger anderer, in physiologischer Beziehung wichtiger, chemisch noch ungenau erforschter Pflanzenstoffe wird später noch Erwähnung getan werden. II. Die Nahrungsmittel der Pflanze.!®) 17. Da sich die Pflanze aus von geschlossenen Häuten um- kleideten Zellen aufbaut, so ist es begreiflich, daß sie nur gas- förmige und flüssige Nahrungsmittel aufzunehmen vermag und daß feste Stoffe nur in gelöstem Zustande in ihren Körper eintreten können. Eine Ausnahme machen nur nackte pflanzliche Protoplasma- körper, z. B. die Plasmodien der Myxomyceten und zahlreiche Flagel- laten, welche auch feste organische Partikelchen in ihren Leib auf- nehmen und den unverbrauchten Rest nach außen wieder abgeben. Die Nahrungsmittel der Pflanze sind in der Regel chemische Verbindungen. Bis in die neueste Zeit glaubte man, daß der Sauer- stoff das einzige Element ist, welches in den Stoffwechsel der Pflanze eintritt und in gewissen Fällen, wenn er nämlich an dem Aufbau einer spezifischen Pflanzensubstanz Anteil nimmt, auch als Nahrungsmittel zu gelten habe. In neuester Zeit ist aber gezeigt worden, daß unter den Bakterien, welche überhaupt in bezug auf Assimilation die merkwürdigsten Verhältnisse darbieten, Arten auf- treten, welche auch den atmosphärischen Stickstoff, und solche, welche ein anderes Element, nämlich den Schwefel. zu assimilieren vermögen. Für den Ein- und Austritt der Substanzen in die Pflanze ent- scheidet in erster Linie der spezifische Charakter der (äußeren und inneren) Hautschichten des Protoplasma. Gerade dadurch wird in erster Linie das »Wahlvermögen« (S. 217) der Pflanze gegenüber den Nahrungsmitteln bestimmt.*) Für die Ernährung der Pflanze ist nicht nur die Qualität, sondern auch die Quantität der zugeführten Nahrungsmittel von Wichtigkeit. Als oberstes Gesetz gilt in diesem Betrachte die Er- fahrung, daß von jedem der für die Ernährung der Pflanze not- wendigen Grundstoffe ein gewisses Minimum erforderlich ist. Wird *) Nicht alle der Pflanze von außen dargebotenen gelösten Substanzen werden auch aufgenommen. So lassen sich manche Schimmelpilze (Penicillium) in 21°/,iger Kupfersulfatlösung ziehen. Dieses außerordentlich giftige Salz dringt in die Zellen dieser Pilze nicht einmal in Spuren ein, Pulst, Jahrb. f. wiss. Bot. 37 (1902). 235 dieses Minimum unterschritten, so kann der Ausfall nicht durch den Überschuß eines anderen (notwendigen) Nährstoffes ausgeglichen werden (Gesetz des Minimums, Ad. Mayer, 1895). Nicht alle Pflanzen nehmen die gleichen Nahrungsmittel auf. Es lassen sich vielmehr nach der Natur der Nahrungsmittel zunächst folgende zwei Kategorien von Pflanzen unterscheiden: 1. Auto- trophe, d. i. grüne, selbständig lebende Pflanzen: sie allein *) sind befähigt, aus durchwegs unorganischer Nahrung ihren Leib aufzubauen, also organische Substanz zu produzieren. Diese Pflanzen nehmen ihre Nahrung aus den Medien, in welchen sie vegetieren, also in der Regel aus dem Boden und aus der Atmosphäre, wohl auch, wenn sie nämlich submerse Organe besitzen, aus dem Wasser. 2. Chlorophyllose Pflanzen, welche abgesehen von den für alle Pflanzen unentbehrlichen Mineralsalzen entweder nur organische Nahrung aufnehmen (echte chlorophyllose Schmarotzer, wie Zathraea Squamaria, ferner chlorophyllose, von verwesenden Pflanzenteilen sich nährende Gewächse, sogenannte Humusbewohner, wie Monotropa Hypopitys), oder welche, wie die Pilze, außerdem noch stickstoff- haltige, unorganische Stoffe, nämlich Ammoniak oder Salpetersäure zu assimilieren vermögen. — Intermediär verhalten sich chlorophyll- führende Humusbewohner (Zptipogon Gmelint, Neottia Nidus avis ete.), grüne Schmarotzer, endlich die sogenannten insektenfressenden (feisch- verdauenden) Pflanzen, welche ihren Stickstoffbedarf durch tierische Nahrungsmittel (durch die Weichteile gefangener Insekten) decken. Mit Bezug auf die Ernährungs- und überhaupt auf die Lebens- weise kann man also der autrophen Pflanze gegenüberstellen die Parasiten und dieSaprophyten, welche auf organische Nahrungs- mittel angewiesen sind, von welchen die ersteren die Nahrung von einem lebenden Organismus, die letzteren aber aus toten organischen Körpern (wie die Humusbewohner) oder auf andere Weise beziehen (wie z. B. die Hefe, welche in Zuckerlösungen gedeiht). 18. Es sollen nun zunächst die unorganischen, also die Nahrungsmittel der autotrophen Pflanzen in Betracht ge- zogen werden. Diese Nahrungsmittel der Pflanzen stammen aus der Atmo- sphäre und dem Boden, unter Umständen aus dem Wasser. Die Luft enthält bekanntlich etwa 21 Volumprozent Sauerstoff und (inklu- sive Argon) an 79 Volumprozent Stickstofl, bloß 0'03°%/, Kohlen- säure, die aber für die grünen Pflanzen von höchster Wichtigkeit *) Abgesehen von einigen Bakteriaceen, auf deren Ernährung weiter unten eingegangen werden wird. 236 ist, ferner Spuren von Salpetersäure und Ammoniak, welche für die Ernährung der Pflanzen eine ganz untergeordnete Bedeutung: haben, wenngleich, wie wir alsbald sehen werden, diese beiden Körper wichtige Pflanzennährstoffe sind. Auf den Wasserdampf und seine wechselnden Mengen in der Atmosphäre soll hier ebensowenig ein- gegangen werden, wie auf die in der Luft suspendierten festen Teil- chen, da dieselben keine Nahrungsmittel der Pflanzen bilden. Die natürlichen, von Pflanzen bewohnten Wässer enthalten die Bestandteile der Atmosphäre, aber in anderen Mengenverhält- nissen absorbiert. Die Kohlensäuremenge des Wassers kann sich beim Drucke einer Atmosphäre bis auf 100°), steigern. Hingegen enthält mit Luft in Berührung stehendes Wasser bei gewöhnlicher Temperatur und gewöhnlichem Druck bloß etwa 3°), Sauerstoff. Die natürlichen Wässer enthalten ferner sehr verdünnte Lösungen der später zu betrachtenden Bodensalze. 19. Für das Verständnis der Pflanzenernährung ist die den Bemühungen der Agrikulturchemiker zu dankende Kenntnis der chemischen und physikalischen Eigenschaften des Bodens nötig. Es können hier nur die allerwichtigsten diesbezüglichen Auffin- dungen hervorgehoben werden. Man hat zwischen Urboden und Vegetationsboden zu unter- scheiden. Der erstere besteht aus den Verwitterungsprodukten der Gesteine und gestattet. wie bekannt, nur einen sehr spärlichen Vege- tationsanflug. Durch Zersetzung der auf solchem Boden vegetierenden Pflanzen mischen sich den zerfallenden Gesteinen noch Huminsub- stanzen und stickstoffhaltige Zerfallsprodukte der organischen Sub- stanzen (Ammoniak und Salpetersäure) bei, und so entstehen nach und nach Vegetationsböden (Heide-, Wald-, Feldboden ete.). Durch die Verwitterung der allgemein verbreiteten Gesteine (Gneis, Syenit und Verwandte, Kalk, Dolomit, Gips und des wohl in kleinen Mengen, aber allverbreiteten Apatits) ete. gelangen Salze in den Boden, welche für die Pflanze von Bedeutung sind oder doch mehr minder reichlich von ihr aufgenommen werden. Gneis, Syenit und Verwandte liefern Kieselsäure, Kali, Eisenoxyd, Tonerde; alle übrigen der genannten Kalk, der Dolomit zudem Masnesia, der Gips Schwefelsäure, der Apatit Phosphorsäure und Chlor. Wir sehen, daß die verbreitetsten Gesteine auch jene Basen und Säuren liefern, welche wir in ganz all- gemeiner Verbreitung in der Pflanzenasche finden: eine augenfällige Anpassung der Pflanze an den Boden. Von der nur selten als Mineralbestandteil der Pflanze vorkommenden Tonerde abgesehen, kommen alle übrigen erwähnten Körper so 237 gut wie in jeder Pflanzenasche vor. Es ist unschwer, sich die Her- kunft jener Salze, welche für die Pflanze Natrium, Mangan und die anderen, weniger regelmäßig oder nur selten vorkommenden. oben genannten, in der Asche nachweisbaren Grundstoffe liefern, klar zu machen. Die Verwitterung kommt in erster Linie wohl durch Ein- wirkung des Wassers und der Atmosphärilien auf die Gesteine zu- stande. Aber auch die ungleiche Ausdehnungsfähigkeit der an der Zusammensetzung der Gesteine Anteil nehmenden Minerale infolge wechselnder Temperatur, ja selbst die Vegetation der Pflanzen be- einflussen diesen Prozeß. So korrodieren die Wurzeln zahlreicher Pflanzen infolge sauerer Ausscheidungen den Kalkstein und andere Gesteine. Es wurde auch konstatiert, daß manche an sich unlös- liche Gesteinsbestandteile (z. B. gewisse Bestandteile des Buntsand- steins, Basalts ete.) von Pflanzenwurzeln aufgenommen werden, mithin durch Ausscheidungen der letzteren in lösliche Form ge- bracht worden sein mußten. Das Zersprengen von massigen Gesteinen durch in deren Spalten eingedrungene Wurzeln ist bekannt. Manche im Boden häufig vorkommende Salze sind nicht ein- fach Verwitterungsprodukte der Gesteine, wie z. B. das schwefel- saure Kali, die Ammoniaksalze, der salpetersaure Kalk und die übrigen salpetersauren Salze. Das schwefelsaure Kali entsteht ge- wöhnlich durch Zersetzung des so häufig als Verwitterungsprodukt auftretenden kohlensauren Kali mit schwefelsaurem Kalk (Gips). Die Ammoniaksalze bilden sich bei der Zersetzung stickstoffhaltiger organischer Substanzen des Bodens unter Mitwirkung von Bakterien. Bei Gegenwart starker Basen (Kali, Kalk, Magnesia ete.) wird das Ammoniak unter Intervention von »nitrifizierenden« Bakterien zu salpetriger, schließlich zu Salpetersäure oxydiert, welche sich an die genannten Basen bindet. Durch die Tätigkeit bestimmter Bakterien (z. B. das Olostridium Pasteurianum Winogradski) erfolgt im Boden die Umwandlung des Stickstoffes der Bodenluft in Salpetersäure. 20. Die Vegetationsböden setzen sich aus gröberen Gesteins- körnern und einer feinen Verwitterungsmasse zusammen; erstere bildet das Skelett, letztere die Feinerde des Bodens, welche teils aus verwitterten Mineralien, teils aus kleinen Humusteilchen besteht. Je reicher der Boden an Feinerde ist. desto besser gedeihen die Pflanzen auf demselben. Sie ermöglicht eine feste Einwurzelung der Gewächse im Boden, in ihr geht die Bildung der Bodensalze am raschesten vor sich, sie bedingt die hohe wasserhaltende Kraft und das Absorptionsvermögen des Bodens für Wasserdampf, Gase und Bodensalze. Gerade die letztgenannte Eigentümlichkeit des 238 Bodens ist für das Leben der Pflanze von Wichtigkeit. Zahlreiche Salze werden durch die Feinerde des Bodens teils mechanisch, teils chemisch gebunden, so daß sie bei der Filtration nur in äußerst verdünnten Lösungen durchgehen. Hieraus folgt aber, daß im Boden nur sehr verdünnte Lösungen dieser Salze bestehen können. Erfahrungsgemäß verträgt aber, wie später noch näher auseinandergesetzt werden wird, die Pflanze nur sehr verdünnte Lösungen von Salzen. Da nun gerade die im Boden allgemein ver- breiteten Salze (besonders die Verbindungen des Kali, der Magnesia und des Kalkes, ferner das Ammoniak und die Phosphorsäure in Form der verschiedensten Verbindungen) von der Feinerde absorbiert werden, so leuchtet die Bedeutung der letzteren für das Pflanzen- leben sofort ein. Die Feinerde erschwert aber weiter die Erschöpfung des Bodens an Salzen, was in Anbetracht der später zu begründen- den Tatsache, daß einige der Bodensalze, namentlich die im Boden nur spärlich vertretenen Phosphate, für die Entwicklung der Pflanze unbedingt nötig sind, ebenso schwer ins Gewicht fällt. Die Wärmeverhältnisse des Bodens üben einen beträchtlichen Einfluß auf die in demselben wurzelnde Pflanze aus. Die dunkle Färbung des Bodens bedingt eine hohe Erwärmungsfähigkeit des- selben, namentlich bei direkter Besonnung. Die Wärmeleitung nimmt mit dem Gehalt an Feinerde schon aus dem Grunde ab, weil hier- mit die Menge an Luft, welche die Wärme nur in außerordentlich geringem Grade leitet, zunimmt. Besonders stark wird die Wärme- leitungsfähigkeit des Bodens durch Gehalt an Humussubstanzen herabgestimmt. Mit der Verdrängung der Bodenluft durch liquides Wasser muß selbstverständlich die Wärmeleitungsfähigkeit des Bodens zunehmen. In nicht zu feuchtem Waldboden geht die Ent- wicklung der Wurzeln selbst zur Zeit der Winterruhe fort, und ist ein Erfrieren von Wurzeln in einem solchen Boden niemals noch konstatiert worden, während in schlechtem, steinigem Boden diese Erscheinung um so leichter eintreten kann, als die Wurzeln gegen Temperaturerniedrigung sich viel empfindlicher als ober- irdische Organe erweisen. Je reicher der Boden an Huminsubstanzen, desto hygroskopi- scher ist er. Quarzsand absorbiert gar keinen Wasserdampf; Kalk- und Tonböden nur in geringem Grade; reiner Humus aber so reichlich und mit soleher Energie, daß die Wasseraufnahme mit einer durch die Beobachtung leicht festzustellenden Temperatur- erhöhung verknüpft ist. — Gase werden vom Boden desto reich- licher absorbiert, je reicher derselbe an Humussubstanzen ist. In feuchten Böden erleiden die Humussubstanzen eine relativ rasche 239 Oxydation, sie liefern reichlich Kohlensäure, welche vom Boden absorbiert wird. Die infolge dieser Umstände eintretende Anhäufung von Kohlensäure im Boden ist für das Pflanzenleben insoferne schon von Bedeutung, als manche den Pflanzen unentbehrliche, im Wasser unlösliche Bodensalze, wie z. B. kohlensaurer Kalk, die Phosphate des Kalkes und des Eisenoxyds u. a. m. durch kohlensäurehaltiges Wasser in Lösung übergeführt werden. 21. Alles in allem zusammengefaßt, besteht der Vegetationsboden aus Skelett, Feinerde, Gasen, Wasser, gelösten Salzen und bestimmten Organismen (in erster Linie bestimmten Bakterien). Alle diese Be- standteile — abgesehen von dem Skelett — stehen in Beziehung zur Ernährung der Pflanze. Um festzustellen, welche Bodenbestand- teile Nährstoffe der Pflanzen sind, genügt der analytische Weg nicht, da dieser uns nur zu jenen Substanzen leitet, welche von der Pflanze aufgenommen werden, nicht aber zu jenen, welche zur gedeihlichen Entwicklung desselben nötig sind. Erst die syntheti- sche Methode führt bezüglich der Frage, ob ein Bodenbestandteil Nährstoff ist oder nicht, die Entscheidung herbei. Dieser Weg ist zuerst von Wiegmann und Polstorff (1842) betreten worden. Diese Forscher verfolgten die Entwieklung der Pflanze unter Zu- führung genau kontrollierter Bodenstoffe und gelangten zu dem wichtigen Resultate, daß die Pflanze ohne mineralische Stoffe nicht zu gedeihen vermag. Aber erst die namentlich durch Knop (1861) ausgebildete Wasserkulturmethode lehrte die für die grüne PHanze unentbehrlichen Bodensalze (Nährstoffsalze) genauer kennen. Es wurde nämlich auf eine schon lange bekannte Erfahrung zurück- gegriffen, derzufolge es möglich ist, Landpflanzen, selbst Holz- gewächse, in natürlichen Wässern zur normalen Entfaltung zu bringen, was bereits Duhamel (1758) mit Erfolg versuchte. Es wurden nun sogenannte Nährstofflösungen, d. s. wässerige Lösungen von ver- schiedenen Salzen hergestellt, in diese Keimlinge der verschiedensten grünen Pflanzen gebracht und nachgesehen, welche dieser Salze für die Entwicklung der Gewächse unentbehrlich sind. Es wurde zu- nächst konstatiert, daß die Pflanze nur sehr verdünnte Salzlösungen verträgt, ferner, daß gewisse, in manchen Pflanzen sogar häufig auf- tretende Verbindungen für ihre Ausbildung belanglos sind, so z. D. die Kieselsäure*), hingegen auf das bestimmteste konstatiert, dal zur normalen Entwicklung der grünen Pflanze Salze erforderlich sind, *) In neuester Zeit wurde gezeigt, daß die Diatomaceen ohne Kieselsäure nicht zur Entwicklung zu bringen sind. (O. Richter, Berichte der 76. Versamm- lung deutscher Naturforscher und Ärzte. Breslau 1904.) 240. welche Phosphorsäure, Schwefelsäure, Kali, Kalk*), Magnesia und Eisenoxyd enthalten. Zur Zuführung des Stickstoffes ist eine Ammoniakverbindung oder die Verbindung der Salpetersäure mit einer der genannten Basen erforderlich. Zur Erziehunz der meisten Gewächse in Wasserkultur eignet sich folgende von Knop angegebene Nährstofflösung: auf 1000 Gewichtsteile Wasser l _ Gewichtsteil salpetersaurer Kalk 0:25 Gewichtsteile salpetersaures Kali 025 > saures phosphorsaures Kali 0:25 > 'schwefelsaure Magnesia 0:02 » phosphorsaures Eisenoxyd. Wie man sieht, ist diese Nährstofflösung eine kaum zwei- promillige (genau 0'177°/,ig), also ein sehr verdünntes Salzlösungs- semisch, wie ein solches von der Pflanze im Boden tatsächlich vor- gefunden wird.**) Es ist in hohem Grade interessant, daß die als Nährstoffe er- kannten Bodenbestandteile durch die nächstverwandten chemischen Individuen nicht substituiert werden können; so das Kalium nicht durch Natrium, der Kalk nicht durch Baryt oder Strontium, das Eisen nicht durch Mangan ete. Die hier mitgeteilten, auf die Nährsalze der Pflanze Bezug nehmenden Resultate stützen sich allerdings auf ein großes Arten- material: doch ist nicht ausgeschlossen, daß manche Pflanzen anderer Nährsalze bedürfen, und es wäre immerhin möglich, daß die an Natron so reichen Meerespflanzen diese Basis zur normalen Ent- wicklung benötigen. Auf Grund analytischer Untersuchungen ist dies von Liebig behauptet worden; zur endgültigen Entscheidung bedarf es aber, wie auseinandergesetzt wurde, synthetischer Ver- suche, welche indes bezüglich dieser Gewächse bisher noch nicht mit der nötigen Genauigkeit angestellt wurden. *) S. Anmerkung auf p. 243. #*) Es sind mehrere andere Nährstofflösungen in Vorschlag gebracht worden, Jüngsthin die v. d. Cronesche, welche besondere Vorteile bieten soll (Sitzungs- berichte der Niederrhein. Ges. für Natur- und Heilkunde, 1902). Alle diese Lösungen haben das Gemeinschaftliche, daß sie nur 1—5"/,, an Mineralsubstanzen enthalten. Wichtig für Wasserkulturen ist, daß die Zusammensetzung der Nährlösungen mög- lichst konstant erhalten werde, was nach Wortmann am einfachsten dadurch er- zielt wird, daß man den Pflanzen sehr große Flüssigkeitsmengen (202 und mehr) darbietet. 241 22. Welche Nahrungsmittel nimmt die Pflanze aus der atmosphärischen Luft? In früherer Zeit war man der Meinung, daß die Pflanze ihren Kohlenstoffbedarf durch den Humus des Bodens decke: man ließ sich aber hierbei nicht durch direkte Versuche, sondern bloß durch die Wahrnehmung leiten, daß die Gewächse in humusreichen Böden besonders üppig gedeihen. Als spätere Untersuchungen die Unfähigkeit der Pflanze, Humussub- stanzen aufzunehmen, darlegten, glaubte man, die Bedeutung des Humus liege darin, in seinen gasförmigen Zersetzungsprodukten, namentlich in der Kohlensäure, der Pflanze Nahrung zuzuführen. Allein schon die Wasserkulturversuche mit Nährstofflösungen wider- legen diese Auffassung auf das schiagendste. In den Nährstoff- lösungen, z. B. in der oben genannten Knopschen Nährflüssigkeit, ist gar kein kohlenstoffhaltiger Körper vorhanden, und doch ist man leicht imstande. in derselben einjährige, ja selbst mehrjährige Gewächse, z.B. Holzgewächse, aus Samen zu normaler Entwicklung zu bringen. Die Wasserkulturgewächse können ihren Kohlenstoff- gehalt nur aus der Atmosphäre ziehen. Die Pflanze findet also mit der in der Luft vorhandenen Kohlensäure das Auslangen. Ander- weitige mit im Boden wurzelnden Gewächsen angestellte Versuche haben zu dem Resultate geführt, dal) sie allerdings Kohlensäure aus dem Boden aufnehmen, welche unter anderem zur Löslichmachung verschiedener Bodensalze führt, daß aber diese Kohlensäure nicht assimiliert wird. Anderseits wurde die Absorption der Kohlensäure der Atmosphäre durch die grünen Pflanzenteile und deren Assimj- lation direkt bewiesen. Die grüne Pflanze nimmtalso die ganze Kohlenstoffmenge, welche in ihr in Form organischer Substanz aufgehäuft ist, und welche etwa die Hälfte ihrer Trockensubstanz ausmacht, aus der Atmosphäre (Ingen- Housz, 1779— 1796), obgleich die daselbst vorhandeneKohlen- säuremenge bloß 0°03 Volumprozent beträgt und inhumösem Böden unter Umständen dreihundertmal größer ist. Die Fruchtbarkeit humusreicher Böden erklärt sich indes genügend durch deren oben genannte physikalische Eigenschaften, durch die Menge von Kohlensäure, welche, infolge Zersetzung der Huminkörper entstehend, dem Boden zugeführt wird. zur Auf- schließung der Gesteine, zur Löslichmachung mehrerer Nährsalze, z. B. des kohlensauren und phosphorsauren Kalkes, dient, und der Pflanze auch dadurch indirekt zugute kommt, als ein Teil der atmosphärischen Kohlensäure dem Boden entstammt. Der Stickstoff der atmosphärischen Luft ist trotz seiner großen Menge (79 Volumprozent) kein Nahrungsmittel der Pflanzen, Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 16 242 sondern passiert indifferent ihr Inneres.*) Man hat auch bezüglich des in der Bodenluft enthaltenen Stickstoffes dieselbe Ansicht gehabt. Es ist aber nunmehr durch genaue Versuche festgestellt worden, daß die Leguminosen vermöge ihrer von eigentümlichen Schizomyeeten bewohnten Wurzelknöllchen**) die Fähigkeit be- sitzen, den Stickstoff der Bodenluft sich zum Aufbaue organischer Substanz nutzbar zu machen!) (s. oben p. 235). Von hoher Wichtigkeit für das Pflanzenleben ist der atmo- sphärische Sauerstoff, obgleich er nur insoferne den Nahrungs- mitteln zuzuzählen ist, als er in bestimmten Fällen in das Molekül von Verbindungen eintritt, die an dem Aufbau der Pflanzenkörper Anteil nehmen. — Jede Pflanze bedarf seiner, gleich jedem Tiere, und zwar in jeder Entwicklungsepoche zur Atmung. Die Bedeu- tung des Sauerstoffes für die Respiration wird unten eingehender geschildert werden. Der in den organischen Verbindungen vor- handene Sauerstoff stammt indes bei weitem nicht immer aus der Atmosphäre. sondern kann, das Ammoniak abgerechnet, aus jedem ihrer Nährstoffe gezogen werden. Neben Stickstoff, Sauerstoff und Kohlensäure finden sich in der atmosphärischen Luft stets Ammoniak-, ferner Salpetersäure- verbindungen vor, die alle von der Pflanze, wie direkte Versuche gezeigt haben, assimiliert werden können. Die Atmosphäre enthält aber so kleine Mengen dieser Stickstoffverbindungen (im Mittel an Ammoniak 0°0001, an Salpetersäure 0:'00001°/,), daß dieselben für die Ernährung der Pflanze nicht in Betracht kommen. Grüne submerse Pflanzenteile nehmen die zu ihrer Stofi- bildung nötigen Kohlenstoffmengen aus der im Wasser absorbierten Kohlensäure und verwenden den daselbst gelösten Sauerstoff zur Atmung. ***) *) In neuester Zeit ist man bestrebt, den atmosphärischen Stickstoff prak- tisch zu verwerten und speziell in Verbindungen zu bringen, welche von der Pflanze assimiliert werden. Wenig praktischen Erfolg hatten die Versuche, den atmosphäri- schen Stickstoff unter dem Einflusse des elektrischen Flammenbogens zu Salpeter- säure zu oxydieren und diese durch Alkalien zu binden. Solche Nitrate stehen derzeit noch zu hoch im Preise. Hingegen gelang es, den atmosphärischen Stickstoff durch Kalziumkarbid zu binden und sogenannte Kalziumeyanidmasse (im Handel »Kalkstickstoff« genannt) zu erhalten, welche als Düngungsmittel für Runkelrübe den Chilisalpeter ersetzt. **) Über die Bakterien und Bakteroiden der Wurzelknöllchen der Legumi- nosen und deren symbiotische Verhältnisse s. Bd. III (Biologie), p. 97. ##*#) Neuestens wurde (von Reinke u. a.) gefunden, daß auch im Meere Bakterien existieren, welche den absorbierten Stickstoff in ffir die Pflanze assimi- lierbare Form umzuwandeln befähigt sind. 243 Daß der Wasserstoff der in der Pflanze vorkommenden orga- nischen Verbindungen zum größten Teile aus dem so reichlich aufgenommenen Wasser und nur zum geringen Teile aus dem Ammoniak stammt, ist selbstverständlich. Es haben indes direkte, z. B. mit der Knopschen Nährstofflösung angestellte Versuche den Beweis geliefert, daß die Pflanze vollkommen gedeiht, wenn ihr gar kein Ammoniak zugeführt wird. In diesem Falle stammt ihr gesamter Wasserstoff aus dem Wasser. Die Nahrungsmittel der grünen Pflanzen sind dem- nach: Kohlensäure, Wasser, Salpetersäure, Ammoniak (oder einer dieser beiden letzteren Körper), ferner phosphorsaure und schwefelsaure (beziehungsweise salpetersaure) Verbindungen von Kali, Kalk*), Magnesia und Eisenoxyd. 23. Unter normalen Verhältnissen nährt sich die grüne Pflanze stets von unorganischen Stoffen. Auf experimentellem Wege ist aber nachgewiesen worden, dab sie auch organische Substanzen von niedrigem Molekulargewichte, die also ihren gewöhnlichen Nährstoffen in der Zusammensetzung nahe kommen, wie Harnstoff (CH,N;Ö), Glykokoll, ferner Harnsäure, Asparagin, Leuzin und Tyrosin aufzunehmen und zu assimilieren vermag.!10) Es ist dies schon in biologischer Beziehung von Interesse, weil es zeigt, daß zwischen echten Schmarotzern und Humusbewohnern einerseits und den grünen, selbständig wachsenden Pflan- zen anderseits auch bezüglich der Ernährung doch nur graduelle Unterschiede bestehen. Die Schmarotzer und Humus- bewohner sind offenbar jünger als ihre grünen Wirtpflanzen und entstammen zweifellos grünen Pflanzen, welche durch allmähliche An- passung ihre Fähigkeit, organische Substanz zu produzieren, ganz (Lathraea) oder teilweise (Neottia) eingebüßt und sich an die Auf- nahme organischer Nahrung gewöhnt haben. Die Anlage, organische Substanz aufzunehmen und zu assimilieren, ist aber auch der ge- wöhnlichen grünen Pflanze eigen. 24.-Nahrungsmittel der Pilze.!!!) Diese Organismen ent- halten kein Chlorophyll; infolgedessen sind ihre Ernährungs- verhältnisse von denen der grünen Pflanze verschieden. Doch ist der diesbezügliche Unterschied nicht so groß, als man bis in die neueste Zeit angenommen hat. Gleich allen anderen Pflanzen bedürfen auch die Pilze, wie Pasteur (1860) rücksichtlich der Hefe zuerst gezeigt hat, minerali- ”) Für Algen ist in neuester Zeit die Entbehrlichkeit des Kalkes mit Sicherheit konstatiert worden. Molisch, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss. in Wien. 1894, 1895, 1896. W. Benecke, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1894. 16* 244 scher Nährstoffe, und zwar benötigen sie an mineralischen Ele- menten Kalium, Magnesium (durch Kalzium nicht ersetzbar), Phosphor und Schwefel. Kalzium scheint entbehrlich zu sein; einzelne niedere Pilze sind auch auf Eisen angewiesen.*) Von gewissen niedersten Pilzen (einzelnen Bakteriaceen) abgesehen, muß ihnen der Kohlenstoff in Form einer organischen Verbindung geboten werden; zudem dürfen diese organischen Nähr- stoffe kein zu kleines Molekulargewicht besitzen. Schimmelpilze vermögen wohl Essigsäure (Molekulargewicht — 60), Oxalsäure (M.=90) ete., nieht aber Ameisensäure (M.—=46) zu assimilieren. In physiologischer Beziehung von höchstem Interesse ist aber die Tatsache, daß einzelne Bakterien auch Kohlensäure assimilieren können, so die Purpurbakterien (Bacterium photometricum), deren Pigment bei der Assimilation das Chlorophyll substituiert (Th. Engel- mann, 1886), und selbst pigmentfreie Bakterien, welche ohne Zutritt von Licht Kohlensäure oder kohlensaures Ammoniak als Nahrungs- mittel aufnehmen (Hueppe, 1837, Winogradski, 1888). Gewisse Bakterien können Ameisensäure, welche von der Hefe**), den Schimmelpilzen und den höheren Pilzen nicht assimiliert wird, als Nahrungsmittel verwenden. Wie es zu erklären ist, daß manche Bakterien sich beim Assimilationsvorgange enge an die grünen Pflanzen anschließen, indem sie Kohlensäure zu assimilieren vermögen, kann erst später erörtert werden. In einem gewissen Grade kommt aber allen Pilzen die Fähigkeit zu, unorganische in organische Substanz zu verwandeln; sie vermögen nämlich Ammoniak oder Salpetersäure unter Zuhilfe- nahme stickstoffreier organischer Substanzen zu assimilieren. Die Hefe***), wenn ihr der Stickstoff bloß als Ammoniak zugeführt wird, und die Schimmelpilze, wenn ihnen nur salpetersaure Verbindungen geboten werden, bilden alle für sie notwendigen stickstoffhaltigen *) Man hat bisher das Eisen als ein Element angesehen, welches als Nahrungs- mittel bloß von den chlorophylibesitzenden Pflanzen beansprucht wird. Es ist aber nachgewiesen worden, daß ein bestimmter, lange bekannter Schizomycet (Zepto- thrix ochracea) nur so lange wächst und gedeiht, als er Eisenverbindungen emp- fängt. (Winogradski, »Über Eisenbakterien«. Botan. Zeitung. 1888.) Molisch hat für mehrere niedere Pilze (Aspergillus, Penicillium) die Not- wendigkeit des Eisens als Nahrungsmittel nachgewiesen. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissensch. Bd. CIIL (1894). ##) Nach Duclaux soll Hefe in sehr verdünnter Lösung dargebotene Ameisensäure assimilieren. Ann. Inst. Pasteur (vol. XVII). **%#) Zur Kultur der Hefe eignet sich am besten die Pasteursche Flüssig- keit, welche folgende Zusammensetzung hat: 10°/, Rohrzucker, 0'1°/, rechtswein- saures Ammoniak, zirka 90"/, Wasser, dem etwas reine Hefeasche zugesetzt wurde. 245 organischen Stoffe. Indes assimilieren die Pilze auch stiekstoffhaltige organische Substanzen, selbst von hoher Zusammensetzung. 25. Nahrungsmittel der Humusbewohner. Es sei in diesem Paragraphen auf jene Saprophyten (p. 235) hingewiesen, welche von den im Boden sich zersetzenden Pflanzenstofien sich nähren. Diese Humusbewohner sind entweder chlorophyllarm, wie Epipogon Gmelint! und Neottia Nidus avıs, und vermögen höch- stens kleine, gewiß) aber nicht für den eigenen Bedarf ausreichende Mengen organischer Substanz aus unorganischer zu produzieren, oder sie sind wie Monotropa Hypopitys vollkommen chlorophyllos. Es ist nun allerdings zweifellos, daß alle diese Gewächse ihre Nahrung aus dem Humus in Form organischer Verbindungen ziehen, es muß aber noch als fraglich angesehen werden, ob, wie gewöhnlich angenommen wird, die Huminsubstanzen als die Nähr- stoffe dieser Gewächse anzusehen sind, oder ob nicht vielmehr höher zusammengesetzte, noch nicht zu Huminkörpern gewordene Pflanzen- stoffe die Nahrung dieser (ewächse bilden.!!?) 26. Nahrungsmittel der Parasiten.*) Es gibt selbst unter den Phanerogamen Schmarotzer, welche vollkommen frei von Chloro- phyll sind, wie Zathraea und Uuscuta-Arten. Für diese Pflanzen ist es zweifellos, daß sie die Kohlensäure nicht zu assimilieren vermögen, und daß ihnen der Kohlenstoff in Form organischer Verbindungen zugeführt werden muß. Solche Parasiten verhalten sich bezüglich ihrer kohlenstoffhaltigen Nährstoffe so wie die Hefe und ähnliche Pilze. Das andere Extrem dieser Pflanzengruppe bilden die chloro- phyllreichen Parasiten, als deren Repräsentant die bekannte Mistel genannt sein möge, welche im Gehalt an Chlorophyll mit den grünen Wirten, auf denen sie vorkommt, wetteifert. Solehe Schmarotzer haben selbstverständlich die Fähigkeit, gleich anderen grünen Pflanzen unorganische Nährstoffe zu assimilieren, und es ist nur notwendig, daß Wasser und die Nährsalze des Bodens durch die Wirtpflanze dem Parasiten zugeführt werden. Da die Mistel vermittels ihrer Saugwurzeln (Haustorien; s. Fig. 70, p. 89 des II. Bandes) bis zum Holzkörper der Nährpflanze vordringt, das Holz aber nur die rohen Nahrungsstoffe (Wasser und Bodensalze) emporleitet, so ist die genannte Ernährungsweise der Mistel und ähnlicher Parasiten wohl zweifel- los. Doch ist hier und bei anderen grünen Parasiten eine Aufnahme organischer Substanzen aus der Wirtpflanze nicht ausgeschlossen. Schmarotzer, welche dem Wirte vorwiegend oder ausschließlich aus dem Boden aufgenommene Salze entziehen (z. B. Euphrasia), *) Über Lebensweise der Parasiten s. Bd. III (Biologie), p. 112 ff. 246 werden als Salzparasiten bezeichnet. Zwischen den völlig chloro- phyllosen und den chlorophyllreichen stehen Parasiten, welche einen geringen Gehalt an Chlorophyll aufweisen, manche, die nur Spuren dieses Körpers führen, wie z. B. die Orobanchen. Solehe Schma- rotzer werden nur nach Maßgabe ihres Chlorophylibesitzes unor- ganische Nahrung in organische Substanz zu verwandeln imstande sein, im übrigen aber von der Zufuhr organischer Stoffe seitens der Wirtpflanze abhängen.!'°) Die Pilze sind oben in einem besonderen Paragraphen ab- gehandelt worden, erstlich, weil sie den Typus chlorophyllfreier Pflanzen repräsentieren und sich dadurch zur selbständig ernähren- den grünen Pflanze in den entschiedensten Gegensatz stellen, und zweitens, weil ihre Ernährung auch bezüglich des Stickstoffbedarfes aufgeklärt ist, was von den als Humusbewohner und als Parasiten lebenden Phanerogamen nicht ausgesagt werden kann. Zahlreiche Pilze sind in die Kategorie der Parasiten zu stellen, andere leben von sich zersetzender Pflanzensubstanz, sind also Saprophyten. Es ist durch das Experiment gelungen, einige in der Natur nur als Parasiten lebende Pilze saprophytisch zu erziehen (s. Bd. II, p. 212).'') 27. Nahrungsmittel der insektenfressenden Pflanzen (Insektivoren oder Karnivoren).!'%) Durch Darwin (1876) ist die Aufmerksamkeit auf bestimmte, namentlich der Familie der Dro- seraceen (Drosera, Dionaea muscipula ete.) angehörige Pflanzen gelenkt worden, denen besondere Einrichtungen zum Fange von Insekten zukommen und welche durch Ausscheidung gewisser Flüssigkeiten das Fleisch der gefangenen Tierchen in ähnlicher Weise verdauen wie der tierische Magen. Die Mechanik des Insektenfanges und die Vorgänge, welche zur Ausscheidung verdauend wirkender Flüssig- keiten führen, können erst später erörtert werden. Hier handelt es sich bloß um die diesen Organismen zugute kommenden Nährstoffe. In dieser Beziehung ist bemerkenswert, daß alle insektenfressenden Pflanzen keinen Mangel an Chlorophyll leiden, da ihre zur Assimi- lation der Kohlensäure dienenden Organe in ausreichendem Maße ausgebildet sind, ihr Wurzelsystem hingegen nur schwach entwickelt ist, also jenes Organ, welches den Stiekstoff in Form von Ammoniak oder Salpetersäure zuzuführen berufen ist. Der Bedarf an Stickstoff und wohl auch an Salzen (besonders Phosphaten) wird von diesen Pflanzen durch Verdauung von Insektenfleisch gedeckt. Wie das Fleisch im Magen der Tiere durch Pepsin unter Mitwirkung von Salzsäure verdaut wird, so wird das Fleisch von durch die Blatt- organe der betreffenden Pflanzen festgehaltenen Insekten verdaut, indem die Blattorgane ein Sekret abscheiden, welches Pepsin oder 247 ein ähnlich wirkendes Ferment, ferner niedere Fettsäuren (Essig-, Propion- und Buttersäure) enthält, die den Bestandteilen des Fleisches gegenüber ähnlich wie die Salzsäure, nur schwächer, wirken. — Diesen Pflanzen reihen sich andere an, welche gleichfalls Insekten fangen. sich aber von deren Zersetzungsprodukten nähren, wie die Utrikularien. Die in den Blasen der Blätter dieser Wasserpflanzen festgehaltenen Tierchen sterben ab, die Zersetzungsprodukte ihrer Weichteile lösen sich in dem die Blasen füllenden Wasser auf und werden von den an der Innenseite dieser Organe befindlichen Haar- gebilden ohne Mitwirkung eines Sekretes absorbiert. Offenbar sind es auch hier stickstoffhaltige Nährstoffe, welche den genannten, eben- falls den insektenfressenden Pflanzen zugezählten Gewächsen durch diesen merkwürdigen Prozeß zugute kommen.*) III. Die chemische Metamorphose in der Pflanze.''®) 28. Über diesen wichtigen Teil der Physiologie, der auch ein hohes allgemein naturwissenschaftliches Interesse darbietet, ist noch wenig Sicheres bekannt. Es liegen allerdings viele Hypothesen be- züglich der Entstehung zahlreicher chemischer Individuen vor; wir können aber diesen sonst so interessanten Gegenstand nur insoweit berühren, als wichtige, noch nicht vorgeführte Tatsachen diesen Hypothesen zugrunde liegen, oder es sich um Fragen von höchster physiologischer Wichtigkeit handelt. Vor allem springt ins Auge, wie gering die Zahl der Nahrungs- mittel der grünen, autotrophen Pflanzen ist, wenn sie ins Ver- hältnis gesetzt wird zu den Tausenden von chemischen Individuen, welche diese Gewächse hervorbringen. Weiters ist hervorzuheben, daß den Nahrungsmitteln der grünen Pflanzen im Vergleiche zu den von letzteren erzeugten organischen Substanzen ein niedriges Mole- kulargewicht zukommt. Es müssen in diesen Gewächsen syntheti- sche Prozesse verlaufen, um dieses Resultat zu bewerkstelligen. Mit Rücksicht hierauf ist aber auf zwei Tatsachen hinzuweisen: erstlich darauf, daß nebenher. z. B. bei der später erst eingehender zu be- trachtenden, auch die grüne Pflanze kontinuierlich beherrschenden Atmung sich gleichfalls Spaltungsprozesse abspielen, und daß auch *) In bezug auf einige karnivore Pflanzen (insbesondere Nepenthes-Arten) wurde von mehreren Seiten behauptet, daß die Verdauung des Insektenfleisches oder anderer Tierchen auf bakterielle Wirkungen zurückzuführen sei. Allein von Vines wurde gezeigt, daß antiseptisch wirkende Substanzen die fleischverdauende Wirkung in den »Kannen« der Nepenthes-Arten nicht aufheben, sondern auch hier proteolytisch wirkende Enzyme tätig sind. Vines, Ann. of Botany (1897—1301). 248 in den chlorophyllosen Pflanzen Prozesse chemischen Aufbaues stattfinden. So bauen z. B. Pilze aus organischen Säuren Kohle- hydrate, aus Ammoniak oder Salpetersäure, zumeist unter Mit- wirkung höher zusammengesetzter organischer Substanzen, Ei- weißkörper, mithin auch chemische Individuen vom höchsten be- kannten Molekulargewicht. Es besteht mithin — von den oben (p. 235) genannten, CO, assimilierenden Bakteriaceen abgesehen — zwischen der grünen und nichtgrünen Pflanze ein tiefgreifender Unterschied im Chemismus, indem nur der ersteren die Fähig- keit zukommt, aus durchwegs unorganischem Materiale organische Stoffe zu erzeugen, aber der Unterschied zwischen beiden geht nicht, wie noch vielfach angenommen wird, so weit, daß nur der grünen Pflanze die Kraft zukäme, Stoffe von niederem Molekulargewicht in Stoffe von hohem Molekulargewicht umzu- wandeln.*) Alle Nahrungsmittel der grünen autotrophen Pflanze, das Ammoniak abgerechnet, befinden sich im hochoxydierten Zustande; die hieraus erzeugten organischen Verbindungen erscheinen sauer- stoffärmer oder sind, wie z. B. die Terpene, sauerstoffrei. In den Pflanzen müssen mithin weitgehende Reduktionsprozesse stattfinden. Aber die ältere Ansicht, als unterscheide sich die Pflanze vom Tiere da- durch, daß erstere als bloß reduzierender, letzteres nur als oxydierender Organismus fungiere, ist unhaltbar geworden, seitdem erwiesen wurde, daß jede, also auch die grüne Pflanze, jederzeit und in demselben Sinne wie das Tier atmet, nämlich Sauerstoff aufnimmt und Kohlen- säure abgibt. Die noch so häufig geteilte Vorstellung. als würde nur das Tier in diesem Sinne respirieren, die Pflanze aber Kohlensäure *) Man hat bis in die neueste Zeit fast allgemein angenommen, daß zur Umwandlung durchaus anorganischer Nährstoffe in der Pflanze in organische Körper Chlorophyll absolut erforderlich sei, ja daß das Chlorophyll als der erster- schaffene organische Körper betrachtet werden müsse. Gegen die Zulässigkeit dieser beiden Sätze sind schon früher (Wiesner, in der Einleitung zu der Abhandlung: Die Einrichtungen zum Schutz des Chlorophylis der lebenden Pflanze, Wien 1876; ferner Hueppe, Bakteriologie, Wiesbaden 1896, p. 65) schwere Bedenken erhoben worden. Aber erst in neuester Zeit wurden die oben (p. 235) angeführten Tat- sachen festgestellt, denen zufolge gewisse Bakterien durch vom Chlorophyli ver- schiedene Farbstoffe im Lichte und andere sogar ohne Mithilfe von Farbstoffen im Finstern CO, zu assimilieren vermögen. Daraus ergibt sich, daß die zur Synthese der organischen Substanz erforderliche Energie auch auf andere Weise als durch Einstrahlung ven Licht in das Chlorophyll der Pflanze aufgebracht werden könne. Die Verwendung des Chlorophylis zur Assimilation ist mithin nur als eine durch Auslese eingeleitete zweckmäßige Anpassung an die gegebenen Vegetationsbedin- gungen und nicht als absolutes Erfordernis der CO,-Assimilation des pflanzlichen Organismus zu betrachten. Hueppe, |. c. p. 65. 249 ein- und Sauerstoff ausatmen, ist gänzlich irrtümlich und beruht, wie alsbald gezeigt werden soll, auf Verwechslung der Atmung mit dem Prozesse der Produktion organischer Substanz aus Kohlensäure und Wasser. Es verdient auch hervorgehoben zu werden, daß ein bestimmter organischer Körper in der Pflanze nicht immer auf eine und die- selbe Weise erzeugt wird. Das Chlorophyll entsteht in der Regel photochemisch, also unter Mitwirkung des Lichtes; in den Koniferen- keimlingen aber auch in tiefster Finsternis. Ein gleiches gilt auch für das Anthokyan und nach neueren Versuchen auch für den Gerbstoft.'1") — Die Stärke bildet sich entweder synthetisch aus Kohlensäure und Wasser im Chlorophylikorn besonnter Blätter oder aus organischer Substanz, z. B. bei der Keimung fetthaltiger Samen aus Glyzeriden unter starker Sauerstoffaufnahme — Ein und derselbe Körper kann in der Pflanze einmal durch einen synthetischen Vorgang, ein anderesmal durch Spaltung entstehen, wie z. B. der Zucker, welcher entweder aus Kohlensäure und Wasser direkt oder durch Zwischenprodukte entsteht oder aber durch Spal- tung von Glykosiden; der Zucker bildet sich indes häufig noch auf eine dritte Weise, nämlich aus Stärkemehl unter Addition von Wasser, z. B. in der Runkelrübe, in welcher die aus den Blättern wandernde Stärke bei ihrem Übertritte in die Wurzel diese chemische Umwandlung erfährt. Aber auch der umgekehrte Fall, die Umwandlung des Zuckers in Stärke unter Wasserabgabe ist weit verbreitet im Pflanzenreiche. — Die Verwertung der Grund- stoffe“) im Aufbaue der Verbindungen geht aus der chemischen Zusammensetzung der letzteren hervor. Damit ist aber über ihre Beteiligung bei den chemischen Vorgängen in der Pflanze noch wenig gesagt; und namentlich sind es die sogenannten minerali- schen Grundstoffe, nämlich K, Ca, Mg, Fe, P und S, über deren chemische Leistung in der Pflanze man zum großen Teile noch im Unklaren ist. Daß der Schwefel am Aufbaue der Eiweißkörper, der Myronsäure und einiger anderer Verbindungen partizipiert, ist völlig sichergestellt, aber seine Rolle beim Assimilationsvorgang ist noch nicht vollkommen aufgeklärt. Der Phosphor ist, früheren Angaben *) Die für die Ernährung der Pflanze erforderlichen oben genannten Grund- stoffe (C, H, O, N, K, Ca, Mg, Fe, P und S), welche im großen Ganzen mit den für den tierischen Organismus erforderlichen Elementen zusammenfallen, sind durch ein niedriges Atomgewicht ausgezeichnet. Es scheint dies kein zufälliges Verhältnis zu sein; vielmehr dürften nur Elemente von niedrigerem Atomgewicht für physiologische Zwecke brauchbar sein. A. Mayer, Agrikulturchemie. I. Heidel- berg 1895, p. 291. 250 entgegen, im Molekül der Albumine (sensu str.) nicht vorhanden, tritt aber in den Phosphaten als Begleiter jener Stickstoffverbindungen auf, deren Eigenschaften, z. B. die Löslichkeitsverhältnisse, modifi- zierend, und nimmt an dem Aufbaue einzelner Proteinstoffe (s. oben p- 223) Anteil. Es ist seit langem konstatiert, daß zur Chlorophyll- bildung Eisen notwendig ist; über die Anwesenheit des Eisens im Mole- kül des Chlorophylis sind aber die Ansiehten noch geteilt.*) Über die Leistung der drei anderen genannten Grundstoffe, des Kaliums, Kalziums und des Magnesiums, ist bisher noch nichts Sicheres be- kannt geworden. Daß keiner der nötigen Grundstoffe durch einen nahe verwandten ersetzt werden kann, z. B. das Kalium nicht durch Natrium, spricht aber nur dafür, daß der chemische Unterschied solcher Elemente doch ein größerer sein müsse, als man gewöhnlich annimmt, wofür ja unter anderem auch die Tatsache spricht, daß gewisse Oxydationen organischer Körper wohl durch schmelzendes Natron, nicht aber durch schmelzendes Kali glücken.'!°) Kali- und Kalksalze sind nach einer verbreiteten Meinung bei der Leitung der Stärke in der Pflanze beteiligt, allein in welcher Weise, ist unbekannt.**) Es hat den Anschein, als würden die Kali-, Kalk- und Magnesiasalze in der Pflanze nicht dadurch wirken, daß sie in eine bestimmte Verbindung eintreten; vielmehr dürfte namentlich mit Rücksicht auf die kleinen Mengen nötiger Salze angenommen werden, daß sie bloß katalytisch, Fermenten gleich, tätig sind, wie etwa bei Gegenwart gewisser organischer Alkalisalze in zuge- schmolzenen Röhren bei 100° C vom Aldehyd Wasser abgespalten wird und ganz neue Verbindungen entstehen. ohne daß diese Salze hierbei irgendwelche Veränderung erfahren.!!?) Es scheint aus den neueren Versuchen über die Anteilnahme der Nährsalze an der Organ- und Gewebebildung hervorzugehen, daß K und Mg auch für diejenigen Pflanzen, welche ohne Ca nicht *) In jenem Körper, der aus der Pflanze isoliert wurde und als »Chlorophyl1« identifiziert wird mit dem grünen Farbstoff des Chlorophylikornes, ist kein Fe enthalten. Es ist aber die Frage, ob dieses »Chlorophyll« mit dem Pigment des lebenden Chlorophylikornes identisch ist. Neuestens wird behauptet, daß nicht Fe, wohl aber Mg an der Zusammensetzung des Chlorophylis Anteil nehme. #**) Nach Versuchen, welche mit Bohnen angestellt wurden, vollzieht sich der Stoffwechsel selbst bei höchster Kaliarmut völlig normal, nur sind die Pflanzen äußerst dürftig entwickelt. Es ist somit wahrscheinlich, daß dem Kali nicht etwa eine spezifische Funktion in der Pflanze zufalle, dasselbe aber gleich dem Phosphor und Schwefel für die Entwicklung jeder Pflanzenzelle unentbehrlich sei. R.Lüpke, in den Landwirtschaftlichen Jahrbüchern, Bd. XVII (1888). Nach Nobbes Unter- suchungen unterbleibt hingegen bei Ausschluß von Kali im Chlorophylikorn die Stärkebildung. Landw. Versuchsstat. XIII. 251 zur normalen Entwicklung zu bringen sind, wichtiger sind als das zuletzt genannte Element. Ohne Kali- und Magnesiaverbindungen scheint keine Organanlage und keine ÖOrganentwicklung möglich zu sein, während wenigstens die Anlage von Organen (z. B. Blättern) auch ohne Ca stattfinden kann. Doch ist anderseits erwiesen, daß Keimlinge der Bohne trotz des Reichtumes der Samen an Kalk- salzen früher zugrunde gehen, wenn ihnen nicht von außen Kalk zu- geführt wird (J. Böhm). 29. Die chemischen Prozesse, welche in der Pflanze stattfinden, lassen sich, im großen Ganzen betrachtet, folgendermaßen über- sichtlich zusammenfassen: 1. Reduktionen. (Es entsteht z. B. aus Kohlensäure und Wasser unter Sauerstoffaustritt ein Kohlehydrat.) 2. Oxydationen (z. B. Stärke oder Zucker werden veratmet, also oxydiert). 3. Spaltungen (z. B. Glukose zerfällt durch das Hefeferment in Kohlensäure und Alkohol). 4. Bindungen (z.B. Zucker- oder Stärkebildung aus CO, und H,O). Als Spezialfall der Bindungen sei hervorgehoben die Poly- merisierung (z. B. Formaldehyd bildet Formose 6 CH,0 — C,H ,50,). 5. Hydratationen (z. B. Rohrzucker nimmt bei der Invertierung Wasser auf und bildet Dextrose und Lävulose). Hierher gehören überhaupt die oben schon mehrfach genannten hydrolytischen Spaltungen. 6. Anhydritbildungen (z.B. Zucker (,H,,0, wird in der Pflanze unter H,O-Abgabe in Stärke = (,H,,0;, verwandelt). Die hier angeführten Beispiele werden im nachfolgenden näher erläutert werden. 30. Zu den wichtigsten chemisch-physiologischen Erschei- nungen gehört jener, nur in der grünen, autotrophen Pflanze sich abspielende Vorgang, durch welchen unter dem Einflusse des Lichtes aus Kohlensäure und Wasser organische Substanz erzeugt und Sauerstoff ausgeschieden wird.*) Dieser Prozel) bietet nicht bloß ein physiologisches oder botanisches, sondern auch ein allgemein naturwissenschaftliches Interesse dar, indem auf demselben in doppelter Weise der Bestand der organischen Welt beruht; denn nur durch diesen Prozeß wird in der Natur aus unorganischer Substanz organische hervorgebracht und die Regeneration des atmosphärischen *) Die merkwürdigen, auf einige Bakterien Bezug nehmenden Ausnahmsfälle wurden oben (p. 248, Anmerkung) hervorgehoben. 252 Sauerstoffes, welcher für den Bestand der Organismen unentbehrlich ist, bewirkt. Schon vor Lavoisier, bevor man also noch wußte, daß der Sauerstoff ein Element im Sinne der heutigen Chemie ist, wurde durch Pristley und Scheele konstatiert, daß die Pflanze Kohlen- säure und Sauerstoff ausscheide. Unter welchen Verhältnissen die Pflanze Kohlensäure, und unter welchen sie Sauerstoff entbindet, wurde erst durch Ingen-Housz festgestellt, welcher namentlich zeigte, dal) die Pflanze gleich dem Tiere Kohlensäure ausscheidet, daß ohne Mitwirkung des Lichtes die Ausscheidung des Sauer- stoffes durch die grüne Pflanze nicht erfolgen kann, und daß die Pflanze der atmosphärischen Luft die Kohlensäure entnimmt und nicht, wie auch später noch lange angenommen wurde, dem Boden. Diese Entdeckungen der drei genannten Forscher fallen in das letzte Drittel des vorigen Jahrhunderts. Erst nach Begründung der Chemie durch Lavoisier wurde es möglich, den Zusammenhang der von Ingen-Housz schon klar erkannten Tatsache sowohl be- züglich der CO,-Assimilation als der Atmung auf Grund exakter quantitativer Methoden sicherzustellen. Es geschah dies durch Theod. de Saussure (1804). Wohl war es nunmehr erwiesen, daß die grüne Pflanze im Sonnenlichte unter Ausscheidung von Sauerstoff organische Stoffe erzeugt; welche Substanzen aber hierbei entstehen und in welcher Art, blieb unbekannt. Die erste, den physiologischen Tatsachen gerecht werdende Vorstellung über die Kohlensäureassimilation in der Pflanze wurde von Boussingault (1864) entwickelt.*) Derselbe zeigte, daß das Volum der von der grünen Pflanze aufgenommenen Kohlen- säure so groß ist als das Volum des im Lichte ausgehauchten *) Zur Aufklärung dieses chemischen Prozesses wurden zahlreiche Hypo- thesen aufgestellt, von welchen sich namentlich die von Liebig ausgegangene und von Rochleder (1854) weiter ausgebildete lange Zeit eines besonderen An- sehens erfreute. Ausgangspunkt derselben war die wichtige Entdeckung Berthe- lots: die Synthese der Ameisensäure. Erhitzt man Kohlenoxydgas mit Kali und Wasser bei 100° C in zugeschmolzenen Röhren, so entsteht ameisensaures Kali. Man stellte sich vor, daß die Kohlensäure in der Pflanze zu Kohlenoxyd reduziert werde, dieses mit Wasser zu Ameisensäure zusammentrete, und durch fortgesetzte Synthesen — zunächst unter Einwirkung von Kohlensäure und Kohlenoxyd auf die niedrigen Produkte — höhere organische Säuren und schließlich Kohle- hydrate gebildet werden. Diese Theorie der sukzessiven Synthese kann indes nicht richtig sein, da die Bildung der organischen Säuren im Chlorophylikorn ange- nommen werden muß, das Chlorophyll aber schon durch Spuren von organischen Säuren zersetzt wird. 253 Sauerstoffes. Da nun bei der Verbrennung des Kohlenstoffes ebenso- viel Sauerstoff gebraucht wird, als hierbei dem Volum nach Kohlen- säure gebildet wird, und da ferner ein Kohlehydrat bei der Ver- brennung so viel Wasser liefert, als in demselben gebunden er- scheint, hingegen der zur Verbrennung des Kohlenstoffes dienliche Sauerstoff gänzlich aus der Luft genommen werden muß, so ist die Annahme erlaubt, daß in der grünen Pflanze Kohlensäure und Wasser sich unter Ausscheidung der ganzen in der ersteren ent- haltenen Sauerstofimenge zu einem Kohlehydrat addieren. Dieses Kohlehydrat soll nach der Auffassung von Boussingault Zucker, nach Sachs aber Stärke sein. Es tritt nun allerdings häufig Stärke als erstes sichtbares Assimilationsprodukt im Chlorophylikorn auf: allein Böhms Entdeckung, daß Blätter die Fähigkeit haben, aus Zucker Stärke zu bilden und die Tatsache, dal), wenn Stärke und Zucker als Produkte der Kohlensäureassimilation erscheinen, die Zuckerbildung das Primäre ist, sprechen zugunsten der Boussin- gaultschen Auffassung.) Nimmt man nun irgendein Kohlehydrat als erstes Assimilationsprodukt an, so würde der Vorgang der im Chlorophyll stattfindenden Metamorphose folgendermaßen verlaufen: 2008 -.41,0- 0,1150, 220.25 2 Tg beispielsweise unter der Annahme der Bildung von Dextrose: 6 CO, _ 6 E50 — 350; — 6 OÖ, . . . w . 2) Welche Rolle das Chlorophyll während dieses Vorganges spielt, läßt die Hypothese unberührt. — Eine sehr einfache und dabei doch das Chlorophyll berücksichtigende Auffassung verdanken wir Baeyer (1870). Er geht von der wichtigen Entdeckung aus, daß aus dem Formaldehyd durch die Einwirkung von Alkalien ein zuckerartiger Körper, das Methylenitan, entstehe. Nimmt man an, daß das Chlorophyll im Sonnenlichte die Kohlensäure zerlege und unter Ausscheidung von Sauerstoff Kohlenoxyd binde, so könnte dies mit Wasserstoff direkt Formaldehyd liefern nach der Gleichung CO+H,=CH,0, aus welchem unter Einwirkung von alkalischen Substanzen des Chlorophylikorns Zucker entstehen könnte. Die von Boussingault *) Böhm zeigte, daß entstärkte Blätter, denen von außen Zucker zuge- führt wird, Stärke bilden. Diese Entdeckung hat vielfach Bestätigung gefunden. Nicht alle Zuckerarten können in entstärkten Blättern in Stärke umgewandelt werden; wohl Sakcharose, Maltose, Dextrose, Lävulose und das dem Inulin nahe- stehende Sinistrin, nicht aber Inosit, Milchzucker und Melitose,. Hingegen sind auch Glyzerin, Mannit und Dulzit der Umwandlung in Stärke fähig. Böhm, Botan. Zeitung, 1883, Botan. Zentralblatt, 1889, p. 92. Arth. Meyer, Botan. Zeitung. 1886. 254 aufgefundene Tatsache über die Gleichheit der Volumina von während der Assimilation aufgenommener Kohlensäure und abge- gebenem Sauerstoff würde auch dieser Hypothese zur Stütze dienen können, da ja auch das Formaldehyd (CH,O) der allgemeinen Formel C,H,,O, entspricht (vgl. die Gleichung 1, p. 253). Eine wichtige Stütze erhielt später die Baeyersche Hypo- these durch die Entdeckung der Formose, einer unzweifelhaften Zuckerart, durch O. Loew!?®), welchem es gelang, diese Substanz synthetisch aus Formaldehyd durch Kondensation mittels Kalk- hydrat darzustellen. Diese Entdeckung macht es wahrscheinlich, daß in der Pflanze zuerst Formaldehyd und sodann Formose (C,H,50,) entstehe, und aus dieser erst Glukose und Stärke hervor- gehen.*) Der Einfluß des Lichtes auf die Assimilation der Kohlensäure und des Wassers wird erst später abgehandelt werden; es sei hier nur betont, daß das Licht zur Durchführung dieses Prozesses un- erläßlich ist, weshalb man diesen, wie wir gesehen synthetischen Prozeß) in die Kategorie der Photosynthesen stellt. 31. Es ist schon hervorgehoben worden, daß das erste Pro- dukt der Kohlensäureassimilation noch unbekannt ist. Untersucht man die assimilierenden Chlorophylikörner, so läßt sich außerordent- lich häufig in denselben Stärke nachweisen.**) Man findet aber #) Es ist mehrfach versucht worden, der Pflanze direkt Formaldehyd zuzu- führen, um zu prüfen, ob nicht aus dieser Substanz bei Ausschluß von Kohlensäure und bei günstiger Beleuchtung in den grünen Organen Stärke gebildet werden könne. Die Giftigkeit des Formaldehydes hatte ein negatives Resultat zur Folge, Wohl verträgt Zlodea eine 0'0005°/,ijge Formaldehydlösung ; aber sie erzeugt im Lichte keine Stärke (Treboux, Flora, 1903). Günstiger fielen die Versuche aus bei Zufuhr von Methylal zu grünen Organen. Dieser Körper zerfällt in Form- aldehyd und Methylalkohol. In der Tat bildete sich in entstärkten Spirogyrafäden, denen Methylal zugeführt wurde, bei Ausschluß von Kohlensäure im Lichte Stärke; im Finstern unterblieb die Stärkebildung. Bokorny, »Über Stärkebildung«. Berichte der Deutschen Botan. Gesellsch. 1888. Bisher ist in den assimilierenden Pflanzenorganen Formaldehyd noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen. *#*) Das Auftreten der Stärke als photosynthetisches Assimilationsprodukt läßt sich mittels der Sachsschen Jodprobe in grünen Blättern auch makroskopisch nachweisen. Kocht man zum Zwecke der Beseitigung des Chlorophylipigmentes grüne, dem Lichte ausgesetzt gewesene Blätter unserer Laubgewächse (z. B. Buchenblätter) in Alkohol und fügt sodann Jodtinktur hinzu, so erscheinen die Blätter mehr oder minder tiefblau bis schwarz gefärbt. Längere Zeit in Dunkel- heit belassene Blätter nehmen bei dieser Behandlung die genannten Färbungen nicht an, weil aus solchen Blättern in der Dunkelheit die etwa vorhanden ge- wesene Stärke bereits ausgewandert ist. 255 bei manchen Pflanzen in den assimilierenden Chlorophylikörnern statt Stärke Vakuolen, welche Zucker (Glukose) gelöst enthalten (z. B. bei Allium und vielen anderen Liliaceen; auch bei zahl- reichen Amaryllideen und Orchideen, überhaupt bei vielen Mono- kotylen: selten bei Dikotylen, z. B. bei Asclepias Cornuti). Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß dieser Zucker ein Produkt der Kohlensäureassimilation ist, ja es ist wahrscheinlich. daß Glukose als Monosakcharid bei der Photosynthese früher entsteht als Stärke, welche ja ein Polysakcharid ist. Nicht selten hat man in assimi- lierenden Chlorophylikörnern Fettröpfehen gefunden (Musa, Strelitzia, Fehipsalis) und hat dieselben auch als Produkt der Kohlensäure- assimilation erklärt. Allein neuere Untersuchungen haben gelehrt, daß man es hier mit Degenerationsprodukten zu tun habe.1?!) Wie man sich die Entstehung der Kohlehydrate aus den Nährstoffen vorstellt. ist schon erörtert worden. Es gehen diese Körper aber zweifellos auch aus höher zusammengesetzten Sub- stanzen, z. B. aus Glykosiden und wohl auch aus Eiweißkörpern hervor; wenigstens läßt die Hervorbildung der Zellmembran aus dem Protoplasma letzteres vermuten. Auch geht aus der chemischen Zusammensetzung der Eiweißkörper hervor, daß sie die Eignung zum Abspalten von Kohlehydraten besitzen.*) Die auf die eine oder die andere Art entstandenen Kohle- hydrate werden aber in der Pflanze leicht in andere übergeführt, so die Stärke z.B. in der Runkelrübe in Rohrzucker, dieser in den Früchten in Invertzucker. Im Mark und in den Markstrahlen der Astragalus-Arten sehen wir die Zellulosewände sich in Bassorin umsetzen; durch diesen Prozeß entsteht der Tragant (s. oben p- 45). Im Kirschgummi erscheint die Zellulose in Zerasin, im arabischen Gummi in Arabin umgewandelt; Umsetzung der Zellulose- wände in Schleim kommt sehr häufig vor, z. B. in der Quellschichte der Quittenkerne und zahlreicher anderer Samen. — Die Kohle- hydrate erfahren aber in der lebenden Zellwand andere tiefer- greifende Metamorphosen. So wird in der Runkelrübe die Zellulose- wand partiell in Pektose umgesetzt. Die Holzsubstanz, welche in allen sogenannten verholzten Geweben vorkommt. entsteht wahr- scheinlich aus Zellulose. Die Nachweisung der Holzsubstanz wurde schon im anatomischen Teile dieses Buches (p. 43) erörtert. Dieselbe, *) Unter den aliphatischen Atomgruppen des Eiweißes sind Kohlehydrat- gruppen nachgewiesen worden, doch nicht in allen Eiweißkörpern; doch wurde anderseits gezeigt, daß manche Eiweißkörper reich an Kohlehydratgruppen sind. Pick, Zeitschr. für physiol. Chemie. 1897, 1899. 256 auch häufig Lignin*) genannt, ist kein chemisches Individuum, vielmehr ein kompliziertes Stoffgemenge, in welchem bisher folgende Körper nachgewiesen wurden: Vanillin (Wiesner), Methylfurfurol, Brenzkatechin, Koniferin, zwei Gummiarten (Thomson). Die Re- aktionen auf Holzsubstanz (mit Phlorogluzin-Salzsäure oder mit Anilinsulfat) beruhen auf der Gegenwart von Vanillin. Der ent- stehende Farbenton wird durch Methylfurfurol modifiziert. 1?1%)**) Auch das in den Korkgeweben vorkommende Suberin (= Kork- substanz; s. Anatomie, p. 43) geht nach einer noch vielver- breiteten Meinung — direkt oder indirekt — aus Zellulose her- vor. Dieser Körper kommt in den sogenannten verkorkten Ge- weben stets mit Zellulose auf das innigste gemengt vor, so dab es lange nicht gelingen wollte, denselben aus der Zellwand zu gewinnen. Es konnte aber gezeigt werden, daß das Suberin ein talgartiges Fett ist, welches sich indes aus der Zellwand nicht direkt, sondern erst nach Verseifung mittels weingeistigem Kali ausziehen läßt (p. 43, Anmerkung). Ferner wäre auf die vom chemischen Standpunkte aus gleichfalls noch unaufgeklärte, aber durch die mikroskopische Untersuchung sichergestellte Umwandlung von Kohlehydraten in Harze und ätherische Öle hinzuweisen. Die in den Markstrahlen der Koniferen und anderer Gewächse ent- haltene Stärke sieht man in Terpentinöl und Harz sich verwandeln; für einige Holzgewächse ist sogar konstatiert worden, daß beim Umsatz von Stärke in Harz (s. Harzkörner, Anatomie, p. 66) die Form der Stärkekörner, ja teilweise auch die Struktur erhalten bleibt.1??) Die Umsetzung von Kohlehydraten in ätherische Öle und schließlich in Harze erfolgt gewiß auf Umwegen und in jenen Fällen, in welchen aromatische Körper als wesentliche Bestandteile auftreten, wohl unter Intervention anderer Substanzen, vielleicht der Eiweißkörper. Eine in physiologischer Beziehung höchst wichtige chemische Metamorphose der Kohlehydrate ist der Umsatz von Stärke in Fett. Das als Reservesubstanz in den Samen so reichlich auftretende Fett geht aus Stärke hervor. Bei der Keimung erfolgt umgekehrt die Rückbildung in Stärke. Vergleicht man die Formel der Stärke mit der eines gewöhnlichen Pflanzenfettes (z. B. des Triolein), so er- *) Im weiteren Sinne wird unter Lignin die ganze Nichtzellulose der ver- holzten Pflanzengewebe, also in erster Linie des Holzes verstanden. **) Das von Czapek aufgestellte Hadromal ist nach Grafes Unter- suchungen ein Gemenge von Vanillin, Methylfurfurol und Brenzkatechin. Grafe, Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. Bd. CXIII. (1904). 257 kennt man sofort, daß bei der Umwandlung des ersteren in das letztere große Quantitäten von Sauerstoff abgegeben werden müssen. Umgekehrt ist der bei der Keimung stattfindende Umsatz von Fett in Stärke ein Oxydationsprozeß. Indes darf der Umsatz von Stärke in Fett nicht einfach als Reduktionsvorgang gedeutet wer- den, vielmehr muß man eine tiefgreifende Zersetzung des Stärke- moleküls in aldehyd- und ketonartige Körper annehmen und erst aus diesen lassen sich die Bestandteile des Fettes: Fettsäure und Glyzerin ableiten.!??) Wie die Kohlehydrate, so haben auch die Fette zweifellos eine verschiedene Genesis. Es ist aber auch darüber außer dem bereits Mitgeteilten fast nichts bekannt. Die Fette, welche als Kutin und Suberin in der Zellhaut auftreten und jene. welche als sogenanntes Wachs (s. p. 110) aus den Oberhäuten effloreszieren; entstehen in ähnlicher Weise aus Zellulose, wie die Fette der Samen aus Stärke. | Nach Nägelis Untersuchungen geht bei der Vegetation von Pilzen (Schimmelpilze und Hefe) — ähnlich wie im tierischen Organismus — Eiweiß in Fett über, indem bei gleichbleibendem Gehalt an Zellulose die Menge des ersteren von 42 auf 16°/, fällt, die Menge des letzteren hingegen von 18 auf 50°), steigt. 32. Über die Entstehung der Eiweißkörper in der Pflanze ist gleichfalls wenig bekannt. Allen Pflanzen scheint die Fähigkeit zuzukommen, aus Ammoniak oder Salpetersäure bei Gegenwart schon vorgebildeter stickstoffreier organischer Substanzen Protein- körper zu erzeugen. Für die grüne Pflanze und für die Pilze ist dies geradezu bewiesen worden. Die ersteren können ihren ganzen Stickstoffbedarf durch Ammoniak oder Salpetersäure decken; bezüg- lich der letzteren wurde aber konstatiert, daß einige (z. B. die Hefe) wohl Ammoniak, nicht aber Salpetersäure zu assimilieren vermögen, andere (z. B. die Schimmelpilze) sich umgekehrt verhalten. Die Zersetzungsprodukte der Eiweißstofie, auf die schon oben (p. 225) hingewiesen wurde, nämlich Leucin, Tyrosin, Asparagin- säure, Glutaminsäure ete., führen auf den Gedanken, daß diese chemischen Individuen mit den Eiweißkörpern in genetischer Be- ziehung stehen. Da nun ein Teil der Zersetzungsprodukte (z. B. das Leuein —= Amidoisobutylessigsäure) aliphatischer Natur ist, ein anderer Teil (z. B. das Tyrosin = Paraoxyphenylalanin) auf einen aromatischen Kern hinweist, so ist es zweifellos, daß Körper der beiden Kategorien an dem Aufbau der Eiweißstoffe Anteil nehmen. Mehrere dieser und andere ihnen nahestehende Körper sind als häufige Bestandteile der Pflanze bereits nachgewiesen, ja Wiesner, Botanik. I. 5. Anfl. 17 258 für einen, nämlich für das Asparagin (Amidobernsteinsäureamid). die genetische Beziehung zu den Fiweißsubstanzen konstatiert worden.'*!) Die im Finstern aufwachsenden Keimlinge von Wicken, Lupinen etc. enthalten reichlich Asparagin, welches aus den Protein- stoffen (Globulinen) der Samen sich bildete. Werden die Keimlinge ans Licht gebracht und alle Bedingungen zur Assimilation unorganischer Stoffe hergestellt, so entstehen in demselben Maße Eiweißsubstanzen (Albumin), als das Asparagin verschwindet. Diese chemische Umwand- lung ist ein synthetischer Prozeß, bei welchem Kohlenstoff und Wasserstoff aufgenommen und Sauerstoff abgegeben wird, wie aus folgender Zusammenstellung zu ersehen ist, welche von Pfeffer (1872), dem Entdecker dieses wichtigen Vorganges, herrührt. Legumin*) Asparagin Differenz O2...669 364 1.285 Eh ai 61 + 27 N. 212 = Din u 3046 363 — 5 Die für Asparagin gegebenen Werte bedeuten Prozente, die für Legumin angeführten summieren sich nicht zu 100, sondern zu 125°5, d. 1. auf jene Gewichtsmenge von Legumin, welehe ohne Stickstoffverlust 100 Teile Asparagin liefert; diese letzteren geben bei der Assimilation aber wieder ohne Stiekstoffverlust 125-5 Ge- wichtsteile Eiweiß. — Der neuerliche Aufbau des Eiweißes erfolgt unter Konsum von Zucker, welcher erst durch Assimilation neu gebildet werden muß. So erklärt sich auch die Tatsache, daß die Regeneration der Proteinstoffe aus Asparagin nur im Lichte und überhaupt nur unter den Bedingungen der Assimilation der Kohlen- säure und des Wassers vor sich geht. In welcher Weise der Zueker bei der Rückbildung beteiligt ist, konnte bis jetzt nieht ermittelt werden; daß er sich indes nicht einfach mit Asparagin zu Eiweiß addiert, lehren ja schon die obigen Zahlen, übrigens auch die Tat- sache, daß das Eiweißmolekül auch aromatische und heterozyk- lisehe Atomgruppen enthält.**) *) Als Pfeffer obige Aufstellung machte, hielt man das Legumin noch für einen in der Pflanze fertig gebildeten Körper (s. oben p. 224). Angenähert geben obige Zahlen noch immer eine richtige Vorstellung für den Umsatz und die Regeneration der Eiweißkörper im Lichte. **) Die im Texte erwähnte Zerlegung (und Regeneration) des Eiweißes war längere Zeit nur für etiolierende Keimlinge bekannt. Nunmehr hat man aber diese Prozesse bei so vielen und in den verschiedensten Entwicklungsphasen befindlichen Pflanzen (unter anderen an austreibenden Knospen zahlreicher Holzgewächse) aufgefunden, so daß schon vielfach angenommen wird, es würden alle höheren, der Kohlensäureassimilation fähigen Gewächse im Finstern eine im wesentlichen 259 33. Über die Entstehung der übrigen in physiologischer Be- ziehung wichtigen Pflanzenstoffe ist, abgesehen von minder wichtigen Einzelheiten, nichts Genaues bekannt geworden. Die Genesis des für die Assimilation der unorganischen Stoffe in der Pflanze unentbehr- lichen Chlorophylls muß so lange unaufgeklärt bleiben, als dessen chemische Zusammensetzung und Natur in Dunkel gehüllt ist. So- viel ist aber konstatiert, daß das Chlorophyll zum Etiolin in ge- netischer Beziehung steht. Bei der Entstehung des Chlorophylls ist das Etiolin beteiligt!?°)., Welehe Bindungen und Umsetzungen dabei stattfinden, ist aber noch gänzlich unbekannt. 34. Assimilation.'?%) Alle innerhalb der lebenden Pflanze sich vollziehenden chemischen Umwandlungen bilden die chemische Metamorphose oder den Stoffwechsel der Pflanze. Die wichtigsten, dem Stoffwechsel angehörigen Prozesse sind die Assimilation, die Atmung und die Sekretion. Unter Assimilation versteht man in der Pflanzenphysiologie gewöhnlich die im Chlorophylikorn unter dem Einflusse des Lichtes stattfindende Umwandlung der Kohlensäure und des Wassers in organische Substanz (Photosynthese). Diese Auffassung stimmt mit der älteren, in der Tierphysio- logie noch immer herrschenden, derzufolge Assimilation die Umwandlung der aufgenommenen Nahrungsmittel in die Bestandteile der Gewebe bedeutet, nicht überein. Und doch wäre es zweckmäßig, den Begriff so zu fassen, und die Pro- duktion der organischen Substanz im Chlorophylikorn nur als einen ersten Schritt zur Assimilation oder als eine Form derselben anzusehen. Wir wollen diese allgemeinere und zweckmäßigere Begriffs- bestimmung aufnehmen und ihr auch in der weiteren Darstellung folgen. Unserer Auffassung zufolge wird also nicht nur die Kohlen- säure und das Wasser, sondern auch die Salpetersäure und das Ammoniak, überhaupt jedes unorganische Nahrungsmittel assimiliert; es wird aber auch organische Nahrung assimiliert; es assimiliert jede Pflanze, auch der Pilz, es assimiliert jedes in Gewebebildung begriffene Organ, aber auch ein ausgewachsenes Blatt, in welchem Stärke und überhaupt organische Substanz entsteht. Was man bisher fast allgemein als Assimilation in der Pflan- zenphysiologie bezeichnet, ist unserer Auffassung entsprechend als »Kohlensäureassimilation« zu bezeichnen, eine Begriffs- gleiche Zerlegung und bei darauffolgender Belichtung Wiedererzeugung der Ei- weißsubstanzen erfahren. Vgl. Borodin, Botan, Zeitung. 1878. 14* 260 bestimmung, welche in neuester Zeit nach und nach zur Annahme gelangt. Der Assimilationsprozeß besteht also nicht nur in der Pro- duktion organischer Substanzen, sondern auch in der Umwandlung dieser in die chemischen Bestandteile der Gewebe. Der letztere theoretisch scharf präzisierte Vorgang ist aber noch zum großen Teil unbekannt. Er ist wahrscheinlich auf das innigste mit den beim Wachstum stattfindenden Organisationsvorgängen verknüpft, indem die Bestandteile der Zellwand (z. B. Zellulose), die Stärke- substanz ete., erst in dem Momente nachweislich werden und wahr- scheinlich erst entstehen, in welchem sie die organisierte oder or- ganoide Form annehmen. 35. Atmung!?) (Respiration).. Der Assimilation steht die Dissimilation gegenüber, worunter man den im lebenden Orga- nismus vor sich gehenden, bestimmten physiologischen Zwecken dienenden Abbau der durch die Assimilation gewonnenen Substanzen versteht. Die häufigste Form der Dissimilation, welche in der Pflanze vorkommt, ist die Atmung. Gleich den Tieren müssen auch, wie Ingen-Housz (1779) zuerst klar erkannte und Saussure (1804) durch quantitative Untersuchungen bewies, die Pflanzen, so lange sie leben, atmen, und zwar in demselben Sinne wie jene; sie müssen nämlich Sauerstoff”) aufnehmen, welcher im Organismus zur Oxydation organischer Körper verwendet wird, wobei Kohlen- säure entsteht, welche statt des aufgenommenen Sauerstoffes abge- geben wird. Auf die Verwechslung der Atmung mit der unter Kohlensäureaufnahme und Sauerstoffabgabe erfolgenden Produktion organischer Substanz im Lichte ist schon früher hingewiesen wor- den (p. 249). Der zur Atmung erforderliche Sauerstoff wird entweder als soleher oder aus hochoxydierten Körpern aufgenommen. Im ersteren Falle sprieht man von gemeiner oder Sauerstoffatmung. Den letzteren Fall werden wir weiter unten als intramolekulare Atmung genau kennen lernen. Nach diesen beiden Formen der Atmung unterscheidet man aörobe und ana&robe Organismen (Pasteur, 1861). Die oberirdischen Organe der Landpflanzen nehmen den Sauer- stoff aus der atmosphärischen Luft, die Wurzeln aus der Boden- luft; die submersen Organe respirieren gleich den durch Kiemen ”*) Sauerstoff kann bei der Atmung der Pflanze durch kein anderes Gas er- setzt werden. Die oft aufgetauchte Behauptung, daß Lustgas (Stickoxydul = N,O) den Sauerstoff beider Atmung substituieren könne, ist durch genaue Versuche endgültig widerlegt worden. H. Möller, Ber. der Deutsch. Botan. Ges. Bd. II (1884), p. 35 ffd. 261 atmenden Tieren den im Wasser absorbierten Sauerstoff. Die größte Menge von Sauerstoff (21 Volumprozent) wird den Organen in der atmosphärischen Luft dargeboten, geringer an Sauerstoff ist die Bodenluft. und noch weitaus kleinere Mengen dieses Gases (2—3°/,) enthalten die natürlichen Wässer, so dab im allgemeinen das Atmungsbedürfnis der unterirdischen. besonders aber das der sub- mersen Organe, im Vergleiche zu den oberirdischen ein kleines ist.*) Die grüne Pflanze atmet Tag und Nacht, also auch in der Zeit. in welcher sie Sauerstoff entbindet. Da die grünen Pflanzen es ausschließlich sind, welche die in der Atmosphäre vorhandenen Sauerstoffmengen konstant erhalten, nämlich die durch die allgemeine Atmung und andere Verbrennungsprozesse gebildete Kohlensäure reduzieren und dabei den aus der Luft genommenen Sauerstoff ihr wieder zurückführen, so ist es begreiflich, daß die Sauerstoffaus- scheidung dieser Gewächse bedeutend größer sein muß als ihr Kon- sum an diesem Gase. Es wurde gefunden, daß ein Lorbeerblatt 30mal mehr Sauerstoff exhaliert als konsumiert. Die Größe der Atmung eines Pflanzenteiles hängt, gleiche äußere Bedingungen vorausgesetzt, von der Art der Pflanze und ihrem Entwicklungszustande ab. Jedem Entwieklungszustand einer bestimmten Pflanze entspricht eine bestimmte Atmungsgröße, welche sowohl von der Temperatur als auch von der Partiärpressung von Y CO, und OÖ, unabhängig ist, so daß das Verhältnis —? für jede Ö, Entwicklungsphase einer Pflanze und eines Pflanzenteiles konstant ist (Bonnier). Bezüglich grüner ausgewachsener Blätter verschiedener Pflanzen hat schon Saussure konstatiert, daß ihr Sauerstoffverbrauch ein im Verhältnis von 1:27 verschiedener ist. Alle stark wachsen- den Pflanzenorgane, z. B. austreibende Knospen, verbrauchen viel Sauerstoff; besonders stark ist die Atmung während der Keimung der Samen und während des Blühens. Die Geschlechtsorgane kon- sumieren mehr Sauerstoff als das Perianth, die männlichen mehr als die weiblichen. Unter sonst gleichen Verhältnissen hängt die Größe der Atmung von der Temperatur und der Partiärpressung des Sauerstoffes jenes Luftgemenges ab, in welchem die Pflanze sich befindet (P. Bert). Sehr bemerkenswert ist die Auffindung, dab Verwundungen eine oft sehr beträchtliche Steigerung der Atmungs- *) Es ist schon von Saussure bemerkt worden, daß die meisten Samen unter Wasser nicht oder nur sehr unvollständig keimen, weil das im Wasser ihnen dargebotene Sauerstoffquantum zu gering ist. Samen, welche, wie die von Trapa natans, nur unter Wasser keimen, sind während der Keimung auf ein kleines Sauerstoffiquantum gestimmt. 262 größe zur Folge haben (zuerst 1892 von Böhm an zerschnittenen Kartoffeln konstatiert).*) Zu starke Zufuhr von Sauerstoff zu kei- menden Samen setzt die Keimungsenergie herab.**) Bei ungehemmtem Zutritt der Luft verbrennt der Kohlenstoff aller organischer Verbindungen zu Kohlensäure, bei geringer Sauer- stoffzufuhr entsteht infolge unvollkommener Verbrennung Kohlen- oxyd. Da wir bei der Pflanzenatmung stets Kohlensäure austreten sehen, so ist zu schließen, daß in den Geweben, in welchen die Verbrennung der organischen Substanzen, die Veratmung, statt- findet, entweder reichlich Sauerstoff ader bei geringerer Menge in aktivierter Form vorhanden sein muß und sohin eine vollständige Verbrennung stattfinden kann. — Stickstoffreie organische Sub- stanzen liefern bei der Verbrennung Kohlensäure und Wasser, stick- stoffhaltige außerdem noch N oder N-haltige Produkte. Da die Pflanze nicht mehr N abgibt, als ihr durch die Atmosphäre zugeführt wird, so scheint zu folgen, daß bei der Pflanzenatmung stiekstoffhaltige Körper nicht verbrannt werden. Indes werden dennoch stiekstoff- haltige Körper in den Respirationsprozeßß hineingezogen, und zwar die Eiweißkörper des Protoplasma und des Aleuron. Es ist aber selbstverständlich, daß ihre Verbrennung nur eine partielle sein kann, nämlich bloß ein stickstoffreies Spaltungsprodukt der Eiweib- körper oxydiert wird. Bei der Keimung zerfallen die Eiweißkörper in stickstoffhaltige Körper (Asparagin ete.) und in stiekstoffreie Sub- stanzen; nur die letzteren werden bei der Atmung der betreffenden Pflanzenteile verbrannt. Es läßt sich leicht, namentlich im Verfolg der Keimung, kon- statieren, dal) auber Spaltungsprodukten der Proteinsubstanzen auch *) Von sekundärem Einfluß auf die Atmungsgröße sind, abgesehen von Wassergehalt und Ernährungszuständen, Licht und Narkose. In bezug auf den Einfluß des Lichtes ist konstatiert worden, daß bei Blütenpflanzen häufig eine Beförderung der Atmung stattfindet. Die genauen Untersuchungen von Bonnier und Mangin (Compt. rend. 1883, 1884, 1886) haben die Komplikation dieser Ver- hältnisse dargelegt und unter anderem gezeigt, daß bei Pilzen’das Licht die Atmungs- größe herabsetzt. — Durch Einwirkung von Äther oder anderen Anaestheticis wird die Atmung bis zu einer bestimmten Grenze beschleunigt, darüber hinaus herab- gesetzt (Elfving, 1886, Johannsen, 1896). ”*) Steigert man den Druck der Luft während der Keimung der Samen auf 4—5 Atmosphären, so wird die Entwicklung verzögert und führt bei 7 bis 8 Atmosphären schon zu starken Entwicklungsabnormitäten. Bei noch weiterer Stei- gerung des Druckes sinkt die Keimungsenergie bis auf Null. Beträgt die Sauer- stofimenge des der Pflanze dargebotenen Luftgemenges weniger, als der normal zusammengesetzten Luft entspricht, so erlischt die Keimung bei relativ höheren Drucken. Umgekehrt gestaltet sich das Verhältnis bei gesteigerter Sauerstoffmenge. Die Druckgrenze für keimende Kresse liegt unter Anwendung normal zusammen- 263 Kohlehydrate und Fette veratmet werden. Aber auch organische Säuren (z. B. in den Blättern der Sukkulenten nach G. Kraus) werden veratmet. Die oben angegebene Tatsache, daß die Atmung zur Kohlensäurebildung führt, schließt schon die Tatsache in sich, daß die zur Atmung dienenden organischen Körper außer Kohlen- säure auch Wasser als Produkte der Respiration bilden, was be- reits von Saussure nachgewiesen wurde. — Samen, welche als Reservesubstanzen Stärke führen, verbrennen einen großen Teil derselben bei der Respiration vollständig, wobei Kohlensäure und Wasser gebildet wird. Das Volum des solchen Samen gebotenen Luftquantums ändert sich trotz Absorption von Sauerstoff und Ab- gabe von Kohlensäure nicht. Das Volum des aufgenommenen Sauerstoffes ist in diesem Falle gleich dem Volum der exhalierten Kohlensäure. Kohlehydrate verbrennen bei unge- hemmtem Luftzutritt ihren Kohlenstoff zu Kohlensäure, der bleibende Rest ist selbstverständlich Wasser. Da nun das Sauerstoffvolum, welches zur Kohlensäurebildung bei Verbrennung von Kohle not- wendig ist, dem gebildeten Kohlensäurevolum gleich ist, so ergibt sich, daß bei der Veratmung der Stärke das aufgenommene Sauerstoffvolum dem exhalierten Kohlensäurevolum gleich sein müsse. — Das bei der Respiration gebildete Kohlensäurevolum ist aber in gewissen Fällen kleiner, in anderen größer als das aufgenommene Sauerstoffvolum.*) Ersteres findet bei der Keimung fetthaltiger Samen, letzteres bei der Veratmung organischer Säuren statt”*), z. B. in sukkulenten Pflanzen, denen zur Unterhaltung der Atmung hauptsächlich Apfelsäure dient (p. 226, Anmerkung). Beide Fälle lassen sich leicht erklären. Bei der Keimung fetthaltiger Samen gehen die Glyzeride in Stärke über. Vergleicht man die Zusammensetzung der Fette mit jener der Kohlehydrate, so wird sofort klar, daß erstere nur unter Sauerstoffaufnahme in letztere übergehen können. Da nun ein Teil des aufgenommenen gesetzter Luft bei 10, für Mycoderma aceti bei 22—23, für Fäulnisbakterien bei 41 Atmosphären. Paul Bert, La pression barometrique. Paris 1878. *) Über das faktische Verhältnis der Gasvolumina von O, und CO, s. Bon- nier und Mangin, Ann. des sc. nat. VilI. Ser., vol. III (1837). **) Es ist von Reinke (Bot. Zeitung, 1883, p. 65 fid.) die zutreffende Be- merkung gemacht worden, daß in einem Falle bei Veratmung einer Fettsäure das Kohlensäurevolum dem aufgenommenen Sauerstoffvolum vollkommen gleich ist, wenn nämlich Essigsäure (CH,.CO,H = C,H,O,) oxydiert wird, welche, wie man sieht, in der prozentischen Zusammensetzung mit den Kohlehydraten übereinstimmt. Tatsächlich ist aber in den pflanzlichen Fetten keine oder nur so wenig Essig- säure vorhanden, daß der Unterschied in der Veratmung von Fetten (beziehungs- weise Fettsäuren) und Kohlehydraten erhalten bleiben wird. 264 Sauerstoffes zum Aufbau der Stärke verwendet wird, so muß das ausgeschiedene Kohlensäurequantum kleiner sein als die absorbierte Sauerstoffmenge. Da zur Verbrennung der organischen Säuren weniger Sauerstoff benötigt wird als zur Verbrennung des Kohlen- stoffes, so wird es verständlich, warum sich bei der Veratmung dieser Säuren mehr Kohlensäure bildet als «Sauerstoff eingeatmet wurde. Es darf nicht übersehen werden, daß die zur Veratmung dienlichen Pflanzenstoffe, die Kohlehydrate, Fette ete., dem atmo- sphärischen Sauerstoff gegenüber sich völlig oder doch lange in- different verhalten. Die Oxydation dieser Körper in der lebenden Pflanze (die sogenannte »physiologische Oxydation«) ist also nicht so einfach, als es vielleicht auf den ersten Blick scheinen möchte. Es muß vielmehr angenommen werden, daß noch andere Prozesse in den Atmungsvorgang verflochten sind. Entweder werden durch die Einwirkung von Fermenten (OÖxydasen; s. oben p. 233) die zu veratmenden Substanzen in einen Zustand versetzt, in welchem sie leichter oxydierbar sind, oder es werden durch den Chemismus des lebenden Protoplasma fortwährend Substanzen erzeugt, welche den Sauerstoff begierig an sich ziehen und denselben, wie bei der intra- molekularen Atmung, sauerstoffreichen organischen Substanzen ent- ziehen.??®) Das bezüglich der Fette angeführte Beispiel zeigt, daß nicht aller direkt aufgenommene Sauerstoff veratmet wird, sondern auch bei der Entstehung der Pflanzenstoffe beteilig ist. Anderseits kann auch schon gebundener Sauerstoff veratmet werden, z. B. der in der Salpetersäure enthaltene, weleher in Form von salpetersauren Salzen als Nährstoff der Pflanze zugeführt wird, oder der Sauerstoff hoch oxydierter organischer Substanzen. Oxydiert solch gebundener Sauerstoff organische Substanzen bis zu Kohlensäure und wird diese gleich der bei der gewöhnlichen Atmung entstandenen von der Pflanze exhaliert, so spricht man von innerer oder intramoleku- larer Atmung. Diese Form der Atmung gibt sich dadurch zu erkennen, daß die Pflanze selbst dann noch Kohlensäure abgibt, wenn ihr kein atmosphärischer Sauerstoff zugeführt wird.”) Ge- *) Diese Form der Respiration kommt auch im tierischen Organismus vor und wurde (1875) von Pflüger in mit Fröschen angestellten Experimenten kon- statiert. Der genannte Forscher schlug hierfür den Ausdruck »intramolekulare Atmung« vor, welcher dem von den Botanikern anfänglich, aber manchmal auch jetzt noch gebrauchten Worte »innere Atmung« jedenfalls vorzuziehen ist, da man unter letzterer in der Tierphysiologie den zwischen Blut und Geweben statt- findenden Gaswechsel versteht. 265 wöhnlich stellt sich intramolekulare Atmung ein, wenn der Pflanze kein oder wenig freier Sauerstoff dargeboten wird.*) Der häufigste und ausgesprochenste Fall intramolekularer Atmung ist die be- kannte alkoholische Gärung, bei welcher dem Molekül des Zuckers Sauerstoff zur Veratmung entzogen wird. Die den Gärungs- prozeß bedingenden Hefezellen benötigen zum Wachstum freien Sauerstoff und veratmen diesen. Wird ihnen derselbe entzogen, so wird der Sauerstoff des Zuckers zur Respiration herangezogen. Innere Atmung unter Bildung der Gärungsprodukte (Kohlensäure, Alkohol und kleine Mengen anderer Substanzen) wurde nicht nur an der Hefe, sondern auch an anderen Pilzen, ja selbst Organen grüner Pflanzen beobachtet. Auf diesem Prozesse beruht unter an- derem auch die Selbstgärung süßer Früchte, bei welchem Pro- zesse der in den Geweben derselben enthaltene Zucker ohne Inter- vention von Hefeorganismen in Kohlensäure und Alkohol zerfällt.**) Die intramolekulare Atmung führt in der grünen Pflanze also zu anderen Prozessen als die normale, sie vermag nicht wie diese den Wachstumsprozel) zu unterhalten. Wie jede Oxydation, so ist auch die Atmung der Pflanze für sie eine Quelle der Wärme und lebendigen Kraft. Die bei der Atmung auftretende Verbrennungswärme ist in manchen Fällen, namentlich beim Keimungsprozesse und beim Blühen, so beträcht- lich, daß man die eintretenden Temperaturerhöhungen mittels des Thermometers messen kann. 1/g keimender Gerstensamen erwärmt *) In neuerer Zeit ist das häufige Auftreten der intramolekularen Atmung im Pflanzenreiche nachgewiesen worden. Es ist auf Grund der betreffenden Unter- suchungen sehr wahrscheinlich, daß bei Sauerstoffmangel alle Pflanzen dieser Atmungsform unterliegen. Doch verhalten sie sich in dieser Beziehung graduell verschieden. So verfallen keimende stärkehaltige Samen bei Armut oder Mangel an Sauerstoff leichter der intramolekularen Atmung als fetthaltige. Die Kohlen- säuremenge, welche bei der intramolekularen Atmung abgegeben wird, ist kleiner als jene, welche unter gleichen Verhältnissen bei normaler Respiration frei wird. So fand Pfeffer, daß, wenn man die durch normale Atmung freiwerdende Sauer- stoffmenge —1 setzt, beblätterte Laubsprosse von Ligustrum vulgare bei intramole- kularer Atmung 0'8$1, Keimlinge von Sinapis alba bloß 0'17 Kohlensäure abgeben. Pfeffer, »Über intramolekulare Atmung« unter Zugrundelegung der von W.P. Wilson ausgeführten Versuche. Untersuchungen aus dem bot. Institute zu Tübingen, Bd. I (1885). Es hat nach den bisher angestellten Versuchen den Anschein, als würden aile aöroben Organismen (A&@robionten) bei Sauerstoffmangel der intra- molekularen Atmung unterliegen. Doch scheint dieser eine Grenze gesetzt zu sein durch die giftige Wirkung der hierbei entstehenden Produkte. ##=) Wie oben (p. 233, Anmerkung) bereits angegeben wurde, ist es in jüngster Zeit gelungen, ein Enzym (die Zymase) aus Hefe zu isolieren, welches auch auber- halb des Organismus die Zerlegung des Zuckers in Kohlensäure und Alkohol bewirkt. 266 sich, in Masse beisammen und mit schlechten Wärmeleitern um- geben, bei mittlerer Temperatur so beträchtlich, daß ein eingesenktes Thermometer 5—17° über Luftemperatur angibt. Blütenkolben von Aroideen können sich während des Stäubens der Antheren so be- trächtlich erwärmen, daß man die Temperaturerhöhung beim Be- rühren mit der Hand empfindet. Schon Saussure hat in männlichen Kürbisblüten einen im Vergleich zur Lufttemperatur erhöhten Wärme- grad mittels feingeteilter Thermometer konstatiert. Wenn aörobe Bakterien in groljen Massen ein für ihre Ernährung günstiges Sub- strat bewohnen, so kann eine enorme Steigerung der Temperatur stattfinden. Die Atmung begleitet alle Lebensprozesse der Pflanze. Der Stoffwechsel wird durch die Atmung beschleunigt. denn durch die Verbrennung von Zellinhaltsstoffen werden die Diffusionsverhältnisse alteriert und neue Stoffbewegungen eingeleitet; das Wachstum findet nur bei gleichzeitiger Atmung statt, desgleichen alle Bewegungen, von den Reizbewegungen ganzer Organe an bis zur Strömung des Protoplasma u. s. w. Bei der Atmung erfolgt ein Umsatz von Spannkraft in leben- dige Kraft und Entwicklung von Wärme. Alle in der Pflanze statt- tindenden Spaltungsprozesse leisten das Gleiche, sind also für die Pflanze gleichfalls eine Quelle lebendiger Kraft und Wärme, welche zu Arbeitsleistungen herangezogen werden, die namentlich während des Wachstums nötig sind. Die hierzu erforderliche Spannkraft wurde aber während des Assimilationsprozesses gewonnen, welcher infolge Umsatzes von Substanzen niederen Molekulargewichtes (Kohlen- säure, Wasser, Ammoniak ete.) in Stoffe von hohem Molekulargewichte (Fette, Kohlehydrate, Eiweißkörper ete.) zu einem Überschuß von Spannkraft führt, der nicht nur den grünen atmenden Gewächsen, sondern auch den nichtgrünen Pflanzen und der gesamten Tierwelt zugute kommt. Denn die nichtgrünen Organismen ziehen ihre leben- dige Kraft aus jener großen Summe von Spannkraft, welche die grüne Pflanze während ihres im Lichte vor sich gehenden Assimi- lationsprozesses ansammelt. Zweiter Abschnitt. Die Stoffbewegung in der Pflanze. I. Aufnahme flüssiger Nahrung. Osmose, Turgor.!?) 36. Was die Pflanze an Substanz besitzt, mußte sie von außen aufnehmen. Wie schon früher erwähnt, kann sich die Pflanze, wenn von membranlosen Organismen abgesehen wird (s. oben p. 234), nur Gase und Flüssigkeiten aneignen. Feste Körper können bloß in ge- löster Form in sie eintreten. Aufnahme der Stoffe von außen und Bewegung derselben in der Pflanze werden nur verständlich unter der vollkommen ge- rechtfertigten Annahme, daß im Organismus dieselben Gesetze wie in der unorganischen Natur walten. Es scheint, als könnte die Pflanze bei der Aufnahme der Nahrung eine Auswahl treffen, indem, wie oben gezeigt wurde, zwei verschiedene Pflanzen aus einem und demselben Boden nicht nur die Nährstoffe in verschiedener Menge, sondern oft sogar verschie- dene Stoffe aufnehmen (vgl. p. 216 und 217). Diese und ähnliche Tatsachen erklären sich aber doch in einfacher Weise. Die der Auf- nahme von Bodenflüssigkeit dienenden Organe werden wir als Diffu- sionsapparate verschiedener Qualität kennen lernen, die sich bei der Aufnahme verschiedener Substanzen ungleich verhalten müssen. Freilich bietet uns der Organismus auch Komplikationen dar, welche wir derzeit noch nicht in einfache mechanische Komponenten zerlegen können. So reguliert die Zelle in verschiedenen Entwick- lungsphasen oder in bestimmten, durch äußere Verhältnisse bedingten Zuständen den Aus- und Eintritt der Stoffe und wir vermögen dann in der Regel die Zweckmäßigkeit dieser Selbstregulierung zu begreifen, ohne die Mechanik dieses Zustandekommens aufdecken zu können. Die Pflanze greift insoferne auch aktiv in die Nahrungsauf- nahme ein, als ihre Wurzeln befähigt sind, gewisse Bodenbestand- teile in Lösung zu überführen. Die Wurzeln korrodieren die ver- schiedensten Gesteine, besonders leicht den Kalk und die Magnesia, aber, freilich in sehr geringem Maße, auch Basalt, Porphyr ete, indem sie verschiedene sauer reagiererde Substanzen und Enzyme ausscheiden, welche lösend auf Gesteine und andere Bodenbestand- teile einwirken (Fig. 168). Versetzt man Wasser mit einer Spur von Ammoniak, so färbt sich die Flüssigkeit auf Zusatz von etwas Phenolphthalein infolge 268 der alkalischen Reaktion rot. Neutralisiert man mit Säuren, so ver- schwindet die rote Färbung. Taucht man ein in Wasser erzogenes Bohnenpflänzehen mit den Wurzeln in die durch Ammoniak gerötete Flüssigkeit ein, so verschwindet nach kurzer Zeit die Färbung, zum Beweise, daß die Wurzeln sauer reagierende Stoffe ausscheiden. Fig. 168. A Natürl. Größe. A eine Marmorplatte, durch wachsende Mais- wurzeln korrodiertt. B Elfenbeinplatte, durch wachsende Wurzeln eines Pelargonium korrodiert. Fig. 169. a Vergr. 1!/,. Keimling von Lepidium sativum. b nat.Größe. Unterer Wurzel- teil eines Keimlings von Zea Mais. Der Jüngste Teil der Wurzeln ist noch kahl, der ältere mit Wurzelhaaren bedeckt. Daß Wurzeln Koh- lensäure ausscheiden, läfst sich zeigen, wenn man sie einige Zeit in koh- lensäurefrei gemachtem Wasser vegetieren läßt, -und dasselbe dann mit Kalkwasser versetzt, wo- bei ein in Salzsäure auf- brausenrder Niederschlag von kohlensaurem Kalk entsteht. 37. Einzellige Pfianzen, z. B. die Hefearten, nehmen die ihnen zur Ernährung dienende Flüssigkeit mittels ihrer ganzen Oberfläche auf, wurzellose Pflanzen durch einen Teil ihrer Oberfläche oder durch wurzelähnliche Organe (Rhizinen), endlich die mit echten Wurzeln verschenen Pflanzen hauptsächlich durch die Wurzelhaare (Anatomie, p. 194 und Fig. 169). Selbstverständlich sind es stets Zellen, welche die Flüssigkeiten unmittelbar aus dem Boden, oder £ 269 allgemein dem Medium, aus dem die Nahrung geschöpft wird, nehmen. Alle diese zur Aufnahme von Flüssigkeiten bestimmten Zellen und überhaupt alle im gegenseitigen Stoffaustausch befindlichen Elemente der Gewebe und Organe bilden osmotische, also zur Os- mose (Diosmose, Membrandiffusion*) eingerichtete Apparate. Der Substanzaustausch zwischen den flüssigen Zellsäften be- nachbarter histologischer Elemente erfolgt durch die eben ge- nannte Form der Diffusion. wobei einerseits die Beschaffenheit der die Zellsäfte trennenden Scheidewände (Zellmembran und Proto- plasma), anderseits die Beschaffenheit der gelösten Stoffe inklusive der Konzentration der betreffenden Lösungen den Stoffaustausch regulieren. Was zunächst den Einflul der Scheidewände anbelangt, so zeigt die Zellmembran ein durchaus anderes Verhalten als das Proto- plasma, von welchem bei der Osmose hauptsächlich die Hautschiehten in Wirksamkeit treten. Die Zellmembran ist im allgemeinen für die Stoffe des Zellinhaltes viel durchgängiger als das lebende Proto- plasma. Die Zellmembran ist permeabel, d. h. läßt Wasser und gelöste Stoffe ein- und austreten. die Hautschichten hingegen sind semipermeabel**), d. h. sie lassen Wasser leicht passieren, sind hingegen für gelöste Stoffe nicht oder nur in sehr geringem Grade durchlässig. So kann z. B. Zucker der Zelle durch Wasser nicht entzogen werden ?®), es tritt das im Zellsaft gelöste Anthokyan nicht in das Protoplasma ein, es gelangen die im Zellsaft gelösten orga- nischen Säuren nicht zu den im Protoplasma suspendierten Chloro- phyllkörnern, deren grünes Pigment sie sofort zerstören würden etc. Der Substanzaustausch zwischen Zellsäften benachbarter Zellen unterliegt den osmotischen Gesetzen, von welchen in physiologischer Beziehung die folgenden von besonderer Wichtigkeit sind. Organische *) Die ältere Auffassung, derzufolge die endosmotischen Eigenschaften der Stoffe in ihrer Beziehung zum Wasser als »endosmotisches Äquivalent« zahlenmäßig zum Ausdrucke gebracht wurden, ist trotz anschaulicher Erklärung zahlreicher Tatsachen (s. Anatomie, p. 20) von den meisten Forschern aufgegeben worden, seit durch de Vries, Pfeffer und van t’Hoff tiefere Einsicht in den Vorgang der ÖOsmose gewonnen wurde und der letztere den wichtigen Nachweis erbrachte, daß sich gelöste Stoffe den Gasen analog verhalten, indem der osmotische Druck einer Lösung jenem Drucke entspricht, welchen die gelöste Substanz bei gleicher molekularer Beschaffenheit als Gas oder Dampf im gleichen Volum und bei der gleichen Temperatur ausüben würde. Näheres und Literatur s. R. Höber, Physikalische Chemie der Zelle und Gewebe. Leipzig 1902, ”“) Ein gutes Beispiel einer semipermeablen Haut ist die Membran der künstlichen Zellen (p. 39), welche wohl Wasser eintreten, aber Kupferchlorid nicht austreten läßt und den Eintritt von Ferrocyankalium verhindert. 270 Substanzen üben, ganz unabhängig von ihrer chemischen Zusammen- setzung, die gleichen osmotischen Wirkungen aus, wenn sie nur äquimolekular sind, d. h. wenn sie in der Volumeinheit im Ver- hältnis ihrer Molekulargewichte gelöst enthalten sind. Äquimolekulare Lösungen organischer Substanzen sind isosmotisch. Verbindungen der Metalle zeigen in Lösungen ein anderes Verhalten, indem ihr isosmotischer Koeftizient nicht wie im früheren Falle gleich 1 ist, sondern 1'5, 2 etc. beträgt. Das Protoplasma besitzt die oben genannten, für das Leben so wichtigen Eigenschaften, wie schon gesagt, nur im lebenden Zu- stande. Mit dem Tode ändern sich diese Eigenschaften total um. Der toten Zelle läßt sich der Zucker entziehen, das Anthokyan einer solehen Zelle dringt in das Protoplasma ein und färbt es, aus ein- gefrorenen Kartoffeln läßt sich das Wasser leicht auspressen ete. Der semipermeable Charakter der Hautschichten ist selbst in einer und derselben Zelle nicht absolut konstant, sondern je nach dem Le- bensbedürfnis veränderlich, wodurch Ein- und Austritt der Substanzen eine zweckmäßige Regulierung erfahren (s. oben p. 217 und 218). Die Weiterbewegung des Wassers und der darin gelösten Stoffe erfolgt aber nicht nur von Zellinhalt zu Zellinhalt. Auch in der Membran bewegt sich das Wasser und mit diesem Imbibitions- wasser erfolgt gleichfalls ein Transport der Stoffe. Um nur ein Bei- spiel zu nennen, sei angeführt, daß die Kieselsäure, welche in den Geweben der Equiseten und zahlreicher anderer Pflanzen reichlich vorkommt, nur in der Membran weitergeleitet wird, im Zellinhalte der betreffenden Organe fehlt und überhaupt mit der Regel nur in der Membran angesammelt wird.*) Es wandern indes mineralische und andere Stoffe in den Zellmembranen oft durch weite Strecken, um später in das Zellinnere einzutreten und beim Stoffwechsel mit- zuwirken. In einer mit flüssigem Inhalte versehenen Zelle übt dieser auf die Wand einen Druck aus. Es ist dies der Druck der ruhenden Flüssigkeit infolge ihres Gewichtes auf die Wand. Dieser Druck, gewöhnlich als hydrostatischer Druck bezeichnet, ist am Grunde der Zelle am größten, oben gleich Null. Kommt eine solche, bloß dem hydrostatischen Drucke unterworfene Zelle, z. B. ein Wurzel- haar, mit Wasser in Berührung, so wird innerhalb der geschlossenen, mit Flüssigkeit bereits erfüllten und vom. Protoplasmaschlauch be- legten Zellhaut Wasser durch Diffusion in die Zelle einströmen und ein nunmehr allseits gleich starker osmotischer Druck er- ‚Kieselkörner ausgebildet werden (s. oben p. 67). 271 zeugt werden, welcher den äußeren Druck überragt und sich in verschiedener Weise äußern wird: es kann die — in einem gewissen Grade stets — elastische Wand gedehnt werden, es kann aber auch ein Teil der osmotisch aufgenommenen Flüssigkeitsmasse wieder durch die für Wasser permeable Wand herausgepreßt werden. Dem Drucke der in die Zelle einströmenden Flüssigkeit tritt die Elastizität der Wand als Widerstand entgegen, und es leuchtet ein, dal) beide Kräfte einander so lange entgegenarbeiten werden, bis ein Gleich- gewichtszustand geschaffen wird. Ebenso verständlich ist es. daß) der Filtrationswiderstand der endosmotischen Kraft der Zellflüssigkeit entgegenarbeitet und ein Gleichgewichtszustand eintreten kann, in welchem die in die Zelle diffundierende Flüssigkeitsmenge gerade so groß ist als die durchfiltrierende. So lange der von der Zellflüssig- keit auf die Wand ausgeübte Druck größer ist als der äußere Druck, sagt man, die Zelle turgesziert; dieser Zustand der Zelle wird als deren Turgor bezeichnet. Hierunter ist also eine osmotische Druckkraft zu verstehen, welche auf Zellwand und Protoplasma allseits gleichmäßig wirkt. Der Turgor der Zelle kann sich sehr be- trächtlich steigern und beträgt nicht selten mehrere Atmosphären. Es kann auch von Turgor und der Turgeszenz ganzer Gewebe und Or- gane gesprochen werden. Alle im starken Wachstum befindlichen Organe sind tur- geszent und besitzen in diesem Zustande einen größeren Grad von Steifheit und Festiskeit. Welke Pflanzenteile sind schlaff, und schon diese Eigenschaft zeigt den turgorlosen Zustand an. Die Aufhebung des Turgors der Zelle durch wasserentziehende Mittel (konzentrierte Zuckerlösung, Schwefel- säure etc.) geht in den Zellen gewöhn- lich so weit, daß das Protoplasma von der Zellhaut sich abhebt und im kon- trahierten Zustande im Inneren der Zelle erscheint. Dieser Prozeß) wird als Plasmolyse bezeichnet (s. Fig. 170). Die Größe des Turgors wird nach TEEN HEN ©: Be MEies*). bestimmt. 5 wens man, wi. .,.72a, Die kominuregssirZellen dyrah Zuckerlösung plasmolysiert. *) de Vries hat durch Aufsuchung der isotonischen Koeffizienten eine Analyse der Turgorkraft durchgeführt, welche im wesentlichen auf dem Verhalten verschiedener Substanzen bei der Plasmolyse beruht. 272 dem zu untersuchenden Gewebe den Turgor durch Welkung oder plasmolytische Wasserentziehung aufhebt und das nunmehr kontra- hierte Gewebe durch Gewichte so lange spannt, bis es die früheren Dimensionen angenommen hat. Das zur Dehnung erforderliche Ge- wicht entspricht nahezu der Größe des Turgors der Zellen des unter- suchten Gewebes. Auf diese Weise wurde festgestellt, daß in wach- senden Pflanzenteilen der Turgor bis auf neun Atmosphären steigen kann.*) Wird auch der Ein- und Austritt der gelösten Stoffe und des Wassers in die Zelle hauptsächlich durch den protoplasmatischen Wandbelag geregelt, so spielt die Haut der lebenden Zelle doch während der Diffusionsvorgänge eine wichtige Rolle, indem sie dem großen Druck, welcher sich, wie wir gesehen haben, infolge des osmotischen Eintrittes des Wassers in der Zelle so häufig einstellt, und dem der Protoplasmaschlauch nicht gewachsen ist, die nötige Kohäsionskraft entgegensetzt. Die Zellwand bildet somit für das in- folge Wasseraufnahme sich ausdehnende Protoplasma ein Widerlager. Die Flüssigkeitsaufnahme wird in jungen Entwicklungsstadien der Zellen ausschließlich durch das Protoplasma bedingt. Die Wasser- aufnahme steigert sich aber mit der in heranwachsenden Zellen eintretenden Verringerung des Plasma und wird in der Zelle am größten, wenn dasselbe nur mehr als dünner Überzug die Innen- wand der Zelle auskleidet. Nunmehr sind es im Zellsafte gelöst auftretende Körper, darunter die so allgemein verbreiteten organischen Säuren und organisch sauren Salze, ferner Zuckerarten und selbst Mineralsalze*®*), welche durch ihre endosmotische Eigenschaft das Wasser stark anziehen. Sie selbst können aus der lebenden Zelle nicht oder nur außerordentlich langsam hinausdiffundieren, da das lebende Plasma für organische Säuren und die meisten anderen Körper des Zellsaftes nicht oder nur in sehr geringem Grade durch- lässig ist. So kommt es, dab die Zelle selbst große Quantitäten von Wasser aufzunehmen befähigt ist, ohne hierbei viel an organischer Substanz einzubüßen. Es gelang dem genannten Forscher, die oben hervorgehobenen Beziehungen zwischen dem Molekulargewicht der diffundierenden Substanzen und den osmotischen Lei- stungen festzustellen, de Vries, Analyse der Turgorkraft. Pringsheims Jahrb. für wiss. Bot. Bd. XIV (1884). *) Im Blattgelenk der Bohne beträgt nach Pfeffer der Turgor über 7 Atmosphären. Im Kambium steigert sich der Turgor bis auf 16, in Markstrablen bis auf 21 Atmosphären. (Wieler in Pringsheims Jahrb. für wiss. Bot. Bd. XVIII [1837].) ##) Im Sproßgipfel von Helianthus tuberosus kommen 41"/, der Turgorkraft auf Kaliumnitrat. de Vries, Jahrb. für wiss. Bot. Bd. XIV, p. 589. 273 Die Wurzelhaare und ähnlich funktionierende Zellen sind mit- hin befähigt, Wasser aus den Medien, in welchen sie sich ausbreiten, aufzunehmen, ohne im ganzen durch Osmose größere Quantitäten eigener Substanz an dieses Medium abgeben zu müssen. Die den- noch endosmotisch austretenden Stoffe leisten insoferne noch für das Pflanzenleben Dienste, als sie, wie früher schon angedeutet wurde, zur Aufschließung von Gesteinen herangezogen werden. Aus den Medien, in welchen die Wurzelhaare und diesen analoge Zellen sich befinden, wird in erster Linie Wasser aufge- nommen, mit diesem aber auch absorbierte Gase und gelöste Salze. Die Qualität und Quantität all dieser in die Pflanze eintretenden Körper ist jedoch von der Beschaffenheit der Zellmembran und des Zellinhaltes abhängig. Die Pflanze vermag durch mannigfaltige Umgestaltungen der Zellhaut, des Primordialschlauches ete. ihrer einzelnen Zellen die ihrem spezifischen Stoffwechselbedürfnis ent- sprechenden Diffusionsbedingungen zu schaffen (s. oben p. 234, 267). Es war bisher nur von der Aufnahme der zur Ernährung der Pflanze dienenden Flüssigkeiten die Rede, welche in der Regel durch die Wurzel erfolgt. Wasser kann aber, wie oben bereits an- gedeutet wurde, auch durch die Oberfläche der Blätter und über- haupt der oberirdischen Organe aufgenommen werden. Welkende Blätter saugen osmotisch reichlich Tau und Regenwasser auf und werden dabei turgeszent. ii. Weiterbewegung der flüssigen Nahrung. Wurzeldruck. 8. Die von den Wurzelhaaren oder ähnlich funktionierenden Organen aufgenommenen Flüssigkeiten werden in der Pflanze weiterbewegt, und zwar entweder selbst wieder durch Diffusion oder durch die schon geschilderte osmotische Druckkraft, durch den Turgor. Betrachten wir vorerst die Wirksamkeit der Diffusion. Über- lest man, daß die Zellsäfte benachbarter Zellen in der chemischen und physikalischen Beschaffenheit nie völlig übereinstimmen, so wird es begreiflich, daß derartige osmotische Bewegungen im lebenden Pflanzenkörper etwas Gewöhnliches sein müssen. Alle Diffusionsbewegungen streben die Annahme eines Gleichgewichts- zustandes an, d. h. in unserem Fall: die osmotischen Strömungen trachten die chemische Zusammensetzung und physikalische Be- schaffenheit der Zellsäfte aller Zellen der Pflanze auszugleichen. Aber schon die Atmung eliminiert die verschiedensten organischen Stoffe und stört also kontinuierlich die sich etwa einstellenden Gleichgewichtszustände, desgleichen die Verdunstung der mit der Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 18 274 Luft in Berührung stehenden Zellen, die zu einer Konzentration der Zellsäfte führt, ete.*) 39. Nieht minder wichtig für die Flüssigkeitsbewegung in der Pflanze ist der Turgor. Durch die Kraft desselben wird Wasser aus den Wurzelhaaren oder anderen aufnehmenden Organen in die Nachbarzellen gepreßt, in diesen der Turgor erhöht, welcher sich gleichfalls durch Filtration von Wasser äußert, u. s. w. | Rasen von Peniedlium glaucum und anderen Pilzen, im feuchten Raume kultiviert, erscheinen häufig wie betaut; die feinen, den Mycelfäden anhängenden Tröpfehen wurden durch die Turgorkraft hervorgepreßt. — An den Blättern von Graskeimlingen werden häufig durch Turgorkraft Tröpfehen hervorgepreßt, indem in den reichlich vorhandenen, osmotisch saugenden Wurzelhaaren ein Druck entsteht, welcher die Flüssigkeit in der Richtung des geringsten Widerstandes weiterbefördert und bei den Spaltöffnungen der Blatt- organe zum Austritte gelangen läßt (s. Anatomie, p. 104). Nach Burgersteins Vorschlag wird die in Tropfenform erfolgende Wasserausscheidung der Pflanzenteile zum Unterschiede von der gewöhnlichen auf Verdunstung beruhenden (s. unten bei Transpira- tion) als Guttation bezeichnet.1?)**) *) Die Geschwindigkeit der Stoffbewegung wird allerdings durch die Klein- heit der als Diffusionsapparate wirkenden Zellen sehr gefördert (p. 17); allein mehrere Umstände schränken die Geschwindigkeit der Stoffbewegung so ein, daß die Frage nach den wahren Ursachen der Translokation der Stoffe noch keine be- friedigende Beantwortung erfahren konnte. Es wurde im Texte mehrfach darauf hingewiesen, daß das Protoplasma für die meisten organischen Substanzen des Zellsaftes undurchlässig oder doch wenigstens in ungemein geringem Grade durchlässig sei. Die Folge davon ist eine‘ im ganzen nur sehr langsams Weiterbeförderung der Stoffe von Zelle zu Zelle. Dazu kommt noch, daß die Diffusionsgeschwindigkeiten als solche ungemein klein sind. Die genauesten diesbezüglich von Stefan (Sitzungsberichte der kais. Aka- demie der Wiss.; Bd. LXXI1X [1879], II. Abt., p. 214) angestellten Untersuchungen lehrten beispielsweise bezüglich zweier, in pbysiologischer Beziehung besonders wichtiger Körper folgendes: Damit 1 mg Rohrzucker oder Eiweiß aus 10"/,iger Lösung einen Weg von 1m durchschreite, ist ein Zeitraum von nahezu 2, be- ziehungsweise 14 Jahren erforderlich. Die Stoffbewegung muß deshalb in der Pflanze durch gewisse Verhältnisse in hohem Grade begünstigt werden. de Vries (Bot. Zeitung, 1885) findet in der Protoplasmaströmung ein Förderungsmittel der Stoffbewegung und Pfeffer (Ener- getik, Leipzig 1892) wies zur Erklärung des raschen Stofftransportes auf zahl- reiche andere, in der lebenden Zelle vor sich gehende Mischungsbewegungen hin. Doch ist auch damit das Rätsel der im Vergleich zu der ungemein langsam fort- schreitenden Diffusionsbewegung gelöster Stoffe enormen Raschheit des Stofitrans- portes dieser Körper nicht gelöst. _ ##) Durch neuere Untersuchungen wurde die große Verbreitung der Gutta- tion im Pilanzenreiche nachgewiesen. Nicht nur zahlreiche krautige, sondern selbst 275 Die von den Wurzelhaaren ausgehende, zunächst in den saft- führenden Zellen der Wurzel sich fortpflanzende gesamte Turgor- kraft, die aber in den oberirdischen Pflanzenteilen noch weiterwirken und bis zu einer bestimmten Höhe sich fortpflanzen kann, wird Wurzelkraft, Wurzeldruck oder Blutungsdruck (Hales, 1727) genannt.!??) Bei krautigen, mit Wasser reichlich versorgten Pflanzen ist die Wirksamkeit des Wurzeldruckes etwas Gewöhnliches. Der Nachweis gelingt leicht, wenn man den Stamm der Pflanze etwas über der Oberfläche des Bodens abschneidet und auf den Stumpf ein Steigrohr luftdicht aufsetzt. Alsbald sieht man Flüssigkeit in der Röhre emporsteigen. Hält man den Boden, in welchem die Versuchs- pflanze (z. B. eine Balsamine oder eine Sonnenblume) wurzelt, feucht, so quillt das Wasser durch mehrere Tage aus dem Stumpf hervor, und da die Menge der austretenden Flüssigkeit bei fortgesetztem Versuche ein Vielfaches des Wurzelvolums beträgt, so folgt, daß durch die osmotische Saugkraft der Wurzelhaare kontinuierlich Wasser aus dem Boden aufgenommen und durch die Wurzelkraft kontinuierlich weiterbefördert wird. Auch an manchen Holzgewächsen läßt sich die Wurzelkraft nachweisen, z. B. am Weinstock. Be- kanntlich »blutet« (oder »tränt«) die Rebe, wenn sie im Beginn der Vegetationsepoche angeschnitten wird. Es tritt aus den Schnitt- flächen lange und kontinuierlich Wasser hervor. Mittels auf dem blutenden Stumpfe befestigter Manometer läßt sich die Größe des »Blutungsdruckes« ermitteln. Dieselbe hängt zunächst von der Organisation der Pflanze ab. Viele Gewächse bluten gar nicht, bei anderen beträgt unter günstigsten Bedingungen die Größe dieses Druckes !/_—1 Atmosphäre. Seltener werden diese Werte unter- oder überschritten. Auch äußere Verhältnisse beeinflussen den Blutungsdruck. So wurde gefunden, daß mit steigender Temperatur der Druck bis zu einer bestimmten Größe zunimmt, bei einem be- stimmten Temperaturgrade ein Maximum erreicht und mit weiterer Holzgewächse (Populus, Salixz etc.) bieten diese Erscheinung dar. Die Tropfen- ausscheidung erfolgt entweder an einzelnen Stellen der betrefienden Organe (z. B. durch Wasserspalten an den Spitzen junger Grasblätter), oder ist über die ganze Oberfläche des Organs verbreitet (Blätter von Phaseolus). S. hierüber G. Haber- landt, Sitzungsberichte der kais, Akademie der Wiss., Bd. CIII, und Nestler, ebendaselbst, Bd. CV, CVI und CVIII. Von den Kelchen mancher Pflanzen wird so viel Wasser ausgeschieden, daß aus den noch ungeöffneten Blättern bei Druck ein Wasserstrahl hervordringt, z. B. bei Nicandra, Spathodea etc. Treub, Buiten- zorger Annalen, Bd. III (1889), Koorders, ebendaselbst, Bd. XIV (1897). — Ein förmliches Herausschleudern von Wassertröpfehen wurde von Molisch an den Blättern von Colocasia nymphaefolia beobachtet. (Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft, 1903.) 18* 276 Temperaturerhöhung kontinuierlich bis auf Null sinkt. Der Blutungs- druck unterliegt für jede Pflanze einer jährlichen, aber auch einer täglichen Periode. Das Maximum der Jahresperiode liegt für die Holzpflanzen im Frühling vor Beginn der Belaubung. Beispielsweise lassen angeschnittene Zweige von Cornus mas während der Blüte- zeit dieses Holzgewächses (Ende März) reichlich Wasser austreten; schon wenige Augenblicke nach dem Anschnitte quillt ein Tropfen klarer Flüssigkeit hervor. Aber gleich bei Beginn der Belaubung nimmt die Menge des ausfließenden Wassers stark ab. Eine Tages- periode des Blutens ist bei manchen Pflanzen nachgewiesen worden, bei anderen scheint sie zu fehlen. Eine Übereinstimmung im zeitlichen Eintritt und von Maximum und Minimum der Tagesperiode lassen die bisherigen Beobachtungen nicht erkennen. Wohl aber konnte nachgewiesen werden, daß unter völlig gleichbleibenden Vegetations- bedingungen die Tagesperiode aufgehoben erscheint. Trocknet man einen blutenden Stammquerschnitt ab, so kann man mit der Lupe konstatieren, daß die Flüssigkeit aus den Ge- fäßen, beziehungsweise Tracheiden (bei den Koniferen) oder aus beiden hervordringt. Die Gefäße können mithin von der Wurzel her mit Wasser gefüllt werden. Selbstverständlich müssen die zwischen den Wurzelhaaren und den Gefäßen liesenden Zellen gleichfalls mit Wasser erfüllt werden; in den Gefäßen ist aber der Widerstand für die Aufwärtsbewegung der Flüssigkeit am geringsten, und deshalb schon wird hauptsächlich in ihnen der durch den Wurzeldruck emporgepreßte Saft aufsteigen. Von Wichtigkeit für das Verständnis der Wasserbewegung in den Holzgewächsen ist die Tatsache, daß dieselben durch Verdunstung mehr Wasser ab- geben, als durch den Wurzeldruck emporgeleitet wird, und daß bei der Blutung überhaupt unterliegenden Gewächsen gewöhnlich erst nach Unterdrückung der Verdunstung der Wurzeldruck nachweisbar wird. Dementsprechend blutet die Rebe nur vor der Belaubung und sinkt, wie wir gesehen haben, bei Cornus mas die Blutung plötzlich mit Eintritt der die Wasserverdunstung vermittelnden Laubbildung. Die in den Elementen des Holzkörpers blutender Bäume (Birke, Weißbuche ete.) vor Eintritt des Wurzeldruckes vorhandene, das Lumen der Zelle zum großen Teile erfüllende Luft wird bei der Emporpressung des Bodenwassers häufig nicht ganz entfernt, sondern findet sich in Form großer. oft den ganzen Querschnitt des Lumens einnehmender Luftblasen in den Elementen des Holzkörpers vor. Die Wassersäulen in den fibrosen Teilen des Holzkörpers sind dann vielfach unterbrochen, wodurch der hydrostatische Druck der im Baumstamme vorhandenen Wassermasse in einer für den Baum sehr 277 zuträglichen Weise vermindert wird. — Legt man zur Zeit des lutens durch Anschnitt ein Stück des saftreichen Holzkörpers bloß, so tritt, namentlich bei warmem Wetter, aus der Wundstelle nach einiger Zeit Saft hervor, nicht aber infolge des Wurzeldruckes, sondern weil die Luft in den Holzzellen sich ausdehnt und die Flüssigkeit herauspreßt. Auch diese im Frühlinge oft zu beobachtende Erscheinung hat man als »Bluten« bezeichnet. Aber der letztere Vorgang ist ein rein’physikalischer Vorgang, während der oben beschriebene Wurzeldruck ein spezifischer Lebens- vorgang ist, bei welchem die lebenden Gewebsbestandteile in einer bis jetzt noch nicht aufgeklärten Weise beteiligt sind. Es läßt sich dies aus der von Wieler (1893) festgestellten Tatsache ableiten, dab bei Sauerstoffmangel das Bluten aufhört. Auch Narkose (durch Chloro- form) wirkt auffallend auf die Stärke des Blutens ein. Der Wurzeldruck führt den Gefäßen bis zu einer bestimmten Stammhöhe Wasser zu, befördert die Knospenentfaltung im Früh- ling und retardiert den Laubfall. 40. An gewissen Pflanzenteilen kann Flüssigkeit ohne Mit- wirkung der Wurzelkraft austreten, so z. B. an den Nektarien der Blüten. Hier sind es lokal und häufig extrazellular angesammelte, osmotisch wirksame Stoffe (besonders Zucker), welche den Nach- bargeweben Wasser entziehen. Diese Gewebe würden plasmolysiert werden, wenn sie nicht aus tieferliegenden Geweben Wasser saugen würden. Il. Transpiration.'”’) 41. In Wasserpflanzen mit durchaus submersen Organen kann die Wasserbewegung von Zelle zu Zelle nur durch osmotische Saugkraft und durch die Turgorkraft erfolgen. In den Landpflanzen gesellt sich zu diesen Molekularkräften noch die Verdunstung aller mit der Atmosphäre in Berührung stehenden Organe, die Tran- spiration. Die safterfüllten Zellen und jene Elemente, deren Zellwände mit Wasser imbibiert sind, geben an die Atmosphäre oder an die inneren Gasräume der Pflanzen, an die sie grenzen und die selbst wieder mit der atmosphärischen Luft kommunizieren, so lange Wasserdampf ab, als diese oder die genannten interzellularen Räume nicht mit Wasserdampf gesättigt sind: da die Sättigung in der Regel nicht erreicht wird, oder, wenn erreicht, bald wieder durch äußere Einwirkung eine Störung dieses Zustandes eintritt, so transpirieren die Pflanzenteile fast kontinuierlich. Die mit der 278 inneren oder äußeren Luft in Berührung stehenden wasserführenden Zellen geben ihr Wasser in Dampfform durch die Membranen ab. Diese verlieren dadurch den Zustand der Sättigung mit Imbibitions- wasser, nehmen Wasser aus dem Zellsafte oder der Membran der Nachbarzelle auf, es tritt ein Saugungsprozeß ein, der so lange währt, als die Pflanze Wasser in Dampfform abgibt, und welcher die in der Pflanze stattfindende Wasserbewegung wesentlich fördert. Am genauesten ermittelt man die Größe der Transpiration durch Wägung, weniger genau volumetrisch, nämlich durch Be- stimmung der Abnahme des Rauminhaltes einer bestimmten, der Pflanze dargebotenen Wassermenge.*) Die Transpirationsgröße verschiedener Pflanzen ist eine sehr verschiedene. Sehr stark transpirieren krautige Pflanzen; sommer- grüne Holzgewächse (die meisten Laubbäume; unter unseren Koni- feren die Lärche) viel stärker als die wintergrünen (die meisten Koniferen; unter den Laubhölzern Buxus sempervirens, Derberis aqui- folium ete.). Die sukkulenten Pflanzen (Cactus, Sedum, Semper- vivum etc.) zeichnen sich durch sehr geringe Transpiration aus und bilden, da sie bekanntlich sehr saftreich sind, eine augenfällige Ausnahme von der sonst allgemein zutreffenden Regel, derzufolge wasserreiche Pflanzen und Pflanzenteile relativ stark transpirieren. Wie groß die Wassermengen sind, welche durch Transpiration von den Pflanzen abgegeben werden, ergibt sich aus der Tatsache, daß Laubblätter unter günstigen Bedingungen in einem Tage ebensoviel, ja mehr Wasser abgeben, als ihr eigenes Gewicht beträgt. Setzt man die Transpirationsgröße des Blattes der Linde (Trlia grandifolia), welches während der Sommermonate täglich etwa eine dem eigenen Lebendgewichte gleiche Wassermenge abgibt— 100, so erhält man für die tägliche Transpirationsgröße des Blattes der Weißbuche den Wert 96, für das Blatt der Rotbuche 71, des Spitzahorn 64, der *) Sehr anschauliche Resultate über die relative Größe der Transpiration der Pflanzenorgane erhält man nach einer vonStahl (Bot. Zeitung, 1894) angegebenen Methode. Wird Filterpapier mit 1—5°/, iger Kobaltchlorürlösung getränkt und dann vollständig getrocknet, so nimmt es eine blaue Farbe an. Befeuchtet schlägt die Farbe des Papieres in Rosa um. Bringt man ein blaues Kobaltpapier in passender Weise mit einem Pflanzenorgan in Berührung, so wird nach Maßgabe der Tran- . spiration früher oder später die Rötung des Papieres eintreten. Sehr rasch rötet sich das Papier an spaltöffnungsreichen, viel später an spaltöffnungsarmen oder gar spaltöffnungsfreien Blattseiten, rascher an Pflanzenteilen mit zarter, langsamer an solchen mit mächtig entwickelter Kutikula. In wenigen Sekunden tritt an sehr spaltöffnungsreichen Oberflächen zarter Blattseiten die Rötung ein, während sie an der stark kutikularisierten Blattseite erst nach mehreren Stunden oder gar erst nach 1—2 Tagen zum Vorschein kommt. 279 Eiche 43, der Fichte 19, der Föhre und der Berberis aqurfolium 16 als Mittelwerte. Aber auch die verschiedenen Organe derselben Pflanze zeigen bezüglich der Transpirationsgröße ein verschiedenes Verhalten. Laubblätter transpirieren in der Regel am stärksten, sie sind die eigentlichen Transpirationsorgane der Pflanze und es vollzieht sich Wasserverdunstung hauptsächlich im Schwammparenchym (»Tran- spirationsgewebe«, s. oben p. 155) des Blattes. Sodann folgen die Blütenblätter, der grüne, noch von der Epidermis bedeckte, schließ- lich der bereits von Periderm umkleidete Stamm. Genauere, in neuerer Zeit unternommene Untersuchungen lehrten, daß die Wasserabgabe junger, von Periderm bedeckter Stämme nicht ganz - unbeträchtlich und sogar bei niedriger Temperatur noch nachweis- lich ist. Es ergibt sich, daß selbst entlaubte Stämme während der Winterruhe Wasser verlieren, teils durch das Periderm und durch die jungen Blattnarben, teils durch die Knospen. Das transpirierte Wasser stammt im wesentlichen aus dem Holzkörper, und es wird im allgemeinen das Holz der Bäume zur Zeit der Vegetationsruhe wasserreicher sein als zur Vegetationszeit, und besonders zur Zeit starker Transpiration. Die Laubblätter entziehen das Transpirations- wasser dem Holzteile der Gefäßbündel; ist aber diese Quelle er- schöpft, so nehmen sie das Wasser aus den jungen Sproßgipfeln, ja selbst aus den Blüten.*) *) Auf der Verdunstung des Laubes bei günstigen Transpirationsverhält- nissen und ungenügendem Wasserersatz vom Boden her beruht der sogenannte absteigende Transpirationsstrom, durch welchen jungen saftreichen Pflan- zenteilen und selbst den Blüten Wasser durch das tieferstehende Laub entrissen wird. Durch den absteigenden Wasserstrom erklären sich zahlreiche Erscheinungen. In vielen Fällen beruht das Öffnen der Blüten darauf, ferner die bekannte Er- scheinung, daß abgeschnittene Blüten sich länger frisch erhalten als solche, die an abgeschnittenen, aber noch mit Laub versehenen Stengeln sich befinden, ferner das Welken der Sproßgipfel unter Wasser. Dieses förmliche Paradoxon läßt sich am schönsten an einem abgeschnittenen Zweig der Weinrebe demonstrieren, dessen Laub der Sonnenwirkung ausgesetzt ist, während der Gipfel unter Wasser taucht. Das transpirierende Laub entreißt dem Sproßgipfel mehr Wasser, als er direkt auf- zunehmen vermag, und deshalb erfolgt das Welken des Gipfels. Wiesner, Über Welken von Blüten und Laubsprossen. Sitzungsber. der Wiener Akad. der Wiss., Bd. LXXXVI (1882). Derselbe, Der absteigende Wasserstrom etc. Bot. Zei- tung. 1889, p. 1. Es gibt noch andere Fälle von durch Transpiration hervorgerufener Trans- lokation des Wassers, welche von dem gewöhnlichen Falle des »aufsteigenden Transpirationsstromes«e abweichen, z. B. die Wasserverschiebung, welche durch die Transpiration ungleich beleuchteter Blattpaare zustande kommt. Dabei entziehen die weitaus stärker transpirierenden besonnten Blätter den beschatteten das Wasser. 280 42. Die Stärke der Transpiration hängt von äußeren Einflüssen und von der Organisation des verdunstenden Pflanzenteiles ab. — Bezüglich der ersteren sei erwähnt, daß mit dem Steigen der Tem- peratur und dem Fallen der Luftfeuchtigkeit die Transpiration zu- nimmt, daß unter sonst gleichen Verhältnissen die Verdunstung im Lichte eine stärkere ist als im Finstern und daß auch die Boden- beschaffenheit und der Umstand, ob die transpirierenden Pflanzen- teile in Ruhe oder Bewegung sich befinden, auf die Verdunstungs- größe Einfluß nehmen. Die Beziehung zwischen Temperatur und Licht einerseits und Transpiration anderseits wird erst in einem späteren Abschnitte eingehend erörtert werden; hier genüge einst- weilen die Bemerkung, daß die wintergrünen Gewächse selbst noch bei Temperaturen unter Null, wenn auch in geringerem Maße, tran-. spirieren und daß es die grünen Pflanzenorgane sind, deren Tran- spirationsgröße durch Beleuchtung am auffälligsten gesteigert wird. Die Bodenbeschaffenheit influiert insofern auf die Verdunstung, als die Menge disponiblen Bodenwassers im allgemeinen fördernd, die Nährsalze in hohem Grade der Verdünnung begünstigend, in kon- zentrierteren Lösungen hingegen hemmend auf die Wasserver- dunstung der Pflanzenorgane wirken. — Bewegte Luft oder, was auf dasselbe hinauskommt, Bewegung der Organe wirken schon insoferne begünstigend auf die Transpiration, als die über den Organen liegenden Wasserdunstschichten hierbei entfernt werden.*) Die Organisation der Pflanzenteile betreffend, ist vor allem hervorzuheben, daß die Hautgewebe dem Austritte des Wassers in Durch diese besondere Form der Transpiration (»korrelative Transpiration«) werden Gestaltänderungen der Organe und andere physiologische Erscheinungen hervor- gerufen oder mitbedingt, auf die hier aber nicht eingegangen werden kann. Wiesner, Über korrelative Transpiration mit Hauptrücksicht auf Anisophyllie und Phototrophie. Sitzungsber. der Wiener Akad. der Wiss., Bd. CXIV (1905). *) Die Ansichten über den Einfluß der Luftbewegung auf die Transpiration divergierten lange, weil man aus zu wenig Tatsachen schon allgemeine Schlüsse zog. Es wurde durch eingehende Versuche konstatiert, daß die bewegte Luft je nach der Organisation der Pflanze eine ganz verschiedene Wirkung auf die tran- spirierenden Pflanzenteile auszuüben vermag. Es gibt Pflanzen, welche unter fast gleichen Verhältnissen in bewegter Luft mehr transpirieren als in ruhender, und andere, welche sich geradezu umgekehrt verhalten, endlich andere, auf welche die bewegte Luft während der Transpiration keinen merklichen Einfluß auszuüben scheint. Diese Unterschiede kommen dadurch zustande, daß manche Pflanzen (z. B. Hydrangea hortensis) im Winde ihre Spaltöffnungen nicht zu schließen ver- mögen, andere hingegen (z. B. Saxifraga sarmentosa) ihre Spaltöffnungen schon bei geringer Luftbewegung infolge Sinkens des Turgors der Schließzellen schließen, wodurch die so ausgiebige interzellulare Transpiration des Blattes aufgehoben wird. Wiesner, Grundversuche über den Einfluß der Luftbewegung auf die Tran- spiration der Pflanzen. Sitzungsber. der kais. Akad. der Wiss,, Bd. XCVI (1887). 281 Dampfform Widerstand leisten, und daß die Wassermengen, welche durch Oberhaut und Peridermzellen, ferner durch die Haare aus- treten, sehr geringe sind. In der Oberhaut sind es die Spaltöffnun- gen, im Periderm die Lenticellen, aus welchen die relativ größten Massen von Wasserdampf austreten. Der hier ausgehauchte Wasser- dampf wird aber im Inneren der Organe von jenen Zellwandflächen abgegeben, welche die inneren Gasräume (luftführende Interzellu- laren) begrenzen und die durch die Spaltöffnungen und Lenticellen mit der Atmosphäre kommunizieren. Es wurde konstatiert, daß die Spalten der Spaltöffnungen im Lichte sich erweitern (Mohl, 1856, p. 104), wodurch eine Beschleunigung der Transpiration bewirkt werden muß. Je geringer die Zahl der Spaltöffnungen, je mächtiger die Kutikula und die Haar- und Wachsüberzüge eines Blattes ent- wiekelt sind, desto geringer ist dessen Transpiration. Zarte Ober- häute (Epithelien) setzen der Verdunstung nur geringen Widerstand entgegen; durch diese kann eine beträchtliche Wasserdampfabgabe auch dann erfolgen, wenn sie frei von Spaltöffnungen sind, Wie schon angedeutet, transpiriert ein Blatt zum Teile durch seine Oberhaut (epidermoidale Transpiration), zum Teile durch die freie Oberfläche der die Blattinterzellularen begrenzenden Meso- phylizellen (interzellulare Transpiration). wobei der Wasserdampf durch die Spalten der Stomata austritt. An stark transpirierenden Organen ist letztere weitaus wirksamer als erstere.”)'®?) Das durch Transpiration abgegebene Wasser stammt in der Regel gänzlich oder doch zum größten Teile aus dem Boden. Der Wasserdampf der Atmosphäre kommt der Pflanze unter keinerlei Umständen direkt zu statten: indirekt aber insoferne, als im dunst- gesättigten Raum turgorlose Zellen nicht weiter transpirieren. wohl aber durch osmotische Saugung wieder turgeszent werden können und als aus Wasserdampf entstehendes Kondensationswasser (Tau) der Pflanze zugute kommen kann. Tropfbares Wasser kann selbst von oberirdischen Organen aufgenommen werden (s. oben p- 273) und vermag deren Wassergehalt zu vermehren, wie folgende, völlig sichergestellte Tatsachen lehren. Im Beginne des Welkens befindliche, also nur schwach turgeszierende Sprosse nehmen, unter Wasser getaucht, nicht nur alsbald einen völlig turgeszenten Zu- stand an, die Wasseraufnahme läßt sich auch direkt durch die Ge- wiehtszunahme konstatieren: Sarrazenien erhalten sich monatelang, ohne daß man den Boden, in dem sie wurzeln, begießt, frisch, wenn nur ihre schlauchförmigen Blätter von Zeit zu Zeit mit Wasser ge- *, Über Schutzmittel der Pflanze gegen allzustarke Transpiration und deren biologische Bedeutung s. auch Bd. III (Biologie), p. 99. 282 füllt werden. Durch Tau, Regen oder anderweitig benetzte Blätter transpirieren nach Verdunstung des oberflächlich anhaftenden Wassers unter sonst gleichen Verhältnissen stärker als unbenetzt gebliebene, was auf der durch die Benetzung bedingten Quellung der Zellhäute beruht, welche in diesem Zustande die Wassermoleküle leichter als im normalen Zustande abgeben. Die Bedeutung der Transpiration für die Saftbewegung in den Bäumen, deren höhere Laubregionen nicht mehr unter dem Einflusse des Wurzeldruckes stehen, leuchtet wohl ein. Wie sehr aber ein durch Transpiration in Gang gehaltener Wasserstrom den Gewächsen nottut, geht aus der sich einstellenden Entblätterung von in den absolut feuchten Raum gebrachten Holzgewächsen hervor.'®) Der durch die Transpiration unterhaltene Wasserstrom führt den Pflanzen, insbesondere den Holzgewächsen, die für sie erforderlichen Boden- salze zu. Pflanzen trockener Standorte (Xerophyten) transpirieren nur wenig; für sie hat die Transpiration nur eine geringe physiologische Bedeutung. | IV. Die Bewegung der Gase in der Pflanze.'’‘) 43. Die in der Atmosphäre enthaltenen Gase treten in die Pflanze ein und passieren ihr Inneres teils unverändert, teils durch schon oben erwähnte chemische Prozesse verändert. Der Stickstoff durchsetzt in der Regel*) völlig indifferent die Gewebe und wird in ebensogroßer Menge von der Pflanze abgegeben als aufge- nommen. Hingegen erfährt die Kohlensäure während des Tages in den grünen Organen eine Zerlegung unter Ausscheidung eines in der Regel gleich großen Volums Sauerstoff; dieser aber dient fort- während zur Respiration, wobei je nach dem Verbrennungsmateriale ein gleich großes, größeres oder kleineres Quantum von Kohlen- säure abgegeben wird (s. oben p. 263). Die von der Pflanze aufge- nommenen Gasarten werden von der Membran, den Zellsäften und allen mit Flüssigkeit imbibierten Zellinhaltskörpern in ungleichem Maße absorbiert und diffundieren mit verschiedener Geschwindigkeit durch die Zellen. Je wasserreicher eine Zellmembran ist, desto leichter ‚läßt sie bei sonst gleicher substantieller Beschaffenheit Gase diffundieren. Trockene Membranen sind im allgemeinen für Gase auf dem Wege der Diffusion nur wenig durchgängig.”*) Kohlensäure “8. die merkwürdige, auf p. 242 angeführte Ausnahme. “*) Der Grad der Durchlässigkeit der vegetabilischen Zellmembran für diffundierende Gase hängt von deren chemischen Beschaffenheit ab. Membranen, die ganz unverholzt und unverkorkt sind und die der Hauptmasse nach aus Zellulose bestehen, lassen schon im lufttrockenen Zustande Gase nicht mehr in 283 und Sauerstoff werden von den Flüssigkeiten stärker absorbiert als Stiekstoff; Kohlensäure diffundiert durch die Zellmembranen rascher als Sauerstoff, dieser rascher als Stickstoff. — Die berührten Vor- gänge rufen Verschiedenheiten in der Spannung und der chemischen Zusammensetzung der im Inneren der Pflanze vorkommenden Gase im Vergleiche zur atmosphärischen Luft hervor, zu denen sich noch andere gesellen, namentlich die rasche Verdunstung des Wassers aus Gefäßen und Zellen, deren Membranen die Luft nur schwer durch- zulassen vermögen. So kommt es, daß der Druck, unter welchem die in den inneren Gasräumen der Pflanze befindliche Luft steht, von dem äußeren Luftdrucke verschieden ist. Als besonders wichtig ist hervorzuheben, daß der Druck der Gefäßluft in der Regel bedeutend geringer ist als der Atmosphärendruck, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man belaubte (transpirierende) Sprosse unter Quecksilber abschneidet. wobei diese Flüssigkeit durch den äußeren Luftdruck tief in die Gefäße hineingepreßt wird (von Höhnel®).'?”) Die Luft. welche in den Gasräumen submerser oder unterirdischer Organe vorkommt, steht gewöhnlich unter einem höheren als dem äußeren Luftdruck. Dies lehren namentlich submerse Organe, aus welchen. besonders zur Zeit der Kohlensäureassimilation, beim Durchschneiden ein Strom von Luftblasen (sauerstoffreiches Gas) hervorschießt. Die chemische und physikalische Beschaffenheit der in den Gasräumen der Pflanze enthaltenen Luft im Vergleiche zu jener der Atmosphäre geben fortwährend Veranlassung zu Diffusionsbe- wegungen, durch welche ein Ausgleich in der Qualität der äußeren und inneren Luft wohl angestrebt, aber niemals erreicht wird. 44. Andere als Diffusionsbewegungen der Gasarten kom- men in der lebenden Pflanze nicht vor, freilich treten dieselben je nach der physikalischen Beschaffenheit und auch nach der Struktur nachweisbarer Menge dialytisch passieren. Hingegen difiundieren die Gase auch durch im trockenen Zustande befindliche verholzte, verkorkte (oder kutinisierte) Membranen. Wiesner und Molisch, Untersuchungen über die Gasbewegung in der Pflanze. Sitzungsber. der kais. Akad. der Wiss., Bd. XCVII, I. Abt. (1889). ”) Schon der Begründer der experimentellen Pflanzenphysiologie, Hales, beschrieb ein leicht zu wiederholendes Experiment, aus dem nicht nur hervorgeht, daß die Tension der in den Geweben des Zweiges befindlichen Luft, im Vergleiche zur Atmosphäre, eine geringe ist, sondern auch zeigt, daß die Transpiration die Lufttension im Inneren der Pflanze herabsetzt. Wird ein belaubter Sproß mit dem unteren Stammende in eine Glasröhre luftdicht eingepaßt und deren offenes Ende durch Wasser oder eine andere Flüssigkeit, welche bloß unter dem Atmosphären- druck steht, abgeschlossen, so wird die Sperrflüssigkeit während der Verdunstung des Sprosses gehoben. 284 der Gewebe in verschiedenen Formen auf. Je nach den physikali- schen Bedingungen folgen die durch die Pflanze sich bewegenden (Gase den Gesetzen der Efiusion, Transpiration und Membrandiffu- sion im engeren Sinne (Dutrochet 1832, Wiesner 1879—1889). Effusion findet statt, wenn die Gase durch enge Öffnungen in dünner Wand, z.B. durch Spaltöffnungen und Lenticellen aus- und eintreten. Es verhalten sich hier die Zeiten für den Durchtritt der Gase wie die Quadratwurzeln aus den Dichten der sich mischenden Gase, wie sich mit Hilfe abgezogener spaltöffnungsführender Ober- häute zeigen läßt. Transpiration im physikalischen Sinne, nicht zu verwechseln mit der Verdunstung der Pflanzenorgane, und des- halb im Nachfolgenden als »Gastranspiration« bezeichnet, stellt sich ein, wenn Gase durch enge Kapillaren sich bewegen. Für die bei der Gastranspiration stattfindende Geschwindigkeit wird in der D4 ih Physik der Ausdruck vw angegeben, wobei D den Durchmesser und ! die Länge der Kapillare bedeutet. Durch weitere Gefäße des Holzes streicht die Luft tatsächlich mit der angegebenen Ge- schwindigkeit, hingegen gilt die Formel nicht für jene schmalen ziekzackförmigen Kapillaren, wie sie in den Interzellulargängen vorliegen. Durch Effusion und Gastranspiration wird die Gasbewe- gung beziehungsweise die bei der Verdunstung stattfindende Wasser- abgabe beschleunigt. Die Kleinheit der zwischen den Schließzellen der Stomata liegenden Spalten befördert die Gasbewegung; es be- wegt sich durch dieselben ein Gas viel rascher als durch eine weite Öffnung, welche der Summe der Spaltenquerschnitte entspricht (Brown und Escombe, 1900). Sehr häufig findet Membrandif- fusion im engeren Sinne (Dialyse) statt, sowohl wenn chemisch verschiedene, als auch wenn gleiche, aber der Dichte nach differente (Gase durch Zellmembranen voneinander getrennt sind (vgl. Anmerkung auf p. 285). Die Geschwindigkeit, mit welcher ein Gas durch eine Zellmembran sich bewegt, hängt von dessen Absorptionskoeffizienten A ’ und seiner Dichte ab, in Annäherung an die Formel Ya wobei A den Absorptionskoeffizienten, d die Dichte des Gases bezeichnet. '!?®) Man hat früher angenommen, daß lenticellenfreies Periderm selbst bei sehr hohen Druckunterschieden für Gase vollkommen undurchlässig sei, hingegen die meisten anderen luftführenden Ge- webe (besonders Parenchym) Luft durch die Zellmembranen bei einseitig wirkendem Druck filtrieren lassen. Man dachte, daß die Korkzellhaut sich, wenn ein Gas auf sie drückt, wie eine Kautschuk- lamelle, hingegen die Membranen des Parenchyms, der Holzzellen ete. 285 so wie eine Gipsplatte verhalten, also unter Druck desto mehr Luft hindurchgehen lassen, je trockener sie sind. Genaue, in neuerer Zeit angestellte Versuche haben aber zu dem Resultate geführt, daß die vegetabilische Zellhaut unter Druck stehende Gase überhaupt nicht filtrieren läßt), weder im lebenden noch im toten, weder im trockenen, noch in mit Wasser imbibiertem Zustande, und daß die Gasbewegung von Zelle zu Zelle nur auf dem Wege der Membrandiffusion erfolgen könne (Wiesner und Mo- lisch, 1889). Auch Protoplasma und Zellsaft unterliegen nicht der Druck- filtration für Gase, so daß durch geschlossene, d. i. aus lückenlos aneinanderstoßenden Zellen bestehende Gewebe Luft nicht hin- durehfiltriert. Die Hauptmassen der Gase strömen durch die Öffnungen der Hautgewebe (Spaltöffnungen und Lenticellen) ein und aus. Diese Öffnungen setzen die inneren Gasräume der Pflanzen mit der Atmo- sphäre in Kommunikation. In den parenchymatischen Geweben kann der Austausch der Gase rascher als im Holzgewebe erfolgen. weil dort die Bedingungen für Membrandiffusion, Absorption und Gastranspiration gegeben sind, während im Holzgewebe, wenn von den Gefäßen abgesehen wird, die letztere infolge Mangels an Inter- zellularen vollkommen ausgeschlossen ist. Für das Verständnis der Saftbewegung im Holzkörper ist die Tatsache von Bedeutung, daß die Holzgefäßße und Tracheiden mit Interzellularen nicht kommuni- zieren und Gase unter keinerlei Umständen filtrieren lassen. So muß bei starker Transpiration für das austretende Wasser ein Gas- gemenge von sehr schwacher Tension ausgetauscht werden. Da der Druckunterschied zwischen Gefäßlluft und atmosphärischer Luft, wie v. Höhnel gezeigt hat, eine Folge der Transpiration ist, so wird es verständlich, daß) mit sinkender Transpiration der Druck der Gefäßluft sich schließlich wieder auf die Höhe des Atmosphären- druckes erheben mub. *) Während also Flüssigkeiten durch zarte Zellhäute (z. B. Tüpfelschließhäute) schon bei außerordentlich geringen Drucken filtrieren, existiert eine Gasfiltration durch geschlossene Zellhäute selbst bei den höchsten Drucken nicht. Bei Druckunterschieden ergibt sich zwar, wie oben bereits gesagt wurde, .eine Bedingung zur Membran- diffusion; tatsächlich läßt sich selbst bei hohen Drucken ein Durchtritt der Gase durch die Zellmembran nicht konstatieren. Es muß dies mit Rücksicht auf eine irrtümliche Interpretation der von Molisch und mir herrührenden Untersuchungs- ergebnisse hervorgehoben werden.!’°*) 286 V. Die Leitung des Wassers durch den Holzkörper.'?®) 45. Die meisten Pilze und viele saftreiche krautige Gewächse bedürfen zur Leitung .des Wassers bloß osmotischer Saug- und Druckkräfte. Gleich den Wasserpflanzen mit submersen Organen ist für die Bewegung des Wassers durch ihre Organe die Tran- spiration nicht nötig, denn im absolut feuchten Raume gedeihen sie vorzüglich, nehmen so viel Wasser auf, als sie bedürfen, oft sogar noch mehr, welches dann in Form von Tropfen ausgeschieden wird (Guttation, s. oben p. 274). Ein anderes Verhalten zeigen. jene Gewächse, deren Gefäßbündel starke oder gar mächtig entwickelte Holzteile besitzen, namentlich die Holzgewächse. Wohl ist auch bei diesen Gewächsen oft ein Wurzeldruck vorhanden, dessen Druck- kraft aber nach oben rasch abnimmt und sich oft selbst in geringen Höhen des Stammes gar nicht mehr nachweisen läßt; ja, sehr häufig sind bei solchen Gewächsen die osmotisch erzeugten Drucke selbst in der Wurzel nur geringe, so daß andere Kräfte eingreifen müssen, um das Wasser zu den Blättern emporzuheben. Die Wasserbewegung ist hier offenbar von der Transpiration abhängig; solehe Ge- wächse sind auch an kontinuierliche Transpiration so gewöhnt und dieser Funktion so angepaßt, daß sie ihre Blätter verlieren, wenn sie für einige Zeit in einen mit Wasserdampf vollkommen ge- sättigten Raum gebracht werden. Zu den osmotischen Saug- und Druckkräften gesellt sich in allen diesen Pflanzen auch noch eine durch die Transpiration erzeugte Saugung, welehe weiter unten eingehender geschildert werden wird. 46. Im Stamme der dikotylen und gymnospermen Holzge- wächse geht die überwiegende Hauptmasse des nach aufwärts strömenden Wassers durch das Holz, welches hier einen geschlos- senen, bloß vom Marke in axialer Richtung durchsetzten Zylinder bildet, der an Masse die übrigen Gewebe des Stammes weit über- trifft und durch einen hohen Wassergehalt (s. p. 213) ausgezeichnet ist. Aus der hier deponierten Wassermenge schöpfen die. tran- spirierenden Organe, also in erster Linie die Laubmassen; das in Dampfform abgegebene Wasser muß aber kontinuierlich vom Boden aus ersetzt werden. Es ist schon seit Hales bekannt, daß) das Boden- wasser im Holze aufsteigt, wie folgende Versuche lehren. Schneidet man rund um den Stamm ein Rindenstück bis auf den Holzkörper heraus, so bleibt die Laubkrone frisch, obgleich die Leitung durch die Rinde unterbrochen wurde; durchschneidet man hingegen mit mögliehster Schonung der Rinde den Holzkörper, so verwelken die 287 Blätter alsbald. Auch mittels abgeschnittener Zweige läßt sich der gleiche Beweis führen. Stellt man nämlich einen vom Baume frisch abgeschnittenen, am unteren Ende von Holz und Mark befreiten Zweig derart im Wasser auf, dal er bloß mit der abgelösten Rinde eintaucht, so verwelkt und verdorrt der Zweig fast ebenso schnell. als würde man ihn an der Luft liegen gelassen haben, hält sich hingegen lange frisch, wenn er mit dem Holzkörper — selbst nach Entfernung von Rinde und Mark an der Einsenkungsstelle — ins Wasser getaucht wurde. Bäume, welche bloß Splint (lebendes Holz) bilden, leiten das Wasser durch den ganzen Querschnitt des Holzes (z. B. Ahorn); Bäume, die aber innerhalb des Splintes Kernholz (z. B. Eiche) ausbilden, leiten den Wasserstrom bloß durch den ersteren.”) — Es ist selbstverständlich, daß das Bodenwasser auch der Rinde und dem Marke zugute kommen muß. Für die Auf- wärtsleitung des Wassers im Stamme leisten diese Gewebe, wie die angeführten Versuche lehren, aber nur sehr wenig. — Im Stamme der monokotylen Bäume kann ein so zusammenhängender Wasser- strom, wie wir ihn eben kennen lernten, nicht zustande kommen. weil ein geschlossener Holzkörper fehlt; hier bewegt sich das Wasser in ebensovielen kleinen Strömen nach aufwärts, als Gefäß- bündel im Stamme vorhanden sind. Aber nicht nur in den Holzgewächsen, sondern in allen Pfan- zen mit Gefäßbündeln, also auch in krautigen, geht die Hauptmasse des Wassers durelhı die Holzteile der Bündel und es ist das Gefäb- bündelsystem desto reichlicher ausgebildet, auf je stärkere Tran- spiration die betreffenden Pflanzen zu ihrem Lebensunterhalte an- gewiesen sind. Die nur wenig transpirierenden sukkulenten Pflanzen (Sedum, Sempervivum ete.) besitzen nur ein schwach entwickeltes Fibrovasalsystem. Untergetaucht lebende »Gefäßpflanzen« bilden entweder wie Ceratophyllum gar keine Gefäße aus (Sanio) oder nur wenige, später zum Teile schwindende, nämlich zu Luftgängen ver- schmelzende Gefäße. Auch durch das Experiment läßt sich zeigen, daß die trachealen Elemente bei Unterdrückung der Transpiration *) In neuerer Zeit wurde gezeigt, daß häufig nicht der ganze Splint, son- dern bloß dessen junger (äußerer) Teil als Wasserbahn dient, indem der ältere Teil durch Verstopfung der Gefäße mittels Thyllen oder Gummi außer Funktion gesetzt wurde. Nach Böhms Untersuchungen fungiert bei Zobinia Pseudacacia bloß der jüngste Jahresring während des Safısteigens. Später hat Wieler für zahl- reiche andere Holzgewächse einen ähnlichen Nachweis geführt. Siehe dessen Ab- handlung in Pringsheims Jahrbuch für wiss. Bot., Bd. XIX (1888). Siehe auch Strasburger, Leitungsbahnen, Jena 1891, p. 591—595, wo die angeführte Tat- sache vom anatomischen Standpunkte näher begründet wird. 288 sich vermindern oder gar schwinden. So wird submers gezogenes Weidenholz gefäßlos (Böhm). Anderseits zeichnen sich Pflanzen, welche auf eine starke und rasche Wasserleitung angewiesen sind, durch Förderung ihrer Gefäßbildung aus, was bei zahlreichen Schling- gewächsen durch oft enorme Weite des Gefäßquerschnittes zum Ausdrucke kommt (Ambronn und Westermaier). In allen Fällen besitzen aber die betreffenden Pflanzen ein kontinuierlich verlaufendes Gefäßbündel, welches ohne Unterbrechung von den unteren in der Wurzel gelegenen Enden bis zu den letzten, in den Blättern gelegenen Tracheidauszweigungen (s. oben S. 126 153) reicht.*) 47. Die bei der Wasserbewegung tätigen, von der Wurzel ausgehenden osmotischen Saug- und Druckkräfte sind bereits früher (36—40) in Kürze erörtert worden. Neuere Untersuchungen haben die Annahme nahegelegt, daß auch in lebenden Parenchym- zellen der oberirdischen Vegetationsorgane osmotische Kräfte tätig sind, welche zur Weiterbeförderung des Wassers in der Pflanze dienlich sind. Unsere diesbezüglichen Kenntnisse befinden sich aber noch in den Anfängen; es ist durch die bisherigen Versuche nur d) einigermaßen wahrscheinlich gemacht worden, daß im Holzkörper dort, wo der Luftdruck nicht mehr ausreicht, um liquides Wasser emporzusaugen, die parenchymatischen Elemente (lebende Mark- strahlen- und Holzparenchymzellen) die Hebung der Flüssigkeit vermitteln. Besser sind wir unterrichtet über die Saugkraft des Holzes infolge des zur Zeit der Transpiration in seinen Elementen herr- schenden verminderten Luftdruckes (J. Böhm, R. Hartig). Daß die Gefäßluft in der Regel einen geringeren Druck besitzt als die umgebende Atmosphäre, wurde bereits oben (p. 150) dar- gelegt und erklärt (p. 283—285). Ein solcher Minderdruck stellt sich in den Gefäßen besonders rasch ein, wenn die betreffende Pflanze *) Gewisse Gefäßbündelteile, besonders mechanische Elemente, erfahren allerdings im Verlaufe der Stränge durch die ganze Pflanze eine Unterbrechung, nie aber die der Wasserleitung dienenden »trachealen Elemente« (Gefäße und Tracheiden). In Stengeln oder Blättern mit interkalaren Vegetationspunkten ver- schmälert sich innerhalb der Neubildungszone das Gefäßbündel oft sehr beträcht- lich und es erscheinen dann die über und unter dieser Zone gelegenen, kräftig entwickelten Gefäßbiündelabschnitte nur durch wenige tracheale Elemente über- brückt. Auch durch den Grashalm ziehen die Gefäße in ununterbrochenem Zuge, obgleich über jeden Knoten ein aus Meristem bestehender interkalarer Vege- tationspunkt liegt. Diese Meristeme sind aber alle schon von Gefäßen durchsetzt, welche sich hier sehr frühzeitig bildeten, nämlich schon in der Zeit, in welcher sich der interkalare Vegetationspunkt von der Vegetationsspitze abgliedert. 289 stark transpiriert, und es kann keinem Zweifel unterliegen. daß der Austritt des Wassers aus den Gefäßen um so mehr dahin führen muß, deren Inneres mit verdünnter Luft zu versehen, als die Ge- fißwände starr und für die Luft nur wenig permeabel sind. Unter ähnlichen Verhältnissen entzieht die Transpiration auch den Trachei- den einen Teil ihres Wassers, weshalb auch sie Luft von geringer Tension führen. Diese Luftverdünnung führt nun dahin, das in den wasserreichen Teilen des Holzes befindliche liquide Wasser empor- zusaugen. Die Menge des in den Holzelementen befindlichen liquiden Wassers ist nicht nur im Frühling, sondern auch zur Zeit starker Transpiration eine beträchtliche. Dieses im Holzstamme ungleich verteilte Wasser ist es nun, das hauptsächlich durch den eben geschilderten Saugungsprozeß emporgefördert wird. Durch das Experiment wurde gezeigt, daß selbst bei schwacher Saugung und bei geringem Überdrucke die Weiterbeförderung des Wassers von Zelle zu Zelle erfolgt, was nur durch den geringen Filtrations- widerstand der zarten Häute der primären Gefäße (Ringgefäße ete.) und der überaus zarten Schließhäute der Hoftüpfel seine Erklärung findet. Welch geringer Überdruck schon eine Weiterbeförderung des Wassers im Holze zuwege bringt, lehrt folgendes, von Th. Härtig zuerst angestellte Experiment. Wird ein beiderseits quer abge- schnittenes, mehrere Zentimeter langes, mit Wasser gesättigtes frisches Holzstück der Tanne vertikal gestellt und auf die obere Schnittfläche ein Wassertropfen gesetzt, so quillt nach wenigen Augenblicken ein Tropfen aus der unteren Schnittfläche hervor. Durch Umkehrung des Holzstückes wiederholt sich dasselbe Spiel. Aus diesem Versuche ist, wie Godlewski zuerst nachwies, zu er- sehen, daß die Summe der Filtrationswiderstände aller in dem be- nützten Holzstücke zu passierenden Tüpfelschließhäute kleiner ist als der Druck einer Wassersäule, welcher der Länge des betreffen- den Holzstückes entspricht. 48. Es entsteht nun weiter die Frage, ob das Wasser bloß in den Hohlräumen der Gefäße und Tracheiden oder ob es nicht auch in den Wänden dieser Leitungsbahnen aufsteigt. Diese Frage hat die Physiologen lange beschäftigt. Tatsache ist, daß in den Gefäßen und Tracheiden desto mehr Wasser auftritt, je geringer die Transpiration ist, daß durch gefärbte, die Zellhäute nicht oder nur wenig tingierende Flüssigkeiten die Anwesenheit des geleiteten Wassers im Innern der Gefäße und Tracheiden zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden kann (Elfving), daß durch sonst un- schädliche Einklemmung der Gefäße (Verengung der Leitungs- bahnen) die Transpiration herabgesetzt (Kohl), und daß durch die Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 19 290 Wandsubstanz nicht so viel Wasser gehoben werden kann, als durch die Transpiration verloren geht. Werden die Gefäße eines transpirierenden Laubsprosses beim Durchschneiden infolge der Wirkung des äußeren Luftdruckes derart injiziert, daß an Stelle der Luft Quecksilber (p. 283) oder eine Harzlösung tritt, so wird kein Wasser emporgeleitet, wenn das untere Ende des Zweiges unter Wasser taucht; jedenfalls nicht in so ausgiebiger Weise, als wenn keine Injektion vorgenommen worden wäre. Aus diesen sichergestellten Tatsachen ergibt sich, daß ent- weder das ganze Wasser oder doch die überwiegende Hauptmasse der im Holzkörper emporgeleiteten Flüssig- keit sich durch das Lumen der Gefäße und Tracheiden bewest. Die herrschende Lehre spricht sich für die erste Alternative aus und hat die von Meyen angeregte, von Unger, namentlich aber von Sachs ausgebildete Imbibitionstheorie, derzufolge das Wasser ausschließlich in den Wänden der leitenden Elemente emporgeschafft werden soll, vollständig abgelehnt. Eine durch die Zellmembran gehende Imbibitionsbewegung des Wassers ist nun allerdings nachweisbar und die Geschwindig- keit dieser Bewegung hängt erwiesenermaßen mit dem Baue des Holzkörpers beziehungsweise seiner Zellen zusammen. Es bewegen sich hierbei die Wassermoleküle rascher in der Richtung der Ver- diekungsschichten als quer durch die Zellhaut.!*) Für den im Holzkörper aufsteigenden Wasserstrom leistet aber diese Imbibitions- bewegung gewiß nur sehr wenig. Daß) hingegen eine trocken ge- wordene Flechte bei Berührung mit Wasser dieses nicht bloß kapillar (durch die zwischen den Hyphen befindlichen Hohlräume) auf- nimmt, sondern in der Wand jeder Hyphe das Wasser durch Imbi- bition befördert werden muß, leuchtet wohl ein. 49. Die Kapillarität, welcher man früher eine große Bedeutung bezüglich der Wasserbewegung zuschrieb, leistet nach der herrschen- den Meinung direkt für die Hebung des Wassers nichts. Nach der herrschenden Meinung ist sie bei der Wasserbewegung nicht eine treibende, sondern bloß eine haltende Kraft. Im Koniferenholze, welches nach neueren Untersuchungen selbst im ersten Jahresringe keine Gefäße besitzt, und dessen Elemente durch die Tüpfelschließ- häute vollkommen geschlossen werden, existiert kein zusammenhän- gendes Kapillarsystem. Bei diesen Gewächsen ist also eine Hebung des Wassers von Zelle zu Zelle durch Kapillarität ausgeschlossen. Aber auch in gefäßführenden Pflanzen kann diese Kraft für die Hebung des Wassers unmöglich viel leisten, da die Geschwindig- BP 1 e 291 keit kapillar gehobener Flüssigkeiten mit der Steighöhe rasch ab- nimmt und zudem die Gefäße, mit Glaskapillaren gleichen Quer- schnittes verglichen, eine geringere Steighöhe wie diese aufweisen. Infolge der Kraft, mit welcher die in den Zellen auftretenden, mit Luftbläschen abwechselnden und mit diesen zu der bekannten Jaminschen Kette verbundenen kapillaren Wassersäulchen von den Zell- und Gefäßwänden festgehalten sind, wird die Emporsaugung des Wassers erschwert, wohl aber der Druck des Wassers auf die in den Zellen (und Gefäßen) eingeschlossenen Luftblasen vermindert und in der Regel — infolge der geringen Höhe der kapillaren Wassersäulchen im Verhältnis zur Höhe der Luftblasen — beinahe oder gänzlich aufgehoben. Die Ansichten über die Bewegung des Wassers innerhalb der Jaminschen Kette sind noch geteilt. Die Jaminsche Kette durchzieht indes nicht die ganze Leitungsbahn. indem sowohl an deren unterem Ende (in der Wurzel) als in deren peripherem Teile (in den Blättern) kontinuierliche Wasserfäden an- zutreffen sind. Nach Schwendener findet sich die Jaminsche Kette hauptsächlich in den Ästen und Zweigen und reicht im Hauptstamme selten unter das Niveau des Grundes der Baumkrone. 50. Die Bruchstücke unserer, die Wasserbewegung in der Pflanze betreffenden Erfahrungen wurden vielfach kombiniert, um ein möglichst vollständiges Bild dieses, zum mindesten rücksichtlich der Holzgewächse höchst komplizierten Prozesses zu gewinnen. Dieses Ziel ist aber nach der Ansicht der hervorragendsten Physiologen bisher noch nicht erreicht worden, ja selbst ein Haupt- punkt der Frage, ob der durch den Holzkörper gehende Wasser- strom auf bloßer Wirkung physikalischer, auch in toten Elementen zum Ziele führender Kräfte zurückzuführen ist, oder ob nicht auch lebende Zellen bei diesem Prozesse notwendigerweise beteiligt sind, hat bisher keine endgültige Erledigung gefunden.*) . Der Modus der Emporschaffung des Wassers wird je nach dem Bau der Pflanze ein verschiedener sein. Während beispielsweise bei den Schimmelpilzen die osmotischen Kräfte hierfür ausreichen, wird bei den Torfmoosen (Sphagnum), deren leitende Zellen faktisch durchlöchert sind, das Wasser durch Kapillarität emporgehoben, und bei Pilzen mit sehr diekwandigen Hyphen ist eine andere Art der *) Durch Böhm wurde (1889) zuerst die bemerkenswerte Tatsache kon- statiert, daß unterhalb der Laubregion durch Abbrühen getötete Stengelpartien einer Bohnenpflanze den Fortgang der Transpiration nicht aufzuhalten vermögen. Später hat Strasburger (Leitungsbahnen, p. 645 ff.) denselben Nachweis auch für einige Holzpflanzen geliefert. Vgl. dagegen Schwendener, Sitzungsberichte der Berliner Akademie, Bd. XLIV (1892), p. 932 f., und Dixon, Bot. Zeitung, 1906, 19* 292 Wasserversorgung der Elemente als durch Bewegung des Imbibi- tionswassers nicht wohl denkbar, wenngleich diesen von außen das Wasser durch Kapillarität zugeführt wird. Mit gesteigertem Tran- spirationsbedürfnis kompliziert sich der Bau der Pflanze, es wird die Wasserleitung durch Ausbildung besonderer Leitungsbahnen lokalisiert, und gerade bei diesen Gewächsen ist ein kompliziertes, aber einheitliches Zusammenwirken der verschiedenen Molekular- kräfte zur Vollführung dieses Prozesses anzunehmen“) 51. Es ist oft versucht worden, die Geschwindigkeit des Wasserstromes im Holzkörper experimentell festzustellen. Es ist be- greiflich, daß man selbst in jenen Fällen, in welchen man genauere Bestimmungsmethoden anwendet, höchst verschiedene Werte für die Geschwindigkeit des strömenden Wassers erhalten wird, denn die spezifischen Eigentümlichkeiten im anatomischen Baue ver- schiedener Gewächse begründen an sich schon eine Verschiedenheit in der Geschwindigkeit der Wasserbewegung derselben; es hängt auch bei einer und derselben Baumart die Wasserbewegung von den äußeren Vegetationsbedingungen ab, von Luftfeuchtigkeit, Tempe- ratur, Barometerstand ete. Da bisher diese einzelnen Momente noch nicht eingehend berücksichtigt wurden, so ist den diesbezüglich ermittelten Zahlen nur ein geringer Wert beizumessen. VI. Die Leitung der organischen Stoffe. '?) 52. Die alten Physiologen (Grew, Malpighi, Mariotte etc.) haben zweierlei Saftströme in den Bäumen angenommen, einen auf- steigenden und einen absteigenden. Ersterer sollte sich durch das Holz zu den Blättern, letzterer von diesen durch die Rinde hinab bewegen. Der aufsteigende Saftstrom ist nun nichts anderes als der oben erörterte, im Holze aufsteigende Wasserstrom. Die Existenz des absteigenden Saftstomes wurde durch Ringelung der Rinde be- wiesen. Löst man nämlich ein Stück vom Rindengewebe des Stam- mes in Form eines geschlossenen Ringes ab, so daß der Holzkörper freigelegt wird, so geht die Entwicklung der Organe über der Wunde normal oder gar begünstigt vor sich, während dieselbe unterhalb der Wunde stille steht. Man schloß sehr richtig aus diesem Experimente, daß es die in den Blättern assimilierten Stoffe seien, welche durch die Rinde den unteren Organen zugeführt werden. Das Experiment ist leicht mit dem gleichen Erfolge zu *) Außer den oben bereits erörterten Molekularkräften wird von Askenasy, ferner von Dixon und Joly noch die innere Kohärenz des Wassers zur Erklärung der Wasserbewegung in Anspruch genommen.'!!) 293 wiederholen. Allein die Auffassung, als existiere ein dem Wasser- strome entgegengesetzter Saftstrom, oder als bestände in der Pflanze eine der Blutzirkulation analoge Flüssigkeitsbewegung, war eine irrtiimliche. Der »absteigende Saftstrom« ist nichts anderes als ein spezieller Fall der Translokation organischer Stoffe. Andere Fälle soleher Stoffwanderungen sind z. B. die Bewegungen der Reservestoffe aus den Kotylen in die sich entwickelnden Teile eines Keimlings, oder die Ansammlung von Stärke und anderen Reserve- stoffen in besonderen Geweben. Diese Translokation (Leitung der Assimilate und überhaupt der organischen, hauptsächlich aber der zum Aufbau der Gewebe dienenden »plastischen Stoffe«) kann die verschiedensten Riehtungen nehmen; so wandert z. B. die Stärke aus den Blättern der Kartoffelpflanze hinauf zu den Samen und hinab in die Knollen.*) 53. Die organischen Stoffe bleiben wohl nur selten an den Erzeugungsorten liegen, wie etwa die Bestandteile der Holzsubstanz und überhaupt die Bestandteile der Zellhaut der vegetabilischen Ge- webe. Doch gilt dies nieht mehr für die Hemizellulosen der Samen (Phoenix), welche als Reservestoffe fungieren und zur Neubildung von Gewebsbestandteilen verwendet werden. Regel ist es, daß die organischen Stoffe nach anderen Orten transportiert werden; selbst- verständlich stets in Form von Lösungen, sofern sie von Zelle zu Zelle wandern. In den Fusionsgebilden der Rinde (in den Siebröhren) findet jedoch ein Massentransport von Stoffen statt; durch dieselben können auch ungelöste Stoffe (Eiweißkörper und Stärke) sich bewegen. Feste Körper finden selbstverständlich den Weg aus einer Zelle in die andere nur dann, wenn sie die Form eines löslichen und diffusiblen Körpers angenommen haben. Stärke, Fette, Eiweib- körper können somit als solche nicht wandern. Erstere bewegt sich von Zelle zu Zelle in Form eines löslichen, Kupferoxyd reduzierenden Kohlehydrates, wie gewöhnlich angenommen wird, als Dextrose. Die Fette werden vor ihrer Auswanderung ge- wöhnlich zuerst in Stärke umgesetzt (vgl. oben p. 256) oder durch Fermente teilweise in lösliche Form gebracht. Die Eiweißkörper *) Eine absolute Grenze zwischen dem Wasserstrom und der Bewegung der Assimilate läßt sich indes nicht ziehen, da einerseits jedes Gewebe, wenigstens zeitweise, mit Wasser zu versorgen ist, anderseits auch im Holzkörper organische Stoffe geleitet werden, indem namentlich die Frühlingssäfte der Bäume Zucker und andere organische Substanzen enthalten. Durch den Wasserstrom werden organische Substanzen in der Regel emporgeleitet, infolge Umkehrung dieses Stromes können organische Substanzen im Holze auch abwärts geleitet werden, wie auch die plastischen Stoffe in den Phlo@ämen sich nicht nur abwärts, sondern auch aufwärts bewegen können. 294 kommen allerdings zum Teile in löslichen Modifikationen in den Pflanzenzellen vor (vgl. oben p. 224); allein die Lösungen solcher Eiweißstoffe sind nicht oder fast nicht diffusibel. Hingegen werden die Eiweißkörper durch Peptonisierung in leichter diffusible Form gebracht. In diesem Falle sind es Fermente (s. p. 233), welche den Transport der Eiweißstoffe befördern. Von den als Reservestoffe funktionierenden Eiweißstoffen (Aleuron) ist nachgewiesen, daß sie vor der Wanderung einer meist hydrolytischen Spaltung unterliegen. Sie werden unter Abspaltung stickstoffreier Körper in Asparagin und andere diffusible Spaltungsprodukte verwandelt. In diesen Formen wandern die stiekstoffhaltigen Reservestoffe in den Keim- lingen, und später erfolgt im Lichte eine Regeneration der Eiweib- stoffe (s. oben p. 258). Die gelösten organischen Stoffe gehen auf dem Wege der Membrandiffusion von einer Zelle in die andere, und die Geschwin- digkeit der Stoffbewegung ist von den endosmotischen Äquivalenten der zu- und abströmenden chemischen Individuen abhängig. Ob- gleich durch die osmotischen Strömungen ein Gleichgewichtszustand angestrebt wird, so kommt dieser doch nie zustande, erstlich wegen der Semipermeabilität der Plasmahaut, sodann deshalb, weil der kontinuierliche Verbrauch an Stoffen neue tiefgreifende Störungen hervorruft, die eine intensivere Diffusionsbewegung im Gefolge haben. So begünstigt die Atmung die Diffusionsbewegung, da beı derselben organische Substanz durch Verbrennung eliminiert wird. Die osmotische Strömung wird sich nach den Orten stärkster At- mung wenden müssen. Noch bestimmender für die Richtung, nach welcher die gelösten organischen Substanzen sich bewegen, ist ihre Umwandlung in feste, im Zellsafte unlösliche Stoffe, z. B. der Um- satz von Zucker und überhaupt von gelösten Kohlehydraten in Stärke und in Zellulose ete. Durch diese Umwandlungsprozesse sinkt die Konzentration der Lösung des zum Teile eliminierten Körpers, und es ist nun wieder die Möglichkeit neuen Zuströmens dieses Körpers gegeben. Dieser Umstand erklärt uns, warum wir die orga- nische Substanz von den Produktionsorten hauptsächlich nach zwei Zielen hin sich bewegen sehen: nach den Reservestoffbehältern, also in die Samen, Knollen, Markstrahlen ete.*), und nach den Orten der Neubildung. Die Reservestoffe werden in der Regel in unlöslicher Form deponiert; es sind ja Stärke, Fett und Proteinkörner die ge- *) Nach neueren Untersuchungen ist es wahrscheinlich, daß die Milchsäfte mancher Pflanzen als Reservestoffe fungieren, mithin auch Milchzellen, Milchsaft- gefäße etc. als Reservestoffbehälter anzusehen sind (s. oben p. 150; ferner die zu- gehörige Note). 295 wöhnlichsten Reservesubstanzen. Da diese Stoffe in den Aufstape- lungsorten die feste Form annehmen, so wird es verständlich, warum die Reservestoffbehälter gewissermaßen ein Anziehungszentrum der in den Blättern gebildeten organischen Substanz darstellen. Aber auch die Vegetationsspitze und alle anderen Herde der Neubildung ziehen den Strom organischer Substanz nach sich, da auch hier ein großer Teil der flüssigen oder doch gelöst wandernden Substanz, in Zellwand und organisierte Körper umgewandelt, die feste Form annimmt. Der starke, durch intensive Atmung hervorgerufene Stoff- verbrauch an diesen Stellen verstärkt selbstverständlich das osmoti- sche Zuströmen organischer Substanz nach den Orten der Neu- bildung und damit das Wachstum der Zellen. 54. Es dürfte wohl keine Gewebeart existieren, welche nicht, wenigstens zur Zeit ihres Wachstums, plastische Stoffe zu leiten befähigt wäre, da jedes Gewebe zu seinen Neubildungen der Zufuhr plastischer Stoffe bedarf. Die einzelnen Gewebe, ja die einzelnen Elemente derselben, leiten indes die Assimilate in ungleichem Maße. Die Fusionsbildungen repräsentieren begreiflicherweise die besten Leitungsbahnen; in ihnen können selbst ungelöste Körper auf lange Strecken transportiert werden. So wie die Gefäße das Wasser am raschesten weiter be- fördern, so leiten die Siebröhren die organischen Stoffe am aus- giebigsten. Unter den dünnwandigen Elementen mit geschlossenen Membranen leiten die langgestreckten, z. B. die Elemente der Stärke- und Zuckerscheiden (s. oben p. 138) am besten. Dal aber selbst isodiametrische Parenchymzellen plastische Stoffe, wenn auch nur auf kurze Strecken leiten, lehrt die Keimung der Samen. Im großen und ganzen kann man sagen, daß der Siebteil des Gefäßbündels die Hauptbahn der Assimilate bildet, wie der Holz- teil als die Hauptbahn des Wassertransportes bezeichnet werden muß. Es besteht auch ein Zusammenhang zwischen den Leitungs- bahnen und der Qualität der geleiteten Stoffe. Die Siebröhren wer- den häufig als ausschließliche Eiweißbahnen bezeichnet; dies ist aber nicht richtig, da sie auch Stärke und andere stickstoffreie Substanzen transportieren.“) Die parenchymatischen Elemente dienen hauptsächlich der Leitung von löslichen Kohlehydraten und von anderen leicht diffusiblen Körpern. Dal) die Hauptmasse der Eiweißbkörper durch das Phlo&@m geht, haben zuerst die von Hanstein (1860) ausgeführten Ringelungs- *) So hat G. Kraus (Sitzungsberichte der naturforsch. Gesellschaft in Halle, 1884) nachgewiesen, daß die Trockensubstanz des Siebröhreninhaltes der Kürbispflanze 38"/, lösliche Kohlehydrate enthält. / 296 versuche gelehrt. In Wasser gestellte, bis aufs Holz geringelte Weidenzweige (Fig. 171) bringen nicht nur die oberhalb der Sehnitt- wunde gelegenen Knospen, sondern daselbst auch Wurzeln zur Ent- wicklung, während die unterhalb des Ringes befindlichen Knospen sehr rasch ihr Wachstum einstellen und hier fast gar keine Wurzeln gebildet werden. Da die Kohlehydrate auch im Holzkörper, nämlich durch dessen parenchymatische Elemente befördert werden können, so lehrt der Ringelungsversuch, daß die zur Plasmabildung benötigten Eiweißsubstanzen durch die Rinde gehen müssen. Selbstverständlich können hier nur die Siebröhren, Geleitzellen und Phlo&mparenchym- zellen die Leitung übernehmen. Wie schon erwähnt, wird das Eiweiß innerhalb des Phloems, Non in den Siebröhren transportiert. Dort, wo die Siebröhren- glieder ra in offener Kommu- ‚ Fig. 11. nikation stehen (s. p. 86, Anm.), erfolgt ® innerhalb derselben ein Massentransport m der Eiweißkörper. Diese können also in den Siebröhren leicht auf große Strecken Ei ı hin verbreitet werden. r Während der Vegetationsruhe sind die Siebplatten durch den Kallus ver- schlossen (Anatomie, p. 86), mit dem Erwachen der Vegetation treten die Siebröhrenglieder wieder in offene Kom- munikation. Absterbende Siebröhren blei- ben geschlossen. In welcher Weise die Bewegung der in den Siebröhren befindlichen Assimilate erfolgt, ist nieht aufgeklärt. Naktırl, Größe, Geringelter, in Wasser Jatsache ist aber, daßniehtnar” die Kr ee (ac Beförderung der Eiweißkörper in den Siebröhren, sondern die Translokation der Assimilate überhaupt — wenn von dem Transport der organi- schen Stoffe durch den Wasserstrom der Holzkörper abgesehen wird — nur so lange erfolgen kann, als die Leitungsbahnen aus lebenden Elementen bestehen. VII. Sekretion. 55. Hierunter wollen wir den Vorgang der Absonderung von Stoffen verstehen, welche, im Inneren der Zellen und Zellderivate gebildet, in sichtlichen Massen aus den betreffenden Geweben abge- 297 schieden werden. Diese Absonderung erfolgt entweder nach außen oder nach innen; im letzteren Falle sammeln sich die betreffenden Stoffe in den schon oben (p. 145) abgehandelten Sekretbehältern an. Hier sei bloß auf die häufigsten nach außen zu stattfindenden Fälle der Sekretion (Exkretion) in Kürze hingewiesen. Die häufigste einschlägige Erscheinung ist die Wurzel- sekretion. Die Eigenschaften des Wurzelsekretes und dessen Be- teiligung bei der Aufschließung der Bodenbestandteile sind schon früher erörtert worden (s. p. 237). Alle jene insektenfressenden Pflanzen, welche Insektenfleisch als Nahrungsmittel aufnehmen, sezernieren ein peptonisierendes Ferment und organische Säuren, welche die Fleischverdauung begünstigen (p. 246). Zahlreiche Blüten scheiden harzige, ätherische Öle enthaltende und deshalb riechende Substanzen aus zum Zwecke der Anlockung von Insekten, und in Verbindung damit finden wir häufig die Sekretion zuckerhaltiger Flüssigkeiten durch Nektarien, welche den angelockten Insekten als Nahrung dienen. (Siehe Bd. III, Biologie; über Nektarien Bd. II; s. auch oben p. 277.) Hierher gehören auch die Wasserausschei- dungen in Tropfenform (Guttation; s. oben p. 105 und 274) und die sogenannten Wachsausscheidungen (Anatomie, p. 110). Der Vorgang der Sekretion ist vielfach noch dunkel und erfolgt, wie schon aus den angeführten Beispielen ersichtlich ist, auf sehr mannigfaitige Weise; bei manchen Insektivoren (Drosera, Dionaea; s. unten im $ 97) sogar infolge vorangegangener mecha- nischer Reizung der sezernierenden Organe. Die Wurzelsekretion ist eine osmotische Ausscheidung, die Guttation erfolgt durch osmo- tische Pressung, die Wachsausscheidung ist als ein Effloreszieren kristallinischer Substanz aufzufassen. Dritter Absehnitt. Das Wachstum. I. Das Wesen des organischen Wachstums. 56. Unter Wachstum der Pflanzen und ihrer leben- den Teile versteht man deren Volumszunahme, hervor- 298 gerufen durch in ihrem Inneren ablaufende Organisations- vorgänge. Ein Organ kann in einzelnen Fällen auch ohne Änderung seines Gesamtvolums noch weiterwachsen, nämlich durch innere Ausgestaltung, z. B. durch Verdiekung der Zellmembranen. Die Vergrößerung der Oberfläche eines wachsenden Pflanzenteiles ist also nicht immer das richtige Maß seines Wachstums. Das Wachstum beherrscht den gesamten Gestaltungsprozeb der Pflanze, ihrer Organe, Gewebe, Zellen und lebenden Zellbestand- teile; es tritt uns äußerlich in mannigfaltigen typischen Formen ent- gegen. Wir haben schon in der Anatomie zahlreiche dieser Typen kennen gelernt und vom morphologischen Standpunkte aus be- trachtet; so das Wachstum der Zellhaut und anderer Zellbestand- teile, das Längen- und Dickenwachstum des Stammes u. s. w. Hier aber handelt es sich um die Erörterung des Wachstums vom phy- siologisehen Standpunkte. *) Jeder Pflanzenteil benötigt zum Wachsen Wasser und orga- nische Substanz. Die letztere wird den betreffenden Organen in der Regel von anderen Pflanzenteilen zugeführt. Die Keimlinge beziehen die erforderliche Substanz gewöhnlich aus dem Endosperm oder den Kotylen, die Laubknospen der Bäume aus den Mark- strahlen des Splintes, die jungen Georginentriebe aus den Reserve- stoffen der Wurzelknollen ete. Es kann aber auch die zum Wachs- tum erforderliche Substanz in den betreffenden Organen selbst erzeugt werden, z. B. in grünen Blättern. Endlich kann die zum Wachstum eines Pflanzenteiles nötige Stoffmenge in den betreffenden Zellen und Geweben schon als vorgebildete Reservesubstanz vor- handen sein.**) *) Die biologischen Verhältnisse des Wachstums sind im Bd. III (Bio- logie) insbesondere in den Kapiteln III—VIII abgehandelt. ’**) Das Wachstum der Pflanzenorgane durch vorgebildet vorhandene, also nicht zugeleitete Reservestoffe läßt sich, wie van Tieghem zuerst zeigte, am schönsten an isolierten, den Keimungsbedingungen ausgesetzten Teilen der Phanero- samenembryonen demonstrieren. Es wächst unter diesen Verhältnissen beispiels- weise das hypokotyle Stengelglied von Helianthus annuus im isolierten Zustande um das l1fache, das Würzelchen um das 20fache in die Länge; selbst die iso- lierten Kotyledonen verlängern sich in nachweisbarem Maße. Obgleich jeder der Keimteile auf die eigenen Stoffe angewiesen war, wuchsen dieselben doch so be- trächtlich heran. Ph. van Tieghem, Recherches physiologiques sur la germi- nation. Ann, des sciences nat. 5. Ser, T. XXVII (1873). Nach Haberlandt (Sitzungsberichte der Wiener Akademie, 1902, CXI) und Winkler (Botan. Zeit., 1902, Bd. LX, II. Abt.) können in gewissen Fällen selbst aus dem Gewebeverbande gelöste Zellen noch weiterwachsen. ä 299 Wenn man die Menge der aufgenommenen organischen Sub- stanz mit der beim Wachstum verwerteten vergleicht, so ergibt sich für jede Pflanze, sowie für jedes Tier ein mehr oder minder sroßer Verlust; es wird also beim Pflanzenwachstum mehr Substanz aufgenommen als organisiert. Der Verlust ist wie beim tierischen Organismus auf Atmung und auch auf Aus- scheidungen zu setzen. Die letzteren sind aber bei den Pflanzen im ganzen geringer als bei den Tieren. Den Keimteilen wird durch die Reservestoffe weitaus mehr Substanz zugeführt, als zu ihrem Wachstum in Verwendung kommt; es gehen dabei oft 40—50°/, organische Substanz durch Atmung verlustig. Die wachsende Hefezelle nimmt mehr Zucker und andere organische Substanzen auf, als sie beim Wachstum fixiert. Und da auch ein grünes Blatt fortwährend atmet, so kann eben nur ein Teil der von demselben erzeugten organischen Substanz zum Wachs- tum verwendet werden. Sind die Blätter ausgewachsen, so erzeugen sie noch immer aus den Nahrungsmitteln Stärke, welche entweder dem Wachstum anderer Organe (Blüten, Samen etc.) dient oder in den Reservestoffbehältern deponiert wird und der Pflanze erst in einer der nächsten Vegetationsperioden zugute kommt. Die Assimilationsvorgänge (p. 2ö1ff. und 259 ff.) stehen mit denen des Wachstums vielfach in innigem Zusammen- hange, und in allen jenen Fällen, in welchen feste organische Substanz erst in dem Augenblicke chemisch nachweisbar wird, in welchem sie als Strukturbestandteil auftritt (wie z. B. die Zellulose der Zellhaut), fallen Assimilation und Wachstum zusammen. Die Assimilation kann aber auch dem Wachstum vorangehen, z. B. wenn durch Assimilation entstandene organische Substanz aus einer Lösung behufs Formbildung abgeschieden wird, oder die Assimi- lation kann dem Wachstum nachfolgen, wenn ein bestimmter Form- bestandteil der Pflanze (z. B. eine Zellmembran) ohne Form oder Volum zu ändern, eine chemische Umwandlung erfährt.'*°) Wenn nun auch, wie wir gesehen haben, beim Wachstum der Pflanze Substanz, hauptsächlich zum Zwecke einer Arbeits- leistung verbraucht wird, so ist doch mit jeder Form ihres Wachs- tums ein Substanzgewinn verbunden. Da also ein Pflanzenteil ebenso nur durch Substanzvermehrung weiterwächst wie ein Kristall oder ein anderer anorganischer Körper, so besteht in dieser Beziehung kein Unterschied zwischen dem Wachstum eines Organes oder eines Organismus und dem eines Anorganismus. Auch die Aneignung der Substanz wird sowohl beim organischen als bei dem anorgani- schen Wachstum durch die gleichen molekularen Kräfte, nämlich 300 bei beiden teils durch molekulare Apposition, teils durch molekulare Intussuszeption bewirkt. Dennoch besteht ein großer und wesentlicher Unterschied zwischen organischem und anorganischem Wachstum, welchen zu- erst Lamarck (1808) hervorgehoben hat. Er wies darauf hin. daß das anorganische Wachstum ein unbegrenztes, das organische ein begrenztes ist, und nur das letztere sich als eine Entwicklung der Teile von innen heraus darstelle. Das Charakteristische des organischen Wachstums läßt sich nach unserer derzeitigen Einsicht auf folgende zwei Hauptpunkte zurückführen: 1. Das Wachstum ist eine Entwicklung, welche über die Zelle hinaus (also in den Geweben und Organen) durch innere Teilung (s. oben p. 88) der Zellen, und in der Zelle durch innere Teilung der letzten Formelemente der lebenden Substanz (Plasomen, s. oben p- 77) vermittelt wird. 2. Das organische Wachstum hebt nie mit einem Entstehen an, wie das Wachstum eines festen Körpers, der sich aus einer Lösung oder aus einer Schmelze, oder aus Gasen oder Dämpfen abscheidet; das organische Wachstum ist immer nur ein Weiterwachsen, die Fortsetzung einer schon vorhandenen Örganisation.'**) Il. Bedingungen und Erscheinungen des Wachstums. '*>) 57. Das Wachstum der Pflanze und ihrer Teile hängt von gewissen äußeren Einflüssen ab, von der Wärme, in gewissen Fällen auch vom Lichte, ferner von Wasser- und Substanzzufuhr. Da die Atmung mit dem Wachstum unzertrennlich verbunden ist, so muß auch die Gegenwart von Sauerstoff als eine unerläßliche Wachstumsbedingung betrachtet werden.*) Allen diesen Einflüssen gegenüber zeigen verschiedene wachsende Pflanzen und Pflanzen- teile in der Regel ein verschiedenes Verhalten. Die einen benötigen *) In besonderen Fällen wird das Wachstum auch noch durch manche andere äußere Einwirkungen beeinflußt, und zwar entweder befördert oder gehemmt. So z. B. durch die Einwirkung von Äther- oder Chloroformdämpfen, welche, wie Johannsen (1893) entdeckte, das Treiben (s. Biologie, p. 54) der Gewächse be- fördert, worauf ein Verfahren beruht, das heute als »Ätherisierung« in der Gärt- nerei bereits eine große Rolle spielt, ferner durch Gifte, welche von einer bestimm- ten Menge an auf das Wachstum hemmend einwirken, durch Verwundungen, welche Reize zur Folge haben, die entweder hemmend oder begünstigend das Wachstum beeinflussen ete. 301 höhere, die anderen niedere Temperatur, die einen mehr, die anderen weniger Wasser u. s. w. Es verläuft ferner das Wachstum jedes Pflanzenteiles unter wechselnden Bedingungen mit wechselnder Energie. Unterschreitet die auf einen bestimmten wachsenden Pflanzenteil wirkende Tem- peratur einen bestimmten Grad, so unterbleibt das Wachstum vollkommen (unterer Nullpunkt der Wachstumstemperatur). Erhebt sich die Temperatur über diesen Grad sukzessive, so nimmt die Wachstumsgeschwindigkeit bis zu einem bestimmten Grade (Optimum) zu und sinkt bei konstant sich steigernder Temperatur nach und nach, bis bei einem gleichfalls fixen Grade (oberer Nullpunkt) das Wachstum vollkommen erlischt. In der Regel ist zum Wachstum Licht nicht erforderlich oder nur indirekt, nämlich zur Gewinnung von organischer, während des Wachstums zu fixierender Substanz. Manche Pflanzenteile, z. D. das hypokotyle Glied von Viscum album, vermögen indes ohne Licht gar nicht zu wachsen, andere, wie die Blätter der meisten srünen Pflanzen, können ohne Licht nicht zur normalen Entfaltung gelangen. Die Bedeutung der Zufuhr organischer Stoffe während des Wachstums ist schon erörtert worden. Die Notwendigkeit des Wassers für das Wachstum ist allgemein bekannt. Auch der Luft- druck übt auf die Wachstumsgeschwindigkeit einen Einfluß aus, da bei Verdünnung, beziehungsweise Kompression der Luft die Wachstumsintensität anders ausfällt als bei normalem Barometer- stand. Allein es ist, wie P. Bert bewies, nicht der Luftdruck als solcher, sondern lediglich der jeweilige Partiärdruck des Sauerstoffes für die Wachstumsgeschwindigkeit maßgebend. '+°) Bei völligem Mangel an Sauerstoff erlischt das Wachstum vollständig, und schon bei einem Sauerstoffgehalte der Luft, welcher sich bei einer Kompression von 2—2!/, Atmosphären einstellt, tritt eine Herabsetzung des Wachstums ein.*) *) Die Partiärdrucke des Sauerstoffes, welche die größten Wachstums- geschwindigkeiten hervorrufen, sind je nach der Pflanzenart verschieden. Keimlinge von Helianthus annuus wachsen am raschesten bei einem Barometerstande von zirka 100 mm (entsprechend 3 Volumprozent O), Keimlinge von Picia Faba bei einem Barometerstande von zirka 200 mm (entsprechend 5—6 Volumprozent O). Die kleinsten zum Wachstum erforderlichen Sauerstoffmengen sind viel geringer, als früher angenommen wurde, und je nach der Pflanzenart höchst ver- schieden, Es wurden folgende Minima gefunden: für Keimlinge von Brassica Napus 0:08—0'51, für das Mycelium von Mucor Mucedo 0'00029, für Keimlinge von Vicia Faba 0'000000019 Volumprozent OÖ. Wieler, Die Beeinflussung des 302 Das Wachstum jeder Pflanze und jedes Pflanzenteiles hört einmal auf, wenn auch alle äußeren Bedingungen erfüllt und ge- nügende Mengen von Baustoffen vorhanden sind. Es gibt somit auch innere, d. i. in der Organisation der Pflanze begründete Bedin- gungen des Wachstums. Dieselben äußern sich nicht nur darin, daß bei konstanten äußeren Bedingungen der Zuwachs mit ver- schiedener Intensität verläuft, sondern auch in der Beherrschung jener Formen, welche die wachsenden Pflanzenteile annehmen. 58. Bezüglich des ersten Punktes ist folgender Erfahrungssatz ermittelt worden: Die Entwicklung jeder Pflanze und jedes Pflanzenteiles (z. B. Stamm, Stengelglied, Zelle etc.) beginnt, bei gleichbleibenden äußeren Vegetationsbedingungen und genügen- der Stoffzufuhr, mit kleinenZuwächsen, welche sich allmählich vergrößern und deren Werte nach Erreichung eines Maxi- mums wieder sukzessive bis auf Null sinken. Diesen in einer auf- und absteigenden Kurve ausgeprägten Verlauf des Wachstums bezeichnet man nach dem Vorschlage von Sachs, welcher die all- gemeine Gültigkeit des genannten Satzes konstatierte, als die große Periode des Wachstums. Am leichtesten läßt sich die große Periode an wachsenden Stengelgliedern verfolgen. Markiert man ein junges Internodium in gleichen Abständen mit Tuschstrichen und läßt man die Versuchspflanze im Dunkeln oder bei konstanter künstlicher Beleuchtung, ferner auch unter sonst gleichen Vege- tationsbedingungen sich ertwickeln, so findet man, daß das ganze Stengelglied anfänglich kleine Zuwächse aufweist, daß die Längen- entwicklung allmählich bis zu einem Maximum zu- und von hier an immer mehr und mehr abnimmt und endlich auf Null sinkt. Aber auch jeder zwischen zwei oder mehreren Marken eingeschlossene Abschnitt bietet ein gleiches Bild zu- und abnehmenden Wachstums dar. — Nach Beendigung des Längenwachstums ergibt sich ferner folgendes auch für alle anderen wachsenden Organe geltende Ver- halten. Die anfänglich gleich weit voneinander entfernt gewesenen Marken erscheinen vom Grunde des Stengelgliedes aus immer mehr auseinandergerückt bis zur Erreichung eines Maximalabstandes, von welchem an die Entfernung je zweier Tuschstriche wieder abnimmt, und am letzten an der Spitze des Internodiums gelegenen Marken- paare ihr Minimum erreicht. Die Wachstumsfähigkeit ist mithin über die Zonen eines Organes in gesetzmäßiger Weise verteilt. Das Maximum des Zuwachses liegt in der Regel nicht in der Mitte Wachsens durch verminderten Partiärdruck. Untersuchungen aus dem bot. Insti- tute zu Tübingen. Bd. I (1881). £ 303 des Internodiums, sondern erscheint entweder gegen das obere (geradwüchsige Stengel der meisten Dikotylen) oder gegen das untere Ende (Internodien des Grashalmes) verschoben. In der Regel besitzt ein bestimmtes Organ bloß eine maximale Wachstumszone; dies gilt namentlich für die geradwüchsigen (orthotropen) Organe. Bei vielen plagiotropen Organen (z. B. bei den später zu be- Fig. 172. Selbstregistrierendes Auxanometer von Wiesner.'*) An dem Stengel der wachsenden Pflanze ist ein Faden angebracht, welcher über die Roller geht und durch das Minimalgewicht g gespannt ist. Wächst der Stengel empor, so kommt die mit r in Verbindung stehende große, aus Hartkautschuk angefertigte Rolle £ in Bewegung. Um diese geht ein Faden, der einerseits durch das Gewicht @, anderseits durch das aus Hartkautschuk angefertigte Gewicht @’ (Zeigergewicht) gespannt ist. An letzterem ist ein horizontal stehender Zeiger Z angebracht, dessen Spitze mit dem exzentrisch rotierenden, von einem berußten Papiermantel bekleideten Zylinder von Stunde zu Stunde in Berührung kommt, da der Zylinder durch ein Stundenlaufwerk W in Bewegung gesetzt wird. Die vertikalen Abstände der durch den Zeiger geschriebenen Marken geben die stündlichen Zuwächse im Verhältnis vonr (= 1= absoluter Zuwachs) : £ vergrößert an. trachtenden in undulierender Nutation befindlichen Stengelgliedern) treten zwei maximale Wachstumszonen auf.'#”) Mit der Änderung der äußeren Vegetationsbedingungen wird die große Periode mehr oder weniger verdeckt, und es können bei regelmäßiger Veränderung dieser Bedingungen andere Periodizitäten, z.B. eine tägliche Periode in Erscheinung treten. 304 Die Zuwächse der Pflanzenorgane werden entweder durch direkte Messung bestimmt, wobei man sich bei sehr kleinen Ob- jekten selbstverständlich der Lupe oder des Mikroskopes und des Mikrometers !#?) bedienen kann, oder indirekt mittels des Auxano- meters ermittelt, wobei die Längenzunahmen vergrößert angegeben werden. In der vorhergehenden Figur ist ein selbstregistrierendes Auxanometer abgebildet, welches so eingerichtet ist, daß die wach- sende Pflanze die Zuwächse selbst und etwa achtmal vergrößert markiert. 59. Was den zweiten oben genannten Punkt, nämlich die Beherrschung der Form eines wachsenden Organes durch innere Bedingungen anlangt, so läßt sich hierüber kein allgemeines Gesetz aussprechen; es kann zur Zeit auch gar nicht erklärt werden, warum z. B. das Blatt eines bestimmten Gewächses eine konkrete Form annimmt. Man muß sich — wenn von einigen in betreff des Zustandekommens gewisser Formen der Pflanzenteile ermittelten Tatsachen, die bei Besprechung der Nutationen mitgeteilt werden sollen, abgesehen wird — damit begnügen, den Gestaltungstrieb der Pflanze und ihrer Organe als durch das Gesetz der Erblich- keit beherrscht anzusehen. Auch die Mechanik der großen Periode ist noch unaufgeklärt und muß einstweilen gleichfalls als eine durch Vererbung festgehaltene Eigentümlichkeit angesehen werden.*) Hingegen ist konstatiert worden, dal) jedes Organ seine natür- liche Form und Größe unter dem Einfluß äußerer Kräfte inner- halb bestimmter Grenzen abändern kann, worüber später Beispiele folgen werden. 60. Wachstumsgröße. Bis zu welcher Größe eine Zelle, ein Organ oder eine Pflanze von der Anlage an bis zur vollkommenen Ausbildung heranwachsen kann, ist je nach der Pflanzenart im höch- sten Grade verschieden, aber im Einzelfalle innerhalb bestimmter Grenzen konstant. Regel ist wohl, daß sich die erlangten Größen nicht dem arithmetischen Mittel, sondern einem häufigsten Werte unterordnen, was bei Beschreibung morphologischer Verhältnisse wohl zu beachten ist.**) Bezüglich der Größenzunahme von Zellen seien folgende charakteristische Beispiele genannt. Bakterien wachsen von der An- lage (Teilung) an auf die doppelte, die Parenchymzellen des Holunder- markes auf die 12fache, die Internodialzellen von XNitella und Uhara auf die 1000—2000faehe Länge heran. Da die sprossende *) Über die große Periode s. auch Bd. III (Biologie), p. 49 ft. ”*) Zuerst konsequent durchgeführt in der ersten Auflage von Wiesners Rohstoffen des Pflanzenreiches. Leipzig 1873. 305 Hefezelle bei ihrer Anlage von unmeßbarer Kleinheit ist, so kann hier die Größenzunahme durch das Verhältnis 1: » (oder 0:1) ver- anschaulicht werden. 61. Die Wachstumsgeschwindigkeit hängt, abgesehen von äußeren Einflüssen, von spezifischen Eigentümlichkeiten der betreffenden Pflanze, beziehungsweise deren Organe ab. Im allge- meinen kommt den größten Pflanzenformen (Palmen, unter den Gräsern dem Bambusrohr ete.) eine größere Wachstumsgeschwindig- keit zu als kleinen (z. B. Flechten, Moosen). Doch gibt es in dieser Beziehung vielfache Ausnahmen. Man erinnere sich der sprich- wörtlichen Schnelligkeit des Pilzwachstums: in der Tat haben auch die Fruchtkörper der meisten Pilze eine große Wachstumsgesch win- diskeit. Ein bemerkenswertes Beispiel bilden auch die Staubfäden. der Gräser. Die Staubfäden von Roggen und Weizen wachsen kurz vor dem Stäuben in einer halben Stunde von 2—3 auf 12 bis 15mm heran. Die Wachstumsgeschwindigkeit ist etwa so groß) wie die des Bambusrohres, welches sich in 24 Stunden um zirka 600 mm verlängert.*) Die Wachstumsfähigkeit eines vielzelligen Organes, z. B. eines Internodiums, prägt sich in einer Reihe von physikalischen Eigenschaften desselben aus. Am auffälligsten sind die folgenden: Ein solehes Organ ist im Vergleiche zu einem völlig herangewach- senen dehnsam (duktil), biegsam und wenig elastisch. Durch Zug verlängert es sich, und beim Aufhören der dehnenden Kraft zieht es sich nur wenig zusammen und zeigt eine große bleibende Ver- längerung. Künstlich gekrümmt, streekt es sich häufig nicht mehr vollkommen gerade, zeigt also oft eine bleibende Verlängerung an der konvexen, eine bleibende Verkürzung an der konkaven Seite. Es gibt sich hierin schon ein gewisser Grad von Plastizität kund, welcher desto deutlicher hervortritt, je jünger das wachsende Organ ist. Mit zunehmendem Wachstum verringert sich die Plastizität. Das Organ wird steif und auf der Höhe der großen Periode oft hart und spröde. Die Blüten mancher Pflanzen (z.B. von Oonvallaria majalıs) *) Man meint gewöhnlich, daß die Organe der Tropenpflanzen sich stets durch relativ große Wachstumsgeschwindigkeit auszeichnen. Doch gibt es selbst unter den im üppigsten Tropengebiete vorkommenden Phanerogamen manche, welche ein außerordentlich langsames Wachstum haben, z. B. die grünen, als Or- gane der Kohlensäureassimilation tätigen Luftwurzeln der epiphytischen Orchidee ER 1 Taeniophyllum Zollingeri, deren Wachstumsgeschwindigkeit beiläufig bloß 000 von jener des Bambusrohres beträgt. Wiesner, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. CVI (1897). Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl, 20 306 hängen infolge der Plastizität der jungen Blütenstiele nach abwärts; später erstarren die Stiele, so daß die Blüten bei Umkehrung ihre Lage nicht mehr zu ändern vermögen. — Die Wachstumsfähigkeit der Zelle läßt sieh nicht so leicht beurteilen. Die Fähigkeit einer Zelle, zu wachsen. ist nur dann vorhanden, wenn ihre Wand noch mit lebendem Protoplasma belegt erscheint.'?°) Ist die Zelle zudem noch turgeszent, so ist sie gewöhnlich noch befähigt, an Umfang zuzunehmen. 62. Das Wachstum der Organe beruht auf dem Wachstum der dieselben konstituierenden Zellen. Die Zellvermehrung vermittelt allerdings das Wachstum der Gewebe und Organe und leitet das- selbe stets ein; allein nicht jedes Wachstum beruht auf einer Zell- vermehrung, indem ein Organ auch dadurch wachsen kann, daß seine Zellen an Größe zunehmen. Dieser Fall ist sogar der ge- wöhnliche, indem gerade während des stärksten Wachstums eines Organes keine Zellbildung mehr stattfindet, wohl aber die aus Meri- stem- in Dauerzellen übergehenden Elemente durch Wachstum sich sehr stark vergrößern. Wie man sich leicht durch die mikroskopi- sehe Untersuchung überzeugen kann, geht in der Zone des stärksten Wachstums eines ÖOrganes, z. B. eines Internodiums, keine Ver- mehrung, wohl aber eine sehr auffällige Streckung der Zellen vor sich. Wie die Erfahrung lehrt, wachsen die meisten Pflanzen am besten bei reichlicher Wasserzufuhr, ihre Organe befinden sich dann im turgeszenten Zustande. Welkende Pflanzen stellen hingegen stets ihr Wachstum ein. Diese Tatsachen haben die Frage über den Zusammenhang zwischen Turgorgröße und Wachstumsintensität nahegelegt. Sachs stellte den Turgor geradezu als Ursache des Flächen- wachstums der Zellhäute hin. Spätere genaue Untersuchungen haben aber gelehrt, daß das Wachstum der Zelle auch ohne passive Dehnung der Zellhaut stattfinden kann (Klebs), daß in manchen Fällen ein Wachstum der Haut durch Turgorspannung nicht er- klärt werden kann (Krabbe), endlich, daß die Temperatur, ohne einen merklichen Einfluß auf die Turgordehnung der Zellhaut zu nehmen, doch in hohem Grade die Wachstumsfähigkeit befördert (Wiesner, Askenasy). In vielen Fällen begünstigt allerdings der Turgor die Zellhaut- dehnung und damit das Zellwachstum; derselbe ist aber selbst in diesen Fällen bloß eine der Wachstumsursachen. Die Ursachen des Zellwachstums sind in Tätigkeiten des Protoplasma zu suchen, und es ist nicht zu bezweifeln, daß der durch Wasseraufnahme entstehende 307 große Druck in der lebenden Substanz Zustände hervorruft, welche das Wachstum befördern. An wachsenden Stengeln und vielen anderen Pflanzenteilen läßt sich der Zusammenhang zwischen Turgor und Dehnung der Zellhaut, welche beim Wachstum dieser Organe mitwirkt, auf fol- sende Weise darlegen: Läßt man ein vorher in gleichen Abständen markiertes Stengelglied durch einige Zeit wachsen, um die Ver- teilung des Längenwachstums innerhalb desselben kennen zu lernen, löst man es durch Abschneiden aus dem organischen Ver- bande ab und taucht es in eine 10°/,ige Kochsalzlösung, so findet nieht nur eine allgemeine Verkürzung des Organes statt, es zeigt sich auch, daß die Verkürzung der markierten Zonen ungleich ausfällt, nämlich desto stärker ist, in je stärkerem Wachstum sie sich befanden. Durch die Salzlösung wird den wachsenden Zellen Wasser entzogen und der Druck der Zellflüssigkeit auf die Wand aufgehoben, so daß die letztere ihre elastische Dehnung verliert und sich verkürzt.*) Da die Organe durch Wachstum stets bedeutend mehr an Volum gewinnen, als durch Plasmolyse rückgängig zu machen ist, so folgt, daß die durch die Turgorkraft gewonnene passive Dehnung nach und nach durch Strukturänderungen, welche in den wachsenden Teilen statthaben, fixiert wird. 63. Infolge ungleicher Turgeszenz und ungleichen Wachstums der Gewebe eines Organes, ja selbst verschiedener Schichten eines und desselben Gewebes, kommen zwischen diesen verschiedenen Geweben oder Gewebslagen Spannungen zustande, welche man als Gewebespannung zusammenfaßt. So besteht ganz allgemein eine Spannung zwischen Oberhaut und dem parenchymatischen Grundgewebe eines wachsenden Pflanzen- teiles.. Löst man die Oberhaut aus dem Gewebeverbande, so zieht sie sich zusammen; aber das von der Haut befreite Grundparenchym ‚dehnt sich aus. Das Parenchym ist positiv, die Oberhaut negativ gespannt; mit anderen Worten: ersteres befindet sich in Druck-, letztere in Zugspannung. — An in die Länge gestreckten Organen, z. B. Blattstielen, Stengeln, Stämmen ete., kann man zwei Formen *) Selbst eine zu vollständiger Plasmolyse (s. oben p. 271) führende Wasser- entziehung gefährdet noch keineswegs das Leben der Zelle. Denn macht man den Versuch mit Stengelgliedern, die noch im organischen Verbande sind, also noch die Fähigkeit besitzen, weiter zu wachsen, und bringt man den infolge von Wasser- entziehung kontrahierten Teil der Versuchspflanze für eine Zeit unter Wasser, so wird die Plasmolyse aufgehoben, das Internodium streckt sich bald wieder auf seine frühere Länge und wächst, an die Luft gebracht und günstige Vegetations- bedingungen vorausgesetzt, normal weiter. 20* 308 der (positiven und negativen) Gewebespannung unterscheiden: Längs- und Querspannung. Spaltet man einen Stengel in die Länge, so klaffen die Hälften, indem die Außenseite konkav wird. Dies ist ein Beweis für die positive Längsspannung des Markes und für die negative des Hautgewebes. Durchschneidet man eine Querscheibe eines Stammes durch radiale Längsschnitte und legt man die Ge- webe frei, so erkennt man an der sich einstellenden Kontraktion der Rinde, daß diese sich in negativer Querspannung gegenüber dem passiven oder schwach positiv gespannten Holzkörper befand. Es wurde schon oben auf den fast plastischen Charakter der ganz jungen, aus meristematischen Geweben bestehenden Pflanzen- teile hingewiesen. Diese befinden sich stets im spannungslosem Zu- stande. Mit dem Wachstum steigert sich in der Regel die Gewebe- spannung, stark bei Stengeln, weit schwächer bei Wurzeln. Aber auch völlig ausgewachsene Pflanzenteile, z. B. völlig herangewach- sene Blütenschäfte des Löwenzahnes und viele andere Stengel, Blatt- stiele und Blätter weisen oft noch beträchtliche Spannungsunter- schiede auf. Die Längsspannung befördert das Längenwachstum. Durch stark ausgeprägte Querspannung kann unter Umständen eine meßbare Verkürzung von Organen (Wurzeln) herbeigeführt werden. 64. Gleichseitiges und ungleichseitiges Wachstum. Nach Form und Gewebeanordnung lassen sich die Pflanzenorgane in regelmäßige und symmetrische unterscheiden. Die ersteren sind radiär, die letzteren gewöhnlich bilateral gebaut. Beispiele der ersteren Art sind die gewöhnlichen aufrechten Laubstengel; die Laubblätter bilden Repräsentanten der zweiten Art. Die bilateralen Organe, z. B. die Blätter, zeigen häufig noch ein anderes morpho- logisches Verhältnis: ihre obere Hälfte ist anders als die untere gebaut, sie sind dorsiventral, wie in der Anatomie (p. 154) dargelegt wurde. Die regelmäßig gebauten Organe unterliegen gewöhnlich einem gleichseitigen Längenwachstum. Hingegen kommt den bilateralen, namentlich aber allen dorsiventralen Organen ein ungleichseitiges Längenwachstum zu, sie wachsen entweder an der Unterseite oder an der Oberseite relativ stärker und nehmen infolgedessen bestimmte Krümmungen, (spontane) Nutationskrümmungen, oder aber bestimmte Lagen an. Auch ein Wechsel im verstärkten Längenwachstum an Ober- und Unterseite findet sich an vielen Organen vor. So wachsen z. B. die Laubblätter anfänglich an der Unterseite stärker und bilden infolgedessen die Laubknospe; 309 später kehrt sich dieses Verhältnis um und diese Form des un- gleichseitigen Wachstums führt dazu, daß das Blatt von der Knospe sich abhebt und sich in die normale Lage bewegt, in welcher die früher gegen die Stammachse gekehrte Blattseite erst zur Oberseite wird. Das verstärkte Wachstum an der Unterseite eines Organes wird nach de Vries als Hyponastie, das umgekehrte Verhalten als Epinastie bezeichnet. Die Blätter sind also anfänglich hypo- nastisch, später epinastisch. Hyponastie und Epinastie sind auch nur spezielle Fälle der einfachen Nutation, bei welcher eine Seite eines Organes stärker wächst als die andere. Nach Sachs werden die in vertikaler Richtung wachsenden. also nicht spontan nutierenden Organe als orthotrop, die schief (oder horizontal) sich entwickelnden, in der Regel ungleichseitig wachsenden als plagiotrop bezeichnet. Die Blätter haben mithin einen plagiotropen Wuchs. Hingegen hat es den Anschein, als würden die ihrer Anlage nach radiär ge- bauten Stengel stets orthotrop sein. Für den monokotylen Stamm ist dies wohl in der Regel richtig, nicht aber für den Stamm der Dikotylen. Seitenäste sind häufig von Epinastie beherrscht. Der radıär gebaute Keimstengel der Dikotylen bietet ein anderes Bild ungleichseitigen Längenwachstums dar; seine Spitze ist hakenförmig nach abwärts gekrümmt und zudem zeigt der ältere (untere) Sten- gelteil eine weniger stark ausgeprägte, entgegengesetzte Krümmung. Bezeichnet man die gegen die vorgeneigte Spitze gewendete Seite des Keimstengels als Vorderseite, so läßt sich das Zustandekommen der Krümmung in folgender Weise ausdrücken: Der Keimstengel wächst zuerst an seiner Hinterseite stärker, es stellt sich hierauf ein Gleichgewichtszustand im Längenwachstum an Vorder- und Hinterseite her und sodann überwiegt das Wachstum an der Vorder- seite. Diese Form ungleichseitigen Längenwachstums wird als un- dulierende Nutation (Wiesner) bezeichnet.!5°°) An Keimstengeln von Phaseolus multiflorus und den meisten anderen Dikotylen ist diese Wachstumserscheinung besonders schön ausgeprägt. Die in dieser Nutationsform befindlichen Organe haben eine \-förmige Ge- stalt und weisen zwei maximale Wachstumszonen auf, von welchen die eine im oberen, die zweite im unteren Bogen gelegen ist (siehe p- 303).*) *) Die einfache und undulierende Nutation werden gewöhnlich als derzeit noch unerklärt hingestellt. Man betrachtet als Ursachen beider eine gesetzmäßige Verteilung der Wachstumsintensitäten, ohne jedoch angeben zu können, welche Ursachen die Ungleichheit des Wachstums an den entgegengesetzten Seiten des Organes bedingen. 310 Auf ungleichseitigem Längenwachstum beruht auch das Schlingen oder Winden der Stengel. Das stärkste Längenwachstum verläuft hier am Stengel in einer Schraubenlinie. Diese Form des Wachstums wird als revolutive Nutation (nach Sachs, Zirkum- nutation nach Darwin!’!) bezeichnet. Es ist nicht gelungen, diese Nutationsform mechanisch zu er- klären, wohl aber ist die Erscheinung des Windens unserem Ver- ständnis durch die Erkenntnis näher gebracht worden, daß außer der revolutiven Nutation noch andere Weachstumsverhältnisse, namentlich, wie wir gleich sehen werden, der Geotropismus, hierbei eingreifen. Die schlingenden Organe umgreifen die Stützen anfangs nur lose und in wenig aufsteigendem Bogen, legen sich aber später in steilen Windungen enge an dieselben an, was durch negativen Geo- tropismus (s. unten) zustande kommt. Die schlingenden Pflanzenteile sind gewöhnlich Stengel. sel- tener Blattstiele oder andere Organe. Das Schlingen erfolgt bei bestimmten Pflanzen in der Regel nach einer bestimmten Richtung, entweder nach rechts, d. i. im Sinne des Uhrzeigers, oder nach links. Ersteres ist beim Hopfen, letzteres bei der Stangenbohne (Phaseolus multiflorus) und überhaupt bei den meisten windenden Es läßt sich nun sowohl die einfache als die undulierende Nutation auf bestimmte mechanische Ursachen zurückführen. Keimstengel von Phaseolus multi- forus (Epikotyle) und zahlreicher anderer Dikotylen sind zur Erklärung der hier- bei stattfindenden Erscheinungen besonders geeignet, da dieselben zuerst einfach und später undulierend nutieren. Das Epikotyl der genannten Pflanze ist anfangs gerade, aber prismatisch mit trapezoidalem Längsdurchschnitt: die Vorderseite ist kurz, die Hinterseite lang; rechte und linke Flanke haben aber gleiche Länge. Die korrespondierenden, an den verschiedenen langen Seiten gelegenen Zellen stimmen untereinander über- ein. Die später eintretende einfache Nutation beruht nicht auf einer Verschieden- heit oder einem verschiedenen Verhalten gegenüberliegender Zellen, sondern auf der ungleichen Anzahl der Zellen in den gegenüberliegenden &eweben. Infolge des später eintretenden starken Wachstums muß die lange Seite konvex, die kurze Seite konkav werden; die einfache Nutation ist damit vollzogen. Nun sind aber die an der konvexen Seite gelegenen Zellen im Zug, die an der konkaven Seite gelegenen im Druck gespannt, wodurch die ersteren allerdings im Längenwachs- tum etwas begünstigt werden, indes die letzteren sich relativ stark durch Teilung vermehren, wodurch der weiterwachsende Pflanzenteil die entgegengesetzte Krüm- mung annehmen muß. Die so zustande gekommene Nutation wird später, vornehm- lich durch Geotropismus, wieder ausgeglichen. Wiesner, Sitzungsberichte der kais. Akad. der Wiss., Bd. LXXVII (1878) und Bd. LXXXVIII (1883). Derselbe, Bot. Zeitung, 1884. Bezüglich des ganz analogen Zustandekommens der Sachs- schen Wurzelkrümmung s. Wettstein, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss, Bd. LXXXIX (1884). oll Gewächsen der Fall. Eine Ausnahme von der Regel bildet Solanum Dulcamara, von welchem einzelne Individuen nach rechts, andere nach links winden.*) Durch ungleiehseitiges Diekenwachstum von Stämmen und Wurzeln werden »Trophien« (Wiesner) hervorgerufen. von wel- chen als Hauptformen Epitrophie und Hypotrophie zu unterscheiden sind. Das Holz der Seitenäste der Koniferen ist stets hypotroph, das der Laubbäume anfangs epi-, schließlich hypotroph. Bei der Linde sind die Trophien des Holzes in auffälliger Weise von den entsprechenden Trophien der Rinde begleitet.!?!*) Vierter Abschnitt. Abhängigkeit der Vegetationsprozesse von äußeren Kräften. I. Einfluß des Lichtes. 65. Es gibt Vegetationsprozesse, welche vom Lichte unab- hängig sind, z. B. die Zellvermehrung, ja es existieren Pflanzen, z. B. die Hefe und zahlreiche andere Pilze, welche des Lichtes zu ihrer Entwicklung und ihrem Bestande nieht benötigen. — Gewisse Vorgänge in der lebenden Pflanze sind aber an das Licht gebunden, so z. B. die unter Sauerstoffausscheidung vor sich gehende Kohlen- säureassimilation (p. 251). Viele dieser Prozesse sind für die Exi- stenz der Pflanze geradezu maßgebend. Es gibt somit Pflanzen, welche das Licht nicht entbehren können. In diese Kategorie ge- hört die überwiegende Mehrzahl der Pflanzen, vor allem die grünen Gewächse. Aber auch manche Pilze, also gänzlich chlorophyllose Organismen kommen ohne Licht nicht zur normalen Entwicklung, z. B. Coprinus ephemerus.'’2) Das Licht übt auf die Pflanze entweder eine chemische oder eine mechanische Wirkung aus, und dementsprechend hat man photochemische und photomechanische Vegetationsprozesse zu unterscheiden. Bei keinem dieser Vorgänge ist die Intensität und die Brechbarkeit des Lichtes (Lichtfarbe, Schwingungszahl) *) Über die biologischen Verhältnisse des Schlingens und der Schling- pflanzen s. Bd. III (Biologie), Kapitel Kletterpflanzen. 312 gleichgültig, für einzelne steht auch die Richtung, in welcher das Licht einfällt, in Beziehung zu dem erzielten Effekte. Das auf die Pflanze einwirkende Tageslicht besteht bei ‚gedeckter Sonne nur aus diffusem (zerstreutem), nach unendlich vielen Richtungen strahlendem Lichte. Bei unbedeckter Sonne be- ‚steht aber das Tageslicht zum Teile aus diffusem (nach unendlich vielen Richtungen strahlendem), zum Teile aus direktem (parallel ‚strahlendem) Lichte. Für die Vegetationsprozesse ist im allgemeinen das diffuse Licht von weitaus höherer Bedeutung als das di- rekte Sonnenlicht (Wiesner®’?). 66. Photochemische Prozesse. Die neuere Forschung hat uns mit so vielen chemischen Lichtwirkungen bekannt gemacht, .daß sich mit Rücksicht auf die große Zahl der in der Pflanze ver- laufenden chemischen Prozesse und auf die Abhängigkeit des Pflanzenlebens vom Lichte annehmen läßt, daß viele dieser Vor- gänge photochemische seien. Die bis jetzt bekannt gewordenen photochemischen Prozesse sind, im allgemeinen betrachtet, dreierlei Art: Spaltungs-, Bindungs- und molekulare Umlagerungsprozesse. So wird das Chlorsilber im Lichte zerlegt. Wasserstoff und Chlor, oder Äthylen und Chlor verbinden sich im Lichte; Verbindungen des Chinins verwandeln sich im Lichte in Verbindungen des Chini- dins ohne chemische Umänderung; denn dieses Alkaloid ist mit ersterem isomer. Analoge Prozesse verlaufen auch in der Pflanze. So sind die Bildung der Stärke aus Kohlensäure und Wasser im Chlorophylikorn, die Entstehung der Eiweißkörper aus Asparagin und anderen, im Dunkeln auftretenden Spaltungsprodukten der Protein- substanzen (p. 258) Bindungsprozesse; die Zerstörung des Chloro- phylis im Lichte ist hingegen ein Spaltungsprozeß. Chemische Um- lagerungen sind in der Pflanze direkt nicht beobachtet worden; kommen aber zweifellos häufig vor. Das Licht vollzieht oder be- fördert viele Reduktions- und Oxydationsprozesse; einige solcher Vorgänge sind auch in der lebenden Pflanze nachgewiesen worden. Man kennt bisher nur wenige in der Pflanze auftretende photochemische Prozesse. Die wichtigsten sind: die Entstehung und Zerstörung des Chlorophylis und einiger anderer Farbstoffe, die Entstehung organischer Substanz im Chlorophylikorn, endlich die Regeneration der Eiweißstoffe.*) *), Wie sehr das Licht in die verschiedensten chemischen Prozesse der Pflanze eingreift, geht unter anderem aus sehr interessanten Untersuchungen von Bonnier und Mangin (Ann. des sc. nat., VI. Ser., T. 17 [1884]) hervor, welche £ 313 67. Entstehung des Chlorophylls. Dieser Körper entsteht in der Pflanze auf zweierlei Art, entweder photochemisch oder durch einen anderen, vom Lichte völlig unabhängigen, bis jetzt noch unaufgeklärten chemischen Prozeß.*) Die letztere Entstehungs- art ist bisher fast nur beim Ergrünen der Koniferenkeimlinge und bei einigen Kryptogamen beobachtet worden.!?3®) Die Intensität des zur Chlorophyllibildung dienlichen Lichtes ist eine sehr geringe. Schon in sehr schwachem diffusen Tageslichte erfolgt ein intensives Ergrünen. Selbst unter den günstigsten Be- dingungen ergrünen etiolierte Pflanzenteile doch erst nach mehreren Stunden deutlich. Die ersten Chlorophylispuren sind bei manchen Pflanzen (Gramineen) schon nach 5—20 Minuten spektroskopisch nachweisbar. Es entsteht das Chlorophyll (gleich der Salzsäure aus Chlor und Wasserstoff bei Liehtzutritt) durch photochemische Induktion, also immer erst nach Ablauf einer bestimmten Zeit, seine Menge steigert sich dann unter konstanten Bedingungen bis zu einer be- stimmten Grenze, und es wird durch kurze Zeit noch nach dem Erlöschen des Lichtes weitergebildet. So erklärt sich auch der gleiche Grad des Ergrünens bei konstanter und intermittierender Beleuchtung. wenn im letzteren Falle nur ein bestimmter Wechsel von Beleuchtung und Verfinsterung eingehalten wird.'°*) Es besteht eine feste Beziehung zwischen Lichtfarbe und Chlorophylibildung. Zur Ermittlung dieses Verhältnisses sind die Senebierschen Glocken sehr geeignet; es sind dies nämlich doppel- wandige, mit farbigen Flüssigkeiten gefüllte Glasglocken. die nur bestimmte Anteile des Lichtes durchlassen. Als absorbierende Flüssig- keit dient gewöhnlich eine Lösung von doppeltehromsaurem Kalı, welches bloß Licht von Rot bis Grün, und schwefelsaures Kupfer- oxydammoniak, welches Grün bis Ultraviolett durchläßt. Ein Ge- menge beider absorbiert alles bis auf Grün. Will man präzise lehrten, daß auch die Atmung der Pflanze, welche man bis dahin als vom Lichte unabhängig betrachtete, durch das Licht beeinflußt wird, *) Es werden außer den schon genannten noch einige andere photochemisch entstehende Pflanzenstoffe angegeben. Am sichersten begründet erscheint unter diesen Substanzen die Entstehung des Gerbstoffes. Der Gerbstoff entsteht nach den sorgfältigen Untersuchungen von G. Kraus selbst in ein und derselben Pflanze (z. B. der Eiche) teils photochemisch, teils unabhängig vom Lichte. Im ersteren Falle ist zur Bildung dieses Körpers starkes Licht erforderlich, ferner Kohlen- säure und Chlorophyll. Der autochthone, im Lichte entstehende Gerbstoff wandert aus dem Chloro- phyliparenchym aus. G. Kraus, Grundlinien zu einer Physiologie des Gerbstoffes. Leipzig 1889. , 314 Resultate erhalten, so müssen die Versuche in möglichst schwachem Lichte ausgeführt werden, da, wie sich später herausstellen wird, bei stärkeren Lichtintensitäten Chlorophyll zerstört wird. Es wurde gefunden, daß unter der Glocke, welehe Rot bis Grün durchläßt, das Ergrünen viel früher als hinter der blauvioletten eintritt, daß also die roten, orangen und gelben Strahlen weit wirksamer als die übrigen sind. Andere Versuche haben gelehrt, daß die gelben und zunächst benachbarten, also die Strahlen von größter Leucht- kraft. den Prozeß der Chlorophyllentstehung am meisten begünstigen. 68. Zerstörung des Chlorophylls.!?) Eine im Finstern befindliche Chlorophyllösung verändert sich selbst bei ungehindertem Luftzutritt nicht; bei völligem Ausschluß von Sauerstoff bleibt sie, selbst der größten Sonnenbeleuchtung ausgesetzt, unverändert. Ist hingegen die Lösung der gleichzeitigen Einwirkung des Lichtes und des Sauerstoffes ausgesetzt, so verfärbt sie sich infolge von Zer- störung des Pigmentes. Man sieht also, daß die Zersetzung des Chlorophylis ein vom Lichte abhängiger Oxydationsprozeß ist. Auch hier üben die am meisten leuchtenden Strahlen die größte Wirkung aus und nach beiden Enden des sichtbaren Spektrums nimmt die chlorophylizerstörende Kraft des Lichtes ab. Sehr schwaches Licht, wie solches zur Entstehung des Chlorophylls hinreicht, wirkt noch nicht zersetzend, wohl aber schon zerstreutes Tageslicht. Im Sonnen- lichte geht die Verfärbung ungemein rasch und, wie sich leicht be- weisen läßt, desto rascher vor sich, je verdünnter die Lösung ist. — Auch in der lebenden Pflanze geht bei Sauerstofizutritt und genügender Lichtstärke Chlorophyll durch Zersetzung verloren, was sich schon aus der Tatsache ergibt, daß bei mittleren Lichtintensi- täten die doch so klare Beziehung zwischen Lichtfarbe und Chloro- phyllentstehung sich nicht mehr genau nachweisen läßt. weil bei dieser Lichtstärke bereits ein Teil des gebildeten Chlorophylis zer- stört wird.”) — Ganz junge, erst im Ergrünen begriffiene Chloro- phylikörner sind weit lichtempfindlicher als völlig ausgebildete tief ergrünte, und erstere könnten nicht zur normalen Ausbildung ge- langen, wenn nicht Einriehtungen zum Schutze des Chlorophylis in der Pflanze getroffen wären (vgl. oben p. 231). — Es sei hier be- merkt, daß Zersetzungen des Chlorophylis, selbst durch Oxydation herbeigeführte, auch ganz unabhängig vom Lichte stattfinden können. So verfärbt sich eine Lösung des Chlorophylis in Terpentinöl auch im Finstern. Organische Säuren zersetzen sehr rasch das grüne *) Über den mutmaßlichen Zusammenhang zwischen Chlorophyllzerstörung und Koblensäureassimilation im Chloropbylikorn s. die zweite der folgenden Noten. 315 Pigment. Trotz des fast allgemeinen Vorkommens organischer Säuren in chlorophylihaltigen Zellen tritt aber keine Verfärbung der Chloro- phylikörner ein, weil diese im Protoplasma eingebettet sind, welches aber — so lange es lebt — für organische Säuren fast gänzlich undurchlässig ist. Taucht man ein säurereiches grünes Blatt — z. B. von Oxalis Acetosella — in siedendes Wasser ein, wobei das Protoplasma der Zellen getötet wird, so verfärbt es sich augen- blieklich. 69. Kohlensäureassimilation'5®) (s. oben p. 259). Dies ist ein ausschließlich photochemischer (photosynthetischer) Vorgang, welcher sich namentlich bei größerer Lichtstärke deutlich vollzieht. Über den Einfluß der Brechbarkeit des Lichtes auf diesen Prozeß sind die Ansichten derzeit noch geteilt. Nach einigen (Sachs, Pfeffer) soll auch dieser Prozeß am energischesten von den gelben Strahlen durchgeführt werden: von Gelb an nehme die kohlensäure- zerlegende Kraft des Lichtes nach beiden Seiten des Spektrums ab und erlösche an den Enden von dessen sichtbarem Teile. Nach der Ansicht anderer Forscher (Timirjazeff, Reinke, Engelmann u. a.) sollen hingegen die im Chlorophylispektrum (s. p. 48) am stärksten absorbiert erscheinenden Strahlen, namentlich die zwischen B und Ü gelegenen, diesen Prozel) am meisten begünstigen.*) Schwache Kohlensäureassimilation findet nach den Untersuchungen von Bonnier und Mangin auch im Ultraviolett statt.**) Diese Beziehungen gelten nur für die gewöhnlichen grünen Pflanzen. In den Blau-, Braun- und Rotalgen, wo neben dem Chloro- phyll konstant noch andere Farbstoffe vorkommen, sind es andere Spektralteile, welchen die größte assimilatorische Kraft zugesprochen werden muß. Nach Engelmann erscheint das Maximum der Wir- kung nach jenem Spektralteil verschoben, dessen Farbe der Durch- schnittsfärbung der betreffenden Alge komplementär ist, während *) Über Engelmanns »Bakterienmethode« zur Bestimmung der assimi- latorischen Kraft im Spektrum s. unten bei Chemotaxis. ##) In welcher Weise sich das Licht im Chlorophylikorn betätigt, um die Kohlensäureassimilation zu bewirken, ist noch nicht aufgeklärt. Baeyer meint, daß die Kohlensäure während der Beleuchtung im Chlorophylikorn dieselbe Dis- sozitation erfahre wie bei hoher Temperatur. Zur Erklärung dieses Vorganges hat Timirjazeff folgenden sehr beachtenswerten Gedanken ausgesprochen. Der Chlorophyllfarbstoff wirkt als Sensibilisator, indem er die Lichtstrahlen absorbiert und die Energie der Schwingungen auf die Moleküle der Kohlensäure überträgt, welche infolgedessen eine Zerlegung erfahren. Dabei müßte ebenso Chlorophyll zersetzt, als Kohlensäure zerlegt werden. Timirjazeff, Compt. rend. des seances de l’Acad. des sciences de Paris T. C, Nr. 12 (1885). Nach neueren Unter- suchungen ist es kaum mehr zweifelhaft, daß nur das lebende Chlorophylikorn 316 bei der gewöhnlichen grünen Pflanze das Maximum der Wirkung in dem zum Grün komplementären Rot gelegen ist. 70. Aus dem Mitgeteilten ist ersichtlich, daß die verschiedenen photochemischen Prozesse in der Pflanze bei verschiedener Licht- farbe sehr verschieden verlaufen, und es gewinnt den Anschein, als wären die gelben Strahlen des Lichtes bei all diesen photochemischen Akten am wirksamsten. Dies ist rücksichtlich der Kohlensäureassi- lation zweifelhaft geworden und überhaupt nicht allgemein richtig. So wurde gefunden, daß die Oxydation des Xanthophyllis (Etiolins) sich am energischesten unter dem Einflusse der sogenannten chemi- schen, d. i. der blauen, indigofarbenen, violetten und ultravioletten Strahlen vollzieht. 71. Photomechanische Prozesse. Es sollen hier nur einige der wichtigsten und am genauesten studierten hierhergehörigen Pro- Fig. 173. A, D E 7 @ H A, B, ©... Fraunhofersche Linien; — Kurven, darstellend die heliotropische Kraft der Licht- farben: I / für Wicken-, /7 II für Kressekeimlinge, 1// für etiolierte Weidentriebe, auf welche nur mehr die stark brechbaren Strahlen heliotropisch krümmend wirken ---------.--- Kurve, darstellend die Hemmung des Längenwachstums von Heliantkus-Keimlingen in verschieden brechbarem Lichte. Die Or- dinaten geben die Längenzuwächse in der betreffenden Lichtfarbe an; es ist also bei x die geringste, bei y die größte Hemmung. zesse angeführt werden. — Die meisten Stengel und noch andere Organe werden in ihrer Längenentwieklung durch das Licht ge- hemmt; im Finstern wachsen solche Pflanzenteile weit stärker als im Lichte heran. Doch existieren gewisse geringe Lichtintensitäten, auf welehe diese Pflanzenteile nicht mehr reagieren, desgleichen zur Assimilation befähigt ist. In den Chlorophylikörnern lebender Pflanzenorgane können Zustände hervorgerufen werden, welche selbst unter den äußersten Bedin- gungen der Assimilation diese vorübergehend (Ewart, Berichte der königl. Sächs. Ges. der Wiss., math.-physik. Klasse, 1. Juni 1896) oder dauernd (Bonnier, Compt. rend, 1891) aufheben. Nach Kny (Berichte der Deutsch. Bot. Ges. 1897) vermag nur das in normalem Verbande mit dem Protoplasma stehende Chlorophylikorn Assimilation zu bewirken. 317 Lichtstärken, welche das Längenwachstum völlig sistieren. Werden derartige Pflanzenteile einseitig beleuchtet, so wachsen begreiflicher- weise die Hinterseiten stärker als die Vorderseiten. und solche Organe wenden sich dem Lichte zu, sie bieten die Erscheinung des positiven Heliotropismus!?’) dar. Die heliotropische Wirkung reicht von Orange bis ins Ultrarot und von Grün bis ins Ultra- violett. Im Gelb ist die Wirkung Null, im Violett und Ultraviolett erreicht sie ihr Maximum (s. Fig. 173). Um den Einfluß der Lichtfarbe auf die Hemmung des Längen- wachtums kennen zu lernen, läßt man Keimlinge der gleichen Art unter farbigen Senebierschen Glocken um ihre Achse rotieren, wobei der Heliotropismus ausgeschlossen ist, da die Stengel allseits gleichmäßige Beleuchtung erfahren. Die größte Retardation ist im Violett zu bemerken, von hier nimmt sie sukzessive bis Gelb ab, von wo sie, aber in schwächerem Grade, bis ins Ultrarot steigt. Im Gelb ist die Retardation auf ein Minimum reduziert. Der positive Heliotropismus kommt bei Stengeln in der Regel direkt zum Ausdruck; er kann aber auch als Spannung (Gewebe- spannung) vorhanden sein. Denn wenn man einen einseitig beleuch- teten Keimstengel (z. B. von Phaseolus multiflorus) derart der Länge nach spaltet, daß er in eine Licht- und in eine Schattenhälfte ge- teilt ist, so krümmt sich die erstere viel stärker nach der Richtung des herrschend gewesenen Lichtes als die letztere. Aus diesem Ver- halten und direkten Beobachtungen ist zu schließen, dal Zustände der Membran und des Zellenturgors bei dem Zustandekommen der heliotropischen Krümmung beteiligt sind. Zweifellos übt aber das Licht bei der heliotropischen Krümmung auch auf das Protoplasma eine (reizende) Wirkung aus. und nach den Untersuchungen von Noll (1892) ist es die Hautschichte des Protoplasma, welche den Lichtreiz aufnimmt und bei dem Zustande- kommen des Heliotropismus mitwirkt. In welcher Weise das Licht auf das Protoplasma wirkt, um Heliotropismus hervorzurufen, ist vollkommen dunkel, hingegen weil) man, dal) an den Lichtseiten der Stengel die Duktilität der Membran geringer und ihre Elastizität größer ist als an der Schatten- seite. Dies gilt auch für einzellige, positiv heliotropische Organe (z. B. für die Fruchtträger von Pilobolus), deren Krümmung zum Lichte bei Steigerung des Turgors durch die genannte Beschaffenheit der Membran befördert werden muß. Der Grad der heliotropischen Empfindlichkeit wechselt je nach Art und Entwicklungszustand des Organes und auch je nach der Pflanzenart. Sehr empfindliche Pflanzenteile, z. B. junge Keim- 318 stengel von Viecia sativa reagieren auf alle heliotropisch wirkenden Lichtstrahlen, während wenig empfindliche (etiolierte Weidentriebe) nur durch die blauen bis violetten beeinflußt werden (s. Fig. 173), — Viele Organe bekunden an verschiedenen Seiten eine verschie- dene heliotropische Krümmungsfähigkeit. So krümmen sich alle un- dulierend nutierenden Keimstengel (p. 309) rascher dem Lichte zu, wenn ihre Hinterseite beleuchtet wird, als im engegengesetzten Falle.#) — Sehr empfindliche Organe krümmen sich so lange zum Lichte, bis sie die Richtung der einfallenden Strahlen erreicht haben und wachsen dann in dieser Richtung weiter.**) Auch Blätter zeigen positiven Heliotropismus; desgleichen die meisten Blütenstiele und auf dieser Eigenschaft beruht das Wenden der Blüten und Blütenstände zum Lichte. Manche Blüten (z.B. von Ranunculus arvensis, ferner die Blütenköpfe von Tragopogon) wenden sich innerhalb bestimmter Grenzen mit der Sonne, andere, beispiels- weise die Sonnenblume /(Helianthus annuus), nehmen eine fixe Licht- lage an, indem sie sich dem stärksten Lichte zukehren. Auch manche Blütenteile sind positiv heliotropisch; so z. B. Perigonröhren von Colchicum autumnale, die Staubfäden von Plantago lanceolata, die *) Wenn die entgegengesetzten Seiten eines Organes in ungleichem Maße heliotropisch krümmungsfähig sind, so nehmen dieselben bei allseits gleich- mäßiger Beleuchtung eine andere Lage an als im Dunkeln. Desgleichen werden Organe, welche an sich ein ungleichseitiges Wachstum aufweisen, wenn sie heliotropisch empfindlich sind, bei allseits gleichmäßiger Beleuchtung eine bestimmte Lage zum Lichte gewinnen. Man faßt diese vom Lichte ausgehen- den Erscheinungen als Photonastie zusammen. Über die Erscheinung des Transversalheliotropismus s. unten bei Geotropismus. **) Z. B. etiolierte Keimlinge von Vicia sativa. Folgender Versuch lehrt, in welch hohem Grade die etiolierten Stengel dieser Pflanze lichtempfindlich sind. Stellt man genau in die Mitte zwischen zwei Flammen, welche nach Ausweis des Bunsenschen Photometers vollkommen gleiche Lichtstärke besitzen, einen etio- lierten Wickenkeimling so auf, daß die beiden heliotropisch gleich empfindlichen Flanken des Stengels dem Lichte zugewendet sind, so findet man, daß mehrere hintereinander angewendete Versuchspflänzchen sich konstant nach einer Seite hinwenden, zum Beweise, daß die Flamme, nach welcher der Keimling sich hin- neigt, eine relativ stärkere Leuchtkraft besitzt. Dieser photometrische Versuch lehrt also, daß der Wickenkeimling die Lichtstärken besser unterscheidet als das menschliche Auge. (Siehe meine in Note Nr. 158 zitierte Abhandlung: »Die helio- tropischen Erscheinungen«.) Die untere Grenze der heliotropischen Empfindlichkeit des Keimstengels der Wicke ist durch eine chemische Lichtintensität gegeben, welche Bruchteilen von Millionsteln der Bunsen-Roscoeschen Einheit entspricht, Wiesner, Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiol. Gebiete. I. Sitzungs- berichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. CII (1893). Wie Molisch (Leuch- tende Pflanzen, Jena 1905) bewies, reicht selbst das so schwache Licht der Leucht- bakterien hin, um bei der Wicke Heliotropismus hervorzurufen. 319 Fruchtknoten von Epdlobrum roseum ete.!?”®) — Es sind nun auch zahlreiche Pilze mit positiv heliotropischen Fruchtträgern bekannt geworden (Plobolus, Uoprinus ete.). 72. Das Wachstum mancher Pflanzenteile ist an das Licht geknüpft. So kommt die sogenannte Wurzel (das hypokotyle Stengel- glied) von Viscum album im Dunkeln gar nicht zur Entwicklung. Beleuchtet wächst sie, und begreiflicherweise an der Lichtseite stärker als an der Schattenseite, wendet Fig. 174. sich dementsprechend vom Lichte weg: sie zeigt negativen He- liotropismus. - Die meisten Luftwurzeln und in schwäeherem Grade auch viele Boden- wurzeln sind gleichfalls negativ heliotropisch (Fig. 174). Doch wach- sen diese Organe auch im Finstern, da sie auch positiv heliotropische Elemente enthalten. Auch tmanche’Stengel, "Wasser aich hefnden, Der Taubepip it Hosiers, die Tu desgleichen Blätter, las- ER NE ae ds renden peut Be, sen negativ helotropi- sche Eigenschaften erkennen. Die Beziehung zwischen Brechbarkeit des Lichtes und negativem Heliotropismus ist die gleiche wie beim posi- tiven; hingegen erfordert ersterer stets größere Lichtstärke als letzterer.*) — Daß beide Formen des Heliotropismus als Er- scheinungen betrachtet werden müssen, welche durch ungleiches Wachstum an Licht- und Schattenseite der Organe hervorgerufen werden, geht auch daraus hervor, daß sich diese Phänomene nur unter den Bedingungen des Wachstums vollziehen, was sich nament- *) In der Regel ist ein Organ entweder positiv oder negativ heliotropisch. Doch wurden auch Stengelorgane beobachtet, welche in schwachem Lichte positiv, in starkem Lichte negativ heliotropisch sind (Stahl, Wiesner, 1880). Später wurde gefunden, daß manche Meeresalgen im schwachen Lichte positiv, im starken Lichte negativ heliotropisch werden (Berthold 1882). Oltmanns vertritt die Ansicht, daß jeder heliotropisch reagierende Pflanzenteil bis zu einer bestimmten Grenze der Lichtintensität positiv, und weiter (nach Einhaltung eines Indifferenzstadiums) negativ heliotropisch werde (Flora 1892). 320 lich leicht an positiv heliotropischen Pflanzenteilen nachweisen läßt. Dieselben wenden sich nur so lange zum Lichte, als sie wachstums- fähig sind, so lange ihnen freier Sauerstoff geboten wird, und nur genau innerhalb jener Temperaturgrenzen, innerhalb welcher Wachs- tum möglich ist. Bemerkenswert sind noch die folgenden, ursächlich zusammen- hängenden Erscheinungen heliotropischer Organe. Die Einleitung des Heliotropismus erfolgt anfangs ganz unmerklich. Das betreffende, durch eine bestimmte Zeit einseitig beleuchtete Organ ist noch auf- recht. hat aber bereits die Fähigkeit erlangt, sich ım Finstern so zu krümmen, als wäre es noch von einer Seite her beleuchtet. Jeder merkliche Lichteffekt äußert sich in der Weise, daß die Wirkung bis zu einem gewissen Grade in Zu-, dann in Abnahme begriffen erscheint. In jedem Stadium der heliotropischen Beugung wird die Bewegung auch noch im Finstern eine Zeit hindurch in sieh immer mehr abschwächendem Grade fortgesetzt. Die ganze Kette dieser zusammengehörigen Erscheinungen faßt man als helio- tropische Induktion zusammen. Auf dieser beruht auch das Verhalten heliotropischer Organe bei intermittierender Beleuchtung. Bei einem bestimmten Zeitverhältnis von Beleuchtung und Ver- finsterung verhält sich ein heliotropischer Pflanzenteil bezüglich des Grades seines Heliotropismus wie ein konstant beleuchteter (Wiesner, 1879'>°) 73. Daß die Schwärmsporen das Licht aufsuchen, ist schon seit längerer Zeit bekannt. Nachdem das Phänomen später (1876) wieder in Frage gestellt und als eine Wirkung von Strömungen hingestellt wurde, welche in der die Schwärmer bergenden Flüssig- keit durch ungleiche Erwärmung entstehen, wurden die einschlägigen Fakta einer neuerlichen und eingehenden Prüfung durch Stras- burger (1878) unterworfen. Es zeigte sich, daß nicht nur grüne Algenschwärmer, sondern auch die Schwärmer der Pilze auf Licht reagieren und sich in der Richtung des Lichteinfalles gewöhnlich gegen die Lichtquelle hin, indes unter Umständen, besonders bei sroßer Lichstärke auch in umgekehrtem Sinne, bewegen, daß also jedenfalls die Bewegung vom Chlorophyligehalte unabhängig ist. Nur die stark brechbaren Strahlen des sichtbaren Spektrums rufen die Erscheinung hervor; die anderen Strahlen wirken wie Dunkel- heit oder regen eine zitternde Bewegung an. Man hat diese Be- wegungserscheinung nach Strasburgers Vorschlag mit dem Namen Phototaxis bezeichnet.*)!°°) | *) Auch an den sogenannten Purpurbakterien (besonders an dem. Bacterium photometricum) wurden phototaktische Eigenschaften entdeckt. Im Finstern befinden 321 Daß das Licht bei Heliotropismus und Phototaxis nicht mit seiner mechanischen Intensität zur Wirkung kommt, sondern bloß auslösend, also als »Reiz« sich betätigt, wird im sechsten Abschnitte auseinanderzusetzen sein. 74. Es wurde schon oben (Anatomie) auf das charakteristische Absorptionsspektrum der Chlorophyllösungen (Fig. 37. p. 48) hin- gewiesen. Hier frägt es sich nun, welche physiologische Bedeutung der Lichtabsorption im Chlorophyll zukommt, oder mit anderen Worten, welche Leistung in der lebenden Pflanze jenen Strahlen zufällt, welche beim Durchgang durch das Chlorophyll ausgelöscht werden. Daß die fragliche Arbeit des Lichtes nicht der Oxydation (Zerstörung) des Chlorophyllis dient, geht aus der Lage der Absorp- tionsbänder hervor, indem gerade die bei dem genannten Prozesse am stärksten beteiligten. nämlich die leuchtendsten Strahlen, außer- halb des Bereiches der Absorptionsstreifen liegen. Daß ein Zu- sammenhang zwischen der im Chlorophyllispektrun nachweislichen Licehtabsorption und der Kohlensäurezerlegung im Chlorophyllikorn besteht, wurde bereits oben (p. 315) gesagt. Durch Versuche wurde ein inniger Zusammenhang zwischen Lichtabsorption im Chlorophyll und Transpiration nachgewiesen. Die seit langer Zeit (Guettard 1748) her bekannte Tatsache, dal) das Licht die Tran- spiration befördert, konnte in neuerer Zeit dahin präzisiert werden. daß bloß die chlorophyliführende Pflanze eine auffällige Steigerung der Verdunstung durch die Beleuchtung erfährt. Läßt man nämlich etiolierte Pflanzen, nachdem man ihre Transpirationsgröße für Licht und Dunkel bestimmt hat, rasch ergrünen, und ermittelt man neuer- dings die Verdunstungswerte für Licht und Dunkel, so ergibt sich, daß die grüne Pflanze im Vergleiche zur etiolierten im Lichte weit mehr transpiriert als im Finstern. Da beim Experimentieren im ob- jektiven Spektrum die Transpiration der Versuchspflänzchen im Bereiche der Absorptionsstreifen des Chlorophylispektrums_ stets eine größere ist als außerhalb derselben und transpirierende Pflanzen hinter einer Chlorophyllösung nur so viel Wasserdampf als im Dunkeln unter sonst gleich bleibenden äußeren Bedingungen ab- geben, so folgt, daß das Licht bei der Wasserverdunstung eine Ar- beit leistet, welche am einfachsten in folgender Weise zu deuten ist. Das im Bereiche der Absorptionsstreifen ausgelöschte Licht wird in Wärme umgesetzt und diese schafft die gesteigerte Dampf- sich diese roten Bakterien in einem Starrezustande. Im objektiven Spektrum suchen sie hauptsächlich das Ultrarot auf, weniger reichlich strömen sie dem Gelb zu; sehr schwach ist ihre Ansammlung im Grün. Th. W. Engelmann, Über Purpurbakterien und ihre Beziehung zum Lichte. Bot. Zeitung. 1888, p. 660 ft. Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 2} 322 menge (Wiesner. 1876).'%1) Auch nichtgrüne Pflanzen (Pilze nach Bonnier) oder nichtgrüne Pflanzenteile (Blüten) transpirieren infolge Absorption von Licht in den betreffenden Geweben im Lichte stärker als im Dunkeln.!62) Daß auch bei der photochemischen Arbeit im Chlorophyll Licht ausgelöscht werden muß, ist selbstverständlich. 74a. Das Licht greift also in zwei wichtige physiologische Prozesse der grünen Pflanze ein: in die Transpiration und in die Kohlensäureassimilation. Es ist jüngsthin gezeigt worden, dab di- rektes Sonnenlicht die Transpiration grüner Blätter in so enormer Weise zu steigern vermag, dal) diese nicht nur dem Stamm, sondern auch den beschatteten Blättern Wasser entziehen.'®?*) Hingegen wurde beobachtet, daß im diffusen Lichte ein relativ größerer Anteil des Lichtes zur Kohlensäureassimilation als zur Transpiration verwendet wird. Aus den Untersuchungen von Brown und Es- combe (1899) ergab sich, daß in den Blättern der Sonnenblume (Helianthus annuus) von der Energie des Gesamtlichtes 28°), nutz- bar gemacht werden, von denen 275°, auf Trarspiration und bloß 0'5°/, auf Kohlensäureassimilation kommen. Es betrug die Ab- sorption im diffusen Lichte 95°/,, von welchen 92:3°/, zur Transpira- tion und 2'7°/, der Kohlensäureassimilation dienten. Es ist mithin das Verhältnis der bei der Transpiration und Kohlensäureassimilation in Anspruch genommenen Energiemenge im Sonnenlichte gleich 55:1, im diffusen Lichte 34 : 1.162”) (Über die Bedeutung des dif- fusen Lichtes s. oben p. 312.) 75. Läßt man mittels einer Sammellinse Licht auf eine Chloro- phyllösung auffallen, so erscheint das reflektierte Licht intensiv blutrot. Die Lösung fluoresziert. Das Fluoreszenzlicht ist ein Rot der Brechbarkeit D—C. Im auffallenden Lichte erscheint eine Chlorophyllösung nicht grün, sondern rot. Es ist deshalb begreif- lich, daß das von grünen Blättern reflektierte Licht in der Brech- barkeit von dem auffallenden abweicht und relativ viel Strahlen der genannten Brechbarkeit enthalten wird. Diejenigen, welche hauptsächlich die Strahlen der Brechbarkeit B—C für die bei der Kohlensäureassimilation wirksamsten halten, erblieken in der Fluore- szenz des Chlorophylis eine die Assimilation befördernde Licht- veränderung.*) 76. Etiolement.'®) Werden grüne Pflanzen im Finstern gezogen, so nehmen die noch wachsenden Organe hier einen ver- *) Da dieses rote Fluoreszenzlicht nicht auf die gewöhnliche photographi- sche Platte wirkt und auch die sogenannten chemischen Strahlen (Blau bis Ultra- £ 323 änderten Charakter an: man sagt, die Pflanze sei vergeilt, sie etio- liere. Da im Dunkeln die Produktion organischer Substanz bei grünen (autotrophen) Pflanzen ausgeschlossen ist, so können diese Pflanzen nur etiolieren, wenn sie Reservestoffe enthalten. Am schönsten läßt sich die Erscheinung des Etiolements an Keimlingen hervorrufen. Alle unter normalen Verhältnissen grünen Pflanzen sind im etiolierten Zustande gelblich gefärbt, sie bilden in den sonst grünen Organen wohl Etiolin, aber kein Chlorophyll aus. Marphologisch prägt sich das Etiolement in der Regel in einer Überverlängerung der Stengelglieder und Verkümmerung der Blätter aus, wofür die in den Kellern zur Entwicklung gelangten Triebe der Kartoffel ein ausgezeichnetes Beispiel bilden. Im Licht erfahren die Stengel soleher Pflanzen jene schon oben (p. 316) erwähnte Wachstumshemmung, welehe zur normalen Ausbildung dieser Or- gane führt. Hingegen bleiben die Blätter solcher Pflanzen im Dunkeln im Wachstum zurück, weil zur normalen Entfaltung dieser Organe Licht erforderlich ist. Es gibt indes auch Pflanzen, deren Blätter im Etiolement verlängert werden (Gräser und andere Monokotylen), und andere, deren Blätter hierbei keine Verkümme- rung erfahren (Fichtenkeimlinge).*) Die Blätter von Phaseolus zeigen im Etiolement die normalen. oben genannten Erscheinungen. Wenn aber an dieser Pflanze die Laubknospen entfernt werden, so nehmen die Blätter im Etiole- ment die normalen Dimensionen an, bilden aber selbstverständlich kein Chlorophyll (Jost, 1895). — Werden die Internodien dikotyler Keimlinge durch festen Verband an der Längenentwicklung ge- hindert, so nehmen die Blätter im Etiolement fast die normalen Dimensionen an (Palladin, 1890). — Bei Kakteen bleiben die im Finstern entwickelten Sprosse im Vergleiche zu den im Lichte gebildeten in der Längenentwicklung zurück (Göbel, 1895: Vöehting, 1899). violett) vom Chloropbyli reichlich verschluckt werden, so wird es verständlich, warum in photographierten Landschaften die Bäume und alles, was chlorophyligrün ist, viel zu schwarz erscheint. Diese Tatsache wird von den Physikern häufig falsch gedeutet, da von ihnen oft noch angenommen wird, daß die sogenannten chemischen Strahlen in der Pflanze die chemische Assimilationsarbeit vollziehen und deshalb von der grünen Pflanze absorbiert werden. Es sind aber gerade die sorenannten chemischen Strahlen (Blau bis Ultraviclett) bei jener Arbeit nur in sehr geringem Grade beteiligt. *) Die Blätter jener Pflanzen, welche im Etiolement verkümmern, nehmen mit steigender Lichtintensität an Größe, jedoch nur bis zu einer bestimmten Grenze, zu, um bei weiterer Steigerung der Lichtstärke wieder an Größe abzu- nehmen. Für die Blätter dieser Pflanzen existiert bezüglich ihres Wachstums ein Optimum der Lichtstärke. Wiesner, Photom. Unters, I. (1893). 21* 324 Nicht nur grüne, auch manche andere auf das Licht ange- wiesene Pflanzen nehmen im Finstern Eigentümlichkeiten an, welche auf Etiolement zurückzuführen sind. So einige Pilze, z.B. Pilobolus microsporus, welcher nur im Lichte sein Sporangium ausbildet und im Dunkeln eine starke Überverlängerung des Sporangienträgers aufweist (Brefeld). 77. Es sei endlich in diesem Paragraphen noch auf Licht- entwicklung lebender Pflanzen und Pflanzenorgane hingewiesen.*) Die Mycelien verschiedener in frischem Holze wuchernder Pilze leuchten im Finstern sehr lebhaft, aber nur so lange, als ihnen Sauerstoff geboten wird; desgleichen verschiedene Mikroorganismen “ (gewisse Bakteriaceen, welche die Fäulnis von Schlachtviehfleisch, Seefischen und anderen Seetieren einleiten, gewisse Peridineen und verwandte Algen, namentlich Pyrocystis noctiluca, welche beim Leuch- ten des Meeres beteiligt sind). Eine ähnliche Erscheinung zeigen eine Reihe von Agaricus-Arten, nämlich A. igneus, noctilucens und olearius, welcher letztere, im wärmeren Europa heimisch, bezüglich seines Verhaltens genauer untersucht wurde. Es zeigte sich auch hier die vollständigste Abhängigkeit des Phänomens von der At- mung und es konnte konstatiert werden, daß die Kohlensäureaus- scheidung seitens des Pilzes desto größer ist, je stärker er leuchtet. Da in neuerer Zeit organische Substanzen (Cholin, Neurin etc.) bekannt geworden sind, welche in alkalischer Lösung bei Gegen- wart von aktivem Sauerstoff selbstleuchtend werden und da diese oder nahe verwandte Stoffe auch in leuchtenden Organismen vor- kommen, so ist es wahrscheinlich, daß in den genannten Pilzen durch derartige Stoffe (von Molisch als Photogen zusammengefaßt) Lichtentwicklung hervorgerufen wird.!®#) Das Photogen wird nicht, wie behauptet wurde, nach außen abgeschieden; es erfolgt vielmehr seine Entstehung und leuchtende Wirkung im Innern der Zelle.'!%+*) *) Man bezeichnet diese seit langem bekannte Erscheinung des Selbstleuch- tens von Pflanzen häufig als Phosphoreszenz. Dieser Ausdruck ist aber viel- deutig und bedeutet gewöhnlich entweder das Leuchten eines Körpers nach vor- hergegangener Bestrahlung (Photoluminiszenz) oder ein Leuchten infolge che- mischer Prozesse (Chemiluminiszenz). In diese letztgenannte Kategorie gehören alle bis jetzt genau untersuchten Formen des Selbstleuchtens lebender Pflanzen. — Photoluminiszenz läßt sich an jedem Holze nachweisen, soferne dasselbe nach vorhergegangener Besonnung auf die photographische Platte wirkt (Blaas, 1903, Russel, 1904). — Zu den Lichterscheinungen der Pflanze rechnet man auch das lange bekannte Leuchten des Vorkeims (Protonema) von Schistostega, welches aber nichts anderes als ein Lichtreflexphänomen ist. 325 II. Einfluß der Wärme. 78. Alle Vegetationsprozesse stehen im Abhängigkeitsverhältnis zur Wärme und meist in einer bestimmten Beziehung zur Tempe- ratur. Sämtliche Lebensvorgänge einer Pflanze vollziehen sich inner- halb bestimmter Temperaturgrenzen. Über diese Grenzen hinaus liegende Kälte- oder Wärmegrade rufen entweder den Tod der Pflanze hervor oder Zustände der Bewegungslosigkeit (Aufhören der Protoplasmaströmung, Sistierung anderer Bewegung), in welchen die betreffenden Organe gewissermaßen nur Jlatent leben (Kälte-, beziehungsweise Wärmestarre). Ruhende Pflanzenteile, z. B. Samen, Sporen, entlaubte Stämme etc. ertragen auch nur gewisse Wärmegrade. Lufttroekene Samen und Sporen scheinen zwar jede noch so niedere Temperatur überdauern zu können, ertragen auch häufig Temperaturen von und über + 100° C lebend; allein bei einem bestimmten Wärmegrad erlischt ihr latentes Leben vollends. Die Erscheinung des Erfrierens*) von Baumstämmen und anderen in Winterruhe befindlichen Organen ist bekannt, desgleichen das Verdorren soleher Organe infolge allzu hoher Sommertemperaturen. Die Beziehung der Temperatur zu den physiologischen Pro- zessen läßt sich in folgender Weise ausdrücken: *) Das Zugrundegehen der Pflanzenorgane infolge niederer Temperatur wird gewöhnlich als Erfrieren zusammengefaßt. Die Ursache dieser Todesart ist allerdings immer eine zu niedere Temperatur; allein der Vorgang selbst ist ein sehr verschiedener. Bei Temperaturen unter Null ist Eisbildung im Spiele und führt oft zu einer Trennung oder Zerreißung der Gewebe und, wie neuere Unter- suchungen zeigten, zu tiefgehenden Veränderungen im Protoplasma. Aber sowohl bei Temperaturen unter als über Null treten je nach der Pflanzenart Kältewirkungen im lebenden Protoplasma ein, welche den Tod der betreffenden Zellen herbeizu- führen vermögen. Man beobachtet aber diese Veränderungen gewöhnlich nur bei einer unter dem Eispunkt gelegenen Temperatur, und ist dann geneigt anzu- nehmen, daß eine Tötung der Pflanze durch zu niedere Temperatur nur unter Null vorkomme. Es wird dann gewöhnlich ein eigentliches unter Null stattfinden- des Erfrieren von dem »Erfrieren bei Temperaturen ober Null« unterschieden und darunter das von Sachs (Bot. Zeitung, 1860, p. 123) zuerst beobachtete Verwelken der Pflanzen infolge der Kälte verstanden. Diese Erscheinung ist im Spätherbst an Tabak- und Kürbispflänzchen oft zu sehen. Die oberirdischen Teile derselben transpirieren, während bei der gleichen nur wenige Grade über Null gelegenen Temperatur die Wurzeln nicht mehr fähig sind, die genügende Wassermenge aus dem Boden aufzunehmen. Dieses sogenannte Erfrieren läßt sich leicht hintan- balten, wenn die oberirdischen Vegetationsorgane durch Überdecken vor Ver- dunstung geschützt werden. Die Ursache des Verwelkens infolge der Kälte ist die bei niederer Temperatur erfolgende Verminderung der osmotischen Wasserbewegung in den wasseraufnehmenden Organen, welche bei manchen Pflanzen (z. B. beim Tabak) so weit gehen kann, daß die durch die Transpiration eintretenden Wasser- 326 Entweder steigert sich die Energie des betreffenden Vorganges mit der Zunahme der Temperatur, oder es vollzieht sieh der betreffende physiologische Prozeß inner- halb bestimmter Temperaturgrenzen, die als Minimum und Maximum oder als unterer und oberer Nullpunkt der Temperatur bezeichnet werden; die Energie des Prozesses steigt dann vom Minimum der Temperatur regelmäßig bis zu einem bestimmten Wärmegrade — dem Optimum — und nimmt von hier an gewöhnlich regelmäßig, seltener unregelmäßig ab, bis beim Maximum der Temperatur der Prozeß erlischt (Fig. 175). 4 u—.. u. Be [7 25 70 15 _ ot 35 45°C — — —- Kurve der Kohlensäureassimilation der Laubblätter von Rosa sp. bei steigender Temperatur. — . Kurve der CO,-Abgabe (Atmung) derselben Blätter. /, 2, 3... Gewichtseinheiten der konsu- De beziehungsweise der erzeugten CO,, bezogen auf die Flächeneinheit Er Keimungsgeschwin- digkeit der Sporen (Konidien) von Penieillium bei steigender Temperatur. 7, 2, 3... reziproke Werte der Zeit für den Eintritt der Phase. Dem ersten Falle unterzuordnen ist die Transpiration, die Bewegung der Gase durch die Interzellularen und Spaltöffnungen, die Atmung. Als Beispiele für den zweiten Fall seien genannt: Chlorophylibildung, Kohlensäurezerlegung im Chlorophyll, Wachs- tum, Keimung. Zur näheren Begründung dieses Abhängigkeits- verhältnisses mögen folgende Beispiele dienen: verluste nicht mehr gedeckt werden können. Manche warmen Erdgebieten ent- stammende Pflanzen (z. B. Coleus-Arten) gehen aber in unseren Gärten bei Tem- peraturen über Null in derselben Weise zugrunde, wie viele unserer einheimischen Gewächse infolge des Frostes. Bedeckte, also vor Transpiration geschützte Coleus- Pflanzen erfrieren bei 1—2° C, offenbar infolge einer tiefgehenden, im Proto- plasma sich schon über dem Gefrierpunkt einstellenden Veränderung. (Sorauer, Pflanzenkrankheiten, Berlin 1886, und besonders Molisch, Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen. Jena 1597.) 2 327 Bei der Entstehung des Chlorophylis in den Keimlingen der Gerste wurden als Kardinalpunkte der Temperatur festgestellt: Min. 4, Opt. 35, Max. 38’ C. — Für die Keimung (Wachstum der Keimteile) von Phaseolus multiflorus: Min. 6'8, Opt. 26'25, Max. 425° C. In beiden Fällen nimmt die Geschwindigkeit des Prozesses konti- nuierlich zu und ab. Dagegen wurde beobachtet, daß die Keimungs- energie von Penieillium glaucum vom unteren bei 15° Ü gelegenen Nullpunkte bis zum Optimum, welches bei 22° C liegt, regelmäßig steigt, von wo sie aber bis zum oberen Nullpunkte (425° C) unregelmäßig fällt1%) (Fig. 175). — Die Keimwurzel von Zea Mars erreicht nach Sachs bei 34°C (Opt. der Wachstumstemperatur) in 96 Stunden eine Länge von 55 mm, während sie bei 17° innerhalb derselben Zeit bloß eine Länge von 25mm. bei 42'5° eine Länge von 5’9 mm annimmt. Die Keimteile mancher Tropenpflanzen ent- wickeln sich erst über 10°: dagegen wachsen nach Kjellmanns Beobachtungen an den Küsten Spitzbergens manche Algen noch bei einer Temperatur zwischen O und 1'8°C. Tihermophile Bakterien weisen ein sehr hoch gelegenes Minimum auf. Dasselbe beträgt beim Tuberkelbazillus 30°. In heißen Quellen lebende Organismen haben sehr hoch gelegene Kardinalpunkte. Das Maximum kann sich bis auf 75°C erheben. Höchst bemerkenswert ist die Tatsache, daß die Kardinalpunkte der Temperatur selbst für einen ganz bestimmten chemischen oder mechanischen Prozeß innerhalb nicht unbeträchtlicher Grenzen schwanken, je nachdem derselbe sich in dieser oder jener Pflanze vollzieht. So liegt der untere Nullpunkt für die Entstehung des Chlorophylls verschiedener Pflanzen nach den bisherigen Beobach- tungen zwischen 4 und 10°C, für die Kohlensäurezerleguny aber sogar zwischen 0° (nach einigen Angaben sogar unter 0°) und 10° 0.169) 79. Abhängigkeit der Vegetationsprozesse von der Wärmemenge.!) Zur Entwieklung eines Organes einer bestimm- ten Pflanze, zur Erreichung einer bestimmten Entwicklungsphase eines Gewächses ist eine gewisse Wärmemenge notwendig. die zweifellos stets zwischen bestimmten Grenzen liegen wird. Nach dieser Richtung liegen aber bisher nur sehr wenige Beobachtungen vor. Nach Bonnier (1893) entwickelt 1%g keimender Samen oder junge Keimlinge 20, 50, ja selbst über 100 (kleine) Kalorien in der Minute Die Aufsuchung der sogenannten Wärmekonstanten der Vegetation durch die Phänologen ist im Grunde als ein Be- streben anzusehen, die Wärmemengen der Pflanze ausfindig za machen, freilich in roh empirischer Weise. Die primitivste Wärme- konstante ist das Produkt aus mittlerer Jahrestemperatur und Vege- 328 tationszeit. Dieses Produkt ist nämlich für eine bestimmte Entwick- lungsperiode einer Pflanze oder eines Pflanzenteiles nahezu konstant, indem die Vegetationszeit in dem Verhältnisse kürzer ausfällt, je höher die mittlere Jahrestemperatur des Ortes ist, wo die Beob- achtung angestellt wurde. Man sieht aus diesem Beispiele, daß diese Konstanten ein — allerdings sehr roher — Ausdruck für die von der Pflanze benötigte Wärmemenge sind. 80. Die Wärmequellen der Pflanze. In erster Linie ist die Pflanze selbstverständlich auf jene Wärme angewiesen, die ihr von auben zufließt, also auf die Wärme der Medien, in welchen ihre Organe sich ausbreiten, vor allem aber auf die Sonnenwärme. Hierbei ist zu beachten, daß diese Wärme der Pflanze entweder durch Leitung direkt zugeführt oder zunächst durch Strahlung mit- geteilt und in der Pflanze in geleitete Wärme umgesetzt wird. Durch Absorption von Licht und Umsatz desselben in Wärme, z. B. im Chlorophyll {s. p. 321), wird der Pflanze gleichfalls Wärme zugeführt. Außer dieser äußeren Wärmequelle schafft sich die Pflanze selbst durch chemische und physikalische, in ihr stattfindende Prozesse Wärme; man kann deshalb auch von inneren Wärme- quellen der Pflanze sprechen. Was zunächst die chemischen Vorgänge anbelangt, welche zu einem Wärmegewinn der Pflanze führen, so sind hier vorerst die Oxydationsvorgänge hervorzuheben. Die Atmung beruht ja, wie wir gesehen haben (p. 262), auf Verbrennung organischer Sub- stanz durch den atmosphärischen Sauerstoff; da sie unausgesetzt alle lebenden Teile der Pflanze beherrscht, so ist sie für dieselbe eine unausgesetzt wirksame Wärme- und damit auch Kraftquelle. Besonders stark ist die Atmung beim Keimen und Blühen; hier steigert sich die Atmungswärme so bedeutend, daß sie sich unter gewissen Vorsichtsmaßregeln leicht mittels des Thermometers kon- statieren läßt. 1%g Gerstenkörner, unter die Keimungsbedingungen gebracht, erwärmt sich, von schlechten Wärmeleitern umgeben, bei mittlerer Lufttemperatur um 5—8°C, u. s. w. Auch die intramole- kulare Atmung und andere in der Pflanze statthabende Oxydations- vorgänge erzeugen Wärme, desgleichen alle chemischen Bindungen. jezüglich der physikalischen Vorgänge ist hervorzuheben, dab bei allen Verdichtungsprozessen Wärme frei wird, so bei der Um- wandlung von Gasen in flüssige oder feste Körper. In die Pflanze eintretendes Wasser wird häufig in deren Geweben, nämlich in den Zellmembranen und Stärkekörnchen — verdichtet, wobei gleichfalls Wärme frei wird. Eine solehe Verdichtung stellt sich beispielsweise beim Quellungsprozesse keimender Samen ein.!°°) 329 Es gibt aber auch eine Reihe chemischer und physikalischer Vorgänge, welche in der lebenden Pflanze mit einem Wärmever- brauch verknüpft sind, bei welchen Wärme gebunden wird. Hier- her gehören alle in der Pflanze stattfindenden Reduktionsprozesse, die Vorgänge der chemischen Spaltung, die Umwandlung fester und flüssiger Körper in gasförmige u. s. w. Alle diese in der Pflanze stattindenden Vorgänge ändern deren Wärmezustand,. setzen nämlich deren Temperatur herab. Den tiefgreifendsten Einfluß übt in dieser Beziehung die Transpiration auf die Pflanze aus.*) 81. Das Wärmeleitungsvermögen der Pflanze ist ein geringes. Hat sich auch die ältere Angabe, daß trockene Pflanzen- teile die Wärme ebenso oder gar schlechter leiten als die Luft. als irrtümlich erwiesen — nach genauen, in neuerer Zeit angestellten Versuchen leitet trockene Baumwolle die Wärme 37 mal besser als die atmosphärische Luft!‘®) — so sind doch die Gewebe der leben- den Organe, da ihre Zellwände mit Wasser imbibiert, die Zellen selbst mit wässerigem Safte erfüllt sind, schlechte Leiter der Wärme. Die Wärmefortpflanzung geschieht in den Geweben der Pflanze nicht gleichmäßig. Jede Zelle leitet in der Richtung der Ver- diekungsschichten die Wärme leichter als senkrecht darauf, deshalb in der Richtung der Zellachse rascher als in querer Richtung. Aus faserförmigen Zellen zusammengesetzte Gewebe leiten die Wärme besser in der Faserrichtung als quer. Überzieht man Lindenbast auf einer Seite mit einer dünnen Schichte von Stearin und berührt man mittels einer glühenden Nadel die andere Seite, so schmilzt das Stearin in Form einer Ellipse, deren große Achse der Faser- richtung parallel läuft. Es erklärt sich nunmehr aus dem anato- mischen Baue des Holzes und den Wärmeleitungsverhältnissen der Pflanzenzelle, warum man auf Längsschnitten von mit Stearin über- zogenen Hölzern Schmelzellipsen, auf dem Querschnitte hingegen Schmelzkreise bekommt, wenn die schmelzbaren Flächen mit einer glühenden Nadel in Berührung gebracht werden. Jedes Gefäb- bündel, jeder Stamm leitet also die Wärme in der Richtung der Achse besser als in querer Richtung. #) Die durch Transpiration hervorgerufene Verdunstungskälte ist in der Regel so groß, daß die Verbrennungswärme, welche durch die fortwährend tätige Atmung erzeugt wird, nicht direkt meßbar ist, indem die betreffenden Pflanzenteile eine unter der Lufttemperatur liegende Wärmeanzeige darbieten. Hebt man die Transpiration dadurch auf, daß die betreffenden Pflanzenteile sich im absolut feuchten Raume befinden, so kann die durch Atmung erfolgende Temperaturerhöhung ge- messen werden. 330 Die große Wärmekapazität des Wassers erklärt es, warum wachsende, überhaupt wasserreiche Pflanzenteile sich nur langsam erwärmen und nur allmählich abkühlen. Lebenden Pflanzentelen kommt auch ein beträchtliches Wärmeausstrahlungsvermögen zu. Es geht dies schon aus der Reifbildung an Blättern bei über dem Gefrierpunkte gelegener Lufttemperatur hervor. Die Wärmeausstrahlung ist namentlich in klaren Nächten eine beträchtliche und unter übrigens gleichen Ver- hältnissen desto größer, je mehr sich der betreffende Pflanzenteil der horizontalen Lage, und desto geringer, je mehr er sich der vertikalen Lage nähert, da die (Größe der Ausstrahlung mit dem Kosinus des Neigungswinkels wächst (Leslie-Fouriersches Ge- setz).*) Die Durchlässigkeit der Pflanzenteile für strahlende Wärme — die Diathermanität — ist selbstverständlich keine große, da ja das Wasser der Gewebe allein schon einen großen Teil der durchgehenden Wärmestrahlen absorbiert. Die geringe Diathermanität der Organe kommt der Pflanze offenbar zugute, da die verschluckte Wärme entweder die Temperatur des Pflanzenteiles erhöht oder zur Arbeit herangezogen wird. Ill. Einfluß der Schwerkraft. 82. Obwohl die Schwerkraft gleichmäßig und kontinuierlich auf alle Teile der Pflanze einwirkt, so sehen wir doch einen Teil der Vegetationsorgane über den Boden sich erheben, den anderen mit einer aus ihrem Gewichte nicht erklärbaren Kraft in die Erde eindringen. Es sind die in der Pflanze gleichfalls ununter- brochen tätigen Molekularkräfte, welehe die direkten Schwerkraft- wirkungen zu überwinden vermögen. Nichtsdestoweniger übt die Schwerkraft eine direkt sichtbare. oder doch durch das Experiment festzustellende Wirkung auf die meisten im Wachstum begriffenen Pflanzenteile aus, welche sich vorzugsweise durch die Richtung der letzteren zu erkennen gibt. 83. Zahlreiche schon ausgewachsene Organe neigen sich infolge ihres Gewichtes nach abwärts, wie z. B. die Zweige der Trauerweide, ältere Triebe der Birke, die Fruchtstiele der Kirsche. ”*) Innerhalb der Laubkrone liegende besonnte Blätter verfallen rascher der Wirkung der Hitze als peripher gelegene insolierte Blätter, da erstere infolge weit geringerer Wärmeausstrahlung sich stärker erwärmen als letztere, welche — bei völlig freier Exposition — viel Wärme gegen den Himmel ausstrahlen. Wiesner, Über den Hitzelaubfall. Ber. der Deutschen Bot. Ges. (1904). er 33l Von diesen toten Lastkrümmungen sind die vitalen Lastkrüm- mungen (Wiesner, 1902) zu unterscheiden, welche an noch im Längenwachstum begriffenen Stengeln auftreten, an deren Enden schwere Knospen, Blüten etc. sich befinden (Fig. 176). Der wachsende Teil reagiert hier auf die Schwerkraftswirkung, indem die sich einstel- lende Lastkrümmung entweder durch Organisationsverhältnisse fixiert wird, oder später eine andere im Leben begründete Krümmung sich einstellt; z. B. der später zu betrachtende negative Geotropismus oder Epinastie. !?°) Fig. 176. Vitale Lastkrümmung der Blüten von Conva’laria mejalis. a Infloreszenzachse aufrecht (normal); 5 Blüten, welche an umgekehrt fixierten, c Blüten, welche an horizontal fixierten Infloreszenzachsen zur Entwick- lang kamen. Die Richtung der Pflanzenteile wird aber viel häufiger in einer ganz anderen Weise durch die Schwere bestimmt, nämlich durch eigentümliche Einwirkung dieser Kraft auf das Längen- wachstum der einander gegenüberliegenden Seiten eines Organs. Diese merkwürdige mit dem Heliotropismus mehrfach vergleichbare Wachstumserscheinung wird als Geotropismus!’"*) bezeichnet. Geotropische Pflanzenteile wachsen unter dem Einfluß der Schwerkraft entweder nach abwärts, wie die Wurzeln, oder nach aufwärts, wie die meisten Stengel; erstere sind, der üblichen Be- zeichnung zufolge, positiv, letztere negativ geotropisch. Es erscheint auf den ersten Blick widersinnig, das Aufwärtsstreben der Stengel und das Abwärtswachsen der Wurzeln als Gravitationswirkung auf- zufassen, da ersteres in einer der Fallrichtung gerade entgegen- gesetzten Richtung, letzteres aber, wie bemerkt, mit einer Kraft er- 332 folgt, welche außer Verhältnis zum Gewichte der in den Boden eindringenden Organe steht. Es ist aber von Knisht (1806) ein Experiment gemacht worden, welches den unwiderleglichen Beweis liefert, daß gewisse Organe der Pflanze unter dem Einflusse der Schwerkraft nach aufwärts, andere unter demselben Einflusse nach abwärts wachsen. Er befestigte Keimlinge an einem um eine verti- kale Achse rotierenden, von Wasserkraft getriebenen Apparate der- art, dal) sowohl Stengel als Wurzel nach jeder beliebigen Richtung hin wachsen konnten. Die Pflänzchen waren im Versuche der Flieh- kraft und selbstverständlich auch der Schwerkraft ausgesetzt. Es stellte sich heraus, daß die Wachstumsrichtung der Stengel und Wurzeln nicht mehr die Vertikale, sondern die Resultierende aus beiden im Experimente tätigen Kräften war. Bei sehr rascher Ro- tation, wenn nämlich die Wirkung der Gravitation im Vergleiche zur Fliehkraft verschwindend klein wurde, richtete sich die Keim- achse nur mehr nach der Fliehkraft, mit anderen Worten, Wurzeln und Stengeln wuchsen in horizontaler Richtung. Immer — und ge- rade dies ist von hoher Wichtigkeit — wuchsen die Wurzeln radiär nach außen, die Stengel radiär nach innen, nämlich gegen die Rotationsachse zu, wie in einem um seine Achse rasch rotierenden Glasballon, der Flüssigkeiten von verschiedenem spezifischen Ge- wichte enthält, die schwersten nach außen, die leichtesten nach innen sich wenden. So sicher es nach diesem Versuche ist, daß die Schwer- kraft die Wurzeln nach abwärts, die Stengeln nach aufwärts richtet, und so zweifellos der Geotropismus eine Wachstumserscheinung ist — denn er vollzieht sich nur an wachstumsfähigen Organen und nur genau unter den Bedingungen des Wachstums — so wenig können wir derzeit noch angeben, in welcher Weise diese Kraft in der lebenden Substanz wirksam wird, um positiven oder negativen Geotropismus hervorzurufen. Unter den Bedingungen des Wachstums tritt an geotropischen Organen erst dann Geotropismus ein, nachdem die Schwerkraft eine bestimmte Zeit hindurch eingewirkt hat. Bei horizontaler Lage sehr stark geotropischer Organe ist zum mindesten ein Zeitraum von einer Viertelstunde erforderlich, damit die geotropische Krümmung zu erscheinen beginnt. Gewöhnlich ist aber hierzu ein Zeitraum von einer oder mehreren Stunden erforderlich. Geotropisch sehr empfind- liche Keimwurzeln ergeben eine eben merklich werdende (einer geo- tropischen analoge) Krümmung, wenn die Zentrifugalkraft den Wert 0'001g erreicht (Czapek, 1895) (s. unten bei »Reizschwelle«). Legt man einen wachsenden Stengel horizontal oder schief, so krümmt er sich in der wachstumsfähigsten Strecke so lange nach oben, ä 333 bis er die vertikale Richtung erreicht hat. Es wächst hier die Unterseite des Organes unter dem Einflusse der Schwerkraft stärker als die Oberseite: die Unterseite wird zur konvexen und deshalb die Auf- richtung. Gerade umgekehrt verhält sich eine wachsende Wurzel. Da bei horizontaler oder schiefer Lage ihre Oberseite infolge Ein- flusses der Schwerkraft stärker wächst, so erfolgt eine Beugung nach abwärts, die so lange anhält, bis die vertikale Richtung erreicht ist. Es gibt Organe mit lokalisiertem Geotropismus, z. B. die mit Knoten versehenen Stengel. Legt man einen Grashalm oder einen Trieb der Gartennelke horizontal, so erfolgt die Aufrichtung nicht wie an anderen Stengeln im Bogen, sondern knieförmig, im Knoten, indem dessen Gelenksteil an der Unterseite stärker als an der Oberseite wächst.*) Die geotropischen Krümmungen vollziehen sich gleich den heliotropischen in der wachsenden Region des betreffenden Organes, und zwar ist jeweils die Krümmung in jener Zone, in welcher das stärkste Längenwachstum stattfindet, am stärksten. In dem den Reizerscheinungen gewidmeten Abschnitt kommen wir nochmals auf den Geotropismus zurück. Dort erst soll in Ver- bindung mit anderen analogen Erscheinungen gezeigt werden, daß die Schwerkraft, als »Reiz« auf die wachsenden Teile wirkend, den Geotropismus hervorruft. 84. Die Frage. ob ein Organ geotropisch ist, kann am sicher- sten durch den Knightschen Rotationsversuch entschieden werden; doch kann man stets mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß ein im Finstern nach abwärts wachsender Pflanzenteil positiv, ein im Dunkel nach aufwärts wachsendes Organ hingegen negativ geo- tropisch ist. In der langsamen Rotation eines wachsenden Pflanzen- teiles um eine horizontale Achse hat man aber ein sicheres Mittel, um zu entscheiden, ob derselbe geotropisch ist oder nicht. Die be- treffenden Versuche werden gewöhnlich mittels des Klinostaten vorgenommen (Fig. 177). Derselbe besteht aus einem Laufwerk (meist ein Stundenlaufwerk, z. B. eine Uhr von großer Triebkraft), auf welchem die Versuchspflanzen in der Art angebracht sind, daß sie kontinuierlich entweder um horizontale oder vertikale Achse unter günstigen Vegetationsbedingungen rotieren. Um mittels des Klinostaten auf Geotropismus zu prüfen, müssen die Pflanzen so auf- *) Messende Versuche haben gelehrt, daß in die horizontale Lage geratene ausgewachsene Grasknoten wieder zu wachsen beginnen, und zwar sehr stark an der Unterseite, während die Oberseite nicht wächst, vielmehr geradezu kom- primiert wird. Es scheint, daß im Vergleich zum geraden Wuchs bei geotropischen Krümmungen die Konvexseite verstärkt, die Konkavseite vermindert wächst (Sachs, 1872, Elfving, 1884). 334 gestellt sein, daß der betreffende Pflanzenteil seine Lage gegen den Horizont kontinuierlich ändert, und jede Seite des Organs nach der halben Umlaufzeit um 180° gedreht erscheint, mitbin jede geo- tropische Einwirkung ausgeschlossen ist. Steht ein negativ geo- tropischer Pflanzenteil, der also bei ruhender Aufstellung aus der horizontalen Lage in die vertikale übergeht, am Klinostaten parallel zur (horizontalen) Rotationsachse, so wächst er in horizontaler Lage weiter. Steht er hingegen radial und senkrecht zur (horizontalen) Rotationsachse, so wächst er in radialer Richtung weiter. Die meisten Wur- zeln und einige Rhizome (z. B. von Cordyline und Yucca), auch die Co- rollen einiger Blüten (von Olivia nobilis) sind positiv, die meisten Sten- gel und Blattstiele, des- gleichen die Perigone mancher Blüten (Col- chicum), diesogenannten Atmungswurzeln der Palmen und die Luft- MS wurzeln mancher Or- Klinostat nach, Wiesner. Auf dem, Breite ) ist en | ohideon) Unde Aupiden, befestigt, dc w velches Tr Pflänzchen um es horizantale) Fee: 1 1 \ io Br derart Totier en, daß deren Stengel fortwährend die radiale Rich- die Kr uchtträger man tung einhalten. Die in den Gefäßen C wurzelnden Pflänzchen 1 ' 1 können aber auch so angebracht werden, daß die Stengel zur cher Pilze sind negatıv totationsachse parallel bleiben. Dreht man den Apparat um o » 2 90°, so daß 3 horizontal, A vertikal wird, so drehen sich die geotropisch. Der Grad Stengel um die vertikal gewordene Achse. Durch den sogenannten 1 1 Ratschenschlüssel K kann das Uhrwerk aufgezogen werden. ohne des Geotropismus Stier daß man die Scheibe S, welche die Versuchsobjekte trägt, abzu- or 1 ı a Besuche. Fr) Organs ist nicht nur nach der Pflanzenart, welcher er angehört, verschieden; er wechselt auch nach dem Ent- wicklungszustande und dem Orte der Anlage. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß ein Organ auf der Höhe seiner großen Periode, also im Zustande größter Wachstumsfähigkeit am stärksten geo- tropisch ist, und daß Hauptwurzeln oder Hauptstämme ausgepräg- teren Geotropismus als seitliche Auszweigungen dieser Organe dar- bieten. — Nebenwurzeln und Nebenachsen höherer Ordnungen sind oft gar nicht mehr geotropisch (s. p. 336). Manche Organe bekunden an verschiedenen Seiten infolge ungleichartiger Wachstumsfähigkeit einen verschiedenen Grad des 335 Geotropismus. Man kann diese Erscheinung besonders deutlich an Organen tinden, welche in undulierender Nutation (s. oben p. 309) sich befinden. Legt man ein solches Organ, z. B. einen Keimling von Helianthus annuus horizontal, so krümmt er sich viel rascher negativ geotropisch nach aufwärts, wenn die Vorderseite des Stengels nach unten gekehrt ist, als wenn man demselben die umgekehrte Lage gegeben hat (symmetrischer Geotropismus !l), 85. Hauptstamm und Hauptwurzel werden durch Geotropismus in ihrer natürlichen vertikalen Lage festgehalten. Würde der Geotropismus der Seitenäste und Seitenwurzeln in derselben Weise zur Geltung kommen wie bei Hauptstamm und Hauptwurzel, so müßten auch alle Seitenorgane die vertikale Richtung erreichen und die Ausbreitung der Äste in der Luft und die der Wurzeln im Boden wäre ein Ding der Unmöelichkeit. Seitliche Organe nehmen häufig unter dem nachweisbaren Einfluß der Schwerkraft eine horizontale oder zum Horizont geneigte Lage an. Diese Eigenschaft hat man zum Unterschiede vom positiven und negativen Geotropismus als Transversalgeotropismus (Frank) bezeichnet. In Analogie hierzu unterscheidet man auch einen Transversalheliotropismus (Frank). Die Ansichten über die Formen dieser Nutationen sind noch nicht geklärt. Ein Teil der Physiologen betrachtet dieselben ebenso als spezifische Reaktionen der Pflanze auf Licht- und Schwerkraft wie den positiven und negativen Geotropismus, beziehungsweise den positiven und negativen Heliotropismus. Ein anderer Teil der Forscher hält dafür, dal diese Er- scheinungen als Kombination verschiedener paratonischer und spon- taner Nutationen mit gewöhnlichem Geotropismus und Heliotropismus zu betrachten sind. Für die transversale Stellung der Seitenäste ist nachgewiesen worden. daß hier eine Kombination von negativem Geotropismus und Epinastie vorliegt. Bringt man Seitenzweige in umgekehrter Lage zur Weiterentwicklung, so wenden sie sich nach aufwärts häufig über die Vertikale hinaus (Fig. 178), zum Beweise, daß hier Epinastie im Spiele ist, welcher bei natürlicher Lage des Sprosses durch negativen Geotropismus das Gleichgewicht gehalten wird. Schließt man durch Rotation den Geotropismus aus, so tritt die Epinastie stets mit großer Schärfe hervor.!?1%) Manche aktive Abwärtskrümmung an Pflanzenorganen wird als positiver Geotropismus gedeutet. z. B. die bekannte Abwärtskrüm- mung der Blütenknospen des Mohnes. Diese Abwärtsbewegung wird allerdings durch Lastkrümmung eingeleitet, welcher aber später Epinastie folgt, wie die Rotationsversuche lehren. Läßt man Mohn- 336 pflanzen um eine horizontale Achse rotieren, so krümmen sich die Blütenstiele so, daß ihre Oberseiten stark konvex werden, woraus Fig. 178. Tannenzweige. A in normaler, 3 in umgekehrter Lage am Stamme zur Entwicklung gekommen. Bei A entwickelte sich der noch im Längenwachstume begriffene Sproß a beiläufig horizontal weiter, da Epinastie und negativer Geotropismus sich angenähert das Gleichgewicht hielten. Bei 3 krümmt sich der noch im Längenwachstum befindliche Sproß 5 durch Zusammenwirken von Epinastie und negativem Geotropismus nach aufwärts und infolge Überwiegens der Epinastie über die Vertikale weit hinaus. E10:,179. Stück des Sprosses einer Mohnpflanze (Papaver Rhoeas), welche auf dem Klinostaten bei horizontaler Drehung zur Entwicklung kam. Die Blütenstiele krümmten sich stark epinastisch. Wäre Geotropismus die Ursache der unter normalen Verhältnissen auftretenden Abwärtsbewegung, so hätte sich am Klinostaten überhaupt keine Krümmung eingestellt. folgt, daß hier nicht positiver Geotropismus, sondern Epi- nastie im Spiele ist (Fig. 179179). Bezüglich des Transversal- geotropismus (Diageotropis- mus) sei noch angeführt, dab die Seitenwurzeln ersten Grades schief geotropisch sind und bei Ausschluß des Geotropis- mus einen konstanten Winkel (Eigenwinkel) mit der Verti- kalen bilden, ferner daß die Seitenglieder höheren Grades gar nicht mehr geotropisch reagieren. 4 337 Manche freibewegliche Organismen haben die Fähigkeit, unter dem Einfluß der Schwerkraft sich zu orientieren. Es ist dies analog der Phototaxis (s. oben p. 320) eine taktische Bewegung. Der Unterschied zwischen dieser Geotaxis und dem Geotropismus liegt auf der Hand. Es liegen über diese Erscheinung bisher nur sehr spärliche Beobachtungen vor, doch kann man mit Bestimmt- heit zwischen positiver und negativer Geotaxis unterscheiden. Zu- glena viridis ist nach Frank Schwarz (1884) und Dacterium Zopfi nach Zikes (1906) negativ geotaktisch, hingegen Spirillum sp. nach Massart (1891) positiv geotaktisch!’?). 86. Manche Organe reagieren während ihres Wachstums sowohl auf Licht als auf Schwerkraft, z. B. Stengel, welehe gewöhnlich positiv heliotropisch und negativ geotropisch sind. Die Lagen, welche solehe Organe annehmen, resultieren aus Licht- und Gravitations- wirkung. Es ist höchst bemerkenswert, daß, wenn ein Organ sich in normaler Lage befindet, Heliotropismus und Geotropismus ein- ander entgegenwirken, dasselbe mithin nur schwierig aus seiner Lage zu bringen ist, daß hingegen, wenn das Organ die umgekehrte Lage inne bat, Schwere und Licht in ihren Wirkungen sich summieren, dasselbe also leicht in die normale Lage übergehen kann. Es lassen sich diese Vorgänge leicht versinnlichen, wenn man sich einen aufrechten und einen umgekehrten Stengel, oder eine mit der Spitze nach abwärts und eine umgekehrt aufgestellte Wurzel einseitig, z.B. durch horizontal einfallendes Licht beleuchtet denkt. Der aufrechte Stengel wird sich gegen das Licht neigen, seine in- folge der Neigung nunmehr zur Unterseite gewordene Partie wächst jetzt stärker als die Oberseite, und so strebt die Schwere, die durch das Licht geschaffene Stellung wieder aufzuheben. Der mit der Spitze nach abwärts gekehrte Sproß kehrt sich gegen das Licht und das infolge negativen Geotropismus eintretende stärkere Wachstum an der Unterseite des heliotropisch vorgeneigten Sprosses unterstützt die Aufwärtsbewegung. Analog so verhalten sich auch die Wurzeln oder negativ heliotropische Stengel.!’?) Da an Organen, welche in normaler Lage sich befinden, der Geotropismus dem Heliotropismus entgegenwirkt, so muß sich unter den in der Natur vorkommenden Verhältnissen der Heliotropismus an gleichzeitig geotropischen Organen (z. B. Stengeln) weniger scharf ausprägen als bei Ausschluß des Geotropismus. Die Elimination der geotropischen Gegenwirkung ge- schieht am besten mittels des Klinostaten. Die Versuchspflanzen werden am Klinostaten so angebracht, daß die zu prüfenden Organe einseitig durch horizontal einfallende Lichtstrahlen beleuchtet wer- den, ihre Lage aber gegen den Horizont fort wechseln, also bei Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 22 398 horizontaler Drehungsachse in der Richtung des Uhrzeigers sich bewegen. Vergleicht man ruhend aufgestellte und gleichfalls ein- seitig und horizontal beleuchtete Stengel mit den am Klinostaten rotierenden, so bemerkt man, daß die letzteren sich rascher dem Lichte zuwenden als die ersteren. Es sei noch bemerkt, dal man den Klinostaten auch benützen kann, um im Lichte stehende heliotropische Pflanzenteile der einseitigen Liehtwirkung zu entziehen, mit anderen Worten, um den Heliotropismus dieser Organe auszuschließen. Zu diesem Zwecke muß der Klinostat so aufgestellt sein, daß die Rotation um eine vertikale Achse erfolgt und die Lichtstrahlen horizontal und kon- stant von einer Seite einfallen. *) IV. Wirkung anderer äußerer Einflüsse. 87. Rankenkrümmung.!”*) Es gibt Organe, welche durch leichten einseitigen Druck im Längenwachstum in ähnlicher Weise wie positiv heliotropische Organe durch einseitige Liehtwirkung beeinflußt werden. Die gedrückte Seite wächst relativ langsamer als die ent- gegengesetzte, erstere wird konkav, letztere konvex (Haptotropismus). Im hohen Grade ist diese Eigenschaft bei Ranken ausgebildet. Immer sind sie seitliche Organe, aber von sehr verschiedenem morphologischen Werte (Bd. II, p. 61), gewöhnlich blattlose Stengel- gebilde (Ranken von Vitis, Ampelopsis, Passiflora) oder fadenförmige Blattenden (Pisum, Vieia). Die Ranken erlangen die genannte Fähig- keit, wenn sie etwa '/,—'!/, der schließlichen Länge angenommen haben. Die Rankenkrümmung wird hervorgerufen durch sich wiederholende Reibung mit einem festen Körper (siehe unten p. 350). Flüssige Körper, z. B. fallende Regentropfen rufen keine Rankenkrümmung hervor, selbst nieht einmal fallende Quecksilber- tropfen (Pfeffer 1885). Die Wirkung dieser Reize zeigt sich zunächst in einer Beschleunigung des Längenwachstums der Ranken (Fitting 1903), welches letztere aber alsbald an der Berührungsstelle in ge- ringerem Maße als an der entgegengesetzten an Länge zunimmt, sich infolgedessen krümmt und die Stütze umgreift. Die Rankenkrümmung kommt nicht, wie früher angenommen wurde, durch einseitige Turgorsteigerung, sondern durch ungleich- *) Die Ungleichblätterigkeit der Sprosse infolge der Lage (Anisopbyllie) und die Asymmetrie der Stengel infolge der Lage (Epitrophie und Hypotrophie) hat man früher als ausschließliche Gravitationswirkungen betrachtet. Nach neueren Forschungen kommen dabei aber auch andere äußere Einflüsse und innere Wachs- tumsursachen in Betracht. Über diese Erscheinungen s. Bd. III (Biologie), p 29 #. Ferner Wiesner, Über Trophien, Ber. der Deutschen Bot. Ges. 1897. F 339 seitiges Wachstum zustande (Fitting). Die Krümmung tritt an den Ranken verschiedener Pflanzen nach verschiedenen Zeiten ein, bei Passiflora schon nach einigen Sekunden, bei der Weinrebe aber erst nach Stunden. So wie manche Organe an verschiedenen Seiten eine ungleiche heliotropische oder geotropische Krümmungsfähiskeit aufweisen (p. 318), so zeigen auch viele Ranken an bestimmten Seiten eine stärkere Krümmungsfähigkeit bei all jenen Einwirkungen, welche zur Rankenkrümmung führen*). Die meisten Ranken reagieren als solche, wenn die Unterseite gereizt. wird. Hingegen reagieren die Ranken von Cissus und Cobaea an allen Seiten. m Natürl. Größe. Ranke von Ampelopsis hederacea, mehrere Wochen nach ihrer Anheftung an einer Mauer. rR Haftscheiben an den Rankenenden. (Nach Darwin.) Nach Eintritt der Rankenkrümmung ändert sich häufig der anatomische Bau der Ranken, aber stets in dem Sinne, daß die mechanischen Zellen eine stärkere Entwicklung erfahren, wobei das Tragvermögen dieser Organe oft eine enorme Steigerung erfährt. Gereizte Ranken sind langlebiger als ungereizt gebliebene. Die Ranken mancher Pflanzen, z. B. die von Ampelopsis hede- racea haben die Fähigkeit, sich durch Bildung von Haftscheiben, ohne eine Stütze umgreifen zu müssen, z. B. an Felsen, Mauern festzuklammern. Diese Haftscheiben entstehen bei der naheverwandten =) Daß außer Reibungskontakt auch rascher Temperaturwechsel und selbst gewisse chemische Ursachen zur Rankenkrümmung führen können, wurde von Correns (Bot. Zeit. 1896) und Fitting (Jahrb. f. wiss. Bot. 1903) konstatiert. 22* 340 Ampelopsis Veitchii aus freien Stücken in Form von kleinen Knöt- chen; bei Ampelopsis hederacea hingegen erst, wenn das freie Ranken- ende mit einer festen Unterlage durch längere Zeit in Berührung Apparat von Molisch zur Prüfung des Hydrotro- pismus der Wurzeln in halber Größe. Derselbe besteht aus einem soliden Tontrichter, der mit seinem gleichfalls soliden Stiel in ein mit Wasser gefülltes Hyazinthenglas Ah taucht. Die Keim- linge k sind in Sägespänen (s) derart eingesetzt, daß die Wurzeln bei den Öffnungen hervorragen, welche sich in der vertikalen Trichterwand ir be- finden. Die Oberfläche des Trichters ist mit einem Mantel aus Filterpapier (p) bedeckt. Steht der Apparat im absolut feuchten Raume, so wachsen alle Wurzeln vertikal nach abwärts. In trockener Luft kehren sich aile Wurzeln (»), wie dies die Figur darstellt, gegen die feuchte Fläche und berühren schließlich den Papiermantel. steht, wobei dasselbe anschwillt und ein klebriges, an der Luft erhärtendes Sekret ausscheidet, durch welches die Befestigung der Ranke auf der Unterlage erfolgt (Fig. 180). Die für die Kletterpflanze so vorteilhafte Rankenkrüm- mung wird noch durch beson- dere physiologische Eigentüm- lichkeiten befördert, so durch die Eigenschaft heliotropische Bewegungen auszuführen und spontan im Kreise zu nutieren. Durch diese Bewegungen ist reichlicher Gelegenheit geboten, die Ranken mit Stützen in Be- rührung zu bringen, als wenn sie geradlinig weiterwachsen würden*). 88. Ein sehr merkwür- diges Verhalten zeigen die Wurzeln, wenn deren Spitze (der unter der Wurzelhaube gelegene Meristemkegel) ein- seitig durch Anschnitt, Ätzung u. dgl. verletzt wird. Wie Dar- win zeigte, krümmt sich eine solehe Wurzel — und zwar innerhalb der wachsenden Strecke — von jener Seite weg, von welcher die Schädigung kommt. Man bezeichnet diese durch die einseitige Verletzung der Wurzelspitze eingeleitete Er- scheinung als Darwinsche Wurzelkrimmung.'’?) *) Über die biologischen Verhältnisse der Kletterpflanzen s. Bd. III (Bio- logie), p. 125 ffd. : | 341 89. Hydrotropismus.'’%) Seit langer Zeit weiß man, daß die Wurzeln vieler Pflanzen auf ungleiche Feuchtigkeit in der Weise reagieren. daß sie sich gegen die feuchtere Seite hin wenden (Bonnet, 1754). Man bezeichnet diese und analoge Erscheinungen mit dem Ausdruck Hydrotropismus. Man unterscheidet positiven und negativen Hydrotropismus. Die Wurzeln der höheren Pflanzen und die Rhizoiden von Mar- chantia sind positiv hydrotropisch. Die Fruchtträger mancher Pilze wenden sich gegen jene Seite, von welcher her sie die geringere Feuchtigkeit empfangen. Unter diesen negativhydrotropischen Organen finden sich sowohl einzellige als auch vielzellige Formen. Die ein- zelligen Fruchtträger von Mucor und Phycomyces sind ebenso negativ hydrotropisch befunden worden als die vielzelligen von (oprinus. Der positive Hydrotropismus®) läßt sich am schönsten durch den nebenstehend abgebildeten und erklärten Apparat (Fig 181) demonstrieren. 90. A&rotropismus (Molisch 1884).1"") Manche wachsende Organe erfahren eine Ablenkung von der eingeschlagenen Wachs- tumsrichtung, wenn verschiedene Gase, oder ein und dasselbe Gas, aber in verschiedener Menge, auf die entgegengesetzten Seiten des betreffenden Organes einwirkt. Je nachdem sich ein bestimmtes Organ einem Gase zuwendet oder von demselben abkehrt, wird dasselbe als positiv oder negativ a@rotrop bezeichnet. Wendet sich ein Organ nach jener Seite, von welcher ihm die größere Menge eines bestimmten Gases zu- strömt, so wird es gleichfalls als positiv aörotrop, im entgegen- gesetzten Falle als negativ a&rotrop bezeichnet. Bei allzu starker einseitiger Sauerstoffzufuhr verhalten sich die Wurzeln negativ, bei relativ geringerer einseitiger Sauerstofizufuhr positiv aörotrop. Infolge dieses Verhaltens wird das Vordringen der Wurzeln in tiefe Bodenschichten, welche an Sauerstoffarmut leiden, hintangehalten. Größere Mengen einseitig zufließender Kohlensäure bewirken eine starke Ablenkung der Wurzeln; noch energischer wirkt in *) Nach den von Molisch ausgeführten Untersuchungen ist der positive Hydrotropismus ein spezieller Fall der Darwinschen Krümmung: diejenige Seite der Wurzelspitze, welche die geringere Feuchtigkeit empfängt und die gewisser- maßen eine schwache Schädigung durch Verwelken erfährt, ist im Wachstum be- günstigt; dadurch muß aber die Wurzel nach der Seite der größeren Feuchtigkeit gelenkt werden. Molisch, Untersuchungen über den Hydrotropismus. Sitzungs- berichte der kais. Akademie der Wiss. Bd. LXXX (1983). 342 demselben Sinne salzsaures Gas. Die Pollenschläuche vieler Pflanzen sind negativ a@rotrop: unter Deckglas in Zuckerlösung wachsend, wenden sie sich vom Rande des Deckglases, von woher ihnen der Sauerstoff zufließt, ab.*) 91. Chemotaxis (Pfeffer 1884).17%) Es wurde oben (p. 320) bereits dargelegt, daß die Bewegungen der Schwärmsporen durch das Licht eine Orientierung erfahren. Dieser Phototaxis analog ist die Chemotaxis, d. i. die Orientierung der Bewegung frei lebender Organismen durch chemisch wirkende Substanzen. So wurde von Pfeffer nachgewiesen, daß die Spermatozoiden der Farne durch Apfelsäure, die der Laubmoose durch Zucker angelockt, zu den Eizellen der Archegonien geleitet werden. Die chemotaktischen Be- wegungen treten aber nur dann ein, wenn die Flüssigkeit, in welcher die betreffenden Organismen schwimmen, den wirksamen Bestandteil in ungleicher Verteilung enthalten. Zu den chemotaktischen Be- wegungen gehört auch der Zug der aöroben Bakterien nach den Orten, wo ihnen größere Sauerstoffmengen geboten werden (aöro- taktische Bewegungen.“*) Fünfter Abschnitt. Bewegungserscheinungen. Alle Lebensvorgänge der Pflanze beruhen auf mechanischen Prozessen und deshalb auf Bewegungsformen der Materie und des Äthers, die sich allerdings durch direkte Beobachtung nicht fest- stellen lassen. *) Auch Chemotropismus wurde nachgewiesen, und zwar von Molisch an Pollenschläuchen, von Miyoshi an Pilzhyphen, sowie an Wurzeln. Bestimmte chemisch wirkende, einseitig zugeführte Substanzen orientieren das Wachstum des betreffenden Organes. **) Diese Auffindung hat den Entdecker (Engelmann) zu einer sinnreichen Methode geleitet, unter Mikroskop jene Spektralbezirke ausfindig zu machen, in welchen chloropbyligrüne Organismen am meisten Sauerstoff ausscheiden (Bakterien- methode). Eine grüne Alge wird mittels eines Mikrospektralapparates der Wirkung des objektiven Spektrums ausgesetzt, nachdem man zu der unter Mikroskop befind- lichen Alge eine Flüssigkeit fügte, welche a@robe Bakterien (z. B. Dacterium termo) enthält und nachdem man den Zutritt des atmosphärischen Sauerstoffes durch passenden Verschluß des Objektes abgewehrt hat. Es sammeln sich die Bakterien an jenen Stellen der Algen an, an welchen die größte Sauerstoffaus- Ben E 949 Aber selbst abgesehen von diesem Gesichtspunkte, der für die derzeitige Auffassung des Pflanzenlebens trotz seiner Berechtigung doch nur ein wenig fruchtbarer ist. bietet uns die Pflanze während ihres Lebens eine Kette von durch die Beobachtung festzustelienden Veränderungen dar, die selbst nichts anderes als Bewegungs- erscheinungen sind, und wir haben in den früheren Abschnitten der Hauptsache nach nur Bewegungsphänomene beschrieben und erklärt. Von der Substanzbewegung innerhalb des Organismus soll. hier nicht weiter die Rede sein; vielmehr diene dieser Abschnitt dazu, eine Übersicht über die Bewegungen freibeweglicher einfacher Pflanzen und der Organe höher stehender Pflanzen zu geben. Zahl- reiche Bewegungen dieser Art wurden in den früheren Abschnitten gelegentlich schon vorgeführt. I. Protoplasmabewegungen. 92. Lebendes Protoplasma ist häufig in Bewegung begriffen. Die Art dieser Bewegung ist indes eine verschiedene. Am genauesten sind bekannt: die Protoplasmaströmung, die amöbenartigen und schwärmenden Bewegungen, welche beiden letzteren teils spontaner, teils paratonischer Natur sind. Die Strömung des Protoplasma ist schon in der Anatomie (p. 22) kurz beschrieben worden. Die Strömung ist in den ver- schiedensten Geweben nachweislich. Besonders lebhaft ist sie in kräftig vegetierenden und kräftig assimilierenden Zellen, während sie in den Meristemzellen noch fehlt. Die Geschwindigkeit der Strömung ist indes, je nach den spezifischen Eigentümlichkeiten der Pflanze, eine verschiedene. Hofmeister fand die größte Geschwin- digkeit im Plasmodium einiger Myxomyceten (10mm per Minute), eine mittlere in den Brennhaaren der Urtica dioica (VO 3 mm per Minute) und die geringste (0'009 mm per Minute) in den Zellen des Blattes von FPotamogeton crispus. Die Ermittlung noch kleinerer Geschwindigkeiten ist gar nicht mehr durchführbar. Da aber von dem höchsten bis zu dem niedrigsten für diese Bewegung gefundenen Werte ein allmählicher Übergang stattfindet, so läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit vermuten, daß die Protoplasmabewegung eine weitere Verbreitung besitzt, als durch die bisherigen Beobachtungen scheidung stattfindet, also in jenem Spektralbezirke, welcher die größte assimilato- rische Kraft besitzt. Bei gewöhnlichen grünen Pflanzen ist dies nach Engelmann Rot von B—C. Blaugrüne, Rot- und Braunalgen haben entsprechend dem verän- derten Absorptionsspektrum anders gelegene Maxima. Engelmann, Bot. Zeitung 1881, 1883, 1857 und »Die Entstehungsweise der Sauerstoffausscheidung«. Amster- damer Akademie der Wiss. 1394, 344 festgestellt werden konnte. Die Mechanik der Protoplasmabewegung ist trotz mehrfacher Erklärungsversuche noch gänzlich unbekannt; wir kennen nur das Äußere der Erscheinung, die schon oben er- wähnten Zirkulations- und Rotationsströme (Anatomie, p. 22), ferner die Tatsache, daß nicht alle Teile eines Protoplasmakörpers der Zelle strömen, und auch die strömenden Partien ungleiche Gesehwin- digkeiten aufweisen. In der Regel ist die Geschwindigkeit in den inneren Plasmapartien größer als in den äußeren; die Hautschichten befinden sich stets in Ruhe. Zur Unterhaltung der Bewegung ist Sauer- stoff notwendig; denn wird dieser einer Zelle entzogen, so hört die Strömung auf. Offenbar rührt also wenigstens ein Teil der lebendigen Kraft, welche zur Fortbewegung des Protoplasma erforderlich ist, von jenen Spannkräften her, die beim Verbrennungsakte in leben- dige Kraft umgesetzt werden. Neuestens ist konstatiert worden, daß in fakultativ anaöroben Pflanzen die Strömung des Protoplasma auch durch intramolekulare Atmung unterhalten werden kann. Die äußeren Bedingungen, unter welchen die Strömung stattfindet, sind genau ermittelt worden. Die Strömung vollzieht sich nur innerhalb bestimmter, je nach der Pflanze wechselnder Temperaturgrade und verläuft innerhalb dieser Grenzen mit verschiedener Energie. Auch bei diesem Vorgange hat man ein Minimum, Optimum und Maxi- mum der Temperatur zu unterscheiden. Die Strömungsgeschwindig- keit wächst bis zum Optimum kontinuierlich und fällt von hier zum Maximum gleichfalls kontinuierlich; das Minimum liegt bei einigen Pflanzen (nordische Chara-Arten) unter Null, in extremen Fällen aber ziemlich hoch, z. B. für die Haare subtropischer Uucurbita-Arten bei und über 10°C. Die Maxima bewegen sich zwischen 28 und 50°C. Höchst auffällig tritt uns in diesen Tempe- raturverhältnissen des strömenden Protoplasma eine Anpassung an die Vegetationsbedingungen entgegen. Der unterhalb des Minimums oder oberhalb des Maximums gelegene, durch Temperatur hervor- gerufene Ruhezustand des Protoplasma wird als Kälte-, beziehungs- weise Wärmestarre bezeichnet. Die Temperaturen, bei welchen das Protoplasma getötet wird, liegen tiefer, beziehungsweise höher als jene, welche Starrezustände hervorbringen. Mit der Tötung des Protoplasma hört selbstverständlich die Strömung ein- für allemal auf. Schwache elektrische Ströme wirken weder hemmend noch fördernd auf strömendes Protoplasma ein; starke konstante elek- trische Ströme, sowie heftige Induktionsschläge töten aber das Plasma wie hohe Temperatur. — Versetzt man Zellen, deren Protoplasma in Strömung begriffen ist, durch Einwirkung von wasserentziehen- den Mitteln in den plasmolytischen Zustand (p. 271), so hört, wie 349 Unger zuerst sah, die Bewegung auf, beginnt aber wieder, wenn den Zellen Wasser zugeführt wird. Neuestens wurden aber doch Fälle bekannt, in welchen trotz Plasmolyse die Strömung noch fort- dauert. — Bemerkenswert ist endlich, daß Verletzungen der Ge- webe, sowie kurz andauernder Druck die Strömung für einige Zeit einstellen. Führt man beispielsweise durch ein Gewebe, welches aus mit strömendem Protoplasma versehenen Zellen besteht, einen Schnitt und bringt man denselben unter das Mikroskop, so bemerkt man. daß erst nach einiger Zeit die Strömung eintritt. Doch ist in manchen Fällen auch eine Geschwindigkeitssteigerung durch Verletzung be- obachtet worden. 93. Manche selbständige, nämlich Zellen repräsentierende oder zu Zellgruppen vereinigte Protoplasmakörper bewegen sich in eigen- tümlicher. der Bewegung der Amöben vergleichbarer Weise. So z. B. die Myxamöben der Myxomyceten (p. 271) und die durch Ver- schmelzung aus ersteren hervorgegangenen Plasmodien. Die Myx- amöben sind kernführende nackte Zellen, die Plasmodien aber Gruppen hautloser Zellen, die gewissermaßen einen großen Protoplasmakörper repräsentieren. Diese amöbenartigen Bewegungen führen zu Orts- veränderungen und bestehen in lokaler Ausdehnung und Zusammen- ziehung der Protoplasmateile, wodurch fortwährende Formänderungen hervorgerufen werden. Gewöhnlich treibt ein Teil der individuali- sierten Protoplasmakörper Fortsätze (Pseudopodien) und schiebt sich unter Kontraktion vorwärts. Das Licht übt auf Plasmodien (und auch auf Myxamöben) einen sichtlichen Einfluß aus. Es wurde beobachtet, daß auf fein- körnigen Substrate, z. B. auf feuchter Erde befindliche Plasmodien sich durch Einkriechen in das Substrat vor der Wirkung intensiven Lichtes schützen.) Es seien hier auch die Bewegungen der Schwärmsporen erwähnt: dieselben sind gleich den Myxamöben hautlose, aber mit nicht einziehbaren Wimpern versehene Zellen und haben die Fähig- keit, sich selbständig zu bewegen. Die Schwärmsporen mancher Algen und Pilze lassen auch eine rhythmisch verlaufende Zusammen- ziehung und Ausdehnung erkennen. welche in der plötzlichen Ver- kleinerung und allmählichen Vergrößerung der in ihnen (gewöhnlich in der Zwei- bis Dreizahl; vorkommenden Vakuolen zum Ausdruck *) Auch andere äußere Einflüsse rufen bei Plasmodien und Myxamöben be- stimmte autonome Bewegungen hervor, von welchen hier nur die Rheotaxis ge- nannt werden soll. Werden Plasmodien von Fuligo auf feuchtes Papier gebracht und dieses mit Wasser überströmt, so kriechen sie in der der Strömung entgegen- gesetzten Richtung. Jönsson (1883), Stahl (1834). 346 kommt. Man hat diese auch in Plasmodien auftretenden Safträume als pulsierende Vakuolen bezeichnet. Auf die phototaktischen Bewegungen der Schwärm- sporen (p.320), desgleichen auf die chemotaktischen Bewegungen der Sperma- tozoiden und Bakterien ist schon oben (p. 342) hin- gewiesen worden. Die Chlorophyll- körner vieler Pflanzen nehmen im Lichte ganz andere Stellungen an als ım Finstern (Fig. 182); diese Ortsveränderungen der Chlorophylikörner, die ja auch den Protoplasma- Schematisch. Querschnitt durch das Laub von Lemna tri- gebilden zugehören, sind sulca. c Chlorophylikörner. $ Lage der Chlorophyllkörner . . . . bei Beleuchtung mit Sonnenlicht (Profilstellung der Chloro- angeblich teils aktive, teils phylikörner), D im diffusen Tageslichte (Flächenstellung der - Chlorophylikörner). (Nach Stahl). passıve Bewegungen, welche letztere ihren Grund in dem die Chlorophylikörner beherbergenden Protoplasma haben, das unter Umständen durch das Licht zu Bewegungen ver- anlaßt wird. II. Wachstumsbewegungen. 94. Organe, deren Zellen im Wachstum begriffen sind, machen Bewegungen durch, die aber in der Regel zu schwach sind, um unmittelbar wahrgenommen zu werden. Durch das Mikroskop oder durch besondere Apparate, welche die Bewegung vergrößert dar- stellen (Auxanometer, s. oben p. 303), kann dieselbe zur Anschau- ung gebracht und gemessen werden. Auf die wichtigsten, das gleichseitige Wachstum der Organe begleitenden Bewegungen, namentlich auf die große Periode, ist schon oben hingewiesen worden. Durch ungleichseitiges Wachstum nehmen die Pflanzenteile bestimmte Lagen und Krümmungen an. Alle auf diese Weise vor sich gehenden Bewegungen werden als Nutationsbewegungen bezeichnet. Dieselben zerfallen in zwei Kategorien: 1. in spontane, 2. in paratonische (oder rezeptive) Nutationen. Unter den ersteren - sind alle jene auf Wachstum beruhenden Bewegungen zu ver- 347 stehen, die unabhängig von äußeren richtenden Einflüssen vor sich gehen, also in der Organisation der Pflanze begründet erscheinen. Hierzu gehören die einfache Nutation (mit Einschluß von Epinastie und Hyponastie), die undulierende und die revolutive Nutation. Zu den letzteren zählen jene Bewegungserscheinungen, bei welchen die Ungleichseitigkeit des Wachstums durch äußere Einflüsse hervor: gerufen wird, also die heliotropischen und geotropischen Erschei- nungen, die Rankenkrümmung, die Darwinsche Krümmung, Hydro- tropismus, Aörotropismus u.n.a. Die wichtigsten dieser Phänomene sind schon oben in Kürze abgehandelt worden.*) Auf die kombinierte heliotropisch-geotropische Bewegung von Stengeln ist schon oben (p. 337) hingewiesen worden. Es ist dies aber nicht die einzige an der Pflanze wahrnehmbare kombinierte Wachstumsbewegung. Vielmehr treten alle Nutationsformen, welche einem bestimmten Pflanzenteile eigentümlich sind, während des Wachsens in Kombination und bedingen so die natürlichen Be- wegungen, beziehungsweise Lageverhältnisse der Pflanzenteile (siehe oben p. 355). Es ist von Darwin zuerst darauf hingewiesen worden, dab die wachsenden Pflanzenteile im Raume einer fortwährenden un- regelmäßig hin- und hergehenden Bewegung unterworfen sind, welcher Bewegung er den Namen Zirkumnutation gegeben hat. Nach Darwins Auffassung ist die Zirkumnutation eine, einer jeden Pflanze eigentümliche Urbewegung. Es ist aber von anderer Seite gezeigt worden, daß die Zirkumnutation eine kombinierte Wachs- tumsbewegung ist, bei welcher die verschiedensten spontanen und paratonischen Nutationen im Spiele sein können.!'?) Die auffälligste aller durch kombinierte Wachstumsbewegungen hervorgerufenen natürlichen Lagerungsverhältnisse der Pflanzenorgane ist jene, welche nach Wiesners Vorschlage als fixe Lichtlage der Blätter bezeichnet wird. Es stellt sich das grüne Blatt während des Wachstums in der Regel senkrecht auf das stärkste zerstreute Licht (euphotometrisches Blatt). Bei stark insolierten Blättern treten oft Abweichungen von dieser Regel ein, welche den Zweck haben, *) Es ist indes auch eine andere Terminologie im Gebrauche. Krümmungs- bewegungen, welche durch äußere richtende Einflüsse hervorgerufen werden, faßt man auch als Tropismen, hingegen jene, welche spontan erfolgen, als Nastien zusammen. — Unter Taxis (Pfeffer) sind die auf äußere richtende Einflüsse erfolgenden Bewegungen von in Flüssigkeiten freilebenden Organismen zu ver- stehen. Es sei hier auch noch an die oben (p. 338) genannten Trophien (Wiesner) erinnert, dieihrem Zustandekommen nach spontaner oder paratonischer Natur sein können. 348 bei genügender Zufuhr von diffusem Lichte das Blatt vor der zu starken Wirkung des direkten Sonnenlichtes zu schützen (panphoto- metrisches Blatt). Die Frage über die hierbei tätigen Kräfte und über die Mechanik dieses Vorganges ist noch kontrovers.1°0) III. Paratonische Variationsbewegungen.'°') 95. Die Variationsbewegungen unterscheiden sich von den Wachstumsbewegungen dadurch, daß sie auch dann in Aktion treten, wenn der betreffende Pflanzenteil ausgewachsen ist, in welchem Zu- stande die betreffende Bewegung am ausgesprochensten erscheint. Man hat paratonische und spontane Variationserscheinungen zu unterscheiden. Die ersteren erfolgen auf eine äußere Einwirkung, Fig. 183. Blätter von Mimosa pudica in halber natürl. Größe. A ungereiztes, 7 gereiztes Blatt. B entspricht auch der Nachtstellung. (Nach Duchartre.) letztere infolge innerer Zustandsänderungen des Organismus. In diesem Paragraphen ist bloß von den ersteren die Rede. Als äußere, die Bewegung verursachende Einflüsse wirken Berührung, Er- schütterung, auch Licht, Wärme, Elektrizität und einige andere. Der äußere Einfluß wirkt hier nicht direkt als mechanische Kraft, sondern bloß auslösend (als Reiz; s. VI. Abschnitt). Die Kraft, welehe die paratonischen Variationsbewegungen hervorruft, muß in dem betreffenden Organ bereits als Spannung vorhanden gewesen sein. 96. Die bekanntesten hierher gehörigen Phänomene sind die Bewegungen der Mimosenblätter, der Staubfäden von Berderis und zahlreicher Kompositen und der Blätter der Venusfliegenfalle (Dio- naea muscipula). F- oFJ Das Blatt der Mimosa pudica ist doppelt gefiedert*) und im reizungsfähigen Zustande flach ausgebreitet. Wie an jedem doppelt gefiederten Blatte, hat man auch an diesem den gemeinschaftlichen Blattstiel, die Blattstiele zweiter Ordnung und die eigentlichen Blättchen, welche hier mit kurzen Stielehen aufsitzen, zu unter- scheiden. Alle Stiele und Stielehen enden am Grunde in einen ver- dickten Teil, den Gelenkswulst, und nur dieser ist reizbar; aber wie der Versuch lehrt, auch nur an bestimmten Stelien. Es ist der Gelenkswulst des gemeinschaftlichen Blattstiels und jedes Blattstiels zweiter Ordnung nur an der Unterseite, der eines Blattstielehens hingegen nur an der Oberseite reizbar. Durch Berührung oder durch Erschütterung legen sich die Blättchen mit ihrer Oberseite zusammen, die Blattstiele zweiter Ordnung, welche vor der Reizung auseinander- gespreizt standen, legen sich aneinander und der gemeinschaftliche Stiel senkt sich. Die Bewegung ergreift allerdings alle Teile des Blattes, sie pflanzt sich auch tatsächlich von jedem Punkte aus über das ganze Blatt fort; allein die eigentliche Aktion geht doch nur in den Gelenkswülsten, genauer gesagt, in den reizbaren Teilen derselben vor sich. Die auf Reizung erfolgenden, die Bewegung hervorrufenden Veränderungen sind von Brücke (1848) erkannt worden. Jeder (Gelenkswulst besteht aus einem saftreichen, von luftführenden Inter- zellularen durchsetzten Parenchym (Schwellgewebe) und ist von einem sehr geschmeidigen Gefäbbündel durchzogen. Berührt man die reiz- bare Hälfte des Wulstes, so zieht sie sich zusammen und färbt sich tiefer grün. Beides beruht auf verminderter Turgeszenz der Zellen. Die Zellen dieser Hälfte entlassen einen Teil ihres Wassers in die Interzellularen und injizieren diese, wodurch das Gewebe an Span- nung verliert und infolgedessen sich zusammenziehen muß. Das verkürzte und mit Flüssigkeit injizierte Gewebe muß aber auch begreiflicherweise eine tiefer grüne Farbe annehmen. Bei der Reizung wird ein Teil des Wassers in die obere Wulsthälfte getrieben, wo- durch der hier herrschende, an sich schon große Turgor eine weitere Steigerung erfährt, was selbstverständlich die Kraft, mit der die Blatteile sich bewegen, noch verstärken muß). Erschütte- rungen wirken auf die Blätter von Mimosa in derselben Weise wie Berührung.”*) #) Eigentlich handförmig und gefiedert, indem, wie Fig. 183 lehrt, die vier Blätter des handförmigen (gefingerten) Blattes einfach gefiedert sind. ==) Auf den großen Unterschied, welcher zwischen der Verursachung der Rankenkrümmung und jener der Reizbewegung der Mimosenblätter (und analoger Auslösungserscheinungen) besteht, ist von Pfeffer gebührend hingewiesen worden. 350 Worin die im reizbaren Blatte vorhandene Spannung besteht, und in welcher Weise die Auslösung durch Berührung oder Er- schütterung erfolgt, ist noch gänzlich rätselhaft. Daß die Er- scheinung auf der Reizbarkeit des Protoplasma der im Prozesse tätigen Zellen beruht, kann wohl keinem Zweifel unterliegen. Es wird angenommen, dab das Protoplasma des reizbaren Gewebes durch den Reiz plötzlich für Zellsaft durchlässiger wird und der in der Zelle herrschende Druck nunmehr ein bestimmtes Flüssig- keitsquantum aus den Zellen herauszupressen vermag.*) Nach Haberlandt (1901) stehen auch die an dem Gelenks- polster von Mimosa auftretenden Haargebilde (Fühlhaare, Fühl- borsten, s. oben p. 110) im Dienste der Blattbewegung (s. unten in VI. Abschnitte). 97. Sehr bekannt ist die Reizbarkeit der Staubfäden von Sauerdornarten (Derberis und Mahonia). Berührt man die vor der Reizung vom Griffel weit abstehenden Staubfäden am Grunde mit einer Nadel oder dergleichen an der dem Inneren der Blüte zuge- kehrten Seite, so erheben sie sich plötzlich und es kommen nun- mehr die Antheren mit der Narbe in Berührung. Diese Bewegungs- erscheinung ist ebenso typisch wie die vorhergehende Während das Parenchym im Gelenke von Mimosa pudica von luftführenden Interzellularen durchzogen ist, in welche der Saft aus den sich kon- trahierenden Parenchymzellen sich ergießt, fehlen im reizbaren Ge- webe der Staubfäden von Derberis solche Luftgänge. Die Flüssigkeit, welche aus den gereizten Zellen ausfließt, tritt hier in Zellen der In beiden Fällen ist ein bestimmter, durch Gewichte meßbarer Druck erforderlich, um die Bewegung hervorzurufen. Aber bei Mimosa bedingt der Druck als solcher die Wirkung; hingegen ist es zur Hervorrufung der Rankenkrümmung nötig, daß an benachbarten Stellen ein ungleicher Druck tätig sei. Während also bei Dlimosa ein Stoßreiz die Bewegung auslöst, ist zur Entstehung der Ranken- krümmung eine länger andauernde, durch ungleiche Druckwirkung gekennzeichnete Berührung erforderlich (Tastreiz). (Vgl. oben auf p. 338.) *) Nach neueren Untersuchungen erfolgt die Fortpflanzung des Reizes bei der Bewegung des Mimovsa-Blattes durch ein besonderes, dem Phloöm angehöriges Gewebe, welches aus schlauchförmigen, getüpfelten Zellen besteht, in deren Inhalt schleimartige Substanzen und ein durch Eisenchlorid sich rotviolett färbender Körper, ferner ein dünner Protoplasmabelag sich befinden. Die Reizfortpflanzung soll aber nicht durch ein reizleitendes, die Membran dieser Schläuche durch- setzendes Protoplasma erfolgen (wenngleich eine protoplasmatische Verbindung der reizleitenden Zellen sich nachweisen läßt), sondern soll auf Störungen des hydrostatischen Gleichgewichtes innerhalb der reizleitenden Elemente beruhen. G. Haberlandt, Das reizleitende Gewebe der Sinnpflanze. Leipzig 1890. Über die biologische Bedeutung der Bewegungen der Mimosenblätter. Bd. III (Biologie), p. 125 ffd. 35l Gegenseite über, wie denn auch bei Mimosa ein Teil des Zell- wassers aus der reizbaren Hälfte in die andere übergeht. Auch bei den genannten Staubfäden kommt die Bewegung durch eine plötz- lich eintretende Turgordifferenz zustande. Die gereizte Seite des Staubfadens kontrahiert sich, die entgegengesetzte dehnt sich aus, und so muß, da die erstere an dem horizontal gedachten Staubfaden oben liegt, die Reizbewegung nach oben gerichtet sein. Auch hier kennen wir den zur Bewegung führenden Vorgang ebensowenig als den vorherigen Spannungszustand. Wohl aber müssen wir auch hier die Reizbarkeit des Organs auf die Reizbarkeit seines Protoplasma zurückführen. Reizbare Staubfäden sind auch an anderen Pflanzen beobachtet worden, so z. B. an den Oynareen (Üentaurea und anderen Gattungen). Die zu einer Röhre verbundenen fünf Antheren der Blüte werden von Filamenten getragen, welche nach außen konvex ge- krümmt sind. Stoßreize strecken die Staubfäden durch ungleich- seitige Zusammenzie- hung gerade, wodurch nz eine Verkürzung des Andröceums sich ein- stellt,welcheeinezweck- mäßige Dislokation des Pollens zur Folge hat. Auch die Narben mancher Pflanzen (Mi- ınulus) sind reizbar. Auf Stoßreize schließen die freien Teile der Narbe zusammen. Alle diese an Geschlechtsorganen der Blüten sich voll- Blätter von Dionaea muscipula, etwas über natürl. Größe. ziehenden Reizerschei- A geschlossenes, B offenes, noch ungereiztes Blatt, an dem die sechs sogenannten Tentakeln % zu sehen sind, N f fm f Ih N AN ar } MM j N Hl; N) 1 nungen stehen im Dienste der Insektenbefruchtung der betreffenden Pflanze. (S. Bd. III, Biologie.) 98. Höchst charakteristisch gestalten sich die Verhältnisse bei der Reizbewegung der Blätter von Dionaea muscipula (s. Fig. 184). Die verhältnismäßig kleine Spreite der langgestielten und mit breiten Flügeln versehenen Blätter ist am Rande mit schwach konkav gekrümmten stachelförmigen Blattzähnen versehen. Jede Blatthälfte trägt an der Oberseite drei stachelförmige Haare, »Fühl- borsten«. Werden diese Haare oder das benachbarte Gewebe be- 352 rührt, so klappen die Blatthälften zusammen und die Blattzähne kreuzen sich, was durch das beim Zuklappen eintretende Konkarv- werden des Blattes an seiner Oberseite begünstigt wird. Erfolgt die Reizung durch ein Insekt, so wird dasselbe gefangen. Auch hier entsteht die Reizbewegung durch Turgordifferenz. Das ist aber für das Blatt der Venusfliesenfalle das Charakteristische, daß das Öffnen des Blattes und die zu neuer Reizung erforderliche Span- nung nur durch Wachstum, nämlich durch das von Batalin (1877) zuerst nachgewiesene verstärkte Längenwachstum der Blattoberseite (Epinastie; s. p. 309) erzielt werden kann. — Es sei hier noch be- merkt, daß an den Blättern der Venusfliegenfalle auch kleine Drüsen auftreten, welche, wenn ein Insekt vom Blatte festgehalten wird, infolge von Reizung ein Sekret ausscheiden, das zur Löslich- machungy (Verdauung) des Insektenfleisches führt. Die in Lösung gebrachte Substanz wird von dem Blatte aufgesaugt und dient der Pflanze als stickstoffhaltige Nahrung. Dionaea muscipula gehört mit- hin in die Kategorie der insektenfressenden Pflanzen (s. p. 246). 99. Die Blätter der Mimosa pudica und andere auf mechanische Reize reagierende Organe werden auch durch das Licht in Reiz- bewegung versetzt. Im Lichte breitet sich das Blatt der Sinnpflanze aus, im Finstern hängt es hinab, ist gefaltet und macht überhaupt den gleichen Eindruck, wie ein durch Berührung gereiztes Blatt (Fig. 183 2). Obgleich auch hier eine Turgordifferenz zur »Nacht- stellung« führt, so kommt dieselbe doch, wie ebenfalls Brücke zuerst zeigte, auf andere Weise zustande als der durch Berührung erzielte Zustand. Im Lichte sinkt der Turgor der Zellen, im Finstern steist er. Wird Mimosa pudica ins Finstere gebracht, so nimmt der Turgor im allgemeinen, besonders aber in der oberen Gelenkshälfte (des gemeinschaftlichen Blattstieles) zu, und es tritt Senkung (und, weil analoge Turgoränderungen auch in den unteren Hälften der Gelenkswülste der Fiederblättehen eintreten, Faltung) des Blattes ein. Im Lichte fällt aber der Turgor in der am stärksten beleuch- teten oberen Gelenkshälfte und es kehrt das Blatt wieder in die normale Lage zurück, es nimmt die »Tagstellung« an. Überhaupt ist ein gereiztes Mimosablatt von einem in der Nachtstellung befindlichen schon dadurch zu unterscheiden, dab ersteres schlaff, letzteres hingegen steif ist. Auch die Blätter der kobdinia-Arten bieten, wie bekannt, das Phänomen der Tag- und Nachtstellung dar. In der Nacht sind die Blätter nach abwärts gekehrt, die Blättehen stehen nach abwärts, sich mit den Unterseiten berührend; bei sehr hohem Sonnenstande sind sie aufgerichtet und die in die Richtung der Lichtstrahlen ge- 353 brachten Blättehen berühren sich mit den Oberseiten. Auch diese Bewegung ist als eine auf Turgordifferenz beruhende Reizerscheinung aufzufassen. Das Laub der Robinien antwortet auch auf mechanische Reize, es sind aber sehr kräftige Erschütterungen notwendig, um Reizbewegungen einzuleiten. Es gibt aber auch Pflanzenorgane, welche wohl durch das Lieht gereizt werden, auf mechanische Reize aber in keinerlei Weise reagieren. So z. B. die Blätter von Phaseolus, Marsilia, Maranta u. v. a. Die durch den Lichtwechsel sich einstellenden Lageänderungen der PSanzenorgane werden nach Darwins Vorschlag in neuerer Zeit häufig als nyktitropische Bewegungen bezeichnet. 99. Die Pflanzenorgane verbleiben nur so lange in bewegungs- fähigem Zustande, als die wesentlichen Vegetationsbedingungen er- füllt sind, so lange als Wasser, Sauerstoff und passende Temperatur vorhanden ist. Bei Mangel einer dieser Bedingungen tritt zuerst ein Starrezustand ein, aus welchem die Pflanze noch zu erwecken ist, falls die eingetretene Störung des Lebens nicht zu tief einge- griffen hat. Die Blätter von Mimosa pudica sind nur zwischen 15 und 40°C reizbar. Unter 15° © tritt Kältestarre, über 40°C Wärme- starre ein. Man spricht auch von Trockenstarre, welche bei mangelnder Wasserzufuhr eintritt, ferner von Dunkelstarre, welche sich einstellt, wenn durch Licht reizbare Pflanzen durch längeren Aufenthalt im Dunkeln ihre Reaktionsfähigkeit verloren haben. Das äußere Bild eines im Starrezustand befindlichen Organs ist ein sehr ungleichartiges und kann selbst für verschiedene Starre- zustände einer und derselben Pflanze verschieden sein. So sind die Blättehen der Mimosa pudica bei Kälte-, Trocken- und Dunkel- starre offen, bei Wärmestarre geschlossen. Der Wechsel von Tag und Nacht muß an Pflanzen, welche auf Lichtreize reagieren, eine periodische Folge von Tag- und Nachtstellung der reizbaren Organe hervorrufen. Reizbewegungen dieser Art werden als periodische bezeichnet. IV. Spontane Variationsbewegungen. 100. Diese Art von Variationsbewegung, welche bereits oben (p. 348) kurz charakterisiert wurde, tritt an gewissen Pflanzen- organen periodisch auf und besteht aus rhythmisch ablaufenden Turgoränderungen in den sich bewegenden Organen. Die auffallendste einschlägige Erscheinung bietet das Laub- blatt von Hedysarum (Desmodium) gyrans dar. Jedes der beiden Seitenblättehen macht bei Temperaturen zwischen 22 und 35° C Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 23 354 innerhalb eines Zeitraumes von etwa 2—5 Minuten eine kreisende Bewegung durch, welche im Lichte wie im Dunkeln in vollkommen gleicher Weise verläuft (Fig. 185). Nach neueren Untersuchungen voll- zieht auch das große Endblatt (7) jeder Fieder dieser Pflanze eine schwache pendelartige Bewegung. Die Amplitude dieser Bewegung beträgt aber nur 6—20°; jede Schwingung benötigt einen Zeitraum von 10 bis 180 Sekunden. Sehr auffallende spontane Va- riationsbewegungen zeigen die Blätter von Oxalis hedysaroides. '*1*) Zahlreiche andere Blattorgane Ein Fiederblatt von ZHedysarum ayrans. (zZ. B. von Mimosa pudica, Acacıa f schwingende Blättchen, n Nebenblätter in s 4 natürl. Größe. (Nach Duchartre.) lophantha, Phaseolus vulgaris, Oxalıs Acetosella ete.) lassen dieselbe Er- scheinung, aber in schwächerem Grade, erkennen. Langsam aber weitgehend ist die spontane Bewegung der Blätter von Trefolium pratense. Im Lichte ist dieselbe durch Reizbewegungen gedeckt; bringt man aber die Pflanze ins Dunkle, so läßt sich konstatieren, daß jedes Blatt innerhalb eines Zeitraumes von etwa 2—4 Stunden einen Bogen von durchschnittlich 100° beschreibt. Sechster Abschnitt. Die Reizbarkeit.'””) 101. Die großen Schwierigkeiten, welche sich der Auffassung der Lebensvorgänge des pflanzlichen Organismus entgegenstellen, wurden, dem Plane dieses Buches entsprechend, durch die Darstellung zu verringern versucht, indem, soweit als tunlich, überall das Morpho- logische dem Funktionellen, das Einfache dem Komplizierten, das Anschauliche dem Abstrakten, das empirisch Gewonnene dem Theo- retischen vorangestellt wurde. Das im vorangegangenen mitgeteilte Erfahrungswissen stützte sich ferner unmittelbar auf die an der Pflanze selbst beobachteten 355 Tatsachen, und nur gelegentlich wurde die Aufmerksamkeit auf ana- loge morphologische oder physiologische, an tierischen Organismen gewonnene Tatsachen oder Erkenntnisse gelenkt, z. B. bei Erläute- rung der karyokinetischen Prozesse, bei Betrachtung der minerali- schen Nahrungsmittel, bei der Atmung usw. Je aufmerksamer und eindringlicher aber der pflanzliche mit dem tierischen Organismus verglichen wird, desto mehr tritt eine weitgehende Übereinstimmung beider hervor und man erkennt, daß zwischen Pflanzen und Tieren im wesentlichen nur graduelle Unter- schiede bestehen, so zwar, dal sich eine absolute Grenze zwischen beiden organischen Reichen nicht ziehen läßt. Die in der Tierphysiologie reichlich aufgestapelten Tatsachen über Reizbarkeit und über Reizvorgänge haben in neuerer Zeit dahin geführt, auch die Pflanze nach diesen Richtungen genauer zu studieren und es hat sich dabei gezeigt, daß auch die Pflanze in demselben Sinne wie das Tier reizbar ist und auch in dieser Beziehung zwischen beiden Reichen nur Unterschiede des Grades existieren. | Die auffälligen Variationsbewegungen, z. B. der Mimosa pudica, werden schon seit längerer Zeit als Reizvorgänge aufgefaßt, allein das allgemeine Vorkommen von Reizerscheinungen im Pflanzenreiche ist erst von Ch. Darwin erkannt und später von Sachs, Pfeffer und anderen eingehend nachgewiesen worden. Nachdem in den früheren Abschnitten alle wichtigeren die Pflanze betreffenden einfacheren morphologischen und physiologischen Tatsachen vorgeführt wurden, kann es keiner Schwierigkeit unter- liegen, den verwickelten, von den Tierphysiologen ausgebildeten Begriff der Reizbarkeit auf die Lebensvorgänge der Pflanze anzu- wenden. Die Reizbarkeit wird weiter unten genauer definiert werden; es genüge einstweilen. hervorzuheben, daß unter Reizbarkeit im weiteren Sinne (Irritabilität) die Fähigkeit des Organismus und seiner Teile verstanden wird, auf äußere und innere Anstöße (Reize) in spezifischer Weise zu reagieren. Im engeren Sinne versteht man unter Reizbarkeit die spezifische Reaktion des Organismus auf äußere Anstöße (Reize).*) 102. Die in der Pflanze sich vollziehenden Reizphänomene sind im allgemeinen einfacher als die an tierischen Organismen zu be- obachtenden; die letzteren sind aber augenfälliger, wenigstens in ihren hochausgebildeten Formen. Dies ist der Grund, weshalb das *) Die inneren Reizursachen sind fast noch ganz in Dunkel gehüllt. Siehe hierüber Pfeffer, Pflanzenphysiologie. 2. Aufl. Bd. II (1901), p. 149 ffd. 23* 396 Studium der Reizbarkeit von den Tierphysiologen zuerst betrieben und erst so spät in die Pflanzenphysiologie eingeführt wurde. Die Einführung des Reizbegriffes in die Pflanzenphysiologie kann nicht den Zweck verfolgen, die Lebensprozesse der Pflanze zu erklären; denn das Einfache läßt sich nicht durch das Kom- plizierte verdeutlichen; eher läßt sich hoffen, daß viele Punkte der tierischen Reizlehre durch die genauere Kenntnis der einfachen Reiz- vorgänge der Pflanze eine Erklärung finden werden. Die Nutzbarmachung des Reizbegriffes in der Pflanzenphysio- logie hat vielmehr die Bedeutung, tiefer in das Wesen des Pflanzen- lebens einzudringen und insbesondere zur Auffindung neuer Ana- logien zwischen tierischem und pflanzlichem Leben zu führen. Auf diese Weise wurde beispielsweise gefunden, daß Reizaufnahme und Reizeffekt wie bei reflektorischen Reizvorgängen des tierischen Or- ganismus auch in der Pflanze räumlich getrennt auftreten können. Das Auffallende der Reflexbewegungen und anderer sinnfälliger Äußerungen tierischer Reizbarkeit leitete dahin, die viel versteck- teren und abgeschwächteren Reizerscheinungen der Pflanzen aufzu- suchen und zu studieren. 103. Man ist bestrebt, im reizbaren Organ jenes Gewebe oder jene Zellen oder auch jene Zellenteile ausfindig zu machen, in welchen die Aufnahme des Reizes, seine Weiterleitung und schliel- lich seine Auslösung erfolgt. Unsere diesbezüglichen Kenntnisse sind aber, abgesehen von den auffälligsten Erscheinungen, die oben be- reits vorgeführt wurden, sehr mangelhaft. Daß bei der Aufnahme des Schwerkraftreizes seitens der Wurzel deren Spitze beteiligt ist und weit davon entfernt die Aus- lösung erfolgt, ist schon oben angedeutet worden. Allein, wo die Schwerkraft in der Zelle angreift, ist noch nicht festgestellt, obgleich man sich mit diesem Gegenstande in neuester Zeit eifrigst beschäftigt.*) *) Nach Noll sind es die Hautschichten der Zellen, welche den Schwer- kraftreiz aufnehmen (s. auch oben p. 317). Nach Haberlandt und N&meec sollen Stärkekörner oder andere spezifisch schwere Körperchen in der Zelle als »Stato- lithen« tätig sein, und, in der Zelle sinkend, mit der äußeren Hautschichte der Zelle in Berührung kommend, durch den so ausgeübten Druck den Geotropismus hervorrufen. Aber es gibt geotropische Organe (z.B. bei Pilzen), in welchen keine Statolithen nachweisbar sind und Organe, welche sinkende Stärke (Statolithenstärke) enthalten, aber nicht geotropisch sind. In diesen Fällen nehmen die genannten Forscher an, daß Statolithen wohl vorhanden, aber nicht sichtbar sind, beziehungs- weise, daß die äußeren Hautschichten der betreffenden Zellen nicht geotropisch reizbar sind. In gewissen Fällen ist es sehr wahrcheinlich, daß bestimmte, im Mikroskope nachweisbare Anteile des Protoplasma die Reiz- leitung besorgen. Allein Sicheres ist über diesen schwierigen Gegen- stand nicht festgestellt worden. Bei hochausgebildeten tierischen Organismen hat man rück- sichtlich der Reizbarkeit folgende Hauptmomente zu unterscheiden: 1. den Reiz (die Reizursache, Reizanstoß), 2. die Reizaufnahme (Perzeption), 3. die Reizleitung, 4. die Reizwirkung (Reaktion). Die Reizaufnahme ist bei höheren tierischen Organismen in auffallender Weise von der Reizwirkung getrennt, wie namentlich die »Reflexe« lehren: d. i. die Leitung eines Reizes von der Peri- pherie durch zentripetale Nervenfasern zum Zentralnervensystem, und von hier durch zentrifugale Nervenfasern zum Orte der Reiz- wirkung (reflektorische Reizwirkung). Diese höheren Organismen besitzen reizbare Organe, welche mit spezifischen Energien (Johannes Müller) ausgerüstet sind. Darunter ist die Eigenschaft eines reizbaren Organes zu verstehen, trotz Verschiedenheit der Reizursache. doch immer zur gleichen Reaktion zu führen. So empfindet das Auge stets nur Licht, ob es durch Licht, Druck, Elektrizität ete. gereizt wurde. Eine so vollkommene Arbeitsteilung im Bereiche der Emp- findungsorgane findet sich auf niederer Stufe tierischer Organisation nicht vor, und es ist deshalb kaum zu erwarten, daß) sie in der Pflanze zu finden sein wird. Ob den reizempfindenden Pflanzenorganen »spezifische Energien « zukommen, ist eine kontroverse Frage, auf die wir hier nicht näher eingehen können.'°®) Versteht man, wie üblich, unter reflektorischer Reizwirkung die Reizleitung zu einem Zentralorgan und von hier weiter zum Orte der Reaktion, so kommt im ganzen Bereiche des Pflanzenlebens keine reflektorische Reizwirkung vor. Hingegen wurde eine räumliche Trennung des Perzeptionsortes von dem Orte der Reizreaktion in vielen Fällen beobachtet. So ist für die Wurzel, wie bereits erörtert wurde, nachgewiesen worden, daß ihr jüngster Teil, die Spitze, den Schwerkraftsreiz perzipiert und nach der älteren Region der Wurzel, deren Zellen sich in starkem Wachstum befinden, leitet, wo erst die Reizwirkung (positiver Geotropismus, s. oben p. 331) erfolgt. Aber bei dem Zustandekommen des negativen Geo- tropismus (p. 333) ist der Ort der Perzeption in der Regel von dem der Reizwirkung nicht verschieden. Hingegen haben positiver und negativer Geotropismus als Reizphänomene das Gemeinschaftliche, daß Perzeption und Reaktion zeitlich verschieden sind. Ein Gleiches gilt auch für den positiven 398 und negativen Heliotropismus, was oben (p. 320) bereits dargelegt wurde. Es wurde ja gezeigt, daß man den Heliotropismus induzieren und im Finstern zur Wirkung bringen kann. Vergleicht man die durch äußere Reize in den Pflanzen her- vorgerufenen Reizerscheinungen mit den im tierischen Organismus am vollkommensten ausgebildeten, so erkennt man, daß erstere viel primitiver als letztere sich gestalten, indem sie sich nicht bis zu reflektorischen Phänomenen erheben.*) Wir können bloß zwei Stufen der durch äußere Reize hervorgebrachten Formen des Reizvorganges im Pflanzenreiche unterscheiden: 1. Reizvorgang ohne, 2. Reiz- vorgang mit Reizleitung. Ferner können wir unterscheiden zwischen andauernden und vorübergehenden Reizphänomenen. Als Beispiel der ersteren seien Heliotropismus und Geotropismus, überhaupt alle paratonischen Nutationen (p. 346) genannt. Der Reizeffekt wird bei diesen Reiz- phänomenen nicht wieder rückgängig gemacht wie bei den vorüber- gehenden, für welche die Blätter der Nimosa pudica als Beispiel selten können. 104. Um zu entscheiden, welehe im Leben der Pflanze sich abwickelnden Vorgänge als Reizerscheinungen aufzufassen sind, er- scheint es erforderlich, den Begriff »Reizbarkeit« genauer, als es bis jetzt geschehen ist, zu umgrenzen. Das Gebiet der Reizungserscheinungen hat sich immer mehr und mehr erweitert. Man rechnet zu denselben nicht nur die durch äußere Einflüsse induzierten Veränderungen der lebenden Orga- nismen, sondern auch die durch innere Veränderungen hervor- gebrachten Zustandsänderungen (autonome Reizvorgänge) und schließt von den Reizerscheinungen nur jene im Lebensinhalte auf- tretenden Phänomene aus, welche sich als bloße mechanische oder chemische Äußerungen darstellen, z. B. durch bloße Lastwirkungen hervorgerufene Krümmungen von Pflanzenteilen, Turgordehnung der Wand, Gasdiffusion in den Geweben usw. *) Wie primitiv die Reizvorgänge in der Pflanze im Vergleiche zum tieri- schen Organismus ausgebildet sind, geht unter anderem auch aus der Trägheit hervor, mit welcher in den Organen der Pflanze Reize geleitet werden. In den tierischen Nerven erfolgt die Reizleitung mit einer Geschwindigkeit von 30 m in der Sekunde. Die größte Schnelligkeit, mit welcher in der Pflanze Reize fortgeleitet werden (im Blatte von Mimosa pudica), ist etwa gleich ie dieser Größe. In der 200 Regel beträgt die Reizfortpflanzungsgeschwindigkeit nur des erstgenannten 1 5000 Wertes oder noch weniger. a 359 So aufgefaßt ist Reizerscheinung jede Art der Re- aktion des lebenden Organismus und seiner lebenden Teile auf äußere oder innere Anstöße (Reize). Wenn also demgemäß Reizbarkeit nur als ein anderer Ausdruck für Leben erscheint, so hat die Entwicklung der Reizlehre doch die große Bedeutung ge- habt, daß sie Analogien zwischen den auffälligsten Reizerscheinun- sen und allen anderen spezifischen Lebenserscheinungen nach- gewiesen hat, welche darin bestehen, daß jede Äußerung des lebenden Organismus, des Tieres sowohl als der Pflanze ein Auslösungsvorgang ist, d.b. daß die mechanische Kraft (Energie) des Reizes (des Anstoßes zu einer Veränderung) der mechanischen Kraft (Energie) der Reizreaktion nicht proportional ist.*) In den Bewegungen der Blätter von Mimosa pudica haben wir die gewöhnliche Form der Auslösung vor uns, in welcher die Energie der Reaktion um ein Vielfaches größer ist als die Energie des Anstoßes. Diese Form der Reizbarkeit variiert, weshalb man ver- schiedene Grade der Erregbarkeit unterscheidet. Es wird aber jetzt auch noch eine andere Form der Auslösung angenommen, bei welcher die Energie des Anstoljes größer ist als die Energie der Reaktion. Diese Form des Reizes führt zur Er- müdung oder Überreizung, endlich zur Lähmung. '*!) Die Erregung tritt anfänglich in unmerklichem Grade auf; erst bei längerer Andauer oder Verstärkung des Reizes wird die »Reizschwelle« überschritten, womit jenes Minimum der Reiz- intensität bezeichnet wird, bei welehem die Reizreaktion erkennbar zu werden beginnt.**) 105. Ein und derselbe Reiz kann in verschiedenen Organen zu verschiedenen Reaktionen führen (positiver und negativer Helio- *) Der für die Physiologie so wichtig gewordene Begriff der »Auslüsung« wurde von Jul. Rob. Mayer, dem Entdecker des Gesetzes von der Erhaltung der Kraft, aufgestellt und zuerst in einem Briefe an Griesinger (Heilbronn, 20. Juli 1844) genauer präzisiert. Ausführlich handelt über diesen Gegenstand J. R.Mayers letzte Schrift: Über Auslösung. 1876. **) Werte für »Reizschwellen« sind oben mehrfach bereits angegeben worden (s. Heliotropismus, p. 318, und Geotropismus, p. 332). Die erste Beobachtung einer Reizschwelle wurde von dem Entdecker des Geotropismus Knight (1806) ange- stellt. Er fand, daß an der Fliehkraft ausgesetzten Keimlingen die Stengel nicht regellos über die (vertikale) Drehachse hinaus sich entwickeln, sondern nur so weit, bis die Fliehkraft groß genug geworden ist, um neuerdings negativen Geo- tropismus einzuleiten, wobei wieder eine Rückkehr der Stengel zur Rotationsachse erfolgte. Die Umkehrung der Wachstumsrichtung erfolgte sofort nach Überschrei- tung der Reizschwelle, 360 tropismus durch Licht, positiver und negativer Geotropismus durch die Schwerkraft ete.). Seibst in einem und demselben Organe können sich Reiz- wirkungen kombinieren, worüber in früheren Abschnitten zahlreiche Beispiele angeführt wurden, und als ein besonders wiehtiges Vor- kommen gleichzeitiger Reizwirkungen sind jene anzusehen, welche in entgegengesetztem Sinne verlaufen (antagonistische Reiz- bewegungen), durch welche regulatorische Bewegungen zu stande kommen (z. B. jene Bewegungen, welche zur »fixen Licht- lage« der Blätter führen).!°°) Bei gleichzeitiger Einwirkung verschiedener Reize aufein und dasselbe Organ ist der resultierende Effekt nicht etwa die Summe der Einzelwirkungen, sondern eine komplizierte, bisher noch wenig aufgeklärte Resultante. Ein und derselbe Reiz kann nach seinem Grade verschiedene Reaktionen hervorrufen, z. B. die Wärme, welche von einem be- stimmten Temperaturgrad an (Minimum) die Reizwirkung bis zu einer bestimmten Grenze (Optimum) steigert, und mit weiterer Erhöhung die Reizreaktion wieder herabsetzt, bis bei einem be- stimmten Temperaturgrad (Maximum) die Reizreaktion erlischt (s. oben p. 344). Der Zustand des betreffenden Organs vom Minimum bis zum Optimum entspricht der Erregung, der Zustand vom Optimum bis zum Maximum der Ermüdung und schließlichen Lähmung. 106. Die ausgesprochenen und genauer verfolgbaren Reizerschei- nungen geben sich stets in einer Reihe von Erscheinungen zu er- kennen, welche selbst bei gleichbleibender Reizung in gesetzmäßiger Weise ablaufen. Es wurde ein hierhergehöriges typisches Beispiel bei Erörterung des Heliotropismus bereits vorgeführt (p. 320). Die ganze Kette der den heliotropischen Vorgang umfassenden Induk- tionserscheinungen bildet das, was man die »Reizkette« nennt.!?%) Es ist wahrscheinlich, daß jeder Reizvorgang eine Reizkette dar- stellt. Sehr häufig gehören als Anfangs- und Schlußglied der Reiz- kette an, gleichgültig, ob Perzeption und Reaktion räumlich getrennt sind oder nicht: ein Latenzstadium, welches der wahrnehmbaren Reaktion vorangeht, und die Nachwirkung, welche sich nach Auf- hören des Reizeinflusses zu erkennen gibt, so z.B. das Fortschreiten der heliotropischen Krümmung im Finstern. Die Zeitdauer von Latenz und Nachwirkung ist bei verschie- denen Reizphänomenen so abgestuft, daß es noch fraglich erscheint, ob diese beiden Glieder der Reizkette jedem Reizphänomen ange- hören oder nur in ausgebildeten Formen der Reizbarkeit auftreten. —_ £ 361 Damit das Latenzstadium in das Wirkungsstadium übergehe, ist die Einhaltung bestimmter Bedingungen erforderlich. Befindet sich ein Organ im Latenzstadium, so kann die Reaktion aufgeschoben werden. Ist beispielsweise Heliotropismus bereits induziert, aber noch keine Reaktion erkennbar, so kann der Eintritt der Krümmung aufgehalten werden, indem der betreffende Pflanzenteil (z.B. durch Abkühlung) unter Bedingungen gebracht wird, welche das Wachs- tum ausschließen. Diese Aufhaltung der Reizbewegung ist eine Lähmung, welehe der Organismus wie jede andere Lähmung durch eine bestimmte Zeit verträgt. Nach dem über die Reizbarkeit Vorgebrachten wird jeder spezifische Lebensakt als Reizphänomen aufzufassen sein. Alle Reiz- phänomene sind in der eigenartigen komplexen Struktur und kom- plexen chemischen Zusammensetzung der lebenden Substanz be- gründet, welch letztere so harmonisch gestaltet und eingerichtet ist, daß trotz der Verwicklung aller in ihr vor sich gehenden Pro- zesse, durch die Form der Auslösung stets einheitliche Leistungen zustande kommen.) #®) Über das »Prinzip der inneren Ordnung und Harmonie im Organismus« und über das »Gesetz von der mechanischen Koinzidenz im Organismus« siehe Bd. III (Biologie), p. S ft. Noten. a) Zur Einleitung.*) !) In der Einleitung wurde der Versuch gemacht, die botanischen Grund- disziplinen kurz zu charakterisieren und auf ihre gegenseitigen Beziehungen hin- zuweisen. So wichtig mir jene kurzen Erläuterungen schienen, um den Anfänger vorläufig über die Hauptaufgaben der Botanik zu orientieren, für so überflüssig hielt ich es, Vollständigkeit anstrebende Definitionen der botanischen Disziplinen zu geben. Solche Definitionen, sollte deren Aufstellung überhaupt möglich sein, würden sich als ebenso unfruchtbar erweisen wie alle bis jetzt unternommenen Klassifikationen der Wissenschaft; die lebendige Entwicklung der Wissenszweige und ihre gegenseitige Abhängigkeit bliebe dabei doch verborgen. — Ich hielt es für zweckmäßiger, den in der Einleitung eingeschlagenen Weg zu gehen, als dem Jetzt üblichen Prinzipe zu folgen, nämlich den Anfänger gleich in medias res zu führen und beispielsweise in einem mit dem Titel »Anatomie« versehenen Kapitel ihn sofort mit den Tatsachen bekannt zu machen, ohne die Hauptaufgabe dieser Disziplin früher oder später zu präzisieren. Es bleibt dabei dem Anfänger selbst überlassen, sich die Gesamtaufgabe der Disziplinen zurechtzulegen, wobei manche falsche Auffassung unterlaufen kann. Ich habe mich allerdings bestrebt, die Charakterisierung der einzelnen bo- tanischen Disziplinen möglichst objektiv zu halten; dennoch muß ich bei dem so vielfach Schwankenden in manchen unsere Wissenschaft betreffenden Grundauf- fassungen befürchten, daß obige Darstellung nicht von allen Seiten als vollkommen zutreffend anerkannt werden wird. Namentlich dürfte die Charakterisierung der systematischen Morphologie und der Biologie bei einigen Forschern auf Widerspruch stoßen. Bezüglich der Umgrenzung der letzteren verweise ich auf den dritten Band dieses Werkes, welcher der Biologie gewidmet ist. Noch sei darauf hingedeutet, daß der Inhalt der Anatomie nach der bei den Botanikern gewohnten Auffassung sich begrifflich nicht mit dem, was die Zoologen als Anatomie bezeichnen, deckt, vielmehr nur dem entspricht, was die Zoologen als Histologie zusammenfassen. So wünschenswert es erscheint, die Terminologie der Zoologie und Botanik einheitlich zu gestalten — und in Zukunft wird man wohl dieses Ziel anstreben müssen — so blieb-ich doch dem einge- bürgerten Usus treu, weil ich in diesen »Elementen« grundsätzlich keine weit- *) Die in den Fußnoten des Textes angegebene Literatur ist in den folgenden Noten nicht oder nur ausnahmsweise, wenn es nämlich bei besonderen Zitaten unerläßlich erschien, wiedergegeben. " 805 gehende Neuerung einführen wollte. Die deskriptive (plastische) Morphologie er- scheint demnach nicht in diesem, sondern mit der systematischen Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Organe als »Organographie« verschmolzen, erst im zweiten Bande dieses Werkes. b) Zur Anatomie, Die wichtigsten neueren Werke, beziehungsweise Abhandlungen über das Gesamtgebiet der Pflanzenanatomie, auf die in den folgenden Noten häufig Bezug genommen wurde, sind: De Bary, Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane, Leipzig 1877; A. Weiß, Anatomie der Pflanzen, Wien 1818; G.Haberlandt, PhysiologischePflanzenanatomie, Leipzig 1884: 3. Aufl. 1904; van Tieghem, Traite de botanique, Paris 1884; 2. Aufl. 1890; Solereder, Anatomie der Dikotylen, Stuttgart 1899; A. Zimmermann, Morpholog:e und Physiologie der Pflanzenzelle, Bres- lau 1887; Separatabdruck aus Schenks Handbuch der Botanik; OÖ. Richter, Die Fortschritte der botan. Mikrochemie seit Zimmermanns »Bot. Mikrotechnik« (Tübingen 1892). Zeitschrift f. wissen. Mikrosk., XXII, 1905; E. Strasburger, Das botanische Praktikum, 4. Aufl., Jena 1902; Reich an guten Abbildungen und anatomischen Tatsachen ist auch: A, Tschirch, Angewandte Pfanzenanatomie, Bd. I, Wien 1889; °) Im Texte wurde das Plasmodium als Zellenkomplex aufgefaßt, eine An- sicht, welche wohl die meisten Botaniker teilen. Diese Ansicht stützt sich auf dieselben Argumente, die Flemming (Zellsubstanz, Kern- und Zellteilung, Leipzig 1882, p. 72) heranzieht, um die Zelltapeten gewisser Bindegewebe als Gewebe zu erklären, obgleich die Grenzen der angenommenen kernführenden Zellen sich nicht nachweisen lassen. °) Der Begriff Zelle wurde im Texte nach dem Vorgange H. v. Mohls, welchem sich die meisten neueren Anatomen angeschlossen haben, präzisiert. So lange ein Elementarorgan seine Individualität behält, wird es, dieser Auffassung zufolge, als Zelle zu betrachten sein, und erst die Produkte der Zellver- schmelzung (Gefäße, Siebröhren etc.) werden als Zellenderivate aufgefaßt. Durch Festhalten an dieser Begrifisbestimmung läßt sich das Gesetz von der Einheit im inneren Bau der Pflanzen am einfachsten und klarsten darlegen. Von dieser Auffassung weicht de Bary (Anatomie) ab, welcher als Zellen nur jene Elementarorgane gelten läßt, die noch Protoplasma führen; alle übrigen werden von ihm als Zellenderivate angesprochen und hierher gerechnet: Röhren, (z. B. echte Holzgefüße), Fasern (z. B. Libriformelemente) und Schläuche (z. B. Harzschläuche). Diese Einführung hat den Übelstand, daß sich häufig die Grenze zwischen Zelle und Zellderivat nicht ziehen läßt, und sie widerspricht so- wohl dem Sprachgebrauche als auch der Deutung, welche von jeher dem Aus- drucke »Zelle« in der Pflanzenanatomie gegeben wurde. Bei strenger Anwendung der de Baryschen Terminologie wäre ein hautloser Protoplasmakörper (eine Primordialzelle), überhaupt alle jene Elementarorgane, welche schon Swammer- dam im XVII. Jahrhundert zum Unterschiede von den »Zellen« (im engeren Sinne genommen) so anschaulich als »Klößchen« bezeichnete, eine Zelle; hingegen wäre ein völlig protoplasmafrei gewordenes Parenchymelement keine Zelle, und doch hat man gerade die letzteren als von fester Wand umkleidete Bildungen von jeher so treffend als Zellen bezeichnet. Es ist aber selbstverständlich, daß derartige Ele- mente tote Zellen sind. — Daß die Zelle nicht das letzte Elementarorgan der 364 Pflanze repräsentiert, wird im X. Kapitel (Die Elementarstruktur der Zelle) nach- gewiesen werden. *) Zu diesen Hemmunrgsformen rechnet man häufig die Herbst- oder Spät- holzzellen des Holzes (Fig. 30, p. 36). Es sind aber die Ansichten über das Zu- standekommen der tangentialen Abplattung der Herbstholzzellen noch geteilt. Von einigen Seiten wird der radiale Rindendruck, von anderen die geänderte Ernährung als Ursache der spezifischen Ausbildung des Herbstholzes hingestellt. Manche Botaniker halten das Problem noch für ungelöst. Siehe das kritische Referat Sanios über diesen Gegenstand im Bot. Zentralblatt 1888, Bd. II, p. 57 ff. Ferner: A. Wieler, Über sekundäres Dickenwachstum und Ernährung. Tharandter forstl. Jahrbuch, 1892. — Jost, Über die Beziehung zwischen Blattentwicklung und Gefäß- bildung. Bot. Zeitung, 1893. — K.G. Lutz, Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch., 1895, und G. Haberlandt, Physiol. Pflanzenanatomie, 3. Aufl. (1904), p. 585. 5) Über Struktur des Protoplasma: Nägeli, Pflanzenphysiologische Untersuchungen, Zürich 1855. — Brücke, Die Elementarorganismen, Sitzungs- berichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. XLIV, Wien 1861. — Hofmeister, Die Lehre von der Pflanzenzelle, Leipzig 1867. — Hanstein, Das Protoplasma als Träger der pflanzlichen und tierischen Lebensverrichtungen, Heidelberg 1880. — Schmitz, Sitzungsberichte der niederrhein. Gesellschaft für Natur- und Heil- kunde, 1880. — Flemming, l. c. — Berthold, Protoplasmamechanik, Leipzig 1886. — Wiesner, Die Elementarstruktur und das Wachstum der lebenden Substanz, Wien 1892. — Pfeffer, Energetik, in den Abhandlungen der mat.- physik. Klasse der königl. sächs. Akademie der Wiss., Bd. XVIII (1892). — Crato, Beiträge zur Anatomie und Physiologie des Elementarorganismus, in Cohns Bei- trägen zur Biologie der Pflanzen, VII (1896). — A. Fischer, Fixierung, Färbung und Bau des Protoplasma, Jena 1899. — Fr. Meves, Ber. der Deutschen Bot. Ges., XXII (1904), 6) Über die chemische Beschaffenheit des Protoplasma s. Reinke, Studien über das Protoplasma, Berlin 1881. — E. Zacharias, Über Eiweiß, Nuklein und Plastin. Bot. Zeitung, 1283, p.209 ff. — Kossel, Archiv für Physiologie, 1891. — Zimmermann, Botan. Mikrochemie, Tübingen 1892, — Palladin, Zeitschrift für Biologie, 1894. ?) Sowohl die Raspailsche als die Millonsche Reaktion zeigen bloß be- stimmte Bestandteile des Eiweißmoleküls an (einfach hydroxylierte aromatische Gruppen) und geben beispielsweise mit Vanillin dieselben Färbungen. Ein Ver- such, durch Aufsuchung der Fettkörpergruppen im Eiweiß (mittels Alloxan) neben den aromatischen Gruppen den Eiweißnachweis sicherer zu gestalten, rührt von F. Krasser her. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. XCIV (1886), I. Abt. Vgl. auch Wiesner, Berichte der Deutsch. Bot. Ges. (1888). Auch die Biuretreaktion zeigt Fettkörpergruppen im Eiweiß an, hingegen die Xanthoprotein- säurereaktion wieder nur aromatische Gruppen. °) Über Struktur und Funktion des Zellkerns s. Hanstein, 1. c., Schmitz, l. ec. und Strasburger, Archiv für mikr. Anatomie, Bd. XXI (1883). — Flem- ming, Zellsubstanz, Kern und Zellteilung, Leipzig 1882. — Guignard, Recherches sur le noyau cellulaire. Ann. des sciences natur. Bot. Ser. VI, T. XVII und XX. Derselbe, 1. c., Ser. VII, T. XIV (1892). — E. Zacharias, Bot. Zeitung, 1831, 1882, 1883 und 1885. — Derselbe, Über das Verhalten der Zellkerne in wach- senden Zellen. »Flora«, 1895. — Körnicke, Der heutige Stand der pflanzlichen Zellforschung. Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellschaft, XXI (1904). — A. Zimmer- mann, Morphologie und Physiologie des Zellkernes, Jena 1896. — Haecker, | ' | 4 | 365 Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslehre, Jena 1899. S. auch die Zellkernstudien von Gerassimow, Bull. de la soc. imper. des Naturalistes de Moscou, 1896, 1900, 1901 und 1902. — Strasburger, in Pringsheims Jahrb, f. wiss, Bot., Bd. XLII (1905). Über die chemische Beschaffenheit des Zellkernes s. noch Malfatti, Be- richte des naturh.-med. Vereines in Innsbruck, 1891/92, und auch die in Note Nr. 6 genannten Abhandlungen. Endlich auch Zacharias, |. ce. ®) Wiesner, Elementarstruktur, p. 266. 10) Wiesner, Über indische Faserpflanzen nebst Beobachtungen über den feineren Bau der Bastzellen. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wiss., Bd. LXII (1870). — Über partiell vollständige Wandverdickung an Edgeworthia pa- pyrifera s. Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreiches, 2. Aufl., Bd. II (1903), p. 448. 1!) Über direkte Verbindung der Protoplasmen benachbarter Zellen. Dieselbe wurde von Tangl (Pringsheims Jahrb. für wiss, Botanik, Bd. XII) entdeckt. — Strasburger, Über Bau und Wachstum der Zellhäute, Jena 1882. — Russow, Sitzungsberichte der Dorpater Naturforscher-Gesellschaft, September 1833. — Arth. Meyer, Berichte der Deutschen Bot, Ges., 1896, p. 28. — Kienitz-Gerloff, Bot. Zeitung, 1891. — Kohl, Ber. d. D. bot. Ges., 1900. — Strasburger, Jahrb. f. wiss. Bot. (1901), bezeichnet die durch die Zellhaut hin- durchgehenden Protoplasmaverbindungen als Plasmodesmen, s. auch die nächste Anmerkung. 1?) Unter Dermatoplasma (Elementarstruktur, 1. ce.) verstehe ich die proto- plasmatische Anlage der Zelihaut und die lebende Substanz der Zellhaut über- haupt, mag dieselbe im Mikroskope direkt sichtbar sein (Protoplasmaverbindungen benachbarter Zellen) oder bloß indirekt aus den Reaktionen oder aus den vitalen Eigenschaften der Zellhaut erschlossen werden können. Nach meiner Auffassung ist durch das Dermatoplasma jede lebende Zelle mit ihrer Nachbarzelle verbunden und dient das die Zellen verbindende Plasma nicht, wie vielfach angenommen wird, nur zu dieser Verbindung behufs Reizleitung etc., sondern ist auch bei der Ernährung und Formbildung der Zellhaut beteiligt. Diese meine Auffassung rührt aus einer Zeit her, in welcher nur wenige Fälle von Plasmaverbindungen be- kannt waren. Wiesner, Untersuchungen über die Organisation der vegetabilischen Zellhaut. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. XCIII (1886). Nach meiner Auffassung sind Strasburgers Plasmodesmen nur ein spezieller Fall des Dermatoplasma. S. auch Thorild Wulff, Plasmodesmastudier. Arkiv f. Botanik. Schwed. Akad. d. Wiss., B. 5, Nr. 2 (1905). — Derselbe, Österr. bot. Zeit- schrift, 1906. 15) Über Außen- und Innenhaut s. Wiesner, ]. c. 1) Hoftüpfel, Neuere Untersuchungen über die Entwicklung der Hof- tüpfel führten im Vergleich zu der im Texte vorgetragenen zu mehrfach ab- weichenden, untereinander noch keineswegs übereinstimmenden Anschauungen. S. hierüber: Sanio, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. IX; Mikosch, in den Sitzangsberichten der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXXIV (1881). — Strasburger, ]l. c. und Russow, Bot. Zentralblatt, Bd. XIII (1883). — Stras- burger, Das bot. Praktikum, 4. Aufl. (1902). ») Krabbe, Das gleitende Wachstum bei der Gewebebildung der Gefäß- pflanzen, Berlin 1886. 15) Zur Literatur über die Struktur und das Wachstum der Zellmembran: Nägeli, Sitzungsberichte der königl. Münchener Akademie der Wiss., 1862 und 1865. — Hofmeister, Die Lehre von der Pflanzenzelle, Leipzig 1867. — Dippel, 366 Struktur der Zellhülle, Abhandlungen der Senckenbergschen naturf. Ges., Bd. X (1876). — Schmitz, Sitzungsberichte der niederrhein. Ges. für Natur- und Heilkunde (1880). — Wiesner, Organisation der vegetabilischen Zellhaut. — Strasburger, Histologische Beiträge, Heft 2, Jena 1889. Nach der in meiner zuletzt genannten Schrift dargelegten Ansicht ist das Wachstum der Zellhaut in der Regel kein einfacher physikalischer Vorgang, sondern gleich dem Wachstum des Protoplasma ein Organisationsprozeß, welcher unter Mitwirkung von Wandplasma (Dermatoplasma) stattfindet. Auch Strasburger scheint seine frühere Ansicht über das Appositionswachstum der Zellhaut zu verlassen und gibt nunmehr auch die Mitwirkung von Protoplasma, welches nach seiner Ansicht in die Zellhaut nachträglich einwandert, beim Wachstum der Zell- haut zu. Vgl. auch Klebs, Über die Organisation der Gallerte bei einigen Algen. Untersuchungen aus dem bot. Institute zu Tübingen von Pfeffer, Bd. II (1886 bis 1888). — Wiesner, Die Elementarstruktur und das Wachstum der lebenden Substanz, Wien 1892, — Askenasy, in den Berichten der Deutschen Bot. Ges., 1890, p. 61ff. — Buscalioni, »Malpighia«, VI (1892). — Fitting, Bau und Entwicklungsgeschichte der Makrosporen von Jsoötes. Bot. Zeitung, 1900. 17) Wiesner, Elementarstruktur, p. 193 ft. '$) Zur Literatur über die chemische Beschaffenheit der Zellwand s. Wiesner, Technische Mikroskopie, Wien 1867. — Nägeli und Schwendener, Das Mikro- skop, 2. Aufl., Leipzig 1877. — Poulsen, Botanische Mikrochemie, aus dem Dänischen von C. Müller, Cassel 1881. — W. Behrens, Hilfsbuch zur Aus- führung mikroskopischer Untersuchungen in botanischen Laboratorien, Braun- schweig 1883. — Strasburger, Bot. Praktikum, 4. Aufl, 1902. — Czapek, Biochemie. Jena 1905, Bd. I und I. 19%) (Zu Anmerkung p. 39.) Traube, Experimente zur Theorie der Zell- bildung, in Reicherts und Du Bois Raymonds Archiv für Anatomie und Physiologie. 1867. (Zu Anmerkung p. 41.) Erster Nachweis von Zellulose in der Pilzzellhaut von K. Richter, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss. in Wien, Bd. XCIIL (1881). — Mangin, Bot. Zentralblatt, 1893. — Winterstein, Bot. Zentralblatt, 1893, 1896. — Dreyfuß, Über das Vorkommen von Zellulose in Bakterien und anderen Pilzen. Straßburg, Trübner, 1893. 20) Über das Auftreten von Pektinkörpern in der Zellhaut, s. Wiesner, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. L (1864). — Mangin, Journal de Botanique, 1893. *!) Über Kieselzellen s. Wiesner, Technische Mikroskopie, Wien 1867, p: 69. -- Grob, Zur Anatomie der Epidermis der Gramineenblätter. Bibl. botan., 1896. — Über Kieselzellen im Zuckerrohr s. Wieler, Zur Anatomie des Zuckerrohrs in Fünfstücks Beiträgen zur wiss. Botanik, I, 1. Abt., 1897, s. auch Kohl, Note 2), ®®) Die von mir eingeführten Holzstoffreaktionen, insbesondere die mit Phlorogluzin und Salzsäure führten zur Entdeckung des Vanillins als Leitsubstanz zur Auffindung der Verholzung. 8. hierüber Grafe, Sitzungsberichte der Wiener Akad. d. Wiss,, Bd. CXIII (1904), woselbst die ganze Literatur des Gegenstandes zusammengestellt und kritisch behandelt ist. »>) Nägeli und Schwendener, l. c. V. v. Ebner, Untersuchungen über die Ursachen der Anisotropie organischer Substanzen, Leipzig 1882. In botanischer Beziehung besonders lehrreich’ Ambronn, Anleitung zur Benützung des Polari- sationsmikroskopes bei histologischen Untersuchungen, Leipzig 1892. ö 367 2!) Remec, Sitzungsberichte der Wiener Akad. d. Wiss., Bd. CX (1901). ®5) Wiesner und Molisch, Untersuchungen über die Gasbewegung in der Pflanze. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. XCVIII (1889). :6) Zur Literatur des Chlorophylis: H. v. Mohl, Über den Bau des Chloro- phylis. Bot. Zeitung, 1855. — Sachs, Experimentalphysiologie, 1865. — Gregor Kraus, Zur Kenntnis der Chlorophyllfarbstoffe, Stuttgart 1872. — Wiesner, Entstehung des Chlorophylis, Wien 1877 — Pringsheim, Untersuchungen über das Chlorophyll, in dessen Jahrbüchern für wissenschaftl. Botanik, Bd. XII, 1881. — Tschirch, Untersuchungen über das Chlorophyll, Berlin 1884; daselbst auch eine sehr reichliche Literaturübersicht. Die Ansicht, daß keine andere Entstehung der Chlorophylikörner in den Pflanzengeweben als die durch Teilung bestehe, wurde von A. F.W. Schimper (Bot. Zentralblatt, 1882) und Arthur Meyer (ebendaselbst) aufgestellt. Über das Chlorophyll der Algen s. besonders Schmitz, Die Chromato- phoren, Bonn 1882, und dessen Beiträge zur Kenntnis der Chromatophoren in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XV (1884). Speziell über Pyrenoide außer den eben genannten Arbeiten von Schmitz auch E. Zacharias, Bot. Zeitung, 1885, p. 257. — Oltmanns, Morph. d. Algen, Jena 1905. — G. Haber- landt, Die Chlorophylikörper der Selaginellen. »Flora«, 1388. — Tschirch, Berichte der Deutschen Bot. Ges., 1895. — Molisch, ebenda, 1896. — Marchlewski, Die Chemie des Chlorophylis, Hamburg und Leipzig 1895. S. auch Note Nr. 19%), :’) Wiesner in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. VIII (1872). S. ferner Lindt, Bot. Zeitung, 1885. — Molisch, ebenda, 1905. 25) Zur Vereinfachung der verwirrenden Terminologie der lebenden Inhalts- körper der Pflanzenzelle (exklusive Kern und Zytoplasma) habe ich alle heran- gewachsenen gefärbten Protoplasmagebilde als Chromatophoren zusammen gefaßt, die analogen ungefärbten Gebilde als Leukoplasten und die Anlageu aller dieser Gebilde als Plastiden bezeichnet. >?) Die Aufstellung des Begriffes der organoiden Inhaltsstoffe als tote, aber durch erblich festgehaltene Formen ausgezeichnete Abkömmlinge der Plastiden, beziehungsweise Leukoplasten und Chromatophoren schien mir notwendig, um eine naturgemäße Übersicht über die Inhaltsstoffe der Pflanzenzelle zu gewinnen. 30) Zur Literatur der Stärke: C. Nägeli, Die Stärkekörner, Zürich 1858. — Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreiches, 2. Aufl., Leipzig 1900-1903. — Walter Nägeli, Die Stärkegruppe, Leipzig 1877. — Strasburger, Bau und Wachstum der Zellhäute, Jena 1882. — Schimper, Bot. Zeitung, 1880. — Arth. Meyer, Bot. Zentralblatt, 1882. — Brukner, Sitzungsberichte der kais. Aka- demie der Wiss. in Wien, Bd. LXXXVIII (1885). — Van Tieghem, Traite de Botanique, 1884, p. 508. Erste Angabe über die Zusammensetzung der Stärke aus Kristallen. — Arth. Meyer, Untersuchung über die Stärkekörner, Jena 1895. »!) Nägeli, Die Stärkekörner, 1. c. Andere Auffassungen bezüglich des Zustandekommens der Schichtung der Stärke s. die erste Auflage (Noten), ferner Mikosch, Über den Bau der Stärkekörner, Wien 1887. Nach A. Meyer (I. c.) soll es in einzelnen Fällen gelingen, die Schichtung der Stärke auf den periodi- schen Wechsel von Tag und Nacht während des Wachstums der Körner zurück- zuführen. (Nach Beobachtungen an Pellionia-Stecklingen und Speichersprossen von Adoxa.) #) Weiß und Wiesner, Bot. Zeitung, 1866. 33) Zur Literatur des Aleuron: Hartig, Über Klebermehl. Bot. Zeitung, 1855. — Pfeffer, Über Proteinkörner, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, VIII (1872). — Vines, On the Chemical Composition of Aleuron Grains. Proc. of 368 the Royal Soc. of London, vol. 28, 30, 31. — Über die Arbeiten von Werminski und Waker s. die Anmerkung auf p. 59 des Textes. — Lüdke, Beiträge zur Kenntnis der Aleuronkörner. Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, XXI (1890). 31) Zur Literatur der in Pflanzenzellen vorkommenden Kristalle: Sanio; Monatsberichte der Berliner Akademie, April 1857. — G. Holzner, Über Kri- stalle in den Pflanzenzellen. »Flora«, 1864 und 1867. — Solms-Laubach, Über einige geformte Vorkommnisse oxalsauren Kalks in lebenden Zellmembranen. Bot. Zeitung, 1871. — Pfitzer, Über Einlagerung von Kristallen in die Zellwand. »Flora«, 1872. — Molisch,Öst. bot. Zeitschr.,1882. — Kny, Kristallbildungbei Kalk- oxalat. Berichte der Deutschen Bot. Ges., 1887, p. 387 ff. — Kohl, Anat.-physiol. Untersuchungen der Kalksalze ete., Marburg 1889. Daselbst auch eine sehr reich- haltige Literaturzusammenstellung über Vorkommen, Gestalt etc. des Kalkoxalates in den Pflanzen und dessen physiologische Funktion. 3a) Wiesner, Über eine bestimmte Orientierung der Kristalle von oxal- saurem Kalk in dem Pflanzengewebe. Österr. bot. Zeitschrift, 1875. — Rothert, Bot. Zeitung, Bd. LVIII (1900). 5) Zur Literatur der Eiweißkristalle (Kristalloide): Radlkofer, Über die Kristalle proteinhaltiger Körper pflanzlichen und tierischen Ursprungs, Leipzig 1859. — A. F. W. Schimper, Untersuchungen über die Proteinkristalloide der Pflanzen, Straßburg 1878. Über Kristalloide in den Zellkernen von DUtricularia und Pin- guicula s. J. Klein, Bot. Zentralblatt, 1883. — Berthold, Protoplasmamechanik, Leipzig 1886. — Stock, Zur Kenntnis der Proteinkristalle, in Cohns Beiträgen zur Biologie der Pflanzen, Bd. VI (189). — A. Zimmermann, Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle, Bd. I, Tübingen 1893. »6) L. Errera, Les reserves hydrocarbonees des champignons. Compt. rend. 3. Aotıt 1885. Bot. Zentralblatt, 1887,1V, p. 60. Über Zellsaft s. Molisch, Studien iiber Milch- und Schleimsaft der Pflanzen, Jena 1901. 3”) Über die Reaktionen des Anthokyan. Die im Texte vorge- tragene Ansicht stützt sich auf meine in der Bot. Zeitung (1862) und in Prings- heims Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. VIII, mitgeteilten Beobachtungen. Nägeli und Schwendener (Mikroskop, 2. Aufl., 1877) halten an der älteren Ansicht fest, daß das Grünwerden des Anthokyans durch Alkalien nicht, wie ich nachwies, auf dem Entstehen einer Mischfarbe beruhe, sondern eine das Anthokyan charakte- risierende Reaktion sei. Man vergleiche über diese Streitfrage: R. Sachsse, Chemie und Physiologie der Farbstoffe ete., Leipzig 1877, p. 76, und Hassak, Bot. Zentralblatt, 1886, IV, p. 277. 3) H. Molisch, Über Ablagerung von kohlensaurem Kalk im Kernholz der Bäume. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXXIX (1882). 39) Melnikoff, Über Vorkommen von kohlensaurem Kalk in der Pflanze. Inauguraldissertation. Bonn 1877. 0) Zur Literatur der Zellbildung: Unger, Anatomie und Physiologie der Pflanzen, Wien 1855. — Schacht, Anatomie und Physiologie der Gewächse, Berlin 1856. — Hofmeister, Die Lehre von der Pflanzenzelle, Leipzig 1867. — Strasburger, Zellbildung und Zellteilung, 2. Aufl., Jena 1876; 3. Aufl. 1880. — Flemming, Zellsubstanz, Kern und Zellteilung, Leipzig 1882. — Strasburger, Über den Teilungsvorgang der Zellkerne und das Verhältnis der Kernteilung zur Zellbildung. Archiv für mikr. Anatomie, Bd. XXI (1883). — Derselbe, Bot. Praktikum, 4. Aufl, Jena 1902. — Guignard, Ann. des sciences natur. Bot., Ser. VI, T. XVII und XX (1884, 1885). — Berthold, Studien über Protoplasma- mechanik, Leipzig 1886. — Die Kopulation der Spirogyra wurde im Texte nach Knys 369 sorgfältigen Untersuchungen (siehe den Text zu den »Bot. Wandtafeln«, I. Abt., Berlin 1874) dargestellt. — A. Zimmermann, Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle, Bd. II, Tübingen 1893. — Strasburger, Cyto- logische Studien aus dem Bonner Bot. Institut. Pringsheims Jahrb. für wiss. Bot., XXX (1897). Siehe auch Strasburger, Lehrbuch, 7. Aufl. (1905), p. 70—79. +") und *?) Anfangs verstand man unter freier Zellbildung die durch die Tatsachen vollständig widerlegte spontane Entstehung von Zellen innerhalb und außerhalb des Organismus. (Vgl. Mohl, Pflanzenzelle.) Später, und zwar bis in die neuere Zeit belegte man mit diesem Namen alle jene Arten der Neubildung von Zellen, bei denen in der Mutterzelle nach der Entstehung der Tochterzellen noch ein Rest von Protoplasma zurückblieb. Auch diese Fassung des Begriffes mußte aufgegeben werden, da erstlich in vielen ausgesprochenen Fällen sogenannter freier Zellbildung, gerade so wie bei der Teilung, das ganze Protoplasma zur Entstehung der Tochterzellen aufgewendet wird (s. die im Texte angeführte Entstehung des Endosperms, p. 73), ferner in vielen Fällen (Askosporenbildung, p. 73) der nicht an dem Aufbau der Tochterzellen Anteil nehmende Rest der Mutterzelle kein Protoplasma ist, sondern aus Reservestoffen (Glykogen) besteht. Das Bezeichnendste in allen jenen Fällen, die man der freien Zellbildung unterordnet, seheint mir darin zu bestehen, daß innerhalb einer behäuteten Mutter- zelle Tochterzellen entstehen, welche kürzere oder längere Zeit hindurch den Charakter von hautlosen Elementen (Primordialzellen) bewahren. Strasburger, Soltwedel und Flemming betrachten die freie Zell- bildung als jenen Vorgang, »bei welchem nicht nach jeder Kernteilung eine Zell- wand zwischen den Tochterkernen entsteht, sondern die Zellwände erst nach wieder- holt geschehener Kernteilung nachträglich auftreten<«. Nach Berthold, Proto- plasmamechanik (s. Note Nr. 40), unterscheidet sich die freie Zellbildung von der Teilung (s. st.) dadurch, daß nur im letzteren Falle die Tochterzellen durch Mem- branen mit der Mutterzelle im Gewebeverbande stehen. Wie man aber auch immer die freie Zellbildung definieren mag, stets stellt sie sich als ein spezieller Fall der Teilung dar. 45) Strasburger, Bot. Praktikum, 4. Aufl.. Jena 1902. 4) Über Elementarstruktur der Zelle s. Brücke, Die Elementarorganismen. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wiss. in Wien, Bd. XLI (1861). — Wiesner, Die Elementarstruktur und das Wachstum der lebenden Substanz. Wien, Hölder, 1892. — Weismann, Das Keimplasma, Jena 1892. — Delage, La structure du protoplasma ete., Paris 1895. — A. Stöhr, Letzte Lebensein- heiten ete., Leipzig und Wien 1897. In der zuletzt genannten Schrift werden alle bisherigen Versuche, die Elementarstruktur der Organismen durch Nachweisung oder Annahme von letzten morphologischen Einheiten des Organismus (gewöhnlich »letzte Lebenseinheiten« genannt) verständlich zu machen, historisch vorgeführt und logisch geprüft. Aus Stöhrs Darstellung ist wohl zu ersehen, daß die von mehreren Seiten behauptete Identität der »Plasomen« mit den »Pangenen« von de Vries (welche im Zellkern entstehen) oder mit den Granulis (Bioblasten) Altmanns oder gar mit Nägelis Micellen oder Darwins und Spencers letzten Lebenseinheiten nicht besteht. Daß die Plasomen mit den später von Weismann aufgestellten Biophoren im wesentlichen übereinkommen, hat der genannte Forscher ausdrücklich hervor- gehoben (l. c. p. 27). #) Über Sklerenchymzellen Der Ausdruck »Sklerenchym« rührt von Mettenius her, welcher denselben in seiner bekannten Schrift über die Hymeno- Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 24 370 phyllaceen (Abhandlungen der mathem.-phys. Klasse der königl. sächsischen Ges. der Wiss., Bd. VII, Leipzig 1865, p. 418) auf unbehöft getüpfelte, isodiametrische oder in die Länge gestreckte Zellen mit sich bräunenden, derben Membranen an- wendete. Offenbar hatte er dieselben Zellkategorien vor sich, welche die Pharma- kognosten schon lange als »Steinzellen« bezeichnen. In demselben Sinne ist das Wort Sklerenchymzelle von Sachs (Lehrbuch, 3. Aufl., p. 81) genommen worden und in diesem Sinne habe ich es im Texte gebraucht. Später hat man, namentlich de Bary (Anatomie), hierzu alle durch Dick- wandigkeit ausgezeichneten, mechanischen Zwecken dienenden Zellen, also auch die Bastzellen gezogen. Dieser Neuerung konnte ich mich nicht anschließen, weil das Sklerenchym im älteren Sinne mir gut charakterisiert scheint und in der Be- schreibung der Gewebe gute Dienste leistet, die Bastzellen (Bastfasern) aber — abgesehen von der Dickwandigkeit — einen ganz anderen Charakter darbieten. Die exzeptionelle Zugfestigkeit und das hohe Tragvermögen, die Biegsamkeit, Farb- losigkeit, die ganz auffallend geringe chemische Metamorphose der Membranen der Bastzellen — sie zeigen ja zumeist direkt die Zellulosereaktion — all dies unter- scheidet die Bastzellen auf das augenfälligste von den harten, starren, verholzten, sich alsbald bräunenden Sklerenchymzellen. Vgl. hierüber auch G. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie. Leipzig 1884 und 3. Aufl. 1904. 46) Die Erfüllung der bis dahin als luftführend bezeichneten Peridermzellen von Betula alba mit Betulin habe ich zuerst konstatiert (Rohstoffe, p. 493). Später hat v. Höhnel (Über Kork und verkorkte Gewebe, Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wiss., Bd. LXXVI, I. Abt. [1877]) meine Angaben bestätigt. In der Darstellung des feineren Baues der Korkzellwand folgte ich den Untersuchungen v. Höhnels (l. e.). Die Gegenwart der Holzsubstanz in der ver- korkten Zellhaut habe ich (Technische Mikroskopie, 1867) zuerst konstatiert. 7) Die Abgrenzung des Begriffes »Tracheide« ist von verschiedenen For- schern in verschiedener Weise durchgeführt worden. Alle Zellen mit gefäßartigen Verdickungen, unter anderem auch die getüpfelten Markstrahlenzellen hierher zu ziehen, wie dies von de Bary (Anatomie, 506) geschieht, scheint mir zu weit zu gehen; sie als Gefäße mit noch erhaltenen Querwänden zu betrachten, finde ich nicht logisch, nachdem die Gefäße eben nur durch die Resorption oder Perforation der Querwände sich von den Zellen unterscheiden. Ich glaube, daß man den Be- griff Tracheide für den Anfänger — und vielleicht auch überhaupt —- dadurch am meisten nutzbringend machen kann, wenn man darunter, wie es im Texte ge- schehen, fibrose Zellen des Holzes, also Holzfasern, mit gefäßartiger Verdickungs- weise versteht. Holzparenchymzellen, Markstrahlen mit Hoftüpfeln oder gar gewisse schraubig verdickte Oberhautelemente (mancher Wurzelhüllen) sind eben im Habi- tus, in der Entstehungsweise etc. von den fibrosen Elementen des Holzes zu ver- schieden, als daß sie von denselben nicht getrennt werden sollten. Die fibrosen Elemente des Holzes lassen sich aber sofort auffälligst in bastfaserartige und in solche mit gefäßartigen Verdiekungen, also in Libriformfasern und Tracheiden unterscheiden. Ich habe mich überzeugt, daß diese Auffassung der Tracheiden dem Anfänger am meisten einleuchtet; auch nähert man sich durch eine solche Begriffisbestimmung wieder der Ansicht Sanios, welcher, durch das Bedürfnis gedrängt, den Ausdruck Tracheide zuerst einführte. (Vergleichende Untersuchungen über die Elementarorgane des Holzkörpers. Bot. Zeitung, 1863, p. 113.) #5) Über Thyllen: Ein Ungenannter, Bot. Zeitung, 1845. — Reeß, Bot. Zeitung, 1868. — Molisch, Zur Kenntnis der Thyllen. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wiss., Bd. XCVII, I. Abt. (1888). Daselbst auch eine voll- £ 371 ständige Literaturübersicht über diesen Gegenstand unter Hervorhebung der weniger bekannt gewordenen Beobachtungen von Unger, Böhm und anderen. — H. Wink- ler, Ann. de jard. bot. Buitenzorg, Bd. V (1905). 49) Über Siebröhren s. Th. Hartig, Bot. Zeitung, 1853. — Hanstein, Die Milchsaftgefäße und verwandte Organe der Rinde, Berlin 1864. — Wilhelm, Beiträge zur Kenntnis des Siebröhrenapparates, Leipzig 1880. — Jancezewski, Etudes comparees sur les tubes cribreux, Cherbourg 1881. — A. Fischer, Neue Beiträge zur Kenntnis der Siebröhren. Berichte der mathem.-phys. Klasse der königl. sächsischen Ges. der Wiss., 1885 und 1886. — Strasburger, Leitungs- bahnen, Jena 1891. 50) Zur Literatur der Milchsaftgefäße: Unger, Anatomie und Physio- logie der Pflanzen, Wien 1855. — Hanstein, Die Milchsaftgefäße und verwandte Organe der Rinde, Berlin 1864. — Dippel, Die Milchsaftgefäße, Rotterdam 1865. — L. Kny, Über Milchsafthaare. Sitzungsberichte der Ges. naturforschender Freunde in Berlin, 1893. — Zander, Die Milchsafthaare der Zichoriaceen. Bibliotheca botanica, 1897, H. 37. — Molisch, Milchsaft und Schleimsaft der Pflanze, Jena 1901. 5!) Über Schläuche s. de Bary, Anatomie, p. 141 ff. Über Eiweißschläuche der Kruziferen s. Heinricher, Mitteil. des bot. Inst. zu Graz, Bd. I (1886). — Über Aloöschläuche s. Prollius, Archiv der Pharmazie, 1884. 52) Über »innere Teilung« s, Wiesner, Die Elementarstruktur und das Wachstum der lebenden Substanz, Wien 1892. >) Zur Literatur der Meristeme: Nägeli, Die neuen Algensysteme, Zürich 1847. — Nägeli und Leitgeb, Entstehung und Wachstum der Wurzeln, München 1867. — Hanstein, Die Scheitelzellgruppe im Vegetations- punkt der Phanerogamen, Bonn 1868. — J. Reinke, Wachstum und Morphologie der Phanerogamenwurzel, in Hansteins Bot. Abhandlungen, Bonn 1871. — Schwendener, Über das Scheitelwachstum der Phanerogamenwurzel. Sitzungs- berichte der Berliner Akademie, 1882. — L. Koch, Über den Bau der Wurzel- spitze von Angiopteris, in Pringsheims Jahrbüchern für wiss. Botanik, Bd. XXVII (1835). Eine Kritik der Hansteinschen Meristeme der Vegetationsspitze enthält: Schoute, Die Stelärtheorie, Jena 1903. 54) Zur Literatur der Interzellularräume: Frank, Über die Entstehung der Interzellularräume in den Pflanzen, Leipzig 1867. Siehe auch unten bei Sekret- behältern. »5) Gelegentlich einer genaueren anatomischen Charakteristik der Kolben- blätter des Mais habe ich den Begriff »Polymorphie der Zellen eines Gewebes« präzisiert (Dinglers Polytechnisches Journal, 1865). Der Ausdruck »Idioblast« zur Bezeichnung von Zellen, die sich von den übrigen Elementen eines Gewebes auf- fällig in der Form unterscheiden, rührt von Sachs (Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., 1874) her. 5) A, Stöhr, Über das Vorkommen von Chlorophyll in der Epidermis der Phanerogamen-Laubblätter. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wiss. in Wien, Bd. LXXIX (1879). >) Zur Literatur der Spaltöffnungen: A. Weiß in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, IV (1865). — Strasburger, ebendaselbst, Bd. V (1866). — Pfitzer, ebendaselbst, Bd. VII (1870). — Speziell über Mechanik der Spaltöffnungen: H. v. Mohl, Bot. Zeitung, 1856, und Schwendener, Über Bau und Mechanik der Spaltöffnungen, Monatsberichte der königl. Berliner Akademie der Wiss., 1881 und 1889. — Leitgeb, Beiträge zur Physiologie der Spaltöffnungsapparate. Mit- 24* 372 teilungen aus dem Bot. Institute zu Graz, Bd. I (1886). — W. Beneke, Über Nebenzellen der Spaltöffnungen. Bot. Zeitung, 1892. — Copeland, Mechanisme of stomata. Ann. of Botany, XVI (1902). Über Woasserspaltöffnungen s. de Bary, Anatomie, p. 5l. — Potonig, Sitzungsberichte der Ges. naturf. Freunde, Berlin 1892. 5) Über Hydathoden s. G. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie, 2. Aufl., 1896, p. 417 ff. Ferner Koorders, Über die Blütenknospen-Hydathoden einiger tropischer Pflanzen, Leyden 1897. — Göbel, Flora, 1897. — Nestler, Ausscheidung von Wassertropfen aus den Blättern der Malvaceen und anderer Pflanzen. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wiss. in Wien, Bd. OVI, ], (1897). — Areschoug, Über den Blattbau der Mangrovepflanzen. Bibl. bot., 1902. — Molisch, Berichte der Deutsch. Bot. Ges., p. 381 fid. 59) Zur Literatur der Haare und verwandter Bildungen: A. Weiß, Die Pflanzenhaare, in Karstens Bot. Untersuchungen, Berlin 1867. — F. Rauter, Entwicklungsgeschichte der Trichomgebilde, in den Denkschriften der kaiserl. Aka- demie der Wiss., Bd. XXXI, Wien 1871. — Delbrouck, Die Pflanzenstacheln, in Hansteins Bot. Abhandlungen, Bd. II, Bonn 1875. — Robert Keller, Über normalen Haarverlust. Nov. Act. Leop. Carol., Bd. LV, (1890). — Kny, l. c. (Note 50). 60%) Zur Literatur der Wachsüberzüge: de Bary, Bot. Zeitung, 1871, p. 128 ff. — Wiesner, ebendaselbst, 1871, p. 771 ff. und 1876, p. 225fl. — Wilhelm, Berichte der Deutschen Bot. Ges., 1883, p. 325. Bezüglich der äußeren Formverhältnisse und der Entstehungsweise der Wachsüberzüge folge ich de Barys ausführlicher und gründlicher Darstellung; hingegen kann ich seiner Auffassung, es wären die geformten Wachsüberzüge den organisierten Bildungen beizuzählen (l. c. p. 613), nicht beipflichten. Ich durfte meine Auffassung, daß die geformten Wachsüberzüge kristallinische, im wesent- lichen aus echten Fetten (Glyzeriden) bestehende Effloreszenzen der Oberhautzellen sind, um so mehr im Texte zum Ausdrucke bringen, als sie, so viel mir bekannt, allgemein Eingang gefunden hat. — Neuestens wurden Wachsüberzüge auch an Stacheln (z. B. Rubus ulmifolius Schott) beobachtet. 60a) Im Gegensatze zu allen neueren Autoren (Strasburger, G. Haber- landt etc.) habe ich schon in der ersten Auflage dieses Buches (1881) das Epi- blem als eine spezifische Form der einschichtigen (primären) Oberhaut hingestellt, wobei ich mich des alten, von Schleiden gebrauchten Namens bediente. Meine Unterscheidung des Epiblems beruht sowohl auf morphologischen, als, und dies wurde immer übersehen, auf physiologischen Merkmalen, wie aus dem Texte her- vorgeht. Neuestens ist Kroemer (Über die Wurzelhaut ete. Bibl. botanica, Stutt- gart 1903) auf Grund eingehender Untersuchungen zu dem Resultate gelangt, daß man zwischen Epiblem und Epidermis unterscheiden müsse. Die im Texte ange- führte Tatsache, daß das Epiblem der Kutikula entbehre. rührt von ihm her. 61) Zur Literatur der mehrschichtigen Oberhaut: Pfitzer, Über die mehrschichtige Oberhaut und das Hypoderm, in Pringsheims Jahrb. für wiss, Botanik, Bd. VIII (1872). — Westermaier, ebenda, Bd. XIV (1884). — Hintz, Nova Acta Leop. Carol., Bd. LIV (1889). °®) Zur Literatur des Periderms: Hanstein, Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Baumrinde, Berlin, 1853, — deBary, Anatomie. — Höhne|, Über Kork und verkorkte Gewebe, in den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXVI (1877). — van Wisselingh, Sur la lamelle subereuse, 318 Archives neerlandaises, T. XXVI (1893). S. auch Damm, Bau etc. mehrjähriger Epidermen. Beihefte zum Botan. Zentralblatt, XI (1902). 2) Zur Literatur der Lenticellen: Stahl, Entwicklungsgeschichte und Anatomie der Lenticellen. Bot. Zeitung, 1873, p. 561 ff. — G. Haberlandt, Bei- träge zur Kenntnis der Lenticellen, in den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wiss. in Wien, Juli 1875. — de Bary, Anatomie, p. 575. — Klebahn, Über Struktur und Funktion der Lenticellen, Berichte der Deutschen Bot. Ges,., 1883, p. 113. — Weiße, ebendaselbst, 1897, p. 303ff. — Devaux, Ann. des sc. nat. Bot. 8. Ser., T. XII (1200). 64) Es wird gewöhnlich angegeben, daß die Lenticellen während der Winter- ruhe für Luft undurchlässig sind. Dies ist nicht ganz richtig. Verstärkt man zu dieser Zeit den Luftdruck in den Geweben des Stammes und bleiben die Lenti- cellen trocken, so lassen sie Luft durch. Vgl. Wiesner, Versuche über den Ausgleich des Gasdruckes in den Geweben der Pflanzen, in den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wiss. in Wien, Bd. LXXIX (1879). Später wurde die Durchlässigkeit der Lenticellen im Winter auch von Klebahn (l. ec.) und Zahl- bruckner (Verhandlungen der k. k. zool.-bot. Ges. in Wien, Bd. XXXIV, 1834) beobachtet. 65) Über Pneumathoden s. Göbel, Über die Luftwurzeln von Sonneratia, Berichte der Deutschen Bot. Ges, 1866, ferner L. Jost, Bot. Zeitung, 1887, wo- selbst auch bemerkt wird, daß dieser Ausdruck zur Bezeichnung aller Ausführungs- öffnungen des Durchlüftungssystems, also auch für Spaltöffnungen und Lenticellen in Anwendung gebracht werden könnte. Siehe auch Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie. 3. Aufl., 1904, p. 395 und 422. 66) Begrenzung des Begrifies »Stranggewebe«. Die Einteilung der Ge- webeformen in Haut-, Grund- und Stranggewebe rührt bekanntlich von Sachs her. Diese Einteilung gewährt, namentlich dem Anfänger, eine rasche Orientierung über die Zusammensetzung der Organe aus Geweben und eine so gute Übersicht über die Formen derselben, daß ich sie gleich den meisten zeitgenössischen Bo- tanikern akzeptierte und der obigen Darstellung zugrunde legte. Es schien mir aber zweckmäßig, diese Einteilung noch konsequenter durch- zuführen, als dies von Sachs geschehen, nämlich alle strangförmigen Gewebe als »Stranggewebe« zusammenzufassen, während Sachs allerdings in der allgemeinen Darstellung der Gewebeformen (Lehrbuch, 3. Aufl, p. 80 und 81) die Strang- gewebe in der gleichen Weise definiert, in der Einzeldarstellung aber hierzu doch nur die Gefäßbündel (l. c. p. 95) rechnet und anderweitige ganz ausgesprochene Stränge zum Grundgewebe zieht. Die Sachssche Einteilung der Gewebeformen hat einen eminent didak- tischen Wert; soll sie aber die Aufgabe, rasch und sicher über die Arten der Gewebe zu orientieren, erfüllen, so müssen die genannten drei Gewebeformen möglichst anschaulich definiert werden, und gerade deshalb schien es mir vorteil- haft, alle strangartigen Gewebeformen zusammenzufassen, also die isoliert auf- tretenden Bast- und Siebröhrenstränge, ferner die Kollenchymzüge und die Ge- fäßbündel im weitesten Sinne des Wortes in eine Kategorie zu bringen. Dadurch gewinnt man den Vorteil, den Begriff des Grundgewebes genauer begrenzen zu können, ohne daß die Gruppe der Stranggewebe einen gezwungenen Charakter annähme. Ich glaube auch durch Einteilung der Stranggewebe in einfache und zu- sammengesetzte die Übersicht erleichtert zu haben. 374 Zur Literatur der Stranggewebe: Nägeli, Beiträge zur wiss. Bot., 1858. — Sachs, Lehrbuch der Botanik. — de Bary, Anatomie. — Russow, Ver- gleichende Untersuchungen, Petersburg 1872. — Schwendener, Das mecha- nische Prinzip im anat. Bau der Monokotylen, Leipzig 1874. — G. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie, 3. Aufl., 1904. 67) G. Haberlandt, Über kollaterale Gefäßbündel im Laube der Farne. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss, Bd. LXXXIV (1881). — Der- selbe, Physiologische Pflanzenanatomie, VII. Abschnitt. 68) Über die Gewebe der Pilze s. de Bary, Morphologie und Physiologie der Pilze, Flechten und Myxomyceten, Leipzig 1866, 2. Aufl. (Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze, Leipzig 1884.) — Brefeld, Die Schimmel- pilze, Leipzig 1872—1885. — Mangin (Kallose in der Pilzzellhaut), Compt. rend. de l’Acad. des sc., Paris 1893. — Ch. van Bambeke, M&m. de l’Acad. Roy. de Belg., T. LU (1894). — Zopf, Beiträge zur Physiologie und Morphologie niederer Organismen, Leipzig 1892 — 1895. 69) V, v. Ebner, l. c. (s. oben Note Nr. 23). 0) Siehe oben Note Nr. 8. 7!) Über die Gewebe der Algen s. Nägeli, Die neuen Algensysteme, Zürich 1847. — Reinke, Beiträge zur Kenntnis der Tange, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. X (1875). — Berthold, Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Meeresalgen. Ebendaselbst, Bd. XIII (1882). — Falkenberg, Algen, in Schenks Handbuch, Bd. II. — Wille, Über Zellkerne und Poren der Wände bei den Phykochromaceen. Berichte der Deutschen Bot. Ges., 1883. — Oltmanns, Zur Kenntnis der Fukaceen. Bibl. botanica, Nr. 14, 1889. — Wille, Bidrag til algernes physiologiske anatomie. Verh. der schwed. Aka- demie d. Wiss., XXI (1885). — Derselbe, Beiträge zur physiol. Anatomie der Laminariaceen, Christiania 1897 (s. auch Note Nr. 74), — Oltmanns, Morpho- logie und Biologie der Algen, Jena 1904. ”) Siehe die Note auf p. 27, ferner J. Hick, Protoplasmatie continuity in the Fucaceae. Journ. of Botany, 1885. 3) Über den angeblichen Zellkern der Cyanophyceen: E. Zacharias, Bot. Zeitung, 1892. — Zukal, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss. in Wien, 1892. — Kohl, Organisation und Physiologie, der Cyanophyceenzelle etc., Jena 1903. ”) Über Siebröhren bei Algen s. J. Klein, Über Siebröhren bei den Florideen. »Flora« 1877. — H. Ambronn, Bot. Zeitung, 1880. — N. Wille, Über Siebhyphen. Berichte der Deutschen Bot. Ges., 1885. — Rosenthal, Zur Kenntnis von Makrocystis. »Flora« 1890. 75) Über das Gewebe der Flechten s. de Bary, Il. c. — Stahl, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Flechten, Leipzig 1877. — K. B. J. Forsell, Beiträge zur Mikrochemie der Flechten. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. XCIII (1886). — Zukal, Morphologische und biologische Untersuchungen über Flechten. Ebendaselbst, Bd. CIV (1895), CV (1896). '6) Die im Texte angegebene Charakteristik des Lichenins wurde von den Botanikern wohl allgemein akzeptiert. Nach den Untersuchungen von Th. Berg scheinen aber zwei Modifikationen des Lichenins zu existieren, eine, welche durch Jod gebläut wird (jodbläuender Stoff, Dextrolichenin), und eine zweite, welche durch Jod weder blau, noch violett, noch weinrot gefärbt wird (nicht jodbläuendes Lichenin). In Cetraria islandica werden beide Arten des Lichenins angegeben. Vgl. hierüber Th. Berg, Zur Kenntnis des in Cetraria islandica vorkommenden e ld Lichenins, Dorpat 1872, und Forsell, l. ec. p. 222ff. Nach Mangin, ]. c., enthält die Flechtenmembran Kallose. 7) Sanio, Vergleichende Untersuchungen über den Bau und die Entwick- lung des Korkes, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. II (1860). 8) Hofmeister, Pflanzenzelle, Leipzig 1867, $ 18. 9) Sachs, Über die Anordnung der Zellen im jüngsten Pflanzenteile. Arbeiten des bot. Institutes in Würzburg, Bd. II (1878). 50) Sachs, l.e., und in den Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, p. 523 ft. 2!) Schwendener, Über die durch Wachstum bedingte Verschiebung kleinster Teilchen in trajektorischen Kurven. Monatsberichte der Berliner Aka- demie, 1880. s?) Über Hypoderma und Wassergewebe s. Pfitzer, Über die mehr- schichtige Epidermis und das Wassergewebe, in Pringsheims Jahrbüchern für wiss. Botanik, Bd. VIII (1872). — Westermaier, Über Bau und Funktion des Hautsystems, ebenda, XIV (1884). — G. Volkens, Die Flora der ägyptisch- arabischen Wüste, Berlin 1887. — Schimper, Die indo-malaiische Strandflora, Jena 1891. 3) Über Gefäßbündelscheiden, s. Caspari, Bemerkungen über die Schutz- scheide ete., in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. 1V (1865). — Wiesner, Karstens Bot. Untersuchungen, 1866. Die Gefäßbündelscheiden des Zuckerrohres wurden hier als »Bündelhüllen<« beschrieben. — Pfitzer, Über die Schutzscheide der deutschen Equisetaceen. Ebendaselbst, Bd. IV (1867). — Schwendener, Die Schutzscheide und ihre Verstärkungen. Abhandlungen der königl. Akademie der Wiss. zu Berlin, 1832. — Derselbe, ebenda, 1890. — Strasburger, Leitungs- bahnen, Jena 1891. 34) Über die physiologischen Funktionen der Gewebe: Schwendener, Das mechanische Prinzip im Aufbau der Monokotylen, Leipzig 1874. — G. Haber- landt, Physiologische Pllanzenanatomie, Leipzig 1884, 3. Aufl. 1904, 85) Zur Literatur der Sekretbehälter: Frank, Über die Entstehung der Interzellularräume in den Pflanzen, Leipzig 1867. — N. J. C. Müller, Unter- suchungen über die Verteilungen der Harze, ätherischen Öle, Gummi und Gummi- harze und die Stellung der Sekretbehälter im Pflanzenkörper, in Pringsheims Jabrb. für wiss. Botanik, Bd. V (1867). — de Bary, Anatomie. — Tschirch, Über die Bildung von Harzen ete., in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XXV (1892). — Lutz, Über Sekretbehälter der Myrtaceen. Bot. Zentralblatt, Bd. LXIV (1895). — Möller, Über Storax ete. Zeitschrift des allgemeinen österr. Apothekervereines, 1896. — Haberlandt, |. e. Speziell über Milchsaftbehälter s. Schullerus, Die physiologische Bede::- tung des Milchsaftes ete. Abhandlung des botanischen Vereines der Provinz Brandenburg, 1882. — W. H. Scott, Über gegliederte Milchröhren, in den Ar- beiten des bot. Instituts in Würzburg von Sachs, Bd. II (1882). — E. Schmidt, Über den Plasmakörper der gegliederten Milchröhren. Bot. Zeitung, 1882. — G. Haberlandt, Zur physiologischen Anatomie der Milchröhren. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXXVII (1883); ferner die in Note Nr. 50 genannten Abhandlungen, insbesondere Molisch, Milchsaft und Schleimsatt, Jena 1901. Die im Texte gegebene Erklärung des Auftretens von Milchsaft in Holzgefäßen stützt sich auf Beobachtungen v. Höhnels (s. Österr. bot. Zeitschrift, 1878, p. 15 ff.). °®») Zur Literatur über die Anatomie des Blattes: Dippel, Das Mikroskop, Braunschweig 1882— 1898. — de Bary, Anatomie. — Schwendener, Das mechani- 316 sche Prinzip ete. — Göbel, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Blattes. Bot. Zeitung, 1880. — A. Tschirch, Über einige Beziehungen des anatomischen Baues der Assimilationsorgane zu Klima und Standort. Linnaea, Bd. IX (1881). — Speziell über die Anatomie der Knospendecken s. Mikosch, Anatomie der Knospen- decken, in den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wiss, Bd. LXXIV (1876). — G. Haberlandt, Über das tropische Laubblatt. Sitzungsberichte der kais. Aka- demie der Wiss. in Wien, Bd. CI (1892). — Areschoug, Vergleichende Unter- suchungen über die Anatomie der Blätter. Lund 1878. — Derselbe in Englers Bot. Jahrb., II (1882). °') Zur Literatur über die Anatomie des Stammes außer den eben genannten Schriften von Dippel und de Bary und den oben (p. 363) angeführten Werken von Weiß, Haberlandt, van Tieghem und Solereder noch: H. v, Mohl, Bau des Palmenstammes, in dessen vermischten Schriften, Tübingen 1845. — Nägeli, Beiträge zur wiss. Botanik, Leipzig 1858. — Derselbe, Über Diekenwachstum und Anordnung der Gefäßstränge bei den Sapindaceen, München 1864. —- Radl- kofer, in den Akten des bot. Kongresses zu Florenz (1874). — Russow, Ver- gleichende Untersuchungen über die Leitbündelkryptogamen, St. Petersburg 1872. — Derselbe, Betrachtungen über das Leitbündel- und Grundgewebe, Dorpat 1873. — van Tieghem, Recherches sur la symmetrie de structure dans les plantes vasculaires. Ann. des sciences natur. Bot, Ser. V, T. XIHO, 1870—1871. — Strasburger, Leitungsbahnen, Jena 1891. #%) G. Haberlandt, Entwicklungsgeschichte des mechanischen Gewebe- systems, Leipzig 1879. 89) Über die Präzisierung des Begriffes »Sukzedanholz« s. R. Raimann, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. XCVIII (1889). °») @. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie, 3. Aufl., 1905, wo- selbst auch die betreffende Literatur, die durchaus der neuen Zeit angehört, zu- sammengestellt ist. °) Schwendener, Das mechanische Prinzip im anat. Bau der Monokotylen, Leipzig 1874. Über die Festigkeitsverhältnisee und anderweitige anatomisch-physio- logische Beziehungen schlingender und kletternder Pflanzen s. Westermaier und Ambronn, »Flora«, 1881. — H. Schenck, Beiträge zur Anatomie und Bio- logie der Lianen, Jena 1893. (Daselbst auch reichliche Literaturzusammensteilung.. ) — Derselbe, Über die Zerklüftung der Lianenstämme, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XXVII (1895). 9%) Über die Anatomie der Wurzeln s. die in Note Nr. 86 genannten Werke von Dippel und von de Bary. Über die Meristeme der Wurzelvege- tationsspitze s. Nägeli und Leitgeb, Entstehung und Wachstum der Wurzeln, München 1867. — Reinke, Wachstum und Morphologie der Phanerogamen- wurzel, in Hansteins Bot. Abhandlungen, Bonn 1871. — Schwendener, Über das Scheitelwachstum der Phanerogamenwurzel. Sitzungsberichte der königl. Aka- demie der Wiss. zu Berlin, 1882. —- Strasburger, Bot. Praktikum, 4. Aufl., 1902. >) Siehe hierüber die klare und übersichtliche Darstellung Knys in dessen bot. Wandtafeln, Berlin 1874, woselbst auch die wichtigere, auf die Wurzel- vegetationsspitze Bezug nehmende Literatur angegeben ist. %) Schwendener, Über das Scheitelwachstum der Phanerogamenwurzel. Sitzungsberichte der königl. Akademie der Wiss. in Berlin, 1882, und L. Koch, Über Bau und Wachstum der Marattiaceenwurzel, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XXVII (1895). a7 ua F 377 95) Über die Stelärtheorie s. van Tieghem, Traitd de Botanique, 2. Aufl. 1890. — Derselbe, Sur la polystelie. Ann. des sc. nat., Ser. VII, T. III (1886). — van Tieghem et Douliot, l.c. T. VIII (1888). Eine zusammenhängende Darstellung des heutigen Standes der Stelärtheorie findet sich in dem Werke: Schoute, Die _ Stelärtheorie, Jena 1903. S. auch die Kritik der Stelärtheorie von Solms-Laubach, Botan. Zeitung, 1903. ®%) Über die Anatomie des Holzes s. hauptsächlich: Sanio, Verglei- chende Untersuchungen über die Elementarorgane des Holzkörpers. Bot. Zeitung 1863. — de Bary, Anatomie. — Wiesner, Die Rohstoffe des Pflanzenreiches, Leipzig 1873, Kap. Holz; 2. Aufl. 1900—1903. Bd. II: Holz, bearbeitet von K. Wilhelm. — J. Möller, Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Holzes. Denkschriften der kais. Akademie der Wiss., Bd. XXXVI (1876). — Strasburger, Leitungsbahnen, Jena 1891. — Solereder, Syst. Wert der Holzstruktur, München 1885. — Der- selbe, Anatomie der Dikotylen, 1899, — Jost und Wieler in den oben (Note Nr. 4) genannten Abhandlungen. Über die Anatomie der Rinde s. die bekannten pharmakognostischen Werke von Berg (Pharmazeutische Warenkunde, 4. Aufl., Berlin 1869), A. Vogl (Kom- mentar zur 7. Ausg. der österr. Pharmakopöe, 1890) ete. Wiesner, l. c., Kap. Rinden; 2. Aufl. (1900—1903). Bd. I: Rinden, bear- beitet von v. Höhnel. — Möller, Anatomie der Baumrinden, Berlin 1882. °7) Nägeli, Diekenwachstum des Stengels der Sapindaceen, München 1864; Radlkofer, Monographie der Gattung Serjania, München 1875. Die sonstige sehr ausgedehnte Literatur über anomalen Holzbau findet sich, kritisch gesichtet, in de Barys Anatomie. Schenck, 1. c. (Note Nr. 91). °S) Es ist viel darüber gestritten worden, welches Prinzip bei Aufstellung eines Systems der Gewebe das zweckmäßigste sei. Naturgemäß muß die Antwort verschieden ausfallen, je nach den Forderungen, die an das System der Gewebe gestellt werden. Die nachfolgenden objektiven Bemerkungen möchten zur Klärung der divergierenden Ansichten beitragen. Die Anatomie bildet, wie jeder Zweig der Naturwissenschaft, ein selbständiges Wissensgebiet. Anderseits steht sie, wie jede andere naturwissenschaftliche Disziplin, in einer Wechselbeziehung zu an- deren theoretischen Wissenszweigen, vor allem zur Physiologie und Systematik. Aber sie dient auch als unentbehrliche Hilfswissenschaft praktischen Lehren, namentlich der technischen Rohstofflehre und der Pharmakognosie. Die reine Anatomie strebt eine allseitige Kenntnis der Gewebe an und muß diese von jedem Standpunkte aus betrachten und nach dem jeweiligen Bedürfnis gruppieren. Der Physiologe hingegen wird in seinen Darstellungen vor allem das Bedürfnis fühlen, die Gewebe in ihren funktionellen Bedeutungen zu erfassen und wird sie dem- entsprechend schematisieren. In der Systematik, Rohstofflehre und Pharmakognosie dient aber die Anatomie durchaus der Unterscheidung; hier handelt es sich um Anschaulichkeit und Unmittelbarkeit der zur Vereinigung oder Trennung anzu- wendenden Charaktere. Hier bewährt sich am meisten die rein deskıiptive Methode der Gewebecharakteristik, wie die klassische Bearbeitung der Drogen durch Schleiden, Berg, Vogl, Möller u. a. und die durch Radlkofer eingeleitete anatomisch-systematische Bearbeitung natürlicher Pflanzenfamilien beweisen. Es ist z. B. ganz gefehlt, wie dies in neuerer Zeit geschehen ist, das physiologische Gewebesystem als Grundlage der Unterscheidung in der Pharmakognosie an- zuwenden. c) Zur Physiologie. Wichtigste neuere Werke über das Gesamtgebiet der Pflanzenphysiologie: Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2 Bände, Leipzig 1881; 2. Aufl. 1897 —1904. Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Leipzig 1887; van Tieghem, Traite de botanique, T. I, Paris 1884; 2, Aufl. 1890: Vines, Lectures on the Physiology of plants, Cambridge 1886; Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, Jena 1904, 9%) F. Cz&pek, Biochemie der Pflanzen, 2 Bände, Jena 1905. 92) Über die chemische Zusammensetzung des Protoplasma s. Reinke, Über die Zusammensetzung des Protoplasma von Aethalium septicum, Göttingen 1880; ferner derselbe in Annalen der Chemie, Bd. CCVII (1881). Siehe auch dessen Einleitung in die theoretische Biologie, 1901, Kap. 23 (Chemische Be- schaffenheit des Protoplasma). 100) Zur Literatur über die mineralischen Bestandteile der Pflanzen s. Liebig, Agrikulturchemie, 8. Aufl., Braunschweig 1864. — E. Wolff, Aschen- analysen, Berlin 1871. — A. Mayer, Lehrbuch der Agrikulturchemie, I, Heidel- berg 1895. Über das Vorkommen von Thallium in der Pflanze s. Böttger, Jahrb. der Agrikulturchemie, 1864. Über den Nachweis von Chrom, Molybdän und Va- nadin in Demarcay, Compt. rend., CXXX (1900), p. 91. Über die Verbreitung des Mangans s. Gößl, Beihefte zum Botan. Zentralblatt, 1904. Über das örtliche Vorkommen der Mineralbestandteile in den Geweben s. auch Wiesner, Über die Verteilung der Mineralbestandteile in der Pflanze. Österr. bot. Zeitschrift, 1860, Nr. 10. 161) Molisch, Sitzungsberichte d. kais. Akademie der Wiss., Bd. XCV (1887). 19°) Zur Literatur über die organischen Bestandteile der Pflanzen: Roch- leder, Phytochemie, Leipzig 1854. — Husemann, Die Pflanzenstoffe, Berlin 1871 (2. Aufl. 1883). — Sachsse, Die Chemie und Physiologie der Farbstoffe, Kohle- hydrate etc., Leipzig 1877. — Ebermayer, Chemische Physiologie der Pflanzen, I. Bd., Die Bestandteile der Pflanzen, Berlin 1882. — Beilstein, Handbuch der organischen Chemie, 2. Aufl., 1886—1890. — A. Mayer, l.c. I (189). — Czapek, |. c. 105) Errera, L’epiplasme des ascomyeetes et le glycogene des vegetaux, Bruxelles 1882. — Derselbe, Über Anhäufung und Verbrauch von Glykogen bei Pilzen. Bot. Zentralblatt, 1887, IV, p. 59 ff. — Derselbe, Glycogene et »para- glycogene« chez les vegetaux. Recueil de l’Institut bot., Bruxelles 1905. '%) Über Chlorophyll s. außer den in der Note Nr. 26 angeführten Schriften noch G. Kraus, Zur Kenntnis der Chlorophylifarbstoffe und ihrer Ver- wandten, Stuttgart 1872. — Sorby, Comparative vegetable chromatologie. Proc. of the Royal society, 1873. — Wiesner, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss. zu Wien, Bd. LXIX (April 1874), und Entstehung des Chlorophylis, Wien 1877. — Pringsheim, Untersuchungen über Lichtwirkung und Chloro- phylifunktion in der Pflanze, in dessen Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. XII (1881). — Gautier, Sur la chlorophylle. Compt. rend., 1879. — Hoppe-Seyler, Über das Chlorophyll der Pflanzen. Zeitschrift für pbysiol. Chemie, 1879. — Tschirch, Untersuchungen über das Chlorophyll, Berlin 1884, und Berichte der Deutschen Bot. Ges., 1895. — Molisch, Die Pflanze in ihrer Beziehung zum Eisen, Jena 1892. — Marchlewski, Die Chemie des Chlorophylis, Hamburg und Leipzig 1895. — Marchlewski und Schenck, Proc. Roy. Soc., vol. XVI (1900). — Eine sehr 379 ausführliche Darstellung der Chemie des Chlorophylis findet sich in Roscoe- Schorlemmer, Ausführl. Lehrb. der Chemie, Bd. VIII (1902). 105) Bezüglich der Zerstörung des Chlorophylis in der lebenden Pflanze und dessen Schutz s. meine Abhandlung: Die natürlichen Einrichtungen zum Schutze des Chlorophylis der lebenden Pflanze, Wien 1876, und Pringsheim,l. e. 1%) Xanthophyll. Die Ansichten über die Natur dieses Körpers sind noch geteilt. Während G. Kraus, ich und andere diesen Körper (nämlich den gelb- gefärbten Begleiter des Chlorophylis) für identisch mit dem Etiolin halten, wird von Tschirch und anderen diese Identität nicht zugegeben. Siehe hierüber haupt- sächlich Tschirch, 1. c. Nach neuesten Untersuchungen ist das Xanthophyll und das Etiolin mit Karotin identisch oder als ein Lipochrom diesem nahe verwandt. Siehe hierüber: Molisch, Berichte der Deutschen Bot. Ges., 1896. Daselbst auch die wichtigere Literatur. Über Karotin und verwandte Farbstoffe s. Herm. v. Schrötter-Kri- stelli, Bot. Zentralblatt, 1895, I, p. 33 ff. Die ausgedehnte Literatur ist in dieser Abhandlung mit großer Vollständigkeit zusammengestellt. — Kohl, Über das Karotin und seine Bedeutung in der Pflanze. Leipzig 1902. 10%) Über Fermente s. Baranetzki, Die stärkeumbildenden Fermente, Leipzig 1878. — Schleichert, Das diastatische Ferment. Nov. Act. Leop. Carol., Bd. LXII (1893). — Hoppe-Seyler, Physiol. Chemie, Berlin 1881. — Hueppe, Chem. Zentralblatt, 1881. — Ad. Mayer, Fermente, Heidelberg 1882. — Flügge, Mikroorganismen, 3. Aufl., Leipzig 1896. — Oppenheimer, Die Enzyme, 2. Aufl. 1904. 108) Zur Literatur der Nahrungsmittel der Pflanzen s. Sachs, Experimental- pbysiologie, Leipzig 1865. — Knop, Kreislauf des Stoffes, Leipzig 1868. — Der- selbe, Die Ackererde, 1883. — Detmer, Bodenkunde, Heidelberg 1876, und dessen Lehrbuch der Pflanzenphysiologie, Breslau 1883. (Schenks Handbuch der Botanik.) — A. Mayer, Agrikulturchemie, 4. Aufl., I, Heidelberg 1895. — Über die Substituierbarkeit der Elemente s. Molisch, Sitzungsberichte der kaiserl. Aka- demie der Wiss. in Wien, CIV (1895). Benecke, Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XXVIII (1895). — Molisch (Note Nr. 10#). 109) Siehe hierüber hauptsächlich Hellriegel, Untersuchungen über die Stickstoffnahrung der Leguminosen und Gramineen, Berlin 1888. Des Autors ge- naue, quantitative Stickstoffbestimmungen haben bewiesen, daß die Leguminosen den N der Bodenluft (unter Mitwirkung von Bakterien) zu assimilieren vermögen, nicht aber die Gramineen. Von Frank wurde, zunächst für Erdalgen und Gra- mineen, später bezüglich aller grünen Pflanzen die Fähigkeit derselben, den N und zwar ohne Mitwirkung von Mikroorganismen zu assimilieren, behauptet. Frank, Berichte der Deutschen Bot. Ges., VI (1888), VII (1889). — Derselbe, Pflanzen- physiologie, Berlin 1890. Über N-assimilierende Mikroorganismen, speziell über das Clostridium Pasteurianum s. hauptsächlich Winogradski, Compt. rend. (Pariser Akademie), 1893 und 1894. — Derselbe, Zentralblatt der Bakteriologie, IX (1902). 110) Über Versuche von Cameron, Hampe, Knop, Kühn, W. Wolf und anderen, grüne Pflanzen durch organische Substanzen von niederem Molekular- gewicht (Harnstoff) zu ernähren, s. Knop, Kreislauf des Stoffes, Leipzig 1868, und Sachsse, Lehrbuch der Agrikulturchemie, Leipzig 1888. Über Bäßlers neue Versuche über die Aufnahme von Asparagin durch die Maispflanze s. Landwirt- schaftliche Versuchsstationen, Bd. XXXIII (1887), p. 231. — Lefebre, Compt. rend., Bd. CXLI, Nr. 3 und Nr. 17 (1904). Betrifit die Ernährung grüner Pflanzen durch Amide bei Ausschluß von Kohlensäure, | 380 11!) Über Nahrungsmittel der Pilze: Pasteur, Memoire sur la fermentation aleoolique. Ann. Chim. et Phys., T. LVIII (1860). — Ad. Mayer, Lehrbuch der Gärungschemie, Heidelberg 1874. — Winogradski, Bot. Zeitung, 1888. — Molisch, Die Pflanze in ihrer Beziehung zum Eisen, Jena 1892. — Derselbe, Die mineralische Nahrung der niederen Pilze. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wiss. zu Wien, Bd. CI (1894). — Hueppe, Naturwiss. Einführung in die Bakteriologie, Wiesbaden 1896. 11?) Es ist wahrscheinlicher, daß die sogenannten Humusbewohner aus dem Boden unverweste Reste von Reservestoffen als Huminsubstanzen selbst aufnehmen; letzteres wird heute von den meisten Botanikern angenommen (s. Wiesner, Über die Menge des Chlorophylis in Neottia Nidus avis. »Flora«, 1874), 113) Es wird gewöhnlich angegeben, daß die chlorophyllosen parasitischen Phanerogamen auf rein organische Nahrung angewiesen sind. Es ist dies bezüg- lich der stickstoffreien Verbindungen auch vollkommen richtig. Ob indes diese Pflanzen nicht, gleich den Pilzen, die Fähigkeit haben, Salpetersäure oder Am- moniak oder beide zu assimilieren, nämlich in stickstoffhaltige organische Sub- stanzen zu verwandeln, ist unentschieden, aber mit Rücksicht auf den Stoffwechsel der Pilze doch in sehr hohem Grade wahrscheinlich. 11) Brefeld, Bot. Untersuchungen über Schimmelpilze, Heft III (1877). 115) Zur Literatur über insektenfressende Pflanzen: Darwin, Insekten- fressende Pflanzen, deutsch von Carus, Stuttgart 1876. — Drude, Die insekten- fressenden Pflanzen, in Schenks Handbuch der Botanik, Breslau 1879. — Göbel, Pflanzenbiologische Schilderungen, 1891. 116) Die Literatur der chemischen Metamorphose in der Pflanze findet sich, abgesehen von den neuesten Arbeiten, am ausführlichsten zusammengestellt in Sachsse, Die Chemie und Physiologie der Farbstoffe, Kohlehydrate und Eiweiß- körper etc., Leipzig 1877. — Czapek, l. ec. Siehe auch Ad. Mayer, Agrikultur- chemie, I, Heidelberg 1895. Einige wichtige neuere einschlägige Arbeiten sind im Texte berücksichtigt; auf einige andere wird in späteren Noten hingewiesen werden. 47) G@. Kraus, Grundlinien zu einer Physiologie des Gerbstoffes. Leip- zig 1889. 118) L. Barth, Über die Einwirkung von schmelzendem Ätznatron auf. Phenole und über die Synthese des Phlorogluzins. Sitzungsberichte der kais. Aka- demie der Wiss., Bd. LXXIX (1879). 119) A. Lieben, Über die Einwirkung schwacher Affinitäten auf Aldehyd. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. XLI (1860). 1:20) O. Loew, Über Formaldehyd und dessen Kondensation. Journal für praktische Chemie (N. F.), Bd. XXXIII (1886). =) Fett in Chlorophylikörnern. Seit längerer Zeit ist das Auftreten von Fett in Tröpfehenform als Einschluß in Chlorophylikörnern bekannt (Musa, Strelitzia, Rhipsalis ete.). Man hat dieses Fett lange als Produkt der Kohlensäure- assimilation aufgefaßt, Genaue, in neuerer Zeit unternommene Versuche haben aber gelehrt, daß die in Chlorophylikörnern vorkommenden Fette Zerfallsprodukte von Assimilaten sind. — Godlewski, »Flora<, Bd. LX, 1877”. — Holle, »Flora«, Bd. LX, 1877. 1714) Grafe, Untersuchungen über die Holzsubstanz. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss. in Wien, Bd. CXIII (1904). =”) Harzkörner. Wiesner, in Sitzungsberichte der kais. Akademie d. Wiss, Bd. LI (Juni 1865). — A. Vogl (Bot. Zeitung, 1866) und Radlkofer 38l (Über Cupania, Berichte der königl. bayer. Akademie, Bd. IX, 1879). Siehe auch Radlkofer, 1. c., 1890, p. 152. 123) Über die Umwandlung der Kohlehydrate in Fette s. Sachsse, Chemie und Physiologie der Farbstoffe ete., p. 145 ff, ferner Arth. Meyer, Botanische Zeitung, 1886, p. 149. 1:4) Über die Regeneration der Eiweißstoffe im Lichte s. Pfeffer, Über die Proteinkörner und über die Beziehung des Asparagins zur Eiweißbildung in der Pflanze, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. VIII (1872). Siehe auch die Noten auf p. 258. . '25) Über die Beziehung des Chlorophylis zum Etiolin s. Wiesner, Ent- stehung des Chlorophylis; Über die Beziehung der Stärke zur Entstehung des Etiolins und Chlorophylis außerdem noch Sachsses oben genannte Schrift. 15) Assimilation. Es schien mir zweckmäßig, die Assimilation in gleicher Weise, wie es in der Tierphysiologie üblich ist, zu definieren, nämlich als allge- meinen Ausdruck für die Prozesse der Umwandlung der Nahrungsstoffe in die chemischen Individuen, aus denen der Organismus aufgebaut ist. Gleichzeitig mit mir (1. Aufl. dieses Buches) hat auch Pfeffer in seiner Pflanzenphysiologie (1. Aufi.) den Begriff Assimilation ausgedehnt. In diesem Sinne hat man auch früher das Wort Assimilation in der Pflanzenpbysiologie gebraucht, Sachs beschränkte den Ausdruck auf die Umwandlung der Kohlensäure und des Wassers im Chloropbyil- korn in organische Substanz. Diese Definition fand allgemeinen Eingang, und man hat sich in der Botanik gewöhnt, Assimilation bloß in diesem beschränkten Sinne aufzufassen und bloß das Chlorophylikorn als das Assimilationsorgan der Pflanzen zu betrachten. Ich finde es jedoch nicht gerechtfertigt, einen fundamentalen Be- griff so einseitig zu formulieren. Mit dem gleichen Rechte, mit dem man von einer Assimilatiou der Kohlensäure spricht, kann man doch auch von Assimilation des Ammoniaks, der Salpetersäure ete. sprechen. Indem man den im Texte präzisierten Begriff der Assimilation akzeptiert, verliert derselbe seinen jetzigen rudimentären Charakter und gewinnt eine allgemeine und scharf umschriebene Fassung. Man erzielt aber noch folgende Vorteile: Das Wort Assimilation hat in der Tier- und Pflanzenphysiologie den gleichen Sinn, was nicht nur in Anbetracht des natür- lichen Zusammenhanges beider Disziplinen, sondern auch aus didaktischen Gründen wertvoll erscheint. Weiters entspricht nunmehr der Ausdruck seiner wörtlichen Bedeutung. Eudlich, und dies scheint von nicht zu unterschätzendem Werte, ge- winnen wir einen Ausdruck für die den Organisationsprozeß begleitenden chemi- schen Vorgänge. Pfeffer hat für die im Chlorophylikorn vor sich gehende Assi- milation des CO, und des H,O zuerst das Wort »Kohlenstoffassimilation«, ich hin- gegen das Wort »Kohlensäureassimilation« gebraucht, welches zweckmäßiger ge- wählt erscheint, da der Pfeffersche Ausdruck auf jede Art der Assimilation orga- nischer Substanzen (C-Verbindungen) hinweist. In der neuen Auflage seiner Pflanzen- physiologie hat Pfeffer meinen Ausdruck aufgenommen, welchen er abwechselnd mit dem Worte Photosynthese verwendet. Das Wort Stoffwechsel wurde im Buche als Ausdruck für sämtliche im Pflanzenkörper stattfindende Prozesse chemischer Metamorphose gerommenr, wie dies nach Sachs’ Vorgang (Lehrbuch, 3. Aufl., p. 612) gegenwärtig üblich ist. Konsequenterweise wäre indes jede Art von »Stoffwechsel«, auch wenn sie nicht mit chemischer Metamorphose verknüpft ist (z. B. der Wasserersatz bei der Transpiration), unter diesen Begriff zu stellen, wie dies ja auch in der Tier- physiologie üblich ist (1. Aufl., p. 268, 269). 904 1?7) Zur Literatur der Atmung: Ausnahmsweise sei hier auf ein älteres, klassisches, auch jetzt noch höchst lehrreiches Werk, nämlich auf Th. de Saus- sures Chemische Untersuchungen über die Vegetation, deutsch von Voigt, 1805, hingewiesen. Ferner s. J. Böhm, Über die Respiration von Landpfanzen, in Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXVII (1873). — Brefeld, Über Gärung, in den landwirtschaftlichen Jahrbüchern von Nathusius und Thiel, 1876. — Wortmann, Über intramolekulare Atmung der Pflanzen, Inaug.-Diss., Würzburg 1879. — Bonnier et Mangin, Ann. des sc. nat., Ser. VII, T. XVII (1884). — Pfeffer, Über intramolekulare Atmung, in den Untersuchungen aus dem bot. Institute zu Tübingen, Bd. I (1885). — Reichliche Literaturnachweise über Atmung finden sich in Detmers Physiologie der Keimung, Jena 1880, und in dessen oben genanntem Lehrkuch der Pflanzenphysiologie. — Über die At- mungsgröße anästhesierter Pflanzen s. Elving, Bot. Jahresbericht (aus Oefversigt af Finska Vetensk. Soc. Förh.), 1886, und Johannsen, Bot. Zentralblatt, 1896. 128) Über die sogenannte »physiologische Oxydaticn« ist vornehmlich nach- zusehen: Reinke, Die Autoxydation in der lebenden Pflanze. Bot. Zeitung, 1883, p. 6öft., und Pfeffer, Beiträge zur Kenntnis der Oxydationsvorgänge in der lebenden Pflanze, Abhandlungen der königl. sächs. Ges. der Wiss., XV (1889). — Grafe, Über Atmung und tote Oxydation. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. CXIV (1905). Daselbst auch die neue Literatur des Gegenstandes. Die Geschichte der Pflanzenatmung betreffend s. Wiesner, Ingen-Housz, sein Leben und Wirken, Wien 1905. 129) Zur Literatur der Nahrungsaufnahme: Sachs, Experimentalphysiologie. — Pfeffer, Pflanzenphysiologie. Zahlreiche Literaturnachweise finden sich in Detmers Lehrbuch der Pflanzenphysiologie, Breslau 1883. 130) Über den Zuckernachweis durch o-Naphthol s. Molisch, Sitzungs- berichte der kais. Akademie der Wiss. in Wien, Bd. XCIII (1886). 131) Burgerstein, Materialien zu einer Monographie der Transpiration. I. T., Wien 1887; 11. T., Wien 1889. — Derselbe, Die Transpiration der Pflanze, Jena 1904. 13?) Zur Literatur des Wurzeldruckes und der Wässubewegung in der Pflanze überhaupt: Brücke, Ann. der Physik und Chemie, Bd. XLVIII (1844). — Hofmeister, »Flora«, 1858 und 1862. — Baranetzky, Untersuchungen über die Periodizität des Blutens, Abhandlungen der naturf. Ges. zu Halle, Bd. XIII (1873). — Detmer, Theorie des Wurzeldruckes, in Preyers Sammlung phys. Abhandlungen, Jena 1877. — C. Kraus, in Wolnys Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphysik, Bd. X (1888). — Pfeffer, Energetik, 1892. — Wieler, Cohns Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Bd. VI (1893). — Houston Stewart Chamberlain, Recherches sur la seve ascendante (Bull. du laboratoire de Botanique de l’Universite de Geneve, 1897). 133) Zur Literatur der Transpiration. Kein Kapitel der Pflanzenphysiologie erfreut sich einer so sorgsamen Literaturzusammenstellung wie dieses. Burger- stein hat die Literatur dieses ausgedehnten Gegenstandes mit großer Vollständig- keit in seinen »Materialien zu einer Monographie der Transpiration< (s. Note Nr. 131) gesammelt und kritisch gesichtet. Siehe ferner noch Burgerstein, Be- richte der Deutschen Bot. Ges., 1897, p. 154, und dessen oben (Note Nr. 131) ge- nanntes Werk über Transpiration. !34) Die, wie ich glaube, sehr bezeichnenden Ausdrücke »epidermoidale« und »interzellulare« Transpiration gebrauchte ich zuerst in der Abhandlung: »Grund- er Be d 909 versuche über den Einfluß der Luftbewegung auf die Transpiration der Pflanzen«. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. XCVI (1887). 135) Über die Erscheinungen des Laubfalles und über deren Ursachen s. Wiesner, Untersuchungen über die herbstliche Entlaubung. Sitzungsberichte der kais, Akademie der Wiss., Bd. LXIV (1871). — Derselbe, Berichte d. Deut- schen Bot. Gesellsch., 1905. 136) Dutrochet, Ann. des sciences natur, T. XXV (1832). — Pfeffer, Päanzenphysiologie, Bd. I, p. 8ff. — Wiesner, Über den Ausgleich des Gas- druckes in den Geweben der Pflanzen. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXIX (1873). Daselbst unter anderem der Nachweis, daß das Peridermgewebe Luft durch Druck nicht filtrieren lasse und das Effusions- gesetz bei Durchtritt der Luft durch Spaltöffnungen volle Gültigkeit habe. — Höhnel, Beiträge zur Kenntnis der Luft- und Saftbewegung in den Pflanzen, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XII (1879). — Wiesner und Molisch, Untersuchungen über die Gasbewegung in der Pflanze. Ebendaselbst, Bd. XCVIH (1889). Daselbst wurde gezeigt, daß eine Druckfiltration unter keinerlei Verhältnissen zwischen geschlossenen Zellen stattfinde und daß ein Gasaustausch von Zelle zu Zelle nur auf dem Wege der Membrandiffusion erfolgte. — Black- mann, Philosoph. Transact., T. CXCVI (1895). — Brown and Escombe, Philosoph. Transactions of the Royal Society. London 19C0. 137) Über den Nachweis des niederen Luftdruckes durch Abschneiden der Zweige unter Quecksilber s. v. Höhnel, Über den negativen Luftdruck in den Gefäßen und Pflanzen, Straßburg 1876, Inaug.-Diss. >) Die Relation eg wurde unter Anwendung von Gasen, welche durch Seifenlamellen voneinander geschieden sind, von Franz Exner festgestellt. Siehe dessen Abhandlung: »Über den Durchgang der Gase durch Flüssigkeits- lamellen<,. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXX (1875) und Bd. LXXV (1877). — Über Absorption von Gasen durch vegetabilische Membranen wurden die ersten Beobachtungen von J. Böhm angestellt. Bot. Zeitung, 1883, p. 521 #. 133a) Vgl. Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Leipzig 1897, p. 166. 139) Über die Leitung des Wassers durch die Pflanzen s. Höhnel, ]. ce. — Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. — R. Hartig, Untersuchungen aus dem forstbotanischen Institute in München, Berlin 1882 und 1883. — Zahl- reiche wichtige Detailbeobachtungen über Saftleitung finden sich in den Schriften J. Böhms, namentlich in den folgenden: Über die Wasserbewegung in tran- spirierenden Pflanzen (Nobbes landwirtschaftliche Versuchsstationen, Bd. XX, 1867). Warum steigt der Saft in den Bäumen? Wien 1878. Über die Funktion der vegetabilischen Gefäße. Bot. Zeitung, 1879. — Westermeier und Ambronn, »Flora«, 1881. — Kohl, Die Transpiration der Pflanzen, Braunschweig 1886. — Westermeier in Pringsheims Jahrb, für wiss. Botanik, Bd. XV (1884). — Godlewski, ebenda. — Strasburger, Leitungsbahnen, Jena 1891. — Schwen- dener, Berichte der Berliner Akademie, Bd. XLIV (1892). — Dixon und Jolly, Ann. of Botany, Bd. IX (1895). — Askenasy, Verhandlungen des naturf. Ver- eines in Heidelberg (1895). -—- Dixon, Proceed. Roy. Society, Dublin, X (1903). 149) Meyen, Neues System der Pflanzenphysiologie, Berlin 1888, Bd. II, v. 52 und 55. — Sachs, l. ce. — Wiesner, Über die Bewegung des Imbibitions- wassers in den Geweben der Pflanze. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXII (1875). Durch die neueren Beobachtungen über die Bewegung 90% des Wassers im Lumen der Gefäße und Zellen des Holzes ist die Imbibitionslehre derart in den Hintergrund gedrängt worden, daß viele Forscher die Mitwirkung der Imbibitionsbewegung bei der Wasserleitung gänzlich in Abrede stellen. Damit ist man aber nach meiner Ansicht wieder zu weit gegangen, denn es liegen einige von Sachs, seinen Schülern und einigen anderen Forschern vorgebrachte, zu Gunsten der Imbibitionsbewegung sprechende Tatsachen vor, welche auf eine je nach der Organisation der Pflanzen mehr oder minder weitgehende Mitwirkung der Imbibitionsbewegung bei der Wasserbewegung in der Pflanze hinweisen, 141) Dixon und Joly, l. c. 142) Zur Literatur über die Leitung organischer Stoffe: J. Hanstein, Ver- suche über die Leitung des Saftes durch die Rinde ete,, in Pringsheims Jahr- büchern für wiss. Botanik, Bd. II (1860). — Pfeffer, Osmotische Untersuchungen, Leipzig 1877. — Vöchting, Über Organbildung im Pflanzenreich, Bonn 1878. — Pfeffer, Energetik, Leipzig 1892. — Czapek, Sitzungsberichte der kais. Aka- demie der Wiss. in Wien, Bd. CVI (1897). — Sachs, Experimentalphysiologie und dessen Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, Leipzig 1882, 143) Über Wachstum und Stoffwechsel s. die Note Nr. 133 der 3. Aufl., ferner Wiesner, Elementarstruktur, p. 220, und van Tieghem, Trait& de Botanique, 1. Aufl., I, p. 482 (»croissance par assimilation« und »croissance par adjonetion«). 4) Wiesner, Die Eiementarstruktur und das Wachstum der lebenden Substanz, Wien 1892, 145) Über Bedingunger und Erscheinungen des Wachstums: Sachs, Lehr- buch der Botanik, 4. Aufl., 1874. — Derselbe, Über orthotrope und plagiotrope Pfianzenteile, in »Arbeiten des Bot. Institutes zu Würzburg«, Bd. II (1879). — de Vries, Über einige Ursachen der Richtung bilateral symmetrischer Pflanzen- teile. Ebendaselbst, Bd. I (1872). — Derselbe, Untersuchungen über die mechani- schen Ursachen der Zellstreckung, Leipzig 1887. — Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, Leipzig 1882. — Wiesner und v. Wettstein, Die Wachs- tumsgesetze der Pflanzenorgane. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., 1. Reihe: Nutierende Organe, Bd. LXXXVIIL(1883), 2.Reihe: Wurzeln, Bd. LXXXIX (1884). — Speziell über Gewebespannung s. G. Kraus, Die Gewebespannung des Stammes und ihre Folgen. Bot. Zeitung, 1867. — Über Mechanik des Windens: Baranetzki, Die kreisförmige Nutation und das Winden der Stengel, Peters- burg 1883. — Schwendener, Über das Winden der Pflanzen. Monatsberichte der königl. Akademie der Wiss. zu Berlin, 1881. — Ambronn, Zur Mechanik des Windens, Berichte der mathem.-phys. Klasse der königl. sächs. Ges. der Wiss., 1885. Daselbst auch reichliche Literaturnachweise. — Godlewski, Beeinflussung des Wachstums durch äußere Faktoren. Bot. Zentralblatt, Bd. XLVII (1891) und Bd. LV (1895). — Wortmann, Theorie des Windens. Bot. Zeitung, 1886. — Kolkwitz, Beiträge zur Mechanik des Windens. Berichte der Deutschen Bot. Ges,, 1895. — Goebel, Organographie, Jena 1898. 145) Paul Bert, La pression barometrique, Paris 1878. — Wieler, Unter- suchungen aus dem Bot. Institute zu Tübingen, herausgegeben von Pfeffer, Bd. I (1831),,p5 189.2. 4) Wiesner, Die undulierende Nutation der Internodien. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss, Bd. LXXVII (1878). Mit der Geradstreckung der in undulierender Nutation befindlich gewesenen Internodien verschmelzen die beiden Wachstumsmaxima zu einem. 145) Wiesner, Über eine neue Konstruktion des selbsregistrierenden Auxano- meters. »Flora<, 1876. 385 149) Wiesner, Über ein Mikroskop zur Messung des Längenwachstums. Zeitschrift für Mikroskopie, Bd. X (1893). 150) Die Zellhaut kann nur so lange wachsen, als sie Dermatoplasma ent- hält. Wiesner, Elementarstruktur und Wachstum der lebenden Substanz. Über das Verhältnis des Turgors zum Wachstum s. außer den einschlägigen Schriften von Sachs und de Vries noch Wiesner, Das Bewegungsvermögen der Pflanze, Wien 1881, II. Kap.: Mechanik der Nutationsbewegungen. Klebs, Arbeiten des Bot. Institutes zu Tübingen, Bd. II (1888). — Askenasy, Berichte der Deutschen bot. Ges., 1890. 1502) Wiesner, Die undulierende Nutation der Internodien, 1. c. (s. Note Nr. 147). — Derselbe, Bot. Zeitung, 1884. 151) Man identifiziert gewöhnlich die von Sachs aufgestellte revolutive Nutation mit Darwins Zirkumnutation. Sachs versteht aber unter revolutiver Nutation bloß die spontane Nutation schlingender Organe, während Darwin als Zirkumnutation eine kreisende Bewegung versteht, welche allen wachsenden Pfanzenteilen zukommt, die, wie ich (»Bewegungsvermögen«, Note Nr. 150) zeigte, außer der revolutiven Nutation noch eine Kombinationsbewegung in sich einschließt, welche durch die verschiedensten paratonischen und spontanen Nutationen zustaudekommt. 15ta) Wiesner, Über Trophien. Ber. der Deutschen Bot. Ges., Bd. XII (1895). — Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Bd. II (1904). 152) Über die Abhängigkeit des Lebens der Pilze vom Lichte: Brefeld, Über die Bedeutung des Lichtes für die Entwicklung der Pilze, in den Sitzungs- berichten der Ges. naturf. Freunde zu Berlin, 1877. 153) Wiesner, Photometrische Untersuchungen. II. Untersuchungen über den Lichtgenuß der Pflanzen. Sitzungsberichte der kais, Akademie der Wiss, in Wien, Bd. CIV (1895). — Warming, Ökol. Pflanzengeographie (deutsche Ausgabe), Berlin 1896, p. 13. — Hann, Klimatologie, 2. Aufl., Stuttgart 1897, Bd. I, p. 40 ft. 1534) Burgerstein, Über das Verhalten der Gymnospermkeimlinge im Licht und im Dunkein. Ber. der Deutschen Bot. Ges., Bd. XVIII (1900). — Karo- line Bittner, Über Chlorophylibildung im Finstern bei Kryptogamen. Öst. Bot. Zeitschr., 1905. 5) Wiesner, Die Entstehung des Chlorophylis, Wien 1877. — Grailach, Spektralanalytische Untersuchungen über die Entstehung des Chlorophylis in der Pflanze. Sitzungsberichte der Wiener Akademie. Bd. CXIII (1904). 155) Über Zerstörung des Chlorophylis: Wiesner, Die natürlichen Ein- richtungen zum Schutze des Chlorophylis der lebenden Pflanzen. Festschrift der k. k. zool.-bot. Ges. in Wien, 1876. Daselbst findet sich zum ersten Male der Nachweis, daß auch in der lebenden und weiter ergrünungsfähigen Pflanze bei hohen Lichtintensitäten eine Zerstörung des Chlorophylls stattfindet. 156) Über Kohlensäure-Assimilation im Lichte s. Pfeffer, Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Kohlensäurezersetzung der Pflanze, in Sachs, Arbeiten des bot, Institutes zu Würzburg, Bd. I (1871). — Reinke, Untersuchungen über die Einwirkung des Lichtes auf die Sauerstoffausscheidung. Bot. Zeitung, 1884. — Th. W. Engelmann, Untersuchungen über Lichtabsorption und Assimilation in Pflanzenzellen. Bot. Zeitung, 1834. — Timirjazeff, Bot. Jahresbericht, 1386, I. — Jumelle, Compt. rend., Bd. III (1890). — Engelmann, Sauerstoffausscheidung im Lichte. Verhandlungen der Amsterdamer Akademie der Wiss., 1894. — Gai- dukow, Berliner Akad. d. Wiss., Anhang 1902. ” Wiesner, Botanik. I. 5. Aufl. 25 386 157) Über Heliotropismus s. Wiesner, Die heliotropischen Erscheinungen im Päanzenreiche, eine physiologische Monographie, in den Denkschriften der kais. Akademie der Wiss, Bd. XXXIX (1879) und Bd. XLI (1880). — Eine von der vorgetragenen Ansicht wesentlich abweichende vertritt in neuerer Zeit Sachs; s. dessen Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, Leipzig 1882. — Noll, Naturwiss. Rundschau, 1888. — Derselbe, »Flora«, 1893. — Rothert, Cohns Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Bd. VII (1894). — Wiesner, Botan. Zeitung, 1895, Nr. 1. — Oltmanns, »Flora«, 1892 und 1897. 155) Wiesner, Die heliotropischen Erscheinungen, ]. c., zweiter Teil. 159%) Wiesner, Heliotropische Erscheinungen, ]. c., erster Teil. 160) Über Phototaxis s. Strasburger, Wirkung des Lichtes und der Wärme auf Schwärmsporen, Jena 1878, und Stahl, Über Einfluß von Richtung und Stärke der Beleuchtung auf einige Bewegungserscheinungen im Pflanzenreiche. Bot. Zeit., 1880. — Engelmann, Bot. Zeitung, 1888, p. 660. — Holmes, Bot. Zentralblatt, Bd. XCIII (1903). — Chmielewski, Über Phototaxis. Beihefte zum Botan. Zentralblatt, 1904. 161) Über den Zusammenhang zwischen Lichtabsorption im Chlorophyll und gesteigerter Transpiration im Lichte s. Wiesner, Über den Einfluß des Lichtes und der strahlenden Wärme auf die Transpiration, in den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXIV, Wien 1876. — Henslow, Journal of the Linean Soc. Bot., XXII (1886), p. 81 ff. 15°) Wiesner, l. c. — Bonnier et Mangin, Ann. des sc. natur. VI. Ser., T. XVII (1884). 16:2) Wiesner, Über korrelative Transpiration. Sitzungsberichte der Wiener Akad. d. Wiss, Bd. CXIV (1905). 162b) Brown and Escombe, Transact. ofthe Roy. Soc. London, Bd. CXCII (1900). — Hesselmann, Beihefte zum Bot. Zentralblatt, 1904. 163) Über Etiolement s. Gregor Kraus, Über die Ursachen der Formände- rungen etiolierender Pflanzenteile, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. VII, Wien 1869. — Brefeld, Über Einfluß des Lichtes auf Pilze, in den Berichten der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin, 1877. — God- lewski, Bot. Zeitung, 1879. — Göbel, Organographie, Jena 1898. '64) Über Phosphoreszenz im Pflanzenreiche s. Fabre, Ann. des sciences natur., T. IV (1855). — Über die Fähigkeit gewisser organischer Substanzen, bei Sauerstoffzutritt in alkalischer Lösung zu leuchten, s. Radziszewski, Annalen der Chemie, Bd. CCIII (1880). — Molisch, Leuchtende Pflanzen, Jena 1904, 1642) Molisch, ]. ce. 165) Über Abhängigkeit der Pflanzen von der Temperatur s. Sachs, Über die Abhängigkeit der Keimung von der Temperatur, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. II (1860). — Fr. Haberlandt, Die oberen und unteren Temperaturgrenzen für die Keimung der Samen, in Nobbes landwirtschaftlichen Versuchsstationen, Bd. XVII (1874). Die im Texte enthaltene Angabe über die unregelmäßige Abnabme der Wachstumsgeschwindigkeit vom Optimum bis zum oberen Nullpunkte stützt sich auf meine Beobachtungen über den Einfluß der Temperatur auf die Entwicklung von Penicillium glaucum, veröffentlicht in den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXVII, 1873. 166) Sachs, »Flora«, 1862. — Wiesner, Entstehung des Chloropbylis, Wien 1877. 387 167) Über Abhängigkeit der Pflanzen von der Wärmemenge s. H. Hoff- mann, Das Wärmebedürfnis der Pflanze, in den Abhandlungen der Senckenberg- ‘ schen naturforschenden Ges., Bd. VIII (1873). — In den Abhandlungen von Bon- nier, »Recherches sur la chaleur vegetale«, Ann. des sc. natur. Ser. VII, T. XXVIII (1893), finden sich die ersten genauen Angaben über die von den Pflanzen in be- stimmten Entwicklungsstadien abgegebenen Wärmemengen. 168) Die Angaben über den Wärmegewinn der Pflanzen durch Verdichtung des Wassers in den Geweben und in der Stärke stützen sich auf folgende Unter- suchungen: Jungk, in Poggendorfs Annalen, 1865, Bd. CXXV. — Wiesner, Experimentaluntersuchungen über die Keimung der Samen, in den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXIV (1871), und Reinke, Quellungserscheinungen vegetabilischer Substanzen, in Hansteins bot. Abhandlungen, Bd. iV (1879). — Über Wärmeentwickiung bei intramolekularer Atmung s. Eriksson, Unter- suchungen aus dem bot. Institute zu Tübingen, Bd. I (1881). 169) Die im Texte angeführte Wärmeleitungskonstante der Baumwolle wurde durch volumenometrische Versuche von Schuhmeister (Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXVI, 1877) ermittelt. !70) Über tote und vitale Lastkrümmung s. Wiesner, Studien über den Einfluß der Schwerkraft auf die Richtung der Pflanzenorgane. Sitzungsberichte der Wiener Akad. der Wiss., Bd. CXI (1902). ‘Wa&) Zur Literatur des Geotropismus: Frank, Beiträge zur Pflanzenphysio- logie, Leipzig 1868. — Th. Ciesielski, Untersuchungen über die Abwärtskrüm- mungen der Wurzeln, in Cohns Beiträgen zur Biologie der Pflanzen, Bd, I, Heft 2, 1872. — Sachs, Über das Wachstum der Haupt- und Nebenwurzeln, in dessen Arbeiten des bot. Institutes zu Würzburg, Bd. I, Heft 3 u. f, 1873 bis 1874; ferner dessen Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., 1874. Daß der Geotropis- mus der Wurzel von deren Spitze ausgehe, wurde zuerst von Darwin (The power of movement in plants, London 1880) ausgesprochen und, nachdem Wiesner (Bewegungsvermögen, Wien 1881), Sachs und andere die ungenügende Beweisführung Darwins kritisiert und seine mit genialer Vorsicht aufgestellte Behauptung in Zweifel gezogen hatten, von Czapek (Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XXVII [1895]) näher begründet. — Noll, Heterogene Induk- tion 1892. — Fitting, Untersuchungen über den geotrop. Reizvorgang, Prings- heims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XLI (1905). Einige, das angebliche Zustande- kommen des Geotropismus behandelnde Schriften (von Noll, G. Haberlandt und N&meec) werden in den auf Reizbarkeit bezugnehmenden Noten genannt. 1706) Den im zugehörigen Paragraphen vorgeführten umlegbaren Klino- staten habe ich in den »Heliotropischen Erscheinungen« (I. Teil, 1878) zuerst be- schrieben. Später habe ich denselben in großen Dimensionen mit sehr kräftigen Laufwerken ausführen lassen, um auch mit größeren Objekten operieren zu können, K. Linsbauer, Universalklinostat mit elektr. Betrieb nach Wiesner. Deutsche Mechanikerzeitung, Berlin 1904. 11) Wiesner, Bot. Zeitung 1884. la) und !"!b) Wiesner, Studien über den Einfluß der Schwerkraft auf die Richtung der Pflanzenorgane. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. CXI (1902). 172) H. Zikes, Über geotaktische Bewegungen des Bacterium Zopfii. Sitzungs- berichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. CXV (1906). 1735) Was im Texte über das Zusammen- und Entgegenwirken von Helio- tropismus und Geotropismus vorgetragen wurde, stützt sich auf die Angaben, 25* 388 welche ich diesbezüglich in meiner Monographie des Heliotropismus (II. Teil, 1880) mitteilte. — Czapek, Über Zusammenwirken von Heliotropismus und Geotropismus. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss. in Wien, Bd. CIV (1895). 174) Über Ranken s. Darwin, Bewegung und Lebensweise der Kletter- pflanzen, deutsch von J. V. Carus, Stuttgart 1876 (das Original erschien 1875). — Sachs, Vorlesungen über Pflanzenpbysiologie. — Pfeffer, Über Kontaktreize; Unters. aus d. bot. Inst., Tübingen I, 1885; s. auch oben Note auf p. 349. — Errera, Bot. Zeitung, 1884, p. 564. — Schenck, Beiträge zur Biologie und Anatomie der Lianen, Jena 1892. — Fitting, Über die Reizbarkeit der Ranken. Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XXXIX und XL (1903 und 1904). | 175) Über die von Darwin entdeckte, im Texte beschriebene, auf einseitige Verletzung folgende eigentümliche Wurzelkrümmung, die man auf meinen Vor- schlag heute allgemein als Darwinsche Krümmung bezeichnet, s. Darwin, The power of movement .etc. (Note Nr. 170a). — Wiesner, »Bewegungsvermögen« (Note Nr. 170a). — Derselbe, Untersuchungen über die Wachstumsbewegungen der Wurzeln. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXXIX (1884). Daselbst auch der Nachweis, daß die Darwinsche Krümmung keine einfache, sondern eine (antagonistische) Doppelkrümmung ist. 176) Über Hydrotropismus s. hauptsächlich Molisch, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wiss., Bd. LXXXVIII (1883), woselbst der im Texte beschriebene, höchst zweckmäßige Apparat zur Prüfung auf Hydrotropismus beschrieben und auch sehr eingehend die Literatur dieses Gegenstandes berücksichtigt ist. 177) Über den von Molisch entdeckten Aörotropismus s. dessen Abhand- lung in den Sitzungsberichten. der kais. Akademie der Wiss., Bd. XC (1884). 118) Über Chemotaxis: Pfeffer, Lokomotorische Richtungsbewegungen, Arbeiten des bot. Institutes in Tübingen, Bd. I (1884), und Chemotaktische Be- wegungen, ebenda, Bd. HI (1888); serner die in den zum Texte gehörigen Fub- noten genannten Arbeiten Engelmarns. 179) Über Zirkumnutation s. Ch. Darwin, The power of movement etc. (s. Note Nr. 170a), woselbst diese Nutationsform als eine allen wachsenden Pflanzen- teilen eigentümliche Urbewegung dargestellt, und Wiesner, Bewegungsvermögen (s. Note Nr. 170a), wo dieselbe als eine aus bekannten Nutationsformen abgeleitete Kombinationsbewegung gedeutet wird. 180) Über »fixe Lichtlage« s. Wiesner, Die heliotropischen Erscheinungen, U. Teil (1880). — Derselbe, Bewegungsvermögen und Bot. Zeitung, 1884 (zur Erklärung der spontanen Nutationen etc). In diesen Schriften wird versucht, zu zeigen, daß jene Orientierung des wachsenden Blattes, für welche ich den Namen »fixe Lichtlage« in Vorschlag gebracht habe, eine kombinierte Nutations- bewegung ist, welche schließlich durch das Licht sistiert wird. Andere Autoren, namentlich Frank, nehmen eine besondere Fähigkeit der wachsenden Blätter an, sich senkrecht auf die Lichtstrahlen zu stellen (Franks Transversal- heliotropismus). Siehe hierüber Frank, Die natürliche wagrechte Richtung von Pflanzenteilen und ihre Abhängigkeit vom Lichte und von der Gravitation, Leip- zig 1870. Vgl. ferner Vöchting, Über die Lichtstellung der Laubblätter. Bot. Zeitung, 1888. — Krabbe, Zur Kenntnis der fixen Lichtlage der Blätter, in Pringsheims Jahrb. für wiss. Botanik, Bd. XX (1889), und Wiesner, Über die Form der Anpassung des Laubblattes an die Lichtstärke. Biol. Zentralbl., XIX (1899). 181) Über Reiz- und spontane Bewegungen ausgewachsener Pflanzenteile s. Brücke, Über die Bewegungen der Mimosa pudica in J. Müllers Archiv für Anatomie und Physiologie, 1848. Siehe auch Brücke, Vorlesungen über ee Ber \ un; 389 Physiologie, Wien 1885—1887, wo eine höchst lichtvolle Darstellung der Reiz- bewegungen von Mimosa pudica zu finden ist. — Cohn, Über kontraktile Gewebe im Pflanzenreiche. Jahrb. der schles. Ges. für vaterländische Kultur, 1861. — Sachs, Über Starrezustände periodisch beweglicher und reizbarer Pflanzenorgane. »Flora«, 1863, und Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 1882. — Pfeffer, Die periodischen Bewegungen der Blattorgane, Leipzig 1875. — G. Haberlandt, Das reizleitende Gewebesystem der Sinnpflanze, Leipzig 1890. — N&mec, Die Reiz- leitung und die reizleitenden Gewebe. Jena 1901. — G. Haberlandt, Physiol. Pflanzenanatomie, 2. Aufl., 1904. 1514) Molisch, Berichte der Deutschen Bot. Ges., Bd. XXI (1904). 152) Über Reizbarkeit, Reiz etc. s. Sachs, Vorlesungen über Pflanzen- physiologie, Leipzig 1882. — Pfeffer, Die Reizbarkeit der Pflanzen, Verhandl. deutscher naturforschender Ärzte, 1893. — Hueppe, Naturw. Einführung in die Bakteriologie, Wiesbaden 1896, p. 135. — Verworn, Allg. Physiologie, 2. Aufl., Jena 1897. 183) G, Haberlandt, Sinnesorgane im Pflanzenreiche, Leipzig 1901. — Noll, Berichte der Deutschen Bot. Ges. 1902. — Fitting, 1. e. — Über »spezi- fische Energien« s. Sachs, ]. ce., Pfeffer, l. c., ferner dessen Pflanzenphysiologie, Bd. I, 2. Aufl., 1897. 151) Diese Ausdehnung des Begriffes »Auslösung« wird, wie ich glaube, mit Recht von mancher Seite nicht zugegeben, vielmehr nur jene Reizphänomene, bei welchen die Energie des Effektes größer ist als die Energie des Anstoßes, als »Auslösungsphänomene« bezeichnet. Nach der weitergehenden Auffassung gibt es Reize, die, wie etwa Herabsetzung der Temperatur, Entziehung von Sauerstoff oder Nahrung, nicht in der Einwirkung, vielmehr in der Entziehung einer größeren Energiemenge bestehen, und es existieren auch Reizwirkungen (z. B. durch Narkotika), die in einer Verminderung, beziehungsweise Unterdrückung aller Energieproduktion zum Ausdrucke kommen. Verworn, ]. c., p. 360. 185) In meinen Schriften über Heliotropismus, ferner über undulierende Nutation und über das Bewegungsvermögen habe ich auf zahlreiche regulatorische Bewegungen, welche auf antagonistischen Wachstumsbewegungen beruhen, auf- merksam gemacht. 155) Die ersten Induktionserscheinungen in der lebenden Pflanze wurden von mir nachgewiesen, und zwar die photochemische Induktion bei Ent- stehung des Chlorophbylls (Wiesner, Entstehung des Chlorophylis, Wien 1877), ferner die photomechanische Induktion bei Eintritt des Heliotropismus (Heliotropische Erscheinungen, I. T., 1878). I. Sachregister. Abietinsäure Sad Absorptionsgewebe 143, 194 Absorptionssystem 2.209 Achromatische Kernfigur 70 Achroodextrin . Ep 235 Äquimolekulare Lösung . 270 Aörobionten . 260,293 Aörotropismus . 341, 347 Ätherische Öle 66, 228 Ätherisierung 300 Albumin . ER 22 Aleuron . 58, 225, 294 Algengewebe Ba 2) Alkaloide 226 Aloöschläuche 1. ER Aluminium . 214, 217 Amarantholz FaR22 Ameisensäure 64, 226 Amidosäuren : .. 225 Amitotische Teilung . ar Ammoniak 242, 243 Amphigastrien . . 164 Amygdalin 227 Amyloid.. . 40, 220 Amyloplasten 52, 57, 86 Amylose . A 53, 220 Amylum, s. Stärke. Anaöärobionten . 260, 344 Anisophyllie. 280 Anisotropie der Zellhaut 44 Anpassung 2: 136 Anthokyan . 19, 59, 65, 231, 368 Anthoxanthin 2 Antimon . rt Apfelsäure . 64, 226 Apposition N 2} Arabin i 43, 221, 255 Archiplasma 25 Argon 235 Arsen. 214 Askosporen . ELLE Asparagin 65,1 258,294 Asparaginsäure u: 225 Assimilation . 259, 239 Assimilationsgewebe . 142, 155, 209 Assimilationssystem 209 Astelie 196 Aster. .. 70 Atemhöhle 100 Atmung . ; 242, 260-266 Atmungswärme 328 Kiröpin : 227 A amezelie ; N Auslösungsvorgänge 359, 389 Ausscheidungsgewebe 143, 194 Außenhaut 28, 34 Außenrinde . : 1, 206 Autochthone Stärke ae 56 Autotrophe Pflanzen . 235, 247, 248 Auxanometer . . 808, 346 Bakterien 237, 242, 315, 320, 337 Bakteroiden 242 Baryum NEE or: Bassorin . 42, 43, 221 Bastfasern 4 . 42, 83,.88 Bastgefäße, s. Siebröhren. Bastparenchym 122 Bastrinde 206 Baststränge . 121 Bewegungsgewebe 209 Bildungsgewebe, s. Meristeme. Bioblast . 8 Biophor . IM Birkenkork . 2 Blattgrün, s. Chlorophgll, Blattrinde E SSL Blattspurstränge 126, 173 Blei TAT Blumenblätter . 160 Bluten 277 Blutungsdruck . 275 Bodenluft 242 Dor,.; 2 Borke . 115, 117,25 Borsten 108 Brasilin 43 Brennhaare . 108 Brenzkatechin . 66 nn w- % Brom . Buttersäure . . C siehe auch K do zZ. Chemilumineszenz . Chemotaxis . Chemotropismus Chitin N. 022, 12.4055 Vene uf Chlorophyll 47, 110, 130, 229, 253, 259, 313—316,'921, Elrophylien PR: Chlorophyllfarbstoff Chlorophyllkörner Chlorophyllkörper . Chlorophylispektrum . Chloroplasten 2 Cholesterin . Chrom Chromatin i Chromatinkörnchen Chromatische Kernfigur . Chromatophoren Chromoplasten . Chromosomen Coeloblasten Conjonctif Cyanophyceen . Darwinsche en 340, 347, Darwinsche Lehre Dauergewebe Dauerzellen . Deckzellen Dermatogen Dermatoplasma . ‚49, er . 48, 47 15, 25, 130, Dermatosomen . Dextrin Dextrinase Dextrose . Dialyse Diastase . Diaster Diathermanität . Diatomaceen Diatomin. } Diekenwachstum Diffusion Dikotylen Disakcharide Dispirem . Dorsiventralität Druckfestigkeit Druckspannung Drüsen Drüsenhaare Duftstoffe 31a Au 171288 ul ‚107, 2108, 342, : 149 195 130 388 7 90 19 140 162 366 391 Dunkelstarre . ae Durchlaßzellen . 139,194 rn . 5209 Effusion . A TAT ZSA Eisen . 214, 216 Eiweißkörper 223, 257 Eiweißkristalle . ..58,'63 Eiweißschläuche 85 Elementarstruktur.. 76 Embryosack . ‚ 71 Emergenzen . 108, 109 Emulsin . ze 227, 233 Endodermis . 96, 97, 138, 190, 194 195 Energiden 14, 15 Energie, spezifische > 357 Enzyme ne 232, 247 Epiblem . 98, 111, 144, 193 Epidermis 98, 99, 144 Epinastie .309, 334, 347 Epiplasma TE Epithel . 98, 144 ı Epithem . . 156 Epitrophie 311 Erfrieren 325 Erregung h 360 Erythrodextrin . 233 Essigsäure 226 Etiolement STE. 322 ; Etiolin 48,49, 231, 259 Etiolinkörner 51, 52 Evolutionswachstum 39 Exkretbehälter . 209 Exkretion 297 ı Exodermis 138 Farbhölzer . 43 Farbstoffe 1, Farinose . 53,220 Farne. E65 ı Faserborke . 116 ı Faserstränge 5ER ' Faszikularholz . 176,199 Feinerde . OBRZERN Fermente . 66, 232 Fermentorganismen ; . 252 Festigkeit der Zellhaut . 45 ' Fettbäume . (FRLTERBESR Fette . 66, 222, 293 Fettsäuren 1222 Fibrin 1224 Fibrovasalstrang 145, 185 Filzgewebe . 128, 131 Flachsfaser . i 26, 83 Flächenwachstum dei Zellhaut 37 Flagellaten 234 | Flechtengewebe 132 392 65 | 36 | 99 Florideenstärke REIT SG. Fluor . Rn ee Eiolgemeristem .. mann 9209 Formaldehyd 254 Formose . j 254 Fragmentation des Kerns 25, 69 Freie Zellbildung . 12 Fruchtzucker, s. Lävulose. Frühholz . ee Frühlingsholz . .... u2280,2198 Fühlborsten . : 110,,,350 Fühlhaare 110,350 Fühlpapillen 110 Füllgewebe . 118 Füllung . 159 Füllzellen 118 Fusjonen . 89 Gärung . 263 Galaktan . 223 Gallen 228 Gamodesmie 196 Gamostelie 196 Gastranspiration ne a Gefäßbündel 121—127, 177 Gefäßbündelscheide . 96, 138, 190 Gefäße ...28, 83, 276,289 sefäßkryptogamen .151, 162, 189 Gefäßteil .. ee 145 Geleitzellen . 86 Geotaxis . Ku 331 Geotropismus 331—336, 356, 387 Gerbstofte .65,:885:228.78313 (erbstoffbläschen . 66 Gerbstoffkugeln Tre Gerbstoffschläuche. . . . 88, 148 Gewebespannung herra (Gewebesysteme 206—211 Glasur 111 Gleitendes m Globoide.. Globuline 224 Glukosen 220 Glutamin 27) Glutenfibrin . VE. Glykogen Pu Glykoside 66, 227, 255 Glyzeride,) .; 3... -,.2. saubdeR> Glyzerin . ; 222 Gonidien . 132 Granulose er DE Grundgewebe ..90, 194, 4143, 161 Grundgewebshaare . . .- 42, 97 Grundglieder 6 Grundparenchym RB Re Gummusmas 2... .: . 48, 221 Gummibehälter 147 Hydrotropismus Gummide Gummigänge Gurtung . Guttation Haare Hadrom . . Hämatoporphyrin i Hämatoxylin . . Härte der Zellhaut Haftfasern Haftscheiben Halophyten . Hanffaser Haptotropismus. Harnsäure Harnstoff Harze ., enter ; Harzgänge .... 2 „ee Harzkörner . Haustorien Hautgelenk . IR Hautgewebe 90, 97, "148, 161, Häautschichte . zT We Hautsystem . FE Hefe .- ....... 2. 2 Dee Heliotropismus . . 105, 274, 286, 358, Hemizellulose 220, Herbstholz ..._.. .. Zemenı Hexosen . Hoftüpfel Holundermark . Holz Holzfasern „. 0 Holzeetäle ..; -.. ne .. 83, Holzparenchym Ba = Holzröhren, s. Holzgefäle, Holvanı ans > Holzteil, s. Xylem. Hüllhaut.. s Huminsubstanzen . Humus Hoculeroieer Hyaloplasma Hydathoden . we ‚235, 243, a .341, 347, Hypanthium a Hyphen 1: Hypochlorin .- }; 2) Ser TR 309, Hypoderma . Hyponastie . Hypotrophie ? Hysterogene Interzellularen. 94, Ydioblasten...'.. . Imbibitionsfähigkeit 317-320, 334. 196— E\ h “ h | Y u u. , Indikan . . ee 3 Induktion, Baotrenische 42,320 Induktion, photochemische . . 313 Induktion, photomechanische, s. heliotropische Induktion. Infiltrationsprodukte . . . . 40 elechicht . .. z:.%..:134 Bsenhaut . » +. = 23,34 Beinde . . ir: erre Beste Teilung. - . 2. 20:88 a. 1%. ; 253 EL ienfressende Planzen 233, 246, 297,:352 Interfaszikularholz . . 176, 199 Interfaszikularkambium . . . 174 Iterzellularen .. .; . .. 4 95 Interzellulargänge. . . . ..93 Interzellularräume. . . . . 95 Interzellularsubstanz . . . . 35 Intussuszeption. -. . . alw1n39 na: 2 Are Be... 2.0 ee Invertzucker 220 Irritabilität . =. ee BahreBrinf",. ...un.J:lot' »148,1198 smunsehe Kelle. . ; +: us ran29} BR nenn rnit Jusispszenehym, ....sır7.1.44 9 92 Jungparenchymzellen.. . . . 7 acasee. Wi . :. 1410 | Bentestare.. . . .: „ 8325,13583 Wah- 22. ur. Dee Kalipflanzen . u. 2 Ren Malk..: ; 61,,62,:214,218, 2483 Klkplanzen Ve u NR |: Base 7... NEST Ve 41 Mapwosgen:'..ı% ##..12 2.0288 Kambiform , RE | Mamkams .-,.. 2: 92,.122, 462 Kambiumring 174,190 Bambmmzelle ..". .-.0% 19 Beier WEN, lie Bere Blanal. 2...» - ee Karnivoren, s. Insektenfressende | Pflanzen. Bm: ... 2 Ba Biwakmee.r is. er Ve NE 4 Banteiak .... 2... ba Kaimblakter:. ';...> ul Benueheisi. in. ı... Sur: 18 Bonner Te Melchhblätter 7 2.2 7.77%. „ WuhiG Kern, s. Zellkern. 393 Kerngerüst . 24 Kernhaut Be Kernholz . 203, 287 Kernkörperchen 24 Kernsaft . 23 Kernteilung. 69 Kieselkörner 67 Kieselpflanzen . 2}; Kieselsäure . 214, 218 ' Kieselskelett : 423 Kieselzellen . 42,:99 Kleber 224 Klebreis . 57 Klinostat. 335 Knospendecken . 159 Kobalt WE 214 Köpfchenhaare . 31899 Kohlehydrate 220, 255 Kohlensäure > 24] Kohl oreassmilaken 1209, Kollenchym . .. sl Kollenchymgewebe a 35 Kollenchymstränge Br 121 Kollenchymzelle . . .s0, 88, 33 Kolleteren an 159 Koniferin .. 2. . 44 229.236 Korkhaut i 205 Korkgewebe, s. Poriderm. Korksubstanz . . . 43, 81, 256 Korkzellen ; sl Korrelative Trangpiration 250 Kotyledonen 161 Kribralteil 145 Kristalle . Br. I FER Kristallosde... i.. »=7 .: 63, 224,368 Kristallsand . BETEN -:. Kristallschläuche 88, 148 Kupfer 214 Kutikula . e 81, 99 Kotikalarschiehten Mn .ı: Kutin. 43, 157 Lähmung 388 Längenwachstum 181, 308 Längsspannung 308 Lävulose . . 64, 220 Lastkrümmung . 331 Latenzstadium . 360 Laubfall . „ Ai Laubmoose . 129, 163 Lebermoose . 129,:163 ' Lebenseinheiten 3 Lesumine 224 Leinenfaser . 83 Leitbündel 145, 185 | Leitscheiden 138 Leitungssystem . 209 ur), nen 08.6, 6 re 394 Lenticellen 177,281 Leptom u 55 Leukoplasten 52,.57,2367 Leuzin 225,257 Lianen 85, 185,205 Libriform 82, 88, 93 Lichenin . 3,80 ; Lichtentwicklung . GMT 2: Lichtlage, fixe . 347, 388 Lignin . 45, 255 Linin . Ai Lithium . 214 Luftgänge 95 Luftkanäle 93 Luftspalten . 103 Luftwurzeln . 193 Lustgas RU Lysigene ezellulern Auer: Lysigene Sekretbehälter . 148 Magnesia PEN RE 200105 Magnetisches Verhalten der Ge- webe ARE: 215 Makrosporen zei Maltase 233 Maltose .. 220 Mangan... 214, 217 Mannide . 8 Marginalnerv 153 Margo ne. 144330 Mark . A „.. 95,162, Para Markfleckehen : , SEHE Markkrone 141,81969199 Markscheide. 0 A Markstrahlen 35,.122, 162 MT2 186, 1961952200 Mechanische Zellen 83, 209 Membrandiffusion . 269, 284 Meristem 31,:209 Meristemzellen . , Aa 3) Mesophyll 95, 156, 158 Mestomstrang -. 145,085 Methylenitan .'258 Micell 34, 77 Mikrosomen . . 18 Mikrosporen. ‘1 Milchgänge . 149 Milchröhren . 487,0 1:49 Milchsaft. .. . 149, 294 Milchsaftbehälter 3,48 Milchsaftgänge . 87,93 Milchsaftgefäße . 87, 149 Milchsafthaare . 151 Milchzellen . ‘ . 87, 149 Millonsche Bonbon 21 Mineralbestandteile ‚ BERETZTA Mittellamelle . 28, 34, 36 Mittelnerv 168 Mittelrinde . 206 Molybdän u 5) Monokotylen 166— 71,5190 Monosakcharide 220 Monostelie 195 Morphin . 227 Mutterzelle . 67 Myronsäure . DD T Myrosin . 227, 233 Myxamöben . en a 00 2 Myxomyceten u 13, 62, 233 Nachtstellung MB 592 Nahrungsmittel 239 — 247 Nährstofflösung ann 39 Natron e TED LE Nebenzellen . ‚101,106, 109 Nektarien RT Nervatur 152 Netzborke 116 Netzzefäße 29 Nickel a! Nuklein . ‚25/7224 Nukleolus i 24 Nukleus, s. Zelle Nalklıon ß .303, 308, 346 Nyktitropische Bewegungen 353 ©Oberflächenperiderm . 115 Oberhaut +0; „MM ai Öberhautzellen . s0 Ölbehälter RAT Öldrüsen . 147, 160 Öle 222,1223 Öle, urharisehie 66 Ölgänge . 93 Ölsäure 222 Ölzellen . 160 Öntogenese . . , fe) Örganoide \ 53 ÖOrthotrope ne. ‚70808 Osmose ; 267, 269 Oxalsäure 61, 64 Öxalsaurer Kalk » TRIRGSH Oxydasen 233, 264 Palisadengewebe . 154 Palmitinsäure 222 Pangene . 78 Papayin . 233 Papillen . 98 Parasiten 235, 245 Parenchymzellen . 79088 Pektinstofte . 221, 366 Pentosen . 222 Pepsin 55 Peptone 233, 294 Periblem . ‚92,162 Periderm. 97, 113—119, 205, 284 Peridermzellen . a, Perikambium ! 131,195 Perioden des Wachskums . 302 Perizykel 191,'295 Pflanzenschleim 22 Phelloderm . ns 186 Phellogen 91,.213,4385 Phelloid . 117 Phellonsäure 43 Phlobaphene 0.7229 Phloem . . 121.192 Phloömgefäße, : S. Siebr Ohr Phloömmarkstrahl . 205 Phloömparenchym . 122 Phlorogluzide .. 228 Phlorogluzin 66, 228 Phosphor 214, 217 Phosphoreszenz . 324, 336 Photogen 324 Photolumineszenz . 324 Photonastie . 31 Photosynthese . „ 254.259 RAAB... wre TAN 33T Phototrophie 280 | Phykochromaceen, s. Gpanophyceen. Phykocyan . . ‚63 Phykoerythrin . 7 63 PR. a, 6 Phylloporphyrin . . . . . 230 Phylogenese FR 8 Physoden 18 Pilze . 243 Pilzgewebe 129 Plagiotrope Organe 309 Plasma i Are Plasmodesmen . . 28, 365 Plasmodien 11, 21, 92, 62 235, 234 363 Plasmolyse 271, 307 Plasom Per 17T, 300 Plastiden... -1451,°52, 53,68, 367 Plastische Stofte 293 Plerom ‚ 92, 162 Pneumathoden . 120 Polioplasma . 17 Pollenkörner AR LE 7 4 Polymorphie der Zellen EB, Polysakcharide . A LEE iR Pamela, een enir96 Poren. 1 29 Porenkanäle. 29 Porenkork 117 Porphyrin 230 Porus. - 29 Primäre Menue 29 395 | Primordialschlauch Ba Primordialzellen 14, 2 Prokambium 122 Propionsäure SUTNERBG Proteinkörner ee: > 72 |:,; Proteinkörper, s. Eiweilkörper. Protogene Interzellularen . 94, 148 Protoplasma . .13, 17,269) 568 Protoplasmabewegung 22, 343 Protoplasmasströmung 22, 343 Protoplast FISRR Protoxylem . 176, 180 Pseudoparenchym . 28, 131 Pseudopodien 345 Pteridophyten 165 Pyrenoide 49, 50 Querspannung . "308 Bandnerv er 153 Ranken .338, 337, 388 Raphiden . . ri Raspailsche Reaktion 21, 224, 229 3 27, SPAM Ha HE I 110 Reifholz . A ae ı Reizbarkeit . 354, 389 Reizleitende Gewebe . 209 ı Reservesubstanzen . .'56, 186 Reservezellulose 220 Respiration . e 260 Revolutive Nutation . 310 Rheotaxis „345 Rhizikom 6,789 ' Rhizinen.. 268 ı Rhizogene Sehichte 191 Rhizoiden m 189 Rinde. 95, 162, 173, 205— 206 Rindengefäße, s. Siebröhren. Ringelborke . 115 Ringgefäße . . 29 Rohchlorophyll . . 48, 229 Rotationsstrom . 22 Rotalgen. . 47 Rotsandelholz 202 Rubidium Bi ®. Saftperiderm 114, 144 Sakcharose . . 64, 220 Salpetersäure 242, 243 Salzparasiten 246 Saponin N Saprophyten 235, 246 Sauerstoff 242 Siureamide . 2 225 Säuren, organische 225 Scheinparenchy Mm. N Scheitelzele. . . .131, 134, 162 Schichtung . ae. 32, 34 Schimmelpilze . 257 396 Schizogene Interzellularen . . 9 Schizogene Sekretbehälter . . 148 Schizo-lysigene Interzellularen. 94 Sehläuche .. 2. .. niriianne Schleim‘... „. . „u Sid, 22a Schleimbehälter.,,.,.i » ‚our. 1.14% Schleimpilze a! klawinist anerun Schließhautyar- ar... Saat Schließzellen . . re Schlingen, s. Winden. Schmarotzer, s. Parasiten. Schraubengefäße Es 2, Sehnppen „ner Schuppenborke. . x nina Sehutzscheiden ; |... 2 wutrdealı"ik38 Schwärmsporen . . . .22,.320 re era 154, 155, 219 Schwefel. . . s 217 Scehweielkömer 2... . auywiißz Schwefelsäure „. . ... ohl2l& Schwellgewebe.. . 349 Sekretbehälter . 93, 145-150, 297 Sekretion . . k 296 Sekretionsorgane . . . 146, 209 Selbstgärung . . . Senebiersche en ee Boni. N. A re Siebhyphene. . .. .. wieakall Siobplatten 7 wiilsinr ia Bießrchrem ee. 5... Aueh Siebröhrenstrfänge. . . . . 121 Siebteil 121,:145 Silber ...r.in. Em. Simuitane Enfstchung der Zellwand 71 Seeloiiuie ARTE: wet. EB Sklereide ss Pest Sklereneliymaiin ... 22th Sklerenchymzelle 80, 88 Solana Ang. 2 ne Bpätholee, 30. 2 seele Spaltöffnungen . . . . 100,281 Speichergewebe . . ..... 142 Speichersystem 2" .. > 1.101209 Spermakern . ’. u. wrakaı7a Spermatozoiden =. . '. nad. Sphärite . . . ; 58, 64 Sphärokristalle, s. "Sphärite, Spindelfasern . . 70 Spiralgefäße, s. Schranbengeräße, epirem . . Er 69 Spiroiden, s. Holzgefäße. Spitzenwachstum der Zellhaut. 38 Splintholz 203, 287 neu. VA N 7.0 Macs. ee Stäbehenüberzug . . . . .„ 111 Stärke, A} .. Da Stärkebildner, s. . Amyloplasten, Stärkekörner . . ; 53 Stärkemehl, s. Stänkei Stiärkescheide -.. . 22.995.295 Stärkezellulose . . eE223:.990 Stearinsäure.. .- .. „ WE 922 Stegmata. : . . sin Steinzelle. „. . :. „ss Stelärtheorie . ... 2 ZrEEBELDE Stele . «u = =. Eu Stereiden „=, 2 ei Stickoxydul ... nr. een 260 Stickstoff ... ... ist Stomata:... 027 100 Stranggewebe 90, 119, 161 Streifung ..: 39, 34 Strontium ... Vs Strychnin .. . . Ss Suberin .43,. 81, 256,231 Suberinlamelle . 82 Sukzedane Entstehung der Zell- haut 121.05 i 2 Sukzedanholz - ... 27 176, 180 Symbiose. + "...0.00 2 see Tagstellung.» ; ‚u. MesesEzp3 Tesmente,..i Sk 159 Teilungsgewebe, s. Me Teilungszellen, s. Meristemzellen. Tela contexta .. . Er Terpene:. . =... ee Terpentinöl .. .... ..: 2 SE Thallıum . .: . #0 Ve Thallom...-, 2°. 2 Ve 7 Thallophyten .. ns Per Thyllen ne ae Titan... . » SA Toehterzellen‘ . „(DEISEEzEE 7 Tönerde’® , ... 1. ee Tonoplast- . u. Re Rorns;T.. A TE Ei, Tracheen, Ss. ' Holzgafäße, Tracheiden . . .30, 82, 276, 289 Tränen... 1 Vo De Tragant,.. .. »ı 4 2 pabemsen Tragvermögen . . . 1zanıpn de Transitorische Stärke, N ee EEE Transpiration . 277—282, 286, 321 Transpirationsgewebe. . 155, 279 Transpirationsstrom . .„ ‚una Transversalgeotropismus. . . 8335 Transversalheliotropismus 318, 335 Traubenzucker, s. Dextrose. Traubes anorganische Zellen. 3) Triehite . ... 22) 2 see Triehome .. x... Verein ee 397 Wasserstoff . 243 Weichbast ee, Ad Weinsäure . 64, 226 Winden 310 Wundkork 119 Wurzel . u a WW Eine f . 273—277 Wurzelhaare 113, 194, 268, 270 Wurzelhaube e 186, 188 Wunrzelholz . . 29 I Wurzelhülle 193 Wenns } a 2 Wurzelkraft, s. Wurzeldruck. Wurzelrinde a Xanthophyll 48, 229, 231 Xerophyten . > aylem, .; . 121, . 122 Zellbildung, Be . 12, 868 Zellenderivate 363 Zellen, künstliche . 39 Zellen, mechanische 45 Zellfusion a Zellhaut . . 13, 26, "213, 972, 365 Zellhautplatte s j 70 Zellkern . 13, 23, 40, 364 Zellkolonie . i ne Zellmembran, s. Zellhaut. Zellsaft 19, 63 Zellteilung € a: > ‚ Zellteilungsfolge 133 Zellulinkörner 67 ı Zellulose . 220 Zelluloselamelle 82 N Zellverunguene;: 2... u ' Zellvermehrung a 76 Zellverschmelzung. . . . . 74 Zellwand, s. Zellhaut. Zentralzylinder . 189, 1927237 Zentrosoma . 95, 17 Zentrosphäre +29, 70, if‘ N Zerasım .'.. 2. „vr. 43, 228 en 2711) Sa Sa a 3 =; © Zum, . N ae al onketrom 3 Rn 22 Zirkumnutation. 310, 347 Zitronensäure . . . 396 ı Zoosporen, S. Schwärnsperee: Zucker ; . 64, 220 , Zuckerscheiden . .. 138, 295 | Zugfestigkeit! #02 020% 072 280 ı Zugspannung 307 Zwergzellen . 99 Zwiebelhaare 107 | Zygospore 75, 89 ı Zymase 233, 269 Zystolithen al Trimethylamin . 214 Trockenperiderm . 114 Trockenstarre 398 | Trophien. sm. Tüpfel - 29 Turbithwurzel . . 149 Turgor 267 , 271, 274, 306 Tyrosin i 225, 257 Eessndlungsprodakte 40, 42 Undulierende Nutation 309 Urboden . 236 Urmeristem . -+9171,209 Urzeugung . 67 Vakuolen 2) Vanidin I: 35, Vanillin - . 44, 256 IV Ariationsbewerungen 348, 399 Vegetationsboden . 236, 237 Vegetationspunkt 2 91, 162, 182 Vegetationsspitze, s. Vegetations- punkt. Velamen . ; 193 Verdiekungsmasse. . . . . 28 Verdickungsring 169, 174, 182, 197 Verdiekungsschichten . +28 Verdunstungskälte 329 Verholzung, s. Holzsubstanz. Verjüngungsschicht 118 Verkorkung, s. Suberin. Verschlußschichte . 119 Verwelken 325 Vitellin . . 224 Vollzellbildung . 15 Vorhof 7 GE 101 Vorsprungsbildungen . 31 Weachsausscheidung 297 Wachstum . . 297 Wachstum der Zellhaut . 37 Wachstum, gleitendes 36 Wachstumsbewegungen . 346 Wachstumsfähigkeit 305 Wachstumsgeschwindigkeit Gr 08 Wachsüberzüge 110,223 Wärmekapazität 330 Wärmekonstante A ri Wärmeleitung . . 46, 329 Wärmequellen . 9 Wärmestarre 325, 303 Wärmestrahlung 390 Wahlvermögen . 217, 234 Wassergehalt 2 2 Wassergewebe . 137, za Wasserkultur 239 Wasserspalten, s. Wasserspaltöf- nungen. Wasserspaltöffnungen . 93, 104 | II. Register der systematischen Gattungsnamen. Abies. Acacia Acer . Acorus Aesculus . Aethalium Agaricus. Agave Agrostema Alisma Allium Aloe . Althaea Ampelopsis . Aneimia . Angiopteris . Ängraecum . Anona Anthoceros . Aristolochia . Asclepias Aspergillus . Asperula. Aspidium Astragalus Atriplex . Attalea Bacillus . Bacterium Beggiatoa Begonia . Berberis . Bertholetia . Blechnum Blitum Böhmeria Brassica . Bo anetia Bryonia . Buxus Cactus 36, 148, 109, 159, 17, 80, 103,187, ‚Az, 214, 198, 200 | 354 . 59, 114 124 176, 208 121 398, 339 100, 101 186 193 67 50 174 255 244 180 223 221, 253 110, 121 . 67, 140 54 244 67 158, 208 278, 348 6 166 183 16, 25 124, 301 116.119 124 218 2718 Calamus . } 85, 249 Cailitriche 106 Calluna 218 Calotropis 2 le Camellia . .: 96,102. 21735208 Camphora a Canella 206 Canna BR 56 Carex . 105, 124 Carica 150,199 Caryarıla 19% Caryophylius 228 Cassia i 106 Casuarina a Caulerpa . 15, 37.,489 Cecropia . Ps Celtis. 42, 67 Centaurea 257 Centradenia . 180 Ceratonia . ee Ks 31, 80, 96, 12.1,.287 Cereus RN Cerinthe . 67 Ceroxylon 110 Chamaedorea 2. ee Chara 2, 69, 214, 304, 344 Chelidonium ..... .....: 187,183, 022% Chenopodium 31, 80, 110, 121, 172 Chlamydomonas 23 Cinnamomum 147 Cissus N.» Citrus ß . 114, 146,,228 Cladophora . N Clematis . . 116, 117,200 Clivia. rs Clostridium . Be: Cobaea 20. Coceulus . .179, 180, 203 Cocos . Ä i 19 Colehicum 318, 326 Coleus ... 334 Colocasia . Conferva . Convallaria . Coprinus . Corallorrhiza Corchorus Cordyline Cornus . Cueurbita Cuscuta . Cuspidaria Cyelamen Cyperus . Dahlia Datura Daucus Delphinium . Dendrobium . Desmodium . Dianthus. Dielytra . Dictyota . Dionaea . Dioscorea Dipteryx. Dracaena Drosera Drymis 184, 29, 123, 180, 120, 124, 169, „210, Echeveria Echinocactus Edgeworthia Epilobium Epipogon . Equisetum 140, 154, 105 Erica . u Eriophorum . Euglena Euphorbia Euphrasia Evonymus Fagus 5 Fr : Erna sl, Fimbristylos Fritillaria Fucus Fuligo Galanthus Galium Galtonia . Gleditschia . Gloeocapsa . Goldfussia Gymnogramme . Hlaartwegia . 32, 50, Hedysarum . Ir; 169, 3 96, 275 49 305, 331 311, 319 181, 189 30, 31 334 126, 276 192, 344 216, 245 204 154 185, 223 64 1531 246, 297 170 60 182 246, 297 200, 202 226 | 199 | 26, 30 3b | 235, 245 166, 196 154, 218 102 337 54 245 114 177 113, 155 169 167 AO SEEE 345 24 180 118 150 31, 32 141 139, 319 353 | Helianthus 64, 272, 298, 301, 316 318, 322 Helleborus 105 Hemitelia SE eo Hippuris. 92, 112, 164, 181 Hottonia . 1: : Hoya . 173, 200 Humulus. . 109 Hydnophytum . 138 Hydrangea . 280 Hydrodietyon 89 Hymenophyllum 196 Hypnum . 163 Iberis Le7 Impatiens 40 Ipomoea . ng Iris PO Isoötes a Asa Juglans . .107, 173,492 Juncus 16, 38, 96, 185 Juniperus „119, 2702 Kingia 102 Lactarius 128 Lamium . er er FONTS Lathraea.. 63, 235, 24377245 Lemna 112, 346 Lepidiun 178, 268 Leptothrix 244 Levisticum 121 ı Ligustrum 265 Lilium 167 Linum 2 30 Lithospermum . 218 Lithothamnium . 42 Loranthus A ı Lycopodium . 163, 217 28 Lycoris u er: ARE MWahonia. 350 Mamillaria 199 Maranta . al en 2 Marchantia . . . . 34, 164, 341 Marsilia . 165, 353 Melanthium . A ©, Mesmlodaphne:-. .... :. . EURUENES Mimosa .. 209, 349,..3947383 Mimulus . HiMSHE Mnium 151, 164 Momordica u Monotropa 235, 245 Moringa . STR DRS Mucor : 1557301, 341 Musa . g 84, 83222, 299 Mycoderma . 263 Myrica we 110 Myriophyllum . 181 Myrmecodia. 138 400 Najas. 181 Nectria 2193 Negundo. . A) Neottia 51, 52, 235, 243, 245 Nepenthes i SRDET Nerium 3 115, 123, 180,200 Nieotiana al, 80, 123, 180 Nitella 304 Nostoc ue928 Nuphar . 2 Ast 42, 93597 Nymphaea .42, 97, 102, 112 Ochroma RN 30) Öedogonium. 38, 39, 75, 133 ÖOnonis 194 Opuntia . 199 Orobanche 246 Osmunda. ea Oxalis 64, 225, 315, 354 Pandanus STR Papaver . . VORN Passerina 102, 157 Passiflora 339 Paullinia 204 Pediastrum . 89 Pelargonium 268 Palltonal 2 u N REGEN Penicillium 134, 234, 244, 274, 326 386 Periploca 200 Peziza 73 Phajus 56 Phallus a Phaseolus .,176, 27 803,817 323,'327,.358 Philadelphus 117 Philodendron 94 Phoenix . 293 Phormium 158 Phycomyces. 341 Phytelephas. u a N Phytolacca „1, 80, 173,7183 Picea ‚u, nn Abe, SRTENON Pilobolus 63, 817,819,73822 Pilocarpus 6, RT FD Pincenectitia 45 Pinsuicnla. 7... 31. 2, ‚2 7368:09068 Pinus .' 2. 87,101, SAT Piper . A Pistacia uR32 Plantago . 121, 318 Polypodium . ee Polytrichum . 120, 151, 164 Pontederia 7 ERRIGZ Populus . 275 Potamogeton 343 Primula . 108 Psilotum . Pyrocystis Quercus . Quillaja . Banunculus. Raphia Reseda Rhamnus Rhipsalis . Rhus . Ricinus Robinia Roccella . Rosa . Rosmarinus . Rubia. Rubus Rumex Russelia . Sakcharomyces Salicornia Salisburya Salıx . Sambucus Sarracenia Sassafras. Saxifraga Schistostega . Schotia Seirpus Sedum Selaginella Sempervivum Serjania . Sesamum. Sinapis Solanum . Sorastrum Sphaeroplea. Sphagnum Spathodea Spiraea Spirogyra Sponia Stachys Strelitzia . Strychnos Stygonema Syrogonium . Taeniophyllum . Tamarindus . Tamus Taraxacum Taxus Tecoma Teetona 84, 148, 198, 287 . 117, 180, 198 . 111, 226, 278, 287 198, 200 191, 318 . . 50, 255 87, 126, 198 ER132 80, 121, 172 . 226, 278, 287 96, 30 173 49, 111, 202 123 62 N Thespesia -........16 | Vallisneria.. 32.61 Tilia .176, 203, 278 | Vanilla 193 Tradescantia 60, 68, 69, 113, 137, | Vaucheria 76 158, 170, 208 | Viburnum sl Tragopogon . BB. 2 318. We 338 Trapa. 261 | Vinea. 318 Tremella . rin bet In Winde: ET 160 Trifolium 153, 354 | Viscum 114, 124, 180, 222, 301, 319 Tropaeolum . a U 5 ..59,.86, 117, 152, 3828 Ulmus 198 | Xantorrhoea A ee Ulothrix . 23 ! Yucca : 335 Ulva . “20.20. 0...50 ı Zanthoxylon RE 81 Urtica ..24, 31, 192, 343 | Zea 23 327 Usnea. let a Fame Aynama . ee Ba © Utrieularia . . 63, 368 Berichtigung störender Druckfehler. Seite 42, Figurenerklärung lies Höckern statt Höcker. » 53, 7. Zeile von unten lies feste statt fest. » 70, I » » » » den statt des. Ay Hr Fre De » » Rindenporen statt Rindensporen. » 175, Figurenerklärung in Fig. 138 (unten) lies @ statt g. » 196. 2, Zeile von oben lies Bei statt Unter. » 235, 16. » >» nnten lies autotrophen statt autrophen. = 250,1 = Ir » » » > in statt mit. RN j Ko a ‚w Ken Up, a ber: 7 „ Bo « kg Aa np Ir a BET ne N I." Ara u rail) ER A ae EL 0 5 nr y „ » j DNaustbenti-, i In 1. ROT. Bradafpke Her ‚ Bank Ber ARUNN Er * a a e A u ser rar: RER X u, Da A, j N Den RR vY DR +» R) N > Aa “ = An mh % E } x f Kzain iR ran Ard Ki A wen ir . N 4 : | “ BEN h | 6 Wale Buch gr HER Bade Ei ste i TIEREN ae ar HERck, Du | AT Yes Ai PER; Aa a EN DER Ast Kuga: So N. ma Min) a Ve Ras : wen a a EEE FE ar: en } % ern yoırHrn a PATER: fir ur 4 HM “ar rn PaXH B ai Bu i at) 1 u} re a PAR RRREREENG ; ” HE RAR N ++ u " ' N, ve p3 Kerr ee rl 5 " ’ WEN Er f) f 2 F \ ak je \ “ Bar . Li Ra are Cute. ‘ s N i i BR % j f m { A \ #7 kn Wiesner, Julius Elemente der wissenschaft-’ lichen Botanik Cr 5, verb. und verm. Aufl. EG __|WIESNER, J. AUTHOR Anatomie d physiologie TITLE der pflanzen. DATE ISSUED TO e E10 0 80 di 60 6£ 9 N3ll SOd J1HS AVd J9NVU U M3IASNMOG IV IN